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Full text of "Hamburgische festschrift zur erinnerung an die entdeckung Amerika's"

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1892. 


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HAMBURGISCHE  FESTSCHRIFT 


ZUR  EEINiVERUNG 


AN  DIE 

ENTDECKUNG  AMEKIKA'S. 


HERAUSGEGEBEN 
VOM 

WISSENSCHAFTLICHEN  AUSSCHUSS  DES  KOMITES 
FÜR  DIE  AMERIKA- FEIER. 


BAND  II. 

MIT    1    KARTE. 


ALLE  RECHTE  VORBEHALTEN. 


HAMBURG: 

L.  FRIEDERICHSEN  &  C^: 

1892. 


LIBRART 

TWTVF.RSTTY  np  CALIFORNIA 

DAVIS 


Pierer'sohe  Hofbuohdruokerei.    Stephau  Geibel  &  Co.  in  AUenburg. 


INHALTSVEßZEICHNISS  DES  II.  BANDES. 


1.  Schumacher,    Herrn,    A. :    Die    Unternehmungen    der    Augsburger    Welser    in 

Venezuela  und  Juan  de  Castellanos. 

2.  Friederichsen,  L.:    Sir  Walter  Kalegh's  Karte  von  Guayana  um  1695. 

Tafeln: 

Sir  Walter   Ralegh's   Karte    von  Guayana  mit    dem  Lauf   des   Orinoco  und    des 
Maraiion  oder  Amazonas  um  1595,  reproducirt  von  L.  Friederichsen. 

Decken-Verzierungen: 

1.  Rosa    nautica   der   Weltkarte    des   Juan   de    la   Cosa  (1500),   auf  der  Vorderseite 

der  Decke. 

2.  Stammwappen  der  Familie  Welser  zu  Augsburg  auf  der  Rückseite  der  Decke. 


DIE  UNTERNEHMUNGEN 

DER 

AUGSBÜRGER  WELSER 

IN  VENEZUELA 

(EINE  DEUTSCHE  EPISODE  IN  DER  ENTDECKUNGS- 
GESCHICHTE AMERIKA' S) 

UND 

JUAN  DE  CASTELLANOS 

(EIN  LEBENSBILD  AUS  DER  CONQUISTA-ZEIT) 
VON 

HERMANN  A.  SCHUMACHER, 

WEILAND  MINISTERRESIDENT  DES  DEUTSCHEN  REICHES  IN  BOGOTA  UND  LIMA 
UND  GENERAL-KONSUL  IN  NEW- YORK. 


AUS  SEINEM  NACHLASS  HERAUSGEGEBEN 

VON 

DB.  H.  SCHUMACHER. 


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INHALTSVERZEICimiSS. 


Einleitung 1 22 

1.  Geschichte  der  Welser-Züge  in  Amerika 23 143 

I.  Das  Kaufmannshaus  Bartolmä  Welser  und  Ge- 
sellschaft und  seine  Faktorei  in  Santo  Domingo      23  —  37 
II.  Die  Belehnung  der  Welser  und  Ambrosius  Dal- 

finger's  Ankunft  in  Amerika 38 —  44 

III.  Kulturzustände    in    Coro    und  Dalfinger's  erste 
Expedition 44_  56 

IV.  NikolausFedermann'sSuchenachderSüdsee-Küste      56—  69 

V.  Dalfinger's  zweite  Expedition 69 —  77 

VI.  Der  Zug  in  das  Hochgebirge  und  Dalfinger's  Tod 

in  Chindcota 77 —  85 

VII.  Francisco  Martin's  Abenteuer 85—  91 

VIII.  Nikolaus  Federmann  und  Georg  Hohermuth   .    .       92 — 102 

IX.  Hohermuth's  grosse  Expedition 102—113 

X.  Eine  neue  Expedition  Federmann's  und  das  Zu- 
sammentreffen auf  der  Hochebene  von  Bogota.  .     113 — 126 
XL  Georg  Hohermuth's  Tod  und  Ankunft  Bartolmä 

Welser's  d.  J.  in  Coro 127—134 

XII.  Philipp  von  Hutten's  Expedition  und  der  Ueber- 

fall  im  Tocuyo-Thale 135_143 

2.  Juan  de  Castellanos.    Ein  Lebensbild  aus  der  Conquista-Zeit.    .    .    .   145—219 

Einleitung 147—151 

I.  Wander-Fahrten 152—167 

IL  Ansiedlungs-Versuche 168 — 176 

III.  Geschichts-Schreibung 177—184 

IV.  Dichtungen 185—219 

3.  Anmerkungen 221 — 324 

I.  Anmerkungen  zum  Castellanos 223 — 296 

IL  Anmerkungen  zur  Geschichte  der  Welser-Züge.    .     297 — 322 
Verzeichniss  der  Anmerkungen 323 — 324 

4.  Uebersicht  über  die  hauptsächlich  gebrauchten  Werke 825 — 328 


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EINLEITUNG. 


skar  Peschel  hat  seine  Geschichte  der  Erdkunde  im  Jahre 
1865  der  Oeffentlichkeit  mit  den  wehmüthig  klingenden  Worten 
übergeben,  der  Leser  seines  Werkes  „werde  gewahren,  dass 
er  einer  Nation  angehöre,  die  überreich  an  Zierden,  aber  arm 
an  Thaten  ist" .  Zum  Glück  hat  dieser  Ausspruch  für  die  Gegenwart  keine 
aktuelle  Bedeutung  mehr;  aber  seine  Berechtigung  für  die  Vergangenheit 
tritt  uns  gerade  jetzt  besonders  grell  vor  Augen,  wo  die  vierhundert- 
jährige Wiederkehr  des  Entdeckungstages  Amerika's  die  Gebildeten  aller' 
Nationen  zurückschauen  lässt  auf  jene  Zeit,  in  der  eine  neue  wunderbare 
Welt  mit  ihren  reichen  Schätzen  vor  den  erstaunten  Augen  Europa's  auf- 
gedeckt wurde,  jetzt,  wo  alle  Kulturvölker  unseres  Kontinents  in  stolzen 
Festen  sich  rühmen  der  eigenen  muthigen  Thaten,  die  sie  zur  Entschleie- 
rung dieser  zweiten  Hälfte  unseres  Planeten  kraftvoll  ausgeführt  haben, 
und  der  praktischen  Vortheile,  die  sie  sich  bei  dieser  Theilung  einer  neuen 
Welt  kühn  und  selbstbewusst  zugeeignet.  Reich  an  „Zierden"  ist  unsere 
Nation  auch  in  diesem  Zeitalter  der  Entdeckungen.  Wohl  mag  der 
Deutsche  mit  einer  gewissen  philosophischen  Befriedigung  sich  heute  unter 
Anderm  erinnern,  dass,  wie  auch  andere  Ideen,  auf  denen  Cr istobal  Colon 
seinen  muthigen  Plan  baute,  von  den  Deutschen  ausgegangen  sind,  so  auch 
jener  „glückliche  Irrthum"  von  der  Nähe  Indiens,  welcher  die  Hauptrolle 
in  des  Genuesers  Deduktionen  spielte,  in  letzter  Linie  auf  einen  Deutschen 
zurückgeht,  auf  jenen  Bischof  von  Regensburg,  Albert  von  Bollstädt, 
dem  die  Nachwelt  den  Beinamen  des  Grossen  gegeben  hat;  dass  der  edle 
deutsche  Ritter  Martin  Behaim  sowohl  Vasco  da  Gama's  muthigen 

Festschrift  der  llamlmrgisohen  Amerika-Feier  H.  1 


2  Einleitung. 

Vorgänger,  Diogo  Ca 5,  auf  seiner  Fahrt  begleitete,  als  auch  dem  Ent- 
decker Amerika' s  mit  ermuthigendem  Rath  zur  Seite  stand,  vielleicht  auch 
den  kühnsten  Seefahrer  aller  Zeiten,  Fernao  de  Magalhaes,  zu 
seinem  grossartigen  Unternehmen  durch  seine  Karte  veranlasste;  dass  be- 
bereits  sechs  Jahre  vor  der  ersten  Reise  des  Genuesers  ein  Deutscher  mit 
Fernao  Dulmo  und  einem  Pflanzer  Madeira's,  Namens  Joao  Affonso, 
einen  Vertrag  geschlossen  hat,  um  ein  Festland  im  Westen  aufzusuchen: 
ein  Plan  ,  dessen  Ausführung  den  Namen  C  o  1  o  n '  s  vielleicht  niemals 
hätte  bekannt  werden  lassen.  Wohl  dürfen  wir  Deutsche  stolz  uns  rühmen, 
dem  Werthe  wie  der  Zeit  nach  in  der  ersten  Linie  Derer  zu  stehen, 
welche  das  unabsehbare  reiche  Material  neuer  Thatsachen,  das  in  der 
neuen  Welt  sich  darbot,  wissenschaftlich  zu  verarbeiten  trachteten.  Aber 
wo  „Thaten",  das  heisst  selbständige  Unternehmungen  auf  eigene  Gefahr 
und  auf  eigenen  Vortheil  hin,  wo  die  materiellen  Erfolge  zielbewussten  Han- 
delns, nicht  nur  die  idealen  Errungenschaften  sinnenden  Verstandes  in 
Frage  kommen,  da  scheint  der  deutschen  Nation  in  jenem  bewegten  Zeit- 
alter bei  der  Theilung  Amerika's  die  Rolle  des  Dichters  bei  der  Theilung 
der  Erde  in  dem  Schiller' sehen  Gedichte  zugefallen  zu  sein. 

Denn  während  in  rascher  Aufeinanderfolge  Spanien,  Frankreich,  Eng- 
land, zu  modernen  Staaten  mit  straß'er  politischer  Centralisation  sich  empor- 
schwingend, bald  früher  und  bald  später,  bald  kühner  und  bald  berech- 
nender, sich  Vortheile  aus  den  grossen  Entdeckungen  des  Cristobal 
Colon  wie  des  Vasco  daGama  zu  sichern  begannen,  ist  es  dem 
deutschen  Volke  weder  gelungen,  einen  Theil  des  neu  aufgedeckten  Land- 
komplexes sich  anzueignen,  noch  auch  in  den  ersten  drei  Jahrhunderten 
eine  feste  Position  im  amerikanischen  Handel  sich  zu  erringen.  Und  doch, 
ganz  arm  an  „Thaten"  sind  auch  wir  in  dieser  Periode  nicht.  Versuche 
energischster  Art  sind  gemacht  worden,  auch  unserer  Nation  sogleich  in 
frühester  Zeit  einen  festen  Antheil  an  den  neuentdeckten  Schätzen,  den 
weiten  Ländereien  mit  ihrem  Reichthum  an  Edelmetallen  und  Gewürzen, 
wie  an  den  neuen  Handelsbeziehungen  mit  ihrem  stets  wachsenden  Ge- 
winn zu  sichern.  Diese  Versuche  der  Vergessenheit  oder  gar  der  falschen 
tendenziösen  Beurtheilung  zu  entreissen,  möchte  fast  als  eine  Pflicht  der 
Deutschen  erscheinen.  Diese  Pflicht  drängt  sich  insbesondere  auf  in  diesen 
Tagen  der  internationalen  „Amerika-Feier". 

Deutschlands  Handel  hatte  im  Mittelalter  eine  hohe  Blüthe  erreicht. 
Im  Norden  beherrschte  die  Hansa  monopolistisch  die  Märkte  von  London, 
Brügge,  Wisby  und  Nowgorod  und   damit    den   ganzen   nordeuropäischen 


Deutschlands  Handel  im  Mittelalter. 


Handel,  und  die  süddeutschen  Städte,  allen  voran  Regensburg,  Ulm,  Augs- 
burg und  Nürnberg,  entfalteten  einen  grossartigen  Zwischenhandel  zwischen 
der  Levante  und  ganz  Mittel-Europa,  welcher  im  Bunde  mit  dem  regen 
Erwerbsleben  eine  Kulturblüthe  zeitigte,  die  durch  ihre  Eigenart,  ihre 
Frische  und  ihren  Reichthum  noch  heute  in  den  ehrwürdigen  Bauten 
an  der  Donau,  am  Lech  und  an  der  Pegnitz  uns  bezaubert.  Doch  der 
Hansa  erwuchs  in  den  nordischen  Reichen,  welche  seit  der  Kalmarischen 
Union  immer  mehr  zu  der  geschlossenen  Einheit  moderner  Staaten  sich  heraus- 
bildeten, eine  verhängnissvolle  Konkurrenz ;  je  mehr  die  Macht  des  Kaisers 
sank,  je  mehr  damit  die  auf  die  freien  Städte  neidischen  Fürstengewalten 
mit  trotzigem  Selbstbewusstsein  emporkamen,  und  gleichzeitig  die  Hansa 
selbst,  von  jeher  einer  kräftigen  Centralgewalt  entbehrend,  mit  dem  Land- 
frieden ihren  ersten  einigenden  Zweck  verlor,  um  so  mehr  erlahmte  die 
Kraft,  dieser  geeinten,  zielbewussten  Konkurrenz  zu  widerstehen;  seit  das 
Monopol  des  nordischen  Handels  einmal  verloren,  gerieth  die  Hansa  auch 
im  Innern  immer  tiefer  und  schneller  in  lähmenden  Verfall,  welcher  nicht 
mehr  die  Kräfte  zu  einer  zeitgemässen  Umgestaltung  der  stolzen,  ehrwür- 
digen Handelsmacht  zusammenraffen  Hess.  Gleichzeitig  brach  auch  eine 
Krisis  herein  über  den  süddeutschen  Handel.  Dieser  stand  in  enger  Ver- 
bindung mit  dem  grossen  interkontinentalen  Levante-Handel  und,  da  dieser 
im  fünfzehnten  Jahrhundert  in  Venedig  seinen  dominirenden  Mittelpunkt 
hatte,  auch  mit  Venedig.  Der  Levante-Handel  hatte  nun  durch  das  sieg- 
reiche Vordringen  des  Türkenthums,  welches  das  Mameluckenreich  in 
Aegypten  stürzte,  sogar  in  Konstantinopel,  dem  alten  Vermittlungsplatz 
zwischen  Orient  und  Occident,  festen  Fuss  fasste  und  alle  Strassen 
nach  Indien  in  seine  Hände  brachte,  einen  schweren  Stoss  erlitten;  ge- 
radezu den  Todesstoss  erhielt  es  nun  dadurch,  dass  die  Portugiesen  nach 
Vasco  da  Gama's  kühner  Fahrt  sich  des  indischen  Handels  immer 
ausschliesslicher  bemächtigten.  That  dieser  Niedergang  Venedig's  schon 
dem  süddeutschen  Handel  empfindlichsten  Abbruch,  so  kam  hinzu,  dass 
1504  das  alte  berühmte  Fondaco  der  Deutschen  in  der  Adriastadt  einge- 
äschert wurde,  und  dass  unter  dem  Kriege  Maximilian's  mit  Venedig  und 
den  folgenden,  fast  ununterbrochen  zwei  Jahrzehnte  währenden  Kämpfen 
zwischen  Karl  V.  und  Franz  I.  der  Verkehr  zwischen  Ober-Italien  und 
Deutschland  sehr  litt. 

Abzusterben  drohten  die  beiden  mächtigen  Zweige  des  mittelalter- 
lichen deutschen  Handels,  durch  welche  die  glänzende  Entwicklung  der 
Städte  und  die  machtvolle  Entfaltung  des  Bürgerthums  in  Deutschland 
gezeitigt,   durch  welche  mit  der  Ansammlung   stattlicher  Reichthümer   ein 


4  Einleitung. 

reges,  vielseitiges  Kulturleben  zur  Blüthe  gebracht  war.  Wenn  für  sie 
kein  einigermassen  gleiehwerthiger  Ersatz  geschaffen  wurde,  wenn  nicht 
auch  in  Deutschland  der  Muth  gewonnen  wurde,  selbstständig  die  neu- 
erschlossenen Bahnen  einzuschlagen,  und  wenn  es  nicht  gelang,  die  durch 
die  politischen  Veränderungen  und  die  erstaunlichen  Entdeckungen  neu 
geschaffenen  wirthschaftlichen  Konjunkturen  auch  für  die  deutsche  Wirth- 
schaft  auszunutzen,  so  musste  das  ganze  deutsche  Volksleben  eine  dauernde, 
um  Jahrhunderte  zurückschleudernde  Schädigung  erfahren.  Wer  aber 
hatte  in  Deutschland  die  Einsicht  in  die  Aufgaben  der  Zeit,  den  Muth 
und  die  Macht,  den  Spaniern  und  Portugiesen  in  ungewisse  Fernen  zu 
folgen  ? 

Das  geschwächte  deutsche  Reich,  dessen  Kaiserkrone  der  König  der 
Spanier  trug,  der  Spanier,  welche  eifersüchtig  die  neue  Welt  als  ihr  ausschliess- 
liches Ausbeutefeld  sich  zu  sichern  suchten,  konnte  inmitten  der  deutschen 
Wirren  und  der  Sorgen  der  europäischen  Politik  nicht  an  deutsch-ameri- 
kanische Unternehmungen  denken.  Die  deutschen  Territorien  waren  viel 
zu  sehr  einerseits  von  ihren  kleinlichen  Eifersüchteleien  beherrscht,  an- 
dererseits mit  jenem  gewaltigen  Gegensatz  beschäftigt,  den  der  muthige 
Mönch  von  Wittenberg  in  die  Welt  geschleudert  hatte.  Auch  in  der  Hansa, 
welche  am  leichtesten  im  Auslande  die  Interessen  des  deutschen  Handels 
nachdrücklich  und  einheitlich  hätte  vertreten  können,  erstand  Niemand, 
„der  die  Zeit  wirklich  begriffen,  die  neuen  Aufgaben  richtig  erkannt  und  ihre 
Lösung  angebahnt  hätte"  (Waitz,  Lübeck  und  Jürgen  Wullenweber,  HI 
S.  352).  Doch  wenn  auch  nicht  der  Kaiser,  nicht  ein  deutscher  Fürst,  nicht 
die  Hansa  im  alten  oder  neuen  Indien  im  stets  heftiger  entbrennenden 
Wettstreit  der  Nationen  deutsches  Interesse  und  deutsche  Ehre  vertraten : 
der  wunderbare,  geheimnissvolle  Glanz,  welcher  die  Kunde  aller  Entdecker- 
züge, insbesondere  die  Mär  vom  neuen  Indien  umstrahlte,  übte  auch  auf 
die  deutschen  Gemüther  seine  Anziehungskraft  aus.  So  fahren  schon  früh 
und  oft  die  Sachsen  über  das  grosse  Meer,  aber  freilich  nicht  als  Unter- 
nehmer in  selbständiger  Stellung,  sondern  als  untergeordnetes  Schiffs-  und 
Handelsvolk,  So  gedenken  die  Flamländer  sogar  jenseits  des  Ozeans  festen 
Fuss  zu  fassen,  wie  z.B.  schon  1518  der  Admiral  von  Flandern  Yucatan 
als  Lohn  forderte ;  allein  auch  die  Flamencos  erscheinen  bald  nur  noch  in 
den  untersten  Kreisen  der  Auswanderer.  Die  einzigen  Deutschen,  welche 
nicht  nur  ein  unbestimmter  Abenteurertrieb  in  die  neue  Welt  lockte,  son- 
dern die  auf  Grund  gross  angelegter  Berechnungen  mit  planmässiger  Be- 
sonnenheit im  Bunde  mit  muthiger  Thatkraft  grosse  Ziele  verfolgten  und 
ihre  Zeit  verstanden,  waren  die  Schwaben. 


Augsbiirger   in  Amerika. 


Kaum  zeigen  sich  die  ersten  Spuren,  dass  ein  Theil  des  reichen  Nach- 
lasses des  langsam  dahinsiechenden  Venedig  Lissabon  antreten  werde, 
so  finden  wir  auch  bereits  einen  Agenten  der  Augsburger  Welser, 
Simon  Seitz  mit  Namen,  in  der  frisch  aufblühenden  portugiesischen 
Handelsmetropole,  und  bald  taucht  dort  ein  Lukas  Rem  auf,  welcher 
dank  seinem  uns  erhaltenen  Tagebuche  als  einer  der  kernigsten  Kaufmanns- 
charaktere aus  dem  Halbdunkel,  in  welchem  jene  Glanzzeit  deutscher 
Kaufmannschaft  leider  noch  immer  liegt,  hervortritt.  Als  der  erste  Vize- 
könig von  Indien  dann  Portugal  verliess,  da  fanden  sich  in  seiner  stolzen 
Armada  auch  die  Augsburger  Handelsherren,  Allen  voran  wiederum  die 
Wels  er,  mit  drei  stattlichen  Schiffen  vertreten.  Und  wie  die  Kunde  von 
Vasco  daGama's  Fahrt  die  Augsburger  nach  Portugal '  führte ,  so 
lockten  die  Nachrichten  vom  neuen  Indien  des  Columbus,  sobald  sie 
etwas  fassbarere  und  glaubhaftere  Form  gewonnen,  das  bewegliche  Ale- 
mannenvolk auch  nach  Spanien,  nach  Sevilla  und  Madrid.  Man  sandte 
nicht  nur  mehrfach,  z.  B.  1534,  Pionierschiffe  nach  dem  La-Plata-Strom; 
man  errichtete  nicht  nur  am  Hauptort  des  spanischen  Indien,  in  Santo 
Domingo,  eine  Faktorei;  man  Hess  sich  nicht  nur  1530  mit  dem  ganzen 
südwestlichen  Theile  Süd- Amerika' s  von  der  Magellan-Strasse  an  nordwärts 
belehnen;  sondern  man  ergriff  auch  schon  früher,  schon  1528,  thatsäch- 
lichen  Besitz  von  den  ungeheuren  Strecken,  die  damals  den  Namen  V  e  n  e - 
zuela  erhielten,  von  den  Ländern,  die  den  Norden  der  gleichnamigen  jetzigen 
Republik  umfassen  und  nach  dem  Lehnbriefe  vom  Atlantischen  Ozeane  bis 
zum  andern  Meere  durchstreichen  sollten. 

Und  wenn  auch,  wie  Chile  für  die  Fugger,  so  auch  Venezuela  für 
die  Wels  er  verloren  ging,  so  geschah  das  doch  nicht  in  unrühmlicher 
Weise,  sondern  nach  heroischen  Anstrengungen,  nicht  aus  Gründen,  die  in 
den  Personen  lagen,  sondern  aus  solchen,  die  in  den  bisher  noch  unmög- 
lich frei  zu  übersehenden  Verhältnissen,  in  einem  übermächtigen  feindlichen 
Geschick,  in  dem  ränkevollen  Widerspiel  und  unverhohlenen  Gegensatz 
heimlicher  und  offener  Gegner  wurzelten.  Durfte  Conrad  Peutinger 
in  einem  Briefe  an  den  kaiserlichen  Sekretär  H  ö  1  z  1  voll  Selbstgefühl  von 
der  Fahrt  nach  Ostindien  rühmen,  dass  sie  „uns  Augsburgern  ein  gross 
Lob  ist,  als  für  die  ersten  Deutschen,  die  India  suchen",  so  war  bei 
Mitwelt  wie  Nachwelt  dieser  freudige  Stolz  in  noch  weit  höherem  Masse 
berechtigt  bei  den  Weiserischen  Unternehmungen  in  Venezuela,  welche 
nicht  nur  bezweckten,  einen  Antheil  am  Handel  mit  dem  neuen  Indien 
zu  sichern,  sondern  in  grossartiger  Weise  darauf  ausgingen,  einen  beträcht- 
lichen Theil  des  neuen,  eine  Ueberfülle  an  Schätzen  verheissenden  Kontinents 


6  Einleitung. 

unter   deutsche  Botm<ässigkeit  zu   bringen   und   dadurch   deutschem  Fleiss 
und  deutscher  Unternehmerlust  zu  sichern. 

Thatsächlich  sind  heutzutage  aber  die  deutschen  Kolonisationsversuche 
in  Amerika  wenn  auch  nicht  völlig  dem  historischen  Gedächtniss,  doch 
gänzlich  dem  historischen  Verständniss  entschwunden.  Dass  den  Wels  er n 
von  Augsburg  „einmal  Venezuela  gehörte",  ist  fast  allgemein  bekannt; 
darauf  bezügliche  Bilder  zieren  Museumswände  und  Popularschriften.  Der 
erklärende  Text  ist  aber  bald  zu  dürftig,  bald  zu  dunkel  und  entstellt. 
Woher  kommt  es,  dass  in  der  Erinnerung  der  Nachwelt  so  wenig  von 
lebendigem  Verständniss,  von  jenem  berechtigten  Stolze  in  Bezug  auf 
dieses  deutsche  Unternehmen  zu  finden  ist?  Wie  ist  es  zu  erklären,  dass 
selbst  in  diesen  Tagen,  in  denen  die  Amerika-Feier  die  Gedanken  aller 
historisch  Gebildeten  auf  jenes  Zeitalter  der  Entdeckungen  zurücklenkt, 
gar  wenige  an  jene  eigenartige  deutsche  Episode  in  der  Entdeckungs- 
geschichte denken,  und  diese  Wenigen  kaum  ihre  Gedanken  laut  werden 
zu  lassen  wagen,  als  hätte  das  deutsche  Volk  seiner  ersten  Vertreter  in 
Amerika  eigentlich  sich  zu  schämen? 

Dass  die  Venezuelanischen  Unternehmungen  der  Deutschen,  abgesehen 
von  der  nackten  Thatsache  in  ihrem  Verlauf  und  in  ihren  Einzelheiten, 
in  ihren  Motiven  und  fielen  so  wenig  bekannt  sind,  findet  einerseits  darin 
seine  Erklärung,  dass  in  Deutschland  die  Trauer  über  den  Ausgang  der 
hoffnungsvoll  begonnenen  grossen  Sache  unter  den  Zeitgenossen  den  freu- 
digen Stolz  ganz  zurückdrängte,  in  Deutschland  auch  offenbar  niemals  eine 
ausführliche,  zuverlässige  Kunde  von  den  letzten  Thaten  des  „edlen  Ritters" 
Philipp  vonHutten  und  des  „verständigen  jungen  Gesell"  Bartolmä 
Wels  er  laut  wurde  und  daher  in  unserer  Geschichtslitteratur  nur  äusserst 
dürftige,  noch  dazu  recht  abgelegene  Spuren  dieser  Ereignisse  sich  erhalten 
haben.  Dazu  kommt  andererseits,  dass  die  spanisch-amerikanische  Litteratur, 
welche  die  Welser-Unternehmungen  berührt,  nur  in  dem  engen  Ameri- 
kanistenkreise, der  dem  Norden  Südamerika's  überhaupt  ein  regeres  wissen- 
schaftliches, vorwiegend  geographisch-ethnologisches  Interesse  entgegen- 
bringt, bekannt  ist,  und  dass  die  einschlägigen  beiden  Hauptwerke  der 
zeitgenössischen  Geschichtsdarstellung  bis  vor  kurzer  Zeit  als  Manuskripte 
in  den  dunkelsten  Winkeln  spanischer  Archive  geschlummert  haben.  Nur 
einer  der  spanischen  Autoren  ist  heute,  wenn  auch  nicht  gelesen,  von 
grossem  Einfluss  auf  die  Beurtheilung  dieser  Unternehmungen  gewesen. 
Sein  Name  erklärt  es  vor  Allem,  dass  in  weiten  Kreisen  die  Welser-Züge 
Gefühle  anklingen  lassen,  wie  sonst  nur  die  unmenschlichsten  Greuelthaten, 
die  Klio    mit   blutigem   Griffel   in    der   Geschichte    verzeichnet  hat.     Der 


Bartolome  de  las  Casas. 


Träger  jenes  Namens  ist  ein  Mann,  welcher  in  bester  Kraft  den  ihm  vom 
Vater  überkommenen  Aussichten  und  einer  schon  acht  Jahre  betretenen 
Laufbahn  entsagte,  um  den  Rest  seines  Lebens  dem  Dienste  der  Kirche 
im  neuen  Indien  zu  widmen,  der  Erste,  der  jenseits  des  Ozeans  die  Priester- 
weihe empfing  und  mit  einseitigem  kirchlichen  Idealismus  und  skrupel- 
losem Kampf esmuth  die  Interessen  der  römischen  Kirche  verfocht, 
zuerst  als  Missionar  auf  Espanola  und  Cuba,  später  als  Mönch  und 
Prior  eines  zu  Puerto  de  Plata  auf  der  Nordküste  von  Espaiiola  belegenen 
Dominikaner-Klosters,  schliesslich  als  Bischof  von  Chiapa  in  Guatemala. 
Dieser  in  der  neuen  Welt  viel  bewanderte  Mann  hiess  Bartolome  de 
las  Casas*).  Er  betrachtete  das  in  Amerika  bisher  von  den  Europäern 
eingeschlagene  Verfahren  als  ein  durchaus  verfehltes  und  verdammte  es 
als  unchristlich,  unmenschlich,  unverständig;  er  verlangte  begeistert  durch- 
greifende Reform,  die  von  der  Abstellung  der  bisherigen  Bekriegungs-  und 
Knechtungsweise  der  Eingeborenen  ausgehen  müsse,  predigte  überhaupt 
vollständige  Aenderung  des  ganzen  seit  der  Entdeckung  Amerika's  be- 
stehenden Systems.  Aber  wenn  er  auch  als  Verfechter  der  Menschheits- 
lehre der  römischen  Kirche  dem  gesammten  überseeischen  Wesen  feind- 
lich entgegentrat,  so  wandte  er  doch  als  echter,  warm  national  fühlender 
Spanier  seinen  feurigen  Ingrimm  vor  allem  gegen  die  Deutschen,  welche 
es  wagten,  in  die  überseeische  Domäne  der  Spanier  einzudringen. 

Diesen  Gedanken  hatte  der  rührige  Dominikaner-Mönch  in  zahlreichen 
Schriften  verfochten.  Bereits  im  Kloster  hatte  er  1527  ein  tendenziöses 
Geschichtswerk  zur  Vertheidigung  der  Indianer  begonnen,  welches  den 
Grund  legte  zu  seiner  später  veröffentlichten  berühmten  allgemeinen  Ge- 
schichte Indiens;  er  hatte  dann  gerade,  als  die  zweite  von  den  Welsern 
nach  ihrem  Indien  gesandte  Expedition,  die  von  Georg  Hohermuth 
geführte,  das  Weltmeer  gekreuzt  hatte,  am  20.  Januar  1535  eine  grosse 
Denkschrift  abgeschickt,  in  welcher  er  für  die  Interessen  seines  Ordens 
lebhaft  eiferte,  Rathschläge  ertheilte,  wie  in  den  überseeischen  Ländern  die 
Regierung  in  die  Hände  der  geistlichen  Genossenschaften  zu  legen  sei,  und 
zugleich  die  W  e  1  s  e  r  zu  brandmarken  trachtete ;  schliesslich  fasste  er  Sep- 
tember bis  Dezember  1542  zu  Valencia  Alles  in  einer  gewaltigen  Anklage- 
schrift zusammen,  welche  er  als  einen  Bericht  über  die  „Vernichtung  des 
spanischen  Indiens"  Kaiser  Karl  V.  überreichte.  Ist  diese  für  die  Krone 
bestimmte  Arbeit  auch  selbst   nicht   erhalten,    so    wurde   sie   doch    ihrem 


*)  Die  nachfolgenden  Angaben  über  Las  Casas  sind  einem  von  meinem  Vater 
in  der  Litterarischen  Gesellschaft  in  Bremen  gehaltenen  Vortrag:  Las  Casas  und 
Ambros  Dalfinger,  entnommen. 


g  Einleitung. 

Inhalte  nach,  wenn  auch  nach  einer  starken  Veränderung,  der  sie  durch 
Las  Casas  selbst  auf  seiner  letzten  überseeischen  Reise  (1544 — 1547) 
unterzogen  ward,  1552  ohne  die  erforderliche  obrigkeitliche  Erlaubniss 
veröflFentlicht  und  in  dieser  Form  auch  uns  überliefert,  nachdem  bereits 
Varianten  vor  dem  Druck  1548  und  1550  weit  bekannt  geworden  waren. 
In  derselben  Zeit  vom  August  1552  bis  Januar  1553  wurden  auch  fast  alle 
anderen  Schriften  von  Las  Casas  dem  Drucke  übergeben. 

Zuerst  regten  diese  Veröffentlichungen  wenig  auf;  zumal  die  Augsburger 
Welser  beachteten  sie  gar  nicht,  da  der  Tod  des  jungen  Erben  des 
Hauses  sie  bereits  über  die  Aussichtslosigkeit  ihrer  Pläne  aufgeklärt  hatte. 
Auch  die  Aufregung,  welche  erst  nach  dem  1566  erfolgten  Tode  von  Las 
Casas,  als  die  Schrift  von  1542  schon  viele  Bearbeitungen,  meist  von 
Dominikanern,  wie  Bartolome  de  la  Pena  und  Alonso  de  Palo- 
mino, erfahren  hatte,  mehr  oder  minder  künstlich  ins  Werk  gesetzt  ward, 
rauschte  ohne  nachhaltige  Spuren  vorüber 5  sie  ging  aus  von  den  Feinden 
Spaniens,  welche  in  ihren  Uebersetzungen  und  Bearbeitungen  —  die  erste 
erschien  1578  zu  Antwerpen  in  französischer  Sprache  von  Jaques  de 
Migrodde  —  die  Anklagen  noch  verschlimmerten,  jedes  Ereigniss  noch 
greuelvoller  darstellten,  jede  Uebertreibung  noch  mehr  herausstrichen, 
trotz  ihrer  gegen  Spanien  gerichteten  Tendenz  aber  auch  den  auf  die 
Wels  er  bezüglichen  Abschnitt  mit  unterlaufen  Hessen  ohne  verschlim- 
mernde Zusätze  und  ohne  mildernde  Worte,  welche  beide  gleich  zwecklos 
erschienen.  Als  eine  zuverlässige  Geschichtsquelle  haben  das  Las 
Casas'  sehe  Büchlein  oder  eine  seiner  Bearbeitungen  denn  auch  die  Ge- 
schichtsschreiber des  siebzehnten  und  achtzehnten  Jahrhunderts  nicht  be- 
nutzt, weder  die  amtlichen  Indienchronisten,  wie  Antonio  de  Herrera 
und  Pedro  de  Pulgar,  noch  die  Privatmänner,  welche  die  Geschichte 
des  nördlichen  Südamerika's  schrieben,  weder  Pedro  Simon,  noch  Ro- 
driguez  Fresle,  selbst  nicht  Oviedo  y  Banos. 

Erst  in  unserem  Jahrhundert  hat  man  sich  darin  gefallen,  den  Ab- 
schnitt von  Las  Casas  über  die  Wel  s  er  als  vollgültige  Quelle  zu  betrachten, 
während  die  anderen  Theile  seiner  Schrift  als  Entstellungen  oder  Ueber- 
treibungen  oder  doch  als  Einseitigkeiten  unbeachtet  geblieben  sind. 

Da  diesem  erst  neuerdings  erlangten  Einfluss  des  spanischen  Domini- 
kaners noch  nicht  gebührend  entgegengetreten,  eine  Kritik  seiner  denk- 
würdigen Arbeit  überhaupt  noch  nicht  geschrieben  ist,  so  mag  hier  der 
passende  Ort  sein,  die  auf  die  Welser- Unternehmungen  bezüglichen 
Behauptungen  von  Las  Casas  einer  flüchtigen  Würdigung  zu  unter- 
ziehen.   Diese  Behauptungen  beschränken  sich  alle  auf  die  erste  deutsche 


Anschuldigungen  durch  Las  Casas. 


Expedition  unter  Ambros  Dalfinger  (1528—1534);  von  der  Hoher- 
muth'schen  Fahrt  (Mai  1535  bis  Mai  1538)  oder  von  Federmann's 
Zuge  nach  der  Hochebene  von  Bogota  (1536 — 1539)  oder  von  Hütten' s 
Expedition  (August  1541  bis  April  1546)  enthalten  sie  nichts;  sie  sind 
vorwiegend  allgemeiner  Natur,  vereinzelt  durch  besonders  grelle  Beispiele 
illustrirt. 

Bereits  1535  klagt  Las  Casas: 

„Jeden  Tag  kommen  neue  Bedränger,  ja  —  was  über  alle 
Vorstellungen  geht  —  es  haben  jetzt  200  bis  300  Leguas  Land  die 
Deutschen  erhalten,  weil  sie  einmal  dem  Könige  Summen  von 
300 — 400  000  Dukaten  oder  wie  gross  sie  sein  mögen,  geliehen 
haben ;  das  Land  ist  ihnen  zur  Pacht  gegeben,  besser  gesagt,  zur 
Plünderung.  Jetzt  schicken  diese  Deutschen,  nachdem  sie  alles 
erreichbare  Gold  an  sich  gerafft  haben,  indianisches  Volk  nach 
unserer  Insel,  morden,  um  der  Menschen  habhaft  zu  werden,  be- 
laden mit  der  Beute  ihre  Schiffe,  werfen  500  über  Bord,  um  100 
zum  Verkauf  zu  bringen.  Welch  Unheil  ist  seit  mehr  als  30  Jahren 
überall  durch  diese  Handlungsweise  angerichtet  worden!  Wehe 
denen,  die  dem  König,  unserem  Herrn,  zu  solchen  Schritten  riethen ; 
seht  doch  die  Eile,  welche  die  Deutschen  hatten,  als  ihnen  dies 
Land  gegeben  und  dies  Volk  überantwortet  wurde ;  werden  sie 
nicht  Alles  thun,  das  Land  auszusaugen,  das  Volk  auszurotten,  um 
Ersatz  für  das  zu  empfangen,  was  sie  früher  als  Darlehn  gaben, 
und  für  das,  was  sie  jetzt  als  Kosten  bezahlen?  In  den  vier 
Jahren,  die  angeblich  dies  Verhältniss  noch  dauern  soll,  können 
sie  sich  einen  Lohn  verdienen,  mit  dem  ganz  Deutschland  sich 
kaufen  Hesse." 

Einen  noch  ganz  anderen  Ton  schlägt  der  Dominikaner-Prior  in 
seiner  Schrift  von  1542  an,  sobald  er  auf  Venezuela  zu  sprechen  kommt, 
„das  grosse  Reich,  das  im  Jahre  1526  nach  allerlei  Täuschungen  und 
Ueberredungen  vom  Könige,  dem  immer  die  für  Seele  und  Seelenheil 
verderbliche  Lage  in  Indien  verheimlicht  worden,  durch  förmlichen  Ver- 
trag mit  aller  Regierung  und  Gerichtsbarkeit  an  Handelsleute  in  Deutsch- 
land gegeben  ist". 

„Diese  Handelsleute  —  so  schreibt  er  —  fanden  bei  ihrer 
Ankunft  die  Eingeborenen  zahm  wie  Schafe,  viel  zahmer  noch  als 
sie,  bevor  die  Spanier  sie  ruinirten,  in  anderen  Theilen  Indiens 
waren;  die  Deutschen  stürzten  sich  auf  die  Schwachen,  gleich 
Wölfen,  Tigern  und  Löwen,  unvergleichlich  grausamer,  wüthender 
vind  unverständiger  als  alle  übrigen  Tyrannen  gethan  haben.  Ohne 
Scheu  vor  Gott,  König  und  Menschen  kamen  sie  mit  stärkerer  und 
blinderer  Gier  nach  Silber  und  Gold,  mit  klüger  ersonnenen  Werk- 


10  Einleitung. 

zeugen  ftir  Raub  und  Beute,  als  irgend  Andere,  da  ihnen  Gerichts- 
barkeit und  Regierung  im  Lande  verliehen  war.  Eingefleischte 
Teufel,  haben  sie  geplündert,  zerstört  und  entvölkert  mehr  als 
400  Leguas  der  reichsten  Gebiete,  darunter  grosse,  hei-rliche  Pro- 
vinzen, Thäler  von  40  Leguas,  die  lieblichsten  Gegenden,  die 
grössten,  an  Volk  und  Gold  reichsten  Ortschaften ;  sie  haben  zahl- 
reiche, unter  einander  verschiedene  Völkerschaften  vollständig  aus- 
gerottet, ganze  Sprachen  dergestalt  vernichtet,  dass  sie  Niemand 
mehr  verstellt,  abgesehen  von  Einzelnen,  die  vor  ihren  Messern  in 
die  Höhlen  und  Klüfte  der  Erde  sich  geflüchtet  haben.  Sie  haben 
jene  unschuldigen  Geschlechter  gemordet,  haben  mit  neuen  un- 
erhörten Mitteln  der  Grausamkeit,  auch,  wie  ich  glaube,  mit  Mitteln 
des  Unglaubens,  vier  bis  fünf  Millionen  Seelen  zur  Hölle  geschaff't 
und  fahren  noch  heute  mit  dem  Teufelswerke  fort.  Sähe  man 
genau  nach,  so  würde  man  finden,  dass  diese  deutschen  Wütheriche 
die  Krone  um  mehr  als  drei  Millionen  Gold-Castellanos  beraubt 
haben;  denn  die  Lande  von  Venezuela,  und  was  sie  sonst  noch 
geplündert  und  entvölkert  haben,  bildeten  eine  sehr  reiche  Gegend, 
die  aussordentlich  viel  Gold  bot  und  die  beste  Bevölkerung  hatte, 
die  es  in  der  Welt  giebt.  An  Kronrente  haben  diese  Feinde  von 
Gott  und  Krone  in  den  16  Jahren  ihrer  Zerstörung  einen  Schaden 
von  zwei  Millionen  herbeigeführt.  Die  Verluste  können  bis  zum 
Ende  der  Welt  nicht  wieder  eingebracht  werden,  wenn  Gott  nicht 
durch  ein  Wunder  die  Tausende  von  hingemordeten  Seelen  wieder 
erweckt. " 

In  diesen,  wie  in  den  ähnlichen,  bei  Las  Casas  noch  vorkommenden 
Schilderungen  sind  echte  und  unechte  Tinten  gemischt  worden;  dadurch 
ist  der  ganze  Grundton  ein  falscher.  Zunächst  ist  Verschiedenes  that- 
sächlich  unrichtig.  Las  Casas  vermeinte  z.  B. ,  dass  die  Wels  er  für 
eine  etwa  1539  endende  Reihe  von  Jahren  ein  grosses  Stück  des  spa- 
nischen Indien  zur  Pacht  erhalten  hätten,  und  wurde  erregt,  wenn  er  an 
ein  so  erniedrigendes  Geschäft  mit  Land  und  Leuten  dachte:  allein  die 
königliche  Verleihung  war  keineswegs  eine  Verpachtung,  sondern  eine 
Belehnung  unter  ganz  denselben  Formen,  wie  sie  bei  spanischen  Entdeckungs- 
unternehmungen hergebracht  waren,  und  zwar  ohne  Zeitbegrenzung.  Karl  V. 
hatte  bei  dieser  Belehnung  nur  noch  einen  Schritt  weiter  in  der  Eröffnung 
seiner  neuen  Reiche  gemacht;  diese  waren  ursprünglich  bloss  den  Ange- 
hörigen von  Kastilien  und  Leon,  Isabell a's  Unterthanen,  zugängig  ge- 
wesen; König  Fernando  hatte  seine  Arragonier  dann  daran  theilnehmen 
lassen ;  die  Zwischenregierung  und  Regentschaft  dehnte  das  auf  sämmtliche 
Spanier  aus;  Karl  V.  öffnete  schliesslich  seine  Reiche  Allen,  die  seinem 
Scepter  gehorchten. 


Quellen  von  Las  Casas.  11 


Diese  eine  falsche  Angabe  von  Las  Casas,  welche  die  Welser- 
Unternehmungen  alsbald  in  schiefem  Lichte  erscheinen  lässt  und  den 
kampfesfrohen  Dominikaner-Prior  schon  zu  mancherlei  Angriffen  und  Be- 
fürchtungen veranlasst,  deutet  bereits  darauf  hin,  dass  Las  Casas  seine 
überhaupt  nicht  weitgehenden  Informationen  nicht  aus  den  sichersten 
Quellen  geschöpft  hat.  Diese  lässt  der  Autor  vielfach  völlig  im  Dunkel. 
So  ist  es  beispielsweise  gänzlich  unerfindlich,  worauf  die  von  naivster  Un- 
kenntniss  zeugenden  ziffermässigen  Angaben  über  den  Verlust  an  Menschen 
und  Kapital  oder  über  die  Beeinträchtigung  der  Kronrente  gegründet  sind. 
Einmal  ist  eine  solche  Quelle  von  Las  Casas  noch  deutlich  erkennbar. 
Das  Material  nämlich  zum  Erweis  der  Behauptung,  dass  die  Weiserischen 
schlimmer  gehaust  hätten,  als  alle  anderen  Machthaber,  läge  —  wie  Las 
Casas  sagt  —  dem  Indienrathe  vor,  dessen  Präsident  damals  der  Domini- 
kaner-General Garcia  deLoaysa,  der  Erzbischof  von  Sevilla,  war. 
Mit  diesem  Las  Casas  bekannten,  dem  Indienrathe  vorliegenden  Material 
hatte  es  aber  eine  besondere  Bewandtniss.  Als  in  C  o  r  o  im  November 
1533  bekannt  wurde,  dass  Ambros  Dalfinger,  welcher  von  1528  bis 
1533  die  Welser-Unternehmungen  geleitet  hatte,  von  den  Wilden  getödtet 
sei,  sandte  die  Kolonie  Wortführer  nach  Spanien,  welche  über  die  Deutschen 
sich  beschweren  sollten ;  Luis  Gonzales  de  Leiva  und  Alonso  de 
1  a  L 1  a  n  a.  Die  Haupttendenz  ihrer  Vorlage,  welche  auch  dem  Geschichts- 
schreiber Gonzalo  Fernandez  de  Oviedo  bekannt  war,  ging  dahin, 
dass  den  W eisern  verboten  werde,  je  wieder  einen  Nicht-Spanier  zu 
ihrem  Landeshauptmann  zu  ernennen.  Mit  ihr,  also  mit  einer  Klageschrift 
gegen  einen  Verstorbenen,  hing  das  Material  eng  zusammen,  welches  dem 
Indienrathe  vorlag,  welches  Las  Casas  benutzt  hat  und  welches  ihn  viel- 
leicht am  einschneidendsten  beeinflusst  hat. 

Waren  solche  Quellen,  aus  denen  geschöpft  ward,  schon  parteiisch 
gefärbt,  so  gebrach  es  Las  Casas  selbst  gar  sehr  an  jener  Objektivität 
des  Urtheils,  die  man  von  einem  Historiker  zu  verlangen  gewöhnt  ist. 
Zunächst  war  er  aus  rein  persönlichen  Gründen  nicht  ganz  unbefangen. 
Er  musste  es  mit  ansehen,  dass  fremde  Hände  gerade  das  Land  erhielten, 
an  dessen  Kolonisation  er  selber  hochfliegende  Pläne  geknüpft  hatte;  war 
es  doch  lange  Zeit  sein  eigener  Lieblingsgedanke  gewesen,  das  Welserland 
und  dessen  Nachbargebiete  in  einer  bisher  nie  dagewesenen  Art  zu  koloni- 
siren :  ein  Herzenswunsch,  dem  er  auch  1535  noch  trotz  aller  Enttäuschungen 
nachhing,  um  so  mehr,  als  er  vermeinte,  dass  von  jenem  Lande  grosse  Schätze 
nach  Deutschland  gegangen  seien,    während  in  Wirklichkeit  die  Wels  er 


12  Einleitung. 

weder  in  den  ersten  zehn  Jahren,  noch  später  Gewinn  aus  ihren  Unterneh- 
mungen gesehen  haben. 

Historische  Objektivität  fehlt  aber  vor  Allem  aus  dem  Grunde,  weil 
Las  Casas  nicht  darauf  bedacht  war,  die  von  ihm  dargestellte  Zeit  im 
Rahmen  ihrer  Voraussetzungen  und  Aufgaben  zu  verstehen  und  aus  ihr 
selbst  heraus  einen  Maassstab  fiir  die  Beurtheilung  zu  gewinnen,  vielmehr 
Forderungen  an  die  Verhältnisse  herantrug,  die  nie  und  nirgends  that- 
sächlich  Erfüllung  gefunden  haben.  Diese  Forderungen  mögen  Las 
Casas  vielfach  als  einen  seiner  Zeit  vorausschreitenden  Mann  von  warm- 
fühlendem Herzen  und  human  denkendem  Sinne  erscheinen  lassen ;  als 
Richtschnur  einer  praktischen  Politik  waren  sie  nicht  zu  verwerthen. 

Um  die  Gefahren,  Entbehrungen  und  Wagnisse  aufzusuchen,  die  eine 
Auswanderung  in  weite,  an  ungeahnten  Schrecknissen  reiche  Fernen  mit 
sich  bringt,  sind  für  einen  jeden  Menschen  Impulse  von  besonderer  Stärke 
nothwendig.  Den  Einzelnen  mag  ein  rein  ideales  Motiv  oder  unruhiger 
Ehrgeiz  oder  unstete  Abenteuerlust  in  die  Welt  hinaustreiben  5  religiöse 
Begeisterung  hat  auch  Manche  das  Land  der  Heiden  aufsuchen  lassen,  zu 
kühnen  Thaten  ermuthigt  und  zu  hohen  Entdeckungen  geführt.  Für 
weitere  Kreise  und  für  andauernde  Zeit  besitzt  aber  nur  ein  Motiv,  um 
das  allerdings  andere  sekundärer  Art  sich  vielfach  zu  krystallisiren 
pflegen,  eine  solche  Stärke :  der  Erwerbstrieb.  Die  Hoffnung  auf  Gewinn 
hat  von  jeher  muthig  in  die  Ferne  getrieben,  allen  Gefahren  und  Schreck- 
nissen entgegen.  Zinn  und  Bernstein,  waren  es,  die  schon  früh  die  Völker 
des  Mittelmeeres  zu  Seefahrten  nach  Norden  reizten;  Seide  und  Gewürze 
waren  die  Lockmittel,  welche  immer  wieder  und  auf  stets  neuen  Bahnen 
China,  Japan  und  Indien  aufsuchen  Hessen ;  die  Hauptanziehungskraft 
Amerika's  wurden  die  Edelmetalle.  So  kommt  es,  dass  Handels-  und 
Entdeckungsgeschichte  mehrfach  zusammenfallen,  und  dass  fast  überall  bei 
den  Völkern  niederer  Gesittung  als  der  erste  Kulturvermittler  der  Kauf- 
mann auftritt.  Historisch  verständlich  ist  es  trotzdem,  dass  der  Kaufmann 
in  früheren  Zeiten,  zumal  in  den  Perioden  des  Hauptaufschwungs  des 
Handels,  gar  viel  von  einem  wilden  Freibeuter  an  sich  hat,  dem  jedes  Ge- 
winn verheissende  Mittel  recht  ist.  Das  sehen  wir  früher  überall  und 
auch  heute  noch  vielfach,  wo  Handelsvölker  mit  Stämmen  ungleich 
niedrigerer  Kultur,  mit  sog.  Naturvölkern,  zusammentreffen-,  das  zeigt  uns 
die  Geschichte  Pisa's,  Genua's  und  Venedig's  sogar  innerhalb  des  Kultur- 
beckens des  Mittelländischen  Meeres;  das  tritt  vielleicht  am  schärfsten  hervor, 
wenn  wir  einen  Blick  auf  die  den  Welser- Unternehmungen  gleichzeitigen 
portugiesischen  Vorgänge  in  Ostindien  werfen. 


Falsche  Beurtheilnng  der  Weiserzüge.  13 

Dass  auch  die  Augsburger  Kaufmannsfirma  keinen  Idealen  nachging, 
dass  sie  in  ritterlicher  Konkurrenz  mit  den  Vornehmsten  der  Weltmacht 
Spanien  Schätze  erwerben  wollte,  durch  Güteraustausch  einschliesslich 
Sklavenhandel,  durch  Schiffsbau  und  Kolonisation,  durch  Plantagenbetrieb 
und  Bergbau,  und  zwar  unter  Knechtung  wilder  und  heidnischer  Menschen, 
das  steht  fest  und  ist  fast  selbstverständlich.  Auch  haben  sich  die  Deutschen 
in  Venezuela  keineswegs  aller  Gewaltthaten  und  Grausamkeiten  gegen  die 
Eingeborenen  enthalten.  Dass  sie  aber  ihre  Aufgabe  so  einseitig  und 
niedrig  aufgefasst  haben,  wie  jene  Mönchsschriften  annehmen,  dass  ihre 
Thaten  auch  nur  einigermassen  denen  der  Portugiesen  in  Ostindien  zur 
Seite  gestellt  werden  könnten,  das  ist  nicht  erwiesen. 

Die  Vertheidigung  der  eigenen  Existenz,  die  Verfolgung  grosser  und 
berechtigter  Entdeckerziele  nöthigt  vielfach  zu  rücksichtslosem  Vorgehen, 
das  später  dem  im  stillen ,  sichern  Winkel  sitzenden  Geschichtsschreiber, 
welcher  die  dasselbe  veranlassenden  Gefahren  nicht  kennt,  gar  grausam 
und  unmenschlich  erscheint.  Auch  LasCasas  hat  solche  Gefahren  sehr 
unterschätzt.  Fast  alle  seine  Anklagen  gehen  von  der  Annahme  aus,  dass 
die  Eingeborenen  von  Natur  lammfromm  gewesen  seien.  An  diese  Be- 
hauptung konnte  Las  Casas  nur  glauben,  weil  er  trotz  seiner  Reisen 
ungebändigte,  kriegerische  Wildenstämme  niemals  gesehen  hat,  namentlich 
keine,  die  Menschen  fressen  und  Pfeilgift  gebrauchen.  Mit  solchen  hatten 
aber  die  Weiserischen  es  sehr  vielfach  zu  thun.  Hinzu  kommt,  dass  es 
in  damaliger  Zeit  als  eine  Christenpflicht  galt,  deren  Bethätigung  Ruhm 
vor  Gott  und  Menschen  eintrug,  Mauren  und  Türken  zu  vernichten;  ent- 
sprach es  nicht  den  intoleranten  Anschauungen  der  damaligen  kämpfenden 
Kirche  und  dem  gewaltthätigen  Charakter  der  ganzen  ersten  Hälfte  des 
sechzehnten  Jahrhunderts,  auch  die  Indianer,  gleich  den  Mauren  und 
Türken,  als  greuliche  Heiden,  als  im  Kampf  begriffene  Christenfeinde  zu 
betrachten  ? 

Aehnliches  gilt  hinsichtlich  des  von  Las  Casas  ausgesprochenen 
Vorwurfs  des  Sklavenhandels.  Die  Anklage,  dass  die  Welser  den  Indianer- 
handel besonders  grausam  betrieben  hätten,  kann  zwar  vor  dem  unpar- 
teiischen Forum  der  Geschichte  nicht  bestehen  und  fällt  sogar  bei  Las 
Casas  selbst  insofern  ziemlich  in  sich  zusammen,  als  sie  von  dreissig- 
jährigem  Unheil  ausgeht,  also  Dinge  bespricht,  die  wenigstens  zum  Theil 
vor  der  Weiserischen  Zeit  sich  ereignet  haben.  Aber  auch  die  feststehende 
blosse  Thatsache  des  Sklavenhandels  lässt  unser  modernes  Empfinden  bereit- 
willigst einstimmen  in  das  verdammende  Urtheil  des  Dominikaner-Mönches, 
da  hier  jeder  Kampf,  jede  Gefahr  zur  Entschuldigung  fehlt.     Doch  muss 


14  Einleitung. 

der  Historiker  auch  hier  auf  der  Hut  sein,  nicht  ungerecht  zu  werden. 
Denn  der  Vorwurf  des  Sklavenhandels  triflFt  eine  allgemeine,  sowohl  in 
Europa,  wie  in  Amerika  bestehende  Einrichtung  jener  Zeit,  eine  Unsitte, 
welche  in  den  ersten  Jahrzehnten  seit  der  Entdeckung  Amerika's  vielleicht 
kaum  zu  umgehen  war.  Wer  sie  in  damaliger  Zeit  bekämpfte,  verdient 
zweifelsohne  unsere  Hochachtung;  wer  sie  in  jener  Zeit  mitmacht,  braucht 
nicht  schon  darum  verurtheilt  zu  werden.  Las  Casas  ist  aber  selbst 
80  sehr  von  den  Anschauungen  seiner  Zeit  beherrscht,  dass  er  gar  nicht 
die  Sklaverei  als  solche  bekämpft,  sondern  nur  die  Indianer-Knechtung; 
ja  denselben  Mann,  der  dem  Sklavenhandel  mit  den  Eingeborenen  Ame- 
rika's so  nachdrücklich  entgegentritt,  sehen  wir  den  üppigen  Negerhandel 
nach  der  neuen  Welt  billigen,  befürworten,  geradezu  mitbegründen. 

In  diesem  Einzelfall,  wie  im  Allgemeinen,  muss  man  sagen,  dass,  wer 
sich  in  die  Verhältnisse  und  Anschauungen  hineinlebt,  welche  die  Conquista- 
Zeit  beherrschten,  die  Anschuldigungen  der  Las  Casas'schen  Schriften  ver- 
stehen und  doch  die  Weiserischen  Unternehmungen  nicht  verurtheilen 
wird,  weil  sie  die  Färbung  jener  Zeit  an  sich  tragen  und  nicht  als  ganz 
besonders  ideale  Handlungen  erscheinen.  Das  gilt  auch  von  den  von 
Las  Casas  in  seine  Betrachtungen  eingewirkten  einzelnen  Beispielen, 
auf  welche  hier  nicht  eingegangen  werden  soll  j  da  sie  durch  die  nach- 
stehende Abhandlung  selbst  am  besten  widerlegt  werden.  Falsch  ist  jeden- 
falls die  durch  Las  Casas  und  seine  Nachfolger  veranlasste  Ansicht,  dass 
die  ganze  Conquista  als  eine  nur  von  niedrigen  Trieben  beherrschte 
Sphäre  der  Menschengeschichte  aufgefasst  wird,  und  dass  die  Welser- 
Episode  diesen  abstossenden,  verruchten  Charakter  in  ganz  besonders  hervor- 
stechendem Grade  getragen  hat. 

Wie  der  Unkenntniss,  so  würde  auch  der  durch  Las  Casas  ange- 
bahnten Verkennung  der  deutschen  Unternehmungen  am  wirksamsten  ent- 
gegengearbeitet werden  durch  eine  ausführliche  unparteiische  Darstellung 
des  thatsächlichen  Hergangs  derselben.  Dass  ein  solcher  Versuch  wirklich 
gemacht  werden  kann,  ist  in  erster  Linie  einem  eigenartigen  Dichtwerke 
zu  danken,  das  aus  der  Zeit  des  Las  Casas  auf  uns  gekommen  ist. 

Während  der  feingebildete  Italiener  in  manchen  Gesängen,  die 
Guicciardini's  junge  reimkundige  Freunde  angestimmt  haben,  Sinn  und 
sogar  Liebe  ftlr  das  oft  so  barbarisch  erscheinende  transalpinische  Leben 
bekundet  hat,  stand  ihm  der  starre  Spanier,  gleich  seinem  Könige  Karl  V., 
verständnisslos  gegenüber,  in  Deutschland  nur  das  Land  trotziger  und 
ketzerischer  Eigenart,    dem    kein   richtiger  Kastilianer  Anerkennung   oder 


Amerikanische  Heldengedichte.  15 

gar  Hochachtung  zollen  konnte,  erblickend.  Und  doch  die  ungleichen 
Elemente  haben  sich  zu  denkwürdiger  Begrüssung  in  der  neuen  Welt 
getroffen :  kastilianische  Verse  haben  sich  mit  den  Deutschen  in  Amerika 
befasst,  und  die  Augsburger  Welser,  in  Deutschland  verschrieen  als  Volks- 
schinder und  Grosswucherer,  werden  als  kühne  Abenteurer  in  spanischen 
Heldengedichten  gefeiert.  Was  die  eigene  Heimath  lange  Zeit  fast  ganz 
vergessen  hat,  jenseits  des  Ozeans  ist  es  mit  Pietät  verzeichnet. 

Im  Lande  der  Cid-Dichtungen  hatte  sich,  als  der  Gedanke  an  Welt- 
herrschaft entstand  und  das  Nationalgefühl  seine  höchsten  Gipfel  erreichte, 
mit  der  Fürliebe  für  tönende  Sprache  und  mit  der  Gewöhnung  an  alle- 
gorische Ausdrucksweise  eine  Scheinpoesie  eigener  Art,  halb  Chronik,  halb 
Phrase,  entwickelt.  In  der  zweiten  Hälfte  des  sechzehnten  Jahrhunderts 
sehen  wir  diese  Mode  des  Versemachens  auch  nach  dem  spanischen  Ame- 
rika verpflanzt,  und  bald  erscheint  dort  eine  Reihe  von  Heldendichtungen, 
die  in  vornehmen,  kürzlich  erst  aus  Italien  entliehenen  achtreimigen  Stanzen 
Ereignisse  der  überseeischen  Länder,  meist  eigene  Erlebnisse  der  Verfasser, 
in  rhetorischer  Weise  darstellen.  Da  war  bereits  früh  eine  Versifikation 
der  ersten  Peruanischen  Eroberung  von  1524 — 1533  bekannt  geworden, 
betitelt  La  Conquista  de  la  Nueva  Castilla,  verfasst  von  einem  gewöhnlichen 
Landsknecht,  Franz isko  de  Jerez:  eine  unpoetische  Verwässerung  und 
Verdrehung  eines  ursprünglich  einfach  gehaltenen  Chronikenberichtes.  Von 
diesem,  wie  von  anderen  ähnlichen  Poetereien  unterschied  sich  in  vortheil- 
haftester  Weise  die  berühmte  Araucana  von  Alonzo  de  Ercilla  y  Zuniga, 
welche  Land  und  Volk  der  Araucaner,  Flüsse  und  Ortschaften,  Häuptlinge 
und  Gottheiten,  ausserdem  die  Kämpfe,  welche  die  Europäer  mit  diesen 
reckenhaften  Eingeborenen  geführt  hatten,  darstellte  und  welche  bei  ihrem 
Erscheinen  1569  verdientes  Aufsehen  erregte.  In  der  neuen  Welt  fand 
diese  Dichtung  noch  mehr  Bewunderer,  als  in  der  alten,  und  aus  den 
Bewunderern  wurden  Einzelne  zu  Nachahmern.  Während  Ercilla  nämlich 
in  Spanien  die  letzten  Gesänge  für  seine  Araucana  verfasste,  schrieb  Pedro 
de  Ona  in  Lima  im  Arauco  Domado  eine  andere  Fortsetzung,  welche  er 
1596  drucken  liess,  und  Santisteban  Osorio  1597  in  Salamanca  eine 
Nueva  Araucana.  Auch  als  eine  Nachahmung  von  Ercilla  stellt  sich  eine 
Dichtung  auf  Fernando  Cortes  dar,  welche  ein  Madrider  Edelmann 
Gabriel  Lasso  de  la  Vega  unter  dem  Titel  Cortes  valeroso 
1589  herausgab;  dann  gehört  hierher  Antonio  de  Saavedra  Guzman, 
dessen  Peregrino  Indiano  ebenfalls  die  Mexikanischen  Eroberungen  ver- 
herrlichte. Endlich  ist  noch  eine  Argentina  von  Centenera  und  eine 
kürzere  von  Martin  el  Barco  zu  nennen. 


16  Einleitung. 

Diesen  ansehnlichen  Kreis  schliesst  für  die  nördlichen  Lcänder  Süd- 
Amerika's  Juan  de  Castellanos,  früher  Indianergänger  und  Hinter- 
wäldler, später  Stadtpfarrer  und  Domherr  in  Cartagena  und  Tunja.  Seine 
vier  Bücher  „Elegias  de  varones  ilustres  de  Indias",  welche  etwa  1590 
beendet  sind,  zeichnen  sich  weniger  durch  dichterischen  Schwung,  als  durch 
den  Reichthum  ihres  Inhalts  und  die  sorgsame,  fast  pedantische  Gewissen- 
haftigkeit der  Berichterstattung  aus.  In  diesem  umfangreichen  Werke 
sind  nun  auch  die  grossen  Unternehmungen  der  Welser  in  drei,  aus  zu- 
sammen neun  Gesängen  bestehenden  Elegien  besungen  worden.  Statt  des 
begeisterten,  die  schwungvollen  Prosaschriften  des  Dominikaner-Mönches 
durchathmenden  kirchlichen  Idealismus,  von  dessen  hellem  Hintergrunde 
die  rauhe  Wirklichkeit  sich  schwarz  wie  Teufelswerk  abhebt,  spricht  aus 
den  eintönigen  Stanzen  des  Castellanos  ein  eifrig  gepflegtes  Verständniss 
des  beschaulichen  Historikers,  der  jedes  Ereigniss  im  Rahmen  der  Zeit 
beurtheilt,  die  ruhige  Bedachtsamkeit  des  Sammlers,  dem  es  in  erster 
Linie  darauf  ankommt,  ein  vollständiges  und  zuverlässiges  Thatsachen- 
material  zusammenzubringen,  die  liebevolle  Ausführlichkeit  des  alten,  aus 
dem  thätigen  Leben  zurückgetretenen  Mannes,  der  in  seinen  Erinnerungen 
den  kleinsten  Einzelheiten  mit  gleicher  Sorgfalt  ihren  Platz  einräumt,  wie 
grossen  welterschütternden  Ereignissen.  So  kommt  es  denn  auch,  dass 
der  Tunjaer  Domherr  zwar  das  höchst  ehrenwerthe,  edelsinnige  Wesen 
des  begeisterten  Dominikaners  würdigt,  hochverehrt,  dessen  Geschichts- 
werke aber  als  historisch  ziemlich  werthlose  Tendenzgeschichten  erkannt 
hat.  Auch  Castellanos  gönnt  zwar  die  neue  Welt  ausschliesslich  den 
Spaniern;  er  sieht  aber  nicht  in  den  Deutschen,  wie  Las  Casas,  nur  ver- 
ruchte feindliche  Eindringlinge,  die  mit  allen  Mitteln  zu  bekämpfen  ein 
nationales  Verdienst  ist;  er  kann  sich  vielmehr  der  Sympathien  mit  den 
deutschen  Führern  nicht  völlig  entschlagen.  Für  den  Historiker  besteht 
aber  der  bedeutendste  Unterschied  darin,  dass,  während  Las  Casas  seine 
Schriften  meist  in  Europa  verfasste  und,  wie  gesagt,  seine  Quellen  vielfach 
im  Dunkel  lässt,  Castellanos  fast  überall  seine  Gewährsmänner  namhaft 
macht  und  auch  aus  dem  Grunde  in  seinen  Erzählungen  und  Charak- 
teristiken, wie  beim  Tadel  so  beim  Lobe,  sich  sorgsam  an  die  Wahrheit 
halten  musste,  weil  er  in  Tunja  als  Leser  seines  Manuskriptes  und  als 
Hörer  seiner  Verse  immer  Männer  um  sich  hatte,  welche  die  von  ihm 
geschilderten  Personen  und  berichteten  ThatSachen  vielfach  aus  eigener 
Erfahrung,  fast  immer  aus  dem  Munde  zuverlässiger  Augenzeugen  kannten. 
Das  erklärt  es,  dass  Castellanos  weniger  das  Interesse  von  Litterar- 
historikern,  als  das  der  Geschichtsforscher  auf  sich  zu  lenken  vermag,  dass 


Juan  de  Castellanos.  17 


seine  Heldengedichte  eine  ästhetische  Kritik  nicht  wohl  vertragen,  aber 
einen  hohen  historischen  Werth  besitzen.  Aber  ebenso  wie  die  litterarische 
ist  auch  die  historische  Würdigung  bisher  ausgeblieben.  Neuerdings  ist 
nun  das  über  90  000  Verse  enthaltende  Werk,  dessen  Druck  bereits  1590 
geplant  war,  soweit  es  im  Zusammenhange  erhalten  ist,  durch  Vermittelung 
von  Buenaventura  Carlos  Ariban,  getreu  nach  einem  Manuskripte  der 
Madrider  Geschichts- Akademie,  in  einer  stattlichen  Sammlung  werthvoller 
Littcraturschätze,  in  der  Biblioteca  de  autores  Espaiioles  desde  la  forma- 
cion  del  lenguaje  hasta  nuestros  dias,  als  vierter  Band  (Madrid  1852)  ver- 
öffentlicht worden.  Aber  auch  jetzt  haben  die  Elegien  und  Eulogien  des 
Castellanos  nicht,  wie  die  gleichzeitige  und  gleichartige  Araucana,  welche 
früh  zu  hoher  Anerkennung  durchgedrungen  und  sogar  noch  1813  ins 
Deutsche  übertragen  ist,  in  der  Litteratur,  auch  nur  in  der  spanischen, 
Beachtung  gefanden;  auch  jetzt  blieben  sie  fast  ganz  unbekannt  und  von 
Geschichtsschreibern  unbenutzt.  Diesen  Schatz,  soweit  er  historisch,  nicht 
ästhetisch  Interesse  hat,  zu  heben  und  insbesondere  für  die  Geschichte  der 
Welser-Unternehmungen  in  Venezuela  nutzbar  zu  machen,  hat  mein  ver- 
storbener Vater  den  Versuch  gemacht.  *) 

Als  mein  Vater  (geboren  15.  December  1839  zu  Bremen,  gestorben 
22.  Juni  1890  ebenda)  in  den  Jahren  1872 — 1874  in  Bogota  als  erster 
Ministerresident  des  Deutschen  Reiches  weilte,  gewahrte  er  im  Treppen- 
aufgange zum  Munizipal-Gebäude  der  Columbischen  Hauptstadt  unter  den 
auf  grosser  Tafel  dort  eingezeichneten  Namen  der  drei  Stadtbegründer 
auch  den  eines  Deutschen:  Nikolaus  Feder  mann  aus  Ulm.  Diese 
Inschrift  weckte  eine  dunkle  Erinnerung  an  die  einst  vernommene, 
fast  verschollene  Kunde  vom  „deutschen  Indien",  und  schnell  war  der 
Entschluss  gefasst,  der  zufällig  gebotenen  Spur  inmitten  der  Kordilleren 
zu  folgen.  Bald  erkannte  mein  Vater  in  der  Darstellung  der  Thaten 
Federmann 's,  seiner  Vorgänger,  Genossen  und  Nachfolger,  wie  sie  in  so 
manchen  neueren  Geschichtsbüchern  und  namentlich  in  den  spanisch  ge- 
schriebenen sich  findet,  eine  jener  Verunglimpfungen  des  deutschen  Namens, 
die  das  Ausland  so  oft  sich  erlaubt  hat  und  die  gebührlich  zurück- 
zuweisen in  Deutschland  bisher  unterlassen  ist;  er  suchte  durch  Prüfung 
der  echten  Quellen,  die  zum  Theil  in  Europa,  zum  Theil  in  Amerika 
bisher  unbekannt  geblieben  waren,  den  wirklichen  Sachverhalt  festzustellen. 


*)  Die  im  Jahre  1889  von  Marcos  Jimenez  de  la  Espada  in  Madrid  her- 
ausgegebene kleine  Sclirift:  Juan  de  Castellanos  y  su  historia  de  nuevo  reino  de 
Granada,  ist  meinem  Vater  nicht  mehr  bekannt  geworden. 

Festschrift  der  Hamturgi^jchon  Amerika-Feier  11.  2 


18  Einleitung. 

ohne  dabei  aber  an  Ehrenrettungen  oder  dergleichen  zu  denken.  Da  aber 
die  Forschung  mit  zunehmender  Intensität  immer  mehr  auf  die  ganze  weit 
zersplitterte  Litteratur  über  das  Zeitalter  der  Entdeckungen,  soweit  diese 
wenigstens  auf  Südamerika  Bezug  hat,  sich  ausdehnte,  so  wuchs  auch 
der  Plan  meines  Vaters  sich  bald  aus  zu  dem  weit  ausschauenden  Projekt 
einer  Entdeckungsgeschichte  von  ganz  Südamerika.  Und  dieses  weite 
Gebiet  wurde  alsbald  im  ganzen  Umfange  zugleich  in  Arbeit  genommen, 
weil  bei  der  Forschung  die  verschiedenen  Fäden  sich  stets  und  überall 
durchkreuzten.  Da  es  an  den  nothwendigsten  Bausteinen  zu  einer  solchen 
Arbeit  fehlte,  so  wurden  zunächst  die  vielfach  als  Quellen  zu  betrachtenden, 
im  sechzehnten  Jahrhundert  entstandenen,  grossen  spanischen  Geschichts- 
werke einer  genauen  Kritik  und  eingehenden  Darstellung  unterzogen.  So 
wuchsen  in  erster  Linie  Werke  über  Castellanos,  Oviedo  und  Las 
Casas  heran.  Neben  diesen  Arbeiten  wurde  der  Grund  zugleich  zu 
mehreren  anderen  gelegt,  welche  einzelne  Hauptpersonen  und  Haupt- 
abschnitte aus  der  südamerikanischen  Entdeckungsgeschichte,  zunächst 
ebenfalls  in  monographischer  Form,  behandeln  sollten;  zu  diesen  gehörte 
auch  ein  Werk  über  die  Welser-Unternehmungen  in  Venezuela. 

Da  gleichzeitig  in  so  breiter  Frontlinie  vorgeschritten  wurde,  ging 
es  nur  langsam  voran.  Das  Tempo  wurde  noch  herabgemindert,  als  in 
den  Jahren  1875 — 1883  die  umfangreiche  Amtslast  des  New -Yorker 
General- Konsulats  auf  den  Schultern  meines  Vaters  ruhte.  Dass  auch  in 
dem  seiner  National-Bibliothek  verlustig  gegangenen  Lima,  wo  mein  Vater 
in  den  folgenden  Jahren  das  Deutsche  Reich  zu  vertreten  hatte,  das  Be- 
gonnene unter  ungünstigen  Verhältnissen  weitergefülirt  werden  konnte, 
war  insbesondere  den  Herren  Dr.  Wilhelm  Reiss  und  Charles  P.  Daily  zu 
danken,  welche  meinem  Vater  aus  ihren  reichen  Bibliotheken  einige  ein- 
schlägige Quellenwerke  mitgaben.  Zur  Heimath  zurückgekehrt,  empfingen 
die  Arbeiten  Anfangs  frische  Anregung  durch  die  Nachlese  in  zeit- 
genössischen Schriften  und  Urkunden;  doch  unter  dem  Einfluss  einer 
langwierigen  Krankheit  erlahmten  Muth  und  Kraft,  bis  ein  frühzeitiger 
Tod  meinen  Vater  in  dem  besten  Mannesalter  aus  allen  Arbeiten  und 
Plänen  herausriss. 

Den  hinterlassenen  Arbeiten  gehören  auch  die  in  den  folgenden 
Blättern  der  Oeffentlichkeit  übcrgebenen  Abhandlungen  an.  Es  sind  die 
beiden  Arbeiten,  welche  vorzugsweise  auf  jen&  eigenartige  deutsche  Episode 
in  der  P^ntdeckungsgeschichte  Amerika's  Bezug  haben:  die  Welser- Arbeit 
und  die  Castellanos-Arbeit.  Jene  bezweckt,  das  historische  Verständniss 
für  die  Weiser-Unternehmungen  zu  wecken;    sie   ist  zum  ersten  Male  auf 


Ursprünglicher  Plan  der  Abliandhing.  19 

die  Geschichtsquellen  zurückgegangen,  hat  dieselben  von  den  verschiedensteYi 
Stellen  zusammengetragen,  so  dass  keine  grossen  Lücken  mehr  geblieben 
sind,  und  sie  durch  kritische  Untersuchung  für  unser  Erkennen  erworben. 
Das  Ergebniss  sollte  in  einem  verständlichen  Zusammenhang,  wie  ein 
fertiges  Bild  vorgeführt  werden,  während  in  einem  Anhang  eine  kritische 
Würdigung  der  hauptsächlichen  Quellenwerke  und  in  etwa  zweihundert 
ausführlichen  Anmerkungen  die  kritische  Detailarbeit  dargeboten  werden 
sollte.  Die  Unfertigkeit  der  Arbeit  hat  es  nicht  ermöglicht,  diesen  weiten 
Rahmen  innezuhalten.  In  den  folgenden  Blättern  wird  von  der  Welser- 
Arbeit  nicht  viel  mehr  als  der  Text  dargeboten,  wie  er  zum  Theil  bereits 
im  Zusammenhang  vorlag,  zum  Theil  auf  Grund  des  handscliriftlichen 
Materials  und  im  engsten,  auch  sprachlichen  Anschluss  an  dasselbe  sich 
mit  einiger  Sorgfalt  ziemlich  leicht  und  sicher  aufbauen  Hess. 

Der  Text  soll  in  erster  Linie  eine  fortlaufende  Darstellung  der 
geschichtlichen  Vorgänge  darbieten.  In  diese  Darstellung  sind  auch  die 
kleinen  und  kleinsten  Züge  aufgenommen,  sobald  sie  der  historischen 
Kritik  Stand  halten,  einmal  um  darzuthun,  wie  sehr  ins  Einzelne  unsere 
Kenntniss  jener  bisher  völlig  im  Dunkel  liegenden  Expeditionen  geht,  und 
andrerseits,  um  gerade  durch  diese  Detailmalerei  allen  Entstellungen  in  der 
Las  Casas'schen  Art  den  Untergrund  zu  entziehen.  Zugleich  soll  der 
Text  aber  auch  feststellen,  in  welchen  Gegenden  die  Weiserischen  ihre 
Versuche  machten  und  mit  welchen  Menschen  sie  zu  verkehren  hatten. 

So  verzögern  die  Geschichtserzählung  vielfach  breit  verweilende 
Schilderungen  aus  dem  Gebiete  der  Geographie  und  Ethnologie.  Da  es 
bis  jetzt  sehr  wenig  eingehende  Werke  für  Zeit  und  Oertlichkeit  dieser 
Abhandlung  gab,  so  galt  es  auch  hier  wieder  oft,  sämmtliche  Bau- 
steine selbst  zu  schaffen.  In  Bezug  auf  die  Erdbeschreibung  hatte  mein 
Vater  selbst  früher  den  Beginn  der  betreffenden  neueren  geographischen 
Leistungen  in  seinen  „Südamerikanischen  Studien"  in  der  Person  von 
Agostino  Codazzi  geschildert;  den  tüchtigen,  leider  oft  so  mangelhaft 
veröffentlichten  Arbeiten  dieses  Mannes  schliessen  sich  neuerdings  die 
sachkundigen  Untersuchungen  von  W.  Sievers  an.  Doch  die  moderne 
Geographie,  zumal  die  der  ungeheuren  Quellgebiete  der  Orinoco-  und 
Amazonas- Ströme,  kann  meistens  schwerlich  das  Verständniss  für  die 
Welser-Züge  erleichtern,  da  jene  Regionen  seit  dem  Entfliehen  ihrer  Ein- 
wohner vollständig  verändert  sind,  wie  Gebirgsgerölle  und  Flussläufe 
zeigen,  selbst  in  der  Erdoberfläche,  besonders  aber  in  Allem,  was  auf  dieser 
erkennbar  ist,  in  Gräsern  und  Wäldern. 

In  diesem  ungewissen  Rahmen    nun    die   unzähligen  Indianer-Völker 

2* 


20  Einleitung. 

und  Völkchen  in  sicheren  Grenzen  einzuzeichnen,  ist  eine  oft  geradezu 
unlösbare  Aufgabe.  Ura  aber  das  bisherige  Dunkel  wenigstens  etwas  zu 
lichten  und  um  vor  Allem  einen  Ueberblick  über  das  aus  dieser  frühesten 
Zeit  vorhandene  geographische  und  ethnologische  Material  zu  geben,  sind 
in  den  Text  grundsätzlich  alle  auf  Volk  und  Land  in  jener  Zeit  bezüg- 
lichen verlässlichen  Angaben  aufgenommen. 

Was  nun  Anhang  und  Anmerkungen  anlangt,  so  war  hier  eine  auch 
nur  äusserliche  Vollendung  nicht  so  leicht  möglich,  wie  bei  dem  Text. 
Das  Material  für  beide  ist  der  geschilderten  Arbeitsart  meines  Vaters  ent- 
sprechend in  den  verschiedensten  der  gleichzeitig  fortgeführten  Mono- 
graphien versprengt,  für  meinen  Vater  zweifelsohne  leicht  vereinbar,  für 
einen  nicht  mit  den  Arbeiten  verwachsenen  Herausgeber  oft  unauffindbar; 
aber  auch  in  den  Fällen,  wo  bereits  bei  dem  Welser-Manuskript  alles 
Material  zusammengeschichtet  war,  ist  es  vielfach  so  knapp  und  andeutungs- 
weise gehalten,  dass  es  einem  fremden  Bearbeiter  fast  unmöglich  wird,  den 
die  einzelnen  Zettel  verbindenden  rothen  Faden  aufzufinden.  Das  gilt  begreif- 
licher Weise  leider  am  meisten  von  den  wichtigsten  Anmerkungen,  wie 
von  denen  über  die  Belehnung  der  Welser,  über  die  einzelnen  deutschen 
Führer  und  deren  einzelne  Entdeckungszüge.  Da  aber  der  Herausgeber 
von  dem  Hauptgrundsatz  ausgegangen  ist,  nichts  in  die  nachfolgende  Ab- 
handlung aufzunehmen,  was  nicht  aus  dem  vorgefundenen  Manuskripte 
sich  belegen  und  mit  einiger  Sicherheit  als  Ansicht  meines  Vaters  sich 
erkennen  Hess,  so  hat  von  Anhang  wie  Anmerkungen  nicht  viel  in  die 
nachstehende  Publikation  Aufnahme  gefunden:  der  Anhang  ist  in  die 
trockene,  unter  der  Ueberschrift  Litteratur-Uebersicht  zum  Schluss  dar- 
gebotene Aufzählung  der  benutzten  Hauptwerke  zusammengeschrumpft; 
von  den  Anmerkungen  finden  nur  wenige  und  meist  aus  mehreren  zusammen- 
gezogene sich  vor. 

Ist  somit  die  Arbeit  in  der  vorliegenden  Form  noch  keineswegs  als 
eine  abschliessende  zu  betrachten,  und  hätte  mein  Vater  auch  selbst  den 
Text  nicht  in  der  vorliegenden  Gestalt  dem  Druck  übergeben,  da  er  ins- 
besondere eine  gründliche  Durchsuchung  der  Madrider  Archive  noch  vorher 
vorzunehmen  plante  und  auch  den  rechtlichen  Abschluss  der  ganzen  Unter- 
nehmung erforschen  wollte :  trotz  alledem  möchte  die  nachfolgende  Publikation 
bei  dem  umfangreichen  neuen  Material,  welches  sie  heranzieht,  zu  der 
gegenwärtigen  Feier  nicht  als  eine  unnütze  und  unzeitgemässe  erscheinen. 

Die  etwaigen  Mängel  und  Irrthüraer,  welche  der  Leser  vielleicht  in 
den  nachfolgenden  Blättern  zu  entdecken  glaubt,  bitte  ich  nicht  meinem 
Vater,    sondern    nur    mir    zur    Last   zu    legen.     Jeder,    welcher    mit    der 


Die  Gas tellanos- Abhandlung.  21 

Arbeitsweise  meines  Vaters  vertraut  war,  weiss,  welcher  sorgsamen  Kontrolle 
und  allseitigen  Ueberarbeitung  er  selbst  ein  schon  fertiges  Buch  zu  unter- 
ziehen pflegte,  ehe  er  es  dem  Drucke  anvertraute.  Diese  Durcharbeitung 
hat  der  bis  vor  Kurzem  dem  ganzen  Gebiete  noch  fast  fremd  gegenüber- 
stehende Herausgeber  trotz  allen  Eifers  nur  sehr  unvollkommen  zu  ersetzen 
vermocht. 

Der  Welser- Arbeit  ist  die  Abhandlung  meines  Vaters  über  Juan 
de  Castellanos  angefügt,  da  das  Werk  dieses  Abenteurer-Dichters  in 
den  dargelegten  nahen  Beziehungen  zu  den  Welser-Unternehmungen  steht 
und  in  scharfem  Gegensatz  zu  allen  bisherigen  Publikationen  über  die 
deutschen  Kolonisations-Versuche  in  Venezuela  als  gewichtigste  Quelle  von 
meinem  Vater  benutzt  worden  ist.  Da  Castellanos  der  einzige  spanische 
Dichter  ist,  welcher  deutsche  Thaten  verherrlicht,  welcher  die  Welser- 
Unternehmungen  in  Venezuela  mit  eifrigem  Interesse  verfolgt  und  in 
ruhiger  Würdigung  niedergeschrieben  hat,  so  wird  wohl  Niemand  es  für  un- 
berechtigt halten,  dass  in  die  vorliegende  Festschrift  über  diesen  eigenartigen 
Mann  eine  Monographie  aufgenommen  ist,  welche  seine  Dichtungen  nicht  nur 
als  Quellenwerk  für  die  Welser- Arbeit  behandelt,  sondern,  den  gesammten 
historischen  Kern  aus  der  poetischen  Form  herausschälend,  den  Werth  des 
Inhalts  dieses  Werkes  überhaupt  bestimmen  will.  Dies  bezweckt  die  Arbeit 
besonders  dadurch,  dass  sie  die  Entstehung  der  einzelnen  Theile  durch  die 
Eigenthümlichkeiten  und  Erlebnisse  des  Dichters  während  sechzigjähriger 
Wanderungen  und  Wandelungen  festzustellen  sucht:  eine  Aufgabe,  deren 
Schwierigkeiten  wegen  der  Widersprüche  in  der  Chronologie  und  der 
Lücken  in  den  Quellen  nicht  geringe  sind.  Zugleich  giebt  die  Abhandlung, 
da  sie  bereits  von  der  Hand  meines  Vaters  so  gut  wie  vollendet  ist,  insbe- 
sondere auch  in  ihren  Anmerkungen  ein  Bild  dessen,  was  auch  die  Welser- 
Arbeit  geworden  sein  würde,  wenn  es  meinem  Vater  vergönnt  gewesen 
wäre,  sie  zum  Abschluss  zu  bringen. 

Diese  Anmerkungen  enthalten  den  gelehrten  Apparat,  welchen  der 
unfertige  Zustand  der  einschlagenden  Geschichtsforschung  erforderlich 
machte  und  in  welchem  als  besonders  wichtig  hervortritt  die  Benutzung 
der  Coleccion  de  documentos  ineditos  relatives  al  descubrimiento,  con- 
quista  y  organizacion  de  las  antiguas  posesiones  Espafioles  de  America  y 
Oceania,  sacados  de  los  archivos  del  Reino  y  mui  especialmente  del  de 
las  Indias,  Madrid  18G4  ffl.  Wenn  aber  auch  trotz  dieses  Anfangs  ur- 
kundlicher Vorarbeit  sich  das  Dunkel  nicht  immer  heben  Hess,  wenn  auch 
nicht  ausgemerzte  oder  neu  hinzugekommene  Irrthümer  sich  finden  mögen, 
so  erhebt  doch  das  in  den  Anmerkungen  gesammelte  Material  den  Anspruch 


22  Einleitung. 

der  ersten  kritischen  Bearbeitung  des  fraglichen  Zeitalters,  natüi'licher 
Weise  bloss  in  den  gegebenen  lokalen  Grenzen,  ja  nur  in  den  auf 
Castellanos  sich  beziehenden  Partien.  Da  die  Anmerkungen  zur 
Castellanos-Arbeit  meines  Vaters  sich  in  ihrem  Inhalte  vielfach  mit  einigen 
der  geplanten  Welser-Noten  decken,  so  sind  sie  in  den  nachfolgenden 
Blättern  mit  den  wenigen  verbunden,  die  von  diesen  aufgenommen  werden 
konnten. 

Möchte  das  Bestreben  meines  Vaters,  ein  bisher  falsch  beurtheiltes 
Stück  deutscher  Vergangenheit  durch  das  Licht  der  Wissenschaft  klarzu- 
stellen, möchte  mein  Bestreben,  von  dieser  mühsamen  Arbeit  meines 
Vaters  wenigstens  Einiges  zu  Nutz  und  Frommen  der  Mitwelt  und  zu 
Ehr'  und  Gedächtniss  ihres  Autors  zu  retten,  nicht  vergeblich  gewesen  sein. 


Der  Herausgeber. 


GESCHICHTE 


DER 


WELSER-ZtJGE  IN  AMERIKA. 


I. 


n  Augsburg  werden  Rathhaus  und  Börse  mit  dem  Dome  und 
der  Residenz  durch  die  stattliche  breite  Karolinenstrasse  ver- 
bunden. Der  vom  Rathhaus  Kommende  erblickt  auf  ihrer 
linken  Seite,  an  der  ersten  Ecke  gegen  die  Karlstrasse, 
zwischen  Bauten  jüngerer  Zeit  ein  massiges,  düsteres  Quadergebäude,  ein 
Werk  des  beginnenden  sechzehnten  Jahrhunderts,  nicht  hoch  und  nicht 
schön;  sein  Renaissance-Erker  redet  von  vergangenem  Stolz,  denn  er  tr<ägt 
eine  grosse  Steinplatte  und  auf  derselben  in  goldenen  Lettern : 

„Hier  war  ehedem  die  Wechselbank  der  Familie  Wels  er, 

der  ersten  Deutschen,    die  Schiffe  nach  Indien   sandten;   Bar- 

tolomäus  Welser   besass  Venezuela,  das  man  der  Welser 

Land  nannte." 

Diese  Tafel   richtet   unsere  Gedanken  auf  die  Zeit  der  Reformation 

und  Renaissance,  auf  die  Blüthezeit  der  Augsburger  Kaufmannschaft,   das 

beginnende  sechzehnte  Jahrhundert. 

Als  dessen  erstes  Viertel  endete,  that  nämlich  jenes  Augsburger  Kauf- 
mannshaus „Bartolmä  Welser  und  Gesellschaft"  einen  Schritt,  dessen  Trag- 
weite zunächst  bloss  an  wenigen  deutschen  Geschäftscentren  annähernd  zu 
verstehen  und  selbst  an  hervorragenden  Plätzen  Europa's  nicht  vollständig 
zu  würdigen  war,  sogar  nicht  in  den  ersten  und  bedeutendsten  Seehäfen 
der  alten  Welt.  Die  leitenden  Mitglieder  jenes  Hauses,  die  Brüder  Bar  tolmä 
und  Anton  Welser,  Nachfolger  der  sehr  vermögenden  Firma  W e  1  s e r , 
Vöhlin  und  Genossen,  führten  damals  einen  bereits  gross  gewordenen 
Namen.  Obwohl  sie  von  der  Masse  ihrer  Landsleute  vielfach  miss- 
verstanden, namentlich  von  reformatorischen  Volksführern,  besonders 
den  Lutherischen,  als  Aufkäufer,    Monopolisten  und  Wucherer  dargestellt, 


26  Geschichte  der  Welser-ZUge  in  Amerika. 

ja  in  Flugschriften  und  Spottgedichten  Volksschinder  und  Tcufelshantierer 
gescholten  waren,  standen  sie  doch  auf  Grund  weitgehender  Handels- 
privilegien in  den  praktisch  massgebenden  Kreisen  gewichtig  da,  als  Träger 
eines  ausgedehnten  Geld-  und  Waarenverkehrs ,  als  Männer  von  Umsicht 
und  Sachkunde,  als  Kapitalisten  von  Klugheit  und  Thatkraft,  als  sprachen- 
gewandte Kenner  fast  aller  Völker  Europa's  und  der  Levante.  Im  Wett- 
streit mit  den  Fuggern,  den  ersten  Handelsherren  deutscher  Nation,  hatten 
sie  ihr  Geschäft  zu  einer  so  viel  verzweigten  Kaufmannschaft  emporgebracht, 
wie  sie  damals  an  anderen  Orten  des  heiligen  Römischen  Reiches  kaum  zu 
finden  war,  selbst  nicht  an  den  hansischen  und  rheinischen  Plätzen,  und  ausser- 
halb Deutschlands  lediglich  in  dem  Kreise  des  italienischen  Städtewesens. 
Jenseits  der  Alpen,  an  den  Brennpunkten  eines  buntgestaltigen  und 
reichblühenden  Lebens,  in  Venedig,  Mailand,  Genua  und  Rom,  hatten  die 
Augsburger  Wels  er  ihre  eigenen  Kontore,  ebenso  in  Genf  und  Lyon; 
denn  sie  beschränkten  sich  keineswegs  auf  ihren  Hauptsitz,  auf  jene  alt- 
berühmte, damals  wohl  von  Bewunderern  neben  Paris  und  gar  neben  Rom 
gestellte  deutsche  Reichsstadt.  Wie  sie  in  Deutschland  an  den  seit  Langem 
üblichen  Verbindungsstellen  des  südlichen  Handels,  in  Nürnberg,  Mem- 
mingen, Ulm,  sesshaft  waren,  wo  ihr  Geschäft  gleich  den  dort  heimischen 
blühend  sich  entwickelte,  wie  sie  aus  den  Bergwerken  und  Hütten  Ungarns 
und  Siebenbürgens  die  werthvollsten  Tauschmittel  sich  verschaflften ,  so 
zeigte  sich  ihr  Name  auch  nach  Norden  zu  inmitten  des  grossen  Geld- 
verkehrs; ihre  Filiale  in  Antwerpen,  dem  ausser  Hamburg  nördlichsten 
Haupt-Bankplatze  des  europäischen  Festlandes,  entfaltete  nicht  allein  in 
den  reichen  flandrischen  Landen  die  regste  Thätigkeit,  sondern  auch  jen- 
seits des  Kanals  in  London,  ja  bis  nach  der  Ostsee  hin,  dem  eigensten 
Gebiet  der  Hansen,  und  zugleich  bis  jenseits  der  Biscayischen  Bucht,  in 
Lissabon  und  in  Sevilla;  sie  hatten  auf  Madeira  Niederlassungen,  und  auf 
den  Kanarischen  Inseln  Plantagen.  Die  Hauptperspektive  ging  aber  nach 
dem  Orient;  die  Weiserischen  Schiffe  fuhren  von  Bari  aus,  um  den 
Levantehandel,  namentlich  die  asiatische  Einfuhr,  auszunutzen,  und  wenige 
Jahre  nach  Vasco  da  Gama's  kühner  Fahrt  rüstete  auch  das  rastlose 
Augsburger  Geschäftshaus  in  Verbindung  mit  anderen  hervorragenden  Kauf- 
herren bereits  auf  eigene  Rechnung  und  Gefahr  Schiffe  aus,  welche  dem 
ersten  portugiesischen  Vicekönig  von  Indien,  Francisco  d'Almeida, 
folgten,  damit  so  schnell  wie  möglich  der  neue  Weg  nach  Indien  betreten  werde, 
weicherden  alten  Handelsstrassen  im  Osten  bald  starken  Abbruch  thun  musstc. 
Als  nun  dies  neue  asiatische  Unternehmen  wegen  der  Eifersucht  der 
fremden  Behörden  zu  kränkeln  begann,  trafen  die  Wels  er,  deren  Wissen 


Das  Kaufmannsliaus  Bartolmä  Welser  und  Gesellschaft.  27 

und  Können  weit  über  den  Gesichtskreis  der  meisten  Zeitgenossen  hinaus- 
ragte, ihre  Massnahmen  in  entgegengesetzter  Richtung.  Wenn  die  Portu- 
giesen den  Weg  zu  ihrem  Indien,  zu  dem  altem  verschlossen,  so  Hess  sich 
das  Geschäft  doch  hinübertragen  nach  dem  anderen  Indien,  nach  dem 
spanischen,  das  jetzt  vielfach  von  Gelehrten  und  ähnlichen  Bücherleuten, 
namentlich  in  Deutschland,  Amerika  genannt  wurde. 

Die  Weiserischen  von  Augsburg  beschlossen,  an  dem  bedeutendsten 
aussereuropäischen  Sitze  der  weltumspannenden  spanischen  Macht  Fuss  zu 
fassen,  im  Herzen  des  jungen,  über  den  alten  Oceanus  nach  Westen  hin- 
überdringenden Handels-  und  Schiffahrtsverkehrs.  Sie  begannen,  nicht 
ganz  freiwillig,  damit,  dass  sie  die  Befugniss,  „aus  Spanien  segeln  zu 
lassen  nach  dem  neuen  Indien,  auf  eigene  Kosten  und  Abenteuer,  wann 
und  so  oft  sie  wollten,  als  wären  sie  Spanier",  in  kluger  Weise  sich  er- 
warben und  ausserdem  Gleichstellung  mit  den  Nationalen  im  Indienhause 
zu  Sevilla,  dem  europäischen  Ausgangspunkte  des  neuen  Verkehrs.  Sie 
erlangten  solche  Vorrechte  von  einem  Manne,  der  in  den  Augsburger 
Schuldbüchern  mit  hohen  Summen  belastet  stand ,  obwohl  er  sich  Herrn 
jenes  Indiens,  spanischen  und  deutschen  König  nannte,  obwohl  er  über 
das  halbe  Italien  und  über  zahlreiche  andere  reiche  Länder  gebot,  auch 
aus  päpstlichen  Gnaden  zum  römischen  Kaiser  erkoren  war:  nämlich  von 
Karl  V.,  in  dessen  Reich  die  Sonne  nicht  unterging. 

Somit  schickten  1525  auf  Grund  allerhöchster  Verleihung  diese  Pfad- 
linder des  Handels  ihre  Leute  nach  dem  grossen  Mittelmeer  Amerika's, 
nach  der  „neuen  indischen  See".  „Dies  ist,"  schreibt  einer  ihrer  Genossen, 
„das  bedeutendste  Becken  des  ozeanischen  Meeres.  Bisher  wurde  an 
keinem  anderen  Orte  der  Welt  ein  grösserer  Golf  beschifft,  keiner,  auf 
dem  man  länger,  ohne  Land  zu  erreichen,  gefahren  hätte;  denn  selbst  die 
portugiesischen  Schiffsleute,  die  gen  Moluco  —  nach  den  Molukken  — 
fahren,  sehen  doch  aufs  Längste  alle  acht  Tage  Land.  Dort  wird  eine 
kleine  Insel,  welche  fünfhundert  Meilen  Weges  ringsum  begreift,  Klein- 
Spanien,  Hispaniola,  genannt,  und  die  Hauptstadt,  die  guten  Port  gewährt, 
recht  wohl  erbauet  ist,  auch  zierliche  Gassen  und  Gebäude,  selbst  ein 
stark  wehrlich  Schloss  hat,  heisst  Santo  Domingo."  „Diese  Stadt .  zählt 
jetzt  etwa  siebenhundert  Einwohner,"  so  ungefähr  wurde  1525  aus  guter 
Quelle  berichtet;  „ihre  Strassen  sind  gerade,  eben  und  breit,  die  Häuser 
bestehen  wegen  der  schweren  Stürme  aus  Stein  und  gutem  Mörtel  in 
schönen  Wänden.  Die  Stadt  liegt  so  nahe  am  Meer,  dass  dessen  wilde 
Wogen  nur  etwa  fünfzig  Schritte  von  ihr  entfernt  sind;  der  Oyana-Fluss 
strömt  fast  am  Fusse  der  Häuser  vorbei.     In  ihm  ankern  die  Schiffe  un- 


28  Geschichte  der  Welser-ZUge  in  Amerika. 

mittelbar  am  Lande,  unter  den  Fenstern  der  Wohnungen,  nicht  weit  von 
der  Mündung.  Zwischen  dieser  und  dem  Landungsplatze  in  der  Mitte 
liegt  ein  Schloss,  so  dass  unter  ihm  in  einer  Entfernung  von  zwanzig 
Schritten  die  Schiffe  vorbeifahren:  die  Wohnung  des  Vicekönigs  Ihrer 
Majestät,  ganz  von  Stein,  mit  schöner  Aussicht  auf  See  und  Land,  und 
mit  so  guten  Gemächern,  dass,  wenn  die  noch  nicht  vollendeten  so  werden, 
wie  die  fertigen,  der  König  von  Kastilien  dort  ebenso  wohl  Hof  halten 
könnte,  wie  in  einem  der  spanischen  Schlösser.  Die  Kathedrale,  deren 
Bischof  und  Geistlichkeit  sehr  wohl  bestellt  sind,  ist  im  Bau  begriffen,  und 
nach  den  Vorbereitungen  zu  schliessen,  wird  sie  bald  vollendet  und  dann 
nach  Allem,  was  ich  gesehen,  sehr  schön  und  stolz  sein.  Auch  giebt  es 
dort  drei  Klöster,  das  von  Santo  Domingo,  das  des  heiligen  Franziskus 
und  das  der  barmherzigen  Brüder:  gute  Gebäude,  wenn  auch  bescheiden 
und  nicht  so  prächtig  und  merkwürdig,  wie  ähnliche  Bauten  in  Spanien; 
in  ihnen  leben  fromme  Männer,  die  würdiges  Vorbild  gewähren.  Endlich 
ist  dort  auch  ein  gutes  Armenspital." 

Nach  dieser  Stadt,  von  der  Viele  ein  rasches  Aufblühen  erwarteten, 
kamen  in  jenem  Jahre  1525,  als  Faktoren  der  Welser,  ein  Dalfinger 
und  ein  Ehinger,  zwei  aus  Ulm  gebürtige  Kaufleute.  In  der  Nähe  be- 
sehen, war  der  Ort  nicht  so  vielversprechend,  wie  nach  jener  Schilderung. 
Die  einzige  europäische  Kolonie  in  Amerika,  welche  schon  direkten,  ständigen 
Schiffsverkehr  mit  dem  Mutterlande  unterhielt,  spiegelte  nämlich  das  noch 
Unfertige  der  damaligen  überseeischen  Gründungen  in  jeder  Beziehung  wieder. 
Santo  Domingo,  das  die  Hauptstadt  eines  grossen  spanischen  Vicekönigreiches 
Indien  werden  sollte,  hatte  in  seinen  eben  in  Angriff  genommenen  ersten 
Mauern  1525  noch  nicht  einmal  den  Vicekönig  selbst  aufzuweisen;  denn 
Diego  Colon  prozessirte  wegen  angeblicher  Entdeckerrechte  seines  schon 
vor  zwanzig  Jahren  verstorbenen  Vaters,  des  ersten  Trägers  jener  stolz 
klingenden  Würde,  seit  langen  Monaten  in  Spanien  mit  der  Krone;  dies 
blieb  erfolglos,  und  ebenso  vergeblich  war  sein  Versuch,  die  reichen  Länder 
zu  erlangen,  welche  kürzlich  der  viel  beneidete  Fernando  Cortes  er- 
obert hatte.  Colon 's  Gattin,  die  Vicekönigin  Maria  de  Toledo,  war 
damals  mit  ihren  sieben  Kindern,  von  denen  der  älteste  Knabe  noch  im 
Kindesalter  stand,  in  Santo  Domingo  geblieben. 

Die  dem  Vicekönige  beigeordnete  Regierung,  die  Audiencia,  oder,  wie 
die  Deutschen  sich  ausdrücken,  „das  Kammer-  oder  Hof-Gericht"  tagte  in 
einem  schmucklosen  Gebäude,  welches  die  eine  Seite  des  Hauptplatzes 
bildete.     Wie   es  für  die  Kirche  1525  keinen  Bischof  gab,   so  fehlte  auch 


Santo  Domingo.  29 


ein  Präsident  jener  königlichen  Behörde;  von  ihren  drei  Rathsstellen  war 
eine  durch  den  Tod  erledigt,  und  eine  andere  wurde  gerade  von  einem 
jungen  Mann  übernommen,  welcher  früher  noch  nie  Amerika  gesehen 
hatte;  die  Regierungsgeschäfte  leitete  einzig  und  allein  der  ältere  Rath 
Alonso  de  Zuazo,  welcher  schon  seit  bald  zehn  Jahren  die  über- 
seeischen Verhältnisse  kannte;  er  hatte  unter  den  mit  der  Regierung  be- 
traut gewesenen  Hieronymiter- Mönchen  in  Santo  Domingo  als  könig- 
licher Gerichtsherr  geschaltet  und  war  dann,  ungerechter  Weise  verdrängt, 
für  einige  Jahre  nach  Cuba  und  nach  Mexiko  gegangen;  aber  gerade 
als  die  Weiserische  Faktorei  sich  einrichtete,  kehrte  er  zu  neuem  Wirken 
nach  Santo  Domingo  zurück. 

Der  Amtsbezirk  dieses  tüchtigen  Mannes  war  nicht  sehr  gross,  denn 
er  umfasste  keineswegs  alle  Theile  des  spanischen  Indiens.  Nicht  allein 
war  jenes  von  Cortes  neuerdings  entdeckte,  noch  unorganisirte  Länder- 
gebiet, für  das  nun  mehr  und  mehr  der  Name  Neu-Spanien  aufkam,  that- 
sächlich  ohne  Verbindung  mit  ihm,  es  war  auch  schon  seit  etwa  einem 
Jahrzehnt  eine  andere  Provinz  unabhängig  von  Santo  Domingo  er- 
richtet worden ;  die  zu  früh  gepriesene  Landes  -  Hauptmannschaft  Gold- 
Kastilien,  deren  Regierungssitz  vor  kurzem  von  dem  Ufer  des  kleinen 
Darienflusses  an  eine  perlenreiche  Bucht  des  anderen  Ozeans  verlegt 
worden  war,  nach  Panama,  von  wo  gegen  Norden  hin  immer  neue 
Länder  entdeckt  wurden,  so  dass  allmählich  jenes  seinen  Grenzen  nach  noch 
unbestimmte  Neu  -  Spanien  erreicht  sein  musste ,  zumal  von  da  die 
Europäer  nach  Süden  hin  vordrangen.  Gold  -  Kastilien  und  Neu- 
Spanien  schickten  nach  Klein  -  Spanien  sehr  erhebliche  Schätze,  aber 
diese  gingen  nur  durch  und  konnten  in  Santo  Domingo  selbst  keines- 
wegs nutzbar  gemacht  werden.  Den  Bewohnern  dieses  Platzes  traten 
jene  grossen  Länder  und  der  nördliche,  nach  Florida  sich  hinziehende 
Küstenstrich  nicht  so  unmittelbar  vor  Augen,  wie  das  südlich  von  ihnen 
belegene  Land,  das  zwischen  dem  Meerbusen  von  Uraba  und  dem 
Drachen-Golfe  sich  erstreckende  Gestade  ihrer  „Indischen  See",  welches 
sie  seit  Jahren  vorzugsweise  als  das  „Festland"  bezeichneten. 

Dies  war  eine  lange,  wüste  Seekante,  auf  der  mit  schroffragenden, 
bisweilen  sogar  schneegekrönten  Felsgebirgen  dürre,  bisweilen  sogar  ver- 
sengte Strandflächen  abwechselten,  mit  Mangle-Dickichten  und  Kakteen- 
Wildnissen  schlankstämmige  Palmenwälder,  mit  gradstreichenden  Ufer- 
grenzen frei  ins  Meer  hinausragende  Landspitzen  und  Vorgebirge,  wie 
das    der   Hintertrosse    und    das    des    Segels.      Hier    gefahrvolle    Buchten 


30  Geschichte  der  Welser-Züge  in  Amerika. 

und  reissende  Strommündungen,  dort  gute  Häfen,  wie  die  im  Osten  des 
Hintertrossen- Vorgebirges  sieh  darbietenden  Buchten  des  Landes  Mara- 
capana  oder  die  im  Westen  des  Segel- Vorgebirges  liegende,  seit  Alters 
als  beste  Schiffahrtsstation  für  die  Fahrt  nach  Gold-Kastilien  dienende  Bai 
von  Santa  Marta.  Auf  einer  Strecke  zeigte  sich  harmlose,  aber  unglaublich 
dürftig  lebende  Bevölkerung,  auf  einer  anderen  drohten  wilde,  angeblich 
allen  Heidengreueln  verfallene  Stämme,    die  Menschenfresser  sein  sollten. 

Den  Bewohnern  von  Santo  Domingo  versprach  fürs  Erste  dieser 
ungeheure  Küstenstrich  wenig  Handelsnutzen;  allein  sie  kannten  von  ihm 
nur  zwei  Gebiete  genauer.  Das  war  erstlich  jenes  Maracapana,  der 
östlichste  Theil  eines  Gebietes,  in  welchem  Alles  an  Schätze  erinnerte, 
weil  dort  die  seit  der  ersten  Entdeckungszeit  bekannten,  vielbesprochenen 
Inseln  und  Küsten  der  Perlen  lagen ,  von  welchen  noch  vor  wenigen 
Jahren  Bartolome  de  las  Casas  einen  grossen  Theil  als  Versuchsfeld 
für  mönchische  Kolonisationen  ausersehen  hatte.  Jetzt  lag  dieses  Gebiet 
ohne  jede  Ansiedlung  da,  war  aber  aufs  Neue  ins  Auge  gefasst  worden 
von  dem  bekannten  Westlandfahrer  Martin  Fernandez  de  Enciso, 
dem  Verfasser  eines  Geographiebuches,  in  welchem  jene  Küste,  aber 
keineswegs  auch  das  wichtige  Hinterland  zum  ersten  Male  besprochen 
wurde. 

Der  andere  auf  Hispaniola  etwas  genauer  bekannte  Theil  des  frag- 
lichen Kontinentes  war  die  Gegend  bei  dem  Hafen  der  Heiligen  Martha, 
welche  zur  Zeit  von  Las  Casas  der  nunmehrige  Schlosshauptmann  von 
Santo  Domingo  Gonzalo  Fernandez  de  Oviedo  zu  einer  Ritter- 
Kolonie  hatte  benutzen  wollen ;  sie  wurde  gerade,  als  die  W  e  1  s  e  r  wegen 
ihrer  Faktorei  verhandelten,  von  dem  letzten  Vertreter  der  Heldenzeit  der 
spanischen  Entdeckungen  für  eine  neue  Ansiedlung  in  Anspruch  ge- 
nommen, von  dem  alten  Rodr ig o  deBastidas,  einem  der  reichsten 
Bewohner  Santo  Domingo's.  Die  übrigen  Gebiete  der  weit  ausgedehnten 
Küstenstrecke  schienen  für  Handelssachen  kaum  in  Frage  zu  kommen. 
Von  den  im  Westen  Santa  Marta's  liegenden  war  das  Land  der  Calamarer 
freilich  dem  schon  genannten  Oviedo  verliehen,  aber  dessen  Vorhaben 
erschien  fUr's  Erste  als  aussichtslos.  Von  dem  im  Osten  Santa  Marta's 
belegenen  Gebiete  sollte  an  den  Sekretär  der  Audiencia  in  Hispaniola 
Diego  de  Cavallero  die  in  dieser  Richtung  weiter  streichende  Küste 
vergeben  werden;  allein  auch  dieses  Unternehmen  versprach  keinen  Er- 
folg, da  mit  ihm  gar  zu  schnell  begonnen  werden  sollte. 

Dieses  ganze  Festland,  imorganisirt  wie  es  war,  wurde  zu  dem  Be- 
zirke der  in  Santo  Domingo  sitziialtendcn  königlichen  Regierung  gerechnet. 


Geschäfts-Aussicliten  in  Santo  Domingo.  31 

Wären  im  spanischen  Indien  die  Verhältnisse  nicht  noch  so  locker  und 
unfertig  gewesen,  wie  der  Wirkungskreis  jenes  „Kammer-  und  Hof- 
Gerichtes"  zeigte,  so  hätten  die  Ulmer  Vertreter  der  deutschen  Firma 
schwerlich  in  das  neue  Land  mit  ihrem  Geschäftsbetriebe  eindringen 
können ;  denn  bisher  hatte,  wie  Hispaniola,  so  auch  das  ganze  übrige  Gebiet 
allen  Fremden  sich  verschlossen,  selbst  den  an  seiner  ersten  Entdeckung 
antheilberechtigten  Italienern  und  Portugiesen.  Dalfinger,  Ehinger 
und  ihre  Leute  waren  1526  die  einzigen  geschlossen  und  selbständig 
auftretenden  Nichtspanier,  nicht  nur  in  Santo  Domingo,  sondern  auch 
in  allen  sonstigen  Punkten  der  neuen  Welt,  an  denen  bereits  Europäer  lebten. 

Unerfreulich  mochte  ihre  isolirte  Stellung  sein ;  sie  erschien  doch  als 
aussichtsvoll.  Es  war  dort  bei  der  Zerfahrenheit  aller  bisherigen  Gründungen 
nicht  unmöglich,  das  spanische  Alleinrecht  thatsächlich  zu  brechen  und 
erfolgreich  mit  den  Nationalen  in  Konkurrenz  zu  treten. 

Die  Unternehmungen,  welche  in  Hispaniola  sich  ins  Werk  setzen 
Hessen,  welche  nach  dort  und  von  da  aus  entwickelt  werden  konnten,  ver- 
einigten sehr  verschiedene  Elemente.  Was  zunächst  den  von  Europa  aus- 
gehenden Verkehr  anbelangte,  so  rechneten  Dalfinger  und  Genossen 
darauf,  dass  in  Santo  Domingo,  das  von  Sevilla  aus  durchschnittlich  in 
fünfunddreissig  bis  vierzig  Tagen  erreicht  wurde,  alle  europäischen  Lebens- 
und Kulturbedürfnisse  begehrt  waren :  Grosses  wie  Kleines,  vom  Reitzeug  bis 
zum  Hemde,  vom  Eisen  bis  zum  Papier,  vom  Weine  bis  zum  Mehl.  Pferde, 
Rinder  und  sonstige  europäische  Hausthiere  waren  jenseits  des  Ozeans  bereits 
in  grosser  Zahl  vorhanden,  so  dass  sie  nur  selten  die  Ausfrachten  bilden  konnten. 
Statt  ihrer  erschienen  Menschen,  nicht  etwa  bloss  die  Genossen  organisirter 
Expeditionen,  sondern  auch  viele  einzelne  Auswanderer,  welche,  obwohl 
sie  meist  zweifelhaftem  Gesindel  angehörten,  doch  auf  besondere  Rück- 
sichten beim  Transport  Anspruch  machten.  Dazu  kamen  drittens  die  sehr 
begehrten  rohen  Negersklaven.  Wie  diese  nach  Spanien  seit  den  Mauren- 
kriegen gebracht  wurden,  um  dort  gleich  Sachen  be-  und  verhandelt  zu 
werden,  so  hatte  man  sie  auch  bald  über  das  Weltmeer  zu  schaffen  be- 
gonnen. Dieses  vielfach  als  besonders  umsichtig  betrachtete  Geschäft,  das 
insbesondere  mit  der  Einführung  des  Zuckerrohrs  in  der  neuen  Welt  zu- 
sammenhängt, war  zuerst  1517  Lorenz  de  Gomenot,  dem  Befehls- 
haber von  Bresa  und  Oberhofmeister  des  jungen  Carlos,  für  Hispaniola 
übertragen  worden,  und  zwar  für  viertausend  Köpfe  auf  acht  Jahre;  der 
Vertrag  war  dann  bald  auf  weitere  acht  Jahre  verlängert,  also  bis  1533; 
jene  Zahl  von  viertausend  schien  aber  für  die  Nachfrage  viel  zu  gering 
zu    sein;    denn    diese  Nachfrage   wuchs   unter  Anderem   dadurch  so   sehr, 


32  Geschichte  der  Welser-Züge  in  Amerika. 

dass  die  Bevölkerungsziffer  der  Eingeborenen  Hispaniola's  in  den  letzten 
vierzig  Jahren  sich  sehr  vermindert  hatte,  nach  Meinung  der  Wels  er 
von  fünfzigtausend  Köpfen  auf  zwanzigtausend.  Damit  der  grösstentheils 
zum  Ersatz  dieses  grossen  andauernden  Verlustes  an  Arbeitskräften  dienende 
Negertransport  nicht  so  sehr  eingeschränkt  werde,  war  jener  Monopol- 
inhaber, der  seine  Rechte  für  fünfundzwanzigtausend  Dukaten  an  genuesische 
Kaufleute  übertragen  hatte,  abzufinden.  Alsbald  bestimmte  man  auch  für 
Gold-Kastilien  fünfhundert  und  für  Cuba  tausend  Köpfe  Afrikaner.  Den 
Herren  W  eisern  wurden  endlich  1528  viertausend  Köpfe  gestattet,  ebenso 
viele,  wie  vor  einigen  Jahren  dem  genannten  flandrischen  Herrn  zuge- 
standen waren,  jedoch  ohne  Festsetzung  eines  besonderen  Bestimmungslandes. 
Was  die  Rückfahrt  nach  Europa  anbelangte,  deren  Transport  eine 
etwas  längere  Seefahrt  erforderte,  meistens  eine  von  fünfzig  Tagen,  so 
hofften  Dalfinger  und  Genossen  natürlich,  im  Lande  der  Wunder 
Metalle  und  Perlen  in  grossen  Mengen  erhandeln  zu  können,  vielleicht 
auch  Smaragden  und  andere  Edelsteine,  allerlei  Gewürze,  kostbare  Hölzer 
für  Färberzwecke  und  Räucherwerk;  ungeahnte  Schätze  kamen  gewiss 
hinzu.  Auf  Menschentransport  nach  Spanien  war  dagegen  kaum  zu 
rechnen ;  denn  an  eine  Heimkehr  dachte  die  Mehrzahl  der  neuen  Kolonisten 
damals  noch  nicht.  Die  königlichen  Beamten  fuhren  in  den  schon  regel- 
mässig gehenden  Postschiffen.  Die  in  der  ersten  Zeit  versuchsweise  be- 
gonnene Ausfuhr  von  indianischen  Sklaven  hatte  längst  aufgehört,  theils 
weil  die  Kinder  der  Tropenwildniss  in  Europa  nicht  fortzukommen  ver- 
mochten, theils  weil  sie  in  ihrer  Heimath  wegen  des  neuen  Acker-  und 
Berg -Baues  nicht  entbehrt  werden  konnten  und,  da  die  Blattern  unauf- 
hörlich in  ihren  Kreisen  wütheten,  sehr  geschont  werden  mussten.  Für 
die  Schiffahrt  von  Santo  Domingo  nach  Sevilla  war,  was  den  Personen- 
verkehr betraf,  höchstens  an  gelegentliche  Rückschaffung  von  Sträflingen 
zu  denken,  deren  schwer  zu  bändigende  Menge  bereits  grosse  Besorgnisse 
hervorrief.  Uebrigens  gab  es  in  diesen  Kolonien  selbst  schon  einen  eigenen 
Personenverkehr,  nämlich  einen  inneren  Handel  mit  Menschen,  welcher 
Alle,  mit  denen  die  Weiserischen  in  Santo  Domingo  in  Berührung 
kamen,  offen  und  frei  trieben.  Ihm  dienten  als  Objekt  nicht  bloss  die 
Unfreien,  welche  unter  den  Eingeborenen  in  dauernder  Knechtschaft  lebten, 
nicht  bloss  alle  diejenigen  unverbesserlichen  Heiden,  die  trotz  Vermahnung 
sich  zur  Wehr  stellten  und  es  nicht  begreifen  konnten,  dass  der  Kaiser 
ihr  Herr  sei  und  das  Christenthum  ihre  Religion  werden  müsse,  sondern 
auch  die  längst  in  Acht  und  Bann  erklärten,  als  Menschenfresser  völlig 
vogelfreien   Kariben.      Derartige   Wilde    waren    nach   Gesetz    und    Recht 


Aufgaben  der  Welser-Faktörei.  3^ 

Handelsartikel  und  Schiffsfracht,  was  keineswegs  als  unnatürlich  erschien, 
da  ja  das  Levante- Geschäft  ganz  Aehnliches  kannte;  derartiger  Schiffs- 
dienst war  Nebengeschäft. 

Die  hauptsächlichste  der  auf  Hispaniola  zu  erfüllenden  Faktorei- 
Aufgaben  lag  in  der  Plaritagen-Wirthschaft.  In  dieser  stand  Anbau  und 
Verarbeitung'  des  von  den  Kanarischen  Inseln  herübergebrachten  Zucker- 
rohrs in  erster  Linie.  Diese  Kultur  war  bereits  vom  Vicekönige  selbst,  von 
jenem  königlichen  Rath  Zuazo,  von  den  Familien  der  obersten  Beamten 
und  von  den  vornehmsten  Ansiedlern  begonnen;  sie  wurde  auch  alsbald 
von  den  Weiserischen  auf  einer  bei  San  Juan  de  Maguana  belegenen 
Plantage  energisch  in  Angriff  genommen.  Sodann  gedieh  auf  Hispaniola 
die  Baumwolle.  Die  Versuche,  sie  in  den  Handel  zu  bringen,  waren 
gewiss  viel  versprechend ;  denn  die  Nachfrage  hatte  in  den  letzten  Jahren 
sich  überaus  vergrössert.  Dazu  kam  die  Viehzucht,  die  zur  Deckung  der 
örtlichen  Unkosten  sehr  viel  beitragen  konnte,  da  in  Santo  Domingo  der 
tägliche  Bedarf  an  Rindern,  Kälbern,  Schafen  und  Schweinen  für  Nahrung 
und  Schiffsproviant  —  es  fehlten  haltbare  Feldfrüchte  — ,  für  Talg-  und 
Häutehandel,  namentlich  auch  nach  Europa,  ein  ausserordentlicher  war. 
Endlich  wurde  ganz  vorzüglich  auf  Gold  und  Silber  gerechnet.  Für  den 
Bergbau '  schieüen  die  in  der  alten  Welt  gemachten  Erfahrungen  mit  be- 
sonderem Erfolge  verwendbar  zu  sein ;  wie  denn  auch  rasch  über  Verträge 
wegen  Herbeischaffung  deutscher  Bergleute  verhandelt  wurde.  Silber 
fehlte  jedoch  auf  Hispaniola  vollständig 5  ausser  dem  erst  in  zweiter  Linie 
stehenden  Kupfer  gab  es  nur  Gold,  das  in  Gruben  und  durch  Wäschereien 
gewonnen  wurde.  Dies  galt  offenbar  als  Hauptsache;  allein  die  Vor- 
stellungen, welche  Bartolmä  Welser  und  Gesellschaft  in  Augsburg 
über  die  Goldsendungen  ihrer  amerikanischen  Faktorei  sich  machen 
konnten,  entsprachen  nicht  ganz  den  wirklichen  Verhältnissen.  Es  be- 
standen nämlich  die  kostbaren  Goldschätze,  welche  in  der  ersten  Zeit  der 
Berührung  mit  Europäern  von  der  neuen  Welt  der  alten  zuströmten, 
keineswegs  bloss  aus  unmittelbaren  Produkten  der  Natur ;  vielmehr  kamen 
damals  noch  die  seit  Jahrtausenden  aufgehäuften  Reste  alter,  meist  längst 
wieder  verschwundener  Kulturen  in  Menge  über  den  Ocean.  Das  ver- 
sandte Gold  war  in  der  ersten  Zeit  der  Hauptsache  nach  keineswegs 
direkt  dem  Boden,  dem  Gestein  oder  dem  Wasser  abgewonnen  worden, 
sondern  zu  grossem  Theile  den  Landbewohnern  abgedrungen,  sei  es  durch 
Gewalt  als  Beute  oder  Lösegeld,  sei  es  durch  Tausch  oder  ähnliches  Ge- 
schäft, sei  es  durch  Gräberöffnung  und  Tempelraub.  Die  eingeschmolzenen 
Schmucksachen    der    Eingeborenen     und    ihrer    Vorfahren     mochten     oft 

Festsclirift  der  Hainburgischen  Amerika-Feier  H.  ö 


34  Geschichte  der  Welser-ZUge  in  Amerika. 

niedrigen  Gehalts  sein;  sie  waren  immerhin  billigeren  Erwerbes,  als  das 
mit  grossem  Aufwände  von  Menschen  und  mit  schweren  Kosten  für  Ge- 
räthe  und  Transportmittel  frisch  erarbeitete  jungfräuliche  Mineral.  Von 
der  Krone  waren  nun  aber,  wie  Dalfinger  bald  sehen  musste,  im  Be- 
reiche der  Santo  Domingo 'er  Regierung  die  meisten  althergebrachten  und 
auch  die  meisten  neu  aufgespürten  Goldstellen  längst  in  Besitz  genommen 
oder  an  Private  vergeben  worden,  namentlich  auf  den  Inseln;  das  war 
auf  Hispaniola  sogar  mit  den  Wäschereien  der  Cibao-  und  der  Cotuy- 
Gegend,  mit  den  Fundstellen  von  San  Cristobal  und  manchen  anderen 
geschehen;  dasselbe  galt  von  vielen  Orten  Gold-Kastiliens,  Für  syste- 
matischen Bergbau  auf  Gold,  für  diese  Basis  des  Geschäftsbetriebes  der 
amerikanischen  Faktorei,  mussten  daher  die  Weiserischen  bald  nach 
anderen  Gebieten  ausschauen.  Dabei  traf  ihr  Auge  nicht  Mexiko  oder 
Yucatan,  wo  die  Ausbildung  eines  geregelten  Bergbaues  bereits  begann; 
naturgemäss  blickte  man  von  Santo  Domingo  aus  zunächst  südwärts,  auf 
das  vielgenannte  „Festland",  zumal  von  dort  neuerdings  Gold  ein- 
gesandt war,  welches  frisch  gewonnen  zu  sein  schien,  und  zwar  als 
Minenmetall,  das  aus  den  merkwürdigen  Schneegebirgen  bei  Santa  Marta 
stammen  sollte. 

Oestlich  von  diesem  mächtigen  Bergstocke  dehnt  sich  ein  weites 
Küstenland  aus,  welches  in  Santo  Domingo  seit  mehr  als  zwanzig  Jahren 
in  dem  Rufe  stand,  gutes  Gold  zu  liefern:  das  wilde  Cocibacoa,  dessen 
bekanntesten  Punkt  jenes  Segel- Vorgebirge  bildete,  ein  Ort  mit  steiniger, 
fruchtloser  Umgebung,  dem  Meere  trüb  und  trostlos  sich  darbietend,  auch 
verrufen  wegen  vieler  „Disteln  und  Stachelgewächse",  wegen  tiefer  Risse 
und  Höhlen  des  Bodens.  Cocibacoa,  an  dessen  Besitznahme  jüngst 
Cavallero  aussichtslos  gedacht  hatte,  sollte  ausser  Santa  Marta  das 
einzige  Land  an  der  ganzen  Südseite  der  indischen  See  sein,  in  welchem 
jemals  Geräthe  zum  Goldschmelzen  und  Goldbearbeiten  sich  gefunden 
hätten. 

Dieses  Gebiet  war  noch  nicht  von  der  Krone  vergeben ;  auf  dasselbe 
wurde  in  Santo  Domingo  die  allgemeine  Aufmerksamkeit  gelenkt,  seitdem 
eine  unfern  von  ihm  belegene  Inselreihe  in  Nachfrage  kam.  In  dieser 
hiess  das  grosseste  Eiland  seit  den  ersten  Entdeckungszeiten  die  Ricsen- 
insel.  Es  war  und  ist  ein  kleines,  bäum-  und  strauchloscs  Höhenland, 
das  einen  melancholischen  Gegensatz  bildet  zu  der  tiefblauen,  auch  ein- 
tönigen Himmelsfläche,  von  der  es  in  klaren  Linien  so  scharf  sich  abhebt, 
dass  alle  am  Rande  erscheinenden  Gestalten  zu  Riesen  vergrössert  werden. 
Neben  diesem  Cura5ao   liegen  noch  zwei   ähnliche   kleinere  Inseln,  Oruba 


Coriana  und  die  See  von  Klein- Venedig.  '35 

und  Bunaire,  ebenfalls  wüste  und  leer.  Von  diesen  Rieseninseln  wurden 
damals  viele  Eingeborene  weggeholt,  um  für  Feldbau  und  Goldförderung 
auf  Hispaniola  verwendet  zu  werden. 

Die  Schiffe,  welche  zwischen  diesen  Inseln  und  dem  Kontinente 
der  starken  Meeresströmung  folgten,  um  nach  dem  Segel  -  Vorgebirge 
zu  gelangen,  sahen  zuerst  an  der  Festlandsseite  einen  einförmigen 
glatten  Uferstrich,  das  altbekannte  Land  Coriana,  in  dessen  Hinter- 
gründe das  ohne  Weiteres  nach  jenen  friedlos  gelegten  Eingeborenen 
getaufte  Cariben-Gebirge  sich  thürmte,  eine  kahle,  fest  zusammenhängende 
Kette  über  einander  emporsteigender  Berge,  eine  Reihe  hochbewaldeter, 
nur  am  frühen  Morgen  sich  enthüllender  Kuppen,  offenbar  ein  von  grösserer 
Landmasse  gegen  das  Meer  anstehendes  Bollwerk.  Jenseits  Coriana's 
sprang  eine  vereinzelte  Höhengruppe  ins  Meer,  welche  nur  durch  eine 
schmale  Dünenkette  mit  dem  Küstenstriche  verbunden  war  und  nach 
Norden  abgerissene,  felsige  Massen  entsendete,  deren  letztes  Stück 
scharf  in  weit  sichtbare  Brandung  hinabfiel,  während  die  Ufer  sonst  platt 
und  öde  dalagen :  die  Halbinsel  von  Paraguana  mit  der  Spitze  des  heiligen 
Romanus.  Endlich  dämmerten  dort  dem  Schiffer  vorn  vor  dem  Bug  in 
weiter  Ferne  hinter  den  dunklen  Strichen  endlosen  baumhohen  Ufer- 
gebüsches leicht  gefärbte  Höhen;  sie  gehörten  schon  dem  Cocibacoa- 
Lande  an. 

Zwischen  seinem  Ende  und  dem  Kap  Roman  öffnete  sich  nun  ein 
grosses  Wasser,  das  von  Klein-Venedig  oder  von  Venezuela.  Es  ist  etwa 
in  der  Mitte  zu  einer  mit  Mangle-Gebüschen  umwachsenen  Enge  einge- 
schnürt, die  durch  Landzungen  und  Inseln  noch  schmaler  gemacht  wird, 
zum  Meere  hin  salzig,  im  tiefen  Binnenbecken  nicht.  Ehedem  hiess  es 
See  des  heiligen  Bartholomäus,  dann  der  Mutter  Gottes;  am  gebräuchlichsten 
wurde  früh  die  alte  Bezeichnung  nach  Venedig;  denn  die  Männer,  welche 
den  Namen  gaben,  hatten  es  charakteristischer  Weise  mit  dem  Adriatischen 
Meere,  mit  dem  von  Venedig  verglichen,  und  wenig  mehr  Kunde,  als  sie 
besassen,  war  später  erlangt :  E  n  c  i  s  o  sprach  freilich  von  einem  Eingangs- 
thor, von  Vierecksform  des  inneren  Beckens,  von  Perlen  an  den  Ufern  und 
von  Frauen  besonders  üppiger  Schönheit;  auch  erklärten  Andere  die  dortigen 
Menschen  für  ziemlich  ungefährlich;  Cavallero  sprach  davon,  dass  dort 
in  der  Nähe  wirklich  feines  Gold  im  Tauschhandel  vorkomme.  So  fesselte 
dieser  Wassereinschnitt  die  Blicke  der  Weiserischen  Faktorei  mehr  und 
mehr ;  gewiss  Hessen  sich  ja  von  ihm  aus  grössere  Unternehmungen  ein- 
leiten, als  das  enge  Hispaniola  ermöglichte.  An  diese  See  von  Klein- 
Venedig  knüpften   sich    denn    auch    zunächst  die  Pläne    der  Welserischenj 


36  Geschichte  der  Welser-ZUge  in  Amerika. 

die  unter  dem  Einfluss  der  damals  herrschenden  geographischen  An- 
schauungen sich  vielfach  eigenartig  ausgestalteten. 

Die  Kunde  nämlich,  dass  es  nicht  bloss  den  einen,  seit  uralter  Zeit 
bekannten  Ocean  gäbe,  der  an  der  Küste  der  neuen  Welt  die  Nordsee 
hiess,  sondern  auch  einen  zweiten,  einen  bisher  unbekannten,  eine  Südsee, 
hatte  allgemeines  Erstaunen  hervorgerufen,  wenn  auch  bei  den  kosmo- 
graphischen  Studien  obliegenden  Gelehrten  Europa's  mehr,  als  bei  Indien- 
fahrern und  Kolonisten  selbst.  Jene  mussten  etwa  ein  Jahrzehnt  lang  sich 
bemühen,  die  grosse  Thatsache,  dass  Europa  gegenüber  nach  Westen  zu 
nicht  eine  asiatische  Küste,  sondern  ein  bisher  unbekannter  Erdtheil,  eine 
vollständig  neue  Welt  dem  Meere  entsteige,  mit  den  hergebrachten  An- 
schauungen und  ererbten  Begriffen  in  Einklang  zu  bringen;  dagegen 
wurden  die  Männer  des  praktischen  Lebens,  zu  denen  auch  die  Räthe  und 
Beamten  des  Sevilla 'er  Indienamtes  gehörten,  nicht  tiefsinnig  ob  jener 
Thatsache,  sie  suchten  dieselbe  vielmehr  sofort  auszunutzen,  wie  eine  jede 
andere  der  vielen  überseeischen  Neuigkeiten,  deren  wunderbare  Reihe  gar 
nicht  enden  zu  wollen  schien.  Dies  griffen  sie  natürlich  auf  ihre  Weise 
und  nach  ihren  Erfahrungen  an ;  so  glaubten  sie  sicherlich,  dass  der  zweite 
Ocean  mit  dem  alten  Weltmeer  irgendwo  in  Verbindung  stehen  werde, 
dass  die  Theile  der  neuen  Welt  Inseln  seien.  Diese  als  zweifellos  ange- 
nommene Verbindung  zu  entdecken,  bildete  Jahre  hindurch,  auch  nachdem 
die  Weiserische  Faktorei  auf  Hispaniola  längst  eröffnet  war,  den  Haupt- 
gegenstand aller  Bestrebungen  der  mit  den  Indienfahrten  sich  befassenden 
Männer.  Natürlich  lenkte  sie  auch  bald  die  Aufmerksamkeit  von 
Dalfinger  und  Genossen  auf  sich.  Gar  gern  horchten  diese,  wie  einer 
von  Letzteren  sich  ausdrückt,  auf  „alle  den  zweiten  Ocean  betreffende 
Nachrichten,  auf  die  grosse  Zeitung  von  einem  anderen  Meere,  das  nun 
Süd-  oder  Mittags-Meer  genannt  wird ;  das  war  es,  was  wir  mit  Verlangen 
erhofften;  denn  daselbst  steht  grosser  Reichthum  von  Gold,  Perlen  und 
Edelsteinen  zu  erwarten,  nach  dem  zu  schliessen,  was  in  anderen  Guber- 
nationen  der  Indianischen  Länder  an  Orten,  wo  man  das  Südmeer  erreicht 
hat,  reichlich  gefunden  worden  ist." 

Diese  Südsee  hatte,  als  das  zweite  Viertel  des  sechzehnten  Jahr- 
hunderts angebrochen  war,  bereits  Fahrzeuge  der  Europäer  getragen; 
Fernando  Cortös  hatte  schon  1522  an  ihrem  Gestade  Schiffe  gebaut, 
um  nach  den  Gewürzinseln  suchen  zu  können,  und  sandte  1526  Seefahrer 
ab,  um  einem  Rest  der  Magelhaes' sehen  Expedition  nachzuspüren; 
auch  war  der  jenseits  der  Landenge  vorgenommene  Bau  europilischer 
Schiffe,  welcher  dem  Entdecker  des  zweiten  Oceans,  dem  in  Santo  Domingo 


Die  Stidsee.     Neue  Pläne,  37 

lange  in  achtungsvoller  Erinnerung  stehenden  VascoNunez  deBalboa, 
das  Leben  gekostet  hatte,  keineswegs  umsonst  geblieben;  denn  diese  vier 
Fahrzeuge  hatten  seitdem  nebst  anderen,  die  ihnen  folgten,  den  Männern 
gedient,  welche  von  Panama  aus  südwärts  gefahren  waren :  nach  einem 
grossen,  angeblich  Peru  genannten  Lande,  das  noch  reicher  sein  sollte, 
als  die  neuspanischen  Länder,  aber  bisher  noch  keine  erheblichen  Schätze 
geliefert  hatte,  auch  seiner  Lage  nach  noch  nicht  genauer  bekannt  war, 
geschweige  denn  hinsichtlich  seiner  Entfernung  von  der  atlantischen 
Küste. 

Um  an  dieser  eine  schiffbare,  zur  Südsee  führende  Strasse  aufzu- 
finden, waren  seit  Jahren  nördlich  und  südlich  vom  Aequator  zahlreiche 
Fahrten  unternommen  worden,  nicht  bloss  von  Europa,  sondern  auch  von 
den  neuen  Kolonien  aus.  In  diesen  Kolonien,  und  namentlich  auch  in 
den  seefahrenden  Kreisen  Santo  Domingo 's,  in  Spanien,  wie  auch 
unter  den  Schiffahrtskundigen  Sevilla's  lebte  noch  1527  die  Hoffnung 
weiter,  dass  sicherlich  einmal  auf  direkter  Fahrt  nach  Westen  wirklich 
Asien  und  die  Gewürzinseln  erreicht  werden  würden,  ohne  dass  der  von 
Fernao  deMagelhaes  entdeckte,  so  sehr  abgelegene  Weg  einzuschlagen 
wäre.  Diese  Annahme  theilte  und  nährte  nicht  bloss  das  indische  Amt  in 
Sevilla  und  das  neu  errichtete  Spezereihaus  in  Corufia ;  selbst  der  indische 
Staatsrath  betrachtete  die  einzelnen  Theile  der  neuen  Welt  als  Inseln ;  die 
Krone  sogar  förderte  eine  solche  Annahme  durch  Verleihung  von  Land- 
gebieten, welche  von  einem  Meere  zum  andern  reichen  sollten.  —  Solche 
Verleihungen  schwebten  jetzt  den  Weiserischen  vor,  welche  auf  die  Er- 
langung eines  die  Oceane  verbindenden  Gebietes  mehr  und  mehr  die  Hoff- 
nung gründeten,  dass  ihre  Santo  Domingo'er  Faktorei  wirklich  gewinn- 
bringend sich  ausbilden  lasse. 

Hatten  die  Augsburger  Herren  die  Machtvollkommenheit  erlangt,  auf 
Hispaniola  Handel  zu  treiben,  als  wären  sie  Nationale,  so  konnten  sie  ge- 
wiss auch  noch  weiter  gehen  und  ebenso,  wie  mancher  Spanier,  Land  und 
Leute  der  Wildniss  zu  Nutz  und  Lehen  erhalten ;  waren  doch  solche  Ver- 
gebungen längst  nicht  mehr  allein  hochstehenden  Personen,  verdienten 
Expeditionsführern  und  grossen  Entdeckern  zu  Theil  geworden,  sondern 
schon  allerlei  fahrenden  Leuten,  sofern  nur  die  üblichen  Sicherheiten 
durch  Geld  oder  Geldeswerth  geleistet  werden  konnten. 


88  Geschichte  der  "Weiser-Züge  in  Amerika. 

IL 

Der  Plan,  ausser  einer  einfachen  Handels -Faktorei  auch  den  an- 
gedeuteten grossen  Landbesitz  zu  erwerben,  konnte  nicht  lange  und  breit 
erwogen  werden;  denn  bei  den  Gewässern  von  Klein-Venedig  drohte  ein 
Mann  sich  festzusetzen ,  welcher  gewichtigen  Einfluss  geltend  machen 
konnte:  einer  der  reichsten  Zuckerrohr-Bauer  von  Hispaniola,  Juan  de 
Ampiös,  der  bereits  auf  den  Rieseninseln  sich  eingerichtet  hatte  und 
nun  Santo  Domingo  in  sonderbarer  Begleitung  von  Eingeborenen  Coriana's 
aufsuchte,  welche  ihn  zum  Schutze  gegen  die  Bergwilden  in  ihrer  Mitte 
zu  sehen  wünschten.  So  wenigstens  hatte  ein  Häuptling  in  seinem  Ge- 
folge -^  Varacoyea  geheissen,  welcher  in  der  alsbald  vorgenommenen 
Taufe  den  Namen  seines  Gönners  Juan  empfing  —  geredet,  und  einer 
seiner  Landsleute  hatte  dann  dessen  Aussagen  in  allen  Einzelheiten  be- 
stätigt, namentlich  auch  darin,  dass  in  jenem  Lande,  etwa  zehn  Leguas 
von  der  Küste  entfernt,  der  Sitz  eines  grossen  Oberhäuptlings  sei,  der  sich 
gleich  einem  Gotte  verehren  lasse  undManauri  heisse.  Ampi  es  rüstete 
alsbald  ein  Schiff,  um  den  Wünschen  dieser  Leute  zu  entsprechen  und 
Manauri  kennen  zu  lernen. 

Somit  galt  es  für  die  Wels  er  keine  Zeit  zu  verlieren.  Dal- 
finger  übergab  daher  die  Faktorei  dem  vielgereisten  und  gut  bewanderten 
Sebastian  Rentz,  einem  ihm  lange  bekannten  Ulmer  Landsmann,  und 
begab  sich  nach  Europa  zurück  mit  dem  Gedanken ,  das  Land  zwischen 
dem  Vorgebirge  der  Hintertrosse  und  dem  des  Segels  müsse  so,  dass  einer- 
seits Maracapana,  andererseits  Santa  Marta  die  Nachbarländer  würden,  für 
seine  Herren  Wels  er  irgendwie  sich  erwerben  lassen.  Von  diesen  beiden 
Nachbarländern  war  das  erstere  in  jüngster  Zeit  nicht  wieder  durch 
Europäer  besucht  worden,  obwohl  für  das  erwähnte  Enciso'sche  Unter- 
nehmen die  Kronbeamten  sofort  ernannt  worden  waren:  achtungswerthe 
Männer,  von  denen  Gutes  sich  erwarten  Hess.  Das  andere  Nachbarland, 
das  von  Santa  Marta,  hatte  dem  schon  1526  verstorbenen  ersten  Guber- 
nator  freilich  viel  Gold  gebracht,  aber  seiner  kurzen  Regierung  waren 
Mord  und  Todtschlag,  Parteiung  und  Bürgerkrieg  gefolgt,  so  dass  der  neue, 
für  Santa  Marta  ausersehene  Statthalter  offenbar  grossen  Schwierigkeiten 
entgegenging. 

Es  gelang  nun  den  Vertretern  von  „Bartolomeo  und  Antonio,  Ge- 
brüdern Wels  er",  wie  in  Sevilla  so  auch  beim  spanischen  Hofe  alle  Be- 
denken gegen  eine  solche  Landverleihung  zu  besiegen.  Ampi 6 s  Hess 
sich  beseitigen,  weil  er  keine  Kronbelehnung  für  Coro  aufzuweisen  hatte; 


Die  Belehnung  der  Weiser.  39 

die  Beamten,  welche  Enciso  zugetheilt  worden  waren ,  konnte  man  für 
sich  gewinnen;  zu  beiderseitigem  Vortheil  musste  eine  Verständigung  mit 
dem  neuen  Gubernator  von  Santa  Marta  gereichen.  Dieser,  Garcia  de 
Lerma,  war  ein  Vertrauter  des  am  23.  Februar  1526  verstorbenen  Vice- 
königs  Colon  gewesen,  dessen  in  Spanien  eingetretener  Tod  die  Aufrecht- 
erhaltung der  letzten  Reste  von  dem  ehemals  seinem  Vater  verliehenen 
Vicekönigthum  vollends  unmöglich  machte.  Seitdem  präsidirte  dem  Kammer- 
und  Hofgerichte  von  Santo  Domingo  Sebastian  Ramirez  de  Fuen- 
1  e  a  1 :  ein  Mann,  der  alsbald  auch  Bischof  von  Hispaniola  wurde  und  eine 
Regierung  einleitete,  welche  Hoffnung  auf  geordnete  Verhältnisse  erweckte, 
besseren  Schutz  von  Recht  und  Gerechtigkeit  versprach  und  gewiss  mit 
der  Zeit  auch  neuen  Gründungen  Hülfe  und  Beistand  gebot. 

Den  Vertrag  über  die  Belehnung  stellte  in  Spanien  Namens  der  Ge- 
brüder Wels  er  ihr  Bevollmächtigter  Heinrich  Ehinger,  ein  Ulmer 
Kaufmann,  welcher  Ritter  des  Santiago-Ordens  und  kaiserlicher  Kammerherr 
war,  mit  Rodrigo  deDuenas  fest;  ihm  stand  dabei  Hieronymus 
Sailler  zur  Seite.  Der  Lehnbrief  enthielt  die  bei  solchen  indischen 
Lehen  üblich  gewordenen  Bestimmungen ;  namentlich  ward  ausdrücklich 
vorgesehen,  dass  die  am  17.  November  1526  erlassene  allgemeine  Verord- 
nung über  die  Wilden,  wie  alle  anderen  auf  Indien  bezügliche  Vorschriften 
auch  für  die  W  e  1  s  e  r  gelten  sollten.  Sodann  war  wiederholt,  dass  diesen 
nur  das  Recht  des  Kriegseisens  zustände,  das  ist,  dass  sie  Wilde  nur  dann 
mit  dem  Sklavenzeichen  brennen  dürften,  wenn  dieselben,  trotz  der  vor- 
geschriebenen Aufforderung  und  Vermahnung,  sich  erkühnten,  Widerstand 
zu  leisten.  Ebenso  war  noch  ausdrücklich  erklärt,  dass  sie  nur  dann  den 
Wilden  ihre  Sklaven  abkaufen  dürften,  wenn  das  bestehende  Sklavenver- 
hältniss  unter  Mitwirkung  von  königlichen  Beamten  oder  Geistlichen  fest- 
gestellt sei.  Zu  solchen  und  ähnlichen  Zwecken  sollte  ein  eigener  Pro- 
tektor der  Indier  die  Weiserischen  begleiten,  und  zwar  wurde  ein  früherer 
Genosse  von  Las  Casas,  Antonio  de  Montesinos,  dabei  ins  Auge 
gefasst. 

Bartolmä  und  Anton  Welser  selbst,  sowie  deren  Erben  und 
sonstigen  Rechtsnachfolger  sind  die  Belehnten ;  „sie  dürfen,"  wie  Einer  der 
Ihrigen  sagt,  „wegen  kaiserlicher  Majestät  das  Land  einnehmen  und  das 
Volk  zu  Christen  machen,  taufen  lassen  und  kaiserlicher  Majestät  unter- 
thänigen;  neben  diesen  mögen  sie  gegen  einander  ihren  besten  Nutzen 
schaffen,  doch  dass  allewege  kaiserliche  Majestät  ihren  Theil  mit  habe." 
Den  Kaiser  betrachteten  irrthümlicher  Weise  die  Deutschen  als  ihren  Lehns- 
herrn, nicht  den  König  von  Kastilien,  dem  der  Papst  die  Hälfte  der  Welt 


40  Geschichte  der  Welser-ZUge  in  Amerika. 


zugetheilt  hatte;  sie  stützten  sich  auf  ihr  Kaiserthura,  obwohl  ihrem  über- 
seeischen Statthalter  die  kastilische  Krone  das  Gehalt  von  200000  Mara- 
vedis  bezahlen  sollte,  obwohl  dessen  Itang  und  Titel  die  eines  kastilischen 
Adelantado's  sein  sollten ;  diese  Würden,  die  meist  nur  persönlich  und  nur 
„fiir  ein  Leben"  verliehen  wurden,  sollten  bei  einem  Personenwechsel  nicht 
mehr  besonders  wieder  zugebilligt  werden.  Den  General-Kapitän  und  den 
obersten  Gerichtsvogt,  zu  deren  Gehalt  die  Krone  je  100  000  Maravedis 
beisteuerte,  ferner  die  Kommandanten  der  drei  Festungen,  welche  nebst 
zwei  Ortschaften  anzulegen  waren,  ernannten  die  Belehnten  ihrerseits. 

Ausser  solchen  Regierungsrechten  erhielten  sie  noch  verschiedene 
Vortheile  besonderer  Art,  nämlich:  Befreiung  von  dem  Zoll,  der  sonst  in 
Indien,  wie  in  Spanien  selbst,  für  Ein-  und  Ausfuhr  von  Nahrungsmitteln 
bezahlt  wurde;  das  Zugeständniss,  während  sechs  Jahre  im  Indienhause 
zu  Sevilla  ihre  indischen  Waaren  kostenfrei  zu  lagern,  und  von  allen 
sonst  der  Krone  zu  leistenden  Abgaben  4  Prozent  für  sich  zu  behalten; 
das  Recht,  von  den  vor  dem  Winde  belegenen  indischen  Inseln  Rinder, 
Pferde  und  anderes  Viehzeug  zu  holen,  das  sonst  nur  für  die  Versorgung 
von  Hispaniola  bestimmt  war;  endlich  das  freie  Eigenthum  von  beliebig 
auszuwählenden  zwölf  Quadratmeilen  Land.  Von  ihren  Leuten  erhält  so- 
dann Jeder  innerhalb  vier  Jahre  nach  der  Ankunft  als  privates  Eigen- 
thum zwei  Caballerias  und  zwei  Solares,  d.  h.  zwei  Anbauplätze  mit  zwei 
Grundstücken  von  200  zu  100  Fuss.  Ausserdem  haben  auch  sie  Abgaben- 
begünstigung ;  sie  zahlen  nämlich  in  den  drei  ersten  Jahren  nur  den  Gold- 
zehnten, erst  im  neunten  den  Goldfünften;  sie  haben  acht  Jahre  lang  Be- 
freiung von  der  Umsatzsteuer  auf  Lebensmittel  und  für  immer  Befreiung 
von  der  Salzabgabe. 

Nach  allseitigem  Wunsch  war  das  Unternehmen  schnell  zu  begirmen, 
nämlich  in  dem  auf  das  Datum  des  Lehnbriefs  folgenden  Jahre.  Es  sollte 
auch  mit  Energie  angefasst  werden;  mit  vier  für  ein  Jahr  verprovian- 
tirten  Schiffen  und  mit  vierhundert  Personen,  Spaniern  oder  Fremden, 
sollte  ausgefahren  werden.  Es  sollte  schliesslich  di«  Anlage  der  Festungen 
und  Ortschaften  schon  binnen  zweier  Jahre  nach  der  Besitzergreifung  des 
Landes  erfolgen. 

Besonders  um  diese  Besitzergreifung  zu  erleichtern,  ward  ein  eigener 
Vertrag  mit  Lerma  abgeschlossen,  der  jedoch  nur  über  geringe  Mittel 
verfügte  und  für  seine  Kolonien  vorzüglich  auf  Portugiesen  rechnete,  denen 
der  Weg  auch  nach  diesem  Indien  offen  stand,  seitdem  Karl  V.  am  10.  März 
1526  eine  portugiesische  Prinzess  geheirathet  hatte.  Die  Welser  ver- 
pflichteten sich,  den  Gubernator,  der  vorausging,  von  Santo  Domingo  nach 


Ausrüstung  der  ersten   Expedition  unter  Dalfinger.  41 

Santa  Marta  zu  bringen,  und  zwar  unter  seinem  Oberbefehl;  wenn  sich 
dort  Unruhen  zeigten,  so  sollte  die  ganze  Expedition  landen,  sonst  aber 
höchstens  fünfzig  Mann.  Dafür  machte  sich  Lerma  verbindlich,  den 
Welsern  Santa  Marta-Leute  zur  Hilfe  zu  senden,  sobald  er  darum  ange- 
gangen werde,  und  zwar  unter  seinem  persönlichen  Kommando  oder  unter 
einem  von  den  Weiserischen  zu  ernennenden  Führer. 

Als  ihren  ersten  Statthalter  in  den  verliehenen  Gebieten  ernannteii 
die  Augsburgischen  Kaufherren  ihren  bisherigen  Faktor  in  Santo  Domingo, 
Ambrosius  Dalfinger,  den  Ulmer  Kaufmann,  und  für  den  Fall  seines 
Todes  den  Georg  E hinger.  Beide  wurden  im  Lehnbriefe  ausdrücklich 
genannt.  Der  Statthalter  sollte  fürs  Erste  zu  gleicher  Zeit  General- 
Kapitän  sein. 

Unter  Dalfinger's  Leitung  fand  dann  auch  die  Werbung  für  die 
Expedition  statt,  die  unter  all  dem  abenteuerlustigen  Volke  Andalusiens 
—  auf  Deutsche  kam  es  für  die  gewöhnliche  Masse  nicht  an  —  gut  und 
rasch  von  Statten  ging;  denn  der  Name  der  Gebrüder  Wels  er  von 
Augsburg  hatte  guten  Klang;  ihre  Vertreter  machten  in  Sevilla  und 
Madrid  weitreichenden  Einfluss  geltend ;  es  wurden  über  das  Zukunftsreich 
nur  anmuthende  Dinge  erzählt:  Geschichten  von  schönen  Frauen,  von 
Reichthümern  aller  Art,  wie  Gold  und  Perlen;  die  Aussicht  auf  die 
märchenhafte  Südsee  und  ihre  Küsten  an  und  für  sich  that  endlich  das 
Ihrige.  Ausserdem  kam  hinzu,  dass  unter  den  für  das  Weiserische  Land 
Ausersehenen  anerkannt  tüchtige  Personen  sich  fanden,  so  Alonso 
Vasquez  de  Acuiia,  der  zum  Schatzmeister,  Pedro-  de  San- 
Martin,  der  zum  Schmelzaufseher,  Francisco  de  Salazar,  der  zum 
Rechnungsführer  ernannt  war,  sämmtlich  früher  für  das  Enciso'sche 
Unternehmen  erwählt;  ferner  schlössen  sich  Männer,  wie  Luis  Gonzales 
de  Leiva,  liiigo  de  Vascuna,  Francisco  de  Santa-Cruz,  den 
Weiserischen  an. 

Dalfinger's  Truppe  sollte  aus  etwa  vierhundert  Personen  bestehen 
und  vollständig  nach  den  Erfahrungen,  welche  bisher- jenseits  des  Oceans 
gemacht  waren,  zusammengestellt  und  ausgestattet  werden.  Der  Kern  des 
Zuges  ward  aus  einigen  eingeübten  Fähnlein  gebildet,  deren  Abzeichen 
besondere  Farben  hatten.  Für  die  Rosse  wurde  „Schellen-  und  Schlitten- 
zeug" beschafft;  „mit  diesem  sollten  sie  behangen  werden,  auf  dass  ihre 
Reiter  also  polternd  umherschweifen  könnten,  um  die  Indianischen  eher 
zum  Ergeben  zu  bringen".  Von  den  erforderlichen  Pferden  wurde  in 
Spanien  jedoch  nur  die  für  die  Officiere  bestimmte  leichte  Pferdeart  ange- 
schafft. Zum  Führer  der  Reiter  war  Casimir  vonNürnberg  ausersehen. 


42  Geschichte  der  Welser-Züge  in  Amerika. 

Bei  der  ganzen  Ausrüstung  war  alles  Schwere ,  wie  Hellebarden, 
Zweihänder,  Hakenbüchsen,  lange  Spiesse,  zu  vermeiden,  ebenso  Harnische 
oder  gar  Panzer.  Koller  und  Wämser  bildeten  die  Kleidung;  die  Schuhe 
waren  aus  Stricken  oder  Schnüren  gemacht;  die  Flaschen  bestanden  aus 
Gaishäuten,  das  Rauch  hineingekehrt-,  für  das  blosse  Haupt  gab  es  „gute 
dreieckige  Schweisstücher,  die  auf  Türkisch  aufgesetzt  wurden".  Die 
Armbrustschützen  waren  gerüstet  mit  langen  Armbrüsten;  die  waren 
stählern,  und  ihre  Winden  hingen  am  Gürtel,  sodass  sie  schnell  sicli  auf- 
spannen Hessen;  die  Köcher  hatten  gute,  verstahlte,  spitzige  Pfeile.  Ihre 
Wämser  waren  weit  und  mit  Thierhaaren  oder  mit  Baumwolle  ausgefüllt, 
ihre  Hosen  aus  Leinen,  ihre  kleinen,  alten,  Römerhelmen  ähnlichen  Hauben 
aus  Elenshäuten.  „Die  Rodelliere  und  Parthisaniere  waren  mit  Elenshäuten 
auch  angethan;  die  waren  hübsch  luftig  und  gut  gegen  die  grosse  Sonnen- 
hitze, wie  gegen  das  Schiessen  mit  vergifteten  Pfeilen" ;  die  Barette  waren 
mit  Federn  gezieret;  als  beste  Waflfe  erschienen  kurze  Wurfspiesse,  mit 
denen  viel  auszurichten  sein  sollte;  die  Scheiden  der  Rapiere  waren  mit 
Weissblech  beschlagen,  damit  Alles  desto  besser  und  länger  halte.  Beson- 
derer Werth  war  auf  die  Musik  gelegt,  die  aus  Pfeifen  und  Posaunen, 
Heerpauken  und  Trommeln  bestand,  weil  sie  grossen  Eindruck  auf  die 
Wilden  machen  sollte.  Den  Tross  bildeten  „Hundeführer  und  Pferde- 
wärter, Barbierer,  Zimmerleute,  Schuster,  Schneider,  Steckenknechte, 
Profosse  und  Andere  mehr,  so  zu  solcher  Rüstung  dienlich  sind".  Blut- 
hunde so  wenig  wie  Feuerwaffen,  geschweige  Geschütze  nahm  Da Ifing er 
mit,  auch  keine  Weiber. 

Vor  der  Einschiffung  wurde  „Jeder,  so  nach  der  Wels  er  Land 
wollte,"  in  Friana,  der  Vorstadt  Sevilla's,  vorschriftsmässig  gereinigt  und 
eingekleidet,  dann  zu  Sevilla  selbst  im  Indienhause  eingeschrieben  und 
„mit  zweien  Zeugen  ordiniret,  welche  die  Eltern  und  Freunde  kannten, 
item,  dass  sie  gute  Leute  und  Christen  seien".  Hierauf  erfolgte  am  eigent- 
lichen Abfahrtsorte  die  Haupt-Musterung.  „Da  hielt  man  uns  für,  wie 
dass  wir  dem  Gubernator  den  Eid  thun  müssten,  ihm  streiten  zu  helfen 
wider  die  Indianer,  und  Ehre  wie  Gut  zu  erlangen,  die  Indianer  mit  dem 
Schwerte  zu  erobern  und  zu  guten  Christen  zu  machen,  auch  sie  dem 
Gubernator  aus  kaiserlicher  Majestät  Befehl  zu  unterwerfen;  ebenso  wären 
wir  verpflichtet,  die  erste  Provinz,  so  wir  gewönnen,  dem  Gubernator  zu 
überantworten;  hernach  würde  er  das  Land  austheilen  an  Jeden  von  uns 
laut  kaiserlicher  Majestät  Befehl;  dann  hätte  davon  Jeder  dem  Gubernator 
für  Ueberfahrt  zu  zahlen,  und  wenn  ihm  Rüstung  geliehen  worden  sei,  auch 
für  diese,  ausser  des  Kaisers  und  der  Herren  Gebühren." 


Die  Ankunft  Dalfinger's  in  Amerika.  43 

Da  neben  den  Expeditionsleuten  noch  eine  Anzahl  von  Bergknappen, 
sowie  eine  Sendung  der  zu  liefernden  Neger  mitgenommen  werden  musste, 
war  schliesslich  der  Kaum,  der  während  der  Ueberfahrt  einem  Jeden  zuge- 
messen wurde,  nur  sehr  enge. 

So  fuhren  Dalfinger's  vier  Schiffe  schwer  beladen  von  San  Lucar 
de  Barrameda  aus.  Sie  kamen  wohlbehalten  Ende  1527  in  Santo  Domingo 
an,  wo  nicht  bloss  die  Sklaven,  sondern  auch  viele  der  Berggesellen  ge- 
landet wurden.  Dort  trat  Garcia  de  Lerma  nun  sofort  mit  der  Bitte 
um  Darlehn  hervor,  da  er  sonst  den  Theil  der  Ausrüstung,  den  er  auf 
Hispaniola  vorbereitet  hatte,  nicht  bezahlen  könne;  nachdem  von  den 
Weiserischen  Akten  Kenntniss  genommen  war,  bewilligte  Sebastian 
Rentz  den  Vorschuss.  War  schon  diese  Begrüssung  unangenehm,  so 
erregten  die  Nachrichten  über  die  in  der  Zwischenzeit  von  Ampi 6s 
unternommenen  Schritte  geradezu  Besorgniss.  Dieser  hatte  sich  nämlich 
schon  den  7.  September  leidklagend,  fast  beschwerdeführend  an  die  Krone 
gewendet:  bereits  habe  er  Lebensmittel,  Werkzeuge,  Hausbaugeräthe, 
Pferde  und  Menschen,  sogar  seinen  einzigen  Sohn  nach  dem  Coriana-Lande 
geschickt,  und  jetzt  heisse  es,  das  Gebiet,  zu  dem  dieses  gehöre,  sei  an 
Deutsche  vergeben  worden ;  sollte  dies  wahr  sein,  so  würde  nicht  bloss  er 
persönlich  schwer  geschädigt,  sondern  auch  die  in  friedlicher  Weise  be- 
gonnene Besiedelung  gefährdet,  da  alsdann  Krieg  und  Tod  drohe ;  er  bitte 
ausdrücklich  um  Verleihung  jenes  Landstriches;  wäre  diese  aber  unmöglich, 
mindestens  um  Belehnung  mit  dem  Cocibacoa-Lande ;  das  sei  bis  nach 
Santa  Marta  hin  die  reichere  Gegend  und  die  zwischen  ihm  und  dem 
Busen  von  Klein-Venedig  wohnende  Bevölkerung  schon  in  Freundschaft 
gewonnen.  Wenn  solche  nachträgliche  Vorstellungen  Gehör  fanden,  so 
waren  die  Grenzen  des  Weiserischen  Lehens  wesentlich  und  sehr  bedenklich 
verengert. 

Diese  Sache  war  von  der  Faktorei  nicht  zu  erledigen ;  sie  musste 
daheim  entschieden  werden.  Die  Reise  ging  also  weiter,  sobald  L  e  r  m  a  mit 
seinem  Gefolge  sich  an  Bord  eines  der  drei  weiter  fahrenden  Schiffe 
begeben  und  deren  Verproviantirung,  Vervollständigung  oder  Erneuerung 
gefunden  hatte.  „Von  Santo  Domingo  nach  Venezuela  schiffend, "  so  sagt 
ein  Genosse  Dalfinger's,  „ist  es  bei  200 Meilen,  wie  wohl  es  stracken  Wegs 
nicht  über  150  Meilen  sind;  man  kann  diesen  nicht' gebrauchen ;  denn  das 
Meer  hat  daselbst  zu  starken  Strom,  der  fast  einem  schnell  rinnenden 
Flusse  gleicht,  und  die  Schiffe  würden,  wenn  sie  nicht  höher  anführen, 
als  in  gerader  Richtung ,  den  Ort  verfehlen ,  nach  dem  sie  bestimmt 
sind." 


44  Geschichte  der  Welser-Ztige  in  Amerika. 

In  Santa  Marta  schien  Alles  ruhig  zu  sein^  die  Weiterfahrt  konnte 
daher  ohne  Verzug  erfolgen,  sobald  nur  noch  einige  Pferde  an  Bord  ge- 
nommen waren;  diese  Pferde  waren  noch  reichlich  jung,  da  sie  von  der 
Zucht,  die  RodrigodeBastidasim  Coto-Thale  angelegt  hatte,  stammten ; 
doch  deckten  sie  den  Weiserischen  Vorschuss,  welchen  Lerma  erhalten 
hatte.  Ungehindert  konnte  dieser  dort  mit  seinen  Leuten  sich  ausschiffen. 
Dalfinger  fuhr  nun  in  östlicher  Richtung  scharf  an  der  Küste  entlang,  an 
der  Nachts  die  Fischfangfeuer  der  Wilden  sich  zeigten,  und  warf  am 
23.  Februar  an  der  Küste  Anker,  nicht  fern  von  Coro,  von  dem  Orte,  an 
welchem  die  Leute  von  Ampi 6s  sich  niedergelassen  hatten.  Tags  darauf 
zog  er  nach  dieser  Ansiedlung  mit  400  Mann  und  mehr  als  80  Pferden 
und  Hess  sich  „als  Gubernatoren  und  Generalkapitän  aus  gegebener  Gewalt 
kaiserlicher  Majestät  von  den  Einwohnern  und  dem .  Kriegsvolke  mit  Eid 
huldigen  und  unterthänigen".  Der  Ort  erhielt  alsdann  die  übliche  Stadt- 
verfassung; zu  den  Stadtverordneten  wurden  zwei  der  Ampi^s'schen 
ernannt:  Juan  Quaresma  de  Melo  und  Juan  Virgilio  Garcia, 
sowie  zwei  der  Dalfinger'schen:  Gonzalo  de  los  Rios  und  Martin 
de  Artiaga;  diese  wählten  als  Stadtobersten  von  den  bereits  Ansässigen 
Esteban  Matheos  aus  Moguer  und  von  den  Neuangekommenen  S a n c h o 
Brizefio.  Alsbald  wurde  der  Bau  einer  Kirche  in  Angriff  genommen, 
und  am  26.  Juli  1529  konnte  der  kleine,  aber  kastellartige  Gottesort  der 
heiligen  Anna  geweiht  werden. 


m. 

Die  Landung  in  Coro  war  gewählt,  weil  dahin  Lootsen  ziemlich 
sicher  das  Geschwader  geleiten  konnten  und  bei  der  Ankunft  einige 
europäische  Hilfe  zu  erwarten  stand.  Reize  hatte  der  zuerst  betretene 
Theil  des  Weiserlandes  nur  wenige,  und  noch  geringer  waren  seine  Hilfs- 
quellen und  Verbindungen.  In  der  Entfernung  sichtbar  das  drohend 
dreinschauende,  bloss  oben  bewaldete  Felsgebirge  der  Cariben,  unsichtbar 
das  angeblich  verheissungsvolle  Gewässer  von  Klein- Venedig,  in  der  Nähe 
weder  kühlendes  Wasser,  noch  erfrischendes  Grün.  Die  einzige  Erquickung 
bot  die  täglich  sich  wiederholende  Seebrise,  nach  der  diese  Gegend  genannt 
war.  „Hier  ist  Alles,"  so  schreibt  einer  der  Weiserischen,  „bedeckt  mit 
lichtem  Walde  und  dornigen  Bäumen,  di6  wenig  Früchte  geben;  obwohl 
dieses  Land  Mangel  an  Regen,  Bächen  und  Quellen  hat,  ist  es  doch 
gesund,    indem   eine  gute  Luft  weht;    es    ist    aber    ein  arm  Land.     Dort 


Kulturziistände  im  Coro-Lande.  45 

wohnt  ein  nackend,  bestialisch  Volk,  boshaft  und  sehr  listig ;  es  sind  Leute 
von  dunkler,  gelber  Farbe,  mit  viereckigen,  bartlosen  Gesichtern  und  langem 
schwarzen  Haar.  Bei  ihnen  wächst  kein  Wein  5  auch  giebt  es  da  kein 
Fleisch  von  vierfüssigen  Thieren,  ausser  von  Hirschen,  welche  in  Menge 
vorhanden  sind,  aber  nicht  so  gross  sind,  als  bei  uns  in  Deutschland ;  doch 
findet  sich  auch  eine  Tigerart  und  vielerlei  Geflügel.  Ihr  Brot  machen 
die  Leute  aus  weissen  Körnern,  welche  sie  Mais  nennen ;  dieses  Mais  wächst 
an  Stengeln  und  in  Aehren,  fast  wie  Korn.  Eine  andere  Art  Brot  bereiten 
sie  aus  einer  Wurzel  und  nennen  es  Cassave.  Ihr  Essen,  dessen  sie  genug 
haben,  an  Wurzeln,  Kräutern  und  Früchten,  sowie  an  Papageien,  Thieren 
und  Fischen,  bereiten  sie  zwischen  zwei  Steinen  an  der  Sonne;  aber  bös 
faul  Wasser  ist  ihr  Getränk.  Als  Wehr  haben  die  Männer  lange  Spiesse, 
aus  Palmenschäften  gemacht,  und  Bogen,  mit  denen  sie  sehr  sicher  zielen ; 
vorn  ist  an  den  Pfeilen  eine  äusserst  scharfe  Spitze  von  Fischbeinen,  mit 
der  sie  eine  drei  Zoll  dicke  Elenshaut  durchschiessen  können.  Es  ist  zu 
verwundern,  wie  hübsche  Arbeit  sie  bloss  mit  harten  Steinen  verfertigen. 
Sie  handeln  unter  einander  mit  kleinen  subtilen  Paternostern,  die  sie  aus 
Meermuscheln  machen;  das  ist  ihr  Geld,  und  sie  achten  es  hoch."  Die 
Bewohner,  ein  Stamm  der  ehedem  mächtigen,  aber  längst  durch  das  Ein- 
dringen stärkerer  Völker  zersplitterten  Zaquitier,  welche  weder  das 
gefürchtete  Pfeilgift  zu  ihren  Waffen,  noch  den  Genuss  von  Menschenfleisch 
zu  ihren  Gewohnheiten  zählten,  lebten  in  Ortschaften  unter  Häuptlingen, 
von  denen  der  genannte  Manauri  als  der  hervorragendste  erschien.  Wie 
Coro,  so  waren  Capatarida,  Carao,  Carona,  Cumarebo,  Guaybacoa,  Hurehu- 
rebo,  Hurraqui,  Miraca,  Paragoba,  Tamadore,  Todariquiba,  Zacerida 
dürftige,  nur  aus  wenigen  Häusern  bestehende,  meist  in  der  Nähe  der 
Meeresküste  belegene  Anbaustellen ;  sie  standen  nicht  am  Ufer  selbst,  wo 
dichte  Mangle-Gebüsche  mit  Wurzelwerk  und  Gezweig  die  zahlreichen 
Seethiere  auffingen,  sondern  hinter  dem  Rande  dieses  Dickichts,  auf 
festerem  Boden.  Hausthiere  gab  es  nicht,  geschweige  Lastthiere.  Wenn- 
gleich einige  kärgliche  Früchte  auf  abgegrenzten  Feldstücken  gepflanzt 
wurden,  wohnten  die  Menschen  doch  in  Hütten,  die  wenig  mehr  als  Dach 
und  Pfosten  besassen,  und  hatten  sie  keinen  Begriff  von  Ehe,  nur  sehr 
geringen  von  Verwandtschaft,  also  auch  nur  sehr  geringen  von  Blutschande  •, 
unter  den  Weibern  zeigten  sich  Männer,  welche  keine  WafiFen  führten  und 
weibisch  anzusehen  waren,  da  sie  das  Haar  so  lang  trugen,  dass  es  bis 
auf  die  Hälfte  des  Rückens  herabhing ;  es  hiess  bald,  sie  hätten  geduldet, 
dass  an  ihnen  Päderastie  verübt  werde,  welche  die  Christen  bei  Sklaven 
der  Wilden   sehr   häufig    anzutreffen   vermeinten.     Als    ganz    absonderlich 


46  Geschichte  der  Welser-Züge  in  Amerika. 

erschien  der  Gebrauch  einer  Tabaco  genannten,  bis  zur  Brusthöhe  eines 
Mannes  wachsenden  Pflanze  mit  woUigen  Blättern  von  Handlänge  und  von 
einer  Breite  von  vier  Fingern,  deren  Form  einer  Lanzenspitze  glich.  „Dies 
Gewächs  säen  sie  Jahr  für  Jahr,  sammeln  bei  der  Ernte  die  Blätter 
in  Bündel,  trocknen  und  bewahren  sie  als  sehr  gesuchte  Tauschmittel." 

