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1892.
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HAMBURGISCHE FESTSCHRIFT
ZUR EEINiVERUNG
AN DIE
ENTDECKUNG AMEKIKA'S.
HERAUSGEGEBEN
VOM
WISSENSCHAFTLICHEN AUSSCHUSS DES KOMITES
FÜR DIE AMERIKA- FEIER.
BAND II.
MIT 1 KARTE.
ALLE RECHTE VORBEHALTEN.
HAMBURG:
L. FRIEDERICHSEN & C^:
1892.
LIBRART
TWTVF.RSTTY np CALIFORNIA
DAVIS
Pierer'sohe Hofbuohdruokerei. Stephau Geibel & Co. in AUenburg.
INHALTSVEßZEICHNISS DES II. BANDES.
1. Schumacher, Herrn, A. : Die Unternehmungen der Augsburger Welser in
Venezuela und Juan de Castellanos.
2. Friederichsen, L.: Sir Walter Kalegh's Karte von Guayana um 1695.
Tafeln:
Sir Walter Ralegh's Karte von Guayana mit dem Lauf des Orinoco und des
Maraiion oder Amazonas um 1595, reproducirt von L. Friederichsen.
Decken-Verzierungen:
1. Rosa nautica der Weltkarte des Juan de la Cosa (1500), auf der Vorderseite
der Decke.
2. Stammwappen der Familie Welser zu Augsburg auf der Rückseite der Decke.
DIE UNTERNEHMUNGEN
DER
AUGSBÜRGER WELSER
IN VENEZUELA
(EINE DEUTSCHE EPISODE IN DER ENTDECKUNGS-
GESCHICHTE AMERIKA' S)
UND
JUAN DE CASTELLANOS
(EIN LEBENSBILD AUS DER CONQUISTA-ZEIT)
VON
HERMANN A. SCHUMACHER,
WEILAND MINISTERRESIDENT DES DEUTSCHEN REICHES IN BOGOTA UND LIMA
UND GENERAL-KONSUL IN NEW- YORK.
AUS SEINEM NACHLASS HERAUSGEGEBEN
VON
DB. H. SCHUMACHER.
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INHALTSVERZEICimiSS.
Einleitung 1 22
1. Geschichte der Welser-Züge in Amerika 23 143
I. Das Kaufmannshaus Bartolmä Welser und Ge-
sellschaft und seine Faktorei in Santo Domingo 23 — 37
II. Die Belehnung der Welser und Ambrosius Dal-
finger's Ankunft in Amerika 38 — 44
III. Kulturzustände in Coro und Dalfinger's erste
Expedition 44_ 56
IV. NikolausFedermann'sSuchenachderSüdsee-Küste 56— 69
V. Dalfinger's zweite Expedition 69 — 77
VI. Der Zug in das Hochgebirge und Dalfinger's Tod
in Chindcota 77 — 85
VII. Francisco Martin's Abenteuer 85— 91
VIII. Nikolaus Federmann und Georg Hohermuth . . 92 — 102
IX. Hohermuth's grosse Expedition 102—113
X. Eine neue Expedition Federmann's und das Zu-
sammentreffen auf der Hochebene von Bogota. . 113 — 126
XL Georg Hohermuth's Tod und Ankunft Bartolmä
Welser's d. J. in Coro 127—134
XII. Philipp von Hutten's Expedition und der Ueber-
fall im Tocuyo-Thale 135_143
2. Juan de Castellanos. Ein Lebensbild aus der Conquista-Zeit. . . . 145—219
Einleitung 147—151
I. Wander-Fahrten 152—167
IL Ansiedlungs-Versuche 168 — 176
III. Geschichts-Schreibung 177—184
IV. Dichtungen 185—219
3. Anmerkungen 221 — 324
I. Anmerkungen zum Castellanos 223 — 296
IL Anmerkungen zur Geschichte der Welser-Züge. . 297 — 322
Verzeichniss der Anmerkungen 323 — 324
4. Uebersicht über die hauptsächlich gebrauchten Werke 825 — 328
ip^
EINLEITUNG.
skar Peschel hat seine Geschichte der Erdkunde im Jahre
1865 der Oeffentlichkeit mit den wehmüthig klingenden Worten
übergeben, der Leser seines Werkes „werde gewahren, dass
er einer Nation angehöre, die überreich an Zierden, aber arm
an Thaten ist" . Zum Glück hat dieser Ausspruch für die Gegenwart keine
aktuelle Bedeutung mehr; aber seine Berechtigung für die Vergangenheit
tritt uns gerade jetzt besonders grell vor Augen, wo die vierhundert-
jährige Wiederkehr des Entdeckungstages Amerika's die Gebildeten aller'
Nationen zurückschauen lässt auf jene Zeit, in der eine neue wunderbare
Welt mit ihren reichen Schätzen vor den erstaunten Augen Europa's auf-
gedeckt wurde, jetzt, wo alle Kulturvölker unseres Kontinents in stolzen
Festen sich rühmen der eigenen muthigen Thaten, die sie zur Entschleie-
rung dieser zweiten Hälfte unseres Planeten kraftvoll ausgeführt haben,
und der praktischen Vortheile, die sie sich bei dieser Theilung einer neuen
Welt kühn und selbstbewusst zugeeignet. Reich an „Zierden" ist unsere
Nation auch in diesem Zeitalter der Entdeckungen. Wohl mag der
Deutsche mit einer gewissen philosophischen Befriedigung sich heute unter
Anderm erinnern, dass, wie auch andere Ideen, auf denen Cr istobal Colon
seinen muthigen Plan baute, von den Deutschen ausgegangen sind, so auch
jener „glückliche Irrthum" von der Nähe Indiens, welcher die Hauptrolle
in des Genuesers Deduktionen spielte, in letzter Linie auf einen Deutschen
zurückgeht, auf jenen Bischof von Regensburg, Albert von Bollstädt,
dem die Nachwelt den Beinamen des Grossen gegeben hat; dass der edle
deutsche Ritter Martin Behaim sowohl Vasco da Gama's muthigen
Festschrift der llamlmrgisohen Amerika-Feier H. 1
2 Einleitung.
Vorgänger, Diogo Ca 5, auf seiner Fahrt begleitete, als auch dem Ent-
decker Amerika' s mit ermuthigendem Rath zur Seite stand, vielleicht auch
den kühnsten Seefahrer aller Zeiten, Fernao de Magalhaes, zu
seinem grossartigen Unternehmen durch seine Karte veranlasste; dass be-
bereits sechs Jahre vor der ersten Reise des Genuesers ein Deutscher mit
Fernao Dulmo und einem Pflanzer Madeira's, Namens Joao Affonso,
einen Vertrag geschlossen hat, um ein Festland im Westen aufzusuchen:
ein Plan , dessen Ausführung den Namen C o 1 o n ' s vielleicht niemals
hätte bekannt werden lassen. Wohl dürfen wir Deutsche stolz uns rühmen,
dem Werthe wie der Zeit nach in der ersten Linie Derer zu stehen,
welche das unabsehbare reiche Material neuer Thatsachen, das in der
neuen Welt sich darbot, wissenschaftlich zu verarbeiten trachteten. Aber
wo „Thaten", das heisst selbständige Unternehmungen auf eigene Gefahr
und auf eigenen Vortheil hin, wo die materiellen Erfolge zielbewussten Han-
delns, nicht nur die idealen Errungenschaften sinnenden Verstandes in
Frage kommen, da scheint der deutschen Nation in jenem bewegten Zeit-
alter bei der Theilung Amerika's die Rolle des Dichters bei der Theilung
der Erde in dem Schiller' sehen Gedichte zugefallen zu sein.
Denn während in rascher Aufeinanderfolge Spanien, Frankreich, Eng-
land, zu modernen Staaten mit straß'er politischer Centralisation sich empor-
schwingend, bald früher und bald später, bald kühner und bald berech-
nender, sich Vortheile aus den grossen Entdeckungen des Cristobal
Colon wie des Vasco daGama zu sichern begannen, ist es dem
deutschen Volke weder gelungen, einen Theil des neu aufgedeckten Land-
komplexes sich anzueignen, noch auch in den ersten drei Jahrhunderten
eine feste Position im amerikanischen Handel sich zu erringen. Und doch,
ganz arm an „Thaten" sind auch wir in dieser Periode nicht. Versuche
energischster Art sind gemacht worden, auch unserer Nation sogleich in
frühester Zeit einen festen Antheil an den neuentdeckten Schätzen, den
weiten Ländereien mit ihrem Reichthum an Edelmetallen und Gewürzen,
wie an den neuen Handelsbeziehungen mit ihrem stets wachsenden Ge-
winn zu sichern. Diese Versuche der Vergessenheit oder gar der falschen
tendenziösen Beurtheilung zu entreissen, möchte fast als eine Pflicht der
Deutschen erscheinen. Diese Pflicht drängt sich insbesondere auf in diesen
Tagen der internationalen „Amerika-Feier".
Deutschlands Handel hatte im Mittelalter eine hohe Blüthe erreicht.
Im Norden beherrschte die Hansa monopolistisch die Märkte von London,
Brügge, Wisby und Nowgorod und damit den ganzen nordeuropäischen
Deutschlands Handel im Mittelalter.
Handel, und die süddeutschen Städte, allen voran Regensburg, Ulm, Augs-
burg und Nürnberg, entfalteten einen grossartigen Zwischenhandel zwischen
der Levante und ganz Mittel-Europa, welcher im Bunde mit dem regen
Erwerbsleben eine Kulturblüthe zeitigte, die durch ihre Eigenart, ihre
Frische und ihren Reichthum noch heute in den ehrwürdigen Bauten
an der Donau, am Lech und an der Pegnitz uns bezaubert. Doch der
Hansa erwuchs in den nordischen Reichen, welche seit der Kalmarischen
Union immer mehr zu der geschlossenen Einheit moderner Staaten sich heraus-
bildeten, eine verhängnissvolle Konkurrenz ; je mehr die Macht des Kaisers
sank, je mehr damit die auf die freien Städte neidischen Fürstengewalten
mit trotzigem Selbstbewusstsein emporkamen, und gleichzeitig die Hansa
selbst, von jeher einer kräftigen Centralgewalt entbehrend, mit dem Land-
frieden ihren ersten einigenden Zweck verlor, um so mehr erlahmte die
Kraft, dieser geeinten, zielbewussten Konkurrenz zu widerstehen; seit das
Monopol des nordischen Handels einmal verloren, gerieth die Hansa auch
im Innern immer tiefer und schneller in lähmenden Verfall, welcher nicht
mehr die Kräfte zu einer zeitgemässen Umgestaltung der stolzen, ehrwür-
digen Handelsmacht zusammenraffen Hess. Gleichzeitig brach auch eine
Krisis herein über den süddeutschen Handel. Dieser stand in enger Ver-
bindung mit dem grossen interkontinentalen Levante-Handel und, da dieser
im fünfzehnten Jahrhundert in Venedig seinen dominirenden Mittelpunkt
hatte, auch mit Venedig. Der Levante-Handel hatte nun durch das sieg-
reiche Vordringen des Türkenthums, welches das Mameluckenreich in
Aegypten stürzte, sogar in Konstantinopel, dem alten Vermittlungsplatz
zwischen Orient und Occident, festen Fuss fasste und alle Strassen
nach Indien in seine Hände brachte, einen schweren Stoss erlitten; ge-
radezu den Todesstoss erhielt es nun dadurch, dass die Portugiesen nach
Vasco da Gama's kühner Fahrt sich des indischen Handels immer
ausschliesslicher bemächtigten. That dieser Niedergang Venedig's schon
dem süddeutschen Handel empfindlichsten Abbruch, so kam hinzu, dass
1504 das alte berühmte Fondaco der Deutschen in der Adriastadt einge-
äschert wurde, und dass unter dem Kriege Maximilian's mit Venedig und
den folgenden, fast ununterbrochen zwei Jahrzehnte währenden Kämpfen
zwischen Karl V. und Franz I. der Verkehr zwischen Ober-Italien und
Deutschland sehr litt.
Abzusterben drohten die beiden mächtigen Zweige des mittelalter-
lichen deutschen Handels, durch welche die glänzende Entwicklung der
Städte und die machtvolle Entfaltung des Bürgerthums in Deutschland
gezeitigt, durch welche mit der Ansammlung stattlicher Reichthümer ein
4 Einleitung.
reges, vielseitiges Kulturleben zur Blüthe gebracht war. Wenn für sie
kein einigermassen gleiehwerthiger Ersatz geschaffen wurde, wenn nicht
auch in Deutschland der Muth gewonnen wurde, selbstständig die neu-
erschlossenen Bahnen einzuschlagen, und wenn es nicht gelang, die durch
die politischen Veränderungen und die erstaunlichen Entdeckungen neu
geschaffenen wirthschaftlichen Konjunkturen auch für die deutsche Wirth-
schaft auszunutzen, so musste das ganze deutsche Volksleben eine dauernde,
um Jahrhunderte zurückschleudernde Schädigung erfahren. Wer aber
hatte in Deutschland die Einsicht in die Aufgaben der Zeit, den Muth
und die Macht, den Spaniern und Portugiesen in ungewisse Fernen zu
folgen ?
Das geschwächte deutsche Reich, dessen Kaiserkrone der König der
Spanier trug, der Spanier, welche eifersüchtig die neue Welt als ihr ausschliess-
liches Ausbeutefeld sich zu sichern suchten, konnte inmitten der deutschen
Wirren und der Sorgen der europäischen Politik nicht an deutsch-ameri-
kanische Unternehmungen denken. Die deutschen Territorien waren viel
zu sehr einerseits von ihren kleinlichen Eifersüchteleien beherrscht, an-
dererseits mit jenem gewaltigen Gegensatz beschäftigt, den der muthige
Mönch von Wittenberg in die Welt geschleudert hatte. Auch in der Hansa,
welche am leichtesten im Auslande die Interessen des deutschen Handels
nachdrücklich und einheitlich hätte vertreten können, erstand Niemand,
„der die Zeit wirklich begriffen, die neuen Aufgaben richtig erkannt und ihre
Lösung angebahnt hätte" (Waitz, Lübeck und Jürgen Wullenweber, HI
S. 352). Doch wenn auch nicht der Kaiser, nicht ein deutscher Fürst, nicht
die Hansa im alten oder neuen Indien im stets heftiger entbrennenden
Wettstreit der Nationen deutsches Interesse und deutsche Ehre vertraten :
der wunderbare, geheimnissvolle Glanz, welcher die Kunde aller Entdecker-
züge, insbesondere die Mär vom neuen Indien umstrahlte, übte auch auf
die deutschen Gemüther seine Anziehungskraft aus. So fahren schon früh
und oft die Sachsen über das grosse Meer, aber freilich nicht als Unter-
nehmer in selbständiger Stellung, sondern als untergeordnetes Schiffs- und
Handelsvolk, So gedenken die Flamländer sogar jenseits des Ozeans festen
Fuss zu fassen, wie z.B. schon 1518 der Admiral von Flandern Yucatan
als Lohn forderte ; allein auch die Flamencos erscheinen bald nur noch in
den untersten Kreisen der Auswanderer. Die einzigen Deutschen, welche
nicht nur ein unbestimmter Abenteurertrieb in die neue Welt lockte, son-
dern die auf Grund gross angelegter Berechnungen mit planmässiger Be-
sonnenheit im Bunde mit muthiger Thatkraft grosse Ziele verfolgten und
ihre Zeit verstanden, waren die Schwaben.
Augsbiirger in Amerika.
Kaum zeigen sich die ersten Spuren, dass ein Theil des reichen Nach-
lasses des langsam dahinsiechenden Venedig Lissabon antreten werde,
so finden wir auch bereits einen Agenten der Augsburger Welser,
Simon Seitz mit Namen, in der frisch aufblühenden portugiesischen
Handelsmetropole, und bald taucht dort ein Lukas Rem auf, welcher
dank seinem uns erhaltenen Tagebuche als einer der kernigsten Kaufmanns-
charaktere aus dem Halbdunkel, in welchem jene Glanzzeit deutscher
Kaufmannschaft leider noch immer liegt, hervortritt. Als der erste Vize-
könig von Indien dann Portugal verliess, da fanden sich in seiner stolzen
Armada auch die Augsburger Handelsherren, Allen voran wiederum die
Wels er, mit drei stattlichen Schiffen vertreten. Und wie die Kunde von
Vasco daGama's Fahrt die Augsburger nach Portugal ' führte , so
lockten die Nachrichten vom neuen Indien des Columbus, sobald sie
etwas fassbarere und glaubhaftere Form gewonnen, das bewegliche Ale-
mannenvolk auch nach Spanien, nach Sevilla und Madrid. Man sandte
nicht nur mehrfach, z. B. 1534, Pionierschiffe nach dem La-Plata-Strom;
man errichtete nicht nur am Hauptort des spanischen Indien, in Santo
Domingo, eine Faktorei; man Hess sich nicht nur 1530 mit dem ganzen
südwestlichen Theile Süd- Amerika' s von der Magellan-Strasse an nordwärts
belehnen; sondern man ergriff auch schon früher, schon 1528, thatsäch-
lichen Besitz von den ungeheuren Strecken, die damals den Namen V e n e -
zuela erhielten, von den Ländern, die den Norden der gleichnamigen jetzigen
Republik umfassen und nach dem Lehnbriefe vom Atlantischen Ozeane bis
zum andern Meere durchstreichen sollten.
Und wenn auch, wie Chile für die Fugger, so auch Venezuela für
die Wels er verloren ging, so geschah das doch nicht in unrühmlicher
Weise, sondern nach heroischen Anstrengungen, nicht aus Gründen, die in
den Personen lagen, sondern aus solchen, die in den bisher noch unmög-
lich frei zu übersehenden Verhältnissen, in einem übermächtigen feindlichen
Geschick, in dem ränkevollen Widerspiel und unverhohlenen Gegensatz
heimlicher und offener Gegner wurzelten. Durfte Conrad Peutinger
in einem Briefe an den kaiserlichen Sekretär H ö 1 z 1 voll Selbstgefühl von
der Fahrt nach Ostindien rühmen, dass sie „uns Augsburgern ein gross
Lob ist, als für die ersten Deutschen, die India suchen", so war bei
Mitwelt wie Nachwelt dieser freudige Stolz in noch weit höherem Masse
berechtigt bei den Weiserischen Unternehmungen in Venezuela, welche
nicht nur bezweckten, einen Antheil am Handel mit dem neuen Indien
zu sichern, sondern in grossartiger Weise darauf ausgingen, einen beträcht-
lichen Theil des neuen, eine Ueberfülle an Schätzen verheissenden Kontinents
6 Einleitung.
unter deutsche Botm<ässigkeit zu bringen und dadurch deutschem Fleiss
und deutscher Unternehmerlust zu sichern.
Thatsächlich sind heutzutage aber die deutschen Kolonisationsversuche
in Amerika wenn auch nicht völlig dem historischen Gedächtniss, doch
gänzlich dem historischen Verständniss entschwunden. Dass den Wels er n
von Augsburg „einmal Venezuela gehörte", ist fast allgemein bekannt;
darauf bezügliche Bilder zieren Museumswände und Popularschriften. Der
erklärende Text ist aber bald zu dürftig, bald zu dunkel und entstellt.
Woher kommt es, dass in der Erinnerung der Nachwelt so wenig von
lebendigem Verständniss, von jenem berechtigten Stolze in Bezug auf
dieses deutsche Unternehmen zu finden ist? Wie ist es zu erklären, dass
selbst in diesen Tagen, in denen die Amerika-Feier die Gedanken aller
historisch Gebildeten auf jenes Zeitalter der Entdeckungen zurücklenkt,
gar wenige an jene eigenartige deutsche Episode in der Entdeckungs-
geschichte denken, und diese Wenigen kaum ihre Gedanken laut werden
zu lassen wagen, als hätte das deutsche Volk seiner ersten Vertreter in
Amerika eigentlich sich zu schämen?
Dass die Venezuelanischen Unternehmungen der Deutschen, abgesehen
von der nackten Thatsache in ihrem Verlauf und in ihren Einzelheiten,
in ihren Motiven und fielen so wenig bekannt sind, findet einerseits darin
seine Erklärung, dass in Deutschland die Trauer über den Ausgang der
hoffnungsvoll begonnenen grossen Sache unter den Zeitgenossen den freu-
digen Stolz ganz zurückdrängte, in Deutschland auch offenbar niemals eine
ausführliche, zuverlässige Kunde von den letzten Thaten des „edlen Ritters"
Philipp vonHutten und des „verständigen jungen Gesell" Bartolmä
Wels er laut wurde und daher in unserer Geschichtslitteratur nur äusserst
dürftige, noch dazu recht abgelegene Spuren dieser Ereignisse sich erhalten
haben. Dazu kommt andererseits, dass die spanisch-amerikanische Litteratur,
welche die Welser-Unternehmungen berührt, nur in dem engen Ameri-
kanistenkreise, der dem Norden Südamerika's überhaupt ein regeres wissen-
schaftliches, vorwiegend geographisch-ethnologisches Interesse entgegen-
bringt, bekannt ist, und dass die einschlägigen beiden Hauptwerke der
zeitgenössischen Geschichtsdarstellung bis vor kurzer Zeit als Manuskripte
in den dunkelsten Winkeln spanischer Archive geschlummert haben. Nur
einer der spanischen Autoren ist heute, wenn auch nicht gelesen, von
grossem Einfluss auf die Beurtheilung dieser Unternehmungen gewesen.
Sein Name erklärt es vor Allem, dass in weiten Kreisen die Welser-Züge
Gefühle anklingen lassen, wie sonst nur die unmenschlichsten Greuelthaten,
die Klio mit blutigem Griffel in der Geschichte verzeichnet hat. Der
Bartolome de las Casas.
Träger jenes Namens ist ein Mann, welcher in bester Kraft den ihm vom
Vater überkommenen Aussichten und einer schon acht Jahre betretenen
Laufbahn entsagte, um den Rest seines Lebens dem Dienste der Kirche
im neuen Indien zu widmen, der Erste, der jenseits des Ozeans die Priester-
weihe empfing und mit einseitigem kirchlichen Idealismus und skrupel-
losem Kampf esmuth die Interessen der römischen Kirche verfocht,
zuerst als Missionar auf Espanola und Cuba, später als Mönch und
Prior eines zu Puerto de Plata auf der Nordküste von Espaiiola belegenen
Dominikaner-Klosters, schliesslich als Bischof von Chiapa in Guatemala.
Dieser in der neuen Welt viel bewanderte Mann hiess Bartolome de
las Casas*). Er betrachtete das in Amerika bisher von den Europäern
eingeschlagene Verfahren als ein durchaus verfehltes und verdammte es
als unchristlich, unmenschlich, unverständig; er verlangte begeistert durch-
greifende Reform, die von der Abstellung der bisherigen Bekriegungs- und
Knechtungsweise der Eingeborenen ausgehen müsse, predigte überhaupt
vollständige Aenderung des ganzen seit der Entdeckung Amerika's be-
stehenden Systems. Aber wenn er auch als Verfechter der Menschheits-
lehre der römischen Kirche dem gesammten überseeischen Wesen feind-
lich entgegentrat, so wandte er doch als echter, warm national fühlender
Spanier seinen feurigen Ingrimm vor allem gegen die Deutschen, welche
es wagten, in die überseeische Domäne der Spanier einzudringen.
Diesen Gedanken hatte der rührige Dominikaner-Mönch in zahlreichen
Schriften verfochten. Bereits im Kloster hatte er 1527 ein tendenziöses
Geschichtswerk zur Vertheidigung der Indianer begonnen, welches den
Grund legte zu seiner später veröffentlichten berühmten allgemeinen Ge-
schichte Indiens; er hatte dann gerade, als die zweite von den Welsern
nach ihrem Indien gesandte Expedition, die von Georg Hohermuth
geführte, das Weltmeer gekreuzt hatte, am 20. Januar 1535 eine grosse
Denkschrift abgeschickt, in welcher er für die Interessen seines Ordens
lebhaft eiferte, Rathschläge ertheilte, wie in den überseeischen Ländern die
Regierung in die Hände der geistlichen Genossenschaften zu legen sei, und
zugleich die W e 1 s e r zu brandmarken trachtete ; schliesslich fasste er Sep-
tember bis Dezember 1542 zu Valencia Alles in einer gewaltigen Anklage-
schrift zusammen, welche er als einen Bericht über die „Vernichtung des
spanischen Indiens" Kaiser Karl V. überreichte. Ist diese für die Krone
bestimmte Arbeit auch selbst nicht erhalten, so wurde sie doch ihrem
*) Die nachfolgenden Angaben über Las Casas sind einem von meinem Vater
in der Litterarischen Gesellschaft in Bremen gehaltenen Vortrag: Las Casas und
Ambros Dalfinger, entnommen.
g Einleitung.
Inhalte nach, wenn auch nach einer starken Veränderung, der sie durch
Las Casas selbst auf seiner letzten überseeischen Reise (1544 — 1547)
unterzogen ward, 1552 ohne die erforderliche obrigkeitliche Erlaubniss
veröflFentlicht und in dieser Form auch uns überliefert, nachdem bereits
Varianten vor dem Druck 1548 und 1550 weit bekannt geworden waren.
In derselben Zeit vom August 1552 bis Januar 1553 wurden auch fast alle
anderen Schriften von Las Casas dem Drucke übergeben.
Zuerst regten diese Veröffentlichungen wenig auf; zumal die Augsburger
Welser beachteten sie gar nicht, da der Tod des jungen Erben des
Hauses sie bereits über die Aussichtslosigkeit ihrer Pläne aufgeklärt hatte.
Auch die Aufregung, welche erst nach dem 1566 erfolgten Tode von Las
Casas, als die Schrift von 1542 schon viele Bearbeitungen, meist von
Dominikanern, wie Bartolome de la Pena und Alonso de Palo-
mino, erfahren hatte, mehr oder minder künstlich ins Werk gesetzt ward,
rauschte ohne nachhaltige Spuren vorüber 5 sie ging aus von den Feinden
Spaniens, welche in ihren Uebersetzungen und Bearbeitungen — die erste
erschien 1578 zu Antwerpen in französischer Sprache von Jaques de
Migrodde — die Anklagen noch verschlimmerten, jedes Ereigniss noch
greuelvoller darstellten, jede Uebertreibung noch mehr herausstrichen,
trotz ihrer gegen Spanien gerichteten Tendenz aber auch den auf die
Wels er bezüglichen Abschnitt mit unterlaufen Hessen ohne verschlim-
mernde Zusätze und ohne mildernde Worte, welche beide gleich zwecklos
erschienen. Als eine zuverlässige Geschichtsquelle haben das Las
Casas' sehe Büchlein oder eine seiner Bearbeitungen denn auch die Ge-
schichtsschreiber des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts nicht be-
nutzt, weder die amtlichen Indienchronisten, wie Antonio de Herrera
und Pedro de Pulgar, noch die Privatmänner, welche die Geschichte
des nördlichen Südamerika's schrieben, weder Pedro Simon, noch Ro-
driguez Fresle, selbst nicht Oviedo y Banos.
Erst in unserem Jahrhundert hat man sich darin gefallen, den Ab-
schnitt von Las Casas über die Wel s er als vollgültige Quelle zu betrachten,
während die anderen Theile seiner Schrift als Entstellungen oder Ueber-
treibungen oder doch als Einseitigkeiten unbeachtet geblieben sind.
Da diesem erst neuerdings erlangten Einfluss des spanischen Domini-
kaners noch nicht gebührend entgegengetreten, eine Kritik seiner denk-
würdigen Arbeit überhaupt noch nicht geschrieben ist, so mag hier der
passende Ort sein, die auf die Welser- Unternehmungen bezüglichen
Behauptungen von Las Casas einer flüchtigen Würdigung zu unter-
ziehen. Diese Behauptungen beschränken sich alle auf die erste deutsche
Anschuldigungen durch Las Casas.
Expedition unter Ambros Dalfinger (1528—1534); von der Hoher-
muth'schen Fahrt (Mai 1535 bis Mai 1538) oder von Federmann's
Zuge nach der Hochebene von Bogota (1536 — 1539) oder von Hütten' s
Expedition (August 1541 bis April 1546) enthalten sie nichts; sie sind
vorwiegend allgemeiner Natur, vereinzelt durch besonders grelle Beispiele
illustrirt.
Bereits 1535 klagt Las Casas:
„Jeden Tag kommen neue Bedränger, ja — was über alle
Vorstellungen geht — es haben jetzt 200 bis 300 Leguas Land die
Deutschen erhalten, weil sie einmal dem Könige Summen von
300 — 400 000 Dukaten oder wie gross sie sein mögen, geliehen
haben ; das Land ist ihnen zur Pacht gegeben, besser gesagt, zur
Plünderung. Jetzt schicken diese Deutschen, nachdem sie alles
erreichbare Gold an sich gerafft haben, indianisches Volk nach
unserer Insel, morden, um der Menschen habhaft zu werden, be-
laden mit der Beute ihre Schiffe, werfen 500 über Bord, um 100
zum Verkauf zu bringen. Welch Unheil ist seit mehr als 30 Jahren
überall durch diese Handlungsweise angerichtet worden! Wehe
denen, die dem König, unserem Herrn, zu solchen Schritten riethen ;
seht doch die Eile, welche die Deutschen hatten, als ihnen dies
Land gegeben und dies Volk überantwortet wurde ; werden sie
nicht Alles thun, das Land auszusaugen, das Volk auszurotten, um
Ersatz für das zu empfangen, was sie früher als Darlehn gaben,
und für das, was sie jetzt als Kosten bezahlen? In den vier
Jahren, die angeblich dies Verhältniss noch dauern soll, können
sie sich einen Lohn verdienen, mit dem ganz Deutschland sich
kaufen Hesse."
Einen noch ganz anderen Ton schlägt der Dominikaner-Prior in
seiner Schrift von 1542 an, sobald er auf Venezuela zu sprechen kommt,
„das grosse Reich, das im Jahre 1526 nach allerlei Täuschungen und
Ueberredungen vom Könige, dem immer die für Seele und Seelenheil
verderbliche Lage in Indien verheimlicht worden, durch förmlichen Ver-
trag mit aller Regierung und Gerichtsbarkeit an Handelsleute in Deutsch-
land gegeben ist".
„Diese Handelsleute — so schreibt er — fanden bei ihrer
Ankunft die Eingeborenen zahm wie Schafe, viel zahmer noch als
sie, bevor die Spanier sie ruinirten, in anderen Theilen Indiens
waren; die Deutschen stürzten sich auf die Schwachen, gleich
Wölfen, Tigern und Löwen, unvergleichlich grausamer, wüthender
vind unverständiger als alle übrigen Tyrannen gethan haben. Ohne
Scheu vor Gott, König und Menschen kamen sie mit stärkerer und
blinderer Gier nach Silber und Gold, mit klüger ersonnenen Werk-
10 Einleitung.
zeugen ftir Raub und Beute, als irgend Andere, da ihnen Gerichts-
barkeit und Regierung im Lande verliehen war. Eingefleischte
Teufel, haben sie geplündert, zerstört und entvölkert mehr als
400 Leguas der reichsten Gebiete, darunter grosse, hei-rliche Pro-
vinzen, Thäler von 40 Leguas, die lieblichsten Gegenden, die
grössten, an Volk und Gold reichsten Ortschaften ; sie haben zahl-
reiche, unter einander verschiedene Völkerschaften vollständig aus-
gerottet, ganze Sprachen dergestalt vernichtet, dass sie Niemand
mehr verstellt, abgesehen von Einzelnen, die vor ihren Messern in
die Höhlen und Klüfte der Erde sich geflüchtet haben. Sie haben
jene unschuldigen Geschlechter gemordet, haben mit neuen un-
erhörten Mitteln der Grausamkeit, auch, wie ich glaube, mit Mitteln
des Unglaubens, vier bis fünf Millionen Seelen zur Hölle geschaff't
und fahren noch heute mit dem Teufelswerke fort. Sähe man
genau nach, so würde man finden, dass diese deutschen Wütheriche
die Krone um mehr als drei Millionen Gold-Castellanos beraubt
haben; denn die Lande von Venezuela, und was sie sonst noch
geplündert und entvölkert haben, bildeten eine sehr reiche Gegend,
die aussordentlich viel Gold bot und die beste Bevölkerung hatte,
die es in der Welt giebt. An Kronrente haben diese Feinde von
Gott und Krone in den 16 Jahren ihrer Zerstörung einen Schaden
von zwei Millionen herbeigeführt. Die Verluste können bis zum
Ende der Welt nicht wieder eingebracht werden, wenn Gott nicht
durch ein Wunder die Tausende von hingemordeten Seelen wieder
erweckt. "
In diesen, wie in den ähnlichen, bei Las Casas noch vorkommenden
Schilderungen sind echte und unechte Tinten gemischt worden; dadurch
ist der ganze Grundton ein falscher. Zunächst ist Verschiedenes that-
sächlich unrichtig. Las Casas vermeinte z. B. , dass die Wels er für
eine etwa 1539 endende Reihe von Jahren ein grosses Stück des spa-
nischen Indien zur Pacht erhalten hätten, und wurde erregt, wenn er an
ein so erniedrigendes Geschäft mit Land und Leuten dachte: allein die
königliche Verleihung war keineswegs eine Verpachtung, sondern eine
Belehnung unter ganz denselben Formen, wie sie bei spanischen Entdeckungs-
unternehmungen hergebracht waren, und zwar ohne Zeitbegrenzung. Karl V.
hatte bei dieser Belehnung nur noch einen Schritt weiter in der Eröffnung
seiner neuen Reiche gemacht; diese waren ursprünglich bloss den Ange-
hörigen von Kastilien und Leon, Isabell a's Unterthanen, zugängig ge-
wesen; König Fernando hatte seine Arragonier dann daran theilnehmen
lassen ; die Zwischenregierung und Regentschaft dehnte das auf sämmtliche
Spanier aus; Karl V. öffnete schliesslich seine Reiche Allen, die seinem
Scepter gehorchten.
Quellen von Las Casas. 11
Diese eine falsche Angabe von Las Casas, welche die Welser-
Unternehmungen alsbald in schiefem Lichte erscheinen lässt und den
kampfesfrohen Dominikaner-Prior schon zu mancherlei Angriffen und Be-
fürchtungen veranlasst, deutet bereits darauf hin, dass Las Casas seine
überhaupt nicht weitgehenden Informationen nicht aus den sichersten
Quellen geschöpft hat. Diese lässt der Autor vielfach völlig im Dunkel.
So ist es beispielsweise gänzlich unerfindlich, worauf die von naivster Un-
kenntniss zeugenden ziffermässigen Angaben über den Verlust an Menschen
und Kapital oder über die Beeinträchtigung der Kronrente gegründet sind.
Einmal ist eine solche Quelle von Las Casas noch deutlich erkennbar.
Das Material nämlich zum Erweis der Behauptung, dass die Weiserischen
schlimmer gehaust hätten, als alle anderen Machthaber, läge — wie Las
Casas sagt — dem Indienrathe vor, dessen Präsident damals der Domini-
kaner-General Garcia deLoaysa, der Erzbischof von Sevilla, war.
Mit diesem Las Casas bekannten, dem Indienrathe vorliegenden Material
hatte es aber eine besondere Bewandtniss. Als in C o r o im November
1533 bekannt wurde, dass Ambros Dalfinger, welcher von 1528 bis
1533 die Welser-Unternehmungen geleitet hatte, von den Wilden getödtet
sei, sandte die Kolonie Wortführer nach Spanien, welche über die Deutschen
sich beschweren sollten ; Luis Gonzales de Leiva und Alonso de
1 a L 1 a n a. Die Haupttendenz ihrer Vorlage, welche auch dem Geschichts-
schreiber Gonzalo Fernandez de Oviedo bekannt war, ging dahin,
dass den W eisern verboten werde, je wieder einen Nicht-Spanier zu
ihrem Landeshauptmann zu ernennen. Mit ihr, also mit einer Klageschrift
gegen einen Verstorbenen, hing das Material eng zusammen, welches dem
Indienrathe vorlag, welches Las Casas benutzt hat und welches ihn viel-
leicht am einschneidendsten beeinflusst hat.
Waren solche Quellen, aus denen geschöpft ward, schon parteiisch
gefärbt, so gebrach es Las Casas selbst gar sehr an jener Objektivität
des Urtheils, die man von einem Historiker zu verlangen gewöhnt ist.
Zunächst war er aus rein persönlichen Gründen nicht ganz unbefangen.
Er musste es mit ansehen, dass fremde Hände gerade das Land erhielten,
an dessen Kolonisation er selber hochfliegende Pläne geknüpft hatte; war
es doch lange Zeit sein eigener Lieblingsgedanke gewesen, das Welserland
und dessen Nachbargebiete in einer bisher nie dagewesenen Art zu koloni-
siren : ein Herzenswunsch, dem er auch 1535 noch trotz aller Enttäuschungen
nachhing, um so mehr, als er vermeinte, dass von jenem Lande grosse Schätze
nach Deutschland gegangen seien, während in Wirklichkeit die Wels er
12 Einleitung.
weder in den ersten zehn Jahren, noch später Gewinn aus ihren Unterneh-
mungen gesehen haben.
Historische Objektivität fehlt aber vor Allem aus dem Grunde, weil
Las Casas nicht darauf bedacht war, die von ihm dargestellte Zeit im
Rahmen ihrer Voraussetzungen und Aufgaben zu verstehen und aus ihr
selbst heraus einen Maassstab fiir die Beurtheilung zu gewinnen, vielmehr
Forderungen an die Verhältnisse herantrug, die nie und nirgends that-
sächlich Erfüllung gefunden haben. Diese Forderungen mögen Las
Casas vielfach als einen seiner Zeit vorausschreitenden Mann von warm-
fühlendem Herzen und human denkendem Sinne erscheinen lassen ; als
Richtschnur einer praktischen Politik waren sie nicht zu verwerthen.
Um die Gefahren, Entbehrungen und Wagnisse aufzusuchen, die eine
Auswanderung in weite, an ungeahnten Schrecknissen reiche Fernen mit
sich bringt, sind für einen jeden Menschen Impulse von besonderer Stärke
nothwendig. Den Einzelnen mag ein rein ideales Motiv oder unruhiger
Ehrgeiz oder unstete Abenteuerlust in die Welt hinaustreiben 5 religiöse
Begeisterung hat auch Manche das Land der Heiden aufsuchen lassen, zu
kühnen Thaten ermuthigt und zu hohen Entdeckungen geführt. Für
weitere Kreise und für andauernde Zeit besitzt aber nur ein Motiv, um
das allerdings andere sekundärer Art sich vielfach zu krystallisiren
pflegen, eine solche Stärke : der Erwerbstrieb. Die Hoffnung auf Gewinn
hat von jeher muthig in die Ferne getrieben, allen Gefahren und Schreck-
nissen entgegen. Zinn und Bernstein, waren es, die schon früh die Völker
des Mittelmeeres zu Seefahrten nach Norden reizten; Seide und Gewürze
waren die Lockmittel, welche immer wieder und auf stets neuen Bahnen
China, Japan und Indien aufsuchen Hessen ; die Hauptanziehungskraft
Amerika's wurden die Edelmetalle. So kommt es, dass Handels- und
Entdeckungsgeschichte mehrfach zusammenfallen, und dass fast überall bei
den Völkern niederer Gesittung als der erste Kulturvermittler der Kauf-
mann auftritt. Historisch verständlich ist es trotzdem, dass der Kaufmann
in früheren Zeiten, zumal in den Perioden des Hauptaufschwungs des
Handels, gar viel von einem wilden Freibeuter an sich hat, dem jedes Ge-
winn verheissende Mittel recht ist. Das sehen wir früher überall und
auch heute noch vielfach, wo Handelsvölker mit Stämmen ungleich
niedrigerer Kultur, mit sog. Naturvölkern, zusammentreffen-, das zeigt uns
die Geschichte Pisa's, Genua's und Venedig's sogar innerhalb des Kultur-
beckens des Mittelländischen Meeres; das tritt vielleicht am schärfsten hervor,
wenn wir einen Blick auf die den Welser- Unternehmungen gleichzeitigen
portugiesischen Vorgänge in Ostindien werfen.
Falsche Beurtheilnng der Weiserzüge. 13
Dass auch die Augsburger Kaufmannsfirma keinen Idealen nachging,
dass sie in ritterlicher Konkurrenz mit den Vornehmsten der Weltmacht
Spanien Schätze erwerben wollte, durch Güteraustausch einschliesslich
Sklavenhandel, durch Schiffsbau und Kolonisation, durch Plantagenbetrieb
und Bergbau, und zwar unter Knechtung wilder und heidnischer Menschen,
das steht fest und ist fast selbstverständlich. Auch haben sich die Deutschen
in Venezuela keineswegs aller Gewaltthaten und Grausamkeiten gegen die
Eingeborenen enthalten. Dass sie aber ihre Aufgabe so einseitig und
niedrig aufgefasst haben, wie jene Mönchsschriften annehmen, dass ihre
Thaten auch nur einigermassen denen der Portugiesen in Ostindien zur
Seite gestellt werden könnten, das ist nicht erwiesen.
Die Vertheidigung der eigenen Existenz, die Verfolgung grosser und
berechtigter Entdeckerziele nöthigt vielfach zu rücksichtslosem Vorgehen,
das später dem im stillen , sichern Winkel sitzenden Geschichtsschreiber,
welcher die dasselbe veranlassenden Gefahren nicht kennt, gar grausam
und unmenschlich erscheint. Auch LasCasas hat solche Gefahren sehr
unterschätzt. Fast alle seine Anklagen gehen von der Annahme aus, dass
die Eingeborenen von Natur lammfromm gewesen seien. An diese Be-
hauptung konnte Las Casas nur glauben, weil er trotz seiner Reisen
ungebändigte, kriegerische Wildenstämme niemals gesehen hat, namentlich
keine, die Menschen fressen und Pfeilgift gebrauchen. Mit solchen hatten
aber die Weiserischen es sehr vielfach zu thun. Hinzu kommt, dass es
in damaliger Zeit als eine Christenpflicht galt, deren Bethätigung Ruhm
vor Gott und Menschen eintrug, Mauren und Türken zu vernichten; ent-
sprach es nicht den intoleranten Anschauungen der damaligen kämpfenden
Kirche und dem gewaltthätigen Charakter der ganzen ersten Hälfte des
sechzehnten Jahrhunderts, auch die Indianer, gleich den Mauren und
Türken, als greuliche Heiden, als im Kampf begriffene Christenfeinde zu
betrachten ?
Aehnliches gilt hinsichtlich des von Las Casas ausgesprochenen
Vorwurfs des Sklavenhandels. Die Anklage, dass die Welser den Indianer-
handel besonders grausam betrieben hätten, kann zwar vor dem unpar-
teiischen Forum der Geschichte nicht bestehen und fällt sogar bei Las
Casas selbst insofern ziemlich in sich zusammen, als sie von dreissig-
jährigem Unheil ausgeht, also Dinge bespricht, die wenigstens zum Theil
vor der Weiserischen Zeit sich ereignet haben. Aber auch die feststehende
blosse Thatsache des Sklavenhandels lässt unser modernes Empfinden bereit-
willigst einstimmen in das verdammende Urtheil des Dominikaner-Mönches,
da hier jeder Kampf, jede Gefahr zur Entschuldigung fehlt. Doch muss
14 Einleitung.
der Historiker auch hier auf der Hut sein, nicht ungerecht zu werden.
Denn der Vorwurf des Sklavenhandels triflFt eine allgemeine, sowohl in
Europa, wie in Amerika bestehende Einrichtung jener Zeit, eine Unsitte,
welche in den ersten Jahrzehnten seit der Entdeckung Amerika's vielleicht
kaum zu umgehen war. Wer sie in damaliger Zeit bekämpfte, verdient
zweifelsohne unsere Hochachtung; wer sie in jener Zeit mitmacht, braucht
nicht schon darum verurtheilt zu werden. Las Casas ist aber selbst
80 sehr von den Anschauungen seiner Zeit beherrscht, dass er gar nicht
die Sklaverei als solche bekämpft, sondern nur die Indianer-Knechtung;
ja denselben Mann, der dem Sklavenhandel mit den Eingeborenen Ame-
rika's so nachdrücklich entgegentritt, sehen wir den üppigen Negerhandel
nach der neuen Welt billigen, befürworten, geradezu mitbegründen.
In diesem Einzelfall, wie im Allgemeinen, muss man sagen, dass, wer
sich in die Verhältnisse und Anschauungen hineinlebt, welche die Conquista-
Zeit beherrschten, die Anschuldigungen der Las Casas'schen Schriften ver-
stehen und doch die Weiserischen Unternehmungen nicht verurtheilen
wird, weil sie die Färbung jener Zeit an sich tragen und nicht als ganz
besonders ideale Handlungen erscheinen. Das gilt auch von den von
Las Casas in seine Betrachtungen eingewirkten einzelnen Beispielen,
auf welche hier nicht eingegangen werden soll j da sie durch die nach-
stehende Abhandlung selbst am besten widerlegt werden. Falsch ist jeden-
falls die durch Las Casas und seine Nachfolger veranlasste Ansicht, dass
die ganze Conquista als eine nur von niedrigen Trieben beherrschte
Sphäre der Menschengeschichte aufgefasst wird, und dass die Welser-
Episode diesen abstossenden, verruchten Charakter in ganz besonders hervor-
stechendem Grade getragen hat.
Wie der Unkenntniss, so würde auch der durch Las Casas ange-
bahnten Verkennung der deutschen Unternehmungen am wirksamsten ent-
gegengearbeitet werden durch eine ausführliche unparteiische Darstellung
des thatsächlichen Hergangs derselben. Dass ein solcher Versuch wirklich
gemacht werden kann, ist in erster Linie einem eigenartigen Dichtwerke
zu danken, das aus der Zeit des Las Casas auf uns gekommen ist.
Während der feingebildete Italiener in manchen Gesängen, die
Guicciardini's junge reimkundige Freunde angestimmt haben, Sinn und
sogar Liebe ftlr das oft so barbarisch erscheinende transalpinische Leben
bekundet hat, stand ihm der starre Spanier, gleich seinem Könige Karl V.,
verständnisslos gegenüber, in Deutschland nur das Land trotziger und
ketzerischer Eigenart, dem kein richtiger Kastilianer Anerkennung oder
Amerikanische Heldengedichte. 15
gar Hochachtung zollen konnte, erblickend. Und doch die ungleichen
Elemente haben sich zu denkwürdiger Begrüssung in der neuen Welt
getroffen : kastilianische Verse haben sich mit den Deutschen in Amerika
befasst, und die Augsburger Welser, in Deutschland verschrieen als Volks-
schinder und Grosswucherer, werden als kühne Abenteurer in spanischen
Heldengedichten gefeiert. Was die eigene Heimath lange Zeit fast ganz
vergessen hat, jenseits des Ozeans ist es mit Pietät verzeichnet.
Im Lande der Cid-Dichtungen hatte sich, als der Gedanke an Welt-
herrschaft entstand und das Nationalgefühl seine höchsten Gipfel erreichte,
mit der Fürliebe für tönende Sprache und mit der Gewöhnung an alle-
gorische Ausdrucksweise eine Scheinpoesie eigener Art, halb Chronik, halb
Phrase, entwickelt. In der zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts
sehen wir diese Mode des Versemachens auch nach dem spanischen Ame-
rika verpflanzt, und bald erscheint dort eine Reihe von Heldendichtungen,
die in vornehmen, kürzlich erst aus Italien entliehenen achtreimigen Stanzen
Ereignisse der überseeischen Länder, meist eigene Erlebnisse der Verfasser,
in rhetorischer Weise darstellen. Da war bereits früh eine Versifikation
der ersten Peruanischen Eroberung von 1524 — 1533 bekannt geworden,
betitelt La Conquista de la Nueva Castilla, verfasst von einem gewöhnlichen
Landsknecht, Franz isko de Jerez: eine unpoetische Verwässerung und
Verdrehung eines ursprünglich einfach gehaltenen Chronikenberichtes. Von
diesem, wie von anderen ähnlichen Poetereien unterschied sich in vortheil-
haftester Weise die berühmte Araucana von Alonzo de Ercilla y Zuniga,
welche Land und Volk der Araucaner, Flüsse und Ortschaften, Häuptlinge
und Gottheiten, ausserdem die Kämpfe, welche die Europäer mit diesen
reckenhaften Eingeborenen geführt hatten, darstellte und welche bei ihrem
Erscheinen 1569 verdientes Aufsehen erregte. In der neuen Welt fand
diese Dichtung noch mehr Bewunderer, als in der alten, und aus den
Bewunderern wurden Einzelne zu Nachahmern. Während Ercilla nämlich
in Spanien die letzten Gesänge für seine Araucana verfasste, schrieb Pedro
de Ona in Lima im Arauco Domado eine andere Fortsetzung, welche er
1596 drucken liess, und Santisteban Osorio 1597 in Salamanca eine
Nueva Araucana. Auch als eine Nachahmung von Ercilla stellt sich eine
Dichtung auf Fernando Cortes dar, welche ein Madrider Edelmann
Gabriel Lasso de la Vega unter dem Titel Cortes valeroso
1589 herausgab; dann gehört hierher Antonio de Saavedra Guzman,
dessen Peregrino Indiano ebenfalls die Mexikanischen Eroberungen ver-
herrlichte. Endlich ist noch eine Argentina von Centenera und eine
kürzere von Martin el Barco zu nennen.
16 Einleitung.
Diesen ansehnlichen Kreis schliesst für die nördlichen Lcänder Süd-
Amerika's Juan de Castellanos, früher Indianergänger und Hinter-
wäldler, später Stadtpfarrer und Domherr in Cartagena und Tunja. Seine
vier Bücher „Elegias de varones ilustres de Indias", welche etwa 1590
beendet sind, zeichnen sich weniger durch dichterischen Schwung, als durch
den Reichthum ihres Inhalts und die sorgsame, fast pedantische Gewissen-
haftigkeit der Berichterstattung aus. In diesem umfangreichen Werke
sind nun auch die grossen Unternehmungen der Welser in drei, aus zu-
sammen neun Gesängen bestehenden Elegien besungen worden. Statt des
begeisterten, die schwungvollen Prosaschriften des Dominikaner-Mönches
durchathmenden kirchlichen Idealismus, von dessen hellem Hintergrunde
die rauhe Wirklichkeit sich schwarz wie Teufelswerk abhebt, spricht aus
den eintönigen Stanzen des Castellanos ein eifrig gepflegtes Verständniss
des beschaulichen Historikers, der jedes Ereigniss im Rahmen der Zeit
beurtheilt, die ruhige Bedachtsamkeit des Sammlers, dem es in erster
Linie darauf ankommt, ein vollständiges und zuverlässiges Thatsachen-
material zusammenzubringen, die liebevolle Ausführlichkeit des alten, aus
dem thätigen Leben zurückgetretenen Mannes, der in seinen Erinnerungen
den kleinsten Einzelheiten mit gleicher Sorgfalt ihren Platz einräumt, wie
grossen welterschütternden Ereignissen. So kommt es denn auch, dass
der Tunjaer Domherr zwar das höchst ehrenwerthe, edelsinnige Wesen
des begeisterten Dominikaners würdigt, hochverehrt, dessen Geschichts-
werke aber als historisch ziemlich werthlose Tendenzgeschichten erkannt
hat. Auch Castellanos gönnt zwar die neue Welt ausschliesslich den
Spaniern; er sieht aber nicht in den Deutschen, wie Las Casas, nur ver-
ruchte feindliche Eindringlinge, die mit allen Mitteln zu bekämpfen ein
nationales Verdienst ist; er kann sich vielmehr der Sympathien mit den
deutschen Führern nicht völlig entschlagen. Für den Historiker besteht
aber der bedeutendste Unterschied darin, dass, während Las Casas seine
Schriften meist in Europa verfasste und, wie gesagt, seine Quellen vielfach
im Dunkel lässt, Castellanos fast überall seine Gewährsmänner namhaft
macht und auch aus dem Grunde in seinen Erzählungen und Charak-
teristiken, wie beim Tadel so beim Lobe, sich sorgsam an die Wahrheit
halten musste, weil er in Tunja als Leser seines Manuskriptes und als
Hörer seiner Verse immer Männer um sich hatte, welche die von ihm
geschilderten Personen und berichteten ThatSachen vielfach aus eigener
Erfahrung, fast immer aus dem Munde zuverlässiger Augenzeugen kannten.
Das erklärt es, dass Castellanos weniger das Interesse von Litterar-
historikern, als das der Geschichtsforscher auf sich zu lenken vermag, dass
Juan de Castellanos. 17
seine Heldengedichte eine ästhetische Kritik nicht wohl vertragen, aber
einen hohen historischen Werth besitzen. Aber ebenso wie die litterarische
ist auch die historische Würdigung bisher ausgeblieben. Neuerdings ist
nun das über 90 000 Verse enthaltende Werk, dessen Druck bereits 1590
geplant war, soweit es im Zusammenhange erhalten ist, durch Vermittelung
von Buenaventura Carlos Ariban, getreu nach einem Manuskripte der
Madrider Geschichts- Akademie, in einer stattlichen Sammlung werthvoller
Littcraturschätze, in der Biblioteca de autores Espaiioles desde la forma-
cion del lenguaje hasta nuestros dias, als vierter Band (Madrid 1852) ver-
öffentlicht worden. Aber auch jetzt haben die Elegien und Eulogien des
Castellanos nicht, wie die gleichzeitige und gleichartige Araucana, welche
früh zu hoher Anerkennung durchgedrungen und sogar noch 1813 ins
Deutsche übertragen ist, in der Litteratur, auch nur in der spanischen,
Beachtung gefanden; auch jetzt blieben sie fast ganz unbekannt und von
Geschichtsschreibern unbenutzt. Diesen Schatz, soweit er historisch, nicht
ästhetisch Interesse hat, zu heben und insbesondere für die Geschichte der
Welser-Unternehmungen in Venezuela nutzbar zu machen, hat mein ver-
storbener Vater den Versuch gemacht. *)
Als mein Vater (geboren 15. December 1839 zu Bremen, gestorben
22. Juni 1890 ebenda) in den Jahren 1872 — 1874 in Bogota als erster
Ministerresident des Deutschen Reiches weilte, gewahrte er im Treppen-
aufgange zum Munizipal-Gebäude der Columbischen Hauptstadt unter den
auf grosser Tafel dort eingezeichneten Namen der drei Stadtbegründer
auch den eines Deutschen: Nikolaus Feder mann aus Ulm. Diese
Inschrift weckte eine dunkle Erinnerung an die einst vernommene,
fast verschollene Kunde vom „deutschen Indien", und schnell war der
Entschluss gefasst, der zufällig gebotenen Spur inmitten der Kordilleren
zu folgen. Bald erkannte mein Vater in der Darstellung der Thaten
Federmann 's, seiner Vorgänger, Genossen und Nachfolger, wie sie in so
manchen neueren Geschichtsbüchern und namentlich in den spanisch ge-
schriebenen sich findet, eine jener Verunglimpfungen des deutschen Namens,
die das Ausland so oft sich erlaubt hat und die gebührlich zurück-
zuweisen in Deutschland bisher unterlassen ist; er suchte durch Prüfung
der echten Quellen, die zum Theil in Europa, zum Theil in Amerika
bisher unbekannt geblieben waren, den wirklichen Sachverhalt festzustellen.
*) Die im Jahre 1889 von Marcos Jimenez de la Espada in Madrid her-
ausgegebene kleine Sclirift: Juan de Castellanos y su historia de nuevo reino de
Granada, ist meinem Vater nicht mehr bekannt geworden.
Festschrift der Hamturgi^jchon Amerika-Feier 11. 2
18 Einleitung.
ohne dabei aber an Ehrenrettungen oder dergleichen zu denken. Da aber
die Forschung mit zunehmender Intensität immer mehr auf die ganze weit
zersplitterte Litteratur über das Zeitalter der Entdeckungen, soweit diese
wenigstens auf Südamerika Bezug hat, sich ausdehnte, so wuchs auch
der Plan meines Vaters sich bald aus zu dem weit ausschauenden Projekt
einer Entdeckungsgeschichte von ganz Südamerika. Und dieses weite
Gebiet wurde alsbald im ganzen Umfange zugleich in Arbeit genommen,
weil bei der Forschung die verschiedenen Fäden sich stets und überall
durchkreuzten. Da es an den nothwendigsten Bausteinen zu einer solchen
Arbeit fehlte, so wurden zunächst die vielfach als Quellen zu betrachtenden,
im sechzehnten Jahrhundert entstandenen, grossen spanischen Geschichts-
werke einer genauen Kritik und eingehenden Darstellung unterzogen. So
wuchsen in erster Linie Werke über Castellanos, Oviedo und Las
Casas heran. Neben diesen Arbeiten wurde der Grund zugleich zu
mehreren anderen gelegt, welche einzelne Hauptpersonen und Haupt-
abschnitte aus der südamerikanischen Entdeckungsgeschichte, zunächst
ebenfalls in monographischer Form, behandeln sollten; zu diesen gehörte
auch ein Werk über die Welser-Unternehmungen in Venezuela.
Da gleichzeitig in so breiter Frontlinie vorgeschritten wurde, ging
es nur langsam voran. Das Tempo wurde noch herabgemindert, als in
den Jahren 1875 — 1883 die umfangreiche Amtslast des New -Yorker
General- Konsulats auf den Schultern meines Vaters ruhte. Dass auch in
dem seiner National-Bibliothek verlustig gegangenen Lima, wo mein Vater
in den folgenden Jahren das Deutsche Reich zu vertreten hatte, das Be-
gonnene unter ungünstigen Verhältnissen weitergefülirt werden konnte,
war insbesondere den Herren Dr. Wilhelm Reiss und Charles P. Daily zu
danken, welche meinem Vater aus ihren reichen Bibliotheken einige ein-
schlägige Quellenwerke mitgaben. Zur Heimath zurückgekehrt, empfingen
die Arbeiten Anfangs frische Anregung durch die Nachlese in zeit-
genössischen Schriften und Urkunden; doch unter dem Einfluss einer
langwierigen Krankheit erlahmten Muth und Kraft, bis ein frühzeitiger
Tod meinen Vater in dem besten Mannesalter aus allen Arbeiten und
Plänen herausriss.
Den hinterlassenen Arbeiten gehören auch die in den folgenden
Blättern der Oeffentlichkeit übcrgebenen Abhandlungen an. Es sind die
beiden Arbeiten, welche vorzugsweise auf jen& eigenartige deutsche Episode
in der P^ntdeckungsgeschichte Amerika's Bezug haben: die Welser- Arbeit
und die Castellanos-Arbeit. Jene bezweckt, das historische Verständniss
für die Weiser-Unternehmungen zu wecken; sie ist zum ersten Male auf
Ursprünglicher Plan der Abliandhing. 19
die Geschichtsquellen zurückgegangen, hat dieselben von den verschiedensteYi
Stellen zusammengetragen, so dass keine grossen Lücken mehr geblieben
sind, und sie durch kritische Untersuchung für unser Erkennen erworben.
Das Ergebniss sollte in einem verständlichen Zusammenhang, wie ein
fertiges Bild vorgeführt werden, während in einem Anhang eine kritische
Würdigung der hauptsächlichen Quellenwerke und in etwa zweihundert
ausführlichen Anmerkungen die kritische Detailarbeit dargeboten werden
sollte. Die Unfertigkeit der Arbeit hat es nicht ermöglicht, diesen weiten
Rahmen innezuhalten. In den folgenden Blättern wird von der Welser-
Arbeit nicht viel mehr als der Text dargeboten, wie er zum Theil bereits
im Zusammenhang vorlag, zum Theil auf Grund des handscliriftlichen
Materials und im engsten, auch sprachlichen Anschluss an dasselbe sich
mit einiger Sorgfalt ziemlich leicht und sicher aufbauen Hess.
Der Text soll in erster Linie eine fortlaufende Darstellung der
geschichtlichen Vorgänge darbieten. In diese Darstellung sind auch die
kleinen und kleinsten Züge aufgenommen, sobald sie der historischen
Kritik Stand halten, einmal um darzuthun, wie sehr ins Einzelne unsere
Kenntniss jener bisher völlig im Dunkel liegenden Expeditionen geht, und
andrerseits, um gerade durch diese Detailmalerei allen Entstellungen in der
Las Casas'schen Art den Untergrund zu entziehen. Zugleich soll der
Text aber auch feststellen, in welchen Gegenden die Weiserischen ihre
Versuche machten und mit welchen Menschen sie zu verkehren hatten.
So verzögern die Geschichtserzählung vielfach breit verweilende
Schilderungen aus dem Gebiete der Geographie und Ethnologie. Da es
bis jetzt sehr wenig eingehende Werke für Zeit und Oertlichkeit dieser
Abhandlung gab, so galt es auch hier wieder oft, sämmtliche Bau-
steine selbst zu schaffen. In Bezug auf die Erdbeschreibung hatte mein
Vater selbst früher den Beginn der betreffenden neueren geographischen
Leistungen in seinen „Südamerikanischen Studien" in der Person von
Agostino Codazzi geschildert; den tüchtigen, leider oft so mangelhaft
veröffentlichten Arbeiten dieses Mannes schliessen sich neuerdings die
sachkundigen Untersuchungen von W. Sievers an. Doch die moderne
Geographie, zumal die der ungeheuren Quellgebiete der Orinoco- und
Amazonas- Ströme, kann meistens schwerlich das Verständniss für die
Welser-Züge erleichtern, da jene Regionen seit dem Entfliehen ihrer Ein-
wohner vollständig verändert sind, wie Gebirgsgerölle und Flussläufe
zeigen, selbst in der Erdoberfläche, besonders aber in Allem, was auf dieser
erkennbar ist, in Gräsern und Wäldern.
In diesem ungewissen Rahmen nun die unzähligen Indianer-Völker
2*
20 Einleitung.
und Völkchen in sicheren Grenzen einzuzeichnen, ist eine oft geradezu
unlösbare Aufgabe. Ura aber das bisherige Dunkel wenigstens etwas zu
lichten und um vor Allem einen Ueberblick über das aus dieser frühesten
Zeit vorhandene geographische und ethnologische Material zu geben, sind
in den Text grundsätzlich alle auf Volk und Land in jener Zeit bezüg-
lichen verlässlichen Angaben aufgenommen.
Was nun Anhang und Anmerkungen anlangt, so war hier eine auch
nur äusserliche Vollendung nicht so leicht möglich, wie bei dem Text.
Das Material für beide ist der geschilderten Arbeitsart meines Vaters ent-
sprechend in den verschiedensten der gleichzeitig fortgeführten Mono-
graphien versprengt, für meinen Vater zweifelsohne leicht vereinbar, für
einen nicht mit den Arbeiten verwachsenen Herausgeber oft unauffindbar;
aber auch in den Fällen, wo bereits bei dem Welser-Manuskript alles
Material zusammengeschichtet war, ist es vielfach so knapp und andeutungs-
weise gehalten, dass es einem fremden Bearbeiter fast unmöglich wird, den
die einzelnen Zettel verbindenden rothen Faden aufzufinden. Das gilt begreif-
licher Weise leider am meisten von den wichtigsten Anmerkungen, wie
von denen über die Belehnung der Welser, über die einzelnen deutschen
Führer und deren einzelne Entdeckungszüge. Da aber der Herausgeber
von dem Hauptgrundsatz ausgegangen ist, nichts in die nachfolgende Ab-
handlung aufzunehmen, was nicht aus dem vorgefundenen Manuskripte
sich belegen und mit einiger Sicherheit als Ansicht meines Vaters sich
erkennen Hess, so hat von Anhang wie Anmerkungen nicht viel in die
nachstehende Publikation Aufnahme gefunden: der Anhang ist in die
trockene, unter der Ueberschrift Litteratur-Uebersicht zum Schluss dar-
gebotene Aufzählung der benutzten Hauptwerke zusammengeschrumpft;
von den Anmerkungen finden nur wenige und meist aus mehreren zusammen-
gezogene sich vor.
Ist somit die Arbeit in der vorliegenden Form noch keineswegs als
eine abschliessende zu betrachten, und hätte mein Vater auch selbst den
Text nicht in der vorliegenden Gestalt dem Druck übergeben, da er ins-
besondere eine gründliche Durchsuchung der Madrider Archive noch vorher
vorzunehmen plante und auch den rechtlichen Abschluss der ganzen Unter-
nehmung erforschen wollte : trotz alledem möchte die nachfolgende Publikation
bei dem umfangreichen neuen Material, welches sie heranzieht, zu der
gegenwärtigen Feier nicht als eine unnütze und unzeitgemässe erscheinen.
Die etwaigen Mängel und Irrthüraer, welche der Leser vielleicht in
den nachfolgenden Blättern zu entdecken glaubt, bitte ich nicht meinem
Vater, sondern nur mir zur Last zu legen. Jeder, welcher mit der
Die Gas tellanos- Abhandlung. 21
Arbeitsweise meines Vaters vertraut war, weiss, welcher sorgsamen Kontrolle
und allseitigen Ueberarbeitung er selbst ein schon fertiges Buch zu unter-
ziehen pflegte, ehe er es dem Drucke anvertraute. Diese Durcharbeitung
hat der bis vor Kurzem dem ganzen Gebiete noch fast fremd gegenüber-
stehende Herausgeber trotz allen Eifers nur sehr unvollkommen zu ersetzen
vermocht.
Der Welser- Arbeit ist die Abhandlung meines Vaters über Juan
de Castellanos angefügt, da das Werk dieses Abenteurer-Dichters in
den dargelegten nahen Beziehungen zu den Welser-Unternehmungen steht
und in scharfem Gegensatz zu allen bisherigen Publikationen über die
deutschen Kolonisations-Versuche in Venezuela als gewichtigste Quelle von
meinem Vater benutzt worden ist. Da Castellanos der einzige spanische
Dichter ist, welcher deutsche Thaten verherrlicht, welcher die Welser-
Unternehmungen in Venezuela mit eifrigem Interesse verfolgt und in
ruhiger Würdigung niedergeschrieben hat, so wird wohl Niemand es für un-
berechtigt halten, dass in die vorliegende Festschrift über diesen eigenartigen
Mann eine Monographie aufgenommen ist, welche seine Dichtungen nicht nur
als Quellenwerk für die Welser- Arbeit behandelt, sondern, den gesammten
historischen Kern aus der poetischen Form herausschälend, den Werth des
Inhalts dieses Werkes überhaupt bestimmen will. Dies bezweckt die Arbeit
besonders dadurch, dass sie die Entstehung der einzelnen Theile durch die
Eigenthümlichkeiten und Erlebnisse des Dichters während sechzigjähriger
Wanderungen und Wandelungen festzustellen sucht: eine Aufgabe, deren
Schwierigkeiten wegen der Widersprüche in der Chronologie und der
Lücken in den Quellen nicht geringe sind. Zugleich giebt die Abhandlung,
da sie bereits von der Hand meines Vaters so gut wie vollendet ist, insbe-
sondere auch in ihren Anmerkungen ein Bild dessen, was auch die Welser-
Arbeit geworden sein würde, wenn es meinem Vater vergönnt gewesen
wäre, sie zum Abschluss zu bringen.
Diese Anmerkungen enthalten den gelehrten Apparat, welchen der
unfertige Zustand der einschlagenden Geschichtsforschung erforderlich
machte und in welchem als besonders wichtig hervortritt die Benutzung
der Coleccion de documentos ineditos relatives al descubrimiento, con-
quista y organizacion de las antiguas posesiones Espafioles de America y
Oceania, sacados de los archivos del Reino y mui especialmente del de
las Indias, Madrid 18G4 ffl. Wenn aber auch trotz dieses Anfangs ur-
kundlicher Vorarbeit sich das Dunkel nicht immer heben Hess, wenn auch
nicht ausgemerzte oder neu hinzugekommene Irrthümer sich finden mögen,
so erhebt doch das in den Anmerkungen gesammelte Material den Anspruch
22 Einleitung.
der ersten kritischen Bearbeitung des fraglichen Zeitalters, natüi'licher
Weise bloss in den gegebenen lokalen Grenzen, ja nur in den auf
Castellanos sich beziehenden Partien. Da die Anmerkungen zur
Castellanos-Arbeit meines Vaters sich in ihrem Inhalte vielfach mit einigen
der geplanten Welser-Noten decken, so sind sie in den nachfolgenden
Blättern mit den wenigen verbunden, die von diesen aufgenommen werden
konnten.
Möchte das Bestreben meines Vaters, ein bisher falsch beurtheiltes
Stück deutscher Vergangenheit durch das Licht der Wissenschaft klarzu-
stellen, möchte mein Bestreben, von dieser mühsamen Arbeit meines
Vaters wenigstens Einiges zu Nutz und Frommen der Mitwelt und zu
Ehr' und Gedächtniss ihres Autors zu retten, nicht vergeblich gewesen sein.
Der Herausgeber.
GESCHICHTE
DER
WELSER-ZtJGE IN AMERIKA.
I.
n Augsburg werden Rathhaus und Börse mit dem Dome und
der Residenz durch die stattliche breite Karolinenstrasse ver-
bunden. Der vom Rathhaus Kommende erblickt auf ihrer
linken Seite, an der ersten Ecke gegen die Karlstrasse,
zwischen Bauten jüngerer Zeit ein massiges, düsteres Quadergebäude, ein
Werk des beginnenden sechzehnten Jahrhunderts, nicht hoch und nicht
schön; sein Renaissance-Erker redet von vergangenem Stolz, denn er tr<ägt
eine grosse Steinplatte und auf derselben in goldenen Lettern :
„Hier war ehedem die Wechselbank der Familie Wels er,
der ersten Deutschen, die Schiffe nach Indien sandten; Bar-
tolomäus Welser besass Venezuela, das man der Welser
Land nannte."
Diese Tafel richtet unsere Gedanken auf die Zeit der Reformation
und Renaissance, auf die Blüthezeit der Augsburger Kaufmannschaft, das
beginnende sechzehnte Jahrhundert.
Als dessen erstes Viertel endete, that nämlich jenes Augsburger Kauf-
mannshaus „Bartolmä Welser und Gesellschaft" einen Schritt, dessen Trag-
weite zunächst bloss an wenigen deutschen Geschäftscentren annähernd zu
verstehen und selbst an hervorragenden Plätzen Europa's nicht vollständig
zu würdigen war, sogar nicht in den ersten und bedeutendsten Seehäfen
der alten Welt. Die leitenden Mitglieder jenes Hauses, die Brüder Bar tolmä
und Anton Welser, Nachfolger der sehr vermögenden Firma W e 1 s e r ,
Vöhlin und Genossen, führten damals einen bereits gross gewordenen
Namen. Obwohl sie von der Masse ihrer Landsleute vielfach miss-
verstanden, namentlich von reformatorischen Volksführern, besonders
den Lutherischen, als Aufkäufer, Monopolisten und Wucherer dargestellt,
26 Geschichte der Welser-ZUge in Amerika.
ja in Flugschriften und Spottgedichten Volksschinder und Tcufelshantierer
gescholten waren, standen sie doch auf Grund weitgehender Handels-
privilegien in den praktisch massgebenden Kreisen gewichtig da, als Träger
eines ausgedehnten Geld- und Waarenverkehrs , als Männer von Umsicht
und Sachkunde, als Kapitalisten von Klugheit und Thatkraft, als sprachen-
gewandte Kenner fast aller Völker Europa's und der Levante. Im Wett-
streit mit den Fuggern, den ersten Handelsherren deutscher Nation, hatten
sie ihr Geschäft zu einer so viel verzweigten Kaufmannschaft emporgebracht,
wie sie damals an anderen Orten des heiligen Römischen Reiches kaum zu
finden war, selbst nicht an den hansischen und rheinischen Plätzen, und ausser-
halb Deutschlands lediglich in dem Kreise des italienischen Städtewesens.
Jenseits der Alpen, an den Brennpunkten eines buntgestaltigen und
reichblühenden Lebens, in Venedig, Mailand, Genua und Rom, hatten die
Augsburger Wels er ihre eigenen Kontore, ebenso in Genf und Lyon;
denn sie beschränkten sich keineswegs auf ihren Hauptsitz, auf jene alt-
berühmte, damals wohl von Bewunderern neben Paris und gar neben Rom
gestellte deutsche Reichsstadt. Wie sie in Deutschland an den seit Langem
üblichen Verbindungsstellen des südlichen Handels, in Nürnberg, Mem-
mingen, Ulm, sesshaft waren, wo ihr Geschäft gleich den dort heimischen
blühend sich entwickelte, wie sie aus den Bergwerken und Hütten Ungarns
und Siebenbürgens die werthvollsten Tauschmittel sich verschaflften , so
zeigte sich ihr Name auch nach Norden zu inmitten des grossen Geld-
verkehrs; ihre Filiale in Antwerpen, dem ausser Hamburg nördlichsten
Haupt-Bankplatze des europäischen Festlandes, entfaltete nicht allein in
den reichen flandrischen Landen die regste Thätigkeit, sondern auch jen-
seits des Kanals in London, ja bis nach der Ostsee hin, dem eigensten
Gebiet der Hansen, und zugleich bis jenseits der Biscayischen Bucht, in
Lissabon und in Sevilla; sie hatten auf Madeira Niederlassungen, und auf
den Kanarischen Inseln Plantagen. Die Hauptperspektive ging aber nach
dem Orient; die Weiserischen Schiffe fuhren von Bari aus, um den
Levantehandel, namentlich die asiatische Einfuhr, auszunutzen, und wenige
Jahre nach Vasco da Gama's kühner Fahrt rüstete auch das rastlose
Augsburger Geschäftshaus in Verbindung mit anderen hervorragenden Kauf-
herren bereits auf eigene Rechnung und Gefahr Schiffe aus, welche dem
ersten portugiesischen Vicekönig von Indien, Francisco d'Almeida,
folgten, damit so schnell wie möglich der neue Weg nach Indien betreten werde,
weicherden alten Handelsstrassen im Osten bald starken Abbruch thun musstc.
Als nun dies neue asiatische Unternehmen wegen der Eifersucht der
fremden Behörden zu kränkeln begann, trafen die Wels er, deren Wissen
Das Kaufmannsliaus Bartolmä Welser und Gesellschaft. 27
und Können weit über den Gesichtskreis der meisten Zeitgenossen hinaus-
ragte, ihre Massnahmen in entgegengesetzter Richtung. Wenn die Portu-
giesen den Weg zu ihrem Indien, zu dem altem verschlossen, so Hess sich
das Geschäft doch hinübertragen nach dem anderen Indien, nach dem
spanischen, das jetzt vielfach von Gelehrten und ähnlichen Bücherleuten,
namentlich in Deutschland, Amerika genannt wurde.
Die Weiserischen von Augsburg beschlossen, an dem bedeutendsten
aussereuropäischen Sitze der weltumspannenden spanischen Macht Fuss zu
fassen, im Herzen des jungen, über den alten Oceanus nach Westen hin-
überdringenden Handels- und Schiffahrtsverkehrs. Sie begannen, nicht
ganz freiwillig, damit, dass sie die Befugniss, „aus Spanien segeln zu
lassen nach dem neuen Indien, auf eigene Kosten und Abenteuer, wann
und so oft sie wollten, als wären sie Spanier", in kluger Weise sich er-
warben und ausserdem Gleichstellung mit den Nationalen im Indienhause
zu Sevilla, dem europäischen Ausgangspunkte des neuen Verkehrs. Sie
erlangten solche Vorrechte von einem Manne, der in den Augsburger
Schuldbüchern mit hohen Summen belastet stand , obwohl er sich Herrn
jenes Indiens, spanischen und deutschen König nannte, obwohl er über
das halbe Italien und über zahlreiche andere reiche Länder gebot, auch
aus päpstlichen Gnaden zum römischen Kaiser erkoren war: nämlich von
Karl V., in dessen Reich die Sonne nicht unterging.
Somit schickten 1525 auf Grund allerhöchster Verleihung diese Pfad-
linder des Handels ihre Leute nach dem grossen Mittelmeer Amerika's,
nach der „neuen indischen See". „Dies ist," schreibt einer ihrer Genossen,
„das bedeutendste Becken des ozeanischen Meeres. Bisher wurde an
keinem anderen Orte der Welt ein grösserer Golf beschifft, keiner, auf
dem man länger, ohne Land zu erreichen, gefahren hätte; denn selbst die
portugiesischen Schiffsleute, die gen Moluco — nach den Molukken —
fahren, sehen doch aufs Längste alle acht Tage Land. Dort wird eine
kleine Insel, welche fünfhundert Meilen Weges ringsum begreift, Klein-
Spanien, Hispaniola, genannt, und die Hauptstadt, die guten Port gewährt,
recht wohl erbauet ist, auch zierliche Gassen und Gebäude, selbst ein
stark wehrlich Schloss hat, heisst Santo Domingo." „Diese Stadt . zählt
jetzt etwa siebenhundert Einwohner," so ungefähr wurde 1525 aus guter
Quelle berichtet; „ihre Strassen sind gerade, eben und breit, die Häuser
bestehen wegen der schweren Stürme aus Stein und gutem Mörtel in
schönen Wänden. Die Stadt liegt so nahe am Meer, dass dessen wilde
Wogen nur etwa fünfzig Schritte von ihr entfernt sind; der Oyana-Fluss
strömt fast am Fusse der Häuser vorbei. In ihm ankern die Schiffe un-
28 Geschichte der Welser-ZUge in Amerika.
mittelbar am Lande, unter den Fenstern der Wohnungen, nicht weit von
der Mündung. Zwischen dieser und dem Landungsplatze in der Mitte
liegt ein Schloss, so dass unter ihm in einer Entfernung von zwanzig
Schritten die Schiffe vorbeifahren: die Wohnung des Vicekönigs Ihrer
Majestät, ganz von Stein, mit schöner Aussicht auf See und Land, und
mit so guten Gemächern, dass, wenn die noch nicht vollendeten so werden,
wie die fertigen, der König von Kastilien dort ebenso wohl Hof halten
könnte, wie in einem der spanischen Schlösser. Die Kathedrale, deren
Bischof und Geistlichkeit sehr wohl bestellt sind, ist im Bau begriffen, und
nach den Vorbereitungen zu schliessen, wird sie bald vollendet und dann
nach Allem, was ich gesehen, sehr schön und stolz sein. Auch giebt es
dort drei Klöster, das von Santo Domingo, das des heiligen Franziskus
und das der barmherzigen Brüder: gute Gebäude, wenn auch bescheiden
und nicht so prächtig und merkwürdig, wie ähnliche Bauten in Spanien;
in ihnen leben fromme Männer, die würdiges Vorbild gewähren. Endlich
ist dort auch ein gutes Armenspital."
Nach dieser Stadt, von der Viele ein rasches Aufblühen erwarteten,
kamen in jenem Jahre 1525, als Faktoren der Welser, ein Dalfinger
und ein Ehinger, zwei aus Ulm gebürtige Kaufleute. In der Nähe be-
sehen, war der Ort nicht so vielversprechend, wie nach jener Schilderung.
Die einzige europäische Kolonie in Amerika, welche schon direkten, ständigen
Schiffsverkehr mit dem Mutterlande unterhielt, spiegelte nämlich das noch
Unfertige der damaligen überseeischen Gründungen in jeder Beziehung wieder.
Santo Domingo, das die Hauptstadt eines grossen spanischen Vicekönigreiches
Indien werden sollte, hatte in seinen eben in Angriff genommenen ersten
Mauern 1525 noch nicht einmal den Vicekönig selbst aufzuweisen; denn
Diego Colon prozessirte wegen angeblicher Entdeckerrechte seines schon
vor zwanzig Jahren verstorbenen Vaters, des ersten Trägers jener stolz
klingenden Würde, seit langen Monaten in Spanien mit der Krone; dies
blieb erfolglos, und ebenso vergeblich war sein Versuch, die reichen Länder
zu erlangen, welche kürzlich der viel beneidete Fernando Cortes er-
obert hatte. Colon 's Gattin, die Vicekönigin Maria de Toledo, war
damals mit ihren sieben Kindern, von denen der älteste Knabe noch im
Kindesalter stand, in Santo Domingo geblieben.
Die dem Vicekönige beigeordnete Regierung, die Audiencia, oder, wie
die Deutschen sich ausdrücken, „das Kammer- oder Hof-Gericht" tagte in
einem schmucklosen Gebäude, welches die eine Seite des Hauptplatzes
bildete. Wie es für die Kirche 1525 keinen Bischof gab, so fehlte auch
Santo Domingo. 29
ein Präsident jener königlichen Behörde; von ihren drei Rathsstellen war
eine durch den Tod erledigt, und eine andere wurde gerade von einem
jungen Mann übernommen, welcher früher noch nie Amerika gesehen
hatte; die Regierungsgeschäfte leitete einzig und allein der ältere Rath
Alonso de Zuazo, welcher schon seit bald zehn Jahren die über-
seeischen Verhältnisse kannte; er hatte unter den mit der Regierung be-
traut gewesenen Hieronymiter- Mönchen in Santo Domingo als könig-
licher Gerichtsherr geschaltet und war dann, ungerechter Weise verdrängt,
für einige Jahre nach Cuba und nach Mexiko gegangen; aber gerade
als die Weiserische Faktorei sich einrichtete, kehrte er zu neuem Wirken
nach Santo Domingo zurück.
Der Amtsbezirk dieses tüchtigen Mannes war nicht sehr gross, denn
er umfasste keineswegs alle Theile des spanischen Indiens. Nicht allein
war jenes von Cortes neuerdings entdeckte, noch unorganisirte Länder-
gebiet, für das nun mehr und mehr der Name Neu-Spanien aufkam, that-
sächlich ohne Verbindung mit ihm, es war auch schon seit etwa einem
Jahrzehnt eine andere Provinz unabhängig von Santo Domingo er-
richtet worden ; die zu früh gepriesene Landes - Hauptmannschaft Gold-
Kastilien, deren Regierungssitz vor kurzem von dem Ufer des kleinen
Darienflusses an eine perlenreiche Bucht des anderen Ozeans verlegt
worden war, nach Panama, von wo gegen Norden hin immer neue
Länder entdeckt wurden, so dass allmählich jenes seinen Grenzen nach noch
unbestimmte Neu - Spanien erreicht sein musste , zumal von da die
Europäer nach Süden hin vordrangen. Gold - Kastilien und Neu-
Spanien schickten nach Klein - Spanien sehr erhebliche Schätze, aber
diese gingen nur durch und konnten in Santo Domingo selbst keines-
wegs nutzbar gemacht werden. Den Bewohnern dieses Platzes traten
jene grossen Länder und der nördliche, nach Florida sich hinziehende
Küstenstrich nicht so unmittelbar vor Augen, wie das südlich von ihnen
belegene Land, das zwischen dem Meerbusen von Uraba und dem
Drachen-Golfe sich erstreckende Gestade ihrer „Indischen See", welches
sie seit Jahren vorzugsweise als das „Festland" bezeichneten.
Dies war eine lange, wüste Seekante, auf der mit schroffragenden,
bisweilen sogar schneegekrönten Felsgebirgen dürre, bisweilen sogar ver-
sengte Strandflächen abwechselten, mit Mangle-Dickichten und Kakteen-
Wildnissen schlankstämmige Palmenwälder, mit gradstreichenden Ufer-
grenzen frei ins Meer hinausragende Landspitzen und Vorgebirge, wie
das der Hintertrosse und das des Segels. Hier gefahrvolle Buchten
30 Geschichte der Welser-Züge in Amerika.
und reissende Strommündungen, dort gute Häfen, wie die im Osten des
Hintertrossen- Vorgebirges sieh darbietenden Buchten des Landes Mara-
capana oder die im Westen des Segel- Vorgebirges liegende, seit Alters
als beste Schiffahrtsstation für die Fahrt nach Gold-Kastilien dienende Bai
von Santa Marta. Auf einer Strecke zeigte sich harmlose, aber unglaublich
dürftig lebende Bevölkerung, auf einer anderen drohten wilde, angeblich
allen Heidengreueln verfallene Stämme, die Menschenfresser sein sollten.
Den Bewohnern von Santo Domingo versprach fürs Erste dieser
ungeheure Küstenstrich wenig Handelsnutzen; allein sie kannten von ihm
nur zwei Gebiete genauer. Das war erstlich jenes Maracapana, der
östlichste Theil eines Gebietes, in welchem Alles an Schätze erinnerte,
weil dort die seit der ersten Entdeckungszeit bekannten, vielbesprochenen
Inseln und Küsten der Perlen lagen , von welchen noch vor wenigen
Jahren Bartolome de las Casas einen grossen Theil als Versuchsfeld
für mönchische Kolonisationen ausersehen hatte. Jetzt lag dieses Gebiet
ohne jede Ansiedlung da, war aber aufs Neue ins Auge gefasst worden
von dem bekannten Westlandfahrer Martin Fernandez de Enciso,
dem Verfasser eines Geographiebuches, in welchem jene Küste, aber
keineswegs auch das wichtige Hinterland zum ersten Male besprochen
wurde.
Der andere auf Hispaniola etwas genauer bekannte Theil des frag-
lichen Kontinentes war die Gegend bei dem Hafen der Heiligen Martha,
welche zur Zeit von Las Casas der nunmehrige Schlosshauptmann von
Santo Domingo Gonzalo Fernandez de Oviedo zu einer Ritter-
Kolonie hatte benutzen wollen ; sie wurde gerade, als die W e 1 s e r wegen
ihrer Faktorei verhandelten, von dem letzten Vertreter der Heldenzeit der
spanischen Entdeckungen für eine neue Ansiedlung in Anspruch ge-
nommen, von dem alten Rodr ig o deBastidas, einem der reichsten
Bewohner Santo Domingo's. Die übrigen Gebiete der weit ausgedehnten
Küstenstrecke schienen für Handelssachen kaum in Frage zu kommen.
Von den im Westen Santa Marta's liegenden war das Land der Calamarer
freilich dem schon genannten Oviedo verliehen, aber dessen Vorhaben
erschien fUr's Erste als aussichtslos. Von dem im Osten Santa Marta's
belegenen Gebiete sollte an den Sekretär der Audiencia in Hispaniola
Diego de Cavallero die in dieser Richtung weiter streichende Küste
vergeben werden; allein auch dieses Unternehmen versprach keinen Er-
folg, da mit ihm gar zu schnell begonnen werden sollte.
Dieses ganze Festland, imorganisirt wie es war, wurde zu dem Be-
zirke der in Santo Domingo sitziialtendcn königlichen Regierung gerechnet.
Geschäfts-Aussicliten in Santo Domingo. 31
Wären im spanischen Indien die Verhältnisse nicht noch so locker und
unfertig gewesen, wie der Wirkungskreis jenes „Kammer- und Hof-
Gerichtes" zeigte, so hätten die Ulmer Vertreter der deutschen Firma
schwerlich in das neue Land mit ihrem Geschäftsbetriebe eindringen
können ; denn bisher hatte, wie Hispaniola, so auch das ganze übrige Gebiet
allen Fremden sich verschlossen, selbst den an seiner ersten Entdeckung
antheilberechtigten Italienern und Portugiesen. Dalfinger, Ehinger
und ihre Leute waren 1526 die einzigen geschlossen und selbständig
auftretenden Nichtspanier, nicht nur in Santo Domingo, sondern auch
in allen sonstigen Punkten der neuen Welt, an denen bereits Europäer lebten.
Unerfreulich mochte ihre isolirte Stellung sein ; sie erschien doch als
aussichtsvoll. Es war dort bei der Zerfahrenheit aller bisherigen Gründungen
nicht unmöglich, das spanische Alleinrecht thatsächlich zu brechen und
erfolgreich mit den Nationalen in Konkurrenz zu treten.
Die Unternehmungen, welche in Hispaniola sich ins Werk setzen
Hessen, welche nach dort und von da aus entwickelt werden konnten, ver-
einigten sehr verschiedene Elemente. Was zunächst den von Europa aus-
gehenden Verkehr anbelangte, so rechneten Dalfinger und Genossen
darauf, dass in Santo Domingo, das von Sevilla aus durchschnittlich in
fünfunddreissig bis vierzig Tagen erreicht wurde, alle europäischen Lebens-
und Kulturbedürfnisse begehrt waren : Grosses wie Kleines, vom Reitzeug bis
zum Hemde, vom Eisen bis zum Papier, vom Weine bis zum Mehl. Pferde,
Rinder und sonstige europäische Hausthiere waren jenseits des Ozeans bereits
in grosser Zahl vorhanden, so dass sie nur selten die Ausfrachten bilden konnten.
Statt ihrer erschienen Menschen, nicht etwa bloss die Genossen organisirter
Expeditionen, sondern auch viele einzelne Auswanderer, welche, obwohl
sie meist zweifelhaftem Gesindel angehörten, doch auf besondere Rück-
sichten beim Transport Anspruch machten. Dazu kamen drittens die sehr
begehrten rohen Negersklaven. Wie diese nach Spanien seit den Mauren-
kriegen gebracht wurden, um dort gleich Sachen be- und verhandelt zu
werden, so hatte man sie auch bald über das Weltmeer zu schaffen be-
gonnen. Dieses vielfach als besonders umsichtig betrachtete Geschäft, das
insbesondere mit der Einführung des Zuckerrohrs in der neuen Welt zu-
sammenhängt, war zuerst 1517 Lorenz de Gomenot, dem Befehls-
haber von Bresa und Oberhofmeister des jungen Carlos, für Hispaniola
übertragen worden, und zwar für viertausend Köpfe auf acht Jahre; der
Vertrag war dann bald auf weitere acht Jahre verlängert, also bis 1533;
jene Zahl von viertausend schien aber für die Nachfrage viel zu gering
zu sein; denn diese Nachfrage wuchs unter Anderem dadurch so sehr,
32 Geschichte der Welser-Züge in Amerika.
dass die Bevölkerungsziffer der Eingeborenen Hispaniola's in den letzten
vierzig Jahren sich sehr vermindert hatte, nach Meinung der Wels er
von fünfzigtausend Köpfen auf zwanzigtausend. Damit der grösstentheils
zum Ersatz dieses grossen andauernden Verlustes an Arbeitskräften dienende
Negertransport nicht so sehr eingeschränkt werde, war jener Monopol-
inhaber, der seine Rechte für fünfundzwanzigtausend Dukaten an genuesische
Kaufleute übertragen hatte, abzufinden. Alsbald bestimmte man auch für
Gold-Kastilien fünfhundert und für Cuba tausend Köpfe Afrikaner. Den
Herren W eisern wurden endlich 1528 viertausend Köpfe gestattet, ebenso
viele, wie vor einigen Jahren dem genannten flandrischen Herrn zuge-
standen waren, jedoch ohne Festsetzung eines besonderen Bestimmungslandes.
Was die Rückfahrt nach Europa anbelangte, deren Transport eine
etwas längere Seefahrt erforderte, meistens eine von fünfzig Tagen, so
hofften Dalfinger und Genossen natürlich, im Lande der Wunder
Metalle und Perlen in grossen Mengen erhandeln zu können, vielleicht
auch Smaragden und andere Edelsteine, allerlei Gewürze, kostbare Hölzer
für Färberzwecke und Räucherwerk; ungeahnte Schätze kamen gewiss
hinzu. Auf Menschentransport nach Spanien war dagegen kaum zu
rechnen ; denn an eine Heimkehr dachte die Mehrzahl der neuen Kolonisten
damals noch nicht. Die königlichen Beamten fuhren in den schon regel-
mässig gehenden Postschiffen. Die in der ersten Zeit versuchsweise be-
gonnene Ausfuhr von indianischen Sklaven hatte längst aufgehört, theils
weil die Kinder der Tropenwildniss in Europa nicht fortzukommen ver-
mochten, theils weil sie in ihrer Heimath wegen des neuen Acker- und
Berg -Baues nicht entbehrt werden konnten und, da die Blattern unauf-
hörlich in ihren Kreisen wütheten, sehr geschont werden mussten. Für
die Schiffahrt von Santo Domingo nach Sevilla war, was den Personen-
verkehr betraf, höchstens an gelegentliche Rückschaffung von Sträflingen
zu denken, deren schwer zu bändigende Menge bereits grosse Besorgnisse
hervorrief. Uebrigens gab es in diesen Kolonien selbst schon einen eigenen
Personenverkehr, nämlich einen inneren Handel mit Menschen, welcher
Alle, mit denen die Weiserischen in Santo Domingo in Berührung
kamen, offen und frei trieben. Ihm dienten als Objekt nicht bloss die
Unfreien, welche unter den Eingeborenen in dauernder Knechtschaft lebten,
nicht bloss alle diejenigen unverbesserlichen Heiden, die trotz Vermahnung
sich zur Wehr stellten und es nicht begreifen konnten, dass der Kaiser
ihr Herr sei und das Christenthum ihre Religion werden müsse, sondern
auch die längst in Acht und Bann erklärten, als Menschenfresser völlig
vogelfreien Kariben. Derartige Wilde waren nach Gesetz und Recht
Aufgaben der Welser-Faktörei. 3^
Handelsartikel und Schiffsfracht, was keineswegs als unnatürlich erschien,
da ja das Levante- Geschäft ganz Aehnliches kannte; derartiger Schiffs-
dienst war Nebengeschäft.
Die hauptsächlichste der auf Hispaniola zu erfüllenden Faktorei-
Aufgaben lag in der Plaritagen-Wirthschaft. In dieser stand Anbau und
Verarbeitung' des von den Kanarischen Inseln herübergebrachten Zucker-
rohrs in erster Linie. Diese Kultur war bereits vom Vicekönige selbst, von
jenem königlichen Rath Zuazo, von den Familien der obersten Beamten
und von den vornehmsten Ansiedlern begonnen; sie wurde auch alsbald
von den Weiserischen auf einer bei San Juan de Maguana belegenen
Plantage energisch in Angriff genommen. Sodann gedieh auf Hispaniola
die Baumwolle. Die Versuche, sie in den Handel zu bringen, waren
gewiss viel versprechend ; denn die Nachfrage hatte in den letzten Jahren
sich überaus vergrössert. Dazu kam die Viehzucht, die zur Deckung der
örtlichen Unkosten sehr viel beitragen konnte, da in Santo Domingo der
tägliche Bedarf an Rindern, Kälbern, Schafen und Schweinen für Nahrung
und Schiffsproviant — es fehlten haltbare Feldfrüchte — , für Talg- und
Häutehandel, namentlich auch nach Europa, ein ausserordentlicher war.
Endlich wurde ganz vorzüglich auf Gold und Silber gerechnet. Für den
Bergbau ' schieüen die in der alten Welt gemachten Erfahrungen mit be-
sonderem Erfolge verwendbar zu sein ; wie denn auch rasch über Verträge
wegen Herbeischaffung deutscher Bergleute verhandelt wurde. Silber
fehlte jedoch auf Hispaniola vollständig 5 ausser dem erst in zweiter Linie
stehenden Kupfer gab es nur Gold, das in Gruben und durch Wäschereien
gewonnen wurde. Dies galt offenbar als Hauptsache; allein die Vor-
stellungen, welche Bartolmä Welser und Gesellschaft in Augsburg
über die Goldsendungen ihrer amerikanischen Faktorei sich machen
konnten, entsprachen nicht ganz den wirklichen Verhältnissen. Es be-
standen nämlich die kostbaren Goldschätze, welche in der ersten Zeit der
Berührung mit Europäern von der neuen Welt der alten zuströmten,
keineswegs bloss aus unmittelbaren Produkten der Natur ; vielmehr kamen
damals noch die seit Jahrtausenden aufgehäuften Reste alter, meist längst
wieder verschwundener Kulturen in Menge über den Ocean. Das ver-
sandte Gold war in der ersten Zeit der Hauptsache nach keineswegs
direkt dem Boden, dem Gestein oder dem Wasser abgewonnen worden,
sondern zu grossem Theile den Landbewohnern abgedrungen, sei es durch
Gewalt als Beute oder Lösegeld, sei es durch Tausch oder ähnliches Ge-
schäft, sei es durch Gräberöffnung und Tempelraub. Die eingeschmolzenen
Schmucksachen der Eingeborenen und ihrer Vorfahren mochten oft
Festsclirift der Hainburgischen Amerika-Feier H. ö
34 Geschichte der Welser-ZUge in Amerika.
niedrigen Gehalts sein; sie waren immerhin billigeren Erwerbes, als das
mit grossem Aufwände von Menschen und mit schweren Kosten für Ge-
räthe und Transportmittel frisch erarbeitete jungfräuliche Mineral. Von
der Krone waren nun aber, wie Dalfinger bald sehen musste, im Be-
reiche der Santo Domingo 'er Regierung die meisten althergebrachten und
auch die meisten neu aufgespürten Goldstellen längst in Besitz genommen
oder an Private vergeben worden, namentlich auf den Inseln; das war
auf Hispaniola sogar mit den Wäschereien der Cibao- und der Cotuy-
Gegend, mit den Fundstellen von San Cristobal und manchen anderen
geschehen; dasselbe galt von vielen Orten Gold-Kastiliens, Für syste-
matischen Bergbau auf Gold, für diese Basis des Geschäftsbetriebes der
amerikanischen Faktorei, mussten daher die Weiserischen bald nach
anderen Gebieten ausschauen. Dabei traf ihr Auge nicht Mexiko oder
Yucatan, wo die Ausbildung eines geregelten Bergbaues bereits begann;
naturgemäss blickte man von Santo Domingo aus zunächst südwärts, auf
das vielgenannte „Festland", zumal von dort neuerdings Gold ein-
gesandt war, welches frisch gewonnen zu sein schien, und zwar als
Minenmetall, das aus den merkwürdigen Schneegebirgen bei Santa Marta
stammen sollte.
Oestlich von diesem mächtigen Bergstocke dehnt sich ein weites
Küstenland aus, welches in Santo Domingo seit mehr als zwanzig Jahren
in dem Rufe stand, gutes Gold zu liefern: das wilde Cocibacoa, dessen
bekanntesten Punkt jenes Segel- Vorgebirge bildete, ein Ort mit steiniger,
fruchtloser Umgebung, dem Meere trüb und trostlos sich darbietend, auch
verrufen wegen vieler „Disteln und Stachelgewächse", wegen tiefer Risse
und Höhlen des Bodens. Cocibacoa, an dessen Besitznahme jüngst
Cavallero aussichtslos gedacht hatte, sollte ausser Santa Marta das
einzige Land an der ganzen Südseite der indischen See sein, in welchem
jemals Geräthe zum Goldschmelzen und Goldbearbeiten sich gefunden
hätten.
Dieses Gebiet war noch nicht von der Krone vergeben ; auf dasselbe
wurde in Santo Domingo die allgemeine Aufmerksamkeit gelenkt, seitdem
eine unfern von ihm belegene Inselreihe in Nachfrage kam. In dieser
hiess das grosseste Eiland seit den ersten Entdeckungszeiten die Ricsen-
insel. Es war und ist ein kleines, bäum- und strauchloscs Höhenland,
das einen melancholischen Gegensatz bildet zu der tiefblauen, auch ein-
tönigen Himmelsfläche, von der es in klaren Linien so scharf sich abhebt,
dass alle am Rande erscheinenden Gestalten zu Riesen vergrössert werden.
Neben diesem Cura5ao liegen noch zwei ähnliche kleinere Inseln, Oruba
Coriana und die See von Klein- Venedig. '35
und Bunaire, ebenfalls wüste und leer. Von diesen Rieseninseln wurden
damals viele Eingeborene weggeholt, um für Feldbau und Goldförderung
auf Hispaniola verwendet zu werden.
Die Schiffe, welche zwischen diesen Inseln und dem Kontinente
der starken Meeresströmung folgten, um nach dem Segel - Vorgebirge
zu gelangen, sahen zuerst an der Festlandsseite einen einförmigen
glatten Uferstrich, das altbekannte Land Coriana, in dessen Hinter-
gründe das ohne Weiteres nach jenen friedlos gelegten Eingeborenen
getaufte Cariben-Gebirge sich thürmte, eine kahle, fest zusammenhängende
Kette über einander emporsteigender Berge, eine Reihe hochbewaldeter,
nur am frühen Morgen sich enthüllender Kuppen, offenbar ein von grösserer
Landmasse gegen das Meer anstehendes Bollwerk. Jenseits Coriana's
sprang eine vereinzelte Höhengruppe ins Meer, welche nur durch eine
schmale Dünenkette mit dem Küstenstriche verbunden war und nach
Norden abgerissene, felsige Massen entsendete, deren letztes Stück
scharf in weit sichtbare Brandung hinabfiel, während die Ufer sonst platt
und öde dalagen : die Halbinsel von Paraguana mit der Spitze des heiligen
Romanus. Endlich dämmerten dort dem Schiffer vorn vor dem Bug in
weiter Ferne hinter den dunklen Strichen endlosen baumhohen Ufer-
gebüsches leicht gefärbte Höhen; sie gehörten schon dem Cocibacoa-
Lande an.
Zwischen seinem Ende und dem Kap Roman öffnete sich nun ein
grosses Wasser, das von Klein-Venedig oder von Venezuela. Es ist etwa
in der Mitte zu einer mit Mangle-Gebüschen umwachsenen Enge einge-
schnürt, die durch Landzungen und Inseln noch schmaler gemacht wird,
zum Meere hin salzig, im tiefen Binnenbecken nicht. Ehedem hiess es
See des heiligen Bartholomäus, dann der Mutter Gottes; am gebräuchlichsten
wurde früh die alte Bezeichnung nach Venedig; denn die Männer, welche
den Namen gaben, hatten es charakteristischer Weise mit dem Adriatischen
Meere, mit dem von Venedig verglichen, und wenig mehr Kunde, als sie
besassen, war später erlangt : E n c i s o sprach freilich von einem Eingangs-
thor, von Vierecksform des inneren Beckens, von Perlen an den Ufern und
von Frauen besonders üppiger Schönheit; auch erklärten Andere die dortigen
Menschen für ziemlich ungefährlich; Cavallero sprach davon, dass dort
in der Nähe wirklich feines Gold im Tauschhandel vorkomme. So fesselte
dieser Wassereinschnitt die Blicke der Weiserischen Faktorei mehr und
mehr ; gewiss Hessen sich ja von ihm aus grössere Unternehmungen ein-
leiten, als das enge Hispaniola ermöglichte. An diese See von Klein-
Venedig knüpften sich denn auch zunächst die Pläne der Welserischenj
36 Geschichte der Welser-ZUge in Amerika.
die unter dem Einfluss der damals herrschenden geographischen An-
schauungen sich vielfach eigenartig ausgestalteten.
Die Kunde nämlich, dass es nicht bloss den einen, seit uralter Zeit
bekannten Ocean gäbe, der an der Küste der neuen Welt die Nordsee
hiess, sondern auch einen zweiten, einen bisher unbekannten, eine Südsee,
hatte allgemeines Erstaunen hervorgerufen, wenn auch bei den kosmo-
graphischen Studien obliegenden Gelehrten Europa's mehr, als bei Indien-
fahrern und Kolonisten selbst. Jene mussten etwa ein Jahrzehnt lang sich
bemühen, die grosse Thatsache, dass Europa gegenüber nach Westen zu
nicht eine asiatische Küste, sondern ein bisher unbekannter Erdtheil, eine
vollständig neue Welt dem Meere entsteige, mit den hergebrachten An-
schauungen und ererbten Begriffen in Einklang zu bringen; dagegen
wurden die Männer des praktischen Lebens, zu denen auch die Räthe und
Beamten des Sevilla 'er Indienamtes gehörten, nicht tiefsinnig ob jener
Thatsache, sie suchten dieselbe vielmehr sofort auszunutzen, wie eine jede
andere der vielen überseeischen Neuigkeiten, deren wunderbare Reihe gar
nicht enden zu wollen schien. Dies griffen sie natürlich auf ihre Weise
und nach ihren Erfahrungen an ; so glaubten sie sicherlich, dass der zweite
Ocean mit dem alten Weltmeer irgendwo in Verbindung stehen werde,
dass die Theile der neuen Welt Inseln seien. Diese als zweifellos ange-
nommene Verbindung zu entdecken, bildete Jahre hindurch, auch nachdem
die Weiserische Faktorei auf Hispaniola längst eröffnet war, den Haupt-
gegenstand aller Bestrebungen der mit den Indienfahrten sich befassenden
Männer. Natürlich lenkte sie auch bald die Aufmerksamkeit von
Dalfinger und Genossen auf sich. Gar gern horchten diese, wie einer
von Letzteren sich ausdrückt, auf „alle den zweiten Ocean betreffende
Nachrichten, auf die grosse Zeitung von einem anderen Meere, das nun
Süd- oder Mittags-Meer genannt wird ; das war es, was wir mit Verlangen
erhofften; denn daselbst steht grosser Reichthum von Gold, Perlen und
Edelsteinen zu erwarten, nach dem zu schliessen, was in anderen Guber-
nationen der Indianischen Länder an Orten, wo man das Südmeer erreicht
hat, reichlich gefunden worden ist."
Diese Südsee hatte, als das zweite Viertel des sechzehnten Jahr-
hunderts angebrochen war, bereits Fahrzeuge der Europäer getragen;
Fernando Cortös hatte schon 1522 an ihrem Gestade Schiffe gebaut,
um nach den Gewürzinseln suchen zu können, und sandte 1526 Seefahrer
ab, um einem Rest der Magelhaes' sehen Expedition nachzuspüren;
auch war der jenseits der Landenge vorgenommene Bau europilischer
Schiffe, welcher dem Entdecker des zweiten Oceans, dem in Santo Domingo
Die Stidsee. Neue Pläne, 37
lange in achtungsvoller Erinnerung stehenden VascoNunez deBalboa,
das Leben gekostet hatte, keineswegs umsonst geblieben; denn diese vier
Fahrzeuge hatten seitdem nebst anderen, die ihnen folgten, den Männern
gedient, welche von Panama aus südwärts gefahren waren : nach einem
grossen, angeblich Peru genannten Lande, das noch reicher sein sollte,
als die neuspanischen Länder, aber bisher noch keine erheblichen Schätze
geliefert hatte, auch seiner Lage nach noch nicht genauer bekannt war,
geschweige denn hinsichtlich seiner Entfernung von der atlantischen
Küste.
Um an dieser eine schiffbare, zur Südsee führende Strasse aufzu-
finden, waren seit Jahren nördlich und südlich vom Aequator zahlreiche
Fahrten unternommen worden, nicht bloss von Europa, sondern auch von
den neuen Kolonien aus. In diesen Kolonien, und namentlich auch in
den seefahrenden Kreisen Santo Domingo 's, in Spanien, wie auch
unter den Schiffahrtskundigen Sevilla's lebte noch 1527 die Hoffnung
weiter, dass sicherlich einmal auf direkter Fahrt nach Westen wirklich
Asien und die Gewürzinseln erreicht werden würden, ohne dass der von
Fernao deMagelhaes entdeckte, so sehr abgelegene Weg einzuschlagen
wäre. Diese Annahme theilte und nährte nicht bloss das indische Amt in
Sevilla und das neu errichtete Spezereihaus in Corufia ; selbst der indische
Staatsrath betrachtete die einzelnen Theile der neuen Welt als Inseln ; die
Krone sogar förderte eine solche Annahme durch Verleihung von Land-
gebieten, welche von einem Meere zum andern reichen sollten. — Solche
Verleihungen schwebten jetzt den Weiserischen vor, welche auf die Er-
langung eines die Oceane verbindenden Gebietes mehr und mehr die Hoff-
nung gründeten, dass ihre Santo Domingo'er Faktorei wirklich gewinn-
bringend sich ausbilden lasse.
Hatten die Augsburger Herren die Machtvollkommenheit erlangt, auf
Hispaniola Handel zu treiben, als wären sie Nationale, so konnten sie ge-
wiss auch noch weiter gehen und ebenso, wie mancher Spanier, Land und
Leute der Wildniss zu Nutz und Lehen erhalten ; waren doch solche Ver-
gebungen längst nicht mehr allein hochstehenden Personen, verdienten
Expeditionsführern und grossen Entdeckern zu Theil geworden, sondern
schon allerlei fahrenden Leuten, sofern nur die üblichen Sicherheiten
durch Geld oder Geldeswerth geleistet werden konnten.
88 Geschichte der "Weiser-Züge in Amerika.
IL
Der Plan, ausser einer einfachen Handels -Faktorei auch den an-
gedeuteten grossen Landbesitz zu erwerben, konnte nicht lange und breit
erwogen werden; denn bei den Gewässern von Klein-Venedig drohte ein
Mann sich festzusetzen , welcher gewichtigen Einfluss geltend machen
konnte: einer der reichsten Zuckerrohr-Bauer von Hispaniola, Juan de
Ampiös, der bereits auf den Rieseninseln sich eingerichtet hatte und
nun Santo Domingo in sonderbarer Begleitung von Eingeborenen Coriana's
aufsuchte, welche ihn zum Schutze gegen die Bergwilden in ihrer Mitte
zu sehen wünschten. So wenigstens hatte ein Häuptling in seinem Ge-
folge -^ Varacoyea geheissen, welcher in der alsbald vorgenommenen
Taufe den Namen seines Gönners Juan empfing — geredet, und einer
seiner Landsleute hatte dann dessen Aussagen in allen Einzelheiten be-
stätigt, namentlich auch darin, dass in jenem Lande, etwa zehn Leguas
von der Küste entfernt, der Sitz eines grossen Oberhäuptlings sei, der sich
gleich einem Gotte verehren lasse undManauri heisse. Ampi es rüstete
alsbald ein Schiff, um den Wünschen dieser Leute zu entsprechen und
Manauri kennen zu lernen.
Somit galt es für die Wels er keine Zeit zu verlieren. Dal-
finger übergab daher die Faktorei dem vielgereisten und gut bewanderten
Sebastian Rentz, einem ihm lange bekannten Ulmer Landsmann, und
begab sich nach Europa zurück mit dem Gedanken , das Land zwischen
dem Vorgebirge der Hintertrosse und dem des Segels müsse so, dass einer-
seits Maracapana, andererseits Santa Marta die Nachbarländer würden, für
seine Herren Wels er irgendwie sich erwerben lassen. Von diesen beiden
Nachbarländern war das erstere in jüngster Zeit nicht wieder durch
Europäer besucht worden, obwohl für das erwähnte Enciso'sche Unter-
nehmen die Kronbeamten sofort ernannt worden waren: achtungswerthe
Männer, von denen Gutes sich erwarten Hess. Das andere Nachbarland,
das von Santa Marta, hatte dem schon 1526 verstorbenen ersten Guber-
nator freilich viel Gold gebracht, aber seiner kurzen Regierung waren
Mord und Todtschlag, Parteiung und Bürgerkrieg gefolgt, so dass der neue,
für Santa Marta ausersehene Statthalter offenbar grossen Schwierigkeiten
entgegenging.
Es gelang nun den Vertretern von „Bartolomeo und Antonio, Ge-
brüdern Wels er", wie in Sevilla so auch beim spanischen Hofe alle Be-
denken gegen eine solche Landverleihung zu besiegen. Ampi 6 s Hess
sich beseitigen, weil er keine Kronbelehnung für Coro aufzuweisen hatte;
Die Belehnung der Weiser. 39
die Beamten, welche Enciso zugetheilt worden waren , konnte man für
sich gewinnen; zu beiderseitigem Vortheil musste eine Verständigung mit
dem neuen Gubernator von Santa Marta gereichen. Dieser, Garcia de
Lerma, war ein Vertrauter des am 23. Februar 1526 verstorbenen Vice-
königs Colon gewesen, dessen in Spanien eingetretener Tod die Aufrecht-
erhaltung der letzten Reste von dem ehemals seinem Vater verliehenen
Vicekönigthum vollends unmöglich machte. Seitdem präsidirte dem Kammer-
und Hofgerichte von Santo Domingo Sebastian Ramirez de Fuen-
1 e a 1 : ein Mann, der alsbald auch Bischof von Hispaniola wurde und eine
Regierung einleitete, welche Hoffnung auf geordnete Verhältnisse erweckte,
besseren Schutz von Recht und Gerechtigkeit versprach und gewiss mit
der Zeit auch neuen Gründungen Hülfe und Beistand gebot.
Den Vertrag über die Belehnung stellte in Spanien Namens der Ge-
brüder Wels er ihr Bevollmächtigter Heinrich Ehinger, ein Ulmer
Kaufmann, welcher Ritter des Santiago-Ordens und kaiserlicher Kammerherr
war, mit Rodrigo deDuenas fest; ihm stand dabei Hieronymus
Sailler zur Seite. Der Lehnbrief enthielt die bei solchen indischen
Lehen üblich gewordenen Bestimmungen ; namentlich ward ausdrücklich
vorgesehen, dass die am 17. November 1526 erlassene allgemeine Verord-
nung über die Wilden, wie alle anderen auf Indien bezügliche Vorschriften
auch für die W e 1 s e r gelten sollten. Sodann war wiederholt, dass diesen
nur das Recht des Kriegseisens zustände, das ist, dass sie Wilde nur dann
mit dem Sklavenzeichen brennen dürften, wenn dieselben, trotz der vor-
geschriebenen Aufforderung und Vermahnung, sich erkühnten, Widerstand
zu leisten. Ebenso war noch ausdrücklich erklärt, dass sie nur dann den
Wilden ihre Sklaven abkaufen dürften, wenn das bestehende Sklavenver-
hältniss unter Mitwirkung von königlichen Beamten oder Geistlichen fest-
gestellt sei. Zu solchen und ähnlichen Zwecken sollte ein eigener Pro-
tektor der Indier die Weiserischen begleiten, und zwar wurde ein früherer
Genosse von Las Casas, Antonio de Montesinos, dabei ins Auge
gefasst.
Bartolmä und Anton Welser selbst, sowie deren Erben und
sonstigen Rechtsnachfolger sind die Belehnten ; „sie dürfen," wie Einer der
Ihrigen sagt, „wegen kaiserlicher Majestät das Land einnehmen und das
Volk zu Christen machen, taufen lassen und kaiserlicher Majestät unter-
thänigen; neben diesen mögen sie gegen einander ihren besten Nutzen
schaffen, doch dass allewege kaiserliche Majestät ihren Theil mit habe."
Den Kaiser betrachteten irrthümlicher Weise die Deutschen als ihren Lehns-
herrn, nicht den König von Kastilien, dem der Papst die Hälfte der Welt
40 Geschichte der Welser-ZUge in Amerika.
zugetheilt hatte; sie stützten sich auf ihr Kaiserthura, obwohl ihrem über-
seeischen Statthalter die kastilische Krone das Gehalt von 200000 Mara-
vedis bezahlen sollte, obwohl dessen Itang und Titel die eines kastilischen
Adelantado's sein sollten ; diese Würden, die meist nur persönlich und nur
„fiir ein Leben" verliehen wurden, sollten bei einem Personenwechsel nicht
mehr besonders wieder zugebilligt werden. Den General-Kapitän und den
obersten Gerichtsvogt, zu deren Gehalt die Krone je 100 000 Maravedis
beisteuerte, ferner die Kommandanten der drei Festungen, welche nebst
zwei Ortschaften anzulegen waren, ernannten die Belehnten ihrerseits.
Ausser solchen Regierungsrechten erhielten sie noch verschiedene
Vortheile besonderer Art, nämlich: Befreiung von dem Zoll, der sonst in
Indien, wie in Spanien selbst, für Ein- und Ausfuhr von Nahrungsmitteln
bezahlt wurde; das Zugeständniss, während sechs Jahre im Indienhause
zu Sevilla ihre indischen Waaren kostenfrei zu lagern, und von allen
sonst der Krone zu leistenden Abgaben 4 Prozent für sich zu behalten;
das Recht, von den vor dem Winde belegenen indischen Inseln Rinder,
Pferde und anderes Viehzeug zu holen, das sonst nur für die Versorgung
von Hispaniola bestimmt war; endlich das freie Eigenthum von beliebig
auszuwählenden zwölf Quadratmeilen Land. Von ihren Leuten erhält so-
dann Jeder innerhalb vier Jahre nach der Ankunft als privates Eigen-
thum zwei Caballerias und zwei Solares, d. h. zwei Anbauplätze mit zwei
Grundstücken von 200 zu 100 Fuss. Ausserdem haben auch sie Abgaben-
begünstigung ; sie zahlen nämlich in den drei ersten Jahren nur den Gold-
zehnten, erst im neunten den Goldfünften; sie haben acht Jahre lang Be-
freiung von der Umsatzsteuer auf Lebensmittel und für immer Befreiung
von der Salzabgabe.
Nach allseitigem Wunsch war das Unternehmen schnell zu begirmen,
nämlich in dem auf das Datum des Lehnbriefs folgenden Jahre. Es sollte
auch mit Energie angefasst werden; mit vier für ein Jahr verprovian-
tirten Schiffen und mit vierhundert Personen, Spaniern oder Fremden,
sollte ausgefahren werden. Es sollte schliesslich di« Anlage der Festungen
und Ortschaften schon binnen zweier Jahre nach der Besitzergreifung des
Landes erfolgen.
Besonders um diese Besitzergreifung zu erleichtern, ward ein eigener
Vertrag mit Lerma abgeschlossen, der jedoch nur über geringe Mittel
verfügte und für seine Kolonien vorzüglich auf Portugiesen rechnete, denen
der Weg auch nach diesem Indien offen stand, seitdem Karl V. am 10. März
1526 eine portugiesische Prinzess geheirathet hatte. Die Welser ver-
pflichteten sich, den Gubernator, der vorausging, von Santo Domingo nach
Ausrüstung der ersten Expedition unter Dalfinger. 41
Santa Marta zu bringen, und zwar unter seinem Oberbefehl; wenn sich
dort Unruhen zeigten, so sollte die ganze Expedition landen, sonst aber
höchstens fünfzig Mann. Dafür machte sich Lerma verbindlich, den
Welsern Santa Marta-Leute zur Hilfe zu senden, sobald er darum ange-
gangen werde, und zwar unter seinem persönlichen Kommando oder unter
einem von den Weiserischen zu ernennenden Führer.
Als ihren ersten Statthalter in den verliehenen Gebieten ernannteii
die Augsburgischen Kaufherren ihren bisherigen Faktor in Santo Domingo,
Ambrosius Dalfinger, den Ulmer Kaufmann, und für den Fall seines
Todes den Georg E hinger. Beide wurden im Lehnbriefe ausdrücklich
genannt. Der Statthalter sollte fürs Erste zu gleicher Zeit General-
Kapitän sein.
Unter Dalfinger's Leitung fand dann auch die Werbung für die
Expedition statt, die unter all dem abenteuerlustigen Volke Andalusiens
— auf Deutsche kam es für die gewöhnliche Masse nicht an — gut und
rasch von Statten ging; denn der Name der Gebrüder Wels er von
Augsburg hatte guten Klang; ihre Vertreter machten in Sevilla und
Madrid weitreichenden Einfluss geltend ; es wurden über das Zukunftsreich
nur anmuthende Dinge erzählt: Geschichten von schönen Frauen, von
Reichthümern aller Art, wie Gold und Perlen; die Aussicht auf die
märchenhafte Südsee und ihre Küsten an und für sich that endlich das
Ihrige. Ausserdem kam hinzu, dass unter den für das Weiserische Land
Ausersehenen anerkannt tüchtige Personen sich fanden, so Alonso
Vasquez de Acuiia, der zum Schatzmeister, Pedro- de San-
Martin, der zum Schmelzaufseher, Francisco de Salazar, der zum
Rechnungsführer ernannt war, sämmtlich früher für das Enciso'sche
Unternehmen erwählt; ferner schlössen sich Männer, wie Luis Gonzales
de Leiva, liiigo de Vascuna, Francisco de Santa-Cruz, den
Weiserischen an.
Dalfinger's Truppe sollte aus etwa vierhundert Personen bestehen
und vollständig nach den Erfahrungen, welche bisher- jenseits des Oceans
gemacht waren, zusammengestellt und ausgestattet werden. Der Kern des
Zuges ward aus einigen eingeübten Fähnlein gebildet, deren Abzeichen
besondere Farben hatten. Für die Rosse wurde „Schellen- und Schlitten-
zeug" beschafft; „mit diesem sollten sie behangen werden, auf dass ihre
Reiter also polternd umherschweifen könnten, um die Indianischen eher
zum Ergeben zu bringen". Von den erforderlichen Pferden wurde in
Spanien jedoch nur die für die Officiere bestimmte leichte Pferdeart ange-
schafft. Zum Führer der Reiter war Casimir vonNürnberg ausersehen.
42 Geschichte der Welser-Züge in Amerika.
Bei der ganzen Ausrüstung war alles Schwere , wie Hellebarden,
Zweihänder, Hakenbüchsen, lange Spiesse, zu vermeiden, ebenso Harnische
oder gar Panzer. Koller und Wämser bildeten die Kleidung; die Schuhe
waren aus Stricken oder Schnüren gemacht; die Flaschen bestanden aus
Gaishäuten, das Rauch hineingekehrt-, für das blosse Haupt gab es „gute
dreieckige Schweisstücher, die auf Türkisch aufgesetzt wurden". Die
Armbrustschützen waren gerüstet mit langen Armbrüsten; die waren
stählern, und ihre Winden hingen am Gürtel, sodass sie schnell sicli auf-
spannen Hessen; die Köcher hatten gute, verstahlte, spitzige Pfeile. Ihre
Wämser waren weit und mit Thierhaaren oder mit Baumwolle ausgefüllt,
ihre Hosen aus Leinen, ihre kleinen, alten, Römerhelmen ähnlichen Hauben
aus Elenshäuten. „Die Rodelliere und Parthisaniere waren mit Elenshäuten
auch angethan; die waren hübsch luftig und gut gegen die grosse Sonnen-
hitze, wie gegen das Schiessen mit vergifteten Pfeilen" ; die Barette waren
mit Federn gezieret; als beste Waflfe erschienen kurze Wurfspiesse, mit
denen viel auszurichten sein sollte; die Scheiden der Rapiere waren mit
Weissblech beschlagen, damit Alles desto besser und länger halte. Beson-
derer Werth war auf die Musik gelegt, die aus Pfeifen und Posaunen,
Heerpauken und Trommeln bestand, weil sie grossen Eindruck auf die
Wilden machen sollte. Den Tross bildeten „Hundeführer und Pferde-
wärter, Barbierer, Zimmerleute, Schuster, Schneider, Steckenknechte,
Profosse und Andere mehr, so zu solcher Rüstung dienlich sind". Blut-
hunde so wenig wie Feuerwaffen, geschweige Geschütze nahm Da Ifing er
mit, auch keine Weiber.
Vor der Einschiffung wurde „Jeder, so nach der Wels er Land
wollte," in Friana, der Vorstadt Sevilla's, vorschriftsmässig gereinigt und
eingekleidet, dann zu Sevilla selbst im Indienhause eingeschrieben und
„mit zweien Zeugen ordiniret, welche die Eltern und Freunde kannten,
item, dass sie gute Leute und Christen seien". Hierauf erfolgte am eigent-
lichen Abfahrtsorte die Haupt-Musterung. „Da hielt man uns für, wie
dass wir dem Gubernator den Eid thun müssten, ihm streiten zu helfen
wider die Indianer, und Ehre wie Gut zu erlangen, die Indianer mit dem
Schwerte zu erobern und zu guten Christen zu machen, auch sie dem
Gubernator aus kaiserlicher Majestät Befehl zu unterwerfen; ebenso wären
wir verpflichtet, die erste Provinz, so wir gewönnen, dem Gubernator zu
überantworten; hernach würde er das Land austheilen an Jeden von uns
laut kaiserlicher Majestät Befehl; dann hätte davon Jeder dem Gubernator
für Ueberfahrt zu zahlen, und wenn ihm Rüstung geliehen worden sei, auch
für diese, ausser des Kaisers und der Herren Gebühren."
Die Ankunft Dalfinger's in Amerika. 43
Da neben den Expeditionsleuten noch eine Anzahl von Bergknappen,
sowie eine Sendung der zu liefernden Neger mitgenommen werden musste,
war schliesslich der Kaum, der während der Ueberfahrt einem Jeden zuge-
messen wurde, nur sehr enge.
So fuhren Dalfinger's vier Schiffe schwer beladen von San Lucar
de Barrameda aus. Sie kamen wohlbehalten Ende 1527 in Santo Domingo
an, wo nicht bloss die Sklaven, sondern auch viele der Berggesellen ge-
landet wurden. Dort trat Garcia de Lerma nun sofort mit der Bitte
um Darlehn hervor, da er sonst den Theil der Ausrüstung, den er auf
Hispaniola vorbereitet hatte, nicht bezahlen könne; nachdem von den
Weiserischen Akten Kenntniss genommen war, bewilligte Sebastian
Rentz den Vorschuss. War schon diese Begrüssung unangenehm, so
erregten die Nachrichten über die in der Zwischenzeit von Ampi 6s
unternommenen Schritte geradezu Besorgniss. Dieser hatte sich nämlich
schon den 7. September leidklagend, fast beschwerdeführend an die Krone
gewendet: bereits habe er Lebensmittel, Werkzeuge, Hausbaugeräthe,
Pferde und Menschen, sogar seinen einzigen Sohn nach dem Coriana-Lande
geschickt, und jetzt heisse es, das Gebiet, zu dem dieses gehöre, sei an
Deutsche vergeben worden ; sollte dies wahr sein, so würde nicht bloss er
persönlich schwer geschädigt, sondern auch die in friedlicher Weise be-
gonnene Besiedelung gefährdet, da alsdann Krieg und Tod drohe ; er bitte
ausdrücklich um Verleihung jenes Landstriches; wäre diese aber unmöglich,
mindestens um Belehnung mit dem Cocibacoa-Lande ; das sei bis nach
Santa Marta hin die reichere Gegend und die zwischen ihm und dem
Busen von Klein-Venedig wohnende Bevölkerung schon in Freundschaft
gewonnen. Wenn solche nachträgliche Vorstellungen Gehör fanden, so
waren die Grenzen des Weiserischen Lehens wesentlich und sehr bedenklich
verengert.
Diese Sache war von der Faktorei nicht zu erledigen ; sie musste
daheim entschieden werden. Die Reise ging also weiter, sobald L e r m a mit
seinem Gefolge sich an Bord eines der drei weiter fahrenden Schiffe
begeben und deren Verproviantirung, Vervollständigung oder Erneuerung
gefunden hatte. „Von Santo Domingo nach Venezuela schiffend, " so sagt
ein Genosse Dalfinger's, „ist es bei 200 Meilen, wie wohl es stracken Wegs
nicht über 150 Meilen sind; man kann diesen nicht' gebrauchen ; denn das
Meer hat daselbst zu starken Strom, der fast einem schnell rinnenden
Flusse gleicht, und die Schiffe würden, wenn sie nicht höher anführen,
als in gerader Richtung , den Ort verfehlen , nach dem sie bestimmt
sind."
44 Geschichte der Welser-Ztige in Amerika.
In Santa Marta schien Alles ruhig zu sein^ die Weiterfahrt konnte
daher ohne Verzug erfolgen, sobald nur noch einige Pferde an Bord ge-
nommen waren; diese Pferde waren noch reichlich jung, da sie von der
Zucht, die RodrigodeBastidasim Coto-Thale angelegt hatte, stammten ;
doch deckten sie den Weiserischen Vorschuss, welchen Lerma erhalten
hatte. Ungehindert konnte dieser dort mit seinen Leuten sich ausschiffen.
Dalfinger fuhr nun in östlicher Richtung scharf an der Küste entlang, an
der Nachts die Fischfangfeuer der Wilden sich zeigten, und warf am
23. Februar an der Küste Anker, nicht fern von Coro, von dem Orte, an
welchem die Leute von Ampi 6s sich niedergelassen hatten. Tags darauf
zog er nach dieser Ansiedlung mit 400 Mann und mehr als 80 Pferden
und Hess sich „als Gubernatoren und Generalkapitän aus gegebener Gewalt
kaiserlicher Majestät von den Einwohnern und dem . Kriegsvolke mit Eid
huldigen und unterthänigen". Der Ort erhielt alsdann die übliche Stadt-
verfassung; zu den Stadtverordneten wurden zwei der Ampi^s'schen
ernannt: Juan Quaresma de Melo und Juan Virgilio Garcia,
sowie zwei der Dalfinger'schen: Gonzalo de los Rios und Martin
de Artiaga; diese wählten als Stadtobersten von den bereits Ansässigen
Esteban Matheos aus Moguer und von den Neuangekommenen S a n c h o
Brizefio. Alsbald wurde der Bau einer Kirche in Angriff genommen,
und am 26. Juli 1529 konnte der kleine, aber kastellartige Gottesort der
heiligen Anna geweiht werden.
m.
Die Landung in Coro war gewählt, weil dahin Lootsen ziemlich
sicher das Geschwader geleiten konnten und bei der Ankunft einige
europäische Hilfe zu erwarten stand. Reize hatte der zuerst betretene
Theil des Weiserlandes nur wenige, und noch geringer waren seine Hilfs-
quellen und Verbindungen. In der Entfernung sichtbar das drohend
dreinschauende, bloss oben bewaldete Felsgebirge der Cariben, unsichtbar
das angeblich verheissungsvolle Gewässer von Klein- Venedig, in der Nähe
weder kühlendes Wasser, noch erfrischendes Grün. Die einzige Erquickung
bot die täglich sich wiederholende Seebrise, nach der diese Gegend genannt
war. „Hier ist Alles," so schreibt einer der Weiserischen, „bedeckt mit
lichtem Walde und dornigen Bäumen, di6 wenig Früchte geben; obwohl
dieses Land Mangel an Regen, Bächen und Quellen hat, ist es doch
gesund, indem eine gute Luft weht; es ist aber ein arm Land. Dort
Kulturziistände im Coro-Lande. 45
wohnt ein nackend, bestialisch Volk, boshaft und sehr listig ; es sind Leute
von dunkler, gelber Farbe, mit viereckigen, bartlosen Gesichtern und langem
schwarzen Haar. Bei ihnen wächst kein Wein 5 auch giebt es da kein
Fleisch von vierfüssigen Thieren, ausser von Hirschen, welche in Menge
vorhanden sind, aber nicht so gross sind, als bei uns in Deutschland ; doch
findet sich auch eine Tigerart und vielerlei Geflügel. Ihr Brot machen
die Leute aus weissen Körnern, welche sie Mais nennen ; dieses Mais wächst
an Stengeln und in Aehren, fast wie Korn. Eine andere Art Brot bereiten
sie aus einer Wurzel und nennen es Cassave. Ihr Essen, dessen sie genug
haben, an Wurzeln, Kräutern und Früchten, sowie an Papageien, Thieren
und Fischen, bereiten sie zwischen zwei Steinen an der Sonne; aber bös
faul Wasser ist ihr Getränk. Als Wehr haben die Männer lange Spiesse,
aus Palmenschäften gemacht, und Bogen, mit denen sie sehr sicher zielen ;
vorn ist an den Pfeilen eine äusserst scharfe Spitze von Fischbeinen, mit
der sie eine drei Zoll dicke Elenshaut durchschiessen können. Es ist zu
verwundern, wie hübsche Arbeit sie bloss mit harten Steinen verfertigen.
