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I
profc&sor Karl ficinridj Kau
PBK»1NT«0 TO TM«
UNIV«f«»ITV OF MIOHIOAN
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HC
. S38
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Allgemeinen Staatskande
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Europa
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Dr. Friedrich Wilhelm Schubert^
ord. Prof. der Gcfchichte and Stentflmsd« an der Usirmilit
u Kdnigsber g«
Ersten Bandes zweiter Theil:
Frankreich und das Britische Reich.
Königaberg 1836,
bei den Gebrudern Bornträger.
<'
I
Gcdraekt ia dar pAtOBKBfefcai
BacMwckerei «a^Kdttljib. hi Pr.
Vorrede.
fVenn eine meljakrige Arbeit y die mit Liehe und
nnausgesetzter Anstrengung unternommen und fort-
geßihrt ist, die aber nach ihrem ganzen Charakter
-j einen fast unabsehbaren Apparat verlangt und die^
I sen taglich zu füllen und noch zu enceitem be-
fiehky oder die unausbleibliche Gefahr trügerisch
zweideutiger Lüchen androht ^ ^— wenn eine solche
[! Arbeit gleich beider ersten Entsendung eines Iheils
) ihrer Besuhate freundlichst empfangen und mit er-
r nnmtemdem Beifalle begrüsst wird, so hat sie ihren
I erwünschtesten Lohn erreicht. Sie hat dann das Feld
ihrer Wirhstmkeit erlangt, auf dem die Ernte ihr
nicht entgehen wird, wenn die Saat selbst eine ge-
deihliche ist. Es ist mir wahrlich die angenehmste
laicht, für die lebhafte Theilnahme, mit welcher
mir sehr ehrenwerthe Männer fn Recensionen und
~\
IV ' V o r r e d e. ^
bri^ichen Stittheilungen den ersten Band meiner
Staatskunde aufgenommen haben^ hier öffentlich mei^
nen Dank auszusprechen, freilich nicht ohne den ange-
legentlichen Wunsch^ dass die Fortsetzung des Wer-
kes dem gesteckten Ziele möglichst nahe kommen
möge. Der von mir dargebotene Plan einer histo-
risch, durchgearbeiteten Statistik ist als ein Be-
dürfniss der Zeit und des heutigen Zustarfdes der
politischen Literatur erkannt worden. Sehie Hauptab-
sieht bleibt stets dahin gerichtet y die wichtigsten
Zustände der heutigen Staaten Europas in ihrer po-
litischen und bürgerlichen Entwickelung durch mög^
liehst vollständige und deutliche Bilder zuvergegen-
uärtiger^ .Das nach diesem Plane gegebene Bftispiel im
Bussischen Staath ist für eine ausreichende Lösung
dieser Aufgabe erachtet worden. Ich hoffe dass der
jetzt erscheinende zweite Theil, welcher Frankreich
und Grossbritannien liefert^ ein noch vollständigeres
Bild dieser Staaten vorführen wirdy nicht etwa, weil
diesen Beichen ein erweiterter Plan oder ein verstärk-
ter Fleiss zugewandt wäre, sondern lediglich aus
dem unschätzbaren Grunde ^, weil hiefür schon seit
länger als einem. Jahrhunderte ein reiches Material
aus unerschöpflichen Quellen ztfliesst , deren freier
Gebrauch nie durch den Verschluss einer wenig ge-
kannten Sprache gehemmt ist, wie dies allerdings
bei den iteuesten ofßciellen und halbofficiellen
Quellen für die Russische Staatskunde beklagt wer*
den muss.
Ueber den Zeitraum^ von neun Monaieny der
zwischen der Ausgabe des ersten und dieses zweiten
Voprtde« ▼
Theiis verfiBssen iii^ dai^ich dem biUigen Leser wohl
füclus hinzt$8etzen^ wenn er sieht, dass dieser Band bei-
■ ikiAe dM doppelte Volum^$ des ersten umfasst, und
[' wenn er erföhrt, dass ich, wn den schwierigen Druck
möglichst rein van Sinn störenden Fehlem zu überlie-
ftm, zwei €orrecturen jedes Bogehs selbst mache. —
Die einheimische, und ausländische Literatur habe
ich, so weit es möglich war, selbst noch aus den
letzten Monaten des Jahres 1835 bei 'der Durch-
sich der einzelnen Bogen benutzt, und wo sie Be-
reicherungen gewährte, nächgetragen. Räumers so
eben erschienene Briefe über England, denen ich
'für einzelne Zustände dieses Staates gewiss int er-
ressante ^Notizen verdanken dürfte , habe ick aber
nicht mehr bjenutzen können, da sie mir erst heute
am Schlüsse des letzten Bogens zugekommen sind.
Der Druck des, dritten Theiis, welcher Spa-
nien:^ Portugal, die Staaten Italiens, die Türkei
und Griechenland enthalten soll, wird ungesäumt ange-
fangen, doch kann ich seihe Ausgabe, da er in Bogen-
zahl \iiesem Theile ziemlich gleich stehen wird, nicht
vor dem September versprechen. — Einen von meinem
würdigen Amtsgenossen, dem Professor Hasse in
Leipzig, in seiner Recension über meine Staats-
künde ausgesprochenen Wunsch, dass ich neben die--
ser Darstellung der Staaten Europas zur Vervoll-
ständigung ein ähnliches Buch über die Staaten Arne-
. rikas bearbeiten sollte, darf ich hier flicht ^völlig un-
berührt lassen. Ich bemerke jedoch nur, dass ichfa^t
gleichzeitig mit meinen Vorarbeiten für Europa seit
VI
V ö r r t d e.
zehn Jahren auch für Jie bereits enttackdien Staaten
Amerikas sßtiel statistische Nachrichten sammele,
als ich ihrer haUßuMfi tserden lann. Ein solches
Buch zu bearbeiten, hatte ich mir selbst schon
zur Aufgabe gestellt, aber uann ich es zur of^
/entliehen Bekanntmachung reif halten werde, kann
ich jetzt noch nicht beHimmen. * — Aber eine'
Bitte — und eine reckt dringende Bitte an meine
Leser darf ich mir zum Schlüsse nicht versagen,
nämlich abweichende Ergebnisse historischer, po-
litischer und allgemeiner statistischer Forschungen,
die in meinem Buche häufig in Folge eigener,
lange und mOhsam wiederholter Untersuchungen
sich vorfinden, nicht sofort von sich^ weisen
zu wollen, weil andere ak bekannte, oder auch
neu aus dem Ausland hinüber getragene Ee-^
sultate die Sache anders darstellen. Ich fordere
nicht anmaassungsvoU den Uebertritt zu den von
mir gefundenen Ergebnissen, ich wünsche nur im6e-
fangene Prüfung der entgegenstehenden Ansichten
und mtV nicht unbegründet zuzumuthen, dass ich et-
was nicht gewusst oder übersehen habe, was ich
gerade, weil ich es wusste, eher nicht für f actisch,
oder nicht für hinlänglich begründet erkannte , bei
Seite legen müsste.
Königsbergf den IL Januar 1836.
F. W. Schubert.
Inhalt
Frankreich Äg
9« L AllgettidiitB Quellen imdHüIffmf Cltl(Ear-
tta, Büclier).
A« Gnuidiiiadit dea Fraittortielieii
Staate», a 6-74.
§w Z Uebenielit dee gegeavirti^ Landerbe-
standeg und seines aUmjÜiligen Anwacbses 6—18
fi. 3. Politftdie Eintheilang . . ^ . . . . 18—25
{• 4. Physisehe BesehaffeiAeit des Bedens,
klimatisidieyerhiltnisse, Gebirge» Flüsse
Canile» Landstrauen, Eisenbahnen, BrOk*
kenbau •••••••...«• 25—41
S« 5. BeFölkeningtverbiltnisse , die grossen
Sttdte ' • . . 42—50
fi« 6. StammTenehiedenheit der Bevölkemng ^ 50—54
9* 7* Allgemeine StitodererhUtnisse • • . • 54—61
Till Inhalt«
8eitt
$, 8.^ ReligfoniTcni^iedeDheit und aUgetoeine '
kirchliche Verh&itnitte der Bewohner . 61—74
B« Die Cultnr des Franzosischen
Staates*) S. 74-178.
{• D« Die verschiedenen Zweige der ph jiischen
Cultur (A. Ackerbau und Gartenbau S.
76—82. B. Viehzucht, S. 82—88. C. Sei*
denbau und Bienenzucht, S. 88. D. Font-
sucht und Jagd, S. 89—90. E. Fischerei, •
S, 90—92. F. Bergbau, 92—95.' , . . 74—95
§. 10* Die Terschiedenen Zweige der technischen
Cultur. Geschichtliche Uebersicht dersel-
ben S, 95^— lOX Die einzeln. Manufacturen
in ihrem heutigen Zustandet. 102—114.' 05—113
%. IL Die verschiedenen Zweite des Handels.
Der innere Verkehr. S. 1 1 8 — 1 9. Der aus-
wärtige Handel, Eln^rS. 119—22. Aus-
fuhr 122—27. Die letirten J«hre s. 1828,
1 28—32. Seehandel und Seehäfen 1 32—40 1 13—140
i. 12. (Im Texte ist als Druckfehler 11 zu
streichen)^ • Die geistige Cultur in ihren
Unterrichtsanstalten, Bibliothekenit s. w. 141—154
9* 13. Die geistige Cultur. in ihren statistisch
bemerkensw.erthen Ergebnissen für den
gesammten Staat Die bildenden und
schönen Künste S. 150—63. Die Wissen-
sehaften S. 162—70. Der Buchhandel, die
ZeijHuigen u. gelehrt^ Vereine S. 170-^78. 154^178
. » • : . . , .
C. Die Verfassung *de^ FranzQ^-
sehen Staates. & 178— 210. . .
§• 14. Die Grundgesetze der Staatsverfassung., 178—181
9« 15. Stastsfoniii« Rechte der höchsten Staafe- '
gewalt . und . der regierenden Djiiiastie
«) Diese Ueberschrift ist im Texte S. 74.. beim Abdjniiok« durch
Versehen weggeblieben.
#
t
^' tdlt
i. 13. bie gtitdis« XoHiir in ikrm itatiftifeli
btinBrkflaMrettheii CrgebBusen für des .
|{et«mmten Staat Die bildandeii tiod
a^nen Kftnste 025-^530. Die Wiaaen*
•ehaften 530—634. Der BuebhandeK
die ZeitoDgen und geUbiten Vereine
535— 538 524— 53i
C. Die Verfassung Aes Britischen
Staates. S. 539-578.
$.14. Die Crmndgesetze der Staatsverfassung. 539— 54S
Q. 15. Staitsform. Rechte der höehsten Staats-
gewalt und der regierenden Dynastie
, 5^9—555. Titel, Wappen, Hofstaat, Or-
den 555—560 548—560
Q. 16. Das Parlament Rechte der Stände.
Die Geschwomen und Widiier - Listen.
Die aächlichen V|rhältDi8se bei den Bilia. 560—577
$. 17. Voll dem iTerhiÜtnisse der Kbehe lum
Staate 577—578
D. Die Verwaltung des Britischen
Staates. S. 679—682.
«
I; Innere Verhültniste.
Q. 18. Die CetitralbehMen des Britischen Staa«
tes. Das Staatsministerium 579—589. Der
Geheime-Rath 589—590. 579-^90
Q. 19. Die innere Grafschafts- undPoIisei-Ver*
waltung . ............ . 590—600
9. 20. Die Rechtspflege 600—^18
9. 21. Die FinauETerwaltung. Geschichte der
Staatsschuld 624 — 32. Die einaelnea
Theile des Budgets 662. Der gegenwär*
tige Zustand 638—653. 618—653
9* 22. Die Verwaltung für Landhemcund See-
macht Das Laadheer 66a Die See-
m4cht 666 654—672
•
»
/XU
kabalf.
II. Amirartig^ VorhilteiMC 6Ta-*82
Q. 23. Der politbche Verkehr leg DkMidien
Retehi mit anderen Staaten • • • • 072-^76
S« 24. Die wichtigtten noeh ala gfiltig beete-
henden Staattvertrftge und BQndnitse
Grtssbritannienf nach ihren Hanptbe-
siehungea 670— (182 ^
Inhalt 1%
Seite
182— 8& Die PankaaoM & ]8(^0a
Die Depjitirtenkammer S. 190^-M. Titel,
Wappen, Hofttaat, Orden 196—203. 181—203
§. 16*). Von den Reehten der St^ndfu Die 6^
•cliworoen und WäUer^Listen* Die De*
panen^en^e* und Beiirkfr&tbe. . . • • 2P3-*209
'S* 17> Voii dem VerhiUtniMe der Kirdie 19»^
Staate » 200—210
D> Die YerwaltoBg des Franzosi-
schen Staates* S. 210—288.
L Innere Verhältnisse.
9. 18. Die Centralbehörden des Framdsiseben
Staates S. 211—21. Das S^aa^iniste-
riiMu 221. Der Geheinie->Raäi 221. Der
Staatsrath S. 222—24. Der hohe Rath
des Handels und der Manufaeturen S. 225. 210—225
§• 10. Die innere Departemental* undPoU-
sei-Verwältung • v • « 225-^231
§. 20. Die ReVibtspflege . . . . . . . . '/ 231—241
§• 21. Die Finai^erwaltung. Hisforisehe Ce-
benidit bis auf Napoleon 242-^248. Die
einselnen Theile 4ea Budgets 251—267*
Der gegenwärtige S^ustand 257—260. . 242—269
9. 22. Die Veriraltnng fi)r I^dbeer und See*
macht Das Landheer 270—280. .(He
Seemacht 280^28Z . 269—282
IL Auswirtige Verhältnisse.
9* 23. Der politisdie Verkehr Frankreichs mit
anderen Staaten . 282—285
9« 24. Die wichtigsten noch als gültig bestehen-
den Staatsrerträge und Bündnisse Frank-
reichs nach ihren Haaplbesiehungen . . 285-^288
Das Britische Reich ....... 288—682
9« 1- Allgemeine Quellen u^d ^ülfsmitte) (Kar-
ten, Bücher). .......... 289—204
*) Kn Texte rerdrackt {.14.
-V
In halt«. >
f
A. Die Gruttduiacht des Britischen .
; Staates. S. 294^405.
t ^ - . Seite
9. 2. Uebenioht des gegdnwirtigen L&fiderbe-
itandet und ieinei allmähligen Anwftchieg 294^309
§. 3. Politiache Eintheilung . . ^ . . \ . 309-^320
{• 4. Ph/iiiche Beiehiffenheit des Bodens, kli«
aiBtiiehe Verh<aisie, Gebirge, Flütee,
Canftle, Laindstraeeen, Eisenbahnen, Brük-
kenbau . .' • 32#— 344
9. 5. Beyölkerungtverh<nisse , die grotten
St&dte 344—363
9. 0* StammTencbiedenheit der Bevölkerung • 363 — ^367
9. 7 Allgemeine St&ndeverh<niMe .... 367— 3S0^
$. 8. Religionavertehiedenheit und allgemeine
kirchlidie Verh<nl||pte der Bewohner ^ . 380—405
B. Die Caltnf des Britischen Staa- '
tes. 6. 405-538.
9. 0. Die verselii«denen Zweige der pbyeitdien "^
Caltur (A. Ackerbau und jGrartenban
407—421. B. Viebiuefat 421—423. C.
Seidenbau und Bieneniuebt 423; D.
Forttsudit und Jagd 424. £. Fkclierei
425. F. Bergbau 426— 431 405-431
9. 10. Die Tersehledenen Zwdge der teehni«
•eben Cultur. petchicbtiicbe Uebersicbt
derselben 432—436. Die eiqzelncn Ma-
kiufactilren in ihrem beutigen Zustande
/ 437—463 . . . .• . 432—463
9* 11« Die Terschiedenen Zweige des Handels« '
Der innere Verkehr. 467—471. Der
auswärtige Handel, Einfuhr 474—479.
Ausfuhr 480—482. Die letzten Jahre -
seit |828, Seehandel und Seehäfen
482—511 463—511 ^
9* 12. Die geistige <^ultur in ihren Unterriehts*
anstalten, Bibliotheken u. s. w. ^ r * -^11'*"^^
\
Frankreich.
§.1.
Allgemeine Quellen und Hülfsmiitel.
Die betgeren Landkarten. — Frankreick hat anter allen
SlaaCen Europa*! am frühesten eine regelmäsaige und nnauage-
aetsle Sorgfalt auf die genauere Kenntnis^ aeines Terraina rer*
^«aiH, wenn gleieh aus gam natürlichen Gründen diejenigen
Proräien, welche im aeehstehrtten^ aiebsehntbn und aehtiehnten
JM/^ffodene ateta den Kampftchauplat^ darboten, Toraugsweite
maffordetnde Veranlassung dazu Wurden. Die Akademie der
Wiaaenachaften zu Paris wurde schon in den letzten Jahren der
R^^'erung Lndirigs XIV. der Mittelpunkt für die rerschiedenar*
tin^ topographischen Arbeiten Frankreichs, die indess sicher
nicht Ton einem so glänzenden Erfolge gekrönt gewesen wären,
wenn nicht das Interesse der Einheit und die anregendste Auf*
mncterung zum eoaseqnenten Verfolgen der einmal unternommr •
nen Arbeit in der Familie Cassini ^ich erhalten hätte. So
entstand durch hundertdreizehnj&hrige Arbeit (1683
-^1796) 6ie carte topographtque de la , France , welche in 183
Slättern aus den Händen der Cassinis, des Cassini de
Timrj, leCanfus, le Montignj iind de Perronnet zu Paria
hervorgingen und den Maasstab Ton Y^iifn- haben. Diese Kar*
t^n bilden bis auf die heutige Stunde di^ Basis für den bei wei*
fem grdssten Theil der Französischen Kurten und dienten zu*
gleieh als Musterkarte und als Maasstab für ähnliche Arbeiten
^ ScAoberi'sStiH^tiklL |
2 ^ Frankreich. \
*
der Nftchbarl&nder, wie für F«rrari'i Karte Ton Belgien , Apt-
jiian's und Bohnenberger^s Karte von^ Seh waben, le' Cocq'i Karte
von WestpbaleD, wiewohl diese letzteren bei ganz anderen Fort-
•cliritten der mathematischen Wissenschaften angefangen und
mitlviel kräftigerer Unterstützung ausgeführt, als noch aus-
gezeichnetere Leistungen dastehen. Ein ..verkleinertes Bild der
Cassinischen Karte, das aber zugleich Italien enthielt, lieferte
Picquet, Leipzig 1811 in 48 Blättern. —7 Chanlaire atlan tut'
Honal de Franotj Paris 1810 in 110 Blättern, -^-^^^^^ der na-
türlichen Grösse, ist eine Arbeit von sehr ungleichem Werthe der ein-
zelnen Sectionen, je nachdem für dieselben bessere oder geringere
Materialien vorhanden waren. — Donnet carte topographtque^ mi-
neralogique etstatistiquede la France^ reduitede Cassini^ Paris 1817,
25 Blätter ^^^^^^ der nat. Gr.: eine auch jetzt noch sehr brauch-
bare General -Karte, die für ihren Maasstab das vollständigste
Material gewährt *K — Au pich et Perrot, nouvel atlas de la
France aveo de$ descriptions htitortque$ et Btättstiqueä, im
Maastabe von ^^^>^^^, in 33 Lieferungen mit 9S Karten und 1 10
TabLeaus, Paris 1823—26: diese saubere und genaue Karte ent-
hält zugleich auch die Kolonien. — Charles und Darmet
atlas geographique ecclestaetique et adminietratif de la France
dremde par diociee, jede Diöcese in 70 Blättern, Paris seit 1826,
nur eine mittelmäisige Arbeit; es waren bis 1831 64 0iöeesen
in 108 Blättern erschienen, die erst 60 Departements endiiel-
ten. -— Drubena carte hydrographique de la France im Maas-
stab von ^Tn/irvTr» ^^ ^^ Blättern, Paris 1828^, eine durchaus
vorzügliche und in Bezug auf die Bewässerung wichtige Ar-
beit: — Als ein brauchbares Hülfsblatt für dieselbe kann dienen
Lapie und ^riia' carte routiire, physique et administrative de
la France, im Maasstobe von xy^Itw ^•"* ^^^* — -^'' ^^'
ttenkartf ist die vollständigste Beautemps-Beaupre, (der
*) Ueber di^ älteren General- und Specialk arten Frankreichs
bis zum Jahre IB23, vergl. man als brauchbare und übersichtliche
Zusaiamenstellung C. v. Deckers Verzeichniss der besseren ge«
stochenen Karten Frankreichs, in Deckers Zeitschiifi für Kunstf
Wissenschaft und Geschichte des Kriegs, Jahrg. 18*24; Heft 5. u. 6«
Für die neuesten Karten vergU besonders Berghaus, Geograph.
Wegweiser II. S. 8I-8C5 116-26. — III. S. 10^ 318-195 IV.
54^67, 86, 143—307, 216^3% 2ii^l% wo zugleich auch sehr in-
ier«s0Mitt Documsnte über die Cassiniscbe Kart« geliefert sind.
Frankreiclb S
*
& Ldtong der mit der Anfhihme in den lehren I6IA--23 be-
tdiifligtcn Merine-lDgeaieore hatte) It PHoU liran^M ou !••
citeM ie Frmum farh 1829 in 82 Blätterm Ali Postkarte
^nte die von Viard PariB 1830 in ein^m grotten Folioblatl
in Haasstab von ^y^^^^^
. Für die innere Sehifffahrt hat Dnbrenaeine mühtame
aber gelungeDe Arbeit geliefert^ in der Carte de la navigatton
de la F^ranee^ de la' Belgiqke^ de la Hollande et de toute la
rive gamche du Rhin, Parle 1832 in 2 grossen Folioblüttem. —
Posten nnd Schifffahrt sind verbundecr in A, D. Dufour^ carte
adtmmetrative, phyeique et reutihre de la France in 2 Blittem,
im Haasstabe Ton ^^^>^^^ Paris 1832. «—Für die Militärrer.
valtung: A. M. Perrot carte militaire de la France^ im
^ Bfaasstab von ^^^^^^^ Paria 1833, in einem Blatte. —
Unter den neuesten in Deutschland erschienenen JS^arten
Frmnkreiehs nimmt die erste Stellei ein» die ron Weis entwor-
fene und Ton W o erl ausgeführte Karte, velche als Atlae de SVance
im üaasstab von s^Virw '^^ ^ Blättern in Freiburg 1830^31
ersehienen ist, und einen Theil ihrer grossen Karte von Europa
bildet —
Für Corsica ^ichien im KriegsdepoC 1824 eine genaue
Karte, die iadess für die Küsten und innere Bewässerung noch
Terbesaert durch den Blarine-Capitain Hell, in dem Maasstab von
^^^^j^ d. nat Chr. als carte generale de File de Corse su
Paria 1831 in einem Blatte herausgegeben ist — Was die Co«
lonien anbetrifft^ so besitien wir ein ausgeieichnetes Blatt für die
Insel Martinique nach den Aufnahmen ron Monnier und.
le Bourguignon-Duperre in den Jahren 1824 und 25, in
dem Maasstabe Ten ^^j-^^ Paris 1831 beim allgemdnen Ma-
rine^D^ot herausg^|;eben % •—
^ Ton der grossartigen neuen ünlemehmung des l^'niiaösischen
Geacraktabs, eine ▼öllständig neu entworfene Specialkarte des Fraasö-
fieelien Stsates inMl Blattern gr. Fol., das Blatt zü 7 Frcs., im Maasstab
▼oa Tsdsss der nat.Grdsse nach mehrjihrigen neuen trigonometrischen
AnfiMlmen nnd den genauesten vorangegangenen Specialarbeiten im
Blaasslab von laidd» nhv "»d tufcsi ao liefern, kann ich ans ei-
gener Aaelclit aichi sprechea^ abwohl ichon im DecemberlSM
1*
4 Frankt'eich.
Prudhomme, dtetionnaire univeriel gti^graptnque utattB*
tique^ historique et politigue de la* France, Paria 1804 — 5,5vro/.
4#o. — Her hin siatistique generale et partieuliere de.la £\*aHc€
et tien ee» colonieB, Paris 1807 7 toi, 8vOyiiiiit einem Atlas yod
Chanlaire in 102 Karten im Maasstabe von •^■^Qjfj^-^ jfkRch den
vorhandenen Vorarbeiten bald vollständiger, bald dürftig. Peu-
c hei et Chanlaire description topographique et atatisliqus
de la France^ Paris 1815 tu 52 cahiers Ato, enthält zugleich
eine Erklärungs-Karte von jedem Departement — Briand de
Vtr,ze, dictionnaire geographique, statielique et commercial de
la FVance et des colonies, Paris 1831, 8 vol, 8/o. •— Ch, Men^
teile geographie de la France, edit. troisieme revue per Dep-
pingf Paris 1821 Sto, — LG. Fr. Cannubieh vollständige
Erdbesehreibung des Königreichs Frankreich; Weimar 1820, 8t09
bildet zugleich den achten Band des Weim^irischen vollständigen
Handbuchs der Erdbeschreibung von Gusparj, Hassel u. s. w. —
Bignon expose comparatif de Vetat financier, mililaire^
poliiique et morale de la France et des principales puissances
de l'Europe Paris 1814 8^o. — Tahleau statistique de la France
Parts 1820 8/0.— Adr, Balhi la monarchie Francaise comparee
etCj p0m~1828, ein Uebersichtsblatt — Sehr wichtige Specialsta-
tistiken einzelner Departements, wie Decrihier de Creissac
description statistique du departement de la haute Loire, Paris
]8ll4, zumal da früher uns über dieses Bergdepartement noch alle be-
gründete Nachrichfen fehlten, dasselbe auch noch nicht im Pom-
c}i e t und Chanlaire dargestellt wur ; Graf Villeneuve statis*
tique du departement des houches du Rhone, Paris 2 vah
1825 — ^29, und sehr viele andere, die durch ausführliche Analjsen in
Ferussac Bulletin universel, sect, des sciences geographique et
statistiques % An den Jahrgängen 18j24— 31 uns bekanntgeworden
sind: worauf ich im Allgemeinen hinweise, aber auch zugleich die Be-
merkung nicht unterdrücke, dass diese Abtheilung des Bulletin seibat
>
die erste Lielerung, 1833 die zweite und 1834 die dritte Liefenmgy
Zusammenbaus 24 Sectionen bestehend zu Paris herausgekommen
sind. Diese enthalten Tbeile des nördlichen Frankieicbs und der
nächsten Umgebungen von Paris. Vergl. Francoenrs höchst günstiges
Unheil im Geogr. M egv'. IV. S. 88 und 332-^35. und die 8 selbständisen
Artikel im Bd. V. S.61, 145 u. s. w. bis S. 365 VI. S. 183. und 314.
*) Der zweite Supplementband dieser Abtheilong^ Paris I8dO,
Frankreicb* 6
cignmfciiilche Material für die Franifttiselie Staatikundo
— - F&r Paris «ind ah auigexeichnete Arbeiten tod aU-
Wertfae far die Staatskuode lu lieachten: Graf CA«-
kr^l^ rtek^rekgt BtatiMtiquet 9urlmvüU de Paru tt le Depmrte»
wteut de la Seme, Paris J82I 8/0. Fortgetsong dertelben i» der
AmsgAe wu 1823, 4to, und abermalige Fortfetzung bia 1824 ia
4cr AiMgabe tob 1826, verglicJiea mit Benoisten de ^haieau^
M € m/t rtekerekee $mr les consommatione de iout genre de la piUe
de PmHe en 1817« compareee d ce qt^ ellee e'taiemt en 1789,
2 petrt, Pmrie 1821 uod in Beaiehuog. auf geacKiehtliche Eint-
widcelmig mit Dulaure hUtorie phyetque et wwrtde de Parie^
3«€ ediU 825. 10 ro/., einer höchst anziehendlsn und wichtiges
Arbeit ffir die Culturgescfaichte. — Für Cornea P, Pomp ei etat
aeiuei de la Coree^ Parie 1821 und Beau^momt^ observatione. eur
ia Cene^ Parle 1822 8ro. -^ Allgemeine statistische Notisen,
namentlich für den Zusammenhang der Verwaltung und die Vet-
thcilung der CeyÖlkerung gewährt der jährlich erscheinende
Aimanac Royal, wie derselbe seit 1816 wieder heisst, in der
Kaisersei t auf gleiche Weise als Aimanac Imperial eingerichtet;
femer gehören hieher die Annuatree du bureajt de» longttudeM, die
jährlich' die Resultate aus den oniciellen Bevöikerungslisteu liefern.
Unter den Reisebeschreibungen, ('/e von diesem Staate han-
deloy behaupten für die Staatskunde^ noch jetzt ihren eigenthüm-
licheti Platz A, L, Mulm voyage dane lee departement» d^midi
de la France^ Parte 4 voL^ Parie 1807-11, 8to I. A. Schut-
tes Briefeiölier Frankreich auf einer Fussreiseim Jahre 1811, Leipz.
2 Thle. rsio 8ro.; A. Herrm. Niemeyer, Beobachtungen auf
einer Deportationsreise nach l^rankreich im Jahre 1807, Halle
1824 m« Kpf./ ist zugleich der vierte Band seiner Beobachtungen
auf Reisen. — Ad, Bianquiy relation d'un voyage au midi de
la France pendant Van 1828, Parie 1829 8fo. — L. Neige-
baaer Handbuch für Reisende in Frankreich, Wien 1832 8vo, -^
Fr. T. Raumer'H Briefe aus Paris und Frankreich im Jahre
1830, Leipzig 1831, 2 Bde. 8vo. — #
• ftenutfgekommen, ist diesen Specialstatistiken ausschliesslich gewid-
metf and fährt daher aacb den foesondern Titel Renseignenens sU-
iMmqoteS sur ies departemens de la France.
Frankreich.
A. Grundmacht des^ Französischen Staates.
S-X
Ton dem* g^egenwärtigen Landerbestande und
^seinem allmähligen Anwachse«
r. Bru^, et M. Guadetf Atla9( geographique ^ higtorique,
poKtigue et adminiiiratif de la France^ compoee de 48 cartee^
Bur leequelleß sont traceee^ tirdee et examinees leg linuUSt divi-
9ion% eccleetaetiqueBt civiles, mUitairee^ et admimstrativee de la
Usance en principalen epoques de $on htetoire Juaqu'en 1820.
Pard 820 — ^21.^ Liefrg. Ein hUtorisch-politiichei Atlas, der
Ton, 481 ab bei jedem denkwürdigen Zeitabschnitte der Fransd-
sischen Gesehicbte, oft nacH 10 bis 20 Jahren, oft auch erst
nach einem Zeitraum Ton 100 Jahren und darüber .den Umfang
des FranxÖsischen Staates und die verschiedene Abgränarong sei-
ner Provinzen im Inneren, genau in einer besonderen Karte
darstellt und mit den liöthigen historischen und statistischen Be-
merkungen erläutert —
Als Frankreich in Europa zuerst in der zweiten Hälfte des
fünfzehnten Jahrhunderts, unter der Regierung Ludwigs XI.»
einen in sich mehr abgerundeten Staat zeigte, in welchem nach
einem beinahe dreihundertjährigen Kampfe das monarohisohe
Princip über das aristocratische völlig obgesiegt, die niäcbti*
gen früher fast selbständig dastehenden Kronvasalien bis auf
*twei «— die Herzoge von Burg^nd und Bretagne — ihre Hoheita- ^
rechte eingebüsst hatten, fasste der Territorialumfang dieses Staa-
tes noch nicht volle 6000 QM., auf denen damals nach einer
ungefähren zeitgemässen Schätzung gegen 10,000,000 Seelen
leben mochten. Aber es zeigte sich bald, dftss in diesem Staate
alle Kräfte auf einen Punkt gerichtet waren und zu einem
Zwecke verwandt wurden, so dass mit der Steigerung der könig-
liehen Gewalt auch zugleich der Staatshaushalt und der aUge* *
meine Wohlstand Frankreichs in einen geordneteren nnd viMr*
Frankreich. 7
ihtilfcaftiii^it ZttsCMi4 sich Tertetze Milien. Hiefttr hat aber
l««dwig XL bei allen aetnen grossen Feblem, in den iwei
«■4 swaasig Jabren seiner Venraltnng (1461—^3) nnHlugbar
viel gcdMB, inden er augleieb mit dem Emporheben der inneren
Tcrwmltug seine Anfmerksamkeit aaeh stets gespannt auf seine
■lA^tm Naebbaren richtete, und bei seiner gewandten Leitung
4cr ans wirtigen Verhältnisse darin so glücklich war, dass der
gefährlichste Nebenbuhler der FransÖsischen Macht, Karl der
Kähne Herzog von Burgund, der aber gleic*« ?itig auch als äir
Kr«oTasall ihr untergeordnet stand, seinem eignen Ehrgeiie und
4cr Französischen Politik erlag. Das Hersogthum Boorgogne
wnide 1477 mit der Krone Frankreich vereinigt und gegen
Dcatschland, dessen Herrscherhaus Habsburg die Erbiuspritche
Bnrgnnds fBr sich vercheidigte/ siegreich behauDtet.
Karl Vlll. sein Nachfolger (1483 — 98), weder an politischer
Umsicht, lioch an Gebtes- und Kbrperkraft seinem Vater ihn>
lidi, wurde doch durch seine Rathgeber auf der einmal einge-
schlagenen politischen Laufbahn dieses Staates erhalten» und
brachte durch die erzwungene Heirath mit Anna» der Erbtoch«
ter Tim Bretagne 1491, das letzte Französische Kronlehn, das
Tcidke und 'mächtige Herzogthum .Bretagne als unmittelbares Ei-
geathom an die Krone zurück, ohne dass er durch den übereilt
angetretenen und ausgeführten Zug nach Neapel (1 494—95)
Fnnkreichs politisches Ansehen yermindert hätte. Nach sei«
Bern kinderlosen Tode Übernahm sein Oheim Ludwig XIL
<1498 — 1515) den Französischen Staat in einem Urninge von
7200 QH., mit einer Bevölkerung von etwa 12,000,000 Menschen.
Dnrrh ihn wurde das Herzogthnm Mailand mit einem Flüchen-
inhalte von 400 QM. neu erworben, das schon"- damals einer
dberaus starken Bevölkerung sich erfreute: abe» der zu schwan-
kende Besitz dieses reichen Landes, das für Frankreich bald
auf immer verloren ging, darf als Zuwachs des Staates gar nicht
in Anschlag gebracht werden. Nur die aufgewandten Kräfte für
seine Behauptung mAchten es vor g^nz Europa sichtbar, dass
Frankreichs coneentrir^ Staatsverwaltung einer dreimal grösseren
Macht Widerstand leisten konnte und doch nicht zu gleicher Er
sehdpfung wie diese selbst herabtank. Denn wenn auch die Re*
giemng seines Nachfolgers Franz L (I515«-*47) durch die fort-
vAhiuidna Kriege mit dem ftbemüehtigen Haust Habsburg nn^
8 Frankreich.
dfisen Verbündeten die innere Entwiekelimg det Franidekehea
Staates allerdings hinderte ^ som Theil auch im öftliehen und
•üdliehen Frankreich auf längere iSeit den WohUtand de« Vol-
ke! zerstörte, so war dafür auch das politische Ansehen dieses
Staates gerettet, und die Gefahr der mmsten Eoropttisehen Staa-
ten vor einer drückenden Prl^ponderans des Hauses Habsbnrg
durch Frankreich yermchtet
Seit dem Zeitalter des Königs Franz I. war das politische Ge-
wicht des Französischen Staates und des Hauses Habsburg in seinen
beiden Reichen vor den übrigen christlichen Machten Europas
entschieden, und erst am Ende des sechszehnten Jahrhunderts
trat England durch Elisabeths bedeutende Persönlichkeit . mit
sich |;eltend machendem Einflüsse zu den Mächten des ersten
Ranges hinzu. Unter König Heinrich II. (1547—59)^ dem
Sohne und Nachfolger Franz s I., nahm Frankreichs politische
Gewalt noch ansehnlich zu, und auch sein Länderbestand wurde,
zugleich mit stärkerer Sicherung der östlichen Gränze gegen
das Deutsche Reich, durch den Erwerb der Bisthümer Metz,
Toul und Verdun, also durch die Einverleibung der Länder
zwischen der Mosel und der Maas, die ausserdem durch die
Vogesen und Ardennen umgarnt sind, 1552 erweitert. Dieses
Reich war jetzt gegen 7,500 QM. gross, wiewohl die Bevölke«
Tung bei den unaufhörlichen Kriegen und damit verbundenen
Verheerungen in diesen Zeiten nicht viel über die frühere An-
gabe gestiegen sein konnte. ' Unter den drei auf einander iti
der Regierung folgenden Söhnen dieses Königs, Franz IL
(1559—60), Carl IX. (1560—74) und Heinrieh IIL (1574—89)
folgten die unglücklichen Bürger- und Religionskriege, unter
welchen Frankreich nothwendig einen beträchtlichen Theil sei*
nes politischen Gewichtes und die in dem letzten Jahrhunderte
gemachten Erwerbungen an Spanien und das Deutsche Reich
wieder hätte einbüssen müssen, wenn nicht zu gleicher Zeit
diese beiden Mächte Rabsburg eben so gefesselt gewesen wären,
Spanien durch den Niederläiidischen Freiheitskrieg, Oestreich
durch die Türken und nicht minder durch den Mangel an
Energie bei seinen Regenten, die bei Rudolf IL sogar in ganz«
liehe Schlaffheit ausartete.
Inzwischen begann ein neues kräftiges politisches Leben für
den Französischen Staat mit der Regierung Heinriehs IV.
L
Fr«nkr,cich. 9
(I6M — •10X «OM« Vetters dkr Msten Regenten ms dem Hsmb
f sleisy 4cr Kcm Hans Bonrbon tor Kdnigtkrone erhob und 4a-
^■rdi Vemdassmg woHe, 4ass dasselbe jetst den Hetrseber-
iktea fir Tier Staaten Earopas besitst. Onrch seinen lieber-
tritt ▼•n der Refornirten svr Rdmisdi • CatboUseben Kiiebe
(1593)» Btillte er fiist gamlieb die Innern Unruhen seines Reiebs,
and dnrrh die Vereinig;iing seines kleinen Reichs Nararra nnd des
Lande« Beam diesseits der P/renüen (ron 72 QM.) mit der Frans(toi-
sehen Krone, wiewohl der fönnliche Act der Vereinigung erst
mnter seinem Söhn Ludwig XIII. 1621 erfolgte, entsog er minde-
stens eine gefahriiehe Stütze für Parteinngen und Spaniens Elin-
■uscbang in die FransÖsisehen inneren Streitigkeiten. Die poli-
tisdie Einsicht dieses geistreichen und Ton kraftrollen Rathge-
bcm luiterstütsten Fürsten machte ihn zum Entseheider in den
Kriegen Spaniens mit dem neuen Frei^tnste der vereinigten
Niederlande, und brachte das Herzogthum Savojren mit dem Ver-
inste seiner westlichen^Besitzungen an Frankreich Ton 77 QM.
gsnx in die politische Abhängigkeit von dieser Krone. Unter
ihsi /Wurden snch für Frankreich die ersten Ausser - Europäi-
adMa Erwerbungen gemacht, Indern die Französische Flotte
grosse Strecken von Nordamerika , Acadien und die beiden €a-
nadas, «in Territorium von. mehr als 13,000 QM.» aber nur mit
sehr schwacher Bevölkerung, in den Jahren J. ^98— 608 in Besitz
nahm, jedoch anfänglich nur sehr geringen Vortheil davon sa
ziehen verstand. ^- In Europa war nunmehr die Ländermasse
anf 7901 QM. angewachsen.
Unter der folgenden Regierung Ludwig XIII. (I6I0 — 43)
errang Richelieus Creist und rastlose Spannung der Staats-
kriüite Frankreichs für diese Macht zuwiderholten Malen das Ue-
bergewicht über die Häuser EUibsburg, indem dieselbe zur Er-
reichnng dieses Zweckes mehr Geld als Menschen aufwandte,
dadurch aber die Vermehrung der Staatselbkünfte als die höch-
ste Aufgrabe für die gesammte Staatsverwaltung aufstellte. Für
die Vergrdsserung 4®s Europäischen Länderbestandes wurden
das Herzo^um Bar und die €^biete von Perpignan und Casale,
in den drei verschiedensten Richtungen der Französischen Gränze;
zosammen gegen 70 QM. 1633 gewonnen, wozu noch 0 Jahre
^iler die Herrschaft Sedan, von dem Herzogthunie Bouillon
ligvefvtea, ni* einem Fläeheniahalte von 18 QM. hinzugefügt
i
10 Frankreich.
irurde. AU die eriten Betitoungen in Weftindien imrdea
die kleinea Antillen St ChrUtoph, Murtiaique und Guadeloupe
zuiiuuiuen 49 QM« 1627 und 1633 in Anspruch genommen, sowie auf
dem Festlande yon Südamerika durch Bretignj eine Cölonie in Ca* i
yennt 1635 angelegt, von welcher aus nach und naea Guiana bis su
einer Ausdehnung ron 430 QM. .erobert wurde. Ausserdem
UMiehte die Französische Regierung damals <1042) den Erwerb
der Insel Bourbon in der Nähe der Südwestküate von Afrika
(112 QM.), so dass Ludwig XilL als Grundlage für die glän-
zende Regierung seines Sohnes in Europa einen Ländörbestand
von 7,991 QM. und in den damals freilich noch wenig bedeu-
tenden Colonien von mehr als 13,600 QM. hinteriiess.
Bei seinem V<^c^^olg^ Ludwig XIV. (1643-^715) wollen
wir zwar nicht die Eroberungen anführen, welche das ausge-
zeichnete Waffeuglück seiner Heere in der ersten Hälfte seiner-
Regierung zusammenbrachte, die er aber in der zweiten Hälfte
derselben gegen die vereinten Kräfte von halb Europa nicht zu
beh|tupten vermochte: aber dennoch erweiterte er durch höchst
vortheilhaft gelegene und ihm verbleibende Erwerbungen den Fran-
zösischen Staat. Im Westphäliachen Frieden (1638) gewann er blei-
bend, von dem Deutschen Reiche den Elsass, die Landvogtei über die
dortigen zehn Reichsstädte, den Sundgau und Breisaoh nebst seinem
Gebiete, zusammen 303 QM., in dem Pyrenäischen Frieden 1659
.von Spanien die Grafschaften Artois, CharoUea, Ronssillon und
einige feste Plätze in den Landschaften Flandern, Namar und
Hennegau, zusammen 234 QM. Durch Kauf erwarb er 1662
das geschleifte Dünkirchen und Mardjrck nebst dem Gebiete
von I QM., und im Aachner Frieden IfitiS rundete er abermals
die Gränze seines Staates sehr günstig durch die E«inverleibung
iiiniger^ festen Plätze nebst ihren Gebieten in den Oestreichfichen
Niederlanden ab (36 QM.). Eine gleich vortheilhafte Abrundung ward
dem Französischen Reiche an der nordöstlichsten Gränze in dem
Nymm weger Frieden I67|- zu Theil, der überdies auch noch die
ganze Grafschaft Hochburgund (Franche Comte), zusammen einen
Gewinn von 490 QM. einbrachte. • Mitten im Frieden mit dem
Deutschen Reiche und Spanien erweiterte er aufs neue durch
die Reunionskammem und die Ueberrumpelung von Strass-
burg 168|^, das er im Waffenstillstands -Vertrage zu Regens-
buig 1684 völlig abgetreten erhielt, seinen Länderbestand, ttei-
Frankreich* 11
fsto teft Ktaflnai» SraBkreielii imwfntticli aof die Deutfehta-
ii^dt^cfilieiton gaiu «uterordentliek» Teraioelite fddoA inir
rft ias Sckhisavsttltat der beiden fol^fMdeB Kriege (169O»-07
■Ml 1702 — 14) in den Rjtwieker, Utreeliter imd Raatadter Frie*
die VertiieidigaBg dee efcen geachilderten UnfMlg«
Staates feat an kakeo, oad durck daa Uebei]|^wieht ia
dm Diplomatiaeheo Uatarkaiidliuigea wenigtcena die eng ge-
kafif ften VerbindungeD aeiacr Feinde für daa politia ehe Inter-
oae Frankreieh^ anaehftdlieh an ataehen. Selbst nicht ohne
allen Bcaen Gewinn /schied er aua deaa Kan^pfe, indem er die
sves Boeh balbsoHFerainen Enclarea in seinem -Reiche su den
Bcsttanngea aeiner Krone fainanfügte, das Föratenthuu Orange
(IS^ QM.) an der Rhone, welches das Haus Nassau und
daa dam erberecktigte Kdnigreieh Preusaen iii Frieden au Uivecht
1713 ihai überlaasen hatten^^sowie die Chr^lschaft Angoumais (103
QlfL} 1714, wek^e awaraohon Frans 1. 1531 als sein Crbbesitatfauat
BBit Atr Krone tereioigt hatte, dann aber wieder an Nebenlinien
fasgebea worden war. Ausserdem war ron Frankreich noeh in
Frieden an Raitadt 1714 die Festung Landau nebst Gebiet
rerken, dagegen aber der unbedeutende Verluat einiger Alfen«
Aller il6 QH.) an Sarojren gemacht worden.
Bie Aidser • Enropiciaehen Beaitiungen werden gfoiehfalla
unter dieser Regiemog nach ihrem Umfange ausaererdentlick
Tesgraeacrt, wenn gleieh nur die Westindischen einen veikklt-
nlaamisaig betrilehtliehen Wertk för die Krone erlangten. Auf
Marie Galante (1645), Barthelemj (164S), Grenada (1650) und
St. Ibrtin 1678 wurden Colonien angelegt, dadurch aber nur
cta Flaekeninkalt ron 20 QM. insgesammt iii Besita genommen.
Wieht%er wurde aber die Behauptung der ganaen westlichen
Halfie-iron Hispaniola oder St Domingo als Colonie (524 QM.)
um Jshre 1665« Daa politische Sjstem der Verwaltung Lud-
wigs XIV. rief Colberts Marcantilsjstem ins Leben, und in
Felge desselben ward unter Mitwirkung dieses Ministers 1664
die Frana5auehe Ost- und Weat-lndisehe Handels - Compagnie er-
rietet; welche mit der Stiftung der Factorei Chandernagor 1670
anii mit der Erwerbung von Pondicher/ (12. QBL) 168J die
Fraaadsisckeii Beaitpiagen in Ostindien begründete. In Afrika
vuidea bocIe firiber auf der Westk&ste am Senegalflusse 1664
yieiefffaieeqBgen angelegtt die dabei gdegene Inael Ooree
I
k
12 Frankreich.
1G77 auf Kosten der Hollftnder erobert^ sutammen ehd Gewinn
Ton 26 QU.; an der Os^üste hatte eine Fransötisohe Expe-
dition 1665 auf der Insel Madagasoar das Fort Dauphin erbaut»
und auf der Isle de France^ die heute zu Tage Mauritius -In-
sel genannt wird, 1712 die erste Niederlassung gemacht. — - la
Nordamerika erklärten sich «die Franzosen in den Jahren 1648
bis 67 als Besitzer der ungeheuren Flächen am Michigan • See
und der daran stossenden nordwestlichen Länder, einem sehi^
schwach berölkerten I^andstriche yon 12,700 QM.» darauf 1685
ebenso von den Gebietea der, Indianer an der Mündung des
Missisippi und ron Louisiana, die zusammen zwar einen Fiäehen-
inhalt von 55,000 QM. ausmachen, aber bei der fast Töllig man-
' gelnden Bevölkerung und der grossen Ausdehnung nur als ein
bedeutungsloser Gewinn angemerkt werden könfien. Pie einsige po-
litische Wichtigkeit desselben trat nur auf eine zweideutige Weise
dadurch hervor, dass diese Länder einen Berührungspunkt mit dea
auswärtigen Besitzungen anderer Europäischen Mächte darboten.
Den vortheilhaftesten Grewinn unter den Amerikanischen Besitzun-
gen gewährte der Utrechter Frieden 1713 in der Insel CSap Bre-
ton (112 QM.), die darauf Isle Rojale benannt wurde und durch
ihren einträchtigen Pelzhandel und sehr ergiebige FiBchereiea
sich auszeichnete: sie galt beinahe gleich dem Verluste dea
zwanzigmal so grossen, aber damals Hnanciell nicht so Tor^heil-
haften Acadien, das bei diesem Friedensschlüsse die Engländer
bereits zur Sicherstellung ihrer damals schon blühenden Nord-
amerikanischen Colonieu für sich gewannen, —
Auf solche Weiiie eriangte Ludwig XV. (1715 f 774), der
Urenkel seines unmittelbaren Vorgängers, ein überaus grosses
und angesehenes Reich, dessen Länderbestand in der Mitte von
Europa 9478 QM. und in den Übrigen Erdtheilen gegen 79,000
QM. betrug. Ungeachtet der bis dahin über zweihundert Jahre
fast ununterbrochen gefülirten Kriege, war Frankreich keiner
der benachbarten Mächte an bereit stehenden Hülfsquellen nach-
zusetzen, und zultlte schon in Europa eine Bevölkerung von bei*
nahe 23,000,000 Seelen. Aber unter dieser Regierung wurden
die reichsten Hülfsquellen oftmals mit unverantwortlicher Ver-
schwendung vernichtet, die Verwaltung ermangelte aller Festig-
keit, und nur noch in der ersten Hälfte derselben erhielten der
Cardinal Fleur j a^ Principal-Minister, sowie die letzten Feldherren
' !
^^ Frankreich. IS
*
4cai Zeitaltav Lndwigf XfV. und der MtneluiU ron SmIi-
, eioer d^ musfi^exeicbnetBten Krieger «einer Zeit den der
«ättixibeii M&c^t Frankreichs gebührenden politischen Cinfiuss.
Dibcr fiel auds nur in diese Zeit Ludwigs XVr der irichtige
Enrob des I>eiitseli«n Herzogthums Lothringen (328 QM.), in-
4ai die Wiencor PrUliminsriMi 1735, weiche den in Italien und am
ttdA xa Rüde geführten Polnischen Thronfolgekrieg beseitig-
m, de«i FvaiizÖeisehen Staate die Antwartschaft auf dieses
MBticke lättBd, den Geirass desselben aber für die erste 2jeit
itm etttf ernte« Polnischen Könige Stanislaus Lesesinski , dem
Schwi^eanrater Ludwigs XV. auf Lehensdauer (f 1 7^) gewährten.
Ds^^c^en &ajilc Frankreich in den späteren allein von Weibern
dUiangigen Regierungsjahren dieses 8chw«ichen' Fürsten von der
Hike einer gebietenden, in den wichHgsten politischen Angele-
•eaheiteii entsclieidenden Macht, xu einer überall nachgebenden,
selbsföndig auftretenden Politik herab. Daher gab es seit
nebenjährigen Kriege auf, in den die Verhältnisse Ton gani
Earopa bestimmenden grossen Bewegungen die erste Rolle va
spielen und Hess diese Schwäche am deutlichsten * bei Gelegen-
heit d«gr ersten T^eilung Ton Polen erkennen.^ Unter solchen
ÜBfeatäaden konnten neue Erwerbungen in Europa kaum anders.
als anf dem Wege friedlicher Mittel durch Ankauf oier ,Aus-
tacnsdi geschehen, wie denn dies auch bei der Besitznahme der
Insd Corsica <t78 QM.) 1769 und einiger Gränstheile des Uer-
aegthoms Savojen (13 QM.) zu bemerken ist
Unter den auswärtigen Besitzungen bleiben zwar bei der
Kjone die Colonien von kleinerem Umfange, de*
Werthinzwhchen gerade der bedeutendere war, namentlich in
Ostindien, wo sie noch 1722 den wichtigen Handelsplatz Mähe
(^ QM.) auf der Küste Matabar und 1739 vom Rajah von Tan-
jore Karikall (Karikalla = schwarzer Stein oder Fels) mit einem
Gebiete von 19^ QM. erwarb. Doch hob die Regierang 1769
die Privilegien uer Ostindischen Handels - Compagnie auf, indem
sie ihr Vermögen in Landbesitz und Colonialwaaren im Werth
von 35)783,000 Rthlr. übernahm, dagegen aber auch zur Befrie-
diguy ihrer Schuldenlast von ^^075,000 Rthlr. sich verpflichtete %
*) Di«. onMr Ludwig X?I* 17g^2 mit «inem VeraiSgen von
14 FranlKreicb*
Ueberdies rerlor Frankreieh ^roh den tiebettjllirigeh Land« nnd
Seekrieg den giiasten Theil leiifer nngem<>«senen Ländereien
in Nordamerika. Im ersten Frinden ron Versailles 1763 trat
es an ^pgland beide Canadas," tias Gebiet am Michigan und
das daran stossende nordwestiicbe Gebiet ab, ferner die Insel
Cap Breton, die Fischerei bei der Koste ron Newfoundland, so*
dann in Westindien Grenada mit den Grenadillen, behielt jedoch
hier die seit 1756 in Besitz genommene Insel Lucio , und end*
lieh in Afrika verlor es die Colonien am Senegal und die Insel
€roree. Ausserdem überUess es noch in Falge Rieses Vertrags
nach Veriauf von 6 Jahren (1769) an Spanien Louisiana und
Neu-OrleanSy das zwar für Frankreich noch immer keinen beson-
deren Werth gewonnen hatte. Dadurch waren - bei dem Tode
Ludwigs XV. die aus wärHgen Besitzungen auf ein Fänf un dzwan-
zigtheii ihres früheren sehr grossen doch bedeotungslosen Um-
fangesy auf \9Qfi QM. gesohmolzen, aber der Länderbestand in
Europa auf 0,997 QM. angewachsen , deren Bevölkerung schon
dlamak offtciell anf 25,00(^000 Seelen angegeben wurde,
«
Unter seinem Enkel» dem nnglficldiehen Ludwig XVI.»