Auch  andere  Eigenthümlichkeiten  dieser  Eingeborenen  fielen  den 
Europäern  sehr  auf.  So  schrieb  zu  jener  Zeit  der  genannte  Oviedo, 
die  Eingeborenen  hätten  unter  sich  Vornehme,  welchen  viele  Indier  ge- 
hören und  andere  Häuptlinge  wieder  untergeben  seien.  Sie  heissen  Diaos. 
Wenn  ein  Diao  stirbt,  wird  er  in  der  Mitte  seiner  Wohnung  in  eine  etwa 
sechs  bis  sieben  handhoch  über  dem  Boden  an  Pfeilern  befestigte  Hänge- 
matte gelegt,  und  darunter  werden  dann  flammenlose,  aber  glühende  Kohlen 
gehäuft,  so  dass  der  Körper  bis  auf  Haut  und  Knochen  austrocknet. 
Ausserdem  wird  ein  dem  Verstorbenen  ähnliches  Abbild  aus  Holz  gemacht 
und  dieses  auch  dahin  gestellt.  Der  gedörrte  Körper  wird  später  in  eine 
neue  Hängematte  so  gelegt,  als  ruhe  in  ihr  ein  Schlafender,  und  alsdann 
in  der  Wohnung  des  Todten,  in  der  sonst  Niemand  bleibt,  aufgehängt. 
Die  Hängematte  wird  freilich  von  Zeit  zu  Zeit  erneut;  wenn  aber  schliess- 
lich der  Körper  sich  so  völlig  aufgelöst  hat,  dass  die  Glieder  von  einander 
fallen,  wird  das  Holzbild  verbrannt  und  das  Volk  zusammengerufen,  um 
die  Knochenreste  zu  verzehren.  Dann  kommen  Alle,  bemalt  mit  Dihai 
und  Jdgua,  legen  ihre  schönsten  Schmucksachen,  Schnüre  und  Goldstücke 
an,  putzen  sich  auf's  Beste  und  geniessen  dann  zwei  bis  drei  Tage  hinter 
einander  Mazato,  ein  aus  Mais  bereitetes,  saures  Gericht,  zu  welchem  sie 
die  zermahlenen  Knochen  des  Diao  hinzuthun,  sodass  eine  Art  Suppe  oder 
Brei  entsteht.  Auch  beim  Tode  anderer  Vornehmer  versammeln  sie  sich 
in  deren  Ortschaften,  um  während  der  Nacht  Klagelieder  anzustimmen, 
in  denen  sie  des  Verstorbenen  Thaten  besingen ;  folgenden  Tages  sammeln 
sie  viel  trocken  Holz  und  verbrennen  den  Körper  so  geschickt,  dass  sie, 
wenn  das  Fleisch  vom  Feuer  verzehrt  wird,  die  Knochen  aus  der  Gluth 
herausholen;  diese  mahlen  sie  zwischen  zwei  Steinen.  Dann  folgt  eben- 
falls das  Mazato -Mahl.  Das  alles  berichtet  der  Schlosshauptmann  von 
Santo  Domingo. 

In  Folge  solcher  und  ähnlicher  Gebräuche  hiess  es  natürlich  all- 
gemein ,  diese  Zaquitier  beteten  den  Teufel  an,  welchen  ihre  Priester,  die 
Boratios,  oft  sähen  und  oft  sprächen ;  sie  brächten  sein  Bild  auf  Schmuck- 
sachen an,  bei  Holzschnitzereien,  in  ihren  Häusern  und  an  den  Stellen, 
die  ihnen  besonders  werth  seien.  Die  Erzählung  lautete:  „In  jeder  Ort- 
schaft giebt  es  einen  Boratio,  der  den  Leuten  weissagt,  ob  Regen  kommt, 


Kulturzustände  im  Coro-Lande.  47 

Dürre  andauert,  ob  man  gegen  einen  Feind  ziehen  soll  oder  daheim  bleiben, 
ob  die  Christen  sie  erschlagen  werden  oder  nicht,  kurz  Alles,  was  gefragt 
wird.  Zur  Berathung  mit  dem  Teufel  zieht  sich  der  Priester  in  eine 
eigene  Hütte  zurück  5  dort  entzündet  er  jenes  Rauchwerk  Tabaco  und 
bleibt  ein  bis  drei  Tage  eingeschlossen;  dann  kommt  er  wieder  heraus 
und  sagt,  dies  oder  das  gebe  ihm  der  Teufel  zur  Antwort.  Dafür  erhält 
er  dann  Werthsachen  und  Aehnliches.  Uebrigens  ist  für  diese  Leute, 
wenn  sie  erfahren  wollen,  ob  es  gut  sei,  zum  Fischfang  oder  zur  Jagd  zu 
gehen ,  Jeder  ein  Priester ;  sie  wickeln  nur  die  Tabacoblätter  um  einen 
Maiskolben,  stecken  die  eine  Ecke  an,  führen  sie  brennend  in  den  Mund 
und  blasen  den  Rauch  aus  5  sobald  die  Hälfte  abgebrannt  ist,  wickeln  sie 
die  Blätter  ab,  und  wenn  diese  eine  gehörnte  Sichelform  annehmen,  ist  es 
günstiges,  wenn  sie  flach  bleiben,  ist  es  ungünstiges  Zeichen.  Sie  glauben 
vollständig  diesen  Prophezeiungen." 

„Die  Boratios  sind  auch  ihre  Medizinmänner.  Liegt  Einer  elend  in 
der  Hängematte,  so  lässt  er  den  Priester  rufen;  der  kommt  und  fragt,  ob 
er  an  ihn  glaubt;  bejaht  dies  der  Kranke,  so  verordnet  der  Arzt,  dass 
Niemand  im  Hause  etwas  geniessen  dürfe,  abgesehen  von  einer  dünnen 
Maissuppe,  die  einmal  des  Tages  genommen  wird.  Hierauf  fragt  er  den 
Kranken,  wo  es  ihn  schmerze,  und  wenn  dieser  antwortet,  im  Kopfe  oder 
in  einem  Gliede,  so  fährt  er  mit  den  Händen,  die  er  bald  schliesst  und 
bald  öffnet,  darüber  in  die  Höhe,  als  wolle  er  etwas  greifen;  dann  legt 
er  die  Hände  zusammen  und  bläst  hinein:  „Fort  gehst  du,  Uebel!"  Dabei 
schreit  er  mit  lauter  Stimme  über  dem  Kranken,  bis  er  so  heiser  ist,  dass 
er  kaum  noch  heulen  kann.  Das  dauert  wohl  zwei  Stunden;  ist  dann 
der  Schmerz  nicht  verschwunden,  so  saugt  der  Boratio  am  kranken  Gliede, 
von  Zeit  zu  Zeit  ausspeiend,  und  nimmt  schliesslich,  nach  Verlauf  von  fünf 
oder  sechs  Tagen,  wenn  der  Kranke  sich  besser  fühlt,  einen  Dorn,  Stein 
oder  Aehnliches  in  den  Mund,  saugt  dann  nochmals,  speit  aus,  zeigt  dem 
Kranken  den  Gegenstand,  den  er  im  Munde  hielt,  als  das  Uebel,  das  ihn 
gequält  habe,  und  erhält  darauf  seine  Bezahlung." 

Solchem  Teufelswerke  traten  die  Weiserischen  ihrer  Masse  nach  mit 
einem  sehr  starken  Wunderglauben  antgegen ;  sie  wussten,  dass  im  Namen 
des  Vaters,  des  Sohnes  und  des  heiligen  Geistes  Wunden  und  Krank- 
heiten unter  den  schlimmsten  Umständen  geheilt  werden  könnten.  „Ob 
Einem  schon  ein  Pfeil  im  Leibe  abbreche,"  so  sagte  man,  „mit  diesem 
Segen  geht  er  am  dritten  Tage  heraus  und  heilet  die  Wunden ,  ohne 
Materie  oder  Eiter  zu  machen;  es  haben  die  Christen  so  grossen  Trost  in 
diesem  Segen,   dass   sie   dünkt,   unsterblich   zu   sein;   denn  dieweil  dieser 


48  Geschichte  der  Weiser-Züge  in  Amerika. 

Segen  unter  uns  ist,  hat  man  keinen  Christen  von  Wunden  sterben  selien, 
welche  zu  rechter  Zeit  gesegnet  wurden."  Mit  dieser  Vorstellung  hing  es 
auch  zusammen,  dass  Dalfinger  gleich  nach  seiner  Ankunft  nach  einem 
leewärts  von  Coro  belegenen  Indianerdorfe  den  aus  Santo  Domingo  mit- 
gekommenen Dechanten  des  Panama,' er  Domkapitels  entsendete,  um  Balsam 
zu  machen ;  der  verfertigte  zwei  Fässer  voll,  die  als  Proben  dienen  sollten. 
Dazu  kam,  dass  der  alte  Glaube,  der  spanische  Schutzheilige  St.  Jakobus 
helfe  den  Seinigen,  und  der  Märtyrer  St.  Sebastian  bewahre  vor  Pfeil- 
schüssen, auch  bei  den  Ansiedlern  in  Coro  mächtig  war. 

Die  Bekehrung  der  Eingeborenen  ward  nun  unter  Führung  von 
Montesinos  energisch  in  Angriff  genommen  und  ging  schnell  von  Statten. 
Gar  bald  erhielten  die  Häuptlinge  der  verschiedenen  Ortschaften  Coriana's 
christliche  Namen.  „Geistliche  Väter,"  so  sagt  einer  der  Weiserischen 
über  den  Hergang  der  Bekehrung,  „sollen  die  indianischen  Völker  an  sich 
gewöhnen,  auf  dass  sie  sich  taufen  lassen  und  mit  der  Zeit  den  christ- 
lichen Glauben  lernen  durch  etliche  von  den  Inseln  mitgenommene  Dol- 
metscher; so  kamen  sie  mit  Lichterwerk,  mit  Messgewand,  Altarzeug  und 
glänzenden  Dingen,  mit  Schalmeien,  Pfeifen  und  Trompeten  von  heller 
Stimme,  auch  mit  gemalten  Tafeln  und  goldenen  Bildern,  von  denen  die 
Indianischen  lernen  sollen ,  nach  wem  sie  gebildet  worden ,  was  Christus 
und  die  Heiligen  sind,  warum  Jener  ihrethalb  gelitten  hat,  was  das  Evan- 
gelium und  die  Schrift  enthält,  und  endlich  wie  sie  selig  werden  und  ein 
ewiges  Leben  erlangen  mögen.  Diese  wilden  Leute  zum  Guten  anzureizen, 
muss  man  gemach  mit  ihnen  umgehen,  da  sie,  bis  die  Spanier  sie  er- 
kundet, nie  nichts  Anderes  gewusst  haben,  als  dass  sie  allein  in  dieser 
Welt  lebten.  Da  sie  zuerst  Ritter  gesehen,  haben  sie  gemeint,  Ross  und 
Reiter  seien  ein  Wesen;  man  muss  sie  gewöhnen  mit  Schellen,  Glaskugeln 
und  anderen  glänzenden  Dingen,  ihnen  die  hinwerfen  und  schenken  und 
sie  also  fein  anlocken,  wie  Vögel,  bis  man  die  Leute  ein  wenig  gewonnen 
hat.  Bisweilen  muss  man  auch,  wenn  sie  nicht  wollen,  einen  von  ihnen 
fahen,  ihn  auf  unsere  Manier  kleiden  und  wieder  zurücklaufen  lassen,  da- 
mit seine  Leute  sehen,  dass  wir  es  nicht  schlimm  mit  ihnen  meinen.  So 
sie  dennoch  nicht  wollen,  sagen  jene  heiligen  Väter,  so  möge  man  wolil 
in  sie  brechen  und  jeden  von  ihnen  als  gute  Beute  betrachten."  Dal- 
finger selbst  bekümmerte  sich  wohl  wenig  um  die  Bekehrung  seiner 
heidnischen  Unterthanen ;.  obwohl  er  den  Kirchenbau  in  Coro  eifrig  betrieb, 
hiess  es  denn  auch  bald,  er  sei  kein  guter  Katholik,  was  einem  aus  Ulm 
stammenden  Deutschen  wegen  der  Greuel  des  Lutherthums  wohl  zu- 
zutrauen war. 


Dalfinger's  Zug  nach  der  See  von  Klein- Venedig.  49 

Mit  den  für  Cariben  gehaltenen  Bergbewohnern  entwickelte  sich  zwar 
für's  Erste  kein  Verkehr;  allein  Dalfinger  sandte  gerade  zu  ihnen 
seine  ersten  Kundschafter,  und  zwar  unter  Führung  von  Männern  aus  dem 
A  m  p  i  e  s  'sehen  Gefolge,  wie  P  e  d  ro  deLimpias  und  EstebanMartin, 
den  hervorragendsten  Wildenkennern,  die  es  bis  jetzt  in  jener  Gegend 
gab.  Auf  einer  Unternehmung  dieser  Art  überschritt  Ped  ro  deAranda 
die  erste  Wasserscheide  und  gelangte  in  das  dicht  bewaldete  Gebiet  des 
Moturoflusses.  Diese  Fahrten  galten  ebenso  der  Beschaffung  von  Lebens- 
mitteln und  Arbeitskräften,  wie  der  Durchforschung  der  Gegend,  nament- 
lich der  Nachspürung  nach  Fundstätten  von  Gold  5  letztere  zeigten  sich 
jedoch  weder  im  Felsenboden  noch  im  Gebirgswasser.  Als  Ersatz  wurden 
die  mit  der  Eisenmarke  „C",  d.  h.  Caribe,  gekennzeichneten  Gefangenen 
zur  Küste  mitgeführt,  um  die  nach  Santo  Domingo  gehenden  Schiffe  zu 
befrachten.  Doch  nur  mit  diesen  wilden  Bergeinwohnern  verfuhr  Dal- 
finger nach  dem  Faustrecht,  wie  Sitte  und  Erfahrung  damals  es  mit  sich 
brachten;  ihnen  gegenüber  ward  jedes  Missverständniss  als  Friedensbruch 
gedeutet.  Im  Gegensatz  zu  solchen  Gewaltthaten  schützte  Dalfinger 
hingegen  die  einfach  rohen  Zaquitier  vor  Willkür  und  Zwang,  und  ge- 
stattete nicht  einmal,  dass  ihre  Weiber  gezwungen  würden,  für  die  Fremden 
Mais  zu  mahlen.  Doch  konnte  er  unter  dem  Zwange  der  Verhältnisse 
auch  ihnen  gegenüber  nicht  lange  bei  dieser  milden  Praxis  bleiben. 

Natürlich  war  ein  ruhiges  Verweilen  in  der  trocknen  Gegend  der 
ersten  Landung  nicht  nur  unrathsam,  weil  keinerlei  Vortheil  sich  darbot; 
ein  Stillsitzen  war  geradezu  unmöglich,  da  die  vierhundert  Menschen  sich 
dort  auf  die  Dauer  nicht  ernähren  Hessen.  Daher  begann  Dalfinger, 
nachdem  er  Sailler  als  seinen  Vertreter  förmlich  eingesetzt  hatte,  eine 
grössere,  aus  mehr  als  hundert  Mann  bestehende  Expedition  nach  dem 
Gewässer  von  Klein -Venedig.  Um  in  dem  weiten  Lande,  das  gar  keine 
Lastthiere  aufwies,  eine  länger  dauernde  Fahrt  zu  ermöglichen,  musste  er 
eigene  Transportmittel  beschaffen;  denn  die  Europäer  konnten'  nicht  selber 
all  das  tragen,  was  unentbehrlich  zu  sein  schien  für  Wehr,  Unterhalt  und 
Lager;  Landsknechte  befassten  sich  nicht  einmal  mit  ihrem  „Plunder" 
eigenhändig.  Im  Tross  Kriegsgefangene  zu  verwenden,  war  aber  nicht 
wohl  möglich ;  denn  solche  waren  weder  leicht  und  gefahrlos  einzubringen, 
noch  in  genügendem  Gewahrsam  zu  halten.  Darum  kam  Dalfinger 
jetzt  auf  den  Gedanken,  sein  Recht,  Sklaven  von  den  Wilden  sich  zu  ver- 
schaffen ,  in  Anwendung  zu  bringen ;  er  behauptete ,  dass  die  Bewohner 
von  Coriana  ein  solches  Dienstverhältniss  unter  sich  kannten,  und  holte 
unter  diesem  Verwände,  ohne  den  Sachverhalt  durch  Geistliche  oder  Kron- 

Festsclirift  der  Hamburgischon  Amerika-Feior  11.  4 


60  Geschichte  der  Welser-Züge  in  Amerika. 

beamte  zuvor  feststellen  zu  lassen,  alle  Zaquitier,  die  er  gebrauchte,  zu- 
sammen. Dagegen  schritt  er  auch  jetzt  noch  nicht  dazu,  die  Wilden  und 
ihr  Land  in  der  herkömmlichen  Form  unter  die  Expeditionsgenossen  zu 
vertheilen,  zumal  er  überhaupt  der  Ansicht  war,  dass  das  öde  Coriana- 
Gebiet  bald  aufgegeben  werden  müsse;  er  hoffte  mit  Recht,  bessere  Plätze 
für  Niederlassungen  finden  zu  können. 

So  zogen  die  Weiserischen  nach  jener  Enge  des  Gewässers  von 
Venezuela.  Zur  Ueberfahrt  über  diese  ward  aus  einem  mächtigen  Ceiba- 
baume  ein  ungeschlachtes  Fahrzeug  hergestellt:  20  Fuss  breit  und  150 
Fuss  lang;  ausserdem  dienten  die  kleineren,  ausgehöhlten  Baumstämme 
der  Eingeborenen,  die  Kanoes,  zum  Uebersetzen.  Am  anderen  Ufer  traf 
Dal  fing  er  alsbald  das  Dorf  Maracaibo,  im  Lande  der  vollständig  nackt 
gehenden  Onoter;  es  war  am  Wasser  belegen,  aber  ebenfalls  in  öder,  un- 
fruchtbarer Gegend,  deren  distelähnliche  Gewächse  kleinen  und  grossen 
Schlages  jede  Aussicht  auf  Feldbau  benahmen.  Trotzdem  schien  der  Ort 
nicht  unwichtig  zu  sein;  denn  er  war  für  den  Tauschhandel  der  Wilden, 
die  dort  Salz  und  Fisch  gegen  andere  Produkte  zu  gewissen  Zeiten  des 
Jahres  verhandelten ,  ein  alter  Messplatz.  Er  ward  mit  allen  Insassen  in 
Besitz  genommen ;  dann  folgte  eine  vollständige  Vertheilung  der  Bewohner- 
schaft und  ihrer  Hütten,  die  Juan  de  Caravajal  als  Notar  bewirkte. 
Dabei  ging  es  ohne  Eifersucht,  Streit,  ja  Widerstand  nicht  ab,  so  dass 
Dalfinger  einen  der  Aufsässigen,  den  Hauptmann  Villada,  hinrichten 
Hess.  Das  rief  grosse  Erbitterung  in  der  Expedition  hervor;  denn  un- 
erhört schien  es  zu  sein,  dass  ein  Deutscher  über  einen  Spanier  richten 
wollte;  dieser  Deutsche  hatte  als  Kaufmann  noch  dazu  wenig  von  den 
Eigenschaften  eines  auf  Alles  Rücksicht  nehmenden  Landsknecht-Führers ; 
er,  der  Ordnung  und  Gehorsam  mit  aller  Gewalt  durchsetzen  wollte,  war 
doch  beim  besten  Willen  nicht  im  Stande,  für  seine  Leute  stets  die  wirk- 
lich den  Verhältnissen  des  wilden  Landes  entsprechenden  Anordnungen 
zu  treffen,  die  Entfernungen  der  Oertlichkeiten  richtig  zu  schätzen,  die  so 
schwierige  Verpflegung  genügend  zu  regeln  und  für  all  das  zu  sorgen, 
was  solch  ein  Soldatentrupp  bedurfte.  Um  trotz  derartiger  Mängel  sein 
Ansehen  bei  den  Officieren  und  bei  den  übrigen  Genossen  der  Expedition 
zu  wahren,  musste  der  Kaufmann  jedem  seiner  Befehle  unbedingte  Folge 
verschaffen.  Somit  war  seine  Stellung  als  Generalkapitän  wenig  erfreulich 
und  ausserordentlich  gefährlich. 

Nachdem  Dalfinger  zum  Stadthauptmann  von  Maracaibo  Fer- 
nando de  Beteta  ernannt  hatte,  setzte  er  dann  die  Reise  fort.  Diese 
erfolgte    der  Hauptsache    nach    zu  Lande,    obwohl    der  Boden    so   wenig 


Beginn  der  ersten  grösseren  Expedition  Dalfinger's.  51 

Nahrung  gewährte,  dass  Fischfang  und  Jagd  aushelfen  mussten;  in  dem 
Lande  lebten  meist  Buburer,  ein  Volksstamm  von  wenig  kriegerischer 
Gesinnung  und  Sitte,  Theils  ging  es  auch  in  den  einheimischen  Böten 
voran-  diese  waren  jedoch  so  schmal,  dass  in  keinem  von  ihnen  ausser 
dem  rudernden  Eingeborenen  mehr  als  ein  Europäer  Platz  fand  und  der 
so  Eingeengte  immer  in  der  Gefahr  schwebte,  bei  irgend  einem  Zusammen- 
treffen überwältigt  zu  werden.  Ausserdem  fuhr  man  auch  in  jenem  grossen 
Fahrzeuge  weiter,  das  zugleich  mit  Segeln  und  Rudern  sich  bewegen  Hess, 
aber  wegen  seiner  Unbehilflichkeit  grössere  Wasserreviere  gebrauchte. 
Bei  diesen  ersten  Unternehmungen  kam  manches  Unerwartete  vor.  Die 
Thiere  des  Waldes,  namentlich  die  des  Katzengeschlechtes,  waren  doch 
gefährlicher,  als  man  gedacht  hatte ;  viele  unbekannte  Krankheiten  befielen 
die  Fremdlinge;  die  Eingeborenen  zeigten  sich  mehrfach  feindselig  und 
wurden  bald  zum  Exempel  für  Andere  grausam  behandelt,  bald  blutig  be- 
straft, weil  sie  sich  in  der  Selbstvertheidigung  sogenannter  Verrätherei 
schuldig  gemacht  haben  sollten.  Noch  lange  sprach  man  von  diesen 
frühesten  Erlebnissen  der  Dalfinger'schen  Leute,  z.  B.  von  denen  des 
Juan  Aceros,  des  Fern  an  Galego  und  des  wackeren  Arztes  Meister 
Anton.  Die  auf  diesen  Zügen  gemachte  erste  Gold-Beute  entsprach  nicht 
den  hochgespannten  Erwartungen. 

Nach  Coro  zurückgekehrt,  entschloss  sich  desshalb  Dal  fing  er  bald 
zu  einem  neuen  und  grösseren  Zuge.  Der  sollte  an  der  Corianischen  Seite 
des  grossen  Sees  von  Maracaibo  bleiben,  aber  tiefer  ins  Innere  des  Landes 
führen.  Diese  im  September  1529  beginnende  Landexpedition  zog  durch 
zahlreiche  kleine  Ortschaften,  deren  Insassen  nur  selten  Widerstand  leisteten 
und  allerlei  Goldsachen,  grosse  wie  kleine,  ablieferten  und  sich  mit  den 
Eindringlingen  auf  guten  Fuss  zu  stellen  suchten.  Langsam  in  der  Richtung 
nach  dem  äussersten  Winkel  des  Gewässers  vorschreitend,  gelangte  man 
zum  Lande  der  Pemener,  ganz  nackt  einhergehender,  aber  wohlgestalteter 
Menschen.  Das  hauptsächlichste  Gebiet  dieses  Landes  hiess  Axuduara,  das  ist 
das  Mündungsgebiet  des  Flusses  Motatdn;  in  den  wasserreichen  Strichen  des- 
selben waren  kurz  zuvor  von  der  Seeseite  aus  durch  Beteta  einige  Mais-  und 
Cassave-Pflanzungen  angelegt,  die  prächtig  gediehen ;  diese  Gegend  war  daher 
für  die  Verproviantirung  des  unfruchtbaren  Maracaibo  und  für  die  Verpflegung 
dortiger  Kranker  bestimmt.  Hier  fand  Dal  fing  er  den  besten  Ausgangsort 
für  seine  weiteren  Unternehmungen.  Von  Axuduara  aus  durchsuchte  er  das 
ganze  Gebiet  der  Nachbarn,  die  sich  Queriquerier  nannten  und  mit  den 
Pemenern  stammverwandt  zu  sein  schienen.  Das  in  diesen  Gegenden  erlangte 
Gold  wurde,  wie  alles  bisher  gewonnene,  sogleich  nach  der  Santo  Domingoer 

4* 


52  Geschichte  der  Welser-Züge  in  Amerika. 

Faktorei  gesandt,  um  direkt  die  ausserordentlich  hohen  Unkosten  der 
ersten  Märsche  zu  decken;  die  Absendung  geschah,  ohne  dass  den  Kron- 
beamten darüber  zuvor  Nachricht  gegeben  worden  wäre. 

In  Axuduara  waren  es  nun  in  erster  Linie  zwei  Pläne,  welche 
Dalfinger  in  Anspruch  nahmen.  Einmal  sollte  ein  Weg  nach  dem 
anderen  Meere  eröffnet,  sodann  das  Land  Cocibacoa,  das  ganz  be- 
sonders die  ersehnten  Goldfundstätten  bergen  sollte,  baldigst  durch- 
sucht werden.  Zumal  Dalfinger  ohne  sein  Wollen  sich  viel  zu  weit 
von  dieser,  an  der  andern  Seite  des  Sees  gelegenen  Gegend  entfernt  hatte, 
konnten  beide  Ziele  von  der  ganzen  Expedition  nicht  zugleich  verfolgt 
werden.  Daher  sandte  Dalfinger  zum  Lande  Cocibacoa  einige  seiner 
tüchtigsten  Leute  ab.  Luis  Gonzales  de  Leiva  und  Pedro  de 
Limpias  mit  zwei  anderen  Reitern  und  28  Fussknechten  schifften  über 
das  breite  Wasser,  um  dessen  westliche  Ufer  zu  durchziehen  und  dabei, 
wenn  möglich,  auch  einen  Weg  nach  dem  vielgenannten  Segel- Vorgebirge 
zu  ermitteln.  Nun  drang  Leiva  in  das  Land  der  gefürchteten  Cocina- 
Indianer,  die  als  tapfere  Männer  sich  erwiesen;  er  kam  zum  Gebirge  von 
Cocibacoa  und  gelangte  endlich  an  den  Meeresstrand.  Dort  wartete  seiner 
ein  schauerlicher  Anblick:  von  Schiffbruch  und  Strandraub  zeugende 
Reste  europäischer  Männer,  spanische  Waffenrüstung  in  den  Händen  der 
Wilden.  Erfreulicher  waren  die  Spuren  von  Feldbau,  welche  hie  und  da 
sich  fanden,  namentlich  in  westlicher  Richtung,  nach  Citurma  hin,  einem 
bis  zum  Hafen  von  Santa  Marta  sich  erstreckenden  Lande  —  allein  von 
jenen  Goldstätten,  nach  denen  besonders  gesucht  werden  sollte,  zeigte  sich 
auf  dieser  Forschungsreise  nichts,  ja  nicht  einmal  eine  Probe  von  Gold- 
sachen war  angetroffen,  geschweige  eine  Spur  von  jenen  Goldschmiede- 
Geräthen,  welche  in  den  Erzählungen  der  ersten  Entdecker  als  so  bedeutsam 
erwähnt  waren. 

Wie  Leiva  mit  den  gefundenen  spanischen  Waffen  und  etwa  hundert 
gefangenen  Indianern  auf  der  Rückkehr  Maracaibo  erreichte,  war  dort 
von  Dalfinger  noch  keine  Nachricht  eingetroffen;  er  zog  daher  nach 
Coro  weiter,  wo  Luis  Sarmiento,  Nachfolger  des  zur  Faktorei  zurück- 
gekehrten Sailler,  das  lange  Ausbleiben  des  Statthalters  schon  nach  Santo 
Domingo  gemeldet  hatte,  nicht  ohne  Schadenfreude. 

Beim  Abzüge  Leiva's  hatte  Dalfinger  von  Axuduara  aus  zu- 
nächst das  wasserreiche  und  walddichte  Gestade  weiter  und  weiter  durch- 
forscht, weil  er  am  andern  Ende  des  Sees  einen  Weg  nach  dem  anderen 
Meere  erhoffte;  da  dort  trotz  der  vielen  mächtigen  Ströme,  trotz  der 
vielen  grossen  Wasserbecken  keine  Durchfahrt  sich  fand,   war   er  in  der 


Die  erste  grössere  Expedition  Dalfinger's.  53 

anderen  Richtung,  dem  Gebirge  zu,  alsdann  aufgebrochen  und  in  die  Berg- 
wildniss  emporgestiegen.  Ein  Nachbarvolk  der  Zaquitier,  das  der  Jira- 
haraer,  bewohnte  dort  „ein  rauh  und  hoch  Gebirg  bei  30  Meilen,  in  welchem 
es  kaum  möglich  war,  mit  Rossen  vorwärts  zu  kommen;  von  Jedem  mag 
wohl  erkannt  werden,  wie  mühsam  und  beschwerlich  es  zugeht  an  Orten, 
wohin  kein  Ross,  ja  auch  nie  ein  Christ  zu  Fuss  gekommen  ist;  auch 
welche  Gefahr  an  vielen  Orten  darin  besteht,  durch  solch  wildes  Gebirg 
zu  reisen." 

Dalfinger,  von  Axuduara  aufsteigend,  streifte  nur  das  Gebiet 
der  Jiraharaer  und  zog  immer  tiefer  in  das  felsige,  oft  schneeige  Berg- 
land hinein,  in  welchem  nur  ein  einziges  Mal  ein  längerer  Aufenthalt  sich 
nehmen  Hess,  nämlich  in  einer  weiten,  zu  Feldbau  geeigneten,  aber  heissen 
und  ungesunden  Thalmulde,  welche  von  ganz  kahlen  Bergen  umschlossen 
und  von  wenigen  dürftigen  Indianern  bewohnt  wurde.  Nach  dem  Namen 
des  Oberbefehlshabers  ward  das  Gebiet  das  Thal  des  heiligen  Ambrosius 
genannt,  zugleich  als  Erinnerung  an  die  hier  endlich  beschlossene,  von 
den  meisten  Genossen  längst  ersehnte  Umkehr,  welche  jedoch  keineswegs 
im  freien  Willen  lag,  sondern  nothwendig  geworden  war  wegen  des  hart- 
näckigen Widerstandes  einer  in  jenem  Grenzgebirge  hausenden  und  sehr 
streitlustigen  Bergvölkerschaft;  das  waren  die  vollständig  nackt  gehenden 
Coro-Muchoer,  welche  schwere  Steine  warfen  und  fast  ebenso  schwere 
Keulen  aus  Pockholz  oder  Stein  schwangen. 

Auch  auf  diesem  Zuge  waren  keine  Fundstätten  von  Gold  entdeckt 
worden,  so  dass  die  Hoffnung  aufgegeben  werden  musste,  in  der  näheren 
Umgebung  von  Coriana  einen  Gruben-  oder  Wäschereibetrieb  auf  Gold 
einrichten  zu  können;  die  wenig  zahlreichen  Goldsachen,  die  sich  fanden, 
waren  offenbar  fremde  Arbeit,  wie   schon  Ampi  es  gemeint   haben  sollte. 

Der  Zug  blieb  besonders  desshalb  in  der  Erinnerung  aller  Betheiligten, 
weil  im  wilden  Felsengebirge,  wo  die  Pferde  nicht  zu  benutzen  waren,  an 
die  mit  grossem  Indianertross  marschirenden  Fremden  zuerst  die  Gefahr 
des  Verhungerns  herantrat.  „Sich  verhausen"  nannten  es  die  Deutschen, 
wenn  plötzlich  Alles  menschenleer  ward,  „Stehlen  sich  Weiber  und  Kinder 
gemach  nach  einander  vom  Flecken  weg,  so  ist  das  nicht  ein  friedlich 
Zeichen,  da  sie  solches  nur  im  Kriege  thun  oder  wenn  sie  Arges  für- 
nehmen ;  desshalb  wird  dann  der  Häuptling  gerufen  und  der  Absonderung 
der  Weiber  und  Kinder  verwiesen,  auch  mit  den  in  Ketten  geschmiedeten 
Indiern  bekannt  gemacht:  eben  aus  solcher  Ursache  willen  hätten  wir 
diese  gefangen  genommen,  und  also  würde  auch  ihm  geschehen,  wenn  er 
das  Verhausen  der  Leute  nicht  abschaffe.    Wenn  er  alsdann  nicht  gehorcht. 


54  Geschiclite  der  Welser-ZUge  in  Amerika. 

sticht  ein  Christ  ein  Schwert  durch  ihn  und  wird  ein  Indier  an  den 
Pfosten  einer  Thür  gebunden,  damit  er,  so  seine  Leute  zurückkämen, 
ihnen  sagen  soll ,  dass  dieser  Häuptling  und  auch  die  Inwohner  des 
Fleckens  darum  bestraft  worden,  weil  sie  Christen  nicht  glauben  gewollt 
und  sich  zu  verhausen  gewagt  haben." 

Während  der  achtmonatlichen  Abwesenheit  von  Dalfinger  trug 
sich  in  Coro  mehr  zu,  als  die  Rückkehr  von  Leiva  und  Genossen.  Am 
14.  Januar  1530  traf  der  Stadtliauptmann  Sarmiento  in  dem  Orte 
Miraca  unter  Kommando  von  Georg  Ehinger,  Dalfinger 's  altem 
Genossen,  147  Leute,  welche  ein  Schiff  der  Wels  er  von  Santo  Domingo 
nach  dem  Hafen  für  Coro  gebracht,  aber  an  falscher  Stelle  gelandet  hatten. 
Ehinger  ergriff  sofort  die  Stellvertretung  von  Dalfinger.  Dann 
warfen  den  8.  März  an  der  richtigen  Stelle  der  Halbinsel  von  Paraguana 
zwei  Weiserische  Schiffe  ihre  Anker  aus;  sie  kommandirte  Nikolaus 
Federmann,  ebenfalls  ein  Ulmer  Kaufmann ;  er  hatte  sie  zuvor  auf 
Puerto  Rico  mit  Rossen,  Rindern,  Schafen  und  anderem  Vieh  befrachten 
lassen.  Endlich  kam  am  18.  April  Hans  Seissenhofer  direkt  von 
Sevilla  nach  dem  Hafen  vor  Coro  mit  drei  weiteren  Schiffen,  welche  Er- 
satz bringen  sollten  für  die  bei  Dalfinger 's  Expeditionen  zu  erwartende 
Schwächung  der  Kolonie.  Seissenhofer  erschien  mit  der  Bestallung 
als  Landeshauptmann,  da  man  schon  an  Dalfinger's  Tod  geglaubt  hatte; 
er  kehrte  jedoch  alsbald  um,  nachdem  er  Ehinger  wegen  allzu  grosser 
Unbeliebtheit  entfernt  und  statt  seiner  wieder  Sarmiento  zum  Vertreter 
des  Landeshauptmannes  ernannt  hatte. 

Am  3.  Mai  1530  kehrte  Dalfinger  dann  selbst  zurück;  obwohl 
fieberkrank,  wurde  er  festlich  empfangen  mit  Parade  und  Musik,  mit 
Tedeum  und  Festgelage  unter  prächtigem  Zelttuche;  er  hatte  ja  auch 
„viel,  zuvor  unbekannte,  fremde  Lande  durchreiset,  von  deren  Volk,  Sitten 
und  Bräuchen  Manches  zu  erzählen  war;  doch  waren  ihm  durch  Krankheit 
und  Kriegsfall  bei  hundert  Christen  umgekommen." 

Die  Zustände  waren  auch  nach  Dalfinger's  Heimkehr  nach  Coro 
keineswegs  erfreulich.  Wie  die  Spanier  über  die  Deutschen  klagten, 
namentlich  über  den  noch  immer  abwesenden  SaiUer,  und  auch  über 
Ehinger,  so  die  Deutschen  über  die  Spanier.  Die  königlichen  Beamten 
machten  dem  Anfangs  so  strengen  Dalfinger  den  Vorwurf,  Indianer- 
sklaven ausgehoben,  Land  vertheilt  und  Gold  versandt  zu  haben  unter 
Nichtbefolgung  der  bestehenden  Vorschriften,  ohne  Wahrung  der  Rechte 
der  Krone  und  mit  Bevorzugung  persönlicher  Freunde  und  Diener;  sie 
beschwerten  sich  bitter,  dass  ihnen  gar  nicht  die  an  Dalfinger  ertheilten 


Klagen  über  die  "Welser.  55 


Weisungen  vorgelegt  worden  seien.  Schlimmer  noch,  als  die  Klagen  der 
Kronbeamten,  waren  die  der  Ansiedler  selbst,  welche  durch  die  Hand  der 
königlichen  Regierung  dem  Kaiser  selber  unterbreitet  werden  sollten.  Sie 
fassten  sich  folgendermassen  zusammen:  Alle  bisher  von  Spanien  oder 
Hispaniola  hierher  gekommenen  Schiffe  gehören  den  Weisem-,  in  ihrem 
Sold  stehen  die  Kapitäne  und  die  übrigen  Schiffsleute,  und  nach  ihrem 
Willen  erfolgt  die  Beladung  wie  die  Entlöschung.  Die  grosse  Handels- 
gesellschaft tritt  auf  wie  die  kaiserliche  Majestät.  Ihre  Beauftragten  be- 
stimmen über  Fracht  und  Gut;  sie  nehmen  den  Erlös  an  sich;  sie  handeln, 
wenn  der  Landeshauptmann  abwesend  ist,  obwohl  er  einen  Vertreter  ein- 
gesetzt hat,  als  trügen  sie  obrigkeitliche  und  richterliche  Gewalt,  so  z.  B. 
Meister  Georg,  Heinrich  Ehinger's  Bruder,  der  weggeschickt 
werden  musste,  wenn  Friede  erhalten  bleiben  sollte.  Die  Deutschen  sind 
eben  Kaufleute  und  betrachten  dies  Land  nur  wie  ein  Handelsfeld;  sie 
haben  veröffentlicht,  dass  Niemand  im  Lande  ohne  ihre  Erlaubniss  mit 
Dritten  Handel  treiben,  auch  Niemand  ohne  ihre  Erlaubniss  Handelszwecke 
halber  nach  ihrem  Lande  kommen  dürfe.  Daraus  erwachsen  besonders 
dreierlei  Schäden.  Zunächst  kommen  bei  der  geringen  Zahl  der  Schiffe 
auch  nur  wenige  Passagiere  hierher  nach  dem  Lande  der  W  e  1  s  e  r,  während 
doch  Neu-Spanien  und  andere  Gebiete  durch  Zureisende  bevölkert  werden ; 
dann  verlieren  die  königlichen  Einnahmen  und  das  königliche  Zollamt 
grosse  Summen;  drittens  werden  bei  dem  Fehlen  jeder  Konkurrenz  die 
Preise  so  gesteigert,  dass  Jedermann  eher  lebenslänglich  ihr  Sklave  bleibt, 
als  dass  er  den  Versuch  macht,  was  er  ihnen  schuldet  zurückzuzahlen.  Der  Stadt- 
rath  von  Coro  hat  für  Lebensmittel  die  Preise  festsetzen  wollen,  allein  das 
ist  ihm  nicht  zugestanden;  die  Sachen  werden  nur  verkauft  zu  den  Preisen, 
welche  die  Weiserischen  festsetzen;  so  kostet  ein  Pferd,  dessen  Preis  auf 
Hispaniola  10 — 12  Castellanos  betragen  würde,  hier  200 — 300,  ein  Neger- 
sklave 100  Goldpesos,  ein  gewöhnliches  Reitzeug  50,  eine  Pipe  Wein 
40  Goldpesos,  eine  Pipe  Mehl  45  Goldcastellanos ,  eine  kleine  Axt  oder 
ein  Paar  Corduanstiefel  einen  Golddukaten.  Es  werden  berechnet  für 
ein  Rouenhemd,  einen  Reiterstrohhut  oder  einen  Negeranzug  2  Goldpesos; 
einen  Goldpeso  kostet  1  Arroba  gesalzenes  Rindfleisch  oder  V2  Arroba 
Essig  oder  V4  Arroba  Oel,  einen  halben  eine  Elle  Rouenleinen ,  112 
Maravedis  ein  Pfund  Seife  oder  ein  Paar  Flechtschuhe;  selbst  das  im 
Lande  gewonnene  Cassavemehl  ist  unerschwinglich,  da  eine  Carga,  die 
auf  Hispaniola  ^/2  Peso  kostet,  im  Weiserlande  das  Fünffache  gilt.  Dazu 
kommt  noch,  dass  die  Wels  er  diese  Dinge  nur  an  Diejenigen  verkaufen, 
die  ihnen  gefallen,  keineswegs  an  Jedermann. 


66  Geschichte  der  Welser-Züge  in  Amerika. 

Dalfinger  kannte  alle  diese  Vorwürfe,  die  zum  Theil  ihn  selber, 
zum  Theil  seine  Vertreter  Sailler,  Ehinger,  selbst  Sarmiento  trafen. 
Erbeschloss  daher,  sich  selber  nach  Hispaniola  zu  begeben.  Die  Angriffe 
und  Klagen  Hessen  sich  am  besten  in  der  Audiencia  selbst  mündlich  er- 
örtern und  irgendwie  erledigen;  Luftveränderung  und  Meerfrische  ver- 
hiessen  auch  am  ehesten  eine  Beseitigung  des  immer  mehr  schwächenden 
Fiebers;  insbesondere  war  schliesslich  eine  Besprechung  in  der  Faktorei 
dringend  wünschenswerth,  da  Aveder  Meerenge,  noch  Goldstätten  sich  ge- 
funden hatten.  Nur  eine  einzige  erfreuliche  Nachricht  konnte  er 
Sebastian  Rentz  und  Genossen  mittheilen:  die  Neuigkeit,  dass  ganz 
kürzlich  an  der  Küste  von  Paraguana  Perlen  gefunden  seien,  darunter 
einige  von  Erbsengrösse.  Diese  hoffnungsvolle  Kunde,  dass  auf  der  Wasser- 
kante des  Weiserlandes  Perlen,  die  heissbegehrten  Perlen,  vorkämen, 
konnte  manchen  Aerger  verscheuchen. 

So  fuhr  Dalfinger  Ende  Juli  1530  ab,  und  zwar  in  Begleitung 
vonBartolom^  de  Santillana,  welchen  er,  wenn  auf  Federmann's 
Stellung  zum  Weiserhause  nicht  besondere  Rücksicht  zu  nehmen  gewesen 
wäre,  in  seinem  Santana  de  Coro  lieber  zum  zeitweiligen  Vertreter  gemacht 
hätte,  als  den  Ulmer  Kaufmann. 


IV. 

Als  Dalfinger  zum  zweiten  Male  Santo  Domingo  betrat,  fand  er 
im  Regierungspräsidenten  Fuenleal  keineswegs  einen  Freund,  sondern 
einen  Widersacher  der  Weiserischen  Unternehmungen.  Der  strenge 
Herr  nahm  sich  energisch  des  Indianerschutzes  an  und  ebenso  auch  der 
Vertheidigung  des  spanischen  Alleinrechtes  gegen  alle  neuerdings  auf  der 
See  und  an  den  Küsten  wiederholt  sich  zeigende  Ausländer;  somit  hegte 
er  auch  nur  wenig  Sympathie  für  das  Interesse  der  deutschen  Faktorei 
oder  die  Forderungen  ihres  Vorstehers  Sebastian  Rentz.  Er  hatte  die 
aus  Venezuela  gekommenen  Klagen,  welche  immer  sich  erneuerten,  die 
Beschwerden  über  die  von  den  Wels  ern  eingeführten,  offenbar  der  schlech- 
testen Klasse  angehörenden  Neger  und  manches  Andere  bereits  nach 
Sevilla  berichtet,  ebenso  wie  er  auch  schon  Anzeige  gemacht  hatte  über 
die  ganz  aufßlUige  Missregierung  Garcia  de  Lerma's  in  Santa  Marta, 
wo  freilich  vielversprechende  Züge  nach  Süden  abgesendet  waren,  —  theils 
zu  Wasser  auf  einem  grossen  Strome  mit  meist  menschenleeren  Ufern, 
theils  zu  Lande  durch  reich  bevölkerte  Gegenden  —  wo  aber  kein  eigener 


Nachrichten  von  neuen  Unternehmungen.  57 

Fortschritt  sich  zeigte.  Auch  dies  trug  dazu  bei,  dass  Dalfiiiger  in 
Santo  Domingo  zuerst  keinen  leichten  Stand  hatte;  nur  nach  und  nach 
gelang  es  ihm,  den  hauptsächlichsten  Anforderungen  der  Audiencia  zu 
entsprechen,  ihre  Vorwürfe  auf  das  sachliche  Mass  zurückzuführen  und 
eine  verständige  Berücksichtigung  der  zur  Zeit  noch  in  der  Kolonie  ob- 
waltenden schwierigen  Verhältnisse  durchzusetzen. 

In  Santo  Domingo  erfuhr  Dalfinger  viel  von  anderen  grösseren 
gleichzeitigen  Expeditionen,  deren  Verlauf  man  in  der  Hauptstadt  ver- 
folgte; sie  hatten  seit  seinem  Fortgang  sich  nicht  unerheblich  vermehrt. 
Namentlich  hatte  Francisco  Pizarro,  der  jüngst  zum  Landeshaupt- 
mann in  Peru  ernannte  Abenteurer,  obwohl  ihm  noch  Mitte  1530  in  Santa 
Marta  viele  seiner  Expeditionsgenossen  wegen  der  Unsicherheit  und  Ge- 
fährlichkeit der  Fahrt  nach  dem  von  ihm  gepriesenen,  halb  märchen- 
haften Lande  verloren  gegangen  waren,  in  Panama  von  allen  Seiten  so 
grossen  Zuspruch  gefunden,  dass  auch  anderswo  seinen  Erzählungen  von 
den  neuentdeckten  Wundern  schliesslich  Glauben  geschenkt  wurde.  So- 
dann hiess  es,  dass  die  Augsburger  Fugger,  angeregt  durch  das  Beispiel 
ihrer  Konkurrenten,  der  Krone  angeboten  hätten,  das  jenem  Pizarro  'sehen 
Peru  irgendwie  benachbarte,  bis  zur  Magelhaesstrasse  sich  ausdehnende 
Land,  also  einen  grossen  Theil  der  Küste  des  zweiten  Oceans,  in  Koloni- 
sation zu  nehmen.  Einen  anderen  Nebenbuhler  hatte  Dalfinger  in 
nächster  Nähe  seiner  so  sorgenreichen  Ansiedlung  zu  erwarten;  denn 
Diego  de  Ordaz,  der  berühmte  Gefährte  von  Gort 4s,  bemühte  sich 
jetzt  in  Sevilla  mit  offenbarem  Erfolg  um  die  Verleihung  des  ungeheuren 
Landes,  dessen  Küste  zwischen  dem  Maranon-Strome  und  den  Grenzen  der 
Weiserischen  Provinzen  sich  erstreckte  und  unter  Anderem  das  viel  be- 
sprochene Paria-Land  mit  umfasste;  auch  dieses  sollte  „von  einem  Meere 
zum  andern"  sich  ausdehnen. 

Bald  kam  auch  aus  dem  Weiserischen  Lande  neue  Kunde  von 
einem  grösseren  Zuge  in  das  Inland,  auf  dem  Dalfinger 's  Vertreter 
Feder  mann  begriffen  sei.  Dalfinger  erfuhr,  dass  derselbe  schon  am 
12.  September  1530  mit  110  Mann  und  16  Pferden  unter  Begleitung  von 
etwa  100  Zaquitischen  Trossleuten  auf  den  von  dem  Cariben- Gebirge  nach 
Süden  führenden  alten  Wegen  aufgebrochen;  es  hätten  die  beiden  er- 
probten Kundschafter  Esteban  Martin  und  Pedro  de  Limpias  viel 
von  solchem  Unternehmen  erwartet  und  gewichtige  Personen  ihnen  sich 
angeschlossen,  wie  Antonio  Navero,  der  Steuererheber,  der  Notar 
Juan  de  Caravajal  uad  Bartolomeo  Zarzo,  der  vor  einem  Jahre 
die  Küstengegend    bis    nach    Martinico    durchstreift    hatte;    auch    Juan 


58  Geschichte  der  Welser-Züge  in  Amerika. 

Florin,  Martin  deArtiaga,  der  tapfere  Baske,  Pedro  de  Aranguez, 
der  Kaplan  VicentedeRequejada.  Von  dem  Anfang  dieser  Expedition, 
die  zu  einer  Verbesserung  der  ersten  Dalfinger 'sehen  Unternehmung 
sich  gestalten  sollte,  meldete  Federmann  damals  nichts  Unerfreuliches; 
er  sprach  von  einem  anderthalbmonatlichen  Zuge  durch  den  grössten  Theil 
des  sogenannten  Cariben- Gebirges,  durch  die  Gebiete  von  vier  verschie- 
denen, im  Rücken  Coro 's  lebenden  Bergvölkerschaften,  deren  Sprachen  so 
sehr  von  einander  abwichen,  dass  die  Zaquitischen  Dolmetscher  zuletzt 
erst  mittelst  fünf  Uebersetzungen  das  Spanische  zu  finden  vermochten. 
Jene  Stämme  waren  nicht  durch  ihre  Menge  gefährlich,  schienen  auch  nicht 
reich  zu  sein,  kannten  wenigstens  keine  Lager  von  Edelmetallen. 

Zuerst  war  Federmann  in  das  Gebiet  jenerjiraharaer  eingedrungen, 
welche  Dalfinger  selbst  vor  dreivierteljahren  von  der  entgegengesetzten 
Richtung  aus  berührt  hatte :  in  ein  Gebirgsland,  das  auf  dieser  Seite  ohne 
besondere  Fährlichkeiten  war,  abgesehen  von  den  Schwierigkeiten  beim 
Transporte  der  Pferde.  Dann  aber  hatte  er  im  letzten  Orte  dieses 
Stammes,  in  Hittova,  Nachricht  erlangt  von  einem  anderen,  mehr  südlich 
wohnenden  Bergvolke,  dem  noch  nie  Europäer  begegnet  waren ;  sie  hiessen 
Ayamaner,  waren  zwergartigen  Wuchses  und  lebten  seit  der  Zeit  der 
Blattern  mit  den  Jiraharaern  zusammen.  150  Trossknechte  der  letzteren 
hatte  Federmann  mitgenommen  und  bei  raschem  Ueberfall  die  Insassen 
des  ersten  Ortes  handfest  gemacht ;  dann  war  der  nächste  Anbau  leer  und 
öde  angetroffen.  Es  war  ein  Kämpfen  mit  den  Wilden  erfolgt,  die  ihre 
Kriegshörner  hatten  ertönen  lassen,  ein  Niederbrennen  der  Ansiedlungen 
seitens  der  Bewohner,  eine  Friedbruch-Erklärung  in  des  Kaisers  Namen, 
mit  Androhung  von  Brand,  Todtschlag  und  Verkauf  in  die  Sklaverei  als 
Strafe.  Alles  dies  war  rasch  durchgeführt;  dazu  kam  Entdeckung  vieler 
neuer  Ortschaften,  Taufe  zahlloser  Heiden,  Austausch  von  Geschenken  und 
Vornahme  von  Huldigungen.  Aber  noch  mehr!  Als  am  1.  Oktober  der 
im  Ayamaner-Gebiete  strömende  Tocuyo-Fluss  mit  vielem  Geschick  und 
ohne  Verlust  überschritten  worden  war,  hatte  man  in  einem  wüsten  Ge- 
birge die  Ayamaner  unvermischt  vorgefunden,  vollständig  zwergenhafte 
Menschen,  die  geringe  Widerstandskraft  verhiessen ;  in  einem  an  Wildbrett 
reichen  Reviere  lag  der  nicht  unbedeutende  Bergort  Carohana,  in  welchem 
nach  etlichem  Hin  und  Her  ebenfalls  Geschenke  ausgetauscht ,  Taufe  und 
Huldigung  vollzogen  waren.  Ferner  war  am  12.  Oktober  ein  die  Cuyoner 
geheissenes  Volk  angetroffen,  das  mit  den  Ayamanern  in  Kampf  und  Blut- 
rache lag;  da  war  es  ohne  Ueberfall  nicht  abgelaufen,  so  dass  das  ganze 
folgende  Land  von  Menschen  leer  war.     Alles   hatte  „sich  absentiret   und 


Nachrichten  von  Federmann.  59 


weggethan,  um  Weib  und  Kind  von  der  Konservation  und  Beiwohnung 
der  Christen  zu  weitern."  So  war  keine  genauere  Kunde  über  diese  Ein- 
geborenen zu  erlangen,  und  es  hatte  sich  desshalb  nichts  ausrichten  lassen. 
Endlich  war  Federmann  an  einen  grossen  Fluss  gekommen,  der  die 
Cuyoner  von  den  Xaguaern  trennte. 

Auch  dies  Gewässer  wurde  mit  den  Pferden  und  dem  Tross  glück- 
lich überschritten,  obwohl  es  den  gewöhnlichen  Kriegspfad  für  die  unter 
einander  verfeindeten  Anwohner  einherging,  welche  als  „nackend  Volk, 
mehr  Fisch  als  Fleisch,  im  Wasser  ihren  Weg  nahmen,  damit  man  ihre 
Spur  nicht  könnte  vermerken".  Die  Sprache  der  Xaguaer,  deren  erster 
Ort  Coary  hiess,  kannten  zwei  der  mitgeführten  Cuyoner;  unter  ihrer 
Hilfe  wurde  durch  Freilassung  von  Gefangenen,  Austheilung  von  Ge- 
schenken und  sonstigen  friedlichen  Verkehr  ohne  Schaden  am  31.  Oktober 
die  Grenze  des  Xagua-Gebietes  in  der  Ortschaft  Cocaridi,  die  70  Leguas 
von  Coro  entfernt  liegen  sollte,  erreicht. 

„Drei  Meilen  von  diesem  Flecken,"  so  meldete  Federmann  schliess- 
lich hocherfreut,  „hat  das  Gebirge  ein  Ende;  da  fangt  das  ebenste  und 
schönste  Land  an,  das  in  Indien  gesehen  sein  mag:  eine  friedliche  und, 
wie  wir  uns  nicht  wenig  verwunderten,  wieder  von  Zaquitiern  bewohnte 
Gegend,  in  welcher  sich  etwa  zwanzig  an  einem  grossen  Wasserfluss  ge- 
legene Ortschaften  zeigten:  das  Thal  von  Bariquicimeto." 

Solche  Nachrichten  waren  mit  einem  Lastträgerzug,  der  das  neuent- 
deckte Land  unter  Bedeckung  verlassen  hatte,  nach  Coro  und  dann  von 
dort  nach  Santo  Domingo  gelangt.  Dalfinger's  Zukunftspläne  wurden 
durch  diese  Kunde  aufs  Lebhafteste  erregt,  namentlich  wegen  jener 
schönen  Ebene,  welche,  wenn  sie  nicht  zu  feucht  war,  sicherlich  zum  Aus- 
gangspunkt für  weitere  Unternehmungen  oder  zu  einem  Ansiedelungsplatze 
werden  konnte.  Daher  verliess  er  Santo  Domingo  voller  Hoffnung.  In 
Coro  waren  aber  keine  weiteren  Nachrichten  über  Federmann 's  Fahrten 
eingetroffen;  auch  war  zunächst  eine  ganz  andere  Richtung  zu  verfolgen. 
Die  Krone  hatte  nämlich  auf Rath  von  Fuenleal  erklärt,  dass  eine  der 
Festungen,  welche  Bartolmä  Welser  und  Gesellschaft  anzulegen  ver- 
pflichtet waren,  an  dem  immer  aufs  Neue  wieder  hervorgehobenen  Segel- 
Vorgebirge  errichtet  werden  solle.  Obwohl  Leiva  und  Limpias  schon 
früher  diese  Gegend  und  namentlich  ihren  Küstenstrich  durchsucht  und 
auch  berichtet  hatten,  dass  in  der  Nähe  jenes  Vorgebirges  weder  Stein 
noch  Holz,  weder  Wasser  noch  Fruchterde  zu  finden  sei,  unternahm  D  a  1  - 
fing  er  nochmals  eine  Kundschaftsfahrt,  welche  besonders  der  Küste 
zwischen  dem  Segelkap  und  der  Mündung  des  nach  einem  kleinen  Unfall 


60  Geschichte  der  Welser-ZUge  in  Amerika. 

Santa  Martaer  Leute  mit  dem  Namen  Axtfluss  (Rio  de  la  Hacha)  be- 
legten Gewässers  galt.  Die  Untersuchung  ergab  hinsichtlich  der  Möglich- 
keit europäischer  Besiedelung  gleich  Ungünstiges  wie  früher,  ebenso  rück- 
sichtlich des  Vorkommens  von  Goldlagern;  aber  sie  brachte  doch  auch 
erfreuliche  Nachricht  über  ein  westlich  von  jenem  Vorgebirge,  unfern  der 
Meeresküste  beginnendes,  südwärts  streichendes  fruchtbares  und  gut  be- 
wohntes Gebiet. 

Erst  am  15.  März  1531  erhielt  Dalfinger,  von  diesem  Zuge  nach 
Coro  zurückgekehrt,  durch  Bartolomeo  Zarzo  eine  weitere  Nachricht 
über  seine  mit  Federmann  abgezogenen  Leute;  sie  mussten  schon  in 
Kurzem  zurückkehren,  da  Zarzo  sie  an  der  Meeresküste  verlassen  und 
ohne  anderen  Begleiter  ein  mit  Wilden  bemanntes  Boot  bestiegen  hatte, 
um,  von  der  Küsten- Strömung  getragen,  rascher  nach  dem  Sitze  der  Re- 
gierung zu  kommen.  Zarzo,  der  um  Erleichterung  des  Rückmarsches 
durch  Entsandt  von  Hilfe,  Kleidung  und  Nahrung  bat,  konnte  Genaueres 
nur  über  die  Vorgänge  der  letzten  Wochen  aussagen,  nicht  über  den  vor 
etwa  vier  Monaten  unternommenen  grossen  Zug  nach  Süden,  dessen  Zweck 
die  Erreichung  des  zweiten  Oceans  gewesen  war.  Hierüber,  sowie  über 
alle  Einzelheiten  der  Erlebnisse  erhielt  Dalfinger  erst  Auskunft  durch 
Federmann  selbst.  Am  17.  März  1531  traf  dieser  auch  ein  und  führte 
ihm  nicht  bloss  eine  aus  dem  Gebirge  der  Ayamaner  stammende  Zwergin 
vor,  sondern  auch  gefesselte  Wilde  aus  einem  Orte,  welcher  als  Mittelpunkt 
für  die  grosse  Südreise  gedient  hatte,  die  in  der  Zeit  von  Mitte  November 
1530  bis  Ende  Februar  1531  unternommen  worden  war. 

„In  Bariquicimeto , "  so  berichtete  er,  „wo  das  meiste  und  grösste 
Volk  wohnt,  das  wir  auf  dieser  Fahrt  bisher  und  hernach  in  so  kleiner 
Landschaft  bei  einander  und  in  so  guter  Wehr,  so  starken  Ortschaften  ge- 
funden haben,  erhielt  ich  Zeitung  von  dem  anderen  Meer,  welches  Südmeer 
genannt  wird ;  die  Einwohner,  die  uns  davon  sagten,  wollten  jedoch  nicht  selbst 
dagewesen  sein,  vielmehr  nur  von  ihren  Eltern  darüber  gehört  haben,  was 
wir  aber  allein  für  eine  Ausrede  hielten,  die  sie  machten,  um  nicht  von 
uns  zur  Begleitung  gezwungen  zu  werden."  Der  Zug  ging  nur  langsam 
vorwärts  wegen  der  Mitnahme  von  sechzig  Kranken,  die  zum  Theil  in 
Hängematten,  zum  Theil  auf  den  Pferden  befördert  werden  mussten;  er 
glich  bald  einer  Schar  von  Strolchen  und  Krüppeln.  Zunächst  wurde 
das  Gebiet  der  wilden,  mit  Giftpfeilen  schiessenden  Cuibaer  erreicht,  bei 
dessen  Betreten  die  bisherigen  Trossleute  davonliefen,  so  dass  nur  ein 
Weib  mit  einem  kleinen  Knaben  zum  Dolmetschen  übrig  blieb  und  ein 
grosser    Theil    des  Lagerguts  —   auch    der  Beute  —   vergraben    werden 


Federmann 's  Suche  nach  der  Südsee-Küste.  61 

musste.  Das  Cuiba-Land  durchströmte  ein  grosser  Fluss,  Coaheri  geheissen, 
der  erst  noch  in  einem  Bergthale,  dann  aber  nach  der  Ebene  sich  ergoss, 
in  welcher  an  verschiedenen  Stellen  Rauch  sich  zeigte  —  ob  von  Freuden- 
oder Warnungsfeuern,  liess  sich  nicht  erkennen  —  aber  jedenfalls  war  es  für 
die  Leute,  „die  Mangel  an  Proviant  und  Ueberfluss  an  Hunger  hatten", 
Zeichen  von  Wohnung  und  Nahrung.  Obwohl  der  erste  Ort,  der  nur  sechs 
Häuser  zählte,  verlassen  stand  und  nichts  darbot,  als  geniessbares  Wasser 
und  unreifes ,  wenngleich  essbares  Korn ,  dazu  das  Wild  des  Feldes ,  so 
blieb  Federmann  doch  dort  fünf  Tage.  Der  zweite  Ort  war  für  den  An- 
griff zu  stark,  weil  bei  ihm  die  Pferde  sich  nicht  verwenden  Hessen;  da- 
gegen wurde  der  folgende  mit  blanker  Waffe  genommen,  wobei  ein  Pferd 
verloren  ging.  Die  hier  Gefangenen  —  etwa  sechzig  —  wurden  gut  be- 
handelt. „Vor  einer  grossen,  verschlossenen  Hütte,"  so  erzählte  Feder- 
mann, „lagen  auf  Stühlen  Goldsachen  und  Lebensmittel;  drinnen  fanden 
sich  etwa  hundert  Männer  verborgen.  Diesen  liess  ich  verdolmetschen, 
sie  sollten  herauskommen  und  mir  huldigen  und  Freundschaft  mit  mir 
machen,  denn  ich  wäre  nicht  da,  um  ihnen  Schaden  zu  thun.  Aber  sie 
wollten  sich  lange  nicht  bereden  lassen  und  antworteten ,  wir  sollten  das 
Gold  und  das  Andere,  was  vor  der  Thür  läge,  hinnehmen,  aber  die  Ge- 
fangenen wieder  zurücksenden.  Darauf  liess  ich  sagen,  ich  wäre  des 
Goldes  wegen  nicht  gekommen,  hätte  davon  selber  genug;  auch  würde 
ich  ihnen  Schenkungen  von  höherem  Werthe  senden,  sie  möchten  nur  willig 
sich  zeigen ;  es  sollte  ihnen  kein  Leid  widerfahren ;  wenn  sie  aber  dies 
nicht  thäten,  dann  würde  ich  das  Haus,  in  das  sie  sich  eingeschlossen 
hätten ,  anzünden  und  verbrennen  lassen.  Solches  ahnte  das  arme  Volk 
nicht;  denn  es  vermeinte,  sicher  zu  sein.  Endlich  wurde  die  Thür  aufge- 
macht; zuerst  kam  der  Häuptling  und  dann  Einer  nach  dem  Andern 
heraus :  ein  starkes  und  frisches  Volk,  auch  gut  bewaffnet.  Ich  liess  diese 
Cuibaer  nun  fragen,  was  sie  mit  den  Waffen  zu  thun  gedächten  und  ob  sie 
mir  Widerstand  leisten  wollten ;  während  ich  doch  sie,  ja  ein  ganzes  Heer 
von  ihnen,  durch  ein  einziges  Pferd,  wenn  ich  dasselbe  ausschicken  würde, 
zu  verderben  vermöchte,  um  wie  viel  mehr,  da  ich  viele  Pferde  hätte. 
Als  nun  Etliche  von  uns  die  Hirsche,  die  wir  gefangen,  hinter  den  Pferden 
herführten,  liess  ich  ihnen  erklären,  wie  thöricht  es  sei,  uns  zu  wider- 
stehen; könnte  doch  selbst  ein  Hirsch  bei  all  seiner  Schnelle  uns  nicht 
entgehen.  Das  Scharmützel,  welches  wir  mit  ihnen  gehabt  hätten,  wäre 
allein  dem  Zorn  der  Pferde  über  ihren  Ungehorsam  zuzuschreiben,  dem 
wir  nicht  ganz  hätten  widerstehen  können;  wir  hätten  den  Pferden 
willfahren  müssen,  etwas  wenigstens  ihren  Zorn  los  zu  lassen;  meine  Ab- 


62  Geschichte  der  Welser- Züge  in  Amerika. 

sieht  wäre  gewesen,  ihnen  kein  Leid  zuzufügen,  sondern  friedlich  mit 
ihnen  zu  verhandeln ;  denn  wenn  ich  es  feindlich  mit  ihnen  gemeint  hätte, 
wäre  ich  stark  genug  gewesen,  sie  alle  ohne  Ausnahme  zu  verderben." 

Als  hierauf  ein  Freundschaftsverhältniss  mit  den  Cuibaern  erreicht 
war,  blieb  die  Expedition  noch  neun  weitere  Tage  in  dem  bisherigen 
Lager,  ohne  dass  ihr  Gesundheitszustand  sich  gebessert  hätte.  Daher  ging 
auch  jetzt  der  Voranmarsch  wieder  langsam  von  Statten,  obwohl  die  Hoff- 
nung fortdauerte,  dass  die  Südsee  nicht  sehr  fern  sei.  Am  15.  Dezember 
ward  Hacarigua  erreicht :  eine  von  vielen  Tausend  Wilden,  nicht  bloss  von 
Cuibaern,  sondern  auch  von  Zaquitiern  in  verschiedenen  Dörfern  bewohnte 
Gegend,  welche  von  einem  zwei  Armbrustschüsse  breiten  Fluss  durchströmt 
wurde;  „dadrinnen  gab  es,  wie  wir  es  überschlagen  haben,  an  16000 
Köpfe  indischen  Volks,  ohne  Weiber,  Kinder  und  alte  Leute,  die  zu  Krieg 
nicht  dienen".  Im  Lager  war  daher  grosse  Vorsicht  anzuwenden,  wie 
Rundendienst  und  Festnahme  des  Häuptlings;  zumal  bei  der  Zahl  der 
Kranken  erschien  daher  auch  ein  längeres  Verweilen  unthunlich.  Um 
nun  diese  Bewohner  des  Hacarigua-Gebietes  zu  gewinnen,  beschloss  man, 
einen  Zug  von  dreissig  Mann  mit  fünf  Pferden  und  etwa  achthundert  Ein- 
geborenen gegen  ihre  am  Fusse  des  Gebirges  wohnhaften,  zu  den  Cuyonern 
gehörenden  Nachbarfeinde ,  durch  deren  Reviere  der  eine  der  zum  Süd- 
meer gehenden  Wege  sich  ziehen  sollte,  zu  senden;  dieser  Versuch  führte 
zum  Verbrennen  einer  Ortschaft,  zur  Gefangennahme  von  nicht  weniger 
als  sechshundert  Wilden  und  zu  mancherlei  Gewaltthaten,  welche  Fe  der - 
mann 's  Absichten  und  den  Interessen  seiner  Herren  Wels  er  durchaus 
nicht  entsprachen ;  etwa  zweihundert  Menschen  wurden  desshalb  wieder  um- 
geschickt. „Ich  redete,"  sagte  Feder  mann,  „mit  ihrem  Häuptling  von 
Erforschung  des  Landes,  sonderlich  des  Südmeers,  dessen  er  mir,  als  dem- 
selben näher  gesessen,  besser  Zeitung  gab." 

Nachdem  Christfest  1530  und  Neujahr  1531  in  Hacarigua  gefeiert 
worden,  erfolgte  der  Aufbruch,  um  auf  dem  zweiten  der  angeblichen 
Wege,  nämlich  durch  das  Gebiet  der  Cuibaer  selbst,  zum  ersehnten  neuen 
Meere  zu  gelangen.  Allein  schon  am  4.  Januar  1531  stockte  der  Marsch, 
und  zwar  in  Tohibara,  wo  es  hiess,  dass  nunmehr  mit  Pferden  nicht 
weiter  zu  kommen  sei.  Die  vorangesandten  Kundschafter  trafen  in  der 
That  auf  einen  für  sie  unüberschreitbaren  Fluss,  welcher  das  Gebiet  der 
Cuibarer  begrenzen  sollte,  und  erfuhren  dort,  dass  etwa  noch  einmal  so 
weit,  als  man  bisher  gereist  sei,  sich  die  Ortschaft  Hitivana  befinde,  deren 
Namen  man  schon  mehrfach  gehört  hatte;  sie  liege  am  Ufer  des  neuen 
Wassers,  auf  welchem  vor  einiger  Zeit  Bart  und  Kleidung  tragende  Leute 


Federmann' s  Suche  nach  der  Südsee-Küste.  63 

in  einem  schwimmenden  Hause  sich  gezeigt  hätten.  Federmann  er- 
zählte nun  Dalfinger,  dass  er  dabei  an  Sebastian  Grabotto 's  nach 
dem  La  Plata  -  Strome  unternommene  Fahrten  gedacht  habe ,  von  deren 
traurigem  Ausgang  die  Weiserischen  Einiges  auf  Puerto  Rico  gehört  hatten ; 
thatsächlich  waren  es  Leute  von  der  grossen  Orinoco-Fahrt  des  Diego 
de  0 r d a z  gewesen. 

Erst  am  23.  Januar  1531  brach  Federmann  von  Tohibara  auf, 
gelangte  am  28.  über  Curaby  und  Cazaradidi  zu  einem  von  den  Ufer- 
bewohnern verlassenen  Strome,  der  wieder  Coaheri  hiess,  und  rückte  dann  in 
eine  der  vielen  verlassenen  Ortschaften  ein.  Dieser  Ort  war  Curahamara 
genannt,  sollte  VI2  Meilen  vom  Wasser  entfernt  liegen  und  zum  letzten 
Mittelpunkte  der  F ed er m  ann 'sehen  Unternehmungen  werden;  von  hier 
aus  versuchte  man  Verkehr  mit  den  Bewohnern  des  gegenüberliegenden 
Ufers ,  mit  den  Guaycariern ,  schwarz  erscheinenden ,  kräftigen  Leuten, 
welche  nicht  am  Flusse  selber  ihre  Sitze  hatten,  aber  denselben  beherrschten 
und  die  Ergebnisse  ihres  Fischfangs  und  Feldbaus  im  Tauschverkehr  ab- 
gaben; ihr  Hauptort  wurde  Corahao  genannt. 

Hier  in  Curahamara  wurde  das  Weiserische  Volk  in  zwei  fast  gleich 
starke  Scharen  getheilt.  Es  blieben  nämlich  50  Mann  mit  5  Pferden 
hier,  um  die  27  Kranken  unter  Hilfe  der  Ortsinsassen  und  der  Um- 
sitzenden zu  verpflegen  und  zu  beschützen.  Dagegen  zogen  43  Mann  mit 
8  Pferden  und  200  Lastträgern  weiter  südwärts.  Der  Weg  derselben 
ging  durch  Wohnsitze  der  schwarzen  Guaycarier,  unter  denen  wieder 
Zaquitier  wohnten,  dem  Laufe  der  Wasser  folgend,  und  führte  nach  vielen 
Mühen  zu  jenem  Orte  Hitivana,  bei  welchem  der  Coaheri  etwa  die  Breite 
der  Donau  bei  Ulm  hatte.  Dort  leugneten  die  Eingeborenen,  jemals  zu- 
vor Europäer  gesehen  zu  haben ;  erst  zwei  Tagereisen  weiter  hätten  diese 
am  Ufer  eines  grossen  Wassers  sich  einmal  gezeigt.  Erstaunt  fanden 
Feder mann's  Leute  in  Hitivana  einen  Hahn  mit  Hennen;  die  sollten 
durch  Kauf  erlangt  sein,  und  zwar  von  einem  Orte  Hamadoa,  wo  das  süsse 
Wasser  aufhöre  und  das  salzige  beginne;  dorthin  könne  man  nur  zu  Schiff 
gelangen,  nicht  zu  Fuss.  Trotz  dieser  Aussagen  versuchte  P"'edermann 
den  Weitermarsch,  überschritt  den  Fluss  und  machte  endlich  Halt  in  einem 
Orte  der  Guaycarier,  welcher  am  Fusse  einer  Erhöhung  lag.  Nächsten 
Morgens  ritt  er  von  dort  mit  zwei  Begleitern  und  zwei  Führern  aus,  und 
fand  bei  der  Rundschau  die  Umgebung  von  Hitivana  auf  der  einen  Seite 
wirklich  ganz  mit  Wasser  bedeckt,  während  Nebel  das  Erkennen  des 
Horizontes  verhinderte;  was  er  vor  sich  sah,  glich  weit  und  breit  einem 
Meere:   überschwemmtes  Hochgras    endloser  Steppen,  an  klippenähnlichen 


64  Geschichte  der  Welser-ZUge  in  Amerika, 

Vorsprüngen  glänzende  Ränder,  wie  Köpfe  mächtiger  Brandungen,  darüber 
wieder  wogendes,  bisweilen  bergartig  sich  zusammenballendes  Wolken- 
oder Nebelgebilde. 

Bei  der  Rückkehr  von  dieser  Kundschaf tsfahrt  traf  Federmann 
den  Häuptling  von  Hitivana  in  voller  Waffenrüstung  und  mit  Kriegs- 
bemalung; obwohl  trotz  solcher  Drohung  der  Kampf  nicht  ausbrach,  ent- 
wichen doch  auch  die  Bewohner,  bei  denen  die  letzte  Nacht  verbracht 
war.  Desshalb  setzte  man  im  Dunkeln  wieder  über  den  Strom  und  begann, 
dem  Laufe  der  Wasser  entgegen,  den  Rückzug  anzutreten,  der  jedoch 
durch  viele,  auch  über  das  Wasser  vordringende  Wilde,  sowie  durch  einen 
auf  dem  Wege  selbst  sich  zeigenden  Hinterhalt  gestört  wurde.  Bloss 
vier  von  den  43  Europäern  blieben  damals  unverwundet \  Federmann 
selbst  erhielt  einen  Schuss  in  die  Achsel,  und  eines  seiner  Zauberrosse 
starb.  Den  Wilden  mussten  solche  Verwundungen  verborgen  werden; 
desshalb  mied  die  Expedition  für's  Erste  alle  Ortschaften  und  übernachtete 
im  Freien;  sie  zog  auch  an  dem  Orte  Corahao  vorüber,  obwohl  sich  der 
Häuptling  mit  seinen  Leuten  zeigte.  Mit  diesem  sollte  es  jedoch  noch  zu 
einem  scharfen  Zusammenstoss  kommen. 

Die  in  Curahamara  zurückgelassene  Hälfte  der  Mannschaft,  welche 
die  Kranken  versorgen  sollte,  war  nämlich,  wie  ein  Bote  meldete,  von 
den  Wilden  nicht  mit  Nahrungsmitteln  versehen  worden;  daher  sei  zu 
den  jenseits  des  Flusses  wohnenden  Guaycariern  Zuflucht  genommen,  aber 
auch  von  dort  sei  keine  genügende  Hülfe  geschafft.  Solch  Benehmen 
wurde  für  Verrath  erachtet,  und  daher  jener  Häuptling  nebst  einem  der 
Zaquitier  ergriffen  und  auf  die  Folter  gebracht.  Ersterer  ward  dann,  als 
er  nichts  aussagte,  erschossen,  der  Andere  dagegen  in  Ketten  gelegt,  nach- 
dem er  erklärt,  seine  Leute  hätten  sich  zum  Ueberfallen  der  Christen  mit 
den  Guaycariern  verbündet.  Da  nun  bei  einem  Kreuzen  des  Flusses 
starke  Angriffe  der  Corahao-Leute  drohten,  zeigte  Federmann  schliesslich 
ernsthaft  die  Waffen ;  er  rief  ein  grosses  Gemetzel  hervor ;  seine  Reiter 
hieben  furchtbar  ein;  etwa  500  Todte  lagen  bald  auf  dem  flachen  Boden, 
und  nur  rasche  Flucht  über  den  Fluss  rettete  den  Rest  der  Wilden. 

Nachdem  dann  Federmann  mit  seiner  Schar,  sowie  die  Kranken- 
Abtheilung,  bezüglich  deren  die  Botennachricht  sich  voll  bestätigte,  wieder 
den  Fluss  überschritten  hatte,  theils  zu  Ross,  theils  durch  Schwimmen, 
theils  auf  Tartschenflössen,  zog  dann  am  6.  Februar  die  gesammte  Expedition 
wieder  nach  Curahamara  zurück,  wo  eine  Kriegslist  den  Häuptling  nebst 
23  seiner  besten  Leute  in  Gefangenschaft  brachte;  es  waren  dieselben, 
welche  in  Coro  Dal  fing  er  vorgeführt  wurden. 


Federmann's  Suche  nach  der  Südsee-Küste.  65 

In  Curahamara  ward  einiger  Verzug  verursacht,  da  Federmann 
vom  Fieber  befallen  wurde;  doch  bald  ging  es  über  Cathary  nach  dem 
bequemeren  Hacarigua  weiter,  wo  vom  10.  bis  27.  Februar  verweilt  wurde. 
Von  diesem  Orte  aus  entsandte  Federmann  einen  Zug  nach  den  früher 
schon  heimgesuchten  Cuyonern,  um  doch  noch  einmal  den  andern  Weg 
zur  Südsee  aufzusuchen.  Es  hiess,  man  solle  sich  nur  am  Fuss  des  Ge- 
birges halten,  dem  zwei  Bogenschuss  breiten,  tiefen  Temeri-Fluss  nach- 
gehen, so  werde  man  sicher  ans  Meer  gelangen.  Der  Rath  wurde  be- 
folgt, aber  Nichts  Hess  sich  finden ;  da  sich  alle  Cuyoner  in  den  wildesten 
Theil  ihres  Gebirges  verhaust  hatten,  so  blieb  desshalb  der  Versuch  er- 
folglos, so  dass  endlich  beschlossen  wurde,  den  Südsee-Gedanken  ganz 
aufzugeben  und  nach  dem  in  so  freundlicher  Erinnerung  stehenden  Bari- 
quicimeto  zurückzukehren. 

Weiter  erzählte  Federmann  in  Coro,  wie  er  von  Bariquicimeto 
nach  einigen  Ruhetagen  dann  den  Rückmarsch  angetreten  habe,  über  den 
schon  Bartolom^  Zarzo  Einiges  Dalfinger  mitgetheilt  hatte.  Der 
Zug  sei  —  so  lautete  der  Schlussbericht  —  von  Bariquicimeto  aus  zuerst 
in  das  Vararida-Thal  gegangen,  das  zwischen  hohen  Gebirgen  liege,  auf 
welchen  gegen  Westen  die  Cyparigoten,  gegen  Osten  die  Itoten  wohnten, 
während  den  Thalboden  der  gutbebauten  Gegend  Zaquitier  belebten.  Da 
dies  „ein  Volk  von  guter  Länge  und  Proportion,  sowie  stark  in  Gliedern, 
auch  die  Weiber  schön  und  gerade",  so  wurde  diese  Gegend  das  Thal  der 
Damen  genannt.  Der  Gebrauch  des  während  der  letzten  drei  Monate  sehr 
gefürchteten  Pfeilgiftes  hörte  hier  auf,  aber  die  Masse  der  Eingeborenen  — 
die  Christen  zählten  sie  wieder  oftmals  nach  mehreren  Tausenden  —  be- 
hielt ihr  Beängstigendes.  Die  Ortschaften  von  Vararida  waren  gross, 
manchmal  eine  halbe  Meile  lang,  doch  immer  nur  mit  einer  Gasse  oder 
höchstens  mit  zweien;  gewöhnlich  gab  es  in  einem  Hause  fünf-,  sechs-  bis 
achterlei  Hausvolk  mit  Weib  und  Kindern.  Es  konnte  bei  solcher  An- 
zahl der  Einwohner  ohne  Kampf  und  Zwang  nicht  wohl  abgehen.  In 
einem  Flecken  wurde  Federmann  selbst  verwundet ;  ihn  traf  nämlich  ein 
Keulenstreich,  als  von  dem  Gerüst  eines  Hauses  herab,  in  welchem  Gepäck 
und  Leute  untergebracht  waren,  scharf  von  den  Indianern  gekämpft  wurde. 

Nach  den  am  Gebirge  wohnenden  Cyparigoten  gelangte  man  auf 
einem  verwachsenen  Wege,  welcher,  wie  die  in  Ketten  mitgeführten  Zaquitier 
sagten,  nur  bei  feindlichen  Ueberfällen  gebraucht  wurde.  Tagelang  zeigte 
sich  keine  Ortschaft  und  kein  Mensch :  offenbar  war  man  ganz  in  die  Irre 
geleitet  worden.  Die  Führer  wurden  peinlich  befragt,  blieben  aber,  so 
viel  man  verstand,  bei  ihrer  Erklärung,  auf  dem  richtigen  Kriegspfade  zu 

Festschrift  der  Hamburgischen  Amerika-Feier  II.  ö 


66  Geschichte  der  Welser-Züge  in  Amerika. 

sein.  Immer  weiter  ging  es  wege-  und  hilfelos  durch  dichtverwachsenen 
Wald,  bloss  der  Sonne  nach,  stets  gen  Osten,  ohne  Wasser  und  ohne 
Speise ;  umsonst  wurden  die  höchsten  Bäume  erstiegen ,  um  einen  Aus- 
blick zu  gewinnen ;  Raubthierfleisch  musste  man  essen ;  das  Weiterkommen 
wurde  wegen  der  vielen  Maroden  immer  schwieriger.  Zwei  der  wilden 
Pfadfinder  wurden  den  Anderen  zur  Abschreckung  niedergemacht*,  trotz- 
dem gab  Niemand  einen  Weg  an,  so  dass  die  Noth  sclilimmer  wurde,  als 
sie  im  Cariben  -  Gebirge  je  gewesen  war.  Endlich  fand  sich  ein  grosser 
Ort  der  Cyparigoten ;  obwohl  menschenleer,  war  er  mit  Vorräthen  aller 
Art  versehen,  so  dass  er  für  vier  Tage  Ruhe  gewähren  konnte.  Als  einige 
der  früheren  Bewohner  gefangen  waren,  begann  ein  friedlicher  Verkehr, 
wenngleich  die  mitgeführten  Dolmetscher  die  Sprache  nicht  verstanden; 
der  entflohene  Häuptling  sandte  jedoch  Jemanden,  welcher  der  zaqui- 
tischen  Sprache  derselben  kundig  war,  mit  Gold,  um  die  Gefangenen 
auszulösen,  und  dieser  erzählte,  dass  in  nur  fünf  Tagereisen  das  Meerufer 
zu  erreichen  sei.  Durch  ihn  gelang  es,  den  Häuptling  dazu  zu  bewegen, 
dass  er  „zu  ruhiger  Behausung  wieder  in  seinem  Flecken  sich  niederthue ; 
so  kam  er  mit  Schiff  und  Geschirr". 

Alsdann  wurde  das  Thal  des  Yaracuy-Flusses ,  der  nicht  kleiner  ist 
als  der  Rhein,  ohne  Beschwerde  durchzogen;  kein  Mensch  wurde  dabei 
angetroffen.  „Die  abgeschickten  Indier,"  so  berichtete  Federmann, 
„fanden  jedoch  die  früheren  Bewohner  bald,  denn  eine  Maus  weiss  der 
anderen  Mäuse  Unterschlupf  sehr  wohl ;  sie  hatten  vermeint,  dass  wir  von 
den  Santo  Domingoer  Raubschiffen  wären,  die  kürzlich  an  der  nahen 
Küste  sich  gezeigt  und  alsbald  Viele  der  etwa  vier  Meilen  von  da  in  dem 
Gebirge  wohnenden  Itoten  weggeschleppt  hätten;  als  sie  aber  erfuhren, 
dass  wir  die  Christen  wären,  die  zu  Coro  im  Lande  des  Häuptlings 
Manauri  wohnten,  schienen  sie  ob  unserer  Ankunft  Freude  zu  haben 
und  reichten  uns  auch  allerlei  Schenkung." 

Glücklich  war  schliesslich  die  Meeresküste  an  dem  Orte  Jarajaragua 
erreicht  und  dann  weiter  Verfolgt  worden  bis  nach  dem  Orte  Martinico, 
wohin  Dalfinger  auf  Zarzo's  Anregung  Hilfe  gesandt  hatte.  Zwei 
Böte  hatten  von  dort  die  Kranken  nach  Coro  gebracht,  der  Hauptzug  war 
hingegen  zu  Lande  weiter  gegangen  und  durch  Gebiete  der  Zaquitier, 
sowie  durch  das  Gebirgsland  der  Atycarer  nach  Coro  gekommen.  Hier 
stellte  es  sich  heraus,  dass  Dalfinger  in  vielen  Beziehungen  die  Hand- 
lungen seines  Vertreters  nicht  billigte;  allein  er  verfolgte  keineswegs  den 
Mann,  welcher  immerhin  entschlossen  und  gutgläubig  gehandelt  liatte  und 
jetzt  von  den  Spanischen,    die  mit  ihm  ausgezogen  waren,  gar  heftig  an- 


Dalfinger's  Aufbruch  zu  einer  zweiten  grossen  Expedition.  67 

gegriffen  wurde.  Er  berichtete  lediglich  über  die  Vorgänge  an  seine 
Herren  Welser  und  erbat  sich  deren  Weisungen.  So  konnte  Feder- 
mann ruhig  in  Coro  seine  Genesung,  die  bei  den  häufigen  Rückfällen 
des  Fiebers  nur  langsam  voranschritt,  abwarten;  alsdann  wollte  er  zu 
Bericht  und  Verantwortung  persönlich  über  Santo  Domingo  nach  Augsburg. 

Schon  am  9.  Juni  1531  verliess  Dalfinger  Coro,  nachdem  er  den 
bereits  genannten  SantiUana  als  seinen  Vertreter  ernannt  hatte;  er 
ging  wieder  nach  den  kleinvenetianischen  Gewässern,  diesmal  um  mit  den 
grösseren  Schiffen,  welche  nach  und  nach  für  das  Ueberschreiten  der 
Tara-Enge  und  den  Verkehr  mit  den  Pflanzungen  von  Axuduara  erbaut 
waren,  eine  für  neue  Stadtgründung  geeignete  Stelle  aufzusuchen;  der 
alte  indianische  Messplatz  Maracaibo  lag  nämlich  nicht  bloss  in  einer  für 
die  Verpflegung  der  Besiedler  zu  ungünstigen  Gegend,  er  befand  sich 
auch  an  einer  Stelle,  welche  für  Seeschiffe  nur  schwer  erreichbar  war. 

Solche  Pläne  führten  Dalfinger  nach  der  Mündung  eines  offenbar  aus 
dem  Innern  Cocibacoa's  herabfliessenden  Stromes,  der  Macomiti  hiess. 
Dorthin  fuhr  er  mit  einer  Bergantine  und  zwei  wohl  ausgerüsteten  Barken, 
drang  auch  in  den  Fluss  hinein,  fand  aber  nach  viertägiger  Fahrt  nichts 
als  grosse,  von  starrem  Urwald  umgebene  Wasserbecken,  nichts  als  Sümpfe 
und  buschdichte  Ufer;  nirgends  Hessen  die  weitverzweigten  Gewässer 
menschliche  Wohnungen  erkennen,  geschweige  günstige  Ansiedlungsplätze 
oder  Anbausteilen.  Erst  bei  der  Rückkehr  nach  der  See  wurden  drei 
kleine  Pfahlbaudörfer  entdeckt,  deren  Bewohner,  offenbar  Onoter,  die 
Störer  ihrer  Ruhe  angriffen,  sobald  sie  ihnen  nahe  kamen. 

Erfolglos  kehrte  Dalfinger  nach  dem  etwa  zehn  Leguas  entfernten 
Maracaibo  zurück,  aber  um  sofort  einem  grösseren  Unternehmen  sich  zu 
widmen;  dieses  neue  Unternehmen  hing  mit  jener  Nachricht  zusammen, 
zwischen  dem  Segel- Vorgebirge  und  dem  Hafen  der  heiligen  Martha  öffne 
sich  eine  freie,  nach  Süden  führende  Gegend.  Dieser  Zugang  zum  Innern 
des  Landes  war  in  den  letzten  Jahren,  wie  Ifiigo  de  Vascuüa,  ein 
früherer  Santa  Martaer,  wissen  wollte,  schon  einige  Male  besucht  worden ; 
das  sei  namentlich  bereits  1526  von  dem  zeitweiligen  Nachfolger  des  un- 
glücklichen Bastidas,  von  Pedro  de  Vadilla,  geschehen,  welcher 
einen  grossen,  nach  Süden  fliessenden  Strom  gesehen  haben  wollte,  an 
dessen  Ufern  er,  nach  nicht  geringer  Beute,  durch  die  grosse  Menge  der 
kampfbereiten  Wilden  zur  Umkehr  gezwungen  worden  sei.  Vor  dieser 
nach  Süden  weisenden,  zwischen  hohe  Gebirge  gebetteten  Senkung  lag  an 
der  Küste,  östlich  von  Citurma,  eine  von  den  Spaniern  die  Ramada,  d.  h. 
die  Laubhütte,   genannte   Ansiedlung,    in   welcher  bereits   Santa  -  Martaer 


68  Geschichte  der  Welser-Ztige  in  Amerika. 


sesshaft  geworden  waren,  so  dass  sie  nicht  zu  berühren  war ;  sie  versprach 
viel,  da  sie  in  einer  gut  bebauten  und  von  der  Natur  bevorzugten  Gegend 
belegen  war;  denn  kleine,  aber  starke  Bergströme  fielen  dort  ins  Meer. 
Zwischen  ihren  Quellen  nun  und  den  Orten,  an  denen  grosse  südwärts 
ziehende  Ströme  entsprangen,  lag,  wie  es  hiess,  eine  angeblich  nur  ganz 
niedrige  Wasserscheide.  Die  jenseits  derselben  entquellenden  Flüsse  er- 
gossen sich  ohne  Ausnahme  in  südlicher  Richtung,  und  zwar  durch  das 
schöne,  grosse  Eupari-Thal,  dessen  Ruf  seit  Alters  weithin  verbreitet  war, 
namentlich  wegen  eines  Stammes  und  einer  Stadt  von  ganz  märchenhaftem 
Reichthum.  In  der  unmittelbaren  Nachbarschaft  der  atlantischen  Küste 
war  ein  südlicher  Abfall  ähnlicher  Art  noch  nirgends  beobachtet  worden-, 
sollten  diese  Gewässer  jenseits  der  Wasserscheide  vielleicht  in  die  Südsee 
münden?  sollten  an  ihren  Ufern  jene  vielberedeten  Schätze  sich  finden? 
Ueber  die  für  dieses  Unternehmen  ausersehene  Mannschaft  hielt 
Dalfinger,  nachdem  Leiva  von  einem  Verproviantirungszug  zurück- 
gekehrt war,  grosse  Musterung,  und  zwar  unweit  von  Maracaibo,  in  dem 
Lande  der  Buburer,  Anfang  September  1531.  Bei  dieser  „Ordnung  des 
Volkes,  die  zu  ruhiger  und  gewahrsamer  Fortreisung  dienlich  zu  sein 
schien,  wurden  Hauptleute  und  andere  Amtsmänner  ernannt,  so  die  Noth 
erheischte".  Zunächst  kam  bei  der  Aufstellung  der  Trupp  der  Pferde, 
dieser  Wunderthiere  für  die  Naturkinder  der  Wälder  und  Berge  —  Dal- 
finger zählte  ihrer  vierzig,  darunter  einige  sehr  werthvolle  Stuten.  Neben 
den  Thieren  standen  die  beiden  höheren  Kronbeamten,  welche  den  Zug 
begleiteten:  Sanmartin  und  Santacruz.  Dann  kam  der  genannte 
Vascuiia,  als  Befehlshaber  der  Leibwache,  und  Kasimir  von  Nürn- 
berg als  Reiterführer,  sowie  die  Reiter  selbst,  die  nur  mit  kurzen  Lanzen 
und  mit  Rapieren  bewafihet  waren.  Unter  den  übrigen  Leuten  zeichnete 
sich  der  wegen  seiner  Strenge  verhasste  Lagervogt  Francisco  de  Por- 
till o  aus,  sowie  der  Kundschafter  Martin,  der  bereits  als  Kenner  der 
Wilden  und  ihrer  Gebräuche  vielfach  Bewährte.  Die  gewöhnlichen  Fuss- 
knechte  waren  in  drei  Fähnlein  eingetheilt ;  jedes  befehligte  ein  Haupt- 
mann: Luis  de  Anaya,  Monserrat  und  Francisco  de  Quindos. 
Alle  führten  Degen;  die  Meisten  waren  auch  Armbrustschützen;  Andere 
trugen  Hakenbüchsen.  Endlich  kam  die  Masse  der  Leute,  grösstentheils 
Europäer,  aber  auch  einige  aus  Afrika  stammende  Sklaven,  welche  be- 
sonders die  Hunde  zu  bedienen  hatten,  die  für  die  Lagerwache  und  die 
Jagd  unentbehrlich  waren.  Die  Nichtberittenen  waren  130  Mann.  Dazu 
gesellte  sich  endlich  noch  ein  Haufe  indianischer  Lastträger,  von  denen 
jetzt  viele  aneinander  gekettet  waren,  meist  Männer. 


Dalfinger's  zweite  grössere  Expedition.  69 

Nach  solcher  Musterung  ging  es  voran,  und  zwar  sofort  in  die  Berge 
der  Buburer,  und  nachdem  etwa  20  Leguas  zurückgelegt  waren,  weiter 
hinein  in  diejenigen,  in  denen  der  Macomiti  entsprang.  Die  flurreichen, 
aber  kahlen  Höhen  bewohnten  den  Buburern  offenbar  sprachverwandte 
Leute,  die  Bureder,  die  ihr  ziemlich  kurz  geschorenes  Haar  in  kronen- 
artigen Rollen  auf  dem  Kopf  trugen  und  vollständig  nackt  einhergingen, 
abgesehen  von  den  Weibern,  welche,  gleich  denen  der  Buburer,  die  Scham 
bedeckt  hielten.  Dalfinger  meinte  wieder,  hier  müsse  es  doch  die  viel 
besprochenen  Gold- Wäschereien  oder  Gold-Gruben  geben;  allein  nichts 
zeigte  sich  davon,  nicht  einmal  bearbeitetes  Gold  in  erheblicher  Menge  5 
die  Sachen,  die  sich  fanden,  sollten  einem  anderen  Lande  entstammen. 
Hier,  als  man  etwa  25  Leguas  vom  Segel- Vorgebirge  sich  entfernt  hatte, 
begann  Anfang  Dezember  der  Niederstieg  in  das  gelobte  Eupari-Thal. 

Während  dieser  zweimonatlichen  Bergreise  sass  Federmann,  der 
unter  Santillana's  Oberbefehl  natürlicher  Weise  mehr  als  ungemüthlich  sich 
fühlte,  in  Coro  nicht  still ;  er  begab  sich  vielmehr  auch  seinerseits  nach 
dem  Segel- Vorgebirge,  jetzt  auch  wieder  zufolge  königlicher  Erlasse  und 
Anschreiben  der  Santo  Domingoer  Regierung.  Er  erhielt  die  Gewissheit, 
dass  dort  eine  Stadtgründung  unmöglich  sei;  aber  als  er,  anknüpfend  an 
den  Paraguanaer  Fund,  nach  Perlen  sich  erkundigte,  erhielt  er  den  wich- 
tigen Aufschluss,  dass  auch  dort  Perlenmuscheln  aus  dem  tiefen,  klippigen 
Küstenwasser  heraufgeholt  würden,  und  empfing  eine  nicht  unbeträchtliche 
Menge  von  Proben.  Mit  diesen  verliess  er  Anfang  Dezember  1531  Santana 
de  Coro,  und  begab  er  sich  nach  Santo  Domingo  zu  der  dortigen  Faktorei. 
Von  dort  fuhr  er  bald  nach  Europa  zurück. 


Die  Schneeberge  der  heiligen  Martha,  deren  leuchtende  Häupter  schon 
den  ersten  Entdeckern  so  wunderbar  erschienen  waren,  bildeten  einen 
mächtigen  Bergstock  für  sich.  Diese  gewaltige  Masse  unten  oft  zu  Tage 
stehenden  und  bis  zur  Schneehöhe  bewaldeten  Gesteins  rahmte  auf  der 
einen  Seite  das  Eupari-Thal  ein ;  die  Seite  desselben,  auf  der  die  Weiserischen 
sich  näherten,  bestand  ebenfalls  aus  gewaltigen  Bergen,  diese  aber  erhoben 
sich  nicht  in  selbständigem  Bau,  bildeten  vielmehr  einen  Theil  der  un- 
geheuren Gebirgskette,  aus  welcher  die  Gewässer  des  an  Seen  und  Fluss- 
armen so  überreichen  westlichen  Ufers  der  Maracaibo-See  sich  herab- 
wälzten.    Der  eigentliche  Kamm  dieses  düsteren,   unheimlichen  Bergzuges 


70  Geschichte  der  Welser-Züge  in  Amerika. 

war  noch  keineswegs  erstiegen,  alsDalfinger  vom  Bureder-Lande  in  eine 
offen  scheinende  Mulde  hinabstieg,  eine  Senkung  im  oberen  Theile  des 
Gebirges;  viel  Zeit  und  Mühe  musste  daran  gesetzt  werden,  um  in  den 
walddichten  Massen  und  in  den  kahlen  Felsrändern  weiter  zu  kommen. 

Als  diese  beschwerliche  Mühsal  überwunden,  begann  nach  einer  be- 
grasten Thalfläche  der  schwere  Marsch  im  Gebiete  der  Guanaver;  diese 
hochgewachsenen  Menschen  schauten  ganz  anders  aus,  als  alle  bisher  an- 
getroffenen Eingeborenen;  denn  sie  trugen  Kleidung,  nämlich  Decken  von 
Baumwolle,  sowie  Mützen  von  demselben  Stoff.  Man  erfuhr,  dass  sie  mit 
dem  Innern  des  Landes  in  Handelsverkehr  ständen,  indem  sie  Salz  aus- 
tauschten gegen  Gold,  das  zu  Ringen,  Vögeln  und  anderen  Gebilden  von 
plattgetriebener  Form  verarbeitet  werde.  Mithin  winkten  auf  dem  Weiter- 
marsch, der  in  südlicher  Richtung  vor  sich  ging,  offenbar  die  ersehnten 
Schätze.  Der  Gubernator,  welcher  die  Guanaver  für  friedlich  gesonnene, 
aber  im  Kampf  gewiss  beherzte  Leute  hielt,  schärfte  Allen  ein,  an  ihnen, 
wie  an  allen  bekleideten  Indiern,  die  sich  fortan  zeigen  möchten,  sich  nicht 
zu  vergreifen;  die  Dolmetscher  versicherten  die  Wilden  guter  Behandlung, 
wenn  sie  sich  fügen  und  dem  Kaiser  sich  unterwerfen  würden,  dem  Herrn 
der  Welt.  Viele  verhielten  sich  zuwartend  und  gaben  Gold  oder  was  sie 
sonst  hatten ;  Andere  aber  verliessen  ihre  Hütten  und  eilten  in  das  Dickicht 
des  Waldes,  wo  Dalfinger  sie  jedoch,  so  gut  es  ging,  aufsuchen  und 
ergreifen  Hess,  um  sie  wegen  des  Grundes  ihrer  Verhausung  zu  befragen. 
Sie  erklärten,  dass  sie  die  Fremden  für  Männer  aus  Santa  Marta  gehalten 
hätten,  von  denen  bereits  der  Ihrigen  Viele  beraubt,  erschlagen  oder  weg- 
geschleppt worden  wären.  Darauf  Hess  Dalfinger  einige  dieser  vorher 
Flüchtigen  frei;  Andere  lösten  sich  durch  Gold  im  Betrage  von  je  50,  80 
oder  100  Goldpesos  aus,  ein  Verfahren,  welches  die  von  Santa  Marta  bei 
den  Eingeborenen  bereits  mit  Erfolg  eingeführt  haben  sollten,  da  die 
Flucht  in  die  Wälder  immer  so  verderblich  für  rath-  und  hilflose  Euro- 
päer geworden. 

Nach  einem  Gebirgs-Marsch  von  20  bis  25  Leguas  traf  der  Haupt- 
zug, welchem  Kasimir  von  Nürnberg  mit  dem  Tross  nicht  umnittelbar 
folgen  konnte,  in  schon  tiefer  gelegener,  dem  Thalc  sich  zuneigender 
Gegend,  einen  Stamm  von  ganz  anders  klingender  Sprache;  da  trugen 
die  Weiber  an  Brüsten  und  Armen  schwarze,  eingeritzte  Verzierungen; 
die  Leute,  die  sich  Jiriguanaer  nannten,  wohnten  in  etwas  grösseren  Ort- 
schaften, als  die  früheren,  nämlich  in  solchen  von  10  bis  15  Hütten;  sie 
schienen  gleich  dem  vorher  angetroffenen  Stamm  durch  frühere  Heim- 
suchungen seitens  der  Christen  eingeschüchtert  zu  sein ;  sie  erzählten  auch. 


Dalfinger's  zweite  grössere  Expedition.  71 


dass  sie  zwischen  Menschenfressern  lebten,  und  benahmen  sich  ängstlich. 
Auf  der  einen  Seite  dieser  Völkerschaft,  so  erfuhr  man  ferner,  sässen  im 
Hochgebirge  dicht  bei  ihnen  die  Dubeyer,  dagegen  in  weiterer  Entfernung 
die  mit  Giftpfeilen  schiessenden  Arhuacoer.  Diesen  gefährlichen  Wilden 
einen  Besuch  zu  machen,  hütete  man  sich  wohl;  der  Marsch  ging  an 
ihnen  vorbei.  Dicht  bei  den  Jiriguanaern  hatten  dann  die  Zamyruaer  in 
vier  bis  fünf  Dörfern  gewohnt;  jetzt  wurden  ihre  Wohnungen  leer  vor- 
gefunden; da  sich  alte  Eisenstücke,  Flechtschuhe,  Halfter  und  Pferdeleinen 
zeigten,  so  war  der  Grund  leicht  zu  erkennen. 

Sollte  der  Marsch  jetzt  aber  nicht  weg-  und  ziellos  sich  verlaufen, 
so  mussten  zunächst  einheimische  Führer  beschafft  werden;  solche  fanden 
sich  auch,  unter  ihnen  ein  Häuptling,  welcher  zugleich  die  Jiriguanaer 
verstand,  und  die  im  Thale  wohnenden  Nachbarn.  Dies  waren  die  viel- 
beredeten, reichen  Pacabueyer.  Durch  ihr  feuchtes,  grasreiches,  oft  moor- 
ähnliches Land  floss  jener  mächtige  Strom,  Jiriri  geheissen,  von  dem 
erzählt  war.  Alsbald  traten  auch  10  bis  12  Ortschaften  hervor,  von 
denen  Macocu  und  alsdann  Pauxoto  an  den  Ufern  jenes  Gewässers  die 
nächsten  waren.  Dalfinger,  welcher  auf  der  linken  Stromseite  sich  bewegte, 
blieb  hier  im  letztgenannten  Orte  längere  Zeit,  theils  weil  er  auf  seinen 
Nürnberger  wartete,  der  den  zurückgebliebenen  Tross  mit  seinen  Pferden 
zu  decken  hatte,  theils  weil  er  fand,  dass  der  Ort  gar  wohl  gelegen  sei, 
um  die  zahlreichen  Anbauplätze  der  Umgebung  ohne  zu  grossen  Zwang 
zum  Abliefern  von  Goldsachen  zu  veranlassen:  er  erhielt  bald  Gold  im 
Werthe  von  20  000  Castellanos.  Doch  Dalfinger  beschloss,  noch  bevor 
Kasimir  von  Nürnberg  und  seine  Leute  sich  mit  ihm  vereinigt  hatten, 
einen  ersten  grösseren  Kampf  zu  wagen;  es  war  das  gegen  jene  gefähr- 
lichen Arhuacoer,  die  am  rechten  Ufer  des  Jiriri  wohnten.  Er  griff  sie 
an,  um  dadurch  die  Freundschaft  der  Bewohner  von  Pauxoto  zu  befestigen, 
zu  deren  Erbfeinden  sie  gehörten;  doch  waren  sie  gewarnt  worden  und 
hatten  die  Wege  zu  ihren  Wohnsitzen  durch  viele  in  den  Boden  gesteckte 
Giftpfeile  abzusperren  gesucht;  von  solchen  Vertheidigungsmitteln  ward 
aber  nur  Einer  der  einheimischen  Wegweiser  verwundet.  Als  dann  der 
Zug  einem  Dorfe  von  zwölf  Wohnungen  sich  näherte,  Hess  der  von  einem 
Dache  ausschauende  Posten  sogleich  seinen  Ruf  ertönen,  und  alsbald  kamen 
die  Wilden  stürmisch  heran;  sie  zeigten  sich  als  tüchtige  Krieger  und 
verwundeten  Esteban  Martin  und  einen  Soldaten;  dieser  starb  nach 
drei  Tagen  —  es  war  der  erste  Todte  dieser  Expedition  — ,  jener  Fährten- 
finder kam  diesmal  mit  dem  Leben  davon.  Von  den  Arhuacoern  wurden 
drei  oder  vier  getödtet,  fünf  oder  sechs  gefesselt  mitgeführt.     Dann  ward, 


72  Geschichte  der  "Welser-Züge  in  Amerika. 

da  kein  Gold  sich  fand,  dieser  Kriegszug  aufgegeben,  der  drei  und  einen 
halben  Tag  gedauert  hatte.  Das  neue  Jalir  1532,  an  das  sich  so  grosse 
Entdeckungs-Aussichten  zu  knüpfen  schienen,  stand  unmittelbar  bevor, 
als  man  wieder  in  Pauxoto  anlangte. 

Im  Lande  der  Pacabueyer  gab  es  wiederum  Spuren  von  Europäern. 
In  der  That  waren  in  diese  Gegenden  auch  nach  Vadillo's  Zeit  —  also 
unter  Lerma's  Regierung  —  von  Santa  Marta  aus  Züge  unternommen, 
namentlich  noch  vor  zwei  Jahren  ein  grosser  unter  Führung  von  Pedro 
de  Lerma,  dem  jungen  Neffen  des  Statthalters,  der  bis  in  das  Land  der 
Pacabuejer  gelangt  war,  ja  bis  an  einen  grossen  nordwärts  sich  ergiessenden 
Strom  und  zu  einem  stattlichen,  rechtsseitig  einmündenden  Nebenfluss 
desselben  5  auf  dieser  Expedition  war  ein  Gewinn  von  etwa  40  000  Gold- 
pesos aus  Gräbern  und  aus  Wohnungen,  als  Lösegeld  und  als  Beute 
gemacht  worden,  eine  Summe,  welche  den  metallhellen  Klang  des  Namens 
der  Pacabueyer  noch  mehr  verschönt  hatte,  als  die  Tradition  der  Vor- 
fahren. Nur  wegen  Uneinigkeit  der  Leute  war  jenes  Unternehmen  nicht 
fortgesetzt  worden,  namentlich  auch  das  Verfolgen  jenes  Riesenstromes 
unterblieben,  dessen  Wasser  erst  ganz  vor  Kurzem  genauer  untersucht 
waren,  und  zwar  einestheils  in  dem  gefahrvollen  Mündungsdelta  von 
Geronimo  de  Melo,  einem  mit  dem  Landeshauptmann  befreundeten,  bald 
nach  seiner  Rückkehr  verstorbenen  Portugiesen,  anderen theils  in  dem 
übersichtslosen  Binnenlauf  von  Juan  de  Cespedes  und  Juan  de 
Sanmartin,  die  noch  zur  Zeit  der  Ankunft  der  Weiserischen  irgendwo 
auf  den  vielverzweigten  Wassern  herumschwimmen  mochten. 

Den  Gubernator  machten  die  Zeichen  von  europäischen  Vorgängern 
nicht  irre.  Er  hatte  in  diesem  Pacabueyer-Lande  das  erste  Ziel  seiner 
Fahrt  erreicht,  und  hier  veranlasste  ihn  die  tapfere  Haltung  der  Arhuacoer, 
der  erste  ernstliche  Widerstand,  auf  den  er  gestossen  war,  den  zuverlässigen 
Vascuna  nach  dem  atlantischen  Ocean  zurück  zu  senden,  damit  er  den 
bisher  gewonnenen  Schatz  von  30  000  Goldpesos  schon  jetzt  in  Sicherheit 
bringe.  Vascuna  sollte  dann  ausserdem  neue  Mannschaft  aus  Maracaibo 
oder  Coro  zuführen.  Er  erhielt  24  Leute  als  Gefolge,  sowie  als  Bedeckung 
für  die  Dauer  von  drei  Tagen  den  eben  nachgekommenen  Kasimir  mit 
einigen  Reitern,  und  brach  am  6.  Januar  1532  von  Pauxoto  auf. 

Dalfinger  selber  folgte  den  hoffentlich  zum  neuen  Ocean  strömenden 
Wellen  des  Jiriri  in  der  Erwartung,  an  der  ersehnten  anderen  Küste  bald 
neue  grosse  Reichthümer  zu  gewinnen.  Etwa  acht  Tagereisen  unterhalb 
Pauxoto's  crgoss  sich  dieser  Fluss  auch  in  ein  neues  grosses  Gewässer, 
aber  leider  nicht  in  ein  Weltmeer.     In  einem  stattlichen  See  bot  sich  hier 


Die  Pacabueyer-Stadt  Tamara.  73 

ein  merkwürdiger,  ein  geradezu  wunderbarer  Anblick:  die  Stadt  Tamara. 
„Diese  Ortschaft  der  Pacabueyer",  so  etwa  schreibt  Dalfinger,  „ist  fast 
gross  und  hat  mehr  als  tausend  Behausungen.  Die  Indischen  erwarteten 
uns  vor  derselben,  und  Etliche  kamen,  um  mit  mir  zu  sprechen;  sie  miss- 
trauten uns  aber,  wollten  trotz  Vermahnung  nicht  nahen  und  standen  in 
mehreren  Haufen  zwischen  Lagunen  und  Flüssen,  wesshalb  ich  sie  mehr- 
fach angriff  und  Etliche  fahen  liess.  Sie  zogen  sich  in  ihren  Ort  zurück 
und  gaben  mir  einiges  Gold,  doch  nicht  viel,  da  sie  das  meiste  verborgen 
und  vergraben  hatten.  Dieser  Ort  liegt  an  dem  Flusse  Jiriri,  welcher 
unfern  von  ihm  in  eine  grosse  Lagune  sich  ergiesst,  die  vier  oder  fünf 
Leguas  breit  ist;  wenig  fehlt,  dass  sie  den  Ort  nicht  ganz  einschliesse. 
Es  ist  der  beste  und  grösste,  den  Christen  in  hiesigen  Gegenden  jemals 
gesehen  haben:  hohe  Lage,  gute  Luft,  ringsumher  Grasflur,  aber  wenig 
Urwald.  Im  Orte  stehen  grosse  Bäume,  wie  schöne  Eichen  anzuschauen; 
die  pflanzen  die  Indier  und  gebrauchen  ihrer,  wenn  sie  wollen,  um  ihren 
Plätzen  und  Häusern  Zier  und  Schatten  zu  schafifen;  da  giebt  es  auch 
Apfelsinen,  nicht  so  schön,  wie  die  in  Spanien,  aber  Ersatz  für  diese  und 
angenehmen  Geschmacks ;  ferner  viele  Guayabas,  gute  Fische,  reiche  Jagd 
auf  Hühner  und  allerlei  Wild.  Die  Eingesessenen  bearbeiten,  wie  ich 
nicht  zweifle,  viel  Gold;  sie  haben  ihre  Schmieden,  Ambosse  und  Hämmer; 
diese  sind  aus  hartem  Stein,  nur  wie  Eier  gross  oder  noch  kleiner;  die 
Ambosse  sind  so  gross  wie  Mallorka-Käse ;  die  Blasebälge  haben  zwei 
oder  mehr  Finger  dicke  Röhren  von  zwei  Handflächen  Länge ;  die  Wagen, 
mit  denen  sie  wiegen,  sind  gar  fein,  aus  weissen  Knochen,  die  Elfenbein 
gleichen,  und  auch  solche  mit  schwarzem  Stock,  die  wie  Ebenholz  aus- 
sehen; die  haben  ihre  Kerben  oder  Punkte,  um  beim  Gewicht  zu  mehren 
oder  zu  mindern,  wie  unsere  Wagen,  und  sie  können  wiegen  von  einem 
halben  Castellano,  das  ist  48  Gran,  bis  zu  einer  Mark,  das  sind  50  Castellanos. 
Rings  um  Tamara  in  Entfernung  von  einer  oder  zwei  oder  drei  Leguas 
giebt  es  viele  andere  Ortschaften,  aber  nicht  so  grosse,  allerlei  Feldgebäu, 
wie  Weiler  oder  Dörfer.  Es  ist  der  gesundeste  Ort  von  allen,  die  ich 
sah;  dort  gab  es  am  meisten  Kinder,  und  in  den  anderthalb  Monaten, 
während  deren  ich  dort  mich  niederthat,  erkrankte  kein  Christ."  Dieser 
Ort  war  in  der  That  der  alte  Stolz  der  Pacabueyer. 

Am  10.  April  1532  zog  Dal  fing  er  von  da  weiter,  um  über  Conze- 
puza  in  das  Gebiet  eines  anderen  zahlreichen  Stammes  zu  rücken.  Bei 
diesem  gingen  die  Männer  ganz  nackt,  während  die  Weiber  mit  kleinen 
baumwollenen  Schürzen  versehen  waren,  die  lose  hernieder  hingen;  die 
Gesichter    waren   durch   eingeritzte   und    dunkelgefärbte  Figuren,   ähnlich 


74  Geschichte  der  Weiser-Züge  in  Amerika. 

wie  bei  den  Jiriguanern,  verziert,  so  dass  die  Haut  wie  schwarz  aussah.  Das 
stattliche  Volk,  das  eine  Menge  von  grösseren  Ortschaften  bewohnte, 
nannte  sich  die  Zondaguaer  und  bediente  sich  einer  bis  dahin  den  Euro- 
päern fremd  gebliebenen  Sprache.  Gleich  in  der  ersten  seiner  Ortschaften, 
in  Compachay,  sah  man  bei  der  Hoffnung  auf  ein  nahes  Meer  mit  grosser 
Freude,  dass  das  Volk  zu  Wasser  sehr  gewandt  sei;  offenbar  war  sein 
Gebiet  jährlichen  Ueberschwemmungen  ausgesetzt  und  sein  Lebensunterhalt 
häufig  bloss  auf  den  Fischfang  beschränkt.  Zu  Lande  schien  der  Stamm 
nicht  so  tüchtig  zu  sein;  es  hiess  jedoch,  dass  an  einigen  Orten  Giftpfeile 
gebraucht  würden.  Der  Ort  Compachay  lag  ganz  am  Ende  des  bisher 
durchzogenen,  südwärts  streichenden  Flussgebietes,  und  zwar  an  dem  be- 
reits von  den  Santa  Martaer  Leuten  gesehenen  und  befahrenen  Riesen- 
strom, welcher  den  Jiriri  aufnahm  und  Yuma  genannt  wurde.  Die 
Strömung  dieses  grossen  Wassers  war  der  Richtung  des  Jiriri  entgegen- 
gesetzt, denn  sie  lief  von  Süden  nach  Norden.  Diese  Thatsache  ver- 
nichtete vollständig  die  Hofinung,  dass  das  neue  Meer  nahe  sei;  denn  im 
Süden  konnte  es  nicht  wohl  sich  finden,  weil  die  grossen  neuentdeckten, 
später  als  Magdalena  bezeichneten  Wassermassen  entweder  auf  hohe  Ge- 
birge oder  auf  langen  Lauf  hindeuteten.  Lediglich  die  Hoffnung  blieb, 
dass  vielleicht  der  Strom  in  derselben  Richtung  floss,  wie  die  Küste  des 
ersehnten  Meeres  strich;  hatte  doch  auch  Baiboa  über  einen  grossen, 
von  Süden  nach  Norden  fluth enden  Strom  berichtet,  dessen  Mündung  nicht 
gar  weit  von  dem  Gestade  des  anderen  Oceans  sich  vorfand.  Wer  konnte 
sagen,  ob  dieses  Gestade  nicht  vom  jenseitigen  Ufer  des  etwa  eine  Viertel 
Legua  breiten  Flusses  sich  erreichen  Hess? 

In  Compachay  winkte  von  dem  linken  Ufer  des  reissenden  Yuma- 
Stromes  ein  bedeutender  Ort  herüber,  welcher  nach  Aussagen  der  Zonda- 
guaer Zuandi  hiess  und  desshalb  so  ungemein  gross  erscheinen  sollte,  weil 
die  drei  Theile,  in  die  er  zerfalle,  niemals  gleichzeitig  von  der  Bevölkerung 
bewohnt  würden,  sondern  immer  nur  abwechselnd.  Dalfinger  sandte 
ein  Kanoe  mit  Tamaraern  über  den  Fluss,  und  forderte  Unterwerfung,  ob- 
wohl wegen  Mangel  an  Fahrzeugen  ein  Uebergang  für  ihn  durchaus  un- 
möglich war.  Am  nächsten  Tage  kamen  zehn  Personen  in  vier  kleinen 
Böten  mit  200  Goldpesos  zu  den  Weiserischen  herüber  und  wurden 
natürlich  von  diesen  mit  Auszeichnung  aufgenommen.  Man  befragte  sie 
durch  die  Dolmetscher,  so  gut  es  ging,  über  ihren  Wohnsitz;  am  jen- 
seitigen Ufer  stromabwärts,  so  sagten  sie,  liege  ein  goldreicher  Ort,  Zumiti 
geheissen,  noch  grösser  als  Tamara  und  von  ihrem  Lande  durch  ein 
tiefes  Wasser  —  den  Cauca  —  geschieden;   auch   stromaufwärts  gebe   es 


Umkehr  der  Expedition  in  Compachay.  75 

ansehnliche  Ortschaften,  und  zwar  solche  der  Zondaguaer;  die  lägen  in 
grossen,  von  Giessbächen  durchfurchten  Grasstrichen,  und  aus  den  Wild- 
wassern gewinne  man  dort  Gold,  so  viel  Gold,  dass  die  Fremden  trotz  ihrer 
starken  Thiere  die  Masse  nicht  würden  fortschaffen  können. 

Trotzdem  kehrte  hier  in  Compachay  der  Gubernator,  ungeachtet  des 
Widerstrebens  und  des  Gemurres  vieler  Expeditionsgenossen,  um.  In  fünf 
Tagereisen  erreichte  er  über  Zonzilloa  wieder  das  Gebiet  der  Pacabueyer. 
Das  erste  Dorf,  das  man  berührte,  war  Zenmoa  geheissen;  hierauf  folgte 
Ijaran,  ein  grosser,  nur  zwei  Leguas  von  jenem  Pauxoto  entfernter  Platz. 
Hier  wurde  auf  Vascuna's  Rückkehr  gewartet.  Das  lange  Harren  blieb 
aber  vergebens;  unerklärlicher  Weise  kam  nicht  einmal  die  geringste 
Kunde  von  Vascuna.  Da  man  aber  nicht  nur  wegen  des  Schicksals 
desselben  ängstlich  geworden  war,  sondern  auch  dringend  neue  Mannschaft, 
sowie  Geräthe  zum  Schiffsbau,  Vorkehrungen  für  einen  Flussübergang  und 
alles  zum  Häuserbau  Nöthige  bedurfte,  so  wurde  Esteban  Martin  dem 
verschollenen  Gefährten  nachgeschickt. 

Erst  am  9.  September  1532  zog  Dalfinger  selbst  nach  einigen, 
Tamara  gegenüber  an  dem  grossen  See  belegenen  Zondagua  -  Orten : 
Potome,  Zilano  und  Zomico;  zum  Theil  ging  der  Weg  durch  Wasser,  das 
jetzt  immer  bis  an  die  Kniee,  oft  sogar  bis  an  die  Brust  reichte.  War 
auch  der  erste  Empfang  in  dem  fast  auf  einer  Insel  liegenden  Zomico  ein 
freundlicher,  so  entleerte  sich  doch  allmählich  die  Ortschaft;  Wachen 
und  Runden  wurden  daher  zur  Verhinderung  völligen  Verhausens 
nothwendig. 

Hier  sah  Dalfinger  zum  ersten  Male  eine  grosse  Todtenstätte  der 
Wilden;  er  beschrieb  sie  etwa  folgendermaassen :  „Auf  den  Ecken  eines 
vierzig  Quadratfuss  grossen  Platzes  waren  vier  mit  rothem  Stoff  bestrichene 
Pfähle  gesteckt;  die  Spitze  eines  jeden  Pfahles  zeigte  einen  geschnitzten 
und  mit  derselben  Farbe  bemalten  Menschenkopf;  dazwischen  hingen  be- 
malte Decken.  Eine  Oeffnung  in  diesem  Deckenumhang  bildete  den  Zu- 
tritt. Inmitten  des  Vierecks  lag  in  einem  wohlgearbeiteten  hölzernen 
Behälter  und  in  der  Umhüllung  von  zwei  weissen,  baumwollenen  Decken 
die  Leiche  eines  Eingeborenen,  über  der  wieder  eine  solche  Decke  lag. 
Vor  ihr  standen  zwei  Körbe  voll  wohlriechender  Baumrinden,  die  als 
Weihrauch  dienten  und  mit  einem  Harze  von  gleichem  Gerüche  gemischt 
waren.  Bogen  und  Pfeile  hingen  ringsum  in  dem  Viereck  nebst  vielen 
Tauschsachen,  wie  sie  im  Handelsverkehr  dieses  Landes  vorkommen. 
Etwas  höher  als  der  Sarg  stand  ein  breiter  Korb,  in  welchem  zwei 
goldene,  Harnischen  ähnliche  Rüstungen  mit  sehr  gut  gearbeiteten  Brust- 


76  Geschichte  der  Welser-Züge  in  Amerika. 

buckeln  lagen :  das  eine  Stück  rund,  das  andere  am  Halse  ausgeschnitten ; 
ferner  ein  sehr  hübsches  Halsband,  eine  mit  Deckel  versehene  Schale  und 
ähnliche  Dinge,  alle  von  Gold.  Die  Indianer  sagten,  dass  auf  der  andern 
Seite  des  Yuma-Stromes  die  Essgeräthe  gleichen  Stoffes  seien,  ebenso  die 
Rüstungen,  die  Sitze  und  die  Lanzenspitzen.  In  jenem  Korbe  zeigten 
sich  ausserdem  ein  von  sehr  feinem  Golde  eingefasster  Kamm,  Ohrringe, 
Armbänder  und  andere  Sachen,  so  dass  der  Gesammtwerth  seines  Inhaltes 
mehr  als  2000  Goldpesos  betrug."  Die  Zondaguaer  erzählten,  es  würde 
immer  neben  der  Leiche  eines  ihrer  Häuptlinge  alles  Gold  und  alles 
Schmuckwerk,  das  er  besessen,  niedergestellt,  und  der  Todte,  der  da  liege, 
sei  einer  ihrer  Häuptlinge  gewesen. 

In  Zomico  blieb  Dalfinger  vom  17.  September  bis  zum  5.  Oktober 
1532;  in  dieser  Zeit  traf  dort  auch  Esteban  Martin  mit  einiger  Ersatz- 
mannschaft wieder  ein. 

Den  Spuren  des  Ausmarsches  nachgehend,  hatte  dieser  kluge  Mann  durch 
die  Angabe,  dass  Dalfinger  auf  dem  Fusse  folge,  alle  Feindseligkeiten  ab- 
gewendet und  war  glücklich  etwa  fünf  Wochen,  nachdem  er  den  Gubernator 
in  Ijaran  verlassen  hatte,  am  28.  Juli  1532  mit  zwanzig  Mann  in  Mara- 
caibo  angelangt.  Lange  war  dort  auf  Kunde  von  Dalfinger  oder  von 
dem  Fortgang  seiner  Unternehmung  vergeblich  gewartet.  Seine  Vertreter 
in  Maracaibo  und  Coro,  Francisco  Vanegas  und  Bartolom^  de 
Santillana,  waren  daher,  wie  beide  dortigen  Kolonieen,  immer  unruhiger 
geworden,  weil  die  Nachrichten  fehlten,  von  deren  Inhalt  so  viel  für  ihre 
ganze  Zukunft  abhing.  In  letzter  Zeit  hatten,  da  neue  Berichte  vom 
Landeshauptmann  abgewartet  wurden,  auch  die  europäischen  Zufuhren 
der  Welser  mehr  und  mehr  aufgehört,  so  dass  sowohl  Coro  wie  Maracaibo 
recht  heruntergekommen  waren.  Esteban  Martin  konnte  daher  auch 
auf  keine  grosse  Unterstützung  rechnen;  Vanegas  konnte  ihm  geradezu 
gar  nichts,  Santillana  von  Coro  aus  nur  wenig  helfen.  Trotzdem 
schickte  Letzterer,  der  überall  mit  Hader  und  Anfeindung  zu  thun  hatte, 
etwa  siebzig  Mann  nach  Maracaibo,  doch  erst  nach  Ablauf  eines  Monats. 
Während  dieser  Zeit  unternahm  Martin,  welcher  in  jenem  öden  Orte 
sich  nicht  verproviantiren  konnte,  mit  den  dortigen  halbverzweifelten  Be- 
wohnern, von  denen  kürzlich  vierzehn  bei  einem  Flussübergang  ertrunken 
waren,  einen  Zug  in  das  Land  der  bereits  von  früher  her  bekannten 
Onoter;  doch  trug  dieser  seiner  Mannschaft  nur  Verluste  ein;  auch  er  selbst 
erhielt  fünf  Pfeilschüsse,  so  dass  er  noch  krank  darnieder  lag,  als  die 
Leute  von  Coro  unter  der  Führung  von  Pedro  de  Limpias  ankamen. 
Mit  diesem  und  achtzig  Mann  ging  dann  Martin  nach  wiederhergestellter 


Martin's  Rückkehr  zur  Expedition.  77 

Gesundheit  zurück,  ohne  Kunde  von  Vascuna  und  ohne  die  durchaus 
erforderlichen  Werkzeuge  für  Holz-  und  Schiffsbau;  er  zog  abermals  die- 
selbe Fährte  und  stiess  Ende  September  zum  Gubernator,  der  inzwischen 
sein  Lager  von  Ijaran  nach  Zomico  verlegt  hatte. 


VI. 

Die  Nachrichten,  welche  Martin  tiberbrachte,  waren  so  unerfreulich 
wie  möglich.  Die  Unordnungen  in  Coro  und  Maracaibo  verlangten  den 
Rückmarsch;  dieser  aber  widersprach  dem  einmüthigen  Willen  der  Ex- 
peditionsgenossen, der  bereits  von  Strapazen  heimgesuchten  Aelteren,  wie 
der  nach  Beute  begehrenden  Jungen.  Der  Rückmarsch  hatte  aber  jetzt 
noch  eine  andere  Gefahr;  er  drohte  nämlich  zu  einem  Zusammenstosse 
mit  den  Leuten  von  Garcia  de  Lerma  zu  führen.  Denn  Martin 
meldete,  dass  dieser  Landeshauptmann,  der  den  Welsern  so  viel  Dank 
schuldete,  sobald  er  von  der  jetzigen  Expedition  unterrichtet  worden  sei, 
sich  feindlich  gestellt  habe;  er  habe  Land  und  Leute  dieser  Gegend  an 
etliche  hervorragende  Personen  seines  Gefolges  zu  Nutz  und  Recht  ver- 
liehen und  dann  behufs  Durchführung  dieser  papierenen  Massregel,  welche 
trotz  aller  Empfehlungen  der  Santo  Domingoer  Regierung  von  sehr  frag- 
lichem Werth  war,  einen  eigenen  Zug  abgesandt,  Martin  hatte  sogar 
gehört,  dass  ihm  die  Santa  Martaer  auf  dem  Fusse  folgten;  Lerma 's 
Leute  kamen  in  der  That  heran.  Da  demnach  die  Rückkehr  zu  den  Waffen 
zu  führen  drohte  über  die  Frage,  wo  die  Grenze  der  beiden  benachbarten 
Gubernationen  liege,  so  entschloss  sich  Dalfinger  schweren  Herzens, 
von  Zomico  weiter  nach  Süden  zu  ziehen  und  nicht  sofort  die  atlantische 
Küste  wieder  aufzusuchen. 

Somit  brach  Dalfinger,  obwohl  die  überall  sich  zeigenden  Ueber- 
schwemmungen  sehr  hinderlich  werden  mussten,  am  5.  Oktober  1532  mit 
etwa  200  Mann  auf.  Zunächst  wurde  noch  weiter  vorgedrungen  am  Ufer 
des  Yuma-Stromes ;  obwohl  Böte  fehlten,  wurde  doch  durch  eigenen  Glücks- 
fall der  Uebergang  über  dieses  breite,  gefährliche  Wasser  ermöglicht;  dann 
ward  unter  äusserstem  Kraftaufwand  eine  Zahl  grosser  Nebenströme  über- 
schritten ;  es  folgte  das  wasserreiche  Gebiet  der  Pemäer ;  dieses  Volk,  das 
wenig  Goldsachen  besass,  aber  merkwürdiger  Weise  Kupferstücke  als 
Geld  benutzte,  bewohnte  ein  viel  Moor  und  Grasdickicht  darbietendes 
Land,  welches  jedoch,   wenn   erst  im  Gebiete   der  Pacabueyer  oder  Zon- 


78  Geschichte  der  Welser-Ztige  in  Amerika. 


daguaer,  wie  geplant,  eine  Stadt  angelegt  sein  würde,  geeignet  zu  sein 
schien  für  Landbau  und  für  Viehzucht. 

Von  den  Santa  Martaern  wurde  diese  feuchte  Gegend  gemieden; 
Lerma's  Volk  kam  vielmehr  nur  bis  Tamara  und  begann  von  diesem 
Orte  aus,  obwohl  die  Welser-Fährte  ganz  frisch  und  deutlich,  noch  keinen 
Monat  alt,  vor  Augen  lag,  Plünderungszüge  in  das  Zipnaza-Gebiet,  unter 
Angabe  wunderlicher  Vorwände,  aber  unter  Aufwand  vieler  Hilfsmittel. 
Somit  war  eine  Verfolgung  durch  dasselbe  nicht  mehr  zu  befürchten  und 
dem  Zusammentreffen  mit  den  Nachbarn,  das  gewiss  blutig  geworden  wäre, 
vorgebeugt;  Dal  fing  er  bekam  glücklicher  Weise  seine  Nebenbuhler  gar 
nicht  zu  sehen,  und  erfuhr  auch  nichts  über  die  Anschuldigungen,  welche 
in  Santa  Marta  alsbald  gegen  ihn  persönlich  erhoben  wurden.  Dort,  wo 
Lerma  allgemeinen  Unwillen,  ja  lebhaften  Hass  durch  sein  Benehmen 
hervorrief,  wurde  der  Vertreter  der  Welser  als  ein  Tyrann  der  aller- 
schlimmsten  Art  geschildert,  wie  er  denn  ja  auch  als  Fremder,  zumal  als 
Deutscher,  allen  Spanischen  verdächtig  war,  selbst  denen ,  welche  seinen 
männlich  geraden  Charakter  kannten. 

Es  war  noch  im  Oktober  1532,  als  von  den  Weiserischen  bei  den 
Pemäern  ein  starker,  von  Osten  kommender  Strom  getroffen  wurde,  der 
wegen  seiner  breiten,  reissenden  Fluthen  sich  nicht  überschreiten  liess, 
obwohl  einige  Expeditionsgenossen  ihn  durchschwammen;  er  führte  offen- 
bar Gold  und  wurde  desshalb  der  Goldstrom  genannt.  Als  alle  Versuche, 
das  jenseitige  Ufer  mit  den  Pferden  zu  erreichen,  erfolglos  blieben,  gingen 
die  Weiserischen  am  rechten  Ufer  durch  Sumpf  und  Busch  weiter  und 
kamen  nach  einigen  Tagereisen  zu  einer  von  Bergen  umschlossenen,  aber 
ebenfalls  stark  überschwemmten  Gegend,  die  von  Jiriguanaern  bewohnt 
wurde,  jedoch  von  solchen,  welche  den  nördlicher  Sitzenden  wenig  glichen. 
Hier  waren  es  kampfbereite  Männer,  die  keine  Aufforderung  zur  Unter- 
werfung annahmen  und  den  Fremden  beherzt  trotzten ;  wagten  sie  es  doch 
zu  Vieren  oder  Fünfen,  fünfzehn  bis  zwanzig  Spanier  auf  sich  zukommen 
zu  lassen.  Bei  einem  Zuge,  auf  welchem  drei  oder  vier  Ortschaften  über- 
fallen wurden,  erlitt  Dalfinger  durch  sie  den  ersten  grösseren  Verlust; 
er  büsste  vier  Mann  und  ein  Pferd  ein.  Fast  jede  Wunde,  welche  diese  Wilden 
zufügten,  war  so  schwer  und  so  tief,  dass  sie  den  Tod  brachte,  obwohl 
kein  Pfeil-  oder  Lanzen-Gift  sich  spüren  liess.  Da  alle  Versuche  einer 
Verständigung  scheiterten,  erschien  eine  weitere  Verfolgung  der  nassen 
und  ungesunden  Flussgegend  als  bedenklich;  desshalb  gedachte  Dal- 
finger   nunmehr   mit   der    schon    in  Zomico   überlegten  Rückkehr   nach 


Der  Marsch  in  das  Hochgebirge.  79 

dem  atlantischen  Ocean  Ernst  zu  machen,  mochten  die  Hindernisse  noch 
so  gross  sein. 

Den  am  rechten  Ufer  des  Gold-Flusses  der  Pemäer  hinaufziehenden 
Europäern  lag  Maracaibo,  wie  es  schien,  irgendwo  zur  Linken.  Martin, 
der  Pfadfinder,  der  ja  zuletzt  von  dort  gekommen  war,  schätzte  die 
gerade  Entfernung  auf  etwa  150  Leguas.  Er  ward  nun  abgeschickt,  um 
das  vor  Augen  liegende  Gebirge  der  Jiriguanaer  mit  Rücksicht  auf  die 
Frage,  ob  Pferde  durchkommen  könnten,  zu  untersuchen;  dreissig  Mann 
nahm  er  mit  sich  und  erreichte  bald  auf  der  Cachiri-Hochsteppe,  welche 
die  Gewässer  jenes  Gold-Flusses  begrenzte,  zwei  grosse  Indianer-Anbaue, 
deren  Bewohner  sämmtlich  bekleidet  waren,  indem  Männer  wie  Frauen 
bunte  baumwollene  Decken  trugen.  Mit  ihnen  konnte  man  sich  jedoch 
nicht  in  Vernehmen  setzen;  Martin  wurde  vielmehr  mit  seinen  Dohnetsch- 
versuchen  geradezu  verspottet,  ja  schliesslich  sogar  mit  schwarzen,  25  Hand 
langen  Lanzen,  mit  Keulen,  Pfeilen  und  Bogen  bedroht,  so  dass  es  zwei- 
stündige Kämpfe  und  sieben  Verwundungen  gab,  bis  die  Gehöfte  be- 
setzt waren;  Martin  selbst  gehörte  zu  den  Verletzten.  Der  Kundschafter- 
zug fürchtete  nun  das  Herankommen  von  anderen  Wilden,  und  bat  daher 
D  a  1  f  i  n  g  e  r  um  Zuzug ;  in  der  That  erschienen  noch  selbigen  Tages  neue 
Feinde,  so  dass  ein  heftiges  Gefecht  erfolgte.  Die  Christen  verschanzten 
sich,  so  gut  es  ging,  in  den  Gehöften  und  fanden  dort  zu  ihrer  grössten 
Freude  Salz;  woher  das  Ersehnte  stamme,  konnte  Niemand  sagen,  es 
schien  jedoch  von  Süden  herangebracht  zu  sein.  Am  folgenden  Tage 
kamen  wirklich  vierzig  Weiserische  zur  Hilfe,  gerade  noch  rechtzeitig, 
um  den  in  abermals  verstärkter  Zahl  heranrückenden  kriegerischen 
Völkern,  unter  denen  auch  Schleuderer  sich  zeigten,  Widerstand  leisten 
zu  können.  Drei  Tage  später  war  der  Gubernator  selber  zur  Stelle,  und 
zwar  mit  der  ganzen  Truppe,  namentlich  auch  mit  den  Pferden. 

Um  die  klein- venetianischen  Gewässer  irgendwo  zu  erreichen,  wurde 
Ende  1532  endgültig  der  Marsch  durchs  Hochgebirge  beschlossen,  ob- 
wohl die  Gefahren  und  Schwierigkeiten  eines  solchen  Unternehmens  hin- 
reichend bekannt  waren.  Der  Aufbruch  geschah  schon  am  zweiten  Tage 
nach  Dalfinger's  Ankunft.  Es  ging  sofort  hinein  in  das  unbekannte, 
nicht  zuvor  ausgekundschaftete  Bergland,  das  von  hier  aus  keineswegs 
besonders  schwierig  zugängig  zu  sein  schien ;  auf  vier  Tagereisen  schwerster 
Arbeit  folgten  aber  schon  Stunden  der  allergrössten  Noth;  denn  man  traf 
fast  kahle  Berghänge,  von  jähen  Schluchten,  tiefen  Bodenspalten  und 
breiten    Wasserklüften    zerrissene    Felsmassen;    ringsum  nur   unwegsame 


80  Geschichte  der  Welser-Züge  in  Amerika. 

Einöde;  weit  und  breit  keine  menschliche  Stätte.  Der  einzige  gangbare 
Weg  bestand  aus  schmalen  Stufen  und  Tritten  an  schwindlichten  Ab- 
stürzen. Vier  Pferde  starben  auf  diesen  Steintreppen,  theils  an  Hunger, 
theils  an  Ermattung,  auch  ein  Mann.  Erst  am  fünften  Tage  fand  sich  ein 
Feldbau  von  fünf  Hütten.  Ohne  den  Ausfall  ihrer  Insassen  abzuwarten, 
überzog  man  unverzüglich  die  Wohnungen,  zumal  Unterhandlungen  doch 
unmöglich  gewesen  wären  und  die  todesmüden  Leute  nothwendig  neue 
Lastträger  gebrauchten,  namentlich  für  die  seit  Vascuiia's  Fortgang  ge- 
machte Goldbeute.  Beim  Ueberfall  wurden  auch  mehrere  Indianer  ge- 
fangen; Alles  erwies  sich  jedoch  als  ausserordentlich  arm,  weil  kaum  irgend 
ein  Nahrungsmittel  zu  finden  war.  Wenngleich  mit  Widerstreben,  musste 
desshalb  das  Fleisch  der  gefallenen  Pferde  herbeigeholt  werden;  sogar  ihr 
Fell  wurde  gebraten,  gekocht  und  gebrühet,  um  den  Hunger  zu  stillen, 
ja  zum  grossen  Theile  für  die  nächsten  Tage  noch  aufbewahrt. 

Der  Zug  ging  dann  zwei  Tage  lang  leichter  von  Statten,  bis  er  an 
den  Fuss  eines  neuen  Gebirges  kam,  eine  früher  nicht  gesehene,  sehr  hohe 
Bergkette,  welche  jedoch  wegen  des  hier  und  da  aufsteigenden  Rauches 
bewohnt  zu  sein  schien.  Francisco  de  Santacruz  zog  hier  mit 
sechzig  Mann  voraus,  um  Durchgang  und  Nahrung  zu  suchen;  er  fand 
wirklich  hoch  oben  auf  dem  Bergscheitel  einige  Ortschaften.  Auch  hier 
leisteten  die  Bewohner  tapferen  Widerstand;  als  sie  überwunden  waren, 
Hess  Santacruz  von  einigen  Gefangenen  das  erbeutete  Mais  nach  dem 
D  alfinger'schen  Lager  zurücktragen.  Dies  verblieb  noch  vier  Tage  lang 
an  der  alten  Stelle,  um  von  da  aus  einen  besseren  Weg  durch  das  un- 
erwartete Hochgebirge  aufzuspüren,  wenn  möglich  einen  Pass  oder  einen 
Einschnitt.  Einige  Gefangene  sagten,  wie  es  schien,  es  öffne  sich  zur 
Rechten,  jenseits  einer  weglosen  und  unbewohnten,  am  Fuss  dieses  Hoch- 
gebirges sich  hinziehenden  Gegend,  ein  Thal  mit  Ansiedlungen.  Desshalb 
wurde  diese  angedeutete  Richtung  eingeschlagen,  und  nach  zwei  Tage- 
märschen erwies  sich  die  Auskunft  als  richtig.  Der  vordere  Zug  der 
Expedition,  bei  dem  Martin  war,  erfuhr  nämlich  durch  Pfadsucher,  welche 
die  Höhe  erklommen  hatten,  dass  von  dort  aus  wirklich  in  eine  bewohnte 
Gegend  zu  sehen  sei.  Die  Gefangenen  nannten  die  Bewohner  Corbagoer 
und  den  dort  belegenen,  offenbar  gut  bevölkerten  Ort  Mene,  d.  h.  Erdpech. 
Martin  eilte  sofort  mit  seinen  Leuten  den  jenseitigen  Bergabhang  hinab 
und  auf  jene  Ortschaft  zu.  Vor  derselben  wurde  er  kriegerisch  empfangen, 
jedoch  flüchteten  die  Bewohner  sehr  bald  in  die  Berge.  In  den  liinter- 
lassenen  Hütten  fand  sich  wieder  nichts  als  Mais,  das  theils  vergraben, 
theils  anderweitig  versteckt  war.     Weil  jedoch   das   ganze  Thal   sich  be- 


Der  Marsch  in  das  Hochgebirge.  81 

wohnt  zeigte,  wagte  es  Martin  nicht,  dieses  erbeutete  Korn  sofort  in  das 
Lager  zu  schicken,  da  er  dadurch  seine  Kräfte  getheilt  haben  würde-,  er 
setzte  vielmehr,  nachdem  er  45  Mann  in  Mene  zurückgelassen  hatte,  mit 
den  Uebrigen  den  Kundschafterzug  zu  einem  etwa  zwei  Leguas  entfernten, 
himmelhoch  belegenen  Bergsattel  fort,  von  dem  aus  das  Land  sich  vielleicht 
besser  überblicken  Hess.  Hier,  nahe  der  Kuppe  des  grausigen  Gebirges,  über- 
nachteten die  wenigen  Männer;  leicht  bekleidet,  wie  für  den  südeuropäischen 
Sommer,  glaubten  sie  vor  Kälte  erstarren  zu  müssen  und  sahen  bei  Be- 
ginn des  nächsten  Tages  die  meisten  Häupter  der  umliegenden  Bergriesen 
mit  blendendem  Schnee  bedeckt.  Fast  erfroren,  wendeten  sie  dann,  ohne 
weitere  Auskunft  über  das  Land  gewonnen  zu  haben,  ihre  Schritte  zu 
den  unten  in  Mene  gebliebenen  Kameraden  zurück  und  zogen  mit  ihnen 
am  anderen  Morgen  wieder  nach  dem  Expeditionslager,  nur  mit  Mais  be- 
laden, verfolgt  von  zahlreichen  Eingeborenen.  Als  diese  auf  einem  Berg- 
rücken wiederholt  zum  Angriff  schritten  und  einen  der  Christen  dabei 
auch  wirklich  verwundeten,  warfen  sie  ihre  Lasten  ab  und  schlugen  schnell 
den  übermächtigen  Feind  in  die  Flucht.  Aber  erst  nach  zweitägigem 
Hungermarsche,  auf  dem  sogar  Hundefleisch  genossen  werden  musste, 
kamen  sie  zum  Gubcrnator  zurück  und  konnten  berichten  über  die  Noth 
ihres  beschwerlichen  zehntägigen  Zuges:  die  Zerrissenheit  des  gesammten 
Terrains,  die  Schwierigkeit  jedes  zusammenhängenden  Marsches  und  auch 
über  die  Gefährlichkeit  der  Corbagoer. 

Von  diesem  Stamme  erzählten  sie  nun ,  theils  nach  eigenen  Wahr- 
nehmungen, theils  nach  den  Aussagen  Gefangener,  dass  die  Dörfer,  wie  es 
der  Gebirgsboden  mit  sich  bringe,  ganz  vereinzelt  lägen  und  nicht  bloss 
Mais-Anbau  zeigten,  sondern  auch  Kultur  von  anderen  Feldfrüchten,  z.  B. 
von  Rüben  und  Eppich;  ein  bohnenähnliches  Kraut  werde  Icoraotas  ge- 
nannt und  eine  essbare  Knolle  Aniana.  Diese  Wilden  trügen  auch  Klei- 
dung, nämlich  bis  an  den  Hals  reichende  Decken,  deren  Falten  sie  oft 
mit  Schleudersteinen  füllten;  sie  seien  mit  Schwunggeräthen  bewaffnet, 
ebenso  mit  Lanzen  schaffen  von  25 — 30  Hand  Länge,  die  unter  der  obersten 
Spanne  Federbuschschmuck  trügen,  ausserdem  mit  etwa  drei  Spannen 
langen  Pfeilen,  die  neben  den  kleinen  Bogen  in  Köchern  getragen  würden ; 
ihre  Tartschen  beständen  aus  Wildhäuten  oder  Baumrinden  und  hätten 
sehr  gut  gearbeitete  Armgriffe.  Die  ]\Iänner  bezeugten  Kriegsmutli  und 
legten  offenbar  Werth  auf  ihre  Waffen.  An  ihren  Wohnungen  wären 
Köpfe,  Arme  und  Beine  von  Menschen  als  Zierrathe  aufgehängt;  ob  dieses 
auf  Menschenfresserei  hinweise,  oder  auf  Andenken  an  verstorbene  Ge- 
schlechtsgenossen, oder  auf  Triumphe   über  erschlagene  Feinde,   erscheine 

Festschrift  der  Hamburgischen  Amerika-Feier  II.  6 


82  Geschichte  der  Wclser-Züge  in  Amerika. 

als  ungewiss;  jedenfalls  flössten  diese  Corbagoer  grosse  Achtung  und  einige 
Sorge  ein. 

Trotz  so  vieler  erkennbarer  Schwierigkeiten  beschloss  Dalfinger, 
weiter  zu  gehen.  Das  Lager  ward  abgebrochen,  um  in  das  Gebirge  von 
Mene  einzudringen,  und  zwei  Tage  später  war  von  dem  ganzen  Zuge  Mene 
erreicht.  Dieser  schwere  Aufmarsch  auf  unwirthlichen  Bergsteigen  und 
inmitten  von  Einöden  und  Wüsteneien ,  der  zu  entsetzlichen  Rohheiten 
gegen  die  darnieder  sinkenden  Trossindianer  führte,  hatte  alle  Expe- 
ditionsgenossen auf  das  Aeusserste  ermattet.  Nun  war  am  Zielpunkt 
dieses  Marsches,  in  Mene,  Alles  niedergebrannt,  so  dass  nicht  das  geringste 
Unterkommen  sich  finden  Hess  und  die  Fremden  in  grosseste  Noth  ge- 
riethen.  Dazu  kam  schliesslich  noch,  dass  sie,  als  sie  gerade  mit  Schneiden 
von  Feldmais  beschäftigt  waren,  ganz  plötzlich  von  den  Eingeborenen  über- 
fallen wurden ;  diese  verwundeten  drei,  von  denen  Einer  starb ;  sie  tödteten 
ebenfalls  drei,  denen  sie  die  Köpfe  abschlugen,  was  bisher  nicht  vor- 
gekommen war.  Wegen  der  in  Folge  dieser  verschiedenen  Ereignisse  allzu 
grossen  Erschöpfung  der  Mannschaft  musste  in  Mene  trotz  der  Dürftigkeit 
des  Ortes  eine  Ruhe  von  fünf  Tagen  eintreten ;  dann  ging  es  weiter  bergan. 
Die  erste  Nacht  rastete  der  Gubernator  auf  baumloser  Hochsteppe  und 
kam  am  folgenden  Tage  zum  platten,  baumlosen  Rücken  des  gewaltigen 
Gebirges.  Hier  übernachtete  man  abermals  in  starrem,  frostigem,  dünn- 
luftigem Berggebiet  bei  starkem  Schneeregen  und  schneidenden  Winden. 
In  der  Dunkelheit  stand  Dalfinger  selbst  mit  25  Mann  auf  kaltem  Vor- 
posten, während  die  Übrigen  schliefen,  wie  und  wo  es  ging;  die  Meisten 
Sassen  mit  den  Füssen  in  eisigem  Wasser;  Alle  zitterten  vor  Frost  und 
Zahnweh:  kein  Feuer,  keine  Nahrung,  kein  Dach,  kein  wärmend  Kleid. 
Bei  Tagesanbruch  rückte  die  Vorhut  weiter  und  traf  einen  Feldbau  von 
zwanzig  Hütten.  Wieder  legten  die  Insassen  sofort  Feuer  an  und  flüchteten ; 
nur  eine  Wohnung  blieb  unversehrt.  Langsam  wurde  alles  Volk  hieher 
zusammengezogen.  Jetzt  erst  stellte  sich  heraus,  welche  Verluste  diese 
verhängnissvolle  Nacht  und  der  ihr  voraufgehende  mühevolle  Aufstieg  ge- 
bracht hatten.  Acht  Mann  waren  erfroren.  Einige  Hungers  gestorben ;  zu  den 
Todten  gehörten  auch  Kasimir  von  Nürnberg,  der  schon  einige  Tage 
zuvor  leidend  gewesen  war ;  auch  einer  der  Neger  war  auf  der  Ilochsteppe 
geblieben,  und  nicht  weniger  als  120  von  den  an  die  heisse  Zone  gewöhnten 
Lastträgern;  verloren  war  auch  eine  Stute,  ein  Theil  der  Kriegsgeräth- 
schaften  und  der  Kettenvorrath  zur  Fesselung  der  Wilden.  Noch  nach 
vielen  Jahren  lagen  Reste  dieser  Expedition  dort  auf  dem  Paramo  von 
Cirivitä. 


Leiden  und  Gefahren  des  Weitermarsches.  ^3 

Dalfinger  blieb  sechs  Tage  lang  in  jenem  niedergebrannten  Berg- 
orte ;  dort  fanden  sich  wieder  unter  dem  Hausschutt  Erdgruben  mit  Mais ; 
von  diesem,  sowie  von  einem  wildwachsenden  Kraut  nährte  man  sich; 
Salz  fehlte.  Das  Schlimmste  aber  war,  dass  man  täglich  mit  den  Ein- 
geborenen kämpfen  musste,  welche  weithin  lärmende,  grosse  Schlacht- 
hörner  nach  allen  Seiten  ertönen  Hessen  und  oftmals  ein  solches  Geschrei 
und  Geheul  erhoben,  dass  es  schien,  Thäler  und  Felsen  hätten  sich  auf- 
gethan ;  sie  kamen  aber  nicht  ganz  nahe  an  die  Christen  heran,  aus  Furcht 
vor  den  Pferden,  die  auch  ihnen  noch  Wunderthiere  zu  sein  schienen. 
Wie  das  Ausruhen  im  Lager,  wurde  dann  auch  die  Fortsetzung  des  Ge- 
birgsmarsches  durch  Angriffe  behelligt.  Allein  bald  zeigte  sich  ein  freudig 
begrüsster  Anblick.  Es  war  ein  neues,  nach  Norden  streichendes  Fluss- 
gebiet. Auch  die  Arhuacoer,  welche  hier  wohnten,  brannten  beim  Nahen 
der  Gefahr  ihre  Wohnstätten  unverzüglich  nieder;  sogar  die  zweite  Ort- 
schaft, die  man  erreichte,  war  angezündet,  sie  stand  aber  noch  nicht  ganz 
in  Flammen,  als  die  Weiserischen  unbemerkt  erschienen,  so  dass  das  Feuer 
noch  gelöscht  werden  konnte.  Noch  immer  war  man  allgemein  so  er- 
mattet und  ausgehungert,  dass  aufs  Neue  sieben  bis  acht  Ruhetage  ge- 
halten werden  mussten.  Dann  ging  es  wieder  voran,  immer  möglichst  nach 
Norden  zu.  Lästiger  und  lästiger  wurde  es,  dass,  ebenso  wenig  wie  früher 
von  den  Corbagoern,  jetzt  von  den  Arhuacoern  Wegweiser  oder  Dolmetscher 
sich  erlangen  Hessen;  es  war  eben  Alles  verhaust.  Alles  niedergebrannt 
oder  noch  brennend.  Nach  vier  harten  Tagereisen  tauchte  endlich  eine 
grosse,  noch  unberührte  Ansiedlung  auf,  welche  gegen  200  Wohnungen 
zählte;  aber  sie  lag  auf  der  Kuppe  eines  Bergzuges,  und  ihre  Bewohner 
standen  auf  einem  noch  höheren  Gipfel  in  vollen  Waffen.  Dazu  kam,  dass 
dicht  bei  diesem  Orte,  nur  etwa  eine  halbe  Legua  entfernt,  ein  noch 
grösserer  Anbau  sich  zeigte,  ein  Platz  von  mindestens  800  Hütten;  der 
lag  an  einem  Abhänge,  durch  mehrere  Giessbäche  gesichert  und  seiner 
Lage  wegen  ebenso  stark  wie  gefahrdrohend.  Angesichts  solcher  Feinde, 
die  Chitarerer  hiessen,  fürchtete  Dalfinger  ein  Unglück;  desshalb  um- 
ging er  jene  Ortschaften,  so  gern  er  in  ihnen  gerastet  hätte.  Die  Expedition 
zog  über  eine  kahle,  zur  Linken  sich  erstreckende  Höhe,  und  blieb  zum 
ersten  Male  während  der  Nacht  im  tiefer  belegenen  Urwalde,  dessen  fast 
undurchdringliches  Gewirre  selbst  gegen  die  Eingeborenen  einigen  Schutz 
darbot.  Am  anderen  Tage  wurde  im  Wildthale  ein  reissender  Fluss  über- 
schritten ,  an  dessen  steilen ,  von  Wasserriffen  zerklüfteten  Ufern  viele 
Pferde  stürzten;  eine  Stute  ging  verloren,  doch  erhielt  man  ihr  Fleisch. 
Das  Volk  kam  zum  Theil  erst  nach  Anbruch  der  Dunkelheit  an  dies  von 

6* 


84  Geschichte  der  Welser-ZUge  in  Amerika. 

finsteren  Büschen  und  Bäumen  eng  umspannte  Gewässer;  Gold  und  Gepäck 
konnten  nicht  mehr  übergesetzt  werden,  so  dass  Dalfinger  sich  grosse 
Sorgen  machte.  Am  nächsten  Morgen  ertheilte  er  schon  früh  an  Martin 
den  Auftrag,  eine  benachbarte  Berghöhe  zu  erklimmen  und  von  da  aus  den 
einzuschlagenden  Weg  zu  ermitteln,  der  sich  in  der  Niederung  vor  Dickicht 
schlecht  übersehen  Hess.  Martin  begab  sich  sogleich  zum  Frühstück, 
um  dann  in  den  Sattel  zu  steigen.  Während  er  ass,  kam  Dalfinger 
abermals  zu  ihm,  und  zwar  beritten:  „Martin,  setzt  Euch  zu  Pferde! 
Vorwärts!"  „Wohin  wollen  Euer  Gnaden  denn  so  früh?  Folgt  doch  mit 
den  Uebrigen  nach;  ich  reite  sogleich  voraus."  Es  entgegnete  der  Gubcr- 
nator:  „Ich  will  mit  Euch  gehen;  wir  wollen  fünf  oder  sechs  Gefährten  zu 
Fuss  mitnehmen."  Martin  antwortete:  „Besser  wäre  es,  wenn  ihrer 
zwölfe  gingen."  Nun  rief  Dalfinger  einige  Leute  herzu  und  ritt  mit 
Martin  allein  voran.  Als  sie  zwei  Armbrustschüsse  weit  waren,  sagte 
Martin:  „Herr,  wartet  auf  die  Kameraden?  hier  giebt  es  keinen  Weg; 
die  Leute  müssen  sich  verirren."  „Vorwärts!"  rief  jedoch  Dalfinger, 
„sie  werden  nach  unserer  Fährte  sich  richten." 

So  reiten  die  beiden  Männer  weiter  und  kommen  an  eine  enge 
Schlucht,  in  der  sie  plötzlich  von  Eingeborenen  sich  umgeben  sehen, 
welche  von  allen  Seiten  auf  sie  schiessen.  Martin  stürmt,  die  Schenkel 
an  sein  Pferd  gepresst,  auf  den  dichtesten  Haufen  los;  Dalfinger,  als 
Mann  von  hohem  Muthe,  ihm  nach;  Beide  kämpfen  mit  ihren  kurzen 
Lanzen  und  treiben  den  Feind  in  die  Flucht;  dann  wenden  sie  die  Pferde, 
um  die  Fussknechte  heranzuholen.  Dabei  treffen  sie  auf  andere  Wilde, 
die  ihnen  von  hinten  Pfeile  nachsenden;  sie  stürmen  auf  dieselben  ein  und 
werden  Beide  verwundet,  Dalfinger  unter  der  Kehle,  Martin  an  der 
Hand;  als  dieser  nach  jenem  hinüberblickt,  sieht  er  ihn  von  Indianern 
umringt;  einer  von  diesen  trifft  mit  schwerer  Keule  das  Pferd;  Martin 
stürzt  hinzu,  und  während  er  den  Thäter  mit  Lanzenstössen  durchbohrt, 
wird  auch  sein  Pferd  verwundet;  es  erhält  fünf  Pfeilschüsse.  Da  kommen 
in  Folge  des  Kampfgeschreies  die  Kameraden  herbei,  verjagen  die  Wilden 
und  finden  den  Gubernator,  wie  er  vergebens  den  Pfeil  mit  beiden  Händen 
aus  dem  Kehlkopf  herauszuziehen  versucht.  Der  dichte  Wald  macht  aber 
eine  Verfolgung  der  Chitarerer  unmöglich;  nur  fünf  oder  sechs,  die  sich 
im  Freien  zeigen,  werden  ergriffen.  Dann  zieht  man  zum  Lager  zurück, 
die  Wunden  zu  verbinden,  welche  sämmtlich  von  vergifteten  Pfeilen  her- 
rühren, die  in  diesem  Gebirge  bisher  nicht  angetroffen  waren;  Martin 's 
Pferd  stirbt  gleich  nach  der  Rückkehr. 

Am  folgenden  Tage  ging  der  Zug  trotz  Dalfinger 's  Leiden  weiter 


Dalfinger's  Tod  in  Chindcota.  85 

bis  zu  einem  zwei  Leguas  entfernten,  verlassenen  Dorfe,  das  Chinäcota 
hiess.  In  diesem  wurde  Rast  gemacht.  Hier  starb  Dalfing er  am  vierten 
Tage,  nachdem  er  dem  Augustinerpater  Vicente  de  Requejada  ge- 
beichtet und  seine  Leute  Gott  befohlen  hatte.  Trotz  seiner  schweren 
Wunde  blieb  Martin  jedoch  am  Leben;  „er  wäre  sicher  gestorben,"  sagt 
einer  der  Weiserischen,  „wenn  er  auch  nur  einen  Tropfen  Getränkes  zu 
sich  genommen  hätte." 


VII. 

Trotz  einsamster  Lage  ist  Chindcota,  Dalfinger' s  Sterbestätte  und 
Begräbnissort,  noch  für  lange  Zeit  bei  den  Epigonen  der  ersten  Eroberer 
in  Erinnerung  geblieben.  Das  jähe  Ende  des  so  selbstbewussten  deutschen 
Mannes  erschien  als  etwas  Dämonisches.  Aber  wenn  auch  der  Name 
Dalfinger  Jahrzehnte  hindurch  im  Gedächtniss  der  Kolonisten  fortlebte, 
Vertheidiger  hat  sein  Andenken  selten  gefunden.  Die  ihn  hassten,  erblickten 
in  dem  Soldatentod  des  reisigen  Kaufmanns  eine  Strafe  Gottes,  weil  er 
eigene  Wege  gegangen  war  und  in  trotziger  Energie  immer  weiter  gestrebt 
hatte;  Boshafte  beschuldigten  ihn  nach  wie  vor  der  lutherischen  Ketzerei. 
Für  die  Expedition  und  das  ganze  Welser-Unternehmen  war  Dalfinger's 
Tod  sehr  verhängnissvoll.  Denn  in  Chinäcota  war  bei  dem  Zuge  kein 
von  den  Augsburgern  ernannter  Nachfolger,  kein  Sailler,  Seissen- 
hofer,  Ehinger  oder  Federmann;  es  war  Niemand  da,  welcher  die 
Absichten  der  deutschen  Handelsfirma  wirklich  verstanden  oder  deren 
Interesse  richtig  vertreten  hätte;  es  fehlte  sogar  an  anderen  Personen,  die 
Dalfinger's  Nachfolger  hätten  werden  können.  Führerlos  schritt  das 
Volk  zur  Wahl  eines  neuen  Generalkapitäns;  nachdem  JuandeVillegas 
einige  Widerstrebende  beruhigt  hatte,  fiel  dieselbe  auf  den  vornehmsten 
der  spanischen  Beamten,  auf  Pedro  de  Sanmartin.  Dieser  begann 
sofort  mit  einer  Massregel,  zu  welcher  Dalfinger  sich  nicht  hatte  ent- 
schli essen  wollen,  nämlich  mit  der  Vertheilung  der  bisher  von  den  Tross- 
indianern geschleppten  Metallschätze  unter  die  Genossen  der  Expedition. 
Es  erschien  eben  als  nothwendig,  jetzt  den  Zug  so  klein  wie  irgend  mög- 
lich zu  machen ;  die  neue  Last  trug  auch  Niemand  ungern ;  sie  bot  ja 
etwas  Gewähr,  dass  später  der  Einzelne  die  so  schwer  erlangte  Beute 
nicht  ohne  Weiteres  verliere,  und  verscheuchte  die  Furcht,  dass  immer 
zunächst  nur   an   die  Goldkisten   der  Augsburger  Herren  gedacht   werde. 


86  Geschichte  der  Welser-ZUge  in  Amerika. 

Der  alsbald  vorgenommene  Weitermarsch  traf  sogleich  auf  gefähr- 
lichen Widerstand.  Schon  am  ersten  Tage  kamen  die  Kundschafter  flüchtig 
zu  Sanmartin  zurück,  und  ein  heftiger  Zusammenstoss  folgte.  Die 
Reiter  verloren  einen  Mann;  Hauptmann  Mons errate  wurde  verwundet, 
das  Pferd  des  neuen  Generalkapitäns  getödtet.  Man  ergriff  aber  einige 
Indianer,  die  im  Fall  der  Noth  vielleicht  als  Führer  oder  Vermittler  zu 
verwenden  waren,  und  erfuhr  am  zweiten  Tage  von  einigen  Indianerinnen 
auch  den  Namen  der  Völkerschaft,  in  deren  Gebiet  man  einfiel.  Diese 
Wilden  hiessen  Taya-Tomer;  sie  trugen  nahtlose,  vom  Kopf  bis  zum  Fuss 
reichende  Kleider,  oft  auch  Kopfbedeckungen,  wie  spanische  Mönche 5 
man  hörte,  dass  sie  zugaben,  Menschenfleisch  zu  essen. 

Bald  darauf  zeigte  sich  eine  sehr  erfreuliche  Wahrnehmung,  ja,  die 
beste,  welche  zu  wünschen  war.  Man  befand  sich  in  einem  ziemlich  gut 
übersehbaren  Flussthale  und  stieg  zu  einer  von  Gebirgen  umgebenen,  aber 
doch  in  der  Sohle  ebenen  Fläche  hinab.  Schon  hatte  man  geahnt,  dass  die 
Wasserscheide  zwischen  dem  Yuma-Strome  und  dem  Maracaibo-See  längst 
überschritten,  also  die  hauptsächlichste  Aufgabe  des  Gebirgsmarsches  bereits 
vor  Chindcota  gelöst  sei;  nun  brachte  Pedro  de  Limpias  von  einem 
gefahrvollen  Pfadfinderzuge  die  Nachricht  zurück,  dass  er  den  Zusammen- 
fluss  von  drei  oder  vier  Strömen  entdeckt  habe,  deren  weiterer  gemein- 
samer Lauf,    Tarare  genannt,    in  den  See  von  Venezuela  münden  müsse. 

Sieben  bis  acht  Tage  blieben  jedoch  die  Weiserischen  in  den  vor- 
gefundenen leeren  Ortschaften,  nicht  bloss  um  zu  rasten,  sondern  besonders 
um  irgendwie  eine  auch  weiterhin  landeskundige  Person  aufzutreiben. 
Doch  auch  hier  kam  man  nicht  zu  voller  Ruhe;  die  entsandten  Kund- 
schafter kamen  auch  hier  flüchtig  zurückgeeilt,  und  Alle  mussten  heftigen 
Kampf  bestehen;  in  einem  Scharmützel  fanden  sogar  drei  Spanier 
ihren  Tod,  unter  ihnen  Hauptmann  Monserrate.  Auch  am  zweiten 
Tage  nach  der  Wiederaufnahme  des  Marsches  galt  es  einen  schweren 
Ueberfall  auszuhalten;  alle  Eingeborenen,  die  sich  verhauset  hatten, 
lauerten  nämlich  in  einer  durch  Wälle  und  Zäune  befestigten  Ortschaft 
dem  Zuge  auf;  dem  heftigen  Gefechte  fiel  übrigens  trotz  zweistündiger 
Dauer  kein  Christ  zum  Opfer.  Hier  hiess  es,  dass  die  Gegner  zu  den 
Arhuacoem  gehörten. 