Sie handeln unter einander mit kleinen subtilen Paternostern, die sie aus
Meermuscheln machen; das ist ihr Geld, und sie achten es hoch." Die
Bewohner, ein Stamm der ehedem mächtigen, aber längst durch das Ein-
dringen stärkerer Völker zersplitterten Zaquitier, welche weder das
gefürchtete Pfeilgift zu ihren Waffen, noch den Genuss von Menschenfleisch
zu ihren Gewohnheiten zählten, lebten in Ortschaften unter Häuptlingen,
von denen der genannte Manauri als der hervorragendste erschien. Wie
Coro, so waren Capatarida, Carao, Carona, Cumarebo, Guaybacoa, Hurehu-
rebo, Hurraqui, Miraca, Paragoba, Tamadore, Todariquiba, Zacerida
dürftige, nur aus wenigen Häusern bestehende, meist in der Nähe der
Meeresküste belegene Anbaustellen ; sie standen nicht am Ufer selbst, wo
dichte Mangle-Gebüsche mit Wurzelwerk und Gezweig die zahlreichen
Seethiere auffingen, sondern hinter dem Rande dieses Dickichts, auf
festerem Boden. Hausthiere gab es nicht, geschweige Lastthiere. Wenn-
gleich einige kärgliche Früchte auf abgegrenzten Feldstücken gepflanzt
wurden, wohnten die Menschen doch in Hütten, die wenig mehr als Dach
und Pfosten besassen, und hatten sie keinen Begriff von Ehe, nur sehr
geringen von Verwandtschaft, also auch nur sehr geringen von Blutschande •,
unter den Weibern zeigten sich Männer, welche keine WafiFen führten und
weibisch anzusehen waren, da sie das Haar so lang trugen, dass es bis
auf die Hälfte des Rückens herabhing ; es hiess bald, sie hätten geduldet,
dass an ihnen Päderastie verübt werde, welche die Christen bei Sklaven
der Wilden sehr häufig anzutreffen vermeinten. Als ganz absonderlich
46 Geschichte der Welser-Züge in Amerika.
erschien der Gebrauch einer Tabaco genannten, bis zur Brusthöhe eines
Mannes wachsenden Pflanze mit woUigen Blättern von Handlänge und von
einer Breite von vier Fingern, deren Form einer Lanzenspitze glich. „Dies
Gewächs säen sie Jahr für Jahr, sammeln bei der Ernte die Blätter
in Bündel, trocknen und bewahren sie als sehr gesuchte Tauschmittel."
Auch andere Eigenthümlichkeiten dieser Eingeborenen fielen den
Europäern sehr auf. So schrieb zu jener Zeit der genannte Oviedo,
die Eingeborenen hätten unter sich Vornehme, welchen viele Indier ge-
hören und andere Häuptlinge wieder untergeben seien. Sie heissen Diaos.
Wenn ein Diao stirbt, wird er in der Mitte seiner Wohnung in eine etwa
sechs bis sieben handhoch über dem Boden an Pfeilern befestigte Hänge-
matte gelegt, und darunter werden dann flammenlose, aber glühende Kohlen
gehäuft, so dass der Körper bis auf Haut und Knochen austrocknet.
Ausserdem wird ein dem Verstorbenen ähnliches Abbild aus Holz gemacht
und dieses auch dahin gestellt. Der gedörrte Körper wird später in eine
neue Hängematte so gelegt, als ruhe in ihr ein Schlafender, und alsdann
in der Wohnung des Todten, in der sonst Niemand bleibt, aufgehängt.
Die Hängematte wird freilich von Zeit zu Zeit erneut; wenn aber schliess-
lich der Körper sich so völlig aufgelöst hat, dass die Glieder von einander
fallen, wird das Holzbild verbrannt und das Volk zusammengerufen, um
die Knochenreste zu verzehren. Dann kommen Alle, bemalt mit Dihai
und Jdgua, legen ihre schönsten Schmucksachen, Schnüre und Goldstücke
an, putzen sich auf's Beste und geniessen dann zwei bis drei Tage hinter
einander Mazato, ein aus Mais bereitetes, saures Gericht, zu welchem sie
die zermahlenen Knochen des Diao hinzuthun, sodass eine Art Suppe oder
Brei entsteht. Auch beim Tode anderer Vornehmer versammeln sie sich
in deren Ortschaften, um während der Nacht Klagelieder anzustimmen,
in denen sie des Verstorbenen Thaten besingen ; folgenden Tages sammeln
sie viel trocken Holz und verbrennen den Körper so geschickt, dass sie,
wenn das Fleisch vom Feuer verzehrt wird, die Knochen aus der Gluth
herausholen; diese mahlen sie zwischen zwei Steinen. Dann folgt eben-
falls das Mazato -Mahl. Das alles berichtet der Schlosshauptmann von
Santo Domingo.
In Folge solcher und ähnlicher Gebräuche hiess es natürlich all-
gemein , diese Zaquitier beteten den Teufel an, welchen ihre Priester, die
Boratios, oft sähen und oft sprächen ; sie brächten sein Bild auf Schmuck-
sachen an, bei Holzschnitzereien, in ihren Häusern und an den Stellen,
die ihnen besonders werth seien. Die Erzählung lautete: „In jeder Ort-
schaft giebt es einen Boratio, der den Leuten weissagt, ob Regen kommt,
Kulturzustände im Coro-Lande. 47
Dürre andauert, ob man gegen einen Feind ziehen soll oder daheim bleiben,
ob die Christen sie erschlagen werden oder nicht, kurz Alles, was gefragt
wird. Zur Berathung mit dem Teufel zieht sich der Priester in eine
eigene Hütte zurück 5 dort entzündet er jenes Rauchwerk Tabaco und
bleibt ein bis drei Tage eingeschlossen; dann kommt er wieder heraus
und sagt, dies oder das gebe ihm der Teufel zur Antwort. Dafür erhält
er dann Werthsachen und Aehnliches. Uebrigens ist für diese Leute,
wenn sie erfahren wollen, ob es gut sei, zum Fischfang oder zur Jagd zu
gehen , Jeder ein Priester ; sie wickeln nur die Tabacoblätter um einen
Maiskolben, stecken die eine Ecke an, führen sie brennend in den Mund
und blasen den Rauch aus 5 sobald die Hälfte abgebrannt ist, wickeln sie
die Blätter ab, und wenn diese eine gehörnte Sichelform annehmen, ist es
günstiges, wenn sie flach bleiben, ist es ungünstiges Zeichen. Sie glauben
vollständig diesen Prophezeiungen."
„Die Boratios sind auch ihre Medizinmänner. Liegt Einer elend in
der Hängematte, so lässt er den Priester rufen; der kommt und fragt, ob
er an ihn glaubt; bejaht dies der Kranke, so verordnet der Arzt, dass
Niemand im Hause etwas geniessen dürfe, abgesehen von einer dünnen
Maissuppe, die einmal des Tages genommen wird. Hierauf fragt er den
Kranken, wo es ihn schmerze, und wenn dieser antwortet, im Kopfe oder
in einem Gliede, so fährt er mit den Händen, die er bald schliesst und
bald öffnet, darüber in die Höhe, als wolle er etwas greifen; dann legt
er die Hände zusammen und bläst hinein: „Fort gehst du, Uebel!" Dabei
schreit er mit lauter Stimme über dem Kranken, bis er so heiser ist, dass
er kaum noch heulen kann. Das dauert wohl zwei Stunden; ist dann
der Schmerz nicht verschwunden, so saugt der Boratio am kranken Gliede,
von Zeit zu Zeit ausspeiend, und nimmt schliesslich, nach Verlauf von fünf
oder sechs Tagen, wenn der Kranke sich besser fühlt, einen Dorn, Stein
oder Aehnliches in den Mund, saugt dann nochmals, speit aus, zeigt dem
Kranken den Gegenstand, den er im Munde hielt, als das Uebel, das ihn
gequält habe, und erhält darauf seine Bezahlung."
Solchem Teufelswerke traten die Weiserischen ihrer Masse nach mit
einem sehr starken Wunderglauben antgegen ; sie wussten, dass im Namen
des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes Wunden und Krank-
heiten unter den schlimmsten Umständen geheilt werden könnten. „Ob
Einem schon ein Pfeil im Leibe abbreche," so sagte man, „mit diesem
Segen geht er am dritten Tage heraus und heilet die Wunden , ohne
Materie oder Eiter zu machen; es haben die Christen so grossen Trost in
diesem Segen, dass sie dünkt, unsterblich zu sein; denn dieweil dieser
48 Geschichte der Weiser-Züge in Amerika.
Segen unter uns ist, hat man keinen Christen von Wunden sterben selien,
welche zu rechter Zeit gesegnet wurden." Mit dieser Vorstellung hing es
auch zusammen, dass Dalfinger gleich nach seiner Ankunft nach einem
leewärts von Coro belegenen Indianerdorfe den aus Santo Domingo mit-
gekommenen Dechanten des Panama,' er Domkapitels entsendete, um Balsam
zu machen ; der verfertigte zwei Fässer voll, die als Proben dienen sollten.
Dazu kam, dass der alte Glaube, der spanische Schutzheilige St. Jakobus
helfe den Seinigen, und der Märtyrer St. Sebastian bewahre vor Pfeil-
schüssen, auch bei den Ansiedlern in Coro mächtig war.
Die Bekehrung der Eingeborenen ward nun unter Führung von
Montesinos energisch in Angriff genommen und ging schnell von Statten.
Gar bald erhielten die Häuptlinge der verschiedenen Ortschaften Coriana's
christliche Namen. „Geistliche Väter," so sagt einer der Weiserischen
über den Hergang der Bekehrung, „sollen die indianischen Völker an sich
gewöhnen, auf dass sie sich taufen lassen und mit der Zeit den christ-
lichen Glauben lernen durch etliche von den Inseln mitgenommene Dol-
metscher; so kamen sie mit Lichterwerk, mit Messgewand, Altarzeug und
glänzenden Dingen, mit Schalmeien, Pfeifen und Trompeten von heller
Stimme, auch mit gemalten Tafeln und goldenen Bildern, von denen die
Indianischen lernen sollen , nach wem sie gebildet worden , was Christus
und die Heiligen sind, warum Jener ihrethalb gelitten hat, was das Evan-
gelium und die Schrift enthält, und endlich wie sie selig werden und ein
ewiges Leben erlangen mögen. Diese wilden Leute zum Guten anzureizen,
muss man gemach mit ihnen umgehen, da sie, bis die Spanier sie er-
kundet, nie nichts Anderes gewusst haben, als dass sie allein in dieser
Welt lebten. Da sie zuerst Ritter gesehen, haben sie gemeint, Ross und
Reiter seien ein Wesen; man muss sie gewöhnen mit Schellen, Glaskugeln
und anderen glänzenden Dingen, ihnen die hinwerfen und schenken und
sie also fein anlocken, wie Vögel, bis man die Leute ein wenig gewonnen
hat. Bisweilen muss man auch, wenn sie nicht wollen, einen von ihnen
fahen, ihn auf unsere Manier kleiden und wieder zurücklaufen lassen, da-
mit seine Leute sehen, dass wir es nicht schlimm mit ihnen meinen. So
sie dennoch nicht wollen, sagen jene heiligen Väter, so möge man wolil
in sie brechen und jeden von ihnen als gute Beute betrachten." Dal-
finger selbst bekümmerte sich wohl wenig um die Bekehrung seiner
heidnischen Unterthanen ;. obwohl er den Kirchenbau in Coro eifrig betrieb,
hiess es denn auch bald, er sei kein guter Katholik, was einem aus Ulm
stammenden Deutschen wegen der Greuel des Lutherthums wohl zu-
zutrauen war.
Dalfinger's Zug nach der See von Klein- Venedig. 49
Mit den für Cariben gehaltenen Bergbewohnern entwickelte sich zwar
für's Erste kein Verkehr; allein Dalfinger sandte gerade zu ihnen
seine ersten Kundschafter, und zwar unter Führung von Männern aus dem
A m p i e s 'sehen Gefolge, wie P e d ro deLimpias und EstebanMartin,
den hervorragendsten Wildenkennern, die es bis jetzt in jener Gegend
gab. Auf einer Unternehmung dieser Art überschritt Ped ro deAranda
die erste Wasserscheide und gelangte in das dicht bewaldete Gebiet des
Moturoflusses. Diese Fahrten galten ebenso der Beschaffung von Lebens-
mitteln und Arbeitskräften, wie der Durchforschung der Gegend, nament-
lich der Nachspürung nach Fundstätten von Gold 5 letztere zeigten sich
jedoch weder im Felsenboden noch im Gebirgswasser. Als Ersatz wurden
die mit der Eisenmarke „C", d. h. Caribe, gekennzeichneten Gefangenen
zur Küste mitgeführt, um die nach Santo Domingo gehenden Schiffe zu
befrachten. Doch nur mit diesen wilden Bergeinwohnern verfuhr Dal-
finger nach dem Faustrecht, wie Sitte und Erfahrung damals es mit sich
brachten; ihnen gegenüber ward jedes Missverständniss als Friedensbruch
gedeutet. Im Gegensatz zu solchen Gewaltthaten schützte Dalfinger
hingegen die einfach rohen Zaquitier vor Willkür und Zwang, und ge-
stattete nicht einmal, dass ihre Weiber gezwungen würden, für die Fremden
Mais zu mahlen. Doch konnte er unter dem Zwange der Verhältnisse
auch ihnen gegenüber nicht lange bei dieser milden Praxis bleiben.
Natürlich war ein ruhiges Verweilen in der trocknen Gegend der
ersten Landung nicht nur unrathsam, weil keinerlei Vortheil sich darbot;
ein Stillsitzen war geradezu unmöglich, da die vierhundert Menschen sich
dort auf die Dauer nicht ernähren Hessen. Daher begann Dalfinger,
nachdem er Sailler als seinen Vertreter förmlich eingesetzt hatte, eine
grössere, aus mehr als hundert Mann bestehende Expedition nach dem
Gewässer von Klein -Venedig. Um in dem weiten Lande, das gar keine
Lastthiere aufwies, eine länger dauernde Fahrt zu ermöglichen, musste er
eigene Transportmittel beschaffen; denn die Europäer konnten' nicht selber
all das tragen, was unentbehrlich zu sein schien für Wehr, Unterhalt und
Lager; Landsknechte befassten sich nicht einmal mit ihrem „Plunder"
eigenhändig. Im Tross Kriegsgefangene zu verwenden, war aber nicht
wohl möglich ; denn solche waren weder leicht und gefahrlos einzubringen,
noch in genügendem Gewahrsam zu halten. Darum kam Dalfinger
jetzt auf den Gedanken, sein Recht, Sklaven von den Wilden sich zu ver-
schaffen , in Anwendung zu bringen ; er behauptete , dass die Bewohner
von Coriana ein solches Dienstverhältniss unter sich kannten, und holte
unter diesem Verwände, ohne den Sachverhalt durch Geistliche oder Kron-
Festsclirift der Hamburgischon Amerika-Feior 11. 4
60 Geschichte der Welser-Züge in Amerika.
beamte zuvor feststellen zu lassen, alle Zaquitier, die er gebrauchte, zu-
sammen. Dagegen schritt er auch jetzt noch nicht dazu, die Wilden und
ihr Land in der herkömmlichen Form unter die Expeditionsgenossen zu
vertheilen, zumal er überhaupt der Ansicht war, dass das öde Coriana-
Gebiet bald aufgegeben werden müsse; er hoffte mit Recht, bessere Plätze
für Niederlassungen finden zu können.
So zogen die Weiserischen nach jener Enge des Gewässers von
Venezuela. Zur Ueberfahrt über diese ward aus einem mächtigen Ceiba-
baume ein ungeschlachtes Fahrzeug hergestellt: 20 Fuss breit und 150
Fuss lang; ausserdem dienten die kleineren, ausgehöhlten Baumstämme
der Eingeborenen, die Kanoes, zum Uebersetzen. Am anderen Ufer traf
Dal fing er alsbald das Dorf Maracaibo, im Lande der vollständig nackt
gehenden Onoter; es war am Wasser belegen, aber ebenfalls in öder, un-
fruchtbarer Gegend, deren distelähnliche Gewächse kleinen und grossen
Schlages jede Aussicht auf Feldbau benahmen. Trotzdem schien der Ort
nicht unwichtig zu sein; denn er war für den Tauschhandel der Wilden,
die dort Salz und Fisch gegen andere Produkte zu gewissen Zeiten des
Jahres verhandelten , ein alter Messplatz. Er ward mit allen Insassen in
Besitz genommen ; dann folgte eine vollständige Vertheilung der Bewohner-
schaft und ihrer Hütten, die Juan de Caravajal als Notar bewirkte.
Dabei ging es ohne Eifersucht, Streit, ja Widerstand nicht ab, so dass
Dalfinger einen der Aufsässigen, den Hauptmann Villada, hinrichten
Hess. Das rief grosse Erbitterung in der Expedition hervor; denn un-
erhört schien es zu sein, dass ein Deutscher über einen Spanier richten
wollte; dieser Deutsche hatte als Kaufmann noch dazu wenig von den
Eigenschaften eines auf Alles Rücksicht nehmenden Landsknecht-Führers ;
er, der Ordnung und Gehorsam mit aller Gewalt durchsetzen wollte, war
doch beim besten Willen nicht im Stande, für seine Leute stets die wirk-
lich den Verhältnissen des wilden Landes entsprechenden Anordnungen
zu treffen, die Entfernungen der Oertlichkeiten richtig zu schätzen, die so
schwierige Verpflegung genügend zu regeln und für all das zu sorgen,
was solch ein Soldatentrupp bedurfte. Um trotz derartiger Mängel sein
Ansehen bei den Officieren und bei den übrigen Genossen der Expedition
zu wahren, musste der Kaufmann jedem seiner Befehle unbedingte Folge
verschaffen. Somit war seine Stellung als Generalkapitän wenig erfreulich
und ausserordentlich gefährlich.
Nachdem Dalfinger zum Stadthauptmann von Maracaibo Fer-
nando de Beteta ernannt hatte, setzte er dann die Reise fort. Diese
erfolgte der Hauptsache nach zu Lande, obwohl der Boden so wenig
Beginn der ersten grösseren Expedition Dalfinger's. 51
Nahrung gewährte, dass Fischfang und Jagd aushelfen mussten; in dem
Lande lebten meist Buburer, ein Volksstamm von wenig kriegerischer
Gesinnung und Sitte, Theils ging es auch in den einheimischen Böten
voran- diese waren jedoch so schmal, dass in keinem von ihnen ausser
dem rudernden Eingeborenen mehr als ein Europäer Platz fand und der
so Eingeengte immer in der Gefahr schwebte, bei irgend einem Zusammen-
treffen überwältigt zu werden. Ausserdem fuhr man auch in jenem grossen
Fahrzeuge weiter, das zugleich mit Segeln und Rudern sich bewegen Hess,
aber wegen seiner Unbehilflichkeit grössere Wasserreviere gebrauchte.
Bei diesen ersten Unternehmungen kam manches Unerwartete vor. Die
Thiere des Waldes, namentlich die des Katzengeschlechtes, waren doch
gefährlicher, als man gedacht hatte ; viele unbekannte Krankheiten befielen
die Fremdlinge; die Eingeborenen zeigten sich mehrfach feindselig und
wurden bald zum Exempel für Andere grausam behandelt, bald blutig be-
straft, weil sie sich in der Selbstvertheidigung sogenannter Verrätherei
schuldig gemacht haben sollten. Noch lange sprach man von diesen
frühesten Erlebnissen der Dalfinger'schen Leute, z. B. von denen des
Juan Aceros, des Fern an Galego und des wackeren Arztes Meister
Anton. Die auf diesen Zügen gemachte erste Gold-Beute entsprach nicht
den hochgespannten Erwartungen.
Nach Coro zurückgekehrt, entschloss sich desshalb Dal fing er bald
zu einem neuen und grösseren Zuge. Der sollte an der Corianischen Seite
des grossen Sees von Maracaibo bleiben, aber tiefer ins Innere des Landes
führen. Diese im September 1529 beginnende Landexpedition zog durch
zahlreiche kleine Ortschaften, deren Insassen nur selten Widerstand leisteten
und allerlei Goldsachen, grosse wie kleine, ablieferten und sich mit den
Eindringlingen auf guten Fuss zu stellen suchten. Langsam in der Richtung
nach dem äussersten Winkel des Gewässers vorschreitend, gelangte man
zum Lande der Pemener, ganz nackt einhergehender, aber wohlgestalteter
Menschen. Das hauptsächlichste Gebiet dieses Landes hiess Axuduara, das ist
das Mündungsgebiet des Flusses Motatdn; in den wasserreichen Strichen des-
selben waren kurz zuvor von der Seeseite aus durch Beteta einige Mais- und
Cassave-Pflanzungen angelegt, die prächtig gediehen ; diese Gegend war daher
für die Verproviantirung des unfruchtbaren Maracaibo und für die Verpflegung
dortiger Kranker bestimmt. Hier fand Dal fing er den besten Ausgangsort
für seine weiteren Unternehmungen. Von Axuduara aus durchsuchte er das
ganze Gebiet der Nachbarn, die sich Queriquerier nannten und mit den
Pemenern stammverwandt zu sein schienen. Das in diesen Gegenden erlangte
Gold wurde, wie alles bisher gewonnene, sogleich nach der Santo Domingoer
4*
52 Geschichte der Welser-Züge in Amerika.
Faktorei gesandt, um direkt die ausserordentlich hohen Unkosten der
ersten Märsche zu decken; die Absendung geschah, ohne dass den Kron-
beamten darüber zuvor Nachricht gegeben worden wäre.
In Axuduara waren es nun in erster Linie zwei Pläne, welche
Dalfinger in Anspruch nahmen. Einmal sollte ein Weg nach dem
anderen Meere eröffnet, sodann das Land Cocibacoa, das ganz be-
sonders die ersehnten Goldfundstätten bergen sollte, baldigst durch-
sucht werden. Zumal Dalfinger ohne sein Wollen sich viel zu weit
von dieser, an der andern Seite des Sees gelegenen Gegend entfernt hatte,
konnten beide Ziele von der ganzen Expedition nicht zugleich verfolgt
werden. Daher sandte Dalfinger zum Lande Cocibacoa einige seiner
tüchtigsten Leute ab. Luis Gonzales de Leiva und Pedro de
Limpias mit zwei anderen Reitern und 28 Fussknechten schifften über
das breite Wasser, um dessen westliche Ufer zu durchziehen und dabei,
wenn möglich, auch einen Weg nach dem vielgenannten Segel- Vorgebirge
zu ermitteln. Nun drang Leiva in das Land der gefürchteten Cocina-
Indianer, die als tapfere Männer sich erwiesen; er kam zum Gebirge von
Cocibacoa und gelangte endlich an den Meeresstrand. Dort wartete seiner
ein schauerlicher Anblick: von Schiffbruch und Strandraub zeugende
Reste europäischer Männer, spanische Waffenrüstung in den Händen der
Wilden. Erfreulicher waren die Spuren von Feldbau, welche hie und da
sich fanden, namentlich in westlicher Richtung, nach Citurma hin, einem
bis zum Hafen von Santa Marta sich erstreckenden Lande — allein von
jenen Goldstätten, nach denen besonders gesucht werden sollte, zeigte sich
auf dieser Forschungsreise nichts, ja nicht einmal eine Probe von Gold-
sachen war angetroffen, geschweige eine Spur von jenen Goldschmiede-
Geräthen, welche in den Erzählungen der ersten Entdecker als so bedeutsam
erwähnt waren.
Wie Leiva mit den gefundenen spanischen Waffen und etwa hundert
gefangenen Indianern auf der Rückkehr Maracaibo erreichte, war dort
von Dalfinger noch keine Nachricht eingetroffen; er zog daher nach
Coro weiter, wo Luis Sarmiento, Nachfolger des zur Faktorei zurück-
gekehrten Sailler, das lange Ausbleiben des Statthalters schon nach Santo
Domingo gemeldet hatte, nicht ohne Schadenfreude.
Beim Abzüge Leiva's hatte Dalfinger von Axuduara aus zu-
nächst das wasserreiche und walddichte Gestade weiter und weiter durch-
forscht, weil er am andern Ende des Sees einen Weg nach dem anderen
Meere erhoffte; da dort trotz der vielen mächtigen Ströme, trotz der
vielen grossen Wasserbecken keine Durchfahrt sich fand, war er in der
Die erste grössere Expedition Dalfinger's. 53
anderen Richtung, dem Gebirge zu, alsdann aufgebrochen und in die Berg-
wildniss emporgestiegen. Ein Nachbarvolk der Zaquitier, das der Jira-
haraer, bewohnte dort „ein rauh und hoch Gebirg bei 30 Meilen, in welchem
es kaum möglich war, mit Rossen vorwärts zu kommen; von Jedem mag
wohl erkannt werden, wie mühsam und beschwerlich es zugeht an Orten,
wohin kein Ross, ja auch nie ein Christ zu Fuss gekommen ist; auch
welche Gefahr an vielen Orten darin besteht, durch solch wildes Gebirg
zu reisen."
Dalfinger, von Axuduara aufsteigend, streifte nur das Gebiet
der Jiraharaer und zog immer tiefer in das felsige, oft schneeige Berg-
land hinein, in welchem nur ein einziges Mal ein längerer Aufenthalt sich
nehmen Hess, nämlich in einer weiten, zu Feldbau geeigneten, aber heissen
und ungesunden Thalmulde, welche von ganz kahlen Bergen umschlossen
und von wenigen dürftigen Indianern bewohnt wurde. Nach dem Namen
des Oberbefehlshabers ward das Gebiet das Thal des heiligen Ambrosius
genannt, zugleich als Erinnerung an die hier endlich beschlossene, von
den meisten Genossen längst ersehnte Umkehr, welche jedoch keineswegs
im freien Willen lag, sondern nothwendig geworden war wegen des hart-
näckigen Widerstandes einer in jenem Grenzgebirge hausenden und sehr
streitlustigen Bergvölkerschaft; das waren die vollständig nackt gehenden
Coro-Muchoer, welche schwere Steine warfen und fast ebenso schwere
Keulen aus Pockholz oder Stein schwangen.
Auch auf diesem Zuge waren keine Fundstätten von Gold entdeckt
worden, so dass die Hoffnung aufgegeben werden musste, in der näheren
Umgebung von Coriana einen Gruben- oder Wäschereibetrieb auf Gold
einrichten zu können; die wenig zahlreichen Goldsachen, die sich fanden,
waren offenbar fremde Arbeit, wie schon Ampi es gemeint haben sollte.
Der Zug blieb besonders desshalb in der Erinnerung aller Betheiligten,
weil im wilden Felsengebirge, wo die Pferde nicht zu benutzen waren, an
die mit grossem Indianertross marschirenden Fremden zuerst die Gefahr
des Verhungerns herantrat. „Sich verhausen" nannten es die Deutschen,
wenn plötzlich Alles menschenleer ward, „Stehlen sich Weiber und Kinder
gemach nach einander vom Flecken weg, so ist das nicht ein friedlich
Zeichen, da sie solches nur im Kriege thun oder wenn sie Arges für-
nehmen ; desshalb wird dann der Häuptling gerufen und der Absonderung
der Weiber und Kinder verwiesen, auch mit den in Ketten geschmiedeten
Indiern bekannt gemacht: eben aus solcher Ursache willen hätten wir
diese gefangen genommen, und also würde auch ihm geschehen, wenn er
das Verhausen der Leute nicht abschaffe. Wenn er alsdann nicht gehorcht.
54 Geschiclite der Welser-ZUge in Amerika.
sticht ein Christ ein Schwert durch ihn und wird ein Indier an den
Pfosten einer Thür gebunden, damit er, so seine Leute zurückkämen,
ihnen sagen soll , dass dieser Häuptling und auch die Inwohner des
Fleckens darum bestraft worden, weil sie Christen nicht glauben gewollt
und sich zu verhausen gewagt haben."
Während der achtmonatlichen Abwesenheit von Dalfinger trug
sich in Coro mehr zu, als die Rückkehr von Leiva und Genossen. Am
14. Januar 1530 traf der Stadtliauptmann Sarmiento in dem Orte
Miraca unter Kommando von Georg Ehinger, Dalfinger 's altem
Genossen, 147 Leute, welche ein Schiff der Wels er von Santo Domingo
nach dem Hafen für Coro gebracht, aber an falscher Stelle gelandet hatten.
Ehinger ergriff sofort die Stellvertretung von Dalfinger. Dann
warfen den 8. März an der richtigen Stelle der Halbinsel von Paraguana
zwei Weiserische Schiffe ihre Anker aus; sie kommandirte Nikolaus
Federmann, ebenfalls ein Ulmer Kaufmann ; er hatte sie zuvor auf
Puerto Rico mit Rossen, Rindern, Schafen und anderem Vieh befrachten
lassen. Endlich kam am 18. April Hans Seissenhofer direkt von
Sevilla nach dem Hafen vor Coro mit drei weiteren Schiffen, welche Er-
satz bringen sollten für die bei Dalfinger 's Expeditionen zu erwartende
Schwächung der Kolonie. Seissenhofer erschien mit der Bestallung
als Landeshauptmann, da man schon an Dalfinger's Tod geglaubt hatte;
er kehrte jedoch alsbald um, nachdem er Ehinger wegen allzu grosser
Unbeliebtheit entfernt und statt seiner wieder Sarmiento zum Vertreter
des Landeshauptmannes ernannt hatte.
Am 3. Mai 1530 kehrte Dalfinger dann selbst zurück; obwohl
fieberkrank, wurde er festlich empfangen mit Parade und Musik, mit
Tedeum und Festgelage unter prächtigem Zelttuche; er hatte ja auch
„viel, zuvor unbekannte, fremde Lande durchreiset, von deren Volk, Sitten
und Bräuchen Manches zu erzählen war; doch waren ihm durch Krankheit
und Kriegsfall bei hundert Christen umgekommen."
Die Zustände waren auch nach Dalfinger's Heimkehr nach Coro
keineswegs erfreulich. Wie die Spanier über die Deutschen klagten,
namentlich über den noch immer abwesenden SaiUer, und auch über
Ehinger, so die Deutschen über die Spanier. Die königlichen Beamten
machten dem Anfangs so strengen Dalfinger den Vorwurf, Indianer-
sklaven ausgehoben, Land vertheilt und Gold versandt zu haben unter
Nichtbefolgung der bestehenden Vorschriften, ohne Wahrung der Rechte
der Krone und mit Bevorzugung persönlicher Freunde und Diener; sie
beschwerten sich bitter, dass ihnen gar nicht die an Dalfinger ertheilten
Klagen über die "Welser. 55
Weisungen vorgelegt worden seien. Schlimmer noch, als die Klagen der
Kronbeamten, waren die der Ansiedler selbst, welche durch die Hand der
königlichen Regierung dem Kaiser selber unterbreitet werden sollten. Sie
fassten sich folgendermassen zusammen: Alle bisher von Spanien oder
Hispaniola hierher gekommenen Schiffe gehören den Weisem-, in ihrem
Sold stehen die Kapitäne und die übrigen Schiffsleute, und nach ihrem
Willen erfolgt die Beladung wie die Entlöschung. Die grosse Handels-
gesellschaft tritt auf wie die kaiserliche Majestät. Ihre Beauftragten be-
stimmen über Fracht und Gut; sie nehmen den Erlös an sich; sie handeln,
wenn der Landeshauptmann abwesend ist, obwohl er einen Vertreter ein-
gesetzt hat, als trügen sie obrigkeitliche und richterliche Gewalt, so z. B.
Meister Georg, Heinrich Ehinger's Bruder, der weggeschickt
werden musste, wenn Friede erhalten bleiben sollte. Die Deutschen sind
eben Kaufleute und betrachten dies Land nur wie ein Handelsfeld; sie
haben veröffentlicht, dass Niemand im Lande ohne ihre Erlaubniss mit
Dritten Handel treiben, auch Niemand ohne ihre Erlaubniss Handelszwecke
halber nach ihrem Lande kommen dürfe. Daraus erwachsen besonders
dreierlei Schäden. Zunächst kommen bei der geringen Zahl der Schiffe
auch nur wenige Passagiere hierher nach dem Lande der W e 1 s e r, während
doch Neu-Spanien und andere Gebiete durch Zureisende bevölkert werden ;
dann verlieren die königlichen Einnahmen und das königliche Zollamt
grosse Summen; drittens werden bei dem Fehlen jeder Konkurrenz die
Preise so gesteigert, dass Jedermann eher lebenslänglich ihr Sklave bleibt,
als dass er den Versuch macht, was er ihnen schuldet zurückzuzahlen. Der Stadt-
rath von Coro hat für Lebensmittel die Preise festsetzen wollen, allein das
ist ihm nicht zugestanden; die Sachen werden nur verkauft zu den Preisen,
welche die Weiserischen festsetzen; so kostet ein Pferd, dessen Preis auf
Hispaniola 10 — 12 Castellanos betragen würde, hier 200 — 300, ein Neger-
sklave 100 Goldpesos, ein gewöhnliches Reitzeug 50, eine Pipe Wein
40 Goldpesos, eine Pipe Mehl 45 Goldcastellanos , eine kleine Axt oder
ein Paar Corduanstiefel einen Golddukaten. Es werden berechnet für
ein Rouenhemd, einen Reiterstrohhut oder einen Negeranzug 2 Goldpesos;
einen Goldpeso kostet 1 Arroba gesalzenes Rindfleisch oder V2 Arroba
Essig oder V4 Arroba Oel, einen halben eine Elle Rouenleinen , 112
Maravedis ein Pfund Seife oder ein Paar Flechtschuhe; selbst das im
Lande gewonnene Cassavemehl ist unerschwinglich, da eine Carga, die
auf Hispaniola ^/2 Peso kostet, im Weiserlande das Fünffache gilt. Dazu
kommt noch, dass die Wels er diese Dinge nur an Diejenigen verkaufen,
die ihnen gefallen, keineswegs an Jedermann.
66 Geschichte der Welser-Züge in Amerika.
Dalfinger kannte alle diese Vorwürfe, die zum Theil ihn selber,
zum Theil seine Vertreter Sailler, Ehinger, selbst Sarmiento trafen.
Erbeschloss daher, sich selber nach Hispaniola zu begeben. Die Angriffe
und Klagen Hessen sich am besten in der Audiencia selbst mündlich er-
örtern und irgendwie erledigen; Luftveränderung und Meerfrische ver-
hiessen auch am ehesten eine Beseitigung des immer mehr schwächenden
Fiebers; insbesondere war schliesslich eine Besprechung in der Faktorei
dringend wünschenswerth, da Aveder Meerenge, noch Goldstätten sich ge-
funden hatten. Nur eine einzige erfreuliche Nachricht konnte er
Sebastian Rentz und Genossen mittheilen: die Neuigkeit, dass ganz
kürzlich an der Küste von Paraguana Perlen gefunden seien, darunter
einige von Erbsengrösse. Diese hoffnungsvolle Kunde, dass auf der Wasser-
kante des Weiserlandes Perlen, die heissbegehrten Perlen, vorkämen,
konnte manchen Aerger verscheuchen.
So fuhr Dalfinger Ende Juli 1530 ab, und zwar in Begleitung
vonBartolom^ de Santillana, welchen er, wenn auf Federmann's
Stellung zum Weiserhause nicht besondere Rücksicht zu nehmen gewesen
wäre, in seinem Santana de Coro lieber zum zeitweiligen Vertreter gemacht
hätte, als den Ulmer Kaufmann.
IV.
Als Dalfinger zum zweiten Male Santo Domingo betrat, fand er
im Regierungspräsidenten Fuenleal keineswegs einen Freund, sondern
einen Widersacher der Weiserischen Unternehmungen. Der strenge
Herr nahm sich energisch des Indianerschutzes an und ebenso auch der
Vertheidigung des spanischen Alleinrechtes gegen alle neuerdings auf der
See und an den Küsten wiederholt sich zeigende Ausländer; somit hegte
er auch nur wenig Sympathie für das Interesse der deutschen Faktorei
oder die Forderungen ihres Vorstehers Sebastian Rentz. Er hatte die
aus Venezuela gekommenen Klagen, welche immer sich erneuerten, die
Beschwerden über die von den Wels ern eingeführten, offenbar der schlech-
testen Klasse angehörenden Neger und manches Andere bereits nach
Sevilla berichtet, ebenso wie er auch schon Anzeige gemacht hatte über
die ganz aufßlUige Missregierung Garcia de Lerma's in Santa Marta,
wo freilich vielversprechende Züge nach Süden abgesendet waren, — theils
zu Wasser auf einem grossen Strome mit meist menschenleeren Ufern,
theils zu Lande durch reich bevölkerte Gegenden — wo aber kein eigener
Nachrichten von neuen Unternehmungen. 57
Fortschritt sich zeigte. Auch dies trug dazu bei, dass Dalfiiiger in
Santo Domingo zuerst keinen leichten Stand hatte; nur nach und nach
gelang es ihm, den hauptsächlichsten Anforderungen der Audiencia zu
entsprechen, ihre Vorwürfe auf das sachliche Mass zurückzuführen und
eine verständige Berücksichtigung der zur Zeit noch in der Kolonie ob-
waltenden schwierigen Verhältnisse durchzusetzen.
In Santo Domingo erfuhr Dalfinger viel von anderen grösseren
gleichzeitigen Expeditionen, deren Verlauf man in der Hauptstadt ver-
folgte; sie hatten seit seinem Fortgang sich nicht unerheblich vermehrt.
Namentlich hatte Francisco Pizarro, der jüngst zum Landeshaupt-
mann in Peru ernannte Abenteurer, obwohl ihm noch Mitte 1530 in Santa
Marta viele seiner Expeditionsgenossen wegen der Unsicherheit und Ge-
fährlichkeit der Fahrt nach dem von ihm gepriesenen, halb märchen-
haften Lande verloren gegangen waren, in Panama von allen Seiten so
grossen Zuspruch gefunden, dass auch anderswo seinen Erzählungen von
den neuentdeckten Wundern schliesslich Glauben geschenkt wurde. So-
dann hiess es, dass die Augsburger Fugger, angeregt durch das Beispiel
ihrer Konkurrenten, der Krone angeboten hätten, das jenem Pizarro 'sehen
Peru irgendwie benachbarte, bis zur Magelhaesstrasse sich ausdehnende
Land, also einen grossen Theil der Küste des zweiten Oceans, in Koloni-
sation zu nehmen. Einen anderen Nebenbuhler hatte Dalfinger in
nächster Nähe seiner so sorgenreichen Ansiedlung zu erwarten; denn
Diego de Ordaz, der berühmte Gefährte von Gort 4s, bemühte sich
jetzt in Sevilla mit offenbarem Erfolg um die Verleihung des ungeheuren
Landes, dessen Küste zwischen dem Maranon-Strome und den Grenzen der
Weiserischen Provinzen sich erstreckte und unter Anderem das viel be-
sprochene Paria-Land mit umfasste; auch dieses sollte „von einem Meere
zum andern" sich ausdehnen.
Bald kam auch aus dem Weiserischen Lande neue Kunde von
einem grösseren Zuge in das Inland, auf dem Dalfinger 's Vertreter
Feder mann begriffen sei. Dalfinger erfuhr, dass derselbe schon am
12. September 1530 mit 110 Mann und 16 Pferden unter Begleitung von
etwa 100 Zaquitischen Trossleuten auf den von dem Cariben- Gebirge nach
Süden führenden alten Wegen aufgebrochen; es hätten die beiden er-
probten Kundschafter Esteban Martin und Pedro de Limpias viel
von solchem Unternehmen erwartet und gewichtige Personen ihnen sich
angeschlossen, wie Antonio Navero, der Steuererheber, der Notar
Juan de Caravajal uad Bartolomeo Zarzo, der vor einem Jahre
die Küstengegend bis nach Martinico durchstreift hatte; auch Juan
58 Geschichte der Welser-Züge in Amerika.
Florin, Martin deArtiaga, der tapfere Baske, Pedro de Aranguez,
der Kaplan VicentedeRequejada. Von dem Anfang dieser Expedition,
die zu einer Verbesserung der ersten Dalfinger 'sehen Unternehmung
sich gestalten sollte, meldete Federmann damals nichts Unerfreuliches;
er sprach von einem anderthalbmonatlichen Zuge durch den grössten Theil
des sogenannten Cariben- Gebirges, durch die Gebiete von vier verschie-
denen, im Rücken Coro 's lebenden Bergvölkerschaften, deren Sprachen so
sehr von einander abwichen, dass die Zaquitischen Dolmetscher zuletzt
erst mittelst fünf Uebersetzungen das Spanische zu finden vermochten.
Jene Stämme waren nicht durch ihre Menge gefährlich, schienen auch nicht
reich zu sein, kannten wenigstens keine Lager von Edelmetallen.
Zuerst war Federmann in das Gebiet jenerjiraharaer eingedrungen,
welche Dalfinger selbst vor dreivierteljahren von der entgegengesetzten
Richtung aus berührt hatte : in ein Gebirgsland, das auf dieser Seite ohne
besondere Fährlichkeiten war, abgesehen von den Schwierigkeiten beim
Transporte der Pferde. Dann aber hatte er im letzten Orte dieses
Stammes, in Hittova, Nachricht erlangt von einem anderen, mehr südlich
wohnenden Bergvolke, dem noch nie Europäer begegnet waren ; sie hiessen
Ayamaner, waren zwergartigen Wuchses und lebten seit der Zeit der
Blattern mit den Jiraharaern zusammen. 150 Trossknechte der letzteren
hatte Federmann mitgenommen und bei raschem Ueberfall die Insassen
des ersten Ortes handfest gemacht ; dann war der nächste Anbau leer und
öde angetroffen. Es war ein Kämpfen mit den Wilden erfolgt, die ihre
Kriegshörner hatten ertönen lassen, ein Niederbrennen der Ansiedlungen
seitens der Bewohner, eine Friedbruch-Erklärung in des Kaisers Namen,
mit Androhung von Brand, Todtschlag und Verkauf in die Sklaverei als
Strafe. Alles dies war rasch durchgeführt; dazu kam Entdeckung vieler
neuer Ortschaften, Taufe zahlloser Heiden, Austausch von Geschenken und
Vornahme von Huldigungen. Aber noch mehr! Als am 1. Oktober der
im Ayamaner-Gebiete strömende Tocuyo-Fluss mit vielem Geschick und
ohne Verlust überschritten worden war, hatte man in einem wüsten Ge-
birge die Ayamaner unvermischt vorgefunden, vollständig zwergenhafte
Menschen, die geringe Widerstandskraft verhiessen ; in einem an Wildbrett
reichen Reviere lag der nicht unbedeutende Bergort Carohana, in welchem
nach etlichem Hin und Her ebenfalls Geschenke ausgetauscht , Taufe und
Huldigung vollzogen waren. Ferner war am 12. Oktober ein die Cuyoner
geheissenes Volk angetroffen, das mit den Ayamanern in Kampf und Blut-
rache lag; da war es ohne Ueberfall nicht abgelaufen, so dass das ganze
folgende Land von Menschen leer war. Alles hatte „sich absentiret und
Nachrichten von Federmann. 59
weggethan, um Weib und Kind von der Konservation und Beiwohnung
der Christen zu weitern." So war keine genauere Kunde über diese Ein-
geborenen zu erlangen, und es hatte sich desshalb nichts ausrichten lassen.
Endlich war Federmann an einen grossen Fluss gekommen, der die
Cuyoner von den Xaguaern trennte.
Auch dies Gewässer wurde mit den Pferden und dem Tross glück-
lich überschritten, obwohl es den gewöhnlichen Kriegspfad für die unter
einander verfeindeten Anwohner einherging, welche als „nackend Volk,
mehr Fisch als Fleisch, im Wasser ihren Weg nahmen, damit man ihre
Spur nicht könnte vermerken". Die Sprache der Xaguaer, deren erster
Ort Coary hiess, kannten zwei der mitgeführten Cuyoner; unter ihrer
Hilfe wurde durch Freilassung von Gefangenen, Austheilung von Ge-
schenken und sonstigen friedlichen Verkehr ohne Schaden am 31. Oktober
die Grenze des Xagua-Gebietes in der Ortschaft Cocaridi, die 70 Leguas
von Coro entfernt liegen sollte, erreicht.
„Drei Meilen von diesem Flecken," so meldete Federmann schliess-
lich hocherfreut, „hat das Gebirge ein Ende; da fangt das ebenste und
schönste Land an, das in Indien gesehen sein mag: eine friedliche und,
wie wir uns nicht wenig verwunderten, wieder von Zaquitiern bewohnte
Gegend, in welcher sich etwa zwanzig an einem grossen Wasserfluss ge-
legene Ortschaften zeigten: das Thal von Bariquicimeto."
Solche Nachrichten waren mit einem Lastträgerzug, der das neuent-
deckte Land unter Bedeckung verlassen hatte, nach Coro und dann von
dort nach Santo Domingo gelangt. Dalfinger's Zukunftspläne wurden
durch diese Kunde aufs Lebhafteste erregt, namentlich wegen jener
schönen Ebene, welche, wenn sie nicht zu feucht war, sicherlich zum Aus-
gangspunkt für weitere Unternehmungen oder zu einem Ansiedelungsplatze
werden konnte. Daher verliess er Santo Domingo voller Hoffnung. In
Coro waren aber keine weiteren Nachrichten über Federmann 's Fahrten
eingetroffen; auch war zunächst eine ganz andere Richtung zu verfolgen.
Die Krone hatte nämlich auf Rath von Fuenleal erklärt, dass eine der
Festungen, welche Bartolmä Welser und Gesellschaft anzulegen ver-
pflichtet waren, an dem immer aufs Neue wieder hervorgehobenen Segel-
Vorgebirge errichtet werden solle. Obwohl Leiva und Limpias schon
früher diese Gegend und namentlich ihren Küstenstrich durchsucht und
auch berichtet hatten, dass in der Nähe jenes Vorgebirges weder Stein
noch Holz, weder Wasser noch Fruchterde zu finden sei, unternahm D a 1 -
fing er nochmals eine Kundschaftsfahrt, welche besonders der Küste
zwischen dem Segelkap und der Mündung des nach einem kleinen Unfall
60 Geschichte der Welser-ZUge in Amerika.
Santa Martaer Leute mit dem Namen Axtfluss (Rio de la Hacha) be-
legten Gewässers galt. Die Untersuchung ergab hinsichtlich der Möglich-
keit europäischer Besiedelung gleich Ungünstiges wie früher, ebenso rück-
sichtlich des Vorkommens von Goldlagern; aber sie brachte doch auch
erfreuliche Nachricht über ein westlich von jenem Vorgebirge, unfern der
Meeresküste beginnendes, südwärts streichendes fruchtbares und gut be-
wohntes Gebiet.
Erst am 15. März 1531 erhielt Dalfinger, von diesem Zuge nach
Coro zurückgekehrt, durch Bartolomeo Zarzo eine weitere Nachricht
über seine mit Federmann abgezogenen Leute; sie mussten schon in
Kurzem zurückkehren, da Zarzo sie an der Meeresküste verlassen und
ohne anderen Begleiter ein mit Wilden bemanntes Boot bestiegen hatte,
um, von der Küsten- Strömung getragen, rascher nach dem Sitze der Re-
gierung zu kommen. Zarzo, der um Erleichterung des Rückmarsches
durch Entsandt von Hilfe, Kleidung und Nahrung bat, konnte Genaueres
nur über die Vorgänge der letzten Wochen aussagen, nicht über den vor
etwa vier Monaten unternommenen grossen Zug nach Süden, dessen Zweck
die Erreichung des zweiten Oceans gewesen war. Hierüber, sowie über
alle Einzelheiten der Erlebnisse erhielt Dalfinger erst Auskunft durch
Federmann selbst. Am 17. März 1531 traf dieser auch ein und führte
ihm nicht bloss eine aus dem Gebirge der Ayamaner stammende Zwergin
vor, sondern auch gefesselte Wilde aus einem Orte, welcher als Mittelpunkt
für die grosse Südreise gedient hatte, die in der Zeit von Mitte November
1530 bis Ende Februar 1531 unternommen worden war.
„In Bariquicimeto , " so berichtete er, „wo das meiste und grösste
Volk wohnt, das wir auf dieser Fahrt bisher und hernach in so kleiner
Landschaft bei einander und in so guter Wehr, so starken Ortschaften ge-
funden haben, erhielt ich Zeitung von dem anderen Meer, welches Südmeer
genannt wird ; die Einwohner, die uns davon sagten, wollten jedoch nicht selbst
dagewesen sein, vielmehr nur von ihren Eltern darüber gehört haben, was
wir aber allein für eine Ausrede hielten, die sie machten, um nicht von
uns zur Begleitung gezwungen zu werden." Der Zug ging nur langsam
vorwärts wegen der Mitnahme von sechzig Kranken, die zum Theil in
Hängematten, zum Theil auf den Pferden befördert werden mussten; er
glich bald einer Schar von Strolchen und Krüppeln. Zunächst wurde
das Gebiet der wilden, mit Giftpfeilen schiessenden Cuibaer erreicht, bei
dessen Betreten die bisherigen Trossleute davonliefen, so dass nur ein
Weib mit einem kleinen Knaben zum Dolmetschen übrig blieb und ein
grosser Theil des Lagerguts — auch der Beute — vergraben werden
Federmann 's Suche nach der Südsee-Küste. 61
musste. Das Cuiba-Land durchströmte ein grosser Fluss, Coaheri geheissen,
der erst noch in einem Bergthale, dann aber nach der Ebene sich ergoss,
in welcher an verschiedenen Stellen Rauch sich zeigte — ob von Freuden-
oder Warnungsfeuern, liess sich nicht erkennen — aber jedenfalls war es für
die Leute, „die Mangel an Proviant und Ueberfluss an Hunger hatten",
Zeichen von Wohnung und Nahrung. Obwohl der erste Ort, der nur sechs
Häuser zählte, verlassen stand und nichts darbot, als geniessbares Wasser
und unreifes , wenngleich essbares Korn , dazu das Wild des Feldes , so
blieb Federmann doch dort fünf Tage. Der zweite Ort war für den An-
griff zu stark, weil bei ihm die Pferde sich nicht verwenden Hessen; da-
gegen wurde der folgende mit blanker Waffe genommen, wobei ein Pferd
verloren ging. Die hier Gefangenen — etwa sechzig — wurden gut be-
handelt. „Vor einer grossen, verschlossenen Hütte," so erzählte Feder-
mann, „lagen auf Stühlen Goldsachen und Lebensmittel; drinnen fanden
sich etwa hundert Männer verborgen. Diesen liess ich verdolmetschen,
sie sollten herauskommen und mir huldigen und Freundschaft mit mir
machen, denn ich wäre nicht da, um ihnen Schaden zu thun. Aber sie
wollten sich lange nicht bereden lassen und antworteten , wir sollten das
Gold und das Andere, was vor der Thür läge, hinnehmen, aber die Ge-
fangenen wieder zurücksenden. Darauf liess ich sagen, ich wäre des
Goldes wegen nicht gekommen, hätte davon selber genug; auch würde
ich ihnen Schenkungen von höherem Werthe senden, sie möchten nur willig
sich zeigen ; es sollte ihnen kein Leid widerfahren ; wenn sie aber dies
nicht thäten, dann würde ich das Haus, in das sie sich eingeschlossen
hätten , anzünden und verbrennen lassen. Solches ahnte das arme Volk
nicht; denn es vermeinte, sicher zu sein. Endlich wurde die Thür aufge-
macht; zuerst kam der Häuptling und dann Einer nach dem Andern
heraus : ein starkes und frisches Volk, auch gut bewaffnet. Ich liess diese
Cuibaer nun fragen, was sie mit den Waffen zu thun gedächten und ob sie
mir Widerstand leisten wollten ; während ich doch sie, ja ein ganzes Heer
von ihnen, durch ein einziges Pferd, wenn ich dasselbe ausschicken würde,
zu verderben vermöchte, um wie viel mehr, da ich viele Pferde hätte.
Als nun Etliche von uns die Hirsche, die wir gefangen, hinter den Pferden
herführten, liess ich ihnen erklären, wie thöricht es sei, uns zu wider-
stehen; könnte doch selbst ein Hirsch bei all seiner Schnelle uns nicht
entgehen. Das Scharmützel, welches wir mit ihnen gehabt hätten, wäre
allein dem Zorn der Pferde über ihren Ungehorsam zuzuschreiben, dem
wir nicht ganz hätten widerstehen können; wir hätten den Pferden
willfahren müssen, etwas wenigstens ihren Zorn los zu lassen; meine Ab-
62 Geschichte der Welser- Züge in Amerika.
sieht wäre gewesen, ihnen kein Leid zuzufügen, sondern friedlich mit
ihnen zu verhandeln ; denn wenn ich es feindlich mit ihnen gemeint hätte,
wäre ich stark genug gewesen, sie alle ohne Ausnahme zu verderben."
Als hierauf ein Freundschaftsverhältniss mit den Cuibaern erreicht
war, blieb die Expedition noch neun weitere Tage in dem bisherigen
Lager, ohne dass ihr Gesundheitszustand sich gebessert hätte. Daher ging
auch jetzt der Voranmarsch wieder langsam von Statten, obwohl die Hoff-
nung fortdauerte, dass die Südsee nicht sehr fern sei. Am 15. Dezember
ward Hacarigua erreicht : eine von vielen Tausend Wilden, nicht bloss von
Cuibaern, sondern auch von Zaquitiern in verschiedenen Dörfern bewohnte
Gegend, welche von einem zwei Armbrustschüsse breiten Fluss durchströmt
wurde; „dadrinnen gab es, wie wir es überschlagen haben, an 16000
Köpfe indischen Volks, ohne Weiber, Kinder und alte Leute, die zu Krieg
nicht dienen". Im Lager war daher grosse Vorsicht anzuwenden, wie
Rundendienst und Festnahme des Häuptlings; zumal bei der Zahl der
Kranken erschien daher auch ein längeres Verweilen unthunlich. Um
nun diese Bewohner des Hacarigua-Gebietes zu gewinnen, beschloss man,
einen Zug von dreissig Mann mit fünf Pferden und etwa achthundert Ein-
geborenen gegen ihre am Fusse des Gebirges wohnhaften, zu den Cuyonern
gehörenden Nachbarfeinde , durch deren Reviere der eine der zum Süd-
meer gehenden Wege sich ziehen sollte, zu senden; dieser Versuch führte
zum Verbrennen einer Ortschaft, zur Gefangennahme von nicht weniger
als sechshundert Wilden und zu mancherlei Gewaltthaten, welche Fe der -
mann 's Absichten und den Interessen seiner Herren Wels er durchaus
nicht entsprachen ; etwa zweihundert Menschen wurden desshalb wieder um-
geschickt. „Ich redete," sagte Feder mann, „mit ihrem Häuptling von
Erforschung des Landes, sonderlich des Südmeers, dessen er mir, als dem-
selben näher gesessen, besser Zeitung gab."
Nachdem Christfest 1530 und Neujahr 1531 in Hacarigua gefeiert
worden, erfolgte der Aufbruch, um auf dem zweiten der angeblichen
Wege, nämlich durch das Gebiet der Cuibaer selbst, zum ersehnten neuen
Meere zu gelangen. Allein schon am 4. Januar 1531 stockte der Marsch,
und zwar in Tohibara, wo es hiess, dass nunmehr mit Pferden nicht
weiter zu kommen sei. Die vorangesandten Kundschafter trafen in der
That auf einen für sie unüberschreitbaren Fluss, welcher das Gebiet der
Cuibarer begrenzen sollte, und erfuhren dort, dass etwa noch einmal so
weit, als man bisher gereist sei, sich die Ortschaft Hitivana befinde, deren
Namen man schon mehrfach gehört hatte; sie liege am Ufer des neuen
Wassers, auf welchem vor einiger Zeit Bart und Kleidung tragende Leute
Federmann' s Suche nach der Südsee-Küste. 63
in einem schwimmenden Hause sich gezeigt hätten. Federmann er-
zählte nun Dalfinger, dass er dabei an Sebastian Grabotto 's nach
dem La Plata - Strome unternommene Fahrten gedacht habe , von deren
traurigem Ausgang die Weiserischen Einiges auf Puerto Rico gehört hatten ;
thatsächlich waren es Leute von der grossen Orinoco-Fahrt des Diego
de 0 r d a z gewesen.
Erst am 23. Januar 1531 brach Federmann von Tohibara auf,
gelangte am 28. über Curaby und Cazaradidi zu einem von den Ufer-
bewohnern verlassenen Strome, der wieder Coaheri hiess, und rückte dann in
eine der vielen verlassenen Ortschaften ein. Dieser Ort war Curahamara
genannt, sollte VI2 Meilen vom Wasser entfernt liegen und zum letzten
Mittelpunkte der F ed er m ann 'sehen Unternehmungen werden; von hier
aus versuchte man Verkehr mit den Bewohnern des gegenüberliegenden
Ufers , mit den Guaycariern , schwarz erscheinenden , kräftigen Leuten,
welche nicht am Flusse selber ihre Sitze hatten, aber denselben beherrschten
und die Ergebnisse ihres Fischfangs und Feldbaus im Tauschverkehr ab-
gaben; ihr Hauptort wurde Corahao genannt.
Hier in Curahamara wurde das Weiserische Volk in zwei fast gleich
starke Scharen getheilt. Es blieben nämlich 50 Mann mit 5 Pferden
hier, um die 27 Kranken unter Hilfe der Ortsinsassen und der Um-
sitzenden zu verpflegen und zu beschützen. Dagegen zogen 43 Mann mit
8 Pferden und 200 Lastträgern weiter südwärts. Der Weg derselben
ging durch Wohnsitze der schwarzen Guaycarier, unter denen wieder
Zaquitier wohnten, dem Laufe der Wasser folgend, und führte nach vielen
Mühen zu jenem Orte Hitivana, bei welchem der Coaheri etwa die Breite
der Donau bei Ulm hatte. Dort leugneten die Eingeborenen, jemals zu-
vor Europäer gesehen zu haben ; erst zwei Tagereisen weiter hätten diese
am Ufer eines grossen Wassers sich einmal gezeigt. Erstaunt fanden
Feder mann's Leute in Hitivana einen Hahn mit Hennen; die sollten
durch Kauf erlangt sein, und zwar von einem Orte Hamadoa, wo das süsse
Wasser aufhöre und das salzige beginne; dorthin könne man nur zu Schiff
gelangen, nicht zu Fuss. Trotz dieser Aussagen versuchte P"'edermann
den Weitermarsch, überschritt den Fluss und machte endlich Halt in einem
Orte der Guaycarier, welcher am Fusse einer Erhöhung lag. Nächsten
Morgens ritt er von dort mit zwei Begleitern und zwei Führern aus, und
fand bei der Rundschau die Umgebung von Hitivana auf der einen Seite
wirklich ganz mit Wasser bedeckt, während Nebel das Erkennen des
Horizontes verhinderte; was er vor sich sah, glich weit und breit einem
Meere: überschwemmtes Hochgras endloser Steppen, an klippenähnlichen
64 Geschichte der Welser-ZUge in Amerika,
Vorsprüngen glänzende Ränder, wie Köpfe mächtiger Brandungen, darüber
wieder wogendes, bisweilen bergartig sich zusammenballendes Wolken-
oder Nebelgebilde.
Bei der Rückkehr von dieser Kundschaf tsfahrt traf Federmann
den Häuptling von Hitivana in voller Waffenrüstung und mit Kriegs-
bemalung; obwohl trotz solcher Drohung der Kampf nicht ausbrach, ent-
wichen doch auch die Bewohner, bei denen die letzte Nacht verbracht
war. Desshalb setzte man im Dunkeln wieder über den Strom und begann,
dem Laufe der Wasser entgegen, den Rückzug anzutreten, der jedoch
durch viele, auch über das Wasser vordringende Wilde, sowie durch einen
auf dem Wege selbst sich zeigenden Hinterhalt gestört wurde. Bloss
vier von den 43 Europäern blieben damals unverwundet \ Federmann
selbst erhielt einen Schuss in die Achsel, und eines seiner Zauberrosse
starb. Den Wilden mussten solche Verwundungen verborgen werden;
desshalb mied die Expedition für's Erste alle Ortschaften und übernachtete
im Freien; sie zog auch an dem Orte Corahao vorüber, obwohl sich der
Häuptling mit seinen Leuten zeigte. Mit diesem sollte es jedoch noch zu
einem scharfen Zusammenstoss kommen.
Die in Curahamara zurückgelassene Hälfte der Mannschaft, welche
die Kranken versorgen sollte, war nämlich, wie ein Bote meldete, von
den Wilden nicht mit Nahrungsmitteln versehen worden; daher sei zu
den jenseits des Flusses wohnenden Guaycariern Zuflucht genommen, aber
auch von dort sei keine genügende Hülfe geschafft. Solch Benehmen
wurde für Verrath erachtet, und daher jener Häuptling nebst einem der
Zaquitier ergriffen und auf die Folter gebracht. Ersterer ward dann, als
er nichts aussagte, erschossen, der Andere dagegen in Ketten gelegt, nach-
dem er erklärt, seine Leute hätten sich zum Ueberfallen der Christen mit
den Guaycariern verbündet. Da nun bei einem Kreuzen des Flusses
starke Angriffe der Corahao-Leute drohten, zeigte Federmann schliesslich
ernsthaft die Waffen ; er rief ein grosses Gemetzel hervor ; seine Reiter
hieben furchtbar ein; etwa 500 Todte lagen bald auf dem flachen Boden,
und nur rasche Flucht über den Fluss rettete den Rest der Wilden.
Nachdem dann Federmann mit seiner Schar, sowie die Kranken-
Abtheilung, bezüglich deren die Botennachricht sich voll bestätigte, wieder
den Fluss überschritten hatte, theils zu Ross, theils durch Schwimmen,
theils auf Tartschenflössen, zog dann am 6. Februar die gesammte Expedition
wieder nach Curahamara zurück, wo eine Kriegslist den Häuptling nebst
23 seiner besten Leute in Gefangenschaft brachte; es waren dieselben,
welche in Coro Dal fing er vorgeführt wurden.
Federmann's Suche nach der Südsee-Küste. 65
In Curahamara ward einiger Verzug verursacht, da Federmann
vom Fieber befallen wurde; doch bald ging es über Cathary nach dem
bequemeren Hacarigua weiter, wo vom 10. bis 27. Februar verweilt wurde.
Von diesem Orte aus entsandte Federmann einen Zug nach den früher
schon heimgesuchten Cuyonern, um doch noch einmal den andern Weg
zur Südsee aufzusuchen. Es hiess, man solle sich nur am Fuss des Ge-
birges halten, dem zwei Bogenschuss breiten, tiefen Temeri-Fluss nach-
gehen, so werde man sicher ans Meer gelangen. Der Rath wurde be-
folgt, aber Nichts Hess sich finden ; da sich alle Cuyoner in den wildesten
Theil ihres Gebirges verhaust hatten, so blieb desshalb der Versuch er-
folglos, so dass endlich beschlossen wurde, den Südsee-Gedanken ganz
aufzugeben und nach dem in so freundlicher Erinnerung stehenden Bari-
quicimeto zurückzukehren.
Weiter erzählte Federmann in Coro, wie er von Bariquicimeto
nach einigen Ruhetagen dann den Rückmarsch angetreten habe, über den
schon Bartolom^ Zarzo Einiges Dalfinger mitgetheilt hatte. Der
Zug sei — so lautete der Schlussbericht — von Bariquicimeto aus zuerst
in das Vararida-Thal gegangen, das zwischen hohen Gebirgen liege, auf
welchen gegen Westen die Cyparigoten, gegen Osten die Itoten wohnten,
während den Thalboden der gutbebauten Gegend Zaquitier belebten. Da
dies „ein Volk von guter Länge und Proportion, sowie stark in Gliedern,
auch die Weiber schön und gerade", so wurde diese Gegend das Thal der
Damen genannt. Der Gebrauch des während der letzten drei Monate sehr
gefürchteten Pfeilgiftes hörte hier auf, aber die Masse der Eingeborenen —
die Christen zählten sie wieder oftmals nach mehreren Tausenden — be-
hielt ihr Beängstigendes. Die Ortschaften von Vararida waren gross,
manchmal eine halbe Meile lang, doch immer nur mit einer Gasse oder
höchstens mit zweien; gewöhnlich gab es in einem Hause fünf-, sechs- bis
achterlei Hausvolk mit Weib und Kindern. Es konnte bei solcher An-
zahl der Einwohner ohne Kampf und Zwang nicht wohl abgehen. In
einem Flecken wurde Federmann selbst verwundet ; ihn traf nämlich ein
Keulenstreich, als von dem Gerüst eines Hauses herab, in welchem Gepäck
und Leute untergebracht waren, scharf von den Indianern gekämpft wurde.
Nach den am Gebirge wohnenden Cyparigoten gelangte man auf
einem verwachsenen Wege, welcher, wie die in Ketten mitgeführten Zaquitier
sagten, nur bei feindlichen Ueberfällen gebraucht wurde. Tagelang zeigte
sich keine Ortschaft und kein Mensch : offenbar war man ganz in die Irre
geleitet worden. Die Führer wurden peinlich befragt, blieben aber, so
viel man verstand, bei ihrer Erklärung, auf dem richtigen Kriegspfade zu
Festschrift der Hamburgischen Amerika-Feier II. ö
66 Geschichte der Welser-Züge in Amerika.
sein. Immer weiter ging es wege- und hilfelos durch dichtverwachsenen
Wald, bloss der Sonne nach, stets gen Osten, ohne Wasser und ohne
Speise ; umsonst wurden die höchsten Bäume erstiegen , um einen Aus-
blick zu gewinnen ; Raubthierfleisch musste man essen ; das Weiterkommen
wurde wegen der vielen Maroden immer schwieriger. Zwei der wilden
Pfadfinder wurden den Anderen zur Abschreckung niedergemacht*, trotz-
dem gab Niemand einen Weg an, so dass die Noth sclilimmer wurde, als
sie im Cariben - Gebirge je gewesen war. Endlich fand sich ein grosser
Ort der Cyparigoten ; obwohl menschenleer, war er mit Vorräthen aller
Art versehen, so dass er für vier Tage Ruhe gewähren konnte. Als einige
der früheren Bewohner gefangen waren, begann ein friedlicher Verkehr,
wenngleich die mitgeführten Dolmetscher die Sprache nicht verstanden;
der entflohene Häuptling sandte jedoch Jemanden, welcher der zaqui-
tischen Sprache derselben kundig war, mit Gold, um die Gefangenen
auszulösen, und dieser erzählte, dass in nur fünf Tagereisen das Meerufer
zu erreichen sei. Durch ihn gelang es, den Häuptling dazu zu bewegen,
dass er „zu ruhiger Behausung wieder in seinem Flecken sich niederthue ;
so kam er mit Schiff und Geschirr".
Alsdann wurde das Thal des Yaracuy-Flusses , der nicht kleiner ist
als der Rhein, ohne Beschwerde durchzogen; kein Mensch wurde dabei
angetroffen. „Die abgeschickten Indier," so berichtete Federmann,
„fanden jedoch die früheren Bewohner bald, denn eine Maus weiss der
anderen Mäuse Unterschlupf sehr wohl ; sie hatten vermeint, dass wir von
den Santo Domingoer Raubschiffen wären, die kürzlich an der nahen
Küste sich gezeigt und alsbald Viele der etwa vier Meilen von da in dem
Gebirge wohnenden Itoten weggeschleppt hätten; als sie aber erfuhren,
dass wir die Christen wären, die zu Coro im Lande des Häuptlings
Manauri wohnten, schienen sie ob unserer Ankunft Freude zu haben
und reichten uns auch allerlei Schenkung."
Glücklich war schliesslich die Meeresküste an dem Orte Jarajaragua
erreicht und dann weiter Verfolgt worden bis nach dem Orte Martinico,
wohin Dalfinger auf Zarzo's Anregung Hilfe gesandt hatte. Zwei
Böte hatten von dort die Kranken nach Coro gebracht, der Hauptzug war
hingegen zu Lande weiter gegangen und durch Gebiete der Zaquitier,
sowie durch das Gebirgsland der Atycarer nach Coro gekommen. Hier
stellte es sich heraus, dass Dalfinger in vielen Beziehungen die Hand-
lungen seines Vertreters nicht billigte; allein er verfolgte keineswegs den
Mann, welcher immerhin entschlossen und gutgläubig gehandelt liatte und
jetzt von den Spanischen, die mit ihm ausgezogen waren, gar heftig an-
Dalfinger's Aufbruch zu einer zweiten grossen Expedition. 67
gegriffen wurde. Er berichtete lediglich über die Vorgänge an seine
Herren Welser und erbat sich deren Weisungen. So konnte Feder-
mann ruhig in Coro seine Genesung, die bei den häufigen Rückfällen
des Fiebers nur langsam voranschritt, abwarten; alsdann wollte er zu
Bericht und Verantwortung persönlich über Santo Domingo nach Augsburg.
Schon am 9. Juni 1531 verliess Dalfinger Coro, nachdem er den
bereits genannten SantiUana als seinen Vertreter ernannt hatte; er
ging wieder nach den kleinvenetianischen Gewässern, diesmal um mit den
grösseren Schiffen, welche nach und nach für das Ueberschreiten der
Tara-Enge und den Verkehr mit den Pflanzungen von Axuduara erbaut
waren, eine für neue Stadtgründung geeignete Stelle aufzusuchen; der
alte indianische Messplatz Maracaibo lag nämlich nicht bloss in einer für
die Verpflegung der Besiedler zu ungünstigen Gegend, er befand sich
auch an einer Stelle, welche für Seeschiffe nur schwer erreichbar war.
Solche Pläne führten Dalfinger nach der Mündung eines offenbar aus
dem Innern Cocibacoa's herabfliessenden Stromes, der Macomiti hiess.
Dorthin fuhr er mit einer Bergantine und zwei wohl ausgerüsteten Barken,
drang auch in den Fluss hinein, fand aber nach viertägiger Fahrt nichts
als grosse, von starrem Urwald umgebene Wasserbecken, nichts als Sümpfe
und buschdichte Ufer; nirgends Hessen die weitverzweigten Gewässer
menschliche Wohnungen erkennen, geschweige günstige Ansiedlungsplätze
oder Anbausteilen. Erst bei der Rückkehr nach der See wurden drei
kleine Pfahlbaudörfer entdeckt, deren Bewohner, offenbar Onoter, die
Störer ihrer Ruhe angriffen, sobald sie ihnen nahe kamen.
Erfolglos kehrte Dalfinger nach dem etwa zehn Leguas entfernten
Maracaibo zurück, aber um sofort einem grösseren Unternehmen sich zu
widmen; dieses neue Unternehmen hing mit jener Nachricht zusammen,
zwischen dem Segel- Vorgebirge und dem Hafen der heiligen Martha öffne
sich eine freie, nach Süden führende Gegend. Dieser Zugang zum Innern
des Landes war in den letzten Jahren, wie Ifiigo de Vascuüa, ein
früherer Santa Martaer, wissen wollte, schon einige Male besucht worden ;
das sei namentlich bereits 1526 von dem zeitweiligen Nachfolger des un-
glücklichen Bastidas, von Pedro de Vadilla, geschehen, welcher
einen grossen, nach Süden fliessenden Strom gesehen haben wollte, an
dessen Ufern er, nach nicht geringer Beute, durch die grosse Menge der
kampfbereiten Wilden zur Umkehr gezwungen worden sei. Vor dieser
nach Süden weisenden, zwischen hohe Gebirge gebetteten Senkung lag an
der Küste, östlich von Citurma, eine von den Spaniern die Ramada, d. h.
die Laubhütte, genannte Ansiedlung, in welcher bereits Santa - Martaer
68 Geschichte der Welser-Ztige in Amerika.
sesshaft geworden waren, so dass sie nicht zu berühren war ; sie versprach
viel, da sie in einer gut bebauten und von der Natur bevorzugten Gegend
belegen war; denn kleine, aber starke Bergströme fielen dort ins Meer.
Zwischen ihren Quellen nun und den Orten, an denen grosse südwärts
ziehende Ströme entsprangen, lag, wie es hiess, eine angeblich nur ganz
niedrige Wasserscheide. Die jenseits derselben entquellenden Flüsse er-
gossen sich ohne Ausnahme in südlicher Richtung, und zwar durch das
schöne, grosse Eupari-Thal, dessen Ruf seit Alters weithin verbreitet war,
namentlich wegen eines Stammes und einer Stadt von ganz märchenhaftem
Reichthum. In der unmittelbaren Nachbarschaft der atlantischen Küste
war ein südlicher Abfall ähnlicher Art noch nirgends beobachtet worden-,
sollten diese Gewässer jenseits der Wasserscheide vielleicht in die Südsee
münden? sollten an ihren Ufern jene vielberedeten Schätze sich finden?
Ueber die für dieses Unternehmen ausersehene Mannschaft hielt
Dalfinger, nachdem Leiva von einem Verproviantirungszug zurück-
gekehrt war, grosse Musterung, und zwar unweit von Maracaibo, in dem
Lande der Buburer, Anfang September 1531. Bei dieser „Ordnung des
Volkes, die zu ruhiger und gewahrsamer Fortreisung dienlich zu sein
schien, wurden Hauptleute und andere Amtsmänner ernannt, so die Noth
erheischte". Zunächst kam bei der Aufstellung der Trupp der Pferde,
dieser Wunderthiere für die Naturkinder der Wälder und Berge — Dal-
finger zählte ihrer vierzig, darunter einige sehr werthvolle Stuten. Neben
den Thieren standen die beiden höheren Kronbeamten, welche den Zug
begleiteten: Sanmartin und Santacruz. Dann kam der genannte
Vascuiia, als Befehlshaber der Leibwache, und Kasimir von Nürn-
berg als Reiterführer, sowie die Reiter selbst, die nur mit kurzen Lanzen
und mit Rapieren bewafihet waren. Unter den übrigen Leuten zeichnete
sich der wegen seiner Strenge verhasste Lagervogt Francisco de Por-
till o aus, sowie der Kundschafter Martin, der bereits als Kenner der
Wilden und ihrer Gebräuche vielfach Bewährte. Die gewöhnlichen Fuss-
knechte waren in drei Fähnlein eingetheilt ; jedes befehligte ein Haupt-
mann: Luis de Anaya, Monserrat und Francisco de Quindos.
Alle führten Degen; die Meisten waren auch Armbrustschützen; Andere
trugen Hakenbüchsen. Endlich kam die Masse der Leute, grösstentheils
Europäer, aber auch einige aus Afrika stammende Sklaven, welche be-
sonders die Hunde zu bedienen hatten, die für die Lagerwache und die
Jagd unentbehrlich waren. Die Nichtberittenen waren 130 Mann. Dazu
gesellte sich endlich noch ein Haufe indianischer Lastträger, von denen
jetzt viele aneinander gekettet waren, meist Männer.
Dalfinger's zweite grössere Expedition. 69
Nach solcher Musterung ging es voran, und zwar sofort in die Berge
der Buburer, und nachdem etwa 20 Leguas zurückgelegt waren, weiter
hinein in diejenigen, in denen der Macomiti entsprang. Die flurreichen,
aber kahlen Höhen bewohnten den Buburern offenbar sprachverwandte
Leute, die Bureder, die ihr ziemlich kurz geschorenes Haar in kronen-
artigen Rollen auf dem Kopf trugen und vollständig nackt einhergingen,
abgesehen von den Weibern, welche, gleich denen der Buburer, die Scham
bedeckt hielten. Dalfinger meinte wieder, hier müsse es doch die viel
besprochenen Gold- Wäschereien oder Gold-Gruben geben; allein nichts
zeigte sich davon, nicht einmal bearbeitetes Gold in erheblicher Menge 5
die Sachen, die sich fanden, sollten einem anderen Lande entstammen.
Hier, als man etwa 25 Leguas vom Segel- Vorgebirge sich entfernt hatte,
begann Anfang Dezember der Niederstieg in das gelobte Eupari-Thal.
Während dieser zweimonatlichen Bergreise sass Federmann, der
unter Santillana's Oberbefehl natürlicher Weise mehr als ungemüthlich sich
fühlte, in Coro nicht still ; er begab sich vielmehr auch seinerseits nach
dem Segel- Vorgebirge, jetzt auch wieder zufolge königlicher Erlasse und
Anschreiben der Santo Domingoer Regierung. Er erhielt die Gewissheit,
dass dort eine Stadtgründung unmöglich sei; aber als er, anknüpfend an
den Paraguanaer Fund, nach Perlen sich erkundigte, erhielt er den wich-
tigen Aufschluss, dass auch dort Perlenmuscheln aus dem tiefen, klippigen
Küstenwasser heraufgeholt würden, und empfing eine nicht unbeträchtliche
Menge von Proben. Mit diesen verliess er Anfang Dezember 1531 Santana
de Coro, und begab er sich nach Santo Domingo zu der dortigen Faktorei.
Von dort fuhr er bald nach Europa zurück.
Die Schneeberge der heiligen Martha, deren leuchtende Häupter schon
den ersten Entdeckern so wunderbar erschienen waren, bildeten einen
mächtigen Bergstock für sich. Diese gewaltige Masse unten oft zu Tage
stehenden und bis zur Schneehöhe bewaldeten Gesteins rahmte auf der
einen Seite das Eupari-Thal ein ; die Seite desselben, auf der die Weiserischen
sich näherten, bestand ebenfalls aus gewaltigen Bergen, diese aber erhoben
sich nicht in selbständigem Bau, bildeten vielmehr einen Theil der un-
geheuren Gebirgskette, aus welcher die Gewässer des an Seen und Fluss-
armen so überreichen westlichen Ufers der Maracaibo-See sich herab-
wälzten. Der eigentliche Kamm dieses düsteren, unheimlichen Bergzuges
70 Geschichte der Welser-Züge in Amerika.
war noch keineswegs erstiegen, alsDalfinger vom Bureder-Lande in eine
offen scheinende Mulde hinabstieg, eine Senkung im oberen Theile des
Gebirges; viel Zeit und Mühe musste daran gesetzt werden, um in den
walddichten Massen und in den kahlen Felsrändern weiter zu kommen.
Als diese beschwerliche Mühsal überwunden, begann nach einer be-
grasten Thalfläche der schwere Marsch im Gebiete der Guanaver; diese
hochgewachsenen Menschen schauten ganz anders aus, als alle bisher an-
getroffenen Eingeborenen; denn sie trugen Kleidung, nämlich Decken von
Baumwolle, sowie Mützen von demselben Stoff. Man erfuhr, dass sie mit
dem Innern des Landes in Handelsverkehr ständen, indem sie Salz aus-
tauschten gegen Gold, das zu Ringen, Vögeln und anderen Gebilden von
plattgetriebener Form verarbeitet werde. Mithin winkten auf dem Weiter-
marsch, der in südlicher Richtung vor sich ging, offenbar die ersehnten
Schätze. Der Gubernator, welcher die Guanaver für friedlich gesonnene,
aber im Kampf gewiss beherzte Leute hielt, schärfte Allen ein, an ihnen,
wie an allen bekleideten Indiern, die sich fortan zeigen möchten, sich nicht
zu vergreifen; die Dolmetscher versicherten die Wilden guter Behandlung,
wenn sie sich fügen und dem Kaiser sich unterwerfen würden, dem Herrn
der Welt. Viele verhielten sich zuwartend und gaben Gold oder was sie
sonst hatten ; Andere aber verliessen ihre Hütten und eilten in das Dickicht
des Waldes, wo Dalfinger sie jedoch, so gut es ging, aufsuchen und
ergreifen Hess, um sie wegen des Grundes ihrer Verhausung zu befragen.
Sie erklärten, dass sie die Fremden für Männer aus Santa Marta gehalten
hätten, von denen bereits der Ihrigen Viele beraubt, erschlagen oder weg-
geschleppt worden wären. Darauf Hess Dalfinger einige dieser vorher
Flüchtigen frei; Andere lösten sich durch Gold im Betrage von je 50, 80
oder 100 Goldpesos aus, ein Verfahren, welches die von Santa Marta bei
den Eingeborenen bereits mit Erfolg eingeführt haben sollten, da die
Flucht in die Wälder immer so verderblich für rath- und hilflose Euro-
päer geworden.
Nach einem Gebirgs-Marsch von 20 bis 25 Leguas traf der Haupt-
zug, welchem Kasimir von Nürnberg mit dem Tross nicht umnittelbar
folgen konnte, in schon tiefer gelegener, dem Thalc sich zuneigender
Gegend, einen Stamm von ganz anders klingender Sprache; da trugen
die Weiber an Brüsten und Armen schwarze, eingeritzte Verzierungen;
die Leute, die sich Jiriguanaer nannten, wohnten in etwas grösseren Ort-
schaften, als die früheren, nämlich in solchen von 10 bis 15 Hütten; sie
schienen gleich dem vorher angetroffenen Stamm durch frühere Heim-
suchungen seitens der Christen eingeschüchtert zu sein ; sie erzählten auch.
Dalfinger's zweite grössere Expedition. 71
dass sie zwischen Menschenfressern lebten, und benahmen sich ängstlich.
Auf der einen Seite dieser Völkerschaft, so erfuhr man ferner, sässen im
Hochgebirge dicht bei ihnen die Dubeyer, dagegen in weiterer Entfernung
die mit Giftpfeilen schiessenden Arhuacoer. Diesen gefährlichen Wilden
einen Besuch zu machen, hütete man sich wohl; der Marsch ging an
ihnen vorbei. Dicht bei den Jiriguanaern hatten dann die Zamyruaer in
vier bis fünf Dörfern gewohnt; jetzt wurden ihre Wohnungen leer vor-
gefunden; da sich alte Eisenstücke, Flechtschuhe, Halfter und Pferdeleinen
zeigten, so war der Grund leicht zu erkennen.
Sollte der Marsch jetzt aber nicht weg- und ziellos sich verlaufen,
so mussten zunächst einheimische Führer beschafft werden; solche fanden
sich auch, unter ihnen ein Häuptling, welcher zugleich die Jiriguanaer
verstand, und die im Thale wohnenden Nachbarn. Dies waren die viel-
beredeten, reichen Pacabueyer. Durch ihr feuchtes, grasreiches, oft moor-
ähnliches Land floss jener mächtige Strom, Jiriri geheissen, von dem
erzählt war. Alsbald traten auch 10 bis 12 Ortschaften hervor, von
denen Macocu und alsdann Pauxoto an den Ufern jenes Gewässers die
nächsten waren. Dalfinger, welcher auf der linken Stromseite sich bewegte,
blieb hier im letztgenannten Orte längere Zeit, theils weil er auf seinen
Nürnberger wartete, der den zurückgebliebenen Tross mit seinen Pferden
zu decken hatte, theils weil er fand, dass der Ort gar wohl gelegen sei,
um die zahlreichen Anbauplätze der Umgebung ohne zu grossen Zwang
zum Abliefern von Goldsachen zu veranlassen: er erhielt bald Gold im
Werthe von 20 000 Castellanos. Doch Dalfinger beschloss, noch bevor
Kasimir von Nürnberg und seine Leute sich mit ihm vereinigt hatten,
einen ersten grösseren Kampf zu wagen; es war das gegen jene gefähr-
lichen Arhuacoer, die am rechten Ufer des Jiriri wohnten. Er griff sie
an, um dadurch die Freundschaft der Bewohner von Pauxoto zu befestigen,
zu deren Erbfeinden sie gehörten; doch waren sie gewarnt worden und
hatten die Wege zu ihren Wohnsitzen durch viele in den Boden gesteckte
Giftpfeile abzusperren gesucht; von solchen Vertheidigungsmitteln ward
aber nur Einer der einheimischen Wegweiser verwundet. Als dann der
Zug einem Dorfe von zwölf Wohnungen sich näherte, Hess der von einem
Dache ausschauende Posten sogleich seinen Ruf ertönen, und alsbald kamen
die Wilden stürmisch heran; sie zeigten sich als tüchtige Krieger und
verwundeten Esteban Martin und einen Soldaten; dieser starb nach
drei Tagen — es war der erste Todte dieser Expedition — , jener Fährten-
finder kam diesmal mit dem Leben davon. Von den Arhuacoern wurden
drei oder vier getödtet, fünf oder sechs gefesselt mitgeführt. Dann ward,
72 Geschichte der "Welser-Züge in Amerika.
da kein Gold sich fand, dieser Kriegszug aufgegeben, der drei und einen
halben Tag gedauert hatte. Das neue Jalir 1532, an das sich so grosse
Entdeckungs-Aussichten zu knüpfen schienen, stand unmittelbar bevor,
als man wieder in Pauxoto anlangte.
Im Lande der Pacabueyer gab es wiederum Spuren von Europäern.
In der That waren in diese Gegenden auch nach Vadillo's Zeit — also
unter Lerma's Regierung — von Santa Marta aus Züge unternommen,
namentlich noch vor zwei Jahren ein grosser unter Führung von Pedro
de Lerma, dem jungen Neffen des Statthalters, der bis in das Land der
Pacabuejer gelangt war, ja bis an einen grossen nordwärts sich ergiessenden
Strom und zu einem stattlichen, rechtsseitig einmündenden Nebenfluss
desselben 5 auf dieser Expedition war ein Gewinn von etwa 40 000 Gold-
pesos aus Gräbern und aus Wohnungen, als Lösegeld und als Beute
gemacht worden, eine Summe, welche den metallhellen Klang des Namens
der Pacabueyer noch mehr verschönt hatte, als die Tradition der Vor-
fahren. Nur wegen Uneinigkeit der Leute war jenes Unternehmen nicht
fortgesetzt worden, namentlich auch das Verfolgen jenes Riesenstromes
unterblieben, dessen Wasser erst ganz vor Kurzem genauer untersucht
waren, und zwar einestheils in dem gefahrvollen Mündungsdelta von
Geronimo de Melo, einem mit dem Landeshauptmann befreundeten, bald
nach seiner Rückkehr verstorbenen Portugiesen, anderen theils in dem
übersichtslosen Binnenlauf von Juan de Cespedes und Juan de
Sanmartin, die noch zur Zeit der Ankunft der Weiserischen irgendwo
auf den vielverzweigten Wassern herumschwimmen mochten.
Den Gubernator machten die Zeichen von europäischen Vorgängern
nicht irre. Er hatte in diesem Pacabueyer-Lande das erste Ziel seiner
Fahrt erreicht, und hier veranlasste ihn die tapfere Haltung der Arhuacoer,
der erste ernstliche Widerstand, auf den er gestossen war, den zuverlässigen
Vascuna nach dem atlantischen Ocean zurück zu senden, damit er den
bisher gewonnenen Schatz von 30 000 Goldpesos schon jetzt in Sicherheit
bringe. Vascuna sollte dann ausserdem neue Mannschaft aus Maracaibo
oder Coro zuführen. Er erhielt 24 Leute als Gefolge, sowie als Bedeckung
für die Dauer von drei Tagen den eben nachgekommenen Kasimir mit
einigen Reitern, und brach am 6. Januar 1532 von Pauxoto auf.
Dalfinger selber folgte den hoffentlich zum neuen Ocean strömenden
Wellen des Jiriri in der Erwartung, an der ersehnten anderen Küste bald
neue grosse Reichthümer zu gewinnen. Etwa acht Tagereisen unterhalb
Pauxoto's crgoss sich dieser Fluss auch in ein neues grosses Gewässer,
aber leider nicht in ein Weltmeer. In einem stattlichen See bot sich hier
Die Pacabueyer-Stadt Tamara. 73
ein merkwürdiger, ein geradezu wunderbarer Anblick: die Stadt Tamara.
„Diese Ortschaft der Pacabueyer", so etwa schreibt Dalfinger, „ist fast
gross und hat mehr als tausend Behausungen. Die Indischen erwarteten
uns vor derselben, und Etliche kamen, um mit mir zu sprechen; sie miss-
trauten uns aber, wollten trotz Vermahnung nicht nahen und standen in
mehreren Haufen zwischen Lagunen und Flüssen, wesshalb ich sie mehr-
fach angriff und Etliche fahen liess. Sie zogen sich in ihren Ort zurück
und gaben mir einiges Gold, doch nicht viel, da sie das meiste verborgen
und vergraben hatten. Dieser Ort liegt an dem Flusse Jiriri, welcher
unfern von ihm in eine grosse Lagune sich ergiesst, die vier oder fünf
Leguas breit ist; wenig fehlt, dass sie den Ort nicht ganz einschliesse.
Es ist der beste und grösste, den Christen in hiesigen Gegenden jemals
gesehen haben: hohe Lage, gute Luft, ringsumher Grasflur, aber wenig
Urwald. Im Orte stehen grosse Bäume, wie schöne Eichen anzuschauen;
die pflanzen die Indier und gebrauchen ihrer, wenn sie wollen, um ihren
Plätzen und Häusern Zier und Schatten zu schafifen; da giebt es auch
Apfelsinen, nicht so schön, wie die in Spanien, aber Ersatz für diese und
angenehmen Geschmacks ; ferner viele Guayabas, gute Fische, reiche Jagd
auf Hühner und allerlei Wild. Die Eingesessenen bearbeiten, wie ich
nicht zweifle, viel Gold; sie haben ihre Schmieden, Ambosse und Hämmer;
diese sind aus hartem Stein, nur wie Eier gross oder noch kleiner; die
Ambosse sind so gross wie Mallorka-Käse ; die Blasebälge haben zwei
oder mehr Finger dicke Röhren von zwei Handflächen Länge ; die Wagen,
mit denen sie wiegen, sind gar fein, aus weissen Knochen, die Elfenbein
gleichen, und auch solche mit schwarzem Stock, die wie Ebenholz aus-
sehen; die haben ihre Kerben oder Punkte, um beim Gewicht zu mehren
oder zu mindern, wie unsere Wagen, und sie können wiegen von einem
halben Castellano, das ist 48 Gran, bis zu einer Mark, das sind 50 Castellanos.
Rings um Tamara in Entfernung von einer oder zwei oder drei Leguas
giebt es viele andere Ortschaften, aber nicht so grosse, allerlei Feldgebäu,
wie Weiler oder Dörfer. Es ist der gesundeste Ort von allen, die ich
sah; dort gab es am meisten Kinder, und in den anderthalb Monaten,
während deren ich dort mich niederthat, erkrankte kein Christ." Dieser
Ort war in der That der alte Stolz der Pacabueyer.
Am 10. April 1532 zog Dal fing er von da weiter, um über Conze-
puza in das Gebiet eines anderen zahlreichen Stammes zu rücken. Bei
diesem gingen die Männer ganz nackt, während die Weiber mit kleinen
baumwollenen Schürzen versehen waren, die lose hernieder hingen; die
Gesichter waren durch eingeritzte und dunkelgefärbte Figuren, ähnlich
74 Geschichte der Weiser-Züge in Amerika.
wie bei den Jiriguanern, verziert, so dass die Haut wie schwarz aussah. Das
stattliche Volk, das eine Menge von grösseren Ortschaften bewohnte,
nannte sich die Zondaguaer und bediente sich einer bis dahin den Euro-
päern fremd gebliebenen Sprache. Gleich in der ersten seiner Ortschaften,
in Compachay, sah man bei der Hoffnung auf ein nahes Meer mit grosser
Freude, dass das Volk zu Wasser sehr gewandt sei; offenbar war sein
Gebiet jährlichen Ueberschwemmungen ausgesetzt und sein Lebensunterhalt
häufig bloss auf den Fischfang beschränkt. Zu Lande schien der Stamm
nicht so tüchtig zu sein; es hiess jedoch, dass an einigen Orten Giftpfeile
gebraucht würden. Der Ort Compachay lag ganz am Ende des bisher
durchzogenen, südwärts streichenden Flussgebietes, und zwar an dem be-
reits von den Santa Martaer Leuten gesehenen und befahrenen Riesen-
strom, welcher den Jiriri aufnahm und Yuma genannt wurde. Die
Strömung dieses grossen Wassers war der Richtung des Jiriri entgegen-
gesetzt, denn sie lief von Süden nach Norden. Diese Thatsache ver-
nichtete vollständig die Hofinung, dass das neue Meer nahe sei; denn im
Süden konnte es nicht wohl sich finden, weil die grossen neuentdeckten,
später als Magdalena bezeichneten Wassermassen entweder auf hohe Ge-
birge oder auf langen Lauf hindeuteten. Lediglich die Hoffnung blieb,
dass vielleicht der Strom in derselben Richtung floss, wie die Küste des
ersehnten Meeres strich; hatte doch auch Baiboa über einen grossen,
von Süden nach Norden fluth enden Strom berichtet, dessen Mündung nicht
gar weit von dem Gestade des anderen Oceans sich vorfand. Wer konnte
sagen, ob dieses Gestade nicht vom jenseitigen Ufer des etwa eine Viertel
Legua breiten Flusses sich erreichen Hess?
In Compachay winkte von dem linken Ufer des reissenden Yuma-
Stromes ein bedeutender Ort herüber, welcher nach Aussagen der Zonda-
guaer Zuandi hiess und desshalb so ungemein gross erscheinen sollte, weil
die drei Theile, in die er zerfalle, niemals gleichzeitig von der Bevölkerung
bewohnt würden, sondern immer nur abwechselnd. Dalfinger sandte
ein Kanoe mit Tamaraern über den Fluss, und forderte Unterwerfung, ob-
wohl wegen Mangel an Fahrzeugen ein Uebergang für ihn durchaus un-
möglich war. Am nächsten Tage kamen zehn Personen in vier kleinen
Böten mit 200 Goldpesos zu den Weiserischen herüber und wurden
natürlich von diesen mit Auszeichnung aufgenommen. Man befragte sie
durch die Dolmetscher, so gut es ging, über ihren Wohnsitz; am jen-
seitigen Ufer stromabwärts, so sagten sie, liege ein goldreicher Ort, Zumiti
geheissen, noch grösser als Tamara und von ihrem Lande durch ein
tiefes Wasser — den Cauca — geschieden; auch stromaufwärts gebe es
Umkehr der Expedition in Compachay. 75
ansehnliche Ortschaften, und zwar solche der Zondaguaer; die lägen in
grossen, von Giessbächen durchfurchten Grasstrichen, und aus den Wild-
wassern gewinne man dort Gold, so viel Gold, dass die Fremden trotz ihrer
starken Thiere die Masse nicht würden fortschaffen können.
Trotzdem kehrte hier in Compachay der Gubernator, ungeachtet des
Widerstrebens und des Gemurres vieler Expeditionsgenossen, um. In fünf
Tagereisen erreichte er über Zonzilloa wieder das Gebiet der Pacabueyer.
Das erste Dorf, das man berührte, war Zenmoa geheissen; hierauf folgte
Ijaran, ein grosser, nur zwei Leguas von jenem Pauxoto entfernter Platz.
Hier wurde auf Vascuna's Rückkehr gewartet. Das lange Harren blieb
aber vergebens; unerklärlicher Weise kam nicht einmal die geringste
Kunde von Vascuna. Da man aber nicht nur wegen des Schicksals
desselben ängstlich geworden war, sondern auch dringend neue Mannschaft,
sowie Geräthe zum Schiffsbau, Vorkehrungen für einen Flussübergang und
alles zum Häuserbau Nöthige bedurfte, so wurde Esteban Martin dem
verschollenen Gefährten nachgeschickt.
Erst am 9. September 1532 zog Dalfinger selbst nach einigen,
Tamara gegenüber an dem grossen See belegenen Zondagua - Orten :
Potome, Zilano und Zomico; zum Theil ging der Weg durch Wasser, das
jetzt immer bis an die Kniee, oft sogar bis an die Brust reichte. War
auch der erste Empfang in dem fast auf einer Insel liegenden Zomico ein
freundlicher, so entleerte sich doch allmählich die Ortschaft; Wachen
und Runden wurden daher zur Verhinderung völligen Verhausens
nothwendig.
Hier sah Dalfinger zum ersten Male eine grosse Todtenstätte der
Wilden; er beschrieb sie etwa folgendermaassen : „Auf den Ecken eines
vierzig Quadratfuss grossen Platzes waren vier mit rothem Stoff bestrichene
Pfähle gesteckt; die Spitze eines jeden Pfahles zeigte einen geschnitzten
und mit derselben Farbe bemalten Menschenkopf; dazwischen hingen be-
malte Decken. Eine Oeffnung in diesem Deckenumhang bildete den Zu-
tritt. Inmitten des Vierecks lag in einem wohlgearbeiteten hölzernen
Behälter und in der Umhüllung von zwei weissen, baumwollenen Decken
die Leiche eines Eingeborenen, über der wieder eine solche Decke lag.
Vor ihr standen zwei Körbe voll wohlriechender Baumrinden, die als
Weihrauch dienten und mit einem Harze von gleichem Gerüche gemischt
waren. Bogen und Pfeile hingen ringsum in dem Viereck nebst vielen
Tauschsachen, wie sie im Handelsverkehr dieses Landes vorkommen.
Etwas höher als der Sarg stand ein breiter Korb, in welchem zwei
goldene, Harnischen ähnliche Rüstungen mit sehr gut gearbeiteten Brust-
76 Geschichte der Welser-Züge in Amerika.
buckeln lagen : das eine Stück rund, das andere am Halse ausgeschnitten ;
ferner ein sehr hübsches Halsband, eine mit Deckel versehene Schale und
ähnliche Dinge, alle von Gold. Die Indianer sagten, dass auf der andern
Seite des Yuma-Stromes die Essgeräthe gleichen Stoffes seien, ebenso die
Rüstungen, die Sitze und die Lanzenspitzen. In jenem Korbe zeigten
sich ausserdem ein von sehr feinem Golde eingefasster Kamm, Ohrringe,
Armbänder und andere Sachen, so dass der Gesammtwerth seines Inhaltes
mehr als 2000 Goldpesos betrug." Die Zondaguaer erzählten, es würde
immer neben der Leiche eines ihrer Häuptlinge alles Gold und alles
Schmuckwerk, das er besessen, niedergestellt, und der Todte, der da liege,
sei einer ihrer Häuptlinge gewesen.
In Zomico blieb Dalfinger vom 17. September bis zum 5. Oktober
1532; in dieser Zeit traf dort auch Esteban Martin mit einiger Ersatz-
mannschaft wieder ein.
Den Spuren des Ausmarsches nachgehend, hatte dieser kluge Mann durch
die Angabe, dass Dalfinger auf dem Fusse folge, alle Feindseligkeiten ab-
gewendet und war glücklich etwa fünf Wochen, nachdem er den Gubernator
in Ijaran verlassen hatte, am 28. Juli 1532 mit zwanzig Mann in Mara-
caibo angelangt. Lange war dort auf Kunde von Dalfinger oder von
dem Fortgang seiner Unternehmung vergeblich gewartet. Seine Vertreter
in Maracaibo und Coro, Francisco Vanegas und Bartolom^ de
Santillana, waren daher, wie beide dortigen Kolonieen, immer unruhiger
geworden, weil die Nachrichten fehlten, von deren Inhalt so viel für ihre
ganze Zukunft abhing. In letzter Zeit hatten, da neue Berichte vom
Landeshauptmann abgewartet wurden, auch die europäischen Zufuhren
der Welser mehr und mehr aufgehört, so dass sowohl Coro wie Maracaibo
recht heruntergekommen waren. Esteban Martin konnte daher auch
auf keine grosse Unterstützung rechnen; Vanegas konnte ihm geradezu
gar nichts, Santillana von Coro aus nur wenig helfen. Trotzdem
schickte Letzterer, der überall mit Hader und Anfeindung zu thun hatte,
etwa siebzig Mann nach Maracaibo, doch erst nach Ablauf eines Monats.
Während dieser Zeit unternahm Martin, welcher in jenem öden Orte
sich nicht verproviantiren konnte, mit den dortigen halbverzweifelten Be-
wohnern, von denen kürzlich vierzehn bei einem Flussübergang ertrunken
waren, einen Zug in das Land der bereits von früher her bekannten
Onoter; doch trug dieser seiner Mannschaft nur Verluste ein; auch er selbst
erhielt fünf Pfeilschüsse, so dass er noch krank darnieder lag, als die
Leute von Coro unter der Führung von Pedro de Limpias ankamen.
Mit diesem und achtzig Mann ging dann Martin nach wiederhergestellter
Martin's Rückkehr zur Expedition. 77
Gesundheit zurück, ohne Kunde von Vascuna und ohne die durchaus
erforderlichen Werkzeuge für Holz- und Schiffsbau; er zog abermals die-
selbe Fährte und stiess Ende September zum Gubernator, der inzwischen
sein Lager von Ijaran nach Zomico verlegt hatte.
VI.
Die Nachrichten, welche Martin tiberbrachte, waren so unerfreulich
wie möglich. Die Unordnungen in Coro und Maracaibo verlangten den
Rückmarsch; dieser aber widersprach dem einmüthigen Willen der Ex-
peditionsgenossen, der bereits von Strapazen heimgesuchten Aelteren, wie
der nach Beute begehrenden Jungen. Der Rückmarsch hatte aber jetzt
noch eine andere Gefahr; er drohte nämlich zu einem Zusammenstosse
mit den Leuten von Garcia de Lerma zu führen. Denn Martin
meldete, dass dieser Landeshauptmann, der den Welsern so viel Dank
schuldete, sobald er von der jetzigen Expedition unterrichtet worden sei,
sich feindlich gestellt habe; er habe Land und Leute dieser Gegend an
etliche hervorragende Personen seines Gefolges zu Nutz und Recht ver-
liehen und dann behufs Durchführung dieser papierenen Massregel, welche
trotz aller Empfehlungen der Santo Domingoer Regierung von sehr frag-
lichem Werth war, einen eigenen Zug abgesandt, Martin hatte sogar
gehört, dass ihm die Santa Martaer auf dem Fusse folgten; Lerma 's
Leute kamen in der That heran. Da demnach die Rückkehr zu den Waffen
zu führen drohte über die Frage, wo die Grenze der beiden benachbarten
Gubernationen liege, so entschloss sich Dalfinger schweren Herzens,
von Zomico weiter nach Süden zu ziehen und nicht sofort die atlantische
Küste wieder aufzusuchen.
Somit brach Dalfinger, obwohl die überall sich zeigenden Ueber-
schwemmungen sehr hinderlich werden mussten, am 5. Oktober 1532 mit
etwa 200 Mann auf. Zunächst wurde noch weiter vorgedrungen am Ufer
des Yuma-Stromes ; obwohl Böte fehlten, wurde doch durch eigenen Glücks-
fall der Uebergang über dieses breite, gefährliche Wasser ermöglicht; dann
ward unter äusserstem Kraftaufwand eine Zahl grosser Nebenströme über-
schritten ; es folgte das wasserreiche Gebiet der Pemäer ; dieses Volk, das
wenig Goldsachen besass, aber merkwürdiger Weise Kupferstücke als
Geld benutzte, bewohnte ein viel Moor und Grasdickicht darbietendes
Land, welches jedoch, wenn erst im Gebiete der Pacabueyer oder Zon-
78 Geschichte der Welser-Ztige in Amerika.
daguaer, wie geplant, eine Stadt angelegt sein würde, geeignet zu sein
schien für Landbau und für Viehzucht.
Von den Santa Martaern wurde diese feuchte Gegend gemieden;
Lerma's Volk kam vielmehr nur bis Tamara und begann von diesem
Orte aus, obwohl die Welser-Fährte ganz frisch und deutlich, noch keinen
Monat alt, vor Augen lag, Plünderungszüge in das Zipnaza-Gebiet, unter
Angabe wunderlicher Vorwände, aber unter Aufwand vieler Hilfsmittel.
Somit war eine Verfolgung durch dasselbe nicht mehr zu befürchten und
dem Zusammentreffen mit den Nachbarn, das gewiss blutig geworden wäre,
vorgebeugt; Dal fing er bekam glücklicher Weise seine Nebenbuhler gar
nicht zu sehen, und erfuhr auch nichts über die Anschuldigungen, welche
in Santa Marta alsbald gegen ihn persönlich erhoben wurden. Dort, wo
Lerma allgemeinen Unwillen, ja lebhaften Hass durch sein Benehmen
hervorrief, wurde der Vertreter der Welser als ein Tyrann der aller-
schlimmsten Art geschildert, wie er denn ja auch als Fremder, zumal als
Deutscher, allen Spanischen verdächtig war, selbst denen , welche seinen
männlich geraden Charakter kannten.
Es war noch im Oktober 1532, als von den Weiserischen bei den
Pemäern ein starker, von Osten kommender Strom getroffen wurde, der
wegen seiner breiten, reissenden Fluthen sich nicht überschreiten liess,
obwohl einige Expeditionsgenossen ihn durchschwammen; er führte offen-
bar Gold und wurde desshalb der Goldstrom genannt. Als alle Versuche,
das jenseitige Ufer mit den Pferden zu erreichen, erfolglos blieben, gingen
die Weiserischen am rechten Ufer durch Sumpf und Busch weiter und
kamen nach einigen Tagereisen zu einer von Bergen umschlossenen, aber
ebenfalls stark überschwemmten Gegend, die von Jiriguanaern bewohnt
wurde, jedoch von solchen, welche den nördlicher Sitzenden wenig glichen.
Hier waren es kampfbereite Männer, die keine Aufforderung zur Unter-
werfung annahmen und den Fremden beherzt trotzten ; wagten sie es doch
zu Vieren oder Fünfen, fünfzehn bis zwanzig Spanier auf sich zukommen
zu lassen. Bei einem Zuge, auf welchem drei oder vier Ortschaften über-
fallen wurden, erlitt Dalfinger durch sie den ersten grösseren Verlust;
er büsste vier Mann und ein Pferd ein. Fast jede Wunde, welche diese Wilden
zufügten, war so schwer und so tief, dass sie den Tod brachte, obwohl
kein Pfeil- oder Lanzen-Gift sich spüren liess. Da alle Versuche einer
Verständigung scheiterten, erschien eine weitere Verfolgung der nassen
und ungesunden Flussgegend als bedenklich; desshalb gedachte Dal-
finger nunmehr mit der schon in Zomico überlegten Rückkehr nach
Der Marsch in das Hochgebirge. 79
dem atlantischen Ocean Ernst zu machen, mochten die Hindernisse noch
so gross sein.
Den am rechten Ufer des Gold-Flusses der Pemäer hinaufziehenden
Europäern lag Maracaibo, wie es schien, irgendwo zur Linken. Martin,
der Pfadfinder, der ja zuletzt von dort gekommen war, schätzte die
gerade Entfernung auf etwa 150 Leguas. Er ward nun abgeschickt, um
das vor Augen liegende Gebirge der Jiriguanaer mit Rücksicht auf die
Frage, ob Pferde durchkommen könnten, zu untersuchen; dreissig Mann
nahm er mit sich und erreichte bald auf der Cachiri-Hochsteppe, welche
die Gewässer jenes Gold-Flusses begrenzte, zwei grosse Indianer-Anbaue,
deren Bewohner sämmtlich bekleidet waren, indem Männer wie Frauen
bunte baumwollene Decken trugen. Mit ihnen konnte man sich jedoch
nicht in Vernehmen setzen; Martin wurde vielmehr mit seinen Dohnetsch-
versuchen geradezu verspottet, ja schliesslich sogar mit schwarzen, 25 Hand
langen Lanzen, mit Keulen, Pfeilen und Bogen bedroht, so dass es zwei-
stündige Kämpfe und sieben Verwundungen gab, bis die Gehöfte be-
setzt waren; Martin selbst gehörte zu den Verletzten. Der Kundschafter-
zug fürchtete nun das Herankommen von anderen Wilden, und bat daher
D a 1 f i n g e r um Zuzug ; in der That erschienen noch selbigen Tages neue
Feinde, so dass ein heftiges Gefecht erfolgte. Die Christen verschanzten
sich, so gut es ging, in den Gehöften und fanden dort zu ihrer grössten
Freude Salz; woher das Ersehnte stamme, konnte Niemand sagen, es
schien jedoch von Süden herangebracht zu sein. Am folgenden Tage
kamen wirklich vierzig Weiserische zur Hilfe, gerade noch rechtzeitig,
um den in abermals verstärkter Zahl heranrückenden kriegerischen
Völkern, unter denen auch Schleuderer sich zeigten, Widerstand leisten
zu können. Drei Tage später war der Gubernator selber zur Stelle, und
zwar mit der ganzen Truppe, namentlich auch mit den Pferden.
Um die klein- venetianischen Gewässer irgendwo zu erreichen, wurde
Ende 1532 endgültig der Marsch durchs Hochgebirge beschlossen, ob-
wohl die Gefahren und Schwierigkeiten eines solchen Unternehmens hin-
reichend bekannt waren. Der Aufbruch geschah schon am zweiten Tage
nach Dalfinger's Ankunft. Es ging sofort hinein in das unbekannte,
nicht zuvor ausgekundschaftete Bergland, das von hier aus keineswegs
besonders schwierig zugängig zu sein schien ; auf vier Tagereisen schwerster
Arbeit folgten aber schon Stunden der allergrössten Noth; denn man traf
fast kahle Berghänge, von jähen Schluchten, tiefen Bodenspalten und
breiten Wasserklüften zerrissene Felsmassen; ringsum nur unwegsame
80 Geschichte der Welser-Züge in Amerika.
Einöde; weit und breit keine menschliche Stätte. Der einzige gangbare
Weg bestand aus schmalen Stufen und Tritten an schwindlichten Ab-
stürzen. Vier Pferde starben auf diesen Steintreppen, theils an Hunger,
theils an Ermattung, auch ein Mann. Erst am fünften Tage fand sich ein
Feldbau von fünf Hütten. Ohne den Ausfall ihrer Insassen abzuwarten,
überzog man unverzüglich die Wohnungen, zumal Unterhandlungen doch
unmöglich gewesen wären und die todesmüden Leute nothwendig neue
Lastträger gebrauchten, namentlich für die seit Vascuiia's Fortgang ge-
machte Goldbeute. Beim Ueberfall wurden auch mehrere Indianer ge-
fangen; Alles erwies sich jedoch als ausserordentlich arm, weil kaum irgend
ein Nahrungsmittel zu finden war. Wenngleich mit Widerstreben, musste
desshalb das Fleisch der gefallenen Pferde herbeigeholt werden; sogar ihr
Fell wurde gebraten, gekocht und gebrühet, um den Hunger zu stillen,
ja zum grossen Theile für die nächsten Tage noch aufbewahrt.
Der Zug ging dann zwei Tage lang leichter von Statten, bis er an
den Fuss eines neuen Gebirges kam, eine früher nicht gesehene, sehr hohe
Bergkette, welche jedoch wegen des hier und da aufsteigenden Rauches
bewohnt zu sein schien. Francisco de Santacruz zog hier mit
sechzig Mann voraus, um Durchgang und Nahrung zu suchen; er fand
wirklich hoch oben auf dem Bergscheitel einige Ortschaften. Auch hier
leisteten die Bewohner tapferen Widerstand; als sie überwunden waren,
Hess Santacruz von einigen Gefangenen das erbeutete Mais nach dem
D alfinger'schen Lager zurücktragen. Dies verblieb noch vier Tage lang
an der alten Stelle, um von da aus einen besseren Weg durch das un-
erwartete Hochgebirge aufzuspüren, wenn möglich einen Pass oder einen
Einschnitt. Einige Gefangene sagten, wie es schien, es öffne sich zur
Rechten, jenseits einer weglosen und unbewohnten, am Fuss dieses Hoch-
gebirges sich hinziehenden Gegend, ein Thal mit Ansiedlungen. Desshalb
wurde diese angedeutete Richtung eingeschlagen, und nach zwei Tage-
märschen erwies sich die Auskunft als richtig. Der vordere Zug der
Expedition, bei dem Martin war, erfuhr nämlich durch Pfadsucher, welche
die Höhe erklommen hatten, dass von dort aus wirklich in eine bewohnte
Gegend zu sehen sei. Die Gefangenen nannten die Bewohner Corbagoer
und den dort belegenen, offenbar gut bevölkerten Ort Mene, d. h. Erdpech.
Martin eilte sofort mit seinen Leuten den jenseitigen Bergabhang hinab
und auf jene Ortschaft zu. Vor derselben wurde er kriegerisch empfangen,
jedoch flüchteten die Bewohner sehr bald in die Berge. In den liinter-
lassenen Hütten fand sich wieder nichts als Mais, das theils vergraben,
theils anderweitig versteckt war. Weil jedoch das ganze Thal sich be-
Der Marsch in das Hochgebirge. 81
wohnt zeigte, wagte es Martin nicht, dieses erbeutete Korn sofort in das
Lager zu schicken, da er dadurch seine Kräfte getheilt haben würde-, er
setzte vielmehr, nachdem er 45 Mann in Mene zurückgelassen hatte, mit
den Uebrigen den Kundschafterzug zu einem etwa zwei Leguas entfernten,
himmelhoch belegenen Bergsattel fort, von dem aus das Land sich vielleicht
besser überblicken Hess. Hier, nahe der Kuppe des grausigen Gebirges, über-
nachteten die wenigen Männer; leicht bekleidet, wie für den südeuropäischen
Sommer, glaubten sie vor Kälte erstarren zu müssen und sahen bei Be-
ginn des nächsten Tages die meisten Häupter der umliegenden Bergriesen
mit blendendem Schnee bedeckt. Fast erfroren, wendeten sie dann, ohne
weitere Auskunft über das Land gewonnen zu haben, ihre Schritte zu
den unten in Mene gebliebenen Kameraden zurück und zogen mit ihnen
am anderen Morgen wieder nach dem Expeditionslager, nur mit Mais be-
laden, verfolgt von zahlreichen Eingeborenen. Als diese auf einem Berg-
rücken wiederholt zum Angriff schritten und einen der Christen dabei
auch wirklich verwundeten, warfen sie ihre Lasten ab und schlugen schnell
den übermächtigen Feind in die Flucht. Aber erst nach zweitägigem
Hungermarsche, auf dem sogar Hundefleisch genossen werden musste,
kamen sie zum Gubcrnator zurück und konnten berichten über die Noth
ihres beschwerlichen zehntägigen Zuges: die Zerrissenheit des gesammten
Terrains, die Schwierigkeit jedes zusammenhängenden Marsches und auch
über die Gefährlichkeit der Corbagoer.
Von diesem Stamme erzählten sie nun , theils nach eigenen Wahr-
nehmungen, theils nach den Aussagen Gefangener, dass die Dörfer, wie es
der Gebirgsboden mit sich bringe, ganz vereinzelt lägen und nicht bloss
Mais-Anbau zeigten, sondern auch Kultur von anderen Feldfrüchten, z. B.
von Rüben und Eppich; ein bohnenähnliches Kraut werde Icoraotas ge-
nannt und eine essbare Knolle Aniana. Diese Wilden trügen auch Klei-
dung, nämlich bis an den Hals reichende Decken, deren Falten sie oft
mit Schleudersteinen füllten; sie seien mit Schwunggeräthen bewaffnet,
ebenso mit Lanzen schaffen von 25 — 30 Hand Länge, die unter der obersten
Spanne Federbuschschmuck trügen, ausserdem mit etwa drei Spannen
langen Pfeilen, die neben den kleinen Bogen in Köchern getragen würden ;
ihre Tartschen beständen aus Wildhäuten oder Baumrinden und hätten
sehr gut gearbeitete Armgriffe. Die ]\Iänner bezeugten Kriegsmutli und
legten offenbar Werth auf ihre Waffen. An ihren Wohnungen wären
Köpfe, Arme und Beine von Menschen als Zierrathe aufgehängt; ob dieses
auf Menschenfresserei hinweise, oder auf Andenken an verstorbene Ge-
schlechtsgenossen, oder auf Triumphe über erschlagene Feinde, erscheine
Festschrift der Hamburgischen Amerika-Feier II. 6
82 Geschichte der Wclser-Züge in Amerika.
als ungewiss; jedenfalls flössten diese Corbagoer grosse Achtung und einige
Sorge ein.
Trotz so vieler erkennbarer Schwierigkeiten beschloss Dalfinger,
weiter zu gehen. Das Lager ward abgebrochen, um in das Gebirge von
Mene einzudringen, und zwei Tage später war von dem ganzen Zuge Mene
erreicht. Dieser schwere Aufmarsch auf unwirthlichen Bergsteigen und
inmitten von Einöden und Wüsteneien , der zu entsetzlichen Rohheiten
gegen die darnieder sinkenden Trossindianer führte, hatte alle Expe-
ditionsgenossen auf das Aeusserste ermattet. Nun war am Zielpunkt
dieses Marsches, in Mene, Alles niedergebrannt, so dass nicht das geringste
Unterkommen sich finden Hess und die Fremden in grosseste Noth ge-
riethen. Dazu kam schliesslich noch, dass sie, als sie gerade mit Schneiden
von Feldmais beschäftigt waren, ganz plötzlich von den Eingeborenen über-
fallen wurden ; diese verwundeten drei, von denen Einer starb ; sie tödteten
ebenfalls drei, denen sie die Köpfe abschlugen, was bisher nicht vor-
gekommen war. Wegen der in Folge dieser verschiedenen Ereignisse allzu
grossen Erschöpfung der Mannschaft musste in Mene trotz der Dürftigkeit
des Ortes eine Ruhe von fünf Tagen eintreten ; dann ging es weiter bergan.
Die erste Nacht rastete der Gubernator auf baumloser Hochsteppe und
kam am folgenden Tage zum platten, baumlosen Rücken des gewaltigen
Gebirges. Hier übernachtete man abermals in starrem, frostigem, dünn-
luftigem Berggebiet bei starkem Schneeregen und schneidenden Winden.
In der Dunkelheit stand Dalfinger selbst mit 25 Mann auf kaltem Vor-
posten, während die Übrigen schliefen, wie und wo es ging; die Meisten
Sassen mit den Füssen in eisigem Wasser; Alle zitterten vor Frost und
Zahnweh: kein Feuer, keine Nahrung, kein Dach, kein wärmend Kleid.
Bei Tagesanbruch rückte die Vorhut weiter und traf einen Feldbau von
zwanzig Hütten. Wieder legten die Insassen sofort Feuer an und flüchteten ;
nur eine Wohnung blieb unversehrt. Langsam wurde alles Volk hieher
zusammengezogen. Jetzt erst stellte sich heraus, welche Verluste diese
verhängnissvolle Nacht und der ihr voraufgehende mühevolle Aufstieg ge-
bracht hatten. Acht Mann waren erfroren. Einige Hungers gestorben ; zu den
Todten gehörten auch Kasimir von Nürnberg, der schon einige Tage
zuvor leidend gewesen war ; auch einer der Neger war auf der Ilochsteppe
geblieben, und nicht weniger als 120 von den an die heisse Zone gewöhnten
Lastträgern; verloren war auch eine Stute, ein Theil der Kriegsgeräth-
schaften und der Kettenvorrath zur Fesselung der Wilden. Noch nach
vielen Jahren lagen Reste dieser Expedition dort auf dem Paramo von
Cirivitä.
Leiden und Gefahren des Weitermarsches. ^3
Dalfinger blieb sechs Tage lang in jenem niedergebrannten Berg-
orte ; dort fanden sich wieder unter dem Hausschutt Erdgruben mit Mais ;
von diesem, sowie von einem wildwachsenden Kraut nährte man sich;
Salz fehlte. Das Schlimmste aber war, dass man täglich mit den Ein-
geborenen kämpfen musste, welche weithin lärmende, grosse Schlacht-
hörner nach allen Seiten ertönen Hessen und oftmals ein solches Geschrei
und Geheul erhoben, dass es schien, Thäler und Felsen hätten sich auf-
gethan ; sie kamen aber nicht ganz nahe an die Christen heran, aus Furcht
vor den Pferden, die auch ihnen noch Wunderthiere zu sein schienen.
Wie das Ausruhen im Lager, wurde dann auch die Fortsetzung des Ge-
birgsmarsches durch Angriffe behelligt. Allein bald zeigte sich ein freudig
begrüsster Anblick. Es war ein neues, nach Norden streichendes Fluss-
gebiet. Auch die Arhuacoer, welche hier wohnten, brannten beim Nahen
der Gefahr ihre Wohnstätten unverzüglich nieder; sogar die zweite Ort-
schaft, die man erreichte, war angezündet, sie stand aber noch nicht ganz
in Flammen, als die Weiserischen unbemerkt erschienen, so dass das Feuer
noch gelöscht werden konnte. Noch immer war man allgemein so er-
mattet und ausgehungert, dass aufs Neue sieben bis acht Ruhetage ge-
halten werden mussten. Dann ging es wieder voran, immer möglichst nach
Norden zu. Lästiger und lästiger wurde es, dass, ebenso wenig wie früher
von den Corbagoern, jetzt von den Arhuacoern Wegweiser oder Dolmetscher
sich erlangen Hessen; es war eben Alles verhaust. Alles niedergebrannt
oder noch brennend. Nach vier harten Tagereisen tauchte endlich eine
grosse, noch unberührte Ansiedlung auf, welche gegen 200 Wohnungen
zählte; aber sie lag auf der Kuppe eines Bergzuges, und ihre Bewohner
standen auf einem noch höheren Gipfel in vollen Waffen. Dazu kam, dass
dicht bei diesem Orte, nur etwa eine halbe Legua entfernt, ein noch
grösserer Anbau sich zeigte, ein Platz von mindestens 800 Hütten; der
lag an einem Abhänge, durch mehrere Giessbäche gesichert und seiner
Lage wegen ebenso stark wie gefahrdrohend. Angesichts solcher Feinde,
die Chitarerer hiessen, fürchtete Dalfinger ein Unglück; desshalb um-
ging er jene Ortschaften, so gern er in ihnen gerastet hätte. Die Expedition
zog über eine kahle, zur Linken sich erstreckende Höhe, und blieb zum
ersten Male während der Nacht im tiefer belegenen Urwalde, dessen fast
undurchdringliches Gewirre selbst gegen die Eingeborenen einigen Schutz
darbot. Am anderen Tage wurde im Wildthale ein reissender Fluss über-
schritten , an dessen steilen , von Wasserriffen zerklüfteten Ufern viele
Pferde stürzten; eine Stute ging verloren, doch erhielt man ihr Fleisch.
Das Volk kam zum Theil erst nach Anbruch der Dunkelheit an dies von
6*
84 Geschichte der Welser-ZUge in Amerika.
finsteren Büschen und Bäumen eng umspannte Gewässer; Gold und Gepäck
konnten nicht mehr übergesetzt werden, so dass Dalfinger sich grosse
Sorgen machte. Am nächsten Morgen ertheilte er schon früh an Martin
den Auftrag, eine benachbarte Berghöhe zu erklimmen und von da aus den
einzuschlagenden Weg zu ermitteln, der sich in der Niederung vor Dickicht
schlecht übersehen Hess. Martin begab sich sogleich zum Frühstück,
um dann in den Sattel zu steigen. Während er ass, kam Dalfinger
abermals zu ihm, und zwar beritten: „Martin, setzt Euch zu Pferde!
Vorwärts!" „Wohin wollen Euer Gnaden denn so früh? Folgt doch mit
den Uebrigen nach; ich reite sogleich voraus." Es entgegnete der Gubcr-
nator: „Ich will mit Euch gehen; wir wollen fünf oder sechs Gefährten zu
Fuss mitnehmen." Martin antwortete: „Besser wäre es, wenn ihrer
zwölfe gingen." Nun rief Dalfinger einige Leute herzu und ritt mit
Martin allein voran. Als sie zwei Armbrustschüsse weit waren, sagte
Martin: „Herr, wartet auf die Kameraden? hier giebt es keinen Weg;
die Leute müssen sich verirren." „Vorwärts!" rief jedoch Dalfinger,
„sie werden nach unserer Fährte sich richten."
So reiten die beiden Männer weiter und kommen an eine enge
Schlucht, in der sie plötzlich von Eingeborenen sich umgeben sehen,
welche von allen Seiten auf sie schiessen. Martin stürmt, die Schenkel
an sein Pferd gepresst, auf den dichtesten Haufen los; Dalfinger, als
Mann von hohem Muthe, ihm nach; Beide kämpfen mit ihren kurzen
Lanzen und treiben den Feind in die Flucht; dann wenden sie die Pferde,
um die Fussknechte heranzuholen. Dabei treffen sie auf andere Wilde,
die ihnen von hinten Pfeile nachsenden; sie stürmen auf dieselben ein und
werden Beide verwundet, Dalfinger unter der Kehle, Martin an der
Hand; als dieser nach jenem hinüberblickt, sieht er ihn von Indianern
umringt; einer von diesen trifft mit schwerer Keule das Pferd; Martin
stürzt hinzu, und während er den Thäter mit Lanzenstössen durchbohrt,
wird auch sein Pferd verwundet; es erhält fünf Pfeilschüsse. Da kommen
in Folge des Kampfgeschreies die Kameraden herbei, verjagen die Wilden
und finden den Gubernator, wie er vergebens den Pfeil mit beiden Händen
aus dem Kehlkopf herauszuziehen versucht. Der dichte Wald macht aber
eine Verfolgung der Chitarerer unmöglich; nur fünf oder sechs, die sich
im Freien zeigen, werden ergriffen. Dann zieht man zum Lager zurück,
die Wunden zu verbinden, welche sämmtlich von vergifteten Pfeilen her-
rühren, die in diesem Gebirge bisher nicht angetroffen waren; Martin 's
Pferd stirbt gleich nach der Rückkehr.
Am folgenden Tage ging der Zug trotz Dalfinger 's Leiden weiter
Dalfinger's Tod in Chindcota. 85
bis zu einem zwei Leguas entfernten, verlassenen Dorfe, das Chinäcota
hiess. In diesem wurde Rast gemacht. Hier starb Dalfing er am vierten
Tage, nachdem er dem Augustinerpater Vicente de Requejada ge-
beichtet und seine Leute Gott befohlen hatte. Trotz seiner schweren
Wunde blieb Martin jedoch am Leben; „er wäre sicher gestorben," sagt
einer der Weiserischen, „wenn er auch nur einen Tropfen Getränkes zu
sich genommen hätte."
VII.
Trotz einsamster Lage ist Chindcota, Dalfinger' s Sterbestätte und
Begräbnissort, noch für lange Zeit bei den Epigonen der ersten Eroberer
in Erinnerung geblieben. Das jähe Ende des so selbstbewussten deutschen
Mannes erschien als etwas Dämonisches. Aber wenn auch der Name
Dalfinger Jahrzehnte hindurch im Gedächtniss der Kolonisten fortlebte,
Vertheidiger hat sein Andenken selten gefunden. Die ihn hassten, erblickten
in dem Soldatentod des reisigen Kaufmanns eine Strafe Gottes, weil er
eigene Wege gegangen war und in trotziger Energie immer weiter gestrebt
hatte; Boshafte beschuldigten ihn nach wie vor der lutherischen Ketzerei.
Für die Expedition und das ganze Welser-Unternehmen war Dalfinger's
Tod sehr verhängnissvoll. Denn in Chinäcota war bei dem Zuge kein
von den Augsburgern ernannter Nachfolger, kein Sailler, Seissen-
hofer, Ehinger oder Federmann; es war Niemand da, welcher die
Absichten der deutschen Handelsfirma wirklich verstanden oder deren
Interesse richtig vertreten hätte; es fehlte sogar an anderen Personen, die
Dalfinger's Nachfolger hätten werden können. Führerlos schritt das
Volk zur Wahl eines neuen Generalkapitäns; nachdem JuandeVillegas
einige Widerstrebende beruhigt hatte, fiel dieselbe auf den vornehmsten
der spanischen Beamten, auf Pedro de Sanmartin. Dieser begann
sofort mit einer Massregel, zu welcher Dalfinger sich nicht hatte ent-
schli essen wollen, nämlich mit der Vertheilung der bisher von den Tross-
indianern geschleppten Metallschätze unter die Genossen der Expedition.
Es erschien eben als nothwendig, jetzt den Zug so klein wie irgend mög-
lich zu machen ; die neue Last trug auch Niemand ungern ; sie bot ja
etwas Gewähr, dass später der Einzelne die so schwer erlangte Beute
nicht ohne Weiteres verliere, und verscheuchte die Furcht, dass immer
zunächst nur an die Goldkisten der Augsburger Herren gedacht werde.
86 Geschichte der Welser-ZUge in Amerika.
Der alsbald vorgenommene Weitermarsch traf sogleich auf gefähr-
lichen Widerstand. Schon am ersten Tage kamen die Kundschafter flüchtig
zu Sanmartin zurück, und ein heftiger Zusammenstoss folgte. Die
Reiter verloren einen Mann; Hauptmann Mons errate wurde verwundet,
das Pferd des neuen Generalkapitäns getödtet. Man ergriff aber einige
Indianer, die im Fall der Noth vielleicht als Führer oder Vermittler zu
verwenden waren, und erfuhr am zweiten Tage von einigen Indianerinnen
auch den Namen der Völkerschaft, in deren Gebiet man einfiel. Diese
Wilden hiessen Taya-Tomer; sie trugen nahtlose, vom Kopf bis zum Fuss
reichende Kleider, oft auch Kopfbedeckungen, wie spanische Mönche 5
man hörte, dass sie zugaben, Menschenfleisch zu essen.
Bald darauf zeigte sich eine sehr erfreuliche Wahrnehmung, ja, die
beste, welche zu wünschen war. Man befand sich in einem ziemlich gut
übersehbaren Flussthale und stieg zu einer von Gebirgen umgebenen, aber
doch in der Sohle ebenen Fläche hinab. Schon hatte man geahnt, dass die
Wasserscheide zwischen dem Yuma-Strome und dem Maracaibo-See längst
überschritten, also die hauptsächlichste Aufgabe des Gebirgsmarsches bereits
vor Chindcota gelöst sei; nun brachte Pedro de Limpias von einem
gefahrvollen Pfadfinderzuge die Nachricht zurück, dass er den Zusammen-
fluss von drei oder vier Strömen entdeckt habe, deren weiterer gemein-
samer Lauf, Tarare genannt, in den See von Venezuela münden müsse.
Sieben bis acht Tage blieben jedoch die Weiserischen in den vor-
gefundenen leeren Ortschaften, nicht bloss um zu rasten, sondern besonders
um irgendwie eine auch weiterhin landeskundige Person aufzutreiben.