(seit dem lOi Mai 1774») der Krone durch den N'ationar-Convent
am 21. Sept 1792 für verlustig erklärt, am; 21.. "^an. 1793 guillo-
tinirt) erlitt der L&nderbestand Frankreichs inEuropa keine Verände-
rung , aber das Waffenglück der vereinigten Französisch- Amerikani-
schen Heeresmacht im Nordamerikanischen Freiheitskriege er-
warb im zweiten Frieden zu Versailles 1783 die Rückkehr eini-
ger früheren nicht unwesentlichen Veriuste unter den Colonien,
doch wollfen wir keinesweges diese Erwerbungen vom Stand-
punkte der allgemeinen inneren und äusseren Politik: als
einen vortheilhaften Ersatz Frankreichs für seine Theilnahme
an diesem Kriege ausgeben. Dies waren die Besitzungen am Senegal-
Flusse, die Insel Goree, die freie Fischerei bei Newfoundland
mit «den Inseln St Pierre und Miquelon. Die kleine Antille
10,000,000 I^thlr. wieder hergestellte Ostindiscbe Handelsgesellschaft
konnte bei dem bald gestörten Handel Frankreichs mit Asien und
bei dem Verlaste sammtlicher dortigen Kolonien während der Re-
volution nicht mehr zu einem selbständigen Leben sich tmpoi beben.
«
1
Frankreick IS
St ÜJBtkelMii^y "vmm 4m. KiaA an Schweres Terkasft: einig«
Bcsitinngen 4cr Alirikanisdben GacUsdiftfl in den Nord* Afrika-
mdMa Rndbntmsten sind ab rasch Taribergekender Elnrerk kaam
n wvtdige«. Der Ceaammtkeatand der Kolonien war deninafk
Wnn AMbrmcii der Tranzinaeben Rerolndte wieder aaf 1,024
Die Einciknngen der FransSaiacken Republik wikrend ikrer
nr^lQllirigen Dauer (21. Sept 1702. — 18. Mai 1804) und de«
Franiftaiidien Kaiaertkums in aeinen seknjäkrigem ratdosen
El okeiwnfjakaiapfe *) gekören ailsacklieaslieli dw Cresekiekte dieser
Zeit, da daa Kdnigreiek Franjnreiek bei der Wiederkersteliung
der B^mbons durek d«i ersten Pariser Frieden am 30. Mai 1814
die altem Grinsen tobs 1. Januar 1792 in Betreff seines
Enrepkiscken Besilkstandes erkielt» akonur dasTonnals paps^
lieke Gebiet Ton Arignon und einige Enelaven in d^n ekema-
ligen KreisUnderfien des Deutsekea Reieks über den HniuM quo
mm Anfang der Regierung Ludwigs XVI. gewann. Bei den Ausser-
Earep&iseken Besitsungen wurde aber sogar eine betriebt-
üdie Einkusse g^endie VerkUtnisse des Jakres 1702 gemaeht,
iadesi daa Frans5siseke Domingo siek gleickfalis inswiseken an
selbständigen Staate Hajti umgestaltet katte, femer die
Tabago und St Lucie, ausserdem die Seekellen -Inseln
Isle de Franee oder die Mauritius -insel an England abge-
treteo wurden. — Ludwig XVIlLy der Bruder des kingericktc-
ten Ludwigs XVl., der bereits seit dem Tode seines in der
GeCangeosekaft im Temple su Paris rerstorbenen Neffen Lud*
*) Aaf der höchste» Stafe seiner Ausdebnung betrug 1812 dai
iraiaittelbare Gebiet des Französischen Kaiserthnms nach EinrerWi«
hang des Königreich« Holland I4»00# QM. mit 4%500»009 Seelen,
dazo du Königreich Italien iron IlSO QM. mit 6,800,(K)0 Seelen»
der Rbeinbnnd von 5^0 QM. mit i3,600>000 Seden» die Schweiz
Ton 718 QM. init 1,710,000 Seel., Neapel von 1437 QM.mit 5,000,000
SeeL und das tlerzogtbum Warschau nebst Danzig vou 2810 QM.
Bad 3,000,000 Seelen, Also disponirte Napoleon damals unbe-
4aigt über rolle 26^25 QM., die mehr als 7%500>000 Seelen Bevöl-
ikenu^ sabllen! —
1( Frankreich.
wigt XVIL 8. Juni 17{^, den köiHgliohc^ Titel geführt und
den mehrfachen Anerbietungen Ntl^oteons sur EntMgung sei-
ner Ansprüche Trotz geboten hatte, erhielt die Regierung (1814
f 16. Sept 1824K Derselbe verlor inzwischen in Folge der
Rückkehr Napoleons von Elba und der dadurch nothwendip^
gewordenen Wiederholung der vereinten Anistrengungen der gros*
sen Machte Europas , des Deutschen Bundes und des König-
reichs der Niederlande durch den zweiten Pariser Frieden am
20. November 1815 an Preussen die Gebiete von Saarlouis und
Saarbrück, an die Niederlande Marienbourg, Philippeville und
deren Gebiete, an Baiern das zur Bundesfestung für den Deut-
schen Bund bestinmite Landau nebst Gebiet, endlich an Sardi-
nien das sogenannte Französische Savojen und die Oberhoheit
über das kleine halbsouveraine Fürstenthum Monaco. Dadurch
wurde der gesammte Laiiderb^tand Frankreichs in Europa, nach
Torangegangener genaueren Gränzbestimmung und mancher Be-
richtigung in der Landvermessung auf 10,086^ QM. (1816 gemein-
hin auf D,984 QM. angegeben) abgeschlossen, Uitid der der Aus-
ser-Europäischen Besitzungen auf'657vQM., siehe unten §.11.
Die Bevölkerung Frankreichs in Eluropa wurde 1815 oCliciell
aof 29^400,000) J^öpfe angegeben. ^-
Der Umfang des Französischen Staates blieb nun unverän-
dert, sowohl unter der Regierung Ludwigs XVIU., als auch
unter der seines Bruders und Nachfolgers Carl X., seit dem
16. Sept 1824, dessen männliche Descendenten die älter^ Linie
der Dynastie Bourbon fortsetzen «sollten, aber am. L A:)gu8t
1830 durch die Erklärung der versammelten Deputirten in Ver« *
einigung mit der Pariser Municipalität und nachfolgender Zu-
stimmung der Pairskammer seiner Rechte auf den Französischen
Thron verlustig gingen. Carl X. gab nuh seine Resignation ein
am X August 1830, eben so sein kinderloser älterer Sohn der
Hersog von Angoul^e, aber beide nur zu Gunsten ihrns Neffen
und Grosssohnes, Heinrich von Bordeaux, des einzigen nach
gebomen Sohnes des ^ 1820 ermordeten Herzogs von Berry,
den sie Jamals, 10 Jahr alt, als Heinrich V. zum König der
Franzosen proclamirten. Inzwischen wurde der am 7. Aug. für
erledigt erklärte' Französische Thron durch Wahl einer neuen
Dynastie besetzt, indem die Deputirten -Kammer sich die Rechte
der alleinigen Volksrepraesentanten aneignete, das Grundgesetz
Frankreich.' 17
icr VerfaBBwng tob 1814 abänderte (s. unten §. 14), und Lud-
irig Pkilipp L, den Hen<(g von Orieansy und dessen Manns-
ttsAHi «Mf den seihen berief, worauf ancb nachträglieb , doch
Bock mn deinmelben Tage, die Majorität der venammeiten Fran«
einging.
l^ndwig Philipp I. bestieg am 9. Aug. 1830 in Folge
dieser Wahl, yerbunden mit der Annahme und Beschwörung der
abg^nderten Verfassung den Franii^sischen Thron, nicht aber we*
gen der Verwandtschaft mit dem entsetzten königlichen Hause, die
Ton dem Stammrater seiner Dynastie, dem Henoge Philipp L,
de« jüngeren Sohne Ludwigs XllL und Bruder Ludwigs XIV.
kerriihrte. Dadurch bKeb jede Streitfrage *) über die näheren
A]is]iroche der Linien Bourbon- Spanien, Bourbon -Neapel, Bour*
bon-Lueea beseitigt, die sämmtlich ihre Abstammung aus der
«mittelbaren Descendenz Ludwigs XIV., nämlich von dessen
Enkel König ^Philipp V. von Spanien herleiten. — Der Besitz-
■tand in Europa ist bis jetzt unter der neuen Dynastie, die in
wenigen Monaten die Anerkennung bei allen Staaten Europas
«iangte, völlig unverändert geblieben, und nur die Bevölkerung
kat durch sich .selbst beträchtlich zugenommen, wie Irir §• 5.
naher nachweisen werden. Unter den auswärtigen Besitzungen
kemerken wir die Erweiterung derselben in AfiHka, welche der
noch von der vorigen Dynastie, in den beiden letzten Monaten
ihrer Verwaltung unternommene Zug gegen den Raubstaat Al^er
eingeleitet hat, indem nach der Besetzung Algiers am 5ten JuU
1830 und der Entfernung des Dejs nach Europa, die gegenwär-
tige Regierung durch neue Expeditionen gegen Constantine, Oran
nnd Titterj die provisorische Besitznahme sicher zu stellen suchte,
nnd durch Europäische Colonisirung das Land sich auf die
Daner anzueignen begann. Von Seiten der dabei interessirten
Mäekte Europas sind inzwischen noch durch keinä Verhandlung
^ Daher blieb aber ftüch die so vortheilhadt sich darbietende
öffeDCHcfae Besprechung der Zweifel über die rechtmässige^ Gebart
des Herzogs von Bordeaux von Seiten des MinisterianiB der neuen
Dynastie, sowie von der Partbei des Hauses Orleans Überhaupt
darcfaaufl unberücksichtigt.
SehmherV* StfttUtik II. ^
18 Frankreicb.
•
•der VtTtng Frankreichs Besitumgeii iii «Kcveiit Theile von
als rechtmiUsig anerkannt
S. 3.
Politische Eintheilunfir.
Frankreich befand sich bis zur Revolution für das gesammfe
- bürgerliche Leben und die verschiedenen Zweige der Verwaltung
nach den alten Kronlehen und d^en einzelnen auf Kosten der Nach-
barstaaten genischten Eroberungen politisch eingetheilt, welche
Provinzen und Landschaften, wie sie seit dem sehnten Jahrhun-
derte allmählig in ihren Grunzen sich festgestaltet hatten, in
Rücksicht ihrer Grösse sehr verschieden, oft mannichfacli in
der Begränzung durchkreuzt waren und dadurch der Verwaltung
selbst nicht leicht zu beseitigende Hindernisse darboten. Dies
trat um so einflussreicher und bedenklicher hervor, als in den
beiden dicht aneinander liegenden, in ihrer gegenseitigen Be«
gränzung vielfach durchschluugenen Provinzen gerade entgegen«
gesetzte Landes-Privilegien und andere Herkommen sich erhal-
teik hatten. Es war daher im Allgemeinen als ein wahrer Vor-
dieil für die Staatsverwaltung zu «betrachten, wenn er auch au*
genblicklieh bei den damaligen Zuständen der Französischen Re-
volution deih bestehenden Verfassung mehr Schaden als Nutzen*
brachte, dass nach natürlichen Gränzen in Rücksicht des Um-
fangt und der Bevölkerung gleichmässiger gestellte Landestheile
in den Departements am 13. Januar 1.790 angeordnet wurden,
die auch bis zum 26ten Febr. 1700 bereits 83 an der Zahl ein-
geiichtet waren und sich jetzt fast unverändert in ihrer ursprüngr-
liehen Begränzong erhalten, mit Ausnahme der durch die Bestim-
mungen des zweiten Pariser Friedens (§. 2.) herbeigeführten Ge-
bietsverkleinerung* Nur durch die Einverieibung des Päpstlichen
Gebiets von Avignon aU Departement Vaucluse*), ddfch die
Bildung eines neuen Departements Tarn et Garonne und durch
*) Bei der Bildung dieses Departements wurden wegen des
geringen Umfaogs der vormaligen Päpstlichen Besitzungen in Frank-
reich allerdings einige Parcellen der beiden benachbarten Depts«
Ditmt und Alpes basses dazn genommen.
Frankreich« 19
£e Trcttnm>y*«l€» Depts. Rhone et l^oire in zwei li^ioB^r^ Dept,
Wfiek die Zahl derselben bis anf 86 vermehrt Doch sind bis sor
hcmt^^en Stunde die ^alten Provinseintheilungen nicht nur in der
histOTisclieii Erinnerung des Volks geblieben, sondern haben auch
Wi dea Verhftltnissen der phjsischen, industriellen und eommer-
öeUeQ Cultar ihre Bedeutung beibehalten; nicht minder werden
aber auch durch besondre Sitten und Dialecte die Cigenthüm-
lidikeUeii der altabgegränzten Landschaften als statistische
Mcikwürdigkeit noch fSut die Zukunft aufbewahrt
Wir gehen daher, bevor wir die heutige politische Einthei*
luoig genau naeh ihrcipn Flächeninhalte, nach ihrer absoluten und
Tdadven Bevölkerung in einem übersichtlichen Tableau darbieten^
die alte Eintheilung noch namentlich an, und bezeichnen zugleich
durch die Zahl der in dieser Reihefolge geordneten Departe«
nents, auf welche jene Landschaften wenigstens nach der grds*
•eren Masse ihres Flächeninhalts vertheilt sind »^Jedoch mit der
ausdfückliehen Bemerkung, dass dadurch keinesweges ganz ge-
Baa die Grunzen derselben bezeichnet sind. Aber fOr die sta-
tis&chen Beziehungen reicht es schon aus, wenn auch nur im
Allgemeinen der Umfang der alten Landschaften in. Bezug auf
die heutigen' Departements gekannt wird. Es waren 34 ältere
Provinzen, von denen zwölf den Titel Herzogthiimer, dreizehn
'den der Grafschaften und neun den von Landschaften oder Herr-
adiaften führten. Durch die Seine, Garonne und Rhone th^t
stell Frankreich auf eine leicht übersichtliche Weise nach den
Wel^egenden in vier Haupttheile ein. Im nordöstlichen
Frankreich befanden sich 1) das Herzogthum France (l'hle
de Franoe), jetzt Dept !, 2, 3, 4 und 5; 2) die Landschaft Pi-
esirdie (Dept 6 und ein Theil von Dept 4 ; 3) die >jGrafschaft
Artotz (Dept 7.); 4) die Grafschaft t'landerri' (Dept 8); 5) die
Grafschaft Chanipagne, jetzt Dept 9, 10, 11 und 12; 6) das
Herzogthum Lothrin((en, jetzt Dept 13, 14, 15 und IQr; 7) die
I^iid«eli)ift Elsass, Dept 17 und 18; 8) Die freie Grafschaft
la Franche Comte', jetzt Dept 19, 20 und 21, und 0) das Her«
sogthvas Bourgogne, Dept 22, 23, 24 und 25.— Im nordwest«
liehen Frankreich waren 10) das IlerzOgthum Normandie,
jetzt Dept 26, 27, 28, 29 und 30; 11) das Herzogthun^^ Bre-
^e, jetxt Dept 31, 33, 33, 34 und 35; 12) die Grafschaft
Toanine (Dept 36); 13) das Herzogthum Orleannais» Dept 37,
4*'
20 Frankreich.
. f
38 und 39: 14) die Orafschnft NiTvinais, Dept 40; 15) Das
Henogt)ium Bourbonnaii, DepC 41; 16) Das Herz ogthum Berry,
Dept 42 und 43; 17) Das Herzogthum Anjou, Dept 44; 18) die
Grafschaft Maine nebst la Perche, jetzt Dept 45 und 46; 19)
die Landschaft Marcbe, Dept 47 und die Hülfte von Dept 48;
20) die Grafschaft Limo usin, die , andere Hälfte von Dept 48
und 49; 21) Das Herzogthum Poitou» jetxt die Depts. 50, 51
und 52; 22) die Landschaft Aunis, der kleinere Theil des
Dept 53. 23) die Landschaft Saintonge, jetzt der grössere Theil
des Dept 54^ 24) die Landschaft Angoumais, jetzt das Dept 54;
Im südwestlichen Frankreich waren, 25) das Herzogthum
Guienue, jetzt die Depts. 55, 56, 57, 58 und 59; 26) die Landschaft
Gascogne, jetzt die Depts. 00; 61, 62, die Hülfte von Dept 63
und eia geringer Theil des Dept. 64; 27) die Landschaft FoiK,
welche jetzt den grösseren Theil des Dept 64nbildet; 28) Na-
varra und das Land Bearn, jetzt das Dept 65; 29) die Graf-
schaft Roussillon (Dept 66); 30) die Landschaft Languedoc,
jetzt die Depts. 67, 68, 69, die zweite Hälfte von Dept 63, die
Depts. 70, 71, 72, 73 und Dept 74 zum grössten Theil; 30) die
Grafschaft Auvergne, jetzt die Depts. 75, 76 und der Rest des
Dept 74. -~ Endlich der südöstliche Theil Frankreichs wird
gebildet durch 31 die Grafschaft Lyonnais, jetzt die Depts. 77
und 78; 32) das Herzogthum Dauphine, jetzt die Dept 79, 80,
81 und ein geringer Theil des Depts. 82, 33) die Grafschaft
Venaissin nebst dem Gebiete von Avignon macht den. grösseren
Theil des Depts. 82 aus; 34| die Grafschaft Provence ist in die
drei Depti^. 82, 84 und 85 übergegangen. Dazu kömmt noch die
Insel Corsika, welche das 86te Dept gegenwärtig bildet
Bei der Reihenfolge der gegenwärtigen Departements nehmen
wir die letzte offieielle Zählung der Bevölkerung von 1831 zur Grund-
lage, weil wir diese von allen Departements kennen, und geben den
Flächeninhalt zugleich in geographischen QMeilen- und dem jetzt
gesetzlichen Französischen Flächenmaasse der Hectaren an *>.
*) 1 Hectare ist = 3'^^^ Preilss. Morgen; also 10 Heclaren
fast genau = 39| Preuss. Morgen. Di^ geographische QM. ent-
hält 21>490i Preuss. Morgen^ oder 6486* Hectaren.
F raukreich.
21
A. Nordöstliches Frankreich.
Departements QM. Hectarea Ein^wphn,
1. Seine . . .
2. Seine et Oise
3. Seine et Marne
4. Aisne . . .
5. Oise . . .
6. Somme . .
7. Pas de Calais
8. Nord . . .
9. Ardennes . .
10. Marne . . .
J 1. Aube . . .
12. Marne Haute .
13. Vosges (Vogesen)
14. Meurthe . .
15. Maas . . .
16. Mosel . . •
1 7. Nieder-Rhein
18. Ober-Rheia .
ID. Doubs . . .
20. Jura. . . .
21. Saone (Haute)
22. Saone et Loire
23. Cote d'or • .
24. Yonne . . .
25. Ain . . . .
8/»
104,^*
108,"
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46,181
575,042
595,'980
749,183
581,424
604,456
669,688
578,435
513,015
820,273
610,608
633,173
587,955
643,500
604,439
610,000
417,500
383,257
547,360
503,364
515,000
857,678
876,956
729,223
594,822
935,108
448,180
329,893
513,000
397,725
543,704
665,215
989,938
289.622
337,076
246,361
249,827
397,987
415,586
314,588
417,003
540,213
424,258
263,535
312,504
338,910
523,970
375,877
352,487
346,030
Züiammen 2739/' 14,738,522 10,954,589
B. Das Nordwestliche Frankreich.
26. Seine Inferieure
27. Eure • . .
28. Orne . . .
29. Calvados' . .
30. Manche . •
31. nie et VUaind
32. Cotes du Nord
33. Rnisterr^ .
34. Morbihan
108,»»
113,"
117,5»
103,»»
105,»»
124,»»
135/»
126/'
124,»*
593,810
623,283
645,254
570,4^.7
577,178
681,977
744,073
693,384
681,704
693,683
424,248
441,285
494,702
591,284
547,052
598,872
524,396
433,522
Bew. auf
IQM.
108,812
4,309
3,036
' 3,753
3,752
4,942
5,452
0,388
3,103
2,254
2,209
2,163
3,718
3.543
2,859
3,717
7,108 ,
16.675
2,610 .
3,409
3,007
3.352
;i,349
2,651
3,245
4,047
6,413
3,733
3,752
4,757
5-ni9
4,403
4,419
4,146
3,487
Frankreich«
Departements Q^H. Hectaren Einwohn.
35. Loire Inferieure
36. Indre et Loire
37. Eure et Loire
38. Loiret . . .
30. Loire et Cher
40. NiciTe . . .
41. Allier . . .
42. Cher . . .
43. Indre . . .
44. Maine et Loire
45. Majenne . .
46. Sal^the ...
47. Creuse . .
.48. Vienne Haute
49. Correze ' . ,
50. Deux Sevrea
51. Vendee • .
52. Vienne • .
53. C* arertta Inferieure 1 30,^
'54. Charente. . . I07,3i
128,^«
lll,w
126,^
123,«*
109,«»
1Z5,»»
I35,w
134.8»
127,88
131
94,5*
116,5»
105/*
101,7»
108,M
lOÖ.w
123,'«
125,5»
706,285
612,679
692,752
675,191
603,116
686,619
742,272
740,125
701,661
718,807
518,86^
639,276
579,455
568,078
594»717
585,273
675,458
689,083
716,814
588,803
470,093
297,016
278,820
305,276
235,750
282,521
298,257
256,059
245,288
467,871
352;^6
457,372
265,384
285,130
294,834
294,850
330,350
282,731
445,249
362,531
Bew. auf
IQM.
3,653
2,663
2,204
2,482
2.143
2,284
2,201
1,897
1,916
3,582
3,722
3,920
2,717
2,807
2,727
2,767
2,685
2,252
2,407
3,377
Zugammen 3532,^5 19,436,417 11,246,713 3,276
C. Das südwestlicbe Fr
56. Gironde . . . 197,»» 1,082,552
56. Dordogne . .
57. Lot , . • • .
58. Lot et Garonne
59. Aveyron ...
60. Landes • • ' .
61. Ober-Pjnrenäen .
62. Gera ....
63. l^am et Garonne
64» Ober-Gäronne .
65. Arri^ge • . .
^Q. Nieder-Pjrenäen
67. Ost-Pyrcnäcn .
68. Aude ....
69. Herault . . .
163,^
72,"
160,"
170,'*
84,«»
ll4,u
64,»*
117,^»
96,5'
137,"
75,^
115,"
125,0»
898,374
398,406
528,753
882,171
900,534
464,531
623,096
354,591
642,533
529,540
755,950
411,376
631,667
630,935
amkreich.
554,225
482,750
285,^27
346,885
359,056
281,504
233,031
312,160
242,509
427,856
253,121
428,401
157,052
270,125
346,207
2,807
2,952«
3,934
3,601
2;230
1,623
2,759
2,737
3,731
3,656
2,621
3,110
2,091
2,348
2,760
Frankreich.
S3
1 D«^i^rt«m»itU QM«
Hertaren
Einwoha,
BeV.aitf
IQM.
1 7a Tmni . • . . 106,»*
670,821
335,844
3,189
' 71. I.oser« ... 02,**
609,543
140,347
1,50a
72. Gard . • . . 109,^
699,723
.357,383
3,281
560,004
340,734
8,407
74. Ober-Loire . . 90,^
495,784
292,078
3,244
Zusammen 2329,^
12,976,084
6,447,095
2,766
D. Das sdddBtliche Frank
reich.
75. Pnj de Dome . 145,«»
800,531
673,106
3,926
76. Cantal . . . 104,<8
574,081
258,694
2,473
77. Rhone . . . 49,^^
270,423
454,329
9,^1
78. Loire .... 90,**
490,000
. 391,216
4,323
79. Wre .... 163,*»
841,230
550,258
3,589
Sa Ober-Alpen . . 100,^*
653,090
^ 129,102
1,278
81. Dröme . . . 123,i>
675,915
299,556
2,434
82. Vaaclose ... 62,»'
340,560
239,113
3,865
83. Rhone-Mündnngen 109,'»
601^960
369,473
3,278
84. Nieder-Alpen . 136, >'
740,895
]66,«96
1,155
85. Var .... 132,«»
729,628
316,587
2,387
80. CoTsica . . . 177,«>
974,741
196,407
1,098
Zusammen 1485,»* 8,194^560 3,912,557
Dasa A, B und C
giebt die Haapts. 1 0,086, '«^ 56,345,183 32,560,934
2,637
3,228
Die politisehe Eintheilung der einselaen Departements ler*
ftllt wiedemm in Arrondissemens und Cantone. Jede«
Departement besteht aus drei bis sieben Arrondissementi nach
der Versehicdenheit der Grösse seines Fl&eheninhalts nnd seiner
Berdlkening : davon sind nur ausgenommen die beiden kleinsten,
das Departement der Rhone, welches nicht mehr als zwei Arron-
dissemens hat, und das der Seine, -welches wegen der grossen
Berölkernng der Hauptstadt in riersehn Arrondissemens abge-
tbeOt ist Rechnen' wir dieses letztere nicht mit, so kömmt auf
Jedes AfTondissemens ein Fl&cheninhalt ron 25 bis 36 QM- vi^d
eine Berölkerung von 50,000 bis 120,000 Seelen *). Jedes
•) Nur das Bept du Nord hat doch bei seiner grossen und sehr
\
24 Frankreich.
Arronditsemenf «rfftUt wieder in techs bis zehn Cantone^
die bei weitem der Mehrzahl nach, mit einer Bevölkerung von
10,000 Seelen ungefähr, einander ziemlich gleich stehen. Die
C an tone sind die unterste Abtheilungsstufe für die einzelnen
Gemeinden qder Communen, Ton denen jeder Canton in man-
nichfacher Verschiedenheit nach der Grösse und der Entfernung,
der Gemeinden, drei bis zehn, bisweilen auch achtzehn bis vier-
undzwanzig zählt Der ganze Staat besitzt 362 Arrondiflsemeng,
2842 Cantone und 37,187 Gemeinden.
Die Ausser -Europäisohen Besitzungen Frankreichs bestehen
QM, Bew.
L In Asien noch aus dem Reste der vor-
maligen so hedeutenden Ostindischen Besitzun-
gen, die jedoch noch die ältesten Colonien der
Franzosen festgehalten haben. . Es sind die Ge-
biete von Fondioherj in Karnatik, Karikal in 24' 115,000
Tanjore und Mah^ in Malabar, Handels Comtoire
zu Yamaon und Chandernagor in Bengalen, fer-
ner zu Patna, Cassimbazar, Balasore, Dacca, Su« *
rate und Siuthjia in Siam. ^
U. In Afrika; die Niederlassungen am Se-
negal, geschützt durch die Insel und das Fort
S. Louis und die |nsel Gor^e, die zur Mascare-
nisclien Insel-Gruppe gehörige Isle de Bourbon, 54 125,000
die Insel St. Marie bei Madagascar und einige
Handels-Comtoire auf der letzteren Insel.
IIL In An^erika» a) In Westindien die klei«
nen Antillen, Martinique, Guadeloupe, St. Mar-
tin, Marie Galande, Desiderade und die Insel-
gruppe des Saintes. 63^ 263,000 <
b) In Südamerika ein Theit von Guiana
mit der Insel Cajenne^ 518 27,000
dichten Bevölkerung von 969,938 Seelen, obgleich es überdies das ein-
zige Dept Ist, "welches in sieben Arrondissemens deshalb getheüc
M^urde, Arrohdissemens mit 150>000 Seelen) dagegen die Depts. Corsica
und die Nieder- Alpen, von denen jedeüs 5 zählti Arrondissemens
mit nicht mehr als 20>000 bis 3G>000 Seelen.
• Frankreich« SS
O In Nor4a»«rikft Um FMcherintelii 8t 7 000
fitem und Bik|Beloa ba NewfomidlmiKt
xusammea 667 QU 530,000
Ueber den Besits Ton Algier^ kann hier ans der im to«
rigen §. mn^fuhrten politischen Rücksicht noch keine Angabe
angvfQkrt w^erden. Wie sehr nun auch ^ diese ansvärligen Be-
Btzuiigen fvr Frankreichs Handel und Industrie von bedeutsa-
flser Wiehtigkeit sich zeigen, so leuchtet doch klar henror, dast
sie jetzt kein entscheidendes Crewicht mehr auf die politische
Madt dieses Staates überhaupt gewihren, dass also Frankreicht
und Wirksamkeit ausschliesslich ron seinem Länderbe-
stande in Europa abh&ngen. Nach diesem aber bildet Frank*
Teichs Flicheninhalt noch nicht völlig ein Funfcehntheil ron
Eorepannd onZweihundertund viersigtheil der bewohnten
Eide. Dagegen iit seine Berölkerung bereits ein Siebendieil
der ron Enropa und ein Sieben und zwansig^eil der BevÖlke*
mag der gesammten Erde. Was die fünf Europäischen Staaten
rom ersten Range insbesondere anbetrifft, so ist Frankreichs
Flächeninhalt nur um ein Fünftheil kleiner als das Oestreichi«
sehe Kaiserthum und fast gerade das doppelte des Brittischen
Europas und des Preussischen Staates, aber es ist noch nicht
ein Siebentheil des Europäischen Russlands. Seine BeTÖlkerung
steht mit der von Oestreich gleich, übertrifft die Brittische nur
■n ein Viertheil, die Preussische dagegen sehr riel um das
Doppelte, und erreicht um eben so viel mehr die Hälfte der ge*
saoifflten Riusiachen Bevölkerung. -^
S* 4.
Physische Beschaffenheit^ klimatische Verhältnisse,
Land- und Wasserstrassen.
Gtrault de Saint^Targeau dictionnaire de geographie
fkynquede la France^ Parit 1828 Svo. StattMtiqup det r out et
*) Roset (der als Capitain im Franzosischen Geaeralstabe bc
26 Frani^reich.
royafet if Firane^y pubUe0 par Padmm$iratiom dem pontm
ei ehau99ee9 et dee mtkety Parte 4to 1824.* die« Werk wurde
durch den Director dieses Verwaltungssweiges, Staatsrath B e o q u e jr
bekannt gemacht — Ravinet dicttonnair^ hydrograpkiqne^
Parte 1825 2 voL Svo. — L. Puteeant, nowelle deucription
geoeeeirique ds la Eramce; prewi. partie 1832 See %
iVankreich, ein wahrhaft schönes Land, umspült rou zwei
Meeren, geschütst durch die Pyrenäen, Alpoi, das Jnrajgebii*g:e^
die Vogeten und Ardennen, durchschnitten im Iniieren durdi
eine Menge ron Flüssen und schiffbaren Bächen, in dem ver-
schiedenartigsten Wechsel von Bergland und Ebene , begabt mit
einer reichen Production aller nothwendigen Bedürfnisse des Le-
bens und den enrünsehtesten Hnlfsmittein für ein kräftiges und
ergötzliches Dasein, endlich in der Mitte des bevölkertsten und
gebildetsten Erdtheils gelegen, seheint dadurch schon von der
Natur selbst für den Beruf bestinunt su sein; als mächtiger He-
bel auf die allseitige Entwickelung der Menschheit steta^ einsa-
wirken. ' Erwägt man nun noch dabei, dass die Bewohner dieses
so glücklichen ausgestatteten Landes lebhaft und empfänglieh
für alle Eindrücke sich immer zeigen, dass sie bei grosser Tbä-
tigkeit doch leicht zu behahdeln sind, dass sie mit ihrem uner-
schöpflichen Frohsinn, mit ihrer leichten Gemüthsart da« Gross-
artigste und Beschwerlichste su unternehmen und auch beharr-
lich durchzuführen vermögen, so kann ihr viel entscheidender
Einfluss zwar mannichfache Verirrungen veranlassen, aber nicht
minder treffliche Endresultate einer heilsam wirkenden That-
kraft bewähren.
dem Expeditionsheere angestellt gewesen war) vöyAge dans la re-
gace d'Alger Paris 1833 3 vol. 8vo. Dieses sehr~ brauchbare und
belehrende Buch ist zugleich in der Absicht geschrieben, Erankreich
eof die Bedeutsamkeit dieser Eroberung aufmerksam zu machen.
*) Diese höchst wichtige Arbeit dient zugleich als Comoientar
über die Vermessongsarbeiten für die S. 3 und 4 von ^mir ange«
^ führte neue Specialkarte Frankreichs. Puissant, Christ im Fran-
zösischen Generalstabe, Chef der ersten Section des General Krieg-
depots and Mitglied der Pariser Academie der Wissenschaften hat
haoptsichlich die obeke Leiiuag dieser Arbeiten seit 1819 geführt.
Frankfeich. ^ 17
Das Klimm sMImIi ton den Serennen swiioiwn 41* 31'
tti &l^ n. ^r. ist das Nontitalienitthe^ wie et denn fwUa3kmm^
Ecke SttdfHiehte nad fiberhaapt die Vegeletion der Lembardei
Wrrarlirmgt; nelbeC die Neapolitanisehe oder Südspaniteke Tenn
pcnutar, ^wie sie aoeh in dem lehmalen Klietenttreifen von 6e*
■■a Vis Nixsa angetroffen wird, findet eine gleiche Region in
4er 13nigegend Ton Hyeret, fest auch noch bei Montpellier , Ni-
■es und Gatte. Dies^ Strich Frankreich! iat Tor deat ran«
ken Nordwinde geachötst, der Winter beateht in der R^el hier
nur in Schneegeetöber und endet in den enten Tagen des Fe>
kimsTs; allein der wüthende Mistral (NordwestWind) bringt
käalig Gefahr und bisweilen gar einen strengen Winter, wie die
T^n 1789 und 1823» welche die Oliyen bis kor Wunel vertilg-
ftee. Die Mittel wärme des ganxen Jahres betr> hier -f" 14*
ReauM. — Nördlich von den Sevennen, dann an beiden Ufern der
Gifonde bis an die Loire, ist in der Mitte Frankreichs swischen
45* und 48* n, Br. der sogenannte Garten dieses Landes, nament*
lick um Orleans und T^urs, für edle BaumfirQchte und den Ackerban
das Haoptland, südlicher dagegen das Vaterland der ausgeseichnet-
FransÖsischen Weine, die nicht des künstlichen ckemischen Pro-
I, wie der Champagner, furihren weit gesuchten )Verth bedürfen.
Dieser Landstrich ftndet im südlichen Deutschland und am Büt-
teliiiein nur wenige seines Gleichen, hat eine mittlere Tempe-
ratur des Jahres von -|* '2® R« Q>^<1 einen Winter ron 3 bis 4
Monaten, der selten Tor den ersten Tagen des Man aufhört —
Nördlich von der Loire und der Rhone xwischen 48* und 51*^
n. Br^ wenn wir wenige Cantonf der Bourgogne und der Cham-
pagne ausnehmen, ist im Allgemeinen das Klima übereinkommend
nftit dem von dem südlichen Belgien, den Main-, Rhein- und Mittel-
Elbe-Gegenden, so dass der Weinbau swar noch überall in den;Land-
schaften südlich von Paris ein Hauptxweig der Landwirthschaft bleibt,
nördlich ron der Hauptstadt aber die Rebe immer spftrlicher auf Wein-
bergen angepflanat angetroffen wird, bis sie sich in der Nord-Piear^
die, Nomandie und der Bretagne gänslich verliert Die mittlere
Temf eratur ist hier des Jahrs -f- 81* R. D^r Winter ist anhal-
tend, Januar und Februar gewöhnlich sehr kalt, bis sum Belegen der
Bache und Flüsse mit Eis, und das Frühlingswetter tritt selten
for Anfang des Aprils ein. — Ganz sterile Sand- und Sumpfge-
genden werden auf ein Achttheii der gesammten Oberfllche
berechnet, nemlick 7|185,475 Bectareji (1300* QM.).
96 FranJ^reicb«
In deo DeparCemens 4er NbrdkQsten und Finluterre schreitea
die Flug-Sandhügel mit Jedem Jahre mehr vor, wie ähnliche
Erscheiniingen in Preussen auf der ^uritchen Nehrung, der
Küste Samlands, der frischen Nahrung bemerkt werden; sie ha-
ben, bereits seit 185 Jahren, nachdem man genauere Beobach-
tungen darüber aufgeseichnet hat^ 123 Quadratlieues (beinahe
31 QM.) völlig eingenommen.
Die Gebirge des FransÖsischen Staates haben im^ Süden
das meiste Terrain für sich eingenomq^en und erreichen auch
hier die höchsten Spitzen. Die Pyrenäen, als Wasserscheide
und politisohe Grunze, Spanien vqn Frankreich trennend, fallen
nach diesem Lande zu schroff ab und verlieren sich darauf in
sanfte Hügelketten bis tat Auvergne. G^en 100 Pässe {Ports
oder Cols genannt) führen aus Frankreich den Fussgänger über
die Pjren&en nach Spanien, aber nur 9 sind für grössere Trans-
porte und fahrbar, die beiden Hauptstrassen gehen von Bayonne
über Irun nach Vittoria uiid von Perpignan über Junquera nach
Figueras, und in den mittleren höheren Pyrenäen fehfen die Ueber-
gangspllsse fast ganz. Die meisten höchsten Puncte der Pyrenäen
fallen gerade auf Frankreich, aber nicht auf den Hauptkamm des Ge-
birges, sondern auf einige Nebenzüge. Es sind für Frankreich: der
Cylinder des Marbore 10,374 Pariser Fuss, der Vignemale 10,326 P.
F.9 der Montealm 0,960 P. F., der Pic de Nontoulion 8,928 P.
F. und der Canigou 8604 P. F., alle über die Schneegränze, die
für die Pyrenäen aber erst mit 8206' beginne — Von den Al-
pen bilden den Kamm der See- oder Meeralpei) und der C ot-
tischen Alpen die Ostgränze gegen die Sardinischen Staaten:
jene flachen sich ab bis in die Nähe von Marseille, nachdem sie
das Vardepartement parallel mit der Küste als die Bergketten
des Bfanres und Esterelle durchzogen haben. Der Hauptkamm
der Cottischen Alpen zieht von den Quellen des Var und
der Stura über den Mont Genevre (11,0580 bis zur Rhone Ifin,
macht den grössten Theil des Departements der Nieder- und
Ober- Alpen, der Drome und b^re zu reinen Alpenlandschaften,
tind erhebt sich in dem Peltoux de Valouiise zu 13,237 P. F.,
In dem Jocelme zu 13,022', im Ozon zn 12,600^, in. den *Golean
de la Grave zu 11,700^, im Col de Saix zu 10,300^, in dem
Muan de Bellone zu 10,218' und im Viso de Rintolae zu 0312'.
Der wichtigste Nebenzweig ist das Leberon- und Lure-Gebirge
zwischen der Durance und der Drome, welches im Ventoux bii
I.
Frankreich. 29
6227' hoch steigt und dann steii zum Rhone^ale abAUt Abt
die urichHgsten Uebergangspässe sind schon seit dem Alterthume
bekannt *) der Pass über den Mont Cenis in Savojen, welcher
aus dem Thale des Are- Flusses , eines Nebenflusses der Isere
nach Susa fuhrt. Durch Napoleon ist dieser Bergpass zu einer
der ausgezeichnetsteji und schönsten Bergstrassen gebildet, die
in ihrem höchsten Puncto 6360^ über das Meer sich erhebt und
die jetzt jährlich von mehr als 17,000 Fubrirerke und 48,000
Saumthieren gebraucht wird. D^r' Pass über den Mont Genevre
steigt auf dem höchsten Punkte zu 5810' an und führt vtfu Bri-
an^on im Duran^e- Thale nach Susa. Der etwas südlicher lie-
gende Pass über den' Mont Viso leitet aus dem Duran^e-Thal
zu den Quellen des Po. — Zwischen den Pyrenäen und den Al-
pen, und den drei Hauptströmen Frankreichs« Garonne, Rhone
und Loire, jedoch so^ dass sie selbst die Quellen der Loire ent-
halten, ziehen die Se rennen, welche in dem Mont Mezen mit
5400^ die grösste Höhe erreichen und also unter der Schnee-
gränze verbleiben. Ein nordöstlicher Zweig derselben ist das
Rhonege1>irge, welches in dem Mont Tarare bis zu 4350' und
in dem Pilat bis zu 3500^ ansteigt und sich dann in den Höhen
des Cote d'Or (1,700^) und in die Hochebene von Velajr, Ge-
TAudan und Vivarais (bis zu einer mittleren Höhe von 2B00*) vor-
'*') G. A. de Luc» histoire du passage des Alpes par Hannibal
avec ane carte, Genf 1818 8V0.9 verbindet die Forschungen der Neueren
und genaue Ortskenntniss mit den Beschreibangen in den Quellen des
Alterlhums. Er stützt sich hauptsächlich auf die Untersuchungen
des Englischen Generals Melville, der mit d^m Polybius in der
Hand diese Alpengegenden bereist hat. De Luc hat späterhin rodi*
rere Erläuterungsschriften über einzelne Angriffe gegen seine Be-
hauptungen in der zu Genf erscheinenden Bibliotheqoe universelle
niedergelegt, namentlich seine cinqoi^me lettre contenant nouveäux
eclaircissemens sur la descente des Alpes par V arme^ d' Hannibal
im Julihefte des Jahrg. 1822. VergU damit H. L. lYickham et J.
H. Crajner a dissertation on the passage of Hannibal over the Alps^
London 820, th. sec. edit Lond. 825 — Critical examination of Mr.
lYhitackers course of Hannibal over the Alps Lond. 825. Svo., und
Edinburgh Review 825 Novemberheft S. 163—91. Zander, der
Heerzug Haanibals über die Alpen, Hamburg 823 4to.y erklärt sich
für de Luc's Untersuchungen.
, 4
30 Frankreich.
l&nft— 'Das Geliirge yon Aurergn«, mit ausgebrannten Vul-
kanen dürchmengty erhebt sich im Cantal zu 58D(/ und in dem
Bergrücken des Puj de Ddme zu 4500' Höhe.
Das Jura -Gebirge macht die östliche Grenze Frankreichs
gegen die Schweiz, gehört aber nur 'seinem sanfteren Abfalle
nach dem Französischen Staate zu, indem es den grössten Theil
der Departements Ain, Doubs und Jura einnimmt Seine ht>ch-
sten Spitzen sind der Pre des Marmiers 5300^, der Reculet 5280^
vnd der Grand Colombiers, 5220' alle noch mehr als 200(y unter
der Schneegränze. Die wichtigsten Strassen durch das Jurage-
birge laufen von Lyon über Nantua nach Genf, von Ddle am
Doubs über Pelign/ nach Genf, und von Besan^on über Pontar-
lier nach Lau^nne. Sie sind oft mit s^hr schwer fahrbaren Päs-
sen durchschnitten, die gleichfalls unter Napoleons Verwaltung
durch ganz gesicherte und für jeden Transport leicht befahrbare
Kunststrassen für den Verkehr noch viel zuganglicher gemacht sind.
Als ein Nebenzug des Juras durchzieht das Laumont-Gebirge
(höchste Spitze 2000^) die Thäler des Ain, Doubs und der Saone
und bildet den Uebergang >zu den Vogesen oder dem Wäsgau-
Gebirge. Dasselbe enthUlt die Quellen der nordöstlichen
und nördlichen dem Rheine oder dem Meere unmittelbar zuströ-
menden Flüsse. Durch die obere Mosel in zwei Hauptzüg^ nach
Osten und Westen getheilt, hat es seine höchsten Gipfel um die
Quellen dieses Flusses selbst im Grand Ventrou auf 4314^, Bal-
lon de Sulz von 4415', dem Ballon d'Alsace von 3000' und inf
Grand Donnon von 3100' Höhe. Nach Deutschland zu fallen
die Vogesen viel steiler ab (bis zu dem Donnersberge), als nach
dem inneren Frankreich, wo sie in die Lothringische Hochebene
swischen SOO' und SOO', in die Monts des Faucilles und in die
Hochebenen von Langres zwischen 1500' und 1 lOO' und in die wel-
lenförmige westlichen Th^ile der Champagne und der Picardie
sanft auslaufen. Im Nordosten schliessen sich endlich an diese
der Argonnerwald, ein' stark mit Wald besetztes, mehr in
dicht auf einander gedrängten Hügeln, als zu hohen Kuppen
ansteigendes Bergland, das nirgends sich über 1300' Höhe er-
bebt, und mit denselben zusammenhftngend die wenig höheren,
aber viel rauheren Ardennen, welche die Scheide zwischen
Belgien and Fnrfikreich bilden und ihre höchsten Kuppen zwi-
schen 1500' and 1800' erheben. Durch die Vogesen fühh auf
FraDkreich. Sl
4cr Hraftaftrmase tob Naacj limdi SCnsbvrg dtr Pan tob' Zt«
Verm, «af 4w Stnsa* tob Nuicjr amch Basel IDurt das Mo«eltbal
kinmof, nmA dem iddlieh«! Fnuikreicb kiB geUagt maB diurek
dsi Tkal des DobIw VBd der Saone. Dareh die ArgonaeB and
ArdeiuieB giebt ea rielfacke Strastea, die bei der geriBgeni
Stnlhett der Gebirge, weBB aaeb mit eiaiger Bescb werde , doeb
tckoB seit dem Mittelalter ab rielfaeb gebravcbte Haadeltttrassea
bestebea, aad bei dem TorhaadeaeB Material nad dea U&lfsquellea
des Staates raseb ia Kuaststrassea renraadelt werdea koaatea:
so die Hsuptstrasse yoa Paris aacb Cola aber Rbeims, Mesieres»
RocToj, TOB Paru aacb Maias über Verdua aad Mets, tob
Nmncj aaeh Luxemburg fiber TbioBTills uad Mets. NoebmüsseB
die Berge Corsics^s hier abgesoadert aagefiibrt werdea, da
diese gaase lasel als eia durcb swei Hauptgebirgssüge dureb*
schaitteaes Berglaad su^betraebtea ist: ibre böcbstea Berggipfel
steigeo im Moate rotoado bis über die Schaecgriase su 0294'.
und im Moateoro bis su 8 166'. — Die Productioasfabigkeit die-
ser €iebirge aa Erzea und anderen brauchbaren Miaeraliea ist
an uad für sieb nicht besonders reich su neaaea, uad steht
hiater der tob Russlaad uad Deutschland weit surück^ wie dies
die BäbereB Angaben in {• 0. ausweisen werden.
Die HeilquelleB der Gebirge Frahkreiehs findeB sieh
Tonidimlich la Sfidwestea Frankreichs, in den Pyrenftea, ia doB
SeTesaea uad im Gebirge tob Auvergae. Sie sind siemlichisabU
reich, aber keines weges tob so ausgeseiehaeter Heilkraft, dass
sie Ausliader su ihrem Besueh in grösserer Menge einladen soll-
ten, oder den Franzosen die benachbarten Heilquellen DeutschlaiidB
entbehtUcb machea köantea. Die berühmtestea siad die Sebwe-
felbkder Plombieres, Cauterets, Bareges, Bagaeres, Aiz (bei wei-
tem die berühmtesten diesseits der Rhone und ab Aquae Sexdae
schon im Alterthume vielfach besucht), Chaudes Aignes, Bbur-
bonne les Bains und am Montd'or* Als Trinkheilquellen
sind besonders namhaft su machen der Sauerling su St. Mjon,
die Stahl Wasser von Bussaing, Contrexeville und Cr&nsac, die
Bitterwasser von Baleirac u. s. w. Viel besuchter als diese Büder
sind die Seebäder an den Küsten des Mittelländischen* und At-
laotischen Meeres, so wie vorsugsweise auch am Canal: hier ist
aoch vielfacher Besuch aus dem Auslande; «ad Boulegae, Dieppe,
Ksneille^ Cette stehea seboa ia der Besiehuag als Seebäder als
\
/
33 Frankreich.
«
bedeutende Hülftqaellen für den FraniöMi chen Nadonalreicbthum
auf einer namhaften Stufe. — - Blit Landseen und Teichen
ist Frankreich unter allen Staaten Europa am kärglichsten aus-
gestattet, so dass hief nur die Pjrenäische Halbinsel ihr gleich-
kömmt, aber sie nicht Obertrifft: es rerliert Frankreich nicht ^|^
seines Flächeninhalts auf dieselben. Der grösste ist der Grand-
Heu im Arrondivsenient von Nantes, 2^ Lieues *) lang und 2
Lieues breit, der durch mehrere Bftche gebildet wird und sich ^
suletst durch die Achenan in die Loire ergiesst. Die Lagu-
nen oder Strandieen sind vornehmlich an der Küste des Aqui-
tanischen und Mittelländischen Meeres (sie heissen Etangs)
rusgedehnt, oft über 1 bis 4 Lieues lang. Ihres starksalzigen
Gehaltes wegen geben sie durch den Process der Verdunstung /
dea Wassers einen reichlichen Salsgewinn, von welchem unten
{• 9. weiter die Rede sein wird.
Die Flussve/rbindung des Französischen Staates gehört
XU den schon ron der Natur ausgezeichneteren, da die Wasser-
scheiden seiner Gebirge den reichlichsten Zufluss ihrer Gewässer
an Frankreich selbst spenden und auf eine so vortheilhafte Weise,
dass nach allen Richtungen des Reiehs, ein Hauf^uss seine
Ausmündung nimmt Die Zahl sämmtlicher Flüsse und Bäche
beträgt gegen 6000, von welcher 108 mehr oder weniger schiff-
bar sind ; nur für Flösse brauchbar sind dieselben auf einer
Strecke Ton 1925' g^üss. Lieues, Töllig schiffbar 1877' Lieues,
wodurch mit den vollendeten schiffbaren Canälen von 398^^ Lieues
und den noch nicht ganz ausgeführten von 558 L. eine Wasser-
strasse von 4730*' L. oder 2838*^ Meilen gebildet wird. — Die
Loire, der bedeutendste Fluss dieses Staates, entspringt im
Dept. Ardecfae in den Sevennen am Gerbier-le- Jou^t, erlangt
*) Die neue Französische Post-Lieue Ist nach dem D^dmalnaasSe
vollkommen übereinstinnmend mit 4>000 Metres, während ein Myria-
' mdtre = 10,000 Metres, den ;&ehnten Theil des Französischen Grads
(Degr<^.) die eigentliche Meile bildet. Da nun 2 Metres = 1 Toise
sind, so ist eine Lieue = 2000 Toisen. ^ Ein Metre ist aber etwas
mehr als 3 Berliner Fuss, nämlich = 3^' Fuss, so dass also
2 Lieues um 124 Ruthen grosser sind, als eine Preussiscbe Meile,
welche genau 7532' Metres beträgt. Davon sind jedoch zu unter-
scheiden die eigentlichen Lieues, von welchen 25 auf ^inen Grad
des Meridians gehen, und die = 28^' Lieues de Foste gleich kommen,
nämlich 228^^ Toisen gross sind. ~
Frankreich*
33
Fldflibarkei beim Dorfe R^oumac oicht weit von Beawtoe, ,
Schiffbarkeit bei Roanne im Dept der Loire, erreicht bei Tours
schon eine Breite von 500 Toiaen und mündet sich 3350 Toisen
breit bei St Nazaire, nachdem schon bis Nantes selbst sehr tief
gehende Seeschiffe im Frühjahr und sur Herbstxeit gelangen
können ; nur im Sommer bei grosser EKtze wird sowohl hier,
als auf dem noch höher liegenden Theile des Flusses durch
Seichtigkeit die Schifffahrt unterbrochen. Dieser Lauf bildet
eine Länge von 130 Meilen, und das gesammte Stromgebiet der
Loire beträgt nicht weniger als den vierten Theil von ganz
Frankreich. Auf der rechten Seite si^nd die Nebenflüsse der
Loire von sehr gennger Bedeutung, auf der linken zeichnen sich
die schiffbaren Allier, Cher, Indre und Vienne aus. — Die Ga-
ron^e nimmt ihren Ursprung beim Beginn des Spanischen Aran-
thales fast in der Mitte der Pjrenäen, wird schiffbar bei Cast-
ros im Dept. der'Obergaronne, nimmt nach ihrer Vereinigung
mit der Dordogne bei Bec d'Ambez den Namen Gironde, bietet
darauf durch eine Menge von Inseln und davon abhängenden Un-
tiefen eine nur beschwerliche Schiffahrt an, erreicht hei Blaye
bereits eine Breite von 3000 Toisen, erweitert sich dann bis
dicht vor ihrer Ausmündung ins Aquitanische Meer bis auf
SOOOTjoisen, und strömt endlich zu 2000 Toisen wieder eingeengt
in dasselbe ein. Ihr Lauf beträgt 80 Meilen und ihr Stromge-
bief ein Siebentheil von Frankreich. Dieser Fluss empfängt
nur auf der rechten Seite bedeutende Nebenflüsse, wie die schi^-
baren Arriege, Tarn, Avejron, Lot und Dordogne: auf der lin-
ken Smtß sind d(e Gers und Baiie kaum nennenswerth. — Die
Seine entspringt auf dem Gebirge Cote d'or zwischen Chan-
ceaux und Saint-Seine, wird schiffbar nach der Aufnahme der
Aube bei dem Dorfe , Marcilj, erreicht schon ^bei Paris eine
Breite von mehr ab 50 Toisen, trägt^ von Ronen ab Seeschiffe
nnd mündet sich bei Havre le Grace fa^t eine Meile breit. Bei
ihrem geringen Gefälle ist sie ein sanft dahin fliessender Strom,
dessen Lauf 85 Meilen Länge und dessen Stromgebiet noch nich' den
achten Theil Frankreichs beträgt Sie nimmt auf beiden Seiten
fär den inneren Verkehr wichtige und schiffbare Nebenflüsse
auf; auf der Unken die Yonne und Eure, auf derv rechten die
Aube, Marne, und die Oise nach ihrer Vermischung ' mit der
Aisne. /
6rbubifrt'»StttUtik U. . %'
-. f
34 Frankreich.
Die übrigen grösseren Ströme Frftnlorelcht geboren nur xnr
Hälfte oder noch weniger diesem Staate an, oder bilden gar
nur >die politische Gränze, wie der Rhein, der die lU und Mo.
sei aus Frankreich aufnimmt, die letztere aber nur, nachdem er
bereits den Französischen Boden rerlassen hat. Der wichtigste
unter diesen ist unbezweifelt die Rhone, die bei ihrem Durch-
drän^n durch das Juragebirge nicht weit von Saint- Disier in
•das Französische Gebiet eintritt, gleich schiffbar, nach der Auf-
nahme der Saone in durchaus südlicher Richtung dem Mittel-
ländischen Heere zuströmt, das sie in vier Mündungen «rreich^
durch welche das Sandküstenland, dieCamargue, gebildet wird.
Aber bei ihren ^elfachen Verlusten des Wassers im Augenblick
ihrer Ausmündung, sind die natürlichen Mündungen selbst jetzt
versandet,' und werden durch die beiden Canäle von Beaucaire
bis zum Etang de Thau und ;von Arles bis zum Meere ersetzt.