Allmählich  ward  der  Marsch  wieder  ruhiger;  aber  in  den  bisherigen 
Wohnstätten  war  nach  wie  vor  Niemand  und  Nichts  zu  finden.  Fünf 
Tage  lang  ging  es  durch  menschenleere  Striche;  endlich  wurde  ein 
grösserer  Ort  erreicht,  der  noch  nicht  verlassen  war.  Seine  Bewohner 
gehörten   nicht  zu   den  Arhuacoern,    sondern   zu  den  Pemenern,  die  man 


Francisco  Martin 's  Abenteuer.  87 

bereits  von  früher  kannte ;  sie  flohen  zuerst,  als  sie  die  Eindringlinge  sahen, 
jedoch  wurden  viele  von  ihnen  ergriffen  und  diese  erklärten  dann,  über  den 
Grund  ihrer  Flucht  befragt,  dass  sie  geglaubt  hätten,  die  Fremden  kämen 
wegen  eines  Christen,  der  unfern  von  ihnen  in  der  Wildniss  lebe.  Martin, 
der  Sprachenkundige,  sandte  in  Folge  dieser  seltsamen  Nachricht  drei 
Indianer  aus,  um  den  angeblichen  Landsmann  zu  holen;  sie  kehrten  nicht 
wieder.  Ebenso  ging  es  mit  zwei  anderen  Eingeborenen,  denen  ein  Löse- 
geld für  jenen  Christen  mitgegeben  war.  Trotzdem  verlangte  das  Volk, 
dass  der  Aufenthaltsort  des  Verlorenen  aufgesucht  werde ;  man  müsse  ihm 
schon  desshalb  zu  Hülfe  kommen,  weil  er  wahrscheinlich  als  Wegweiser, 
Dolmetscher  und  Rathgeber  vorzüglich  sein  würde.  Eine  allgemeine  Suche 
begann  daher;  sie  führte  bald  zu  einem  grossen  und  breiten  Strom. 

„Während  für  den  Uebergang  des  Trosses  hier  der  Bau  von  Flössen 
begonnen  wurde,  schwamm  ich  —  so  erzählte  San tacr uz  —  mit  dreissig 
Mann  Vorhut  an  das  entgegengesetzte  Ufer,  wo  bald  am  Boden  Spuren 
sich  darboten;  diese  wiesen  nach  einem  grossen  Dorfe.  In  der  nächsten 
Nähe  desselben  zeigte  sich  der  gesuchte  Landsmann  als  ganz  nackter, 
rothbraun  gefärbter  Mensch  —  das  Kaukraut  Hayo  im  Munde,  Bogen, 
Pfeile  und  Spiess  in  der  Hand,  einen  Sack  mit  Kauthon  an  der  Seite. 
Der  scheinbare  Wilde  eilte  auf  mich  zu;  wir  erkannten  einander  als  alte 
Genossen;  es  war  Francisco  Martin,  einer  von  den  Leuten,  welche 
uns  vor  mehr  als  anderthalb  Jahren  in  Pauxoto  unter  Vascuna's  Führung 
verlassen  hatten.  Der  Halbwilde  führte  uns  nach  der  Ansiedlung  der 
Pemener,  die  verlassen  war;  er  kannte  jedoch  die  Schlupfwinkel  seiner 
Genossen  und  rief  sie  zurück ;  sie  gingen  völlig  nackt  und  schienen  dieselbe 
Sprache  wie  die  Buburer  zu  sprechen.  Ihr  Ort  hiess,  wenn  ich  richtig 
gehört,  gleich  unserer  Stadt  Maracaibo  und  stand  unter  dem  Häuptlinge, 
welcher  Francisco  vor  etwa  Jahresfrist  tauschweise  erhandelt  hatte. 
So  konnten  wir  endlich  unter  friedfertigen  Menschen  Rast  halten.  Wenn 
unsere  Leiden  mit  denen  Francisco 's  verglichen  wurden ,  so  schienen 
sie  beinahe  gering  zu  sein,  denn  der  wieder  mit  Kleidung  versehene  Mann 
erzählte  Grausiges  von  dem  Zuge  Vascuna's.  Man  hätte,  so  berichtete 
er,  gleich  nachdem  Kasimir  von  Nürnberg  zurückgeritten,  die  Gold- 
last unter  einander  so  vertheilt,  dass  zehn  bis  zwölf  Pfund  auf  den  Vor- 
rathssack  des  Einzelnen  gekommen  sei.  Bald  habe  man  das  Gebirgsland 
der  Dupeyer  betreten,  habe  jenseits  der  Wasserscheide  einen  grossen  Strom 
gefunden,  zwei  Flösse  gebaut  und  die  Fahrt  abwärts  versucht  bis  zum 
Verlust  der  Fahrzeuge  auf  einer  Sandbank.  Hier  habe  zuerst  die  Mannes- 
zucht sich  gelockert ;  Drei  hätten  von  da  aus  eigenmächtig  ihren  Weg  ein- 


88  Geschichte  der  Welser-ZUge  in  Amerika. 

geschlagen  und  durch  die  Wilden  ihren  Tod  gefunden.  Vascuna  und 
sein  Gefolge  wären  schwächer  und  schwächer  geworden,  Hundefleisch  und 
Palmenfrucht  bald  die  einzigen  Nahrungsmittel  gewesen;  dabei  schmerzten 
die  Füsse  immer  stärker  und  machten  das  Gehen  immer  beschwerlicher; 
das  geliebte  Gold  wurde  vergraben;  der  Hunger  stieg  zur  Verzweiflung, 
die  Verzweiflung  zum  Wahnsinn.  In  dieser  furchtbaren  Noth  sollen 
sich  einige  Leute,  die  sich  ebenfalls  vom  Hauptzuge  getrennt  hatten,  eine 
Lastträgerin  geschlachtet  haben,  ihr  Fleisch  zu  verzehren.  Vascuiia 
selber  ward  schliesslich  zum  Weiterraarsch  unfähig  und  blieb  mit  zwei 
Landsleuten  und  einem  Indianerburschen  zurück ;  auch  dieser  junge  Wilde 
soll  dann  von  den  Zurückgelassenen  geschlachtet  worden  sein.  Als  die 
übrige  elende  Schar,  die  hinfort  Portillo  befehligte,  die  Stelle  am 
Flusse,  wo  die  drei  ersten  Abtrünnigen  den  Tod  gefunden  hatten,  erreicht 
hatte,  kamen  achtzehn  Indianerfahrzeuge  heran;  die  Insassen  benahmen 
sich  freundlich,  reichten  Speise  und  sogar  Waffen,  als  seien  sie  Stammes- 
genossen; sie  Hessen  bei  der  Abfahrt  aber  sieben  der  Ihrigen  zurück. 
Als  nun  am  Abend  des  nächsten  Tages  die  Fahrzeuge  nicht  wieder  er- 
schienen, fürchteten  einige  von  Portillo 's  Leuten  Verrath  und  Massen- 
überfall und  drängten  auf  Wegzug  von  dem  Flussufer  unter  Mitnahme  der 
bei  ihnen  gebliebenen  Sieben,  welche  erzählt  hatten,  dass  der  ersehnte  See 
von  Venezuela  gar  nicht  mehr  fern  sei.  Portillo  gab  diesem  Drängen 
nach,  da  er  die  Freundschaftsbezeigungen  der  Wilden  nicht  richtig  ge- 
deutet hatte.  Bei  der  Ausführung  dieses  Gewaltstreiches  entkamen  aber 
sechs  der  Indianer,  und  der  Eine,  der  sich  ergreifen  Hess,  wurde  getödtet 
und  diente  als  Speise.  Dies  geschah  auf  einer  Berghöhe;  auf  dieser  blieb 
der  Erzähler,  Francisco  Martin,  zunächst  ganz  allein  zurück,  schleppte 
sich  dann  aber  wieder  zum  Fluss  hinab,  und  traf  dort  nach  einigen  Tagen 
Vascuna  und  den  einen  seiner  Begleiter;  er  wurde  von  ihnen  angeblich 
sofort  wieder  allein  gelassen.  „Meine  Seele  Unserer  lieben  Frau  em- 
pfehlend," so  erzählte  der  Unselige  weiter,  „fuhr  ich  auf  einem  Baum- 
stamme den  Strom  hinab  und  kam  gegen  Sonnenuntergang  zu  einem  alten 
Feldbau  der  Eingeborenen.  Als  ich  Rauch  und  Dächer  sah,  arbeitete  ich 
mich  ans  Land  und  schleppte  mich  weiter.  Da  erblickten  mich  die  Be- 
Avohner,  eilten  mir  entgegen  und  trugen  mich  auf  ihren  Armen  nach  zwei 
neuen  Hütten,  wo  sie  ihre  Frauen  und  Kinder  hatten ;  da  legten  sie  mich 
in  eine  Hängematte,  gaben  mir  Essen  und  was  sie  sonst  hatten,  und  be- 
handelten mich  gut.  Ich  blieb  drei  Monate  da  und  genas.  Dann  kamen 
mehrere  Einbäume  von  dem  See  herauf,  um  Salz  zu  vertauschen;  die 
Leute  sahen,   dass   ich   aus  der  Stadt  der  Christen  sei;    ich  verstand  sie 


Francisco  Martin 's  Abenteuer.  89 

kaum,  machte  ihnen  aber  deutlich,  dass  ich  sie  gern  in  ihr  Land  begleiten 
und  den  Fluss  bis  zum  See  mit  ihnen  hinabfahren  möchte;  sie  waren 
damit  zufrieden;  es  waren  Wilde  vom  Queriqueri- Stamme.  Nun  ergriff 
ich,  weil  ich  mich  vor  meinen  bisherigen  Wirthen  fürchtete,  um  Mitter- 
nacht die  Flucht  und  verbarg  mich  an  einem  stromabwärts  belegenen. 
Orte,  um  auf  die  heimwärts  fahrenden  Böte  der  Queriquerier  zu  warten. 
Von  meinem  Versteck  aus  sah  ich  am  nächsten  Morgen,  wie  meine  Wirthe, 
die  mich  vermissten,  nach  mir  suchten;  die  anderen  Indianer  bestiegen, 
nachdem  ihr  Salz  entladen  war,  ihre  Fahrzeuge  und  nahmen  mich,  als 
sie  an  mir  vorbeifuhren,  in  eines  derselben  auf.  In  vier  Tagen  kamen 
wir  nach  einem  Queriquerier -Orte,  welcher  über  dem  Wasser  in  einigen, 
von  jenem  Fluss  gebildeten  Seen  auf  Pfählen  gebaut  war.  Dort  blieben 
wir  so  lange,  bis  andere  Indianer  aus  dem  Innern  dorthin  kamen.  In 
drei  bis  vier  Wochen  zeigten  sich  Pemener,  welche  Salz  gegen  Mais  ein- 
tauschen wollten.  Als  diese  mich  sahen,  kauften  sie  mich  für  einen 
goldenen  Adler,  der  etwa  15  bis  20  Pesos  werth  sein  mochte.  Der  Pemene, 
der  mich  von  den  Queriqueriern  erstand,  brachte  mich  in  sein  Boot  und 
führte  mich  hierher,  wo  ich  jetzt  fast  ein  Jahr  lang  unter  seinem  Volke 
mich  aufhalte." 

So  Francisco;  derselbe  erzählte  dann  noch  von  seinem  Leben 
unter  den  neuen  Gastfreunden,  von  seiner  mehrfachen  Bedrohung  mit  dem 
Tode,  von  seiner  Ausbildung  zum  Boratio  und  seinem  Verkehr  mit  dem 
Teufel,  und  von  seiner  Verheirathung  mit  einer  der  Schönen  des  Ortes. 

Die  Pemener  erfüllten  nun  nicht  bloss  den  Wunsch  des  fremden 
Mannes,  seinen  Landsleuten  zu  folgen;  sie  gaben  diesen  auch  nach  vier- 
tägigem Aufenthalt  Führer  zur  Weiterreise  und  Hängematten  für  den 
Krankentransport.  Sanmartin  sagte  am  31.  Juli  1533  dem  Maracaibo 
der  Pemener  Lebewohl.  Auf  der  Weiterreise  fand  man,  dank  der  Freund- 
schaft der  Pemener,  fast  immer  gute  Aufnahme,  ja  die  Christen  erhielten 
sogar  mehrfach  wieder  Goldsachen  als  Geschenke.  Der  Weg  führte  über 
Roromoni,  Aypiare,  Uriri,  Araburuco,  Mahaboro,  Carerehota,  Ayamoboto 
nach  Huahuovano,  wo  man  nach  einem  Marsche  von  zwei  Wochen  ankam 
und  vier  Tage  rastete.  Am  18.  August  ging  es  über  Guarurume  und 
Huracara  nach  Aracay,  einem  schon  früher  genannten  Orte.  In  Horoco 
hiess  es  dann,  dass  vier  Leguas  weiter,  in  Mapaure,  dem  bereits  bekannten 
Uferorte  des  Axuduara-Landes ,  Christen  seien ,  welche  dort  Maisfrucht 
schnitten  und  Maisbrot  bereiteten.  Die  Nachricht  bestätigte  sich.  Am 
29.  August  1533  trafen  Dalfinger's  Genossen  dort  vierzig  Lands- 
leute 5  sie  sahen  sich  also  aus  allen  Gefahren  gerettet,  etwa  ein  Jahr  nach 


90  Geschichte  der  Welser- Züge  iu  Amerika. 

dem  langen,  aber  doch  noch  hoffnungsvollen  Warten  in  Ijaran  und  Zoraico. 
Saninartin  schrieb  von  Mapaure  aus  sofort  an  Francisco  Vanegas, 
Dal  finge r's  Vertreter  in  Maracaibo,  der  inzwischen  vergebliche  Ver- 
suche gemacht  hatte,  V  a  s  c  u  n  a  's  Fährte  und  den  Ort,  wo  das  Gold  ver- 
graben worden,  aufzufinden.  In  seiner  Bergantine  kam  Vanegas  selbst, 
um  Genaueres  über  die  Schicksale  der  Expedition  zu  erfahren  und  be- 
hilflich zu  sein ,  die  letzten ,  der  Heimkehr  noch  entgegenstehenden 
Schwierigkeiten  zu  beseitigen,  zugleich  auch,  um  für  den  Schutz  der  Mais- 
felder von  Mapaure,  der  unentbehrlichen  Vorrathskammer  Maracaibo's, 
eine  Besatzung  zu  erlangen.  Froh,  gerettet  zu  sein,  willigten  einige  Reiter 
und  Fussknechte,  an  ihrer  Spitze  Alonso  Martin,  ein,  an  Ort  und 
Stelle  auszuharren,  48  Mann,  meist  Kranke,  sollten  dort  ebenfalls  zunächst 
noch  bleiben,  und  zwar  unter  San m artin,  um  zu  Wasser  nach  JNIaracaibo 
gebracht  zu  werden.  Santa  er  uz  brach  alsbald  am  1,  September  mit 
50  Mann  zu  Fuss  und  zu  Pferde  auf,  und  hatte  das  Gold  — .  seit  Juli  1531 
waren  2500  Pesos  erlangt  —  am  Seeufer  weiter  nach  der  Enge  von 
Maracaibo  zu  schaffen,  wo  die  Ankunft  durch  Rauchsäulen  angezeigt 
werden  sollte.  Zwanzig  Tage  später  folgten  Sanm artin  und  Vanegas 
mit  ihren  Leuten  zu  Schiff.  Bald  nach  ihrer  Ankunft  in  Maracaibo  wurden 
die  jenseits  der  Insel  Tara  auf  der  anderen  Seite  des  grossen  Seeausflusses 
aufsteigenden  verabredeten  Rauchsäulen  gemeldet,  so  dass  Sanm  artin 
bereits  am  4.  Oktober  Maracaibo  wieder  verliess.  Er  vereinigte  sich  mit 
den  Uebrigen  unter  der  Führung  vonSantacruz  und  brachte  schliesslich 
am  2.  November  1533  etwa  hundert  Mann  nach  Santana  de  Coro  zurück. 
Da  gab  es  weder  Eintracht  noch  Ruhe.  Die  Gegner  von  Santillana, 
dem  Vertreter  Dalfinge r's,  behaupteten,  die  Stellvertretung  sei  mit  dem 
Tode  des  Vollmachtgebers  erloschen,  und  entsetzten  jenen  seines  Amtes 
unter  den  schlimmsten  Unordnungen  und  Gewaltthaten ,  so  dass  Alles 
zu  zerfallen  drohte;  Santillana  war  sogar  gefangen  genommen.  San- 
m  a  r  t  i  n  stiftete  etwas  Ordnung  und  begab  sich  dann  nach  Santo  Domingo, 
um  Bericht  zu  erstatten  bei  der  dortigen  Regierung,  welche  gerade  Alonso 
deFuenmayor  als  Präsident  übernahm.  Ihm  folgten  als  Wortführer 
der  Stadt  Santana  de  Coro  Luis  Gonzales  de  Leiva  und  Alonso 
de  laLlana,  welche  die  Erlebnisse  der  mehr  als  zweijährigen  Welser- 
Fahrt  nach  abgehaltenen  Verhören,  Aufzeichnungen  des  Notaren  und 
sonstigen  Ermittlungen  in  umfangreichen,  mit  einer  Karte  vom  Vene- 
zuelanischen Golfe  versehenen  Papieren  zusammengestellt  hatten;  der  Er- 
zählung der  Thatsachen  war  eine  Anzahl  verschiedenartiger  Reform- 
vorschläge beigefügt;  sie  betrafen  die  Noth wendigkeit,  das  noch  ganz  un- 


Verwirrungen  in  der  Welser-Kolonie  nach  Dalfinger's  Tode.  91 

reife  Rechtswesen  der  Kolonie  zu  verbessern,  was  Dalfinger  schon  in 
Zomico  mit  Esteban  Martin  beredet  hatte,  eine  stärkere  Vertretung 
der  königlichen  Interessen  gegenüber  den  kaufmännischen,  ein  Verbot, 
dass  jemals  ein  Deutscher  in  Person  die  Statthalterschaft  bekleiden  dürfe, 
und  Aehnliches.  Der  letztere  Vorschlag  stand  zwar  mit  dem  Lehnbriefe 
nicht  in  Uebereinstimmung,  entsprach  aber  dem  bereits  zur  Blüthe  gelangten 
Hass  gegen  alles  mit  den  Deutschen  Zusammenhängende,  sowie  auch  dem 
Gerede,  Dalfinger  habe  viel  von  der  Beute  seiner  ersten  Jahre  wider- 
rechtlich sich  angeeignet. 

Llana  ging  alsbald  mit  dem  Aktenmaterial  von  Santo  Domingo 
nach  Spanien  weiter ,  um  es  dem  Indienrathe  vorzulegen ;  zugleich  über- 
brachte er  den  kurzen  Antrag  von  Fuenmayor,  dass  das  Bisthum  Coro, 
welches  schon  vor  zwei  Jahren  vom  päpstlichen  Stuhle  begründet  und 
mit  dem  Dechanten  des  Santo  Domingoer  Domkapitels,  Rodrigo  de 
Basti  das,  einem  Sohn  des  Entdeckers,  besetzt  worden  war,  endlich  zu 
wirklicher  Existenz  gebracht  werde;  der  Bischof  müsse  sich  persönlich 
nach  seinem  Sitze  begeben  und  sei  dann  zugleich  mit  Vollmachten  für 
die  Landpflegerschaften  in  der  Gubernation  auszustatten.  Gerade  zwei 
Jahre  nach  seiner  Ernennung  zum  Bischof,  im  Juni  1534,  erschien  Rodrigo 
de  Bastidas,  der  bisher  nur  auf  der  Insel  Puerto  Rico  sich  aufgehalten 
hatte,  in  Santana  de  Coro  und  ernannte  dort  zum  Verwalter  der  ihm  als 
Geistlichem  verbotenen  Strafjustiz,  da  San m artin  meist  inHispaniola  sich 
aufhielt,  Christöbal  de  Sanabria,  einen  seiner  Verwandten,  welcher 
in  Folge  eines  Schiffbruches  dahin  verschlagen  war.  Santillana  wurde 
nun  endlich  freigelassen;  er  eilte  nach  Santo  Domingo,  um  dort  seiner- 
seits Klagen  vorzubringen.  Sanabria  ging  auch  bald  dorthin  zurück 
und  zwar  in  Begleitung  von  Bischof  Bastidas,  welcher  vor  seiner  Ab- 
reise den  königlichen  Schatzmeister  Alonso  Vasquez  de  Acuna  zum 
Verweser  der  hartgeprüften  Landeshauptmannschaft  machte. 


VIII. 

Als  in  Spanien  Anfang  1534  das  trotz  ungeheuerster  Anstrengungen 
erfolglose  Ende  der  Dalfinge  r 'sehen  Südseefahrt  verlautete,  verlor  das 
Indien  der  Wels  er  für  die  Massen  viel  vom  früheren  Glänze,  und  nur  bei 
Wenigen  liess  Ehrgeiz  und  Selbstvertrauen,  Abenteuerlust  und  Ausdauer 
nicht  Muth  und  Hoffnungen  schwinden.     Unter   den  Massen   kannte    man 


92  Geschichte  der  Welser-ZUge  in  Amerika. 


freilich  nur  das,  was  man  Venezuela  nannte,  und  auch  hierüber  waren  die 
Ansichten  ungenau  und  entstellt.  Auf  dieser  „Insel"  Venezuela,  die  etwa 
500  Meilen  umfassen  sollte,  aber  noch  immer  nicht  eigentlich  durchforscht 
sei,  lebten  nach  dieser  Ansicht  Menschen  meist  schwachen  Leibes,  aber 
nicht  bloss  mit  Bogen  und  Lanzen,  sondern  auch  mit  Steinschleudern  und 
Klobenstecken  ausgerüstet;  sie  trügen  um  Hals  und  Arme  edele  Steine, 
Papageienfedern  um  die  Lenden;  die  Wohnungen  lägen  meist  im  Gebirge 
und  in  Höhlen,  wenn  auch  gemeiniglich  das  Thürgestell  mit  Gold  über- 
zogen und  das  Wassergefäss  aus  lauterem  Golde  hergestellt  sei;  Sterne, 
Sonne  und  Mond  würden  angebetet,  auch  wohl  Schlangen  und  Gewürm, 
und  vom  bösen  Geiste  gäben  allerlei  abgöttische  Bildnisse  Zeugniss,  welche 
übrigens  auch  meist  von  lauterem  Golde  seien.  Man  erhoffe  zwar  dort 
mit  der  Zeit  Goldes  und  Edelgesteins  die  Menge  zu  erlangen,  allein  bis 
jetzt  seien  auf  der  Suche  danach  Viele  elendiglich  umgekommen,  darunter 
mancher  Deutsche.  In  dem  nicht  gesunden  Lande  würden  die  armen 
Leute  erwürgt  und  übervortheilt ;  Jedermann,  der  in  die  Dienste  der 
Wels  er  trete,  habe  zehn  Jahre  jenseits  des  Wassers  zu  bleiben;  wer 
lebenslang  dort  ausharre,  müsse  zuletzt  in  Geschwür  verschmachten. 

Rieth  auch  ein  Mann,  wie  Lazarus  Nürnberger,  der  Gastwirth  in 
Sevilla,  zur  Fahrt,  so  war  doch  am  Sitz  des  Indienhandels  Mancher,  der 
geradezu  warnte :  im  Lande  der  W  e  1  s  e  r  müsse  man  von  diesen  Alles,  was 
von  Nöthen  sei,  zu  zwanzigfachen  Preisen  kaufen.  In  Cadix  rieth  von 
der  Reise  sogar  ein  Augsburger  ab,  der  erfahrene  Matthias  Mayer 
(Hans  Mayr?),  der  in  beiden  Indien,  in  Calicut  und  Santo  Domingo 
gewesen  war. 

Doch  die  verlockenden,  oft  wunderbaren  Erzählungen,  welche  von 
anderen  Ländern  des  neuentdeckten  Welttheils  nach  Europa  drangen, 
kamen  auch  dem  Welserlande  zu  Gute.  Nach  der  gewöhnlichen  Ansicht 
lag  die  Insel  Venezuela  etwa  200  Meilen  von  der  silberreichen  und  gesunden 
Insel  des  Rio  de  la  Plata,  wo  viel  Greifenvögel  sein  sollten,  und  ungefähr 
500  Meilen  von  der  goldreichen,  fruchtbaren  und  gutländigen  Insel  Peru 
entfernt.  Was  man  Anfang  1534  über  jenes  straussenreiche  Land  des 
Silberstromes  Gutes  sprach,  war  freilich  wenig  mehr,  als  Wunsch  und 
Hoffnung;  denn  seitdem  Sebastian  Gabotto  vor  dritthalb  Jahren  als 
armer  geschlagener  Mann  von  seiner  Entdeckerfahrt  zurückgekehrt  war, 
hatte  man  nichts  Neues  erfahren;  allein  mit  ausserordentlicher  Zähigkeit 
hielt  der  Glaube  daran  fest,  dass  der  Silberstrom  seinen  Namen  mit  Fug 
und  Recht  trage,  wie  denn  auch  bereits  von  der  Ausrüstung  einer  neuen, 
dahin   bestimmten,   grossen  Schiffsexpedition  geredet   wurde.     Noch  heller 


Nikolaus  Federmann  und  Georg  Hohermuth.  93 

klang  damals  der  Name  Peru.  Von  da  waren  im  Januar  1534  die  kost- 
barsten Schätze  gekommen,  welche  nicht  bloss  das  bestätigten,  was 
Francisco  Pizarro  früher  vorausgesagt  hatte,  sondern,  selbst  Mexiko 's 
Herrlichkeiten  übertreffend,  den  Einblick  in  ein  reiches,  altes  Kulturland 
eröffneten,  dessen  Herrscher  sich  für  Söhne  der  Sonne  ausgeben  und 
Incas  heissen  sollten.  Dazu  kam  noch  eine  andere  Nachricht:  jener 
Diego  Ordaz,  der  Statthalter  des  dem  Welserlande  im  Osten  benach- 
barten Gebietes,  der  auf  der  Rückfahrt  nach  Spanien  verdächtigen  Tod 
erlitten  hatte,  war  1532  den  Orinoco-Strom  etliche  hundert  Leguas  weit 
hinaufgefahren  und  hatte  dort  Kunde  erhalten  von  einem  goldreichen, 
fruchtbaren,  wohlbevölkerten  Berglande,  welches  seltsamer  Weise  Meta 
benannt  wurde,  wie  ehedem  das  Ziel  der  Wettfahrer  in  der  Arena.  War 
nicht  auch  noch  für  das  inmitten  dieser  Wunderländer  liegende  Welser- 
gebiet Grosses  zu  erwarten? 

Gegenüber  solchen  guten  Nachrichten  aus  den  Nachbarländern  galt 
das  Gemurre  des  gemeinen  Mannes  ebenso  wenig,  wie  das  Unglück  eines 
Einzelnen.  Besonders  empfänglich  für  alle  solche  gute  Nachricht  waren 
Bartolmä  und  Anton  Welser,  die  erst  kürzlich  durch  Verleihung  der 
deutschen  Adelsvorrechte  ausgezeichnet  waren;  sie  wurden  noch  angespornt 
durch  Leute,  wie  Feder  mann  und  Rentz,  welche  seit  Mitte  1532  in 
Augsburg  weilten,  nachdem  in  Sevilla  „Goldsachen  und  Perlen,  so  von 
allerlei  Personen  und  auch  kaiserlicher  Majestät  gehörend  im  Schiffe  waren, 
an  70  000  Dukaten  werth",  glücklich  abgeliefert  waren.  Irgendwo  musste 
doch  das  von  einem  Meer  zum  anderen  reichende  Land  der  Welser  auf 
grosse  Reichthümer  stossen! 

Feder  mann  setzte  seinen  ganzen  Ehrgeiz  darein,  den  bisherigen 
Spuren  Aveiter  zu  folgen  und  die  Zukunftspläne  seines  Handelshauses  zu 
verwirklichen.  Er  Avar  es  denn  auch,  der  alsbald  zum  Statthalter  ernannt 
wurde.  So  begab  er  sich  Mitte  1534  von  Augsburg  nach  Sevilla,  um  die 
Bestätigung  der  Krone  nachzusuchen.  Von  dort  ging  er  sofort  zum 
Hafen,  damit  die  Abreise  so  schnell  wie  möglich  ins  Werk  gesetzt 
werde. 

Plötzlich  erfolgte  Zurückberufung.  Jener  Wortführer  von  Santana 
de  Coro,  Alonso  de  la  Llana,  war  nämlich  mit  der  grossen  Anklage- 
schrift in  Sevilla  angekommen  und  hatte  Alles  in  Bewegung  gesetzt,  um  die  Er- 
nennung des  wenig  beliebten  Mannes  rückgängig  zu  machen.  Statt  Feder- 
mann's  wurde  nun  nach  längeren  Verhandlungen  zum  Landeshauptmann 
der  Welser  GeorgHohermuth  aus  Memmingen  erkoren,  genannt  Georg 
der  Spei r er:  ein  energischer  Mann,  gegen  den  Nichts  einzuwenden  war. 


94  Geschichte  der  Weiser-Züge  in  Amerika. 

da  der  Wunsch,  dass  die  W^  e  1  s  e  r  keinem  Deutschen  das  oberste  Landes- 
amt verleihen  möchten,  unbeachtet  bleiben  musste. 

Etwa  zur  selbigen  Zeit,  als  Bischof  Basti  das  seinen  bischöflichen 
Sprengel  schon  wieder  verliess,  war  die  Ausrüstung  der  neuen  Weiserischen 
Expedition  vollendet.  Am  16.  Oktober  1534  wallfahrteten  die  600  Mann, 
welche  Hoherrauth  anführen  sollte,  nach  dem  Barfüssler-Kloster  von 
San  Lucar  de  Barrameda,  um  dort  die  Messe  zu  hören  und  sich  einsegnen 
zu  lassen.  Der  Zug  enthielt  drei  Fähnlein.  Diese  beschreibt  Einer  der 
Weiserischen,  Hieronymus  Köler  aus  Nürnberg:  „Das  erste  Fähn- 
lein war  gelb-weiss  und  rosenfarben  mit  einem  burgundischen  grossen 
Andreaskreuz  und  Feuereisen,  zu  gedenken,  dass  dieses  Fürnehmen  mit 
Vergunst  und  Willen  kaiserlicher  Majestät  geschah;  das  andere  war  rotli 
und  weiss  getheilt,  zu  gedenken,  dass  diese  Rüstung  im  Dienst  der  Herren 
Bartolmä  und  Anton,  Gebrüder  Welser  zu  Augsburg  geschah; 
das  dritte  war  weiss  und  blau,  zu  gedenken,  dass  wir  auf  unseren  Guber- 
nator  und  unsere  Hauptleute  Fleiss  und  Achtung  haben  sollten".  Der  Zug 
zerfiel  in  55  Glieder.  Ausser  den  gewöhnlichen,  meist  mit  Armbrust  und 
Büchse,  zum  Theil  aber  auch  nur  mit  kurzen  Lanzen  und  Rapieren  be- 
waffneten Fussknechten  zeigten  sich  da  die  Partisaniere  und  die  Haken- 
schützen unter  ihrem  Connetabel;  ferner  36  Reiter,  alle  auf  leichten  Pferden, 
darunter  er  selbst,  der  Gubernator,  mit  seinem  Majordomus  Andreas 
Gundelfinger  aus  Nürnberg  und  seinem  Zahlmeister  Franz  Leb- 
zelter aus  Ulm,  ferner  Federmann,  welcher  wegen  der  von  ihm  dar- 
gebrachten Opfer  und  der  ihm  gewordenen  Enttäuschung  unter  den  Haupt- 
leuten der  erste  sein  sollte.  Dann  kamen  die  übrigen  Hauptleute: 
Gutierrez  und  Alonso  de  la  Pena,  Sancho  de  Murga  und 
Andere,  ausserdem  Hans  Vöhlin  aus  Augsburg,  ein  Verwandter  der 
Wels  er,  und  Philipp  von  Hütten,  ein  Edelmann  aus  Birkenfeld. 
Hierauf  über  achtzehn  Musiker,  zwölf  Mönche,  theils  vom  Prediger-  und 
theils  vom  Barfüsser-Orden,  sechs  Priester,  ferner  die  Wärter  für  die 
Wind-  und  die  Blut-Hunde  —  grosse  Thiere  meist  englischer  Rasse  — 
Handwerker,  namentlich  Zimmerer  für  Hausbau,  Bergleute,  ein  Diamant- 
schneider, ein  Buchdrucker  u.  s.  w. 

Die  Abfahrt  erfolgte  am  19.  Oktober  1534  in  zwei  „gearnirten 
GallionschifFen**.  Auf  dem  einen  Fahrzeuge,  der  Santa  Trinidad,  welche 
dem  in  San  Lucar  ansässigen  Flamländer  Peter  Marcus  gehörte,  waren 
Federmann,  Sancho  de  Murga  und  Hans  Vöhlin  die  Haupt- 
personen; dieses  Schiff  musste  dreimal  wegen  schwerer  Wetter  umkehren, 
fuhr  dann  aber  direkt  nach  Hispaniola,  wo  den  gut  gedeihenden  Gestüten 


Georg  Hohermuth's  Ueberfahrt  nach  Amerika.  95 

200  Pferde  entnommen  werden  sollten,  um  Rodelliere  beritten  zu  machen. 
Hohermuth's  Schiff  —  Nuestra  Senora  de  Guadalupe  —  auf  dem  auch 
Gundelfinger,  Lebzelter,  Hütten,  ein  Meister  Lucas  Balbiro 
aus  Augsburg  und  Andere  sich  befanden,  musste  der  Stürme  wegen  sogar 
viermal  zurückfahren,  und  sichtete  erst  am  18.  Dezember  die  Kanarischen 
Inseln,  wo  man  etwa  acht  Tage  blieb.  Dort  verhandelte  Hohermuth 
mit  dem  königlichen  Gubernator,  dem  den  W  e  1  s  e  r  n  schon  aus  früheren 
Geschäften  bekannten  Pedro  Fernandez  de  Lugo,  welcher  auf  die 
Bolehnung  mit  der  von  Garcia  de  Lerma  bereits  verlorenen  Provinz 
Santa  Marta  hoffte;  dort  feierte  er  auch  ohne  besondere  Sorgen  das 
Christfest  und  ergänzte  seine  Mannschaft,  die  wegen  des  häufigen  Um- 
kehrens  sich  sehr  gelichtet  hatte,  durch  hundert  frische  Leute,  Kanarier, 
welche  für  die  neuen  Länder  offenbar  geeigneter  waren,  als  Andalusier 
oder  Deutsche. 

Das  neue  Jahr  begann,  und  die  Meerfahrt  war  glücklich.  Am 
25.  Januar  1535  landete  Hohermuth  in  San  German  auf  Puerto  Rico; 
am  6.  Februar  war  auch  Coro  erreicht.  „So  heisst  die  drei  Meilen  vom 
Meere  belegene  Stadt,  in  der  die  Christen  sich  halten.  Da  kamen  den 
siebenten  Tag  Oberste  und  Justitien  mitsammt  dem  gemeinen  Volke  dem 
Gubernator  entgegen,  und  ward  er  so  mit  grossen  Freuden  empfangen; 
am  selbigen  Tage  ist  ihm  von  allem  Volke  geschworen." 

Mit  dem  Speirer  betraten  damals  das  Welserland  manche  Männer 
von  Namen:  soLopeMontalvo  de  Lugo  aus  Salamanca,  Damian 
delBarrio,  Alonso  Pacheco,  Francisco  Infante  und  Francisco 
Madrid;  als  Landpfleger  begrüsste  sie  Vasquez  de  Acuna,  der  den 
Bischof  R  0  d  r  i  g  0  vertrat,  von  dessen  Bisthum  noch  immer  Nichts  zu 
sehen  war ;  der  kleinen  Pfarrkirche  stand  Vicente  de  Requejada  vor, 
der  Dalfinger's  Expedition  mitgemacht  hatte.  In  Coro  erschien  gleich 
darauf  auch  Federmann  mit  den  Pferden,  freilich  nicht  mit  so  vielen, 
als  erwartet  war.  Er  brachte  von  Santo  Domingo,  wo  Hans  Vöhlin  in 
der  Weiserischen  Faktorei  zurückgeblieben  war,  eine  Nachricht  von 
grosser  Wichtigkeit  mit.  Dort  wusste  man  nämlich,  dass  der  zeitweilige 
Nachfolger  des  in  der  Gefangenschaft  verstorbenen  Lerma,  Rodrigo 
Infante,  Rath  der  königlichen  Regierung  von  Hispaniola,  den  Welsern 
nicht  bloss  das  für  den  Weg  zum  Magdalena-Strome  unentbehrliche 
Eupari-Thal,  sondern  auch  das  perlenverheissende  Land  des  Segel- Vor- 
gebirges absprechen  und  entreissen  wollte.  Hohermuth  gedachte  der 
ehrgeizigen  Hoffnungen  jenes  Gubernators  der  Kanarischen  Inseln,  des 
Pedro    Fernandez    de    Lugo,    der    wirklich   gerade   damals  mit  der 


96  Geschichte  der  Welser-Ziige  in  Amerika. 

Provinz  Santa  Marta  belehnt  wurde  und  besehloss,  Feder  mann  mögliehst 
bald  nach  dem  gefährdeten  Grenzlande  zu  schicken,  das  sehr  wohl  eine 
eigene  Provinz  des  Weiserischen  Indiens  unter  Federmann 's  Landes- 
hauptmannschaft werden  konnte.  Für  die  Besitzergreifung  jenes  Vor- 
gebirges glaubte  Hohermuth,  der  sein  Volk  beisammen  halten  wollte, 
nicht  genügend  Menschen  zu  besitzen;  es  sollte  desshalb  zunächst  nur  eine 
kleinere  Abtheilung  unter  Antonio  Chaves  sich  dahin  begeben  und 
diesem  Federmann  folgen,  sobald  er  mit  Hilfe  der  Santo  Domingoer 
Faktorei  frische  Mannschaften  angeworben  habe.  Chaves  rückte  denn 
auch  alsbald  nach  dem  bisher  noch  immer  ohne  Aufschwung  gebliebenen 
Maracaibo;  er  fand  am  Ufer  des  klein-venetianischen  Sees  den  noch  in 
Axuduara  mit  CO  Mann  hausenden  Alonso  Martin,  welcher  mit  den 
Bergantinen  und  dem  grossen  Kanoe  bereit  war,  Chaves  weiter  zu 
schaffen;  der  besseren  Verpflegung  halber  wurde  dann  die  Expedition  in 
drei  Scharen  getheilt,  welche  auf  verschiedenen  Wegen  nach  dem  Segel- 
Vorgebirge  vorrücken  sollten.  Einer  dieser  Trupps,  der  vom  Hauptmann 
Jose  Murcia,  ging  den  Macomiti-Fluss  aufwärts  und  traf  wirklich  un- 
erwarteter Weise  auf  Leute  von  Santa  Marta,  die  Juan  de  Rivera 
anführte.  Diesen  hatte  jener  Rodrigo  Infante  in  der  Richtung  der 
Ramada  abgesendet,  angeblich  nur  um  Lebensmittel  zu  suchen;  Rivera 
hatte  die  Grenze  mählich  überschritten  und  war,  ohne  das  Recht  der  W  e  1  s  e  r 
zu  achten,  längst  tief  in  das  Gebiet  der  venezuelanischen  Gewässer  ein- 
gedrungen. Chaves  konnte  noch  alle  seine  Leute  an  sich  ziehen  und 
befand  sich  daher  glücklicher  Weise  so  sehr  in  der  Uebermacht,  dass  ein 
Kampf  erspart  wurde ;  er  nahm  die  Gegner  gefangen  und  errichtete  dann 
am  Macomiti-Flusse  eine  Krankenstation.  Nachdem  es  dann  noch  mit  den 
gefürchteten  Cocinaern  ein  heftiges  Zusammentreffen,  bei  dem  sogar 
mehrere  Christen  in  die  Hände  der  Wilden  fielen,  gegeben  hatte,  ward 
endlich  jenes  vielbesprochene  Vorgebirge  gefunden.  Da  aber  noch  Alles 
ödeste  Wildniss  war  und  vier  Wracks  nebst  noch  frischen  Leichnamen  die 
Gefahren  der  Küstenfahrt  verkündeten,  sollte  eine  Ansiedlung  begründet 
werden,  sobald  Federmann  auch  eingetroffen  war. 

Das  dauerte  noch  einige  Zeit.  Federmann  war  —  kurz  nach 
Chaves  —  von  Coro  mit  dem  Schiffe  von  Peter  Marcus  voll  schwerer 
Ladung  nach  Santo  Domingo  abgefahren.  Die  Miethgelder  für  dieses 
Fahrzeug  hatten  nämlich  nur  zum  Theil  baare  Bezahlung  gefunden,  zum 
Theil  waren  sie  in  Sklaven  zu  entrichten,  in  Cariben,  welche  auf  den 
Inseln  verkauft  werden  sollten ;  um  sie  zu  beschaffen,  war  daher  gegen 
die     Jiraharaer    gezogen ,    deren    möglichst    schnelle   Ausrottung    als    ein 


Aufbruch  Hohermuth's  zu  einer  neuen  Expedition.  97 

dringendes  Bedürfniss  der  europäischen  Ansiedlung  erschien,  und  hatte 
man  so  viele  Menschen  ergriffen,  wie  die  Santa  Trinidad  tragen  konnte. 
Während  Federmann  mit  ihr  die  Rückfahrt  nach  Santo  Domingo 
antrat,  sollten  die  zu  diesem  Indianerfang  in  das  Gebirge  Gesendeten  — 
etwa  200  Mann  zu  Fuss  —  in  direktem  Anschluss  an  diesen  Beutezug, 
ohne  Coro  wieder  zu  berühren,  eine  grössere  Expedition  nach  Süden 
unternehmen.  Der  Plan  dieser  neuen  Entdeckungsfahrten  war  in  Coro 
nach  und  nach  festgestellt  worden,  und  zwar  nicht  allein  von  Hohermutli, 
Federmann  und  ihren  frischangekommenen  Genossen,  sondern  auch  von 
den  bereits  erfahrenen  Männern,  wie  Martin  de  Artiaga,  Esteban 
Martin,   Fernando  de  Alcocer  und  Juan  de  la  Puente. 

Zum  Ausgangspunkt  der  neuen  Unternehmung  war  die  Gegend  von 
Hitivana  ersehen,  'wo  Federmann  vor  etwa  fünf  Jahren  einen  Ausblick 
auf  die  Südsee  gehabt  zu  haben  glaubte;  damals  war  dieser  von  Coro 
in  4^/2  Monaten  dahin  gekommen,  jetzt  durfte  man  wohl  hoffen,  in  kürzerer 
Zeit  das  Ziel  zu  erreichen.  Als  erste  Wegstation  war  die  Bariquicimeto- 
Gegend  auserkoren.  Dahin  suchten  denn  auch  zunächst  jene  Fussknechte, 
welche  Andreas  Gundelfinger,  unterstützt  von  Juan  de  Cardenas 
und  Martin  Gonzalez,  anführte,  durch  das  für  Pferde  unbrauchbare 
Cariben-Gebirge  durchzudringen;  dies  Fussvolk  hatte  aber  trotz  seiner 
erheblichen  Zahl  in  dem  wilden  Gebiete  und  namentlich  im  Lande  der 
Waffengift  anwendenden  Cuibaer  schweren  Stand;  es  war  schon  gerade 
daran,  trotz  des  gegentheiligen  Befehls,  nach  Coro  zurückzukehren,  als 
Hohermuth  auf  dem  Schauplatze  erschien. 

Dieser  war  bereits  zwei  Monate  unterwegs.  Um  das  Fussvolk  in 
der  Bariquicimeto-Gegend  rechtzeitig  zu  treffen,  war  er  schon  am  13.  Mai  1535 
mit  etwa  hundert  Mann  und  achtzig  Pferden  von  Coro  aufgebrochen,  wo 
er  Juan  de  Villegas,  der  schon  die  Dalfinger 'sehe  Zeit  mit  durch- 
gemacht hatte,  als  seinen  Vertreter  zurückliess.  Die  Absicht  war  dahin 
gegangen,  den  im  März  1531  von  Federmann  eingeschlagenen  Weg  zu 
benutzen;  desshalb  hatte  man  die  Küste  nach  Osten  hin  zu  verfolgen 
gesucht;  gar  bald  war  aber  am  Meeresstrande  selbst  kein  Durchkommen 
mehr;  Francisco  de  Santacruz  musste  mit  vier  Pferden  nach  Coro 
wieder  zurückreiten.  Schliesslich  gelang  es  Francisco  de  Velasco 
über  das  Gebirge  der  Atycarer  noch  einen  für  Pferde  brauchbaren,  eine 
Viertel  Meile  langen  Uebergang  zu  finden.  Ueber  ihn  gelangte  man 
unter  grossen  Schwierigkeiten,  durch  Wasser  und  Koth  nach  dem  Tocuyo- 
Strom,  der  am  20.  Mai  überschritten  wurde.  Von  da  sollte  der  Zug  an 
den  Yaracui  gehen;  jedoch  liess  sich  die  Wegsuche  sehr  schwierig  an,  so- 

Festschvift  der  Hamburgischen  Amerika-Feier  II.  7 


98  Geschichte  der  Weiser-Züge  in  Amerika. 

dass  der  grössere  Theil  der  Expedition  zunächst  an  jenem  Flusse  liegen 
blieb.  In  kleinen  Trupps  zog  man  alsdann  weiter,  Holiermuth  selbst, 
Montalvo  und  Martin,  bis  man  in  eine  Gregend  kam,  in  welcher  eine 
bisher  nicht  gehörte  Sprache  herrschte  und  den  Zaquitiern  feindliche, 
starke,  wehrhafte  Leute  hauseten;  sie  wurden  auch  von  den  Europäern 
als  Feinde  betrachtet  und  übel  behandelt.  Dann  ging  es  über  Cocorote 
hinab  in  das  Gebiet  des  Yaracui-Flusses  und  in  das  von  Fe  der  mann  als 
ein  beglückendes  Frauen thal  geschilderte  Vararida,  dessen  erste  erreichte 
Ortschaft  Oytaba  hiess.     Auch  jetzt  nichts  als  Kampf. 

Am  2.  Juli  kam  die  Expedition,  bei  der  sich  inzwischen  Santa- 
cruz  mit  seiner  Schar  wieder  eingefunden  hatte,  nach  dem  Orte  Guaba. 
„Als  wir  herangezogen,"  so  erzählt  Einer  der  Weiserischen,  „verliessen 
die  Eingeborenen  ihre  Wohnungen  und  flohen  davon;  da  liess  der  Guber- 
nator  durch  die  Dolmetscher  mit  ihnen  reden,  dass  sie  unsere  Freunde 
werden  sollten:  wir  begehrten  nichts  zu  thun,  denn  unseren  Weg  zu 
gehen.  Sie  kamen  mit  ihrem  Obersten,  brachten  uns  den  anderen  Tag 
unseren  Plunder  bis  zum  nächsten  Orte,  in  welchem  wir  keinen  Indier 
antrafen,  dann  wieder  anderen  Tages  nach  zwei  Ortschaften,  in  denen  bis 
zwanzig  Indier  gefangen  wurden ,  darunter  zwei  Weiber ;  die  liess  der 
Gubernator  ledfg,  die  Uebrigen  zu  rufen.  Er  wollte  die  Gefangenen  wieder- 
geben und  Friede  mit  ihnen  machen.  Den  anderen  Tag  kam  der  Führ- 
nehmste  desselbigen  Thaies  —  Guatimayagua  war  sein  Name  — ;  er 
brachte  einen  anderen  Häuptling  mit  sich  und  viele  Indier  und  schenkte 
zwei  güldene  Adler.  Wir  nahmen  die  Wilden  auf  als  kaiserlicher  Majestät 
Unterthanen  und  unsere  Freunde,  gaben  ihnen  auch  die  Gefangenen  zurück ; 
aber  wir  lagen  da  schier  weder  in  Frieden,  noch  in  Unfrieden;  denn  der 
Friede  war  kein  rechter  und  gefestigter.  Wurde  ein  Hauptmann  mit 
sechzig  Christen  in  einen  anderen  Flecken  geschickt,  mit  dem  wir  nicht 
Frieden  hatten,  um  Leute  für  unseren  Trossdienst  zu  holen;  er  kam  den 
nächsten  Tag  wieder,  brachte  bis  hundert  Stück,  die  wurden  unter  die 
Christen  ausgetheilt.  Am  13.  Juli  wollten  wir  weiter  gehen ;  da  weigert 
sich  der  Kazike,  uns  Indier  zu  geben,  welche  unseren  Plunder  tragen 
könnten.  Weil  nun  der  Gubernator  auch  sonst  merkte,  dass  der  Wilde 
mit  Büberei  umgehe,  führte  er  ihn  und  zwei  andere  Häuptlinge  an  der 
Kette  mit  sich,  auch  alle  Anderen,  so  wir  ergreifen  konnten ;  eine  Tage- 
reise weiter  liess  er  die  drei  Häuptlinge  und  Viele,  die  uns  Christen  nicht 
zu  dienen  und  dem  Lager  nicht  zu  folgen  vermochten,  wieder  ledig;  sie 
verhiessen  uns,  wenn  wir  wieder  durch  ihr  Land  zögen,  in  Frieden  auf- 
zunehmen und  mit  Proviant   zu  versehen.     Lagen    in    derselben  Nacht   in 


Hohermuth  im  Bariquicimeto-Lande.  99 

einem  Orte  am  Flusse  Bariquicimeto,  nach  welchem  dieselbe  Gegend  be- 
nannt wird.  Hier  fanden  wir  keine  Wilden;  denn  unser  Volk,  das  über 
das  Gebirge  der  Jii-aharaer  gezogen  war,  hatte  dies  Land  verderbt.  Am 
16.  trafen  wir  unsere  Leute  auf  dem  Wege,  auf  dem  sie  gerade  zurück- 
wichen, da  sie  von  den  Indiern  zwei  Mal  so  tapfer  angegriffen  worden, 
dass  sie  ihnen  ohne  Pferde  nicht  mehr  gewachsen  waren ;  sie  mussten  ihre 
Verwundeten  in  Hängematten  tragen.  Wir  lagen  nun  dieselbe  Nacht  bei 
einander  imFeld."  Die  letzte  ihrer  Niederlagen  hatten  Gundelf  inger 's 
Leute  in  Baraure  erlitten;  dieser  Ort,  dessen  Insassen  in  Waffen  zum 
Kampfe  bereit  standen,  wurde  am  anderen  Tage  gemeinsam  überzogen. 
Tapfer  stellten  sich  die  Cuibaer  zur  Wehr,  hatten  auch  keine  Furcht  vor 
den  Pferden  und  verwundeten  Viele.  Die  Wilden  wurden  natürlich  be- 
siegt. Wieder  begann  eine  Schreckensherrschaft:  als  einer  der  Expeditions- 
genossen, Oryon,  der  auf  der  Hirschjagd  sich  verirrt  hatte,  von  den 
Wilden  bei  Nacht  getödtet  war,  wurden  Diejenigen,  bei  denen  man  das 
Rapier  des  Todten  entdeckte,  vor  den  Augen  der  anderen  Stammesgenossen 
von  den  Hunden  zerrissen. 

Bevor  Hohermuth  Bariquicimeto  verliess,  hielt  er  dort  Musterung 
über  sein  versammeltes  Volk;  er  zählte  301  Männer  und  80  Pferde.  Am 
20.  Juli  begann  alsdann  der  Auszug  nach  der  nächsten,  bereits  vomFeder- 
mann'  sehen  Zuge  her  bekannten  Wegstation  Hacarigua.  An  diesem  höher 
gelegenen  Orte,  von  dem  aus  Esteban  Martin,  Andreas  Gundel- 
finger  und  Juan  de  Cardenas  Züge  ins  Land  behufs  Indianersuche 
unternahmen,  machte  man  Quartier,  um  die  Regenzeit  abzuwarten.  „Es 
wurde  Winterszeit  und  böses  Wetter;  da  das  Volk  in  solchem  Lande  und 
in  dieser  Noth,  Mühe  und  Armuth  nicht  erfahren  war,  Hess  der  Guber- 
nator  in  Hacarigua  als  seinen  Statthalter  Francisco  de  Velasco 
zurück,  der  sollte  als  Nachhut  bleiben,  bis  er  Botschaft  empfange.  Er 
selber  zog  mit  den  Besten  und  Gesündesten,  im  Ganzen  hundert  Mann 
und  dreissig  Pferden,  am  18.  August  aus  und  zwar  nach  den  höher  ge- 
legenen Gebieten,  da  das  Tiefland  mehr  und  mehr  von  Wasser  bedeckt 
wurde.  Er  kam  durch  verschiedene  Ortschaften  der  Cuyoner,  darunter 
auch  nach  dem  von  Federmann  her  bekannten  Cazaradidi;  alle  Anbaue 
standen  leer;  die  wenigen  Wilden,  die  man  fing,  erzählten  von  grossem 
Reichthum,  was  aber  alles  erlogen  war;  auch  Santacruz  brachte  von 
einer  Rekognoscirung  keine  weitere  Auskunft  zurück,  lediglich  eine  kleine 
Anzahl  von  Wilden.  Mehrere  grosse  Flüsse  wurden,  trotz  des  Himmels- 
wassers, überschritten,  so  der  Amoradore,  „darüber  wir  unseren  Tross  und 
dessen  Träger   aus  Ursach   des   gestrengen  Laufs   und    der  Tiefe  auf  den 

7* 


100  Geschichte  der  Welser-Ztige  in  Amerika. 

schwimmenden  Pferden  mit  grosser  Mühe  und  Gefährlichkeit  führen 
mussten;  er  wurde  daher  der  Fluss  der  Steigbügel  geheissen".  Ausserdem 
bereitete  der  Quanaquanari  grosse  Schwierigkeiten,  wie  denn  auch  bei 
dessen  Uebergang  ein  Mann  ertrank;  dazu  kamen  tägliche  Kämpfe,  in 
denen  Viele,  z.  B.  Montalvo  de  Lope,  verwundet  wurden ;  es  war  ein 
alle  Kräfte  erschöpfendes,  langsames  Weiterziehen.  Nach  einmonatlichem 
Marsche  sandte  Martin,  der  auf  Kundschaft  voraus  war,  die  frohe 
Meldung,  dass  er  einen  guten  Ort  gefunden  habe. 

Dieser  grössere,  auch  mit  genügendem  Proviant  versehene  Platz  der 
Cuyoner  hiess  Masparro;  man  nahm  ihn  am  16.  September  in  Besitz  und 
behielt  ihn  viele  Wochen  lang  als  Aufenthalt,  obwohl  die  Wilden  häufige, 
wegen  ihrer  grossen  Zahl  nicht  ungeftlhrliche  Angriffe  unternahmen  und 
dann  in  dem  nahen  Gebirge,  in  welchem  die  Pferde  nicht  zu  verwenden 
waren,  Deckung  und  Schutz  fanden. 

Nach  dieser  dritten  Reisestation  wurden  auch  die  Kranken  aus 
Hacarigua  gebracht-,  am  7.  Oktober  traf  Velasco  mit  ihnen  ein,  nach- 
dem er  unterwegs  acht  Personen  und  neun  Pferde  verloren  hatte.  „Als 
nun  der  Gubernator  sah,  dass  er  mit  so  vielen  Kranken  nicht  fort  könne 
und  aus  Noth  eine  Zeit  lang  hier  liegen  bleiben  müsse,  Hess  er  den  Pro- 
viant rings  umher  besichtigen ;  man  fand  Mais  wohl  auf  drei  Monate. 
Hohermuth  that  grossen  Fleiss  den  Kranken,  sie  wieder  aufzuhelfen, 
und  Hess  sie,  soweit  die  Armuth  des  Landes  es  gestattete,  mit  aller  Noth- 
durft  versehen  und  bestens  heilen." 

Der  Krankheitszustand  blieb  trotzdem  sehr  schlimm ;  nicht  bloss  dass 
die  Fremden  starben,  auch  die  Eingeborenen  und  die  Pferde  wurden  rasch 
vom  Tode  dahingerafft.  Man  überlegte,  ob  nicht  die  Kranken  zurück- 
zusenden seien,  z.  B.  mit  etlichen  Pferden  zum  Fusse  des  Gebirges  der 
Jiraharaer,  von  wo  aus  sie  auf  bekannten  Fährten  weiter  kommen  könnten ; 
derartige  Pläne  wurden  aber  aufgegeben. 

Wenngleich  manche  Leute  glücklich  genasen,  befanden  sich  in  Masparro 
bei  dem  am  3.  November  erfolgenden  Ausmarsch  doch  noch  mehr  als 
achtzig  Kranke,  zu  deren  Weiterschaffung  über  dreissig  Pferde  zu  ver- 
wenden waren :  es  war  eine  entsetzliche  Transportweise,  der  Viele  erlagen. 
Bald  wurde  der  Apodori-Fluss  überschritten  und  dann  in  einem  Orte  der 
Zaquitier,  wo  man  der  Kranken  wegen  Halt  machen  musste,  nicht  gerade 
fröhliches  Christfest  gefeiert.  An  den  Festtagen  kamen  einige  Leute  von 
einem  grösseren,  sechzig  Mann  und  zwölf  Pferde  starken  Zuge  zurück, 
der  unter  Francisco  de  Velasco  am  27.  November  abgesandt  war, 
um  nach  Proviant   zu   suchen;    sie  brachten   glücklicher  Weise  Mais   und 


Hohermuth  in  Masparro  und  Hitivana.  101 

Salz,  welches  Hohermuth  persönlich  dann  als  Weihnachtsbescheerung 
unter  seine  Leute  vertheilte;  die  Ueberbringer  erzählten,  dass  Nicolas 
de  Palencia,  den  Velasco  am  Fusse  des  Gebirges  vorausgeschickt 
hatte,  im  Dickicht  des  Urwaldes  gar  ein  Maisvorrathlager  von  mehr  als 
1500  Fanegas  angetroffen  habe,  dass  dasselbe  jedoch  später  nicht  wieder 
zu  finden  gewesen  sei.  Velasco  selbst  kam  erst  am  31.  Dezember  zurück; 
einer  seiner  Hauptleute  fehlte;  es  hiess,  man  habe  ihn  verhungern  lassen. 
Hohermuth  war  sehr  entrüstet  über  das  Verhalten,  namentlich  über  das 
lange  Ausbleiben  seines  ersten  Officiers;  Andere  jedoch,  wie  Alcocer, 
Castrillo,  Fancorvo,  nahmen  Partei  für  ihn  und  gegen  den  fremden 
Mann,  dem  sie  nur  ungern  gehorchten.  Als  am  Neujahrstage  1536  der 
Weitermarsch  begann,  drohte Unbotmässigkeit  auszubrechen;  Hohermuth 
gab  aber  in  dem  Orte  Therabaya  ruhig  dem  Lagervogt  den  Auftrag,  den 
Haupträdelsführer  Velasco  in  Eisen  zu  legen;  dieser  Befehl  ward  ohne 
Hinderniss  und  Verzug  vollstreckt. 

Der  Marsch  ging  weiter  und  führte  am  9.  Januar  1536  endlich  nach 
Coativa  im  Hitivana-Lande,  einem  Orte  der  Guaycarier ;  mit  ihm  war  die  für 
die  neuen  Entdeckungsfahrten  in's  Auge  gefasste  Gegend  erreicht,  welche 
150 — 170  Leguas  von  Coro  entfernt  sein  sollte  und  ziemlich  viele,  wenn- 
gleich nur  dürftige  Nahrungsmittel  darbot.  Hier  also  hatte  Federmann' s 
Expedition  mit  dem  Ausblick  in  die  endlos  weiten  Ueberschwemmungen 
vor  etwa  fünf  Jahren  ihr  unbefriedigendes  Ende  gefunden.  Hier  harrte 
man  nun  trotz  aller  Anstrengungen  geduldig  auf  die  Dinge,  die  da  kommen 
sollten,  und  ahnte  nicht,  dass  auch  das  neue  Unternehmen  gleich  un- 
befriedigend verlaufen  werde,  dass  die  Weiserischen  nach  Verlauf  zweier 
langer  Jahre  abermals  in  Hitivana  sein  würden,  ohne  Schätze  erworben 
zu  haben. 

Hohermuth  bestimmte,  dass  hier  in  Hitivana  130  Mann,  meist 
Kranke,  nebst  19  Pferden  unter  Sancho  de  Murga  und  Meister 
Andreas  zurückbleiben  sollten,  auch  Velasco,  der  noch  nicht  frei- 
gegeben war.  Als  der  Hauptzug  vorwärts  marschierte,  blieb  diese  Nachhut 
zunächst  noch  zwei  Monate  lang  am  Orte  und  versuchte  dann  nachzufolgen. 
Als  man  jedoch  den  grossen  Apuri-Fluss  erreicht  hatte,  musste  man  um- 
kehren, da  die  Kranken  wieder  schlimmer  und  schlimmer  wurden;  der 
Rückweg  ward  angetreten.  In  Masparro  starb  dann  Mjurga,  und  bald 
darauf  auch  Gundelfinger;  die  Führerlosen  wählten  zu  ihrem  Befehls- 
haber Martin  Sanchez,  und  dieser  schlug  jetzt  sobald  wie  möglich, 
nämlich  Ende  Juli,  den  direkten  Rückweg  nach  Coro  selbst  ein,  anstatt 
den  Uebrigen  zu  folgen.      „Dadurch  haben   wir   alle  die  Früchte   unserer 


102  Geschichte  der  Welser- Züge  in  Amerika. 

langen  und  mühsamen  Reise   verloren,"    setzt  Philipp  von  Hütten   in 
seinem  Berichte  hinzu. 


IX. 

Die  Hohermuth'sche  Expedition  hatte  auf  ihrem  bisher  zurück- 
gelegten, meist  in  südwestlicher  Richtung  erfolgten  Zuge  auf  der  Strecke 
zwischen  Hacarigua  und  Masparro  die  grossen,  stets  über  die  gewöhnlichen 
Wolkenschichten  hinausreichenden,  in  die  Schneeregion  hin  und  wieder 
hineinragenden  Bergmassen,  die  von  ihren  Höhen  fast  zu  jeder  Jahreszeit 
Wasserdünste  in  das  glühende  Tiefland  herabsenden,  zur  rechten  Hand 
gelassen,  bald  in  unmittelbarer  Nähe,  bald  nur  am  Horizonte  Morgens  und 
Abends  sichtbar.  Bisher  waren  diese  Berge,  das  wussten  Männer  wie 
Esteban  Martin,  Juan  de  la  Puente  und  Aehnliche,  die  das  Strom- 
gebiet der  venezuelanischen  Gewässer  abschliessenden  Bollwerke.  Auch 
der  Weitermarsch  von  Masparro  war  Anfangs  ebenfalls  am  Fusse  eines 
langgestreckten,  himmelhoch  ansteigenden  Gebirges  dahingegangen,  dessen 
Charakter  von  dem  des  bisherigen  nicht  verschieden  zu  sein  schien; 
dasselbe  Urwaldsdickicht  am  Fusse  der  Senkungen,  dasselbe  Baumgewirr 
am  Rande  der  engen  Schluchten,  dieselben  kahlen  Felswände  unten  und 
schmalen  Grate  oben,  dieselben  Klippen  und  Joche,  dieselben  Wildströme 
und  Sümpfe,  dieselben  Raubthiere  und  Vögel.  Allein  als  man  sich  Hitivana 
weiter  genähert  hatte,  strich  gar  bald  dieses  dichte  Hochgebirge  nicht  mehr 
auch  nach  Westen,  sondern  fast  genau  dem  Süden  zu.  Jetzt  konnte  also 
jenseits  desselben  nicht  mehr  die  nähere  oder  weitere  Umgebung  des  Sees 
von  Klein-Venedig  zu  suchen  sein.  Von  Allen  war  auch  bereits  bemerkt 
worden,  dass  die  Ströme,  welche  tiberschritten  wurden,  nicht  mehr,  wie 
zuvor,  mehr  oder  minder  südwärts  flössen,  sondern,  je  weiter  man  kam, 
desto  bestimmter  nach  Osten  hin.  Was  in  oder  hinter  dem  geheimniss- 
vollen Dunkel  dieser  Berge  sich  barg,  wusste  von  den  Weiserischen  Keiner. 

Das  zu  erkundschaften,  hatte  nun  Hohermuth  ins  Auge  gefasst. 
Hienach  hatte  er  in  westlicher  Richtung  Hitivana  am  25.  Januar  1536  mit 
150  Mann  und  49  Pferden  verlassen.  Der  nächste  grössere  Ort,  der  sich 
fand,  war  noch  von  Guaycariern  bewohnt  und  lag  gerade  unter  dem  Ge- 
birge, in  dessen  Klüften  und  Gründen  gefährliche,  Giftpfeile  führende 
Arhuacoer  leben  sollten.  Esteban  Martin  zog  mit  vierzig  Mann  und 
vier  Pferden  in  diese  WUdniss;  er  ahnte  nicht,  dass  er  dem  vor  Jahren 
mit  Dal  fing  er  berührten  oberen  Flussgebiet  des  Yuraa-Stromes  entgegen- 


Hohermuth's  Weitermai-sch.  108 

ziehe ;  er  drang  aber  auch  nicht  weit  vor  und  erreichte  insbesondere  nicht 
die  Wohnsitze  jenes  gefährlichen  Stammes,  wo  er  gar  bald  nach  Chinäcota, 
der  Sterbestätte  Dalfinger's,  gelangt  wäre.  Martin  brachte  nur  25 
unterwegs  gemachte  Gefangene  mit  ins  Lager. 

„Am  5.  Februar/'  so  erzählten  die  Weiserischen,  „kamen  wir  nach 
einem  grösseren  Orte  der  sich  friedlich  verhaltenden  Zaquitier,  Habobacoa 
genannt;  darauf  blieben  wir  im  Felde.  Von  dannen  ging's  zum  Orte 
Habobare,  der  in  dem  grossen  Revier  des  Apuri  gelegen  ist;  diesen  Strom 
dann  hinauf.  Zu  uns  kamen  etliche  Indier  in  Kanoas  mit  Mais  und  mit 
Fischen.  Von  dannen  ging's  nach  einem  Flecken  Ibaraima  mit  vielen 
Indiern.  Hätten  wir  da  gern  etliche  Tage  still  gelegen,  mussten  aber  des 
Proviantes  halber  vorrücken.  In  Ibaraima  fanden  wir  Pass  über  den 
Strom  und  zogen  hindurch.  Nun  schickte  der  Gubernator  in  Kanoas 
etliche  Christen  den  Fluss  noch  weiter  hinauf,  um  Nahrung  zu  holen;  die 
brachten  denselben  Abend  Maiskolben  und  Fische,  welche  der  Gubernator 
unter  die  Christen,  deren  ein  gross  Gebrechen  im  Lager  war,  mit  eigener 
Harid  vertheilte." 

Nun  zog  man  zuerst  zwei  Tage  lang  am  rechten  Ufer  des  Apuri 
hinauf;  dann  acht  Tage  lang  durch  ein  waldreiches  Gebiet,  viel  Wildniss 
und  Sumpf.  Trotzdem  zeigten  sich  überall  Ortschaften  jener  Zaquitier, 
welche  Freunde  der  Christen  waren,  „Vasallen  des  Kaisers  und  seines 
königlichen  Scepters  von  Kastilien".  Auch  wurden  wieder  mächtige 
Ströme  überschritten:  der  Darari  am  16.  Februar,  der  Arauca  am  2.  März, 
zwölf  Tage  später  der  Casanari,  dessen  Breite  jetzt  eine  Viertel  Legua 
betrug.  Es  ging  durchweg  durch  ein  grosses  und  böses  Revier,  welches 
von  Indiern  unbewohnt  war  wegen  der  zahlreich  vorkommenden  „Tiger- 
thiere",  von  denen  eines  einen  Wilden  inmitten  des  Lagers  erwürgte  und 
wegschleppte.  Ueberall  benahmen  sich  die  Eingeborenen  friedfertig,  auch 
bei  dem  fast  zwei  Wochen  dauernden  Weitermarsche  am  Fusse  des  nicht 
mehr  starr,  sondern  allmählich  von  den  Grasflächen  sich  abhebenden  Ge- 
birges. 

Nachdem  die  Flüsse  Caroni  und  Carabo,  auch  einer,  welcher  nach 
dem  in  seinen  Fluthen  ertrunkenen  AI onso  Diaz  genannt  wurde,  passirt 
waren,  stiess  man  unfern  von  den  Wassern  des  Pauto-Stromes  auf  eine 
Probe  bearbeiteten  Goldes,  auf  gewebtes  Zeug  und  auf  Salzstücke;  zu- 
gleich erfuhr  man,  im  Innern  jenes  Gebirges,  in  einem  grossen  Berglande, 
sollte  ein  Häuptling  der  Guaycarier  leben,  welcher  von  allerlei  fremden 
Schätzen  berichten  könne.  Er  wurde  wirklich  gefunden,  und  es  begann 
mit  ihm  ein  freundschaftlicher  Verkehr,   wie  denn  das  allgemach  friedlich 


104  Geschichte  der  Welser-Züge  in  Amerika. 

gewordene  Auftreten  der  Weiserischen  die  Wilden  allgemein  zu  gefälligerem 
Entgegenkommen  veranlasste.  Der  Häuptling  kam  sogar  zu  den  Ein- 
dringlingen und  erzählte  ihnen  von  Gold  und  Silber,  das  jenseits  der 
Berge  und  Felsen  winke,  von  baumlosen  Weideländereien,  auf  denen  zahme 
Schafe  lebten;  diese  schienen  den  Lamas  Perü's  zu  gleichen.  Der  Ein- 
geborene erzählte  weiter,  in  zwei  Monden  Wegs  werde  man  einen  mäch- 
tigen Häuptling  finden,  welcher  grosse  Tempel  habe,  in  denen  an  gewissen 
Tagen  der  Woche  Gottesdienst  gehalten  werde.  Dahin  wolle  er  selbst  die 
Fremden  geleiten.  Das  war  die  märchenhafte  Kunde  von  der  Casa  del 
Meta,  welche  hier  an  die  Entdecker  herantrat. 

Aller  Kraft  und  Muth  ward  durch  sie  wieder  frisch  belebt ;  es  schien 
jetzt  der  Weg  in  der  Wildniss  so  leicht  zu  werden,  wie  ein  Marsch  auf 
der  Heerstrasse  zwischen  Valladolid  und  Medina  del  Campo.  Trotzdem 
blieb  es  vergeblich;  auch  unter  jener  Führung  gelang  es  nicht,  durch  die 
Berge  zu  dringen.  Es  blieb  daher  nichts  übrig,  als  in  der  bisherigen 
Richtung  weiter  zu  ziehen;  so  kam  Hohermuth  am  1.  April  zu  den  am 
Ende  des  Gebirges  wohnenden  Macopides,  bei  denen  in  dem  Orte  Guatimena 
der  erste  Empfang  sehr  freundlich  sich  gestaltete;  dann  erfolgte  aber  ein 
heftiger  Ueberfall,  der  mehr  als  hundert  Wilden  das  Leben  kostete  und 
den  ganzen  Ort  zerstörte;  ein  Haus  voll  Menschen  ward  niedergebrannt. 
Der  Geruch  der  vielen  Leichen  zwang  zum  baldigen  Weiterziehen,  so 
dass  drei  Tage  später  der  Thia-Fluss  erreicht  war,  bei  dessen  Ueber- 
schreiten  drei  Meister  Francisco's  ihren  Tod  fanden. 

Hier  begann  das  Land  der  weitbekannten,  zu  den  stärksten  Wilden- 
stämmen gerechneten  Guaypier,  deren  bei  Männern,  wie  bei  Weibern  ver- 
schnittene Haare,  ebenso  wie  ihre  kurzschaftigen  Lanzen  und  die  aus 
Tapir-Haut  gefertigten  Tartschen  auffielen ;  in  ihrem  wasserreichen  Gebiete 
wurde  der  breite  Opia-Strom  getroffen,  an  dem  nicht  weiter  zu  kommen 
war.  Vergebens  versuchte  Hohermuth  überzusetzen;  die  Fluthen  zer- 
rissen alle  Fahrzeuge,  Flösse  wie  Böte ;  jener  Häuptling  ertrank  bei  diesem 
Versuch  mit  vielen  Eingeborenen. 

In  der  am  16.  April  beginnenden  Osterwoche  erkannte  Hoher- 
muth, dass  die  hereinbrechende  Winterszeit  trotz  des  bereits  drückenden 
Mangels  an  Lebensmitteln  einen  längeren  Aufenthalt  in  dieser  Einöde  un- 
vermeidlich machte.  Zum  ersten  Mal  war  es,  dass  eine  Weiserische 
Expedition  inmitten  der  wirklichen  Grassteppen,  der  eigentlichen  Llanos, 
die  Regenzeit  durchmachen  sollte.  Nachdem  man  den  Opia-Fluss  abwärts 
gezogen  war,  ward  zum  Stillliegen  ein  Lager  bezogen,  welches  von  Natur 
schon  eine  gesicherte  Lage  hatte,  bei  dem  Anwachsen  der  Elemente  jedoch  noch 


Ueberwintern  inmitten  der  Llanos.  105 


immer  fester  und  dauerhafter  ausgebaut  werden  musste.  Von  dort  blickte 
man  bald  mit  steigender  Sorge  auf  die  nicht  enden  wollenden  Regen,  auf 
das  stetige  Anschwellen  der  Gewässer,  auf  die  immer  weiter  sich  aus- 
dehnende Ueberschwemmung.  Aus  dem  neuen  Meere  ragten  schliesslich 
nur  noch  einzelne  palmenbewachsene  Höhen  insel-  oder  klipp en- ähnlich 
hervor.  Mit  Besorgniss  wurde  das  Wild  beobachtet,  das  vor  den  Fluthen 
floh  und  dem  Gebirge  zueilte;  bald  fehlten  die  flinken,  gefleckten  Hirsche, 
die  starken,  schwerfälligen  Tapire,  die  stummen  Hunde  und  gleich  stummen 
Eidechsen,  so  dass  die  Ernährung  schwieriger  und  schwieriger  ward.  Die 
kühnen  Jaguare  wurden,  im  Wasser  schwimmend,  durch  den  Hunger  noch 
bedrohlicher;  die  riesigen  Krokodile  kamen  näher  und  näher. 

Um  sein  Volk  zeitweilig  zu  verringern,  sandte  Hohermuth  zwei- 
mal Einige  nach  Masparro  zurück;  sie  kamen  nur  mit  den  grössten  Mühen 
voran  und  konnten  keine  Nachricht  über  die  Zurückgelassenen  erlangen; 
selbst  Esteban  Martin  brauchte  dreissig  Tage  zum  Hin-  und  Herziehen 
und  hatte  keinen  Erfolg.  Nach  fast  viermonatlichem  Warten  konnte  man 
endlich  zum  Aufbruch  wieder  rüsten,  Hohermuth  ging  aber  am 
5.  August  1536  nicht  voran,  sondern  rückwärts,  wieder  in  das  Gebiet  der 
Zaquitier,  da  dort  Fleischnahrung  zu  finden  war.  Fünfundzwanzig  Leguas 
weit  zog  man  die  alte  Strasse;  Santacruz  wurde  vorausgeschickt,  um 
Murga  und  Gundelfinger  zu  suchen;  als  dieser  nach  vierzig  Tagen, 
nachdem  er  bis  an  den  Darari-Strom  vorgedrungen  war,  zurückkehrte, 
hatte  er  nichts  mehr  erfahren,  als  dass  vor  zwei  Monaten  die  Kranken- 
Station  verlassen  und  der  Weg  nach  Norden  eingeschlagen  worden  sei. 

Wie  eine  Musterung  Mitte  September  ergab,  zählten  die  Weiserischen 
noch  140  Mann  zu  Fuss  und  44  Pferde;  die  Unternehmungslust  war  in 
der  kleinen  Truppe  noch  keineswegs  völlig  geschwunden.  Freilich  war 
jener  viel verheissende  Häuptling  ertrunken;  es  gab  aber  doch  noch  andere 
Aussichten  und  Hülfen,  Alles  wurde  angestrengt,  um  wieder  vorwärts  zu 
kommen,  und  am  1.  Dezember  jenes  mächtige  Opia- Gewässer,  das  vor  etwa 
acht  Monaten  dem  Weiterziehen  sich  widersetzt  hatte,  glücklich  gekreuzt, 
obwohl  die  Wilden  in  hellen  Scharen  die  Landung  am  jenseitigen  Ufer 
zu  verhindern  suchten;  Francisco  de  Cdceres  fiel  in  den  Strom,  ihm 
stürzten  die  Feinde  nach,  und  rettete  sein  Tod  die  gefährdeten  Genossen, 

Jenseits  des  Opia  waren  auch  nur  wenige  Bewohner  zu  finden, 
Hohermuth  überschritt  beim  Weitermarsch  den  Umea-  und  Guatiquia- 
Strom,  und  traf  dann  auch  die  ohne  feste  Sitze  umherschweifenden,  an- 
scheinend zum  Jiraharaer-Stamm  gehörenden  Guaiguas,  mit  denen  aufs 
Neue   heftige  Kämpfe  begannen.     Auf  den   nun  folgenden  Zügen  wurden 


i06  Geschichte  der  Weiser-Züge  in  Amerika. 


zwei  wichtige  Nachrichten  erlangt,  welche  das  Ende  des  Jahres  1536  für 
die  Expedition  zu  einem  besonders  denkwürdigen  Zeitraum  machten.  Die 
erste  Kunde  war  die  bedeutsamere,  denn  sie  betraf  den  Meta-Fluss.  Wie 
oft  war  der,  seitdem  zuerst  Ordaz  vor  jetzt  vier  Jahren  von  ihm  gehört, 
und  seitdem  zuerst  Herr  er  a  vor  jetzt  zwei  Jahren  ihn  beschifft  hatte, 
in  Santo  Domingo  und  Coro  genannt  worden.  Hohermuth  Hess  sich 
nach  den  Gewässern  führen,  welche  man  für  die  Quellen  dieses  viel- 
berufenen Stromes  hielt;  sie  lagen  im  tiefsten  Urwald-Dickicht;  nirgends 
eine  Spur  von  menschlicher  Ansiedlung.  Sonst  war  die  Gegend  offenbar 
gut  bewohnt,  die  Guaypier  verhauseten  sich  aber  auch  hier,  sobald  die 
Fremden  sich  zeigten. 

Als  in  Guasuriba  das  Christfest  gefeiert  war,  kam  die  zweite  frohe 
Kunde.  Sie  bestand  in  etlichen  Stücken  guten  Goldes  und  in  Silber- 
proben; das  Gold  hatte  22  Karat.  Die  Indier  wurden  befragt,  woher 
diese  Edelmetalle  kämen,  und  sagten :  von  der  andern  Seite  des  Gebirges. 
Sofort  sandte  der  S  p  e  i  r  e  r  seinen  treuen  Martin  in  die  Berge,  allein  die 
schönen  Hoffnungen  erfüllten  sich  wieder  nicht:  denn  der  erfahrene  Kund- 
schafter brachte  1537  nur  die  Nachricht  zurück,  dass  ringsumher  kein 
Pass  sich  entdecken  lasse ,  ohne  Vogelfittige  könne  man  über  solch  ein 
Gebirge  nicht  kommen ;  auch  sei  die  ganze  Gegend  auf  Schritt  und  Tritt 
höchst  gefährlich.  Schon  bei  seinem  Rückzuge  hatte  Martin  vielfache 
Angriffe  zu  erdulden  gehabt,  einmal  ein  Gefecht,  in  welchem  14  feind- 
liche Häuptlinge  ihm  gegenüberstanden  und  im  Einzelkampfe  Fran- 
cisco Sanchez  verwundet,  Juan  Serrano  getödtet  war;  bis  un- 
mittelbar an  das  Lager  wagten  sich  jetzt  die  Feinde  heran,  sie  über- 
fielen die  Wache  und  versuchten  endlich  in  hellen  Scharen  den  offenen 
Kampf  wider  die  Eindringlinge.  Hütten  wurde  dabei  verwundet,  mit  ihm 
an  dreissig  Reiter ;  schliesslich  entwichen  die  furchtbar  lärmenden  Krieger. 
Hohermuth  selbst  wollte  dann  in  das  hochstarrende  Gebirge  ein- 
dringen, doch  wurde  er  durch  Diego  de  Montes  davon  abgehalten. 

So  ging  der  Marsch  im  neuen  Jahre  weiter,  mit  alter  Energie, 
ohne  ein  bestimmteres  Ziel;  er  verfolgte  immer  nur  den  Fuss  des  Gebirges, 
berührte  bald  etliche  Flecken,  bald  ungeheure  Flüsse.  Nach  dem  Ueber- 
schreiten  eines  dieser  mächtigen  Ströme  betrat  man  das  Land  Maruachare. 
Einer  der  Berichterstatter  schreibt :  «Von  dannen  ging  es  eine  halbe 
Meile  weiter  nach  einem  hübschen,  grossen  Orte  mit  viel  Mais;  allda  hielt 
der  Oubernator  am  Marientage  dem  ganzen  Lager  ein  Bankett  und  Hess 
erstlich  eine  Messe  mit  Solemnität  singen,  auch  mit  Prozession,  wie  es 
die  Gelegenheit  erforderte;    dort  assen    102  Christen    mit   ihm  am  Tisch; 


Vergebliche  Suche  nach  einem  Pass  durch  das  Hochgebirge.  107 

wir  gelobten  auch  der  Mutter  des  Herrn,  fortan  keinen  Sonntag  oder 
Feiertag  zu  ziehen,  sondern  dann  still  zu  liegen."  An  diese  Feier  des 
1.  Februar  1537  —  Mariae  Purificatio  —  dieses  Weiserische  Fest  in  der 
Wildniss,  das  Pater  Fr uc tos  de  Tudela  leitete,  dachte  man  noch  lange 
Jahre  hernach  zurück ;  die  Stätte,  an  der  ein  grosses  tempelähnliches  Haus 
von  zweihundert  Fuss  Länge  sich  vorfand,  wurde  nach  der  Mutter  Gottes 
der  Guaypier  genannt. 

Wiederum  wurde  dann  unter  Aufgebot  aller  Mittel  ein  durch  das 
Bergrevier  gehender  Pass  gesucht.  Im  Gebirge  zeigten  sich  Stätten  von 
Menschen;  da  waren  Wohnungen,  die  so  gross  waren,  dass  ganze  Ge- 
schlechter in  ihnen  beisammen  gehaust  haben  mussten,  Männer,  Frauen 
und  Kinder;  da  waren  durch  pallisadenähnliche  Zäune  eingeschlossene 
Plätze  zur  Vertheidigung  und  Zuflucht  in  Kriegsfällen;  um  eines  dieser 
Forts  wurde  gestritten;  der  Soldatenwitz  nannte  es  in  Erinnerung  an  die 
uneinnehmbare  Feste  Salsas  Klein  -  Salsas ;  Miguel  Lorenz  o  kam 
bei  dieser  Gelegenheit  elendiglich  zwischen  Pfahlwerk  und  Graben 
um.  Auch  dieser  Versuch,  einen  DurcTigang  durch  das  Gebirge  zu  finden, 
blieb  vergeblich.  Der  Weitermarsch  zog  sich  nun  mehr  und  mehr  in  die 
Grasebenen,  doch  blickte  man  nach  wie  vor  südwärts,  so  dass  zur  Rechten 
das  unzugängliche  Hochgebirge  verblieb,  zur  Linken  die  immer,  auch  im 
Sommer,  meeresgleiche,  horizontlose  Gräsersteppc  sich  hinbreitete;  wieder 
erfolgten  neue  Kämpfe,  aber  „die  Indier,  so  gerade  mit  ihren  Wehren  auf 
uns  zogen,  flohen  ins  Gebirge,  als  die  Reiter  gegen  sie  rannten;  wir 
mochten  ihnen  nichts  thun,  erfuhren  aber  durch  Gefangene,  dass  das  ganze 
Land  wider  uns  versammelt  sei.  In  dieser  Gegend  giebt  es  viele  Wilde 
und  so  grosse  Ortschaften,  wie  wir  sie  auf  unserer  Reise  bisher  nicht  ge- 
funden haben"  ;  eine  derselben  wurde  der  Ort  der  Vermummten  genannt, 
weil  die  ganz  schwarz  bestrichenen  Menschen  aussahen,  als  wären  sie 
maskirt. 

Trotz  dieser  starken  Bevölkerung  machten  Martin,  sowie  Santa- 
ßruz  Versuche,  Lebensmittel  und  andere  Hülfen  aufzuspüren;  doch  ver- 
geblich; umsonst  zeichneten  sich  auch  Martin  de  Artiaga,  Damian 
de  Barrios  und  ein  L i z a n a  in  Einzelkämpfen  aus.  Unter  Hunger  musste 
die  Expedition  weiter  ziehen,  und  doch  wäre  es  der  Verwundeten  halber 
Noth  gewesen,  etliche  Tage  still  zu  liegen.  Endlich  kam  ein  Ansporn, 
eine  neue  wichtige  Nachricht.  Es  zeigten  sich  Spuren  von  Europäern : 
Glocken  eines  Pferdegeschirrs  und  eine  silberne  Kommandopfeife.  „Wir  er- 
fuhren nun,  dass  vor  etlichen  Jahren  Christen  dagewesen  wären,  so  auf 
dem  Maranon-Flusse"  —  es  war  der  Orinoco  —  „in  Bergan tinen  hierher  herauf- 


108  Geschichte  der  Welser-ZUge  in  Amerika. 

gekommen  seien  aus  der  Gubernation  von  Cubagua;  da  hätten  die  Indier 
den  Hauptmann  Alfonso  de  Herrera  mit  neunzig  der  Seinen  umgebracht, 
die  Uebrigen  wären  mit  ihren  Bergantinen  die  Gewässer  wieder  hinab- 
gefahren und  davongekommen.  —  Hier  wurde  die  Höhe  der  Sonne  ge- 
messen; wir  sahen  den  Nord  nicht  mehr;  es  ward  gefunden,  dass  wir 
2^/8  Grade  von  der  Aequinoctiallinie  entfernt  wären."  Das  war,  wie 
Diego  de  Montes,  der  in  diesen  Fragen  kundigste  Expeditionsgenosse, 
bestätigen  musste,  weit  ab  von  jeder  bisher  bekannt  gewordenen  Kultur. 
Einige  Tage  später  ward  der  Guaviari  überschritten,  an  dessen  Ufern 
zahlreiche,  aber  recht  ärmliche  Menschenwohnungen  sich  fanden.  Nach 
sechs  weiteren  Tagereisen  jenseits  dieses  mächtigen  Gewässers  kamen  die 
Weiserischen  zu  einer  grossen  Ortschaft,  Canicuro.  Hier  wurde  das  Fuss- 
volk  von  den  Bewohnern  zurückgetrieben,  die  Pferde  jedoch  gaben  den  Aus- 
schlag. Bald  war  Friede  gemacht,  und  mählich  bildete  sich  auch  ein  Ver- 
ständniss  heraus,  so  dass  man  dort  vier  Tage  bleiben  konnte.  Es  war 
ein  erträglicher  Aufenthalt,  da  eine  grosse  Menge  von  Wildschweinen 
(jabalies)  sich  fand;  die  Stelle  ward  auch  die  der  Schinken  genannt. 

Wieder  kam  ermunternde  Kunde.  „Wir  waren  bisher  alle  Zeit  von 
Norden  nach  Süden  gegangen,"  so  schreibt  Hütten,  „da  sagten  uns  die 
Leute  von  Canicuro,  wenn  wir  Gold  suchten,  so  müssten  wir  bass  auf  die 
rechte  Hand  ziehen,  gen  Westen;  sie  gaben  uns  Anzeichen  von  einer 
reichen  Provinz,  die  etwa  zwanzig  oder  dreissig  Tagereisen  von  hinnen 
sei.  Somit  verliessen  wir  unsere  Wegrichtung  und  schlugen  uns  wiederum 
dem  Gebirge  zu,  das  wir  schon  verlassen  hatten,  schier  gegen  Niedergang." 
Bald  war  der  Rand  des  Tieflandes  erreicht ;  wieder  zeigten  sich  breite, 
gewaltige  Ströme.  Wirklich  fand  sich  hier  bei  einigen  Wilden  Gold,  aber 
bloss  von  niedrigem  Gehalte,  nur  von  7  bis  8  Karat,  während  man  ge- 
sagt hatte,  zunächst  werde  man  Wilde  treffen,  die  gar  kein  Gold  kennten 
und  hölzerne  Ohrringe  trügen.  Hier  im  Gebiet  des  Papamene-Flusses  be- 
stärkte sich  noch  die  frühere  Kunde  von  nahen  Schätzen ;  schon  der 
Name  des  Stromes,  der  Silberfluss  bedeuten  sollte,  war  hocherfreulich. 
Man  machte  mit  den  Eingeborenen  sofort  Frieden,  und  bald  kamen  viele 
derselben  in  Böten  zum  Lager,  freilich  in  Waffen.  Der  Verkehr  wurde 
dann  immer  lebhafter;  die  Wilden  trugen  ihre  Goldsachen  herbei;  unter 
diesen  habe  sich,  so  erzählte  Hohermuth  später,  ein  Stück  von  der 
Grösse  eines  Rundschildes  befunden ;  dieser  Fund  sei  so  gewichtig  gewesen, 
dass  er  ihn  ausgeschlagen  habe,  um  den  Wilden  zu  verbergen,  dass  er 
des  Goldes  halber  komme.  Eines  Tages  sah  man  Hohermuth  mit  nicht 
weniger   als    drei    Häuptlingen    in    bestmöglichem    Gespräche;    allein    die 


Neue  wunderbare  Nachrichten.  109 

Schwierigkeit  des  Dolmetschens  führte  doch  zu  vielerlei  Missverständnissen ; 
so  verstand  man,  unterwärts  am  Papamene  hausten  Weibervölker,  welche 
ohne  dauernde  Gemeinschaft  mit  Männern  lebten  und  den  Fremden  dess- 
halb  den  Amazonen  der  alten  Geschichten  ähnlich  zu  sein  schienen; 
andererseits  hiess  es,  dem  Gebirge  zu  wohnten  unweit  vom  jetzigen  Lager 
Menschen,  welche  gar  nicht  stürben;  die  Fremden  mochten  dabei  an  die 
Erzählungen  von  vorzeitigen  Heroen  und  Königen  denken.  Solch  „un- 
natürliche Thorheiten"  wurden  jedoch  nicht  geglaubt,  wenngleich  die  Ge- 
danken an  Amazonen  wie  an  Riesen,  seitdem  sie  unseliger  Weise  durch 
die  unklaren  Vorstellungen  von  Columbus  wachgerufen  waren,  immer 
wieder  der  aufgeregten  Gemüther  der  in  ganz  fremdem  Lande  herum- 
irrenden, wegen  ihrer  Unbildling  leichtgläubigen  Personen  sich  bemächtigten. 
Noch  wichtiger  war  eine  andere  Nachricht,  welche  die  Bewohner  der 
Papamene-Ufer  gaben;  sie  sagten  nämlich,  vom  Gubernator  befragt,  „dass 
Alles  richtig  sei,  was  die  von  Canicuro  über  ein  reiches  Nachbarland  ge- 
sagt hätten,  und  noch  viel  mehr."  Man  redete  von  einem  mächtigen 
Fürsten,  der  Ocoarica  heisse;  ein  Häuptling  erzählte,  wie  sein  eigener 
Vater  das  Land  der  Reichthümer  besucht,  auch  von  da  etliche  Schafe  und 
Goldsachen  geholt  habe,  derselbe  sei  aber  von  den  wilden  Choquern  be- 
raubt und  umgebracht  worden.  Nach  solchen  Angaben  war  die  Gold- 
gegend, welche,  wie  die  Erwähnung  der  Schafe  bewies,  Pizarro's  silber- 
reichem Peru  ganz  ähnlich  sein  mochte,  nicht  mehr  gar  zu  weit 
entfernt ;  man  gelange,  so  hiess  es  weiter,  auf  dem  Wege  an  ein  Gewässer, 
das  der  rothe  Fluss  genannt  werde;  jenseits  desselben  gebe  es  bergiges 
und  waldiges  Land,  das  in  jetziger  Winterszeit  schlecht  zu  passiren  sei; 
dann  komme  ein  anderer,  sehr  grosser  Strom,  der  an  einem  vereinzelten 
Vorsprung  des  Gebirges  entlang  fliesse;  seine  Ufer  seien  bevölkert,  und 
seine  Bewohner  hätten  Handelsverkehr  mit  jenem  reichen  Lande,  in 
welchen  Töpfe  und  Kufen  von  eitel  Gold  seien.  „Wir  müssten  aber," 
setzte  man  hinzu,  „ehe  wir  dahin  kämen,  erst  durch  das  böse  Gebiet 
ziehen,  in  welchem  jene  gefährlichen  Choquer  wohnten,  die  Menschenfleisch 
ässen  und  mit  allen  ihren  Nachbarn  im  Krieg  lebten,  ein  wahrhaft 
tyrannisch  und  unmenschlich  Volk.  Die  von  Papamene  gaben  uns  nun 
zwei  Dolmetscher,  um  mit  gedachter  Nation  zu  reden ;  diese  aber  entliefen 
uns  auf  der  ersten  Tagereise." 

Trotz  der  beginnenden  Regenzeit  ging  der  Zug  wieder  ins  Gebirge, 
durch  das  schon  wegen  der  ausgetretenen  Flüsse  sehr  schwer  weiter  zu 
kommen  war.  Der  Mangel  an  Salz  peinigte  wieder  furchtbar.  Mit  den 
Choquern    war    schwer    zu    verkehren;     man    konnte    mit    diesen    hoch- 


110  Geschichte  der  Welser-Züge  in  Amerika. 

gewachsenen,  schmutzigen  Eingeborenen,  die  offenbar  Menschenfresser 
waren ,  nur  durch  Zeichen  verhandeln.  Sie  trugen  Schalen  mit  Wasser 
heran  und  benetzten  die  Barte,  aber  man  verstand  sie  nicht;  dann  be- 
wegten sie  sich  auf  Händen  und  Füssen,  und  man  meinte,  sie.  ahmten  die 
Schafe  des  ersehnten  Goldlandes  nach,  das  jetzt  nur  noch  15 — 20  Leguas 
entfernt  zu  sein  schien.  Sie  führten  Lanzen  und  Wurfspiesse,  sowie  grosse 
Schilde,  auf  denen  Köpfe  gemalt  waren,  welche  augenscheinlich  die  Sonne 
darstellen  sollten. 

Hier  im  Lande  der  Choquer,  am  rothen  Fluss,  nahm  Diego  de 
M  0  n  t  e  s  nochmals  die  Sonnenhöhe  und  erklärte,  dass  mari  nur  noch  einen 
Grad  nördlich  vom  Aequator  sich  befinde.  Hohermuth  schickte  nun 
Martin  mit  fünfzig  Leuten  zu  Fuss  ab,  den  Weg  zu  suchen;  denn  „Alles 
war  Wald  und  Gehölz ;  vor  Wasser  konnten  die  Pferde  nicht  auskommen. 
Bald  griffen  die  Indier  den  Martin  von  zweien  Seiten  an,"  tödteten 
Valdespino  und  einen  änderen  Spanier,  verwundeten  Viele,  namentlich 
auch  Martin  selber,  der  im  Lager  trotz  der  Heilversuche  von  Diego 
de  Montes  und  Juan  de  Onate  nach  20  Tagen  verstarb.  „Es  war 
gross  Wunder,  dass  Einer  lebend  davon  kam.  Dieser  Christen  Tod, 
sonderlich  der  Martin 's,  brachte  schweren  Schrecken  ins  Volk,  denn 
Martin  war  Derjenige,  welcher  nach  dem  General  das  ganze  Lager 
4-egierte;  er  war  auch  ein  Mann,  daran  viel  gelegen  war,  den  man  an 
diesen  Orten  um  grosses  Gut  kaufen  sollte;  denn  er  wusste  mit  den 
Indiern  umzugehen,  war  auch  schier  sein  Leben  lang  unter  ihnen  ge- 
wesen." 

In  der  That  war  der  Verlust  von  Martin,  dem  getreuen  Mann,  an 
dessen  Seite  vor  Jahren  Dalfinger  den  tödtlichen  Schuss  erhalten  hatte, 
ein  gar  schmerzlicher;  in  ihm  erschlugen  die  wilden  Choquer  den  ersten 
der  europäischen  Fährtenfinder  Südamerika's;  war  doch  Martin  das  Ur- 
bild der  berühmten,  den  endlosen  Gräsersteppen  eigenen  Vaquianos,  die 
im  Sande  und  im  Laube  lesen  können,  jener  scharfsichtigen  Wege-  und 
Furten-Spürer,  der  sorglichen  Quellen-  und  Lager-Kenner,  der  klugen 
Beobachter  des  Vogelfluges  und  des  Wolkenzuges,  der  Thier-  und 
Menschen-Pfade. 

Bei  Ankunft  der  Schreckensnachricht,  welche  Pedro  de  la  Torre 
als  Eilbote  überbrachte,  fürchtete  Hohermuth  Aufstand.  Desshalb 
redete  er,  als  Pater  Montes  die  Todtenmesse  verlesen  hatte,  zu  ver- 
sammeltem Volke  und  pries  in  dem  Verstorbenen  die  von  aller  Welt  be- 
wunderte Tapferkeit  der  Spaniisr;  von  ihnen  vollbrächten  Zwanzig  mehr, 
als  Zehntausend    einer   anderen  Nationalität;    er  sei   von  allen  Deutschen 


Esteban  Martin's  Tod.  111 


der  glücklichste  Anführer,  weil  er  solche  Genossen  befehlige.  Der  be- 
trauerte Martin  sei  schliesslich  doch  nur  ein  einzelner  Mann  gewesen; 
sein  Tod  dürfe  nicht  dazu  führen,  ein  im  Dienst  Seiner  Majestät  begonnenes 
Werk  vor  so  naher  Vollendung  aufzugeben.  Alle  stimmten  ihm  zu  und 
erklärten  sich  bereit,  nach  jenem  Strom  zu  ziehen,  an  dessen  Ufer  Martin 
die  Todeswunde  erhalten  hatte,  und  ihn  blutig  zu  rächen. 

Der  dahin  gehende  Weg,  welcher  zugleich  in  höheres  Land  führte, 
wurde  nach  Ablauf  der  Regenzeit  eingeschlagen,  als  der  Baum,  unter  dem 
Martin  bestattet  lag,  wieder  frühlingsmässig  ausschlug.  Erst  in  fünf 
Tagereisen  wurde  die  Stelle  erreicht,  wo  Martin  gefallen  war;  sie  lag 
am  Ufer  jenes  rothen  Flusses,  welchen  die  Weiserischen  hinsichtlich  seiner 
Grösse  mit  dem  Guadalquivir  bei  Sevilla  verglichen.  Hier  am  Putumayo 
erfolgte  nun  ein  neues,  heftiges  Streiten,  wobei  die  Choquer  ihre  Kampflist 
gebrauchten,  scheinbar  zu  fliehen,  um  die  Verfolger  auf  Wege  zu  locken, 
in  deren  Boden  sie  vergiftete  Pfeile  gesteckt  hatten;  die  Christen  aber 
lockten  ihrerseits  durch  scheinbare  Flucht  ihre  Feinde  nach  den  Verstecken 
ihrer  Reiter.  An  eine  Verständigung  war  gar  nicht  zu  denken;  kein 
Dolmetscher  Hess  sich  finden,  und  die  wenigen  Gefangenen,  die  man  er- 
griff, waren  nur  durch  Zeichen  zu  befragen  und  konnten  nur  durch 
Zeichen  antworten.  Hierauf  blieben  in  einem  grösseren  Orte,  in  dem  es 
Yuca  und  Mais  in  Menge  gab,  Santacruz  und  Montalvo  mit  den 
Krankgewordenen  zurück;  dagegen  ging  Hohermuth  mit  zwölf  Pferden 
und  vierzig  Mann  zu  Fuss  noch  weiter  voran.  Viel  Volk  der  Choquer 
zeigte  sich  ihm;  schwerer  und  schwerer  wurde  der  an  den  Putumayo- 
Gewässern  hinaufsteigende  Weg;  es  gab  Tage,  an  denen  sechs  Mal  Bäche, 
Klüfte  oder  Schluchten  überbrückt  werden  mussten,  um  mit  den  Pferden 
weiter  zu  können;  allein  es  winkte  wiederum  eine  Hoffnung.  Im  Gebirge 
sah  man  einen  Einschnitt,  als  öffne  sich  ein  Flussthal;  hier  konnte  die 
von  den  Wilden  des  Papamene  erwähnte  Stelle  sein.  Mit  dreissig  Mann  zu 
Fuss  drang  der  Spei r er  nach  diesem  scheinbaren  Pass,  aber  bald  machte 
das  Gebirgsterrain  jedes  Weiterkommen  unmöglich.  Unverrichteter  Sache 
begab  sich  Hohermuth  wieder  nach  jener  Krankenstation  und  beschloss 
ebenso,  wie  etwa  vor  Jahresfrist,  für  eine  Weile  zurückzugehen ;  er  wollte 
wieder  nach  dem  Papamene  sich  wenden,  um  da  während  der  neuen 
Regenzeit  zu  bleiben  und  dann  abermals  den  so  deutlich  wahrgenommenen 
Gebirgseinschnitt  auszuforschen. 

Kaum  war  von  zeitweiliger  Umkehr  die  Rede,  als  die  allgemeine 
Stimme  den  Rückmarsch  nach  Coro  laut  verlangte.  Schon  während 
Hohermuth 's   letzter  Abwesenheit  hatte   Montalvo   nach   dem  Heim- 


112  Geschichte  der  Welser-ZUge  iu  Amerika. 


wege  gesucht  5  jetzt  erklärten  Alle,  es  sei  unmöglich,  bei  solcher  Ausrüstung 
und  in  solchem  Zustande  weiter  in  der  Wildniss  zu  bleiben;  kaum  seien 
noch  Fünfzig  föhig,  sich  zu  vertheidigen;  Hunde  und  selbst  Pferde  müsse 
man  essen.  „Wirklich,"  so  schreibt  Hütten,  „sind  der  Ernährung  wegen 
Pferde,  die  erschossen  wurden  oder  an  Krankheit  starben,  für  400  Gold- 
pesos verkauft,  und  die  Kadaver  wären  noch  theurer  bezahlt,  wenn  man 
es  zugelassen  hätte;  einen  Hund  habe  ich  selber  mit  einigen  Genossen  für 
100  Pesos  gekauft;  auch  wurden  viel  eingeweichte  und  gesottene  Häute 
genossen,  wie  sie  hier  an  etlichen  Orten  die  Eingeborenen  als  Schilde 
tragen,  selbst  Ungeziefer,  wie  Schlangen,  Kröten,  Eidechsen  und  Würmer, 
auch  allerlei  Kräuter  und  Wurzeln.  Etliche  haben  auch  wider  die  Natur 
Menschenfleisch  gegessen ;  es  ward  nämlich  ein  Christ  gefunden,  der  ein 
Viertel  von  einem  jungen  Kinde  mit  etlichen  Kräutern  gekocht  hatte. 
Von  diesem  bösen,  unkräftigen,  unnatürlichen  Essen,  auch  von  der  grossen 
Anstrengung,  vom  Liegen  in  Regen  und  Wind,  von  all  dem  Elend  sind 
die  Christen  so  gar  verschmachtet  und  ausgedörrt,  dass  uns  Gott  mit  der 
Rückkehr  nicht  geringe  Gnade  erwiesen  hat." 

So  ward  am  13.  April  1537  der  Heimweg  angetreten.  Der  grössere 
Theil  des  Weiserischen  Volkes  hatte  bereits  „die  Hoffnung  verloren, 
nach  Santana  de  Coro  zurück  und  wieder  in  die  Christenheit  zu  kommen. 
Hatten  wir  doch  nicht  der  Gesunden  genug,  um  das  Lager  zu  bewachen 
oder  die  Vor-  und  Nachhut  zu  bestellen;  die  Indier  fanden  uns  ungefähr 
550  Meilen  von  Coro,  nur  etwa  vierzig  zu  Ross  u»id  hundert  zu  Fuss 
stark,  aber  darunter  nicht  vierzig  Gesunde.  Auch  waren  die  Meisten  ohne 
Rapier  und  andere  Wehr;  nicht  eine  Büchse,  noch  Armbrust,  die  doch 
gegen  die  Wilden  sehr  von  Nöthen  sind,  war  brauchbar." 

Der  Rückmarsch  war  keineswegs  einfach ;  zunächst  war  der  Hunger 
zu  stillen,  und  glücklicher  Weise  zeigte  sich  bald  Wild.  Trotz  der  Sommer- 
hitze Hess  sich  der  Uebergang  über  den  Papamene  nur  unter  grossen 
Schwierigkeiten  bewerkstelligen ;  dann  zeigte  es  sich,  dass  alle  Ortschaften 
verbrannt  waren,  so  dass  Proviant  von  Weitem  herbeigeschafft  werden 
musste.  Am  altbekannten  Guaviari-Fluss  wurde  die  Expedition  zwei 
Monate  aufgehalten,  und  es  gelang  dort  nur  mühsam,  die  nächsten  Wilden 
zu  beruhigen  und  zum  Herbeischaffen  von  Fischen  und  Mais  zu  ver- 
anlassen. Der  Rest  der  Pferde  erkrankte  schliesslich  auch  noch,  und  viele 
von  denselben  starben.  Am  Opia-Flusse,  der  im  vorigen  Jahre  so  lange 
aufgehalten  hatte,  wurde  Weihnacht  1537  gefeiert. 

In  der  Nähe   des   glücklich    erreichten  Darari    erfuhr   Hohermuth, 
dass  kürzlich  dort  ein  Zug  von  Christen  sich  gezeigt   habe.     Dieses  ward 


Auffinden  der  Spur  einer  neuen  Expedition  Federmann's.  113 

anfangs  nicht  geglaubt,  allein  nach  mehreren  Tagereisen,  jenseits  des  Apuri, 
zeigte  sich  frische  Spur.  Das  konnten  vielleicht  Weiserische  gewesen  sein, 
die  ausgezogen  waren,  um  Hülfe  zu  bringen  —  aber  woher  hatten  sie  so 
viele  Pferde  ?  Die  Zahl  der  Fussknechte,  welche  aus  der  Fährte  sich  erkennen 
Hess,  war  eine  so  grosse,  dass  an  die  in  Masparro  zurückgebliebenen 
Kranken  nicht  gedacht  werden  konnte.  Das  Wahrscheinlichste  schien  zu 
sein,  dass  hier  ein  von  Maracapana  aus  nach  Westen  gegangener  Ent- 
deckungszug passirt  sei.  Es  zeigte  sich  nämlich  gar  bald,  dass  nicht  der 
noch  erkennbare  Hohermu  th 'sehe  Weg  eingeschlagen  war,  sondern  ein 
anderer,  welcher  auf  der  linken  Seite  der  jetzt  nach  Coro  Zurückziehenden 
sich  hielt.  Endlich  kam  der  Aufschluss;  man  traf  zwei  Tagereisen  vom 
Apuri  entfernt,  in  einem  Dorfe  der  Zaquitier,  eine  als  krank  zurück- 
gebliebene Indianerin,  die  früher  einem  der  Christen  gehört  hatte  und 
die  etwas  Spanisch  verstand.  Dieses  Weib  erklärte,  dass  der  Zug  von 
Nikolaus  Federmann  angeführt  gewesen  sei. 

Solche  Kunde  machte  den  Speirer  stutzig,  da  er  Federmann  noch 
immer  an  der  Küste  der  neuen  Kolonie  des  Segel-Vorgebirges  vermuthete. 
p]r  beschloss  daher,  mit  den  wenigen  Gesunden  der  Fährte  zu  folgen  ^  doch 
erhob  sich  dagegen  offener  Widerspruch.  Es  wurde  desshalb  ein  Kriegs- 
rath  abgehalten  und  in  diesem  beschlossen,  dass  einer  der  Hauptleute  aus- 
zusenden sei,  der  Gubernator  aber  sofort  nach  Coro  gehen  müsse,  um 
zunächst  die  dortige  Ansiedelung  wieder  in  Ordnung  zu  bringen.  So 
wurde  denn  Hütten  mit  zwanzig  Mann  zu  Fuss  und  achtzehn  zu  Pferde 
mit  ausführlichen,  sogar  schriftlichen  Weisungen  abgeordnet  5  doch  konnte 
er  über  den  Apuri  nicht  wieder  zurück;  denn  der  breitfluthende  Strom 
war,  da  wieder  die  Regenzeit  eingesetzt  hatte,  so  hoch  angesehwollen,  dass 
an  früher  trockenen  Uferstellen,  die  sich  wieder  erkennen  Hessen,  das 
Wasser  jetzt  mannshoch  stand.  Man  ermittelte  bloss,  dass  die  Weiserischen 
über  den  Apuri  vor  etwa  drei  Monaten,  über  den  Darari  vor  etwa  sechs 
Wochen  gegangen  seien.  Nur  dies  konnte  der  ungern  umkehrende 
Hütten  an  Hoher muth,  der  inzwischen  langsam  und  widerwillig  seinen 
Rückzug  nach  Coro  fortgesetzt  hatte,  melden. 

X. 

Die  Kunde,  welche  am  Apuri-Strome  über  Federmann  erlangt 
war,  erwies  sich  als  richtig. 

Zur  Zeit,  als  Hohermuth  zwischen  Coro  und  Hitivana  sich  ab- 
mühte, hatte  Fed ermann  in  Santo  Domingo  ohne  Anstrengung  viel  er- 

Festsclirift  der  Hamburgischen  Amerika-Feier  U.  8 


il4  Geschichte  der  Welser-ZUge  in  Amerika. 

reicht.  Er  hatte  ftir  seine  Pläne  zwar  nicht  die  Weiserische  Faktorei 
gewonnen,  die  nur  nach  ausdrücklichen  Aufträgen  aus  Augsburg  handelte, 
wohl  aber  ein  einflussreiches  Mitglied  der  Stadtobrigkeit,  Francisco 
Davila.  Mit  diesem  hatte  er,  als  Hohermuth  drangvoll  nach  Mas- 
parro  sich  durchschlug,  über  die  bequemen  Aussichten  gesprochen,  welche 
am  Segel- Vorgebirge  wegen  des  Vorkommens  von  Perlen  winkten;  er 
hatte  im  Hinblick  hierauf  reichlich  Geld  sich  verschafft  und  fuhr  bald  mit 
L  i  m  p  i  a  8  auf  zwei  Bergantinen  nach  dem  Orte,  wo  C  h  a  v  e  s  seiner  wartete. 
Dort  am  Segel- Vorgebirge  warf  er  Anker  an  demselben  Tage,  an  welchem 
Hohermuth  den  Darari-Strom  überschritt.  Er  kam  mit  achtzig  Mann, 
vielen  Pferden  und  guten  Lebensmitteln,  richtete  Alles  für  die  Perlen- 
fischerei ein,  obwohl  ihn  natürlich  kein  Kronbeamter  begleitete,  und  be- 
gann schleunigst  die  Anlage  einer  Ortschaft,  für  deren  Kirchlein  —  mit  der 
sonderbaren  Bezeichnung  Unserer  Lieben  Frau  vom  Schnee  —  der  aus 
Santo  Domingo  mitgekommene  Pater  Vicente  de  Requejada  aus- 
erwählt war. 

Federmann  suchte  sogleich  die  dortigen  Santa  Martaer  für  sich  zu 
gewinnen;  so  bedauerte  er  ihre,  durch  seine  Abwesenheit  so  verlängerte 
Gefangenhaltung,  zumal  er  dem  Statthalter  Inf  ante  persönlich  von  Santo 
Domingo  her  Dank  schuldig  sei;  er  beredete  dann  die  Pläne,  welche  ihn 
wieder  von  Augsburg  nach  dem  neuen  Indien  getrieben  hätten,  und  die 
Aussichten,  die  ihm  von  den  W eisern  für  eine  eigene  Landeshauptmann- 
schaft gemacht  worden  wären.  Er  gab  schliesslich  Rivera  und  den  Leuten 
desselben  gegen  das  Versprechen,  die  Grenzen  des  Welserlandes  nie  wieder 
zu  überschreiten,  und  gegen  Geissei  Stellung  von  drei  Personen  die  Freiheit. 
Rivera  erklärte  bald  darauf,  Santa  Marta  nicht  erreichen  zu  können;  er 
sei  beim  Versuche  des  Heimmarsches  bald  auf  ausgetretene  Ströme,  bald 
auf  feindliche  Stämme  getroffen,  auch  auf  feindliche  Landsleute,  welche 
im  Eupari-Thale  frischen  Nahrungsmitteln  für  die  öden  Küstenansiedlungen 
nachgespürt  hätten,  und  wolle  nunmehr  mit  Feder  mann  einen  Ver- 
trag über  Heeresfolge  abschliessen ;  diesem  traten  die  meisten  seiner 
Leute  bei,  nur  Wenige  gingen  nach  Santa  Marta  zurück,  wo  sie  der 
neue  Landeshauptmann,  Pedro  Fernandez  de  Lugo,  verwundert 
aufnahm. 

Hierauf  verweilten  Federmann  und  Rivera  nicht  mehr  lange  an 
der  Küste,  wo  der  Unterhalt  schwer  zu  beschaffen  war  und  die  Pcrlcn- 
fischerei  unter  C  h  a  v  e  s  ihre  gewiesenen  Wege  weiter  ging.  Der  Aufbruch 
erfolgte  Juni  1536  in  zwei  Scharen.  Die  eine  Schar  führte  Limpias. 
Sie    sollte    von    der  Küste    aus    nach    dem  Maracaibo-See   gehen,    wo   ein 


Federmahn  in  Maracaibo  und  Coro.  115 


Fahrzeug  zum  Uebersetzen  bereit  liegen  sollte.  Dieser  Zug  gelang,  und 
Limpias  hatte  das  Grlück,  bei  und  in  den  Flussarmen  am  Fusse  des 
Herifia-Gebirges  nicht  unbeträchtliche  Goldmengen  zu  gewinnen.  Am  jen- 
seitigen Ufer  des  kleinvenetianischen  GeAvässers,  in  Axuduara,  verbrannte 
sein  Volk  das  Schiff,  mit  dem  die  Ueberfahrt  bewerkstelligt  war;  es  wollte 
die  Rückkehr  nach  dem  Hungerstrande  unmöglich  machen.  Trotzdem 
wurde  die  Wiederherrichtung  eines  Fahrzeuges,  da  von  dem  Balkengerüst 
des  zerstörten  noch  etwas  übrig  geblieben  war,  durchgesetzt,  damit  doch 
Verkehr  auf  dem  Wasser  möglich  bleibe.  Von  Axuduara  sandte  Limp  ias 
den  Diego  Martinez  mit  einigen  Leuten  in  das  Gebirge  der  Jiraharaer, 
das  Dalfinger  früher  nicht  hatte  bewältigen  können,  um  bei  Bariquici- 
meto  die  jetzt  ins  Werk  zu  richtende  Expedition  zu  erwarten.  Er  ver- 
proviantirte  sich  gut  und  Hess  Van e gas  als  Vertreter  zurück.  Um 
Federmann  mit  der  zweiten  Schar  zu  treffen,  ging  er  dann  weiter 
nach  Maracaibo,  wo  die  Ansiedlung  in  voller  Auflösung  begriffen  war,  da 
Feder  mann,  gleich  Dalfinger,  sie  für  ganz  verfehlt  belegen  ansah 
und  aus  ihr  alles  irgend  Brauchbare  an  sich  zog. 

Aehnlich  konnte  Feder  mann  in  Santana  de  Coro  nicht  verfahren. 
Dort  war  der  hergebrachte  Ausgangspunkt  des  amerikanischen  Lehns; 
dort  war  wirklich  ein  Stützpunkt  für  alle  Weiserischen  Unternehmungen 
entstanden,  zumal  etwa  zu  der  Zeit,  als  Federmann  dort  eintraf,  ein 
Geschäftskontor  der  Wels  er  eingerichtet  ward,  dem  Heinrich  Rem- 
bold  zuerst  vorstand.  Irgendwelche  Uebergriffe  von  Seiten  Feder- 
mann's  waren  schon  aus  diesem  Grunde  kaum  möglich;  dazu  kam  aber 
noch,  dass  weder  von  Hohermuth's  Vertreter,  Juan  de  Villegas, 
ein  weiterer  Verfall  gestattet  wurde,  noch  von  dem  Bichof  Rodrigo, 
welcher  gerade  zum  zweiten  Male  in  Coro  anwesend  war,  um  als  erstes 
Mitglied  des  neu  zu  bildenden  Domkapitels  dort  den  Priester  Juan 
Rodriguez  de  Robledö  als  Dechant  und  Provisor  einzusetzen  und 
alsdann  nach  Hispaniola  zurückzukehren,  nicht  ohne  Befürchtung  und 
Schadenfreude  wegen  der  eigenwilligen  Handlungen  von  Feder  mann. 

Dieser  verlängerte  seinen  Aufenthalt  in  Coro  von  Woche  zu  Woche, 
denn  er  hoffte  immer  auf  die  Nachricht,  die  Landeshauptmannschaft  sei 
in  Augsburg  wegen  der  langen  Abwesenheit  von  Hohermuth  für  er- 
ledigt erklärt  und  ihm,  dem  nur  durch  feindliche  Einflüsse  Verdrängten, 
verliehen  worden.  Während  dieser  Zeit  hörte  er  wenig  von  seinen  an 
den  verschiedenen  Punkten  zurückgelassenen  Leuten :  beschäftigt  mit  den 
Frohnden  der  Taucher  und  der  Kontrolle  der  Muscheln,  schwieg  Chaves 
über  den  Fortgang  des  Perlengewinnes  beim  Segel-Vorgebirge ;  ungerufen 


116  Geschichte  der  Weiser-Züge  in  Amerika. 

kam  Vanegas  aus  Axuduara  an,  wo  seit  der  Auflösung  der  Kolonie 
Maracaibo  nichts  mehr  sich  thun  liess  und  Francisco  Martin  allein 
zurückgeblieben  war,  der  seit  seiner  Gefangenschaft  bei  den  Peraenern 
dunkles  Hinterwäldlerleben  liebte ;  über  Diego  Martinez  fehlte  auch 
lange  Zeit  jede  Nachricht;  plötzlich  kam  von  ihm  durch  vier  Boten  eine 
sehr  bedeutsame  und  merkwürdige.  Sein  gewagter  Zug  ins  Gebirge  der 
Jiraharaer  hatte  zwar  zu  manchem  harten  Strauss  mit  den  zahlreichen 
tapferen  Wilden  geführt,  aber  doch  Glück  gehabt;  jenem  Lande  war  das 
Gebiet  eines  anderen  Stammes  gefolgt,  in  welchem  Martinez  so  be- 
drängt worden  war,  dass  er  nach  Zurückziehung  seiner  Leute  einen 
möglichst  guten  Frieden  mit  seinen  Bedrängern  hatte  schliessen  müssen; 
dann  war  das  Carora-Land  betreten,  welches  an  Nahrungsmitteln  für  zwei- 
monatlichen Aufenthalt  ausgiebig  gewesen  war,  und  endlich  die  schon  be- 
kannte Gegend  der  Cuibaer,  deren  Hauplort  Tocuyo,  obwohl  durch  die 
Cuyoner  kürzlich  zerstört,  genügende  Rast  für  die  von  den  Eingeborenen 
friedlich  behandelten  Christen  gewährte.  Das  Merkwürdigste  war  aber 
die  Kunde  von  einem  Zusammentreffen  mit  Europäern.  Martinez  be- 
richtete nämlich  weiter,  er  sei  in  der  Nähe  von  seinem  Quartier,  von 
Tocuyo,  plötzlich  auf  Juan  Fernandez  de  Alderete  und  Martin 
Nieto,  zwei  frühere  Officiere  von  Gerönimo  Hortal,  gestossen.  Vor 
Monaten  hatten  die  Leute  dieses  Landeshauptmanns  von  Maracapana  ge- 
meutert und  dann  in  verschiedene  Trupps  sich  zersplittert,  von  denen 
dieser  eine  in  das  Innere  und  endlich  nach  dem  Gebiete  von  Tocuyo  ge- 
langt sei.  Ausser  jenen  beiden  Führern  gehörten  zu  dieser  etwa  sechzig 
Mann  zählenden  Schar  angesehene  Personen,  wie  JuandeAvellaneda, 
Luis  Lanchero  und  Juan  Fuerte;  sie  erklärten  einstimmig,  schon 
lange  die  Richtung  verloren  und  beim  Anblick  der  Weiserischen  zuerst 
gedacht  zu  haben,  versprengte  Mannschaften  eines  Gegners  von  Hortal 
vor  sich  zu  sehen.  Martinez  fragte  nun  bei  Federmann  an,  was  mit 
diesen  Ankömmlingen  geschehen  solle. 

Federmann  entschloss  sich,  nunmehr  selber  aufzubrechen,  zumal 
in  letzter  Zeit  sein  Tross  vergrössert  war.  Er  hatte  nämlich  demselben 
Häuptlinge  des  Coriana-Landes  mit  allen  ihren  Hintersassen  und  Leibeigenen 
eingereiht,  so  z.  B.  die  von  Todarequiba,  von  Miraca,  Cariba  und  Guay- 
bacoa;  doch  genügte  das  Feder  mann  noch  nicht.  Es  musste  daher 
Limpias  ins  Gebirge,  um  auch  dort  Gefangene  zu  machen;  der  geübte 
Indianerkrieger  sollte  mit  diesen  alsdann,  gleich  Martinez,  einen  Zug 
durch  das  Bergland  machen  und  jenseits  desselben  erst  die  übrige  Expe- 
dition treffen. 


Federmann  im  Tocuyo-Thale  und  Bariquicimeto-Lande.  117 

Bald  darauf  zog  Federmann  selbst  mit  zweihundert  Mann  zu  Fuss 
und  zu  Pferd  aus,  und  zwar,  wie  H  ohermuth,  zuerst  die  Küste  entlang, 
dann  nach  dem  unteren  Tocuyo-Thale  und  von  dort  ins  Innere.  Als  er 
M  a  r  t  i  n  e  z  traf,  behandelte  er  die  H  o  r  t  a  1  'sehen  Leute  ähnlich,  wie  früher 
die  Infante 'sehen;  er  nahm  sie  unter  sein  Volk  auf  mit  Ausnahme  von 
Alderete  und  Nieto,  welche  er  als  Aufrührer  unter  Begleitung  des 
Hauptmanns  Beteta  über  Coro  nach  Hispaniola  sandte.  Gleich  darauf 
ging  auch  Francisco  Vanegas  nach  Coro  zurück,  um  dort  die  Inter- 
essen von  Federmann  zu  vertreten.  Letzterer  erhielt  jetzt  von  vielen 
seiner  Leute  Geld,  um  dafür  aus  Coro  Sachen  nachkommen  zu  lassen ;  er 
that  das  gern,  sorgte  überhaupt  für  Alles,  was  seine  aus  so  ganz  verschie- 
denen Elementen  zusammengesetzte  Truppe  besser  zu  organisiren  ver- 
mochte. Zugleich  bemühte  er  sich,  die  im  Tocuyo-Thale  sesshaften  Ein- 
geborenen, die  Cuibaer,  genauer  kennen  zu  lernen:  sie  gingen  nackt  bis 
auf  Schambedeckung,  führten  Keulen,  Bogen  und  Spiesse  mit  durch  Feuer 
gehärteten  Spitzen,  hatten  die  Gewohnheit  des  Rauchens,  lebten  ohne  Be- 
griffe von  Ehe  oder  Blutsverwandtschaft,  ohne  irgendwelche  Verfassung, 
indem  sie  nicht  einmal  ständige  Häuptlinge  kannten,  vielmehr  nur  die 
Führerschaft  desjenigen  annahmen,  der  zur  Zeit  der  Mächtigste  war  und 
jeweilig  für  Essen  und  Trinken  sorgte. 

Der  Gesundheitszustand  der  Expeditionsgenossen,  die  an  den  früheren 
Halteplätzen  meist  halbverhungert  waren,  wurde  hier  besonders  wegen  der 
guten  Fleischnahrung  ein  ausgezeichneter ;  erlegte  man  doch  auch  in  zwei 
Monaten  über  fünfhundert  Stück  Wild. 

Am  13.  Dezember  1536,  als  Hohermuth  die  Quellen  des  Meta- 
Stromes sinnend  betrachtete,  begann  von  Tocuyo  aus  die  eigentliche  Reise, 
und  zwar  unter  günstigen  Verhältnissen.  Ueber  Quibor  wurde  die  Bari- 
quicimeto-Gegend  erreicht,  in  der  man  sich  so  wohl  befand,  dass  das  Christ- 
fest ganz  ohne  Sorgen  begangen  wurde  und  Pater  Juan  Verdejo  dabei 
von  frohen  Aussichten  predigte.  Hier  zeigte  sich  sogleich  die  Spur  der 
Vorgänger,  welcher  zu  folgen  war,  so  weit  es  die  Ernährung  des  Volkes 
gestattete,  die  oftmals  wieder  Schwierigkeiten  machte.  Es  ging  nur  langsam 
weiter  wegen  der  vielen  Streifereien  durch  das  zur  Rechten  sich  erhebende 
Gebirge-  eine  Zeit  lang  marschirte  man  in  drei  Partien,  während  Diego 
Martinez  noch  dazu  in  das  südliche  Gebiet  der  Guaycarier  rückte.  So 
verging  Monat  auf  Monat ;  allein  ausser  der  Schwierigkeit  des  Marsches 
hatte  der  Zeitverlust  noch  andere  Gründe.  Federmann  hoffte  nämlich 
auf  Nachrichten  über  die  Erlebnisse  und  Ergebnisse  des  Hohermuth- 
schen  Zuges  und  zugleich  auch  noch  immer  auf  solche  über  die  Vorgänge 


118  Geschichte  der  Welser-Züge  in  Amerika. 


in  Coro;  er  wartete  ausserdem  auf  die  Ankunft  des  unentbehrlichen 
Limpias.  So  hatte  er  sich  mit  einer  kleinen  Schar  nach  Bariquici- 
meto  und  Vararida  zurückbegeben,  während  die  Expedition  bei  Hacarigua 
die  Regenzeit  im  Lager  verbrachte.  Von  Hoher muth  Hefen  gar  keine 
Nachrichten  ein  mit  Ausnahme  der  Kunde  von  der  Rückkehr  der  Kranken 
unter  S  a  n  c  h  e  z ,  die  vor  einigen  Monaten  erfolgt  war.  Aus  Coro  kamen 
erst  Nachrichten  an,  als  der  Weitermarsch  bereits  wieder  angetreten  und 
sogar  schon  der  Apuri-Strom  in  Sicht  war.  Diese  überbrachte  der  mit 
fünfzehn  Mann  eintreffende  Juan  Gutierrez  de  Aguillon;  sie  mel- 
deten aber  nicht  die  Genehmigung  der  Handlungen  Federmann 's  von 
Seiten  der  Santo  Domingoer  Regierung,  geschweige  eine  Ernennung  zum 
Weiserischen  -Landeshauptmann,  erhielten  vielmehr  zunächst  nur  den 
strengen  Befehl  jener  Behörde,  die  mitgeführten  Häuptlinge  der  Zaquitier 
sofort  freizugeben  und  zurückzusenden,  da  deren  Gefa.ngen nähme  höchst 
ungerecht  geschehen  sei  und  sehr  schädlich  wirke;  sodann  enthielten  sie 
die  Botschaft,  dass  jene  Behörde  theils  weil  dort  über  die  Abwesenheit  der 
leitenden  Männer  die  lebhaftesten  Klagen  sich  erhoben  hätten,  theils  weil 
Francisco  Vanegas,  der  bisherige  Landpfleger,  verstorben  sei,  einen 
Untersuchungsbeamten  geschickt  habe.  Dieser  Abgesandte  der  Königlichen 
Regierung  von  Santo  Domingo,  fügte  Agni  Hon  hinzu,  heisse  Antonio 
Navarro;  derselbe  habe  bereits  in  Coro  sich  eingefunden  und  gegen 
Limpias,  welcher  bisher  noch  im  Gebirgsgebiet  des  Baragua- Stromes  ge- 
blieben, Truppen  abgeordnet,  um  ihn  zum  Stillstehen  zu  zwingen.  Der- 
artige Nachrichten  veranlassten  Federmann,  ganz  auf  eigene  Faust  das 
Glück  zu  versuchen.  Er  beschloss,  alsbald  die  Fährte  von  Hohermuth 
zu  verlassen  und,  anstatt  dem  Gebirge  möglichst  zu  folgen,  in  die  weite 
Grassteppe  sich  zu  schlagen.  So  zog  er  über  den  Darari,  wobei  ein 
Sekretär  von  ihm  ertrank,  und  dann  in  die  Gegend  von  Aracheta,  wo 
endlich  Limpias  zu  ihm  stiess,  welcher  die  von  Navarro  so  schnell  be- 
gonnene Verfolgung  noch  rechtzeitig  genug  erfahren  hatte,  um  davoneilen 
zu  können.  Acht  Tage  lang  ging  es  nun  durch  sumpfiges,  ganz  unbe- 
wohntes Land.  Dann  wurden  kleine,  oft  nur  aus  zwei  bis  drei  Hütten 
bestehende  Ortschaften  angetroffen ;  immer  mehr  verschwand  die  Bergkette 
im  Rücken,  bis  die  Ueberzeugung  gewonnen  war,  dass  der  Weg  in  die 
endlosen  Steppen  durchaus  zwecklos  sei.  Federmann  ging  also  zurück 
an  das  Gebirge,  und  zwar  zum  Quellgebiete  des  Pauto-Stroms,  wo  in  einem 
Orte  baumwollene  Gewebe  und  Goldstücke  gefunden  wurden.  Nachdem 
dann  in  Janabacoa  die  Regenzeit  durchgemacht  war,  wurde  wieder  einer 
neuen  Spur  von  Hohermuth  nachgegangen.     Sie  führte  über  den  Carabo- 


Federraann  im  Lande  der  CTuaypier.  119 

Fluss,  wo  Fed  ermann,  gleich  seinem  Vorgänger,  längere  Zeit  verweilen 
musste.  Erst  Anfang  April  1538  traf  er  auf  eine  rückwärts  führende 
Fährte,  welche  jedoch  nur  von  einer  kleinen  Schar  herrühren  konnte,  so 
dass  an  einen  Streifzug  oder  einen  Kranken -Transport  der  Hohermuth- 
schen  Expedition  gedacht  wurde,  welche  nach  Aussage  der  Indianer  noch 
immer  im  Lande  der  Guaypier  sich  aufhalten  sollte.  „So  berichteten  die 
Wilden,"  schrieb  Feder  mann,  „auf  dass  wir  weiter  zögen  ins  Land 
der  Guaypier  und  dort  die  nächste  Regenzeit  zubrächten,  nicht  bei  ihnen 
selber;  ich  aber  glaubte  damals  ihrer  Erzählung  und  zog  voran,  bis  ich  in 
das  Revier  des  mächtigen  Meta-Stromes  kam,  wo  ich  wegen  des  vielen 
Himmelswassers  und  des  Steigens  der  Ströme  warten  musste.  Nur  für  drei 
Monate  reichten  die  Lebensmittel  der  fast  unbevölkerten  Gegend.  Ich  zog 
daher  weiter,  aber  Proviant  bot  sich  nicht;  an  vielen  Tagen  fehlte  das 
Brot;  Wurzeln  der  Erde  und  Früchte  der  Bäume  bildeten  unsere  Nahrung ; 
endlich  wurde  der  Hunger  so  schlimm,  dass  wir  umkehren  mussten.  Wenn- 
gleich das  Land  in  unserem  Rücken  wie  abgeschoren  war,  schien  es  uns 
besser  zu  sein,  da  Nachlese  zu  halten,  als  in  so  schwerer  Regenzeit  durch 
die  vor  uns  liegenden  Einöden  weiter  zu  gehen." 

Auf  einer  dicht  beim  Gebirge  belegenen  Fährte  gelangte  Feder- 
m  a  n  n  alsdann  selbst  in  das  Land  der  Guaypier,  wo  wider  Erwarten  Pro- 
viant sich  zeigte,  obwohl  dort  das  Winterlager  der  vorangehenden 
Weiserischen  gewesen  war  und  einige  Ortschaften  sich  verhauset  oder 
unstätes  Herumziehen  begonnen  hatten.  Hier,  etwa  300  Leguas  von  Coro 
entfernt,  nicht  weit  von  dem  Orte,  an  dem  Hohermuth  Maria  Lichtmess 
1537  gefeiert  hatte,  an  einer  Stelle  der  Maruachare-Gegend ,  welche  man 
die  Schmiede  nannte,  erfuhr  jetzt  Federmann,  dass  Hohermuth  be- 
reits vor  mehr  als  Jahresfrist  den  Heimweg  angetreten  habe;  ausserdem 
erhielt  er  dort,  wie  jener,  obgleich  er  nicht  so  gute  Indianerführer  und 
Dolmetscher  hatte,  ebenfalls  die  Kunde,  dass  zur  Rechten  jenseits  der 
Berge  ein  reiches  Land  sich  finde,  und  sah  auch  von  dort  stammende 
Goldsachen  feinen  Gehalts.  Es  begannen  hier  verschiedene  kleine  Kund- 
schafterzüge: einer  führte  in  ein  Gebiet,  das  von  Operiguern  bewohnt 
wurde,  ein  anderer  reichte  bis  an  das  Ufer  des  Ariari,  wo  sich  eine  Ort- 
schaft Miregua  fand;  weiter  nach  Norden  ging  Limpias  zuletzt  am 
Tegua -Flusse  entlang.  Endlich  ward  beschlossen,  dass  die  ganze  Expedition 
ins  Gebirge  eintreten  sollte.  Sie  zog  nun  22  Tage  lang  inmitten  von  Ur- 
walddickicht und  Bergwüstenei  umher.  Auf  alle  erdenkliche  Weise  bahnten 
sich  die  Weiserischen  ihren  Weg,  namentlich  einmal  auch  durch  Feuer, 
dessen   unbändiger  Brand  Tross    und  Truppe    zu    vernichten  drohte,    und 


120  Geschichte  der  Welser-Züge  in  Amerika. 

durch  Gegenfeuer,  die  man  klug  ersann,  bekämpft  werden  musste.  Auf 
den  kalten  Hochsteppen,  die  glücklicher  Weise  eine  zahlreiche,  gute  Nahrung 
bietende  Kaninchenart  beherbergten,  erfroren  sechzehn  Pferde.  Es  war 
ein  furchtbarer  Marsch,  der  aber  am  dreiundzwanzigsten  Tage  in  ein 
wohl  bevölkertes,  ja  theilweise  bebautes  Thal  führte,  das  von  Fosca.  Von 
den  Eingeborenen,  die  Kleidung  trugen  und  auch  in  ihren  Ortschaften 
mehr  Gesittung  zeigten,  als  die  Wilden  des  heissen  Tieflandes  oder  des 
rauhen  Gebirges,  erfuhr  man  zum  grössten  Bedauern ,  ja  zum  Entsetzen, 
dass  andere  Europäer  in  der  Nähe  wären :  gefährliche  Nebenbuhler.  Beim 
Weiterzug  zeigte  sich  in  einer  Pasqua  geheissenen  Ortschaft  einer  der 
fremden  Christen,  der  über  alle  Vorgänge  genau  unterrichtet  war,  ein  in 
Santa  Marta  ansässig  gewesener  Hauptmann,  welcher  kürzlich  wegen  Unter- 
schlagung von  Beutetheilen  zum  Tode  verurtheilt  war ,  aber  Berufung  an 
die  Krone  eingelegt  hatte,  bis  zu  deren  Entscheidung  er  in  jenem  Orte 
unter  den  Wilden  verweilen  sollte. 

Dieser  Ldzaro  Fönte  erzählte  Federmann  und  Limpias 
von  ganz  ausserordentlichen  Erfolgen.  Vor  etwa  drei  Jahren  hatte  in 
Santa  Marta  der  schon  bekannt  gewordene  Lugo  aus  Anlass  der  stark 
aufgebauschten  Angaben,  welche  über  die  grosse  Dal  fing  er 'sehe  Fahrt 
in  seiner  Landeshauptmannschaft  verbreitet  waren,  eine  siebenhundert 
Köpfe  zählende  Expedition  zu  Schiff  und  zu  Land  den  grossen  Strom, 
Dalfinger's  Yuma-Fluss,  hinauf  gesendet,  Anfang  April  1536,  als 
Hohermuth  vom  Thia-Flusse  nach  dem  Opio-Strom  unterwegs  war  und 
Federmann  am  Segel- Vorgebirge  die  Perlenfischerei  einrichtete,  hatte 
Gonzdlo  Jim^nez  de  Quesada  in  Lugo 's  Auftrag  mit  dieser 
Expedition  Santa  Marta  verlassen.  Limpias  erkannte  aus  der  Erzählung 
sehr  wohl,  dass  der  Landzug  zunächst  genau  denselben  Weg  eingeschlagen 
habe,  wie  vor  Jahren  Dalfinger,  dem  er  damals  unter  Esteban 
Martin 's  umsichtiger  Führung  gefolgt  war.  Darauf  war  Jimönez  von 
Zonzilloa  aus  unter  grossem  Verlust  an  Menschen  stromaufwärts  gezogen 
und  dabei  viel  weiter  gekommen  als  Dalfinger,  nämlich  bis  zu  einem 
Uferplatz  Tora.  Wegen  des  Auffindens  von  Salz,  das  auch  für  Dalfinger 
80  viel  versprechend  gewesen,  war  er  sodann  ins  wilde  Opon-Gcbirge  ge- 
drungen. Juan  de  Rivera  und  die  mit  ihm  zu  Federmann  über- 
getretenen Santa  Martaer  konnten  wohl  sich  glücklich  preisen,  diese  von 
ganz  unerhörten  Opfern  begleitete  Fahrt  nicht  mitgemacht  zu  haben,  denn 
gegen  diese  fielen  die  Beschwerden  ihres  Marsches  gar  nicht  ins  Gewicht ; 
als  Fönte  verbannt  wurde,  lebten  von  den  siebenhundert  Mann,  die  mit 
achtzig  Pferden    ausgezogen    waren,    nur    noch    166,    nämlich    62   Reiter, 


Federmann's  Zusammentreffen  mit  Jimenez  de  Quesada  und  Benalcazar.     121 

12  Büchsen-  und  15  Armbrust-Schützen,  sowie  77  Rodelliere.  Diese  hielten 
nun  schon  seit  einiger  Zeit  das  ganze  wohlbevölkerte  und  gutbebaute 
Land,  das  Feder  mann  vor  Augen  lag,  in  ungestörtem  Besitze ;  das  Thal 
der  Burgfesten  wurde  es  der  vielen  kleinen,  gutgearbeiteten  Anbaue  der 
Eingeborenen  wegen  genannt. 

Fönte  hatte  sofort  durch  einen  auf  Baumrinde  geschriebenen  Brief 
das  bedrohliche  Erscheinen  von  Nebenbuhlern  gemeldet,  und  unverzüglich 
schickte  J  i  m  ö  n  e  z ,  verwundert ,  dass  durch  die  von  ihm  mehrfach 
erfolglos  erstrebten  grossen  Grassteppen  Europäer  hätten  hindurchdringen 
können,  Boten,  um  Herkunft  und  Anzahl  der  Eindringlinge  zu  erforschen. 
Die  Boten  trafen  nur  die  Vorhut  unter  Limpias,  die  sehr  vorsichtig 
war,  da  die  von  Santa  Marta  und  die  von  Venezuela,  wie  Fed ermann 
sich  ausdrückte,  „einander  für  verdächtige  Nachbarn  hielten".  Sie  wurden 
daher  auch  nicht  ins  Lager  gelassen.  Um  so  mehr  fühlte  Jimenez 
dringendes  Bedürfniss,  mit  Federmann  schleunigst  sich  zu  verständigen ; 
er  hatte  nämlich  kürzlich  aus  dem  Tief  lande  des  Magdalena- Stromes  eine 
andere,  ähnlich  überraschende  Nachricht  empfangen.  Von  dem  gold- 
liefernden Orte  Neiva,  bis  zu  dem  er  selber  vor  einiger  Zeit  unter  grossen 
Anstrengungen  durch  das  Gebiet  der  wilden  Pancher  durchgedrungen  war, 
war  das  Erscheinen  anderer,  angeblich  aus  Peru  gekommener  Christen 
gemeldet;  diese  seien  schon  mehrere  Jahre  unter  einem  der  Pizarro 'sehen 
Hauptleute,  Sebastian  de  Benalcazar,  auf  der  Fahrt,  aber  noch  gut 
in  Wehr  und  Waffen,  namentlich  noch  mit  Pulver  versehen.  Der  Nach- 
richt folgte  Benalcazar  auf  dem  Fusse  und  stand,  als  die  Verhandlungen 
mit  Federmann  begannen,  schon  ganz  in  der  Nähe.  Desshalb  schickte 
Jimenez  diesem  sofort  eine  Gesandtschaft,  welche  von  elf  Reitern  be- 
gleitet wurde  und  aus  angesehenen  Officieren  seines  Lagers  bestand,  aus 
Diego  de  Par^des-Calderon,  GonzdloSudrez  de  Rondon,  Pedro 
Fernandez  de  Valenzuela  und  namentlich  Juan  de  Junco,  der 
ehedem  Begleiter  von  Sebastian  Gabotto  gewesen  war  und  Leute  aus 
Venezuela  persönlich  kannte.  Auch  diese  Gesandten  wurden  nicht  zu- 
gelassen; denn  Federmann  war  ebenso  misstrauisch,  wie  Limpias, 
besonders  auch  weil  unter  seinen  Leuten  Viele  waren,  die  nicht  eigentlich 
zu  den  Weiserischen,  sondern  zu  denen  von  Santa  Marta  oder  von  Mara- 
capana  gehörten.  Er  schickte  aber  in  Begleitung  von  P arides  einen 
seiner  Hauptleute,  Fernando  Montero,  an  Jimenez  ab;  Montero 
empfing  wollene  Kleidungsstücke,  während  die  Federmann'schen  Leute 
sonst  fast  allgemein  ihre  Blossen  mit  Fellen  und  Häuten  kaum  bedecken 
konnten ;  ausserdem  erhielt  er  für  den  Feldhauptmann  selbst  als  Gastgeschenk 


122  Geschichte  der  Weiser-Züge  in  Amerika. 

einen  goldenen  Nasenring  der  Wilden.  Endlich  wurde  durch  Montero 
eine  persönliche  Unterredung  der  beiden  Führer  vereinbart,  die  etwa  eine 
Legua  vor  Federmann 's  Vorhut  stattfinden  sollte.  Sie  geschah,  wie 
verabredet.  Federmann  erzählte  später,  dass  viel  gesprochen  sei  über 
die  Hechte  derer,  die  thatsächlich  in  einer  fremden  Landeshauptmannschaft 
sich  befänden,  über  Grenzen  der  in  Europa  vergebenen  Lehen  und  über 
die  Befugnisse  von  Vertretern  der  königlichen  Gubernatoren.  Es  wurde 
jedoch  eine  Einigung  nicht  erreicht,  so  dass  Jimönez  sich  zur  Gewalt 
bereit  machte. 

Kampf  konnte  und  wollte  der  Vertreter  der  Welser  jedoch  nicht 
aufnehmen.  Er  sah,  dass  das  Volk  seines  Gegners  wohl  ausgerüstet  war, 
und  über  die  Mittel  eines  der  besten  Länder  von  Indien,  das  gepriesene 
Peru  eingeschlossen,  verfüge.  So  kam  es  endlich,  vorzüglich  auch  durch 
den  Einfluss  von  Suärez,  dahin,  dass  Federmann  mit  Beistimmung 
seiner  Gefährten  zum  Besten  des  Dienstes  Gottes  und  der  Krone  für  das 
Nachgeben  sich  entschied.  Es  ward  also  eine  Verständigung  herbeigeführt, 
nach  der  zunächst  die  Streitfrage,  zu  welcher  Gubernation  das  Land,  in 
dem  man  sich  befinde,  gehören  möge,  ob  zu  Santa  Marta  oder  zu  Vene- 
zuela, dem  Spruche  der  Krone  vorbehalten  bleibe:  einem  Urtheile,  das 
von  Jimönez  und  Federmann  persönlich  in  Europa  einzuholen  sei. 
Letzterer  willigte  ferner  ein,  dass  diejenigen  seiner  Leute,  welche  ihn 
nicht  zurück  zu  begleiten  hatten,  einem  von  Jimenez  zu  ernennenden 
zeitweiligen  Oberbefehlshaber  huldigten,  was  natürlich  dessen  Bruder 
Fernando  Pörez  de  Qu  es  ad  a  werden  sollte;  von  diesem  waren  die 
Fe  der  mann 'sehen  Leute  ebenso  gut  behandelt  worden,  wie  die  Santa 
Martaer,  namentlich  auch  bei  den  Lehnsvertheilungen  von  Land  und 
Leuten;  endlich  bedang  sich  Federmann  das  Recht  aus,  Pferde  und 
Waffen,  soweit  sie  ihm  selber  oder  seinen  Herren  Wels  er  gehörten,  zum 
Verkauf  zu  bringen,  sowie  eine  Geldentschädigung  von  4000  Goldpesos. 
Benalcdzar  hatte  diese  Verständigung  zuerst  zu  verhindern,  dann 
wieder  aufzuheben  versucht,  ja  als  Federmann  bereits  seine  Leute  mit 
denen  von  Jimönez  vereinigt  hatte,  sandte  er  im  Geheimen  Juan  de 
Cabrera  als  Botschafter,  um  eine  neue  Berufung  des  Federmann  'sehen 
Volkes  oder  doch  des  Kriegsrathes  zu  veranlassen,  weil  ein  gemeinsamer 
Angriff  gegen  die  Männer  von  Santa  Marta  Sieg  zu  versprechen  schien. 
Federmann  lehnte  solch  Ansinnen  ab.  Endlich  schloss  sich  Benalcäzar 
daher  der  Verständigung  an,  nachdem  vereinbart  war,  dass  die  Hälfte 
seines  Volkes  ungestört  zum  Gebiete  von  Neiva  zurückkehren  dürfe, 
während  die  andere  Hälfte,  gleichberechtigt  mit  den  Uebrigen,  da  verbleiben 


Gründung  von  Santa  Fe  de  Bogota.  123 

könne,  wo  sie  sei;  ausserdem  verlangte  er  ebenso,  wie  Jimenez  und 
Federmann,  seine  Ansprüche  persönlich  bei  der  Krone  vertheidigen  zu 
können,  und  entschloss  sich  zur  Mitreise  nach  Europa. 

Gleich  nach  dieser  Verständigung  erfolgte  im  Thal  der  Burgfesten 
die  förmliche  Einrichtung  einer  Stadt  an  dem  Orte,  der  angeblich  nach 
einem  grossen  Häuptlinge  Bogota  genannt  wurde;  der  christliche  Name 
Santa  Fe  erschien  für  diese  Neugründung  besonders  geeignet,  da  der  Geburts- 
ort von  Jimenez  so  hiess. 

Möglichst  bald  sollte  die  Abreise  nun  erfolgen,  doch  verzögerte  sie 
sich  um  Monate.  Die  erste  Idee,  für  diese  Reise  in  jenem  wilden  Tora 
Schiffe  bauen  zu  lassen,  war  zwar  aufgegeben,  aber  für  diesen  Zweck  war 
nun  der  nächst  erreichbare  bekannte  Küstenplatz  jenes  Magdalena-Stromes, 
das  im  Lande  der  Pancher  belegene  Guataqui,  ausersehen.  Während  hier 
die  beiden  zur  Rückfahrt  erforderlichen  Fahrzeuge  hergestellt  wurden,  ver- 
blieben die  drei  Führer  in  dem  kleinen,  Santa  Fe  getauften  Orte,  für  den 
alsbald  eine  Stadtobrigkeit  aus  den  Santa  Martaern,  zum  Stadtpfarrer 
jedoch  der  Weiserische  Kaplan  Juan  Verdejo  ernannt  wurde. 

Auf  die  Vollendung  dieser  Schiffe  wartend,  erfuhr  Federmann 
Genaues  über  die  Erfolge,  welche  sowohl  Jimenez,  als  auch  Benalcazar 
gehabt  hatten.  Von  Jimenez  war  keineswegs  allein  das  Land,  in  dem 
jene  Ortschaft  angelegt  war,  erobert:  das  Land  des  genannten  unglücklichen 
Häuptlings  Bogota,  welcher  in  der  Wildniss  seinen  bei  einem  Ueberfall 
erlittenen  Wunden  erlegen  und  welchem  auch  sein  Nachfolger  im  Kerker  der 
Europäer  in  Folge  der  Tortur  bereits  in  den  Tod  gefolgt  war;  er  hatte  auch 
andere  Kriegszüge  von  nicht  geringer  Bedeutung  ausgeführt  oder  ausführen 
lassen.  Zunächst  die  nach  jenem  Neiva ;  im  Lande  des  Bogota,  hatte  nament- 
lich der  Häuptling  von  Pasca  ihm  erzählt,  dass  dort  Gold  gegen  Salz  aus- 
getauscht werde,  und  dass  das  Gold  sich  dort  unter  der  Erde  finde ;  durch 
kaltes,  wildes  Gebirge  war  Jimenez  daher  dahingegangen  und  hatte  bald 
erkannt,  dass  das  heisse  Flussthal,  das  er  fand,  von  demselben  Strom 
durchzogen  werde,  der  bei  Santa  Marta  in  das  Meer  sich  ergiesse ;  zugleich 
hatte  er  im  Lande  der  Pancher  erfahren ,  dass  das  Gebiet  des  schnee- 
bedeckten Hochgebirges  an  Gold  sehr  reich  sei.  Mehr  noch  interessirten 
jedoch  die  Versuche,  in  die  Llanos  vorzudringen.  Zweimal  hatte  J  i  m  e  n  e  z 
seinen  Hauptmann  Juan  de  Sanmartin  dahin  abgeschickt,  zuerst  von 
einem  Orte  Somondoco,  dann  von  einem  anderen,  von  Duitama  aus  — 
aber  beide  Male  hatte  das  Hochgebirge  ein  Durchdringen  unmöglich 
gemacht.  Eine  andere  Nachricht  hatte  gesagt,  dahin  führe  der  Weg  durch 
das  Gebiet  Menza,    in   welchem  nicht  bloss  gekleidete  Menschen   in  Stein- 


124  Geschichte  der  Welser-ZUge  in  Amerika. 

häusern  wohnten,  sondern  auch  ein  Haus  der  Sonne  sich  finde.  Auch  hier 
war  der  Versuch  erfolglos  geblieben;  allein  es  war  doch  etwas  entdeckt 
worden,  was  an  solchen  Tempel  erinnerte.  Ausser  dem  nach  dem  Bogota- 
Häuptlinge  genannten  Lande  war  auch  ein  Nachbarland  erobert,  das  man 
nach  dem  Häuptling  Tunja  nannte.  Jimöncz  hatte  diesen  überrascht 
und  gefangen  genommen  und  dabei  nicht  weniger  als  140000  Pesos  reinen 
und  30  000  Pesos  geringeren  Goldes  erbeutet ;  das  übrige  sei  versteckt 
gewesen.  Das  Gold  erhalte  der  Tunja  von  den  Amazonen;  nach  diesen 
hatte  Jimönez  seinen  Bruder  entsandt,  doch  hatte  dieser  auf  einem 
60tägigen  Zuge  wohl  grössere  Ortschaften,  aber  kein  Gold,  keine  Ama- 
zonen oder  gar  ihre  Königin  Jararita  gefunden,  wie  denn  auch  ein 
zweiter  Versuch,  jenes  Weibervolk,  dessen  Bereich  bis  an  den  Magdalena 
hinabgehen  sollte,  zu  treffen,  erfolglos  geblieben  war.  Reiches  Gold  war 
aber  auch  noch  bei  einem  anderen  Häuptlinge  jenes  Landes  erbeutet,  der 
Sogamoso  hiess;  dort  hatte  nach  Federmann 's  Ansicht  das  Haus  des 
Meta  gestanden,  das  die  Weiserischen  früher  gesucht  hatten:  jetzt  war 
die  Stätte  leer. 

Das  Gesammtergebniss  der  Goldbeute,  die  man  Tunj  a  und  Sogamoso 
verdankte,  hatte  191294  Pesos  feinen,  37  288  Pesos  geringeren  und 
18  290  Pesos  bereits  verarbeiteten  Goldes  betragen.  Dazu  waren  aber 
noch  1815  Smaragden  gekommen,  jene  lang  ersehnten  grünen  Steine.  Ja, 
sogar  die  Stätte  der  Smaragdwäschereien,  Somondoco,  war  entdeckt 
worden;  Pedro  de  Valenzuela  und  Jimönez  hatten  mit  eigenen 
Augen  gesehen ,  wie  dort  mittelst  Wasserleitungen  der  gepriesene  Edelstein 
aus  dem  Felsen  losgeschwemmt  wurde ;  noch  immer  kamen  frischgewonnene, 
in  Erz  und  Kristall  eingeklemmte  Smaragden  nach  Santa-F^. 

Die  Abwägung  und  Abzahlung  dieser  Beute,  von  welcher  der  Fünfte 
der  Krone  gebührte,  war,  nachdem  die  Verlehnung  von  Land  und  Leuten 
vorgenommen  war,  das  letzte  Geschäft,  das  hier  noch  erledigt  werden 
musste.  Sobald  die  beiden  Bergantinen  fertig  waren,  konnte  dann  Neu- 
Granada  —  so  hatte  Jimönez  alles  Land  genannt,  welches  er  nach  dem 
üebergange  über  das  Opon-Gebirge  berührt  hatte  —  verlassen  werden. 

Am  12.  Mai  1539  erfolgte  in  Guataqui  die  Einschiffung;  Feder- 
mann wurde  von  Limpias  begleitet,  im  Ganzen  reisten  etwa  35  Personen 
ab.  Man  war  kaum  30  Leguas  gefahren,  als  gefahrvolle  Stromschnellen 
sich  zeigten,  wo  die  Schiffe  durch  laut  brausendes,  Strudel  und  Stürze 
bildendes  Wasser,  durch  bald  platt  liegendes,  bald  scharf  emporragendes 
Gestein  bedroht  wurden.  Als  man  glücklich  dieses  Hinderniss  überwunden 
hatte,  ging  die  Thalfahrt  ohne  Schwierigkeiten    und    Gefährdungen    zwölf 


Rückkehr  nach  Cartagena.        -  125 

Tage  lang  voran.  In  der  Mündung  des  Stromes  fuhr  man  aber  nicht  nach 
Osten,  sondern,  angeblich  des  bösen  Wetters  wegen,  nach  Westen,  so  dass 
die  Schiffe  nicht  in  Santa  Marta,  sondern  in  Cartagena  verlassen  wurden, 
wo  der  erste  Landeshauptmann,  Pedro  de  Heredia,  und  sein  Bruder 
Alonso  von  einem  Abgesandten  der  Santo  Domingoer  Regierung,  Juan 
de  Vadillo,  in  Gefangenschaft  gesetzt  worden  waren.  Letzterer  hatte 
nun  schon  vor  etwa  anderthalb  Jahren  den  Ort  verlassen  und  nach  San 
Sebastian  de  Urabd  sich  begeben,  um  von  dort  im  Flussgebiet  des  Atrato 
vorzudringen.  Statt  seiner  war  in  Cartagena  Francisco  de  Santacruz 
als  Landpfleger-  dieser  beschloss  gerade  jetzt,  die  beiden  Heredia  nach 
Spanien  zu  senden,  und  rüstete  auch  seinerseits  für  eine  Expedition  in  das 
Innere.  Er  empfing  die  Männer,  welche  so  seltsame  Kunde  aus  den 
Bergen  brachten,  nicht  ohne  Neid. 

Keiner  der  drei  Conquistadoren  erfüllte  die  nächstliegende  Pflicht, 
die  der  Berichterstattung  und  Rechenschaftsablegung ;  weder  Jimönez 
ging  nach  Santa  Marta,  wo  übrigens  L  u  g  o  kürzlich  verstorben  war,  noch 
Federmann  nach  Coro,  von  wo  aus  Dechant  Robled o  Hohermuth 's 
Rückkehr  gemeldet  hatte,  noch  auch  Benalcdzar  nach  dem  fernen  Peru, 
über  dessen  blutigen  Bürgerkrieg  böse  Gerüchte  umgingen.  Dieses  Ver- 
halten ward  von  der  Regierung  auf  Hispaniola  sehr  scharf  beurtheilt; 
es  rief  sogar  Entrüstung  hervor  und  wurde  bald  zur  Ursache  grosser 
Schädigungen.  Am  8.  Juni  1539  nahmen  die  Drei  ein  Schiß"  und  fuhren 
nach  Jamaica.  Von  hier  aus  sandte  übrigens  Feder  mann  am  1.  August 
1539  Limpias  nach  Santo  Domingo  mit  einem  Berichte  an  die  Regierung, 
mit  Smaragden  und  2000  Dukaten  Gold  für  die  Faktorei,  sowie  mit 
1344  Pesos  19karätigen  Goldes,  und  mit  einem  Smaragden  für  seinen 
Freund  Francisco  Davila,  der  ihm  Vorschüsse  gemacht  hatte. 
Oviedo,  der  Schlosshauptmann  von  Santo  Domingo,  sah  damals  Gold 
und  Edelsteine  aus  dem  jüngst  entdeckten  Neu-Granada;  jenes  sei  dünnes 
Goldblech  gewesen  und  scheine  die  inneren  Wände  eines  Tempels  oder 
Palastes  bekleidet  zu  haben;  denn  es  heisse,  dass  dort  die  Eingeborenen 
solche  Wände  vergoldeten,  wie  sie  in  Spanien  mit  Kreide  und  in  Santo 
Domingo  mit  Kalk  bekleidet  würden.  Die  den  peruanischen  nicht  gleich- 
werthigen  Smaragden  gehörten  nach  Oviedo  nicht  zur  eigentlichen  Beute, 
da  sie  in  einem  Gebirge  gewonnen  seien,  wo  die  Christen  viele  von  ihnen 
hätten  herausbrechen  und  herauswaschen  lassen.  Feder  mann  schrieb 
damals  Davila,  dass  zweifelsohne  das  Thal  der  Burgfesten  zum  Lande 
der  Wels  er  gehöre;  was  das  Besitzrecht  der  Santa  Martaer  anbelange,  so 
hätten  diese  weder  den  grösseren,  noch  den  besseren  Theil  des  Landes  in 


126  Geschichte  der  Welser-Züge  in  Amerika. 

Besitz  genommen ;  auch  dürfe  das  in  Besitz  Genommene  denen  von  Vene- 
zuela nicht  vorenthalten  werden,  weil  diese  schon  auf  ihrem  Auszuge  ge- 
wesen seien,  als  die  Besitzergreifung  durch  die  Santa  Martaer  stattgefunden 
habe.  Der  Zugang  zu  dem  Lande  sei  auch  von  Venezuela  aus  der  beste, 
freilich  nicht  auf  dem  Wege,  den  er  selber  eingeschlagen  habe,  wohl  aber 
auf  einem  anderen,  der  hundert  Leguas  näher  nach  den  venezuela- 
nischen Gewässern  hin  liege,  und  der  ihm  angezeigt  sei.  Er  nahm  keinen 
Anstand,  Dalfinger  undHohermuth  zu  beschuldigen,  dass  sie  längst 
dieses  Land  hätten  in  Besitz  nehmen  können,  jener  vor  acht,  dieser  vor 
drei  Jahren.  Nun  habe  erLimpias  mit  jenen  Dukaten  gesandt,  weil  er 
die  königlichen  Beamten  in  Santana  de  Coro  furchte,  und  bitte  Davila, 
ihn  in  seinen  Plänen  durch  Briefe  zu  unterstützen;  damit  er  ihn  nicht 
vergesse,  schicke  er  den  Smaragden  mit;  er  selber  werde  über  seine  Zu- 
kunft erst  beschliessen,  wenn  die  Bestimmung  hinsichtlich  der  Landes- 
hauptmannschaft feststehe;  denn  er  wolle  nicht  noch  einmal  erleben,  was 
ihm  früher  widerfahren  sei;  wenn  man  nicht  handeln  wolle,  wie  vernünftig, 
werde  er  sich  zufrieden  geben  und  mit  20000  Dukaten  in  seinem  Vater- 
lande oder  in  Spanien  so  gemüthlich  leben,  wie  auf  Hispaniola  mit  100000, 
ohne  sich  um  das  verlorene  Venezuela,  dessen  Rettung  in  seiner  Hand 
liege,  noch  weiter  zu  quälen.  Er  wisse  aber  von  dem  Lande  noch  mehr, 
als  er  jetzt  sage;  das  werde  er  aber  erst  mittheilen,  wenn  er  aus  Europa 
als  Landeshauptmann  der  Wels  er  zurückkehre. 

Schon  bald  darauf  schiffte  sich  Feder  mann  selbst,  noch  vor  Kurzem 
inmitten  weitausschauender  Pläne  und  voll  berechnender  Hoffnungen,  nach 
Europa  ein,  ohne  mit  seinen  alten  Freunden  in  Venezuela  sich  ver- 
ständigt zu  haben.  Er  fuhr  nicht  nach  Spanien,  obwohl  dort  nach  der 
Vereinbarung  mit  Jimönez  und  BenalcAzar  das  Urtheil  der  Krone 
über  die  Zugehörigkeit  Neu-Granada's  persönlich  einzuholen  war,  obwohl 
Sevilla  der  eigentliche  europäische  Ausgangspunkt  für  die  Weiserischen 
Unternehmungen  war;  er  ging  auch  nicht  nach  Augsburg,  dem  Wohnsitze 
seiner  Herren,  noch  nach  Ulm,  seiner  Vaterstadt:  er  wandte  sich  viel- 
mehr nach  Flandern  und  suchte  zunächst  Antwerpen  auf  Dadurch  wurde 
das  Missfallen,  das  er  durch  sein  eigenmächtiges  und  kostspieliges  Vor- 
gehen bei  den  Welsern  erregt  hatte,  nur  noch  gesteigert;  in  energischer 
Weise  wurde  er  von  Augsburg  her  zur  Rechenschaft  gezogen,  und  gegen 
ihn  gar  eine  Untersuchung  wegen  Unterschlagung  eingeleitet;  doch  ehe 
noch  eine  Auseinandersetzung  mit  seinen  Herren  zu  Stande  gekommen  war, 
verstarb  er  in  Gent.  Sein  Tod  begrub  die  beste  Kunde  von  dem  wunder- 
reichen Binnenlande,  das  jetzt  Neu-Granada  genannt  wurde. 


Hohermuth's  Ankunft  in  Coro.  127 


XI. 

Als  Pedro  deLimpias  auf  Hispaniola  die  Aufträge  des  bereits 
nach  Europa  abgefahrenen  Federmann  ausrichtete,  betrieb  dort  Georg 
Hohermuth,  den  man  so  lange  Zeit  für  todt  gehalten  hatte,  eine  neue 
Expedition-  er  that  das  ohne  Zustimmung  seiner  Augsburger  Herren  und 
ihrer  Santo  Domingoer  Faktorei,  aber  auch  nicht  immer  für  eigenes  Geld, 
sondern  meist  aus  Mitteln,  welche  andere  ihm  vorgeschossen  hatten;  auch 
das  erste  Ergebniss  der  C ha ves 'sehen  Perlenfischerei  am  Segel- Vorgebirge 
verwandte  er  hierfür. 

Hoher muth  war  am  27.  Mai  1538,  also  etwa  zur  Zeit,  da  Feder- 
m an  n  seinen  Zug  über  die  Hochsteppe  vollendet  hatte,  mit  110  Mann  und 
24  Pferden  in  Santana  de  Coro  eingetroffen,  nachdem  er  noch  gegen  Schluss 
seiner  grossen  Reise  in  der  sonst  ruhigen  Bariquicimeto-Gegend  schlimm 
durch  die  Jiraharaer  mitgenommen  M^ar;  diese  hatten  seine  Schwäche  er- 
kannt und  ihn  mit  ganzer  Wucht  angegriffen,  insbesondere  hätten  sie  auch 
sicherlich  den  erkrankten  Diego  deMontes  gefangen  genommen,  wenn 
ihm  nicht  der  Zaquitier- Häuptling  Catalmyare,  der  bereits  europäische 
Waffen  trug,  zu  Hülfe  gekommen  wäre. 

Die  damals  endende,  gerade  dreijährige  Fahrt  der  Weiserischen  hatte 
nur  5518  Goldpesos  und  4783  gewöhnliche  Pesos  eingebracht,  nach  Abzug 
der  Schmelzgebühren  und  des  Königsfünften  nur  1262  Pesos  für  die  Leute. 
Diese  Summe  war  nebst  1700  Pesos,  die  dem  Landeshauptmann  gehörten, 
nach  Santo  Domingo  gesandt  worden,  um  das  Nothdürftigste  zu  beschaffen ; 
denn  in  Coro,  wo  sich  alsbald  als  neuer  Weiserischer  Faktor  Melchior 
G rubel  einfand,  sah  es  immer  noch  gar  traurig  aus.  „Wir  vermeinten 
hier  nach  unserer  langen,  arbeitsamen  Reise  wieder  auszuruhen  und  uns 
stärken  zu  können,"  schreibt  Hütten,  „fanden  aber  das  ganze  Land  ver- 
derbt, so  dass  wir  hier  in  gleicher  Mühe  und  Noth,  wie  auf  dem  Zuge, 
lebten,"  Man  war  auf  Unterstützungen  von  Santo  Domingo  her  geradezu 
angewiesen;  so  wartete  man  Oktober  1538  in  Coro  auf  ein  Schiff,  das 
mit  Proviant  und  Kleidung  von  dort  kommen  sollte,  und  noch  später  hoffte 
man  auf  ein  anderes,  das  Ende  Januar  eintreffen  und  Pferde  sowie  sonstige 
Hülfsmittel  bringen  sollte.  Der  Aermlichkeit  der  wirthschaftlichen  Ver- 
hältnisse entsprach  die  Zerrissenheit  der  politischen,  wenn  von  solchen  in 
der  kleinen  Stadt  überhaupt  die  Rede  sein  konnte.  Navarro  hatte  die 
wenigen  Leute,  die  von  Feder  mann  nicht  mitgenommen  waren,  in  Coro 
und   seiner   nächsten  Umgebung  keineswegs   zusammengehalten;  vielmehr 


128  Geschichte  der  Welser-ZUge  in  Amerika. 

war  dort  der  unruhige  Sinn  noch  mehr  gewachsen,  zumal  aus  Maracapana 
zersprengte  Reste  eines  Entdeckerzuges  herbeigeströmt  waren.  Der  Auf- 
trag, der  Navarro  in  die  Kolonie  geführt  hatte,  war  fast  völlig  in  Ver- 
gessenheit gerathen,  und  das  begonnene  Untersuchungsverfahren  ganz 
erfolglos  verlaufen,  da  die  Leute  fast  einmüthig  auf  der  Seite  von  Hoher- 
muth  standen.  Dem  Feinde  des  Letzteren,  Francisco  de  Velasco, 
war  daher  nichts  anderes  damals  übrig  geblieben,  als  mit  den  etwa  dreissig 
Unzufriedenen  —  darunter  Pancorvo,  Castrillo,  Bustamente, 
Sancho  de  Villanueva  —  von  dannen  zu  ziehen.  Von  der 
Insel  Cubagua  nahmen  sie  eine  Schiffsgelegenheit  nach  Cartagena.  wo 
der  Abgang  einer  neuen,  Juan  de  Vadillo  folgenden  Expedition  er- 
wartet wurde;  dann  rückten  sie  in  Maracapana  ein,  fanden  aber  bei  den 
wenigen  dortigen  Christen,  zu  denen  auch  JuandeCastellanos  gehörte, 
keine  Hülfe;  ja  ihr  Zug  missglückte  so  vollständig,  dass  an  Rückkehr 
nach  Coro  gedacht  werden  musste;  nur  wenige  Ueberlebende  kamen  dort 
an,  obwohl  Navarro  am  15.  August  1538  den  Abtrünnigen  gefolgt  war, 
wie  er  sagte,  um  sie  zurückzuführen.  Als  er  somit  unverrichteter  Sache 
wieder  heimkam,  fand  er  einen  königlichen  Erlass  vor,  welcher  nicht  bloss 
ihn  nach  Hispaniola  zurückrief,  sondern  auch  die  gegen  den  Landeshaupt- 
mann gerichtete  Untersuchung  aufhob,  und  für  den  Fall,  dass  Letzterer 
noch  nicht  wieder  eingetroffen  sein  sollte,  den  Bischof  Bastidas  aufs 
Neue  zum  Landpfleger  ernannte.  Dieser  immer  zur  Stellvertretung  bereite 
geistliche  Herr  war  bei  Navarro 's  Rückkehr  schon  in  Coro  anwesend, 
und  verständigte  sich  leicht  mit  dem  in  alle  Ehren  wieder  eingesetzten  Wei- 
serischen Gubernator,   dessen  Kraft  und  Muth  keineswegs  gebrochen  waren. 