Doch auch hier kam man nicht zu voller Ruhe; die entsandten Kund-
schafter kamen auch hier flüchtig zurückgeeilt, und Alle mussten heftigen
Kampf bestehen; in einem Scharmützel fanden sogar drei Spanier
ihren Tod, unter ihnen Hauptmann Monserrate. Auch am zweiten
Tage nach der Wiederaufnahme des Marsches galt es einen schweren
Ueberfall auszuhalten; alle Eingeborenen, die sich verhauset hatten,
lauerten nämlich in einer durch Wälle und Zäune befestigten Ortschaft
dem Zuge auf; dem heftigen Gefechte fiel übrigens trotz zweistündiger
Dauer kein Christ zum Opfer. Hier hiess es, dass die Gegner zu den
Arhuacoem gehörten.
Allmählich ward der Marsch wieder ruhiger; aber in den bisherigen
Wohnstätten war nach wie vor Niemand und Nichts zu finden. Fünf
Tage lang ging es durch menschenleere Striche; endlich wurde ein
grösserer Ort erreicht, der noch nicht verlassen war. Seine Bewohner
gehörten nicht zu den Arhuacoern, sondern zu den Pemenern, die man
Francisco Martin 's Abenteuer. 87
bereits von früher kannte ; sie flohen zuerst, als sie die Eindringlinge sahen,
jedoch wurden viele von ihnen ergriffen und diese erklärten dann, über den
Grund ihrer Flucht befragt, dass sie geglaubt hätten, die Fremden kämen
wegen eines Christen, der unfern von ihnen in der Wildniss lebe. Martin,
der Sprachenkundige, sandte in Folge dieser seltsamen Nachricht drei
Indianer aus, um den angeblichen Landsmann zu holen; sie kehrten nicht
wieder. Ebenso ging es mit zwei anderen Eingeborenen, denen ein Löse-
geld für jenen Christen mitgegeben war. Trotzdem verlangte das Volk,
dass der Aufenthaltsort des Verlorenen aufgesucht werde ; man müsse ihm
schon desshalb zu Hülfe kommen, weil er wahrscheinlich als Wegweiser,
Dolmetscher und Rathgeber vorzüglich sein würde. Eine allgemeine Suche
begann daher; sie führte bald zu einem grossen und breiten Strom.
„Während für den Uebergang des Trosses hier der Bau von Flössen
begonnen wurde, schwamm ich — so erzählte San tacr uz — mit dreissig
Mann Vorhut an das entgegengesetzte Ufer, wo bald am Boden Spuren
sich darboten; diese wiesen nach einem grossen Dorfe. In der nächsten
Nähe desselben zeigte sich der gesuchte Landsmann als ganz nackter,
rothbraun gefärbter Mensch — das Kaukraut Hayo im Munde, Bogen,
Pfeile und Spiess in der Hand, einen Sack mit Kauthon an der Seite.
Der scheinbare Wilde eilte auf mich zu; wir erkannten einander als alte
Genossen; es war Francisco Martin, einer von den Leuten, welche
uns vor mehr als anderthalb Jahren in Pauxoto unter Vascuna's Führung
verlassen hatten. Der Halbwilde führte uns nach der Ansiedlung der
Pemener, die verlassen war; er kannte jedoch die Schlupfwinkel seiner
Genossen und rief sie zurück ; sie gingen völlig nackt und schienen dieselbe
Sprache wie die Buburer zu sprechen. Ihr Ort hiess, wenn ich richtig
gehört, gleich unserer Stadt Maracaibo und stand unter dem Häuptlinge,
welcher Francisco vor etwa Jahresfrist tauschweise erhandelt hatte.
So konnten wir endlich unter friedfertigen Menschen Rast halten. Wenn
unsere Leiden mit denen Francisco 's verglichen wurden , so schienen
sie beinahe gering zu sein, denn der wieder mit Kleidung versehene Mann
erzählte Grausiges von dem Zuge Vascuna's. Man hätte, so berichtete
er, gleich nachdem Kasimir von Nürnberg zurückgeritten, die Gold-
last unter einander so vertheilt, dass zehn bis zwölf Pfund auf den Vor-
rathssack des Einzelnen gekommen sei. Bald habe man das Gebirgsland
der Dupeyer betreten, habe jenseits der Wasserscheide einen grossen Strom
gefunden, zwei Flösse gebaut und die Fahrt abwärts versucht bis zum
Verlust der Fahrzeuge auf einer Sandbank. Hier habe zuerst die Mannes-
zucht sich gelockert ; Drei hätten von da aus eigenmächtig ihren Weg ein-
88 Geschichte der Welser-ZUge in Amerika.
geschlagen und durch die Wilden ihren Tod gefunden. Vascuna und
sein Gefolge wären schwächer und schwächer geworden, Hundefleisch und
Palmenfrucht bald die einzigen Nahrungsmittel gewesen; dabei schmerzten
die Füsse immer stärker und machten das Gehen immer beschwerlicher;
das geliebte Gold wurde vergraben; der Hunger stieg zur Verzweiflung,
die Verzweiflung zum Wahnsinn. In dieser furchtbaren Noth sollen
sich einige Leute, die sich ebenfalls vom Hauptzuge getrennt hatten, eine
Lastträgerin geschlachtet haben, ihr Fleisch zu verzehren. Vascuiia
selber ward schliesslich zum Weiterraarsch unfähig und blieb mit zwei
Landsleuten und einem Indianerburschen zurück ; auch dieser junge Wilde
soll dann von den Zurückgelassenen geschlachtet worden sein. Als die
übrige elende Schar, die hinfort Portillo befehligte, die Stelle am
Flusse, wo die drei ersten Abtrünnigen den Tod gefunden hatten, erreicht
hatte, kamen achtzehn Indianerfahrzeuge heran; die Insassen benahmen
sich freundlich, reichten Speise und sogar Waffen, als seien sie Stammes-
genossen; sie Hessen bei der Abfahrt aber sieben der Ihrigen zurück.
Als nun am Abend des nächsten Tages die Fahrzeuge nicht wieder er-
schienen, fürchteten einige von Portillo 's Leuten Verrath und Massen-
überfall und drängten auf Wegzug von dem Flussufer unter Mitnahme der
bei ihnen gebliebenen Sieben, welche erzählt hatten, dass der ersehnte See
von Venezuela gar nicht mehr fern sei. Portillo gab diesem Drängen
nach, da er die Freundschaftsbezeigungen der Wilden nicht richtig ge-
deutet hatte. Bei der Ausführung dieses Gewaltstreiches entkamen aber
sechs der Indianer, und der Eine, der sich ergreifen Hess, wurde getödtet
und diente als Speise. Dies geschah auf einer Berghöhe; auf dieser blieb
der Erzähler, Francisco Martin, zunächst ganz allein zurück, schleppte
sich dann aber wieder zum Fluss hinab, und traf dort nach einigen Tagen
Vascuna und den einen seiner Begleiter; er wurde von ihnen angeblich
sofort wieder allein gelassen. „Meine Seele Unserer lieben Frau em-
pfehlend," so erzählte der Unselige weiter, „fuhr ich auf einem Baum-
stamme den Strom hinab und kam gegen Sonnenuntergang zu einem alten
Feldbau der Eingeborenen. Als ich Rauch und Dächer sah, arbeitete ich
mich ans Land und schleppte mich weiter. Da erblickten mich die Be-
Avohner, eilten mir entgegen und trugen mich auf ihren Armen nach zwei
neuen Hütten, wo sie ihre Frauen und Kinder hatten ; da legten sie mich
in eine Hängematte, gaben mir Essen und was sie sonst hatten, und be-
handelten mich gut. Ich blieb drei Monate da und genas. Dann kamen
mehrere Einbäume von dem See herauf, um Salz zu vertauschen; die
Leute sahen, dass ich aus der Stadt der Christen sei; ich verstand sie
Francisco Martin 's Abenteuer. 89
kaum, machte ihnen aber deutlich, dass ich sie gern in ihr Land begleiten
und den Fluss bis zum See mit ihnen hinabfahren möchte; sie waren
damit zufrieden; es waren Wilde vom Queriqueri- Stamme. Nun ergriff
ich, weil ich mich vor meinen bisherigen Wirthen fürchtete, um Mitter-
nacht die Flucht und verbarg mich an einem stromabwärts belegenen.
Orte, um auf die heimwärts fahrenden Böte der Queriquerier zu warten.
Von meinem Versteck aus sah ich am nächsten Morgen, wie meine Wirthe,
die mich vermissten, nach mir suchten; die anderen Indianer bestiegen,
nachdem ihr Salz entladen war, ihre Fahrzeuge und nahmen mich, als
sie an mir vorbeifuhren, in eines derselben auf. In vier Tagen kamen
wir nach einem Queriquerier -Orte, welcher über dem Wasser in einigen,
von jenem Fluss gebildeten Seen auf Pfählen gebaut war. Dort blieben
wir so lange, bis andere Indianer aus dem Innern dorthin kamen. In
drei bis vier Wochen zeigten sich Pemener, welche Salz gegen Mais ein-
tauschen wollten. Als diese mich sahen, kauften sie mich für einen
goldenen Adler, der etwa 15 bis 20 Pesos werth sein mochte. Der Pemene,
der mich von den Queriqueriern erstand, brachte mich in sein Boot und
führte mich hierher, wo ich jetzt fast ein Jahr lang unter seinem Volke
mich aufhalte."
So Francisco; derselbe erzählte dann noch von seinem Leben
unter den neuen Gastfreunden, von seiner mehrfachen Bedrohung mit dem
Tode, von seiner Ausbildung zum Boratio und seinem Verkehr mit dem
Teufel, und von seiner Verheirathung mit einer der Schönen des Ortes.
Die Pemener erfüllten nun nicht bloss den Wunsch des fremden
Mannes, seinen Landsleuten zu folgen; sie gaben diesen auch nach vier-
tägigem Aufenthalt Führer zur Weiterreise und Hängematten für den
Krankentransport. Sanmartin sagte am 31. Juli 1533 dem Maracaibo
der Pemener Lebewohl. Auf der Weiterreise fand man, dank der Freund-
schaft der Pemener, fast immer gute Aufnahme, ja die Christen erhielten
sogar mehrfach wieder Goldsachen als Geschenke. Der Weg führte über
Roromoni, Aypiare, Uriri, Araburuco, Mahaboro, Carerehota, Ayamoboto
nach Huahuovano, wo man nach einem Marsche von zwei Wochen ankam
und vier Tage rastete. Am 18. August ging es über Guarurume und
Huracara nach Aracay, einem schon früher genannten Orte. In Horoco
hiess es dann, dass vier Leguas weiter, in Mapaure, dem bereits bekannten
Uferorte des Axuduara-Landes , Christen seien , welche dort Maisfrucht
schnitten und Maisbrot bereiteten. Die Nachricht bestätigte sich. Am
29. August 1533 trafen Dalfinger's Genossen dort vierzig Lands-
leute 5 sie sahen sich also aus allen Gefahren gerettet, etwa ein Jahr nach
90 Geschichte der Welser- Züge iu Amerika.
dem langen, aber doch noch hoffnungsvollen Warten in Ijaran und Zoraico.
Saninartin schrieb von Mapaure aus sofort an Francisco Vanegas,
Dal finge r's Vertreter in Maracaibo, der inzwischen vergebliche Ver-
suche gemacht hatte, V a s c u n a 's Fährte und den Ort, wo das Gold ver-
graben worden, aufzufinden. In seiner Bergantine kam Vanegas selbst,
um Genaueres über die Schicksale der Expedition zu erfahren und be-
hilflich zu sein , die letzten , der Heimkehr noch entgegenstehenden
Schwierigkeiten zu beseitigen, zugleich auch, um für den Schutz der Mais-
felder von Mapaure, der unentbehrlichen Vorrathskammer Maracaibo's,
eine Besatzung zu erlangen. Froh, gerettet zu sein, willigten einige Reiter
und Fussknechte, an ihrer Spitze Alonso Martin, ein, an Ort und
Stelle auszuharren, 48 Mann, meist Kranke, sollten dort ebenfalls zunächst
noch bleiben, und zwar unter San m artin, um zu Wasser nach JNIaracaibo
gebracht zu werden. Santa er uz brach alsbald am 1, September mit
50 Mann zu Fuss und zu Pferde auf, und hatte das Gold — . seit Juli 1531
waren 2500 Pesos erlangt — am Seeufer weiter nach der Enge von
Maracaibo zu schaffen, wo die Ankunft durch Rauchsäulen angezeigt
werden sollte. Zwanzig Tage später folgten Sanm artin und Vanegas
mit ihren Leuten zu Schiff. Bald nach ihrer Ankunft in Maracaibo wurden
die jenseits der Insel Tara auf der anderen Seite des grossen Seeausflusses
aufsteigenden verabredeten Rauchsäulen gemeldet, so dass Sanm artin
bereits am 4. Oktober Maracaibo wieder verliess. Er vereinigte sich mit
den Uebrigen unter der Führung vonSantacruz und brachte schliesslich
am 2. November 1533 etwa hundert Mann nach Santana de Coro zurück.
Da gab es weder Eintracht noch Ruhe. Die Gegner von Santillana,
dem Vertreter Dalfinge r's, behaupteten, die Stellvertretung sei mit dem
Tode des Vollmachtgebers erloschen, und entsetzten jenen seines Amtes
unter den schlimmsten Unordnungen und Gewaltthaten , so dass Alles
zu zerfallen drohte; Santillana war sogar gefangen genommen. San-
m a r t i n stiftete etwas Ordnung und begab sich dann nach Santo Domingo,
um Bericht zu erstatten bei der dortigen Regierung, welche gerade Alonso
deFuenmayor als Präsident übernahm. Ihm folgten als Wortführer
der Stadt Santana de Coro Luis Gonzales de Leiva und Alonso
de laLlana, welche die Erlebnisse der mehr als zweijährigen Welser-
Fahrt nach abgehaltenen Verhören, Aufzeichnungen des Notaren und
sonstigen Ermittlungen in umfangreichen, mit einer Karte vom Vene-
zuelanischen Golfe versehenen Papieren zusammengestellt hatten; der Er-
zählung der Thatsachen war eine Anzahl verschiedenartiger Reform-
vorschläge beigefügt; sie betrafen die Noth wendigkeit, das noch ganz un-
Verwirrungen in der Welser-Kolonie nach Dalfinger's Tode. 91
reife Rechtswesen der Kolonie zu verbessern, was Dalfinger schon in
Zomico mit Esteban Martin beredet hatte, eine stärkere Vertretung
der königlichen Interessen gegenüber den kaufmännischen, ein Verbot,
dass jemals ein Deutscher in Person die Statthalterschaft bekleiden dürfe,
und Aehnliches. Der letztere Vorschlag stand zwar mit dem Lehnbriefe
nicht in Uebereinstimmung, entsprach aber dem bereits zur Blüthe gelangten
Hass gegen alles mit den Deutschen Zusammenhängende, sowie auch dem
Gerede, Dalfinger habe viel von der Beute seiner ersten Jahre wider-
rechtlich sich angeeignet.
Llana ging alsbald mit dem Aktenmaterial von Santo Domingo
nach Spanien weiter , um es dem Indienrathe vorzulegen ; zugleich über-
brachte er den kurzen Antrag von Fuenmayor, dass das Bisthum Coro,
welches schon vor zwei Jahren vom päpstlichen Stuhle begründet und
mit dem Dechanten des Santo Domingoer Domkapitels, Rodrigo de
Basti das, einem Sohn des Entdeckers, besetzt worden war, endlich zu
wirklicher Existenz gebracht werde; der Bischof müsse sich persönlich
nach seinem Sitze begeben und sei dann zugleich mit Vollmachten für
die Landpflegerschaften in der Gubernation auszustatten. Gerade zwei
Jahre nach seiner Ernennung zum Bischof, im Juni 1534, erschien Rodrigo
de Bastidas, der bisher nur auf der Insel Puerto Rico sich aufgehalten
hatte, in Santana de Coro und ernannte dort zum Verwalter der ihm als
Geistlichem verbotenen Strafjustiz, da San m artin meist inHispaniola sich
aufhielt, Christöbal de Sanabria, einen seiner Verwandten, welcher
in Folge eines Schiffbruches dahin verschlagen war. Santillana wurde
nun endlich freigelassen; er eilte nach Santo Domingo, um dort seiner-
seits Klagen vorzubringen. Sanabria ging auch bald dorthin zurück
und zwar in Begleitung von Bischof Bastidas, welcher vor seiner Ab-
reise den königlichen Schatzmeister Alonso Vasquez de Acuna zum
Verweser der hartgeprüften Landeshauptmannschaft machte.
VIII.
Als in Spanien Anfang 1534 das trotz ungeheuerster Anstrengungen
erfolglose Ende der Dalfinge r 'sehen Südseefahrt verlautete, verlor das
Indien der Wels er für die Massen viel vom früheren Glänze, und nur bei
Wenigen liess Ehrgeiz und Selbstvertrauen, Abenteuerlust und Ausdauer
nicht Muth und Hoffnungen schwinden. Unter den Massen kannte man
92 Geschichte der Welser-ZUge in Amerika.
freilich nur das, was man Venezuela nannte, und auch hierüber waren die
Ansichten ungenau und entstellt. Auf dieser „Insel" Venezuela, die etwa
500 Meilen umfassen sollte, aber noch immer nicht eigentlich durchforscht
sei, lebten nach dieser Ansicht Menschen meist schwachen Leibes, aber
nicht bloss mit Bogen und Lanzen, sondern auch mit Steinschleudern und
Klobenstecken ausgerüstet; sie trügen um Hals und Arme edele Steine,
Papageienfedern um die Lenden; die Wohnungen lägen meist im Gebirge
und in Höhlen, wenn auch gemeiniglich das Thürgestell mit Gold über-
zogen und das Wassergefäss aus lauterem Golde hergestellt sei; Sterne,
Sonne und Mond würden angebetet, auch wohl Schlangen und Gewürm,
und vom bösen Geiste gäben allerlei abgöttische Bildnisse Zeugniss, welche
übrigens auch meist von lauterem Golde seien. Man erhoffe zwar dort
mit der Zeit Goldes und Edelgesteins die Menge zu erlangen, allein bis
jetzt seien auf der Suche danach Viele elendiglich umgekommen, darunter
mancher Deutsche. In dem nicht gesunden Lande würden die armen
Leute erwürgt und übervortheilt ; Jedermann, der in die Dienste der
Wels er trete, habe zehn Jahre jenseits des Wassers zu bleiben; wer
lebenslang dort ausharre, müsse zuletzt in Geschwür verschmachten.
Rieth auch ein Mann, wie Lazarus Nürnberger, der Gastwirth in
Sevilla, zur Fahrt, so war doch am Sitz des Indienhandels Mancher, der
geradezu warnte : im Lande der W e 1 s e r müsse man von diesen Alles, was
von Nöthen sei, zu zwanzigfachen Preisen kaufen. In Cadix rieth von
der Reise sogar ein Augsburger ab, der erfahrene Matthias Mayer
(Hans Mayr?), der in beiden Indien, in Calicut und Santo Domingo
gewesen war.
Doch die verlockenden, oft wunderbaren Erzählungen, welche von
anderen Ländern des neuentdeckten Welttheils nach Europa drangen,
kamen auch dem Welserlande zu Gute. Nach der gewöhnlichen Ansicht
lag die Insel Venezuela etwa 200 Meilen von der silberreichen und gesunden
Insel des Rio de la Plata, wo viel Greifenvögel sein sollten, und ungefähr
500 Meilen von der goldreichen, fruchtbaren und gutländigen Insel Peru
entfernt. Was man Anfang 1534 über jenes straussenreiche Land des
Silberstromes Gutes sprach, war freilich wenig mehr, als Wunsch und
Hoffnung; denn seitdem Sebastian Gabotto vor dritthalb Jahren als
armer geschlagener Mann von seiner Entdeckerfahrt zurückgekehrt war,
hatte man nichts Neues erfahren; allein mit ausserordentlicher Zähigkeit
hielt der Glaube daran fest, dass der Silberstrom seinen Namen mit Fug
und Recht trage, wie denn auch bereits von der Ausrüstung einer neuen,
dahin bestimmten, grossen Schiffsexpedition geredet wurde. Noch heller
Nikolaus Federmann und Georg Hohermuth. 93
klang damals der Name Peru. Von da waren im Januar 1534 die kost-
barsten Schätze gekommen, welche nicht bloss das bestätigten, was
Francisco Pizarro früher vorausgesagt hatte, sondern, selbst Mexiko 's
Herrlichkeiten übertreffend, den Einblick in ein reiches, altes Kulturland
eröffneten, dessen Herrscher sich für Söhne der Sonne ausgeben und
Incas heissen sollten. Dazu kam noch eine andere Nachricht: jener
Diego Ordaz, der Statthalter des dem Welserlande im Osten benach-
barten Gebietes, der auf der Rückfahrt nach Spanien verdächtigen Tod
erlitten hatte, war 1532 den Orinoco-Strom etliche hundert Leguas weit
hinaufgefahren und hatte dort Kunde erhalten von einem goldreichen,
fruchtbaren, wohlbevölkerten Berglande, welches seltsamer Weise Meta
benannt wurde, wie ehedem das Ziel der Wettfahrer in der Arena. War
nicht auch noch für das inmitten dieser Wunderländer liegende Welser-
gebiet Grosses zu erwarten?
Gegenüber solchen guten Nachrichten aus den Nachbarländern galt
das Gemurre des gemeinen Mannes ebenso wenig, wie das Unglück eines
Einzelnen. Besonders empfänglich für alle solche gute Nachricht waren
Bartolmä und Anton Welser, die erst kürzlich durch Verleihung der
deutschen Adelsvorrechte ausgezeichnet waren; sie wurden noch angespornt
durch Leute, wie Feder mann und Rentz, welche seit Mitte 1532 in
Augsburg weilten, nachdem in Sevilla „Goldsachen und Perlen, so von
allerlei Personen und auch kaiserlicher Majestät gehörend im Schiffe waren,
an 70 000 Dukaten werth", glücklich abgeliefert waren. Irgendwo musste
doch das von einem Meer zum anderen reichende Land der Welser auf
grosse Reichthümer stossen!
Feder mann setzte seinen ganzen Ehrgeiz darein, den bisherigen
Spuren Aveiter zu folgen und die Zukunftspläne seines Handelshauses zu
verwirklichen. Er Avar es denn auch, der alsbald zum Statthalter ernannt
wurde. So begab er sich Mitte 1534 von Augsburg nach Sevilla, um die
Bestätigung der Krone nachzusuchen. Von dort ging er sofort zum
Hafen, damit die Abreise so schnell wie möglich ins Werk gesetzt
werde.
Plötzlich erfolgte Zurückberufung. Jener Wortführer von Santana
de Coro, Alonso de la Llana, war nämlich mit der grossen Anklage-
schrift in Sevilla angekommen und hatte Alles in Bewegung gesetzt, um die Er-
nennung des wenig beliebten Mannes rückgängig zu machen. Statt Feder-
mann's wurde nun nach längeren Verhandlungen zum Landeshauptmann
der Welser GeorgHohermuth aus Memmingen erkoren, genannt Georg
der Spei r er: ein energischer Mann, gegen den Nichts einzuwenden war.
94 Geschichte der Weiser-Züge in Amerika.
da der Wunsch, dass die W^ e 1 s e r keinem Deutschen das oberste Landes-
amt verleihen möchten, unbeachtet bleiben musste.
Etwa zur selbigen Zeit, als Bischof Basti das seinen bischöflichen
Sprengel schon wieder verliess, war die Ausrüstung der neuen Weiserischen
Expedition vollendet. Am 16. Oktober 1534 wallfahrteten die 600 Mann,
welche Hoherrauth anführen sollte, nach dem Barfüssler-Kloster von
San Lucar de Barrameda, um dort die Messe zu hören und sich einsegnen
zu lassen. Der Zug enthielt drei Fähnlein. Diese beschreibt Einer der
Weiserischen, Hieronymus Köler aus Nürnberg: „Das erste Fähn-
lein war gelb-weiss und rosenfarben mit einem burgundischen grossen
Andreaskreuz und Feuereisen, zu gedenken, dass dieses Fürnehmen mit
Vergunst und Willen kaiserlicher Majestät geschah; das andere war rotli
und weiss getheilt, zu gedenken, dass diese Rüstung im Dienst der Herren
Bartolmä und Anton, Gebrüder Welser zu Augsburg geschah;
das dritte war weiss und blau, zu gedenken, dass wir auf unseren Guber-
nator und unsere Hauptleute Fleiss und Achtung haben sollten". Der Zug
zerfiel in 55 Glieder. Ausser den gewöhnlichen, meist mit Armbrust und
Büchse, zum Theil aber auch nur mit kurzen Lanzen und Rapieren be-
waffneten Fussknechten zeigten sich da die Partisaniere und die Haken-
schützen unter ihrem Connetabel; ferner 36 Reiter, alle auf leichten Pferden,
darunter er selbst, der Gubernator, mit seinem Majordomus Andreas
Gundelfinger aus Nürnberg und seinem Zahlmeister Franz Leb-
zelter aus Ulm, ferner Federmann, welcher wegen der von ihm dar-
gebrachten Opfer und der ihm gewordenen Enttäuschung unter den Haupt-
leuten der erste sein sollte. Dann kamen die übrigen Hauptleute:
Gutierrez und Alonso de la Pena, Sancho de Murga und
Andere, ausserdem Hans Vöhlin aus Augsburg, ein Verwandter der
Wels er, und Philipp von Hütten, ein Edelmann aus Birkenfeld.
Hierauf über achtzehn Musiker, zwölf Mönche, theils vom Prediger- und
theils vom Barfüsser-Orden, sechs Priester, ferner die Wärter für die
Wind- und die Blut-Hunde — grosse Thiere meist englischer Rasse —
Handwerker, namentlich Zimmerer für Hausbau, Bergleute, ein Diamant-
schneider, ein Buchdrucker u. s. w.
Die Abfahrt erfolgte am 19. Oktober 1534 in zwei „gearnirten
GallionschifFen**. Auf dem einen Fahrzeuge, der Santa Trinidad, welche
dem in San Lucar ansässigen Flamländer Peter Marcus gehörte, waren
Federmann, Sancho de Murga und Hans Vöhlin die Haupt-
personen; dieses Schiff musste dreimal wegen schwerer Wetter umkehren,
fuhr dann aber direkt nach Hispaniola, wo den gut gedeihenden Gestüten
Georg Hohermuth's Ueberfahrt nach Amerika. 95
200 Pferde entnommen werden sollten, um Rodelliere beritten zu machen.
Hohermuth's Schiff — Nuestra Senora de Guadalupe — auf dem auch
Gundelfinger, Lebzelter, Hütten, ein Meister Lucas Balbiro
aus Augsburg und Andere sich befanden, musste der Stürme wegen sogar
viermal zurückfahren, und sichtete erst am 18. Dezember die Kanarischen
Inseln, wo man etwa acht Tage blieb. Dort verhandelte Hohermuth
mit dem königlichen Gubernator, dem den W e 1 s e r n schon aus früheren
Geschäften bekannten Pedro Fernandez de Lugo, welcher auf die
Bolehnung mit der von Garcia de Lerma bereits verlorenen Provinz
Santa Marta hoffte; dort feierte er auch ohne besondere Sorgen das
Christfest und ergänzte seine Mannschaft, die wegen des häufigen Um-
kehrens sich sehr gelichtet hatte, durch hundert frische Leute, Kanarier,
welche für die neuen Länder offenbar geeigneter waren, als Andalusier
oder Deutsche.
Das neue Jahr begann, und die Meerfahrt war glücklich. Am
25. Januar 1535 landete Hohermuth in San German auf Puerto Rico;
am 6. Februar war auch Coro erreicht. „So heisst die drei Meilen vom
Meere belegene Stadt, in der die Christen sich halten. Da kamen den
siebenten Tag Oberste und Justitien mitsammt dem gemeinen Volke dem
Gubernator entgegen, und ward er so mit grossen Freuden empfangen;
am selbigen Tage ist ihm von allem Volke geschworen."
Mit dem Speirer betraten damals das Welserland manche Männer
von Namen: soLopeMontalvo de Lugo aus Salamanca, Damian
delBarrio, Alonso Pacheco, Francisco Infante und Francisco
Madrid; als Landpfleger begrüsste sie Vasquez de Acuna, der den
Bischof R 0 d r i g 0 vertrat, von dessen Bisthum noch immer Nichts zu
sehen war ; der kleinen Pfarrkirche stand Vicente de Requejada vor,
der Dalfinger's Expedition mitgemacht hatte. In Coro erschien gleich
darauf auch Federmann mit den Pferden, freilich nicht mit so vielen,
als erwartet war. Er brachte von Santo Domingo, wo Hans Vöhlin in
der Weiserischen Faktorei zurückgeblieben war, eine Nachricht von
grosser Wichtigkeit mit. Dort wusste man nämlich, dass der zeitweilige
Nachfolger des in der Gefangenschaft verstorbenen Lerma, Rodrigo
Infante, Rath der königlichen Regierung von Hispaniola, den Welsern
nicht bloss das für den Weg zum Magdalena-Strome unentbehrliche
Eupari-Thal, sondern auch das perlenverheissende Land des Segel- Vor-
gebirges absprechen und entreissen wollte. Hohermuth gedachte der
ehrgeizigen Hoffnungen jenes Gubernators der Kanarischen Inseln, des
Pedro Fernandez de Lugo, der wirklich gerade damals mit der
96 Geschichte der Welser-Ziige in Amerika.
Provinz Santa Marta belehnt wurde und besehloss, Feder mann mögliehst
bald nach dem gefährdeten Grenzlande zu schicken, das sehr wohl eine
eigene Provinz des Weiserischen Indiens unter Federmann 's Landes-
hauptmannschaft werden konnte. Für die Besitzergreifung jenes Vor-
gebirges glaubte Hohermuth, der sein Volk beisammen halten wollte,
nicht genügend Menschen zu besitzen; es sollte desshalb zunächst nur eine
kleinere Abtheilung unter Antonio Chaves sich dahin begeben und
diesem Federmann folgen, sobald er mit Hilfe der Santo Domingoer
Faktorei frische Mannschaften angeworben habe. Chaves rückte denn
auch alsbald nach dem bisher noch immer ohne Aufschwung gebliebenen
Maracaibo; er fand am Ufer des klein-venetianischen Sees den noch in
Axuduara mit CO Mann hausenden Alonso Martin, welcher mit den
Bergantinen und dem grossen Kanoe bereit war, Chaves weiter zu
schaffen; der besseren Verpflegung halber wurde dann die Expedition in
drei Scharen getheilt, welche auf verschiedenen Wegen nach dem Segel-
Vorgebirge vorrücken sollten. Einer dieser Trupps, der vom Hauptmann
Jose Murcia, ging den Macomiti-Fluss aufwärts und traf wirklich un-
erwarteter Weise auf Leute von Santa Marta, die Juan de Rivera
anführte. Diesen hatte jener Rodrigo Infante in der Richtung der
Ramada abgesendet, angeblich nur um Lebensmittel zu suchen; Rivera
hatte die Grenze mählich überschritten und war, ohne das Recht der W e 1 s e r
zu achten, längst tief in das Gebiet der venezuelanischen Gewässer ein-
gedrungen. Chaves konnte noch alle seine Leute an sich ziehen und
befand sich daher glücklicher Weise so sehr in der Uebermacht, dass ein
Kampf erspart wurde ; er nahm die Gegner gefangen und errichtete dann
am Macomiti-Flusse eine Krankenstation. Nachdem es dann noch mit den
gefürchteten Cocinaern ein heftiges Zusammentreffen, bei dem sogar
mehrere Christen in die Hände der Wilden fielen, gegeben hatte, ward
endlich jenes vielbesprochene Vorgebirge gefunden. Da aber noch Alles
ödeste Wildniss war und vier Wracks nebst noch frischen Leichnamen die
Gefahren der Küstenfahrt verkündeten, sollte eine Ansiedlung begründet
werden, sobald Federmann auch eingetroffen war.
Das dauerte noch einige Zeit. Federmann war — kurz nach
Chaves — von Coro mit dem Schiffe von Peter Marcus voll schwerer
Ladung nach Santo Domingo abgefahren. Die Miethgelder für dieses
Fahrzeug hatten nämlich nur zum Theil baare Bezahlung gefunden, zum
Theil waren sie in Sklaven zu entrichten, in Cariben, welche auf den
Inseln verkauft werden sollten ; um sie zu beschaffen, war daher gegen
die Jiraharaer gezogen , deren möglichst schnelle Ausrottung als ein
Aufbruch Hohermuth's zu einer neuen Expedition. 97
dringendes Bedürfniss der europäischen Ansiedlung erschien, und hatte
man so viele Menschen ergriffen, wie die Santa Trinidad tragen konnte.
Während Federmann mit ihr die Rückfahrt nach Santo Domingo
antrat, sollten die zu diesem Indianerfang in das Gebirge Gesendeten —
etwa 200 Mann zu Fuss — in direktem Anschluss an diesen Beutezug,
ohne Coro wieder zu berühren, eine grössere Expedition nach Süden
unternehmen. Der Plan dieser neuen Entdeckungsfahrten war in Coro
nach und nach festgestellt worden, und zwar nicht allein von Hohermutli,
Federmann und ihren frischangekommenen Genossen, sondern auch von
den bereits erfahrenen Männern, wie Martin de Artiaga, Esteban
Martin, Fernando de Alcocer und Juan de la Puente.
Zum Ausgangspunkt der neuen Unternehmung war die Gegend von
Hitivana ersehen, 'wo Federmann vor etwa fünf Jahren einen Ausblick
auf die Südsee gehabt zu haben glaubte; damals war dieser von Coro
in 4^/2 Monaten dahin gekommen, jetzt durfte man wohl hoffen, in kürzerer
Zeit das Ziel zu erreichen. Als erste Wegstation war die Bariquicimeto-
Gegend auserkoren. Dahin suchten denn auch zunächst jene Fussknechte,
welche Andreas Gundelfinger, unterstützt von Juan de Cardenas
und Martin Gonzalez, anführte, durch das für Pferde unbrauchbare
Cariben-Gebirge durchzudringen; dies Fussvolk hatte aber trotz seiner
erheblichen Zahl in dem wilden Gebiete und namentlich im Lande der
Waffengift anwendenden Cuibaer schweren Stand; es war schon gerade
daran, trotz des gegentheiligen Befehls, nach Coro zurückzukehren, als
Hohermuth auf dem Schauplatze erschien.
Dieser war bereits zwei Monate unterwegs. Um das Fussvolk in
der Bariquicimeto-Gegend rechtzeitig zu treffen, war er schon am 13. Mai 1535
mit etwa hundert Mann und achtzig Pferden von Coro aufgebrochen, wo
er Juan de Villegas, der schon die Dalfinger 'sehe Zeit mit durch-
gemacht hatte, als seinen Vertreter zurückliess. Die Absicht war dahin
gegangen, den im März 1531 von Federmann eingeschlagenen Weg zu
benutzen; desshalb hatte man die Küste nach Osten hin zu verfolgen
gesucht; gar bald war aber am Meeresstrande selbst kein Durchkommen
mehr; Francisco de Santacruz musste mit vier Pferden nach Coro
wieder zurückreiten. Schliesslich gelang es Francisco de Velasco
über das Gebirge der Atycarer noch einen für Pferde brauchbaren, eine
Viertel Meile langen Uebergang zu finden. Ueber ihn gelangte man
unter grossen Schwierigkeiten, durch Wasser und Koth nach dem Tocuyo-
Strom, der am 20. Mai überschritten wurde. Von da sollte der Zug an
den Yaracui gehen; jedoch liess sich die Wegsuche sehr schwierig an, so-
Festschvift der Hamburgischen Amerika-Feier II. 7
98 Geschichte der Weiser-Züge in Amerika.
dass der grössere Theil der Expedition zunächst an jenem Flusse liegen
blieb. In kleinen Trupps zog man alsdann weiter, Holiermuth selbst,
Montalvo und Martin, bis man in eine Gregend kam, in welcher eine
bisher nicht gehörte Sprache herrschte und den Zaquitiern feindliche,
starke, wehrhafte Leute hauseten; sie wurden auch von den Europäern
als Feinde betrachtet und übel behandelt. Dann ging es über Cocorote
hinab in das Gebiet des Yaracui-Flusses und in das von Fe der mann als
ein beglückendes Frauen thal geschilderte Vararida, dessen erste erreichte
Ortschaft Oytaba hiess. Auch jetzt nichts als Kampf.
Am 2. Juli kam die Expedition, bei der sich inzwischen Santa-
cruz mit seiner Schar wieder eingefunden hatte, nach dem Orte Guaba.
„Als wir herangezogen," so erzählt Einer der Weiserischen, „verliessen
die Eingeborenen ihre Wohnungen und flohen davon; da liess der Guber-
nator durch die Dolmetscher mit ihnen reden, dass sie unsere Freunde
werden sollten: wir begehrten nichts zu thun, denn unseren Weg zu
gehen. Sie kamen mit ihrem Obersten, brachten uns den anderen Tag
unseren Plunder bis zum nächsten Orte, in welchem wir keinen Indier
antrafen, dann wieder anderen Tages nach zwei Ortschaften, in denen bis
zwanzig Indier gefangen wurden , darunter zwei Weiber ; die liess der
Gubernator ledfg, die Uebrigen zu rufen. Er wollte die Gefangenen wieder-
geben und Friede mit ihnen machen. Den anderen Tag kam der Führ-
nehmste desselbigen Thaies — Guatimayagua war sein Name — ; er
brachte einen anderen Häuptling mit sich und viele Indier und schenkte
zwei güldene Adler. Wir nahmen die Wilden auf als kaiserlicher Majestät
Unterthanen und unsere Freunde, gaben ihnen auch die Gefangenen zurück ;
aber wir lagen da schier weder in Frieden, noch in Unfrieden; denn der
Friede war kein rechter und gefestigter. Wurde ein Hauptmann mit
sechzig Christen in einen anderen Flecken geschickt, mit dem wir nicht
Frieden hatten, um Leute für unseren Trossdienst zu holen; er kam den
nächsten Tag wieder, brachte bis hundert Stück, die wurden unter die
Christen ausgetheilt. Am 13. Juli wollten wir weiter gehen ; da weigert
sich der Kazike, uns Indier zu geben, welche unseren Plunder tragen
könnten. Weil nun der Gubernator auch sonst merkte, dass der Wilde
mit Büberei umgehe, führte er ihn und zwei andere Häuptlinge an der
Kette mit sich, auch alle Anderen, so wir ergreifen konnten ; eine Tage-
reise weiter liess er die drei Häuptlinge und Viele, die uns Christen nicht
zu dienen und dem Lager nicht zu folgen vermochten, wieder ledig; sie
verhiessen uns, wenn wir wieder durch ihr Land zögen, in Frieden auf-
zunehmen und mit Proviant zu versehen. Lagen in derselben Nacht in
Hohermuth im Bariquicimeto-Lande. 99
einem Orte am Flusse Bariquicimeto, nach welchem dieselbe Gegend be-
nannt wird. Hier fanden wir keine Wilden; denn unser Volk, das über
das Gebirge der Jii-aharaer gezogen war, hatte dies Land verderbt. Am
16. trafen wir unsere Leute auf dem Wege, auf dem sie gerade zurück-
wichen, da sie von den Indiern zwei Mal so tapfer angegriffen worden,
dass sie ihnen ohne Pferde nicht mehr gewachsen waren ; sie mussten ihre
Verwundeten in Hängematten tragen. Wir lagen nun dieselbe Nacht bei
einander imFeld." Die letzte ihrer Niederlagen hatten Gundelf inger 's
Leute in Baraure erlitten; dieser Ort, dessen Insassen in Waffen zum
Kampfe bereit standen, wurde am anderen Tage gemeinsam überzogen.
Tapfer stellten sich die Cuibaer zur Wehr, hatten auch keine Furcht vor
den Pferden und verwundeten Viele. Die Wilden wurden natürlich be-
siegt. Wieder begann eine Schreckensherrschaft: als einer der Expeditions-
genossen, Oryon, der auf der Hirschjagd sich verirrt hatte, von den
Wilden bei Nacht getödtet war, wurden Diejenigen, bei denen man das
Rapier des Todten entdeckte, vor den Augen der anderen Stammesgenossen
von den Hunden zerrissen.
Bevor Hohermuth Bariquicimeto verliess, hielt er dort Musterung
über sein versammeltes Volk; er zählte 301 Männer und 80 Pferde. Am
20. Juli begann alsdann der Auszug nach der nächsten, bereits vomFeder-
mann' sehen Zuge her bekannten Wegstation Hacarigua. An diesem höher
gelegenen Orte, von dem aus Esteban Martin, Andreas Gundel-
finger und Juan de Cardenas Züge ins Land behufs Indianersuche
unternahmen, machte man Quartier, um die Regenzeit abzuwarten. „Es
wurde Winterszeit und böses Wetter; da das Volk in solchem Lande und
in dieser Noth, Mühe und Armuth nicht erfahren war, Hess der Guber-
nator in Hacarigua als seinen Statthalter Francisco de Velasco
zurück, der sollte als Nachhut bleiben, bis er Botschaft empfange. Er
selber zog mit den Besten und Gesündesten, im Ganzen hundert Mann
und dreissig Pferden, am 18. August aus und zwar nach den höher ge-
legenen Gebieten, da das Tiefland mehr und mehr von Wasser bedeckt
wurde. Er kam durch verschiedene Ortschaften der Cuyoner, darunter
auch nach dem von Federmann her bekannten Cazaradidi; alle Anbaue
standen leer; die wenigen Wilden, die man fing, erzählten von grossem
Reichthum, was aber alles erlogen war; auch Santacruz brachte von
einer Rekognoscirung keine weitere Auskunft zurück, lediglich eine kleine
Anzahl von Wilden. Mehrere grosse Flüsse wurden, trotz des Himmels-
wassers, überschritten, so der Amoradore, „darüber wir unseren Tross und
dessen Träger aus Ursach des gestrengen Laufs und der Tiefe auf den
7*
100 Geschichte der Welser-Ztige in Amerika.
schwimmenden Pferden mit grosser Mühe und Gefährlichkeit führen
mussten; er wurde daher der Fluss der Steigbügel geheissen". Ausserdem
bereitete der Quanaquanari grosse Schwierigkeiten, wie denn auch bei
dessen Uebergang ein Mann ertrank; dazu kamen tägliche Kämpfe, in
denen Viele, z. B. Montalvo de Lope, verwundet wurden ; es war ein
alle Kräfte erschöpfendes, langsames Weiterziehen. Nach einmonatlichem
Marsche sandte Martin, der auf Kundschaft voraus war, die frohe
Meldung, dass er einen guten Ort gefunden habe.
Dieser grössere, auch mit genügendem Proviant versehene Platz der
Cuyoner hiess Masparro; man nahm ihn am 16. September in Besitz und
behielt ihn viele Wochen lang als Aufenthalt, obwohl die Wilden häufige,
wegen ihrer grossen Zahl nicht ungeftlhrliche Angriffe unternahmen und
dann in dem nahen Gebirge, in welchem die Pferde nicht zu verwenden
waren, Deckung und Schutz fanden.
Nach dieser dritten Reisestation wurden auch die Kranken aus
Hacarigua gebracht-, am 7. Oktober traf Velasco mit ihnen ein, nach-
dem er unterwegs acht Personen und neun Pferde verloren hatte. „Als
nun der Gubernator sah, dass er mit so vielen Kranken nicht fort könne
und aus Noth eine Zeit lang hier liegen bleiben müsse, Hess er den Pro-
viant rings umher besichtigen ; man fand Mais wohl auf drei Monate.
Hohermuth that grossen Fleiss den Kranken, sie wieder aufzuhelfen,
und Hess sie, soweit die Armuth des Landes es gestattete, mit aller Noth-
durft versehen und bestens heilen."
Der Krankheitszustand blieb trotzdem sehr schlimm ; nicht bloss dass
die Fremden starben, auch die Eingeborenen und die Pferde wurden rasch
vom Tode dahingerafft. Man überlegte, ob nicht die Kranken zurück-
zusenden seien, z. B. mit etlichen Pferden zum Fusse des Gebirges der
Jiraharaer, von wo aus sie auf bekannten Fährten weiter kommen könnten ;
derartige Pläne wurden aber aufgegeben.
Wenngleich manche Leute glücklich genasen, befanden sich in Masparro
bei dem am 3. November erfolgenden Ausmarsch doch noch mehr als
achtzig Kranke, zu deren Weiterschaffung über dreissig Pferde zu ver-
wenden waren : es war eine entsetzliche Transportweise, der Viele erlagen.
Bald wurde der Apodori-Fluss überschritten und dann in einem Orte der
Zaquitier, wo man der Kranken wegen Halt machen musste, nicht gerade
fröhliches Christfest gefeiert. An den Festtagen kamen einige Leute von
einem grösseren, sechzig Mann und zwölf Pferde starken Zuge zurück,
der unter Francisco de Velasco am 27. November abgesandt war,
um nach Proviant zu suchen; sie brachten glücklicher Weise Mais und
Hohermuth in Masparro und Hitivana. 101
Salz, welches Hohermuth persönlich dann als Weihnachtsbescheerung
unter seine Leute vertheilte; die Ueberbringer erzählten, dass Nicolas
de Palencia, den Velasco am Fusse des Gebirges vorausgeschickt
hatte, im Dickicht des Urwaldes gar ein Maisvorrathlager von mehr als
1500 Fanegas angetroffen habe, dass dasselbe jedoch später nicht wieder
zu finden gewesen sei. Velasco selbst kam erst am 31. Dezember zurück;
einer seiner Hauptleute fehlte; es hiess, man habe ihn verhungern lassen.
Hohermuth war sehr entrüstet über das Verhalten, namentlich über das
lange Ausbleiben seines ersten Officiers; Andere jedoch, wie Alcocer,
Castrillo, Fancorvo, nahmen Partei für ihn und gegen den fremden
Mann, dem sie nur ungern gehorchten. Als am Neujahrstage 1536 der
Weitermarsch begann, drohte Unbotmässigkeit auszubrechen; Hohermuth
gab aber in dem Orte Therabaya ruhig dem Lagervogt den Auftrag, den
Haupträdelsführer Velasco in Eisen zu legen; dieser Befehl ward ohne
Hinderniss und Verzug vollstreckt.
Der Marsch ging weiter und führte am 9. Januar 1536 endlich nach
Coativa im Hitivana-Lande, einem Orte der Guaycarier ; mit ihm war die für
die neuen Entdeckungsfahrten in's Auge gefasste Gegend erreicht, welche
150 — 170 Leguas von Coro entfernt sein sollte und ziemlich viele, wenn-
gleich nur dürftige Nahrungsmittel darbot. Hier also hatte Federmann' s
Expedition mit dem Ausblick in die endlos weiten Ueberschwemmungen
vor etwa fünf Jahren ihr unbefriedigendes Ende gefunden. Hier harrte
man nun trotz aller Anstrengungen geduldig auf die Dinge, die da kommen
sollten, und ahnte nicht, dass auch das neue Unternehmen gleich un-
befriedigend verlaufen werde, dass die Weiserischen nach Verlauf zweier
langer Jahre abermals in Hitivana sein würden, ohne Schätze erworben
zu haben.
Hohermuth bestimmte, dass hier in Hitivana 130 Mann, meist
Kranke, nebst 19 Pferden unter Sancho de Murga und Meister
Andreas zurückbleiben sollten, auch Velasco, der noch nicht frei-
gegeben war. Als der Hauptzug vorwärts marschierte, blieb diese Nachhut
zunächst noch zwei Monate lang am Orte und versuchte dann nachzufolgen.
Als man jedoch den grossen Apuri-Fluss erreicht hatte, musste man um-
kehren, da die Kranken wieder schlimmer und schlimmer wurden; der
Rückweg ward angetreten. In Masparro starb dann Mjurga, und bald
darauf auch Gundelfinger; die Führerlosen wählten zu ihrem Befehls-
haber Martin Sanchez, und dieser schlug jetzt sobald wie möglich,
nämlich Ende Juli, den direkten Rückweg nach Coro selbst ein, anstatt
den Uebrigen zu folgen. „Dadurch haben wir alle die Früchte unserer
102 Geschichte der Welser- Züge in Amerika.
langen und mühsamen Reise verloren," setzt Philipp von Hütten in
seinem Berichte hinzu.
IX.
Die Hohermuth'sche Expedition hatte auf ihrem bisher zurück-
gelegten, meist in südwestlicher Richtung erfolgten Zuge auf der Strecke
zwischen Hacarigua und Masparro die grossen, stets über die gewöhnlichen
Wolkenschichten hinausreichenden, in die Schneeregion hin und wieder
hineinragenden Bergmassen, die von ihren Höhen fast zu jeder Jahreszeit
Wasserdünste in das glühende Tiefland herabsenden, zur rechten Hand
gelassen, bald in unmittelbarer Nähe, bald nur am Horizonte Morgens und
Abends sichtbar. Bisher waren diese Berge, das wussten Männer wie
Esteban Martin, Juan de la Puente und Aehnliche, die das Strom-
gebiet der venezuelanischen Gewässer abschliessenden Bollwerke. Auch
der Weitermarsch von Masparro war Anfangs ebenfalls am Fusse eines
langgestreckten, himmelhoch ansteigenden Gebirges dahingegangen, dessen
Charakter von dem des bisherigen nicht verschieden zu sein schien;
dasselbe Urwaldsdickicht am Fusse der Senkungen, dasselbe Baumgewirr
am Rande der engen Schluchten, dieselben kahlen Felswände unten und
schmalen Grate oben, dieselben Klippen und Joche, dieselben Wildströme
und Sümpfe, dieselben Raubthiere und Vögel. Allein als man sich Hitivana
weiter genähert hatte, strich gar bald dieses dichte Hochgebirge nicht mehr
auch nach Westen, sondern fast genau dem Süden zu. Jetzt konnte also
jenseits desselben nicht mehr die nähere oder weitere Umgebung des Sees
von Klein-Venedig zu suchen sein. Von Allen war auch bereits bemerkt
worden, dass die Ströme, welche tiberschritten wurden, nicht mehr, wie
zuvor, mehr oder minder südwärts flössen, sondern, je weiter man kam,
desto bestimmter nach Osten hin. Was in oder hinter dem geheimniss-
vollen Dunkel dieser Berge sich barg, wusste von den Weiserischen Keiner.
Das zu erkundschaften, hatte nun Hohermuth ins Auge gefasst.
Hienach hatte er in westlicher Richtung Hitivana am 25. Januar 1536 mit
150 Mann und 49 Pferden verlassen. Der nächste grössere Ort, der sich
fand, war noch von Guaycariern bewohnt und lag gerade unter dem Ge-
birge, in dessen Klüften und Gründen gefährliche, Giftpfeile führende
Arhuacoer leben sollten. Esteban Martin zog mit vierzig Mann und
vier Pferden in diese WUdniss; er ahnte nicht, dass er dem vor Jahren
mit Dal fing er berührten oberen Flussgebiet des Yuraa-Stromes entgegen-
Hohermuth's Weitermai-sch. 108
ziehe ; er drang aber auch nicht weit vor und erreichte insbesondere nicht
die Wohnsitze jenes gefährlichen Stammes, wo er gar bald nach Chinäcota,
der Sterbestätte Dalfinger's, gelangt wäre. Martin brachte nur 25
unterwegs gemachte Gefangene mit ins Lager.
„Am 5. Februar/' so erzählten die Weiserischen, „kamen wir nach
einem grösseren Orte der sich friedlich verhaltenden Zaquitier, Habobacoa
genannt; darauf blieben wir im Felde. Von dannen ging's zum Orte
Habobare, der in dem grossen Revier des Apuri gelegen ist; diesen Strom
dann hinauf. Zu uns kamen etliche Indier in Kanoas mit Mais und mit
Fischen. Von dannen ging's nach einem Flecken Ibaraima mit vielen
Indiern. Hätten wir da gern etliche Tage still gelegen, mussten aber des
Proviantes halber vorrücken. In Ibaraima fanden wir Pass über den
Strom und zogen hindurch. Nun schickte der Gubernator in Kanoas
etliche Christen den Fluss noch weiter hinauf, um Nahrung zu holen; die
brachten denselben Abend Maiskolben und Fische, welche der Gubernator
unter die Christen, deren ein gross Gebrechen im Lager war, mit eigener
Harid vertheilte."
Nun zog man zuerst zwei Tage lang am rechten Ufer des Apuri
hinauf; dann acht Tage lang durch ein waldreiches Gebiet, viel Wildniss
und Sumpf. Trotzdem zeigten sich überall Ortschaften jener Zaquitier,
welche Freunde der Christen waren, „Vasallen des Kaisers und seines
königlichen Scepters von Kastilien". Auch wurden wieder mächtige
Ströme überschritten: der Darari am 16. Februar, der Arauca am 2. März,
zwölf Tage später der Casanari, dessen Breite jetzt eine Viertel Legua
betrug. Es ging durchweg durch ein grosses und böses Revier, welches
von Indiern unbewohnt war wegen der zahlreich vorkommenden „Tiger-
thiere", von denen eines einen Wilden inmitten des Lagers erwürgte und
wegschleppte. Ueberall benahmen sich die Eingeborenen friedfertig, auch
bei dem fast zwei Wochen dauernden Weitermarsche am Fusse des nicht
mehr starr, sondern allmählich von den Grasflächen sich abhebenden Ge-
birges.
Nachdem die Flüsse Caroni und Carabo, auch einer, welcher nach
dem in seinen Fluthen ertrunkenen AI onso Diaz genannt wurde, passirt
waren, stiess man unfern von den Wassern des Pauto-Stromes auf eine
Probe bearbeiteten Goldes, auf gewebtes Zeug und auf Salzstücke; zu-
gleich erfuhr man, im Innern jenes Gebirges, in einem grossen Berglande,
sollte ein Häuptling der Guaycarier leben, welcher von allerlei fremden
Schätzen berichten könne. Er wurde wirklich gefunden, und es begann
mit ihm ein freundschaftlicher Verkehr, wie denn das allgemach friedlich
104 Geschichte der Welser-Züge in Amerika.
gewordene Auftreten der Weiserischen die Wilden allgemein zu gefälligerem
Entgegenkommen veranlasste. Der Häuptling kam sogar zu den Ein-
dringlingen und erzählte ihnen von Gold und Silber, das jenseits der
Berge und Felsen winke, von baumlosen Weideländereien, auf denen zahme
Schafe lebten; diese schienen den Lamas Perü's zu gleichen. Der Ein-
geborene erzählte weiter, in zwei Monden Wegs werde man einen mäch-
tigen Häuptling finden, welcher grosse Tempel habe, in denen an gewissen
Tagen der Woche Gottesdienst gehalten werde. Dahin wolle er selbst die
Fremden geleiten. Das war die märchenhafte Kunde von der Casa del
Meta, welche hier an die Entdecker herantrat.
Aller Kraft und Muth ward durch sie wieder frisch belebt ; es schien
jetzt der Weg in der Wildniss so leicht zu werden, wie ein Marsch auf
der Heerstrasse zwischen Valladolid und Medina del Campo. Trotzdem
blieb es vergeblich; auch unter jener Führung gelang es nicht, durch die
Berge zu dringen. Es blieb daher nichts übrig, als in der bisherigen
Richtung weiter zu ziehen; so kam Hohermuth am 1. April zu den am
Ende des Gebirges wohnenden Macopides, bei denen in dem Orte Guatimena
der erste Empfang sehr freundlich sich gestaltete; dann erfolgte aber ein
heftiger Ueberfall, der mehr als hundert Wilden das Leben kostete und
den ganzen Ort zerstörte; ein Haus voll Menschen ward niedergebrannt.
Der Geruch der vielen Leichen zwang zum baldigen Weiterziehen, so
dass drei Tage später der Thia-Fluss erreicht war, bei dessen Ueber-
schreiten drei Meister Francisco's ihren Tod fanden.
Hier begann das Land der weitbekannten, zu den stärksten Wilden-
stämmen gerechneten Guaypier, deren bei Männern, wie bei Weibern ver-
schnittene Haare, ebenso wie ihre kurzschaftigen Lanzen und die aus
Tapir-Haut gefertigten Tartschen auffielen ; in ihrem wasserreichen Gebiete
wurde der breite Opia-Strom getroffen, an dem nicht weiter zu kommen
war. Vergebens versuchte Hohermuth überzusetzen; die Fluthen zer-
rissen alle Fahrzeuge, Flösse wie Böte ; jener Häuptling ertrank bei diesem
Versuch mit vielen Eingeborenen.
In der am 16. April beginnenden Osterwoche erkannte Hoher-
muth, dass die hereinbrechende Winterszeit trotz des bereits drückenden
Mangels an Lebensmitteln einen längeren Aufenthalt in dieser Einöde un-
vermeidlich machte. Zum ersten Mal war es, dass eine Weiserische
Expedition inmitten der wirklichen Grassteppen, der eigentlichen Llanos,
die Regenzeit durchmachen sollte. Nachdem man den Opia-Fluss abwärts
gezogen war, ward zum Stillliegen ein Lager bezogen, welches von Natur
schon eine gesicherte Lage hatte, bei dem Anwachsen der Elemente jedoch noch
Ueberwintern inmitten der Llanos. 105
immer fester und dauerhafter ausgebaut werden musste. Von dort blickte
man bald mit steigender Sorge auf die nicht enden wollenden Regen, auf
das stetige Anschwellen der Gewässer, auf die immer weiter sich aus-
dehnende Ueberschwemmung. Aus dem neuen Meere ragten schliesslich
nur noch einzelne palmenbewachsene Höhen insel- oder klipp en- ähnlich
hervor. Mit Besorgniss wurde das Wild beobachtet, das vor den Fluthen
floh und dem Gebirge zueilte; bald fehlten die flinken, gefleckten Hirsche,
die starken, schwerfälligen Tapire, die stummen Hunde und gleich stummen
Eidechsen, so dass die Ernährung schwieriger und schwieriger ward. Die
kühnen Jaguare wurden, im Wasser schwimmend, durch den Hunger noch
bedrohlicher; die riesigen Krokodile kamen näher und näher.
Um sein Volk zeitweilig zu verringern, sandte Hohermuth zwei-
mal Einige nach Masparro zurück; sie kamen nur mit den grössten Mühen
voran und konnten keine Nachricht über die Zurückgelassenen erlangen;
selbst Esteban Martin brauchte dreissig Tage zum Hin- und Herziehen
und hatte keinen Erfolg. Nach fast viermonatlichem Warten konnte man
endlich zum Aufbruch wieder rüsten, Hohermuth ging aber am
5. August 1536 nicht voran, sondern rückwärts, wieder in das Gebiet der
Zaquitier, da dort Fleischnahrung zu finden war. Fünfundzwanzig Leguas
weit zog man die alte Strasse; Santacruz wurde vorausgeschickt, um
Murga und Gundelfinger zu suchen; als dieser nach vierzig Tagen,
nachdem er bis an den Darari-Strom vorgedrungen war, zurückkehrte,
hatte er nichts mehr erfahren, als dass vor zwei Monaten die Kranken-
Station verlassen und der Weg nach Norden eingeschlagen worden sei.
Wie eine Musterung Mitte September ergab, zählten die Weiserischen
noch 140 Mann zu Fuss und 44 Pferde; die Unternehmungslust war in
der kleinen Truppe noch keineswegs völlig geschwunden. Freilich war
jener viel verheissende Häuptling ertrunken; es gab aber doch noch andere
Aussichten und Hülfen, Alles wurde angestrengt, um wieder vorwärts zu
kommen, und am 1. Dezember jenes mächtige Opia- Gewässer, das vor etwa
acht Monaten dem Weiterziehen sich widersetzt hatte, glücklich gekreuzt,
obwohl die Wilden in hellen Scharen die Landung am jenseitigen Ufer
zu verhindern suchten; Francisco de Cdceres fiel in den Strom, ihm
stürzten die Feinde nach, und rettete sein Tod die gefährdeten Genossen,
Jenseits des Opia waren auch nur wenige Bewohner zu finden,
Hohermuth überschritt beim Weitermarsch den Umea- und Guatiquia-
Strom, und traf dann auch die ohne feste Sitze umherschweifenden, an-
scheinend zum Jiraharaer-Stamm gehörenden Guaiguas, mit denen aufs
Neue heftige Kämpfe begannen. Auf den nun folgenden Zügen wurden
i06 Geschichte der Weiser-Züge in Amerika.
zwei wichtige Nachrichten erlangt, welche das Ende des Jahres 1536 für
die Expedition zu einem besonders denkwürdigen Zeitraum machten. Die
erste Kunde war die bedeutsamere, denn sie betraf den Meta-Fluss. Wie
oft war der, seitdem zuerst Ordaz vor jetzt vier Jahren von ihm gehört,
und seitdem zuerst Herr er a vor jetzt zwei Jahren ihn beschifft hatte,
in Santo Domingo und Coro genannt worden. Hohermuth Hess sich
nach den Gewässern führen, welche man für die Quellen dieses viel-
berufenen Stromes hielt; sie lagen im tiefsten Urwald-Dickicht; nirgends
eine Spur von menschlicher Ansiedlung. Sonst war die Gegend offenbar
gut bewohnt, die Guaypier verhauseten sich aber auch hier, sobald die
Fremden sich zeigten.
Als in Guasuriba das Christfest gefeiert war, kam die zweite frohe
Kunde. Sie bestand in etlichen Stücken guten Goldes und in Silber-
proben; das Gold hatte 22 Karat. Die Indier wurden befragt, woher
diese Edelmetalle kämen, und sagten : von der andern Seite des Gebirges.
Sofort sandte der S p e i r e r seinen treuen Martin in die Berge, allein die
schönen Hoffnungen erfüllten sich wieder nicht: denn der erfahrene Kund-
schafter brachte 1537 nur die Nachricht zurück, dass ringsumher kein
Pass sich entdecken lasse , ohne Vogelfittige könne man über solch ein
Gebirge nicht kommen ; auch sei die ganze Gegend auf Schritt und Tritt
höchst gefährlich. Schon bei seinem Rückzuge hatte Martin vielfache
Angriffe zu erdulden gehabt, einmal ein Gefecht, in welchem 14 feind-
liche Häuptlinge ihm gegenüberstanden und im Einzelkampfe Fran-
cisco Sanchez verwundet, Juan Serrano getödtet war; bis un-
mittelbar an das Lager wagten sich jetzt die Feinde heran, sie über-
fielen die Wache und versuchten endlich in hellen Scharen den offenen
Kampf wider die Eindringlinge. Hütten wurde dabei verwundet, mit ihm
an dreissig Reiter ; schliesslich entwichen die furchtbar lärmenden Krieger.
Hohermuth selbst wollte dann in das hochstarrende Gebirge ein-
dringen, doch wurde er durch Diego de Montes davon abgehalten.
So ging der Marsch im neuen Jahre weiter, mit alter Energie,
ohne ein bestimmteres Ziel; er verfolgte immer nur den Fuss des Gebirges,
berührte bald etliche Flecken, bald ungeheure Flüsse. Nach dem Ueber-
schreiten eines dieser mächtigen Ströme betrat man das Land Maruachare.
Einer der Berichterstatter schreibt : «Von dannen ging es eine halbe
Meile weiter nach einem hübschen, grossen Orte mit viel Mais; allda hielt
der Oubernator am Marientage dem ganzen Lager ein Bankett und Hess
erstlich eine Messe mit Solemnität singen, auch mit Prozession, wie es
die Gelegenheit erforderte; dort assen 102 Christen mit ihm am Tisch;
Vergebliche Suche nach einem Pass durch das Hochgebirge. 107
wir gelobten auch der Mutter des Herrn, fortan keinen Sonntag oder
Feiertag zu ziehen, sondern dann still zu liegen." An diese Feier des
1. Februar 1537 — Mariae Purificatio — dieses Weiserische Fest in der
Wildniss, das Pater Fr uc tos de Tudela leitete, dachte man noch lange
Jahre hernach zurück ; die Stätte, an der ein grosses tempelähnliches Haus
von zweihundert Fuss Länge sich vorfand, wurde nach der Mutter Gottes
der Guaypier genannt.
Wiederum wurde dann unter Aufgebot aller Mittel ein durch das
Bergrevier gehender Pass gesucht. Im Gebirge zeigten sich Stätten von
Menschen; da waren Wohnungen, die so gross waren, dass ganze Ge-
schlechter in ihnen beisammen gehaust haben mussten, Männer, Frauen
und Kinder; da waren durch pallisadenähnliche Zäune eingeschlossene
Plätze zur Vertheidigung und Zuflucht in Kriegsfällen; um eines dieser
Forts wurde gestritten; der Soldatenwitz nannte es in Erinnerung an die
uneinnehmbare Feste Salsas Klein - Salsas ; Miguel Lorenz o kam
bei dieser Gelegenheit elendiglich zwischen Pfahlwerk und Graben
um. Auch dieser Versuch, einen DurcTigang durch das Gebirge zu finden,
blieb vergeblich. Der Weitermarsch zog sich nun mehr und mehr in die
Grasebenen, doch blickte man nach wie vor südwärts, so dass zur Rechten
das unzugängliche Hochgebirge verblieb, zur Linken die immer, auch im
Sommer, meeresgleiche, horizontlose Gräsersteppc sich hinbreitete; wieder
erfolgten neue Kämpfe, aber „die Indier, so gerade mit ihren Wehren auf
uns zogen, flohen ins Gebirge, als die Reiter gegen sie rannten; wir
mochten ihnen nichts thun, erfuhren aber durch Gefangene, dass das ganze
Land wider uns versammelt sei. In dieser Gegend giebt es viele Wilde
und so grosse Ortschaften, wie wir sie auf unserer Reise bisher nicht ge-
funden haben" ; eine derselben wurde der Ort der Vermummten genannt,
weil die ganz schwarz bestrichenen Menschen aussahen, als wären sie
maskirt.
Trotz dieser starken Bevölkerung machten Martin, sowie Santa-
ßruz Versuche, Lebensmittel und andere Hülfen aufzuspüren; doch ver-
geblich; umsonst zeichneten sich auch Martin de Artiaga, Damian
de Barrios und ein L i z a n a in Einzelkämpfen aus. Unter Hunger musste
die Expedition weiter ziehen, und doch wäre es der Verwundeten halber
Noth gewesen, etliche Tage still zu liegen. Endlich kam ein Ansporn,
eine neue wichtige Nachricht. Es zeigten sich Spuren von Europäern :
Glocken eines Pferdegeschirrs und eine silberne Kommandopfeife. „Wir er-
fuhren nun, dass vor etlichen Jahren Christen dagewesen wären, so auf
dem Maranon-Flusse" — es war der Orinoco — „in Bergan tinen hierher herauf-
108 Geschichte der Welser-ZUge in Amerika.
gekommen seien aus der Gubernation von Cubagua; da hätten die Indier
den Hauptmann Alfonso de Herrera mit neunzig der Seinen umgebracht,
die Uebrigen wären mit ihren Bergantinen die Gewässer wieder hinab-
gefahren und davongekommen. — Hier wurde die Höhe der Sonne ge-
messen; wir sahen den Nord nicht mehr; es ward gefunden, dass wir
2^/8 Grade von der Aequinoctiallinie entfernt wären." Das war, wie
Diego de Montes, der in diesen Fragen kundigste Expeditionsgenosse,
bestätigen musste, weit ab von jeder bisher bekannt gewordenen Kultur.
Einige Tage später ward der Guaviari überschritten, an dessen Ufern
zahlreiche, aber recht ärmliche Menschenwohnungen sich fanden. Nach
sechs weiteren Tagereisen jenseits dieses mächtigen Gewässers kamen die
Weiserischen zu einer grossen Ortschaft, Canicuro. Hier wurde das Fuss-
volk von den Bewohnern zurückgetrieben, die Pferde jedoch gaben den Aus-
schlag. Bald war Friede gemacht, und mählich bildete sich auch ein Ver-
ständniss heraus, so dass man dort vier Tage bleiben konnte. Es war
ein erträglicher Aufenthalt, da eine grosse Menge von Wildschweinen
(jabalies) sich fand; die Stelle ward auch die der Schinken genannt.
Wieder kam ermunternde Kunde. „Wir waren bisher alle Zeit von
Norden nach Süden gegangen," so schreibt Hütten, „da sagten uns die
Leute von Canicuro, wenn wir Gold suchten, so müssten wir bass auf die
rechte Hand ziehen, gen Westen; sie gaben uns Anzeichen von einer
reichen Provinz, die etwa zwanzig oder dreissig Tagereisen von hinnen
sei. Somit verliessen wir unsere Wegrichtung und schlugen uns wiederum
dem Gebirge zu, das wir schon verlassen hatten, schier gegen Niedergang."
Bald war der Rand des Tieflandes erreicht ; wieder zeigten sich breite,
gewaltige Ströme. Wirklich fand sich hier bei einigen Wilden Gold, aber
bloss von niedrigem Gehalte, nur von 7 bis 8 Karat, während man ge-
sagt hatte, zunächst werde man Wilde treffen, die gar kein Gold kennten
und hölzerne Ohrringe trügen. Hier im Gebiet des Papamene-Flusses be-
stärkte sich noch die frühere Kunde von nahen Schätzen ; schon der
Name des Stromes, der Silberfluss bedeuten sollte, war hocherfreulich.
Man machte mit den Eingeborenen sofort Frieden, und bald kamen viele
derselben in Böten zum Lager, freilich in Waffen. Der Verkehr wurde
dann immer lebhafter; die Wilden trugen ihre Goldsachen herbei; unter
diesen habe sich, so erzählte Hohermuth später, ein Stück von der
Grösse eines Rundschildes befunden ; dieser Fund sei so gewichtig gewesen,
dass er ihn ausgeschlagen habe, um den Wilden zu verbergen, dass er
des Goldes halber komme. Eines Tages sah man Hohermuth mit nicht
weniger als drei Häuptlingen in bestmöglichem Gespräche; allein die
Neue wunderbare Nachrichten. 109
Schwierigkeit des Dolmetschens führte doch zu vielerlei Missverständnissen ;
so verstand man, unterwärts am Papamene hausten Weibervölker, welche
ohne dauernde Gemeinschaft mit Männern lebten und den Fremden dess-
halb den Amazonen der alten Geschichten ähnlich zu sein schienen;
andererseits hiess es, dem Gebirge zu wohnten unweit vom jetzigen Lager
Menschen, welche gar nicht stürben; die Fremden mochten dabei an die
Erzählungen von vorzeitigen Heroen und Königen denken. Solch „un-
natürliche Thorheiten" wurden jedoch nicht geglaubt, wenngleich die Ge-
danken an Amazonen wie an Riesen, seitdem sie unseliger Weise durch
die unklaren Vorstellungen von Columbus wachgerufen waren, immer
wieder der aufgeregten Gemüther der in ganz fremdem Lande herum-
irrenden, wegen ihrer Unbildling leichtgläubigen Personen sich bemächtigten.
Noch wichtiger war eine andere Nachricht, welche die Bewohner der
Papamene-Ufer gaben; sie sagten nämlich, vom Gubernator befragt, „dass
Alles richtig sei, was die von Canicuro über ein reiches Nachbarland ge-
sagt hätten, und noch viel mehr." Man redete von einem mächtigen
Fürsten, der Ocoarica heisse; ein Häuptling erzählte, wie sein eigener
Vater das Land der Reichthümer besucht, auch von da etliche Schafe und
Goldsachen geholt habe, derselbe sei aber von den wilden Choquern be-
raubt und umgebracht worden. Nach solchen Angaben war die Gold-
gegend, welche, wie die Erwähnung der Schafe bewies, Pizarro's silber-
reichem Peru ganz ähnlich sein mochte, nicht mehr gar zu weit
entfernt ; man gelange, so hiess es weiter, auf dem Wege an ein Gewässer,
das der rothe Fluss genannt werde; jenseits desselben gebe es bergiges
und waldiges Land, das in jetziger Winterszeit schlecht zu passiren sei;
dann komme ein anderer, sehr grosser Strom, der an einem vereinzelten
Vorsprung des Gebirges entlang fliesse; seine Ufer seien bevölkert, und
seine Bewohner hätten Handelsverkehr mit jenem reichen Lande, in
welchen Töpfe und Kufen von eitel Gold seien. „Wir müssten aber,"
setzte man hinzu, „ehe wir dahin kämen, erst durch das böse Gebiet
ziehen, in welchem jene gefährlichen Choquer wohnten, die Menschenfleisch
ässen und mit allen ihren Nachbarn im Krieg lebten, ein wahrhaft
tyrannisch und unmenschlich Volk. Die von Papamene gaben uns nun
zwei Dolmetscher, um mit gedachter Nation zu reden ; diese aber entliefen
uns auf der ersten Tagereise."
Trotz der beginnenden Regenzeit ging der Zug wieder ins Gebirge,
durch das schon wegen der ausgetretenen Flüsse sehr schwer weiter zu
kommen war. Der Mangel an Salz peinigte wieder furchtbar. Mit den
Choquern war schwer zu verkehren; man konnte mit diesen hoch-
110 Geschichte der Welser-Züge in Amerika.
gewachsenen, schmutzigen Eingeborenen, die offenbar Menschenfresser
waren , nur durch Zeichen verhandeln. Sie trugen Schalen mit Wasser
heran und benetzten die Barte, aber man verstand sie nicht; dann be-
wegten sie sich auf Händen und Füssen, und man meinte, sie. ahmten die
Schafe des ersehnten Goldlandes nach, das jetzt nur noch 15 — 20 Leguas
entfernt zu sein schien. Sie führten Lanzen und Wurfspiesse, sowie grosse
Schilde, auf denen Köpfe gemalt waren, welche augenscheinlich die Sonne
darstellen sollten.
Hier im Lande der Choquer, am rothen Fluss, nahm Diego de
M 0 n t e s nochmals die Sonnenhöhe und erklärte, dass mari nur noch einen
Grad nördlich vom Aequator sich befinde. Hohermuth schickte nun
Martin mit fünfzig Leuten zu Fuss ab, den Weg zu suchen; denn „Alles
war Wald und Gehölz ; vor Wasser konnten die Pferde nicht auskommen.
Bald griffen die Indier den Martin von zweien Seiten an," tödteten
Valdespino und einen änderen Spanier, verwundeten Viele, namentlich
auch Martin selber, der im Lager trotz der Heilversuche von Diego
de Montes und Juan de Onate nach 20 Tagen verstarb. „Es war
gross Wunder, dass Einer lebend davon kam. Dieser Christen Tod,
sonderlich der Martin 's, brachte schweren Schrecken ins Volk, denn
Martin war Derjenige, welcher nach dem General das ganze Lager
4-egierte; er war auch ein Mann, daran viel gelegen war, den man an
diesen Orten um grosses Gut kaufen sollte; denn er wusste mit den
Indiern umzugehen, war auch schier sein Leben lang unter ihnen ge-
wesen."
In der That war der Verlust von Martin, dem getreuen Mann, an
dessen Seite vor Jahren Dalfinger den tödtlichen Schuss erhalten hatte,
ein gar schmerzlicher; in ihm erschlugen die wilden Choquer den ersten
der europäischen Fährtenfinder Südamerika's; war doch Martin das Ur-
bild der berühmten, den endlosen Gräsersteppen eigenen Vaquianos, die
im Sande und im Laube lesen können, jener scharfsichtigen Wege- und
Furten-Spürer, der sorglichen Quellen- und Lager-Kenner, der klugen
Beobachter des Vogelfluges und des Wolkenzuges, der Thier- und
Menschen-Pfade.
Bei Ankunft der Schreckensnachricht, welche Pedro de la Torre
als Eilbote überbrachte, fürchtete Hohermuth Aufstand. Desshalb
redete er, als Pater Montes die Todtenmesse verlesen hatte, zu ver-
sammeltem Volke und pries in dem Verstorbenen die von aller Welt be-
wunderte Tapferkeit der Spaniisr; von ihnen vollbrächten Zwanzig mehr,
als Zehntausend einer anderen Nationalität; er sei von allen Deutschen
Esteban Martin's Tod. 111
der glücklichste Anführer, weil er solche Genossen befehlige. Der be-
trauerte Martin sei schliesslich doch nur ein einzelner Mann gewesen;
sein Tod dürfe nicht dazu führen, ein im Dienst Seiner Majestät begonnenes
Werk vor so naher Vollendung aufzugeben. Alle stimmten ihm zu und
erklärten sich bereit, nach jenem Strom zu ziehen, an dessen Ufer Martin
die Todeswunde erhalten hatte, und ihn blutig zu rächen.
Der dahin gehende Weg, welcher zugleich in höheres Land führte,
wurde nach Ablauf der Regenzeit eingeschlagen, als der Baum, unter dem
Martin bestattet lag, wieder frühlingsmässig ausschlug. Erst in fünf
Tagereisen wurde die Stelle erreicht, wo Martin gefallen war; sie lag
am Ufer jenes rothen Flusses, welchen die Weiserischen hinsichtlich seiner
Grösse mit dem Guadalquivir bei Sevilla verglichen. Hier am Putumayo
erfolgte nun ein neues, heftiges Streiten, wobei die Choquer ihre Kampflist
gebrauchten, scheinbar zu fliehen, um die Verfolger auf Wege zu locken,
in deren Boden sie vergiftete Pfeile gesteckt hatten; die Christen aber
lockten ihrerseits durch scheinbare Flucht ihre Feinde nach den Verstecken
ihrer Reiter. An eine Verständigung war gar nicht zu denken; kein
Dolmetscher Hess sich finden, und die wenigen Gefangenen, die man er-
griff, waren nur durch Zeichen zu befragen und konnten nur durch
Zeichen antworten. Hierauf blieben in einem grösseren Orte, in dem es
Yuca und Mais in Menge gab, Santacruz und Montalvo mit den
Krankgewordenen zurück; dagegen ging Hohermuth mit zwölf Pferden
und vierzig Mann zu Fuss noch weiter voran. Viel Volk der Choquer
zeigte sich ihm; schwerer und schwerer wurde der an den Putumayo-
Gewässern hinaufsteigende Weg; es gab Tage, an denen sechs Mal Bäche,
Klüfte oder Schluchten überbrückt werden mussten, um mit den Pferden
weiter zu können; allein es winkte wiederum eine Hoffnung. Im Gebirge
sah man einen Einschnitt, als öffne sich ein Flussthal; hier konnte die
von den Wilden des Papamene erwähnte Stelle sein. Mit dreissig Mann zu
Fuss drang der Spei r er nach diesem scheinbaren Pass, aber bald machte
das Gebirgsterrain jedes Weiterkommen unmöglich. Unverrichteter Sache
begab sich Hohermuth wieder nach jener Krankenstation und beschloss
ebenso, wie etwa vor Jahresfrist, für eine Weile zurückzugehen ; er wollte
wieder nach dem Papamene sich wenden, um da während der neuen
Regenzeit zu bleiben und dann abermals den so deutlich wahrgenommenen
Gebirgseinschnitt auszuforschen.
Kaum war von zeitweiliger Umkehr die Rede, als die allgemeine
Stimme den Rückmarsch nach Coro laut verlangte. Schon während
Hohermuth 's letzter Abwesenheit hatte Montalvo nach dem Heim-
112 Geschichte der Welser-ZUge iu Amerika.
wege gesucht 5 jetzt erklärten Alle, es sei unmöglich, bei solcher Ausrüstung
und in solchem Zustande weiter in der Wildniss zu bleiben; kaum seien
noch Fünfzig föhig, sich zu vertheidigen; Hunde und selbst Pferde müsse
man essen. „Wirklich," so schreibt Hütten, „sind der Ernährung wegen
Pferde, die erschossen wurden oder an Krankheit starben, für 400 Gold-
pesos verkauft, und die Kadaver wären noch theurer bezahlt, wenn man
es zugelassen hätte; einen Hund habe ich selber mit einigen Genossen für
100 Pesos gekauft; auch wurden viel eingeweichte und gesottene Häute
genossen, wie sie hier an etlichen Orten die Eingeborenen als Schilde
tragen, selbst Ungeziefer, wie Schlangen, Kröten, Eidechsen und Würmer,
auch allerlei Kräuter und Wurzeln. Etliche haben auch wider die Natur
Menschenfleisch gegessen ; es ward nämlich ein Christ gefunden, der ein
Viertel von einem jungen Kinde mit etlichen Kräutern gekocht hatte.
Von diesem bösen, unkräftigen, unnatürlichen Essen, auch von der grossen
Anstrengung, vom Liegen in Regen und Wind, von all dem Elend sind
die Christen so gar verschmachtet und ausgedörrt, dass uns Gott mit der
Rückkehr nicht geringe Gnade erwiesen hat."
So ward am 13. April 1537 der Heimweg angetreten. Der grössere
Theil des Weiserischen Volkes hatte bereits „die Hoffnung verloren,
nach Santana de Coro zurück und wieder in die Christenheit zu kommen.
Hatten wir doch nicht der Gesunden genug, um das Lager zu bewachen
oder die Vor- und Nachhut zu bestellen; die Indier fanden uns ungefähr
550 Meilen von Coro, nur etwa vierzig zu Ross u»id hundert zu Fuss
stark, aber darunter nicht vierzig Gesunde. Auch waren die Meisten ohne
Rapier und andere Wehr; nicht eine Büchse, noch Armbrust, die doch
gegen die Wilden sehr von Nöthen sind, war brauchbar."
Der Rückmarsch war keineswegs einfach ; zunächst war der Hunger
zu stillen, und glücklicher Weise zeigte sich bald Wild. Trotz der Sommer-
hitze Hess sich der Uebergang über den Papamene nur unter grossen
Schwierigkeiten bewerkstelligen ; dann zeigte es sich, dass alle Ortschaften
verbrannt waren, so dass Proviant von Weitem herbeigeschafft werden
musste. Am altbekannten Guaviari-Fluss wurde die Expedition zwei
Monate aufgehalten, und es gelang dort nur mühsam, die nächsten Wilden
zu beruhigen und zum Herbeischaffen von Fischen und Mais zu ver-
anlassen. Der Rest der Pferde erkrankte schliesslich auch noch, und viele
von denselben starben. Am Opia-Flusse, der im vorigen Jahre so lange
aufgehalten hatte, wurde Weihnacht 1537 gefeiert.
In der Nähe des glücklich erreichten Darari erfuhr Hohermuth,
dass kürzlich dort ein Zug von Christen sich gezeigt habe. Dieses ward
Auffinden der Spur einer neuen Expedition Federmann's. 113
anfangs nicht geglaubt, allein nach mehreren Tagereisen, jenseits des Apuri,
zeigte sich frische Spur. Das konnten vielleicht Weiserische gewesen sein,
die ausgezogen waren, um Hülfe zu bringen — aber woher hatten sie so
viele Pferde ? Die Zahl der Fussknechte, welche aus der Fährte sich erkennen
Hess, war eine so grosse, dass an die in Masparro zurückgebliebenen
Kranken nicht gedacht werden konnte. Das Wahrscheinlichste schien zu
sein, dass hier ein von Maracapana aus nach Westen gegangener Ent-
deckungszug passirt sei. Es zeigte sich nämlich gar bald, dass nicht der
noch erkennbare Hohermu th 'sehe Weg eingeschlagen war, sondern ein
anderer, welcher auf der linken Seite der jetzt nach Coro Zurückziehenden
sich hielt. Endlich kam der Aufschluss; man traf zwei Tagereisen vom
Apuri entfernt, in einem Dorfe der Zaquitier, eine als krank zurück-
gebliebene Indianerin, die früher einem der Christen gehört hatte und
die etwas Spanisch verstand. Dieses Weib erklärte, dass der Zug von
Nikolaus Federmann angeführt gewesen sei.
Solche Kunde machte den Speirer stutzig, da er Federmann noch
immer an der Küste der neuen Kolonie des Segel-Vorgebirges vermuthete.
p]r beschloss daher, mit den wenigen Gesunden der Fährte zu folgen ^ doch
erhob sich dagegen offener Widerspruch. Es wurde desshalb ein Kriegs-
rath abgehalten und in diesem beschlossen, dass einer der Hauptleute aus-
zusenden sei, der Gubernator aber sofort nach Coro gehen müsse, um
zunächst die dortige Ansiedelung wieder in Ordnung zu bringen. So
wurde denn Hütten mit zwanzig Mann zu Fuss und achtzehn zu Pferde
mit ausführlichen, sogar schriftlichen Weisungen abgeordnet 5 doch konnte
er über den Apuri nicht wieder zurück; denn der breitfluthende Strom
war, da wieder die Regenzeit eingesetzt hatte, so hoch angesehwollen, dass
an früher trockenen Uferstellen, die sich wieder erkennen Hessen, das
Wasser jetzt mannshoch stand. Man ermittelte bloss, dass die Weiserischen
über den Apuri vor etwa drei Monaten, über den Darari vor etwa sechs
Wochen gegangen seien. Nur dies konnte der ungern umkehrende
Hütten an Hoher muth, der inzwischen langsam und widerwillig seinen
Rückzug nach Coro fortgesetzt hatte, melden.
X.
Die Kunde, welche am Apuri-Strome über Federmann erlangt
war, erwies sich als richtig.
Zur Zeit, als Hohermuth zwischen Coro und Hitivana sich ab-
mühte, hatte Fed ermann in Santo Domingo ohne Anstrengung viel er-
Festsclirift der Hamburgischen Amerika-Feier U. 8
il4 Geschichte der Welser-ZUge in Amerika.
reicht. Er hatte ftir seine Pläne zwar nicht die Weiserische Faktorei
gewonnen, die nur nach ausdrücklichen Aufträgen aus Augsburg handelte,
wohl aber ein einflussreiches Mitglied der Stadtobrigkeit, Francisco
Davila. Mit diesem hatte er, als Hohermuth drangvoll nach Mas-
parro sich durchschlug, über die bequemen Aussichten gesprochen, welche
am Segel- Vorgebirge wegen des Vorkommens von Perlen winkten; er
hatte im Hinblick hierauf reichlich Geld sich verschafft und fuhr bald mit
L i m p i a 8 auf zwei Bergantinen nach dem Orte, wo C h a v e s seiner wartete.
Dort am Segel- Vorgebirge warf er Anker an demselben Tage, an welchem
Hohermuth den Darari-Strom überschritt. Er kam mit achtzig Mann,
vielen Pferden und guten Lebensmitteln, richtete Alles für die Perlen-
fischerei ein, obwohl ihn natürlich kein Kronbeamter begleitete, und be-
gann schleunigst die Anlage einer Ortschaft, für deren Kirchlein — mit der
sonderbaren Bezeichnung Unserer Lieben Frau vom Schnee — der aus
Santo Domingo mitgekommene Pater Vicente de Requejada aus-
erwählt war.
Federmann suchte sogleich die dortigen Santa Martaer für sich zu
gewinnen; so bedauerte er ihre, durch seine Abwesenheit so verlängerte
Gefangenhaltung, zumal er dem Statthalter Inf ante persönlich von Santo
Domingo her Dank schuldig sei; er beredete dann die Pläne, welche ihn
wieder von Augsburg nach dem neuen Indien getrieben hätten, und die
Aussichten, die ihm von den W eisern für eine eigene Landeshauptmann-
schaft gemacht worden wären. Er gab schliesslich Rivera und den Leuten
desselben gegen das Versprechen, die Grenzen des Welserlandes nie wieder
zu überschreiten, und gegen Geissei Stellung von drei Personen die Freiheit.
Rivera erklärte bald darauf, Santa Marta nicht erreichen zu können; er
sei beim Versuche des Heimmarsches bald auf ausgetretene Ströme, bald
auf feindliche Stämme getroffen, auch auf feindliche Landsleute, welche
im Eupari-Thale frischen Nahrungsmitteln für die öden Küstenansiedlungen
nachgespürt hätten, und wolle nunmehr mit Feder mann einen Ver-
trag über Heeresfolge abschliessen ; diesem traten die meisten seiner
Leute bei, nur Wenige gingen nach Santa Marta zurück, wo sie der
neue Landeshauptmann, Pedro Fernandez de Lugo, verwundert
aufnahm.
Hierauf verweilten Federmann und Rivera nicht mehr lange an
der Küste, wo der Unterhalt schwer zu beschaffen war und die Pcrlcn-
fischerei unter C h a v e s ihre gewiesenen Wege weiter ging. Der Aufbruch
erfolgte Juni 1536 in zwei Scharen. Die eine Schar führte Limpias.
Sie sollte von der Küste aus nach dem Maracaibo-See gehen, wo ein
Federmahn in Maracaibo und Coro. 115
Fahrzeug zum Uebersetzen bereit liegen sollte. Dieser Zug gelang, und
Limpias hatte das Grlück, bei und in den Flussarmen am Fusse des
Herifia-Gebirges nicht unbeträchtliche Goldmengen zu gewinnen. Am jen-
seitigen Ufer des kleinvenetianischen GeAvässers, in Axuduara, verbrannte
sein Volk das Schiff, mit dem die Ueberfahrt bewerkstelligt war; es wollte
die Rückkehr nach dem Hungerstrande unmöglich machen. Trotzdem
wurde die Wiederherrichtung eines Fahrzeuges, da von dem Balkengerüst
des zerstörten noch etwas übrig geblieben war, durchgesetzt, damit doch
Verkehr auf dem Wasser möglich bleibe. Von Axuduara sandte Limp ias
den Diego Martinez mit einigen Leuten in das Gebirge der Jiraharaer,
das Dalfinger früher nicht hatte bewältigen können, um bei Bariquici-
meto die jetzt ins Werk zu richtende Expedition zu erwarten. Er ver-
proviantirte sich gut und Hess Van e gas als Vertreter zurück. Um
Federmann mit der zweiten Schar zu treffen, ging er dann weiter
nach Maracaibo, wo die Ansiedlung in voller Auflösung begriffen war, da
Feder mann, gleich Dalfinger, sie für ganz verfehlt belegen ansah
und aus ihr alles irgend Brauchbare an sich zog.
Aehnlich konnte Feder mann in Santana de Coro nicht verfahren.
Dort war der hergebrachte Ausgangspunkt des amerikanischen Lehns;
dort war wirklich ein Stützpunkt für alle Weiserischen Unternehmungen
entstanden, zumal etwa zu der Zeit, als Federmann dort eintraf, ein
Geschäftskontor der Wels er eingerichtet ward, dem Heinrich Rem-
bold zuerst vorstand. Irgendwelche Uebergriffe von Seiten Feder-
mann's waren schon aus diesem Grunde kaum möglich; dazu kam aber
noch, dass weder von Hohermuth's Vertreter, Juan de Villegas,
ein weiterer Verfall gestattet wurde, noch von dem Bichof Rodrigo,
welcher gerade zum zweiten Male in Coro anwesend war, um als erstes
Mitglied des neu zu bildenden Domkapitels dort den Priester Juan
Rodriguez de Robledö als Dechant und Provisor einzusetzen und
alsdann nach Hispaniola zurückzukehren, nicht ohne Befürchtung und
Schadenfreude wegen der eigenwilligen Handlungen von Feder mann.
Dieser verlängerte seinen Aufenthalt in Coro von Woche zu Woche,
denn er hoffte immer auf die Nachricht, die Landeshauptmannschaft sei
in Augsburg wegen der langen Abwesenheit von Hohermuth für er-
ledigt erklärt und ihm, dem nur durch feindliche Einflüsse Verdrängten,
verliehen worden. Während dieser Zeit hörte er wenig von seinen an
den verschiedenen Punkten zurückgelassenen Leuten : beschäftigt mit den
Frohnden der Taucher und der Kontrolle der Muscheln, schwieg Chaves
über den Fortgang des Perlengewinnes beim Segel-Vorgebirge ; ungerufen
116 Geschichte der Weiser-Züge in Amerika.
kam Vanegas aus Axuduara an, wo seit der Auflösung der Kolonie
Maracaibo nichts mehr sich thun liess und Francisco Martin allein
zurückgeblieben war, der seit seiner Gefangenschaft bei den Peraenern
dunkles Hinterwäldlerleben liebte ; über Diego Martinez fehlte auch
lange Zeit jede Nachricht; plötzlich kam von ihm durch vier Boten eine
sehr bedeutsame und merkwürdige. Sein gewagter Zug ins Gebirge der
Jiraharaer hatte zwar zu manchem harten Strauss mit den zahlreichen
tapferen Wilden geführt, aber doch Glück gehabt; jenem Lande war das
Gebiet eines anderen Stammes gefolgt, in welchem Martinez so be-
drängt worden war, dass er nach Zurückziehung seiner Leute einen
möglichst guten Frieden mit seinen Bedrängern hatte schliessen müssen;
dann war das Carora-Land betreten, welches an Nahrungsmitteln für zwei-
monatlichen Aufenthalt ausgiebig gewesen war, und endlich die schon be-
kannte Gegend der Cuibaer, deren Hauplort Tocuyo, obwohl durch die
Cuyoner kürzlich zerstört, genügende Rast für die von den Eingeborenen
friedlich behandelten Christen gewährte. Das Merkwürdigste war aber
die Kunde von einem Zusammentreffen mit Europäern. Martinez be-
richtete nämlich weiter, er sei in der Nähe von seinem Quartier, von
Tocuyo, plötzlich auf Juan Fernandez de Alderete und Martin
Nieto, zwei frühere Officiere von Gerönimo Hortal, gestossen. Vor
Monaten hatten die Leute dieses Landeshauptmanns von Maracapana ge-
meutert und dann in verschiedene Trupps sich zersplittert, von denen
dieser eine in das Innere und endlich nach dem Gebiete von Tocuyo ge-
langt sei. Ausser jenen beiden Führern gehörten zu dieser etwa sechzig
Mann zählenden Schar angesehene Personen, wie JuandeAvellaneda,
Luis Lanchero und Juan Fuerte; sie erklärten einstimmig, schon
lange die Richtung verloren und beim Anblick der Weiserischen zuerst
gedacht zu haben, versprengte Mannschaften eines Gegners von Hortal
vor sich zu sehen. Martinez fragte nun bei Federmann an, was mit
diesen Ankömmlingen geschehen solle.
Federmann entschloss sich, nunmehr selber aufzubrechen, zumal
in letzter Zeit sein Tross vergrössert war. Er hatte nämlich demselben
Häuptlinge des Coriana-Landes mit allen ihren Hintersassen und Leibeigenen
eingereiht, so z. B. die von Todarequiba, von Miraca, Cariba und Guay-
bacoa; doch genügte das Feder mann noch nicht. Es musste daher
Limpias ins Gebirge, um auch dort Gefangene zu machen; der geübte
Indianerkrieger sollte mit diesen alsdann, gleich Martinez, einen Zug
durch das Bergland machen und jenseits desselben erst die übrige Expe-
dition treffen.
Federmann im Tocuyo-Thale und Bariquicimeto-Lande. 117
Bald darauf zog Federmann selbst mit zweihundert Mann zu Fuss
und zu Pferd aus, und zwar, wie H ohermuth, zuerst die Küste entlang,
dann nach dem unteren Tocuyo-Thale und von dort ins Innere. Als er
M a r t i n e z traf, behandelte er die H o r t a 1 'sehen Leute ähnlich, wie früher
die Infante 'sehen; er nahm sie unter sein Volk auf mit Ausnahme von
Alderete und Nieto, welche er als Aufrührer unter Begleitung des
Hauptmanns Beteta über Coro nach Hispaniola sandte. Gleich darauf
ging auch Francisco Vanegas nach Coro zurück, um dort die Inter-
essen von Federmann zu vertreten. Letzterer erhielt jetzt von vielen
seiner Leute Geld, um dafür aus Coro Sachen nachkommen zu lassen ; er
that das gern, sorgte überhaupt für Alles, was seine aus so ganz verschie-
denen Elementen zusammengesetzte Truppe besser zu organisiren ver-
mochte. Zugleich bemühte er sich, die im Tocuyo-Thale sesshaften Ein-
geborenen, die Cuibaer, genauer kennen zu lernen: sie gingen nackt bis
auf Schambedeckung, führten Keulen, Bogen und Spiesse mit durch Feuer
gehärteten Spitzen, hatten die Gewohnheit des Rauchens, lebten ohne Be-
griffe von Ehe oder Blutsverwandtschaft, ohne irgendwelche Verfassung,
indem sie nicht einmal ständige Häuptlinge kannten, vielmehr nur die
Führerschaft desjenigen annahmen, der zur Zeit der Mächtigste war und
jeweilig für Essen und Trinken sorgte.
Der Gesundheitszustand der Expeditionsgenossen, die an den früheren
Halteplätzen meist halbverhungert waren, wurde hier besonders wegen der
guten Fleischnahrung ein ausgezeichneter ; erlegte man doch auch in zwei
Monaten über fünfhundert Stück Wild.
Am 13. Dezember 1536, als Hohermuth die Quellen des Meta-
Stromes sinnend betrachtete, begann von Tocuyo aus die eigentliche Reise,
und zwar unter günstigen Verhältnissen. Ueber Quibor wurde die Bari-
quicimeto-Gegend erreicht, in der man sich so wohl befand, dass das Christ-
fest ganz ohne Sorgen begangen wurde und Pater Juan Verdejo dabei
von frohen Aussichten predigte. Hier zeigte sich sogleich die Spur der
Vorgänger, welcher zu folgen war, so weit es die Ernährung des Volkes
gestattete, die oftmals wieder Schwierigkeiten machte. Es ging nur langsam
weiter wegen der vielen Streifereien durch das zur Rechten sich erhebende
Gebirge- eine Zeit lang marschirte man in drei Partien, während Diego
Martinez noch dazu in das südliche Gebiet der Guaycarier rückte. So
verging Monat auf Monat ; allein ausser der Schwierigkeit des Marsches
hatte der Zeitverlust noch andere Gründe. Federmann hoffte nämlich
auf Nachrichten über die Erlebnisse und Ergebnisse des Hohermuth-
schen Zuges und zugleich auch noch immer auf solche über die Vorgänge
118 Geschichte der Welser-Züge in Amerika.
in Coro; er wartete ausserdem auf die Ankunft des unentbehrlichen
Limpias. So hatte er sich mit einer kleinen Schar nach Bariquici-
meto und Vararida zurückbegeben, während die Expedition bei Hacarigua
die Regenzeit im Lager verbrachte. Von Hoher muth Hefen gar keine
Nachrichten ein mit Ausnahme der Kunde von der Rückkehr der Kranken
unter S a n c h e z , die vor einigen Monaten erfolgt war. Aus Coro kamen
erst Nachrichten an, als der Weitermarsch bereits wieder angetreten und
sogar schon der Apuri-Strom in Sicht war. Diese überbrachte der mit
fünfzehn Mann eintreffende Juan Gutierrez de Aguillon; sie mel-
deten aber nicht die Genehmigung der Handlungen Federmann 's von
Seiten der Santo Domingoer Regierung, geschweige eine Ernennung zum
Weiserischen -Landeshauptmann, erhielten vielmehr zunächst nur den
strengen Befehl jener Behörde, die mitgeführten Häuptlinge der Zaquitier
sofort freizugeben und zurückzusenden, da deren Gefa.ngen nähme höchst
ungerecht geschehen sei und sehr schädlich wirke; sodann enthielten sie
die Botschaft, dass jene Behörde theils weil dort über die Abwesenheit der
leitenden Männer die lebhaftesten Klagen sich erhoben hätten, theils weil
Francisco Vanegas, der bisherige Landpfleger, verstorben sei, einen
Untersuchungsbeamten geschickt habe. Dieser Abgesandte der Königlichen
Regierung von Santo Domingo, fügte Agni Hon hinzu, heisse Antonio
Navarro; derselbe habe bereits in Coro sich eingefunden und gegen
Limpias, welcher bisher noch im Gebirgsgebiet des Baragua- Stromes ge-
blieben, Truppen abgeordnet, um ihn zum Stillstehen zu zwingen. Der-
artige Nachrichten veranlassten Federmann, ganz auf eigene Faust das
Glück zu versuchen. Er beschloss, alsbald die Fährte von Hohermuth
zu verlassen und, anstatt dem Gebirge möglichst zu folgen, in die weite
Grassteppe sich zu schlagen. So zog er über den Darari, wobei ein
Sekretär von ihm ertrank, und dann in die Gegend von Aracheta, wo
endlich Limpias zu ihm stiess, welcher die von Navarro so schnell be-
gonnene Verfolgung noch rechtzeitig genug erfahren hatte, um davoneilen
zu können. Acht Tage lang ging es nun durch sumpfiges, ganz unbe-
wohntes Land. Dann wurden kleine, oft nur aus zwei bis drei Hütten
bestehende Ortschaften angetroffen ; immer mehr verschwand die Bergkette
im Rücken, bis die Ueberzeugung gewonnen war, dass der Weg in die
endlosen Steppen durchaus zwecklos sei. Federmann ging also zurück
an das Gebirge, und zwar zum Quellgebiete des Pauto-Stroms, wo in einem
Orte baumwollene Gewebe und Goldstücke gefunden wurden. Nachdem
dann in Janabacoa die Regenzeit durchgemacht war, wurde wieder einer
neuen Spur von Hohermuth nachgegangen. Sie führte über den Carabo-
Federraann im Lande der CTuaypier. 119
Fluss, wo Fed ermann, gleich seinem Vorgänger, längere Zeit verweilen
musste. Erst Anfang April 1538 traf er auf eine rückwärts führende
Fährte, welche jedoch nur von einer kleinen Schar herrühren konnte, so
dass an einen Streifzug oder einen Kranken -Transport der Hohermuth-
schen Expedition gedacht wurde, welche nach Aussage der Indianer noch
immer im Lande der Guaypier sich aufhalten sollte. „So berichteten die
Wilden," schrieb Feder mann, „auf dass wir weiter zögen ins Land
der Guaypier und dort die nächste Regenzeit zubrächten, nicht bei ihnen
selber; ich aber glaubte damals ihrer Erzählung und zog voran, bis ich in
das Revier des mächtigen Meta-Stromes kam, wo ich wegen des vielen
Himmelswassers und des Steigens der Ströme warten musste. Nur für drei
Monate reichten die Lebensmittel der fast unbevölkerten Gegend. Ich zog
daher weiter, aber Proviant bot sich nicht; an vielen Tagen fehlte das
Brot; Wurzeln der Erde und Früchte der Bäume bildeten unsere Nahrung ;
endlich wurde der Hunger so schlimm, dass wir umkehren mussten. Wenn-
gleich das Land in unserem Rücken wie abgeschoren war, schien es uns
besser zu sein, da Nachlese zu halten, als in so schwerer Regenzeit durch
die vor uns liegenden Einöden weiter zu gehen."
Auf einer dicht beim Gebirge belegenen Fährte gelangte Feder-
m a n n alsdann selbst in das Land der Guaypier, wo wider Erwarten Pro-
viant sich zeigte, obwohl dort das Winterlager der vorangehenden
Weiserischen gewesen war und einige Ortschaften sich verhauset oder
unstätes Herumziehen begonnen hatten. Hier, etwa 300 Leguas von Coro
entfernt, nicht weit von dem Orte, an dem Hohermuth Maria Lichtmess
1537 gefeiert hatte, an einer Stelle der Maruachare-Gegend , welche man
die Schmiede nannte, erfuhr jetzt Federmann, dass Hohermuth be-
reits vor mehr als Jahresfrist den Heimweg angetreten habe; ausserdem
erhielt er dort, wie jener, obgleich er nicht so gute Indianerführer und
Dolmetscher hatte, ebenfalls die Kunde, dass zur Rechten jenseits der
Berge ein reiches Land sich finde, und sah auch von dort stammende
Goldsachen feinen Gehalts. Es begannen hier verschiedene kleine Kund-
schafterzüge: einer führte in ein Gebiet, das von Operiguern bewohnt
wurde, ein anderer reichte bis an das Ufer des Ariari, wo sich eine Ort-
schaft Miregua fand; weiter nach Norden ging Limpias zuletzt am
Tegua -Flusse entlang. Endlich ward beschlossen, dass die ganze Expedition
ins Gebirge eintreten sollte. Sie zog nun 22 Tage lang inmitten von Ur-
walddickicht und Bergwüstenei umher. Auf alle erdenkliche Weise bahnten
sich die Weiserischen ihren Weg, namentlich einmal auch durch Feuer,
dessen unbändiger Brand Tross und Truppe zu vernichten drohte, und
120 Geschichte der Welser-Züge in Amerika.
durch Gegenfeuer, die man klug ersann, bekämpft werden musste. Auf
den kalten Hochsteppen, die glücklicher Weise eine zahlreiche, gute Nahrung
bietende Kaninchenart beherbergten, erfroren sechzehn Pferde. Es war
ein furchtbarer Marsch, der aber am dreiundzwanzigsten Tage in ein
wohl bevölkertes, ja theilweise bebautes Thal führte, das von Fosca. Von
den Eingeborenen, die Kleidung trugen und auch in ihren Ortschaften
mehr Gesittung zeigten, als die Wilden des heissen Tieflandes oder des
rauhen Gebirges, erfuhr man zum grössten Bedauern , ja zum Entsetzen,
dass andere Europäer in der Nähe wären : gefährliche Nebenbuhler. Beim
Weiterzug zeigte sich in einer Pasqua geheissenen Ortschaft einer der
fremden Christen, der über alle Vorgänge genau unterrichtet war, ein in
Santa Marta ansässig gewesener Hauptmann, welcher kürzlich wegen Unter-
schlagung von Beutetheilen zum Tode verurtheilt war , aber Berufung an
die Krone eingelegt hatte, bis zu deren Entscheidung er in jenem Orte
unter den Wilden verweilen sollte.
Dieser Ldzaro Fönte erzählte Federmann und Limpias
von ganz ausserordentlichen Erfolgen. Vor etwa drei Jahren hatte in
Santa Marta der schon bekannt gewordene Lugo aus Anlass der stark
aufgebauschten Angaben, welche über die grosse Dal fing er 'sehe Fahrt
in seiner Landeshauptmannschaft verbreitet waren, eine siebenhundert
Köpfe zählende Expedition zu Schiff und zu Land den grossen Strom,
Dalfinger's Yuma-Fluss, hinauf gesendet, Anfang April 1536, als
Hohermuth vom Thia-Flusse nach dem Opio-Strom unterwegs war und
Federmann am Segel- Vorgebirge die Perlenfischerei einrichtete, hatte
Gonzdlo Jim^nez de Quesada in Lugo 's Auftrag mit dieser
Expedition Santa Marta verlassen. Limpias erkannte aus der Erzählung
sehr wohl, dass der Landzug zunächst genau denselben Weg eingeschlagen
habe, wie vor Jahren Dalfinger, dem er damals unter Esteban
Martin 's umsichtiger Führung gefolgt war. Darauf war Jimönez von
Zonzilloa aus unter grossem Verlust an Menschen stromaufwärts gezogen
und dabei viel weiter gekommen als Dalfinger, nämlich bis zu einem
Uferplatz Tora. Wegen des Auffindens von Salz, das auch für Dalfinger
80 viel versprechend gewesen, war er sodann ins wilde Opon-Gcbirge ge-
drungen. Juan de Rivera und die mit ihm zu Federmann über-
getretenen Santa Martaer konnten wohl sich glücklich preisen, diese von
ganz unerhörten Opfern begleitete Fahrt nicht mitgemacht zu haben, denn
gegen diese fielen die Beschwerden ihres Marsches gar nicht ins Gewicht ;
als Fönte verbannt wurde, lebten von den siebenhundert Mann, die mit
achtzig Pferden ausgezogen waren, nur noch 166, nämlich 62 Reiter,
Federmann's Zusammentreffen mit Jimenez de Quesada und Benalcazar. 121
12 Büchsen- und 15 Armbrust-Schützen, sowie 77 Rodelliere. Diese hielten
nun schon seit einiger Zeit das ganze wohlbevölkerte und gutbebaute
Land, das Feder mann vor Augen lag, in ungestörtem Besitze ; das Thal
der Burgfesten wurde es der vielen kleinen, gutgearbeiteten Anbaue der
Eingeborenen wegen genannt.
Fönte hatte sofort durch einen auf Baumrinde geschriebenen Brief
das bedrohliche Erscheinen von Nebenbuhlern gemeldet, und unverzüglich
schickte J i m ö n e z , verwundert , dass durch die von ihm mehrfach
erfolglos erstrebten grossen Grassteppen Europäer hätten hindurchdringen
können, Boten, um Herkunft und Anzahl der Eindringlinge zu erforschen.
Die Boten trafen nur die Vorhut unter Limpias, die sehr vorsichtig
war, da die von Santa Marta und die von Venezuela, wie Fed ermann
sich ausdrückte, „einander für verdächtige Nachbarn hielten". Sie wurden
daher auch nicht ins Lager gelassen. Um so mehr fühlte Jimenez
dringendes Bedürfniss, mit Federmann schleunigst sich zu verständigen ;
er hatte nämlich kürzlich aus dem Tief lande des Magdalena- Stromes eine
andere, ähnlich überraschende Nachricht empfangen. Von dem gold-
liefernden Orte Neiva, bis zu dem er selber vor einiger Zeit unter grossen
Anstrengungen durch das Gebiet der wilden Pancher durchgedrungen war,
war das Erscheinen anderer, angeblich aus Peru gekommener Christen
gemeldet; diese seien schon mehrere Jahre unter einem der Pizarro 'sehen
Hauptleute, Sebastian de Benalcazar, auf der Fahrt, aber noch gut
in Wehr und Waffen, namentlich noch mit Pulver versehen. Der Nach-
richt folgte Benalcazar auf dem Fusse und stand, als die Verhandlungen
mit Federmann begannen, schon ganz in der Nähe. Desshalb schickte
Jimenez diesem sofort eine Gesandtschaft, welche von elf Reitern be-
gleitet wurde und aus angesehenen Officieren seines Lagers bestand, aus
Diego de Par^des-Calderon, GonzdloSudrez de Rondon, Pedro
Fernandez de Valenzuela und namentlich Juan de Junco, der
ehedem Begleiter von Sebastian Gabotto gewesen war und Leute aus
Venezuela persönlich kannte. Auch diese Gesandten wurden nicht zu-
gelassen; denn Federmann war ebenso misstrauisch, wie Limpias,
besonders auch weil unter seinen Leuten Viele waren, die nicht eigentlich
zu den Weiserischen, sondern zu denen von Santa Marta oder von Mara-
capana gehörten. Er schickte aber in Begleitung von P arides einen
seiner Hauptleute, Fernando Montero, an Jimenez ab; Montero
empfing wollene Kleidungsstücke, während die Federmann'schen Leute
sonst fast allgemein ihre Blossen mit Fellen und Häuten kaum bedecken
konnten ; ausserdem erhielt er für den Feldhauptmann selbst als Gastgeschenk
122 Geschichte der Weiser-Züge in Amerika.
einen goldenen Nasenring der Wilden. Endlich wurde durch Montero
eine persönliche Unterredung der beiden Führer vereinbart, die etwa eine
Legua vor Federmann 's Vorhut stattfinden sollte. Sie geschah, wie
verabredet. Federmann erzählte später, dass viel gesprochen sei über
die Hechte derer, die thatsächlich in einer fremden Landeshauptmannschaft
sich befänden, über Grenzen der in Europa vergebenen Lehen und über
die Befugnisse von Vertretern der königlichen Gubernatoren. Es wurde
jedoch eine Einigung nicht erreicht, so dass Jimönez sich zur Gewalt
bereit machte.
Kampf konnte und wollte der Vertreter der Welser jedoch nicht
aufnehmen. Er sah, dass das Volk seines Gegners wohl ausgerüstet war,
und über die Mittel eines der besten Länder von Indien, das gepriesene
Peru eingeschlossen, verfüge. So kam es endlich, vorzüglich auch durch
den Einfluss von Suärez, dahin, dass Federmann mit Beistimmung
seiner Gefährten zum Besten des Dienstes Gottes und der Krone für das
Nachgeben sich entschied. Es ward also eine Verständigung herbeigeführt,
nach der zunächst die Streitfrage, zu welcher Gubernation das Land, in
dem man sich befinde, gehören möge, ob zu Santa Marta oder zu Vene-
zuela, dem Spruche der Krone vorbehalten bleibe: einem Urtheile, das
von Jimönez und Federmann persönlich in Europa einzuholen sei.
Letzterer willigte ferner ein, dass diejenigen seiner Leute, welche ihn
nicht zurück zu begleiten hatten, einem von Jimenez zu ernennenden
zeitweiligen Oberbefehlshaber huldigten, was natürlich dessen Bruder
Fernando Pörez de Qu es ad a werden sollte; von diesem waren die
Fe der mann 'sehen Leute ebenso gut behandelt worden, wie die Santa
Martaer, namentlich auch bei den Lehnsvertheilungen von Land und
Leuten; endlich bedang sich Federmann das Recht aus, Pferde und
Waffen, soweit sie ihm selber oder seinen Herren Wels er gehörten, zum
Verkauf zu bringen, sowie eine Geldentschädigung von 4000 Goldpesos.
Benalcdzar hatte diese Verständigung zuerst zu verhindern, dann
wieder aufzuheben versucht, ja als Federmann bereits seine Leute mit
denen von Jimönez vereinigt hatte, sandte er im Geheimen Juan de
Cabrera als Botschafter, um eine neue Berufung des Federmann 'sehen
Volkes oder doch des Kriegsrathes zu veranlassen, weil ein gemeinsamer
Angriff gegen die Männer von Santa Marta Sieg zu versprechen schien.
Federmann lehnte solch Ansinnen ab. Endlich schloss sich Benalcäzar
daher der Verständigung an, nachdem vereinbart war, dass die Hälfte
seines Volkes ungestört zum Gebiete von Neiva zurückkehren dürfe,
während die andere Hälfte, gleichberechtigt mit den Uebrigen, da verbleiben
Gründung von Santa Fe de Bogota. 123
könne, wo sie sei; ausserdem verlangte er ebenso, wie Jimenez und
Federmann, seine Ansprüche persönlich bei der Krone vertheidigen zu
können, und entschloss sich zur Mitreise nach Europa.
Gleich nach dieser Verständigung erfolgte im Thal der Burgfesten
die förmliche Einrichtung einer Stadt an dem Orte, der angeblich nach
einem grossen Häuptlinge Bogota genannt wurde; der christliche Name
Santa Fe erschien für diese Neugründung besonders geeignet, da der Geburts-
ort von Jimenez so hiess.
Möglichst bald sollte die Abreise nun erfolgen, doch verzögerte sie
sich um Monate. Die erste Idee, für diese Reise in jenem wilden Tora
Schiffe bauen zu lassen, war zwar aufgegeben, aber für diesen Zweck war
nun der nächst erreichbare bekannte Küstenplatz jenes Magdalena-Stromes,
das im Lande der Pancher belegene Guataqui, ausersehen. Während hier
die beiden zur Rückfahrt erforderlichen Fahrzeuge hergestellt wurden, ver-
blieben die drei Führer in dem kleinen, Santa Fe getauften Orte, für den
alsbald eine Stadtobrigkeit aus den Santa Martaern, zum Stadtpfarrer
jedoch der Weiserische Kaplan Juan Verdejo ernannt wurde.
Auf die Vollendung dieser Schiffe wartend, erfuhr Federmann
Genaues über die Erfolge, welche sowohl Jimenez, als auch Benalcazar
gehabt hatten. Von Jimenez war keineswegs allein das Land, in dem
jene Ortschaft angelegt war, erobert: das Land des genannten unglücklichen
Häuptlings Bogota, welcher in der Wildniss seinen bei einem Ueberfall
erlittenen Wunden erlegen und welchem auch sein Nachfolger im Kerker der
Europäer in Folge der Tortur bereits in den Tod gefolgt war; er hatte auch
andere Kriegszüge von nicht geringer Bedeutung ausgeführt oder ausführen
lassen. Zunächst die nach jenem Neiva ; im Lande des Bogota, hatte nament-
lich der Häuptling von Pasca ihm erzählt, dass dort Gold gegen Salz aus-
getauscht werde, und dass das Gold sich dort unter der Erde finde ; durch
kaltes, wildes Gebirge war Jimenez daher dahingegangen und hatte bald
erkannt, dass das heisse Flussthal, das er fand, von demselben Strom
durchzogen werde, der bei Santa Marta in das Meer sich ergiesse ; zugleich
hatte er im Lande der Pancher erfahren , dass das Gebiet des schnee-
bedeckten Hochgebirges an Gold sehr reich sei. Mehr noch interessirten
jedoch die Versuche, in die Llanos vorzudringen. Zweimal hatte J i m e n e z
seinen Hauptmann Juan de Sanmartin dahin abgeschickt, zuerst von
einem Orte Somondoco, dann von einem anderen, von Duitama aus —
aber beide Male hatte das Hochgebirge ein Durchdringen unmöglich
gemacht. Eine andere Nachricht hatte gesagt, dahin führe der Weg durch
das Gebiet Menza, in welchem nicht bloss gekleidete Menschen in Stein-
124 Geschichte der Welser-ZUge in Amerika.
häusern wohnten, sondern auch ein Haus der Sonne sich finde. Auch hier
war der Versuch erfolglos geblieben; allein es war doch etwas entdeckt
worden, was an solchen Tempel erinnerte. Ausser dem nach dem Bogota-
Häuptlinge genannten Lande war auch ein Nachbarland erobert, das man
nach dem Häuptling Tunja nannte. Jimöncz hatte diesen überrascht
und gefangen genommen und dabei nicht weniger als 140000 Pesos reinen
und 30 000 Pesos geringeren Goldes erbeutet ; das übrige sei versteckt
gewesen. Das Gold erhalte der Tunja von den Amazonen; nach diesen
hatte Jimönez seinen Bruder entsandt, doch hatte dieser auf einem
60tägigen Zuge wohl grössere Ortschaften, aber kein Gold, keine Ama-
zonen oder gar ihre Königin Jararita gefunden, wie denn auch ein
zweiter Versuch, jenes Weibervolk, dessen Bereich bis an den Magdalena
hinabgehen sollte, zu treffen, erfolglos geblieben war. Reiches Gold war
aber auch noch bei einem anderen Häuptlinge jenes Landes erbeutet, der
Sogamoso hiess; dort hatte nach Federmann 's Ansicht das Haus des
Meta gestanden, das die Weiserischen früher gesucht hatten: jetzt war
die Stätte leer.
Das Gesammtergebniss der Goldbeute, die man Tunj a und Sogamoso
verdankte, hatte 191294 Pesos feinen, 37 288 Pesos geringeren und
18 290 Pesos bereits verarbeiteten Goldes betragen. Dazu waren aber
noch 1815 Smaragden gekommen, jene lang ersehnten grünen Steine. Ja,
sogar die Stätte der Smaragdwäschereien, Somondoco, war entdeckt
worden; Pedro de Valenzuela und Jimönez hatten mit eigenen
Augen gesehen , wie dort mittelst Wasserleitungen der gepriesene Edelstein
aus dem Felsen losgeschwemmt wurde ; noch immer kamen frischgewonnene,
in Erz und Kristall eingeklemmte Smaragden nach Santa-F^.
Die Abwägung und Abzahlung dieser Beute, von welcher der Fünfte
der Krone gebührte, war, nachdem die Verlehnung von Land und Leuten
vorgenommen war, das letzte Geschäft, das hier noch erledigt werden
musste. Sobald die beiden Bergantinen fertig waren, konnte dann Neu-
Granada — so hatte Jimönez alles Land genannt, welches er nach dem
üebergange über das Opon-Gebirge berührt hatte — verlassen werden.
Am 12. Mai 1539 erfolgte in Guataqui die Einschiffung; Feder-
mann wurde von Limpias begleitet, im Ganzen reisten etwa 35 Personen
ab. Man war kaum 30 Leguas gefahren, als gefahrvolle Stromschnellen
sich zeigten, wo die Schiffe durch laut brausendes, Strudel und Stürze
bildendes Wasser, durch bald platt liegendes, bald scharf emporragendes
Gestein bedroht wurden. Als man glücklich dieses Hinderniss überwunden
hatte, ging die Thalfahrt ohne Schwierigkeiten und Gefährdungen zwölf
Rückkehr nach Cartagena. - 125
Tage lang voran. In der Mündung des Stromes fuhr man aber nicht nach
Osten, sondern, angeblich des bösen Wetters wegen, nach Westen, so dass
die Schiffe nicht in Santa Marta, sondern in Cartagena verlassen wurden,
wo der erste Landeshauptmann, Pedro de Heredia, und sein Bruder
Alonso von einem Abgesandten der Santo Domingoer Regierung, Juan
de Vadillo, in Gefangenschaft gesetzt worden waren. Letzterer hatte
nun schon vor etwa anderthalb Jahren den Ort verlassen und nach San
Sebastian de Urabd sich begeben, um von dort im Flussgebiet des Atrato
vorzudringen. Statt seiner war in Cartagena Francisco de Santacruz
als Landpfleger- dieser beschloss gerade jetzt, die beiden Heredia nach
Spanien zu senden, und rüstete auch seinerseits für eine Expedition in das
Innere. Er empfing die Männer, welche so seltsame Kunde aus den
Bergen brachten, nicht ohne Neid.
Keiner der drei Conquistadoren erfüllte die nächstliegende Pflicht,
die der Berichterstattung und Rechenschaftsablegung ; weder Jimönez
ging nach Santa Marta, wo übrigens L u g o kürzlich verstorben war, noch
Federmann nach Coro, von wo aus Dechant Robled o Hohermuth 's
Rückkehr gemeldet hatte, noch auch Benalcdzar nach dem fernen Peru,
über dessen blutigen Bürgerkrieg böse Gerüchte umgingen. Dieses Ver-
halten ward von der Regierung auf Hispaniola sehr scharf beurtheilt;
es rief sogar Entrüstung hervor und wurde bald zur Ursache grosser
Schädigungen. Am 8. Juni 1539 nahmen die Drei ein Schiß" und fuhren
nach Jamaica. Von hier aus sandte übrigens Feder mann am 1. August
1539 Limpias nach Santo Domingo mit einem Berichte an die Regierung,
mit Smaragden und 2000 Dukaten Gold für die Faktorei, sowie mit
1344 Pesos 19karätigen Goldes, und mit einem Smaragden für seinen
Freund Francisco Davila, der ihm Vorschüsse gemacht hatte.
Oviedo, der Schlosshauptmann von Santo Domingo, sah damals Gold
und Edelsteine aus dem jüngst entdeckten Neu-Granada; jenes sei dünnes
Goldblech gewesen und scheine die inneren Wände eines Tempels oder
Palastes bekleidet zu haben; denn es heisse, dass dort die Eingeborenen
solche Wände vergoldeten, wie sie in Spanien mit Kreide und in Santo
Domingo mit Kalk bekleidet würden. Die den peruanischen nicht gleich-
werthigen Smaragden gehörten nach Oviedo nicht zur eigentlichen Beute,
da sie in einem Gebirge gewonnen seien, wo die Christen viele von ihnen
hätten herausbrechen und herauswaschen lassen. Feder mann schrieb
damals Davila, dass zweifelsohne das Thal der Burgfesten zum Lande
der Wels er gehöre; was das Besitzrecht der Santa Martaer anbelange, so
hätten diese weder den grösseren, noch den besseren Theil des Landes in
126 Geschichte der Welser-Züge in Amerika.
Besitz genommen ; auch dürfe das in Besitz Genommene denen von Vene-
zuela nicht vorenthalten werden, weil diese schon auf ihrem Auszuge ge-
wesen seien, als die Besitzergreifung durch die Santa Martaer stattgefunden
habe. Der Zugang zu dem Lande sei auch von Venezuela aus der beste,
freilich nicht auf dem Wege, den er selber eingeschlagen habe, wohl aber
auf einem anderen, der hundert Leguas näher nach den venezuela-
nischen Gewässern hin liege, und der ihm angezeigt sei. Er nahm keinen
Anstand, Dalfinger undHohermuth zu beschuldigen, dass sie längst
dieses Land hätten in Besitz nehmen können, jener vor acht, dieser vor
drei Jahren. Nun habe erLimpias mit jenen Dukaten gesandt, weil er
die königlichen Beamten in Santana de Coro furchte, und bitte Davila,
ihn in seinen Plänen durch Briefe zu unterstützen; damit er ihn nicht
vergesse, schicke er den Smaragden mit; er selber werde über seine Zu-
kunft erst beschliessen, wenn die Bestimmung hinsichtlich der Landes-
hauptmannschaft feststehe; denn er wolle nicht noch einmal erleben, was
ihm früher widerfahren sei; wenn man nicht handeln wolle, wie vernünftig,
werde er sich zufrieden geben und mit 20000 Dukaten in seinem Vater-
lande oder in Spanien so gemüthlich leben, wie auf Hispaniola mit 100000,
ohne sich um das verlorene Venezuela, dessen Rettung in seiner Hand
liege, noch weiter zu quälen. Er wisse aber von dem Lande noch mehr,
als er jetzt sage; das werde er aber erst mittheilen, wenn er aus Europa
als Landeshauptmann der Wels er zurückkehre.
Schon bald darauf schiffte sich Feder mann selbst, noch vor Kurzem
inmitten weitausschauender Pläne und voll berechnender Hoffnungen, nach
Europa ein, ohne mit seinen alten Freunden in Venezuela sich ver-
ständigt zu haben. Er fuhr nicht nach Spanien, obwohl dort nach der
Vereinbarung mit Jimönez und BenalcAzar das Urtheil der Krone
über die Zugehörigkeit Neu-Granada's persönlich einzuholen war, obwohl
Sevilla der eigentliche europäische Ausgangspunkt für die Weiserischen
Unternehmungen war; er ging auch nicht nach Augsburg, dem Wohnsitze
seiner Herren, noch nach Ulm, seiner Vaterstadt: er wandte sich viel-
mehr nach Flandern und suchte zunächst Antwerpen auf Dadurch wurde
das Missfallen, das er durch sein eigenmächtiges und kostspieliges Vor-
gehen bei den Welsern erregt hatte, nur noch gesteigert; in energischer
Weise wurde er von Augsburg her zur Rechenschaft gezogen, und gegen
ihn gar eine Untersuchung wegen Unterschlagung eingeleitet; doch ehe
noch eine Auseinandersetzung mit seinen Herren zu Stande gekommen war,
verstarb er in Gent. Sein Tod begrub die beste Kunde von dem wunder-
reichen Binnenlande, das jetzt Neu-Granada genannt wurde.
Hohermuth's Ankunft in Coro. 127
XI.
Als Pedro deLimpias auf Hispaniola die Aufträge des bereits
nach Europa abgefahrenen Federmann ausrichtete, betrieb dort Georg
Hohermuth, den man so lange Zeit für todt gehalten hatte, eine neue
Expedition- er that das ohne Zustimmung seiner Augsburger Herren und
ihrer Santo Domingoer Faktorei, aber auch nicht immer für eigenes Geld,
sondern meist aus Mitteln, welche andere ihm vorgeschossen hatten; auch
das erste Ergebniss der C ha ves 'sehen Perlenfischerei am Segel- Vorgebirge
verwandte er hierfür.
Hoher muth war am 27. Mai 1538, also etwa zur Zeit, da Feder-
m an n seinen Zug über die Hochsteppe vollendet hatte, mit 110 Mann und
24 Pferden in Santana de Coro eingetroffen, nachdem er noch gegen Schluss
seiner grossen Reise in der sonst ruhigen Bariquicimeto-Gegend schlimm
durch die Jiraharaer mitgenommen M^ar; diese hatten seine Schwäche er-
kannt und ihn mit ganzer Wucht angegriffen, insbesondere hätten sie auch
sicherlich den erkrankten Diego deMontes gefangen genommen, wenn
ihm nicht der Zaquitier- Häuptling Catalmyare, der bereits europäische
Waffen trug, zu Hülfe gekommen wäre.
Die damals endende, gerade dreijährige Fahrt der Weiserischen hatte
nur 5518 Goldpesos und 4783 gewöhnliche Pesos eingebracht, nach Abzug
der Schmelzgebühren und des Königsfünften nur 1262 Pesos für die Leute.
Diese Summe war nebst 1700 Pesos, die dem Landeshauptmann gehörten,
nach Santo Domingo gesandt worden, um das Nothdürftigste zu beschaffen ;
denn in Coro, wo sich alsbald als neuer Weiserischer Faktor Melchior
G rubel einfand, sah es immer noch gar traurig aus. „Wir vermeinten
hier nach unserer langen, arbeitsamen Reise wieder auszuruhen und uns
stärken zu können," schreibt Hütten, „fanden aber das ganze Land ver-
derbt, so dass wir hier in gleicher Mühe und Noth, wie auf dem Zuge,
lebten," Man war auf Unterstützungen von Santo Domingo her geradezu
angewiesen; so wartete man Oktober 1538 in Coro auf ein Schiff, das
mit Proviant und Kleidung von dort kommen sollte, und noch später hoffte
man auf ein anderes, das Ende Januar eintreffen und Pferde sowie sonstige
Hülfsmittel bringen sollte. Der Aermlichkeit der wirthschaftlichen Ver-
hältnisse entsprach die Zerrissenheit der politischen, wenn von solchen in
der kleinen Stadt überhaupt die Rede sein konnte. Navarro hatte die
wenigen Leute, die von Feder mann nicht mitgenommen waren, in Coro
und seiner nächsten Umgebung keineswegs zusammengehalten; vielmehr
128 Geschichte der Welser-ZUge in Amerika.
war dort der unruhige Sinn noch mehr gewachsen, zumal aus Maracapana
zersprengte Reste eines Entdeckerzuges herbeigeströmt waren. Der Auf-
trag, der Navarro in die Kolonie geführt hatte, war fast völlig in Ver-
gessenheit gerathen, und das begonnene Untersuchungsverfahren ganz
erfolglos verlaufen, da die Leute fast einmüthig auf der Seite von Hoher-
muth standen. Dem Feinde des Letzteren, Francisco de Velasco,
war daher nichts anderes damals übrig geblieben, als mit den etwa dreissig
Unzufriedenen — darunter Pancorvo, Castrillo, Bustamente,
Sancho de Villanueva — von dannen zu ziehen. Von der
Insel Cubagua nahmen sie eine Schiffsgelegenheit nach Cartagena. wo
der Abgang einer neuen, Juan de Vadillo folgenden Expedition er-
wartet wurde; dann rückten sie in Maracapana ein, fanden aber bei den
wenigen dortigen Christen, zu denen auch JuandeCastellanos gehörte,
keine Hülfe; ja ihr Zug missglückte so vollständig, dass an Rückkehr
nach Coro gedacht werden musste; nur wenige Ueberlebende kamen dort
an, obwohl Navarro am 15. August 1538 den Abtrünnigen gefolgt war,
wie er sagte, um sie zurückzuführen. Als er somit unverrichteter Sache
wieder heimkam, fand er einen königlichen Erlass vor, welcher nicht bloss
ihn nach Hispaniola zurückrief, sondern auch die gegen den Landeshaupt-
mann gerichtete Untersuchung aufhob, und für den Fall, dass Letzterer
noch nicht wieder eingetroffen sein sollte, den Bischof Bastidas aufs
Neue zum Landpfleger ernannte. Dieser immer zur Stellvertretung bereite
geistliche Herr war bei Navarro 's Rückkehr schon in Coro anwesend,
und verständigte sich leicht mit dem in alle Ehren wieder eingesetzten Wei-
serischen Gubernator, dessen Kraft und Muth keineswegs gebrochen waren.