Dieser Fhiss hat durch Frankreich e^en Lauf von 55 Meiben, auf wel-
chem er bei einem sehr starken Gefälle sich zwischen derEinmiindung
der Saone und Avignon zu einem ^er reissendsten Ströme Europas er-
bebt Auf beiden Seiten erhält er reichlich zuströmendes Wasser dnrcli.
die Nebenflüsse, auf der rechten Seite den Aix, die sehr bedentende
Saone mit dem Doubs, die Ard^che und den Gard, auf der linken die
Alpenströme;^ die Is^re und Durance. — - Die Scheide empfangt ih-
ren Ursprung auf den Martinsbergen bei Castßlet im Dept der Aisne,
wird bei Cambraj schiffbar nnd nimmt noch, ehe sie nach Bel-
gien übergeht, die schiffbare Scarp^ au£ — Die Maas entspringt
auf der Hochebene bei Langres beim Dorfe Meuse, wird bei
Verdun schiffbar, und geht bei Givet nach Belgien über. —
Als Küste nflüBse haben wahre Bedeutsamkeit für den iiineren
Verkehr unter den in den Canal la Manche sich ausmündenden, die
Somme von 24 Meilen und die Orne von 18 Meilen Länge; unter
den in das Atlantische Meer ausströmenden dieVilaine von 27
Meilen, dieCharente von 45 Meilen und der A d o u r mit einem Laufe
von 44 Meilen ; endlich unter den Flüssen des Mittelländischen Mee-
res, dcrVar, 14 Meilen lang, als Gränzfluss gegen Nizza; der Her-
ault, ein Sevennenfluss von 15 Meilen und der Pjrrenäenfltiss, die
Aude, von 30 Meilen Lance, oberhalb Narbonne sich mündend.'
Bei einer so höchst günstigen Bewässerung des Landet Ton
Seiten der Natur hat aber die Regierung keinesw^es verabsäumt,
noch mehr den inneren Verkehr durch eine kräftige Unteir-
#
\
I
Fraokr^iciu 35
lAtsimg vi&niiOge Canalbanten «a beleben » wobei wir bis auf
iis Zeitalter Liidwtgt XIV« surfickgehen müssen, wiewohl auch
ütamca YatcT Ludwig XIII, schon für künstliche Wasserrerbindung
seines Staates (Canal Briare) gesorgt hat Denn unter den Französi*
sehen Can&ien nimmt auch jetzt noch den ersten Platz ein I) der Süd*
Canal (canal duBIidi, e. Rojral), der gemeinhin nach seiner Land-
sdiaft der von Languedoc benannt wird*), und welcher von Tou-
louse über Agde in die Lagune ron Thau übergeht und durch diese
TermÖge des Hafens von Cette und der Garonne daa Atlantische
mit dem fifittelVdndischen Meere verbindet. Ricquet hat den
Plan zu dieser Verbindung entworfen und durcli das Ministerium
TonColbert unterstützt, wurde der Canal in den Jahren 1666 — 81
cffaut. Ri^uet selbst war vor der Vollendung gestorben, aber
seine Familie erhielt gegen die ihr überlassene Einnahme die
Aufsieht über denselben und die Verbindlichkeit ihn zu unter-
ludten. Handel, Kunstfleiss und eine anhaltende Betriebsamkeit
worden dmth diesen Canal erst in Languedoc und den zunächst
benadibarten Landschaften erweckt, und dadurch blieb der Wohlstand
för dieselben dauernd befestigt Die ersten Anlagen in den Iah«
Ten 1606 — 81 kosteten ]7,500«000Livres; seine gesammte Länge ist
227,547 Hetres oder 56^ Lieues d. P. (etwas über 30 Meilen),
mif der oberen Fläche ist er 60^, unten 32^ breit und überall we-
nigstens 6* tief. 62 Schleusen iind au seiner Wasserbespeisung
anf ihm erbaut, 72 Brücket auf den Hauptlandstrassen führen
über denselben, und 5& Wasserleitungen heben ihn über so ^ele
Bädie und andere Undefen, während er zwischen Narbonne und
Beziars über 550 Fuss durch den Malpasberg durchgeführt ist
Er wird hauptsächlich durch das als merkwürdiger Kunstbau
»ii^;ezeiehnete Wasserbecken von StFerreol gespeist; Fahrzeuge
■lit einer Tragbarkeit bis 2000 Last künnen auf diesem Canal ge-
tamdit werden ^% und die Lebhaftigkeit des Verkehr« auf dem
«elbcai ist so Stade, dass die verhältnissmässig nicht sehr bedeu*
*y Die be^e und lehrreichste Besehreibung über diesen^ Canal
kit der General Andreossy geliefert» bisloire du Canal du midi,
Ptass AB YIU iVdm 8vo.
^) Seit* dem Jahre 1821 wird er ^^ voif Dampischiffen be-
Miren, *
3*
9
36 Frajikr^iclL
Henden Canalali^^abeii }etst jUirlich über 1,000»000 Fm. eintr^
gen, wovon jedoch der dritte Theil jäKxlich an Ünterhaltungsko-i.
sten yerbraucht wird. Nächst diesem Canale sind <Ho wiohdlgst^a
kjQnstllchen Wassentrassen unter den vielfachen 9^) theils« voll«
.stiindig aiisj;eCuhrteny theiU schon lange Zeit im Bau bc^ffeneii:
7) Der tüanal des Centrums oder der von CharoUais, als
Verbindung zwischen der Xoire und Sadn^ yon Digoin bis nach
diAlons unter der Regierung Ludwigs XVL ausgeführt und
^91 eröffnet; er ist 116,812 Metres lang<20»lieues. Über 15' ML).
3) Der Caual d« Monsieur aor VerUnduiig der Sadne»
«iit dem Rhein durch den Doubs, und zwar so, dass er die Sadne
^nit dem Doubs ^mterhalb Ddle verbindet^ welcher Theil bereits unter
Napoleon ausgeführt und 1806 eröffnet ist, dann den Doubs zur
4Schiffahrt gebraucht bis Vougeauconrt, hier aber in eine neue
Canalyerbindung fiber Mümpelgard^ Mühlhausen, Neu -Breisach,
/Grafenstadt bis ^in ,den 111, «inen Nebenfluss des /Rheins geht,
welche unter Ludwig XVIII. seit 182G auageliihrt ' worden ist
Dazu kömmt nun eine directe Verbindunir zwischen Mühlbausea
«nd Basel und Hüningen, jnn* Erleichterm^ des Handelsverkehrs
zwischen Frankreich upd -der Schweiz^ welche unter Cwl X. be-
gonnen und erst unter der gegenwärtigen Rc^erung 1833 für
ifie So&iffahrt eröffnet ist Alle drei CanUle zusammen haben
«ine Länge von 321,277 Hetves (42,^ Meilen)« —
4) Der Canal von Bourgogpe, als Verbindung derTpnne
und Sa6ne und .'dadurch der Seiie mit der Rhone, föngt zu
Hoche an der Yonne an und endigt zu S. Jean-de-Losne an der
Sa6ne, nach einem Laufo von 241,169 Metres (32 Meilen). Die-
ser Canal gehört zu den wichtigsten Wasserverbtndungen Frank-
rei^s, 4a <er drei Hauptpunkte der Französischen Industrie und
seiner physischen Cultur, Paris, Lyon und Strasburg verbindet.
Er wurde bereits unter Napoleon entworfen, unter den beiden
darauf folgenden Regierungen ausgeführt« ist aber erst 1833 für
*) Eine sehr zweckmässige Ud>ersicht sämmtlicher Canäle
l^ranki^icbg nach Dabrena i«t in Berghans Oeogr. Wegwcflser IV.
9. 143— 20$2 [geliefert Vergl. Balbi Geographie Paris 1839
p. lU-15.
/
Frankreick. 3T
f
üe SeUffkhit geöffnet Er geht in der Nahe von Fouiirf 30(O
Metres lang durch eine imterurdisehe Gallerie.
5) Der Canat von Saint-QuentTn, Vib Verhindting" sww
sehen der Scheide und der Oiie, 0lngt bei Cambrai an der
Scheide an, geht über St. Quentin undt endigt zu Chaunjr ai^
• der Oite, indem die letztere HSllftQ auch als ein besonderer Ca-
Bai (Canal de Crozat} betrachtet vird. Seine gesammte Länge
betrSgt 9S,3S0Metref ( 12« Meilen); er hat zwei unteriHische Gallerien,^
die Ton Troncquoj von llOa Hetres und die von Riqueval von
5677 Metret LSnge. Da dieser Canal die Verbindung zwischen
Paris und den Französischen Nordiwehftfen machte sa ist der^
Verkehr sehr lebhaft auf demselben in Waaren aller Art, na*^
mentlich in Steinkohlen, die nach Paris verfUirt werden.
<Q Der Canal der Somme verbindet den ob^n Canal,.
neiriidi die st&dliehe Hälfte oder den Canal Crozat von St Si*^^
»on an bis zum Seehafen S. Valeiy, dem Sornme-Thal über
Barn, Peronne, Amiene und Abbeville folgend, in einer Länge
Ton 158,039 Metres (21 Meilen). Dieser Canal dient gleich dem
Torigen zqr Beförderung des regsten Verkehrs zwischen der^
Banptstadt und den Nordseehäfen, ausserdem aber aueh noeb
"sur Entwässerung der Moräste läng» der Sömme: seine Bedeute
aamkeiC wird noch in einem erhöhten Grade steigen , wenn vdie
* Vertiefnngsarbdten des Hafens S. Valerj, mit denen , man jetrt;
bes^äfligt Ist^ erst beend^ sein werden.
7) Der Canal von Briare, der älteste unter allen Fhm-^
zdsischen, da er bereits in dem vorletzten Regierungsjahre Lud*
wiga XUL 1642 für die Schiffahrt geöffnet ist, verbindet die
Loice bei Briare mit dem Loing, einem NebenAusse der Seine,
bei Miontargis. Er ist Sß^SOl Metres lang (beinahe 7 Meilen),
ted dient zum Transport von rohen Eirzeugnissen der physischen
Cnltur aller Art ana den Landschaften der oberen Loire nack
Paris»
8) T3fft Caval der Loing setM; d<en vorijgen bei
Ibrt, gabt ttber Nemours und endigt bei Mamers an der Seine».
Er hat ganw den Zweck des Canals vqn^ Briare und fast auek
diesdba Länge, nämlieh &S,»34 Metret.
«
I
3S ^ i Frankrei eh.
/
^) Der Canal i^on OrleAns ttt ftb eine sweite ForCteC*
cung des Canali von Briare zu betrachten. Indem er gleichfalls
die Loire und den I^oing verbindet, bei Combleux an der Loijre
seinen Anfang nim^it und bei Buges am Canal des Loing en-
digt Er wurde bereits unter Ludwig XiV. erbaut, schon 1692
eröffnet und hat eine Länge von 72,304 Metres (beinahe Ü\ Mei*
len): er dient vorsüglich sur Beförderung der Zufuhr aus deo
Landschaften der unteren Loire nach
10) Der Canal der lUe und Ranee, unter Kapoleon 1804
angefangen, aber noch Jetst nicht vollendet, soll eine yerbin- i
düng si|ischen der Rance bei Dinan und der Vilaino su Rennet
herstellen, die Bretagne durchschi^eidend von la Roche Bemafd
an der Yüaiiie bis sum Hafen St Male, indem der Nebenfluss
^ der Vilaine, die Ille, einen Theil dieser Verbindung bilden muss.
Der Zweck dieses Canals beabsichtigt, die H&Cen des Atlanlisehen
^Meeree und am Canal la Manche mit den inneren Theilen der land-
wirthschaftlich reich ausgestatteten Bretagne su verknöpfen und
den Absats ihrer Producte su befl^rdem. Der %anal ist im Jahr
1833 erst fertig' geworden und hat Jetit eine JJknge von 80,706
Metres (fast 11 Meilen).
11) Der Canal von Nantes nach Brest, gemeinhin der
Canal von Bretagne genannt 369,437 Metres (49^' Meilen) lan^
geht von Nantes bis Chateaulin an der,Aune ujid bildet im Ver-
' ein mit dem vorhergehenden Canale die Verbindung aller See«
häfen der Bretagne und \in der Manche, indem er • die lioire mit
der Vilaine, diese mit dem Blavet und diese wiederum mit der
Aune verknüpf!, die sich in die Rhode von Brest ausmündet
Er ist erst 1833 vollständig für die Schiffahrt eröffnet,* und wie
er schon für den gewöhnlichen Handelsverkehr von sehr grossem-
Nutsen ersehet, so dürfte seine Bedeutsamkeit doch bei jedem
Seekriege noch viel höher steigen, indem er auf eine so swe<^-
mllssige Weise ^\^ Verproviantirung wichtiger Seeh&fen befördert
12) Der Canal von Berrj verbindet die Loire mit dem
Cher, wii einer Strecke von 260,300 Metres* (34| Meilen), von
Rhimbe bis su St Agnan am Cher, ist 1831 vollständig ausge-
führt worden, und dient theils die Loire herab nach Tours und
Nantes, t|ieils vermöge des Briare*Canals naeh Paris Heia, Stdn*
t 'Fraakreich. 39
koUoi MH» 4en reichept Gruben von Commentrj und kindwirth-
«cknfüiche Produete allef Art su venekden^
' m DerCaAal von Nirernais^.. 1 85,264 Metre«(a4<^^Mei*
len> lanf^« verbindet die Loire mit der Yonne, einem Nebenfhiste
der Seinem indeBi er von Decise an der Loire bis Auxerre an»
der Yenne geht Seit 1784 ange^emgen,. ift er erat 1831 beendet
und für die SdiiflFahrt erdflfhet und toll vorsüglich dasu dienen«,
den AbsatE von Hola aller Art ans den grossen Forsten dea
MmsfUk SU bef dtienu
44) Der Canal von Oureq verbindet die Seine vpib
Bassin der VUette zu Paris mit dem Oureq bei Mareuil, und hat
hanptsäehlick^dei^ Zweck, Paris auf dem rechten Seineufer mit
dem. Wasser diesea letsten Flusses zu versorgen, während die
Schiffahrt auf demselben nur sehr untergeordnet ist Cr speiset
aach sugleieh die Canäle von St Denis und St Martin und hat
eiae L&nge von 03>022 Metres (I2«7 Meilen) lang. — Endlich
gehört noch an den bedeutenderen Wasserstrasssn der Cdnal der
I^^pinen (Canal des Etangsi» 58,5QO Metres (7^^ Meilen) lang,
welche noch in der Verbindungslinie zwischen der Garonne und
der Rhone liegt, und den Sudcanal bei seinem Eintritt in den
JSftaag Than bis- zum Radelle • Canal westlich von , Aiguesmottes
nykrtr und dadarch eine beschleunigtere Verbindung zwischen
dem Hafen Cette und den Rhonegegenden in der Nähe von
herbaiführt
Mit diesen Cani^bauten sind die seit 1822 begonnenen Ei-'
^enb ahnen *) zu verbinden, die zum Theil einige schon im
Ban b^^fiffene Wasserstrassen verdrängt haben. Es giebt bis
jetzt 4 fl^ die ludustrie und den Handelsverkehr sehr wichtige.
Die älteste führt von der höchst lebhaften Fabrikenstadt St
EtiesiDe bia Andresieux, 2J»825 Metres (beinahe 3 Meilen) lang,
wurde 1822 angefangen und 1817 beendigt: sie dient zum Trans-
port der Beigwerksproducte im Bezirke von. St Etienne, der
diaeh Pferdekraft bewerkstelligt wird. Die zweite Ist von
St Etienoe nach Lyon auf einer Länge von 56,805 Metres i7^
•} Ser^hans, Geogr. Wegw. IV. S. 208.
40 Frankreich.
Meilen) Länge geführt und in den Jahren 1620—31 erbaut wor-
den. Seit dem Januar 1)332 wird sie juit Dampf wagen lum
Transport von Waaren und Reiienden befahren. Die dritte
führt \pn Andresieux nach Roanne, §7,445 Metres (9 Meilen)
lang, seit 1828 erbaut ab Fortsetzung der ersten. Die vierte
wurde von Epinae naeh dem Canal von Burgund auf einer Lunge
von 28,000 Metres (3J. Meilen) ausgeführt und Tonäglich daxu
bestimmt, die Steinkohlen aus dem Gebiete von Epinae auf den
Canal von fiurgund durch mit Pferden bespannte Wagen
zu führen. — Zwei neue für den Verkehr i^hr wichl;jge Eisen-
bahnen die eine zwischen Paris und dem Hafen Dieppe auf einer
Länge von 7^ Lieues, die andere zwischen Paris und St 6er*
maio, sollen mit diesem Jahre 1835 angefuigen werden.
Die Landstrassen sind seit Napoleons Verwaltung in den
verschiedensten Richtungen, damals mehr tus dem Gesichts-
punkte militärischer, als industrieller und commerzielier Zwecke
in Kunststrassen verwandelt Unter den beiden folgenden Re«
gierungen Ludwigs XVllI. und Carls X. sind zwar mehrere neue
Seiten-Chausseen angelegt und auch völlig beendigt worden, aber
nicht mit gleichem Staatsaufwande ist für die Erhaltung der be*
reits bestehenden grossen Strassen gesorgt worden. Dies hat
auf ihre fahrbare Beschaffenheit um so nachtheiliger eingewirkt,
als die Chausseen in Frankreich ausschliesslich auf Staatskosten wie-
derhergestellt werden, und durch die Befreiung derselben von allem
Chausse^eld, keine Beiträge von den Waarentransporten in die
Staatskassen dafür .übergehen. VlTelche ausserordentliche Sum-
men aber Napoleon während seiner Kaiserregierung bis zu dem
Russischen Kriege (1804—12) für diesen Zweig der Staatsver-
waltung unausgesetzt verwandte, geht aus Fains *} Bericht hervor.
Es kosteten in diesen 8 Jahren die Brückenbauten 30,650,000
FrcB., die Canäle 54,700^000 Frcs., die Landstrassen 277,484,500
Frcs. **), die Seehäfen 117,328,000 Frcs., (darunter wurden
40,000,000 Frcs. für die Eröffnung der Seheide verwandt); 14,200,000
Frca. wurden filr Austro^cknung sumpfiger Gegenden, 149,108,550
1
*) Manoscript de 1812 en 2 vol, Par. undLpz. 18^» L p.67*-T7.
**) Die Strassen über den Simplon, Cenis, Genevre und die
Comiche kosteten über 369000,000 Frei.
I
/
Frankreicb. 41
Frt«. fBr Bffentliefie OebAude in deh Prorlmen also fiberliaupt
645,000,000 Pres, (über 100,000,000 Rthlr. Pr.) hergegeben: dagegen
f&r seine Palläste nur 62,054,583 Pres, und lur Wiederhentellung von
Paris Ton den VerheerungeA der Revolution und sodann au «einer
Verscbönening 102,421,000 Pres. -^ Am Ende der Regierung
Ludwigs XVIII. (1824) waren in Frankreich überhaupt nach dem Be-
richte Becquej's 80l9Lieues offene Strassen, wovon 3572 vollstän-
d% als Kanststrassen erbaut, j&hrlich 8,147,621 Pres. Unterhaltungs-
kosten erforderten, 3587 Lieues eincj Hauptreparatur bedurften, die
66,808,32 Pres, verlangte, und ausserdem 860 Lieues noch im Bau been-
digt werden mussten, mit einem Staatsaufwande von 44,276,539 Pres.
Die Brücken und Wasserleitungen erforderten lur jährlichen Un-
terhaltung 646,846 Fres.^ für Hauptreparaturen 8,610,601 Pres.,
SU ihrer völligen, Beendigung 7,420,24a Pres. Der Jahrese(;at für
Strassen- und Brückenbau wurde für 1824 und die näehstea
Jahre auf 22,873,559 Pres, jährlich angeschlagen ^ sollte aber,
wenn die vorgeschlagenen Ausbauten und Hauptreparaturen ganx
beendigt sein würden, auf 16,452,209 Pres, ermässigt werden
küujfien. Untbr der Regierung Carls X. wurde seit 1825 theils
auf Kosten der Begi«ning, theils als Unternehmungen durch Privat-
Compagnien, nach den darüber bekannt gemachten Ministerberich-
ten, der Bau von 16 heuen Kanälen unternommen, deren Kosten auf
149,500,000 Pres, berechnet wurden und aaf deron Ausführung
gleich ]8^|. 30,500,000 Pres, verwandt waren. Ausserdem wur-
den II neue grosse Brücken in Stein aufgeführt, die einen Auf-
wand von 5,768,000 Pres, machten, und der Hafen von Dfin-
kirehen nach der bereits darüber am 20. Juni 1821 erlassenen
Verordnung für mehr als 3,000,000 Pres, ausgebaut -— Aber
der sehr verhachlässigte Zustand der PranxÖsischen Strassen, in
den ^ersten zehn Jahren nach Napoleon, machte jährlich grössere
Anforderungen an das Budget und vermehrte gleichseitig die
Masse der Klagen und Beschwerden über den durch die schlech-
ten Strassen gehemmten Verkehr. Die ersten beiden Jahre der
Regierung Ludwig Philipps Hessen bei den schwierigen Zustän-
den* des Pransösischen Staates überhaupt wenig sur Abhülfe der-
selben thun, jetst aber (1834) hat das Budget die sehr starke
Summe von 38,500,000 Pres. (]0,395,OdO Rthlr.) als jährlichen
Aufwand für denselben bestunmt, bis dass die Ausbauten und
Umbanton der Strassen gänilich beendigt sein wetden.
/
/ "^
49 ^ Fraakreioh»
S^S.
Bevölkerunssveiiiältni sse.
Die ersten genaueren Volkss&hlüngen reichen« m Frankreich
bis auf Colberts Verwaltung, wurden abe^ dann in den leisten
Jahren Ludwigs XIV. und unter seinem Nachfolgi^r wieder sel-
tener und ungenauer y und erlangten erst durch Mo he au' s,
Messance's undExpillj's*) Arbeiten* neue Anr^^ng, die
dann nach der ersten Feststellung der Verwaltung während
der Revolution in dem statistischen £i|reaui eine ger^ekere
ControUe eilangten. Wie die Bevölkerung Frankreichs im Ali-
gemeinen in den heutigen Grunzen von \j6i von 23,000,000, bis
25,000,000 8. (1774) sich gehoben hat, 1789 schon über 26,000,000
S. stark und 1815 auf 29,400,000 S. ofßciell berechnet war,
haben wir bereits §. I. angegeben. Im Jahre* 1819 war sie nach
dem Almanac Rojal' ofUciell 30,415,191 S., 1821 = 31,078,053
S.; 1825 ='31,771,500 S., 1826 = 31,851,540 S., dje Zahlung
von J831, die vom Isten April bis zum pecember bewerkstelligt
wurde, gab 32,560,934 S. (vergl. §. 3. S. 21—23), endlich die
letzte officieile Angabe von der GesammtbevÖlkerung im
December 1832 gewährt eine Summe von. 32,665,07^ Seelen.— In
den zehn Jahren ]8^|. waren überhaupt geboren 0,656,355
Kinder, und zwar j^^ mehr Knaben als Mädchen, die Zahl
der Gestorbenen w^ar 7,724,278 Ind., also der absolute Ueber-
schuss bestand aus J, 932,073 Ind., wie denn auch diese Differenz nur
mit einer sehr geringen Abweichung zwischen dei: Bevölkerung
der Jahre 1817 und 1826 statt fand. Nehmen wir nun noch
*) Mohean recherches et considerations sur la population de
la Frai.ce, Paris 1778« 3. vol. Svo.— Deutsch mit Anmerk. v. S. H.
Ewald. Gotha I75& *- Messance nouvelles recherches sur
la population de France, I«you 1788 4to. — E x p i 1 1 y in seinem gros-
sen dlctioonaire historique et geogrspbique 6* vol. fol.
Frankreich. 4S
die nicktten (Unt Jahre 1827—31 hinzn, so eriulten wir Ar
fanfzehn Jahre 18^| I4»60S;581 Geburten (und swar in dem Ver-
hältnies der Knaben m den MM^^n v>« 749:704^ oder beinahe
wie 17:110, also jährlich im Durchschnitt 073^77 Geburten
Die Zahl der TodesflÜIe ist 11,768,615, alsd im Durchschnitte
781,567 jährlich. Der Ueberschuss der €ieburten über die To-
desfälle ist mithia in den fknisehn JAhren 2,835,074 Ind., wie-
derum mit einer sehr geringen Differens swischen dem Stande der Be-
T&lkomng der Jahre 1817 und 1831, die also auf einen sehr ge-
ringst Wedisel durch Einwanderuog^ und Auswanderung und ei-
nen sehr unbedeutenden Zuwachs dadurch fär den gesammteQ
Staat hindeutet —
In den letiten sehn Jahren 1824 sind aber nur .dureh-
sdmittlich geboren jährjich 967,480 Ind., gestorben 781,480 Ind.,
also war der jährliche Zuwachs der Volksmenge durch Propaga-
tion durchschnittlich 186,O0o, und ]8|| susammen 1,860,000 Ind.,
das ist fast genau |. Procent jährliche Vermehrung bei der,
durchschnittlichen Annahme einer Volksmenge yon 32.000,000
Seelen ßlr diese 2!^it Wgr erhalten beinahe dasselbe Resulta',
selbst wenn wir das durch die Cholera in Rttcksieht der Haupt-
stadt und einiger änderet Städte des nördlichen Frankreichs itiit
Todesfällen reicher ausgestattete Jahr 1832 för sich «Hein be-
traehten. Es wurden fti demselben geboren 986,709 Kinder, es
stürben 802,761 Ind., also blieb ein Ueberschuss von 183,948,
nicht viel weniger als |. Procent (genauer ||) der damaligen Be-
Tälkemng. Doch ist die Zunahme der Bevölkerung relativ ge-
iringer in dem sweiten Jahrzehend seit 1814 als in dem ersten;
denn schon in den fnnlsehn Jahren 18^f erhöhte der grössere
Ueberschuss in der vermehrten Bevölkerung aus den ersten fänf
Jahnen den gesammten Durchschnitt auf 189,006 Ind., oder etwas
aber I Prozent, in den sehn ersten Jahren dieser Periode 18^^
aber auf 193,207 Ind. jähiiich, das ist etwas über ^«^ Procent
der durchschnittlichen Bevölkerung des Staates von 31,200,000
Seelen in diesor Zeit*).
f
*) Bickes, Bewegung der Bevölkerung niefar. Europ. Staat. 9.
(S3— 77 hat eine Periode von 12 Jahren 1817—^ nach allen BeaiW-
hnngen durchmustert und sie mit den aus Mobeau und Dsipilly be»
44 Frankreich.
Die Kahl der ehelichen Kinder su den nnehelieheti ver-
hält sich in ganz Frankreieh wie 13 : f*,' denn unter den in d^n Jahren
18|| rorgekommenen 9,036,355 Gebarten waren 8,983,308 eheliche
tmd 673,047 uneheliche; unter den l8Hyorgekonimenen 14,003,561
Geburten waren 13,579,030 eheliche und J, 024,551 uneheliche,
also'' der mittlere Durchschnitt im Jahre bei 973,577 Geburten
905,269 eheliche und 68,308 uneheliche: dagegen ih Paris durch*
achnittlich auf 9 eheliche Geburten 4 uneheliche und in den
leisten 6 Jahren, wenn dies frfiher auch selten stattfand, haben
wir' auf awei eheliche geradem eine nnehelirhe ader auch
hech ein stiürkerea Verhältniss anzugeben, wie dies sogleich an-
ten bei der BerÖlkerung von Paris n&her nachgewiesen wird. —
Die Zahl der neu geschlossenen Ehen war in^den fünfzehn
Jahren ]8|[ 3,564,381, also durschnitilich im Jahre 237,625 Eh^n;
dagegen in den leMen 10 Jahren 18 J^ durchschnittlich tiur 234,544
Ehen. Aua diesen Angaben gewinnen wir folgende allgemeine Ergeb-
nisse für die letztgenannte Periode von fünfzehn Jahren, dasa
auf 100 Todesfälle 127 Cjreburten, oder auf* 100 Geburten hei-
nahe 79 Todesfälle ' su z!lhlen sind; das giebt zur gesammten
.Bevölkerung ein Verhältniss von einer Ckburt auf 32 Lebende •
und von einem Todesfalle auf 40 Lebende, so wie auf 133 Le-
bende eine neue Ehe kömmt -— Die eheliche Fruchtbarkeit ge-
währte nach Bickes *) in der Vergleichung der Geburten su
flllmmtlichen Ehen fQr die 12 Jahre 184^4,149 Kinder auf
•ine Ehe, wobei aber nach Abzug der unehelichen Geburten
nur 3,^'^ eheliche auf eine Ehe gerechnet werden dürfen; def^
selbe findet das Verhftltniss der Knaben zu den Mädchen in die-
ser Periode wie 106^^: 100, also beinahe wie 16 zu 15. — Die
Zahl der Taubstummen betrug 1832 in ganz Frankreich
20,189, also auf 1585 S. ein Ind«
In Bezug auf die Vertheüung der Bevölkerung nach den
Bewohnem des platten Landes und der Städte, finden wir das
Ergebniss, dass etwas über drei Viertel der Einwohne^ ausser-
kannten Zahlen von 1769^77 verglichen. Doch muss bemerkt wer-
den, dass die Zählungen in Frankreich nicht nach dem Geschlechte
und die Todesfalle nicht nach den Altersklassen aufgeführt werden:
^her hat Bickes hier nur nach bekannten Combi nationen seine
Rechnungen fortsetzen können, um mehrseitige Resultate zu erlangen.
*) Beweg, d. Bevölk. S. 75. '
Frankrticli. 45
UKW 4w StiUt^- tnd^ kuioJ»* «^ Vitw^.i U den Sttdloi leiben,
voivott PtfTiB m^oia em Fünfua4drei»tigtheii beiiCit Nfteh
^Bcm. Mimstemtbericlite «nt dem Deeember 1830 betrug bei der
iuellMt ang^ebcoea Geiaauntbe^ölkcniiig von 3U84M11 See«
ka dio l&ndliebe BeyölkeniQg 24,184,208 Seeiea in 37,187 be-
■oAderea Dorf-Communen (mitbin jede diupebeebnicdieb 660 See-
len)^ ^e fttüdtitebe 7,661,203 Seelen, veTon Paris neeh des Zftb-
Jung Ton 1827 890,431 Einw^ die übrigen 1377 StMte und Fle-
cken 0,770,772 Einw. (mitbin jede dieser CiMemvneB durdisebnitt-
fiek mit 4917 Seelen) siÜiUen. Unter den 1377 st&dtieeben Com*
— ■■■m^ii waren 8$ Departementalhauptstädte mit dem Sitn einer
Prikfeetar und 272Arrondissementsliauptsäkdte mit dem Sttn einer
Unterprftfiectur, also mit Einsehlnss von Paris 362 St&dte, die l&mmt-
liclimdkr als 5000 Bewebner besessen: von denfibiigen 1016 Ort-
adtafl^ waren 540 kleine Städte und 476 Flecken« DieiSesammtiahi
der städtiscbef und ländiicben Communen steigt daber gegenwirt^
nf 38,565. Die Zabl der Wobnbäuser ward in dieser Zeit auf
5^1,(XX> bereebnet, so dass mitbin dorebsebnittüeb, 6 Mensebe«
nof ein Haus kamen, die der Müblen 76,000, der Httttenwerke
. vnd Fabriken 35,000, der Öffentiieben Staats- und Oemeindebin*
22fl00^ der Kircben und Capellen, 56,000.
Die relative Bevölkerung*) erreiebt im Franaftsiseben
Staate in Europa in keinem Departement mebr die Stufe t»iner
scbwaeben, oder sinkt unter 1000 Seelen auf die Quadi^at-
metle. Nur 20 Departements befinden sieb in der mittleren
Bevölkerung xwiscben 1000 nnd 2400 Seelen auf einer Qnadrat-
metle, davon die meisten sehr nabe an der starken: es sind im
nordöstlicben Frankreieb 4 Departements Cote d'or, Mame, Ambe
und Marne Eüiute, alle noeb tiber 2000 S. auf 1 QJtf., im nerd*
westUcben 7 Departements Nievre, Vienne, Eure und Loire, Al-
KeTt Loire und Cber, Cher, Indre, von den^ nur die beiden
letsteren unter 2000 S. auf 1 QM. sinken; im sÜdwestlicben 5
Depts. Aude, Avejrron, Ost-Pjren&en, Landes und Losere, da-
von gleichfalls nur die beiden letsteren unter 2000 S. auf 1 QM. ;
endlieh im südöstlichen Frankreieb 4 Dspts., welche, ausser dem
Dept Var, überhaupt als die am schwl^hsten bevölkerten im gan-
^
*) Vergl. darüber die BesümmuBgen Tbl L S. 78.
48 « Fraftkreicb.
mm Sttato endi«tiH«» ^« Ut^.jU|iMi mfi 1278 S., Niea«i^
' Alpen mit 1155 S. nni die Intel Conika mit 1008 S. s«f 1 ^ML
(VeigL S. 21-^23). D«g^;eii bew^cn lidt die übrigen M De-
ptftements etentHeh in de« Veriiükniltte einer itarken Be-
völkemngi und msaer dem Departement der Hauptstadt erreiefaeii
14 mdir als 4000 Seelen anf 1 QBL, woron 6 Dept. sieh im
nofddstüdien Frankreieli befinden, in aufsteigender Folge Seine
et/Oise, Somme, Paa de Calais, Ober^Rhein, Nied^-Rbein,
Nord, die beiden lelirten als die sUfks^n mit 7108 und «388 S. auf
1 QM.; eben so 6 Departemente im tiordwesttiebea Frankreich,
Finisterre, liie nnd VUaine, Cotea da Nord, Calrados, Blanche,
Seine Inferienre, keine ttber 7000 S. auf 1 QM.; endlich 2 De-
partements im sQdiistliehen Frankrmeh Loire und Rhone, woron
das letstere mit 0231 S. auf 1 QBL n&ebst dem Depigrteme^t Nord
nnd dem der Havptstadt (S. 21) das MaTimum der Bevölkerung
Frankreiclis tragen.
Die Haupt- Coneentralionspnnkte der Berdlkemng in den
Haupt- und Handelsstädten gewähren 0 grosse Städte mit
mehr als 60|,000 Einwohnern und ausserdem 28 grössere Städte
xwischen 50,000 und 20,000 Bewohnern. Die Bevölkenmg von
Paris nahm seit dem Zeitalter Ludwigs XIV. *) mit Riesensehrit- .
ten SU, und war schon gegen das Ende seiner Regierung 1710
830,000 Seelen stark. Unter Ludwig XV. wuchs i^e bis auf
7bOfiOO S. und erreichte das Masimum au Anfang der Revolu-
tion in mehr als 800,000 S. Während der Revolution Iheils
durdi die Gräuelthaten des Terrorismus und der naehfolgenden
Anarchie, theils diurch die unausgesctxte iTheilnahme an den aus-
wärtigen Kriegen verminderte sich die Bevölkerung um mehr %ls
150,000 Köpfe, wie denn gerade in der höchsten Glansperiode
Napoleons,1807 in Paris lyur 6^0,742 Einw.gteähit wurden. Nach
der Rüdckehr der Bourbons aber steigerte sich dieselbe bald wie-
derum mit rasohen Fortschritten, wohl durch den Hofglans und
die deshalb hier bleibend angesiedelten adelichen Familien, als
^ anch durch vermdnte Industrie, am meisten aber durch die mit
*) Nach Dalaure histoire phys. de Paris war die Bevölkerung
von Paris um das Jahr 1300 = 49,700, am Ende der Re*gierung
Fcaas's L 1547 =: M^OOO» nu Ende des Ministeriums €k>lbert um
1680 =: 479,000 S.
^ Fraakreicil» 47
jedem Jahre melir nnehiiieiide Zahl ^n FrMul««« Tonüglieh
EBgl&nd«m, «lie «inen daaemden Aufenthalt in Paris iriblten^
loi Jahre 1818 war die Bevdlkening bereits 717,212 Seelen, wo-
Ton 217,000 j»if 4em reehten Seinenfer und 3420 aosierhalb der
Mauer der Stadt in 26,801 Häusern lebten. Die Bevölkerung Ton
1S27 haben wir bereits eben angeg;eben, die Zahl derselben dürfte
überhaiipt bis jetat als das Mazimnm für Paris betraehtet wer*
den, da die potitisehen nnd industriellen Einwirkungen derltero*
hition Ton. 1830 naehdieillgaaf den Beri^emngsstand, namentüoh
fto den Anüendialt wohlhabender Fremden sieh ge&ussert haben« Da-
her war die Bevölkerung im Jahre 1832 auf 774,338 gesunken. Die
Zahl der Todesfiüle in dieser Stadt ist>aber naeh einem mehr als hun.
dcrt jahrigen Dorehsehnitte grosser als die der Geburten , dahor das
frihere ao üb^rasehend Aeigende Waehsthnm der Bevölkerung
la^Udi desa Uebersiedeln der nieht daselbst gdlKirenen nnd ans
dem ganaen Staate anströmenden Volksmenge anauschieiben ist
Denn in dem Zeiträume von 101 Jahren 1710—1810 starben in
Paris 1,035^70 Menaehen, nnd et wmlen nur geboren 1,931,807
Kinder, (mithin jahrKch im Durchsefanitt 10,128), während sehen
in den ersten 79 Jahren (1710—1789) dieses Zeitraumes die
Volksmenge in Paris um 270,000 Individuen gewachsen war, also
dvrej^hnittlich im Jahre, ausser der Elr^'änsung deii Verlustes
dureh den Ueberschuss der Verstorbenen rüber die Ge)>orenen, um
3418 Ind. S^t 1816 hat sich dieses Verhältnis geändert, nnd
n werden durchschnittlich im Jahre 3000 Menschen mehr gebo-
noy als Todesfälle sidi ereignen, wie denn dieser Ueberschuss
m deniünf Jahren 1820^24 fär die Vmnehrung der Bevölke-
nog hfc 17,163 S. (also jähriich im mittleren Verhältnisse in
34}3S.) bestand*). In den Jahren 1830 und 34, wenn wir das Cho-
l«i-JahT 1832 ausnehmen, wo in Paris Oberhaupt 44,^3 Menschen
■tsrbeoy lind^ wir ein galiz gleiches Vcrhältniss **). Das Ver*
^) Die grdsstea und kleinsten Differenien waren
1820 geboren ai»858) gestorben 23,464.
1823 27,070; 34,333.
1824 28,812 — 22,617.
**) Die^^össte Differenz ist 1834 > wo ^,130 geboren wurden
«Bd 21,177 starben^ die kleinste 1833» we 97|480, Geburten «ad
3S,096 Todesfälle statt fatfden.
48^ Frankreich.
hUtntM der. ehelichen Glehiinen lu den unehelichen schwankt
im achtsehnten ' Jahrhunderte zwischen 3 und 4 su 1 in dem
gegenwärtigen ging et von dem Minimum im Jahre 1800 juit
6282 unehelichen Kindern, bis auf 8982 im Jahre |8I5, 9236 im
Jahre 1820, 10,221 im Jahre 1824, 10,153 im Jahre 1830 und
9985 \im Jahre 1834 über, wodurch dasselbe auf 2 su 1, biswei-
lenibis sehr nahe auf 3 su 2 surückgcführt wurde Die Zahl
der jährlich neu abgeschlossenen Ehen schwankt seit 1816 zwi-
scheii 6500 und 8000 *).
Lyon, die zweite Stadt in Frankreich, hatte während der
*) Das Bftnimom derselben fand statt 1831 = G^| das Maxi-
nam 1833^7938) ein MitteWerhaltnlss ist das des Jahres I83a=:
7123. — Als interessante statistische Veriialtnisse ^eser unter den
Hauptpunkten Europäischer WeUbildung beryorragendeB Stadt be-
neiden wir noch einige durch Vergleichunit mit anderen Hauptstäd-
ten höchst anziehende Resultate. Die Zahl der Selbstmorde schwankt
seit 1816 zwischen 240 und 380> sie war 1818 = 241 > 18^1 = 348;
1S23 =309, wovon stets { auf Männer kommen, Nehmen wir das mitt-
lere Verhältniss der Selbstmorde voirSlO bei der mittleren Bevölkerung
von 750,000 S. in dieser Zeit, io erhalten wir auf 2419 Bewohner Jähr-
lich einen Selbstmord. — Nach Benoistoh de ChateanneufiB Berech-
nungen nimmt Paris an der allgemeinen Consnmtion von Brod in gann
Frankreich (nach den Steuer - Registern) mit ^V> *■ der allgemeipen
Consumtion von Fleisch mit <r\, von Wein mit ^9 an dem Lottospiel
aber mit vollen t AntheiL Paris gewährte in den J* 18}^ an Steuern
dem Staate S1|000>000 Frcs., ,das betrug daamls ih des gesammten
Einkommens des Fransösischen Staates, und zwar S8 Millionen
durdi direcde, 19 Millionen durch indirecte Steuern 9 16 Millionen
durch Enregistrements und Stempel -Gebühren , 6 Millionen durch
Lotterien, 5ft Millionen durch die Spielhäuser und 4 Millionen durch
die Briefpost — Der Flächeninhalt von Paris ist 3449'^ Hectaren
(13,376 QMorgen Pr.) bei einer Länge der äusseren Boulevards von
^ehr als 6} Lieues; auf welchem 18*26 27,900 Wohnhäuser (1817
26,801 Häuser) sUnden, also 28 Menschen auf ein Haus. Die Stadt
Berfällt in 12 Bezirke (Mairies) und 48 Vierteil sie hat IlllStrasseni
davon 120 Culs de Sac, 13 eingehegte Plätze, 27 Gässchen, 129
Durchgänge, 75 öffentliche Plätze, 33 Quais, 16 Brikken 9 Boule-
vards auf der sädlicheui 13 Boulevards auf der nördlichen Seit^ 210
Brunnen und Wasserkünste und 9800 Buden. -«>
\ ^ Frankreich. 49
)
Rerolütioii antterordentlich an Bevdlkeiung rerloren, die mu<^
«nter der kauerlichen Regierung^ bei dem gtockenden Absatz in
Seidenwaaren in dieser auf Industrie begründeten Stadt, nicht
nriir va\ alten Höhe wieder heraufgebracht wurde. Seit IS 18
ist die Bevölkerung aber wieder jährlich in steigender Zi^ahne
]821 = 131,258S.; 1827= 145,675 S.^ Marseille im Mittelal-
ter nnd in der neueren Zeit bis gegen die Mitte des achtsehn-
ten Jahrhunderts , unbestritten die erste Handelsstadt des
FransÖsischen Staates, darauf ndt Bordeaux in nebenbuhleri-
schem iCarapfe, wenn gleich in gans verschiedenen Handelsrich«
titngea besehafttgt, erreichte doch im achtzehnten Jahrhundert
nach nickt völlig 100,000 Einwohner, wiewohl es sich nicht
weit davon entfernt hielt Im Jahre 1821 war die Bevölkerung
J09477S.; 1827=:llö^43S% — Bordeaux hatte in der Mitte des
ftektBehnten Jabthimderts nur ^,000 Einwohner und ist dann
•ehr raach fortgeaefaritten ; 1821 besass et bereits 89,263 Ein*
wehoer, 1827 =s 93,540. -«- Dasselbe chronologische Veri^itniss
^krZanahme findet aneh bei Ronen statt; diese Stadt silhlte naeh
der officiellen Angabe von 1821 =: 86,736 E. und 1827 =: 90,251 E.
-— Nantes ist in der Bevölkerung sich gleich massiger geblie-
ben und wächst auch jetzt nur in aftchr massiger Progression ; 1821
= 68,427 E., 1827 = 71,940 £. — Lille hatte im achtaehnten
Jahrhundert swiichen 30 und 36,000 E., ist aber durch Industrie,
nach gestiegen, J82i = 64,291 E.; 1827 = ^M^O £• —
Totilcuse'a Bevölkerung bleibt auf derselben Höhe; 1786) =
4S,€I00 E.;. 1821 = 52,328 E.; 1827 = 53,820 E. Dasselbe
gUt von Strasskurg; 1821 q= 49,680 E.; 1827 == 49,708 E.
In sehr raschem Steigen haben- sugenommen JMeti 1827 =:
45,276 E.; Amiens 1827 = 42,032 E. ; Orleans 1827 =
40,340 E.; Nismes 1827 = 39,068 E.; Caen 1827 = 38,161 E.
^ In neunzehnten Jahrhunderte lebt aber Marseille aicht
mehr ausschliesslich vom Handel, den es früher für ganz Sudenropa
nls der Hanptplatz nach der Levante^ führte. Es sucht jetzt auch
einen bedeutenden Nahrongszwelg In den Fabriken und im Landbau,
indem es den bis dhhin für unfruchtbar gehaltenen kahlen felsigten
Boden der Umgegend dberraschend schnell za einem vfruchtreichen
Ertrage emporgebracht ^at. Vergl. darüber Thiers le midi de la
France ea 1S22, Paris 18^ die erste Schrift, welche die allgemeine
Aufmerksamkeit auf diesen sdtdem als Staatsmann so hodi geMia*
genen Schriftsteller >j:ichtete.
Schubert* 5 Stutlfltiltll. 4
f
50 Frankreich.
und vor allen die aus e^ner kleinen Ortsehafit Überaus schnell
empor gestiegene Fabrikenstadt £tienne 1827=37,031 E. — Aus-
serdem bemerken wir noch die Bevölkerung sius dem Jahre
1827 von den nachfolgenden 22 Städten, die zwischen 35,QOO
und 20,000 Einwohnern beträgt: Montpellier zz 35,842 L.,
Rheims = 34,862 £.> Toulon = 30,171 E., Clermont-
Ferrand = 30,000 E., Angers =: 29,978 E., Versailles z=z
29,791 E., Atignon = 29,400 E., Rennes ä 29,377 E.,
Nancy = 29,122 E., Besannen z= 28,795 E., Brest =
2M55 E., Limoges = 25,612 E., Troyes = 25,bÖ7 E.,
Montauban = 25,466 E., Dünkirchen =: 24,517 E., Dijon
= 23,845 E., Aix = 23,132 E., Arras = 22,173 E., Greno-
Me = 22,149 E., Poitiers = 21,562 E., H^vre = 21,049 £.,
und Tours = 20,920 E. •> —
56.^
Stammvcirschiedenheit der Bevölkerung.
MelangeM sur lei languei, dtalectea et patots^ Parts 1831.
In keinem grossen Staate Europas sind die verschiedenen
massenweise angesiedeltep Völkerschaften so glücklich in ein-
ander übergegangen, wie in Frankreich: sie sind in Wahrheit
nach Charakter, Sitten und Sprache su einem Volke zusammen-
geschmolzen y wodurch der Verwaltung in allen ihren Zweigen
die möglichst grösste Ejrleichterung zugeführt worden ist Nur
an den Gränzen nach Deutsdiiand, Belgien und den Pyrenäen
ZM, und in dem Innern der Bretagne macht sich eine hervorra-
gendere Volksverschiedenheit bemerkbar, die jedoch mehr in der
Sprache, als in den eigenthümlichen Landessitten ihre nachhal-
tige^Begiündung besitzt Davon sind aber in allen Beziehungen ausge-
nommen die im seohszehnten und siebzehnten Jahrhunderte dem Deut-
schen Reiche entrissenen Landschaften, wo allerdings noch auf
einem giossen Theile dieses Gebietes der Deutsche neben dem
Franzosen in det Mehrzahl sich geltend macht — Viet Haupt-
stämme bleiben daher nur jetzt im eigentlichen Frankreich nach
*) So eben erhalte ich bei der Correctnr dieses gedruckten Bp-
gens das Octoberheft von Berghaus Annalen Jahrg. 1854» welches
einen sehr beachtenswerthen Aufsatz von Bickes über Frankreichs
Yolksvertheilung in Gemeinden und Städte S. 1—93 enthält, nach
der Zählung von 1831, und eine anziehende Vergleichuog mit den
hier gelieferten Angaben verstattet.
^ Frankreich« 61
te Spracbe cu nntencheideii» sa welchen der fünfte nur auf
der xuletzt ^^ewonnenen Insel Conica tritt.
i) 1>«T Fi^aniose. Dieser ist keines weges als der reine
liacULomme des Deutschen Franken anznsehen, sondern er ist ein
tos dteaena erobernden Deutschen Volke, soirie aus anderen Zireigen
desselben Stammes , den unterjochten €railiern und den daselbst be-
reita angesiedelten Römern , ihireh politische Verbindung und
deren lang bestehende Fortklaurr innigst yermischter Stamm.
Daher ist die Sprache dieses Hischvolks fast zu gleichen Theilen
ans LAteinischcny Gallischen und Deutschen Wurzelwörtem au-
sammengesetzt; es ist aber gans natürlich , wenn bei einer sol-
eben Mischsprache durch Localverhältnisse und frühere politische
Zastilnde rielfaohe Localdialeete sich bilden, und daher ganz
der linguistisdien Erfahrung gemäss, wenn man in Frankreich
gegen sid»zig verschiedene landschaftliche Mundarten unterschei-
det, unter denen am meisten die Wallonische oder Flamändi«
ache abweicht, wenn sie auch die Tochter desselben Ursprung«
ist Die Gesammtzahl der Franzosen betriigt neun 2Uiidieile
der ganzen Volksmasse, über 2^,500,000 Köpfe.
2) Der Breton oder Brejzard, in dem grossten Theile
Bretagne noch jetzt als ein Nachkomme der alten Briten
Schon im yierten und fünften Jahrhunderte*) fand
ein lebhaftes Binwandem aus Britannien nach der stammvenrandten
nerdwestlichen Landschaft Galliens, nach Aremorica statt, indem
die anunterbrochenen Unruhen und Bedrängnisse des Mutieriaa-
des, sowohl von Norden her durch die Pieton.und Scoten, aU
aueh von der See durch die Sachsen, Juten und Friesen dazu drun-
gende Veranlassung gaben. Naofi der Besetzung des Östlichen undsüd-
liehen Britanniens durch die Sachsen vermehrten sich die Einwände-
ningen in Aremorica so ansehnlich, dass die Uauptkraft der Briten
endlidi hier diesseits desCanals sich concentrirt^ und darauf von hier
ans Veriuehe zur Eroberung von ganz Britannien gemacht wurden.
Durch diese Verstärkung der Bevölkerung gelangte aber auch Aremo-
rica zu genügenden Kräfteif für die Vortheidigung seiner Selbstiüidig«
keit gegen dis siegenden Franken in Gallien und erhielt sich daher
*) Dam, histoire de Bretagne Paris 1826 3 vol. 8vo., von mir
ia einer Deutschen Bearbeitung, Leipz. 1831*3^1 2 Bde. 8vo. mit
Aamerkongen herausgegeben, in welches ich auch über dieses Verhalt-
Mi <ler Auswanderang Berichligaagen hinaiug^fügt habe. vgl. Bd. |.
m. B. S. 36-43.
4"
92
Frankreich.
tmtew allen Landschaften Galliens am längsten in Unabhängig-
keit Als es endlich der Uebermacht der Franken erlag, behielt
-es seihe eigenen eingebom^n Herzoge, deren Lfehnsrerhältniss inzwi-
«chen stets das lockerste gegen die Krone Frankreichs blieb. Durch
-die mächtigen Herzoge der Normandie gewonnen, wurde die Bretagne
eine Zeit lang mittelbares Eigenthum.der Krone Englands, als diese
von jenen Fürsten getragen wurde. Dann trat die Bretagne
nach vielfachen Kämpfen mit das* fierzogen von der Normandie
und der Krone Frankreich wieder in die Reihe der unmittel-
baren Kronlehen der letzteren, und erhielt sich als solches am
längsten in diesem Staate, indem es erst durch die Heirath des
Königs Carl Vlll. mit der Erbtochter Anna von Bretagne (s.
§• 1.) in die engere :iuimittelbare Verbindung mit Frankreich kai|i.
Durch diese viele Jahrhunderte hindurch erhaltene strengere Absonde-
rung von dem übrigen Frankreich, haben sich aber noch sehr bedeu-
tende Reste der alten Britischen Sprache unvermis^ht bei dem
gemeinen Mann erhalten, wenn gleich dieselben jetzt nur als
eine . Beimischung zur Französischen Sprache in dieser Gegend
gebraucht werden. Der Breton bildet jetzt ^j^ der^ Volksmasse^
gegen 1,050,000 Menschen. -^
9 Der Vaske, oder, wie er jetzt in Frankreich genannt
wird, der Gascogner, liefert noch den Kem.der Bevölkerung in den
Landschaften der West-Pyrenäen, wo er seit seiner Auswande-
rung aus der Pjnrenäischen Eüilbinsel im sechsten Jahrhunderte
die eigene Grafschaft Vasconia (Gascogne) gebildet hatte. Der.
Vaske hat sich als Bewohner einer durch Gebirge und Thäler
durchschnittenen Landschaft in seinen Eigenthümlichkeiten der
Volkssitten am meisten noch erhalten, seine Sprache ist auch
jetzt nodi ein rohes €remisch aus Vaskischen und Französischen
Wörtern, und die Beugung, Verbindung und Aussprache derselben
trägt eben so wenig, einen reinen Tjpns der alten Vaskischen ^},
wie der Französischen Sprache an sich. Die Gesammtzahl dter
Vasken betrilgt aber jetzt nnir ^f^Mer ganzen Volksmasse Frank-
reichs, gegen 120,000 Köpfe.
4) D er D^nts ch«, z^igt sich noch rein erhalten theils als Nach-
komme der AUemanneii und Burgunder in den seit den Eroberungen
*) Vergl. Wilh. v. Humboldt, Prüfung der Untersuchungen
über dieUrbewcluierHispaniens^ vermittelfit der Vaskisdkcn Sprache
Berlin, 1821. 4to.
Frankreich» 53
^
H^inriclia ILjgewonnenen DetttsehenLandiehafteii Lothringen, El^^
Sfts% der Freigrmfechaft (Fruiclie Comte) und den dicht daran etoaseii-
den €}egeDdeiH ^ila als EinsÖgliog durch Kriegsdienst und lodu-
strie, Tonogsweise in d^ grösseren Handels- und Fabrikstädten an-
gesiedelt In Lothringen und Elsass ist aber nicht su verkennen, dass
der Deutsche alljährlich mehr sich in dem Franzosen verliert Die Ge-
«ammtsahl der reinen Deutschen ist über ein Dreissigtheil der Volks-
menge anzusehlagen, gegen 1,200,000 Köpfe.
•5) Der Italiener ist nur in Corsic& kuf heimischem Boden»
sonst aber, namentlich im Zweige der Savoyarden *), vielfach
über Frankreich serstreut, etwa j||j. der Volksmenge einneh-
mend, gegen 300,000 Köpfe.