Der  S  p  e  i  r  e  r  übersandte  am  9.  Oktober  1 538  Berichte  an  die  Krone, 
an  die  Regierung  von  Santo  Domingo,  an  seine  Herren  Welser;  elf  Tage 
später  schrieb  sein  Vertrauensmann,  Philipp  von  Hütten:  „Es  ist 
Wunder,  was  man  täglich  für  neue  Länder  entdeckt.  Wir  haben  jetzt  auf 
diesem  Zuge  kaiserlicher  Majestät  fünfhundert  Meilen  Land  gewonnen  und 
aufgefunden,  und  ich  hoffe,  obwohl  wir  zu  der  besten  Zeit  wieder  um- 
wenden mussten,  dass  unser  Land,  noch  ehe  drei  Jahre  vergehen,  das 
reichste  sein  soll,  das  man  an  diesen  Orten  gefunden  hat.  Der  Guber- 
nator rüstet  sich  bereits  wieder,  einen  Zug  zu  thun." 

Es  ging  nicht  so  rasch.  Um  das  armselige  Coro  möglichst  zu  ent- 
lasten, schickte  Hohermuth  Mitte  1539  zunächst  Hütten  mit  einer 
grösseren  Zahl  von  Ansiedlern  nach  Bariquicimeto ,  wo  eine  dauernde 
Niederlassung  hergestellt  werden  sollte.  Dort  traf  man  im  August  wieder 
auf  Europäer   aus    dem   Nachbarlande  Maracapana;    diese    sollten    früher 


Hohermutli's  Rüstung  zu  einer  neuen  Fahrt.  129 

„gegen  den  Meta-Fluss  zu  und  nach  dem  Hause  der  Sonne  gezogen  sein, 
worüber  jetzt  Feder  mann  und  die  von  Santa  Marta  genaue  Nachricht 
haben";  ihr  Feldhauptmann  Antonio  Sedeno  war  sogleich  zu  Anfang 
der  Reise  gestorben  und  hatte  die  Führerschaft  einem  jungen  Edelmanne, 
Pedro  de  Reinoso,  hinterlassen;  dieser  hatte  jedoch  auch  nichts  aus- 
zurichten vermocht,  sodass  er  den  grössten  Theil  seines  anfangs  400  Mann 
zählenden  Volkes  verloren  hatte  und  nun  nur  noch  mit  86  Christen  in 
die  Weiserischen  Provinzen  kam.  Hütten  stiess  zufällig  auf  diese  Ein- 
dringlinge, überfiel  sie  früh  am  Morgen  und  brachte  alle  ihre  Wehre  in 
seine  Gewalt.  Um  die  Zeit  des  Jahreswechsels  kehrte  Hütten  von  diesem 
Streifzug  nach  Coro  zurück.  Die  Leute  der  R  ei  no  so 'sehen  Expedition 
blieben  zunächst  auch  dort,  bis  sie  dem  Statthalter,  der  abwesend  war, 
überantwortet  werden  konnten. 

Hohermuth  war  nach  Santo  Domingo  gegangen  und  rüstete  dort 
seit  Mitte  1539  zur  neuen  Fahrt.  Er  meldete  manche  gewichtige  Neuig- 
keit, welche  bei  den  Weiserischen  den  ungeduldigen  Wunsch  nach  einer 
neuen  grossen  Expedition  noch  belebte,  namentlich  die  Nachrichten,  die  er 
vonLimpias  undDavila  über  Federmann  erhalten  hatte,  der  selbst 
so  unerklärlicher  Weise  nach  Europa  abgereist  war.  Dass  so  manches 
Geheimniss  noch  aufzuklären  war,  hob  allgemein  den  Muth,  Zuversichtlich 
schrieb  auch  Hütten  zu  Beginn  des  neuen  Jahres:  „Es  wird  wohl  März 
oder  April  werden,  bis  wir  ausziehen ;  ich  bin  .aber  noch  Willens,  mit  dem 
Gubernator  zu  gehen,  obwohl  ich  lieber  auf  den  Federmann  warten 
wollte,  wenn  ich  sicher  wüsste,  dass  er  käme;  denn  ich  hoffe,  dass  von 
ihm  mehr  sollte  ausgerichtet  werden,  da  er  ein  geschickter  Gesell  ist  und 
auf  ihm,  wie  ich  glaube,  die  Zukunft  dieses  Landes  steht.  Als  ich  damals 
sah,  dass  unsere  Absicht,  dem  Federmann  sofort  nachzuziehen,  sich 
zerschlug,  wollte  ich  nach  Hause  zurückkehren;  nun  ist  aber  mittlerweile 
von  dem  Federmann  und  von  den  grossen  Schätzen,  die  er  aufgedeckt 
und  gefunden  hat,  solche  Zeitung  eingetroffen,  dass  nicht  allein  die,  so  im 
Lande  sind,  nicht  zur  Heimath  zurück  wollen,  sondern  ganz  Santo  Domingo 
und  ein  grosser  Theil  von  Hispaniola  herzukommen  Willens  ist.  Wäre 
mir  dazumal,  als  ich  Federmann  suchte,  das  Glück  nicht  widerwärtig 
gewesen,  so  würde  ich  jetzt  wohl  mit  ihm  in  Spanien  oder  Deutschland 
sein  und  eine  Winterzehrung  von  etwa  20000  Pesos  mitgebracht  haben. 
Feder  mann  und  seine  Leute  haben  nämlich  Nachricht  von  viel  mächtigem 
Reichthum,  und  warten  nur  auf  mehr  Volk;  hoffentlich  werden  wir  noch 
zu  rechter  Zeit  kommen.  Was  für  einen  Verlauf  Federmänn's  Reise 
im  Einzelnen  genommen  hat,  könnt  ihr  daheim  am  besten  durch  die  Herren 

Festschrift  der  Hamljurgisehen  Amerika-Feier  Tl.  9 


180  Geschichte  der  Weiser-Züge  in  Amerika. 

Welser  vernehmen,  denn  er  ist  nicht  über  Coro  hinausgefahren;  ich  bitte 
euch  aber  treulich,  dem  Federmann,  wenn  er  in  Deutschland  zu  euch  käme, 
meinetwegen  alle  Ehre  anzuthun;  denn  ich  habe  keine  Zweifel,  unsere 
Herren  Wels  er  werden  ihn  wieder  hierher  fertigen,  da  ihnen  nicht  wenig 
an  dem  Manne  gelegen  ist." 

Denselben  entschlossenen  Sinn,  wie  Hütten,  -zeigte  Hohermutli, 
Als  er  in  Santo  Domingo  seine  eigenmächtigen  Rüstungen  beendet  hatte, 
fuhr  er  mit  150  Pferden  und  etwa  200  Leuten  frisch  angekommener  Mann- 
schaft nach  Santana  de  Coro  zurück,  um  dort  an  die  Einrichtung  der 
neuen  Expedition  die  letzte  Hand  zu  legen.  Limpias  war  zunächst  noch 
auf  Hispaniola  geblieben;  mit  der  Vorhut  hingegen  wurde  bereits  Lope 
Montalvo  de  Lugo  in  Begleitung  von  Hütten  nach  Bariquicimeto 
vorausgesandt,  wo  er  auf  die  Expedition  warten  sollte. 

GeorgHohermuth,  der  Speirer,  folgte  ihm  nicht.  Ihn  raffte  An- 
fang November  1540  zu  Coro,  inmitten  seiner  Pläne  und  Vorbereitungen, 
inmitten  seiner  alten  Getreuen  und  neuen  Genossen  das  Tropenfieber  dahin. 
Die  dortige  kleine  Festungskirche  gab  dem  tapferen  und  rastlosen,  allgemein 
beliebten  deutschen  Manne,  der  gerade  der  Erfüllung  seiner  hohen  Hoff- 
nungen nahe  zu  sein  glaubte,  die  letzte  Ruhestätte;  Dcchant  Robledo 
segnete  sie  mit  ergreifenden^  lange  unvergessenen  Worten  ein. 

Auch  in  Santo  Domingo  herrschte  über  diese  unerwartete  Todes- 
nachricht, die  der  Weiserische  Faktor  Melchior  Grubel  alsbald  dorthin 
gebracht  hatte,  allgemeine  Trauer ;  denn  auch  dort  hatte  der  Speirer  in 
weiten  Kreisen  sich  Anerkennung  und  Freundschaft  erworben.  Alsbald  brach 
Bischof  Basti  das,  den  Rathschlägen  von  Limpias  entsprechend,  mit 
den  noch  für  Hohermuth  beschafften  Ausrüstungsgegenständen,  Pferden 
und  Mannschaften,  begleitet  von  Grubel  und  Limpias,  nach  Coro  auf, 
wo  er  nach  neuntägiger  Fahrt  Anfang  December  ankam.  Hier  war  gerade 
vor  ihm  Philipp  von  Hütten  eingetroffen,  welcher  sogleich  nach 
Empfang  der  Trauerbotschaft  Bariquicimeto  verlassen  hatte;  Montalvo 
hingegen,  der  mit  ihm  dorthin  gezogen  war,  hatte  beschlossen,  sich  um 
Coro  nicht  weiter  zu  kümmern,  und  war,  der  noch  erkennbaren  Feder- 
mann'sehen  Fährte  folgend,  nach  jenem  neuen  Granada  eigenwillig  auf- 
gebrochen. Wie  hier,  so  drohte  der  Zusammenhalt  in  der  Kolonie  mit 
Hohermuth 's  Tode  allgemein  zu  schwinden  und  die  Deutschen  hätten, 
wie  Oviedo  meinte,  „viele  Tausende  von  Dukaten  von  Spanien  aus  ver- 
senden und  verschwenden  müssen"  —  wenn  Bischof  Bastidas  nicht 
sofort  thatkräftig  und  unter  Aufwand  von  eigenen  erheblichen  Mitteln 
eingegriffen  hätte.    Unverzüglich  ernannte  er  den  „edlen  deutschen  Ritter" 


Holiermuth's  Tod.     Bischof  Bastidas  in  Coro.  131 

Philipp  von  Hütten  zum  General-Kapitän  und  ordnete  ihn  sofort  ab, 
um  Montalvo  zurückzuholen,  was  freilich  erfolglos  blieb,  da  die  Fort- 
gezogenen nicht  gefunden  werden  konnten.  Mit  Fleiss  und  Eifer  traf  er 
auch  die  verschiedenartigsten  Bestimmungen  für  die  neue  Expedition,  für 
deren  Ausführung  in  gleicher  Weise  die  königliehen  Fiskalvertreter  in 
Santo  Domingo,  wie  der  Weiserische  Faktor  in  Coro  sich  ausgesprochen 
hatten.  Er  traf  Sorge  dafür,  dass  das  Kriegsvolk  mit  allem  zur  Reise 
Nothwendigen  versehen  werde,  und  gab  vor  seiner  Abreise  nach  Santo 
Domingo  den  Führern  noch  mancherlei  Anweisungen  und  Ermahnungen: 
„den  Zug  wie  christliche  Soldaten  auszuführen,  die  Mannschaftsrolle  stets 
in  Ordnung  zu  halten,  im  Lager  und  auf  dem  Wege  Zucht  zu  bewahren, 
die  unbekannten  Gegenden  nicht  mit  Kampf  und  Gewalt  zu  überziehen, 
sondern  mit  Güte  und  Billigkeit  in  Besitz  zu  nehmen,  die  Erlebnisse  und 
namentlich  die  Richtung  des  Zuges  genau  zu  verzeichnen  und  Alles  der- 
gestalt vorzubereiten,  dass  später  in  Coro  oder  Santo  Domingo  ein  aus- 
führlicher Bericht  für  das  Indien-Amt  und  für  die  Krone  ausgearbeitet 
werden  könne."  Doch  Bischof  Bastidas  vergass  auch  nicht  bei  den 
Vorbereitungen  zur  neuen  Fahrt,  für  die  Kolonie  Sorge  zu  tragen.  So 
veranlasste  er,  dass  nicht  alle  königlichen  Beamten  Coro  mit  der  Expe- 
dition verliessen,  dass  sie  vielmehr  für  die  letztere  ihre  Aemter  an  einen 
Vertreter  —  Antonio  Naveros  —  übertrügen,  wie  er  auch  Rodrigo 
de  Ribero  zum  Gerichtsbeamten  der  Expedition  ernannte ;  ferner  befahl  er, 
dass  für  den  Zug  nicht  wieder  viele  friedliche  Indier  aus  der  Nachbarschaft 
Coro's,  namentlich  aus  dem  den  Christen  befreundeten  Zaquitier-Stamme  mit- 
geschleppt würden.  Er  richtete  überhaupt,  wie  Bastidas'  Lobredner, 
Oviedo  sagt,  „Alles  ein,  wie  es  sowohl  dem  Dienste  unseres  Gottes  und 
unseres  Monarchen  entsprach,  als  auch  der  Erhaltung  und  der  guten  Be- 
handlung der  Eingeborenen  und  dem  Besten  der  Conquistadoren." 

Der  neue  Zug  verzögerte  sich  jedoch  länger,  als  man  erwartet  hatte. 
Philipp  von  Hütten  hatte  zwar  Anfang  1541  die  kaiserliche  Be- 
stätigung als  General-Kapitän  erhalten.  So  stolz  er  aber  auch  war,  des 
Kaisers  Hauptmann  jetzt  zu  heissen,  er  gab  sich  der  Hoffnung  hin,  dass 
ihm  auch  die  Landeshauptmannschaft  alsbald  übertragen  werden  würde. 
So  hatte  er  schon  gleich  nach  seiner  Rückkunft  in  Coro  unter  dem 
12.  December  1540  seinem  Bruder,  dem  Bischof  von  Eichstädt,  geschrieben: 
„Da  meine  Sache  nun  gut  sich  anlässt,  will  ich  euch  aufs  Höchste  bitten, 
mit  den  Herren  Wels  er  Gebrüdern  wegen  dieses  Landes  zu  verhandeln, 
däss  sie  mich  zum  Gubernator  ernennen;  das  wäre  mir  und  unserem  Ge- 
schlecht  zur  Ehre.     Ich   soll,    so  Gott  will,   über  zwei   oder  drei  Monate 

9* 


182  Geschichte  der  Weiser- Züge  in  Amerika. 

von  hinnen  ziehen,  meine  Entrada  zu  thun;  Gott  der  Alhnächtige 
verleihe  mir  Glück  und  Heil  und  lasse  mich  in  seinem  Dienst  viel  aus- 
richten," Doch  wie  Hütten  hinsichtlich  des  Anfangs  der  neuen  Expe- 
dition sich  getäuscht  hatte,  so  sollte  er  auch  vergeblich  auf  die  Ernennung 
zum  Gubernator  warten.  In  Augsburg  war  nämlich  Mancherlei  vor  sich 
gegangen,  von  dem  man  in  Coro  doch  nur  sehr  unbestimmte  Vorstellungen 
hatte,  und  dort  war  zu  Anfang  1541  ein  hochwichtiger  kräftiger  Entschluss 
gefasst  worden,  den  man  weder  in  Santo  Domingo,  noch  in  Venezuela 
vorausgesehen  hatte. 

Die  Augsburger  Herren  waren  über  den  Verlauf  ihrer  amerikanischen 
Unternehmungen  sehr  wenig  erbaut ;  namentlich  hatten  sie  nicht  das  eigen- 
mächtige Vorgehen  von  Hohermuth  und  Federmann  gebilligt.  Wie 
sie  über  Ersteren  dachten,  deutet  ein  Brief  Jacob  Rembold's  in 
Augsburg  an.  Dieser  schrieb  an  jenen  Davila:  „Was  die  Summe  anbe- 
langt, die  euch  Georg  von  Speier  schuldete,  so  werdet  ihr  wohl  wissen, 
dass  die  Herren  Wels  er  von  den  eigenen  Geschäften  ihrer  Statthalter 
keine  Notiz  nehmen,  da  keiner  von  ihnen  zu  Geschäften  solcher  Art  be- 
vollmächtigt gewesen  ist.  Obwohl  S  p  e  i  e  r  dem  Hause  eine  grosse  Summe 
schuldet  für  das,  was  für  die  Perlen  einging,  und  für  das,  was  er  von  dem  Kriegs- 
bedarf, sowie  dem  sonstigen  Hab  und  Gut  der  Herren  Wels  er  nahm,  so 
würden  diese  Schuldposten  doch  nicht  verloren  sein,  wenn  er  dort  in 
Venezuela  Vermögen  hätte  und  ihr  einkassiren  würdet,  was  von  demselben 
noch  übrig  ist.  Ihr  wisst  besser,  als  irgend  ein  Anderer,  was  diese  Herren  im 
Lande  der  Wels  er  schon  versucht  haben,  ohne  einen  Pfennig  zu  besitzen." 

Erntete  Hohermuth  in  der  Heimat  keinen  Dank,  so  noch  viel 
weniger  Federmann,  welcher  mit  den  Welsern  sich  nicht  hatte  ver- 
ständigen können  und  sogar  schliesslich  wegen  Unterschlagung  von  Geld 
in  Untersuchung  gekommen  war.  Ueber  ihn  schrieb  jenem  Davila 
Bartolmä  Welser:  „Was  die  Schuld  von  Federmann  betrifft,  mit 
der  er  noch  im  Rückstande  ist,  so  werde  ich  sorgfältig  darauf  bedacht 
sein,  in  Erfahrung  zu  bringen,  was  er  mit  seinem  Vermögen  angefangen 
hat,  und  wenn  er  in  Santo  Domingo  für  das  neue  Königreich  gelandet 
ist,  alsdann  wird  es  die  rechte  Zeit,  das  von  ihm  zu  fordern,  was  ihr  ihm 
gegeben.  Er  bleibt  dieser  Gesellschaft  doch  noch  eine  Summe  schuldig 
und  hat  uns  viele  Unannehmlichkeiten  verursacht,  weil  wir  ihm  so  be- 
deutenden Betrag  gezahlt  haben."  Noch  schärfer  drückte  jener  Rembold 
sich  aus:  „Dieser  Federmann  kostet  uns  mit  dem,  was  er  von  unserem 
Vermögen  genommen,  und  mit  den  Leuten,  die  er  in  Neu-Granada  ver- 
kauft hat,  viele  tausend  Goldpesos,  reichlich  6000,  worüber  wir  genügend 


Ankunft  des  jungen  Bartolmä  "Welser  in  Venezuela.  133 

Beweise  haben ;  er  hat  sie  in  Gold  mit  sich  genommen ;  was  er  aber  damit 
machte,  das  werden  wir  wohl  niemals  erfahren.  Er  hat  diese  Gesellschaft 
geradezu  beraubt,  w^as  er  in  Folge  der  Stellung  als  Seiner  Majestät 
Gubernator  vermochte:  er  wollte  nichts  von  demjenigen,  das  er  an  sich 
gezogen  hatte,  herausgeben;  er  konnte  nicht  einmal  über  das,  was  zu 
seiner  Zeit  vorgegangen  war,  Rechenschaft  ablegen  und  erhob  sogar ,  als 
ihn  Seine  Majestät  aus  Grund  des  Obengemeldeten  fassen  Hess,  eine  Klage 
unter  tausend  Betrügereien  und  falschen  Angaben." 

Nun  war  auch  Hohermuth,  wie  Dalfinger,  todt.  Viele  Menschen 
und  viele  Gelder  waren  an  das  amerikanische  Unternehmen  gewandt,  um 
zu  Grossem  zu  gelangen  —  aber  erfolglos.  Die  Faktorei  in  Santo  Domingo 
gedieh  nicht',  noch  weniger  hatte  in  Coro  durch  das  Weiserische  Geschäfts- 
kontor ein  gesundes  kaufmännisches  Getriebe  ausgebildet  werden  können; 
aus  dem  Bergbau  war  nichts  geworden,  auch  die  Perlenfischerei  in  Ver- 
fall gerathen ;  die  Südsee  war  nicht  erreicht  und  kein  neues  Peru  entdeckt. 
Die  Verwaltung  des  wilden  Landes  war  bisher  weder  nach  dem  Wunsche 
der  Krone,  noch  nach  dem  Sinne  des  Geschäfts  durchgeführt,  ja  der 
Lehnvertrag  in  wichtigen  Punkten  gar  nicht  erfüllt  worden.  Dabei  zeigte 
sich  kaum  eine  berechenbare  Aussicht  auf  Aenderung. 

Aber  trotz  aller  Misserfolge  hielten  Bartolmä  und  Anton 
Wels  er  mit  zuversichtlicher  Ausdauer  an  dem  venezuelanischen  Unter- 
nehmen fest.  Doch  etwas  Besonderes  musste  und  sollte  geschehen;  ein 
letzter  Schritt,  aber  ein  Schritt  höchster  Energie.  Des  ältesten  Theilhabers 
ältester  Sohn,  der  Erste,  der  zu  der  Erbschaft  des  grossen  Hauses,  seiner 
ReichthUmer  und  seiner  Ehren,  berufen  war,  wurde  nach  der  drangsal- 
vollen, gefahrreichen  Kolonie  geschickt,  ein  noch  junger,  eben  28  Jahre 
alter,  aber  in  der  Zucht  seiner  Familie  gediehener  Patriciersohn  und  Edel- 
mann ;  erst  sollte  er  lernen,  in  bescheidener  Stellung  helfend  bei  der  Rettung 
des  Halbverlorenen ;  dann  sollte  er  selbst  an  die  Spitze  des  grossen  Unter- 
nehmens treten:  Don  Bartolomeo  Belzar,  Gobernador  de  su 
Majestad,  Adelantado  del  Reino  de  Venezuela. 

„Vor  kurzen  Tagen"  —  so  schrieb  Hütten  in  Coro  am  10.  März 
1541  —  „ist  Herrn  Bartolmä  Welser's  Sohn  hier  angekommen,  ein 
verständiger  junger  Gesell,  über  dessen  Ankunft  Alle  grosse  Freude  ge- 
habt haben;  ich  habe  keinen  Zweifel,  dass  ihn  die  Herren  Wels  er  zum 
Gubernator  machen  werden,  da  Gott  ihn  zu  solcher  Zeit  geschickt  hat." 
„Innerhalb  dreier  Monate,"  fährt  Hütten  dann  fort,  „hoffe  ich  mit  200  Mann 
und  150  Pferden  von  hinnen  zu  ziehen  im  Namen  kaiserlicher  Majestät 
und  der  Herren  Wels  er,  um  Eroberungen  zu  machen  und  reiches  Land 


134  Geschichte  der  Welser-ZUge  in  Amerika. 

aufzudecken;  denn  wir  wissen  sicher,  wo  es  lieget.  Den  Krieg  mit  den 
Christen  fürchte  ich  mehr,  als  den  mit  den  Indiern;  denn  ich  weiss  wohl, 
wir  werden  auf  Christen  von  anderen  Gubernationen  stossen  und  vielleicht 
ohne  Zwietracht  nicht  auseinander  kommen.  Gott  wolle  dazu  seine  Gnade 
verleihen  und  alle  Dinge  zum  Besten  wenden." 

Nicht  im  Juni,  sondern  erst  im  August  1541  begann  Hütten  seinen  Aus- 
zug unter  bischöflichem  Segen ;  die  Zahl  seiner  Leute  war  nicht  so  gross,  wie 
er  gehofft  hatte,  nämlich  nur  wenig  über  100  Mann.  Zum  Mittelpunkte 
seiner  Entdeckungsfahrten  war  die  durch  Hoher  muth  und  Feder  mann 
bekannt  gewordene  Maruachare  -  Gegend  im  Lande  der  Guaypier  aus- 
ersehen. Nach  Bariquicimeto  ging  es  zunächst  auf  einem  bisher  nicht  be- 
nutzten Wege,  nämlich  erst  längs  der  Küste  hin  und  dann  bei  dem  für 
die  Seefahrt  günstig  gelegenen  alten  Orte  Burburata  das  Küstengebirge 
entlang  bis  zur  Mündung  des  Bariquicemeto-Stromes ;  hier  sowohl,  wie  an 
jenem  Küstenpunkte  hielt  Hütten  die  Begründung  von  Niederlassungen 
für  angezeigt.  In  Bariquicimeto  hatte  er  zum  Entwerfen  von  Zukunfts- 
plänen besonders  gute  Zeit,  da  er  dort  auf  einen  Nachzug  von  etwa 
40  Mann  warten  musste,  den  ihm  Artiaga  nach  einigen  Monaten  trotz 
mancher  Kämpfe  mit  den  Jiraharaern  glücklich  zuführte. 

Da  einige  kleinere  Trupps  nach  Coro  zurückgesandt  werden  mussten, 
geschah  der  Ausmarsch  aus  jener  ersten  Wegestation  nur  mit  112  Mann. 
Dann  folgte  eine,  wenn  auch  unangefochtene,  doch  drangsalvolle  Reise, 
bis  die  Maruachare  -  Gegend  erreicht  war,  wo  die  Regenzeit  des  Jahres 
1542,  so  gut  es  ging,  abgewettert  wurde. 


XII. 

Zur  selbigen  Zeit,  als  Hütten  Coro  verliess,  wurde  in  jenem  Berg- 
lande, das  kürzlich  den  Namen  des  neuen  Granada  erhalten  hatte,  eine 
grosse  Expedition  ausgerüstet,  welche  das  wilde,  die  Flussgebiete  des 
Magdalena  und  des  Orinoco  trennende  Hochgebirge  überschreiten  und  in 
den  grossen,  jenseits  desselben  sich  ausdehnenden  Grassteppen  nach  einem 
sich  vergoldenden  Wildenhäuptling  suchen  sollte,  über  den  kürzlich  gar 
seltsames  Gerücht  ergangen  war,  das  sich  über  Quito  bald  weit  und  weiter 
verbreiten  sollte.  EI  Dorado  nannte  man  den  „güldenen  Kaziken" -,  er 
sollte  sich  täglich  vergolden,  sei  es  nun ,  dass  die  Körpertheile  über  Oel 
oder  Fett  mit  Goldstaub  bestreut  oder  ganz  mit  Goldfarbe  bemalt,  oder 
dass  die   fast   alle   Gliedmassen  bedeckenden  Tätowirungcn  mit   Gold  be- 


Auf  der  Suche  nach  dem  El  Dorado.  135 

strichen  waren;  Nachts  aber  solle  er  den  Goldschmuck  in  irgend  einem 
Gewässer  stets  wieder  abwaschen,  um  am  folgenden  Tage  aufs  Neue  mit 
Goldstaub  sich  zu  schmücken.  Um  diesen  güldenen  Prinzen  und  sein  reiches 
Land  zu  suchen,  war  zu  Anfang  des  Jahres  1 541  aus  Quito  unter  Führung 
von  Gonzalo  Pizarro,  dem  Bruder  des  blutigen  Peruanischen  Landes- 
hauptmanns, ein  grosser  Zug,  340  Mann  stark  mit  150  Pferden  und  vielen 
tausend  Indiern,  mit  Lamas  und  Schweinen  nach  dem  Tieflande  ab- 
gegangen, und  zwar  zunächst  nach  dem  schon  1536  von  Gonzalo  Diaz 
de  Pineda  entdeckten  Lande  der  Quijoer,  das  die  Kanehl-Gegend  ge- 
nannt wurde.  Diesem  Unternehmen  wollte  Fernando  Perez  de  Que- 
sada,  der  als  Vertreter  seines  Bruders  in  Santa  Fe  de  Bogota,  zurück- 
geblieben war,  möglichst  zuvorkommen;  es  fehlten  freilich  Männer,  wie 
Feder  mann  und  Limpias;  allein  jener  Lope  MontalvodeLugo, 
welcher  kürzlich  mit  achtzig  Weiserischen  Bariquicimeto  untreuer  Weise 
verlassen  und  von  Westen  her  nach  den  Hochebenen  emporgestiegen  war, 
stand  ihm  zu  Diensten,  auch  mancher  zuverlässige,  seiner  Zeit  hier  zurück- 
gelassene Genosse  Federmann's,  von  dem  Hauptmann  Juan  de 
Avellaneda  bis  zum  Feldprediger  Vicente  deRequejada.  Am 
1.  September  1541  brach  die  Quesada'sche  Expedition,  der  Montalvo 
als  zweiter  Anführer  angehörte,  mit  270  Mann  und  beinahe  200  Pferden 
auf,  stieg  über  eine  wohl  50  Leguas  lange  Hochsteppe,  die  wegen  Kälte, 
Sumpf  und  Wasser  fast  unzugänglich  war,  und  kam  in  das  von  Feder- 
mann her  bekannte  Fosca-Thal.  Von  da  wurde  auf  einem  ebenfalls  be- 
schwerlichen Marsche,  nachdem  25  Pferde  und  viele  Trossleute  verloren 
waren,  die  Maruachare- Gegend  erreicht,  in  welcher  Hohermuth  jenes 
Marienfest  von  1537  gefeiert,  Federmann  1539  seine  Lagerschmiede 
aufgeschlagen  hatte,  bald  auch  Hütten  mit  seiner  Expedition  anlangen 
sollte.  Es  wurde  die  Spur  des  Erstgenannten,  welche  Montalvo  wohl 
zu  erkennen  vermochte,  50  Leguas  weiter  verfolgt  und  weiter  westlich  bis 
zum  Papamene  vorgedrungen;  dann  ging  es  in  das  Land  der  Choquer, 
nach  jenem  rothen  Flusse,  an  dessen  Ufer  Esteban  Martin  1537  die 
Todeswunde  erhalten  hatte,  und  weiter  bis  die  ersten  Kanehlbäume  sich 
zeigten;  dort  machte  die  bereits  sehr  zusammengeschmolzene  Schar  an 
einem  Sacramento  getauften  Orte  der  Regenzeit  wegen  längeren  Halt.  Als 
die  Jahreszeit  den  Weitermarsch  wieder  erlaubte,  brach  man  auf  ins  wilde 
Hochgebirge,  das  man  nach  den  Befestigungen  der  Ortschaften  als  das 
Gebirge  der  Verhaue  bezeichnete;  dann  zwei  Monate  Ruhe  an  einem  bei 
zwei  mächtigen  Strömen  belegenen  Orte,  der  die  Schmiede  genannt  wurde ; 
von    dort   wurde   durch   Niederschlagen   des   Waldes   ein  Weg   nach   dem 


136  Geschichte  der  Welser  Züge  in  Amerika. 

Macoa-Thale  gebahnt,  durch  welches  man  nach  Cibundoy  und  von  da 
auf  gangbarem  Gebirgswege  nach  dem  bereits  von  Europäern  besetzten 
Pasto  gelangte.  Sechzehn  Monate  war  man  bereits  unterwegs;  grosse 
Verluste  waren  erlitten,  insbesondere  alle  Pferde  bereits  verloren  —  vom 
sich  vergoldenden  Wildenfürsten  war  keine  Spur  angetroffen. 

Philipp  von  Hütten  traf  in  dem  Maruachare-Gebiet  die  Spuren 
dieser  Expedition  und  erfuhr  dort  Einiges  über  den  weiteren  Marsch  der- 
selben, wenigstens  so  weit  er  der  Fährte  von  Hohermuth  gefolgt  war. 
Er  vernahm  dort  auch  die  wunderbare  Mär  vom  güldenen  Prinzen;  wo 
aber  das  Land  des  El  Dorado  liege,  darüber  vermochte  ihm  keiner  der 
Guaypier  Auskunft  zu  geben.  Jedenfalls  mag  diese  Nachricht  mit  dazu 
beigetragen  haben,  dass  man  während  der  Regenzeit  im  Standlager  den 
Entschluss  fasste,  bei  Beginn  der  trockenen  Jahreszeit  der  Spur  der 
Christen  zu  folgen,  obwohl  man  sich  das  Bedenken  nicht  verhehlte,  ob 
die  bereits  einmal  durchwanderte  Landschaft  auch  noch  hinreichend 
Nahrung  darbieten  werde.  Da  auch  Limpias  mit  Entschiedenheit  für 
diesen  Plan  eintrat,  setzte  man  sich  Mitte  1542  in  der  Richtung  des 
Quesada' sehen  Zuges  in  Bewegung*).  Nachdem  der  Guaviare  über- 
schritten war,  ging  es  an  den  wenig  übersichtlichen  Gebirgsabhängen 
weiter  nach  dem  Quellgebiet  des  silbernen  und  des  rothen  Flusses.  Hier 
sollte  irgendwo  jener  Pass  über  das  Gebirge  sich  öffnen,  von  dem  so 
häufig  die  Rede  gewesen  war;  doch  alles  Suchen  erwies  sich  als  ver- 
gebens. 

Als   nächstes  Ziel  wurde  jetzt  der   Montoa-Fluss  ins  Auge   gefasst. 


*)  Beim  Zuge  Philipp  von  Huttens  (August  1541  bis  April  1546)  führte  das 
tragische  Ende  fast  zu  einem  Vergessen  seines  Verlaufes.  Wegen  der  Lückenhaftig- 
keit, der  Verworrenheit  und  der  Fülle  der  Widersprüche  ist  es  daher  auch  nicht  mög- 
lich, mit  unbedingter  Sicherheit  und  einiger  Ausführlichkeit  die  eingeschlagene  Koute 
der  Expedition  zu  zeichnen.  Während  mein  Vater  noch  in  seinen  im  November  und 
December  1888  zu  Bremen  gehaltenen  Vorträgen,  über  welche  ein  Bericht  in  den 
deutschen  Geographischen  Blättern  Bd.  XII.  Heft  1  erschienen  ist,  sowie  in  dem 
kleinen  Dorado- Aufsatz,  welcher  1889  in  den  Mittheilungen  der  Geographischen  Ge- 
aellschaft  in  Hamburg  publicirt  wurde,  an  den  Angaben  Simon's  und  Piedrahita's 
festgehalten  hat,  hat  er  sich  —  einzelnen  Notizen  nach  zu  urtheilen  —  schliesslich 
ganz  der  Version  des  Juan  de  Castellanos  (a.  a.  O.  S.  226  ff.)  zugewandt,  da  diese 
wenigstens  nicht  so  konfus,  wie  die  späteren  Berichte,  ist,  auch  auf  einen  sicheren 
Gewährsmann,  wie  Artiaga,  zurückgeht,  während  die  Quellen  bei  Simon  und 
Piedrahita  ziemlich  im  Dunkel  liegen.  Castellanos  ist  allerdings  recht  lücken- 
haft und  ohne  Abschluss,  wie  denn  das  letzte  geographische  Datum  bei  ihm,  abge- 
sehen von  der  Erwähnung  dn<  Kampfes  mit  Perima,  der  Zug  in  das  Land  der 
Macoer  ist.  Die  an  und  für  sich  sehr  karge  Darstellung  versagt  daher  von  hier  an 
für  mindestens  ein  Jahr  (Ende  1544  bis  Anfang  1546),  d.  i.  bis  zum  Auftauchen  der 
Expedition  in  der  Nähe  des  Tocuyo-Thales,  völlig. 


Philipp  von  Hütten' s  Expedition.  137 

Jenseits  desselben  trennten  sich  Hütten  und  Limpias;  dieser,  dem 
etwa  dreissig  Mann  folgten,  ging  der  Qu  e  s a  d a '  sehen  Fährte  nach,  während 
Hütten  mit  dem  jungen  Wels  er  und  den  Uebrigen  aufs  Neue  in  das 
wilde  Gebirge  zog,  wo  Kälte  und  Sturmwind  das  Weiterkommen  furchtbar 
erschwerten;  sie  gelangten  aber  doch,  namentlich  Dank  der  Umsicht  von 
Cristöbal  de  Rivas,  nach  einer  bewohnten  Gegend,  welche  zum  Lande 
der  Choquer  gehörte,  aus  etwa  dreissig  gut  bevölkerten  Dorfschaften  be- 
stand und  Coagoa  hiess.  Hier  schlug  Hütten  abermals  sein  Stand- 
quartier auf,  um  von  hier  aus  kleinere  Züge  in  die  Umgebung  zu  machen, 
Limpias  hier  zu  erwarten  und  die  nächste  herannahende  Regenzeit  — 
April  bis  Oktober  1543  —  hier  zuzubringen.  Die  Streifzüge  in  die  Um- 
gegend zeigten,  dass  die  Choquer  allgemein  sich  verhaust  hatten ;  trotz 
ihrer  Abwesenheit  von  Haus  und  Hof  bereiteten  sie  eines  Tages  zur 
Mittagsstunde  in  hellen  Haufen  einen  heftigen  Ueberfall  mit  Lanzen  und 
Pfeilen.  Nur  mit  Mühe  gelang  es,  die  Pferde  zu  satteln.  Hütten  und 
A  r  t  i  a  g  a  sprengten  voran  in  die  Indianermassen  und  erhielten  gefährliche 
Verwundungen . 

Nachdem  etwa  drei  Monate  verflossen  waren  seit  der  Trennung  der 
Expedition,  kehrte  der  Limpias'  sehe  Zug  wieder  zu  Hütten  zurück.  Er 
hatte  sich  in  nördlicher  Richtung  bewegt  und  das  Quellgebiet  des  Montoa- 
Flusses  erreicht.  Eines  Tages  traf  man  dort  ein  Wildenfahrzeug,  mit 
dessen  Insassen  friedlicher  Verkehr  begonnen  wurde;  als  diese  fortgingen, 
um  Andere  herbeizuholen,  und  eine  grosse  Anzahl  Bewaffneter  sich  zu 
nähern  drohte,  fürchtete  sich  Limpias  vor  der  Uebermacht  und  ver- 
barg sich  mit  seinen  Leuten  im  Dickicht,  überfiel  dann  aber  die  an  das 
Ufer  Gestiegenen,  um  Dolmetscher  und  Wegführer  zu  bekommen;  er 
machte  bei  diesem  Ueberfall  etliche  Gefangene,  unter  diesen  einen  Häupt- 
ling Cathe,  der  sich  als  Herren  des  Montoa-Landes  zu  benehmen  schien. 
Um  ihren  Häuptling  wieder  zu  befreien,  griffen  nun  alle  Wilden  auf  das 
Ungestümste  die  Limpias'  sehe  kleine  Schar  an ,  so  dass  diese  einen 
schweren  Stand  hatte;  die  Feinde  Hessen  erst  vom  Kampfe  ab,  als  ihnen 
auf  hoher  Lanze  der  Kopf  eines  der  Ihrigen  gezeigt  wurde ,  den  sie  für 
Cathe 's  Haupt  hielten.  Diesen  Häuptling  und  seine  Mitgefangenen  brachte 
Limpias  zum  Hütten'  sehen  Lager  mit. 

Dieses  ward  nun  nach  Cuarico  verlegt,  das  von  den  Winterquartieren 
weit  entfernt  lag,  aber  nur  durch  unbeackerte,  mit  Kräutern  und  Farren 
bestandene  Feldstriche  von  ihnen  getrennt  war;  diese  umgaben  den  Ort, 
wie  in  östlicher,  so  in  westlicher  Richtung.  Kaum  war  hier  ein  festes 
Lagor  aufgeschlagen,  so  begann  eine  grosse  Zusammenrottung  der  Wilden ; 


188  Geschichte  der  Weiser-Züge  in  Amerika. 

Cathe  entfloh  zugleich  und  verrieth  die  Schwäche  der  Blassgesichter.  Es 
folgt  ein  Massenüberfall,  dem  einer  der  Christen  zum  Opfer  fällt.  Diese 
ordnen  sich  alsdann  in  zwei  Haufen;  den  der  Westseite  führt  Hütten, 
den  anderen  Limpias;  und  ein  heftiges  Streiten  beginnt  aufs  Neue. 
Es  fällt  Francisco  de  la  Torre,  und  Diego  de  Montes  sowie  Pedro 
de  la  Muela  haben  viel  zu  thun,  um  Menschen  und  Pferde  zu  heilen. 
War  durch  diese  schweren  Kämpfe  die  Expedition  schon  sehr  geschwächt, 
80  wurde  sie  noch  mehr  entkräftet  durch  allerlei  Krankheiten,  durch 
welche  sie  kurz  darauf  heimgesucht  ward;  auch  Hunger  machte  sich 
wieder  vielfach  bemerklich,  und  besonders  peinigte  der  andauernde  Mangel 
an  Salz. 

Die  Umkehr  wurde  daher  von  Allen  immer  dringender  gewünscht;  nur 
Hütten  und  A  r  t  i  a  g  a  drangen  darauf,  w^eiter  vorzudringen,  damit  der  bald 
bereits  drei  Jahre  währende  Zug  nicht  ganz  ohne  nennenswerthe  Erfolge 
verlaufe;  sie  gaben  jedoch  schliesslich,  wenn  auch  widerwillig,  nach.  So 
ging  der  Zug  denn  rückwärts.  Er  verliess  das  Land  der  Choquer,  nicht 
durch  das  zerklüftete  Gebirge,  sondern  durch  die  dichten,  an  seinem 
Fusse  sich  ausdehnenden  Waldungen,  in  denen  etliche  Todesfälle  vor- 
kamen. Unter  Fährlichkeiten  wurden  dann  die  Ströme  wieder  über- 
schritten :  der  Montoa,  der  Bermejo,  der  Papamene. 

Die  Schar  war  auf  sechzig  Mann  und  dreizehn  Pferde  zusammen- 
geschmolzen, als  das  Land  der  Guaypier  wieder  erreicht  war;  dort  gab 
es  reichlich  Mais,  der  in  der  Zwischenzeit  angebaut  war,  auch  Fleisch  von 
Wildschweinen,  und  vor  Allem  Salz. 

Von  dem  weiteren  Verlauf  des  Zuges  ist  dann,  bis  auf  den  Schluss 
desselben,  nichts  weiter  bekannt,  als  dass  die  nächste  Regenzeit  in  einem 
Orte  Churupure  verbracht  wurde,  wo  von  Hütten  eine  grosse  Berathung 
abgehalten  ward,  und  dass  mit  Anbruch  der  besseren  Witterung  ein  Zug 
in  das  Land  der  Macoer  unternommen  wurde,  der  zu  einem  so  harten 
Kampf  mit  den  Eingeborenen  führte,  dass  Hütten  und  Artiaga  schwere 
Wunden  davon  trugen,  die  viele  Wochen  zur  Heilung  beanspruchten.  Es 
lichtet  sich  das  Dunkel  erst  wieder,  als  die  unglückliche  Expedition  auf 
ihrem  Heimwege  Anfang  1546  dem  Tocuyo-Thale  sich  nähert.  Dem  Haupt- 
theile  der  Mannschaft  unter  Hütten' s  Führung  war  Bartolmä 
Welser,  der  als  unerschrockener  Mann  und  auch  als  guter  Fährtenfinder 
sich  vielfach  hervorgethan  hatte,  mit  einer  kleinen  Schar  vorangeeilt;  er 
führte  das  Kommando  über  dieselbe,  obwohl  auch  Limpias  ihr  an- 
gehörte. In  Cariagua  verlangte  Letzterer  aber  auch,  auf  Rath  eines  alten 
Cubaguaers,  Luis  Fernandez,  dass  man  nicht  nach  dem  elenden  Coro  weiter 


Juan  de  Caravajal.  139 


ziehen  sollte,  sondern  nach  Cubagua.  Die  Mehrzahl  der  Genossen  theilte 
dieses  Verlangen,  und  der  junge  Wels  er,  der  sich  ihm  widersetzte,  wurde 
gezwungen,  nachzugeben  und  gleichzeitig  den  Befehl  an  Limpias  zu 
übertragen.  Unglück  auf  Unglück  war  unter  dessen  Führung  jedoch  ge- 
folgt, namentlich  unaufhörliche  Angriffe  der  Wilden,  unter  denen  Perima 
sich  hervorthat,  der  Sohn  der  gepriesenen  Orocomay.  Unter  Wieder- 
anerkennung des  Kommandos  von  Welser  musste  endlich  die  Umkehr 
erfolgen  und  doch  der  Weg  nach  Coro  wieder  eingeschlagen  werden.  Ob- 
wohl W  e  1  s  e  r  nun  Allen  ausdrücklich  vergeben  hatte ,  fiel  in  der  Nähe 
von  Bariquicimeto  Limpias  aufs  Neue  von  ihm  ab  und  schlug  mit 
wenig  Mann  seinen  eigenen  Weg  ein.  Er  zog  in  das  Tocuyo-Thal 
und  traf  hier  auf  die  neue  Ortschaft,  welche  gerade  der  erst  kürzlich  von 
Santo  Domingo  aus  neu  ernannte  Statthalter  von  Coro  gegründet  hatte. 
Hier  sollte  die  ganze  Expedition  und  mit  ihr  die  ganze  Welser  -  Unter- 
nehmung binnen  wenigen  Tagen  ihr  trauriges  Ende  finden. 

Der  von  der  Regierung  in  Santo  Domingo  neu  ernannte  zeitweilige 
Statthalter  von  Venezuela  war  Juan  de  Caravajal,  welcher  bereits, 
als  Notar  der  ersten  Weiserischen  Expedition,  zu  den  Genossen  Dal- 
finger's  gehört  hatte.  Er  war  nach  einer  Zeit  der  grössten  Unruhe 
und  Verwirrung  auf  diesen  Posten  berufen.  Als  Bischof  Basti  das 
nämlich  1541  kurz  vor  dem  Aufbruch  der  Hütten 'sehen  Expedition  von 
Coro  nach  Santo  Domingo  zurückkehrte,  hatte  er  Diego  de  Boiza  als 
Landpfleger  eingesetzt;  dieser  war  jedoch  bald  wegen  allerlei  Unrecht- 
mässigkeiten,  die  er  verübt  hatte,  auf  und  davon  gegangen.  An  seine 
Stelle  war  kraft  Ernennung  der  Audiencia  einer  der  Weiserischen, 
Heinrich  Rembold,  getreten;  dieser  hatte  zunächst  von  dem  seines 
Perlenfangs  mehr  und  mehr  verlustig  gehenden  Cubagua  hundert  Mann 
geholt,  darunter  Juan  de  Villegas,  Diego  de  Losada  und  Diego 
Ruiz  deVallejo,  und  hatte  sich  dann  mit  Eifer  daran  gemacht.  Coro 
wieder  herzustellen,  war  aber  inmitten  seiner  Arbeiten  schon  1542  ver- 
storben. Die  Statthalterschaft  war  dann  auf  die  beiden  neuen  Alkalden 
von  Coro  übergegangen,  auf  Bernardino  Manso  und  Juan  de 
Bonilla,  die  jedoch  auch  1545  das  Weite  gesucht  hatten.  Jetzt  war 
jener  Juan  de  Caravajal  in  die  schwer  heimgesuchte  Landeshaupt- 
mannschaft gesandt.  Er  griff  sogleich  sehr  entschieden  durch ;  er  gab  die 
Umgegend  von  Coro  völlig  auf  und  raffte  Alles,  was  da  war,  Rinder, 
Pferde  und  sonstiges  Vieh,  auch  Indianer,  zusammen.  Hierbei  wurde  er 
von  den  Kolonisten  selber  unterstützt,  welche  glaubten,  es  solle  der  Auszug 
nach  dem  neuen  Königreich  Granada  gehen,  dessen  Weg  bereits  bekannt 


140  Geschichte  der  Welser-Züge  in  Amerika. 

schien;  dort  war,  so  ging  das  Gerede,  treffliche  Verkuiifsgelcgenheit  für 
Gross-  und  Kleinvieh;  dort  konnte  man  dann  ja  nach  Belieben  entweder 
bleiben,  gleich  den  meisten  Leuten  von  Federmann,  oder  die  Heimkehr 
antreten,  wie  Federmann  selbst. 

Caravajal  getraute  sich  jedoch  nicht,  Montalvo's  Beispiel  zu 
folgen ;  er  that  vielmehr,  was  bereits  Hütten  in  des  S  p  e  i  r  e  r  s  Auftrag  hatte 
beginnen  sollen.  Er  ging  nämlich  von  der  Bariquicimeto-Gegend,  die  er, 
von  der  Küste  aus  im  Yaracui - Thale  vordringend,  glücklich  erreichte, 
nach  dem  Tocuyo  -  Thale  und  Hess  dort  am  Tage  der  Empfängniss  Maria 
in  einem  Flussplatze  seine  Karawane  Halt  machen,  um  eine  neue  Ortschaft 
zu  begründen.  Das  dortige  Bergland,  in  welchem  noch  viele  fried- 
liche und  darum  brauchbare  Cuibaer  hausten,  schien  für  Rindvieh- 
zucht besonders  geeignet  zu  sein.  Caravajal  sammelte  dort  in  ganz 
kurzer  Zeit  an  zweihundert  Personen  und  wusste  sich  bei  seinen  Leuten 
beliebt  zu  machen,  indem  er  ihnen  die  verschiedensten  Freiheiten  gewährte. 
Juan  de  Villegas  ward  zum  Haupte  der  neuen  Stadt  ernannt. 

In  dieser  erschien  nun,  wie  erwähnt,  eines  Tages  im  März  1546  zu 
Aller  Verwunderung  Pedro  de  Limpias  mit  sechs  Genossen;  er  be- 
richtete über  die  letzten  Zeiten  der  Hütten' sehen  Expedition  und  fand 
bei  Caravajal,  da  er  diesem  für  seine  ehrgeizigen  Pläne  brauchbar 
erschien,  bereitwilligen  Schutz.  Der  Statthalter  hoffte  die  gesammten 
Reste  der  Weiserischen  in  Tocuyo  festzuhalten.  Er  sandte  zu  diesem 
Zweck,  im  Einverständniss  mit  Limpias,  Villegas  ab,  um  W e  1  s e r  und 
Hütten  zu  suchen.  Ersteren  bewog  dieser  sogleich,  sich  zu  Caravaj  al 
zu  begeben;  für  den  noch  zurückgebliebenen  Hütten  Hess  er  zwei  Briefe 
zurück,  in  denen  es  hiess,  dass  Welser  in  Tocuyo  auf  ihn  warten  werde. 
Bald  darauf  erschien  Hütten  bei  Villegas,  aber  nur  mit  wenigen 
Personen,  nicht  mit  seiner  ganzen  Schar.  Er  erfuhr,  dass  Caravajal 
sieh  als  Statthalter  betrachte,  und  er  erlebte,  dass  dieser  ihm  durch 
Villegas  befehlen  Hess,  unverzüglich  nach  Tocuyo  zu  kommen,  sogar 
mit  der  Drohung:  folge  er  nicht,  so  habe  er  zu  gewärtigen,  dass  wider 
ihn  fünfzig  Reiter  ausgesendet  würden.  Hütten,  von  der  Krone  als 
General-Kapitän  bestätigt,  gedachte  freilich  nicht,  den  in  Santo  Domingo 
ausgesuchten  Gubernator  als  Vorgesetzten  anzuerkennen,  da  doch  das 
Besetzungsrecht  des  Statthalteramtes  wie  der  General-Kapitanie  seinen 
Herren  W eisern  vorbehalten  war;  er  ging  aber  doch  mit  Villegas 
zu  Caravajal,  der  ihm  freundlich  entgegenkam,  mit  ihm  speisete  und 
ihn  durch  Fructos  de  Tudela  zu  bestimmen  suchte,  nicht  nach  Coro 
zu  gehen,  sondern  an  Ort   und  Stelle  zu  bleiben ;   in  der  Nähe  fänden  sich 


Zusammentreffen  mit  Caravajal  in  Tocuyo.  141 

reiche  Goldlager,  die  er  den  Wels  er n  verschaffen  könne.  Caravajal 
war  entschlossen,  Alles  aufzubieten,  die  Reste  der  Weiserischen  in 
Tocuyo  zu  sammeln,  um  erforderlichen  Falls  mit  Waffengewalt  dem  neuen 
Gubernator  und  Untersuchungsbeamten,  welcher  bereits  von  Spanien  nach 
Coro  abgefahren  sein  sollte,  begegnen  zu  können,  dem  Juan  P^rez  de 
Tolosa,  welchem  der  Ruf  eines  gewissenhaften  und  energischen  Mannes 
voranging.  Hütten  jedoch  blieb  dabei,  nach  Coro  zurückgehen  zu  wollen. 
Am  nächsten  Tage  sah  er,  wie  alle  seine  Gefährten  von  Caravajal  be- 
ordert wurden,  vor  ihm  zu  erscheinen;  sie  traten  vor  Caravajal's 
Wohnung  an,  aber  um  ihren  Führer  geschart,  der  abermals  freien  Durch- 
zug nach  Coro  verlangte,  da  er  der  Krone  wie  den  Welsern  zu  berichten 
habe;  auch  gehöre  die  Gubernation  den  W eisern.  Es  kam  zum  Wort- 
wechseL  Des  Königs,  nicht  der  Wels  er  sei  die  Gubernation,  rief 
Caravajal,  Hütten  widersprach  als  kaiserlicher  General-Kapitän  und 
als  Beamter  des  Augsburger  Hauses.  C  a  r  a  v  a j  a  1  gebot  ihm  Schweigen 
und  Hess  den  Notaren  schreiben,  dass  er  dem  Widerspenstigen  befohlen 
habe,  als  Gefangener  in  seine  Wohnung  zu  gehen  und  in  derselben  zu 
bleiben.  Hütten  behauptete  nun,  Caravajal  sei  gar  nicht  das  Haupt 
der  Gubernation,  das  sei  er  selber.  Bald  kam  es  zu  Thätlichkeiten, 
Hütten  wie  W  e  1  s  e  r  stiegen  zu  Pferde  und  zogen  mit  ihren  Leuten  ab ; 
Caravajal  folgte  ihnen  in  kurzem  Zwischenraum  mit  den  Seinen.  Als 
er  sie  einholte,  wurde  er  von  Wels  er  angegriffen,  der  ihm  drei  Lanzen- 
stösse  versetzte  und  ihn  wohl  getödtet  hätte,  wenn  nicht  sein  Pferd,  das 
zwei  Stichwunden  erhielt,  von  den  langen  Märschen  zu  sehr  geschwächt 
gewesen  wäre.  Erst  die  einbrechende  Dunkelheit  endete  den  Kampf,  in 
welchem  mehrere  Pferde  durch  Hütten  genommen  wurden.  Dieser  zog 
dann  weiter  nach  Quibor,  einer  sieben  Leguas  von  Tocuyo  entfernten 
Ortschaft ;  ihm  folgten  dahin  von  Caravajal's  Leuten  Diego  R u i z 
deVallejo,  Gregorio  de  Placencia  und  Alonso  Romero,  die 
sich  Hütten  anschlössen.  Hier  in  Quibor  begannen  nun  zwischen  beiden 
Parteien  in  Gegenwart  eines  Notaren  Verhandlungen,  in  denen  schliesslich 
abgemacht  wurde,  dass  Hütten  nach  Coro  ziehen  solle,  und  zwar  mit 
allen  seinen  Leuten,  die  nicht  bleiben  wollten,  auch  mit  jenen  drei  Ueber- 
getretenen;  die  Ergebnisse  des  letzten  Kampfes  sollten  wieder  ausgeliefert 
werden.  Die  Friedensurkunde  unterzeichneten  ausser  Hütten  und 
Caravajal  mehr  als  fünfzig  Personen.  Caravaj  al '  s  Schritt  fand  aber 
bei  seinen  Leuten  wenig  Beifall;  namentlich  stachelten  ihn  Limpias, 
jener  Fernandez  und  ein  Flandrer  Sebastian  de  Almarcha  auf. 
Hu-tten   zieht   nun  sorglos  weiter,    auf  Coro  zu;   in  einer  Schlucht 


142  Geschichte  der  "Welser-Züge  in  Amerika. 


des  Carora  -  Gebirges  angekommen ,  zerstreuen  sich  seine  Leute ,  um 
Nahrungsmittel  zu  beschaffen.  Plötzlich  überfallt  Caravaj  al  die  Arglosen 
mit  seinen  Reitern;  kräftiger  Widerstand  ist  unmöglich,  da  die  Waffen 
nicht  bei  der  Hand  sind.  Hütten  und  Welser  werden  in  der  ersten 
Ueberraschung  gefangen  genommen  und  sofort  in  Ketten  gelegt,  dann  auch 
die  Geringeren  mit  Ausnahme  von  Wenigen,  welche,  wie  V  a  11  e  j  o ,  durch 
rasche  Flucht  sich  retten  können.  Die  Gefesselten  werden  alsbald  nach 
Tocuyo  zurückgebracht.  Dort  kann  Caravaj  al  bei  der  Gefangennahme 
nicht  stehen  bleiben-,  Limpias  und  Almarcha  reden  ihm  zu,  dass  er 
die  Macht  seines  Amtes  und  die  Stärke  seines  Willens  durch  Hinrichtungen 
allem  Volke  beweise.  Er  thut  es  in  wilder  Hast,  ohne  die  Formen  zu 
wahren,  nicht  einmal,  dass  die  Todesurtheile  niedergeschrieben  werden, 
dass  die  Verurtheilten  zur  gewünschten  Beichte  gelangen,  dass  die  Voll- 
streckung in  hergebrachter  Form  geschieht.  Ein  Neger  enthauptet  mit 
einem  stumpfen  Waldmesser  zuerst  Romer o,  dann  Placencia,  dann 
Wels  er  und  zuletzt  Hütten. 

Dieses  Verbrechen  geschah  unter  dem  alten  Baume,  der  die  Mitte 
des  neuen  xKirchplatzes  in  Tocuyo  bildete,  obwohl  eine  Anzahl  von  Geist- 
lichen und  der  Faktor  der  Wels  er  zugegen  war;  es  geschah  in  der 
Charwoche  des  Jahres  1546  (18. — 25.  April).  Eine  Bestattung  der  Leichen 
sollte  anfangs  nicht  erfolgen,  jedoch  erreichten  diese  Fructos  deTudela 
und  Martin  de  Artiaga  durch  ihre  Vorstellungen. 

Wenn  nun  die  Reste  der  Weiserischen  eintrafen,  so  warCaravajal 
ihrer  sicher.  Die  Wenigen,  die  bereits  mit  Wels  er  und  Hütten  ge- 
kommen waren,  ein  wehrloses,  krankes  Häuflein,  durften  von  Tocuyo 
weiterziehen :  wenn  sie  den  Jiraharaern  entkamen,  waren  sie  in  Coro  nicht 
mehr  gefährlich.  Mit  zwölf  Begleitern  erreichte  Artiaga  diesen  Ort. 
Dort  hatte  bisher  Juan  de  Frias,  der  zum  Untersuchungsbeamten  be- 
stellt war,  unterthänig  verharrt,  bald  aber  traf  jener  Juan  P^rez  de 
T  o  1  o  s  a  mit  besonderen  Kronvollmachten  ein.  Dieser  griff  energisch  ein. 
Er  fand  in  Coro  etwa  siebenzig  Menschen,  die  bisher  in  Angst  vor 
Caravaj al's  Ankunft  geschwebt  hatten;  vierzig  der  Besten  wählte  er 
unter  ihnen  aus,  ernannte  seinen  Bruder  Alonso  zum  General-Kapitän, 
jenen  Losada  zum  Lagerobersten  und  jenen  Vallejo  zum  Hauptmann 
der  Reiterei.  Dann  brach  er  nach  Tocuyo  auf,  indem  er  hoffte,  dass  die 
dreissig  dort  in  der  Zwischenzeit  angekommenen  und  aufgehaltenen 
Weiserischen  zu  ihm  stossen  würden.  Es  ward  der  Weg  durch  das 
Gebirge  von  Carora  eingeschlagen,  und  bereits  nach  drei  Tagereisen 
stiessen   25   von   Tolosa's   Reitern   auf  17  von   Ca r a  vaj al ;- diese   er- 


Der  Welser-Züge  Ende.  143 


kannten  Tolosa  sofort  als  Gubernator  an,  überlieferten  ihm  den  gefangenen 
Pedro  de  Sanmartin  und  berichteten,  dass  Caravajal  mit  siebenzig 
Mann  in  Quibor  stehe.  Dort  wurde  dieser  nach  einem  nächtlichen  Marsche 
überfallen  und  mit  seinen  Genossen  gefangen  genommen;  es  hiess,  dass, 
wenn  er  noch  einen  Tag  seine  Freiheit  behalten  hätte,  Juan  deVillegas 
mit  sieben  Anderen  das  Schicksal  von  Hütten  und  Wels  er  erlitten 
haben  würde.  P^rez  de  Tolosa  brachte  nun  Caravajal  nach 
Tocuyo,  nahm  dort  die  Verhöre  vor  und  verurtheilte  ihn  zum  Tode. 
Der  Spruch  ward  an  jenem  Baume  auf  dem  Hauptplatze  von  Tocuyo 
vollzogen.  Caravajal's  Genossen  jedoch  blieben  straffrei,  namentlich 
auch  Limpias. 

Mit  diesem  tragischen  Tone  klingt  die  Erzählung  von  den  Weiser- 
zügen in  Amerika  aus.  Da  auch  die  letzte  äusserste  Anstrengung,  die 
junge  Kolonie  hoch  zu  bringen,  nicht  den  erhoflften  Erfolg  gehabt  hatte, 
da  vielmehr  zu  allen  bisherigen  Verlusten  sich  nun  als  schwerster  und 
herbster  noch  das  ungerechte  Ende  des  jungen  Bartolmä  Welser, 
dieses  vielversprechenden  energischen  Erben  eines  grossen  Namens,  ge- 
reiht hatte,  so  war  Muth  und  Lust  zur  weiteren  Verfolgung  der  so  klug 
und  kühn  -  bewusst  eingeschlagenen  kolonialen  Politik  in  Augsburg  ge- 
schwunden. Zwar  blieben  die  Welser  noch  fast  ein  Jahrzehnt  rechtlich 
die  Herren  der  venezuelanischen  Lehen,  und  erst  1555  sollen  sie  auch  den 
rechtlichen  Titel  auf  diese  transoceanischen  Gebiete  auf  noch  nicht  auf- 
geklärte Weise  verloren  oder  aufgegeben  haben :  weitere  Flotten  und 
Mannschaften  sind  aber  von  den  W eisern  nicht  mehr  für  Amerika  aus- 
gerüstet, und  kein  Dalfinger  oder  Federmann,  kein  Hohermuth 
oder  Hütten  ist  wieder  im  Auftrage  des  Augsburger  Handelshauses  nach 
der  verheissungsvollen  neuen  Welt  gezogen.  Das  letzte  grosse  Opfer 
schien  durch  keinerlei  Erfolge  sich  wieder  gut  machen  zu  lassen;  es  Hess 
sich  nicht  verwinden,  und  so  endet  mit  ihm  die  tragische  Mär  vom 
deutschen  Indien,  die  auch  Manches  erzählt  von  deutscher  Recken  Wagniss 
und  Drangsal. 


JÜAN  DE  CASTELLANOS. 


EIN  LEBENSBILD  AUS  DER  CONQUISTA-ZEIT. 


W 


Festschrift  der  Haml) argischen  Amerika^Feier  11.  10 


EINLEITUNG. 


ra  Jahre  1588  wurde  von  Neu- Granada,  einer  der  für  Europa 
abgelegensten  Präsidentschaften  des  spanischen  Indiens,  eine 
umfangreiche  Dichtung  abgesandt,  welche  in  der  einsamen 
Hochgebirgsstadt  von  einem  Pfründner  der  dortigen  Kirche, 
von  Juan  de  Castellanos,  keinem  Geringeren  gewidmet  war,  als  dem 
Könige  Felipe  II.,  dem  Beherrscher  des  Mutterlandes.  Es  bildeten  die 
54  Gesänge  dieser  Dichtung,  die  von  Empfehlungen  angesehener,  in  jenem 
Tunja  und  in  der  Landes-Hauptstadt,  Santa  Fe  de  Bogota,  lebender  Per- 
sonen begleitet  wurden,  das  erste  Buch  eines  gross  angelegten  Werkes  ^), 
welches  „Elegien  über  Helden  Indiens"  heisst  und  ausführlich  die  Inseln 
wie  die  Küsten  des  atlantischen  Theils  der  neuen  Welt  besprechen  sollte: 
damals  sowohl  geographisch  wie  historisch  noch  wenig  bekannte  Gegen- 
den, in  welchen  dem  Verfasser  fast  das  ganze  Leben  dahin  gegangen  war; 
ein  zweites,  ein  abschliessendes  Buch  sollte  damals  schon  beinahe  fertig- 
gestellt sein.  In  Madrid  übersandte  der  königliche  Indien-Rath  die  statt- 
liche Handschrift  zur  Begutachtung  an  einen  hochangesehenen  Staats- 
beamten, der  selber  früher  einmal  überseeische  Lande  kennen  gelernt 
hatte.  Es  war  Agustin  deZärate^),  dessen  treffliches,  die  Entdeckung 
und  Eroberung  von  Peru  behandelndes  Geschichtswerk  bereits  zwei  Auf- 
lagen erfahren  hatte ;  der  Herr  las  mit  grossem  Eifer  und  erfuhr,  dass  der 
Verfasser  lange  Jahre  damit  ausgefüllt  habe,  das  ursprünglich  in  ungebun- 
dener Rede  geschriebene  Werk  umzuwandeln ;  er  sah,  dass  keineswegs  die 
gewöhnlichen  Verse  der  vaterländischen  Litteratur  gewählt  waren,  sondern 
jene  klangvollen  Oktave-Stanzen,  welche  seit  Langem  die  epische  Poesie 
der    Italiener    angewendet    und    jüngst    auch    ein    Kreis    hervorragender 

10* 


148  Juan  de  Castellanos. 


spanischer  Dichter  nachgeahmt  hatte.  Nicht  bloss  wegen  dieses  Kraftaufwandes 
hielt  er  die  baldige  Veröffentlichung  der  Tunjaer  Schrift  für  wünscliens- 
werth;  er  erkannte  auch,  dass  es  sich  darum  handele,  einem  verdienten 
Manne,  der  bereits  in  hohem  Alter  stand,  noch  bei  Zeiten  gerecht  zu 
werden;  hiess  es  doch  im  ersten  Gesang  des  ersten  Abschnittes  ungefähr: 
Ich  hebe  zu  elegischem  Gedichte 

Mit  klanglos  altersschwacher  Stimme  an; 

Ja,  meines  Lieds  Beschreibung  und  Geschichte, 

Sie  gleicht  dem  Sang,  den  sterbend  singt  der  Schwan! 

Doch  Niemand  ob  so  später  Zeit  mich  richte: 

Dass  ich  nicht  früher  schon  mein  Werk  gethan  — 

Der  beste  Vorsatz  wird  ja  oft  zerrissen 

Im  Fluthenstrom  von  tausend  Hindernissen. 
Die  Sache,  der  ich  mich  gewidmet  habe, 

Ist  Indiens  Erde,  diese  neue  Welt. 

Zu  retten  sie  aus  des  Vergessens  Grabe, 

Sie,  die  ein  ew'ger  Ruhm  so  schein  erhellt: 

Dafür  bring'  gern  ich  dar  all  meine  Habe 

Und  eb'ne  meinen  Pfad,  so  schwer  es  fällt; 

Denn  um  so  grosse  Bahn  zurückzulegen, 

Hol'  ich  weit  aus  auf  langen,  langen  Wegen. 
Der  bejahrte  Zdrate  erklärte  nach  Abschluss  seiner  Durchsicht,  dass 
dies  ohne  irgend  ein  Nebeninteresse  dem  gemeinen  Besten  dienende  Werk 
nicht  bloss  druckwürdig,  sondern  auch  für  die  Krone  anerkennenswerth 
sei.  Er  war  keine  poetische  Natur  und  nahm  keinen  Anstoss  daran,  dass 
die  Elegien  wenig  Elegisches  an  sich  trugen,  dass  die  Verse  mehr  be- 
schrieben, als  besangen,  dass  sie  mehr  Geschichte,  als  Gedichte  bildeten. 
Gerade  des  geographischen  und  historischen  Reichthums  wegen  schien  das 
weitgereiste  Buch  schätzenswerth  zu  sein ;  denn  der  Stoff,  welchen  es  in  etwa 
3500  umständlichen,  den  beiden  ersten  eben  angeführten  an  Breite  meist  gleich- 
kommenden Stanzen  behandelte,  füllte  in  (Jer  Kunde  von  den  überseeischen 
Dingen  eine  nicht  geringe  Lücke  aus ;  das  würde  gewiss  dankbar  in  allen 
Reichen  der  spanischen  Krone  anerkannt  werden,  namentlich  in  Anda- 
lusien, dem  hauptsächlichsten  Sitze  des  Verkehrs  mit  der  neuen  Welt;  als 
wichtig  erscheine  ausserdem  die  in  dem  Werke  enthaltene  Menge  bisher 
unbekannter  indianischer  Namen;  endlich  verdiene  der  Verfasser  als 
Astrolog,  Nautiker,  Mathematiker,  Kosmograph  Anerkennung.  Somit  war 
nach  Abänderung  von  Kleinigkeiten  keine  Censur-Bemerkung  erforderlich, 
und  König  Felipe  gab  denn  auch  die  Druckerlaubniss  mit  zehnjährigem 
Privileg  —  ein  zwanzigjähriges  war  beantragt  —  im  Schloss  von  San 
Lorenzo  am  IL  Juni  1588. 


Einleitung.  149 

Schon  bald  darauf  gelangte  das  zweite  Buch^)  des  Werkes  von  Neu- 
Granada  nach  Spanien;  es  wurde  in  Madrid  keinem  Geringeren  vorgelegt, 
als  dem  Dichter  Alonso  de  Ercilla  y  Zufiiga*),  dessen  grosses,  auch 
in  Achtzeilen  geschriebenes  Epos  kürzlich  zum  Abschluss  gebracht  war. 
Der  seiner  früheren  Kraft  bereits  verlustig  gegangene  Poet  fasste  seine 
Beurtheilung  schulmeisterlich  kurz:  er  habe  Nichts  gefunden,  was  dem 
Wohlklang  oder  der  Sittlichkeit  zuwider  wäre;  die  Erzählung  von 
Castellanos  halte  er  für  wahrheitsgetreu;  denn  viele  Vorgänge  und 
Einzelheiten,  die  er  während  seines  Aufenthalts  in  der  neuen  Welt  selber 
gesehen  und  selber  erfahren  habe,  seien  richtig  dargestellt,  woraus  er  ent- 
nehmen dürfe,  dass  der  Verfasser  überhaupt  der  Wahrheit  sich  befleissige; 
das  Buch  behandle  kriegerische  und  andere  Ereignisse,  die  bisher  von 
keinem  Autoren  dargestellt  worden,  aber  zum  Theil  doch  recht  wissens- 
werth  seien. 

Die  neu  gesandten  Verse  waren  wiederum  in  etwa  3500  Stanzen  und 
in  27  Gesängen  mit  einer  Einleitung  zusammengefasst.  Voran  ging  ein 
Sonett,  das  an  den  König,  ein  anderes,  das  an  den  Leser  sich  richtete; 
dann  kamen  Empfehlungen,  lateinische  wie  spanische,  am  Schluss  ein  Laus 
Deo.  Schnell  wurde  das  mit  keiner  Censurnotiz  belastete  Manuskript  als 
druckfertig  amtlicherseits  unterzeichnet  —  allein  die  Veröffentlichung 
unterblieb. 

Diese  Ungunst  des  Schicksals  theilten  auch  die  beiden  anderen 
Bücher,  die  später  noch  eingingen.  Das  dritte  Buch^),  umfangreicher  als 
die  früheren  —  44  Gesänge  — ,  war  theils  in  Oktave-Stanzen,  theils  in  jam- 
bischen Versen  geschrieben;  die  Anordnung  war,  wie  schon  der  Titel 
„Elegien  und  Eulogien"  zeigte,  ziemlich  bunt;  als  Zeichen  der  Ermüdung 
standen  am  Ende  verschiedener  Gesänge  kurze  Schlussverse  oder  ein 
Amen,  ein  Laus  Deo.  Die  Durchsicht  wurde  in  Madrid  an  den  gelehrtesten 
unter  den  Seefahrern  jener  Zeit,  an  Pedro  Sarmiento  de  Gamboa^), 
übertragen,  welcher  kürzlich  in  der  Weise  eines  Cäsar  seine  1579  und 
1580  von  Peru  durch  die  Magalhaes-Strasse  vollbrachte  Fahrt  ausführlich 
beschrieben  hatte.  Dieser  kritisch -anspruchsvolle  Mann  schenkte  dem 
Buch  keineswegs  volle  Billigung,  obgleich  es  wiederum  zwei  Dedikations- 
Sonette  und  die  Empfehlungen  von  mehreren  neu-granadischen  Gelehrten, 
geistlichen  wie  weltlichen  Standes,  an  der  Stirn  trug;  Sarmiento  nahm 
etliche  Veränderungen  vor,  verfügte  Zusätze  und  verdammte  sogar  ver- 
schiedene Stellen. 

Wie  in  diesen  drei,  allmählich  nach  Europa  gelangenden  Büchern 
die  westindischen  Inseln  Espanola,  Puerto-Rico,  Cuba  und  Jamaica,  ferner 


150  Juan  de  Castellanos. 


Cubagua,  Margarita  und  Trinidad,  und  ausserdem  die  Festlands-Provinzen 
Maracapana,  Venezuela,  Santa  Marta,  Cartagena,  Popayan,  Antioquia  und 
Choeö  behandelt  waren  —  so  galt  das  vierte  Buch'),  das  auch  noch  die 
Reise  zum  Mutterlande  überstand,  der  eigentlichen  Adoptivheimath  des  be- 
jahrten Verfassers:  dem  märchenhaften,  von  all  den  genannten  Provinzen 
umringten  Binnenlande,  dem  neuen  Königreiche  Granada.  Die  Schluss- 
stanze des  dritten  Buches  lautete:  , 
Hier  halt'   ich  ein,  zu  kurzem  Rasten  nur; 

Denn  wandeln  muss  ich  noch  gar  lange  Fährte: 

Jim^nez  de  Quesada's  dorn'ge  Spur, 

Des  Ersten,  der  als  glücklich  sich  bewährte 

Beim  Ernteschnitt  auf  Neu-Granada's  Flur, 

Als  sich  die  Noth  zu  eitel  Lust  verklärte. 

Hab'   ich  für  diesen  Mann  von  Heldenart 

Doch  meiner  Lieder  vierten  Theil  gespart. 
Dies  vierte  Buch,  das  mehr  als  20  in  ungereimten  Jamben  ge- 
schriebene Gesänge  umfasste,  gelangte  ebenso  wenig  zur  Veröffentlichung, 
wie  die  beiden  vorangehenden  Sendungen;  die  Schrift  wäre  wohl  ganz 
verschollen,  wenn  nicht  ihre  vergilbten  Blätter  in  später  Stunde  bei  einem 
aus  Santa  Fe  de  Bogota,  gebürtigen  Geistlichen  das  gleiche  Interesse  ge- 
funden hätten,  wie  früher  das  noch  frische  Manuskript  bei  seinen  Vor- 
gängern. Lucas  Fernändez  Piedrahita^),  Kantor  des  Erzstiftes 
Santa  F6,  studierte  in  Spanien  während  der  Zeit  von  1662  bis  1669  die 
von  ihm  bisher  kaum  beachtete  Heimalhs-Geschichte;  dabei  stiess  er  auf 
die  Mittheilungen  seines  fast  vergessenen  Tunjaer  Amtsbruders  und  erfreute 
sich  derselben  um  so  herzlicher,  als  sie  Vieles  enthielten,  was  ihm  ganz  be- 
sonders anmuthete,  weil  er  seinen  Stammbaum  mit  Vorliebe  auf  die  Sonnen- 
könige Perü's  zurückführte.  Dieser  Piedrahit^,  der  in  seiner  Jugend 
selbst  mit  Versen  sich  befasst  hatte,  widmete  dem  letzten  Buche  der 
Castellanos'schen  Heldengesänge  seine  vollste  Aufmerksamkeit,  dachte 
aber  keineswegs  daran,  dem  Druck  von  1589  eine  neue  Veröffentlichung 
folgen  zu  lassen.  — 

Castellanos  hatte  sich  in  seinen  alten  Tagen  nicht  ganz  von  dem 
Schatz  der  besten  Erinnerungen  getrennt;  vielmehr  behielt  er  Abschriften 
zurück,  die  später  von  Tunja  nach  der  Landeshauptstadt  kamen.  Dort 
wurden  sie  als  Andenken  ^)  an  das  früheste  Zeitalter  der  Kolonie  sorgsam 
bewahrt,  gelangten  aber  nur  selten  in  pietätvolle  Epigonenhand.  Eine 
Ausnahme  machte  erstlich  Pedro  Simon,  ein  Franziskaner-Pater,  welcher, 
als  er  den  Druck  seines  in  Neu-Granada  geschriebenen  Geschichtswerkes 
1627   in   der  spanischen  Heiraath   begann,    unter    den   Quellen    auch   die 


Einleitung.  151 

Strophen  des  ehemaligen  Tunjaer  Pfarrers  anführte.  Eine  zweite  Aus- 
nahme bildete  Alonso  de  Zamora,  der  Dominikaner-Pater,  welcher 
1696  in  Bogota  die  neu-granadische  Geschichte  des  Augustiner-Ordens  ver- 
fasste,  die  dann  in  Barcelona  gedruckt  wurde;  denn  auch  er  hielt  die 
Tunjaer  Schriften,  denen  er  viel  entnahm,  für  werthvolle  Quellen.  Somit 
blieben  sie,  trotz  der  Ungunst  der  Verhältnisse,  nicht  ganz  unbeachtet. 
Auch  die  amtlichen  Indien-Chronisten  vcrgassen  sie  nicht  vollständig,  so 
dass  sie  doch  noch  für  das  Studium  der  Nachwelt  erhalten  blieben.  Die 
folgenden  Blätter  thuen  dar,  dass  dies  Castellanos 'sehe  Vermächtniss 
als  ein  werthvolles  bezeichnet  werden  darf. 


y^ 


I.  WANDEß-PAHRTEN. 


Is  seit  der  Entdeckung  einer  neuen  Welt  etwa  ein  Menschen- 
alter sich  ausgelebt  hatte,  zogen  über  den  Ocean  ausser  den 
Seefahrern  nicht  bloss,  wie  in  der  ersten  Zeit,  wenige, 
ganz  besonderen  Interessen  nachgehende  Männer,  einzelne 
auserwählte  Vertreter  europäischen  Staats-  und  Kirchen- Wesens ,  einige 
Söldner  und  unter  Vertrag  stehende  Arbeiter;  ziemlich  bald  schon  ver- 
suchten Viele,  welche  den  eigenen  Sternen  folgten  und  selbständig  die 
Kosten  ihrer  Wagnisse  bestritten,  eine  Weltmeer- Fahrt  *,  das  waren  Vor- 
nehme und  Geringe,  Gebildete  und  Genossen  der  untersten  Volks- 
schichten: Handwerker,  Kaufleute,  Patriciersöhne,  Junker  und  Andere, 
meist  der  europäischen  Wirren  irgendwie  müde  gewordene  Leute,  welche 
kein  höheres  Ziel  verfolgten  als  ihre  Wander-  und  Abenteurerlust  zu 
befriedigen. 

In  dieser  nicht  schnellen,  aber  doch  stetigen  Strömung  nach  Westen 
fanden  sich  Anfangs  der  dreissiger  Jahre  dos  sechzehnten  Jahrhunderts, 
ausser  den  Angehörigen  der  Pyrenäischen  Halbinsel,  auch  noch  andere 
Unterthanen  jenes  gewaltigen  Herrschers,  in  dessen  Reichen  die  Sonne  nicht 
unterging:  Italiener,  namentlich  Genuesen;  Deutsche,  namentlich  Schwaben 
—  nur  die  Franzosen  und  die  Engländer  galten  sogar  jenseits  des  Welt- 
meeres als  natürliche  Feinde. 

Dieser  Zug  der  Zeit  ergriff  auch  einen  etwa  1514  zu  Alanis  in 
Andalusien  geborenen,  mit  der  besseren  Bildung  seiner  Heimath  ausge- 
statteten jungen  Menschen,  der  sich  Juan  de  Castellanos  nannte.  Er 
verliess  eines  Tages  seinen  kleinen  Heimathsort  und  fuhr  gen  Westen, 
ohne  recht  zu  wissen ,   was  er  jenseits  des  Oceans  eigentlich  wolle.    Das 


Wander-Fahrten.  153 


nächste  Ziel  bildete  die  Insel  Puerto-Rico  ^°),  wo  seit  den  Zeiten  des  be- 
rühmten Juan  Ponce  de  Leon  der  Vater  eines  Landsmannes  und 
Freundes,  mit  dem  zusammen  die  Reise  unternommen  werden  sollte, 
wohnte,  Juan  de  Ponce,  der  ebenfalls  aus  Alanis  stammte.  Die  Reise 
der  jungen  Leute,  des  Baltazar  de  Ponce  und  seines  gleichaltrigen 
Kameraden,  ging  ohne  Unfall  von  Statten.  In  San  German,  der  etwa 
hundert  europäische  Bewohner  zählenden  Hauptstadt  der  Insel,  war  der 
Entschluss  zu  fassen,  was  weiter  werden  solle. 

Schnell  lernte  dort  der  kaum  17jährige  Castellanos  alle  Europäer 
kennen,  geringe  wie  vornehme;  es  waren  meist  schon  ältere  Leute;  viele 
gehörten  sogar  zu  den  Veteranen  aus  den  Kriegen  gegen  die  starken,  für 
Cariben  geltenden  Eingeborenen,  welche  dort  noch  immer  die  Fremden 
beunruhigten. 

„Boriquen"  —  so  lautete  der  ursprüngliche  Name  der  Insel  -  bildete 
freilich  einen  Theil  des  columbischen  Vice-Königreiches  Indien;  es  stand 
jedoch  unter  der  Botmässigkeit  der  königlichen  Regierung  von  Santo 
Domingo,  deren  Statthalter,  Francisco  Manuel  de  Olando,  übrigens 
kein  Mann  von  Einfluss  war,  da  er  nicht  den  Conquistadoren-Kreisen  an- 
gehörte, welche  in  allen  überseeischen  Landen,  die  sie  betreten,  längst 
allmächtig  dastanden.  Auch  auf  Puerto-Rico  waren  sie  die  Massgebenden, 
obgleich  dort  weder  Wohlstand  noch  Ruhe  geschaffen  war;  dort  sah  es 
noch  aus,  wie  in  der  ersten  Zeit  der  Entdeckung;  dort  herrschte  noch 
das  alte  Ringen  und  Wagen  ohne  ständiges  Ziel ;  dort  zeigte  sich  nur  höchst 
selten  wirklicher  Erfolg. 

Von  dieser  allgemeinen  Unstätigkeit  gab  es  nur  eine  Ausnahme ;  das 
war  der  angestaunte  Antonio  Sedeno"),  welcher  in  etwas  mehr  als 
zehn  Jahren  durch  Plantagen-Wirthschaft  und  Indianer- Handel  ein  nennens- 
werthes  Vermögen  sich  erworben  hatte.  An  sein  Eingreifen  dachte  man 
in  San  German  immer,  wenn  von  den  verschiedenen  grösseren  Abenteurer- 
Zügen  die  Rede  war,  welche  bei  den  Mittellosen  Neid  und  Eifersucht  her- 
vorriefen ;  besonders  lebhaft  wurde  damals  der  wegen  seiner  Orinoco-Fahrt 
berühmt  gewordene,  aber  seiner  Strenge  halber  gefürchtete  Diego  de 
Ordaz  besprochen,  ein  jüngst  auf  dem  Ocean  gestorbener  Gefahrte  des 
grossen  Fernando  Cortös;  mit  vielem  Interesse  empfing  man  auch  1532 
die  Reste  einer  Expedition,  die  der  gepriesene  Seefahrer  und  Vorsteher 
der  spanischen  Seewarte,  Sebastian  Gabotto,  nach  dem  vielver- 
sprechenden La-Plata- Strom  geführt  hatte.  Aufsehen  erregte  es  ferner, 
als  sich  im  November  desselben  Jahres  ein  schon  oft  auf  den  Antillen  ge- 
sehener,   wunderlicher  Mann    mit   reisigem    Gefolge    zeigte,    welcher    die 


154  Juan  de  Castellanos. 


Festlandsküste  zwischen  dem  Magdalena-Strom  und  dem  Darien-Lande  von 
der  Cartagena-Bucht  aus  besiedeln  wollte  und  dafür  auch  etliche  von  den 
Gab  Otto 'sehen  Leuten  gewann:  Pedro  de  Heredia,  „der  Herr  mit 
der  künstlichen  Nase".  Etwas  später,  am  25.  Januar  1535,  erschien  dort 
eine  andere  Expedition,  eine  deutsche,  welche  Georg  Hohermuth  der 
Speirer,  nach  dem  grossen  Reiche  führen  wollte,  welches  1528  dem  Augs- 
burger Handelshause  Bartolmä  Wels  er  und  Gesellschaft^^)  verliehen 
worden  war:  einem  Lande,  in  welchem  bereits  ein  Bischofssitz  bestand.  Der 
auf  Puerto-Rico  lebende  Bischof  von  Coro^^),  Rodrigo  de  Bastidas, 
blieb  diesem  Zuge  fern;  in  demselben  durften  nämlich  nach  dem  Ab- 
kommen, das  die  Wels  er  mit  der  Krone  getroffen  hatten,  ausserhalb 
Europa's  keine  neuen  Personen  eingereiht  werden;  ebenso,  wie  sein  Vor- 
gänger, der  1533  im  Hochgebirge  von  den  Wilden  erschossene  Ambro s 
Dalfinger  aus  Ulm,  hatte  Hohermuth  sein  Werk  vielmehr  lediglich 
durch  die  mitgebrachten  Kräfte  zu  verrichten;  das  war  für  Manchen 
sehr  peinlich. 

Der  auf  Puerto-Rico  herrschende  Geist  der  Abenteuerei  Hess 
Niemanden  unberührt,  auch  nicht  den  frisch  angekommenen  Castellanos. 
War  ihm  das  Welser-Land  verschlossen,  so  lag  ihm  doch  die  westlich  von 
demselben  sich  ausdehnende  Provinz  Santa  Marta  offen;  allein  dort  schien 
weder  die  Landes-Hauptmannschaft  ^*),  noch  das  Bisthum  *^)  in  glücklicher 
Weise  sich  zu  entwickeln;  vielmehr  galt  jenes  früher  vielbegehrte  Gebiet 
jetzt  allgemein  für  gefährlich  und  aussichtslos;  trieben  dort  doch,  wie  es 
schien,  recht  bedenkliche  Leute  ihr  Wesen,  bald  phantastische,  unreif  aus 
Spanien  entsandte  Höflinge,  bald  in  Puerto-Rico  schlecht  angeschriebene 
Kreaturen  der  Regierung  von  Santo  Domingo.  Besser  sollte  es  mit  dem 
anderen  Nachbarlande  der  Wels  er  stehen,  mit  Maracapana  ^®),  wo  von 
jenem  Sedeno  schon  während  etlicher  Jahre  höchst  merkwürdige  Kund- 
schafts- und  Eroberungs- Versuche  gemacht  waren.  Dorthin  folgte  Castel- 
lanos gern,  in  Sedeno 's  Lande  liess  sich  auf  Glück  hoffen;  aber  nicht 
etwa  an  den  ausgesogenen  Küsten  von  Maracapana,  sondern  in  den  grossen, 
vom  Küstengebirge  zum  fernen  Orinoco  hinstreichenden,  bisher  noch  wenig 
betretenen  Flussgebieten.  Dafür  rüstete  sich  Castellanos  als  Reiters- 
mann aus,  mit  Ross  und  Knecht,  mit  Lederharnisch  und  Lederhaube, 
Polsterwams,  Kopftuch  und  Federbusch,  geflochtenen  Zeugschuhen,  mäch- 
tigen Sporen  und  schweren  Bügeln,  mit  Degen  und  Lanze,  mit  buntem, 
glockenbehangenem  Pferdegeschirr. 

Anfang  1536  sandte  Antonio  Sedefio  nach  Maracapana  einige 
Schiflfe,  um  dort  seine  vermeintlich  älteren  Ansprüche  gegen  einen  Lands- 


Wander-Fahrten.  155 


mann  geltend  zu  machen,  gegen  Jerönimo  HortaP'').  Dieser  neue 
Eindringling,  auf  königliche  Belehn ung  sich  berufend,  hatte  etwa  vor  einem 
Jahre  in  jenem  Lande  Fuss  gefasst,  dort  am  Neveri-Fluss  einen  festen 
Platz  mit  Namen  San  Miguel  angelegt  und  sogar  einige  offenbar  zukunft- 
reiche Binnen-Gegenden  in  Besitz  genommen,  besonders  Putigutaro,  ein 
üppiges  Flussthal  von  etwa  2000  Wolmstätten,  und  Chaigoto,  zwanzig 
Leguas  im  Umkreise,  mit  Anoantal,  wo  der  Häuptling  Guaramental  seinen 
Sitz  hatte.  Als  Sedeno  mit  seinen  ersten  Schritten  keinen  Erfolg  hatte, 
brach  er  persönlich  am  2.  August  1536  mit  drei  neuen  Schiffen  nach 
Maracapana  auf,  landete  170  Mann,  74  Pferde  und  viel  Lagergeräth, 
sammelte  schnell  eine  grössere  Macht  um  sich  und  ergriff  Besitz,  wo  er 
nur  konnte.  Hortal  war  damals  ins  Innere  gezogen;  er  hatte  eine 
schmeichelnde  Kunde  verfolgen  wollen,  die  Angesichts  der  kürzlich  in 
Peru  gefundenen  Schätze  doppelt  verlockend  klang:  die  gut  bezeugte 
Nachricht  von  einer  gesegneten,  Meta  ^^)  geheissenen  Wohnstätte  bekleideter 
Menschen ;  sein  Vorhaben  war  gescheitert.  Als  er ,  von  den  Gefährten 
während  des  Marsches  verlassen,  beinahe  hülflos  zum  Meere  zurückeilte, 
fand  er  im  vollen  Besitz  des  Küstengebietes  und  des  festen  Hauses  seinen 
Nebenbuhler,  der  gerade  sich  rüstete,  seinerseits  ins  Innere  des  Landes 
vorzudringen.  S  e  d  e  ü  o  's  Hauptmann  JuandeMiranda  hatte  ebenfalls 
sehr  günstige  Auskunft  über  das  Binnenland  erhalten ;  es  konnte  desshalb 
ein  grosser,  entscheidender  Zug  unternommen  werden:  erster  Feldoberst 
Diego  de  Reinoso,  Lageroberst  Diego  de  Losada  ^^);  unter  den 
Hauptleuten  waren  Juan  Bautista  und  Fernando  Vega,  unter  den 
Reitern  Juan  de  Castellanos. 

Jene  Länder  Putigutaro  und  Chaigoto  Hessen  sich  leicht  von  Sedeno 
besetzen;  Guaramental  floh  in  das  Gebiet  von  Guayacamo-,  auch  dies 
wurde  bezwungen,  aber  erst  nach  heissen  Kämpfen;  ebenso  ging  es  im 
Lande  von  Mayagatare.  Hier,  im  Orte  Cojo,  empfing  Sedeno  die 
Nachricht,  dass  ein  auf  Hortal 's  Betreiben  nach  ihm  abgesandter  Ver- 
treter der  Santo  Domingoer  Regierung  an  der  Küste  erschienen  sei ;  nach- 
dem dieser  unschädlich  gemacht  war,  ging's  von  Cojo  weiter  hinaus  in  die 
fast  endlosen  Grassteppen  der  nördlichen  Orinoco-Zuflüsse,  zuerst  in  die 
flurenreichen  Gebiete  von  Anipuya  und  Orocomay,  die  sich  friedlich  ver- 
hielten, und  dann  in  die  wilden  Striche  von  Gotoguaney  und  Guaxcarax, 
deren  Bewohner  nach  äusserstem  Widerstände  ihre  Wohnsitze  verliessen. 
Als  dies  „ Verhausen"  der  Eingeborenen  begann,  kehrte  S  e  d  e  n  o  's  Expe- 
dition um;  der  Tlieil,  bei  dem  Castellanos  stand,  drang  durchs  Gebirge 
nach  dem  Gebiet  von  Catapararo,    während  Sedeno   selbst  am  Tisnados- 


156  Juan  de  Castellauos. 


Flusse  entlang  zog,  um  das  Meer  zu  erreichen.  Hier  traf  den  gefeierten 
Führer  plötzlich  der  Tod.  Alsbald  erhob  sich  unter  seinen  Leuten  Zwie- 
tracht, obwohl  Rein  OSO  und  Los  ad a  zusammenhielten  und  sogar  einzelne 
Züge  unter  Leitung  der  Landlotsen  Antonio  Gonzales  und  Pedro 
Martel  weiter  ins  Innere  gingen,  durch  die  Llanos  immer  nach  Westen, 
wie  denn  Losada  hernach  an  Castellanos  erzählte,  dass  er  bis  zum 
Casanare-Fluss  gekommen  sei  und  dort  von  einem  hohen  Gebirgsrücken 
habe  sprechen  hören. 

Trotz  solcher  Anstrengungen  wurde  auch  dieses  Mal  der  Zugang  zu 
dem  gepriesenen  Meta- Lande  nicht  gefunden;  Reinoso  ging  1537  nach 
dem  benachbarten  Gebiete  der  Welser,  Losada,  der  Gönner  von 
Castellanos,  erst  nach  der  Insel  Cubagua,  dann  ebenfalls  dahin. 
Ihn  empfing  dort  Heinrich  Rembold,  welcher  während  der  Abwesen- 
heit des  nach  dem  Innern  gezogenen  Hohermuth  die  Geschäfte  führte, 
mit  grossen  Freuden;  denn  die  Weiserischen  beachteten  nicht  mehr  jenes 
Verbot,  aus  überseeischen  Landen  Leute  sich  zuzugesellen.  Castellanos 
folgte  diesen  Wegen  nicht;  er  begab  sich  fürs  Erste  nach  den  kleinen, 
vor  Maracapana  liegenden  Inseln.  Von  diesen  war  Cubagua  nächst 
der  Insel  Trinidad  für  Sedeno  und  seine  Züge  am  bedeutungsvollsten 
gewesen.  Trinidad  ^")  hatte  den  formellen  Ausgangspunkt  für  die  Unter- 
nehmungen Sedeno 's  gebildet  und  gewährte  nun  seinen  führerlos  ge- 
wordenen Parteigängern  leidliches  Obdach.  Für  alle  grösseren  Züge  jener 
Gegend  galt  jedoch  als  wichtigster  Ort  das  genannte  kahle  Eiland  ^^)  mit 
der  jungen  Hauptstadt  Neu-Cadix,  wo  Castellanos  mit  vielen  Ange- 
sehenen bekannt  wurde.  Unter  ihnen  ragte  der  unternehmende,  kraftvolle 
Bartolomö  Carreiio  hervor;  Martin  Yanez  Tafur  und  Domingo 
Velasquez  wiederholten  dort  Vieles  über  die  Ordaz 'sehe  Fahrt,  welche 
sie  selber  zum  Theil  mitgemacht  hatten;  besonders  sprach  der  seitdem 
des  Indianer-Treibens  müde  gewordene  Velasquez  von  den  Schwierig- 
keiten der  Stromfahrt  der  Caravele  Atoas  und  von  den  Aussagen  eines 
am  Caranaca-Flusse  angetroffenen  und  nur  ihm  verständlich  gewordenen 
Indianers  Taguato,  der  von  einem  bebauten  Lande  und  von  Kleider 
tragenden  Menschen  gesprochen  habe.  Margarita^^),  die  von  den  Perlen- 
Eilanden  jener  Küste  am  längsten  gekannte  Insel,  that  es  Castellanos  am 
meisten  an.  Ihrer  Reize  gedachte  er  allezeit  gern ;  dankbar  pries  er  nicht 
nur  die  dortigen  Gefährten,  wie  Bartolomö  Fernandez  de  Virues, 
George  de  Herrera,  Fernando  Mateos,  Diego  de  Miranda, 
lauter  „Musensöhne",  sondern  auch  etliche  weibliche  Wesen,  wie  Catalina 
und   Ana    de  Rojas,    Francisca    Gutierrez,    Isabel    delleina. 


Wander-Fahrten.  157 


Maria    de    Lerma,     Juana    de    Rivas,     sämmtlich    glücklich    ver- 
heirathete  Frauen. 

Dort  legten  gern  wir  ab  den  schweren  Sporn ; 

Gern  hingen  an  die  Wand  wir  Schild  und  Degen, 

Vergassen  gern  Pfeilgift  und  Stacheldorn. 

Wir  konnten  uns  mit  Trank,  wie  Nahrung  pflegen 

Und,  sicher  vor  der  Nacht-Insekten  Zorn, 

Den  müden  Leib  getrost  zur  Ruhe  legen. 

Die  holden  Frau'n,   so  oft  es  uns  gefiel, 

Gewährten  sie  uns  Tanz,  Gelag  und  Spiel  —   — 

Von  Landsitz  durften  wir  zu  Landsitz  zieh'n   — 

Damals  den  Schönen  mehr  als  städtisch  Leben 

Das  auf  dem  Lande  zu  gefallen  schien. 

Dort  wurden  reiche  Freuden  uns  gegeben 

Im  schattendichten,  duft'gen  Waldesgrün, 

Am  süssen  Quell,  wo  linde  Lüfte  weben. 

Im  Sanct  Johanuis-Thal,  wo  kühlen  Raum 

Zum  Fest  darbot  ein  ries'ger  Ceiba-Baum. 
Solche  Idyllen  wurden  durch  manche  Fahrten  unterbrochen,  die 
meist  wieder  nach  jenem  unseligen  Maracapana  führten,  wo  zusammen- 
hängendes Regiment  ganz  aufhörte,  weil  der  eine  Europäer  den  anderen 
bekriegte  und  kleine  Raubscharen  in  Menge  sich  bildeten,  die  von  der 
Hand  in  den  Mund  lebten,  gleich  den  Landsknechten  in  Europa. 
Castellanos  gehörte  mehrfach  einzelnen  Banden  an;  so  machte  er  z.B. 
einen  Zug  gegen  Tagares  mit,  bei  dem  Freund  und  Feind  kaum  sich 
unterscheiden  Hessen.  Die  Verwirrung  wurde  noch  grösser,  als  auch  die 
Männer  von  Venezuela  ^^)  nach  Maracapana  sich  verirrten :  zuerst,  kurz 
vor  der  Mitte  1538  erfolgenden  Rückkehr  Hohermuth's,  jener  Losada 
auf  Antreiben  von  R e m b o  1  d ,  sodann  gleich  darauf  Francisco  de 
Velasco,  welchem  Antonio  Navarro  folgte;  es  waren  wilde,  zweck- 
lose Züge,  die  Castellanos  aus  nächster  Nähe  sehen  konnte. 

Diesem  verschafften  solche  Kreuz-  und  Quer-Fahrten  eine  weitreichende 
Landeskenntniss.  Der  lebhafte  Andalusier,  dem  die  Tropen-Entbehrungen 
und  Tropen-Qualen  nur  noch  wenig  anhaben  konnten,  hielt  regen  Geistes 
alle  neuen  Eindrücke  fest;  zunächst  die  seltsam  klingenden  Namen  von 
Flüssen  und  Ortschaften,  so  schwierig  das  sein  mochte;  dann  beschrieb  er, 
ausser  den  eigenen  Erlebnissen,  die  Gewohnheiten  und  Nahrungsmittel  der 
Wilden,  die  Thiere  und  Gewächse,  und  zeichnete  endlich  auch  die  unter 
seinen  Genossen  umgehenden  Erzählungen  auf,  namentlich  wenn  sie  von 
den  grossen,  den  eigenen  Zügen  vorangehenden  Ereignissen  handelten: 
z.   B.  die  Ordaz'schen  Irrfahrten   von    1531  bis  1533,   die  vom  Marafion 


158  Juan  de  Castellanos. 


nach  Maracapana,  von  da  nach  dem  Meta  geführt  hatten,  oder  die  Hin- 
richtung der  drei  Brüder  Silva,  deren  Ungerechtigkeit  oftmals  von  der 
schönen  Constanze  de  Leon  beredet  wurde,  unter  hcissen  Thränen. 
In  diesem  Zusammenhang  kamen  auch  die  von  Juan  Gonzales,  dem 
früheren  Befehlshaber  des  Sedeno 'sehen  festen  Hauses,  nach  Guayana 
gerichteten  Kundschaftsfahrten  zur  Sprache,  die  Kämpfe  wegen  jenes  Asyls 
in  der  Wildniss,  bei  welchen  Alonso  de  Herrera  eine  Rolle  gespielt 
hatte,  die  Entdeckungszüge  dieses  später  von  den  Wilden  erschlagenen 
Mannes  und  dergleichen  mehr.  Spärlich  und  abgerissen  mochten  derartige 
Aufzeichnungen  vielleicht  sein :  allein  sie  erschienen  doch  ihrem  Verfasser 
und  seinen  Freunden  bald  als  werthvolle  Erinnerungen. 

In  einem  wilden  Lande,  wo  die  Christen  trotz  aller  Versuche  keinen 
festen  Fuss  zu  fassen  vermochten,  war  das  ersehnte  Glück  nicht  wohl  zu 
finden.  Im  Jahre  1540  ging  Castellanos  von  Maracapana  fort  und 
kam  auf  allerlei  Umwegen  zu  den  schon  vor  anderthalb  Jahrzehnten  durch 
Juan  deAmpi^s  inBesitz  genommenen,  viel  besproch  enen  Rieseninseln  ''*)  5 
diese  waren  auch  nicht  glückverheissend ;  er  traf  dort  inmitten  der  baum- 
und  wasserlosen  Felsen  einen  fast  verkommenen  kastilianischen  Missionar, 
ausserdem  noch  einige  andere,  mühseligem  Erwerb  nachgehende  Landsleute, 
und  endlich  die  Familie  jenes  bekannten  Santo  Domingoer  Zuckerrohr- 
Pflanzers  :  den  emsigen  Läzaro  Bejarano  und  dessen  Frau  Maria  de 
Ampi  es,  deren  einziger  Sohn  kürzlich  verstorben  war.  Damals  erschien 
den  Eltern  das  dürftige  Inselleben  als  doppelt  einsam  und  als  überaus  er- 
freulich eine  Rückkehr  nach  Espanola,  wo  doch  etwas  europäisches  Wesen 
sich  finden  Hess. 

Castellanos  begleitete  das  Ehepaar  nach  dem  altbekannten  Segel- 
Vorgebirge  2^) ,  das  für  die  Beschifliing  des  unteren  Antillen-Meeres  seit 
Langem  als  wichtigste  Seemarke  galt.  Dürftig  sah  es  dort  freilich  noch  aus 
wegen  der  Bedrohung  durch  die  wilden  Cocinaer  und  wegen  der  Dürre  des 
felsartig  sich  spaltenden  Bodens  und  des  unbezähmbaren  Wucherns  von  Distel- 
und  Dornen- Gewächsen;  trotzdem  hatte  sich  bereits  eine  kleine  Ansiedlung 
gebildet,  welche  von  einem  der  Weiserischen  herrührte,  von  Nikolaus 
Federmann,  der  sie  auch  kürzlich  gegen  die  Nachbarn  von  Santa 
Maria  vertheidigt  hatte;  diese  Angreifer  waren  zum  Theil  zu  ihm  über- 
gegangen, und  er  hatte  mit  ihnen  gemeinsam  das  Innere  des  Landes  auf- 
gesucht. 

Merkwürdiger  Weise  hatte  dieser  Deutsche  sein  Glück  gefunden.     In 
seiner  Küstengründung  herrschte   gerade,    als    Castellanos   sie    betrat. 


Wander-Fahrten.  159 


allgemeine  Erregung,  eine  gehobene  Stimmung,  in  welcher  zu  Ehren  von 
Frau  Maria  allerlei  Festlichkeiten,  Tänze,  Turniere  und  Stiergefechte 
veranstaltet  wurden.  Federmann  hatte  sich  nämlich  vor  Kurzem 
wieder  an  der  Küste  gezeigt,  und  zwar  mit  Kleinodien  beladen.  Mitte 
1539  waren  zur  Mündung  des  Magdalena- Stromes  Böte  gekommen,  welche 
an  dem  Fusse  eines  mächtigen,  an  Schätzen  und  Bewohnern  reichen  Hoch- 
gebirges wohlbehalten  drei  Expeditionsführer  nebst  Begleitern  nach  dem 
Meere  herabgetragen  hatten:  ausser  jenem  Bevollmächtigten  der  Wels  er 
noch  den  schon  seit  mehr  als  zwanzig  Jahren  in  den  indischen  Landen 
berufenen  Sebastian  de  Benalcdzar,  welcher  zuletzt  von  Perü's  ge- 
waltigem Landes-Hauptmann,  dem  so  schnell  berühmt  gewordenen  Fran- 
cisco Pizarro,  auf  Entdeckungen  ausgeschickt  worden  war,  und  dann 
einen  Vertreter  des  Santa  Martaer  Gubernators,  einen  bisher  ganz  namen- 
losen Mann,  den  muthigen  Licentiaten  Gonzdlo  Jim^nez  deQuesada. 
Diese  drei  sehr  verschieden  gearteten  Conquistadoren,  die  sich  im  tiefen 
Innern  des  Landes  getroffen  hatten,  waren  Juli  1539  an  der  Küste  ohne 
Weiteres  nach  Europa  abgefahren.  Sie  hatten  sich  zuvor  sehr  schweigsam 
verhalten,  als  sollte  geheim  bleiben,  was  bereits  Hunderte  mit  ihnen  in 
jenem  Lande  gesehen  hatten,  welches  mit  dem  Namen  des  neuen  König- 
reichs Grranada^^)  belegt  worden  war.  Ueber  Reichthümer  alter  Kultur, 
welche  an  die  von  Pizarro  gefundenen  Inka-Schätze  erinnerten,  über 
einen  Tempel,  der  den  Sonnen-Heiligthümern  Perü's  zu  gleichen  schien, 
über  die  Sitze  der  eingeborenen  Herrscher  Tunja  und  Bogota,  über 
prunkende  Goldsachen  und  glänzende  Smaragden,  über  eine  gutbewohnte, 
das  „Thal  der  Burgfesten"  geheissene  Hochebene,  welche  die  Meta-Kunde 
zu  erfüllen  schien,  über  alle  diese  Herrlichkeiten  schwiegen  die  Genossen 
jener  Fahrt  keineswegs.  Zu  ihnen  gehörte  der  gewandteste,  noch  lebende 
Pfadfinder  Venezuela's,  Pedro  de  Limpias,  welchen  jetzt  Hohermuth, 
der  im  Gegensatz  zu  solchen  Erfolgen  doppelt  dürftig  erschien,  aus  Santo 
Domingo  herüberholte,  damit  er  doch  wieder  in  Weiserische  Dienste  träte. 
Ueberall  rüstete  man  seitdem  zu  grossen  Dingen;  besonders  in  Coro,  wo 
nunmehr,  während  Bischof  Basti  das  noch  immer  von  seiner  Diöcese  fern 
gehalten  wurde,  zwei  höhere  Geistliche  die  kirchliche  Einrichtung  über- 
nahmen: Juan  Rodriguez  de  Robledo,  als  Dechant,  und  Juan 
Fructos  de  Tudela,  als  Kantor;  Castellanos  konnte  es  nicht  unter- 
lassen, den  Ersteren  vom  Segel- Vorgebirge  aus  in  Versen  und  in  Prosa 
zu  begrüssen. 

Schnell  entstand  in  ihm  doch  die  Lust,    von  dem  Lande,    an   dessen 
Rande    er   bisher  gewandert  war,    das   neuentschleierte,   an   Wundern  so 


160  Juan  de  Castellanos. 


reiche  Innere  zu  sehen.  Ausserordentlich  schnell  erfüllte  sich  dieser 
Wunsch.  Schon  im  Oktober  1540  befand  sich  Castellanos  hoch  über 
dem  Meeresspiegel,  oben  in  den  Bergen,  in  jenem  „neuen  Königreiche 
Granada" . 

Dort  —  in  einer  kleinen  Ansiedlung,  die  V^lez  genannt  wurde  — 
hatte  er  seine  erste,  in  das  endlos  scheinende  Waldland  tief  hineindringende 
Reise  bereits  hinter  sich;  es  war  eine  beschwerliche  Fahrt  auf  wildem 
Strome  und  ein  noch  beschwerlicherer  Marsch  durch  und  über  noch  wildere 
Gebirge  gewesen.  Diese  Wendung  seines  Lebens  rührte  daher,  dass  ihn 
am  Segel- Vorgebirge  ein  Mitglied  der  königlichen  Regierung  von  Santo 
Domingo  getroffen  hatte,  JerönimoLebron  de  Quij  ones^'^),  welcher 
vor  längerer  Zeit  herüber  gekommen  war,  um  die  Gubernation  von  Santa 
Marta  zu  übernehmen,  für  die  der  Tod  des  Statthalters  verhängnissvoll  zu 
werden  drohte,  welcher  nunmehr  zur  Fahrt  ins  Innere  rüstete.  Zu  diesem 
Zwecke  waren  jetzt  aus  Espanola  Kleider,  Wein,  Mehl,  Getreide  und  ver- 
schiedene Sämereien,  Esel,  Rinder,  Pferde,  Neger  und  sogar  Frauen  heran- 
geschafft; es  waren  Fluss-Schiffe,  die  mit  Büchsen-  und  Armbrust-Schützen 
besetzt  werden  sollten,  erbaut,  Indianer  mit  ihren  Fahrzeugen  und  Häupt- 
lingen herangezogen,  auch  einige  hundert  Europäer  angesammelt,  besonders 
frühere  Gefährten  jenes  Gonzälo  de  Quesada.  Diese  Männer,  unter 
denen  Diego  de  Par^des-Calderon  als  der  Erste  galt,  hatten  nach 
ihren  vor  etwa  vier  Jahren  gewonnenen  Erfahrungen  die  oft  versteckte, 
wegen  Theilung  der  Gewässer  schwer  zu  findende  Strasse  des  Magdalena- 
Stromes  gezeigt,  bis  ihr  wichtigster  Märkpunkt,  die  Gabelung  bei 
Tora,  erreicht  war;  sie  hatten  dann  umsichtig  die  Einfahrt  in  den  reissen- 
den, vom  starrenden  Opon-Gebirge  herabfallenden  Seitenstrom  geleitet, 
ebenso  die  gefahrvollen  Flussübergänge  und  den  Marsch  durch  die  Berg- 
wildniss.  Dort  in  V^lez  waren  diese  Qualen,  welche  der  liederlustige 
Lorenzo  Martin  vergeblich  hinwegzuscherzen  gesucht  hatte,  wirklich 
zu  Ende. 

Die  Ansiedlung  jenseits  des  Saravita-Flusses,  nahe  am  Hochgebirge, 
im  Lande  der  oft  bedrohlichen  Chipataer  belegen,  sollte  eigentlich  nur  einen 
Haltpunkt  für  die  neue  Marschroute  bilden ;  allein  in  ihr  musste  L  e  b  r  o  n 
wider  Erwarten  lange  Zeit  still  liegen.  Es  wurde  nämlich  das  Recht, 
Landpfleger  für  Neu-Granada  zu  ernennen,  der  Santo  Domingoer  Regierung 
abgesprochen ;  das  grosse  neuentdeckte  Innere  gehöre  gar  nicht  zur  Landes- 
Hauptmannschaft  Santa  Marta;  schon  seit  dem  Mai  des  vorigen  Jahres  sei 
ein  Vertreter  jenes  Gonz41o  de  Quesada  im  Amte,  sein  Bruder  Fer- 
nando Pörez  de  Quesada.    Auf  die  Entscheidung  dieser  Frage  wartete 


Wander-Fahrten.  161 


L  e  b  r  0  n  von  Woche  zu  Woche.  Freilich  benahm  er  sich  in  Velez  zuerst, 
als  sei  an  seinem  Obrigkeitsrechte  gar  nicht  zu  zweifeln.  Er  begann  dort 
sogar  eine  Untersuchung  wegen  der  Hinrichtung  des  letzten  Beherrschers 
der  benachbarten,  mit  Kleidung  und  anderen  Gesittungszeichen  vertrauten 
Tunjaer,  der  Hinrichtung  des  Zaque  Quimin,  die  jener  Fernando  de 
Quesada  vor  Kurzem  befohlen  hatte,  ungerechtfertigter  Weise,  wie  seine 
Feinde  sagten,  unverständiger  Weise,  wie  Castel|anos  meinte.  Das 
Verfahren  dehnte  sich  in  Velez  immer  weiter  aus,  selbst  auf  den  ab- 
wesenden Gonzdlo  de  Quesada,  welcher  auch  einen  Tod  zu  ver- 
antworten hatte;  war  doch  der  Zipa  Zaquesa,  der  letzte  Beherrscher 
der  ebenfalls  durch  Kleidung  und  sonstige  Kultur  ausgezeichneten  Bogotder, 
während  einer  Folterung  verendet.  Durch  solche  Untersuchungen,  die 
Castellanos  kannte,  wurden  immer  neue,  bisher  dunkle  Verhältnisse 
enthüllt:  jene  Zaques  sollten  die  Beherrscher  eines  ehemals  stattlichen, 
erst  in  jüngster  Zeit  von  den  Zipas  bezwungenen  Reiches  gewesen  sein; 
über  das  Schloss  oder  den  Tempel  des  Tunja,  einen  schon  im  September 
1537  niedergebrannten  Bau,  wurden  gar  erstaunliche  Dinge  ausgesagt; 
es  hiess,  dass  noch  jetzt  die  Trümmer  rauchten.  Dann  sollte  der  Bogota, 
dessen  Schätze  noch  immer  nicht  gefunden  waren,  einen  priesterlichen 
Charakter  getragen  haben,  etwa  wie  der  Presbyter  Johannes  oder  der 
Oberherr  der  Moslemiten. 

Fernando  de  Quesada  bekümmerten  solche  in  V^lez  vor  sich 
gehende  Ermittlungen  wenig;  als  seine  Bevollmächtigten  dort  zu  keinem 
Abschluss  der  Verhandlungen  kamen,  erschien  er  selber  mit  bewaffnetem 
Anhang.  L  e  b  r  o  n  musste  einlenken ;  er  sah  sich  genöthigt,  seinen  Gegner 
zu  begleiten,  und  zwar  zur  nächstbelegenen  christlichen  Ortschaft.  Die 
hiess  Tunja,  nach  jenem  Wildenvolke,  in  dessen  Mitte  sie  sich  befand. 
In  ihr  stand  seit  dem  6.  August  1539  ein  sehr  beliebter  Mann,  GonzAlo 
Suärez  de  Rondon,  ihr  eigentlicher  Begründer,  an  der  Spitze  der 
Verwaltung;  der  trat  vollständig  auf  Seiten  Quesada's,  ebenso  die 
Ortsobrigkeit,  die  aus  den  Angesehensten  der  Conquistadoren  gebildet  war 
und  in  Domingo  de  Aguirre  einen  tüchtigen  Schreibmeister  besass. 
Angesichts  solchen  Widerspruchs  wurde  beschlossen,  dass  Lebron  und 
Quesada  ihre  Streitfrage  in  dem  dritten  Christen-Platze  zur  Entscheidung 
bringen  sollten,  einer  An  Siedlung,  die  gerade  ein  Jahr  älter  war,  als  Tunja. 
Santa  F^  de  Bogotd  trug  kirchlichen  Namen,  da  dort  ein  kleines  Gottes- 
haus errichtet  war,  in  welchem  zwei  von  Federmann's  Leuten ,  Juan 
Verdejo  und  Vicente  de  Requejada,  als  Priester  wirkten.  Auch 
hier  fand  Lebron  keine  Anerkennung,    da   auch   hier  zur  Ortsobrigkeit 

Festschrift  der  Hamburgisclien  Amerika-Feier  II.  11 


162  Juan  de  Castellanos. 


die  Ersten  der  Conquistadoren  gehörten;  sogar  das  Verlangen,  mit  der 
eigenen  Mannschaft  auf  neue  Entdeckungen  auszuziehen,  wurde  ihm  ab- 
geschlagen; zu  seinem  Schaden  und  der  Kolonisten  Vortheil  hatte  er  ge- 
rathen,  schleunigst  Alles  zu  verkaufen :  Pferde,  Rinder,  Sklaven,  dann  aber 
unverzüglich  den  Heimweg  anzutreten.  Wirklich  kehrte  Lebron  um; 
er  begab  sich  mit  dem  Erlös  —  etwa  12000  Pesos,  theils  in  Gold,  theils  in 
Smaragden  —  und  mit  jenen  Üntersuchungs-Akten  von  Santa  Fe  nach 
Guataqui,  dem  schon  früher  benutzten,  im  Lande  der  Pancher  gelegenen 
Magdalenafluss-Hafen.  Dort  schiffte  er  mit  einigen  Genossen,  im  Ganzen  etwa 
40  Mann,  ungestört  sich  ein  und  kam  in  ungefithr  zwei  Wochen  nach 
Santa  Marta  hinab;  von  da  fuhr  er  sofort  nach  Santo  Domingo  hinüber, 
wo  er  bereits  im  Juli  1541  seine  Erlebnisse  erzählen  konnte. 

Bei  dieser  Rückfahrt  gehörte  Castellanos  nicht  zu  seinen  Be- 
gleitern. Nach  allerlei  Gelegenheiten  ausschauend,  war  er  auf  der  Hoch- 
ebene geblieben,  wo  er  bald  Zeuge  einer  gar  merkwürdigen  Expeditions- 
Ausrüstung  wurde.  Jener  Fernando  de  Quesada  war  für  Nach- 
richten, die  er  über  Wunder  der  Wildniss  erhielt,  überaus  empfänglich. 
Schon  während  der  Anwesenheit  seines  Bruders,  schon  im  Jahre  1537,  war 
er  durch  die  Kunde  von  Amazonen  ^^)  zu  einem  Zuge  veranlasst  worden, 
welcher,  sonst  ohne  Erfolg,  die  gern  geglaubte  Mär  von  der  üppig- 
schönen Jararita  hervorgerufen  hatte;  jetzt  nachLebron's  Abzug  ge- 
dachte er  einem  Wesen  nachzujagen,  das  noch  seltsamer  war,  als  eine 
Weiberkönigin,  nämlich  dem  sich  vergoldenden  Wildenhäuptlinge,  dem 
irgendwo  jenseits  der  Hochgebirgsgrenze  seines  Neu-Granada  zu  suchenden 
Dorado^^).  Es  galt  an  dem  Sitze  dieses  „güldenen  Prinzen",  in  einem 
offenbar  von  Gold  strotzenden  Lande,  Anderen  zuvorzukommen,  sowohl 
dem  Gonzälo  Pizarro,  der  in  Quito  zuerst  die  Nachricht  erhalten  und 
sofort  die  Suche  begonnen  hatte,  als  auch  jenem  Georg  Hohermuth, 
von  welchem  einer  der  Weiserischen  Hauptleute,  der  plötzlich  auf  der 
Hochebene  erschienene  Lope  Montalvo  de  Lugo,  erzählte,  wie  er 
bereits  grosse  Rüstungen  mit  Hülfe  jenes  Limpias  betrieben  habe.  Als- 
bald sammelte  Quesada  die  Tüchtigsten  der  kleinen  Kolonie,  ernannte 
den  Ueberbringer  der  venezuelanischen  Nachricht  zu  seinem  Lageroberst, 
den  Pater  Requej ad a  zu  seinem  Feldkaplan,  und  Gonzdlo  Suärez 
zu  seinem  Vertreter  im  Lande.  Sein  Plan  stützte  sich  auf  Federmann's 
Zug;  er  wollte  über  Fosca  in  das  Tiefland  dringen  und  dann  etwa  in  der 
Fährte  von  Hohermuth  weiter  ziehen;  sein  Aufbruch,  erfolgte  am 
1.  September  1541. 

Castellanos  schloss  sich  dieser  Unternehmung  nicht  an;  er  begab 
sich  vielmehr  nun  zur  Küste  zurück.     Mit   ihm   zogen   manche  über  die 


Wander-Fahrten.  163 


Entblössung  der  neuen  Ansiedlungen  und  die  Gewaltlhätigkeit  von 
Quesada  Unzufriedene,  unter  Anderen  Pedro  de  AceboSotelo.  In 
Santa  Marta  mochte  der  Unruhige  nicht  bleiben;  er  ging  von  dort  nach 
der  ihm  schon  bekannten  Insel  Cubagua,  wo  er  mit  alten  Freunden  sich 
bereden  wollte.  Viele  derselben,  namentlich  Ca rrefio,  waren  bereits  weg- 
gezogen, weil  die  dortige  Perlenherrlichkeit  zu  Ende  ging ;  allein  es  waren 
doch  noch  manche  kundige  Personen  anwesend.  Dort  beschrieb  nun  Fran- 
cisco de  Velasco  die  jüngsten  Ereignisse  in  Venezuela,  besonders  die  oft 
besprochene  grosse  Hohermuth '  sehe  Expedition,  welche  er  zum  Theil 
mitgemacht  hatte,  den  nach  Vollendung  neuer  Rüstungen  plötzlich  ein- 
getretenen Tod  des  auch  von  seinen  Gegnern  geehrten  deutschen  Feld- 
hauptmanns, und  die  hochfliegenden  Pläne  des  neuen  Weiserischen  General- 
Kapitäns,  des  kraftvollen  Philipp  von  Hütten,  der  im  August  1541 
ins  Innere  gezogen  war,  von  jenem  Limpias  berathen  und  von  dem 
Landpfleger  in  Venezuela,  dem  Bischof  B  a  s  t  i  d  a  s ,  mit  genauen  Weisungen 
versehen.  ' 

Die  wenigen  Wochen,  die  Castellanos  auf  Cubagua  aushielt, 
brachten  ihm  eine  denkwürdige  Begegnung.  Auf  der  Rhode  von  Neu- 
Cadix  erschien  am  9.  September  1542  ein  schwer  mitgenommenes  Schifi". 
„Wir  eilten  in  Menge  an  den  Strand,  das  seltsame  Fahrzeug  zu  sehen; 
Viele  glaubten,  dass  Leute  aus  den  Ordaz' sehen  Zeiten  heimkehrten. 
An  Bord  hatte  man  freilich  unsere  bekalkten  Häuser  beachtet,  jedoch  den 
Ort  nicht  erkannt;  das  Weisse  schien  von  nacktem  Gestein  oder  von  ge- 
bleichtem Vogeldung  zu  stammen.  Auf  der  Rhode  fehlten  die  Caravelen 
und  Piraguen  der  Perlenfischerei ,  von  denen  die  der  dortigen  Gegend 
Kundigen  gesprochen  haben  mochten;  der  Perlenfang  war  eben  schon 
dahin.  Ein  bewaffnetes  Boot  wurde  abgeschickt.  Man  landete  bei  Punta 
de  las  Piedras,  wo  ein  Saumpfad  sich  zeigte,  und  glaubte  auf  dem  Wege 
Spuren  unbekannter  Thiere  zu  erkennen;  es  wurden  aber  Hufnägel  ent- 
deckt und  bald  die  Wohnungen  von  Neu-Cadix  gefunden.  Von  dort 
entsandte  Pedro  de  Herrera  ein  Boot,  um  ein  anderes  noch  fehlendes 
Schiff"  aufzusuchen;  Cristöbal  de  Lepe  ging  mit  einem  Indianerfahr- 
zeuge, dem  Segel  und  Steuer  gegeben  waren,  aus  und  traf  auch  die  Caravele 
von  Francisco  deOrellana ^^).  Dieser  hielt  das  fremd  aussehende  Boot 
zuerst  für  verdächtig  und  rüstete  sich  zum  Kampfe;  da  vernahm  er  die 
Muttersprache  und  die  Botschaft  von  H  er  rera.  Sofort  landete  er  mit  seinen 
Genossen,  deren  wunderliche  Kleidung  Allen  auffiel,  und  wurde  gastfreund- 
lich aufgenommen."  Orellana  erschien  am  11.  September  und  erzählte 
alsbald  viel  von  der  schweren,  Monate  dauernden  Fahrt  auf  dem  Riesen- 
il* 


164  Juan  de  Castellanos. 


Strome,  welchen  er  nach  den  Amazonen  nannte,  deren  Vorhandensein  für 
ihn  ebenso  wie  für  Fernando  de  Quesada  zweifellos  feststand;  er  be- 
richtete auch  sonst  über  eine  Menge  interessanter  Dinge,  z.  B.  über  Funde, 
die  offenbar  von  der  Hohermuth' sehen  Unternehmung  herrührten. 

Bald  darauf  verliess  Castellanos  Cubagua.  „Es  fiel,"  so  erzählt 
er  zum  Jahre  1543,  „ein  furchtbarer  Regen;  das  Meer  schien  höher  zu 
sein  als  das  Land;  ich  lebte  im  Hause  von  Pedro  Ruiz  Barrasa  und 
seiner  Ehefrau  Beatriz  de  Medina  die  Wohnung  war  dem  Strande 
nahe  belegen  und  stürzte  zusammen,  als  ich  eben  ins  Freie,  nach  der  Mitte 
des  Marktplatzes,  mich  geflüchtet  hatte;  auch  viele  andere  Häuser  brachen 
mit  entsetzlichem  Getöse  ein,  selbst  die  Kirche;  jedes  Obdach  fehlte; 
überall  Geschrei  der  Kinder  und  Frauen,  aber  kein  Todesfall."  Rodrigo 
de  Niebla  und  Juan  Gab  eile,  die  an  jener  Küste  wohlbekannten 
Schiffer,  brachten  Castellanos  und  seine  Schicksalsgenossen  nach  dem 
benachbarten  Margarita;  von  da  ging  die  Fahrt  weiter  zum  Segel- Vor- 
gebirge, wohin  die  älteren  cubaguaer  Bekannten  schon  vor  Monaten 
voraus  gegangen  waren. 

Dort  hatte  inzwischen  der  immer  ergiebiger  werdende  Perlenfang 
die  Ortschaft  gehoben,  welche  vor  Kurzem  noch  so  unbedeutend  war, 
jetzt  aber  schon  als  ganz  stattlich  erschien  und  mit  ihrem  etwa  zehn 
Leguas  begreifenden  Gebiet  unabhängig  von  Venezuela,  wie  von  Santa 
Marta  dastand;   ihr  Name  war  Nuestra  Senora  de  los  Remedios. 

In  dieser  aufblühenden  Ansiedlung  erschien  plötzlich  der  bereits  lange 
erwartete  neue  Landeshauptmann  von  Santa  Marta,  Alonso  Luis  de 
Lugo^^).  Der  Herr  kam  von  Santo  Domingo  mit  grosser  Ausrüstung,  mit 
Pferden  und  Rindern;  ihm  flog  der  Ruf  der  Gewaltthätigkeit  voran,  und 
in  der  That  bemächtigte  er  sich  sofort  der  aus  der  Perlen-Abgabe  ge- 
bildeten königlichen  Kasse.  Dann  begann  er,  ohne  den  Sitz  seiner  Re- 
gierung auch  nur  berührt  zu  haben,  den  Aufinarsch  nach  dem  Smaragden- 
Lande. 

Castellanos  zog  mit,  ebenso  sein  früherer  Geführte  Loren zo 
Martin.  Die  Expedition  hatte,  weil  sie  für  die  Flussfahrt  nicht  genügend 
vorbereitet  war,  auf  dem  Magdalena-Strome  die  grössten  Anstrengungen 
zu  machen;  später  fiel  es  schwer,  den  Weg  vom  Flusse  in  die  Berge  zu 
finden,  da  von  Ortskundigen  nicht  Viele  vorhanden  waren.  Einem  Kund- 
schafterzuge von  25  Mann  gehörte  Castellanos  an.  „Nach  achttägigem 
Gebirgsmarsche,"  so  erzählt  er,  „stiess  der  Neger  Mang alonga  im  Berg- 
stocke von  Atun  auf  einen  Feldbau,  in  welchem  die  Wilden  ihr  Fest 
feierten;   entsetzt  floh  der  Sklave  zu  den  Uebrigen  zurück  und  rief  einen 


Wander-Fahrten.  165 


solchen  Schrecken  hervor,  dass  Alle  davon  rannten,  ja  dass  ein  Gefährte 
zurückgelassen  wurde,  den  die  Wilden  alsbald  tödteten.  Zwei  der  Flüch- 
tigen gelangten  zu  Wasser  nach  Lugo's  Vorhut  und  beschrieben  den. 
Weg."  Nun  wurden  unter  Lorenzo  Martin  zwölf  Büchsenschützen  ab- 
gefertigt, welche  das  letzte  Lager  von  Castellanos  und  Genossen 
erreichten;  durch  ihre  Schüsse  zusammengerufen,  fanden  sich  sechzehn  in 
traurigstem  Zustande  ein,  ermunterten  sich  aber  wieder,  vorzüglich  durch 
die  Laune  des  liedersingenden  Martin.  Man  wollte  jenen  Ort  überfallen, 
fand  jedoch  bloss  Reste  eines  Brandes  und  darunter  etwas  Mais.  Bald 
darauf  erbot  sich  ein  anderer  Negersklave  G  a  s  p  a  r ,  der  L  e  b  r  o  n  auf 
seinem  Zuge  begleitet  hatte,  in  vierzehn  Tagen  Nachricht  nach  der  nächsten 
Stätte  der  Christen  zu  bringen,  nach  jenem  Velez.  Ihm  schlössen  etliche 
Spanier  sich  an;  man  überstieg  wirklich  die  Höhe  des  Gebirges  und 
erreichte  nach  ungefähr  dreissig  Tagen  die  Ansiedlung,  deren  wenige  Be- 
wohner ihren  Landsleuten  jetzt,  Mai  1543,  ebenso  freudig  entgegen  eilten, 
wie  sie  früher,  Oktober  1540,  gethan  hatten. 

Castellanos  sah  hier,  dass  Lugo  nicht  die  Schwierigkeiten  auf 
seinem  Zuge  fand,  wie  vordem  L  e  b  r  o  n.  In  Tunja  führte  noch  SuArez 
das  Regiment  an  Stelle  von  Fernando  deQuesada,  welcher  mit  seinem 
Abenteurerzuge  glücklich  über  das  Hochgebirge  gekommen  war,  aber,  wie 
man  bereits  wusste,  gegen  Anfang  des  Jahres  tief  im  Süden  von  den  Hoch- 
ebenen aufs  Neue  das  Gebirge  überschritten  hatte,  ohne  besseren  Erfolg 
aufweisen  zu  können,  als  sein  Nebenbuhler  Gonzalo  Pizarro.  Zu 
Suärez  stellte  sich  Lugo,  trotz  längeren  Aufenthalts  in  Tunja,  keineswegs 
freundschaftlich.  Castellanos  freute  sich  dort  über  die  Fortschritte  der 
Kultur,  z.  B.  über  europäische  Nahrungsmittel;  gab  es  da  doch  schon 
Schinken,  die  von  den  durch  Benalcdzar  ins  Land  gebrachten  Schweinen 
stammten,  Geflügel,  welches  von  dem  Hühnerpaare  herrührte,  das  Feder- 
mann's  Leute  trotz  aller  Bedrängnisse  bis  zur  Hochebene  getragen  hatten, 
Brot  aus  europäischem  Weizen,  von  europäischen  Frauen  bereitet,  ja 
Pulver  und  Kugeln,  die  am  Orte  selber  hergestellt  wurden.  Ein  kleiner, 
ernst-freundlicher  Herr  ward  ihm  damals  als  der  letzte  Priester  eines 
uralten,  im  Iraca-Thale  gelegenen  Heiligthumes  bezeichnet;  er  erhielt  nach 
Lugo  den  Namen  Alonso,  während  sein  ursprünglicher  Name  Soga- 
m  0  s  0  ^^)  gewesen  sein  sollte. 

Wie  schon  in  Tunja,  so  trat  auch  in  Santa  Fe  de  Bogota  L  u  g  o  feind- 
selig gegen  die  während  der  letzten  sechs  Jahre  mit  Land  und  Leuten 
belehnten  Spanier  auf;  er  erklärte  schliesslich  alle  Handlungen  von 
Gonzälo    und  Fernando    de   Quesada    für  nichtig  und  nahm  sogar 


166  Juan  de  Castellanos. 


den  Letzteren,  als  er  endlich  nach  der  Hochebene  zurückkehrte,  nebst 
seinem  aus  Peru  gekommenen  jüngeren  Bruder  Francisco  gefangen. 
Bald  hatte  sich  der  gewaltthätige  Mann  die  Mehrzahl  der  Ansiedler  zu 
Feinden  gemacht;  einige  lockte  er  an  sich  und  beraubte  sie  dann  ebenfalls 
ihrer  Freiheit.  Darauf  begann  er  —  Mitte  1544  —  die  Rückfahrt,  nach- 
dem er  noch  jenen  MontalvodeLugo  zu  seinem  Vertreter  gemacht 
hatte.  Ihn  begleitete,  ausser  den  Gefangenen,  nur  eine  kleine  Schar,  zu 
welcher  Castellanos,  jener  Loren zo  Martin  und  der  urwüchsige 
Pater  Requejada  gehörte,  der  viel  über  die  jüngste  Dorado-Jagd  und 
über  vorangehende  Züge  erzählte.  Von  Lugo  sprach  Niemand  günstig 
und  dachte  Niemand  gut ;  überall  sollte  er  auf  schmähliche  Weise  sich  be- 
reichert haben.  So  hiess  es  z.  B.,  er  habe  mehr  als  50000  Goldpesos 
dem  jetzt  als  Gefangenen  mitgeführten  Sudrez  abgezwängt,  ausserdem 
noch  Silber  und  Smaragden,  unter  letzteren  einen  vollständig  klaren  Stein 
von  Degenknopf-Grösse. 

In  Santa  Marta  kaufte  Lugo  ein  Schiff  und  gedachte  beim  Segel- 
Vorgebirge  ins  offene  Meer  zu  stossen.  Dies  gelang  ihm  nicht;  er  sollte 
seine  Beute  nicht  ungestört  in  Sicherheit  bringen.  Das  Hinderniss  kam 
ganz  unerwartet.  In  Remedios  trat  nämlich  den  Reisenden  ein  erschütternder 
Beweis  von  der  Schiffbrüchigen  Noth  an  der  unwirthlichen  cocinaer  Küste 
entgegen.  Ein  neuer  Bischof  von  Santa  Marta,  der  Hieronymitaner-Mönch 
Martin  de  Calatayud,  war  nebst  grossem  Gefolge  Ende  1543  von 
Europa  abgefahren,  zugleich  mit  dem  ersten  Vicekönige  von  Peru,  B 1  a  s  c  o 
Nunez  de  Vela,  welcher  die  in  dem  Südseelande  seit  Pizarro's  Er- 
mordung ausgebrochenen  Wirren  erledigen  sollte ;  als  das  bischöfliche  Schiff 
die  stattliche  vicekönigliche  Flotte  verlassen  hatte,  war  es  auf  dem  Wege 
zum  Segel-Kap  irre  gefahren  und  nach  schwerem  Unwetter  vor  der  Coci- 
bacoa-Halbinsel  gestrandet;  dann  war  beim  Landmarsch  der  Durst  mör- 
derisch geworden,  bis  ein  aus  Spanien  mitgebrachter  Indianer  den 
Genuss  der  Kaktus-Früchte  gezeigt  hatte ;  elf  Tage  lang  war  man  durch 
das  völlig  öde  Land  geirrt,  hatte  zwanzig  Mann  verloren  und  wegen 
Trinkwassers  heftige  Kämpfe  wider  die  Cocinaer  bestanden,  bis  endlich 
Remedios  erreicht  war.  Dort  zogen  der  königliche  Schatzbeamte  und  die 
Stadtvertreter  den  Geretteten  entgegen  und  beriethen  sich  alsbald  mit  dem 
Bischöfe  darüber,  ob  der  gerade  angekommene  Lugo  seine  Beute  ausser 
Landes  bringen  dürfe,  ohne  Rechnung  abgelegt,  ohne  widerrechtlich  Ge- 
nommenes erstattet  zu  haben.  Das  Ergebniss  der  Berathung  war,  dass 
Lugo  gefangengesetzt  wurde,  Sudrez  aber  in  Freiheit.  Dieser  leistete 
bald  bei  einem  Korsarenüberfall ''^),  dem  Castellanos  beiwohnte,  werth- 


i 

Wander-Fahrten.  167  ] 


volle  Dienste.  Endlich  kamen  die  Weisungen  der  Regierung  von  Espa- 
riola;  sie  beschränkten  sich  aber  darauf,  dass  Lugo  vor  der  Weiterreise 
alle  der  Krone  zustehenden  Gelder  abzuliefern  habe.  Dies  geschah.  Dann 
ging  Lugo  mit  seinem  Schiffe  nach  Santiago  auf  Cuba,  von  da  nach 
Maguana  auf  Espanola,  wurde  aber  überall  wie  ein  Verbrecher  betrachtet. 
Auch  diese  Fahrten  machte  Castellanos  mit  und  kam  so  zum 
ersten  Male  nach  Santo  Domingo  ^*),  wo  er  eine  Anzahl  recht  bedeutender 
Männer  antraf;,  den  Kanonikus  Liendo,  Arce  de  Quiros,  Diego  de 
G  uz  man,  und  vor  Allen  den  alten  Bekannten  Hortal,  der  längst  dem 
Wildnissleben  entsagt,  eine  Zeit  lang  bei  Rodrigo  de  Niebio  Anstellung 
gefunden  und  dann  eine  reiche  Wittwe  geheirathet  hatte.  Dort  sah  er 
auch  jenen  Bejarano  wieder,  dem  er  vor  einigen  Jahren  beim  Segel- 
Vorgebirge  Lebewohl  gesagt  hatte ;  derselbe  gefiel  sich  recht  gut  als  Erbe 
seines  Schwiegervaters.  Besonders  wichtig  war  ihm  die  Bekanntschaft  des 
Schloss-Hauptmanns  Gonzälo  Fernändez  de  Oviedo  y  Valdes^^), 
welcher  wegen  seiner  indischen  Schriftwerke  von  1525  und  von  1535, 
sowie  wegen  seiner  noch  im  Gange  befindlichen,  grossen  Arbeiten  für 
„eine  allgemeine  Geschichte  und  Natur-Beschreibung  von  Indien"  ungemein 
interessant  war;  vermochte  doch  der  mit  aller  Welt  bekannte,  „gute 
Oviedo"  gar  manchen  Wink  zu  geben,  wie  der  rasche  Fortgang  der  über- 
seeischen Entdeckungen  für  die  Nachwelt  sich  festhalten  lasse,  wenn  recht- 
zeitig die  Einzelheiten  der  Vorgänge  mit  Fleiss  und  Umsicht  nieder- 
geschrieben oder  gesammelt  würden.  Castellanos  hatte  die  in  Maraca- 
pana  begonnenen  Aufzeichnungen  nicht  fortgesetzt,  merkte  sich  aber  wohl- 
weislich die  Rathschläge  des  erfahrenen  Gönners. 


rj» 


IL  ANSIEDLUNaS -VERSUCHE. 


uf  Espanola  trat  Castellanos  in  eine  Gesellschaft  ein, 
welche  Goldwäscherei  betreiben  wollte.  Den  Schauplatz 
dieses  Unternehmens  sollte  die  altberühmte  Küstengegend 
Citurma^^)  bilden,  im  Besonderen  ein  zuerst  von  einem 
Schuster  Ferndndez  als  goldhaltig  entdeckter  Fluss  in  der  Sierra 
Nevada  von  Santa  Marta.  Castellanos  rüstete  sich  für  ein  langjähriges 
Kolonistenleben  in  der  Festlandswildniss  aus;  ebenso  thaten  seine  Ge- 
sellschafter. Bald  segelte  man  nach  Remedios  hinüber,  und  von  da  ging 
man  nach  Westen;  Luis  Pardo  führte  die  Leute  zu  Wasser,  Blas 
de  Medina  die  zu  Lande,  unter  denen  Castellanos  war.  Diese  Kolo- 
nisten zogen,  zwölf  Mann  hoch,  an  dem  Salzsee  von  Tapö  vorbei,  über 
einen  Fluss,  in  dem  der  noch  immer  betrauerte  Rodrigo  Palomino 
ehedem  seinen  Tod  gefunden  hatte  und  jetzt  Castellanos  in  Lebens- 
gefahr gerieth ;  dann  nach  Marona,  von  dort  am  eigentlichen  Meeresstrande 
weiter  über  den  Don-Diego-Bach  nach  dem  unfern  der  Mündungen  des 
Guachaca  und  Mendiguaca  belegenen  Buritaca,  wo  die  Schiffe  sich  zeigten, 
aber  wegen  Wind  und  Wellen  nicht  löschen  konnten.  Castellanos  und 
seine  Genossen  befanden  sich  desshalb  vierzehn  Tage  lang  in  unbehaglicher 
Lage;  dann  überbrachten  Indianer  von  Santa  Marta  einen  Brief,  nach 
welchem  der  Rechtsanspruch  auf  das  Gold  der  dortigen  Flüsse  zweifelhaft 
sein  sollte.  Sofort  eilte  Castellanos,  der  auf  das  Unternehmen  viel 
von  seinem  bisher  erworbenen  Gelde  verwendet  hatte,  nach  jener  Stadt, 
wo  die  Verhältnisse  alsbald  geordnet  wurden  und  zwei  cubaguaer  Bekannte 
sich  ihm  zugesellten.  In  Buritaca  wurden  nun  —  Mitte  1545  —  Woh- 
nungen  aufgeschlagen,    halb    Blockhäuser,    halb   Hütten.     Sie    lagen   am 


Ansiedlungs- Versuche.  169 


Strande  selbst,  weil  alles  übrige  Land  von  dichtestem  Urwalde  bedeckt 
war,  dessen  Mückenschwärme  mehr  quälten,  als  die  sich  ruhig  verhaltenden 
Wilden.  Die  Kolonie  befand  sich  an  einer  prachtvollen  Stätte,  wo  mächtige 
Schneeberge  in  die  honigreiche  Wildniss  hinabschauten.  Die  Goldsuche 
begann  unfern  des  Ortes  Maconchita,  wo  die  Flussschlucht  so  steil  war, 
dass  in  ihre  Felswand  Treppen  von  vielen  hundert  Stufen  eingehauen 
werden  mussten;  zwischen  dieser  Stelle  und  dem  Meere  stürzte  die  Berg- 
flut in  wildem,  tosendem  Fall  über  ihr  breites  Steinbett.  Wirklich  zeigte 
sich  Gold,  im  Wasser  sowohl  wie  unter  dem  Laube  des  Dickichts ;  Jeder- 
mann war  hocherfreut;  die  Neger-Sklaven  und  die  Indianer-Knechte  sam- 
melten die  glänzenden  Stücke  ein;  eine  Zeit  lang  stand  Alles  in  bestem 
Flor :  viel  Arbeit,  aber  auch  lohnender  Gewinn.  Auf  die  Dauer  aber  war, 
trotz  grossester  Mühen,  eine  regelrechte  Goldwäsche  nicht  durchzuführen; 
die  Bodenbildung  war  zu  ungünstig,  indem  sich  jene  kaskadenreiche 
Geröllstrecke  weder  entfernen,  noch  umgehen  Hess. 

Als  soviel  wie  möglich  geerntet  war,  wurden  die  Kolonisten-Häuser 
von  Buritaca  nach  einem  Orte  zwischen  Tape  und  Marona  gebracht,  wo 
in  dem  San  Salvador  genannten  Flusse  ebenfalls  reichlich  Gold  zu  finden 
sein  sollte.  Auch  hier  bot  sich  Erfolg,  wenngleich  auch  hier,  trotz  immer 
neuer  Versuche,  keine  ständige  Anlage  von  grösseren  Wäschereien  sich 
halten  konnte. 

Die  Jahre  der  Arbeit,  die  Castellanos  in  diesen  Küsten- 
gegenden verbrachte,  befriedigten  ihn  persönlich  dennoch  in  jeder  Be- 
ziehung. 1549  verliess  er  die  Wäschereiplätze,  um  einen  günstigeren  An- 
siedlungsort  auszukundschaften,  und  begab  sich  zunächst  nach  der  Mündung 
des  Axt- Flusses,  wohin  Nuestra  Seiiora  de  Remedios  in  der  Zwischenzeit 
verlegt  worden  war.  Der  neue  Ort,  obwohl  wegen  des  Ausblickes  auf  die 
Schneegebirge  Nuestra  Senora  de  las  Nieves  getauft,  wurde  meist  Rio 
de  la  Hacha  nach  jenem  Flusse  genannt.  In  seinen  Anfängen  war  er  da- 
mals weit  dürftiger  als  sein  Vorgänger,  den  von  Anfang  an  Zuzüge  von 
Cubagua  gefördert  hatten ;  er  fesselte  desshalb  Castellanos  wenig,  diesen 
lockte  weit  mehr  die  schon  als  alt  erscheinende,  jenseits  des  venezuela- 
nischen Sees  belegene  Stadt  Coro,  welche  als  Sitz  eines  Landes-Hauptmanns 
und  eines  Bischofs  interessanteres  und  lohnenderes  Leben  verhiess;  dort 
war  gewiss  auch  Auskunft  darüber  zu  erlangen,  wie  und  wo  im  wilden 
Lande  Einzelne  sich  feste  Ansiedlungen  verschaffen  könnten. 

In  Santana  de  Coro,  dem  Ausgangspunkt  der  jetzt  offenbar  ganz 
darnieder  liegenden  Herrschaft  der  Deutschen,  kannte  Castellanos,  der 
Mitte  1549  eintraf,  die  Herren  des  Domkapitels,  denen  er  übrigens  bisher 


170  Juan  do  Castellanos. 


nur  schriftlich  nahe  getreten  war:  Juan  Robled o  und  Juan  Fr iic tos, 
ausserdem  den  neuen  Bischof  selber,  MiguclJerönimoBallestreros, 
der  aus  dem  Domkapitel  von  Cartagena  de  Indias  vor  einigen  Jahren  dort- 
hin berufen  worden  war ;  aber  sonst  traf  er  doch  nicht  die  erwarteten  Aus- 
kunftspersonen. Diego  de  Losada,  mit  dem  er  1536  und  1537  seine 
ersten  Indianer-Züge  gemacht  hatte,  war  vor  etwa  zwei  Jahren  mit  einer 
grossen  Expedition,  der  auch  jener  Limpias  angehörte,  in  das  von  Coro 
aus  unentwirrbar  nach  Westen  sich  erstreckende  Hochgebirge  hinein- 
gedrungen; als  Gas tellanos  ankam,  wusste  Niemand,  was  aus  dem  Zuge 
geworden  sei,  ob  er  im  Schnee  -  Gebirge  oder  im  Tieflands  -  Sumpfe  fest- 
sitze. Die  daraus  entstehende  Sorge  konnte  in  Coro  auch  ein  vielfach 
erprobter  Genosse  von  Losada  nicht  beseitigen:  der  schon  seit  mehr  als 
zwanzig  Jahren  im  Lande  bewanderte  Diego  Ruiz  de  Vallcjo^'), 
welcher  kürzlich  aus  einem  der  rauhesten  und  widerwärtigsten  Theile  jenes 
Hochgebirges  zurückgekehrt  war,  aus  dem  Lande  der  Cuicaer,  wo  Heilig- 
thümer  einer  Gottheit  Icaque  angetroffen  waren,  sowie  Nachrichten  von 
Menschenopfern,  die  ein  Priester  Namens  Toy  zu  gewissen  Jahreszeiten 
darzubringen  pflege.  Derartige  Dinge  waren  für  Castellanos  nicht  zur 
Niederlassung  ermuthigend,  aber  doch  von  grossem  Interesse;  mehr  aber 
noch  fesselten  ihn  die  Mittheilungen,  die  sein  neuer  Freund  über  die 
venezuelanischen  Vorgänge  der  jüngsten  Zeit  zu  geben  vermochte. 

Vallejo  hatte  bis  zum  Aeussersten  treu  bei  den  Weiserischen  ^^) 
ausgeharrt,  während  nunmehr  der  neue  Landes-Hauptmann  von  Venezuela, 
Juan  P^rez  de  Tolosa^^),  das  Regiment  der  Deutschen  rücksichtslos 
abgebrochen  hatte  —  gleich  nach  seiner  Ankunft  in  Coro,  wo  nur  noch 
70  ärmliche,  in  der  kleinen  Kirche  verschanzte  Personen  als  Reste  der 
deutschen  Kolonie  angetroffen  waren. 

Tolosa,  der  alle  anderen  Grössen,  Lebron,  Lugo,  selbst  Sedeno, 
an  Energie  überstrahlte,  war  eine  verschlossene  Natur,  Vallejo  aber  er- 
zählte um  so  mehr.  Er  berichtete,  wie  er  von  dem  letzten  gegen  die 
Welser  geführten  Schlage  beinahe  selber  getroffen  wäre.  Ein  seit  Dal- 
finger's  Zeit  berüchtigter  Mensch,  Juan  deCaravajal,  hatte  auch 
ihn  zum  Tode  bringen  wollen;  allein  er  war  jenem  Henkermesser  ent- 
ronnen, welches  seine  Freunde  Gregorio  Placencia  und  Alonso 
Romero  ebenso  wie  Philipp  von  Hütten  und  Bartolmä  Welser 
dahin  gerafft  hatte;  diese  Greuel  der  Charwoche  von  1546,  die  schreiendsten 
Unthaten  seit  den  blutigen  peruanischen  Vorgängen,  waren  von  Tolosa 
furchtbar  gestraft  worden ;  unzugängig  für  irgend  welche  Bitten,  hatte  der 


Ansiedlungs -Versuche.  171 


strenge  Mann  den  nichtswürdigen  Caravajal  schleifen,  aufhenken,  vier- 
theilen lassen;  seitdem  war  der  Ceiba-Baum,  der  in  Tocuyo  als  Schand- 
galgen gedient  hatte,  abgestorben;  allgemeine  Verachtung  hatte  die  Ge- 
nossen jenes  Mordbuben  verfolgt.  Noch  ergriff  Alle,  mit  denen  Castellanos 
die  Katastrophe  der  Weiserischen  besprach,  unheimlicher  Schauder;  mehr 
als  einer  der  früheren  Bewohner  von  Coro  hatte  sie  miterlebt,  namentlich 
der  Kantor  Fructos  und  ein  besonders  hervorragender  Mann,  der  schon 
zu  Dalfinger's  Kameraden  zählte  und  den  Domherrn  auf  allen  seinen 
Entdeckungsfahrten  begleitet  hatte,  Hauptmann  Martin  deArtiaga; 
dieser  langjährige  Genosse  der  Weiserischen  hatte  auch  jener  Hinrichtung 
beigewohnt  vmd  sogar  über  sie  Hand  und  Schrift  von  Caravajal  ver- 
langt und  bekommen;  er  wurde  noch  jetzt  durch  eine  im  Kampf  mit  den 
ungebändigten  Macoaern  empfangene  Verwundung  am  Gebrauch  seiner 
Gliedmassen  gehindert ;  mit  Philipp  von  Hütten  war  er  auf  der  grossen, 
mehr  als  vierjährigen  Expedition,  mit  G  eorg  Hohermuth  auf  der  Fahrt 
von  1536  bis  1538,  mit  Nikolaus  Federmann  auf  dem  Zuge  von  1530 
und  1531  gewesen.  Castellanos  empfand  wieder  Lust,  Aufzeichnungen  zu 
machen;  er  nahm  alle  Berichte  Artiaga's  gern  entgegen,  namentlich  auch 
den  über  den  letzterwähnten  Federmann  'sehen  Zug,  von  dem  ihm  bisher 
nur  die  Erzählungen  des  wunderlichen  Pater  Requejada  zugekommen 
waren.  Er  ging  den  einzelnen  Ereignissen  mit  forschendem  Sinne  nach. 
Ausser  Fructos  und  Artiaga  gab  es  in  Coro  noch  manche  andere 
Gewährsmänner  für  die  jüngste  Geschichte.  Da  war  einer  der  seltsamsten 
Abenteurer,  Diego  de  Montes,  der  sich  zum  Arzt  der  Hohermuth'- 
schen  und  Hütten 'sehen  Expedition  emporgeschwungen  hatte;  ferner 
Fernando  Gallejo,  der  die  Anfänge  von  Coro,  besonders  die  Zustände 
unter  Juan  de  Ampi^s,  kannte.  Castellanos  sammelte  bei  ihnen 
allerlei  Nachrichten. 

Für  seine  praktischen  Zwecke  konnten  diese  Leute  nicht  dienen; 
sein  Besuch  in  Coro  blieb  für  die  Lebenspläne  erfolglos.  Jener  Tolosa, 
der  grimme  Landes  -  Hauptmann ,  beschloss  die  Rückkehr  der  grossen 
Gebirgs-Expedition,  die  sein  Bruder  AI on so  unter  Losada's  Leitung  an- 
führte, nicht  weiter  abzuwarten,  sondern  über  Land,  unter  Benutzung  des 
venezaelanischen  Sees,  nach  dem  Axt-Flusse  zu  gehen,  wo  durchaus  gegen 
die  aufs  Neue  drohenden  Korsaren-Angriffe  Schutz  geschaffen  werden  musste. 
Dahin  wollte  auch  der  enttäuschte  Castellanos  zurückkehren.  Zuerst 
ging  alles  gut  von  Statten;  dann  aber  stand  er  plötzlich  an  dem  Sterbe- 
lager  des   vom  Fieber   der  Cocibacoa- Wildniss    dahin   gerafften  Tolosa, 


172  Juan  de  Castellanos. 


der  am  Todesorte  auch  seine  Bestattung  fand.  Das  Gefolge  setzte  die 
Reise  nach  Nuestra  Sefiora  de  las  Neives  fort,  wo  jedoch  ohne  den  Landes- 
Hauptmann  nichts  auszurichten  war. 

Castellanos  fand  dort  jetzt  ebenso  wenig  wie  früher  genügenden 
Erwerb;  wohl  aber  erlangte  er  dort  manche  Auskunft  über  die  ihn  inter- 
essirenden  allgemeinen  Dinge,  besonders  wieder  über  die  frühere  Weiser- 
herrschaft. Ihm  berichtete  dort  nämlich  über  die  erste  Zeit  von  Coro 
Bartolome  de  Santillana,  der  während  einer  von  Dalfinger's  Ab- 
wesenheiten Landpfleger  in  Venezuela  gewesen  war;  die  Anfänge  von 
Maracaibo  kannte  Fernando  Beteta,  der  dort  einmal  die  Stadt-Haupt- 
mannschaft geführt  hatte ;  über  die  ersten  Bewohner  dieser  Ortschaft  sprach 
er  Jil  de  Nava  und  dessen  Gattin.  Derartige  Mittheilungen  nieder- 
zuschreiben, gewährte  dem  im  Nachrichten-Sammeln  wieder  eifriger  ge- 
wordenen Manne  Vergnügen  und  Befriedigung.  Solch  ein  Sammeln  lag 
recht  nahe;  denn  ausnehmend  rasch  veränderten  sich  in  diesen  neuen 
Landen  alle  Verhältnisse ;  unglaublich  oft  wurden  Hoffnungen  und  Berech- 
nungen getäuscht. 

Ueberall  neue  Menschen,  vorzüglich  in  Venezuela,  wo  das  verflossene 
Vierteljahrhundert  in  der  That  ganz  besonders  reich  an  merkwürdigen 
Wechselfällen  gewesen  war.  Castellanos  vertiefte  sich  gern  in  dies 
Studium,  verweilte  mit  Vorliebe  bei  den  ersten  Anfängen,  dem  Leben  und 
Treiben  des  harmlosen,  grosse  Theile  vom  späteren  Venezuela  bewohnenden 
Zaquitier-Stammes,  bei  dem  patriarchalischen  Regiment  von  Ampi 6s  und 
seinem  Hausstande,  bei  dem  Häuptlinge  Hurehurebo,  dem  späteren 
Fernando  Garcia,  der  seinerseits  den  grossen  Manauri  wieder  be- 
kehrt haben  sollte,  bei  den  ersten  Pfadfindern  und  Dolmetschern,  von 
denen  jetzt  nur  noch  Limpias  lebte.  Esteban  Martin,  der  schon 
aus  einem  abgebrochenen  Zweige  den  Wildengang  auszuspüren  verstand, 
war  im  fernen  Lande  der  furchtbaren  Choquer  geblieben;  Juan  de  la 
Puente,  gleich  ihm  ein  Begleiter  von  Höh ermuth,  hatte  unter  Hütten 
das  Leben  gelassen;  Juan  Aceros  war  von  den  Böten  der  Wilden  zu 
Tode  gehetzt  worden;  über  Francisco  Martin,  der  lange  Zeit  unter 
den  Pemenern  wie  einer  der  Ihrigen  gelebt  hatte,  gab  es  keine  Nachricht 
mehr,  ebenso  wenig  über  den  ersten  Arzt  der  Weiserischen,  „den  tapferen 
Anton",  der  so  manche  Jaguar- Wunde  hatte  heilen  müssen,  oder  über  ihren 
ersten  Feldgeistlichen  Antonio  de  Montesinos,  der  wohl  schon  längst 
geruhig  in  einem  spanischen  Kloster  lebte. 

Castellanos,  der  in  Entstehung  und  Zweck  der  Weiserischen 
Unternehmung,    in   den   eigentlichen  Zusammenhang   der  Ereignisse  nicht 


Ausiedlungs- Versuche.  173 


einzudringen  vermochte,  hielt  die  venezuelanischen  Zustände  für  ganz  be- 
sonders beklagenswerth,  trotz  der  Anstrengungen  von.  Dalfinger,  Feder- 
mann, Hohermuth,  Rembold,  Hütten,  Grubel  und  wie  sonst  die 
Vertreter  von  Bartolmä  Welser  und  Gesellschaft  heissen  mochten, 
von  denen  nur  Grubel  noch  im  Lande  war. 

Wie  schlimm  sah  es  in  diesen  Landen  gerade  jetzt  bei  Beginn  des 
Jahres  1550  aus.  In  Venezuela  dieser  tiefe  Verfall  nach  einer  Unthat, 
deren  Theilnehmer  keineswegs  sammt  und  sonders  dauernd  bestraft  worden 
waren;  sprach  doch  Castellanos  selbst  einige  schon  wieder  freigegebene 
Spiessgesellen  jenes  Caravajal.  In  Santa  Marta  ähnliche  Unordnung; 
der  Vertreter  des  elenden  Lugo,  Luis  de  Manjarres,  war  in  Folge 
königlichen  Befehls  gefangen  gesetzt  und  in  Ketten  nach  der  Heimath  ab- 
geführt, ein  unschuldiger  Mann;  seitdem  hatte  jeder  Zusammenhalt  auf- 
gehört. Von  Cartagena  kam  die  erschütternde  Nachricht,  dass  Sebastian 
de  Benalcazar,  der  im  Popayan-Lande  als  königlicher  Statthalter  be- 
fehligte und  früher  so  grosse  Dinge  ausgeführt  hatte,  im  Gefängniss  ge- 
storben sei,  ein  elend  gewordener,  dem  Gerichte  verfallener  Held.  Auch 
in  Santa  Fö  de  Bogota,  der  abgelegenen  Landes-Hauptstadt,  sah  es  offen- 
bar höchst  unerfreulich  aus,  wenngleich  dort  nicht  von  Verbannung,  Ge- 
fangenschaft und  Hinrichtung  die  Rede  sein  mochte. 

In  Neu-Granada  hatten  während  der  letzten  Jahre  grosse  Aenderungen 
sich  angebahnt,  welchen  Castellanos  bisher  fern  geblieben  war;  sie 
hingen  noch  mit  dem  neuen  indischen  Gesetzbuches")  zusammen,  durch 
welches  die  Krone  Spanien  1542  die  wichtigsten  Verhältnisse  ihrer  über- 
seeischen Lande  hatte  umgestalten  wollen;  die  neuen  Vorschriften  waren 
aller  Orten  bekannt  gegeben,  aber  fast  nirgends  wirklich  durchgeführt. 
Für  Neu-Granada  war  ihre  Verwirklichung  Miguel  Diez  de  Armendariz 
anvertraut  worden.  Dieser  hatte  nach  längerem  Aufenthalt  an  der  Küste 
am  17.  Januar  1547  Bogota  erreicht  und  alsbald  ein  neues  Regiment  ein- 
zuführen gesucht;  es  war  klar  hervorgetreten,  dass  ein  Einzelner  der 
Leitung  der  ausgedehnten  Kolonie  nicht  mehr  gewachsen  sei;  dafür  schien 
eine  aus  mehreren  Personen  bestehende  königliche  Regierung  unentbehrlich 
zu  sein,  eine  Audiencia^^),  wie  sie  in  Santo  Domingo,  Panama,  Mexiko 
und  anderen  Hauptstädten  bereits  bestand.  Derartige  Neuerung  hatte 
Armendariz  empfohlen,  obgleich  sie  durchaus  nicht  den  Gedanken  der 
verschiedenen  kleinen  Machthaber  entsprach,  am  wenigsten  den  Wünschen 
der  Conquistadoren ,  welche  alsbald  Alles  in  Bewegung  setzten,  um  die 
Neuerung  zu  vereiteln;  sie  brachten  es  auch  dahin,  dass  1549  ein  Ver- 
antwortungsrichter   ernannt    wurde,    der    die   bisherige  Amtsführung  von 


174  Juan  de  Castellanos. 


Armendariz  untersuchen  sollte,  ein  Mitglied  der  königlichen  Regierung 
von  Santo  Domingo,  Alonso  de  Zurita*^). 

Als  dieser  treffliche  Mann  1550  zu  Rio  de  la  Hacha  landete,  wurde 
er  von  vielen  Gegnern  der  modernen  Ordnung  empfangen;  unter  ihnen 
war  auch  Castellanos.  Zur  selbigen  Zeit  landeten  aber  schon  in 
Cartagena  die  ersten  Mitglieder  einer  neuen  königlichen  Regierung,  die  in 
Bogota  ihren  Sitz  haben  und  alle  Unvollkommenheiten  der  bisherigen  Ord- 
nung beseitigen  sollte ;  es  waren  Gutierrez  deMercado,  Juan  Lopez 
de  Galarza  und  Bei  trän  de  Göngora.  Der  Erstgenannte  starb  auf 
der  Reise  nach  dem  Innern  in  Mompos,  dem  am  Magdalena- Strome  auf- 
blühenden neuen  Handelsplatze,  wie  Castellanos  zu  wissen  glaubte, 
vergiftet.  Die  beiden  Anderen  kamen  freilich  bis  zur  Landes-Hauptstadt 
hinauf,  hielten  zugleich  mit  Zurita  ihren  Einzug  und  begründeten  als- 
bald, schon  am  7.  April  1550,  so  recht  und  schlecht  es  ging,  die  neue 
Regierungsbehörde. 

Castellanos  zog  nicht  mit  ins  Innere;  er  dachte  an  einen  neuen 
Ansiedlungsversuch,  und  begab  sich  desshalb  von  Rio  de  la  Hacha  durch 
die  flache  Strandgegend,  die  von  den  Spaniern  die  Laubhütte,  Ramada  ^'^), 
genannt  wurde,  nach  dem  benachbarten  Eupari-Thale'**),  welches  jenseits 
der  Wasserscheide  zwischen  den  stolzen  Schneebergen  von  Santa  Marta 
und  dem  finsteren  Herrera-Gebirge  sich  ausdehnt.  Durchzogen  von  grossen, 
südwärts  fliessenden  Strömen,  sollte  diese  Gegend  für  Viehzucht  geeignet 
sein,  wenngleich  sie  augenblicklich  einsam  und  wegen  des  in  letzter  Zeit 
ausgebrochenen  Hinsterbens  der  Eingeborenen  geradezu  unheimlich  war. 
An  einem  ihrer  besten  Punkte  richtete  Castellanos  sich  ein  und  begann 
ein  ländliches  Kolonistenleben.  Eine  Zeit  lang  behagte  solche  Stille; 
dann  aber,  etwa  nach  einem  Jahre,  brach  die  alte  Unruhe  aufs  Neue 
durch;  es  trieb  ihn  ins  Weite.  Warum  sollte  er  sesshaft- bleiben?  Rings- 
umher war  Nichts,  was  zu  fester  Ansiedlung  einlud,  wohl  aber  lockte  Alles 
zum  Aufbruch.  In  jenem  Herrera-Gebirge  wurde  damals  ein  güldener, 
nur  durch  zehn  bis  zwölf  Mann  transportirbarer  Götze  gesucht,  von  dem 
schon  1532  der  Guanaer  Häuptling  Boronate  den  Weiserischen  erzählt 
haben  sollte;  auch  den  Goldmassen,  die  einer  der  Hauptlcute  der  Letzteren, 
Im  ige  de  Vase  u  na,  in  demselben  Jahre  vergraben  hatte,  spürten  noch 
sehr  Viele  nach,  dem  Beispiele  von  Francisco  Vanegas  folgend.  Im 
Bereiche  der  Guanaer  fand  damals  Fernando  Sanchez  wirklich  eine 
grosse  Begräbnissurne  mit  Gold.  Auch  Castellanos  suchte  eine  Zeit  lang 
nach  solchen  Schätzen,  namentlich  in  alten  Grabstätten;  dabei  war  einer 
der  erprobtesten  Kenner  der  dortigen  Wildniss  sein  Führer:  Pedro  Blasco 


Ansiedlungs-Versuche.  175 


Martin,  der  früher  mit  ihm  den  unseligen  Lugo  nach  den  Hochebenen 
begleitet  hatte. 

Ungefähr  drei  Jahre  vergingen  im  Eupari-Thale,  dann  in  den  Wild- 
nissen der  Nachbarschaft,  endlich  in  der  Stadt  Santa  Mar ta,  die  zuletzt 
mehr  und  mehr  zum  ständigen  Aufenthalte  wurde.  Der  endlich  der 
Wanderfahrten  Müde  hielt  nun  gern  in  der  Hafenstadt  sich  auf,  wenn- 
gleich noch  immer  weltliche  wie  kirchliche  Regierung  in  unerfreulicher 
Verfassung  war.  Ihm  gefiel  dort  vor  Allem  die  Natur,  die  grosse  Bucht 
mit  Gaira  und  Concha  auf  den  Seiten,  mit  dem  ernsten  Morro  in  der  Mitte, 
mit  dem  meist  dichtbewaldeten  Strand;  ausserdem  liebte  er  auch  den 
schönen  Ankerplatz,  das  geschäftige  Treiben  in  dessen  Nähe,  den  Ver- 
kehr mit  den  Eingeborenen,  bekleideten,  oft  hübsch  geschmückten  Menschen, 
unter  denen  die  Frauen  höher  zu  stehen  schienen,  als  die  Männer.  Merk- 
würdig, dass  dort  das  Volk  als  Nahrung  Fleisch  verabscheute,  nicht 
aber  Fisch. 

Hier  in  Santa  Marta  traf  Castellanos  am  6.  Februar  1553  mit 
einem  seiner  ältesten  Bekannten  zusammen,  mit  Bartolme  Carreno, 
welcher  als  Oberbefehlshaber  einer  grossen  Indienflotte  am  4.  November  1552 
Spanien  verlassen  hatte  und  nur  mit  einem  einzigen  Schiffe  am  Bestimmungs- 
platze ankam.  Einige  seiner  Fahrzeuge  waren  gescheitert,  einige  vom 
Sturm  nach  der  afrikanischen  Küste  getrieben,  andere  durch  französische 
Korsaren  verjagt;  andere  hatten  in  der  „indischen  See"  eigene  Wege  ein- 
geschlagen; das  schwerste  Unglück  hatte  aber  am  12.  Januar  1553  das 
Flaggschiff"  von  C  a  r  r  e  n  o  getroffen,  denn  es  war  verbrannt.  Zu  den  Ver- 
unglückten gehörte  mit  ganzer  Familie  Garcia  de  Bustos,  welcher ' 
des  unseligen  Benalcdzar's  Nachfolger  in  der  Landes-Hauptmannschaft 
Popay an  werden  sollte,  ein  Bruder  von  Pedro  Ferndndez  de  Bus  tos *^), 
der  sofort  zeitweilig  dessen  Stelle  erhielt  und  gleich  bei  der  Ankunft  mit 
Castellanos  sich  befreundete. 

Zu  gleicher  Zeit  mit  Carreno  kamen  zwei  Personen  von  hervor- 
ragender Stellung  nach  Santa  Marta.  Erstlich  ein  neues  Mitglied  der 
neu-granadischen  Landes-Regierung,  Juan  de  Montano,  der  ein  allge- 
meines Verantwortungs- Verfahren  anstellen  sollte  und  nicht  bloss  von 
seiner  Familie,  sondern  auch  von  einem  Schwärm  Anverwandter  begleitet 
wurde;  der  unsympathische  Mann  begab  sich  sofort  nach  dem  Innern. 
Zweitens  Juan  de  los  Barrios  j  Toledo,  der  neue  Bischof  von  Santa 
Marta,  der  auch  mit  grossem  Gefolge  eintraf,  so  dass  es  hiess,  er  werde 
wohl  zum  Erzbischof  von  Santa  Fe  de  Bogotd*^)  ernannt  werden;  dieser 
kluge  Geistliche  besuchte  zunächst  die  kleinen  Ortschaften  seiner  Diöcese. 