Der S p e i r e r übersandte am 9. Oktober 1 538 Berichte an die Krone,
an die Regierung von Santo Domingo, an seine Herren Welser; elf Tage
später schrieb sein Vertrauensmann, Philipp von Hütten: „Es ist
Wunder, was man täglich für neue Länder entdeckt. Wir haben jetzt auf
diesem Zuge kaiserlicher Majestät fünfhundert Meilen Land gewonnen und
aufgefunden, und ich hoffe, obwohl wir zu der besten Zeit wieder um-
wenden mussten, dass unser Land, noch ehe drei Jahre vergehen, das
reichste sein soll, das man an diesen Orten gefunden hat. Der Guber-
nator rüstet sich bereits wieder, einen Zug zu thun."
Es ging nicht so rasch. Um das armselige Coro möglichst zu ent-
lasten, schickte Hohermuth Mitte 1539 zunächst Hütten mit einer
grösseren Zahl von Ansiedlern nach Bariquicimeto , wo eine dauernde
Niederlassung hergestellt werden sollte. Dort traf man im August wieder
auf Europäer aus dem Nachbarlande Maracapana; diese sollten früher
Hohermutli's Rüstung zu einer neuen Fahrt. 129
„gegen den Meta-Fluss zu und nach dem Hause der Sonne gezogen sein,
worüber jetzt Feder mann und die von Santa Marta genaue Nachricht
haben"; ihr Feldhauptmann Antonio Sedeno war sogleich zu Anfang
der Reise gestorben und hatte die Führerschaft einem jungen Edelmanne,
Pedro de Reinoso, hinterlassen; dieser hatte jedoch auch nichts aus-
zurichten vermocht, sodass er den grössten Theil seines anfangs 400 Mann
zählenden Volkes verloren hatte und nun nur noch mit 86 Christen in
die Weiserischen Provinzen kam. Hütten stiess zufällig auf diese Ein-
dringlinge, überfiel sie früh am Morgen und brachte alle ihre Wehre in
seine Gewalt. Um die Zeit des Jahreswechsels kehrte Hütten von diesem
Streifzug nach Coro zurück. Die Leute der R ei no so 'sehen Expedition
blieben zunächst auch dort, bis sie dem Statthalter, der abwesend war,
überantwortet werden konnten.
Hohermuth war nach Santo Domingo gegangen und rüstete dort
seit Mitte 1539 zur neuen Fahrt. Er meldete manche gewichtige Neuig-
keit, welche bei den Weiserischen den ungeduldigen Wunsch nach einer
neuen grossen Expedition noch belebte, namentlich die Nachrichten, die er
vonLimpias undDavila über Federmann erhalten hatte, der selbst
so unerklärlicher Weise nach Europa abgereist war. Dass so manches
Geheimniss noch aufzuklären war, hob allgemein den Muth, Zuversichtlich
schrieb auch Hütten zu Beginn des neuen Jahres: „Es wird wohl März
oder April werden, bis wir ausziehen ; ich bin .aber noch Willens, mit dem
Gubernator zu gehen, obwohl ich lieber auf den Federmann warten
wollte, wenn ich sicher wüsste, dass er käme; denn ich hoffe, dass von
ihm mehr sollte ausgerichtet werden, da er ein geschickter Gesell ist und
auf ihm, wie ich glaube, die Zukunft dieses Landes steht. Als ich damals
sah, dass unsere Absicht, dem Federmann sofort nachzuziehen, sich
zerschlug, wollte ich nach Hause zurückkehren; nun ist aber mittlerweile
von dem Federmann und von den grossen Schätzen, die er aufgedeckt
und gefunden hat, solche Zeitung eingetroffen, dass nicht allein die, so im
Lande sind, nicht zur Heimath zurück wollen, sondern ganz Santo Domingo
und ein grosser Theil von Hispaniola herzukommen Willens ist. Wäre
mir dazumal, als ich Federmann suchte, das Glück nicht widerwärtig
gewesen, so würde ich jetzt wohl mit ihm in Spanien oder Deutschland
sein und eine Winterzehrung von etwa 20000 Pesos mitgebracht haben.
Feder mann und seine Leute haben nämlich Nachricht von viel mächtigem
Reichthum, und warten nur auf mehr Volk; hoffentlich werden wir noch
zu rechter Zeit kommen. Was für einen Verlauf Federmänn's Reise
im Einzelnen genommen hat, könnt ihr daheim am besten durch die Herren
Festschrift der Hamljurgisehen Amerika-Feier Tl. 9
180 Geschichte der Weiser-Züge in Amerika.
Welser vernehmen, denn er ist nicht über Coro hinausgefahren; ich bitte
euch aber treulich, dem Federmann, wenn er in Deutschland zu euch käme,
meinetwegen alle Ehre anzuthun; denn ich habe keine Zweifel, unsere
Herren Wels er werden ihn wieder hierher fertigen, da ihnen nicht wenig
an dem Manne gelegen ist."
Denselben entschlossenen Sinn, wie Hütten, -zeigte Hohermutli,
Als er in Santo Domingo seine eigenmächtigen Rüstungen beendet hatte,
fuhr er mit 150 Pferden und etwa 200 Leuten frisch angekommener Mann-
schaft nach Santana de Coro zurück, um dort an die Einrichtung der
neuen Expedition die letzte Hand zu legen. Limpias war zunächst noch
auf Hispaniola geblieben; mit der Vorhut hingegen wurde bereits Lope
Montalvo de Lugo in Begleitung von Hütten nach Bariquicimeto
vorausgesandt, wo er auf die Expedition warten sollte.
GeorgHohermuth, der Speirer, folgte ihm nicht. Ihn raffte An-
fang November 1540 zu Coro, inmitten seiner Pläne und Vorbereitungen,
inmitten seiner alten Getreuen und neuen Genossen das Tropenfieber dahin.
Die dortige kleine Festungskirche gab dem tapferen und rastlosen, allgemein
beliebten deutschen Manne, der gerade der Erfüllung seiner hohen Hoff-
nungen nahe zu sein glaubte, die letzte Ruhestätte; Dcchant Robledo
segnete sie mit ergreifenden^ lange unvergessenen Worten ein.
Auch in Santo Domingo herrschte über diese unerwartete Todes-
nachricht, die der Weiserische Faktor Melchior Grubel alsbald dorthin
gebracht hatte, allgemeine Trauer ; denn auch dort hatte der Speirer in
weiten Kreisen sich Anerkennung und Freundschaft erworben. Alsbald brach
Bischof Basti das, den Rathschlägen von Limpias entsprechend, mit
den noch für Hohermuth beschafften Ausrüstungsgegenständen, Pferden
und Mannschaften, begleitet von Grubel und Limpias, nach Coro auf,
wo er nach neuntägiger Fahrt Anfang December ankam. Hier war gerade
vor ihm Philipp von Hütten eingetroffen, welcher sogleich nach
Empfang der Trauerbotschaft Bariquicimeto verlassen hatte; Montalvo
hingegen, der mit ihm dorthin gezogen war, hatte beschlossen, sich um
Coro nicht weiter zu kümmern, und war, der noch erkennbaren Feder-
mann'sehen Fährte folgend, nach jenem neuen Granada eigenwillig auf-
gebrochen. Wie hier, so drohte der Zusammenhalt in der Kolonie mit
Hohermuth 's Tode allgemein zu schwinden und die Deutschen hätten,
wie Oviedo meinte, „viele Tausende von Dukaten von Spanien aus ver-
senden und verschwenden müssen" — wenn Bischof Bastidas nicht
sofort thatkräftig und unter Aufwand von eigenen erheblichen Mitteln
eingegriffen hätte. Unverzüglich ernannte er den „edlen deutschen Ritter"
Holiermuth's Tod. Bischof Bastidas in Coro. 131
Philipp von Hütten zum General-Kapitän und ordnete ihn sofort ab,
um Montalvo zurückzuholen, was freilich erfolglos blieb, da die Fort-
gezogenen nicht gefunden werden konnten. Mit Fleiss und Eifer traf er
auch die verschiedenartigsten Bestimmungen für die neue Expedition, für
deren Ausführung in gleicher Weise die königliehen Fiskalvertreter in
Santo Domingo, wie der Weiserische Faktor in Coro sich ausgesprochen
hatten. Er traf Sorge dafür, dass das Kriegsvolk mit allem zur Reise
Nothwendigen versehen werde, und gab vor seiner Abreise nach Santo
Domingo den Führern noch mancherlei Anweisungen und Ermahnungen:
„den Zug wie christliche Soldaten auszuführen, die Mannschaftsrolle stets
in Ordnung zu halten, im Lager und auf dem Wege Zucht zu bewahren,
die unbekannten Gegenden nicht mit Kampf und Gewalt zu überziehen,
sondern mit Güte und Billigkeit in Besitz zu nehmen, die Erlebnisse und
namentlich die Richtung des Zuges genau zu verzeichnen und Alles der-
gestalt vorzubereiten, dass später in Coro oder Santo Domingo ein aus-
führlicher Bericht für das Indien-Amt und für die Krone ausgearbeitet
werden könne." Doch Bischof Bastidas vergass auch nicht bei den
Vorbereitungen zur neuen Fahrt, für die Kolonie Sorge zu tragen. So
veranlasste er, dass nicht alle königlichen Beamten Coro mit der Expe-
dition verliessen, dass sie vielmehr für die letztere ihre Aemter an einen
Vertreter — Antonio Naveros — übertrügen, wie er auch Rodrigo
de Ribero zum Gerichtsbeamten der Expedition ernannte ; ferner befahl er,
dass für den Zug nicht wieder viele friedliche Indier aus der Nachbarschaft
Coro's, namentlich aus dem den Christen befreundeten Zaquitier-Stamme mit-
geschleppt würden. Er richtete überhaupt, wie Bastidas' Lobredner,
Oviedo sagt, „Alles ein, wie es sowohl dem Dienste unseres Gottes und
unseres Monarchen entsprach, als auch der Erhaltung und der guten Be-
handlung der Eingeborenen und dem Besten der Conquistadoren."
Der neue Zug verzögerte sich jedoch länger, als man erwartet hatte.
Philipp von Hütten hatte zwar Anfang 1541 die kaiserliche Be-
stätigung als General-Kapitän erhalten. So stolz er aber auch war, des
Kaisers Hauptmann jetzt zu heissen, er gab sich der Hoffnung hin, dass
ihm auch die Landeshauptmannschaft alsbald übertragen werden würde.
So hatte er schon gleich nach seiner Rückkunft in Coro unter dem
12. December 1540 seinem Bruder, dem Bischof von Eichstädt, geschrieben:
„Da meine Sache nun gut sich anlässt, will ich euch aufs Höchste bitten,
mit den Herren Wels er Gebrüdern wegen dieses Landes zu verhandeln,
däss sie mich zum Gubernator ernennen; das wäre mir und unserem Ge-
schlecht zur Ehre. Ich soll, so Gott will, über zwei oder drei Monate
9*
182 Geschichte der Weiser- Züge in Amerika.
von hinnen ziehen, meine Entrada zu thun; Gott der Alhnächtige
verleihe mir Glück und Heil und lasse mich in seinem Dienst viel aus-
richten," Doch wie Hütten hinsichtlich des Anfangs der neuen Expe-
dition sich getäuscht hatte, so sollte er auch vergeblich auf die Ernennung
zum Gubernator warten. In Augsburg war nämlich Mancherlei vor sich
gegangen, von dem man in Coro doch nur sehr unbestimmte Vorstellungen
hatte, und dort war zu Anfang 1541 ein hochwichtiger kräftiger Entschluss
gefasst worden, den man weder in Santo Domingo, noch in Venezuela
vorausgesehen hatte.
Die Augsburger Herren waren über den Verlauf ihrer amerikanischen
Unternehmungen sehr wenig erbaut ; namentlich hatten sie nicht das eigen-
mächtige Vorgehen von Hohermuth und Federmann gebilligt. Wie
sie über Ersteren dachten, deutet ein Brief Jacob Rembold's in
Augsburg an. Dieser schrieb an jenen Davila: „Was die Summe anbe-
langt, die euch Georg von Speier schuldete, so werdet ihr wohl wissen,
dass die Herren Wels er von den eigenen Geschäften ihrer Statthalter
keine Notiz nehmen, da keiner von ihnen zu Geschäften solcher Art be-
vollmächtigt gewesen ist. Obwohl S p e i e r dem Hause eine grosse Summe
schuldet für das, was für die Perlen einging, und für das, was er von dem Kriegs-
bedarf, sowie dem sonstigen Hab und Gut der Herren Wels er nahm, so
würden diese Schuldposten doch nicht verloren sein, wenn er dort in
Venezuela Vermögen hätte und ihr einkassiren würdet, was von demselben
noch übrig ist. Ihr wisst besser, als irgend ein Anderer, was diese Herren im
Lande der Wels er schon versucht haben, ohne einen Pfennig zu besitzen."
Erntete Hohermuth in der Heimat keinen Dank, so noch viel
weniger Federmann, welcher mit den Welsern sich nicht hatte ver-
ständigen können und sogar schliesslich wegen Unterschlagung von Geld
in Untersuchung gekommen war. Ueber ihn schrieb jenem Davila
Bartolmä Welser: „Was die Schuld von Federmann betrifft, mit
der er noch im Rückstande ist, so werde ich sorgfältig darauf bedacht
sein, in Erfahrung zu bringen, was er mit seinem Vermögen angefangen
hat, und wenn er in Santo Domingo für das neue Königreich gelandet
ist, alsdann wird es die rechte Zeit, das von ihm zu fordern, was ihr ihm
gegeben. Er bleibt dieser Gesellschaft doch noch eine Summe schuldig
und hat uns viele Unannehmlichkeiten verursacht, weil wir ihm so be-
deutenden Betrag gezahlt haben." Noch schärfer drückte jener Rembold
sich aus: „Dieser Federmann kostet uns mit dem, was er von unserem
Vermögen genommen, und mit den Leuten, die er in Neu-Granada ver-
kauft hat, viele tausend Goldpesos, reichlich 6000, worüber wir genügend
Ankunft des jungen Bartolmä "Welser in Venezuela. 133
Beweise haben ; er hat sie in Gold mit sich genommen ; was er aber damit
machte, das werden wir wohl niemals erfahren. Er hat diese Gesellschaft
geradezu beraubt, w^as er in Folge der Stellung als Seiner Majestät
Gubernator vermochte: er wollte nichts von demjenigen, das er an sich
gezogen hatte, herausgeben; er konnte nicht einmal über das, was zu
seiner Zeit vorgegangen war, Rechenschaft ablegen und erhob sogar , als
ihn Seine Majestät aus Grund des Obengemeldeten fassen Hess, eine Klage
unter tausend Betrügereien und falschen Angaben."
Nun war auch Hohermuth, wie Dalfinger, todt. Viele Menschen
und viele Gelder waren an das amerikanische Unternehmen gewandt, um
zu Grossem zu gelangen — aber erfolglos. Die Faktorei in Santo Domingo
gedieh nicht', noch weniger hatte in Coro durch das Weiserische Geschäfts-
kontor ein gesundes kaufmännisches Getriebe ausgebildet werden können;
aus dem Bergbau war nichts geworden, auch die Perlenfischerei in Ver-
fall gerathen ; die Südsee war nicht erreicht und kein neues Peru entdeckt.
Die Verwaltung des wilden Landes war bisher weder nach dem Wunsche
der Krone, noch nach dem Sinne des Geschäfts durchgeführt, ja der
Lehnvertrag in wichtigen Punkten gar nicht erfüllt worden. Dabei zeigte
sich kaum eine berechenbare Aussicht auf Aenderung.
Aber trotz aller Misserfolge hielten Bartolmä und Anton
Wels er mit zuversichtlicher Ausdauer an dem venezuelanischen Unter-
nehmen fest. Doch etwas Besonderes musste und sollte geschehen; ein
letzter Schritt, aber ein Schritt höchster Energie. Des ältesten Theilhabers
ältester Sohn, der Erste, der zu der Erbschaft des grossen Hauses, seiner
ReichthUmer und seiner Ehren, berufen war, wurde nach der drangsal-
vollen, gefahrreichen Kolonie geschickt, ein noch junger, eben 28 Jahre
alter, aber in der Zucht seiner Familie gediehener Patriciersohn und Edel-
mann ; erst sollte er lernen, in bescheidener Stellung helfend bei der Rettung
des Halbverlorenen ; dann sollte er selbst an die Spitze des grossen Unter-
nehmens treten: Don Bartolomeo Belzar, Gobernador de su
Majestad, Adelantado del Reino de Venezuela.
„Vor kurzen Tagen" — so schrieb Hütten in Coro am 10. März
1541 — „ist Herrn Bartolmä Welser's Sohn hier angekommen, ein
verständiger junger Gesell, über dessen Ankunft Alle grosse Freude ge-
habt haben; ich habe keinen Zweifel, dass ihn die Herren Wels er zum
Gubernator machen werden, da Gott ihn zu solcher Zeit geschickt hat."
„Innerhalb dreier Monate," fährt Hütten dann fort, „hoffe ich mit 200 Mann
und 150 Pferden von hinnen zu ziehen im Namen kaiserlicher Majestät
und der Herren Wels er, um Eroberungen zu machen und reiches Land
134 Geschichte der Welser-ZUge in Amerika.
aufzudecken; denn wir wissen sicher, wo es lieget. Den Krieg mit den
Christen fürchte ich mehr, als den mit den Indiern; denn ich weiss wohl,
wir werden auf Christen von anderen Gubernationen stossen und vielleicht
ohne Zwietracht nicht auseinander kommen. Gott wolle dazu seine Gnade
verleihen und alle Dinge zum Besten wenden."
Nicht im Juni, sondern erst im August 1541 begann Hütten seinen Aus-
zug unter bischöflichem Segen ; die Zahl seiner Leute war nicht so gross, wie
er gehofft hatte, nämlich nur wenig über 100 Mann. Zum Mittelpunkte
seiner Entdeckungsfahrten war die durch Hoher muth und Feder mann
bekannt gewordene Maruachare - Gegend im Lande der Guaypier aus-
ersehen. Nach Bariquicimeto ging es zunächst auf einem bisher nicht be-
nutzten Wege, nämlich erst längs der Küste hin und dann bei dem für
die Seefahrt günstig gelegenen alten Orte Burburata das Küstengebirge
entlang bis zur Mündung des Bariquicemeto-Stromes ; hier sowohl, wie an
jenem Küstenpunkte hielt Hütten die Begründung von Niederlassungen
für angezeigt. In Bariquicimeto hatte er zum Entwerfen von Zukunfts-
plänen besonders gute Zeit, da er dort auf einen Nachzug von etwa
40 Mann warten musste, den ihm Artiaga nach einigen Monaten trotz
mancher Kämpfe mit den Jiraharaern glücklich zuführte.
Da einige kleinere Trupps nach Coro zurückgesandt werden mussten,
geschah der Ausmarsch aus jener ersten Wegestation nur mit 112 Mann.
Dann folgte eine, wenn auch unangefochtene, doch drangsalvolle Reise,
bis die Maruachare - Gegend erreicht war, wo die Regenzeit des Jahres
1542, so gut es ging, abgewettert wurde.
XII.
Zur selbigen Zeit, als Hütten Coro verliess, wurde in jenem Berg-
lande, das kürzlich den Namen des neuen Granada erhalten hatte, eine
grosse Expedition ausgerüstet, welche das wilde, die Flussgebiete des
Magdalena und des Orinoco trennende Hochgebirge überschreiten und in
den grossen, jenseits desselben sich ausdehnenden Grassteppen nach einem
sich vergoldenden Wildenhäuptling suchen sollte, über den kürzlich gar
seltsames Gerücht ergangen war, das sich über Quito bald weit und weiter
verbreiten sollte. EI Dorado nannte man den „güldenen Kaziken" -, er
sollte sich täglich vergolden, sei es nun , dass die Körpertheile über Oel
oder Fett mit Goldstaub bestreut oder ganz mit Goldfarbe bemalt, oder
dass die fast alle Gliedmassen bedeckenden Tätowirungcn mit Gold be-
Auf der Suche nach dem El Dorado. 135
strichen waren; Nachts aber solle er den Goldschmuck in irgend einem
Gewässer stets wieder abwaschen, um am folgenden Tage aufs Neue mit
Goldstaub sich zu schmücken. Um diesen güldenen Prinzen und sein reiches
Land zu suchen, war zu Anfang des Jahres 1 541 aus Quito unter Führung
von Gonzalo Pizarro, dem Bruder des blutigen Peruanischen Landes-
hauptmanns, ein grosser Zug, 340 Mann stark mit 150 Pferden und vielen
tausend Indiern, mit Lamas und Schweinen nach dem Tieflande ab-
gegangen, und zwar zunächst nach dem schon 1536 von Gonzalo Diaz
de Pineda entdeckten Lande der Quijoer, das die Kanehl-Gegend ge-
nannt wurde. Diesem Unternehmen wollte Fernando Perez de Que-
sada, der als Vertreter seines Bruders in Santa Fe de Bogota, zurück-
geblieben war, möglichst zuvorkommen; es fehlten freilich Männer, wie
Feder mann und Limpias; allein jener Lope MontalvodeLugo,
welcher kürzlich mit achtzig Weiserischen Bariquicimeto untreuer Weise
verlassen und von Westen her nach den Hochebenen emporgestiegen war,
stand ihm zu Diensten, auch mancher zuverlässige, seiner Zeit hier zurück-
gelassene Genosse Federmann's, von dem Hauptmann Juan de
Avellaneda bis zum Feldprediger Vicente deRequejada. Am
1. September 1541 brach die Quesada'sche Expedition, der Montalvo
als zweiter Anführer angehörte, mit 270 Mann und beinahe 200 Pferden
auf, stieg über eine wohl 50 Leguas lange Hochsteppe, die wegen Kälte,
Sumpf und Wasser fast unzugänglich war, und kam in das von Feder-
mann her bekannte Fosca-Thal. Von da wurde auf einem ebenfalls be-
schwerlichen Marsche, nachdem 25 Pferde und viele Trossleute verloren
waren, die Maruachare- Gegend erreicht, in welcher Hohermuth jenes
Marienfest von 1537 gefeiert, Federmann 1539 seine Lagerschmiede
aufgeschlagen hatte, bald auch Hütten mit seiner Expedition anlangen
sollte. Es wurde die Spur des Erstgenannten, welche Montalvo wohl
zu erkennen vermochte, 50 Leguas weiter verfolgt und weiter westlich bis
zum Papamene vorgedrungen; dann ging es in das Land der Choquer,
nach jenem rothen Flusse, an dessen Ufer Esteban Martin 1537 die
Todeswunde erhalten hatte, und weiter bis die ersten Kanehlbäume sich
zeigten; dort machte die bereits sehr zusammengeschmolzene Schar an
einem Sacramento getauften Orte der Regenzeit wegen längeren Halt. Als
die Jahreszeit den Weitermarsch wieder erlaubte, brach man auf ins wilde
Hochgebirge, das man nach den Befestigungen der Ortschaften als das
Gebirge der Verhaue bezeichnete; dann zwei Monate Ruhe an einem bei
zwei mächtigen Strömen belegenen Orte, der die Schmiede genannt wurde ;
von dort wurde durch Niederschlagen des Waldes ein Weg nach dem
136 Geschichte der Welser Züge in Amerika.
Macoa-Thale gebahnt, durch welches man nach Cibundoy und von da
auf gangbarem Gebirgswege nach dem bereits von Europäern besetzten
Pasto gelangte. Sechzehn Monate war man bereits unterwegs; grosse
Verluste waren erlitten, insbesondere alle Pferde bereits verloren — vom
sich vergoldenden Wildenfürsten war keine Spur angetroffen.
Philipp von Hütten traf in dem Maruachare-Gebiet die Spuren
dieser Expedition und erfuhr dort Einiges über den weiteren Marsch der-
selben, wenigstens so weit er der Fährte von Hohermuth gefolgt war.
Er vernahm dort auch die wunderbare Mär vom güldenen Prinzen; wo
aber das Land des El Dorado liege, darüber vermochte ihm keiner der
Guaypier Auskunft zu geben. Jedenfalls mag diese Nachricht mit dazu
beigetragen haben, dass man während der Regenzeit im Standlager den
Entschluss fasste, bei Beginn der trockenen Jahreszeit der Spur der
Christen zu folgen, obwohl man sich das Bedenken nicht verhehlte, ob
die bereits einmal durchwanderte Landschaft auch noch hinreichend
Nahrung darbieten werde. Da auch Limpias mit Entschiedenheit für
diesen Plan eintrat, setzte man sich Mitte 1542 in der Richtung des
Quesada' sehen Zuges in Bewegung*). Nachdem der Guaviare über-
schritten war, ging es an den wenig übersichtlichen Gebirgsabhängen
weiter nach dem Quellgebiet des silbernen und des rothen Flusses. Hier
sollte irgendwo jener Pass über das Gebirge sich öffnen, von dem so
häufig die Rede gewesen war; doch alles Suchen erwies sich als ver-
gebens.
Als nächstes Ziel wurde jetzt der Montoa-Fluss ins Auge gefasst.
*) Beim Zuge Philipp von Huttens (August 1541 bis April 1546) führte das
tragische Ende fast zu einem Vergessen seines Verlaufes. Wegen der Lückenhaftig-
keit, der Verworrenheit und der Fülle der Widersprüche ist es daher auch nicht mög-
lich, mit unbedingter Sicherheit und einiger Ausführlichkeit die eingeschlagene Koute
der Expedition zu zeichnen. Während mein Vater noch in seinen im November und
December 1888 zu Bremen gehaltenen Vorträgen, über welche ein Bericht in den
deutschen Geographischen Blättern Bd. XII. Heft 1 erschienen ist, sowie in dem
kleinen Dorado- Aufsatz, welcher 1889 in den Mittheilungen der Geographischen Ge-
aellschaft in Hamburg publicirt wurde, an den Angaben Simon's und Piedrahita's
festgehalten hat, hat er sich — einzelnen Notizen nach zu urtheilen — schliesslich
ganz der Version des Juan de Castellanos (a. a. O. S. 226 ff.) zugewandt, da diese
wenigstens nicht so konfus, wie die späteren Berichte, ist, auch auf einen sicheren
Gewährsmann, wie Artiaga, zurückgeht, während die Quellen bei Simon und
Piedrahita ziemlich im Dunkel liegen. Castellanos ist allerdings recht lücken-
haft und ohne Abschluss, wie denn das letzte geographische Datum bei ihm, abge-
sehen von der Erwähnung dn< Kampfes mit Perima, der Zug in das Land der
Macoer ist. Die an und für sich sehr karge Darstellung versagt daher von hier an
für mindestens ein Jahr (Ende 1544 bis Anfang 1546), d. i. bis zum Auftauchen der
Expedition in der Nähe des Tocuyo-Thales, völlig.
Philipp von Hütten' s Expedition. 137
Jenseits desselben trennten sich Hütten und Limpias; dieser, dem
etwa dreissig Mann folgten, ging der Qu e s a d a ' sehen Fährte nach, während
Hütten mit dem jungen Wels er und den Uebrigen aufs Neue in das
wilde Gebirge zog, wo Kälte und Sturmwind das Weiterkommen furchtbar
erschwerten; sie gelangten aber doch, namentlich Dank der Umsicht von
Cristöbal de Rivas, nach einer bewohnten Gegend, welche zum Lande
der Choquer gehörte, aus etwa dreissig gut bevölkerten Dorfschaften be-
stand und Coagoa hiess. Hier schlug Hütten abermals sein Stand-
quartier auf, um von hier aus kleinere Züge in die Umgebung zu machen,
Limpias hier zu erwarten und die nächste herannahende Regenzeit —
April bis Oktober 1543 — hier zuzubringen. Die Streifzüge in die Um-
gegend zeigten, dass die Choquer allgemein sich verhaust hatten ; trotz
ihrer Abwesenheit von Haus und Hof bereiteten sie eines Tages zur
Mittagsstunde in hellen Haufen einen heftigen Ueberfall mit Lanzen und
Pfeilen. Nur mit Mühe gelang es, die Pferde zu satteln. Hütten und
A r t i a g a sprengten voran in die Indianermassen und erhielten gefährliche
Verwundungen .
Nachdem etwa drei Monate verflossen waren seit der Trennung der
Expedition, kehrte der Limpias' sehe Zug wieder zu Hütten zurück. Er
hatte sich in nördlicher Richtung bewegt und das Quellgebiet des Montoa-
Flusses erreicht. Eines Tages traf man dort ein Wildenfahrzeug, mit
dessen Insassen friedlicher Verkehr begonnen wurde; als diese fortgingen,
um Andere herbeizuholen, und eine grosse Anzahl Bewaffneter sich zu
nähern drohte, fürchtete sich Limpias vor der Uebermacht und ver-
barg sich mit seinen Leuten im Dickicht, überfiel dann aber die an das
Ufer Gestiegenen, um Dolmetscher und Wegführer zu bekommen; er
machte bei diesem Ueberfall etliche Gefangene, unter diesen einen Häupt-
ling Cathe, der sich als Herren des Montoa-Landes zu benehmen schien.
Um ihren Häuptling wieder zu befreien, griffen nun alle Wilden auf das
Ungestümste die Limpias' sehe kleine Schar an , so dass diese einen
schweren Stand hatte; die Feinde Hessen erst vom Kampfe ab, als ihnen
auf hoher Lanze der Kopf eines der Ihrigen gezeigt wurde , den sie für
Cathe 's Haupt hielten. Diesen Häuptling und seine Mitgefangenen brachte
Limpias zum Hütten' sehen Lager mit.
Dieses ward nun nach Cuarico verlegt, das von den Winterquartieren
weit entfernt lag, aber nur durch unbeackerte, mit Kräutern und Farren
bestandene Feldstriche von ihnen getrennt war; diese umgaben den Ort,
wie in östlicher, so in westlicher Richtung. Kaum war hier ein festes
Lagor aufgeschlagen, so begann eine grosse Zusammenrottung der Wilden ;
188 Geschichte der Weiser-Züge in Amerika.
Cathe entfloh zugleich und verrieth die Schwäche der Blassgesichter. Es
folgt ein Massenüberfall, dem einer der Christen zum Opfer fällt. Diese
ordnen sich alsdann in zwei Haufen; den der Westseite führt Hütten,
den anderen Limpias; und ein heftiges Streiten beginnt aufs Neue.
Es fällt Francisco de la Torre, und Diego de Montes sowie Pedro
de la Muela haben viel zu thun, um Menschen und Pferde zu heilen.
War durch diese schweren Kämpfe die Expedition schon sehr geschwächt,
80 wurde sie noch mehr entkräftet durch allerlei Krankheiten, durch
welche sie kurz darauf heimgesucht ward; auch Hunger machte sich
wieder vielfach bemerklich, und besonders peinigte der andauernde Mangel
an Salz.
Die Umkehr wurde daher von Allen immer dringender gewünscht; nur
Hütten und A r t i a g a drangen darauf, w^eiter vorzudringen, damit der bald
bereits drei Jahre währende Zug nicht ganz ohne nennenswerthe Erfolge
verlaufe; sie gaben jedoch schliesslich, wenn auch widerwillig, nach. So
ging der Zug denn rückwärts. Er verliess das Land der Choquer, nicht
durch das zerklüftete Gebirge, sondern durch die dichten, an seinem
Fusse sich ausdehnenden Waldungen, in denen etliche Todesfälle vor-
kamen. Unter Fährlichkeiten wurden dann die Ströme wieder über-
schritten : der Montoa, der Bermejo, der Papamene.
Die Schar war auf sechzig Mann und dreizehn Pferde zusammen-
geschmolzen, als das Land der Guaypier wieder erreicht war; dort gab
es reichlich Mais, der in der Zwischenzeit angebaut war, auch Fleisch von
Wildschweinen, und vor Allem Salz.
Von dem weiteren Verlauf des Zuges ist dann, bis auf den Schluss
desselben, nichts weiter bekannt, als dass die nächste Regenzeit in einem
Orte Churupure verbracht wurde, wo von Hütten eine grosse Berathung
abgehalten ward, und dass mit Anbruch der besseren Witterung ein Zug
in das Land der Macoer unternommen wurde, der zu einem so harten
Kampf mit den Eingeborenen führte, dass Hütten und Artiaga schwere
Wunden davon trugen, die viele Wochen zur Heilung beanspruchten. Es
lichtet sich das Dunkel erst wieder, als die unglückliche Expedition auf
ihrem Heimwege Anfang 1546 dem Tocuyo-Thale sich nähert. Dem Haupt-
theile der Mannschaft unter Hütten' s Führung war Bartolmä
Welser, der als unerschrockener Mann und auch als guter Fährtenfinder
sich vielfach hervorgethan hatte, mit einer kleinen Schar vorangeeilt; er
führte das Kommando über dieselbe, obwohl auch Limpias ihr an-
gehörte. In Cariagua verlangte Letzterer aber auch, auf Rath eines alten
Cubaguaers, Luis Fernandez, dass man nicht nach dem elenden Coro weiter
Juan de Caravajal. 139
ziehen sollte, sondern nach Cubagua. Die Mehrzahl der Genossen theilte
dieses Verlangen, und der junge Wels er, der sich ihm widersetzte, wurde
gezwungen, nachzugeben und gleichzeitig den Befehl an Limpias zu
übertragen. Unglück auf Unglück war unter dessen Führung jedoch ge-
folgt, namentlich unaufhörliche Angriffe der Wilden, unter denen Perima
sich hervorthat, der Sohn der gepriesenen Orocomay. Unter Wieder-
anerkennung des Kommandos von Welser musste endlich die Umkehr
erfolgen und doch der Weg nach Coro wieder eingeschlagen werden. Ob-
wohl W e 1 s e r nun Allen ausdrücklich vergeben hatte , fiel in der Nähe
von Bariquicimeto Limpias aufs Neue von ihm ab und schlug mit
wenig Mann seinen eigenen Weg ein. Er zog in das Tocuyo-Thal
und traf hier auf die neue Ortschaft, welche gerade der erst kürzlich von
Santo Domingo aus neu ernannte Statthalter von Coro gegründet hatte.
Hier sollte die ganze Expedition und mit ihr die ganze Welser - Unter-
nehmung binnen wenigen Tagen ihr trauriges Ende finden.
Der von der Regierung in Santo Domingo neu ernannte zeitweilige
Statthalter von Venezuela war Juan de Caravajal, welcher bereits,
als Notar der ersten Weiserischen Expedition, zu den Genossen Dal-
finger's gehört hatte. Er war nach einer Zeit der grössten Unruhe
und Verwirrung auf diesen Posten berufen. Als Bischof Basti das
nämlich 1541 kurz vor dem Aufbruch der Hütten 'sehen Expedition von
Coro nach Santo Domingo zurückkehrte, hatte er Diego de Boiza als
Landpfleger eingesetzt; dieser war jedoch bald wegen allerlei Unrecht-
mässigkeiten, die er verübt hatte, auf und davon gegangen. An seine
Stelle war kraft Ernennung der Audiencia einer der Weiserischen,
Heinrich Rembold, getreten; dieser hatte zunächst von dem seines
Perlenfangs mehr und mehr verlustig gehenden Cubagua hundert Mann
geholt, darunter Juan de Villegas, Diego de Losada und Diego
Ruiz deVallejo, und hatte sich dann mit Eifer daran gemacht. Coro
wieder herzustellen, war aber inmitten seiner Arbeiten schon 1542 ver-
storben. Die Statthalterschaft war dann auf die beiden neuen Alkalden
von Coro übergegangen, auf Bernardino Manso und Juan de
Bonilla, die jedoch auch 1545 das Weite gesucht hatten. Jetzt war
jener Juan de Caravajal in die schwer heimgesuchte Landeshaupt-
mannschaft gesandt. Er griff sogleich sehr entschieden durch ; er gab die
Umgegend von Coro völlig auf und raffte Alles, was da war, Rinder,
Pferde und sonstiges Vieh, auch Indianer, zusammen. Hierbei wurde er
von den Kolonisten selber unterstützt, welche glaubten, es solle der Auszug
nach dem neuen Königreich Granada gehen, dessen Weg bereits bekannt
140 Geschichte der Welser-Züge in Amerika.
schien; dort war, so ging das Gerede, treffliche Verkuiifsgelcgenheit für
Gross- und Kleinvieh; dort konnte man dann ja nach Belieben entweder
bleiben, gleich den meisten Leuten von Federmann, oder die Heimkehr
antreten, wie Federmann selbst.
Caravajal getraute sich jedoch nicht, Montalvo's Beispiel zu
folgen ; er that vielmehr, was bereits Hütten in des S p e i r e r s Auftrag hatte
beginnen sollen. Er ging nämlich von der Bariquicimeto-Gegend, die er,
von der Küste aus im Yaracui - Thale vordringend, glücklich erreichte,
nach dem Tocuyo - Thale und Hess dort am Tage der Empfängniss Maria
in einem Flussplatze seine Karawane Halt machen, um eine neue Ortschaft
zu begründen. Das dortige Bergland, in welchem noch viele fried-
liche und darum brauchbare Cuibaer hausten, schien für Rindvieh-
zucht besonders geeignet zu sein. Caravajal sammelte dort in ganz
kurzer Zeit an zweihundert Personen und wusste sich bei seinen Leuten
beliebt zu machen, indem er ihnen die verschiedensten Freiheiten gewährte.
Juan de Villegas ward zum Haupte der neuen Stadt ernannt.
In dieser erschien nun, wie erwähnt, eines Tages im März 1546 zu
Aller Verwunderung Pedro de Limpias mit sechs Genossen; er be-
richtete über die letzten Zeiten der Hütten' sehen Expedition und fand
bei Caravajal, da er diesem für seine ehrgeizigen Pläne brauchbar
erschien, bereitwilligen Schutz. Der Statthalter hoffte die gesammten
Reste der Weiserischen in Tocuyo festzuhalten. Er sandte zu diesem
Zweck, im Einverständniss mit Limpias, Villegas ab, um W e 1 s e r und
Hütten zu suchen. Ersteren bewog dieser sogleich, sich zu Caravaj al
zu begeben; für den noch zurückgebliebenen Hütten Hess er zwei Briefe
zurück, in denen es hiess, dass Welser in Tocuyo auf ihn warten werde.
Bald darauf erschien Hütten bei Villegas, aber nur mit wenigen
Personen, nicht mit seiner ganzen Schar. Er erfuhr, dass Caravajal
sieh als Statthalter betrachte, und er erlebte, dass dieser ihm durch
Villegas befehlen Hess, unverzüglich nach Tocuyo zu kommen, sogar
mit der Drohung: folge er nicht, so habe er zu gewärtigen, dass wider
ihn fünfzig Reiter ausgesendet würden. Hütten, von der Krone als
General-Kapitän bestätigt, gedachte freilich nicht, den in Santo Domingo
ausgesuchten Gubernator als Vorgesetzten anzuerkennen, da doch das
Besetzungsrecht des Statthalteramtes wie der General-Kapitanie seinen
Herren W eisern vorbehalten war; er ging aber doch mit Villegas
zu Caravajal, der ihm freundlich entgegenkam, mit ihm speisete und
ihn durch Fructos de Tudela zu bestimmen suchte, nicht nach Coro
zu gehen, sondern an Ort und Stelle zu bleiben ; in der Nähe fänden sich
Zusammentreffen mit Caravajal in Tocuyo. 141
reiche Goldlager, die er den Wels er n verschaffen könne. Caravajal
war entschlossen, Alles aufzubieten, die Reste der Weiserischen in
Tocuyo zu sammeln, um erforderlichen Falls mit Waffengewalt dem neuen
Gubernator und Untersuchungsbeamten, welcher bereits von Spanien nach
Coro abgefahren sein sollte, begegnen zu können, dem Juan P^rez de
Tolosa, welchem der Ruf eines gewissenhaften und energischen Mannes
voranging. Hütten jedoch blieb dabei, nach Coro zurückgehen zu wollen.
Am nächsten Tage sah er, wie alle seine Gefährten von Caravajal be-
ordert wurden, vor ihm zu erscheinen; sie traten vor Caravajal's
Wohnung an, aber um ihren Führer geschart, der abermals freien Durch-
zug nach Coro verlangte, da er der Krone wie den Welsern zu berichten
habe; auch gehöre die Gubernation den W eisern. Es kam zum Wort-
wechseL Des Königs, nicht der Wels er sei die Gubernation, rief
Caravajal, Hütten widersprach als kaiserlicher General-Kapitän und
als Beamter des Augsburger Hauses. C a r a v a j a 1 gebot ihm Schweigen
und Hess den Notaren schreiben, dass er dem Widerspenstigen befohlen
habe, als Gefangener in seine Wohnung zu gehen und in derselben zu
bleiben. Hütten behauptete nun, Caravajal sei gar nicht das Haupt
der Gubernation, das sei er selber. Bald kam es zu Thätlichkeiten,
Hütten wie W e 1 s e r stiegen zu Pferde und zogen mit ihren Leuten ab ;
Caravajal folgte ihnen in kurzem Zwischenraum mit den Seinen. Als
er sie einholte, wurde er von Wels er angegriffen, der ihm drei Lanzen-
stösse versetzte und ihn wohl getödtet hätte, wenn nicht sein Pferd, das
zwei Stichwunden erhielt, von den langen Märschen zu sehr geschwächt
gewesen wäre. Erst die einbrechende Dunkelheit endete den Kampf, in
welchem mehrere Pferde durch Hütten genommen wurden. Dieser zog
dann weiter nach Quibor, einer sieben Leguas von Tocuyo entfernten
Ortschaft ; ihm folgten dahin von Caravajal's Leuten Diego R u i z
deVallejo, Gregorio de Placencia und Alonso Romero, die
sich Hütten anschlössen. Hier in Quibor begannen nun zwischen beiden
Parteien in Gegenwart eines Notaren Verhandlungen, in denen schliesslich
abgemacht wurde, dass Hütten nach Coro ziehen solle, und zwar mit
allen seinen Leuten, die nicht bleiben wollten, auch mit jenen drei Ueber-
getretenen; die Ergebnisse des letzten Kampfes sollten wieder ausgeliefert
werden. Die Friedensurkunde unterzeichneten ausser Hütten und
Caravajal mehr als fünfzig Personen. Caravaj al ' s Schritt fand aber
bei seinen Leuten wenig Beifall; namentlich stachelten ihn Limpias,
jener Fernandez und ein Flandrer Sebastian de Almarcha auf.
Hu-tten zieht nun sorglos weiter, auf Coro zu; in einer Schlucht
142 Geschichte der "Welser-Züge in Amerika.
des Carora - Gebirges angekommen , zerstreuen sich seine Leute , um
Nahrungsmittel zu beschaffen. Plötzlich überfallt Caravaj al die Arglosen
mit seinen Reitern; kräftiger Widerstand ist unmöglich, da die Waffen
nicht bei der Hand sind. Hütten und Welser werden in der ersten
Ueberraschung gefangen genommen und sofort in Ketten gelegt, dann auch
die Geringeren mit Ausnahme von Wenigen, welche, wie V a 11 e j o , durch
rasche Flucht sich retten können. Die Gefesselten werden alsbald nach
Tocuyo zurückgebracht. Dort kann Caravaj al bei der Gefangennahme
nicht stehen bleiben-, Limpias und Almarcha reden ihm zu, dass er
die Macht seines Amtes und die Stärke seines Willens durch Hinrichtungen
allem Volke beweise. Er thut es in wilder Hast, ohne die Formen zu
wahren, nicht einmal, dass die Todesurtheile niedergeschrieben werden,
dass die Verurtheilten zur gewünschten Beichte gelangen, dass die Voll-
streckung in hergebrachter Form geschieht. Ein Neger enthauptet mit
einem stumpfen Waldmesser zuerst Romer o, dann Placencia, dann
Wels er und zuletzt Hütten.
Dieses Verbrechen geschah unter dem alten Baume, der die Mitte
des neuen xKirchplatzes in Tocuyo bildete, obwohl eine Anzahl von Geist-
lichen und der Faktor der Wels er zugegen war; es geschah in der
Charwoche des Jahres 1546 (18. — 25. April). Eine Bestattung der Leichen
sollte anfangs nicht erfolgen, jedoch erreichten diese Fructos deTudela
und Martin de Artiaga durch ihre Vorstellungen.
Wenn nun die Reste der Weiserischen eintrafen, so warCaravajal
ihrer sicher. Die Wenigen, die bereits mit Wels er und Hütten ge-
kommen waren, ein wehrloses, krankes Häuflein, durften von Tocuyo
weiterziehen : wenn sie den Jiraharaern entkamen, waren sie in Coro nicht
mehr gefährlich. Mit zwölf Begleitern erreichte Artiaga diesen Ort.
Dort hatte bisher Juan de Frias, der zum Untersuchungsbeamten be-
stellt war, unterthänig verharrt, bald aber traf jener Juan P^rez de
T o 1 o s a mit besonderen Kronvollmachten ein. Dieser griff energisch ein.
Er fand in Coro etwa siebenzig Menschen, die bisher in Angst vor
Caravaj al's Ankunft geschwebt hatten; vierzig der Besten wählte er
unter ihnen aus, ernannte seinen Bruder Alonso zum General-Kapitän,
jenen Losada zum Lagerobersten und jenen Vallejo zum Hauptmann
der Reiterei. Dann brach er nach Tocuyo auf, indem er hoffte, dass die
dreissig dort in der Zwischenzeit angekommenen und aufgehaltenen
Weiserischen zu ihm stossen würden. Es ward der Weg durch das
Gebirge von Carora eingeschlagen, und bereits nach drei Tagereisen
stiessen 25 von Tolosa's Reitern auf 17 von Ca r a vaj al ;- diese er-
Der Welser-Züge Ende. 143
kannten Tolosa sofort als Gubernator an, überlieferten ihm den gefangenen
Pedro de Sanmartin und berichteten, dass Caravajal mit siebenzig
Mann in Quibor stehe. Dort wurde dieser nach einem nächtlichen Marsche
überfallen und mit seinen Genossen gefangen genommen; es hiess, dass,
wenn er noch einen Tag seine Freiheit behalten hätte, Juan deVillegas
mit sieben Anderen das Schicksal von Hütten und Wels er erlitten
haben würde. P^rez de Tolosa brachte nun Caravajal nach
Tocuyo, nahm dort die Verhöre vor und verurtheilte ihn zum Tode.
Der Spruch ward an jenem Baume auf dem Hauptplatze von Tocuyo
vollzogen. Caravajal's Genossen jedoch blieben straffrei, namentlich
auch Limpias.
Mit diesem tragischen Tone klingt die Erzählung von den Weiser-
zügen in Amerika aus. Da auch die letzte äusserste Anstrengung, die
junge Kolonie hoch zu bringen, nicht den erhoflften Erfolg gehabt hatte,
da vielmehr zu allen bisherigen Verlusten sich nun als schwerster und
herbster noch das ungerechte Ende des jungen Bartolmä Welser,
dieses vielversprechenden energischen Erben eines grossen Namens, ge-
reiht hatte, so war Muth und Lust zur weiteren Verfolgung der so klug
und kühn - bewusst eingeschlagenen kolonialen Politik in Augsburg ge-
schwunden. Zwar blieben die Welser noch fast ein Jahrzehnt rechtlich
die Herren der venezuelanischen Lehen, und erst 1555 sollen sie auch den
rechtlichen Titel auf diese transoceanischen Gebiete auf noch nicht auf-
geklärte Weise verloren oder aufgegeben haben : weitere Flotten und
Mannschaften sind aber von den W eisern nicht mehr für Amerika aus-
gerüstet, und kein Dalfinger oder Federmann, kein Hohermuth
oder Hütten ist wieder im Auftrage des Augsburger Handelshauses nach
der verheissungsvollen neuen Welt gezogen. Das letzte grosse Opfer
schien durch keinerlei Erfolge sich wieder gut machen zu lassen; es Hess
sich nicht verwinden, und so endet mit ihm die tragische Mär vom
deutschen Indien, die auch Manches erzählt von deutscher Recken Wagniss
und Drangsal.
JÜAN DE CASTELLANOS.
EIN LEBENSBILD AUS DER CONQUISTA-ZEIT.
W
Festschrift der Haml) argischen Amerika^Feier 11. 10
EINLEITUNG.
ra Jahre 1588 wurde von Neu- Granada, einer der für Europa
abgelegensten Präsidentschaften des spanischen Indiens, eine
umfangreiche Dichtung abgesandt, welche in der einsamen
Hochgebirgsstadt von einem Pfründner der dortigen Kirche,
von Juan de Castellanos, keinem Geringeren gewidmet war, als dem
Könige Felipe II., dem Beherrscher des Mutterlandes. Es bildeten die
54 Gesänge dieser Dichtung, die von Empfehlungen angesehener, in jenem
Tunja und in der Landes-Hauptstadt, Santa Fe de Bogota, lebender Per-
sonen begleitet wurden, das erste Buch eines gross angelegten Werkes ^),
welches „Elegien über Helden Indiens" heisst und ausführlich die Inseln
wie die Küsten des atlantischen Theils der neuen Welt besprechen sollte:
damals sowohl geographisch wie historisch noch wenig bekannte Gegen-
den, in welchen dem Verfasser fast das ganze Leben dahin gegangen war;
ein zweites, ein abschliessendes Buch sollte damals schon beinahe fertig-
gestellt sein. In Madrid übersandte der königliche Indien-Rath die statt-
liche Handschrift zur Begutachtung an einen hochangesehenen Staats-
beamten, der selber früher einmal überseeische Lande kennen gelernt
hatte. Es war Agustin deZärate^), dessen treffliches, die Entdeckung
und Eroberung von Peru behandelndes Geschichtswerk bereits zwei Auf-
lagen erfahren hatte ; der Herr las mit grossem Eifer und erfuhr, dass der
Verfasser lange Jahre damit ausgefüllt habe, das ursprünglich in ungebun-
dener Rede geschriebene Werk umzuwandeln ; er sah, dass keineswegs die
gewöhnlichen Verse der vaterländischen Litteratur gewählt waren, sondern
jene klangvollen Oktave-Stanzen, welche seit Langem die epische Poesie
der Italiener angewendet und jüngst auch ein Kreis hervorragender
10*
148 Juan de Castellanos.
spanischer Dichter nachgeahmt hatte. Nicht bloss wegen dieses Kraftaufwandes
hielt er die baldige Veröffentlichung der Tunjaer Schrift für wünscliens-
werth; er erkannte auch, dass es sich darum handele, einem verdienten
Manne, der bereits in hohem Alter stand, noch bei Zeiten gerecht zu
werden; hiess es doch im ersten Gesang des ersten Abschnittes ungefähr:
Ich hebe zu elegischem Gedichte
Mit klanglos altersschwacher Stimme an;
Ja, meines Lieds Beschreibung und Geschichte,
Sie gleicht dem Sang, den sterbend singt der Schwan!
Doch Niemand ob so später Zeit mich richte:
Dass ich nicht früher schon mein Werk gethan —
Der beste Vorsatz wird ja oft zerrissen
Im Fluthenstrom von tausend Hindernissen.
Die Sache, der ich mich gewidmet habe,
Ist Indiens Erde, diese neue Welt.
Zu retten sie aus des Vergessens Grabe,
Sie, die ein ew'ger Ruhm so schein erhellt:
Dafür bring' gern ich dar all meine Habe
Und eb'ne meinen Pfad, so schwer es fällt;
Denn um so grosse Bahn zurückzulegen,
Hol' ich weit aus auf langen, langen Wegen.
Der bejahrte Zdrate erklärte nach Abschluss seiner Durchsicht, dass
dies ohne irgend ein Nebeninteresse dem gemeinen Besten dienende Werk
nicht bloss druckwürdig, sondern auch für die Krone anerkennenswerth
sei. Er war keine poetische Natur und nahm keinen Anstoss daran, dass
die Elegien wenig Elegisches an sich trugen, dass die Verse mehr be-
schrieben, als besangen, dass sie mehr Geschichte, als Gedichte bildeten.
Gerade des geographischen und historischen Reichthums wegen schien das
weitgereiste Buch schätzenswerth zu sein ; denn der Stoff, welchen es in etwa
3500 umständlichen, den beiden ersten eben angeführten an Breite meist gleich-
kommenden Stanzen behandelte, füllte in (Jer Kunde von den überseeischen
Dingen eine nicht geringe Lücke aus ; das würde gewiss dankbar in allen
Reichen der spanischen Krone anerkannt werden, namentlich in Anda-
lusien, dem hauptsächlichsten Sitze des Verkehrs mit der neuen Welt; als
wichtig erscheine ausserdem die in dem Werke enthaltene Menge bisher
unbekannter indianischer Namen; endlich verdiene der Verfasser als
Astrolog, Nautiker, Mathematiker, Kosmograph Anerkennung. Somit war
nach Abänderung von Kleinigkeiten keine Censur-Bemerkung erforderlich,
und König Felipe gab denn auch die Druckerlaubniss mit zehnjährigem
Privileg — ein zwanzigjähriges war beantragt — im Schloss von San
Lorenzo am IL Juni 1588.
Einleitung. 149
Schon bald darauf gelangte das zweite Buch^) des Werkes von Neu-
Granada nach Spanien; es wurde in Madrid keinem Geringeren vorgelegt,
als dem Dichter Alonso de Ercilla y Zufiiga*), dessen grosses, auch
in Achtzeilen geschriebenes Epos kürzlich zum Abschluss gebracht war.
Der seiner früheren Kraft bereits verlustig gegangene Poet fasste seine
Beurtheilung schulmeisterlich kurz: er habe Nichts gefunden, was dem
Wohlklang oder der Sittlichkeit zuwider wäre; die Erzählung von
Castellanos halte er für wahrheitsgetreu; denn viele Vorgänge und
Einzelheiten, die er während seines Aufenthalts in der neuen Welt selber
gesehen und selber erfahren habe, seien richtig dargestellt, woraus er ent-
nehmen dürfe, dass der Verfasser überhaupt der Wahrheit sich befleissige;
das Buch behandle kriegerische und andere Ereignisse, die bisher von
keinem Autoren dargestellt worden, aber zum Theil doch recht wissens-
werth seien.
Die neu gesandten Verse waren wiederum in etwa 3500 Stanzen und
in 27 Gesängen mit einer Einleitung zusammengefasst. Voran ging ein
Sonett, das an den König, ein anderes, das an den Leser sich richtete;
dann kamen Empfehlungen, lateinische wie spanische, am Schluss ein Laus
Deo. Schnell wurde das mit keiner Censurnotiz belastete Manuskript als
druckfertig amtlicherseits unterzeichnet — allein die Veröffentlichung
unterblieb.
Diese Ungunst des Schicksals theilten auch die beiden anderen
Bücher, die später noch eingingen. Das dritte Buch^), umfangreicher als
die früheren — 44 Gesänge — , war theils in Oktave-Stanzen, theils in jam-
bischen Versen geschrieben; die Anordnung war, wie schon der Titel
„Elegien und Eulogien" zeigte, ziemlich bunt; als Zeichen der Ermüdung
standen am Ende verschiedener Gesänge kurze Schlussverse oder ein
Amen, ein Laus Deo. Die Durchsicht wurde in Madrid an den gelehrtesten
unter den Seefahrern jener Zeit, an Pedro Sarmiento de Gamboa^),
übertragen, welcher kürzlich in der Weise eines Cäsar seine 1579 und
1580 von Peru durch die Magalhaes-Strasse vollbrachte Fahrt ausführlich
beschrieben hatte. Dieser kritisch -anspruchsvolle Mann schenkte dem
Buch keineswegs volle Billigung, obgleich es wiederum zwei Dedikations-
Sonette und die Empfehlungen von mehreren neu-granadischen Gelehrten,
geistlichen wie weltlichen Standes, an der Stirn trug; Sarmiento nahm
etliche Veränderungen vor, verfügte Zusätze und verdammte sogar ver-
schiedene Stellen.
Wie in diesen drei, allmählich nach Europa gelangenden Büchern
die westindischen Inseln Espanola, Puerto-Rico, Cuba und Jamaica, ferner
150 Juan de Castellanos.
Cubagua, Margarita und Trinidad, und ausserdem die Festlands-Provinzen
Maracapana, Venezuela, Santa Marta, Cartagena, Popayan, Antioquia und
Choeö behandelt waren — so galt das vierte Buch'), das auch noch die
Reise zum Mutterlande überstand, der eigentlichen Adoptivheimath des be-
jahrten Verfassers: dem märchenhaften, von all den genannten Provinzen
umringten Binnenlande, dem neuen Königreiche Granada. Die Schluss-
stanze des dritten Buches lautete: ,
Hier halt' ich ein, zu kurzem Rasten nur;
Denn wandeln muss ich noch gar lange Fährte:
Jim^nez de Quesada's dorn'ge Spur,
Des Ersten, der als glücklich sich bewährte
Beim Ernteschnitt auf Neu-Granada's Flur,
Als sich die Noth zu eitel Lust verklärte.
Hab' ich für diesen Mann von Heldenart
Doch meiner Lieder vierten Theil gespart.
Dies vierte Buch, das mehr als 20 in ungereimten Jamben ge-
schriebene Gesänge umfasste, gelangte ebenso wenig zur Veröffentlichung,
wie die beiden vorangehenden Sendungen; die Schrift wäre wohl ganz
verschollen, wenn nicht ihre vergilbten Blätter in später Stunde bei einem
aus Santa Fe de Bogota, gebürtigen Geistlichen das gleiche Interesse ge-
funden hätten, wie früher das noch frische Manuskript bei seinen Vor-
gängern. Lucas Fernändez Piedrahita^), Kantor des Erzstiftes
Santa F6, studierte in Spanien während der Zeit von 1662 bis 1669 die
von ihm bisher kaum beachtete Heimalhs-Geschichte; dabei stiess er auf
die Mittheilungen seines fast vergessenen Tunjaer Amtsbruders und erfreute
sich derselben um so herzlicher, als sie Vieles enthielten, was ihm ganz be-
sonders anmuthete, weil er seinen Stammbaum mit Vorliebe auf die Sonnen-
könige Perü's zurückführte. Dieser Piedrahit^, der in seiner Jugend
selbst mit Versen sich befasst hatte, widmete dem letzten Buche der
Castellanos'schen Heldengesänge seine vollste Aufmerksamkeit, dachte
aber keineswegs daran, dem Druck von 1589 eine neue Veröffentlichung
folgen zu lassen. —
Castellanos hatte sich in seinen alten Tagen nicht ganz von dem
Schatz der besten Erinnerungen getrennt; vielmehr behielt er Abschriften
zurück, die später von Tunja nach der Landeshauptstadt kamen. Dort
wurden sie als Andenken ^) an das früheste Zeitalter der Kolonie sorgsam
bewahrt, gelangten aber nur selten in pietätvolle Epigonenhand. Eine
Ausnahme machte erstlich Pedro Simon, ein Franziskaner-Pater, welcher,
als er den Druck seines in Neu-Granada geschriebenen Geschichtswerkes
1627 in der spanischen Heiraath begann, unter den Quellen auch die
Einleitung. 151
Strophen des ehemaligen Tunjaer Pfarrers anführte. Eine zweite Aus-
nahme bildete Alonso de Zamora, der Dominikaner-Pater, welcher
1696 in Bogota die neu-granadische Geschichte des Augustiner-Ordens ver-
fasste, die dann in Barcelona gedruckt wurde; denn auch er hielt die
Tunjaer Schriften, denen er viel entnahm, für werthvolle Quellen. Somit
blieben sie, trotz der Ungunst der Verhältnisse, nicht ganz unbeachtet.
Auch die amtlichen Indien-Chronisten vcrgassen sie nicht vollständig, so
dass sie doch noch für das Studium der Nachwelt erhalten blieben. Die
folgenden Blätter thuen dar, dass dies Castellanos 'sehe Vermächtniss
als ein werthvolles bezeichnet werden darf.
y^
I. WANDEß-PAHRTEN.
Is seit der Entdeckung einer neuen Welt etwa ein Menschen-
alter sich ausgelebt hatte, zogen über den Ocean ausser den
Seefahrern nicht bloss, wie in der ersten Zeit, wenige,
ganz besonderen Interessen nachgehende Männer, einzelne
auserwählte Vertreter europäischen Staats- und Kirchen- Wesens , einige
Söldner und unter Vertrag stehende Arbeiter; ziemlich bald schon ver-
suchten Viele, welche den eigenen Sternen folgten und selbständig die
Kosten ihrer Wagnisse bestritten, eine Weltmeer- Fahrt *, das waren Vor-
nehme und Geringe, Gebildete und Genossen der untersten Volks-
schichten: Handwerker, Kaufleute, Patriciersöhne, Junker und Andere,
meist der europäischen Wirren irgendwie müde gewordene Leute, welche
kein höheres Ziel verfolgten als ihre Wander- und Abenteurerlust zu
befriedigen.
In dieser nicht schnellen, aber doch stetigen Strömung nach Westen
fanden sich Anfangs der dreissiger Jahre dos sechzehnten Jahrhunderts,
ausser den Angehörigen der Pyrenäischen Halbinsel, auch noch andere
Unterthanen jenes gewaltigen Herrschers, in dessen Reichen die Sonne nicht
unterging: Italiener, namentlich Genuesen; Deutsche, namentlich Schwaben
— nur die Franzosen und die Engländer galten sogar jenseits des Welt-
meeres als natürliche Feinde.
Dieser Zug der Zeit ergriff auch einen etwa 1514 zu Alanis in
Andalusien geborenen, mit der besseren Bildung seiner Heimath ausge-
statteten jungen Menschen, der sich Juan de Castellanos nannte. Er
verliess eines Tages seinen kleinen Heimathsort und fuhr gen Westen,
ohne recht zu wissen , was er jenseits des Oceans eigentlich wolle. Das
Wander-Fahrten. 153
nächste Ziel bildete die Insel Puerto-Rico ^°), wo seit den Zeiten des be-
rühmten Juan Ponce de Leon der Vater eines Landsmannes und
Freundes, mit dem zusammen die Reise unternommen werden sollte,
wohnte, Juan de Ponce, der ebenfalls aus Alanis stammte. Die Reise
der jungen Leute, des Baltazar de Ponce und seines gleichaltrigen
Kameraden, ging ohne Unfall von Statten. In San German, der etwa
hundert europäische Bewohner zählenden Hauptstadt der Insel, war der
Entschluss zu fassen, was weiter werden solle.
Schnell lernte dort der kaum 17jährige Castellanos alle Europäer
kennen, geringe wie vornehme; es waren meist schon ältere Leute; viele
gehörten sogar zu den Veteranen aus den Kriegen gegen die starken, für
Cariben geltenden Eingeborenen, welche dort noch immer die Fremden
beunruhigten.
„Boriquen" — so lautete der ursprüngliche Name der Insel - bildete
freilich einen Theil des columbischen Vice-Königreiches Indien; es stand
jedoch unter der Botmässigkeit der königlichen Regierung von Santo
Domingo, deren Statthalter, Francisco Manuel de Olando, übrigens
kein Mann von Einfluss war, da er nicht den Conquistadoren-Kreisen an-
gehörte, welche in allen überseeischen Landen, die sie betreten, längst
allmächtig dastanden. Auch auf Puerto-Rico waren sie die Massgebenden,
obgleich dort weder Wohlstand noch Ruhe geschaffen war; dort sah es
noch aus, wie in der ersten Zeit der Entdeckung; dort herrschte noch
das alte Ringen und Wagen ohne ständiges Ziel ; dort zeigte sich nur höchst
selten wirklicher Erfolg.
Von dieser allgemeinen Unstätigkeit gab es nur eine Ausnahme ; das
war der angestaunte Antonio Sedeno"), welcher in etwas mehr als
zehn Jahren durch Plantagen-Wirthschaft und Indianer- Handel ein nennens-
werthes Vermögen sich erworben hatte. An sein Eingreifen dachte man
in San German immer, wenn von den verschiedenen grösseren Abenteurer-
Zügen die Rede war, welche bei den Mittellosen Neid und Eifersucht her-
vorriefen ; besonders lebhaft wurde damals der wegen seiner Orinoco-Fahrt
berühmt gewordene, aber seiner Strenge halber gefürchtete Diego de
Ordaz besprochen, ein jüngst auf dem Ocean gestorbener Gefahrte des
grossen Fernando Cortös; mit vielem Interesse empfing man auch 1532
die Reste einer Expedition, die der gepriesene Seefahrer und Vorsteher
der spanischen Seewarte, Sebastian Gabotto, nach dem vielver-
sprechenden La-Plata- Strom geführt hatte. Aufsehen erregte es ferner,
als sich im November desselben Jahres ein schon oft auf den Antillen ge-
sehener, wunderlicher Mann mit reisigem Gefolge zeigte, welcher die
154 Juan de Castellanos.
Festlandsküste zwischen dem Magdalena-Strom und dem Darien-Lande von
der Cartagena-Bucht aus besiedeln wollte und dafür auch etliche von den
Gab Otto 'sehen Leuten gewann: Pedro de Heredia, „der Herr mit
der künstlichen Nase". Etwas später, am 25. Januar 1535, erschien dort
eine andere Expedition, eine deutsche, welche Georg Hohermuth der
Speirer, nach dem grossen Reiche führen wollte, welches 1528 dem Augs-
burger Handelshause Bartolmä Wels er und Gesellschaft^^) verliehen
worden war: einem Lande, in welchem bereits ein Bischofssitz bestand. Der
auf Puerto-Rico lebende Bischof von Coro^^), Rodrigo de Bastidas,
blieb diesem Zuge fern; in demselben durften nämlich nach dem Ab-
kommen, das die Wels er mit der Krone getroffen hatten, ausserhalb
Europa's keine neuen Personen eingereiht werden; ebenso, wie sein Vor-
gänger, der 1533 im Hochgebirge von den Wilden erschossene Ambro s
Dalfinger aus Ulm, hatte Hohermuth sein Werk vielmehr lediglich
durch die mitgebrachten Kräfte zu verrichten; das war für Manchen
sehr peinlich.
Der auf Puerto-Rico herrschende Geist der Abenteuerei Hess
Niemanden unberührt, auch nicht den frisch angekommenen Castellanos.
War ihm das Welser-Land verschlossen, so lag ihm doch die westlich von
demselben sich ausdehnende Provinz Santa Marta offen; allein dort schien
weder die Landes-Hauptmannschaft ^*), noch das Bisthum *^) in glücklicher
Weise sich zu entwickeln; vielmehr galt jenes früher vielbegehrte Gebiet
jetzt allgemein für gefährlich und aussichtslos; trieben dort doch, wie es
schien, recht bedenkliche Leute ihr Wesen, bald phantastische, unreif aus
Spanien entsandte Höflinge, bald in Puerto-Rico schlecht angeschriebene
Kreaturen der Regierung von Santo Domingo. Besser sollte es mit dem
anderen Nachbarlande der Wels er stehen, mit Maracapana ^®), wo von
jenem Sedeno schon während etlicher Jahre höchst merkwürdige Kund-
schafts- und Eroberungs- Versuche gemacht waren. Dorthin folgte Castel-
lanos gern, in Sedeno 's Lande liess sich auf Glück hoffen; aber nicht
etwa an den ausgesogenen Küsten von Maracapana, sondern in den grossen,
vom Küstengebirge zum fernen Orinoco hinstreichenden, bisher noch wenig
betretenen Flussgebieten. Dafür rüstete sich Castellanos als Reiters-
mann aus, mit Ross und Knecht, mit Lederharnisch und Lederhaube,
Polsterwams, Kopftuch und Federbusch, geflochtenen Zeugschuhen, mäch-
tigen Sporen und schweren Bügeln, mit Degen und Lanze, mit buntem,
glockenbehangenem Pferdegeschirr.
Anfang 1536 sandte Antonio Sedefio nach Maracapana einige
Schiflfe, um dort seine vermeintlich älteren Ansprüche gegen einen Lands-
Wander-Fahrten. 155
mann geltend zu machen, gegen Jerönimo HortaP''). Dieser neue
Eindringling, auf königliche Belehn ung sich berufend, hatte etwa vor einem
Jahre in jenem Lande Fuss gefasst, dort am Neveri-Fluss einen festen
Platz mit Namen San Miguel angelegt und sogar einige offenbar zukunft-
reiche Binnen-Gegenden in Besitz genommen, besonders Putigutaro, ein
üppiges Flussthal von etwa 2000 Wolmstätten, und Chaigoto, zwanzig
Leguas im Umkreise, mit Anoantal, wo der Häuptling Guaramental seinen
Sitz hatte. Als Sedeno mit seinen ersten Schritten keinen Erfolg hatte,
brach er persönlich am 2. August 1536 mit drei neuen Schiffen nach
Maracapana auf, landete 170 Mann, 74 Pferde und viel Lagergeräth,
sammelte schnell eine grössere Macht um sich und ergriff Besitz, wo er
nur konnte. Hortal war damals ins Innere gezogen; er hatte eine
schmeichelnde Kunde verfolgen wollen, die Angesichts der kürzlich in
Peru gefundenen Schätze doppelt verlockend klang: die gut bezeugte
Nachricht von einer gesegneten, Meta ^^) geheissenen Wohnstätte bekleideter
Menschen ; sein Vorhaben war gescheitert. Als er , von den Gefährten
während des Marsches verlassen, beinahe hülflos zum Meere zurückeilte,
fand er im vollen Besitz des Küstengebietes und des festen Hauses seinen
Nebenbuhler, der gerade sich rüstete, seinerseits ins Innere des Landes
vorzudringen. S e d e ü o 's Hauptmann JuandeMiranda hatte ebenfalls
sehr günstige Auskunft über das Binnenland erhalten ; es konnte desshalb
ein grosser, entscheidender Zug unternommen werden: erster Feldoberst
Diego de Reinoso, Lageroberst Diego de Losada ^^); unter den
Hauptleuten waren Juan Bautista und Fernando Vega, unter den
Reitern Juan de Castellanos.
Jene Länder Putigutaro und Chaigoto Hessen sich leicht von Sedeno
besetzen; Guaramental floh in das Gebiet von Guayacamo-, auch dies
wurde bezwungen, aber erst nach heissen Kämpfen; ebenso ging es im
Lande von Mayagatare. Hier, im Orte Cojo, empfing Sedeno die
Nachricht, dass ein auf Hortal 's Betreiben nach ihm abgesandter Ver-
treter der Santo Domingoer Regierung an der Küste erschienen sei ; nach-
dem dieser unschädlich gemacht war, ging's von Cojo weiter hinaus in die
fast endlosen Grassteppen der nördlichen Orinoco-Zuflüsse, zuerst in die
flurenreichen Gebiete von Anipuya und Orocomay, die sich friedlich ver-
hielten, und dann in die wilden Striche von Gotoguaney und Guaxcarax,
deren Bewohner nach äusserstem Widerstände ihre Wohnsitze verliessen.
Als dies „ Verhausen" der Eingeborenen begann, kehrte S e d e n o 's Expe-
dition um; der Tlieil, bei dem Castellanos stand, drang durchs Gebirge
nach dem Gebiet von Catapararo, während Sedeno selbst am Tisnados-
156 Juan de Castellauos.
Flusse entlang zog, um das Meer zu erreichen. Hier traf den gefeierten
Führer plötzlich der Tod. Alsbald erhob sich unter seinen Leuten Zwie-
tracht, obwohl Rein OSO und Los ad a zusammenhielten und sogar einzelne
Züge unter Leitung der Landlotsen Antonio Gonzales und Pedro
Martel weiter ins Innere gingen, durch die Llanos immer nach Westen,
wie denn Losada hernach an Castellanos erzählte, dass er bis zum
Casanare-Fluss gekommen sei und dort von einem hohen Gebirgsrücken
habe sprechen hören.
Trotz solcher Anstrengungen wurde auch dieses Mal der Zugang zu
dem gepriesenen Meta- Lande nicht gefunden; Reinoso ging 1537 nach
dem benachbarten Gebiete der Welser, Losada, der Gönner von
Castellanos, erst nach der Insel Cubagua, dann ebenfalls dahin.
Ihn empfing dort Heinrich Rembold, welcher während der Abwesen-
heit des nach dem Innern gezogenen Hohermuth die Geschäfte führte,
mit grossen Freuden; denn die Weiserischen beachteten nicht mehr jenes
Verbot, aus überseeischen Landen Leute sich zuzugesellen. Castellanos
folgte diesen Wegen nicht; er begab sich fürs Erste nach den kleinen,
vor Maracapana liegenden Inseln. Von diesen war Cubagua nächst
der Insel Trinidad für Sedeno und seine Züge am bedeutungsvollsten
gewesen. Trinidad ^") hatte den formellen Ausgangspunkt für die Unter-
nehmungen Sedeno 's gebildet und gewährte nun seinen führerlos ge-
wordenen Parteigängern leidliches Obdach. Für alle grösseren Züge jener
Gegend galt jedoch als wichtigster Ort das genannte kahle Eiland ^^) mit
der jungen Hauptstadt Neu-Cadix, wo Castellanos mit vielen Ange-
sehenen bekannt wurde. Unter ihnen ragte der unternehmende, kraftvolle
Bartolomö Carreiio hervor; Martin Yanez Tafur und Domingo
Velasquez wiederholten dort Vieles über die Ordaz 'sehe Fahrt, welche
sie selber zum Theil mitgemacht hatten; besonders sprach der seitdem
des Indianer-Treibens müde gewordene Velasquez von den Schwierig-
keiten der Stromfahrt der Caravele Atoas und von den Aussagen eines
am Caranaca-Flusse angetroffenen und nur ihm verständlich gewordenen
Indianers Taguato, der von einem bebauten Lande und von Kleider
tragenden Menschen gesprochen habe. Margarita^^), die von den Perlen-
Eilanden jener Küste am längsten gekannte Insel, that es Castellanos am
meisten an. Ihrer Reize gedachte er allezeit gern ; dankbar pries er nicht
nur die dortigen Gefährten, wie Bartolomö Fernandez de Virues,
George de Herrera, Fernando Mateos, Diego de Miranda,
lauter „Musensöhne", sondern auch etliche weibliche Wesen, wie Catalina
und Ana de Rojas, Francisca Gutierrez, Isabel delleina.
Wander-Fahrten. 157
Maria de Lerma, Juana de Rivas, sämmtlich glücklich ver-
heirathete Frauen.
Dort legten gern wir ab den schweren Sporn ;
Gern hingen an die Wand wir Schild und Degen,
Vergassen gern Pfeilgift und Stacheldorn.
Wir konnten uns mit Trank, wie Nahrung pflegen
Und, sicher vor der Nacht-Insekten Zorn,
Den müden Leib getrost zur Ruhe legen.
Die holden Frau'n, so oft es uns gefiel,
Gewährten sie uns Tanz, Gelag und Spiel — —
Von Landsitz durften wir zu Landsitz zieh'n —
Damals den Schönen mehr als städtisch Leben
Das auf dem Lande zu gefallen schien.
Dort wurden reiche Freuden uns gegeben
Im schattendichten, duft'gen Waldesgrün,
Am süssen Quell, wo linde Lüfte weben.
Im Sanct Johanuis-Thal, wo kühlen Raum
Zum Fest darbot ein ries'ger Ceiba-Baum.
Solche Idyllen wurden durch manche Fahrten unterbrochen, die
meist wieder nach jenem unseligen Maracapana führten, wo zusammen-
hängendes Regiment ganz aufhörte, weil der eine Europäer den anderen
bekriegte und kleine Raubscharen in Menge sich bildeten, die von der
Hand in den Mund lebten, gleich den Landsknechten in Europa.
Castellanos gehörte mehrfach einzelnen Banden an; so machte er z.B.
einen Zug gegen Tagares mit, bei dem Freund und Feind kaum sich
unterscheiden Hessen. Die Verwirrung wurde noch grösser, als auch die
Männer von Venezuela ^^) nach Maracapana sich verirrten : zuerst, kurz
vor der Mitte 1538 erfolgenden Rückkehr Hohermuth's, jener Losada
auf Antreiben von R e m b o 1 d , sodann gleich darauf Francisco de
Velasco, welchem Antonio Navarro folgte; es waren wilde, zweck-
lose Züge, die Castellanos aus nächster Nähe sehen konnte.
Diesem verschafften solche Kreuz- und Quer-Fahrten eine weitreichende
Landeskenntniss. Der lebhafte Andalusier, dem die Tropen-Entbehrungen
und Tropen-Qualen nur noch wenig anhaben konnten, hielt regen Geistes
alle neuen Eindrücke fest; zunächst die seltsam klingenden Namen von
Flüssen und Ortschaften, so schwierig das sein mochte; dann beschrieb er,
ausser den eigenen Erlebnissen, die Gewohnheiten und Nahrungsmittel der
Wilden, die Thiere und Gewächse, und zeichnete endlich auch die unter
seinen Genossen umgehenden Erzählungen auf, namentlich wenn sie von
den grossen, den eigenen Zügen vorangehenden Ereignissen handelten:
z. B. die Ordaz'schen Irrfahrten von 1531 bis 1533, die vom Marafion
158 Juan de Castellanos.
nach Maracapana, von da nach dem Meta geführt hatten, oder die Hin-
richtung der drei Brüder Silva, deren Ungerechtigkeit oftmals von der
schönen Constanze de Leon beredet wurde, unter hcissen Thränen.
In diesem Zusammenhang kamen auch die von Juan Gonzales, dem
früheren Befehlshaber des Sedeno 'sehen festen Hauses, nach Guayana
gerichteten Kundschaftsfahrten zur Sprache, die Kämpfe wegen jenes Asyls
in der Wildniss, bei welchen Alonso de Herrera eine Rolle gespielt
hatte, die Entdeckungszüge dieses später von den Wilden erschlagenen
Mannes und dergleichen mehr. Spärlich und abgerissen mochten derartige
Aufzeichnungen vielleicht sein : allein sie erschienen doch ihrem Verfasser
und seinen Freunden bald als werthvolle Erinnerungen.
In einem wilden Lande, wo die Christen trotz aller Versuche keinen
festen Fuss zu fassen vermochten, war das ersehnte Glück nicht wohl zu
finden. Im Jahre 1540 ging Castellanos von Maracapana fort und
kam auf allerlei Umwegen zu den schon vor anderthalb Jahrzehnten durch
Juan deAmpi^s inBesitz genommenen, viel besproch enen Rieseninseln ''*) 5
diese waren auch nicht glückverheissend ; er traf dort inmitten der baum-
und wasserlosen Felsen einen fast verkommenen kastilianischen Missionar,
ausserdem noch einige andere, mühseligem Erwerb nachgehende Landsleute,
und endlich die Familie jenes bekannten Santo Domingoer Zuckerrohr-
Pflanzers : den emsigen Läzaro Bejarano und dessen Frau Maria de
Ampi es, deren einziger Sohn kürzlich verstorben war. Damals erschien
den Eltern das dürftige Inselleben als doppelt einsam und als überaus er-
freulich eine Rückkehr nach Espanola, wo doch etwas europäisches Wesen
sich finden Hess.
Castellanos begleitete das Ehepaar nach dem altbekannten Segel-
Vorgebirge 2^) , das für die Beschifliing des unteren Antillen-Meeres seit
Langem als wichtigste Seemarke galt. Dürftig sah es dort freilich noch aus
wegen der Bedrohung durch die wilden Cocinaer und wegen der Dürre des
felsartig sich spaltenden Bodens und des unbezähmbaren Wucherns von Distel-
und Dornen- Gewächsen; trotzdem hatte sich bereits eine kleine Ansiedlung
gebildet, welche von einem der Weiserischen herrührte, von Nikolaus
Federmann, der sie auch kürzlich gegen die Nachbarn von Santa
Maria vertheidigt hatte; diese Angreifer waren zum Theil zu ihm über-
gegangen, und er hatte mit ihnen gemeinsam das Innere des Landes auf-
gesucht.
Merkwürdiger Weise hatte dieser Deutsche sein Glück gefunden. In
seiner Küstengründung herrschte gerade, als Castellanos sie betrat.
Wander-Fahrten. 159
allgemeine Erregung, eine gehobene Stimmung, in welcher zu Ehren von
Frau Maria allerlei Festlichkeiten, Tänze, Turniere und Stiergefechte
veranstaltet wurden. Federmann hatte sich nämlich vor Kurzem
wieder an der Küste gezeigt, und zwar mit Kleinodien beladen. Mitte
1539 waren zur Mündung des Magdalena- Stromes Böte gekommen, welche
an dem Fusse eines mächtigen, an Schätzen und Bewohnern reichen Hoch-
gebirges wohlbehalten drei Expeditionsführer nebst Begleitern nach dem
Meere herabgetragen hatten: ausser jenem Bevollmächtigten der Wels er
noch den schon seit mehr als zwanzig Jahren in den indischen Landen
berufenen Sebastian de Benalcdzar, welcher zuletzt von Perü's ge-
waltigem Landes-Hauptmann, dem so schnell berühmt gewordenen Fran-
cisco Pizarro, auf Entdeckungen ausgeschickt worden war, und dann
einen Vertreter des Santa Martaer Gubernators, einen bisher ganz namen-
losen Mann, den muthigen Licentiaten Gonzdlo Jim^nez deQuesada.
Diese drei sehr verschieden gearteten Conquistadoren, die sich im tiefen
Innern des Landes getroffen hatten, waren Juli 1539 an der Küste ohne
Weiteres nach Europa abgefahren. Sie hatten sich zuvor sehr schweigsam
verhalten, als sollte geheim bleiben, was bereits Hunderte mit ihnen in
jenem Lande gesehen hatten, welches mit dem Namen des neuen König-
reichs Grranada^^) belegt worden war. Ueber Reichthümer alter Kultur,
welche an die von Pizarro gefundenen Inka-Schätze erinnerten, über
einen Tempel, der den Sonnen-Heiligthümern Perü's zu gleichen schien,
über die Sitze der eingeborenen Herrscher Tunja und Bogota, über
prunkende Goldsachen und glänzende Smaragden, über eine gutbewohnte,
das „Thal der Burgfesten" geheissene Hochebene, welche die Meta-Kunde
zu erfüllen schien, über alle diese Herrlichkeiten schwiegen die Genossen
jener Fahrt keineswegs. Zu ihnen gehörte der gewandteste, noch lebende
Pfadfinder Venezuela's, Pedro de Limpias, welchen jetzt Hohermuth,
der im Gegensatz zu solchen Erfolgen doppelt dürftig erschien, aus Santo
Domingo herüberholte, damit er doch wieder in Weiserische Dienste träte.
Ueberall rüstete man seitdem zu grossen Dingen; besonders in Coro, wo
nunmehr, während Bischof Basti das noch immer von seiner Diöcese fern
gehalten wurde, zwei höhere Geistliche die kirchliche Einrichtung über-
nahmen: Juan Rodriguez de Robledo, als Dechant, und Juan
Fructos de Tudela, als Kantor; Castellanos konnte es nicht unter-
lassen, den Ersteren vom Segel- Vorgebirge aus in Versen und in Prosa
zu begrüssen.
Schnell entstand in ihm doch die Lust, von dem Lande, an dessen
Rande er bisher gewandert war, das neuentschleierte, an Wundern so
160 Juan de Castellanos.
reiche Innere zu sehen. Ausserordentlich schnell erfüllte sich dieser
Wunsch. Schon im Oktober 1540 befand sich Castellanos hoch über
dem Meeresspiegel, oben in den Bergen, in jenem „neuen Königreiche
Granada" .
Dort — in einer kleinen Ansiedlung, die V^lez genannt wurde —
hatte er seine erste, in das endlos scheinende Waldland tief hineindringende
Reise bereits hinter sich; es war eine beschwerliche Fahrt auf wildem
Strome und ein noch beschwerlicherer Marsch durch und über noch wildere
Gebirge gewesen. Diese Wendung seines Lebens rührte daher, dass ihn
am Segel- Vorgebirge ein Mitglied der königlichen Regierung von Santo
Domingo getroffen hatte, JerönimoLebron de Quij ones^'^), welcher
vor längerer Zeit herüber gekommen war, um die Gubernation von Santa
Marta zu übernehmen, für die der Tod des Statthalters verhängnissvoll zu
werden drohte, welcher nunmehr zur Fahrt ins Innere rüstete. Zu diesem
Zwecke waren jetzt aus Espanola Kleider, Wein, Mehl, Getreide und ver-
schiedene Sämereien, Esel, Rinder, Pferde, Neger und sogar Frauen heran-
geschafft; es waren Fluss-Schiffe, die mit Büchsen- und Armbrust-Schützen
besetzt werden sollten, erbaut, Indianer mit ihren Fahrzeugen und Häupt-
lingen herangezogen, auch einige hundert Europäer angesammelt, besonders
frühere Gefährten jenes Gonzälo de Quesada. Diese Männer, unter
denen Diego de Par^des-Calderon als der Erste galt, hatten nach
ihren vor etwa vier Jahren gewonnenen Erfahrungen die oft versteckte,
wegen Theilung der Gewässer schwer zu findende Strasse des Magdalena-
Stromes gezeigt, bis ihr wichtigster Märkpunkt, die Gabelung bei
Tora, erreicht war; sie hatten dann umsichtig die Einfahrt in den reissen-
den, vom starrenden Opon-Gebirge herabfallenden Seitenstrom geleitet,
ebenso die gefahrvollen Flussübergänge und den Marsch durch die Berg-
wildniss. Dort in V^lez waren diese Qualen, welche der liederlustige
Lorenzo Martin vergeblich hinwegzuscherzen gesucht hatte, wirklich
zu Ende.
Die Ansiedlung jenseits des Saravita-Flusses, nahe am Hochgebirge,
im Lande der oft bedrohlichen Chipataer belegen, sollte eigentlich nur einen
Haltpunkt für die neue Marschroute bilden ; allein in ihr musste L e b r o n
wider Erwarten lange Zeit still liegen. Es wurde nämlich das Recht,
Landpfleger für Neu-Granada zu ernennen, der Santo Domingoer Regierung
abgesprochen ; das grosse neuentdeckte Innere gehöre gar nicht zur Landes-
Hauptmannschaft Santa Marta; schon seit dem Mai des vorigen Jahres sei
ein Vertreter jenes Gonz41o de Quesada im Amte, sein Bruder Fer-
nando Pörez de Quesada. Auf die Entscheidung dieser Frage wartete
Wander-Fahrten. 161
L e b r 0 n von Woche zu Woche. Freilich benahm er sich in Velez zuerst,
als sei an seinem Obrigkeitsrechte gar nicht zu zweifeln. Er begann dort
sogar eine Untersuchung wegen der Hinrichtung des letzten Beherrschers
der benachbarten, mit Kleidung und anderen Gesittungszeichen vertrauten
Tunjaer, der Hinrichtung des Zaque Quimin, die jener Fernando de
Quesada vor Kurzem befohlen hatte, ungerechtfertigter Weise, wie seine
Feinde sagten, unverständiger Weise, wie Castel|anos meinte. Das
Verfahren dehnte sich in Velez immer weiter aus, selbst auf den ab-
wesenden Gonzdlo de Quesada, welcher auch einen Tod zu ver-
antworten hatte; war doch der Zipa Zaquesa, der letzte Beherrscher
der ebenfalls durch Kleidung und sonstige Kultur ausgezeichneten Bogotder,
während einer Folterung verendet. Durch solche Untersuchungen, die
Castellanos kannte, wurden immer neue, bisher dunkle Verhältnisse
enthüllt: jene Zaques sollten die Beherrscher eines ehemals stattlichen,
erst in jüngster Zeit von den Zipas bezwungenen Reiches gewesen sein;
über das Schloss oder den Tempel des Tunja, einen schon im September
1537 niedergebrannten Bau, wurden gar erstaunliche Dinge ausgesagt;
es hiess, dass noch jetzt die Trümmer rauchten. Dann sollte der Bogota,
dessen Schätze noch immer nicht gefunden waren, einen priesterlichen
Charakter getragen haben, etwa wie der Presbyter Johannes oder der
Oberherr der Moslemiten.
Fernando de Quesada bekümmerten solche in V^lez vor sich
gehende Ermittlungen wenig; als seine Bevollmächtigten dort zu keinem
Abschluss der Verhandlungen kamen, erschien er selber mit bewaffnetem
Anhang. L e b r o n musste einlenken ; er sah sich genöthigt, seinen Gegner
zu begleiten, und zwar zur nächstbelegenen christlichen Ortschaft. Die
hiess Tunja, nach jenem Wildenvolke, in dessen Mitte sie sich befand.
In ihr stand seit dem 6. August 1539 ein sehr beliebter Mann, GonzAlo
Suärez de Rondon, ihr eigentlicher Begründer, an der Spitze der
Verwaltung; der trat vollständig auf Seiten Quesada's, ebenso die
Ortsobrigkeit, die aus den Angesehensten der Conquistadoren gebildet war
und in Domingo de Aguirre einen tüchtigen Schreibmeister besass.
Angesichts solchen Widerspruchs wurde beschlossen, dass Lebron und
Quesada ihre Streitfrage in dem dritten Christen-Platze zur Entscheidung
bringen sollten, einer An Siedlung, die gerade ein Jahr älter war, als Tunja.
Santa F^ de Bogotd trug kirchlichen Namen, da dort ein kleines Gottes-
haus errichtet war, in welchem zwei von Federmann's Leuten , Juan
Verdejo und Vicente de Requejada, als Priester wirkten. Auch
hier fand Lebron keine Anerkennung, da auch hier zur Ortsobrigkeit
Festschrift der Hamburgisclien Amerika-Feier II. 11
162 Juan de Castellanos.
die Ersten der Conquistadoren gehörten; sogar das Verlangen, mit der
eigenen Mannschaft auf neue Entdeckungen auszuziehen, wurde ihm ab-
geschlagen; zu seinem Schaden und der Kolonisten Vortheil hatte er ge-
rathen, schleunigst Alles zu verkaufen : Pferde, Rinder, Sklaven, dann aber
unverzüglich den Heimweg anzutreten. Wirklich kehrte Lebron um;
er begab sich mit dem Erlös — etwa 12000 Pesos, theils in Gold, theils in
Smaragden — und mit jenen Üntersuchungs-Akten von Santa Fe nach
Guataqui, dem schon früher benutzten, im Lande der Pancher gelegenen
Magdalenafluss-Hafen. Dort schiffte er mit einigen Genossen, im Ganzen etwa
40 Mann, ungestört sich ein und kam in ungefithr zwei Wochen nach
Santa Marta hinab; von da fuhr er sofort nach Santo Domingo hinüber,
wo er bereits im Juli 1541 seine Erlebnisse erzählen konnte.
Bei dieser Rückfahrt gehörte Castellanos nicht zu seinen Be-
gleitern. Nach allerlei Gelegenheiten ausschauend, war er auf der Hoch-
ebene geblieben, wo er bald Zeuge einer gar merkwürdigen Expeditions-
Ausrüstung wurde. Jener Fernando de Quesada war für Nach-
richten, die er über Wunder der Wildniss erhielt, überaus empfänglich.
Schon während der Anwesenheit seines Bruders, schon im Jahre 1537, war
er durch die Kunde von Amazonen ^^) zu einem Zuge veranlasst worden,
welcher, sonst ohne Erfolg, die gern geglaubte Mär von der üppig-
schönen Jararita hervorgerufen hatte; jetzt nachLebron's Abzug ge-
dachte er einem Wesen nachzujagen, das noch seltsamer war, als eine
Weiberkönigin, nämlich dem sich vergoldenden Wildenhäuptlinge, dem
irgendwo jenseits der Hochgebirgsgrenze seines Neu-Granada zu suchenden
Dorado^^). Es galt an dem Sitze dieses „güldenen Prinzen", in einem
offenbar von Gold strotzenden Lande, Anderen zuvorzukommen, sowohl
dem Gonzälo Pizarro, der in Quito zuerst die Nachricht erhalten und
sofort die Suche begonnen hatte, als auch jenem Georg Hohermuth,
von welchem einer der Weiserischen Hauptleute, der plötzlich auf der
Hochebene erschienene Lope Montalvo de Lugo, erzählte, wie er
bereits grosse Rüstungen mit Hülfe jenes Limpias betrieben habe. Als-
bald sammelte Quesada die Tüchtigsten der kleinen Kolonie, ernannte
den Ueberbringer der venezuelanischen Nachricht zu seinem Lageroberst,
den Pater Requej ad a zu seinem Feldkaplan, und Gonzdlo Suärez
zu seinem Vertreter im Lande. Sein Plan stützte sich auf Federmann's
Zug; er wollte über Fosca in das Tiefland dringen und dann etwa in der
Fährte von Hohermuth weiter ziehen; sein Aufbruch, erfolgte am
1. September 1541.
Castellanos schloss sich dieser Unternehmung nicht an; er begab
sich vielmehr nun zur Küste zurück. Mit ihm zogen manche über die
Wander-Fahrten. 163
Entblössung der neuen Ansiedlungen und die Gewaltlhätigkeit von
Quesada Unzufriedene, unter Anderen Pedro de AceboSotelo. In
Santa Marta mochte der Unruhige nicht bleiben; er ging von dort nach
der ihm schon bekannten Insel Cubagua, wo er mit alten Freunden sich
bereden wollte. Viele derselben, namentlich Ca rrefio, waren bereits weg-
gezogen, weil die dortige Perlenherrlichkeit zu Ende ging ; allein es waren
doch noch manche kundige Personen anwesend. Dort beschrieb nun Fran-
cisco de Velasco die jüngsten Ereignisse in Venezuela, besonders die oft
besprochene grosse Hohermuth ' sehe Expedition, welche er zum Theil
mitgemacht hatte, den nach Vollendung neuer Rüstungen plötzlich ein-
getretenen Tod des auch von seinen Gegnern geehrten deutschen Feld-
hauptmanns, und die hochfliegenden Pläne des neuen Weiserischen General-
Kapitäns, des kraftvollen Philipp von Hütten, der im August 1541
ins Innere gezogen war, von jenem Limpias berathen und von dem
Landpfleger in Venezuela, dem Bischof B a s t i d a s , mit genauen Weisungen
versehen. '
Die wenigen Wochen, die Castellanos auf Cubagua aushielt,
brachten ihm eine denkwürdige Begegnung. Auf der Rhode von Neu-
Cadix erschien am 9. September 1542 ein schwer mitgenommenes Schifi".
„Wir eilten in Menge an den Strand, das seltsame Fahrzeug zu sehen;
Viele glaubten, dass Leute aus den Ordaz' sehen Zeiten heimkehrten.
An Bord hatte man freilich unsere bekalkten Häuser beachtet, jedoch den
Ort nicht erkannt; das Weisse schien von nacktem Gestein oder von ge-
bleichtem Vogeldung zu stammen. Auf der Rhode fehlten die Caravelen
und Piraguen der Perlenfischerei , von denen die der dortigen Gegend
Kundigen gesprochen haben mochten; der Perlenfang war eben schon
dahin. Ein bewaffnetes Boot wurde abgeschickt. Man landete bei Punta
de las Piedras, wo ein Saumpfad sich zeigte, und glaubte auf dem Wege
Spuren unbekannter Thiere zu erkennen; es wurden aber Hufnägel ent-
deckt und bald die Wohnungen von Neu-Cadix gefunden. Von dort
entsandte Pedro de Herrera ein Boot, um ein anderes noch fehlendes
Schiff" aufzusuchen; Cristöbal de Lepe ging mit einem Indianerfahr-
zeuge, dem Segel und Steuer gegeben waren, aus und traf auch die Caravele
von Francisco deOrellana ^^). Dieser hielt das fremd aussehende Boot
zuerst für verdächtig und rüstete sich zum Kampfe; da vernahm er die
Muttersprache und die Botschaft von H er rera. Sofort landete er mit seinen
Genossen, deren wunderliche Kleidung Allen auffiel, und wurde gastfreund-
lich aufgenommen." Orellana erschien am 11. September und erzählte
alsbald viel von der schweren, Monate dauernden Fahrt auf dem Riesen-
il*
164 Juan de Castellanos.
Strome, welchen er nach den Amazonen nannte, deren Vorhandensein für
ihn ebenso wie für Fernando de Quesada zweifellos feststand; er be-
richtete auch sonst über eine Menge interessanter Dinge, z. B. über Funde,
die offenbar von der Hohermuth' sehen Unternehmung herrührten.
Bald darauf verliess Castellanos Cubagua. „Es fiel," so erzählt
er zum Jahre 1543, „ein furchtbarer Regen; das Meer schien höher zu
sein als das Land; ich lebte im Hause von Pedro Ruiz Barrasa und
seiner Ehefrau Beatriz de Medina die Wohnung war dem Strande
nahe belegen und stürzte zusammen, als ich eben ins Freie, nach der Mitte
des Marktplatzes, mich geflüchtet hatte; auch viele andere Häuser brachen
mit entsetzlichem Getöse ein, selbst die Kirche; jedes Obdach fehlte;
überall Geschrei der Kinder und Frauen, aber kein Todesfall." Rodrigo
de Niebla und Juan Gab eile, die an jener Küste wohlbekannten
Schiffer, brachten Castellanos und seine Schicksalsgenossen nach dem
benachbarten Margarita; von da ging die Fahrt weiter zum Segel- Vor-
gebirge, wohin die älteren cubaguaer Bekannten schon vor Monaten
voraus gegangen waren.
Dort hatte inzwischen der immer ergiebiger werdende Perlenfang
die Ortschaft gehoben, welche vor Kurzem noch so unbedeutend war,
jetzt aber schon als ganz stattlich erschien und mit ihrem etwa zehn
Leguas begreifenden Gebiet unabhängig von Venezuela, wie von Santa
Marta dastand; ihr Name war Nuestra Senora de los Remedios.
In dieser aufblühenden Ansiedlung erschien plötzlich der bereits lange
erwartete neue Landeshauptmann von Santa Marta, Alonso Luis de
Lugo^^). Der Herr kam von Santo Domingo mit grosser Ausrüstung, mit
Pferden und Rindern; ihm flog der Ruf der Gewaltthätigkeit voran, und
in der That bemächtigte er sich sofort der aus der Perlen-Abgabe ge-
bildeten königlichen Kasse. Dann begann er, ohne den Sitz seiner Re-
gierung auch nur berührt zu haben, den Aufinarsch nach dem Smaragden-
Lande.
Castellanos zog mit, ebenso sein früherer Geführte Loren zo
Martin. Die Expedition hatte, weil sie für die Flussfahrt nicht genügend
vorbereitet war, auf dem Magdalena-Strome die grössten Anstrengungen
zu machen; später fiel es schwer, den Weg vom Flusse in die Berge zu
finden, da von Ortskundigen nicht Viele vorhanden waren. Einem Kund-
schafterzuge von 25 Mann gehörte Castellanos an. „Nach achttägigem
Gebirgsmarsche," so erzählt er, „stiess der Neger Mang alonga im Berg-
stocke von Atun auf einen Feldbau, in welchem die Wilden ihr Fest
feierten; entsetzt floh der Sklave zu den Uebrigen zurück und rief einen
Wander-Fahrten. 165
solchen Schrecken hervor, dass Alle davon rannten, ja dass ein Gefährte
zurückgelassen wurde, den die Wilden alsbald tödteten. Zwei der Flüch-
tigen gelangten zu Wasser nach Lugo's Vorhut und beschrieben den.
Weg." Nun wurden unter Lorenzo Martin zwölf Büchsenschützen ab-
gefertigt, welche das letzte Lager von Castellanos und Genossen
erreichten; durch ihre Schüsse zusammengerufen, fanden sich sechzehn in
traurigstem Zustande ein, ermunterten sich aber wieder, vorzüglich durch
die Laune des liedersingenden Martin. Man wollte jenen Ort überfallen,
fand jedoch bloss Reste eines Brandes und darunter etwas Mais. Bald
darauf erbot sich ein anderer Negersklave G a s p a r , der L e b r o n auf
seinem Zuge begleitet hatte, in vierzehn Tagen Nachricht nach der nächsten
Stätte der Christen zu bringen, nach jenem Velez. Ihm schlössen etliche
Spanier sich an; man überstieg wirklich die Höhe des Gebirges und
erreichte nach ungefähr dreissig Tagen die Ansiedlung, deren wenige Be-
wohner ihren Landsleuten jetzt, Mai 1543, ebenso freudig entgegen eilten,
wie sie früher, Oktober 1540, gethan hatten.
Castellanos sah hier, dass Lugo nicht die Schwierigkeiten auf
seinem Zuge fand, wie vordem L e b r o n. In Tunja führte noch SuArez
das Regiment an Stelle von Fernando deQuesada, welcher mit seinem
Abenteurerzuge glücklich über das Hochgebirge gekommen war, aber, wie
man bereits wusste, gegen Anfang des Jahres tief im Süden von den Hoch-
ebenen aufs Neue das Gebirge überschritten hatte, ohne besseren Erfolg
aufweisen zu können, als sein Nebenbuhler Gonzalo Pizarro. Zu
Suärez stellte sich Lugo, trotz längeren Aufenthalts in Tunja, keineswegs
freundschaftlich. Castellanos freute sich dort über die Fortschritte der
Kultur, z. B. über europäische Nahrungsmittel; gab es da doch schon
Schinken, die von den durch Benalcdzar ins Land gebrachten Schweinen
stammten, Geflügel, welches von dem Hühnerpaare herrührte, das Feder-
mann's Leute trotz aller Bedrängnisse bis zur Hochebene getragen hatten,
Brot aus europäischem Weizen, von europäischen Frauen bereitet, ja
Pulver und Kugeln, die am Orte selber hergestellt wurden. Ein kleiner,
ernst-freundlicher Herr ward ihm damals als der letzte Priester eines
uralten, im Iraca-Thale gelegenen Heiligthumes bezeichnet; er erhielt nach
Lugo den Namen Alonso, während sein ursprünglicher Name Soga-
m 0 s 0 ^^) gewesen sein sollte.
Wie schon in Tunja, so trat auch in Santa Fe de Bogota L u g o feind-
selig gegen die während der letzten sechs Jahre mit Land und Leuten
belehnten Spanier auf; er erklärte schliesslich alle Handlungen von
Gonzälo und Fernando de Quesada für nichtig und nahm sogar
166 Juan de Castellanos.
den Letzteren, als er endlich nach der Hochebene zurückkehrte, nebst
seinem aus Peru gekommenen jüngeren Bruder Francisco gefangen.
Bald hatte sich der gewaltthätige Mann die Mehrzahl der Ansiedler zu
Feinden gemacht; einige lockte er an sich und beraubte sie dann ebenfalls
ihrer Freiheit. Darauf begann er — Mitte 1544 — die Rückfahrt, nach-
dem er noch jenen MontalvodeLugo zu seinem Vertreter gemacht
hatte. Ihn begleitete, ausser den Gefangenen, nur eine kleine Schar, zu
welcher Castellanos, jener Loren zo Martin und der urwüchsige
Pater Requejada gehörte, der viel über die jüngste Dorado-Jagd und
über vorangehende Züge erzählte. Von Lugo sprach Niemand günstig
und dachte Niemand gut ; überall sollte er auf schmähliche Weise sich be-
reichert haben. So hiess es z. B., er habe mehr als 50000 Goldpesos
dem jetzt als Gefangenen mitgeführten Sudrez abgezwängt, ausserdem
noch Silber und Smaragden, unter letzteren einen vollständig klaren Stein
von Degenknopf-Grösse.
In Santa Marta kaufte Lugo ein Schiff und gedachte beim Segel-
Vorgebirge ins offene Meer zu stossen. Dies gelang ihm nicht; er sollte
seine Beute nicht ungestört in Sicherheit bringen. Das Hinderniss kam
ganz unerwartet. In Remedios trat nämlich den Reisenden ein erschütternder
Beweis von der Schiffbrüchigen Noth an der unwirthlichen cocinaer Küste
entgegen. Ein neuer Bischof von Santa Marta, der Hieronymitaner-Mönch
Martin de Calatayud, war nebst grossem Gefolge Ende 1543 von
Europa abgefahren, zugleich mit dem ersten Vicekönige von Peru, B 1 a s c o
Nunez de Vela, welcher die in dem Südseelande seit Pizarro's Er-
mordung ausgebrochenen Wirren erledigen sollte ; als das bischöfliche Schiff
die stattliche vicekönigliche Flotte verlassen hatte, war es auf dem Wege
zum Segel-Kap irre gefahren und nach schwerem Unwetter vor der Coci-
bacoa-Halbinsel gestrandet; dann war beim Landmarsch der Durst mör-
derisch geworden, bis ein aus Spanien mitgebrachter Indianer den
Genuss der Kaktus-Früchte gezeigt hatte ; elf Tage lang war man durch
das völlig öde Land geirrt, hatte zwanzig Mann verloren und wegen
Trinkwassers heftige Kämpfe wider die Cocinaer bestanden, bis endlich
Remedios erreicht war. Dort zogen der königliche Schatzbeamte und die
Stadtvertreter den Geretteten entgegen und beriethen sich alsbald mit dem
Bischöfe darüber, ob der gerade angekommene Lugo seine Beute ausser
Landes bringen dürfe, ohne Rechnung abgelegt, ohne widerrechtlich Ge-
nommenes erstattet zu haben. Das Ergebniss der Berathung war, dass
Lugo gefangengesetzt wurde, Sudrez aber in Freiheit. Dieser leistete
bald bei einem Korsarenüberfall ''^), dem Castellanos beiwohnte, werth-
i
Wander-Fahrten. 167 ]
volle Dienste. Endlich kamen die Weisungen der Regierung von Espa-
riola; sie beschränkten sich aber darauf, dass Lugo vor der Weiterreise
alle der Krone zustehenden Gelder abzuliefern habe. Dies geschah. Dann
ging Lugo mit seinem Schiffe nach Santiago auf Cuba, von da nach
Maguana auf Espanola, wurde aber überall wie ein Verbrecher betrachtet.
Auch diese Fahrten machte Castellanos mit und kam so zum
ersten Male nach Santo Domingo ^*), wo er eine Anzahl recht bedeutender
Männer antraf;, den Kanonikus Liendo, Arce de Quiros, Diego de
G uz man, und vor Allen den alten Bekannten Hortal, der längst dem
Wildnissleben entsagt, eine Zeit lang bei Rodrigo de Niebio Anstellung
gefunden und dann eine reiche Wittwe geheirathet hatte. Dort sah er
auch jenen Bejarano wieder, dem er vor einigen Jahren beim Segel-
Vorgebirge Lebewohl gesagt hatte ; derselbe gefiel sich recht gut als Erbe
seines Schwiegervaters. Besonders wichtig war ihm die Bekanntschaft des
Schloss-Hauptmanns Gonzälo Fernändez de Oviedo y Valdes^^),
welcher wegen seiner indischen Schriftwerke von 1525 und von 1535,
sowie wegen seiner noch im Gange befindlichen, grossen Arbeiten für
„eine allgemeine Geschichte und Natur-Beschreibung von Indien" ungemein
interessant war; vermochte doch der mit aller Welt bekannte, „gute
Oviedo" gar manchen Wink zu geben, wie der rasche Fortgang der über-
seeischen Entdeckungen für die Nachwelt sich festhalten lasse, wenn recht-
zeitig die Einzelheiten der Vorgänge mit Fleiss und Umsicht nieder-
geschrieben oder gesammelt würden. Castellanos hatte die in Maraca-
pana begonnenen Aufzeichnungen nicht fortgesetzt, merkte sich aber wohl-
weislich die Rathschläge des erfahrenen Gönners.
rj»
IL ANSIEDLUNaS -VERSUCHE.
uf Espanola trat Castellanos in eine Gesellschaft ein,
welche Goldwäscherei betreiben wollte. Den Schauplatz
dieses Unternehmens sollte die altberühmte Küstengegend
Citurma^^) bilden, im Besonderen ein zuerst von einem
Schuster Ferndndez als goldhaltig entdeckter Fluss in der Sierra
Nevada von Santa Marta. Castellanos rüstete sich für ein langjähriges
Kolonistenleben in der Festlandswildniss aus; ebenso thaten seine Ge-
sellschafter. Bald segelte man nach Remedios hinüber, und von da ging
man nach Westen; Luis Pardo führte die Leute zu Wasser, Blas
de Medina die zu Lande, unter denen Castellanos war. Diese Kolo-
nisten zogen, zwölf Mann hoch, an dem Salzsee von Tapö vorbei, über
einen Fluss, in dem der noch immer betrauerte Rodrigo Palomino
ehedem seinen Tod gefunden hatte und jetzt Castellanos in Lebens-
gefahr gerieth ; dann nach Marona, von dort am eigentlichen Meeresstrande
weiter über den Don-Diego-Bach nach dem unfern der Mündungen des
Guachaca und Mendiguaca belegenen Buritaca, wo die Schiffe sich zeigten,
aber wegen Wind und Wellen nicht löschen konnten. Castellanos und
seine Genossen befanden sich desshalb vierzehn Tage lang in unbehaglicher
Lage; dann überbrachten Indianer von Santa Marta einen Brief, nach
welchem der Rechtsanspruch auf das Gold der dortigen Flüsse zweifelhaft
sein sollte. Sofort eilte Castellanos, der auf das Unternehmen viel
von seinem bisher erworbenen Gelde verwendet hatte, nach jener Stadt,
wo die Verhältnisse alsbald geordnet wurden und zwei cubaguaer Bekannte
sich ihm zugesellten. In Buritaca wurden nun — Mitte 1545 — Woh-
nungen aufgeschlagen, halb Blockhäuser, halb Hütten. Sie lagen am
Ansiedlungs- Versuche. 169
Strande selbst, weil alles übrige Land von dichtestem Urwalde bedeckt
war, dessen Mückenschwärme mehr quälten, als die sich ruhig verhaltenden
Wilden. Die Kolonie befand sich an einer prachtvollen Stätte, wo mächtige
Schneeberge in die honigreiche Wildniss hinabschauten. Die Goldsuche
begann unfern des Ortes Maconchita, wo die Flussschlucht so steil war,
dass in ihre Felswand Treppen von vielen hundert Stufen eingehauen
werden mussten; zwischen dieser Stelle und dem Meere stürzte die Berg-
flut in wildem, tosendem Fall über ihr breites Steinbett. Wirklich zeigte
sich Gold, im Wasser sowohl wie unter dem Laube des Dickichts ; Jeder-
mann war hocherfreut; die Neger-Sklaven und die Indianer-Knechte sam-
melten die glänzenden Stücke ein; eine Zeit lang stand Alles in bestem
Flor : viel Arbeit, aber auch lohnender Gewinn. Auf die Dauer aber war,
trotz grossester Mühen, eine regelrechte Goldwäsche nicht durchzuführen;
die Bodenbildung war zu ungünstig, indem sich jene kaskadenreiche
Geröllstrecke weder entfernen, noch umgehen Hess.
Als soviel wie möglich geerntet war, wurden die Kolonisten-Häuser
von Buritaca nach einem Orte zwischen Tape und Marona gebracht, wo
in dem San Salvador genannten Flusse ebenfalls reichlich Gold zu finden
sein sollte. Auch hier bot sich Erfolg, wenngleich auch hier, trotz immer
neuer Versuche, keine ständige Anlage von grösseren Wäschereien sich
halten konnte.
Die Jahre der Arbeit, die Castellanos in diesen Küsten-
gegenden verbrachte, befriedigten ihn persönlich dennoch in jeder Be-
ziehung. 1549 verliess er die Wäschereiplätze, um einen günstigeren An-
siedlungsort auszukundschaften, und begab sich zunächst nach der Mündung
des Axt- Flusses, wohin Nuestra Seiiora de Remedios in der Zwischenzeit
verlegt worden war. Der neue Ort, obwohl wegen des Ausblickes auf die
Schneegebirge Nuestra Senora de las Nieves getauft, wurde meist Rio
de la Hacha nach jenem Flusse genannt. In seinen Anfängen war er da-
mals weit dürftiger als sein Vorgänger, den von Anfang an Zuzüge von
Cubagua gefördert hatten ; er fesselte desshalb Castellanos wenig, diesen
lockte weit mehr die schon als alt erscheinende, jenseits des venezuela-
nischen Sees belegene Stadt Coro, welche als Sitz eines Landes-Hauptmanns
und eines Bischofs interessanteres und lohnenderes Leben verhiess; dort
war gewiss auch Auskunft darüber zu erlangen, wie und wo im wilden
Lande Einzelne sich feste Ansiedlungen verschaffen könnten.
In Santana de Coro, dem Ausgangspunkt der jetzt offenbar ganz
darnieder liegenden Herrschaft der Deutschen, kannte Castellanos, der
Mitte 1549 eintraf, die Herren des Domkapitels, denen er übrigens bisher
170 Juan do Castellanos.
nur schriftlich nahe getreten war: Juan Robled o und Juan Fr iic tos,
ausserdem den neuen Bischof selber, MiguclJerönimoBallestreros,
der aus dem Domkapitel von Cartagena de Indias vor einigen Jahren dort-
hin berufen worden war ; aber sonst traf er doch nicht die erwarteten Aus-
kunftspersonen. Diego de Losada, mit dem er 1536 und 1537 seine
ersten Indianer-Züge gemacht hatte, war vor etwa zwei Jahren mit einer
grossen Expedition, der auch jener Limpias angehörte, in das von Coro
aus unentwirrbar nach Westen sich erstreckende Hochgebirge hinein-
gedrungen; als Gas tellanos ankam, wusste Niemand, was aus dem Zuge
geworden sei, ob er im Schnee - Gebirge oder im Tieflands - Sumpfe fest-
sitze. Die daraus entstehende Sorge konnte in Coro auch ein vielfach
erprobter Genosse von Losada nicht beseitigen: der schon seit mehr als
zwanzig Jahren im Lande bewanderte Diego Ruiz de Vallcjo^'),
welcher kürzlich aus einem der rauhesten und widerwärtigsten Theile jenes
Hochgebirges zurückgekehrt war, aus dem Lande der Cuicaer, wo Heilig-
thümer einer Gottheit Icaque angetroffen waren, sowie Nachrichten von
Menschenopfern, die ein Priester Namens Toy zu gewissen Jahreszeiten
darzubringen pflege. Derartige Dinge waren für Castellanos nicht zur
Niederlassung ermuthigend, aber doch von grossem Interesse; mehr aber
noch fesselten ihn die Mittheilungen, die sein neuer Freund über die
venezuelanischen Vorgänge der jüngsten Zeit zu geben vermochte.
Vallejo hatte bis zum Aeussersten treu bei den Weiserischen ^^)
ausgeharrt, während nunmehr der neue Landes-Hauptmann von Venezuela,
Juan P^rez de Tolosa^^), das Regiment der Deutschen rücksichtslos
abgebrochen hatte — gleich nach seiner Ankunft in Coro, wo nur noch
70 ärmliche, in der kleinen Kirche verschanzte Personen als Reste der
deutschen Kolonie angetroffen waren.
Tolosa, der alle anderen Grössen, Lebron, Lugo, selbst Sedeno,
an Energie überstrahlte, war eine verschlossene Natur, Vallejo aber er-
zählte um so mehr. Er berichtete, wie er von dem letzten gegen die
Welser geführten Schlage beinahe selber getroffen wäre. Ein seit Dal-
finger's Zeit berüchtigter Mensch, Juan deCaravajal, hatte auch
ihn zum Tode bringen wollen; allein er war jenem Henkermesser ent-
ronnen, welches seine Freunde Gregorio Placencia und Alonso
Romero ebenso wie Philipp von Hütten und Bartolmä Welser
dahin gerafft hatte; diese Greuel der Charwoche von 1546, die schreiendsten
Unthaten seit den blutigen peruanischen Vorgängen, waren von Tolosa
furchtbar gestraft worden ; unzugängig für irgend welche Bitten, hatte der
Ansiedlungs -Versuche. 171
strenge Mann den nichtswürdigen Caravajal schleifen, aufhenken, vier-
theilen lassen; seitdem war der Ceiba-Baum, der in Tocuyo als Schand-
galgen gedient hatte, abgestorben; allgemeine Verachtung hatte die Ge-
nossen jenes Mordbuben verfolgt. Noch ergriff Alle, mit denen Castellanos
die Katastrophe der Weiserischen besprach, unheimlicher Schauder; mehr
als einer der früheren Bewohner von Coro hatte sie miterlebt, namentlich
der Kantor Fructos und ein besonders hervorragender Mann, der schon
zu Dalfinger's Kameraden zählte und den Domherrn auf allen seinen
Entdeckungsfahrten begleitet hatte, Hauptmann Martin deArtiaga;
dieser langjährige Genosse der Weiserischen hatte auch jener Hinrichtung
beigewohnt vmd sogar über sie Hand und Schrift von Caravajal ver-
langt und bekommen; er wurde noch jetzt durch eine im Kampf mit den
ungebändigten Macoaern empfangene Verwundung am Gebrauch seiner
Gliedmassen gehindert ; mit Philipp von Hütten war er auf der grossen,
mehr als vierjährigen Expedition, mit G eorg Hohermuth auf der Fahrt
von 1536 bis 1538, mit Nikolaus Federmann auf dem Zuge von 1530
und 1531 gewesen. Castellanos empfand wieder Lust, Aufzeichnungen zu
machen; er nahm alle Berichte Artiaga's gern entgegen, namentlich auch
den über den letzterwähnten Federmann 'sehen Zug, von dem ihm bisher
nur die Erzählungen des wunderlichen Pater Requejada zugekommen
waren. Er ging den einzelnen Ereignissen mit forschendem Sinne nach.
Ausser Fructos und Artiaga gab es in Coro noch manche andere
Gewährsmänner für die jüngste Geschichte. Da war einer der seltsamsten
Abenteurer, Diego de Montes, der sich zum Arzt der Hohermuth'-
schen und Hütten 'sehen Expedition emporgeschwungen hatte; ferner
Fernando Gallejo, der die Anfänge von Coro, besonders die Zustände
unter Juan de Ampi^s, kannte. Castellanos sammelte bei ihnen
allerlei Nachrichten.
Für seine praktischen Zwecke konnten diese Leute nicht dienen;
sein Besuch in Coro blieb für die Lebenspläne erfolglos. Jener Tolosa,
der grimme Landes - Hauptmann , beschloss die Rückkehr der grossen
Gebirgs-Expedition, die sein Bruder AI on so unter Losada's Leitung an-
führte, nicht weiter abzuwarten, sondern über Land, unter Benutzung des
venezaelanischen Sees, nach dem Axt-Flusse zu gehen, wo durchaus gegen
die aufs Neue drohenden Korsaren-Angriffe Schutz geschaffen werden musste.
Dahin wollte auch der enttäuschte Castellanos zurückkehren. Zuerst
ging alles gut von Statten; dann aber stand er plötzlich an dem Sterbe-
lager des vom Fieber der Cocibacoa- Wildniss dahin gerafften Tolosa,
172 Juan de Castellanos.
der am Todesorte auch seine Bestattung fand. Das Gefolge setzte die
Reise nach Nuestra Sefiora de las Neives fort, wo jedoch ohne den Landes-
Hauptmann nichts auszurichten war.
Castellanos fand dort jetzt ebenso wenig wie früher genügenden
Erwerb; wohl aber erlangte er dort manche Auskunft über die ihn inter-
essirenden allgemeinen Dinge, besonders wieder über die frühere Weiser-
herrschaft. Ihm berichtete dort nämlich über die erste Zeit von Coro
Bartolome de Santillana, der während einer von Dalfinger's Ab-
wesenheiten Landpfleger in Venezuela gewesen war; die Anfänge von
Maracaibo kannte Fernando Beteta, der dort einmal die Stadt-Haupt-
mannschaft geführt hatte ; über die ersten Bewohner dieser Ortschaft sprach
er Jil de Nava und dessen Gattin. Derartige Mittheilungen nieder-
zuschreiben, gewährte dem im Nachrichten-Sammeln wieder eifriger ge-
wordenen Manne Vergnügen und Befriedigung. Solch ein Sammeln lag
recht nahe; denn ausnehmend rasch veränderten sich in diesen neuen
Landen alle Verhältnisse ; unglaublich oft wurden Hoffnungen und Berech-
nungen getäuscht.
Ueberall neue Menschen, vorzüglich in Venezuela, wo das verflossene
Vierteljahrhundert in der That ganz besonders reich an merkwürdigen
Wechselfällen gewesen war. Castellanos vertiefte sich gern in dies
Studium, verweilte mit Vorliebe bei den ersten Anfängen, dem Leben und
Treiben des harmlosen, grosse Theile vom späteren Venezuela bewohnenden
Zaquitier-Stammes, bei dem patriarchalischen Regiment von Ampi 6s und
seinem Hausstande, bei dem Häuptlinge Hurehurebo, dem späteren
Fernando Garcia, der seinerseits den grossen Manauri wieder be-
kehrt haben sollte, bei den ersten Pfadfindern und Dolmetschern, von
denen jetzt nur noch Limpias lebte. Esteban Martin, der schon
aus einem abgebrochenen Zweige den Wildengang auszuspüren verstand,
war im fernen Lande der furchtbaren Choquer geblieben; Juan de la
Puente, gleich ihm ein Begleiter von Höh ermuth, hatte unter Hütten
das Leben gelassen; Juan Aceros war von den Böten der Wilden zu
Tode gehetzt worden; über Francisco Martin, der lange Zeit unter
den Pemenern wie einer der Ihrigen gelebt hatte, gab es keine Nachricht
mehr, ebenso wenig über den ersten Arzt der Weiserischen, „den tapferen
Anton", der so manche Jaguar- Wunde hatte heilen müssen, oder über ihren
ersten Feldgeistlichen Antonio de Montesinos, der wohl schon längst
geruhig in einem spanischen Kloster lebte.
Castellanos, der in Entstehung und Zweck der Weiserischen
Unternehmung, in den eigentlichen Zusammenhang der Ereignisse nicht
Ausiedlungs- Versuche. 173
einzudringen vermochte, hielt die venezuelanischen Zustände für ganz be-
sonders beklagenswerth, trotz der Anstrengungen von. Dalfinger, Feder-
mann, Hohermuth, Rembold, Hütten, Grubel und wie sonst die
Vertreter von Bartolmä Welser und Gesellschaft heissen mochten,
von denen nur Grubel noch im Lande war.
Wie schlimm sah es in diesen Landen gerade jetzt bei Beginn des
Jahres 1550 aus. In Venezuela dieser tiefe Verfall nach einer Unthat,
deren Theilnehmer keineswegs sammt und sonders dauernd bestraft worden
waren; sprach doch Castellanos selbst einige schon wieder freigegebene
Spiessgesellen jenes Caravajal. In Santa Marta ähnliche Unordnung;
der Vertreter des elenden Lugo, Luis de Manjarres, war in Folge
königlichen Befehls gefangen gesetzt und in Ketten nach der Heimath ab-
geführt, ein unschuldiger Mann; seitdem hatte jeder Zusammenhalt auf-
gehört. Von Cartagena kam die erschütternde Nachricht, dass Sebastian
de Benalcazar, der im Popayan-Lande als königlicher Statthalter be-
fehligte und früher so grosse Dinge ausgeführt hatte, im Gefängniss ge-
storben sei, ein elend gewordener, dem Gerichte verfallener Held. Auch
in Santa Fö de Bogota, der abgelegenen Landes-Hauptstadt, sah es offen-
bar höchst unerfreulich aus, wenngleich dort nicht von Verbannung, Ge-
fangenschaft und Hinrichtung die Rede sein mochte.
In Neu-Granada hatten während der letzten Jahre grosse Aenderungen
sich angebahnt, welchen Castellanos bisher fern geblieben war; sie
hingen noch mit dem neuen indischen Gesetzbuches") zusammen, durch
welches die Krone Spanien 1542 die wichtigsten Verhältnisse ihrer über-
seeischen Lande hatte umgestalten wollen; die neuen Vorschriften waren
aller Orten bekannt gegeben, aber fast nirgends wirklich durchgeführt.
Für Neu-Granada war ihre Verwirklichung Miguel Diez de Armendariz
anvertraut worden. Dieser hatte nach längerem Aufenthalt an der Küste
am 17. Januar 1547 Bogota erreicht und alsbald ein neues Regiment ein-
zuführen gesucht; es war klar hervorgetreten, dass ein Einzelner der
Leitung der ausgedehnten Kolonie nicht mehr gewachsen sei; dafür schien
eine aus mehreren Personen bestehende königliche Regierung unentbehrlich
zu sein, eine Audiencia^^), wie sie in Santo Domingo, Panama, Mexiko
und anderen Hauptstädten bereits bestand. Derartige Neuerung hatte
Armendariz empfohlen, obgleich sie durchaus nicht den Gedanken der
verschiedenen kleinen Machthaber entsprach, am wenigsten den Wünschen
der Conquistadoren , welche alsbald Alles in Bewegung setzten, um die
Neuerung zu vereiteln; sie brachten es auch dahin, dass 1549 ein Ver-
antwortungsrichter ernannt wurde, der die bisherige Amtsführung von
174 Juan de Castellanos.
Armendariz untersuchen sollte, ein Mitglied der königlichen Regierung
von Santo Domingo, Alonso de Zurita*^).
Als dieser treffliche Mann 1550 zu Rio de la Hacha landete, wurde
er von vielen Gegnern der modernen Ordnung empfangen; unter ihnen
war auch Castellanos. Zur selbigen Zeit landeten aber schon in
Cartagena die ersten Mitglieder einer neuen königlichen Regierung, die in
Bogota ihren Sitz haben und alle Unvollkommenheiten der bisherigen Ord-
nung beseitigen sollte ; es waren Gutierrez deMercado, Juan Lopez
de Galarza und Bei trän de Göngora. Der Erstgenannte starb auf
der Reise nach dem Innern in Mompos, dem am Magdalena- Strome auf-
blühenden neuen Handelsplatze, wie Castellanos zu wissen glaubte,
vergiftet. Die beiden Anderen kamen freilich bis zur Landes-Hauptstadt
hinauf, hielten zugleich mit Zurita ihren Einzug und begründeten als-
bald, schon am 7. April 1550, so recht und schlecht es ging, die neue
Regierungsbehörde.
Castellanos zog nicht mit ins Innere; er dachte an einen neuen
Ansiedlungsversuch, und begab sich desshalb von Rio de la Hacha durch
die flache Strandgegend, die von den Spaniern die Laubhütte, Ramada ^'^),
genannt wurde, nach dem benachbarten Eupari-Thale'**), welches jenseits
der Wasserscheide zwischen den stolzen Schneebergen von Santa Marta
und dem finsteren Herrera-Gebirge sich ausdehnt. Durchzogen von grossen,
südwärts fliessenden Strömen, sollte diese Gegend für Viehzucht geeignet
sein, wenngleich sie augenblicklich einsam und wegen des in letzter Zeit
ausgebrochenen Hinsterbens der Eingeborenen geradezu unheimlich war.
An einem ihrer besten Punkte richtete Castellanos sich ein und begann
ein ländliches Kolonistenleben. Eine Zeit lang behagte solche Stille;
dann aber, etwa nach einem Jahre, brach die alte Unruhe aufs Neue
durch; es trieb ihn ins Weite. Warum sollte er sesshaft- bleiben? Rings-
umher war Nichts, was zu fester Ansiedlung einlud, wohl aber lockte Alles
zum Aufbruch. In jenem Herrera-Gebirge wurde damals ein güldener,
nur durch zehn bis zwölf Mann transportirbarer Götze gesucht, von dem
schon 1532 der Guanaer Häuptling Boronate den Weiserischen erzählt
haben sollte; auch den Goldmassen, die einer der Hauptlcute der Letzteren,
Im ige de Vase u na, in demselben Jahre vergraben hatte, spürten noch
sehr Viele nach, dem Beispiele von Francisco Vanegas folgend. Im
Bereiche der Guanaer fand damals Fernando Sanchez wirklich eine
grosse Begräbnissurne mit Gold. Auch Castellanos suchte eine Zeit lang
nach solchen Schätzen, namentlich in alten Grabstätten; dabei war einer
der erprobtesten Kenner der dortigen Wildniss sein Führer: Pedro Blasco
Ansiedlungs-Versuche. 175
Martin, der früher mit ihm den unseligen Lugo nach den Hochebenen
begleitet hatte.
Ungefähr drei Jahre vergingen im Eupari-Thale, dann in den Wild-
nissen der Nachbarschaft, endlich in der Stadt Santa Mar ta, die zuletzt
mehr und mehr zum ständigen Aufenthalte wurde. Der endlich der
Wanderfahrten Müde hielt nun gern in der Hafenstadt sich auf, wenn-
gleich noch immer weltliche wie kirchliche Regierung in unerfreulicher
Verfassung war. Ihm gefiel dort vor Allem die Natur, die grosse Bucht
mit Gaira und Concha auf den Seiten, mit dem ernsten Morro in der Mitte,
mit dem meist dichtbewaldeten Strand; ausserdem liebte er auch den
schönen Ankerplatz, das geschäftige Treiben in dessen Nähe, den Ver-
kehr mit den Eingeborenen, bekleideten, oft hübsch geschmückten Menschen,
unter denen die Frauen höher zu stehen schienen, als die Männer. Merk-
würdig, dass dort das Volk als Nahrung Fleisch verabscheute, nicht
aber Fisch.
Hier in Santa Marta traf Castellanos am 6. Februar 1553 mit
einem seiner ältesten Bekannten zusammen, mit Bartolme Carreno,
welcher als Oberbefehlshaber einer grossen Indienflotte am 4. November 1552
Spanien verlassen hatte und nur mit einem einzigen Schiffe am Bestimmungs-
platze ankam. Einige seiner Fahrzeuge waren gescheitert, einige vom
Sturm nach der afrikanischen Küste getrieben, andere durch französische
Korsaren verjagt; andere hatten in der „indischen See" eigene Wege ein-
geschlagen; das schwerste Unglück hatte aber am 12. Januar 1553 das
Flaggschiff" von C a r r e n o getroffen, denn es war verbrannt. Zu den Ver-
unglückten gehörte mit ganzer Familie Garcia de Bustos, welcher '
des unseligen Benalcdzar's Nachfolger in der Landes-Hauptmannschaft
Popay an werden sollte, ein Bruder von Pedro Ferndndez de Bus tos *^),
der sofort zeitweilig dessen Stelle erhielt und gleich bei der Ankunft mit
Castellanos sich befreundete.