Was ausser diesen fünf Volksstämmen die fibrige Volksvenehie-
ilenheit vereinseit wohnender Stammgenossen anbetrifft, so finden
wir auch hier den Asiatischen Handelsmann, die^ Juden, in star-
ker 2Uü, aameqtlich in Paris, Lyon, Marseille, Montpellier, dem El-
sass, Lothringen und den Fransöbischen Niederlanden, fiber 00,000
Köpfe, also fastein Fönfhundertdieil der Bevölkerung. — N e n -G r i e«
chische Colonien sind in Corsica angelegt, namentlich ans der
Völkersehafl der Mainotten. «- Die Zigeuner, über das gaqce
mittlere und südliche Europa ausgebreitet, sind auch in Frank-
reich jetzt noch geduldet, ohne feste Wohnsitse nachweisen su
dürfen: wenn ihre Zahl wohl jetst jährlich mehr sich au ver-
mindern scheint, vorsüglich dadurch, dass der ins sesshafte Le-
ben übergegangene Zigeuner durch Verheirathung sich den übri-
gen Fransosen anschliesst, so werden doch immer noch gegen
8000 Köpfe gezählt Diesen anzureihen sind die Cagots
wahrscheinlich Ueberbleibsel von den zu Anfang dts fünften
Jahrhunderts eingebrochenen Alanen, die nach ihrem Üeber-
gange nach der Pjrrenäisehen Büilbinsel, hier zurückgeblieben
sind. Sie werden vorzüglich an dem Fusse der West- und Ost-
Pfrenäen angetroffen, sind wegen ihres Stumpfsinnes und vaga-
*) Leon Faucher, die Savoyardencolonie in Paris, v^l. Ma-
gazin für die Literatur des Ajislandes, Nov. 1834» nr. 140— 4L In
Paris allein leben jetzt stets ^egen 28,000 Savojrarden, die eine
höchst merkwürdige Verfassung unter sich selbst eingeführt haben,
aber fast ohne Ausnahme nach vieljähagem Aufenthalte in der
Hauptstadt, zuletzt doch mit ihren ersparten Schätzen nach ihrem
Vaterlande zurückwandern. *- Verhaltnissmässig leben sie in eben so
starker Zahl in Lyon als S^denarbeiter, in Marseille ids Lastträger.
54 Frankreich«
bondirenden Lebeni ttbel berilchtig^ ioheioen aber auch pfajtUibh
durch den ihnen fast wie eine Verbannung angewiesenen Aufentkait
in schlecht gelegenen, sumpfigen ThUiem dem Cretinismus grossen«
theils rerfallen ku sein : sie betragen jetzt gegen 6000 Köpfe. ^- Aus-
serdem müssen die seit der Revolution und Napoleon zahlreich in
Fr^kreich für die Lebensdauer sich aufhaltenden Polen, Spanier,
Poifu^esen hier angeführt werden, da sie aus dem Stande einer
tempor&ren Bevölkerung sich gänzliche entfernt haben.
Allgemeine Ständeverhältnisse.
Die Französische Revolution rief in diesem Staate den ge«
fährliche^ Versuch hervor, alle bürgerliche Verschiedenheil der
Stände aufsuheben. Er b^ann mit den Beschliissen der in ihren
^Folgen so unglücklichen nächtlichen Sitzung yom 4ten August 1789^
welche die Aufhebung des Lehnsjstems und der Privilegien '«n*
befahlen, und Ludwig XVI. zu der zweideutigen Ehre eines Wie-
derherstellers der Französischen Freiheit erhoben. Ihnen tblgte
am 19ten Juni 1790 die Aufhebung des erblichen Adels, ;ler ver-
schiedenen Adels -Titel der Herzog&, Fürsten, Marquis, Grafen,
Vicomtes und Baronen, so wie der Wappen und Livreen, die als die
^ Wegräumung aller Sinnbilder der Knechtschaft hocfak gepriesen wurde.
Darauf ward am 27ten December 1700 die bürgerliche Constitu-
tion für vollendet erklärt, nach welcher Frankreich nur einen
Staiid besass, den bourgeoi$ oder citoyen^ und auch dem Geistli»
oben die Verpflichtung auferlegt wurde, auf diese Verfassung den Eid
zu leisten, um dadurch für sich selbst des Standes eines xitoyen theil-
haftig zu werden. Welche politische Umgestaltung Frankreich in
dem weiteren Fortgange der Revolution auch erfuhr, diese
Grundlage des ßürgerthums erhielt sich vier zehn Jahre lang
bis zur Wiedereinführung der Monarchie, Es war daher ganz
consequent, dass in einem solchen Staate auch am 30ten Juli
1791 alle Ritterorden und äussere Uecorationen abgeschafft, dass
nach einem förmlichen Beschlüsse dar legislativen Versammlung am
19tenJuni 1792 die öffentliche Verbrennung der Adelsdiplomc ver-
langt, epdUch dass am 24ten August 1 792 der Ehrentitel eines Fran-
zösischen Bürgers als edler Lohn jedem Vertheidiger der politi-
schen Freiheit im Auslande bestimmt wurde. Der Uebcrgang zur
Monarchie und die Annäherung der so ausserord^n^^h Y^r^ö^-
Frankreich«
K
MrtMiFruis5aiaeheo Republik an^ie beiteheiiileii 8tMtea^Ear#p|M
Toiik «nteo und streiten Range» geschah iohoo durch da« Direetarium ^
■Mkr aber noeh dmrcb die Comolar-Verfaisiing, bei we)^er die Per-
■Önliehkeit des erslen Consnla nicht nur bald die geeammte Gewalt
ones T^llig mnnmchr>nkten Mpnarchan aich aneignete» aondeni aueh
die ersten Chmn^dsfige einer neuen StindeTersohiedenheit akdie noth-
wcndige Basis einer feat su gestaltenden esbliehen MonaAhie
xta legen sich bemühte. Daan diente ror allen die Sdlbiog der
l^renlegion am I9ten Mai 1W2 (?ergl. 9.15)» eine unfehlbare
Ankündigung des durch lange vorgearbeitete politische Vaassre-
geln am ISten Mai 1804 errichteten Erb-Kaiserthums, (bei^
* -welchem die Sanction durcB das Volk in den Wahlversamm*
langen doch nur eine leeie Fdrmliehkeit blieb)^ das wiederum als
eine kaum su vermeidende Folge* die Wiederherstellung des HoT-
C^eremoniells y der Rangordoung und der Chrenilmter am neuen
kaiserlichen Hofe. am 13ten Juli 1804 nach sich sog. Der neue
Adel des FransÖsisehen Kauerthums sollte ab«r rmsschiiessUch
nur Verdiens tadei sein, wie dieses Erfordemiss von selbst
aus der Errichtung eines röliig neuen Staatsgeb&udes henrorgiog.
Das Verdienst konnte aber in vielfacher Art sich bemerkbar
machen, entweder in unmittelbarem Staatsdienste, oder duTsh ge-
wichtvolle Ausseichnungen-^in den Künsten und Wissenschaf teo,
UQd nach gar knrser Zeit whrde als ehrendes Verdienst aueh
die besondere Anh&nglichkeit gegen die regierende Dynastie
hinsugefügt^ welche stets der vieldeutigsten Interpretation überlassen
sn werden pfl^i^ Der Adel aber wurde darauf wie die Dynastie erb-
lich, «nd durdi die alten Titel eines Heraogs, Grafen und Barons
unterschieden, und ausserdem noch der persönliche Adel durch
die Ehrenlegion eingeführt, der auf der untersten Classe den
Titel eines Ritters (Chevalier) allmühlig erwarb, iHewohl der
staatsrechtlidi ursprfingliche membre de la Ugion eThonneur war.
Durch das Concordat su Paris, bereits während der Consularre-
giemng mit Papst Pius VII. am 15ten Juli 1801 geschlossen, war
nicht nur liie Römisch • Cadiolisei^ Kirche als die der gprossen
Majorität der Fransosen erklärt, sondern such der Stand des
Klerus förmlich wiederhergegtellt worden, wenn gleich er unter
Napoleon in beschränkter Zurückgezogenheit verblieb. Diese iicue
Ständeverschiedenheit erhielt aber nicht minder sehr vielfaebe Billi-
f^nog ron Seiten der nach Frankreich schon damals suröekgekehrten
;Eiaigrmn«eD, und Mitglieder der ältesten Adelsgesohleohtcr Frank-
56 Frankreich«
. reiehs tth rani Jetit begierig nadi den ihnen* gerne bewiii%Cen
neaen Napoeloniseheii Adelttttehi sieh drftngen, ^ ' '
Aber die Reetauration der Bourbont brachte 1814 dieM^r-
saht der im Autlande mit ihren alten Ansprüehen und Rechten
2|irtiekgebliebenen Emigranten wieder nach Frankreich, die fast
einstimmig, wie wunderbar anch diese pelitiseh • psychologische
Ersfheiniing im nennsebnten Jahrhunderte uns entgegen tritt;
selbst iinter fünf und swanngj&hrigem harten Ungltteke und
Drucke in der Fremde noch nicht gelernt hatten, ansgeseichnete
Anstrengung^ des Geistes, Vonüge reich begabter Talente, die
ehnnbaftesten Dienste in der Militär^ und Civil-Verwaltong, die dem
Staate mit grosser Anstrengung und Aufopferung geleistet waren, hd-
her als veijlÜiTte Diplome su achten, od<^ denselben auch nur eihiger«
maassen ein gleiches Recht einsur&umen. Sie yergassen ttberdies,
dass *dte Meisten unter ihnen ihr Vaterland und ihren Kd«
nig in einer Zeit aufgegeben (hatten , wo Unterthanenpflieht
und -Vaterlafwisnoth sie noch in t^ankreidi lange surückhaiten
mussten. Staatsrechüieh blieben swar allerdings die von Napoleon
bis zum Isten April 1814 rerliehenen Würden und Ehren von
der k&niglielien R^erung anerkannlv aber nicht minder wurden
auch die Beschlüsse der. Jahre 1790 und 17dl als ungtUdg ange-
sdien^ und geradesn durch ein königliches Gesetst aurückge-
nommen, indem die Verfassung vom 4ten Jun, 1814 im* Art 71
bestimmt, dass der. alte Adel wieder seine Titel anneh*
men soU, ^nd dass der König nach Wilikühr in den Adelstand
erheben kann, sowie^ jede andere Titels- und Rang-Eriiöhung erthei«'
len, ohne jedoch damit eine Befreiung von den Lasten und Pflichten
der Gesellsohaft an verknüpfen. Dadurch erhielt aber Frankreich in
den nächsten Jahren nach der Restauration mittelbar eine grös-
sere Verschiedenheit der St&nde, als irgend ein anderer
Enropäiachcr Staat, weil in die Stelle des alten Adels schön
ein neuer eingetreten war, und der alte snrückgekehrte sich
nicht mit dem Napoleonischen su einem gemeinsehafUichen Gransen
vereinigen wollte, leichte Reibungen und Spaltungen uber auch im
Klerus entstanden waren. Doch konnte diesnur einen temporären
Uebelstand hervorbringen, da dem nirückgekehrten Adel, in jenen
dreisehn Jahren vor dem Haas anr^enden Entschädigungsge-
setse der Emigranten durch eine Milliarde (1827), das Vermögen
fehlte, sein Ansehen und s^ine Ansprüche su behaupten, und
die beiderseitigen Kinder der alten und neuen Hersoge, Prinaen
Frankreich» 87
Hanpiie, Gräfes, VioMitM und BiNroneii 4m VtamHigm «id den Land*
beutzihTer Tim unten hernuf gestiegenen verdiontMi Vifter mit den al-
ten Kamen der Mkma AdebgeecUeekter dnreh ehetielie Bündnisse
gegenseitig anstansehten, nnd so gcigenseitig sieb sam Gewinn eines
■»•thwendig ersehetnendoi Glanaes TerlialluL Bei den Cieni|i
ging dies noeh raseher von statten, da hier der neuere bereitarillig m
seinen eigenen Vortheiien den bedentsaneren Anspr&chen Mer
Mitglieder des ftUeren, sonel als es aar dia bestehende Staats-
renraltnng Terstatten wellte, naehfolgte.
Der Adel selbst war aber dncch die Terfassnng Ton 1814
wieder in einen hohen nnd niederen staatsreehtiieb abgetheilt»
iodem jenem erl)lieh ein Theil der gesetagebenden Gewalt in
«ler Pairäkammor sugesiehert^ und seine Erhaltung an itie Bil-
duBg Ton Bl^^ofaten geknüpüt war, so di&ss wie in England nur
der 'iltesle Sohn des hohen Adels das riter liehe Hauptbesiti«
chnm nebst Würde und Titel erben, die Jungem Sdhne aber
Ues eadets) dem niederen Adel sofailen sollten. Der* erbliehe hohe
Adel, da der persönliehe einseinen Ersbischdfen und Biiehöfen
si^etheilte, weil er nicht fortgesetit wird, hiei su keiner Beaoli-
taug kdmmt, aerfiel wiederum ia Bersoge, Martins, Grafen, Vi-
comtes und Barone, die aber eben nur, dann sum hohen Adel
gehdrten, «wenn sie durch den König an Mitgliedern der erbli-
ehen Pairskanuaer ernannt waren und ein Msjorat f&r immer
mit diesem Titel rerknipfen konnten. Das Majorat des Hersogs
war auf ein Minimum von 30^000 Pres, jährlicher EinkOnfto,
das des Marqnis auf 20,000 Pres., das des Grafen, Vieomtes und
Barons auf 10,000 Pres, bestimmt Auf solche Weise siuommen-*
gasetst, bestand der hohe Adel in dem leisten Regierungsjahre
Ludwigs XVUL 1824 aus 70 Hersogen, Pririsen und pQrsten,
62 Marquis, 118 Grafen, 12 Vieomtes nnd 8 Baronen, also aus-
270 mit Erbrecht dieser Würden aa^estatteten Pamilien: über*
dies gehdrten demselben ausser den 4 Prinsen ron königlichem
Geblfite 14 Erzbisehöfe und Bisehöfe su« Curl X. aber machte
▼on den früher einigen ausgeaeiehneten Staatsbeamten, bei ihrer
Erhebung in den Pairsstand Tcrgannten Befreiung von der Stif-
tung ^tä Majorats, oder von der denselben ansnahsMwräe in
Udiereinstimmnng mit ihrem Titel ' angewiesenen ewigen Rente
ron 10,000, 20,000 Pres, auf da| grosse^ Schuldbueh des Pransö-
sisehen Staats, so häufigex Anwendung , dsas dadurch romamlich
« der allgemeine Haas des Pranaösischen Volks auf die Pairskam-
\
\
«
88 Frankreich.
mm gesogen wnlrde; t^ainetttlicli wurden idle 76 im Norember
1827 auf einmal creirte Pairt> um die verloren gegangene Majo-
rität für das BGnisterinm Vill^le in der Pairtkammer wieder su
erlangen, Ton der Verbindlichkeit zur Stiftung eines Majorats
ausgenommen. Dadurch stieg die Pairskammer auf 346 Erb*
Familien, und swar 77 Hersoge, Prinzen und Fttrsten, 83 Mar-
quis, 152 Grafen, 14 Vicomtes und 20 Barone.
Der persönliche Adel, de^ für jede Gattung des Verdien-
stes durch die Mi^iiedschaft der Ehrenlegion ertheilt wurde,
hatte inswischen unter der königlichen Regierung auch eine we-
sentliche Ab&ndemng erfahren* Denn das Gesets vom 30. Oc-
tober 1814'setite fest, dass der Titel Ritter (Cheralier), den frü-
her jeder Bentxer führen durfte, nur auf diejenigen Mitglieder
der Ehrenlegion Übergehen sollte, welche 3000 Frcs. jährliche
Einkünfte «aus liegenden Gründen berassen, oder ein eben so
starkes Gehalt oder Pension aus Staats -viCässen besögen, dass
ferner die dreimalige Ertheilnng dieses Ordens an Vater, Sohn
und Enkel auf Grund ihrer besonderen Verdienste bei dieser
Familie zugleich den Adel erb lieh machen sollte. *
Bei dem Zutritt zu jedeni Zweige des StaaMdienst^ in allen
C^sehäften des bürgerlichen Lebens, bei dem Erwerbe jeder Art
des Besitzthums, bo wie namentlich, ror Gericht, sollten aber
alle Franzosen in ihren gegenseitigen Rechten sich röllig gleich
stehen und der Adel durchaus auf keine besondere Vorzüge
Anspruch machen dürfen. Aber gerade dieser Haup^prund-
zug der Französischen Verfassung von 1814, der wahres Le-
ben in seiner vollen Bedeutsamkeit unter Napoleon erlangt hatte,
wo Talent, Geschick und Eifer sich auszuzeichnen rasch zur höch-
sten Ehrenstufe jedes damit begabte Individuum erhoben hatten,
wurde von Carl X^ offenbar vernachlässigt, und der zurückgekehrte
alte Adel mit seinen Anhängern überall hervorgezogen, so dass ih-
rem Einflüsse der wicht^ti^Theil der Staatsverwaltung'iiberlassen
blieb. Nicht nur bei allen Hofämtem, wo eine besondere Anhänglich-
keit gegen die alt bekanntet Geschlechter natürlich f^ewesen wäre,
sondern auch bei dem wichtigsten Theile der Militärbeamten, bei
den diplomatischen Missionen und den obersten Verwaltung^tellen
wurde dieser llieil des Adels in den Jahren 1824^^30 fast aus-
schliesslich zugelassen, oder doch mindestens zurückstossend ge-
gen im Staatsdienste ergraute Männer, deren Verdienste über
allen Zweifel gestellt waren, bevorzugt Selbst das ausgezeich-
^ I
\
Frankreich« 6t
nete MniiBtQKiuai Maitigiiae • Roj, das w&hrend •etner kiinen
Verwmltiing diesem Misibraiiebe entgegen arbeiten wölke, ec^
langte deshalb bei Hofe kein Vertrauen, und musste vor deo
Polignaes xarücktreten, obgleieh es allein im Stande gewesea
wäre, Frankreich von dem nachfolgenden Unglücke zu retttik
Wie nun selbst durch mittelbaren Einfluss die Wahl ddir Volks-
vertreter für die Deputirtenkammer von dem bevorzugten
Stande abhiBgig gemacht werden sollte, stieg das hier unnatür-
lich gewordene Verhältniss awiscliea Regierung und Volk unter
den mannigfacha^n Antrieben von Haas und Argwohn zu 'einer
aolchen Spannung, dass eine g&nzliche Reaction alif dem Wcf^
einer neuep Reirolution befürchtet werden musst», wiewohl
der Sturz der erblichen Pairskammer, oder was dasselbe
sagen will, de» erblichen hohen Adels, di^r nothwendigea
Stütze eines constitutionellen Staates, damals kaum geahnt wer**
den konnte. Zwar liess die revidirte Verfassung Tom 7ten Aur
gust 1830 die Erblidikeit der Pairskammer noch bestehen und
übertrug dem Könige die Befugniss, nach seinem Willen in un?
beschHbikter Zahl Pairs auf Lebensdauer, oder mit Vererbung ih»
res Rechts zu er^nnen und denselben verschiedene Würden
und Titel zu verleihen. Aber es wurde unter den vor Uebertra*
gttog der keniglichetv Gewalt auf Ludwig Philipp Herzog von
Orleans und von diesem beschworenen besonderen Bestimmun*
gen ausdrücklich vorbehalten, in der Session von 1831 das^Ge^^
setz über die Poirie einer neuen Prüfung zu unterwerfen. Diese
ist. auch erfolgt und hat das Gesetz, vom 298ten December 1831
hervorgerufen *), welches die erbliche Pairie oder den erblichen hohen
Adel in Frankreich für immer aufhebt, dem Könige das Recht
einräumt, in unbeschränkter Zahl auf Lebenszeit aus näher be-
stimmten Notabilitäten Pairs zu ernennen, deren Rang nach der
Anclennität ihrer &nennung folgt, jedoch mit der Beschränkung, dass
sie keinen Gehalt, keine Pension noch Dotation mit der Pairswürde
erhalten und anerkannte Dienste dem Staate bereits geleistet ha-
ben mUssen. Als die wahlfähigen . Notabilitäten, aus welchen
der König ausschliesslich seine Wahl zu nehmen hat, werden
der Fraesident der Deputirtenkammer und anderer gesetzgeben*
der Versammlungen genannt,, ferner die D'eputirten, welche Th^il
«> Pölitz, Europäische Verfass. Bd. U. 8. 116-17.
60 Frankreich.
an drei Legidatnren genommen, oder eeclie Jalire sieh in Aus-
Übung befanden haben, die Maraeh&lie und Admirille Frank-
reichs, die General • Lieutenants und ViceadmirUle nacb iweijäb-
rigem Besitse ihres Grades, die Minister mit Portefeuille, die
Botschafter nach dreijähriger und die bevollmächtigten Minister
und Gesandten nach sechsjähriger Ausübung ihrer Functionen,
die l^taatsräthe nach lehnjährigem ordentlichem Dienste, die Depar-
ments-undSeepräfecten nach sehnjähriger Amtsrerlraltung, die €rou-
vemeure der Colonien nach fünfjähriger Amtsvenraltung, die Mit-
glieder des allgemeinen Wahlconseils nach dreimaliger und die
Praesidenten der Handelstribun äle nach viermaliger Wahl sur
Präsidentschaft, die Maires der Städte von mehr als 30,000 See-
len nach fünQähriger Amts Verwaltung, die Präsidenten der Cas-
sations- und Rechnungshöfe, ^ie Generalprocuratoren und Räthe
bei diesen Behörden nach fünQähriger, bei den königlichen Ge-
richtshöfen nach zehnjähriger Amtsverrichtung, die Präsidenten -der-
selben dagegen bereits nach fünfjähriger, die ordentlichen Mitglieder
derAcademien des Instituts, die durch ein besonderes Gesets mit
einer Nationalbelohnung ausgezeichneten Bürger, endlich die
Grundbesitzer, Chefs von Manufacturen, Handels- oder Banquier-
häusem, welche mindestens 3000 Frcs. Steuern, als Deputirte
oder Richter bei Handelstribunälen, angestellifc oder sechs Jahre
hindurch Mitglieder eines General-Conseils oder] einer Handelskam-
mer gewesen sind. *- Gesetzlich ist fernerhin nach den Mo-
dificationen der Verfassungen 1830 keiq^ Stand vor dem an-
deren . in Frankreich bevorzugt, alle Franzosen sind vor dem
Gresetze gleich, ihre Titel und Rang seien übrigens, welche
sie wollen, und eben so können alle, ohne Unterschied zu den
Civil- und Militairämtem gc^langen *): es ist daher staatsrechtlich
nur ein Stand in Frankreich, der seine ausgezeichnetste Mit-
glieder als Belohnung ihrer Verdienste um den Staat aufLebe>n s-
seit in die Pairskamraer durch die Anerkennung des Königs
entsendet /lieht. Ueber seine politiiche Rechte, welche er ver-
möge der Verfassung an der allgemeinen Gesetzgebung un3 Con-
trolle der Staatsverwaltung nimmt^ wird $• 16. handeln.
*) So lauteten schon der §. 1. und 3. in der Verfassung vom 4(en Juni
1814, und da sie im Jahre 1830 erst eine Wahrheit geworden sein
sollen, auch wieder {. 1 u. 3 in der Verfassung vom 7ren Aug. 1830.
Frankreich. 61
Nach iliren Betehlftigmigeii im büif;erlieIieD Leben rechnet
man jetst 18,000^000 Köpfe, deren FamilienTäter iro Aelcerbeut
Weioliaa und den kleineo ländlichen Gewerben ihren Unterhalt
rachen, und die noch iber 0,000,000 Köpfen in den Familien
der Tagelöhner bei den yerschtedenartigiiten Handdiensten Be*
tchäfögmig geben. Die Zahl der in städtischen Gewerben Un-
terhalt findenden Köpfe reicht gegen 6,000,000, die der dem
4del, dem Kleras und den übrigen Staatsbeamten zugehörigen
Indiridaen macht über 2,000,000 aus. Ch. Dupin berechnet*)
für 1826 die arbeitende 'und producirende Bevölkerung auf
12,600,657 Köpfe , davon 8,406,037 Ackerbauer und 4»293,620 ,
Gewerbtreibende»
S. 8.
Religionsverschiedenheit und allgemeine kirch-
liche yerhältm3se.
Rulhiere dclaircin$emen8 kintortques sur les causes de la re»
vocation de fedit de Nantes ei 8ur fetat des Proteftans en
fVance, Parts 788. 2 voL I2mo. Aignan de Vetat den Proteg'
tans en France deputi^le XVIme Stiele 1818. Parte, — Lauze
de Per ei e'clairctesemene histortques eur Vhietoire den Proteetans
3 livraisons. — Mark Wilkn hietory of tke pereecutiong en-
dttred hy^ the Proteetante of the South of France^ during the
yeare 1814 16 London 1822. 2 toL Cape gf tue hietoire de la .
refortnatton, de la ligue et du regne de Henri IV. ParielSZ'i^ hh
jetit 4 Bände erschienen, 3 noch fehlende Werden das Werk
beendigen.
Die Römisch - Catholische Kirche ist die allgemein ausge-
breitete in Frankreich, wenn gleich dieselbe in diesem Lande
*) I^orces prodncliYes ei commetciales ^de la France , Paris
1W7 8yo., 2 Tol.
62 Frankreich.
bereits im Mittelalter standhafte und gefölirliehe Feinde ku be*
stehen hatte, fn den ThUlem der Landschaften Languedov und
Provence bildeten sich schon im zwölften Jahrhundertc Gemein-
den, die aus eigner Bibel-Lectüre nach den Grun'dsutzen der ur-
sprünglichen Christlichen Kirche, wie sie Christus selbst für
seine Anhänger eingesetzt habe, zu leben vermeinten. Nach ih-
rem Stifter Petrus Walde, Waldenser, oder nach ihrem ersten
Hauptsitze in der Landschaft Albigeois (Gebiet von Alby) Albi-
genser genannt, wurden sie die Vorläufer der'Wiklefiten, Hussi-
ten und der Reformation des sechzehnten Jahrhunderts. Trotz
der Kreuzzüge gegen diese Neuerer in dem noch festen Vereine
der Römischen Kirche, ungeachtet der blutigsten Verfolgungen
«ller Art, die sie zu bestehen hatten, und die auch bereits zu
Anfang des dreizehnten Jahrhunderts das fürchterliche Institut
deor Inquisition zu ihrer Bestrafung zuerst entstishen Hessen, er-
hielten sich Reste der Waldenser an vielen Orten der südlichen
Rhonegegenden. Um so lebhafter fanä daher hier die Sache
der Reformation in der ersten Hälfte des sechszehnten Jahrhun-
derts treu entgegen kommende Anhänger, und daher ist auch
stets dieser Theil des südlichen Frankreichs ganz besonders d^r
Sammelplatz für die Evangelischen in diesem Lande geblieben. Wie
aber bfei der Trennung der Lutheraner von den Reformirten in Deutsch-
land und der Schweiz, Genf der Hauptsitz der Lehre der Reformirten
wurde, und von Genf aus Frankreichs evangelische Lehrer aus*
schliesslich kanien, hier nur ihre Theologen sich ausbilden konn-
ten; so umfasste das ganze reformirte Frankreich nur die Lebren
Zwingli's und Calvin's. Doch unter den schwachen Regierungen '
Heinrichs H. und seiner noch ohnmächtigeren Söhne Franz IL,
Carls IX. und Heinrichs III., musste bei der intriguanten Politik
der Königin Catharina di Medici, der Gemahlin Heinrichs II.,
und des eben von ihr zuerst gehobenen Hauses Guise die Reli-
gion, wie unter herrschsüchtigen grausamen Regenten es so oft
schon geschehen ist, als Deckmantel zur Ausführung vielfacher
politischer Absichten dienen, und dadurch wurden die langjähri-
~gen Religionsbürgerkriege in Frankreich veranlasst, welche man
gewöhnlich als die Kämpfe mit den Hugenotten darstellt, die'
•aber oftmals die edelsten Catholiken auf Seiten der Hugenotten
dicht an einander gereiht sahen, um das den ganzen Staat er-
drückende Liebergewicht der gefährlichen Ligue nieder zu halten,
lieber dreissig Jahre wurde Frankreich durch diese Kriege gräss*
Frankreich. 6S
Udi Terb^ert m^d Miner trefflichsten Männer beranVi, bis daM
Heinrick IV. 1589 den Franxösiftchen Thr^on bestieg, der als
Xönig von Navarra zuerst eifrigst der- Sache der Reformirtea
huldigte, dann durch Carl IX. gedrängt der Römischen Kirche
als €kmahl der Fraiisösisehen Königstochter Margarethe sich
1572 äusserlich anschloss, do<$h schon vier Jahre darauf wieder su
seinen früheren Glaubensgenossen lurückgekehrt war, nachdem
er sich dem Zirange des Fransösischen Hofes durch heimliche
Flueht entzogen hatte. Zwar opferte Heinrich IV. der Ruhe
teinea Vaterlandes als König abermals^ seine ,reilgiÖse Ueberzeu-
gong, indem er Tier Jahre nach seiner Thronbesteigung 2593 wieder
zur Römisch - Cadiolis'chen Kirche überging, weil der Bürger-
krieg ohne diesen Uebertritt, durch den Papst und Spanien im-
mer Ton neuem wirksam angeschürt, nicht für die Dauer zu
Gunsten des Hauses Bourbon beendigt werden zu kennen schien,
indem mehr als neun 2«ehntheile des Französischen Volks Catho-
lisch waren. Aber gleichzeitig sorgte Heinrich IV. auch für die
Ruhe seiner treuen Anhänger in der Noth, und gewährte dei|.
Reformirten durch das bekannte Edict Ton Nantea 1598 freie
Attzubung ihrer kirchlichen Lehren und Gebräuche.
Ungeachtet aller neuen Anfechtungen und der wieder begönne*
nen Bü«*gerkriege mit den Reformirten unter der Regierung
Ludwigs XIII., durfte Cardinal Richelieu doch aus Politik die
kirchlichen Protestanten seines Staates nicht auf das äusserste
bringen, weil er das Bündniss mit den Deutschen und Scandi*
navischen Evangelischen gegen die Macht des Hauses Habsbuig
gebrauchte. Aber viel trauriger wurde das Loos der Reformirten
unter der folgenden Regierung Ludwigs XIV., als die Macht des
Hauses Habsburg in Spanien und Oestreich theils gebrochen^
theiU mit anderen Feinden hinlänglich beschäftigt war, als
Frankreichs edelmüthig gesinnter Monarch seine geistige und
körperliche Kraft durch die übermiissigsten Ausschweifungen der
Sinnlichkeit zum Opfer gebracht hatte, auf solchem Boden aber
Mjsticismus und jede Art von Frömmelei immer ^Beine ergiebig-
sten Früchte gewann. Damals gelang es dem vielvermögenden
Einflüsse der Madame de Maintenon, als sie neben ihrer eigen-
thumlichen Rolle noch die einer Betschwester sich auserkohr,
von Ludwig XIV. die Aufhebung des Edicts von Nantes gegen
die Reformirten 1685 zu verlangen. Dadurch wurden Hunderte
64 -Frattkreicfa.
whI Tanueiide der redlielisten Pranisogeii in efnen schanderliaf-
ten Zustand autterhalb des G^aetzeB gesetzt, und unm^nschtiehe
Dragonaden wurden von deir kdnigliehen Regierung gw^efaetssen,
um auf die unehristtiohste Weise von der Welt die Refomiirten
lom Uebertritt sur Römisch -Catholisehen Kirehe zu zwingen.
Die wenigen Franzosen, welchen die Flucht ftber die Gränze
her der sorgsamen Bewachung derselben gelang, verbreiteten als
Refiigies gerade bei den gefährlichsten Feinden der Französischen
Uebermacht, bei Friedrich Wilhelm dem gössen Kurfürsten, bei
Wilhelm III. dem Erbstatthalt^ der Niederlande^ dann auch in
England, Sinn und Geschick für die eigenthttmlichsten Zweige
der Französischen Industrie, und halfen dadurch mittelbar ausser-
ordentlich den Nebenbuhlern ihres ursprönglichen Vaterlandes. Völ-
lig befreit von diesem Religionsdrucke und den damit verknöpften
unmenschlichen Unthaten, blieben aber die Evangelisch -Lutheri-
schen im Elsass, welche erst unter Ludwig XIV. theils durch
, den Westphälischen Frieden, theils durch die Ueberrumpelung
Strassburgs und die widerreditlichen Maassregel der Reunions-
' kammera an Frankreich gekommen waren. Hier 1^^, abgese- *
ben von der vertragsmässigen kirchlieheu Duldung*), schon die
Politik der Wilkühr strengere Bande an, wenn nioht di^ scho-
nungslos behandelte Granzprovinz sofort wieder dem Französishen
Staate verloren gehen sollte.
Höchst traurig bis zur Entziehung der heiligsten Redite des
Menschen verblieb <das Loos der geringen Zahl der Reformirten
in Languedoe und einigen grösseren Stödteii Frankreichs, so daas
in einem königlichen Edicte des letzten Regierungsjahrs Lud-
wigs XIV (1715) geradezu herausgesagt werden konnte, es
gebe keine Refbrmirten in Frankreich mehr, und unter Ludwig XV.
noch a<dit/ protestantische Geistliche die Strafe öffentlicher Hinrich-
tung erleiden mussten, nur aus dem Grunde weil sie ihrgeistliehes
Amt gegen da« Gebot verwaltet hatlen *% Erst kurz vor derC*ran-
*) Jonas Böckelf Verfassung der evangelischen Lutherischen
Kirche in Frankreich und der reformirten Kirche in de^ beiden
Rheinh- Departements, Strasbui^» 1824 8vo.
^) VergL den Auszug vaus der oben angeführten Wilks history
J^raokreich. 65
stemlieB lUfotadon wvrdea oate* LadirUc XVL die Rtf(Mwr-
Cen wieder in das kür^rliehe Lebea gernfea, aU des protettan«
dsdien (vonfen Nedcer Fittaaseiariolit g^raueht wurde und ala
ein nodiwendige« Rettmgsniittel fi^ den fj^etamaten Staat galt^
wenn gleich sie erti einige Jahre sy&ter die volle Anerkeaniing
iWer bürgerlichen Rechte -erlangten, all in der Vertanunbnig der
Notahein 1787 edle Catholiken; Maleeherbes, Breteuil und aoeh )La-
üajette dies alt eine anerlassUche Maaesregel forderten. Da erst be«
fohl Ludwig XVL am 10. Not. 1787 in einer Sitsnng desParii^
Parlamenta denedhen eine Acte an Grumten des Bürgeretandes
der chriatliehen Nicht -Catholiken ein zu regiatriren, was jedoeh
nadi mancher Widenetilichkeit erst am 29sten Januar 1788 ge-
schah« Daraitf folgte am 25. Decemher 17S0 das Gesets ül^r die
Zulassung derselben au allen öffentlichen Aemtem, in welchem sdion
Torhehalten wurde, auch das VerhiUtniss der Juden iti dieser RQck-
sieht m bestimmen.
Unterdessen war die Römisch «Catholisehe Kirche in Frank«
immer nodi mächtiger geworden, und hatte mehr als den
siehentett Theil des li^enden Gruodbesitses an sich • gesogen.
Schon im J. 1654 bestanden die Besitzangen dieser Kirche (mit
Aaisehluss der sogenannten ausländischen Geiitlichkeity d« L der
Deutschen unu Belgischen Bischöfe und Capitel, deren geistliche
Aufsicht über Franxösisch gewordenes Territorium sich er-
streckie) aus 180,000 Lehngütem, worunter 83,000 mit Oberge-
richten (Standesherrschaflen), ausserdem aus 240,000 Meiereien
und Vorwerken, 1,700,000 Morgen Weinberge ausser den 400,000
Morgen, von denen die Geistlichkeit ^ oder ^ des vollen Wein-
ertrags erhielten, 600,000 Morgen lediger Feldgüter, 135,000
Weiher, QOOfiOO Morgen Wiesen, 1,800,000 Morgen Waldungen
und 1,400,000 Morgen Weiden. Ueberdies gehörten der. Geiste
liehkeit 245,000 im Gang befindliche Wasserräder in Getreide-,
Papier - Möhlen und Hammerwerken aller Art Abei; nicht min-
der war der grösste Theil des übrigen Bodens der Geistlichkeit
«. s. v. inEdinbargh Review Oct. 1921 p., Il9-*8i und inSiäodlhi's
kirchen-historisch. Archiv. 18^, Heft III. S« 1^15 und Heft IV.
8. 1—45.
SchnberffStmlftSlt II. K
66 ' Frankreioh.
j
lehni^ehtig und nidit leicht irgend ein Grundatüek su finden,
worauf dieselbe nicht dbne Hjpothek, "ftente od^ mindestens eine
firomme Stiftung besass, die eine jährliche Abgabe von j. bis 3
Livres ,f&r eine Messe, eine brennende Lampe und dergleithcu
Pinge auf ewige Zeiten festgesetzt hatte: selbst die königliehen
Domainen waren davon nieht ausgenommen. Die Einkünfte dpr
gesammten Geistliehkeit schätzte Necker*) 1781 jährlich auf
130,000,000 Livres (35,000^000 Thlr.) und das Verhältniss ilikr
Güter zu dem der übrigen Grundbesitzef-, wie 1 ; 5|, Es waf
aber auch zu Anfang der Revolution 1789 die Zahl der regulir-
ten Abteien in Frankreich auf 368 gewachsen, die der Mönchs-
klöster auf 115 und die der Nonnenklöster auf 253» wenn gleich
die^ Zahl ihrer Bewohner bei 4«r geistigen Entwickelung des
achtzehnten Jahrhunderts sich sehr vermindert hatte: denn die
80,000 Mönche und Nonnen zu Anfang der Regierung Lud-
wigs XV. waren 1789 bereif auf 20,000 reducirt
\
Was die kirchliche Selbständigkeit betrifffc, so war abgese-
hen von dem im §. ]7z& erörternden Verhältnisse der Kirche zum
Staate, bereits seit dem Anfang des vierzehnten Jahrhunderts
die Stellung Frankreiciis gegen den Römischen Stuhl durch den
Aufenthalt der Päpste in Avignon die freieste geworden, und hatte
unter allen Staaten im Süden von Europa die meisten Privilegien er*
worben. Diese wurden 2u eincto vollständigen Systeme der G a 1 1 ik a-
nischen )C ir.chenf reih ei t auf demConciliumzuBourges 1438 itt
der bekannten pragmatischen Sanction erhoben und dem wesent-
lichen Inhalte nach auch in dem Concordate zwischen Papst Leo X.
und Franz L 1516 erhalten. Dies blieb die Norm bis zur Französi-
schen Revolution, wo ganz Frankreich mit Ausschluss des päpst-
lichen (Grcbietes von Avignon in 130 bischöfliche Diöcesen ge-
heilt war, Avignon ausserdem 4 Bischöfe und die Idsel Corsiea
5 Bisdiümer hatte. , Die Nationalversammlung hob bereit» im er-
sten Jahre der Revolution am 13. Februar 1700 alle geistlichen
Orden und Klöster auf, besohloss am 9. Apr. 1790 den Verkauf
der geistlichen Gäter als Nationaleigenihum und gab am 27.
t)' Im tekaonten Compte i^ndo au Roi.
Frankreich. 67
Norember desselben Jahres der Geistlichkeit eine rein bfirger«
liehe Verfassung mit ausschiiesslicher Besoldung von Seiten des
Staate«, worauf auch die Ehe am 27. August 1791 für einen
Mo« liür^eTnchen <!ontract erklärt, jedtf kirchliche Einsegnung
dieses Verbandes, sowie die der Geborenen und Verstorbenen
als überflflssige Ceremonie abgeschafft wurde. Nicht lange darauf
mvaate Gberbaupt die christliche Kirche vor derVernunftreli-
gion weichen, am 6ten November 1793 wurde die Cathedrale der
Hauptstadt (K. de Notre Dame) zum Tempel der Vernunft geweiht,
and der National • Convent entehrte sich, erst durch ein Dccret
Cram 7ten Mai 1794) das Dasein des höchsten Wesens und
die Unsterblichkeit der Seele feststezen zu wollen. AU lieber*
gang zur Rückkehr zu den früheren kirchlichen Verhältnissen
befrachten wir das Decret des National-Convents vom 2ltenFebr»
1795, welches durch die Bestimmung einer allgemeinen Reli«
gionsfreiheit den verschiedenen christlichen Rcligibnspartheien
wenigstens gleiche Rechte mit den Anhängern der Vemunftreli-
gion einräumtei Das Sjstem des Tkeophilantropismus, durch
das Mitglied der Directorialr^erung Rev eitlere - Ltpeamx selbst
ausgearbeitet and aufrecht erhalten, entwickelte zwar das Bedttrf-
aiss nach einer festeren kirchlichen Form, ohne es jedoch eini-
g^rauiasen befriedigen su können.
Als die Republik durch Napoleon Bonäparte die festere
Consnlar- Verfassung erhielt, so liess des ersten Consols Überall
hervorleuchtende Verwaltungs*Einsicht bald die Mängel erkennen,
welche aus einem anarchischen Zustande der kirdilichen Ver*
hähnisse fUr die innere Ruhe des gesammten Staates stets her*
vorgehen mussten. £lr liess daher ein National -Concilium für
die christliche Kirche nach Paris zusammenberufen, welches km
2d« Jun. 1801 in der dem Catholicismus wiedergegebenen Metro-
politankirche Üoire Dame eröffnet wurde. Die* leitete das Con-
cordat zwischen der R^nblik Frankreich und Papst Pius Vil.
am 15ten Juli 1801 *) ein, nach welchen die Röniiich*CathoUsehe
*). Bekannt gemacht Vurde dat Concordat erst liach einem
Jabre durch das Consulardecret vom ISten Apr. 180^
^ 6*
68 Frankreich.
N
Kircbe für die lUIigton der grotten Majorität Jer FranioMB
erki&Tt und die WiedereiDtichtung von 50 bUichöflichen DiÖoesen
festgetetxt wurde » die in der päbstlichen Bulle vom 3ten Deebr»
1801 ibre nähere Abgränsung erhielten. Aber gleichseitig wur-
den auch die Verhältnisse der Reförmirten und Lutheris^ett
Kirche vom ersten Consul geordnet , und die Anhilnger dersel-
ben in ihren R^obten mit den Römisch-Catholisehen vdUig gleich
gestellt, so dass diese Consulari sehen Festsetzungen bis auf
die heutige Stunde die gesetsliche Grundlage für die Besiehung
dieser beiden Kirchen sum Staate bilden. Aber auch einige Jahre
später wurden die Juden in ihren religiösen Beziehungen ein beson-
derer Gregenstalid der Aufmerksamkeit Napoleons, als er bereits die
kaiserliche Würde erlangt hatte. Es wurde ein all^emeii^eir Jüdischer
Sanhedrin zu Paris am lOten Febr. 1807 erröffnet, der darauf
hinarbeitete, durch Gleichstellung in den bürgerlichen Verpflich-
tungen mit den Christen auch gleiche bürgerliche Berechtigun-
gen für die Juden zu erlangen. Als Resultat verblieben aus dieser
Zeit die bürgerliche Verfassung der Juden. und ihre oberste Be-
hörde in dem Central-Consistorium sn Paris.
Die Restauration der Bourbons stellte zwar in dem Grund-
gesetze der Verfassung vom 4ten Jun. 1814 als Hanptnorm für
die allgemeinen kirchlichen Verhältnisse fest *), „dass jeder Fran-
zose seine Religion mit gleicher Freiheit ausüben darf und ^r
seinen Gottesdienst auf gleichmässigen Schutz Anspruch hat,
dass aber die Römisch - Cathoiische Kirche als die des Staates
angesehen wird.** Doch gleich in den ersten Monaten der Regie-
rung Ludwigs XVllI. brachen durch den von den zurückgekehr-
ten Priestern aufgehetzten Pöbel blutige Verfolgungen gegen die
Protestanten im südlichen Frankreich aus, die leider die ^beste-
bende Regierung mit sträflicher Nachsicht g^en die Catholiken
um sich greifen liess. Es war daher eine natürliche Folge, dass
die Protestanten bei der Rückkehr Napoleons sich diesem eng an-
jichlossen, weil sie von demselben während «einer Consular- und
Kaiser-Regierung nur den ihnen vortheühafitesten Schutz genos-
*). Art. 5 und 6 bei Pölits Earop. Verfass. Bd. II. 8. 90.
Frankreich. 69
MD liatteiiy und «tamalt ibre eigene Lebeiiiig«fahr iki der Erhaltoag
Napoleons ihnen da« sichertte Sehutsmittel zu weiten schien« Die«
wirkte aber wiedernm sehr nachtheiiig auf die Verhältnisse der
Protestanten nach der glücklichen . Besiegang Napoleons: der
Name Protestant warde gleichbedeutend mit Anhänger der vor-
maligen kaiserlichen Regierung, und noch viele Frevel thaten
wurden gegen die Reformirten in den Jahren 1815— -16 nament-
lich im südlichen Frankreieli Tcrftbt, bil dass die königliche Re-
gierung in ihrem eigenen Interresse derselben iieheren Schuts
g^en alle Bedrückungen gewährte.
Unterdessen waren die Forderungen der Römischen Curie
und nicht minder eines grossen Theils der höheren Catholischen
Geistlichkeit in Frankreich auf die völlige Wiederherstellung der
Verhältnisse vor der Revolution gertchtet, nn<C da dem Willfah-
ren dieses Verlangens tWe Unmöglichkeit geradezu entgegenstand,
mindestens .auf Vermehrung der ßisthUmer und geistliclien
Stellen, so wie auf WiedereinrichtHng von Mönchs- und Non-
nenklöstern festgehalten« Wiewohl nun das Französische Ge-
biet gegen die Zeit des Abschlusses von dem Concordate Von
1801 auf der ganzen östlichen Gränze vom Mittelländischen
Meere bis zur Nordsee bei;rächtlich verkleinert war, so wurde
doch in dem Concordate vom 17teii Juni 1817 fast die doppelte
Zahl der früher angegebenen Bisthümer, nemlich 92 eingesetzt,
diese aber nach neuen Verhandlungen durch die Circumscripcions-
Bulle vom lOten October 1822 auf 80 beschränkt, vori welchen
14 als erzbischöfliche und W als bischöfliche Diöcesen einge-
richtet wurden. -—
Di6 gegenwärtige Zahl der Eribisth ümer erscheint nicht sehr
Toader vor der Revolution vorschieden, da 1789 17 solche DiÖcesen
eingerichtet waren» wogegen die der BisthÜmer fast um die
.Hälfte vermindert ist*). Der Umfang der ersbischöfiichen
Sprengel ist aber sowol in Rücksicht der Grösse als^aueh der
Bevölkerung unter sieh sehr verschieden, swei derselben, Paris
^) Für die fünf Bischöfe euf der Insel Corsica ist jetzt ein ein-
aiger in Ajaccio.
\
I
70 Frankreich.
und Tourn haben jeder 7 Suffra^n - Bischöfe mit einer Bevöi^
Jcerung von mehr als 4,000,000 Seelen, zwei wieueram, Bordeaux
tind Besangen, 6 Suffrag. B. mit einer Berölkerong von mehr
als 3,000,000^ Seelen, drei Vienne (and Lyon)^ Aix (Arles und
Embmn) und Bourges 5 Suffrag. B. mit einer Bevdlkerong suri-
sefaeu 2,500,000 und 1,000,000 Seelen. Vier Avignon, Alhj,
Rouen und Rheims 4 Suffrag. B. und gleichfalls mit einer B^
Y&Ikerung zwischen 2,500,000 und« 1,000,000 Seelen, endlieh drei
Auch, Toulouse und Sens (mit Auxerre) mit 3 Suffrag. B. und
einer Berölkeruqg zwischen 1,400,000 und 1,000,000 Seelen.
Die bischöflichen Diöcesen, wobei ich jedoch bemericen muss^^
das» jysdes Erzbisthum zugleich auch noch eine besondere bi-
schöfliche Diöcese ur seinem nitehsten Umkreis besitzt, kommen
ziemlich genau mit den einzelnen Depi^rtements überein, 'fähren
' aber steta den Namen von dem bischöflichen Sitze, der jedoch
nicht immer mit der Departementshauptstadt zusammenfallt.
Nur die Bisthümer Vienne (und Ljon), Le Mans, Bourges, Li-
moges, Poitiers und Strassburg haben jedes zwei Departementa zu
. ihrem SprenfjeL
Die Einheit in der Catholischen JfCirche ist durch das Con-
cordatTon 1817 und die Circumscriptionsbulle von 1822 insoweit wie-
der hergestellt, dass nur eine Liturgie und öin Catechismus im gan-
zen Staate gebraucht werden sollen, und dass keine päpstliche Bulle
ohne königliche Genehmigung bekannt gemacht werden darf. Dage-
gen hat sie nach den Modificationen der Verfassung von 7ten Aug.
1830 aufgehört» die Religion des Staates zu sein^). Die geist-
*). In der Verf. vom 4ten Juni I8I4 heisst der j{. 6.: iJodeksist
die Römisch-Cathotische R^igion die Religion des Staates und §. 7. :
Die Diener der Römisch •apostolisch •catholischen Religion und
jene der anderen christlichen Gottesrerehrungent erhalten allein ihre
Besoldungen aus dem königlichen Schatze:'' während §. 6 der Verf.
V. 7ten Aug. 1830 beide Artikel folgendermaassen zusammen gefasst hat.
,>Die Diener der. Römisch - Catholisch - apostolischen Religion, zu
welch«' sidi die Mehrheit der Franzosen bekennt, und jene der üb-
rigen christlldien Religionen erhalten ihre Besoldungen aus dem,
Staatsschätze.^
Frankreich. 71
KAcn A«niter, welelM nach 4eB uateii iii der Anmevkang ang^-
fiihftmi B«stmiiii«i^;en der VerfaMiing Ton 1814 «und 1830, als
au deir Slaatseanen beteldete von der Regierung äiutehlieMÜch
abhängig geblid^en tiady konnten jedoch in den onten lehn Jah-
ren nach der Restauration aus Mangel an daAu taugliehen Indi-
iriduen aidit Toliatändig beeeext werden, und eret unter Cari X.
BMhrfee seit 1824 sieh die Zahl der Cleriker . ansserordentUch,
fast bis^aur Ana^fthernng an den Zustand des aohtl^ehnten Jahr- ,
Imnderts» erfuhr aber seit 1830 nammtlieh in denPfiründen ohne
Dienste - (viele Domherren/ General - Vieare) eine betrieb tÜche
Vmaindorung. Im Jahre 1780 sfthlte man in Frankreich 10»000
DomherreOy 10 Ehrendomhenren und General • Vieare, 45,000
Plamr erster «md aweiter Ciasse (Cur^), und 60^000 Vieare und
Dessenrans oder Hälfspfairer, also iber 115^000 ordinirto
Geistliche.
Dag^;ett waren 1824 1827 1828 183»
Enbischöfe, Bi|ich(^fe . 75 80 80 80
General - Vieare 287 458 468 174
Domherren 1,980 2,598 2,472 600
Coriäi 2,828 3,002-3,083 3,301
Dessenrans 22,225 22,358 22,475^ 26,776
Vieare ' 5,396 &,594 5|765 6,184
Lebrerhi theolog. An«
stalten u. Seminarien 826 1,044 1,044 1,044
Angehende Priester 4,894 3,roi 3,254 3,500
40,335 40,062 40,469 43,552
Aber der Xterns wurde auch in dieser Zahl, wo auf 750 See-
len ein GeiBtKeher kömmt, noch nicht für ausreichend gehalten,
und die Bisehöfe forderten dringend durch das Ministerium dbr
geistlichen Angelegenheiten im J. 1828 dazu auf dieZahl um den vier-
ten Theil zu veriitärken, und zwar nach den einzelnen Bedürfnissen
in den verschiedenen Abstufungen attf'52,457 Cieriker, das ist ein
Cleriker auf 550 Römische Catholiken. Das Zuströmen zu den BiU
dongsanstalten f&r den geistlichen Stand war unter Cari X. .überaus
stark, hat sieh aber jetzt durch die ausserordentlich lebhafte Theil-
nähme an den politischen Bewegungen in Frankreich bei der Mehr-
zahl beträchtUch vermindert Im Jahre 1824 befanden sich 29,379
7% Frankroich.
f
linge In 4len gri^fter^n diealo^isciheB* AnftaltM , SemiiMTidii mid
ColJegieii und |828 wurden «ögar 44,224 gMÜiU^ objj^toh 182?
5,259 Individ. aus denselben «U Priester ordimrt waren. F&r
diese Anstalten und die Besolduiig des gesammten Catholiseheii
Clerus maclite der Staat bereits 1823 einen Aufwand von 29^520,000
Frcs., wpsu noeh die einaelnen Communen und Departements an
Commi^nalbeitr&gen 7,669,745 Pres., hiuafügten, i^lso in Summa
37,089,745 Frcs. d. i. an \OfiOO,000 Rthlr. Im J. 1829 lieferten
das Budget 35,921,000 Ftes, die Communalbeiträge 10,322,400
Pres, wosu noc|i die Crebührea mit 15,000,000 Pres, au rech-
nen sind: also ^in Gesanunteinkommen von 61,222,400 Pres.
(16,530,048 Thlr.). Dagegen gew&hrt geg^w&rtig de« Staat nur ,
^r Besoldung des Geistliohen Standes ■ftmmtUcher Confessionen
25,000,000 Pres. (6,750,000 T^lr.).
Die Mönchs« und Nonnenklöster fanden seit der Rfickkehr
der Bourbons nicht minder eine sehr reiche Unterstützung, und
die Upistilnde der Zeit, namentlich auch politische Missstimmung, -
die selbst aus ausgeseichneten Staatsmännern und Staal^soffuie-
ren Trappisten hervorbrachte*^), so wie Uetferdruss aus Ueber-
sattigung an irdische^i Lebensgenuss führten aahlreiche Bewoh-
ner denselben su. Die ehrenwerthen Anstalten der banttherxi-
gen Schwestern und Brüder, die ihre Sorgfalt nur den verschie-
densten Zweigen der Krankenpflege widmeten, so wie auch klös- ^
terliche Erxiehungsanstalten für das weibliche Geschlecht, ^ie nur
ilas Pörmliche' des Nonnenthftms in sich aufnahmen, hatten
selbst unter der kaiserliehen; Regierung krftffigen Schutz gefun-
den und standen 1814 und 1815 schon in hoher Blüthe, wenn
gleich sie sich seit dieser Zeit noch betrftchtlich vermehrt ha-
ben, da nach dem Bericht des Ministers Clermont • Tounere *
schon 1822 in Frankreich 1700 solche Anstalten, davon alleta
*) Tergl. den Trappisten^ Orden, in der Zeifschrtfl das Aus«
land, im Becemberheft 1834, nr. 351—54, vro nach Französischen
Quellen besonders die Verdienste des Ordensgenerals Augmttin
während der Reyolution und ui|ter Napoleon, als Stitter neuer
Klöster ausserhalb Frankreichs, namentlich in Irland, und dann wie-
derum unt^r Ludwig XVIII. Carl X. und Ludwig Philipp heraus-
gehoben worden. Im J. 1827 waren in Frankreich bereits 0 Trap-
pistenklöster.