176  Juan  de  Castellanos. 


Am  meisten  wurde  Castellanos  aber  damals  durch  einen  jungen  unter- 
nehmenden Ritter  gefesselt,  der  aus  dem  Innern  zurückkam,  wo  er  als 
der  beste  Helfer  jenes  Armendariz  sich  zugleich  verhasst  und  beliebt 
gemacht  hatte.  Es  war  der  Neffe  dieses  Statthalters,  Pedro  deUrsua*''), 
welcher  ebenso  energisch  für  die  Durchführung  der  neuen  Ordnung  wie 
für  die  Bekämpfung  der  Indianer  aufgetreten  war  und  Allen  einem  Recken 
der  ersten,  heroenhaften  Zeit  der  Landes-Eroberung  zu  gleichen  schien; 
für  Castellanos,  den  ehemaligen  Reitersmann  von  Sedefio,  war  er 
geradezu  eine  glänzende  Erinnerung  an  die  eigene  Jugend.  Er  stellte  sich 
ihm,  als  er  in  Santa  Marta  gegen  die  noch  unbezwungenen,  angeblich 
reiche  Schätze  bewahrenden  Wilden  der  Schneegebirge,  namentlich  gegen 
die  Taironaer,  rüstete,  mit  herzlicher  Freude  zur  Verfügung,  und  be- 
gleitete ihn  auf  den  gefährlichsten  Unternehmungen,  „Wenn  irgend  Einer," 
so  sagte  er,  „dem  trefflichen  Führer  verpflichtet  ist,  so  bin  ich  es;  ich 
war  bei  ihm  im  Passe  von  Origua,  wo  er  wie  ein  Löwe  focht  —  den  einen 
Fuss  unbeschuht,  krank  am  Fieber;  ich  bin  Zeuge  seiner  Thaten  von 
Bondigua  und  Bonda,  von  Pocigueica  und  Tairona,  wo  sein  Haufe  im  Ge- 
fecht eine  Zeit  lang  auf  nur  zwölf  Mann  zusammengeschmolzen  war." 


III.  GESCmCHTS- SCHREIBUNG. 


ie  Züge  mit  Ursua  sollten  die  letzten  sein,  die  Castel- 
\  1  a  n  0  s  in  Waffen  mitmachte ;  er  schloss  sich  gar  bald  an 
u\  den  freundlichen  Bischof  Juan  de  los  Barriqs  an,  er- 
leichterte ihm  die  Reise  nach  Bogotd  und  fand  in  seiner 
Begleitung  schnell  gewichtige  Freunde.  Da  war  namentlich  der  tüchtige 
Domdechant  Francisco  Adame;  diesem  standen  mehrere  Domherren 
und  andere  Geistliche  zur  Seite,  unter  letzteren  auch  der  ehrwürdige 
Pedro  Gar  cia  Matamöros,  der  seit  R e q u e j  a d a '  s  Wegzug  die 
Kirche  in  der  abgelegenen  Landeshauptstadt  aufrecht  erhalten  hatte. 
Von  Coro  her  verstand  Castellanos  solche  Leute  zu  würdigen. 

Das  Ziel  der  langen  Reise  wurde  im  Juni  1553  erreicht.  Seit 
Lugo's  Zeit  hatte  die  Stadt  Bogotd^^)  sich  nicht  so  verändert,  wie  viel- 
leicht an  der  Küste  erwartet  wurde.  Den  eigentlichen  Schauplätzen  der 
Kämpfe  fern,  von  den  Bewegungen  der  letzten  Jahre  wenig  berührt,  lag 
sie  noch  recht  wild  da,  sowohl  in  ihrem  alten,  indianischen,  wie  in  ihrem 
neuen,  europäischen  Theile:  nur  wenige  kleine,  kaum  vollendete  Kirchen- 
und  Klosterbauten,  nothdürftiges  Unterkommen  für  Regierung  und  Stadt- 
verwaltung, spärliche  Privathäuser.  Ausserhalb  der  noch  dorfähnlich 
umzäunten  Ortschaft,  auf  der  platten  Hochebene,  lagen  verschiedene  grosse 
Gehöfte:  die  einheimische  Bevölkerung  war  im  Aussterben  begriffen,  die 
Zahl  der  Christen  noch  immer  auf  wenige  hundert  beschränkt.  Unter 
diesen  war  ohne  Frage  die  interessanteste  Persönlichkeit  Francisco 
Briceiio,  ein  Mitglied  der  neuen  Regierung,  welcher  durch  die  Ver- 
urtheilung  jenes  Benalcazar  den  Ruhm  seltener  Unerschrockenheit  sich 
erworben    hatte.     Dann  war   dort    aber   auch    der    „Marschall    von   Neu- 

Festschrift  der  Hamburgischen  Amerika-Feier  H.  '  12 


178  Juan  de  Castellanos. 


Granada"  :  Niemand  anderes,  als  jener  Gonzdlo  Jim^nez  de  Quesada*^), 
welcher  vor  bald  fünfzehn  Jahren  von  einer  Belelmung  mit  dem  schönen, 
durch  ihn  entdeckten  Lande  geträumt  hatte  und  jetzt,  nachdem  lange 
Rechtshändel  in  Spanien  geführt,  die  Smaragden  und  Goldstücke  dort  so- 
wie in  dem  herrlichen  Frankreich  und  dem  noch  herrlicheren  Italien  ver- 
jubelt waren,  sich  begnügte  mit  einigen  militärischen  Vorrechten  und  mit 
dem  Marschalls-Titel.  Castellanos  betrachtete  den  frühgealterten  Mann 
wie  einen  Träger  der  grossen  alten  Zeit;  hatte  er  doch  schon  auf  den 
Fahrten  von  Lebron  und  Lugo  gar  viel  über  ihn  gehört,  wennschon 
meist  Ungünstiges,  da  jene  beiden  Anführer  dem  glücklichen  Eroberer  als 
Widersacher  gegenüber  gestanden  hatten. 

Montane  blieb  auch  in  Bogota,  dem  Verehrer  von  U  r  s  u  a,  der  sogar 
zu  einem  Anhänger  von  Armendariz  sich  umgewandelt  hatte,  voll- 
ständig fremd ;  ihn  konnte  Castellanos  von  Anfang  an  nicht  leiden,  und 
gar  bald  hasste  er  ihn  herzhaft,  was  leicht  geschehen  konnte,  wenn  Mon- 
tane's  rohes  Wesen  verglichen  wurde  mit  einer  so  edlen  Natur,  wie 
Zurita  war.  Zu  diesem  fühlte  sich  Castellanos  mehr  und  mehr  hin- 
gezogen, ebenso  zu  den  Geistlichen  im  Gefolge  des  Bischofs  Juan,  von 
denen  ausser  jenem  Adame  noch  andere  tüchtige  Männer  ihm  sich 
näherten:  Alonso  Ruiz,  Lope  Clavigo  und  Miguel  Espejo;  in 
ihrem  Umgang  kam  er  auf  einen  schon  früher  gehegten  Gedanken  zurück : 
das  Aufgeben  der  bisherigen  Pläne,  der  Wanderfahrten  wie  der  An- 
siedelungs-Versuche. 

Die  entscheidende  Wendung  seines  Lebens  vollzog  Castellanos 
in  der  ihm  lange  Zeit  unbekannt  gebliebenen  Küstenstadt  Cartagena  de 
Indias.  Dorthin  geleitete  er  1554  den  Marschall  Jimönez,  dessen  Eigen- 
sinn von  der  Landes-Hauptstadt  fern  gehalten  werden  sollte,  aber  doch 
immerhin  brauchbar  zu  sein  schien,  um  die  Autorität  der  fernen  Regierung 
an  der  Küste  zu  vertreten. 

Auch  diese  Stadt  hatte  noch  keine  eigene  Lebenskraft.  Fast  zwanzig 
Jahre  alt,  zeigte  sie  überall  noch  die  früheren  Hütten  der  Calamarer; 
ihre  kleine  Befestigung  konnte  nur  geringen  Schutz  gewähren;  der  1538 
begonnene  Häuserbau  war  wenig  voran  gekommen,  das  Hauptstück,  die 
Kirche,  lag  noch  unvollendet  da.  Immer  erneute  innere  Wirren  hatten 
das  Wachsthum  geschädigt,  und  für  jeden  Misserfolg  wurde  der  Mann  ver- 
antwortlich gehalten,  der  den  Ort  am  20.  Januar  1533  formell  begründet 
hatte:  Pedro  de  Heredi a.  Als  Landes-Hauptmann  von  Cartagena  sah 
sich  Heredia*"),  wie  schon  in  der  ersten  Zeit  seiner  Regierung,  so  auch 
in  der  zweiten,   einer  zeitweiligen  Abwesenheit  folgenden  Periode,  Schritt 


Geschichts-Schreibung.  179 


für  Schritt  vom  Unglück  verfolgt,  und  jeder  Unfall  sollte  sein  Verschulden 
sein,  z.  B.  auch  die  noch  nicht  verschmerzte  französische  Brandschatzung 
vom  Jahre  1546,  sogar  der  fünf  Jalire  später  ausgebrochene,  ebenfalls 
noch  immer  schwer  empfundene  Stadtbrand.  Ein  Verantwortungs- Richter 
war  nach  dem  anderen  in  Cartagena  erschienen,  zuletzt  Juan  Maldonado, 
der  die  Heimsendung  von  Heredia  beschlossen  hatte. 

Castellanos  sprach  den  Unglücklichen  noch,  welcher  ihm  vor 
Jahren  in  Puerto-Rico  als  hoffnungsvoller  Expeditionsführer  begegnet  war 
und  jetzt  durch  Sprüchelesen  und  Rosenkranzbeten  sich  zu  trösten  suchte; 
er  sah.  auch  dessen  älteren  Bruder  Alonso,  der  früher  ebenfalls  ein 
grosser  Kämpe  gewesen  war  und  jetzt  ohne  fremde  Hülfe  sich  nicht  be- 
wegen konnte  —  er  hatte  auf  der  Folter  gelegen.  Auch  Pedro 's  Sohn 
war  da,  der  kränkliche  Antonio,  welchen  seit  mehr  als  zehn  Jahren 
eine  schwere  Wunde  ähnlich  entstellte,  wie  den  Vater,  dem  die  Nase 
fehlte.  Diese  Gesellschaft  war  das  abschreckendste  Beispiel  einer  Con- 
quistadoren-Familie,  das  sich  denken  Hess.  Klein  und  schwach  geworden, 
verliess  nun  der  ehemalige  Eroberer  sein  Cartagena,  um  wieder  einmal  in 
Spanien  Recht  und  Anerkennung  zu  suchen.  Er  musste  zum  dritten  Male 
diesen  Weg  machen;  denn  er  war  schon  Gefangener  von  Leuten  wie 
Juan  de  Vadillo  und  Juan  de  Cabrera  gewesen,  hatte  schon  zwei 
Heimreisen,  1539  und  1546,  als  Angeklagter  antreten  müssen.  Theil- 
nahmevoll  sah  der  letzten  Abfahrt  Marschall  Jimenez  zu;  obwohl  er 
nicht  so  trübe  Erfahrungen  gemacht  hatte,  wie  der  Scheidende,  hasste  er 
die  Behörden  der  Heimath,  in  welchen  die  Studirten  den  Praktikern 
vorgezogen  wurden.  Auch  Armendariz  und  Ursua  wollten  mitsegeln; 
allein  ihre  Pläne  wurden  zufällig  durchkreuzt,  sodass  Castellanos  noch 
für  einige  Zeit  des  Umgangs  mit  Oheim  und  Neffen  sich  erfreute.  Dieser 
kehrte  dann  dem  schnöden  Lande  den  Rücken,  um  in  dem  gepriesenen 
Peru  das  Glück  zu  suchen.  Jener  blieb  zunächst  zurück,  tief  gebeugt, 
aber  doch  noch  widerstandsfähig ;  am  stärksten  schmerzte  es  ihn ,  so  er- 
zählte er,  dass  er  von  einem  ehrenhaften  Feinde  das  Reisegeld  habe  an- 
nehmen müssen,  da  ihm  durch  den  schlimmen  Montane  zur  Bestreitung 
der  Kosten  des  Verantwortungs- Verfahrens  Alles  und  Jedes  abgenommen 
sei.  Dieser  Montane  zeigte  sich  auch  in  Cartagena,  aber,  wie  Castel- 
lanos meinte,  gleich  einem  vom  bösen  Gewissen  Verfolgten;  schleunigst 
zog  der  Peiniger  weiter,  über  Land,  begleitet  von  dem  Hasse  der 
Besseren. 

Während  nun  Marschall  Jimenez  in  die  Cartagenaer  Wirren 
Ordnung  zu  bringen  suchte,    erhielt  er  die    erschütternde  Nachricht,    dass 

12* 


180  Juan  de  Castellanos. 


am  27.  Januar  1555  Heredia,  und  mit  ihm  die  Bogotäer  Regierungs- 
Räthe  Göngora  und  Galarza,  sowie  viele  andere  Angesehene  im 
Meere  ertrunken  seien.  Alvaro  de  Mendoza,  Heredi a's  Schwieger- 
sohn, der  auf  wunderbare  Weise  bei  dem  Schiffbruche  gerettet  worden, 
überbrachte  diese  schreckliche  Kunde. 

Dass  der  so  traurig  umgekommene  Landes-Hauptmann  in  seiner 
Stadt  noch  immer  Freunde  und  Anhänger  habe,  bewies  die  dortige 
Todtenfeier,  bei  welcher  auch  die  Dom-Geistlichkeit  hervorragenden  An- 
theil  nahm  und  Castellanos  durch  ein  längeres,  für  eine  Nichte  des 
Verstorbenen  gedichtetes  Klagelied  sich  auszeichnete.  Ihm  ging  der  rasche 
Tod  der  hervorragenden  Männer  sehr  nahe;  aber  wie  eine  Gottesfügung 
erschien  es  ihm,  dass  die  wichtigen  Akten  gegen  jenen  Montane,  die 
sich  auch  an  Bord  befunden  hatten,  nach  Mendoza's  Bericht  gerettet 
worden  waren. 

Bei  jener  Gedenkfeier  handelte  die  Geistlichkeit  von  Cartagena 
ohne  Bischof ^^);  Provisor  des  Bisthums  war  der  Domherr  Campos. 
Castellanos  hatte  rasch  diese  Kreise  kennen  gelernt  und  verwirklichte 
bald  seinen  Entschluss,  in  den  geistlichen  Stand  zu  treten.  Er  empfing 
die  Priesterweihe^^);  der  alte  Dechant  Juan  Perez  Materano,  der  seit 
langen  Jahren  sein  Amt  bekleidete,  war  bei  der  ersten  Messe  Gevatter; 
im  Hause  des  angesehenen  Hauptmanns  Nufio  de  Castro  und  dessen 
Frau  Francisca  de  Padilla,  die  kameradschaftliche  Herberge  ge- 
währt hatten,  wurde  nach  der  Messe  das  übliche  Feiermahl  begangen. 
Bald  stellten  sich  andere  Freunde  ein;  der  Kantor  Antonio  Verdugo, 
der  schon  mit  dem  ersten  Bischof  Tomas  de  Toro  ins  Land  gekommen 
war,  interessirte  sich  lebhaft  für  den  neuen  Geistlichen;  ihn  ernannte 
bald  jener  Domherr  Campos  zum  Pfarrer  der  Stadt. 

Der  Sinn  für  historische  Arbeiten  wurde  bei  Castellanos  durch 
das  Los  von  Heredia  aufs  Neue  angeregt.  Weil  fast  sämmtliche  Bekannte 
mit  diesem  den  jetzigen  Ort  zuerst  betreten  hatten,  gab  es  mancherlei 
Nachrichten  zu  sammeln,  von  denen  die  meisten  auf  die  berühmt  ge- 
wordenen Gräberfunde  am  Sinü-Strome  sich  bezogen.  Einer  von  Heredia's 
Genossen,  Gonzdlo  Ferndndez,  lieferte  über  die  Züge  nach  diesem 
Strome,  nach  dem  Magdalena-Flusse,  nach  dem  Cauca-Thal,  sowie  über 
Falirten  nach  der  Urabd-Bucht  und  dem  Dabaibe-Gebirge  ausführliche  und 
inhaltreiche  Aufzeichnungen. 

Anfangs  mochte  für  Castellanos  in  der  neuen  Umgebung  die  Zeit 
rasch   verfliegen;  er  arbeitete,  als  sei  die  Geschichts-Schreibung  jetzt  sein 


Geschichts-Schreibung.  181 


eigentlicher  Beruf  geworden,  und  liess  sich  darin  Jahre  lang  nicht  stören 
trotz  allen  Wandels  der  Zeiten.  1557  erschien  ein  neuer  Bischof  in 
Cartagena,  Juan  de  Simancas;  bald  darauf  kam,  nachdem  Marschall 
Jimenez  längst  das  Feld  geräumt  hatte,  ein  neuer  Landes-Hauptmann, 
Juan  de  Bustos  de  Villegas,  der  Mendoza  und  Castro  zu  seinen 
ersten  Officieren  ernannte,  jenen  für  die  Reiterei,  diesen  für  das  Fussvolk. 
Beachten  swerthes  geschah  aber  nicht  bis  zum  Jahre  1559.  Da  erlebte 
Castellanos  zum  zweiten  Male  einen  Angriff  jener  gefürchteten  Kor- 
saren, welche  er  nicht  schlimmer  zu  brandmarken  wusste,  als  durch  den 
Ketzernamen  der  Lutheraner.  Wieder,  wie  vor  fünfzehn  Jahren  in  Remedios, 
waren  es  Franzosen,  welche  die  Unthat  begingen.  Die  Stadt  unterlag-, 
Lösegeld  ward  gegeben;  „ich  kenne  die  wirklich  bezahlte  Summe  nicht," 
schaltet  Castellanos  in  seinem  Bericht  ein.  Der  Abmachung  unge- 
achtet liess  Martin  Cotes,  der  Sieger,  Plünderung,  Zerstörung,  Frauen- 
schändung folgen.  Darüber  starb  Castro  an  gebrochenem  Herzen; 
Gubernator  Bustos  wurde  unbeliebt,  obwohl  er  sich  der  Uebermacht 
gegenüber  ganz  standhaft  benommen  hatte.  Dieser  Mann,  der  bald  darauf 
nach  Panama,  versetzt  wurde,  konnte  Castellanos  nur  wenig  gefallen, 
da  er  nicht  die  erforderliche  Rücksicht  auf  die  hohe  Geistlichkeit  zu 
nehmen  schien;  mehr  nach  seinem  Herzen  war  der  dann  auftretende 
Landpfleger  Melchior  Pörez  de  Arteaga,  der  aus  dem  Innern  kam 
und  Genaueres  erzählen  konnte  über  das  einzige  grosse  Tagesereigniss  der 
sonst  träge  verlaufenden  Zeit,  über  die  Niederwerfung  des  aufständigen 
Lope  deAguirre,  an  welcher  er  Theil  genommen  hatte.  In  Cartagena 
sorgte  Arteaga  nicht  bloss  für  die  Verfolgung  von  Korsarenschiffen, 
sondern  vorzüglich  für  die  Civilisirung  der  Wilden,  z.  B.  für  Bekleidung 
des  weiblichen  Geschlechtes;  er  verbrannte  ohne  Besehen  Götzenbilder 
und  Heidentempel,  zerstörte  Gräber  und  jegliches  Teufelswerk.  Obwohl 
Castellanos  für  die  Vorzeit  einiges  Verständniss  gewann  und  ihr  Ge- 
dächtniss  gern  auf  seine  Weise  förderte,  erschien  ihm  doch  dies  Aufräumen 
mit  unfruchtbar  gewordenen  Formen  als  eine  Nothwendigkeit. 

Wie  Arteaga's  ganzes  Verhalten  das  Tagen  einer  neuen  Zeit,  der 
des  Beamtenthums,  bekundete,  so  auch  die  Ankunft  eines  mit  weitgehen- 
den Rechten  und  Würden  ausgestatteten  Regierungs-Präsidenten  für  Neu- 
Granada^^).  Andres  Diaz  Venero  de  Leiva  landete,  mit  diesem 
ganz  neuen  Amte  bekleidet,  Ende  1563  in  Cartagena  und  begann  dort 
seine  Thätigkeit  mit  dem  Verantwortungs- Verfahren  gegen  Arteaga, 
welches  günstig  ausfiel,    so  dass  der  gesinnungstüchtige  Mann  unbehelligt 


182  Juan  de  Castellauos. 


nach  Spanien  abreisen  konnte,  wo  er  in  den  geistlichen  Stand  trat  und 
sein  Versprechen,  Castellanos  die  Schatzmeisterstelle  im  Cartagenaer 
Dom-Kapitel  zu  verschaffen,  alsbald  erfüllte. 

Der  Domherr  Castellanos  sah  auch  fernerhin  in  Cartagena  wenig 
Neues.  Im  Schatze  der  Kathedrale  herrschte  natürlich  die  grösste  Stille; 
der  allgemeinen  Thatenlosigkeit  folgte  Gedankenlosigkeit;  nirgends  war 
Anregung!  r)ie  Beschäftigung  der  Cartagenaer  Regierung  bestand  in 
Verbesserung  der  noch  kleinen  Vertheidigungs-Anstalten ,  Einübung  der 
wenigen  europäischen  Truppen,  sowie  der  Neger  und  Indianer,  die  ein- 
ander in  Unbrauchbarkeit  wenig  nachstanden.  Von  den  Landes-Haupt- 
leuten  machte  nur  Martin  de  las  Alas  einen  guten  Eindruck,  nicht 
bloss  weil  er  die  Geistlichkeit  würdevoll  zu  behandeln  verstand,  sondern 
auch  weil  er  als  entschlossener  Mann  sich  zeigte,  als  die  Korsarengefahr 
wieder  einmal  sich  erhob.  Es  war  die  Lage  recht  ernsthaft,  als  im  Juli 
1565  der  Engländer  John  Acle  mit  seinen  elf  Schiffen  bis  in  den  inneren 
Hafen  Cartagena' s  hineinfuhr  und  unter  dem  Vorwand,  hundert  Neger- 
sklaven ankaufen  zu  wollen,  am  Lande  Verbindungen  anzuknüpfen  ver- 
suchte. Castellanos  kannte  diesmal  die  Einzelheiten  der  Verhand- 
lungen. Acle  liess  sagen,  das  Naturrecht  gestatte  freien  Verkehr  zwischen 
den  Nationen;  diese  Befugniss  werde  dem  englischen  Könige  vom  spa- 
nischen um  so  weniger  bestritten  werden,  als  dieser  ja  des  ersten  Lehns- 
herr sei;  Alas  nahm  darauf  seine  stattliche,  hundert  Goldpesos  wiegende 
Kette  vom  Halse  und  bot  sie  höflich  dem  Unterhändler,  damit  er  den 
Abzug  der  Flotte  besorge;  als  dies  Mittel  aber  nicht  verschlug,  brach  er 
die  Verhandlungen  mit  der  Erklärung  ab,  das  Recht  des  Staates  und  das 
der  Kirche  stehe  höher  als  das  der  Natur  und  verbiete  jeden  Verkehr  mit 
Ketzern;  daher  möge  A c  1  e  auf  das  Aeusserste  sich  gefasst  machen.  Volle 
acht  Tage  blieb  der  Feind  noch  drohend  im  Hafen,  dann  erst  zog  er  ab. 
Diese  Verkandlungen  billigte  Castellanos  um  so  mehr,  als  sein  ver- 
ehrter Freund,  der  Dominikaner-Prior  Pedro  Marti r  Palomino,  bei 
ihnen  besonders  zu  Rathe  gezogen  war. 

Wie  Alas  bald  darauf  starb,  sah  Castellanos  seine  Bemühungen, 
dass  ein  Bekannter  von  ihm  Landes-Hauptmann  werden  möge,  nur  halb 
mit  Erfolg  gekrönt;  wurde  auch  sein  Wunsch,  dass  Mendoza  Land- 
pfleger werden  möge,  nicht  erfüllt,  so  kam  doch  ein  anderer  Freund, 
Pedro  Fernändez  de  Bustos,  bisher  Verweser  der  Statthalterschaften 
von  Popayan  und  von  Santa  Marta,  in  gleicher  Stellung  nach  Cartagena; 
die  königliche  Bestätigung  schien  gewiss  zu  sein.  Offenbar  begann  nun 
eine     bessere    Zeit;     Landungsbrücken     und    Brunnen    wurden     gebaut; 


Geschichts- Schreibung.  183 


Francisco  de  Molino's  Franziskaner-Kloster  gewann  stattliches  Aus- 
sehen; Beatriz  de  Cogollos  de  Duran  schenkte  ein  früher  jenem 
Dechanten  Perez  Materano  gehörendes,  zur  Vorstadt  Getsemane  ge- 
rechnetes Land  behufs  Gründung  einer  Kirche  der  Muttergottes  von 
Loreto.  „Dort,  wo  nach  Turbaco,  dem  heilsamen  Aufenthalte  in  heisser 
Zeit,  die  Thorstrasse  ausgeht,  kannten  wir  bislang  nur  einen  öden  und 
leeren  Platz;  jetzt  grünen  dort  Gärten  und  Baumpflapzungen , "  rief 
Castellanos  aus,  dem  jeder  Fortschritt  Freude  bereitete.  Allein  die 
Zwischenzeit  der  schönen  Hoffnungen  hörte  gar  bald  auf.  B  u  s  t  o  s  wurde 
von  der  Krone  nicht  bestätigt;  statt  seiner  übernahm  1570  Francisco 
Bahamon  de  Lugo  die  Landes-Hauptmannschaft  der  Provinz  Cartagena, 
ein  alter  Soldat,  der  von  Puerto-Rico  herüberkam  und  durch  seine  Er- 
zählungen über  dortige  Erlebnisse  manche  Jugenderinnerung  bei  Castel- 
lanos wieder  wachrief;  dauerten  doch  auf  jener  Insel  noch  immer  die 
Verhältnisse  der  Sedeno' sehen  Zeit  fast  unverändert  fort. 

Während  Bahamon's  Regierung  entschloss  sich  Castellanos, 
dem  heissen  Küstenplatze,  in  dem  er  bald  schon  zwanzig  Jahre  gelebt 
hatte,  den  Rücken  zu  kehren.  Für  historische  Studien  fand  er  dort  keine 
Nahrung  mehr;  wollte  er  fernerhin  den  längst  liebgewordenen  Arbeiten 
sich  widmen,  so  musste  er  dahin  gehen,  wo  Gefährten  oder  doch  Kenner 
der  alten  Zeit  in  Menge  sich  niedergelassen  hatten.  Es  gab  eine  solche 
Stätte,  an  welcher  er  sich  wohl  fühlen  konnte,  und  zu  ihr  trug  er  als 
Frucht  seines  cartagenaer  Aufenthalts  ein  Schriftstück,  welches  ihm  be- 
weisen mochte,  dass  das  sesshafte  Leben,  trotz  seiner  Einförmigkeit,  doch 
werthvoller  sei  als  buntes  Abenteurerthum.  „Geschichte  von  Cartagena"^*) 
benannte  er,  was  eine  Beschreibung  des  Lebens  von  Heredia  war;  dies 
hatte  er  in  neun  Abschnitten  von  1532  bis  1555  dargestellt,  vom  ersten 
aussichtsreichen  Weggang  aus  Spanien  bis  zum  unfruchtbaren  Tode  auf 
der  dritten  Heimreise ;  er  hatte  diese  Leidensgeschichte,  um  seiner  eigenen 
Würde  and  dem  tragischen  Stoff  gerecht  zu  werden,  nach  und  nach  in 
kunstreiche  Verse  gefasst  und  mit  jenem  Todtenliede,  sowie  mit  einem 
Grabspruch-ähnlichen  Schlüsse  versehen.  Für  die  Schrift  waren  viele 
Sachen  allmählich  angesammelt  worden,  nicht  bloss  jene  ihm  freundlich 
entgegengebrachten  Mittheilungen  von  Heredia' s  Schicksalsgenossen, 
sondern  auch  Akten  einer  Untersuchung,  die  Armen dariz  schon  1546 
eingeleitet  hatte,  verschiedene  andere  Gerichtsurkunden,  ja  sogar,  in  An- 
lass  der  Gründung  des  Ortes  Mompos,  geographische  Aufzeichnungen  eines 
Schiffers  JuanNieto,  von  welchem  auch  eine  merkwürdige,  den  Lauf  des 
Magdalena-Stromes  darstellende  Landkarte  ^^)  stammte.    Dem  von  Anderen 


184  Juan  de  Castellauos. 


entliehenen  Stoff  war  nicht  bloss  kunstgerechte  Form  gegeben;  ihm  war 
auch  manches  Eigene  hinzugefügt,  bald  über  die  Cartagenaer  Geistlich- 
keit, aus  deren  Kreise  der  Bischof  Tomas  de  Toro,  Pater  Mariana, 
Ballestreros,  der  jetzige  Bischof  von  Coro,  hervorzuheben  waren,  bald 
durch  Schilderung  der  Stadt  und  ihrer  Umgebung,  ihrer  vielfarbigen  Be- 
wohner, ihrer  koketten  Damen  u.  s.  w. 

Nach  Aufwand  solcher  Schriftstellermühe  hatte  Castellanos  die 
Ueberzeugung  gewonnen,  Grosses  geleistet  zu  haben.  Ihn  befriedigte  die 
Verherrlichung  eines  bewegten  Menschenlebens,  das  überall  die  jüngste 
Landesgeschichte  berührte  und  aussergewöhnliche  Fortschritte  hervor- 
treten liess:  zuerst  die  Entdeckungen  bisher  unbekannter  Regionen, 
wie  die  Flussgebiete  des  Sinü,  Atrato  und  Cauca  waren ;  dann  die  Streitig- 
keiten unter  hochstehenden,  einander  ebenbürtigen  Helden,  ferner  alle  die 
Wechsclfälle  von  Benalcdzar,  von  R o b  1  e d o  und  von  H e r e d i a  selber, 
von  Männern,  die  sämmtlich  ein  tragisches  Ende  gefunden  hatten,  ein  so 
elendes,  dass  die  Söhne,  die  Hoffnung  für  die  Zukunft,  der  Trost  unter 
zahllosen  p]ntbehrungen  und  Drangsalen,  bettelarm  einhergingen,  unnütze 
Wesen  für  die  Zeit,  in  welcher  sie  hätten  wirken  sollen  und  Castella- 
nos noch  weiter  zu  wirken  gedachte. 


% 


IV.  DICHTUNGEN. 


er  Domherr  wurde  1571  Pfarrer  in  der  Hochgebirgsstadt 
Tunja^^).  Dieser  Ort  trug,  obgleich  ganz  und  gar  eine 
christliche  Gründung,  noch  immer  keinen  christlichen 
Namen,  als  gehe  noch  immer  der  Geist  der  Vorzeit  in 
ihm  um:  der  Geist  der  uralten,  durch  die  neuen  Eindringlinge  ge- 
spenstisch gewordenen  Heidenwelt.  Dort  lebten  noch  deren  Zerstörer, 
die  Veteranen  der  Eroberung;  sie  sassen,  gleich  einer  auserwählten  Schar, 
dicht  bei  einander,  würdevoll  das  Gedächtniss  der  eigenen  Erlebnisse 
pflegend,  der  grossen  gemeinsamen,  wie  der  kleinen  persönlichen.  Jeder- 
mann war  da  stolz  auf  die  ruhmreiche  Vergangenheit,  welche  sich  wieder- 
spiegelte im  Thurmbau  der  städtischen  Häuser,  in  der  Kleidung  und 
Haltung  ihrer  Insassen ,  in  Schilderei  und  Wappenschmuck ,  vorzüglich 
auch  in  dem  vom  Kaiser  verliehenen  Stadtwappen  mit  den  Bildern  von 
Kastilien  und  Leon,  von  Neu-Granada  und  vom  Adler  des  heiligen  Römischen 
Reiches.  Dort  Hess  sich  die  in  Santa  Fe  de  Bogota  angebrochene  neue 
Zeit  kaum  spüren.  Der  Landes-Hauptstadt  hatte  der  Regierungs-Präsident 
Leiva  modernen  Anstrich  verliehen;  in  ihr  hatte  er,  wenngleich  er  nur 
in  einer  Sänfte  sich  bewegen  konnte,  mit  starker  Hand  die  von  seinem 
Monarchen  vorgeschriebene  neue  Ordnung  durchgesetzt,  als  schreite  er 
mit  Sporn  und  Degen  einher.  In  Bogota  war  spanisches  Provinzialwesen 
und  modernes  Beamtenthum  eingeführt;  Regierungsräthe ,  die  das  Land 
kaum  kannten,  herrschten  dort  und  mühten  sich  ab  mit  allerlei  Dingen, 
denen  die  Conquista-Zeit  abhold  sein  musste,  mit  Finanz-,  Unterrichts-, 
Verkehrs-Einrichtungen  und  ähnlichen  Angelegenheiten:  solchem  Wesen 
lag  Tunja  vollständig  fern. 


186  Juan  de  Castellanos. 


In  dieser  Aristokratenstadt,  die  sogar  von  Leiva  vorsichtig  und 
rücksichtsvoll  behandelt  wurde ,  fühlte  sich  Castellanos  sehr  bald  hei- 
misch, obwohl  er  den  Ort  bisher  nur  zwei  Mal  flüchtig  berührt  hatte. 
Dort  fand  er  Verständniss  für  seine  historischen  Forschungen  und  auch 
Sinn  für  seine  immer  mehr  in  Verse  sich  kleidende  Geschichtsschreiberei. 

Der  Cartagenaer  Domherr,  der  etwas  über  55  Jahr  alt  war,  als  er 
nach  Tunja  kam,  hatte  einige  hervorragende  Einwohner  auf  seinen  mit 
Lebron  und  Lugo  vollbrachten  Fahrten  kennen  gelernt 5  sie  waren 
grossentheils  noch  am  Leben.  Da  stand  noch  immer  an  erster  Stelle 
der  ehrenfeste  Gonzdlo  Sudrez  de  Rondon,  dessen  Verdienste  längst 
daheim  durch  hohe  Würden  Anerkennung  gefunden  hatten:  er  war  der 
Hauptgönner  des  dem  heiligen  Santiago  geweihten  Gotteshauses,  dessen 
reiche  Marktfront  die  Wohlhabenheit  der  Bewohnerschaft  bekundete; 
diese  Kirche  sollte  also  hinfort  die  Hauptstätte  der  Wirksamkeit  von 
Castellanos  bilden.  Dann  lebte  in  Tunja  noch  Francisco  Salguero, 
der  von  Lugo  ehedem  eine  Hauptmannsstelle  erhalten  hatte  und,  im 
Eupari-Thale  zu  einem  reichen  Manne  geworden,  nunmehr  der  heiligen 
Clara  ein  Frauenkloster  stiftete,  zu  dessen  erster  Priorin  seine  Gattin 
Juana  Macias  ausersehen  war.  Eine  andere  Stiftung,  das  kleine  Gottes- 
haus des  nicht  allzu  fernen  Chiquinquird,  rührte  von  einem  dritten  Be- 
kannten her,  von  Antonio  de  Santana,  welcher  viel  über  seine 
früheren  Schicksale  erzählen  konnte,  ein  noch  kräftiger,  urwüchsiger  Mann. 
An  jene  Fahrten  von  1540  und  1543  erinnerte  ferner  Lorenzo  Martin, 
dessen  Poesien  Castellanos  jetzt  mit  doppeltem  Interesse  las.  Wie 
dieser  sich  mit  Versen  befasst  hatte,  so  mit  der  Geschichts-Schreibung 
Domingo  de  Aguirre,  der  frühere  Schreibmeister  des  Stadtraths;  der 
hatte  Manches  aufgezeichnet  über  seine  erlebnissreichen,  meist  unter  dem 
längst  nach  Peru  gegangenen  Pedro  de  Lerma  vollführten  Fahrten, 
über  die  später  ihm  übertragenen  Gesandtschaften  nach  Spanien  und  andere 
Dinge  von  allgemeiner  Wichtigkeit.  Castellanos  wohnte  in  dem  Hause 
dieses  interessanten  Basken  als  dessen  Kaplan  und  wurde  später  zu  dessen 
Testaments- Vollstrecker  ernannt.  In  Tunja  freute  sich  ferner  kraftvollen 
Alters  Diego  de  Parödes-Calderon,  dessen  Lieblingswunsch  dahin 
ging,  es  möge  seinem  1564  von  den  Wilden  Venezuela's  erschlagenen 
Neffen  Diego  Garcia  de  Parödes  durch  die  Feder  von  Castellanos 
ein  würdiges  Andenken  bereitet  werden.  Da  waren  ausserdem  noch  der 
kühne  Degen  Baltasar  Maldonado,  dessen  Wittwe  Leonor  Cara- 
V  a  j  a  1  später  mit  ihren  Töchtern  bei  Castellanos  Rath  und  Beistand  fand 
—  drei  Rodriguez,  von  denen  Einer  auch  aus  dem  andalusischen  Alanis 


Dichtungen.  187 

stammte,  und  mehrere  Andere.  Alle  lebten  und  webten  in  der  Vergangen- 
heit, deren  Einzelnheiten  bereits  durch  die  Wiederholung  der  Erzählungen 
märchenhaft  zu  werden  begannen,  sodass  dort  selbst  Visionäre,  wie 
Francisco  de  Tor  dehn  mos,  mehr  und  mehr  Glauben  fanden. 

Derartigen  Erinnerungen  trug  Castellanos  ein  so  lebhaftes  In- 
teresse entgegen,  dass  er  alsbald  einige  „Santa-Marta-Geschichten"  ^')  ver- 
fasste,  welche  natürlich  der  Cartagenaer  Arbeit  in  vielen  Beziehungen, 
auch  in  der  Form,  ähnlich  wurden.  Seine  Gewährsleute  für  die  ältere 
Zeit  waren  zum  Theil  schon  früh  ins  Land  gekommen,  meist  Anfang  1528 
mit  dem  Landes-Hauptmann  Diego  Garcia  de  Lerma-,  hatten  sie  auch 
die  beiden  frühesten  Jahre  der  Gubernation  Santa  Marta  nicht  miterlebt, 
so  war  ihnen  doch  viel  von  ihrem  ersten  Begründer  bekannt  geworden, 
von  dem  alten  Rodrigo  de  Bastidas,  z.  B.  Allerlei  über  den  Mord- 
anfall, an  dessen  Folgen  er  in  Cuba  verstorben  war,  über  das  tüchtige 
Verhalten  von  Rodrigo  Palomino,  der  nur  zu  früh  seinen  Tod  in  den 
Wellen  gefunden,  und  über  die  Raubzüge  von  Pedro  Vadillo,  durch 
welche  Citurma  und  Eupari  so  schwer  gelitten  hatten.  Das  zwischen 
der  Ankunft  von  Lerma  und  dem  Tode  von  Pedro  de  Lugo  liegende 
Jahrzehnt  Santa  Marta's  war  noch  bei  allen  alten  Tunjaern  lebendig. 
Die  prunkhafte  Erscheinung  dieser  beiden  vornehmen  Herren  und  ihrer 
Begleiter  hatte  ihnen  jetzt  etwas  Lächerliches;  denn  dem  Paradegepränge 
war  schnell  Jammer  und  Elend  gefolgt.  Da  gab  es  zuerst  die  Niederlagen 
in  den  Kämpfen  gegen  „die  sieben  Brüder"  und  die  tapferen  Häuptlinge  des 
Pocigueica-Landes  Tocuetzo,  Marocando  und  Macopira  zu  berichten, 
dann  die  folgenden,  unter  der  erprobten  Wegführung  von  Alonso 
Martin  mit  grösserer  Umsicht  veranstalteten  Unternehmungen  in  den 
Gebieten  von  Bacarabuey  und  von  Bongay,  im  Bonda-Lande,  im  Eupari- 
Thale  und  am  Magdalena-Ufer  bis  zur  Mündung  des  nach  Antonio  de 
Lebrija  genannten  Nebenflusses.  Als  eigentlicher  Held  dieser  Züge  trat 
jetzt  den  Veteranen  mehr  und  mehr  jener  starke  Pedro  de  Lerma  vor 
die  Seele,  welcher  seitdem  durch  die  peruanischen  Kämpfe  berühmt  ge- 
worden war;  Alles  was  von  seinem  angeblichen  Oheim  Garcia  in  Santa 
Marta  ausgegangen  war,  schien  unverständig  gewesen  zu  sein,  zumal  weil 
auf  dessen  Zügen  Geistliche  hohe  Stellen  bekleidet  hatten,  z.  B.  der  wenig 
ehrfurchtgebietende  Tomas  Ortiz,  der  Kanonikus  V i a n a  und  der  Pater 
Pedro  Zarco;  dagegen  strahlte  die  Glorie  jenes  peruanischen  Anführers 
doppelt  hell.  Nicht  so  absprechend,  wie  über  Garcia  de  Lerma's  Zeit, 
lautete  das  spätkommende  Tunjaer  Urtheil  hinsichtlich  der  kurzen  Re- 
gierung von  Pedro  de  Lugo;  es  schien  in  seinen. Fahrten  zum  Schnee- 


188  Juan  de  Castellanos. 


gcbirge,  nach  Bonda,  Cueto  und  Origiia,  nach  den  zur  llamada  gehörenden 
Gebieten  der  Brüder  Marubare  und  Arobare,  endlich  wieder  nach 
dem  Eupari-Thale  Kraft  gelegen  zu  haben,  dagegen  wurde  einstimmig  die 
gierige  Verschlagenheit  jenes  Luis  de  Lugo  gebrandmarkt.  Bei  solcher 
Besprechung  der  Vorgänge  von  allgemeiner  Wichtigkeit  wurde  gelegentlich 
Anderes  eingeflochten ;  Beschreibungen  der  Grabfunde,  Krokodil-Erzählungen 
von  Juan  Varillas,  Alonso  und  Martin  Sanchez,  allerlei  Schiff- 
bruch-Geschichten und  Aehnliches. 

Derartige  Stoffe  boten  Castellanos  reiche  Beschäftigung;  historisch 
bildete  aber  ein  anderer  Bestand theil  der  Santa-Marta- Geschichten  für  ihn 
die  Hauptsache,  nämlich  der  Abschnitt  über  die  im  April  1536  von  der 
Küste  aufgebrochene,  zuerst  bis  ins  neue  Königreich  Granada  vorge- 
drungene Expedition.  Castellanos  verschob  es  zunächst  noch,  diese 
für  seine  jetzige  Heimath  folgenreichste  Entdeckungsfahrt  zu  beschreiben; 
denn  eine  Auskunft,  welche  Besseres  versprach,  als  alle  Beredungen  mit 
Tunjaer  Freunden,  mehr  selbst  als  die  Aussage  des  allverehrten  Sudrez 
de  Rondon,  stand  in  naher  Aussicht.  Es  kehrte  nämlich  Marschall 
Gonzdlojim^nez  deQuesada,  der  j ene  erste  Entdeckungs-Expedition 
angeführt  hatte,  1572  aus  Spanien  zurück  und  schrieb  nun  an  den  Denk- 
würdigkeiten seines*  Lebens ^^).  Eine  solche  Geschieh ts-Hülfe  war  für 
Castellanos  um  so  werth voller,  als  sein  früherer  Gefährte  in  aller- 
jüngster  Zeit  noch  einmal  eine  grosse  Entdeckungsfahrt  ins  Werk  gesetzt 
hatte:  ein  Unternehmen,  welchem  drei  lange  Jahre,  1568  bis  1571,  ge- 
opfert und  doch  keine  Früchte  erwachsen  waren.  Das  war  ein  Zug 
gewesen,  welcher  ganz  denselben  Zielen  gegolten  hatte,  wie  vor  etwa  drei 
Jahrzehnten  der  seines  Bruders  Fernando,  nämlich  eine  Suche  nach 
dem  „güldenen  Prinzen",  eine  Dorado-Fahrt^^). 

Wunderbar,  dass  die  Dorado-Geschichte,  die  Castellanos  schon 
1541  zu  Ohren  gekommen  war,  im  Laufe  der  Zeit  keineswegs  verloren 
gegangen,  sondern  immer  aufs  Neue  aufgetaucht  war;  sie  hatte  namentlich 
in  den  letzten  Jahren  manche  Abenteuerlustige  in  Perii  wie  in  Maracapana 
verführt.  Dabei  hatte  Allen  ein  früherer  Freund  von  Castellanos 
voran  geleuchtet,  jener  Ursua,  dessen  1560  von  Peru  aus  begonnener 
Zug  noch  in  Jedermanns  Munde  lebte.  Gleichzeitig  war,  von  der  atlan- 
tischen Küste  ausgehend,  ein  anderer  Bekannter  von  Castellanos,  der 
Pater  Ayala,  ins  Gebiet  derArhuaken  vorgedrungen,  um  in  der  Wildniss 
ein  blutiges  Ende  zu  finden.  Die  Reihe  der  Misserfolge  war  eine  sehr 
lange.  Bald  nach  1561  hatte  Martin  de  Proveda,  gleich  Ursua,  vom 
peruanischen  Chachapoyas    ausgehend,    bis    nach    dem  auf  der  Hoher- 


Dichtungen.  189 

muth-Federmann  'sehen  Fährte  angelegten  San  Juan  de  los  Llanos  seinen 
Weg  gebahnt  und  von  da  nach  Santa  Fe;  der  war  dann  seit  1566  Ver- 
breiter von  allerlei  günstigen  Nachrichten  über  das  Land  der  Wildwasser 
und  der  Grassteppen.  Endlich  hatte  sich  nach  Neu-Granada  die  merk- 
würdige Kunde  verloren,  dass  daheim  in  Madrid  König  Felipe  IL  aus 
jenen  ungeheuren  Gebieten  am  15.  Mai  1568  zwei  neue  grosse  Reiche  ge- 
macht habe,  nämlich  Neu- Andalusien ,  das  heisse,  südlich  vom  Orinoco 
sich  hinziehende  Land  von  Guayana  und  Caurä,  welches  Diego  Fer- 
ndndez  de  Zerpa  erhalten  habe,  und  Neu-Estremadura ,  das  ebenfalls 
heisse,  nach  den  Omaguas  genannte,  seit  Langem  besprochene  Innere, 
welches  an  Pedro  Malaver  de  Silva  verliehen  worden  sei,  einen  in 
Tunja  und  Bogota  als  Begleiter  jenes  Proveda  wohlbekannten  und  viel 
genannten  Mann. 

Seitdem  solche  Unternehmer  auf  den  neu-granadischen  Hochebenen 
sich  aufgehalten  hatten,  war  Q  u  e  s  a  d  a  in  Unruhe  gerathen  ;  immer  aufs 
Neue  hatte  er  die  Landes-Regierung  in  Santa  Fe  mit  Vorschlägen  und  An- 
trägen für  eine  neue  Dorado-Fahrt  bestürmt;  Alles  war  dann  in  jenem 
Jahre  1568  umfassend  vorbereitet,  wie  es  für  die  Eroberung  eines  grossen 
Reiches  geboten  schien ;  klug  und  kunstgerecht  waren  die  irgendwie  denk- 
baren Entdecker-Rechte  und  Entdecker-Pflichten  festgestellt.  Den  Aus- 
gang des  Unternehmens  hatten  natürlich  die  neu-granadischen  Hochebenen 
zu  bilden  und  im  Rücken  derselben  der  Papamene-Strom  die  südliche, 
der  Pauto-Strom  die  nördliche  Grenze;  dann  sollte  das  verlehnte  Land 
nach  Osten  nicht  weniger  als  400  Leguas  weit  sich  dehnen,  also  wohl  bis 
an  die  ferne  atlantische  Küste,  unter  Schonung  des  wohlerworbenen  Rechts 
oder  des  etwaigen  Besitzstandes  von  Zerpa  oder  S  ilva.  Dem  ersten  Zuge 
sollten  innerhalb  vier  Jahren,  so  war  weiter  ausgemacht,  fünfhundert  ver- 
heirathete  und  arbeitsfähige  Leute  folgen,  sowie  fünfhundert  Neger,  ebenso 
viel  Kühe,  dreihundert  Stuten,  vierhundert  Arbeitspferde,  eintausend 
Schweine,  dreitausend  Ziegen  oder  Schafe;  die  künftigen  Ansiedler  sollten 
für  zehn  Jahre  frei  von  Abgaben  bleiben  mit  Ausnahme  des  Edelmetall- 
und  des  Edelstein-Zehnten;  während  fünf  Jahren  sollten  dahin  je  zwei 
Schiffe  aus  Spanien  fahren  dürfen;  Perlenfang  und  Fischerei  gehörten  zur 
Belehnung,  ebenso  die  Vergabung  von  Land  und  Leuten ,  bei  welcher 
jedoch  besonders  auf  Zuckerpflanzung,  Mühlenbetrieb  und  Herdenzucht  zu 
sehen  war;  die  Landes  -  Hauptmannschaft  gehörte  zunächst  Marschall 
Jimenez;  allein  alsbald  war  eine  eigene  königliche  Regierung  einzusetzen, 
in  welcher  für  ihn  nur  das  Justizamt  aufgespart  blieb.  Die  Ausrüstung 
zu   dieser    so    kostspieligen   Unternehmung   hatte    besonders  Francisco 


190  Juan  de  Castellanos. 


Aguilar  ermöglicht,  ein  durch  Goldwäscherei  im  Ariari-Strome  reich  ge- 
wordener, in  jenem  San  Juan  de  los  Llanos  ansässiger  Mann;  alle  irgend 
verwendbaren  Kräfte  waren  aus  der  jüngeren  Bewohnerschaft  der  Hoch- 
ebenen herangezogen  worden,  etwa  300  Mann;  dazu  1500  Indianer  beiderlei 
Geschlechts  für  den  Tross.    Auch  europäische  Frauen   waren  angeworben. 

Diese  grosse,  1569  in  Gang  gebrachte  Bewegung  hatte,  als  Ca- 
stellanos nach  Tunja  kam,  bereits  ein  trauriges  Ende  gefunden ;  Marschall 
Jimenez  war  fast  hülfelos  vom  ersten  Kundschaftszuge  zurückgekommen 
und  hatte  dann  vergebens  in  Spanien  um  Unterstützung  gebettelt.  Nach 
Neu-Granada  heimgekehrt,  hatte  er  sich,  mit  Gott  und  der  Weit  verfallen, 
auf  ein  einsames,  in  der  kalten  Zone  belegenes  Gehöft  zurückgezogen.  Im 
Sagenreichen  Suesca  arbeitete  der  familien-  und  freundelose,  alte,  schwer 
leidende  Mann  im  Hause  von  Pedro  de  Acebo  Sotelo,  dem  intimsten 
Genossen  seiner  letzten  Hoffnungen  und  schwersten  Enttäuschungen ;  bei 
dem  hohen  Alter  des  Marschalls  Hess  sich  voraussehen,  dass  seine  wahr- 
scheinlich sehr  werthvollen  Aufzeichnungen ,  welche  „Mussestunden  von 
Suesca"  überschrieben  sein  sollten,  nicht  lange  geheim  bleiben  würden. 
So  wartete  denn  Castellanos  geduldig  auf  diese  Denkwürdigkeiten. 

In  der  Zwischenzeit  trat  Alles,  was  Venezuela  betraf,  in  den  Vorder- 
grund des  Interesses;  denn  die  schon  früher  begonnenen  Arbeiten  über 
die  Weiserischen  Unternehmungen  waren  abzuschliessen  ^*^).  Von  den 
Theilnehmern  dieser  grossen  Fahrten  befanden  sich  noch  manche  in  Tunja, 
wenn  auch  keine  Deutschbürtigen ;  sie  hatten  vor  Jahren,  theils  unter 
Nikolaus  Federmann  1536,  theils  unter  Lope  de  Montalvo  1540, 
Venezuela  verlassen  und  waren  auf  der  Hochebene  hängen  geblieben,  von 
den  Übrigen  nicht  gern  gesehen.  Nur  Einer  unter  ihnen  zeichnete  sich 
durch  nützliche  Arbeit  aus:  Fernando  de  Alcocör,  ein  tüchtiger 
Pionier  in  Wegesachen  und  Verkehrsanlagen.  Dieser  erzählte  Castellanos 
Manches  aus  der  entscheidenden  Dal  fing  er 'sehen  Expedition  und  aus 
der  Entdeckungsreise  Hohermuth's;  er  gab  ihm  auch  inhaltreiche  und 
anregende  schriftliche  Mittheilungen,  die  jedoch  den  Zusammenhang  der 
Ereignisse  nicht  so  deutlich  hervortreten  Hessen,  wie  die  schon  1550 
empfangenen  Berichte.  Castellanos  lauschte  gern  dem  Gespräche  über 
diese  Dinge,  namentlich  der  Erörterung  der  Frage,  wie  es  doch  eigentlich 
gekommen  sei,  dass  nicht  der  verstorbene  Hohermuth,  dessen  Andenken 
in  hohen  Ehren  fortlebte,  der  Entdecker  der  Hochebene  geworden  sei; 
gar  Vieles  hätte  sich  anders  gestaltet,  wenn  die  Blicke  jenes  Mannes  nicht 
gehalten  gewesen  wären  durch  eine  höhere,  den  Deutschen  ungnädige 
Macht.     Die  Weiserischen  Vorgänge  beschäftigten  den   emsig   forschenden 


Dichtungen.  191 

Mann  immer  lebhafter ;  mehr  und  mehr  brachte  er  Alles,  was  er  erfahren 
hatte,  in  Guss  und  Form;  er  schrieb  seine  Welser- Gesänge  mit  frischem 
Sinn,  keineswegs  mit  Missachtung  der  Deutschen,  geschweige  mit  Schmä- 
hung wegen  lutherischer  Ketzerei,  vielmehr  mit  Anerkennung  der  vielen 
tüchtigen  Leistungen,  wenngleich  mit  dem  Bedauern,  dass  keine  feste  Be- 
siedelung  der  Küste  vorgenommen  sei,  und  ohne  Kenntniss  der  für  das 
grosse  Unternehmen  massgebend  gewesenen  Grundgedanken,  welche  ihm 
in  Tunja  ebenso  wenig  wie  in  Coro  oder  in  Rio  de  la  Hacha  dargelegt 
werden  konnten.     So  begann  er  zum  Beispiel: 

Von  Heldenthat  will  ich  und  Ritterehr' 
Der  Spanier  und  der  Deutschen  jetzo  singen. 
Von  Männern,  stark  in  Waffen  und  in  Wehr, 
Von  blut'gem  Ringen,  muth'gem  Vorwärtsdringen, 
Von  Sieg  und  Unglück,  Märschen,  heiss  und  schwer. 
Von  Noth  und  Tod,  von  ernsten,  grossen  Dingen, 
Die  reich  an  Opfern  sind  und  werth  des  Ruhms, 
Gleich  dem  Geschichtenkreis  des  Alterthums. 

Im  ind' sehen  Meer,  der  Festlandsküste  nah. 
Erheben  sich  die  Inseln  der  Giganten: 
Buindre,  Curaz6  und  Arubä, 
Die  schon  die  Väter  der  Entdeckung  kannten. 
Dort  Juan  A m p  i e s  ein  Amt  versah : 
An  ihn,  Santo  Domingo' s  Stadtverwandten, 
Der  Ortsbegründer  Einen,  war's  verliehn. 
Weil  dort  als  nutzbar  Land  und  Volk  erschien. 

Nun  kam's,  dass  Ampi  es  von  da  zog  fort 
Zum  Festland,  besser  Obdach  sich  zu  gründen, 
Nahrung  und  Futter,  Frucht  und  Thier  war  dort 
Und  Eingeborner  Haus  und  Hof  zu  finden; 
Er  nahm  als  Sitz  sich  Coro,   einen  Ort, 
Also  bezeichnet  nach  den  frischen  Winden. 
•  Des  Ortes  Haupt  Hurehurebo  hiess. 

Der  Allen  bald  gern  Hülf  und  Dienst  ei'wies. 

Klein  war  in  Coro  nur  der  Christen  Kreis, 
Doch  Mancher  Weib  und  Kinder  mit  sich  brachte ; 
Dort  ward  der  Fährtenfinder  Stolz  und  Preis, 
E  steh  an  Martin,  ward  der  stets  bedachte 
Pedro  de  Limpias  so  kühn  und  weis. 
Da  er  die  Wildniss  sich  zur  Schule  machte. 
Dort  Manchem  Sprache,  Kampf  und  Lebensart 
Der  Eingebornen  bald  verständlich  ward. 

Doch  nun  verleiht  des  Kaisers  Majestät, 
Der  ftinfte  Karl,   der  Spaniens  Scepter  führet, 


192  Juan  de  Castellanos. 


Dem  Haus  der  Welser,  das  in  Achtung  steht, 
Wo  Gold  und  Handel  den  Verkehr  regieret  — 
Ein  gross  Gebiet,  das  weit  durch  Indien  geht 
Und  weiter  noch  viel  ander  Land  berühret. 
Der  Deutschen  Leute  kommen  flugs  heran 
Mit   Schiff  und  Heer,  so  Weib,  Gesind  wie  Mann. 

Ambros  Dalfinger  führte  den  Befehl 
Der  Welser-Scharen,  die  nach  Coro  kamen; 
Stark  war  sein  Arm  und  stark  auch  seine  Seel', 
Denn  sein  Geschlecht  entspross  aus  kräft'gem  Samen. 
Ihm  folgte  sonder  Unlust,  sonder  Fehl 
Gar  mancher  Mann  von  Ritterstand  und  Namen, 
An  siebenhimdert  sah  man  in  den  Reih'n, 
Die  sich  vor'm  neuen  Festland  schifften   ein. 

Feld -Hauptmannschaften  war'n  an  Zwei   verliehn: 
V a s c u n a  und  Sarmiento:  tapfre  Leute ; 
Das  Kronamt  führte  Pedro  Sanmartin, 
Alonso  Vasquez  war  für  Schatz  und  Beute; 
Ich  seh'   auch  Monserrato,  seh'   auch  ihn, 
Kasmir  von  Nürnberg,  der  vor  Nichts  sich  scheute ; 
Wer  nennte  Jeden  von  der  wackren  Schar, 
Die  bald  an  Coro's  Strand  versammelt  war. 

Venezuela  heisst  dies  Welser-Lehn, 
Ein  Name,  von  Venedig  abgeleitet. 
Bei  Deutschen  gern  gehöret  und  gesehn; 
Es  heisst  nach  einem  See,  der  dort  sich  weitet. 
Sein  Umkreis  hat  der  Meilen  hundertzehn 
Und  etwa  siebzig  Meilen  er  sich  breitet; 
Hat  immer  grüne  Ufer,  gut  zu  schau'n 
Bald  felsentrotz'ge  Höh'n,  bald  flache  Au'n. 

Der  biedre  Zaquitier  wohnet  da, 
Dort  wohnt  der  Guanaer  und  Timote, 
Ardtomer  und  Guahiguä, 
Cocina,  Coyon,  Cuica,  Hitote, 
Der  tapfre  Sohn  vom  Stamm  Jiräharä, 
Der  Guamonteser  und  der  Enote ; 
Der  Zaquitfer  Sprache,  wie  mir  scheint, 
Den  gross' ren  Theil  der  Wildenstämme  eint. 

Die  Deutschen  haben  jenes  Wasser  kaum. 
Das  meeresähnliche,  vor  sich  gesehen, 
Als  sie  aus  einem  mächt'gen  Ceiba-Baum 
Ein  Boot  sich  bau'n,  das  für  der  Pferde  zehen 
Und  hundert  Menschen  hält  genügend  Raum; 
Mit  Mast  wird  es  und  Segelwerk  versehen. 
Birgt,  zwanzig  Fuss  breit,  hundertfünfzig  lang, 
Rüstzeug  ftir  Hausbau,  Kriegszeug,  Jagd  und  Fang. 


Dichtungen.  I93 

Nun  trifft  Dalfinger  an  des  Wassers  Rand 

Ein  Wildendorf^  das  nächste  dort  belegen, 

Maracaibo  ist  der  Ort  genannt 

Und  weit  und  breit  des  Tauschgeschäftes  wegen 

Als  alter  Markt  für  Fisch  und  Salz  bekannt, 

Da  hier  die  Händler  sich  zu  sammeln  pflegen. 

Doch  ringsumher  ist  unfruchtbar  Gebiet, 

Wo  weder  Saat  gedeiht,  noch  Ernte  blüht. 

Alsbald  vertheilt  Dalfinger  Hof  und  Haus 

Nebst  ihren  früh'ren  wilden  Innesassen, 

Sucht  für  die  Christen  Alles  bestens  aus, 

Dass  sie  nach  Rang  und  Recht  sich  niederlassen. 

Auf  Ordnung  hält  er  bei  Beginn  des  Baus, 

Den  Boden  ebnet  er  für  Platz'  und  Gassen. 

Gericht  setzt  er  und  Stadtregierung  ein  5 

Beteta  soll  sein  Vogt  im  Orte  sein. 

Dann  geht  es  weiter.     Heut  nach  jenem  See 

Mit  hergeschafften,  tücht'gen  Bergantineu, 

Durch  heissen  Sumpf  alsdann,  durch  eis'gen  Schnee : 

Wo  immer  Schätze  sich  zu  bieten  schienen. 

Hier  friedlich  in  der  Eingebor' nen  Näh, 

Dort  kämpfend  mit  des  Kriegsvolks  dunklen  Mienen; 

Nicht  Ruh'  gab's   da,  noch  Rast  zu  dieser  Frist, 

Bald  half  Gewalt,  bald  half  Betrug  und  List. 
Dalfinger,  ihm  gebührte  grosse  Ehr'. 

In  Worten  war  er  gut  und  gut  in  Thaten, 

Voll  Emsigkeit  und  freundlich  im  Verkehr, 

Durch  Achtsamkeit  und  Einsicht  wohl  berathen. 

Doch  —  der  Erfolg,  der  kommt  von  ungefähr  — 

Dalfinger,  statt  zu  ernten  reiche  Saaten, 

Fand   schon  am  Thore,  das  ihm  Eintritt  gab. 

Vor  seinem  Fuss  das  frühe  offne  Grab. 
Wie  Castellanos  Dalfinger's  fernere  Schicksale  nach  bestem 
Vermögen  schildert,  so  auch  die  Thaten  von  Federmann,  Hoher- 
muth,  Hütten  und  wie  sonst  die  Deutschen  hiessen,  denen  er  persönlich 
gar  nicht  so  ungern  die  Entdeckung  der  neu-granadischen  Hochebenen  ge- 
wünscht hätte. 

Dieser  zweite  Tunjaer  Versuch  grösserer  poetischer  Darstellung 
erweckte  bald  den  Muth,  einen  mehr  abgelegenen,  aber  auch  weit  inter- 
essanteren Stoff  zu  behandeln.  Wichtiger  noch  als  die  von  Santa  Marta 
und  von  Venezuela  abgegangenen  Züge,  waren  die  von  Peru  aus  in  den 
dreissiger  Jahren  nach  Neu-Granada  unternommenen  Expeditionen  gewesen ; 
während  die  Beziehungen  zwischen  dem  letzteren  Lande  und  der  früheren 

Festschrift  dor  Hamlmrgisohen  Amcrika-Ffifir  H.  •  13 


194  Juan  de  Castellanos. 


Weiserischen  Statthalterschaft  ungestört  geblieben  waren,  hatte  es  vielerlei 
Irrungen  gegeben  zwischen  Neu-Granada  und  Popayan,  der  Landes-Haupt- 
mannschaft  von  Benalcäzar*'i).  Castellanos  wollte  die  wechselvollen 
Schicksale  dieses  bereits  seit  Jahren  betrauerten  Conquistadoren ,  den  er 
nie  gesehen,  eindringlich  schildern  und  fasste  das  Lebensbild  von  vorn- 
herein in  Verse,  Für  sein  Vorhaben  verschaffte  er  sich  die  verschiedensten 
Hülfsmittel ,  namentlich  Schriften  von  Benalcäzar  selber,  die  dessen 
früherer  Sekretär  Francisco  de  Saldana  mit  nach  Tun  ja  gebracht 
hatte.  In  der  Erzählung  holte  er  weit  aus,  indem  er  mit  der  Jugendzeit 
seines  Helden  begann,  dem  Leben  in  der  Heimath,  der  Ueberfahrt  auf 
der  grossen  Armada  von  1514  und  den  Isthmus-Streifzügen,  die  zuerst 
vom  Darien-Flusse ,  später  von  der  Panamd-Bucht  ausgegangen  waren. 
Dabei  schien  es  Castellanos  wichtig  zusein,  dass  Benalcdzar  schon 
früh  mit  Francisco  Pizarro  und  Diego  de  Almagro  sich  befreundet 
habe;  denn  bei  seinem  Interesse  für  den  in  Tunja  so  gefeierten  Pedro 
de  Lerma  und  für  den  früh  verstorbenen  jungen  Par^des  plante  er 
auch  eine  ausführlichere  Besprechung  aller  das  ferne  Inka-Reich  betreffen- 
den Ereignisse.  Als  Almagro  in  Panama  einen  Sohn  taufen  lässt,  ist 
dessen  Gevatter  neben  Pizarro  Benalcdzar,  der  dann  aber  nach 
Nicaragua  geht,  obwohl  ihn  die  Freunde  zu  halten  suchen;  Pizarro  be- 
ruft ihn,  sobald  er  als  Landes-Hauptmann  von  Peru  1529  aus  Spanien  zu- 
rückkehrt; Benalcäzar  kommt  aber  erst  zwei  Jahre  später,  dann 
jedoch  auf  eigene  Kosten,  mit  einem  grossen  Schiffe,  mit  30  Mann  und 
6  Pferden.  Er  wird  Stadt-Hauptmann  von  San  Miguel  de  Piura  im  Tan- 
garara-Gebiete,  erhält  den  Oberbefehl  gegen  die  Feinde  im  Norden,  deren 
Haupthalt  Quito  ist,  lässt  sich  genau  durch  den  Häuptling  Chaparro 
unterrichten,  ernennt  Rui  Diaz  de  Rojas  zu  seinem  Unterbefehlshaber, 
siegt  auf  den  Teocajas-Feldern  und  macht  dann,  von  einem  Burschen  des 
Juan  Camacho  geführt ,  den  berühmten  Marsch  auf  Riobamba,  wo  er 
siebzehn  Tage  verweilt  und  schliesslich  gegen  Quito  vorgeht.  Hier  bleibt 
er,  bis  ihn  das  Erscheinen  des  aus  Guatemala  herankommenden  Pedro > 
de  Alvarado  zum  Rückzug  auf  Riobamba  veranlasst;  zu  ihm  gehen, 
nachdem  eine  Verständigung  getroffen  ist,  viele  von  Alvarado 's  Leuten 
über,  darunter  Juan  de  Ampudia,  Juan  und  Baltasar  de  Rio, 
Munoz  Mosquera,  beide  Pedro  de  Anasco's,  der  jetzt  in  Tunja 
hochangesehene  Juan  de  Cabrera,  sowie  die  drei  alten  cubaguaer 
Bekannten  Martin  Yafiez  Tafur,  Luis  de  Sanabria  und  Juan 
de  Avendafio,  der  jetzt  ebenfalls  in  Tunja  wohnt,  ausserdem  zwei  dort 
neu  erworbene  Freunde  Luis  Mideros  und  Florencio  Serrano. 


Dichtungen.  195 

Von  solchen  Personen  erfuhr  Castellanos  jene  sonst  kaum 
beachteten  Handlungen  Benalcazar's  und  auch  dessen  weitere,  nach 
Neu-Granada  führende  Schritte.  Geleitet  von  dem  Häuptling  Chamba, 
der  bald  wegen  Verrätherei  getödtet  wird,  zieht  sein  Held  wieder  nach 
Quito  und  kämpft  von  da  aus  mit  den  Wilden,  namentlich  mit  Rumin avi, 
der  auf  dem  Felsen  von  Pillaro  sich  festgesetzt  hat  und  schliesslich  in 
die  Wälder  von  Quijos  fliehen  muss;  dahin  wird  er  verfolgt;  Miguel  de 
la  Chica  ergreift  ihn  nach  harter  Gegenwehr,  wie  der  in  Pasto  ansässig 
gewordene  Alonso  del  Valle  selber  gesehen  hat.  Dieser  kann  über 
die  Schicksale  des  Gefangenen  weiter  nichts  an  Castellanos  berichten, 
wohl  aber  jener  Serrano,  welcher  auch  bei  den  folgenden  Kämpfen  gegen- 
wärtig gewesen  sein  will.  Diese  richteten  sich  gegen  Zopozapagua  und 
Quingalumbo,  die  besiegt  wurden;  Quisquiz  wollte  sich  ergeben, 
wurde  aber  desshalb  von  Guapalcon  erstochen.  Dann  zog  Pedro  de 
Anas  CO  von  Quito  in  das  Quillacinga-Gebiet,  die  Gegend  des  späteren 
Pasto,  und  begann  von  dort  aus  Entdeckungsfahrten;  ihm  folgte  als 
Benalcazar's  Vertreter  Juan  de  Ampudia.  Es  ging,  nachdem  das 
Cibundoy-  und  auch  das  Patia-Thal  heimgesucht  war,  ins  Land  von 
Popayan,  wo  starke  Verschanzungen  der  Eingeborenen  erstürmt  werden 
mussten.  Dabei  zeichneten  neben  den  gewöhnlichen  Gewährsleuten  von 
Castellanos  auch  andere  sich  aus,  Miguel  de  Trujillo,  Francisco 
de  Cieza  und  Francisco  Aguilor,  der  später  Quesada's  letzte 
Expedition  ausgerüstet  hatte. 

Ampudia  und  Anasco  feiern  dann  den  Allerheiligen-Tag  1535  in 
Patia;  die  Ortschaft  Popayan  wird  erreicht,  die  Cali-Gegend,  der  Jaumedi- 
Fluss,  der  reissende  Cauca-Strom,  sogar  die  halbe  Höhe  des  zum  Theil 
beschneiten  Hochgebirges.  In  der  Charwoche  1536  erscheint  Ben alcdzar 
selber  in  der  Stadt  Ampudia,  welche  kurz  zuvor  in  der  vom  Häuptling 
Pete  beherrschten  Cali-Gegend  begründet  ist,  aber,  nachdem  verschiedene 
Züge  in  die  Gebiete  von  Ancerma  und  Cartama,  sowie  in  die  noch  immer 
undurchdringlich  erscheinenden  Bergketten  unternommen  sind,  verlegt 
wird.  Die  ersten  Anfänge  von  Call  blieben  dem  sonst  recht  gut  unter- 
richteten Castellanos  unklar;  er  schrieb  desshalb  an  die  dortige  Stadt- 
obrigkeit, diese  aber  schien  die  älteste  Zeit  der  Ansiedlung  schon  vergessen 
zu  haben;  auch  der  Popayaner  Bischof  Juan  del  Valle,  der  in  Call 
eine  Lateinschule  unter  Luis  Sanchez  errichtet  hatte,  konnte  nicht  mehr 
genügende  Auskunft  geben. 

Auf  Cali  lässt  Castellanos  in  seiner  Besprechung  Popayan  als 
christliche    Ortschaft    folgen;    ihre    Befestigung    wird    nach    ihm    im  De- 

13* 


196  Juan,  de  Castellauos. 


cember  1536 begonnen,  Anasco  wird  Stadt-Hauptmann,  Ampudia  Land- 
pfleger in  Vertretung  von  Benalcdzar.  Diesen  zieht  es  wieder  nach 
Quito;  jedoch  sucht  der  immer  rüstige  Mann,  nachdem  er  Francisco 
Pizarro  gesprochen,  Mai  1538  mit  erheblicher  Macht  Popayan  wieder 
auf.  Nun  wird  das  östliche  Gebirge  glücklich  überstiegen,  und  zwar  in 
der  Timanä-Gegend ;  es  wird  Neiva  am  Magdalena-Ufer  erreicht,  wo 
Ampudia  und  Anasco  umkehren,  damit  der  Rückzug  nicht  abgeschnitten 
werde,  Benalcäzar  aber  die  bestürzende  Nachricht  empfängt,  in  seiner 
Nähe  zeigten  sich  Europäer.  Es  sind  einige  der  Gewährsmänner  von 
Castellanos,  nämlich  Pedro  de  Colmenares,  Juan  Rodriguez 
Gil  und  Juan  deFrias,  die  damals  der  von  der  Hochebene  nach 
Guataqui  herabgekommene  Fernando  de  Quesada  ausgesandt  hat, 
um  dem  auch  zu  ihm  gelangten  Fremdengerede  nachzuspüren.  Die  Kunde 
trifft  BenalcAzar  weit  unterhalb  von  Guataqui,  nämlich  am  Sabandija- 
Fluss;  bei  ihm  ist  Juan  de  Cabrera,  auch  Rodriguez,  ein  persön- 
licher Bekannter  von  Castellanos.  Wie  Letzterer  gesprächsweise  das 
merkwürdige  erste  Zusammen trefi*en  genau  festzustellen  strebte,  so  suchte 
er  auch  das  weitere,  für  die  Anfänge  von  Neu-Granada  so  folgenschwere 
Verfahren  bestens  zu  ermitteln.  Er  erzählt,  wie  Benalcdzar  von  der 
Thalseite  nach  dem  Lager  von  Gonzälo  de  Quesada  hinaufzieht ;  wie 
dieser  ihn  kaum  begrüsst  hat,  als  er  schon  die  Kunde  empfängt,  auch  auf 
der  Gebirgsseite  zeigten  sich  Europäer ;  wie  er  dann  mit  den  Weiserischen 
sich  verständigt  und  die  Peruanischen  zum  Nachgeben  nöthigt.  Castel- 
lanos lässt  nun  Benalcäzar,  bevor  er  im  Mai  1539  der  Hochebene 
den  Rücken  kehrt,  eine  grosse  patriotische  Ansprache  an  das  versammelte 
Volk  halten;  sein  Held  redet  den  ersten  dortigen  Ansiedelungen  das 
Wort.  Dann  eilt  er  für  kurze  Zeit  nach  Spanien,  während  Cabrera  in 
Neiva  eine  christliche  Niederlassung  einrichtet,  erscheint  aber  bereits  1540 
wieder  in  Popayan,  von  der  Krone  mit  der  dortigen  Gubernation  belehnt. 
Ihn  begleitet  nun  als  erster  Bischof  der  dort  ebenfalls  errichteten  Kirchen- 
provinz Francisco  de  Granada;  vor  ihm  räumt  der  Gegenprätendent 
Pascual  de  Andagoya  das  Feld;  dann  folgen  dreijährige  Kämpfe 
wider  die  Gebirgs-Bewohner,  die  für  die  Spanier  nicht  günstig  sind  trotz 
der  Tapferkeit  von  Francisco  Garcia  de  Tovar,  Martin  Nieto, 
Martin  de  las  Islas,  Baltasar  Maldonado,  Diego  deParödes- 
Calderon.  Die  beiden  Letztgenannten  waren  besondere  Vertraute  von 
Castellanos;  allein  auch  ihren  Mittheilungen  gelang  es  nicht,  den  Ver- 
lauf der  Kämpfe  so  deutlich  zu  machen,  dass  sie  im  Zusammenhange  sich 
darstellen  Hessen. 


Dichtungen.  197 

Castellanos  findet  schnell  weiteren  Stoff;  Benalcäzar  wird  in 
die  Wirren  Perü's  verwickelt,  auf  ihn  stützt  sich  1544  der  Vicekönig 
Blas  CO  Nuiiez  Vela,  um  Gonzälo  Pizarro  niederzuwerfen;  er  dient 
getreulich  der  königlichen  Partei,  die  seit  der  Veröffentlichung  der  neaen 
indischen  Gesetze  sich  gebildet  hat;  aber  diese  selbige  Partei  schickt 
hinter  seinem  Rücken  von  Cartagena  aus  einen  Statthalter  nach  Popayan, 
den  er  nicht  begehrt  hat,  noch  dazu  einen  alten  Rivalen,  Jorj  e  Robledo. 
In  der  Schlacht  bei  Quito,  in  der  Pizarro  Januar  1546  den  Vicekönig 
besiegt,  wird  Benalcäzar  gefangen,  alsbald  mit  Freilassung  beschenkt, 
aber  schon  nach  zwei  Tagen  wieder  aufs  Aeusserste  verfolgt,  sodass  ihn 
nur  die  Schnelle  seines  Rosses  rettet;  er  kommt  jedoch  glücklich  in  sein 
Land,  stürzt  sich  auf  jenen  Eindringling,  ergreift  ihn  und  seine  Anhänger 
zu  Pozo  und  lässt  ihn  dort  am  3.  Oktober  1546  mit  drei  Genossen  hin- 
richten. —  Alles  dies  waren  für  Castellanos  hochtragische  Ereignisse, 
Gegenstücke  zu  den  der  Zeitfolge  nach  kurz  vorangegangenen  Greueln 
von  Venezuela. 

Castellanos  sieht  nun  Benalcäzar  noch  einmal  für  die  könig- 
liche Sache  fechten.  Am  9.  April  1548,  in  der  Schlacht  bei  Jaquijaguana, 
steht  sein  Held  auf  der  Seite  des  Vicekönigs  Pedro  de  la  Gasca  und 
gleich  darauf  bei  der  prunkhaften  Hinrichtung  von  Gonzälo  Pizarro 
unter  den  Vornehmsten  der  Königlichen.  Nun  endlich  winkt  die  Ruhe  in 
der  jungen  Stadt  Popayan;  allein  1550  erscheint  dort  ein  Bevollmächtigter 
der  Krone,  ein  Mitglied  der  neuen  Regierung  von  Santa  F6,  tritt  als  Ver- 
antwortungsrichter auf  und  verurtheilt  den  Helden  drei  Mal  zum  Tode. 
Kaum  dass  die  Berufung  an  die  Krone  durch  Bürgschaftstellung  zu  er- 
möglichen ist ;  in  Cartagena  soll  die  Einschiffung  nach  Spanien  erfolgen  — 
da  ruft  ihn  der  Tod  vor  den  höchsten  Richter;  um  ihn  trauern  selbst 
Feinde,  wie  H  e  r  e  d  i  a ;  denn  so  durfte  solch  ein  Mann  nicht  enden ! 

Des  Mitleids  über  ein  so  dürftiges  Los  kann  sich  Castellanos 
nicht  erwehren ;  ihm  gefällt  es  nun,  mitten  in  die  Lebens-Ereignisse  seines 
Helden  etwas  ganz  Ausserordentliches,  geradezu  Wunderbares  hinein- 
zuflechten,  was  freilich  Allen  vertraut  schien,  aber  doch  Niemandem 
wirklich  bekannt  war,  nämlich  die  erste  Kunde  von  dem  sich  vergoldenden 
Wildenhäuptlinge.  Castellanos  lässt  die  Nachricht  vom  güldenen 
Prinzen,  die  ihn  1541  zuerst  und  1571  zuletzt  beschäftigt  hatte,  zu  aller- 
erst im  Jahre  1535  an  Benalcäzar  gelangen;  er  erhebt  sie  zum  ent- 
scheidenden Ansporn  für  den  Marsch  nach  den  Hochebenen  und  ver- 
bindet mit  ihr  frühere  Opfergebräuche  dieser  Gegenden.  Wer  in  Tunja 
wusste    nicht,    dass    weit  und   breit   viele  gottesdienstliche  Feierlichkeiten 


198  Juan  de  Castellanos. 


der  Heidenzeit,  die  jetzt  als  Teufelswerk  und  Gespensterwesen  erschienen, 
noch  in  den  letzten  Jahren  vorgekommen  seien,  namentlich  Opfer  von 
allerlei  Kleinodien,  Goldstücken  und  Smaragden  am  Ufer  und  auf  dem 
Wasser  der  düsteren,  eisigkalten,  entlegenen  Hochgebirgs-Seen  von  Guata- 
vita,  Siecha,  Tensaca,  Guasca  u.  s.  w.  Unschwer  war  jener  Häuptling, 
der  dort  von  einem  Floss  herab  die  dargebrachten  Schätze  versenkte,  mit 
dem  anderen  zu  verschmelzen,  welcher  den  goldenen  Hautschmuck  anlegte 
und  wieder  abwusch.  Eine  Meldung,  welche  Benalcazar  wirklich  1535 
einmal  durch  Pedro  de  Anasco  empfing,  erhielt  willkürlich  neuen 
Inhalt  und  neu-granadische  Herkunft: 

Als  nun  mit  seinem  Volk  Anasco  stand 

In  Quillacinga,  trat  ein  Indianer 

Vor  Benalcdzar,  der  aus  fernem  Land 

Gezogen  kam  und  klug  als  Wegebahner 

Im  Waldesdickicht  sich  bis  Quito  fand. 

Nach  seiner  Herkunft  war  er  Bogotaner 

Und  pries  Smaragdengrün  wie  Goldesglanz 

Des  jetzt  von  ihm  verlass'nen  Vaterlands. 

Der  Mann  erzählte,  wie  es  oft  geschah  — 

Als  Augenzeuge  könn'   er  so  berichten  — 

Dass  nackt  ein  König  führ'   auf  stillem  See 

Mit  einem  Floss,  um  Opfer  zu  verrichten. 

Den  Leib  geölt  und  dann  vom  Haupt  zum  Zeh 

Belegt  mit  feingemahrnen  Goldes  Schichten, 

So  dass  er  gülden  aussah  allzumal. 

Hell  wiederscheinend  wie  vom  Sonnenstrahl. 
Wie  er  nun  sagte,  unschwer  sei  vollbracht 

Und  schnell  der  Marsch  zu  solcher  Augenweide, 

Wo  Alles  strotz'  von  Gold  und  von  Smaragd, 

Von  Edelstein  und  köstlichstem  Gechmeide : 

Da  ward  die  Lust  in  Jedermann  entfacht: 

Da  zeigte  sich  das  Glück  im  schönsten  Kleide. 

Do  hob  die  Mär  vom  güld'nen  Fürsten  an, 

Die  Manchen  schon  gelockt  auf  ihre  Bahn. 

Eine  Vergoldung  des  Körpers  war  fUr  Castellanos  nicht  undenk- 
bar, da  er  einestheils  Menschen  gesehen  hatte,  die  ihre  Leiber  ganz  und 
gar  bemalten,  oder  an  tätowirten  Theilen  mit  Farbe  bestrichen,  und  da  er 
anderentheils  hölzernen  und  thönernen  Göttei-figuren  begegnet  war,  deren 
Aussenseite  aus  Goldlagen  und  Goldplatten  bestand  oder  vergoldet  war. 
Ihm  schien  die  Dorado-Nachricht  um  so  eher  glaubhaft  zu  sein,  als  er  in 
Tunja  gern  der  Eigenthümlichkeiten  der  Eingeborenen  gedachte,  der  I^ilder 
von  Thieren   aller  Art,    der   Götzengestalten,    Opfergeräthe,    Hängematten 


Dichtungen.  199 

und  Körbe  voll  Platten  und  Kugeln,  der  Särge  und  Sitze,  Glocken  und 
Trommeln  in  den  Bäumen,  der  Musikinstrumente,  Waffen  und  Werkzeuge, 
Schmucksachen  von  Lebendigen  und  Todten.  Er  hatte  einigen  Sinn  für 
die  Fragen  nach  ehemaligen  Schatzkammern,  Kauflagern,  Bestattungs- 
arten und  Gottesdienstplätzen,  für  die  Betrachtung  von  unterirdischen 
Gewölben,  pfeilerumkränzten  Tempelräumen,  felsumrahmten  Gebirgsseen. 
Ausserdem  lebte  auch  gerade  in  der  alten  Stadt  der  Zaques  noch  manches 
Interesse  für  solche  vorzeitliche  Dinge,  die  nun  rettungslos  der  christlichen 
Vernichtung  anheimfielen. 

Die  durch  den  Zusatz  über  den  güldenen  Fürsten  gehobene  Elegie 
von  Benalcäzar  Hess  sich  nicht  so  abrunden,  wie  das  Lebensbild  von 
Heredia;  BenalcAzar's  Geschicke  verschlangen  sich  immer  wieder 
mit  der  Geschichte  des  Landes  Popayan  ^^),  die  doch  keine  besondere  Auf- 
merksamkeit verdiente.  Ihr  Interesse  blieb  selbst  sehr  gering  hinsichtlich 
der  auf  Benalcäzar's  Tod  folgenden  Periode,  in  welcher  ein  unheim- 
licher Geist  über  dem  Cauca-Thal  und  seiner  Nachbarschaft  zu  walten 
schien*  musste  doch  die  dortige  Landes-Hauptmannschaft  fast  immer  ver- 
tretungsweise verwaltet  werden.  Dort  war  ja  selbst  jener  Garcia  de 
Parödes  nicht  zu  Amt  gekommen,  da  ihn  zuvor  der  Tod  ereilt  hatte. 

Was  die  Zeit  nach  Benalcdzar's  Ende  anbelangt,  so  konnte  sich 
Castellanos  genauere  Nachrichten  nur  über  einige  frühere,  nach 
Popayan  verschlagene  Freunde  verschaffen,  über  Männer  wie  Alvaro  de 
Mendoza  und  Fernandez  de  Bustos.  So  interessant  auch  die  Auf- 
zeichnungen des  jetzt  in  Tunja  ansässig  gewordenen  Juan  de  Orosco 
sein  mochten,  welcher  das  Hin  und  Her  seiner  dortigen  Kriegs-  und  Irr- 
fahrten ausführlich  niedergeschrieben  hatte,  reichten  sie  doch  für  eine 
zusammenhängende  Darstellung  nicht  aus;  überall  Einzelkarapf  wider  die 
starken,  zwischen  dem  Magdalena-  und  dem  Cauca-Strome,  sowie  jenseits 
des  letzteren  hausenden  Gebirgsvölker;  überall  ein  immer  neues  Streiten, 
das  kein  klares  Bild  darzubieten  vermochte. 

Einen  Theil  des  Schauplatzes  dieser  Kriege  versuchte  Castellanos 
aus  der  Entfernung  zu  schildern,  besonders  das  ungeheure  Gebiet  des 
unteren  Cauca  und  der  Flüsse,  welche  theils  in  den  Sinü,  theils  in  den 
Atrato  fallen,  ausserdem  auch  die  Grenzstriche  gegen  die  ferne  Südsee 
vind  das  Sagenreiche  Ballona-Gebirge.  Er  ging  dabei  von  der  schon  für 
geordnet  geltenden  Gegend  des  seit  1541  bestehenden  Ortes  Antioquia 
aus.  Ihr  wohnten  die  Catier  am  nächsten ,  vorzüglich  in  den  Bergen 
zwischen  dem  Nechi  und  Porce,  bei  deren  Zusammenfluss  nunmehr  die  Stadt 
Zaragosa    eingerichtet    war.     Von    den   Catiern    erzählte    ihm    Juan   de 


200  Juan  de  Castellauos. 


Alvarado  Salazar,  einer  der  älteren  dortigen  Conquistadoren,  viel 
Uisher  Unbekanntes.  Dieses  Volk  ist  den  Christen,  trotz  seiner  Rulim- 
rcdigkeit,  befreundet  und  ungefährlich 5  es  kennt  kein  Pfeilgift,  liebt 
dagegen  berauschende  Getränke  und  Menschenfleisch;  es  geht  langhaarig 
und  bekleidet  einher,  trägt  Ringe  in  Ohren  und  Nasen,  hält  und  verhandelt 
Sklaven,  glaubt  an  Seelenwanderung,  verehrt  einen  Gott  Abira  und  ein 
böses  Wesen  Cunicubd,  lebt  in  Vielehe,  kennt  im  Kriege  gemeinsames 
Regiment  und  besitzt  Mass,  Gewicht,  sogar  eine  Art  Schrift,  die  auf 
Geweben  und  Hölzern  angewendet  zu  sein  scheint.  An  dies  grosse  Catia- 
Gebiet  grenzt  dann  das  von  Ibijico,  in  welchem  AtocinA,  Bererüa,  Cucuba 
und  Rucabe  liegen.  Der  Sinü-Strom,  der  durch  die  Waldregionen  von 
Teco  und  Maritu^,  die  Gegenden  von  Nitanä,  Guacuceco,  Cuisco,  Araque 
und  Tuingo  sich  ergiesst,  bewässert  während  der  Regenzeit  mit  seinem 
oberen  Laufe  das  reiche  Ituango-Land ,  zu  dem  Carautd  und  Ceracuna 
gehören.  Der  dem  Cauca-Strome  zugewendete  Theil  von  Ituango,  wo  kurze 
Zeit  eine  Ortschaft  San  Juan  de  Rodas  bestand,  bildet  eine  Art  Mittel- 
punkt für  den  Verkehr  verschiedener  Stämme;  auf  der  einen  Seite  liegt 
nämlich  die  feindlich  gesinnte  Provinz  Norisco,  in  der  nur  Bayaquima  und 
Tacujurango  sich  hervorthun,  auf  der  anderen  kommt  man  zu  dem  Pequi- 
Lande,  dessen  Kriegs-Regiment  bis  1570  in  den  Händen  des  tapfern  Sinago 
gelegen  hat;  diese  Gemeinschaft,  zu  der  Agrazaba,  Aram^,  Chacuri,  Ereta, 
Guaracho,  Nuguireta,  Pauque,  Tacuica,  Tecuce,  Tucure  und  namentlich 
Yutengo  gehört  hatten,  ist  nach  Castellanos  mit  dem  Tode  jenes 
Führers  zerfallen;  unfern  Hegen  dann  die  kahlen  Grassteppen  von  Penco. 
Andererseits  zeigen  sich  in  der  Nähe  der  neueren  Ortschaft  Cäceres  —  das 
ist  an  der  Stelle,  wo  Andres  de  Valdivia  1574  von  den  Wilden  hin- 
gerichtet wurde  —  Ubana,  Oceta,  Carcara,  Quime  und  Ucharie :  Orte,  die 
zum  Stamme  der  wenig  bekannten  Tahamier  gehörten,  unbekleidet  auf 
kahlen  Bergen  hausender  Menschen.  Gleich  ihnen  brauchen  ihre  Geschlechts- 
verwandten, die  Nutabeer,  das  Pfeilgift;  dies  sind  ebenfalls  nackt  gehende, 
aber  dem  Berg-  und  Ackerbau  ergebene,  eine  eigenartige  Sprache 
redende  Leute,  die  zwischen  dem  Cauca  und  Nechi  wohnen.  Vermittels 
der  höchst  merkwürdigen  Brücke  von  Abernuco  kommen  sie,  wie  jene 
Tahamier,  zu  den  Völkerschaften  der  linken  Cauca-Seite,  des  Guarcama- 
Gebietes;  die  dort  auf  der  kahlen  Höhe  von  Nohava  am  24.  Juni  1574 
begründete  Ortschaft  Ubeda  hatte  nur  kurzen  Bestand,  denn  die  Ein- 
geborenen waren  dort  in  der  Uebermacht,  da  ein  Wildensitz  an  den 
anderen  sich  reihete:  Abaniqui,  Aguasici,  Aguataba,  Carime,  Cuerquici 
Maquird,  Maubita,  Moscataco,  Negueri,    Ochari,    Omag^,    Pipiman,    Taqui- 


Dichtungen.  201 

buri,  Tcgueri,  Yusca;  überall  zeigte  dort  sich  Anbau,  wenngleich  in  un- 
vollkommener Weise. 

Derartige  kaum  aussprechbare  Barbaren-Namen^^)  aufzubewahren 
hielt  Castellanos,  wie  schon  früher,  so  auch  jetzt  für  wichtig.  Sie 
hatte  er  bei  der  Besprechung  von  Maracapana,  Citurma  und  Eupari  nach 
eigener  Erinnerung  aufgezeichnet;  jetzt,  bei  der  Beschreibung  der  ihm 
ferngebliebenen  Gebiete  von  Antioquia  und  Popayan,  mussten  die  Mit- 
theilungen Dritter  aushelfen,  die  natürlich  manche  Irrthümer  unterlaufen 
Hessen.  Mit  Bedauern  sah  der  alte  Herr,  wie  die  letzten  Zeugen  der 
früheren  Volksbildungen  schnell  dahin  starben-,  selbst  in  der  nächsten 
Umgebung  seines  Wohnsitzes  waren  nur  noch  hie  und  da  ursprüngliche 
Namen  und  sonstige  Reste  früherer  Kultur  zu  finden ;  auch  auf  den  neu- 
granadischen  Hochebenen  ging  mit  der  Zerstörungslust  der  Europäer  die 
Schwäche  der  Eingeborenen  Hand  in  Hand. 

In  Tunja  sah  Castellanos  jetzt  sogar  das  klägliche  Ende  eines 
Stammes,  dessen  früherer,  heldenmüthiger  Widerstand  bei  ihm  Bewunde- 
rung hervorgerufen  hatte*,  der  letzte  Duitama^*),  der  in  der  Taufe  den 
Namen  Juan  erhalten  hatte,  gab  sich  selber  den  Tod,  nachdem  er,  der 
Täufling  des  Erzbischofs,  gefoltert  und  vor  den  Augen  seiner  spärlich  ge- 
wordenen Volksgenossen  gemisshandelt  war,  damit  er  endlich  doch  offen- 
bare, wo  denn  die  Schätze  der  Altvordern  verborgen  lägen.  Durch  solchen 
Ausgang  eines  Heldengeschlechts  wurde  Castellanos  um  so  mehr  er- 
griffen, als  er  das  Ende  des  letzten  Tunja  und  das  des  letzten  Bogota, 
nur  vom  Hörensagen  kannte. 

Trotz  des  Interesses  für  frühere  Zeiten  überwog  doch  das  Bedürfniss, 
der  Gegenwart  gerecht  zu  werden.  Eifrig  wurden  Nachrichten  über  die 
jüngsten  Ereignisse  gesucht,  namentlich  bei  einem  alten  Bekannten,  welcher 
zugleich  hinsichtlich  Santa  Marta's,  Cartagena's  und  Popayan's  gut  be- 
wandert war,  bei  Ferndndez  de  Bustos.  Von  ihm  erhielt  Castel- 
lanos manchen  Stoff  für  die  Vervollständigung  seiner  Geschichte  der 
Küstenländer,  nämlich  erstlich  hinsichtlich  Santa  Marta's  einen  Bericht  über 
die  Regierung  von  Luis  de  Rojas,  dann  hinsichtlich  Cartagena's  einen 
solchen  über  die  Zeit  von  Francisco  Bahamon  de  Lugo.  Das 
Material  über  diese  beiden  .  Landes-Hauptleute,  die  1570  ihre  Aemter 
angetreten  hatten,  wurde,  so  schwer  es  auch  gehen  mochte,  zu  Eulogien^^) 
verarbeitet.  Ueber  den  Letztgenannten  wäre  wohl  beim  besten  Willen 
Nichts  zu  sagen  gewesen,  wenn  nicht  noch  Einiges  über  Cariben-Kämpfe 
von  Puerto-Rico  sich  dargeboten  hätte;  dagegen  hatte  Rojas  Dinge  von 
grösserem  Interesse  erlebt  und  bewirkt;  so  waren  die  Züge  von  Francisco 


202  Juan  de  Gastellanos. 


Gonzalez  de  Castro  wohl  der  Beschreibung  würdig;  eine  wahre 
Tragödie  bildete  die  trostlose,  von  den  Resten  der  Eingeborenen  her- 
rührende Zerstörung  des  geliebten  Santa  Marta,  welche  zwar  nicht  Schuld 
des  Statthalters  gewesen  war,  aber  doch  dessen  Versetzung  nach  Vene- 
zuela zur  Folge  gehabt  hatte. 

Derartige  Stoffe  glaubte  Castellanos  hinnehmen  zu  müssen,  um 
seinem  Werke  Zusammenhang  und  Bezug  auf  die  Gegenwart  zu  ver- 
schaffen ;  besonders  erquicklich  konnten  sie  ihm,  der  mehr  und  mehr  alle 
seine  Aufzeichnungen  sofort  in  Verse  kleidete,  keineswegs  sein;  er  sehnte 
sich  daher  nach  einem  besseren  Vorwurf.  Ein  der  wirklichen  Dichtung 
würdiger  und  doch  für  sein  Geschichtsbuch  passender  Gegenstand  liess 
sich  nur  schwer  finden;  endlich  verfiel  er  auf  eine  der  merkwürdigsten 
Begebenheiten,  die  sich  denken  liess.  Sie  war  freilich  schon  vor  zwei 
Jahrzehnten  geschehen,  aber  doch  noch  in  Aller  Erinnerung ;  ihren  Mittel- 
punkt bildeten  das  blutige  Ende  seines  früheren  Freundes  Pedro  de 
Ursua  und  die  blutige  That  des  schrecklichsten  aller  Tyrannen,  des 
Lope  de  Aguirre^^);  ihr  Schauplatz  war  zuerst  die  Wildniss  des  fernen 
Amazonas,  die  auch  in  Tunja  ein  phantastisches  Dunkel  umhüllte,  dann 
Margarita  und  Maracapana,  die  Stätten  der  eigenen  Jugend.  Etwa  sieben 
Jahre  nachdem  er  mit  Ursua  in  die  Sierra  Nevada  von  Santa  Marta 
geritten  war,  hatten  jene  Dinge  sich  ereignet,  von  denen  früher  in  Carta- 
gena  Melchior  P6rez  deArteaga  zuerst  erzählt  hatte;  allein  noch 
jetzt  waren  Augenzeugen  vorhanden;  noch  jetzt  sprach  man  gern  von 
dem  tapfern,  kraftvollen  Manne,  welchen  ein  Befehl  des  peruanischen  Vice- 
königs  in  die  Berge  des  Motiloner-Landes  gesandt  und  die  schöne  Perua- 
nerin Inöz  de  Atienza  mit  ihren  Damen  selbst  dahin  begleitet  hatte. 
In  der  Wildniss  traf  ihn  der  Mordstahl  am  Neujahrstage  1561 ;  bald  darauf 
verblutete  die  holde  Inöz.  Der  Haupturheber  der  grausen  That,  jener 
wilde  Aguirre,  hatte  dann  mit  seinen  gefürchteten  Begleitern  überall, 
wohin  er  kam,  unerhörten  Aufstand  entfacht  wider  die  geheiligte  Majestät 
des  spanischen  Königs,  dem  er  sogar  einen  förmlichen  Absagebrief,  eine 
Unabhängigkeits-Erklärung,  geschrieben;  die  Krone  von  Fei  ipe  II.  schien 
damals  in  diesem  Theile  von  Indien  bei  der  drohenden  Haltung  der 
Negersklaven  zu  zittern.  In  Merida,  Tunja,  Bogota  war  der  Waffenruf 
erschollen ;  die  Veteranen,  Marschall  J  i  m  e  n  e  z  voran,  hatten  die  Land- 
wehr gesammelt;  viele  Träger  der  ersten  Eroberung  hatten  sich  gerüstet, 
darunter  die  besten  Freunde  von  Castellanos.  Endlich  Erlösung;  der 
Tyrann  war  niedergeworfen,  er  war  getödtet  worden,  nachdem  er  seine 
Tochter   erstochen    hatte,    damit    sie    nicht   als  Kind    eines  Verräthers  ge- 


Dichtungen.  203 

schmähet  würde.  Dies  erscheint  Castellanos  als  ein  doppelt  sündhaftes 
Verbrechen;  aber  der  als  Verführerin  und  Unruhestifterin  gehassten 
Inez  nimmt  er  sich  mit  ritterlicher  Vorliebe  an,  wie  er  denn  immer  gern 
in  seinen  Versen  dem  weiblichen  Geschlechte  gehuldigt  hat;  gedenkt  er 
doch  der  aus  Europa  herübergekommenen  Frauen^  deren  hohe  sittliche 
und  physische  Bedeutung  ihm  so  klar  vor  Augen  lag,  stets  mit  ganz 
besonderer  Verehrung.  Dies  thut  er  nicht  bloss,  wenn  er  sich  in  jene 
schönen  Jugendtage  von  Margarita  zurückversetzt,  sondern  auch  bei  ferner 
liegenden  Anlässen,  z.  B.  bei  jenem  Santa  Martaer  Wildenüberfalle  von 
1576,  bei  der  Nachkommenschaft  des  ersten  Zuckerrohrmüllers  Gronzalo 
de  Velo  so.  In  gleichem  Sinne  verweilt  er  gern  bei  dieser  unglücklichen 
Inez  de  Atienza.  Als  ihr  der  Wütherich  Juan  Llamoso  sein  schänd- 
liches Messer  in  den  weissen  Nacken  stösst,  da  jammern  die  Vöglein, 
klagen  die  Wellen,  seufzen  die  Winde,  schreien  die  Thiere  des  Dickichts, 
erhebt  sich  sinnbetäubendes  Getöse  in  den  Höhlen  des  Waldgebirges: 
„Ungeheuer,  hat  ein  Weib  dich  geboren  !"  Aber  Gott  ist  gerecht,  alle  Theil- 
nehmer  an  dem  furchtbaren  Verbrechen  trifft  die  Strafe,  wird  doch  auch 
zuletzt  jener  Llamoso  dem  Henker  übergeben,  und  zwar  durch  Ortun 
Velasco,  den  Freund  von  Ursua. 

Noch  jetzt  feierte  man  vor  den  Augen  von  Castellanos  weit  und 
breit  in  Neu- Granada  den  Todestag  des  Tyrannen  als  Dankfest  für  die 
Errettung  aus  grosser  Gefahr.  Es  war  an  diesem  Tage  des  Jahres  1579, 
am  28.  Oktober,  als  Castellanos  seine  romantische  Dichtung  voll- 
endete. 

Das  Jahr  1579  gab  in  Neu-Granada  Jedem,  welcher  die  Zeichen  der 
Zeit  verstand,  gar  viel  zu  denken.  Es  war  das  erste  Jahr  der  Wirk- 
samkeit eines  neuen,  ganz  von  den  modernen  Ideen  beseelten  Regierungs- 
Präsidenten,  des  Lope  Diez  Aux  de  Armendariz,  Marquis  von 
Caderei ta,  der  mit  seiner  energischen  Frau  Juana  de  Saavodra  das 
von  Leiva  begonnene  Organisationswerk  rücksichtslos  durchführte.  Es 
war  zugleich  das  letzte  Jahr  der  beiden  hervorragendsten  Vertreter  einer 
entschwundenen  Zeit:  das  letzte  Jahr  jenes  Gonzälo  Jimenez  de 
Quesada,  der  fern  von  den  Stätten  der  Gebildeten  an  elendem  Aussatz, 
achtzig  Jahr  alt ,  verstarb  und  in  der  dürftigen  Kapelle  des  kleinen 
Indianerdorfes  Mariquita  bestattet  wurde  —  das  letzte  Jahr  auch  von 
Gonzalo  Suarez  Rondon,  über  dessen  Grabe  nun  in  der  Stadtkirche 
von  Tunja,  dem  Platze  der  Cas  teil  an  os 'sehen  Pfarrtliätigkeit,  vier  noch 
aus    der   spanischen   Heimath    mitgebrachte   und   stets  mit  Ehren  geführte 


204  Juan  de  Castellanos. 


Kriegsfahnen  hingen.  Jene  Zeit,  deren  Glorie  die  Schriften  von  Castel- 
lanos umglänzte,  ging  offenbar  mit  schnellen  Schritten  dahin. 

Der  Vielgewanderte  fühlte  sich  auch  veraltet-,  er  legte  sein  Pfarr- 
amt nieder  und  blieb  nur  noch  Pfründner  der  Tunjaer  Kirche,  in  der 
Juan  de  Canada  schon  sein  Vikar  geworden  war.  Selten  lebte  er  noch 
in  der  Stadt;  meist  hielt  er  auf  einem  einfachen,  stillen  Landsitze  sich 
auf;  da  wurde  es  für  ihn  allmählich  rathsam,  mit  allem  Halbfertigen  abzu- 
schliessen.  Es  waren  nicht  bloss  noch  die  Erzählungen  zu  vervollständigen, 
welche  die  Geschichten  von  Sedeno  und  Hortal  enthielten,  also  den 
ersten  Jahren  dos  Abenteurerlebens  galten  —  auch  fiir  das  bunte  Allerlei 
der  bisherigen  Aufzeichnungen  musste  ein  Zusammenhang  geschaffen 
werden,  und  endlich  war  eine  passliche  Einleitung  für  das  Ganze  her- 
zustellen. 

Die  Anordnung  der  Schriften  wurde  nun  äusserlich  derjenigen  ähnlich, 
welche  vor  Jahren  der  Schloss-Hauptmann  Oviedo  in  Santo  Domingo 
seinem  Geschichtsbuche  verliehen  hatte,  nämlich  eine  geographische. 
Castellanos  wollte  "  zuvörderst  Insel  auf  Insel  behandeln  und  dann 
einzeln  die  verschiedenen  Theile  des  Festlandes;  bei  der  Besprechung  von 
Espaiiola,  dem  Ausgangspunkte  des  grossen  indischen  Reiches,  war  mit  der 
Geschichte  der  ersten  Entdeckungen  zu  beginnen,  welche  offenbar  allem 
Anderen  voraufgehen  musste,  „wie  der  Stamm  den  Aesten  und  Zweigen". 
In  mühsamen,  aber  doch  charakteristischen  Versen  schilderte  Castellanos 
diese  ilim  persönlich  fern  liegenden  und  ihm  bisher  auch  unbekannt  ge- 
bliebenen Ereignisse  der  ersten  Heroenzeit.  Seine  Columbus-Legende^'') 
beginnt,  Gott  habe,  um  den  bisher  nur  den  eigenen  Eingeborenen  bekannt 
gewesenen  Erdtheil  ans  Licht  treten  zu  lassen,  nicht  etwa  einen  gewöhn- 
lichen Sterblichen  auserkoren,  sondern  einen  Mann  aus  altberühmtem 
Geschlecht,  aus  dem  lombardischen  Hause  der  Pelesti^Ier,  der  zu  Nervi 
in  den  genuesischen  Landen  geboren  sei,  einen  bejahrten  und  bewährten 
Seefahrer;  dieser,  Cristöbal  Colon  geheissen,  habe  auf  Madeira  viel 
Gutes  gethan,  besonders  arme  Schiffsleute  pflegend,  darunter  auch  einen 
Kastilianer,  welcher  vor  dem  Tode  seinem  Wohlthäter  erzählt  habe,  wie  er 
einmal  durch  schweren  Sturm  weit  nach  Westen  verschlagen  worden,  nach 
bisher  unbekannten  Ländern.  So  Hess  Castellanos  den  ersten  Anstoss 
zur  Entdeckung,  wie  ihm  schien,  gebührender  Massen  von  spanischer 
Seite  kommen;  diese  Wendung  hielt  er  für  besser,  als  eine  andere,  nach 
der  Colon  ohne  Zuthun  eines  Spaniers  sein  Wissen  einem  alten  Schrift- 
stücke entnommen  haben  sollte.  Der  Erwählte  des  Himmels  empfangt  nun 
Zutritt  zu  den  gefeierten  Monarchen  F'ernando  und  Isabel,    verspricht 


Dichtungen.  205 

ihnen  eine  neue  Welt,  nicht  kleiner  als  die  bekannte,  erhält  drei  gut- 
ausgerüstete Schiffe,  wirbt  mit  Hülfe  der  Ninos  und  der  Pinzons  als 
Besatzung  130  Leute,  denen  er  bisher  unerhörte  Schätze  ausmalt.  Die 
Ruhe  der  nun  anhebenden  grossen  Argonautenfahrt  lässt  Castellanos 
zwei  Mal  gestört  werden.  Einmal  entsteht  ein  Gemurre  der  Mannschaft 
wegen  der  Länge  der  Reise,  der  Endlosigkeit  des  Oceans:  da  weiset  Colon 
in  grosser  Ansprache  auf  die  Irrthümer  der  Alten  hin,  und  auch  auf  den 
künftig  zu  erwartenden  Neid  von  Portugal  und  von  England ;  er  redet 
über  die  Aussprüche  eines  Albertus  Magnus,  Averrhoes  und 
Avicenna,  über  die  eigenen  jahrelangen  Studien,  die  bedeutsamen, 
während  einer  Madeira-Fahrt  nach  sechstägigem  Sturme  gemachten  Er- 
fahrungen, den  Fund  ausländischer  Bäume,  Pflanzen  und  Blätter,  die  Be- 
obachtung unbekannter  Vögel,  Endlich  kommt  er  auf  eine  Vision  von 
gebirgigem  Lande  und  auf  seine  Kenntnisse  als  Kartograph :  „Ihr  wisstja, 
dass  einstmals  Anfertigen  und  Verkaufen  von  Weltkarten  mein  Geschäft 
war."  Später  bricht  ein  Sturm  aus,  dessen  Stärke  beinahe  Alle  muthlos 
macht;  allein  nun  erhebt  der  alte  Pinzon  seine  gewichtige  Stimme;  die 
Gefahr  sei  ja  nicht  grösser  als  manche  schon  kühn  bestandene;  in  zwei 
Tagen  müsse,  so  glaube  er  sicher,  Land  mit  Berg  und  Thal  sich  zeigen. 
Darauf  erklärt  Colon,  morgen  werde  dies  geschehen,  und  siehe  da!  als 
die  Sonne  wieder  aufsteigt,  erklingt  der  Landruf;  darauf  ertönt  das 
Tedeum !  „Hoch  die  Colonen,  hoch  die  Pinzonen,  hoch  alle  Genossen  der 
Fahrt!  Dich,  Cristobal,  Christusträger,  Dich  und  Deine  Erben  segne  der 
Himmel."  Vergessen  des  Vergangenen  wird  erbeten,  die  Aelteren  entblössen 
ihr  Haupt,  die  Anderen  küssen  die  Hand ;  es  zeigen  sich  Berg,  Fels,  Wald, 
Wiese,  Strand,  nacktes  flüchtiges  Volk,  stattliche  Männer,  nymphenähnliche 
Weiber.  Von  Guanahani  geht's  nach  Cuba,  das  Fernandina,  nach  Haiti, 
das  Espanola  getauft  wird;  es  beginnt  Verkehr  mit  Goaga-Canari.  Hernach 
erhebt  sich  eine  Meinungsverschiedenheit;  Colon  will  nach  Zurücklassung 
einer  Besatzung  heimfahren ,  Pinzon  dagegen  die  Reise  noch  fortsetzen ; 
Colon  erboset,  Pinzon  fährt  ab,  kehrt  jedoch  zurück.  Arana  bleibt 
mit  seinen  Gefährten  auf  Espanola;  die  Heimfahrt  der  Uebrigen  erfolgt; 
nach  50  Tagen  ist  Spanien  erreicht;  in  Sevilla  und  Barcelona  wird  Colon 
festlich  empfangen.  Eine  neue  Fahrt  geschieht,  an  ihr  nehmen  die  Ninos, 
die  Pinzonen  und  andere  tüchtige  Männer  Theil;  eine  grosse  Menge 
Inseln  wird  entdeckt;  bei  der  Landung  auf  Espanola  zeigt  es  sich  aber, 
dass  Arana  und  seine  Leute  erschlagen  sind:  ein  Unheil,  das  nicht  ein- 
getreten sein  würde,   wenn  Pinzon  rechtzeitig  Gehör  gefunden  hätte. 

So  legt   sich   in    Tunja  Castellanos   den  Haupttheil  der  frühesten 


206  Juan  de  Castellanos. 


Entdeckungs- Geschichte  zurecht;  gar  bald  aber  verbleicht  in  seinen 
Versen  das  Interesse  für  Colon  so  sehr,  dass  es  kaum  noch  bei  der  Be- 
sprechung von  Francisco  Bobadilla  und  von  Nicolas  de  Ovando 
etwas  wieder  hervortritt;  die  grosse,  Cuba's  Südseite  und  Jamaica  auf- 
deckende Reise  wird  vollständig  übersehen,  die  dritte  Fahrt,  die  nicht 
bloss  nach  Trinidad  und  Paria,  sondern  auch  nach  Margarita  und  Cuba- 
gua,  ja  nach  dem  Meere  von  Venezuela  geführt  haben  soll,  wird  nur  ganz 
kurz  erwähnt;  ebenso  die  vierte  und  letzte,  die  nach  der  Entschleierung 
Veragua's  mit  Schiffbruch  endete.  Castellanos  weilt  lieber  bei  den 
Indianerkämpfen  und  Parteiwirren  auf  Espanola.  Schliesslich  begleitet  er 
den  Erwählten  Gottes  nach  der  Gruft,  spricht  über  ihn  poetischen  Grab- 
spruch, geht  auf  die  Regierung  des  Sohnes  über,  bestattet  auch  diesen  mit 
eigener  Inschrift  in  der  Klosterkirche  von  Nuestra  Sefiora  de  las  Cuevas  bei 
Sevilla,  und  berichtet  endlich  von  seinem  Erben  Luis  und  von  dem 
Uebergange  der  längst  erblassten  Würden  auf  dessen  Neffen  Diego, 
welcher,  als  er  1576  starb,  der  letzte  des  Columbischen  Mannes- 
stammes war. 

So  ging  es  von  der  Entdeckungs-Geschichte  zu  der  Besprechung  der 
Schicksale  Espaiiola's  weiter.  Darauf  sollten  in  der  Castellanos'schen 
Darstellung  Cuba  und  Jamaica  folgen,  sodann  Maracapana,  ferner  Trinidad, 
Cubagua  und  Margarita;  das  zweite  Buch  war  für  Venezuela,  Cabo  de  la 
Vela,  Santa  Marta,  Cartagena,  Popayan,  Antioquia  und  Chocö  bestimmt, 
der  Schluss  für  die  Hauptsache,  für  das  Neue  Königreich  Granada. 

Von  dem  ersten  dieser  Abschnitte  lag  um  1580  wenig  ganz  fertig 
vor,  nämlich  nur  der  über  Maracapana,  soweit  er  die  Jugend-Erinnerungen, 
die  Fahrten  von  Sedefio  und  Hortal,  darstellte,  und  was  in  Zusammen- 
hang mit  diesen  über  Ordaz  zu  sagen  gewesen  war,  sowie  der  über 
die  kleineren  Inseln.  Hinsichtlich  Maracapana' s  liatte  Castellanos  nicht 
bloss  geschichtliche  Daten  gegeben,  sondern  auch  schon  in  den  ersten 
Aufzeichnungen  Land  und  Leute  beschrieben;  eine  grosse  Anzahl  der  ur- 
sprünglichen Namen  von  Häuptlingen,  Ortschaften,  Flüssen,  Stromgebieten, 
grösseren  Gegenden,  Gebirgen  waren  aufbewahrt,  sodass  Bevölkerungs- 
Verhältnisse,  Marsch-Routen  und  dergleichen  sich  erkennen  Hessen;  es 
gab  auch  Natur-Schilderungen,  z.  B.  die  Beschreibung  des  Eintrittes  der 
Regenzeit  in  den  ungeheuren  Grassteppen  der  Orinoco-Flüsse,  wenn  weit 
und  breit  der  von  keiner  Menschenhand  berührte  Boden  überfluthet  wird : 
ein  endloses  Wasser  —  das  rabenschwarze,  hochgewachsene,  hirschschnelle 
Volk  eilt  nach  seinen  Einbäumen  und  rettet  sich  auf  die  wenigen  Anhöhen, 
welche  auch  das  Wild,    vom  Raubthier  gefolgt,    zu   erreichen    sucht,    oder 


Dichtungen.  207 

es  flüchtet  sich  der  Mensch  zu  seinen  im  Baumgeäst  aufgeschlagenen 
Wohnstätten,  wo  als  Gefäss  die  Fruchthülle  dient,  als  Nahrung  Mehl  von 
Wurzeln  und  Fischen,  getrocknetes  Fleisch  der  Tapire  und  Waldschweine 
—  „jeder  Hunger  ist  furchtbar,  am  furchtbarsten  der  nach  Salz". 

Selbst  dieser  erste  Abschnitt,  der  von  Castellanos  mit  besonderer 
Vorliebe  überarbeitet  wurde,  schien  bei  näherer  Betrachtung  nicht  so 
vollständig  zu  sein,  wie  wünschenswerth  war;  es  fehlte  doch  noch  viel 
von  der  Vorgeschichte,  die  durchaus  erweitert  werden  musste,  schon  wegen 
der  denkwürdigen  Wirksamkeit,  welche  in  Maracapana,  und  zwar  zu 
Cumana,  1521  und  1522  Bartolom^  de  lasCasas^^)  entwickelt  hatte. 
Castellanos  nahm  daher  Oviedo's  Geschichtswerk  zur  Hand  und 
widmete  jenem  schon  längst  verstorbenen,  seltenen  Manne,  welchen  Viele 
noch  für  einen  unpraktischen  Schwärmer  hielten,  Verse  der  wärmsten  An- 
erkennung, obwohl  er  früher  die  Agitationen  für  die  indischen  Gesetze 
von  1542  ebenso  wenig  gebilligt  hatte,  wie  die  etwa  zehn  Jahre  später 
durch  den  Druck  bekannt  gewordene  Streitschrift  über  die  Zerstörung  von 
Indien,  welche  ihm  keineswegs  fehlerlos  zu  sein  schien. 
Der  Pfarrpfründner  Castellanos  schrieb : 

Bartolom6  las  Casas  heisst  der  Mann, 

Den  Gott  zum  Heil  der  Völker  hat  erkoren ; 

Er  war's,  der  christlich  Regiment  begann. 

Wo  Alles  lag  in  Raub  und  Mord  verloren. 

Die  Seelen  Vieler  zog  er  himmelan, 

Die  schon  gestanden  vor  der  Hölle  Thoren; 

Als  Zeuge  trat  er  tapfer  und  beredt 

Vor  Karl's  des  Fünften  hohe  Majestät. 

Als  er  den   Plan,   den  lang  er  in  sich  trug : 

Mit  Arbeitern,  einfachen,  frommen,  schlichten    — 

Ein  rothes  Kreuz  schien   Auszeichnung  genug  — 

Und  deren  Frau'n  Ansiedlung  einzurichten 

Im  Land  von  Cumana,   der  Wilden  Lug, 

Mordgier  und  Wuth  so  kläglich  sah  vernichten : 

Da  nahm  Dominikaner-Kleid  er  an 

Und  ging  fürbass  auf  der  Apostel  Bahn. 

Er  setzt'   es  durch,  dass  Spaniens  Krone  gab 

Ein  neu  Gesetzbuch  ihren  ind' sehen  Landen. 

Den  Schleier  riss  er  und  den  Vorhang  ab 

Von  allen  gleissenden  Erobrer-Banden ; 

Mild  führte  er  Chiapa's  Bischofsstab, 

Schuf  Schutz,  allwo  sich  Noth  und  Knechtschaft  fanden; 

Er  war  den  Wilden  Indiens  Held  und  Hort, 

Den  Alle  ehren  sollten  fort  und  fort. 


208  Juan  de  Castellanos. 


Als  den  merkwürdigsten  Punkt  in  den  gescheiterten  Unternehmungen 
von  Las  Casas  erkannte  Castellanos  die  1520  erfolgte  Verpflanzung 
der  ersten  Arbeiter-Frauen  von  Europa  nach  der  neuen  Welt;  er  hatte 
selber  auf  Puerto-Rico  die  letzten  dieser  Personen  gesehen  und  konnte 
noch  ihi'e  Namen  ausfindig  machen :  Juana  Luengo,  Maria  L6pez, 
Teresa  Diaz,  Sancha  und  Maria  Minga. 

Da  die  Maracapana- Gesänge  bereits  fertig  waren,  wurde  die  Episode 
über  Las  Casas  der  Besprechung  der  Insel  Cubagua  angehängt.  Dann 
schob  Castellanos  in  den  Abschnitt  über  Margarita  sein  Gedicht 
über  Ursua  und  Aguirre  ein.  Von  Puerto-Rico  hatte  er  seit  1536  nur 
wenig  gehört;  er  fügte  aber  doch  den  Thaten  Ponce  de  Leon 's 
Einiges  über  dessen  Nachfolger  aus  Oviedo's  Werk  hinzu,  sowie  von 
Francisco  Caro,  seinem  getreuen  Briefschreiber  in  Spanien,  eine  Er- 
zählung, die  1579  verfasst  worden  war.  Die  Geschicke  von  Trinidad 
waren  schon  für  die  Zeit,  als  Sedeno  dort  Statthalter  gewesen,  ab- 
gehandelt; jetzt  wusste  Castellanos  nur  noch  eine  kurze  Notiz  über 
den  Enkel  jenes  Florida-Fahrers,  der  auch  Juan  Ponce  de  Leon  hiess, 
anzuschliessen ,  obgleich  er  gehofft  hatte,  die  Geschichte  der  Insel  noch 
einmal  ganz  ausführlich  von  1530  bis  1570  erzählen  zu  können.  Cuba 
war  von  ihm  nur  einmal  betreten,  im  Jahre  1544;  er  hatte  zwar  auch 
daran  gedacht,  die  von  dort  ausgegangenen  Züge  eines  Fernando 
Cortes  in  gebührlicher  Weise  zu  behandeln;  allein  es  behielt  bei  dem 
Gedicht  auf  Diego  Velasquez  de  Cuellar  sein  Bewenden,  wie  auch 
der  Abschnitt  über  Jamaica  mit  dem  Tode  von  Francisco  Garay 
endete.  Hinsichtlich  beider  Inseln  ging  freilich  Oviedo's  Werk  noch 
zehn  Jahre  weiter,  nämlich  bis  1534 ;  allein  die  letzten  Ereignisse  wurden 
in  demselben  nur  flüchtig  erwähnt  und  lagen  dem  Tunjaer  Schriftsteller 
gar  zu  fern. 

Wie  der  Tod  von  Sedeno  und  von  dessen  Gegner  Hortal  durch 
kurze  lateinische  und  spanische  Verse  hervorgehoben,  die  Gräber  von 
Ursua  und  seiner  In 6z,  gleich  denen  von  Columbus  und  seinem 
Sohne,  mit  poetischen  Inschriften  geschmückt,  ja  auch  die  Zerstörung  der 
ersten  europäischen  Kolonie,  der  Untergang  der  ersten  grossen  Indienflotte 
und  der  Verfall  der  ersten  Perlcnhcrrlichkeit  durch  besondere  Denksprüche 
ausgezeichnet  waren,  so  erhielten  auch  Leon,  Velasquez  und  Garay, 
obwohl  sie  Castellanos  ganz  fem  geblieben  waren,  am  Schluss  der  ihnen 
geltenden  Gesänge  Worte  elegischen  Nachrufs. 

Mehr  als  zehn  Jahre  lang  war  daran  gearbeitet  worden,  diesen  ver- 
schiedenen   Aufzeichnungen    ein    metrisches   Gewand    zu    verleihen.     Da 


Dichtungen.  209 

erhob  sich  plötzlich  auf  den  sonst  schon  still  gewordenen  Hochebenen 
Neu-Granada's  ein  Rüsten  und  Regen,  als  verlange  die  ruhige  Gegenwart 
noch  einmal  nach  den  Thaten  der  Väter.  Die  alten  Herren  in  Tunja,  die 
Regierungsräthe  und  hohen  Titulare  in  der  Landes-Hauptstadt  horchten 
unwillig  auf,  wie  sie  vernahmen,  Antonio  Berrio  y  Oruna^^),  der 
einzige  Erbe  des  Marschalls  Jim^nez,  werde  nochmals  die  Suche  be- 
ginnen nach  dem  seinem  Erblasser  verliehenen  Reiche  des  güldenen 
Fürsten,  als  dessen  Sitz  jetzt  bald  Manoa,  bald  Guayana  angegeben 
wurde  ''^). 

Da  nach  diesem  Zauber  Nichtspanier,  Ketzer,  ja  der  englische  Erb- 
feind, die  Hände  auszustrecken  drohten,  steigerte  sich  damals  das  Selbst- 
gefühl der  spanischen  Kolonialen  mehr  und  mehr.  Rings  um  sich  her 
sah  nun  Castellanos,  trotz  seiner  poetischen  Deutung  der  Dorado -Sage, 
trotz  der  Erfahrungen  aller  ehrbaren  Leute,  den  Glauben  wieder  entstehen, 
dass  jenseits  der  bei  Tunja  aufsteigenden  Grenzberge  im  grossen  Tief- 
lande des  Orinoco  und  des  Amazonas  Wunder  noch  verborgen  seien;  da 
möchten  doch  Städte  sich  thürmen,  wie  Hütten 's  Leute  sie  gesehen 
haben  sollten,  möchten  doch  Weiber  herrschen,  wie  Orellana  erzählt 
hatte.  Bei  den  Altgewordenen  schien  die  lüsterne  Gier  der  Tropen- 
wildniss  wieder  aufzuleben ;  selbst  der  vielerfahrene  Castellanos,  der 
sich  als  Sachverständiger  betrachtete,  kam  zu  dem  Schluss,  ganz  leere 
Erfindung  sei  weder  die  Amazonen-Fabel,  noch  die  Dorado-Nachricht. 

Für  ihn  hing  die  Amazonen-Sage,  die  ihm  zuerst  vor  etwa  vierzig 
Jahren  näher  getreten  war,  natürlich  nicht  mit  den  Fabelwesen  des  Alter- 
thums  zusammen;  er  erklärte  sie  sich  aus  den  Lüsten  seiner  Landsleute. 
Wie  er  immer  für  die  unter  den  Europäern  lebenden  Indianerinnen  ein 
treuer  Fürsprecher  war,  welcher  nicht  bloss  ihre  Ueberbürdung  beim 
Lastentragen  und  Feldbestellen,  sondern  auch  ihren  geschlechtlichen  Miss- 
brauch verdammte,  so  betrachtete  er  auch  das  noch  wild  unter  den 
Stammesgenossen  lebende  Weib  mit  aufrichtiger  Theilnahme ;  freilich  litt  er 
an  dem  Vorurtheil,  dass  die  Eingeborenen  immer  eine  Ehe  gekannt  hätten^ 
also  auch  Elternschaft,  Wittwenthum,  Blutschande  u.  s.  w. ;  er  glaubte  an 
einzeln  bei  Männern  wie  bei  Weibern  vorkommende,  ungeheuerliche  Ge- 
schlechts-Verirrungen,  ahnte  nicht,  dass  ein  tiefer  Sinn  der  Verbrüderung 
darin  liege,  wenn  ein  Stamm  den  fremden  Männern  seine  Töchter  anbiete, 
ja  aufdränge,  betrachtete  die  „Thäler  der  Damen",  die  „Orte  der  Schönen" 
und  wie  sonst  die  an  Wollust  erinnernden  Plätze  heissen  mochten,  ledig- 
lich als  Stätten  der  Unzucht:  allein  er  verstand  doch  auch  zugleich  die 
Geschlechtsgier    der    ohne    ebenbürtige  Frauen    in    der  Wildniss    herum- 

Festschrift  der  Hamburgischen  Amerika-Feier  U.  l"* 


210  Juan  de  Castellanos. 


schwärmenden  Männer,  und  vertheidigte  gegen  sie  die  kurzsichtigen  Töchter 
der  üppigen  Natur.  Den  Europäern  lässt  er  einen  Guaypier  zurufen: 
„Steht  euer  Begehr  nach  Weibern,  so  will  ich  euch  zeigen,  wo  die 
Maniriguaner  wohnen,  unbemannte,  bogenkundige  Kriegerinnen,  die  mit 
schönen  Augen  und  Brauen,  mit  hellen  Stirnen  und  von  schlankem  Wuchs, 
in  fast  völliger  Nacktheit  einhergehen;  sie  dulden  nur  zeitweilig  Umgang 
von  Männern,  behalten  bloss  ihre  Töchter  bei  sich  und  tragen  Barte  am 
Leibe."  Castellanos  wusste  nicht  bloss  zur  Genüge,  dass  die  schwache 
Behaarung  der  Tropen-Indianer  der  struppigen  Masse  seiner  Landsleute 
nur  wenig  gefiel;  er  hatte  auch  erfahren,  dass  das  Wilden weib  sehr  wohl 
höherer  Regungen  föhig  sei ;  denn  gern  verweilte  er  bei  dem  Heldenmuth 
der  Frauen,  welche  für  die  Rettung  und  Vertheidigung  ihrer  Säuglinge, 
ja  ihrer  Geschlechtsfreunde  Knechtschaft  ertrugen  und  das  Leben  Hessen ; 
mit  Wärme  schilderte  er  die  Timanaerin  G  a  i  t  a  n  a ,  die  wegen  der  Hin- 
richtung ihres  Sohnes  durch  jahrelanges  Aufrufen  ihrer  Volksgenossen, 
der  Paezer  und  der  Yalconer,  furchtbare  Rache  nahm;  selbst  den  Verrath, 
den  die  geknechtete  Wilde  zum  Besten  ihres  Stammes  an  den  Christen 
beging,  konnte  er  verstehen;  mit  Würde  sprach  er  von  den  Königinnen 
Ampuya  und  Orocomay,  die  ihm,  gleich  weisen  Frauen  der  Vorzeit, 
ihre  Völker  in  Krieg  und  Frieden  zu  lenken  schienen.  Ihm  gefiel  auch 
jene  Indianerin,  die  mit  Keule  und  Bogen  ihre  Weiblichkeit  gegen  die 
Gier  von  Orellana's  Leuten  zu  vertheidigen  verstand,  „Möglich  ist,  dass 
in  den  noch  unbekannten  Theilen  der  grossen  Steppen-  und  Wälder- Wild- 
nisse amazonenähnliche  Stämme  hausen;  fest  steht  aber,  dass  es  Beispiele 
von  mannhaften  Frauen  überall  giebt,  bei  den  Christen  wie  bei  den 
Heiden";  das  würde,  so  meinte  Castellanos,  auch  der  Epigone  Berrio 
auf  seinem  Zuge  erfahren. 

Was  die  andere,  die  Dorado-Frage,  betrifft,  so  gab  es  in  Wirklich- 
keit ebenso  wenig  einen  güldenen  Prinzen,  wie  eine  Amazone;  jedoch 
konnte  ein  Goldland,  auf  das  die  zeitweilige  Vergoldung  des  Körpers  zu 
schliessen  gestattete,  sehr  wohl  in  den  weiten,  zwischen  den  neu-granadischen 
Hochebenen  und  dem  Atlantischen  Ocean  sich  ausdehnenden  Regionen 
Hegen,  sei  es  dem  Gebirge  zu,  wie  Manoa,  sei  es  dem  Meere  zu,  wie 
Guayana.  Der  alte  Castellanos  empfing  damals  aus  Carora  in  Venezuela 
von  einem  Genossen  Pedro  de  Silva 's,  jenes  unglücklichen  Dorado- 
Fahrers,  nämlich  von  Juan  Martin  deAlbujar,  eine  ausführliche  Be- 
schreibung seines  siebenjährigen  Aufenthalts  unter  den  Wilden;  er  lernte 
sogar  noch  einen  Dorado-Fahrer  persönlich  kennen,  wenngleich  nur  einen 
ebenfalls    erfolglosen.      Jener    Martin,     der    Silva    1574    auf    seinem 


Dichtungen.  211 

zweiten  und  letzten  Zuge  begleitet  hatte,  erzählte  freilich  bloss  von 
dem  Befahren  zahlloser  Flüsse  und  von  der  Bekanntschaft  mit  dürftig 
lebenden  Völkerschaften  —  Castellanos  schrieb  getreulich  deren  Namen 
auf  — ,  allein  offenbar  standen  diese  Wilden  vermittels  derselben  Ströme 
in  Verbindung  mit  anderen,  Gold  verhandelnden  Stämmen.  Francisco 
de  Cdceres,  der  Castellanos  in  Tunja  besuchte,  hatte  allerdings  mit 
seiner  Expedition  die  Richtung  verfehlt  und,  trotz  aller  Vorbereitungen 
für  grosse  Dinge,  Nichts  erreicht,  als  eine  Ortschaft  im  Gebiete  der 
Matachiner  angefangen;  allein  der  eifrige  Mann  konnte  doch  viel  von 
reichen  Ländern  erzählen  und  zweifelsohne  als  erster  Berather  von  Berrio 
ausserordentliche  Dienste  leisten. 

Berrio 's  Ausmarsch  erfolgte  im  Januar  1584.  Sein  Sohn  Antonio 
J  i  m  ^  n  e  z  bezog  mit  einem  Reservehaufen  ein  Lager ;  er  selber  führte  700 
Pferde,  1000  Stück  Rindvieh,  einen  grossen  Tross  von  Weibern,  Indianern 
und  Negern  mit  seinem  wohlversehenen  Zuge  über  das  Gebirge.  So  er- 
innerte sich  an  die  Dorado-Fahrt  von  Marschall  Jim^nez  Jedermann, 
namentlich  auch  Castellanos,  der  jetzt  dessen  Gedächtniss  mit  Hülfe 
jener  „Suescaer  Mussestunden"  seinem  Werke  einzuverleiben  begann.  Es 
war  der  Anfang  seiner  Quesada-Dichtung '^^).  Die  1536  und  1537  erfolgte 
Entdeckungs-Fahrt  sollte  den  schon  fertigen  Geschichten  in  zwei  Gesängen 
eingefügt  werden;  die  Hauptsache  aber,  alle  späteren  Ereignisse,  mussten 
eine  eigene  Reihe  von  Gesängen  bilden. 

Jener  Anfang  erhielt  dieselbe  Formvollendung,   welche   die  vor  zehn 
Jahren   und  mehr  geschriebenen  Verse  über  Cartagena   und  Santa  Marta 
auszeichnete ;  ja  in  ihm   erhob  sich  das  Pathos  einmal  bis  zur  Liederform ; 
Hess   doch   der  alte  Herr  Quesada's   Leute    nach   den   harten  Gebirgs- 
märschen  beim  ersten  Anblick  der  Hochebene  geradezu  jubeln! 
„Land,  dessen  Obdach  alle  Mühsal  endet, 
Land,  dessen  Reichthum  uns  der  Himmel  spendet, 
Land,  wo  es  Wohl  ist,  Hütten  zu  erbau'n, 
Land,   wo  uns  Gold  winkt,  wo  uns  Ernte  spriesst, 
Land,  reich  an  Wohnstatt,  reich  durch  schöne  Au'n, 
Land,  dessen  Früchte  gern  der  Mund  geniesst, 
Land,  wo  der  Mensch  in  Kleidung  ist  zu  schau' n. 
Wo  Wärme  aus  dem  Kohlenfeuer  fliesst, 
Land  der  Verheissung,  das  der  Himmel  sendet, 
Land,  dessen  Gunst  die  Noth  zur  Freude  wendet, 
Land,  rings  umkränzt  von  stolzer  Berge  Höh'n, 
Land,  das  von  Fieberseuche  uns  befreit, 
Land,  nicht  gestört  von  Wettern  oder  Föhn, 

Land,  das  dem  Schwachen  neue  Kraft  verleiht, 

14* 


212  Juan  de  Castellanos. 


Land,  dessen  Thal,  so  stärkend  und  so  schön, 
Gern  Fremde  herbergt,  gastlich,  dienstbereit, 
Land  du  der  Gnade,  reichbegabt,  vollendet, 
Land,  dessen  Obdach  alle  Mühsal  endet. 

Bei  Castellanos  hielt  solch  ein  Aufschwung  nicht  mehr  lange  vor; 
in  dem  vierten  Buche,  das  er  jetzt  begann,  schrieb  er  die  Gesänge  der 
Hauptsache  nach  nicht  in  gereimten  Zeilen.  So  schnell  wie  möglich 
wollte  er  die  ganze  Geschichte  Neu-Granada's  vom  Jahre  1537  bis  zur 
Gegenwart  abfassen,  und  fühlte  dabei  nur  zu  arg,  dass  Zeit  und  Kraft  ihm 
unzureichend  wurden.  Trotzdem  arbeitete  er  rüstig  an  der  Quesada- 
Dichtung  weiter,  besonders  noch  ermuthigt  durch  Bischof  Juan  de 
Montalvo  von  Cartagena,  der  die  Fastenzeit  1584  in  Tunja  zubrachte, 
wo  geistliche  Würdenträger  gern  gesehen  wurden,  weil  man  das  Fehlen 
eines  hohen  Kirchensitzes  immer  noch  bedauerte,  ja  sogar  lebhafter  als 
bisher,  seitdem  das  Erzstift  in  der  Landes-Hauptstadt  durch  kenntnissreiche 
und  charaktervolle  Männer  sich  auszeichnete. 

Von  diesen  sollte  Castellanos  bald  darauf  einige  persönlich 
sprechen.  1587  kam  nämlich  der  Erzbischof  Luis  Zapata  de  Gar- 
de nas,  ebenso  bewährt  im  Reitzeug  wie  in  Mönchstracht  und  Kirchen- 
talar,  ein  starker  Verfolger  des  Heidenthums  und  starker  Verfechter 
Christi,  nach  Tunja,  begleitet  von  einem  auserlesenen  Gefolge.  Der  hohe 
Besuch,  der  für  Tunja  ohne  Gleichen  dastand,  galt  der  Feststellung  der 
Wunder''^),  deren  Schauplatz  seit  Weihnachten  1586  die  Muttergottes-Kirche 
in  dem  kleinen,  zur  Tunjaer  Pfarrei  gehörenden  Orte  Chiquinquird  ge- 
wesen war,  ein  armseliger,  strohbedeckter  Bau.  Wieder  einmal  hatte  ein 
grosses  Sterben  im  Lande  geherrscht ;  es  hatte  schlimmer  gewüthet,  als  die 
vorangehenden  Seuchen,  und  dauerte  1587  noch  fort.  „Wohin  man  kam," 
klagt  Castellanos,  „leere  Dörfer,  unbestellte  Accker,  unbestattete 
Leichen;  kein  Indianer- Ort  war  unverschont,  auch  keine  Niederlassung  der 
Christen.  Als  weder  Arzt  noch  Priester  half,  nahmen  wir  unsere  Zuflucht 
zum  obersten  Heilbringer;  es  begannen  Gelübde,  fromme  Wallfahrten, 
Umzüge,  wie  überall  in  Neu-Granada,  so  auch  in  Tunja,  wo  die  Bittgänge 
nach  dem  nahen  Muttergottes-Bilde  sich  richteten,  welches  Blinden,  Lahmen 
und  Tauben  Genesung  gewährte.  Von  Weit  und  Breit  strömten  die  Ein- 
geborenen herbei ;  sie  beteten  und  opferten  dem  Heiligenbildniss,  sammelten 
das  von  seinen  Lichtern  tröpfelnde  Wachs;  die  Frommen  wurden  gebeten, 
durch  die  Häuser  der  Kaziken  zu  wallen;  Alles  ergab  sich  der  Frömmig- 
keit; das  Bild  erhielt  dann  eine  herrliche  Kapelle  mit  Silberlampen  und 
köstlichem  Geräth;    das  Sterben  aber,   das   zu  dieser  Andacht  führte  und 


Dichtungen.  213 

hernach  auch  Popayan,  Quito,  ja  Lima  ergriflfen  hat,  ist  von  der  Küste 
den  Magdalena-Strom  heraufgezogen;  es  kam  nach  Mariquita  durch  eine 
Negerin;  die  Regierung  versäumte  die  Vorsicht,  welche  in  Pamplona  der 
kluge  Stadthauptmann  übte;  denn  hätte  sie,  gleich  diesem,  allen  Verkehr 
verboten,  so  wären  der  Ausdehnung  der  Seuche  rechtzeitig  Schranken 
gesetzt  worden." 

Von  dem  vornehmen  Besuche,  der  mit  diesem  Elende  zusammen- 
hing, hatte  der  ehrwürdige  Castellanos  eigenthümlichen  Vortheil;  es 
wurde  nämlich  sein  so  langsam  der  Vollendung  entgegen  schreitendes 
grosses  Schriftwerk  Personen  bekannt,  welche  Einsicht  und  Einfluss  besassen ; 
namentlich  interessirte  sich  für  dasselbe  Miguel  de  Espejo^"),  der  schon 
1533  Castellanos  bekannt  gewordene,  besonders  als  Rechtskenner  ge- 
feierte Schatzmeister  des  Erzstiftes. 

Den  Dichtungen,  die  damals  in  Tunja  den  Domherren  vorgelegt 
wurden,  fehlte  vielleicht  kraftvolle  und  frische  Natürlichkeit,  wie  ja  ihr 
Inhalt  nur  Stück  bei  Stück  gesammelt  und  erst  allmählich  in  Verse  gebracht 
war,  noch  dazu  „von  alternder  Hand" ;  allein  desshalb  hegte  Castellanos 
keine  Sorgen.  Sein  bestes  Streben  war  gerade  dahin  gegangen,  die  ur- 
sprüngliche prosaische  Einfachheit  zu  beseitigen;  allen  früheren  Aufzeich- 
nungen war  das  metrische  Gewand  eben  darum  angelegt  worden,  dass  die 
Rede  stolz  und  würdevoll  einh erschreite ,  nirgends  sollte  die  niedrige 
Herkunft  durchscheinen.  Dass  nun  die  Heldenbücher  den  Anforderungen 
eines  geläuterten  Geschmacks  entsprächen,  schienen  bei  Miguel  de 
E  s  p  e  j  0  schon  die  Oktave-Stanzen  zu  verbürgen ;  denn  mit  ihnen  war  ja 
Wortfülle  und  Wohlredenheit  gegeben,  auch  vornehme  Haltung,  gelehrtes 
Wesen,  Anhauch  der  höheren  Bildung,  der  italienischen.  Es  war  indess 
nicht  bloss  die  Sprache,  sondern  auch  der  Gedanke  umgemodelt  worden; 
wie  jene  mit  ihren  Versfüssen  und  Reimen  den  gewöhnlichen  Dingen  des 
Lebens  gewählten  Ausdruck  verlieh,  so  war  auch  der  Ideengang  möglichst 
kunstvoll  eingerichtet,  er  war  keineswegs  der  rohen  Wirklichkeit,  der 
nackten  Natur  entnommen,  vielmehr,  wo  immer  es  anging,  der  damals  als 
einziges  Ideal  betrachteten  klassischen  Welt.  Jetzt  schien  es  in  der  That, 
als  habe  Castellanos  in  den  geschieh ts-  und  poesielosen  Gegenden,  bei 
seinen  Fahrten  auf  öden  Gewässern,  seinem  Verkehr  mit  fast  thierischen 
Wilden  und  meist  rüden  Kameraden  an  Vorbilder  der  Alten  gedacht; 
Noth  und  Elend  der  Urwälder  und  Steppen,  Langeweile  und  Widerwille 
des  Indianertreibens  hatte  er  in  Tunja  aus  seinen  Schriften  wegzubannen 
gesucht  durch  Gleichnisse  aus  Hellas  und  Rom.     Die  grossen  und  kleinen 


214  Juan  de  Castellanos. 


Götter  des  Fabelreiches  waren  berufen  worden,  um  die  Thaten  des 
Menschen  zu  verherrlichen  und  die  Gestalten  der  Natur  zu  beleben ;  der 
alte  Olymp  war  in  die  neue  Welt  hineingezogen.  Wenn  die  Christen  mit 
dem  Santiago-Ruf  auf  die  Heiden  sich  stürzen,  werden  sie  bei  Castellanos 
angeführt  von  Minerva  oder  Mars,  von  Bellona  oder  Victoria;  bei  Tages- 
anbruch erheben  sich  Apoll  oder  Eos,  Diana  und  ihre  Gefährtinnen  beim 
Niedersteigen  der  Nacht ;  Venus  entflammt  lüsterne  Männer ;  die  Seefahrt 
lenkt  Neptun  oder  Oceanus  oder  der  töchterreiche  Nereus;  Castor  und 
PoUux  offenbaren  sich  in  den  häufig  gesehenen  Elmfeuern,  Pluto,  Vulkan 
und  Genossen  in  den  entsetzlichen  Erdbebön,  Ceres  wo  immer  spärlicher 
Maisbau  erscheint.  Die  Reiter  werden  Centauren,  die  Schiffer  Tritonen, 
starke  Weiber  Amazonen.  Von  den  Conquistadoren  gleicht  dieser  dem 
Herkules,  jener  dem  Theseus  oder  lason;  Nymphen  und  Najaden  fehlen 
nicht ;  die  braune  Nacktheit  der  Indianerin  wird  zur  Schönheit  einer  Daphne 
oder  einer  Galathea;  die  Töchter  von  Guamba,  Goroguaney  und  Maya- 
rare  veredeln  sich  zu  den  Grazien;  es  nahen  die  Musen,  deren  erste  mit 
der  Mutter  Gottes  verschmilzt;  Giganten  und  Titanen  verleihen  einsamen 
Bergen  und  Felsen  ihre  Namen ;  an  die  Parzen  reihen  sich  die  Furien  — 
überall  dringt  fremdartige  Vorstellung  ein,  sogar  der  Jaguar  wird  zum  Löwen 
der  kaspischen  Wälder,  der  wilde  Bienenstock  im  Gebirge  von  Santa 
Marta  zum  Seim  des  Hymettus,  und  das  Zicklein  auf  Margarita  zum  Lamm 
von  Calabrien,  Thracien  oder  Ambracien.  Gleich  der  Argo  beleben  sich 
die  Schiffe;  Schlachtrosse,  wie  Matamoros  und  Ocon,  sind  neue  Bucepha- 
lusse;  Bluthunde,  wie  Becerrillo  und  Amadis,  neue  Cerberusse.  Der  alte 
Homer  selber  stellt  sich  ein ;  ihm  schliessen  dann  griechische  und  römische 
Weise  sich  an,  ausserdem  Astronomen  und  Naturphilosophen,  bisweilen 
auch  noch  Kirchenväter  und  neuere  Gelehrte.  Den  klassischen  Heroen 
folgen  Darius,  Cyrus,  Epaminondas,  Mithridates,  Hannibal,  Antiochus, 
Cäsar,  ja  auch  Attila  und  Tamerlan.  Solche  Formen  gefielen  den  Ge- 
bildeten jener  Zeit,  also  auch  der  Begleitung  des  Erzbischofs  Luis  von 
Santa  F6. 

Die  Kämpfe,  welche  den  Hauptinhalt  des  Castellanos 'sehen 
Werkes  ausmachten,  hatten  wenig  gemein  mit  den  grossen  Kriegsvorgängen 
Europa's,  von  denen  die  Niederlage  bei  Ravenna,  der  Fall  von  Rhodus,  die 
Einnahme  Belgrads,  die  Belagerung  von  Wien  nur  mit  Widerstreben  ge- 
legentlich genannt  werden;  bei  ihnen  lag  der  Vergleich  mit  den  Zügen  des 
Dionysos  und  des  grossen  Alexander,  mit  den  Kämpfen  von  Agamemnon, 
Hektor  und  Achilles  weit  näher.  Nach  klassischem  Vorbild  Hess  Castellanos 
auch  die  spanischen  Feld-Hauptleute  und  die  Führer  der  Wilden  mit  grossen 


Dichtungen.  215 

Standreden  auftreten.  Durch  all  diese  Künsteleien  wurde  der  Eindruck 
des  Historisch-unwahren  vielleicht  gesteigert,  allein  gerade  diese  Theile 
sollten  das  Vollendetste  des  ganzen  Werkes  bilden;  auch  dies  fand 
Billigung  beim  Geschmacke  der  Zeit.  Wenngleich  bisweilen  etwas  der 
Dichtung  oder  doch  der  Erfindung  Aehnliches  einfloss,  so  war  doch  im 
Grossen  und  Ganzen  Alles  ursprünglich  historisch-richtig.  Der  Tunjaer 
Priester  konnte  seinen  Gönnern  betheuern,  dass  es  ihm  vollkommener  Ernst 
mit  der  Wahrheit  gewesen  sei,  mit  ihrer  Darstellung,  sobald  er  seine 
eigenen  Erlebnisse  und  Erfahrungen  niedergeschrieben  habe,  mit  ihrer 
Ermittlung,  sobald  er  fremden  Quellen  gefolgt  sei. 

Espejo  und  seine  Freunde  lasen  in  dem  dicken  Buche,  wieCastel- 
lanos  wohl  wisse,  ein  schlechter  Chronist  zu  sein;  jedoch  beruhe  sein 
Bericht  über  die  Wander-  und  Wunder-Fahrten,  über  die  gegen  Wilde 
und  unter  Landsleuten  geführten  Kämpfe,  wenn  nicht  auf  eigener  Zeugen- 
schaft, dann  auf  Mittheilungen  glaubwürdiger  Personen,  die  er  noch  aus- 
drücklich ermahnt  habe,  nur  Wahres  und  Genaues  ihm  zu  sagen;  schon 
bei  Lebzeiten  seiner  Gewährsmänner,  von  denen  noch  Viele  gesund  und 
wohl  seien,  habe  er  deren  Aussagen  niedergeschrieben,  damit  etwaige 
Zweifel  sich  heben,  etwaige  Lücken  sich  ausfüllen  Hessen ;  oft  habe  er  bis 
zu  zehn  Berichte  über  eine  und  dieselbe  Sache  vor  sich  gehabt.  „Lese 
der  Wissbegierige,  der  historische  Wahrheit  sucht,  mein  Buch;  er  weiss, 
dass  dessen  Lektüre  ihm  Nichts  sagt,  was  nicht  wahr  wäre;  mir  fehlen 
die  Farben,  Lichter  und  Schattirungen  der  Muse,  aber  meinen  Versen 
wird  die  Wahrhaftigkeit,  mit  der  sie  auftreten,  zu  Schmuck  und  Zierde 
gereichen."  Von  einem  fertigen  Abschnitt  Abschied  nehmend,  rief  er 
unter  den  Bewohnern  der  besprochenen  Gegend  Einen  auf,  welcher  Gabe 
und  Lust  besitze ,  das  Begonnene  weiter  zu  führen ;  das  müsse  aber 
geschehen,  fügte  er  hinzu,  ohne  phantastische  Ausschmückung;  zur  Er- 
richtung würdigen  Gedächtnisses  gäbe  die  Wirklichkeit  Stoff  zur  Genüge. 
„Ungewisse  Fabeln  erachte  ich  gleich  todten  Werken." 

Castellanos  hielt,  obgleich  er  seinen  Ideen  bisweilen  freien  Lauf 
gelassen  hatte,  z.B.  wenn  sie  von  Columbus,  Benalcäzar,  Ursua 
befangen  waren,  alle  Geschichten,  die  er  vortrug,  für  wirklich  geschehen; 
nicht  bloss  die  in  grossen  Verhältnissen  sich  bewegenden,  bei  denen  er 
bisweilen  das  Unerhörteste,  selbst  den  Widerspruch  gegen  die  Natur,  mit 
Hinterwäldler-Gläubigkeit  annahm,  sondern  auch  die  Kleinigkeiten,  die 
Jäger-  und  Schiffer-Erzählungen,  die  Schiffbrüche  und  Landgefahren,  die 
Einzelkämpfe  mit  Jaguaren,  Alligatoren  und  furchtbaren  Menschen;  hatte 
er  Alles  doch  niedergeschrieben  zur  Ermuthigung,    Belehrung    und  War- 


216  Juan  de  Castellanos. 


nung  des  jüngeren  Geschlechts,  war  er  doch  immer  ernsthaft  verfahren, 
auch  bei  der  Mittheilung  seiner  Kenntnisse  von  den  verschiedenen  gegen 
das  Pfeilgift  gebräuchlichen  Mitteln,  dem  Soliman-Pulver  des  Montalvo, 
dem  Tabak  des  Monardes,  den  Wurzelarten  der  Wilden.  Auch  solche 
Einzeldarstellung,  welcher  Gleichartiges  in  sonst  bekannten  Schriften  der 
neuen  Welt  nicht  begegnete,  gefiel  den  Herren  aus  Santa  Fö  zweifelsohne ; 
sie  riethen  also  schliesslich  Castellanos,  sein  Werk  in  Madrid  vor- 
zulegen, damit  es  gebührender  Maassen  veröffentlicht  werde. 

Da  noch  immer  nicht  Alles  fertig  gestellt  war,  wurde  beschlossen, 
zunächst  den  ersten  Theil  abzuschicken  und  später  mit  dem  Abschnitt  über 
Venezuela  eine  zweite  Sendung  beginnen  zu  lassen.  Castellanos  schrieb 
nun  in  Prosa  eine  an  König  Felipe  IL  gerichtete  Widmung,  in  welcher 
von  zehnjähriger  metrischer  Umformung  gesprochen  wurde ;  E  s  p  e  j  o  ver- 
fasste  lateinische  Empfehlungsverse,  ebenso  die  Dominikaner  Pedro 
Pedro  so  und  Pedro  Verdugo,  deren  Latein  ins  Spanische  übersetzt 
wurde;  auch  Cipriano  Fernand ez  deZea  schrieb  Latein,  dagegen 
Gaspar  de  Villaroel  y  Coruna  und  Cristöbal  de  Leon  bloss 
Spanisch,  wie  auch  der  Tunjaer  Freund  Sebastian  Garcia.  In  Tunja 
gab  es  schon  Vertreter  der  schönen  Künste,  nicht  bloss  in  der  Lateinschule, 
sondern  auch  ausserhalb  derselben:  da  war  ein  Meister  des  Tanzes  Jorje 
Voto,  ein  Meister  der  Malerei  Alonso  de  Narvaez;  Castellanos 
liess  nun  sein  Bildniss  entwerfen,  damit  es  die  Handschrift-Sendung  nach 
Madrid  begleite. 

Die  1588  noch  zurückbehaltenen  Gesänge  erfuhren  zwar  keine  ganz 
neue  Ueberarbeitung ;  sie  mussten  aber  doch  noch  hie  und  da  abgeändert 
und  vervollständigt  werden.  Der  alte  Herr  schritt  zu  seinen  letzten  Auf- 
zeichnungen'*),  empfing  er  doch,  nachdem  seine  Schriftstellerei  allgemein 
im  Lande  bekannt  geworden  war,  dann  und  wann  von  älteren  Leuten  noch 
Zusendungen,  welche  sich  einfügen  Hessen.  Da  schickte  jener  Ferndndez 
de  Bustos  aus  Cartagena  so^ar  einen  Bericht  über  die  eigenen  Thaten, 
und  ein  Ungenannter  aus  Santa  Marta  einen  grossen  Aufsatz  über  die 
Leistungen  des  Landes-Hauptmanns  Lope  de  Orosco;  solche  Materialien 
wurden,  ähnlich  wie  die  über  den  streitbaren  Antioquiaer  Statthalter 
Gaspar  de  Rödas,  in  neue  Gesänge,  meist  in  Eulogien,  gekleidet.  Bei 
derartiger  Sammellust  des  Alters  verschlug  es  wenig,  ob  der  Stofi"  wirklich 
sanges würdig  sei;  selbst  die  in  den  Februartagen  von  1586  von  Cartagena 
erduldete  Brandschatzung  durch  Sir  Francis  Drake  wurde  in  schwung- 
volle Verse  gebracht. 

Ausser  der  grösseren  oder  geringeren  Erweiterung  der  Arbeit  machte 


Dichtungen.  217 

jetzt  die  geographische  Eintheilung  des  Stoffes  manche  Mühe.  Einerseits 
war  bei  der  früheren  Anordnung  der  Gesänge  das  ferne  Guayana,  von 
dem  neuerdings  so  viel  geredet  wurde,  gar  nicht  in  Betracht  gezogen, 
sodass  es  nur  gelegentlich  besprochen  werden  konnte,  bald  bei  diesem, 
bald  bei  jenem  Anlass,  —  dieser  Uebelstand  war  nicht  mehr  abzustellen. 
Andererseits  war  nun  das  nicht  zum  eigentlichen  Neu-Granada  gehörende, 
an  der  linken  Seite  des  Magdalena-Stromes  gelegene,  früher  nach  Popayan 
genannte  Innere  des  Landes  in  drei  Statthalterschaften  getheilt  worden: 
Popayan,  Antioquia  und  Choco,  sodass  für  die  Besprechung  dieser  Gebiete 
besondere  Einleitungen  und  Abschlüsse  erforderlich  wurden;  hier  musste 
Castellanos  noch  nachhelfen.  Die  sehr  schnell  wechselnden  Guber- 
natoren  von  Popayan  verzeichnete  er  bis  zu  Juan  de  Tuesta  Salazar, 
der  1588  sein  Amt  antrat;  ungefähr  bis  zur  selbigen  Zeit  wollte  er  die 
Geschicke  von  Antioquia  behandeln,  kam  aber  nur  bis  1581 ;  dagegen 
führte  er  die  Verse  über  Chocö  wieder  bis  1588  hinauf,  wenngleich  er 
über  die  letzte  Zeit  von  Melchior  Velasquez  nur  wenig  berichten 
konnte.  Allmählich  war  er  nicht  bloss  denjenigen  Personen,  welche  in  den 
verschiedenen  Landestheilen  die  Regierungsgeschäfte  besorgten,  immer 
fremder  geworden,  auch  seine  sonstigen  Bekannten  waren  nach  und  nach 
im  Lande  dahin  gestorben.  Abgesehen  von  den  Tunjaer  und  Bogotder 
Kreisen,  besass  der  emeritirte  Pfarrer  kaum  neuere  Freunde;  es  wurde 
allmählich  zur  Ausnahme,  dass  ein  jüngerer,  welterfahrener  Mann,  wie 
Bernardo  de  Vdrgas  Machuca''^),  für  seine  Arbeiten  sich  erwärmte, 
oder  dass  ihm  Personen,  die  nicht  aufgefordert  waren,  wie  der  Priester 
Bautista  de  Reina  in  Neu-Cadix  auf  Cubagua,  J  e  r  6  n  i  m  o  deTorres 
in  Antioquia,  Juan  de  Cueras  in  Mompos,  Einsendungen  machten.  Die 
Verarbeitung  aller  dieser  Beiträge  verursachte  immer  mehr  Mühe  und 
ergab  immer  mehr  Unvollkommenes;  Castellanos  wurde  zuletzt  ein 
Sklave  seines  gar  zu  gross  angelegten,  immer  mehr  ins  Breite  wachsenden 
Unternehmens. 

Wohl  die  letzte  Nachricht,  die  Verwerthung  fand,  betraf  noch 
einmal  eine  Fahrt  nach  dem  güldenen  Prinzen;  jener  Antonio  Berrio 
hatte  ihn  nicht  gefunden;  1591  berichtete  einer  seiner  Begleiter,  der  fast 
siebenzigjährige  Portugiese  Alvaro  Jorje'^^),  wie  damals  die  Flüsse 
Pauto,  Casanare,  Daume,  Guaviare  überschritten  worden  seien;  an  dem 
mittleren,  Barraguan  genannten  Theile  des  Orinoco  habe  man  ein  grosses 
Schiff  erbaut  und  während  der  Fahrt  ein  etwa  sieben  Leguas  entferntes 
Gebirge  erblickt;  Berrio  sei  dann  mit  einem  kleinen  Haufen  zehn  Tage 
lang   ohne  Erfolg  vorausgegangen;    alle  Ortschaften   waren  menschenleer. 


218  Juan  de  Castellanos. 


Einer  der  wenigen  Gefangenen  habe  erzählt,  dass  von  der  Höhe  des  Gebirges 
ein  grosser  Ort  zu  sehen  sei,  ein  mächtiger  Strom,  offenbar  Manoa,  und 
ein  zweites  höheres  Gebirge,  auf  dem  bekleidete  Menschen  lebten,  offen- 
bar das  ersehnte  Land  des  Dorado;  trotz  alledem  war's  nicht  erreicht 
worden.  Nur  Wiederholung  der  alten  Enttäuachungen  berichtete  jener 
Altersgenosse  von  Castellanos: 

Er  sprach  von  Frau'n,  die  keine  Männer  mögen, 
Mit  Köchern  angethan,  der  Kleidung  baar. 
Von  Männern  sprach  er,  die  durch' s  Dickicht  zögen, 
Am  Scheitel  und  am  Kinn  hochroth  vom  Haar, 
Von  Wesen,  die  auf  ihrem  Halse  bögen 
Zwei  Angesichter,  wild  und  wunderbar  — 
Die  alten  Märchen  sind 's,  die  schon  vor  Zeiten 
Der  Wilden  Schlauheit  wusste  zu  verbreiten. 

Berrio  hatte  auf  die  eigentliche  Fahrt  etwa  ein  Jahr  verwendet; 
die  Zahl  seiner  Begleiter  war  kleiner  und  kleiner  geworden,  namentlich 
auch  durch  die  Kämpfe  mit  den  Amapaiern-,  am  Ufer  ihres  acht  Tage- 
reisen vom  Caroni-Flusse  entfernten  Stromes  blieb  er  sechs  Monate,  ohne 
einen  Durchgang  zu  finden ;  sechzig  seiner  besten  Begleiter  verlor  er,  bei- 
nahe alle  Pferde;  seine  Beute  beschränkte  sich  auf  etliche  Goldfiguren, 
welche  die  Amabaer  vertauschten;  hiernach  hatte  er  die  Insel  Trinidad 
aufgesucht,  aber  keineswegs  um  seinen  grossen  Plänen  zu  entsagen,  viel- 
mehr um  von  da  aus  Ortsgründungen  vorzunehmen  und  grössere  Rüstungen 
zu  veranstalten.  Vorzüglich  wegen  solcher  Zusätze  entstanden  nach  und 
nach  aus  dem  zweiten  Buche  der  Heldengesänge  drei  verschiedene 
selbständige  Theile  mit  eigenen  Widmungen. 

Wie  von  Espejo  und  Vdrgas  Machuca,  wurden  auch  von 
L&zaro  Luis  Iranzo,  Diego  de  Buitrago,  Francisco  Soler 
und  anderen  Tunjaer  Bekannten  mit  Behagen  diese  Verse  gelesen;  aber 
sie  geben  dem  Werke  doch  keinen  eigentlichen  Abschluss;  eine  wirkliche 
Vollendung  konnte  dasselbe  der  ganzen  Anlage  nach  nicht  empfangen;  es 
bildete  eben  kein  einheitliches  Ganzes.  Das  Ende  der  Arbeit  war  gegeben, 
sowie  der  Tage  letzter  kam  oder  sowie  die  letzte  Manuskript-Sendung 
abging. 

Ein  hohes  Alter  war  dem  Manne  beschieden,  welcher  aus  einem 
Reitersmann  und  Hinterwäldler  zum  Geistlichen  geworden  und  halb  als 
Geschichtsschreiber,  halb  als  Poet  so  viel  Denkwürdig-Scheinendes  auf- 
gezeichnet hatte.  In  der  Ruhestätte  seiner  letzten  Jahre  blickte  er  auf 
sein  Leben    mit   der   Befriedigung   des   Fleisses    zurück;    entsprach   auch 


Dichtungen.  219 

nicht  jedes  Stück  seiner  Heldengedichte  den  ursprünglichen  Wünschen 
und  Plänen,  so  berechtigte  doch  das  lange  Gesammelte  zu  der  Hoffnung, 
nicht  umsonst  gelebt  zu  haben. 

Diese  Zuversicht,  welche  bei  dem  Anfertigen  der  viel  tausend  Verse 
immer  neuen  Muth  machte,  hat  sich  erfüllt;  Name  und  Werk  eines  in 
seiner  Weise  für  das  Beste  der  Zeitgenossen  arbeitenden  Mannes  sind 
nicht  verloren  gegangen. 


ANMERKUNGEN. 


ANMEEKUNGEN  ZUM  CASTELLANOS*). 


1)  Das  erste  Buch  von  Oastellanos  erschien  unter  dem  Titel :  Primera 
parte  de  las  Elegias  de  varones  ilustres  de  Indias,  compuestas  por  Juan  de 
Castellanos,  clerigo,  beneficiado  de  la  ciudad  de  Tunja  en  el  Nuevo  Reino  de 
Granada  con  privilegio  en  Madrid  en  casa  de  la  viiida  de  Alonso  Gomez, 
impresor  de  Su  Majestad.  Ano  1589.  Das  von  Juan  Vasquez  de  Marmol 
unterzeichnete  Druckfehlerverzeichniss  datirt  vom  18.  April;  das  Druckattest 
des  Kammer-Notaren  Miguel  de  Ondanza  Zavala  vom  5.  Juni  1589;  dagegen 
das  königliche  Druckpatent  von  San  Lorenzo  den  11.  Juni  1588.  Diese 
drei  Urkunden  fehlen  in  der  späteren  Veröffentlichung  von  Aribau  (a.  0. 
S.  1 — 178),  welche  nicht  nach  dem  Druck,  sondern  nach  einem  sorgfältigeren 
Manuskript  angefertigt  ist;  über  dem  Schlussvers  (S.  178)  steht  im  Druck: 
Fin  de  la  primera  parte.  Ebenso  fehlen  in  der  Ausgabe  von  Aribau  die 
beiden  Tafeln,  nämlich  erstens  das  Bild  des  Verfassers  mit  lateinischer  In- 
schrift und  der  Jahreszahl  1588  und  sodann  eine  Allegorie  mit  den  Versen: 
Hispanum  regnum  declarat  bellica  virgo  |  est  maris  oceani  litus  et  ipse  draco  | 
hie  serpens  ingens  orbem  circum  dat  utrumque  |  conjungens  caude  perfreta 
longa  Caput  |  ergo  quicquid  erit  quod  continet  orbis  uterque  |  magne  Philippe, 
tuo  serviet  imperio.  Die  Allegorie  steht  unter  dem  grossen  spanischen 
Wappen  zwischen  Bäumen,  welche  allerlei  Gethier  zeigen,  und  stellt  die  kreuz- 
tragende Hispania,  virgo  fidelis,  dar,  wie  sie,  das  christliche  Europa  im  Rücken, 
vom  Schiff  aus  das  von  bogenführenden  Wilden  bewohnte  neue  Land  betritt; 
zwischen  diesem  und  Europa  bildet  der  Drache  einen  Kreis. 

Der  an  Felipe  II.  gerichteten  Vorrede  fehlt  das  Datum ;  es  heisst  in  ihr : 
Como  ya  tuviese  escrito  el  descubrimiento  de  este  nuevo  mundo  y  lo  acontecido 
en  las  conquistas  de  las  islas  7  alguna  parte  de  la  costa  de  Tierra  Firme 
hasta  el  mar  de  Venezuela,  pareciöme,  que  seria  justo  hacer   en  aquel  pasaje 


*)  Die  ohne  nähere  Angabe  in  runden  Klammern  eingefügten  Ziffern  beziehen 
sich  auf  die  genannte  Ausgabe  der  Castellanos'schen  Heldengesänge  von  Carlos  Aribau 
in  der  Biblioteca  de  autores  Espaiioles  desde  la  formacion  hasta  nuestros  dias,  Tomo 
cuarto  (Madrid  1852).  Die  vereinzelten,  in  eckige  Klammern  geschlossenen  Stellen  sind 
dem  Welser-Manuskript  entnommen. 


224  Anmerkungen  zum  Castellanos. 

pausa,  para  que  desde  allf  comenzase  segunda  parte,  con  intencion  de  no 
publicar  lo  uno  sin  lo  otro,  por  haber  andado  ya  la  mayor  parte  del  camino  (1). 

Die  jetzige  Form  war,  als  sie  nach  Madrid  kam,  noch  nicht  zehn  Jahre 
alt.  Das  Jahr  1579  ist  mehrfach  (68,  83,  177)  nachweisbar;  die  am  Schluss 
erwähnten  unruhigen  Verhältnisse  sind  die  Wirren,  welche  in  Neu-Granada 
an  das  Ende  des  Präsidenten  Lope  Diez  Aux  de  Armendariz  (seit  August 
1578)  und  an  das  erste  Auftreten  des  Visitadors  Juan  Bautista  Monzon  (seit 
Februar  1580)  sich  knüpfen.  Vergl.  Jos6  Antonio  de  Plaza,  Memoria» 
para  la  historia  de  la  Nueva  Granada  desde  su  descubrimiento  (Bogota  1850) 
S.  218  und  219. 

George  Ticknor,  History  of  Spanish  Literature  (London  1863)  II. 
S.  472,  meint:  The  poem  is  written  in  pure  fluent  Castilian,  which  soon  after- 
wards  became  rare. 

2)  Agrustin  de  Zärate  war  1544  bis  1550  in  Peru;  sein  Werk:  Historia 
del  descubrimiento  y  conquista  de  la  provincia  del  Peru,  ist  abgedruckt  in 
Band  XXVI  der  Biblioteca  de  autores  Espanoles  (Madrid  1853):  Enrique 
de  Vedia,  Historiadores  primitivos  de  Indias  II.  S.  459 — 574;  sowie  in 
Andres  Gonzalez  Barcia,  Historiadores  primitivos  de  las  Indias  Occiden- 
tales  III.  (Madrid  1769)  S.  1—176.  Es  nennt  sich  Zärate  auf  dem  Titel 
dieses  zuerst  in  Antwerpen  1555  erschienenen  Werkes :  contador  de  mercedes 
de  la  Majestad  Cesarea;  seine  datumlose  Besprechung  des  Castellanos' sehen 
Buches  beginnt :  contador  que  ha  sido  de  Vuestra  Alteza ;  es  un  empleo  equi- 
valente  4  uno  de  los  principales  de  nuestra  hacienda  en  el  dia,  sagt  Vedia 
(a.  0.  S.  X)  mit  Recht.  Vergleiche  William  H.  Prescott,  History  of  the 
Conquest  of  Peru  U.  (New- York  1855)  S.  471—473. 