Zu gleicher Zeit mit Carreno kamen zwei Personen von hervor-
ragender Stellung nach Santa Marta. Erstlich ein neues Mitglied der
neu-granadischen Landes-Regierung, Juan de Montano, der ein allge-
meines Verantwortungs- Verfahren anstellen sollte und nicht bloss von
seiner Familie, sondern auch von einem Schwärm Anverwandter begleitet
wurde; der unsympathische Mann begab sich sofort nach dem Innern.
Zweitens Juan de los Barrios j Toledo, der neue Bischof von Santa
Marta, der auch mit grossem Gefolge eintraf, so dass es hiess, er werde
wohl zum Erzbischof von Santa Fe de Bogotd*^) ernannt werden; dieser
kluge Geistliche besuchte zunächst die kleinen Ortschaften seiner Diöcese.
176 Juan de Castellanos.
Am meisten wurde Castellanos aber damals durch einen jungen unter-
nehmenden Ritter gefesselt, der aus dem Innern zurückkam, wo er als
der beste Helfer jenes Armendariz sich zugleich verhasst und beliebt
gemacht hatte. Es war der Neffe dieses Statthalters, Pedro deUrsua*''),
welcher ebenso energisch für die Durchführung der neuen Ordnung wie
für die Bekämpfung der Indianer aufgetreten war und Allen einem Recken
der ersten, heroenhaften Zeit der Landes-Eroberung zu gleichen schien;
für Castellanos, den ehemaligen Reitersmann von Sedefio, war er
geradezu eine glänzende Erinnerung an die eigene Jugend. Er stellte sich
ihm, als er in Santa Marta gegen die noch unbezwungenen, angeblich
reiche Schätze bewahrenden Wilden der Schneegebirge, namentlich gegen
die Taironaer, rüstete, mit herzlicher Freude zur Verfügung, und be-
gleitete ihn auf den gefährlichsten Unternehmungen, „Wenn irgend Einer,"
so sagte er, „dem trefflichen Führer verpflichtet ist, so bin ich es; ich
war bei ihm im Passe von Origua, wo er wie ein Löwe focht — den einen
Fuss unbeschuht, krank am Fieber; ich bin Zeuge seiner Thaten von
Bondigua und Bonda, von Pocigueica und Tairona, wo sein Haufe im Ge-
fecht eine Zeit lang auf nur zwölf Mann zusammengeschmolzen war."
III. GESCmCHTS- SCHREIBUNG.
ie Züge mit Ursua sollten die letzten sein, die Castel-
\ 1 a n 0 s in Waffen mitmachte ; er schloss sich gar bald an
u\ den freundlichen Bischof Juan de los Barriqs an, er-
leichterte ihm die Reise nach Bogotd und fand in seiner
Begleitung schnell gewichtige Freunde. Da war namentlich der tüchtige
Domdechant Francisco Adame; diesem standen mehrere Domherren
und andere Geistliche zur Seite, unter letzteren auch der ehrwürdige
Pedro Gar cia Matamöros, der seit R e q u e j a d a ' s Wegzug die
Kirche in der abgelegenen Landeshauptstadt aufrecht erhalten hatte.
Von Coro her verstand Castellanos solche Leute zu würdigen.
Das Ziel der langen Reise wurde im Juni 1553 erreicht. Seit
Lugo's Zeit hatte die Stadt Bogotd^^) sich nicht so verändert, wie viel-
leicht an der Küste erwartet wurde. Den eigentlichen Schauplätzen der
Kämpfe fern, von den Bewegungen der letzten Jahre wenig berührt, lag
sie noch recht wild da, sowohl in ihrem alten, indianischen, wie in ihrem
neuen, europäischen Theile: nur wenige kleine, kaum vollendete Kirchen-
und Klosterbauten, nothdürftiges Unterkommen für Regierung und Stadt-
verwaltung, spärliche Privathäuser. Ausserhalb der noch dorfähnlich
umzäunten Ortschaft, auf der platten Hochebene, lagen verschiedene grosse
Gehöfte: die einheimische Bevölkerung war im Aussterben begriffen, die
Zahl der Christen noch immer auf wenige hundert beschränkt. Unter
diesen war ohne Frage die interessanteste Persönlichkeit Francisco
Briceiio, ein Mitglied der neuen Regierung, welcher durch die Ver-
urtheilung jenes Benalcazar den Ruhm seltener Unerschrockenheit sich
erworben hatte. Dann war dort aber auch der „Marschall von Neu-
Festschrift der Hamburgischen Amerika-Feier H. ' 12
178 Juan de Castellanos.
Granada" : Niemand anderes, als jener Gonzdlo Jim^nez de Quesada*^),
welcher vor bald fünfzehn Jahren von einer Belelmung mit dem schönen,
durch ihn entdeckten Lande geträumt hatte und jetzt, nachdem lange
Rechtshändel in Spanien geführt, die Smaragden und Goldstücke dort so-
wie in dem herrlichen Frankreich und dem noch herrlicheren Italien ver-
jubelt waren, sich begnügte mit einigen militärischen Vorrechten und mit
dem Marschalls-Titel. Castellanos betrachtete den frühgealterten Mann
wie einen Träger der grossen alten Zeit; hatte er doch schon auf den
Fahrten von Lebron und Lugo gar viel über ihn gehört, wennschon
meist Ungünstiges, da jene beiden Anführer dem glücklichen Eroberer als
Widersacher gegenüber gestanden hatten.
Montane blieb auch in Bogota, dem Verehrer von U r s u a, der sogar
zu einem Anhänger von Armendariz sich umgewandelt hatte, voll-
ständig fremd ; ihn konnte Castellanos von Anfang an nicht leiden, und
gar bald hasste er ihn herzhaft, was leicht geschehen konnte, wenn Mon-
tane's rohes Wesen verglichen wurde mit einer so edlen Natur, wie
Zurita war. Zu diesem fühlte sich Castellanos mehr und mehr hin-
gezogen, ebenso zu den Geistlichen im Gefolge des Bischofs Juan, von
denen ausser jenem Adame noch andere tüchtige Männer ihm sich
näherten: Alonso Ruiz, Lope Clavigo und Miguel Espejo; in
ihrem Umgang kam er auf einen schon früher gehegten Gedanken zurück :
das Aufgeben der bisherigen Pläne, der Wanderfahrten wie der An-
siedelungs-Versuche.
Die entscheidende Wendung seines Lebens vollzog Castellanos
in der ihm lange Zeit unbekannt gebliebenen Küstenstadt Cartagena de
Indias. Dorthin geleitete er 1554 den Marschall Jimönez, dessen Eigen-
sinn von der Landes-Hauptstadt fern gehalten werden sollte, aber doch
immerhin brauchbar zu sein schien, um die Autorität der fernen Regierung
an der Küste zu vertreten.
Auch diese Stadt hatte noch keine eigene Lebenskraft. Fast zwanzig
Jahre alt, zeigte sie überall noch die früheren Hütten der Calamarer;
ihre kleine Befestigung konnte nur geringen Schutz gewähren; der 1538
begonnene Häuserbau war wenig voran gekommen, das Hauptstück, die
Kirche, lag noch unvollendet da. Immer erneute innere Wirren hatten
das Wachsthum geschädigt, und für jeden Misserfolg wurde der Mann ver-
antwortlich gehalten, der den Ort am 20. Januar 1533 formell begründet
hatte: Pedro de Heredi a. Als Landes-Hauptmann von Cartagena sah
sich Heredia*"), wie schon in der ersten Zeit seiner Regierung, so auch
in der zweiten, einer zeitweiligen Abwesenheit folgenden Periode, Schritt
Geschichts-Schreibung. 179
für Schritt vom Unglück verfolgt, und jeder Unfall sollte sein Verschulden
sein, z. B. auch die noch nicht verschmerzte französische Brandschatzung
vom Jahre 1546, sogar der fünf Jalire später ausgebrochene, ebenfalls
noch immer schwer empfundene Stadtbrand. Ein Verantwortungs- Richter
war nach dem anderen in Cartagena erschienen, zuletzt Juan Maldonado,
der die Heimsendung von Heredia beschlossen hatte.
Castellanos sprach den Unglücklichen noch, welcher ihm vor
Jahren in Puerto-Rico als hoffnungsvoller Expeditionsführer begegnet war
und jetzt durch Sprüchelesen und Rosenkranzbeten sich zu trösten suchte;
er sah. auch dessen älteren Bruder Alonso, der früher ebenfalls ein
grosser Kämpe gewesen war und jetzt ohne fremde Hülfe sich nicht be-
wegen konnte — er hatte auf der Folter gelegen. Auch Pedro 's Sohn
war da, der kränkliche Antonio, welchen seit mehr als zehn Jahren
eine schwere Wunde ähnlich entstellte, wie den Vater, dem die Nase
fehlte. Diese Gesellschaft war das abschreckendste Beispiel einer Con-
quistadoren-Familie, das sich denken Hess. Klein und schwach geworden,
verliess nun der ehemalige Eroberer sein Cartagena, um wieder einmal in
Spanien Recht und Anerkennung zu suchen. Er musste zum dritten Male
diesen Weg machen; denn er war schon Gefangener von Leuten wie
Juan de Vadillo und Juan de Cabrera gewesen, hatte schon zwei
Heimreisen, 1539 und 1546, als Angeklagter antreten müssen. Theil-
nahmevoll sah der letzten Abfahrt Marschall Jimenez zu; obwohl er
nicht so trübe Erfahrungen gemacht hatte, wie der Scheidende, hasste er
die Behörden der Heimath, in welchen die Studirten den Praktikern
vorgezogen wurden. Auch Armendariz und Ursua wollten mitsegeln;
allein ihre Pläne wurden zufällig durchkreuzt, sodass Castellanos noch
für einige Zeit des Umgangs mit Oheim und Neffen sich erfreute. Dieser
kehrte dann dem schnöden Lande den Rücken, um in dem gepriesenen
Peru das Glück zu suchen. Jener blieb zunächst zurück, tief gebeugt,
aber doch noch widerstandsfähig ; am stärksten schmerzte es ihn , so er-
zählte er, dass er von einem ehrenhaften Feinde das Reisegeld habe an-
nehmen müssen, da ihm durch den schlimmen Montane zur Bestreitung
der Kosten des Verantwortungs- Verfahrens Alles und Jedes abgenommen
sei. Dieser Montane zeigte sich auch in Cartagena, aber, wie Castel-
lanos meinte, gleich einem vom bösen Gewissen Verfolgten; schleunigst
zog der Peiniger weiter, über Land, begleitet von dem Hasse der
Besseren.
Während nun Marschall Jimenez in die Cartagenaer Wirren
Ordnung zu bringen suchte, erhielt er die erschütternde Nachricht, dass
12*
180 Juan de Castellanos.
am 27. Januar 1555 Heredia, und mit ihm die Bogotäer Regierungs-
Räthe Göngora und Galarza, sowie viele andere Angesehene im
Meere ertrunken seien. Alvaro de Mendoza, Heredi a's Schwieger-
sohn, der auf wunderbare Weise bei dem Schiffbruche gerettet worden,
überbrachte diese schreckliche Kunde.
Dass der so traurig umgekommene Landes-Hauptmann in seiner
Stadt noch immer Freunde und Anhänger habe, bewies die dortige
Todtenfeier, bei welcher auch die Dom-Geistlichkeit hervorragenden An-
theil nahm und Castellanos durch ein längeres, für eine Nichte des
Verstorbenen gedichtetes Klagelied sich auszeichnete. Ihm ging der rasche
Tod der hervorragenden Männer sehr nahe; aber wie eine Gottesfügung
erschien es ihm, dass die wichtigen Akten gegen jenen Montane, die
sich auch an Bord befunden hatten, nach Mendoza's Bericht gerettet
worden waren.
Bei jener Gedenkfeier handelte die Geistlichkeit von Cartagena
ohne Bischof ^^); Provisor des Bisthums war der Domherr Campos.
Castellanos hatte rasch diese Kreise kennen gelernt und verwirklichte
bald seinen Entschluss, in den geistlichen Stand zu treten. Er empfing
die Priesterweihe^^); der alte Dechant Juan Perez Materano, der seit
langen Jahren sein Amt bekleidete, war bei der ersten Messe Gevatter;
im Hause des angesehenen Hauptmanns Nufio de Castro und dessen
Frau Francisca de Padilla, die kameradschaftliche Herberge ge-
währt hatten, wurde nach der Messe das übliche Feiermahl begangen.
Bald stellten sich andere Freunde ein; der Kantor Antonio Verdugo,
der schon mit dem ersten Bischof Tomas de Toro ins Land gekommen
war, interessirte sich lebhaft für den neuen Geistlichen; ihn ernannte
bald jener Domherr Campos zum Pfarrer der Stadt.
Der Sinn für historische Arbeiten wurde bei Castellanos durch
das Los von Heredia aufs Neue angeregt. Weil fast sämmtliche Bekannte
mit diesem den jetzigen Ort zuerst betreten hatten, gab es mancherlei
Nachrichten zu sammeln, von denen die meisten auf die berühmt ge-
wordenen Gräberfunde am Sinü-Strome sich bezogen. Einer von Heredia's
Genossen, Gonzdlo Ferndndez, lieferte über die Züge nach diesem
Strome, nach dem Magdalena-Flusse, nach dem Cauca-Thal, sowie über
Falirten nach der Urabd-Bucht und dem Dabaibe-Gebirge ausführliche und
inhaltreiche Aufzeichnungen.
Anfangs mochte für Castellanos in der neuen Umgebung die Zeit
rasch verfliegen; er arbeitete, als sei die Geschichts-Schreibung jetzt sein
Geschichts-Schreibung. 181
eigentlicher Beruf geworden, und liess sich darin Jahre lang nicht stören
trotz allen Wandels der Zeiten. 1557 erschien ein neuer Bischof in
Cartagena, Juan de Simancas; bald darauf kam, nachdem Marschall
Jimenez längst das Feld geräumt hatte, ein neuer Landes-Hauptmann,
Juan de Bustos de Villegas, der Mendoza und Castro zu seinen
ersten Officieren ernannte, jenen für die Reiterei, diesen für das Fussvolk.
Beachten swerthes geschah aber nicht bis zum Jahre 1559. Da erlebte
Castellanos zum zweiten Male einen Angriff jener gefürchteten Kor-
saren, welche er nicht schlimmer zu brandmarken wusste, als durch den
Ketzernamen der Lutheraner. Wieder, wie vor fünfzehn Jahren in Remedios,
waren es Franzosen, welche die Unthat begingen. Die Stadt unterlag-,
Lösegeld ward gegeben; „ich kenne die wirklich bezahlte Summe nicht,"
schaltet Castellanos in seinem Bericht ein. Der Abmachung unge-
achtet liess Martin Cotes, der Sieger, Plünderung, Zerstörung, Frauen-
schändung folgen. Darüber starb Castro an gebrochenem Herzen;
Gubernator Bustos wurde unbeliebt, obwohl er sich der Uebermacht
gegenüber ganz standhaft benommen hatte. Dieser Mann, der bald darauf
nach Panama, versetzt wurde, konnte Castellanos nur wenig gefallen,
da er nicht die erforderliche Rücksicht auf die hohe Geistlichkeit zu
nehmen schien; mehr nach seinem Herzen war der dann auftretende
Landpfleger Melchior Pörez de Arteaga, der aus dem Innern kam
und Genaueres erzählen konnte über das einzige grosse Tagesereigniss der
sonst träge verlaufenden Zeit, über die Niederwerfung des aufständigen
Lope deAguirre, an welcher er Theil genommen hatte. In Cartagena
sorgte Arteaga nicht bloss für die Verfolgung von Korsarenschiffen,
sondern vorzüglich für die Civilisirung der Wilden, z. B. für Bekleidung
des weiblichen Geschlechtes; er verbrannte ohne Besehen Götzenbilder
und Heidentempel, zerstörte Gräber und jegliches Teufelswerk. Obwohl
Castellanos für die Vorzeit einiges Verständniss gewann und ihr Ge-
dächtniss gern auf seine Weise förderte, erschien ihm doch dies Aufräumen
mit unfruchtbar gewordenen Formen als eine Nothwendigkeit.
Wie Arteaga's ganzes Verhalten das Tagen einer neuen Zeit, der
des Beamtenthums, bekundete, so auch die Ankunft eines mit weitgehen-
den Rechten und Würden ausgestatteten Regierungs-Präsidenten für Neu-
Granada^^). Andres Diaz Venero de Leiva landete, mit diesem
ganz neuen Amte bekleidet, Ende 1563 in Cartagena und begann dort
seine Thätigkeit mit dem Verantwortungs- Verfahren gegen Arteaga,
welches günstig ausfiel, so dass der gesinnungstüchtige Mann unbehelligt
182 Juan de Castellauos.
nach Spanien abreisen konnte, wo er in den geistlichen Stand trat und
sein Versprechen, Castellanos die Schatzmeisterstelle im Cartagenaer
Dom-Kapitel zu verschaffen, alsbald erfüllte.
Der Domherr Castellanos sah auch fernerhin in Cartagena wenig
Neues. Im Schatze der Kathedrale herrschte natürlich die grösste Stille;
der allgemeinen Thatenlosigkeit folgte Gedankenlosigkeit; nirgends war
Anregung! r)ie Beschäftigung der Cartagenaer Regierung bestand in
Verbesserung der noch kleinen Vertheidigungs-Anstalten , Einübung der
wenigen europäischen Truppen, sowie der Neger und Indianer, die ein-
ander in Unbrauchbarkeit wenig nachstanden. Von den Landes-Haupt-
leuten machte nur Martin de las Alas einen guten Eindruck, nicht
bloss weil er die Geistlichkeit würdevoll zu behandeln verstand, sondern
auch weil er als entschlossener Mann sich zeigte, als die Korsarengefahr
wieder einmal sich erhob. Es war die Lage recht ernsthaft, als im Juli
1565 der Engländer John Acle mit seinen elf Schiffen bis in den inneren
Hafen Cartagena' s hineinfuhr und unter dem Vorwand, hundert Neger-
sklaven ankaufen zu wollen, am Lande Verbindungen anzuknüpfen ver-
suchte. Castellanos kannte diesmal die Einzelheiten der Verhand-
lungen. Acle liess sagen, das Naturrecht gestatte freien Verkehr zwischen
den Nationen; diese Befugniss werde dem englischen Könige vom spa-
nischen um so weniger bestritten werden, als dieser ja des ersten Lehns-
herr sei; Alas nahm darauf seine stattliche, hundert Goldpesos wiegende
Kette vom Halse und bot sie höflich dem Unterhändler, damit er den
Abzug der Flotte besorge; als dies Mittel aber nicht verschlug, brach er
die Verhandlungen mit der Erklärung ab, das Recht des Staates und das
der Kirche stehe höher als das der Natur und verbiete jeden Verkehr mit
Ketzern; daher möge A c 1 e auf das Aeusserste sich gefasst machen. Volle
acht Tage blieb der Feind noch drohend im Hafen, dann erst zog er ab.
Diese Verkandlungen billigte Castellanos um so mehr, als sein ver-
ehrter Freund, der Dominikaner-Prior Pedro Marti r Palomino, bei
ihnen besonders zu Rathe gezogen war.
Wie Alas bald darauf starb, sah Castellanos seine Bemühungen,
dass ein Bekannter von ihm Landes-Hauptmann werden möge, nur halb
mit Erfolg gekrönt; wurde auch sein Wunsch, dass Mendoza Land-
pfleger werden möge, nicht erfüllt, so kam doch ein anderer Freund,
Pedro Fernändez de Bustos, bisher Verweser der Statthalterschaften
von Popayan und von Santa Marta, in gleicher Stellung nach Cartagena;
die königliche Bestätigung schien gewiss zu sein. Offenbar begann nun
eine bessere Zeit; Landungsbrücken und Brunnen wurden gebaut;
Geschichts- Schreibung. 183
Francisco de Molino's Franziskaner-Kloster gewann stattliches Aus-
sehen; Beatriz de Cogollos de Duran schenkte ein früher jenem
Dechanten Perez Materano gehörendes, zur Vorstadt Getsemane ge-
rechnetes Land behufs Gründung einer Kirche der Muttergottes von
Loreto. „Dort, wo nach Turbaco, dem heilsamen Aufenthalte in heisser
Zeit, die Thorstrasse ausgeht, kannten wir bislang nur einen öden und
leeren Platz; jetzt grünen dort Gärten und Baumpflapzungen , " rief
Castellanos aus, dem jeder Fortschritt Freude bereitete. Allein die
Zwischenzeit der schönen Hoffnungen hörte gar bald auf. B u s t o s wurde
von der Krone nicht bestätigt; statt seiner übernahm 1570 Francisco
Bahamon de Lugo die Landes-Hauptmannschaft der Provinz Cartagena,
ein alter Soldat, der von Puerto-Rico herüberkam und durch seine Er-
zählungen über dortige Erlebnisse manche Jugenderinnerung bei Castel-
lanos wieder wachrief; dauerten doch auf jener Insel noch immer die
Verhältnisse der Sedeno' sehen Zeit fast unverändert fort.
Während Bahamon's Regierung entschloss sich Castellanos,
dem heissen Küstenplatze, in dem er bald schon zwanzig Jahre gelebt
hatte, den Rücken zu kehren. Für historische Studien fand er dort keine
Nahrung mehr; wollte er fernerhin den längst liebgewordenen Arbeiten
sich widmen, so musste er dahin gehen, wo Gefährten oder doch Kenner
der alten Zeit in Menge sich niedergelassen hatten. Es gab eine solche
Stätte, an welcher er sich wohl fühlen konnte, und zu ihr trug er als
Frucht seines cartagenaer Aufenthalts ein Schriftstück, welches ihm be-
weisen mochte, dass das sesshafte Leben, trotz seiner Einförmigkeit, doch
werthvoller sei als buntes Abenteurerthum. „Geschichte von Cartagena"^*)
benannte er, was eine Beschreibung des Lebens von Heredia war; dies
hatte er in neun Abschnitten von 1532 bis 1555 dargestellt, vom ersten
aussichtsreichen Weggang aus Spanien bis zum unfruchtbaren Tode auf
der dritten Heimreise ; er hatte diese Leidensgeschichte, um seiner eigenen
Würde and dem tragischen Stoff gerecht zu werden, nach und nach in
kunstreiche Verse gefasst und mit jenem Todtenliede, sowie mit einem
Grabspruch-ähnlichen Schlüsse versehen. Für die Schrift waren viele
Sachen allmählich angesammelt worden, nicht bloss jene ihm freundlich
entgegengebrachten Mittheilungen von Heredia' s Schicksalsgenossen,
sondern auch Akten einer Untersuchung, die Armen dariz schon 1546
eingeleitet hatte, verschiedene andere Gerichtsurkunden, ja sogar, in An-
lass der Gründung des Ortes Mompos, geographische Aufzeichnungen eines
Schiffers JuanNieto, von welchem auch eine merkwürdige, den Lauf des
Magdalena-Stromes darstellende Landkarte ^^) stammte. Dem von Anderen
184 Juan de Castellauos.
entliehenen Stoff war nicht bloss kunstgerechte Form gegeben; ihm war
auch manches Eigene hinzugefügt, bald über die Cartagenaer Geistlich-
keit, aus deren Kreise der Bischof Tomas de Toro, Pater Mariana,
Ballestreros, der jetzige Bischof von Coro, hervorzuheben waren, bald
durch Schilderung der Stadt und ihrer Umgebung, ihrer vielfarbigen Be-
wohner, ihrer koketten Damen u. s. w.
Nach Aufwand solcher Schriftstellermühe hatte Castellanos die
Ueberzeugung gewonnen, Grosses geleistet zu haben. Ihn befriedigte die
Verherrlichung eines bewegten Menschenlebens, das überall die jüngste
Landesgeschichte berührte und aussergewöhnliche Fortschritte hervor-
treten liess: zuerst die Entdeckungen bisher unbekannter Regionen,
wie die Flussgebiete des Sinü, Atrato und Cauca waren ; dann die Streitig-
keiten unter hochstehenden, einander ebenbürtigen Helden, ferner alle die
Wechsclfälle von Benalcdzar, von R o b 1 e d o und von H e r e d i a selber,
von Männern, die sämmtlich ein tragisches Ende gefunden hatten, ein so
elendes, dass die Söhne, die Hoffnung für die Zukunft, der Trost unter
zahllosen p]ntbehrungen und Drangsalen, bettelarm einhergingen, unnütze
Wesen für die Zeit, in welcher sie hätten wirken sollen und Castella-
nos noch weiter zu wirken gedachte.
%
IV. DICHTUNGEN.
er Domherr wurde 1571 Pfarrer in der Hochgebirgsstadt
Tunja^^). Dieser Ort trug, obgleich ganz und gar eine
christliche Gründung, noch immer keinen christlichen
Namen, als gehe noch immer der Geist der Vorzeit in
ihm um: der Geist der uralten, durch die neuen Eindringlinge ge-
spenstisch gewordenen Heidenwelt. Dort lebten noch deren Zerstörer,
die Veteranen der Eroberung; sie sassen, gleich einer auserwählten Schar,
dicht bei einander, würdevoll das Gedächtniss der eigenen Erlebnisse
pflegend, der grossen gemeinsamen, wie der kleinen persönlichen. Jeder-
mann war da stolz auf die ruhmreiche Vergangenheit, welche sich wieder-
spiegelte im Thurmbau der städtischen Häuser, in der Kleidung und
Haltung ihrer Insassen , in Schilderei und Wappenschmuck , vorzüglich
auch in dem vom Kaiser verliehenen Stadtwappen mit den Bildern von
Kastilien und Leon, von Neu-Granada und vom Adler des heiligen Römischen
Reiches. Dort Hess sich die in Santa Fe de Bogota angebrochene neue
Zeit kaum spüren. Der Landes-Hauptstadt hatte der Regierungs-Präsident
Leiva modernen Anstrich verliehen; in ihr hatte er, wenngleich er nur
in einer Sänfte sich bewegen konnte, mit starker Hand die von seinem
Monarchen vorgeschriebene neue Ordnung durchgesetzt, als schreite er
mit Sporn und Degen einher. In Bogota war spanisches Provinzialwesen
und modernes Beamtenthum eingeführt; Regierungsräthe , die das Land
kaum kannten, herrschten dort und mühten sich ab mit allerlei Dingen,
denen die Conquista-Zeit abhold sein musste, mit Finanz-, Unterrichts-,
Verkehrs-Einrichtungen und ähnlichen Angelegenheiten: solchem Wesen
lag Tunja vollständig fern.
186 Juan de Castellanos.
In dieser Aristokratenstadt, die sogar von Leiva vorsichtig und
rücksichtsvoll behandelt wurde , fühlte sich Castellanos sehr bald hei-
misch, obwohl er den Ort bisher nur zwei Mal flüchtig berührt hatte.
Dort fand er Verständniss für seine historischen Forschungen und auch
Sinn für seine immer mehr in Verse sich kleidende Geschichtsschreiberei.
Der Cartagenaer Domherr, der etwas über 55 Jahr alt war, als er
nach Tunja kam, hatte einige hervorragende Einwohner auf seinen mit
Lebron und Lugo vollbrachten Fahrten kennen gelernt 5 sie waren
grossentheils noch am Leben. Da stand noch immer an erster Stelle
der ehrenfeste Gonzdlo Sudrez de Rondon, dessen Verdienste längst
daheim durch hohe Würden Anerkennung gefunden hatten: er war der
Hauptgönner des dem heiligen Santiago geweihten Gotteshauses, dessen
reiche Marktfront die Wohlhabenheit der Bewohnerschaft bekundete;
diese Kirche sollte also hinfort die Hauptstätte der Wirksamkeit von
Castellanos bilden. Dann lebte in Tunja noch Francisco Salguero,
der von Lugo ehedem eine Hauptmannsstelle erhalten hatte und, im
Eupari-Thale zu einem reichen Manne geworden, nunmehr der heiligen
Clara ein Frauenkloster stiftete, zu dessen erster Priorin seine Gattin
Juana Macias ausersehen war. Eine andere Stiftung, das kleine Gottes-
haus des nicht allzu fernen Chiquinquird, rührte von einem dritten Be-
kannten her, von Antonio de Santana, welcher viel über seine
früheren Schicksale erzählen konnte, ein noch kräftiger, urwüchsiger Mann.
An jene Fahrten von 1540 und 1543 erinnerte ferner Lorenzo Martin,
dessen Poesien Castellanos jetzt mit doppeltem Interesse las. Wie
dieser sich mit Versen befasst hatte, so mit der Geschichts-Schreibung
Domingo de Aguirre, der frühere Schreibmeister des Stadtraths; der
hatte Manches aufgezeichnet über seine erlebnissreichen, meist unter dem
längst nach Peru gegangenen Pedro de Lerma vollführten Fahrten,
über die später ihm übertragenen Gesandtschaften nach Spanien und andere
Dinge von allgemeiner Wichtigkeit. Castellanos wohnte in dem Hause
dieses interessanten Basken als dessen Kaplan und wurde später zu dessen
Testaments- Vollstrecker ernannt. In Tunja freute sich ferner kraftvollen
Alters Diego de Parödes-Calderon, dessen Lieblingswunsch dahin
ging, es möge seinem 1564 von den Wilden Venezuela's erschlagenen
Neffen Diego Garcia de Parödes durch die Feder von Castellanos
ein würdiges Andenken bereitet werden. Da waren ausserdem noch der
kühne Degen Baltasar Maldonado, dessen Wittwe Leonor Cara-
V a j a 1 später mit ihren Töchtern bei Castellanos Rath und Beistand fand
— drei Rodriguez, von denen Einer auch aus dem andalusischen Alanis
Dichtungen. 187
stammte, und mehrere Andere. Alle lebten und webten in der Vergangen-
heit, deren Einzelnheiten bereits durch die Wiederholung der Erzählungen
märchenhaft zu werden begannen, sodass dort selbst Visionäre, wie
Francisco de Tor dehn mos, mehr und mehr Glauben fanden.
Derartigen Erinnerungen trug Castellanos ein so lebhaftes In-
teresse entgegen, dass er alsbald einige „Santa-Marta-Geschichten" ^') ver-
fasste, welche natürlich der Cartagenaer Arbeit in vielen Beziehungen,
auch in der Form, ähnlich wurden. Seine Gewährsleute für die ältere
Zeit waren zum Theil schon früh ins Land gekommen, meist Anfang 1528
mit dem Landes-Hauptmann Diego Garcia de Lerma-, hatten sie auch
die beiden frühesten Jahre der Gubernation Santa Marta nicht miterlebt,
so war ihnen doch viel von ihrem ersten Begründer bekannt geworden,
von dem alten Rodrigo de Bastidas, z. B. Allerlei über den Mord-
anfall, an dessen Folgen er in Cuba verstorben war, über das tüchtige
Verhalten von Rodrigo Palomino, der nur zu früh seinen Tod in den
Wellen gefunden, und über die Raubzüge von Pedro Vadillo, durch
welche Citurma und Eupari so schwer gelitten hatten. Das zwischen
der Ankunft von Lerma und dem Tode von Pedro de Lugo liegende
Jahrzehnt Santa Marta's war noch bei allen alten Tunjaern lebendig.
Die prunkhafte Erscheinung dieser beiden vornehmen Herren und ihrer
Begleiter hatte ihnen jetzt etwas Lächerliches; denn dem Paradegepränge
war schnell Jammer und Elend gefolgt. Da gab es zuerst die Niederlagen
in den Kämpfen gegen „die sieben Brüder" und die tapferen Häuptlinge des
Pocigueica-Landes Tocuetzo, Marocando und Macopira zu berichten,
dann die folgenden, unter der erprobten Wegführung von Alonso
Martin mit grösserer Umsicht veranstalteten Unternehmungen in den
Gebieten von Bacarabuey und von Bongay, im Bonda-Lande, im Eupari-
Thale und am Magdalena-Ufer bis zur Mündung des nach Antonio de
Lebrija genannten Nebenflusses. Als eigentlicher Held dieser Züge trat
jetzt den Veteranen mehr und mehr jener starke Pedro de Lerma vor
die Seele, welcher seitdem durch die peruanischen Kämpfe berühmt ge-
worden war; Alles was von seinem angeblichen Oheim Garcia in Santa
Marta ausgegangen war, schien unverständig gewesen zu sein, zumal weil
auf dessen Zügen Geistliche hohe Stellen bekleidet hatten, z. B. der wenig
ehrfurchtgebietende Tomas Ortiz, der Kanonikus V i a n a und der Pater
Pedro Zarco; dagegen strahlte die Glorie jenes peruanischen Anführers
doppelt hell. Nicht so absprechend, wie über Garcia de Lerma's Zeit,
lautete das spätkommende Tunjaer Urtheil hinsichtlich der kurzen Re-
gierung von Pedro de Lugo; es schien in seinen. Fahrten zum Schnee-
188 Juan de Castellanos.
gcbirge, nach Bonda, Cueto und Origiia, nach den zur llamada gehörenden
Gebieten der Brüder Marubare und Arobare, endlich wieder nach
dem Eupari-Thale Kraft gelegen zu haben, dagegen wurde einstimmig die
gierige Verschlagenheit jenes Luis de Lugo gebrandmarkt. Bei solcher
Besprechung der Vorgänge von allgemeiner Wichtigkeit wurde gelegentlich
Anderes eingeflochten ; Beschreibungen der Grabfunde, Krokodil-Erzählungen
von Juan Varillas, Alonso und Martin Sanchez, allerlei Schiff-
bruch-Geschichten und Aehnliches.
Derartige Stoffe boten Castellanos reiche Beschäftigung; historisch
bildete aber ein anderer Bestand theil der Santa-Marta- Geschichten für ihn
die Hauptsache, nämlich der Abschnitt über die im April 1536 von der
Küste aufgebrochene, zuerst bis ins neue Königreich Granada vorge-
drungene Expedition. Castellanos verschob es zunächst noch, diese
für seine jetzige Heimath folgenreichste Entdeckungsfahrt zu beschreiben;
denn eine Auskunft, welche Besseres versprach, als alle Beredungen mit
Tunjaer Freunden, mehr selbst als die Aussage des allverehrten Sudrez
de Rondon, stand in naher Aussicht. Es kehrte nämlich Marschall
Gonzdlojim^nez deQuesada, der j ene erste Entdeckungs-Expedition
angeführt hatte, 1572 aus Spanien zurück und schrieb nun an den Denk-
würdigkeiten seines* Lebens ^^). Eine solche Geschieh ts-Hülfe war für
Castellanos um so werth voller, als sein früherer Gefährte in aller-
jüngster Zeit noch einmal eine grosse Entdeckungsfahrt ins Werk gesetzt
hatte: ein Unternehmen, welchem drei lange Jahre, 1568 bis 1571, ge-
opfert und doch keine Früchte erwachsen waren. Das war ein Zug
gewesen, welcher ganz denselben Zielen gegolten hatte, wie vor etwa drei
Jahrzehnten der seines Bruders Fernando, nämlich eine Suche nach
dem „güldenen Prinzen", eine Dorado-Fahrt^^).
Wunderbar, dass die Dorado-Geschichte, die Castellanos schon
1541 zu Ohren gekommen war, im Laufe der Zeit keineswegs verloren
gegangen, sondern immer aufs Neue aufgetaucht war; sie hatte namentlich
in den letzten Jahren manche Abenteuerlustige in Perii wie in Maracapana
verführt. Dabei hatte Allen ein früherer Freund von Castellanos
voran geleuchtet, jener Ursua, dessen 1560 von Peru aus begonnener
Zug noch in Jedermanns Munde lebte. Gleichzeitig war, von der atlan-
tischen Küste ausgehend, ein anderer Bekannter von Castellanos, der
Pater Ayala, ins Gebiet derArhuaken vorgedrungen, um in der Wildniss
ein blutiges Ende zu finden. Die Reihe der Misserfolge war eine sehr
lange. Bald nach 1561 hatte Martin de Proveda, gleich Ursua, vom
peruanischen Chachapoyas ausgehend, bis nach dem auf der Hoher-
Dichtungen. 189
muth-Federmann 'sehen Fährte angelegten San Juan de los Llanos seinen
Weg gebahnt und von da nach Santa Fe; der war dann seit 1566 Ver-
breiter von allerlei günstigen Nachrichten über das Land der Wildwasser
und der Grassteppen. Endlich hatte sich nach Neu-Granada die merk-
würdige Kunde verloren, dass daheim in Madrid König Felipe IL aus
jenen ungeheuren Gebieten am 15. Mai 1568 zwei neue grosse Reiche ge-
macht habe, nämlich Neu- Andalusien , das heisse, südlich vom Orinoco
sich hinziehende Land von Guayana und Caurä, welches Diego Fer-
ndndez de Zerpa erhalten habe, und Neu-Estremadura , das ebenfalls
heisse, nach den Omaguas genannte, seit Langem besprochene Innere,
welches an Pedro Malaver de Silva verliehen worden sei, einen in
Tunja und Bogota als Begleiter jenes Proveda wohlbekannten und viel
genannten Mann.
Seitdem solche Unternehmer auf den neu-granadischen Hochebenen
sich aufgehalten hatten, war Q u e s a d a in Unruhe gerathen ; immer aufs
Neue hatte er die Landes-Regierung in Santa Fe mit Vorschlägen und An-
trägen für eine neue Dorado-Fahrt bestürmt; Alles war dann in jenem
Jahre 1568 umfassend vorbereitet, wie es für die Eroberung eines grossen
Reiches geboten schien ; klug und kunstgerecht waren die irgendwie denk-
baren Entdecker-Rechte und Entdecker-Pflichten festgestellt. Den Aus-
gang des Unternehmens hatten natürlich die neu-granadischen Hochebenen
zu bilden und im Rücken derselben der Papamene-Strom die südliche,
der Pauto-Strom die nördliche Grenze; dann sollte das verlehnte Land
nach Osten nicht weniger als 400 Leguas weit sich dehnen, also wohl bis
an die ferne atlantische Küste, unter Schonung des wohlerworbenen Rechts
oder des etwaigen Besitzstandes von Zerpa oder S ilva. Dem ersten Zuge
sollten innerhalb vier Jahren, so war weiter ausgemacht, fünfhundert ver-
heirathete und arbeitsfähige Leute folgen, sowie fünfhundert Neger, ebenso
viel Kühe, dreihundert Stuten, vierhundert Arbeitspferde, eintausend
Schweine, dreitausend Ziegen oder Schafe; die künftigen Ansiedler sollten
für zehn Jahre frei von Abgaben bleiben mit Ausnahme des Edelmetall-
und des Edelstein-Zehnten; während fünf Jahren sollten dahin je zwei
Schiffe aus Spanien fahren dürfen; Perlenfang und Fischerei gehörten zur
Belehnung, ebenso die Vergabung von Land und Leuten , bei welcher
jedoch besonders auf Zuckerpflanzung, Mühlenbetrieb und Herdenzucht zu
sehen war; die Landes - Hauptmannschaft gehörte zunächst Marschall
Jimenez; allein alsbald war eine eigene königliche Regierung einzusetzen,
in welcher für ihn nur das Justizamt aufgespart blieb. Die Ausrüstung
zu dieser so kostspieligen Unternehmung hatte besonders Francisco
190 Juan de Castellanos.
Aguilar ermöglicht, ein durch Goldwäscherei im Ariari-Strome reich ge-
wordener, in jenem San Juan de los Llanos ansässiger Mann; alle irgend
verwendbaren Kräfte waren aus der jüngeren Bewohnerschaft der Hoch-
ebenen herangezogen worden, etwa 300 Mann; dazu 1500 Indianer beiderlei
Geschlechts für den Tross. Auch europäische Frauen waren angeworben.
Diese grosse, 1569 in Gang gebrachte Bewegung hatte, als Ca-
stellanos nach Tunja kam, bereits ein trauriges Ende gefunden ; Marschall
Jimenez war fast hülfelos vom ersten Kundschaftszuge zurückgekommen
und hatte dann vergebens in Spanien um Unterstützung gebettelt. Nach
Neu-Granada heimgekehrt, hatte er sich, mit Gott und der Weit verfallen,
auf ein einsames, in der kalten Zone belegenes Gehöft zurückgezogen. Im
Sagenreichen Suesca arbeitete der familien- und freundelose, alte, schwer
leidende Mann im Hause von Pedro de Acebo Sotelo, dem intimsten
Genossen seiner letzten Hoffnungen und schwersten Enttäuschungen ; bei
dem hohen Alter des Marschalls Hess sich voraussehen, dass seine wahr-
scheinlich sehr werthvollen Aufzeichnungen , welche „Mussestunden von
Suesca" überschrieben sein sollten, nicht lange geheim bleiben würden.
So wartete denn Castellanos geduldig auf diese Denkwürdigkeiten.
In der Zwischenzeit trat Alles, was Venezuela betraf, in den Vorder-
grund des Interesses; denn die schon früher begonnenen Arbeiten über
die Weiserischen Unternehmungen waren abzuschliessen ^*^). Von den
Theilnehmern dieser grossen Fahrten befanden sich noch manche in Tunja,
wenn auch keine Deutschbürtigen ; sie hatten vor Jahren, theils unter
Nikolaus Federmann 1536, theils unter Lope de Montalvo 1540,
Venezuela verlassen und waren auf der Hochebene hängen geblieben, von
den Übrigen nicht gern gesehen. Nur Einer unter ihnen zeichnete sich
durch nützliche Arbeit aus: Fernando de Alcocör, ein tüchtiger
Pionier in Wegesachen und Verkehrsanlagen. Dieser erzählte Castellanos
Manches aus der entscheidenden Dal fing er 'sehen Expedition und aus
der Entdeckungsreise Hohermuth's; er gab ihm auch inhaltreiche und
anregende schriftliche Mittheilungen, die jedoch den Zusammenhang der
Ereignisse nicht so deutlich hervortreten Hessen, wie die schon 1550
empfangenen Berichte. Castellanos lauschte gern dem Gespräche über
diese Dinge, namentlich der Erörterung der Frage, wie es doch eigentlich
gekommen sei, dass nicht der verstorbene Hohermuth, dessen Andenken
in hohen Ehren fortlebte, der Entdecker der Hochebene geworden sei;
gar Vieles hätte sich anders gestaltet, wenn die Blicke jenes Mannes nicht
gehalten gewesen wären durch eine höhere, den Deutschen ungnädige
Macht. Die Weiserischen Vorgänge beschäftigten den emsig forschenden
Dichtungen. 191
Mann immer lebhafter ; mehr und mehr brachte er Alles, was er erfahren
hatte, in Guss und Form; er schrieb seine Welser- Gesänge mit frischem
Sinn, keineswegs mit Missachtung der Deutschen, geschweige mit Schmä-
hung wegen lutherischer Ketzerei, vielmehr mit Anerkennung der vielen
tüchtigen Leistungen, wenngleich mit dem Bedauern, dass keine feste Be-
siedelung der Küste vorgenommen sei, und ohne Kenntniss der für das
grosse Unternehmen massgebend gewesenen Grundgedanken, welche ihm
in Tunja ebenso wenig wie in Coro oder in Rio de la Hacha dargelegt
werden konnten. So begann er zum Beispiel:
Von Heldenthat will ich und Ritterehr'
Der Spanier und der Deutschen jetzo singen.
Von Männern, stark in Waffen und in Wehr,
Von blut'gem Ringen, muth'gem Vorwärtsdringen,
Von Sieg und Unglück, Märschen, heiss und schwer.
Von Noth und Tod, von ernsten, grossen Dingen,
Die reich an Opfern sind und werth des Ruhms,
Gleich dem Geschichtenkreis des Alterthums.
Im ind' sehen Meer, der Festlandsküste nah.
Erheben sich die Inseln der Giganten:
Buindre, Curaz6 und Arubä,
Die schon die Väter der Entdeckung kannten.
Dort Juan A m p i e s ein Amt versah :
An ihn, Santo Domingo' s Stadtverwandten,
Der Ortsbegründer Einen, war's verliehn.
Weil dort als nutzbar Land und Volk erschien.
Nun kam's, dass Ampi es von da zog fort
Zum Festland, besser Obdach sich zu gründen,
Nahrung und Futter, Frucht und Thier war dort
Und Eingeborner Haus und Hof zu finden;
Er nahm als Sitz sich Coro, einen Ort,
Also bezeichnet nach den frischen Winden.
• Des Ortes Haupt Hurehurebo hiess.
Der Allen bald gern Hülf und Dienst ei'wies.
Klein war in Coro nur der Christen Kreis,
Doch Mancher Weib und Kinder mit sich brachte ;
Dort ward der Fährtenfinder Stolz und Preis,
E steh an Martin, ward der stets bedachte
Pedro de Limpias so kühn und weis.
Da er die Wildniss sich zur Schule machte.
Dort Manchem Sprache, Kampf und Lebensart
Der Eingebornen bald verständlich ward.
Doch nun verleiht des Kaisers Majestät,
Der ftinfte Karl, der Spaniens Scepter führet,
192 Juan de Castellanos.
Dem Haus der Welser, das in Achtung steht,
Wo Gold und Handel den Verkehr regieret —
Ein gross Gebiet, das weit durch Indien geht
Und weiter noch viel ander Land berühret.
Der Deutschen Leute kommen flugs heran
Mit Schiff und Heer, so Weib, Gesind wie Mann.
Ambros Dalfinger führte den Befehl
Der Welser-Scharen, die nach Coro kamen;
Stark war sein Arm und stark auch seine Seel',
Denn sein Geschlecht entspross aus kräft'gem Samen.
Ihm folgte sonder Unlust, sonder Fehl
Gar mancher Mann von Ritterstand und Namen,
An siebenhimdert sah man in den Reih'n,
Die sich vor'm neuen Festland schifften ein.
Feld -Hauptmannschaften war'n an Zwei verliehn:
V a s c u n a und Sarmiento: tapfre Leute ;
Das Kronamt führte Pedro Sanmartin,
Alonso Vasquez war für Schatz und Beute;
Ich seh' auch Monserrato, seh' auch ihn,
Kasmir von Nürnberg, der vor Nichts sich scheute ;
Wer nennte Jeden von der wackren Schar,
Die bald an Coro's Strand versammelt war.
Venezuela heisst dies Welser-Lehn,
Ein Name, von Venedig abgeleitet.
Bei Deutschen gern gehöret und gesehn;
Es heisst nach einem See, der dort sich weitet.
Sein Umkreis hat der Meilen hundertzehn
Und etwa siebzig Meilen er sich breitet;
Hat immer grüne Ufer, gut zu schau'n
Bald felsentrotz'ge Höh'n, bald flache Au'n.
Der biedre Zaquitier wohnet da,
Dort wohnt der Guanaer und Timote,
Ardtomer und Guahiguä,
Cocina, Coyon, Cuica, Hitote,
Der tapfre Sohn vom Stamm Jiräharä,
Der Guamonteser und der Enote ;
Der Zaquitfer Sprache, wie mir scheint,
Den gross' ren Theil der Wildenstämme eint.
Die Deutschen haben jenes Wasser kaum.
Das meeresähnliche, vor sich gesehen,
Als sie aus einem mächt'gen Ceiba-Baum
Ein Boot sich bau'n, das für der Pferde zehen
Und hundert Menschen hält genügend Raum;
Mit Mast wird es und Segelwerk versehen.
Birgt, zwanzig Fuss breit, hundertfünfzig lang,
Rüstzeug ftir Hausbau, Kriegszeug, Jagd und Fang.
Dichtungen. I93
Nun trifft Dalfinger an des Wassers Rand
Ein Wildendorf^ das nächste dort belegen,
Maracaibo ist der Ort genannt
Und weit und breit des Tauschgeschäftes wegen
Als alter Markt für Fisch und Salz bekannt,
Da hier die Händler sich zu sammeln pflegen.
Doch ringsumher ist unfruchtbar Gebiet,
Wo weder Saat gedeiht, noch Ernte blüht.
Alsbald vertheilt Dalfinger Hof und Haus
Nebst ihren früh'ren wilden Innesassen,
Sucht für die Christen Alles bestens aus,
Dass sie nach Rang und Recht sich niederlassen.
Auf Ordnung hält er bei Beginn des Baus,
Den Boden ebnet er für Platz' und Gassen.
Gericht setzt er und Stadtregierung ein 5
Beteta soll sein Vogt im Orte sein.
Dann geht es weiter. Heut nach jenem See
Mit hergeschafften, tücht'gen Bergantineu,
Durch heissen Sumpf alsdann, durch eis'gen Schnee :
Wo immer Schätze sich zu bieten schienen.
Hier friedlich in der Eingebor' nen Näh,
Dort kämpfend mit des Kriegsvolks dunklen Mienen;
Nicht Ruh' gab's da, noch Rast zu dieser Frist,
Bald half Gewalt, bald half Betrug und List.
Dalfinger, ihm gebührte grosse Ehr'.
In Worten war er gut und gut in Thaten,
Voll Emsigkeit und freundlich im Verkehr,
Durch Achtsamkeit und Einsicht wohl berathen.
Doch — der Erfolg, der kommt von ungefähr —
Dalfinger, statt zu ernten reiche Saaten,
Fand schon am Thore, das ihm Eintritt gab.
Vor seinem Fuss das frühe offne Grab.
Wie Castellanos Dalfinger's fernere Schicksale nach bestem
Vermögen schildert, so auch die Thaten von Federmann, Hoher-
muth, Hütten und wie sonst die Deutschen hiessen, denen er persönlich
gar nicht so ungern die Entdeckung der neu-granadischen Hochebenen ge-
wünscht hätte.
Dieser zweite Tunjaer Versuch grösserer poetischer Darstellung
erweckte bald den Muth, einen mehr abgelegenen, aber auch weit inter-
essanteren Stoff zu behandeln. Wichtiger noch als die von Santa Marta
und von Venezuela abgegangenen Züge, waren die von Peru aus in den
dreissiger Jahren nach Neu-Granada unternommenen Expeditionen gewesen ;
während die Beziehungen zwischen dem letzteren Lande und der früheren
Festschrift dor Hamlmrgisohen Amcrika-Ffifir H. • 13
194 Juan de Castellanos.
Weiserischen Statthalterschaft ungestört geblieben waren, hatte es vielerlei
Irrungen gegeben zwischen Neu-Granada und Popayan, der Landes-Haupt-
mannschaft von Benalcäzar*'i). Castellanos wollte die wechselvollen
Schicksale dieses bereits seit Jahren betrauerten Conquistadoren , den er
nie gesehen, eindringlich schildern und fasste das Lebensbild von vorn-
herein in Verse, Für sein Vorhaben verschaffte er sich die verschiedensten
Hülfsmittel , namentlich Schriften von Benalcäzar selber, die dessen
früherer Sekretär Francisco de Saldana mit nach Tun ja gebracht
hatte. In der Erzählung holte er weit aus, indem er mit der Jugendzeit
seines Helden begann, dem Leben in der Heimath, der Ueberfahrt auf
der grossen Armada von 1514 und den Isthmus-Streifzügen, die zuerst
vom Darien-Flusse , später von der Panamd-Bucht ausgegangen waren.
Dabei schien es Castellanos wichtig zusein, dass Benalcdzar schon
früh mit Francisco Pizarro und Diego de Almagro sich befreundet
habe; denn bei seinem Interesse für den in Tunja so gefeierten Pedro
de Lerma und für den früh verstorbenen jungen Par^des plante er
auch eine ausführlichere Besprechung aller das ferne Inka-Reich betreffen-
den Ereignisse. Als Almagro in Panama einen Sohn taufen lässt, ist
dessen Gevatter neben Pizarro Benalcdzar, der dann aber nach
Nicaragua geht, obwohl ihn die Freunde zu halten suchen; Pizarro be-
ruft ihn, sobald er als Landes-Hauptmann von Peru 1529 aus Spanien zu-
rückkehrt; Benalcäzar kommt aber erst zwei Jahre später, dann
jedoch auf eigene Kosten, mit einem grossen Schiffe, mit 30 Mann und
6 Pferden. Er wird Stadt-Hauptmann von San Miguel de Piura im Tan-
garara-Gebiete, erhält den Oberbefehl gegen die Feinde im Norden, deren
Haupthalt Quito ist, lässt sich genau durch den Häuptling Chaparro
unterrichten, ernennt Rui Diaz de Rojas zu seinem Unterbefehlshaber,
siegt auf den Teocajas-Feldern und macht dann, von einem Burschen des
Juan Camacho geführt , den berühmten Marsch auf Riobamba, wo er
siebzehn Tage verweilt und schliesslich gegen Quito vorgeht. Hier bleibt
er, bis ihn das Erscheinen des aus Guatemala herankommenden Pedro >
de Alvarado zum Rückzug auf Riobamba veranlasst; zu ihm gehen,
nachdem eine Verständigung getroffen ist, viele von Alvarado 's Leuten
über, darunter Juan de Ampudia, Juan und Baltasar de Rio,
Munoz Mosquera, beide Pedro de Anasco's, der jetzt in Tunja
hochangesehene Juan de Cabrera, sowie die drei alten cubaguaer
Bekannten Martin Yafiez Tafur, Luis de Sanabria und Juan
de Avendafio, der jetzt ebenfalls in Tunja wohnt, ausserdem zwei dort
neu erworbene Freunde Luis Mideros und Florencio Serrano.
Dichtungen. 195
Von solchen Personen erfuhr Castellanos jene sonst kaum
beachteten Handlungen Benalcazar's und auch dessen weitere, nach
Neu-Granada führende Schritte. Geleitet von dem Häuptling Chamba,
der bald wegen Verrätherei getödtet wird, zieht sein Held wieder nach
Quito und kämpft von da aus mit den Wilden, namentlich mit Rumin avi,
der auf dem Felsen von Pillaro sich festgesetzt hat und schliesslich in
die Wälder von Quijos fliehen muss; dahin wird er verfolgt; Miguel de
la Chica ergreift ihn nach harter Gegenwehr, wie der in Pasto ansässig
gewordene Alonso del Valle selber gesehen hat. Dieser kann über
die Schicksale des Gefangenen weiter nichts an Castellanos berichten,
wohl aber jener Serrano, welcher auch bei den folgenden Kämpfen gegen-
wärtig gewesen sein will. Diese richteten sich gegen Zopozapagua und
Quingalumbo, die besiegt wurden; Quisquiz wollte sich ergeben,
wurde aber desshalb von Guapalcon erstochen. Dann zog Pedro de
Anas CO von Quito in das Quillacinga-Gebiet, die Gegend des späteren
Pasto, und begann von dort aus Entdeckungsfahrten; ihm folgte als
Benalcazar's Vertreter Juan de Ampudia. Es ging, nachdem das
Cibundoy- und auch das Patia-Thal heimgesucht war, ins Land von
Popayan, wo starke Verschanzungen der Eingeborenen erstürmt werden
mussten. Dabei zeichneten neben den gewöhnlichen Gewährsleuten von
Castellanos auch andere sich aus, Miguel de Trujillo, Francisco
de Cieza und Francisco Aguilor, der später Quesada's letzte
Expedition ausgerüstet hatte.
Ampudia und Anasco feiern dann den Allerheiligen-Tag 1535 in
Patia; die Ortschaft Popayan wird erreicht, die Cali-Gegend, der Jaumedi-
Fluss, der reissende Cauca-Strom, sogar die halbe Höhe des zum Theil
beschneiten Hochgebirges. In der Charwoche 1536 erscheint Ben alcdzar
selber in der Stadt Ampudia, welche kurz zuvor in der vom Häuptling
Pete beherrschten Cali-Gegend begründet ist, aber, nachdem verschiedene
Züge in die Gebiete von Ancerma und Cartama, sowie in die noch immer
undurchdringlich erscheinenden Bergketten unternommen sind, verlegt
wird. Die ersten Anfänge von Call blieben dem sonst recht gut unter-
richteten Castellanos unklar; er schrieb desshalb an die dortige Stadt-
obrigkeit, diese aber schien die älteste Zeit der Ansiedlung schon vergessen
zu haben; auch der Popayaner Bischof Juan del Valle, der in Call
eine Lateinschule unter Luis Sanchez errichtet hatte, konnte nicht mehr
genügende Auskunft geben.
Auf Cali lässt Castellanos in seiner Besprechung Popayan als
christliche Ortschaft folgen; ihre Befestigung wird nach ihm im De-
13*
196 Juan, de Castellauos.
cember 1536 begonnen, Anasco wird Stadt-Hauptmann, Ampudia Land-
pfleger in Vertretung von Benalcdzar. Diesen zieht es wieder nach
Quito; jedoch sucht der immer rüstige Mann, nachdem er Francisco
Pizarro gesprochen, Mai 1538 mit erheblicher Macht Popayan wieder
auf. Nun wird das östliche Gebirge glücklich überstiegen, und zwar in
der Timanä-Gegend ; es wird Neiva am Magdalena-Ufer erreicht, wo
Ampudia und Anasco umkehren, damit der Rückzug nicht abgeschnitten
werde, Benalcäzar aber die bestürzende Nachricht empfängt, in seiner
Nähe zeigten sich Europäer. Es sind einige der Gewährsmänner von
Castellanos, nämlich Pedro de Colmenares, Juan Rodriguez
Gil und Juan deFrias, die damals der von der Hochebene nach
Guataqui herabgekommene Fernando de Quesada ausgesandt hat,
um dem auch zu ihm gelangten Fremdengerede nachzuspüren. Die Kunde
trifft BenalcAzar weit unterhalb von Guataqui, nämlich am Sabandija-
Fluss; bei ihm ist Juan de Cabrera, auch Rodriguez, ein persön-
licher Bekannter von Castellanos. Wie Letzterer gesprächsweise das
merkwürdige erste Zusammen trefi*en genau festzustellen strebte, so suchte
er auch das weitere, für die Anfänge von Neu-Granada so folgenschwere
Verfahren bestens zu ermitteln. Er erzählt, wie Benalcdzar von der
Thalseite nach dem Lager von Gonzälo de Quesada hinaufzieht ; wie
dieser ihn kaum begrüsst hat, als er schon die Kunde empfängt, auch auf
der Gebirgsseite zeigten sich Europäer ; wie er dann mit den Weiserischen
sich verständigt und die Peruanischen zum Nachgeben nöthigt. Castel-
lanos lässt nun Benalcäzar, bevor er im Mai 1539 der Hochebene
den Rücken kehrt, eine grosse patriotische Ansprache an das versammelte
Volk halten; sein Held redet den ersten dortigen Ansiedelungen das
Wort. Dann eilt er für kurze Zeit nach Spanien, während Cabrera in
Neiva eine christliche Niederlassung einrichtet, erscheint aber bereits 1540
wieder in Popayan, von der Krone mit der dortigen Gubernation belehnt.
Ihn begleitet nun als erster Bischof der dort ebenfalls errichteten Kirchen-
provinz Francisco de Granada; vor ihm räumt der Gegenprätendent
Pascual de Andagoya das Feld; dann folgen dreijährige Kämpfe
wider die Gebirgs-Bewohner, die für die Spanier nicht günstig sind trotz
der Tapferkeit von Francisco Garcia de Tovar, Martin Nieto,
Martin de las Islas, Baltasar Maldonado, Diego deParödes-
Calderon. Die beiden Letztgenannten waren besondere Vertraute von
Castellanos; allein auch ihren Mittheilungen gelang es nicht, den Ver-
lauf der Kämpfe so deutlich zu machen, dass sie im Zusammenhange sich
darstellen Hessen.
Dichtungen. 197
Castellanos findet schnell weiteren Stoff; Benalcäzar wird in
die Wirren Perü's verwickelt, auf ihn stützt sich 1544 der Vicekönig
Blas CO Nuiiez Vela, um Gonzälo Pizarro niederzuwerfen; er dient
getreulich der königlichen Partei, die seit der Veröffentlichung der neaen
indischen Gesetze sich gebildet hat; aber diese selbige Partei schickt
hinter seinem Rücken von Cartagena aus einen Statthalter nach Popayan,
den er nicht begehrt hat, noch dazu einen alten Rivalen, Jorj e Robledo.
In der Schlacht bei Quito, in der Pizarro Januar 1546 den Vicekönig
besiegt, wird Benalcäzar gefangen, alsbald mit Freilassung beschenkt,
aber schon nach zwei Tagen wieder aufs Aeusserste verfolgt, sodass ihn
nur die Schnelle seines Rosses rettet; er kommt jedoch glücklich in sein
Land, stürzt sich auf jenen Eindringling, ergreift ihn und seine Anhänger
zu Pozo und lässt ihn dort am 3. Oktober 1546 mit drei Genossen hin-
richten. — Alles dies waren für Castellanos hochtragische Ereignisse,
Gegenstücke zu den der Zeitfolge nach kurz vorangegangenen Greueln
von Venezuela.
Castellanos sieht nun Benalcäzar noch einmal für die könig-
liche Sache fechten. Am 9. April 1548, in der Schlacht bei Jaquijaguana,
steht sein Held auf der Seite des Vicekönigs Pedro de la Gasca und
gleich darauf bei der prunkhaften Hinrichtung von Gonzälo Pizarro
unter den Vornehmsten der Königlichen. Nun endlich winkt die Ruhe in
der jungen Stadt Popayan; allein 1550 erscheint dort ein Bevollmächtigter
der Krone, ein Mitglied der neuen Regierung von Santa F6, tritt als Ver-
antwortungsrichter auf und verurtheilt den Helden drei Mal zum Tode.
Kaum dass die Berufung an die Krone durch Bürgschaftstellung zu er-
möglichen ist ; in Cartagena soll die Einschiffung nach Spanien erfolgen —
da ruft ihn der Tod vor den höchsten Richter; um ihn trauern selbst
Feinde, wie H e r e d i a ; denn so durfte solch ein Mann nicht enden !
Des Mitleids über ein so dürftiges Los kann sich Castellanos
nicht erwehren ; ihm gefällt es nun, mitten in die Lebens-Ereignisse seines
Helden etwas ganz Ausserordentliches, geradezu Wunderbares hinein-
zuflechten, was freilich Allen vertraut schien, aber doch Niemandem
wirklich bekannt war, nämlich die erste Kunde von dem sich vergoldenden
Wildenhäuptlinge. Castellanos lässt die Nachricht vom güldenen
Prinzen, die ihn 1541 zuerst und 1571 zuletzt beschäftigt hatte, zu aller-
erst im Jahre 1535 an Benalcäzar gelangen; er erhebt sie zum ent-
scheidenden Ansporn für den Marsch nach den Hochebenen und ver-
bindet mit ihr frühere Opfergebräuche dieser Gegenden. Wer in Tunja
wusste nicht, dass weit und breit viele gottesdienstliche Feierlichkeiten
198 Juan de Castellanos.
der Heidenzeit, die jetzt als Teufelswerk und Gespensterwesen erschienen,
noch in den letzten Jahren vorgekommen seien, namentlich Opfer von
allerlei Kleinodien, Goldstücken und Smaragden am Ufer und auf dem
Wasser der düsteren, eisigkalten, entlegenen Hochgebirgs-Seen von Guata-
vita, Siecha, Tensaca, Guasca u. s. w. Unschwer war jener Häuptling,
der dort von einem Floss herab die dargebrachten Schätze versenkte, mit
dem anderen zu verschmelzen, welcher den goldenen Hautschmuck anlegte
und wieder abwusch. Eine Meldung, welche Benalcazar wirklich 1535
einmal durch Pedro de Anasco empfing, erhielt willkürlich neuen
Inhalt und neu-granadische Herkunft:
Als nun mit seinem Volk Anasco stand
In Quillacinga, trat ein Indianer
Vor Benalcdzar, der aus fernem Land
Gezogen kam und klug als Wegebahner
Im Waldesdickicht sich bis Quito fand.
Nach seiner Herkunft war er Bogotaner
Und pries Smaragdengrün wie Goldesglanz
Des jetzt von ihm verlass'nen Vaterlands.
Der Mann erzählte, wie es oft geschah —
Als Augenzeuge könn' er so berichten —
Dass nackt ein König führ' auf stillem See
Mit einem Floss, um Opfer zu verrichten.
Den Leib geölt und dann vom Haupt zum Zeh
Belegt mit feingemahrnen Goldes Schichten,
So dass er gülden aussah allzumal.
Hell wiederscheinend wie vom Sonnenstrahl.
Wie er nun sagte, unschwer sei vollbracht
Und schnell der Marsch zu solcher Augenweide,
Wo Alles strotz' von Gold und von Smaragd,
Von Edelstein und köstlichstem Gechmeide :
Da ward die Lust in Jedermann entfacht:
Da zeigte sich das Glück im schönsten Kleide.
Do hob die Mär vom güld'nen Fürsten an,
Die Manchen schon gelockt auf ihre Bahn.
Eine Vergoldung des Körpers war fUr Castellanos nicht undenk-
bar, da er einestheils Menschen gesehen hatte, die ihre Leiber ganz und
gar bemalten, oder an tätowirten Theilen mit Farbe bestrichen, und da er
anderentheils hölzernen und thönernen Göttei-figuren begegnet war, deren
Aussenseite aus Goldlagen und Goldplatten bestand oder vergoldet war.
Ihm schien die Dorado-Nachricht um so eher glaubhaft zu sein, als er in
Tunja gern der Eigenthümlichkeiten der Eingeborenen gedachte, der I^ilder
von Thieren aller Art, der Götzengestalten, Opfergeräthe, Hängematten
Dichtungen. 199
und Körbe voll Platten und Kugeln, der Särge und Sitze, Glocken und
Trommeln in den Bäumen, der Musikinstrumente, Waffen und Werkzeuge,
Schmucksachen von Lebendigen und Todten. Er hatte einigen Sinn für
die Fragen nach ehemaligen Schatzkammern, Kauflagern, Bestattungs-
arten und Gottesdienstplätzen, für die Betrachtung von unterirdischen
Gewölben, pfeilerumkränzten Tempelräumen, felsumrahmten Gebirgsseen.
Ausserdem lebte auch gerade in der alten Stadt der Zaques noch manches
Interesse für solche vorzeitliche Dinge, die nun rettungslos der christlichen
Vernichtung anheimfielen.
Die durch den Zusatz über den güldenen Fürsten gehobene Elegie
von Benalcäzar Hess sich nicht so abrunden, wie das Lebensbild von
Heredia; BenalcAzar's Geschicke verschlangen sich immer wieder
mit der Geschichte des Landes Popayan ^^), die doch keine besondere Auf-
merksamkeit verdiente. Ihr Interesse blieb selbst sehr gering hinsichtlich
der auf Benalcäzar's Tod folgenden Periode, in welcher ein unheim-
licher Geist über dem Cauca-Thal und seiner Nachbarschaft zu walten
schien* musste doch die dortige Landes-Hauptmannschaft fast immer ver-
tretungsweise verwaltet werden. Dort war ja selbst jener Garcia de
Parödes nicht zu Amt gekommen, da ihn zuvor der Tod ereilt hatte.
Was die Zeit nach Benalcdzar's Ende anbelangt, so konnte sich
Castellanos genauere Nachrichten nur über einige frühere, nach
Popayan verschlagene Freunde verschaffen, über Männer wie Alvaro de
Mendoza und Fernandez de Bustos. So interessant auch die Auf-
zeichnungen des jetzt in Tunja ansässig gewordenen Juan de Orosco
sein mochten, welcher das Hin und Her seiner dortigen Kriegs- und Irr-
fahrten ausführlich niedergeschrieben hatte, reichten sie doch für eine
zusammenhängende Darstellung nicht aus; überall Einzelkarapf wider die
starken, zwischen dem Magdalena- und dem Cauca-Strome, sowie jenseits
des letzteren hausenden Gebirgsvölker; überall ein immer neues Streiten,
das kein klares Bild darzubieten vermochte.
Einen Theil des Schauplatzes dieser Kriege versuchte Castellanos
aus der Entfernung zu schildern, besonders das ungeheure Gebiet des
unteren Cauca und der Flüsse, welche theils in den Sinü, theils in den
Atrato fallen, ausserdem auch die Grenzstriche gegen die ferne Südsee
vind das Sagenreiche Ballona-Gebirge. Er ging dabei von der schon für
geordnet geltenden Gegend des seit 1541 bestehenden Ortes Antioquia
aus. Ihr wohnten die Catier am nächsten , vorzüglich in den Bergen
zwischen dem Nechi und Porce, bei deren Zusammenfluss nunmehr die Stadt
Zaragosa eingerichtet war. Von den Catiern erzählte ihm Juan de
200 Juan de Castellauos.
Alvarado Salazar, einer der älteren dortigen Conquistadoren, viel
Uisher Unbekanntes. Dieses Volk ist den Christen, trotz seiner Rulim-
rcdigkeit, befreundet und ungefährlich 5 es kennt kein Pfeilgift, liebt
dagegen berauschende Getränke und Menschenfleisch; es geht langhaarig
und bekleidet einher, trägt Ringe in Ohren und Nasen, hält und verhandelt
Sklaven, glaubt an Seelenwanderung, verehrt einen Gott Abira und ein
böses Wesen Cunicubd, lebt in Vielehe, kennt im Kriege gemeinsames
Regiment und besitzt Mass, Gewicht, sogar eine Art Schrift, die auf
Geweben und Hölzern angewendet zu sein scheint. An dies grosse Catia-
Gebiet grenzt dann das von Ibijico, in welchem AtocinA, Bererüa, Cucuba
und Rucabe liegen. Der Sinü-Strom, der durch die Waldregionen von
Teco und Maritu^, die Gegenden von Nitanä, Guacuceco, Cuisco, Araque
und Tuingo sich ergiesst, bewässert während der Regenzeit mit seinem
oberen Laufe das reiche Ituango-Land , zu dem Carautd und Ceracuna
gehören. Der dem Cauca-Strome zugewendete Theil von Ituango, wo kurze
Zeit eine Ortschaft San Juan de Rodas bestand, bildet eine Art Mittel-
punkt für den Verkehr verschiedener Stämme; auf der einen Seite liegt
nämlich die feindlich gesinnte Provinz Norisco, in der nur Bayaquima und
Tacujurango sich hervorthun, auf der anderen kommt man zu dem Pequi-
Lande, dessen Kriegs-Regiment bis 1570 in den Händen des tapfern Sinago
gelegen hat; diese Gemeinschaft, zu der Agrazaba, Aram^, Chacuri, Ereta,
Guaracho, Nuguireta, Pauque, Tacuica, Tecuce, Tucure und namentlich
Yutengo gehört hatten, ist nach Castellanos mit dem Tode jenes
Führers zerfallen; unfern Hegen dann die kahlen Grassteppen von Penco.
Andererseits zeigen sich in der Nähe der neueren Ortschaft Cäceres — das
ist an der Stelle, wo Andres de Valdivia 1574 von den Wilden hin-
gerichtet wurde — Ubana, Oceta, Carcara, Quime und Ucharie : Orte, die
zum Stamme der wenig bekannten Tahamier gehörten, unbekleidet auf
kahlen Bergen hausender Menschen. Gleich ihnen brauchen ihre Geschlechts-
verwandten, die Nutabeer, das Pfeilgift; dies sind ebenfalls nackt gehende,
aber dem Berg- und Ackerbau ergebene, eine eigenartige Sprache
redende Leute, die zwischen dem Cauca und Nechi wohnen. Vermittels
der höchst merkwürdigen Brücke von Abernuco kommen sie, wie jene
Tahamier, zu den Völkerschaften der linken Cauca-Seite, des Guarcama-
Gebietes; die dort auf der kahlen Höhe von Nohava am 24. Juni 1574
begründete Ortschaft Ubeda hatte nur kurzen Bestand, denn die Ein-
geborenen waren dort in der Uebermacht, da ein Wildensitz an den
anderen sich reihete: Abaniqui, Aguasici, Aguataba, Carime, Cuerquici
Maquird, Maubita, Moscataco, Negueri, Ochari, Omag^, Pipiman, Taqui-
Dichtungen. 201
buri, Tcgueri, Yusca; überall zeigte dort sich Anbau, wenngleich in un-
vollkommener Weise.
Derartige kaum aussprechbare Barbaren-Namen^^) aufzubewahren
hielt Castellanos, wie schon früher, so auch jetzt für wichtig. Sie
hatte er bei der Besprechung von Maracapana, Citurma und Eupari nach
eigener Erinnerung aufgezeichnet; jetzt, bei der Beschreibung der ihm
ferngebliebenen Gebiete von Antioquia und Popayan, mussten die Mit-
theilungen Dritter aushelfen, die natürlich manche Irrthümer unterlaufen
Hessen. Mit Bedauern sah der alte Herr, wie die letzten Zeugen der
früheren Volksbildungen schnell dahin starben-, selbst in der nächsten
Umgebung seines Wohnsitzes waren nur noch hie und da ursprüngliche
Namen und sonstige Reste früherer Kultur zu finden ; auch auf den neu-
granadischen Hochebenen ging mit der Zerstörungslust der Europäer die
Schwäche der Eingeborenen Hand in Hand.
In Tunja sah Castellanos jetzt sogar das klägliche Ende eines
Stammes, dessen früherer, heldenmüthiger Widerstand bei ihm Bewunde-
rung hervorgerufen hatte*, der letzte Duitama^*), der in der Taufe den
Namen Juan erhalten hatte, gab sich selber den Tod, nachdem er, der
Täufling des Erzbischofs, gefoltert und vor den Augen seiner spärlich ge-
wordenen Volksgenossen gemisshandelt war, damit er endlich doch offen-
bare, wo denn die Schätze der Altvordern verborgen lägen. Durch solchen
Ausgang eines Heldengeschlechts wurde Castellanos um so mehr er-
griffen, als er das Ende des letzten Tunja und das des letzten Bogota,
nur vom Hörensagen kannte.
Trotz des Interesses für frühere Zeiten überwog doch das Bedürfniss,
der Gegenwart gerecht zu werden. Eifrig wurden Nachrichten über die
jüngsten Ereignisse gesucht, namentlich bei einem alten Bekannten, welcher
zugleich hinsichtlich Santa Marta's, Cartagena's und Popayan's gut be-
wandert war, bei Ferndndez de Bustos. Von ihm erhielt Castel-
lanos manchen Stoff für die Vervollständigung seiner Geschichte der
Küstenländer, nämlich erstlich hinsichtlich Santa Marta's einen Bericht über
die Regierung von Luis de Rojas, dann hinsichtlich Cartagena's einen
solchen über die Zeit von Francisco Bahamon de Lugo. Das
Material über diese beiden . Landes-Hauptleute, die 1570 ihre Aemter
angetreten hatten, wurde, so schwer es auch gehen mochte, zu Eulogien^^)
verarbeitet. Ueber den Letztgenannten wäre wohl beim besten Willen
Nichts zu sagen gewesen, wenn nicht noch Einiges über Cariben-Kämpfe
von Puerto-Rico sich dargeboten hätte; dagegen hatte Rojas Dinge von
grösserem Interesse erlebt und bewirkt; so waren die Züge von Francisco
202 Juan de Gastellanos.
Gonzalez de Castro wohl der Beschreibung würdig; eine wahre
Tragödie bildete die trostlose, von den Resten der Eingeborenen her-
rührende Zerstörung des geliebten Santa Marta, welche zwar nicht Schuld
des Statthalters gewesen war, aber doch dessen Versetzung nach Vene-
zuela zur Folge gehabt hatte.
Derartige Stoffe glaubte Castellanos hinnehmen zu müssen, um
seinem Werke Zusammenhang und Bezug auf die Gegenwart zu ver-
schaffen ; besonders erquicklich konnten sie ihm, der mehr und mehr alle
seine Aufzeichnungen sofort in Verse kleidete, keineswegs sein; er sehnte
sich daher nach einem besseren Vorwurf. Ein der wirklichen Dichtung
würdiger und doch für sein Geschichtsbuch passender Gegenstand liess
sich nur schwer finden; endlich verfiel er auf eine der merkwürdigsten
Begebenheiten, die sich denken liess. Sie war freilich schon vor zwei
Jahrzehnten geschehen, aber doch noch in Aller Erinnerung ; ihren Mittel-
punkt bildeten das blutige Ende seines früheren Freundes Pedro de
Ursua und die blutige That des schrecklichsten aller Tyrannen, des
Lope de Aguirre^^); ihr Schauplatz war zuerst die Wildniss des fernen
Amazonas, die auch in Tunja ein phantastisches Dunkel umhüllte, dann
Margarita und Maracapana, die Stätten der eigenen Jugend. Etwa sieben
Jahre nachdem er mit Ursua in die Sierra Nevada von Santa Marta
geritten war, hatten jene Dinge sich ereignet, von denen früher in Carta-
gena Melchior P6rez deArteaga zuerst erzählt hatte; allein noch
jetzt waren Augenzeugen vorhanden; noch jetzt sprach man gern von
dem tapfern, kraftvollen Manne, welchen ein Befehl des peruanischen Vice-
königs in die Berge des Motiloner-Landes gesandt und die schöne Perua-
nerin Inöz de Atienza mit ihren Damen selbst dahin begleitet hatte.
In der Wildniss traf ihn der Mordstahl am Neujahrstage 1561 ; bald darauf
verblutete die holde Inöz. Der Haupturheber der grausen That, jener
wilde Aguirre, hatte dann mit seinen gefürchteten Begleitern überall,
wohin er kam, unerhörten Aufstand entfacht wider die geheiligte Majestät
des spanischen Königs, dem er sogar einen förmlichen Absagebrief, eine
Unabhängigkeits-Erklärung, geschrieben; die Krone von Fei ipe II. schien
damals in diesem Theile von Indien bei der drohenden Haltung der
Negersklaven zu zittern. In Merida, Tunja, Bogota war der Waffenruf
erschollen ; die Veteranen, Marschall J i m e n e z voran, hatten die Land-
wehr gesammelt; viele Träger der ersten Eroberung hatten sich gerüstet,
darunter die besten Freunde von Castellanos. Endlich Erlösung; der
Tyrann war niedergeworfen, er war getödtet worden, nachdem er seine
Tochter erstochen hatte, damit sie nicht als Kind eines Verräthers ge-
Dichtungen. 203
schmähet würde. Dies erscheint Castellanos als ein doppelt sündhaftes
Verbrechen; aber der als Verführerin und Unruhestifterin gehassten
Inez nimmt er sich mit ritterlicher Vorliebe an, wie er denn immer gern
in seinen Versen dem weiblichen Geschlechte gehuldigt hat; gedenkt er
doch der aus Europa herübergekommenen Frauen^ deren hohe sittliche
und physische Bedeutung ihm so klar vor Augen lag, stets mit ganz
besonderer Verehrung. Dies thut er nicht bloss, wenn er sich in jene
schönen Jugendtage von Margarita zurückversetzt, sondern auch bei ferner
liegenden Anlässen, z. B. bei jenem Santa Martaer Wildenüberfalle von
1576, bei der Nachkommenschaft des ersten Zuckerrohrmüllers Gronzalo
de Velo so. In gleichem Sinne verweilt er gern bei dieser unglücklichen
Inez de Atienza. Als ihr der Wütherich Juan Llamoso sein schänd-
liches Messer in den weissen Nacken stösst, da jammern die Vöglein,
klagen die Wellen, seufzen die Winde, schreien die Thiere des Dickichts,
erhebt sich sinnbetäubendes Getöse in den Höhlen des Waldgebirges:
„Ungeheuer, hat ein Weib dich geboren !" Aber Gott ist gerecht, alle Theil-
nehmer an dem furchtbaren Verbrechen trifft die Strafe, wird doch auch
zuletzt jener Llamoso dem Henker übergeben, und zwar durch Ortun
Velasco, den Freund von Ursua.
Noch jetzt feierte man vor den Augen von Castellanos weit und
breit in Neu- Granada den Todestag des Tyrannen als Dankfest für die
Errettung aus grosser Gefahr. Es war an diesem Tage des Jahres 1579,
am 28. Oktober, als Castellanos seine romantische Dichtung voll-
endete.
Das Jahr 1579 gab in Neu-Granada Jedem, welcher die Zeichen der
Zeit verstand, gar viel zu denken. Es war das erste Jahr der Wirk-
samkeit eines neuen, ganz von den modernen Ideen beseelten Regierungs-
Präsidenten, des Lope Diez Aux de Armendariz, Marquis von
Caderei ta, der mit seiner energischen Frau Juana de Saavodra das
von Leiva begonnene Organisationswerk rücksichtslos durchführte. Es
war zugleich das letzte Jahr der beiden hervorragendsten Vertreter einer
entschwundenen Zeit: das letzte Jahr jenes Gonzälo Jimenez de
Quesada, der fern von den Stätten der Gebildeten an elendem Aussatz,
achtzig Jahr alt , verstarb und in der dürftigen Kapelle des kleinen
Indianerdorfes Mariquita bestattet wurde — das letzte Jahr auch von
Gonzalo Suarez Rondon, über dessen Grabe nun in der Stadtkirche
von Tunja, dem Platze der Cas teil an os 'sehen Pfarrtliätigkeit, vier noch
aus der spanischen Heimath mitgebrachte und stets mit Ehren geführte
204 Juan de Castellanos.
Kriegsfahnen hingen. Jene Zeit, deren Glorie die Schriften von Castel-
lanos umglänzte, ging offenbar mit schnellen Schritten dahin.
Der Vielgewanderte fühlte sich auch veraltet-, er legte sein Pfarr-
amt nieder und blieb nur noch Pfründner der Tunjaer Kirche, in der
Juan de Canada schon sein Vikar geworden war. Selten lebte er noch
in der Stadt; meist hielt er auf einem einfachen, stillen Landsitze sich
auf; da wurde es für ihn allmählich rathsam, mit allem Halbfertigen abzu-
schliessen. Es waren nicht bloss noch die Erzählungen zu vervollständigen,
welche die Geschichten von Sedeno und Hortal enthielten, also den
ersten Jahren dos Abenteurerlebens galten — auch fiir das bunte Allerlei
der bisherigen Aufzeichnungen musste ein Zusammenhang geschaffen
werden, und endlich war eine passliche Einleitung für das Ganze her-
zustellen.
Die Anordnung der Schriften wurde nun äusserlich derjenigen ähnlich,
welche vor Jahren der Schloss-Hauptmann Oviedo in Santo Domingo
seinem Geschichtsbuche verliehen hatte, nämlich eine geographische.
Castellanos wollte " zuvörderst Insel auf Insel behandeln und dann
einzeln die verschiedenen Theile des Festlandes; bei der Besprechung von
Espaiiola, dem Ausgangspunkte des grossen indischen Reiches, war mit der
Geschichte der ersten Entdeckungen zu beginnen, welche offenbar allem
Anderen voraufgehen musste, „wie der Stamm den Aesten und Zweigen".
In mühsamen, aber doch charakteristischen Versen schilderte Castellanos
diese ilim persönlich fern liegenden und ihm bisher auch unbekannt ge-
bliebenen Ereignisse der ersten Heroenzeit. Seine Columbus-Legende^'')
beginnt, Gott habe, um den bisher nur den eigenen Eingeborenen bekannt
gewesenen Erdtheil ans Licht treten zu lassen, nicht etwa einen gewöhn-
lichen Sterblichen auserkoren, sondern einen Mann aus altberühmtem
Geschlecht, aus dem lombardischen Hause der Pelesti^Ier, der zu Nervi
in den genuesischen Landen geboren sei, einen bejahrten und bewährten
Seefahrer; dieser, Cristöbal Colon geheissen, habe auf Madeira viel
Gutes gethan, besonders arme Schiffsleute pflegend, darunter auch einen
Kastilianer, welcher vor dem Tode seinem Wohlthäter erzählt habe, wie er
einmal durch schweren Sturm weit nach Westen verschlagen worden, nach
bisher unbekannten Ländern. So Hess Castellanos den ersten Anstoss
zur Entdeckung, wie ihm schien, gebührender Massen von spanischer
Seite kommen; diese Wendung hielt er für besser, als eine andere, nach
der Colon ohne Zuthun eines Spaniers sein Wissen einem alten Schrift-
stücke entnommen haben sollte. Der Erwählte des Himmels empfangt nun
Zutritt zu den gefeierten Monarchen F'ernando und Isabel, verspricht
Dichtungen. 205
ihnen eine neue Welt, nicht kleiner als die bekannte, erhält drei gut-
ausgerüstete Schiffe, wirbt mit Hülfe der Ninos und der Pinzons als
Besatzung 130 Leute, denen er bisher unerhörte Schätze ausmalt. Die
Ruhe der nun anhebenden grossen Argonautenfahrt lässt Castellanos
zwei Mal gestört werden. Einmal entsteht ein Gemurre der Mannschaft
wegen der Länge der Reise, der Endlosigkeit des Oceans: da weiset Colon
in grosser Ansprache auf die Irrthümer der Alten hin, und auch auf den
künftig zu erwartenden Neid von Portugal und von England ; er redet
über die Aussprüche eines Albertus Magnus, Averrhoes und
Avicenna, über die eigenen jahrelangen Studien, die bedeutsamen,
während einer Madeira-Fahrt nach sechstägigem Sturme gemachten Er-
fahrungen, den Fund ausländischer Bäume, Pflanzen und Blätter, die Be-
obachtung unbekannter Vögel, Endlich kommt er auf eine Vision von
gebirgigem Lande und auf seine Kenntnisse als Kartograph : „Ihr wisstja,
dass einstmals Anfertigen und Verkaufen von Weltkarten mein Geschäft
war." Später bricht ein Sturm aus, dessen Stärke beinahe Alle muthlos
macht; allein nun erhebt der alte Pinzon seine gewichtige Stimme; die
Gefahr sei ja nicht grösser als manche schon kühn bestandene; in zwei
Tagen müsse, so glaube er sicher, Land mit Berg und Thal sich zeigen.
Darauf erklärt Colon, morgen werde dies geschehen, und siehe da! als
die Sonne wieder aufsteigt, erklingt der Landruf; darauf ertönt das
Tedeum ! „Hoch die Colonen, hoch die Pinzonen, hoch alle Genossen der
Fahrt! Dich, Cristobal, Christusträger, Dich und Deine Erben segne der
Himmel." Vergessen des Vergangenen wird erbeten, die Aelteren entblössen
ihr Haupt, die Anderen küssen die Hand ; es zeigen sich Berg, Fels, Wald,
Wiese, Strand, nacktes flüchtiges Volk, stattliche Männer, nymphenähnliche
Weiber. Von Guanahani geht's nach Cuba, das Fernandina, nach Haiti,
das Espanola getauft wird; es beginnt Verkehr mit Goaga-Canari. Hernach
erhebt sich eine Meinungsverschiedenheit; Colon will nach Zurücklassung
einer Besatzung heimfahren , Pinzon dagegen die Reise noch fortsetzen ;
Colon erboset, Pinzon fährt ab, kehrt jedoch zurück. Arana bleibt
mit seinen Gefährten auf Espanola; die Heimfahrt der Uebrigen erfolgt;
nach 50 Tagen ist Spanien erreicht; in Sevilla und Barcelona wird Colon
festlich empfangen. Eine neue Fahrt geschieht, an ihr nehmen die Ninos,
die Pinzonen und andere tüchtige Männer Theil; eine grosse Menge
Inseln wird entdeckt; bei der Landung auf Espanola zeigt es sich aber,
dass Arana und seine Leute erschlagen sind: ein Unheil, das nicht ein-
getreten sein würde, wenn Pinzon rechtzeitig Gehör gefunden hätte.
So legt sich in Tunja Castellanos den Haupttheil der frühesten
206 Juan de Castellanos.
Entdeckungs- Geschichte zurecht; gar bald aber verbleicht in seinen
Versen das Interesse für Colon so sehr, dass es kaum noch bei der Be-
sprechung von Francisco Bobadilla und von Nicolas de Ovando
etwas wieder hervortritt; die grosse, Cuba's Südseite und Jamaica auf-
deckende Reise wird vollständig übersehen, die dritte Fahrt, die nicht
bloss nach Trinidad und Paria, sondern auch nach Margarita und Cuba-
gua, ja nach dem Meere von Venezuela geführt haben soll, wird nur ganz
kurz erwähnt; ebenso die vierte und letzte, die nach der Entschleierung
Veragua's mit Schiffbruch endete. Castellanos weilt lieber bei den
Indianerkämpfen und Parteiwirren auf Espanola. Schliesslich begleitet er
den Erwählten Gottes nach der Gruft, spricht über ihn poetischen Grab-
spruch, geht auf die Regierung des Sohnes über, bestattet auch diesen mit
eigener Inschrift in der Klosterkirche von Nuestra Sefiora de las Cuevas bei
Sevilla, und berichtet endlich von seinem Erben Luis und von dem
Uebergange der längst erblassten Würden auf dessen Neffen Diego,
welcher, als er 1576 starb, der letzte des Columbischen Mannes-
stammes war.
So ging es von der Entdeckungs-Geschichte zu der Besprechung der
Schicksale Espaiiola's weiter. Darauf sollten in der Castellanos'schen
Darstellung Cuba und Jamaica folgen, sodann Maracapana, ferner Trinidad,
Cubagua und Margarita; das zweite Buch war für Venezuela, Cabo de la
Vela, Santa Marta, Cartagena, Popayan, Antioquia und Chocö bestimmt,
der Schluss für die Hauptsache, für das Neue Königreich Granada.
Von dem ersten dieser Abschnitte lag um 1580 wenig ganz fertig
vor, nämlich nur der über Maracapana, soweit er die Jugend-Erinnerungen,
die Fahrten von Sedefio und Hortal, darstellte, und was in Zusammen-
hang mit diesen über Ordaz zu sagen gewesen war, sowie der über
die kleineren Inseln. Hinsichtlich Maracapana' s liatte Castellanos nicht
bloss geschichtliche Daten gegeben, sondern auch schon in den ersten
Aufzeichnungen Land und Leute beschrieben; eine grosse Anzahl der ur-
sprünglichen Namen von Häuptlingen, Ortschaften, Flüssen, Stromgebieten,
grösseren Gegenden, Gebirgen waren aufbewahrt, sodass Bevölkerungs-
Verhältnisse, Marsch-Routen und dergleichen sich erkennen Hessen; es
gab auch Natur-Schilderungen, z. B. die Beschreibung des Eintrittes der
Regenzeit in den ungeheuren Grassteppen der Orinoco-Flüsse, wenn weit
und breit der von keiner Menschenhand berührte Boden überfluthet wird :
ein endloses Wasser — das rabenschwarze, hochgewachsene, hirschschnelle
Volk eilt nach seinen Einbäumen und rettet sich auf die wenigen Anhöhen,
welche auch das Wild, vom Raubthier gefolgt, zu erreichen sucht, oder
Dichtungen. 207
es flüchtet sich der Mensch zu seinen im Baumgeäst aufgeschlagenen
Wohnstätten, wo als Gefäss die Fruchthülle dient, als Nahrung Mehl von
Wurzeln und Fischen, getrocknetes Fleisch der Tapire und Waldschweine
— „jeder Hunger ist furchtbar, am furchtbarsten der nach Salz".
Selbst dieser erste Abschnitt, der von Castellanos mit besonderer
Vorliebe überarbeitet wurde, schien bei näherer Betrachtung nicht so
vollständig zu sein, wie wünschenswerth war; es fehlte doch noch viel
von der Vorgeschichte, die durchaus erweitert werden musste, schon wegen
der denkwürdigen Wirksamkeit, welche in Maracapana, und zwar zu
Cumana, 1521 und 1522 Bartolom^ de lasCasas^^) entwickelt hatte.
Castellanos nahm daher Oviedo's Geschichtswerk zur Hand und
widmete jenem schon längst verstorbenen, seltenen Manne, welchen Viele
noch für einen unpraktischen Schwärmer hielten, Verse der wärmsten An-
erkennung, obwohl er früher die Agitationen für die indischen Gesetze
von 1542 ebenso wenig gebilligt hatte, wie die etwa zehn Jahre später
durch den Druck bekannt gewordene Streitschrift über die Zerstörung von
Indien, welche ihm keineswegs fehlerlos zu sein schien.
Der Pfarrpfründner Castellanos schrieb :
Bartolom6 las Casas heisst der Mann,
Den Gott zum Heil der Völker hat erkoren ;
Er war's, der christlich Regiment begann.
Wo Alles lag in Raub und Mord verloren.
Die Seelen Vieler zog er himmelan,
Die schon gestanden vor der Hölle Thoren;
Als Zeuge trat er tapfer und beredt
Vor Karl's des Fünften hohe Majestät.
Als er den Plan, den lang er in sich trug :
Mit Arbeitern, einfachen, frommen, schlichten —
Ein rothes Kreuz schien Auszeichnung genug —
Und deren Frau'n Ansiedlung einzurichten
Im Land von Cumana, der Wilden Lug,
Mordgier und Wuth so kläglich sah vernichten :
Da nahm Dominikaner-Kleid er an
Und ging fürbass auf der Apostel Bahn.
Er setzt' es durch, dass Spaniens Krone gab
Ein neu Gesetzbuch ihren ind' sehen Landen.
Den Schleier riss er und den Vorhang ab
Von allen gleissenden Erobrer-Banden ;
Mild führte er Chiapa's Bischofsstab,
Schuf Schutz, allwo sich Noth und Knechtschaft fanden;
Er war den Wilden Indiens Held und Hort,
Den Alle ehren sollten fort und fort.
208 Juan de Castellanos.
Als den merkwürdigsten Punkt in den gescheiterten Unternehmungen
von Las Casas erkannte Castellanos die 1520 erfolgte Verpflanzung
der ersten Arbeiter-Frauen von Europa nach der neuen Welt; er hatte
selber auf Puerto-Rico die letzten dieser Personen gesehen und konnte
noch ihi'e Namen ausfindig machen : Juana Luengo, Maria L6pez,
Teresa Diaz, Sancha und Maria Minga.
Da die Maracapana- Gesänge bereits fertig waren, wurde die Episode
über Las Casas der Besprechung der Insel Cubagua angehängt. Dann
schob Castellanos in den Abschnitt über Margarita sein Gedicht
über Ursua und Aguirre ein. Von Puerto-Rico hatte er seit 1536 nur
wenig gehört; er fügte aber doch den Thaten Ponce de Leon 's
Einiges über dessen Nachfolger aus Oviedo's Werk hinzu, sowie von
Francisco Caro, seinem getreuen Briefschreiber in Spanien, eine Er-
zählung, die 1579 verfasst worden war. Die Geschicke von Trinidad
waren schon für die Zeit, als Sedeno dort Statthalter gewesen, ab-
gehandelt; jetzt wusste Castellanos nur noch eine kurze Notiz über
den Enkel jenes Florida-Fahrers, der auch Juan Ponce de Leon hiess,
anzuschliessen , obgleich er gehofft hatte, die Geschichte der Insel noch
einmal ganz ausführlich von 1530 bis 1570 erzählen zu können. Cuba
war von ihm nur einmal betreten, im Jahre 1544; er hatte zwar auch
daran gedacht, die von dort ausgegangenen Züge eines Fernando
Cortes in gebührlicher Weise zu behandeln; allein es behielt bei dem
Gedicht auf Diego Velasquez de Cuellar sein Bewenden, wie auch
der Abschnitt über Jamaica mit dem Tode von Francisco Garay
endete. Hinsichtlich beider Inseln ging freilich Oviedo's Werk noch
zehn Jahre weiter, nämlich bis 1534 ; allein die letzten Ereignisse wurden
in demselben nur flüchtig erwähnt und lagen dem Tunjaer Schriftsteller
gar zu fern.
Wie der Tod von Sedeno und von dessen Gegner Hortal durch
kurze lateinische und spanische Verse hervorgehoben, die Gräber von
Ursua und seiner In 6z, gleich denen von Columbus und seinem
Sohne, mit poetischen Inschriften geschmückt, ja auch die Zerstörung der
ersten europäischen Kolonie, der Untergang der ersten grossen Indienflotte
und der Verfall der ersten Perlcnhcrrlichkeit durch besondere Denksprüche
ausgezeichnet waren, so erhielten auch Leon, Velasquez und Garay,
obwohl sie Castellanos ganz fem geblieben waren, am Schluss der ihnen
geltenden Gesänge Worte elegischen Nachrufs.
Mehr als zehn Jahre lang war daran gearbeitet worden, diesen ver-
schiedenen Aufzeichnungen ein metrisches Gewand zu verleihen. Da
Dichtungen. 209
erhob sich plötzlich auf den sonst schon still gewordenen Hochebenen
Neu-Granada's ein Rüsten und Regen, als verlange die ruhige Gegenwart
noch einmal nach den Thaten der Väter. Die alten Herren in Tunja, die
Regierungsräthe und hohen Titulare in der Landes-Hauptstadt horchten
unwillig auf, wie sie vernahmen, Antonio Berrio y Oruna^^), der
einzige Erbe des Marschalls Jim^nez, werde nochmals die Suche be-
ginnen nach dem seinem Erblasser verliehenen Reiche des güldenen
Fürsten, als dessen Sitz jetzt bald Manoa, bald Guayana angegeben
wurde ''^).
Da nach diesem Zauber Nichtspanier, Ketzer, ja der englische Erb-
feind, die Hände auszustrecken drohten, steigerte sich damals das Selbst-
gefühl der spanischen Kolonialen mehr und mehr. Rings um sich her
sah nun Castellanos, trotz seiner poetischen Deutung der Dorado -Sage,
trotz der Erfahrungen aller ehrbaren Leute, den Glauben wieder entstehen,
dass jenseits der bei Tunja aufsteigenden Grenzberge im grossen Tief-
lande des Orinoco und des Amazonas Wunder noch verborgen seien; da
möchten doch Städte sich thürmen, wie Hütten 's Leute sie gesehen
haben sollten, möchten doch Weiber herrschen, wie Orellana erzählt
hatte. Bei den Altgewordenen schien die lüsterne Gier der Tropen-
wildniss wieder aufzuleben ; selbst der vielerfahrene Castellanos, der
sich als Sachverständiger betrachtete, kam zu dem Schluss, ganz leere
Erfindung sei weder die Amazonen-Fabel, noch die Dorado-Nachricht.
Für ihn hing die Amazonen-Sage, die ihm zuerst vor etwa vierzig
Jahren näher getreten war, natürlich nicht mit den Fabelwesen des Alter-
thums zusammen; er erklärte sie sich aus den Lüsten seiner Landsleute.
Wie er immer für die unter den Europäern lebenden Indianerinnen ein
treuer Fürsprecher war, welcher nicht bloss ihre Ueberbürdung beim
Lastentragen und Feldbestellen, sondern auch ihren geschlechtlichen Miss-
brauch verdammte, so betrachtete er auch das noch wild unter den
Stammesgenossen lebende Weib mit aufrichtiger Theilnahme ; freilich litt er
an dem Vorurtheil, dass die Eingeborenen immer eine Ehe gekannt hätten^
also auch Elternschaft, Wittwenthum, Blutschande u. s. w. ; er glaubte an
einzeln bei Männern wie bei Weibern vorkommende, ungeheuerliche Ge-
schlechts-Verirrungen, ahnte nicht, dass ein tiefer Sinn der Verbrüderung
darin liege, wenn ein Stamm den fremden Männern seine Töchter anbiete,
ja aufdränge, betrachtete die „Thäler der Damen", die „Orte der Schönen"
und wie sonst die an Wollust erinnernden Plätze heissen mochten, ledig-
lich als Stätten der Unzucht: allein er verstand doch auch zugleich die
Geschlechtsgier der ohne ebenbürtige Frauen in der Wildniss herum-
Festschrift der Hamburgischen Amerika-Feier U. l"*
210 Juan de Castellanos.
schwärmenden Männer, und vertheidigte gegen sie die kurzsichtigen Töchter
der üppigen Natur. Den Europäern lässt er einen Guaypier zurufen:
„Steht euer Begehr nach Weibern, so will ich euch zeigen, wo die
Maniriguaner wohnen, unbemannte, bogenkundige Kriegerinnen, die mit
schönen Augen und Brauen, mit hellen Stirnen und von schlankem Wuchs,
in fast völliger Nacktheit einhergehen; sie dulden nur zeitweilig Umgang
von Männern, behalten bloss ihre Töchter bei sich und tragen Barte am
Leibe." Castellanos wusste nicht bloss zur Genüge, dass die schwache
Behaarung der Tropen-Indianer der struppigen Masse seiner Landsleute
nur wenig gefiel; er hatte auch erfahren, dass das Wilden weib sehr wohl
höherer Regungen föhig sei ; denn gern verweilte er bei dem Heldenmuth
der Frauen, welche für die Rettung und Vertheidigung ihrer Säuglinge,
ja ihrer Geschlechtsfreunde Knechtschaft ertrugen und das Leben Hessen ;
mit Wärme schilderte er die Timanaerin G a i t a n a , die wegen der Hin-
richtung ihres Sohnes durch jahrelanges Aufrufen ihrer Volksgenossen,
der Paezer und der Yalconer, furchtbare Rache nahm; selbst den Verrath,
den die geknechtete Wilde zum Besten ihres Stammes an den Christen
beging, konnte er verstehen; mit Würde sprach er von den Königinnen
Ampuya und Orocomay, die ihm, gleich weisen Frauen der Vorzeit,
ihre Völker in Krieg und Frieden zu lenken schienen. Ihm gefiel auch
jene Indianerin, die mit Keule und Bogen ihre Weiblichkeit gegen die
Gier von Orellana's Leuten zu vertheidigen verstand, „Möglich ist, dass
in den noch unbekannten Theilen der grossen Steppen- und Wälder- Wild-
nisse amazonenähnliche Stämme hausen; fest steht aber, dass es Beispiele
von mannhaften Frauen überall giebt, bei den Christen wie bei den
Heiden"; das würde, so meinte Castellanos, auch der Epigone Berrio
auf seinem Zuge erfahren.
Was die andere, die Dorado-Frage, betrifft, so gab es in Wirklich-
keit ebenso wenig einen güldenen Prinzen, wie eine Amazone; jedoch
konnte ein Goldland, auf das die zeitweilige Vergoldung des Körpers zu
schliessen gestattete, sehr wohl in den weiten, zwischen den neu-granadischen
Hochebenen und dem Atlantischen Ocean sich ausdehnenden Regionen
Hegen, sei es dem Gebirge zu, wie Manoa, sei es dem Meere zu, wie
Guayana. Der alte Castellanos empfing damals aus Carora in Venezuela
von einem Genossen Pedro de Silva 's, jenes unglücklichen Dorado-
Fahrers, nämlich von Juan Martin deAlbujar, eine ausführliche Be-
schreibung seines siebenjährigen Aufenthalts unter den Wilden; er lernte
sogar noch einen Dorado-Fahrer persönlich kennen, wenngleich nur einen
ebenfalls erfolglosen. Jener Martin, der Silva 1574 auf seinem
Dichtungen. 211
zweiten und letzten Zuge begleitet hatte, erzählte freilich bloss von
dem Befahren zahlloser Flüsse und von der Bekanntschaft mit dürftig
lebenden Völkerschaften — Castellanos schrieb getreulich deren Namen
auf — , allein offenbar standen diese Wilden vermittels derselben Ströme
in Verbindung mit anderen, Gold verhandelnden Stämmen. Francisco
de Cdceres, der Castellanos in Tunja besuchte, hatte allerdings mit
seiner Expedition die Richtung verfehlt und, trotz aller Vorbereitungen
für grosse Dinge, Nichts erreicht, als eine Ortschaft im Gebiete der
Matachiner angefangen; allein der eifrige Mann konnte doch viel von
reichen Ländern erzählen und zweifelsohne als erster Berather von Berrio
ausserordentliche Dienste leisten.
Berrio 's Ausmarsch erfolgte im Januar 1584. Sein Sohn Antonio
J i m ^ n e z bezog mit einem Reservehaufen ein Lager ; er selber führte 700
Pferde, 1000 Stück Rindvieh, einen grossen Tross von Weibern, Indianern
und Negern mit seinem wohlversehenen Zuge über das Gebirge. So er-
innerte sich an die Dorado-Fahrt von Marschall Jim^nez Jedermann,
namentlich auch Castellanos, der jetzt dessen Gedächtniss mit Hülfe
jener „Suescaer Mussestunden" seinem Werke einzuverleiben begann. Es
war der Anfang seiner Quesada-Dichtung '^^). Die 1536 und 1537 erfolgte
Entdeckungs-Fahrt sollte den schon fertigen Geschichten in zwei Gesängen
eingefügt werden; die Hauptsache aber, alle späteren Ereignisse, mussten
eine eigene Reihe von Gesängen bilden.
Jener Anfang erhielt dieselbe Formvollendung, welche die vor zehn
Jahren und mehr geschriebenen Verse über Cartagena und Santa Marta
auszeichnete ; ja in ihm erhob sich das Pathos einmal bis zur Liederform ;
Hess doch der alte Herr Quesada's Leute nach den harten Gebirgs-
märschen beim ersten Anblick der Hochebene geradezu jubeln!
„Land, dessen Obdach alle Mühsal endet,
Land, dessen Reichthum uns der Himmel spendet,
Land, wo es Wohl ist, Hütten zu erbau'n,
Land, wo uns Gold winkt, wo uns Ernte spriesst,
Land, reich an Wohnstatt, reich durch schöne Au'n,
Land, dessen Früchte gern der Mund geniesst,
Land, wo der Mensch in Kleidung ist zu schau' n.
Wo Wärme aus dem Kohlenfeuer fliesst,
Land der Verheissung, das der Himmel sendet,
Land, dessen Gunst die Noth zur Freude wendet,
Land, rings umkränzt von stolzer Berge Höh'n,
Land, das von Fieberseuche uns befreit,
Land, nicht gestört von Wettern oder Föhn,
Land, das dem Schwachen neue Kraft verleiht,
14*
212 Juan de Castellanos.
Land, dessen Thal, so stärkend und so schön,
Gern Fremde herbergt, gastlich, dienstbereit,
Land du der Gnade, reichbegabt, vollendet,
Land, dessen Obdach alle Mühsal endet.
Bei Castellanos hielt solch ein Aufschwung nicht mehr lange vor;
in dem vierten Buche, das er jetzt begann, schrieb er die Gesänge der
Hauptsache nach nicht in gereimten Zeilen. So schnell wie möglich
wollte er die ganze Geschichte Neu-Granada's vom Jahre 1537 bis zur
Gegenwart abfassen, und fühlte dabei nur zu arg, dass Zeit und Kraft ihm
unzureichend wurden. Trotzdem arbeitete er rüstig an der Quesada-
Dichtung weiter, besonders noch ermuthigt durch Bischof Juan de
Montalvo von Cartagena, der die Fastenzeit 1584 in Tunja zubrachte,
wo geistliche Würdenträger gern gesehen wurden, weil man das Fehlen
eines hohen Kirchensitzes immer noch bedauerte, ja sogar lebhafter als
bisher, seitdem das Erzstift in der Landes-Hauptstadt durch kenntnissreiche
und charaktervolle Männer sich auszeichnete.
Von diesen sollte Castellanos bald darauf einige persönlich
sprechen. 1587 kam nämlich der Erzbischof Luis Zapata de Gar-
de nas, ebenso bewährt im Reitzeug wie in Mönchstracht und Kirchen-
talar, ein starker Verfolger des Heidenthums und starker Verfechter
Christi, nach Tunja, begleitet von einem auserlesenen Gefolge. Der hohe
Besuch, der für Tunja ohne Gleichen dastand, galt der Feststellung der
Wunder''^), deren Schauplatz seit Weihnachten 1586 die Muttergottes-Kirche
in dem kleinen, zur Tunjaer Pfarrei gehörenden Orte Chiquinquird ge-
wesen war, ein armseliger, strohbedeckter Bau. Wieder einmal hatte ein
grosses Sterben im Lande geherrscht ; es hatte schlimmer gewüthet, als die
vorangehenden Seuchen, und dauerte 1587 noch fort. „Wohin man kam,"
klagt Castellanos, „leere Dörfer, unbestellte Accker, unbestattete
Leichen; kein Indianer- Ort war unverschont, auch keine Niederlassung der
Christen. Als weder Arzt noch Priester half, nahmen wir unsere Zuflucht
zum obersten Heilbringer; es begannen Gelübde, fromme Wallfahrten,
Umzüge, wie überall in Neu-Granada, so auch in Tunja, wo die Bittgänge
nach dem nahen Muttergottes-Bilde sich richteten, welches Blinden, Lahmen
und Tauben Genesung gewährte. Von Weit und Breit strömten die Ein-
geborenen herbei ; sie beteten und opferten dem Heiligenbildniss, sammelten
das von seinen Lichtern tröpfelnde Wachs; die Frommen wurden gebeten,
durch die Häuser der Kaziken zu wallen; Alles ergab sich der Frömmig-
keit; das Bild erhielt dann eine herrliche Kapelle mit Silberlampen und
köstlichem Geräth; das Sterben aber, das zu dieser Andacht führte und
Dichtungen. 213
hernach auch Popayan, Quito, ja Lima ergriflfen hat, ist von der Küste
den Magdalena-Strom heraufgezogen; es kam nach Mariquita durch eine
Negerin; die Regierung versäumte die Vorsicht, welche in Pamplona der
kluge Stadthauptmann übte; denn hätte sie, gleich diesem, allen Verkehr
verboten, so wären der Ausdehnung der Seuche rechtzeitig Schranken
gesetzt worden."
Von dem vornehmen Besuche, der mit diesem Elende zusammen-
hing, hatte der ehrwürdige Castellanos eigenthümlichen Vortheil; es
wurde nämlich sein so langsam der Vollendung entgegen schreitendes
grosses Schriftwerk Personen bekannt, welche Einsicht und Einfluss besassen ;
namentlich interessirte sich für dasselbe Miguel de Espejo^"), der schon
1533 Castellanos bekannt gewordene, besonders als Rechtskenner ge-
feierte Schatzmeister des Erzstiftes.
Den Dichtungen, die damals in Tunja den Domherren vorgelegt
wurden, fehlte vielleicht kraftvolle und frische Natürlichkeit, wie ja ihr
Inhalt nur Stück bei Stück gesammelt und erst allmählich in Verse gebracht
war, noch dazu „von alternder Hand" ; allein desshalb hegte Castellanos
keine Sorgen. Sein bestes Streben war gerade dahin gegangen, die ur-
sprüngliche prosaische Einfachheit zu beseitigen; allen früheren Aufzeich-
nungen war das metrische Gewand eben darum angelegt worden, dass die
Rede stolz und würdevoll einh erschreite , nirgends sollte die niedrige
Herkunft durchscheinen. Dass nun die Heldenbücher den Anforderungen
eines geläuterten Geschmacks entsprächen, schienen bei Miguel de
E s p e j 0 schon die Oktave-Stanzen zu verbürgen ; denn mit ihnen war ja
Wortfülle und Wohlredenheit gegeben, auch vornehme Haltung, gelehrtes
Wesen, Anhauch der höheren Bildung, der italienischen. Es war indess
nicht bloss die Sprache, sondern auch der Gedanke umgemodelt worden;
wie jene mit ihren Versfüssen und Reimen den gewöhnlichen Dingen des
Lebens gewählten Ausdruck verlieh, so war auch der Ideengang möglichst
kunstvoll eingerichtet, er war keineswegs der rohen Wirklichkeit, der
nackten Natur entnommen, vielmehr, wo immer es anging, der damals als
einziges Ideal betrachteten klassischen Welt. Jetzt schien es in der That,
als habe Castellanos in den geschieh ts- und poesielosen Gegenden, bei
seinen Fahrten auf öden Gewässern, seinem Verkehr mit fast thierischen
Wilden und meist rüden Kameraden an Vorbilder der Alten gedacht;
Noth und Elend der Urwälder und Steppen, Langeweile und Widerwille
des Indianertreibens hatte er in Tunja aus seinen Schriften wegzubannen
gesucht durch Gleichnisse aus Hellas und Rom. Die grossen und kleinen
214 Juan de Castellanos.
Götter des Fabelreiches waren berufen worden, um die Thaten des
Menschen zu verherrlichen und die Gestalten der Natur zu beleben ; der
alte Olymp war in die neue Welt hineingezogen. Wenn die Christen mit
dem Santiago-Ruf auf die Heiden sich stürzen, werden sie bei Castellanos
angeführt von Minerva oder Mars, von Bellona oder Victoria; bei Tages-
anbruch erheben sich Apoll oder Eos, Diana und ihre Gefährtinnen beim
Niedersteigen der Nacht ; Venus entflammt lüsterne Männer ; die Seefahrt
lenkt Neptun oder Oceanus oder der töchterreiche Nereus; Castor und
PoUux offenbaren sich in den häufig gesehenen Elmfeuern, Pluto, Vulkan
und Genossen in den entsetzlichen Erdbebön, Ceres wo immer spärlicher
Maisbau erscheint. Die Reiter werden Centauren, die Schiffer Tritonen,
starke Weiber Amazonen. Von den Conquistadoren gleicht dieser dem
Herkules, jener dem Theseus oder lason; Nymphen und Najaden fehlen
nicht ; die braune Nacktheit der Indianerin wird zur Schönheit einer Daphne
oder einer Galathea; die Töchter von Guamba, Goroguaney und Maya-
rare veredeln sich zu den Grazien; es nahen die Musen, deren erste mit
der Mutter Gottes verschmilzt; Giganten und Titanen verleihen einsamen
Bergen und Felsen ihre Namen ; an die Parzen reihen sich die Furien —
überall dringt fremdartige Vorstellung ein, sogar der Jaguar wird zum Löwen
der kaspischen Wälder, der wilde Bienenstock im Gebirge von Santa
Marta zum Seim des Hymettus, und das Zicklein auf Margarita zum Lamm
von Calabrien, Thracien oder Ambracien. Gleich der Argo beleben sich
die Schiffe; Schlachtrosse, wie Matamoros und Ocon, sind neue Bucepha-
lusse; Bluthunde, wie Becerrillo und Amadis, neue Cerberusse. Der alte
Homer selber stellt sich ein ; ihm schliessen dann griechische und römische
Weise sich an, ausserdem Astronomen und Naturphilosophen, bisweilen
auch noch Kirchenväter und neuere Gelehrte. Den klassischen Heroen
folgen Darius, Cyrus, Epaminondas, Mithridates, Hannibal, Antiochus,
Cäsar, ja auch Attila und Tamerlan. Solche Formen gefielen den Ge-
bildeten jener Zeit, also auch der Begleitung des Erzbischofs Luis von
Santa F6.
Die Kämpfe, welche den Hauptinhalt des Castellanos 'sehen
Werkes ausmachten, hatten wenig gemein mit den grossen Kriegsvorgängen
Europa's, von denen die Niederlage bei Ravenna, der Fall von Rhodus, die
Einnahme Belgrads, die Belagerung von Wien nur mit Widerstreben ge-
legentlich genannt werden; bei ihnen lag der Vergleich mit den Zügen des
Dionysos und des grossen Alexander, mit den Kämpfen von Agamemnon,
Hektor und Achilles weit näher. Nach klassischem Vorbild Hess Castellanos
auch die spanischen Feld-Hauptleute und die Führer der Wilden mit grossen
Dichtungen. 215
Standreden auftreten. Durch all diese Künsteleien wurde der Eindruck
des Historisch-unwahren vielleicht gesteigert, allein gerade diese Theile
sollten das Vollendetste des ganzen Werkes bilden; auch dies fand
Billigung beim Geschmacke der Zeit. Wenngleich bisweilen etwas der
Dichtung oder doch der Erfindung Aehnliches einfloss, so war doch im
Grossen und Ganzen Alles ursprünglich historisch-richtig. Der Tunjaer
Priester konnte seinen Gönnern betheuern, dass es ihm vollkommener Ernst
mit der Wahrheit gewesen sei, mit ihrer Darstellung, sobald er seine
eigenen Erlebnisse und Erfahrungen niedergeschrieben habe, mit ihrer
Ermittlung, sobald er fremden Quellen gefolgt sei.
Espejo und seine Freunde lasen in dem dicken Buche, wieCastel-
lanos wohl wisse, ein schlechter Chronist zu sein; jedoch beruhe sein
Bericht über die Wander- und Wunder-Fahrten, über die gegen Wilde
und unter Landsleuten geführten Kämpfe, wenn nicht auf eigener Zeugen-
schaft, dann auf Mittheilungen glaubwürdiger Personen, die er noch aus-
drücklich ermahnt habe, nur Wahres und Genaues ihm zu sagen; schon
bei Lebzeiten seiner Gewährsmänner, von denen noch Viele gesund und
wohl seien, habe er deren Aussagen niedergeschrieben, damit etwaige
Zweifel sich heben, etwaige Lücken sich ausfüllen Hessen ; oft habe er bis
zu zehn Berichte über eine und dieselbe Sache vor sich gehabt. „Lese
der Wissbegierige, der historische Wahrheit sucht, mein Buch; er weiss,
dass dessen Lektüre ihm Nichts sagt, was nicht wahr wäre; mir fehlen
die Farben, Lichter und Schattirungen der Muse, aber meinen Versen
wird die Wahrhaftigkeit, mit der sie auftreten, zu Schmuck und Zierde
gereichen." Von einem fertigen Abschnitt Abschied nehmend, rief er
unter den Bewohnern der besprochenen Gegend Einen auf, welcher Gabe
und Lust besitze , das Begonnene weiter zu führen ; das müsse aber
geschehen, fügte er hinzu, ohne phantastische Ausschmückung; zur Er-
richtung würdigen Gedächtnisses gäbe die Wirklichkeit Stoff zur Genüge.
„Ungewisse Fabeln erachte ich gleich todten Werken."
Castellanos hielt, obgleich er seinen Ideen bisweilen freien Lauf
gelassen hatte, z.B. wenn sie von Columbus, Benalcäzar, Ursua
befangen waren, alle Geschichten, die er vortrug, für wirklich geschehen;
nicht bloss die in grossen Verhältnissen sich bewegenden, bei denen er
bisweilen das Unerhörteste, selbst den Widerspruch gegen die Natur, mit
Hinterwäldler-Gläubigkeit annahm, sondern auch die Kleinigkeiten, die
Jäger- und Schiffer-Erzählungen, die Schiffbrüche und Landgefahren, die
Einzelkämpfe mit Jaguaren, Alligatoren und furchtbaren Menschen; hatte
er Alles doch niedergeschrieben zur Ermuthigung, Belehrung und War-
216 Juan de Castellanos.
nung des jüngeren Geschlechts, war er doch immer ernsthaft verfahren,
auch bei der Mittheilung seiner Kenntnisse von den verschiedenen gegen
das Pfeilgift gebräuchlichen Mitteln, dem Soliman-Pulver des Montalvo,
dem Tabak des Monardes, den Wurzelarten der Wilden. Auch solche
Einzeldarstellung, welcher Gleichartiges in sonst bekannten Schriften der
neuen Welt nicht begegnete, gefiel den Herren aus Santa Fö zweifelsohne ;
sie riethen also schliesslich Castellanos, sein Werk in Madrid vor-
zulegen, damit es gebührender Maassen veröffentlicht werde.
Da noch immer nicht Alles fertig gestellt war, wurde beschlossen,
zunächst den ersten Theil abzuschicken und später mit dem Abschnitt über
Venezuela eine zweite Sendung beginnen zu lassen. Castellanos schrieb
nun in Prosa eine an König Felipe IL gerichtete Widmung, in welcher
von zehnjähriger metrischer Umformung gesprochen wurde ; E s p e j o ver-
fasste lateinische Empfehlungsverse, ebenso die Dominikaner Pedro
Pedro so und Pedro Verdugo, deren Latein ins Spanische übersetzt
wurde; auch Cipriano Fernand ez deZea schrieb Latein, dagegen
Gaspar de Villaroel y Coruna und Cristöbal de Leon bloss
Spanisch, wie auch der Tunjaer Freund Sebastian Garcia. In Tunja
gab es schon Vertreter der schönen Künste, nicht bloss in der Lateinschule,
sondern auch ausserhalb derselben: da war ein Meister des Tanzes Jorje
Voto, ein Meister der Malerei Alonso de Narvaez; Castellanos
liess nun sein Bildniss entwerfen, damit es die Handschrift-Sendung nach
Madrid begleite.
Die 1588 noch zurückbehaltenen Gesänge erfuhren zwar keine ganz
neue Ueberarbeitung ; sie mussten aber doch noch hie und da abgeändert
und vervollständigt werden. Der alte Herr schritt zu seinen letzten Auf-
zeichnungen'*), empfing er doch, nachdem seine Schriftstellerei allgemein
im Lande bekannt geworden war, dann und wann von älteren Leuten noch
Zusendungen, welche sich einfügen Hessen. Da schickte jener Ferndndez
de Bustos aus Cartagena so^ar einen Bericht über die eigenen Thaten,
und ein Ungenannter aus Santa Marta einen grossen Aufsatz über die
Leistungen des Landes-Hauptmanns Lope de Orosco; solche Materialien
wurden, ähnlich wie die über den streitbaren Antioquiaer Statthalter
Gaspar de Rödas, in neue Gesänge, meist in Eulogien, gekleidet. Bei
derartiger Sammellust des Alters verschlug es wenig, ob der Stofi" wirklich
sanges würdig sei; selbst die in den Februartagen von 1586 von Cartagena
erduldete Brandschatzung durch Sir Francis Drake wurde in schwung-
volle Verse gebracht.
Ausser der grösseren oder geringeren Erweiterung der Arbeit machte
Dichtungen. 217
jetzt die geographische Eintheilung des Stoffes manche Mühe. Einerseits
war bei der früheren Anordnung der Gesänge das ferne Guayana, von
dem neuerdings so viel geredet wurde, gar nicht in Betracht gezogen,
sodass es nur gelegentlich besprochen werden konnte, bald bei diesem,
bald bei jenem Anlass, — dieser Uebelstand war nicht mehr abzustellen.
Andererseits war nun das nicht zum eigentlichen Neu-Granada gehörende,
an der linken Seite des Magdalena-Stromes gelegene, früher nach Popayan
genannte Innere des Landes in drei Statthalterschaften getheilt worden:
Popayan, Antioquia und Choco, sodass für die Besprechung dieser Gebiete
besondere Einleitungen und Abschlüsse erforderlich wurden; hier musste
Castellanos noch nachhelfen. Die sehr schnell wechselnden Guber-
natoren von Popayan verzeichnete er bis zu Juan de Tuesta Salazar,
der 1588 sein Amt antrat; ungefähr bis zur selbigen Zeit wollte er die
Geschicke von Antioquia behandeln, kam aber nur bis 1581 ; dagegen
führte er die Verse über Chocö wieder bis 1588 hinauf, wenngleich er
über die letzte Zeit von Melchior Velasquez nur wenig berichten
konnte. Allmählich war er nicht bloss denjenigen Personen, welche in den
verschiedenen Landestheilen die Regierungsgeschäfte besorgten, immer
fremder geworden, auch seine sonstigen Bekannten waren nach und nach
im Lande dahin gestorben. Abgesehen von den Tunjaer und Bogotder
Kreisen, besass der emeritirte Pfarrer kaum neuere Freunde; es wurde
allmählich zur Ausnahme, dass ein jüngerer, welterfahrener Mann, wie
Bernardo de Vdrgas Machuca''^), für seine Arbeiten sich erwärmte,
oder dass ihm Personen, die nicht aufgefordert waren, wie der Priester
Bautista de Reina in Neu-Cadix auf Cubagua, J e r 6 n i m o deTorres
in Antioquia, Juan de Cueras in Mompos, Einsendungen machten. Die
Verarbeitung aller dieser Beiträge verursachte immer mehr Mühe und
ergab immer mehr Unvollkommenes; Castellanos wurde zuletzt ein
Sklave seines gar zu gross angelegten, immer mehr ins Breite wachsenden
Unternehmens.
Wohl die letzte Nachricht, die Verwerthung fand, betraf noch
einmal eine Fahrt nach dem güldenen Prinzen; jener Antonio Berrio
hatte ihn nicht gefunden; 1591 berichtete einer seiner Begleiter, der fast
siebenzigjährige Portugiese Alvaro Jorje'^^), wie damals die Flüsse
Pauto, Casanare, Daume, Guaviare überschritten worden seien; an dem
mittleren, Barraguan genannten Theile des Orinoco habe man ein grosses
Schiff erbaut und während der Fahrt ein etwa sieben Leguas entferntes
Gebirge erblickt; Berrio sei dann mit einem kleinen Haufen zehn Tage
lang ohne Erfolg vorausgegangen; alle Ortschaften waren menschenleer.
218 Juan de Castellanos.
Einer der wenigen Gefangenen habe erzählt, dass von der Höhe des Gebirges
ein grosser Ort zu sehen sei, ein mächtiger Strom, offenbar Manoa, und
ein zweites höheres Gebirge, auf dem bekleidete Menschen lebten, offen-
bar das ersehnte Land des Dorado; trotz alledem war's nicht erreicht
worden. Nur Wiederholung der alten Enttäuachungen berichtete jener
Altersgenosse von Castellanos:
Er sprach von Frau'n, die keine Männer mögen,
Mit Köchern angethan, der Kleidung baar.
Von Männern sprach er, die durch' s Dickicht zögen,
Am Scheitel und am Kinn hochroth vom Haar,
Von Wesen, die auf ihrem Halse bögen
Zwei Angesichter, wild und wunderbar —
Die alten Märchen sind 's, die schon vor Zeiten
Der Wilden Schlauheit wusste zu verbreiten.
Berrio hatte auf die eigentliche Fahrt etwa ein Jahr verwendet;
die Zahl seiner Begleiter war kleiner und kleiner geworden, namentlich
auch durch die Kämpfe mit den Amapaiern-, am Ufer ihres acht Tage-
reisen vom Caroni-Flusse entfernten Stromes blieb er sechs Monate, ohne
einen Durchgang zu finden ; sechzig seiner besten Begleiter verlor er, bei-
nahe alle Pferde; seine Beute beschränkte sich auf etliche Goldfiguren,
welche die Amabaer vertauschten; hiernach hatte er die Insel Trinidad
aufgesucht, aber keineswegs um seinen grossen Plänen zu entsagen, viel-
mehr um von da aus Ortsgründungen vorzunehmen und grössere Rüstungen
zu veranstalten. Vorzüglich wegen solcher Zusätze entstanden nach und
nach aus dem zweiten Buche der Heldengesänge drei verschiedene
selbständige Theile mit eigenen Widmungen.
Wie von Espejo und Vdrgas Machuca, wurden auch von
L&zaro Luis Iranzo, Diego de Buitrago, Francisco Soler
und anderen Tunjaer Bekannten mit Behagen diese Verse gelesen; aber
sie geben dem Werke doch keinen eigentlichen Abschluss; eine wirkliche
Vollendung konnte dasselbe der ganzen Anlage nach nicht empfangen; es
bildete eben kein einheitliches Ganzes. Das Ende der Arbeit war gegeben,
sowie der Tage letzter kam oder sowie die letzte Manuskript-Sendung
abging.
Ein hohes Alter war dem Manne beschieden, welcher aus einem
Reitersmann und Hinterwäldler zum Geistlichen geworden und halb als
Geschichtsschreiber, halb als Poet so viel Denkwürdig-Scheinendes auf-
gezeichnet hatte. In der Ruhestätte seiner letzten Jahre blickte er auf
sein Leben mit der Befriedigung des Fleisses zurück; entsprach auch
Dichtungen. 219
nicht jedes Stück seiner Heldengedichte den ursprünglichen Wünschen
und Plänen, so berechtigte doch das lange Gesammelte zu der Hoffnung,
nicht umsonst gelebt zu haben.
Diese Zuversicht, welche bei dem Anfertigen der viel tausend Verse
immer neuen Muth machte, hat sich erfüllt; Name und Werk eines in
seiner Weise für das Beste der Zeitgenossen arbeitenden Mannes sind
nicht verloren gegangen.
ANMERKUNGEN.
ANMEEKUNGEN ZUM CASTELLANOS*).
1) Das erste Buch von Oastellanos erschien unter dem Titel : Primera
parte de las Elegias de varones ilustres de Indias, compuestas por Juan de
Castellanos, clerigo, beneficiado de la ciudad de Tunja en el Nuevo Reino de
Granada con privilegio en Madrid en casa de la viiida de Alonso Gomez,
impresor de Su Majestad. Ano 1589. Das von Juan Vasquez de Marmol
unterzeichnete Druckfehlerverzeichniss datirt vom 18. April; das Druckattest
des Kammer-Notaren Miguel de Ondanza Zavala vom 5. Juni 1589; dagegen
das königliche Druckpatent von San Lorenzo den 11. Juni 1588. Diese
drei Urkunden fehlen in der späteren Veröffentlichung von Aribau (a. 0.
S. 1 — 178), welche nicht nach dem Druck, sondern nach einem sorgfältigeren
Manuskript angefertigt ist; über dem Schlussvers (S. 178) steht im Druck:
Fin de la primera parte. Ebenso fehlen in der Ausgabe von Aribau die
beiden Tafeln, nämlich erstens das Bild des Verfassers mit lateinischer In-
schrift und der Jahreszahl 1588 und sodann eine Allegorie mit den Versen:
Hispanum regnum declarat bellica virgo | est maris oceani litus et ipse draco |
hie serpens ingens orbem circum dat utrumque | conjungens caude perfreta
longa Caput | ergo quicquid erit quod continet orbis uterque | magne Philippe,
tuo serviet imperio. Die Allegorie steht unter dem grossen spanischen
Wappen zwischen Bäumen, welche allerlei Gethier zeigen, und stellt die kreuz-
tragende Hispania, virgo fidelis, dar, wie sie, das christliche Europa im Rücken,
vom Schiff aus das von bogenführenden Wilden bewohnte neue Land betritt;
zwischen diesem und Europa bildet der Drache einen Kreis.
Der an Felipe II. gerichteten Vorrede fehlt das Datum ; es heisst in ihr :
Como ya tuviese escrito el descubrimiento de este nuevo mundo y lo acontecido
en las conquistas de las islas 7 alguna parte de la costa de Tierra Firme
hasta el mar de Venezuela, pareciöme, que seria justo hacer en aquel pasaje
*) Die ohne nähere Angabe in runden Klammern eingefügten Ziffern beziehen
sich auf die genannte Ausgabe der Castellanos'schen Heldengesänge von Carlos Aribau
in der Biblioteca de autores Espaiioles desde la formacion hasta nuestros dias, Tomo
cuarto (Madrid 1852). Die vereinzelten, in eckige Klammern geschlossenen Stellen sind
dem Welser-Manuskript entnommen.