•
i^
/
^
.Frankreich« 73
Jn Paris 160 ehigeriditBt waren. Aber dfe bloe frommen und
kirchliehwi Uebungen gewidmeten Anstalten, deren Zweek gera-
desa auf Entfernung ans jem bürgerliehen Leben ausgeht, kehr-
ten jedoek erst dnreh die Restauiation surüek. Bis sum Jahre
1820 waren a^lc^e S4 Nonnenklöster errichtet, bis 1826 172 und
eine einsige Nununer des Bulletin des Itns aus dem Milrsil82tf
enthielt die königliehe Bereehtigung sur Gründang von 7 Ursuli*
nerianenklöster su Dijon, Mets, Caen, Bourg, Montreuil und
Poitieis. Daher war die Zahl der Religiösen ini Dec. 1822
saeh bereits auf 18,644 wieder gestiegen, mehrte sieh bis sum
Dec 1824 auf 19,27], 1827 bis auf 20,043, 1828 21,420, von
denen allein 19,340 dem weiblichen Oeschlecbte sugehörten, da*
Hinter freilich 16,000 in den ehrenwerthen geistliehen Kranken«
. anttalten. Die Gesammtsahl dieser Anstalten und der eigentli-
chen Klöster betrug damals 30JI. Dadurdi mehrten sieh aber
auch wieder in einem grossartigen Maasutabe der jiUirlichen
Geschenke und Yermäcbtnisse su kirchlichen Stiftungen, die
seit 1816 jährlich zwischen 3,000,000 und 6,500,000 Frcs. betrü-
gen, 1820 7,000,000 Frcs. und 1827 gar 13,806,000 Frcs. er-
reiehten, dann in siem lieber Proportion hU sum Jahre 1829 geblie-
ben sind 9 seit 1830 aber -»kaum einen bemerkenswerthen Er-
trag erreiehen. —
Die Gesammtsahl der Anhänger der Römiseheu Kirche be-
trigt IS der Bevölkerung, ffegen 30,300,000 Köpfe. — Die See-
ten des Abhe Chatd und des Saint -Simonismns können, da sie
itaatsreehtlich bis jetst nicht anerkannt sind, auch als ei-
gene kirchliche Partheien noch nicht in Betraobt gebogen werden.
^ II. Die Reformirte Kirche ist vorsiigsweise im, südwest-
liehen Frankreich an der Rhone und Garonne, in den Departe-
nents Gard, Ard^che, Drdme, Lot und Garonne, Losere, Deux-
Serres, He'rault, Tarn, Nieder -Charente, Gironde, Aveyron, des
Unter- und Ober-Rheins und in Paris ausgebreitet An 6000 Ein*
gepfarrte und darüber, oder je 6 bis 7 Kirchspiele bilden e^ie
Pfarr- oder Cqnsistorialkirche, von -ienen wiederum fünf su einer'
Sjmode gehören. Im Ganzen besitzen sie 438 'Kirchenspiele und
101 Consistbrialkirchen, davon in den beiden Rheiodepartements
4 Consistorialkirchen mit 27 Kirchspielen und' 47 Communen;
eine theologische Faeultät sur BUduug ihrer Geistlicheu haben
74 vFrankreich.
,»
m in Montcuba». lim Gesammtiahl beMgt ein Vieisigthaii der
BeFölkemng, gegen 850,000 iiuUvidaeB.
III. Die Eirangelisch-Lutherische Kirche findet in
den beiden Rhein^Departements hauptB&ehlieh zahlreiche Anhän-
ger, aber antserdem in Paris mid in dem Deparment Isere. Sie
steht < unter 0 Inspectionen, 31 Consistoriaikürchen, welche 216
Kirchspiele i^id 37S Communen besitzen. Das General -Con-
sistorium za Strassburg, das zugleich die theologische Facultät
nnd ein geisdiches Seminar zur Bildung der Prediger unter sei-
ner speciellen Aufsicht hat, steht an der Spitze der Leitung der
kirchlichen Angelegenheiten. Die Oesammtzahl ' der Evangeli-
schen beträgt ein Sechszigtheil der BcTdlkerung, über 500,000
Köpfe. — Die Secte der Deutschen Wiedertäufer z&Mt in
den Departements des Doubs und der Vogesen g^gen 2000
Anhänger; wenige Hermhutei und Quädker werden nur vereinzelt
gefanden. —
IV. Die Juden, deren Zahl und Wohnsitze wir schon im
§. 5 angegeben haben, sind in der Verwaltung ihrer Religions-
angelegenh^iten den Christen völlig gleichgestellt, und geniessen
sogar seit 1831 das Recht, die Besoldung ihrer Rabbiner aus
der Staatscasse zu erhalten. Sie besitzen ein Central -Consisto-
rium zu Paris und 6 unter derselben die Aufsicht fährenden
Consistorial- Synagogen.
§. 9.
Die verschiedenen Zweige der physischen
/ Cultur,
Chafial (Comte) de PtndHßtrü FrancaUe^ Paris 1819
Svo. -— Lanoi^ieff de la riehesse territoriale du royaume de
iPhiiice, Paris 1819 890. — Herbin de H alle f (er war damals
Sons - €hef de Padministration des forits) memorial statu'
tique et adminisfratif ^des foritß du royaume de France pour
fannee 1824 Paris^ bereits der dritte Jahrgang, der voll-
ständigste. '^ Dupin fCh.) les forces produetives et Commerz
eiales, bereits der dritte Jahrgang, der vollständigste de la
France^ 2vol. Paris 1*827 l8to. — Faiseau - Lavanne,
recherches statistigues sur les forSts de la France , Paris 1 829
4fo. Ch. Dupin evaluation de la somme des produits du sol
et des ieutes hs industries tn Fi^anee et des revenus publice et
Fraakreich* TS
fSrmphiqmeM, voL XXVIIL S. l-*«*0.
Die gesammte Bodenflftebe des F^ransdiifebea SCtatag wurde
in einem officiellen Beriehte det Fiaaniminutert Grafen von
Conretto auf 116,167,000 Arpene*) angetohkgen, die damalt mit
52,800,572 Heetarea gteiehiutteUen warea. Da?t>D wurden
45,636,000 Arp. d. i. beinahe ^^^ als Ackerland, 7,060,000 Arp.
oder fast ^ ah Weideland, fast dar gleiche Flächeninhalt Toa
6,076,000 Arp. als Wieseb, 11,048,000 Afp. oder beinahe ^^ des
Fläeheninballs als Waldungen, darunter wiederum der fua^whnte
Theil oder 812,000 Arp. Kastanienwald» 3,054,000 Arp. oder ^,
als Weingirten, 7I6,00Q Arp. oder etwas über ^|^ als Obstgir^
cen, fast eben soriel 859,000 Arp. f^ den OemQsebau, endlich der
Rest von 30,000^000 Arp., oder über ein Drittel dep gesammten
Flilcbeninhalts auf Unland , Strassen , Gebäude nnd Wasser be*
rechnet In einem anonymen Aperqu Mtaiütigue de la France **)
rom Jahre 1830, das inzwischen*' aus ausführlichen Materialien
ein Uebersiphtstableau über die verschiedenen Zweige der phy-
sischen Cultur gewährt, sehen wir die gesanltaite Bodenfläche
nur' auf 51,800,062 GLectaren berechnet ubd daron 24,825,776
Hect auf Ackerbau, also über « des Flächeninhalts, 4,025,000
Hect auf Weideland oder y^^, fast eben soriel 3,008,000 Hect
auf Wiesen, 8,710,000 Hect dagegen anf Waldungen oder ^^ des
Flficheninhalts, davon nur ^^ auf Kastanienwaldungen, 2,227,000
Heet oder ^ auf Weingärten, 75(H0d0 Hect oder ^^ auf Obst-
gärten, 030,000 Hect oder beinahe -^^ auf tiemüsebütt und Ta-
back berechnet: es bleibt demnach nur \ oder gegen 6,000,000
Hect auf Unland, Wasser, Strassen und Häuser su Terdteiien.
Da wir nnn ausser diesen beiden Angaben keine neuere nnd
mehr begründete übei das Allgemeine * hiniusufÜgen wissen, so
müssen wir uns für die nachfolgenden Uebersichten der einsei-
nen mehr beglaubigten Zweigen der phjsischen Cultur, wo nicht
*) Der Arpent royal enthalt 160 QPerches ä 9 QRothen a 36
QFuflS» also d2y400 QFuss oder ungefähr | Preuss« (Magdeb.) Morgen.
^ Anflcseigt in Bullet d. sienc geogr. voL XXT p* 3V-17.
\,
♦ '
78 ' Fr am kr ei ch.^
■
betondtrtgtittire Angaben rorkanden fiod, die wir Uermit Ab«
sieht ni^ht eingemitcht haben, am eie uns für unten venubehet-
ten, mit den /mittleren Verhftltni8fC|i iwiedien, beiden 'begnügen,
velehe jedenfalls aicherer der Wahrheit in der G^enwart wie
4ie beiden Extreme en^^en kommen.
a. Der Aekerbau. Er wird am vorsügUehiten in Frank-
reich in den Gegenden an der Loire und in den nordwestlichen
Departements der Bretagne und Normandie betrieben », wogegen er
im Süden diesesLandes auch jetst noch mehr vemachlässigc ist, als
die natürliche Beschaffenheit des Bodens und des Klimas es Tcrstftt.
ten würden« In jenen Gegenden wird er mehr in grdsseren
ländlichen Grundstücken, hier dagegen in kleineren Hdfen ge-
pflegt: die Zahl der sftmmtlicben grösseren und kleineren
Grundeigenthümer Wird bereits vqn Chaptal auf 3»00Q,000 ange-
geben, Inswiscben hat der Ackerbau im Allgemeinen doch un-
ter der Restanration betrüchjtlieh angenommen, und fast j&hrllch
sieht man grosse Strecken uncultinrten Landes in den Zustand
der Urbarkeil übergehen, wiewohl noch immer nicht in einem <«
so ausgedehntei| Grade, namentlich im südlichen Frankreich, als
die natürliche Fruchtbarkeit des Landes und die bereit stehen-
den Geld- und Henschenkräfte dasu auffordern* Unter sehn
Emdten rechnet man in Frankreich eine gute, drei schlechte
und sechs vom Mitt^lertrag. Dies aber reicht hin, trota der ge-
stiegenen Beytflkerung und der Tcrmehrten Anzahl des besser su
n&hrenden Viehstandes, seit den letsten sechssig Jähren nicht
nur den Sedarf des I#andes für Friedensieiten völlig an 1>efrie- .
digen, sondern auch in die westlichen und Östlichen Nachbarlän-
der durch Ausfuhr einen Theil des vorhandenen Ueberflusses aussn- ^
führen. Auf solche Weise ist mckt selten seit 1 785 nach Spanien,
bisweilen auch seit 1800 nach der westlichen Seh weis, nach Piemont,
Savoyen, ja sogar bis nach dem südlichen Rutsland FranxÖsisches
Getreide ^ ausgeführt worden. — Es wird in Frankreich mehr
Weisep als Roggen gebaut^ und der Ertrag beider Getreidearten
Wechselt nach der Güte des Bodens swischen dem fünften und
dreisebnten Korne. Im mittleren und südlichen Frankreich
findet auch starker Anbao des Bfais und Mohns statt, im nord-
westlichen und nordöstlichen dagegen wird verhältnissmässig
am stilrksten Hafer und Kartoffeln gebaut, ausserdem werden
noch als bedeutende landwirthschaftliehe Erseiigntsse im Sü-
den Färbekränter, im gesammten nördlichen Frankreich Hanf
t »
' Frankrcieh. 77'
nnd Fladn, in; Ebnes und Lothrhigeii Tabark geirmmen, Je4«cb
Hanf und Fiacfaa noch nicht hiiliftnglich für dan eigenen Be^
darf: denn der Staatarath Graf von St Crf oq gab, als Pr&sident der
oberst'en Handeisbehörde noch 18279 die noth wendige jährliche
Ausgabe für die Einfuhr dieser beiden Artikel aus dem Aus-
lände durchsduiittlieh auf 5,000,000 Frcs. (1,350,000 Thir.) an.
Graf Ckaptal bereehnete für. das Jahr des Ausbruchs der
grossen Rerolution 1789, für gaax Frankreich das im Ackerhau
anf liegenden Gründstficken, todten und lebenden Inventare an«
gelegte Capital sehätiuugsweifte auf 42,202,023,333 Fros. oder
11,394,000,000 Rthlr., in welchem 18,000,000 Arbeiter mit Ein-
■ctttass ihrer Frauen und Kinder Unterhalt fanden, und auf den
Kopf durchschnittlich des Jahres einen Lohn von 112Frc^. oder
30| Thlr. erwerben konnten. — Für das Jahr 1818 berechnete der-
aelKe Schriftsteller nach den beim Ministerium des Innern vorlie-
genden HOlfsmitteln, das auf den Ackerbau rerwandte Capital auf
37,522,06 l,67d Frcs. oder 10,130,067,000 Rthlr.; deta Reinertrag
des Ackerbaus im jährlichen Durchschnitte nach Abzug der dar^
auf Ter wandten Kosten auf 617,600,000 Frcs. oder 166,752,000
Rthlr., den Reinertrag der Wiesen auf 190,636,000 Fres. oder
51,471,720 Rthlr., endlich den Reinertrag dei Weidelandes auf
47,008,000 Frcs. oder 12,692,160 Rthlr. *). — Ch. Dupin hat in
*) Um zu diesem Resultate eu gelangen, giebt er ans dea ihm
zu Gebot stehenden o/fidellen llnifsmittelD die durclischDittUche
Aerodte. (Der Hectolitre ist = 1 |^ Berlin. SchefL, indem 109
Hectolitres = 182 Berl. ScheffeU ein Kilogramm = ^ Berl. %
da 100 Kilogr. = 3ld,'9; stehen).
A. Von Getreide. Hectolitr. Berl. Schefil
Weizen . 61,065,177 lll,l2Q,m
Mischkom (Meteil) aus Weizen
und Roggen .•••... 11,351,398 20,059,548
kloggen 26,72^151. 48,634,404
Gerste ^ 14,485,070 263^,08^
Hirse, Mais 1<>,646,G80 23,016,094
Hafer 33,702,863 61,339,278
Johnen, Liasen, Mohn u. s. w. 4,840,734 8,910,074
Taback . . 16,000,000 Kaog.3^143,867'a
die einen Werth im Durchschnitt Yon l,99l,331|849 Frcs. od^
\
78 Frankreich.
den^ oben Migeflihrten Werke fttr den getammten Aekerbau bei
^,818,000 Heet Aekerfeld, 3,Si5,000 Hect Weideland, 1,977,000
Heot Weinberge, die Zabl Bftmmtlicber Arbeiter auf 8,406,037
Kdpfe geichätit, die dabei verwandten Pferdekrilfte, ein^ Pferd
mit sieben Menschen gleichgestellt, auf den Ertrag von 11,200,000
Menschen Kf&fte, die dabei rerwandten Esel, den einzelnen nur in
dem Verhältnisse der Kraft eines einzigen erwachsenen Arbeiters
gleichgestellt auf 240,000, und> endlich die dabei verwandten Rind*
.%iehkräfte, 2 ätick gleich fünf Menschen gestellt, der Kraft von
17,432,500 Menschen gleich geschätzt, wodurch * ein Total von
Menschen und Thierkräfte Jkervorgebraeht wird, das der Kraft
,von 37,278,637 erwachsenen Arbeitern gleich kommt — Für
diese giebt Balbi *) schätzungsweise den durchschnittlichen
Jathresertrag in Getreide auf l,900,o6o,000 Pres., der Wiesen
auf 700,000,e6o, der Gemüse, FrQchte und Kräuter auf 202,000,000
Pres., des Plachses und Hanfes auf 60,000,00tf Pres, an, also ein
Total, den Weinbau nicht mit eingerechnet, von 2,912,000,000
Pres, oder 768,240,000 Thlr. an. Wie wenig exact auch^olche
^Zahlen und Schätzungen allerdings eri|cheinen müssen, so sind
sie doch als Haltpunkte für die Vergleichung unentbehrlich, und
erregen si^n durch ihre Aufstellung mannichfaclien Reiz zn
aus^uemden Arbeiten für ihre Berichtigung, also für möglichste
Annäherung an diese stets nur mit reiativW Wahrheit zn be-
stimmenden statistischen Gegenstände.
Der Wein- und Obstbau stehen in Prankreich auf der
höchsten Stufe. Der Weinbau ist in diesem Lande in der Oe-
^wart so ausgebreitet, dass nur nachstehende 10 Departements
denselben nicht landwirthschaftlich betreiben, di^ Depts Calva-
dos, C6te$' du Nord, Creuae^ Flnhtere, Manche, Nord, Ome,
PaM'do' Calais f Nieder- Seine und Somme. Am stärksten ist er
in den Departements zwischen der Loire und Garonne, wo zum
Bebpiel in dem Dept der Nieder - Charente dor mittlere Durch-
fi)n,619»64t Rlhlr. haben. Dazu Hanf^ Flccbs, Saffran u. s. w. für
((l*641»S4p Pres., giebt einen Gesammiwerth von ],989,973>tf89 Pres,
oder 514,862,960 Rthlr.
* «) Geographie, edit von 1833, S. 133.
. Frankreich. 79
tdiititt einen Jahreiertnig' von 2,000,000 Hectolitree (ein Heetoi-
litre =? 87|BerLQiiariL 9 also beinahe 3 Prts. Anker) gewilhrt Ihm
«teben zunächst die Depts. Gironde und Herault, die jedes über
2,000^)00. HeetoUtres jähiiich liefern; darauf folgen die yjer
Depts. Charente» Nieder -Loire, Loiret und Gard, mit einem Er-
trage zwischen 1,000,000 bis 2,000,000 Hectolitrcs in den mitt-
leren Jahren, dann zwanzig Depts. des mittleren Prankreichs mit
Eins^uss des Var • Depts. in eineni Durchschnittsertrage zwischen
1,000,000 und 500,000 Hectolitres, darauf 30 Depts.» deren Flä-
cheninhalt grossen theils gebirgigt ist, mit Einschluss von Cor«
sica, zwischen 500,000 und 200,000 Hectolitres und endfich 20
Depts., die ausser den Alpen, dem Cantal, Vogesen,. Ober -Loire'
zum nördlichen , Fraiikreieh gehören, zwischen 200,000 und
100,000 Hectolitres bis zum Minimum im Dept Morbihan, wei-
ches' in gewöhnlichen Jahren kaum 1000 Hect. gewährt *),
Der Elrtrag nach der Hectare gerechnet, weicht iU' den yerschie*
denen Departements noch mehr, wie bei dem Getreidebau ab;
während man in den nordöstlichen Departements tfes Rheins,
der Mosel und Ardennen, und eben so im Departement der
Eure und Loire einen Mittelertrag Ton 45 bis 55 Heotol. auf
die Hectare rechnet, kömmt es bei den südlicher gelegenen nur
bis auf den dritten, vierten, fünften Theil desselben, und das
hierin am wenigsten begünstigte ^Departement Vaucluse liefert
nur durchschnittlich 5 bis 6 Hectolitres von der Hectare ^%
Der Weinbau ist aber, im Vergleich gegen seinen Zustand Tor
der Französischen Revolution, soi^ohi was die Menge und
Grösse der Weinberge, als auch was die hohe Stufe der Culti-
*)VergU Lewis Goldsmith statistiqiie de la France, tra-
duite de VAnglais par Eugene d'Hamecourt, Frankf. a. M. 1834. Si
^SlS^'JSi ich habe dieses Handbuch, weil es fast ausschliesslich nur
die financfeUen Terhältnlsse des Fianzösischen Staates berührt, des-
halb oben unter den allgemeinen Hülfsmitteln nicht angeführt. Das
Material ist in demselben nur lose zusammengeworfen und nach
der Verschiedenheit der Quellen von sehr verschiedenem Werthe.
^) Jnlliea tq>ographiedetou8le8 vignobles* » A. Uender- ^
son the history of the ancient and modern wines, London 1825» 4lo. «
*
^
80 Frankreich«
rintng anbelangt, «oaaerordentlich gestiegen; der Fiaehenuihalt
der Weinberge hat sich um mehr ala dea vierten Theil ver-
mehrt, er betrug 1789 3»2Ö0»000 Arpens, gegen 1,500^000 Hec-
tarea, 1817 = 1,736,056 Hectares, J828 = 1,077,000 Hectarea,
1K32 gegen 2,010,000 Hect Die bessere Bearbeitung des Weins
gekährtjetst imDurehschnitt den fünften Theil des Ertrages mehr als
Tor fünfzig Jahren: doch sind auch hier weit weniger die südlichen
Departements vorgeschritten, und selbst in den Gegenden der
Gironde ist es trots der Güte' und des Werthes des Weins auf
den^ alten Standpunkt^ geblieben.
Nach Graf ChaptaPs Berechnung fünfjähriger Materialien aus
den Quellen des Ministeriums deslnnet^n bissumJ. 1818, verhielt
sich beim Weine die Ausfuhr sum Selbstbedarf folgendergestalt:
35,358,800 Hectolitres machen den durchschnittlichen Gesammt-
ertrag aus, die, nach den Weinen aus allen Gattungen geschfttst
jedoch wohl in einer xu geringen Angabe, nur einen Rein*
ertrag von 88,488,000 Pres, abwerfen sollten. Hievon würde
^^ im Inlande vertrunken', ^>^ ins Ausland versandt, und über
^j^ SU Branntwein und Weingeist destillirt, ron welchen Eraeeug-
nissen aber wiederum beinahe der dritte Theil ins Ausland
fibergeht Zur Zelt der Revolution war die durchschnittliche
Ausfuhr an Wein in den fünf Jahren 17|< == 32,368,500 Pres.,
im sweiten Jahre des Consulats 1801 = 50,553,224 Pres., darun«-
ter 15,606,278 Pres, für Cognac, Weingeist und Liqueure, gegen
das Ende der kaiserliehen Regierung 1812 = 57,186,276 Pres.
Der Hersog von Doudeauville gab als Minister des königlichen
Hauses seit 1824 in einem ofüciellen Comissariatsberichj^e vor
den Kammern den jährlichen Werth der Erzeugnisse des Wein-
baus zwischen 600 und 800,000,000 Pres. (162 bis 216,000,000
Rthlr.), aber viel richtiger als Chaptal die Ausfuhr nur -auf ein
Zwei und dreissigtheil der Quantit&t des Ertrags an, und
den Verbrauch für Branntwein und Weingeist auf ein Secha-
theil *)• Mit dieser Abschätzung der Ausfuhr steht auch mehr
*) Im J. 1827 wurden in ganz Frankreich 35,075,689 Hectolitres
Wein gewonnen, deren Werth auf §40,389,296 Pres, berechnet wurde.
Es waren überdies /
Ftankre/icb. 81
in ÜebeTeittstimmiiiig der offieieOe SeliEtziiiigtwertli der Ausfuhr
des Weins und der Branntweine, da doeh nur die besseren und
dieneren Gattungen im Anstände Absatz finden. Die Steuerlisten
aber geben für das Jahr 1822 den offieiellen Sehätzungsirerth
für Wein 34,500,000 Frcs. 0,315,000 Rthlr.
^ Ar Liq. u. Brann tur. 21,000,000 — 5,913,000 —
Summa 56,400,000 Pres. 15,228,000 Rthlr.
1823 für Wein 46,300,000 Frcs. 12,501,000 Rthlr.
für Liq. u. Branntw. 26,700,000 — 7,20Q,000 —
Summa • 73,000,000 Pres. 19,710,000 Rthlr.
1827 fSr Wein 47,230,000 Frcs. 12,752,100 Rthlr.
für Liq. u. Branntw, ^,710,000 -^ 6,401,700 — '
Summa 70,940,000 Frcs. 19,153,800 Rthlr.
Hieraus ergtebt sich aber die ausserordentliche Wichtigkeit
des Weinbaus für den gesaromten Handel und Nationalreich-
thum des Französischen Volkes, sowie der Einfluss desselben
auf den auswärtigen Handel der auch keinesweges durch die
Verordnungen mehrerer Süddeutscher Regierungen, welche in
den Jahren 1821 — ^22 die Einfuhr Französischer Weine entweder
gänzlich verboten, oder doch sehr erseh werten, beschrankt wor-
den ist, sondern gerade noch seit dieser Zeit beträchtlich sich
gehoben htiJL
Der Obstbau wird in den feinsten Sorten vonQglich im
Centrum von Frankreich, in der Umgegend yon Toura und Or-
leans mit Sorgfalt betrieben: aber im nördlichen Frankreich ist der-
selbe noch im grösseren Umfange ein landwirthschaftlicherNahrungs-
zweid^ Weiler hier nitht nur als Nahrungsmittel dem Selbstbedarf eine
grosse Hülfe gewähi-t, sondern auch zugleich statt des fehlenden Weins
durch den Cjder und Poiree, ein aus Aepfeln und Birnen durch Gäh-
an destillirten Branntweinen 6,222,8^0 Hectolltrei«
an gewöhnlichem Weingeist 761,945 —
an reinem jVlkokol 469>817 —
an Weingeist aus den Trestem 70,000 —
r Also in Summa $,514964*2 Hectoliti^, die
■icbt viel mehr als den sechsten Theil der obigen Angabe betragen.
Sohabcrr« Sta)(i»tik IL ' 6
<v
82 Frankreich.
rang bereitetes geistiges GetrUnk gewinnen I&sst Dabei sind in der
Bretagne, Normandie und vielen Landstrichen derkle deFrance,
Champagne und Pieardie alle Landstrassen und Seitenwege mit
Obstbäumen bepflanzt, um einen möglichst grossen Ertrag an
Obst jährlich xu erlangen. — Die gute essbare Kastanie ist .
vorzugsweise in der Mitte von Frankreich und in allen Theilen
des südlichen Reichs, theils als für sich bestehende besondere Pflan-
zungen, theils einzeln angebaut, dient hier hUuüg als Brodsurrogat
und macht namentlich in den Sevennen, den Nieder -Pjrei^aen
und den Alpengegenden fast die Hauptnahrung des gemeinen
Mannes ans. Der Oelhau herrscht vorzugsweise in den Pro-
vinzen am Mittelländischen Meere, hber der Olivenbaum hat in
mehreren harten Wintern der neueren Zeit, namentlich in den
Jahren 1812, 1819 und 1824 ausserordentlich gelitten, so dass
selbst die Üppige Vegetationskraft dieses Theiles von Frankreich,
die überraschend den erstorbenen Baum aus den Wurzeln zu er-
setzen sich bemüht, dem so rasch auf einander gefblgten wieder-
holten Verluste nicht abzuhelfen vermochte. Es wird daher in
Frankreich • nicht mehr für den Bedaif des Landes, der allerdings
ausserordentlich stark isf» bei dem grossen Verbrauch des Oels zur
Zubereitung der Speisen, ausreichend Olivenöl gewonnen, sondern es
bedarf alljährlich einer sehr starken Einfuhr, die nach einer officiel- ,
len Angabe des Handels-Ministeriums vom Jahre 1827, im Durch-
schnitte die letzten Jahre hindurch die Summe von 26,000,000
Free. (7,020,000 Thlr.) erforderte, wiewohl die Einfuhr nicht mehr als
dan vierten Theil des jährlichen Verbrauchs macht, da noch jetzt für
77,000,000 Frcs. jährlich im Lande bereitet wird. Das in dem Handel
von Mittel-Europa unter dem Namen von Provence-Oel gewöhnlich
verkommi*nde Oel wird aus Jtalien, vorzüglich aus Livomo und
<3en Häfen des Königreichs Neapel und Sicilien, hieKer einge-
führt, wie dieses schon s^it der Mitte des achtzehnten Jahrhun-
derts gewöhnlich geschah: die Frucht der Olive wird aber in
getrockneter Grestalt noch häufig aus Marseille und anderen Süd-
französischen Häfen durch den Handelsverkehr nördlich ver-
sandt. — In Corsica hat man sogar den Versuch von Thee*
Anpflanzungen gemacht, die indes« noch keinen bedeutenden
Erfolg gehabt haben %
^) Ueber den gesammten j^astand des Ackerbaus ^fahrend der
«
Frankreich. 83
b. Di# Vi eh sucht itl im allgemeinen in Frankreich «ehr
vemachlitftsigt*), wir4 auch nicht selten durch die localen Ver-
hältnisse sehr beschrankt, und mtf die dringende Anforderung
der Industrie hat der Schaahsucht seit der Revolution eine eifri-
gere Sorgfalt Bum schwanghafteren Betriebe errangen. Das
Pferd ist nur im nördlichen Frankreich, und hier wieder be*
sonders in der Normandie, in der Bretagne und ausserdem noch^
in der Landschaft Limousin im Ansehen und Gegenstand einer
sorgfältigeren Viehzucht Vergleicht man die Zahl der Pferde mit
den Menschen, so ist Frankreich unter den ^össeren Europäi-
schen der ärmste Staat daran: denn während alle übrigen we-
nigstens 100 Pferde auf 1000 Mensi^en, oder den sehnten Theil
der menschlichen Bevölkerung besitzen, sinkt Frankreich auf 60
Pferde gegen 1000 Menschen, indem es in dem Umfange des
Kaiserthums 1812 nur 2,176,000 Stock in dem heutigen Um-
fange aher 1818 1,650,000 Stück und 1828=1,872,617 Stück
besass **). Frankreich hat weder für seine Reiterei, noch für
seineu Bedarf an Ziigthieren den hinlängfichen Zuwachs auf sei-
nem Boden, und jährlich geht noch eine beträchtliche Geld-
summe für die nothwendige Einfuhr derselben ins Ausland verlo-
ren, grossentheils nach dem nördlichen Deutschland und nach den
Oestreichischen Staaten» weniger i^ch Grossbritanien. In den vier
lahren 18 J|. wurden d5,639 Pferde in Frankreich eingefl(hrt;
deren Wcrth officiell aaf 30,219,540 Frcs. oder 8,159,265 Thlr. ge-
schätzt wurde, das macht jährlich im Durchschnitt 23,906 Pfer4e
und 7,554,886 Frcs. oder 2,039,816 Thlr.: eine Angabe, die auch
für den heutigen Zustand noch als gültig im allgemeinen aner-
kannt bleibt. Die jährUche Zuzucht im Lande steigt nicht über
Revolution, vergl. die interressante üebersicht von Herbin, StaUsti-
que gdn^rale et particuli^re de la France, vol. I. S. 189—234-
^) Vergl. Ch. Dupin, ameliöration et mnltiplication des grands
animaux domesliques en France, und Senac's Anzeige dieser Ab-
handlung in Ferussacs Bulletin d. sc. geogr. vol. IX. S. 296-^302.
^*) Die in dem angeführtea Aufsats von Dnpin angegebene Zahl
von 2>500,000 Stück für 18-26 \A ohne Auctoritat und sicher übertrieben,
sowie die noch stärkere bei Goldsmith S. 166 durch einen Zuschlag
von { des Betrtigs auf die Angabe von 18M hervorgebradiie Summe
von %117|^Ud Stück I wobei indes« die Maulthiere mitgezählt sind.
84 Vrai&kreioli.
2OO9OOO FQlleiit obgleich die Zahl der Stuten mehr all das Vier-
fache deraelben beträgt; 1825 wurden 02,768 roännliehe, 06,825
weibliche, überhaupt 180,503 Füllen erzielt Von Seiten des
Staates geschieht noch su wenig zur Unterstützung der Pferde-
zucht; es werden zwar königliehe Landgestüte gehalten, die in
28 besonderen Stationen zwischen 1200 bis 1300 Zuchthengste
(1820 == 1287) mit einem Staatsaufwande von 1,80&,000 Pres.
(487,350 Rthlr.) halten, um sie von den grösseren und kleinem
Gutsbesitzern als Beschäler für ihre Zuohtstuten gebrauchen zu
lassen. Aber wie wenig dieses ausreicht, bei dem geringen eige-
nen Eifer für Pferdezucht durch Privatgestüte, geht daraus her-
vor, dass wenn auch auf jeden Beschäler 40 Stuten gerechnet^
doch durch 1250 nur 50,000 Stuten, oder der vierte Theil der-
jenigen, welche jährlich Füllen hervorbringen, gedeckt werden
könnten*). — Die Maulthiere sind in dem mittleren und
südlichen Frankreich als Zugthiere Hehr gesucht und stehen
verhftltnissmäsig in höherem Preise als die Pferde, da recht
brauchbare Thiere selten unter '500 Frcs. (135 Rthlr.) gekauft
werden. Die beiten werden in den Landschaften Auvergne (Dept.
Cantal)^ Nieder-Poitou, Limousin und Perigord gezogen und ste-
hen in so ausgezeichnetem Rufe, dass nach Nordspanien jähr-
lich eine beträchtliche Ausfuhr stattfindet, im Jahre 1827 für
4,840,000 Frcs. (1,306,800 "Rdilr.): ihre Gesammtzahl beträgt
350,000 Stück, also auf lOÖO Menschen gegen 11 Stück. Die
Esel werden im südlichen und westlichen Frankreich viel zahl-
reicher gehalten als die Pferde, und werden hier auch selbst am
häufigsten (Ür die landwirthschaftlichen Arbeiten gebraucht, ab^r im
nördlichen nnd östlichen sind sie fast von gleicher Anzahl mit den
Pferden. Die besten werden in der Provence, in Auvergne und
Poitou erzogen, ihre Gesammtzahl steigt auf 8^000,000 Stück
d. i. auf ,1000 Menschen Ol Stück •%
0 Uebersichtllch nach den Departements in der Zeit des Con-
sulats ist die Pferdezucht behandelt bei^Herbin St G. vol. L
^ S. a43*-6a
V **) l/eber das Maullhier uud den Esel nach den verschiedenen
Df)>ts. Uerbitt L $. W)— 66.
X
S.
Frankreich. 65
Dm Riatvie^ wird la itiürluter Zahl and h der beiieB
BwffliBffciihelt smner Hrtaehbarkeh in d«r Normandie und in der
Bntagae angeCroffen,. welche beide Landgchaften auch einen
grasaen Theil dea Bedaifa an Butter fttr den geaammten ^ran-
idaiadien Staat liefern« Aber der Bfangel an Weide und Wie-
•ea, welchen ein BUck auf die oben angeführten Angaben, über
die Verdieilnng der Bodenfläche im Vergleich su andern Län-
dern erweiaty beeinträchtigen dergestalt die Rindriehiueht, d^
(raakreich in diesem wichtigen Theil dea Erwerbe der nethwendi*
gen LebensbedOrfiiifte bis jetst noch in Abhängigkeit Tom Aus-
lände Tcrbleib^ und alljähriich nodi Sdilachtvieh und andere Er-
seugiusse dieses Zweiges der phjsischen Cfdtur eipfihren muss.
Nach Dupin«) wurde in den Jahren 1820-^26 12 bb 17,000 Stiere
ud Ochsen, 14 bis 2%500 Kfthe, 5000 bu 13,000 Kälber, über-
haupt also 29,000 bis 5^,500 Stüdc grüneres Hornvieh Jährlieh
eingeführt, dessen Werth iwischen 5,500,000 und 9,000^000
Frcs. (swischen 1,485,000 und 2,430,000 RM.) dem Auslande
euibraehte; aussordem ging aber noch die doppelte Summe
Iv Käse, Butter, Talg, rohe und gegerbte Häute ins Ausland.
Eine ofiicielle Angabe des Handels -Ministeriums wies für das
Jahr 1827 eine Einfulir nach Ton 13,000 Ochsen und Stieren,
25,000 Kühen, für Käse 3,000,000 Frcs., für Butter J,000,000
FresL, für rohe Häute von 13,000,000 Pres., in Sfumma für Er-
aeugnisse der lUndviehsucht für 27,000,000 Pres (7,290,000
RthlK — > Der gesammte Rindviehbestand betn^ 1803 in Prank-
reich bei seinem damals erweiterten Gränsbestande 6,084,500
Stuck**), 1812 nach Chaptal auf dem heutigen Territorium
0,081,952 Stück und zwar 1,915,871 Stiere und Ochsen, 3,909,959
Kühe und 850,122. Stück Jungvieh; |828 susammen 6,973,400
Stück, d. L auf 1000 S. Bevölkerung 213 Stück R.
Die Schaafsucht, in dem gegenwärtigen J';hThunderte
dc^am eifrigsten in Frankreich betriebene Zweig der Vichsucht,
*) Bullet, d. sc geogr. voL X. S. 299.
^} Vergl. Uerbin a. a. O. a 266*79»
86 , Frankr^lcli.
findet auch von Seiten dea CHnMit und 4«r' natMieben Beschaf-
fenheit des Bodens in den hergigten Gegenden de« mittlerem
und südlichen Frankreichs eine aehr tre^iche Unterstützung.
Die Versuche unter der ' {tegierung Ludiriga XV. und Lud-
wigs XVI. die Französische Schaafsucht durch Eanfiihrung der
Spanischen Merinos zu reredeln, führten zu keinem dem Wohle
des ganzen Landes gedeihHchoi Resultate. Erst durch Napoleon
wurden auf iweckmässigere Weise dieso^ Versuche for^esetzt;
und« sie erlangten einen glänzenden Erfolg,^ als durch die Fran-
zösisehe Besetzung Spanien« ganze feine Schiuifheerden Über die
Pyrenäen nach Frankreich entführt und 19 die grossen kaiser-
lichen Stammschitfereien zu KapibouUlet, Perpignaü und Pompa-
dour verpflanzt wurden , um von hier aus durch vielseitige Mit-
theilung über ganz Frankreich eine veredelte Schaafzucht zu
verbreiten. Wie nun in derselben Zeit durch di« Continental«
kperre die meisten Zweige der Französischen Industrie und na««
mentlich die Wollemanufacturen eine erzwungene, aber auf sich
Mlein hingewiesene verstärkte Betriebsamkeit erUagten» so wurden
durch das Emporsteigen der WoUmanufacturen den auf veredelte
Schaafzucht angelegten^ Capitalien die gewisseatea und bedeu-
tendsten Renten gesichert Dies blieb auch in demselben Ve;«
hältnisse nach der Restauration % wie wohl auch jetzt nocb die
feinste Wolle, wie sie die Sächsischen, Schlesischen » Branden-
burgischen und Mährischen Electoral- Schäfereien hervorbringen,
nicht erzielt wird, sondern auf Deutschen Märkten eingekauft
werden muss**). Der gesammte Schaafbestand war bereits
1812 auf dem heudgen Territorium 35,188,000 Stück, 1827 auf
30,000,000 Stück berechnet, darunter nach den Angaben des
ersten Wollfabrikanten Tejrnaux, mit denen überdies die officiel-
len Uebersichten, die bei den Debatten der Deputirtenkaramer
1828 gebraucht wurden, übereinstimmten, waren jedoch 1827 in
Frankreich nur 40,000 ganz feine Schaafe gleich den Sächsiachea
m >m
*> Die Tttchfabrikatlon brachte allein schon 18^3 Waaren für
150,000,000 Frcs. (40,500,000 Rthl.) hervor, darunter allein Shawls
und CiBscheroire für 24,000,000 Frcs«, obgleich dieser Gewerbzwerg
;ttoch Dicht lan^e betrieben wurde.
^> Nadi Ch. Dupin a. a. O. 8. Jbl.
FraAkr«ich. 87
Eleetorml-Sdiaafe, 100,000 gertagere Merioo«. 5,S40,000 Metit-
Sdiamfe» die ftbrigen 34,000,000 gemeine; also die gans Teredel-
ten and baibreredelten Terfaiellen sieh noch '|u den gemeinen,
wie 1 : 7; vnd anf 1000 Bfenaehan Berölkerung kamen 1206
Sehaafe. Uer Bedarf an Wolle wurde auch in FraUkreieh noch
nicht amsreiehead herrergebracht» wiewohl in den Jahren I9|«
der j&hrliche Ertrag dardlseinlttlleh 42,000,000 Kilogramme
(90,000,000 9 Berl.) betrag, deren Werdi aber Temavx nnr anf
113,890,000 Frct. (30,739,500 RthL) wegen der überwiegenden
Maase grober Wolle angab. Die Einfuhr an Wolle stieg im
Jahr 1827 auf 5,000,000 Kilogramme (H>,7!4,286 9; Bcri.), deren
officieller Sch&tzungswerth In den Steoerlisten anf 10,600,(X)0
Frcs. (2,862,000 Rthl) stand*). Im Jahre 1833 wurden 9,148,274
KUog. gemeine Wolle fOr 15,990,812 Free, 1,557,039 Kiiog.
feine f^ 5,767,077 Pres, und 220,439 Kilog. sehr ^ine für
1,282,253 Frcs. zusammen 10,925,752 Kilog. (23,41:^326 9 Berl.)
fftr 23,041,142 Frcs. <6,221,099, RthL) eingeführt Ausserdem
wurden aber auch noch Jährlich an Schlachtvieh im Durchschnitt
gegen 200,000 Ehmmel im Werthe von 5,000,000 Frcs. (1,350,000
RthL) in Frankreich eingef&hrt -^ Die Ziege ist in den Thä-
lern der Alpen und Pjrrenaen das Haüptthier, ausserdem noch
auf Corsica und in der Aurergne sahireich gehalten, sonst nnr
einzeln über Frankreich zerstreut: ihre Crcsammtsahl beträgt
900,000 Stfick, d. L auf 1000 Menschen Bevölkerung 27 St —
Von dem überall in Europa verbreiteten und nur selten durch
Localhindemisse beschränkten Hautdiiere, dem Schweine wer-
den in Frankreich gegen 4,500,000 St gehalten, (d. i. 146 St
auf 1000 S. BevöL), die gesuchtesten in Gascogne und überhaupt
in den Nieder • Pjrrenaen « Gegendei^ — Zählen wir nun die
obigen Angaben von den einzelnen Zwsigen der Viehzucht zu-
sammen, so erhatten wir 57,136,000 St ip'ttsserer Hausthiere,
' das giebt 1753 Stück auf 1000 Individuen der Bevölkerung und
5664 Stück auf eine QMeile. Der Gesammtertrag der Vieh-
*) üeber die elgenthfimKchen Französischen Sehaafe and die
Verschiedenheit .des Werths der besonderen landschaftliehen Ra^en
vergL Herfola a. a. t). 8. 179-90.
'88 Frankreich,
sodit wwNle ¥011 Chiytel 1818 a«f 733^000^000 Fm. (107,010,000
Rdil.) getchitit
e. Der Seidenbau «nd die Bienensneht DerSeiden-
ben beginnt in Frankreiek erst unter der Regierung Hein-
richs IV., indem die ersten Maulbeerbftame in der Provence
nach dem Jahre 1600 angepflanzt wurden. Von der Regierang
eben so fehr, wie Ton dem Klima in den Rbonegegenden unter-
halb Ljon begünstigt, breitete er sich- so raseh aus, dass er be-
reits nach einem Jahrhunderte ein Hauptnahmngszweig der Be-
wohner dieser Gegend wurde. Abcv gleichseitig erhoben sich
auch die Franiösischen Seide •Manufttetnren au den Torzäglich-
sten in EUiropa« indem sie die Italienischen aus einem grossen
Besirice ihres früheren Handelsreikehrs Terdrftngten. Dadurch
stieg der Bedarf an roher Seide in Frankreich so ausserordent*
lieh, dass, da der Seidenbau durch die klimatische Beschr&n-
kuBg des Gedeihens des Maull>eerbaums im mittlren und ndr^l-
liehen Frankreich nur späriieh aufkommen konnte % «selbst noch
die näheren Umgebungen Lyons im rauhen Nordostwinde auf
ein nicht zu besiegendes Hindemiu stiessen, und eine betritohtliche
Einfuhr an roher Seide aus Italien, Spanien, der Levante und
China sich ununferbrochen nothwendig machte. Schon vor der
Revolution war die Einfuhr bis auf 28,000,000 Frcs. gestiegen
und hatte 1784 sogar die Summe von 20,582,000 Frcs. (7,087,140
Rdil.) erreicht, die indess stets durch die Ausfuhr an verfertigten
Stoffen nach dem nördlicher und östlicher gelegenen Auslände wieder
eingeholt wurde. Gegenwärtig steigt der'Elrtrag der in Frank*
reich selbst gebauten Seide in mittleren Jahren durchschnittlich
auf mehr als 2,750,000 <&» deren Werth 06,000,000 Frcs. oder
17,820,000 RthL beträgt Die Einfuhr an roher Seide, jetzt vor-
nemltch aus Italien (Piemont, Neapel* und Sicilien) erfordert nach
einer officiellen Angabe des Finanzministeriums vom Jahre 1827
durchschnittlich nodi die Summe von 40,000,000 Frcs. (10,800,000
*) Ueber den Seidenbau und seine verschiedenartigen Erfolge
in den einzelnen Departements finden wir sehr brauchbare Nach-
^iÜitcn bei 'Herbin a. a. O. S. 300-433. und bei Peuchet^ dictionaire
de geographi« commer^ante, Introduct. S. t96-*<^300.
Frankreiclu 89
RdiUi ~ DI0 Blen6Bsaoht wird tm ttiilc^em im w«sdieiMii
Frankreich betrieben *), namentlich in den Gegendwi nördlich
und südlich ron der Loire, nnd bleibt Jetit weniger w^en det
Honig^, ak de« gtorkea Verbraueht an Wacht in Amehen, das
inzrächen keineswegee mm autreichenden Bedarfe in Frank-
reich gewonnen wird. Der jährlLche Ertrag an Honig und
Wacht wird über 6,000,000 Frct. (I,a20»000 Rthi.)
d. Forttincht nnd Jagd. Die Forttaoleht lat dnreh die
grialichen Verwüstungen während der Revelation nnd durch die
Vertchlendemng der ansehnliobtten Staatawaldjingen ' autteror-
dentlidi heruntergekommen, und konnte auch whhresd der Kai-
lenegiening bei den fortdauernden Störungen» die dieter Zweig
der ph/titchen Cultur durch die polititchen Ereignitte erfahren
mDtste, tich nicht su der früheren trefflichefi Pflege wieder er-
heben. Erst nach der Rettauration begann wieder eine' rogei-
nittigere Forttwirthtchaft, die um to noth wendiger wurde, alt
die Wiederherstellung der FransÖtitchen Flotte den Hangel an
grottem Sehiffbauholze am empfindlichtten fühlen liett, die frü-
here Hülfe det achtiehnten Jahrhunderte, die aut den Fransöti-
f cben-Nord- Amerikanitchen Betitsungen Kerbeigeholt wurde, feUte,
nnd die kottliare Holi-Einfuhr aut den Ruttitchen und Preutti-
ichen Osttee «Provinzen, die namentlich in den Jahren 1821—^24
tich betondert lebhaft seigte, eine neue Abhing igkeit vom Autlande
henrorrief. Nach dem oben angeführten Werke von Herbin de H^llle
worden die nutsharen Waldungen im Gänsen nur auf 6,521,470
Hectaren**) (25,542,424 Prtt. Morg.) angetchlagen, darunter aber
aar ein V-'ersehntheil^ 460,000 Hectaren mit Hochwald bedeckt.
Vor der Revolution wurden aber doppelt ao viel Waldungen,
gegen 25,000,000 Arpent oder 12,000,000 Hectaren angetroÄen.
Von dieten 6,521,470 Hectaren Waldungen gehörte noch nicht ein
Seehttel, 1,122,832 Hectaren den Staatt-Domainen lu, ein Fünf-
andswansigtheil der Krone und den Primen des königlichen Hautaa,
•• •
♦) Vergl. Herbin a. a. O^ 8. 386—99.
**) Vergl. über die Vertheilung derselben nach den einzelnen
DqMurtemenli Ferustae BuUet» det sc geogr. T. IL. S. 108—6. —
90 Frankreich.
Blmltdi den KffoiMloiiMiinen 65,009 ^HeetareB und deo Prinien
192,390 Hecttren; über drei Zehntheile waren »Eigenthom einzel-
ner C^emeinen und dffentlicher Anstalten, nftmlich 1,890,745 He-
ctaren, endlich fast gerade die Hälfte, 3,243,528 Hectaren, war
in die H&nde von Privatbeiitieni gekommen. Der Jährliche Er-
tn^.der Waldungen . wurde ron Chaptal 1818 auf 85,000,000
Frcs. (2^050,000 Rthlr.) berechnet, wofür 141,450,009 Cubikfuss
Bauholi und 11,786,000 Klafter Brennhols geschlagen wurden.
Ckkldanddi *) rechnet dagegen g^enwärtig den Jährlichen Durch-
vohnilt Ar Bauhok auf 175,000,000 Pres., Breniihols und Reis-
hols auf 141,440,000 Frcs., also ein Total von 316,440,000 Pres,
oder 85,598,800 Rthlr., während Fatseau Lavanne den Reinertrag
der Staatiwaldungen, also des sechsten Theils der mit Wald besetz-
ten Bodenfläche für das Jahr 1829 auf 22,000,000 Pres., (5,940,000
Rthlr.) ermässigt Doch mnss man überhaupt in der C?egenwart bei
Frankreich ron Holzmangel sprechen, der zwar eben so bei den Ge-
bäuden dnrch einen grossen Reichthum an brauchbaren Bruch-
steinen, sowie als Brennmaterial durch den Tielfachen C^ebrauch
der Steinkohlen, dea Torfs, Strohs und der Pflanzenstengel einiger-
niftassen ersetzt wird. Aber an mehreren Orten tritt der Holz-
mangel ata bedeutendes Hindernisi der Anlage neuer Eisen-Ham-
mer und anderer zum Bergbau und zur Metallverarbeitung nothwen-
digen grossen Werken entgegen. Am holzreichsten sind einige
der Ostfichen Departements, wie der Oberrhein, die Vogesen,
Jura, Meurfte und die Insel Corsica, wo beinahe ^ der Boden-
fläche den Waldungen zugerechnet werden must. Dagegen ist in
den nordwestlichen und westlichen Departements, sowie in den süd-
lichen an der Rhone, kaum ^j^ der Bodenfläche als schwache,
wenig ergiebige Holzung zu rechnen. —Die Jagd wird über ganz
Frankreich, Jedoch mehr all ein Vergnügen, aU wie eine ernste
Berufs-BescMkftigung betrieben, und wenn ihr Ertrag ftti^den inneren
Bedarf verhältnissmäisig auch sehr ergiebig ist, «o erhebt er sich
doch nid^t su einem bemerkbareren Momente füf die statiktischen
Ergebnisse des Nationalreichthumt.
e. Die Fischerei war während der Revolution theils durch den
Verlust der Nordamerikanischen Fischerei-StationeB, theils durch
«) a SMätlsttque de la France. 8. 161
Frankreich. fl
im Süvw^flit 4mt KkMfmMknßt im dmk Eumptifdi«» Gewftsa«ni
ir«a S^toa 4er fi^^lAailer, Aeüfl endlich durch die Aul)ieh«ng
te itKegercti FeslNi-Gebtiiiche hei den Anhiagem der Cethe-
Utcben KiI^ehe «ehr hemiUargekemaiM* Sie hob «ich, wm dea
Fvig der Seefische heUifft, nur langtaei unter Napoleon, Sie
erhielt eher Bofort durch die königtiehe Regiermig »ec)i der
Reeti^redon neee AafnnuUening, indem ein Tiieil der frfiberan
Scmdonea für det grössere Crcwerhe der Seefitohefei an Frank-
reich snrdekkasiy mnd dtr Gtrvm der Römischen Kirche durch
eifrige Anempfehhmg einer strengeren fi^eacbtong. de? Fasten-
speisen den Bedarf an Fisdien ftherhaopt, und namentlich sn
getrockneten Seefis^en w^^ des leichteren Transportes nad
der gröisciea Baitharkeit in diesen südlichen Gegenden wieder
stark rcigiisserte, Ludwig XVIII. ertheüte daher schon durdi
die Verordnung voin lüten Mars 1816 bedeutende Belustigun-
gen den Fransösischen Seefahrern für den Fischfang in 4^*^ ^'^^^
femten Heeren, und Hess su noch grösserer Aufmunterung des-
selben dne st&rke Erhöhung des Zolls auf die aus dem Auslande
eingefilurten Seefitehe eintreten. Auf gleiche Weise vorjdieilhaft
war das königliche £dict vom 8ten Januar 1823, das den Wall-
üsdi-Schiffem bd ihrer Meldung sur Anstellung im königlichen
Dienste die in, jenem Fischfange verlebten Uebangsjahre alt
Dient^ahre anrechnen su lassen verhiess. Daher nahm man
in allen Fransötischen Häfen einen allgemeinen und lebhaften
Antheil an der Ausrüttung von Fahrzeugen auf grossen Seefisch-
fang. Besonders aber zeichneten sich die Nord -Französischen
Eläfen, durch ihre Lage begünstigt, bei dem Wallfisehftuige und
der Heeringsjftgerei aus. St. Male schickte bereits 1816 allein
460O Matrosen auf den Kabliaufang nach Terreneuve (New-
Foundland) aus, nicht minder wurde der Wallfisehfang bei Grön-
l'^udd von hier aus und von Oieppe wieder versucht Fecamp,
JDieppe, St Valery und Boulogne 'uemühen sich vomemlich um die
durch die Verordnung vom 4ten Jan. 1822 für alle Französischen
Schiffe frei erklärte Heeringsjägerei, so wie die Häfen des Depts.
Finistere mit 885 Fahrzeugen bei dem Sardellenfange vorzugsweise
beschäftigt sind*) und einen jährlichen Gewinn von 2,110,000
Frc (567,000 Rdilr.) im Durchschnitte auf dieser Fischerei er-
*) Notice dUitlstiqae sur le departemenc de Finistere bei Perus-
sae Bvllet d. sc. Geogr. XVI«, & I2i--Ui.