Bisher  bot  die  letzte  Kunde  über  Zarate  eine  Toledoer  Urkunde  vom 
14.  März  1560,  welche  den  an  einzelnen  Seeplätzen  üblichen,  höchst  eigen- 
thUmlichen  Seezehnten  betrifft. 

3)  Das  zweite  Buch  von  Castellanos  (181—361)  enthält  den  Abschnitt 
über  Venezuela  (181 — 249)  ganz  ohne  Ueberschrift ,  dann:  Relacion  de  las 
cosas  del  Cabo  de  la  Vela  (250 — 258)  und  Historia  y  relacion  de  las  cosas 
acontecidas  en  Santa  Marta  desde  su  primera  poblacion  (258 — 361);  es  sollte 
ursprünglich  auch  die  Geschichte  der  Provinz  Cartagena  umfassen,  wie  aus- 
drücklich (361)  erwähnt  wird.  Die  Ueberschriften  der  Gesänge  sind  oft  (195, 
206,  240)  nicht  dem  wirklichen  Inhalt  ganz  entsprechend.  Die  Abfassungs- 
zeit ist  nur  einmal  (311)  angegeben,  und  zwar  mit  1584;  das  späteste  erwähnte 
Jahr  ist  1585  (351). 

Buch  n  war  dem  Indienchronisten  Luis  Tribaldo  de  Toledo  bekannt, 
wurde  aber  erst  von  Aribau  veröffentlicht. 

4)  Alonso  de  Ercilla  y  Zuniga,  geboren  zu  Madrid  am  7.  August  1533, 
starb  dort  vor  1595;  er  war  1555  bis  1562  in  Amerika.  Seine  Araucana 
erschien  stückweise,  nämlich  der  erste  Theil,  1555 — 1563  geschrieben,  1569; 
der  zweite  1578  und  der  dritte  1590. 

Neuer  Abdruck  des  ganzen  Werkes  in  der  Biblioteca  de  autores 
Espanoles  XH,  wo  in  der  Lebensskizze  von  seiner  Besprechung  der  Castellanos- 


Das  dritte  Buch  von  Castellanos.     Pedro  Sarmiento  de  Gramboa.      225 

sehen  Verse  nicht  die  Rede  ist.  Ueber  seine  Dichtung  sagt  T  i  c  k  n  o  r  (a.  0. 
S.  465) :  The  first  division  of  the  Araucana  is  a  versified  history  of  the  early 
part  of  the  war;  it  is  geographically  and  statistically  accurate:  a  poem,  thus 
far,  that  should  be  read  with  the  map,  and  one,  whose  connecting  principle 
is  merely  the  succession  of  events.     Das  Gleiche  trifft  oft  bei  Castellanos  zu. 

Pres  CO  tt  a.  0.  II.  S.  68  sagt  über  Ereilla:  Never  did  the  muse  venture 
on  such  a  specification  of  details  not  merelj  poetical,  but  political,  geographical 
and  Statistical,  as  in  this  celebrated  Castilian  epic:  a  military  Journal  done 
into  rhyme.     Die   „Muse"   von  Castellanos  leistete  noch  mehr. 

Ereilla  war  nach  seiner  eigenen  kurzen  Erklärung  (180)  Censor  nur  für 
das  zweite  Buch  von  Castellanos;  dieser  führt  Ercilla's  Dichtung  nicht  an, 
rühmt  aber  einmal  (258)  chilenische  Tapferkeit  als  besonders  hervorragend; 
übrigens  war  Ereilla  bei  der  von  Castellanos  im  ersten  Buche  beschriebenen 
Niederlage  Aguirre's  —  27.  Oktober  1561  —  nicht  zugegen,  wie  Clements 
R.  Markham,  Expeditions  into  the  Valley  of  the  Amazons  (London  1859) 
S.  XII  behauptete,  erfuhr  dieselbe  vielmehr  in  Panama,.  Möglieh,  dass  aus 
Castellanos  die  Notiz  von  Piedrahita  stammt :  el  capitan  Moran  desde  el 
Reino  paso  a  Chile,  donde  con  elegante  estilo  lo  celebra  Don  Alonso  de  Ereilla 
en  SU  Araucana. 

5)  Das  dritte  Buch  von  Castellanos  (363 — 563)  ist  betitelt:  Elegias  y 
elogios  de  varones  ilustres  de  Indias;  tercera  parte  donde  se  da  razon  de  las 
cosas  acontecidas  en  las  gobernaciones  de  Cartagena  y  Popayan  desde  el 
tiempo  que  en  ellas  entraron  Espaiioles  hasta  el  ano  de  1588  (363);  die 
Gubernationen  Antioquia  und  Choco  wurden  hinzugefügt :  nuevamente  desmem- 
bradas  de  la  gobernacion  de  Popayan  por  provisiones  de  la  real  majestad 
del  rey  don  Felipe  II,  (506)  ;  diese  Erlasse  sind  nicht  vorhanden,  fallen  aber 
in  die  Jahre  1576  bis  1580.  En  este  tiempo  que  yo  escribo,  bezieht  sich  einmal 
(442)  auf  die  Zeit  vor  1586;  sonst  ist  (506,  562)  1588  als  das  Jahr  der  Ab- 
fassung genannt,  und  einmal  (552)  1589  erwähnt.  Die  neueren  Partien  en 
metros  sueltos  (506 — 563)  sind  ungenügend,  die  Ueberschriften  (444,  493) 
nicht  immer  zutreffend ;  charakteristisch  ist  der  Ausspruch :  Ahora  ha  sido 
mi  principal  tratar  de  los  primeros  fundamentos  hasta  nuestra  era  (554).  In 
Buch  III,  von  dem  654  Oetaven,  nämlich  109  Seiten  des  Original-Manuskripts 
kassirt  sind  (444),  findet  sich  keine  Andeutung,  dass  das  erste  Buch  bereits 
veröffentlicht  vorliege. 

6)  Pedro  Sarmiento  de  Gamboa  verliess  am  11.  August  1579  Callao, 
um  die  erste,  von  der  Südsee  beginnende  Fahrt  durch  die  Patagonischen  Engen 
zu  machen,  die  er  später  beschrieben  hat,  und  wurde  nach  der  Gründung  der 
Ciudad  del  Rey  Felipe  von  den  Engländern  1586  gefangen  genommen;  vergl. 
Johann  Georg  Kohl,  Geschichte  der  Entdeckungsreisen  und  Schifffahrten 
zur  Magellans- Strasse  (Berlin  1877)  S.  79—92.  Jene  Schrift  von  Sarmiento, 
dessen  Todesjahr  bis  jetzt  nicht  bekannt  geworden  ist,  wurde  erst  später  ver- 
öffentlicht: Viaje  al  estrecho  de  Magellanes,  Madrid  1768.  Vergl.  Oscar 
Peschel,  Geschichte  der  Erdkunde  (München  1865)  S.  259.  Dazu:  Sumaria 
relacion    de  Pedro  Sarmiento  de  Gamboa,    gobernador   y  capitan   general  del 

Festschrift  der  Hambnrgischen  Amerika-Feier  U.  •'•" 


226  Anmerkungen  zum  Castellanos. 


estrecho  de  la  Madre  de  Dios  y  de  las  poblaciones  en  el  liechas  y  que  se 
han  de  hacer  in  Coleccion  de  Documentos  in6ditos  relatives  al  descubri- 
miento,  conquista  y  colonizacion  de  las  posesiones  espanoles  en  America  y 
Oceania,  sacados  en  su  mayor  parte  del  archivo  de  Indias.  (Madrid  1864  ff.) 
V.  S.  286 — 420.  Eine  Karte  von  Sarmiento  besitzt  die  Kohl-Kollektion  der 
Harvard- University;  vergl.  Justin  Winsor,  Bibliographical  contributions 
Nr.  19  (Cambridge  1886)  S.  65  Nr.  395. 

Sarmiento' s  Bemerkungen  zu  den  Castellanos' sehen  Gesängen  sind 
in  Aribau's  Veröffentlichung  abgedruckt  (375,  444,  447,  452,  455,  456, 
505  und  544);  in  einer  lieisst  es  (452):  Quisquiz,  capitan  de  Atagualpa  era 
tirano  ....  yo  averigü^  por  justicia  esta  verdad  y  toda  la  monarquia  de  Indios 
Ingas  y  conquista  de  Espanoles  en  tiempo  del  virey  don  Francisco  de  Toledo 
(1569 — 1581).  Die  Zurückführung  der  Schluss-Anmerkung  des  Originals  (563) 
auf  Sarmiento  ist  ein  Irrthum,  ebenso  der  einige  Male  wiederholte  Vor- 
name Pablo. 

7)  Das  vierte  Buch  von  Castellanos,  welches  bis  jetzt,  aller  Mühen  un- 
geachtet, nicht  aufgefunden  ist,  wird  im  zweiten  (299  und  312),  sowie  im 
dritten  Theile  (419)  des  Werkes  angezogen.  Das  Manuskript  erhielt  die 
Druckerlaubniss ,  bestand  aus  mindestens  22  nicht  gereimten  Gesängen  ohne 
Gliederung  in  Stanzen  oder  ohne  Zusammenfassung  in  Elegien  oder  Eulogien 
und  behandelte  Neu- Granada  beziehungsweise  den  Eroberer  dieses  Landes, 
Gonzdlo  Jimenez  de  Quesada  (583)?  einzelne  Stellen  aus  den  Gesängen  6—8, 
14,  18  und  19,  21  und  22  sind  in  dem  in  Anm.  8  erwähnten  Werke  Piedrahita's 
enthalten.  In  ihm  heisst  es:  El  cuarto  tomo  de  la  Historia  General  de  las 
Indias  de  Castellanos  viene  a  ser  el  primero  de  la  conquista  del  Nuevo  Reino 
y  habla  de  la  muerte  del  Zaque  de  Tunja;  der  6.  Gesang  betrifft  Ereignisse 
des  Jahres  1537,  der  22.  solche  von  1553. 

Das  vierte  Buch  sollen  als  vorhanden  erwähnen :  Nicolas  Antonio 
in  seiner  Biblioteca  Indica  und  der  Indien-Chronist  Tomas  Tamayo  de 
Vargas  in  seiner  Collectio  librorum  hispanicorum. 

8)  Lucas  Fernändez  Piedrahfta,  geboren  in  Santa  F6  de  Bogota  zu 
Anfang  des  17.  Jahrhunderts  und  gestorben  zu  Panama  1688,  ist  der  Verfasser 
der  Historia  general  de  las  Conquistas  del  Nuevo  Reino  de  Granada,  die  Ant- 
werpen 1688  gedruckt  wurde.  Die  Vorrede  datirt  von  Santa  Marta,  12.  August 
1676,  die  königliche  Druckerlaubniss  von  Buon-Retiro,  10.  Mai  1688.  Die 
Arbeit  geht  bis  1563,  bezeichnet  sich  als  einen  ersten  Theil  und  verweist 
auf  einen  zweiten  (vergl.  a.  0.  S.  589  und  598),  der  bis  1630  reichen  sollte, 
aber  nicht  bekannt  geworden  ist.  Piedrahita  war  Verweser  des  Erzstifts 
Santa  Fe  de  Bogota  vom  8.  Juli  1655,  dem  Tode  von  Crist<Sbal  de  Törres,  bis 
zum  17.  Juni  1661,  dem  Regierungsantritt  von  Juan  de  Arguinas. 

Vergl.  Joaquin  Acosta,  Compendio  histörico  del  descubrimiento  y 
colonizacion  de  la  Nueva  Granada  (Paris  1848)  S.  385 — 390  und  Hermann 
A.  Schumacher,  Südamerikanische  Studien  (Berlin  1884)  S.  429. 

In  der  Vorrede  sagt  Piedrahita:  Estando  en  los  reinos  de  Espana 
me  vino    ä  las    manos    la    cuarta  parte    de    la  Historia  de  Indias  que  escribiö 


Castellanos,   Andenken.  227 


el  licenciado  Juan  de  Castellanos,  cura  que  fu6  de  la  ciudad  de  Tunja,  aunque 
con  la  desgracia  de  no  haberse  dado  ä  la  estampa,  teniendo  aprobacion  para 
ello,  como  se  reconocerä  del  original  que  estd  en  la  libreria  del  seiior  don 
Alonso  Ramirez  de  Prado,  consejero  que  fu6  juntamente  de  Castilla  y  de  la 
Camera  de  Indias;  y  como  el  autor  estuviese  tan  acreditado  con  las  otras 
tres  partes  impresas,  en  que  recopilo  las  conquistas  de  M6jico  (?) ,  Islas  de 
Barlovento  y  Reinos  del  Peru  (?),  apreeie  mucho  el  encuentro  y  enterado  de 
algunas  noticias  que  tenia  en  confusoj  me  hall6  con  los  primeros  deseos  de 
vestirlas  de  un  estilo  que,  sin  fastidiar  con  los  desaseos  del  siglo  anterior, 
pudiese  correr  en  este  con  los  creditos  de  poco  afectado  (a.  0.  S.  XIII). 

Die  Angabe,  dass  die  drei  ersten  Theile  des  Castellanos' sehen 
Werkes  gedruckt  worden  seien,  beweist,  dass  Piedrahita  dieselben  nicht 
viel  gelesen  hat.  Aus  ihnen  citirt  er  nur,  über  Ursua  sprechend,  Theil  I. 
S.  172,  319  und  320  des  Druckes  von  1589;  sonst  erwähnt  er  lediglich  das 
vierte  Buch,  das  nach  ihm  nur  aus  22  Gesängen  besteht  (a.  0.  S.  XIV),  und 
zwar  unter  Angabe  der  Gesänge  S.  170,  172,  180,  250,  284,  363—365,  392, 
431,447,  454,470,  472,  502  und  587,  sowie  ohne  solche  Angabe  S.  17,  127, 
181,  459,  472  und  519.  S.  392  ist  offenbar  statt  canto  28  canto  22  zu  lesen. 
Viele  der  von  Piedrahita  gegebenen  Standreden,  deren  Stoff  dem  vierten  Buche 
von  Castellanos  angehört,  sind  so  sehr  im  Stile  des  Letzteren,  dass  sie  als 
entlehnt  angesehen  werden  dürfen,  zumal  sie  sich  von  denjenigen,  die 
Piedrahita  selbst  verfasst  hat  (z.  B.  a.  0.  S.  127)  auffallend  unterscheiden. 

Piedrahita's  Werk  gehört  zu  den  wenigen,  die  allen  späteren  neu- 
granadischen  und  venezuelanischen  Geschichtsschreibern  zu  Grunde  liegen. 

9)  Castellanos'  Andenken  hat  sich  fast  ganz  verloren  gehabt,  weil  die 
amtliche  spanische  Geschichtsschreibung  seinem  Werke  nicht  gerecht  wurde. 

Antonio  de  Herrera,  Historia  general  de  las  Indias  Occidentales 
(Antwerpen  1728)  nennt  zwar  gleich  nach  der  am  20.  Oktober  1601  unter- 
zeichneten Vorrede  unter  den  benutzten  Quellenschriften  die  Gesänge  von 
Castellanos,  giebt  aber  darüber  nichts  Näheres. 

Pedro  Fernändez  de  Pulgar,  Herrera's  Nachfolger  als  Indien- 
chronist, schenkte  das  Exemplar  des  Castellanos' sehen  Manuskriptes,  aus 
welchem  Theil  II  und  III  1852  zum  Abdruck  gelangten,  der  Kathedralbiblio- 
thek von  Palencia,  benutzte,  soweit  bekannt,  die  Gesänge  für  seine  das  Jahr- 
zehnt 1555 — 1565  umfassende  Arbeit  nicht. 

Juan  BautistaMunoz,  Historia  del  Nuevo  Mundo  (Madrid  1793) 
beurtheilte  die  Heldenbücher  unrichtig,  weil  er  zu  viel  Gewicht  auf  die  Dar- 
stellung der  ersten  Zeiten  legt;  er  sagt  aber  auch  :  es  Castellanos  escritor  de 
bastante  merito  y  utilidad,   cuanto  a  las  cosas  de  su  tiempo. 

Zwei  neu-granadische  Werke  haben,  abgesehen  von  Piedrahita,  vielfach 
aus  Castellanos  geschöpft: 

Fray  Pedro  Simon,  Noticias  historiales  de  las  conquistas  de  Tierra 
Firme  en  las  Indias  Occidentales.     Primera  parte  (Cuenca  1627). 

Fray  Alonso  de  Zamora,  Historia  de  la  provincia  de  San  Antonio 

del  Nuevo  Reino  de  Granada  (Barcelona  1701). 

15* 


228  Anmerkungen  zum  Castellanos. 

Das  erste  Buch  wird  auch  erwähnt  in  Juan  Rodriguez  Fresle, 
Conquista  i  descubrimiento  del  Nuevo  Reino  de  Granada  (Bogota.  1859). 

Was  die  neueren  Geschichtsschreiber  anbeti-ifFt,  so  ist  Castellanos  am 
meisten  von  JoaquinAcosta  benutzt  worden,  der  auch  einige  ungenügende 
biographische  Datön  zusammengestellt  hat,  nämlich  a.  0.  S.  375 — 378  und 
in  der  Antologia  Espanola  (Madrid  1848).  Etliche  Citate  aus  ihm  finden  sich 
auch  in  den  Schriften  von  Arthur  Helps  und  Clements  A.  Markham; 
eine  zusammenhängende  Lebensbeschreibung  ist  bis  jetzt  nicht  vorhanden ; 
Ticknor  (a.  0.  S,  472)  sagt:  Of  the  author,  the  little  we  know,  is  told 
by  himself. 

Beachtenswerth  ist,  dass  Castellanos  unter  seinen  Zeitgenossen  mehrere 
Namensvettern  hatte.  Aus  seinem  Werke  sind  zunächst  einige  anzuführen : 
Padre  Castellanos  .  .  .,  cl^rigo  frankes  que  se  llamaba  de  mi  mismo  nombre 
(124)  —  noble  Juan  Martin  Castellanos  (124,  245),  der  1537  Alcalde  in 
Tocuyo  war  —  Miguel  de  Castellanos,  de  ricos  tractos  y  contratos  fortuna  le 
diö  llenas  las  manos,  no  le  sirven  mal  los  Indios  de  la  tierra  del  Cabo  de  la 
Vela.  Nuestras  rinas  y  rencontros  vanos  he  sepultado  con  olvido ;  los  que  la 
juventud  con  furia  manda  el  curso  de  tiempos  los  ablanda.  La  provincia 
Macofra  causö  no  poca  ira  al  mariscal  Miguel  de  Castellanos,  infämanlo  que 
por  SU  mando  formö  rebelion  bdrbaro  bando  (149,  247,  256).  Sein  Bericht 
über  die  eine  mit  Las  Casas  1522  gemachte  Reise  in  der  Coleccion  etc.  VII. 
S.  109 — 116.  —  Der  insigne  varon  Castellanos,  tesoro  de  virtud  y  tesorero 
(63  und  195),  der  erst  in  Puerto-Rico,  dann  am  Cabo  de  la  Vela  Schatzmeister 
war,  heisst  nach  Piedrahita  a.  0.  S.  302  mit  Vornamen  Francisco.  —  Ein 
Agustin  Castellanos  war  nach  Piedrahita  a.  0.  S.  368  mit  Lugo  in  Neu- 
Granada;  einen  französischen  Priester  Antonio  Castellanos  lernte  Benzoni  1541 
ira  Hafen  Maracapana  kennen,  vergl.  William  H.  Smyth,  Histoiy  of  the 
New  World  by  Girolamo  Benzoni  (London  1857)  S.  12. 

10)  Die  Insel  Puerto-Rico,  San  Juan  de  Boriqu^.n,  ist  nach  Castellanos 
(51)  frontera  de  los  Caribes;  er  erzählt  mit  Vorliebe  dortige  Cariben-Kämpfe, 
z.  B.  die  von  Juan  de  Salas,  1550  (23 — 26)  und  die  von  Francisco  Bahamon, 
1565  (440—442). 

En  el  pueblo  de  San  German  vf  muchos  moradores  .  .  .  tract6  con  sus 
primeros  pobladores :  Villanueva,  Rincon,  Sancho  de  Areas,  Jeronimo  de  Virues 
(67).  Zu  den  dortigen  Bekannten  gehörte  unter  Anderen  Fernando  Sanchez 
Aleman,  al  cual  conocf  ya  medio  ciego,  .  .  .  Francisco  de  Mayorga  y  su  hijo 
Juan  de  Mayorga,  persona  de  mi  harto  conocida;  pues  vf  que  en  escadron 
ha  servido  mui  bien  toda  su  vida;  su  mujer  Maria  de  Cazalla  .  .  .  Juan  de 
Yucar,  general  de  una  armada,  que  de  mi  fu6  conocido  (63  und  64).  Von 
Cristöbal  de  Guzman  —  su  mujer  Dona  Mayor  Vasquez  —  wird  eine  längere 
auf  den  Inseln  Virgen-Gorda  spielende  Geschichte  erzählt  (64  und  65),  von 
Francisco  Caro,  amigo,  ein  Walfisch- Abenteuer  (68  und  69):  desde  Espana 
no  me  obvida;  escribo  cartas  A  el  y  rescribe.  Juan  de  Avendaiio  giebt 
Auskunft  über  die  Fahrten  von  Guzman  und  Ordaz  (64,  82  und  91). 

Wichtig    ist  folgende  Stelle  :    Juan  de  Leon  era    un   hombre  de  Alanis, 


Antonio  Sedeiio.  229 


natural  mio  (56).  Trajonos  a  las  Indias  un  navio  ä  mi  y  ä  Baltasar,  un  hijo 
de  este  que  hizo  cosas  dinas  de  memoria  que  el  buen  Oviedo  pone  por 
historia.  Mit  den  letzten  Worten  ist  gemeint:  Gonzalo  Fernändez  de 
Oviedo,  Historia  general  y  natural  de  Indias  I.  Lib.  16,  Cap.  6,  wo  es  heisst: 
En  este  ejercicio  de  los  Caribes  traia  el  gobernador  Juan  Ponce  consigo  por 
capitan  a  Juan  de  Leon,  hombre  diestro  en  las  cosas  de  la  mar  y  en  la 
tierra  y  en  las  cosas  de  la  guerra  de  buen  saber.  Este  imitaba  asaz  a 
Sebastian  Alonso  de  Niebla;  porque  era  mui  suelto  y  buena  lengua  y  de 
buenas  fuerzas  e  osado  y  en  las  cosas  que  se  hallo  —  que  fueron  muchas  — 
asi  en  la  tierra  como  en  la  mar,  se  senalö  como  hombre  de  gentil  animo  y 
esfuerzo;  pero  el  uno  y  el  otro  fueron  mal  galardonados  de  sus  servicios 
u.  s.  w.  Ausgabe  von  1535  S,  122  und  123 ;  neue  im  folgenden  an- 
geführte Ausgabe  (Madrid  1851)  I.  S.  474  und  476.  Ueber  Oviedo  vergl. 
Anm.  35. 

Der  Entdecker  von  Florida  verliess  Puerto-Eico  zum  letzten  Male  1520, 
vergl.  Oskar  Peschel,  Geschichte  des  Zeitalters  der  Entdeckungen  (Stuttgart 
und  Augsburg  1858)  S.  524;  seine  Schwiegersöhne  Gaspar  und  Garcia  Troche 
nennt  Castellanos  (63) ;  ebenso  einen  Enkel  (99).  Francisco  Lopez 
de  Gomara,  Hispania  Victrix,  Primera  parte :  Historia  general  de  las  Indias 
—  Ausgabe  von  Enrique  de  Vedia,  a.  0.  I.  (Madrid  1852)  S.  180  sagt: 
Cristianäronse  todos  los  Indios  y  su  primer  obispo  fue  Alonso  Manso  ano 
de  11,  los  que  tras  Juan  Ponce  de  Leon  rigieron  el  Boriquen,  atendieron 
mas  a  su  provecho  que  al  de  los  islenos.  lieber  sie  vergl.  Oviedo  a.  0.  I. 
S.  488. 

Pedro  de  Heredia's  Besuch  auf  Puerto-Eico  geschah  vom  29.  Oktober  bis 
I.November  1532;  Castellanos  (366)  giebt  die  Namen  der  dort  zur  Expedition 
gestossenen,  vom  La  Plata  heraufgekommenen  30  Gefährten  von  Sebastian 
Gabotto,  zu  denen  Francisco  de  Cesar  gehört:  Heredia  tenia  sus  haciendas 
en  la  Espanola,  en  Azica,  sus  pilotos  eran  Gin6s  Pinzon  y  Juan  Gomez 
Cerezo,  Hector  de  Barras  llego  hombre  Lusitano  con  dos  hijos  i  un  sobrino; 
dos  hermanos  llamados  Hogazones  y  dos  que  se  decian  Valdiviesos  (366  und 
367).  George  de  Espii*a  kam  nach  San  German  am  25.  Januar  1535; 
von  dessen  Genossen  erinnert  Castellanos  Personen,  die  fastgar  nicht  wieder 
erscheinen,  da  sie  nicht  nach  Venezuela  kamen,  z.  B.  Monsieur  de  Eadou, 
gran  hombre  (211). 

Die  Stadt  San  German  wurde  1528  durch  einen  französischen  Korsaren 
zerstört;  der  neue  Ort  hatte  120  Herdstellen;  vergl.  die  Urkunde  vom  1.  März 
1529  in  der  Coleccion  etc.  XXXVIL  S.  560.  Gegen  1535  zählte  er  nur  50 
Einwohner,  vergl.  Oviedo  a.  0.  I.  S.  466. 

11)  Antonio  Sedeno  ist  diejenige  Persönlichkeit,  bei  welcher  Castellanos 
in  seinem  ersten  Buche  am  längsten  verweilt ;  eine  der  Besprechung  der  Insel 
Trinidad  eingefügte  Elegie  (87 — 99),  zwei  Gesänge  der  folgenden  (119 — 125) 
und  eine  dritte  (126 — 141)  gelten  ihm.  Era  buen  capitan,  como  yo  soi  buen 
testigo  (98),  hombre  pequeno,  en  su  pretension  gran  gigante  (88);  er  war 
Contador  Eeal  auf  Puerto-Eico,  als  er  1530  um  eine  Kron-Belohnung  einkam: 


230  Amerkungen  zum   Castellanos. 


Oviedo  ei-wähnt  (a.  0.  I.  S.  487)  seinö  Dififerenzen  von  1523,  sowie  (a.  0.  II. 
S.  215)  seinen  Sklavenhandel  und  sagt  (a.  0.  II.  S.  209  und  211):  era  uno 
de  los  mas  ricos  hombres  6  bien  heredados  que  hubo  uu  tiempo  en  aquella 
isla;  procurö  la  gubernacion  de  la  isla  de  Trinidad;  pero  no  era  gobernador 
sino  de  esta  isla  y  no  se  extendia  d  la  Tierra  Firme,  dondc  el  se  introducia. 

Ueber  Sedeno's  Grenzstreitigkeiten  mit  Diego  de  Ordaz  vergl.  Herrera, 
Historia  general  de  las  Indias  Occidentales,  (Antwerpen  1728)  IL  S.  436  zum 
Jahre  1531. 

Vor  Castellanos'  Zeit  machte  Sedeno  zwei  Züge  nach  der  Paria-Gegend. 
Den  ersten  vor  der  Ernennung  von  Ordaz:  1530,  18.  September  —  von 
Spanien  über  Trinidad  nach  Paria  gehend ;  Errichtung  eines  festen  Hauses 
in  Turipari,  in  dem  Juan  Gonzalez  blieb  (81  —  83,  88);  1532  Rückkehr  nach 
Puerto-ßico.  —  Den  zweiten  nach  der  Ernennung  von  Ordaz :  1533  Mai  — 
von  Puerto-Rico  über  Cubagua,  Margarita  und  Trinidad  nach  Paria  gehend, 
wo  die  Leute  von  Ordaz  jenes  feste  Haus  besetzt  hielten  (89);  nach  Ver- 
handlungen mit  Agustin  Delgado  und  Alonso  de  Herrera,  den  Vertretern 
von  Ordaz.  1534  abermals  Zurückkehr  nach  Puerto-Rico.  Vergl.  Oviedo 
a.  0,  H.  S.  210—235. 

Die  in  den  Februar  und  März  1536  fallenden,  von  Sedeno  unter  Juan 
Bautista  und  Fernando  de  Vega  gegen  Hortal  ausgesandten  Expeditionen 
bespricht  Oviedo  a.  0,  IL  S.  244  und  245.  Castellanos  beschliesst  seine 
Nachricht  über  Ordaz  mit  dem  Anfange  des  Zuges  von  Sedeno,  an  dem  er 
selber  Theil  nahm;  dieser  begann  am  2.  August  1536  und  ist  von  Oviedo 
(n.  S.  253 — 259),  soweit  Juan  de  Miranda  1537  über  ihn  aussagen  konnte, 
nämlich  bis  November  1537,  beschrieben;  vergl.  Herrera  a.  0.  III.  S.  207  flF.; 
er  ist  von  Castellanos  umständlich  unter  Heranziehung  der  vorangehenden  und 
nachfolgenden  Ereignisse  (98  und  99,119  —  135)  dargestellt.  Saliö  Sedeno  de 
Maracapana,  nombro  por  general  k  Diego  de  Reinoso  j  por  maese  de  campo 
Diego  de  Losada  (126).  Rodrigo  de  Vega  jo  conoci  medianamente ;  pues 
tuve  SU  misma  compania  (120;  auch  137  erwähnt);  de  mi  fueron  conocidos 
de  la  gente  de  Sedeno :  Antonio  Fernändez,  Pedro  Piaceres  Gago,  Juan  de 
Nidos,  Martin  Lopez  Perdomo,  un  Machado,  un  Alvarado  (98).  No  teniamos 
hora  segura  (127);  de  dia  fuimos  6  por  un  camino  en  un  pajonal,  pas6 
delante  Juan  de  Ona,  saltö  un  tigre  con  el,  acudimos  4  el  y  quitämoslo;  en 
los  mismos  riesgos  nos  hallämos  (128);  dejändonos  la  noche  ciega  (131). 
Noch  viele  andere  Stellen  beweisen  die  Betheiligung  von  Castellanos;  dazu: 
Yo  vi  Pedro  Mabuya,  negro  gran  flechero,  tirar  3  flechas  juntas  y  dar  con 
todas  ellas  todas  3  puntas  (139);  auch  andere  dabei  anwesende  Schützen 
bleiben  Castellanos  im  Gedächtniss,  Cristöbal,  Miguel  und  Diego  la  Fucnte  (137). 

Der  Einfluss  der  Meta  -  Nachricht  auf  Sedeno's  Zug  ist  in  Note  18 
erwähnt. 

Ueber  Sedeno's  Tod  sagt  Oviedo  (a.  0.  IL  S.  261)  lediglich:  Algunos 
dicen  que  no  se  muri6  mui  catölicamente,  pero  estos  querianle  mal  y  otros 
decian  otra  cosa;  Castellanos  (134)  lässt  den  Tod  gleich  nach  der  Ankunft 
von  Juan  de  Bonilla's  Botschaftern  eintreten:  llegÄbanse  los  dias  postrimeros. 


Die  Welser-Gesellschaft.  231 


Die  Vergiftungsgeschiclite ,  die  weder  Oviedo,  noch  Castellanos  kennt,  findet 
sich  erst  in  den  ausgeschmückten  Darstellungen  von  Sedeno's  Leben,  welche 
Simon  (a.  0.  S.  300)  und  Oviedo  y  Banos  (vergl.  dessen  Historia  de  la 
Conquista  y  poblacion  de  la  provincia  de  Venezuela  (Madrid  1723)  S.  290)  gegeben 
haben;  sie  fehlt  auch  noch  bei  H e  r  r  e  r a  (a.  0.  III.  S.  313),  selbst  bei  Benzoni 
(a.  0.  S.  135).  Die  Grabschrift  von  Sedeno,  die  Castellanos  (135)  als  in 
die  Rinde  eines  am  Gebirgsabhange  stehenden  Baumes  eingeschnitten  angiebt, 
mag,  da  Juan  de  Yücar  sie  gesehen  haben  soll,  acht  sein,  während  in  analogen 
Fällen  bei  Castellanos  erkennbar  Dichtung  vorzuliegen  pflegt. 

[lieber  den  Tod  Sedeno's  vergl.  auch  den  Brief,  den  Philipp  von  Hütten 
am  16.  Januar  1540  seinem  Bruder  schrieb,  bei  Johann  Georg  Mensel,  Historisch- 
litterarisches  Magazin  I.  (Bayreuth  und  Leipzig  1785)  S.  85.] 

Eine  Erinnerung  an  Sedeno  hat  Alexander  von  Humboldt,  Voyage 
aux  regions  equinoxiales  du  Nouveau  Continent  VIH.  (Paris  1822)  S.  331 
irriger  Weise  im  Cerro  del  Tirano  bei  Caycara  zu  finden  geglaubt,  wie  es 
denn  auch  falsch  ist,  wenn  von  Humboldt  die  Casa  fuerte  de  Paria,  die  Sedeno 
erbaute,  zwischen  den  Guarapiche  und  den  Cano  Manamo  verlegt  wird  (a.  0. 
S.  463).  Die  geographischen  Angaben  von  Castellanos  sind  durchaus  zu- 
ti'effend;  vergl.  auch  Anm.  16. 

12)  Die  Weiser-Gesellschaft  —  „Bartelmeo  und  Antonj  gebrüder,  die 
Welscher  zu  Augsburg"  —  los  Berzares,  mercaderes  gruesQS  de  Alemania, 
famosos  en  tratos  y  en  haciendas  poderosos,  erwähnt  Castellanos  zuerst 
(184  und  185)  zum  Jahre  1525;  ebenso  sagt  zu  diesem  Jahre  Herrera 
(a.  0.  n.  S.  179):  A  los  Beizares  Alemanes  el  Key  diö  facultad  para  con- 
tratar  en  las  Indias,  como  si  fuesen  naturales  de  estos  reinos.  Wie  ihre 
venezuelanische  Unternehmung  entstand,  giebt  Castellanos  nicht  bestimmt 
an;  er  sagt  nur:  El  gran  emperador,  don  Carlos  Quinto,  diö  esta  negociacion 
4  los,  que  llaman  de  la  gran  compania,  creyendo  darse  buena  mafia  con 
otros  intereses  que  no  pinto  (184).  Vergl.  über  die  Belehnung  die  Urkunde 
vom  27.  März  1528,     Coleccion  etc.  XXIL  S.  251. 

Der  Umkreis  dessen,  was  Castellanos  von  den  Weiserischen  wusste,  er- 
hellt aus  folgenden  Stellen :  Vinieron  por  los  Alemanes  lucidos  y  valientes 
capitanes  .  .  .  Micer  Ambrosio  Alfinger  los  regia;  vino  Nicolas  Fedriman, 
que  de  Micer  Ambrosio  era  teniente;  Casimirez  era  hombre  de  buena  cuenta 
(186)  —  vino  George  Formut  que  se  decia  en  Aleman  hombre  de  gran  pecho 
o  de  gran  corazon  y  Valencia,  llamado  de  Espira  (217)  —  vino  Felipe  de  Uten, 
mozo  tierno  (226),  vino  Bartolome  Berzar  pujante  (186),  vergl.  auch  los  dos 
Berzares  famosos  (219).  Ferner  sind  genannt:  Enrique  Rebolt  (141),  Juan  el 
Bueno  (196),  Melchior  Gubiel  und  Maestre  Joan  (236),  sowie  Jacome  Gaza  (222). 

Bis  auf  Letzteren  sind  die  Angeführten  auch  sonst  bekannte  Personen, 
nämlich  Ambros  Dalfinger  oder  Talfinger,  Nikolaus  Federmann,  beide  aus  Ulm, 
Kasimir  aus  Nürnberg;  Georg  Hohermuth  —  nicht  Frohermuth  —  aus 
Memmingen,  genannt  der  Speirer;  Junker  Philipp  von  Hütten  aus  Birken - 
feld,  Bartolmä  Welser  der  Jüngere,  Sohn  des  gleichnamigen  Augsburger 
Kaufmanns  (geb.  1512),  Heinrich  Rembold,  Hans  Seissenhofer,  Melchior  Grubel 
und  „Meister  Hans,  Kistler  aus  Geldern". 


232  Anmerkungen  zum  Castellanos. 

lieber  die  amerikanischen  Unternehmungen  der  Welser  findet  sich  die 
spanische  Ansicht  bei  Jose  de  Oviedo  y  Banos,  a.  0.  S.  11  — 117",  er 
nennt  unter  seinen  Quellen  Castellanos  nicht.  Dieser  wird  dagegen  neuer- 
dings in  der  einschlägigen  nichtspanischen  Litteratur  zwei  Mal  beachtet : 
erstlich  in  Karl  Klunzinger,  Antheil  der  Deutschen  au  der  Entdeckung 
von  Südamerika  (Stuttgart  1857),  wo  übrigens  alle  Anführungen  von  Castellanos 
(S.  33,  34,  43  und  58)  aus  zweiter  Hand  entlehnt  sind;  zweitens  in  Clements 
R.  Markham,  Introduction  to  William  Bollaert's  The  expedition  of  Pedro 
de  Ursua  and  Lope  de  Aguirre  (London  1861)  S.  4 — 18,  wo  jedoch  die  deutschen 
Expeditionen  irriger  Weise  mit  den  Dorado-Fahrten  in  Verbindung  gebracht  sind. 

Die  in  Südamerika  grossgezogene  verzerrte  Darstellung  der  Welser- 
Unternehmungen  charakterisirt  am  deutlichsten  Rafael  Maria  Bar  alt, 
Resümen  de  la  Historia  de  Venezuela  (Paris  1841)  S.   147 — 170. 

13)  Das  Bisthum  Coro  —  Santa  Ana  de  Coro  —  errichtet  durch  Bulle 
vom  21.  Juli  1531,  wurde  durch  königlichen  Erlass,  d.  d.  Medina  del  Campo, 

4.  Juni  1532,  mit  Rodrigo  de  Bastidas,  einer  für  Castellanos  wichtigen  Persön- 
lichkeit, zuerst  besetzt.  Vergl.  Feliciano  Montenegro  de  Colon,  Geo- 
grafia  general,  Tomo  4^:  Venezuela  (Caracas  1837)  S.  26.  Bisehof  Rodrigo 
erscheint  zuerst  in  einer  Urkunde  vom  22.  Februar  1533  (Coleccion  etc.  I.  S.  486). 
Oviedo,  der  ihn  1531  in  Spanien  sah,  sagt  1545:  el  Senor  obispo  ha  pasado 
cuatro  vezes  k  yisitar  su  iglesia  (a.  0.  II.  S.  269)  und  hatte  von  ihm  in 
demselben  Jahre  einen  Besuch  empfangen  (a.  0.  I.  S.  200).  Die  vier  Male 
sind  nachweisbar,  nämlich ; 

1534  zweite  Hälfte.  Die  Audiencia  von  Santo  Domingo  schreibt  am 
31.  December  1538:  En  1534  por  la  nueva  de  la  muerte  de  Ambrosio  de 
Alfinger  gobernador  de  Venezuela,  6  de  disenciones  en  la  tierra,  pensose 
enviar  ä  un  vecino  de  esta  e  queriendo  ir  el  obispo  4  la  sazon  d  su  obispado 
dieronsele  las  faculdades  de  gobernacion  con  que  para  lo  criminal  se  valiese 
de  otro.  Vxiestra  Majestad  lo  aprobö  en  Madrid  ano  de  1535.  Siehe 
Coleccion   etc.  I.  S.  554  und    579.     Oviedo    sagt  zum  Juni  1534  (a.  0.  IV. 

5.  534) :  Rodrigo  de  Bastidas,  obispo,  era  mui  grande  amigo  6  deudo  de 
Crist6bal  de  Sanabria  .  .  .  llegö  k  Coro  .  .  residio  en  su  obispado  algunos 
meses,  volvi6  k  Santo  Domingo  y  trajo  consigo  k  Sanabria.  Castellanos  sagt 
(210):  Planto  la  iglesia,  y  diö  vuelta  k  Santo  Domingo. 

1536  llegö  a  Coro,  sagt  Oviedo  y  Banos  a.  0.  S.  30  und  31.  En  el 
Interim  durante  la  visita  general  de  Puerto-Rico  para  que  tomase  en  su 
nombre  y  gobernase  el  obispado,  enviö  con  amplios  poderes  al  Dean  Juan 
Rodriguez  de  Robledo  que  junto  con  el  Chantre  Don  Juan  Fructos  de  Tudela 
vino  k  Coro,  siendo  los  dos  primeros  prebendados  que  se  proveyeron  en  su 
iglesia.  Castellanos  sagt  (210):  Quedö  por  provisor  Don  Juan  Robledo,  chantre 
y  despues  dean  de  Venezuela  que  yo  comuniqu6  con  verso  ledo  y  prosa  desde 
el  Cabo  de  la  Vela  (226). 

1538,  27.  Mai.  Hohermuths  Rückkehr  nach  Coro.  Castellanos  sagt 
(226) :  hallö  en  Coro  reci6n  venido  al  obispo   .  .  al  tiempo  que  este  liizo   ab- 


Santa  Martaer  Landeshauptleute.  233 


sencia  para  volver,  adonde  residia  al  Espira  dejo  con  la  tenencia.  Hiermit 
stimmt  Oviedo's  Brief  vom  9.  December  1537:  Mandaron  al  obispo  Bastidas 
ir  a  visitar  su  iglesia  de  Coro  6  de  Venezuela,  aunque  alla  liara  provecho 
en  aquellos  pocos  cristianos,  aqui  hace  tanta  falta  en  todo  lo  que  es  dicho. 
Siehe  Coleccion  etc.  III.  S.  70. 

1540  Ende.  Ankunft  in  Coro  December  1540  nach  Hohermuth's  Tode, 
Eückkehr  nach  Santo  Domingo  Januar  1542,  vergl.  Oviedo  a.  0.  II.  S.  824 
und  328.  1542  geschah  die  Versetzung  von  Bastidas  an  das  Bisthum  von 
Puerto  -  Eico,  vergl.  Montenegro  a.  0.  S.  83.  Sein  Tod  erfolgte  am 
15.  September  1553;  Grabschrift  bei  Antonio  Lopez  Prieto  Los  Restos, 
de  Colon  (Habana  1878)  Tafel  8. 

Miguel  Jeronimo  de  Ballesteros,  Dechant  von  Cartagena  (381),  wird 
1643  zweiter  Bischof  von  Coro,  Pedro  Agreda  1560  dritter;  unter  ihm  wird 
Coro  am  7.  September  1567  von  englischen  Korsaren  vollständig  zerstört. 
Vergl.  Oviedo  j  Banos  a.  0.  S.  150  und  271.  Der  vierte  Bischof,  Juan 
de  Manzanillo  (seit  1580),  verlegte  den  Bischofssitz  Coro  nach  Caracas.  Vergl. 
Montenegro  a.  0.  S.  40  und  50. 

14)  Santa  Martaer  Landeshauptleute  giebt  es  erst  seit  1525;  Castel- 
lanos,  der  Santa  Marta  una  tierra  de  mi  bien  conocida  (198)  nennt,  er- 
wähnt folgende : 

Ködrigo  de  Bastidas  ,que  en  Haiti,  do  tenia  su  reposo,  se  hizo 
caudaloso  con  los  tractos,  fue  su  primer  gubernador  (208  und  259).  Die 
Entdeckungsfahrt  desselben  von  1501  —  vergl.  Urkunde  vom  5.  Juni  1500 
in  Coleccion  etc.  II.  S.  362 — 366  —  kennt  Castellanos  (42);  [die  Entdeckung 
am  29.  Juli  1501  führte  zum  Namen  der  Küste,  nicht  etwa  spätere  Be- 
gebenheiten, wie  vielfach  angegeben  wird,  selbst  von  Antonio  Julian,  La 
Perla  de  America  etc.  (Madrid  1787)  S.  6];  Castellanos  (259)  bezieht  jedoch  fälsch- 
lich die  Wahl  des  Marthatages  auf  das  Jahr  1526,  nicht  1525,  Ueber  Bastidas  findet 
sich  eine  Informacion  de  servicios  vom  24.  Mai  1521  in  der  Coleccion  etc.  II. 
S.  366—467.  Die  Belehnung  mit  Santa  Marta  vom  6.  November  1524  ebenda 
XXII.  S.  98 — 106.  Seine  Verwundung  im  Juni  1527  ist  in  einer  Urkunde 
vom  15.  Juli,  sein  Tod  in  einer  solchen  vom  8.  Juli  1527  erwähnt,  vergl. 
Coleccion  etc.  XLI.  S.  285  und  XXXVII.  S.  498.  Der  Tod  erfolgte  am  28.  Juni 
1527.  Sein  Grabstein  ist  mitgetheilt  von  Antonio  Lopez  Prieto  a.  0.  Tafel 
6;  daselbst  Tafel  8  der  seiner  Frau  Isabel  Rodriguez  de  Romero  (f  1553, 
15.  September). 

Diego  Garcia  de  Lerma  vido  de  Santa  Marta  la   ribera  1529,    trajo 

gran  fausto  y  pompa  (267) pidieron    residencia    contra   el  .  .  .  enviö 

a  Espana  su  criado  Nuflo  de  Sagredo  .  .  le  vino  prorogacion  de  su  cai-go  de 
3  6  4  anos  (278).  Schreiben  von  Garcia,  datirt  vom  16.  Januar  1530  und 
19.  April  1581  finden  sich  Coleccion  etc.  XLL  S.  293  -  314  und  S.  329—337. 
Am  16.  Februar  1531  brannte  Santa  Marta  ab.  Rodrigo  Infante  liess  als 
juez  de  residencia  ihn  verhaften;  enviaron  el  doctor  Infante  para  tomar  al 
Lerma  residencia  —  y  6ste  apresurö  su  partida  para  darla  ante  el  juez 
divino  (287). 


234  Anmerkungen  zum  Castellanos.' 

[Garcia  de  Lerma  war  gebürtig  aus  Burgos,  ein  Sohn  des  königlichen 
Kammerherrn  Bernardo  und  ein  Hofbeamter  des  Vicekönigs  Diogo  Cohm, 
Er  schloss  1528  mit  den  Welsern  einen  besonderen  HUlfs-  und  Schutz- Vertrag 
ab  und  erreichte  Anfang  1529  mit  ihrer  Hülfe  als  Gubernator  die  Provinz 
Santa  Marta.  Der  Vertrag  selbst  ist  nicht  erhalten,  aber  erwähnt  bei  Oviedo 
a.  0.  n.  S.  350  und  IH.  S.  164,  Herrera,  Historia  etc.  H.  S.  31  und 
Coleccion  etc.  XXH.  S.  253.  Der  Indianerbeschützer  Thomas  Ortis  wurde 
unter  ihm  Bischof  von  Santa  Marta  (vergl.  unten  Anm.  über  Indianer- 
Protektoren).  Zu  seinen  Leuten  gehörten  u.  A.  Antonio  de  Lebrija,  nach 
dem  ein  Ort  und  ein  Fluss  genannt  wurde  (vergl.  Herrera ,  Historia  etc.  II.  S.  332 
a.  a.  1529)  und  Juan  de  Eivera,  welcher  zu  den  Weiserischen  übertrat  (vergl. 
Text  S.  96  ff).  Ueber  die  Landung  Francisco  Pizarro's  in  Santa  Marta  vergl. 
Herrera  a.  0.  H.  S.  371.  Bald  nach  dem  oben  erwähnten  Brande  von 
Santa  Marta  hob  eine  Beschwerdeschrift  der  Stadtbehörde  von  Santa  Marta 
(Coleccion  etc.  III.  S.  499  ff.)  besonders  die  Gräberplünderung  hervor;  die 
wichtigste  Stelle  lautet:  Llevö  de  todas  sepulturas  que  aquf  se  hallaron  ä  la 
sazon  que  fu6  mucho  nümero  de  oro,  el  tercio  de  todo  el  oro  que  en  ellas 
se  hallaron.  Y  cuando  venia  algun  soldado  k  Ic  pedir  licencia  para 
ir  ä  sacar  alguna  sepultura  que  tenia  visto,  däbasela,  con  aditamento  que  le 
diesen  4  el  dos  partes  para  dos  personas  que  61  sabia  que  tenian  necesidad; 
y  Ueväbaselas  el,  y  mas  el  tercio ;  y  si  esto  no  le  concedian,  no  les  daba 
licencia,  y  provefalas  a  otro  k  quien  el  queria  con  la  condicion.  Y  antes  que 
nadie  supiese  el  aviso  de  sepulturas,  el  sacö  secretamente  muchas  y  las  mas 
ricas  de  todas,  porque  truxo  2  canteros  de  Castilla  que  se  las  sacaban  con 
otros  muchos  criados  suyos  que  el  tenia  y  jente  que  el  alquilaba;  y  desta 
manera  sacö  mas  de  quince  dias,  que  lo  traian  k  costales.  Y  cuando  la 
gente  lo  alcanzö  k  saber,  sacöla  k  hacer  una  entrada  k  la  provincia  de 
Gauringa,  y  entre  tanto  dexö  un  capellan  suyo  y  criados,  que  nunca  hicieron 
sino  sacar  todo  lo  mas  y  mejor,  .  .  .  eran  enterramientos  antiguos,  porque  eu 
toda  la  tierra  no  se  ha  hallado  cosa  semejante;  y  despues  que  hubo  sacado 
todo  el  oro  de  las  dichas  sepulturas ,  enviö  avisar  al  secretario  Cobos  para 
que  las  pidiese  dende  k  V.  M, ;  y  despues  que  vino  la  cMula,  no  se  ha  sacado 
hasta  tres  pesos  de  oro,  porque  no  se  halla  mas. 

Ueber  Lerma's  Entdeckungszüge  vergl.  insbesondere  Castellanos  a.  0. 
8.  280  ff. 

Der  Santo  Domingoer  Schlosshauptmann  Oviedo  ermahnte  Lerma  als 
alter  Bekannter  zu  verständigem  Vorgehen  und  nahm  Frühling  1534  die  gegen 
ihn  gerichtete  Anklageschrift  mit  nach  Spanien.  Rodrigo  Infante  Hess  dann 
den  Widerspenstigen  verhaften  (vergl.  noch  Oviedo  a.  0.  II.  S.  351),  der 
bald  darauf  in  der  Gefangenschaft  starb.] 

Vergl.  im  Allgemeinen  Clements  R,  Markham,  The  life  and  acts 
of  Alonso  Enriquez  de  Guzman  (London  1862)  S.  85  —  88. 

Pedro  Fern&ndez  de  Lugo  —  über  die  Familie  siehe  Gomara 
a.  0.  S.  293  und  die  Belehnung  vom  22.  Januar  1535  in  der  Coleccion  etc. 
XXII.    S.    406 — 433    —  persuadido  por  Francisco  Lorenzo    del  Condado  que 


Santa  Martaer  Landeshauptleute.  235 

fue  primero  de  los  de  Bastidas,  vino  1535  (289);  nach  Oviedo  a.  0.  11. 
S.  357  kam  er  am  2.  Januar  1536  an.  [Er  war  vor  seiner  Belehnung 
mit  Santa  Marta  Grubernator  der  Kanarischen  Inseln  mit  Adelantado  -  Rang ; 
vergl.  auch  Lucas  Rem  in  der  Anlage  zum  26.  Jahresbericht  des  historischen 
Kreisvereins  im  Regierungsbezirk  von  Schwaben  und  Neuburg:  B.  Greiff, 
Tagebuch  des  Lucas  Rem  (Augsburg  1861)  S.  15.  Für  Lugo's  Bewerbung 
nennt  Herrera,  Historia  etc.  III.  S.  176  ausdrücklich  als  Motive:  las  nuevas 
que  se  tenian  que  en  el  descubrimiento  que  hizo  Ambrosio  Alfinger  se  habian 
de  hallar  grandes  riquezas.]  Schon  am  6.  April  begann  die  Entrada  del 
Rio  Grande  (300),  über  welche  die  Berichte  d.  d.  Santa  Marta  Mai  9. 
und  November  20.  1537  —  Coleccion  etc.  XLI  S.  347  bis  355  und  S.  421 
bis  437  —  zu  vergleichen  sind.  Schon  die  Vorbereitungen  zii  diesem  Zuge 
sollen  in  Venezuela  bekannt  gewesen  sein  nach  Herrera,  Historia  etc.  III.  S.  175. 
Der  Tod  erfolgte  schon  am  15.  Oktober  1536,  vergl.  Coleccion  etc.  XLI.  S.  421. 
Ueber  den  Tod  sagt  Castellanos  nur:  los  vecinos  estaban  celebrando  las 
exequias  de  Don  Pedro  Fernandez  (317). 

Jerönimo  Lebron  de  Quijones  fue  senalado  por  la  Real  Audien- 
cia  para  gobernar  esta  tenencia  (317),  seit  dem  4.  Mai  1537  5  vergl.  Coleccion 
etc.  XLL  S.  348,  sowie  Anm.  27. 

Alanis  de  Paz  vino  por  juez  de  residencia  (317);  Piedrahita  sagt 
(a.  0.  S.  240) :  Se  le  mando  al  licenciado  que  exterminase  de  Santa  Marta 
todos  los  clerigos  que  el  obispo  sefialase. 

Alonso  Luis  de  Lugo,  Schwager  des  Indien-Sekretärs  Francisco  de 
los  Cobos  durch  seine  Frau  Beatrix  de  Norona,  vergl.  Anm.  31.  Para  su 
padre  cuasi  era  verdugo  en  lo  dejar  sin  oro  ni  vajilla,  huyendo  de  el  k 
Espana  .  .  .  vino  de  Espana,  dir6  despues  lo  que  mas  huLo  j  lo  que  trabajo 
por  la  montana  al  tiempo  de  venir  al  Reino  (289,  299  und  318).  Castellanos 
verspricht,  über  ihn  ausführlich  im  vierten  Buch  zu  handeln  (299),  und  be- 
schreibt dabei  seine  1536  vollführte  Flucht  mit  der  Beute.  Volviö  despues 
pasados  anos  para  poder  mas  ampliar  su  renta.  Die  Ankunft  am  Cabo  de  la 
Vela  berichtet  Herrera  (a.  0.  IV.  S.  71,  a.  a.  1542):  Llegaron  quejas 
contra  el  por  la  manera  de  proceder  que  tenia  en  la  gobernacion  del  Nuevo 
Reino,  guardando  poca  justicia.  Juntamente  se  habian  quejado  los  oficiales 
reales  de  Cabo  de  la  Vela,  porque  autes  de  subir  al  Nuevo  Reino  fu6  adonde 
estaban  y  por  fuerza  les  tomö  grande  cantidad  de  perlas  para  hacerse  pagado 
de  cierto  dinero  .  .  .  y  aunque  los  oficiales  reales  le  requirieron  que  no  lo 
hiziese  y  le  protestaron  a  aquello  que  no  era  de  Santa  Marta.  Como  iba  con 
mano  armada,  no  le  pudieron  resistir.  Wegen  des  zweiten  Aufenthaltes  am 
Segel  -  Vorgebirge  siehe  Piedrahita  a.  0.  S.  421.  Vergl.  im  Uebrigen 
Anm.  31. 

Luis  de  Manjares  war  Lugo's  Vertreter  in  Santa  Marta  (275  und  318); 
lo  llevaron  d  Espana  preso  e  yo  vi  los  testigos  y  malsines.  In  seiner  Ab- 
wesenheit :  Andres  Lopez  Galarza  (lo  conoci),  Luis  Pardo,  Luis  de  Villanueva 
und  Gregorio  Suarez  de  Deza  (318). 

Juan  de  Otalora,  noble  vizcaino,  sucediö  en  la  gobernacion  y  defendiö 


236  Anmerkungen  zum  Castellanos. 

algunas  veces  el  puerto  contra  la  furia  de  los  corsarios  franceses  (Anm.  33)  .  . 
estas  cosas  y  otras  no  puedo  recojer  mi  fantasia, 

Martin  de  Alas  era  tenicnte  (437).     Vergl.  Anm.  49. 

Pedro  Fernändez  de  Bus  tos  (Anm.  45)  fue  en  este  tiempo  ■ — etwa 
1570  —  con  gobierno  (319  und  320,  336,  440)  Luis  de  Röjas  vino  con  su  mujer, 
criadas  y  criados  ano  de  1570  (320);  Acosta  (a.  0.  S.  366)  sagt  irrthüm- 
lich:  1571. 

Lope  de  Orosco  vino  por  gobernador  el  ano  de  1576  ä  Santa  Marta, 
adonde  permanece  al  presente  —  1585  — ;  me  dio  cierto  vecino  larga  cuonta 
en  SU  carta,  como  vino  y  envio  d  poblar  nueva  gente  mas  arriba  del  Cabo  de 
a  Vela  (350—356).  Vergl.  Anm.  65.  Acosta  (a.  0.  S.  368):  El  primer 
Espanol  despues  de  Bastidas  que  concibi«)  un  plan  de  colonizacion ,  fundado 
sobre  la  labranza  de  la  tierra,  crias  de  ganados  y  mejora  de  nuevas  culturas. 

15)  Das  Bisthnm  Santa  Marta  ward  1529  errichtet,  1562  aufgehoben  und 
1577  wiederhergestellt;  vgl.  Antonio  de  Alcedo:  „Diccionario  geogrdfico- 
histörico  de  las  Indias  occidentales  ö  Am6rica''  (Madrid  1786)  III.  S.  95  ff. 
Castellanos  redet  von  vier  Trägern  desselben. 

Tomas  Ortiz  aus  Balzadilla  kam  mit  Garcia  de  Lerma  nach  Santa 
Marta;  vergl.  über  ihn  Arthur  Helps,  The  spanish  conquest  in  America  (London 
1855—1861)  in.  S.  64,  155,  257—265,  276.  Er  ist  besonders  bekannt 
durch  die  Missionsberichte,  die  Petrus  Martyr  1524  in  seine  siebente 
Dekade  aufgenommen  hat.  Vergl.  hierüber  Hermann  A,  Schtimacher, 
Petrus  Martyr,  der  Geschichtsschreiber  des  Weltmeers  (New  York  1879) 
S.  100.  Ueber  ihn  handeln  auch  Gomara  a.  0.  II.  S.  206  und 
422,  sowie  Herr  era  a.  0.  II.  S.  210  und  312  und  Antonio  de 
Remesal,  Historia  de  la  provincia  de  San  Vincente  de  Chiapa  y  Guatemala 
(1620)  S.  37.  Ortiz  wird  von  Castellanos  (318)  nicht  formell  mitgezählt,  ob- 
wohl er  ihn  Bischof  nennt.  El  Lerma  le  diö  repartimiento  que  fue  Bondigua, 
donde  hacia  principal  asiento  (278);  el  obispo  iba  con  los  soldados  hacia 
Chimila  (280);  el  obispo  no  queria  reiterar  estos  caminos  para  convertir  los 
Indios  ....  determinö  volver  k  Espana  (283).  Nach  ihm  erscheint  der  Prälat 
Antonio  de  Robles  (285).  Für  das  Bisthum  werden  dann  verschiedene  Per- 
sonen präsentirt;  vergl.  Herrera  a.  0.  III.  S,   174  a.  a.   1535. 

Juan  Ferndndez  deAngulo  zählt  bei  Castellanos  als  der  erste 
Bischof;  er  kam  nach  Santa  Marta  zur  Zeit  der  Beerdigung  von  Pedro  de 
Lugo,  also  Oktober  1536.  En  estos  funerales  el  se  inclina  k  hacer  los  oficios 
como  cura  (317).  Die  Angaben  bei  Piedrahita  (a.  0.  S.  99)  beruhen  auf 
Missverständniss.  El  obispo  de  Santa  Marta  Juan  de  Angulo  pretendia  que  el 
Cabo  de  la  Vela  caia  en  el  distrito  de  Santa  Marta,  sagt  Herrera  a.  0.  IV. 
S.  12  zum  Jahre  1541.  Derselbe  ist  Verfasser  der  über  die  schlechte  Indianer- 
Behandlung  Klage  fuhrenden  Schrift  vom  19.  (20.)  Mai  1541,  welche  Bartolome 
de  Las  Casas,  Destruccion  de  las  Indias  erwähnt;  vergl.  Antonio  Maria 
Fab  i  6 ,  Vida  y  escritos  de  Don  Fray  Bartolom^  de  Las  Casas  11.  (Madrid  1879) 
8.  258  und  350.  Er  starb  1543  nach  Piedrahita  (a.  0.  S.  382)  fallecido 
al  combate  de  melancolias  y  disgustos  que  se  le  ocasionarou  ejerciendo  el 
gobierno  de  aquella  provincia. 


Das  Land  Maracapana.  237 


Martin  de  Calatayud,  fraile  Hieronymitano  (318).  Die  Ausreise 
mit  Blasco  Nunez  (192)  begann  am  1.  November  1543;  vergl.  Agustin 
de  Zärate,  Historia  del  Peru  (a.  O.  S.  508).  Serd  razon,  que  no  me  müde 
de  el  sin  relatar  aquello  que  yo  vi  y  pude  entender  de  sus  grandes  peligros 
el  ano  de  1544;  las  amistades  me  fuerzan  4  hacer  este  digreso  (192).  Conocf 
muchos  de  sus  caballeros;  Fray  Melchior  de  Pie  de  Concha  etc.  Über  den 
Aufenthalt  des  Bischofs  am  Segel-Kap  redet  Castellanos  mehrfach  (z.  B.  251); 
vei-gl.  Oviedo  a.  0.  II.  S.  376.  Calatayud  zog  mit  Pedro  de  Ursua  nach 
Santa  Fe  de  Bogota,,  wo  er  am  2.  Mai  1545  ankam;  vergl.  Plaza  a.  0.  S.  161, 
Acosta  a.  0.  S.  304.  Darauf  ging  er  nach  Peru;  sein  Tod  erfolgte  1549 
in  Santa  Marta :  Vido  Calatayud  su  postrer  dia  por  aquel  tiempo  y  en  aquel 
verano,  que  Carlos  V*?  diö  al  Nuevo  Reino  Real  Audiencia  (318);  vergl.  Pie- 
drahita  a.  0.  S.  440. 

Juan  de  los  Barrios  y  Toledo,  fraile  Franciscano,  el  primero  de 
los  arzobispos  de  Santa  Fe  (318).  Vergl.  Anm.  46.  Der  Reisebericht  —  Co- 
leccion  etc.  XLI.  S.  428  —  ergiebt,  dass  er  aus  San  Lucar  am  4.  November  1552 
abfuhr  und  in  Santa  Marta  am  6.  Februar  1553  ankam.  Castellanos  nennt 
noch  zwei  Suffraganbischöfe  von  Santa  Fe  —  nach  1577:  Juan  Mendez, 
fraile  dominicano,  muriö,  cuando  venia  visitando  las  ovejas;  su  vida  fu6  gran 
numero  de  anos  conocida,  und  Sebastian  de  Ocampo,  fraile  Franciscano  (320) ; 
Letzterer  stand  nach  Alcedo  (a.  0.)  früher  in  Tunja  und  starb  1619. 

16)  Das  Land  Maracapana  bildet  einen  Theil  des  grossen,  Paria  ge- 
heissenen  nördlichen  Küstengebietes  von  Südamerika,  dessen  Name  jetzt  fast 
ganz  verschwunden  ist;  Amaracapana  sagt  Benzoni  bei  Smyth  a.  0.  S.  7. 
Castellanos  nennt  es  (80) :  Reino  de  grandisima  siibstancia ;  los  senores  en  el 
de  gran  estado.  lieber  die  Entdeckungs-Geschichte  vergl.  Peso  hei,  Ent- 
.deckungen  S.  311  und  312,  319 — 322;  eine  beachtenswei-the  Landes-Beschrei- 
bung  giebt  Oviedo  a.  0.  11.  S.  253 — 258,  in  der  freilich  die  von  der  Ent- 
deckungsgeschichte genannten  Namen  Coyaraital  und  Cauchieto  sich  nicht 
wiederholen.  Sie  fehlen  auch  bei  Castellanos;  es  stimmen  aber  mit  jenen 
Formen  folgende  von  Letzterem  (86)  angeführte  Namen:  Cariaco,  Cumand, 
Cumanagoto,  Paragoto,  Cherigoto,  Guaigoto,  Tagares,  Chiquiriviche,  Guantar, 
Neveri,  Atamo,  Tacarigua,  Cojegua,  Caracas,  Chacopate,  Guaramental,  Cayca- 
rantal,  Guayacamo,  Turperamo,  Piritü,  Barutaima,  Diamaina,  Paraima,  Guaima, 
Perima,  Canima,  Canaruma,  Periamo,  Gotoguaney,  Querequerepe,  Aniquipotare, 
Ariquibano,  Guayos,  Patenemo  Tapatapau.  s.w.  lieber  alte  Ortsnamen  des  jetzigen 
Venezuela  Einiges  bei  A  r  i  s  t  i  d  e  s  Rojas,  Estudios  indi'genas  (Caracas  1878). 

Allgemeine  Erwähnungen  seines  Aufenthalts  in  Maracapana  hat  Ca- 
stellanos in  mehreren  Stellen :  z.  B.  Muchos  que  yo  tracte  y  he  conocido,  ven- 
dian  por  cierto  esta  nueva  beim  Schiffbruch  von  Juan  Cortejo  (81);  Juan  de 
Salas  fue  en  mocedad  companero  nuestro,  excitandonos  en  las  guerras  de 
Cubagua  (23);  anduve  yo  por  estos  puestos  en  tiempo  y  en  edad  mas  vigo- 
rosa  aimque  por  parte  menos  trabajosa  (85);  iban  soldados  singulares  de  gente 
baquiana,  conquistando  la  tierra  de  Tagares  que  son  tierra  de  Maracapana  .  . 
yo  con  aquesta  gente  caminaba  (134). 

Die  Castellanos'sche  Besprechung  von  Maracapana  findet  sich   besonders 


238  Anmerkungen  zum  Castellanos. 


in  dem  sonst  dürftigen  Abschnitt  über  Diego  de  Ordaz  (80 — 87),  bei  dessen 
späterer  Versificirung  Zusätze  über  verschiedene,  den  Ordaz'schen  ähnlich 
scheinende  Fahrten  eingefügt  sind  (83,  84  und  85).  Die  zu  Oviedo's  zweitem 
Theile  als  Tafel  II  gehörende  Karte,  die  älteste  bekannte  von  Venezuela, 
setzt  den  Namen  Maracapana  zwischen  die  Flüsse  Neveri  und  Cumanä. 
Unterm  22.  Juli  1539  schreibt  die  Audiencia  von  Santo  Domingo  :  Convendrä 
hacer  una  gobernacion  de  Cubagua,  Margarita  e  parte  de  Tierra  Firme,  donde 
deben  hacerse  pueblos,  especialmente  en  Maracapana,  tierra  fertil  e  apta  para 
todos  los  fructos.     Vergl.  Coleccion  etc.  I.  S.  562. 

[Oft  ist  ein  Hafen  mit  den  Namen  Maracapana  erwähnt;  z.  B.  sagt 
Herrera,  Historia  etc.  IV.  248 :  Maracapana  es  puerto  seguro,  el  mejor  de  toda 
la  Costa;  letzteres  hatte  Las  Casas,  Historia  de  las  Indias  (Madrid  1876) 
II.  S.  411  bestritten.  Nach  der  Oviedo'schen  Karte  ist  damit  die  Mündung 
des  Neveri  gemeint.  Uebrigens  waren  die  Grenzen  des  Landes  Maracapana 
keineswegs  ganz  klar.  Herrera  sagt  z.  B.  Descripcion  de  las  islas  y 
tierra  firme  del  mar  Oc6auo  que  llaman  Indias  Occidentales  (Amberes  1728) 
S.  16:  por  la  costa  de  Maracapana  en  los  t^rminos  de  Venezuela  estuvieron 
pobladas  las  bocas  de  Santa  Fe  en  cuya  comarca  est4  el  morro  de  Unare; 
dieses  wiederholt  auch  Alcedo  a.  0.  I.  S.  721.  Die  Lehnbriefe  über 
Maracapana  sprechen  sich  nur  allgemein  aus.  1530  erhielt  Diego  de 
Ordaz  las  tierras  que  hai  desde  los  Kmites  del  Cabo  de  la  Vela  j  Golfo  de 
Venezuela  que  tenian  ä  su  cargo  los  Alemaues,  200  leguas  de  la  costa 
poco  mas  6  menos  y  el  Rey  se  la  concediö  con  que  trabajase  de  descubrir 
todo  lo  hasta  el  rio  Maranon;  vergl.  Herrera,  Historia  etc.  H.  S.  434.  Aehn- 
lich  war  es  bei  der  Belehnung  des  Jerönimo  Hortal,  die  1534  erfolgte.  Die 
Audiencia  von  Santo  Domingo  sagt  am  22.  Juli  1539  (vergl.  Coleccion  etc. 
I.  S.  562) :  Hortal  pretendia  ser  Neveri  de  su  gobernacion  j  pidiö  k  Vuestra 
Majestad  le  ampliase  su  gobernacion  hasta  los  confines  de  los  Alemanes.  Darauf 
bezieht  sich  Herrera's  Nachricht  (Historia  etc.  HI.  S.  128) :  Hortal  pidi6 
que  le  alargase  los  terminos  de  su  gobernacion  hasta  los  confinos  de  los  Ale- 
manes; ....  sus  terminos  eran  de  Maracapana  al  Oeste  hasta  la  culata  de 
Cariaco.  Bei  solcher  Unklarheit  blieb  es  im  Allgemeinen  bei  der  alther- 
gebrachten Scheidemarke  des  Cabo  de  la  Codera. 

Dieses  Hintertrossen- Vorgebirge  findet  sich  noch  auf  den  heutigen  Karten 
und  kommt  bereits  in  früheren  Urkunden  vor;  vergl.  Martin  Fernandez  de 
Navarrete,  Coleccion  de  Documentos  concernientes  ä  la  persona,  viajes  y  des- 
cubrimientos  del  Almirante  Cristobal  Colon  IH.  (1825),  Urkunde  vom  12.  März 
1502,  S.  105.  Es  ist  nicht  bloss  Schiffahrtsmarke,  sondern  später  auch 
Grenzpunkt;  so  sagt  Oviedo  a.  0.  IL  S.  269:  La  gobernacion  de  los  Ale- 
manes Velzares  comien^a  en  el  cabo  6  promontorio  que  llaman  de  la  Codera 
por  la  parte  oriental  en  la  costa  de  Tierra  Firme.  Vergl.  ebenda  S.  243  für 
die  Gubemation  von  Jerönimo  Hortal:  pidiö  que  se  extendi^se  mas  hasta 
confinar  con  la  gobernacion  que  estä  k  cargo  de  los  Alemanes  Beizares  que 
es  el  cabo  que  llaman  de  Codera,  vergl.  die  oben  angeführten  Stellen: 
Coleccion  etc.  I.  S.  562  und  Herrera,  Historia  etc.  III.  S.  128.  Alcedo 
a.    0.   IV.    S.    230    sagt    noch:    Piritü    es    provincia    del    Nuevo    Reino     de 


Jerönimo  Hortal.  289 


Grranada  que  confina  con  la  de  Venezuela  en  el  Cabo  de  Codera.  In  einer 
Urkunde  von  Eodrigo  de  Navarrete  (Coleccion  etc.  XXI,  S.  233)  heisst 
es:  Cabo  de  Codera  es  donde  las  serranias  que  son  mui  altas,  bäte  el 
mar  en  ellas  hasta  el  puerto  de  Buburata.  Herrera^  Historia  etc.  II.  S.  311  nennt 
das  Codera-Kap  aucli  Cabo  de  Maracapana;  vergl.  auch  die  Urkunde  vom 
27.  März  1828  Coleccion  etc.  XXII.  S.  253. 

Die  Bewohner  des  Maracapana-Landes  sollten  nach  Herrera,  Historia  etc. 
IV.  248  Chiugotos  heissen:  es  toda  una  lengua;  tienen  yeroa.  Sie  galten  für 
caribisch;  Eodrigo  de  Figueroa  (Coleccion  etc.  I.  S.  382)  sagte  wenigstens 
etwa  1520:  Los  indios  de  la  provincia  de  Maracapana  declaro  ser  caribes 
hasta  la  provincia  de  Pariana;  los  indios  de  dicha  Pariana  de  mar  a  mar 
declaro  ser  Guatiaos.  Derartige  Erklärungen  gingen  demnach  auch,  wie  die 
Belehnungen,  von  einem  Ocean  zum  andern.] 

17)  Jerönimo  (de)  Hortal  nennt  Castellanos  (99)  den  zweiten  Landes- 
Hauptmann  von  Paria;  er  erkennt  als  solchen  den  in  Anm.  11  erwähnten 
Sedeno  nicht  an ,  vielmehr  gilt  ihm  als  Hortais  Vorgänger  Diego  de  Ordaz, 
an  dessen  Orinocofahrt  von  1532  Hortal  als  königlicher  Schatzmeister  theilnahm. 
Die  Bewerbung  um  die  Nachfolge  datirt  vom  28.  Januar  1533,  vergl.  Coleccion 
etc.  XII.  46.  Nach  der  Erlangung  der  Landes-Hauptmannschaft  fuhr  Hortal 
am  18.  August  1534  von  Spanien  ab  und  kam  im  Oktober  nach  dem  Fest- 
lande.    Vergl.  Oviedo  a.  0.  II.  S.  235  und  236. 

De  Jerönimo  de  Hortal  dare  larga  cuenta  como  quien  conoci  primero 
(81);  decian  no  teuer  buen  pecho,  pero  yo  lo  halle  bueno  (125). 

Nachdem  die  unter  Alonso  de  Herrera  abgesandte  Orinoco-Expedition 
missgltickt  war,  unternahm  Hortal  selber  zwei  Züge  : 

Erstlich  1536:  dabei  stirbt  Agustin  Delgado  in  Guamba;  die  Provinzen 
Temeurem  (Chapachauru)  und  Orocomay  werden  besetzt;  Goldsachen  und 
Goldschmelzen  gefunden ,  Nachrichten  von  den  Tihaos  erlangt.  Hortal  geht 
nach  Santo  Domingo.  Vergl.  Oviedo  a.  0.  II.  S.  235—249,  Coleccion  etc.  I. 
S.  559  und  die  folgende  Anmerkung. 

Zweitens  1540:  Hortal  ist  schon  November  1536  aus  Santo  Domingo 
zurückgekehrt.  Auf  der  Fahrt  werden  der  Carranca-Fluss  und  der  Estero  de 
Meta  erreicht;  das  Flussgebiet  des  Orinoco  wird  festgestellt  und  kartographisch 
skizzirt.     Vergl.  Oviedo  a.  0.  IL  S.  263—265  nebst  Tafel  2. 

Beiden  Zügen  folgten  Streitigkeiten,  in  welche  die  Santo  Domingoer 
Eegierung  eingriff.  Nach  dem  ersten  entsandte  sie  als  ihre  Bevollmächtigten 
erst  Juan  de  Frias,  dann  Francisco  de  Castaneda,  endlich  Alanis  de  Paz, 
vergl.  Oviedo  a.  0.  IL  S.  261  und  262.  Der  zweite  Zug  führte  zu  einer 
Untersuchung,  die  schliesslich  Hortal  zur  Aufgabe  der  Gubernation  veranlasste. 
Girolamo  Benzoni  traf  Hortal  1541  auf  Cubagua  in  Vorbereitung  einer  Fahrt, 
die  nach  Nantal  (d.  h.  Anoantal)  gehen  sollte ;  Benzoni,  der  hinzufügt :  Nantal 
is  now  called  by  the  Spaniards  el  Dorado  which  means  a  rieh  country  — 
ging  mit  ihm  und  Pedro  Herrera  nach  Cumana,  und  schiffte  dann  im  Hafen 
von  Maracapana  sich  ein,  um  über  „Caput- Veli  et  Boriquena"  nach  Santo 
Domingo  zu  fahren.     Vergl.  Smyth  a.  0.  S.  3. 

Castellanos,  der  Delgado' s  Grab  sah  (122),  kennt  Personen,  welche  auf 


240  Anmerkungen  zum  Castellanos. 

beiden  Zügen  Hortal's  Genossen  waren:  Alonso  Alvarez  Guerrero,  Alvaro  de 
Ordaz,  Pedro  Martin,  Chaves,  Perdomo,  Quiros  Torrellas,  Juan  de  Agueda  .  . 
los  vf,  pero  se  pierde  la  memoria  (123).  Von  Hortal's  Leuten  kamen  einige 
später  mit  den  Welserisclien  nach  den  neu-granadischen  Hochebenen,  z.  B. 
Miguel  Holguin  (99),  Luis  Lanchero,  Juan  de  Castro  (220). 

Auf  Espanola  lebte  Hortal  zunächst  als  Angestellter  von  Rodrigo  de 
Niebla  (125),  später  heirathete  er  eine  Wittwe  mit  4  Millionen  Maravedis, 
GOOO  Rindern,  Haus  und  Hof;  vergl.  zum  Jahre  1545  Oviedo  a.  0.  H. 
S.  265. 

18)  Die  Meta-Nachrieht  steht  ursprünglich  selbständig  da  und  bezieht 
sich  auf  ein  hochbelegenes  Kultur-Land :  provincia  de  algodon  y  camiseta 
(104).  Oviedo  sagt  (a.  0.  H.  S.  216):  Sierra  de  la  provincia  del  Meta,  que 
es  tierra  mui  poblada  y  hai  mucha  fertilidad  y  de  comer  en  ella.  1532  hörte 
von  diesem  Lande  zuerst  Diego  de  Ordaz,  der  am  23.  Juni  die  Küste  ver- 
lassen hatte,  und  zwar  durch  den  Aruaca- Häuptling  Taguato  am  Flusse  Cara- 
naca  (85  und  102):  hallaras  gente  vestida,  extendidas  poblaciones,  oro, 
piedras  preciosas,  sal  y  bastimentos  abundante.  Vergl.  Oviedo  a.  0.  H. 
S.  216  ff. 

1534  (Ende)  schickte  Hortal,  nachdem  er  im  Oktober  gelandet  war, 
Alonso  de  Herrera  zu  Schiff  ab ;  dieser  erhielt  von  Aruacay  ausgehend  grandes 
nuevas  de  la  riqueza  que  se  decia  haber  en  Meta,  Oviedo  a.  0.  H.  S.  237. 
Herrera  kam  zum  Caranaca-Fluss  (102)  und  zur  gran  boca  del  estero  de  Meta 
(104);  er  fand  seinen  Tod  durch  Pfeilgift. 

1536  ging  Hortal  selbst  auf  die  Suche,  principiö  su  camino  en  busca 
de  aquella  provincia  de  Meta ;  la  fama  entonces  con  pregones  levantaba  riquf- 
sima  provincia  dicha  Meta  (119);  vergl.  Oviedo  a.  0.  H.  S.  246.  In  dem- 
selben Jahre  kam  Georg  Hohermuth  zum  Meta-Fluss  (214). 

1536  begann  auch  der  Anm.  11  erwähnte  Zug  von  Sedeno.  Den 
Bericht  über  denselben  beginnt  Herrera  (a.  0.  III.  S.  179)  irrthümlich 
schon  beim  Jahre  1535,  wodurch  folgende  Notiz  unrichtige  Färbung  erhält: 
Algunos  vecinos  de  San  Juan  de  Puerto-Rico,  movidos  de  las  buenas  nuevas 
que  habian  llegado  de  los  sucesos  de  Hortal,  juzgando  que  por  aquella  parte 
se  habia  de  descubrir  otro  Peru,  ofrecieron  de  ayudar  k  Antonio  Sedeno  .  .  . 
el  cual  determino  de  irse  ä  meter  en  la  tierra  firme  .  .  .  la  jente  que  tenia 
estaba  mui  alborozada  de  hallar  las  riquezas  en  Meta  .  .  .  determino  de 
llevar  adelante  su  proposito  y  desembarcö  120  soldados  i  los  caballos  k  cargo 
de  Pedro  de  Reinoso  y  Diego  de  Losada.  Später  ist  die  nach  Puerto-Rico 
zu  Sedeno  gelangende  Nachricht  willkürlicher  Weise  als  die  erste  Dorado- 
Nachricht   (vergl.  Anm.  29)   dargestellt    worden;    siehe  Simon  a.  0.  S.  327. 

Castellanos  hält  für  das  Meta-Land  nicht  das  obere  Quellgebiet  des  jetzt 
Meta  genannten  Stromes;  er  sagt  vielmehr:  Algunos  hombres  viejos  han 
querido  decir,  este  Meta  ser  el  rio  de  Turmeque;  es  un  parecer  desvanecido, 
nacido  entre  los  curiosos  baquianos.  Hai  innumerable  cantidad  de  rios  y  todos 
8U8  vecinos  llamau  Meta  a  aquel,  por  donde  entran  los  navios.  Algunos 
piensan  haber  antes  entre  el  Maranon  y  el  Orinoco  provincias  abundantesj 
este    parecer     uo    tengo    jjor    loco,    de    la   cual    opinion  son    los  Itotos  (104). 


Diego  de  Losada.  241 


Herrera  a.  0.  IIL  S.  176  erwälmt  die  erst  angeführte  Ansicht:  que  el  rio 
que  pasa  por  la  provincia  de  Metas  es  el  que  sale  Nuevo  Reino  de  Granada 
que  llaman  Turmequ6. 

Das  Gerede  vom  Meta-Lande,  über  das  auf  der  bei  Oviedo  unter  II  zum 
zweiten  Band  sich  findenden  Tafel  Näheres  nicht  erhellt,  hörte  mit  der  Ent- 
deckung der  neu-granadischen  Hochebenen  naturgemäss  auf;  es  wurde  ftines- 
theils  mit  der  Dorado-Nachricht  (vergl.  Anm.  29)  verschmolzen ,  auch  bei 
Castellanos  (83),  anderentheils  mit  der  Kunde  von  den  Perii-Funden ;  diese 
Version  gestaltet  sich  zu  dem  Glauben  an  einen  Sonnentempel  vom  Meta, 
kürzer  Casa  del  Meta.  Dieser  Gedanke  schwebte  unter  Anderen  Federmann 
und  Hütten  vor;  vergl.  z.  B.  Oviedo  a.  0.  11.  S.  321.  Sagenhaft  ist  die 
Ordaz'sche  Fahrt  geworden:  ßalegh  sagt  z.  B. :  At  a  porte  called  Morequito 
in  Guiana,  Here  lyeth  at  this  daie  a  great  ancor  of  Ordaces  shippe,  bei  Sir 
Kobert  Schomburgk,  The  discovery  of  the  Empire  of  Guiana  by  Sir 
Walter  Ralegh  (London  1848)  S.  17. 

19)  Diego  de  Losada,  hijo  del  Senor  de  Rio-Negro  en  el  Nuevo  Reino 
de  Galicia,  ist  von  Sedenos  Genossen  derjenige,  den  Castellanos  am  besten 
kennen  lernte.  Era  siempre  hombre  singular  y  tuvo  por  alli  claro  renombre, 
con  Pedro  de  Reinoso  fue  de  una  camarada  como  criados  del  Senor  de  Bena- 
vente  (135),  tracte  mucho  con  este  cavallero  y  ä  grandes  hechos  suyos  me  vi 
junto  (247). 

1536:  Maese  de  campo  de  Sedeno,  vergl.  Anm.  11.  Herrera  a.  0. 
III.  S.  314:  Alli  se  apai-to  Losada  con  30  soldados  i  tomö  el  Camino  de  Cubagua, 

1541 :  se  fue  de  Cubagua  por  desconcierto  desterrado  y  vinose  ä  Venezuela. 
Vergl,  Anm.  23. 

1542 :  Rembold  despacha  al  capitan  Losada  y  Villegas  desde  Coro  ä 
Cubagua  para  que  le  traigan  algunos  soldados.  Simon  a.  0.  S.  336.  Herrera 
a.  0.  IV.  S.  202. 

1546:  al  principio  del  ano  el  licenciado  Juan  de  Frias  llevando  en  su 
compaiiia  4  Diego  de  Losada  que  retirado  en  Cubagua  habia  estado  .  .  . 
hallo  tan  desproveida  la  ciudad  de  un  todo  que  le  fue  preciso  detenerse  al- 
gunos dias :  Oviedo  y  Bafios  a.  0.  S.  117. 

1547 — 1550:  con  Alonso  Perez  de  Tolosa  k  descubrir  las  provincias  de 
Sierras  Nevadas  mas  como  consejero  y  para  que  le  ayudara  al  gobierno  de 
la  gente  —  la  ultima  de  las  jornadas  largas  que  se  hicieron  desde  esta 
gobernacion  por  estos  llanos;  beschrieben  von  Simon  a.  0.  S.  371 — 381,  kurz 
erwähnt  von  Castellanos  (239). 

1550:  Kampf  gegen  die  aufständigen  Neger,  Herrera  a.  0.  IV.  S.  325; 
Castellanos  redet  von  demselben  nicht. 

1567  Januar:  Entrada  äla provincia  de  Caracas  —  resolviö  a  fundar  una 
ciudad  en  el  valle  de  San  Francisco  A  quien  intitulo  Santiago  de  Leon  de 
Caracas  —  el  dia  en  que  Losada  ejecutö  esta  funcion  es  tan  ignorado  en  lo 
presente  que  no  lian  bastado  mis  diligencias  para  averiguarlo  con  certeza 
funda  la  ciudad  de  Nuestra  Sefiora  de  Caravalleda  el  8  de  Setiembre  de 
1568  —  revoca  el  gobernador  Pedro  de  Ponce  por  quejas  de  Francisco  In- 
Festschrift der  Hamliurgischen  Amerika-Feier  II.  16  ■ 


242  Anmerkungen  zum  Castellanos. 

fante  los  poderes  que  tenia  dados  k  Losada,  despachando  nuevo  titulo  k  su 
hijo  Francisco  Ponce  el  ano  de  1569  —  Losada  sin  entrar  en  Barquisimeto, 
pasö  h  su  antigua  asistencia  de  Tocuyo  y  perdiö  en  breve  tiempo  su  vida, 
berichtet  Oviedo  j  Banos  ausführlicher  a.  0.  S.  240 — 290. 

Castellanos  hatte  ihn  schon  früher  (141)  sterben  lassen",  er  erwähnt 
jedoch  später,  nachdem  er  die  letztgenannten  Vorgänge  geschildert  (246  und 
247),  den  Tod  an  richtiger  Stelle  (247);  derselbe  folgte  dem  des  Pedro  de 
Ponce :  pidiö  Losada  su  gobierno  de  Grajeda  que  entönces  la  audiencia  de 
Espafiola  presidia,  pero  lo  proveyeron  ä  su  yerno  Francisco  de  Chaves ;  k 
Losada  le  di6  cierta  dolencia,  volviö  de  la  Espafiola  sin  mando  y  con  recelo 
de  su  calentura  llego  a  Burburuata;  alH  muri6.  Chaves  gobernö  el  ano  de 
70;  el  aiio  mismo  lleg6  Diego  Mazariego.  Diese  letzten  genauen  Angaben 
sind  in  den  Chroniken  Venezuelas  nicht  beachtet  worden. 

20)  Die  Insel  Trinidad  bildete  die  Gubernation  von  Antonio  Sedeno; 
Vorgänger  desselben  kennt  Castellanos  nicht;  über  das  Land  sagt  er:  Es  fertil 
isla,  buena  para  poblarse  de  Cristianos,  contiene  dos  provincias :  Camucuraos 
y  Chacomares  —  en  aquella  6poca  y  conjuntura  gaste  yo  por  alH  mis  ciertos 
anos  (87);  auch  Oviedo  a.  0.  IL  S.  210  nennt  die  Provinzen  Camorocabo 
unter  Paralaure  und  Chacomare  unter  Maruand.  Letzterer  kommt  bei  Castel- 
lanos mehrfach  (93  ff.)  vor;  grave  Maruand,  principe  manso,  namentlich  bei 
den  poetisch  ausgeschmückten  Kämpfen  von  1532  und  1533,  die  auch  Oviedo 
a.  0.  II.  S.  210,  230  und  231  erwähnt. 

Von  den  späteren  Gubernatoren  der  Insel,  Sedeno's  Nachfolgern,  nennt 
Castellanos  (99)  nur  zum  Jahre  1570  Juan  Ponce  de  Leon,  den  auf  Puerto- 
Rico  geborenen  Enkel  des  Anm.  10  erwähnten  Florida-Fahrers;  unter  ihm 
ging  die  Ansiedlung  auf  Trinidad  vollständig  zu  Grunde ;  vergl.  Simon 
a.  0.  S,  593.  Im  Jahre  1584  ist  Antonio  Berrio,  der  Erbe  von  Marschall 
Gonzälo  Jimenez  de  Quesada  (Anm.  49),  Gouverneur  von  Trinidad ;  vergl. 
Antonio  Caulin,  Historia  corogräfica  natural  y  evang^lica  de  la  Nueva 
Andalusia  etc.  (Madrid  1779)  S.  175;  er  legte  1592  die  Ortschaft  San  Jos6 
de  Oruno  an;  vergl.  Simon  a.  0.  S.  596.  Ihm  folgte  sein  Sohn  Fernando. 
Siehe  Kalegh  bei  Schomburgk  a.  0.  S.  209;  dort  auch  (S.  4 — 9)  eine  auf 
das  Jahr  1595  bezügliche  Beschreibung  der  Insel. 

21)  Die  Insel  Cubagrua  ist  von  Castellanos  in  einem  eigenen  Lob- 
liede  (141 — 151)  besungen:  Elogio,  donde  se  trata  la  gran  i-iqueza  que  allf 
hubo  y  SU  perdicion  y  asolamiento;  der  letzte  der  drei  Gesänge  endet  mit 
einem  Trauerspruch  über  vergangene  Herrlichkeit.  Isla  de  perlas  que  dicen 
Cubagua,  sagt  Oviedo  a.  0.  11.  S.  224;  über  die  Perlen  redet  Castellanos 
mehrfach :  Yo,  de  mi  vista  me  conf fo  he  hallado  en  una  sola  concha  5  y  6  o 
mas  perlas  (149).  Das  Perlenfang  -  Unternehmen ,  welches  1536  nach 
Benzoni  (a.  0.  S.  51)  Luigi  da  Lampognano  beginnen  wollte,  kannte 
Castellanos  nicht. 

1534  war  als  Zubehör  zur  Insel  die  Küste  zwischen  Maracapana  und 
dem  Cariico-Golf  reservirt,  vergl.  Herrera  a.  0.  III.  S.  128. 


Die  Insel  Margarita.  243 


Bekannte  von  Castellanos  sind  Marschall  Miguel  de  Castellanos,  Diego 
Caballero,  Juan  de  la  Barrera  (143  und  149).  Einige  Male  nennt  er 
den  Barrasa,  bei  dem  er  wohnte  (139  und  150).  Francisco  Euiz  j  Luis  de 
Mesa,  a  quien  yo  de  Cubagua  conocia  (254);  Bartolom6  Carrefio,  de  quien 
^1  alabanza  de  mis  mauos  j  el  mas  alto  loor  serä  pequeno  (250  und 
442),  Martin  Yanez  Tafur  que  es  de  presente  de  este  Reino  de  Grranada  (82) 
berichtete  über  Ordaz ;  Domingo  Velasquez,  entre  los  de  Cubagua  mui  antiguo, 
yo  tuve  siempre  por  amigo,  gozando  ya  de  paz  y  de  reposo  (82).  Noch 
andere  Bekannte  von  Cubagua  her  werden  erwähnt  (46  und  60) ;  zu  den 
spätesten  gehören  die  Velascos.  Castellanos  sagt :  Los  dos  Velascos, 
hombres  principales,  Franciscos  ambos ,  tio  y  sobrino  en  Cubagua  (despues 
fue  mi  vecino)  llegai-on  con  George  de  Espira  (211);  die  Theilnahme  an 
Hohermuth's  Zuge  beschränkte  sich  auf  den  einen  Velasco  (213).  Volvieron 
4  Cubagua  (213)  .  .  .  Francisco  Velasco,  alferez  de  Espira,  con  quien  yo  tuve 
gran  conocimiento  (224).     Vergl.  über  ihn  Herr  er  a  a,  0.  III.  S.  176. 

lieber  die  Hauptstadt  Neu-Cadiz,  deren  Franciscaner-Kloster  Castellanos 
(100)  erwähnt,  siehe  Oviedo  a.  0.  IL  S.  224;  dem  Erdbeben  von  1543 
(150)  ging  als  berühmteres  das  vom  September  1530  voran,  vergl.  Herrera 
a.  0.  IIL  S.  194.  Zum  Jahre  1548  sagt  Oviedo  (a.  0.  III,  S.  473):  Ahora 
estä  cuasi  despoblada  la  isla  de  Cubagua  y  's  in  ejercicio  de  las  perlas. 

Noch  im  Alter,  in  Tunja,  erhielt  Castellanos  von  und  über  Cubagua 
Nachricht :  Bautista  de  ßeino,  hijo  de  Don  Fraucisco ,  prudente  sacerdote  y 
de  estas  cosas  cronista,  vive  en  ellas  hoi  bien  ocupado ;  ansi  no  hare  yo  mas 
lista  (143). 

22)  Die  Insel  Margarita  rief  zuerst  den  Perlenruhm  der  nördlichen 
Küste  von  Südamerika  hervor;  vergl.  Peschel,  Entdeckungen  S,  311. 
Castellanos  behandelt  die  Geschichte  des  Eilandes  ausführlich  (151 — 156), 
namentlich  die  ältere.  Haga  k  sus  vecinos  Dios  el  bien  que  yo  deseo,  que 
cierto  quiero  bien  aquella  tierra ;  por  alli  gaste  mi  primavera;  alli  tengo 
tambien  quien  bien  me  quiera  (170).  Castellanos  zählt  auf:  los  que 
las  musas  tenian  de  su  banda  y  las  senoras  principales  en  vida  marital 
(152);  gelegentlich  erwähnt  er  Juan  de  Salas,  compaiiero  nuestro  (23)  und 
Frai  Andres  de  Vald^s,  mi  amigo  (170). 

1562  führte  die  Eegierung  der  Insel  Dona  Aldonza  Manrique  für  ihren 
Schwiegersohn  Juan  de  Villandrando  (168).  Ealegh  a.  0.  S.  23  sagt:  who 
was  father  to  Don  Juan  Sarmiento,  governor  of  Marguerita,  when  sir  John 
Burgh  landed  there  and  attempted  the  Island. 

Agustin  de  Codazzi,  Eesümen  de  la  geografia  de  Venezuela  (Paris 
1841)  —  dazu  Atlas  und  Wandkarte  —  hat  bei  der  Besprechung  der  Provinz 
Margarita  (S.  591—604)  Castellanos  leider  nicht  beachtet;  ebenso  wenig 
Alcedo,  welcher  z.  B.  a.  0.  IIL  S.  77  berichtet,  dass  die  Insel  1524  an 
Marcelo  de  Villalobos  „zu  Eigenthum"  geschenkt  worden  sei;  darüber  vergl. 
die  Urkunde  vom  18.  März  1525  in  der  Coleccion  etc.  X.  S.  88—95.  1561 
war  Juan  de  Villandrando  Gubernator  der  Insel. 

16* 


244  Anmerkungen  zum  Castellanos. 

23)  Das  Land  Venezuela,  d.  h.  der  Haupttheil  des  Welserischen  Lehns, 
dessen  Küste  zwischen  Maracapana  (Anm.  16)  und  dem  Lande  des  Segel- 
Vorgebirges  (Anm.  25)  liegt  und  den  Welsern  nie  bestritten  wurde,  ist 
Castellanos  erst  spät,  erst  1550,  näher  bekannt  geworden;  was  er  früher 
darüber  erfühl",  hängt  mit  den  zwischen  Venezuela  und  Maracapana  bestehenden 
Beziehungen  zusammen.     Diese  Berührungen  sind  folgende: 

1536  stösst  Diego  Martinez,  der  von  Federmann  vorausgesandt  ist,  im 
Gebiet  des  Tocuyo-Stromes  auf  Reste  der  Hortal'schen  Expedition,  etwa  60 
Mann,  unter  denen  Martin  Nieto ,  Alderete,  Villagrän,  Juan  de  Avellaneda, 
Juan  Fuerte  und  Luis  Lanchero  die  Angesehensten  sind.  Ueber  den  Auf- 
stand war  Februar  1537  Nachricht  in  Santo  Domingo,  vergl.  Oviedo  a,  0. 
n.  S.  250.  Von  dem  Zusammentreffen  redet  Castellanos  zwei  Mal :  Por 
muerte  de  Delgado  Martin  Nieto  tratö  ciertos  motines  en  secreto  .  .  .  con 
intenciones  de  hacer  Camino  k  la  gobernacion  de  Venezuela  .  .  los  rebeldes 
Alderete,  Nieto  y  Villegrän  dieron  por  la  tierra  discurriendo  con  Fedrimän, 
al  cual  dieron  obediencia  (123)  Fedriman  de  tres  desvio,  que  fueron  k  Coro 
brevemente  con  cartas  que  llevaban  sal  pimienta;  los  demäs  quedaron  con  su 
gente  y  iban  con  Fedriman  contentos  (222).  Federmann' s  Aufbruch  erfolgte 
am  13.  December  1536;  dass  er  etliche  von  Hortal's  Leuten  mit  sich  führte, 
meldete  schon  der  Bericht  von  Sanmartin  und  Lebrija,  d  d.  Cartagena  Juli 
1539,  vergl.  Oviedo  a.  0.  IL  S.  367.  Diese  Begegnung  berichtet  auch 
Herrera  (a.  0.  III.  S.  208)  zum  Jahre  1536;  dagegen  verlegt  sie  Simon 
(a.  0.  S.  272)  in  die  Mitte  des  Jahres  1537. 

1538  zieht  Antonio  Navarro  von  Venezuela,  nachdem  Hohermuth  am 
27.  Mai  mit  seiner  Expedition  Coro  wieder  erreicht  hatte,  nach  Maracapana, 
um  die  unter  Velasco's  Führung  ausgewiesenen  Welserischen  zu  verfolgen; 
determinö  de  ir  en  siguimiento  de  ellos  con  hasta  30  soldados  y  12  caballos. 
Sus  soldados  le  desarmaron  .  .  mui  corrido  se  hubo  k  volver  k  Coro,  adonde 
hall6  una  orden  del  rey,  por  la  cual  mandaba,  se  volviese  k  la  isla  Espafiola 
y  que  el  obispo  gobernase  entretanto:  Herrera  a,  0.  III.  S.  312  und  313. 
Castellanos  (224  und  225)  sagt:  Huy^ronse  la  vuelta  de  Cubagua,  Francisco 
de  Velasco  por  caudillo;  el  doctor  Navarro  determinö  de  ir  en  seguimiento  k 
fin  de  castigar  tales  motines,  caminaron  por  aquella  tierra  llana  hacia  la  costa 
de  Maracapana  donde  yo  me  halle  cuando  vinieron  ....  luego  volviö  el 
doctor  perdido,  en  Coro  hallo  recien  venido  al  obispo  Rodrigo  de  Bastidas. 

1539  trifft  Philipp  von  Hütten,  der  von  Hohermuth  abgeschickt  war,  im 
Gebiet  von  Bariquicimeto  auf  Pedro  de  Reinoso,  einen  der  Officiere  Sedeno's. 
Am  16.  Januar  1540  schreibt  Hütten  in  Coro:  Reinoso  kam  mit  86  Christen 
in  diese  unsere  Provinzen  vor  6  Monaten,  auf  welchen  ich  im  Valle  de 
Bariquicimeto  mit  36  ungef^rlich  stiess,  überfiel  sie  am  Morgen,  und  ehe  sie 
recht  aufkamen,  hatte  ich  ihre  Wehre  in  meine  Gewalt  bracht,  sie  also,  bis 
ich  sie  dem  Gubernator  überantwortet,  sind  alle  noch  in  dieser  Gubernation. 
Johann  Georg  Meusel,  Historisch  -  litterarisches  Magazin  I.  (Bayreuth 
und  Leipzig  1785)  S.  91  und  92.  Castellanos  sagt  (140):  Reinoso  vino 
con  el  restante  de  la  gente  k  Venezuela  donde  los  Alemanes  tenian  valerosos 


Das  Land  Venezuela.  245 


capitanes  despues  determino  pasar  k  Espaiiola,  donde  se  casö  j  rauriö. 
Herrer a  (a.  0.  III.  S.  314)  erzählt  zum  Jahre  1539:  Quedo  Reynoso  con- 
sultando  lo  que  se  habia  de  hacer,  se  le  salieron  de  carapo  Palifio  y  Houti- 
veros  con  cada  30  soldados  j  otro  dia  despues  Alonso  Marquez  con  20 ;  visto 
Reinoso  que  le  iban  desamparando  determino  ir  de  volver  a  Venezuela. 
Simon  (a.  0.  S.  313)  erzählt,  wie  Lope  Montalvo  de  Lugo  hierauf  Reinoso 
und  dessen  Leute  in  Bariquicimeto  trifft  und  letztere  in  seine  Truppe  ein- 
reiht;  prendiö  al  capitan  Reinoso  y  enviändolo  preso  k  Coro  con  algunos  sol- 
dados, juntö  los  demas  con  los  que  el  llevaba ;  llego  Reinoso  preso  a  Coro  y  a 
Santo  Domingo  ... 

1540  kommen  andere  Reste  der  Sedefio'schen  Expedition  nach  Venezuela. 
Oviedo  a.  0.  II.  S.  263  und  264:  Los  desacatados  de  Sedeno  tomaron 
por  caudillo  entre  si  a  un  Juan  de  Arguello  y  vinieron  a  Maracapana;  como 
Hortal  estaba  en  esa  sazon  en  Cubagua,  fue  en  persona  en  seguimiento  de 
los  malhechoros,  los  alcanzö  en  el  rio  Guarico  los  prendiö  k  todos,  hizo 
justicia  de  Arguello  .  .  .  ahorco  ä  un  Alonso  de  Aduza  .  .  continuo  su  des- 
cubrimiento.  Castellanos  sagt  (124  und  125):  La  gente  fue  dividida  en 
dos  contrarios  bandos,  unos  siguieron  la  gente  Alemana,  otros  volvieron  ä 
Maracapana;  estos  por  sus  delitos  ä  instancia  de  Hortal  eran  punidos,  entre 
ellos  un  Aduza  y  Juan  de  Arguello,  aquellos  volvian  por  los  pasos  conocidos 
a  la  gobernation  de  Venezuela. 

1541  kommt  Diego  de  Losada  (Anm.  19),  früher  Sedeno' s  Officier,  nach 
Coro,  wo  Hütten  abgezogen,  aber  Heinrich  Remboldt  als  Factor  der  Welser 
geblieben  ist.  Castellanos  sagt  (140  und  141):  Losada  iba  la  vuelta  de 
Cubagua,  se  fu6  de  allä,  por  cierto  desconcierto  desterrado  y  vfnose  con  al- 
gunos por  mar  k  Venezuela,  donde  Micer  Rerabold  regia,  teniente  por  los 
Alemanes ;  este  le  recibiö  con  cortesia  y  Losada  le  persuadia  enviase  a  tomar 
las  posesiones  hasta  Maracapana,  porque  segun  cedulas  del  rey  y  provisiones, 
aquellas  poblaciones  eran  de  su  gobernacion  y  su  distrito.  Vino  por  capitan 
Juan  de  Villegas ;  llevaban  muchos  hombres  y  mujeres,  llegaron  k  la  mar  de 
Chacopata  .  .  .  luego  la  gente  diö  vuelta  para  su  Venezuela.  Diese  Nachricht 
findet  sich  nur  bei  Castellanos. 

1546  zieht  Pedro  de  Limpias,  der  zur  Hütten' sehen  Expedition  gehörte, 
nach  Maracapana.  Limpias  se  habia  alzado  con  la  mayor  parte  para  irse  k 
Cubagua,  porque  alli  se  tomaba  camino,  sagt  Herr  er  a  a.  0.  IV.  S.  202. 
Castellanos  berichtet  (130) :  Soldados  de  los  Alemanes  llegaron  por  alli, 
fu6  gente  baquiana  que  traia  Limpias  y  el  bärbaro  Curahamaro.  Perima 
queiia  romper  con  el  en  campo  claro  .  .  .  murio  Pulido  y  maestre  Juan 
quedo  mui  mal  herido  .  .  .  Limpias  y  los  suyos  se  volvieron  hacia 
Venezuela. 

24)  Die  Riesen-Inseln  erhalten  von  Castellanos  ihre  richtigen  Namen. 
Ursprünglich  wurde  nur  Cura9ao  als  Isla  de  Grigantes  bezeichnet,  vergl. 
Peschel,  Entdeckungen  S.  312.  [So  ist  auf  der  Karte  Juan  de  la 
Cosa's  vom  Jahre  1500  die  Isla  de  Grigantes  zweifelsohne  Cura^ao;  vergl. 
auch  Navarrete  a.  a.  0.  HI.   S.  7.      Die   Nachbarinseln    Aruba    und    Buinare 


246  Anmerkungen  zum  Castellanos. 


empfangen  bald  denselben  Namen,  siehe  die  Zeugenaussage  vom  1.  März  1513 
a.  0.  S.  544.]  So  nennt  auch  Castellanos  Aruba,  Cura(,'ao  und  Buinare 
(184).  Juan  de  Ampues,  factor  real  en  la  isla  de  Espafiola,  liizo  relacion  al 
rey,  que  habiendo  el  afio  de  1513  tenido  los  reyes  catolicos  informacion  que 
por  no  haber  forma  para  doctrinar  los  Indios  de  las  islas  inütiles,  convenia  que 
los  llevasen  A  la  Espanola  y  que  fueron  d  ;clarados  por  islas  inütiles  las  de 
Curaba,  Curacö  y  Buynare  que  estän  en  comarca  de  Tierra  Firme  en  el  pa- 
rage  de  Coquibacoa  y  Paraguachoa  y  que  habiendo  ido  para  traerlos  con 
cierta  armada  un  Diego  de  Salazar  de  los  que  llevö,  le  cupieron  algunos  y 
que  habiendo  parecido  gente  de  mas  habilidad  que  los  de  las  otras  islas  para 
ser  Christianos:  pidio  licencia  al  almirante  don  Diego  Colon  para  poblar 
aquellas  islas  y  guardarlas  de  armadas  y  del  dano  que  se  les  hacia,  —  el 
cual  se  las  dio  con  ciertas  condiciones ;  so  ein  Aktenauszug  bei  Herrera 
a.  0.  II.  S.  221.  Vergl.  auch  die  Urkunde  von  etwa  1523  in  der  Coleccion 
etc.  X.  S.  27. 

Castellanos  erzählt :  Haciendo  yo  via  por  estas  islas  —  seria  el  afio  de 
40  —  alli  VI  Ldzaro  Bejarano,  yerno  y  sucesor  de  Juan  de  Ampies,  con  su 
Dona  Maria  .  .  ,  se  le  habia  muerto  el  iinico  heredero  .  .  .  despues  en  una 
buena  caravela  se  bajaron  al  Cabo  de  la  Vela  para  de  alli  pasar  4  Espafiola 
y  en  el  ßio  de  la  Hacha;  se  les  hizo  mui  gran  recebimiento  .  .  .  hubo  toros, 
sortija,  juegan  canas,  corri^ronse  riquisimas  preseas  .  .  .  Dona  Maria  era  con 
gran  razon  mercedora  de  fiesta  tan  cabal  y  generosa  (183,  184).  Ampies  y 
Bejarano  no  siempre  tenian  que  los  administrase  sacramentos ;  este  si  faltaba, 
se  suplia  con  algun  lege ;  uno  conoci  yo,  pero  no  viejo  que  se  me  mostraba 
no  ser  basto ;  algunas  veces  hubo  sacerdote,  pero  deseo  que  se  note  ser  una 
vida  harto  trabajosa  residir  el  pastor  entre  ganado  que  cura  y  61  no  puede 
ser  curado  (184).  lieber  Ampies  vergl.  Herrera  a.  0.  II.  S.  39  und  220, 
auch  Oviedo  a.  0.  I.  S.  119  und  Bartolom6  de  las  Casas,  Historia 
de  las  IndiasV.  (Madrid  1876)  S.  177,  sowie  unten  die  Anmerkung  über  Ampies. 
Der  Schwiegersohn  Ldzaro  Bejarano  ist  auch  in  der  Coleccion  etc.  XXI.  S.  236 
erwähnt. 

25)  Das  Land  des  Segel- Vorgebirges  —  Cabo  de  la  Vela  en  la  provincia 
de  Coquibacoa,  sagt  Herrera  a.  0.  IH.  S.  212  —  ist  immer  unfruchtbar 
gewesen:  costa  de  cardones  y  espinas,  esteril  y  de  arenales  (250);  in  der 
Belehnung  von  B,  "Welser  und  Co.  in  Augsburg  ist  es  als  eigener  Bestand- 
theil  genannt;  vergl.  Herrera  a.  0.  II.  S.  311  und  III.  S.  171:  la  tierra 
del  Cabo  de  la  Vela  y  golfo  que  dijeron  de  Venezuela,  San  Roman  hasta  el 
Cabo  de  Maracapana  —  la  conquista  de  la  provincia  de  Venezuela  y  Cabo 
de  la  Vela  estaba  encomendada  k  Bartolome  y  Antonio  Beizar,  Alemanes. 
Dalfinger  nahm  bereits  1529  von  jener  Gegend  Besitz:  30  soldados  con  el 
jurado  Leiva  caminaron  al  Cabo  de  la  Vela,  descubrieron  amplfsimas  zavanas, 
habitadas  de  gentos  inhumanas,  llamadas  Cocinas  .  .  .  el  jurado  y  Pedro  de 
Limpias  prosiguieron  adelante  por  las  zavanas  del  Cabo  de  la  Vela  .  .  .  hacia 
la  Sierra  de  Coquibacoa  (192  und  195). 

Herrera  (a.  0.  II.  S.  432)  sagt  zum  Jahre  1531:  Mandaba  el  rei  que 


Das  Land  des  Segel-Vorgebirges.  247 


en  el  Cabo  de  la  Vela  se  hiciese  una  fortaleza  y  aun  los  Alemanes  que 
tenian  la  gobernacion  de  Venezuela  lo  procuraron,  no  pudieron  por  entonces 
per  no  hallarse  piedra  ni  agua  sino  llovida  hasta  el  Eio  de  la  Hacba,  que  son 
18  leguas. 

Herrera  sagt  ferner  (a.  0.  III,  S.  176)  zum  Jahre  1535:  Mandaba  el 
rei  que  primero  se  hizo  una  poblacion  en  el  Cabo  de  la  Vela,  porque  respecto 
de  muchas  muestras  de  hostiales  de  perlas  se  tenia  relacion  que  se  habian 
descubierto  en  aquella  parte.  Oviedo  (a.  0.  IL  S.  317)  berichtet  zum  sel- 
bigen Jahre:  Lo  primero  que  hizo  Jorje  Espira  antes  que  saliese  de  Coro, 
fue  enviar  a  Fedreman  con  gente  de  pie  y  de  cavallo  al  Cabo  de  la  Vela: 
Daher  sagt  Castellanos  (221) :  Fedriman  hizo  detenimiento  por  la  costa 
del  Cabo  de  la  Vela;  vergl.  Antonio  de  Herrera,  Descripcion  de  las  islas 
y  tierra  firme  del  mar  Oceano  que  llaman  Indias  Occidentales  (Amberes  1728) 
S.  16  —  Vorwort  vom  15,  Oktober  1601:  Nicolas  Federman  por  los  Beizares 
fue,  quien  comenzö  a  poblar  este  lugar. 

Herrera  sagt  drittens  im  Geschichtswerk  (a.  0.  III.  S.  282)  zum 
Jahre  1537:  Federmann,  cuando  fue  ä  poblar  al  Cabo  de  la  Vela,  no  llevo 
oficial  real. 

Herrera  sagt  sodann  (a.  0.  HL  S.  314)  zum  Jahre  1538:  Francisco 
de  Castaneda  determinö  de  hacer  buscar  nuevos  hostiales  de  perlas  al  Cabo 
de  la  Vela  j  se  hallaron  15  ä  20  leguas  de  ello,  cosa  que  hubo  por  gran 
riqueza.  Dasselbe  Jahr  hebt  Castellanos  (250)  hervor.  Unterm  24.  December 
1540  erklärt  die  Audiencia  von  Santo  Domingo:  Sabemos  que  la  pesqueria 
de  perlas  del  Cabo  de  la  Vela  va  en  aumento ;  reside  alli  por  juez  un  Alonso 
de  Barrera  nombrado  teniente  por  esta  audiencia  desde  el  principio  del  descu- 
brimiento,  convendra  proveer  juez  de  mas  sombra  e  con  eso  escusar  las  dife- 
rencias  entre  las  gobernaciones  de  Venezuela  e  Santa  Marta  que  pretende 
cada  una  que  cae  en  su  demarcacion.  Siehe  Coleccion  etc.  I.  S.  578.  Zum 
Jahre  1541  sagt  Herrera  (a.  0.  IV.  S.  12):  Se  trataba  de  hacer  una 
fortaleza  en  la  poblacion  del  Cabo  de  la  Vela  por  la  riqueza  de  la  pesqueria 
de  perlas  que  alli  se  habia  nuevamente  descubierto,  pero  ä  los  oficiales 
reales  que  alli  residian  no  parecia  que  habia  necesidad. 

lieber  letztere  sagt  Castellanos  (250) :  los  moradores  tienen  por  si 
sus  oficiales  d  cuyo  cargo  es  el  real  quinto  .  .  nombran  alcaldes  por  teuer  en 
las  pai'tes,  donde  se  asienta  la  granjeria  jurisdiccion  por  si  j  es  de  gober- 
nador  libre  y  esenta,  sujetos  al  audiencia  de  Espanola  con  10  leguas  6  mas 
de  circuito  segun  Consta  por  cedulas  reales. 

Den  ersten  Perlenfund  beschreibt  Castellanos  (250)  folgendermassen : 
Diego  de  Paredes-Calderon  yendo  a  hacer  cierto  castigo  en  los  Indios 
Cocinas,  vi6  de  sartas  de  perlas  buena  trama  y  desde  entonces  se  tendio  la 
fama.  Sodann  zum  Jahr  1544 :  Cristianas  poblaciones  ya  predominaban  este 
seno,  cebadas  en  la  rica  pesqueria  de  perlas  que  esta  costa  cria  (192).  Es 
war  1560  die  Perlenfischerei  noch  im  Gang;  vergl.  Las  Casas  a.  0.  V. 
S.  224. 


248  Anmerkungen  zum  Castellanos. 

Verschiedene  Namen  trugen  die  Ansiedlungen  am  Segel-Vorgebirge. 
Herrera  (Descripcion  etc.  S.  16)  sagt:  Primero  le  llamaron  Nuestra  Senora 
de  las  Nieves  y  despues  de  los  Remedios;  Alcedo  (a.  0.  IV.  S.  408)  be- 
richtet: Remedios,  fundada  ä  las  orillas  del  Rio  de  la  Hacha  por  Nicolas 
Fedreman  con  titula  de  Nuestra  Senora  de  las  Nieves.  Letzterer  Name  ist 
sonst  nicht  nachzuweisen ;  dagegen  wohl  der  von  Nuestra  Senora  de  Remedios. 
Antonio  Julian,  La  perla  de  Am6rica:  provincia  de  Santa  Marta  (Madrid 
1787)  S.  22  erklärt:  La  Rancheria  de  Federman  aliora  es  pueblo  de  po- 
qufsimas  casas  de  paja  ä  media  jornada  del  Rio  de  la  Hacha. 

Castellanos  (252)  lässt  drei  verschiedene  Ortschaften  erkennen;  er 
sagt  nämlich:  Nuestra  Senora  de  Remedios  es,  donde  hacen  sus  asientos 
entre  el  Cabo  de  laVela  y  el  Rio  de  la  Hacha  .  .  .  el  ano  de  1544  poblaron 
otros  puertos  abajo  del  Rio  de  la  Hacha,  donde  llaman  barrancas ;  el  45  mudaron 
mas  al  rio  con  el  renombre  de  Nuestra  Senora.  Simon  (a.  0.  S.  373)  be- 
richtet ähnlich :  El  pueblo  del  Cabo  de  la  Vela  se  habia  mudado  el  aiio  de 
1545  0  principios  de  1546  al  sitio  que  hoi  permanece  30  leguas  la  costa  adelante 
a  la  parte  de  Santa  Marta  que  llaman  el  Rio  de  la  Hacha.  Auch  Castel- 
lanos (184)  nennt  den  Ort  mit  diesem  Namen:  en  el  Rio  de  la  Hacha  es  donde 
cuento.  Oviedo  (a,  0.  HI.  S.  473)  kennt  im  Jahre  1545  noch  keinen  festen 
Ortsnamen. 

Der  frühere  Ort  Nuestra  Senora  de  Remedios  wurde  später  für  kurze 
Zeit  wieder  hergestellt.  Simon  berichtet  (a.  0.  S.  575)  zum  Jahre  1564: 
Diego  de  Losada  reedifico  dos  pueblos  que  se  habian  despoblado,  aunque  no 
en  los  mismos  sitios,  llamändole  al  uno  Nuestra  Senora  de  Remedios  .  •  . 
Hierauf  wird  sich  die  Bezeichnung  Gerrite  de  Remedios  beziehen,  welcher  im 
Codazzi'schen  Atlas  auf  der  Karte  vom  Staate  Bolivar  zwischen  den  Flüssen 
Carrizal  und  Toco  sich  findet. 

26)  Das  neue  Königreich  Oranada:  so  heisst  das  Innere  des  später 
Neu-Granada  genannten  Landes  bereits  in  dem  Bericht,  den  Juan  de  San- 
martin  und  Antonio  de  Lebrija  zu  Cartagena  im  Juli  1539  niedergeschrieben 
haben;  er  findet  sich  bei  Oviedo  a.  0.  IL  S.  357—368. 

Die  drei  Conquistadoren,  mit  deren  Zusampientreffen  die  Gründung  von 
Santa  F6  de  Bogota  (6.  August  1538)  in  Verbindung  gebracht  zu  werden 
pflegt,  waren  folgende: 

Gonz&lo  Jim^^nez  de  Quesada,  der  von  Santa  Marta  am  6.  April  1536 
aufgebrochen  ist  (300),  zog  im  Namen  von  Fernandez  de  Lugo  über  V^lez  in 
die  Hochebene  (311);  sein  erster  Officier  war  sein  Bruder  Fernando  Perez  de 
Quesada.  (Vergl.  Anm.  49.)  Seinen  Zug  soll  nach  Piedrahita  a.  0. 
S.  126  und  372,  dem  Plaza  a.  0.  S.  131  folgt,  Castellanos  mitgemacht  haben, 
was  jedoch  unmöglich  ist,  da  dessen  Aufenthalt  in  Maracapana  feststeht. 

Nikolaus  Federmann,  der  Coro  Ende  1537  verlassen  hat,  um  Georg 
Hohermuth  zu  suchen,  trat  über  Pasca  ein ;  sein  erster  Officier  war  Pedro  de 
Limpias  (222  und  223).  Einschreiben  desselben,  d.d.  Oristan,  August  1539, 
bei  Oviedo  a.  0.  U.  S.  317  —  322. 


Das  ueue  Königreich  Granada.  249 


Sebastian  de  Benalcäzar,  der  im  Namen  von  Francisco  Pizarro  Mai  1538 
von  Quito  ausgegangen  war  (463),  kam  über  Guataqui  nach  der  Hochebene; 
sein  erster  Officier  war  Juan  de  Cabrera  (464). 

Nach  Castellanos  (465)  verständigten  sich  zuerst  Jimenez  und  Feder- 
maun :  hicieron  un  cuerpo  de  su  gente ;  dann  folgte  ihnen  Benalcazar.  An 
der  Eeise  nach  der  Küste,  die  am  12.  Mai  1539  begann,  nahm  ausser  den 
drei  Führern  unter  Anderen  auch  Limpias  Theil ;  die  Ankunft  in  Cartagena 
geschah  im  Juni.  Vergl.  Oviedo  a.  0.  IL  S.  367.  Castellanos  sagt  darüber 
(226) :  A  Santa  Marta  j  Cartagena  gentes  del  Nuevo  Reino  de  Granada 
hicieron  relacion  de  la  prosperi'sima  jornada  riqufsimas  cadenas  en  los  cuellos ; 
uno  de  ellos  fue  Pedro  de  Limpias  que  hizo  via  ä  la  Espanola,  donde  tenia 
sus  hijos  j  mujer,  proveida  la  bolsa  de  esmeraldas.  Der  von  Federmann  an 
Limpias  für  Santo  Domingo  gegebene  Brief  datirt  von  Oristan  August  1.  1539; 
vergl.  Oviedo  a.  0.  IL  S.  322.  Nach  der  neuen  Welt  kehrte  Federmann 
nie  zurück,  Benalcazar  1540  (Anm.  61),  Jimenez  im  Jahre  1550  (Anm.  46). 

El  Nuevo  Reino  es  partido  en  dos  provincias ,  la  una  se  llama  Bogota, 
la  otra  Tunja,  heisst  es  bei  Oviedo  a.  0.  IL  S.  355.  In  dem  Bericht  von 
Sanmartin  und  Lebrija  erscheinen  Bogota  und  Tunja  als  Personen-Namen: 
Tierra  del  mas  principal  senor  que  hai  en  ella  que  se  dice  Bogota,  le  son 
subjetos  otros  muchos  senores,  y  mui  principales  tiene  forma  de  mui  rico.  El 
Tunja  es  gran  senor  y  son  le  muchos  senores  subjetos,  es  mui  rico  (a.  0.  S.  359 
und  360).  Ebenso  in  dem  Bericht  von  Jimenez,  den  Oviedo  (a,  0.  11.  S.  385) 
im  Jahre  1548  erhielt.  Die  beiden  Namen  sind  noch  nicht  sprachlich  erklärt;  es 
herrschte  nicht  dieselbe  Sprache  im  Lande  des  Bogota  und  in  dem  des  Tunja; 
Bogota  scheint  kein  Ortsname  zu  sein,  vielmehr  hiess  der  Sitz  des  Bogota, 
wie  es  scheint,  Muequetä;  sein  Titel  war  Zipa ;  der  alte  Sitz  des  Tunja 
(Hunsa)  war  Ranuriqui ;  der  Titel  Zaque.  Castellanos  kennt  diese  Dinge 
nicht.  Im  Allgemeinen  vergl.  William  Bollaert,  Antiquarian,  ethno- 
logical  and  other  researches  in  New-Granada,  Equador  etc.  (London  1860) 
S.  8  ff.,  S.  61  ff.  Ezequiel  Uricoechea,  Gramdtica,  vocubularia,  cate- 
cismo  i  confesionario  de  la  lengua  Chibcha  (Paris  1871)  S.  19  ff.  der  Ein- 
leitung. Adolf  Bastian,  Die  Chibchas  mit  den  Stämmen  in  Magdalena- 
und  Cauca-Thal  in  seinen  Kulturländern  des  alten  Amerika  IL  (Berlin  1878) 
S.  189  ff. 

Die  Bezeichnung  valle  de  Alcdzares  für  die  Hochebene  von  Santa  Fe 
de  Bogota,  findet  sich  zuerst  im  Federmann' sehen  Briefe  (Oviedo  a.  0.  IL  S.  319 
und  321),  dann  auch  bei  Jimenez  (a.  0.  IL  S.  387). 

27)  Jerönimo  Lebron  de  Quijones,  fue  senalado  por  la  Real  Audiencia 
para  gobernar  esta  tenencia  (317).  Dass  Castellanos  an  dem  Zuge  nach  dem 
Innern  Theil  nahm,  ergiebt  sich  daraus,  dass  er  bereits  vor  Lugo's  Zug  dort 
gewesen  ist,  aber  nicht  mit  Gonzälo  de  Quesada,  sowie  dass  er  vor  Lugo's 
Expedition  von  dort  zurückkehrt,  Piedrahita  a.  0.  S.  368  und  372.  Lebron 
ging  von  Santo  Domingo  schon  am  18.  April  1537  ab  und  kam  nach  Santa  Marta 
am  4.  Mai  1537;  vergl.  Coleccion  etc.  XLI.  S.  348.  Er  war  mit  seinen  Leuten 
erst    Ende  Oktober    oder    Anfang  November  1540    in  Velez,    zwei  Genossen 


250  Anmerkungen  zum  Castellanos. 

seiner  Rückfahrt,  Junco  und  Corral,  berichteten  Juli  1541  in  Santo  Domingo ; 
vergl.  Oviedo  a.  0,  II.  S.  372.  lieber  die  Verluste  auf  Lebron 's  Zug  sagt 
Oviedo  a.  0.  II.  S.  373:  Juan  de  Junco  y  Gomez  de  Corral  y  otros  que 
han  venido  de  aquella  tierra  de  Bogota  dicen  que  el  mismo  Lebron  decia 
que  no  habia  perdido  sino  30  hombres,  pero  que  los  que  con  61  allegaron 
vivos,  decian  que  de  150  faltaban  80. 

Auf  Lebron's  Zuge  lernte  Castellanos  folgende  Personen  kenneu: 

Fernando  P6rez  de  Quesada,  Gonzälo's Bruder,  welcher  den  Zaque 
Quimin  hinrichten  Hess :  no  sin  imprudencia  y  estfmulo  de  malos  consejeros, 
venidos  del  Peru,  sagt  Castellanos  bei  Piedraliita  a.  0.  S.  170.  lieber 
seinen  Dorado-Zug  vergl.  Anm.  29 ;  über  seinen  Tod  und  den  seines  jüngeren 
Bruders  Francisco,  der  auf  See  am  26.  Oktober  1544  erfolgte,  siehe  Oviedo 
a.  0.  IL  S.  376.  Von  einem  anderen  Francisco  Perez  de  Quesada  spricht 
Markham,  Expeditions  etc.  XV.  und S.  88, Note;  derselbe  soll  1557  das  östlich 
von  Popayan  belegene  Land  durchzogen  haben  und  dann  vom  peruanischen 
Vicekönig  zum  Statthalter  im  Lande  der  Confaner  ernannt  sein,  während  A  c  u  n  a 
ebenda  S.  88  sagt,  Fernan  P6rez  de  Quesada  sei  mit  300  Mann  von  Santa 
F6  aufgebrochen  und  habe  die  Caqueta-ßoute  gewonnen  und  das  Gebiet 
Algodonal  erreicht,  aber  rascher  zurückgehen  müssen,  als  er  ausgezogen.  Eine 
Tochter  von  Fernando  und  seiner  Gattin  Mariana  del  Postigo  heirathete 
Fernando  Arias  Torres  und  wurde  Mutter  von  Fernando  Arias  de  Ugarte,  dem 
Erzbischof  von  Santa  Fe  seit  1618.     Vergl.  Piedrahita  a.  0.  S.  215. 

Gonzdlo  Suärez  Rondon;  en  Itdlicas  guerras  cursado  (171),  fundador 
de  Tunja,  general  del  Nuevo  Reino  (251),  de  su  valor  tratare  en  otra  parte 
(223),  vergl.  die  Stelle  aus  dem  vierten  Buche,  die  Piedrahita  a.  0. 
S.  365  mittheilt.  Marschall  Jimenez  sagt  1576  über  ihn:  En  la  ciudad  de 
Tunja  tiene  tres  repartimientos  y  en  ellos  3000  Indios,  llamados  los  reparti- 
mientos  de  Icabuco,  Tibanä  y  Guanecd,  vergl.  Acosta  a.  0.  S.  398.  Fue 
soldado  del  capitan  D.  Luis  de  Avila  en  la  toma  de  Pavia  y  sitio  de  Florencia, 
uno  de  los  Espanoles  que  entonces  vencieron  la  batalla  k  los  Italianos ;  vergl. 
Piedrahita  a.  0.  S.  220. 

Domingo  de  Aguirre,  escribano  delcabildo;  vergl.  Piedrahita  a.  0. 
S.  225.  Era  viscaino,  soldado  principal  de  la  conquista  de  Santa  Marta  — 
tambien  en  escribir  gasto  renglones,  porque  de  cosas  varias  hizo  lista  y  me 
dejö  cumplidas  relaciones  que  tengo  por  escritura.  Soi  su  capellan  en  este 
dia  y  mi  morada  es  la  que  el  tenia;  k  mi  me  seiialö  por  albacea  (275). 
lieber  Aguirre's  Entsendung  nach  Spanien  (1543)  vergl.  Piedrahita  a.  0. 
S.  400,  405  und  420.  Marschall  Jimenez  sagt  über  ihn :  Tiene  razonable  de 
comer,  tiene  repartimiento  en  Tunja  y  en  el  valle  de  Sogamoso. 

Diego  de  Par^des-Calderon;  natural  de  Ronda,  nuestro  vecino  que 
tenemos  hoi  de  presente  (223),  dignfsimo  de  amplias  mercedes  a  que  conosco 
por  gran  amigo  (490);  en  Tunja  tiene  buen  repartimiento  (250).  Es  rico, 
sagt  Marschall  Jimenez  1576;  encomendero  del  pueblo  Somondoco  donde 
hai  una  mina  de  esmeraldas,  sagt  Rodriguez  Fresle  a.  0.  S.  40. 

Diego  R  in  con  Barriaga  (289)  eraguiando  lacarrera,  no  tratare  de  ella 


Die  Amazonen-Nachricht.  251 


ahora  por  reservarme  para  la  tercera  (!)  parte  (318).  Er  begleitete  die  Expedi- 
tion von  1536  bis  Tora  \md  focht  dann  mit  Juan  Gallegos  an  der  Küste 
(313).  Hoi  vive  j  en  Tunja  es  vecino  (317),  Senor  de  Busbanza  y  marido 
de  Luisa  Porras. 

Lorenzo  Martin,  sus  poesias  no  fueron  de  las  menos  principales  que 
yo  tracte  por  muchos  dias  (275);  vergl,  Piedrahita  a.  0.  S.   230. 

Frai  Vicente  de  Requejada,  del  orden  de  San  Agustin,  me  dio  la 
relacion  de  la  entrada  de  Fedriman  (197);  fue  de  la  jornada  llaraada  por 
antiguos  de  Dorado  qne  hizo  Fernän  Perez  de  Quesada  (297);  vergl.  Pie- 
drahita a.  0.  S.  207  und  214. 

Andere  Begleiter  von  Lebron  erwähnt  das  die  Dienste  Pedro  Nino's, 
Einwohners  von  Tunja,  betreffende  Verhör  in  der  Coleccion  etc.  XVI.  S.  461 — 529. 

Berühmt  ist  Lebron 's  Informacion  contra  los  Quesadas  y  primeros  capi- 
tanes  del  Nuevo  Reino  que  se  guarda  en  el  archivo  de  Simancas  —  Pie- 
drahita a.  0.  S.  195  und  428 —  ein  Aktenstück,  das  dem  auf  Neu-Grranada 
bezüglichen  Theil  der  Las  Casas'schen  Schrift  zu  Grunde  liegt,  Vergl.  Fabie 
a.  0.  IL  S.  282  und  378. 

Auf  Lebron' s  späteres  Leben  beziehen  sich  u.  A.  ein  Schreiben  an  den 
König,  d.  d.  Mexiko  2.  November  1548  in  der  Coleccion  etc.  X.  S.  52  fF., 
wo  eine  wenig  zutreffende  Anmerkung  sich  findet,  und  ein  Schreiben  an  Las 
Casas  d.  d.  Mexiko  16.  Juni  1568  bei  Fabie  a.  0.;  in  Letzterem  heisst  es: 
Estoi  pauperrimo,  sin  oficio,  sin  honra,  mui  agraviado  y  söbreme  justicia 
para  quejarme. 

28)  Die  Amazonen-Nachricht  ist  in  der  neuen  "Welt  so  alt,  wie  deren 
Entdeckung,  eine  feste  Form  hat  sie  aber  zuerst  in  Neu-Granada  angenommen, 
wo  sie  schon  den  ersten  Entdeckern  entgegentrat:  Sanmai-tin  und  Lebrija 
sagen  zum  Jahre  1537  bei  Oviedo  (a.  0.  11.  S.  362):  Estando  el  real  en 
el  valle  de  Bogota,  tuvimos  nueva  de  una  nacion  de  mujeres,  que  viven  por 
si  sin  vivir  Indios  entre  ellos ;  por  lo  cual  las  llamamos  Amazonas.  Ueber 
den  ersten  Zug  in  ein  Amazonenland,  den  von  Fernando  de  Quesada,  welchen 
jener  Bericht  schon  andeutet^  sagt  Oviedo  (a.  0.  11.  S.  405  und  406): 
Quanto  k  los  Amazonas,  enviö  el  General  d  su  hermano  Fernando  Perez  con 
gente  de  k  caballo  en  su  descubrimiento  en  lo  cual  estuvo  60  dias  y  llegö 
hasta  la  provincia  de  aquellas  mujeres  sin  poder  entrar  a  causa  de  los  muchas 
aguas  .  .  .  tan  asperas  eran  las  sierras  que  no  pudieron  hacer  nada.  Lo  que 
se  pudo  saber  de  los  Indios  que  con  ellas  contractan  fue  que  aquella  pro- 
vincia en  que  estdn  esas  mujeres  es  pequena  y  poca  tierra,  las  mujeres  son 
alli  las  senoras  y  los  hombres  los  sübditos;  lldmase  la  senora  de  ellas 
Jarativa. 

Castellanos  erwähnte  diesen  Zug  nicht;  er  beschreibt  aber  ähnlich  wie 
Amazonen:  Anapuya  undOrocomay;  die  erste,  bei  der  er  1536  10 — 12  Tage 
blieb,  ist  hermosa,  varonil,  cabal,  de  mano  liberal,  en  todas  proporciones 
elegante  (127  und  129);  die  andere,  von  der  auch  Oviedo  (a  .0.  IL  S.  247) 
erzählt,  ist  gallarda  senora  de  grandfsimo  talento  a  cualquier  Espanol  aficio- 
nada,    libre    de   yugo    de    casamiento   .  .  .    tuvo    hijo    varon    Perima    (180). 


252  Anmerkungen  zum  Castellanos. 


Castellanos  erwähnt  mehrfach  (z.  B.  193,  375)  Orte,  wie  valle  de  Damas, 
pueblo  de  las  hermosas,  die  auch  in  anderen  gleichzeitigen  Quellen,  z.  B. 
Federmann's  Bericht,  sich  finden. 

Castellanos  urtheilt  über  die  zweite  Amazonen-Nachricht,  die  er  erhielt, 
die  Erzählung  Orellana's,  folgendermassen  (83) :  Conto  cosas  de  sueno;  Ama- 
zona  pusieron  a  una  India  varonil  que  como  perra  bravamente  def'endia  sus 
partes;  de  aqui  sacö  despues  Orellana  sus  invenciones  para  llamar  el  rio  de 
Amazonas  —  hai  entre  Cristianos  y  gentiles  ejemplos  de  mujeres  varoniles 
(157);  tengo  estas  cosas  por  invenciones  no  sin  olor  de  fabulilla  vana.  Ahora 
me  refieren  lo  que  cuento  hombres  de  merecimiento ;  mi  parecer  es  iudiferente ; 
pues  en  tan  penitfsimas  regiones  podia  ser  que  vivan  Amazonas  (233).  Ent- 
scheidend ist  die  Beschreibung  der  Maniriguas  :  tienen  en  las  partes  mas  pelos 
que  nosotros  en  la  cara  u.  s.  w.  (232).  Ueber  Orellana's  Erzählung,  die 
schon  in  Carvajal's  Bericht  sich  findet  (Oviedo  a.  0.  IV.  S.  562  und  565), 
handelt  Oviedo  ausführlich  (a.  0.  IV.  S.  388  und  389),  wobei  eine  Herrscherin 
Conori  erwähnt  und  schliesslich  der  Weiberstaat  zwischen  den  Maranon  und 
La  Plata,  nach  Parana-Guaco,  aber  in  die  Nachbarschaft  von  Caripuna  ver- 
legt wird. 

Neuere  Nachrichten,  z.  B.  die  von  Crevaux  1882  im  Bulletin  de  la 
soci^te  geographique  (Paris  1882),  S.  672,  auf  „Amazonen"  zu  beziehen,  ist 
schwerlich  gestattet. 

29)  Die  Dorado-Nachricht,  das  ist  die  Kunde  von  einem  Häuptlinge, 
der  mit  Goldpulver  seinen  Körper  bestreute  und  diese  Bestreuung,  nachdem 
er  sie  in  einem  See  abgewaschen,  wieder  erneut,  erscheint  erst  bei  der  Expe- 
dition von  Gonzalo  Pizarro. 

Biese    Expedition    begann    zu  Quito    Ende  Februar    oder    Anfang   März 

1541  nach  dem  Quitoer  Libro  de  Cabildo,  vor  dem  alle  anderen  Angaben 
hinfällig  werden.  Siehe  Teodoro  Wolf,  Cronica  de  los  fenomenos  vol- 
cänicos  y  terremotos  en  el  Ecuador  (Quito  1873)  S.  13.  Ueber  diese  erste 
Dorado-Fahrt    schreibt    nach   einem  Bericht   d.  d.  Tomebamba,  3.   September 

1542  Oviedo  (a.  0.  IV.  S.  392  und  393)  etwa  wie  folgt:  Pizarro  hallandose 
en  Quito  tuvo  noticia  del  valle  de  la  canela  j  de  la  laguna  del  rey  o  cacique 
Dorado  e  determinö  de  lo  yr  k  descubrir.  Passando  muchos  e  grandes  rios  6 
haci6ndoles  puentes  hasta  que  salieron  d  una  provincia  que  se  Uama  Zamaco 
que  es  70  leguas  de  Quito  .  .  .  hallaron  alH  mucha  comida;  los  naturales  son 
gentes  desnudas;  sus  casas  en  montanas.  Diesen  Anfang  des  Ausmarsclies 
bespricht  Oviedo,  ohne  die  Dorado-Nachricht  zu  erwähnen,  später  nochmals 
(a.  0.  IV.  S,  541  und  542).  —  Die  erste  Beschreibung  fährt  fort:  Mandö 
Pizarro  que  fuesen  con  el  hasta  80  personas  y  Camino  60  dias  k  pie  —  en 
fin  de  este  tiempo  hallaron  la  canela  ...  de  allf  caminaron  a  otra  provincia 
que  86  dice  Capua.  Desde  allf  envio  Pizarro  por  la  gente  que  habia  dejado 
atr&s  i  llegö  k  otra  tierra  que  se  dice  Guema  desde  la  cual  paso  k  otra  pro- 
vincia que  se  llama  Oguama  en  la  costa  de  un  poderoso  rio  .  .  .  tractan  en 
canoas  y  visten  camisetas  de  algodon.  AlH  hizo  hacer  Pizarro  un  bergantin 
para  pasar  aquel  rio  ...  la  mayor  parte  de  los  cristianos  iban  por  la  co^ta  del 


Die  Dorado-Nachricht.  258 


rio.  —  Un  dia  dijo  a  Pizarro  su  teniente  Francisco  de  Orellana  que  los 
guias  decian  que  por  donde  iban,  habia  un  gran  despoblado  .  .  y  dijo  que  el 
iri'a  el  rio  abajo  .  .  .  Pizarro  le  y  A  la  gente  diö  licencia  .  .  Orellana  se  partiö. 
Die  Absendung  von  Orellana  erwähnt  0  v  i  e  d  o  auch  nach  einem  Schreiben 
d.  d.  Popayan  13.  August  1542  an  anderer  Stelle  (a.  0.  IV.  S.  385  und  386). 
Orellana  ging  Weihnachten  1541  fort  und  zwar  mit  dem  Pulvervorrath  und 
Schiff;  vergl.  Gaspar  de  Carvajal  bei  Oviedo  a.  0.  IV.  S.  542:  salimos  del 
real  2".  dia  de  pascua  de  la  Natividad  de  Nuestro  Eedemptor,  lunes,  ano  6 
dia  2  ^  de  1542;  nach  altem  Jahresanfang.  Oviedo 's  Beschreibung  nach 
dem  Tomebambaer  Brief  endet  dann :  Viendo  Pizarro  que  Orellana  no  volvia, 
ni  habia  nueva  de  el  mas  de  haber  llegado  k  las  juntas  de  los  rios  .  .  . 
hailöse  burlado  .  .  .  llego  a  las  juntas  —  una  jornada  de  alli  hallaron  de 
comer  el  rio  arriba  de  las  juntas  .  .  .  Pasö  el  rio  grande  en  espacio  de  8  dias 
con  la  gente,  hallaron  maiz  e  yuca  .  .  se  reformo  la  gente.  Mos  adelante 
pasaron  otro  gran  despoblado;  muchos  dias  les  acaescio  ä  pasar  muchos  y 
grandes  rios  i  hacer  puentes  i  balsas  para  ello.  En  fin  entraron  le  tierra 
adentro  m4s  de  200  leguas  y  4  la  vuelta  fueron  muchas  mäs  hasta  volver  k 
Quito.  Ya  habia  pasado  por  alli  el  licenciado  Vaca  de  Castro  y  se  habia 
hecho  recibir  por  Gobernador  (394).  De  Castro' s  Anwesenheit  in  Quito  war 
bei-eits  am  20.  März  1542  in  Santo  Domingo  bekannt  (Oviedo  a.  0.  IV. 
S.  370),  so  dass  Pizarro  vor  dem  Juli  1542  nach  Quito  heimgekehrt  sein  muss; 
letzteres  Datum  wird  für  die  Rückkunft  von  den  Meisten,  auch  von  Prescott, 
Peru  II.  S.  153—169,  festgehalten. 

Oviedo's  Brief  an  den  Kardinal  Bembo,  d.  d.  Santo  Domingo,  20.  Ja- 
nuar 1543,  stellt  es  ausser  Frage,  dass  die  erste  Dorado-Nachricht  mit  diesem 
Pizarro' sehen  Zuge  zusammenhängt.  Derselbe  findet  sich  in  deutscher  Ueber- 
setzung  bei  Betuleus  et  Dietherus,  Fernandi  Cortesii  von  dem  Newen 
Hispanien  (Augsburg  1550)  S.  58  ff.,  im  Italienischen  bei  G.  B.  Ramusio, 
Navigazioni  et  Viaggi  (Venezia  1556)  III.  S.  416  ff. 

Castellanos  erwähnt  bei  der  Bespi-echung  der  Fahrt  von  Gonzalo  Pizarro 
(157)  den  Zusammenhang  mit  der  Dorado-Kunde  nicht. 

Die  Dorado-Nachricht  drang  von  Quito  früher  nach  Santa  Fe  de  Bogota, 
als  nach  Santo  Domingo,  und  rief  dort  den  zweiten  Dorado-Zug  hervor;  der- 
selbe begann  1.  September  1541  und  dauerte  16  Monate  nach  Herrera, 
a.  0.  IV,  S.  66 ;  die  Expedition  stand  unter  der  Anführung  von  Fernando  P6rez 
de  Quesada  und  Lope  Montalvo  de  Lugo.  Castellanos  lernte  beide  kennen, 
Montalvo  de  Lugo  ist  der  Einzige  von  den  Weiserischen,  den  er  persönlich 
sprach  (211,  226,  227);  derselbe  verliess  vor  Hohermuth's  Tode  Venezuela, 
also  vor  November  1540;  vergl.  Oviedo  a.  0.  11.  S.  323  ff.  üeber  den 
Zug  von  1541  sagt  Castellanos  bei  Gelegenheit  der  am  1.  August  1541  be- 
gonnenen Hütten' sehen  Expedition,  die  er  auch  für  eine  Dorado-Fahrt  hielt: 
Continuando  esta  jornada  con  rigor  dieron  en  el  camino  de  Quesada  y  Montalvo 
de  Lugo  que  habian  salido  de  este  reino  de  Granada  con  nümero  de  gente 
bien  crecido,  dejando  ya  por  aquellos  desiertos  cantidad  de  Indios  y  Espanoles 
muertos    iban    tambien    en    busca    del    Dorado  (227).     Quesada   no    sin    harte 


264  Anmerkungen  zum  Castellanos. 

gasto  de  vidas  j  perdido  e  estragado  de  todos  sus  soldados  el  gran  fasto,  habia 
por  las  sierras  declinado  hasta  llegar  4  t^rminos  de  Pasto  de  gente  de  Pini 
reci^n  poblado  (229).  Ferndn  P6rez  de  Quesada  volviö  de  la  jornada,  Uamada 
por  antiguos  del  Dorado,  desbaratado  (297)  Alonso  de  Lugo  enviö  desde  este 
Nuevo  Reino  k  recojer  la  gente  derramada  que  del  descubrimiento  del  Dorado 
saliö  con  Ferndn  P6rez  de  Quesada  (490). 

Die  Dorado -Nachricht  ist  später  in  zwei  unrichtige  Verbindungen  ge- 
bracht, erstlich  mit  Benalcdzar,  zweitens  mit  Neu-Granada. 

Benalcäzar  erhielt  schon  1535  die  Nachricht  von  einem  goldreichen 
Lande,  das  Cundiru-Marca  heissen  sollte,  vergl.  Herrera  a.  0.  III.  S,  150 
und  205) :  decia  la  mucha  riqueza  de  oro  que  en  ella  habia  y  otras  gran- 
dezas  que  ha  sido  causa  de  haber  muchos  emprendido  aquel  descubrimiento 
del  Dorado  que  hasta  ahora  parece  encantamiento  .  .  .  Benalcäzar  enviö  d 
diversos  capitanes,  entre  los  que  pasaron  la  grande  cordillera  fue  el  capitan 
Gonzdlo  Diaz  de  Pineda  que  entrö  en  la  tierra  de  los  Quixos  y  la  canela 
y  fu6  el  primero  que  lo  hizo  y  la  reconociö  y  refiriö  que  de  la  otra  parte  de 
ella  habia  riqufsimas  provincias.  Wie  der  Name  Cundiru-Marca  auf  das 
Gebiet  der  Quichua-Sprache  hinwies,  gingen  auch  Benalcdzar's  Leute  (Pedro 
de  Afiasco  y  Juan  de  Ampudia)  nach  Süden.  Castellanos  wusste  dies  und 
schrieb :  Anduvieron  gran  nümero  de  dias  rompiendo  por  montanas  despo- 
bladas,  por  medio  de  altas  serranias  que  dividen  la  poderosa  vena  del  rjo 
Cauca  y  de  la  Magdalena;  viendo  como  la  gente  perecia,  k  todos  pareciö  que 
convenia  ir  declinando  hacia  la  siniestra  mano;  huyendo  de  los  despoblados 
salieron  k  Cibundoy  provincia  que  tenia  sus  terrenos  de  buenos  alimentos 
proveidos  .  .  .  reformdronse  por  20  dias  .  .  .  descubrieron  el  valle  de  Patia; 
siguen  su  camino  hasta  Cali  .  .  .  el  martes  de  la  Semana  Santa  de  1536 
celebraron  8  dias  antes  (456 — 461).  Auch  Pedro  Cieca  de  Leon, 
Cronica  del  Peru  bei  Enrique  de  Vedia,  Historiadores  primitives  de 
Indias  11.  (Madrid  1853)  S.  385  erwähnt  die  Provincia  algo  grande  y 
mui  fertil  que  tiene  por  nombre  Cibundoy.  Ueber  Sebondoy  vergl.  Joaqui  n 
Esguerra,  Diccionario  jeogrdfico  de  los  Estados  Unidos  de  Colombia 
(Bogota  1877)  S.  228. 

Herrera  (a.  0.  III.  S.  364)  führt  willkürlich  auf  diese  Benalcdzar  zu- 
gekommene Nachricht  Pizarro's  Fahrt  zurück:  Pizarro  determinö  de  hacer 
la  Jornada  por  la  informacion  que  Pedro  de  Anasco  di6  de  los  intentos  de 
Benalcäzar  en  descubrir  el  valle  que  llamaban  del  Dorado,  y  por  la  infor- 
macion que  le  diö  Gonzdlo  Diaz  de  Pineda  que  habia  entrado  en  la  provin- 
cia de  la  Canela  y  de  Quijos.  Benalcdzar  weiss  von  dem  Dorado  nichts,  wie 
er  in  Santo  Domingo  Se2)tember  bis  November  1540  mit  Oviedo  verkehrt 
(a.  0.  IL  S.  369,  IV.  S.  138). 

Die  unrichtige  und  in  jeder  Beziehung  unmögliche  Verbindung  der 
Dorado-Nachricht  mit  Neu-Granada  drückt  Castellanos  (464)  ganz  scharf  aus: 
El  nuevo  Reino  de  Granada  es  el  cierto  Dorado ;  sie  geht  aus  von  den  Gold- 
opfem  in  den  neu-granadischen  Hochgebirgs-Seen,  namentlich  im  Guatavita- 
See;    ihre    Beschreibung    giebt    Pedro    Simon    a.  0.    IL   Noticia  III.   c.   1 


Francisco  de  Orellana.  255 


bei  Ezequiel  Uricoechea,  Memoria  sobre  las  antiguedades  Neo- 
Granadinas  (Berlin  1854)  S.  65  ff.,  ebenso  Eodriguez  Fresle  a.  0. 
S.  13  ff. 

Der  Irrthum  ist  darnach  häufig  wiederholt,  zuletzt  mit  Abbildungen 
der  Lagunen  von  Guatavita  und  von  Siecha  von  Helmut  Polakowsky, 
El  Dorado  in  Westermann 's  Monatsheften  LVIII.  (Braunschweig  1885)  S.  801. 
Die  erste  Erwähnung  der  Lagunenschätze  findet  sich  in  dem  Bericht  von 
Jim6nez,  den  Oviedo  1548  in  Spanien  empfing  (Oviedo  a.  0.  11.  S.  410); 
sie  spricht  aber  nur  von  der  Bestattung  der  Häuptlinge  in  einem  Goldsarge 
und  mit  Juwelen  aller  Art.  Den  Versuch,  das  Wasser  des  Guativita-Sees 
abzulassen,  den  Antonio  de  Sepulveda  gegen  1580  machte,  erwähnt  Castellanos 
nicht;  vergl,  den  Vertrag  vom  22.  September  1562  in  der  Coleccion  etc.  XXHI. 
S.  166 — 170.  Die  nach  den  Seen  führenden  Wege  sah  Simon  noch 
(a.  0.  S.  71  und  72). 

Die  Verbindung  von  Guatavita,  Cundiru-Marca  und  Dorado  rührt  ledig- 
lich von  Castellanos  her,  dessen  Worte  die  Schwerfälligkeit  des  späteren 
Zusatzes  noch  verrathen :  la  noticia,  que  de  Bogota  al  Benalcäzar  diö  el  Indio 
que  hallo  en  la  ciudad  de  Quito  (456),  un  Indio  forastero  peregrino  que 
en  la  ciudad  de  Quito  residia  y  de  Bogota  dijo  ser  vecino,  allf  venido  no  s6 
por  que  via  (453).  Castellanos  hat  alle  späteren  Schriftsteller  von  Herrera 
bis  Humboldt  und  Markham  beeinflusst.  Darüber,  wie  er  zur  Umgestaltung 
der  Dorado-Nachricht  kam,  vergl.  Anm.  70,  und  über  spätere  Dorado-Unter- 
nehmungen  Anm.  59. 

30)  Francisco  de  Orellana's  Bekanntschaft  mit  Castellanos  ergiebt  sich 
aus  zwei  Stellen:  descubrimiento  de  Orellana,  con  quien  yo  tuve  gran  cono- 
cimiento  (156)  und  diome  las  mismas  relaciones  la  boca  de  Francisco  de 
Orellana  (233).  Die  Kenntniss  von  Orellana's  Fahrt  auf  dem  Amazonas  und 
Orinoco  empfing  Castellanos  vorzüglich  durch  Alonso  Esteban  (156),  der  gleich 
Marques  und  Juan  Bueno  schon  früher  die  Gewässer  von  Trinidad  und  Cuba- 
gua  beschifft  hatte  (158).  Marques  kommt  so  wenig  wie  Holguin  in  der  von 
Oviedo  (a.  0.  IV.  S.  384  und  385)  enthaltenen  Personenliste  vor.  Herrera 's 
Bericht  (a.  0.  IH.  S.  374  —  381),  den  Markham,  Expeditions  etc.  (S.  21 
bis  40)  übersetzt  hat,  ergiebt  für  die  Landung  auf  Cubagua  den  11.  Sep- 
tember 1541;  dieses  Jahr  ist  bisher  auch  meistens  festgehalten  worden,  obwohl 
Orellana's  Zug  in  alle  Jahre  zwischen  1539 — 1544  verlegt  worden  ist;  auch 
Sophus  Rüge,  Geschichte  des  Zeitalters  der  Entdeckungen  (Berlin  1881) 
S.  455  wiederholt  jenes  Jahr;  allein  der  Bericht  von  Gaspar  de  Carvajal,  der 
von  dem  Verlassen  des  Pizarro' sehen  Lagers  —  Weihnachten  1541  —  bis  zur 
Ankunft  in  Cubagua  —  1 542  September  9  und  11  —  reichte  und  bei  Oviedo 
a.  0.  IV.  S.  542—573  sich  findet,  spricht  deutlich  vom  Jahre  1542.  Oviedo 
sah  selbst  Orellana  und  Genossen  in  Santo  Domingo  am  20.  December  oder 
22.  November  1542,  vergl.  a,  0.  S.  384  und  573,  und  zeichnete  deren  Aus- 
sagen auf:  demas  yo  he  sabido  del  mismo  Orellana  (S.  384 — 388,  sowie  alte 
Ueberschrift  von  Buch  49,  Capitel  3). 


256  Anmerkungen  zum  Castellanos. 

Castellanos  (158)  bespricht  ausführlich  die  Ankunft  vor  Cubagua:  Salimos 
k  la  playa  mucha  gente  ...  de  tal  viaje  todos  nos  tornö  maravillados  u.  s.  w. 
Dasselbe  Ereigniss  schildert  Carvajal  folgendermassen :  Camindmos  por  la  mar 
juntamente  ambos  bergantines  en  conserva  4  dias  y  el  dia  de  la  colacion  de 
San  Juan  Bautista  en  la  noche,  se  apartö  un  bergantin  del  otro  de  tal  manera, 
que  no  nos  pudimos  ver  hasta  Cubagua,  donde  llego  el  bergantin  pequefio, 
llamado  San  Pedro,  säbado,  9  dias  del  mes  de  setiembre  y  nosotros  llegamos 
en  el  bergantin  mayor,  nombrado  la  Victoria,  el  lunes  adelante  que  se  con- 
taron  11  dias  del  mismo  mes  de  Setiembre.  Dios  nos  llevo  despues  que  nos 
dejaron  las  calmas  en  dos  dias  directamente  d  la  nueva  ciudad  de  Cddiz 
en  Cubagua,  donde  hallamos  k  los  companeros  que  vinieron  en  el  bergantin 
San  Pedro  y  no  fu6  poca  la  alegria  ....  En  esta  ciudad,  donde  ahora 
estamos,  habemos  sido  recibidos  de  los  pocos  vecinos  que  al  presente  hai  en 
ella,  como  suelen  los  buenos  padres  recibir  k  sus  hijos.  Oviedo  a.  0.  IV. 
S.  572  und  573.  Gaspar  de  Carvajal  ging  von  Cubagua  nach  Margarita,  um 
dort  auszuruhen;  Oviedo  sprach  ihn  nicht. 

Dass  Orellana,  der  durch  die  Orinoco-,  nicht  durch  die  Amazonas-Mündung 
ins  atlantische  Meer  kam,  die  Dorado-Nachricht  kannte  und  in  Cubagua 
erzählte,  bestätigt  eine  eigenthümliche  Notiz  bei  Herr  er  a  (a.  0.  III.  S.  381): 
Orellana  certificö  que  no  era  el  rio  Maranon,  segün  dijeron  los  de  Cubagua 
y  muchos  le  llaman  el  Dorado.  Ueber  die  Amazonen-Nachricht  von  Orellana 
sagt  Castellanos:  Orellana  publicö  entonces  la  gran  patrana  de  aquellas 
invencibles  Amazonas  (158),  tuve  de  lenguas  gran  noticia  y  para  las  hablar 
gran  pericia  (157).  Los  de  Espira  allegaron  al  rio  Papamene  donde  dejaron 
unas  estriberas  y  cosas  que  memoria  no  retiene  y  estas  hallö  Francisco  de 
Orellana  en  aquel  rio  que  su  nombre  gana  (221)  Alonso  Esteban  k  quien 
tambien  yo  tuve  por  amigo,  se  podia  vender  por  buen  testigo  de  la  Jor- 
nada (156). 

Den  Plan  der  späteren  Unternehmung  theilt  Prescott,  PerüII.  S.  163 
mit;  die  Kapitulation  steht  Coleccion  etc.  VII.  S.  552  ff.  und  XXIII.  S.  98  ff. 
Den  auf  der  Fahrt  erfolgten  Tod  —  Herrera  a.  0.  IV.  S.  169  —  lässt 
Castellanos  nicht  unerwähnt  (158):  Despues  vfmos  su  mujer  afligida  y  toda 
la  gente  perdida. 

31)  Alonso  Luis  de  Lugo,  —  vergl.  Anm.  14  —  dessen  vorausgesandter 
Vertreter  schon  am  25.  Juli  1541  in  Santo  Domingo  ankam,  hatte  besondere 
Instruktionen.  Herrera  (a.  0.  IV.  S,  13)  sagt  zum  Jahre  1541:  En  la  pro- 
vincia  de  Santa  Marta  no  se  guardaba  lo  que  tocaba  k  hacer  esclavos ;  el  rei 
mand6  k  Lugo  que  so  graves  penas  no  se  hiciessen,  aunque  los  Indios  fuessen 
tomados  en  guerra  justa.  De  esto,  paraque  mejor  se  cumpliese,  se  di6  noticia 
k  todas  las  justicias.  Uebrigens  findet  sich  ein  schon  vom  11.  December  1537 
datirender  Befehl,  Lugo  in  Sevilla  zu  verhaften,  in  der  Coleccion  etc.  XLH. 
8.  538. 

Lugo  war  Mai  1543  zu  V61ez  in  Neu-Granada  und  schon  am  11.  Oktober 
1544  wieder  an  der  Küste  von  Espafiola,  vergl.  Oviedo  a.  0.  H.  S.  373 
bis  376;    das   Datum    der  Ankunft  in  V61ez    verwechselt  Piedrahita  a.  0. 


Sogamoso.  257 

S.  368  mit  dem  des  Beginnes  der  Magdalena-Fahrt;  letzterer  fällt  in  den 
Anfang  von  1542.  Den  Aufmarsch  nach  Neu-Granada,  an  dem  Castellanos 
Theil  nahm,  beschreibt  nach  dessen  viertem  Buch  Piedra  hita  a.  0.  S.  368fF. 
Vergl.  auch  Plaza  a.  0.  S.  130.  Lugo  verkaufte  nach  R  o  d  r  i  g  u  e  z  Fresle 
a.  0.  S.  54  die  Kühe  für  1000  Goldpesos  das  Stück. 

Auf  Lugo's  Fahrt  lernte  Castellanos  besonders  Francisco  Salguero 
kennen:  Lugo  le  nombrö  capitan;  el  y  su  mujer  Juan  Macias  ofrecieron 
en  medio  de  sus  dias  —  1578  —  ä  Dios  todo  su  ser  y  su  hacienda,  plantando 
un  ilustre  monasterio  (203).  Marschall  Jimenez  sagt  1576:  En  Tunja  tiene 
de  comer  medianamente,  tiene  203  pueblezueios,  habrä  en  ellos  200  Indios. 
Rodriguez  Fresle  nennt  Salguero  encomendero  de  Mongua,  persona 
principal,  es  fama  que  tiene  el  convento  de  Santa  Clara  pasadas  de  300 
monjas.  Piedrahita  a.  0.  S.  227  sagt:  ordinariamente  hai  mas  de  100 
monjas  de  velo  negro. 

Beim  Rückzug  ernannte  Lugo,  als  Verwandten,  Lope  Montalvo  de  Lugo 
zu  seinem  Vertreter;  über  diesen  sagt  Oviedo  y  Bafios  a.  0.  S.  31:  era 
natural  de  Salamanca,  pas6  al  Nuevo  Reino  y  desengaiiado  con  los  reveses 
que  le  jugo  la  fortuna,  se  volvio  k  Espana  d  gozar  con  quietud  de  un 
mayorasgo  que  habia  dejado  en  su  patria. 

Oviedo  (a.  0.  IL  S.  190  und  378)  sah  Lugo  1548  als  Gefangenen 
in  Madrid ;  die  gegen  diesen  von  Las  Casas  gerichtete  Klagschrift  datirt  schon 
vom  15.  September  1544,  vergl.  Fa^i6  a.  0.  I.  S.  116. 

32)  Sog'amoso  oder  Soamös  ist  einer  der  wenigen  alten  Machthaber, 
der  dem  Tode  entging;  Castellanos  reimt  (213):  Sogamoso,  en  aquellas 
sazones  poderoso.  Bei  Oviedo  a,  0.  IL  S,  361  sagen  Sanmartin  und 
Lebrija  in  ihrem  Schreiben  von  1539:  Estando  el  real  en  el  pueblo  de  Tunja 
se  tuvo  nueva  de  otros  dos  caciques,  el  uno  se  llama  Duitama  —  vergl. 
Anm,  64  —  y  el  otro  Sogamoso  .  .  .  en  el  pueblo  de  Sogamoso  se  hallaron 
colgados  en  unos  oratorios  que  tienen,  hasta  cantidad  de  40  000  pesos  de  oro 
fino  y  algun  oro  bajo  y  piedras;  no  se  hallaron  Indios  algunos,  porque 
estaban  alzados.  In  demselben  Jahre  schreibt  Federmann  (a.  0.  S.  321): 
la  casa  de  Meta  ya  no  tiene  santos,  porque  los  de  Santa  Marta  los  llevaron 
en  costales,  que  fu6  el  sanctuario  que  essos  llaman  de  Sogamoso,  donde  se 
hallo  despues  de  haber  llevado  los  Indios  lo  mejor  e  lo  que  quisieron 
aquellos  50  000  pesos.  Der  Bericht  von  Jimenez,  den  Oviedo  1548  empfing 
(a.  0.  S.  398) :  En  el  valle,  dicho  Sogamoso,  se  tomaron  60  000  Castellanos, 
poco  mas  o  menos  en  los  sanctuarios  o  casas  de  oracion  del  pueblo. 

Piedrahita  (a.  0.  S.  174)  erzählt  nun:  Sugamuxi,  cacique  de  la  pro- 
vincia  de  Iraca  y  pontifice  mAximo  de  los  Mozeas  ...  recibiö  el  agua  del 
bautismo,  trocando  el  nombre  de  su  gentilidad  en  el  de  Don  Alonso,  ä  quien 
dice  Castellanos  haber  conocido  algun  tiempo  y  ser  mui  liberal  y  maiioso  en 
ganar  las  voluntades  de  los  jueces,  y  refiere  de  el  que  estando  con  una  mujer 
viuda  espafiola  y  hablando  con  sentimiento  de  la  muerte  de  su  marido  por 
remate    de    pesame    le    dijo    algunas    palabras.       Piedrahita    schliesst    hieran 

Festschrift  der  Hamburgischen  Amerika-Feier  II.  17 


258  Anmerkungen  zum  Castellanos. 

eine  offenbar  von  Castellanos    fingirte   Rede.     Auch    Zurita  (Anm.    42)    lernte 
den  Sogamoso  kennen. 

Acosta  a.  0.  S.  188  und  229  sagt:  De  Sogamoso  hacia  los  Llanos 
habian  construido  los  habitantes  un  ancha  calzada  de  la  cual  se  veian  todavia 
restoß  k  fines  del  siglo  l?*'.  Ueber  die  Sogamoso-Geschichten ,  die  Pedro 
Simon  erzählt,  siehe  Henri  Ternaux  Compans,  Essai  sur  l'ancien  Cun- 
dinamarca  (Paris  1842)  S.  14. 

33)  Korsaren-Ueberfälle  überseeischer  spanischer  Häfen,  meist  Folgen 
der  europäischen  Kriegsläufte,  bisweilen  aber  auch  Ausgeburten  des  Neger- 
sklaven-Handels, kommen  seit  1527  vor.  Vergl.  Oviedo  a.  0.  I.  S.  611. 
Castellanos  beginnt  mit  denen  der  vierziger  Jahre,  kennt  aber  nicht  die  ersten, 
z.  B.  nicht  den  vom  Mai  1541,  vergl.  Coleccion  etc.  I.  S.  583,  oder  den  des 
Franzosen  Robert  Baal  von  1543  —  damals  war  die  Lugo'sche  Expedition 
gerade  aufgebrochen. 

Die  Plünderung  von  Santa  Marta  geschah  am  17.,  die  von  Cartagena 
am  27.  Juli.  Vergl.  Herrera  a.  0.  IV.  S.  123;  Piedrahita  a.  0.  S.  385 
und  386;  auch  Benzoni  a.  0.  S.  100 — 107.  Dagegen  nennt  Castellanos 
folgende  Fälle : 

1544:  Llegaron  4  la  costa  del  Cabo  de  la  Vela  cierto  dia  navios 
bien  armados  de  los  Franceses,  el  enemigo  tratö  de  echar  geute  en 
tierra,  aunque  viendo  la  determinacion  de  los  nuestros  .  .  GouzÄlo  Suärez 
moströ  por  hechos  y  por  boca  sagacidad  y  pecho  de  valiente  vino  todo  k  parar 
en  comprar  de  los  Franceses  haste  70  negros  que  llevaban  (251),  vergl. 
Herrera  a.  0.  IV.  S.  204.  Simon  a.  0.  S.  373.  Piedrahita  a.  0. 
S.  434  und  435. 

1546,  Juli  24:  vispera  de  Santiago  llegaron  tres  navios  con  gente  de 
Francia  al  puerto  de  Cartagena  .  .  .  entraron  sin  que  fuesen  sentidos,  desem- 
barcaron  u.  s.  w.  (423  und  424);  Pedro  de  la  Gasca,  Vicekönig  von  Peru, 
war  kurz  zuvor  in  Santa  Marta  gewesen,  erfuhr  in  Nombre  de  Dios  den 
Ueberfall  und  rüstete,  um  der  Stadt  zu  Hülfe  zu  kommen,  die  jedoch  Nach- 
richt sandte,  dass  sie  sich  selber  geholfen.  Vergl.  auch  Benzoni  a.  0. 
S.   106  ff. 

1555:  el  corsario  Pedro  Braques  hizo  la  invasion  en  la  ciudad  de  Santa 
Marta  por  fines  de  este  ano  con  cinco  embarcaciones.  Vergl.  Piedrahita 
a.  0.  S.  528  und  596. 

1555 :  El  cruel  frances  Jacques  de  Soria,  primer  pirata,  lleg6  k  la  isla 
de  Margarfta  u.  s.  w.     (153.) 

1559:  vinieron  k  Cartagena  un  pirata  que  se  dijo  Don  Juan  y  un 
Martin  Cote:  Si  el  gobernador,  Juan  de  Bustos,  no  se  rijiera,  se  hiciera  de 
parte  de  nuestros  buen  efeto.  Nuno  de  Castro,  viendo  su  parecer  ser  mal 
admitido  .  .  en  pocos  dias  la  gran  tristeza  le  quitö  la  vida  ....  Prendieron 
gentes  imbeles  y  no  cuantos  Indios  .  .  .  y  me  hall6  cuasi  presente  (436). 

1565,  Juli:  los  naos  de  John  Acle,  ingl6s  corsario,  se  venian  acercando 
k  Cartagena,  once  potentes ;  pretendia  vender  100  esclavos  de  los  cuales  traia 
buena  copia  .  .  .  determin6  salir  de  la  bahia  (437 — 440). 


Santo  Domingo.  259 


1567,  September:  Corsarios  Franceses  y  Escoceses  llegaron  k  la  ciudad 
de  Coro,  vergl.  Simon  a.  0.  S.  575. 

1576:  la  ciudad  de  Santa  Marta  fue  incendiada  i  saqueada;  vergl. 
Plaza  a.  0.  S.  217. 

1586,  Februar  9 :  discurso  del  capitdn  Francisco  Draque,  de  nacion 
ingl^s  .  .  comienza  desde  el  segundo  canto,  en  cuyo  tiempo  este  corsario  vino 
k  la  ciudad  de  Cartagena  (444).  Eitter  Francis  Drake  segelte  am  15.  Sep- 
tember 1585  von  England  aus  und  kam  am  28.  Juli  1586  in  Plymouth  wieder 
an;  die  Details  über  die  Plünderung  von  Cartagena,  welche  spätere  neu- 
granadische  Geschichtsschreiber  geben  —  z.  B.  Plaza  a.  0.  S.  222^ — 225  — 
scheinen  aus  Castellanos  entnommen  zu  sein,  dessen  Beschreibung  nur  in  dem 
nach  Spanien  gesandten  Exemplare  vernichtet  sein  wird. 