224 Anmerkungen zum Castellanos.
pausa, para que desde allf comenzase segunda parte, con intencion de no
publicar lo uno sin lo otro, por haber andado ya la mayor parte del camino (1).
Die jetzige Form war, als sie nach Madrid kam, noch nicht zehn Jahre
alt. Das Jahr 1579 ist mehrfach (68, 83, 177) nachweisbar; die am Schluss
erwähnten unruhigen Verhältnisse sind die Wirren, welche in Neu-Granada
an das Ende des Präsidenten Lope Diez Aux de Armendariz (seit August
1578) und an das erste Auftreten des Visitadors Juan Bautista Monzon (seit
Februar 1580) sich knüpfen. Vergl. Jos6 Antonio de Plaza, Memoria»
para la historia de la Nueva Granada desde su descubrimiento (Bogota 1850)
S. 218 und 219.
George Ticknor, History of Spanish Literature (London 1863) II.
S. 472, meint: The poem is written in pure fluent Castilian, which soon after-
wards became rare.
2) Agrustin de Zärate war 1544 bis 1550 in Peru; sein Werk: Historia
del descubrimiento y conquista de la provincia del Peru, ist abgedruckt in
Band XXVI der Biblioteca de autores Espanoles (Madrid 1853): Enrique
de Vedia, Historiadores primitivos de Indias II. S. 459 — 574; sowie in
Andres Gonzalez Barcia, Historiadores primitivos de las Indias Occiden-
tales III. (Madrid 1769) S. 1—176. Es nennt sich Zärate auf dem Titel
dieses zuerst in Antwerpen 1555 erschienenen Werkes : contador de mercedes
de la Majestad Cesarea; seine datumlose Besprechung des Castellanos' sehen
Buches beginnt : contador que ha sido de Vuestra Alteza ; es un empleo equi-
valente 4 uno de los principales de nuestra hacienda en el dia, sagt Vedia
(a. 0. S. X) mit Recht. Vergleiche William H. Prescott, History of the
Conquest of Peru U. (New- York 1855) S. 471—473.
Bisher bot die letzte Kunde über Zarate eine Toledoer Urkunde vom
14. März 1560, welche den an einzelnen Seeplätzen üblichen, höchst eigen-
thUmlichen Seezehnten betrifft.
3) Das zweite Buch von Castellanos (181—361) enthält den Abschnitt
über Venezuela (181 — 249) ganz ohne Ueberschrift , dann: Relacion de las
cosas del Cabo de la Vela (250 — 258) und Historia y relacion de las cosas
acontecidas en Santa Marta desde su primera poblacion (258 — 361); es sollte
ursprünglich auch die Geschichte der Provinz Cartagena umfassen, wie aus-
drücklich (361) erwähnt wird. Die Ueberschriften der Gesänge sind oft (195,
206, 240) nicht dem wirklichen Inhalt ganz entsprechend. Die Abfassungs-
zeit ist nur einmal (311) angegeben, und zwar mit 1584; das späteste erwähnte
Jahr ist 1585 (351).
Buch n war dem Indienchronisten Luis Tribaldo de Toledo bekannt,
wurde aber erst von Aribau veröffentlicht.
4) Alonso de Ercilla y Zuniga, geboren zu Madrid am 7. August 1533,
starb dort vor 1595; er war 1555 bis 1562 in Amerika. Seine Araucana
erschien stückweise, nämlich der erste Theil, 1555 — 1563 geschrieben, 1569;
der zweite 1578 und der dritte 1590.
Neuer Abdruck des ganzen Werkes in der Biblioteca de autores
Espanoles XH, wo in der Lebensskizze von seiner Besprechung der Castellanos-
Das dritte Buch von Castellanos. Pedro Sarmiento de Gramboa. 225
sehen Verse nicht die Rede ist. Ueber seine Dichtung sagt T i c k n o r (a. 0.
S. 465) : The first division of the Araucana is a versified history of the early
part of the war; it is geographically and statistically accurate: a poem, thus
far, that should be read with the map, and one, whose connecting principle
is merely the succession of events. Das Gleiche trifft oft bei Castellanos zu.
Pres CO tt a. 0. II. S. 68 sagt über Ereilla: Never did the muse venture
on such a specification of details not merelj poetical, but political, geographical
and Statistical, as in this celebrated Castilian epic: a military Journal done
into rhyme. Die „Muse" von Castellanos leistete noch mehr.
Ereilla war nach seiner eigenen kurzen Erklärung (180) Censor nur für
das zweite Buch von Castellanos; dieser führt Ercilla's Dichtung nicht an,
rühmt aber einmal (258) chilenische Tapferkeit als besonders hervorragend;
übrigens war Ereilla bei der von Castellanos im ersten Buche beschriebenen
Niederlage Aguirre's — 27. Oktober 1561 — nicht zugegen, wie Clements
R. Markham, Expeditions into the Valley of the Amazons (London 1859)
S. XII behauptete, erfuhr dieselbe vielmehr in Panama,. Möglieh, dass aus
Castellanos die Notiz von Piedrahita stammt : el capitan Moran desde el
Reino paso a Chile, donde con elegante estilo lo celebra Don Alonso de Ereilla
en SU Araucana.
5) Das dritte Buch von Castellanos (363 — 563) ist betitelt: Elegias y
elogios de varones ilustres de Indias; tercera parte donde se da razon de las
cosas acontecidas en las gobernaciones de Cartagena y Popayan desde el
tiempo que en ellas entraron Espaiioles hasta el ano de 1588 (363); die
Gubernationen Antioquia und Choco wurden hinzugefügt : nuevamente desmem-
bradas de la gobernacion de Popayan por provisiones de la real majestad
del rey don Felipe II, (506) ; diese Erlasse sind nicht vorhanden, fallen aber
in die Jahre 1576 bis 1580. En este tiempo que yo escribo, bezieht sich einmal
(442) auf die Zeit vor 1586; sonst ist (506, 562) 1588 als das Jahr der Ab-
fassung genannt, und einmal (552) 1589 erwähnt. Die neueren Partien en
metros sueltos (506 — 563) sind ungenügend, die Ueberschriften (444, 493)
nicht immer zutreffend ; charakteristisch ist der Ausspruch : Ahora ha sido
mi principal tratar de los primeros fundamentos hasta nuestra era (554). In
Buch III, von dem 654 Oetaven, nämlich 109 Seiten des Original-Manuskripts
kassirt sind (444), findet sich keine Andeutung, dass das erste Buch bereits
veröffentlicht vorliege.
6) Pedro Sarmiento de Gamboa verliess am 11. August 1579 Callao,
um die erste, von der Südsee beginnende Fahrt durch die Patagonischen Engen
zu machen, die er später beschrieben hat, und wurde nach der Gründung der
Ciudad del Rey Felipe von den Engländern 1586 gefangen genommen; vergl.
Johann Georg Kohl, Geschichte der Entdeckungsreisen und Schifffahrten
zur Magellans- Strasse (Berlin 1877) S. 79—92. Jene Schrift von Sarmiento,
dessen Todesjahr bis jetzt nicht bekannt geworden ist, wurde erst später ver-
öffentlicht: Viaje al estrecho de Magellanes, Madrid 1768. Vergl. Oscar
Peschel, Geschichte der Erdkunde (München 1865) S. 259. Dazu: Sumaria
relacion de Pedro Sarmiento de Gamboa, gobernador y capitan general del
Festschrift der Hambnrgischen Amerika-Feier U. •'•"
226 Anmerkungen zum Castellanos.
estrecho de la Madre de Dios y de las poblaciones en el liechas y que se
han de hacer in Coleccion de Documentos in6ditos relatives al descubri-
miento, conquista y colonizacion de las posesiones espanoles en America y
Oceania, sacados en su mayor parte del archivo de Indias. (Madrid 1864 ff.)
V. S. 286 — 420. Eine Karte von Sarmiento besitzt die Kohl-Kollektion der
Harvard- University; vergl. Justin Winsor, Bibliographical contributions
Nr. 19 (Cambridge 1886) S. 65 Nr. 395.
Sarmiento' s Bemerkungen zu den Castellanos' sehen Gesängen sind
in Aribau's Veröffentlichung abgedruckt (375, 444, 447, 452, 455, 456,
505 und 544); in einer lieisst es (452): Quisquiz, capitan de Atagualpa era
tirano .... yo averigü^ por justicia esta verdad y toda la monarquia de Indios
Ingas y conquista de Espanoles en tiempo del virey don Francisco de Toledo
(1569 — 1581). Die Zurückführung der Schluss-Anmerkung des Originals (563)
auf Sarmiento ist ein Irrthum, ebenso der einige Male wiederholte Vor-
name Pablo.
7) Das vierte Buch von Castellanos, welches bis jetzt, aller Mühen un-
geachtet, nicht aufgefunden ist, wird im zweiten (299 und 312), sowie im
dritten Theile (419) des Werkes angezogen. Das Manuskript erhielt die
Druckerlaubniss , bestand aus mindestens 22 nicht gereimten Gesängen ohne
Gliederung in Stanzen oder ohne Zusammenfassung in Elegien oder Eulogien
und behandelte Neu- Granada beziehungsweise den Eroberer dieses Landes,
Gonzdlo Jimenez de Quesada (583)? einzelne Stellen aus den Gesängen 6—8,
14, 18 und 19, 21 und 22 sind in dem in Anm. 8 erwähnten Werke Piedrahita's
enthalten. In ihm heisst es: El cuarto tomo de la Historia General de las
Indias de Castellanos viene a ser el primero de la conquista del Nuevo Reino
y habla de la muerte del Zaque de Tunja; der 6. Gesang betrifft Ereignisse
des Jahres 1537, der 22. solche von 1553.
Das vierte Buch sollen als vorhanden erwähnen : Nicolas Antonio
in seiner Biblioteca Indica und der Indien-Chronist Tomas Tamayo de
Vargas in seiner Collectio librorum hispanicorum.
8) Lucas Fernändez Piedrahfta, geboren in Santa F6 de Bogota zu
Anfang des 17. Jahrhunderts und gestorben zu Panama 1688, ist der Verfasser
der Historia general de las Conquistas del Nuevo Reino de Granada, die Ant-
werpen 1688 gedruckt wurde. Die Vorrede datirt von Santa Marta, 12. August
1676, die königliche Druckerlaubniss von Buon-Retiro, 10. Mai 1688. Die
Arbeit geht bis 1563, bezeichnet sich als einen ersten Theil und verweist
auf einen zweiten (vergl. a. 0. S. 589 und 598), der bis 1630 reichen sollte,
aber nicht bekannt geworden ist. Piedrahita war Verweser des Erzstifts
Santa Fe de Bogota vom 8. Juli 1655, dem Tode von Crist<Sbal de Törres, bis
zum 17. Juni 1661, dem Regierungsantritt von Juan de Arguinas.
Vergl. Joaquin Acosta, Compendio histörico del descubrimiento y
colonizacion de la Nueva Granada (Paris 1848) S. 385 — 390 und Hermann
A. Schumacher, Südamerikanische Studien (Berlin 1884) S. 429.
In der Vorrede sagt Piedrahita: Estando en los reinos de Espana
me vino ä las manos la cuarta parte de la Historia de Indias que escribiö
Castellanos, Andenken. 227
el licenciado Juan de Castellanos, cura que fu6 de la ciudad de Tunja, aunque
con la desgracia de no haberse dado ä la estampa, teniendo aprobacion para
ello, como se reconocerä del original que estd en la libreria del seiior don
Alonso Ramirez de Prado, consejero que fu6 juntamente de Castilla y de la
Camera de Indias; y como el autor estuviese tan acreditado con las otras
tres partes impresas, en que recopilo las conquistas de M6jico (?) , Islas de
Barlovento y Reinos del Peru (?), apreeie mucho el encuentro y enterado de
algunas noticias que tenia en confusoj me hall6 con los primeros deseos de
vestirlas de un estilo que, sin fastidiar con los desaseos del siglo anterior,
pudiese correr en este con los creditos de poco afectado (a. 0. S. XIII).
Die Angabe, dass die drei ersten Theile des Castellanos' sehen
Werkes gedruckt worden seien, beweist, dass Piedrahita dieselben nicht
viel gelesen hat. Aus ihnen citirt er nur, über Ursua sprechend, Theil I.
S. 172, 319 und 320 des Druckes von 1589; sonst erwähnt er lediglich das
vierte Buch, das nach ihm nur aus 22 Gesängen besteht (a. 0. S. XIV), und
zwar unter Angabe der Gesänge S. 170, 172, 180, 250, 284, 363—365, 392,
431,447, 454,470, 472, 502 und 587, sowie ohne solche Angabe S. 17, 127,
181, 459, 472 und 519. S. 392 ist offenbar statt canto 28 canto 22 zu lesen.
Viele der von Piedrahita gegebenen Standreden, deren Stoff dem vierten Buche
von Castellanos angehört, sind so sehr im Stile des Letzteren, dass sie als
entlehnt angesehen werden dürfen, zumal sie sich von denjenigen, die
Piedrahita selbst verfasst hat (z. B. a. 0. S. 127) auffallend unterscheiden.
Piedrahita's Werk gehört zu den wenigen, die allen späteren neu-
granadischen und venezuelanischen Geschichtsschreibern zu Grunde liegen.
9) Castellanos' Andenken hat sich fast ganz verloren gehabt, weil die
amtliche spanische Geschichtsschreibung seinem Werke nicht gerecht wurde.
Antonio de Herrera, Historia general de las Indias Occidentales
(Antwerpen 1728) nennt zwar gleich nach der am 20. Oktober 1601 unter-
zeichneten Vorrede unter den benutzten Quellenschriften die Gesänge von
Castellanos, giebt aber darüber nichts Näheres.
Pedro Fernändez de Pulgar, Herrera's Nachfolger als Indien-
chronist, schenkte das Exemplar des Castellanos' sehen Manuskriptes, aus
welchem Theil II und III 1852 zum Abdruck gelangten, der Kathedralbiblio-
thek von Palencia, benutzte, soweit bekannt, die Gesänge für seine das Jahr-
zehnt 1555 — 1565 umfassende Arbeit nicht.
Juan BautistaMunoz, Historia del Nuevo Mundo (Madrid 1793)
beurtheilte die Heldenbücher unrichtig, weil er zu viel Gewicht auf die Dar-
stellung der ersten Zeiten legt; er sagt aber auch : es Castellanos escritor de
bastante merito y utilidad, cuanto a las cosas de su tiempo.
Zwei neu-granadische Werke haben, abgesehen von Piedrahita, vielfach
aus Castellanos geschöpft:
Fray Pedro Simon, Noticias historiales de las conquistas de Tierra
Firme en las Indias Occidentales. Primera parte (Cuenca 1627).
Fray Alonso de Zamora, Historia de la provincia de San Antonio
del Nuevo Reino de Granada (Barcelona 1701).
15*
228 Anmerkungen zum Castellanos.
Das erste Buch wird auch erwähnt in Juan Rodriguez Fresle,
Conquista i descubrimiento del Nuevo Reino de Granada (Bogota. 1859).
Was die neueren Geschichtsschreiber anbeti-ifFt, so ist Castellanos am
meisten von JoaquinAcosta benutzt worden, der auch einige ungenügende
biographische Datön zusammengestellt hat, nämlich a. 0. S. 375 — 378 und
in der Antologia Espanola (Madrid 1848). Etliche Citate aus ihm finden sich
auch in den Schriften von Arthur Helps und Clements A. Markham;
eine zusammenhängende Lebensbeschreibung ist bis jetzt nicht vorhanden ;
Ticknor (a. 0. S, 472) sagt: Of the author, the little we know, is told
by himself.
Beachtenswerth ist, dass Castellanos unter seinen Zeitgenossen mehrere
Namensvettern hatte. Aus seinem Werke sind zunächst einige anzuführen :
Padre Castellanos . . ., cl^rigo frankes que se llamaba de mi mismo nombre
(124) — noble Juan Martin Castellanos (124, 245), der 1537 Alcalde in
Tocuyo war — Miguel de Castellanos, de ricos tractos y contratos fortuna le
diö llenas las manos, no le sirven mal los Indios de la tierra del Cabo de la
Vela. Nuestras rinas y rencontros vanos he sepultado con olvido ; los que la
juventud con furia manda el curso de tiempos los ablanda. La provincia
Macofra causö no poca ira al mariscal Miguel de Castellanos, infämanlo que
por SU mando formö rebelion bdrbaro bando (149, 247, 256). Sein Bericht
über die eine mit Las Casas 1522 gemachte Reise in der Coleccion etc. VII.
S. 109 — 116. — Der insigne varon Castellanos, tesoro de virtud y tesorero
(63 und 195), der erst in Puerto-Rico, dann am Cabo de la Vela Schatzmeister
war, heisst nach Piedrahita a. 0. S. 302 mit Vornamen Francisco. — Ein
Agustin Castellanos war nach Piedrahita a. 0. S. 368 mit Lugo in Neu-
Granada; einen französischen Priester Antonio Castellanos lernte Benzoni 1541
ira Hafen Maracapana kennen, vergl. William H. Smyth, Histoiy of the
New World by Girolamo Benzoni (London 1857) S. 12.
10) Die Insel Puerto-Rico, San Juan de Boriqu^.n, ist nach Castellanos
(51) frontera de los Caribes; er erzählt mit Vorliebe dortige Cariben-Kämpfe,
z. B. die von Juan de Salas, 1550 (23 — 26) und die von Francisco Bahamon,
1565 (440—442).
En el pueblo de San German vf muchos moradores . . . tract6 con sus
primeros pobladores : Villanueva, Rincon, Sancho de Areas, Jeronimo de Virues
(67). Zu den dortigen Bekannten gehörte unter Anderen Fernando Sanchez
Aleman, al cual conocf ya medio ciego, . . . Francisco de Mayorga y su hijo
Juan de Mayorga, persona de mi harto conocida; pues vf que en escadron
ha servido mui bien toda su vida; su mujer Maria de Cazalla . . . Juan de
Yucar, general de una armada, que de mi fu6 conocido (63 und 64). Von
Cristöbal de Guzman — su mujer Dona Mayor Vasquez — wird eine längere
auf den Inseln Virgen-Gorda spielende Geschichte erzählt (64 und 65), von
Francisco Caro, amigo, ein Walfisch- Abenteuer (68 und 69): desde Espana
no me obvida; escribo cartas A el y rescribe. Juan de Avendaiio giebt
Auskunft über die Fahrten von Guzman und Ordaz (64, 82 und 91).
Wichtig ist folgende Stelle : Juan de Leon era un hombre de Alanis,
Antonio Sedeiio. 229
natural mio (56). Trajonos a las Indias un navio ä mi y ä Baltasar, un hijo
de este que hizo cosas dinas de memoria que el buen Oviedo pone por
historia. Mit den letzten Worten ist gemeint: Gonzalo Fernändez de
Oviedo, Historia general y natural de Indias I. Lib. 16, Cap. 6, wo es heisst:
En este ejercicio de los Caribes traia el gobernador Juan Ponce consigo por
capitan a Juan de Leon, hombre diestro en las cosas de la mar y en la
tierra y en las cosas de la guerra de buen saber. Este imitaba asaz a
Sebastian Alonso de Niebla; porque era mui suelto y buena lengua y de
buenas fuerzas e osado y en las cosas que se hallo — que fueron muchas —
asi en la tierra como en la mar, se senalö como hombre de gentil animo y
esfuerzo; pero el uno y el otro fueron mal galardonados de sus servicios
u. s. w. Ausgabe von 1535 S, 122 und 123 ; neue im folgenden an-
geführte Ausgabe (Madrid 1851) I. S. 474 und 476. Ueber Oviedo vergl.
Anm. 35.
Der Entdecker von Florida verliess Puerto-Eico zum letzten Male 1520,
vergl. Oskar Peschel, Geschichte des Zeitalters der Entdeckungen (Stuttgart
und Augsburg 1858) S. 524; seine Schwiegersöhne Gaspar und Garcia Troche
nennt Castellanos (63) ; ebenso einen Enkel (99). Francisco Lopez
de Gomara, Hispania Victrix, Primera parte : Historia general de las Indias
— Ausgabe von Enrique de Vedia, a. 0. I. (Madrid 1852) S. 180 sagt:
Cristianäronse todos los Indios y su primer obispo fue Alonso Manso ano
de 11, los que tras Juan Ponce de Leon rigieron el Boriquen, atendieron
mas a su provecho que al de los islenos. lieber sie vergl. Oviedo a. 0. I.
S. 488.
Pedro de Heredia's Besuch auf Puerto-Eico geschah vom 29. Oktober bis
I.November 1532; Castellanos (366) giebt die Namen der dort zur Expedition
gestossenen, vom La Plata heraufgekommenen 30 Gefährten von Sebastian
Gabotto, zu denen Francisco de Cesar gehört: Heredia tenia sus haciendas
en la Espanola, en Azica, sus pilotos eran Gin6s Pinzon y Juan Gomez
Cerezo, Hector de Barras llego hombre Lusitano con dos hijos i un sobrino;
dos hermanos llamados Hogazones y dos que se decian Valdiviesos (366 und
367). George de Espii*a kam nach San German am 25. Januar 1535;
von dessen Genossen erinnert Castellanos Personen, die fastgar nicht wieder
erscheinen, da sie nicht nach Venezuela kamen, z. B. Monsieur de Eadou,
gran hombre (211).
Die Stadt San German wurde 1528 durch einen französischen Korsaren
zerstört; der neue Ort hatte 120 Herdstellen; vergl. die Urkunde vom 1. März
1529 in der Coleccion etc. XXXVIL S. 560. Gegen 1535 zählte er nur 50
Einwohner, vergl. Oviedo a. 0. I. S. 466.
11) Antonio Sedeno ist diejenige Persönlichkeit, bei welcher Castellanos
in seinem ersten Buche am längsten verweilt ; eine der Besprechung der Insel
Trinidad eingefügte Elegie (87 — 99), zwei Gesänge der folgenden (119 — 125)
und eine dritte (126 — 141) gelten ihm. Era buen capitan, como yo soi buen
testigo (98), hombre pequeno, en su pretension gran gigante (88); er war
Contador Eeal auf Puerto-Eico, als er 1530 um eine Kron-Belohnung einkam:
230 Amerkungen zum Castellanos.
Oviedo ei-wähnt (a. 0. I. S. 487) seinö Dififerenzen von 1523, sowie (a. 0. II.
S. 215) seinen Sklavenhandel und sagt (a. 0. II. S. 209 und 211): era uno
de los mas ricos hombres 6 bien heredados que hubo uu tiempo en aquella
isla; procurö la gubernacion de la isla de Trinidad; pero no era gobernador
sino de esta isla y no se extendia d la Tierra Firme, dondc el se introducia.
Ueber Sedeno's Grenzstreitigkeiten mit Diego de Ordaz vergl. Herrera,
Historia general de las Indias Occidentales, (Antwerpen 1728) IL S. 436 zum
Jahre 1531.
Vor Castellanos' Zeit machte Sedeno zwei Züge nach der Paria-Gegend.
Den ersten vor der Ernennung von Ordaz: 1530, 18. September — von
Spanien über Trinidad nach Paria gehend ; Errichtung eines festen Hauses
in Turipari, in dem Juan Gonzalez blieb (81 — 83, 88); 1532 Rückkehr nach
Puerto-ßico. — Den zweiten nach der Ernennung von Ordaz : 1533 Mai —
von Puerto-Rico über Cubagua, Margarita und Trinidad nach Paria gehend,
wo die Leute von Ordaz jenes feste Haus besetzt hielten (89); nach Ver-
handlungen mit Agustin Delgado und Alonso de Herrera, den Vertretern
von Ordaz. 1534 abermals Zurückkehr nach Puerto-Rico. Vergl. Oviedo
a. 0, H. S. 210—235.
Die in den Februar und März 1536 fallenden, von Sedeno unter Juan
Bautista und Fernando de Vega gegen Hortal ausgesandten Expeditionen
bespricht Oviedo a. 0, IL S. 244 und 245. Castellanos beschliesst seine
Nachricht über Ordaz mit dem Anfange des Zuges von Sedeno, an dem er
selber Theil nahm; dieser begann am 2. August 1536 und ist von Oviedo
(n. S. 253 — 259), soweit Juan de Miranda 1537 über ihn aussagen konnte,
nämlich bis November 1537, beschrieben; vergl. Herrera a. 0. III. S. 207 flF.;
er ist von Castellanos umständlich unter Heranziehung der vorangehenden und
nachfolgenden Ereignisse (98 und 99,119 — 135) dargestellt. Saliö Sedeno de
Maracapana, nombro por general k Diego de Reinoso j por maese de campo
Diego de Losada (126). Rodrigo de Vega jo conoci medianamente ; pues
tuve SU misma compania (120; auch 137 erwähnt); de mi fueron conocidos
de la gente de Sedeno : Antonio Fernändez, Pedro Piaceres Gago, Juan de
Nidos, Martin Lopez Perdomo, un Machado, un Alvarado (98). No teniamos
hora segura (127); de dia fuimos 6 por un camino en un pajonal, pas6
delante Juan de Ona, saltö un tigre con el, acudimos 4 el y quitämoslo; en
los mismos riesgos nos hallämos (128); dejändonos la noche ciega (131).
Noch viele andere Stellen beweisen die Betheiligung von Castellanos; dazu:
Yo vi Pedro Mabuya, negro gran flechero, tirar 3 flechas juntas y dar con
todas ellas todas 3 puntas (139); auch andere dabei anwesende Schützen
bleiben Castellanos im Gedächtniss, Cristöbal, Miguel und Diego la Fucnte (137).
Der Einfluss der Meta - Nachricht auf Sedeno's Zug ist in Note 18
erwähnt.
Ueber Sedeno's Tod sagt Oviedo (a. 0. IL S. 261) lediglich: Algunos
dicen que no se muri6 mui catölicamente, pero estos querianle mal y otros
decian otra cosa; Castellanos (134) lässt den Tod gleich nach der Ankunft
von Juan de Bonilla's Botschaftern eintreten: llegÄbanse los dias postrimeros.
Die Welser-Gesellschaft. 231
Die Vergiftungsgeschiclite , die weder Oviedo, noch Castellanos kennt, findet
sich erst in den ausgeschmückten Darstellungen von Sedeno's Leben, welche
Simon (a. 0. S. 300) und Oviedo y Banos (vergl. dessen Historia de la
Conquista y poblacion de la provincia de Venezuela (Madrid 1723) S. 290) gegeben
haben; sie fehlt auch noch bei H e r r e r a (a. 0. III. S. 313), selbst bei Benzoni
(a. 0. S. 135). Die Grabschrift von Sedeno, die Castellanos (135) als in
die Rinde eines am Gebirgsabhange stehenden Baumes eingeschnitten angiebt,
mag, da Juan de Yücar sie gesehen haben soll, acht sein, während in analogen
Fällen bei Castellanos erkennbar Dichtung vorzuliegen pflegt.
[lieber den Tod Sedeno's vergl. auch den Brief, den Philipp von Hütten
am 16. Januar 1540 seinem Bruder schrieb, bei Johann Georg Mensel, Historisch-
litterarisches Magazin I. (Bayreuth und Leipzig 1785) S. 85.]
Eine Erinnerung an Sedeno hat Alexander von Humboldt, Voyage
aux regions equinoxiales du Nouveau Continent VIH. (Paris 1822) S. 331
irriger Weise im Cerro del Tirano bei Caycara zu finden geglaubt, wie es
denn auch falsch ist, wenn von Humboldt die Casa fuerte de Paria, die Sedeno
erbaute, zwischen den Guarapiche und den Cano Manamo verlegt wird (a. 0.
S. 463). Die geographischen Angaben von Castellanos sind durchaus zu-
ti'effend; vergl. auch Anm. 16.
12) Die Weiser-Gesellschaft — „Bartelmeo und Antonj gebrüder, die
Welscher zu Augsburg" — los Berzares, mercaderes gruesQS de Alemania,
famosos en tratos y en haciendas poderosos, erwähnt Castellanos zuerst
(184 und 185) zum Jahre 1525; ebenso sagt zu diesem Jahre Herrera
(a. 0. n. S. 179): A los Beizares Alemanes el Key diö facultad para con-
tratar en las Indias, como si fuesen naturales de estos reinos. Wie ihre
venezuelanische Unternehmung entstand, giebt Castellanos nicht bestimmt
an; er sagt nur: El gran emperador, don Carlos Quinto, diö esta negociacion
4 los, que llaman de la gran compania, creyendo darse buena mafia con
otros intereses que no pinto (184). Vergl. über die Belehnung die Urkunde
vom 27. März 1528, Coleccion etc. XXIL S. 251.
Der Umkreis dessen, was Castellanos von den Weiserischen wusste, er-
hellt aus folgenden Stellen : Vinieron por los Alemanes lucidos y valientes
capitanes . . . Micer Ambrosio Alfinger los regia; vino Nicolas Fedriman,
que de Micer Ambrosio era teniente; Casimirez era hombre de buena cuenta
(186) — vino George Formut que se decia en Aleman hombre de gran pecho
o de gran corazon y Valencia, llamado de Espira (217) — vino Felipe de Uten,
mozo tierno (226), vino Bartolome Berzar pujante (186), vergl. auch los dos
Berzares famosos (219). Ferner sind genannt: Enrique Rebolt (141), Juan el
Bueno (196), Melchior Gubiel und Maestre Joan (236), sowie Jacome Gaza (222).
Bis auf Letzteren sind die Angeführten auch sonst bekannte Personen,
nämlich Ambros Dalfinger oder Talfinger, Nikolaus Federmann, beide aus Ulm,
Kasimir aus Nürnberg; Georg Hohermuth — nicht Frohermuth — aus
Memmingen, genannt der Speirer; Junker Philipp von Hütten aus Birken -
feld, Bartolmä Welser der Jüngere, Sohn des gleichnamigen Augsburger
Kaufmanns (geb. 1512), Heinrich Rembold, Hans Seissenhofer, Melchior Grubel
und „Meister Hans, Kistler aus Geldern".
232 Anmerkungen zum Castellanos.
lieber die amerikanischen Unternehmungen der Welser findet sich die
spanische Ansicht bei Jose de Oviedo y Banos, a. 0. S. 11 — 117", er
nennt unter seinen Quellen Castellanos nicht. Dieser wird dagegen neuer-
dings in der einschlägigen nichtspanischen Litteratur zwei Mal beachtet :
erstlich in Karl Klunzinger, Antheil der Deutschen au der Entdeckung
von Südamerika (Stuttgart 1857), wo übrigens alle Anführungen von Castellanos
(S. 33, 34, 43 und 58) aus zweiter Hand entlehnt sind; zweitens in Clements
R. Markham, Introduction to William Bollaert's The expedition of Pedro
de Ursua and Lope de Aguirre (London 1861) S. 4 — 18, wo jedoch die deutschen
Expeditionen irriger Weise mit den Dorado-Fahrten in Verbindung gebracht sind.
Die in Südamerika grossgezogene verzerrte Darstellung der Welser-
Unternehmungen charakterisirt am deutlichsten Rafael Maria Bar alt,
Resümen de la Historia de Venezuela (Paris 1841) S. 147 — 170.
13) Das Bisthum Coro — Santa Ana de Coro — errichtet durch Bulle
vom 21. Juli 1531, wurde durch königlichen Erlass, d. d. Medina del Campo,
4. Juni 1532, mit Rodrigo de Bastidas, einer für Castellanos wichtigen Persön-
lichkeit, zuerst besetzt. Vergl. Feliciano Montenegro de Colon, Geo-
grafia general, Tomo 4^: Venezuela (Caracas 1837) S. 26. Bisehof Rodrigo
erscheint zuerst in einer Urkunde vom 22. Februar 1533 (Coleccion etc. I. S. 486).
Oviedo, der ihn 1531 in Spanien sah, sagt 1545: el Senor obispo ha pasado
cuatro vezes k yisitar su iglesia (a. 0. II. S. 269) und hatte von ihm in
demselben Jahre einen Besuch empfangen (a. 0. I. S. 200). Die vier Male
sind nachweisbar, nämlich ;
1534 zweite Hälfte. Die Audiencia von Santo Domingo schreibt am
31. December 1538: En 1534 por la nueva de la muerte de Ambrosio de
Alfinger gobernador de Venezuela, 6 de disenciones en la tierra, pensose
enviar ä un vecino de esta e queriendo ir el obispo 4 la sazon d su obispado
dieronsele las faculdades de gobernacion con que para lo criminal se valiese
de otro. Vxiestra Majestad lo aprobö en Madrid ano de 1535. Siehe
Coleccion etc. I. S. 554 und 579. Oviedo sagt zum Juni 1534 (a. 0. IV.
5. 534) : Rodrigo de Bastidas, obispo, era mui grande amigo 6 deudo de
Crist6bal de Sanabria . . . llegö k Coro . . residio en su obispado algunos
meses, volvi6 k Santo Domingo y trajo consigo k Sanabria. Castellanos sagt
(210): Planto la iglesia, y diö vuelta k Santo Domingo.
1536 llegö a Coro, sagt Oviedo y Banos a. 0. S. 30 und 31. En el
Interim durante la visita general de Puerto-Rico para que tomase en su
nombre y gobernase el obispado, enviö con amplios poderes al Dean Juan
Rodriguez de Robledo que junto con el Chantre Don Juan Fructos de Tudela
vino k Coro, siendo los dos primeros prebendados que se proveyeron en su
iglesia. Castellanos sagt (210): Quedö por provisor Don Juan Robledo, chantre
y despues dean de Venezuela que yo comuniqu6 con verso ledo y prosa desde
el Cabo de la Vela (226).
1538, 27. Mai. Hohermuths Rückkehr nach Coro. Castellanos sagt
(226) : hallö en Coro reci6n venido al obispo . . al tiempo que este liizo ab-
Santa Martaer Landeshauptleute. 233
sencia para volver, adonde residia al Espira dejo con la tenencia. Hiermit
stimmt Oviedo's Brief vom 9. December 1537: Mandaron al obispo Bastidas
ir a visitar su iglesia de Coro 6 de Venezuela, aunque alla liara provecho
en aquellos pocos cristianos, aqui hace tanta falta en todo lo que es dicho.
Siehe Coleccion etc. III. S. 70.
1540 Ende. Ankunft in Coro December 1540 nach Hohermuth's Tode,
Eückkehr nach Santo Domingo Januar 1542, vergl. Oviedo a. 0. II. S. 824
und 328. 1542 geschah die Versetzung von Bastidas an das Bisthum von
Puerto - Eico, vergl. Montenegro a. 0. S. 83. Sein Tod erfolgte am
15. September 1553; Grabschrift bei Antonio Lopez Prieto Los Restos,
de Colon (Habana 1878) Tafel 8.
Miguel Jeronimo de Ballesteros, Dechant von Cartagena (381), wird
1643 zweiter Bischof von Coro, Pedro Agreda 1560 dritter; unter ihm wird
Coro am 7. September 1567 von englischen Korsaren vollständig zerstört.
Vergl. Oviedo j Banos a. 0. S. 150 und 271. Der vierte Bischof, Juan
de Manzanillo (seit 1580), verlegte den Bischofssitz Coro nach Caracas. Vergl.
Montenegro a. 0. S. 40 und 50.
14) Santa Martaer Landeshauptleute giebt es erst seit 1525; Castel-
lanos, der Santa Marta una tierra de mi bien conocida (198) nennt, er-
wähnt folgende :
Ködrigo de Bastidas ,que en Haiti, do tenia su reposo, se hizo
caudaloso con los tractos, fue su primer gubernador (208 und 259). Die
Entdeckungsfahrt desselben von 1501 — vergl. Urkunde vom 5. Juni 1500
in Coleccion etc. II. S. 362 — 366 — kennt Castellanos (42); [die Entdeckung
am 29. Juli 1501 führte zum Namen der Küste, nicht etwa spätere Be-
gebenheiten, wie vielfach angegeben wird, selbst von Antonio Julian, La
Perla de America etc. (Madrid 1787) S. 6]; Castellanos (259) bezieht jedoch fälsch-
lich die Wahl des Marthatages auf das Jahr 1526, nicht 1525, Ueber Bastidas findet
sich eine Informacion de servicios vom 24. Mai 1521 in der Coleccion etc. II.
S. 366—467. Die Belehnung mit Santa Marta vom 6. November 1524 ebenda
XXII. S. 98 — 106. Seine Verwundung im Juni 1527 ist in einer Urkunde
vom 15. Juli, sein Tod in einer solchen vom 8. Juli 1527 erwähnt, vergl.
Coleccion etc. XLI. S. 285 und XXXVII. S. 498. Der Tod erfolgte am 28. Juni
1527. Sein Grabstein ist mitgetheilt von Antonio Lopez Prieto a. 0. Tafel
6; daselbst Tafel 8 der seiner Frau Isabel Rodriguez de Romero (f 1553,
15. September).
Diego Garcia de Lerma vido de Santa Marta la ribera 1529, trajo
gran fausto y pompa (267) pidieron residencia contra el . . . enviö
a Espana su criado Nuflo de Sagredo . . le vino prorogacion de su cai-go de
3 6 4 anos (278). Schreiben von Garcia, datirt vom 16. Januar 1530 und
19. April 1581 finden sich Coleccion etc. XLL S. 293 - 314 und S. 329—337.
Am 16. Februar 1531 brannte Santa Marta ab. Rodrigo Infante liess als
juez de residencia ihn verhaften; enviaron el doctor Infante para tomar al
Lerma residencia — y 6ste apresurö su partida para darla ante el juez
divino (287).
234 Anmerkungen zum Castellanos.'
[Garcia de Lerma war gebürtig aus Burgos, ein Sohn des königlichen
Kammerherrn Bernardo und ein Hofbeamter des Vicekönigs Diogo Cohm,
Er schloss 1528 mit den Welsern einen besonderen HUlfs- und Schutz- Vertrag
ab und erreichte Anfang 1529 mit ihrer Hülfe als Gubernator die Provinz
Santa Marta. Der Vertrag selbst ist nicht erhalten, aber erwähnt bei Oviedo
a. 0. n. S. 350 und IH. S. 164, Herrera, Historia etc. H. S. 31 und
Coleccion etc. XXH. S. 253. Der Indianerbeschützer Thomas Ortis wurde
unter ihm Bischof von Santa Marta (vergl. unten Anm. über Indianer-
Protektoren). Zu seinen Leuten gehörten u. A. Antonio de Lebrija, nach
dem ein Ort und ein Fluss genannt wurde (vergl. Herrera , Historia etc. II. S. 332
a. a. 1529) und Juan de Eivera, welcher zu den Weiserischen übertrat (vergl.
Text S. 96 ff). Ueber die Landung Francisco Pizarro's in Santa Marta vergl.
Herrera a. 0. H. S. 371. Bald nach dem oben erwähnten Brande von
Santa Marta hob eine Beschwerdeschrift der Stadtbehörde von Santa Marta
(Coleccion etc. III. S. 499 ff.) besonders die Gräberplünderung hervor; die
wichtigste Stelle lautet: Llevö de todas sepulturas que aquf se hallaron ä la
sazon que fu6 mucho nümero de oro, el tercio de todo el oro que en ellas
se hallaron. Y cuando venia algun soldado k Ic pedir licencia para
ir ä sacar alguna sepultura que tenia visto, däbasela, con aditamento que le
diesen 4 el dos partes para dos personas que 61 sabia que tenian necesidad;
y Ueväbaselas el, y mas el tercio ; y si esto no le concedian, no les daba
licencia, y provefalas a otro k quien el queria con la condicion. Y antes que
nadie supiese el aviso de sepulturas, el sacö secretamente muchas y las mas
ricas de todas, porque truxo 2 canteros de Castilla que se las sacaban con
otros muchos criados suyos que el tenia y jente que el alquilaba; y desta
manera sacö mas de quince dias, que lo traian k costales. Y cuando la
gente lo alcanzö k saber, sacöla k hacer una entrada k la provincia de
Gauringa, y entre tanto dexö un capellan suyo y criados, que nunca hicieron
sino sacar todo lo mas y mejor, . . . eran enterramientos antiguos, porque eu
toda la tierra no se ha hallado cosa semejante; y despues que hubo sacado
todo el oro de las dichas sepulturas , enviö avisar al secretario Cobos para
que las pidiese dende k V. M, ; y despues que vino la cMula, no se ha sacado
hasta tres pesos de oro, porque no se halla mas.
Ueber Lerma's Entdeckungszüge vergl. insbesondere Castellanos a. 0.
8. 280 ff.
Der Santo Domingoer Schlosshauptmann Oviedo ermahnte Lerma als
alter Bekannter zu verständigem Vorgehen und nahm Frühling 1534 die gegen
ihn gerichtete Anklageschrift mit nach Spanien. Rodrigo Infante Hess dann
den Widerspenstigen verhaften (vergl. noch Oviedo a. 0. II. S. 351), der
bald darauf in der Gefangenschaft starb.]
Vergl. im Allgemeinen Clements R, Markham, The life and acts
of Alonso Enriquez de Guzman (London 1862) S. 85 — 88.
Pedro Fern&ndez de Lugo — über die Familie siehe Gomara
a. 0. S. 293 und die Belehnung vom 22. Januar 1535 in der Coleccion etc.
XXII. S. 406 — 433 — persuadido por Francisco Lorenzo del Condado que
Santa Martaer Landeshauptleute. 235
fue primero de los de Bastidas, vino 1535 (289); nach Oviedo a. 0. 11.
S. 357 kam er am 2. Januar 1536 an. [Er war vor seiner Belehnung
mit Santa Marta Grubernator der Kanarischen Inseln mit Adelantado - Rang ;
vergl. auch Lucas Rem in der Anlage zum 26. Jahresbericht des historischen
Kreisvereins im Regierungsbezirk von Schwaben und Neuburg: B. Greiff,
Tagebuch des Lucas Rem (Augsburg 1861) S. 15. Für Lugo's Bewerbung
nennt Herrera, Historia etc. III. S. 176 ausdrücklich als Motive: las nuevas
que se tenian que en el descubrimiento que hizo Ambrosio Alfinger se habian
de hallar grandes riquezas.] Schon am 6. April begann die Entrada del
Rio Grande (300), über welche die Berichte d. d. Santa Marta Mai 9.
und November 20. 1537 — Coleccion etc. XLI S. 347 bis 355 und S. 421
bis 437 — zu vergleichen sind. Schon die Vorbereitungen zii diesem Zuge
sollen in Venezuela bekannt gewesen sein nach Herrera, Historia etc. III. S. 175.
Der Tod erfolgte schon am 15. Oktober 1536, vergl. Coleccion etc. XLI. S. 421.
Ueber den Tod sagt Castellanos nur: los vecinos estaban celebrando las
exequias de Don Pedro Fernandez (317).
Jerönimo Lebron de Quijones fue senalado por la Real Audien-
cia para gobernar esta tenencia (317), seit dem 4. Mai 1537 5 vergl. Coleccion
etc. XLL S. 348, sowie Anm. 27.
Alanis de Paz vino por juez de residencia (317); Piedrahita sagt
(a. 0. S. 240) : Se le mando al licenciado que exterminase de Santa Marta
todos los clerigos que el obispo sefialase.
Alonso Luis de Lugo, Schwager des Indien-Sekretärs Francisco de
los Cobos durch seine Frau Beatrix de Norona, vergl. Anm. 31. Para su
padre cuasi era verdugo en lo dejar sin oro ni vajilla, huyendo de el k
Espana . . . vino de Espana, dir6 despues lo que mas huLo j lo que trabajo
por la montana al tiempo de venir al Reino (289, 299 und 318). Castellanos
verspricht, über ihn ausführlich im vierten Buch zu handeln (299), und be-
schreibt dabei seine 1536 vollführte Flucht mit der Beute. Volviö despues
pasados anos para poder mas ampliar su renta. Die Ankunft am Cabo de la
Vela berichtet Herrera (a. 0. IV. S. 71, a. a. 1542): Llegaron quejas
contra el por la manera de proceder que tenia en la gobernacion del Nuevo
Reino, guardando poca justicia. Juntamente se habian quejado los oficiales
reales de Cabo de la Vela, porque autes de subir al Nuevo Reino fu6 adonde
estaban y por fuerza les tomö grande cantidad de perlas para hacerse pagado
de cierto dinero . . . y aunque los oficiales reales le requirieron que no lo
hiziese y le protestaron a aquello que no era de Santa Marta. Como iba con
mano armada, no le pudieron resistir. Wegen des zweiten Aufenthaltes am
Segel - Vorgebirge siehe Piedrahita a. 0. S. 421. Vergl. im Uebrigen
Anm. 31.
Luis de Manjares war Lugo's Vertreter in Santa Marta (275 und 318);
lo llevaron d Espana preso e yo vi los testigos y malsines. In seiner Ab-
wesenheit : Andres Lopez Galarza (lo conoci), Luis Pardo, Luis de Villanueva
und Gregorio Suarez de Deza (318).
Juan de Otalora, noble vizcaino, sucediö en la gobernacion y defendiö
236 Anmerkungen zum Castellanos.
algunas veces el puerto contra la furia de los corsarios franceses (Anm. 33) . .
estas cosas y otras no puedo recojer mi fantasia,
Martin de Alas era tenicnte (437). Vergl. Anm. 49.
Pedro Fernändez de Bus tos (Anm. 45) fue en este tiempo ■ — etwa
1570 — con gobierno (319 und 320, 336, 440) Luis de Röjas vino con su mujer,
criadas y criados ano de 1570 (320); Acosta (a. 0. S. 366) sagt irrthüm-
lich: 1571.
Lope de Orosco vino por gobernador el ano de 1576 ä Santa Marta,
adonde permanece al presente — 1585 — ; me dio cierto vecino larga cuonta
en SU carta, como vino y envio d poblar nueva gente mas arriba del Cabo de
a Vela (350—356). Vergl. Anm. 65. Acosta (a. 0. S. 368): El primer
Espanol despues de Bastidas que concibi«) un plan de colonizacion , fundado
sobre la labranza de la tierra, crias de ganados y mejora de nuevas culturas.
15) Das Bisthnm Santa Marta ward 1529 errichtet, 1562 aufgehoben und
1577 wiederhergestellt; vgl. Antonio de Alcedo: „Diccionario geogrdfico-
histörico de las Indias occidentales ö Am6rica'' (Madrid 1786) III. S. 95 ff.
Castellanos redet von vier Trägern desselben.
Tomas Ortiz aus Balzadilla kam mit Garcia de Lerma nach Santa
Marta; vergl. über ihn Arthur Helps, The spanish conquest in America (London
1855—1861) in. S. 64, 155, 257—265, 276. Er ist besonders bekannt
durch die Missionsberichte, die Petrus Martyr 1524 in seine siebente
Dekade aufgenommen hat. Vergl. hierüber Hermann A, Schtimacher,
Petrus Martyr, der Geschichtsschreiber des Weltmeers (New York 1879)
S. 100. Ueber ihn handeln auch Gomara a. 0. II. S. 206 und
422, sowie Herr era a. 0. II. S. 210 und 312 und Antonio de
Remesal, Historia de la provincia de San Vincente de Chiapa y Guatemala
(1620) S. 37. Ortiz wird von Castellanos (318) nicht formell mitgezählt, ob-
wohl er ihn Bischof nennt. El Lerma le diö repartimiento que fue Bondigua,
donde hacia principal asiento (278); el obispo iba con los soldados hacia
Chimila (280); el obispo no queria reiterar estos caminos para convertir los
Indios .... determinö volver k Espana (283). Nach ihm erscheint der Prälat
Antonio de Robles (285). Für das Bisthum werden dann verschiedene Per-
sonen präsentirt; vergl. Herrera a. 0. III. S, 174 a. a. 1535.
Juan Ferndndez deAngulo zählt bei Castellanos als der erste
Bischof; er kam nach Santa Marta zur Zeit der Beerdigung von Pedro de
Lugo, also Oktober 1536. En estos funerales el se inclina k hacer los oficios
como cura (317). Die Angaben bei Piedrahita (a. 0. S. 99) beruhen auf
Missverständniss. El obispo de Santa Marta Juan de Angulo pretendia que el
Cabo de la Vela caia en el distrito de Santa Marta, sagt Herrera a. 0. IV.
S. 12 zum Jahre 1541. Derselbe ist Verfasser der über die schlechte Indianer-
Behandlung Klage fuhrenden Schrift vom 19. (20.) Mai 1541, welche Bartolome
de Las Casas, Destruccion de las Indias erwähnt; vergl. Antonio Maria
Fab i 6 , Vida y escritos de Don Fray Bartolom^ de Las Casas 11. (Madrid 1879)
8. 258 und 350. Er starb 1543 nach Piedrahita (a. 0. S. 382) fallecido
al combate de melancolias y disgustos que se le ocasionarou ejerciendo el
gobierno de aquella provincia.
Das Land Maracapana. 237
Martin de Calatayud, fraile Hieronymitano (318). Die Ausreise
mit Blasco Nunez (192) begann am 1. November 1543; vergl. Agustin
de Zärate, Historia del Peru (a. O. S. 508). Serd razon, que no me müde
de el sin relatar aquello que yo vi y pude entender de sus grandes peligros
el ano de 1544; las amistades me fuerzan 4 hacer este digreso (192). Conocf
muchos de sus caballeros; Fray Melchior de Pie de Concha etc. Über den
Aufenthalt des Bischofs am Segel-Kap redet Castellanos mehrfach (z. B. 251);
vei-gl. Oviedo a. 0. II. S. 376. Calatayud zog mit Pedro de Ursua nach
Santa Fe de Bogota,, wo er am 2. Mai 1545 ankam; vergl. Plaza a. 0. S. 161,
Acosta a. 0. S. 304. Darauf ging er nach Peru; sein Tod erfolgte 1549
in Santa Marta : Vido Calatayud su postrer dia por aquel tiempo y en aquel
verano, que Carlos V*? diö al Nuevo Reino Real Audiencia (318); vergl. Pie-
drahita a. 0. S. 440.
Juan de los Barrios y Toledo, fraile Franciscano, el primero de
los arzobispos de Santa Fe (318). Vergl. Anm. 46. Der Reisebericht — Co-
leccion etc. XLI. S. 428 — ergiebt, dass er aus San Lucar am 4. November 1552
abfuhr und in Santa Marta am 6. Februar 1553 ankam. Castellanos nennt
noch zwei Suffraganbischöfe von Santa Fe — nach 1577: Juan Mendez,
fraile dominicano, muriö, cuando venia visitando las ovejas; su vida fu6 gran
numero de anos conocida, und Sebastian de Ocampo, fraile Franciscano (320) ;
Letzterer stand nach Alcedo (a. 0.) früher in Tunja und starb 1619.
16) Das Land Maracapana bildet einen Theil des grossen, Paria ge-
heissenen nördlichen Küstengebietes von Südamerika, dessen Name jetzt fast
ganz verschwunden ist; Amaracapana sagt Benzoni bei Smyth a. 0. S. 7.
Castellanos nennt es (80) : Reino de grandisima siibstancia ; los senores en el
de gran estado. lieber die Entdeckungs-Geschichte vergl. Peso hei, Ent-
.deckungen S. 311 und 312, 319 — 322; eine beachtenswei-the Landes-Beschrei-
bung giebt Oviedo a. 0. 11. S. 253 — 258, in der freilich die von der Ent-
deckungsgeschichte genannten Namen Coyaraital und Cauchieto sich nicht
wiederholen. Sie fehlen auch bei Castellanos; es stimmen aber mit jenen
Formen folgende von Letzterem (86) angeführte Namen: Cariaco, Cumand,
Cumanagoto, Paragoto, Cherigoto, Guaigoto, Tagares, Chiquiriviche, Guantar,
Neveri, Atamo, Tacarigua, Cojegua, Caracas, Chacopate, Guaramental, Cayca-
rantal, Guayacamo, Turperamo, Piritü, Barutaima, Diamaina, Paraima, Guaima,
Perima, Canima, Canaruma, Periamo, Gotoguaney, Querequerepe, Aniquipotare,
Ariquibano, Guayos, Patenemo Tapatapau. s.w. lieber alte Ortsnamen des jetzigen
Venezuela Einiges bei A r i s t i d e s Rojas, Estudios indi'genas (Caracas 1878).
Allgemeine Erwähnungen seines Aufenthalts in Maracapana hat Ca-
stellanos in mehreren Stellen : z. B. Muchos que yo tracte y he conocido, ven-
dian por cierto esta nueva beim Schiffbruch von Juan Cortejo (81); Juan de
Salas fue en mocedad companero nuestro, excitandonos en las guerras de
Cubagua (23); anduve yo por estos puestos en tiempo y en edad mas vigo-
rosa aimque por parte menos trabajosa (85); iban soldados singulares de gente
baquiana, conquistando la tierra de Tagares que son tierra de Maracapana . .
yo con aquesta gente caminaba (134).
Die Castellanos'sche Besprechung von Maracapana findet sich besonders
238 Anmerkungen zum Castellanos.
in dem sonst dürftigen Abschnitt über Diego de Ordaz (80 — 87), bei dessen
späterer Versificirung Zusätze über verschiedene, den Ordaz'schen ähnlich
scheinende Fahrten eingefügt sind (83, 84 und 85). Die zu Oviedo's zweitem
Theile als Tafel II gehörende Karte, die älteste bekannte von Venezuela,
setzt den Namen Maracapana zwischen die Flüsse Neveri und Cumanä.
Unterm 22. Juli 1539 schreibt die Audiencia von Santo Domingo : Convendrä
hacer una gobernacion de Cubagua, Margarita e parte de Tierra Firme, donde
deben hacerse pueblos, especialmente en Maracapana, tierra fertil e apta para
todos los fructos. Vergl. Coleccion etc. I. S. 562.
[Oft ist ein Hafen mit den Namen Maracapana erwähnt; z. B. sagt
Herrera, Historia etc. IV. 248 : Maracapana es puerto seguro, el mejor de toda
la Costa; letzteres hatte Las Casas, Historia de las Indias (Madrid 1876)
II. S. 411 bestritten. Nach der Oviedo'schen Karte ist damit die Mündung
des Neveri gemeint. Uebrigens waren die Grenzen des Landes Maracapana
keineswegs ganz klar. Herrera sagt z. B. Descripcion de las islas y
tierra firme del mar Oc6auo que llaman Indias Occidentales (Amberes 1728)
S. 16: por la costa de Maracapana en los t^rminos de Venezuela estuvieron
pobladas las bocas de Santa Fe en cuya comarca est4 el morro de Unare;
dieses wiederholt auch Alcedo a. 0. I. S. 721. Die Lehnbriefe über
Maracapana sprechen sich nur allgemein aus. 1530 erhielt Diego de
Ordaz las tierras que hai desde los Kmites del Cabo de la Vela j Golfo de
Venezuela que tenian ä su cargo los Alemaues, 200 leguas de la costa
poco mas 6 menos y el Rey se la concediö con que trabajase de descubrir
todo lo hasta el rio Maranon; vergl. Herrera, Historia etc. H. S. 434. Aehn-
lich war es bei der Belehnung des Jerönimo Hortal, die 1534 erfolgte. Die
Audiencia von Santo Domingo sagt am 22. Juli 1539 (vergl. Coleccion etc.
I. S. 562) : Hortal pretendia ser Neveri de su gobernacion j pidiö k Vuestra
Majestad le ampliase su gobernacion hasta los confines de los Alemanes. Darauf
bezieht sich Herrera's Nachricht (Historia etc. HI. S. 128) : Hortal pidi6
que le alargase los terminos de su gobernacion hasta los confinos de los Ale-
manes; .... sus terminos eran de Maracapana al Oeste hasta la culata de
Cariaco. Bei solcher Unklarheit blieb es im Allgemeinen bei der alther-
gebrachten Scheidemarke des Cabo de la Codera.
Dieses Hintertrossen- Vorgebirge findet sich noch auf den heutigen Karten
und kommt bereits in früheren Urkunden vor; vergl. Martin Fernandez de
Navarrete, Coleccion de Documentos concernientes ä la persona, viajes y des-
cubrimientos del Almirante Cristobal Colon IH. (1825), Urkunde vom 12. März
1502, S. 105. Es ist nicht bloss Schiffahrtsmarke, sondern später auch
Grenzpunkt; so sagt Oviedo a. 0. IL S. 269: La gobernacion de los Ale-
manes Velzares comien^a en el cabo 6 promontorio que llaman de la Codera
por la parte oriental en la costa de Tierra Firme. Vergl. ebenda S. 243 für
die Gubemation von Jerönimo Hortal: pidiö que se extendi^se mas hasta
confinar con la gobernacion que estä k cargo de los Alemanes Beizares que
es el cabo que llaman de Codera, vergl. die oben angeführten Stellen:
Coleccion etc. I. S. 562 und Herrera, Historia etc. III. S. 128. Alcedo
a. 0. IV. S. 230 sagt noch: Piritü es provincia del Nuevo Reino de
Jerönimo Hortal. 289
Grranada que confina con la de Venezuela en el Cabo de Codera. In einer
Urkunde von Eodrigo de Navarrete (Coleccion etc. XXI, S. 233) heisst
es: Cabo de Codera es donde las serranias que son mui altas, bäte el
mar en ellas hasta el puerto de Buburata. Herrera^ Historia etc. II. S. 311 nennt
das Codera-Kap aucli Cabo de Maracapana; vergl. auch die Urkunde vom
27. März 1828 Coleccion etc. XXII. S. 253.
Die Bewohner des Maracapana-Landes sollten nach Herrera, Historia etc.
IV. 248 Chiugotos heissen: es toda una lengua; tienen yeroa. Sie galten für
caribisch; Eodrigo de Figueroa (Coleccion etc. I. S. 382) sagte wenigstens
etwa 1520: Los indios de la provincia de Maracapana declaro ser caribes
hasta la provincia de Pariana; los indios de dicha Pariana de mar a mar
declaro ser Guatiaos. Derartige Erklärungen gingen demnach auch, wie die
Belehnungen, von einem Ocean zum andern.]
17) Jerönimo (de) Hortal nennt Castellanos (99) den zweiten Landes-
Hauptmann von Paria; er erkennt als solchen den in Anm. 11 erwähnten
Sedeno nicht an , vielmehr gilt ihm als Hortais Vorgänger Diego de Ordaz,
an dessen Orinocofahrt von 1532 Hortal als königlicher Schatzmeister theilnahm.
Die Bewerbung um die Nachfolge datirt vom 28. Januar 1533, vergl. Coleccion
etc. XII. 46. Nach der Erlangung der Landes-Hauptmannschaft fuhr Hortal
am 18. August 1534 von Spanien ab und kam im Oktober nach dem Fest-
lande. Vergl. Oviedo a. 0. II. S. 235 und 236.
De Jerönimo de Hortal dare larga cuenta como quien conoci primero
(81); decian no teuer buen pecho, pero yo lo halle bueno (125).
Nachdem die unter Alonso de Herrera abgesandte Orinoco-Expedition
missgltickt war, unternahm Hortal selber zwei Züge :
Erstlich 1536: dabei stirbt Agustin Delgado in Guamba; die Provinzen
Temeurem (Chapachauru) und Orocomay werden besetzt; Goldsachen und
Goldschmelzen gefunden , Nachrichten von den Tihaos erlangt. Hortal geht
nach Santo Domingo. Vergl. Oviedo a. 0. II. S. 235—249, Coleccion etc. I.
S. 559 und die folgende Anmerkung.
Zweitens 1540: Hortal ist schon November 1536 aus Santo Domingo
zurückgekehrt. Auf der Fahrt werden der Carranca-Fluss und der Estero de
Meta erreicht; das Flussgebiet des Orinoco wird festgestellt und kartographisch
skizzirt. Vergl. Oviedo a. 0. IL S. 263—265 nebst Tafel 2.
Beiden Zügen folgten Streitigkeiten, in welche die Santo Domingoer
Eegierung eingriff. Nach dem ersten entsandte sie als ihre Bevollmächtigten
erst Juan de Frias, dann Francisco de Castaneda, endlich Alanis de Paz,
vergl. Oviedo a. 0. IL S. 261 und 262. Der zweite Zug führte zu einer
Untersuchung, die schliesslich Hortal zur Aufgabe der Gubernation veranlasste.
Girolamo Benzoni traf Hortal 1541 auf Cubagua in Vorbereitung einer Fahrt,
die nach Nantal (d. h. Anoantal) gehen sollte ; Benzoni, der hinzufügt : Nantal
is now called by the Spaniards el Dorado which means a rieh country —
ging mit ihm und Pedro Herrera nach Cumana, und schiffte dann im Hafen
von Maracapana sich ein, um über „Caput- Veli et Boriquena" nach Santo
Domingo zu fahren. Vergl. Smyth a. 0. S. 3.
Castellanos, der Delgado' s Grab sah (122), kennt Personen, welche auf
240 Anmerkungen zum Castellanos.
beiden Zügen Hortal's Genossen waren: Alonso Alvarez Guerrero, Alvaro de
Ordaz, Pedro Martin, Chaves, Perdomo, Quiros Torrellas, Juan de Agueda . .
los vf, pero se pierde la memoria (123). Von Hortal's Leuten kamen einige
später mit den Welserisclien nach den neu-granadischen Hochebenen, z. B.
Miguel Holguin (99), Luis Lanchero, Juan de Castro (220).
Auf Espanola lebte Hortal zunächst als Angestellter von Rodrigo de
Niebla (125), später heirathete er eine Wittwe mit 4 Millionen Maravedis,
GOOO Rindern, Haus und Hof; vergl. zum Jahre 1545 Oviedo a. 0. H.
S. 265.
18) Die Meta-Nachrieht steht ursprünglich selbständig da und bezieht
sich auf ein hochbelegenes Kultur-Land : provincia de algodon y camiseta
(104). Oviedo sagt (a. 0. H. S. 216): Sierra de la provincia del Meta, que
es tierra mui poblada y hai mucha fertilidad y de comer en ella. 1532 hörte
von diesem Lande zuerst Diego de Ordaz, der am 23. Juni die Küste ver-
lassen hatte, und zwar durch den Aruaca- Häuptling Taguato am Flusse Cara-
naca (85 und 102): hallaras gente vestida, extendidas poblaciones, oro,
piedras preciosas, sal y bastimentos abundante. Vergl. Oviedo a. 0. H.
S. 216 ff.
1534 (Ende) schickte Hortal, nachdem er im Oktober gelandet war,
Alonso de Herrera zu Schiff ab ; dieser erhielt von Aruacay ausgehend grandes
nuevas de la riqueza que se decia haber en Meta, Oviedo a. 0. H. S. 237.
Herrera kam zum Caranaca-Fluss (102) und zur gran boca del estero de Meta
(104); er fand seinen Tod durch Pfeilgift.
1536 ging Hortal selbst auf die Suche, principiö su camino en busca
de aquella provincia de Meta ; la fama entonces con pregones levantaba riquf-
sima provincia dicha Meta (119); vergl. Oviedo a. 0. H. S. 246. In dem-
selben Jahre kam Georg Hohermuth zum Meta-Fluss (214).
1536 begann auch der Anm. 11 erwähnte Zug von Sedeno. Den
Bericht über denselben beginnt Herrera (a. 0. III. S. 179) irrthümlich
schon beim Jahre 1535, wodurch folgende Notiz unrichtige Färbung erhält:
Algunos vecinos de San Juan de Puerto-Rico, movidos de las buenas nuevas
que habian llegado de los sucesos de Hortal, juzgando que por aquella parte
se habia de descubrir otro Peru, ofrecieron de ayudar k Antonio Sedeno . . .
el cual determino de irse ä meter en la tierra firme . . . la jente que tenia
estaba mui alborozada de hallar las riquezas en Meta . . . determino de
llevar adelante su proposito y desembarcö 120 soldados i los caballos k cargo
de Pedro de Reinoso y Diego de Losada. Später ist die nach Puerto-Rico
zu Sedeno gelangende Nachricht willkürlicher Weise als die erste Dorado-
Nachricht (vergl. Anm. 29) dargestellt worden; siehe Simon a. 0. S. 327.
Castellanos hält für das Meta-Land nicht das obere Quellgebiet des jetzt
Meta genannten Stromes; er sagt vielmehr: Algunos hombres viejos han
querido decir, este Meta ser el rio de Turmeque; es un parecer desvanecido,
nacido entre los curiosos baquianos. Hai innumerable cantidad de rios y todos
8U8 vecinos llamau Meta a aquel, por donde entran los navios. Algunos
piensan haber antes entre el Maranon y el Orinoco provincias abundantesj
este parecer uo tengo jjor loco, de la cual opinion son los Itotos (104).
Diego de Losada. 241
Herrera a. 0. IIL S. 176 erwälmt die erst angeführte Ansicht: que el rio
que pasa por la provincia de Metas es el que sale Nuevo Reino de Granada
que llaman Turmequ6.
Das Gerede vom Meta-Lande, über das auf der bei Oviedo unter II zum
zweiten Band sich findenden Tafel Näheres nicht erhellt, hörte mit der Ent-
deckung der neu-granadischen Hochebenen naturgemäss auf; es wurde ftines-
theils mit der Dorado-Nachricht (vergl. Anm. 29) verschmolzen , auch bei
Castellanos (83), anderentheils mit der Kunde von den Perii-Funden ; diese
Version gestaltet sich zu dem Glauben an einen Sonnentempel vom Meta,
kürzer Casa del Meta. Dieser Gedanke schwebte unter Anderen Federmann
und Hütten vor; vergl. z. B. Oviedo a. 0. 11. S. 321. Sagenhaft ist die
Ordaz'sche Fahrt geworden: ßalegh sagt z. B. : At a porte called Morequito
in Guiana, Here lyeth at this daie a great ancor of Ordaces shippe, bei Sir
Kobert Schomburgk, The discovery of the Empire of Guiana by Sir
Walter Ralegh (London 1848) S. 17.
19) Diego de Losada, hijo del Senor de Rio-Negro en el Nuevo Reino
de Galicia, ist von Sedenos Genossen derjenige, den Castellanos am besten
kennen lernte. Era siempre hombre singular y tuvo por alli claro renombre,
con Pedro de Reinoso fue de una camarada como criados del Senor de Bena-
vente (135), tracte mucho con este cavallero y ä grandes hechos suyos me vi
junto (247).
1536: Maese de campo de Sedeno, vergl. Anm. 11. Herrera a. 0.
III. S. 314: Alli se apai-to Losada con 30 soldados i tomö el Camino de Cubagua,
1541 : se fue de Cubagua por desconcierto desterrado y vinose ä Venezuela.
Vergl, Anm. 23.
1542 : Rembold despacha al capitan Losada y Villegas desde Coro ä
Cubagua para que le traigan algunos soldados. Simon a. 0. S. 336. Herrera
a. 0. IV. S. 202.
1546: al principio del ano el licenciado Juan de Frias llevando en su
compaiiia 4 Diego de Losada que retirado en Cubagua habia estado . . .
hallo tan desproveida la ciudad de un todo que le fue preciso detenerse al-
gunos dias : Oviedo y Bafios a. 0. S. 117.
1547 — 1550: con Alonso Perez de Tolosa k descubrir las provincias de
Sierras Nevadas mas como consejero y para que le ayudara al gobierno de
la gente — la ultima de las jornadas largas que se hicieron desde esta
gobernacion por estos llanos; beschrieben von Simon a. 0. S. 371 — 381, kurz
erwähnt von Castellanos (239).
1550: Kampf gegen die aufständigen Neger, Herrera a. 0. IV. S. 325;
Castellanos redet von demselben nicht.
1567 Januar: Entrada äla provincia de Caracas — resolviö a fundar una
ciudad en el valle de San Francisco A quien intitulo Santiago de Leon de
Caracas — el dia en que Losada ejecutö esta funcion es tan ignorado en lo
presente que no lian bastado mis diligencias para averiguarlo con certeza
funda la ciudad de Nuestra Sefiora de Caravalleda el 8 de Setiembre de
1568 — revoca el gobernador Pedro de Ponce por quejas de Francisco In-
Festschrift der Hamliurgischen Amerika-Feier II. 16 ■
242 Anmerkungen zum Castellanos.
fante los poderes que tenia dados k Losada, despachando nuevo titulo k su
hijo Francisco Ponce el ano de 1569 — Losada sin entrar en Barquisimeto,
pasö h su antigua asistencia de Tocuyo y perdiö en breve tiempo su vida,
berichtet Oviedo j Banos ausführlicher a. 0. S. 240 — 290.
Castellanos hatte ihn schon früher (141) sterben lassen", er erwähnt
jedoch später, nachdem er die letztgenannten Vorgänge geschildert (246 und
247), den Tod an richtiger Stelle (247); derselbe folgte dem des Pedro de
Ponce : pidiö Losada su gobierno de Grajeda que entönces la audiencia de
Espafiola presidia, pero lo proveyeron ä su yerno Francisco de Chaves ; k
Losada le di6 cierta dolencia, volviö de la Espafiola sin mando y con recelo
de su calentura llego a Burburuata; alH muri6. Chaves gobernö el ano de
70; el aiio mismo lleg6 Diego Mazariego. Diese letzten genauen Angaben
sind in den Chroniken Venezuelas nicht beachtet worden.
20) Die Insel Trinidad bildete die Gubernation von Antonio Sedeno;
Vorgänger desselben kennt Castellanos nicht; über das Land sagt er: Es fertil
isla, buena para poblarse de Cristianos, contiene dos provincias : Camucuraos
y Chacomares — en aquella 6poca y conjuntura gaste yo por alH mis ciertos
anos (87); auch Oviedo a. 0. IL S. 210 nennt die Provinzen Camorocabo
unter Paralaure und Chacomare unter Maruand. Letzterer kommt bei Castel-
lanos mehrfach (93 ff.) vor; grave Maruand, principe manso, namentlich bei
den poetisch ausgeschmückten Kämpfen von 1532 und 1533, die auch Oviedo
a. 0. II. S. 210, 230 und 231 erwähnt.
Von den späteren Gubernatoren der Insel, Sedeno's Nachfolgern, nennt
Castellanos (99) nur zum Jahre 1570 Juan Ponce de Leon, den auf Puerto-
Rico geborenen Enkel des Anm. 10 erwähnten Florida-Fahrers; unter ihm
ging die Ansiedlung auf Trinidad vollständig zu Grunde ; vergl. Simon
a. 0. S, 593. Im Jahre 1584 ist Antonio Berrio, der Erbe von Marschall
Gonzälo Jimenez de Quesada (Anm. 49), Gouverneur von Trinidad ; vergl.
Antonio Caulin, Historia corogräfica natural y evang^lica de la Nueva
Andalusia etc. (Madrid 1779) S. 175; er legte 1592 die Ortschaft San Jos6
de Oruno an; vergl. Simon a. 0. S. 596. Ihm folgte sein Sohn Fernando.
Siehe Kalegh bei Schomburgk a. 0. S. 209; dort auch (S. 4 — 9) eine auf
das Jahr 1595 bezügliche Beschreibung der Insel.
21) Die Insel Cubagrua ist von Castellanos in einem eigenen Lob-
liede (141 — 151) besungen: Elogio, donde se trata la gran i-iqueza que allf
hubo y SU perdicion y asolamiento; der letzte der drei Gesänge endet mit
einem Trauerspruch über vergangene Herrlichkeit. Isla de perlas que dicen
Cubagua, sagt Oviedo a. 0. 11. S. 224; über die Perlen redet Castellanos
mehrfach : Yo, de mi vista me conf fo he hallado en una sola concha 5 y 6 o
mas perlas (149). Das Perlenfang - Unternehmen , welches 1536 nach
Benzoni (a. 0. S. 51) Luigi da Lampognano beginnen wollte, kannte
Castellanos nicht.
1534 war als Zubehör zur Insel die Küste zwischen Maracapana und
dem Cariico-Golf reservirt, vergl. Herrera a. 0. III. S. 128.
Die Insel Margarita. 243
Bekannte von Castellanos sind Marschall Miguel de Castellanos, Diego
Caballero, Juan de la Barrera (143 und 149). Einige Male nennt er
den Barrasa, bei dem er wohnte (139 und 150). Francisco Euiz j Luis de
Mesa, a quien yo de Cubagua conocia (254); Bartolom6 Carrefio, de quien
^1 alabanza de mis mauos j el mas alto loor serä pequeno (250 und
442), Martin Yanez Tafur que es de presente de este Reino de Grranada (82)
berichtete über Ordaz ; Domingo Velasquez, entre los de Cubagua mui antiguo,
yo tuve siempre por amigo, gozando ya de paz y de reposo (82). Noch
andere Bekannte von Cubagua her werden erwähnt (46 und 60) ; zu den
spätesten gehören die Velascos. Castellanos sagt : Los dos Velascos,
hombres principales, Franciscos ambos , tio y sobrino en Cubagua (despues
fue mi vecino) llegai-on con George de Espira (211); die Theilnahme an
Hohermuth's Zuge beschränkte sich auf den einen Velasco (213). Volvieron
4 Cubagua (213) . . . Francisco Velasco, alferez de Espira, con quien yo tuve
gran conocimiento (224). Vergl. über ihn Herr er a a, 0. III. S. 176.
lieber die Hauptstadt Neu-Cadiz, deren Franciscaner-Kloster Castellanos
(100) erwähnt, siehe Oviedo a. 0. IL S. 224; dem Erdbeben von 1543
(150) ging als berühmteres das vom September 1530 voran, vergl. Herrera
a. 0. IIL S. 194. Zum Jahre 1548 sagt Oviedo (a. 0. III, S. 473): Ahora
estä cuasi despoblada la isla de Cubagua y 's in ejercicio de las perlas.
Noch im Alter, in Tunja, erhielt Castellanos von und über Cubagua
Nachricht : Bautista de ßeino, hijo de Don Fraucisco , prudente sacerdote y
de estas cosas cronista, vive en ellas hoi bien ocupado ; ansi no hare yo mas
lista (143).
22) Die Insel Margarita rief zuerst den Perlenruhm der nördlichen
Küste von Südamerika hervor; vergl. Peschel, Entdeckungen S, 311.
Castellanos behandelt die Geschichte des Eilandes ausführlich (151 — 156),
namentlich die ältere. Haga k sus vecinos Dios el bien que yo deseo, que
cierto quiero bien aquella tierra ; por alli gaste mi primavera; alli tengo
tambien quien bien me quiera (170). Castellanos zählt auf: los que
las musas tenian de su banda y las senoras principales en vida marital
(152); gelegentlich erwähnt er Juan de Salas, compaiiero nuestro (23) und
Frai Andres de Vald^s, mi amigo (170).
1562 führte die Eegierung der Insel Dona Aldonza Manrique für ihren
Schwiegersohn Juan de Villandrando (168). Ealegh a. 0. S. 23 sagt: who
was father to Don Juan Sarmiento, governor of Marguerita, when sir John
Burgh landed there and attempted the Island.
Agustin de Codazzi, Eesümen de la geografia de Venezuela (Paris
1841) — dazu Atlas und Wandkarte — hat bei der Besprechung der Provinz
Margarita (S. 591—604) Castellanos leider nicht beachtet; ebenso wenig
Alcedo, welcher z. B. a. 0. IIL S. 77 berichtet, dass die Insel 1524 an
Marcelo de Villalobos „zu Eigenthum" geschenkt worden sei; darüber vergl.
die Urkunde vom 18. März 1525 in der Coleccion etc. X. S. 88—95. 1561
war Juan de Villandrando Gubernator der Insel.
16*
244 Anmerkungen zum Castellanos.
23) Das Land Venezuela, d. h. der Haupttheil des Welserischen Lehns,
dessen Küste zwischen Maracapana (Anm. 16) und dem Lande des Segel-
Vorgebirges (Anm. 25) liegt und den Welsern nie bestritten wurde, ist
Castellanos erst spät, erst 1550, näher bekannt geworden; was er früher
darüber erfühl", hängt mit den zwischen Venezuela und Maracapana bestehenden
Beziehungen zusammen. Diese Berührungen sind folgende:
1536 stösst Diego Martinez, der von Federmann vorausgesandt ist, im
Gebiet des Tocuyo-Stromes auf Reste der Hortal'schen Expedition, etwa 60
Mann, unter denen Martin Nieto , Alderete, Villagrän, Juan de Avellaneda,
Juan Fuerte und Luis Lanchero die Angesehensten sind. Ueber den Auf-
stand war Februar 1537 Nachricht in Santo Domingo, vergl. Oviedo a, 0.
n. S. 250. Von dem Zusammentreffen redet Castellanos zwei Mal : Por
muerte de Delgado Martin Nieto tratö ciertos motines en secreto . . . con
intenciones de hacer Camino k la gobernacion de Venezuela . . los rebeldes
Alderete, Nieto y Villegrän dieron por la tierra discurriendo con Fedrimän,
al cual dieron obediencia (123) Fedriman de tres desvio, que fueron k Coro
brevemente con cartas que llevaban sal pimienta; los demäs quedaron con su
gente y iban con Fedriman contentos (222). Federmann' s Aufbruch erfolgte
am 13. December 1536; dass er etliche von Hortal's Leuten mit sich führte,
meldete schon der Bericht von Sanmartin und Lebrija, d d. Cartagena Juli
1539, vergl. Oviedo a. 0. IL S. 367. Diese Begegnung berichtet auch
Herrera (a. 0. III. S. 208) zum Jahre 1536; dagegen verlegt sie Simon
(a. 0. S. 272) in die Mitte des Jahres 1537.
1538 zieht Antonio Navarro von Venezuela, nachdem Hohermuth am
27. Mai mit seiner Expedition Coro wieder erreicht hatte, nach Maracapana,
um die unter Velasco's Führung ausgewiesenen Welserischen zu verfolgen;
determinö de ir en siguimiento de ellos con hasta 30 soldados y 12 caballos.
Sus soldados le desarmaron . . mui corrido se hubo k volver k Coro, adonde
hall6 una orden del rey, por la cual mandaba, se volviese k la isla Espafiola
y que el obispo gobernase entretanto: Herrera a, 0. III. S. 312 und 313.
Castellanos (224 und 225) sagt: Huy^ronse la vuelta de Cubagua, Francisco
de Velasco por caudillo; el doctor Navarro determinö de ir en seguimiento k
fin de castigar tales motines, caminaron por aquella tierra llana hacia la costa
de Maracapana donde yo me halle cuando vinieron .... luego volviö el
doctor perdido, en Coro hallo recien venido al obispo Rodrigo de Bastidas.
1539 trifft Philipp von Hütten, der von Hohermuth abgeschickt war, im
Gebiet von Bariquicimeto auf Pedro de Reinoso, einen der Officiere Sedeno's.
Am 16. Januar 1540 schreibt Hütten in Coro: Reinoso kam mit 86 Christen
in diese unsere Provinzen vor 6 Monaten, auf welchen ich im Valle de
Bariquicimeto mit 36 ungef^rlich stiess, überfiel sie am Morgen, und ehe sie
recht aufkamen, hatte ich ihre Wehre in meine Gewalt bracht, sie also, bis
ich sie dem Gubernator überantwortet, sind alle noch in dieser Gubernation.
Johann Georg Meusel, Historisch - litterarisches Magazin I. (Bayreuth
und Leipzig 1785) S. 91 und 92. Castellanos sagt (140): Reinoso vino
con el restante de la gente k Venezuela donde los Alemanes tenian valerosos
Das Land Venezuela. 245
capitanes despues determino pasar k Espaiiola, donde se casö j rauriö.
Herrer a (a. 0. III. S. 314) erzählt zum Jahre 1539: Quedo Reynoso con-
sultando lo que se habia de hacer, se le salieron de carapo Palifio y Houti-
veros con cada 30 soldados j otro dia despues Alonso Marquez con 20 ; visto
Reinoso que le iban desamparando determino ir de volver a Venezuela.
Simon (a. 0. S. 313) erzählt, wie Lope Montalvo de Lugo hierauf Reinoso
und dessen Leute in Bariquicimeto trifft und letztere in seine Truppe ein-
reiht; prendiö al capitan Reinoso y enviändolo preso k Coro con algunos sol-
dados, juntö los demas con los que el llevaba ; llego Reinoso preso a Coro y a
Santo Domingo ...
1540 kommen andere Reste der Sedefio'schen Expedition nach Venezuela.
Oviedo a. 0. II. S. 263 und 264: Los desacatados de Sedeno tomaron
por caudillo entre si a un Juan de Arguello y vinieron a Maracapana; como
Hortal estaba en esa sazon en Cubagua, fue en persona en seguimiento de
los malhechoros, los alcanzö en el rio Guarico los prendiö k todos, hizo
justicia de Arguello . . . ahorco ä un Alonso de Aduza . . continuo su des-
cubrimiento. Castellanos sagt (124 und 125): La gente fue dividida en
dos contrarios bandos, unos siguieron la gente Alemana, otros volvieron ä
Maracapana; estos por sus delitos ä instancia de Hortal eran punidos, entre
ellos un Aduza y Juan de Arguello, aquellos volvian por los pasos conocidos
a la gobernation de Venezuela.
1541 kommt Diego de Losada (Anm. 19), früher Sedeno' s Officier, nach
Coro, wo Hütten abgezogen, aber Heinrich Remboldt als Factor der Welser
geblieben ist. Castellanos sagt (140 und 141): Losada iba la vuelta de
Cubagua, se fu6 de allä, por cierto desconcierto desterrado y vfnose con al-
gunos por mar k Venezuela, donde Micer Rerabold regia, teniente por los
Alemanes ; este le recibiö con cortesia y Losada le persuadia enviase a tomar
las posesiones hasta Maracapana, porque segun cedulas del rey y provisiones,
aquellas poblaciones eran de su gobernacion y su distrito. Vino por capitan
Juan de Villegas ; llevaban muchos hombres y mujeres, llegaron k la mar de
Chacopata . . . luego la gente diö vuelta para su Venezuela. Diese Nachricht
findet sich nur bei Castellanos.
1546 zieht Pedro de Limpias, der zur Hütten' sehen Expedition gehörte,
nach Maracapana. Limpias se habia alzado con la mayor parte para irse k
Cubagua, porque alli se tomaba camino, sagt Herr er a a. 0. IV. S. 202.
Castellanos berichtet (130) : Soldados de los Alemanes llegaron por alli,
fu6 gente baquiana que traia Limpias y el bärbaro Curahamaro. Perima
queiia romper con el en campo claro . . . murio Pulido y maestre Juan
quedo mui mal herido . . . Limpias y los suyos se volvieron hacia
Venezuela.
24) Die Riesen-Inseln erhalten von Castellanos ihre richtigen Namen.
Ursprünglich wurde nur Cura9ao als Isla de Grigantes bezeichnet, vergl.
Peschel, Entdeckungen S. 312. [So ist auf der Karte Juan de la
Cosa's vom Jahre 1500 die Isla de Grigantes zweifelsohne Cura^ao; vergl.
auch Navarrete a. a. 0. HI. S. 7. Die Nachbarinseln Aruba und Buinare
246 Anmerkungen zum Castellanos.
empfangen bald denselben Namen, siehe die Zeugenaussage vom 1. März 1513
a. 0. S. 544.] So nennt auch Castellanos Aruba, Cura(,'ao und Buinare
(184). Juan de Ampues, factor real en la isla de Espafiola, liizo relacion al
rey, que habiendo el afio de 1513 tenido los reyes catolicos informacion que
por no haber forma para doctrinar los Indios de las islas inütiles, convenia que
los llevasen A la Espanola y que fueron d ;clarados por islas inütiles las de
Curaba, Curacö y Buynare que estän en comarca de Tierra Firme en el pa-
rage de Coquibacoa y Paraguachoa y que habiendo ido para traerlos con
cierta armada un Diego de Salazar de los que llevö, le cupieron algunos y
que habiendo parecido gente de mas habilidad que los de las otras islas para
ser Christianos: pidio licencia al almirante don Diego Colon para poblar
aquellas islas y guardarlas de armadas y del dano que se les hacia, — el
cual se las dio con ciertas condiciones ; so ein Aktenauszug bei Herrera
a. 0. II. S. 221. Vergl. auch die Urkunde von etwa 1523 in der Coleccion
etc. X. S. 27.
Castellanos erzählt : Haciendo yo via por estas islas — seria el afio de
40 — alli VI Ldzaro Bejarano, yerno y sucesor de Juan de Ampies, con su
Dona Maria . . , se le habia muerto el iinico heredero . . . despues en una
buena caravela se bajaron al Cabo de la Vela para de alli pasar 4 Espafiola
y en el ßio de la Hacha; se les hizo mui gran recebimiento . . . hubo toros,
sortija, juegan canas, corri^ronse riquisimas preseas . . . Dona Maria era con
gran razon mercedora de fiesta tan cabal y generosa (183, 184). Ampies y
Bejarano no siempre tenian que los administrase sacramentos ; este si faltaba,
se suplia con algun lege ; uno conoci yo, pero no viejo que se me mostraba
no ser basto ; algunas veces hubo sacerdote, pero deseo que se note ser una
vida harto trabajosa residir el pastor entre ganado que cura y 61 no puede
ser curado (184). lieber Ampies vergl. Herrera a. 0. II. S. 39 und 220,
auch Oviedo a. 0. I. S. 119 und Bartolom6 de las Casas, Historia
de las IndiasV. (Madrid 1876) S. 177, sowie unten die Anmerkung über Ampies.
Der Schwiegersohn Ldzaro Bejarano ist auch in der Coleccion etc. XXI. S. 236
erwähnt.
25) Das Land des Segel- Vorgebirges — Cabo de la Vela en la provincia
de Coquibacoa, sagt Herrera a. 0. IH. S. 212 — ist immer unfruchtbar
gewesen: costa de cardones y espinas, esteril y de arenales (250); in der
Belehnung von B, "Welser und Co. in Augsburg ist es als eigener Bestand-
theil genannt; vergl. Herrera a. 0. II. S. 311 und III. S. 171: la tierra
del Cabo de la Vela y golfo que dijeron de Venezuela, San Roman hasta el
Cabo de Maracapana — la conquista de la provincia de Venezuela y Cabo
de la Vela estaba encomendada k Bartolome y Antonio Beizar, Alemanes.
Dalfinger nahm bereits 1529 von jener Gegend Besitz: 30 soldados con el
jurado Leiva caminaron al Cabo de la Vela, descubrieron amplfsimas zavanas,
habitadas de gentos inhumanas, llamadas Cocinas . . . el jurado y Pedro de
Limpias prosiguieron adelante por las zavanas del Cabo de la Vela . . . hacia
la Sierra de Coquibacoa (192 und 195).
Herrera (a. 0. II. S. 432) sagt zum Jahre 1531: Mandaba el rei que
Das Land des Segel-Vorgebirges. 247
en el Cabo de la Vela se hiciese una fortaleza y aun los Alemanes que
tenian la gobernacion de Venezuela lo procuraron, no pudieron por entonces
per no hallarse piedra ni agua sino llovida hasta el Eio de la Hacba, que son
18 leguas.
Herrera sagt ferner (a. 0. III, S. 176) zum Jahre 1535: Mandaba el
rei que primero se hizo una poblacion en el Cabo de la Vela, porque respecto
de muchas muestras de hostiales de perlas se tenia relacion que se habian
descubierto en aquella parte. Oviedo (a. 0. IL S. 317) berichtet zum sel-
bigen Jahre: Lo primero que hizo Jorje Espira antes que saliese de Coro,
fue enviar a Fedreman con gente de pie y de cavallo al Cabo de la Vela:
Daher sagt Castellanos (221) : Fedriman hizo detenimiento por la costa
del Cabo de la Vela; vergl. Antonio de Herrera, Descripcion de las islas
y tierra firme del mar Oceano que llaman Indias Occidentales (Amberes 1728)
S. 16 — Vorwort vom 15, Oktober 1601: Nicolas Federman por los Beizares
fue, quien comenzö a poblar este lugar.
Herrera sagt drittens im Geschichtswerk (a. 0. III. S. 282) zum
Jahre 1537: Federmann, cuando fue ä poblar al Cabo de la Vela, no llevo
oficial real.
Herrera sagt sodann (a. 0. HL S. 314) zum Jahre 1538: Francisco
de Castaneda determinö de hacer buscar nuevos hostiales de perlas al Cabo
de la Vela j se hallaron 15 ä 20 leguas de ello, cosa que hubo por gran
riqueza. Dasselbe Jahr hebt Castellanos (250) hervor. Unterm 24. December
1540 erklärt die Audiencia von Santo Domingo: Sabemos que la pesqueria
de perlas del Cabo de la Vela va en aumento ; reside alli por juez un Alonso
de Barrera nombrado teniente por esta audiencia desde el principio del descu-
brimiento, convendra proveer juez de mas sombra e con eso escusar las dife-
rencias entre las gobernaciones de Venezuela e Santa Marta que pretende
cada una que cae en su demarcacion. Siehe Coleccion etc. I. S. 578. Zum
Jahre 1541 sagt Herrera (a. 0. IV. S. 12): Se trataba de hacer una
fortaleza en la poblacion del Cabo de la Vela por la riqueza de la pesqueria
de perlas que alli se habia nuevamente descubierto, pero ä los oficiales
reales que alli residian no parecia que habia necesidad.
lieber letztere sagt Castellanos (250) : los moradores tienen por si
sus oficiales d cuyo cargo es el real quinto . . nombran alcaldes por teuer en
las pai'tes, donde se asienta la granjeria jurisdiccion por si j es de gober-
nador libre y esenta, sujetos al audiencia de Espanola con 10 leguas 6 mas
de circuito segun Consta por cedulas reales.
Den ersten Perlenfund beschreibt Castellanos (250) folgendermassen :
Diego de Paredes-Calderon yendo a hacer cierto castigo en los Indios
Cocinas, vi6 de sartas de perlas buena trama y desde entonces se tendio la
fama. Sodann zum Jahr 1544 : Cristianas poblaciones ya predominaban este
seno, cebadas en la rica pesqueria de perlas que esta costa cria (192). Es
war 1560 die Perlenfischerei noch im Gang; vergl. Las Casas a. 0. V.
S. 224.
248 Anmerkungen zum Castellanos.
Verschiedene Namen trugen die Ansiedlungen am Segel-Vorgebirge.
Herrera (Descripcion etc. S. 16) sagt: Primero le llamaron Nuestra Senora
de las Nieves y despues de los Remedios; Alcedo (a. 0. IV. S. 408) be-
richtet: Remedios, fundada ä las orillas del Rio de la Hacha por Nicolas
Fedreman con titula de Nuestra Senora de las Nieves. Letzterer Name ist
sonst nicht nachzuweisen ; dagegen wohl der von Nuestra Senora de Remedios.
Antonio Julian, La perla de Am6rica: provincia de Santa Marta (Madrid
1787) S. 22 erklärt: La Rancheria de Federman aliora es pueblo de po-
qufsimas casas de paja ä media jornada del Rio de la Hacha.
Castellanos (252) lässt drei verschiedene Ortschaften erkennen; er
sagt nämlich: Nuestra Senora de Remedios es, donde hacen sus asientos
entre el Cabo de laVela y el Rio de la Hacha . . . el ano de 1544 poblaron
otros puertos abajo del Rio de la Hacha, donde llaman barrancas ; el 45 mudaron
mas al rio con el renombre de Nuestra Senora. Simon (a. 0. S. 373) be-
richtet ähnlich : El pueblo del Cabo de la Vela se habia mudado el aiio de
1545 0 principios de 1546 al sitio que hoi permanece 30 leguas la costa adelante
a la parte de Santa Marta que llaman el Rio de la Hacha. Auch Castel-
lanos (184) nennt den Ort mit diesem Namen: en el Rio de la Hacha es donde
cuento. Oviedo (a, 0. HI. S. 473) kennt im Jahre 1545 noch keinen festen
Ortsnamen.
Der frühere Ort Nuestra Senora de Remedios wurde später für kurze
Zeit wieder hergestellt. Simon berichtet (a. 0. S. 575) zum Jahre 1564:
Diego de Losada reedifico dos pueblos que se habian despoblado, aunque no
en los mismos sitios, llamändole al uno Nuestra Senora de Remedios . • .
Hierauf wird sich die Bezeichnung Gerrite de Remedios beziehen, welcher im
Codazzi'schen Atlas auf der Karte vom Staate Bolivar zwischen den Flüssen
Carrizal und Toco sich findet.
26) Das neue Königreich Oranada: so heisst das Innere des später
Neu-Granada genannten Landes bereits in dem Bericht, den Juan de San-
martin und Antonio de Lebrija zu Cartagena im Juli 1539 niedergeschrieben
haben; er findet sich bei Oviedo a. 0. IL S. 357—368.
Die drei Conquistadoren, mit deren Zusampientreffen die Gründung von
Santa F6 de Bogota (6. August 1538) in Verbindung gebracht zu werden
pflegt, waren folgende:
Gonz&lo Jim^^nez de Quesada, der von Santa Marta am 6. April 1536
aufgebrochen ist (300), zog im Namen von Fernandez de Lugo über V^lez in
die Hochebene (311); sein erster Officier war sein Bruder Fernando Perez de
Quesada. (Vergl. Anm. 49.) Seinen Zug soll nach Piedrahita a. 0.
S. 126 und 372, dem Plaza a. 0. S. 131 folgt, Castellanos mitgemacht haben,
was jedoch unmöglich ist, da dessen Aufenthalt in Maracapana feststeht.
Nikolaus Federmann, der Coro Ende 1537 verlassen hat, um Georg
Hohermuth zu suchen, trat über Pasca ein ; sein erster Officier war Pedro de
Limpias (222 und 223). Einschreiben desselben, d.d. Oristan, August 1539,
bei Oviedo a. 0. U. S. 317 — 322.
Das ueue Königreich Granada. 249
Sebastian de Benalcäzar, der im Namen von Francisco Pizarro Mai 1538
von Quito ausgegangen war (463), kam über Guataqui nach der Hochebene;
sein erster Officier war Juan de Cabrera (464).
Nach Castellanos (465) verständigten sich zuerst Jimenez und Feder-
maun : hicieron un cuerpo de su gente ; dann folgte ihnen Benalcazar. An
der Eeise nach der Küste, die am 12. Mai 1539 begann, nahm ausser den
drei Führern unter Anderen auch Limpias Theil ; die Ankunft in Cartagena
geschah im Juni. Vergl. Oviedo a. 0. IL S. 367. Castellanos sagt darüber
(226) : A Santa Marta j Cartagena gentes del Nuevo Reino de Granada
hicieron relacion de la prosperi'sima jornada riqufsimas cadenas en los cuellos ;
uno de ellos fue Pedro de Limpias que hizo via ä la Espanola, donde tenia
sus hijos j mujer, proveida la bolsa de esmeraldas. Der von Federmann an
Limpias für Santo Domingo gegebene Brief datirt von Oristan August 1. 1539;
vergl. Oviedo a. 0. IL S. 322. Nach der neuen Welt kehrte Federmann
nie zurück, Benalcazar 1540 (Anm. 61), Jimenez im Jahre 1550 (Anm. 46).
El Nuevo Reino es partido en dos provincias , la una se llama Bogota,
la otra Tunja, heisst es bei Oviedo a. 0. IL S. 355. In dem Bericht von
Sanmartin und Lebrija erscheinen Bogota und Tunja als Personen-Namen:
Tierra del mas principal senor que hai en ella que se dice Bogota, le son
subjetos otros muchos senores, y mui principales tiene forma de mui rico. El
Tunja es gran senor y son le muchos senores subjetos, es mui rico (a. 0. S. 359
und 360). Ebenso in dem Bericht von Jimenez, den Oviedo (a, 0. 11. S. 385)
im Jahre 1548 erhielt. Die beiden Namen sind noch nicht sprachlich erklärt; es
herrschte nicht dieselbe Sprache im Lande des Bogota und in dem des Tunja;
Bogota scheint kein Ortsname zu sein, vielmehr hiess der Sitz des Bogota,
wie es scheint, Muequetä; sein Titel war Zipa ; der alte Sitz des Tunja
(Hunsa) war Ranuriqui ; der Titel Zaque. Castellanos kennt diese Dinge
nicht. Im Allgemeinen vergl. William Bollaert, Antiquarian, ethno-
logical and other researches in New-Granada, Equador etc. (London 1860)
S. 8 ff., S. 61 ff. Ezequiel Uricoechea, Gramdtica, vocubularia, cate-
cismo i confesionario de la lengua Chibcha (Paris 1871) S. 19 ff. der Ein-
leitung. Adolf Bastian, Die Chibchas mit den Stämmen in Magdalena-
und Cauca-Thal in seinen Kulturländern des alten Amerika IL (Berlin 1878)
S. 189 ff.
Die Bezeichnung valle de Alcdzares für die Hochebene von Santa Fe
de Bogota, findet sich zuerst im Federmann' sehen Briefe (Oviedo a. 0. IL S. 319
und 321), dann auch bei Jimenez (a. 0. IL S. 387).
27) Jerönimo Lebron de Quijones, fue senalado por la Real Audiencia
para gobernar esta tenencia (317). Dass Castellanos an dem Zuge nach dem
Innern Theil nahm, ergiebt sich daraus, dass er bereits vor Lugo's Zug dort
gewesen ist, aber nicht mit Gonzälo de Quesada, sowie dass er vor Lugo's
Expedition von dort zurückkehrt, Piedrahita a. 0. S. 368 und 372. Lebron
ging von Santo Domingo schon am 18. April 1537 ab und kam nach Santa Marta
am 4. Mai 1537; vergl. Coleccion etc. XLI. S. 348. Er war mit seinen Leuten
erst Ende Oktober oder Anfang November 1540 in Velez, zwei Genossen
250 Anmerkungen zum Castellanos.
seiner Rückfahrt, Junco und Corral, berichteten Juli 1541 in Santo Domingo ;
vergl. Oviedo a. 0, II. S. 372. lieber die Verluste auf Lebron 's Zug sagt
Oviedo a. 0. II. S. 373: Juan de Junco y Gomez de Corral y otros que
han venido de aquella tierra de Bogota dicen que el mismo Lebron decia
que no habia perdido sino 30 hombres, pero que los que con 61 allegaron
vivos, decian que de 150 faltaban 80.
Auf Lebron's Zuge lernte Castellanos folgende Personen kenneu:
Fernando P6rez de Quesada, Gonzälo's Bruder, welcher den Zaque
Quimin hinrichten Hess : no sin imprudencia y estfmulo de malos consejeros,
venidos del Peru, sagt Castellanos bei Piedraliita a. 0. S. 170. lieber
seinen Dorado-Zug vergl. Anm. 29 ; über seinen Tod und den seines jüngeren
Bruders Francisco, der auf See am 26. Oktober 1544 erfolgte, siehe Oviedo
a. 0. IL S. 376. Von einem anderen Francisco Perez de Quesada spricht
Markham, Expeditions etc. XV. und S. 88, Note; derselbe soll 1557 das östlich
von Popayan belegene Land durchzogen haben und dann vom peruanischen
Vicekönig zum Statthalter im Lande der Confaner ernannt sein, während A c u n a
ebenda S. 88 sagt, Fernan P6rez de Quesada sei mit 300 Mann von Santa
F6 aufgebrochen und habe die Caqueta-ßoute gewonnen und das Gebiet
Algodonal erreicht, aber rascher zurückgehen müssen, als er ausgezogen. Eine
Tochter von Fernando und seiner Gattin Mariana del Postigo heirathete
Fernando Arias Torres und wurde Mutter von Fernando Arias de Ugarte, dem
Erzbischof von Santa Fe seit 1618. Vergl. Piedrahita a. 0. S. 215.
Gonzdlo Suärez Rondon; en Itdlicas guerras cursado (171), fundador
de Tunja, general del Nuevo Reino (251), de su valor tratare en otra parte
(223), vergl. die Stelle aus dem vierten Buche, die Piedrahita a. 0.
S. 365 mittheilt. Marschall Jimenez sagt 1576 über ihn: En la ciudad de
Tunja tiene tres repartimientos y en ellos 3000 Indios, llamados los reparti-
mientos de Icabuco, Tibanä y Guanecd, vergl. Acosta a. 0. S. 398. Fue
soldado del capitan D. Luis de Avila en la toma de Pavia y sitio de Florencia,
uno de los Espanoles que entonces vencieron la batalla k los Italianos ; vergl.
Piedrahita a. 0. S. 220.
Domingo de Aguirre, escribano delcabildo; vergl. Piedrahita a. 0.
S. 225. Era viscaino, soldado principal de la conquista de Santa Marta —
tambien en escribir gasto renglones, porque de cosas varias hizo lista y me
dejö cumplidas relaciones que tengo por escritura. Soi su capellan en este
dia y mi morada es la que el tenia; k mi me seiialö por albacea (275).
lieber Aguirre's Entsendung nach Spanien (1543) vergl. Piedrahita a. 0.
S. 400, 405 und 420. Marschall Jimenez sagt über ihn : Tiene razonable de
comer, tiene repartimiento en Tunja y en el valle de Sogamoso.
Diego de Par^des-Calderon; natural de Ronda, nuestro vecino que
tenemos hoi de presente (223), dignfsimo de amplias mercedes a que conosco
por gran amigo (490); en Tunja tiene buen repartimiento (250). Es rico,
sagt Marschall Jimenez 1576; encomendero del pueblo Somondoco donde
hai una mina de esmeraldas, sagt Rodriguez Fresle a. 0. S. 40.
Diego R in con Barriaga (289) eraguiando lacarrera, no tratare de ella
Die Amazonen-Nachricht. 251
ahora por reservarme para la tercera (!) parte (318). Er begleitete die Expedi-
tion von 1536 bis Tora \md focht dann mit Juan Gallegos an der Küste
(313). Hoi vive j en Tunja es vecino (317), Senor de Busbanza y marido
de Luisa Porras.
Lorenzo Martin, sus poesias no fueron de las menos principales que
yo tracte por muchos dias (275); vergl, Piedrahita a. 0. S. 230.
Frai Vicente de Requejada, del orden de San Agustin, me dio la
relacion de la entrada de Fedriman (197); fue de la jornada llaraada por
antiguos de Dorado qne hizo Fernän Perez de Quesada (297); vergl. Pie-
drahita a. 0. S. 207 und 214.
Andere Begleiter von Lebron erwähnt das die Dienste Pedro Nino's,
Einwohners von Tunja, betreffende Verhör in der Coleccion etc. XVI. S. 461 — 529.
Berühmt ist Lebron 's Informacion contra los Quesadas y primeros capi-
tanes del Nuevo Reino que se guarda en el archivo de Simancas — Pie-
drahita a. 0. S. 195 und 428 — ein Aktenstück, das dem auf Neu-Grranada
bezüglichen Theil der Las Casas'schen Schrift zu Grunde liegt, Vergl. Fabie
a. 0. IL S. 282 und 378.
Auf Lebron' s späteres Leben beziehen sich u. A. ein Schreiben an den
König, d. d. Mexiko 2. November 1548 in der Coleccion etc. X. S. 52 fF.,
wo eine wenig zutreffende Anmerkung sich findet, und ein Schreiben an Las
Casas d. d. Mexiko 16. Juni 1568 bei Fabie a. 0.; in Letzterem heisst es:
Estoi pauperrimo, sin oficio, sin honra, mui agraviado y söbreme justicia
para quejarme.
28) Die Amazonen-Nachricht ist in der neuen "Welt so alt, wie deren
Entdeckung, eine feste Form hat sie aber zuerst in Neu-Granada angenommen,
wo sie schon den ersten Entdeckern entgegentrat: Sanmai-tin und Lebrija
sagen zum Jahre 1537 bei Oviedo (a. 0. 11. S. 362): Estando el real en
el valle de Bogota, tuvimos nueva de una nacion de mujeres, que viven por
si sin vivir Indios entre ellos ; por lo cual las llamamos Amazonas. Ueber
den ersten Zug in ein Amazonenland, den von Fernando de Quesada, welchen
jener Bericht schon andeutet^ sagt Oviedo (a. 0. 11. S. 405 und 406):
Quanto k los Amazonas, enviö el General d su hermano Fernando Perez con
gente de k caballo en su descubrimiento en lo cual estuvo 60 dias y llegö
hasta la provincia de aquellas mujeres sin poder entrar a causa de los muchas
aguas . . . tan asperas eran las sierras que no pudieron hacer nada. Lo que
se pudo saber de los Indios que con ellas contractan fue que aquella pro-
vincia en que estdn esas mujeres es pequena y poca tierra, las mujeres son
alli las senoras y los hombres los sübditos; lldmase la senora de ellas
Jarativa.
Castellanos erwähnte diesen Zug nicht; er beschreibt aber ähnlich wie
Amazonen: Anapuya undOrocomay; die erste, bei der er 1536 10 — 12 Tage
blieb, ist hermosa, varonil, cabal, de mano liberal, en todas proporciones
elegante (127 und 129); die andere, von der auch Oviedo (a .0. IL S. 247)
erzählt, ist gallarda senora de grandfsimo talento a cualquier Espanol aficio-
nada, libre de yugo de casamiento . . . tuvo hijo varon Perima (180).
252 Anmerkungen zum Castellanos.
Castellanos erwähnt mehrfach (z. B. 193, 375) Orte, wie valle de Damas,
pueblo de las hermosas, die auch in anderen gleichzeitigen Quellen, z. B.
Federmann's Bericht, sich finden.
Castellanos urtheilt über die zweite Amazonen-Nachricht, die er erhielt,
die Erzählung Orellana's, folgendermassen (83) : Conto cosas de sueno; Ama-
zona pusieron a una India varonil que como perra bravamente def'endia sus
partes; de aqui sacö despues Orellana sus invenciones para llamar el rio de
Amazonas — hai entre Cristianos y gentiles ejemplos de mujeres varoniles
(157); tengo estas cosas por invenciones no sin olor de fabulilla vana. Ahora
me refieren lo que cuento hombres de merecimiento ; mi parecer es iudiferente ;
pues en tan penitfsimas regiones podia ser que vivan Amazonas (233). Ent-
scheidend ist die Beschreibung der Maniriguas : tienen en las partes mas pelos
que nosotros en la cara u. s. w. (232). Ueber Orellana's Erzählung, die
schon in Carvajal's Bericht sich findet (Oviedo a. 0. IV. S. 562 und 565),
handelt Oviedo ausführlich (a. 0. IV. S. 388 und 389), wobei eine Herrscherin
Conori erwähnt und schliesslich der Weiberstaat zwischen den Maranon und
La Plata, nach Parana-Guaco, aber in die Nachbarschaft von Caripuna ver-
legt wird.
Neuere Nachrichten, z. B. die von Crevaux 1882 im Bulletin de la
soci^te geographique (Paris 1882), S. 672, auf „Amazonen" zu beziehen, ist
schwerlich gestattet.
29) Die Dorado-Nachricht, das ist die Kunde von einem Häuptlinge,
der mit Goldpulver seinen Körper bestreute und diese Bestreuung, nachdem
er sie in einem See abgewaschen, wieder erneut, erscheint erst bei der Expe-
dition von Gonzalo Pizarro.
Biese Expedition begann zu Quito Ende Februar oder Anfang März
1541 nach dem Quitoer Libro de Cabildo, vor dem alle anderen Angaben
hinfällig werden. Siehe Teodoro Wolf, Cronica de los fenomenos vol-
cänicos y terremotos en el Ecuador (Quito 1873) S. 13. Ueber diese erste
Dorado-Fahrt schreibt nach einem Bericht d. d. Tomebamba, 3. September
1542 Oviedo (a. 0. IV. S. 392 und 393) etwa wie folgt: Pizarro hallandose
en Quito tuvo noticia del valle de la canela j de la laguna del rey o cacique
Dorado e determinö de lo yr k descubrir. Passando muchos e grandes rios 6
haci6ndoles puentes hasta que salieron d una provincia que se Uama Zamaco
que es 70 leguas de Quito . . . hallaron alH mucha comida; los naturales son
gentes desnudas; sus casas en montanas. Diesen Anfang des Ausmarsclies
bespricht Oviedo, ohne die Dorado-Nachricht zu erwähnen, später nochmals
(a. 0. IV. S, 541 und 542). — Die erste Beschreibung fährt fort: Mandö
Pizarro que fuesen con el hasta 80 personas y Camino 60 dias k pie — en
fin de este tiempo hallaron la canela ... de allf caminaron a otra provincia
que 86 dice Capua. Desde allf envio Pizarro por la gente que habia dejado
atr&s i llegö k otra tierra que se dice Guema desde la cual paso k otra pro-
vincia que se llama Oguama en la costa de un poderoso rio . . . tractan en
canoas y visten camisetas de algodon. AlH hizo hacer Pizarro un bergantin
para pasar aquel rio ... la mayor parte de los cristianos iban por la co^ta del
Die Dorado-Nachricht. 258
rio. — Un dia dijo a Pizarro su teniente Francisco de Orellana que los
guias decian que por donde iban, habia un gran despoblado . . y dijo que el
iri'a el rio abajo . . . Pizarro le y A la gente diö licencia . . Orellana se partiö.
Die Absendung von Orellana erwähnt 0 v i e d o auch nach einem Schreiben
d. d. Popayan 13. August 1542 an anderer Stelle (a. 0. IV. S. 385 und 386).
Orellana ging Weihnachten 1541 fort und zwar mit dem Pulvervorrath und
Schiff; vergl. Gaspar de Carvajal bei Oviedo a. 0. IV. S. 542: salimos del
real 2". dia de pascua de la Natividad de Nuestro Eedemptor, lunes, ano 6
dia 2 ^ de 1542; nach altem Jahresanfang. Oviedo 's Beschreibung nach
dem Tomebambaer Brief endet dann : Viendo Pizarro que Orellana no volvia,
ni habia nueva de el mas de haber llegado k las juntas de los rios . . .
hailöse burlado . . . llego a las juntas — una jornada de alli hallaron de
comer el rio arriba de las juntas . . . Pasö el rio grande en espacio de 8 dias
con la gente, hallaron maiz e yuca . . se reformo la gente. Mos adelante
pasaron otro gran despoblado; muchos dias les acaescio ä pasar muchos y
grandes rios i hacer puentes i balsas para ello. En fin entraron le tierra
adentro m4s de 200 leguas y 4 la vuelta fueron muchas mäs hasta volver k
Quito. Ya habia pasado por alli el licenciado Vaca de Castro y se habia
hecho recibir por Gobernador (394). De Castro' s Anwesenheit in Quito war
bei-eits am 20. März 1542 in Santo Domingo bekannt (Oviedo a. 0. IV.
S. 370), so dass Pizarro vor dem Juli 1542 nach Quito heimgekehrt sein muss;
letzteres Datum wird für die Rückkunft von den Meisten, auch von Prescott,
Peru II. S. 153—169, festgehalten.
Oviedo's Brief an den Kardinal Bembo, d. d. Santo Domingo, 20. Ja-
nuar 1543, stellt es ausser Frage, dass die erste Dorado-Nachricht mit diesem
Pizarro' sehen Zuge zusammenhängt. Derselbe findet sich in deutscher Ueber-
setzung bei Betuleus et Dietherus, Fernandi Cortesii von dem Newen
Hispanien (Augsburg 1550) S. 58 ff., im Italienischen bei G. B. Ramusio,
Navigazioni et Viaggi (Venezia 1556) III. S. 416 ff.
Castellanos erwähnt bei der Bespi-echung der Fahrt von Gonzalo Pizarro
(157) den Zusammenhang mit der Dorado-Kunde nicht.
Die Dorado-Nachricht drang von Quito früher nach Santa Fe de Bogota,
als nach Santo Domingo, und rief dort den zweiten Dorado-Zug hervor; der-
selbe begann 1. September 1541 und dauerte 16 Monate nach Herrera,
a. 0. IV, S. 66 ; die Expedition stand unter der Anführung von Fernando P6rez
de Quesada und Lope Montalvo de Lugo. Castellanos lernte beide kennen,
Montalvo de Lugo ist der Einzige von den Weiserischen, den er persönlich
sprach (211, 226, 227); derselbe verliess vor Hohermuth's Tode Venezuela,
also vor November 1540; vergl. Oviedo a. 0. 11. S. 323 ff. üeber den
Zug von 1541 sagt Castellanos bei Gelegenheit der am 1. August 1541 be-
gonnenen Hütten' sehen Expedition, die er auch für eine Dorado-Fahrt hielt:
Continuando esta jornada con rigor dieron en el camino de Quesada y Montalvo
de Lugo que habian salido de este reino de Granada con nümero de gente
bien crecido, dejando ya por aquellos desiertos cantidad de Indios y Espanoles
muertos iban tambien en busca del Dorado (227). Quesada no sin harte
264 Anmerkungen zum Castellanos.
gasto de vidas j perdido e estragado de todos sus soldados el gran fasto, habia
por las sierras declinado hasta llegar 4 t^rminos de Pasto de gente de Pini
reci^n poblado (229). Ferndn P6rez de Quesada volviö de la jornada, Uamada
por antiguos del Dorado, desbaratado (297) Alonso de Lugo enviö desde este
Nuevo Reino k recojer la gente derramada que del descubrimiento del Dorado
saliö con Ferndn P6rez de Quesada (490).
Die Dorado -Nachricht ist später in zwei unrichtige Verbindungen ge-
bracht, erstlich mit Benalcdzar, zweitens mit Neu-Granada.
Benalcäzar erhielt schon 1535 die Nachricht von einem goldreichen
Lande, das Cundiru-Marca heissen sollte, vergl. Herrera a. 0. III. S, 150
und 205) : decia la mucha riqueza de oro que en ella habia y otras gran-
dezas que ha sido causa de haber muchos emprendido aquel descubrimiento
del Dorado que hasta ahora parece encantamiento . . . Benalcäzar enviö d
diversos capitanes, entre los que pasaron la grande cordillera fue el capitan
Gonzdlo Diaz de Pineda que entrö en la tierra de los Quixos y la canela
y fu6 el primero que lo hizo y la reconociö y refiriö que de la otra parte de
ella habia riqufsimas provincias. Wie der Name Cundiru-Marca auf das
Gebiet der Quichua-Sprache hinwies, gingen auch Benalcdzar's Leute (Pedro
de Afiasco y Juan de Ampudia) nach Süden. Castellanos wusste dies und
schrieb : Anduvieron gran nümero de dias rompiendo por montanas despo-
bladas, por medio de altas serranias que dividen la poderosa vena del rjo
Cauca y de la Magdalena; viendo como la gente perecia, k todos pareciö que
convenia ir declinando hacia la siniestra mano; huyendo de los despoblados
salieron k Cibundoy provincia que tenia sus terrenos de buenos alimentos
proveidos . . . reformdronse por 20 dias . . . descubrieron el valle de Patia;
siguen su camino hasta Cali . . . el martes de la Semana Santa de 1536
celebraron 8 dias antes (456 — 461). Auch Pedro Cieca de Leon,
Cronica del Peru bei Enrique de Vedia, Historiadores primitives de
Indias 11. (Madrid 1853) S. 385 erwähnt die Provincia algo grande y
mui fertil que tiene por nombre Cibundoy. Ueber Sebondoy vergl. Joaqui n
Esguerra, Diccionario jeogrdfico de los Estados Unidos de Colombia
(Bogota 1877) S. 228.
Herrera (a. 0. III. S. 364) führt willkürlich auf diese Benalcdzar zu-
gekommene Nachricht Pizarro's Fahrt zurück: Pizarro determinö de hacer
la Jornada por la informacion que Pedro de Anasco di6 de los intentos de
Benalcäzar en descubrir el valle que llamaban del Dorado, y por la infor-
macion que le diö Gonzdlo Diaz de Pineda que habia entrado en la provin-
cia de la Canela y de Quijos. Benalcdzar weiss von dem Dorado nichts, wie
er in Santo Domingo Se2)tember bis November 1540 mit Oviedo verkehrt
(a. 0. IL S. 369, IV. S. 138).
Die unrichtige und in jeder Beziehung unmögliche Verbindung der
Dorado-Nachricht mit Neu-Granada drückt Castellanos (464) ganz scharf aus:
El nuevo Reino de Granada es el cierto Dorado ; sie geht aus von den Gold-
opfem in den neu-granadischen Hochgebirgs-Seen, namentlich im Guatavita-
See; ihre Beschreibung giebt Pedro Simon a. 0. IL Noticia III. c. 1
Francisco de Orellana. 255
bei Ezequiel Uricoechea, Memoria sobre las antiguedades Neo-
Granadinas (Berlin 1854) S. 65 ff., ebenso Eodriguez Fresle a. 0.
S. 13 ff.
Der Irrthum ist darnach häufig wiederholt, zuletzt mit Abbildungen
der Lagunen von Guatavita und von Siecha von Helmut Polakowsky,
El Dorado in Westermann 's Monatsheften LVIII. (Braunschweig 1885) S. 801.
Die erste Erwähnung der Lagunenschätze findet sich in dem Bericht von
Jim6nez, den Oviedo 1548 in Spanien empfing (Oviedo a. 0. 11. S. 410);
sie spricht aber nur von der Bestattung der Häuptlinge in einem Goldsarge
und mit Juwelen aller Art. Den Versuch, das Wasser des Guativita-Sees
abzulassen, den Antonio de Sepulveda gegen 1580 machte, erwähnt Castellanos
nicht; vergl, den Vertrag vom 22. September 1562 in der Coleccion etc. XXHI.
S. 166 — 170. Die nach den Seen führenden Wege sah Simon noch
(a. 0. S. 71 und 72).
Die Verbindung von Guatavita, Cundiru-Marca und Dorado rührt ledig-
lich von Castellanos her, dessen Worte die Schwerfälligkeit des späteren
Zusatzes noch verrathen : la noticia, que de Bogota al Benalcäzar diö el Indio
que hallo en la ciudad de Quito (456), un Indio forastero peregrino que
en la ciudad de Quito residia y de Bogota dijo ser vecino, allf venido no s6
por que via (453). Castellanos hat alle späteren Schriftsteller von Herrera
bis Humboldt und Markham beeinflusst. Darüber, wie er zur Umgestaltung
der Dorado-Nachricht kam, vergl. Anm. 70, und über spätere Dorado-Unter-
nehmungen Anm. 59.
30) Francisco de Orellana's Bekanntschaft mit Castellanos ergiebt sich
aus zwei Stellen: descubrimiento de Orellana, con quien yo tuve gran cono-
cimiento (156) und diome las mismas relaciones la boca de Francisco de
Orellana (233). Die Kenntniss von Orellana's Fahrt auf dem Amazonas und
Orinoco empfing Castellanos vorzüglich durch Alonso Esteban (156), der gleich
Marques und Juan Bueno schon früher die Gewässer von Trinidad und Cuba-
gua beschifft hatte (158). Marques kommt so wenig wie Holguin in der von
Oviedo (a. 0. IV. S. 384 und 385) enthaltenen Personenliste vor. Herrera 's
Bericht (a. 0. IH. S. 374 — 381), den Markham, Expeditions etc. (S. 21
bis 40) übersetzt hat, ergiebt für die Landung auf Cubagua den 11. Sep-
tember 1541; dieses Jahr ist bisher auch meistens festgehalten worden, obwohl
Orellana's Zug in alle Jahre zwischen 1539 — 1544 verlegt worden ist; auch
Sophus Rüge, Geschichte des Zeitalters der Entdeckungen (Berlin 1881)
S. 455 wiederholt jenes Jahr; allein der Bericht von Gaspar de Carvajal, der
von dem Verlassen des Pizarro' sehen Lagers — Weihnachten 1541 — bis zur
Ankunft in Cubagua — 1 542 September 9 und 11 — reichte und bei Oviedo
a. 0. IV. S. 542—573 sich findet, spricht deutlich vom Jahre 1542. Oviedo
sah selbst Orellana und Genossen in Santo Domingo am 20. December oder
22. November 1542, vergl. a, 0. S. 384 und 573, und zeichnete deren Aus-
sagen auf: demas yo he sabido del mismo Orellana (S. 384 — 388, sowie alte
Ueberschrift von Buch 49, Capitel 3).
256 Anmerkungen zum Castellanos.
Castellanos (158) bespricht ausführlich die Ankunft vor Cubagua: Salimos
k la playa mucha gente ... de tal viaje todos nos tornö maravillados u. s. w.
Dasselbe Ereigniss schildert Carvajal folgendermassen : Camindmos por la mar
juntamente ambos bergantines en conserva 4 dias y el dia de la colacion de
San Juan Bautista en la noche, se apartö un bergantin del otro de tal manera,
que no nos pudimos ver hasta Cubagua, donde llego el bergantin pequefio,
llamado San Pedro, säbado, 9 dias del mes de setiembre y nosotros llegamos
en el bergantin mayor, nombrado la Victoria, el lunes adelante que se con-
taron 11 dias del mismo mes de Setiembre. Dios nos llevo despues que nos
dejaron las calmas en dos dias directamente d la nueva ciudad de Cddiz
en Cubagua, donde hallamos k los companeros que vinieron en el bergantin
San Pedro y no fu6 poca la alegria .... En esta ciudad, donde ahora
estamos, habemos sido recibidos de los pocos vecinos que al presente hai en
ella, como suelen los buenos padres recibir k sus hijos. Oviedo a. 0. IV.
S. 572 und 573. Gaspar de Carvajal ging von Cubagua nach Margarita, um
dort auszuruhen; Oviedo sprach ihn nicht.
Dass Orellana, der durch die Orinoco-, nicht durch die Amazonas-Mündung
ins atlantische Meer kam, die Dorado-Nachricht kannte und in Cubagua
erzählte, bestätigt eine eigenthümliche Notiz bei Herr er a (a. 0. III. S. 381):
Orellana certificö que no era el rio Maranon, segün dijeron los de Cubagua
y muchos le llaman el Dorado. Ueber die Amazonen-Nachricht von Orellana
sagt Castellanos: Orellana publicö entonces la gran patrana de aquellas
invencibles Amazonas (158), tuve de lenguas gran noticia y para las hablar
gran pericia (157). Los de Espira allegaron al rio Papamene donde dejaron
unas estriberas y cosas que memoria no retiene y estas hallö Francisco de
Orellana en aquel rio que su nombre gana (221) Alonso Esteban k quien
tambien yo tuve por amigo, se podia vender por buen testigo de la Jor-
nada (156).
Den Plan der späteren Unternehmung theilt Prescott, PerüII. S. 163
mit; die Kapitulation steht Coleccion etc. VII. S. 552 ff. und XXIII. S. 98 ff.
Den auf der Fahrt erfolgten Tod — Herrera a. 0. IV. S. 169 — lässt
Castellanos nicht unerwähnt (158): Despues vfmos su mujer afligida y toda
la gente perdida.
31) Alonso Luis de Lugo, — vergl. Anm. 14 — dessen vorausgesandter
Vertreter schon am 25. Juli 1541 in Santo Domingo ankam, hatte besondere
Instruktionen. Herrera (a. 0. IV. S, 13) sagt zum Jahre 1541: En la pro-
vincia de Santa Marta no se guardaba lo que tocaba k hacer esclavos ; el rei
mand6 k Lugo que so graves penas no se hiciessen, aunque los Indios fuessen
tomados en guerra justa. De esto, paraque mejor se cumpliese, se di6 noticia
k todas las justicias. Uebrigens findet sich ein schon vom 11. December 1537
datirender Befehl, Lugo in Sevilla zu verhaften, in der Coleccion etc. XLH.
8. 538.
Lugo war Mai 1543 zu V61ez in Neu-Granada und schon am 11. Oktober
1544 wieder an der Küste von Espafiola, vergl. Oviedo a. 0. H. S. 373
bis 376; das Datum der Ankunft in V61ez verwechselt Piedrahita a. 0.
Sogamoso. 257
S. 368 mit dem des Beginnes der Magdalena-Fahrt; letzterer fällt in den
Anfang von 1542. Den Aufmarsch nach Neu-Granada, an dem Castellanos
Theil nahm, beschreibt nach dessen viertem Buch Piedra hita a. 0. S. 368fF.
Vergl. auch Plaza a. 0. S. 130. Lugo verkaufte nach R o d r i g u e z Fresle
a. 0. S. 54 die Kühe für 1000 Goldpesos das Stück.
Auf Lugo's Fahrt lernte Castellanos besonders Francisco Salguero
kennen: Lugo le nombrö capitan; el y su mujer Juan Macias ofrecieron
en medio de sus dias — 1578 — ä Dios todo su ser y su hacienda, plantando
un ilustre monasterio (203). Marschall Jimenez sagt 1576: En Tunja tiene
de comer medianamente, tiene 203 pueblezueios, habrä en ellos 200 Indios.
Rodriguez Fresle nennt Salguero encomendero de Mongua, persona
principal, es fama que tiene el convento de Santa Clara pasadas de 300
monjas. Piedrahita a. 0. S. 227 sagt: ordinariamente hai mas de 100
monjas de velo negro.
Beim Rückzug ernannte Lugo, als Verwandten, Lope Montalvo de Lugo
zu seinem Vertreter; über diesen sagt Oviedo y Bafios a. 0. S. 31: era
natural de Salamanca, pas6 al Nuevo Reino y desengaiiado con los reveses
que le jugo la fortuna, se volvio k Espana d gozar con quietud de un
mayorasgo que habia dejado en su patria.
Oviedo (a. 0. IL S. 190 und 378) sah Lugo 1548 als Gefangenen
in Madrid ; die gegen diesen von Las Casas gerichtete Klagschrift datirt schon
vom 15. September 1544, vergl. Fa^i6 a. 0. I. S. 116.
32) Sog'amoso oder Soamös ist einer der wenigen alten Machthaber,
der dem Tode entging; Castellanos reimt (213): Sogamoso, en aquellas
sazones poderoso. Bei Oviedo a, 0. IL S, 361 sagen Sanmartin und
Lebrija in ihrem Schreiben von 1539: Estando el real en el pueblo de Tunja
se tuvo nueva de otros dos caciques, el uno se llama Duitama — vergl.
Anm, 64 — y el otro Sogamoso . . . en el pueblo de Sogamoso se hallaron
colgados en unos oratorios que tienen, hasta cantidad de 40 000 pesos de oro
fino y algun oro bajo y piedras; no se hallaron Indios algunos, porque
estaban alzados. In demselben Jahre schreibt Federmann (a. 0. S. 321):
la casa de Meta ya no tiene santos, porque los de Santa Marta los llevaron
en costales, que fu6 el sanctuario que essos llaman de Sogamoso, donde se
hallo despues de haber llevado los Indios lo mejor e lo que quisieron
aquellos 50 000 pesos. Der Bericht von Jimenez, den Oviedo 1548 empfing
(a. 0. S. 398) : En el valle, dicho Sogamoso, se tomaron 60 000 Castellanos,
poco mas o menos en los sanctuarios o casas de oracion del pueblo.
Piedrahita (a. 0. S. 174) erzählt nun: Sugamuxi, cacique de la pro-
vincia de Iraca y pontifice mAximo de los Mozeas ... recibiö el agua del
bautismo, trocando el nombre de su gentilidad en el de Don Alonso, ä quien
dice Castellanos haber conocido algun tiempo y ser mui liberal y maiioso en
ganar las voluntades de los jueces, y refiere de el que estando con una mujer
viuda espafiola y hablando con sentimiento de la muerte de su marido por
remate de pesame le dijo algunas palabras. Piedrahita schliesst hieran
Festschrift der Hamburgischen Amerika-Feier II. 17
258 Anmerkungen zum Castellanos.
eine offenbar von Castellanos fingirte Rede. Auch Zurita (Anm. 42) lernte
den Sogamoso kennen.
Acosta a. 0. S. 188 und 229 sagt: De Sogamoso hacia los Llanos
habian construido los habitantes un ancha calzada de la cual se veian todavia
restoß k fines del siglo l?*'. Ueber die Sogamoso-Geschichten , die Pedro
Simon erzählt, siehe Henri Ternaux Compans, Essai sur l'ancien Cun-
dinamarca (Paris 1842) S. 14.
33) Korsaren-Ueberfälle überseeischer spanischer Häfen, meist Folgen
der europäischen Kriegsläufte, bisweilen aber auch Ausgeburten des Neger-
sklaven-Handels, kommen seit 1527 vor. Vergl. Oviedo a. 0. I. S. 611.
Castellanos beginnt mit denen der vierziger Jahre, kennt aber nicht die ersten,
z. B. nicht den vom Mai 1541, vergl. Coleccion etc. I. S. 583, oder den des
Franzosen Robert Baal von 1543 — damals war die Lugo'sche Expedition
gerade aufgebrochen.
Die Plünderung von Santa Marta geschah am 17., die von Cartagena
am 27. Juli. Vergl. Herrera a. 0. IV. S. 123; Piedrahita a. 0. S. 385
und 386; auch Benzoni a. 0. S. 100 — 107. Dagegen nennt Castellanos
folgende Fälle :
1544: Llegaron 4 la costa del Cabo de la Vela cierto dia navios
bien armados de los Franceses, el enemigo tratö de echar geute en
tierra, aunque viendo la determinacion de los nuestros . . GouzÄlo Suärez
moströ por hechos y por boca sagacidad y pecho de valiente vino todo k parar
en comprar de los Franceses haste 70 negros que llevaban (251), vergl.
Herrera a. 0. IV. S. 204. Simon a. 0. S. 373. Piedrahita a. 0.
S. 434 und 435.
1546, Juli 24: vispera de Santiago llegaron tres navios con gente de
Francia al puerto de Cartagena . . . entraron sin que fuesen sentidos, desem-
barcaron u. s. w. (423 und 424); Pedro de la Gasca, Vicekönig von Peru,
war kurz zuvor in Santa Marta gewesen, erfuhr in Nombre de Dios den
Ueberfall und rüstete, um der Stadt zu Hülfe zu kommen, die jedoch Nach-
richt sandte, dass sie sich selber geholfen. Vergl. auch Benzoni a. 0.
S. 106 ff.
1555: el corsario Pedro Braques hizo la invasion en la ciudad de Santa
Marta por fines de este ano con cinco embarcaciones. Vergl. Piedrahita
a. 0. S. 528 und 596.
1555 : El cruel frances Jacques de Soria, primer pirata, lleg6 k la isla
de Margarfta u. s. w. (153.)
1559: vinieron k Cartagena un pirata que se dijo Don Juan y un
Martin Cote: Si el gobernador, Juan de Bustos, no se rijiera, se hiciera de
parte de nuestros buen efeto. Nuno de Castro, viendo su parecer ser mal
admitido . . en pocos dias la gran tristeza le quitö la vida .... Prendieron
gentes imbeles y no cuantos Indios . . . y me hall6 cuasi presente (436).
1565, Juli: los naos de John Acle, ingl6s corsario, se venian acercando
k Cartagena, once potentes ; pretendia vender 100 esclavos de los cuales traia
buena copia . . . determin6 salir de la bahia (437 — 440).