9% i^rankreicli.
werben. Utraeille mid die Hifen der Insel Cortlea haken den
ihnen eigeathiloilielien ThntiiUclifang aof dem Mittell&nditehen
Meere. Der Auiternfang ist an eäniRitlichen Küsten Frank-
reichs allgemein^ und bedf^itend^ TomemUch aber in der Bucht
von Caneal, an der Küste der Bretagne nahe bei der Gränse
der Normandie. — Der Gesanimtertrag der FischfKrei lässt sich
schwer angeben, da er als Gegenstand der physischen Cultur
und ^ des Handels sich vielfach durchkreuct.: der für den inneren
Bedarf allein hinlängliche Fischfang in deiti süssen Wasser wird
von Goldsmith auf 20,000,000 Frcs. (5,400,000 Rtlil.) geschätxt;
etwas höher dürfte wohl der Seelischfang seinen Gewion stei-
gern, da die H&fen der Bretagne allein ihn Jährlich auf 4,000,000
Frcs. unter Carl X. berechneten. Der Gesammtertrag ist also
kaum za stark auf 13/M)0,000 RthL j&hrlieh sa schatsen, —
f. Der Bergbau ist im FranasÖsiichen Staate im Vergleich
zn den reichen Metallländern Europas nur unbedeutend. Er be-
schäftigt gegenwärtig [(18JJ) in Erzminen überhaupt 30,000 Ar-
beiter, und nimmt in 520 Minen einen Flächeninhalt von 1318
QLieues oder 6269 Kilometer *). ein. Was die edlen Metalle be-
trifft, so fand man im Alterthuiue Gold und Silber in nicht
- ganz unbedeutender Masse im südlichen Gallien **>. Im Mittel-
alter ^ieng dieier Zweig des Bergbaus ein, ,und in der neueren
Zeit wurde nur eine einzige Mine auf Gold im Dept, Is^e seit
dem achtzehnten Jahrhunderte wieder schwach angebaut, ausser-
dem aber Gold in Körner aus den^ Rhein, der Rhone, dem
Doubs, dem Coz, Gardon, der Garonne, der Salat, dem Tarn,
der Aisone, vorzüglich aber aus der Arriege im Languedoe ge-
waschen. Silber wird in reicheren Erzen in der Mine Alle-
mont imDept Is^re seit 1770 gebrochen, ausserdem fast in allen
33 Bleimineii Frankreichs, namentlich aber in den zu PouUaoüeq
nnd Huelgoet «•«) im Dept Finist^, zu St Julien und Goutte
*) Sehr detaillirte Nachrichten über die frühere Bescbaffeiilieit
desselben bis zum Jahre 1803 Ifefert Herbin sUt gen. vol. II. S.
]_(^ aud der dazu gehörige Quartband von TableauSt Mines de
France S. 1—47. '
**) Vergl. PItnii histor. natur. XXXIII.» c 4» wo er von den
Fundortern des Goldes und dem Metall reichthum der Pyrenäen spricht.
***) Notice sur la mlne de plomb argentif^re de Poullaouen im
Annuaire du departemeat du Finist^re p. 1837f vgl., Ferussae Ball.
Fraalcrelch. 93
im De^t. t^oire, la VulL^m im Dept Los^, m Giremagiii im
Obcr-Rhem und in 4er au Erlebaeh im Nieder-Rhein. Der Ge-
■mmtgewinn «n Silber betrftgt je'cit jähriich gegen 5000 Mark,
|70,000 Rthlr.) *U war aber früher tCärker, bereita 1766 über
0000 Mmrk; an Blei naeb' ViUefoeie im Jahre 1826 25302 Cntr.
und Bleig]ätte'd,094 Cntr., niaammen 245,Q00 Rthlr# werth.—
Kupfer findet sieh nur in 8 Minen in den Deptt, der Ober- Al-
pe», der Nieder «FTTenäen, det Nieder -Rheins und der Rhone,
jUrlidi zwisehen 3000 und 4000 Centr. {llOfiOO Rdilr. werth)
und nieht aasreiehend sum Bedarf für das Land. Für den Bau
Ton Zink sind bis jetst die Versuche fast erfolglos gewesen, und
erst eine einzige unbedeutende Mine im Depart Finist^re hat
geringe Resultate gewährt — Bisen wird fast in all^n Depar-
tements gefunden, jedoch von einer so weichen Beschaffenheit,
daaa es nur zu den gemeinsten Arbeiten angewandt werden kann,
und dass der gsnze Bedarf für Stahl und für feine Messer und
Waffenarbeiten theils aus Schweden und England, theils in der
neneren 2eit aus der Steiermark eingeführt werden muss. Die
jährliche Ausbeute an diesem Metall aus 131 Eisenminen beträgt'
g^en 4,000,000 Centr., Villefosse gab für 1826 3,872,036 Cntr.
an, mit einem Werthe ron 9,000,000 Rthlr. Die Einfuhr an
firemdem Eisen betrug ror der Revolution 1^,000,000 Fra.
(3,240,000 Rthlr.) und ist, wenn Auch jetzt bei dem bedeutend
gesteigerten Gewinn an eigenem . Eisen ermässigt, doch immer
noch jährlich zwischen 5 und 6,000,000 Frcs. Im Jahre 1833
wturden bereits für die Französische Industrie 1246 Eisenwerke
überhaupt beschäftigt, darunter 454 Hochöfen, 81 Pochwerke,
317 Hammer lu Eisen und Stahl» 38 Eisenblech - Plattmühlen,
d. sc. geogr. XVI. S. 123. Beide Minen beschäftigen allein mit
Einscbluss der vier tScfanelzofeu 800 Arbeiter und bringen jährlich
über TOOKilogr. (3000 Mark) SUber und 500>000 Kilogr. (l»071,4-29 9^
Blei hervor.
*) Nach E. F. Schmid tabellarische Uebersicht der jährlichen
Erzengnisse des Berg-» Hütten- und Salz-Wesens, Eisleben 1832.
Fol, der .die Nachrichten ans Tüefosse^s und Beudani's mineralogi^
sehen "W^ken entlehnt hat. .. • i
94 Frank rei<;lL
20 Elfl6ti*Blef htchiiiiederel«!! und 29 Sensen tiammer. PürSpiett*
glät besittt Frankreich die reichsten Hin^ in Europa, vorsOg-
Kch in. den Depts. Aude, Cantal und Creuse, der Gewinn steigt
in 10 Werken auf 3000 Centner. Arsenik wurde noch 1^96
in 25 Werken gewonnen » jetst , nnbedeutend nicht viel über
100 Centr.; 1 Mine wird auf Wasserbiei, 5 Minen auf Berg-
hars, S Minen auf'Braunstein gebaut, von denen die letzte-
ren j&hrKch 15,000 Centr. liefern.' Vitriole aller Art werden
gegenwärtig 50,000 Cntr. aus 9 Minen lu Tage gefordert; Ville-
fosse gab fttr das Jahr 1820 50,467 Centr. an, Alaun in 30
Werken ttber 40,000, nach Villefosse 1826 41,084 Centner. --
Salz wird als Steinsalz in der Mine zu Dieuze im Dept Meurthe,
als Quellsalz besonders in Burgund und Lothringen *), als See-
salz durch das Verdampfen des Seewassers, rorzüglich in den
Marals salans an der Seekttst^ des südlichen Frankreichs, in so
grosser Menge gewonnen, dass ausser der voUstilndigen Befrie-
digung des Bedarfs, mehr als der Absatz nach der Schweiz und
England fordert, zur Ausfuhr stets vorhanden ist Der Jahres-
ertrag steigt gegenwärtig jühriich fiber 6,000,000 Centr. zu ei-
nem Werthe von 6,500,000 Rthlr. — Salpeter ist zwar in Frank-
reich vorhanden, aber nicht besonders r^dilich. Der Bergbau
auf Steinkohleu breitet steh in Franbreidi mit Jedem Jahr der
sunehmenden Industrie mehr aus, und lässt immer noch neue
Gruben entdecken, wenn gleich Localverhältnissc und die Er-
schwerung des Transports durch die Entfernung noch eine be-
trächtliche Einfuhr aus demr Auslande verlangen, die 1827 nach der
efiiciellen Angabe des Handelsministeriums jährlich noch 6,000,000
Frc (1,620,000 Rthlr.) erreichte. Gegenwärtig werden 303 Gruben
durch 14,000 Bergleute bearbeitet, worunter die namhaftesten sieh
bei der grossen Fabrikenstadt Etienne befinden, und 11 Dampf-
maschinen, 6 hydraulische Maschiiieu, 70 durch Pf^rdekräfte ge-
triebene Maschinen und 1500 Arbeiter beschäftigen. Die jähr-
liche Ausbeute aller Gruben steigt jetzt ttber 30,000^000 Centnr.,
Bum rohen Werthe an der Grube von mehr als 6,000,000 Rtkilr.
Ausserdem werden noch etwa 190,000 Centr. Braunkohlen
I
^
*) Die Nachweise ulMr die einzelnen Salinen üe!k6 llerbin a.
o. den Quarlband Beilagen S. 30—33.
Frankreich. 96
gebrochen. -— Unter den 1393 grossen Steinblrttph^n befinden
sich 670 im Dept. der Seine, die besonders au Bausteinen benntst
werden, ferner die selbst politisch wichtigen Plintensteinbrüche bei
St Aignan im Dept» Loire und Cher^ welche bekiMintiieh die
besten Steine dieser Art in gans Europa gewähren | die Marmor-
brüche in den Alpen, Pjrenäen und Ardennen, die Alabiaster-t
Glranit-, Mühlstein- und Sehiefersteinbrüche in den Ardennen. — Dw
Gesamtertrag des Bergbaus, sowie der Salinen und der Steinbrüche,
wurde Ton Chaptal für 1815 auf 80,000,000 Frcs. (21,600,000 Thlr.)
von Balbi für 1833 auf 07,000,000 Frcs. (26,190,000 Rthlr.) le-
rechnet, ist aber sicher nach den so eben angefuhrteA DetaiU'
mindestens jährlich auf 30,000,000 Rtfair. ansusehlagen.
§. 10.
Die verschiedenen Zweige der techni-
schen Cultur. t
Das §. 0. angeführte Werk von Chaptal, das jedoeb in
den Defails zu wenig ausgeführt ist — Table au des quan-
iites et de la valeur approximative des marchandises i
trangeres Importes en France pour la consotnmation pendant les
annees 1822 et 1823 et des produits du sol ou de V industrie
FVangaise exportes, Paris Jmprim, roy, von der General * Di-
rection der Douanen bekannt gemacht und seit diesem- Jahre
fast jährlich erneuert *)•
Die Fransösische Industrie, welche im Mittelalter in ihren
Erseugnissen sich nicht über die Befriedigung des gemeinen Be-
*) VergL Ferussac Ballet, d. sc. geogr. II. p. 137, IV., p. 861»
für die Jabre 1835 und 1826 ▼« XUl. p. 60 flg., Idr d. J. 19^> ▼•
^^III. p* 393 flg.
I
96 Frankreicli.
*
MfttamtM «rhoh, 'gelangte so emein badeoteamereo». M^auf «lieseii
Zeitpunkt statütiieh sehr wiehtigem Eniperbliihen erit vater der
Regierung Ludwigs XI. Denn dieser Fürst, der unablässig po-
litisehe Rival Karls des Kühnen, des mächtigen Besitzers der
durch Kunstfleiss und. Handel dasaals unter allen Ländern E«-
ropas herrorragenden Niederlande, wurde mehr durch politische
Eifersucht, als- durch die Liebe den Wohlstand seines Landes
jm fördern, getrieben, seinen Gegner auch auf dem Felde der In-
dustrie ansugreifen, um ihm einen Theil des Waarenabsatses xu
oitsiehen und dadurch eine Quelle seiner ReicV^hün^r zu ver-
stopfen. In dieser Absicht wurden von ihm 1470 die ersten Sei-
denwebereien SU Tours begründet und die Französischen WoUenma-^
nufacturen durch königliche Unterstützung begünstigt. Seine Nach-
folger, Carl VllL, Ludwig XIU. und Franz I. waren zu sehr durch ihre
auswärtigen Händel beschäftigt, um selbstthätig das Aufkommen,
der Industrie zu begünstigen. Doch wirkten der Glanz des
Französischen Hofes seit Franz L, die toq hier aus über ganz
Eluropa sieh ausbreitende liiebe zur Pracht und üppigem Luxus
wenigstens dazu, diejenigen Gegenstände des Kunstfleisses in möglich-
ster Vollkommenheit hervorzubringen, welche zur Verherrlichung
des üppigen Hoflebens dienten. Paris begann ihre Herrschaft
als Hauptstadt für die höher gestellten gesellschaftlichen Besie-
hungen in Europa; daher wurde durch den Einiluss der Catha-
rina diMedioi, der unwürdigen Grcmahlin Heinrichs II., ungeach-
tet der traurigsten Verheerungen Frankreichs durch die blutigen
Religionskriege unter den nachfolgenden Regierungen ihrer Söhne
die Französische Industrie immer mehr gesteigert: denn die
Waaren ihres Geschmacks wurden als Bedürfniss der Mdde in
ganz Europa begierig gesucht, und Italiens ausgezeichnete Manu-
facturen in Venedig, Florenz, Genua, Mailand sanken, um den
Französisdien Platz zn machen« Grossartiger aber trat dies
noch herror unter Heinrich IV., als dieser wahrhaft für Frank-
reichs Wohlstand sorgende Fürst in edlerer Absicht; durch Sullj
geleitet, alle diejenigen Manufacturcn zu hoben suchte, dersn
rohe Stoffe im Lande selbst herrorgebracht wurden« Die Wolle-
und Ledermanufaeturen hoben sich jetzt ausserordentlich schnell,
und für die Seide - Manufactnren wurde unzweifelhaft dadurch
erst der rechte Standpunkt gewonnen» dass ein Theil des Bedarfs
na Toher Sdde in Frankreich selbst ersielt werden konnte.
Frankreich. 97
wtam jetst wmtk woiiger mait^Ubar die it^pening daiMif ein*
wmlum lachte, •» kalf 4Ut einmal aUgenMiii gairoHao« Be>
ttrfniss aach fVamfttisckeii Waarfa tchoa geafif^and, dan Blidiav
•taB4 m vielaii Z» eigen der Indaatrie au erkalten. Eine neue Epaehe
Waab aber fte die Indaatrie nnter Lad wig XIV, an, ak Colbeit» der in
aeincr JngMid aaa eigwMrEr&larnng and Geaeliftftaübnng den Uoifiuig
dca Handeia und aein«i Einfluia aaf den Wehialand dea Laadea kan-
nen gelernt katta^ an die äpitie der Finanirerwaltnng gebellt wnrde»
daa Wiaat naeb den damaligen poUtiaehen VerkaÜtniaten» die Zü>
gel der geaatemten inneren Staatsran^ attnng ergriff. So wie er
aaf der einen S«te dem Franaösiadien Handel neue Wege er^
dinete nnd alavder eigenttiehe Begründer der Franaösiaelien Co-
lenien ansnaehen iat, so gab er auf der anderen durcb die Be*
grandnng der kAniglieben Fabriken, romemlich au Paria, alt
Matteranatnlten fSr einaelne Zweige der teehniaehen Caltur, der
getammten Industrie einen neuen Anstoss. Wir aeiobnen daran*
ter besonders die Erriebtung der kttmgrÜehen Spiegelmanniketar
1066 ans, welebe in Frankreieb erst einer grösseren teebnisehen Voll*
kosnMnbeit entgegen 'gefübrt wurde. Bereits }5o9 batte Thevartjlia
Kaart Spiegel an gijsssen erfunden, welebe dardi AnfnMintemngHein*
ririis IV. bereits grössere Kunstersei^isse Uelem kenntet aber
seit I6M macbte sie so überaus glttddiehe Fortsehritte, dass sie
sacrst Spiegel an liefern irermoehte, die in einem Stüeke ^ehe
Höhe Ton mehr als 100 Zoll bei einer Breite Ten 86^-60 Zell
erreichte, md in einem Werthe bis in 5000 und 0000 Frea.^ als
Bothwend^^ Veraierung aller firstliehen Palibsta naeb allen Qt*
geoden bin begehrt wurden. Nicht minder einflussreieb steht
Vmt die Gobelins-Tapeten-Mannfaetur, seit 1007 eme kdnigliehe
'Mnsteranstalt Der Urheber derselben, der Färber Gobelin, lebte
xwar bereits unter der Regierung Frans's L. und suebte seinen
Wasren besonders dureh lebhafte Farben Aksats au gewinnen,
üe aber meist erst auf die fertigen Gegenstilnde aufgetragan
worden. Doeb seitdem Colbert sieb ihrer Anfertigung annahm,
Kelerte die ^önigliehe 'Manufaetur, aeit 1670 unter der M«
tenden Aufsieht des Malers Lebrun, wahr hafte Kunsterseugnisse,
die anfänglich in jede¥ Art ron Weberei, Färberei , Anwendung
ven Pifbelaeken ausgeführt, wobei in Rüeksiehtliuf den Stoff, thells
Seide, tiieHs Wolle dasa gewühlt wurden. Späterhin nahm die Mann*
ftstur Torsugsweise ihre Richtung inif Seiden •» Tapeten» und be*-
- $cäabert'c8t«tlttik 11. ^
1
g§ Frankreicrh«
gfMt^ g^gMnHüPtig 1105^ aU die b«r(ltait«t€e FaMk Amt Art
auf der Erde» 3ber 30a.Arbeiter ili Welle-Teppiohen und Tapeteiiy die
jedoeh Jetzt höchstens nur die weisse Farbe ««s Smde entiehiien ii»df
die ersten Kunstwerke der Italienischen, Niederiändisohen ond'Frosih
zösischen Maler aus dem Musimm Loumre n^it einer kaum gtaub*>
baren Fertigkeit nachahmen« Die Schwierigkeit und die lange
Dauer der einzelnen Arbeiten erhöht aber so sehr stark ihre» Preis»
dass sie vom Fränsösischen Hofe entweder nur als Staartsgeschenke
an fremde Höfe und deren Gesandte, oder an grosse Kirdieii
sur Verbenriiohung der kirchlichen Feste fersoke&kt werden.
Nach Colberts Tode 1683 erlitt die Franxösisohe Indujitrie eioea.
empfindlichen Stoss durch die Verfolgung und Vertreibung der
Reformirten aus <SüdfrankTeich und den grösseren Handeisstild«
ten der übrigen Theile des Staates, die einen nicht unbeträchtliciien
Theil der thätigsten Jind besonnesten Fabrikarbeiter und Untemeluner
dem Lande entzog. Dieser Verlust traf Frankreich um so härter, als
die Geschicklichkeit der vertriebenen Arbeiter geradezu den FranzÖ*
sischen Kunstfleiss in seiner besten Blüthe naoh den Niederlaudeiiyi
England, der Schweiz, den Rheinlanden und fast sämmtlichen Be-
Sitzungen des grossen Kurfurftten -Friedrich Wilhelm von Bran*
denburg verpflanzte, und mindestens theilweise die Abhängigkeit
dieser I/ander von der Französisehen Industrie aufhören Hess.
Namentlich kann dies von den Seidenmanufacturen naehgewiesem
werden, deren geschichtliche bedeutsamere Eint Wickelung in England,
in der Grafschaft Mark, in dem Herzogdium Berg, in der Mark Brpin-
denburg mit der Aufhebung des EUlicts von Nantes 1685 anflingt
Indess das Zeitalter Ludwig. XIV. erhob Frankreich nach allen
Richtungen zur ersten Macht Europa's, Französische Sitten,
Sprache und Cultur wurden ein Haupterfordemiss für jeden ge*
bildeten Europäer, .dem sich zu entziehen nur wenige Völker
Muth und ausdauernde Resignationskraft besnssen. Dieser grosse
Vortheil für das gesammte Französische Volk wurde von dem
regen EHindungsgeiste desselben in neuen Modeartikeln uner*
scfaöpflich stets belebt; die Gewohnheit gewährte dieser wirklt-
eben .Französischeii Alleinherrschaft ' ein solches despotisches
Uebergewicht,. dass selbst das €res€hmacklose, wenn es von Paris
kam, seine grosse Tour dor^h Europa durohmaehen musste, da-
durch aber to technischen Cultur und dem Handel Frankreichs
seinto schuldigen Tribut reidilich zahlte. Wie nun z« den be*
r^tt «Ddrktnnten aoigMeicIineteii FnmtMfdim Siflden«, Wolle»
lind LedenraaMD im achtoehnten Jahrhunderte unter Lttdtfig XV«
und Ludwig XVI. a^ noch die Baumwolle* und Metallwaaren
m anaehnlteker (Masse hinsukamen , 90 war et gan« natürlich»
dast die Haii^els-Bilani dieses Staates in Beaug auf den Handel
mit den Europäischen Staaten voraöglich günstig stand» : in d^m
an edlen Metallen armen I«ande grossen Geldreichtham aufhäufte»
und selbst bei den serrüttetsten Finanzverhältnissen des Staates
und den drückendsten Abgaben einen allgemeinen blühenden Zu*
stand wenigstens für die meisten Provinzen hervor brachte*).
Qraf Chaj^al berechnete» dass vor ^er ß^evclj^tion in dem letzten
Jahrsehend bis 1789 der Werth iift in.d^n Fabriken und Manu»
facturen F^nkreichs jährlich gearbeitet^ Waaren nach ' Abzug
d^ rohen Stoffe auf 5O7,$00,00O FVcs. (137,025,000 Rthlr.) sn
stehen Jcam, wovon der vierte Theil ins Ausland ging; die Han-
delsübersicht für das J. 17jS7 giebt die Summe 'für die Ausfuhr
dieser Gegenstände avf 1 32,31 1 ,000 Frcs. (35»723,(»70 Rthlr.) an •%
Herbin stimmt mit dieser Angabe ziemlwb überein, indem er für
1789 nach den 15 Hauptgegenstände« der Fraiiifösischen Industrie
die Summe des erarbeiteten Gewinnes auf 504^750,000 Frcs.
(136,282,500 Rthlr.) erhält
< t • ■
Die Französische Devolution in usste bei der Störung aller
bürgerlichen Verhältnisse auf das Verderblichste die Industrie
lähmen, und die Zerstörungswut^ mehr aber noch die Gewöh-
nung an schlaffes, müssiges Leben auf Kosten Anderer fll)irten
Nachtheile herbei, f von denen man Jahre lang sich nicht erholen
konnte. Doch der Charakter des Französischen Volks weis( an
und fQr sich dasselbe mehr auf den Gewerbfleiss in Manufaotu-
ren, als auf mühsame Anstrengung bei dem Ackerbau hin. Da*
her erwachten auch bei der zurückgekehrten Ruhe wieder eifriger
Sinn und anregende Thätigkeit für die technische Cultur, h^ozu
theils noch das* Bedürfniss nach den durch die Handelssperre
mit England entbehrten Manufacturen des Landes^ tlieils später
") Eine zweckmässige allgeneine üebersicht des Zfisliod^ der
Fraazösiselien lodostrie nsch den einzelnen Gegenftfjpiuien gewahrt
Herbin Staust geatr^ voi IL S. ^—23^
>»*) Bei Herbin Stat in dem 'Ouaribande Beilsge Tab. lU*
100
Fraftlrreieku
unter NapoleXh nocb der alles ttufbietentte Wille iH <?eiraltlierr-
schert hinzukamen, die Nebenbuhler in der Industrie völlig von
dem Etnropftischen Continente su verdrängen. Es wurde daher
ein allgemeines Emporblilhen der Französischen Mannfacturen,
bis au^ die Seiden - Webereien fiberall bemerkbar: aber die Zeit
der Herr seh aft der Französischen Waaren in Europa war vorüber,
denn* auch in Deutsehland, der Schweiz und im Norden war der
^werbfleiss in dieser Zeit überall lebhaft gefördert, und hatte
den Franzosen in den meisten Waaren Nebenbuhler von gleichem
Range herangezogen, in einigen denselben sogar den Vorrang ab*
laufen lassen» und nur in den Seiden • Hanufacturen Waren sie
unerreicht gebtieben. Daher ist ek aber auch nicht dem ange-
strengtesten Eifer der Französischen Fabrikanten gegluckt; noch
der Wiederherstellung des- allgemeinen Bhndelsverkehrs durch die
beiden Pariser Friedensschlüsse den alten Rang auf den ausUn-
dischen Messen und Handelsplätzen für die Französischen Indu-
strieerteugiiisse wieder zu gewitinen, wenn gleich die Masse
der Fabrikate in den Französischen Manufacturen durch den ge-
steigerten Bedarf im Lande ausserordentlich zugenommen hat.
Chaptal, dem in der^That die Materialien zu einer so aus-
gedehnten Berechnung nicht fehlten , freilich in dem Grade von
relativer Genauigkeit, in welchem Überhaupt Gegenstünde dieser
Art von der Staatsregierung erkannt und aufj^fasst werden kön^
nen, g^ebt nachsiehende Resultate für das Jahf 1817, wobei -er
aber nicht die geringeren Fabrikate der Handwerker von ^den
Erzeugnissen der Manufacturen gesondert hat:
Gesamtbetrag der Pro-
ducte der Franz. Industrie 1,820,102,400 Frcs.si: 491,427,648 Thlr.
Davon kostet: a) das
416,(^)0,000 Frcs.=: II2,320,00OThlr*
rohe inländische Material
b) das rohe ausländische
Material
1 86J500,000 Frcs. == 50,220,000 Thlr.
a + b = 602,000,000 Frcs. = 162,540,000 Thlr.
c) Benulzung und Erhaltung ^
der Gebäude, Feuerung, Licht
nnd^Werkzeuge 198,000,000 Frcs. = 61,840^000 Thfar. ^
d) der Lohn für die Arbeiter 844,000,000 Frcs; =? 227,880^000 Thlr.
Mithin a + b-|-c-fd=: 1,638,000,000 Frcs. = 442,260,000 THlr. .
t /•
-Abo <) reiner Gewhm 4er •
Fabrikanten 1 82,102,400 Pres, zs 49, 167^048. Thlr.
Aber der Gesammtgewihn, der nach dieser Befrechnudg ]&hr-
,lich dem FrancÖsischen Volke aus der Industrie erwächst, ist
mindestens die Summe von d -f e oder 1,0:$6» 102,400 Frcs.
(277,047,648 Thlr.)» woiu noch ein beträchtlicher Antheil an.c
könunt', da Werkzeuge, Lichjt, Crebäude jährlich unzweifelhaft
viel ^cr Industrie verschuldet sind; Die Gesammtzahl der Ar-
beiter wurde Von Chaptal auf 1,747,000 Individuen berechnet,
also durchschnittlich der Arbeitslohn auf den Kopf 4^3 Frei« >
(130 Thlr.). Gegenwärtig hält man die Zahl der Arbeiter um |
gestiegen, gegen 2,800,000 Individven, und den Werth der Von
denselben verfertigten Fabrikaten um 25 Procent höherj g<^eQ
550,000,000 Thlr. Penchet in seiner allgemeinen statistischen
Beschreibung des Französischen Staates^ vom Jahre 1815 hat von '
dem gros«artigeren Manufacturenbetrieb die Oewerbthädgkeit der
Handwerker geschieden, die nach der gleich im ersten 7ahre
der Revolution vollständig aitfgehobenen Zunftverpflichtung nur
auf Patente ihr Gewerbe betreiben. Er giebt von den letzteren
215,000 selbständig' für sich arbeitende Meister in den 3t^dten
und 38,435 auf dem- platten Lande an, wiewohl die letztere
Zahl i^U zu gering kaum der Wahrheit entsprechen dürfte:
ihr reiner V^erdieast wird von ihm auf 88,702,250 Frcs.
(23,949,012 Thlr.) angegeben.
Die Regierung Ludwigs XVni; Ite» es sich unscblttughar
«ehr angelegen ' sein , von Staatswegen angemessene Aufmunte-
rung und Beaufsichtqping der Industrie zu Theil werden zu
lassen. Ein General - Conseil der Manufacturen wurde am
23. August 1819 aus 60 der angesehensten Fabrikanten errichtet,
das anfänglich unter Leitung des Ministeriums des Inneren, dann
des Ministerium» der Handelsängetegenheiten jeden Zweig des
Gewerbfleisses repraesentiren sollte. Gewerbeausstellungen wur-
den seit der Verwaltung des Herzog« Decazes, als Minister des
Inneren 1819 alle zwei bis drei Jahre, darauf jährlich in Paris
veranstaltet, . und die preiswürdigsten Erzeugnisse durch' Ehren-
medaillen'in Gold, Silber und Bronze ausgezeichnet, und die
ersten Fabrikanten .de« Lande« in Anerkennung wahrhafter Ver-
dienste um den Staat zn Rit^efn nnd Ofißeieren der Ehrenlegion
ernannt Die Verbreitung der DamfAnaaehiiMn wurde von Sei-
- «
vn
Frankreicli.
tcn der Regteruog eifrigst unteritfltzt, unit bereits 1829 waren
, tefaon ^ Über 4Ö0 grosse Dampfmaschinen bei der Französischen
Industrie, in Gang. Da brachte die Revolution des Juli 1830
eine unverkennbar störende Einwirkung auf die gesammte tech«
nlsche Cultur der Franzosen , von deren noch jetzt nachwirken-
den Nachtheilen Frankreich nuf in einem grösseren Zwischen«
räume von Jahren sich. erst völlig wieder erholen wird. £ei den
fdnzelnen Manufacturen werden sich allerdings diese Folgen
sehr verschiedenartig zeigen , je nachdem dieselben mehr oder
weypiger «um nothwendigsten Bedarf, oder zum i^leinigen Ver«
brauch im Inland gehören«
a) Die Leinenmanufacturen und Übrigen Gewerbe
aus Hanf und Flachs haben sich in Frankreich besonders erst
seit dem neunzehnten Jahrhunderte gehoben, jedoch noch nicht den
Standpunkt erreich t^.volls tändig den eigenen Bedarf an£4einwand,Tau<<
werk und Segeltuch befriedigen zu können, indem etstere aus
Deutschland, letzteres aus Rtfssland in betr^cntlicher Masse ein*
geführt werden muss. l!*^ur in den feineren Arbeiten, Spitzen«
awirut Spitzen, Battist wird über den Bedarf noch ein ansehnlt«
eher Vorrath zum Absatz' ins Ausland augefertigt. Der Haupt«
sitz der Leinenmanufacturen ist in der Bretagne^ in der Nor-
mand^e und iii'der Dauphin^, für die Spitzen in ded Französf«
sehen Niederlanden, namentlich £u Lille, Valenciennes und
ausserdem zu Alen<;on und Puj, für Battist gleichfalls in den
^Niederlanden zu Valenciennes und CambraL Die Gesammtzahl
der bei diesijni €rewerben beschüftigten Arbeiter steigt auf
600,000 Ind.; der Werth ihrer Fabrikate auf 260,000,000 Frcs.
oder 70,000,000 Thlr. *). Davon kommt der achte Theil ^ zur
' Ausfuhr, nach dem offieieüen Schätzungswerthe 1822 für 30,840,000
Frcs. (8,326,800 Thlr.), 1823 für 30,260,000 Fr. <8,17C|,200 Thlr.>,
1824 für 37,379,000 Fr. (10,092,330 Thlr.), 1825 für 42,270,000
Frc^, (11,412,900 Thlr.), 1826 für33,500,OOOFros. (9,045,000 Thlr.),
1827 für 44,050,000 Frcs. (11,893,100 Thlr.). ~
*) Nach. Herbin Stalisl. g. vol. IL S. 86—104 betrug in den lelz-
en Jahren vor der Revolution die Fabrikation 130,000,000 Frcs,
und ^le jährliche Ausfuhr 1% bis t3,000>000 Pres, also nur den zehn«
tcn Tbeil der verfertigten Erzeugnisse.
FrmBkr«ick 103
Dk EliMr var frÜMr ttftriDer als ifo AaMkr, te «Wr
i^xt betriddich mar 4ieM, CuC Im ««f 4k Hälfte 4effariben
SuBUM gennkes; sie kc^ bocIi 1822 43,480,000 Frcs.
111,739,600 Tklr.), 1823 43,470,000 Frei. (11,736,909 Tklr.), aber
acbon 1825 Dur für 23,670,000 Free «6,390,900 Thlr.), 1826 fir
18,S60gOOO Fr. (5,092,200 Thlr.) —
h) Die Welleo»«n«f«ctiireii ^ luWft aatstlüiestUcli Vk-
Hanplik» im iiÖrdliclie& Frankreich, and naaienUich in Tach
derHaaptttadt, mAbbeFiilc;, Sedaa, Loaviera andElboeoC
Sie betcbäftigeii gegoivardg vk€r 400,(KN) Arbeiter, Terarbeitea
an Tober inläodiscber und fireaider Wolle för 50,000,000 Frea^
od^ 13,500,000 Thlr. (iat Jahre 1816 nur f&r 40,000,000 Frcs.
I8|} diiiehaduiittach ior 48,000,000 Frca. oder 12,960,000 Thlr.)
«nd Tcarferdgea daran« Tuche mid woUene Zeuge aller Art an
Werdi 228,000,000 bia 240,000,000 Frcs. (61,560,000 Thlr. bis
64,800,000 Thlr.), von denen der zwölfte Theil etwa dnrch den
Anifnhtfaandel dem Aaalaade xogefahit wird. Derselbe war frü-
her stärker und betrug ych'on Tor der Rerolation gemeinhin
«her 2oflOOflOO Froa. (6,7dO,O0O Thhr.) bei 140,000,000 Frcs. Fa*
br&atiop **), also ^^ des desammtertrags derselben« Durch die
Vereinigvng der Rhein - Provinzen mit dem Preussischen Staate
hat der Absats der Franadsischen WoUmanufacturen nach dem
nördlichen Deutsehland, den Scandinayischen Staaten und Russ*
Und sdir gelitten. Daher war die Ausfuhr nach dem officieiien
Schätzuogswerthe 1822 nur 18,600,000 Frcs. (5,022>000 Thlr.),
1823=l9,003y000 Frcs. (5,133,510 Thlr.j, 1824 = 20,040,000 Frcs.
(5,410,800 Thlr.) und pur ausnahmaweise^ 1827 = 27,690,000 Frcs.
(7,476,300 T^li**)« ""* Als besonders ansgeaeichnet -muss noch bef
diesem Gewerbszweige die Shäwlfabrication aus der feinsten
Wolle (die sogenannten Cascbemir - Shawls) hervoitg^^9.^^>i ^^^^'
den, deren ersta Hanufacturen zn Paris» Ljon, St Quintin,
*) Ueber den früheren Zustai^ daiadben bia 1803 rttigi, äerbia
St. gen. IL S. 125*40.
**) Nach Herbin a. a. O. S. 130. war die Ausfuhr der Franzö-
tifchen Wollen-Waaren im Jabre ^784 27955G|600 Frcs., 1787 dage«
«eo nur 19£58,200 Frc^.
\
IQ4 Frankreiclu
Rhdma und Mfihlbanfen elngerlcbtet tfaid, Ao pn roliem Mate*
rial för 5,800,000 IVcs. (1,500,000 Thlr.) fast ganx ana dem Aug*
lande gebraoclMn, daflfaraeit 1825 mindestens fdr 25,000,000 Free.
(6,750^000 Thlt.) Waare liefmi, Woven aileiii dar dritte Tkeii
iaa^ Ausland abgeht —
ci Die Baumvollemanufaeturen baben in Frankrei«!»
ein Bcbwungbaftes Leben erst nach der Rerolution gewonnen*);
sie wurden gans besonders dureb Napoleon begünst^ und sogea
deil grdssten Tortbeil von der Continen tat sperre, aber sie
bUeben nicbt minder unter der Rq;iening Ludwigs XVIII. iii
fortwftbrendem Zunehmen, und nahmen ibre HauptstStte in den
Franadsiscben Niederlanden, namenüicb su Lille, Cambray, Amtens»
^ausserdem su Rouen, St Quintin, Trojes, Toulouse, Ljon und
Nismes. Ihr beträebtüebes Steigen gebt am sichersten aus der
Tennehrten Einfuhr an roher Baumwolle henror, die gegenwärtig
Torangsweise aus den rereinigten Nordamerikanisehen Freistaaten,
^fiber die Hälfte des ganzen Betrags **), aus Aegjpten in einem Seebs* '
theile und aus Brasilien in einem Zehntbeile bezogen wird. In den
Jahren I7|} wurden j&hrlieh im Durchschnitt 50,000 Bauen *••) &
300 <S.» also 15,000,000%. cingef&hrt Dagegen bringt die Einfuhr:
;I820= 175,112 Banen 52,533,000 <S, '
1821 = 203,892 — 01,107,000 —
1822= 100,782 — 57,234^000 —
1823 = 159,000 — 47,900,700 —
1824 == 251,074 ~ 75,502,200 —
1825 = 20^,572 — 0^,371,000 —
1»185,701 BaUea 355,710,300 fi.
*) Dies gebt aus einem Hinblicke auf den beschränkten Zustand
dieser Maaaj^ctinren in dieser Zeit be/ror, bei Herbin a. a. 0.
IL S. 104-9.
^> Daher getaugt nftch dem Haupthafen 6e8 Franzoslsphen Han-
dels Bul Nordamerika, Ha^re de Gr ace, { oll bis | der gesanmiCeD Banm*
walie Eiafttbr, nach lHarseille {, das ibrig^ nach Nantes uod Bordeaux.
^^) Die Ballen BaumwoHe sind im Gewicht sebr Terschieden,
swls^en 28i und 310 ^ Ber^ Gf man kann daher den Durcbschaitt
FraaJcr«ick. IN
B«laig im firühtrai VeriHraaoht, Im J«lur^
1829 betrag die Binftilir 242,230 BiOlen 72,Ma»000 ^
1830 — — w- 257,M7 — 77,300,100 —
500,097 BaUen 150,029,100 %.
1831 — — . « 220,668 — 66,200,400 —
1832 _ — — 260,662 — 78,208,600 —
1833 — _ — 306;443 — 91,932,900 -^
1834 _ _ — 297,298 — 89,189,400 — ..
dnd sito dnrektdimttUek über 250,000 Ballen oder 75,000,000
^. in einem Jahre, oder der fünffache Betrag der Einfahr
▼ or der Revolution. Damit stimmen ^ auch die ofificiellen Anga-
ben des AOnisteriunu des Inneren über die Verarbeitung der ro-
heo Baumwolle überein, welche für
1816 12,000,000 Kilogr. 25,734,285 %
^ 1824 26/)00,000 ' — 55,714,380 —
1825 26,000,000 — 55,714,380 —
1826 32,000,000 — 08,571,438 — angaben, alio
4nr^iichnitÜich für die drei Jahre 1 8| « jährlich 28^000,000 Kiiogr.
oder 60,000,000 9», deren Werth 50,000,000 Frct. (13,500,000
ThlrJ beOrug. Die Getammtsahl der in den Baumwolle-
Ma^ufaeturen gegenwärtig be/ichüftigten Arbeiter beträgt 300,000
Indiriduen, und der Werth der ton ihnen Tcrfertigten
Waaren xwischen 170,000,000 und 200,000,000 Frct. (45,900,000
bia 54,000,000 Thlr.)> wovon durch die Ausfuhr der fünfte Theil
in das Ausland versandt wird: 1822 nach dem officiellen Schät-
xungswerthe für 19,040,000 Frcs., 1823 für 24,464,000 Pres., 1824
für 35,024,000 Pres., 1825 für 42,600,000 Pres., 1826 für 37,100,000
Pres. 1827 fär 46,020,000 Pres., midiin in den 6 Jahren 18;f
dorchsehnittiich 38,049,330 Pres. (10,273,313 Thlr.)«
d. Die Seide-Manufacturen, welche nach dv Torange*
sdiickten gesehiehtliohen Einleiinng vonugsweise seit dem Ende
des siebsehnten Jahrhunderts den Gians der PransiüiMhett In-
dustrie ausmachten, fanden ihre Hauptstätte allein in den Rhone*
g^enden; Ljon, Nismes, Avignon, dann erst Tours ragten i|i
auf 306 % annefamea; die Brasilianischen wiegen nur die Hälfte,
swischte 128 nid 144 ^ Gewicht e» sind also nyei. a«f .einen gt-
wöbnlicben m xechacn«
191 Fraak^«ie1u
4
^ieM» CUweifanrdg« tohoo vor dar Sevoliidoii hervor,' ia der
neuem Zeit hM aioh dentelben noch St Etienae mit rühmUeher
NaeheifenHig engereiht Vor der Reyolutioii vurdea in gaas
Frankreieli nm das Jahr 1780 68,000 Stühle gesohlt, für weiche
und die dabei voikommeiiden Nehenarbeiten und Zubereitung
der Seidengespinnite 500,000 Arbeiter ihren Unterhalt sich er-
warben. Ljon allein betaas davon 14,782 StOhle, darunter nur
240 SU schweren fafonnirten Seidenseugen. Während ddr i^evo-
lution und der Continentalsperre Verlor Frankreich sehr stark den
Absatz in den einfachen Stoflfen, und konnte nur für die vorsüg-
liebsten und schwersten Seidenxeuge seine alte Meisterschaft
dergestalt behaupten, dass der Absats darin sich mit jedem
Jahre beträchtli^ mehrte, sogar bei seinen politischen Fein-
den auf den beschwerlichsten und kostbarsten Umw^^n.
In dieser Zeit trat Jacquard *) 1801 mit seinen ausgeseiehneten Ver-
besserungen des Webestuhls für fa^ennirte SeAlestoffe auf, als
Ljon nur noch 7000 Stühle suhlte und darunter 2,800 für
schwere Zeuge. Unter Napoleon hob sich nun wieder Ljon
auf 10,700 Stühle, und Saint • Etienne errichtete seine grossen
Seidjenband • Fabriken. Ludwig XVIII. bemühte si<;h durch
Schutzmaassregeln, die indess in seiner Zeit nicht mehr zu ei-
nem erwünschten Erfolge führen konnten, für die eigenthümli-
chen Französischen Erfindungen bei der Seidehzeugefabrikation
den Alleinbesitz seinem Staate zu erhalten. Daher die könig-
liche Verordnung vom 20. Octdber 1814, nach* welcher keinem
^) Dieser berühmte Mechaniker, welcher zu Lyon am 7. Jnl.
1752 geboren wurde und unlängst in seinem Bemfe in seiner Vaier-
sCadt am 7. Aug. 1834 verstarb, fand, wie so vielie seines Gleichen,
weniger Anerkennung in seinem Vaterlande, als im Anslande. OI>-
gleich er von Bonaparte als Consul gewürdigt und ausgezeichnet
wurde, bemühte man sich doch aofsdnea zusammengesetzten Wehestubi,
als auf eine unbedeutende 'mecfaanisdie Abänderung scheel herabzusehen
und ihm dto gerechten Lohn seiner Anstrengungen zu entziehen. Dage-
gen wurde Jacquards Name in England hochgepriesen, und Manches-
ter allein zählt gegenwärtig 2000 nach ihm benannte Webestühle
für Seidenzenge. lErst nach der Restauration machte Frankreich
von dem ihm zaerst dargebotenen Vortheile vollständigen Gebrauch.
Vergt die Biographie dieses Tedroikers im Magazin für die Lite-
ratur des Anslaades» Apr. 1835. nr. 44
Fraakreicli.
iBiiamilrT Am VciAArai Mm AiMün laid 9M«i 4» StUwi.
gexeigt w«rtlMi dtrf , «6 wi* iberkavpt iuidi dieselbe der
der Fremde» ia de» Werkstitten mrbeleii ud den Me-
die VerfertigoBg TenWebeetOUen iOr emlindierhe fa*
Wrücen «ntersi^* wurde. Inswiediett betedea sieh tebon die
HaglSünder ia dem Besitse derselben und beeiferten sidi mit
H&lfe ihrer grossen Cepitmlien und ausgebreiteten Hsndelsrer*
Wimdani^, aueb in diesem Zweige der Maaufacturen den Fran*
aosen den Veiraag absugewinnen» Was ibnen jedoeb keinesw^es
gelangen ist -Auf den Hauptmassen des Deutsdisn Minafaetu«
ren-Bandelsy an Frankfurt am Main und Leipsig erlangten die
Franxösisehen sehwer^i Stoffe aeit 1822 wieder den entschieden-
Uten Vorzug, und selbst nach England mehrte sich wieder unge-
aditet des starken Einfuhrsolls der Absats, und dies geschah
aoeli in einem stärkeren Grade, als nach dem Kberalerea aber
sehr wohl berechneten Handelssysteme Huskissona 1837 der Zoll
aof die Einfuhr rerfertigter Seidenwaaren ermässigt wurde« Daher
wwea wieder bis 1830 sowohl die Einfuhr an roher Seide, als auch
die Fabrikatien und Ausfuhr der Seidemanufaeturen in erfreulichem
Stegen h^^riffen, wiewohl diese auch gerade am stärkesten duroh die
Unruhen der n&ehsten Jahre und namentlich durdi die auMhferi-
aehea Bewegungea in Ljon selbst enchüttert wurden. Im Jahre
1810 bedurfte; man noch ausser der selbst erbauten Seide dO(V,000
' KUogrmnme (857,147 ft.), 1824 650,000 Kilogr. (1302,871 %)
und 1826 800,000 Kilgr. (1,714,280^) eingeführter fremder Seide.
Im Jahre 1822 wurden aaf 50,000 Stühlen Zeuge^ auf 65,000 Stöh-
len Band ron 300^000 Arbeiter far 255,000,000 Frcs. (68^850,000
Thb.) gearbeitet Im Jahre 1825 zählte man wieder bereits über
60,000 Stühle für seidene Zei^e, und 30,200 aliein su Ljon,
darunter über 10,000 für fa^onnirte Zeuge. In der ersten Häifle^
dei Jahres 1830 waren aber 65,000 Stühle auf Zeuge und 8O,q0O
Stühle auf Band in Gang, die 400,000 Arbeitern Nahnmg gaben
und über 290,000,000 Frcs. (78,000,000 Thlr.) fertige Waaren her-
Torbrachten. Davon begass Lyon 32,000 Stühle auf Seidenzeuge
und darunter 11,000 Jacquards zu fa^onnirten Zeugen; es wur-
den durch dieselben 60,0(X) Personen in 7000 Werkstätten he-
ichäftigt. In Saint-Etienne erhielten damals die Seidenband Fa-
briken 30,500 Webestühle in Thätigkcit, worauf über 2%000 Ar-
beiter jährlich für 27,475,000 Frcs. (7,418,250 Thlr.^ Waaren ver-
fertigten. Die rohe Seide wurde |iier in 120 durah Wasser- und
109 Vrankreioli.
Dan^fkrtilil gitfidbeiieii S^ide-MlDileiv 4t« ilcli In fbr N&he der
Stadt beiuideiiy appretirt Die Ausfuhr Teraeodel ia der R^;el
Jährlich über ein Dfittheii» oftmala beinahe swei Fünfthdle
des Werthea der verfertigten Sddewaaren. Nach dem officiellen
Schätsungswerdke betrug die Ausfuhr in diesem Gegenstande *).
4
1822 97,700,000 Pres. s2q,379,000 Thlr«^
1823 83,000,000 — 22,410,000 -^
1824 00,486,000 — 26,861,220 w
1825 110,925,000 — ^ 29,940,750 —
1826 84,800,000 — 22,896,000 —
1827 115,290,000 — 31,128,300 —
591,201,000 Fros.= 150,624,250 Thlr.
also in diesem sechijährigen Durchschnitte }&hrlidi 98,533,500
Frcs^ oder 26,604^042 Thlr.
e. Metallwaaren. Diese Manufäcturen seichnen sich vor-,
sOglich in Eisen, Wafibn aller Art, Modewaaren in edlen Me-
tallen, Plattirongen, Uhren u. s. w. Ihren Hauptsiti haben sie
in Paris, in den grösseren Sti^^^n der Fransösitchen Niederlande
und in St. Etienne, Gkgen 350,000 Arbeiter linden gegenwartig
in denselben Beschäftigung, und s^hon Chaptal giebt^ niitHinzu-
siehung der statistischen 'Nachrichten des Grafen Chabrol wegen
der Industrie von Paris, den Werth der Fabrikat auf 321,372,842^
Frcs. oder 86,770,659 Thln an, davon Fabrikate in Eisen und
Stahl auf 207,390,377 Frcs., in Blei 4,830,460 Frcs., in Kupfer
16,171,260 Frcs., in plattirten Gcräthen 4,000,000 Frcs., in Bijou-
teriearbeit 63,965,745 Frctf., Uhren 19,765,7*45 Frcs. und in bron-
cenen Creschirren und Gcräthen 5,250,000 Frcs. Doch bei wei-
tein die meisten Gegenstände dieser Industrie werden nur für den
*) Yergl. Ferussac. Bullet d« se. geogr. II. 8. 140., und XIII.
S* 69. ^ Wenn Malcbus Stotist 8. 257. die Englischen Seidenmanu-
facturen höher anschlägt als die Französischen, wegen der Vetarbei-
lung einer grosseren Masse des Stoffs, %o ist dies wohl nur aus üe-
bereilung geschehen, indesi er lediglich nach den dort angegebenen
Zahlen aqf öle Verarbeitung der eingeföhrten und nicht sugUfdider
in Fcanlureicb erbauten Seide Rücksicht genomnea hat
Kr«akr«icfli/ ]«9
^
Bedarf des Landet angefertigt, und kanm ctfl Fünf und iiRUn«
sigtheil wird dinreh die Auifuhr «bgeae^ Dieselbe betrug naeti
dem offieiellen S^&txnngswerthe
1S22 12,870,000 Fret^ 3,474,900 Thbr.
1823 12,160,000 — 3,283,200 —
/^ 1824 13,500,000 — 3,645,000 —
" i 1825 18,570,000 — 5,013,000 —
1826 16,970,000 — 4,573,800 —
N 74,040,000 Fro8. 21,990,800 Thlr.
also im Durchschnitt jährlich 14,808,000 Frca. ad^ 4,398,160 Thlr.,
wovon wiederum ein Drittel ausschliesslich der Absati an Uhren
ausmacht, noch 1827 4,240,000 Frcs. (l,144,80Gf Thlr.),
f. Thon- und Glaswaaren % Frankreich behauptet in
diesem Zweige der Industrie einen bedeutenden Ehrenrang, den
es überdies vor seinen Nebenbuhlern durch möglichst vollendete
Form bei verhältnissmässig wohlfuiem Preise sich stets zu er-
halten anstrengt Die Sp^iegelmanufacturen su Paris, lu St.
Gobin, einem Djorfe im Dept Aisne, su Tour -la]- Tille bei Cher-
bourg, zu Rouelle« und Sarrebourg gehören zu den ausgezeich-
netsten in Europa. Die Crjrstallarbeiten zu Paris und in dem
dabei benachbarten S^ve, zuCenis im DeptSaone und Loire, die
Glashötten in Lothringen und im Elsass liefern Arbeiten, die
von den Englischen fast nur durch den Preis unterschieden sind:
ausserdem wird viel Olas in derPioardie, Normandie und in den
Landschaften Nivemais und Maine verfertigt. Die meisten Por-
ce Ilain-Fabriken befinden sich in dem Dept Seine, die beiden
besten zu S^es bei Paris und zu Chantill/ im Dept Oise; die
ausgezeichnetsten Faience-Fabriken findet man zu Ronen, Bor-
deaux und Neverfi, das beste Steingut zu ChantiUjr« Rechnet
man die Fabrikation der gemeinen Töpferwaaren mit 15,000,000
Frcs. und die der Ziegel und Dachpfannen mit 17,500,000 Frcs.
hinzu, so steigt nach Chaptal der Gesammtwerth der Glas- nnd
*) Vergh 'mier di^ iHiiBelnen IMannAiduren HerUn a. a. O.
S. 19I*20a
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!!• Fxankr^iclK.
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* I ^
Tkmi-Waarai mt dtc Jalur 1818 auf 64^000,000 Pres. (|7,2aO;OOa
TMiJ^ die von 30,000 Arbeitern verfertigt w«rden. Im Jahre
J830 war die Zahl der Arbeiter auf 42,000 gea^egen uad dar
iVerth der von ihnen verfertigten Waaren auf 80,000,000 Pres.
(21,000,000 Thlr.). Die Amfohr derselben betrug ein Achttheil
und darüber aar Hliifte Glai, zur Hälfte Thon und Porcellain.
1822 9,600,000 Pres. 2,592.000 Thlr.
1823 8,600,000 — 2,322,000 —
1825 12,200,000 — 3,294,000 —
1826 10,560,000 ~ 2,851,200 —
1827 10,050,000 — 2,713,500 —
5 1 ,010,000 Pres. 13,772,700 Thlr.
Also im Durehsehnitt geht jährlich ins Ausland für 10,202,000 ^
Pres, oder 2,754,540. Thlr.
g. Leder*Manufacturen. Die Gerbereien haben ihren
Hauptsitz zu Nantes, Niort und Gireno.ble, und verarl^eiten nicht
nur die von der iniündisohen 'Viehzucht dargebotenen Häute zu
einem rohen Werthe Von 56|000,000 Pres. (15,120,000 Thlr.), so n*
dem auch noch um den fünften Theil mehr, namentlich aus' dem
nördlichen £uropa eingetlhrte Rinderhäute, im Durchschnitt
Jährlich für mehr als 1 1,000^000 Pros. (18|^ für 12,400,000 Pres,
durchschnit^ch)« Die dabei beschäftigten Arbeiter werden ge-
genwärtig auf 200,(X)0 gezählt und die von ihnen bereiteten
Pabrikate nach Chaptal schon 1818 83,700,000 Pres. (22,599,000
Thlr.) geschätzt, wovon f auf die Rothgerbereien, | auf die Weiss-
gerbereien kamen. Gegenwärtig wird der Werth der Pabrikate ge-
schätzt 130,000,009 Pres. *) (35,100,000 Pres.) wovon ^ ins Ausn
land verkauft wird; nemlich 1822 für 12,700,000 Pres., 1823 für
1^2,160,000 Pres., 1824 für 11,200,000 Pres., 1825 für 21,600,000^
Pres., 1826 für 17,300,000 Pres., 1827 für 18,360,000 Pres., also
durchsehnittUch für 15,500,000 Pres, oder 4,198,500 Thlr. -^
h) Die Seife-, Talg- und Wachs-Pabriken arbeiten
in Prankreich besonders für den inneren Bedarf mit 80,000 Ar*
^) Ton G<$ldsmi(h Sut de Fr. S. 171 wird er sogar auf
160)000,000 Pres, angegeben. Ueber den Zustand derselben während
der Revolution» Uerbin a. o. O« S. 153- 70w
Fra&kreHieb* 111
iB f(tiiMr pafiMincr 8«fo uwl W*eiialiditai wM V^ des Pa-
bflikate WS A»l«id akgoietit» J822 für 4,&WfiOO Fret^ 1823
Iftr MM^OOO Frct^ ISIS fir S»5e0»900 Fra^ l«26 Ar 4,10Q^0g(»
Vm. idM AgAwAnitriMih fir 4»Q2M»> Rrcs. (l,08i;760 Thbv).