34)  Santo  Domingo  hat  Castellanos  nur  einmal  gesehen;  er  kam  über 
den  Hafen  von  Santiago  de  Cuba,  dessen  Einrichtungen  ihm  nicht  gefielen 
(71),  dahin. 

Den  dortigen  Bekanntenkreis  charakterisirt  Castellanos  folgend ermassen: 
Hai  alla  tan  buenos  poetas  que  su  sobre  pudiera  dar  valor  k  mi  obra:  Diego 
de  Guzmän  j  Juan,  su  primo,  el  canonigo  Liendo  Arce  de  Quirös;  tres 
vecinos  conoci  tambien  que  pudieran  alentarme :  Villasinga,  el  doto  Bejarano 
(vergl.  Anm.  24)  Lorenzo  Laso  u.  s.  w.  (45).  lieber  Hortal's  Schicksale  redet 
Castellanos  an  anderer  Stelle  (125).  Los  descendientes  de  grandes  capitanes, 
como  son  los  Lebrones,  Agueros,  Mendozas,  Manriques ,  no  cuento  a  causa  de 
faltar  conocimiento  (45);  diese  Stelle  zeigte,  dass  Castellanos  den  vornehmen, 
der  Vicekönigin  Maria  von  Toledo  näher  stehenden  Kreisen  fern  blieb. 

Die  königliche  Eegierung  in  Santo  Domingo  ward  schon  1510  eingesetzt, 
tritt  aber  selbständig  erst  nach  dem  Tode  von  Diego  Colon  (23.  Februar 
1526)  hervor;  ihr  erster  Präsident  war  (bis  1530)  Sebastian  Bamirez  de 
Fuenleal.  [Ueber  dessen  Versetzung  nach  Mexiko  Anfang  1530  und  Eückkehr 
nach  Santo  Domingo  1531  vergl.  Helps  a.  0.  HI.  S.  195 — 198.  In  letzterem  Orte 
befürwortete  er  am  11.  August  1531  freie  Negereinfuhr  für  Espariola,  Cuba 
und  Puerto-Eico  :  Debese  mandar  puedan  traerlos  todos  libremente ;  pagando 
solamente  los  derechos  de  almoxari  fazgo.  Vergl.  Herrera,  Historia  III. 
S.  29.]  Der  zweite  Eegierungspräsident  war  Alonso  de  Fuenmayor,  der  mit 
grossen  Unterbrechungen  das  Amt  von  1533 — 1560  bekleidete;  er  baute  die 
Stadtmauer.     Vergl.  Alcedo  a.  0.  IL  S.  31  und  33. 

[Fuenleal  war  es  vor  Allem,  welcher  die  ersten  Klagen  gegen  die 
Weiserischen  richtete;  sie  betrafen  nach  Herrera,  Historia  IV.  S.  134  ins- 
besondere zweierlei : 

1.  Los  Alemanes  ponian  tal  estanco  en  las  mercancias  j  cosas  del 
vestir,  que  era  cosa  inhumana;  dabei  wird  bemerkt,  dass  ein  Fass  Mehl 
(harina)  40  Goldpesos  gekostet  habe,  woraus  die  fabelhafte  Notiz  über 
Häringe,  welche  die  deutschen  Bearbeitungen  immer  wiederholen,  ihren  Ur- 
sprung herleitet. 

2.  Los  Alemanes  llevaban  cantidad  de  Indios  para  naborias  que  les 
servian  para   llevar  el    fardaje    de    las  entradas   y  que   se    repartian  entre  los 

17* 


260  Anmerkungen  zum  Castellanos. 


criados  y  amigos  del  gubernador  dejando  los  benem^ritos  sin  nada,  sin  la 
intervencion  de  los  oficiales  reales  ni  de  los  eifriges  conforme  k  la  orden 
del  rei. 

Die  formelle  Seite  dieser  Differenzen  ergiebt  sich  aus  dem  folgenden 
Satz:  Los  oficiales  de  la  Provincia  de  Venezuela  habian  diferencias  con  Am- 
brosio  Alfinjer  por  muclias  cosas ;  para  allanarlas  le  habian  pedido  las  instruc- 
ciones  reales,  pero  no  las  quiso  mostrar.] 

35)  Gonzälo  Fernändez  de  Oviedo  y  Vald^s,  geboren  1478,  gestorben 
1557,  gehört  zu  den  persönlichen  Bekannten  von  Castellanos.  El  cronista  y 
el  tercer  alcalde  del  castillo  de  Santo  Domingo  que  yo  conocf  bien  de  trato 
y  vista  (45) ;  el  buen  Oviedo  pone  por  historia  cosas  dignas  de  memoria  (56). 
Die  Bekanntschaft  wurde  in  der  Zeit  gemacht,  in  welcher  Oviedo  —  seit 
1533  Schlosshauptmann  —  am  eifrigsten  ftir  sein  grosses  Geschichtswerk 
arbeitete;  diese  Periode  beginnt  nach  der  neunten  Oceanreise  (Mitte  Januar 
1536)  und  endet  mit  der  zehnten  (Anfang  August  1546).  Die  erstgenannte 
Reise  erfolgte  sofort  nach  der  Drucklegung  des  ersten  Theils  der  Historia 
general  y  natural  de  las  Indias,  islas  y  tierra  firme  del  Mar  Oceano  (Sevilla 
1535);  die  neue  Ausgabe  von  Jose  Amador  de  los  Rios  (Madrid  1851) 
lässt  die  dem  ersten  Theile  nach  1535  hinzugefügten  Zusätze  nicht  ersichtlich. 
Dass  Castellanos  jenes  Werk  gekannt  und  für  die  ältere  Zeit  mehrfach 
benutzt  hat,  ist  schon  von  Munoz  a.  0.  S.  21  hervorgehoben  worden;  es 
ist  aber  nicht  bloss  im  Einzelnen  benutzt,  sondern  in  der  ganzen  Anordnung 
Vorbild  gewesen. 

Für  die  Annahme,  dass  Castellanos  auch  die  frühere  Schrift  von  Oviedo: 
Sumario  de  la  historia  natural  de  las  Indias  (Toledo  1525)  -  neueste  Ausgabe 
von  Vedia  a.  0.  I.  S.  471 — 515  —  gekannt  habe,  liegt  kein  Grund  vor. 

36)  Die  Citurma-GrCg-end  war  eine  der  Lieblingsstätten  von  Castellanos. 
Der  Name  Soturma,  Saturma,  Citurma,  Citarma  ist  noch  jetzt  nicht  ganz  ver- 
gessen; vergl.  P6rez  a.  0.  571  und  kommt  schon  früh  vor;  siehe  Petrus 
Martyr,  Decades  de  novo  orbe  (Paris  1587),  Decas  IIL  S.  224,  226,  236 
und  Martin  de  Navarrete,  Coleccion  de  los  viajes  y  descubrimientos 
(Madrid  1826)  III.  S.  108.  Castellanos  hat  den  alten  Namen  nur  selten 
(195  und  352);  Oviedo  (a.  0.  II.  8.  132)  kennt  bloss  einen  Rio  de  Seturma. 
Von  den  Ortsnamen  der  Citurma-Gegend  finden  sich  auf  der  Karte  von 
Agustin  Codazzi,  die  in  diesem  Theile  den  englischen  Admiralitätskarten 
.entnommen  ist,  Guachaca  und  Mendigusca,  sowie  Marona  in  der  Form  von 
Maromas  (Seile)  und  Buritaca,  ein  sonst  auch  oft  genannter  Ort,  vergl,  z.  B. 
Herrera  a.  0.  IV.  S.  217.  Castellanos  berichtet:  Las  gentes  del  Cabo 
de  la  Vela  determinaron  ir  k  buscar  minas  en  las  faldas  de  las  Sierras  Ne- 
vadas por  estar  k  sus  playas  mui  vecinas  y  de  tiempos  antiguos  afamadas; 
.hicimos  los  asientos  en  parte  que  se  dice  Buritaca  (252,  255).  Das  Rothholz 
von  Buritaca  rühmt  Antonio  Julian:  La  Perla  de  la  Am6rica,  provincia 
de  Santa  Marta  (Madrid  1787)  S.  276. 

Weiter    sagt  Castellanos:    Nuestra    gente   determina   labrar  la   quebrada 


Diego  Euiz  de  Vallejo.  261 


vecina  del  pueblo  de  Maconchita  (255);  hicimos  de  nuevo  rancherias  entre 
Tapi  y  el  paso  de  Marona  donde  la  Corona  tiene  pueblo  (256).  Guachaca 
—  Rio  de  Tairona  —  Paso  de  Marona:  helo  pasado  sin  ningun  guia  muchas 
vezes  y  aun  solo  .  .  .  yo  me  vi  revuelto  con  la  lama,  escapeme  de  tigre  por 
llevar  buen  cavallo  (265). 

37)  Diego  Ruiz  de  Yallejo  wird  von  Castellanos  mit  rühmenden 
Worten  überschüttet:  hombre  de  buenas  partes  proveido  (238),  persona  vir- 
tuosa  y  dotada  de  grandisima  templanza  (239),  valeroso  y  esforzado,  en  paz 
y  guerra  de  buen  consejo;  vive  hoi  con  valor  y  santo  celo  en  Venezuela  con- 
tador  real  (225,   238). 

Er  kam  mit  Dalfinger  ins  Land  —  vergl.  Oviedo  y  Banos  a.  0.  S.  13  — ,war 
mit  Navarro  in  Maracapana  (225),  ging  nach  Cubagua  und  kam  zu  Caravajal's 
Zeit  mit  Villegas  und  Losada  nach  Coro  zurück,  hielt  zu  Hütten  und  flüchtete 
vor  Caravajal  (235 — 257).  Dann  lernte  ihn  Castellanos  kennen:  se  le  des- 
pacha  para  el  Eio  de  la  Hacha  por  los  48,  fue  navegando  costa  peligrosa,  se 
le  diö  lo  conqiiista  de  Cuicas  (238  und  239). 

Diese  Expedition  gegen  die  Cuicas  ist  in  den  späteren  Geschichtsbüchern 
von  Venezuela  fast  ganz  vergessen  worden,  Oviedo  y  Banos  sagt  aber 
noch  gelegentlich  (a.  0.  S.  143):  El  ano  de  1549  Vallejo  entrö  ä  descubrir 
unas  minas  de  oro  que  se  decia  haber  en  el  valle  de  Bocono,  en  la  provincia 
de  los  Cuicas,  que  demora  al  poniente  de  la  ciudad  de  Tocuyo  y  se  estiende 
por  mas  de  30  leguas  de  tierra  toda  doblada,  corriente  de  Norte  a  Sur  desde 
las  sierras  de  Merida  que  llaman  pdramos  de  Serrada,  para  la  ciudad  de 
Carora.  Von  Vallejo's  30  Begleitern  führt  Castellanos  mehrere  nament- 
lich an,  darunter  die  früheren  Weiserischen  Juan  Dominguez  Antillana 
und  Damian  de  Berrio  (240) ;  er  schildert  auch  die  ßoute :  la  rota  de  Carache 
va  por  Bocono  y  Aborrenzais  corriendo;  un  Indio  Combute  que  con  Carache 
tenia  competencia  sirviö  de  guia  4  la  ciudad  de  Escuque  (240  —  242).  lieber 
letzte  schreibt  S  i  m  o  n  a.  0.  S.  393 :  Escuque  era  poblacion  grande  puesta  en 
un  lugar  alto  ä  las  vertientes  del  rio  Mototan  que  tiene  su  nacimiento  al 
Norte  en  las  cumbres  de  los  päramos  de  M6rida  que  hoi  llaman  los  paramos 
de  Serrada  y  pasando  por  el  valle  que  dicen  de  Corpus  Christi  que  es  la  pro- 
vincia de  los  Tomotes,  vacia  sus  abundantes  aguas  en  la  laguna  de  Maracaibo, 
cerca  del  puerto  de  Barbacoas.  Statt  Tomotes  ist  Timotes  (242)  zu  lesen.  An 
der  besprochenen  Stelle  gründete  Diego  Garcia  de  Paredes  1556  die  Stadt 
Trujillo.  Beim  Hauptkampfe  erscheint  ausser  Carache,  Escuque  und  Bocon6 
auch  Ameruza;  die  Gottheit  der  Cuicas  heisst  Icaque,  deren  Priester  Toy. 

Von  Vallejo  wurde  nach  Castellanos  der  Hauptweg  für  den  Viehtransport 
von  den  Llanos  Venezuelas  nach  den  neu-granadischen  Hochebenen  gefunden : 
Vallejo  determinö,  seria  de  grandisima  ganancia,  si  por  los  llanos  hacia 
Guayamaca  se  pudiese  hallar  entrada  k  este  Nuevo  Reino  de  Granada,  pro- 
curo  descubrir  aquel  Camino  y  fue  tan  venturoso,  que  con  brevedad  al  Reino 
vino :  vendieron  principal  y  multiplicos  y  k  sus  moradas  se  volvieron  ricos  .  .  . 
desde  entonces    se  estampö  contrato  de    que  gozamos  todos  este  dia  (243  und 


262  Anmerkungen  zum  Castellanos. 


244).  Hiermit  ist  die  vielfach,  zuletzt  von  Codazzi  a.  0.  S.  419  wieder- 
holte Notiz  zu  vergleichen  :  Un  habitante  de  Tocuyo,  Cristöbal  Kodriguez,  fu6  el 
primero  que  logrö   introducir   ganado    en  Santa  F6  y  en  los  Llanos  en   1548. 

38)  Die  Nachrichten  über  die  Welser,  welche  Castellanos  1550  in  Nuestra 
Senora  de  Kemedios  empfing,  lassen  sich,  trotz  späterer  Ueberarbeitung  (Anm.  60) 
ziemlich  deutlich  erkennen: 

Padre  Juan  Fructos  de  Tudela  que  yo  tuve  por  amigo  (211),  Be- 
gleiter von  Bischof  Bastidas,  zugegen  bei  Esteban  Martin's  Tode  (220),  bei 
Hutten's  Tode  (227,  238);  ha  poco  que  viö  postrera  hora  (224).  Vergl. 
Anm.  13. 

Martin  de  Artiaga,  viscaino,  persona  de  gran  cuenta(211),  me  diö  la 
relacion  de  esta  jornada  mas  largamente,  no  se  con  que  lengua  satisfaga  meritos 
de  varon  tan  escelente;  hoi  vive  en  Coro  (197);  vivo  tenemos  este  dia,  varon  de 
fe  que  se  hallö  presente  (233).  Er  war  mit  Hohermuth  (211,  216,  223)  und  mit 
Hütten  (227,  231 — 234)  ;  eine  schwere  Verwundung  ist  ausführlich  (235)  be- 
schrieben; die  Anwesenheit  bei  Hutten's  Hinrichtung  besonders  hervorgehoben: 
Artiaga  pide  testimonio  de  toda  la  tragedia  .  .  .  mändolo  luego  dar  (238). 

Diego  deMontes,  celebre  varon  enmedicina  que  de  hierbas  hallö  grandes 
secretos;  obraba  salutiferos  efetos  (211).  Vergl.  über  ihn  Simon  a.  0.  S.  391 
zum  Jahre  1554,  Ovied  o  y  Banos  a.  0.  S.  316  zum  Jahre  1572.  Letzterer 
sagt  (a.  0.  S.  104):  Muriö  vecino  de  Tocuyo  hombre  tan  singular  que  .  .  . 
llegö  a  conseguir  el  renombre  de  venerable :  apelativo  con  que  fue  conocido 
y  tratado  en  toda  esta  provincia,  grangedndose  tal  estimacion  en  ella  que  sus 
palabras  se  llegaron  k  apreciar  como  si  fueran  oräculos. 

Bartolom6  de  Santillana  despues  yo  tuve  por  amigo  (196,  210); 
über  seine  Vertretung  Dalfinger's  spricht  auch   Oviedo  a.   0.  II.  278. 

Fernando  de  Beteta  conocf  donde  moro  de  presente  (189);  Rio  la 
Hacha  es,  donde  cuento  (184). 

De  Jil  de  Nava,  item  de  su  mujer  Isabel  Ramos  acuerdome,  porque 
bajaron  desde  Venezuela  mucho  despues  al  Cabo  de  la  Vela  (189). 

Fernando  Gallego  tenemos  hoi  dia  por  vecino  en  este  reino,  donde 
vino  despues  (185,  191). 

Hieran  schliessen  sich  folgende  Stellen :  Isabel,  linda  muchacha,  la  cual 
yo  vf  morir  ha  pocos  anos  en  el  pueblo  de  Rio  de  la  Hacha,  casada,  con 
hijos  y  con  nietos  (81).  —  Padre  Ayala  era  mi  hu^sped  en  el  Cabo  de  la 
Vela  que  de  Margarita  llegö  al  Peru  .  .  .  comunicö  conmigo  su  desino  de 
volverse  al  Peni  (84).  Andere  Details  über  den  damaligen  Aufenthalt  von 
Castellanos  mehrfach  (z.  B.  222). 

Vergl.  Anm.  12. 

39)  Juan  P^rez  de  Tolösa,  den  Castellanos  (238)  als  varon  prudente, 
bien  intencionado,  enemigo  de  gente  sediciosa  bezeichnet,  kam  Ende  April 
1546  nach  Venezuela;  Simon  a.  0.  S.  365,  Herrera  a.  0.  IV.  S.  247. 
Piedrahita  (a.  0.  S.  449)  sagt:  Le  pareciö  que  cuanto  m6nos  se  confirmasen 
sus  disposiciones  con  las   de  los  Alemanes,  tanto  mds  bien  miradas    serian  en 


Die  neuen  indischen  Gesetze.  263 


el  Consejo.  Hierüber  und  über  die  Abberufung  auf  Antrag  der  Welser 
—  Juan  de  Villegas  sollte  sein  Nachfolger  werden  —  vergl.  den  königlichen 
Erlass  von  Augsburg,  11.  Februar  1548  (Colecciou  etc.  V,  S.  518).  Dieser 
Erlass  beweist,  dass  Oviedo  j  Baues  (a.  0.  S.  117)  gleich  seinen  Vor- 
gängern falsch  berichtet,  wenn  er  bei  Gelegenheit  der  Entsendung  von 
Tolosa  erklärt:  por  haber  privado  de  la  administracion  de  la  provincia  k 
los  Bel^ares,  mediante  las  repetidas  quejas  y  noticias  con  que  Su  Majestad 
se  hallaba  de  los  irreparables  danos,  tiranias  y  desördenes,  introducidos  con 
el  Gobierno  Aleman. 

Tolosa  nahm  gleich  nach  seiner  Ankunft  nicht  bloss  Caravajal,  sondern 
auch  Juan  de  Villegas  gefangen;  gab  letzteren  aber  durch  Spruch  vom 
25.  September  1546  frei  und  ernannte  ihn  zu  seinem  Vertreter,  während  er 
Caravajal,  dessen  Berufung  an  die  Krone  abgeschlagen  wurde,  hinrichten  Hess. 
Los  complices  del  Caravajal,  sagt  Castellanos,  yo  vi  despues  libres  y  sanos  .  .  . 
Nombrö  k  Juan  de  Villegas  su  teniente  y  ä  su  hermano  Alonso  P6rez  de 
Tolosa  por  el  en  Coro  residente  ....  Demas  de  gobernar  ä  Venezuela 
tambien  le  vino  comision  y  cargo  para  bajar  al  Cabo  de  la  Vela  y  ser  em- 
bargo  al  pescador  de  perlas  debajo  la  catölica  tutela;  porque  su  Majestad 
E,eal  queria  quitar  los  Indios  de  esta  grangeria  (239).  Proveyö  de  la  pes- 
queria  de  perlas  Pablo  Collado  ninguno  de  los  cuales  hizo  cosa,  dejdndolos 
en  el  primer  estado  (256).  El  gobernador  partiose  para  el  Cabo  de  la  Vela 
cerca  del  ano  de  1550,  muriö  como  viviö  cristianamente  y  vilo  yo  que  me 
halle  presente  (239).  Simon  a.  0.  S.  374  ergiebt,  dass  Tolosa  auf  der  Reise 
von  Coro  nach  dem  Vela-Kap  verstorben  ist.  Oviedo  y  Banos  a.  0.  S.  127 
sagt,  dass  der  Sterbe-  und  Begräbnissort  vergessen  sei.  ^ 

40)  Die  neuen  indischen  Gresetze,  las  nuevas  leyes,  veröffentlicht  zu 
Barcelona  am  20.  November  1542  —  obra  de  cuarenta  leyes  que  llamaron 
ordenanzas,  sagt  Gomara  a.  0.  S.  250  —  bildeten  kein  einheitliches  Ganze; 
sie  wurden  in  Valladolid  berathen  und  besonders  auf  Antrieb  von  Bartolome 
de  las  Casas  festgestellt,  dessen  Ernennung  zum  Bischof  von  Chiapa  gleich- 
zeitig erfolgte.  Vergl.  Fabi6,  a.  0.  I.  S.  158  ff. ;  auch  Acosta  a.  0. 
S.  312. 

In  Neu-Granada  wurden  sie  erst  1544  durch  Bischof  Martin  von  Santa 
Marta  (Anm.  15)  bekannt.  El  cesar  invictisimo  enviö  a  este  nuevo  mundo 
leyes  .  .  .  se  cometieron  sus  ejecuciones  k  frai  Martin,  obispo  (251);  doch 
liess  sich  besonders  der  Abschnitt  über  die  Verwendung  der  Indianer 
beim  Perlenfang  nicht  durchführen  (256),  der  bei  Herr  er  a  a.  0.  S.  95 
sich  findet. 

Miguel  Diez  de  Armendariz,  der  diese  Gesetze  in  Neu-Granada  formell 
publiciren  und  mit  Gewalt  durchsetzen  sollte,  erhielt  ausführliche  Instruktionen, 
die  Piedrahita  a.  0.  S.  404  mittheilt.  Von  Neu-Granada  aus  wirkten  gegen 
die  neuen  Gesetze  besonders  Domingo  Aguirre  und  Fernando  Vanögas  Carillo, 
vergl.  Plaza  a.  0.  S.  141  und  163.  Ueber  Benalcäzar's  gegen  sie  gerichtete 
Vorstellungen  von  1544  vergl.  Acosta  a.  0.  S.  315  ff. 

Für  Neu-Granada  wurde  die  Durchführung   dieser  Gesetze  Miguel  Diez 


264  Anmerkungen  zum  Castellanos. 

de  Armendariz  übertragen,  welcher,  trotz  seiner  geschleclitlichen  Sinnlichkeit, 
von  Castellanos  (426)  als  tüchtig  anerkannt  wird :  varon  de  grandes  letras,  de 
valor  y  circunspecto,  no  maculö  su  fama  por  dinero,  ni  de  cudicia  mala 
fu6  subjecto ,  traia  sobre  6  gobernaciones  gobierno  5  trajo  consigo  Candidas 
doncellas. 

41)  Die  Audiencia  von  Neu-Oranada  ward  nach  heimischen  Vorbildern 
schon  1547  angeordnet.  Gomara  (a.  0.  S.  202)  sagt:  el  ano  de  47  puso 
el  emperador  chancilleria  en  la  Nueva-Granada,  como  estä,  en  la  vieja  de  solos 
cuarto  oidores.  Obwohl  ohne  Präsidenten,  wurde  sie  in  Gemässheit  eines 
Kronerlasses,  d.  d.  Valladolid,  17.  März  1549  in  der  bei  Empfang  des  könig- 
lichen Siegels  üblichen  Form  eröffnet. 

Piedrahita  sagt  (a.  0.  S.  471)  zum  Jahre  1550:  Salieron  cn  7  de  Abril 
al  ultimo  burgo  de  la  ciudad,  en  que  de  presente  esta  fundado  el  convento 
de  San  Diego  y  desde  alli  en  una  hamaca  blanca  .  .  .  reata  de  terciopelo 
carmesf  que  llevaba  un  regidor  de  la  rienda,  pusieron  un  curioso  cofrecillo  en 
que  iba  el  sello  real,  cuya  representacion  magestuosa  cubrian  con  un  rico 
palio  los  demas  regidores,  que  vestidos  de  ropa  de  chamelote  llevaban  las 
varas;  los  dos  lados  del  sello  ocupaban  los  oidores,  puestos  k  eaballo  y  k  estos 
por  la  parte  de  afuera  los  dos  alcaldes  ordinarios :  Gonzälo  Garcia  Zorro  y 
Juan  de  Avellaneda.  lieber  die  Vorverhandlungen  vergl.  Herr  er  a  a.  0.  IV. 
S.  277,  Plaza  a.  0.  S.  164  ff. 

Los  tres  oidores  pasaron  de  Cartagena  k  Mompos,  donde  murio  el 
licenciado  Gutierre  de  Mercado  que  llevaba  la  antiguedad,  no  sin  sospechas 
d#  veneno  que  un  m^dico  llamado  Vera  le  ministrö  en  la  purga,  como  ad- 
vierte  Castellanos  (4  parte,  canto  21);  y  pasando  Juan  Lopez  de  Galarza 
y  Beitran  de  Göngora,  que  fueron  los  campaneros,  entraron  en  Santa  F6  por 
fines  de  Marzo:  Piedrahita  a.  0.  S.  470.  Daselbst  auch  das  Verzeichniss 
der  ersten,  von  der  Audiencia  ernannten  Beamten,  unter  denen  Alonso  Tellez 
hervorzuheben  ist.  Die  erste  Sitzung  fand  am  13.  November  1550  statt; 
vergl.  Rodriguez  Fresle  a.  0.  S.  58. 

Von  den  späteren  Mitgliedern  der  Audiencia  ist  nur  der  aus  Guatemala 
berufene  Tomas  Lopez  Medel  zu  nennen,  der  sein  Bogotder  Amt  am  30.  August 
1557  antrat  —  vergl.  Plaza  a.  0.  S.  192  —  und  ein  eigenthUmliches  Buch  ge- 
schrieben hat:  de  los  tres  elementos,  aire,  tierra,  agua,  cn  que  se  trata  de 
las  cosas  que  en  cada  una  de  ellas  k  cerca  de  las  occidentales  Indias  naturaleza 
engendra  y  produce.  Siehe  Henri  Ternaux-Compans,  Recueil  des  docu- 
ments  et  mömoires  sur  l'histoire  des  possessions  Espagnoles  dans  l'Am^rique 
(Paris  1840)  S.  81. 

Ueber  die  Audiencia  spricht  sich  Castellanos  oft  bitter  aus,  z.  B.  (224): 
La  confusion  que  de  presente  vuela  por  el  miserable  Nuevo  Reino  (224), 
Delirant  reges,  plectuntur  Achivi  (548).  Erst  1564  erhielt  die  Kollegial- 
behörde ein  Haupt,  vergl.  Anm,  53;  besondere  für  sie  bestimmte  königliche 
Verordnungen  erwähnt  Herr  er  a  (a.  0.  IV.  S.  421  und  422)  zum  Jahre  1554. 


Alonso  de  Zurita.     Die  Ramada-Gegend.  265 

42)  Alsonso  de  Zurita,  für  die  Provinzen  Cabo  de  la  Vela,  Santa  Marta, 
Cartagena  und  Nuevo  Reino  Verantwortungsrichter,  d.  h.  Juez  de  Residencia, 
war  19  Jahre  im  spanischen  Indien  gewesen,  als  er,  nach  Spanien  zurück- 
gekehrt, das  Buch  schrieb,  welches  seinen  Namen  unter  die  Alt-Mexiko  be- 
handelnden Quellenschriftsteller  stellt:  Rapport  sur  les  difFerentes  classes  de 
chefs  de  la  Nouvelle  Espagne  u,  s.  w.,  übersetzt  bei  H.  Ternaux-Com- 
pans,  Voyages,  relations  et  memoires  pour  servir  ä  l'histoire  de  la  decouverte 
de  l'Amerique,  II.  Recueil,  Vol.  I.  (Paris  1840).  Dort  heisst  es  (S,  3):  J'ai 
servi  les  deux  preraieres  annees  Votre  Majeste  ä  Saint  Domingue  en  qualite 
de  auditeur,  les  trois  suivantes  ä  la  Nouvelle  Grenade,  a  Sainte  Marthe,  a 
Carthagene  et  ä  Cabo.  de  la  Vela,  oü  d' apres  les  ordres  de  Votre  Majeste 
j'ai  ete  installer  le  gouverneur  de  ces  provinces.  De  retour  ä  Saint  Domingue, 
oü  j'avais  ete  remplir  mon  emploi,  je  re^us  des  lettres  de  Votre  Majeste  par 
lesquelles  eile  me  fit  la  grace  de  m'ordonner  de  la  servir  en  qualite  d'auditeur 
pres  l'audience  des  Confins  (Guatemala)  oü  je  residai  trois  ans  ...  Je  partais 
pour  Mexico,  oü  Votre  Majeste  m'avait  ordonne  d'aller  occuper  le  möme 
poste.     Aujourd'hui,  me  trouvant  sans  emploi,  de  retour  en  Espagne  ... 

Castellanos  estaba  en  el  Rio  de  Hacha  al  tiempo  que  alli  tomo  puerto 
el  licenciado  Zurita,  acompanado  como  el  dice,  de  Luis  Lanchero,  Läzaro 
Lopez  de  Salazar,  Francisco  Arias  Jimenez,  Diego  Diaz  y  otros  quejosos  de 
Armendariz,  sagt  zum  Jahre  1550  Piedrahita  a.  0.  S.  472.  Seine  An- 
wesenheit am  Cabo  de  la  Vela  erwähnt  Zurita  selber  (31),  ebenso  andere 
Momente  aus  seinem  Leben  in  Neu-Granada  (a.  0.  S.  30,  285,  402) ;  in  diesem 
Lande  war  er  1550 — 1553;  da  er  zuvor  nur  zwei  Jahre  auf  Espanola  sich 
aufhielt,  sind  hiernach  die  Jahreszahlen  von  Ternaux-Compans  (a.  0. 
S.  X)  zu  berichtigen. 

Der  spanische  Text  obiger  Schrift  findet  sich  in  der  Coleccion  etc. 
II.  S.  1  — 126  abgedruckt;  dort  ist  (FV.  S.  460)  Zurita  in  einer  Urkunde  von 
1563  erwähnt. 

Ueber  sie  sagt  William  H.  Prescott,  The  History  of  the  conquest 
of  Mexico  I.  (London  1843)  S.  44:  No  one  had  better  means  of  knowing 
than  this  eminent  Jurist,  who  for  19  jears  held  a  post  in  the  Royal  Audiences  .  . 
he  manifests  a  sound  and  discriminating  judgment  and  is  very  rarely  betrayed 
into  the  extravagance  of  expression  so  visible  in  the  writers  of  the  time  and 
his  temperance  combined  with  bis  uncommun  sources  of  Information,  makes 
his  work  one  of  the  highest  authority  on  the  limited  topics  within  its  ränge. 
Seine  Milde  zeigte  Zurita,  ein  Gesinnungsgenosse  von  Las  Casas  (a.  0.  S.  275, 
285  und  402),  in  Neu-Granada  auch  Armendariz  gegenüber,  der  erst  durch 
Juan  de  Montano,  einen  erklärten  Feind  von  Castellanos  (433  und  502),  un- 
gerechter Weise  gestürzt  wurde ;  über  ihn  vergl.  auch  den  Ausspruch  von 
Castellanos,  den  Piedrahita  (a.  0.  S.  514)  wiederholt. 

43)  Die  Ramada  -  Oegend  wird  in  den  älteren  Quellen  viel  genannt. 
Oviedo  (a.  0.  11.  S.  132)  kennt  einen  Rio  de  la  Ramada  und  verzeichnet 
ihn  auch  auf  seiner  Karte  zwischen  La  Vela  und  Orino.  Castellanos  sagt 
von    dieser  „Laubhütte"   (264) :    antigua   noticia   dice  ser  grande  poblacion  y 


266  Anmerkungen  zum  Castellanos. 

gente  rica.  Von  den  älteren  Ortsnamen,  die  dieser  giebt,  haben  sich  nur 
wenige  erhalten,  z.  B.  Dibulla,  Macoira.  Vergl.  Emil  Reclus,  Voyage  a 
la  Sierra-Nevada  de  Sainte-Marthe  (Paris  1881)  S.  229,  248  xind  313;  be- 
merkenswerth  sind  die  Namen  Coriana,  Guaymaro,  Paraguanil,  Maracarote, 
Caraubare,  Marubare,  Arobare;  se  v^  asientos  viejos  cuya  madera  es  incor- 
ruptible  (264,  296). 

Der  in  der  Kamada  belegene  Ort  Nueva-Salamanca  wird  von  Alcedo 
(a.  0.  IV.  S.  395)  irrthümlich  auf  das  Jahr  1545  zurückgeführt.  Piedra- 
hita  (a.  0.  S.  435)  sagt  aber  schon:    Hoi    permanece  despoblado  su  asiento. 

[In  der  ßamada  lagen  dos  pueblos  principales,  uno  que  se  llama  Tapi 
y  otro  Beriburari,  vergl.  Coleccion  etc.  III.  S.  502.  La  Ramada  estä  en  el 
Valle  de  Upari  sagtHerrera,  Descripcion  etc.  S.  33.  Alcedo  a.  a.  0.  ver- 
legt die  poblacion  en  el  valle  de  üpar,  en  la  falda  de  la  Sierra  Nevada  y 
orilla  del  Rio  de  la  Enea;  fundada  por  el  capitan  Luis  de  Maujarres  el  ano 
de  1545.  Der  ältere  Name  bezieht  sich  auf  eine  weitere  Gegend,  nicht  bloss  auf 
diese  jetzt  Dibulla  heissende  Ortschaft.  Castellanos  (264)  erklärt :  el  Rio  de 
la  Hacha  es  la  frontera  de  la  Ramada ,  tierra  de  grandisima  riqueza  y  cul- 
tura.  Die  Gegend  zwischen  Rio  Hacha  und  La  Vela  wurde  später  de  los 
Remedios  genannt;  Bar  nett  The  West  India  Pilot  I  (London  1872)  S.  150 
sagt  noch :  Nine  miles  from  the  Castilletes  Point  is  the  little  hill  of  Remedios.] 

44)  Das  Land  Eupari,  Upari,  Eupar,  Upar  —  nicht  Cupari  —  ist  seit 
Alters  bekannt:  asi  llamado  por  un  gran  cazique  que  le  senorea  que  en  su 
lengua  significa  Rio  seco  6  Agua  seca,  sagt  Herrera  a.  0.  IV.  S.  325.  Es 
trägt  bei  Castellanos  schon  den  Namen,  der  in  Valle  d'Upar  sich  erhalten 
hat:  el  valle  auf  der  von  Oviedo  zu  Band  II  gegebenen  Karte;  es  ist  am 
besten  erkennbar  auf  der  Karte,  die  Reclus  a.  0.  vorlegt;  mit  ihr  ist 
Striffler,  Esploracion  en  el  Estado  del  Magdalena  (Cartagena  1876)  zu 
vergleichen,  wo  es  heisst :  El  puerto  de  Rio  Hacha  dista  solo  3  dias  de 
marcha  del  valle  Dupar  i  el  camino  terrestre  que  pone  en  comunicacion 
dichos  puntos,  pasa  cerca  de  poblaciones  que  ofrecen  recursos.  Castellanos 
sagt:  Del  valle  de  Upar  fuf  yo  de  los  primeros  pobladores  y  alli  padeci 
trabajos  ....  Boronata  diö  del  indole  de  oro  gran  noticia  .  .  no  faltaron 
despu^s  buenos  ventores ,  trabajö  su  pedazo  Castellanos ,  pero  tambien  sus 
pasos  eran  vanos.  En  tiempo  mio  Fernan  Sanchez  descubri6  en  antigua 
sepultura  una  olla  con  cuantidad  de  oro  .  .  El  oro  de  Vasconia  fu6  buscado 
por  Francisco  Vanegas  (202,  203  und  205).  In  seinem  vierten  Buch  handelte 
Castellanos  bei  Gelegenheit  der  Expedition  von  Lebron  ausführlich  über 
Pedro  Blasco  Martin  Labrador,  was  Piedrahita  a.  0.  S.  230  ff.  fast 
wörtlich  ausgeschrieben  hat.  Beachtenswert!!  ist  die  Gebirgsbezeichnung 
in  den  Stellen:  alrededores  hasta  las  Sierras  dichas  de  Herrera  (202)  und 
tierra  entre  el  mar  y  sierras  de  Herrera  y  el  Rio  de  la  Hacha  por  frontera 
(264);  la  tierra  que  llaman  de  Herrera  kennt  auch  Piedrahita  (a.  0.  S.  370). 
Diese  Sierra  de  Herrera  erscheint  bei  Reclus  a.  0.  S.  227  als  Sierra  negra. 

Herrera  (a.  0.  IV.  S.  326)  sagt:    El  ano  de  1540  huvo  una  general 


Pedro  Fernändez  de  Bustos.     Das  Erzbisthum  Santa  Fe.  267 

enfermedad  de  sarampion  y  juntamente  la  plaga  de  langosta  y  se  tuvo  por 
cierto,  que  la  yerva  que  habia  tocado  la  langosta,  mataba  a  qualqnier  animal 
que  la  comia  y  esto  se  entendia  asi  porqne  raui  presto  se  viö  mui  desminuida 
la  multitud  de  tigres,  leones,  venados  y  dantas  que  habia. 

45)  Pedro  Fernändez  de  Biistos  hatte  in  Neu-Granada  eine  bunte  Lauf- 
bahn, auf  welcher  er  mehrfach  mit  Castellanos  zusammengetroffen  ist,  der  ihm 
später  ein  Eulogion  gewidmet  hat  (442 — 444) ;  vergl.  Anm.  65. 

En  Santa  Marta  donde  yo  vivia,  saliö  del  buque  Don  Pedro  Fernandez 
de  Bustos,  mal  parado^  vi  al  general  Bartolome  Carreno  con  harta  gente  y  el 
mismo  me  conto  lo  que  cuento  por  ser  de  los  antiguos  en  conoeimiento.  A 
don  Pero  Fernandez,  le  dieron  el  gobierno  del  hermano;  alli  lo  consuela  con 
matrimonio  su  loada  doiia  Micaela  (443).  Die  Ankunft  in  Santa  Marta  er- 
folgte am  6.  Februar  1553;  siehe  Coleccion  etc.  XLI,  S.  431.  Ueber  Garcia 
de  Bustos  handelt  Castellanos  öfters  (z.  B.  502);  vergl.  Piedrahita  a.  0. 
S.  520. 

Fernandez  de  Bustos  verwaltete  mehrmals  die  Landeshauptmannschaft 
von  Santa  Marta  (Anm.  14)  und  die  von  Cartagena  (Anm.  50),  sowie  andere 
zeitweilige  Aemter,  z.  B.  1559  das  des  Justicia  mayor  in  Ibague  und  Mari- 
quita;  vergl.  Piedrahita  a.  0.  S.  558. 

Castellanos  verdankte  ihm  später  wichtige  Materialien:  En  este  tiempo 
fue  con  gobierno  en  Santa  Marta  Pedro  Fernandez  de  Bustos  cuyas  virtudes  y 
proezas  merecen  pluma  de  mayor  esencia  y  asi  por  su  valor  el  rei  ordena  que 
pase  ä  gobernar  Cartagena  (319);  buscö  las  mas  veraces  relaciones  que  son 
sonoros  cantos  de  mi  canto  (442). 

1574  wurde  Fernandez  de  Bustos  endgültig  Landes  -  Hauptmann  von 
Cartagena  (442).     Vergl.  Anm.  50  und  65. 

46)  Das  Erzbisthum  Santa  F^  ist  von  Papst  Pius  IV.  durch  Bulle  vom 
17.  April  1563  errichtet;  Castellanos  (318)  nennt  zwei  Erzbischöfe: 

a)  Juan  de  los  Barrios  y  Toledo,  Franciskaner(318),  vergl.  Anm.  15.  Dieser 
kam  1553  nach  Santa  Fe  de  Bogota,  nicht  1554,  wie  Acosta  a.  0.  S.  343 
angiebt.  Trajo  consigo  mis  padres  sagt  Rodrig  uez  Fr e sie  (a.  0.  S.  61), 
der  einen  Hexen  -  Verfolgung  betreffenden  Erlass  (a.  0.  S.  72)  mittheilt. 
Celebrö  constituciones  sinodales  que  se  promulgaron  en  Junio  de  1556;  he 
visto  algunas  vezes  las  acciones  de  6ste  sfnodo  y  verdaderamente  se  dispusieron 
en  el  cosas  mui  justas,  sagt  Piedrahita  a.  0.  S.  539.  Ueber  seine  Be- 
gleitung bei  der  Ankunft  in  Santa  Fe  derselbe  S.  506 ;  über  seinen  Aufent- 
halt in  Peru  siehe  Coleccion  para  la  historia  de  Espafia  L.  (Madrid  1867) 
S.  7.  Das  Pallium  für  ihn  kam  am  29.  Mai  1569  in  Cartagena  an;  er  starb 
aber  schon  am  12.  Februar  1569;  vergl.  Eodriguez  Fresle  a.  0.  S.  69. 

Francisco  Adame,  natural  de  la  villa  de  Serena,  gobernö  este  arzobispado 
con  gran  prudencia  hasta  Abril  de  1573,  puso  en  esta  iglesia  metropolitana 
la  primera  piedra  d  12  de  Marzo  de  1572;  vergl.  Rodrig  uez  Fresle 
a.  0. 


268  Anmerkungen  zum  Castellanos. 

b)  Luis  Zapata  de  CÄrdenas  —  gran  perseguidor  de  fdolos  y  santuarios, 
le  daremos  mas  profundo  elogio,  si  nuestra  vida  se  dilata  (318),  llego  por 
Abril  de  1573,  enriqueciö  la  iglesia  por  la  cabeza  de  Santa  Isabel,  reina  de 
Ungria,  que  es  patrona  de  todo  el  Reino,  vergl.  Kodriguez  Fresle  a.  0. 
Von  ihm  ward  20.  August  1583  das  Provinzialkonzil  eröffnet*,  1587  ging  er 
nach  Tunja.  Calificö  los  milagros  de  Nuestra  Senora  de  Chiquinquirä 
llevando  consigo  para  este  efecto  al  licenciado  Don  Lope  Clavigo,  arcedeano 
de  esta  Catedral  i  comisario  del  santo  oficio,  letrado,  teölogo  i  k  Don  Miguel 
de  Espejo  tesorero  en  ella  i  gran  canonista.  Vergl.  liber  jenen  Anm.  49, 
über  diesen  Anm.  73.  Erzbischof  Zapata  starb  am  24.  Januar  1590.  Orijinose 
8U  muerte  de  la  caza  k  que  era  aficionado.  Vergl.  Kodriguez  Fresle 
a.  0.  S.  84,  86,  156  und  167. 

Alonso  Lopez  de  Avila  starb  am  30.  December  1591  in  Santo  Domingo, 
Bartolom6  Martinez  starb  am  17.  August  1594  in  Cartagena.  Weiteres  im  Alma- 
naque  de  Bogota  (Bogota  1866)  S.  250. 

47)  Pedro  de  ürsua  (geboren  zu  Navarra  1526)  ist  ein  erklärter  Freund 
von  Castellanos  —  si  muchos  le  deben,  yo  le  debo  (83)  — ,  der  aber  erst 
Ende  1551  ihn  als  Justicia  mayor  von  Santa  Marta  kennen  lernte. 

Vor  die  Bekanntschaft  mit  Castellanos  fallen  folgende  Ereignisse :  1545, 
Himmelfahrtstag,  Ankunft  in  Santa  Fe  de  Bogota  und  zeitweilige  Uebernahme 
der  Regierung;  1547  Feldzug  gegen  die  Guanes  ;  1548  und  1549  Expedition 
in  das  Land  der  Chitareros  und  Gründung  der  Stadt  Pamplona;  1551  Feld- 
zug gegen  die  Musos  und  Anlage  der  Stadt  Tudela.  Vergl.  Herrera  a.  0. 
IV.  S.  272,  Piedrahita  a.  0.  S.  427—488.  Castellanos  sagt  in  den  erhal- 
tenen Büchern  bloss:  Poblö  la  ciudad  k  quien  Hämo  Pamplona,  conquistö  la 
provincia  de  los  Musos  (156).  Diese  Züge  für  Dorado-Fahrten  zu  erklären, 
wie  Markham,  Introduction  u.  s.  w.  S.  22  ff.  thut,  ist  nicht  gerechtfertigt, 
obwohl  Herrera  (a.  0.)  sagt :  Miguel  Diez  de  Armendariz  pidiö  que  le 
permitiese  ir  a  descubrir  el  dorado. 

Castellanos  kennt  Ursua  seit  Ende  1552.  En  Santa  Marta  recorrio  la 
Sierra,  podrfame  vender  yo  por  testigo  en  el  paso  de  Origua  6  de  Rodrigo  ., 
allf  caza  Bondigua  y  alli  Bonda,  alH  de  Pocigueica  y  de  Tairona  (156). 
Bischof  Juan  de  los  Barrios  sah  Ursua  in  der  Nähe  von  Buritica  in  der  Zeit 
zwischen  6.  Februar  und  15.  April  1553;  er  schreibt:  Pedro  de  Ursua  enviö 
adelante  ciertos  soldados  bisonos  que  acä  llaman  chapetones  y  no  tenian  in- 
teligencia  ni  lengua  de  las  costumbres  de  los  Indios  y  hicieronlos  algunas  veja- 
ciones  y  malos  tratamientos,  tomdndoles  los  raantenimientos  y  haciendas  y 
viendo  esto,  alzäronse  4  o  5  pueblos  y  mataron  y  hirieron  4  algunos  Espaiioles. 
Yo  rogu6  y  exort6  y  aun  requeri  k  este  capitan  que  no  hiciese  la  entrada  y 
no  quiso  dejarla  k  bacer.  Die  Urkunde,  d.  d.  Tamalameque  15.  April  1533 
in  der  Coleccion  etc.  XLI.  S.  433. 

Piedrahita  (a.  0.  S.  496  und  493),  der  Castellanos  ausdrücklich  zu 
den  zwölf  Begleitern  von  Ursua  auf  der  Taironaer  Fahrt  rechnet,  wiederholt 
eine  offenbar  dem  ersten  Buch  von  Castellanos  entlehnte  poetische  Rede. 
Aus  dem  Hinweis  auf  Theil  IV  Gesang  19,  der  bei  Piedrahita  a.  0.  S.  447 


Die  Stadt  Bogotd.     Gonzdlo  Jim^nez  de  Quesada.  269 


steht,  ergiebt  sich,  dass  Castellanos  später  noch  Ursua's  Thaten  in  Neu-Granada 
ausführlich  beschrieben  hat. 

Nach  den  Kämpfen  in  der  Sierra  Nevada  von  Santa  Marta  begab  sich 
Ursua  wieder  nach  Bogota  und  erst  1555  über  Cartagena,  Nombre  de  Dios 
und  Panama  (156)  nach  Peru,  wo  er  1558  in  Lima  ankam  und  am  26.  Sep- 
tember 1560  den  Omaguas-Zug  begann,  der  als  wirkliche  Dorado-Fahrt  schon 
von  dem  Theilnehmer  Francisco  Vasquez  bezeichnet  wird,  ebenso  von  Simon. 
Vergl.  die  Uebersetzung  von  Simon  (a.  0.  S.  401-506)  in  William  Bol- 
laert,  The  expedition  of  Pedro  de  Ursua  and  Lope  de  Aguirre  in  search 
of  El  Dorado  and  Omagua  in  1560—61   (London  1861),  besonders  S    45. 

Eodriguez  Fr e sie  (a.  0.  S.  13)  erzählt,  dass  sein  Vater  Ursua  auf 
seinen  neu-granadischen  Fahrten  begleitet  habe. 

48)  Die  Stadt  Bog-otä  ums  Jahr  1553  war  kleiner  als  das  damalige 
Tunja  und  auch  100  Jahre  später  von  geringen  Dimensionen.  Piedra hita 
a.  0.  S.  214  berichtet,  dass  zu  seiner  Zeit  die  Stadt  3000  europäische  Ein- 
wohner und  1000  Indianer  zählte.  Bogotä's  ältestes  Gotteshaus,  der  Humil- 
ladero,  soll  am  6.  August  1544,  dagegen  die  Kirche  der  Franciskaner  und  die 
der  Dominikaner  erst  am  26.  August  1550  geweiht  worden  sein;  alle  sonst 
bekannten  Kirchenbauten  sind  jüngeren  Ursprungs.  Charakteristisch  ist  ein 
Schreiben  von  Frai  Jerönimo  de  San  Miguel,  d.  d.  Santa  Fe  20.  August  1550, 
aus  dem  Helps,  a.  0.  IV.  S.  355,  Note,  Einiges  mittheilt. 

Ausser  den  ursprünglichen  Oidores  waren  im  Jahre  1553  noch  zwei 
andere  in  Bogota,  nämlich  seit  Februar  Francisco  Briceno  und  seit  Juni  Juan 
de  Montano;  vergl.  Anm.  42  imd  Piedrahita  a.  0.  S.  502,  der  das  Datum 
nach  Castellanos,  parte  4,  canto  22  giebt.  Die  damalige  Lage  des  Eegierungs- 
gebäudes  ist  unbekannt,  ebenso  die  Wohnungen  der  hervorragenden  Persönlich- 
keiten; sonst  Lokales  bei  Acosta  a.  0.  S.  338,  Note. 

Die  Zeit  der  Anwesenheit  von  Castellanos  ergiebt  sich  genau  aus  Fol- 
gendem :  Sebastian  Quintero  envi6  de  Popayan  al  Alvaro  de  Hoyon  4  Bogota, 
.  .  llego  y  presentö  sus  recaudos  y  escritura;  yo  lo  vf,  que  me  halle  presente 
en  la  ciudad  en  esta  conyuntara  ....  llegö  tambien  en  este  aiio  Juan  Mon- 
taiio ;  a  la  misma  sazon  vino  el  licenciado  Francisco  Briceno  ya  tomada  la 
residencia  del  Benalcdzar  (495).  Vergl.  über  den  Fall  Hoyon  Acosta  a.  0. 
S.  350. 

Durch  königliche  Erlasse  erhielt  Bogota,  am  27.  Juli  1540  Stadtrechte, 
am  3.  December  1548  Wappen,  am  27.  August  1565  Titel.  Vergl.  Felipe 
P6rez,  Geographia  fi'sica  i  politica  de  los  Estados  Unidos  de  Colombia 
(Bogota  1862)  I.  S.  19. 

49)  Oonzdlo  Jim^nez  de  Quesada  —  vergl.  Anm.  26  — ,  Sohn  von  Luis 
Jimenez  und  Isabel  de  Kivera,  um  1500  in  Cordova  geboren,  war  zuerst 
Licentiat  und  wurde  Marschall ;  als  solcher  nannte  er  sich  Marschall  Jimenez ; 
Acosta  a.  0.  S.  404,  Castellanos  bezeichnet  ihn  als  persona  grave,  docta  y 
estimada,  varon  de  quien  vivo  confiado  que  para  bien  regir  nada  le  falta,  el 
inclito  senor  senalado  en  varias  letras;  por  su  valor  en  la  espada  pudo  llegar 


270  Anmerkungen  zum  Castellanos. 


d  ser  adelantado  (289,  300  und  434).  Oviedo  (a.  0.  II.  S.  378)  nennt  ihn 
hombre  honrado  y  de  gentil  entendimiento  y  bien  habil. 

Quesada  war  von  Neu-Granada  abwesend  1539  bis  1550.  Herrera 
(a.  0.  III.  S.  338)  sagt  zum  Jahre  1539:  La  reina  que  gobernaba  y  el 
consejo  hicieron  grandes  diligencias  para  prenderle  en  Francia  .  .  .  vino  a 
Castilla,  tuvo  pleito  con  el  Adelantado  de  Canaria.  Oviedo  sprach  ihn  1548 
in  Madrid  und  Valladolid  (a.  0.  II.  S.  369) :  El  emperador  le  hizo  merced  de 
BUS  repartimientos  e  servicio  de  Indios  que  tenia  en  lo  que  conquistö  —  le 
di6  tftulo  de  mariscal  del  Nuevo  Reino  de  Granada  —  2000  ducados  de  renta 
en  las  rentas  reales  de  aquella  tierra  hasta  que  su  Majestad  le  d6  cosa  per- 
petua  —  alcalde  de  la  ciudad  de  Santa  F6  con  400  ducados  de  salario  cada 
un  ano  y  regidor  perp^tuo  de  la  misma  ciudad  —  que  preceda  en  antiguedad 
k  todos  los  otros  regidores  u.  s.  w.,  z.  B.  auch  über  Wappen. 

Nach  der  Rückkehr  —  Herrera  a.  0.  IV.  S.  218  und  278,  Piedra- 
hita  a.  0.  S.  480  —  sind  folgende  Ereignisse,  die  meist  unrichtig  datirt 
werden,  hervorzuheben : 

1554,  Sendung  nach  Cartagena  (434) :  fu6  senalado  por  juez  que  tomase 
residencia,  pero  por  ser  4  su  salud  embargo  el  temple  de  las  tierras,  su 
morada  no  fu6  de  largo  tiempo. 

1556,  Theilnahme  an  der  Provinzialsynode  von  Santa  F6. 

1561,  September  Mobilmachung  gegen  Lope  de  Aguirre;  vergl.  Anm.  66. 
Es  ist  die  Behauptung  von  Schomburgk  (a.  0.  S.  21),  dass  Aguirre  durch 
Quesada  gefangen  sei,  unrichtig. 

1566,  nachdem  Martin  de  Proveda  von  Chachapoya  in  Peru  über  San 
Juan  de  los  Llanos  nach  Santa  Fe  de  Bogota  gekommen,  Capitulation  mit 
der  dortigen  Regierung  über  die  Eroberung  des  Dorado-Landes ;  vergl.  Oviedo 
y  Bafios  a.  0.  S.  292,  293. 

1569 — 71,  Dorado-Zug,  vergl.  Anm.  59. 

1572,  Reise  nach  Spanien.  Rodriguez  Fresle  (a.  0.  S.  50)  sagt: 
AI  segundo  viaje  que  hizo  4  Castilla,  cuando  volvio  perdido  de  buscar  el  Do- 
rado,  fu^-  mi  padre  con  Hl  con  mui  buen  dinero  que  acA  no  volviö  mas, 
aunque,  volvieron  entrambos. 

1573,  Feldzug  gegen  die  Gualier,  vergl.  Acosta  a.  0.  S.  371.  Castel- 
lanos sagt  (548):  los  trajo  al  servicio  del  Rei,  fundando  la  ciudad  de  Santa 
Agueda, 

1576,  5.  Juni:  Verzeichniss  der  Entdecker  von  Neu-Granada.  Acosta 
a.  0.  S.  398—404. 

1579,  16.  Februar:  Tod  in  Mariquita;  am  Tage  zuvor  Testaments- 
errichtung von  Andreo  Sanchez ;  Lope  Clavigo  war  sein  Testamentsvollstrecker 
und  besorgte  die  Bestallung  in  Santa  F6  de  Bogota  am  6.  August  1597.  Die 
Aktive  seiner  Hinterlassenschaft  bestand  nur  in  dem  Dorado-Privileg  und  in 
dem  Besitz  von  Land  und  Leuten,  der  ihm  statt  der  Hälfte  seiner  lebens- 
länglichen Rente  verliehen  war,  nämlich:  Chita,  Tamara,  Paute,  Aricaporo, 
Piscua,  Tuneva,  Guatavita,  Honda  u.  A.  Vergl.  Juan  Flöres  de  Ocariz, 
Genealügfas  del  Nuevo  Reino  de  Granada  (Madrid  1674). 


Cartagenaer  Landes-Hauptleute.  271 

lieber  seine  Brüder  Fernando  und  Francisco  vergl.  Anm.  27,  über  seinen 
Erben  Anm.  69. 

Der  Name  Quesada  erhielt  sich  in  Neu-Granada  durch  die  Nachkommen 
von  Fernando  Sanchez  de  Quesada;  hieraus  folgt ^  dass  Humboldt  getäuscht 
ward,  als  man  ihm  in  Cipaquira  einen  Schweinehirten  als  direkten  Nach- 
kommen des  Marschalls  zeigte. 

50)  Cartagenaer  Laudes-Hauptleute  führt  Juan  Jose  Nieto,  Geo- 
grafia  hist6rica,  estadistica  y  local  de  la  provincia  de  Cartagena  (Cartagena 
1839)  S.   181  ff.  nicht  vollständig  auf",  Castellanos  kennt  folgende: 

Pedro  de  Heredia  natural  de  Madrid  1533 — 1554,  vergl.  Anm.  54. 

Juan  Bustos  de  Villegas,  segundo  gobernador  por  provision  de  la 
real  majestad,  sucediö  el  aiio  de  1559  (434):  era  varon  grave,  tuvo  algunos 
terminos  pesados,  pues  no  guardö  decoro  ni  respeto  ä  los  eclesiästicos  (437). 
Er  wurde  nach  Panama  versetzt  und  starb  dort. 

Melchior  Perez  de  Arteaga  erschien  in  Cartagena  1562  als  juez  de  resi- 
dencia;  auf  ihn  bezieht  sich  bei  Piedrahita  a.  0.  S.  587  eine  Strophe  von 
Castellanos;  dieser  lobt  ihn  auch  sonst  (171  und  368).  AI  bärbaro  qua 
nada  se  vestia,  hizo  usar  nuestros  vestuarios  j  en  ellos  permanecen  hoi  en 
dia,  las  hembras  tambien  usan  camisas  por  campos  j  por  villas  (437).  Die 
Nacktheit  der  in  Cartagena  sich  truppweise  zeigenden  Wilden  fiel  1560 
Garcilasso  Inca  de  la  Vega  auf;  vergl.  Clements  E.  Markham,  The 
Royal  commentaries  of  the  Yncas  (London  1869)  1.  S.  57.  Arteaga  quemö 
gran  cantidad  de  santuarios,  desterrando  bestial  idolatria ;  prosigui6  por  el  mar 
ciertos  piratas  (437).  Piedrahita  (a.  0.  S.  597)  sagt  zum  Ende  des  Jahres 
1563  von  Leiva:  Como  llevaba  k  su  cargo  el  ajuste  de  algunas  quejas  que 
los  vecinos  de  Cartagena  habian  dado  contra  el  licenciado  Arteaga,  detüvose  en 
oirlos.  Castellanos  hebt  hervor:  Mis  manos  tuvieron  la  sentencia  impresa,  en 
la  cual  qued6  con  fruto  de  juez  en  sus  cargos  incorruto  .  .  tomö  el  häbito  de 
Santo  clero,  me  dicen  ser  abad  de  Burgo-Fondo  (437). 

Antonio  Davalos  de  Luna  vino  para  rejir  k  Cartagena  (437) ;  das  war 
nach  Plaza  (a.  0.  S.  205)  im  Jahre  1564.  Davalos  starb  am  Fieber;  ihm 
folgte  Alonso  de  V4rgas  und  dann  Lope  de  Orosco. 

Martin  de  las  Alas  —  nicht  de  la  Sala  —  1565;  ihn  bespricht  Castel- 
lanos mehrfach  (437—440). 

Francisco  Bahamon  de  Lugo,  quinto  gobernador  de  Cartagena  1570 — 
1574;  fue  soldado  (440);  porque  yo  lo  vi,  lo  certifico  y  en  Italia,  segun  sei 
informado  —  le  fu6  dado  1565  el  gobierno  de  Puerto-Rico. 

Pedro  Fernändez  de  Bustos  (Anm.  45)  ha  vivido  muchos  anos  en  Carta- 
gena —  1578,  1580,  1586  —  k  contento  de  toda  la  frontera  (444);  estd  en 
este  tiempo  que  yo  escribo  en  la  gobernacion,  aunque  vivo  parece  desear  la 
sepultura  (442,  502  und  505).  Unter  ihm  erhielt  Cartagena  Stadtwappen  — 
23.  December  1574  —  und  Stadttitel,  6.  März  1575.  Vergl.  Nieto  a.  0. 
S.  163  und  164. 

Pedro  de  Luduefio  (1586)  ist  von  Castellanos  nur  kurz  erwähnt  (444), 
der  über  Pedro  de  Acuna  und  Antonio  Gonzalez  gar  nicht  redet. 


172  Anmerkungen  zum  Castellanos. 

51)  Das  Bisthum  Cartagena  de  Indias  ist  1534  vom  Papst  Clemens  VII. 
begründet  —  Alcedo  a.  0.  I.  S.  390  — ,  aber  im  16.  Jahrhundert  zu  keiner 
gedeihlichen  Entwicklung  gelangt ;  Castellanos  berichtet  über  dasselbe  auffallend 
wenig. 

Tomas  de  Toro,  primer  obispo  (393),  starb  am  31.  December  1536  5 
vergl.  Nieto  a.  0.  S.   162.     Seine  Umgebung  zählt  Castellanos  auf  (381). 

Jerönimo  de  Loaiza  (419),  Ankunft  1538,  wurde  Bischof  von  Lima  am 
25.  Juli  1543,  Erzbischof  am  5.  September,  starb  am  25.  Oktober  1575. 

Francisco  de  Santa  Maria  y  Benavides  vino  por  prelado  (423),  1543 — 
1554,  vergl.  Herrera  a.  0.  IV.  S.  97,  Piedrahita  a.  0.  S.  387,  Nieto 
a.  0.  S.  211. 

Gregorio  de  Beteta,  seit  1555  nach  Alcedo  a.  0.  I.  S.  393;  vergl. 
Anm.   70. 

Juan  de  Simancas,  tuvo  12  anos  mano  en  el  obispado  (436).  El  ano 
de  1560  iba  4  Santa  Fe  k  que  lo  consagrase  D.  Frai  .luan  de  los  Barrios  que 
lo  era  del  Reino  y  Santa  Marta,  sagt  Piedrahita  a.  0.  S.  564.  Unter  ihm 
wurde  Castellanos  Schatzmeister  des  Domkapitels:  despues  su  Majestad  nie 
nombrö  por  tesorero  (366). 

Die  späteren  Würdenträger  sind  Juan  de  Vivero,  Dionisio  de  los  Santos, 
Juan  de  Montalvo,  Diego  de  Osorio,  Antonio  de  Hervia,  Pedro  de  Arevalo 
und  Juan  de  Andraga;  von  diesen  ist  Castellanos  nur  Montalvo  bekannt  ge- 
worden. 

52)  Die  Priesterweihe  von  Castellanos  steht  der  Zeit  nach  nicht  genau 
fest 5  sie  ist  jedoch  zwischen  1554  und  1557  zu  setzen.  Castellanos  sagt 
(366):  Siendo  yo  soldado  peregrino,  en  Cartagena  me  dieron  amigable  mano 
y  recibf  los  ördenes. 

Dabei  werden  folgende  Personen  als  Bekannte  genannt: 

Nuno  de  Castro,  el  fuerte  capitan,  padre  de  peregrinos,  cortesano  de 
Burgos,  en  amistad  me  fu6  padre  i  hermano.  AI  tiempo  que  fuf  misacantano, 
en  su  casa  se  celebrö  la  fiesta  (366);  er  wird  noch  1559  erwähnt  (434  und  436). 

Anton  Verdugo  es  primer  chantre,  cuya  bondad  siempre  me  plugo  (381) 
Juan  P6rez  Materano,  venerable  persona.  Jusquin  en  teörico  de  canto,  dean, 
fti6  en  mi  primera  misa  padrino  (366).  Von  ihm  rührt  die  Vorstadt  Getsemani 
her  (443).  Ueber  ihn  schreibt  Juan  de  Vadillo  am  11.  Februar  1537:  era 
con  Felipe  Gutierrez  k  Veragua  y  venia  con  propösito  de  ir  sobre  la  chantreria 
de  Yucatan  .  .  vienia  pobre  fatigado  y  viejo  .  .  rogu61e  que  quedase  aquf, 
porque  su  persona  parece  necesaria  para  esta  iglesia,  vergl.  CoUecion  etc. 
XLI.  S.  380. 

Pedro  MArtir  Palomino,  hombre  de  gobier no,  prior  del  convento,  despues 
provincial  en  este  reino  hizo  con  su  consejo  harto  fruto  (436). 

53)  Xea-Granadische  Rcgrierungrs-Präsidenten  erscheinen  über  der  Audiencia 
(Anm.  41)  erst  später,  obwohl  schon  1555  der  Vicekönig  von  Perii  Andres 
Hurtado    de    Mendoza   —    Empfang    in    Lima    6.  Juli    1555    —    bei    seinem 


Historie  von  Cartagena,  273 


Aufenthalt  in  Panama  einen  solchen  Beamten  kraft  besonderer  Ermächtigung 
hatte  ernennen  wollen;  vergl.  Piedrahita  a.  0.  S.  529. 

Andres  Dias  Venero  de  Leiva  (440,  548)  kam  Februar  1564  nach  Santa 
Fe  de  Bogota;  mit  diesem  Datum  endet  der  erste  Theil  von  Piedrahita,  der  einzige 
bisher  bekannt  gewordene.  Castellanos  sagt:  De  toda  virtud  era  vaso  Ueno, 
trataba  con  amor  sincero  d  los  descubridores,  como  sabio,  docto  y  circunspecto 
4  los  antiguos  tuvo  gran  respecto ;  durö  paz  y  quietud  el  tiempo  que  por  el 
fue  gobernado  (380)  —  iba  en  silla  (393).  Leiva  ward  padre  de  la  patria 
und  seine  Regierungszeit  siglo  de  oro  genannt ;  seine  berühmteste  Verordnung 
ist  die,  welche  Missbrauch  der  Indianer  mit  Peitschenhieben  bestrafte;  vergl. 
Rodriguez  Fresle  a.  0.  S.  72.  Ueber  die  Gregnerschaft  von  Marschall 
Jimenez  siehe  Plaza  a.  0.  S.  214.  Leiva  ging  1574  nach  Spanien  zurück, 
wo  er  in  den  Indien- Rath  eintrat;  er  starb  1.  Juni   1578. 

Francisco  Briceno  starb  schon  am  13.  December  1575  (494,  502, 
538,  548). 

Lope  Dies  Aux  de  Armendariz  1578  — 1580,  Auf  seine  Reformen  be- 
zieht sich  der  Stossseufzer  von  Castellanos  am  Schluss  des  erstes  Buches.  Me 
traen  inquieto  movimientos  de  tiempo  proceloso  4  quien  forzosamente  me 
sujeto  (178). 

Dann  folgen  im  16.  Jahrhundert  noch  Juan  Bautista  Monzon ,  Juan 
Prieto  de  Orellana,  Francisco  Guillen  Chaparro,  Antonio  Gonzalez  (1590 — 
1597)  und  Francisco  de  Sande. 

Plaza  a.  0.  S.  210  behauptete,  die  Präsidenten-Bestallung  habe  folgenden 
Satz  enthalten :  Para  que  Vos  solo  tengais  la  gobernacion  de  la  dicha  tierra 
i  de  todo  el  distrito  de  la  dicha  audiencia,  ansi  come  le  tiene  el  nuestro  Virei 
de  la  Nueva  Espana  i  proveais  los  repartimientos  de  Indios  i  oficios. 

54)  Historie  von  Cartag-ena  nennt  Castellanos  die  Gesänge ,  die  Pedro 
de  Heredia  (365  —  434)  gewidmet  sind :  hidalgo  conocido  de  Madrid,  de 
noble  parentela,  hombre  tan  animoso  y  atrevido  que  jamäs  se  hallö  volver 
la  freute  k  peligrosos  trances;  k  las  Indias  paso  con  un  hermano,  Alonso  de 
Heredia,  varon  sagaz  en  dias  mas  anciano  (365).  Pedro  de  Heredia  hablandole 
me  decia  .  .  .  estaba  cansado  de  jornadas  ya  con  horas  y  rosarios  eran  sus 
tractos  (428).  AI  tiempo  que  de  ml  don  Alonso  tue  conocido,  andaba  como 
Leiva  en  una  silla  (393). 

Heredia's  Kapitulationen  —  die  erste  vom  5.  August  1532,  die  andere 
vom  31.  Juli  1540  —  finden  sich  in  der  Coleccion  etc  XXII.  S.  325—333,  XXIII. 
S.  55—74. 

Die  „Historie"  behandelt  nach  kurzer  Einleitung  erstlich  die  sofort  nach 
der  Ankunft  —  14.  Januar  1533  —  von  Heredia  vollbrachten  Züge  (367  bis 
397),  dann  Juan  de  Vadillo's  Erscheinen  und  dessen  Expedition  bei  Ankunft 
von  Francisco  de  Santacruz  (397  —  419),  der  Anfang  1539  Heredia  zur  Ver- 
antwortung nach  Spanien  sandte,  endlich  Heredia's  Schicksale  von  seiner  im 
März  1541  erfolgten  ersten  Rückkehr  aus  Spanien  bis  zum  Tode  (419—434). 
Was  den  letzten  Abschnitt  anbelangt,  so  geschah  der  Ausmarsch  aus  San 
Sebastian  de  Urabä  nach  Antioquia    am  16.  März  1542;    vergl.  Plaza  a.  0. 

Festschrift  der  Hamburgischeii  Amerika-Feier  II.  18 


274  Anmerkungen  zum  Castellanos. 

S.  183;  über  die  Gefangennahme  durch  Juan  de  Cabrera  handelt  Acosta 
a.  0.  S.  310;  die  zweite  nothgedrungene  Reise  nach  Spanien  erfolgte  1548, 
im  nächsten  Jahre  die  Rückkehr  (426). 

Als  seinen  Gewährsmann,  dessen  Aufzeichnungen  auch  genaue  Daten 
enthielten,  nennt  Castellanos  Gonzdlo  Fernandez,  cuyo  Marte  fue  de  todas 
estas  guerras  buen  testigo  me  tenia  poramigo;  me  diö  de  sus  discursos  parte, 
los  cuales  por  escrito  reparle  de  la  misma  manera  que  los  digo  {666  und  374) ; 
Fernandez  war  noch  1559  am  Leben  (436).  Den  Ueberfall  der  Stadt,  der 
am  24.  Juli  1546  geschah,  erfuhr  Castellanos  von  Alonso  de  Bejines,  „mi 
devoto"  (423).  Später  erfolgte  in  Tunja  eine  leichte  Ueberarbeitung  der 
Aufzeichnungen  in  Folge  von  schriftlichen  Mittheilungen  des  Juan  de  Cuevas 
—  me  envia  nuevas  relaciones  (374)  —  und  des  Juan  de  Orosco,  capitan  de 
valor  que  tuve  siempre  por  amigo  que  tambien  escribiö  de  estas  regiones 
(379  und  407).     Vergl.  über  Orosco  auch  Anm.  61   und  62. 

Die  wegen  Heredia's  entsandten  Verantwortungsrichter  waren  Juan  de 
Vadillo,  Francisco  de  Santacruz  (419),  Miguel  Diaz  de  Armendariz  —  de 
esta  residencia  puedo  tratar  de  vista  (426)  —  und  Juan  Maldonado  (430); 
Vadillo's  interessante  Berichte  vom  11.  Februar,  15.  September  und  13.  Ok- 
tober 1537  —  Coleccion  etc.  XLI.  S.  350 — 420  —  sprechen  auch  von  der 
Folterung  Alonso  de  Heredia's. 

Als  Heredia's  Todestag  giebt  Nieto  a.  0,  S.  32  den  27.  Januar  1555 
an ;  über  das  Unglück  der  von  Cosme  Rodriguez  Farfan  geführten  Expedition 
(431 — 433)  handelt  auch  Coleccion  etc.  III.  S.  515;  endlich  Benzoni  a.  0. 
S.  257. 

Von  der  Cartagenaer  Todtenfeier  sagt  Castellanos  (433  und  434)  :  Yo  con 
otros  muchos  circunstantes  oiamos  las  palabras  de  su  sobrina  mayor,  Dona 
Costanza  .  .  .  su  sentimiento  fue  notorio  k  los  que  conocfmos  su  templanza: 
Perdidit  invictum  Martem  furibunda  procella,  tempestas  famam  perdere  nulla 
potest;  quin  potius  scribi  calamo  sua  facta  perenni  poscunt  in  nullos  interi- 
tura  dies. 

55)  Die  Landkarteu,  welche  dem  Castellanos' sehen  Werke  beigefügt 
waren,  sind  nicht  erhalten;  ihrer  waren  drei: 

a)  Karte  des  Magdalena-Stroms  von  Juan  Nieto :  aqui  lo  dibujo  por 
ruego  mio  el  gran  cursio  que  el  rio  tiene  (419);  Castellanos  handelt  an  ver- 
schiedenen Stellen  von  der  Entdeckung  des  Magdalena  (277,  281),  der  des 
Cauca  (285—287,  382),  der  des  Lebrija  (284);  er  hat  die  Namen  Rio  Bermejo 
und  Rio  Serrano  (340),  bespricht  Juan  de  Berrio  (269)  und  Juan  Serrano 
(214).  Die  grosse  Dalfinger'sche  Fahrt  hat  den  ursprünglichen  Namen  des 
Flusses  —  Yuma  —  festgestellt;  vergl.  Oviedo  a.  0.  IL  S.  276. 

b)  Karte  der  Cordillere  oberhalb  Quito's;  im  Texte  nicht  erwähnt,  ob- 
wohl derselbe  an  einigen  Stellen  (z.  B.  488)  ohne  Karte  unverständlich  ist. 
Munoz  sah  sie  noch:  hai  un  plan  con  este  tftulo:  Traza  corogräfica  de  lo 
contenido  en  los  tres  brazos  que  cerca  de  la  equinoctial  hace  la  cordillera  de 
las  sierras.     Die  tres  brazos  erwähnt  Castellanos  (508)  gelegentlich. 


Die  Stadt  Tunja.  275 


c)  Karte  des  Maracaibo-Busens  von  Francisco  Soler :  aqui  la  retratö  su  propria 
mano  ä  mi  voluntad  (181).  Vorhanden  in  dem  nach  Madrid  gesandten  Manu- 
skript des  zweiten  Buches,  auf  welchem  (Folio  1)  steht:  Aqui  la  laguna  de 
Venezuela  und  der  Einband  das  Fehlen  einer  Anlage  erkennen  lässt;  die  von 
Oviedo  (Band  II.  Tafel  3)  gegebene  Karte  des  Sees  von  Maracaibo  ist 
übrigens  erheblich  älter  als  die  von  Soler,  welcher  auch  Eingangs  des  dritten 
Buches  der  Castellanos' sehen  Gesänge  (364)  erscheint. 

56)  Die  Stadt  Tunja  —  ein  christlicher  Name  des  nach  den  Tunzas  ge- 
nannten Ortes  ist  nicht  bekannt  —  wurde  am  6.  August  1539  begründet  und 
erhielt  schon  1541  das  Wappenrecht.  Von  den  ersten  Ansiedlern,  deren 
Marschall  Jimenez  1576  sich  erinnerte,  kamen  23  auf  Tunja,  dagegen  nur  16 
auf  Bogota;  Acosta  (a.  0.  S.  420)  giebt  für  Tunja  58,  für  Bogota  26  Namen. 
Wassermangel  hat  das  Aufblühen  von  Tunja  verhindert.  Zu  beachten  ist  folgende 
Stelle  aus  Manu  el  Ancizar,  Peregrinacion  de  Alpha  (Bogota  1853)  S.  314: 
AI  cebo  de  la  vida  regalada  i  ociosa,  cual  convenia  k  hidalgos  Espanoles,  acudieron 
los  principales  companeros  de  Quesada,  Fredemann  i  Benalcdzar  y  se  avecindaron 
en  Tunja,  labrando  casas  costosas ,  cuyas  portadas  sembraron  de  escudos  de 
armas  „para  eternizar  su  fama  en  la  posteridad  segun  candidamente  lo  afir- 
maba  Juan  de  Castellanos,  primer  cura  i  cronista  de  la  encopetada  ciudad. 
Thurmbau  und  Wappenrecht  ex-wähnt  Piedrahita  a.  0.  S.  171  gelegentlich: 
Gomez  de  Cifuentes  mereciö  que  se  le  permitiese  poner  sus  armas  en  freute 
de  las  reales,  como  se  ve  en  la  casa  con  torre  que  labro  en  la  plaza  de  Tunja. 
Alcedo  a.  0.  V.  S.  236  sagt:  Todavia  se  ven  muestras  de  su  grandeza  en 
los  edificios  magnificos  particularmente  la  Parroquia  de  Santiago  que  pudiera 
servir  de  catedral  en  cualquier  parte.  — -  La  parroquia  de  Santiago  con  buen 
templo  y  de  mejor  portada  .  .  .  hai  una  capilla  de  costosa  fäbrica,  rica  de 
ornamentos  y  dotada  de  buenas  rentas,  sagt  Piedrahita  a.  0.  S.  226. 

Von  den  53  Repartimientos,  die  Marschall  Jimenez  am  5.  Juli  1576  auf- 
zeichnete, fallen  24  auf  Tunja.  Vergl.  Acosta,  a.  0.  S.  398 — 404.  Eine 
Pulverfabrik  bestand  in  Tunja  bereits  1541  nach  Piedrahita  a.  0.  S.  247. 
Castellanos  hatte  in  der  Nähe  der  Stadt  eine  Estancia  (218). 

Eine  dem  Jahre  1610  angehörende  Beschreibung  der  nur  300  Einwohner 
zählenden  Stadt  Tunja  findet  sich  in  der  Coleccion  etc.  IX.  S.  393—448; 
die  dort  gegebenen  Verzeichnungen  der  Encomenderos  en  primera  vida  und 
en  segunda  sucesion  409 — 416  scheinen  älteren  Datums  zu  sein,  vergl.  Diego 
Rincon,  48  Jahre  alt,  Calderon  de  la  Barca,  32  Jahre  alt  (255).  Marschall 
Quesada  besass  in  Tunja  einige  Hausstellen,  die  er  den  Franciskanern 
schenkte  (a.  0.  S.  442). 

Die  Bekannten,  die  Castellanos  in  Tunja  hatte,  waren  meist  schon  früher 
erworben ;  zu  erwähnen  sind  folgende : 

Diego  de  Paredes  Calderon  (vergl.  Anm.  27),  weil  er  das  Interesse  von 
Castellanos  für  seinen  Neffen  Diego  Garcia  Paredes  —  de  paternas  fuerzas 
heredero  (244,  502,  522  u.  s.  w.)  —  erweckte,  den  Sohn  des  gleichnamigen 
berühmten  Heerführers ;  weil  aus  Trujillo  gebürtig,  besprochen  in  Fernando 

18* 


276  Anmerkungen  zum  Castellanos. 

Pizarro  y  Orellana,  Varones  ilustres  del  Nuevo  Mundo  (Madrid  1639) 
S.  399 — 419,  wo  auch  Buch  I  von  Castellanos  angeführt  wird. 

Fernando  de  Alcoc6r,  encomendero  de  Bojacä  i  Panches  casö  con  la 
Sotomayor  i  por  muerte  de  esta  con  hija  de  Isabel  Galiano,  no  tuvo  hijos ;  vergl. 
Rodriguez  Fresle  a.  O.  S.  43.  Castellanos  sagt  mit  Bezug  auf  Dalfinger's 
grosse  Fahrt:  Voi  obediente  k  cuya  relacion,  pues  el  k  todo  se  hallo  (203); 
Alcoc6r  war  auch  Hohermuth's  Gefährte  (223).  Ueber  seine  Verdienste  um 
die  Beschiffung  des  Magdalena-Stromes  vergl.  Plaza  a.  0,  S.  213  zum  Jahre 
1566;  Piedrahita  (a.  0.  S.  562)  sagt  zum  Jahre  1560:  Para  encontrar 
Camino  mas  tratable  que  el  de  V61ez  para  bajar  de  Santa  Fe  al  rio  grande 
de  la  Magdalena,  se  habia  reconocido  A  15  leguas  al  Norueste  de  Bogota  otra 
nacion  confinante  k  los  mismos  Panches  y  k  los  Muzos ;  esta  era  la  de  los 
Culimas,  estendida  por  un  fertil  pais,  que  riega  el  Rio  Negro. 

Juan  de  Valbuena,  mi  vecino ,  hoi  da  valor  k  nuestro  clero ,  pues  ya 
cansado  del  discurso  luengo  se  revistio  del  hdbito  que  tengo  (192);  er  kam 
mit  Bischof  Martin  von  Santa  Marta,  wurde  in  Tunja  Geistlicher,  aber  nicht 
Pfarrer.  Für  Castellanos  verwaltete  die  Stadtpfarre  als  Vikar  Juan  de 
Cafiada  (255). 

Antonio  de  Santana  que  hoi  vive,  lo  cuenta  como  yo  lo  escribo  (271). 
Ueber  dessen  Stiftung  der  Chiquinquirä-Kirche    vergl.  Ancizar  a.  0.  S,  35. 

Baltasar  Maldonado,  marido  de  Dona  Leonor  Carvajal,  compafiero  del 
mariscal  Quesada,  reposa  sepultado ;  pero  no  pueden  sepultarse  sus  loores.  En 
Tunja  deja  hijas  que  resucitan  su  memoria  (312,  426  und  490).  Vergl.  über 
ihn  Rodriguez  Fresle  a.  0.  S.  39. 

Juan  Rodriguez  Gil  hoi  me  da  cuenta  (223,  283  und  312)  natural  de 
Alanis;  hombre  rico  de  hacienda.    Vergl.  Piedrahita  a.  0.  S.  152  und  158. 

Juan  Rodriguez  Parra,  que  hoi  vive  (290). 

Anton  Rodriguez  de  Cazalla,  vemos  hoi  presente  (309). 

Diego  Romero;  encomendero  de  Engativa  i  Une,  casado,  tuvo  hijos,  hoi 
vive  (309). 

Martin  Sanchez,  hoi  nuestro  vecino,  llegö  con  Pedro  Fernandez  de  Lugo, 
terror  de  Musos  y  Panches  (282  und  289).  Marschall  Jim^nez  sagt  1576:  vive 
en  Tunja,  tiene  en  hacienda  mui  largo  de  comer  y  en  Indios  dos  repartimientos, 
vergl.  Acosta  a.  0.  S.  401. 

57)  Santa  Marta -Oeschiehten  aus  der  älteren  Zeit  giebt  Castellanos 
(258 — 319)  in  neun  zusammenhängenden  Gesängen  als  Historia  y  relaciou  de 
las  cosas  acontecidas  en  Santa  Marta.  Ein  System  ist  dabei  nicht  durch- 
geführt, wie  denn  der  zweite  Hauptabschnitt  bald  als  vierte,  bald  als  fünfte 
Elegie  des  zweiten  Theiles  bezeichnet  ist.  Die  neun  Gesänge  zerfallen 
folgendermassen :  Einleitung  „primera  elegia"  bis  zum  Jahre  1528;  erster 
Haupttheil  (drei  Gesänge)^  donde  se  tracta  de  la  llegada  de  Garcia  de  Lerma 
y  se  cuentan  los  acontecimientos  durante  su  gobierno  (260 — 289);  zweiter 
Haupttheil  (ftinf  Gesänge),  donde  se  cuenta  la  llegada  de  Pedro  Fernandez 
de  Lugo  hasta  su  muerte  (289—319).  Bei  der  Ankunft  sowohl  von  Lerma 
(1528),  als  auch  von  Lugo  (1535)    ist    der  Gegensatz    zwischen    europäischem 


Quesada's  Denkwürdigkeiten.  277 


Kulturleben  und  tropischen  Zuständen  tendenziös  hervorgehoben ;  die  Gewährs- 
männer sind  nicht  häufig  genannt;  ohne  Namen  wird  sogar  Einer  erwähnt: 
quien  la  pluma  me  gobierna  (298) ;  andererseits  heisst  es  aber  auch :  Asi  lo 
cuenta  como  escribo,  Antonio  de  Santana,  menor  hermano  de  don  Fernando 
(271);  Juan  de  Eodriguez  hoi  dia  me  cuenta  (283);  ä  Fernando  de  la  Feria 
yo  fio  (268)  \  Domingo  de  Aguirre,  quien  testigo  fue  de  vista  me  dejo  cum- 
plidas  relaciones  (275).  Diese  Schriften  des  Letztgenannten  bildeten  offenbar 
die  Hauptquelle. 

Von  den  Gesängen  über  Lugo  beziehen  sich  zwei  mit  eigenem  Anfang 
und  Ende  (300 — 312)  auf  die  Quesada'sche  Expedition  von  1536,  welche  zur 
Entdeckung  des  späteren  Neu-Granada  führte,  über  dessen  Entwicklung  am 
Schluss  (317  und  318)  eine  kurze  Uebersicht  gegeben  ist.  Dieser  ist  später 
noch,  um  den  chronologischen  Zusammenhang  herzustellen,  ein  Zusatz  über 
die  verschiedenen  Statthalter  bis  Luis  de  Eojas  hinzugefügt  worden. 

58)  Quesada's  Denkwttrdig-keiten,  die  Herrera  unter  den  von  ihm  be- 
nutzten Quellenschriften  aufführt,  waren  betitelt:  Compendio  historial  de  la 
conquista  del  Nuevo  Eeino  de  Granada  und  wurden  gewöhnlich  nach  dem  Ab- 
fassungsorte Ratos  de  Suesca  genannt. 

Vergl.  über  den  Ort  Suesca,  dessen  alter  Name  Suesusa  sein  soll, 
Joaquin  Esguerra,  Diccionario  geogräfico  de  los  Estados  ünidos  de  Co- 
lombia  (Bogota  1879)  S.  239.  Suesca  gehörte  Pedro  de  Acebo  Sotelo,  que  hoi 
vive  (312)  secretario  del  General  Quesada,  encomendero  de  Topaipf  en  la 
Palma,  sucediö  en  la  encomienda  del  pueblo  de  Suesca,  sagt  Eodriguez 
Fresle  a.  0.  S.  41.  Vendiö  un  repartimiento  que  se  le  diö  en  Mariquita, 
erklärt  Quesada  1578;  vergl.  Acosta  a.  0.  S.  403  und  424, 

Das  Werk  wurde  begonnen,  als  Quesada  70  Jahre  alt  war.  Piedra- 
liita  sagt  in  der  Vorrede:  Ocupe  todos  los  dias  del  ano  de  1666,  siguiendo  • 
legalmente  ä  la  historia  que  dejö  escrita  el  adelantado,  menos  en  la  espresion 
de  las  resoluciones  y  despachos  del  Consejo  .  .  Me  encontre  en  una  de  las 
librerias  de  la  corte  con  el  Compendio  Historial  de  las  Conquistas  del  Nuevo 
Eeino  que  hizo,  escribio  y  remitiö  k  Espana  el  adelantado;  escribio  el  com- 
pendio modesto  de  sus  hazanas  al  mismo  tiempo  que  ejecutaba  muchas  de 
ellas  en  la  guerra  con  los  Guasquias  y  Gualies  por  anos  de  1572  y  1573. 
Eine  königliche  Verordnung  vom  16.  August  1572  befahl  die  Niederschrift 
von  Chroniken  der  überseeischen  Eeiche.  Vergl.  Simon  a.  0.  S.  2. 
Piedrahita  führt  verschiedene  Stellen  der  Quesada' sehen  Schrift  an,  näm- 
lich aus  ihrem  ersten  Buch  die  Kapitel  1,  2,  4,  7,  9 — 11  und  13,  letzteres 
mit  dem  Zusatz  Folio  43  del  manuscrito  —  vergl.  S.  69,  99,  101,  102,  129, 
155,  169,  177,  181,  191  und  195,  aus  dem  zweiten  Buch«  Kapitel  2,  9,  10, 
vergl.  S.  5,  22,  23,  sowie  aus  dem  dritten  Buche  die  Kapitel  1,  2,  5 — 9, 
vergl.  S.  357,  442,  443,  448,  472,  481,  519,  508,  533,  544,  475,  556  und 
561;  die  letzte  Stelle  bezieht  sich  auf  das  Jahr  1560.  Piedrahita  (a.  0. 
S.  475)  sagt :  el  mariscal  hizo  el  capitulo  nono  del  libro  tercero  de  su  compendio 
Historial  por  el  ano  de  1574.  Auch  Zamora  hat  einige  Citate  aus  Quesada's 
Buch,  vergl.  z.  B.  die  Stelle  bei  Acosta  a.  0.  S.  207. 


278  Anmerkungen  ztim  Castellanos. 


Quesada's  Vorrede  hob  nach  Piedrahita  (a.  0.  S.  XIV.)  hervor, 
dass  Relaciones  vulgares  nicht  vertrauenswürdig  seien,  und  meinte  damit  eine 
zweibändige  Schrift,  betitelt  Historia  a  que  dio  principio  Fr.  Antonio  (?) 
Medrano,  del  Orden  de  San  Francisco,  y  prosiguiö  en  dos  tomos  Fr.  Pedro 
Aguado,  SU  provincial  —  llegaron  a  mis  manos  con  el  credito  de  mas 
seguras,  de  que  me  ha  parecedo  noticiar  al  lector,  para  que  si  llegase  a  sus 
manos,  repare  en  los  yerros.  Im  Texte  erwähnt  Piedrahita  dies  Buch 
nicht,  sondern  nur  das  Quesada'sche  Werk. 

Letzteres  kannte  Castellanos  genau,  wie  auch  Piedrahita  (a.  0. 
S.  XIV.)  sagt :  Castellanos  affirma  en  los  22  cantos  de  su  historia,  sin  oponerse 
al  contexto  del  Adelantado,  ser  todo  ello  mui  digno  de  aprecio  por  la  curio- 
sidad  que  observo  en  referir  hazanas  particulares  de  muchos  conquistadores. 
Zu  Anfang  seines  ersten  Buches  sagt  Castellanos  (6) :  Gonzälo  Jimenez  de 
Quesada  no  teniendo  menos  de  letrado  que  supremo  valor  en  el  espada,  com- 
prueba  por  razones  en  sus  obras  ser  estas  opiniones  las  mas  ciertas ;  dies  be- 
zieht sich  auf  die  Vorgeschichte  der  Entdeckung  von  Colurabus.  Eine  von 
Piedrahita  (a.  0.  S.  17)  erwähnte  Stelle  des  vierten  Buches  von  Castel- 
lanos berichtet  von  den  neu-granadischen  Hochebenen  una  cosa  mui  digna  de 
saberse;  refiere  Castellanos  haber  leido  en  un  libro  manuscrito  que  dejo  el 
adelantado.  Es  la  costumbre  que  tenian  los  Indios  de  poner  sobre  la  se- 
pultura  de  los    que   moiüan  de  picadura  de  culebra,  la  sefial  de  la  crixz. 

Beachtenswerth  ist,  dass  Quesada  seinen  Wegzug  aus  Santa  Marta  (lib. 
I.  c.  4)  ins  Jahr  1537  verlegte  (Piedrahita  a.  0.  S.  129).  Das  richtige 
Jahr  1536  findet  sich  auch  in  der  Denkschrift,  die  er  1548  an  Oviedo  gab 
und  die  von  diesem  (a.  0.  II.  S.  378 — 412)  wiedergegeben  ist:  un  gran  cuaderno 
de  sus  sucesos  que  tuve  muchos  dias  en  mi  poder.  Bei  der  Abfassung  des  späteren 
Werkes  war  dies  sehr  beachtenswerthe  Buch  offenbar  nicht  zur  Hand. 

Quesada  soll  auch  für  die  Marientage  des  Kirchenjahres  eine  Coleccion 
de  sermones  geschrieben  haben. 

59)  Spätere  Dorado-Fahrten  —  solche,  die  den  beiden  ersten,  auf  die 
Entdeckung  eines  güldenen  Prinzen  gerichteten  Fahrten  (Anm.  29),  dem 
Zwecke  nach  gleichkämen,  sind  seltener,  als  gewöhnlich  angenommen  wird: 
die  bisherigen  Uebei-sichten  sind  ungenau;  z.  B.  auch  the  list,  which  is  at- 
tached  to  Keymis's  Voyage  (Hakluyt,  III.  pp.  687—692).  We  are  told  it  was 
taken  from  the  Priraera  parte  de  las  Elegias  de  varones  ilustres  de  las 
Indias,  compuestas  por  Juan  de  Castellanos,  sagt  Schomburgk,  The  dis- 
covery  of  Guiana  by  Sir  W.  Ralegh  (London  1848),  S.   116  Note. 

Werden  von  Expeditionen,  die  irgend  einer  Nachricht  von  einem  gold- 
reichen Lande  folgten,  und  von  denen,  welche  der  Nachforschung  von  Ver- 
sprengten galten  —  vergl.  Simon  a.  0.  S,  109  und  181  —  diejenigen  aus- 
gesondert, welche  der  Suche  eines  Dorado  galten,    so    ergiebt    sich  Folgendes. 

Wirkliche  Dorado-Fahrt  ist  der  1559  von  Pedro  de  Ursua  als  gobernador 
de  los  Omaguas  y  del  Dorado  von  Perii  aus  begonnene  Zug,  der  so  unglücklich 
verlief;  Ursua  perdiö  su  armada  por  falta  de  leales  y  buenos  (219).  Vergl. 
die  Anm.  47  und  66. 


Spätere  Dorado-Fahrten.  279 


Folgende  vier  Expeditionen  sind  wahrscheinlich  Dorado-Fahrten: 

1560.  Padre  Ayala  (siehe  Anm.  38)  volviö  con  flota  de  Aruacas  con 
solos  12  hombres  de  alpargate;  llegados  4  Guayana  van  entrando  .  .  .  mataron 
al  Ayala  y  su  bando,  sagt  Castellanos  (84). 

1566.  Martin  de  Provedo,  habiendo  salido  de  las  Chachapoyas  con 
alguna  gente  armada  al  decubrimiento  de  nuevas  conquistas^  pasö  la  cordillera 
de  los  Andes,  llevando  su  derota  siempre  al  Norte,  .  .  .  raudando  el  rumbo 
ä  el  Poniente  vino  ä  salir  por  San  Juan  de  los  Llanos  k  la  ciudad  de  Santa 
Fe.  Vergl.  Oviedo  y  Banos  a.  0.  S.  292.  Simon  (a.  0.  S.  577)  sagt: 
Por  el  paraje  de  San  Juan  de  los  Llanos  vinieron  k  Santa  Fe  con  su  capitan 
Pedro  Silva  y  el  capitan  Soleto. 

1569.  Diego  Fernandez  de  Zerpa  tentö  ir  esta  jornada^  luego  lo  matö 
el  Cumanagoto;  el  ejercito  suyo  qued6  roto  (84).  Ueber  die  Belehnung  vom 
15.  Mai  1568  vergl  Oviedo  y  Bafios  a.  0.  S.  293,  299—301,  Coleccion 
etc.  IV.  S.  462 — 466;  über  den  Beginn  des  Zuges  Ende  1569  und  den  Unter- 
gang des  Unternehmens  siehe  den  Bericht  von  Lope  de  las  Varillas  in  der 
Coleccion  etc.  IV.  S.  467 — 489,  über  Reste  der  Expedition  Schomburgk 
a.  0.  S.  24. 

1569.  Pedro  Malaver  de  Silva  siguiö  la  recuesta,  de  la  cual  por  aquf 
volviö  perdido  con  su  poquilla  gente  descompuesta ,  notirt  Castellanos  (84). 
Ueber  die  Belehnung  vom  15.  Mai  1568,  den  Beginn  des  Zuges  im  Juni 
1569,  die  Niederlage  und  den  Rückzug  von  Bariquicimeto  nach  Chachapoyas, 
vergl.  Oviedo  y  Baiios  a.  0.  S.  293—296,  307—311;  Simon  a.  0. 
S.  578.  Die  Belehnung  umfasste  Guayana  und  Quinaco;  letzteres  Wort  ist 
verschrieben  und  soll  Ocoarica  heissen,  nach  Castellanos  (219)  ein  anderer 
Ausdruck  für  Dorado.  Zu  vergleichen  ist  auch  die  spätere  Belehnung  vom 
7.  November  1574,  die  in  der  Coleccion  etc.  XXHI.  S.  207—223  sich  findet. 

Eine  wirkliche  Dorado-Fahrt  ist  jedenfalls  die  von  Gonzalo  Jimenez  de 
Quesada,  wie  die  von  Acosta  a.  0.  S.  345  ff.  mitgetheilte  Kapitulation  ergiebt. 
Castellanos  berichtet  (83  und  85)  :  El  adelantado  don  Gonzälo  Jimenez  de  Quesada 
ahora  vino  del  Dorado  que  es  la  misma  demanda  senalada  .  .  .  en  esta  ultima 
Jornada  que  hizo  por  los  llanos  de  esta  tierra,  no  sobrdndole  ya  gente  de  guerra 
vi6  por  medio  del  llano  prolongada  con  prolijos  estremos  una  sierra,  donde  mandö 
ir  al  capitan  Soleto;  no  trajo  razones  del  secreto.  Con  hambre  mas  que 
terrible  se  volviö  desde  el  pi6  por  no  parecer  convenible  meter  la  gente  donde 
no  sabia. 

Die  ersten  Vorbereitungen  für  diese  Expedition  scheinen  schon  ins  Jahr 
1560  zu  fallen.  Piedrahita  (a.  0.  S  561)  sagt  nämlich  zu  diesem  Jahre: 
Poco  antes  habia  llegada  cedula  real  de  Felipe  II.  para  que  se  pudiesen  hacer 
y  capitular  nuevas  poblaciones  y  conquistas,  en  cuya  virtud  habia  capitulado 
el  mariscal  la  conquista  del  Dorado;  pues  aunque  en  ella  no  se  aprobaban 
las  ya  hechas  se  templaba  k  lo  menos  con  el  despacho  el  rigor  con  que  debia 
procederse  contra  los  que  en  aquel  punto  se  hailasen  culpables. 

Die  Grenzen  des  an  Quesada  verliehenen  Landes  bildeten  im  Innern 
Neu-Granada   zu   der  Pauto    (Pore)    nach    oben   und  der  Papamene  (Caqueta) 


280  Anmerkungen  zum  Castellanos. 

nach  unten.  Die  Eoute  der  Expedition  giebt  Simon  nach  einer  kurzen 
Notiz  (a.  0.  S.  577)  im  noch  nicht  veröffentlichten  zweiten  Theile  seines 
Werkes  und  ist  dabei  dem  Berichte  von  Francisco  Medrano  gefolgt,  den  er 
aber  wohl  unrichtiger  Weise  auf  der  Fahrt  sterben  lässt;  denn  der  Leichen- 
steiu  eines  am  8.  September  1577  verschiedenen  Francisco  Medrano,  racionero 
que  fu6  de  esta  Santa  Iglesia  Catedral,  findet  sich  noch  in  Santo  Domingo, 
vergl.  Lopez  Prieto  a.  0.  Tafel  7.  Piedrahita  (a.  0.  S.  XIV)  giebt 
Medrano  den  Vornamen  Antonio. 

Diese  Dorado-Fahrt  mit  der  von  Fernando  de  Quesada  (Anm.  28)  zu 
identificiren  ist  ein  Fehler  von  Schomburgk  (a.  0.  S.  25);  Ralegh 
(a.  0.  S.  25)  sagt  über  sie  deutlich:  After  de  Serpa  it  was  undertaken  by 
the  Adelantado,  don  Gonzales  Cemenes  de  Casada,  .  .  who  sought  the  passage 
by  the  river  called  Papamene,  which  riseth  by  Quito  in  Peru  and  runneth 
southeast  100  leagues  and  then  falleth  into  Amazonas,  but  he  also  failing  the 
entrance  returned  with  the  losse  of  much  labor  and  cost;  I  tooke  one  captaine 
George  a  Spaniard,  that  followed  Gonzales  in  this  entreprise.  Wahrscheinlich 
ist  die  Bezeichnung  Spaniard  falsch  und  Alvaro  Jorje  (vergl.  Anm.  76)  ge- 
meint. 

60)  Die  Welser-Gesängre  von  Castellauos  (181 — 239)  sind,  obwohl 
äusserlich  zusammenhängend,  nicht  einheitlich  geschrieben.  Eine  Ueberschrift 
fehlt;  die  Einleitung  hebt  zum  zweiten  Male  nach:  con  este  concluyamos  (184) 
an;  es  bieten  sich  mehrere  geographische  und  andere  Einschiebsel  (181,  192 
bis  195,  203,  212,  228).  Dem  zweiten  Gesang:  como  el  jurado  Leiva  y 
Pedro  de  Limpias  prosiguieron  adelante  per  las  zavanas  del  Cabo  de  la  Vela 
y  Soturma  en  busca  de  alguna  gente  para  guias  y  de  lo  que  les  sucedio  con 
unos  Indios  que  encontraron  ist  erstlich  ein  die  Verweserschaften  von  Juan 
de  Bueno,  Luis  Sarmiento,  Nicolas  Fedriman  und  Bartolome  de  Santillana  be- 
treffender Uebergang  (196)  und  dann  die  ganze  Beschreibung  des  ersten 
Federmann' sehen  Zuges  (196 — 201)  später  hinzugefügt;  in  der  Beschreibung 
der  grossen  Dalfinger' sehen  Expedition  bildete  die  Episode  von  Vascufia  den 
erheblicheren,  für  sich  abgesonderten  Theil  (205  und  206),  Dalfinger's  Todos- 
ort  ist  unsachlich  in  folgenden  Worten  beschrieben :  adonde  ahora  estä  poblada 
la  ciudad  de  Pamplona ,  distrito  de  este  Nuevo  Reino  (206) ;  Georg  von 
Spcier  wird  als  vierter  Landeshauptmann  bezeichnet,  ohne  dass  die  formellen 
Vorgänge  ersichtlich  wären;  Espira  llegö  hasta  San  Juan  que  dicen  de  los 
Llanos,  cuyo  lugar  en  la  presente  6ra  conocemos  poblado  y  cuando  tracte  de 
este  Nuevo  Reino,  terneis  en  el  un  apacible  cebo.  Bei  Antonio  Navarro  findet 
sich  ein  Excurs  über  das  von  den  theoretischen  Juristen  angerichtete  Unheil: 
la  confnsion  que  de  presente  vuela  por  este  miserable  Nuevo  Reino  (224);  der 
Abschluss:  mediante  Dies  dir<^  luego  las  entradas  (239)  ist  an  verkehrter  Stelle 
gemacht.  Nur  die  ersten  Gesänge  (181 — 215)  richten  sich,  dem  Dedications- 
Sonnet  eng  verbunden,  an  König  Felipe;  mit  der  dritten  Elegie  fällt  die 
Anredeform  weg.  Der  wichtigste  Theil  der  Welser-Geschichten,  die  Ankunft 
auf  der  neugranadischen  Hochebene,  ist  in  die  Benalcdzar-Elegie  (464  und 
465)  gebracht  worden. 


Die  Benalcäzar-Elegie.  281 


61)  Die  BenalcÄzar-Eleg-ie  (445 — 501),  die  grösste  zusammenhängende 
Dichtung  von  Castellanos,  durch  besondere  Seiten-Ueberschriften  im  Manuskript 
kenntlich  gemacht  —  gesta  sua  calamo  sunt  celebranda  pio  —  ist  nicht  fertig 
geworden;  ein  Quasi-Epilog  (501—506)  musste  schliesslich  noch  angefügt 
werden. 

Seine  Quellen  nennt  Castellanos  selber:  Los  discursos  de  Benalcdzar 
son  los  que  sigo  (489)  Francisco  de  Saldano,  secretario  de  Benalcäzar,  vergl. 
Piedrahita  a.  0,  S.  281.  Aun  viven  hoi  algunos  caballeros,  cuyos  dichos 
tenemos  d  la  mano :  el  capitan  Luis  Mideros  y  el  capitan  Florencio  Serrano 
deponen  de  cosas  vistas  j  sabidas  (450).  Con  Florencio  Serrano,  Juan  de 
Orosco  y  Arias  Maldonado  tracto,  hablo,  comunico  y  me  favorecen  con  su 
relacion  (475).  Juan  de  Orosco  y  Arias  Maldonado  yo  tuve  por  amigos  (466). 
Juan  de  Orosco  hizo  libro  de  peregrinaciones  hechas  en  el  discurso  de  su 
vida  y  tambien  escribio  alguna  parte  de  estas  regiones  (del  Cenü)  en  su  libro, 
llamado  Peregrino  (379,  387  ff.,  393  ff.).  Segun  Orosco  me  declara  (408);  Juan 
de  Orosco  y  un  hermano  de  Rojas  vecinos  de  Tunja  ha  menos  de  6  anos 
murieron  (407).  Martin  Yanez  Tafur,  Juan  de  Avendano,  Luis  de  Sanabria, 
que  tambien  en  Cubagua  fueron  guerreros  .  .  .  son  personas  fidedignas  que 
me  dictan  lo  que  escribo  y  algunas  de  ellas  viven  donde  vivo  (468  und  472). 
Melchior  de  Barros,  lusitano,  al  cual  tengo  por  huesped  de  presente,  era 
soldado  del  Pirii  (455).  •  A  los  demas  regidores  de  Cali  no  refiero,  porque  la 
relacion  no  los  senala,  ni  los  vivos  la  dan  como  yo  quiero,  aunque  por  mis 
cartas  los  exhorto  (462). 

Die  interessantesten  Materialien  über  Benalcäzar,  der  leider  keinen 
neueren  Biographen  gefunden,  geben  Oviedo  a.  0.  IV.  S.  124 — 144  nach 
mündlichen  Mittheilungen  und  Las-Casas,  Historia  sumaria  etc. ,  angeblich 
nach  dem  zweiten  Theile  einer  Schrift  von  Alonso  de  Palomino  bei  Fabie 
a.  0.  II.  S.  387  ff.,  vergl.  I.  S.  290,  während  Juan  de  Velasco,  Histoire 
du  Royaume  de  Quito  (Paris  1840),  Uebersetzung  von  H.  Ternaux-Compans, 
wenig  Genügendes  enthält. 

Folgendermaassen  lautet  in  Kürze  der  in  Anm.  28  erwähnte  Dorado- 
Zusatz :  Noticia  que  de  Bogota  a  Benalcäzar  dio  el  indio  que  hallö  en  la 
ciudad  de  Quito,  de  la  cual  toraaron  posesion  el  dia  del  serdfico  Francisco 
del  ano  de  1534  (456,  451).  Una  trorapa  prometia  riquezas  en  tierra  de 
Quillacinga  (donde  es  ahora  Pasto),  provincia  conquistada  par  el  Inca,  donde 
mandaron  ir  al  capitan  Pedro  de  Anasco  y  alli  el  comenzö  de  conquistar  la 
tierra.  Despues  Benalcäzar  inquiria  un  Indio  forastero,  peregrino,  que  en 
Quito  residia  y  de  Bogota  dijo  ser  vecino  .  .  .  entre  otras  cosas  dijo  de  cierto 
rey  que  sin  vestido  en  balsas  iba  por  un  piscina  a  hacer  oblacion,  segun  el 
vido,  ungido  todo  de  trementina  y  encima  cantidad  de  molido  oro ;  los  soldados 
alegres  y  contentos  entonces  le  pusieron  el  Dorado  (452,  453).  —  Benalcäzar 
volviö  ä  San  Miguel  de  Piura,  dejando  gente  y  caballos  con  Juan  de  Ampudia 
que  luego  hizo  via  ä  Pasto  donde  Anasco  residia  (456)  ...  El  Indio  que 
dijimos  siendo  guia  ä  Bogota  se  dirijen  en  busca  del  Dorado  (456)  .... 
anduvieron   gran   niimero    de    dias  por  montanas    despobladas  .  .  .  sierras  ne- 


282  Anmerkungen  zum  Castellanos. 

vadas.  A  todos  convenia  ir  hacia  la  siniestra  mano  .  .  aquel  bdrbaro  porfia 
que  SU  Dorado  dejan  k  la  diestra  .  .  huyendo  de  los  despoblados  a  Cibondoy 
salieron  (457).  Beachten swertli  ist,  dass  BenalcÄzar  an  eine  Expedition  ins 
Kanehl-Land  und  auch  später  sogar  an  eine  Dorado-Expedition  gedacht  hat. 
Oviedo  (a.  0.  IV.  S.  382  und  387)  berichtet  nämlich  bei  Gelegenheit  der 
Gründung  von  Quito :  Aqueste  Benalcäzar  desde  entonces  tuvo  noticia  mucha 
de  la  canela  y  auu  segun  el  me  dijo  en  esta  ciudad  de  Santo  Domingo  (1540) 
SU  opinion  era,  que  hAcia  el  rio  Maranon  la  habia  de  hallar  e  que  aquesta 
canela  se  habia  de  llevar  k  Castilla  e  a  Europa  por  el  diclio  rio.  —  Sodann 
später:  Escriben  de  Popayan  k  13  de  Agosto  de  1542  anos,  que  se  daba 
mucha  priesa  el  capitan  Sebastian  de  Benalcäzar  en  se  armar  y  proveer  para 
ir  en  busca  del  Dorado :  lo  que  en  ello  suscediere,  al  tiempo  lo  dirä. 

üeber  das  Zusammentreffen  auf  der  Hochebene  von  Bogota  berichtet 
Oviedo,  der  sowohl  Quesada  als  auch  Benalcäzar  sprach  (a.  0.  IL  S.  319): 
Benalcäzar,  cuando  Fedreman  llegö,  habia  enviado  un  capitan  de  su  campo  k 
capitular  con  el  licenciado,  deseando  confederacion  y  compania.  Aunque 
Benalcäzar  por  sus  cartas  y  mensajeros  convidö  k  Fedreman  a  se  confederar 
con  el,  .  .  .  dio  lugar  que  el  hermano  del  licenciado  quedase  con  el  cargo. 
Hiemach  stimmt  die  Rede,  die  Castellanos  seinem  Helden  zu  dessen  grösserer 
Verherrlichung  Februar  1539  halten  lässt,  durchaus  nicht  zu  den  historischen 
Vorgängen;  die  dichterische  Ausschmückung  findefe  sich  wiederholt  bei 
Piedrahita  (a.  0.  S.  211):  Es  fama  como  que  estando  juntos  los  hombres 
de  los  tres  campos  el  hombre  mas  senalado  Benalcäzar  les  hablö  de  esta 
manera. 

Für  die  Verbindung  zwischen  Benalcäzar' s  Leuten  und  Fernando  de 
Quesada  ist  folgende,  auf  die  Zeit  des  Regierungsantritts  von  Pascual  de  An- 
dagoya  —  Oviedo  a.  0.  IV.  S.  127  —  sich  beziehende  Stelle  von  Castel- 
lanos (489)  wichtig:  Juan  Cabrera  con  su  gente  llegan  al  Nuevo  Reino,  donde 
por  Fernan  Perez  fueron  con  gran  aplauso  recibidos,  conjuntos  k  su  (d.  h. 
Cabrera's)  lado  Juan  de  Orosco  y  Arias  Maldonado. 

Benalcäzar' s  Belehnung  vom  30.  Mai  1540  findet  sich  in  der  Coleccion 
etc.  XXIII.  S.  33—55. 

Später  wird  dieser  Zuzug,  der  ins  Jahr  1541  fällt,  als  der  Beginn  der 
peruanischen  Partei  in  Neu-Granada  betrachtet,  der  Castellanos  nicht  freundlich 
gesinnt  war;  vergl.  seinen  Vers  bei  Piedrahita  a.  0.  S.  170:  de  esta  parte 
pandetur  omne  malum. 

62)  Das  Land  Popayan  umfasste  zuerst  alles  Land  westlich  vom 
Magdalena-Strom,  das  nicht  zu  den  Gubemationen  Cartagena  und  Quito  ge- 
hörte; über  dasselbe  sagt  Markham:  Cieza  de  Leon  is  still  the  best  authority 
conceming  this  region  notwithstanding  that  more  than  300  years  have  elapsed 
since  he  wrote.  Das  grosse  Gebiet  wurde  unter  Felipe  II.  in  drei  Statthalter- 
schaften getheilt  (506).  Castellanos  schöpft  für  seine  chronikmässige,  wenig 
übersichtliche,  auch  in  den  Einzelheiten  durchaus  nicht  fehlerfreie  Darstellung 
aus  verschiedenen  Quellen  und  giebt  immer  seine  Gewährsmänner  an: 


Barbaren-Namen.  283 


Hoi  me  da  razon  de  lo  que  escribo  Florencio  Serrano  ,  de  quien  siento 
que  cuenta  la  verdad ;  el  y  Orosco  son  que  me  dan  la  lumbre  de  la  dificultad 
de  esta  conquista;  lo  que  deponen  es  de  vista :  Orosco's  Tod  erwähnt  Castel- 
lanos  (407)  ausdrücklich;  vergl.  Anm.  54.  Garci  Arias  Maldonado  tuve  por 
amigo,  cuya  fama  otra  mas  diligente  pluma  llama  (466,  480,  484,  489).  De 
esta  voracidad  dio  testimonio  Francisco  de  Alvarado,  escribano  que  se  hallo 
presente  (481);  puede  dar  de  esto  relacion  integra  el  capitan  Diego  de 
Bocanegra  por  ser  en  sus  recuentros  bien  usado  j  aunque  hace  el  de  sus 
victorias  cierto  tratado ;  me  ha  prometido  dar  copia  e  yo  las  cantare  cuando 
la  tenga  (482).  Vicente  de  Tamayo,  de  esta  tela  me  provey6  sayo  (495). 
Juan  de  Alvarado  Salazar  que  mora  donde  moro,  es  viejo  conquistador  de 
los  senos,  inclusos  entre  los  rios  Darien,  Cauca  y  la  Magdalena;  esta  des- 
cripcion  la  suya  sigo  por  ser  ocular  testigo  (506).  Antonio  de  Mancipe,  pre- 
sente da  relacion  de  muchas  estas  cosas  (507).  Juan  Ruiz  de  Atienza,  sacer- 
dote  cuya  virtud  a  mi  fue  notoria  un  tiempo  que  tuvimos  un  hospicio  y  no 
menos  es  al  presente  (529),  Francisco  Mantilla  de  los  Eios  vive  de  presente 
donde  vivo  (531),  Suero  Rodriguez,  hoi  morador  del  pueblo  donde  vivo  (543), 
Hieronimo  de  Torres  es  ocular  testigo  y  hoi  vecino  de  Antioquia;  me  he 
ayudado  de  sus  relaciones  y  cartas ;  esta  relacion  hizo  por  mandado  del  doctor 
Barros,  presidente  de  la  Real  Audiencia  de  Quito,  pidiendoselo  yo  con  gran 
instancia  (544),  Juan  de  Vargas,  escribano  es  persona  de  quien  puedo  confiarme, 
demds  de  cierta  relacion  que  tengo  firraada  de  varon  no  menos  grave,  me 
pareciö  ponerlo  por  escrito  (544);  otra  relacion  que  me  fue  dada  (508).  — 
Juan  Melendez  de  Valdes  tiene  de  presente  por  posada  en  este  pueblo,  donde 
resido  la  del  noble  vecino  Juan  de  Vargas  y  era  uno  de  los  21,  cuyos 
heroicos  hechos  no  puedo  particularizar  (542  und  544).  Bartolome  Sanchez 
Torreblanca  que  los  Indios  Tahamies  de  presente  tiene  en  encomienda,  yo  lo 
vi  preso  en  el  cärcel  real  (536).  Bernardino  de  Mojica  de  Guevara,  varon 
noble  en  este  pueblo  donde  resido  (555). 

Bischöfe  von  Popayan  waren  1540  Francisco  de  Granada,  1547  Juan  de 
Ovalle  (497,  500),  der  in  Call  eine  lateinische  Schule  gründete,  —  vergl. 
Ternaux  a.  0.  S.  82;  Coleccion  etc.  V.  S.  493  und  VH.  S.  343  —  dann 
Agustin  Coruna  1562 — 1585  —  vergl.  Plaza  a.  0,  S.  205  — dessen  Secretäre 
Jeronimo  Escobar  und  Alonso  Garzon  de  Tauste  waren.     Vergl.  Anm.  74. 

Die  Reihenfolge  der  Landes-Hauptleute  lässt  sich  nur  schwer  feststellen 
und  hat  für  die  Arbeit  von  Castellanos  wenig  Werth.  Die  Stadt  erhielt  1558 
am  23.  Oktober  Titel  und  am  10.  November  Wappen;  vergl.  Coleccion  etc. 
VIII.  S.  34.  Ueber  die  Provinz  in  späterer  Beschränkung,  vergl.  Velasco 
a.  0.  S.  245—268. 

63)  Barbaren-Namen  —  nombres  bärbaros  de  Indios,  tan  dificiles  que 
apenas  se  pueden  pronunciar  con  la  lengua,  sagt  Zarate  als  Censor  des  Castel- 
lanos'sehen  Werkes  —  sind  in  der  Zeit  der  Conquista  von  keinem  bekannten 
Schriftsteller  mit  grösserem  Fleiss  gesammelt  worden ,  als  von  Castellanos, 
der  über  600  verschiedene  Worte  dieser  Art  anführt.  Eine  nicht  geringe 
Anzahl  lässt  sich  leicht  nachweisen,  da  sie  entweder  noch  heute    in  der  Geo- 


284  Anmerkungen  zum  Castellanos. 

graphie  erhalten  oder  in  anderen  Geschichtsquellen  wiederholt  sind ,  z.  B. 
Curahamaro,  Ampuya,  Orocomay  (119,   127  und   130). 

Bei  der  Schwierigkeit,  Worte  einer  nicht  verstandenen  fremden  Sprache 
wiederzugeben,  sind  auch  bei  Castellanos  Irrthlimer  in  Menge  ersichtlich ;  es 
ist  aber  falsch,  wenn  Acosta  a.  0,  S.  358  erklärt,  dass  häufig  des  Reimes 
oder  Versmaasses  wegen  die  Worte  verändert  Avoi-den  seien. 

Was  den  Reim  anbelangt,  so  besteht  der  Gleichklang  vieler  Zusammen- 
setzungen oder  Endungen.  Nicht  willkürlicher  Weise  ist  Bacoa  an  Guai-  und 
Coqui-  (195,  239)  angehängt  oder  Rida  an  Capata-  und  Zace-  (185)  oder  Goto 
(Coto)  an  Guai-,  Cheri-,  Calamo-,  Cumana-,  Para-,  Paravo(113,  119,  185,  453) 
oder  Ibo  (Ebo)  an  Maraca-,  Todariqu-,  Cumar-,  Hurehur-  (185,  189),  oder 
Ama  an  Guai-,  Pir-,  Duit-,  Chair-,  Irot-  (23,  261,  293,  440,  474)  oder  Aney 
an  Guai-,  Gotogu-,  Atui-  (51,  96,  131).  Am  häufigsten  erscheinen  die  Ver- 
bindungen mit  Are,  Ima  und  Agua.  Z.  B.  steht  vor  Are  (Ari)  Guai-,  Sas-, 
Churu-,  Maui-,  Guan-,  Catahui-,  Casan-,  Baucau-  (88,  137,  212,  213,  227, 
233,  455);  —  vor  Ima:  Per-,  Paria-,  Diama-,  Gua-,  Cani-,  Unar-,  Chocoro-, 
'Goacayar-,  Baruta-,  Terepa-  (38,  112,  114,  116,  127,  130,  173,  235,  246); 
sowie  vor  Agua:  Par-,  Ar-,  Co-,  Geeo-,  Jac-,  Jar-,  Cend-,  Pani-,  Sarasa-, 
Catimai-,  Amiguai-,  Cumui-  (35,  38,  56,  117,  119,  201,  203,  212,  229), 
woran  verwandte  Endungen  sich  schliessen  wie  Coj-egua,  Or-igua,  Bond-igua, 
Hacar-igua,  Guah-igua  (86,  116,  156,  183,  197),  Andere  Bildungen  sind 
Abibe,  Dabeibe,  Urabaibe,  mit  dem  häufigen  UrabA  verwandt  (391,  398,  588) 
oder  Quime  (540)  an  Baya-quima  (517)  und  Ta-quimi-quf  (550)  —  oder  Buri- 
taca  (252)  und  Buri-tica  (510)  verglichen  mit  Taqui-buri  und  Cati-buri  (252,  525) 
—  oder  Tamala-Meque,  -Isa,  -Guataca  (203,  285,  301,  316),  wobei  auch  Tomala 
(316)  und  Mamala-Zaca  (261)  als  Abschreibe-  oder  Abdruck-Fehler  zu  er- 
wähnen sind.  Solche  Fehler  sind  nicht  selten.  Atuacas  statt  Aruacas  (453), 
Marcopes  statt  Macorpes  (270),  Panaimo  statt  Ponaimo  (353),  Chenque  statt 
Chengue  (260,  348),  Naguanje  statt  Nenguanje  (42,  260);  der  Name  Bari- 
quicimeto  ist  sehr  verschieden  geschrieben.  Die  Castellanos  ganz  fern  liegenden 
Namen  aus  dem  Inka-Reiche  zeigen  natürlich  die  meisten  Fehler;  es  sind 
aber  ähnlich  scheinende  Formen  keineswegs  immer  Fehler,  so  werden  z.  B. 
Siyaguanos  von  Ciaguanes  unterschieden  (453). 

Auch  die  Vermuthung,  dass  des  Versmaasses  wegen  willkürliche  Aende- 
rungen  vorgenommen  seien,  ist  nicht  immer  zutrefi"end ;  es  gab  offenbar  erstlich 
verschiedene  Bildungen,  z.B.  Pera-Faire  und  Pera-Farne  (82,  108),  und  so- 
dann vollere  und  einfachere  Formen  z.  B.  Aruacaes  statt  Aruacas  (83,  453), 
Pigoanza  statt  Piganza  (465,  479),  Guai-Queries  statt  Gai-Queries  (85,  213), 
Nutavees  statt  Nutaves  (517,  519),  Chacinto  statt  Cinto  (42,  260). 

Dass  Castellanos  die  Worte  mit  Verständniss  niedergeschrieben  hat,  be- 
weisen besonders  die  Namen  grösserer  Volksstämme:  Caquetfos  (137,  183, 
196  und  223),  Cocfnas  —  ähnliche  Formen  Urinas,  Varinas  —  (192,  194, 
250,  257,  277,  283  und  486),  Cuicas  (183,  239,  240  und  245),  Giraharas 
(213,  227,  238  und  249),  Macos  (86,  234  tind  453),  Choques  (219  und  227), 
Guai-pies   (218   und    232),    Pacabueyes  (203,  266  und   284),    wobei    es    auf- 


Duytamd.     Die  Eulogien  von  Castellanos.  285 


fallend  ist,  dass  der  Name  Omaga  nur  gelegentlich  (535,  549)  vorkommt  und 
die  Worte  Muiscas,  Chibchas  in  den  erhaltenen  Theilen  gar  nicht  sich  finden. 
Wie  bei  Castellanos  in  der  Provinz  Cartagena  (371  ff.)  die  altberühmten, 
aber  doch  meist  früh  verschollenen  Namen  Calamar,  Mahates,  Matarapa,  Turu- 
aco  erscheinen,  so  auf  der  Insel  Margarita  die  Gebiete  Charaguaray,  Para- 
guachi  und  Arimacoa  (151)  und  im  entlegenen  Dariene-Lande  Oromira  (420, 
559).  Er  sagt,  Almaguer  habe  früher  Guachicono  (495),  San  Andres  früher 
Guarcama  (536)  geheissen*,  ihm  ist  Goajiro  (325)  kein  Eigenname,  bedeutet 
Coro  (185)  Wind. 

Castellanos'  Namen  aus  dem  Bereiche  von  Popayan-Antioquia-Choc6 
(508,  514 — 522)  sind  zu  vergleichen  mit  denen  im  Bericht  vom  Jorje  Eobledo, 
dem  Begründer  Cartago's,  der  in  der  Coleccion  etc.  III.  S.  389  —  413  sich  findet, 
und  denen  in  dem  Geschichtsbuche  von  Pedro  de  Cieza  de  Leon  (a.  0. 
S.  366—381). 

64)  Duytaniti  oder  Duitilma  ist  seit  1537  der  berühmteste  Eingeborenen- 
Name  auf  den  neu-granadischen  Hochebenen;  la  ciudad  capital  de  Tiurdama 
vulgarmente  se  llamö  Duitama,  vergl.  Piedrahita  a.  0.  S.  161.  Reste  der 
Duit-Sprache  giebt  Uricoechea,  Lengua  Chibcha  etc.  S.  41  der  Einleitung. 
Der  letzte  Häuptling  dieses  Namens,  getauft  Juan,  nicht  Alonso,  ist  auch  der 
letzte ,  von  dessen  Folterung  die  Landesgeschichte  weiss ;  Andres  Cort^.s  de 
Mesa  verhängte  sie  in  der  Zeit  von  1576  —  1578;  vergl.  Plaza  a.  0. 
S.  217. 

Die  ersten  Kämpfe  mit  dem  Duitama  besprechen  1539  Lebrija  und  San- 
martin,  sowie  1548  JimeneS; ;  vergl.  Oviedo  a,  0.  IL  S.  361  und  398.  Ueber 
die  späteren  Schicksale  sagt  Piedrahita  (a.  0.  S.  284):  Duitama  se  in- 
corporo  en  la  Corona  real  despues  que  sus  naturales  ganaron  el  renombre  de 
los  mas  valerosos  de  tierra  fria.  Sucedi61e  4  Tundama  en  el  cazicasgo,  redu- 
cido  ya  k  menos  sobernania  y  mas  cortos  terminos,  un  sobrino  suyo,  4  quien 
bautizö  Don  Fr.  Juan  de  los  Barrios  primer  arzobispo  de  Santa  Fe  y  lo 
llamö  Don  Juan,  cuya  muerte  no  fue  menos  lastimosa  que  la  del  tio  por 
culpa  del  doctor  Luis  de  Mesa,  uno  de  los  oidores  de  Santa  Fe,  como  refiere 
Castellanos  (4^  parte,  canto  14) ;  pues  con  fin  de  que  le  descubriese  la  parte 
donde  tenia  oculto  su  tesoro,  lo  tratö  con  tal  rigor  que  despojändole  de  sus 
vestidos,  ligadas  las  manos  atr4s  y  con  una  soga  al  cuello,  lo  hizo  pasear 
publicamente  k  vista  de  sus  vasallos  por  las  calles  de  su  misma  corte: 
afrenta  que  sintiö  tanto  que  se  ahorcö  el  mismo.  Dies  sind  offenbar  die 
eigenen  Worte  von  Castellanos. 

Duitama  war  an  Baltasar  Maldonado  verlehnt.  Vergl.  Rodriguez 
Fresle  a.  0.  S.  39. 

65)  Die  Eulogrien  von  Castellanos  betreffen  theils  kürzlich  verstorbene, 
theils  aber  auch  noch  lebende  Personen.  Ticknor  a.  0.  S,  472  sagt: 
Elegias  seems  to  have  been  used  by  Castellanos  in  the  sense  of  Eulogias; 
dies  trifft  aber   nur  bei  dem   ersten  Theile  zu,  welcher  unter  der  Ueberschrift 


286  Anmerkungen  zum  Castellanos. 

„Elegie"  drei  Mal  Eulogien  giebt.  In  den  späteren  Büchern  sind  die  Eulogien 
von  den  Elegien  genau  unterschieden. 

Auf  kürzlich  Verstorbene  beziehen  sich  zwei  Abschnitte: 

Luis  de  Röjas  gobernador  de  Santa  Marta;  donde  se  encuentran  las  en- 
tradas  que  hizo  y  lo  demas  acontecido  el  tiempo  que  alH  goberno  (319 — 350): 
behandelt  die  Jahre  1570 — 1576. 

Francisco  Bahamou  de  Lugo,  quinto  gobernador  de  Cartagena  (440—442): 
Bruchstück  geblieben;  es  sind  die  Jahre  1570 — 1574  behandelt. 

Folgende  drei  Personen  lebten  noch,  als  Castellanos  sie  in  seinen 
Versen  feierte: 

Pedro  Ferndndez  de  Bustos,  gobernador  de  Cartagena  (vergl.  Anm.  45 
und  50),  donde  se  cuenta  el  discurso  de  su  vida  hasta  la  venida  del  corsario 
que  se  dice  el  capitan  Francisco  Draque  (442 — 444):  nur  als  Bruchstück  er- 
halten; es  sind  die  Jahre  1574  — 1586  behandelt. 

Lope  de  Orosco,  gobernador  de  Santa  Marta,  donde  se  hace  mencion  de 
las  cosas  de  aquella  gobernacion  sucedidas  hasta  el  ano  de  1586  (351— 361)  J 
es  sind  die  Jahre  1576 — 1586  behandelt. 

Gaspar  de  Rödas,  gobernador  de  Antioquia,  cuyo  discurso  comienza  desde 
que  fue  promovido  al  cargo  de  capitan  general  de  aquella  tierra  (544 — 554); 
es  sind  die  Jahre  1576 — 1581  behandelt;  jedoch  sollte  die  Fortsetzung  (552) 
bis  1589  gehen. 

66)  Das  Drama  von  Ursua  und  Aguirre  (156 — 178),  dessen  Stoff  in  die 
Jahre  1560  und  1561  fällt,  war  in  Neu-Granada  so  bekannt,  dass  Castellanos 
keine  Quellen  anzugeben  brauchte,  als  er  es  1579  (68)  niederschrieb:  el  dia 
de  San  Simon  y  Judas  acabe  de  escribir  la  tal  historia  que  hizo  por  ser  largos  los 
escesos  y  prolijos  mis  discursos  (177).  Ueber  den  Tod  eines  der  Expeditions- 
Genossen,  des  Garcia  de  Arce,  erfährt  Castellanos  noch  später  —  etwa  1588  — 
Genaueres  durch  Bernardino  de  Mojica  de  Guevara,  varon  noble  eu  este  pueblo 
donde  resido  (555 — 557).  Auch  nennt  er  gelegentlich  noch  Juan  Alonso  de 
Santana  (536);  er  kannte  Francisco  Dias  (159)  und  Juan  de  Vargas  (84). 
Ueber  Ursua  selbst  vergl.  Anm.  47. 

Markham,  Introduction  u.  s.  w.  S.  34  sagt:  Castellanos  is  by  far  the 
most  genial  historian  of  the  Expedition  of  Ursua  and  Aguirre;  he  gives  a 
tolerably  detailed  account  of  all  the  principal  events  and  his  Information  was 
probably  derived  from  the  same  sources  as  that  of  Toribio  de  Ortiguera,  who 
heard  all  the  details  from  many  persons  and  was  thus  enabled  to  write  a 
history  of  it,  which  differs  in  no  material  poiut  from  that  of  the  bachiller 
Fraucisco  Vasquez,  a  soldier  who  witnessed  all  the  horrors  he  relates.  Castel- 
lanos' Version  of  the  bloody  career  of  Aguirre  is  remarkable  because  he 
Stands  up  as  the  campion  of  the  unfortunate  lady  who  accompanied  Ursua, 
while  all  the  other  writers,  whether  they  be  nien  of  the  world,  like  Vasquez 
and  Ortiguera,  or  greasy  friars,  like  Simon  and  Piedrahita,  unite  in  heaping 
reproaches  and  calumnies  upon  her  —  Castellanos  like  the  true  gentleman 
that    he    evideutly     was,     defeuda    the  memory  of   the    poor  young  lady,    the 


Die  Columbus-Legenden.  287 


beautiful  and  spirited  widow  of  a  Citizen  of  Piura.  —  The  very  sublimity  of 
this  noble  creature's  devotion,  which  no  terrors  could  daunt,  no  hardships  damp, 
ought  to  have  protected  her  from  cowardly  sneers  of  dirty  friars  and  the  ca- 
lumnies  of  gold-seeking  adventurers. 

Vielfach  spricht  Castellanos  mit  Interesse  von  Europäerinnen  und  Kreo- 
linnen (48,  147,  152,  159,  354,  430,  450). 

Ein  Bericht  von  Pedro  de  Monguia,  der  die  ganze  Maranon-Fahrt  be- 
handelt, in  der  Coleccion  etc.  IV.  S.  191 — 215  ;  ebenda  S.  216—282  ein  anderer, 
in  der  sich  (S.  267 — 269)  ein  Stück  Dichtung  findet.  Schomburgk  a.  0. 
S.  21  berichtet  über  Ursua  und  Aguirre  Unrichtiges,  wie  auch  sonst  seine 
Anmerkungen  zu  Ralegh's  Schrift  vom  Fehlen  historischer  Kritik  zeugen; 
diese  Schrift  beweist,  wie  schon  vim  1600  Aguirre' s  Thaten  sagenhaft  gestaltet 
waren.  Erinnerungen  an  Aguirre  lebten  noch  lange.  Vergl.  Humboldt, 
Voyage  aux  regions  equinoxiales  etc.  I.  S.  277,  II.  S.  278  und  VIII.  S.  483, 
auch  Markham,  Introduction  etc.  S.  44  ff. 

67)  Columbus-Legenden  sind  sehr  früh  entstanden,  wie  die  Beispiele 
von  Gomara  1552  (a.  0.  S.  166)  und  Benzoni  1565  (a.  0.  S.  14  ff.) 
lehren.  Die  von  Castellanos  (5 — 30)  gegebenen,  die  auf  historische  Richtig- 
keit keinen  Anspruch  machen,  zeichnen  sich  durch  folgende  Eigenthümlich- 
keiten  aus : 

Die  Herkunft  von  Colon  ist,  abgesehen  davon,  dass  er  aus  tierras  de 
Genova,  bezw.  Nervi  stammt  (6  und  44),  dunkel  gelassen ;  die  Pelestieles,  die 
auch  Gomara  und  Benzoni  nennen,  erinnern  an  Colon's  portugiesische 
Gattin  Felipa  Mogniz  Perestrello. 

Die  Erzählung,  dass  ein  spanischer  Seefahrer  in  Madeira  Schriftstücke 
über  eine  Westfahrt  hinterlassen  habe,  findet  sich  schon  von  0  v  i  e  d  o  (a.  0. 
I.  S.  13)  als  unglaubwürdig  bezeichnet;  Castellanos  sagt  dagegen  (6):  para 
confirmacion  del  contado  algunos  dan  razon  fundada  y  entre  ellos  Don  Gonzdlo 
Jimenez  de  Quesada  (6). 

Die  Vision  nach  dem  Sturm:  Otros  quieren  decir  que  Colon  mismo  fu6 
quien  padeciö  tal  tormenta  .  .  .  quedaba  de  su  primera  vista  confirmado,  bien 
cierto  de  que  no  fu6  fantasia  .  .  .  .  lo  que  no  me  parece  desatino  (6  und  10) 
erscheint  als  Castellanos' sehe  Ausschmückung. 

Castellanos'  Hinweis  auf  den  Kartenhandel,  den  Columbus  einmal  be- 
trieb, ist  merkwürdig :  Sabeis  que  yo  vivia  de  hacer  mapas  mundi  que  vendia 
(10);  denn  Andre  Bernaldez,  der  vielgenannte  Pfarrer  von  Los  Palacios, 
schreibt  bekanntlich:  Hubo  un  hombre  de  la  tierra  de  Genova,  mercader  de 
libros  de  estampa  que  trataba  en  esta  tierra  de  Andalucia  que  llamaban 
Christoval  Colon.  Vergl.  Friedrich  Kapp,  Geschichte  des  deutschen 
Buchhandels  I.  (Leipzig  1886)  S.  208.  Wirkliche  Attentatsabsichten  auf 
Columbus  kennt  Castellanos  nicht,  aber  erstlich:  murmuraciones  hai  de  los 
Colones  .  .  .  pasadas  las  furias  del  alborotado  (!)  movimiento  movianse  las 
ondas  mansamente  (8  und  9);  dies  erinnert  an  die  bekannte  Kapitel-Ueber- 
schrift  der  Fernando  Colon  zugeschriebenen  Historie :  Come  la  gente  mormorava 


288  Anmerkungen  zum  Castellanos. 

con  desiderio  di  tornarsi  a  dietro  —  dann  requerimiento  con  furia  de  re- 
spectos  olvidada  (12)  Pinzon  el  anciano  hablö  k  todos  .  .  .  Colon  decia: 
manana  cumplir6  con  mi  promesa  (13).  Als  Quelle  ist  hier  die  Tradition  zu 
erkennen,  die  Oviedo  (a.  0.  I.  S.  23)  wiedergiebt  unter  Hervorhebung  der 
tres  hermanos  capitanes,  d.  h.  der  Pinzonen. 

Der  Konflikt  mit  den  Pinzonen  ist  so  vollständig  vertuscht,  dass  sie  auch 
als  Theilnehmer  der  zweiten  Fahrt  erscheinen ;  unter  ihnen  ist  Vicente 
Yanez,  der  späterhin  sich  bekannt  machte,  an  die  Stelle  von  Martin  Alonso 
getreten. 

Kleinere  Fehler  finden  sich  nicht  bloss  in  der  Erzählung  der  ersten 
Fahrt  (7,  8  und  23),  sondern  auch  in  den  geringfügigen  Angaben  über  die 
drei  späteren  Reisen,  bei  denen  sogar  die  Chronologie  fehlerhaft  ist  (33, 
40,  42). 

Sachlich  interessant  ist  nur  die  Notiz  über  ein  bei  Ada  gefundenes, 
angeblich  römisches  Geldstück  (19).  Castellanos  wusste  nicht,  dass  1568  in 
Tunja  ein  Enkel  des  Gefährten  von  Columbus,  Pedro  Alonso  Nifio's,  lebte,  der 
mit  Lebron  ins  Land  gekommene  Pedro  Nino.  Vergl.  über  ihn :  Servicios  de 
Pedro  Nino  (Coleccion  etc.  XVI.  S.  461—529). 

An  die  auf  Columbus  bezüglichen  Gesänge  sind  zwei  sehr  unbehülf  liehe 
Elegien  über  dessen  Nachkommen  angeschlossen  (44 — 51),  in  denen  sich  die 
Nachricht  findet,  dass  der  Enkel  des  in  den  Negerkämpfen  auf  Espanola  her- 
vorragenden Lemba  in  Neu-Granada  ein  Sklave  von  Castellanos  gewesen 
ist  (50). 

68)  Bartolom^  de  Las  Casas  (1474—1566),  seit  1510  Priester  und  seit 
1523  Dominikaner,  hat  unter  den  Conquistadoren  keinen  zweiten  Verehrer 
wie  Castellanos  gehabt.  Seine  historischen  und  juristischen  Werke  sind  diesem 
nicht  bekannt  geworden,  wohl  aber  die  Destruccion  de  las  Indias,  von  der  es 
schon  früh  verschiedene  Redaktionen  gab.  Die  ursprünglich  ausführlichere 
Schrift  ist  nicht  erhalten  5  von  den  Bearbeitungen,  die  sich  als  Auszüge : 
Brevfsima  relacion,  Historia  sumaria  darstellen,  hatFabi^^  zwei  zum  Abdruck 
gebracht  (a.  0.  II.  S.  209—292  und  S.  293—407).  Die  erste  Redaktion  ist 
ursprünglich  am  8.  December  1542  abgeschlossen  (a.  0.  289),  enthält  aber 
Zusätze  von  1546  (a.  0.  S.  273  und  291)  und  ist  1552  in  Sevilla  gedruckt; 
die  zweite,  von  Bartolome  de  la  Pena,  ist  1548  geschrieben  (a.  0.  S.  293), 
hat  aber  einen  neuen,  am  30.  November  1550  beendeten  Schluss  erhalten 
(a.  0.  S.  387—407)  und  ist  bisher  nicht  veröffentlicht  gewesen.  Castellanos 
rügt  einen  der  vielen  Fehler  dieser  berühmten  Schrift  ausdrücklich:  esto 
tractii  el  obispo  de  Chiapa  (450);  die  Stelle  bezieht  sich  auf  die  Aussage  des 
MÄrcoB  de  Niza  (Fabi6  a.  0.  II.  S.  278  und  374),  informado  de  cosa  que 
no  vido. 

Die  Darstellung  des  Las  Casas'schen  Kolonisations-Versuches  von  1520 
(145 — 148)  ist  dem  Oviedo'schen  Werke  nur  insofern  entlehnt,  als  dieselben 
Personen  namhaft  gemacht  werden:  Gonzalo  de  Ocampo,  Andres  de  Villacorte, 


Antonio   Berri'o  y  Oruna.  289 


Jacome  Castellon  (vergl.  Oviedo  I.  S.  597  ff.),  die  Schilderung  der  Einzeln- 
heiten ist  original. 

Die  Annahme,  dass  der  mit  Gonzdlo  de  Quesada  1536  von  Santa  Marta 
ins  Innere  gezogene  Domingo  de  Las  Casas  (310)  ein  Verwandter  des  be- 
rühmten Indianer- Apostels  sei,  findet  sich  mehrfach  in  populären  Schriften; 
ein  Beispiel  bietet  der  Artikel  Santa  F6  de  Bogota  in  Harper's  New  Monthly 
Magazine  (New-York  1885)  S.  47;  sie  lässt  sich  aber  aus  den  von  Fabie 
a.  0.  II.  S.  1 — 18  gegebenen  Familien-Nachrichten  nicht  begründen;  dieser 
Dominikaner  soll  später  in  Italien  den  geistlichen  Stand  verlassen  haben, 
vergl.  Acosta  a.  0.  S.  420. 

69)  Antonio  Berrio  y  Oruna,  Schwestersohn,  nicht  Tochtermann  von 
Marschall  Jim^nez,  ging  bei  seinen  Unternehmungen  davon  aus,  dass  die  Insel 
Trinidad  (Anra.  20)  in  den  Landstrich  von  400  Leguas  Länge  falle,  der  seinem 
Erblasser  verliehen  worden  sei. 

Antonio  de  Berrio,  heredero  del  testamento  del  adelantado  Don  Gonzdlo 
Jimenez  de  Quesada,  sucesor  en  sus  haciendas  y  repartimiento ,  quiere 
seguir  aquel  descubrimiento  (83). 

Ralegh  (bei  Schomburgk  a.  0.  S.  9)  sagt  über  ihn:  Berreo  is  a 
gentleman,  well  descended  and  had  long  served  the  Spanish  king  in  Millan, 
Naples ,  the  lowe  Countries  and  elsewhere ,  very  valiant  and  liberal  and  a 
gentleman  of  great  assurednes  and  of  a  great  heart. 

Auf  Berrio's  Plan  übten  folgende  zwei  Personen  besonderen  Einfluss: 

1.  Juan  Martin,  que  es  hoi  veciuo  de  Carora,  soldado  de  Pedro  de 
Silva,  revela  esta  relacion  que  doi  ahora.  Entrö  con  el  cuando  llevaba  pio 
de  descubrir  la  tierra  del  Dorado  con  pocos  y  con  un  solo  navio,  que  le 
quedo,  se  metiö  por  un  trazo  del  Maraiion  hacia  la  mano  diestra  y  alli  hizo 
7  anos  de  demora.  Vienen  en  sus  relaciones  las  provincias,  todas  de  gente 
pobre  —  de  Alagarian,  Mayos,  Meriones,  Pererfas,  Anita,  Pericoros,  Carunarota, 
Tapamöros,  Paravocotos,  Decayos,  Tivuties,  Siyaguanos  (Ciaguanes),  Calamocotos, 
Chapaes,  Atuacas.  —  El  rio  Toco  va  mas  poderoso  que  el  Urinoco;  4  leguas 
son  de  boca  y  aun  el  autor  afirma  darle  poco,  AI  fin  Juan  Martin  pudo 
llegar  4  Vesequivo,  rio  poblado  de  Aruacas,  entre  los  cuales  6  meses  habita; 
suelen  ir  cada  ano  en  sus  piraguas  a  la  Margarita  .  .  alla  se  fue  con  la 
primer  armada.  Su  relacion  dice  que  el  Aruaca  navega  por  los  rios  mui 
arriba  y  de  estas  ferias,  tractos  y  rescates  trae  oro  de  hasta  10  quilates  (453 
und  454).  Ueber  Juan  Martin  de  Albujar  siehe  Simon  a.  0.  S.  590, 
Oviedo  y  Banos  a.  0.  S.  312;  er  war  Silva's  Begleiter  auf  der  Fahrt  von 
1574  von  der  Castellanos  nur  im  Allgemeinen  hörte  (84):  dicen  nuevamente 
ser  venido  k  entrar  por  Uyapar. 

Vergl.  Markham,  Introduction  u.  s.  w.  S.  51.  Schomburgk  a.  0. 
S.  18,  Note,  wobei  jedoch  zu  beachten  ist,  dass  Juan  Martinez,  dessen 
Erzählung  Berrio's  spätere  Entschlüsse  und  Ralegh's  Thaten  beeinflusste,  mit 
der  besprochenen  Persönlichkeit  nicht  identisch  sein  kann;  derselbe  soll  zur 
Ordaz' sehen  Expedition  gehört  haben. 

Festschrift  der  Hamburgischen  Amerika-Feier  II.  19 


290  Anmerkungen  zum  Castellanos. 


2.  Francisco  de  CAceres ,  capitan  de  Don  Diego  de  Cerpa,  intent/)  los 
mismos  fines,  pero  con  el  poco  posible  que  le  vemos,  poblö  los  indios  Mata- 
chines  (84).  Ueber  den  Zug  von  1581  handelt  Castellanos  (248)  ausführlich. 
Cdceres  y  Berrio  hacen  gente  en  un  tiempo,  sazon  y  conyuntura;  cada  cual 
de  los  dos  es  pretendiente  de  poder  acabar  esta  Ventura  (84).  Ueber 
Francisco  de  Cäceres  vergl.  Oviedo  y  Bafios  a.  0.  S.  301. 

Von  der  ersten  Berrio' sehen  Expedition,  die  Januar  1584  begann,  erfuhr 
Castellanos  (454  und  455)  Anfangs  nur  Weniges:  er  sagt:  Paso  los  rios 
Pauto,  Cazanare  y  al  de  la  Candelaria,  dicho  Meta,  ä  Dubarro,  k  Daume  y 
al  Guauyare  .  .  topo  con  un  gran  rio  Barraguan  .  .  .  hicieron  barco  grande  .  . 
estando  de  la  sierra  siete  leguas  .  .  Berrio  escogio  14  de  la  gente  castellana 
k  pie  .  .  gastö  10  dias  en  ida  y  venida  .  .  pasada  la  sierra  captivos  Indios 
daban  principales  noticias  (455). 

Der  Zusammenhang  ergiebt  sich  deutlicher  aus  dem,  was  später  Walter 
Kalegh  sagt :  Gonzales  gave  bis  daughter  to  Berrio,  taking  bis  oth  and  honor 
to  follow  the  enterprise  to  the  last  of  bis  substance  and  life,  who  since,  as  he 
hath  sworne  to  me,  hath  spent  300  000  ducates  in  the  same.  He  tooke  bis 
journey.  He  was  followed  with  700  horses,  he  drone  with  bim  1000  head 
of  cattle,  he  had  also  many  women,  Indians,  and  slaves.  Berrio  sought  Manoa 
by  the  river  Cassanar,  which  falleth  into  a  great  river  called  Pato,  and  Pato 
falleth  into  Meta;  Meta  ....  riseth  from  a  mountaine  ioining  to  Pampelone, 
there  is  also  Guaiare  which  issueth  out  of  the  mountains  of  Timanä.;  fall  all 
into  Barraquan  which  is  also  called  Orenoque  and  are  but  of  bis  heads ;  for 
at  their  Coming  together,  they  lose  their  names.  —  By  Casanar  first  and  so 
into  Meta  Berrio  passed,  keeping  bis  horsemen  on  the  banks,  where  the 
countrie  served  them  for  to  march  and  where  otherwise  he  had  driven  to 
embarque  them  in  botes,  which  he  built  for  the  purpose  and  so  came  with 
the  currant  down  the  river  of  Meta  and  so  into  Barraquan.  After  he  entred 
that  great  and  mightie  riuer,  he  began  dailie  to  loose  of  bis  companies  botli 
men  and  horse  .  .  .  after  one  whole  yeere  iourneying  for  the  most  part  by 
river  and  the  rest  by  land,  he  grew  dailie  to  fewer  numbers  .  .  .  especially 
by  divers  incounters  with  the  Amapaiens  .  .  .  this  Amapaia  is  maruellous 
rieh  in  gold,  as  both  Berrio  confessed  and  those  of  Guiana,  with  whom  I  had 
most  Conference.  In  this  countrey  Berrio  lost  60  of  bis  best  soldiers  and 
most  of  all  his  horse  that  remained  of  bis  former  yeeres  trauell  ....  In 
so  much  as  at  the  end  of  the  6  months  that  they  abode  there,  of  all  there 
troups,  there  were  not  left  above  120  soldiers  and  neither  horse  nor  cattle. 
From  this  province  Berrio  hasted  away  assoone  as  the  spring  and  the  beginning 
Summer  appeered  and  sought  his  entrance  on  the  borders  of  Orenoque  on  the 
south  side,  but  there  ran  a  ledge  of  so  high  and  impassable  mountaines  as 
he  was  not  able  by  any  means  to  march  over  them,  continuing  from  the  east 
sea  into  which  Orenoque  falleth  eveu  to  Quito  in  Peru  ...  he  passed  by 
the  mouths  of  many  great  rivers,  which  feil  into  Orenoque  both  from  the 
north  and  sonth  .  .  .  Now  Berrio  began  to  grow  into  despaire  .  .  until  he 
arrived    at    the    province  of  Emeria  towards    the    east   sea   and  mouth    of  the 


Manoa  und  Guayana.  291 


river  where  he  found  a  nation  of  people  very  favorable ;  the  king  of  this  land 
is  called  Carapana  ...  he  soiourned  his  weake  troupe  in  the  towne  of  Cara- 
pana  6  weeks  and  from  him  learnd  the  way  to  Guiana  ...  he  determined 
to  trie  his  fortune  another  yeere,  for  the  present  embarqued  himselfe  in 
canoas  and  by  the  branches  of  Orenoque  arrived  at  Trinidad  u.  s.  w.  Vergl. 
Genaueres  Schomburgk  a.  0.  S.  2 — 36. 

Im  Besitzergreifungs-Akt,  den  Domingo  de  Vera,  Berrio's  Lageroberst 
„in  the  river  of  Pato  otherwise  called  Orenoque  in  the  principall  part  thereof 
called  Warismero"  am  23.  April  1593  aufnehmen  liess,  heisst  es  über  die 
vorhergehende  Unternehmung:  You  understand  long  since  that  our  generali 
Anth.  de  Berreo  with  the  traueil  of  11  yeares  and  expense  of  more  then 
100  000  Pesoes  of  gold,  discouered  the  noble  provinces  of  Guiana  and  Dorado, 
of  the  which  hee  tooke  possession  to  gouerne  the  same ;  but  through  want 
of  his  peoples  health  and  necessary  munition  he  issued  at  the  iland  of 
Marguarita  and  from  thence  peopled  the  Trinedado.  Schomburgk  a.  0. 
S.  124. 

Die  Denkschrift,  welche  diesen  Akt  enthält,  und  die  Nachrichten  von 
Simon  (a.  0.  S.  597  ff.)  bilden  die  Hauptquellen  für  die  1595  von  Berrio 
ins  Werk  gesetzte  zweite  Expedition.  Dass  sowohl  von  Antonio  Berrio,  als 
auch  von  seinem  Sohne  Fernando  je  zwei  verschiedene  Dorado-Fahrten  unter- 
nommen wurden,  erhellt  auch  aus  einer  dem  Jahre  1610  angehörenden  Be- 
schreibung der  Stadt  Tunja,  welche  in  der  Coleccion  etc.  IX.  S.  436  ff.  sich  findet. 

70)    Manoa  und  Guayana  hält  Castellanos  für  gleichbedeutend. 

Die  Manoa-Nachricht  bezieht  sich  ursprünglich,  obwohl  Ralegh  erklärt, 
Johannes  Martynes  christened  the  citie  of  Manoa  by  the  name  of  El  Dorado 
(Schomburgk  a.  0.  S.  20),  auf  ein  Land,  das  mit  dem  güldenen  Prinzen 
nichts  zu  schaffen  hat.  Castellanos  sagt:  Manoa  es  tierra  de  ninguno  hallada; 
los  reinos  que  demoran  al  Oriente  de  este  Nuevo  Reino  son  en  tan  largos  y 
prolijos  senos  que  es  imposible  no  hallarse  buenos  algunos  y  en  provincias, 
estendidas  del  rio  de  Uyapari  al  de  Orellana,  donde  cae  la  provincia  de 
Guayana  (453).  Castellanos  hörte  freilich  von  einer  poblacion  crecida  (455), 
aber  von  der  grossen  Stadt  Manoa,  die  in  Ralegh 's  Bericht  immer  voraus- 
gesetzt wird  —  vergl.  Schomburgk  a.  0.  S.  11,  19:  seate  and  residence 
of  Inga  the  emperor;  S,  110,  119,  139  —  wusste  er  ebenso  wenig,  wie  von 
Macatoa,  der  Stadt  der  Macaer,  die  nach  jüngeren  Schriftstellern  (z.  B. 
Piedrahita  a.  0.  S.  398)  von  Hütten  besucht  sein  soll.  Es  ist  auch  für 
den  See  Manoa  der  späteren  Sage  nur  ein  leiser  Ausgangspunkt  bei  ihm  zu 
finden:  el  agua  grande  que  se  llama  Manoa  (455);  trotzdem  weist  bei  der 
Berrio' sehen  Unternehmung  Mar  kh  am  (Introduction  etc.  S.  52)  auf  die  Manoa- 
Lagune  im  Parima- Gebiete  hin,  deren  Darstellungen  in  Alexander  von 
Humboldt,  Atlas  geographique  et  physique  du  Nouveau  Continent  (Paris 
1814)  Tafel  14,  Karte  1,  2  und  4,  sich  finden. 

Das  Wort  Manoa  deutet  nicht  nach  dieser  atlantischen  Gegend,  sondern 
nach  den  oberen  Gebieten  des  Orinoco  und  Maranon.   Humboldt  (Voyage  etc. 

19* 


292  Anmerkungen  zum  Castellanos. 

Vni.  S.  439)  sagt:  La.  M6sopotamie  entre  le  Caqueta ,  le  Rio  negro, 
rUaupes  et  le  Jurubesh  .  .  c'est  le  Dorado  des  Omaguas,  qiii  renferme  le 
lac  Manoa  du  pere  Acufia,  la  laguna  de  Oro  des  Indiens  Guanes  et  le  terrain 
aurifere,  duquel  le  pere  Fritz  a  re9U  des  lames  d'or  battu  dans  sa  Mission 
sur  l'Amazone  vers  la  fin  du  16™®  si^cle  —  sowie  (a.  0.  S.  480):  Au  milieu 
des  plaines  qui  s'^tendent  au  nord  de  l'Amazone  vivoient  les  Omaguas,  les 
Manaos  ou  Manoas  et  les  Guaypes  (Uaupes  ou  Guayupes),  trois  nations  puis- 
santes,  dont  la  derniere  s'etendant  vers  l'ouest,  le  long  des  rives  du  Guape 
ou  Uaupö  se  trouve  d6jä  mentionee  dans  les  voyages  de  Quesada  et  de 
Hüten.  Die  Manoas  hält  Markham,  Expeditions  etc.  S.  159  für  einen 
1683 — 1727  von  Missionären  besuchten  Stamm  in  der  Pampa  del  Sacramento 
und  am  Ufer  des  Ucayali ;  Carl  Friedrich  Phil,  von  Martins,  Zur 
Ethnographie  Amerika's  (Leipzig  1867),  S.  577  ff.,  nennt  sie  die  noch  vor 
150  Jahren  überwiegende  Bevölkerung  am  unteren  Rio  Negro  •  wie  der  Name 
Manäo  oder  Manoa  aus  dem  Amazonen -Lande  und  dem  unteren  Rio  Negro 
auf  eine  Stadt  im  Dorado  am  Parime-Fluss  übertragen  worden,  lasse  sich  aus  den 
bisher  zugängigen  Nachrichten  nicht  erklären.  Diese  Erklärung  ergiebt  sich 
daraus,  dass  schon  der  erste  Quellenschriftsteller  Castellanos  das  Manoa- 
Land  ohne  weitere  Erklärung  und  irrthümlich  nach  dem  Parime-Strom  ver- 
legt. Manoa  es  Guayana  segun  fama  (455),  creemos  la  noticia  de  Manoa  j 
de  Guayana  no  ser  vana  (454).  Die  Unklarheit  des  Alters,  die  Castellanos 
verwirrte,  ist  der  Grund  aller  späteren  Unklarheiten. 

Er  war  dagegen  über  Guayana' s  Lage,  wie  sein  Bericht  über  den  Zug 
von  Juan  Gonzalez  beweist  (82  und  83),  keineswegs  im  Ungewissen,  obwohl 
er  die  moderne  Bezeichnung  Neu- Andalusien  nicht  kannte;  der  Cartagenaer 
Bischof  Gregorio  de  Beteta  konnte  ihn  über  eine  zu  Francisco  Montesino's 
und  Luis  de  Sanabria's  Zeit  unternommene  Guayana-Fahrt  unterrichten;  vergl. 
Coleccion  etc.  X.  S.  49. 

71)  Die  Quesada-Diehtungr  liegt  bloss  zum  kleineren  Theile  zusammen- 
hängend vor ;  erhalten  sind  nämlich  ausser  den  beiden  ersten  Gesängen,  welche 
in  den  San ta-Marta- Geschichten  sich  finden  (300 — 312)  und  1584  geschrieben 
wui-den  (311),  nur  Reste  aus  dem  vierten  Theile  in  Piedrahita's  Werk  (Anm.  8), 
wobei  zu  beachten  ist,  dass  dessen  mit  dem  Jahre  1565  geplante  Fortsetzung 
nicht  vorliegt.  Die  in  den  drei  ersten  Büchern  enthaltenen  Hinweise  auf  die 
Gesänge  über  Quesada  beziehen  sich  lediglich  auf  Vorgänge,  die  vor  das  Jahr 
1570  fallen.  Charakteristisch  sind  einige  Personal-Notizen:  GonzAlo  SuÄrez : 
aanque  sus  hechos  de  presente"  callo ;  cuando  se  träte  del  Nuevo  Reino,  cum- 
plir6  lo  que  debo  (223)  —  Jer()nimo  Lebron :  no  tratarA  de  su  carrera  por 
ahora  por  reservarse  para  la  tercera  (sie)  parte,  donde  larga  cuenta  dare  de 
este  Camino  (318).  —  Alonso  Luis  de  Lugo :  dire  despues  de  el  lo  que  mas 
hubo  y  lo  que  trabajo  en  la  montafia  (318).  —  Juan  de  Ribera:  de  este 
fuerte  varon,  cuando  comienza  k  tratar  este  reino  y  sus  lugares  yo  dir/i 
grandes  hechos  (123).  —  Baltasar  Maldonado:  en  quien  se  vido  valor  sobre 
valores  encumbrado,  como  mas  largamente  lo  ver^mos,  cuando  los  de  este  reino 


Wunderthätige  Heiligenbilder.  293 


celebremos  (426).  —  Juan  Nieto :  los  efetos  de  su  espada  en  allanar  las  pro- 
vincias  de  Victoria  dire,  cuando  vengamos  a  la  cuarta  parte  (419).  —  Juan 
de  Avellaneda:  fundo  San  Juan  de  los  Llanos,  lugar  que  en  la  presente  era 
conocemos  poblado  de  cristianos;  cuando  tracto  de  este  Nuevo  Eeino,  terneis 
en  el  aplicable  cebo  (215).  —  Gaspar  de  Eodas:  cuando  tractemos  de  las 
cosas  de  este  reino  si  Dios  me  diere  vida,  alargareme  mas  (547).  —  Juan 
Lopez  de  Cepede :  este  gran  varon,  oidor,  ocupara  lugar  en  mi  escritura  si 
dia  fatal  no  me  lo  veda  (380).  —  Juan  de  Barrios  y  Luis  Zapata  de 
Cärdenas:  de  estos  arzobispos  trataremos  despues  en  sus  lugares  a  tajo  mas 
abierto  (318). 

Die  Analogie  anderer  Theile  des  Castellanos' sehen  Werkes  ergiebt,  gleich 
diesen  Citaten,  dass  die  Gesänge  über  Quesada  auf  die  Geschichte  Neu- 
Granada's  sich  ausgedehnt  haben  und  nicht  mit  dem  Jahre  1579  enden  sollten; 
z.  B.  sollte  in  ihnen  über  die  Chiquiuquira- Wunder  von  1588  noch  ausführlich 
gehandelt  werden  (562).  Es  ist  wahrscheinlich,  dass  die  Arbeit  gar  nicht 
abgeschlossen  wurde  oder  doch  unvollendet  nach  Spanien  kam;  wenigstens 
findet  sich  nirgends,  wie  dies  der  Elegienweise  von  Castellanos  entsprochen 
haben  würde,  Gedenkvers  oder  Grabspruch.  Die  Inschrift  des  Sarges,  die  seit 
1597  in  Bogota  zu  lesen  war,  lautete:  Expecto  resurrectionem  mortuorum. 

72)  Wunderthätige  Heiligenbilder  gab  es  in  der  näheren  und  weiteren 
Umgebung  von  Tunja  mehrere,  nämlich  nach  Piedrahita  a.  0.  S,  227  in 
Kaquira  ein  von  dem  Mailänder  Francesco  di  Pozo  gemaltes  Madonnenbild, 
in  Mangui  ein  Madonnenbild,  das  Kaiser  Kai'l  V.  gemalt  haben  sollte  —  fue 
aquel  pueblo  el  primero  que  del  Reino  se  puso  en  su  Eeal  Corona  —  in 
Velez  ein  Ecce  homo,  der  vom  Apostel  Lukas  herstammen  sollte,  in  Chiquin- 
quira  das  von  Alonso  de  Narväes  etwa  1570  in  Tunja  für  Antonio  de  San- 
tana  gemalte  Bild  der  Maria  mit  dem  Rosenkranz,  dessen  Lebendigwerden 
Santana's  Schwägerin  am  26.  December  1586  wahrzunehmen  glaubte.  Vergl. 
über  das  letztere  Bild,  das  heute  noch  als  wunderthätig  verehrt  wird,  A  n  c  i  z  a  r 
a.  0.  S.  35 — 37:  Larga  informacion  se  hizo  de  este  railagro  por  örden  del  arzo- 
bispo  don  frai  Luis  Zapata  de  Cärdenas,  la  cual  he  visto  original  en  letra 
pastrana  en  los  archivos  de  la  iglesia.  Rodriguez  Fresle  (a.  0.  S.  87) 
sagt:  Hallo  ä  esta  santa  imajen  en  su  iglesia  que  no  llegaba  ä  teuer  30  pi6s 
de  largo,  cubierta  de  paja,  armada  sobre  bajaraques  de  barro,  con  altar  de 
carrizo ;  porque  los  feligreses  Indios  de  aquel  pueblo  eran  tan  pocos  que  todos 
cabian  en  esta  pequefia  iglesia.  El  licenciado  Gabriel  de  Rivera  Castellanos 
que  ha  sido  cura  muchos  anos  en  esta  santa  iglesia  ha  escrito  un  libro  en 
que  cuenta  los  milagros.  Castellanos,  der  gern  an  Wunderthaten  der  Heiligen 
glaubte  (223,  253,  504),  will  das  Wunder  von  Chiquinquira ,  das  er  aus- 
führlich (562)  bespricht,  noch  ausführlicher  im  vierten  Buche  seiner  Gesänge 
behandeln,  lieber  das  grosse,  durch  ganz  Südamerika  gehende  Sterben,  mit 
dem  diese  Dinge  in  Verbindung  stehen,  siehe  Helps  a.  0.  IV.  S.  351.  Der 
Mutter-Gottes  von  Chiquinquira  wurde  in  der  Stadt  Tunja  eine  Kirche  ge- 
weiht;   ihr    Bild    zeigte    dort    die    Gestalten    von    Sanct  Andreas    und    Sanct 


294  Anmerkungen  zum  Castellanos. 

Antonius,    aber  keine  Madonna,  sondern  nur  das  Christuskind.     Vergl.  Colec- 
cion  etc.  IX.  S.  445. 

73)  Miguel  de  Espejo  erscheint  mit  Versen,  die  das  Werk  des  Castel- 
lanos loben,  vor  jedem  der  erhaltenen  drei  Bücher  (4,  180  und  364).  Er 
kam  mit  Erzbischof  Barrios  y  Toledo  —  Anm.  46  —  nach  Bogota  und  war 
1568  in  Spanien,  um  für  denselben  die  Bullen-Angelegenheit  zu  ordnen; 
Rodriguez  Fresle  a.  0.  S.  69,  95,  124,  144:  Miguel  de  Espejo  era  la 
persona  que  en  estos  bullicios  i  otros  siempre  acompanaba  al  arzobispo,  como 
gran  jurista  i  canonista.  Castellanos  nennt  ihn :  no  solo  tesorero,  mas  tesoro, 
honra  y  autoridad  de  nuestro  clero,  cuyas  sentencias  son  bocadas  de  oro  que 
hinchen  el  juicio  mas  entero  (320).  Von  den  anderen  Personen,  welche  die 
Gesänge  durch  Verse  empfehlen,  erscheinen  zwei  Mal  Cristobal  Leon  in 
Bogota  und  der  Sargento  mayor  Läzaro  Luis  Iranzo ;  sonst  bekannt  sind  nur 
Francisco  Soler  in  Tunja,  von  dem  eine  der  Castellanos'schen  Landkarten 
herrührt  (Anmi  55)  :  le  diö  Dios  un  ingenio  soberano  para  cosas  de  mayor  momento 
con  aquello  que  hace  mas  el  caso,  ser  de  virtudes  santas  rico  vaso  (181). 
Bernardo  de  Vargas  Machuca  ist  der  später  (1599  —  1612)  durch  verschiedene 
Schriften  bekannt  gewordene  Gubernator  der  Insel  Margarita;  vergl.  Fabie 
a.  0.  I.  S.  293  und  294,  H.  S.  409  ff. 

74)  Letzte  Aufzeichnuugren  von  Castellanos,  —  solche  die  der  ersten 
Manuskript-Sendung  nach  Spanien  folgten,  —  lassen  sich  nicht  genau  angeben, 
da  das  vierte  Buch  nicht  vorhanden  ist;  zu  ihnen  gehören  die  drei  letzten 
Eulogien  (Anm.  65);  ausserdem  steht  folgendes  fest: 

1588.  Relacion  breve  de  las  tierras  de  la  gobemacion  del  Chocö  (554) 
und  Catälogo  de  los  gobernadores  de  Popayan :  Juan  de  Tuesta  Salazar,  que 
todos  hoi  conocemos  y  conocimos  antes,  vino  con  el  gobierno  de  Castilla  (506). 

1589.  Untersuchung  der  Wunder  von  Chiquinquirä  und  des  Sterbens 
von  1588,  por  la  era  de  88  hubo  tal  mortandad  de  naturales,  que  diamantinos 
corazones  se  movieran  (562). 

1590.  Schluss  des  Eulogiums  auf  Gaspar  de  Rodas  mit  Bezug  auf  das 
vorangehende  Jahr:  para  concluir  con  mi  promesa  hasta  la  era  de  89  es  esto 
solamente  lo  que  me  resta  (552). 

1591.  Bericht  vom  Alvaro  Jorje,  vergl.  Anm.  76. 

Zu  beachten  ist,  dass  Castellanos  in  seinen  letzten  Jahren  keine  Ver- 
bindung mit  den  jüngeren  Männern,  die  seinem  Werke  ähnlichen  Schriften 
oblagen,  unterhielt.     Von  solchen  sind  z.  B.  bekannt: 

Pedro  Aguado,  cuarto  provincial  de  San  Francisco  en  1573,  schrieb  eine 
Recopilacion  historial  de  Santa  Marta  y  del  Nuevo  ßeino  de  Granada,  dedi- 
cada  al  rey  Don  Felipe  II;  dos  partes.  Angeführt  von  Acosta  a.  0.  S.  440; 
vergl.  Anm.  58. 

Alonso  Garzon  de  Tauste,  cura  rector  de  la  catedral  de  Bogota  (1585  ff.) 
schrieb  historische  Sachen,  die  später  Zaraora  für  sein  Geschichtswerk  be- 
nutzte;   Rodriguez    Fresle  (a.  0.  S.  86,  217    und    218)    berichtet,    dass 


Bernardo  de  Vargas  Machuca.     Alvaro  Jorje.  295 


Garzon  etwa  70  Jahre    alt  Schriftführer  des  am  20.  Mai  1625   in  Bogota  ge- 
schlossenen neu-granadischen  Provinzial-Konzils  war. 

Gerönimo  Escobar,  Augustiner  Mönch,  Sekretär  des  Bischofs  Agustin 
Coruna  von  Popayan  (506),  verfasste  1577  eine  Beschreibung  der  Diöcese 
Popayan,  welche  Ternaux  Compans,  Kecueil  u.  s.  w.  S.  46—75  zuerst 
übersetzt  und  veröffentlicht  hat;  Abdruck  in  Coleccion  etc.  XLI.  S.  438  —  492; 
hier  über  die  Zeit  der  Abfassung  S.  457. 