Santo Domingo. 259
1567, September: Corsarios Franceses y Escoceses llegaron k la ciudad
de Coro, vergl. Simon a. 0. S. 575.
1576: la ciudad de Santa Marta fue incendiada i saqueada; vergl.
Plaza a. 0. S. 217.
1586, Februar 9 : discurso del capitdn Francisco Draque, de nacion
ingl^s . . comienza desde el segundo canto, en cuyo tiempo este corsario vino
k la ciudad de Cartagena (444). Eitter Francis Drake segelte am 15. Sep-
tember 1585 von England aus und kam am 28. Juli 1586 in Plymouth wieder
an; die Details über die Plünderung von Cartagena, welche spätere neu-
granadische Geschichtsschreiber geben — z. B. Plaza a. 0. S. 222^ — 225 —
scheinen aus Castellanos entnommen zu sein, dessen Beschreibung nur in dem
nach Spanien gesandten Exemplare vernichtet sein wird.
34) Santo Domingo hat Castellanos nur einmal gesehen; er kam über
den Hafen von Santiago de Cuba, dessen Einrichtungen ihm nicht gefielen
(71), dahin.
Den dortigen Bekanntenkreis charakterisirt Castellanos folgend ermassen:
Hai alla tan buenos poetas que su sobre pudiera dar valor k mi obra: Diego
de Guzmän j Juan, su primo, el canonigo Liendo Arce de Quirös; tres
vecinos conoci tambien que pudieran alentarme : Villasinga, el doto Bejarano
(vergl. Anm. 24) Lorenzo Laso u. s. w. (45). lieber Hortal's Schicksale redet
Castellanos an anderer Stelle (125). Los descendientes de grandes capitanes,
como son los Lebrones, Agueros, Mendozas, Manriques , no cuento a causa de
faltar conocimiento (45); diese Stelle zeigte, dass Castellanos den vornehmen,
der Vicekönigin Maria von Toledo näher stehenden Kreisen fern blieb.
Die königliche Eegierung in Santo Domingo ward schon 1510 eingesetzt,
tritt aber selbständig erst nach dem Tode von Diego Colon (23. Februar
1526) hervor; ihr erster Präsident war (bis 1530) Sebastian Bamirez de
Fuenleal. [Ueber dessen Versetzung nach Mexiko Anfang 1530 und Eückkehr
nach Santo Domingo 1531 vergl. Helps a. 0. HI. S. 195 — 198. In letzterem Orte
befürwortete er am 11. August 1531 freie Negereinfuhr für Espariola, Cuba
und Puerto-Eico : Debese mandar puedan traerlos todos libremente ; pagando
solamente los derechos de almoxari fazgo. Vergl. Herrera, Historia III.
S. 29.] Der zweite Eegierungspräsident war Alonso de Fuenmayor, der mit
grossen Unterbrechungen das Amt von 1533 — 1560 bekleidete; er baute die
Stadtmauer. Vergl. Alcedo a. 0. IL S. 31 und 33.
[Fuenleal war es vor Allem, welcher die ersten Klagen gegen die
Weiserischen richtete; sie betrafen nach Herrera, Historia IV. S. 134 ins-
besondere zweierlei :
1. Los Alemanes ponian tal estanco en las mercancias j cosas del
vestir, que era cosa inhumana; dabei wird bemerkt, dass ein Fass Mehl
(harina) 40 Goldpesos gekostet habe, woraus die fabelhafte Notiz über
Häringe, welche die deutschen Bearbeitungen immer wiederholen, ihren Ur-
sprung herleitet.
2. Los Alemanes llevaban cantidad de Indios para naborias que les
servian para llevar el fardaje de las entradas y que se repartian entre los
17*
260 Anmerkungen zum Castellanos.
criados y amigos del gubernador dejando los benem^ritos sin nada, sin la
intervencion de los oficiales reales ni de los eifriges conforme k la orden
del rei.
Die formelle Seite dieser Differenzen ergiebt sich aus dem folgenden
Satz: Los oficiales de la Provincia de Venezuela habian diferencias con Am-
brosio Alfinjer por muclias cosas ; para allanarlas le habian pedido las instruc-
ciones reales, pero no las quiso mostrar.]
35) Gonzälo Fernändez de Oviedo y Vald^s, geboren 1478, gestorben
1557, gehört zu den persönlichen Bekannten von Castellanos. El cronista y
el tercer alcalde del castillo de Santo Domingo que yo conocf bien de trato
y vista (45) ; el buen Oviedo pone por historia cosas dignas de memoria (56).
Die Bekanntschaft wurde in der Zeit gemacht, in welcher Oviedo — seit
1533 Schlosshauptmann — am eifrigsten ftir sein grosses Geschichtswerk
arbeitete; diese Periode beginnt nach der neunten Oceanreise (Mitte Januar
1536) und endet mit der zehnten (Anfang August 1546). Die erstgenannte
Reise erfolgte sofort nach der Drucklegung des ersten Theils der Historia
general y natural de las Indias, islas y tierra firme del Mar Oceano (Sevilla
1535); die neue Ausgabe von Jose Amador de los Rios (Madrid 1851)
lässt die dem ersten Theile nach 1535 hinzugefügten Zusätze nicht ersichtlich.
Dass Castellanos jenes Werk gekannt und für die ältere Zeit mehrfach
benutzt hat, ist schon von Munoz a. 0. S. 21 hervorgehoben worden; es
ist aber nicht bloss im Einzelnen benutzt, sondern in der ganzen Anordnung
Vorbild gewesen.
Für die Annahme, dass Castellanos auch die frühere Schrift von Oviedo:
Sumario de la historia natural de las Indias (Toledo 1525) - neueste Ausgabe
von Vedia a. 0. I. S. 471 — 515 — gekannt habe, liegt kein Grund vor.
36) Die Citurma-GrCg-end war eine der Lieblingsstätten von Castellanos.
Der Name Soturma, Saturma, Citurma, Citarma ist noch jetzt nicht ganz ver-
gessen; vergl. P6rez a. 0. 571 und kommt schon früh vor; siehe Petrus
Martyr, Decades de novo orbe (Paris 1587), Decas IIL S. 224, 226, 236
und Martin de Navarrete, Coleccion de los viajes y descubrimientos
(Madrid 1826) III. S. 108. Castellanos hat den alten Namen nur selten
(195 und 352); Oviedo (a. 0. II. 8. 132) kennt bloss einen Rio de Seturma.
Von den Ortsnamen der Citurma-Gegend finden sich auf der Karte von
Agustin Codazzi, die in diesem Theile den englischen Admiralitätskarten
.entnommen ist, Guachaca und Mendigusca, sowie Marona in der Form von
Maromas (Seile) und Buritaca, ein sonst auch oft genannter Ort, vergl, z. B.
Herrera a. 0. IV. S. 217. Castellanos berichtet: Las gentes del Cabo
de la Vela determinaron ir k buscar minas en las faldas de las Sierras Ne-
vadas por estar k sus playas mui vecinas y de tiempos antiguos afamadas;
.hicimos los asientos en parte que se dice Buritaca (252, 255). Das Rothholz
von Buritaca rühmt Antonio Julian: La Perla de la Am6rica, provincia
de Santa Marta (Madrid 1787) S. 276.
Weiter sagt Castellanos: Nuestra gente determina labrar la quebrada
Diego Euiz de Vallejo. 261
vecina del pueblo de Maconchita (255); hicimos de nuevo rancherias entre
Tapi y el paso de Marona donde la Corona tiene pueblo (256). Guachaca
— Rio de Tairona — Paso de Marona: helo pasado sin ningun guia muchas
vezes y aun solo . . . yo me vi revuelto con la lama, escapeme de tigre por
llevar buen cavallo (265).
37) Diego Ruiz de Yallejo wird von Castellanos mit rühmenden
Worten überschüttet: hombre de buenas partes proveido (238), persona vir-
tuosa y dotada de grandisima templanza (239), valeroso y esforzado, en paz
y guerra de buen consejo; vive hoi con valor y santo celo en Venezuela con-
tador real (225, 238).
Er kam mit Dalfinger ins Land — vergl. Oviedo y Banos a. 0. S. 13 — ,war
mit Navarro in Maracapana (225), ging nach Cubagua und kam zu Caravajal's
Zeit mit Villegas und Losada nach Coro zurück, hielt zu Hütten und flüchtete
vor Caravajal (235 — 257). Dann lernte ihn Castellanos kennen: se le des-
pacha para el Eio de la Hacha por los 48, fue navegando costa peligrosa, se
le diö lo conqiiista de Cuicas (238 und 239).
Diese Expedition gegen die Cuicas ist in den späteren Geschichtsbüchern
von Venezuela fast ganz vergessen worden, Oviedo y Banos sagt aber
noch gelegentlich (a. 0. S. 143): El ano de 1549 Vallejo entrö ä descubrir
unas minas de oro que se decia haber en el valle de Bocono, en la provincia
de los Cuicas, que demora al poniente de la ciudad de Tocuyo y se estiende
por mas de 30 leguas de tierra toda doblada, corriente de Norte a Sur desde
las sierras de Merida que llaman pdramos de Serrada, para la ciudad de
Carora. Von Vallejo's 30 Begleitern führt Castellanos mehrere nament-
lich an, darunter die früheren Weiserischen Juan Dominguez Antillana
und Damian de Berrio (240) ; er schildert auch die ßoute : la rota de Carache
va por Bocono y Aborrenzais corriendo; un Indio Combute que con Carache
tenia competencia sirviö de guia 4 la ciudad de Escuque (240 — 242). lieber
letzte schreibt S i m o n a. 0. S. 393 : Escuque era poblacion grande puesta en
un lugar alto ä las vertientes del rio Mototan que tiene su nacimiento al
Norte en las cumbres de los päramos de M6rida que hoi llaman los paramos
de Serrada y pasando por el valle que dicen de Corpus Christi que es la pro-
vincia de los Tomotes, vacia sus abundantes aguas en la laguna de Maracaibo,
cerca del puerto de Barbacoas. Statt Tomotes ist Timotes (242) zu lesen. An
der besprochenen Stelle gründete Diego Garcia de Paredes 1556 die Stadt
Trujillo. Beim Hauptkampfe erscheint ausser Carache, Escuque und Bocon6
auch Ameruza; die Gottheit der Cuicas heisst Icaque, deren Priester Toy.
Von Vallejo wurde nach Castellanos der Hauptweg für den Viehtransport
von den Llanos Venezuelas nach den neu-granadischen Hochebenen gefunden :
Vallejo determinö, seria de grandisima ganancia, si por los llanos hacia
Guayamaca se pudiese hallar entrada k este Nuevo Reino de Granada, pro-
curo descubrir aquel Camino y fue tan venturoso, que con brevedad al Reino
vino : vendieron principal y multiplicos y k sus moradas se volvieron ricos . . .
desde entonces se estampö contrato de que gozamos todos este dia (243 und
262 Anmerkungen zum Castellanos.
244). Hiermit ist die vielfach, zuletzt von Codazzi a. 0. S. 419 wieder-
holte Notiz zu vergleichen : Un habitante de Tocuyo, Cristöbal Kodriguez, fu6 el
primero que logrö introducir ganado en Santa F6 y en los Llanos en 1548.
38) Die Nachrichten über die Welser, welche Castellanos 1550 in Nuestra
Senora de Kemedios empfing, lassen sich, trotz späterer Ueberarbeitung (Anm. 60)
ziemlich deutlich erkennen:
Padre Juan Fructos de Tudela que yo tuve por amigo (211), Be-
gleiter von Bischof Bastidas, zugegen bei Esteban Martin's Tode (220), bei
Hutten's Tode (227, 238); ha poco que viö postrera hora (224). Vergl.
Anm. 13.
Martin de Artiaga, viscaino, persona de gran cuenta(211), me diö la
relacion de esta jornada mas largamente, no se con que lengua satisfaga meritos
de varon tan escelente; hoi vive en Coro (197); vivo tenemos este dia, varon de
fe que se hallö presente (233). Er war mit Hohermuth (211, 216, 223) und mit
Hütten (227, 231 — 234) ; eine schwere Verwundung ist ausführlich (235) be-
schrieben; die Anwesenheit bei Hutten's Hinrichtung besonders hervorgehoben:
Artiaga pide testimonio de toda la tragedia . . . mändolo luego dar (238).
Diego deMontes, celebre varon enmedicina que de hierbas hallö grandes
secretos; obraba salutiferos efetos (211). Vergl. über ihn Simon a. 0. S. 391
zum Jahre 1554, Ovied o y Banos a. 0. S. 316 zum Jahre 1572. Letzterer
sagt (a. 0. S. 104): Muriö vecino de Tocuyo hombre tan singular que . . .
llegö a conseguir el renombre de venerable : apelativo con que fue conocido
y tratado en toda esta provincia, grangedndose tal estimacion en ella que sus
palabras se llegaron k apreciar como si fueran oräculos.
Bartolom6 de Santillana despues yo tuve por amigo (196, 210);
über seine Vertretung Dalfinger's spricht auch Oviedo a. 0. II. 278.
Fernando de Beteta conocf donde moro de presente (189); Rio la
Hacha es, donde cuento (184).
De Jil de Nava, item de su mujer Isabel Ramos acuerdome, porque
bajaron desde Venezuela mucho despues al Cabo de la Vela (189).
Fernando Gallego tenemos hoi dia por vecino en este reino, donde
vino despues (185, 191).
Hieran schliessen sich folgende Stellen : Isabel, linda muchacha, la cual
yo vf morir ha pocos anos en el pueblo de Rio de la Hacha, casada, con
hijos y con nietos (81). — Padre Ayala era mi hu^sped en el Cabo de la
Vela que de Margarita llegö al Peru . . . comunicö conmigo su desino de
volverse al Peni (84). Andere Details über den damaligen Aufenthalt von
Castellanos mehrfach (z. B. 222).
Vergl. Anm. 12.
39) Juan P^rez de Tolösa, den Castellanos (238) als varon prudente,
bien intencionado, enemigo de gente sediciosa bezeichnet, kam Ende April
1546 nach Venezuela; Simon a. 0. S. 365, Herrera a. 0. IV. S. 247.
Piedrahita (a. 0. S. 449) sagt: Le pareciö que cuanto m6nos se confirmasen
sus disposiciones con las de los Alemanes, tanto mds bien miradas serian en
Die neuen indischen Gesetze. 263
el Consejo. Hierüber und über die Abberufung auf Antrag der Welser
— Juan de Villegas sollte sein Nachfolger werden — vergl. den königlichen
Erlass von Augsburg, 11. Februar 1548 (Colecciou etc. V, S. 518). Dieser
Erlass beweist, dass Oviedo j Baues (a. 0. S. 117) gleich seinen Vor-
gängern falsch berichtet, wenn er bei Gelegenheit der Entsendung von
Tolosa erklärt: por haber privado de la administracion de la provincia k
los Bel^ares, mediante las repetidas quejas y noticias con que Su Majestad
se hallaba de los irreparables danos, tiranias y desördenes, introducidos con
el Gobierno Aleman.
Tolosa nahm gleich nach seiner Ankunft nicht bloss Caravajal, sondern
auch Juan de Villegas gefangen; gab letzteren aber durch Spruch vom
25. September 1546 frei und ernannte ihn zu seinem Vertreter, während er
Caravajal, dessen Berufung an die Krone abgeschlagen wurde, hinrichten Hess.
Los complices del Caravajal, sagt Castellanos, yo vi despues libres y sanos . . .
Nombrö k Juan de Villegas su teniente y ä su hermano Alonso P6rez de
Tolosa por el en Coro residente .... Demas de gobernar ä Venezuela
tambien le vino comision y cargo para bajar al Cabo de la Vela y ser em-
bargo al pescador de perlas debajo la catölica tutela; porque su Majestad
E,eal queria quitar los Indios de esta grangeria (239). Proveyö de la pes-
queria de perlas Pablo Collado ninguno de los cuales hizo cosa, dejdndolos
en el primer estado (256). El gobernador partiose para el Cabo de la Vela
cerca del ano de 1550, muriö como viviö cristianamente y vilo yo que me
halle presente (239). Simon a. 0. S. 374 ergiebt, dass Tolosa auf der Reise
von Coro nach dem Vela-Kap verstorben ist. Oviedo y Banos a. 0. S. 127
sagt, dass der Sterbe- und Begräbnissort vergessen sei. ^
40) Die neuen indischen Gresetze, las nuevas leyes, veröffentlicht zu
Barcelona am 20. November 1542 — obra de cuarenta leyes que llamaron
ordenanzas, sagt Gomara a. 0. S. 250 — bildeten kein einheitliches Ganze;
sie wurden in Valladolid berathen und besonders auf Antrieb von Bartolome
de las Casas festgestellt, dessen Ernennung zum Bischof von Chiapa gleich-
zeitig erfolgte. Vergl. Fabi6, a. 0. I. S. 158 ff. ; auch Acosta a. 0.
S. 312.
In Neu-Granada wurden sie erst 1544 durch Bischof Martin von Santa
Marta (Anm. 15) bekannt. El cesar invictisimo enviö a este nuevo mundo
leyes . . . se cometieron sus ejecuciones k frai Martin, obispo (251); doch
liess sich besonders der Abschnitt über die Verwendung der Indianer
beim Perlenfang nicht durchführen (256), der bei Herr er a a. 0. S. 95
sich findet.
Miguel Diez de Armendariz, der diese Gesetze in Neu-Granada formell
publiciren und mit Gewalt durchsetzen sollte, erhielt ausführliche Instruktionen,
die Piedrahita a. 0. S. 404 mittheilt. Von Neu-Granada aus wirkten gegen
die neuen Gesetze besonders Domingo Aguirre und Fernando Vanögas Carillo,
vergl. Plaza a. 0. S. 141 und 163. Ueber Benalcäzar's gegen sie gerichtete
Vorstellungen von 1544 vergl. Acosta a. 0. S. 315 ff.
Für Neu-Granada wurde die Durchführung dieser Gesetze Miguel Diez
264 Anmerkungen zum Castellanos.
de Armendariz übertragen, welcher, trotz seiner geschleclitlichen Sinnlichkeit,
von Castellanos (426) als tüchtig anerkannt wird : varon de grandes letras, de
valor y circunspecto, no maculö su fama por dinero, ni de cudicia mala
fu6 subjecto , traia sobre 6 gobernaciones gobierno 5 trajo consigo Candidas
doncellas.
41) Die Audiencia von Neu-Oranada ward nach heimischen Vorbildern
schon 1547 angeordnet. Gomara (a. 0. S. 202) sagt: el ano de 47 puso
el emperador chancilleria en la Nueva-Granada, como estä, en la vieja de solos
cuarto oidores. Obwohl ohne Präsidenten, wurde sie in Gemässheit eines
Kronerlasses, d. d. Valladolid, 17. März 1549 in der bei Empfang des könig-
lichen Siegels üblichen Form eröffnet.
Piedrahita sagt (a. 0. S. 471) zum Jahre 1550: Salieron cn 7 de Abril
al ultimo burgo de la ciudad, en que de presente esta fundado el convento
de San Diego y desde alli en una hamaca blanca . . . reata de terciopelo
carmesf que llevaba un regidor de la rienda, pusieron un curioso cofrecillo en
que iba el sello real, cuya representacion magestuosa cubrian con un rico
palio los demas regidores, que vestidos de ropa de chamelote llevaban las
varas; los dos lados del sello ocupaban los oidores, puestos k eaballo y k estos
por la parte de afuera los dos alcaldes ordinarios : Gonzälo Garcia Zorro y
Juan de Avellaneda. lieber die Vorverhandlungen vergl. Herr er a a. 0. IV.
S. 277, Plaza a. 0. S. 164 ff.
Los tres oidores pasaron de Cartagena k Mompos, donde murio el
licenciado Gutierre de Mercado que llevaba la antiguedad, no sin sospechas
d# veneno que un m^dico llamado Vera le ministrö en la purga, como ad-
vierte Castellanos (4 parte, canto 21); y pasando Juan Lopez de Galarza
y Beitran de Göngora, que fueron los campaneros, entraron en Santa F6 por
fines de Marzo: Piedrahita a. 0. S. 470. Daselbst auch das Verzeichniss
der ersten, von der Audiencia ernannten Beamten, unter denen Alonso Tellez
hervorzuheben ist. Die erste Sitzung fand am 13. November 1550 statt;
vergl. Rodriguez Fresle a. 0. S. 58.
Von den späteren Mitgliedern der Audiencia ist nur der aus Guatemala
berufene Tomas Lopez Medel zu nennen, der sein Bogotder Amt am 30. August
1557 antrat — vergl. Plaza a. 0. S. 192 — und ein eigenthUmliches Buch ge-
schrieben hat: de los tres elementos, aire, tierra, agua, cn que se trata de
las cosas que en cada una de ellas k cerca de las occidentales Indias naturaleza
engendra y produce. Siehe Henri Ternaux-Compans, Recueil des docu-
ments et mömoires sur l'histoire des possessions Espagnoles dans l'Am^rique
(Paris 1840) S. 81.
Ueber die Audiencia spricht sich Castellanos oft bitter aus, z. B. (224):
La confusion que de presente vuela por el miserable Nuevo Reino (224),
Delirant reges, plectuntur Achivi (548). Erst 1564 erhielt die Kollegial-
behörde ein Haupt, vergl. Anm, 53; besondere für sie bestimmte königliche
Verordnungen erwähnt Herr er a (a. 0. IV. S. 421 und 422) zum Jahre 1554.
Alonso de Zurita. Die Ramada-Gegend. 265
42) Alsonso de Zurita, für die Provinzen Cabo de la Vela, Santa Marta,
Cartagena und Nuevo Reino Verantwortungsrichter, d. h. Juez de Residencia,
war 19 Jahre im spanischen Indien gewesen, als er, nach Spanien zurück-
gekehrt, das Buch schrieb, welches seinen Namen unter die Alt-Mexiko be-
handelnden Quellenschriftsteller stellt: Rapport sur les difFerentes classes de
chefs de la Nouvelle Espagne u, s. w., übersetzt bei H. Ternaux-Com-
pans, Voyages, relations et memoires pour servir ä l'histoire de la decouverte
de l'Amerique, II. Recueil, Vol. I. (Paris 1840). Dort heisst es (S, 3): J'ai
servi les deux preraieres annees Votre Majeste ä Saint Domingue en qualite
de auditeur, les trois suivantes ä la Nouvelle Grenade, a Sainte Marthe, a
Carthagene et ä Cabo. de la Vela, oü d' apres les ordres de Votre Majeste
j'ai ete installer le gouverneur de ces provinces. De retour ä Saint Domingue,
oü j'avais ete remplir mon emploi, je re^us des lettres de Votre Majeste par
lesquelles eile me fit la grace de m'ordonner de la servir en qualite d'auditeur
pres l'audience des Confins (Guatemala) oü je residai trois ans ... Je partais
pour Mexico, oü Votre Majeste m'avait ordonne d'aller occuper le möme
poste. Aujourd'hui, me trouvant sans emploi, de retour en Espagne ...
Castellanos estaba en el Rio de Hacha al tiempo que alli tomo puerto
el licenciado Zurita, acompanado como el dice, de Luis Lanchero, Läzaro
Lopez de Salazar, Francisco Arias Jimenez, Diego Diaz y otros quejosos de
Armendariz, sagt zum Jahre 1550 Piedrahita a. 0. S. 472. Seine An-
wesenheit am Cabo de la Vela erwähnt Zurita selber (31), ebenso andere
Momente aus seinem Leben in Neu-Granada (a. 0. S. 30, 285, 402) ; in diesem
Lande war er 1550 — 1553; da er zuvor nur zwei Jahre auf Espanola sich
aufhielt, sind hiernach die Jahreszahlen von Ternaux-Compans (a. 0.
S. X) zu berichtigen.
Der spanische Text obiger Schrift findet sich in der Coleccion etc.
II. S. 1 — 126 abgedruckt; dort ist (FV. S. 460) Zurita in einer Urkunde von
1563 erwähnt.
Ueber sie sagt William H. Prescott, The History of the conquest
of Mexico I. (London 1843) S. 44: No one had better means of knowing
than this eminent Jurist, who for 19 jears held a post in the Royal Audiences . .
he manifests a sound and discriminating judgment and is very rarely betrayed
into the extravagance of expression so visible in the writers of the time and
his temperance combined with bis uncommun sources of Information, makes
his work one of the highest authority on the limited topics within its ränge.
Seine Milde zeigte Zurita, ein Gesinnungsgenosse von Las Casas (a. 0. S. 275,
285 und 402), in Neu-Granada auch Armendariz gegenüber, der erst durch
Juan de Montano, einen erklärten Feind von Castellanos (433 und 502), un-
gerechter Weise gestürzt wurde ; über ihn vergl. auch den Ausspruch von
Castellanos, den Piedrahita (a. 0. S. 514) wiederholt.
43) Die Ramada - Oegend wird in den älteren Quellen viel genannt.
Oviedo (a. 0. 11. S. 132) kennt einen Rio de la Ramada und verzeichnet
ihn auch auf seiner Karte zwischen La Vela und Orino. Castellanos sagt
von dieser „Laubhütte" (264) : antigua noticia dice ser grande poblacion y
266 Anmerkungen zum Castellanos.
gente rica. Von den älteren Ortsnamen, die dieser giebt, haben sich nur
wenige erhalten, z. B. Dibulla, Macoira. Vergl. Emil Reclus, Voyage a
la Sierra-Nevada de Sainte-Marthe (Paris 1881) S. 229, 248 xind 313; be-
merkenswerth sind die Namen Coriana, Guaymaro, Paraguanil, Maracarote,
Caraubare, Marubare, Arobare; se v^ asientos viejos cuya madera es incor-
ruptible (264, 296).
Der in der Kamada belegene Ort Nueva-Salamanca wird von Alcedo
(a. 0. IV. S. 395) irrthümlich auf das Jahr 1545 zurückgeführt. Piedra-
hita (a. 0. S. 435) sagt aber schon: Hoi permanece despoblado su asiento.
[In der ßamada lagen dos pueblos principales, uno que se llama Tapi
y otro Beriburari, vergl. Coleccion etc. III. S. 502. La Ramada estä en el
Valle de Upari sagtHerrera, Descripcion etc. S. 33. Alcedo a. a. 0. ver-
legt die poblacion en el valle de üpar, en la falda de la Sierra Nevada y
orilla del Rio de la Enea; fundada por el capitan Luis de Maujarres el ano
de 1545. Der ältere Name bezieht sich auf eine weitere Gegend, nicht bloss auf
diese jetzt Dibulla heissende Ortschaft. Castellanos (264) erklärt : el Rio de
la Hacha es la frontera de la Ramada , tierra de grandisima riqueza y cul-
tura. Die Gegend zwischen Rio Hacha und La Vela wurde später de los
Remedios genannt; Bar nett The West India Pilot I (London 1872) S. 150
sagt noch : Nine miles from the Castilletes Point is the little hill of Remedios.]
44) Das Land Eupari, Upari, Eupar, Upar — nicht Cupari — ist seit
Alters bekannt: asi llamado por un gran cazique que le senorea que en su
lengua significa Rio seco 6 Agua seca, sagt Herrera a. 0. IV. S. 325. Es
trägt bei Castellanos schon den Namen, der in Valle d'Upar sich erhalten
hat: el valle auf der von Oviedo zu Band II gegebenen Karte; es ist am
besten erkennbar auf der Karte, die Reclus a. 0. vorlegt; mit ihr ist
Striffler, Esploracion en el Estado del Magdalena (Cartagena 1876) zu
vergleichen, wo es heisst : El puerto de Rio Hacha dista solo 3 dias de
marcha del valle Dupar i el camino terrestre que pone en comunicacion
dichos puntos, pasa cerca de poblaciones que ofrecen recursos. Castellanos
sagt: Del valle de Upar fuf yo de los primeros pobladores y alli padeci
trabajos .... Boronata diö del indole de oro gran noticia . . no faltaron
despu^s buenos ventores , trabajö su pedazo Castellanos , pero tambien sus
pasos eran vanos. En tiempo mio Fernan Sanchez descubri6 en antigua
sepultura una olla con cuantidad de oro . . El oro de Vasconia fu6 buscado
por Francisco Vanegas (202, 203 und 205). In seinem vierten Buch handelte
Castellanos bei Gelegenheit der Expedition von Lebron ausführlich über
Pedro Blasco Martin Labrador, was Piedrahita a. 0. S. 230 ff. fast
wörtlich ausgeschrieben hat. Beachtenswert!! ist die Gebirgsbezeichnung
in den Stellen: alrededores hasta las Sierras dichas de Herrera (202) und
tierra entre el mar y sierras de Herrera y el Rio de la Hacha por frontera
(264); la tierra que llaman de Herrera kennt auch Piedrahita (a. 0. S. 370).
Diese Sierra de Herrera erscheint bei Reclus a. 0. S. 227 als Sierra negra.
Herrera (a. 0. IV. S. 326) sagt: El ano de 1540 huvo una general
Pedro Fernändez de Bustos. Das Erzbisthum Santa Fe. 267
enfermedad de sarampion y juntamente la plaga de langosta y se tuvo por
cierto, que la yerva que habia tocado la langosta, mataba a qualqnier animal
que la comia y esto se entendia asi porqne raui presto se viö mui desminuida
la multitud de tigres, leones, venados y dantas que habia.
45) Pedro Fernändez de Biistos hatte in Neu-Granada eine bunte Lauf-
bahn, auf welcher er mehrfach mit Castellanos zusammengetroffen ist, der ihm
später ein Eulogion gewidmet hat (442 — 444) ; vergl. Anm. 65.
En Santa Marta donde yo vivia, saliö del buque Don Pedro Fernandez
de Bustos, mal parado^ vi al general Bartolome Carreno con harta gente y el
mismo me conto lo que cuento por ser de los antiguos en conoeimiento. A
don Pero Fernandez, le dieron el gobierno del hermano; alli lo consuela con
matrimonio su loada doiia Micaela (443). Die Ankunft in Santa Marta er-
folgte am 6. Februar 1553; siehe Coleccion etc. XLI, S. 431. Ueber Garcia
de Bustos handelt Castellanos öfters (z. B. 502); vergl. Piedrahita a. 0.
S. 520.
Fernandez de Bustos verwaltete mehrmals die Landeshauptmannschaft
von Santa Marta (Anm. 14) und die von Cartagena (Anm. 50), sowie andere
zeitweilige Aemter, z. B. 1559 das des Justicia mayor in Ibague und Mari-
quita; vergl. Piedrahita a. 0. S. 558.
Castellanos verdankte ihm später wichtige Materialien: En este tiempo
fue con gobierno en Santa Marta Pedro Fernandez de Bustos cuyas virtudes y
proezas merecen pluma de mayor esencia y asi por su valor el rei ordena que
pase ä gobernar Cartagena (319); buscö las mas veraces relaciones que son
sonoros cantos de mi canto (442).
1574 wurde Fernandez de Bustos endgültig Landes - Hauptmann von
Cartagena (442). Vergl. Anm. 50 und 65.
46) Das Erzbisthum Santa F^ ist von Papst Pius IV. durch Bulle vom
17. April 1563 errichtet; Castellanos (318) nennt zwei Erzbischöfe:
a) Juan de los Barrios y Toledo, Franciskaner(318), vergl. Anm. 15. Dieser
kam 1553 nach Santa Fe de Bogota, nicht 1554, wie Acosta a. 0. S. 343
angiebt. Trajo consigo mis padres sagt Rodrig uez Fr e sie (a. 0. S. 61),
der einen Hexen - Verfolgung betreffenden Erlass (a. 0. S. 72) mittheilt.
Celebrö constituciones sinodales que se promulgaron en Junio de 1556; he
visto algunas vezes las acciones de 6ste sfnodo y verdaderamente se dispusieron
en el cosas mui justas, sagt Piedrahita a. 0. S. 539. Ueber seine Be-
gleitung bei der Ankunft in Santa Fe derselbe S. 506 ; über seinen Aufent-
halt in Peru siehe Coleccion para la historia de Espafia L. (Madrid 1867)
S. 7. Das Pallium für ihn kam am 29. Mai 1569 in Cartagena an; er starb
aber schon am 12. Februar 1569; vergl. Eodriguez Fresle a. 0. S. 69.
Francisco Adame, natural de la villa de Serena, gobernö este arzobispado
con gran prudencia hasta Abril de 1573, puso en esta iglesia metropolitana
la primera piedra d 12 de Marzo de 1572; vergl. Rodrig uez Fresle
a. 0.
268 Anmerkungen zum Castellanos.
b) Luis Zapata de CÄrdenas — gran perseguidor de fdolos y santuarios,
le daremos mas profundo elogio, si nuestra vida se dilata (318), llego por
Abril de 1573, enriqueciö la iglesia por la cabeza de Santa Isabel, reina de
Ungria, que es patrona de todo el Reino, vergl. Kodriguez Fresle a. 0.
Von ihm ward 20. August 1583 das Provinzialkonzil eröffnet*, 1587 ging er
nach Tunja. Calificö los milagros de Nuestra Senora de Chiquinquirä
llevando consigo para este efecto al licenciado Don Lope Clavigo, arcedeano
de esta Catedral i comisario del santo oficio, letrado, teölogo i k Don Miguel
de Espejo tesorero en ella i gran canonista. Vergl. liber jenen Anm. 49,
über diesen Anm. 73. Erzbischof Zapata starb am 24. Januar 1590. Orijinose
8U muerte de la caza k que era aficionado. Vergl. Kodriguez Fresle
a. 0. S. 84, 86, 156 und 167.
Alonso Lopez de Avila starb am 30. December 1591 in Santo Domingo,
Bartolom6 Martinez starb am 17. August 1594 in Cartagena. Weiteres im Alma-
naque de Bogota (Bogota 1866) S. 250.
47) Pedro de ürsua (geboren zu Navarra 1526) ist ein erklärter Freund
von Castellanos — si muchos le deben, yo le debo (83) — , der aber erst
Ende 1551 ihn als Justicia mayor von Santa Marta kennen lernte.
Vor die Bekanntschaft mit Castellanos fallen folgende Ereignisse : 1545,
Himmelfahrtstag, Ankunft in Santa Fe de Bogota und zeitweilige Uebernahme
der Regierung; 1547 Feldzug gegen die Guanes ; 1548 und 1549 Expedition
in das Land der Chitareros und Gründung der Stadt Pamplona; 1551 Feld-
zug gegen die Musos und Anlage der Stadt Tudela. Vergl. Herrera a. 0.
IV. S. 272, Piedrahita a. 0. S. 427—488. Castellanos sagt in den erhal-
tenen Büchern bloss: Poblö la ciudad k quien Hämo Pamplona, conquistö la
provincia de los Musos (156). Diese Züge für Dorado-Fahrten zu erklären,
wie Markham, Introduction u. s. w. S. 22 ff. thut, ist nicht gerechtfertigt,
obwohl Herrera (a. 0.) sagt : Miguel Diez de Armendariz pidiö que le
permitiese ir a descubrir el dorado.
Castellanos kennt Ursua seit Ende 1552. En Santa Marta recorrio la
Sierra, podrfame vender yo por testigo en el paso de Origua 6 de Rodrigo .,
allf caza Bondigua y alli Bonda, alH de Pocigueica y de Tairona (156).
Bischof Juan de los Barrios sah Ursua in der Nähe von Buritica in der Zeit
zwischen 6. Februar und 15. April 1553; er schreibt: Pedro de Ursua enviö
adelante ciertos soldados bisonos que acä llaman chapetones y no tenian in-
teligencia ni lengua de las costumbres de los Indios y hicieronlos algunas veja-
ciones y malos tratamientos, tomdndoles los raantenimientos y haciendas y
viendo esto, alzäronse 4 o 5 pueblos y mataron y hirieron 4 algunos Espaiioles.
Yo rogu6 y exort6 y aun requeri k este capitan que no hiciese la entrada y
no quiso dejarla k bacer. Die Urkunde, d. d. Tamalameque 15. April 1533
in der Coleccion etc. XLI. S. 433.
Piedrahita (a. 0. S. 496 und 493), der Castellanos ausdrücklich zu
den zwölf Begleitern von Ursua auf der Taironaer Fahrt rechnet, wiederholt
eine offenbar dem ersten Buch von Castellanos entlehnte poetische Rede.
Aus dem Hinweis auf Theil IV Gesang 19, der bei Piedrahita a. 0. S. 447
Die Stadt Bogotd. Gonzdlo Jim^nez de Quesada. 269
steht, ergiebt sich, dass Castellanos später noch Ursua's Thaten in Neu-Granada
ausführlich beschrieben hat.
Nach den Kämpfen in der Sierra Nevada von Santa Marta begab sich
Ursua wieder nach Bogota und erst 1555 über Cartagena, Nombre de Dios
und Panama (156) nach Peru, wo er 1558 in Lima ankam und am 26. Sep-
tember 1560 den Omaguas-Zug begann, der als wirkliche Dorado-Fahrt schon
von dem Theilnehmer Francisco Vasquez bezeichnet wird, ebenso von Simon.
Vergl. die Uebersetzung von Simon (a. 0. S. 401-506) in William Bol-
laert, The expedition of Pedro de Ursua and Lope de Aguirre in search
of El Dorado and Omagua in 1560—61 (London 1861), besonders S 45.
Eodriguez Fr e sie (a. 0. S. 13) erzählt, dass sein Vater Ursua auf
seinen neu-granadischen Fahrten begleitet habe.
48) Die Stadt Bog-otä ums Jahr 1553 war kleiner als das damalige
Tunja und auch 100 Jahre später von geringen Dimensionen. Piedra hita
a. 0. S. 214 berichtet, dass zu seiner Zeit die Stadt 3000 europäische Ein-
wohner und 1000 Indianer zählte. Bogotä's ältestes Gotteshaus, der Humil-
ladero, soll am 6. August 1544, dagegen die Kirche der Franciskaner und die
der Dominikaner erst am 26. August 1550 geweiht worden sein; alle sonst
bekannten Kirchenbauten sind jüngeren Ursprungs. Charakteristisch ist ein
Schreiben von Frai Jerönimo de San Miguel, d. d. Santa Fe 20. August 1550,
aus dem Helps, a. 0. IV. S. 355, Note, Einiges mittheilt.
Ausser den ursprünglichen Oidores waren im Jahre 1553 noch zwei
andere in Bogota, nämlich seit Februar Francisco Briceno und seit Juni Juan
de Montano; vergl. Anm. 42 imd Piedrahita a. 0. S. 502, der das Datum
nach Castellanos, parte 4, canto 22 giebt. Die damalige Lage des Eegierungs-
gebäudes ist unbekannt, ebenso die Wohnungen der hervorragenden Persönlich-
keiten; sonst Lokales bei Acosta a. 0. S. 338, Note.
Die Zeit der Anwesenheit von Castellanos ergiebt sich genau aus Fol-
gendem : Sebastian Quintero envi6 de Popayan al Alvaro de Hoyon 4 Bogota,
. . llego y presentö sus recaudos y escritura; yo lo vf, que me halle presente
en la ciudad en esta conyuntara .... llegö tambien en este aiio Juan Mon-
taiio ; a la misma sazon vino el licenciado Francisco Briceno ya tomada la
residencia del Benalcdzar (495). Vergl. über den Fall Hoyon Acosta a. 0.
S. 350.
Durch königliche Erlasse erhielt Bogota, am 27. Juli 1540 Stadtrechte,
am 3. December 1548 Wappen, am 27. August 1565 Titel. Vergl. Felipe
P6rez, Geographia fi'sica i politica de los Estados Unidos de Colombia
(Bogota 1862) I. S. 19.
49) Oonzdlo Jim^nez de Quesada — vergl. Anm. 26 — , Sohn von Luis
Jimenez und Isabel de Kivera, um 1500 in Cordova geboren, war zuerst
Licentiat und wurde Marschall ; als solcher nannte er sich Marschall Jimenez ;
Acosta a. 0. S. 404, Castellanos bezeichnet ihn als persona grave, docta y
estimada, varon de quien vivo confiado que para bien regir nada le falta, el
inclito senor senalado en varias letras; por su valor en la espada pudo llegar
270 Anmerkungen zum Castellanos.
d ser adelantado (289, 300 und 434). Oviedo (a. 0. II. S. 378) nennt ihn
hombre honrado y de gentil entendimiento y bien habil.
Quesada war von Neu-Granada abwesend 1539 bis 1550. Herrera
(a. 0. III. S. 338) sagt zum Jahre 1539: La reina que gobernaba y el
consejo hicieron grandes diligencias para prenderle en Francia . . . vino a
Castilla, tuvo pleito con el Adelantado de Canaria. Oviedo sprach ihn 1548
in Madrid und Valladolid (a. 0. II. S. 369) : El emperador le hizo merced de
BUS repartimientos e servicio de Indios que tenia en lo que conquistö — le
di6 tftulo de mariscal del Nuevo Reino de Granada — 2000 ducados de renta
en las rentas reales de aquella tierra hasta que su Majestad le d6 cosa per-
petua — alcalde de la ciudad de Santa F6 con 400 ducados de salario cada
un ano y regidor perp^tuo de la misma ciudad — que preceda en antiguedad
k todos los otros regidores u. s. w., z. B. auch über Wappen.
Nach der Rückkehr — Herrera a. 0. IV. S. 218 und 278, Piedra-
hita a. 0. S. 480 — sind folgende Ereignisse, die meist unrichtig datirt
werden, hervorzuheben :
1554, Sendung nach Cartagena (434) : fu6 senalado por juez que tomase
residencia, pero por ser 4 su salud embargo el temple de las tierras, su
morada no fu6 de largo tiempo.
1556, Theilnahme an der Provinzialsynode von Santa F6.
1561, September Mobilmachung gegen Lope de Aguirre; vergl. Anm. 66.
Es ist die Behauptung von Schomburgk (a. 0. S. 21), dass Aguirre durch
Quesada gefangen sei, unrichtig.
1566, nachdem Martin de Proveda von Chachapoya in Peru über San
Juan de los Llanos nach Santa Fe de Bogota gekommen, Capitulation mit
der dortigen Regierung über die Eroberung des Dorado-Landes ; vergl. Oviedo
y Bafios a. 0. S. 292, 293.
1569 — 71, Dorado-Zug, vergl. Anm. 59.
1572, Reise nach Spanien. Rodriguez Fresle (a. 0. S. 50) sagt:
AI segundo viaje que hizo 4 Castilla, cuando volvio perdido de buscar el Do-
rado, fu^- mi padre con Hl con mui buen dinero que acA no volviö mas,
aunque, volvieron entrambos.
1573, Feldzug gegen die Gualier, vergl. Acosta a. 0. S. 371. Castel-
lanos sagt (548): los trajo al servicio del Rei, fundando la ciudad de Santa
Agueda,
1576, 5. Juni: Verzeichniss der Entdecker von Neu-Granada. Acosta
a. 0. S. 398—404.
1579, 16. Februar: Tod in Mariquita; am Tage zuvor Testaments-
errichtung von Andreo Sanchez ; Lope Clavigo war sein Testamentsvollstrecker
und besorgte die Bestallung in Santa F6 de Bogota am 6. August 1597. Die
Aktive seiner Hinterlassenschaft bestand nur in dem Dorado-Privileg und in
dem Besitz von Land und Leuten, der ihm statt der Hälfte seiner lebens-
länglichen Rente verliehen war, nämlich: Chita, Tamara, Paute, Aricaporo,
Piscua, Tuneva, Guatavita, Honda u. A. Vergl. Juan Flöres de Ocariz,
Genealügfas del Nuevo Reino de Granada (Madrid 1674).
Cartagenaer Landes-Hauptleute. 271
lieber seine Brüder Fernando und Francisco vergl. Anm. 27, über seinen
Erben Anm. 69.
Der Name Quesada erhielt sich in Neu-Granada durch die Nachkommen
von Fernando Sanchez de Quesada; hieraus folgt ^ dass Humboldt getäuscht
ward, als man ihm in Cipaquira einen Schweinehirten als direkten Nach-
kommen des Marschalls zeigte.
50) Cartagenaer Laudes-Hauptleute führt Juan Jose Nieto, Geo-
grafia hist6rica, estadistica y local de la provincia de Cartagena (Cartagena
1839) S. 181 ff. nicht vollständig auf", Castellanos kennt folgende:
Pedro de Heredia natural de Madrid 1533 — 1554, vergl. Anm. 54.
Juan Bustos de Villegas, segundo gobernador por provision de la
real majestad, sucediö el aiio de 1559 (434): era varon grave, tuvo algunos
terminos pesados, pues no guardö decoro ni respeto ä los eclesiästicos (437).
Er wurde nach Panama versetzt und starb dort.
Melchior Perez de Arteaga erschien in Cartagena 1562 als juez de resi-
dencia; auf ihn bezieht sich bei Piedrahita a. 0. S. 587 eine Strophe von
Castellanos; dieser lobt ihn auch sonst (171 und 368). AI bärbaro qua
nada se vestia, hizo usar nuestros vestuarios j en ellos permanecen hoi en
dia, las hembras tambien usan camisas por campos j por villas (437). Die
Nacktheit der in Cartagena sich truppweise zeigenden Wilden fiel 1560
Garcilasso Inca de la Vega auf; vergl. Clements E. Markham, The
Royal commentaries of the Yncas (London 1869) 1. S. 57. Arteaga quemö
gran cantidad de santuarios, desterrando bestial idolatria ; prosigui6 por el mar
ciertos piratas (437). Piedrahita (a. 0. S. 597) sagt zum Ende des Jahres
1563 von Leiva: Como llevaba k su cargo el ajuste de algunas quejas que
los vecinos de Cartagena habian dado contra el licenciado Arteaga, detüvose en
oirlos. Castellanos hebt hervor: Mis manos tuvieron la sentencia impresa, en
la cual qued6 con fruto de juez en sus cargos incorruto . . tomö el häbito de
Santo clero, me dicen ser abad de Burgo-Fondo (437).
Antonio Davalos de Luna vino para rejir k Cartagena (437) ; das war
nach Plaza (a. 0. S. 205) im Jahre 1564. Davalos starb am Fieber; ihm
folgte Alonso de V4rgas und dann Lope de Orosco.
Martin de las Alas — nicht de la Sala — 1565; ihn bespricht Castel-
lanos mehrfach (437—440).
Francisco Bahamon de Lugo, quinto gobernador de Cartagena 1570 —
1574; fue soldado (440); porque yo lo vi, lo certifico y en Italia, segun sei
informado — le fu6 dado 1565 el gobierno de Puerto-Rico.
Pedro Fernändez de Bustos (Anm. 45) ha vivido muchos anos en Carta-
gena — 1578, 1580, 1586 — k contento de toda la frontera (444); estd en
este tiempo que yo escribo en la gobernacion, aunque vivo parece desear la
sepultura (442, 502 und 505). Unter ihm erhielt Cartagena Stadtwappen —
23. December 1574 — und Stadttitel, 6. März 1575. Vergl. Nieto a. 0.
S. 163 und 164.
Pedro de Luduefio (1586) ist von Castellanos nur kurz erwähnt (444),
der über Pedro de Acuna und Antonio Gonzalez gar nicht redet.
172 Anmerkungen zum Castellanos.
51) Das Bisthum Cartagena de Indias ist 1534 vom Papst Clemens VII.
begründet — Alcedo a. 0. I. S. 390 — , aber im 16. Jahrhundert zu keiner
gedeihlichen Entwicklung gelangt ; Castellanos berichtet über dasselbe auffallend
wenig.
Tomas de Toro, primer obispo (393), starb am 31. December 1536 5
vergl. Nieto a. 0. S. 162. Seine Umgebung zählt Castellanos auf (381).
Jerönimo de Loaiza (419), Ankunft 1538, wurde Bischof von Lima am
25. Juli 1543, Erzbischof am 5. September, starb am 25. Oktober 1575.
Francisco de Santa Maria y Benavides vino por prelado (423), 1543 —
1554, vergl. Herrera a. 0. IV. S. 97, Piedrahita a. 0. S. 387, Nieto
a. 0. S. 211.
Gregorio de Beteta, seit 1555 nach Alcedo a. 0. I. S. 393; vergl.
Anm. 70.
Juan de Simancas, tuvo 12 anos mano en el obispado (436). El ano
de 1560 iba 4 Santa Fe k que lo consagrase D. Frai .luan de los Barrios que
lo era del Reino y Santa Marta, sagt Piedrahita a. 0. S. 564. Unter ihm
wurde Castellanos Schatzmeister des Domkapitels: despues su Majestad nie
nombrö por tesorero (366).
Die späteren Würdenträger sind Juan de Vivero, Dionisio de los Santos,
Juan de Montalvo, Diego de Osorio, Antonio de Hervia, Pedro de Arevalo
und Juan de Andraga; von diesen ist Castellanos nur Montalvo bekannt ge-
worden.
52) Die Priesterweihe von Castellanos steht der Zeit nach nicht genau
fest 5 sie ist jedoch zwischen 1554 und 1557 zu setzen. Castellanos sagt
(366): Siendo yo soldado peregrino, en Cartagena me dieron amigable mano
y recibf los ördenes.
Dabei werden folgende Personen als Bekannte genannt:
Nuno de Castro, el fuerte capitan, padre de peregrinos, cortesano de
Burgos, en amistad me fu6 padre i hermano. AI tiempo que fuf misacantano,
en su casa se celebrö la fiesta (366); er wird noch 1559 erwähnt (434 und 436).
Anton Verdugo es primer chantre, cuya bondad siempre me plugo (381)
Juan P6rez Materano, venerable persona. Jusquin en teörico de canto, dean,
fti6 en mi primera misa padrino (366). Von ihm rührt die Vorstadt Getsemani
her (443). Ueber ihn schreibt Juan de Vadillo am 11. Februar 1537: era
con Felipe Gutierrez k Veragua y venia con propösito de ir sobre la chantreria
de Yucatan . . vienia pobre fatigado y viejo . . rogu61e que quedase aquf,
porque su persona parece necesaria para esta iglesia, vergl. CoUecion etc.
XLI. S. 380.
Pedro MArtir Palomino, hombre de gobier no, prior del convento, despues
provincial en este reino hizo con su consejo harto fruto (436).
53) Xea-Granadische Rcgrierungrs-Präsidenten erscheinen über der Audiencia
(Anm. 41) erst später, obwohl schon 1555 der Vicekönig von Perii Andres
Hurtado de Mendoza — Empfang in Lima 6. Juli 1555 — bei seinem
Historie von Cartagena, 273
Aufenthalt in Panama einen solchen Beamten kraft besonderer Ermächtigung
hatte ernennen wollen; vergl. Piedrahita a. 0. S. 529.
Andres Dias Venero de Leiva (440, 548) kam Februar 1564 nach Santa
Fe de Bogota; mit diesem Datum endet der erste Theil von Piedrahita, der einzige
bisher bekannt gewordene. Castellanos sagt: De toda virtud era vaso Ueno,
trataba con amor sincero d los descubridores, como sabio, docto y circunspecto
4 los antiguos tuvo gran respecto ; durö paz y quietud el tiempo que por el
fue gobernado (380) — iba en silla (393). Leiva ward padre de la patria
und seine Regierungszeit siglo de oro genannt ; seine berühmteste Verordnung
ist die, welche Missbrauch der Indianer mit Peitschenhieben bestrafte; vergl.
Rodriguez Fresle a. 0. S. 72. Ueber die Gregnerschaft von Marschall
Jimenez siehe Plaza a. 0. S. 214. Leiva ging 1574 nach Spanien zurück,
wo er in den Indien- Rath eintrat; er starb 1. Juni 1578.
Francisco Briceno starb schon am 13. December 1575 (494, 502,
538, 548).
Lope Dies Aux de Armendariz 1578 — 1580, Auf seine Reformen be-
zieht sich der Stossseufzer von Castellanos am Schluss des erstes Buches. Me
traen inquieto movimientos de tiempo proceloso 4 quien forzosamente me
sujeto (178).
Dann folgen im 16. Jahrhundert noch Juan Bautista Monzon , Juan
Prieto de Orellana, Francisco Guillen Chaparro, Antonio Gonzalez (1590 —
1597) und Francisco de Sande.
Plaza a. 0. S. 210 behauptete, die Präsidenten-Bestallung habe folgenden
Satz enthalten : Para que Vos solo tengais la gobernacion de la dicha tierra
i de todo el distrito de la dicha audiencia, ansi come le tiene el nuestro Virei
de la Nueva Espana i proveais los repartimientos de Indios i oficios.
54) Historie von Cartag-ena nennt Castellanos die Gesänge , die Pedro
de Heredia (365 — 434) gewidmet sind : hidalgo conocido de Madrid, de
noble parentela, hombre tan animoso y atrevido que jamäs se hallö volver
la freute k peligrosos trances; k las Indias paso con un hermano, Alonso de
Heredia, varon sagaz en dias mas anciano (365). Pedro de Heredia hablandole
me decia . . . estaba cansado de jornadas ya con horas y rosarios eran sus
tractos (428). AI tiempo que de ml don Alonso tue conocido, andaba como
Leiva en una silla (393).
Heredia's Kapitulationen — die erste vom 5. August 1532, die andere
vom 31. Juli 1540 — finden sich in der Coleccion etc XXII. S. 325—333, XXIII.
S. 55—74.
Die „Historie" behandelt nach kurzer Einleitung erstlich die sofort nach
der Ankunft — 14. Januar 1533 — von Heredia vollbrachten Züge (367 bis
397), dann Juan de Vadillo's Erscheinen und dessen Expedition bei Ankunft
von Francisco de Santacruz (397 — 419), der Anfang 1539 Heredia zur Ver-
antwortung nach Spanien sandte, endlich Heredia's Schicksale von seiner im
März 1541 erfolgten ersten Rückkehr aus Spanien bis zum Tode (419—434).
Was den letzten Abschnitt anbelangt, so geschah der Ausmarsch aus San
Sebastian de Urabä nach Antioquia am 16. März 1542; vergl. Plaza a. 0.
Festschrift der Hamburgischeii Amerika-Feier II. 18
274 Anmerkungen zum Castellanos.
S. 183; über die Gefangennahme durch Juan de Cabrera handelt Acosta
a. 0. S. 310; die zweite nothgedrungene Reise nach Spanien erfolgte 1548,
im nächsten Jahre die Rückkehr (426).
Als seinen Gewährsmann, dessen Aufzeichnungen auch genaue Daten
enthielten, nennt Castellanos Gonzdlo Fernandez, cuyo Marte fue de todas
estas guerras buen testigo me tenia poramigo; me diö de sus discursos parte,
los cuales por escrito reparle de la misma manera que los digo {666 und 374) ;
Fernandez war noch 1559 am Leben (436). Den Ueberfall der Stadt, der
am 24. Juli 1546 geschah, erfuhr Castellanos von Alonso de Bejines, „mi
devoto" (423). Später erfolgte in Tunja eine leichte Ueberarbeitung der
Aufzeichnungen in Folge von schriftlichen Mittheilungen des Juan de Cuevas
— me envia nuevas relaciones (374) — und des Juan de Orosco, capitan de
valor que tuve siempre por amigo que tambien escribiö de estas regiones
(379 und 407). Vergl. über Orosco auch Anm. 61 und 62.
Die wegen Heredia's entsandten Verantwortungsrichter waren Juan de
Vadillo, Francisco de Santacruz (419), Miguel Diaz de Armendariz — de
esta residencia puedo tratar de vista (426) — und Juan Maldonado (430);
Vadillo's interessante Berichte vom 11. Februar, 15. September und 13. Ok-
tober 1537 — Coleccion etc. XLI. S. 350 — 420 — sprechen auch von der
Folterung Alonso de Heredia's.
Als Heredia's Todestag giebt Nieto a. 0, S. 32 den 27. Januar 1555
an ; über das Unglück der von Cosme Rodriguez Farfan geführten Expedition
(431 — 433) handelt auch Coleccion etc. III. S. 515; endlich Benzoni a. 0.
S. 257.
Von der Cartagenaer Todtenfeier sagt Castellanos (433 und 434) : Yo con
otros muchos circunstantes oiamos las palabras de su sobrina mayor, Dona
Costanza . . . su sentimiento fue notorio k los que conocfmos su templanza:
Perdidit invictum Martem furibunda procella, tempestas famam perdere nulla
potest; quin potius scribi calamo sua facta perenni poscunt in nullos interi-
tura dies.
55) Die Landkarteu, welche dem Castellanos' sehen Werke beigefügt
waren, sind nicht erhalten; ihrer waren drei:
a) Karte des Magdalena-Stroms von Juan Nieto : aqui lo dibujo por
ruego mio el gran cursio que el rio tiene (419); Castellanos handelt an ver-
schiedenen Stellen von der Entdeckung des Magdalena (277, 281), der des
Cauca (285—287, 382), der des Lebrija (284); er hat die Namen Rio Bermejo
und Rio Serrano (340), bespricht Juan de Berrio (269) und Juan Serrano
(214). Die grosse Dalfinger'sche Fahrt hat den ursprünglichen Namen des
Flusses — Yuma — festgestellt; vergl. Oviedo a. 0. IL S. 276.
b) Karte der Cordillere oberhalb Quito's; im Texte nicht erwähnt, ob-
wohl derselbe an einigen Stellen (z. B. 488) ohne Karte unverständlich ist.
Munoz sah sie noch: hai un plan con este tftulo: Traza corogräfica de lo
contenido en los tres brazos que cerca de la equinoctial hace la cordillera de
las sierras. Die tres brazos erwähnt Castellanos (508) gelegentlich.
Die Stadt Tunja. 275
c) Karte des Maracaibo-Busens von Francisco Soler : aqui la retratö su propria
mano ä mi voluntad (181). Vorhanden in dem nach Madrid gesandten Manu-
skript des zweiten Buches, auf welchem (Folio 1) steht: Aqui la laguna de
Venezuela und der Einband das Fehlen einer Anlage erkennen lässt; die von
Oviedo (Band II. Tafel 3) gegebene Karte des Sees von Maracaibo ist
übrigens erheblich älter als die von Soler, welcher auch Eingangs des dritten
Buches der Castellanos' sehen Gesänge (364) erscheint.
56) Die Stadt Tunja — ein christlicher Name des nach den Tunzas ge-
nannten Ortes ist nicht bekannt — wurde am 6. August 1539 begründet und
erhielt schon 1541 das Wappenrecht. Von den ersten Ansiedlern, deren
Marschall Jimenez 1576 sich erinnerte, kamen 23 auf Tunja, dagegen nur 16
auf Bogota; Acosta (a. 0. S. 420) giebt für Tunja 58, für Bogota 26 Namen.
Wassermangel hat das Aufblühen von Tunja verhindert. Zu beachten ist folgende
Stelle aus Manu el Ancizar, Peregrinacion de Alpha (Bogota 1853) S. 314:
AI cebo de la vida regalada i ociosa, cual convenia k hidalgos Espanoles, acudieron
los principales companeros de Quesada, Fredemann i Benalcdzar y se avecindaron
en Tunja, labrando casas costosas , cuyas portadas sembraron de escudos de
armas „para eternizar su fama en la posteridad segun candidamente lo afir-
maba Juan de Castellanos, primer cura i cronista de la encopetada ciudad.
Thurmbau und Wappenrecht ex-wähnt Piedrahita a. 0. S. 171 gelegentlich:
Gomez de Cifuentes mereciö que se le permitiese poner sus armas en freute
de las reales, como se ve en la casa con torre que labro en la plaza de Tunja.
Alcedo a. 0. V. S. 236 sagt: Todavia se ven muestras de su grandeza en
los edificios magnificos particularmente la Parroquia de Santiago que pudiera
servir de catedral en cualquier parte. — - La parroquia de Santiago con buen
templo y de mejor portada . . . hai una capilla de costosa fäbrica, rica de
ornamentos y dotada de buenas rentas, sagt Piedrahita a. 0. S. 226.
Von den 53 Repartimientos, die Marschall Jimenez am 5. Juli 1576 auf-
zeichnete, fallen 24 auf Tunja. Vergl. Acosta, a. 0. S. 398 — 404. Eine
Pulverfabrik bestand in Tunja bereits 1541 nach Piedrahita a. 0. S. 247.
Castellanos hatte in der Nähe der Stadt eine Estancia (218).
Eine dem Jahre 1610 angehörende Beschreibung der nur 300 Einwohner
zählenden Stadt Tunja findet sich in der Coleccion etc. IX. S. 393—448;
die dort gegebenen Verzeichnungen der Encomenderos en primera vida und
en segunda sucesion 409 — 416 scheinen älteren Datums zu sein, vergl. Diego
Rincon, 48 Jahre alt, Calderon de la Barca, 32 Jahre alt (255). Marschall
Quesada besass in Tunja einige Hausstellen, die er den Franciskanern
schenkte (a. 0. S. 442).
Die Bekannten, die Castellanos in Tunja hatte, waren meist schon früher
erworben ; zu erwähnen sind folgende :
Diego de Paredes Calderon (vergl. Anm. 27), weil er das Interesse von
Castellanos für seinen Neffen Diego Garcia Paredes — de paternas fuerzas
heredero (244, 502, 522 u. s. w.) — erweckte, den Sohn des gleichnamigen
berühmten Heerführers ; weil aus Trujillo gebürtig, besprochen in Fernando
18*
276 Anmerkungen zum Castellanos.
Pizarro y Orellana, Varones ilustres del Nuevo Mundo (Madrid 1639)
S. 399 — 419, wo auch Buch I von Castellanos angeführt wird.
Fernando de Alcoc6r, encomendero de Bojacä i Panches casö con la
Sotomayor i por muerte de esta con hija de Isabel Galiano, no tuvo hijos ; vergl.
Rodriguez Fresle a. O. S. 43. Castellanos sagt mit Bezug auf Dalfinger's
grosse Fahrt: Voi obediente k cuya relacion, pues el k todo se hallo (203);
Alcoc6r war auch Hohermuth's Gefährte (223). Ueber seine Verdienste um
die Beschiffung des Magdalena-Stromes vergl. Plaza a. 0, S. 213 zum Jahre
1566; Piedrahita (a. 0. S. 562) sagt zum Jahre 1560: Para encontrar
Camino mas tratable que el de V61ez para bajar de Santa Fe al rio grande
de la Magdalena, se habia reconocido A 15 leguas al Norueste de Bogota otra
nacion confinante k los mismos Panches y k los Muzos ; esta era la de los
Culimas, estendida por un fertil pais, que riega el Rio Negro.
Juan de Valbuena, mi vecino , hoi da valor k nuestro clero , pues ya
cansado del discurso luengo se revistio del hdbito que tengo (192); er kam
mit Bischof Martin von Santa Marta, wurde in Tunja Geistlicher, aber nicht
Pfarrer. Für Castellanos verwaltete die Stadtpfarre als Vikar Juan de
Cafiada (255).
Antonio de Santana que hoi vive, lo cuenta como yo lo escribo (271).
Ueber dessen Stiftung der Chiquinquirä-Kirche vergl. Ancizar a. 0. S, 35.
Baltasar Maldonado, marido de Dona Leonor Carvajal, compafiero del
mariscal Quesada, reposa sepultado ; pero no pueden sepultarse sus loores. En
Tunja deja hijas que resucitan su memoria (312, 426 und 490). Vergl. über
ihn Rodriguez Fresle a. 0. S. 39.
Juan Rodriguez Gil hoi me da cuenta (223, 283 und 312) natural de
Alanis; hombre rico de hacienda. Vergl. Piedrahita a. 0. S. 152 und 158.
Juan Rodriguez Parra, que hoi vive (290).
Anton Rodriguez de Cazalla, vemos hoi presente (309).
Diego Romero; encomendero de Engativa i Une, casado, tuvo hijos, hoi
vive (309).
Martin Sanchez, hoi nuestro vecino, llegö con Pedro Fernandez de Lugo,
terror de Musos y Panches (282 und 289). Marschall Jim^nez sagt 1576: vive
en Tunja, tiene en hacienda mui largo de comer y en Indios dos repartimientos,
vergl. Acosta a. 0. S. 401.
57) Santa Marta -Oeschiehten aus der älteren Zeit giebt Castellanos
(258 — 319) in neun zusammenhängenden Gesängen als Historia y relaciou de
las cosas acontecidas en Santa Marta. Ein System ist dabei nicht durch-
geführt, wie denn der zweite Hauptabschnitt bald als vierte, bald als fünfte
Elegie des zweiten Theiles bezeichnet ist. Die neun Gesänge zerfallen
folgendermassen : Einleitung „primera elegia" bis zum Jahre 1528; erster
Haupttheil (drei Gesänge)^ donde se tracta de la llegada de Garcia de Lerma
y se cuentan los acontecimientos durante su gobierno (260 — 289); zweiter
Haupttheil (ftinf Gesänge), donde se cuenta la llegada de Pedro Fernandez
de Lugo hasta su muerte (289—319). Bei der Ankunft sowohl von Lerma
(1528), als auch von Lugo (1535) ist der Gegensatz zwischen europäischem
Quesada's Denkwürdigkeiten. 277
Kulturleben und tropischen Zuständen tendenziös hervorgehoben ; die Gewährs-
männer sind nicht häufig genannt; ohne Namen wird sogar Einer erwähnt:
quien la pluma me gobierna (298) ; andererseits heisst es aber auch : Asi lo
cuenta como escribo, Antonio de Santana, menor hermano de don Fernando
(271); Juan de Eodriguez hoi dia me cuenta (283); ä Fernando de la Feria
yo fio (268) \ Domingo de Aguirre, quien testigo fue de vista me dejo cum-
plidas relaciones (275). Diese Schriften des Letztgenannten bildeten offenbar
die Hauptquelle.
Von den Gesängen über Lugo beziehen sich zwei mit eigenem Anfang
und Ende (300 — 312) auf die Quesada'sche Expedition von 1536, welche zur
Entdeckung des späteren Neu-Granada führte, über dessen Entwicklung am
Schluss (317 und 318) eine kurze Uebersicht gegeben ist. Dieser ist später
noch, um den chronologischen Zusammenhang herzustellen, ein Zusatz über
die verschiedenen Statthalter bis Luis de Eojas hinzugefügt worden.
58) Quesada's Denkwttrdig-keiten, die Herrera unter den von ihm be-
nutzten Quellenschriften aufführt, waren betitelt: Compendio historial de la
conquista del Nuevo Eeino de Granada und wurden gewöhnlich nach dem Ab-
fassungsorte Ratos de Suesca genannt.
Vergl. über den Ort Suesca, dessen alter Name Suesusa sein soll,
Joaquin Esguerra, Diccionario geogräfico de los Estados ünidos de Co-
lombia (Bogota 1879) S. 239. Suesca gehörte Pedro de Acebo Sotelo, que hoi
vive (312) secretario del General Quesada, encomendero de Topaipf en la
Palma, sucediö en la encomienda del pueblo de Suesca, sagt Eodriguez
Fresle a. 0. S. 41. Vendiö un repartimiento que se le diö en Mariquita,
erklärt Quesada 1578; vergl. Acosta a. 0. S. 403 und 424,
Das Werk wurde begonnen, als Quesada 70 Jahre alt war. Piedra-
liita sagt in der Vorrede: Ocupe todos los dias del ano de 1666, siguiendo •
legalmente ä la historia que dejö escrita el adelantado, menos en la espresion
de las resoluciones y despachos del Consejo . . Me encontre en una de las
librerias de la corte con el Compendio Historial de las Conquistas del Nuevo
Eeino que hizo, escribio y remitiö k Espana el adelantado; escribio el com-
pendio modesto de sus hazanas al mismo tiempo que ejecutaba muchas de
ellas en la guerra con los Guasquias y Gualies por anos de 1572 y 1573.
Eine königliche Verordnung vom 16. August 1572 befahl die Niederschrift
von Chroniken der überseeischen Eeiche. Vergl. Simon a. 0. S. 2.
Piedrahita führt verschiedene Stellen der Quesada' sehen Schrift an, näm-
lich aus ihrem ersten Buch die Kapitel 1, 2, 4, 7, 9 — 11 und 13, letzteres
mit dem Zusatz Folio 43 del manuscrito — vergl. S. 69, 99, 101, 102, 129,
155, 169, 177, 181, 191 und 195, aus dem zweiten Buch« Kapitel 2, 9, 10,
vergl. S. 5, 22, 23, sowie aus dem dritten Buche die Kapitel 1, 2, 5 — 9,
vergl. S. 357, 442, 443, 448, 472, 481, 519, 508, 533, 544, 475, 556 und
561; die letzte Stelle bezieht sich auf das Jahr 1560. Piedrahita (a. 0.
S. 475) sagt : el mariscal hizo el capitulo nono del libro tercero de su compendio
Historial por el ano de 1574. Auch Zamora hat einige Citate aus Quesada's
Buch, vergl. z. B. die Stelle bei Acosta a. 0. S. 207.
278 Anmerkungen ztim Castellanos.
Quesada's Vorrede hob nach Piedrahita (a. 0. S. XIV.) hervor,
dass Relaciones vulgares nicht vertrauenswürdig seien, und meinte damit eine
zweibändige Schrift, betitelt Historia a que dio principio Fr. Antonio (?)
Medrano, del Orden de San Francisco, y prosiguiö en dos tomos Fr. Pedro
Aguado, SU provincial — llegaron a mis manos con el credito de mas
seguras, de que me ha parecedo noticiar al lector, para que si llegase a sus
manos, repare en los yerros. Im Texte erwähnt Piedrahita dies Buch
nicht, sondern nur das Quesada'sche Werk.
Letzteres kannte Castellanos genau, wie auch Piedrahita (a. 0.
S. XIV.) sagt : Castellanos affirma en los 22 cantos de su historia, sin oponerse
al contexto del Adelantado, ser todo ello mui digno de aprecio por la curio-
sidad que observo en referir hazanas particulares de muchos conquistadores.
Zu Anfang seines ersten Buches sagt Castellanos (6) : Gonzälo Jimenez de
Quesada no teniendo menos de letrado que supremo valor en el espada, com-
prueba por razones en sus obras ser estas opiniones las mas ciertas ; dies be-
zieht sich auf die Vorgeschichte der Entdeckung von Colurabus. Eine von
Piedrahita (a. 0. S. 17) erwähnte Stelle des vierten Buches von Castel-
lanos berichtet von den neu-granadischen Hochebenen una cosa mui digna de
saberse; refiere Castellanos haber leido en un libro manuscrito que dejo el
adelantado. Es la costumbre que tenian los Indios de poner sobre la se-
pultura de los que moiüan de picadura de culebra, la sefial de la crixz.
Beachtenswerth ist, dass Quesada seinen Wegzug aus Santa Marta (lib.
I. c. 4) ins Jahr 1537 verlegte (Piedrahita a. 0. S. 129). Das richtige
Jahr 1536 findet sich auch in der Denkschrift, die er 1548 an Oviedo gab
und die von diesem (a. 0. II. S. 378 — 412) wiedergegeben ist: un gran cuaderno
de sus sucesos que tuve muchos dias en mi poder. Bei der Abfassung des späteren
Werkes war dies sehr beachtenswerthe Buch offenbar nicht zur Hand.
Quesada soll auch für die Marientage des Kirchenjahres eine Coleccion
de sermones geschrieben haben.
59) Spätere Dorado-Fahrten — solche, die den beiden ersten, auf die
Entdeckung eines güldenen Prinzen gerichteten Fahrten (Anm. 29), dem
Zwecke nach gleichkämen, sind seltener, als gewöhnlich angenommen wird:
die bisherigen Uebei-sichten sind ungenau; z. B. auch the list, which is at-
tached to Keymis's Voyage (Hakluyt, III. pp. 687—692). We are told it was
taken from the Priraera parte de las Elegias de varones ilustres de las
Indias, compuestas por Juan de Castellanos, sagt Schomburgk, The dis-
covery of Guiana by Sir W. Ralegh (London 1848), S. 116 Note.
Werden von Expeditionen, die irgend einer Nachricht von einem gold-
reichen Lande folgten, und von denen, welche der Nachforschung von Ver-
sprengten galten — vergl. Simon a. 0. S, 109 und 181 — diejenigen aus-
gesondert, welche der Suche eines Dorado galten, so ergiebt sich Folgendes.
Wirkliche Dorado-Fahrt ist der 1559 von Pedro de Ursua als gobernador
de los Omaguas y del Dorado von Perii aus begonnene Zug, der so unglücklich
verlief; Ursua perdiö su armada por falta de leales y buenos (219). Vergl.
die Anm. 47 und 66.
Spätere Dorado-Fahrten. 279
Folgende vier Expeditionen sind wahrscheinlich Dorado-Fahrten:
1560. Padre Ayala (siehe Anm. 38) volviö con flota de Aruacas con
solos 12 hombres de alpargate; llegados 4 Guayana van entrando . . . mataron
al Ayala y su bando, sagt Castellanos (84).
1566. Martin de Provedo, habiendo salido de las Chachapoyas con
alguna gente armada al decubrimiento de nuevas conquistas^ pasö la cordillera
de los Andes, llevando su derota siempre al Norte, . . . raudando el rumbo
ä el Poniente vino ä salir por San Juan de los Llanos k la ciudad de Santa
Fe. Vergl. Oviedo y Banos a. 0. S. 292. Simon (a. 0. S. 577) sagt:
Por el paraje de San Juan de los Llanos vinieron k Santa Fe con su capitan
Pedro Silva y el capitan Soleto.
1569. Diego Fernandez de Zerpa tentö ir esta jornada^ luego lo matö
el Cumanagoto; el ejercito suyo qued6 roto (84). Ueber die Belehnung vom
15. Mai 1568 vergl Oviedo y Bafios a. 0. S. 293, 299—301, Coleccion
etc. IV. S. 462 — 466; über den Beginn des Zuges Ende 1569 und den Unter-
gang des Unternehmens siehe den Bericht von Lope de las Varillas in der
Coleccion etc. IV. S. 467 — 489, über Reste der Expedition Schomburgk
a. 0. S. 24.
1569. Pedro Malaver de Silva siguiö la recuesta, de la cual por aquf
volviö perdido con su poquilla gente descompuesta , notirt Castellanos (84).
Ueber die Belehnung vom 15. Mai 1568, den Beginn des Zuges im Juni
1569, die Niederlage und den Rückzug von Bariquicimeto nach Chachapoyas,
vergl. Oviedo y Baiios a. 0. S. 293—296, 307—311; Simon a. 0.
S. 578. Die Belehnung umfasste Guayana und Quinaco; letzteres Wort ist
verschrieben und soll Ocoarica heissen, nach Castellanos (219) ein anderer
Ausdruck für Dorado. Zu vergleichen ist auch die spätere Belehnung vom
7. November 1574, die in der Coleccion etc. XXHI. S. 207—223 sich findet.
Eine wirkliche Dorado-Fahrt ist jedenfalls die von Gonzalo Jimenez de
Quesada, wie die von Acosta a. 0. S. 345 ff. mitgetheilte Kapitulation ergiebt.
Castellanos berichtet (83 und 85) : El adelantado don Gonzälo Jimenez de Quesada
ahora vino del Dorado que es la misma demanda senalada . . . en esta ultima
Jornada que hizo por los llanos de esta tierra, no sobrdndole ya gente de guerra
vi6 por medio del llano prolongada con prolijos estremos una sierra, donde mandö
ir al capitan Soleto; no trajo razones del secreto. Con hambre mas que
terrible se volviö desde el pi6 por no parecer convenible meter la gente donde
no sabia.
Die ersten Vorbereitungen für diese Expedition scheinen schon ins Jahr
1560 zu fallen. Piedrahita (a. 0. S 561) sagt nämlich zu diesem Jahre:
Poco antes habia llegada cedula real de Felipe II. para que se pudiesen hacer
y capitular nuevas poblaciones y conquistas, en cuya virtud habia capitulado
el mariscal la conquista del Dorado; pues aunque en ella no se aprobaban
las ya hechas se templaba k lo menos con el despacho el rigor con que debia
procederse contra los que en aquel punto se hailasen culpables.
Die Grenzen des an Quesada verliehenen Landes bildeten im Innern
Neu-Granada zu der Pauto (Pore) nach oben und der Papamene (Caqueta)
280 Anmerkungen zum Castellanos.
nach unten. Die Eoute der Expedition giebt Simon nach einer kurzen
Notiz (a. 0. S. 577) im noch nicht veröffentlichten zweiten Theile seines
Werkes und ist dabei dem Berichte von Francisco Medrano gefolgt, den er
aber wohl unrichtiger Weise auf der Fahrt sterben lässt; denn der Leichen-
steiu eines am 8. September 1577 verschiedenen Francisco Medrano, racionero
que fu6 de esta Santa Iglesia Catedral, findet sich noch in Santo Domingo,
vergl. Lopez Prieto a. 0. Tafel 7. Piedrahita (a. 0. S. XIV) giebt
Medrano den Vornamen Antonio.
Diese Dorado-Fahrt mit der von Fernando de Quesada (Anm. 28) zu
identificiren ist ein Fehler von Schomburgk (a. 0. S. 25); Ralegh
(a. 0. S. 25) sagt über sie deutlich: After de Serpa it was undertaken by
the Adelantado, don Gonzales Cemenes de Casada, . . who sought the passage
by the river called Papamene, which riseth by Quito in Peru and runneth
southeast 100 leagues and then falleth into Amazonas, but he also failing the
entrance returned with the losse of much labor and cost; I tooke one captaine
George a Spaniard, that followed Gonzales in this entreprise. Wahrscheinlich
ist die Bezeichnung Spaniard falsch und Alvaro Jorje (vergl. Anm. 76) ge-
meint.
60) Die Welser-Gesängre von Castellauos (181 — 239) sind, obwohl
äusserlich zusammenhängend, nicht einheitlich geschrieben. Eine Ueberschrift
fehlt; die Einleitung hebt zum zweiten Male nach: con este concluyamos (184)
an; es bieten sich mehrere geographische und andere Einschiebsel (181, 192
bis 195, 203, 212, 228). Dem zweiten Gesang: como el jurado Leiva y
Pedro de Limpias prosiguieron adelante per las zavanas del Cabo de la Vela
y Soturma en busca de alguna gente para guias y de lo que les sucedio con
unos Indios que encontraron ist erstlich ein die Verweserschaften von Juan
de Bueno, Luis Sarmiento, Nicolas Fedriman und Bartolome de Santillana be-
treffender Uebergang (196) und dann die ganze Beschreibung des ersten
Federmann' sehen Zuges (196 — 201) später hinzugefügt; in der Beschreibung
der grossen Dalfinger' sehen Expedition bildete die Episode von Vascufia den
erheblicheren, für sich abgesonderten Theil (205 und 206), Dalfinger's Todos-
ort ist unsachlich in folgenden Worten beschrieben : adonde ahora estä poblada
la ciudad de Pamplona , distrito de este Nuevo Reino (206) ; Georg von
Spcier wird als vierter Landeshauptmann bezeichnet, ohne dass die formellen
Vorgänge ersichtlich wären; Espira llegö hasta San Juan que dicen de los
Llanos, cuyo lugar en la presente 6ra conocemos poblado y cuando tracte de
este Nuevo Reino, terneis en el un apacible cebo. Bei Antonio Navarro findet
sich ein Excurs über das von den theoretischen Juristen angerichtete Unheil:
la confnsion que de presente vuela por este miserable Nuevo Reino (224); der
Abschluss: mediante Dies dir<^ luego las entradas (239) ist an verkehrter Stelle
gemacht. Nur die ersten Gesänge (181 — 215) richten sich, dem Dedications-
Sonnet eng verbunden, an König Felipe; mit der dritten Elegie fällt die
Anredeform weg. Der wichtigste Theil der Welser-Geschichten, die Ankunft
auf der neugranadischen Hochebene, ist in die Benalcdzar-Elegie (464 und
465) gebracht worden.
Die Benalcäzar-Elegie. 281
61) Die BenalcÄzar-Eleg-ie (445 — 501), die grösste zusammenhängende
Dichtung von Castellanos, durch besondere Seiten-Ueberschriften im Manuskript
kenntlich gemacht — gesta sua calamo sunt celebranda pio — ist nicht fertig
geworden; ein Quasi-Epilog (501—506) musste schliesslich noch angefügt
werden.
Seine Quellen nennt Castellanos selber: Los discursos de Benalcdzar
son los que sigo (489) Francisco de Saldano, secretario de Benalcäzar, vergl.
Piedrahita a. 0, S. 281. Aun viven hoi algunos caballeros, cuyos dichos
tenemos d la mano : el capitan Luis Mideros y el capitan Florencio Serrano
deponen de cosas vistas j sabidas (450). Con Florencio Serrano, Juan de
Orosco y Arias Maldonado tracto, hablo, comunico y me favorecen con su
relacion (475). Juan de Orosco y Arias Maldonado yo tuve por amigos (466).
Juan de Orosco hizo libro de peregrinaciones hechas en el discurso de su
vida y tambien escribio alguna parte de estas regiones (del Cenü) en su libro,
llamado Peregrino (379, 387 ff., 393 ff.). Segun Orosco me declara (408); Juan
de Orosco y un hermano de Rojas vecinos de Tunja ha menos de 6 anos
murieron (407). Martin Yanez Tafur, Juan de Avendano, Luis de Sanabria,
que tambien en Cubagua fueron guerreros . . . son personas fidedignas que
me dictan lo que escribo y algunas de ellas viven donde vivo (468 und 472).
Melchior de Barros, lusitano, al cual tengo por huesped de presente, era
soldado del Pirii (455). • A los demas regidores de Cali no refiero, porque la
relacion no los senala, ni los vivos la dan como yo quiero, aunque por mis
cartas los exhorto (462).
Die interessantesten Materialien über Benalcäzar, der leider keinen
neueren Biographen gefunden, geben Oviedo a. 0. IV. S. 124 — 144 nach
mündlichen Mittheilungen und Las-Casas, Historia sumaria etc. , angeblich
nach dem zweiten Theile einer Schrift von Alonso de Palomino bei Fabie
a. 0. II. S. 387 ff., vergl. I. S. 290, während Juan de Velasco, Histoire
du Royaume de Quito (Paris 1840), Uebersetzung von H. Ternaux-Compans,
wenig Genügendes enthält.
Folgendermaassen lautet in Kürze der in Anm. 28 erwähnte Dorado-
Zusatz : Noticia que de Bogota a Benalcäzar dio el indio que hallö en la
ciudad de Quito, de la cual toraaron posesion el dia del serdfico Francisco
del ano de 1534 (456, 451). Una trorapa prometia riquezas en tierra de
Quillacinga (donde es ahora Pasto), provincia conquistada par el Inca, donde
mandaron ir al capitan Pedro de Anasco y alli el comenzö de conquistar la
tierra. Despues Benalcäzar inquiria un Indio forastero, peregrino, que en
Quito residia y de Bogota dijo ser vecino . . . entre otras cosas dijo de cierto
rey que sin vestido en balsas iba por un piscina a hacer oblacion, segun el
vido, ungido todo de trementina y encima cantidad de molido oro ; los soldados
alegres y contentos entonces le pusieron el Dorado (452, 453). — Benalcäzar
volviö ä San Miguel de Piura, dejando gente y caballos con Juan de Ampudia
que luego hizo via ä Pasto donde Anasco residia (456) ... El Indio que
dijimos siendo guia ä Bogota se dirijen en busca del Dorado (456) ....
anduvieron gran niimero de dias por montanas despobladas . . . sierras ne-
282 Anmerkungen zum Castellanos.
vadas. A todos convenia ir hacia la siniestra mano . . aquel bdrbaro porfia
que SU Dorado dejan k la diestra . . huyendo de los despoblados a Cibondoy
salieron (457). Beachten swertli ist, dass BenalcÄzar an eine Expedition ins
Kanehl-Land und auch später sogar an eine Dorado-Expedition gedacht hat.
Oviedo (a. 0. IV. S. 382 und 387) berichtet nämlich bei Gelegenheit der
Gründung von Quito : Aqueste Benalcäzar desde entonces tuvo noticia mucha
de la canela y auu segun el me dijo en esta ciudad de Santo Domingo (1540)
SU opinion era, que hAcia el rio Maranon la habia de hallar e que aquesta
canela se habia de llevar k Castilla e a Europa por el diclio rio. — Sodann
später: Escriben de Popayan k 13 de Agosto de 1542 anos, que se daba
mucha priesa el capitan Sebastian de Benalcäzar en se armar y proveer para
ir en busca del Dorado : lo que en ello suscediere, al tiempo lo dirä.
üeber das Zusammentreffen auf der Hochebene von Bogota berichtet
Oviedo, der sowohl Quesada als auch Benalcäzar sprach (a. 0. IL S. 319):
Benalcäzar, cuando Fedreman llegö, habia enviado un capitan de su campo k
capitular con el licenciado, deseando confederacion y compania. Aunque
Benalcäzar por sus cartas y mensajeros convidö k Fedreman a se confederar
con el, . . . dio lugar que el hermano del licenciado quedase con el cargo.
Hiemach stimmt die Rede, die Castellanos seinem Helden zu dessen grösserer
Verherrlichung Februar 1539 halten lässt, durchaus nicht zu den historischen
Vorgängen; die dichterische Ausschmückung findefe sich wiederholt bei
Piedrahita (a. 0. S. 211): Es fama como que estando juntos los hombres
de los tres campos el hombre mas senalado Benalcäzar les hablö de esta
manera.
Für die Verbindung zwischen Benalcäzar' s Leuten und Fernando de
Quesada ist folgende, auf die Zeit des Regierungsantritts von Pascual de An-
dagoya — Oviedo a. 0. IV. S. 127 — sich beziehende Stelle von Castel-
lanos (489) wichtig: Juan Cabrera con su gente llegan al Nuevo Reino, donde
por Fernan Perez fueron con gran aplauso recibidos, conjuntos k su (d. h.
Cabrera's) lado Juan de Orosco y Arias Maldonado.
Benalcäzar' s Belehnung vom 30. Mai 1540 findet sich in der Coleccion
etc. XXIII. S. 33—55.
Später wird dieser Zuzug, der ins Jahr 1541 fällt, als der Beginn der
peruanischen Partei in Neu-Granada betrachtet, der Castellanos nicht freundlich
gesinnt war; vergl. seinen Vers bei Piedrahita a. 0. S. 170: de esta parte
pandetur omne malum.
62) Das Land Popayan umfasste zuerst alles Land westlich vom
Magdalena-Strom, das nicht zu den Gubemationen Cartagena und Quito ge-
hörte; über dasselbe sagt Markham: Cieza de Leon is still the best authority
conceming this region notwithstanding that more than 300 years have elapsed
since he wrote. Das grosse Gebiet wurde unter Felipe II. in drei Statthalter-
schaften getheilt (506). Castellanos schöpft für seine chronikmässige, wenig
übersichtliche, auch in den Einzelheiten durchaus nicht fehlerfreie Darstellung
aus verschiedenen Quellen und giebt immer seine Gewährsmänner an:
Barbaren-Namen. 283
Hoi me da razon de lo que escribo Florencio Serrano , de quien siento
que cuenta la verdad ; el y Orosco son que me dan la lumbre de la dificultad
de esta conquista; lo que deponen es de vista : Orosco's Tod erwähnt Castel-
lanos (407) ausdrücklich; vergl. Anm. 54. Garci Arias Maldonado tuve por
amigo, cuya fama otra mas diligente pluma llama (466, 480, 484, 489). De
esta voracidad dio testimonio Francisco de Alvarado, escribano que se hallo
presente (481); puede dar de esto relacion integra el capitan Diego de
Bocanegra por ser en sus recuentros bien usado j aunque hace el de sus
victorias cierto tratado ; me ha prometido dar copia e yo las cantare cuando
la tenga (482). Vicente de Tamayo, de esta tela me provey6 sayo (495).
Juan de Alvarado Salazar que mora donde moro, es viejo conquistador de
los senos, inclusos entre los rios Darien, Cauca y la Magdalena; esta des-
cripcion la suya sigo por ser ocular testigo (506). Antonio de Mancipe, pre-
sente da relacion de muchas estas cosas (507). Juan Ruiz de Atienza, sacer-
dote cuya virtud a mi fue notoria un tiempo que tuvimos un hospicio y no
menos es al presente (529), Francisco Mantilla de los Eios vive de presente
donde vivo (531), Suero Rodriguez, hoi morador del pueblo donde vivo (543),
Hieronimo de Torres es ocular testigo y hoi vecino de Antioquia; me he
ayudado de sus relaciones y cartas ; esta relacion hizo por mandado del doctor
Barros, presidente de la Real Audiencia de Quito, pidiendoselo yo con gran
instancia (544), Juan de Vargas, escribano es persona de quien puedo confiarme,
demds de cierta relacion que tengo firraada de varon no menos grave, me
pareciö ponerlo por escrito (544); otra relacion que me fue dada (508). —
Juan Melendez de Valdes tiene de presente por posada en este pueblo, donde
resido la del noble vecino Juan de Vargas y era uno de los 21, cuyos
heroicos hechos no puedo particularizar (542 und 544). Bartolome Sanchez
Torreblanca que los Indios Tahamies de presente tiene en encomienda, yo lo
vi preso en el cärcel real (536). Bernardino de Mojica de Guevara, varon
noble en este pueblo donde resido (555).
Bischöfe von Popayan waren 1540 Francisco de Granada, 1547 Juan de
Ovalle (497, 500), der in Call eine lateinische Schule gründete, — vergl.
Ternaux a. 0. S. 82; Coleccion etc. V. S. 493 und VH. S. 343 — dann
Agustin Coruna 1562 — 1585 — vergl. Plaza a. 0, S. 205 — dessen Secretäre
Jeronimo Escobar und Alonso Garzon de Tauste waren. Vergl. Anm. 74.
Die Reihenfolge der Landes-Hauptleute lässt sich nur schwer feststellen
und hat für die Arbeit von Castellanos wenig Werth. Die Stadt erhielt 1558
am 23. Oktober Titel und am 10. November Wappen; vergl. Coleccion etc.
VIII. S. 34. Ueber die Provinz in späterer Beschränkung, vergl. Velasco
a. 0. S. 245—268.
63) Barbaren-Namen — nombres bärbaros de Indios, tan dificiles que
apenas se pueden pronunciar con la lengua, sagt Zarate als Censor des Castel-
lanos'sehen Werkes — sind in der Zeit der Conquista von keinem bekannten
Schriftsteller mit grösserem Fleiss gesammelt worden , als von Castellanos,
der über 600 verschiedene Worte dieser Art anführt. Eine nicht geringe
Anzahl lässt sich leicht nachweisen, da sie entweder noch heute in der Geo-
284 Anmerkungen zum Castellanos.
graphie erhalten oder in anderen Geschichtsquellen wiederholt sind , z. B.
Curahamaro, Ampuya, Orocomay (119, 127 und 130).
Bei der Schwierigkeit, Worte einer nicht verstandenen fremden Sprache
wiederzugeben, sind auch bei Castellanos Irrthlimer in Menge ersichtlich ; es
ist aber falsch, wenn Acosta a. 0, S. 358 erklärt, dass häufig des Reimes
oder Versmaasses wegen die Worte verändert Avoi-den seien.
Was den Reim anbelangt, so besteht der Gleichklang vieler Zusammen-
setzungen oder Endungen. Nicht willkürlicher Weise ist Bacoa an Guai- und
Coqui- (195, 239) angehängt oder Rida an Capata- und Zace- (185) oder Goto
(Coto) an Guai-, Cheri-, Calamo-, Cumana-, Para-, Paravo(113, 119, 185, 453)
oder Ibo (Ebo) an Maraca-, Todariqu-, Cumar-, Hurehur- (185, 189), oder
Ama an Guai-, Pir-, Duit-, Chair-, Irot- (23, 261, 293, 440, 474) oder Aney
an Guai-, Gotogu-, Atui- (51, 96, 131). Am häufigsten erscheinen die Ver-
bindungen mit Are, Ima und Agua. Z. B. steht vor Are (Ari) Guai-, Sas-,
Churu-, Maui-, Guan-, Catahui-, Casan-, Baucau- (88, 137, 212, 213, 227,
233, 455); — vor Ima: Per-, Paria-, Diama-, Gua-, Cani-, Unar-, Chocoro-,
'Goacayar-, Baruta-, Terepa- (38, 112, 114, 116, 127, 130, 173, 235, 246);
sowie vor Agua: Par-, Ar-, Co-, Geeo-, Jac-, Jar-, Cend-, Pani-, Sarasa-,
Catimai-, Amiguai-, Cumui- (35, 38, 56, 117, 119, 201, 203, 212, 229),
woran verwandte Endungen sich schliessen wie Coj-egua, Or-igua, Bond-igua,
Hacar-igua, Guah-igua (86, 116, 156, 183, 197), Andere Bildungen sind
Abibe, Dabeibe, Urabaibe, mit dem häufigen UrabA verwandt (391, 398, 588)
oder Quime (540) an Baya-quima (517) und Ta-quimi-quf (550) — oder Buri-
taca (252) und Buri-tica (510) verglichen mit Taqui-buri und Cati-buri (252, 525)
— oder Tamala-Meque, -Isa, -Guataca (203, 285, 301, 316), wobei auch Tomala
(316) und Mamala-Zaca (261) als Abschreibe- oder Abdruck-Fehler zu er-
wähnen sind. Solche Fehler sind nicht selten. Atuacas statt Aruacas (453),
Marcopes statt Macorpes (270), Panaimo statt Ponaimo (353), Chenque statt
Chengue (260, 348), Naguanje statt Nenguanje (42, 260); der Name Bari-
quicimeto ist sehr verschieden geschrieben. Die Castellanos ganz fern liegenden
Namen aus dem Inka-Reiche zeigen natürlich die meisten Fehler; es sind
aber ähnlich scheinende Formen keineswegs immer Fehler, so werden z. B.
Siyaguanos von Ciaguanes unterschieden (453).
Auch die Vermuthung, dass des Versmaasses wegen willkürliche Aende-
rungen vorgenommen seien, ist nicht immer zutrefi"end ; es gab offenbar erstlich
verschiedene Bildungen, z.B. Pera-Faire und Pera-Farne (82, 108), und so-
dann vollere und einfachere Formen z. B. Aruacaes statt Aruacas (83, 453),
Pigoanza statt Piganza (465, 479), Guai-Queries statt Gai-Queries (85, 213),
Nutavees statt Nutaves (517, 519), Chacinto statt Cinto (42, 260).
Dass Castellanos die Worte mit Verständniss niedergeschrieben hat, be-
weisen besonders die Namen grösserer Volksstämme: Caquetfos (137, 183,
196 und 223), Cocfnas — ähnliche Formen Urinas, Varinas — (192, 194,
250, 257, 277, 283 und 486), Cuicas (183, 239, 240 und 245), Giraharas
(213, 227, 238 und 249), Macos (86, 234 tind 453), Choques (219 und 227),
Guai-pies (218 und 232), Pacabueyes (203, 266 und 284), wobei es auf-
Duytamd. Die Eulogien von Castellanos. 285
fallend ist, dass der Name Omaga nur gelegentlich (535, 549) vorkommt und
die Worte Muiscas, Chibchas in den erhaltenen Theilen gar nicht sich finden.
Wie bei Castellanos in der Provinz Cartagena (371 ff.) die altberühmten,
aber doch meist früh verschollenen Namen Calamar, Mahates, Matarapa, Turu-
aco erscheinen, so auf der Insel Margarita die Gebiete Charaguaray, Para-
guachi und Arimacoa (151) und im entlegenen Dariene-Lande Oromira (420,
559). Er sagt, Almaguer habe früher Guachicono (495), San Andres früher
Guarcama (536) geheissen*, ihm ist Goajiro (325) kein Eigenname, bedeutet
Coro (185) Wind.
Castellanos' Namen aus dem Bereiche von Popayan-Antioquia-Choc6
(508, 514 — 522) sind zu vergleichen mit denen im Bericht vom Jorje Eobledo,
dem Begründer Cartago's, der in der Coleccion etc. III. S. 389 — 413 sich findet,
und denen in dem Geschichtsbuche von Pedro de Cieza de Leon (a. 0.
S. 366—381).
64) Duytaniti oder Duitilma ist seit 1537 der berühmteste Eingeborenen-
Name auf den neu-granadischen Hochebenen; la ciudad capital de Tiurdama
vulgarmente se llamö Duitama, vergl. Piedrahita a. 0. S. 161. Reste der
Duit-Sprache giebt Uricoechea, Lengua Chibcha etc. S. 41 der Einleitung.
Der letzte Häuptling dieses Namens, getauft Juan, nicht Alonso, ist auch der
letzte , von dessen Folterung die Landesgeschichte weiss ; Andres Cort^.s de
Mesa verhängte sie in der Zeit von 1576 — 1578; vergl. Plaza a. 0.
S. 217.
Die ersten Kämpfe mit dem Duitama besprechen 1539 Lebrija und San-
martin, sowie 1548 JimeneS; ; vergl. Oviedo a, 0. IL S. 361 und 398. Ueber
die späteren Schicksale sagt Piedrahita (a. 0. S. 284): Duitama se in-
corporo en la Corona real despues que sus naturales ganaron el renombre de
los mas valerosos de tierra fria. Sucedi61e 4 Tundama en el cazicasgo, redu-
cido ya k menos sobernania y mas cortos terminos, un sobrino suyo, 4 quien
bautizö Don Fr. Juan de los Barrios primer arzobispo de Santa Fe y lo
llamö Don Juan, cuya muerte no fue menos lastimosa que la del tio por
culpa del doctor Luis de Mesa, uno de los oidores de Santa Fe, como refiere
Castellanos (4^ parte, canto 14) ; pues con fin de que le descubriese la parte
donde tenia oculto su tesoro, lo tratö con tal rigor que despojändole de sus
vestidos, ligadas las manos atr4s y con una soga al cuello, lo hizo pasear
publicamente k vista de sus vasallos por las calles de su misma corte:
afrenta que sintiö tanto que se ahorcö el mismo. Dies sind offenbar die
eigenen Worte von Castellanos.
Duitama war an Baltasar Maldonado verlehnt. Vergl. Rodriguez
Fresle a. 0. S. 39.
65) Die Eulogrien von Castellanos betreffen theils kürzlich verstorbene,
theils aber auch noch lebende Personen. Ticknor a. 0. S, 472 sagt:
Elegias seems to have been used by Castellanos in the sense of Eulogias;
dies trifft aber nur bei dem ersten Theile zu, welcher unter der Ueberschrift
286 Anmerkungen zum Castellanos.
„Elegie" drei Mal Eulogien giebt. In den späteren Büchern sind die Eulogien
von den Elegien genau unterschieden.
Auf kürzlich Verstorbene beziehen sich zwei Abschnitte:
Luis de Röjas gobernador de Santa Marta; donde se encuentran las en-
tradas que hizo y lo demas acontecido el tiempo que alH goberno (319 — 350):
behandelt die Jahre 1570 — 1576.
Francisco Bahamou de Lugo, quinto gobernador de Cartagena (440—442):
Bruchstück geblieben; es sind die Jahre 1570 — 1574 behandelt.
Folgende drei Personen lebten noch, als Castellanos sie in seinen
Versen feierte:
Pedro Ferndndez de Bustos, gobernador de Cartagena (vergl. Anm. 45
und 50), donde se cuenta el discurso de su vida hasta la venida del corsario
que se dice el capitan Francisco Draque (442 — 444): nur als Bruchstück er-
halten; es sind die Jahre 1574 — 1586 behandelt.
Lope de Orosco, gobernador de Santa Marta, donde se hace mencion de
las cosas de aquella gobernacion sucedidas hasta el ano de 1586 (351— 361) J
es sind die Jahre 1576 — 1586 behandelt.
Gaspar de Rödas, gobernador de Antioquia, cuyo discurso comienza desde
que fue promovido al cargo de capitan general de aquella tierra (544 — 554);
es sind die Jahre 1576 — 1581 behandelt; jedoch sollte die Fortsetzung (552)
bis 1589 gehen.
66) Das Drama von Ursua und Aguirre (156 — 178), dessen Stoff in die
Jahre 1560 und 1561 fällt, war in Neu-Granada so bekannt, dass Castellanos
keine Quellen anzugeben brauchte, als er es 1579 (68) niederschrieb: el dia
de San Simon y Judas acabe de escribir la tal historia que hizo por ser largos los
escesos y prolijos mis discursos (177). Ueber den Tod eines der Expeditions-
Genossen, des Garcia de Arce, erfährt Castellanos noch später — etwa 1588 —
Genaueres durch Bernardino de Mojica de Guevara, varon noble eu este pueblo
donde resido (555 — 557). Auch nennt er gelegentlich noch Juan Alonso de
Santana (536); er kannte Francisco Dias (159) und Juan de Vargas (84).
Ueber Ursua selbst vergl. Anm. 47.
Markham, Introduction u. s. w. S. 34 sagt: Castellanos is by far the
most genial historian of the Expedition of Ursua and Aguirre; he gives a
tolerably detailed account of all the principal events and his Information was
probably derived from the same sources as that of Toribio de Ortiguera, who
heard all the details from many persons and was thus enabled to write a
history of it, which differs in no material poiut from that of the bachiller
Fraucisco Vasquez, a soldier who witnessed all the horrors he relates. Castel-
lanos' Version of the bloody career of Aguirre is remarkable because he
Stands up as the campion of the unfortunate lady who accompanied Ursua,
while all the other writers, whether they be nien of the world, like Vasquez
and Ortiguera, or greasy friars, like Simon and Piedrahita, unite in heaping
reproaches and calumnies upon her — Castellanos like the true gentleman
that he evideutly was, defeuda the memory of the poor young lady, the
Die Columbus-Legenden. 287
beautiful and spirited widow of a Citizen of Piura. — The very sublimity of
this noble creature's devotion, which no terrors could daunt, no hardships damp,
ought to have protected her from cowardly sneers of dirty friars and the ca-
lumnies of gold-seeking adventurers.
Vielfach spricht Castellanos mit Interesse von Europäerinnen und Kreo-
linnen (48, 147, 152, 159, 354, 430, 450).
Ein Bericht von Pedro de Monguia, der die ganze Maranon-Fahrt be-
handelt, in der Coleccion etc. IV. S. 191 — 215 ; ebenda S. 216—282 ein anderer,
in der sich (S. 267 — 269) ein Stück Dichtung findet. Schomburgk a. 0.
S. 21 berichtet über Ursua und Aguirre Unrichtiges, wie auch sonst seine
Anmerkungen zu Ralegh's Schrift vom Fehlen historischer Kritik zeugen;
diese Schrift beweist, wie schon vim 1600 Aguirre' s Thaten sagenhaft gestaltet
waren. Erinnerungen an Aguirre lebten noch lange. Vergl. Humboldt,
Voyage aux regions equinoxiales etc. I. S. 277, II. S. 278 und VIII. S. 483,
auch Markham, Introduction etc. S. 44 ff.
67) Columbus-Legenden sind sehr früh entstanden, wie die Beispiele
von Gomara 1552 (a. 0. S. 166) und Benzoni 1565 (a. 0. S. 14 ff.)
lehren. Die von Castellanos (5 — 30) gegebenen, die auf historische Richtig-
keit keinen Anspruch machen, zeichnen sich durch folgende Eigenthümlich-
keiten aus :
Die Herkunft von Colon ist, abgesehen davon, dass er aus tierras de
Genova, bezw. Nervi stammt (6 und 44), dunkel gelassen ; die Pelestieles, die
auch Gomara und Benzoni nennen, erinnern an Colon's portugiesische
Gattin Felipa Mogniz Perestrello.
Die Erzählung, dass ein spanischer Seefahrer in Madeira Schriftstücke
über eine Westfahrt hinterlassen habe, findet sich schon von 0 v i e d o (a. 0.
I. S. 13) als unglaubwürdig bezeichnet; Castellanos sagt dagegen (6): para
confirmacion del contado algunos dan razon fundada y entre ellos Don Gonzdlo
Jimenez de Quesada (6).
Die Vision nach dem Sturm: Otros quieren decir que Colon mismo fu6
quien padeciö tal tormenta . . . quedaba de su primera vista confirmado, bien
cierto de que no fu6 fantasia . . . . lo que no me parece desatino (6 und 10)
erscheint als Castellanos' sehe Ausschmückung.
Castellanos' Hinweis auf den Kartenhandel, den Columbus einmal be-
trieb, ist merkwürdig : Sabeis que yo vivia de hacer mapas mundi que vendia
(10); denn Andre Bernaldez, der vielgenannte Pfarrer von Los Palacios,
schreibt bekanntlich: Hubo un hombre de la tierra de Genova, mercader de
libros de estampa que trataba en esta tierra de Andalucia que llamaban
Christoval Colon. Vergl. Friedrich Kapp, Geschichte des deutschen
Buchhandels I. (Leipzig 1886) S. 208. Wirkliche Attentatsabsichten auf
Columbus kennt Castellanos nicht, aber erstlich: murmuraciones hai de los
Colones . . . pasadas las furias del alborotado (!) movimiento movianse las
ondas mansamente (8 und 9); dies erinnert an die bekannte Kapitel-Ueber-
schrift der Fernando Colon zugeschriebenen Historie : Come la gente mormorava
288 Anmerkungen zum Castellanos.
con desiderio di tornarsi a dietro — dann requerimiento con furia de re-
spectos olvidada (12) Pinzon el anciano hablö k todos . . . Colon decia:
manana cumplir6 con mi promesa (13). Als Quelle ist hier die Tradition zu
erkennen, die Oviedo (a. 0. I. S. 23) wiedergiebt unter Hervorhebung der
tres hermanos capitanes, d. h. der Pinzonen.
Der Konflikt mit den Pinzonen ist so vollständig vertuscht, dass sie auch
als Theilnehmer der zweiten Fahrt erscheinen ; unter ihnen ist Vicente
Yanez, der späterhin sich bekannt machte, an die Stelle von Martin Alonso
getreten.
Kleinere Fehler finden sich nicht bloss in der Erzählung der ersten
Fahrt (7, 8 und 23), sondern auch in den geringfügigen Angaben über die
drei späteren Reisen, bei denen sogar die Chronologie fehlerhaft ist (33,
40, 42).
Sachlich interessant ist nur die Notiz über ein bei Ada gefundenes,
angeblich römisches Geldstück (19). Castellanos wusste nicht, dass 1568 in
Tunja ein Enkel des Gefährten von Columbus, Pedro Alonso Nifio's, lebte, der
mit Lebron ins Land gekommene Pedro Nino. Vergl. über ihn : Servicios de
Pedro Nino (Coleccion etc. XVI. S. 461—529).
An die auf Columbus bezüglichen Gesänge sind zwei sehr unbehülf liehe
Elegien über dessen Nachkommen angeschlossen (44 — 51), in denen sich die
Nachricht findet, dass der Enkel des in den Negerkämpfen auf Espanola her-
vorragenden Lemba in Neu-Granada ein Sklave von Castellanos gewesen
ist (50).
68) Bartolom^ de Las Casas (1474—1566), seit 1510 Priester und seit
1523 Dominikaner, hat unter den Conquistadoren keinen zweiten Verehrer
wie Castellanos gehabt. Seine historischen und juristischen Werke sind diesem
nicht bekannt geworden, wohl aber die Destruccion de las Indias, von der es
schon früh verschiedene Redaktionen gab. Die ursprünglich ausführlichere
Schrift ist nicht erhalten 5 von den Bearbeitungen, die sich als Auszüge :
Brevfsima relacion, Historia sumaria darstellen, hatFabi^^ zwei zum Abdruck
gebracht (a. 0. II. S. 209—292 und S. 293—407). Die erste Redaktion ist
ursprünglich am 8. December 1542 abgeschlossen (a. 0. 289), enthält aber
Zusätze von 1546 (a. 0. S. 273 und 291) und ist 1552 in Sevilla gedruckt;
die zweite, von Bartolome de la Pena, ist 1548 geschrieben (a. 0. S. 293),
hat aber einen neuen, am 30. November 1550 beendeten Schluss erhalten
(a. 0. S. 387—407) und ist bisher nicht veröffentlicht gewesen. Castellanos
rügt einen der vielen Fehler dieser berühmten Schrift ausdrücklich: esto
tractii el obispo de Chiapa (450); die Stelle bezieht sich auf die Aussage des
MÄrcoB de Niza (Fabi6 a. 0. II. S. 278 und 374), informado de cosa que
no vido.
Die Darstellung des Las Casas'schen Kolonisations-Versuches von 1520
(145 — 148) ist dem Oviedo'schen Werke nur insofern entlehnt, als dieselben
Personen namhaft gemacht werden: Gonzalo de Ocampo, Andres de Villacorte,
Antonio Berri'o y Oruna. 289
Jacome Castellon (vergl. Oviedo I. S. 597 ff.), die Schilderung der Einzeln-
heiten ist original.
Die Annahme, dass der mit Gonzdlo de Quesada 1536 von Santa Marta
ins Innere gezogene Domingo de Las Casas (310) ein Verwandter des be-
rühmten Indianer- Apostels sei, findet sich mehrfach in populären Schriften;
ein Beispiel bietet der Artikel Santa F6 de Bogota in Harper's New Monthly
Magazine (New-York 1885) S. 47; sie lässt sich aber aus den von Fabie
a. 0. II. S. 1 — 18 gegebenen Familien-Nachrichten nicht begründen; dieser
Dominikaner soll später in Italien den geistlichen Stand verlassen haben,
vergl. Acosta a. 0. S. 420.
69) Antonio Berrio y Oruna, Schwestersohn, nicht Tochtermann von
Marschall Jim^nez, ging bei seinen Unternehmungen davon aus, dass die Insel
Trinidad (Anra. 20) in den Landstrich von 400 Leguas Länge falle, der seinem
Erblasser verliehen worden sei.
Antonio de Berrio, heredero del testamento del adelantado Don Gonzdlo
Jimenez de Quesada, sucesor en sus haciendas y repartimiento , quiere
seguir aquel descubrimiento (83).
Ralegh (bei Schomburgk a. 0. S. 9) sagt über ihn: Berreo is a
gentleman, well descended and had long served the Spanish king in Millan,
Naples , the lowe Countries and elsewhere , very valiant and liberal and a
gentleman of great assurednes and of a great heart.
Auf Berrio's Plan übten folgende zwei Personen besonderen Einfluss:
1. Juan Martin, que es hoi veciuo de Carora, soldado de Pedro de
Silva, revela esta relacion que doi ahora. Entrö con el cuando llevaba pio
de descubrir la tierra del Dorado con pocos y con un solo navio, que le
quedo, se metiö por un trazo del Maraiion hacia la mano diestra y alli hizo
7 anos de demora. Vienen en sus relaciones las provincias, todas de gente
pobre — de Alagarian, Mayos, Meriones, Pererfas, Anita, Pericoros, Carunarota,
Tapamöros, Paravocotos, Decayos, Tivuties, Siyaguanos (Ciaguanes), Calamocotos,
Chapaes, Atuacas. — El rio Toco va mas poderoso que el Urinoco; 4 leguas
son de boca y aun el autor afirma darle poco, AI fin Juan Martin pudo
llegar 4 Vesequivo, rio poblado de Aruacas, entre los cuales 6 meses habita;
suelen ir cada ano en sus piraguas a la Margarita . . alla se fue con la
primer armada. Su relacion dice que el Aruaca navega por los rios mui
arriba y de estas ferias, tractos y rescates trae oro de hasta 10 quilates (453
und 454). Ueber Juan Martin de Albujar siehe Simon a. 0. S. 590,
Oviedo y Banos a. 0. S. 312; er war Silva's Begleiter auf der Fahrt von
1574 von der Castellanos nur im Allgemeinen hörte (84): dicen nuevamente
ser venido k entrar por Uyapar.
Vergl. Markham, Introduction u. s. w. S. 51. Schomburgk a. 0.
S. 18, Note, wobei jedoch zu beachten ist, dass Juan Martinez, dessen
Erzählung Berrio's spätere Entschlüsse und Ralegh's Thaten beeinflusste, mit
der besprochenen Persönlichkeit nicht identisch sein kann; derselbe soll zur
Ordaz' sehen Expedition gehört haben.
Festschrift der Hamburgischen Amerika-Feier II. 19
290 Anmerkungen zum Castellanos.
2. Francisco de CAceres , capitan de Don Diego de Cerpa, intent/) los
mismos fines, pero con el poco posible que le vemos, poblö los indios Mata-
chines (84). Ueber den Zug von 1581 handelt Castellanos (248) ausführlich.
Cdceres y Berrio hacen gente en un tiempo, sazon y conyuntura; cada cual
de los dos es pretendiente de poder acabar esta Ventura (84). Ueber
Francisco de Cäceres vergl. Oviedo y Bafios a. 0. S. 301.
Von der ersten Berrio' sehen Expedition, die Januar 1584 begann, erfuhr
Castellanos (454 und 455) Anfangs nur Weniges: er sagt: Paso los rios
Pauto, Cazanare y al de la Candelaria, dicho Meta, ä Dubarro, k Daume y
al Guauyare . . topo con un gran rio Barraguan . . . hicieron barco grande . .
estando de la sierra siete leguas . . Berrio escogio 14 de la gente castellana
k pie . . gastö 10 dias en ida y venida . . pasada la sierra captivos Indios
daban principales noticias (455).
Der Zusammenhang ergiebt sich deutlicher aus dem, was später Walter
Kalegh sagt : Gonzales gave bis daughter to Berrio, taking bis oth and honor
to follow the enterprise to the last of bis substance and life, who since, as he
hath sworne to me, hath spent 300 000 ducates in the same. He tooke bis
journey. He was followed with 700 horses, he drone with bim 1000 head
of cattle, he had also many women, Indians, and slaves. Berrio sought Manoa
by the river Cassanar, which falleth into a great river called Pato, and Pato
falleth into Meta; Meta .... riseth from a mountaine ioining to Pampelone,
there is also Guaiare which issueth out of the mountains of Timanä.; fall all
into Barraquan which is also called Orenoque and are but of bis heads ; for
at their Coming together, they lose their names. — By Casanar first and so
into Meta Berrio passed, keeping bis horsemen on the banks, where the
countrie served them for to march and where otherwise he had driven to
embarque them in botes, which he built for the purpose and so came with
the currant down the river of Meta and so into Barraquan. After he entred
that great and mightie riuer, he began dailie to loose of bis companies botli
men and horse . . . after one whole yeere iourneying for the most part by
river and the rest by land, he grew dailie to fewer numbers . . . especially
by divers incounters with the Amapaiens . . . this Amapaia is maruellous
rieh in gold, as both Berrio confessed and those of Guiana, with whom I had
most Conference. In this countrey Berrio lost 60 of bis best soldiers and
most of all his horse that remained of bis former yeeres trauell .... In
so much as at the end of the 6 months that they abode there, of all there
troups, there were not left above 120 soldiers and neither horse nor cattle.
From this province Berrio hasted away assoone as the spring and the beginning
Summer appeered and sought his entrance on the borders of Orenoque on the
south side, but there ran a ledge of so high and impassable mountaines as
he was not able by any means to march over them, continuing from the east
sea into which Orenoque falleth eveu to Quito in Peru ... he passed by
the mouths of many great rivers, which feil into Orenoque both from the
north and sonth . . . Now Berrio began to grow into despaire . . until he
arrived at the province of Emeria towards the east sea and mouth of the
Manoa und Guayana. 291
river where he found a nation of people very favorable ; the king of this land
is called Carapana ... he soiourned his weake troupe in the towne of Cara-
pana 6 weeks and from him learnd the way to Guiana ... he determined
to trie his fortune another yeere, for the present embarqued himselfe in
canoas and by the branches of Orenoque arrived at Trinidad u. s. w. Vergl.
Genaueres Schomburgk a. 0. S. 2 — 36.
Im Besitzergreifungs-Akt, den Domingo de Vera, Berrio's Lageroberst
„in the river of Pato otherwise called Orenoque in the principall part thereof
called Warismero" am 23. April 1593 aufnehmen liess, heisst es über die
vorhergehende Unternehmung: You understand long since that our generali
Anth. de Berreo with the traueil of 11 yeares and expense of more then
100 000 Pesoes of gold, discouered the noble provinces of Guiana and Dorado,
of the which hee tooke possession to gouerne the same ; but through want
of his peoples health and necessary munition he issued at the iland of
Marguarita and from thence peopled the Trinedado. Schomburgk a. 0.
S. 124.
Die Denkschrift, welche diesen Akt enthält, und die Nachrichten von
Simon (a. 0. S. 597 ff.) bilden die Hauptquellen für die 1595 von Berrio
ins Werk gesetzte zweite Expedition. Dass sowohl von Antonio Berrio, als
auch von seinem Sohne Fernando je zwei verschiedene Dorado-Fahrten unter-
nommen wurden, erhellt auch aus einer dem Jahre 1610 angehörenden Be-
schreibung der Stadt Tunja, welche in der Coleccion etc. IX. S. 436 ff. sich findet.
70) Manoa und Guayana hält Castellanos für gleichbedeutend.
Die Manoa-Nachricht bezieht sich ursprünglich, obwohl Ralegh erklärt,
Johannes Martynes christened the citie of Manoa by the name of El Dorado
(Schomburgk a. 0. S. 20), auf ein Land, das mit dem güldenen Prinzen
nichts zu schaffen hat. Castellanos sagt: Manoa es tierra de ninguno hallada;
los reinos que demoran al Oriente de este Nuevo Reino son en tan largos y
prolijos senos que es imposible no hallarse buenos algunos y en provincias,
estendidas del rio de Uyapari al de Orellana, donde cae la provincia de
Guayana (453). Castellanos hörte freilich von einer poblacion crecida (455),
aber von der grossen Stadt Manoa, die in Ralegh 's Bericht immer voraus-
gesetzt wird — vergl. Schomburgk a. 0. S. 11, 19: seate and residence
of Inga the emperor; S, 110, 119, 139 — wusste er ebenso wenig, wie von
Macatoa, der Stadt der Macaer, die nach jüngeren Schriftstellern (z. B.
Piedrahita a. 0. S. 398) von Hütten besucht sein soll. Es ist auch für
den See Manoa der späteren Sage nur ein leiser Ausgangspunkt bei ihm zu
finden: el agua grande que se llama Manoa (455); trotzdem weist bei der
Berrio' sehen Unternehmung Mar kh am (Introduction etc. S. 52) auf die Manoa-
Lagune im Parima- Gebiete hin, deren Darstellungen in Alexander von
Humboldt, Atlas geographique et physique du Nouveau Continent (Paris
1814) Tafel 14, Karte 1, 2 und 4, sich finden.
Das Wort Manoa deutet nicht nach dieser atlantischen Gegend, sondern
nach den oberen Gebieten des Orinoco und Maranon. Humboldt (Voyage etc.
19*
292 Anmerkungen zum Castellanos.
Vni. S. 439) sagt: La. M6sopotamie entre le Caqueta , le Rio negro,
rUaupes et le Jurubesh . . c'est le Dorado des Omaguas, qiii renferme le
lac Manoa du pere Acufia, la laguna de Oro des Indiens Guanes et le terrain
aurifere, duquel le pere Fritz a re9U des lames d'or battu dans sa Mission
sur l'Amazone vers la fin du 16™® si^cle — sowie (a. 0. S. 480): Au milieu
des plaines qui s'^tendent au nord de l'Amazone vivoient les Omaguas, les
Manaos ou Manoas et les Guaypes (Uaupes ou Guayupes), trois nations puis-
santes, dont la derniere s'etendant vers l'ouest, le long des rives du Guape
ou Uaupö se trouve d6jä mentionee dans les voyages de Quesada et de
Hüten. Die Manoas hält Markham, Expeditions etc. S. 159 für einen
1683 — 1727 von Missionären besuchten Stamm in der Pampa del Sacramento
und am Ufer des Ucayali ; Carl Friedrich Phil, von Martins, Zur
Ethnographie Amerika's (Leipzig 1867), S. 577 ff., nennt sie die noch vor
150 Jahren überwiegende Bevölkerung am unteren Rio Negro • wie der Name
Manäo oder Manoa aus dem Amazonen -Lande und dem unteren Rio Negro
auf eine Stadt im Dorado am Parime-Fluss übertragen worden, lasse sich aus den
bisher zugängigen Nachrichten nicht erklären. Diese Erklärung ergiebt sich
daraus, dass schon der erste Quellenschriftsteller Castellanos das Manoa-
Land ohne weitere Erklärung und irrthümlich nach dem Parime-Strom ver-
legt. Manoa es Guayana segun fama (455), creemos la noticia de Manoa j
de Guayana no ser vana (454). Die Unklarheit des Alters, die Castellanos
verwirrte, ist der Grund aller späteren Unklarheiten.
Er war dagegen über Guayana' s Lage, wie sein Bericht über den Zug
von Juan Gonzalez beweist (82 und 83), keineswegs im Ungewissen, obwohl
er die moderne Bezeichnung Neu- Andalusien nicht kannte; der Cartagenaer
Bischof Gregorio de Beteta konnte ihn über eine zu Francisco Montesino's
und Luis de Sanabria's Zeit unternommene Guayana-Fahrt unterrichten; vergl.
Coleccion etc. X. S. 49.
71) Die Quesada-Diehtungr liegt bloss zum kleineren Theile zusammen-
hängend vor ; erhalten sind nämlich ausser den beiden ersten Gesängen, welche
in den San ta-Marta- Geschichten sich finden (300 — 312) und 1584 geschrieben
wui-den (311), nur Reste aus dem vierten Theile in Piedrahita's Werk (Anm. 8),
wobei zu beachten ist, dass dessen mit dem Jahre 1565 geplante Fortsetzung
nicht vorliegt. Die in den drei ersten Büchern enthaltenen Hinweise auf die
Gesänge über Quesada beziehen sich lediglich auf Vorgänge, die vor das Jahr
1570 fallen. Charakteristisch sind einige Personal-Notizen: GonzAlo SuÄrez :
aanque sus hechos de presente" callo ; cuando se träte del Nuevo Reino, cum-
plir6 lo que debo (223) — Jer()nimo Lebron : no tratarA de su carrera por
ahora por reservarse para la tercera (sie) parte, donde larga cuenta dare de
este Camino (318). — Alonso Luis de Lugo : dire despues de el lo que mas
hubo y lo que trabajo en la montafia (318). — Juan de Ribera: de este
fuerte varon, cuando comienza k tratar este reino y sus lugares yo dir/i
grandes hechos (123). — Baltasar Maldonado: en quien se vido valor sobre
valores encumbrado, como mas largamente lo ver^mos, cuando los de este reino
Wunderthätige Heiligenbilder. 293
celebremos (426). — Juan Nieto : los efetos de su espada en allanar las pro-
vincias de Victoria dire, cuando vengamos a la cuarta parte (419). — Juan
de Avellaneda: fundo San Juan de los Llanos, lugar que en la presente era
conocemos poblado de cristianos; cuando tracto de este Nuevo Eeino, terneis
en el aplicable cebo (215). — Gaspar de Eodas: cuando tractemos de las
cosas de este reino si Dios me diere vida, alargareme mas (547). — Juan
Lopez de Cepede : este gran varon, oidor, ocupara lugar en mi escritura si
dia fatal no me lo veda (380). — Juan de Barrios y Luis Zapata de
Cärdenas: de estos arzobispos trataremos despues en sus lugares a tajo mas
abierto (318).
Die Analogie anderer Theile des Castellanos' sehen Werkes ergiebt, gleich
diesen Citaten, dass die Gesänge über Quesada auf die Geschichte Neu-
Granada's sich ausgedehnt haben und nicht mit dem Jahre 1579 enden sollten;
z. B. sollte in ihnen über die Chiquiuquira- Wunder von 1588 noch ausführlich
gehandelt werden (562). Es ist wahrscheinlich, dass die Arbeit gar nicht
abgeschlossen wurde oder doch unvollendet nach Spanien kam; wenigstens
findet sich nirgends, wie dies der Elegienweise von Castellanos entsprochen
haben würde, Gedenkvers oder Grabspruch. Die Inschrift des Sarges, die seit
1597 in Bogota zu lesen war, lautete: Expecto resurrectionem mortuorum.
72) Wunderthätige Heiligenbilder gab es in der näheren und weiteren
Umgebung von Tunja mehrere, nämlich nach Piedrahita a. 0. S, 227 in
Kaquira ein von dem Mailänder Francesco di Pozo gemaltes Madonnenbild,
in Mangui ein Madonnenbild, das Kaiser Kai'l V. gemalt haben sollte — fue
aquel pueblo el primero que del Reino se puso en su Eeal Corona — in
Velez ein Ecce homo, der vom Apostel Lukas herstammen sollte, in Chiquin-
quira das von Alonso de Narväes etwa 1570 in Tunja für Antonio de San-
tana gemalte Bild der Maria mit dem Rosenkranz, dessen Lebendigwerden
Santana's Schwägerin am 26. December 1586 wahrzunehmen glaubte. Vergl.
über das letztere Bild, das heute noch als wunderthätig verehrt wird, A n c i z a r
a. 0. S. 35 — 37: Larga informacion se hizo de este railagro por örden del arzo-
bispo don frai Luis Zapata de Cärdenas, la cual he visto original en letra
pastrana en los archivos de la iglesia. Rodriguez Fresle (a. 0. S. 87)
sagt: Hallo ä esta santa imajen en su iglesia que no llegaba ä teuer 30 pi6s
de largo, cubierta de paja, armada sobre bajaraques de barro, con altar de
carrizo ; porque los feligreses Indios de aquel pueblo eran tan pocos que todos
cabian en esta pequefia iglesia. El licenciado Gabriel de Rivera Castellanos
que ha sido cura muchos anos en esta santa iglesia ha escrito un libro en
que cuenta los milagros. Castellanos, der gern an Wunderthaten der Heiligen
glaubte (223, 253, 504), will das Wunder von Chiquinquira , das er aus-
führlich (562) bespricht, noch ausführlicher im vierten Buche seiner Gesänge
behandeln, lieber das grosse, durch ganz Südamerika gehende Sterben, mit
dem diese Dinge in Verbindung stehen, siehe Helps a. 0. IV. S. 351. Der
Mutter-Gottes von Chiquinquira wurde in der Stadt Tunja eine Kirche ge-
weiht; ihr Bild zeigte dort die Gestalten von Sanct Andreas und Sanct
294 Anmerkungen zum Castellanos.
Antonius, aber keine Madonna, sondern nur das Christuskind. Vergl. Colec-
cion etc. IX. S. 445.
73) Miguel de Espejo erscheint mit Versen, die das Werk des Castel-
lanos loben, vor jedem der erhaltenen drei Bücher (4, 180 und 364). Er
kam mit Erzbischof Barrios y Toledo — Anm. 46 — nach Bogota und war
1568 in Spanien, um für denselben die Bullen-Angelegenheit zu ordnen;
Rodriguez Fresle a. 0. S. 69, 95, 124, 144: Miguel de Espejo era la
persona que en estos bullicios i otros siempre acompanaba al arzobispo, como
gran jurista i canonista. Castellanos nennt ihn : no solo tesorero, mas tesoro,
honra y autoridad de nuestro clero, cuyas sentencias son bocadas de oro que
hinchen el juicio mas entero (320). Von den anderen Personen, welche die
Gesänge durch Verse empfehlen, erscheinen zwei Mal Cristobal Leon in
Bogota und der Sargento mayor Läzaro Luis Iranzo ; sonst bekannt sind nur
Francisco Soler in Tunja, von dem eine der Castellanos'schen Landkarten
herrührt (Anmi 55) : le diö Dios un ingenio soberano para cosas de mayor momento
con aquello que hace mas el caso, ser de virtudes santas rico vaso (181).
Bernardo de Vargas Machuca ist der später (1599 — 1612) durch verschiedene
Schriften bekannt gewordene Gubernator der Insel Margarita; vergl. Fabie
a. 0. I. S. 293 und 294, H. S. 409 ff.
74) Letzte Aufzeichnuugren von Castellanos, — solche die der ersten
Manuskript-Sendung nach Spanien folgten, — lassen sich nicht genau angeben,
da das vierte Buch nicht vorhanden ist; zu ihnen gehören die drei letzten
Eulogien (Anm. 65); ausserdem steht folgendes fest:
1588. Relacion breve de las tierras de la gobemacion del Chocö (554)
und Catälogo de los gobernadores de Popayan : Juan de Tuesta Salazar, que
todos hoi conocemos y conocimos antes, vino con el gobierno de Castilla (506).
1589. Untersuchung der Wunder von Chiquinquirä und des Sterbens
von 1588, por la era de 88 hubo tal mortandad de naturales, que diamantinos
corazones se movieran (562).
1590. Schluss des Eulogiums auf Gaspar de Rodas mit Bezug auf das
vorangehende Jahr: para concluir con mi promesa hasta la era de 89 es esto
solamente lo que me resta (552).
1591. Bericht vom Alvaro Jorje, vergl. Anm. 76.
Zu beachten ist, dass Castellanos in seinen letzten Jahren keine Ver-
bindung mit den jüngeren Männern, die seinem Werke ähnlichen Schriften
oblagen, unterhielt. Von solchen sind z. B. bekannt:
Pedro Aguado, cuarto provincial de San Francisco en 1573, schrieb eine
Recopilacion historial de Santa Marta y del Nuevo ßeino de Granada, dedi-
cada al rey Don Felipe II; dos partes. Angeführt von Acosta a. 0. S. 440;
vergl. Anm. 58.
Alonso Garzon de Tauste, cura rector de la catedral de Bogota (1585 ff.)
schrieb historische Sachen, die später Zaraora für sein Geschichtswerk be-
nutzte; Rodriguez Fresle (a. 0. S. 86, 217 und 218) berichtet, dass
Bernardo de Vargas Machuca. Alvaro Jorje. 295
Garzon etwa 70 Jahre alt Schriftführer des am 20. Mai 1625 in Bogota ge-
schlossenen neu-granadischen Provinzial-Konzils war.
Gerönimo Escobar, Augustiner Mönch, Sekretär des Bischofs Agustin
Coruna von Popayan (506), verfasste 1577 eine Beschreibung der Diöcese
Popayan, welche Ternaux Compans, Kecueil u. s. w. S. 46—75 zuerst
übersetzt und veröffentlicht hat; Abdruck in Coleccion etc. XLI. S. 438 — 492;
hier über die Zeit der Abfassung S. 457.
Von den neu-granadischen Conquistadoren überlebten Castellanos mehrere;
der letzte derselben Juan de Montalvo, der auf Erfordern der Regierung 1590
eine Aussage über verschiedene Personenfragen machte, starb in Tunja 1597.
Vergl. Acosta a. 0. S. 421 und 425.