L Papiermühlen, Oelmfihlen und Mahlwerice ihnlicher
Aft. Ib JaJure 1825 wurden in Frankreich 199 in for^denemdem
Befiriehe gehaltene Papiermihlen gesohlt» die 1200 Butten hat*
ten, llhcr 18,000 Menschen hetchif%ten und mindeateni 2,680,000
Ries Papier jährlich lieferten, darunter über |. Sdireihpapier.
Nieht minder hedentend ist in Frankreich stets die Tapefeenfahri*
kation gebliehen» so dass 1818 der Cresammtirerth des gearhet-
tefen Papiers und der Tapeten nach Chaptal avf 31,700,000 Ff es»
sti^, woTon der finite Theil Werth in den Materialien steckte,
I aher durch Aiheitslohn der Frankftsischen Industrie ' gewonnen
wurde, wShrend ror der Rerolution nnr^herhaupt för 12,000,000
Frea. yerfi^tigt wurde» woron der Stoff aber einen Werth Ton
5,400,000 Frcs. besass. CregenwÜrtig ist der gesaminte Ertrag
der Papier- und Tapetenfabrieation auf 43,000,000 Pres. (1 1,610,000
Thlr.) gewachsen, wovon der Absats ins Ausland beinahe j-'^
fertnimmt, 1822 f&r 3,200,000 Frcs., 1823 für 3,100,000 Frss.f
1824 für 4,200,000 Frcs., 1825 für 7,960,000 Pres., 1826 fttt
4,470,000 Frte^ also durchschnittlich 4,646,000 Pres. (1,254,420
Thlr.) — Die O el -Pabrikatioii hat ihre Stelle schon oben hei dem
Ackerbau S. 82 gefunden.
k) Tabacksfabriken. Die Bereitung des Tabaeks and
den Vertrieb desselben hat die Regierung bis jetst noch als Mo*
Bopol, vnd def Ertrag der daraus herrührenden Steuer wird
5« 2K nlher beleuchtet werden« Das Monopol selbst wurde im«
ter der kabeiüchen Regierung 1810 fast gani nach den Grund*
slllsen wieder eingeführt, me sie vor der Revolution bestanden
hatten, und npk es lichter handhaben su können, ist d^r Anbau
der Pflanse auf acht Departements beschränkt, so wie aineh nur 12
groftse Fabriken bei der Bereitung des Tabaeks besefai£ttgt sind,
mid ausschliesslich den Bedarf der Tabacks-Regie gegen 12,000,000
Käogr. (25,714,280 %) hestreiteB« Die Auisflihr ist Mkhst unbe-
deutend und sechsmal so gering als i^er ekigifilhrle fremde
Tabaek. Die Ausfuhr betivg 1822 2,0(tO,OOOFres^ ]82aM,IOO,000
\ \
111 Fraiikreloli.
nrct^ tiU 1,600,000 Fm.» 1825 110,000 Vtm., 1020 1,200,000
Frau, alao durehtdinttiieh 1,182,000 Fret. (310,140 Thlr.); wth-.
raid die Einfahr 1822 0,700,000 Frei., 1823 4,800,000 Prot.,
1824 5,200,000 Frak, 1825 9,000,000 Frei, und 1820 9,850,000
Frei, erlangte, abo durchiebiuttiieh im Jahre 7,207,143 Frc%
oder 1,945,920 Thir.
e) Oröttere Gewerbe im Sieden, Brennen, Brauen^
Die Zuckerraffinerien haben in Frankreich einen tehr leib-
haften Betrieb, wenn gleich haupttächlieh nur für den Gebrauch
des Inlandef. Schon (^haptal gab für 1818 die MaMe dei raffinirten
Zuekert jSÜirlioh auf 568,500 Centner und ihren .Werth auf
55,138,900 Fret. an, wovon allein die 25 Raffinerien der Haupt-
itadt und ihrer nächsten Umgebungen 200,Q76 Centr. lieferten.
Indets seit dieaer 2ieit sind der Bedarf und Abtats^^eh um
mehr ala das Doppelte gestiegen« Denn während im Jahre 1810
24,000,000 Kilogr. (51,468,573 '<&) Zucker rafRnirt wurden, lie-
ferte man 1824 bereits 55,000,00p Kilogr. (125,714,385 <&) und
1820 schop 72,000,000 KUogr. (164,571,440^). Die Einfuhr an
Roh-Zucker kostete 1822 40,000,000 Fres., 1823 27,^00,000 Frcs.,
1825 34,000,000 Frcs., 1826 42,200,000 Free, also durchschnittlich
36,000,000 Frei, oder 9,720,000 Thlr. Die Ausfuhr an rafßnir-
tem Zucker betrug 1822 1,200,000 Fres., 1823 1,000,000 Frcs.,
1825 4,900,000 Fres., 1826 5,020,000 Frcs., durchschnittlich in
diesen Jahren 3,040,000 Frcs. (820,800 Thlr.). — Die Brannt-
wein-Brennereien liefern jährlich für 75,000,000 Frcs. (20,250,000
Thlr.), die Bierbrauereien für 60,000,000 Frcs. (18,200,000 Thlr.),
die Cjder und Poire -Fabriken für 50,000,(^ Frcs. (13,500,000
Thlr.), also überhaupt für 51,950,000 Thlr. geistige Getränke
ausser dem Weine. Von Bieri^ Cjder, Poire wird^ aus Frankreich
nichts ausgeführt, von Branntwein 1822 für 19,900,000 Frcs.,
1823 für 25,200,000 Free., 1824 für 23,150,000 Fres., 1825 für
22,500,000, Fres., 1826 für 17,000,000 Frcs., also durchsehnittlieh
in diesen 5 Jahren fQr 21,550,000 Fres. (5,818,500 Thlr.). —
Der Weingeist wird besonders an Nismea< verfertigt, jährlich
3000 Fässer au 1500 Fres., also für 4^500,000 Fres. (1,215,000 Thlr.).
m) unter den Übrigen bedeutenderen Gewerben sind im
beaenden lebhaften Schwünge betrieben die Hutfabrikation m
JiUikiien Ertrage von 30,000,000 Fres. mit nicht unbe-
Frankreich. 113
trlkiitlitfber Ausfuhr^ dvr ScKiffbtfn in den Nord- mi Wetl-
Fransttmeben Häfen, die Wagenfabrikation» die Verfertigiing ron
Meoblet und muiikalischen Inetrumentieiiy die i^Ietekfalla cur Ave»
fnhr j&hrlieh für 3 bi» 4,000,000 Frcs. Waaren liefern.
%. U.
Die verschiedenen Zweige des Handels.
Arnonld de la lalance du commerce et des relafwns eX'
terieuren de la France^ Paris 1791, 3 vol. St>o, ein Werk voll
echätzbareif Materials, das sich aber«» nicht frei von dem Ein-
flüsse der Zeit erhalten hat, in der es erschienen ist 7— Vau^
hlßne {Mimstre ^etat) sur la commerce de Ja France en 1820
€t 1821. Paris Svo, hauptsächlich eine Streitschrift gegen das
damalige Generai-Directorium des' Handels über die nachtheilige
Handelsbilanz. — - Ausserdem die oben §. 9 und 10 angeführten
Werke von Herbin, Chaptal, Dupin nnd die officiellen tableanx.
Für die Colonien vorzüglich Renouard Mrq, de St. Creix
Statistique de la Martinique. Paris 822, 2 voU Svo^ — -
Der auswärtige Handel Frankreichs erlangte in derselben
Zeit, als die Industrie, seifle steigende Biüthe, dieColberts anab-
läsaige Sorgfalt in der vielseitigsten Theilnahme der Franzesen
an dem Colonialwesen zu erhalten sich bemühte. Bald nach
dem Jahre 1650 begann man auf den Französischen Besitzungen
in Westindien den Zuckerbau, den Caffeebau aber erst in dem
Jahre 1722 und 1724: beides aber nahm einen "so guten F«rt*
gang, dass Frankreieh für den grösst|sn Theil des achtziihnten
Jahrhunderts bis zur Französischen Revolution in diesen beiden
Haupt *• Colonialprodncten den einträglichsten Händel treiben
konnte. Die Zeiten des Ministeriums des Cardinais Flenrj wa-
ren die glänzendste Epoche, nicht so sehr, wenn wir den quan»
titativen Werth des gesinnten Hand^averkekrs im Vergleich su
dem heutigen Zustande betrachten» alt wenn wir daa damalige
^.oliabcrt's Statistik II. 8
I
,1
I
^J14 Frankreich.
Verhältniic dM Französischen .Handel eu dem der flliriji^n Völ-
ker Earopai als nothwendiges Moment der Vergleichuni^ festhalten.
Der Wendepunkt di^er Periode ist der Ausbruch des mit dem sie-
benjährigen Kriege gleichzeitigen Seekrieges Ton eben so langer
Dauer. Vor demselben führte Frankreich durchschnittlich jedes Jahr
für a7,000,000 Livr. (9,990,000 Thlrv) Waaren ai^ Ostindien aus^und
setzte sie zum grossen Theil mit sehr bedeutendem Nutzen' an
Deutschland und die Nordischen Staaten ab» wie dies aus den Auo*
tionsregistem der Ostindischen Handelsgesellschaft im Freihafen
L'Orient aus dieser Zeit hervorgeht Diesen vortheilhaften Handel
busste Frankreich durc^h den angeführten Seekrieg^bis auf einen völ-
lig'namenlosen Rest ein. Nicht minder ging in dieser Zeit der leb-
hafte Handel Frankreichs nach der Westk&st^ von Afrika verloren,
als die Forts an der Mündung des Senegals 1762 aufgegeben werden
mussten, und auch der Handel auf der Küste von Guinea beschränkt
wurde. Der Nord amerikanische Freiheitskrieg brachte den Fran-
zosen die einmal verloren gegangenen Vortheile nicht mehr wie- .
der, und die bald daran sich knüpfende grosse Revolution er-
schütterte oder zerstörte gänzlich den auswärtigen Handel selbst
auf denjenigen Punkten, wo er bis dahin noch unangetastet ge-
blieben war. ,
Dies machte sich am empfindlichsten bei dem Handel mit der
Levante bemerkbar, wo die Franzosen durch ihre politische Verbin-
dung mit den Türken seit der Regierung Franz 1. und der grösseren
Beschränkung der beiden italienischen Seestaaten, Venedig und
Genua, auf dem Türkischen Gebiete in Asien und Europa,
hauptsächlich, den Meister spielten, unter allen Europäi-
schen HandelsvÖlkem die meisten Vorrechte genossen, und nicht
nur die Erzeugnisse der Levante gegen Französische Fabrikate
eintauschten, sondern auch eben so gewinnreich als Vermittler
des Handels mit den Armeniern, Persern und Arabern auftraten,
die ihre Waaren mit Caravanen nn die Levantische Ktlste führ-
ten. Als Hduptstapelplätze dieses Handels mussten ausser Smyrna
uud Aleppo noch Constantinopcl und Kahirah betrachtet werden,
während der Concentrationspunkt des Levantischen Handels in
Frankreich Marseille verblieb, das durch seine Freiheitsbriefe im
siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderte wie ein Freihafen vor-
zugsweise hiefür begünstigt war. Aber während des Revolutions"
krieges gewannen die Engläni^er auch in der Levante ihr festes
Handelsterrain, and nachdem sie Malta erobart and audi auf den
FrankreiG/i* 116
loDuieben Inselii einen gebietenden £inflnte erluigt httteiii httU
Uten sich dieselben sa raach in dieeem Handel «ns, daM Frank*
reich nacb den beiden Pariser Frieilensschlüssen kaum gleichen
Rang mit den Engländern auf dieser Küste nieder ge#innen konnte.
In Westindien machte Frankreich während der Rerolution einen
nn^vetsliehen Verlust durch den Aufstand des Franidsiscben An«
theils Ton St Domingo, das «inen selbständigen Freistaat und eben
so auch eine Monarchie nach dem Muster des Mutterstaates lu bil*
den rersuchte und suletzt glfic^ich durchfi^rte. Denn Domingo
beschäftigte allein eine doppelt so grosse Aniahl von Schiffen
(360) mit dem Colonialwaarenhandel, als die beiden noch jetst
den Franzosen Terbiiebenen kleinen Antillen Guadeloupe und
Martinique*) zusammen (190 Schiffe). Eins der glänzendsten
Jahre des ^Westindischen Handeli vor der ReTolution war 1786, wo
ilas Französische Domingo allein für l31,48l,0()0Livr. (35,499,870
Thlr.) Colonialwaaren lieferte, Martinique dagegen 23,958,000'Lirr.,
Guadeloupe 14,360,000 Lirr. und Cajenne 91 9,000 Livr. Colonial-
waaren, also alle Französischen Besitzungen in Westindien und Siid-
amenka zusammen 170,71 8,000 Livr. (46,093,860 Thlr.). ->-
Der all|eraeine Handel mit den Europäischen Staaten
war überall ausgebreitet, und in der Ost- und Nordsee, wie in
*) Martinique (16»^' QM. gross) ist gleichwie Guadeloupe C30>^
QM*) nur zum vierten Theile der Bodenfläche angebaut, hauptsächlich
wegen der schädlichen Witterungseinflnsse, die anf einer gewissen
Hohe bis jetzt alle Versuche einer regeren physischen Culftur mit Auf-
opferung der dabei gebrauchten Menschen vereitelt haben. Der Winter
(hivemage) dauert hier 3 Monste vom 15. Jnli bis zum 15. October, und
• besteht in hefrigem Regen und Stürmen» der Sommer 9 Monate. Die Yer<»
waltung bei den Colonien hat durch die Englische Besetzung während
der Revolnrion und der Herrschaft Napoleons ausserordentlich gelitten»
Das Verhaliniss des Anbaus auf Martinique ist in Carr^s (l Carr. ^s
10,000 QF. Paris., also ungefähr ^ Morgen) : 12,7*27 für Zucker: 2956 für
Ca£fee 412 für Cacao: 330 für Baumwolle. Eine Zuckerpflanzung Jcostet
durchschnittlich in Gebäuden l5O»000 Frcs., die übrigen Anlagen gegen
716,000 Frcs., der durchschnittliche Ertrag 450,000 U roh Zucker> der
kanm Über 0 Procent das angelegte Capital jetiKt verzinset, also gegen
frühere Zeiten einen höchst unbedeutenden Gewinn liefert Der anbe-»
fohlene Anbau ^on Maulbeerbäumen^ um hieher auch den Seidenbau iKu
iF«rpflanzen, ging nicht fort, weil die jungen Bäume nicht die^ge*
henren Stürme^ die ahf diesen Inseln stets berrscben» ertragen koAttten»
116 Frankreich.
V
den Hilfen des Atlantischen und Hittelländisolicn Meeres fand jähr-
lich ein sehr lebhafter Verkehr der Französischen Schilfe statt,
so dass die Französischen Staatsmänner in der zweiten Hälfte 699
achtzehnten Jahrhunderts den reinen Gewinn ihres Landes aus
dem Handel jährlich auf 75,000,000 Livrs. (20,250,000 Thlr.) Veran-
schlaglten, wenngleich diese Annahme als Durchschnittsertrag fast zu
stark erscheint. Die Gesammtausfuhr Frankreichs ohne die Colonicn
betrug 1787 = 424,435,000 Frcs. = 114,597,450 Thlr.
1788 = 365,000,000 — z= 98,500,000 —
Einfuhr 1787 = 379,915,000 — =: 102,577,050 —
1788 = 345,000,000 — = 93,150,000 —
darunter aber 55,000,000 Frcs. (14,850,000 Thlr.) in baarem
Yvclde. Das Handels-Capital, welches im inländischen Gross*
handel 1789 beschäftigt war, wurde auf 319,083,618 Frcs.
(85,952,573 Thlr.), die Zahl der dabei gebrauchten Arbeiter auf
715,908 und der durchschnittliche Lohn auf den Kopf 178 Frcs.
(48 Thlr.) berechnet: das im ausländischen Grosshandel lie-
gende Capital 251,739,776 Frcs. (67,969,734 Thlrl), die Zahl
der Arbeiter 405,186, der • durchschnittliche Lohn auf den Kopf
199 Frcs. (53 1 Thlr.); endlich das im Detailhandel laufende
Capital auf 181,276,678 Frcs. (48,944,697 Thlr.), die Zahl der
Arbeiter 1,843,836 und der durchschnittliche Lohn auf den Kopf
376 Frcs. (101^ Thlr.).
Die Französische Revolution und die Kauerherrschaft Na**
poleons drängten dem Handel so unnatürliche Verhältnisse auf,
dass diese Zeiten als völlig vorübergegangene Zustände fär die
statistische Darstellung des gegenwärt^en, Handels von keinem be-
merkenswerthen Einflüsse erscheinen. In den ersten sieben Jah-
ren nach der Restauration der Bourbons war aber bis 1821 meikwür«
digerweise die Gesammt* Aus- und Einfuhr Frankreichs dem Werthe
nach wenig verschieden von dem unmittelbar vor der Revolution ge-
wöhnlichen Zustande des Handels. Die Ausfuhr *) betn% nämlich
im Durchschnitt 368,000,000 Frcs. = 99,360,000 Thlr.
Die Einfuhr — — 356,000,000 — = 96,120,000 —
'^) Der Preussische Staat empfing von der Ausfahr Frankreichs
14,164,700 Frcs. = 3>824,469 Thlr.
Friiakreiclu 117
Der g^tammte Hanilel wurde leit dieser Zeit unter die Aufsieht
einer höchsten Centralbehörde gestellt, die sehon vor der Revolutioa
sls ein ron Colbert gestiftetes coiueü general du commerce htMtuk'
den hat, dann als allgemeine Handelskanuuer der lotenden Auf-
sicht des Ministeriums des Innern untergeordnet war, und jetzt
f3r sieh ein besonderes Ministerial-Departement bildet Dasselbe
hat wiederum als Unterbehörden in den 21 grösseren Handels-
städten eben soviel Handelskammern, aus technischen Mitgliedern
und Beamten susammengesetzt, und ausserdem zur Schlichtung über
Handelsstreitigkeiten 214Handelsgerichte in den grösseren und mitt-
leren Städten. Beschränkt ist gegenwärtig der Handel nur
durch das Ausfuhrverbot einiger zum gemeinen LebenAedurfniss
gehörenden Naturalien, wovon aber Wein und Getreide ausge-
nommen sind und durch Einfuhrverbote derjenigen industriellen
Erseugnisae, in denen Frankreichs Manufacturen besonders in-
teressirt sind; hiezu gehört aber auch der raOinirte Zucker.
' Der innere Verkehr ist aber jetzt quantitativ wenigstens
fönfiBial so stark als der Handel mit dem Auslande, denn selbst
in den för den letzteren nicht unvortheilhaften vier hintereinander
folgenden Jahren seit 1829 betrug der Gesammthandel durchschnitt-
lich 7,703,016,000 Fr. = 2,070,814,300 Th., wovon auf den Binnen-
handel 6,476,160,000 Frcs.z= 1,748,563,200 Tbl. und auf den aus-
wärtigen Handel 1,226,856,000 Frcs= 331,251,200 ThL kommen*).
Das im Umlauf befindliche haare Capital wird auf 480,000,000
Frcs= 129,600,000 Th. geschätzt, oder auf etwas mehr als den vier-
&ehen Betrag des jährlich in Gold ,und Silber gemünzten Geldes nach
dreissigjährigcm Durchschnitte. Es wurden nämlich nach dem
eingeführten Decimalgesetze vom 28. März 1803 bis 31. Aug. 1817
in Gold 668,553,420Frc z=; 1 80,509,41 9 Th.
in Silber 1,026,769,207 Fre. = 277,227,684 —
• Summe 1,696,322,627 Fr. = 457,737,103 Th.
§äb aber für die Einfuhr nur zu-
rück 9,06M00Frcs. ==Ü,447,550 Thlr.
blieb also im Nachtheil gegen
Frankreich mit .... . 5,099^700 — == 1,3T6,919 *
*) Vergl. die einzelnen Angaben der fün- und Ausfuhr in d. J*
1829—33» unten S. l^-'29.
118 Prankreich,
und vom l.Bept 1817 bla
31. Deo 1832 in Gold
und Silber zusammen — 1, 834, 1 06,265 Fr. s= 495,208,678 Tli.
>|l ■ !■
also insgesammt 3,529,428,892 Fr. = 952,945,781 Th.
gepr>*), mithin im j&hr-
Ucben Durcbschn. 117,647,629— s 31,764,859 _
Per Innere Verkehr wird voniüglich von der Hauptstadt aua
und auf den stark besuchten ^Messen su Beaueaire für das sUdr
Uche Frankreioh, xu Ljon für das mittlere, su Falaise für da«
nordwestlichfi und su Strasburg für das östliche Frankreich be*
trieben« Pie. grossen 18 Hauptkunststrassen durch das Reich«
die Nebenstrassen ron den Hauptplätsen fUr den durch Wege-
geld picht beschwerten Wagentransport der Producte des Fran-*
sösischen Handels und der Industrie, die oben (S. 35—40) ge-
schilderten CanUl^ und EUsenbahn.en **) find als die ausgeseich-r
neftsten Bülfkmittel für die Lebhaftigkeit des inneren Verkehrs
su betrachten. Die Bank su Paris» seit 1803 mit 90^000 Actien
i IQOO Frca. er^ichtet^ macht mit diesem Grund - Capital von
90,000,000 Frcs. (24,300^000 Tbl) einen Jührlichen Geschäftsunf-
sats von mindesten $echssigfachem Betrage***), ^ahlt abwechselnd
eine Jahresdividende ron 0 bis 6 [ Proo. den Actien «Inhabern
und hat bereits den Ruf eine« der vichtij^ten Geldinstitut^ in
^•^■•»i^ip'
♦1
0 Unter Napdeon yrarde in 18 IMflDZS^ätten gept^t, darunter
in fünf jetzt dem ^Französischen Staate entfremdeten zu Genf,
Utrecht, Turin, Genua und Hom ll>52*2>ä66 Frcs. Unter denBoorbons
\nirde» 13 Münzstätten erhalten zu Paris (1942 MiU.)> Lille (514Mm.),
Ronen (^2 Mill.), Touh>u8e (124 Mill.), Lyon (123 BUIL), Bayonne
' (94 Mill), Limoges (89 Mill.), Bordeaux (85 Mill.)» Perpignan
(80 MiU.), Marseille (74 MU1.>, Rochelle (61 MiU.), Nantes,.(44MilL)
und Strasburg (35 Mill.)^
^ Die Lebhaftigkeit des Gebrauchs der Eiscnbahneu geht schon
aus folgender Angabe hervor. Auf der Bahn von Lyon nach |St
£(ienne kostetete die Anlage eines Metre (3*^^ Fuss) 264; Frcs.
(71t Hü.)y während das ^ekheMaass auf der Eisenbahn von Man-
chester nach Liverpool um 65 Proc mehr Geld erforderte, 41^2 Frcs.
(IIH Tbl.), und gewährte gleich im ersten Jahre acht Pro-'
Cent Zinsen des Einlage «-Capitals. •«•
**«) Im Jahre 18^1 betrag er 7r221|0i9,845 Fr. «b 1,949^676,376 Hu
Frankreichs.^ 119
/
Europa trlftogt. DarcMhre mannichfacheo Getohftftsrcrbindungen in
den gröiteren Handelsstiidten nimmt sie den viclitigsten Antheii an
dem Handelsverkehr, und übt einen wesentlichen Einflnss auf den
•chwunghaftereo Betrieb der Handelsgeschüfti^
Der ausw&itige Handel kann In seinen sehwankenden Ver-
liMtniMen der Ab- und Zunahme, die i^r Frankmdi auch ron
den politischen Ereignissen des yielfaeh bewegten Landes ab-
hängig gemacht wird, unter mehreren. Gesichtspunkten aufgefasst
werden. Wählen wir suerst den allgemeinsten, den der Ge-
aammt- Einfuhr und Ausfuhr, und «war auerst für eine sechsjäh-
rige Periode vor der Vertreibung der älteren Linie Bourbon, dk Jahr«
1822 — 27, und dann eine fttnfjährige, gemischt aus den lotsten Jahren
Carls X« und den ersten der Regierung Ludwig Philipps (1828—32;^
A: Die Gesammt Einfuhr betrug
18^ a.Frs. Schiff. 187,359,727 Fr. = 80,586,851 Th;fast|§.d. Gans,
auf fmd. -^ 07,435,292—= 26,308,531 — -^ U"" ~
SU Land 141,384,174—= 38,173,734 iy— —
Summe 426, 179,i93Fr.= 115,069,11 6 Th.
1823 a,Fn. Schiff. 133,543,890—= 36,056,853 {^z
auf firmd. — 98,650,044—= 26,635,503 *- — ||>
SU Land 129,634,308—= 35,001,261 ^ ||.— —
Summe 36 1,828,242 Fr. = 97,693,617Tb.
1824 a. Frs.Schiff. 189,534,628—= 51,174,344 }^— —
auf fand. — 108,397,257—= 29,267,256 |J— —
SU Land 156,929,732—= 42,371,021 -^ — ^f
Summo 454,861,597Fr.= 122,812,621 Th.
1825 a.Frs. Schiff. 220,123,027—= 59^33,211 ^(
auf frjpd. — 113,150,281 — = 80,550,559 ij^— —
zu Land 200,349,084—= 54,094,246 *— — ir~~ "*
Summe 533,622,392 Fr. =144,078,01 6 Th.
1826 a.Pn. Sfehiff. 243,248,24a— = 65,677,017 — — |{.— —
auf firmd. — 147,313,236-= 39,774,586 — ^ {}.— — '
SU Land 174,167,134—= 47,025,119 Jj-
Summe 564|728,610Fr.=i52,476,724Th.
120 ^rankröich.
1827 a. Frs. SefaiS: 230,14(^205 Fr. = 62, 137,870 Tb. fast || d, Gans.
auf frmd. — 136,042,007—= 36,^31,340 -; }«.
zu Land 199,621,026 —= 53,807,016 jf.
Summe 565,804,228 Fr.=: 152,767,125 Tlu
Alsa Gesammteinftthr in den 6^/ Jaliren
auf Frans. SMS. i;203,047,807 Fr. = 325,065,006 Th. (J|)-
auf fremden — 700,088,117 ~ = 180,266,78a — (|^>-
zu Land 1,002,086,358 — = 270,564,525 — (^|>
Summe 2^0O7,O22;282 Fr. = 784,807,210 Tlu
ttttd durehachiaktUch im Jahre
auf Frana. SgM£ 200,657,068 Fr. = 54»177,648 TL
auf fremden — 116,831,353 — = 31,544,465 —
au Land I67,Ot4,303 — = 45,004,088 —
Summe 484^503,714 Fr. = 130,816,201 Tb.
Da« giebt beinahe das Verhältniss der doppelt so starken See^
aU Land einfuhr, so vie bei der Seeeinfuhr wiederum die auf den in-
ländischen Schiffen eingebrachten Güter beinahe den doppelten
Werthbetrag der Seezufuhr auf fremden Schiffen ausmachen.
Bei der Einfuhr aber befanden sicib
im Jahre 1822 an rohen
Stoffen fdr die Industrie 260;268»08O Fr. = 72,702,612 Th. geg. }»
an rohen Producten zur
Consnration 105>160^732— = 28,304,201— — i^
an Yerarbeiteten Indo^
Btrie - Erzeugnissen &I, 740,481 —= 13,072,303 — — ^^
macht die obige Summe 426»170,J03Fr.= 115,060,116 Th.
im J^hre 1825 an icAett *
Sti^enf&rdielndustrie 221^554,365—= S0,S10^676 — . — ||
a» rohen Producten zur
Consumtion 88,570,405—= 23,015^375— — |{.
aa verarbeiteten hidv*
•trie • Erzeugnissen 51,604,382—= 13,057,566 — — 3^
Snmme 361,828,242^r. = 07,603,617 Th.
Frattkreich. ^11
imiakfe isaiaarolm
Stofcm für die Iniiistrie 272,873^048 Fi^-= 73,675,715 Hl ^geg. }^
aa rohoi Prodncteii sar
ConsuntSoii 121,957,679 —=: 32,928,567— — |V
01 yettAciteten lud«*
■trie-Eracygniiaen 60,030,870—= 16,208,339— — ^•j
SuBUie 454^861,597 Fr. = 122,812^621 Tk
uB Iilir» 1825*) an roll.
Stoffen für die Industrie 268,878,960—= 72,597,397— — JJ
an rohen Prodncten mar
Contumdon 86,954,047—= 23,479,505— — ^\
MM Terarbeiteten Inda-
strie-Eneognissen 44,746,523—= 12,084,556— — ^V
an Geld md edlen Me-
tallen in Barren 133.022,832 -•= 35,916,558 — über ||.
Summe 533,622,392 Fr. = 144,078^010 Tk '
im Jahre 1826 an rohen
Stoffen för die Industrie 296,104,305 — = 79,948.464 — — |t
an rohen Produeten nur
Consumtion 99,216;231 — = 26,788,576 — — ,V
an Terarbeiteten Indu-
strie-Erzei^Utien 40,795,936—= 11,014,895— — ,V
an Geld und edlen Me*
taUen in Barren 128,610,138— = 34,724.789— — JJ
Summe 564,728,610 Fr. = 152,476,724 Th«
im Jahre 1827 an rohen
Stoffen f«r die Industrie 276,380,167— = 74,622,625— — ij.
an rohen Produeten rar
Consumtion 99,593,935—= 26,890,345— — VV
an Terarbeiteten Indu-
strie •^rseugnissen 38,162,899 — = 10,303,978 — — ,V
an Geld und edlen Me^
taUen in Barren 68,869,018 — = 18,594,631 — -^ iV
♦) VergL Vmorg üebersicbt der Handehtabellen für das Jahr
18^ uttd 18M bei Femssae B. d. sc geogr. XIII. S. 60 9tq.
im FraiikreicJi.
Im J. 1 827 an GegenitSn-
den t d. Traoiito-Handel
in den Entrepdt» 82,7M»20d Fr. =? 22,S55»544 Th. geg.
Sumne 565,804^3 Fr. = 162,767,125 Thlr.
Mithin betrag durebfchDittlich die Einfuhr an Geld, edlen Me*
tallen und C^enständen in den Entrep6tf ^^ oder etwa ein
Viertheil der Gesammteinfuhr, ein «weitet Viertel ginp^
auf die Einfuhr sur CouBumtiony wovon aber nur wiederum ein
Dritdieil oder ein Zwölf theil den Gegenständen ausländischer
technischer Cultur aukam, und endlich die rollständige Hälfte
der Gesammteinfiihr bestand aus toben Stoffen fttr die Industrie,
welche aber dutcb den Fransösischen Arbeitsfleis« erst einen hö-
heren Wertb erlangen mussten, um dann theils Im Jnlande ver-
braucht, theils auch wiederum mit diesem durch Fransösische In-
dustrie erhöhelen ZuseUage deß Werthpreisea anderen Völkern
sugefUhrt aa werden.
«
Denn betrachten wir nun fttr dieselben ^ahre den Ausfuhr-
handel, so ergiebt sich das für Frankreich Tprtheilhafte Ver-
hältnisse dasa in' sechsjährigem Durchschnitte gegen iwei
Drittheile der Ausfuhr in Gegenständen^ der Fransösischen
Industrie und nur ein Drittheil in rohen Producten derph^-
fischen Cultur and den aus den Colonien eingeführten und theil-
wei^e wieder weiter versandten Colonial-Waaren bestehen. Wir
ersehen dies aus nachstehender Zusammenstellung über
B* die Oeiammtauiftthr ansFrankreich {üjr dieselbe Periode:
Im 1 1822 a. Frans. S^hift 12d,562,714Fr.=? 34,98 l,OaoTh. geg. \ |
auf frenkd. ~ 09,013,420-^= 26,075,710 |^
auLand. — 155,692,571-*=: 42,036,080 ^ — ||.
Summe 385,178,71 1 Fr.=: 103,004^620 Th.
ImJ.1823a.Frani.8ehiS: 87,702,661—= 23,670,716 \^_
auf fremd« — 142,108,000 — = 38,303,703 ||
auLand. — 160,852,870 — = 43,430,270 * J ^
Summe 300,754^431 Fr. = 105,503,680 TK.
F r a D k r e.i c h. lU
Im J. 1824 a. Fraiui, Bchifi; 130,93IJ94Fr.=: 30^71,S75Tb.geg. }^
a. f^emd.* — 134,087,760 — = 30,203,683 -r — ^f
SU Land — 169,622,347 — = 45,771,024 .. — ||
Saiume 440,51 1,p01 Fr. =1 18,946,302 Th.
liai. IS25 a.FcftiiB« Schiff. 245,252,999 — s «6,218,290 — '— |f
«.fremd r- 218,885,407^= 59,090,058 »f.
au Land ^ 203,155,708 54,852,039 \^
Summe 667,294|» 1 1 4 Fr. = 180,169^87 Th.
hn J. ia20 a. Frana. Scbiff. 220,983,481 *-*= 59,66^5,524 \\
a.fremd, — 157,101,419—= 42,417,379 « J|.
au Land — 182,423,869 — =^ 49,254,430 -^ ^ \i
Summe 560^308,769 Fr. = 1 5 1 ,337,333 Th.
Im J. 1827 a.Frani. Schiff. 235,129,660«—= 63,484,096 ^ «^ i •
^a. fremd. -^ 210,504,550—= 56,836,218 — — ||
an Land ^ 156,767,066 — = 42,327,094 IJ.
,^ 1 ^^
Summe 002,401 ,276 Fr. =1 62,648,308 Th.
In allen 6 Jahren <
auf Franadsls. Schiffen 1,055,563,309- = 285,002,091 |«
a. fremd. — 962,69 1 ,462 — = 259,926,682 {\
zu Land — 1,028,414,430 — = 277,671,888 J|
9uaune 3,046,64)^,202 Fr. = 822,600,661 Th.
alao durchschnittlich im Jahre
auf Fransötii. Schiffen 175,927,218^= 47,500;S45 i«
a. fremd. — 160,448,577—= 43,321,100 — ^ ij.
SU Land — 171,402,405-= 45,278,64$ \\
Summe 507,778,200 Fr.= 136,100,093 Th.
Es befrinden dch aber bei der Gesaaimtauifuhr
im Jahre 1 822 an natür»
liehen Producten 1 37,759,007 Fr. = 87,194,930 Th. geg. «J
anMannfactur-Arbeiten 247,419,704—= 66,799,699— — U
gtebt die obige Summe 385,1 78,7 11 St. = 103^94,629 Vx.
124 Frankreicli.
im Jahre 1823 an natür-
lichen Pro ducten 163,492,181 Fr,= 44,142,873 Th. geg, »^
an Mantifactur-Arbeiten 227,262,250 — = 61,360,816— — . tt
—————— ——^——— ———, ^^
Summe 390,754,431 Fe = 105,503,689 Th.
im Jahre 1824 an natür-
lichen Producten 163,026,838 — = 44,017,238— I'
an Manufactur-Arbeiten 277,485,063 — = 74,929,064— — ^ ao
Summe 440^11,901 Fr. = 118,946,302 Th,
imllahre 1825 an natür-
lichen Producten 164,510,109 — = 44,417,727 — . — i«
an Manufactur-Arbeiten 379,371,060 — = 92,530,174 — i3
an Geld und edlep Me-
tallen in Barren 123,412,945 — = 43,221,486 — — |J.
Summe 667,294,114 Fr. = 180,169,387 Th»
im Jahre 1826 an natür-
lichen Producten 149^561,029 — ^ 40,401,472 — — }y
an Manufactur-Arbeiten 311,466,142 — =s^ 84,095y850 — — >|.
an Geld und edlen Me-
tallen in Barren 99,481,598—=: 26,840,111— — «
■ 4 5
Summe 560,508,769 Fr. = 151,337,333 Th.
im h 1827 an natürlichen
Producten 158,197,142 Frc. = 42,713,^20 Tbl
an Manufactur Arbeiten 348,626,595 — = 94,129,162 —
an Geld u. edlen Metallen
in Barren , 95,577,539 — " = 25,805,926 —
. ^
d. ob/ Summe 602,401,276 — = 162,648,308 —
n. in allen 6J. annatürl.
Producten 936,546,306 — = 252,866,801 — .
an Manufactur Arbeiten 1,791,630,814 — =483,746,813
2,728,177,120 — = 736,613,215 —
dazu in 3 J. 18||. an Gold u.
edL Met. 318,472,082 — = 85,987,446 —
giebtd. ob. Summe da. 6 J. 3,046,649,202 — =822,600,661 —
Frankreich.
125
K I
tüao jährliehe Auffuhr im
Ourchscli. 18|^ annatürL
ProducCen 150,001,051 Fre. = 42,144,573 ThL
an Mannfactur Arbeiten 298,605,136 — = 80,624,296 —
' _
I8|| jähil Durehichnitts-
anaLd^^Taareu ohne Geld 454,696,187— =122,768,869 —
daiu ]8|f jährL Durch-
schnittsausf« d. Geldes 106,157,361 — = 28,662,482 —
Werfen wir unsere Aufiuerksamkeit noch besonders auf den
Handel des Mutterlandes mit den Fransdsischen Colonien in
Amerika und Afrika in dieser 2^it, der schon in den obigen
Zahlenangaben mit inbegriffen ist, so erhalten wir für den Zu-
stand der Colonien im Jahre 1825.
Weisse Freigelassene ScUven
a) Martinique 10,000 10,000 80,000
b) Guadeloupe 12,500 6,500 101,000
f^ Guiana 1,000 1,500, 13,500
d) Ins.Bourbon 15,000 5,000 53,000
Sorane
d. BevoUc Ind.
100,000 —
120,000 —
16,000 —
73,000 —
Summe 38,500 23,000 247,500 309,000 —
Attsfidir
a) 32,500,000 Fr.
b) 33,000,000 —
e) 1,500,000 —
d) 3,000,000 —
8,776,000 Th.
8,910,000 —
405,000 —
810,000 —
Einfohr
30,000,000 Fr.
30,500,000 —
1,000,000 —
2,500,000 —
8,100,000 Th.
8,235,000 —
' 270,000 —
675,000 —
8.70,000,000- = 18,900,000 — 164^000,000 — = 17,280,000 —
Von dieser durchschnittlichen Gesammtausfuhr der Fransdsi«
sehen Colonien liefen in die Franxösischen Häfen ein
Zacker GaflÜM Baomwoll«
35,392,349 Fr. 7,695,104 Fr. 1,515,236 Fn
9,555,924 Th. 2,075,677 Th. 409, 1 06 Th.
26,4*8,«09^Fr. 5,791,507 Fr.
7,148,985 TÜi. 1,563,705 Th.
37,959,40^ Ft. 8,266,724 Fr.
10,249,038 th. 2^232,010 Th.
ftlso durehschnittUch für 44,500,Q00 Frcs. oder 17,015,000 Th).,
4. L I der gesammt^ Ausfuhr aus dei| Franiösischen Colonien,
im J. i 47,758,065 Fr.
18221] 2,893,664 Th.
1823 f3^»l 7^1^78 Fr.ä
l 9,497,660 Th.f
lg24|50,323,15^Fr.^
< 13,587,241 Th.
801,878 Fr.
216,491 Th.
972,521 Fr.
262,576 Th.
126 Fra*Dkreic1i.
indem dieselbe \ ihred Wertlibetiaga in Rohmeker» f In Caffee
und A ^ BaunivroUo besteht
Dagegen war die Einfub? ki die Fran^dsisoWi' Colonien
ans den Häfen Frankreichs
im J. 1822 34,321,657 Free. = 0,269,875 Thl
— J. J823 36,237,651 — = ^784,155 —
— J. 1824 44,020,975 — = 11,885.648 —
Summe 114,580,283 ^ = 30,936,678 —
oder durchschnittlich 38,193,428 Frc«. (10,312,226 Rthl.) d. L f.
,der Gesammteinfuhr, worunter vier FQnfthpile des Betrags für
Manufacturarbeiten» besonders Leinwand- und BaumwoUenieuge
und ein Fünftheil für Weizen, Kom und Mehl su gleichen
Theilen gei ahll werden.
Vergleichen wir endlich für diese Periode des Französischen
Handels den Werthbetrag der Gesammtausfuhr gegen die Ge^
sammteinfuhr, so finden wir für die ersten sechs Jahre nach
der Restauration 1815—20 den Ueberschuss so stark zu Gun-
«ten Frankreichs stehen, dass er nicht unter 55,000,000 Frcs.
(14,850,000 Thl. im Jahre 1817) sinkt und 1819 sogar 106,000,000
(Frcs. 28,620,000 Thl.) erreicht. Aber -mit 1821 sinkt dieser
Ueberschuss stark zusammen, schwankt dann zwischen Plus und
Minus und gewährt für einen siebenjiüirigan Durchschnitt 181-^
nur die Summe von 6,000,000 ThL
nemlich mehr ausucefUhrt weniger ausgeführt
1821 H- ]^|000,000 Frcs.
1822 — 40,000,482^ Frca.
1823 + 28,026,189 Frcs.
- 1824 — 14,319,696 Frcs.
1825 + 133,671,722 Frcs.
11826 — 4,219,841 Frcs.
1827 + 36.597,048 Frcs.
Total + 215,194,959 Frcs. — 58,540,019 Frcs.,
also Gesammtbestand des Ueberschusses der Ausfuhr über die
Einfuhr zu Gunsten Frankreichs in diesen / Jahren 156,654,940
Frcs. (42,296,926 ThL) nnd in einem Jahre 22,379|277 Frcs.
<(^042,418 Thlr.).
r
Frankreicb.
117
Damit aeahl 4er Gold* and Silbertaaseh durdi denHMidel in
Verbindung» der inswieeheB bereits in eeinem Verhältniese zur
Ausfuhr und Einfuhr bei den obigen allgemeinen Angeben be-
lüekstchcige wt^ för sich besonders betradiel aber noch nächste-
1ft«nde Resnkale gewährt:
*
Einfuhr
^ Ausfuhr Unterschied
Mekr
MMtT
ta J. ISIS
9k31M93Fr.
ii888.630Fr. -|- 1M3l373Rr.
— J. 1816
49.l3Z,»l3Fr.
154.70l.148Fr.
• wl^y^^^^^^^^^VA m •
, — J. 1817
IH.698,516 -
63.046395 - + i8.6S2.iai —
\
— J. 1818
11X341.998 —
154.554,454-
— 43.312,456Flr.
— J. 181§
87.«2I,489 -
89.153.488 -
— 133l,999Fr.
— J. 16M
199371.796-
138.337.069-
- 38355,373Fr.
— J. 1821
196J311.096 ^
176.694,68s —
-«ÖJ83,0n-
^ J. 18tt
185^1.17? —
56,468.974 - -(- 131.69)^99 -
— J. 188
Se9.S3l,418 --
IO0b498J06 - + 94,033333 —
- J. 18M
344,«2;10e-
83.191340 ^ + 161.090,368 -
— J. 1825
133>642»«2 -^
123.412.945 -* + 9.629.917 -
^ J. 18M
138,613.138 -
99,481398 - -f 39,130,540 -
— J. 18»
6S.S69.0I8 -
81.471^1 - + 37398.067 -
la U J.
l«509301366Fr. l.S73.799;646Fr. -|- 5433S8,437Er.*338.049,706Fr.
-(- tl5308.732Prs.
\lB^|ühhr • • . . lS3.377.038Ft. =:t3,014,793TlL
^.ygljJSaitt { -AwÄlir .... 97384,050 Fr. = 36,456.683X11.
'unterschied, a. Giitftai d. Eint a4,393378Fr. = 6359U09 Th.
Von der Ausfuhr des Geldes ging über | des Betrags nach
England , wie 1819 = 62,000,000 Frcs. 1 820 = 99,000,000 Frcs.
1 82 1 = 94,000,000 Fr., 1 822 = 23,000.000 Fr. , 1 823 = 94,000,000
Fr., also in diesen 5 Jahren susammen 372,000,000 Fr» oder
durchschnittlich 74,400.000 Fr. (20,088,000 Th.).
Gehen wir nun cur folgenden fünf jähligeji Periode des Frans»-
stsehen Handels 1828—32 über, nnd vergleiphen sie mit den
so eben gewonnenen Resultaten, jedes Jahr einsein flir sich und
dann wieder^ alle sOsammen betrachtet, so wird sich am deutlich-
sten der Einflttss der politischen inneren Zustände auf den ge-
sammtea Verkehr eigeben.
128 Frankreich.'
4
Die Einfiilir bestand •) im J. 182S.
a) an PToducten s.
Frans. Indnst^^ 366,460,569F^. = 08,944^50 ThL d. L gegen |^
b) »- roh. Prod. s.
CoDSumtion 173,211,646 — = 46,767,108 ^l
c)j— Manufactor*
Arbeiten 67,774,807 — = 18,29D,1D6 ^^
^) -.Geld u. edlen
MetalL in Barren 207,995,275 — = 56,1^8,719 |^
Summe 815,442,197 — =220,169,373 ThL
Davon gebeerte den Colonien -^^^ des Betrags mit 64,1 91, 182 Fr.
(17,331,613 fhl.) zu *•), und zwar ad a) mit 6,221,806 Fr.
(1,679,886 Thlr. für Baumwolle, Indigo), ad b) mit 56,289,930 Fr.
(15,198,175 Thlr. für Zucker, Caffee, Cacao), der Französischen
Fischerei 7,583,415 Fr. (2,047,519 Tb.), und ausserdem waren für
^1,293,485 Fr. (13,849,232 Thlr.) Waaren in den Entrepdt$ aufgesta-
pelt, die nach andei'en Ländern ausgeführt wurden : endlich die über-
aus grosse Geldeinfuhr wurde durch Finanz • Operationen des
Staats und der grossen Banquierhäuseir. zu Paris veranlasst»
< Die Ausfuhr desselben Jahres betrug
1828
a) an roh. Prod. 267,271,311 Fr. = 72,163,252 ThL d. i g%. j.« | ^
b)aDManufact. IS
Arbeiten 342,651,321— 92,515,852 ~ H^?
c) an Geld u. edl. | ^
MetalL l Barr. 56,470,447— 15,247,011 ^^ J^
Summe 666,393,079 Fr. 179,926,115 —
Davon ging ^\ des Betrags mit 66,937,014 Fr. (18,072,991
Thlr.) nach den Französischen Colonien, und zwar zu | in Korn
und Mehl, ^ in Manufactur-Erzeugnissen, vorzüglich Leinwand und
^ Auszug aus dem rn^ppwtau roi Mur tadminütration ifet jEmm-
€€9 in Ferui9ac Buliet. d. sc. 9tat. XXV, 1831. S. 15. ,
**) Fast von gleichem Betrage war die Einfahr aus den Franz.
Colmüeii 182^=61>791,539 Fr, die Ausfuhr uiorthin =56,551,840 Fr.
^ Fr^akreick 119
Betrags UickcB hk Ef pa svidc, fMt ^ wv4e aadi Aaicnka
Mg^fUtft, AfirBa mIu» nr aü» ^ miA Ama mH ,*^ 4«t
Der üiliurnk— wtami 4ie>Ml sm yicjuinjl
BBwvica lir 14ft.6ll»,6l8Fr. («OgUS^l TU.)
mekr Waaroi eis, ab laigffifcrt, klag akcr wiclilimlifk B«r
!«■ 4cim gtmmm UBtencUei« swiMkes 4«r 6el4-Euifkhr mtk4
Amd^kr ah, 4a m aidkft wcaigcr ak 151,524,828 Fr. («[^»11,608
TUr.) m awfKiafiy Yartkcile FraakrciclM mAf €aM «iaga-
fikrt*]^ als Taa 4arAcr
Die Ciafakr 4et J. 1820 kaCn«
Mf Frau. Sckiffca 241,178,05« Fr.= 56,11831^ Tk 4. L gegen ||
— fremdem — 170,574*370— = 48,485,076 |J
a Land -^ 105,000^071 — == 52,812,000 ^ ^ ^ ^ ^^
016,353,307 Fr. =166,415,402 Tklr.
ui nadi 4en Gcgeastinden
a) aa Prodoctea s.
Frans. Industrie 3074N>7,130Fr.s 83,134,0l0Tk.-**«^-«- l\
^aaPro4.s.Cons. 140,283,428 —= 37,876,521 <^ ^^.-. ^^
^— Mannfact-Ark. 35,162^1 -^ss 0,403^800^ ^^-^ /^
ä) — Gald «. eften
MeCalL in Barren 133,000,258^:^35,010,012-^ ^^^ j^
SmiBie 616,353,307 Fr. ^166,415,402 Tk.
I^ie Aasfnkr dea Jakr«s 1820 gewährte
tof Frans. Sekiffen 216,785,846 Fr. s 58,532,160 Th. -> •-* ^ |«
— fremden — 223,562,455 — = 60,361,861 — — ^ JJ
m Land — 167,470,345 — = 45,216,084 — J»
Saauae 607,^18,646 Fr. 2= 164,11 i,OI4Th.
«) Ansfiagbukl allein BiOaBttS^ Fr. MetaUgeld (12,944*550 TM.),
tos den Niederlandea 47)541|311 Fr. (12|i36.1fti^Tkl.>.
Sektbert'tStatiftili ll. g
/
\
V
130 Frank reiiqlu
und nac|i den Gegtnständ«!
•
a) an roh. Prodiict 153,269,519 Fr. = 41,382,7^ Tb. d. L geg. \\
b) an Manufactur-
Arbeiten 350,978,110 — = 94,764,068 — JJ
c) an Geld and ed*
len Metallen in
Barren 103,571.027—= 27,964,160 — — _— ^^
Summe 607,818,646 Fr. =: 164»HI>014 Tb.
Ei ist nun swar aneh in dieaea Jabre die Einfahr naeh Frank-
reich stärker ^s die Aasfahr, wiewohl nur um die geringe Summe
von 8,534,751 Fr. (2,303,382 Th.); aber dieser anscheinende
Nachtheil verschwindet ganz, tWenn man erwftgt, dass unter der
Einfuhr an fremden in Frankreich versteuerten und verbrauch-
ten Waaren sich nur fSr 483,353,139 Fr. (130,505,339 Thir.)
befindet, und swar an rohen Froducten cur Fransdsischen In*
dustrie 307,907,130 Fr. ah Froducten kur ConsumtHin fftr
1^,283,428 Fr. und an Manufactur- Arbeiten für 36,162,581 Fr.,
während unter der Ausfuhr der oben f&rPh>ducte der physischen
Cuttur und Blanufactur-Erseugnisse in Summa von 504,247,629 Fr.
(136,146,843 Th.) ang^ebene Betrag* nur in inländischen
Froducten besteht, also au Gunsten Frankreichs mit 20,^4,490 ^;
(5,641,505 Th.) ausschlägt D^r Uebcrschuss des eingeführten
Geldes über das ausgeführte steigt nur auf '29,429,231 Fr.
(7,945,930 ThJ.
*
DieEinfubr des Jahres 1830*) betrug
a)an Waar. überh. |»8,338,433 Fr. = 172,351,370 Th.
Dav. wurd. verbr. IL
d. Frans. Indust u.
cur Consumtion 489,242,685 — = 132,095,518 — d. L geg. \^^
Es verbleiben in |J^
den Entrepots zur | ;
weiteren Ausfuhr 149,095,748 — = 40,255.852 — d. L g^. \\^
638,338,433 Fr. = 172,351,370 Th.
0 S. Weber'a hislor. Statist Jakcbttdi 1884 S. 290.
/
Fi'ankreicli. ISI
Die Avsfahr 4m Jaloea 1830 Wttui4
D« WuE. äbok 572,064,064 Fr. = 154|<n9;284 TL
DwMtcrFrHsiiL ,
Cnyra^ lir 45M01,3U -.-= 122,283,354 •-. 4 L geg. U
W)mGeU«i4e«.
MeuUeii 50,597,472 — = 1^001,313 —
Die Eiafakt 4m Jalmt M31 betrag
•)«. Waar. tteik 513,026,551 Fir. =^ 138,462,000 Tk
De?;, nrdk toIii«
14.FiMs.la<2yst
e. B. CMMMtim 374^180,530 — = 101/00^007 —
Et raUiekui 4
WiiAarfdg.l38^637>pl2 — = 37,432,001 — — M|r
512,825,551 Fr. = 138,462,808 Th.
miliite4LMetalL 220,686^405 Fr. = 50,585/)58 TL]
Die An« fuhr des Jaloet 1831 bestand
1) ia Waar. fiberL 618,160,01 1 Fr. = 166,885,874 TL
Daroater Fransds.
Uraprangt £^455,574^481 — = 120,005,004 |}S|
geMÜnatea Metali 28,628,273 — r= 7,720,610 —
Die Einfuhr dea Jahres 1832 betrag
a. Waar. ftberL f. 652,872,341 Fr. = 1 76,275,524 Th. ' .
•) Dar. f. d. Fraaa.
Ind. V. s.Consiuat 555,617,764 — = 150,016,783 "** }|\«
b)iQdenEntn^t8 07,254,577—= 26,258,740—— /^|§
Die Aatfahr dea Jahres 1832 bestand
iQ.Waar. iberh. 608,382,122 Fr. = 188,503»163 Th.
132 F^rankreicli.
Die durehtehn. Geflammt-
einfuhr in Waaren dieser
drei letzten J. betrug aUo = 60r,345,442 Fr. = 162,363,261 Tb.
Die durcbscbnittL Gesammt-
ausfubr in Waaren dieser
dre^ letzten J. betrug also = 626,405,386 — =169,129,447
also der durchschnitt (]8|^)
Ueberschuss d. Ausfuhr über
die Einfuhr = 25,059,944 Fr. = 6,766,186 —
aber fUr die fünf letzten J.
18|| macht die Gesammt-
Einfuhr durchschnittlich 647,166,384 -*- = 174,734,936 —
eben so^fär die fünf letzten J.