Von  den  neu-granadischen  Conquistadoren  überlebten  Castellanos  mehrere; 
der  letzte  derselben  Juan  de  Montalvo,  der  auf  Erfordern  der  Regierung  1590 
eine  Aussage  über  verschiedene  Personenfragen  machte,  starb  in  Tunja  1597. 
Vergl.  Acosta  a.  0.  S.  421   und  425. 

75)  Bernardo  de  Värgas  Machuca,  der  das  zweite  Buch  mit  einem 
Empfehlungs- Sonett  versah,  war  in  seiner  Jugend  in  Diensten  der  neu- 
granadischen  Regierung,  wie  seine  Defensa  de  las  conquistas  occidentales  — 
abgedruckt  bei  Fabie  a.  0.  II.  S.  409— 517  —  ergiebt.  Er  sagt  z.  B.  Esto 
a  mi  me  ha  sucedido,  habiendose  alzado  en  la  ciudad  de  los  Muzos  un  cacique, 
llamado  Guazara  (a.  0.  S.  448)  .  .  habiendo  yo  salido  k  un  castigo  con  orden 
de  la  Real  Audiencia  de  Santa  Fe  contra  algunos  Indios  que  se  habian  alzado 
(a.  0.  S.  451).  De  la  ciudad  de  V61ez  como  d  dos  leguas  esta  un  rio  y  en 
el  esta  una  pefia  y  en  ella  una  cruz  y  yo  la  he  visto  (a.  0.  S.  501)  .  .  . 
los  que  son  präcticos  de  la  tierra  del  Nuevo  Reino  de  Granada  lo  hechardn 
bien  de  ver  como  yo  (a.  0.  S.  499). 

Ausserdem  war  er  in  Frankreich.  He  visto  Francia,  en  la  ciudad  de 
Paris,  pintados  lienzos  con  las  crueldades,  que  el  obispo  Casas  escribe  en  su 
libro  (a,  0.  S.  508).  Gegen  die  in  Anm.  68  angezogene  Las  Casas' sehe  Schrift 
richtete  sich  die  erwähnte  Defensa,  die  1597  geschrieben  wurde,  obwohl  dessen 
Widmung  an  den  peruanischen  Vicekönig  Juan  de  Mendoza  y  Luna  (1607  bis 
1611)  gerichtet  ist  und  die  Einleitung  erst  am  10.  August  1612  auf  Margarita 
unterzeichnet  ist. 

Im  Jahre  1597  ward  eine  andere  Schrift  von  Vdrgas  Machuca  von 
Francisco  de  Ortega  eingeleitet,  die  1599  gedruckte  Milicia  y  descripcion  de 
las  Indias,  woran  sich  1606  ein  Libro  de  ejercicios  de  gineta  anschloss.  Vergl. 
Fabie  a.  0.  L  S.  293. 

76)  Alvaro  Jorje,  noble  lusitano,  capitan  prudente,  de  quien  tengo 
confianza,  informandome  dice :  so  beginnt  Castellanos  (455)  eine  der  letzten 
Stellen  seiner  Dichtung.  Von  ihm  erfuhr  Walter  Ralegh,  dass  er  den  Dorado- 
Zug  des  Marschalls  Jimenez  mitgemacht  habe,  vergl.  Schomburgk  a.  0. 
S.  80  und  81,  auch  Anm.  59. 

Jorje  erzählte  unter  Anderem  an  Castellanos :  Un  captivo  que  dentro  de 
8  dias  quedö  sano,  dijo,  como  verdn  4  la  vertiente  de  aquella  sierra  poblaciou 
crecida  y  un  rio  (el  agua  grande  que  se  llama  Manoa)  y  otra  sierra  despues 
mas  eminente  adoude  hallaran  gente  vestida  (455). 


296  Anmerkungen  zum   Castellanos. 

Auf  der  im  Februar  1595  von  Spanien  abgegangenen  Expedition  Berrio's 
führte  Jorje  später  den  zur  Erforschung  des  Paragua- Gebietes  ausgehenden 
Zug  und  starb  während  desselben.  Simon  a.  0.  S.  608  berichtet  nämlich: 
Senal6  por  capitan  el  gobernador  a  un  Alvaro  Jorge,  portugues,  hombre  que 
iba  cerrando  ya  con  los  70,  su  gran  amigo  y  confidente  que  habia  hecho  sus 
causas  muchos  anos  en  el  Nuevo  ßeino,  expererimentado  en  estas  guerras; 
que  como  esto  no  pudo  ser,  sin  haberle  quebrantado  trabajos,  estos  y  los 
de  los  anos  le  hicieron  rendir  la  vida  k  pocos  dias  que  coraen<;aron  la 
Jornada.      Vergl.    auch   Montenegro    a.  0.   IV.  S.  54. 


j^ 


ANMERKUNGEN 
ZUR  GESCHICHTE  DER  WELSER-ZÜGE. 


1)  Augsburg-  als  Handelsstadt  hat  bis  jetzt  keine  genügende  Geschichts- 
darstellung empfangen,  wie  überhaupt  innerhalb  der  Kulturhistorie  der 
deutschen  Kaufmannschaft,  trotz  ihrer  mehrfachen  Glanzperioden,  der  gebühr- 
liche Platz  noch  vorenthalten  ist.  Einigen  Anhalt  gewährt  Arthur  Klein- 
schmidt, Augsburg,  Nürnberg  und  ihre  Handelsfürsten,  Kassel  1881.  Wie 
werthvoll  eine  Einsicht  in  die  Entwickelung  der  Augsburger  Kaufmannschaft, 
namentlich  für  die  erste  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts  werden  könnte,  zeigt 
u.  A.  die  Anlage  zum  26.  Jahresbericht  des  historischen  Kreis-Vereins  im 
Regierungsbezirke  von  Schwaben  und  Neuburg:  B.  Greiff,  Tagebuch  des 
Lucas  Rem  1494 — 1541,  Beitrag  zur  Handelsgeschichte  der  Stadt  Augs- 
burg (1861).  Lucas  Rem  (1481—1541)  war  1499  —  1517  Faktor  der  Welser 
(insbesondere  in  Lissabon)  und  später  Theilhaber  der  Firma  Endres  Rem  und 
Gesellschaft  und  Chef  von  „Endres  und  Lucas,  den  Remen".  Seine  Mutter 
und  seine  Schwiegertochter  gehörten  zur  Augsburger  Kaufmannsfamilie  der 
Welser. 

Im  Auslande  werden  diese  auch  Berzer,  Berzares,  Beizares,  Beizeras, 
Bersyrs,  Belsyres  u.  a.  geschrieben.  Andere  Augsburger  Kauf  leute,  welche,  wie 
sie,  nach  Amerika  handeln,  sind  selten.  Kleinschmidt  a.  0.  S.  42  und 
122  erwähnt  die  Baumgärtner  und  die  Fugger.  Ueber  erstere  liegt  nichts 
Genaueres  vor;  der  Plan  des  Fugger' sehen  Unternehmens  —  die  Fugger 
werden  im  Auslande  Fucares,  Folkyres,  Fouchers  u.  s.  w.  geschrieben  — 
geht  aber  hervor  aus  dem  von  1530  datirenden  Dokument  bei  Navar- 
rete,  Coleccion  de  documentos  ineditos  para  la  historia  de  Espana 
(Madrid  1849)  XV.  S.  104.  Dort  heisst  es:  En  1530  presentaron  los 
Fvicares  un  memorial  al  rey  con  varias  proposiciones,  para  las  cuales  se 
ofrecian  al  descubrimiento ,  poblacion  y  fortificacion  de  las  islas  y  tierras 
que  hay  desde  el  estrecho  de  Magallanes  hasta  al  tierra  de  Chincha  y 
de  Chiquilus  melares.    De  resultas  de  la  respuesta  dada  por  el  consejo  dieron 


298  Anmerkungen  zur  Geschichte  der  Weiserzüge. 

otro  al  afio  siguiente.  Con  la  cual  se  combina  que  sirviese  k  los  Fiicares  y 
qua  ademÄs  sea  cierto  lo  que  dice  Juan  de  Fuca  de  haber  estado  mas  de 
cuarenta  anos  al  servicio  de  Espana  etc.  Letzteres  ist  falsch  und  wahr- 
scheinlich erlogen.  Ausführliches  ist  auch  über  dieses  Fugger'sche  Unter- 
nehmen nicht  bekannt.  In  Sevilla,  dem  Ausgangspunkte  des  Geschäfts  in 
Amerika,  hatten  die  Fugger  auch  eine  Faktorei.  Dort  erschien  auch,  ver- 
treten durch  Christoph  Raysser,  seit  1530  Sebastian  Neidhard  aus  Augsburg, 
vergl.  die  Urkunde  vom  10.  Juli  1530,  18.  April  1534  und  22.  Januar  1535 
in  der  Coleccion  de  documentos  ineditos  relativos  al  desenbrimiento  etc. 
XXXII.  S.  481  -487  und  487—491,  sowie  XLI  S.  342  und  343.  Sodann 
verhandelte  in  Madrid  1560 — 1568  Christoph  Hermann  aus  Augsburg  „wegen 
des  Königs  von  Spanien  Schuld"  nach  einer  Akte  des  Augsburger  Stadt- 
archivs. 

1544  sind  die  hauptsächlichsten  Augsburger  Kaufmannsnamen,  welche 
jedoch  keineswegs  sämmtlich  in  dem  Buch  der  Geschlechter  oder  in  dem  der 
Kaufmannsstube  wieder  erscheinen,  folgende:  Adler,  Arzt,  Baumgärtner, 
Ehinger,  Fugger,  Herwart,  Hochstätter,  Ilsing,  Imhof,  Koch,  Köler,  Lang- 
mantel, Mänlich,  Mayr,  Neidhardt,  Peutinger,  Pfister,  Pimel,  Rehlinger, 
Rem,  Rembold,  Rentz,  Sayller,  Schellenberg,  Seitz,  Stetten,  Vöhlin,  Walther, 
Welser, 

2)  Weiser-Firmen  sind,  soweit  sie  der  Stadt  Augsburg  und  dem  16.  Jahr- 
hundert angehören,  folgende : 

1.  Anton  Welser,  Konrad  Vöhlin  und  Genossenschaft  bestand  1493  (?) 
bis  1518  und  war  auch  in  Memmingen  ansässig,  dem  Geburtsort  von  Vöhlin. 
Sie  ist  für  die  deutsche  Handelsgeschichte  besonders  denkwürdig  wegen  der 
mit  dem  Freibrief  vom  13.  Januar  1503  beginnenden  Theilnahme  an  den 
ersten  portugiesischen  Indienfahrten;  vergl.  die  Hauptdaten  bei  Fried r. 
Kunstmann,  die  Fahrt  der  ersten  Deutschen  nach  dem  portugiesischen 
Indien  (München  1861),  auch  Greiff  a.  0.,  ferner  Johann  M.  von  Welser, 
Beiträge  zur  Augsburger  Kunstgeschichte  in  der  Zeitschrift  des  historischen 
Vereins  für  Schwaben  und  Neuburg  IL  (1875)  S.  120  ff.,  und  Johann 
Ph.  Cassel,  Privilegia  und  Handlungsfreiheiten,  welche  die  Könige  von 
Portugal  ehedem  den  deutschen  Kaufleuten  zu  Lissabon  ertheilt  haben  (1771 
und  1776). 

Im  Jahre  1498  taucht  als  „Faktor,  Respondent,  Anwalt,  Buchführer  und 
Hantirer"  der  genannten  Firma  in  Nürnberg  der  berühmte  Bernhard  Walther 
auf,  der  1504  verstarb  als  wissenschaftlicher  Dilettant  und  Astronomieliebhaber. 
Der  darauf  folgende  Nürnberger  Vertreter  der  genannten  Firma  war  Jakob 
Tattier;  dann  erscheint  dort  Hans  Pfann;  vergl.  G.  W.  K.  Lochner,  Arnold 
May  und  seine  Tochter,  Peter  Vischer's  Schwiegertochter:  im  Anzeiger  zur 
Kunde  der  deutschen  Vorzeit  N.  F.  XX.  (1873)  S.  127  ff. 

Anton  Weiser  war  der  Schwager  seines  Geschäftstheilhabers  und  seine 
Frau  Katharina  Vöhlin  (Vögelin,  Feglin),  Tochter  von  Hans  Vöhlin,  der  be- 
reits 1469  mit  seinem  Bruder  Erhard  ein  grosses  Geschäft  in  Memmingen 
betrieb. 


Weiser-Firmen.  299 


Von  Anton  Welser  rührte  die  Handelsmarke  her,  welcher  die  Weiserischen 
Firmen  bis  zur  Katastrophe  von  1612  sich  bedienten,  ebenso  die  Bankier- 
stellung zur  Krone  Spanien. 

2.  Bartolmä  Welser  und  Gesellschaft  bestand  1518 — 1553.  Bei  der 
Uebernahme  der  Geschäfte  von  Welser  und  Vöhlin  gehörten  ihr  nur  die 
beiden  Brüder  Bartolmä  und  Anton  an,  daher  auch  häufig  die  Firmabezeichnung 
Bartolmä  und  Anton  Welser  Gebrüder ;  aber  im  Laufe  der  Zeit  vergrösserte 
sich  nicht  bloss  durch  festere  Einrichtung  der  Häuser  in  Ulm  (1534)  und  in 
Nürnberg  (1535)  der  Geschäftskreis,  sondern  auch  die  Zahl  der  Theilnehmer. 
Gegen  1540  hat  Bartolmä  in  seine  Gesellschaft,  in  der  Anton  verblieb,  auf- 
genommen :  seine  drei  Söhne  Bartolmä,  Christoph  und  Leonhard,  sowie  seinen 
Tochtersohn  Christoph  Peutinger,  den  Schwiegervater  seines  Sohnes  Hans, 
Jakob  Rerabold,  und  die  beiden  Hans  Vöhlin,  Sohn  und  Enkel  seines  Oheims 
Konrad  Vöhlin.  Von  diesen  letzteren  war  der  jüngere  Hans  Vöhlin  in 
Amerika  gewesen,  und  zwar  1534 — 1539  auf  der  Faktorei  von  Santo  Domingo; 
nach  dessen  Rückkunft  schickte  Bartolmä  seinen  ältesten  Sohn  Ende  1540 
hinaus,  aber  nicht  nach  der  Faktorei,  sondern  nach  dem  Weiserlande. 

Im  Jahre  1553  zog  sich  Bartolmä  aus  dem  Geschäft  zurück. 

3.  Christoph  Welser  und  Gesellschaft  bestand  1553 — 1576.  Diese  Firma 
bildeten  zuerst  —  bis  1558  —  nur  die  Söhne  von  Bartolmä,  aber  nicht  bloss 
Christoph  und  Leonhard,  sondern  auch  Hans,  Rembold's  Schwiegersohn. 
Später  traten  zwei  Neffen  von  Bartolmä  ein.  Söhne  von  Anton,  nämlich  1558 
Matthäus  (f  1578)  und  1573  Marx,  der  bisher  der  Ulmer  Niederlassung  vor- 
gestanden hatte. 

Unter  dieser  Firma  erfolgte  angeblich  der  formelle  Verlust  von  Venezuela, 
der  in  das  Jahr  1555  verlegt  wird. 

4.  Erst  seit  1576  erscheint  die  Firma  Marx  und  Matthäus  Welser, 
welcher  ausser  Marx  auch  ein  Matthäus  angehörte,  doch  nicht  des  Ersteren 
Bruder,  sondern  dessen  Neffe.  Sie  bestand  bis  zum  Bankerott  von  1612. 
Diesen  überdauerte  bis  1648  die  Niederlassung  in  Ulm;  vergl.  Alb  recht 
Weyermann,  Nachrichten  von  Gelehrten  und  Künstlern ,  auch  alten  und 
neuen  adligen  und  bürgerlichen  Familien  aus  der  vormaligen  Reichsstadt 
Ulm  (1829)  n.  S.  598;  jedoch  nicht  die  in  Nürnberg. 

Mit  letzterer  ist  der  Nürnberger  Zweig  der  Augsburger  Familie  Welser 
nicht  zu  verwechseln;  dieser  stammte  von  Jakob  Welser  ab  (1468 — 1541), 
der  noch  Ende  des  15.  Jahrhunderts  von  Augsburg  nach  Nürnberg  über- 
siedelte und  dort  1504  im  Rath  erscheint  und  durch  seinen  Sohn  Sebastian 
ein  berühmtes  Patrizier- Geschlecht  gründete;  vergl.  Joh.  Gottfried  Bieder- 
mann, Geschichtsregister  des  hochadligen  Patriziats  zu  Nürnberg  (1748) 
Tafel  DLVni.  Dieser  Jakob  Welser  machte  in  Antwerpen  erhebliche  Ge- 
schäfte, besonders  nach  dem  La  Plata-Strom.  Von  ihm  stammt  das  viel- 
genannte Weiserische  Handelsbuch,  das  früher  im  Germanischen  Museum  auf- 
bewahrt wurde. 


800  Anmerkungen  zur  Geschichte  der  Welser-Zllge. 

Die  Bankierstellung  zur  spanischen  Krone  ist  zwar  schon  von  Anton 
Weiser  sen.  begründet,  gelangt  jedoch  erst  unter  der  Firma  der  Gebrüder 
Bartolmä  und  Anton  Welser  zur  Bedeutung.  Die  Geschäfte,  welche  diese  mit 
dem  König  von  Spanien  abgeschlossen  haben,  lassen  sich  nicht  ganz  deutlich 
erkennen.  In  einem  Verzeichniss  „Was  Kayser  Carolus,  dem  Vte»  die  Römisch 
Künglich  Wal  cost  im  1520  Jar"  (vergl.  34.  Jahresbericht  des  historischen 
Kreisvereins  der  Regierungsbezirke  von  Schwaben  und  Neuburg  (1869)  S.  21, 
22  und  43)  kommen  auf  die  Fugger  543  585,  auf  die  Häuser  von  Gwalterroth, 
Fomary  und  Vivaldis  zusammen  165  000  und  auf  die  Welser  143  333  Gulden: 
von  Bartolomeen  Welser  anstatt  Anthonien  Welser 's  seligen  und  seiner  Mit- 
verwandten. Im  Februar  1530  liehen  die  Fugger  und  Welser  kaiserlicher  Majestät 
wegen  „der  grossen  Spagnischen  Handel  der  Cruziata  und  Quart"  310  000  Gulden, 
die  Welser  davon  ein  Zehntel ,  also  31  000  Gulden  (vergl.  26.  Jahresbericht 
des  genannten  Vereins  [1861]  S.  38  und  75).  Zwischen  diese  beiden  Jahre 
fällt  die  Amerikanische  Belehnung  der  Welser;  am  22.  November  1532  wurde 
Bartolmä  Welser  „in  Stand  und  Grad  des  Adels  der  recht  edelgeborenen 
Lehens-Turnier-Genossen  und  rittermässigen  Edelleute"  erhoben;  die  Haupt- 
sache war  bei  dieser  Auszeichnung  das  Recht,  in  jeder  Reichsstadt  abgaben- 
frei sich  niederlassen  zu  dürfen.  Auch  später  wurden  noch  weitere  Vorrechte 
gewonnen.  Die  zweite  kaiserliche  Urkunde,  die  Bartolmä  erlangte ,  war  ein 
allgemeiner  Geleitbrief  d,  d.  6.  April  1541 ;  eine  dritte  ein  Exemtions-Privileg 
von  einigen  gewöhnlichen  Ortsgerichten  d.  d.  7.  Juni  1546;  eine  vierte  die 
Erlaubniss  zur  Rückkehr  nach  der  Vaterstadt  d.  d.  Halle  a.  S.  22.  Juni 
1547,  da  auf  ihn  als  Abwesenden  die  allgemeine  Begnadigung  sich  nicht  be- 
zog, die  am  29.  Januar  1547  erfolgte.  Vergl.  Lienigs,  Reichsarchiv  XIII. 
S.  128. 

Bisher  unklare  Spuren  von  Verbindungen  der  Welser  mit  Spanien  zeigen 
sich  in  einigen  Aktenstücken  des  Augsburger  Stadtarchivs.  Am  22.  Februar 
1525  geht  Bartolmä  Welser  nach  Antwerpen  „wegen  des  lateinischen  Briefs  zu 
handeln";  am  9.  December  1528  wird  Ulrich  Ehinger  an  den  Kaiser  gesandt, 
um  gemeinsam  mit  Hans  Ehinger  Handelsangelegenheiten  zu  erledigen;  1543 
bis  1545  korrespondirt  Hieronymus  Sailler  wegen  solcher  Sachen  mit  Alexius 
Grubel  (Grimel)  in  Antwerpen;  1548  wurde  Bartolmä  Welser  Mitglied  des 
„kaiserlichen  karolingischen  Rathes". 

Die  Augsburger  Stadtchroniken  erwähnen  die  Geschäfte  des  Hauses 
Welser  in  der  ersten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts  selten.  Die  amerikanische 
Unternehmung  hat  am  ausführlichsten  besprochen  Martinus  Crusius, 
Annales  suevici  (Francoforti  1595)  III.  S.  603.  Derselbe  sagt:  Hocanus  (1528) 
Bartholomaeus  Welser  et  socii  suis  impensis  naveis  aliquot  in  Hispania  ar- 
marunt  et  in  novas  insulas  occiduas  emiserunt,  ubi  in  coufiniis  Peru  magnam 
et  divitem  regionem  invenerunt,  Venezuelam  (al  Venocuelam)  nominatam  aut 
Valentiolam,  quam  consentiente  Carolo  Caesare  occuparunt  et  magnis  laboribus 
ac  sumptibus  (initiis  non  multo  post  cum  eodem  Caesare  pactis)  ad  28  annos 
tenerunt.  Tum  inter  reginae  Elisabethae  publicanos  et  Welserorum  illis  in 
locis  gubernatorem,  cui  nomen  Georgio  de  Spira,  contentio  exorta   est,  primo 


Bartolmä  Welser.  301 


de  vectigalibus  et  decimis,  postea  de  limitibus  et  terminis.  Postremo  totius 
dicionis  jus  in  controversiam  venit  et  causa  diu  apud  Hispaniensem  aulam 
agitata,  tandem  totum  illud  peramplum  regnum  anno  1555  Welseris  abju- 
dicatum  est.  Primus  eius  inventor  et  nomine  Welserorum  gubernator  nomina- 
batur  Ambrosius  Dalfinger  patria  Ulmensio,  quem  Hispani  ibi  interfecerunt, 
quam  eaedem  sequenti  tempore  Caesar  severe  vindicavit.  Diese,  mehrere 
IrrthUmer  enthaltenden  Worte  von  Crusius  verdeutscht  Engelbert  Wer- 
lichius,  Chi-onika  der  weitberumpten  Kayserlichen,  Freyen  und  des  hl. 
Reichs  Statt  Augspurg  in  Schwaben  (Frankfurt  a.  M.  1595)  III.  S.  14. 
Aehnliches  wiederholt  sich  in  den  meisten  späteren  Stadtchroniken,  z.  B.  in 
Paul  von  Stetten's  Geschichte  der  heiligen  Römischen  Reichs  Freyen 
Stadt  Augspurg  (Frankfurt  a.  M.  1743)  I.  S.  310. 

3)  Bartolmä  Welser,  geboren  zu  Memmingen  1484,  gestorben  zu  Amberg 
am  28.  März  1561,  hat  eine  spezielle  Biographie  nur  in  Paul  von  Stetten's  jr. 
Lebensbeschreibungen  (Augsburg  1782)  S.  209 — 248  erhalten;  diese  ist  jedoch 
in  vielen  Beziehungen  unzureichend. 

Ueber  Bartolmä' s  Kindheit  und  Bildungsgang  ist  Nichts  bekannt;  sein 
Vater  siedelte  1496  wieder  nach  Augsbui^g  über.  B.  scheint  sich  vorzüglich 
um  die  ostindische  Fahrt  von  1505  bekümmert  zu  haben,  denn  seinen  „Brief" 
nennt  Conrad  Peutinger  in  einem  Schreiben  vom  3.  Januar  1505  dem  kaiserl. 
Sekretär  Blazius  Hölzl  besonders  (vergl.  Greiff  a.  0.  S.  85);  im  Juni  1509 
ist  B.  in  Antwerpen  (ebenda  S.  12).  Die  Heirath  mit  Felicitas  Grander, 
Tochter  von  Thomas  Grander  und  Felicitas  Rehlinger,  erfolgte  1511.  Bartolmä 
hatte  aus  dieser  Ehe  17  Kinder.  Als  sein  Vater  sieben  Jahre  nach  diesem 
Eheschluss  starb,  kaufte  er  gemeinschaftlich  mit  dem  Bruder  Anton  aus  dem 
Nachlasse  das  alte  Augsburger  Stammhaus  seiner  Familie,  das  Haus  auf  dem 
Stein,  das  an  der  Ecke  der  Weissmalergasse  (jetzt  Karolinenstrasse)  und 
Judengasse  (jetzt  Karlstrasse)  lag  und  in  unscheinbaren  Resten  noch  heute 
vorhanden  ist,  namentlich  in  einem  Stück  des  von  Bartolmä  bewohnten  Theiles. 
Vergl.  über  dies  Haus  die  citirte  Zeitschrift  11.  S.   152  ff. 

Der  wichtigste  öffentliche  Dienst,  den  B.  seiner  Vaterstadt  leistete,  war 
die  Reise  nach  Innsbruck  zu  dem  eben  vom  Papste  gekrönten,  übermüthig 
mit  einem  Glaubenskrieg  drohenden  Kaiser ;  diese  Gesandtschaft  wurde  ausser 
ihm  nur  noch  von  Wolf  Langenmantel  gebildet.  B.'s  erster  Bericht  datirt 
vom  3.  Mai  1530.  Der  Kaiser,  in  dessen  Gefolge  Heinrich  Ehinger  war, 
hielt  seinen  Einzug  in  Augsburg  erst  am  15.  Juni,  von  Conrad  Peutinger 
ward    er  namens  der  Stadt   begrüsst,     Vergl,  Kleinschmidt   a.  0.  S.  85  f. 

B.  hatte  keineswegs  nur  einseitige  kaufmännische  Interessen.  So  er- 
wähnt Alb  recht  Wey  ermann  a.  0.  II.  S.  668  ein  von  Bartolmä  Welser 
mit  Randbemerkungen  versehenes  Exemplar  der  Antwerpener  Ausgabe  des 
Suetonius  von  1548,  das  später  Joseph  Ridder  gehörte.  Auch  die  amerikani- 
schen' Verbindungen  der  Welser,  deren  eigentliche  Seele  B.  war,  waren 
nicht  bloss  äusserlich  geschäftliche.  Franz  Wieser,  Magalhaes- Strasse  und 
Austral  -  Kontinent  auf  den  Globen  von  Joh.  Schöner  (1881)  S.  98  hält 
z.  B.  dafür,  dass  die   „Neve  Zeitung  aus  Bresillg  Landt"   —  abgedruckt  durch 


302  Anmerkungen  zur  Geschichte  der  Welser-Züge. 

SophusRuge  im  FV.  und  V.  Jahresbericht  des  Vereins  für  Erdkunde  zu 
Dresden  1868  S.  13 — 27  —  durch  Vermittlung  der  Welser  nach  Deutschland 
gekommen  sei ;  das  Gleiche  gilt  von  dem  Berichte  des  Santo  Domingoer 
Schlosshauptmanns  Oviedo  über  die  erste  Suche  eines  „güldenen  Prinzen", 
den  Betuleus  und  Dietherus  in  ihren  Geschichten  Fernandi  Cortesii  von 
dem  Neven  Hispanien  (Augsburg  1550)  S.  58  ff.  abgedruckt  haben. 

Ein  Oelbild  von  B.  aus  dem  Jahre  1550  hat  sich  erhalten;  es  stellt 
den  67  jährigen  in  Haustracht  dar.  Sein,  wie  seiner  Frau,  Grabstein  ist  in 
Amberg,  Abgüsse  befinden  sich  im  germanischen  Museum  zu  Nürnberg  und 
im  Maximilians-Museum  zu  Augsburg.  Sodann  stellen  verschiedene  Medaillen 
im  letzteren  Museum  Bartolmä  Welser  —  eine  von  1534  — ,  ebenso  seinen 
Schwager  Peutinger  und  Frau  Margarethe,  B.'s  Schwester,  dar.  Ein  Bild  von 
B.  findet  sich  schliesslich  in  der  Einmark' sehen  Sammlung, 

Von  den  Brüdern  stand  B.  besonders  nahe  der  beinahe  gleichaltrige 
Anton  (1486  bis  22.  Januar  1557),  sein  eifrigster  Mitarbeiter,  Er  war  1510 
in  Lyon  (vergl.  Greiff  a.  0.  S.  91)  und  September  1513  in  Antwerpen;  er 
ehelichte  Felicitas  Baumgärtner  (f  18.  Oktober  1552),  welche  ihm  14  Kinder 
schenkte,  darunter  Sabina  (1515 — 1576),  die  am  12.  Juni  1535  Leonhard 
Hirsvogel  zu  Nürnberg  heirathete.  Von  Anton  ist  ein  dem  Jahr  1527  ange- 
hörendes Oelgemälde  noch  im  Familienbesitz  erhalten. 

Ziemlich  fern  stand  B.  ein  zweiter  Bruder,  Christoph  (1480 — 1536),  da 
derselbe  den  geistlichen  Stand  erwählte  und  zuletzt  als  Domherr  nach  Kegens- 
burg  ging.  Ueber  Hans,  den  dritten  Bruder,  ist  nichts  zu  sagen.  Der  vierte 
war  Franz  (1497 — 1572),  der  Anna  Adler  heirathete,  zu  deren  Kindern  die 
bekannte  Philippine  (1527 — 1580)  gehörte;  über  diese  sind  besonders  nach- 
zusehen: Johann  Michael  von  Welser,  Nachrichten  über  Philippine 
Welser  (1864),  sowie  Joseph  Hirn,  Erzherzog  Ferdinand  H.  von  Tirol, 
Geschichte  seiner  Regierung  und  seiner  Länder  H.  (1888)  S.  313 — 369. 

Unter  den  Schwestern  von  B.  ragt  nur  eine  hervor:  Margarethe, 
welche  den  berühmten  Konrad  Peutinger  (1465,  14.  Oktober  bis  1547, 
28.  December)  heirathete.  Von  ihren  Söhnen  traf  vorzüglich  Christoph  zu 
dem  Oheim  in  engere  Verbindung  (vergl,  Anm.  2).  Ueber  Peutinger  und 
seine  Frau  ist  zu  vergleichen  Th.  Herberger,  Peutinger  in  seinem  Ver- 
hältniss  zum  Kaiser  Maximilian  I.,  Augsburg  1851. 

Die  Angabe,  dass  Veronica  Welser,  die  in  der  Kunstgeschichte  viel- 
genannte Klosterfrau,  eine  Schwester  von  B,  gewesen  sei,  ist  falsch,  Sie  hiess 
mit  bürgerlichem  Namen  Ursula  und  war  eine  Tochter  von  Hans  Welser, 
einem  Bruder  von  Anton  sen.,  und  der  Anna  Peutinger;  sie  starb  am 
18.  Juni  1531  (?). 

Geadelt  wurden  durch  den  bereits  genannten  kaiserlichen  Erlass  d.  d. 
Mantua,  22.  November  1532:  Bartolmä,  Anton  und  Franz  Welser;  der  Adels- 
brief vom  20.  März  1525,  den  von  Statten,  Geschlechter-Geschichte  S.  97 
und  Lebensbeschreibungen  H.  S.  220  anftlhrt,  ist  unächt.  Nach  jener  Urkunde 
wurden    dem    alten    bürgerlichen   Weiserwappen,    das    auf   weissrothem    Felde 


Indianer-Knechtschaften.  303 


eine  rothweisse  Lilie  zeigte,  Turnierhelm  und  Goldhelm  hinzugefügt  (vergl. 
Anm.  2).  Eine  Aenderung  des  Wappens  geschah  durch  Aufnahme  der 
Granger'schen  Rosen  und  erklärt  sich  daraus,  dass  die  Granger'sche  Familie 
mit  der  Frau  von  B.  ausstarb^  die  Gestattung  dieser  Aenderung  wurde  zu 
Brüssel  am  8.  April  1549  gewährt. 

Eine  Familiengeschichte  hat  Johann  Michael  Anton  Freiherr  von  Welser 
(t  1875)  begonnen  und  in  den  Hauptsachen  handschriftlich  durchgeführt-,  ihre 
Veröffentlichung  ist  sehr  zu  wünschen. 

4)    Indianer-Knechtschaften  gab  es  in  mehreren  Abstufungen: 

a.  Indios  de  rescate,  von  dem  herrschenden  Stamm  als  Sklaven  be-  und 
verhandelte  Personen,  theils  einzelne  Kriegsgefangene,  theils  Reste  einer 
besiegten  Körpei-schaft.  Sie  wurden  gekennzeichnet,  Vergl.  Helps  a.  0. 
III.  S.  119. 

b.  Gewöhnliche  Dienstpflichtige,  die  ihre  Freiheit  verloren  hatten  durch 
Schulden,  namentlich  Spiel-  und  Trink-Schulden,  oder  durch  Verkauf  seitens 
der  Eltern.  Von  diesen  sagt  LasCasas,  Un  tratado  del  obispo  de  la  Ciudad 
real  de  Chiapa  sobre  la  materia  de  los  Indios  que  se  han  hecho  esclavos 
(1552)  S.  181:  es  cosa  mui  diferente  de  una  servidumbre,  pues  tenian  su 
casa  y  su  hogar  y  su  peculio  y  su  hacienda  6  su  mujer  e  sus  hijos.  Eines  der 
Hauptübel  bestand  darin,  dass  diese  gleich  den  unter  a  Genannten  seitens  der 
Eroberer  behandelt  wurden.  Aus  der  Verschiedenheit  der  Fälle  erklärt  es  sich, 
dass  ein  allgemeiner  Name  fehlt. 

c.  Naborias  sind  zeitweilige  Unfreie.  Era  servicio  de  uno  6  dos  anos 
y  despues  por  otros  dos  y  asf  temporalmente  sagt  Antonio  de  Leon, 
Confirmaciones  Reales  I.  cap.  1;  vergl.  Helps  a.  0.  IH.  S.  123.  In  den 
Indiengesetzen  von  1542  heisst  es:  Ninguna  persona  se  pueda  servir  de  los 
Indios  por  via  de  Naborias  ni  de  otro  modo  alguno  contra  su  voluntad.  Vergl. 
Herr  era  a.   0.  IV.  S.  95. 

Alle  wirklichen  Sklaven  der  Wilden  durften  auch  als  Sklaven  weiter 
verhandelt  werden;  die  Frage,  ob  solche  Sklaverei  bestehe,  sollte  durch  die 
Geistlichen  festgestellt  und  von  jedem  Kauf  wie  Verkauf  ein  Viertel  an  die 
Krone  bezahlt  werden. 

Die  freien  Indianer  sollten  nicht  geknechtet  werden  dürfen,  doch 
machte  die  Krone  auch  hier  eine  Beschränkung.  Sie  sollten  nämlich  nicht 
bloss  Tribute  zahlen,  wie  andere  Vasallen  der  Krone,  sie  sollten  auch  arbeiten, 
was  ihnen  ungewohnt  war.  In  Ovando's  Instruktion  vom  September  1500 
stand  nach  Herr  era  a.  0.  I.  99,  que  los  Indios  pagasen  tributos  y  derechos, 
como  los  demas  vasallos,  a  sus  altezas  y  que  serviesen  en  coger  el  oro, 
pagandoles  su  trabajo  Die  den  Indianern  zu  zahlende  Arbeit  war  also  vor- 
züglich Goldgewinn,  ursprünglich  Wäscherei,  bald  auch  Grubendienst.  Bezug- 
nehmend auf  diese  Instruktion  sagt  der  Kronerlass  vom  20.  December  1503 
(vergl.  Navarrete  a.  0.  IL  S.  299):  hobimos  mandado  que  los  Indios  .  .  . 
fuesen  libros  y  no  sujetos  k  servidumbre  ....  ahora  soy  informada  que  k 
causa  de  la  mucha  libertad  que    los  Indios  tienen  huyen  y  se  apartan  .... 


304  Anmerkungen  zur  Geschichte  der  Welser-ZUge. 

por  este  compelais  y  apremieis  k  los  Indios  que  traten  y  eonversen  con  los 
cristianos  .  .  .  y  trabajen  en  sus  edificios  en  coger  y  sacar  oro  y  otros  metales 
y  en  hacer  granierias  .  .  .  .  y  fagais  pagar  k  cada  uno  el  dia  que  trabajare 
el  jornal  y  mantenimiento  que  segun  la  calidad  de  la  tierra  y  de  la  persona 
y  del  oficio  vos  pareciere  que  debieren  haber  mandando  ä  cada  cacique  que 
tenga  cargo  de  cierto  nümero  de  los  Indios  .  .  .  .  lo  cual  hagan  e  cumplau 
como  personas  libres  como  lo  son ,  y  no  como  siervos.  Diese  Zwangsarbeit 
der  rechtlich  freien  Indier  bildet  den  Uebergang  zu  der  Theorie  von  der  Un- 
mündigkeit derselben,  zu  dem  Grundsatz,  dass  sie  bevormundet  werden  müssen. 

Die  Indianer  zu  Hofdienstpflichtigen  zu  machen,  ist  eine 
Forderung,  welche  die  Spanier  auf  Espafiola  gegen  den  Vicekönig  im 
September  1499  durchgesetzt  haben;  sie  ward  schon  im  Oktober  ausgeführt. 
Herrera  a.  0.  I.  95  sagt:  De  aquf  tomaron  orijen  los  repartimieutos  e  en- 
comiendas  de  todas  las  Indias',  porque  los  daba  el  Almirante  por  sus  ce- 
dulas;  die  Vertheilungsformel  lautete:  que  daba  en  tal  cacique  tantas  1000 
motas  o  montones  que  todo  es  imo  y  que  aquel  cacique  o  sus  jentes  labrassen 
para  quien  les  daba  aquellas  tierras.  Die  Frohnden  wurden  also  für  den 
Grundbesitzer  geleistet;  diesem  wurde  behufs  Frohndienst  mit  dem  Grund- 
eigenthum,  das  Berg,  Wald,  Fluss  und  Thal  umfasste,  eine  gewisse  Zahl  von 
Eingeborenen  angewiesen,  nämlich  alle  auf  dem  Grund  und  Boden  Lebenden ; 
die  Anwohner  folgten  also  dem  Lande;  auch  sie  wurden  zugetheilt,  repartirt. 
Diese  Ausdehnung  des  Repartimiento  fand  im  spanischen  Recht  keine  Ana- 
logie; desshalb  suchte  man  bald  eine  andere  juristische  Form,  welche 
das  Lehnrecht  darbot,  mit  dem  das  Repartimiento  ursprünglich  nichts  zu 
thun  hatte. 

Zu  Sklaven  dürfen  durchweg  gemacht  werden  die  C  a  r  i  b  e  n ,  das  sind 
kein  Volksstamm,  sondern  für  Menschenfresser  erklärte  oder  sonst  ausserhalb 
des  Friedens  stehende  Personen;  so  werden  sie  auch  nicht  anderen  Völker- 
schaften gegenüber  gestellt,  sondern  gutmüthigen,  gleichsam  zähmbaren 
Stämmen,  den  Guatiaos,  vergl.  Coleccion  etc.  1.  S.  382,  Herrera,  a.  0.  II. 
S.  181  u.  A.     Die  Hauptunterscheidung    besteht    im  Gebrauch    des  Pfeilgifts. 

Vergl.  über  Cariben  noch  Gomara,  a.  0.  S.  201,  Navarrete,  Col. 
Dip.  No.  17,  Castellanos  a.  0.  II.  c.  3,  auch  Helps  a.  0.  L  201,  383, 
II.  118,  160,  sowie  Juan  Ignacio  de  Armas,  la  fabula  de  los  Caribes 
(Habana  1884). 

Den  Cariben  wurden  schliesslich  durch  gesetzliche  Bestimmung  gleich- 
gestellt alle  Wilden,  welche,  nachdem  sie  in  vorgeschriebener  Form  zum  Ge- 
horsam ermahnt  worden  sind,  sich  widerspenstig  geberdeten,  insbesondere  die 
Waffen  nicht  niederlegten ;  unter  diese  Bestimmung  fielen  alle  kräftigen 
Stämme.  Den  Widersinn  dieser  Bestimmung  hoben  nicht  nur  die  Domini- 
kaner, sondern  auch  den  Conquistadoren  so  nahe  stehende  Personen,  wie 
Oviedo  und  Enciso  hervor,  doch  blieb  es  bei  dem  Beschluss  des  Indien-Raths. 

5)  Das  Land  Cocibacoa  ist  altbekannt.  Es  ist  die  jetzige  Guajiros- 
Halbinsel ;    Guajiros    ist    nämlich    kein    Eigenname,    bedeutet    vielmehr    „aus- 


Das  Land  Cocibaeoa.  305 


ländisch,  fremd".  In  den  Urkunden  vom  28.  Juli  1500,  vom  8.  und  10.  Juni 
1501,  vom  3.  September  1501,  vom  8.  November  1503,  vom  5.  Oktober  1504 
findet  sich  bereits  der  alte,  auf  La  Cosa's  Karte  fehlende  Name;  vergl.  Na- 
varrete  a.  0.  IL  S.  433  und  HL  S.  86,  89,  111,  518  und  519,  vergl.  auch 
Petrus  Martyr,  Dec.  H.  S.  140.  Dieser  Name  kann  nur  durch  Hojeda's 
Expedition  bekannt  geworden  sein.  In  den  genannten  Urkunden  findet  sich 
derselbe  in  den  Formen  Coquivacoa  —  so  sagt  auch  Las  Casas  I.  a.  0. 
c.  167  —  Cuchibacoa,  Caquebacoa  und  Quiquevacoa;  aus  letzterer  Form  und 
dem  Quinquibacoa  der  Zeugenverhöre  ist  heutzutage  Chichibacoa  geworden. 
So  heisst  jetzt  das  für  die  Schiffahrt  wichtigste  Vorgebirge  jener  Halbinsel, 
das  Cabo  de  Espera  von  La  Cosa.  Vergl.  Bar  nett,  West  India  Pilot 
(London  1872)  L  140.  Doch  sind  auch  zu  vergl.  Ale edo  a.  0.  653,  der  be- 
hauptet, Coquibacoa  sei  von  Chichibacoa  zu  unterscheiden,  sowie  Oviedo, 
a.  0.  IL  132,  der  noch  einen  Hafen  Quiquibacoa  zwischen  Cabo  de  los 
Monges  und  la  Caleta  erwähnt.  Das  moderne  Venezuela  nimmt  an,  dass  dort 
bei  dem  Vorgebirge  Chichibacoa  seine  Grenzlinie  gegen  Kolumbien  das 
Meer  berührt,  Kolumbien  beansprucht  dagegen  das  ganze  alte  Cocibaeoa; 
vergl.  Negociacion  de  Hraites  en  1874  y  1875  (Caracas  1875)  I.  33  ff., 
125  ff.,  229  ff. 

Die  Guajiros- Halbinsel  hat  1500  La  Cosa  so  gezeichnet,  dass  sie  nur 
durch  einen  schmalen  Streifen  mit  dem  Lande  verbunden  wird;  er  fingirt 
einen  Meerbusen,  welcher  die  Nordküste  so  aushöhlt,  dass  sein  Ende  dem 
Maracaibo-See  gegenüber  liegt.  Dieselbe  Zeichnung  hat  noch  die  römische 
Karte  von  1508,  die  überhaupt  Elemente  von  La  Cosa  erkennen  lässt,  z.  B. 
Golfo  de  Pareas  und  Tei'ra  de  Pareas;  durch  einen  Abschreibefehler  ist  aus 
Venezuela  Vericida  geworden.  Als  Lago  ist  auf  La  Cosa's  Karte  die  Bahia 
Honda  verzeichnet;  Almadraba  bezeichnet  auf  derselben  einen  Ort,  wo  man 
Thunfische  fing,  Aguada  einen  solchen,  wo  man  "Wasser  einnahm. 

Las  Casas  bezeichnet  den  Meerbusen  von  Venezuela  noch  oft  als  Golfo 
de  Cuquibacoa,  so  sagt  er  Indias  II.  S.  409:  La  provincia  y  golfo  de  Cuqui- 
bacoa  en  lengua  de  Indios  que  ahora  se  llama  en  nuestro  lenguaje  Venezuela, 
und  fügt  ebenda  S.  410  und  416  hinzu:  Cuquibacoa  es  hoi  Venezuela. 

In  einem  vor  dem  8.  Juni  1501  mit  Hojeda  abgeschlossenen  Vertrage 
sagt  Fonseca  (Navarrete  a.  0.  IH.  S.  86):  Vos  entreis  en  la  isla  .  .  .  . 
que  dicen  Quiquevacoa  en  la  parte  de  tierra  firme ,  donde  estan  las  piedras 
verdes,  de  las  cuales  trugistes  muestra  e  traigais  dellas  las  mas  que  puedie- 
redes  e  ver  asimismo  de  las  otras  cosas  que  trugistes  en  este  Camino  en  las 
muestras  .  .  .  procures  de  saber  lo  que  degistes  que  habiades  sabido  otro  rescate  de 
perlas  con  tanto  que  no  sea  dentro  de  los  limites  suso  contenidos  e  busqueis 
asimismo  los  mineros  de  oro  que  decis  que  teneis  nueva  que  los  hay.  Mit  der 
letzten  Notiz  istdie  bei  Herrera(Descripcion)  zu  verbinden:  al  cabo  de  Coquibacoa 
>solamente  en  todas  las  Indias  se  hallo  peso  y  toque  para  el  oro.  Ausführlicher 
weiss  Enciso  zu  berichten:  En  Coquibacoa  se  ha  hallado  peso  i  toque  para 
el  oro  en  el  lugar  que  es  grande  y  dicen  los  Indios  que  traen  el  oro  de 
hasta  25  leguas  de  dentro  de  la  tierra  y  que  cuando  van  allä  por  ello,  Uevan 

Pestschrift  der  Harabargischen  Amerika-Feier  II.  20 


306  Anmerkungen  zur  Geschichte  der  Weiser-Züge. 


el  peso  y  el  toque  para  conocer  lo  que  traen :  en  todas  las  Indias  del  poniente 
no  se  ha  hallado  peso  sino  aquf.  Ueber  den  Perlenfang  beim  Kap  La  Vela 
siehe  Anm.  25  zum  Castellanos. 

Das  Cabo  de  laVela,  welches  sich  noch  auf  heutigen  Karten  —  vergl. 
auch  Barnett,  West  India  Pilot  I.  (London  1872)  S,  150  —  aber  aixch 
bereits  in  frühen  Urkunden  findet  (vergl.  die  vom  12.  April  1502  bei 
Navarrete  a.  0.  IIL  S.  106),  wird  vielfach  (vergl.  Herrera,  Historia  III. 
S.  212),  insbesondere  später,  als  zur  Provinz  Coeibacoa  gehörig  betrachtet. 
Auch  wird  dieses  Vorgebirge  als  Grenzpunkt  zwischen  den  alten  Provinzen 
Coeibacoa  und  Venezuela  genannt;  so  sagt  Herrera  a.  0.  IV.  S.  248:  los 
Hmites  desta  gobernacion  de  Venezuela,  conforme  al  assiento  de  los  Alemanes 
comien(;an  desde  Maracapana  hasta  el  Cabo  de  la  Vela,  und  0  v  i  e  d  o  a.  0.  II. 
S.  332 :  Entre  ambas  gobernaciones  el  majano  ö  coto  6  t6rmino  que  las  divide, 
es  el  Cabo  de  la  Vela.  Trotzdem  muss  aber  an  der  Existenz  eines  Grenz- 
gebietes, einer  tierra  del  Cabo  de  la  Vela  festgehalten  werden.  So  wird  es 
als  eigener  Bestandtheil  der  Belehnung  der  Welser  genannt,  vergl.  Herrera, 
Historia  IL  S.  311.  So  wird  auch  in  der  Santa  Marta  betreffenden  Kapitulation 
mit  Pedro  Fernandez  de  Lugo,  die  Herrera  (a  0.  IIL  S.  171)  im 
Auszuge  mittheilt,  von  einer  Provinz  Cabo  de  la  Vela  gesprochen.  Denn  es 
heisst  dort:  la  provincia  de  Santa  Marta  se  entiende  desde  donde  se  acaban 
los  limites  sefialados  a  la  provincia  de  Cartagena  hasta  donde  se  acaban  los  de 
las  provincias  de  Venezuela  y  Cabo  de  la  Vela.  Ebenso  führt  Alonso  de 
Zurita  (vergl.  Anm,  42  zum  Castellanos)  noch  eine  solche  Provinz  an 
(Coleccion  etc.  IL  S.  6) :  He  deseado  siempre  decir  lo  que  he  averiguado 
y  sabido  en  19  afios  que  estuve  en  aquellas  partes  en  servicio  de 
S.  M.,  los  dos  primeros  en  Santo  Domingo  por  oidor  y  los  otros  3  siguientes 
en  el  Nuevo  Reino  de  Granada  y  en  Santa  Marta  y  Cartagena  y  Cabo  la 
Vela.  Auch  Philipp  von  Hütten 's  Bruder,  Moritz,  Bischof  von  Eichstätt,  und 
Bartolmä  Welser  selbst  sprechen  von  einer  Provinz  Cabo  de  la  Vela,  vergl. 
Mensel  a.  0.  S.  103  und  112.     Siehe  auch  Anm.  25  zum  Castellanos. 

6)  Das  Land  Coriana  (Curiana)  kommt  früh  in  der  Entdeckungs- 
geschichte vor;  vergl.  Urkunden  vom  28.  Juli  1500  und  8.  Juni  1501,  vom 
12.  März  1502,  vom  8.  November  1503  bei  Navarrete  a.  0.  IL  422,  430  und 
433;  IIL  S.  86,  103  und  104;  Hojeda  soll  das  Gebiet  seiner  Nebenbuhler 
respektiren:  de  esta  parte  de  Paria  hasta  el  Farallon  e  toda  aquella  tierra, 
que  se  llama  Coriana  (a.  0.  III.  S.  103  und  104);  die  grosse  Klippe  (el  Farallon) 
ist  die  jetzige,  unfern  vom  Codera-Kap  liegende  Insel  Centinela:  an  islet  or 
very  bold  rock,  which  appears  like  a  ship  under  sail,  sagt  Bar  nett, 
West  India  Pilot  I.  (London  1872)  S.  122.  Coriana  lag  jenseits  dieses 
Farallons,  also  nach  Westen  hin  noch  weiter  von  Paria  entfernt ;  die  richtige 
Reihenfolge  der  Namen  ist:  Paria,  Cumana,  Maracapana,  Puerto  Fl ichado  oder 
dergleichen,  Coriana  vergl.  z.  B.  Martyr,  Dec.  I.  84,  Gomara  a.  0.  S.  203. 
Der  Widerspruch  in  den  Hojeda' sehen  Prozessangaben  (Navarrete  a.  0.  IL 
S.  422—433,  in.  S.  103—105)  erklärt  sich  theils  aus  lückenhafter  Kenntniss, 
theils  aus  dem  Parteiinteresse,  den  Sachverhalt  zu  verdunkeln ;  es  ist  desshalb 


Das  Land  Coriana.  307 


die  immerliin  leicht  mögliche  Annahme  zweier  Corianas ,  zu  der  Helps  und 
Peschel-sich  entschlossen  haben,  ebenso  unnöthig,  wie  die  Angabe  auf  Codazzi's 
historischer  Karte  von  Venezuela  falsch.  Es  scheint,  dass  die  Aussprache 
Coriand  —  ähnlich  wie  Cumana,  Parianä  —  die  richtige  ist. 

Den  Namen,  der  Seebrise  bedeutet  und  häufiger  vorkommt,  leitet 
Oviedo  von  einem  Fluss  ab ;  er  sagt  a.  0.  II.  S.  131 :  Curiana  es  un  rio  que 
estä  algo  mas  de  lüVa  grados  desta  parte  de  la  equinocial;  desde  Curiana 
sale  una  punta  ö  promontorio  en  la  mar  10  leguas  que  se  Uama  el  cabo  de 
San  Eoman.  Herrera,  Historia  II.  S.  334  hat  richtige  Ableitung:  la  tierra 
de  Coro  llaman  los  Indios  Coriana. 

In  späteren  Quellen  wird  in  diesem  Lande  insbesondere  ein  Häuptling 
Manauri  genannt,  un  gran  cacique  que  esta  10  leguas  de  la  tierra  adentro 
en  la  provincia  de  Coro,  llamado  Manauri  (Anaure)  el  cual  por  ser  gran 
senor  se  hace  adorar  como  dios;  vergl.  Coleccion  etc.  I.  S.  434,  X. 
S.  27.  Herrera,  Historia  IL  S.  334  und  335  erwähnt  eine  tierra  de 
Manaure :  Indios  de  la  tierra  del  cacique  de  Manaure  im  Gegensatz  zu  den 
Bergbewohnern.  Oviedo  y  Banos  sagt  noch  a.  0.  S.  9 :  El  Cacique 
Manaure  era  senor  de  toda  aquella  provincia,  habitada  de  la  nacion  Caiquetia. 
lieber  Manaure  vergl.  auch  Simon  a.  0.  S.  54.  —  Später  hiess  Don  Martin 
nach  dem  Indianerdolmetschen  Manaure;    vergl.  Castellanos  a.  0.  S.  185. 

Santana  de  Coro  ist  die  einzige  christianisirte  Ortschaft  der  vielen, 
dem  Seeufer  von  Coriana  nahe  belegenen  Eingeborenensitze,  jedoch  nicht  der 
Sitz  von  Manauri.  Der  Ort  wurde  kurz  vor  Dalfinger's  Ankunft  von  Ampies 
besetzt,  der  jedoch  keine  Kirche  errichtete,  so  dass  das  Gotteshaus  der  heil. 
Anna  —  der  Heiligentag  ist  der  26.  Juli  —  von  Dalfinger  herrührt  und  nicht 
von  Federmann,  wie  Alcedo  a.  0,  I.  S.  661  anführt.  Die  ersten  Regidoren 
und  Alkalden  hat  Oviedo  y  Banos  a.  0.  S.  14  verzeichnet.  Nueva  Cör- 
dova  ist  als  Stadtname  für  Coro  urkundlich  nicht  nachweisbar;  falsch  ist 
jedenfalls  die  neuere  Angabe  (z.  B.  von  Klunzinger  a.  0.  S.  12,  Falke, 
Geschichte  des  Handels  S.  153),  dass  Coro  auf  einem  Felsen  im  Meere  ge- 
baut sei.  Die  Lage  des  Ortes  ist  in  den  Quellen  mehrfach  gut  beschrieben; 
so  sagt  Herrera,  Historia  H.  S.  335:  Coro  tiene  dos  puertos,  uno  k  la 
banda  del  Norte,  otro  al  Ueste;  el  primero  es  la  ensenada  del  Cabo  de  San 
Roman  y  la  mar  mansa  y  baja,  el  de  la  banda  del  Norte  es  mar  brava  y 
hondable  und  ebenda  IV.  S.  248:  Coro  esta  2^/2  leguas  del  puerto  y  k  una 
legua  de  la  ciudad  hai  unas  buenas  salinas.  A  60  leguas  la  costa  abajo  se  halla 
la  laguna  de  Maracaibo  y  ä  12  hace  la  mar  una  ensenada  de  tierra,  que  casi 
se  podria  llamar  isla,  llämase  Paragoana  y  los  mareantes  la  nombran  el  cabo 
de  San  Roman.  Ueber  Coro  als  Bischofssitz  vergl.  Anm.  13  zum  Castellanos. 
Die  schlimmste  Zerstörung  der  Ortschaft  und  Kirche  geschah  1567 ;  vergl. 
Simon  a.  0.  S.  575  und  576. 

In  Coro's  Umgebung  lagen  etliche  Ortschaften  der  Wilden;  es  werden 
angeführt:  Guaibacoa,  Sasarida  (Zacerida  Cazarida),  die  noch  auf  Karten  sich 
finden,  ferner  Cairva,  Capatärida,  Carao,  Carona,  Cazicare,  Hurraqui,  Hure- 
hurebo,    Miraca,  Tamadore  und  Todariquibo.    Bald  waren  viele  Häuptlinge  in 

20* 


308  Anmerkungen  zur  Geschichte  der  Welser-Züge. 

diesen  Ortschaften  getauft,  so  hiess  der  von  Guaibacoa  Barbo,  der  von  Cairva 
Estebau,  der  von  Miraca  Boniata,  der  von  Todariquibo  Alexander. 

7)  Das  Gewässer  von  Venezuela  besteht  aus  einer  Meerbucht  und  einem 
Binnensee.  Der  Name  findet  sich  zuerst  1 500  auf  der  Karte  von  Juan  de  la 
Cosa  im  Wasser  als  Venezuela;  Hojeda  spricht  1513  auch  vom  Golfo  de 
Venezia  (vergl.  Navarrete  a.  0.  III.  S.  544).  Der  Name  ist  stets  mit 
Venedig  in  Verbindung  gebracht,  aber  meist  so,  als  habe  man  mit  der  Adria- 
stadt  die  oft  z.  B.  bei  Pernambuco  vorkommenden,  von  Oviedo  abgebildeten, 
im  Wasser  stehenden  Pfahlbauten  spöttisch  verglichen ;  jedoch  weisen  alle 
alten  Seefahrernamen  in  Amerika,  die  europäische  Namen  nachbilden  —  Cadix, 
Cartagena  u.  s.  w.  —  auf  Aehnlichkeiten  der  Formation  hin;  charakteristisch 
wird  z.  B.  auch  die  Stadt  Mexiko  mit  der  Stadt  Venedig  verglichen,  vergl. 
Bemal  Diaz  de  Castrillo  in  Biblioteca  de  autores  Espanoles  (Madrid 
1853)  II.  S.  11.  Auch  zu  dem  Namen  Venezuela  (Klein-Venedig)  wird  die 
ganze  Bodenformation  die  Veranlassung  geboten  haben. 

Einen  Ort  Venezuela  hat  es  nie  gegeben,  obwohl  Vespucci  denselben 
erwähnt,  vergl.  B  a  n  d  i  n  i ,  Vita  e  lettere  di  Amerigo  Vespucci  S.  80,  Quatuor  navi- 
gationes  bei  Navarrete  a.  0.  HI.  S.  219.  Enciso  a.  0.  S.  LIV.  wieder- 
holt: Entre  el  cabo  de  San  Roman  al  cabo  de  Coquibacoa  se  hace  un  golfo 
de  mar  en  figura  cuadrada;  al  cabo  de  Coquibacoa  entra  desde  este  golfo 
otro  pequeno  en  la  tierra  4  leguas  y  al  cabo  de  la  cerca  de  la  tierra  estk 
una  pena  grande  que  es  llana,  encima  de  ella  estÄ  un  lugar  que  se  llama 
Veneciuela.  Auch  Herr  er  a,  Desciüpcion  S.  15  nennt  noch  zum  Jahre 
1528  einPueblo  que  los  Beizares  dijeron  Venezuela.  Der  Name,  nach  welchem 
die  später  lange  Zeit  übliche  amtliche  Bezeichnung:  gobernacion  del  golfo  de 
Venezuela  sich  ergeben  hat,  wird  auch  sonst  vielfach  auf  die  Weiserfahrten 
zurückgeführt;  z.  B.  von  Castellanos  a.  0.  S.  181:  el  nombre  de  Venezuela 
de  Venecia  viene  y  le  di6  por  escelencia  el  Aleman,  diciendo  le  conviene  al 
gran  läge  de  Maracaibo.  Oviedo 's  Karte  Band  II.  Tafel  3  seiner  Historia 
general  zeigt  beide  Theile  der  venezuelanischen  Gewässer.  Der  innere  Theil 
derselben,  von  dem  Castellanos  eine  Karte  besass  (vergl.  Anm.  55  zum  Castel- 
lanos), trug  verschiedene  Namen.  In  den  Urkunden  vom  12.  März,  12.  April 
und  12.  Mai  1502  bei  Navarrete  a.  0.  III.  S.  105,  106  und  108  findet 
sich  die  Bezeichnung  lago  de  San  Bartolom^.  Später  kommt  der  Name 
Nuestra  Senora  auf,  vergl.  Gomara  a.  0.  I.  S.  202;  Castellanos  a.  0. 
S.  188  nennt  Alfinger  hallador  de  la  laguna  de  Nuestra  Senora;  Herrera 
Historia  II.  S.  335:  los  Espanoles  llaman  la  laguna  de  Maracaibo  de  Nuestra 
Senora;  ähnlich  Oviedo  a.  0.  II.  S.  300.  Nach  der  Besitzergreifung  von 
Maracaibo  wird  letztere  Bezeichnung  ständig. 

Oviedo  a.  0.  II.  S.  270  und  300  schildert:  En  la  boca  del  golfo  de 
Venezuela  se  hace  un  embocamiento  estrecho  de  la  mar  y  dentro  de  aquel 
se  dilata  el  agua  en  forma  de  laguna  redonda  en  que  hai  bien  20  leguas  de 
longitud  y  otras  tantas  de  latitud  por  cada  parte  dentro  del  embocamiento ; 
la  laguna  es  cosa  mui  notable  en  la  cosmografia.    Oviedo  war  nie  in  Venezuela 


Das  Welserland,  809 


und  hat  diese  Nachricht,  sowie  die  ausführliche  über  Land  und  Leute  (a.  0. 11. 
S.  328—331)  Januar  1542  von  Bischof  Kodrigo  de  Bastidas  erhalten. 

8)  Das  Welserland  ist  nicht  in  scharfen  Grenzen  zu  zeichnen.  Die 
Weiserkapitulation  ist  urkundlich  nicht  erhalten-,  Wortlaut  und  Datum  sind 
unbekannt;  ihren  Inhalt  giebt  Herrera,  Historia  IL  S.  311  a.  a.  1528  nur 
ziemlich  allgemein  an.  Doch  kann  diese  Urkunde  bei  der  Unkenntniss  in 
geographischer  Beziehung  zur  Zeit  der  Belehnung  nichts  Genaues  über  die 
Grenzen  enthalten  haben.  Jedenfalls  ist  das  Welserland  nicht  mit  dem  Ge- 
biete der  späteren  Generalkapitanie  Caracas  oder  der  späteren  Republik  Venezuela 
identisch  nach  den  festgestellten  atlantischen  Marken.  Die  Urkunde  vom 
27.  März  1528  (Coleccion  etc.  XXII.  S.  253)  giebt  dieses  Gebiet  an  als:  la  tierra 
y  provincias  que  hai  en  la  costa,  que  comunica  desde  el  Cabo  de  la  Vela  6 
del  fin  de  los  limites  y  terminos  de  la  gobernacion  de  Santa  Marta  hasta 
Manapain  (=  Maracapana),  und  Herrera,  Historia  11.  S.  311  fixirt  es  dahin: 
la  tierra  del  Cabo  de  la  Vela  y  golfo  que  dijeron  Venezuela,  San  Eoman 
hasta  el  Cabo  de  Maracapana,  Weder  das  Hintertrossen-  noch  das  Segel -Kap 
bildeten  die  scharfen  Endpunkte  von  Scheidelinien,  vielmehr  waren  die 
Gegenden  dieser  beiden  Vorgebirge,  als  die  tierra  del  Cabo  de  la  Vela  und 
die  tierra  de  Maracapana,  als  Grenzgebiete  gedacht.  Vergleiche  die  vorauf- 
gehende Anm.  6  über  das  Land  Cocibacoa,  sowie  Anm.  16  über  das  Land 
Maracapana  zum  Castellanos.  Der  mittlere  Theil  zwischen  beiden  erhält  mehr 
und  mehr  den  Namen  von  Klein- Venedig :  Land  des  venezuelanischen  Golfes, 
Insel  Venezuela. 

Die  Ausdehnung  dieses  Welserlandes  im  Innern  ist  in  der  Urkunde 
vom  27.  März  1528  bestimmt:  este,  oeste,  norte  j  sur  de  una  mar  k  otra 
(Coleccion  etc.  XXII.  S.  253).  Dass  das  Gebiet  der  Welser  nicht  auf  die 
atlantische  Seite  des  Festlandes  beschränkt  war,  wird  noch  ausdrücklich 
bei  Gelegenheit  einer  Kapitulation  von  Pedro  Fernandez  de  Lugo  in  der 
Urkunde  vom  22.  Januar  1535  hervorgehoben:  la  conquista  y  gobernacion 
de  la  provincia  de  Venezuela  e  Cabo  de  la  Vela  tenemos  encomendada  ä 
Bartolome  e  Antonio  Beizar,  Alemanes,  de  mar  a  mar  (a.  0.  S.  407).  Vergl. 
auch  Herrera,  Historia  H.  311  und  HI.  S.  171. 

Zum  Weiserlande  gehörten  auch  der  angeführten  Urkunde  vom  27.  März 
1528  nach  todas  las  islas  que  estän  en  la  dicha  costa  exceptadas  las  que 
estän  encomendadas  y  tiene  k  su  cargo  el  factor  Juan  de  Ampues;  ähnlich 
wiederum  Herrera,  Historia  IL  S.  311,  vergl.  Anm.  24  zum  Castellanos. 

Bureaukratisch-formell  gehörte  das  Welserland  zu  Goldkastilien.  Dazu 
wird  nämlich  1524  Santa  Marta  und  werden  1526  die  Rieseninseln  gerechnet, 
siehe  Coleccion  etc.  XXII.  S.  98  ff.,  S.  184  ff.  So  sagt  auch  ein  könig- 
licher Erlass,  den  Francisco  de  Cobos  am  4.  April  1528  an  den  Alkalden 
der  Alcdzares  y  atarazanas  der  Stadt  Sevilla  sandte:  Kund  und  zu  wissen 
sei,  dass  ich  befohlen  habe,  mit  Heinrich  Ehinger  und  Hieronymus  Sailler, 
Deutschen,  Vertrag  und  Abmachung  zu  schliessen  über  die  Besiedlung  und  Er- 
oberung gewisser,  an  der  Küste  des  Goldkastilien  genannten  Festlandes  be- 
legener und  der  Provinz  Santa  Marta  benachbarter  Lande. 


310  Anmerkungen  zur  Geschichte  der  Welser-ZUge. 

Der  Name  Welserland  ist  natürlich  kein  spanischer  und  noch  weniger 
eiai  amtlicher. 

Abgesehen  von  der  zu  Oviedo's  zweitem  Theile  seiner  Historia  general 
als  Tafel  11  gehörenden  Karte,  der  ältesten  bekannten  von  Venezuela,  findet 
sich  der  Versuch  einer  Karte  des  Welserlandes  in  Jean  de  Laet,  Novus  Orbis 
(Lugd,  Bat,  1633)  vor  Buch  XVIII.  Die  Grenzen  sind  auch  hier  nicht  an- 
gegeben 5  interessant  ist  es  aber,  dass,  wenn  auch  bisweilen  an  irriger  Stelle, 
nicht  bloss  Namen  wie  Bariquicimeto,  Burburata,  Buria,  Carora,  Coro,  Para- 
goana  sich  zeigen,  sondern  auch  früh  vergessene,  wie  Ajaguas,  Bobures,  Coro- 
muchos,  Cuycas,  Pocabuies,  Xiraharas,  Xuruare  und  Valle  de  Ambrosio.  Dieses 
Blatt  findet  sich  wieder  inChristophorus  Arnoldus,  Marci  Velseri  opera 
historica  et  philologica,  sacra  et  profana  (Norimberge  1772)  nach  dem  Bericht 
über  die  Amerikanische  Unternehmung  als  Venezuela,  provincia  in  America 
occidentali  quam  olim  domini  Velseri,  patricii  Augustani,  possidebant,  a 
Carolo  V  imperatore  ipsis  consignata.  Den  erwähnten  Bericht  hat  Arnold 
von  einem  ungenannten,  in  Amerika  thätig  gewesenen  Beamten  erhalten. 

Vergl.  die  Anm.  23  über  das  Land  Venezuela  zum  Castellanos. 

9)  Das  Land  Santa  Marta  ist  in  seinen  Grenzen  nicht  urkundlich 
festgestellt.  H  e  r  r  e  r  a  sagt  nur :  Se  senalaron  los  limites  del  distrito  de  la 
poblacion  de  Santa  Marta  para  que  Rodrigo  de  Bastidas  no  tuviese  diferencias 
con  otros  —  giebt  aber  diese  Stadtgemarkung  nicht  näher  an.  Gleich  nach 
der  Nachricht  von  dem  Tode  des  Garcia  de  Lerma  (1531)  giebt  er  jedoch  in 
seinem  Geschichtswerk  II.  S.  434  eine  Beschreibung  der  Provinz.  Er  erwähnt 
ausser  der  Hauptstadt  nur  la  ciudad  de  Salamanca  de  la  Kamada,  la  villa  de 
Tenerife  en  el  rio  Grande  de  la  Madalena;  er  rechnet  zur  Gubernation  nur 
die  provincias:  Pozigueyca,  Betoma,  Tayrona  und  Chimila  und  sagt:  En  Buri- 
taea  camino  de  la  Ramada  hai  minas  de  oro,  en  la  Tayrona  que  en  lengua 
de  Indios  significa  fragua,  hai  mucha  cantidad  y  diversidad  de  piedras  de 
valor  .  .  .  y  minas  de  oro ,  k  legua  y  media  de  la  ciudad  hai  mui  buenas 
salinas  artificiales.  Nicht  einmal  in  der  Kapitulation,  welche  die  Krone  mit 
Pedro  Fernandez  de  Lugo  abschloss,  findet  sich,  soweit  der  von  Herrera  (a.  0. 
III.  S.  171)  a.  a.  1535  mitgetheilte  Auszug  dieser  Urkunde  erkennen  lässt, 
eine  genauere  Grenzbestiramung;  es  heisst  bei  ihm  bloss:  donde  se  acababan 
los  Hmites  de  la  provincia  de  Vene9uela  i  Cabo  de  la  Vela,  cuya  conquista 
estaba  encomendada  ä  Bartolm6  y  Antonio  Beizar,  Alemanes,  de  mar  k  mar; 
auch  von  der  Provinz  Santa  Marta  heisst  es,  sie  solle  sich  de  mar  k  mar 
erstrecken;  dem  schien  nicht  entgegen  zu  stehen,  dass  der  Magdalenenstrom 
die  Grenze  gegen  Cartagena  zu  bilden  habe,  was  ausdrücklich  in  dem  Sinne 
festgesetzt  wurde,  dass  er  nebst  allen  Inseln  noch  zu  Santa  Marta  gehöre 
(a.  0.  S.  174). 

Ueber  die  Entdeckung  der  Schneeberge  vergl.  Note  beiPeschel,  Ent- 
deckungen, S.  675,  auch  S.  314,  417,  444.  Ferner  ist  zu  vergleichen  Alcedo 
a,  0.  m.  S.  95. 

10)  Die  Halbinsel  Paragruana  trägt  noch  heute  die  alte  Bezeichnung, 
die  bereits  früh  vorkommt,    z.  B.  in  einer  Urkunde    vom    8.  November   1503 


Die  Axuduara-Gegend.     Der  Ort  Rio  de  Hacha.  311 

bei  Navarrete  a.  0.  11.  S.  426.  Aehnliche  Formen  sind:  Paranguachoa, 
Paragua,  Paraguan,  Paracua,  Paracuya,  vergl.  Coleccion  etc.  I.  S.  381 
und  481,  Herrera,  Historia  IL  S.  220  und  365,  Oviedo  a.  0.  I.  S.  205 
und  IV.  S.  532  u.  A.  Schreibfehler  sind  wohl  Paracaria,  Paruaria  und  dergl. 
Die  Spitze  der  Halbinsel  wird  mit  dieser  oft  identificirt ;  so  sagt  Oviedo 
a.  0.  I.  S.  205 :  Los  Indios  llaman  Paraguana  4  la  provincia  del  Cabo  de 
San  Roman;  ähnlich  auch  noch  Alcedo  a.  0.  IV.  S.  65.  Andererseits  erklärt 
H  e  r  r  e  r  a  richtiger  :  Paraguana  llaman  los  marineros  al  Cabo  de  San  Roman 
que  falta  poco  para  ser  isla.  Das  Vorgebirge  des  heiligen  Roman  kommt 
schon  in  den  älteren  Quellen  vor.  So  schreibt  auch  Enciso  vor  1518:  El 
cabo  de  San  Roman  entra  dentro  en  la  mar  20  leguas  que  no  Ueva  la  tierra 
en  ancho  mas  de  3  o  4  leguas  y  4  la  parte  del  Este  tiene  el  puerto  de 
Curiana  y  ä  la  parte  de  Oeste  al  puerto  de  Pico.  Letzteres  steht,  obwohl 
sonst  unbekannt,  wegen  dieser  Nachricht  auf  einigen  späteren  Karten.  Die 
Halbinsel  trägt  noch  einen  Ort  mit  dem  alten  Namen  Yadacacaiba. 

11)  Die  Axuduara-Gegend  —  auch  Umgestaltungen  wie  Xuduara,  Xuruara, 
Xuara  und  Churuaran  kommen  vor;  vergl.  Oviedo  a.  0.  IL  S.  294  und  295 
nebst  Karte,  sowie  Herrera,  Historia  IL  S.  365  —  ist  fast  ganz  ver- 
gessen, obwohl  noch  die  Laet'sche  Karte  ihren  Namen  enthält.  Sie 
wurde  zum  Lande  der  Pemener  gerechnet,  enthielt  eine  Ortschaft  Mapaure 
und  bildete  la  parte  mas  austral  de  la  laguna ;  es  entre  las  sierras  y  la  laguna 
en  lo  llano ;  las  sierras  son  mui  altas  y  asperas ,  habitadas  de  Coromuchos, 
jente  guerrera,  que  pelea  con  piedras  y  macanas,  traian  las  partes  secretas 
de  fuera  —  desde  Xuruara  hai  hasta  Coro  80  leguas.  So  Herrera  a.  0.  Simon 
a.  0.  S.  186  hat  bereits  den  Namen  vergessen;  er  spricht  nur  von  einer 
Rancheria,  a  que  habia  dado  principio  Ambrosio  Alfinger.  Oviedo  yBafios 
a.  0.  S.  16  und  17  sagt:  Alfinger  pasö  toda  su  gente  a  la  otra  banda  de  la 
laguna,  donde  en  el  sitio  que  le  pareciö  mas  conveniente  armö  una  rancheria, 
fabricando  algunas  casas  de  paja  acomodadas  para  dejar  las  mujeres  y  niiios 
que  llevaba  con  la  escolta  de  soldados;  dejö  en  esta  rancheria  los  enfermos 
ä  cargo  del  Capitan  Vanegas,  natural  de  la  ciudad  de  Cordova,  a  quien  nombrö 
por  SU  teniente.  La  Rancheria  que  estuve  36  leguas  distante  del  lugar  donde 
estuve  al  principio  hat  auch  Alcedo  a.  0.  IV.  S.  397,  der  die  Anlage  ins 
Gebiet  der  Ziparaer  verlegt  und  auf  Federmann  zurückführt.  Mapaure  war 
der  Hauptort,  in  welchem  die  Rancheria,  d.  h.  das  Gehöft  stand;  er  lag  am 
Wasser,  heisst  jetzt Moporo  und  war  noch  nach  Oviedo  y  Banos  (S.  15):  el 
mayor  de  todos  los  pueblos  de  la  laguna  de  Maracaibo;  me  parece  que  ten- 
dria  30  casas  el  ano  de  1686  que  estuve  en  el. 

12)  Der  Ort  Rio  Hacha  ist  erst  1546  an  dem  jetzigen  Platze  errichtet  worden ; 
mit  ihm  ist  die  Weiserische  Gründung  ebenso  wenig  identisch,  wie  Nuestra 
Senora  de  Remedios,  eine  Ansiedlung,  deren  Stelle  noch  der  Cerrito  de  Re- 
medios  auf  der  Codazzi'schen  Karte  angiebt. 

Herrera,  Historia  III.  S,  314  sagt  zum  Jahre  1538  :  Francisco  de  Castafieda 
determino  de  hacer  buscar  nuevos  hostiales  de  perlas  al  Cabo  de  la  Vela  y 
se  hallaron  15  a  20  leguas  de  ello :  cosa  que  hubo  por  grande  riqueza.     Das- 


'312  Anmerkungen  zur  Geschichte  der  Welser-ZUge. 

selbe  Jahr    hebt  Castellanos  a.  0.  S.  250  hervor;    seitdem    verändert   sich 
vielfach  die  Lage  der  Ansiedlung. 

Sabemos  que  la  pesqueria  de  perlas  del  Cabo  de  la  Vela  va  en  aument«; 
reside  alli  por  juez  Alonso  de  la  Barrera,  nombrado  teniente  por  esta  audiencia 
desde  principio  del  descubrimiento  (V).  Convendrä.  proveer  juez  de  mas 
sombra  e  con  eso  escusar  las  difereneias  entre  las  gobernaciones  de  Venezuela 
e  Santa  Marta  que  pretende  cada  una  que  cae  eu  su  demarcacion ,  heisst  es 
in  einer  Urkunde  vom  24.  December  1540  (Coleccion  etc.  I.  S.  578). 
Vergl.  auch  Herrera,  Historia  IV.  S.  12  und  Castellanos  a.  0. 
S.  252  über  die  Sonderstellung.  Letzterer  sagt  zum  Jahre  1544:  poblaron 
otros  puertos  abajo  del  Rio  de  la  Hacha^  donde  llaman  Barrancas ;  el  aiio  de 
45  mudaron  mas  al  rio  con  el  renombre  de  Nuestra  Senora  de  Remedios. 
Dies  Jahr  hat  auch  Simon  a.  0.  S.  373,  jedoch  mit  dem  Zusatz:  Principios 
de  1546  el  pueblo  se  ha  mudado  al  sitio  que  hoi  permanece  30  leguas  la 
costa  adelante  a  parte  de  Santa  Marta,  que  llaman   el  Rio  de  la  Hacha. 

13)  Das  Herina-Oebirge  gehört  zu  den  Lokalitäten,  deren  Name  bis  zur 
Unkenntlichkeit  entstellt  ist.  Oviedo  a.  0.  11.  S.  288  hat  die  Bezeichnung 
zuerst  und  verlegt  das  Gebirge  zwischen  das  der  Buburer  und  die  Sierra 
Nevada  de  Santa  Marta  mit  dem  dunklen  Zusatz :  es  la  via  del  Norte  hacia 
la  costa  del  mar. 

Es  handelt  sich  um  das  Gebirge  der  Dupeyer;  denn  es  lag  der  Sierra 
Nevada  gegenüber  an  der  östlichen  Seite  der  Eupari-Senkung.  Ein  Schreib- 
fehler hat  zu  Sierra  de  Herrera  und  Tierras  de  Herrera  geführt,  und  ein 
Gleichklang  zuletzt  zu  Sierra  Negra,  zugleich  als  Gegensatz  zur  Sierra  Nevada. 
Auf  der  Ostseite  reicht  dieses  Gebirge  bis  an  den  Maracaibo-See,  und  in  dem- 
selben erscheinen  denn  auch  die  Brazos  de  Herina  bei  Simon  a.  0.  S.  185 
zum  Jahre  1536;  zugleich  hat  Simon  aber  auch  schon  den  Namen  Harinas 
und  zwar  im  Zusammenhang  mit  dem  Flussnamen  Catatumbo.  Hiernach  ist 
es  richtig,  wenn  Alcedo  a.  0.  II.  S.  357  sagt:  Herina  es  un  seno  que  forma 
la  laguna  de  Maracaibo  en  el  Nuevo  Reino  de  Granada;  la  descubriö  Pedro 
de  Limpias  el  ano  de  1535  y  sac6  mucho  oro  de  aquel  terreno.  Despues 
han  intentado  entrar  en  61  otros  varios,  pero  inutilmente  por  haberse  perdido 
el  derrotero  del  viaje  que  llev6  su  descubridor.  Somit  hat  Piedrahita 
a.  0.  S.  64  eine  ziemlich  richtige  Darstellung,  wenn  er  zum  Jahre  1535  be- 
richtet: Pedro  de  Limpias,  elijiendo  el  Camino  de  la  Sierra  que  divide  h  la 
laguna  de  Maracaibo  del  valle  de  Upar,  fu6  k  dar  4  ciertas  poblaciones  de 
Indios  fundadas  sobre  algunos  canos  y  esteros  que  hace  la  laguna  y  llaman 
los  brazos  de  Herina  donde  apresö  buena  cantidad  de  oro  fundido  en  joyas 
y  en  polvo  del  que  llevan  las  quebradas  que  por  aquel  territorio  entran  en 
ella.  Con  este  pillaje  y  observando  el  orden  que  tenia  de  Fedrcman  llego  el 
Capitan  Limpias  k  la  rancheria  de  Maracaibo.  Letzteres  ist  Axuduara,  vergl. 
die  vorstehende  Anm.   11. 

14)     Juan  de  Ampi^s,  ein  Aragonier,    ward  am  19.  Mai  1511   an  Stelle 
von  Luis  de  Licarazo    königlicher  Faktor  für  Hispaniola,    die    anderen  Inseln 


Juan  de  Ampies.  313 


und  das  Festland  mit  einem  Jahresgehalt  von  80  000  Maravedis  und  hatte 
alle  Geschäfte  der  Krone  und  des  Indienhauses,  besonders  Einkäufe  und 
Verkäufe  zu  besorgen:  Ernennungsurkunde  Coleccion  etc.  XXXII.  S.  148  — 
152  und  Instruktion  ebenda  S.  408—418.  Bald  wurde  Ampies  Zucker- 
plantagen-Besitzer (vergl.  Oviedo  a.  0.  I.  S.  119)  und  benutzte  schon 
1513  zum  Bezug  von  Indianern  die  Rieseninseln,  wofür  er  eine  Erlaubniss 
des  Vicekönigs  Diego  Colon  erlangte,  die  zugleich  die  Besitznahme  der  islas 
inutiles  gestattete,  vergl.  Herrera,  Historia  IL  S.  220.  Im  Jahre  1521 
nahm  er  an  der  Las  Casas' sehen  Unternehmung  Theil. 

Zwei  spätere  Unternehmungen  von  Ampies  sind  besonders  wichtig: 

Erstlich  die  Festsetzung  auf  den  ßieseninseln  (vergl.  Anm.  24  zum 
Castellanos).  1526  beantragte  Ampies  beim  Vicekönig  Diego  Colon  eine 
Licencia  para  poblar  las  islas  Urabä,  Curazo  j  Buinare  y  guardarlas  de 
armadas;  el  cual  la  dio  con  ciertas  condiciones  de  que  pidiö  al  rey  confir- 
macion.  Die  königliche  Bestätigung  erfolgte  am  17.  November  1526  als 
licencia  para  rescatar  (Coleccion  etc.  XXU.  S.  184 — 201).  Es  wurde 
ein  Kirchenbau  begonnen  und  die  Errichtung  eines  festen  Hauses  geplant 
(ebenda  I.  S.  433).  Dieser  Besitzstand  auf  den  Rieseninseln  ist  auch  nie 
angetastet  und  daher  auch  diese  Inselgruppe  bei  der  Belehnung  der  Welser 
ausgenommen  (ebenda  XXII.  S.  253).  Auch  wird  der  Erbe  und  Schwieger- 
sohn von  Ampi6s,  Lazaro  Bejarano,  mehrfach  als  Besitzer  der  Rieseninseln 
genannt,  z.  B.  in  einem  Bericht  von  Rodrigo  de  Navarrete,  in  welchem  statt 
Buinare  Rumanes  gelesen  ist,  vergl.  ebenda  XXI.  S.  236. 

Zweitens,  Versuch  einer  Ausdehnung  der  Gewalt  auf  die  den  Inseln 
nahe  gelegene  Küste.  Deutlich  sind  die  Schritte  zu  erkennen,  welche  Ampies 
auf  dem  Festlande  machte,  wegen  der  Belehnung  mit  einem  Theile  desselben 
desde  Paraguacha  hasta  la  punta  de  Coquibacoa;  porque  es  tierra  de  mucho 
oro  e  adelante  la  tierra  adentro  se  dice  haber  piedras  de  valor  en  poder  de 
Caribes,  los  cuales  ya  de  mi  tienen  noticia  e  quieren  ser  mis  amigos  .... 
trabajare  de  hacer  una  casa  que  sea  algo  fuerte,  de  donde  los  Caribes  puedan 
ser  sojuzgados  (Coleccion  etc.  I.  S.  431 — 436,  s.  d. ;  X.  S.  27 — 32  s.  d. 
XXXVII.  S.  401  a.  a.  1528).  Die  wirkliche  Besitzergreifung  verlegt  Herrera 
Historia  IL  S.  334  ins  Jahr  1527:  Los  oidores  de  la  Audiencia  ....  por 
la  relacion  que  tuvieron  de  la  tierra  de  Coro  ....  nombraron  por  capitan 
de  ella  al  factor  Juan  de  Ampies,  el  cual  con  70  hombres  fue  con  un  navio. 
Nach  Oviedo  y  Banos  a.  0.  S.  9  und  10  waren  es  60  Personen.  Dabei 
begleiteten  ihn  nach  Castellanos  a.  0.  S.  185  Juan  Cuaresma  de  Muo 
mit  seiner  Frau,  Bartolomc  und  Juan  Virgilio  Garcia,  Esteban  Mattheos  aus 
Moguer,  ein  Maestro  Diego,  ein  Ribero,  ein  Acero,  ein  Martinez,  ein  Juan 
de  la  Puente  sowie  Esteban  Martin  und  Pedro  de  Limpias.  Auf  die  beiden 
Letzteren,  die  ältesten  Typen  der  berühmten  Vaquianos,  bezieht  sich  besonders 
der  Ausspruch:  con  la  conversacion  de  aquellas  gentes  salieron  todos  lenguas 
escelentes. 

Zu  beachten  ist  auch  eine  zum  Jahre  1534  von  Oviedo  a. 0. IV.  S.  531 
gebrachte  Notiz:    Un    marinero,    llamado  Diego  Beitran  dijo  que  le  parecian 


314  Anmerkungen  zur  Geschichte  der  Weiser- Züge. 

las   sierras  de  Paraguachoa :  decia  que  el  habia  10  aiios  antes  venido  por  alli 
a  saltear  Indios  en  cierta  armada. 

Die  Ansiedlung  von  Ampi6s  geschah  in  Coro,  jedoch  war  Ampics  nie 
Gubernator  in  Venezuela,  wie  oft  behauptet  wird,  z.  B.  von  Weiuhold  in  den 
Anhängen  zu  den  Jahresberichten  des  Vereins  für  Erdkunde  in  Dresden  TU. 
(1866)  S.  91  ff. 

15)  Martin  Fernändez  de  Enciso  geht  vor  1509  zuerst  nach  der 
neuen  Welt,  vergl.  Herrera,  Historia  I.  S.  160.  Er  ist  Eigenthümer  eines 
Schiffes  und  plant  die  Durchkreuzung  des  Isthmus,  die  Baiboa  ausführt,  vergl. 
Navarrete,  Disei-tacion  sobre  la  historia  de  la  nautica  (1846)  S.  146. 
1513  macht  er  allerlei  Vorschläge  über  Behandlung  der  Wilden  und  geht  mit 
Pedro  Arias  d'Avila  nach  Dariene,  vergl.  Coleccion  etc.  I.  S.  441 — 450  luid  die 
Berichte  vonMartyr,  die  Schumache  r,  Petrus  Martyr  S.  141  und  142,  anführt. 

1519  erschien  zum  ersten  Male  seine  Suma  de  geograj)hia  que  trata 
de  todas  las  partidas  y  provincias  del  mundo,  en  especial  de  las  Indias  etc., 
Druckerlaubniss  Saragosa  5.  September  1518.  Wie  diese,  ist  auch  die  neue 
Ausgabe  von  1530  bei  Juan  Cromberger  in  Sevilla  gedruckt  worden.  Vergl. 
Harrisse,  Bibliotheca  Americana  vetustissima  (New- York  1866)  I.  S.  274, 
der  auch  S.  420  eine  Ausgabe  von  1546  anführt.  Zwischen  die  beiden 
ersten  Ausgaben  dieses  Werkes  fällt  ein  längerer  Aufenthalt  in  Spanien, 
von  dem  meistens  nur  die  Gefangensetzung  des  Francisco  Pizarro  (1528) 
hervorgehoben  wird  5  wichtiger  ist  aber  der  Ansiedlungsjilan  von  1526. 
Für  sein  Lehn,  Costa  de  las  Perlas  y  Cabo  de  la  Vela,  wurden  1526 
bestimmt:  Alonso  Vasquez  de  Acuna  por  tesorero,  Pedro  de  Sanmartin  por 
veedor  de  fundaciones,  Francisco  de  Salazar  por  contador.  Von  diesen  gingen 
die  beiden  ersten  1528  mit  Dalfinger,  dagegen  erscheint  bei  diesem  keine  der 
als  regidores  für  Enciso  bestellten  vier  Persönlichkeiten,  vergl.  Herrera, 
Historia  H.  S.  222  und  267.  Enciso  soll  noch  eine  bisher  nicht  bekannt 
gewordene,  gegen  die  Dominikaner  gerichtete  Schrift  verfasst  haben :  un  papel 
curioso  sobre  si  los  conquistadores  Espanoles  podian  teuer  y  poseer  Indios 
incomeudados  vergl.  Harrisse  a.  0,  S.  168. 

16)  Die  Indianer-Protektoren,  welche  mit  der  ersten  Weiserischen 
Expedition  Europa  verliessen,  sind  auch  sonst  bekannte  Persönlichkeiten: 
Antonio  de  Montesinos  und  Tomas  Ortiz;  jeder  hatte  zwanzig  Dominikaner 
unter  sich ;  siehe  Antonio  de  Remesal,  Historia  de  la  provincia  de  San 
Vincente  de  Chiapa  y  Guatemala  (1620)  S.   36  und  37. 

Antonio  de  Montesinos  ist  zuerst  1511  in  Hispaniola  und  geht  nach  einer 
auf  Puerto  Rico  bestandenen  Krankheit  1515  mit  Las  Casas  nach  Spanien  zurück, 
vergl.  Quintana,  Vidas  de  Espanoles  ci'debres  (Madrid  1833)  III.  S.  279  und  441, 
Fabie:  Viday  escritos  de  Don  Fray  Bartolome  de  las  Casas  (Madrid  1879).  Er 
sollte  beim  Tode  des  Dominikanerpriors  von  Santo  Domingo,  Pedro  de  Cordova 
(t  1521),  dessen  Nachfolger  werden,  wurde  dann  aber  1524  nur  für  besondere 
Mission  nach  Hispaniola  bestimmt,  zur  Ueberwachung  des  Ordens  in  Mexiko 
und  Einführung  desselben  auf  Puerto-Rico.  Herrera  sagt  zum  Jahre  1524 
(Historia  H.  S.  142):    ä  frai  Antonio  Montesino    hizo   su  Majestad    merced  y 


Antonio  Navarro.  315 


limosua  de  4000  pesos  de  oro  ä  la  orden  de  Santo  Domingo  para  que  se 
gastassen  en  la  fabrica  del  monasterio  que  se  labraba  en  esta  misma  isla  500 
ducados  cada  ano,  und  zum  Jahre  1525  (a.  0.  S.  211):  a  frai  Antonio 
Montesino  se  dio  la  mesma  comission  (sobre  la  libertad  de  los  Indios)  para 
la  isla  de  San  Juan  de  Puerto  Eico.  Die  Eeise  geschah  nicht,  vergl.  Helps 
a.  0.  m.  S.  276  und  277.  Zum  Jahre  1528  heisst  es  bei  Herr  er  a  a.  0. 
S.  312:  Fray  Antonio  Montesinos,  tambien  de  la  Orden  de  Santo  Domingo 
fue  en  esta  jornada  para  andar  con  los  Alemanes,  con  el  mismo  cargo 
que  llevava  Tomas  Ortiz.  Eemesal  a.  0.  S.  36  sagt  dann:  Del  padre  frai 
Antonio  Montesino  se  lee  ä  la  margen  de  su  profession  en  S,  Esteban  de 
Salamanca:  „obiit  martyr  in  Indiis".  Er  soll  eine  Schrift:  Informatio  juri- 
dica  in  Indorum  defensionem,  geschrieben  haben  und  ist  desshalb  in  Jacobus 
QuetifetJacobusEchard,  Scriptores  ordinis  praedicatorum  recensiti  (Paris 
1721)  erwähnt;  dort  (IL  S.   123)  findet  sich  aber  nichts  Brauchbares. 

Der  zweite  Indianer-Protektor  war  Tomas  Ortiz  aus  Calzadilla,  der  am 
11.  Juli  1511  in  Salamanca  seine  Professio  machte.  Er  verfasste  angeblich 
eine  Eelacion  de  la  vida,  leyes,  costumbres  y  ritos  que  los  Indios  observaban 
en  lo  politico  de  su  idolatria,  guerra  y  paz;  die  Zeit  ist  nicht  genannt.  Es 
wird  dieselbe  sein,  welche  Petrus  Martyr  in  seiner  1524  geschriebenen  und 
dem  Herzoge  Sforza  gewidmeten  siebenten  Dekade  theils  benutzt,  theils 
wörtlich  wiedergegeben  hat,  z,  B.  S.  484  und  485,  559,  563,  571 ;  danach 
auch  Gomara  a.  0.  S.  203  ff.  Vergl.  Peschel,  Entdeckungen  S.  319 
und  Schumacher,  Petrus  Martyr  S.  100.  Wann  Ortiz  zuerst  nach  Amerika 
kam,  ist  nicht  genau  festzustellen.  1526  ging  er  nach  Mexiko,  war  aber, 
erkrankt,  schon  1527  wieder  in  Europa;  vergl.  H e  1  p s  a.  0.  III.  S.  276 — 279, 
S.  285.  Nach  dem  oben  genannten  Dominikaner- Werke  (IL  S.  83)  wurde 
er  1527  mit  20  Dominikanern  geschickt  ad  provinciam,  quae  Santa  Martha, 
alias  Venezuela,  dicitur.  In  Santa  Marta  wurde  er  1529  Bischof;  er  ver- 
feindete sich  dort  mit  dem  Grubernato r,  wie  die  Stadtvertretung  von  Santa 
Marta  (Coleccion  etc.  III.  S.  505)  erklärt:  Lerma  hizo  una  probanza  contra 
el,  en  que  le  ha  probado  que  es  puto  y  hereje  y  ladron.  Eemesal  a.  0. 
S.  37  berichtet:  despues  de  haber  gobernado  el  obispado  de  Santa  Marta  2 
afios,  muriö  el  1531.     Vergl.  Anm.  15  zum  Castellanos. 

Nach  Herrera,  Historia  H.  S.  210  und  211,  a.  a.  1525  zählte  Ortiz  zu 
denen,  welche  es  vertheidigten,  que  los  Indios  fuessen  esclavos. 

17)  Antonio  Navarro  wird  von  Castellanos  a.  0.  S.  224  als  die 
Type  der  Letrados  geschildert,  die  den  Conquistadores  so  verhasst  waren:  un 
vaso  de  mui  poca  prudencia. 

Chronologisch  wichtig  sind  vier  Momente  in  seinem  Leben : 
a)  Seine  Entsendung  nach  Coro  wird  von  Herrera,  Historia  III.  S.  3 11  ff. 
zum  Jahre  1538  erwähnt,  weil  in  dieses  Jahr  die  Hauptereignisse,  die  er 
besprechen  will,  fallen.  Der  Bericht  der  Audiencia  vom  31.  December  1538 
(Coleccion  etc.  I.  S.  554)  sagt,  es  werde  ein  Jahr  sein,  seitdem  der  Antrag  auf 
Entsendung  eines  Eesidenzrichters  von  Coro  aus  gestellt  und  auch  in  Santo 
Domingo  vollführt   sei;    damals    sei  Hohermuth  bereits  länger  als  zwei  Jahre 


316  Anmerkungen  zur  Geschiehte  der  Welser-Ztige. 

abwesend  gewesen.  (Abreise  am  13.  Mai  1535.)  Dies  ergiebt  Ende  des 
Jahres  1537;  siendo  recibido  comen^ö  k  gubernar.  In  jener  Urkunde  wird 
das  Honorar  auf  1200  Maravedis  Zuschuss  zu  dem  königlichen  Gehalt  des 
Gubernators  festgestellt.  Der  Zweck  der  Entsendung  war :  tomar  resideucia 
k  los  que  habian  administrado  la  justicia,  el  gobicrno  y  la  real  hacienda  y 
castigar  delitos. 

b)  Verfolgung  von  Limpias,  der  Federmann  nachzieht,  Anfang  1528. 
Despues  de  pocos  meses  llegaron  k  Coro  algunos  soldades  de  los  que  salierou 
con  Federmann  diciendo  que  el  Capitan  Pedro  de  Limpias  se  quedaba  50 
leguas  de  Coro  en  la  provincia  de  Paraguachoa,  haciendo  mucho  mal  ä  los 
naturales  y  porque  luego  se  proveyö  un  capitan  con  alguua  gente  y  un  alguazil 
para  que  evitasen  aquellos  danos,  en  sabiendo  Pedro  de  Limpias  que  iban 
y  que  en  Coro  habia  juez  de  residencia  se  fue  en  seguimiento  de  Federmann, 
siehe  Herrera,  Historia,  a.  a.  1538  III.  S.  312. 

c)  Zug  nach  Cubagua,  erzählt  von  Castellanos  a.  0.  S.  224 — 226: 
Huy6ronse  la  vußlta  de  Cubagua  hasta  treinta  .  .  .  Francisco  de  Velasco  por 
caudillo,  alf^rez  de  Espira  con  quien  yo  tuve  gran  conocimiento  ....  Llegaron 
hacia  la  costa  de  Maracapana,  donde  yo  me  halle  cuando  vinieron. 

d)  Rückkehr  nach  Coro ;  Castellanos  sagt  ebenda :  Determinö  se  volver 
k  Coro,  adelantöse  Diego  de  Vallejo,  en  Coro  hallö  el  doctor  recien  venido  al 
obispo  Rodrigo  de  Bastidas.  Herrera,  Historia  III.  S.  313  sagt  zum  Jahre 
1538:  Navarro  hall6  en  Coro  una  orden  del  Rey  por  la  cual  mandaba  que 
dejando  la  residencia  se  volviese  k  la  Isla  Espanola  y  que,  si  hubiese  repar- 
tido  la  tierra,  fuese  ninguno  el  repartimento  y  que  el  obispo  gobernasse 
entretanto  que  de  su  entrada  volviesse  Jorje  de  Espira  k  quien  se  emviaban 
para  ello  los  poderes. 

18)  Der  Zug  von  Gonzälo  Jimenez  de  Quesada  —  vergl.  Anm.  49  zum 
Castellanos  —  ist  von  Letzterem  in  dem  erhaltenen  Theile  seiner  Gedichte 
nicht  beschrieben;  er  ist  jedoch  in  folgenden  guten  Quellen  dargestellt: 

1.  Bericht  von  Juan  de  Sanmartin  und  Antonio  de  Lebrija  bei  Oviedo 
a.  0.  n.  S.  357—368,  zum  Theil  in  Santa  F6  geschrieben,  vergl.  Esta  ciudad 
de  Santa  Fe  (a.  0,  S.  364  und  365);  todo  lo  dicho  ha  pasado  hasta  el  dia 
de  hoi,  assi  en  el  camino  desde  Santa  Marta  aquf,  como  en  la  conquista  y 
pacification  deste  Nuevo  Reino  (a.  0.  S.  366).  —  Zum  Theil  in  Cartagena, 
vergl.  Arribamos  k  esta  ciudad  de  Cartagena  ....  6  de  aqui  nos  partimos 
a  8  de  Julio  (1539)  en  una  nao  que  al  presente  estk  en  este  puerto  (a.  0. 
S.  367). 

2.  Beschreibung  von  Jim6nez  selbst  bei  Oviedo  a.  0.  II.  S.  378 — 411. 
Vergl.  Muchas  vezes  tuve  pldtica  en  Madrid  con  el  licenciado  Jimenez  y  en 
Valladolid  en  la  corte  del  Principe  don  Felipe  y  nos  comunicamos ;  quise  in- 
formarme  del  de  algunas  cosas  viva  voce  y  el  no  solamente  de  palabra,  pero 
por  escrito,  me  moströ  un  gran  cuaderno  de  sus  subcesos  y  lo  tuve  muchos 
dias  en  mi  poder  ....  Dice  el  licenciado  etc.  (a.  0.  S.  379).  En  el 
valle  que  Ilamaron  de  la  Grita  y  es  ya  fuera  de  las  sierras  de  Opon  .  .  . 
comeu^aron    la  conquista   del  Nuevo  Reino    de    Granada,    la   cual  historia   yo 


Der  Zug  von  Gonzalo  Jimenez  de  Quesada.  317 


contar^^  aqui  mas  brevemente  de  lo  que  la  vi  escrita  (a.  0.  S.  384).  Por  esta 
relacion  del  licenciado  Jimenez  que  me  dio  razon  particular  de  todo  lo  que  es 
dicho  Viva  voce  y  por  escrito  digo  (a.  0.  S.  406).  Los  animales  de  que  esta 
relacion  y  el  licenciado  hacen  mencion  (a.  0.  S.  411).  Diese  Schrift  von 
Jimenez  ist  nicht  mit  der  späteren  zu  verwechseln,  welche  z.  B.  Acosta 
a,  0.  S.  388  und  891   als  ein  compendio  historial  erwähnt. 

3.  Erzählungen  von  Juan  de  Junco  und  Gromez  de  Corral  —  in  Santo 
Domingo  Juli  1541  —  bei  Oviedo  a.  II.  S.  370—371,  meist  über  Smaragden: 
Yo  he  visto  y  tenido  en  mis  manos  que  me  ensenaron  estos  capitanes  mas 
de  50  o  60  piezas  algunas  de  ellas  mucho  buenas  y  de  assaz  valor  y  otras 
notables  y  de  muchas  suertes :  piedras  de  nacimiento. 

Die  Chronologie  dieses  Zuges  ist  durch  die  falschen  Angaben  von  Simon, 
der  sogar  eine  unechte  Urkunde  vom  1.  April  1537  anführt,  durch  Rodriguez 
Fresle  und  Florez  de  Ocariz  verunstaltet,  vergl.  Acosta  a.  0.  S.  155  Note. 
Die  maassgebenden  Daten  sind  folgende  (vom  Verfasser  freilich  später  mehrfach 
mit  Fragezeichen  versehen) : 

1536,  April  6  oder  5,  Abzug  aus  Santa  Marta:  Oviedo  a.  0,  II.  S.  357 
und  379;  vergl.  auch  Herrera,  Historia  III.  S.  208. 

1537,  April  Anwesenheit  in  Tora  que  se  llama  por  otro  nombre  el 
pueblo  de  los  Brazos;  ya  habia  un  ano  que  habian  salido  de  Santa  Marta; 
Herrera,  Historia  III.  S.  210. 

1538,  März  12,  Ankunft  in  Guachetd;  (Tviedo  a.  0.  II.  S.  386.  Vergl. 
Acosta  a.  0.  S.  212,  der  irriger  Weise  1537  sagt. 

1538,  August  6,  Gründung  von  Santa  Fe  de  Bogota:  Piedrahita 
a.  0.  S.  136. 

1539,  Mai  12,  Ernennung  der  Stadtobrigkeit  von  Santa  F6  de  Bogota  und 
Abreise  der  drei  Führer  nach  Guataqui;  Oviedo  a.  0.  II.  S,  367. 

1539,  Juni  8,  Abreise  derselben  von  Cartagena;  Oviedo  a.  0.  II.  S.  367. 

1539,  August  1,  Federmann  auf  Jamaica;  Oviedo  a.  0.  H.  S.  317. 

Die  Grösse  der  Expedition  betreffend  sagt  Oviedo  a.  0.  IL  S.  359,  es 
seien  600  Mann  gewesen,  von  denen  nach  Uebersteigung  des  Opon  -  Gebirges 
nur  noch  170  übrig  gewesen  wären;  die  Anderen  seien  zurückgegangen  oder 
gestorben.  Ebenda  S.  379  spricht  er  von  800  Mann,  von  denen  600  zu  Land 
und  200  in  den  5  Schiffen,  sowie  von  100  Pferden. 

19)  Ueber  jeden  der  in  der  Geschichte  der  Welser-Untersuchungen  in 
Venezuela  vorkommenden  ludianerstämme  war  von  meinem  Vater  eine  An- 
merkung geplant,  welche  das  gesammte  über  ihn  erhaltene  Material  zusammen- 
fassen und  auf  Grund  desselben  insbesondere  das  von  ihm  innegehabte  Ge- 
biet wenigstens  annähernd  abzugrenzen  versuchen  wollte.  Auch  hier  musste 
der  ursprüngliche  Plan  fallen  gelassen  werden.  Im  Folgenden  sind  nur  sämmt- 
liche  in  der  Welser-Arbeit  vorkommende  Namen  von  Indianerstämmen  zu- 
sammengestellt unter  Angabe  der  Textseiten,  auf  denen  sie  erwähnt  werden. 
Zugleich  sind  einzelnen  wichtigeren  wenige  im  sehr  zersplitterten  Manuskripte 
zerstreute  Notizen  lose  angereiht,  welche  augenscheinlich  meinem  Vater  von 
Bedeutung  zu  sein  schienen. 


318  Anmerkungen  zur  Geschichte  der  Welser-Züge. 

1.  Die  Zaquitier(Caquetio8)  —  Text  S.  45— 50,  53,  57— 59,62— 66, 
98,  100,  103,  105,  118,  118,  127,  131  —  werden  vielfach  genannt,  doch  ist  das 
von  ihnen  bewohnte  Gebiet  schwer  zu  umgrenzen.  Sie  finden  sich  insbesondere 
in  Coriana,  doch  auch  in  Paraguana  und  auf  den  Giganten-Inseln,  ja  0  v  i  e  d  o 
a.  0.  n.  303  spricht  sogar  von  einem  pueblo  de  Caquitios  in  Coativa 
(Hitivana).  Die  Zaquitier  werden  im  Gegensatz  zu  Cariben  genannt,  so  schon 
in  einer  Eingabe  von  Ampi 6s  (Coleccion  etc.  I.  431 — 436).  In  dem  Be- 
richt, welchen  der  Bischof  Bastidas  Januar  1542  an  den  Indienchronisten 
Oviedo  gegeben  hat  (Oviedo  a.  0.  II.  S.  328 — 331)  ist  zwar  nicht 
der  Name  dieses  Stammes  genannt,  sind  jedoch  unter  den  Indios  de  la  pro- 
vincia  de  Venezuela  die  Zaquitier  verstanden.  Über  Zaquitier-Ortschaften 
zwischen  dem  Apuri-  und  dem  Thia  vergl.  Hutten's  Bericht  bei  Mensel  a,  0. 
S.  61 — 63.     Vergl.  ferner  noch  Herr  er  a,  Historia  II.  365. 

2.  Der  Onoter-Stamm  —  Text  S.  50,  67,  76  —  beAvohnt  die  Gegend 
am  Macomiti-Fluss,  vergl.  Oviedo  a.  0.  II.  S.  278  und  300.  Er  färbte  sich 
mit  Onoto  (Xagua?),  vergl.  Simon  a.  0.  S.  64.  Vielfach  werden  daher  die 
Onoter  auch  Alcoholades  genannt,  d.  h.  Leute  mit  schwarzgefärbten  Augenhöhlen  ; 
Alcoholado,  sagt  das  Wörterbuch  der  spanischen  Akademie,  se  aplica  ä  las  reces 
vacunas  y  otras  que  tiene  el  pelo  o  cuero  al  rededor  de  los  ojos  mas  oscuro  que 
lo  demas.  Alcedo  a.  0.  I,  S.  48  weiss  noch:  Alcoholados  habitan  en  la  imme- 
diacion  de  la  laguna  de  Maracaibo  y  se  hallan  mui  minorados  por  el  mal- 
trato  que  recibieron  de  los  Beizares  Alemanes,  que  destruyeron  la  mayor 
parte  por  la  codicia  del  oro.  Oviedo  a.  0.  II.  S.  322  hat  für  das  Schwarz- 
färben eine  besondere  beachtenswerthe  Erklärung;  er  sagt  über  die  Ein- 
geborenen Venezuela' s  im  Allgemeinen:  Por  un  hecho  de  esfuerzo  que  uno 
hace  se  pinta  el  brazo  derecho  de  cierta  pintura  6  devisa  de  color  negra 
sacändose  sangre  y  poniendo  carbon  molido  ....  Quando  hace  otra  segunda 
prueba  de  su  persona  6  queda  con  vitoria  ....  pi'ntanse  los  pechos  con 
la  misma  devisa  del  brazo  u  otra.  Quando  alcanza  la  tercera  vitoria  pfntanle 
desde  los  estremos  de  los  ojos  de  una  raya  que  le  va  desde  ellos  ä  las  orejas. 
Aquestos  que  assi  estän  alcoljolados  son  estimados  por  una  gran  dignidad. 
Aehnliches  wird  hinsichtlich  der  echten  Cariben  erzählt,  vergl.  P  esc  hei 
Entdeckungen  S.  197. 

3.  Der  Buburer- Stamm  —  Text  S.  51,  68,  69,  87  — ,  dessen 
Name  noch  heute  in  dem  Küstenorte  Buburate  sich  erhalten  hat,  wird  in 
den  Quellen  vielfach  genannt  und  zwar  besonders  als  Völkerschaft  des 
untersten  Theils  vom  Maracaibo  -  See.  So  sagt  Herrera,  Historia  IL 
S.  865 :  Los  Bobures  de  la  culata  de  la  laguna  tenian  templos  y  adoratorios 
y  el  diablo  hablaba  con  ellos,  tenian  cerrados  los  caminos  y  se  mandaban 
por  la  laguna  y  por  causa  de  las  ci6nagas;  es  tierra  enferma  y  de 
muchos  mosquitos.  Alcedo  a.  0.  I.  S.  246  verlegt  die  Bobures  al 
Norte  de  la  laguna  de  Maracaibo  y  al  Sur  de  la  ciudad  de  M6rida: 
nunca  se  han  podido  sujetar;  es  terreno  mui  bajo  y  hümedo;  er  spricht 
auch  a.  0.  HI.  S.  62  von  Bobures  e  Bohures.  Oviedo  y  Baiios  a.  0. 
S.    128    meint:    Los    llanos    de    San    Pedro,    no    mui  distantes    de    la    parte 


Indianerstämme.  319 


donde  se  fundö  despues  la  ciudad  de  Gibraltar,  eran  el  asiento  de  los  Babures 
0  Bubures,  nacion  afable  y  poca  belicosa.  Oviedo  a.  0.  II.  S.  241  hat 
für  sie  die  Bezeichnung  Coronados;  vergl.  auch  Herrera,  Historia  III.  S.  212. 
Coronado  heisst  nach  dem  Wörterbuch  der  spanischen  Akademie:  un  cl^rigo 
tonsurado  que  goza  el  fuero  de  la  iglesia.  Piedrahita  a.  0.  S.  462  sagt 
schliesslich  a,  a.  1548:  Salieron  a  los  Llanos  nombrados  de  la  Laguna  en  que 
estä,  el  puerto  de  San  Pedro  y  se  prolongan  hasta  donde  se  ha  fundado  la 
ciudad  de  Gibraltar.  AI  principio  de  estos  Llanos  se  encontraron  con  los 
Indios  Babures,  jente  blanda  y  menos  belicosa,  pues  toda  su  prevencion  de 
sus  armas  consistia  en  unas  cervetanas,  por  donde  disparaban  con  el  soplo 
unas  flechillas  envueltas  en  pluma  por  los  estremos  y  tocadas  con  cierta  yerva 
que  si  lastimaba  mui  poco  etc. 

4.  Der  Cocinaer-Stamm  —  Text  S.  52,  96  — ,  dessen  Widerstand  gegen 
die  Weiserischen  Castellanos  a.  0.  S.277  beschreibt,  gab  wohl  der  Halbinsel 
Cocibacoa  den  Namen ^  er  ist  noch  heute  bekannt,  während  die  älteren 
Quellen  ihn  selten  nennen.  Ueber  ihn  handelt  F.  A.  A.  Simons,  An  exploration 
of  the  Goajira  Peninsula  in  Proceedings  of  the  Royal  Geographical  Society, 
New  Monthly  Series  VII.  (London  1885)  S.  781—796;  auf  der  beigefügten 
Karte  findet  sich  sowohl  der  Name  Cocinas,  als  auch  Cojoro  (Goajiro?) 
Range :  the  Cocinas  territory  par  excellence  is  the  Cojoro  ränge  of  hüls 
(Yuripiche,  Anipana  etc.)  taking  in  the  Teta,  traversing  the  plains  in  a  narrow 
band  and  occupying  the  montes  of  Oca  as  a  refuge  while  securing  the  plains  .... 
With  respect  to  these  terrible  Cocinas  the  word  in  Goajira  signifies  robber, 
highwayman  or  outlaw ;  they  are  neither  a  tribe  nor  even  a  separate  caste, 
as  many  have  supposed,  but  simply  a  band  of  freebooters.  The  principal 
Cocina  chiefs  are  ....  etc.  S.  787.  The  Cocinas  of  Yuripiche  are  reputed 
the  best  makers  of  the  terrible  poisoned  rays  „aimara"  and  enjoy  a  sort  of 
monopoly.     S.  795.    Vergl.  Oviedo  a.  0.  III.  S.   129. 

5.  Der  Jiraharaer  Stamm  —  Text  S.  53,  58,  99,  100,  105,  115, 
116,  127,  134,  142  —  bewohnt  das  Gebirge,  das  sich  zwischen  Coro 
und  Bariquicimeto  ausdehnt.  Vergl.  Herrera,  Historia  II.  365:  Desde 
la  ciudad  de  Coro  hasta  el  valle  de  Bariquizimito,  que  puede  haber  70  leguas, 
por  las  sierras  de  Xizaharas,  comarcanas  a  Coro,  y  son  todas  sabanas  con 
algunos  montes  en  que  estan  Indios  Axaguas,  que  comen  carne  humana,  con 
los  quales  no  se  puede  hacer  paz.  Simon,  der  selbst  diese  Gegend  bereist 
hat,  sagt  a.  0.  S.  204  :  Provincia  de  Giraharas  es  tan  dilatada  por  muchas 
tierras  como  ellos  Caribes,  y  causan  hoi  muchos  danos  en  los  pueblos  de 
Espafioles,  de  que  puede  ser  testigo  el  de  Bariquicimeto.  Die  Jiraharaer 
wurden  zu  Sklaven  gemacht,  und  Simon  (a.  0.  S.  158)  findet  darin  nichts 
Schlimmes,  weil  sie  zu  unbändig  sind  :  hoi  se  estan  sin  conquistar  los  pocos 
que  han  quedado  y  con  la  bravosidad  que  al  principio  para  con  los  Espafioles, 
de  que  puedo  ser  testigo,  por  haber  sido  necesario  en  cierta  ocasion  que 
atraves6  su  provincia  por  el  picacho  de  Nirva,  passar  vestido  en  un  sayo  de 
armas  con  escolta  de  Espafioles,  arcabuzeros  y  demas  20  Indios  flecheros 
amigos.     Oviedo    y  Banos  a.  0.  S.  138  sagt:     Jiraharas    son    nacion    tan 


320  Anmerkungen  zur  Geschichte  der  Welser-Züge. 

valiente  como  altiva  que  tenia  su  habitacion  en  la  provincia  de  Nirgua,  imme- 
diata  al  asiento  de  lasminas;  in  der  Nirgua fliesst  der  Bariquicimeto.  Alcedo 
a.  0.  II.  S.  199  bringt  noch  die  Notiz:  Giraharas  los  descubrio  Diego  Mar- 
tinez  el  ano  de  1536;  hoi  son  mui  pocos. 

6.  Der  Guaycarier-Stamm  —  Text  S.  63,  64,  101—103,117  — 
wohnte  südlich  vom  Casanari-Fluss.  Oviedo  giebt  a.  0.  II.  S.  304  einen 
Bericht,  in  welchem  es  nach  dem  Uebergang  über  diesen  Fluss  heisst: 
Siguieron  la  costa  de  la  sierra  hasta  12  jornadas  en  las  cuales  siempre  se 
tuvo  noticias  ....  que  en  las  mismas  sierras  habia  un  cacique  Guaygueri 
....  le  vino  a  ver  y  a  conoscerse  con  los  Espafioles  .  .  .  .  el  queria  ir 
con  el  gobernador  ....  llevaron  este  cacique  Guaygueri  por  guia.  Bei 
Meusel  a.  0.  S.   62  wird  von  einem  Waikiry  gesprochen. 

7.  Der  Ay  am  an  er-  Stamm  —  Text  S.  58,  60  —  bewohnte  das  Tocuyo- 
Flussgebiet.  H  e  r  r  e  r  a ,  Historia  III.  S.  212  schildert  dieses :  El  valle  de  Tocuyo 
corre  Norte  Sur  legua,  y  media  de  largo,  y  media  de  ancho,  cercado  de  Sierras 
por  todas  partes  y  el  nombre  tomö  de  un  rio,  que  pasa  por  el  .  .  .  .  Estä 
cincuenta  leguas  de  la  Mar,  setenta  leguas  de  Leon  de  la  provincia  de 
Caracas,  once  de  la  Nueva  Segovia  y  por  otro  nombre  Bariquizemeto,  catorce 
leguas  de  Portillo  de  Carora,  veinte  de  Trujillo.  En  toda  esta  tierra  no 
habia  Seiiores,  ni  Caciques;   es  folgt  eine  weitere  Landbeschreibung. 

Die  Stadt  Tocuyo  (asiento  que  descubrio  Nicolas  Federmann)  hiess 
amtlich  Nuestra  Senora  de  Concepcion;  sie  rechnete  man  früher  zu  Bariqui- 
cimeto, vergl.  Herr  er  a,  Historia  IV.  202. 

8.  Der  Guy oner- Stamm  —  Text  S.  58,  59,  62,  65,  99,  100^ 
116  —  bewohnte  ein  Gebiet,  welches  Varinas  genannt  wird.  Es  kommen 
auch  die  Bezeichnungen  Cayoner  und  Coyoner  vor.  H  e  r  r  e  r  a ,  Historia 
IV.  S.  248  sagt  a.  a.  1546 :  Desde  Bariquicimeto  hasta  el  asiento  de 
Tocuyo  hai  5  leguas  y  los  Indios  son  de  nacion  Cuybays  y  Coyones  y 
de  otras  diversas  lenguas;  es  jente  belicosa  y  la  mayor  parte  come 
carne  humana  i  esto  quanto  d  la  gobernaciou  de  Venezuela.  Oviedo  a.  0. 
II.  S.  302  bemerkt:  la  via  de  la  Sierra,  desde  que  salieron  del  valle  de 
Bariquicimeto  llevaban  sobre  la  mano  derecha,  la  cual  corria  al  sur  8  jornadas 
que  Camino  y  llegö  ä  una  nacion  llamada  Coyones.  Simon  a.  0.  S.  170 
schreibt  auf  Grund  eigener  Wahrnehmung:  Los  Coyones  son  de  diferente 
lengua  que  las  de  hasta  alli,  su  provincia  era  bien  poblada,  la  jente  belicosa 
y  guerrera,  teniendose  por  mas  valientes  que  los  otros  como  en  realidad  de 
verdad  lo  son,  segun  lo  entendf  cuando  pas^  el  ano  de  1613  por  estas 
provincias. 

Im  Gebiet  der  Cuyoner  floss  der  Temeri-Fluss. 

9.  Der  Cuibaer-Stamm  —  Text  S.  60—62,  97,  99,  116, 
117,  140  —  soll  nach  Oviedo  a.  0.  U.  S.  302  dos  jornadas  adelante 
del  valle  de  Bariquicimeto  gewohnt  haben,  und  zwar  in  einem  Lande, 
welches  los  probö  de  manera  que  estaban  tales  que  no  podian  caminar. 
Herrera,  Historia  IV.  S.  202  schreibt:  El  asiento  de  Tucuyo  estd  5 
leguas    mas    acu    de   Bariquizemeto,    la    comarca    estä   poblada  de   Indios .... 


Indianer-Stämme.  321 


es  todo  sierras  j  la  mayor  parte  de  cavanas ;  los  Indios  son  de  nacion  Cuibas 
con  grande  diversidad  de  lenguas,  pelean  con  arcos  y  flechas,  macanas  y 
piedras,  es  jente  belicosa  y  la  mayor  parte  comen  carne  humana,  andan  des- 
nudos  y  duermen  en  el  suelo.  Vergl.  auch  das  unter  8  angeführte  Citat 
Herrera,  Historia  IV.  S.  248. 

Castellanos  a.  0.  S.  244  und  245  erwähnt  einen  Indianerstamm  mit 
Namen  Cuicas,  gegen  den  Losada  und  Genossen  gezogen  sind.  0  v  i  e  d  o  y 
Banos  a.  0.  sagt:  La  provincia  de  los  Cuicas  demora  al  poniente  de  la  ciudad 
de  Tocuyo.     Es  scheint,    dass  die  Cuibaer  und  Cuicaer    zu    identificiren  sind. 

10.  Der  Xaguaer- Stamm  (auch  Axaguas)  —  Text  S.  59  —  wohnte 
offenbar  nördlich  oder  westlich  von  der  Bariquicimeto-Gregend.  Vergl.  das  unter  6 
angeführte  Citat  Herrera,  Historia  IL  S.  365,  doch  auch  ebenda  III.  S.  17G, 
wo  von  Xaguas  in  der  Meta-Gegend  gesprochen  wird. 

11.  Der  Pacabueyer -Stamm  —  Text  S.  71 — 73,  75,  77  —  vergl. 
Oviedo  a.  0  IL  S.  272  ff.  Ebenda  S.  380  heisst  es:  Lo  mas  de  la  provincia 
de  Pacabuey  se  anda  por  agua  d  causa  de  las  cienegas  y  lagunas  grandes  que 
tiene  y  porque  por  la  mitad  de  aquella  provincia  atraviesa  un  gran  rio  que 
se  dice  Ca9ir  ....  La  provincia  es  mui  cercana  al  Kio  Grande ;  sowie  ebenda 
S.  296:  Hai  en  el  valle  de  los  Pacabuyes  de  ancho  donde  es  mas  angosto, 
8  leguas  y  donde  tiene  mas  latitud   12.     Vergl.  auch  a.  0.  S.  317. 

12.  Der  Chitarerer- Stamm  —  Text  S.  83,  84.  Alcedo  a.  0.  L 
S.  543  sagt:  Chita,  provincia  del  Nuevo  Eeino  de  Granada,  llamöse  antes 
Chisca,  confina  por  el  poniente  con  los  montes  de  Bogota,  por  el  norte  con 
el  pais  de  los  indios  Laches  6  la  provincia  del  Cochuy,  por  el  levante  y  el 
sur  con  las  llanuras  del  Orinoco, 

13.  Der  Itoten-Stamm  —  Text  S.  65,66.  Alcedo  a.  0.  H.  S.  469 
sagt:  Itotos  habitan  los  montanas  al  poniente  de  Valla  de  Upär,  estan  poco 
conocidos.  Codazzi  erklärt  in  seiner  Geografia  S.  453  und  454  la  serrania  de 
Itotos  que  separa  las  aguas  que  caen  al  lago  de  Maracaibo,  de  los  que  van  al 
valle  de  Upar  für  atravesada  por  los  primeros  couquistadores. 

14.  Der  Arhuacoer-Stamm,  von  den  auf  den  Weiserfahrten  ge- 
troffenen einer  der  wenigen,  welche  noch  heute  bekannt  sind  —  Text  S.  71, 
72,  83,  86,  102. 

15.  Der  Pemener -Stamm,  zu  dessen  Gebiet  die  Axuduara-Gegend 
gerechnet  wurde,  vergl.  die  vorstehende  Anm.  11  —  Text  S.  51,  86,  87, 
89,   116. 

16.  Der  Querfquerfer-Stamm  (auch  Guiriguiris,  Quiriquirier  und 
ähnlieh)  —  Text  S.   51,  89. 

17.  Der  Coro-Muchoer-Stamm  —  vergl.  das  unter  11  angeführte 
Citat  aus  Herrera  —  Text  S.  53. 

18.  Der  Ca!  amarer- Stamm  —  Text  S.  30. 

19.  Der  Cyparigoten-Stamm  —  Text  S.  65,  66. 

20.  Der  Bure  d  er- Stamm  —  Text  S.  69,   70. 

21.  Der  Atycarer-Stamm  —  Text  S.  66,   97. 

22.  Der    Guana  oer-Stamm  (auch  Coanaoer)  —  Text  S.  70. 

Ol 

Festschrift  der  Hamburgischen  Amerika-Feier  II.  *■•■ 


822  Anmerkungen  zur  Geschichte  der  Welser-Züge. 

23.  Der  Jiriguanaer-Stamm  —  Text  S,  70,  71,  74,  78,  79. 

24.  Der  Dubeyer -Stamm  (auch  Tapeyer)   —  Text  S.  71,  87. 

25.  Der  Zamyruaner-Stamm  —  Text  S.  71. 

26.  Der  Zondaguaer-Stamm  —  Text  S.  74—77. 

27.  Der  Pemäer- Stamm  —  Text  S.   77—79. 

28.  Der  Corbagoer-Stamm   —   Text  S.  80—83. 

29.  Der  Tay a-Toraer-Stamm  —  Text  S.  86. 

30.  Der  Macopiden-Stamm  —  Text  S.  104. 

31.  Der  Guaypier- Stamm  —  Text  S.  104,    106,    107,    119,    134, 
136,  138. 

32.  Der  Guaiguas-Stamm  —  Text  S.  105. 

33.  Der  Choquer-Stamm  —  Text  S.   109—111,   135,  137,  138. 

34.  Der  Operiguer-Stamm  —  Text  S.  119. 

35.  Der  Pancher-S  tamm  —  Text  S.   121,  123. 

36.  Der  Quij  oer-Stamm    —  Text  S.  135. 

37.  Der  Macoer-Stamm  —  Text  S.  136,  138. 


VEEZEICHNISS  DER  ANMERKUNGEN. 


A.   ZUM  CASTELLANOS. 


1.  Das  erste  Buch  von  Castellanos. 

2.  Agustin  de  Zdrate. 

3.  Das     zweite    Buch     von    Castel- 
lanos. 

4.  Alonso   de  Ercilla  y  Zuniga. 

5.  Das  dritte  Buch  von  Castellanos. 

6.  Pedro  Sarmiento  de  Gamhoa. 

7.  Das  vierte  Buch  von  Castellanos. 

8.  Lucas  Fernändez  Piedrahita. 

9.  Castellanos'  Andenken. 

10.  Die  Insel  Puerto-Rico. 

11.  Antonio  Sedeno. 

12.  Die  Welser-Gesellschaft. 

13.  Das  Bisthum  Coro. 

14.  Santa  Martaer  Landeshauptleute. 

15.  Das  Bisthum  Santa  Marta. 

16.  Das  Land  Maracapana. 

17.  Jerönimo  Hortal. 

18.  Die  Meta-Nachricht. 

19.  Diego  de  Losada. 

20.  Die  Insel  Trinidad. 

21.  Die  Insel  Cubagua. 

22.  Die  Insel  Margarita. 

23.  Das  Land  Venezuela. 

24.  Die  Riesen-Inseln. 


25.  Das  Land  des  Segel-Vorgebirges. 

26.  Das  neue  Königreich  Granada. 

27.  Jerönimo  Lebron  de  Quijones. 

28.  Die  Amazonen-Nachricht. 

29.  Die  Dorado-Nachricht. 

30.  Francisco  de  Orellana. 

31.  Alonso  Luis  de  Lugo. 

32.  Sogamoso. 

33.  Korsaren-Ueberfälle. 

34.  Santo   Domingo. 

35.  Gonzälo  Ferndndez  de  Oviedo   j 
Valdes. 

36.  Die  Citurma- Gegend. 

37.  Diego  Ruiz  de  Vallejo. 

38.  Die  Nachrichten  über  die  "Welser. 

39.  Juan  P6rez  de  Tolosa. 

40.  Die  neuen  indischen  Gesetze. 

41.  Die  Audiencia  von  Neu-Granada. 

42.  Alonso  de  Zurita. 

43.  Die  Ramada-Gegend. 

44.  Das  Land  Eupari. 

45.  Pedro  Fernändez  de  Bnstos. 

46.  Das  Erzbisthum  Santa  F6. 

47.  Pedro  de  Ursua. 

48.  Die  Stadt  Bogota. 

21* 


324 


Verzeichniss  der  Anmerkungen. 


49.  Gonzdlo  Jim^nez  de  Quesada. 

50.  Cartagenaer  Landes- Hauptleute. 

51.  Das  Bisthum  Cartagena. 

52.  Die    Priesterweihe    von     Castel  - 
lanos. 

53.  Neu-granadische  Regierungs- 
Präsidenten. 

54.  Historie  von  Cartagena. 

55.  Landkarten. 

56.  Die  Stadt  Tunja. 

57.  Santa-Marta- Geschichten. 

58.  Quesada's  Denkwürdigkeiten. 

59.  Spätere  Dorado-Fahrten. 

60.  Die  Welser-Gesänge. 

61.  Die  Benalcäzar-Elegie. 

62.  Das  Land  Popayan. 


63.  Bai'baren-Namen. 

64.  Duitama. 

65.  Die  Eulogien  von  Castellanos. 

66.  Das      Drama     von     ürsua      und 
Aguirre. 

Columbus-Legenden. 
Bartolome  de  las  Casas. 
Antonio  Berrfo  y  Oruna. 

70.  Manoa  und  Guayana. 

71.  Die  Quesada-Dichtung. 

72.  Wunderthätige  Heiligenbilder. 
Miguel  de  Espejo. 
Letzte  Aufzeichnungen  von  Castel- 
lanos. 

Bernardo  de  Vargas  Macbuca. 
Alvaro  Jorje. 


67, 
68 
69 


73. 

74. 

75. 

76. 


B.    ZUR  GESCHICHTE  DER  WELSER-ZÜGE. 


1.  Augsburg  als  Handelsstadt. 

2.  Welser-Firmen. 

3.  Bartolmä  Welser. 

4.  Indianer-Knechtschaften. 

5.  Das  Land  Cocibacoa. 

6.  Das  Land  Coriana. 

7.  Das  Gewässer  von  Venezuela. 

8.  Das  Welserland. 

9.  Das  Land  Santa  Marta. 
10.  Die  Halbinsel  Paraguana. 


11.  Die  Axuduara-Gegend. 

12.  Der  Ort  Rio  de  la  Hacha. 

13.  Das  Herina-Gebirge. 

14.  Juan  de  Ampi^s. 

15.  Martin   Fernandez  de  Enciso. 

16.  Die  Indianer-Protektoren. 

17.  Antonio  Navarro. 

18.  Der    Zug    von    Gonzdlo    Jimenez 
de  Quesada. 

19.  Indianerstämme. 


T 


ÜBERSICHT 

ÜBER  DIE  HAUPTSÄCHLICH  GEBRAUCHTEN  WERKE. 


6. 


9. 


10. 


11. 


12. 


Juan  de  Castellanos,  Elegias  de  Varones  ilustres  de  Iiidias.  Biblioteca 
de  autores  Espanoles  desde  la  formacion  del  lenguaje  hasta  nuestros 
dias,  Ordenada  por  D.  Buenaventura  Carlos  Aribau.     Madrid  1852. 

Gonzälo  Fernandez  de  Oviedo  y  Valdes,  Historia  general  y  natural  de 
las  Indias,  islas  y  tierra-firme  del  Mar  Oceano.  Ausgabe  von  Juan 
Amador  de  los  Rios.     Madrid  1852. 

Bartolome  de  Las  Casas,  Historia  de  las  Indias.     Madrid  1876. 

Antonio  de  Herrera,  Historia  general  de  las  Indias  Occidentales.  Ant- 
werpen 1728. 

Lucas  Fernandez  Piedrahita,  Historia  general  de  las  conquistas  del  Nuevo 
Reino  de  Granada.     Antwerpen  1688. 

Fray  Pedro  Simon,  Noticias  historiales  de  las  conquistas  de  tierra  firme 
en  las  Indias  Occidentales.     Primera  parte.     Cuenca  1627. 

Francisco  L6pez  de  Gomara,  Hispania  Victrix.  Primera  parte :  Historia 
general  de  las  Indias.  Ausgabe  von  Enrique  de  Vedia  in  der  Biblioteca 
de  autores  Espanoles:  Historiadores  primitivos  de  las  Indias  I. 
Madrid  1852. 

Juan  Bantista  Munoz,  Historia  del  Nuevo  Mundo.     Madrid  1793. 

Fray  Alonso  de  Zamora,  Historia  de  la  provincia  de  San  Antonio  del 
Nuevo  Reino  de  Granada.     Barcelona  1701. 

Jos6  de  Oviedo  y  Banos,  Historia  de  la  conquista  y  poblacion  de  la  pro- 
vincia de  Venezuela.     Madrid  1723. 

Agustin  de  Zärate,  Historia  del  descubrimiento  y  conquista  de  la  pro- 
vincia del  Peru.  Ausgabe  von  Enrique  de  Vedia  in  der  Biblioteca 
de  autores  espanoles :  Historiadores  primitivos  de  Indias  IL  Madrid  1853. 

Walter  Ralegh,  The  discovery  of  the  large,  rieh  and  beautiful  empire 
of  Guiana,  reprinted  from  de  Original  of  1596  by  Sir  Robert  Schom- 
burgk.     London  1848. 


326  Uebersicht  ttber  die  hauptsächlich  gebrauchten  Werke. 

13.  Pedro  Cieca  de  Leon,  Crönica  del  Peru.     Ausgabe  von  Enrique  de  Vedia 

in    der  Biblioteca   de  autores  Espanoles :    Historiadores    primitivos    de 
Indias  II.     Madrid  1853. 

14.  Antonio  de  Kemesal,  Historia  de  la  provincia  de  San  Vincente  de  Chiapa 

y  Guatemala.    Madrid  1620. 

15.  Rafael   Maria   Baralt    (und  ßamon  Diaz),    Resumen    de   la    historia    de 

Venezuela  desde  el  descubrimiento  de  su  territorio  por  los  Castellanos 
en  el  siglo  XV.  hasta  el  ano  de  1797.     Paris  1841. 

16.  Juan  Rodriguez  de  Fresle,  Conquista  y  descubrimiento  del  Nuevo  Reino 

de  Granada.     Bogota  1859. 

17.  Joaquin  Acosta,    Compendio  historico    del   descubrimiento    y  colonizacion 

de  la  Nueva  Granada.     Paris  1848. 

18.  Jos6  Antonio  de  Plaza,  Memorias  para  la  historia  de  la  Nueva  Granada 

desde  su  descubrimiento.     Bogota  1850. 

19.  Henri  Temaux-Compans,  Voyages,  relations  et  memoires    originaux  pour 

servir  ä  l'histoire  de  l'Am6rique.     Paris  1840, 

20.  William  H.  Prescott,  History  of  the  conquest  of  Peru.  New  York  1855. 

21.  Derselbe,  History  of  the  conquest  of  Mexico.     London  1843. 

22.  Clements   R.   Markham,    Expeditions    into    the   Valley  of  the    Amazons. 

London  1859. 

23.  Derselbe,  The  life  and  acts  of  Alonso  Enriquez  de  Guzman.    London  1862. 

24.  Derselbe,  Introduction  to  William  Bollaerts  The  expedition   of  Pedro  de 

Ursua  and  Lope  de  Aguirre.     London  1861. 

25.  William  H.  Smyth,    History    of   the  New  World   by    Girolamo  Benzoni. 

London  1857. 

26.  Antonio  Maria  Fabie,    Vida   y    escritos    de  Don  Fray  Bartolome   de  Las 

Casas.     Madrid  1879. 

27.  J.  A.  Llorente,    Bartolome    de    las  Casas.     Oeuvres  precedees  de    sa   vie 

et  accompagnees  de  notes  historiques.     Paris  1822. 

28.  Martin  Ferndndez   de  Enciso,    Suma    de   geographia   que    trata   de  todas 

las   partidas   y   provincias    del    mundo,     en    especial    de    las   Indias. 
Sevilla  1519. 

29.  Felipe  Perez,  Geografia  fisica  y  polftica  de  los  Estados  Unidos  de  Colombia. 

Bogota  1862. 

30.  Feliciano  Montenegio  de  Colon,  Geografia  general.     Caracas  1837. 

31.  Agustin  de  Codazzi,  Resumen  de  la  geografia  de  Venezuela.     Paris  1841. 

32.  Juan  Jos6  Nieto,  Geografia  histörica,  estadfstica  y  local    de    la  provincia 

de  Cartagena.     Cartagena  1839. 

33.  Joaquin    Esguerra,     Diccionario    geografico    de    los    Estados    Unidos     de 

Colombia.     Bogota  1879. 

34.  William  Bollaert,  Antiquarian,  ethnological  and  other  researches   in  New 

Granada,   Equador,  Peru  und  Chile.     London  1860. 

35.  Ezechiel   Uricoechea,    Memoria  sobre   las   antiguedades  Neo-Granadinas. 

Berlin  1854. 


Uebersicht  über  die  hauptsächlich  gebrauchten  Werke.  327 


36.  Derselbe,   Gramdtica,  vocabulario,  catecismo  y  confesionario  de  la  lengua 

Chibcha.     Paris  1871. 

37.  Wilhelm  Sievers,    Reise  in  der  Sierra  Nevada  de  Santa  Marta.     Leipzig 

1887. 

38.  Derselbe,  Venezuela.     Hamburg  1888. 

39.  Derselbe,    Die    Cordillere    von   Merida    nebst    Bemerkungen    über    das 

Caribische  Gebirge.  Wien  und  Olmütz  1888.  (Geographische  Ab- 
handlungen, herausgegeben  von  A.  Penck,  Bd.  III,  1.) 

40.  Oskar  Peschel,  Geschichte  der  Erdkunde.     München  1865. 

41.  Derselbe,    Geschichte    des    Zeitalters    der    Entdeckungen.      Stuttgart  und 

Augsburg  1858. 

42.  Arthur  Helps,  The  Spanish   conquest  in  America.     London  1855 — 1861. 

43.  Adolf  Bastian,  Kulturländer  des  alten  Amerika.     Berlin  1878. 

44.  Alexander  von  Humboldt,  Voyage  aux  regions  ^quinoxiales   du  Nouveau 

Continent.     Paris  1822. 

45.  Emil  Reclus,  Voyage  ä  la  Sierra  Nevada  de  Sainte-Marthe.     Paris  1881. 

46.  Fr.  Wilhelm  Barthold,    Geschichte  der  deutschen  Seemacht   in  Räumer' s 

Historischem  Taschenbuch,  Dritte  Folge,  Jahrgang  I  (Leipzig  1850), 
S.  68  fiP. 

47.  Arthur   Kleinschmidt,    Augsburg,    Nürnberg   und  ihre  Handelsfürsten  im 

fünfzehnten  und  sechzehnten  Jahrhundert.     Kassel  1881. 

48.  B.  Greiff,  Tagebuch  des  Lucas  Rem  1494 — 1541.     Beitrag  zur  Handels- 

geschichte der  Stadt  Augsburg.  Anlage  zum  Jahresbericht  des  Histo- 
rischen Kreisvereins  im  Regierungsbezirke  von  Schwaben  und  Neu- 
burg.    Augsburg  1861. 

49.  Friedrich  Kunstmann,  Die  Fahrt  der  ersten  Deutschen   nach  dem  portu- 

giesischen Indien.     München  1861. 

50.  Karl   von  Klöden,  Die  Welser   in  Augsburg   als  Besitzer   von  Venezuela 

und  die  von  ihnen  veranlassten  Expeditionen  dahin,  in  der  Zeitschrift 
für  allgemeine  Erdkunde  V.  (Berlin  1854),  S.  434  ff. 

51.  Karl  Klüpfel,    Nicolaus  Federmann    und  die  Weiserische  Unternehmung, 

in  der  Bibliothek  des  Litterarischen  Vereins  in  Stuttgart  XLVII 
(Stuttgart  1859)  S.  199  ff. 

52.  Zeitung    aus   India  Junkher  Philipps  von  Hütten.     Aus  einer  zum  Theil 

unleserlich  gewordenen  Handschrift.  In  Meusel '  s  Historisch-litterarischem 
Magazin.     Bayreuth  und  Leipzig  1785. 

53.  Karl  Klunzinger,    Antheil    der  Deutschen    an    der  Entdeckung   von  Süd- 

amerika.    Stuttgart  1857. 

54.  Ferdinand  Adalbert  von  Langegg,  El  Dorado.    Geschichte  der  Entdeckungs- 

reisen nach  dem  Goldlande  El  Dorado  im  XVI.  und  XVH.  Jahr- 
hundert.    Leipzig  1888. 

55.  Albrecht  Pfister,    Ambrosius  Dalfinger    und  Nikolaus  Federmann   in   der 

Allgemeinen  Deutschen  Biographie  (Leipzig  1875  ff.)  IV.  S.  710  f. 
und  VI.  S.  598  f. 


328  Uebersicht  über  die  hauptsächlich  gebrauchten  Werke. 


56.  Friedrich  Katzel,  Georg  Federmann  und  Philipp  von  Hütten.    Ebenda  XII. 

S.  703  f.  und  XIII.  463  f. 

57.  Konrad  Häbler,  Eine  deutsche  Kolonie  in  Venezuela,  im  Kaumer's  Histo- 

rischem   Taschenbuch,    herausgegeben    von    Wilhelm   Maurenbrecher. 
VI.  Folge.     Jahrgang  IX  (1890),  S.  205  ff. 

58.  Moritz  Weinhold,  Nikolaus  Federraann's  Reise  in  Venezuela  1529  —  1531 

mit  Karte.     Anhänge   zu   den  Jahresberichten    des    Vereins    für  Erd- 
kunde in  Dresden  III  (1866),  S.  91  ff. 


Pierer'aohe  Hofbuohdruokerei.    Stephan  Oeibel  &  Co.  in  Altenburg. 


2. 

SIR  WALTER  RALEGH'S 

KARTE  VON  GUAYANA  UM  1595. 

VON 

L.  FRIEDERICHSEN. 

MIT  1  KARTE. 


Festschrift  der  Hambui'gischen  Amerika-Feier  II.  —  Friedericlisen. 


ntonio  Berrio  y  Orufia,  der  Neffe  ^)  des  am  16.  Februar 
1579  verstorbenen  Marschalls  Jimenez  de  Quesada,  des 
Begründers  der  spanischen  Herrschaft  in  Neu-Granada,  erbte 
von  seinem  Oheim  ausser  einigen  Gütern  in  Neu-Granada 
auch  Anspruch  auf  das  grosse  Dorado-Reich^).  Um  diese  Rechte  zur 
Geltung  zu  bringen,  begab  er  sich  1584  von  Tunja  aus  nach  der  nörd- 
lichen Grenze  seines  Reiches,  dem  Rio  Pauto,  baute  dort  Fahrzeuge  und 
gelangte  vermittelst  derselben  auf  dem  Meta  in  den  Orinoco.  Letzteren 
flussaufwärts  bis  zur  Einmündung  des  Guaviari  am  linken  Ufer  des 
Orinoco  verfolgend,  wurde  er  wegen  Untiefen  zur  Rückkehr  gezwungen 
und  verbrachte  das  nächste  halbe  Jahr  im  Lande  Amapaya  zwischen  dem 
Apuri  und  Meta.  Alsdann  fuhr  Berrio  den  Orinoco  hinab.  Nach  kurzem 
Aufenthalt  in  Carapana,  der  Hauptstadt  des  Landes  Emeria,  segelte  er 
via  Insel  Margarita  nach  Trinidad,  das  er  noch  als  zu  seinem  Dorado- 
Reiche  gehörig  betrachten  zu  dürfen  glaubte.  Dort  richtete  er  sich  als 
Landeshauptmann  ein  und  sandte  1592,  weil  er  sich  selbst  zur  Sicherung 
seines  Besitzstandes  für  unabkömmlich  hielt,  Domingo  de  Ibargoien 
y  Vera  nach  Spanien,  um  eine  grosse  Dorado-Expedition  in  Scene  zu 
setzen.  Es  gelang  dies  um  so  leichter  und  glänzender ,  als  d  e  V  e  r  a 
eine  Menge  Goldsachen  aus  dem  Orinoco-Lande  als  Beweisstücke  für  den 
Reichthum  des  Landes  von  Berrio  mitbekommen  hatte. 

Von    der    aus    fünf  Schiffen    bestehenden    Expedition    de    Vera's 
segelten   zwei   nach   dem   Orinoco.     Innerhalb   der  Grenzen   des  Dorado- 


^)  Vergl.  Schumacher,  S.  178  u.  289  Anmerkung  69  dieses  Bandes. 

2)  Schumacher:  El  Dorado.  (Mittheilungen  der  Geogr.  Gesellschaft  in  Ham- 
burg 1889.)  —  Hakluyt:  Third  and  Last  Volume  of  the  Voyages,  Navigations, 
Traffiques,  and  Discoveries  of  the  English  Nation  etc.    London  1600,  S.  637  u.  ff. 

1* 


4  Friederichsen :    Sir  Walter  Ralegh's  Karte  von  Guayana. 

Gebietes  und  in  Gegenwart  des  Häuptlings  Morequito  nahm  de  Vera 
Namens  Antonio  de  Berrio's  vor  dem  Notaren  R o d r  i g o  deCaranca 
am  23.  April  1593  feierlich  Besitz  von  den  Provinzen  Guayana  und 
Dorado. 

Es  dauerte  nicht  allzulange,  bis  die  Nachricht  von  diesem  Dorado-Zuge 
de  Vera 's  auch  nach  England  und  an  das  Ohr  Sir  Walter  Ralegh's*) 
gelangte.  Ralegh,  schon  längst  durch  die  märchenhaften  Berichte  von 
der  Existenz  einer  grossen  und  goldenen  Stadt  Manoa,  der  Residenz  eines 
Fürsten  „Dorado"  im  mächtigen  Reiche  Guayana  für  eigene  Koloni- 
sations -  Unternehmungen  geneigt  gemacht,  segelte  am  6.  Februar  1595 
selber  nach  Trinidad,  nachdem  er  vorher  seinen  Kapitän  Jakob 
W h  i  d  d  0  n  auf  Kundschaft  ausgesandt  hatte.  Auf  W  h  i  d  d  o  n's  Aussagen 
hin,  dass  Berrio  eine  neue  Dorado-Fahrt  plane,  sah  sich  Ralegh  in 
seinen  Unternehmungen  beengt.  Er  Hess  Berrio,  den  Landeshauptmann 
von  Trinidad,  gefangen  nehmen.  Der  Gewalt  weichend,  lieferte  dieser  die 
in  seinem  Besitz  befindlichen  Beschreibungen  früherer  Orinoco-Fahrten, 
auch  namentlich  eine  Karte  von  den  südamerikanischen  Flussgebieten,  aus. 
Mit  diesen  Hülfsmitteln  ausgerüstet,  und  gestützt  auf  sonstige  in  Trinidad 
eingezogene  Erkundigungen,  trat  Ralegh  im  Mai  1595  seine  berühmte 
erste  Reise  auf  dem  Orinoco  an,  die  ihn  bis  an  die  Mündung  des  Caroni 
brachte.  Nach  Trinidad  zurückgekehrt,  schiffte  Ralegh  sich  alsbald 
nach  England  ein,  wo  er  im  Herbst  1595  Lord  Charles  Howard  und 
Sir  Robert  Cecil  einen  Reisebericht  und  ausführliche  Schilderung  des 
Landes  Guayana  überreichte.  Diese  umfasste  nicht  nur  seine  eigenen, 
sondern  auch  Berrio's  und  Anderer  Beobachtungen. 

Es  lag  offenbar  in  der  Absicht  Ralegh's,  seinem  Bericht  auch  eine 
Karte  beizugeben,  denn  es  heisst  in  demselben^):  „How  all  these  riuers 
Crosse  and  encounter,  how  the  countrie  lieth  and  is  bordred,  the  passage 
of  Cemenes ,  and  of  Berreo ,  mine  owne  discouerie ,  and  the  way  that  I 
entred,  with  all  the  rest  of  the  nations  and  riuers,  your  Lordship  shall 
receiue  in  a  large  Chart  or  Map,  which  I  haue  not  yet  finished,  and 
which  I  shall  most  humbly  pray  your  Lordship  to  secret,  and  not  to  suffer 


')  Wir  haben  uns  für  die  Schreibweise  „Ralegh"  und  nicht  „Raleigh"  ent- 
schieden, weil  Ralegh  vom  9.  Juni  1584  bis  zu  seinem  Tode  selbst  seinen  Namen  so 
geschrieben  hat  (vgl.  Steh  hing:  Sir  Walter  Ralegh,  Oxford  1891,  S  31).  Auch  be- 
richtet Stebbing,  dass  135  der  von  Edward  Edwards  gesammelten  169  Ralogh'schen 
Briefe  so  unterzeichnet  sind. 

')  Vergl.  Ralegh:  Xhe  Discovery  of  the  large,  rieh  and  beautiful  Empire  of 
Guaya  a  etc  editcd  by  Sir  Robert  H.  Schomburgk.  London.  Ilakluyt  Society 
1848,  S.  26. 


Kohl's  Kopien  alter  Karten. 


it  to  passe  your  own  hands;  for  by  a  draught  thereof  all  may  bee 
preuented  by  other  nations.  For  I  knoAv  it  is  tliis  very  yeere  sought  by 
the  French,  although  by  the  way  they  now  take,  I  fear  it  not  much." 

Ob  diese  Karte  jemals  nachgeliefert  worden  ist,  ist  bisher  nirgends 
zu  ermitteln  gewesen  ^)7  wohl  aber  ist  von  unserem  1878  verstorbenen 
Landsmanne,  dem  um  die  Amerika -Forschung  hochverdienten  Bremer 
JohannGeorgKohl,  nachgewiesen  worden,  dass  das  Britische  Museum 
eine  Manuskriptkarte  besitzt,  welche  zweifelsohne  das  besprochene 
Ralegh'sche  Dokument  selbst  oder  wenigstens  eine  gleichzeitige  getreue 
Kopie  desselben  ist. 

Zu  Kohl's  Arbeiten  auf  dem  Gebiete  der  historischen  Geographie 
gehören  zu  einem  nicht  unwesentlichen  Theile  eine  grosse  Anzahl  von 
Kopien  seltener  alter  Karten  und  kartenähnlicher  Abbildungen,  welche 
von  ihm  während  einer  Reihe  von  Jahren  in  öffentlichen  und  privaten 
Bibliotheken  und  Archiven  Europa's  angefertigt  worden  sind.  Unter  diesen 
befindet  sich  auch  die  Kopie  einer  Karte  (Nr.  374),  welche  mit  rother 
Farbe  die  Aufschrift  trägt:  „The  Orinoco  and  Manoa  (Ms.  Brit.  Mus.)". 
Sie  ist  unter  gleicher  Nummer  in  den  von  der  Harvard  Universität  in 
Cambridge  herausgegebenen  bibliographischen  Mittheilungen  Nr.  19^)  auf- 
geführt, und  zwar  mit  der  Jahreszahl  1595  (?).  Viel  früher,  bereits  1857, 
hat  sie  Kohl  unter  dem  Titel:  „A  large  Map  of  Guayana,  of  the  whole 
river  Orinoco  and  bordering  regions:  1595"  in  einem  als  Manuskript^) 
gedruckten  Katalog*)  derjenigen  auf  Amerika  bezüglichen  Karten  und 
Aufnahmen,  welche  im  S.Bande  von  Hakluyt's  „Voyages,  Navigations, 
Traffiques,  and  Discoveries  of  the  English  Nation"  erwähnt  sind,  ausführ- 
lich beschrieben. 

Im  Besitze  dieser  von  Kohl  gepausten  Manuskriptkarte  des  nördlichen 
Südamerika,  wurde  der  Wunsch  in  uns  rege,  ein  Facsimile  des  Originals 
dem  2.  Bande  der  vorliegenden  Festschrift  einverleibt  zu  sehen,  einerseits, 
um  den  Lesern  der  vorstehenden  Schumacher 'sehen  Arbeit  ein  über 
die  venezolanischen  Unternehmungen  der  Augsburger  Welser  und  über 
Juan  de  Castellanos  orientirendes  Kartenblatt  aus  dem  16.  Jahrhundert 
zu    bieten,    andererseits    um    der    uns    wiederholt    gegebenen    Anregung 


1)  Schomburgk,  I.e.  S.  26,  Anmerkung:  It  appears  he  never  executed  this  map, 
or  if  he  did  so,  it  has  been  lost. 

2)  The  Kohl  Collection  of  Maps  relating  to  America.     ByJustinWinsor.  1886. 

3)  Vergl.  Petermann's  Mittheilungen  1857,  S.  267. 

*)Kohl:  Descriptive  Catalogue  ofthose  Maps,  Charts  and  Surveys  relating 
to  America,  which  are  mentioned  in  Vol.  III  of  Hakluyfs  Great  Work.  Washington 
1857,  S.  64. 


6  Friederichsen :    Sir  Walter  Ralegh's  Karte  von  Guayana. 

Schumacher's  Folge  zu  leisten,  der  in  der  zur  Frage  stehenden  Manu- 
skriptkarte viel  mehr  als  ein  Kuriosum,  nämlich  den  Niederschlag  einer 
ganzen  Reihe  von  Entdeckungsreisen  erblicken  zu  müssen  glaubte.  Mit 
Hülfe  unseres  verehrten  Fachgenossen,  des  Herrn  E.  G.  Ravenstein  in 
London,  und  des  Kurators  im  Karten-Departement  des  Britischen  Museum, 
des  Herrn  Coote,  ist  die  Erfüllung  unseres  Wunsches  ermöglicht  worden. 
Herr  Ravenstein  hat  die  besprochene  Manuskriptkarte  in  verjüngtem 
Maassstabe  für  uns  photographieren  lassen.  Auf  Basis  dieser  Photographie 
sowie  der  Kohl'schen  Kopie  des  Originals  und  an  der  Hand  der  Schom- 
burgk'schen  Ausgabe  der  Ralegh'schen  Reisebeschreibung  haben  wir  ein 
Facsimile  herstellen  und  in  der  Tafel  I   zur  Anschauung  bringen  können. 

Was  nun  die  jedes  Titels  und  jeder  Autor-Angabe  entbehrende, 
beschmutzte  und  verblasste  Manuskriptkarte  selbst  anlangt,  so  ist  sie  unter 
dem  Titel:  „A  Map  of  Guayana  with  the  course  of  the  Orinoco  and 
Maranon  or  Amazones  (1660)"  unter  „Add.  17940a"  im  Katalog  des 
Britischen  Museum  aufgeführt.  Sie  misst  2'  7"  bei  2'  3"  englisch  ^)  und 
ist  auf  dickem  Pergament  in  Schwarz  gezeichnet  i.  e.  mit  Ausnahme  der 
farbigen  Strichlinien.  Die  Art  und  Weise  der  Konstruktion  und  Zeich- 
nung ist  die  einer  mittelalterlichen  Kompass-  resp.  loxodromischen  Karte 
des  16.  Jahrhunderts  mit  der  Orientirung  gen  Süden. 

In  dem  erwähnten  Katalog  der  Kohl'schen  Kartensammlung  (1886) 
heisst  es,  dass  das  Britische  Museum  sie  1845  acquorirt  habe,  während 
Kohl  in  Uebereinstimmung  mit  seinem  1857  als  Manuskript  gedruckten 
Katalog  mit  Blei  auf  seiner  gepausten  Kopie  bemerkt  hat:  „Purchased  of 
T.  W.  Turner  1849". 

Wie  bei  allen  mittelalterlichen  Kompasskarten,  so  findet  sich  auch 
auf  unserer  Tafel  I  ein  Netz  von  Richtungslinien  ^),  um  Kurs  und  Distanz 
nach  denselben  absetzen  zu  können.  Von  einer  Central-Strichrose  inmitten 
der  Karte  ausgehend,  sind  auf  der  Peripherie  eines  mit  ihr  concentrisch 
gedachten  Kreises  in  den  16  Hauptrichtungen  andere  16^)  Rosen  ein- 
getragen, die  in  32  Theile  getheilt  sind.  Um  dies  Gewirr  von  Richtungs- 
linien deutlicher  zu  gestalten,  sind  die  Linien  der  8  Hauptrichtungen 
schwarz,    die    der    halben   grün    und    die    der    viertel    roth   ausgezogen. 


*)  Unser  Facsimile  ist  im  Norden  und  Süden,  wo  nur  Strichlinien  vorhanden 
sind,  etwas  geliürzt  worden. 

•)  In  Folge  der  in  verjüngtem  Maassstabe  genommenen  photographischen  Kopie 
und  wahrscheinlich  auch  in  Folge  bauschiger  Stellen  im  Original,  sind  die  Richtungs- 
linien unserer  Tafel  stellenweise  verzerrt  worden. 

')  Die  südlichen  3  Rosen  sind  auf  unserem  etwas  gekürzten  Facsimile  weg- 
gefallen. 


Beschreibung  der  Ralegh' sehen  Karte. 


Längen-  und  Breitengrade  fehlen,  vielleicht  mit  Absicht  und  aus  Furcht 
vor  Konkurrenz;  auch  ist  der  übliche  Meilen-Maassstab  an  den  Rändern 
der  Karte  weggeblieben. 

Unsere  Tafel  veranschaulicht  die  Küste  des  nördlichen  Südamerika 
von  der  Mündung  des  Amazonas  bis  zur  Landenge  von  Panama  durch 
eine  Linie  mit  kurzer  Küstenschraff ur  •,  sie  giebt  andeutungsweise  auch 
die  Westküste  Südamerika's  von  Panama  bis  zum  Golf  von  Guayaquil. 
Die  Oberfläche  des  Meeres,  der  Seen  und  grösseren  Flüsse  ist  zum  Theil 
durch  Punktirung  und  horizontale  Strichelung  nach  Art  der  Karten  des 
16,  Jahrhunderts  markirt.  Als  Signatur  für  Indianer-Dörfer  scheint  eine 
Hütten-,  für  spanische  Niederlassungen  und  Städte  diejenige  einer  Häuser- 
gruppe beabsichtigt  gewesen  zu  sein.  Bewaldete  Gegenden  sind  durch 
eine  Baurasignatur,  Gebirge  durch  perspektivisch  gezeichnete  Hügelreilien 
kenntlich  gemacht.  Die  Nomenklatur  ist  englisch.  Die  Schreibweise  ist 
fast  durchweg  übereinstimmend  mit  derjenigen  der  Ralegh'schen  Reise- 
beschreibung. Fast  alle  in  dieser  vorkommenden  Namen  sind  auch  auf 
der  Manuskriptkarte  niedergelegt.  Ganz  überraschend  richtig  sind  die 
Contouren  der  Insel  Trinidad  gezeichnet.  Eine  Erklärung  hierfür  finden 
wir  in  der  auch  von  KohP)  erwähnten  Thatsache,  dass  Ralegh  eigene 
Vermessungen  auf  Trinidad  gemacht  und  diese  auch  zu  einer  Special- 
karte ^)  (description  and  particular  plot)  von  Trinidad  zusammengestellt 
hat.  Uebereinstimmend  mit  Ralegh's  Beschreibung  ist  der  in  den  Anden 
unter  annähernd  gleicher  Breite  mit  Quito  entspringende  Orinoco  als 
Hauptstrom  mit  neun  nördlich  vom  Hauptstrom  in  die  See  mündenden 
Nebenarmen  veranschaulicht.  Die  Darstellung  der  westlicheren  Gebiete 
ist  auf  spanische  Berichte  (vornehmlich  de  Berrio's)  und  Erkundigungen 
bei  den  Eingeborenen  zurückzuführen.  Nicht  minder  originell  paradirt 
mitten  zwischen  dem  Orinoco  und  dem  Amazonas  der  räthselhafte  200 
Meilen  lange,  von  mit  kostbaren  Metallen  imprägnirten  Bergen  umgebene 
See  Manoa,  mit  der  vermeintlich  grössten  Stadt  der  Welt  gleichen  Namens, 
der  Hauptstadt  des  mächtigen  und  schönen  Reiches  Guayana,  an  seinem 
östlichen  Ende. 

Aus  vorstehenden  Betrachtungen  resultirt  für  uns  in  Uebereinstim- 
mung  mit  Kohl  mit  ziemlicher  Gewissheit,  dass  wir  in  Tafel  I  die  Karte 
wiedergegeben  haben,  welche  Sir  Walter  Ralegh  im  Herbst  1595  dem 
Bericht    über    seine    erste   Orinoco-Reise    beizufügen   beabsichtigte,    aber 


1)  1.  c.  S.  63-64. 

2)  Hakluyt,  Vol.  III,  S.  632. 


Friederichsen :   Sir  Walter  Ralegh's  Karte  von  Guayana. 


rechtzeitig  fertig  zu  stellen  verhindert  war;  ferner  dass  wir  in  dieser  Karte 
einen  höchst  interessanten  Theil  der  „üescription  of  the  River  Orenoque" 
bezeichnen  zu  glauben  dürfen,  welche  am  15.  August  1618  bei  seiner 
zweiten  Verhaftung  bei  ihm  gefunden  und  ihm  abgenommen  worden 
ist^);  und  drittens,  dass  wir  in  unserer  Tafel  die  älteste  Special-  und 
Originalkarte  des  Orinoco-Gebietes  zum  ersten  Male  zur  weiteren  Kennt- 
niss  bringen. 

Hinsichtlich  des  letzteren  Punktes  sei  noch  erwähnt,  dass  keine 
Land-  oder  Seekarte  von  Südamerika  aus  der  Zeit  vor  Ralegh  (1505) 
bekannt  ist,  auf  welcher  der  Orinoco  so  wie  hier  als  grosser  Strom  mit 
zahlreichen  Nebenflüssen  verzeichnet  stände.  Als  älteste  Karten  von  Guayana 
galten  bisher  die  von  JodocusHondius  von  1599^)  in  holländischer 
Sprache,  und  eine  gleichzeitige  deutsche  Ausgabe^)  in  de  Bry's  Samm- 
lung von  Reisen  nach  Amerika.  Ihnen  folgte  Mulsins'  Karte  des  nörd- 
lichen Südamerika*),  wie  sie  der  uns  vorliegenden,  bei  Erasmo 
K e m p f f e r n  gedruckten  und  bei  Leuini  Hulsij  Wittibe  in  Frank- 
furt a.  M.  1612  verlegten  Beschreibung  des  goldreichen  Königreichs 
Guianae  angehängt  ist^).     Während  alle  drei  unter  Benutzung  der  mittler- 


')  Schomburgk,  1.  c.  S.  228  u.  229. 

^)  Nieuwe  Caerte  van  het  wondcrbaer  ende  goudrijcke  landtGuiana,  gelegen 
onder  de  Linie  Aequinoctiael ,  tusschen  Brasilien  ende  Peru  nieuwelick  besocht  door 
Sir  Walter  Ralegh  Ridder  van  Engelandt,  in  het  jaer  1.594,  9-5  ende  1596.  De 
Custen  van  dese  caerte,  sijn  seer  vlietich  geteekent  op  haere  hooghten  ende  waere 
Streckingen,  door  een  seker  stierman  die  dit  selve  beseilt  ende  besocht  heeft,  inde 
jaren  voornomt.  De  binnen  Provincien,  syn  door  grote  moyte  getrocken,  uit  beyde 
de  boexkens,  die  door  ende  by  laste  van  Ralegh  voorseit,  int  licht  gegeven  sijn. 
Jodocus  Hondius  excudit. 

')  Neuwe  landtaflfel,  in  welcher  eigentlich  und  warhaftlglich  fürgestellt  wird, 
das  gewaltige  und  goldtreiche  Kunigreich  Guiana,  so  da  ligt  under  der  Aequinoctial 
Linen,  zwischen  Brasilien  und  Peru,  observiert  und  abgerissen  von  einem  schifirnan 
so  selbst  mit  her  Ralegh  der  Fahrt  gewessen. 

*)  Nova  et  exacta  delineatio  Americae  partis  australis  que  est:  Brasilia,  Cari- 
bana,  Guiana  regnum  Novum  Castilia  del  oro,  Nicaragua,  Insulae  Antillas  et  Peru. 
Et  sub  Tropico  Capricorni  Chile,  Rio  della  Plata,  Patagonie,  et  Fretü  Magellanieu. 
Noribergae  per  Leuinum  Hulsium,  Anno  1599. 

'^)  Weit  primitiver  als  die  vorerwähnten  Karten  ist  die  in  Frankfurt  a.  M.  1669 
von  J.  P.  Thelott  gestochene  Karte:  „Guiana  siue  Amazonum  Regio".  Wir 
finden  dieselbe  folgendem  höchst  interessanten  kleinen  Buche  beigegeben:  „Gründlicher 
Bericht  von  Beschaffenheit  und  Eigenschafft,  Cultivirung  und  Bewohnung,  Privi- 
legien und  Beneficien  dess  in  America  zwischen  dem  Rio  Orinoque  und  Rio  de  las 
Amazone«  an  der  vesten  Küst  in  der  Land^chafft  Guiana  gelegenen,  sich  30  Meil 
wegs  breit  an  der  See  und  100  Meil  wegs  in  die  Tieffe  erstreckenden  stricli  Landes, 
weichen  die  edle  privelegirte  West-Indische  Compagnie  der  vereinigten  Niederlanden, 
mit  authentischer  schrifftlicher  ratification  und  permission  der  Hochmögendeu  Herren 
Staten  General  an  den  Hochgebornen,  gegenwertig  regirendon  Herrn  Friedrich 
Casimir  Grafen  zu  Hanaw,  Rieneck,  Zweibrücken,  Herrn  zu  Müntzenberg,  Liechten- 


Beschreibung  der  Ralegh' sehen  Karte. 


weile  durch  Hakluyt  publicirten  Ralegh 'sehen  Reise-Beschreibung 
nach  Kartenskizzen  der  Ralegh'schen  Kapitäne  kompilirt  zu  sein  scheinen, 
erblicken  wir  in  der  von  uns  reproducirten  Karte  die  kartographische 
Veranschaulichung  der  eigenen  Aufnahmen  und  Erkundigungen  Sir 
Walter  Ralegh's. 

berg  und  Ochsenstein,  Erbmarschalln  und  Obervogt  zu  Strassburg.  Wie  auch  an 
das  gesämptliche  Hochgräfl.  Hauss  von  Hanaw,  mit  allen  regalien  und  Jurisdictionen, 
ewig  und  erblich,  unter  gewissen  in  dieser  Deduction  publicirten  Articuln  den 
18.  Julii  1669,  cedirt  und  überlassen  hat.  Jedermänniglichen,  absonderlich  aber  denen 
welchen  daran  gelegen,  zum  Nachricht  und  gefallen  in  Truck  gegeben.  Gredruckt  zu 
Frankfurt  bey  Johan  Kuchenbecker.  Anno  1669."  —  Ueber  die  kolonisatorischen  Be- 
strebungen des  Grafen  Friedrich  Casimir  von  Hanau  im  Orinocogebiet  äussert 
sich  eine  1882  anonym  erschienene  „Geschichte  der  Regenten  von  Hessen-Cassel"  wie 
folgt:  „Der  Graf  Friedrich  Casimir  von  Hanau  hatte  im  Jahre  1669  von  der 
holländisch-westindischen  Handlungsgesellschaft  eine  Strecke  Landes  in  Westindien 
gekauft  und  ging  damit  um,  dort  eine  Kolonie  zu  gründen.  Dieser  Plan  überstieg 
natürlich  die  Mittel  der  kleinen  Grafschaft  beträchtlich;  und  die  bedrückten  Unter- 
thanen,  unzufrieden  hierüber  und  gereizt  durch  die  willkürliche  Anstellung  neuer 
Eäthe  etc.,  riefen  zu  ihrer  Unterstützung  hessische  Hülfe  an.  Die  Eegentin  Hess 
hierauf  1670  hessische  Truppen  im  Hanau'schen  einrücken  und  brachte  einen  Einig- 
keitsrecess  zu  Stande.    Der  Graf  verzichtete  auf  seinen  westindischen  Plan  etc. 


festschrift  der  ftamburgisclien  Amerika-Feier  tl.  —  Friederichsen.  1** 


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N?  885756 


E119 
H33 


Hambun-ische  Festschrift  zur  Erinnerunf^  an  die 
Entdeckung  Ainerika's;   hrsg.  vom  wissen- 
ochaftlichen  Ausschuss  des  Komites  für  die 
Amerika-Feier.       Hamburg,  _Friedrichsen,    18??. 
2  V.       illus.,   maps^  fold.Ain  pocket,   v.?) 


«^  1.   America-  Di sc,  &  exploration-  Anniver- 


sanes,   etc. 


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