75) Bernardo de Värgas Machuca, der das zweite Buch mit einem
Empfehlungs- Sonett versah, war in seiner Jugend in Diensten der neu-
granadischen Regierung, wie seine Defensa de las conquistas occidentales —
abgedruckt bei Fabie a. 0. II. S. 409— 517 — ergiebt. Er sagt z. B. Esto
a mi me ha sucedido, habiendose alzado en la ciudad de los Muzos un cacique,
llamado Guazara (a. 0. S. 448) . . habiendo yo salido k un castigo con orden
de la Real Audiencia de Santa Fe contra algunos Indios que se habian alzado
(a. 0. S. 451). De la ciudad de V61ez como d dos leguas esta un rio y en
el esta una pefia y en ella una cruz y yo la he visto (a. 0. S. 501) . . .
los que son präcticos de la tierra del Nuevo Reino de Granada lo hechardn
bien de ver como yo (a. 0. S. 499).
Ausserdem war er in Frankreich. He visto Francia, en la ciudad de
Paris, pintados lienzos con las crueldades, que el obispo Casas escribe en su
libro (a, 0. S. 508). Gegen die in Anm. 68 angezogene Las Casas' sehe Schrift
richtete sich die erwähnte Defensa, die 1597 geschrieben wurde, obwohl dessen
Widmung an den peruanischen Vicekönig Juan de Mendoza y Luna (1607 bis
1611) gerichtet ist und die Einleitung erst am 10. August 1612 auf Margarita
unterzeichnet ist.
Im Jahre 1597 ward eine andere Schrift von Vdrgas Machuca von
Francisco de Ortega eingeleitet, die 1599 gedruckte Milicia y descripcion de
las Indias, woran sich 1606 ein Libro de ejercicios de gineta anschloss. Vergl.
Fabie a. 0. L S. 293.
76) Alvaro Jorje, noble lusitano, capitan prudente, de quien tengo
confianza, informandome dice : so beginnt Castellanos (455) eine der letzten
Stellen seiner Dichtung. Von ihm erfuhr Walter Ralegh, dass er den Dorado-
Zug des Marschalls Jimenez mitgemacht habe, vergl. Schomburgk a. 0.
S. 80 und 81, auch Anm. 59.
Jorje erzählte unter Anderem an Castellanos : Un captivo que dentro de
8 dias quedö sano, dijo, como verdn 4 la vertiente de aquella sierra poblaciou
crecida y un rio (el agua grande que se llama Manoa) y otra sierra despues
mas eminente adoude hallaran gente vestida (455).
296 Anmerkungen zum Castellanos.
Auf der im Februar 1595 von Spanien abgegangenen Expedition Berrio's
führte Jorje später den zur Erforschung des Paragua- Gebietes ausgehenden
Zug und starb während desselben. Simon a. 0. S. 608 berichtet nämlich:
Senal6 por capitan el gobernador a un Alvaro Jorge, portugues, hombre que
iba cerrando ya con los 70, su gran amigo y confidente que habia hecho sus
causas muchos anos en el Nuevo ßeino, expererimentado en estas guerras;
que como esto no pudo ser, sin haberle quebrantado trabajos, estos y los
de los anos le hicieron rendir la vida k pocos dias que coraen<;aron la
Jornada. Vergl. auch Montenegro a. 0. IV. S. 54.
j^
ANMERKUNGEN
ZUR GESCHICHTE DER WELSER-ZÜGE.
1) Augsburg- als Handelsstadt hat bis jetzt keine genügende Geschichts-
darstellung empfangen, wie überhaupt innerhalb der Kulturhistorie der
deutschen Kaufmannschaft, trotz ihrer mehrfachen Glanzperioden, der gebühr-
liche Platz noch vorenthalten ist. Einigen Anhalt gewährt Arthur Klein-
schmidt, Augsburg, Nürnberg und ihre Handelsfürsten, Kassel 1881. Wie
werthvoll eine Einsicht in die Entwickelung der Augsburger Kaufmannschaft,
namentlich für die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts werden könnte, zeigt
u. A. die Anlage zum 26. Jahresbericht des historischen Kreis-Vereins im
Regierungsbezirke von Schwaben und Neuburg: B. Greiff, Tagebuch des
Lucas Rem 1494 — 1541, Beitrag zur Handelsgeschichte der Stadt Augs-
burg (1861). Lucas Rem (1481—1541) war 1499 — 1517 Faktor der Welser
(insbesondere in Lissabon) und später Theilhaber der Firma Endres Rem und
Gesellschaft und Chef von „Endres und Lucas, den Remen". Seine Mutter
und seine Schwiegertochter gehörten zur Augsburger Kaufmannsfamilie der
Welser.
Im Auslande werden diese auch Berzer, Berzares, Beizares, Beizeras,
Bersyrs, Belsyres u. a. geschrieben. Andere Augsburger Kauf leute, welche, wie
sie, nach Amerika handeln, sind selten. Kleinschmidt a. 0. S. 42 und
122 erwähnt die Baumgärtner und die Fugger. Ueber erstere liegt nichts
Genaueres vor; der Plan des Fugger' sehen Unternehmens — die Fugger
werden im Auslande Fucares, Folkyres, Fouchers u. s. w. geschrieben —
geht aber hervor aus dem von 1530 datirenden Dokument bei Navar-
rete, Coleccion de documentos ineditos para la historia de Espana
(Madrid 1849) XV. S. 104. Dort heisst es: En 1530 presentaron los
Fvicares un memorial al rey con varias proposiciones, para las cuales se
ofrecian al descubrimiento , poblacion y fortificacion de las islas y tierras
que hay desde el estrecho de Magallanes hasta al tierra de Chincha y
de Chiquilus melares. De resultas de la respuesta dada por el consejo dieron
298 Anmerkungen zur Geschichte der Weiserzüge.
otro al afio siguiente. Con la cual se combina que sirviese k los Fiicares y
qua ademÄs sea cierto lo que dice Juan de Fuca de haber estado mas de
cuarenta anos al servicio de Espana etc. Letzteres ist falsch und wahr-
scheinlich erlogen. Ausführliches ist auch über dieses Fugger'sche Unter-
nehmen nicht bekannt. In Sevilla, dem Ausgangspunkte des Geschäfts in
Amerika, hatten die Fugger auch eine Faktorei. Dort erschien auch, ver-
treten durch Christoph Raysser, seit 1530 Sebastian Neidhard aus Augsburg,
vergl. die Urkunde vom 10. Juli 1530, 18. April 1534 und 22. Januar 1535
in der Coleccion de documentos ineditos relativos al desenbrimiento etc.
XXXII. S. 481 -487 und 487—491, sowie XLI S. 342 und 343. Sodann
verhandelte in Madrid 1560 — 1568 Christoph Hermann aus Augsburg „wegen
des Königs von Spanien Schuld" nach einer Akte des Augsburger Stadt-
archivs.
1544 sind die hauptsächlichsten Augsburger Kaufmannsnamen, welche
jedoch keineswegs sämmtlich in dem Buch der Geschlechter oder in dem der
Kaufmannsstube wieder erscheinen, folgende: Adler, Arzt, Baumgärtner,
Ehinger, Fugger, Herwart, Hochstätter, Ilsing, Imhof, Koch, Köler, Lang-
mantel, Mänlich, Mayr, Neidhardt, Peutinger, Pfister, Pimel, Rehlinger,
Rem, Rembold, Rentz, Sayller, Schellenberg, Seitz, Stetten, Vöhlin, Walther,
Welser,
2) Weiser-Firmen sind, soweit sie der Stadt Augsburg und dem 16. Jahr-
hundert angehören, folgende :
1. Anton Welser, Konrad Vöhlin und Genossenschaft bestand 1493 (?)
bis 1518 und war auch in Memmingen ansässig, dem Geburtsort von Vöhlin.
Sie ist für die deutsche Handelsgeschichte besonders denkwürdig wegen der
mit dem Freibrief vom 13. Januar 1503 beginnenden Theilnahme an den
ersten portugiesischen Indienfahrten; vergl. die Hauptdaten bei Fried r.
Kunstmann, die Fahrt der ersten Deutschen nach dem portugiesischen
Indien (München 1861), auch Greiff a. 0., ferner Johann M. von Welser,
Beiträge zur Augsburger Kunstgeschichte in der Zeitschrift des historischen
Vereins für Schwaben und Neuburg IL (1875) S. 120 ff., und Johann
Ph. Cassel, Privilegia und Handlungsfreiheiten, welche die Könige von
Portugal ehedem den deutschen Kaufleuten zu Lissabon ertheilt haben (1771
und 1776).
Im Jahre 1498 taucht als „Faktor, Respondent, Anwalt, Buchführer und
Hantirer" der genannten Firma in Nürnberg der berühmte Bernhard Walther
auf, der 1504 verstarb als wissenschaftlicher Dilettant und Astronomieliebhaber.
Der darauf folgende Nürnberger Vertreter der genannten Firma war Jakob
Tattier; dann erscheint dort Hans Pfann; vergl. G. W. K. Lochner, Arnold
May und seine Tochter, Peter Vischer's Schwiegertochter: im Anzeiger zur
Kunde der deutschen Vorzeit N. F. XX. (1873) S. 127 ff.
Anton Weiser war der Schwager seines Geschäftstheilhabers und seine
Frau Katharina Vöhlin (Vögelin, Feglin), Tochter von Hans Vöhlin, der be-
reits 1469 mit seinem Bruder Erhard ein grosses Geschäft in Memmingen
betrieb.
Weiser-Firmen. 299
Von Anton Welser rührte die Handelsmarke her, welcher die Weiserischen
Firmen bis zur Katastrophe von 1612 sich bedienten, ebenso die Bankier-
stellung zur Krone Spanien.
2. Bartolmä Welser und Gesellschaft bestand 1518 — 1553. Bei der
Uebernahme der Geschäfte von Welser und Vöhlin gehörten ihr nur die
beiden Brüder Bartolmä und Anton an, daher auch häufig die Firmabezeichnung
Bartolmä und Anton Welser Gebrüder ; aber im Laufe der Zeit vergrösserte
sich nicht bloss durch festere Einrichtung der Häuser in Ulm (1534) und in
Nürnberg (1535) der Geschäftskreis, sondern auch die Zahl der Theilnehmer.
Gegen 1540 hat Bartolmä in seine Gesellschaft, in der Anton verblieb, auf-
genommen : seine drei Söhne Bartolmä, Christoph und Leonhard, sowie seinen
Tochtersohn Christoph Peutinger, den Schwiegervater seines Sohnes Hans,
Jakob Rerabold, und die beiden Hans Vöhlin, Sohn und Enkel seines Oheims
Konrad Vöhlin. Von diesen letzteren war der jüngere Hans Vöhlin in
Amerika gewesen, und zwar 1534 — 1539 auf der Faktorei von Santo Domingo;
nach dessen Rückkunft schickte Bartolmä seinen ältesten Sohn Ende 1540
hinaus, aber nicht nach der Faktorei, sondern nach dem Weiserlande.
Im Jahre 1553 zog sich Bartolmä aus dem Geschäft zurück.
3. Christoph Welser und Gesellschaft bestand 1553 — 1576. Diese Firma
bildeten zuerst — bis 1558 — nur die Söhne von Bartolmä, aber nicht bloss
Christoph und Leonhard, sondern auch Hans, Rembold's Schwiegersohn.
Später traten zwei Neffen von Bartolmä ein. Söhne von Anton, nämlich 1558
Matthäus (f 1578) und 1573 Marx, der bisher der Ulmer Niederlassung vor-
gestanden hatte.
Unter dieser Firma erfolgte angeblich der formelle Verlust von Venezuela,
der in das Jahr 1555 verlegt wird.
4. Erst seit 1576 erscheint die Firma Marx und Matthäus Welser,
welcher ausser Marx auch ein Matthäus angehörte, doch nicht des Ersteren
Bruder, sondern dessen Neffe. Sie bestand bis zum Bankerott von 1612.
Diesen überdauerte bis 1648 die Niederlassung in Ulm; vergl. Alb recht
Weyermann, Nachrichten von Gelehrten und Künstlern , auch alten und
neuen adligen und bürgerlichen Familien aus der vormaligen Reichsstadt
Ulm (1829) n. S. 598; jedoch nicht die in Nürnberg.
Mit letzterer ist der Nürnberger Zweig der Augsburger Familie Welser
nicht zu verwechseln; dieser stammte von Jakob Welser ab (1468 — 1541),
der noch Ende des 15. Jahrhunderts von Augsburg nach Nürnberg über-
siedelte und dort 1504 im Rath erscheint und durch seinen Sohn Sebastian
ein berühmtes Patrizier- Geschlecht gründete; vergl. Joh. Gottfried Bieder-
mann, Geschichtsregister des hochadligen Patriziats zu Nürnberg (1748)
Tafel DLVni. Dieser Jakob Welser machte in Antwerpen erhebliche Ge-
schäfte, besonders nach dem La Plata-Strom. Von ihm stammt das viel-
genannte Weiserische Handelsbuch, das früher im Germanischen Museum auf-
bewahrt wurde.
800 Anmerkungen zur Geschichte der Welser-Zllge.
Die Bankierstellung zur spanischen Krone ist zwar schon von Anton
Weiser sen. begründet, gelangt jedoch erst unter der Firma der Gebrüder
Bartolmä und Anton Welser zur Bedeutung. Die Geschäfte, welche diese mit
dem König von Spanien abgeschlossen haben, lassen sich nicht ganz deutlich
erkennen. In einem Verzeichniss „Was Kayser Carolus, dem Vte» die Römisch
Künglich Wal cost im 1520 Jar" (vergl. 34. Jahresbericht des historischen
Kreisvereins der Regierungsbezirke von Schwaben und Neuburg (1869) S. 21,
22 und 43) kommen auf die Fugger 543 585, auf die Häuser von Gwalterroth,
Fomary und Vivaldis zusammen 165 000 und auf die Welser 143 333 Gulden:
von Bartolomeen Welser anstatt Anthonien Welser 's seligen und seiner Mit-
verwandten. Im Februar 1530 liehen die Fugger und Welser kaiserlicher Majestät
wegen „der grossen Spagnischen Handel der Cruziata und Quart" 310 000 Gulden,
die Welser davon ein Zehntel , also 31 000 Gulden (vergl. 26. Jahresbericht
des genannten Vereins [1861] S. 38 und 75). Zwischen diese beiden Jahre
fällt die Amerikanische Belehnung der Welser; am 22. November 1532 wurde
Bartolmä Welser „in Stand und Grad des Adels der recht edelgeborenen
Lehens-Turnier-Genossen und rittermässigen Edelleute" erhoben; die Haupt-
sache war bei dieser Auszeichnung das Recht, in jeder Reichsstadt abgaben-
frei sich niederlassen zu dürfen. Auch später wurden noch weitere Vorrechte
gewonnen. Die zweite kaiserliche Urkunde, die Bartolmä erlangte , war ein
allgemeiner Geleitbrief d, d. 6. April 1541 ; eine dritte ein Exemtions-Privileg
von einigen gewöhnlichen Ortsgerichten d. d. 7. Juni 1546; eine vierte die
Erlaubniss zur Rückkehr nach der Vaterstadt d. d. Halle a. S. 22. Juni
1547, da auf ihn als Abwesenden die allgemeine Begnadigung sich nicht be-
zog, die am 29. Januar 1547 erfolgte. Vergl. Lienigs, Reichsarchiv XIII.
S. 128.
Bisher unklare Spuren von Verbindungen der Welser mit Spanien zeigen
sich in einigen Aktenstücken des Augsburger Stadtarchivs. Am 22. Februar
1525 geht Bartolmä Welser nach Antwerpen „wegen des lateinischen Briefs zu
handeln"; am 9. December 1528 wird Ulrich Ehinger an den Kaiser gesandt,
um gemeinsam mit Hans Ehinger Handelsangelegenheiten zu erledigen; 1543
bis 1545 korrespondirt Hieronymus Sailler wegen solcher Sachen mit Alexius
Grubel (Grimel) in Antwerpen; 1548 wurde Bartolmä Welser Mitglied des
„kaiserlichen karolingischen Rathes".
Die Augsburger Stadtchroniken erwähnen die Geschäfte des Hauses
Welser in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts selten. Die amerikanische
Unternehmung hat am ausführlichsten besprochen Martinus Crusius,
Annales suevici (Francoforti 1595) III. S. 603. Derselbe sagt: Hocanus (1528)
Bartholomaeus Welser et socii suis impensis naveis aliquot in Hispania ar-
marunt et in novas insulas occiduas emiserunt, ubi in coufiniis Peru magnam
et divitem regionem invenerunt, Venezuelam (al Venocuelam) nominatam aut
Valentiolam, quam consentiente Carolo Caesare occuparunt et magnis laboribus
ac sumptibus (initiis non multo post cum eodem Caesare pactis) ad 28 annos
tenerunt. Tum inter reginae Elisabethae publicanos et Welserorum illis in
locis gubernatorem, cui nomen Georgio de Spira, contentio exorta est, primo
Bartolmä Welser. 301
de vectigalibus et decimis, postea de limitibus et terminis. Postremo totius
dicionis jus in controversiam venit et causa diu apud Hispaniensem aulam
agitata, tandem totum illud peramplum regnum anno 1555 Welseris abju-
dicatum est. Primus eius inventor et nomine Welserorum gubernator nomina-
batur Ambrosius Dalfinger patria Ulmensio, quem Hispani ibi interfecerunt,
quam eaedem sequenti tempore Caesar severe vindicavit. Diese, mehrere
IrrthUmer enthaltenden Worte von Crusius verdeutscht Engelbert Wer-
lichius, Chi-onika der weitberumpten Kayserlichen, Freyen und des hl.
Reichs Statt Augspurg in Schwaben (Frankfurt a. M. 1595) III. S. 14.
Aehnliches wiederholt sich in den meisten späteren Stadtchroniken, z. B. in
Paul von Stetten's Geschichte der heiligen Römischen Reichs Freyen
Stadt Augspurg (Frankfurt a. M. 1743) I. S. 310.
3) Bartolmä Welser, geboren zu Memmingen 1484, gestorben zu Amberg
am 28. März 1561, hat eine spezielle Biographie nur in Paul von Stetten's jr.
Lebensbeschreibungen (Augsburg 1782) S. 209 — 248 erhalten; diese ist jedoch
in vielen Beziehungen unzureichend.
Ueber Bartolmä' s Kindheit und Bildungsgang ist Nichts bekannt; sein
Vater siedelte 1496 wieder nach Augsbui^g über. B. scheint sich vorzüglich
um die ostindische Fahrt von 1505 bekümmert zu haben, denn seinen „Brief"
nennt Conrad Peutinger in einem Schreiben vom 3. Januar 1505 dem kaiserl.
Sekretär Blazius Hölzl besonders (vergl. Greiff a. 0. S. 85); im Juni 1509
ist B. in Antwerpen (ebenda S. 12). Die Heirath mit Felicitas Grander,
Tochter von Thomas Grander und Felicitas Rehlinger, erfolgte 1511. Bartolmä
hatte aus dieser Ehe 17 Kinder. Als sein Vater sieben Jahre nach diesem
Eheschluss starb, kaufte er gemeinschaftlich mit dem Bruder Anton aus dem
Nachlasse das alte Augsburger Stammhaus seiner Familie, das Haus auf dem
Stein, das an der Ecke der Weissmalergasse (jetzt Karolinenstrasse) und
Judengasse (jetzt Karlstrasse) lag und in unscheinbaren Resten noch heute
vorhanden ist, namentlich in einem Stück des von Bartolmä bewohnten Theiles.
Vergl. über dies Haus die citirte Zeitschrift 11. S. 152 ff.
Der wichtigste öffentliche Dienst, den B. seiner Vaterstadt leistete, war
die Reise nach Innsbruck zu dem eben vom Papste gekrönten, übermüthig
mit einem Glaubenskrieg drohenden Kaiser ; diese Gesandtschaft wurde ausser
ihm nur noch von Wolf Langenmantel gebildet. B.'s erster Bericht datirt
vom 3. Mai 1530. Der Kaiser, in dessen Gefolge Heinrich Ehinger war,
hielt seinen Einzug in Augsburg erst am 15. Juni, von Conrad Peutinger
ward er namens der Stadt begrüsst, Vergl, Kleinschmidt a. 0. S. 85 f.
B. hatte keineswegs nur einseitige kaufmännische Interessen. So er-
wähnt Alb recht Wey ermann a. 0. II. S. 668 ein von Bartolmä Welser
mit Randbemerkungen versehenes Exemplar der Antwerpener Ausgabe des
Suetonius von 1548, das später Joseph Ridder gehörte. Auch die amerikani-
schen' Verbindungen der Welser, deren eigentliche Seele B. war, waren
nicht bloss äusserlich geschäftliche. Franz Wieser, Magalhaes- Strasse und
Austral - Kontinent auf den Globen von Joh. Schöner (1881) S. 98 hält
z. B. dafür, dass die „Neve Zeitung aus Bresillg Landt" — abgedruckt durch
302 Anmerkungen zur Geschichte der Welser-Züge.
SophusRuge im FV. und V. Jahresbericht des Vereins für Erdkunde zu
Dresden 1868 S. 13 — 27 — durch Vermittlung der Welser nach Deutschland
gekommen sei ; das Gleiche gilt von dem Berichte des Santo Domingoer
Schlosshauptmanns Oviedo über die erste Suche eines „güldenen Prinzen",
den Betuleus und Dietherus in ihren Geschichten Fernandi Cortesii von
dem Neven Hispanien (Augsburg 1550) S. 58 ff. abgedruckt haben.
Ein Oelbild von B. aus dem Jahre 1550 hat sich erhalten; es stellt
den 67 jährigen in Haustracht dar. Sein, wie seiner Frau, Grabstein ist in
Amberg, Abgüsse befinden sich im germanischen Museum zu Nürnberg und
im Maximilians-Museum zu Augsburg. Sodann stellen verschiedene Medaillen
im letzteren Museum Bartolmä Welser — eine von 1534 — , ebenso seinen
Schwager Peutinger und Frau Margarethe, B.'s Schwester, dar. Ein Bild von
B. findet sich schliesslich in der Einmark' sehen Sammlung,
Von den Brüdern stand B. besonders nahe der beinahe gleichaltrige
Anton (1486 bis 22. Januar 1557), sein eifrigster Mitarbeiter, Er war 1510
in Lyon (vergl. Greiff a. 0. S. 91) und September 1513 in Antwerpen; er
ehelichte Felicitas Baumgärtner (f 18. Oktober 1552), welche ihm 14 Kinder
schenkte, darunter Sabina (1515 — 1576), die am 12. Juni 1535 Leonhard
Hirsvogel zu Nürnberg heirathete. Von Anton ist ein dem Jahr 1527 ange-
hörendes Oelgemälde noch im Familienbesitz erhalten.
Ziemlich fern stand B. ein zweiter Bruder, Christoph (1480 — 1536), da
derselbe den geistlichen Stand erwählte und zuletzt als Domherr nach Kegens-
burg ging. Ueber Hans, den dritten Bruder, ist nichts zu sagen. Der vierte
war Franz (1497 — 1572), der Anna Adler heirathete, zu deren Kindern die
bekannte Philippine (1527 — 1580) gehörte; über diese sind besonders nach-
zusehen: Johann Michael von Welser, Nachrichten über Philippine
Welser (1864), sowie Joseph Hirn, Erzherzog Ferdinand H. von Tirol,
Geschichte seiner Regierung und seiner Länder H. (1888) S. 313 — 369.
Unter den Schwestern von B. ragt nur eine hervor: Margarethe,
welche den berühmten Konrad Peutinger (1465, 14. Oktober bis 1547,
28. December) heirathete. Von ihren Söhnen traf vorzüglich Christoph zu
dem Oheim in engere Verbindung (vergl, Anm. 2). Ueber Peutinger und
seine Frau ist zu vergleichen Th. Herberger, Peutinger in seinem Ver-
hältniss zum Kaiser Maximilian I., Augsburg 1851.
Die Angabe, dass Veronica Welser, die in der Kunstgeschichte viel-
genannte Klosterfrau, eine Schwester von B, gewesen sei, ist falsch, Sie hiess
mit bürgerlichem Namen Ursula und war eine Tochter von Hans Welser,
einem Bruder von Anton sen., und der Anna Peutinger; sie starb am
18. Juni 1531 (?).
Geadelt wurden durch den bereits genannten kaiserlichen Erlass d. d.
Mantua, 22. November 1532: Bartolmä, Anton und Franz Welser; der Adels-
brief vom 20. März 1525, den von Statten, Geschlechter-Geschichte S. 97
und Lebensbeschreibungen H. S. 220 anftlhrt, ist unächt. Nach jener Urkunde
wurden dem alten bürgerlichen Weiserwappen, das auf weissrothem Felde
Indianer-Knechtschaften. 303
eine rothweisse Lilie zeigte, Turnierhelm und Goldhelm hinzugefügt (vergl.
Anm. 2). Eine Aenderung des Wappens geschah durch Aufnahme der
Granger'schen Rosen und erklärt sich daraus, dass die Granger'sche Familie
mit der Frau von B. ausstarb^ die Gestattung dieser Aenderung wurde zu
Brüssel am 8. April 1549 gewährt.
Eine Familiengeschichte hat Johann Michael Anton Freiherr von Welser
(t 1875) begonnen und in den Hauptsachen handschriftlich durchgeführt-, ihre
Veröffentlichung ist sehr zu wünschen.
4) Indianer-Knechtschaften gab es in mehreren Abstufungen:
a. Indios de rescate, von dem herrschenden Stamm als Sklaven be- und
verhandelte Personen, theils einzelne Kriegsgefangene, theils Reste einer
besiegten Körpei-schaft. Sie wurden gekennzeichnet, Vergl. Helps a. 0.
III. S. 119.
b. Gewöhnliche Dienstpflichtige, die ihre Freiheit verloren hatten durch
Schulden, namentlich Spiel- und Trink-Schulden, oder durch Verkauf seitens
der Eltern. Von diesen sagt LasCasas, Un tratado del obispo de la Ciudad
real de Chiapa sobre la materia de los Indios que se han hecho esclavos
(1552) S. 181: es cosa mui diferente de una servidumbre, pues tenian su
casa y su hogar y su peculio y su hacienda 6 su mujer e sus hijos. Eines der
Hauptübel bestand darin, dass diese gleich den unter a Genannten seitens der
Eroberer behandelt wurden. Aus der Verschiedenheit der Fälle erklärt es sich,
dass ein allgemeiner Name fehlt.
c. Naborias sind zeitweilige Unfreie. Era servicio de uno 6 dos anos
y despues por otros dos y asf temporalmente sagt Antonio de Leon,
Confirmaciones Reales I. cap. 1; vergl. Helps a. 0. IH. S. 123. In den
Indiengesetzen von 1542 heisst es: Ninguna persona se pueda servir de los
Indios por via de Naborias ni de otro modo alguno contra su voluntad. Vergl.
Herr era a. 0. IV. S. 95.
Alle wirklichen Sklaven der Wilden durften auch als Sklaven weiter
verhandelt werden; die Frage, ob solche Sklaverei bestehe, sollte durch die
Geistlichen festgestellt und von jedem Kauf wie Verkauf ein Viertel an die
Krone bezahlt werden.
Die freien Indianer sollten nicht geknechtet werden dürfen, doch
machte die Krone auch hier eine Beschränkung. Sie sollten nämlich nicht
bloss Tribute zahlen, wie andere Vasallen der Krone, sie sollten auch arbeiten,
was ihnen ungewohnt war. In Ovando's Instruktion vom September 1500
stand nach Herr era a. 0. I. 99, que los Indios pagasen tributos y derechos,
como los demas vasallos, a sus altezas y que serviesen en coger el oro,
pagandoles su trabajo Die den Indianern zu zahlende Arbeit war also vor-
züglich Goldgewinn, ursprünglich Wäscherei, bald auch Grubendienst. Bezug-
nehmend auf diese Instruktion sagt der Kronerlass vom 20. December 1503
(vergl. Navarrete a. 0. IL S. 299): hobimos mandado que los Indios . . .
fuesen libros y no sujetos k servidumbre .... ahora soy informada que k
causa de la mucha libertad que los Indios tienen huyen y se apartan ....
304 Anmerkungen zur Geschichte der Welser-ZUge.
por este compelais y apremieis k los Indios que traten y eonversen con los
cristianos . . . y trabajen en sus edificios en coger y sacar oro y otros metales
y en hacer granierias . . . . y fagais pagar k cada uno el dia que trabajare
el jornal y mantenimiento que segun la calidad de la tierra y de la persona
y del oficio vos pareciere que debieren haber mandando ä cada cacique que
tenga cargo de cierto nümero de los Indios . . . . lo cual hagan e cumplau
como personas libres como lo son , y no como siervos. Diese Zwangsarbeit
der rechtlich freien Indier bildet den Uebergang zu der Theorie von der Un-
mündigkeit derselben, zu dem Grundsatz, dass sie bevormundet werden müssen.
Die Indianer zu Hofdienstpflichtigen zu machen, ist eine
Forderung, welche die Spanier auf Espafiola gegen den Vicekönig im
September 1499 durchgesetzt haben; sie ward schon im Oktober ausgeführt.
Herrera a. 0. I. 95 sagt: De aquf tomaron orijen los repartimieutos e en-
comiendas de todas las Indias', porque los daba el Almirante por sus ce-
dulas; die Vertheilungsformel lautete: que daba en tal cacique tantas 1000
motas o montones que todo es imo y que aquel cacique o sus jentes labrassen
para quien les daba aquellas tierras. Die Frohnden wurden also für den
Grundbesitzer geleistet; diesem wurde behufs Frohndienst mit dem Grund-
eigenthum, das Berg, Wald, Fluss und Thal umfasste, eine gewisse Zahl von
Eingeborenen angewiesen, nämlich alle auf dem Grund und Boden Lebenden ;
die Anwohner folgten also dem Lande; auch sie wurden zugetheilt, repartirt.
Diese Ausdehnung des Repartimiento fand im spanischen Recht keine Ana-
logie; desshalb suchte man bald eine andere juristische Form, welche
das Lehnrecht darbot, mit dem das Repartimiento ursprünglich nichts zu
thun hatte.
Zu Sklaven dürfen durchweg gemacht werden die C a r i b e n , das sind
kein Volksstamm, sondern für Menschenfresser erklärte oder sonst ausserhalb
des Friedens stehende Personen; so werden sie auch nicht anderen Völker-
schaften gegenüber gestellt, sondern gutmüthigen, gleichsam zähmbaren
Stämmen, den Guatiaos, vergl. Coleccion etc. 1. S. 382, Herrera, a. 0. II.
S. 181 u. A. Die Hauptunterscheidung besteht im Gebrauch des Pfeilgifts.
Vergl. über Cariben noch Gomara, a. 0. S. 201, Navarrete, Col.
Dip. No. 17, Castellanos a. 0. II. c. 3, auch Helps a. 0. L 201, 383,
II. 118, 160, sowie Juan Ignacio de Armas, la fabula de los Caribes
(Habana 1884).
Den Cariben wurden schliesslich durch gesetzliche Bestimmung gleich-
gestellt alle Wilden, welche, nachdem sie in vorgeschriebener Form zum Ge-
horsam ermahnt worden sind, sich widerspenstig geberdeten, insbesondere die
Waffen nicht niederlegten ; unter diese Bestimmung fielen alle kräftigen
Stämme. Den Widersinn dieser Bestimmung hoben nicht nur die Domini-
kaner, sondern auch den Conquistadoren so nahe stehende Personen, wie
Oviedo und Enciso hervor, doch blieb es bei dem Beschluss des Indien-Raths.
5) Das Land Cocibacoa ist altbekannt. Es ist die jetzige Guajiros-
Halbinsel ; Guajiros ist nämlich kein Eigenname, bedeutet vielmehr „aus-
Das Land Cocibaeoa. 305
ländisch, fremd". In den Urkunden vom 28. Juli 1500, vom 8. und 10. Juni
1501, vom 3. September 1501, vom 8. November 1503, vom 5. Oktober 1504
findet sich bereits der alte, auf La Cosa's Karte fehlende Name; vergl. Na-
varrete a. 0. IL S. 433 und HL S. 86, 89, 111, 518 und 519, vergl. auch
Petrus Martyr, Dec. H. S. 140. Dieser Name kann nur durch Hojeda's
Expedition bekannt geworden sein. In den genannten Urkunden findet sich
derselbe in den Formen Coquivacoa — so sagt auch Las Casas I. a. 0.
c. 167 — Cuchibacoa, Caquebacoa und Quiquevacoa; aus letzterer Form und
dem Quinquibacoa der Zeugenverhöre ist heutzutage Chichibacoa geworden.
So heisst jetzt das für die Schiffahrt wichtigste Vorgebirge jener Halbinsel,
das Cabo de Espera von La Cosa. Vergl. Bar nett, West India Pilot
(London 1872) L 140. Doch sind auch zu vergl. Ale edo a. 0. 653, der be-
hauptet, Coquibacoa sei von Chichibacoa zu unterscheiden, sowie Oviedo,
a. 0. IL 132, der noch einen Hafen Quiquibacoa zwischen Cabo de los
Monges und la Caleta erwähnt. Das moderne Venezuela nimmt an, dass dort
bei dem Vorgebirge Chichibacoa seine Grenzlinie gegen Kolumbien das
Meer berührt, Kolumbien beansprucht dagegen das ganze alte Cocibaeoa;
vergl. Negociacion de Hraites en 1874 y 1875 (Caracas 1875) I. 33 ff.,
125 ff., 229 ff.
Die Guajiros- Halbinsel hat 1500 La Cosa so gezeichnet, dass sie nur
durch einen schmalen Streifen mit dem Lande verbunden wird; er fingirt
einen Meerbusen, welcher die Nordküste so aushöhlt, dass sein Ende dem
Maracaibo-See gegenüber liegt. Dieselbe Zeichnung hat noch die römische
Karte von 1508, die überhaupt Elemente von La Cosa erkennen lässt, z. B.
Golfo de Pareas und Tei'ra de Pareas; durch einen Abschreibefehler ist aus
Venezuela Vericida geworden. Als Lago ist auf La Cosa's Karte die Bahia
Honda verzeichnet; Almadraba bezeichnet auf derselben einen Ort, wo man
Thunfische fing, Aguada einen solchen, wo man "Wasser einnahm.
Las Casas bezeichnet den Meerbusen von Venezuela noch oft als Golfo
de Cuquibacoa, so sagt er Indias II. S. 409: La provincia y golfo de Cuqui-
bacoa en lengua de Indios que ahora se llama en nuestro lenguaje Venezuela,
und fügt ebenda S. 410 und 416 hinzu: Cuquibacoa es hoi Venezuela.
In einem vor dem 8. Juni 1501 mit Hojeda abgeschlossenen Vertrage
sagt Fonseca (Navarrete a. 0. IH. S. 86): Vos entreis en la isla . . . .
que dicen Quiquevacoa en la parte de tierra firme , donde estan las piedras
verdes, de las cuales trugistes muestra e traigais dellas las mas que puedie-
redes e ver asimismo de las otras cosas que trugistes en este Camino en las
muestras . . . procures de saber lo que degistes que habiades sabido otro rescate de
perlas con tanto que no sea dentro de los limites suso contenidos e busqueis
asimismo los mineros de oro que decis que teneis nueva que los hay. Mit der
letzten Notiz istdie bei Herrera(Descripcion) zu verbinden: al cabo de Coquibacoa
>solamente en todas las Indias se hallo peso y toque para el oro. Ausführlicher
weiss Enciso zu berichten: En Coquibacoa se ha hallado peso i toque para
el oro en el lugar que es grande y dicen los Indios que traen el oro de
hasta 25 leguas de dentro de la tierra y que cuando van allä por ello, Uevan
Pestschrift der Harabargischen Amerika-Feier II. 20
306 Anmerkungen zur Geschichte der Weiser-Züge.
el peso y el toque para conocer lo que traen : en todas las Indias del poniente
no se ha hallado peso sino aquf. Ueber den Perlenfang beim Kap La Vela
siehe Anm. 25 zum Castellanos.
Das Cabo de laVela, welches sich noch auf heutigen Karten — vergl.
auch Barnett, West India Pilot I. (London 1872) S, 150 — aber aixch
bereits in frühen Urkunden findet (vergl. die vom 12. April 1502 bei
Navarrete a. 0. IIL S. 106), wird vielfach (vergl. Herrera, Historia III.
S. 212), insbesondere später, als zur Provinz Coeibacoa gehörig betrachtet.
Auch wird dieses Vorgebirge als Grenzpunkt zwischen den alten Provinzen
Coeibacoa und Venezuela genannt; so sagt Herrera a. 0. IV. S. 248: los
Hmites desta gobernacion de Venezuela, conforme al assiento de los Alemanes
comien(;an desde Maracapana hasta el Cabo de la Vela, und 0 v i e d o a. 0. II.
S. 332 : Entre ambas gobernaciones el majano ö coto 6 t6rmino que las divide,
es el Cabo de la Vela. Trotzdem muss aber an der Existenz eines Grenz-
gebietes, einer tierra del Cabo de la Vela festgehalten werden. So wird es
als eigener Bestandtheil der Belehnung der Welser genannt, vergl. Herrera,
Historia IL S. 311. So wird auch in der Santa Marta betreffenden Kapitulation
mit Pedro Fernandez de Lugo, die Herrera (a 0. IIL S. 171) im
Auszuge mittheilt, von einer Provinz Cabo de la Vela gesprochen. Denn es
heisst dort: la provincia de Santa Marta se entiende desde donde se acaban
los limites sefialados a la provincia de Cartagena hasta donde se acaban los de
las provincias de Venezuela y Cabo de la Vela. Ebenso führt Alonso de
Zurita (vergl. Anm, 42 zum Castellanos) noch eine solche Provinz an
(Coleccion etc. IL S. 6) : He deseado siempre decir lo que he averiguado
y sabido en 19 afios que estuve en aquellas partes en servicio de
S. M., los dos primeros en Santo Domingo por oidor y los otros 3 siguientes
en el Nuevo Reino de Granada y en Santa Marta y Cartagena y Cabo la
Vela. Auch Philipp von Hütten 's Bruder, Moritz, Bischof von Eichstätt, und
Bartolmä Welser selbst sprechen von einer Provinz Cabo de la Vela, vergl.
Mensel a. 0. S. 103 und 112. Siehe auch Anm. 25 zum Castellanos.
6) Das Land Coriana (Curiana) kommt früh in der Entdeckungs-
geschichte vor; vergl. Urkunden vom 28. Juli 1500 und 8. Juni 1501, vom
12. März 1502, vom 8. November 1503 bei Navarrete a. 0. IL 422, 430 und
433; IIL S. 86, 103 und 104; Hojeda soll das Gebiet seiner Nebenbuhler
respektiren: de esta parte de Paria hasta el Farallon e toda aquella tierra,
que se llama Coriana (a. 0. III. S. 103 und 104); die grosse Klippe (el Farallon)
ist die jetzige, unfern vom Codera-Kap liegende Insel Centinela: an islet or
very bold rock, which appears like a ship under sail, sagt Bar nett,
West India Pilot I. (London 1872) S. 122. Coriana lag jenseits dieses
Farallons, also nach Westen hin noch weiter von Paria entfernt ; die richtige
Reihenfolge der Namen ist: Paria, Cumana, Maracapana, Puerto Fl ichado oder
dergleichen, Coriana vergl. z. B. Martyr, Dec. I. 84, Gomara a. 0. S. 203.
Der Widerspruch in den Hojeda' sehen Prozessangaben (Navarrete a. 0. IL
S. 422—433, in. S. 103—105) erklärt sich theils aus lückenhafter Kenntniss,
theils aus dem Parteiinteresse, den Sachverhalt zu verdunkeln ; es ist desshalb
Das Land Coriana. 307
die immerliin leicht mögliche Annahme zweier Corianas , zu der Helps und
Peschel-sich entschlossen haben, ebenso unnöthig, wie die Angabe auf Codazzi's
historischer Karte von Venezuela falsch. Es scheint, dass die Aussprache
Coriand — ähnlich wie Cumana, Parianä — die richtige ist.
Den Namen, der Seebrise bedeutet und häufiger vorkommt, leitet
Oviedo von einem Fluss ab ; er sagt a. 0. II. S. 131 : Curiana es un rio que
estä algo mas de lüVa grados desta parte de la equinocial; desde Curiana
sale una punta ö promontorio en la mar 10 leguas que se Uama el cabo de
San Eoman. Herrera, Historia II. S. 334 hat richtige Ableitung: la tierra
de Coro llaman los Indios Coriana.
In späteren Quellen wird in diesem Lande insbesondere ein Häuptling
Manauri genannt, un gran cacique que esta 10 leguas de la tierra adentro
en la provincia de Coro, llamado Manauri (Anaure) el cual por ser gran
senor se hace adorar como dios; vergl. Coleccion etc. I. S. 434, X.
S. 27. Herrera, Historia IL S. 334 und 335 erwähnt eine tierra de
Manaure : Indios de la tierra del cacique de Manaure im Gegensatz zu den
Bergbewohnern. Oviedo y Banos sagt noch a. 0. S. 9 : El Cacique
Manaure era senor de toda aquella provincia, habitada de la nacion Caiquetia.
lieber Manaure vergl. auch Simon a. 0. S. 54. — Später hiess Don Martin
nach dem Indianerdolmetschen Manaure; vergl. Castellanos a. 0. S. 185.
Santana de Coro ist die einzige christianisirte Ortschaft der vielen,
dem Seeufer von Coriana nahe belegenen Eingeborenensitze, jedoch nicht der
Sitz von Manauri. Der Ort wurde kurz vor Dalfinger's Ankunft von Ampies
besetzt, der jedoch keine Kirche errichtete, so dass das Gotteshaus der heil.
Anna — der Heiligentag ist der 26. Juli — von Dalfinger herrührt und nicht
von Federmann, wie Alcedo a. 0, I. S. 661 anführt. Die ersten Regidoren
und Alkalden hat Oviedo y Banos a. 0. S. 14 verzeichnet. Nueva Cör-
dova ist als Stadtname für Coro urkundlich nicht nachweisbar; falsch ist
jedenfalls die neuere Angabe (z. B. von Klunzinger a. 0. S. 12, Falke,
Geschichte des Handels S. 153), dass Coro auf einem Felsen im Meere ge-
baut sei. Die Lage des Ortes ist in den Quellen mehrfach gut beschrieben;
so sagt Herrera, Historia H. S. 335: Coro tiene dos puertos, uno k la
banda del Norte, otro al Ueste; el primero es la ensenada del Cabo de San
Roman y la mar mansa y baja, el de la banda del Norte es mar brava y
hondable und ebenda IV. S. 248: Coro esta 2^/2 leguas del puerto y k una
legua de la ciudad hai unas buenas salinas. A 60 leguas la costa abajo se halla
la laguna de Maracaibo y ä 12 hace la mar una ensenada de tierra, que casi
se podria llamar isla, llämase Paragoana y los mareantes la nombran el cabo
de San Roman. Ueber Coro als Bischofssitz vergl. Anm. 13 zum Castellanos.
Die schlimmste Zerstörung der Ortschaft und Kirche geschah 1567 ; vergl.
Simon a. 0. S. 575 und 576.
In Coro's Umgebung lagen etliche Ortschaften der Wilden; es werden
angeführt: Guaibacoa, Sasarida (Zacerida Cazarida), die noch auf Karten sich
finden, ferner Cairva, Capatärida, Carao, Carona, Cazicare, Hurraqui, Hure-
hurebo, Miraca, Tamadore und Todariquibo. Bald waren viele Häuptlinge in
20*
308 Anmerkungen zur Geschichte der Welser-Züge.
diesen Ortschaften getauft, so hiess der von Guaibacoa Barbo, der von Cairva
Estebau, der von Miraca Boniata, der von Todariquibo Alexander.
7) Das Gewässer von Venezuela besteht aus einer Meerbucht und einem
Binnensee. Der Name findet sich zuerst 1 500 auf der Karte von Juan de la
Cosa im Wasser als Venezuela; Hojeda spricht 1513 auch vom Golfo de
Venezia (vergl. Navarrete a. 0. III. S. 544). Der Name ist stets mit
Venedig in Verbindung gebracht, aber meist so, als habe man mit der Adria-
stadt die oft z. B. bei Pernambuco vorkommenden, von Oviedo abgebildeten,
im Wasser stehenden Pfahlbauten spöttisch verglichen ; jedoch weisen alle
alten Seefahrernamen in Amerika, die europäische Namen nachbilden — Cadix,
Cartagena u. s. w. — auf Aehnlichkeiten der Formation hin; charakteristisch
wird z. B. auch die Stadt Mexiko mit der Stadt Venedig verglichen, vergl.
Bemal Diaz de Castrillo in Biblioteca de autores Espanoles (Madrid
1853) II. S. 11. Auch zu dem Namen Venezuela (Klein-Venedig) wird die
ganze Bodenformation die Veranlassung geboten haben.
Einen Ort Venezuela hat es nie gegeben, obwohl Vespucci denselben
erwähnt, vergl. B a n d i n i , Vita e lettere di Amerigo Vespucci S. 80, Quatuor navi-
gationes bei Navarrete a. 0. HI. S. 219. Enciso a. 0. S. LIV. wieder-
holt: Entre el cabo de San Roman al cabo de Coquibacoa se hace un golfo
de mar en figura cuadrada; al cabo de Coquibacoa entra desde este golfo
otro pequeno en la tierra 4 leguas y al cabo de la cerca de la tierra estk
una pena grande que es llana, encima de ella estÄ un lugar que se llama
Veneciuela. Auch Herr er a, Desciüpcion S. 15 nennt noch zum Jahre
1528 einPueblo que los Beizares dijeron Venezuela. Der Name, nach welchem
die später lange Zeit übliche amtliche Bezeichnung: gobernacion del golfo de
Venezuela sich ergeben hat, wird auch sonst vielfach auf die Weiserfahrten
zurückgeführt; z. B. von Castellanos a. 0. S. 181: el nombre de Venezuela
de Venecia viene y le di6 por escelencia el Aleman, diciendo le conviene al
gran läge de Maracaibo. Oviedo 's Karte Band II. Tafel 3 seiner Historia
general zeigt beide Theile der venezuelanischen Gewässer. Der innere Theil
derselben, von dem Castellanos eine Karte besass (vergl. Anm. 55 zum Castel-
lanos), trug verschiedene Namen. In den Urkunden vom 12. März, 12. April
und 12. Mai 1502 bei Navarrete a. 0. III. S. 105, 106 und 108 findet
sich die Bezeichnung lago de San Bartolom^. Später kommt der Name
Nuestra Senora auf, vergl. Gomara a. 0. I. S. 202; Castellanos a. 0.
S. 188 nennt Alfinger hallador de la laguna de Nuestra Senora; Herrera
Historia II. S. 335: los Espanoles llaman la laguna de Maracaibo de Nuestra
Senora; ähnlich Oviedo a. 0. II. S. 300. Nach der Besitzergreifung von
Maracaibo wird letztere Bezeichnung ständig.
Oviedo a. 0. II. S. 270 und 300 schildert: En la boca del golfo de
Venezuela se hace un embocamiento estrecho de la mar y dentro de aquel
se dilata el agua en forma de laguna redonda en que hai bien 20 leguas de
longitud y otras tantas de latitud por cada parte dentro del embocamiento ;
la laguna es cosa mui notable en la cosmografia. Oviedo war nie in Venezuela
Das Welserland, 809
und hat diese Nachricht, sowie die ausführliche über Land und Leute (a. 0. 11.
S. 328—331) Januar 1542 von Bischof Kodrigo de Bastidas erhalten.
8) Das Welserland ist nicht in scharfen Grenzen zu zeichnen. Die
Weiserkapitulation ist urkundlich nicht erhalten-, Wortlaut und Datum sind
unbekannt; ihren Inhalt giebt Herrera, Historia IL S. 311 a. a. 1528 nur
ziemlich allgemein an. Doch kann diese Urkunde bei der Unkenntniss in
geographischer Beziehung zur Zeit der Belehnung nichts Genaues über die
Grenzen enthalten haben. Jedenfalls ist das Welserland nicht mit dem Ge-
biete der späteren Generalkapitanie Caracas oder der späteren Republik Venezuela
identisch nach den festgestellten atlantischen Marken. Die Urkunde vom
27. März 1528 (Coleccion etc. XXII. S. 253) giebt dieses Gebiet an als: la tierra
y provincias que hai en la costa, que comunica desde el Cabo de la Vela 6
del fin de los limites y terminos de la gobernacion de Santa Marta hasta
Manapain (= Maracapana), und Herrera, Historia 11. S. 311 fixirt es dahin:
la tierra del Cabo de la Vela y golfo que dijeron Venezuela, San Eoman
hasta el Cabo de Maracapana, Weder das Hintertrossen- noch das Segel -Kap
bildeten die scharfen Endpunkte von Scheidelinien, vielmehr waren die
Gegenden dieser beiden Vorgebirge, als die tierra del Cabo de la Vela und
die tierra de Maracapana, als Grenzgebiete gedacht. Vergleiche die vorauf-
gehende Anm. 6 über das Land Cocibacoa, sowie Anm. 16 über das Land
Maracapana zum Castellanos. Der mittlere Theil zwischen beiden erhält mehr
und mehr den Namen von Klein- Venedig : Land des venezuelanischen Golfes,
Insel Venezuela.
Die Ausdehnung dieses Welserlandes im Innern ist in der Urkunde
vom 27. März 1528 bestimmt: este, oeste, norte j sur de una mar k otra
(Coleccion etc. XXII. S. 253). Dass das Gebiet der Welser nicht auf die
atlantische Seite des Festlandes beschränkt war, wird noch ausdrücklich
bei Gelegenheit einer Kapitulation von Pedro Fernandez de Lugo in der
Urkunde vom 22. Januar 1535 hervorgehoben: la conquista y gobernacion
de la provincia de Venezuela e Cabo de la Vela tenemos encomendada ä
Bartolome e Antonio Beizar, Alemanes, de mar a mar (a. 0. S. 407). Vergl.
auch Herrera, Historia H. 311 und HI. S. 171.
Zum Weiserlande gehörten auch der angeführten Urkunde vom 27. März
1528 nach todas las islas que estän en la dicha costa exceptadas las que
estän encomendadas y tiene k su cargo el factor Juan de Ampues; ähnlich
wiederum Herrera, Historia IL S. 311, vergl. Anm. 24 zum Castellanos.
Bureaukratisch-formell gehörte das Welserland zu Goldkastilien. Dazu
wird nämlich 1524 Santa Marta und werden 1526 die Rieseninseln gerechnet,
siehe Coleccion etc. XXII. S. 98 ff., S. 184 ff. So sagt auch ein könig-
licher Erlass, den Francisco de Cobos am 4. April 1528 an den Alkalden
der Alcdzares y atarazanas der Stadt Sevilla sandte: Kund und zu wissen
sei, dass ich befohlen habe, mit Heinrich Ehinger und Hieronymus Sailler,
Deutschen, Vertrag und Abmachung zu schliessen über die Besiedlung und Er-
oberung gewisser, an der Küste des Goldkastilien genannten Festlandes be-
legener und der Provinz Santa Marta benachbarter Lande.
310 Anmerkungen zur Geschichte der Welser-ZUge.
Der Name Welserland ist natürlich kein spanischer und noch weniger
eiai amtlicher.
Abgesehen von der zu Oviedo's zweitem Theile seiner Historia general
als Tafel 11 gehörenden Karte, der ältesten bekannten von Venezuela, findet
sich der Versuch einer Karte des Welserlandes in Jean de Laet, Novus Orbis
(Lugd, Bat, 1633) vor Buch XVIII. Die Grenzen sind auch hier nicht an-
gegeben 5 interessant ist es aber, dass, wenn auch bisweilen an irriger Stelle,
nicht bloss Namen wie Bariquicimeto, Burburata, Buria, Carora, Coro, Para-
goana sich zeigen, sondern auch früh vergessene, wie Ajaguas, Bobures, Coro-
muchos, Cuycas, Pocabuies, Xiraharas, Xuruare und Valle de Ambrosio. Dieses
Blatt findet sich wieder inChristophorus Arnoldus, Marci Velseri opera
historica et philologica, sacra et profana (Norimberge 1772) nach dem Bericht
über die Amerikanische Unternehmung als Venezuela, provincia in America
occidentali quam olim domini Velseri, patricii Augustani, possidebant, a
Carolo V imperatore ipsis consignata. Den erwähnten Bericht hat Arnold
von einem ungenannten, in Amerika thätig gewesenen Beamten erhalten.
Vergl. die Anm. 23 über das Land Venezuela zum Castellanos.
9) Das Land Santa Marta ist in seinen Grenzen nicht urkundlich
festgestellt. H e r r e r a sagt nur : Se senalaron los limites del distrito de la
poblacion de Santa Marta para que Rodrigo de Bastidas no tuviese diferencias
con otros — giebt aber diese Stadtgemarkung nicht näher an. Gleich nach
der Nachricht von dem Tode des Garcia de Lerma (1531) giebt er jedoch in
seinem Geschichtswerk II. S. 434 eine Beschreibung der Provinz. Er erwähnt
ausser der Hauptstadt nur la ciudad de Salamanca de la Kamada, la villa de
Tenerife en el rio Grande de la Madalena; er rechnet zur Gubernation nur
die provincias: Pozigueyca, Betoma, Tayrona und Chimila und sagt: En Buri-
taea camino de la Ramada hai minas de oro, en la Tayrona que en lengua
de Indios significa fragua, hai mucha cantidad y diversidad de piedras de
valor . . . y minas de oro , k legua y media de la ciudad hai mui buenas
salinas artificiales. Nicht einmal in der Kapitulation, welche die Krone mit
Pedro Fernandez de Lugo abschloss, findet sich, soweit der von Herrera (a. 0.
III. S. 171) a. a. 1535 mitgetheilte Auszug dieser Urkunde erkennen lässt,
eine genauere Grenzbestiramung; es heisst bei ihm bloss: donde se acababan
los Hmites de la provincia de Vene9uela i Cabo de la Vela, cuya conquista
estaba encomendada ä Bartolm6 y Antonio Beizar, Alemanes, de mar k mar;
auch von der Provinz Santa Marta heisst es, sie solle sich de mar k mar
erstrecken; dem schien nicht entgegen zu stehen, dass der Magdalenenstrom
die Grenze gegen Cartagena zu bilden habe, was ausdrücklich in dem Sinne
festgesetzt wurde, dass er nebst allen Inseln noch zu Santa Marta gehöre
(a. 0. S. 174).
Ueber die Entdeckung der Schneeberge vergl. Note beiPeschel, Ent-
deckungen, S. 675, auch S. 314, 417, 444. Ferner ist zu vergleichen Alcedo
a, 0. m. S. 95.
10) Die Halbinsel Paragruana trägt noch heute die alte Bezeichnung,
die bereits früh vorkommt, z. B. in einer Urkunde vom 8. November 1503
Die Axuduara-Gegend. Der Ort Rio de Hacha. 311
bei Navarrete a. 0. 11. S. 426. Aehnliche Formen sind: Paranguachoa,
Paragua, Paraguan, Paracua, Paracuya, vergl. Coleccion etc. I. S. 381
und 481, Herrera, Historia IL S. 220 und 365, Oviedo a. 0. I. S. 205
und IV. S. 532 u. A. Schreibfehler sind wohl Paracaria, Paruaria und dergl.
Die Spitze der Halbinsel wird mit dieser oft identificirt ; so sagt Oviedo
a. 0. I. S. 205 : Los Indios llaman Paraguana 4 la provincia del Cabo de
San Roman; ähnlich auch noch Alcedo a. 0. IV. S. 65. Andererseits erklärt
H e r r e r a richtiger : Paraguana llaman los marineros al Cabo de San Roman
que falta poco para ser isla. Das Vorgebirge des heiligen Roman kommt
schon in den älteren Quellen vor. So schreibt auch Enciso vor 1518: El
cabo de San Roman entra dentro en la mar 20 leguas que no Ueva la tierra
en ancho mas de 3 o 4 leguas y 4 la parte del Este tiene el puerto de
Curiana y ä la parte de Oeste al puerto de Pico. Letzteres steht, obwohl
sonst unbekannt, wegen dieser Nachricht auf einigen späteren Karten. Die
Halbinsel trägt noch einen Ort mit dem alten Namen Yadacacaiba.
11) Die Axuduara-Gegend — auch Umgestaltungen wie Xuduara, Xuruara,
Xuara und Churuaran kommen vor; vergl. Oviedo a. 0. IL S. 294 und 295
nebst Karte, sowie Herrera, Historia IL S. 365 — ist fast ganz ver-
gessen, obwohl noch die Laet'sche Karte ihren Namen enthält. Sie
wurde zum Lande der Pemener gerechnet, enthielt eine Ortschaft Mapaure
und bildete la parte mas austral de la laguna ; es entre las sierras y la laguna
en lo llano ; las sierras son mui altas y asperas , habitadas de Coromuchos,
jente guerrera, que pelea con piedras y macanas, traian las partes secretas
de fuera — desde Xuruara hai hasta Coro 80 leguas. So Herrera a. 0. Simon
a. 0. S. 186 hat bereits den Namen vergessen; er spricht nur von einer
Rancheria, a que habia dado principio Ambrosio Alfinger. Oviedo yBafios
a. 0. S. 16 und 17 sagt: Alfinger pasö toda su gente a la otra banda de la
laguna, donde en el sitio que le pareciö mas conveniente armö una rancheria,
fabricando algunas casas de paja acomodadas para dejar las mujeres y niiios
que llevaba con la escolta de soldados; dejö en esta rancheria los enfermos
ä cargo del Capitan Vanegas, natural de la ciudad de Cordova, a quien nombrö
por SU teniente. La Rancheria que estuve 36 leguas distante del lugar donde
estuve al principio hat auch Alcedo a. 0. IV. S. 397, der die Anlage ins
Gebiet der Ziparaer verlegt und auf Federmann zurückführt. Mapaure war
der Hauptort, in welchem die Rancheria, d. h. das Gehöft stand; er lag am
Wasser, heisst jetzt Moporo und war noch nach Oviedo y Banos (S. 15): el
mayor de todos los pueblos de la laguna de Maracaibo; me parece que ten-
dria 30 casas el ano de 1686 que estuve en el.
12) Der Ort Rio Hacha ist erst 1546 an dem jetzigen Platze errichtet worden ;
mit ihm ist die Weiserische Gründung ebenso wenig identisch, wie Nuestra
Senora de Remedios, eine Ansiedlung, deren Stelle noch der Cerrito de Re-
medios auf der Codazzi'schen Karte angiebt.
Herrera, Historia III. S, 314 sagt zum Jahre 1538 : Francisco de Castafieda
determino de hacer buscar nuevos hostiales de perlas al Cabo de la Vela y
se hallaron 15 a 20 leguas de ello : cosa que hubo por grande riqueza. Das-
'312 Anmerkungen zur Geschichte der Welser-ZUge.
selbe Jahr hebt Castellanos a. 0. S. 250 hervor; seitdem verändert sich
vielfach die Lage der Ansiedlung.
Sabemos que la pesqueria de perlas del Cabo de la Vela va en aument«;
reside alli por juez Alonso de la Barrera, nombrado teniente por esta audiencia
desde principio del descubrimiento (V). Convendrä. proveer juez de mas
sombra e con eso escusar las difereneias entre las gobernaciones de Venezuela
e Santa Marta que pretende cada una que cae eu su demarcacion , heisst es
in einer Urkunde vom 24. December 1540 (Coleccion etc. I. S. 578).
Vergl. auch Herrera, Historia IV. S. 12 und Castellanos a. 0.
S. 252 über die Sonderstellung. Letzterer sagt zum Jahre 1544: poblaron
otros puertos abajo del Rio de la Hacha^ donde llaman Barrancas ; el aiio de
45 mudaron mas al rio con el renombre de Nuestra Senora de Remedios.
Dies Jahr hat auch Simon a. 0. S. 373, jedoch mit dem Zusatz: Principios
de 1546 el pueblo se ha mudado al sitio que hoi permanece 30 leguas la
costa adelante a parte de Santa Marta, que llaman el Rio de la Hacha.
13) Das Herina-Oebirge gehört zu den Lokalitäten, deren Name bis zur
Unkenntlichkeit entstellt ist. Oviedo a. 0. 11. S. 288 hat die Bezeichnung
zuerst und verlegt das Gebirge zwischen das der Buburer und die Sierra
Nevada de Santa Marta mit dem dunklen Zusatz : es la via del Norte hacia
la costa del mar.
Es handelt sich um das Gebirge der Dupeyer; denn es lag der Sierra
Nevada gegenüber an der östlichen Seite der Eupari-Senkung. Ein Schreib-
fehler hat zu Sierra de Herrera und Tierras de Herrera geführt, und ein
Gleichklang zuletzt zu Sierra Negra, zugleich als Gegensatz zur Sierra Nevada.
Auf der Ostseite reicht dieses Gebirge bis an den Maracaibo-See, und in dem-
selben erscheinen denn auch die Brazos de Herina bei Simon a. 0. S. 185
zum Jahre 1536; zugleich hat Simon aber auch schon den Namen Harinas
und zwar im Zusammenhang mit dem Flussnamen Catatumbo. Hiernach ist
es richtig, wenn Alcedo a. 0. II. S. 357 sagt: Herina es un seno que forma
la laguna de Maracaibo en el Nuevo Reino de Granada; la descubriö Pedro
de Limpias el ano de 1535 y sac6 mucho oro de aquel terreno. Despues
han intentado entrar en 61 otros varios, pero inutilmente por haberse perdido
el derrotero del viaje que llev6 su descubridor. Somit hat Piedrahita
a. 0. S. 64 eine ziemlich richtige Darstellung, wenn er zum Jahre 1535 be-
richtet: Pedro de Limpias, elijiendo el Camino de la Sierra que divide h la
laguna de Maracaibo del valle de Upar, fu6 k dar 4 ciertas poblaciones de
Indios fundadas sobre algunos canos y esteros que hace la laguna y llaman
los brazos de Herina donde apresö buena cantidad de oro fundido en joyas
y en polvo del que llevan las quebradas que por aquel territorio entran en
ella. Con este pillaje y observando el orden que tenia de Fedrcman llego el
Capitan Limpias k la rancheria de Maracaibo. Letzteres ist Axuduara, vergl.
die vorstehende Anm. 11.
14) Juan de Ampi^s, ein Aragonier, ward am 19. Mai 1511 an Stelle
von Luis de Licarazo königlicher Faktor für Hispaniola, die anderen Inseln
Juan de Ampies. 313
und das Festland mit einem Jahresgehalt von 80 000 Maravedis und hatte
alle Geschäfte der Krone und des Indienhauses, besonders Einkäufe und
Verkäufe zu besorgen: Ernennungsurkunde Coleccion etc. XXXII. S. 148 —
152 und Instruktion ebenda S. 408—418. Bald wurde Ampies Zucker-
plantagen-Besitzer (vergl. Oviedo a. 0. I. S. 119) und benutzte schon
1513 zum Bezug von Indianern die Rieseninseln, wofür er eine Erlaubniss
des Vicekönigs Diego Colon erlangte, die zugleich die Besitznahme der islas
inutiles gestattete, vergl. Herrera, Historia IL S. 220. Im Jahre 1521
nahm er an der Las Casas' sehen Unternehmung Theil.
Zwei spätere Unternehmungen von Ampies sind besonders wichtig:
Erstlich die Festsetzung auf den ßieseninseln (vergl. Anm. 24 zum
Castellanos). 1526 beantragte Ampies beim Vicekönig Diego Colon eine
Licencia para poblar las islas Urabä, Curazo j Buinare y guardarlas de
armadas; el cual la dio con ciertas condiciones de que pidiö al rey confir-
macion. Die königliche Bestätigung erfolgte am 17. November 1526 als
licencia para rescatar (Coleccion etc. XXU. S. 184 — 201). Es wurde
ein Kirchenbau begonnen und die Errichtung eines festen Hauses geplant
(ebenda I. S. 433). Dieser Besitzstand auf den Rieseninseln ist auch nie
angetastet und daher auch diese Inselgruppe bei der Belehnung der Welser
ausgenommen (ebenda XXII. S. 253). Auch wird der Erbe und Schwieger-
sohn von Ampi6s, Lazaro Bejarano, mehrfach als Besitzer der Rieseninseln
genannt, z. B. in einem Bericht von Rodrigo de Navarrete, in welchem statt
Buinare Rumanes gelesen ist, vergl. ebenda XXI. S. 236.
Zweitens, Versuch einer Ausdehnung der Gewalt auf die den Inseln
nahe gelegene Küste. Deutlich sind die Schritte zu erkennen, welche Ampies
auf dem Festlande machte, wegen der Belehnung mit einem Theile desselben
desde Paraguacha hasta la punta de Coquibacoa; porque es tierra de mucho
oro e adelante la tierra adentro se dice haber piedras de valor en poder de
Caribes, los cuales ya de mi tienen noticia e quieren ser mis amigos ....
trabajare de hacer una casa que sea algo fuerte, de donde los Caribes puedan
ser sojuzgados (Coleccion etc. I. S. 431 — 436, s. d. ; X. S. 27 — 32 s. d.
XXXVII. S. 401 a. a. 1528). Die wirkliche Besitzergreifung verlegt Herrera
Historia IL S. 334 ins Jahr 1527: Los oidores de la Audiencia .... por
la relacion que tuvieron de la tierra de Coro .... nombraron por capitan
de ella al factor Juan de Ampies, el cual con 70 hombres fue con un navio.
Nach Oviedo y Banos a. 0. S. 9 und 10 waren es 60 Personen. Dabei
begleiteten ihn nach Castellanos a. 0. S. 185 Juan Cuaresma de Muo
mit seiner Frau, Bartolomc und Juan Virgilio Garcia, Esteban Mattheos aus
Moguer, ein Maestro Diego, ein Ribero, ein Acero, ein Martinez, ein Juan
de la Puente sowie Esteban Martin und Pedro de Limpias. Auf die beiden
Letzteren, die ältesten Typen der berühmten Vaquianos, bezieht sich besonders
der Ausspruch: con la conversacion de aquellas gentes salieron todos lenguas
escelentes.
Zu beachten ist auch eine zum Jahre 1534 von Oviedo a. 0. IV. S. 531
gebrachte Notiz: Un marinero, llamado Diego Beitran dijo que le parecian
314 Anmerkungen zur Geschichte der Weiser- Züge.
las sierras de Paraguachoa : decia que el habia 10 aiios antes venido por alli
a saltear Indios en cierta armada.
Die Ansiedlung von Ampi6s geschah in Coro, jedoch war Ampics nie
Gubernator in Venezuela, wie oft behauptet wird, z. B. von Weiuhold in den
Anhängen zu den Jahresberichten des Vereins für Erdkunde in Dresden TU.
(1866) S. 91 ff.
15) Martin Fernändez de Enciso geht vor 1509 zuerst nach der
neuen Welt, vergl. Herrera, Historia I. S. 160. Er ist Eigenthümer eines
Schiffes und plant die Durchkreuzung des Isthmus, die Baiboa ausführt, vergl.
Navarrete, Disei-tacion sobre la historia de la nautica (1846) S. 146.
1513 macht er allerlei Vorschläge über Behandlung der Wilden und geht mit
Pedro Arias d'Avila nach Dariene, vergl. Coleccion etc. I. S. 441 — 450 luid die
Berichte vonMartyr, die Schumache r, Petrus Martyr S. 141 und 142, anführt.
1519 erschien zum ersten Male seine Suma de geograj)hia que trata
de todas las partidas y provincias del mundo, en especial de las Indias etc.,
Druckerlaubniss Saragosa 5. September 1518. Wie diese, ist auch die neue
Ausgabe von 1530 bei Juan Cromberger in Sevilla gedruckt worden. Vergl.
Harrisse, Bibliotheca Americana vetustissima (New- York 1866) I. S. 274,
der auch S. 420 eine Ausgabe von 1546 anführt. Zwischen die beiden
ersten Ausgaben dieses Werkes fällt ein längerer Aufenthalt in Spanien,
von dem meistens nur die Gefangensetzung des Francisco Pizarro (1528)
hervorgehoben wird 5 wichtiger ist aber der Ansiedlungsjilan von 1526.
Für sein Lehn, Costa de las Perlas y Cabo de la Vela, wurden 1526
bestimmt: Alonso Vasquez de Acuna por tesorero, Pedro de Sanmartin por
veedor de fundaciones, Francisco de Salazar por contador. Von diesen gingen
die beiden ersten 1528 mit Dalfinger, dagegen erscheint bei diesem keine der
als regidores für Enciso bestellten vier Persönlichkeiten, vergl. Herrera,
Historia H. S. 222 und 267. Enciso soll noch eine bisher nicht bekannt
gewordene, gegen die Dominikaner gerichtete Schrift verfasst haben : un papel
curioso sobre si los conquistadores Espanoles podian teuer y poseer Indios
incomeudados vergl. Harrisse a. 0, S. 168.
16) Die Indianer-Protektoren, welche mit der ersten Weiserischen
Expedition Europa verliessen, sind auch sonst bekannte Persönlichkeiten:
Antonio de Montesinos und Tomas Ortiz; jeder hatte zwanzig Dominikaner
unter sich ; siehe Antonio de Remesal, Historia de la provincia de San
Vincente de Chiapa y Guatemala (1620) S. 36 und 37.
Antonio de Montesinos ist zuerst 1511 in Hispaniola und geht nach einer
auf Puerto Rico bestandenen Krankheit 1515 mit Las Casas nach Spanien zurück,
vergl. Quintana, Vidas de Espanoles ci'debres (Madrid 1833) III. S. 279 und 441,
Fabie: Viday escritos de Don Fray Bartolome de las Casas (Madrid 1879). Er
sollte beim Tode des Dominikanerpriors von Santo Domingo, Pedro de Cordova
(t 1521), dessen Nachfolger werden, wurde dann aber 1524 nur für besondere
Mission nach Hispaniola bestimmt, zur Ueberwachung des Ordens in Mexiko
und Einführung desselben auf Puerto-Rico. Herrera sagt zum Jahre 1524
(Historia H. S. 142): ä frai Antonio Montesino hizo su Majestad merced y
Antonio Navarro. 315
limosua de 4000 pesos de oro ä la orden de Santo Domingo para que se
gastassen en la fabrica del monasterio que se labraba en esta misma isla 500
ducados cada ano, und zum Jahre 1525 (a. 0. S. 211): a frai Antonio
Montesino se dio la mesma comission (sobre la libertad de los Indios) para
la isla de San Juan de Puerto Eico. Die Eeise geschah nicht, vergl. Helps
a. 0. m. S. 276 und 277. Zum Jahre 1528 heisst es bei Herr er a a. 0.
S. 312: Fray Antonio Montesinos, tambien de la Orden de Santo Domingo
fue en esta jornada para andar con los Alemanes, con el mismo cargo
que llevava Tomas Ortiz. Eemesal a. 0. S. 36 sagt dann: Del padre frai
Antonio Montesino se lee ä la margen de su profession en S, Esteban de
Salamanca: „obiit martyr in Indiis". Er soll eine Schrift: Informatio juri-
dica in Indorum defensionem, geschrieben haben und ist desshalb in Jacobus
QuetifetJacobusEchard, Scriptores ordinis praedicatorum recensiti (Paris
1721) erwähnt; dort (IL S. 123) findet sich aber nichts Brauchbares.
Der zweite Indianer-Protektor war Tomas Ortiz aus Calzadilla, der am
11. Juli 1511 in Salamanca seine Professio machte. Er verfasste angeblich
eine Eelacion de la vida, leyes, costumbres y ritos que los Indios observaban
en lo politico de su idolatria, guerra y paz; die Zeit ist nicht genannt. Es
wird dieselbe sein, welche Petrus Martyr in seiner 1524 geschriebenen und
dem Herzoge Sforza gewidmeten siebenten Dekade theils benutzt, theils
wörtlich wiedergegeben hat, z, B. S. 484 und 485, 559, 563, 571 ; danach
auch Gomara a. 0. S. 203 ff. Vergl. Peschel, Entdeckungen S. 319
und Schumacher, Petrus Martyr S. 100. Wann Ortiz zuerst nach Amerika
kam, ist nicht genau festzustellen. 1526 ging er nach Mexiko, war aber,
erkrankt, schon 1527 wieder in Europa; vergl. H e 1 p s a. 0. III. S. 276 — 279,
S. 285. Nach dem oben genannten Dominikaner- Werke (IL S. 83) wurde
er 1527 mit 20 Dominikanern geschickt ad provinciam, quae Santa Martha,
alias Venezuela, dicitur. In Santa Marta wurde er 1529 Bischof; er ver-
feindete sich dort mit dem Grubernato r, wie die Stadtvertretung von Santa
Marta (Coleccion etc. III. S. 505) erklärt: Lerma hizo una probanza contra
el, en que le ha probado que es puto y hereje y ladron. Eemesal a. 0.
S. 37 berichtet: despues de haber gobernado el obispado de Santa Marta 2
afios, muriö el 1531. Vergl. Anm. 15 zum Castellanos.
Nach Herrera, Historia H. S. 210 und 211, a. a. 1525 zählte Ortiz zu
denen, welche es vertheidigten, que los Indios fuessen esclavos.
17) Antonio Navarro wird von Castellanos a. 0. S. 224 als die
Type der Letrados geschildert, die den Conquistadores so verhasst waren: un
vaso de mui poca prudencia.
Chronologisch wichtig sind vier Momente in seinem Leben :
a) Seine Entsendung nach Coro wird von Herrera, Historia III. S. 3 11 ff.
zum Jahre 1538 erwähnt, weil in dieses Jahr die Hauptereignisse, die er
besprechen will, fallen. Der Bericht der Audiencia vom 31. December 1538
(Coleccion etc. I. S. 554) sagt, es werde ein Jahr sein, seitdem der Antrag auf
Entsendung eines Eesidenzrichters von Coro aus gestellt und auch in Santo
Domingo vollführt sei; damals sei Hohermuth bereits länger als zwei Jahre
316 Anmerkungen zur Geschiehte der Welser-Ztige.
abwesend gewesen. (Abreise am 13. Mai 1535.) Dies ergiebt Ende des
Jahres 1537; siendo recibido comen^ö k gubernar. In jener Urkunde wird
das Honorar auf 1200 Maravedis Zuschuss zu dem königlichen Gehalt des
Gubernators festgestellt. Der Zweck der Entsendung war : tomar resideucia
k los que habian administrado la justicia, el gobicrno y la real hacienda y
castigar delitos.
b) Verfolgung von Limpias, der Federmann nachzieht, Anfang 1528.
Despues de pocos meses llegaron k Coro algunos soldades de los que salierou
con Federmann diciendo que el Capitan Pedro de Limpias se quedaba 50
leguas de Coro en la provincia de Paraguachoa, haciendo mucho mal ä los
naturales y porque luego se proveyö un capitan con alguua gente y un alguazil
para que evitasen aquellos danos, en sabiendo Pedro de Limpias que iban
y que en Coro habia juez de residencia se fue en seguimiento de Federmann,
siehe Herrera, Historia, a. a. 1538 III. S. 312.
c) Zug nach Cubagua, erzählt von Castellanos a. 0. S. 224 — 226:
Huy6ronse la vußlta de Cubagua hasta treinta . . . Francisco de Velasco por
caudillo, alf^rez de Espira con quien yo tuve gran conocimiento .... Llegaron
hacia la costa de Maracapana, donde yo me halle cuando vinieron.
d) Rückkehr nach Coro ; Castellanos sagt ebenda : Determinö se volver
k Coro, adelantöse Diego de Vallejo, en Coro hallö el doctor recien venido al
obispo Rodrigo de Bastidas. Herrera, Historia III. S. 313 sagt zum Jahre
1538: Navarro hall6 en Coro una orden del Rey por la cual mandaba que
dejando la residencia se volviese k la Isla Espanola y que, si hubiese repar-
tido la tierra, fuese ninguno el repartimento y que el obispo gobernasse
entretanto que de su entrada volviesse Jorje de Espira k quien se emviaban
para ello los poderes.
18) Der Zug von Gonzälo Jimenez de Quesada — vergl. Anm. 49 zum
Castellanos — ist von Letzterem in dem erhaltenen Theile seiner Gedichte
nicht beschrieben; er ist jedoch in folgenden guten Quellen dargestellt:
1. Bericht von Juan de Sanmartin und Antonio de Lebrija bei Oviedo
a. 0. n. S. 357—368, zum Theil in Santa F6 geschrieben, vergl. Esta ciudad
de Santa Fe (a. 0, S. 364 und 365); todo lo dicho ha pasado hasta el dia
de hoi, assi en el camino desde Santa Marta aquf, como en la conquista y
pacification deste Nuevo Reino (a. 0. S. 366). — Zum Theil in Cartagena,
vergl. Arribamos k esta ciudad de Cartagena .... 6 de aqui nos partimos
a 8 de Julio (1539) en una nao que al presente estk en este puerto (a. 0.
S. 367).
2. Beschreibung von Jim6nez selbst bei Oviedo a. 0. II. S. 378 — 411.
Vergl. Muchas vezes tuve pldtica en Madrid con el licenciado Jimenez y en
Valladolid en la corte del Principe don Felipe y nos comunicamos ; quise in-
formarme del de algunas cosas viva voce y el no solamente de palabra, pero
por escrito, me moströ un gran cuaderno de sus subcesos y lo tuve muchos
dias en mi poder .... Dice el licenciado etc. (a. 0. S. 379). En el
valle que Ilamaron de la Grita y es ya fuera de las sierras de Opon . . .
comeu^aron la conquista del Nuevo Reino de Granada, la cual historia yo
Der Zug von Gonzalo Jimenez de Quesada. 317
contar^^ aqui mas brevemente de lo que la vi escrita (a. 0. S. 384). Por esta
relacion del licenciado Jimenez que me dio razon particular de todo lo que es
dicho Viva voce y por escrito digo (a. 0. S. 406). Los animales de que esta
relacion y el licenciado hacen mencion (a. 0. S. 411). Diese Schrift von
Jimenez ist nicht mit der späteren zu verwechseln, welche z. B. Acosta
a, 0. S. 388 und 891 als ein compendio historial erwähnt.
3. Erzählungen von Juan de Junco und Gromez de Corral — in Santo
Domingo Juli 1541 — bei Oviedo a. II. S. 370—371, meist über Smaragden:
Yo he visto y tenido en mis manos que me ensenaron estos capitanes mas
de 50 o 60 piezas algunas de ellas mucho buenas y de assaz valor y otras
notables y de muchas suertes : piedras de nacimiento.
Die Chronologie dieses Zuges ist durch die falschen Angaben von Simon,
der sogar eine unechte Urkunde vom 1. April 1537 anführt, durch Rodriguez
Fresle und Florez de Ocariz verunstaltet, vergl. Acosta a. 0. S. 155 Note.
Die maassgebenden Daten sind folgende (vom Verfasser freilich später mehrfach
mit Fragezeichen versehen) :
1536, April 6 oder 5, Abzug aus Santa Marta: Oviedo a. 0, II. S. 357
und 379; vergl. auch Herrera, Historia III. S. 208.
1537, April Anwesenheit in Tora que se llama por otro nombre el
pueblo de los Brazos; ya habia un ano que habian salido de Santa Marta;
Herrera, Historia III. S. 210.
1538, März 12, Ankunft in Guachetd; (Tviedo a. 0. II. S. 386. Vergl.
Acosta a. 0. S. 212, der irriger Weise 1537 sagt.
1538, August 6, Gründung von Santa Fe de Bogota: Piedrahita
a. 0. S. 136.
1539, Mai 12, Ernennung der Stadtobrigkeit von Santa F6 de Bogota und
Abreise der drei Führer nach Guataqui; Oviedo a. 0. II. S, 367.
1539, Juni 8, Abreise derselben von Cartagena; Oviedo a. 0. II. S. 367.
1539, August 1, Federmann auf Jamaica; Oviedo a. 0. H. S. 317.
Die Grösse der Expedition betreffend sagt Oviedo a. 0. IL S. 359, es
seien 600 Mann gewesen, von denen nach Uebersteigung des Opon - Gebirges
nur noch 170 übrig gewesen wären; die Anderen seien zurückgegangen oder
gestorben. Ebenda S. 379 spricht er von 800 Mann, von denen 600 zu Land
und 200 in den 5 Schiffen, sowie von 100 Pferden.
19) Ueber jeden der in der Geschichte der Welser-Untersuchungen in
Venezuela vorkommenden ludianerstämme war von meinem Vater eine An-
merkung geplant, welche das gesammte über ihn erhaltene Material zusammen-
fassen und auf Grund desselben insbesondere das von ihm innegehabte Ge-
biet wenigstens annähernd abzugrenzen versuchen wollte. Auch hier musste
der ursprüngliche Plan fallen gelassen werden. Im Folgenden sind nur sämmt-
liche in der Welser-Arbeit vorkommende Namen von Indianerstämmen zu-
sammengestellt unter Angabe der Textseiten, auf denen sie erwähnt werden.
Zugleich sind einzelnen wichtigeren wenige im sehr zersplitterten Manuskripte
zerstreute Notizen lose angereiht, welche augenscheinlich meinem Vater von
Bedeutung zu sein schienen.
318 Anmerkungen zur Geschichte der Welser-Züge.
1. Die Zaquitier(Caquetio8) — Text S. 45— 50, 53, 57— 59,62— 66,
98, 100, 103, 105, 118, 118, 127, 131 — werden vielfach genannt, doch ist das
von ihnen bewohnte Gebiet schwer zu umgrenzen. Sie finden sich insbesondere
in Coriana, doch auch in Paraguana und auf den Giganten-Inseln, ja 0 v i e d o
a. 0. n. 303 spricht sogar von einem pueblo de Caquitios in Coativa
(Hitivana). Die Zaquitier werden im Gegensatz zu Cariben genannt, so schon
in einer Eingabe von Ampi 6s (Coleccion etc. I. 431 — 436). In dem Be-
richt, welchen der Bischof Bastidas Januar 1542 an den Indienchronisten
Oviedo gegeben hat (Oviedo a. 0. II. S. 328 — 331) ist zwar nicht
der Name dieses Stammes genannt, sind jedoch unter den Indios de la pro-
vincia de Venezuela die Zaquitier verstanden. Über Zaquitier-Ortschaften
zwischen dem Apuri- und dem Thia vergl. Hutten's Bericht bei Mensel a, 0.
S. 61 — 63. Vergl. ferner noch Herr er a, Historia II. 365.
2. Der Onoter-Stamm — Text S. 50, 67, 76 — beAvohnt die Gegend
am Macomiti-Fluss, vergl. Oviedo a. 0. II. S. 278 und 300. Er färbte sich
mit Onoto (Xagua?), vergl. Simon a. 0. S. 64. Vielfach werden daher die
Onoter auch Alcoholades genannt, d. h. Leute mit schwarzgefärbten Augenhöhlen ;
Alcoholado, sagt das Wörterbuch der spanischen Akademie, se aplica ä las reces
vacunas y otras que tiene el pelo o cuero al rededor de los ojos mas oscuro que
lo demas. Alcedo a. 0. I, S. 48 weiss noch: Alcoholados habitan en la imme-
diacion de la laguna de Maracaibo y se hallan mui minorados por el mal-
trato que recibieron de los Beizares Alemanes, que destruyeron la mayor
parte por la codicia del oro. Oviedo a. 0. II. S. 322 hat für das Schwarz-
färben eine besondere beachtenswerthe Erklärung; er sagt über die Ein-
geborenen Venezuela' s im Allgemeinen: Por un hecho de esfuerzo que uno
hace se pinta el brazo derecho de cierta pintura 6 devisa de color negra
sacändose sangre y poniendo carbon molido .... Quando hace otra segunda
prueba de su persona 6 queda con vitoria .... pi'ntanse los pechos con
la misma devisa del brazo u otra. Quando alcanza la tercera vitoria pfntanle
desde los estremos de los ojos de una raya que le va desde ellos ä las orejas.
Aquestos que assi estän alcoljolados son estimados por una gran dignidad.
Aehnliches wird hinsichtlich der echten Cariben erzählt, vergl. P esc hei
Entdeckungen S. 197.
3. Der Buburer- Stamm — Text S. 51, 68, 69, 87 — , dessen
Name noch heute in dem Küstenorte Buburate sich erhalten hat, wird in
den Quellen vielfach genannt und zwar besonders als Völkerschaft des
untersten Theils vom Maracaibo - See. So sagt Herrera, Historia IL
S. 865 : Los Bobures de la culata de la laguna tenian templos y adoratorios
y el diablo hablaba con ellos, tenian cerrados los caminos y se mandaban
por la laguna y por causa de las ci6nagas; es tierra enferma y de
muchos mosquitos. Alcedo a. 0. I. S. 246 verlegt die Bobures al
Norte de la laguna de Maracaibo y al Sur de la ciudad de M6rida:
nunca se han podido sujetar; es terreno mui bajo y hümedo; er spricht
auch a. 0. HI. S. 62 von Bobures e Bohures. Oviedo y Baiios a. 0.
S. 128 meint: Los llanos de San Pedro, no mui distantes de la parte
Indianerstämme. 319
donde se fundö despues la ciudad de Gibraltar, eran el asiento de los Babures
0 Bubures, nacion afable y poca belicosa. Oviedo a. 0. II. S. 241 hat
für sie die Bezeichnung Coronados; vergl. auch Herrera, Historia III. S. 212.
Coronado heisst nach dem Wörterbuch der spanischen Akademie: un cl^rigo
tonsurado que goza el fuero de la iglesia. Piedrahita a. 0. S. 462 sagt
schliesslich a, a. 1548: Salieron a los Llanos nombrados de la Laguna en que
estä, el puerto de San Pedro y se prolongan hasta donde se ha fundado la
ciudad de Gibraltar. AI principio de estos Llanos se encontraron con los
Indios Babures, jente blanda y menos belicosa, pues toda su prevencion de
sus armas consistia en unas cervetanas, por donde disparaban con el soplo
unas flechillas envueltas en pluma por los estremos y tocadas con cierta yerva
que si lastimaba mui poco etc.
4. Der Cocinaer-Stamm — Text S. 52, 96 — , dessen Widerstand gegen
die Weiserischen Castellanos a. 0. S.277 beschreibt, gab wohl der Halbinsel
Cocibacoa den Namen ^ er ist noch heute bekannt, während die älteren
Quellen ihn selten nennen. Ueber ihn handelt F. A. A. Simons, An exploration
of the Goajira Peninsula in Proceedings of the Royal Geographical Society,
New Monthly Series VII. (London 1885) S. 781—796; auf der beigefügten
Karte findet sich sowohl der Name Cocinas, als auch Cojoro (Goajiro?)
Range : the Cocinas territory par excellence is the Cojoro ränge of hüls
(Yuripiche, Anipana etc.) taking in the Teta, traversing the plains in a narrow
band and occupying the montes of Oca as a refuge while securing the plains ....
With respect to these terrible Cocinas the word in Goajira signifies robber,
highwayman or outlaw ; they are neither a tribe nor even a separate caste,
as many have supposed, but simply a band of freebooters. The principal
Cocina chiefs are .... etc. S. 787. The Cocinas of Yuripiche are reputed
the best makers of the terrible poisoned rays „aimara" and enjoy a sort of
monopoly. S. 795. Vergl. Oviedo a. 0. III. S. 129.
5. Der Jiraharaer Stamm — Text S. 53, 58, 99, 100, 105, 115,
116, 127, 134, 142 — bewohnt das Gebirge, das sich zwischen Coro
und Bariquicimeto ausdehnt. Vergl. Herrera, Historia II. 365: Desde
la ciudad de Coro hasta el valle de Bariquizimito, que puede haber 70 leguas,
por las sierras de Xizaharas, comarcanas a Coro, y son todas sabanas con
algunos montes en que estan Indios Axaguas, que comen carne humana, con
los quales no se puede hacer paz. Simon, der selbst diese Gegend bereist
hat, sagt a. 0. S. 204 : Provincia de Giraharas es tan dilatada por muchas
tierras como ellos Caribes, y causan hoi muchos danos en los pueblos de
Espafioles, de que puede ser testigo el de Bariquicimeto. Die Jiraharaer
wurden zu Sklaven gemacht, und Simon (a. 0. S. 158) findet darin nichts
Schlimmes, weil sie zu unbändig sind : hoi se estan sin conquistar los pocos
que han quedado y con la bravosidad que al principio para con los Espafioles,
de que puedo ser testigo, por haber sido necesario en cierta ocasion que
atraves6 su provincia por el picacho de Nirva, passar vestido en un sayo de
armas con escolta de Espafioles, arcabuzeros y demas 20 Indios flecheros
amigos. Oviedo y Banos a. 0. S. 138 sagt: Jiraharas son nacion tan
320 Anmerkungen zur Geschichte der Welser-Züge.
valiente como altiva que tenia su habitacion en la provincia de Nirgua, imme-
diata al asiento de lasminas; in der Nirgua fliesst der Bariquicimeto. Alcedo
a. 0. II. S. 199 bringt noch die Notiz: Giraharas los descubrio Diego Mar-
tinez el ano de 1536; hoi son mui pocos.
6. Der Guaycarier-Stamm — Text S. 63, 64, 101—103,117 —
wohnte südlich vom Casanari-Fluss. Oviedo giebt a. 0. II. S. 304 einen
Bericht, in welchem es nach dem Uebergang über diesen Fluss heisst:
Siguieron la costa de la sierra hasta 12 jornadas en las cuales siempre se
tuvo noticias .... que en las mismas sierras habia un cacique Guaygueri
.... le vino a ver y a conoscerse con los Espafioles . . . . el queria ir
con el gobernador .... llevaron este cacique Guaygueri por guia. Bei
Meusel a. 0. S. 62 wird von einem Waikiry gesprochen.
7. Der Ay am an er- Stamm — Text S. 58, 60 — bewohnte das Tocuyo-
Flussgebiet. H e r r e r a , Historia III. S. 212 schildert dieses : El valle de Tocuyo
corre Norte Sur legua, y media de largo, y media de ancho, cercado de Sierras
por todas partes y el nombre tomö de un rio, que pasa por el . . . . Estä
cincuenta leguas de la Mar, setenta leguas de Leon de la provincia de
Caracas, once de la Nueva Segovia y por otro nombre Bariquizemeto, catorce
leguas de Portillo de Carora, veinte de Trujillo. En toda esta tierra no
habia Seiiores, ni Caciques; es folgt eine weitere Landbeschreibung.
Die Stadt Tocuyo (asiento que descubrio Nicolas Federmann) hiess
amtlich Nuestra Senora de Concepcion; sie rechnete man früher zu Bariqui-
cimeto, vergl. Herr er a, Historia IV. 202.
8. Der Guy oner- Stamm — Text S. 58, 59, 62, 65, 99, 100^
116 — bewohnte ein Gebiet, welches Varinas genannt wird. Es kommen
auch die Bezeichnungen Cayoner und Coyoner vor. H e r r e r a , Historia
IV. S. 248 sagt a. a. 1546 : Desde Bariquicimeto hasta el asiento de
Tocuyo hai 5 leguas y los Indios son de nacion Cuybays y Coyones y
de otras diversas lenguas; es jente belicosa y la mayor parte come
carne humana i esto quanto d la gobernaciou de Venezuela. Oviedo a. 0.
II. S. 302 bemerkt: la via de la Sierra, desde que salieron del valle de
Bariquicimeto llevaban sobre la mano derecha, la cual corria al sur 8 jornadas
que Camino y llegö ä una nacion llamada Coyones. Simon a. 0. S. 170
schreibt auf Grund eigener Wahrnehmung: Los Coyones son de diferente
lengua que las de hasta alli, su provincia era bien poblada, la jente belicosa
y guerrera, teniendose por mas valientes que los otros como en realidad de
verdad lo son, segun lo entendf cuando pas^ el ano de 1613 por estas
provincias.
Im Gebiet der Cuyoner floss der Temeri-Fluss.
9. Der Cuibaer-Stamm — Text S. 60—62, 97, 99, 116,
117, 140 — soll nach Oviedo a. 0. U. S. 302 dos jornadas adelante
del valle de Bariquicimeto gewohnt haben, und zwar in einem Lande,
welches los probö de manera que estaban tales que no podian caminar.
Herrera, Historia IV. S. 202 schreibt: El asiento de Tucuyo estd 5
leguas mas acu de Bariquizemeto, la comarca estä poblada de Indios ....
Indianer-Stämme. 321
es todo sierras j la mayor parte de cavanas ; los Indios son de nacion Cuibas
con grande diversidad de lenguas, pelean con arcos y flechas, macanas y
piedras, es jente belicosa y la mayor parte comen carne humana, andan des-
nudos y duermen en el suelo. Vergl. auch das unter 8 angeführte Citat
Herrera, Historia IV. S. 248.
Castellanos a. 0. S. 244 und 245 erwähnt einen Indianerstamm mit
Namen Cuicas, gegen den Losada und Genossen gezogen sind. 0 v i e d o y
Banos a. 0. sagt: La provincia de los Cuicas demora al poniente de la ciudad
de Tocuyo. Es scheint, dass die Cuibaer und Cuicaer zu identificiren sind.
10. Der Xaguaer- Stamm (auch Axaguas) — Text S. 59 — wohnte
offenbar nördlich oder westlich von der Bariquicimeto-Gregend. Vergl. das unter 6
angeführte Citat Herrera, Historia IL S. 365, doch auch ebenda III. S. 17G,
wo von Xaguas in der Meta-Gegend gesprochen wird.
11. Der Pacabueyer -Stamm — Text S. 71 — 73, 75, 77 — vergl.
Oviedo a. 0 IL S. 272 ff. Ebenda S. 380 heisst es: Lo mas de la provincia
de Pacabuey se anda por agua d causa de las cienegas y lagunas grandes que
tiene y porque por la mitad de aquella provincia atraviesa un gran rio que
se dice Ca9ir .... La provincia es mui cercana al Kio Grande ; sowie ebenda
S. 296: Hai en el valle de los Pacabuyes de ancho donde es mas angosto,
8 leguas y donde tiene mas latitud 12. Vergl. auch a. 0. S. 317.
12. Der Chitarerer- Stamm — Text S. 83, 84. Alcedo a. 0. L
S. 543 sagt: Chita, provincia del Nuevo Eeino de Granada, llamöse antes
Chisca, confina por el poniente con los montes de Bogota, por el norte con
el pais de los indios Laches 6 la provincia del Cochuy, por el levante y el
sur con las llanuras del Orinoco,
13. Der Itoten-Stamm — Text S. 65,66. Alcedo a. 0. H. S. 469
sagt: Itotos habitan los montanas al poniente de Valla de Upär, estan poco
conocidos. Codazzi erklärt in seiner Geografia S. 453 und 454 la serrania de
Itotos que separa las aguas que caen al lago de Maracaibo, de los que van al
valle de Upar für atravesada por los primeros couquistadores.
14. Der Arhuacoer-Stamm, von den auf den Weiserfahrten ge-
troffenen einer der wenigen, welche noch heute bekannt sind — Text S. 71,
72, 83, 86, 102.
15. Der Pemener -Stamm, zu dessen Gebiet die Axuduara-Gegend
gerechnet wurde, vergl. die vorstehende Anm. 11 — Text S. 51, 86, 87,
89, 116.
16. Der Querfquerfer-Stamm (auch Guiriguiris, Quiriquirier und
ähnlieh) — Text S. 51, 89.
17. Der Coro-Muchoer-Stamm — vergl. das unter 11 angeführte
Citat aus Herrera — Text S. 53.
18. Der Ca! amarer- Stamm — Text S. 30.
19. Der Cyparigoten-Stamm — Text S. 65, 66.
20. Der Bure d er- Stamm — Text S. 69, 70.
21. Der Atycarer-Stamm — Text S. 66, 97.
22. Der Guana oer-Stamm (auch Coanaoer) — Text S. 70.
Ol
Festschrift der Hamburgischen Amerika-Feier II. *■•■
822 Anmerkungen zur Geschichte der Welser-Züge.
23. Der Jiriguanaer-Stamm — Text S, 70, 71, 74, 78, 79.
24. Der Dubeyer -Stamm (auch Tapeyer) — Text S. 71, 87.
25. Der Zamyruaner-Stamm — Text S. 71.
26. Der Zondaguaer-Stamm — Text S. 74—77.
27. Der Pemäer- Stamm — Text S. 77—79.
28. Der Corbagoer-Stamm — Text S. 80—83.
29. Der Tay a-Toraer-Stamm — Text S. 86.
30. Der Macopiden-Stamm — Text S. 104.
31. Der Guaypier- Stamm — Text S. 104, 106, 107, 119, 134,
136, 138.
32. Der Guaiguas-Stamm — Text S. 105.
33. Der Choquer-Stamm — Text S. 109—111, 135, 137, 138.
34. Der Operiguer-Stamm — Text S. 119.
35. Der Pancher-S tamm — Text S. 121, 123.
36. Der Quij oer-Stamm — Text S. 135.
37. Der Macoer-Stamm — Text S. 136, 138.
VEEZEICHNISS DER ANMERKUNGEN.
A. ZUM CASTELLANOS.
1. Das erste Buch von Castellanos.
2. Agustin de Zdrate.
3. Das zweite Buch von Castel-
lanos.
4. Alonso de Ercilla y Zuniga.
5. Das dritte Buch von Castellanos.
6. Pedro Sarmiento de Gamhoa.
7. Das vierte Buch von Castellanos.
8. Lucas Fernändez Piedrahita.
9. Castellanos' Andenken.
10. Die Insel Puerto-Rico.
11. Antonio Sedeno.
12. Die Welser-Gesellschaft.
13. Das Bisthum Coro.
14. Santa Martaer Landeshauptleute.
15. Das Bisthum Santa Marta.
16. Das Land Maracapana.
17. Jerönimo Hortal.
18. Die Meta-Nachricht.
19. Diego de Losada.
20. Die Insel Trinidad.
21. Die Insel Cubagua.
22. Die Insel Margarita.
23. Das Land Venezuela.
24. Die Riesen-Inseln.
25. Das Land des Segel-Vorgebirges.
26. Das neue Königreich Granada.
27. Jerönimo Lebron de Quijones.
28. Die Amazonen-Nachricht.
29. Die Dorado-Nachricht.
30. Francisco de Orellana.
31. Alonso Luis de Lugo.
32. Sogamoso.
33. Korsaren-Ueberfälle.
34. Santo Domingo.
35. Gonzälo Ferndndez de Oviedo j
Valdes.
36. Die Citurma- Gegend.
37. Diego Ruiz de Vallejo.
38. Die Nachrichten über die "Welser.
39. Juan P6rez de Tolosa.
40. Die neuen indischen Gesetze.
41. Die Audiencia von Neu-Granada.
42. Alonso de Zurita.
43. Die Ramada-Gegend.
44. Das Land Eupari.
45. Pedro Fernändez de Bnstos.
46. Das Erzbisthum Santa F6.
47. Pedro de Ursua.
48. Die Stadt Bogota.
21*
324
Verzeichniss der Anmerkungen.
49. Gonzdlo Jim^nez de Quesada.
50. Cartagenaer Landes- Hauptleute.
51. Das Bisthum Cartagena.
52. Die Priesterweihe von Castel -
lanos.
53. Neu-granadische Regierungs-
Präsidenten.
54. Historie von Cartagena.
55. Landkarten.
56. Die Stadt Tunja.
57. Santa-Marta- Geschichten.
58. Quesada's Denkwürdigkeiten.
59. Spätere Dorado-Fahrten.
60. Die Welser-Gesänge.
61. Die Benalcäzar-Elegie.
62. Das Land Popayan.
63. Bai'baren-Namen.
64. Duitama.
65. Die Eulogien von Castellanos.
66. Das Drama von ürsua und
Aguirre.
Columbus-Legenden.
Bartolome de las Casas.
Antonio Berrfo y Oruna.
70. Manoa und Guayana.
71. Die Quesada-Dichtung.
72. Wunderthätige Heiligenbilder.
Miguel de Espejo.
Letzte Aufzeichnungen von Castel-
lanos.
Bernardo de Vargas Macbuca.
Alvaro Jorje.
67,
68
69
73.
74.
75.
76.
B. ZUR GESCHICHTE DER WELSER-ZÜGE.
1. Augsburg als Handelsstadt.
2. Welser-Firmen.
3. Bartolmä Welser.
4. Indianer-Knechtschaften.
5. Das Land Cocibacoa.
6. Das Land Coriana.
7. Das Gewässer von Venezuela.
8. Das Welserland.
9. Das Land Santa Marta.
10. Die Halbinsel Paraguana.
11. Die Axuduara-Gegend.
12. Der Ort Rio de la Hacha.
13. Das Herina-Gebirge.
14. Juan de Ampi^s.
15. Martin Fernandez de Enciso.
16. Die Indianer-Protektoren.
17. Antonio Navarro.
18. Der Zug von Gonzdlo Jimenez
de Quesada.
19. Indianerstämme.
T
ÜBERSICHT
ÜBER DIE HAUPTSÄCHLICH GEBRAUCHTEN WERKE.
6.
9.
10.
11.
12.
Juan de Castellanos, Elegias de Varones ilustres de Iiidias. Biblioteca
de autores Espanoles desde la formacion del lenguaje hasta nuestros
dias, Ordenada por D. Buenaventura Carlos Aribau. Madrid 1852.
Gonzälo Fernandez de Oviedo y Valdes, Historia general y natural de
las Indias, islas y tierra-firme del Mar Oceano. Ausgabe von Juan
Amador de los Rios. Madrid 1852.
Bartolome de Las Casas, Historia de las Indias. Madrid 1876.
Antonio de Herrera, Historia general de las Indias Occidentales. Ant-
werpen 1728.
Lucas Fernandez Piedrahita, Historia general de las conquistas del Nuevo
Reino de Granada. Antwerpen 1688.
Fray Pedro Simon, Noticias historiales de las conquistas de tierra firme
en las Indias Occidentales. Primera parte. Cuenca 1627.
Francisco L6pez de Gomara, Hispania Victrix. Primera parte : Historia
general de las Indias. Ausgabe von Enrique de Vedia in der Biblioteca
de autores Espanoles: Historiadores primitivos de las Indias I.
Madrid 1852.
Juan Bantista Munoz, Historia del Nuevo Mundo. Madrid 1793.
Fray Alonso de Zamora, Historia de la provincia de San Antonio del
Nuevo Reino de Granada. Barcelona 1701.
Jos6 de Oviedo y Banos, Historia de la conquista y poblacion de la pro-
vincia de Venezuela. Madrid 1723.
Agustin de Zärate, Historia del descubrimiento y conquista de la pro-
vincia del Peru. Ausgabe von Enrique de Vedia in der Biblioteca
de autores espanoles : Historiadores primitivos de Indias IL Madrid 1853.
Walter Ralegh, The discovery of the large, rieh and beautiful empire
of Guiana, reprinted from de Original of 1596 by Sir Robert Schom-
burgk. London 1848.
326 Uebersicht ttber die hauptsächlich gebrauchten Werke.
13. Pedro Cieca de Leon, Crönica del Peru. Ausgabe von Enrique de Vedia
in der Biblioteca de autores Espanoles : Historiadores primitivos de
Indias II. Madrid 1853.
14. Antonio de Kemesal, Historia de la provincia de San Vincente de Chiapa
y Guatemala. Madrid 1620.
15. Rafael Maria Baralt (und ßamon Diaz), Resumen de la historia de
Venezuela desde el descubrimiento de su territorio por los Castellanos
en el siglo XV. hasta el ano de 1797. Paris 1841.
16. Juan Rodriguez de Fresle, Conquista y descubrimiento del Nuevo Reino
de Granada. Bogota 1859.
17. Joaquin Acosta, Compendio historico del descubrimiento y colonizacion
de la Nueva Granada. Paris 1848.
18. Jos6 Antonio de Plaza, Memorias para la historia de la Nueva Granada
desde su descubrimiento. Bogota 1850.
19. Henri Temaux-Compans, Voyages, relations et memoires originaux pour
servir ä l'histoire de l'Am6rique. Paris 1840,
20. William H. Prescott, History of the conquest of Peru. New York 1855.
21. Derselbe, History of the conquest of Mexico. London 1843.
22. Clements R. Markham, Expeditions into the Valley of the Amazons.
London 1859.
23. Derselbe, The life and acts of Alonso Enriquez de Guzman. London 1862.
24. Derselbe, Introduction to William Bollaerts The expedition of Pedro de
Ursua and Lope de Aguirre. London 1861.
25. William H. Smyth, History of the New World by Girolamo Benzoni.
London 1857.
26. Antonio Maria Fabie, Vida y escritos de Don Fray Bartolome de Las
Casas. Madrid 1879.
27. J. A. Llorente, Bartolome de las Casas. Oeuvres precedees de sa vie
et accompagnees de notes historiques. Paris 1822.
28. Martin Ferndndez de Enciso, Suma de geographia que trata de todas
las partidas y provincias del mundo, en especial de las Indias.
Sevilla 1519.
29. Felipe Perez, Geografia fisica y polftica de los Estados Unidos de Colombia.
Bogota 1862.
30. Feliciano Montenegio de Colon, Geografia general. Caracas 1837.
31. Agustin de Codazzi, Resumen de la geografia de Venezuela. Paris 1841.
32. Juan Jos6 Nieto, Geografia histörica, estadfstica y local de la provincia
de Cartagena. Cartagena 1839.
33. Joaquin Esguerra, Diccionario geografico de los Estados Unidos de
Colombia. Bogota 1879.
34. William Bollaert, Antiquarian, ethnological and other researches in New
Granada, Equador, Peru und Chile. London 1860.
35. Ezechiel Uricoechea, Memoria sobre las antiguedades Neo-Granadinas.
Berlin 1854.
Uebersicht über die hauptsächlich gebrauchten Werke. 327
36. Derselbe, Gramdtica, vocabulario, catecismo y confesionario de la lengua
Chibcha. Paris 1871.
37. Wilhelm Sievers, Reise in der Sierra Nevada de Santa Marta. Leipzig
1887.
38. Derselbe, Venezuela. Hamburg 1888.
39. Derselbe, Die Cordillere von Merida nebst Bemerkungen über das
Caribische Gebirge. Wien und Olmütz 1888. (Geographische Ab-
handlungen, herausgegeben von A. Penck, Bd. III, 1.)
40. Oskar Peschel, Geschichte der Erdkunde. München 1865.
41. Derselbe, Geschichte des Zeitalters der Entdeckungen. Stuttgart und
Augsburg 1858.
42. Arthur Helps, The Spanish conquest in America. London 1855 — 1861.
43. Adolf Bastian, Kulturländer des alten Amerika. Berlin 1878.
44. Alexander von Humboldt, Voyage aux regions ^quinoxiales du Nouveau
Continent. Paris 1822.
45. Emil Reclus, Voyage ä la Sierra Nevada de Sainte-Marthe. Paris 1881.
46. Fr. Wilhelm Barthold, Geschichte der deutschen Seemacht in Räumer' s
Historischem Taschenbuch, Dritte Folge, Jahrgang I (Leipzig 1850),
S. 68 fiP.
47. Arthur Kleinschmidt, Augsburg, Nürnberg und ihre Handelsfürsten im
fünfzehnten und sechzehnten Jahrhundert. Kassel 1881.
48. B. Greiff, Tagebuch des Lucas Rem 1494 — 1541. Beitrag zur Handels-
geschichte der Stadt Augsburg. Anlage zum Jahresbericht des Histo-
rischen Kreisvereins im Regierungsbezirke von Schwaben und Neu-
burg. Augsburg 1861.
49. Friedrich Kunstmann, Die Fahrt der ersten Deutschen nach dem portu-
giesischen Indien. München 1861.
50. Karl von Klöden, Die Welser in Augsburg als Besitzer von Venezuela
und die von ihnen veranlassten Expeditionen dahin, in der Zeitschrift
für allgemeine Erdkunde V. (Berlin 1854), S. 434 ff.
51. Karl Klüpfel, Nicolaus Federmann und die Weiserische Unternehmung,
in der Bibliothek des Litterarischen Vereins in Stuttgart XLVII
(Stuttgart 1859) S. 199 ff.
52. Zeitung aus India Junkher Philipps von Hütten. Aus einer zum Theil
unleserlich gewordenen Handschrift. In Meusel ' s Historisch-litterarischem
Magazin. Bayreuth und Leipzig 1785.
53. Karl Klunzinger, Antheil der Deutschen an der Entdeckung von Süd-
amerika. Stuttgart 1857.
54. Ferdinand Adalbert von Langegg, El Dorado. Geschichte der Entdeckungs-
reisen nach dem Goldlande El Dorado im XVI. und XVH. Jahr-
hundert. Leipzig 1888.
55. Albrecht Pfister, Ambrosius Dalfinger und Nikolaus Federmann in der
Allgemeinen Deutschen Biographie (Leipzig 1875 ff.) IV. S. 710 f.
und VI. S. 598 f.
328 Uebersicht über die hauptsächlich gebrauchten Werke.
56. Friedrich Katzel, Georg Federmann und Philipp von Hütten. Ebenda XII.
S. 703 f. und XIII. 463 f.
57. Konrad Häbler, Eine deutsche Kolonie in Venezuela, im Kaumer's Histo-
rischem Taschenbuch, herausgegeben von Wilhelm Maurenbrecher.
VI. Folge. Jahrgang IX (1890), S. 205 ff.
58. Moritz Weinhold, Nikolaus Federraann's Reise in Venezuela 1529 — 1531
mit Karte. Anhänge zu den Jahresberichten des Vereins für Erd-
kunde in Dresden III (1866), S. 91 ff.
Pierer'aohe Hofbuohdruokerei. Stephan Oeibel & Co. in Altenburg.
2.
SIR WALTER RALEGH'S
KARTE VON GUAYANA UM 1595.
VON
L. FRIEDERICHSEN.
MIT 1 KARTE.
Festschrift der Hambui'gischen Amerika-Feier II. — Friedericlisen.
ntonio Berrio y Orufia, der Neffe ^) des am 16. Februar
1579 verstorbenen Marschalls Jimenez de Quesada, des
Begründers der spanischen Herrschaft in Neu-Granada, erbte
von seinem Oheim ausser einigen Gütern in Neu-Granada
auch Anspruch auf das grosse Dorado-Reich^). Um diese Rechte zur
Geltung zu bringen, begab er sich 1584 von Tunja aus nach der nörd-
lichen Grenze seines Reiches, dem Rio Pauto, baute dort Fahrzeuge und
gelangte vermittelst derselben auf dem Meta in den Orinoco. Letzteren
flussaufwärts bis zur Einmündung des Guaviari am linken Ufer des
Orinoco verfolgend, wurde er wegen Untiefen zur Rückkehr gezwungen
und verbrachte das nächste halbe Jahr im Lande Amapaya zwischen dem
Apuri und Meta. Alsdann fuhr Berrio den Orinoco hinab. Nach kurzem
Aufenthalt in Carapana, der Hauptstadt des Landes Emeria, segelte er
via Insel Margarita nach Trinidad, das er noch als zu seinem Dorado-
Reiche gehörig betrachten zu dürfen glaubte. Dort richtete er sich als
Landeshauptmann ein und sandte 1592, weil er sich selbst zur Sicherung
seines Besitzstandes für unabkömmlich hielt, Domingo de Ibargoien
y Vera nach Spanien, um eine grosse Dorado-Expedition in Scene zu
setzen. Es gelang dies um so leichter und glänzender , als d e V e r a
eine Menge Goldsachen aus dem Orinoco-Lande als Beweisstücke für den
Reichthum des Landes von Berrio mitbekommen hatte.
Von der aus fünf Schiffen bestehenden Expedition de Vera's
segelten zwei nach dem Orinoco. Innerhalb der Grenzen des Dorado-
^) Vergl. Schumacher, S. 178 u. 289 Anmerkung 69 dieses Bandes.
2) Schumacher: El Dorado. (Mittheilungen der Geogr. Gesellschaft in Ham-
burg 1889.) — Hakluyt: Third and Last Volume of the Voyages, Navigations,
Traffiques, and Discoveries of the English Nation etc. London 1600, S. 637 u. ff.
1*
4 Friederichsen : Sir Walter Ralegh's Karte von Guayana.
Gebietes und in Gegenwart des Häuptlings Morequito nahm de Vera
Namens Antonio de Berrio's vor dem Notaren R o d r i g o deCaranca
am 23. April 1593 feierlich Besitz von den Provinzen Guayana und
Dorado.
Es dauerte nicht allzulange, bis die Nachricht von diesem Dorado-Zuge
de Vera 's auch nach England und an das Ohr Sir Walter Ralegh's*)
gelangte. Ralegh, schon längst durch die märchenhaften Berichte von
der Existenz einer grossen und goldenen Stadt Manoa, der Residenz eines
Fürsten „Dorado" im mächtigen Reiche Guayana für eigene Koloni-
sations - Unternehmungen geneigt gemacht, segelte am 6. Februar 1595
selber nach Trinidad, nachdem er vorher seinen Kapitän Jakob
W h i d d 0 n auf Kundschaft ausgesandt hatte. Auf W h i d d o n's Aussagen
hin, dass Berrio eine neue Dorado-Fahrt plane, sah sich Ralegh in
seinen Unternehmungen beengt. Er Hess Berrio, den Landeshauptmann
von Trinidad, gefangen nehmen. Der Gewalt weichend, lieferte dieser die
in seinem Besitz befindlichen Beschreibungen früherer Orinoco-Fahrten,
auch namentlich eine Karte von den südamerikanischen Flussgebieten, aus.
Mit diesen Hülfsmitteln ausgerüstet, und gestützt auf sonstige in Trinidad
eingezogene Erkundigungen, trat Ralegh im Mai 1595 seine berühmte
erste Reise auf dem Orinoco an, die ihn bis an die Mündung des Caroni
brachte. Nach Trinidad zurückgekehrt, schiffte Ralegh sich alsbald
nach England ein, wo er im Herbst 1595 Lord Charles Howard und
Sir Robert Cecil einen Reisebericht und ausführliche Schilderung des
Landes Guayana überreichte. Diese umfasste nicht nur seine eigenen,
sondern auch Berrio's und Anderer Beobachtungen.
Es lag offenbar in der Absicht Ralegh's, seinem Bericht auch eine
Karte beizugeben, denn es heisst in demselben^): „How all these riuers
Crosse and encounter, how the countrie lieth and is bordred, the passage
of Cemenes , and of Berreo , mine owne discouerie , and the way that I
entred, with all the rest of the nations and riuers, your Lordship shall
receiue in a large Chart or Map, which I haue not yet finished, and
which I shall most humbly pray your Lordship to secret, and not to suffer
') Wir haben uns für die Schreibweise „Ralegh" und nicht „Raleigh" ent-
schieden, weil Ralegh vom 9. Juni 1584 bis zu seinem Tode selbst seinen Namen so
geschrieben hat (vgl. Steh hing: Sir Walter Ralegh, Oxford 1891, S 31). Auch be-
richtet Stebbing, dass 135 der von Edward Edwards gesammelten 169 Ralogh'schen
Briefe so unterzeichnet sind.
') Vergl. Ralegh: Xhe Discovery of the large, rieh and beautiful Empire of
Guaya a etc editcd by Sir Robert H. Schomburgk. London. Ilakluyt Society
1848, S. 26.
Kohl's Kopien alter Karten.
it to passe your own hands; for by a draught thereof all may bee
preuented by other nations. For I knoAv it is tliis very yeere sought by
the French, although by the way they now take, I fear it not much."
Ob diese Karte jemals nachgeliefert worden ist, ist bisher nirgends
zu ermitteln gewesen ^)7 wohl aber ist von unserem 1878 verstorbenen
Landsmanne, dem um die Amerika -Forschung hochverdienten Bremer
JohannGeorgKohl, nachgewiesen worden, dass das Britische Museum
eine Manuskriptkarte besitzt, welche zweifelsohne das besprochene
Ralegh'sche Dokument selbst oder wenigstens eine gleichzeitige getreue
Kopie desselben ist.
Zu Kohl's Arbeiten auf dem Gebiete der historischen Geographie
gehören zu einem nicht unwesentlichen Theile eine grosse Anzahl von
Kopien seltener alter Karten und kartenähnlicher Abbildungen, welche
von ihm während einer Reihe von Jahren in öffentlichen und privaten
Bibliotheken und Archiven Europa's angefertigt worden sind. Unter diesen
befindet sich auch die Kopie einer Karte (Nr. 374), welche mit rother
Farbe die Aufschrift trägt: „The Orinoco and Manoa (Ms. Brit. Mus.)".
Sie ist unter gleicher Nummer in den von der Harvard Universität in
Cambridge herausgegebenen bibliographischen Mittheilungen Nr. 19^) auf-
geführt, und zwar mit der Jahreszahl 1595 (?). Viel früher, bereits 1857,
hat sie Kohl unter dem Titel: „A large Map of Guayana, of the whole
river Orinoco and bordering regions: 1595" in einem als Manuskript^)
gedruckten Katalog*) derjenigen auf Amerika bezüglichen Karten und
Aufnahmen, welche im S.Bande von Hakluyt's „Voyages, Navigations,
Traffiques, and Discoveries of the English Nation" erwähnt sind, ausführ-
lich beschrieben.
Im Besitze dieser von Kohl gepausten Manuskriptkarte des nördlichen
Südamerika, wurde der Wunsch in uns rege, ein Facsimile des Originals
dem 2. Bande der vorliegenden Festschrift einverleibt zu sehen, einerseits,
um den Lesern der vorstehenden Schumacher 'sehen Arbeit ein über
die venezolanischen Unternehmungen der Augsburger Welser und über
Juan de Castellanos orientirendes Kartenblatt aus dem 16. Jahrhundert
zu bieten, andererseits um der uns wiederholt gegebenen Anregung
1) Schomburgk, I.e. S. 26, Anmerkung: It appears he never executed this map,
or if he did so, it has been lost.
2) The Kohl Collection of Maps relating to America. ByJustinWinsor. 1886.
3) Vergl. Petermann's Mittheilungen 1857, S. 267.
*)Kohl: Descriptive Catalogue ofthose Maps, Charts and Surveys relating
to America, which are mentioned in Vol. III of Hakluyfs Great Work. Washington
1857, S. 64.
6 Friederichsen : Sir Walter Ralegh's Karte von Guayana.
Schumacher's Folge zu leisten, der in der zur Frage stehenden Manu-
skriptkarte viel mehr als ein Kuriosum, nämlich den Niederschlag einer
ganzen Reihe von Entdeckungsreisen erblicken zu müssen glaubte. Mit
Hülfe unseres verehrten Fachgenossen, des Herrn E. G. Ravenstein in
London, und des Kurators im Karten-Departement des Britischen Museum,
des Herrn Coote, ist die Erfüllung unseres Wunsches ermöglicht worden.
Herr Ravenstein hat die besprochene Manuskriptkarte in verjüngtem
Maassstabe für uns photographieren lassen. Auf Basis dieser Photographie
sowie der Kohl'schen Kopie des Originals und an der Hand der Schom-
burgk'schen Ausgabe der Ralegh'schen Reisebeschreibung haben wir ein
Facsimile herstellen und in der Tafel I zur Anschauung bringen können.
Was nun die jedes Titels und jeder Autor-Angabe entbehrende,
beschmutzte und verblasste Manuskriptkarte selbst anlangt, so ist sie unter
dem Titel: „A Map of Guayana with the course of the Orinoco and
Maranon or Amazones (1660)" unter „Add. 17940a" im Katalog des
Britischen Museum aufgeführt. Sie misst 2' 7" bei 2' 3" englisch ^) und
ist auf dickem Pergament in Schwarz gezeichnet i. e. mit Ausnahme der
farbigen Strichlinien. Die Art und Weise der Konstruktion und Zeich-
nung ist die einer mittelalterlichen Kompass- resp. loxodromischen Karte
des 16. Jahrhunderts mit der Orientirung gen Süden.
In dem erwähnten Katalog der Kohl'schen Kartensammlung (1886)
heisst es, dass das Britische Museum sie 1845 acquorirt habe, während
Kohl in Uebereinstimmung mit seinem 1857 als Manuskript gedruckten
Katalog mit Blei auf seiner gepausten Kopie bemerkt hat: „Purchased of
T. W. Turner 1849".
Wie bei allen mittelalterlichen Kompasskarten, so findet sich auch
auf unserer Tafel I ein Netz von Richtungslinien ^), um Kurs und Distanz
nach denselben absetzen zu können. Von einer Central-Strichrose inmitten
der Karte ausgehend, sind auf der Peripherie eines mit ihr concentrisch
gedachten Kreises in den 16 Hauptrichtungen andere 16^) Rosen ein-
getragen, die in 32 Theile getheilt sind. Um dies Gewirr von Richtungs-
linien deutlicher zu gestalten, sind die Linien der 8 Hauptrichtungen
schwarz, die der halben grün und die der viertel roth ausgezogen.
*) Unser Facsimile ist im Norden und Süden, wo nur Strichlinien vorhanden
sind, etwas geliürzt worden.
•) In Folge der in verjüngtem Maassstabe genommenen photographischen Kopie
und wahrscheinlich auch in Folge bauschiger Stellen im Original, sind die Richtungs-
linien unserer Tafel stellenweise verzerrt worden.
') Die südlichen 3 Rosen sind auf unserem etwas gekürzten Facsimile weg-
gefallen.
Beschreibung der Ralegh' sehen Karte.
Längen- und Breitengrade fehlen, vielleicht mit Absicht und aus Furcht
vor Konkurrenz; auch ist der übliche Meilen-Maassstab an den Rändern
der Karte weggeblieben.
Unsere Tafel veranschaulicht die Küste des nördlichen Südamerika
von der Mündung des Amazonas bis zur Landenge von Panama durch
eine Linie mit kurzer Küstenschraff ur •, sie giebt andeutungsweise auch
die Westküste Südamerika's von Panama bis zum Golf von Guayaquil.
Die Oberfläche des Meeres, der Seen und grösseren Flüsse ist zum Theil
durch Punktirung und horizontale Strichelung nach Art der Karten des
16, Jahrhunderts markirt. Als Signatur für Indianer-Dörfer scheint eine
Hütten-, für spanische Niederlassungen und Städte diejenige einer Häuser-
gruppe beabsichtigt gewesen zu sein. Bewaldete Gegenden sind durch
eine Baurasignatur, Gebirge durch perspektivisch gezeichnete Hügelreilien
kenntlich gemacht. Die Nomenklatur ist englisch. Die Schreibweise ist
fast durchweg übereinstimmend mit derjenigen der Ralegh'schen Reise-
beschreibung. Fast alle in dieser vorkommenden Namen sind auch auf
der Manuskriptkarte niedergelegt. Ganz überraschend richtig sind die
Contouren der Insel Trinidad gezeichnet. Eine Erklärung hierfür finden
wir in der auch von KohP) erwähnten Thatsache, dass Ralegh eigene
Vermessungen auf Trinidad gemacht und diese auch zu einer Special-
karte ^) (description and particular plot) von Trinidad zusammengestellt
hat. Uebereinstimmend mit Ralegh's Beschreibung ist der in den Anden
unter annähernd gleicher Breite mit Quito entspringende Orinoco als
Hauptstrom mit neun nördlich vom Hauptstrom in die See mündenden
Nebenarmen veranschaulicht. Die Darstellung der westlicheren Gebiete
ist auf spanische Berichte (vornehmlich de Berrio's) und Erkundigungen
bei den Eingeborenen zurückzuführen. Nicht minder originell paradirt
mitten zwischen dem Orinoco und dem Amazonas der räthselhafte 200
Meilen lange, von mit kostbaren Metallen imprägnirten Bergen umgebene
See Manoa, mit der vermeintlich grössten Stadt der Welt gleichen Namens,
der Hauptstadt des mächtigen und schönen Reiches Guayana, an seinem
östlichen Ende.
Aus vorstehenden Betrachtungen resultirt für uns in Uebereinstim-
mung mit Kohl mit ziemlicher Gewissheit, dass wir in Tafel I die Karte
wiedergegeben haben, welche Sir Walter Ralegh im Herbst 1595 dem
Bericht über seine erste Orinoco-Reise beizufügen beabsichtigte, aber
1) 1. c. S. 63-64.
2) Hakluyt, Vol. III, S. 632.
Friederichsen : Sir Walter Ralegh's Karte von Guayana.
rechtzeitig fertig zu stellen verhindert war; ferner dass wir in dieser Karte
einen höchst interessanten Theil der „üescription of the River Orenoque"
bezeichnen zu glauben dürfen, welche am 15. August 1618 bei seiner
zweiten Verhaftung bei ihm gefunden und ihm abgenommen worden
ist^); und drittens, dass wir in unserer Tafel die älteste Special- und
Originalkarte des Orinoco-Gebietes zum ersten Male zur weiteren Kennt-
niss bringen.
Hinsichtlich des letzteren Punktes sei noch erwähnt, dass keine
Land- oder Seekarte von Südamerika aus der Zeit vor Ralegh (1505)
bekannt ist, auf welcher der Orinoco so wie hier als grosser Strom mit
zahlreichen Nebenflüssen verzeichnet stände. Als älteste Karten von Guayana
galten bisher die von JodocusHondius von 1599^) in holländischer
Sprache, und eine gleichzeitige deutsche Ausgabe^) in de Bry's Samm-
lung von Reisen nach Amerika. Ihnen folgte Mulsins' Karte des nörd-
lichen Südamerika*), wie sie der uns vorliegenden, bei Erasmo
K e m p f f e r n gedruckten und bei Leuini Hulsij Wittibe in Frank-
furt a. M. 1612 verlegten Beschreibung des goldreichen Königreichs
Guianae angehängt ist^). Während alle drei unter Benutzung der mittler-
') Schomburgk, 1. c. S. 228 u. 229.
^) Nieuwe Caerte van het wondcrbaer ende goudrijcke landtGuiana, gelegen
onder de Linie Aequinoctiael , tusschen Brasilien ende Peru nieuwelick besocht door
Sir Walter Ralegh Ridder van Engelandt, in het jaer 1.594, 9-5 ende 1596. De
Custen van dese caerte, sijn seer vlietich geteekent op haere hooghten ende waere
Streckingen, door een seker stierman die dit selve beseilt ende besocht heeft, inde
jaren voornomt. De binnen Provincien, syn door grote moyte getrocken, uit beyde
de boexkens, die door ende by laste van Ralegh voorseit, int licht gegeven sijn.
Jodocus Hondius excudit.
') Neuwe landtaflfel, in welcher eigentlich und warhaftlglich fürgestellt wird,
das gewaltige und goldtreiche Kunigreich Guiana, so da ligt under der Aequinoctial
Linen, zwischen Brasilien und Peru, observiert und abgerissen von einem schifirnan
so selbst mit her Ralegh der Fahrt gewessen.
*) Nova et exacta delineatio Americae partis australis que est: Brasilia, Cari-
bana, Guiana regnum Novum Castilia del oro, Nicaragua, Insulae Antillas et Peru.
Et sub Tropico Capricorni Chile, Rio della Plata, Patagonie, et Fretü Magellanieu.
Noribergae per Leuinum Hulsium, Anno 1599.
'^) Weit primitiver als die vorerwähnten Karten ist die in Frankfurt a. M. 1669
von J. P. Thelott gestochene Karte: „Guiana siue Amazonum Regio". Wir
finden dieselbe folgendem höchst interessanten kleinen Buche beigegeben: „Gründlicher
Bericht von Beschaffenheit und Eigenschafft, Cultivirung und Bewohnung, Privi-
legien und Beneficien dess in America zwischen dem Rio Orinoque und Rio de las
Amazone« an der vesten Küst in der Land^chafft Guiana gelegenen, sich 30 Meil
wegs breit an der See und 100 Meil wegs in die Tieffe erstreckenden stricli Landes,
weichen die edle privelegirte West-Indische Compagnie der vereinigten Niederlanden,
mit authentischer schrifftlicher ratification und permission der Hochmögendeu Herren
Staten General an den Hochgebornen, gegenwertig regirendon Herrn Friedrich
Casimir Grafen zu Hanaw, Rieneck, Zweibrücken, Herrn zu Müntzenberg, Liechten-
Beschreibung der Ralegh' sehen Karte.
weile durch Hakluyt publicirten Ralegh 'sehen Reise-Beschreibung
nach Kartenskizzen der Ralegh'schen Kapitäne kompilirt zu sein scheinen,
erblicken wir in der von uns reproducirten Karte die kartographische
Veranschaulichung der eigenen Aufnahmen und Erkundigungen Sir
Walter Ralegh's.
berg und Ochsenstein, Erbmarschalln und Obervogt zu Strassburg. Wie auch an
das gesämptliche Hochgräfl. Hauss von Hanaw, mit allen regalien und Jurisdictionen,
ewig und erblich, unter gewissen in dieser Deduction publicirten Articuln den
18. Julii 1669, cedirt und überlassen hat. Jedermänniglichen, absonderlich aber denen
welchen daran gelegen, zum Nachricht und gefallen in Truck gegeben. Gredruckt zu
Frankfurt bey Johan Kuchenbecker. Anno 1669." — Ueber die kolonisatorischen Be-
strebungen des Grafen Friedrich Casimir von Hanau im Orinocogebiet äussert
sich eine 1882 anonym erschienene „Geschichte der Regenten von Hessen-Cassel" wie
folgt: „Der Graf Friedrich Casimir von Hanau hatte im Jahre 1669 von der
holländisch-westindischen Handlungsgesellschaft eine Strecke Landes in Westindien
gekauft und ging damit um, dort eine Kolonie zu gründen. Dieser Plan überstieg
natürlich die Mittel der kleinen Grafschaft beträchtlich; und die bedrückten Unter-
thanen, unzufrieden hierüber und gereizt durch die willkürliche Anstellung neuer
Eäthe etc., riefen zu ihrer Unterstützung hessische Hülfe an. Die Eegentin Hess
hierauf 1670 hessische Truppen im Hanau'schen einrücken und brachte einen Einig-
keitsrecess zu Stande. Der Graf verzichtete auf seinen westindischen Plan etc.
festschrift der ftamburgisclien Amerika-Feier tl. — Friederichsen. 1**
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Book Slip-50m-9,'70(N9877s8) 458 — A-31/5,6
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N? 885756
E119
H33
Hambun-ische Festschrift zur Erinnerunf^ an die
Entdeckung Ainerika's; hrsg. vom wissen-
ochaftlichen Ausschuss des Komites für die
Amerika-Feier. Hamburg, _Friedrichsen, 18??.
2 V. illus., maps^ fold.Ain pocket, v.?)
«^ 1. America- Di sc, & exploration- Anniver-
sanes, etc.
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