I8J.4 macht die Gesammt-
A usf u h r durchschnittlich 630,685,564 — =: 1 70,285,099 —
voraus ein Ueberschuss der ^
Einführ über die Ausfuhr
erfolgt mit 16,480,820 Fr. = 4,449,837 Th
Der Transitohandel hatte in den letzten Jahren sehr zu-
genommeti, denn Stander in den Jahre^ 1822 — 27 durchschnitt-
lich zu 52,000,000 Frcs. (14,040,000 Thir.), so war er 1832 auf
00,544,672 Frcs. (24,447,057 Thlr.) gestiegen, wobei am 31. Dee.
1832 in den Entrepots für 96,548,026 Frcs. Waaren zurückge-
blieben waren. Im Jahre 1833 betrug der Transitohandel
107,871,055 Frcs. = 29,125,184 Thlr.
und zwar auf Schiff. 63,673,283 — = 17,191,780 —
zu Land. 44,197,872 — = 11,933,404 —
Am 31. Dec. 1833 waren in den Entrepots für 1 12,960,111 Frcs.
Waaren zurückgeblieben,^ aber in dem Laufe des Jahres 1833
war beinahe der Tierfache Betrag dieser Summe daselbst auf-
gestapelt gewesen, nemlich für 440,239,127 Fr. (118,864,558 Th.).
Der Seehandel liisst sich in seiner steigenden und abneh-
menden Bewegung aus einer zwÖlQährigen Uebersicht der in die
Französischen Häfen eintaufenden und aus denselben abgehenden
Seeschiffe für die Jahre 1822—33 im Allgemeinen erkennen,
\
/
f
r
Frankreich.
13S
TeffBckk4«Mft^«i HanMs-
Tcrtckie^ealieit im 4tat eiimliiea Jakrea itatt»
«Im 4ie Idorin Torkoaunende ktiididi^« DifmnB
Sckifn fircMdor NaiioiMii mUiagt Wir iAdoi
EiaUttfesde Sckiffe^
1824
1820
1827
1828
1829
1830
1831
1832
1833
3^7
3^7
3,440
3,350
3,465
.3,048
3,236
3,375
4,290
3,561
287,942
247^540
316,480
329,735
356,776
353,102
346,591
331,049
340,171
333,216
399,948
358,157
4,518
3,984
4,183
4,218
4,911
4,439
4,122
4,342
4,257
3,951
5,651
5,115
420^810
421,233
438,006
414,670
543,682
475,500
445,708
487,739
511«523
461,194
714,638
622,735
7,843
6,722
7,570
7,605
8,350
7,789
7,687
7,390
7,493
7,789
9,941
8,676
708,751
668,773
754,485
744,40i
^458
828,611
792,299
818,788
850,694
794,410
l,114,58fi
980,892
also
dMTCJl
sekuta
: 42,602 4,000,707 53,691 6,957,446 96,293 9,958,153
r, 13,560 333,392 4,474 496,454 8,024 829,846
Et nehmen also im Durchselinitt die FransÖsifehen Sehiffe mit
H und die fremden mit ||. bei der Zahl der jilirlieh ' einlau-
fendoi Antfaeil, während diese dürehschnittlieh grösser als jene
||. der eingefahrten Tonneplast Ladung, jene nur j.|. derselben
tragen. Nur das Jahr des Minimums und des Maximums 1823
und 1832 weichen am 700 Schiffe von der Durohsehnittszahl
ab, die öbrigen bleiben inswischen in einer Differens von wenigen
Zehnem, oder höchstens bis auf 100 und 200 verschieden: da-
gegen lind die Schwankungen bei den fremden Schiffen von
Jahr lu Jahr zwischen 400 und 500 bis auf 1600 ansteigend.
^) Femssac Bullet d. se. «tat U. p. 141, Xlll. p. 61 --62 Vol.
XVIII. 394; Weber a. a. O. S. 348 i Goldsmilha. a. O. S. 183-87.
134
Frankreich.
Autlaufende Sebiffe.
FraatStk ToBBttlwt. Fremde. ToMtAlast
d.
3,470 282,358 6,052
3,488 ' 240,048 0,117
3,955 325,698 6,33$
3,908 354,311 5,994
3,580 355,742 4,408
3,522 346,370 5,321
3,341 376,835 4,164
3,101 316,462 3^698
3,236 340,471 5,169
3,671 326,253 4,240
4,045 347,285 4,636
3,675 318,840 4,580
360,571
396,310
415,241
399,440
432,772
4^9,824
344,547
311,286
469,288
362,981
461,704
464,028
9,531
9,605
10,293
9,902
7,988
8,843
7,!»05
6,799
8,405
7,911
8,681
8,^5
TonocflUst.
642,929
636,358
7«),939
753,751
788,514
786,212
721,382
627,748
809,759
689,234
808,989
782,868
1822
1823
1824
1825
1826
1827
1828
1829
1830
1831
1832
1^33
Sumkie der
12 Jahre ^»001 3^930,673 60,747 4,858,010 103,718 8,788,683
also durch-)
BchnitcHcb ^3,583 327,556 5,060 404,831 8,643 732,390
im Jahre I
wobei dieselben Bemerkungen^ wie bei der Einfuhr, in Bezug
auf das Verhältnias der inländischen Schiffe zu den fremden zu
machen ist — Nach einer officiellen Angabe war der Bestand
der Französischen Handels - Marine
am Isten Jan. 1830 14,852 Fahrzeuge yon 30 Tonnen und
, noch weniger, bis zur Grösse ron 300, dar-
unter 820 grosse Kauffahrteischiffe über
^20 Tonnen, und 1800 Schiffe fQr den .
Walllisch-, Stockfisch- und Heeringsfang
zwischen 200 und 250 Tonnen.
am Isten Jan. 1832 15,224 Fahrzeuge, also in 2 Jahren
ungeachtet der kriegerischen Bewegun-
gen dieser Jahre um 372 Fahrzeuge
rermehrt, die insgesammf 88,000 bis
90,000 Bfatrosen zu ihrer Bemannung
gebrauchen.
Von Jenen grossen 820 Kauffahrteischiffen besassen Bor-
deaux 210, Havre 180, Marseille 170, St Malo 30 und Dünkir-
1
' FraBlcreick 1S5
ctoi 25. Nach ihren Haiiptbettiiiimjuig«o 'wnrdtD damab Ton diesen
•ad einigen Haaderteo ron Ffthneugen geringeren Tonnengehaltei
832 für den Aaifler-Earop&isehenHandd gebraucht «ndiwar:
35& als WestiadienMirer, 120 aueaerdem för die Reitenr nach
C«ba and Hajrtiy 85 för Bratilien and ;iaa nodi südlicher g^e*
gene Aaaeiika, 6S für Central-Amerika, 35 füir den Verkehr mit
den Nard-Aaierikanisehen Freistaaten, 70 für Africa, 66 für Ost-
indien and die noch dstUeher darüber hinansliegenden Länder.
Im Jahre J834 wurden 906 Fransösische Schiffe im Ausser >-Eu-
ref äischen Handel gebranoht^ darunter 387 Westindienfahrer und
144 für A£rlaL
Untar den FVansÖsisel|]Mi HafenpUtaen hat Marseille, schon
im Altartfaume der bedeutsamste Handelspunct €kdliens, bei wei-
tem die atilricale Ausfuhr, die nach sehnjührigem Durchschnitte
jährtieb ftber 80,000,000 Pres, (21,600,000 Thir.) sich belauft und
eine nicht minder betrftchüiche Einführ, welche für dieselbe
Zdtperiode dem Staate jährlich über 20,000,000 Frca (5,400,000
Thlr.) Zdlle einbrachte, 1825 noch 19,505,715 Frcs., 1831 bereits
23,940,000 Frcs. und 1832 sogar 30,768,000 Frcs. (8,307,360 Thlr),
1833 30,g77,977 Fr. (8,336,048 Th.) d. L beinahe den dritten Thcii
täaimtli<^er Hafenxdlle des Staates. Die Zahl der ein- und auslaufen-
den Schiffe, die 4er Masse nach jäher zwei Drittheile des gesammten
Fnosdsisehen SecTcrkehrs betrug, verhielt sich nach den einxelnen
labren folgendermissen:
Einfuhr.
Aasfiihr.
1826
6,458 Sf\.
6,267 Seh.
1827
6^310 —
6,210 —
1828
6,291 —
5,985 —
1820
5,096 -T-
5,001 —
Summe 24^155 Seh. 23,403 Seh. *
also durchschnittlich *) — 6,039 — 5,851 —
Die Ausfuhr" dieses Hafens besteht vornehmlich in Wein,
*) Im Jahre 1820 betrag die Ladung sämmilicher 66^ ekgelaufe-
sen und mit 68,250 Matrosen bemannten Schiffe 796,000 Tonnen,
miter welchen aber 3879" Fahrzeuge von den nächsten Französischen
aad Italienischen Kästen sich befanden» und i überhaupt nicht na-
tioaal waren; Ein gleiches Verhältniss^ fand statt 1821 bei den 78G1
Schiffe« TOB 99%6i0TMuien mk 78»610 heimisdien und fremden
Mauenen. ^
136
Frankreich«
Branntweifi, StidenwMiren , l^ehten wolknen Zesgen, Seife und
•iDgemaehteD Früehten; die Einfuhr Tonttglioh in ColodialwjMi-
ren und in Reit und Weisen aof deq Kttttenlftndem des tchwanen
Meerei und Nord • Afrikas. — Dieielbe Ausfuhr und gleiehe Ein«
fuhr der Colonialiraaren hat der sweite Hafen Bordean^c, und
durohichnittiioii in den letiten zehn Jahren 650 bis 700 ein*
und auf gelaufene Seeschiffe, sur Hftlfte National-Schiffe, sur Hilft«
ausl&ndisohe. •- 1828 s&)iite man 353 fremde, 31 1 Französische; un«
ter Jenen 83 Brittisehe, 38 Nord-American., 71 fremde Westindien*
fahrer^. i. w. Nach der Zolleinnahroe zu sehliessen, beschäftigt
aber Bordeaux gegenwilrtifi^ nicht viel mdir ali die Hälfte des
Bandeis ron Marseille, denn iie steigt selten auf 12,000,000 Pres,
und erreichte nur 1831 13,762,000 Pres. (3,715,740. Thlr.).-*
Viel bedeutender ist jetzt der Handel von Harre de Graee,
indem dieser Hafen zugieioh die Hauptstadt und Rouen yer-
sorgt Daher ist hier die Zolleinnahme des Staates fast von
demselben Betrage wie fu Marseille, sie fiel 1831 nfi 22,410,000
Pres. (6,050,700 Thlr.) mus, obgleich doch hier nur für die Fracht
der völlig gelossten Schiffe gezahlt wurde, da ausserdem noch
Rouen von den unmittelbar hierher koninienden Schiffen eine
ZoUeinnahme von 8,148,000 Frcs. (2,209,D60 Thlr.) entrichtete«
Die Uebersicht über die Lebhaftigkeit des Seeverkehrs zu Havre
crgi^bt sich in den letzten Jahren also;
Einfuhr «).
Kttftenfalir. o.
Stromfahn.^
2,514 3,354
1825
$e«9chiire.
840
. J82fl
1,011
2,371
3,382
1827.
833
1,997
2,830
1828
1,074
2,252
3,326
1829
M81
2,995
4,476
1833
1,094
3,655
4,749
1834
1,192
2,877
4,069
AlflAniii'i*
7,525
18,661
26,186
•■■uuiirvu'«
schnittL 1,075
2,660
3,741
ZoBiBe. $eescUIffe«
541
477
546
605
1,314
1,013
1,095
Ausfuhr.
Kiittenfahr. «.
8tra«falini.
1,982
2,048
1,542 •
2,146
3,217
3,103
3,110
SvBuae.
2,523
2,525
2,088
2,751
4,531
4,116
4,205
5,591 17,148 22,739
799 2,449 3,248
*) Im J. 1834 bethig sie nach Ferussac. Bnllet« d. sc geogr.
Juio 1826 p. 150. 681 Seeschiffe, darunter 370 Französische und 311
fremde (100 Nor weg., ^ Holland., IG Engl.)
Frankreich. 13t,
Mithin betragt die durchsebiiittiiche Einfuhr in Hart« in der
Zahl der Seeschiffe noch nicht ein >Siebentheil des^ geiammten
Fransdiiachen Seererkehrs und die Anaftihr noeh nicht einmal
ein Tollet Zehntheil, wobei aber su bemerken bleibt, dasi bei
der Ausfuhr alle r.*it Baiiaat beladene auslaufende Schiffe nicht
mitgesfthlt sind, daher auch die bedeutende durchschnittliche
Differeni von 27(1 Seeschiffen der Ausfuhr gegen die Einfuhry^
weil gerade Harre derjenige Hafen ist, der die meisten rohen
Producte für die Französische Induatrie und verhilltDissmIlssig
auch das Meiate von den gearbeiteten aualündischto Industrie'^
Erseugi^issen aufnimmt Nantes ist als Hafen viel wichtiger
für die Vermittelung des Verkehrs zwischen Bordeaux und
Harre und durch die FlussschiffTahrt für den Binnenhandel,
als für den Seeverkehr. Die Ausfuhr geht stark in Wein,
Branntwein, Getreide und FsansÖsischen Industrie •Erzeugnissen
in Seide, Wolle und Baumwolle, die Einfuhr vorsUglich in Co-
lonialwaaren: betr&chtlich ist noch der von hier jetzt jährlich
mit 700 Barken und 3000 Schiffsleuten betriebene Sardellenfang.
Die hier stattfindende Zolleinnahme steigt auf zwei Drittheile
der von Marseille, im Jahre 1831 auf 15,100,000 Fr. (4,077,000 Th.).
Dünkirehen*) dient, wenn gleich es seine frühere Blüthe
und Bedeutsamkeit eingefcttsst hat, auch jetzt noch als ein Haupt«
hafen für den Verkehr mit Grossbrittannien, Holland und d^m
benachbarten Beigten. Im Jahre 1826 sind hier 2678 Sichiffe
von 169,976 Toqnenlast ein- und ausgelaufen, die 15,120 Matro-
sen Schiffamannschaft führten: darunter waren 85 Schiffe aus
Dünkirchen * selbst mit 1080 Matrosen auf den Stockfischfang
ausgegangen, 79 derselben brachten 38,552 Tonnen Stockfisch
zum Werth von 1,881,970 Frcs. (508,118 Thlr.) zurück. Die
Hafenplätze des Departements Pas du Calais, 'Boulogne und
Calais, der letztere stark versandet, sind unbedeutend und haben
ihren Hauptwerth als Seebäder und bequeme Ueberfahrtspunkte nach
England. Viel gewichtvoller treten für den Französischen Handel die
Häfen der Ntfrmandie auf, denn ausser Havre nehmen Dieppe, Fe-
c a m p , S t. V al e r /, C a e n , (mit einer Zolleinniihme von 2,007,000
Fr. = 541,890 Th. imJ. 1831) Honfleur, Granville und Cber-
*) Demeanjnck et Devaux, annuaire statistique du Departement
du Nord, Lille 18-29 8vo. Ferussac Bullet, d. sc geogr. XVI p. 35(;
-^ XXV., t>- 434 und t. XXVII., p. l4$-5h
138 Frankreich;
bourg an der Seeflmerei in imk entferotai Bhcf^ idbst «n dem
.lYalli^chfaiig einen betrftehtlichenAotheii: fiberCherbopigiBedeiil*
■amkeit aif KriegthaCen vergl. «nten {«22..—- DieHikfen derBretegne,
Brest» Quiinper, Morlaix, St, Brieu:hc sind vorBugtweise
auf die Seefischerei (reigL oben' 8. 91) an den bteaehbarten
Küsten hingewiesen; dagegen StMalo, L'Orient und Van*
nes treiben einen ausgebreiteteren Handel mit den H&fen der
Pyreniüschen Halbinselj Englands vnd Iniands und selbst mit
Ost- und Westindien. La Roeh^Ue hateinep eitttrftgUeben Wein-
und Salshandel lor Ausfuhr, so wie Einfuhr der Cekmialwaaren
dureh 6 bis 10 WestindienfUirer idyahrlieb. Der H*fen Li*
bournle ist gleiehlalls nur dureh den Saldiandel wiehtig,
Bajonne durch reiehe Auslidir roher FranfÖsiseher Preduete,
und die beiden wichtigsten HAfen Languedoe^s, Cette und Nar«
bonne, die sonst einen ansehnliehen Antheii an dem Haniel
mit der Levante, dem Königreich beider Sieilien, und dem west-
lichen und südlid^en Spanien für sieh behaupteten^ sind jefzt
gleichfalls nur im Verkehr mit Wein, Branntwein, -Getreide, Sab
Honi^ Früchten und .anderen rohen Produoten von einiger Be-
deutuqg: kaum 5 bis 6 Schiffe gehen jetat von hier «aus ausser-
halb des Mittelländischen Meeres nadi anderen Erdtheilen. Die
gesammte Zolieinnahroe in den beiden letsten Häfen war 1831
5^71,000 Fr. (1,504,170 Tb.). — In der Provence ist ausser Mar-
seille nur Toulon als Kriegshafen von Bedeutung, die übrigen
Hafenpltttse Martignes, Antibes, Frejus mit St Raphael
St Tropes, Cannes und die beiden Häfen der Insel Corsica,
Bas.tia und Ajaccto, sind nur fikr Thunfischerei, Sardellenfang
Salshandel, Ausfuhr edler Früchte und den Seeverkehr mit den
nächsten Küsten bemerkenswerth« — *
Endlich, was die Verhältnisse Frankreichs in Besug auf
den Handel mit den einseinen Staaten Europas betrifft, «o ist
für Russland bereits Abthlg. L S. 240 die Angabe au finden.
Mit den Oestreichisehen Staaten- steht Frankreich im Nadi^
theile, so dass es viermal mehr von diesen empfingt, als dort-
hin entsendet, Wenn gleich die Einfiihr nur Producta aur Verar-
beitung der Fransüsischen Industrie liefert: 1832 gab. Frankreich
für 7,400,000 Fr. (1,908,000 Th.) und swar die Hälfte in Colo-
nial>Wa»reii, die andere Hälfte in Industrie-Erzeugnissen, in Wein
nur.,'^ de« Betrags; es nahm dagegen an Einfuhr für 34,000,000
Fr. 4!M 80,000 Th.^ darunter | des Betrags iMJSMfiW Fr. =
Frankreich« 139
4
6,701,400 TJi.) M Bf&i^ f tu Getreide (M60,000 St.), ^i^ de«
Betrage in Blutig^ (l»52d,000 Fr. fftr 50,4^^^ Stück). — Büt
Grostbritanien^X wird der Handel gegenwärtig für Frank«
reieh TQftheilhaft geführt» da ee iwbeken^ 84 und 100,000,000 Fr.
(22,680,000 ^Th. Li« 27,000,000 Th.) von dort empfingt und
«wischen 120 und 125,000/)00 Fr. «irüekgieht (32,400,000 big
33,750,000 Tk). Mit Belgien und Holland Ut der Handele-
▼eriiehr ron nemlick gleichem Betrage jiUirlieh autammen gegen
50,000,000 Fr. (13,600,000 Thk.) Ein- und ebeDaoviel Aaefuhr.
Mit Preuaien (s. S» 116-— 17) var der Verk^r in den letalen
Jahren veratäikty und swar au Gunfte» dietei Staatee, 1828 die Eiin-
fuhr aut PreuMen 23;0] 5,586 Fr. (6,214^201 TL), davon | rohe Pro«
ducte^ find die Ausfuhr = 7,1 17,637 Frei. (1,921,754 Thlr.), nämlich f
für rohe Producte,^aaientlieh für Wein, ^ für Fahricate^ nament-
hA Wollen* und Seiden* Waaren. — Mit den Hansestüdten
führte Frankreich wegen des starken Ahsataes an Wein einen
sehr vortheilhaften Ausfuhrhandel, es gab demselben 1820 für
15^010,615 Frcs< (4,298,203 Thlr.), und empfing von dorther nur
aurück für 9,594,206 Pres. (2,590/134 Thlr.). Mit den übrigen
Dei^tschen Staaten war der gegenseitige Umsata in Aus- und
Einfuhr von gleichem Betrage; es ging nach Frankreich von
dorther ab für 36,443,475 Pres. (9,839,723 Thlr.), und aw»r an
rohen Producten lur (!onsumtion j^ des Betrags für 9,107,000
Pres., beinahe } für rohe Stoffe aor Industrie, namentlich Wolle
(16,232,692 Pres.) und über j. an Industrie-Erseugnissen und baar
Geld 11,100,000 Fr. 2,997,000 Tb.; Frankreich gab dagegen aurück
für 36,386,748 Pres. (9,824,412 Thlr.), und awarf des gesammten
Betrags an Industrie-Eraeugnissen für 30,430,072 Pres. (8,216,115
Thlr.) lind |. an rohen Producten und baar Geld für 5,938,676
Pres. (1,603,437 Thlr.). Der Handelsverkehr mit derSchweia be-
trug 40,000,000 Pres. (10,800,000 Thlr.), worunter aus Prankreich
aUein 1832 für 25,000,000 Pres. (6,750,000 Thlr.) an Pabricaten
dorthin ausgeführt wurden. Mit Schweden und Norwegen
wird der Handel vortheilhaft mit verhültnissmüssig sehr starkem
Ueberschusse der Einfuhr Über die Ausfuhr au Gunsten Frank-
reichs geführt; Jene betn^ 1830 3,063,000 Pres. <827,000 Thlr.),
*) Macculloch, Hapdbucb f; Kaafleate, D. B. vol. I. S. 895-
V
140 . Frankreiclk
\
diese 636,000 Frei. (171,000 Thlr.). — Der Handel mit D& ne-
in ark ist lehr unbedeatend und daher auch ron sehr schwan-
kender Beichaffenheit in Bezug auf das Verhältniss der Ausfuhr zur
Einfuhr ; dasselbe gilt auch von dem gegenwärtigen Zustande des
Handels mit Portugal. Mit Spaniehister sehr lebhaft und vor-
theilhaft fi&r die Franzosen in rohen Produeten, Wolle, Seide, Maul-
thieren, Metallwaaren, Luxusartikeln betrieben, wovon die drei
letzten Gegenstiinde von Frankreich ausgehen, im gesammten
Umsätze von 100,000,000 Pres. (27,000,000 Thlr.), wovon ^j. auf
Spanien 46,000,000 Frcs. (1832 fQr 23,000,000 Frcs :^ 6,210,000
Fabricate), ^^ des Betrags auf Frankreich mit 54,000,000 Fr. =:
14,580,000 Th. durchschnittlich kommen. Die Sardinischen
Staaten geben vielfach rohe Stofife zur Französischen Industrie,
Oel, Früchte, und empfangen dagegen Seide-, Wolle- und Baum-
woUe-Fabricate (1832 allein an Fabricaten fOr 24^000,000 Frcs.
= 6,480,000 Thlr.), sowie Getreide. Der C^sammtbetrag des
Habdelsverkehrs mit diesem Staate betrug 1828 125,593,682 Frcs.
(33,910,278 Thlr.), wovon | auf Sardinien, ^ auf Frankreich ka-
men. Der Verkehr mit dem Kirchenstaate und dem Gross-
herzogthum Toscana wird fast in denselben Gegey tanden der
Hauptsache nach betrieben, und hat einen Umsatz von 45,000,000
bis 50,000,000 Fr., (13,500,000 Th.), der fast zur Hälfte unter beide
Länder, doch mehr noch zu Gunsten Italiens vertheiit ist Mit Nea-
pel und Sicilienist der Handelsverkehr noch bedeutender und be-
trägt zusammen gegen 60,000,000 Frcs. (16,200,000 Thlr.), und zwar
gleichfalls mehr zu Gunsten der Italienischen Staaten, da diese
gegen 33,000,000 Frcs. (8,910,000 Thlr.), geben, und nur 22 bis
27,000,000 Frcs. (7,290,000 Thlr.) entnehmen. Endlich der Han- .
del mit der Europäischen Tfirkei ist sehr gesunken und
beträgt gegenwärtig nicht mehr als höchstens 25,000,000 Frcs.
(6,750,000 Thlr.), fast zu "gleichem Betrage in der Einfuhr und
Ausfuhr getheilt;; im Jahre ^1832 bezog die Türkei allein für
11,000,000 Frei. (2,970,000 Thlr.) Französische Industrie • Er-
zeugnisse. —
<•
/
Frankreii^h. 141
S. 11.
Die geistige Cultur in. ihren Unterrichts-
Anstalten.
Annuatre de T' imprtmerte et de la lihrairte I^an^aüe,
Parte 1821, und in den späteren Jahren öftert wiederhoff. —
Bibliographie de la France 1824, M. J. Jullien Revue
Eneyclopedique bii lum Jahre 1830 entiiält sehr viele lobens-
verthe Aufsätze über diesen Gegenstand. Daru noticee etatieti-
fueeeurla lihrmrie Frangaiee^ Parte 1827, 8t?o. — Rapport
fl« Rot par le Minietre eecretatre if etat en departement de
f inetruciion publique. Apr. 1834. Parte. 470. S. 4to. — Die
Keiten ron^ Niemejer und die Briefe von Raumer aus Paris
fiber das Jahr 1830.
Kein Volk hat mit dem Fransftsisehen die gemeinsehaft-
liehe EigentfaOmlichkeit , dass seine gesammte geistige Bildung
in der neueren Zeit von einem eins igen Orte ausgeht, also
die Bildung dieses Concentrationspunktes als der Maasstab filr
^ gesammte geistige Leben dieses Volkes lu betrachten ist
Während die geistige Bildung des Britten durch London,
Edmburg^ Glasgow, Oxford, Cambridge und Dublin bestimmt
^d, während das geistige Leben derDeotsehen in allen bedeu-
teoden Residenzen der Ffirsten, UniTersitäten und nicht minder
in den ersten Handelsstädten seine bestimmende Riehtungen
empfangt, oder in Italien ein Gleiches Ton Rom, Florens, Nea-
pel, Turin, Mailand .und Venedig aus geschieht; äussert dagegen
der Franiose nur eine rege Theilnahme, wie an allen fibrigen
B^benheiten seiner Hauptstadt, so auch an den neu hervorra^
genden geistigen Erscheinungen in - derselben, und sucht sie durch
das allgemeine Besprechen in den öifentliehen Zusammenkttnf-
14t Fr^nkreiclu
ten, soweit geiitige Prodocte dem gew5hiilicli gebildeten Menschen
überhaupt lugänglieh gemacht werden können, cum allgemeinen Ei-
gen thum .des Volks sa machen. Um so aufmerksamer muss man
auf ' den Entwickelungsgang der Franxösischen Literatur sein,
#eil eine missverstandene Idee, oder eine absichtlich' verdrehte
Darstellung eines wissenschafdichen Gegenstandes in ihren Fol-
gen den yerderblichsten Einfluss auf das Volk austtben kann.
Aber eben so eigenfhümlich ist die Sprache dieses Volkes; an
und fBr sich fast unter allen gebildeten Europäischen Sprachen
die &rmste an Wurselwdrtem, und die unfähigste neue m beider ,
wenn sie dieselben nicht geradezu aus anderen Sprachen ent-
lehnt,'' ist sie gerade deshalb durch die grosse langjährige geistige
Entivickelung. des Volks und den dadurch nothwendig bedingten
vielseitigen Grebrauch der Sprache die bestimmteste iik .der ^viu-
drucksweise. Dies hat sich aber bei derselben noch in einem
viel höheren Grade seit der Zeit bemerkbar gemacht, als Cardinal
Richelieu die Sprache unter eine Art von Staatsaufsicht stellte,
und 1633 durdi die Stiftung der Academie Fran^aise aus 40 Mitglie-
dern diese eigens dazu verpflichtete, über die Reinheit der
Sprache ^ zu wachen und den lichtigen Gebrauch der einzelnen
Wörter zu bestimmen. Das BOssliche dieses Üntemdimens ver-
schwand völlig, als es seit dem Zeitalter Ludi^igs XIV« zur
höchsten Ehre für jeden wissenschaftlich gebildeten Franzosen
gerechnet wurde, ohne auf den Unterschied in den höchsten S^ts-
Umtem zu sehen, endlich am Zielpunkte seiner Anerkennung im
Staate, ab eins de^vierzigMilgliederin diese Academie einzutreten.
Seit dieser Zeit nahm erst die Französische Regierung leb-
hafteren Andieii an selbstdiifctiger Einwirkung auf die geistige f
Entwiekelung des Volkes, wenn auch nicht immer aus den rein-
sten Gründen, wihrend -es bis dahin den Eymelnen und den
Gemeinden lediglich überlassen geblieben war, für den niederen nnd
höheren wissenschafdichen Unterr|oht ihrer Jugend zu sorgen,
wenn nicht die aua d«n Mittelalter nech erhaltenen Kirchen- und
Klostersohul^ und die in diesem Lande vyvugsweise entstande-
nen Special • Universititen und Collegien ausreichten. Selbst
Franz I., U pere de9 letiret genannt, weil er einigen Hofglanz
von den Wissenschaften entlehnte, unterstützte noch so wenig das
geistige Aufstreben seines Volks, daM er noch am 13. Januar 1535
die Buchdnckerei verbot, aus Besorgbiss, durch ihre Erhaltung
Fraiijc reich.. 143
jcu Paris noch melir Veranlaigimg su Religionsumriihen ca ge*
ben *}f und auch Heinrich IV« lenkte seine Regentensorgfialt
noch nicht bis auf dielMn Zweig der Staatsrerwaltung, wenn
gleich er schon mehr jfUr die schönen und bildenden Künste
that Aber unter Ludwig XlVi enslan^en auf königliche Kosten
mehrere wissenschaftliche Institute und Musteranstalten für die
Künste, bei denen der edle Lifor des wahrhaft patriotischen Mi-
nisters Colbert den beliebten Hofprunk eines gUnienden Hof-
staates sur Ehre geistiger CultUr xu benutxen^wusste: auf solche
Weise entstanden 1663 dir Jeademte des InicripiwnM et helleM
UttreSf 1666 die Jcademi& deM 9cience9 und die Jeademte des
beüujc art$. Diese königlichen Institute brachten bei dem ge«
selligen Geiste der Franiosen durch den «inmal gegebenen Im«
puls geistiger Anregung viele , gelehrte PriTatgeselischaften für
die einxelnen Wissenschaften in den UnirersitiltsstädteB und
Hauptstädten der Provinzen hervor. Die Uebenrumpelung Stras*
buigs 1680 gab auch die iweite vollständige Uuiversität mit
allen Pacultäten, nachdem erst das Jahr vorher 1679 **y Paiis
durch die gänsUche Aufhebung des Verbots, hier das Römische Recht
su lehren, als einsige Französische Universität alle vier Facul-
täten erlangt hatte. Die übrigen Hochschulen aber blieben Spe-
cialschulen entweder auf die Ausbildung der Juristen, oder auf
die der Mediciner, oder auf eine derselben, verbunden mit einem
Collegium und Seminärium für die Theologen, beschränkt Der
niedere Unterricht wurde aber ausserordentlich vernachlässigt,
und nur einige wenige Ljceen mirden von den drei lotsten Kö-
nigen vor der Revolution als Vorbereitungsanstaltan für den Be-
such der Universitäten gestifitet t
Iniwisehen war die Frantöaiscfae Sprache und Literatur lur
geistigen Alleinherrschaft in Europa gelangt uiid erhielt sich auf
dieser Stufe fast ein Jahrhundert lang bis in die aweite Hälfte
des achtsehnten Jahrhunderts hinein. Die Sprache war die ge-
wöhnliche auf dem grossen Gebiete der Diplomatie geworden^
und Paria und der Fnunösische Hof su Versailles gelangten da-
*) Nach Dnlaure hist civ., de Paris, voL IV.
**) Savigby» Geschichte des Römischen Rechts Bd. ^I. S 25ft.
144
Frankreich«
durch mittelbar su dem bedeutungsvollen R'^chte, die Bildungt-
«chule für die Mehrzahl der Staatsmllnner Europas bei sich xu
besitzen, die mindestens das eigen thüraliche Gepräge der Tran*
zösischen Cultur in dem Alter grosser Empfänglichkeit leicht
in sich aufnehmen konnten und schwerlich sich aller aufgedräng-
ten Grundsätse und Erfahrungen entschla'gen mochten , da sie
ihneft auf dem einschmtichelndsten Wege geselliger Unterhaltung
zugegangen waren.
Da trat die .Franxftsische ßeVolutioti ein, tind erschüttc^rte
die vorgefundene geistige Cultur fast bis zur völligeii Vernich-
tung« Als das Königthum nach haltloser Beschränkung gänzlich
gestürzt und die Heirsohaft anarchischer Willkühr unter dem
Rational - Convente aufgepflanzt war, da wurden auch die Aca-
demien lu Paris, die Universitäten, die Lvceen, endlich alle
Schulen als 'unnützer Tand des morschen Könio^thums aufgeho-
ben, und drei Jahre lang lebte Frankreich in bewustloser Roh-
beit hin. Die Verfassung des Directoriums und der beiden ge-
setzgebenden Rftthe war der erste Fortschritt zu einem neuen geordne-
ten Leben, er musste nothwendig gleichzeitig mit der neuen Organi^
sation des Unterrichts beginnen, wie dies auch am2S8tenOctbr. 1795
erfolgte. , Primärschulen wurden für den Volksunterricht einge*
nebtet, in den Departenientsstädten Centralschulen für die hö«
here Stufe der geistigen Entwickelung, ausserdem einzelne Spe-
cialschulen für die Ausbildung zu einem besonderen wissenschaft-
lichen Berufe in einigen Städten, und endlich das Nation alinsti tut
.cuParis, welches die vier früheren Academien von Paris in sich zusam-
menfassen und die ausgezeichnetsten Männer ihresFaches aus dem gan-
zen Staate zur weiteren Fortbildung der Wissenschaften und Künste
aufnehmen, sollte. Unter Napolec^s Herrschaft erhielt das ganze
Unterrichtswesen einen militairischen Anstrich, aber nur die
Ausbildung in den mathematischen, Naturwissenschaften und de^
ren Anwendung auf die Mechanik und den Krieg erhielten
eine besondere Unterstützung des Staats. Napoleons Lieblings*
Institute blieben die polytechnische Schule zu Paris, die schon
1796 unter der Directorialregierung begründet war, und die ms-
senschafdichen Sectionen des National -Instituts, die in der Geo-
metrie, Mechanik, allgemeinen Physik, Chemie, Mineralogie,
Astronomie, Geographie und Schiffahrt, Landwirthschaft, Ana-
tonue und Zoologie, Medicin und Chirurgie beschäftigt waren.
Frankreich. 14S
Far die beiden letiteren Wisienschafteii diat er Mwh viel, um
eineg ^dsserea allgemeinen Eifer unU Liebe, tich denflelben erni t
sn widmen, im Französicchen Staate au Terlureateo, weil er
sb Eroberer nnd Regent auch yon dem Standpunkte der Noth-
vendigkeit und Nütaiichkeit diese Wiaaenachaftea au betrachten
^ch gewöhnte.
Die Restauration erhielt diese Institute und ga|> ihnen nur,
wo es angünglich war, die alten Namen und Einrichtungen
•u der früheren ICdnigsseit wieder jnirüok. Doch das erste
weiendiche Bedürfniss des Staates, eine angemessene Fürso^e
über ausreich^de Einrichtungen für dan Volksunterricht wurde
eben so unter der königlichen Regierung hintangesetat, wie dies
«nter der louseriichen geschehen war, wobei doch die Entsohuldi«
gusg der so häufig durch die Kri^sereignisae reraolassten Unter- ^
tveehung oder mindestens vergrösserten Beeinträchtigung desselben
«OS jener Zeit fehlte. Der Einfluss der Geistlichkeit, die wiederum
Uer die Leitung dieses Zweigeades Unterrichts gewanm wirkte auch
aieht vortheilfaaft, und so war es denn erklärlich^ dass nachdem die
Anarchie der Revolution auch schon 2^ Jahre ▼orübergegangon
wir, doch noch gegen drei Viertheile dergesammtenFranaöai-
leben BeTölkerung weder lesen noch schreiben konnten. Beson«
<Ien traurig war aber die noch grössere Vernaehl&ssigang der
Jagend des weiblichen Geschlechts su bepierkeo, indem für diese
weder von dem Staate, noch von den einaelnen Gemeinen durch
eigeothüm liehe Anstalten gesorgt wurde: wo also der Unterricht der«
■elben nicht in den für beide Geschlechter bestuumten Volks*
•chulen stattfinden konnte, blieb er lediglich der Sorge der ein«
Seihen Familien selbst überlassen.
Daher fand man in dem dritten Regierttngijahre Lud«*
wigs XVllI. 20,850 Volksschulen mit 866,000 Schüler, drei
labre später 1820 25,900 Volksschulen mit 1,070,500 Schülam,
4eren innere LocoUtäten, wenn gleich sie nur durdischnittlioh
von 38 Zöglingen besucht wurden, aber auch nicht m^ehr Schttler
so fassen vermochten, also nur i&hig waren, den vierten Theil
4er schulfähigen Jugend Frankreichs aufsunehmem In dieseZeil fällt
die Aufnahme der Lancaster-Bellschen Unterrichtamethode im nörd'
liehen Frankreich, aber auch der nachtheilige Einfluss des Ahh«i
Frajssinous, der suerst als Grossmeister der Universität den ge«
8eliub<Tt*s StntisUk IL |q
146 Frankreich.'
sammten Uaterridit leitete, und 1824 fdi^mliek alt MinUter der
geiBtliclien and Unterricfats-Angelegenheiten an die S|»itse diee^
VerwoltnifgiiKWeigeg geitellt wu^de. Die Umtriebe iw Jesuiten
wachten unter diesem Miniiterivm im ausgedehnteeten Umfange
auf; und es gesefaah weder von Seiten der Regierung, poch Ton
Seiten der Gemeinen , die mit Widerwillen und Argwohn diese
Leitung der , intellectuellen Cultur lietrachteten, das Geringste,
dem Mangel im Volksunterrichte absuh^üen.
Ein neues und eifreulisfaes Leben kam in diesen wiehtigen
Theil der Staatsrerwaltuig durch das Mipisterittm Martigna^ im
November 182/, als Minister Vatismenil die Leitung des dflfeiitlichen
Unterriohts erhidt, und Feutrier, Bischof ron Beauvais, Minister
des CuUtts keine Hindemisse dem kräftigeren Gedmhen der neuen
Einrlehtnngen in den Weg legte. Es wurden bei einer allgemei-
nen Zählung im Jahre 1828 3,500,000 Kinder «wischen 6 und
r5 Jahren gefunden, von denen 1,682,900 ^aben und 1,817,1*00
Mädejito wareiu Nicht der dritte Theü derselben erhielt Unter-
tenrioht iH' deki vorhandenen Schulen* Dagegen wurden schon
swei Jahre später folgende vortheilhafte Veriindenuigen im ge-
sammten Untenriehtswesen Frankreichs bemerkt» die sich durch
Zahlen aussprechen lassen, wie der Bericht des Ministers des
fiffentlichen Unterrichts aus dem Januar I8S1 aUgiebt Es be-
fanden sieb in ^en Elementarschulen 1,244,570 Schiller
in den Pensibnsanstalten 20,528 -~
in besonderen Lehrinstituten 0,232 —
in den königlichen Gjmnasien 11,114 — - '
in den Communal-Gjmnasien 20,780 — i
Gesammtzahl der Schüler 1,315,239 ~
Am besten «tand es hiebei in den beiden Departements diBS Nie-
denheins und der oberen Marne, wo auf acht Einwohner ein
Schüler kam; am schlechtesten im Departement de Correse, wo
erst auf 152 Einwohner 1 Schüler, und in der Hauptatedt Paris
selbst, wo auf 48 Einwohner 1 Schüler ge^hlt wurde. Die Ge-
samntxahl der Kinder zwischen dem siebenten und funfiehnten
Jahre» also um ein Jahr weniger aU bei der Zählung von 1828,
ergab sich für dmi Januar 1831 auf 3,143,375 Köpfe, also |. dersel-
ben nahmmi im Vergleich mit der obigen Schülenahl erat Antheil an
denhöffentlichen Unterrichte. Guixot, Graf Montalivet und Girod de
Frankreick 147
V
r Ate, Me MittliCer des OateirrMits uitnr &ct g^genwlrtigeu R«git>
fvttg VnNÜtr^cha, fihlteii dai vetentlieli« BMMhist des Landef,
diMi dfTfMtllt'kiA UtttntMito enid grösttra AoftB6rtrn wfc rtl der Ro*
gki— g msviwendeii, deawlbMi vdlUgtuBsiigattilten and Um Ten de«
BaadtB dea gri^MtentiMilt nodi sehr iiDgebildeCeii Cienit m^gtiekst
m mdmwdm. Daher die Abaenduiig des mit DevtsehlmiiAi Citlte?
wtkm&r iaii% fcefieindeten Vietor Couaia naeli den Nerd-Deotselieii
Scaatoi md vomgvweUe nadi Premten *), um in diesen Lindem
ämnh grfodlicliere Bdcsnätstbaft nit den daselbst beirüirtea Cic*
ilrtif n|^n dM UuMfhditsweseiis die begrtbidelssten fiffaknmgeB
m Bantf auf eine neM Umgestalt«flgder Anstalten für die intelbe«
OttileCnitnriAFinnkreiekToriiereingesanMielttnliaben. Innwiselien
wmr 4m Canäinfta^AI der dehnten im Laufe des Jdves nnf 30,706
gestiegen, indem 24^160 Gemeinden in Frankrtriek mit Sehnlen
rernekcn «aren, ad 13,98» nock okne Httfe derselben waren,
▼es diesem Zeitpnnkto ab stieg in seknettem Sekrkte die Zdil
der Schulen. Im Jahre 1832 errichteten 2659 Commnnen und
18S3 IWS Cemmniien, die bis dahin noch gar keine Sekidl» be-
senen haften, nene Schalen, and^e «rerdeppelten nnd ferd^jBi»
fcektea die bestebsiide Zahl Daher gab es am Ende des JabffSs
1832 berehli 42,0M Schalen, also ^ Zniraehs von 11,296 nensn
MraiCB in erine(m Jahre, insgesanunt mit 1,935,624 Sekifem,
nnd 20,710 Gemeinden mit Sehnlen, so dass mithin nur noch
ii 11/436 eine Schale fehlte. Im Jahre 1833 waren wiederam
3^026 nene Schalen dasogekonunen, nnd die €lesammtaahl der*
selben anf 45,119 mit 2,386,090 Schalera gestiegen, ton denen
461,756 gans nnentgelditcb nnd 1,931314 anf Kosten dw El-
tern nnteiriektet worden. Es waren daker bereite 28^10 Ge-
*> Coasin» ItoptN>rt sar l'eut de l'insiraction pobliqae dsns
yelyier pnjs de PAllemagne et particalierement en Prasse, Ire
Partie, Psris 1832, 2re Part. ib. 832» und ins Deutsche übersefst
Ton L C. Kroger !2 Abthdiuilgen, Altüna 1832 ood 1833, gewahrt
nicht aar einen rnhmlichen Beweis der Anerkeanang Dealscher
wissenschaftlicher Bildung im Aoskuide, sondern gehört ancfa durch
die manaichfachea Vergteichungspankte mit den Anstalten Frank-
reidis so den wesentlichen llölftmittelh fnr die Kemitite der ge-
genwärtigen UnierrIchlsaiiSialten Frankreicks.
16 ♦
148 Frankreich,
imeinden mit Sofanleii reneben, und nnr 9528 eotbelirteti aoch
iHeselbeiL I Unter den vorhandenen 45,119 Schulen waren aber
44,472 ansicSkiifitfliob alt Elementarachulen dem niederen V^oiki-
Unterrichte gewidmet, und zählten 1,907,02! Schöler, darunter
1,175.248 Knaben und 731,773 Mädehen, also doch erst gegen
drei Fftnfiel der schulfähigen Jugend, und wtttn beinahe. awei
Drittheile der schulfübigen Knaben in dieser Zahl mit oinhe-
griifen:iein mögen, ao ist doch sicher, dasf noch lang^ nicht
die Hälfte der schnlfähigen Müdchen in den Torhandenen An*
stalten untergebracht iat Die Gesammtaosgdbe fßr den Unter-
richt in den Elementarschulen betrug im Jahre- 1833:= 10,162,706
Ftea. (2,743,929 Thlr.) woau 7,093,794 Fr. (2,077,315 Thlr.) yon
19,037 Gemeinden aufgebracht wurden. Es weigerte sieh alsot
• beinahe, die Hälfte der in Frankreich jetit überhaupt vorhande-
nen 37,146 Xommunen, für den Volksuntenrioht Beiträge unter
sieb ausschreiben su lassen. —
*
Die Gymnasien und Ljeeen sind seit 1814. in edUgei royuuJt
umgeschaffen, und ihre Zahl ist auf 100 bestimmt, von denen
aber 1822 erst 36 eingerichtet waren, und di» auch jetzt noch
nicht vollständig errichtet sind. Die Zahl ihrer Schüler hatte
sich aber in dem' Verlaufe eines Jahres um 3946 vermehrt, in-
dem sie von 11,114 im Jahre J831 auf 15,060 im Jahre 1832 gen
stiegen war, darunter 5285 zu Paris. Neben diesen bestehen
l'rivat-Colleges mit Erlaubniss der vorgesetsten Behörde (Acade-
mie) und der Verpflichtung einer jährtichen Steuer an die Universität
SU Paris, die zugleich als die höchste Aufsicht fahrende Behörde für
den Gymnasial-Unterrieht güt^ indem derBünister des öffentlichen
Unterrichts gegenwärtig zugleich grand maitre de rUmveraäe
ist und einen eonseil de FUmveriitd aus dreissig Mitgliedern
zur Seite hat % Dieser Universitätsrath in Paris besteht zur
Hälfte aus Mitgliedern, die auf Lebenszeit gewählt werden, und
dann wenigstens vorher 10 Jahre lang schon in diesem Colle-
gium als Rath der ziieiten Abtheiiung gearbeitet haben müssen,
oder fünf Jahre lang Inspectpren der Universität oder Rectoren
1
*) Yergl. Krogers Bemeilung zu der Ueberselzung von Cousin's
Bericht, Abthlg. II. S. a ' ^
' Frankreich. 149
•
einer Aeademie gewesen find; xur Hftifito am Mi^iedem, die
J&kiiich durch die Inspeetoren der Univ^itÜt, Decanriind Pro-
feMoreo der Faenltftten gew&hlt werden. Die Academien 'iq
Frankreich, deren es gegenwirtig 25 giebt, sind den filteren
Deutschen academi^ehen Gjmnasien^ oder den gegenwärtigen Bai
erischen und Ungarischen Ljceen.in dem Umfang ihrer Lehrge-
genstlnde so TcrgTeichen, haben eine bis awel Facultliten, die
drei gelehrte Grade des Baccalaureus fbachelier), des Lkentiaten
(licencie) vnd des Doctors (Docteur) erthei^en kftnnen, and ver-
walten einen ihnen angewiesenen Lelirbeairk, in welchem sie auf fthn-
Kdie Weise wie in Russland (Eil. I. S. 258), durch den Rector und 2
bis 3 Inspeetoren der Academie die Aufsicht Ober den Unterricht
führen lassen. Ausserdem hat Jede dieser Academien, wie die
Unirersitat an Paris, einen besonderen academischen Rath (roM-
tef7 d€ taeattgmie), der ans dem ' Rector, den Inspeetoren und
einer Anzahl von Professoren oder «ngeseheneti Personen des
Besirics susammengesetzt ist. Der Oeschüfitsbezirk' dieser 25
Academien geht aus einer Uebersicht der denselben im Jahre
1830 xugetheiken Gemeinden und Schulela herVei': 1) Paris mit
3407 Comntanen und 3471 Schulen. 2) Aniiens mit ^43 16 und
2357 Schulen. 3) Dijon mit 1899 C. und 1510 Schuleti. 4) Be-
'sanken mit 1788 C. und 1384 Schulen.; 5)Nanc/ mit fSBOC.
vndJ842 Schulen. 6) Strassburg mit 1032 C. und ISOI Schu-
len. 7) Metz mit 1093 C. und 1296 Schulen. 8) Lyon mit
1009 C. und 798 Schulen. 9) Grenoble mit 9114 C. und 615
Schulen. 10) Montpellier mit 1573 C. und 1274 Schulen,
lll Toulouse mit 1491 C. und 922 Schulen. 12) Pau mit
1488 €. und T512 Schulen. 13) Aix mit 944 C. und 9T6 Schulen.
14) Bordeaux mit 1617 C. und 1136 Schalen. 15) Limogen
Mit 783 C. und 266 Seh. 16) Bourges mit 872 C. und 235
Schulen. 17) Cahors mit 1184 C. und 845 Schulen. 18) Angers
mit 1060 C. und 610 Schulen. 19) Clermont mit-l3r8 C. und
010 Schulen. 20) Orleans mit 559 C. und 510 Schulen. 2t)
Poitiers mit 1491 C. und 1100 Schulen. 22) Rennes mit
1485 C. und 832 Schulen. 23) Caen mit 2089 C. und 1014
Schulen« 24) Roueli ipit 1583 C. und 1524 Schulen. 25) Douai
nit 1569 C. und' 1985 Schulen. —
Ueber diese Academien stehen als letzte Stufe wissen-
achafUicher BemfsbiMung die beiden vollständigen t[n iversi täten '
zu Paris nnd Scrassburg mit allen vier FacultUten und die 12
ISO Frankreicli,
Specialvaifinfait^ iftimnlllBli in ^tUlBü, wo -btnitt kmimüm
betieben» aoh t fi? die R«ehtiiriM««t«lHilt, ¥«iiKUi4Mi *aiit 4er «i^je*
meinen wietenscliaitliehen FaculH^t si Tonlonse, Dijon, iiix«
Bordeaux, Grenobi^i Poitierf, Rennet und Caen, sirei
darunter sugleicb fttr die Theologie mit der ReekttwieaenfleiMft Ter*
linnden su Ai.x und Toulouse, an welebem lelsliren Orte gegen-
wUrtig aueb eine FaciiMt |ttr den Reformirten Cullua erhaltm
ist, swei Speeialichulen CQr die Tb^logie allelB jto Ljon und
Ronen« eine Ar die Anueikunde und allgemeine lieeratur in
Montpellier und endlich eine auaechlietelieh Ar die allgu*
»einen WintnnAt^ftm^ und Literatur su Beta n ^o n. Die Geeammt*
saht der Sfudirenden dea Reehta wurde in dem Minieterialhe«
riehte im Januar 1831 auf nS9, und die der Studirendeu der
Medicin auf J783 angcigeben, also reip, J Jurist auf g,372 und
I Medicin^ auf 18,201 Seelen der damaligen Berttllnrung. Das
VerweltungsverhlUtniss dea eonMtil i€ ftmiifirwiie tou Paris s«
illen diesoB Unterr)elitsanstalten und au dem Minister des dffinit-
liehen Unterriehts selbst bestdit darin, dass Jener dem letBtesen Ar
slbmmäiehe Gegenst&nde dieses Geseh&ftaiweiges als berathende
Behörde dient, in Diseiplinar-AngelegeDheiten aber ab Geriehts^
bof urtbeilt, jedoch mit dem Recurs an den Staatsradi, und
•ftmmtiiehe Präfessoren aa den Aeadesgden frwM»lt, denen 4m
Minist« bei der Bestidgung sogleieh die ii|strueli«u
Als besondere Bcruis^BUdungsanatalten g^en die Verhiltuisae
dea Heeres uud der Marino seit der Revolution ihre besondere ftkli-
rung» obgleich schon seit Ludwigs XIV. Seiten dafür vonngsweise
Eweckmissig gesorgt worden ist, wie dies die groaiie Ibi^^ehule
SU Paris und die au Brienae beweisen. Wir fipdep jetat neben ^
Jener, alpeiner luderen Academis Ar die AuabildiuigderOAeieie^ die
ron Ludwig XVllL beibehaltene und 1816 neu orgauisirto poly-
technische Schule au Paris, Ar 300 ZögKnge, dj^ su Offieieran
in 'der Artillerie« im Gcniewescn und Ar d^ Brücken* und
Strassenbau ausgebildet werden. Ausserdem bestdien eine Na-
rineBchttle xu Angoul^me, angeordnet 1810 und v^Iig eingerich-
tet 1818» drei Milit&rsehulcn xur Bildung dw Iniuntene- und
Cavallerie-OAeiere lu St. Cjr, la Fliehe und Saumur^ neun
Artilkriesehulen xu la Fdre, Besan^n, Mets, Strasshorg, Gre-
noble, Toulonae, Auxonne, RennesundDouaj; droiaehjn grosae
S^biffakrtsschulen in deo Bafenpllitsen Toulon, Marseille, Cette,
Frankraich» i51
BajoDoe, BotdaMB^' Roohafoft, Nantair rOiieat, Bset^ St Malo,
Cmh, Havra and Dünkirchan n^hit .d« SchiffnbauAehuIc za
Brait; aiistardain 4i^**g Scbiffahrtuchulea vom sweiten Raage
sa Aiitibast Agda, St Tropei, Arlcf, Mardgues, Narboaaa. CoV-
liaarCf Salilat d'Olonna» liibounie» La Rochalle, La CiotaC» St
Jaan da Lae» Vaanaa» Paiaiboeuf, Le Croido^ Audieroa^ Traguier,
St Pol 4a LeoOy Quillaboaaf, öt Briaux» Morlabc» Granville,
Honflatir, Charbaiugy Roii«n, Diappa» Faeamp, 8u Valery lur
Sommay Baulagna und Calais. Diaseiv AwttalUn müsien noch
baigaraahnat vaidaa 4ia T^ioracieneischnlea au Ljon und Alfort,
apalcha getthiokta TbicrwimdArit« dem He^a iiafero follaa«
Daah aind aacb goga&wiUrCig kaiuaswagaf aadara wicblige Zwaige
das Barufii im Wiisorlicben Leben ubna dia nothweodiga Unter-
ftiltaung dar Regianing durch UnterfiehtsanataUen geiaiaen.
Denn fär dae Bargbauwasen aind drei praktisabe Bergbauschnleu
an Geialaatarn, Paa^ and St Etienne errichtet Zur Balebui^ der
teabpiieban Cultur duroh awackmassige aoagabildete Gewerbige-
polten eind die beiden königUcben Scfauleil für Kilnite und
Handwerke au Cb41ona aar Mama und Angera auf 450 Zöglinge
aingariohtett die königliohe Brücken- und Wegebaua'diule au
Paria aaf QO Zöglinge. Für diQ bildenden Künste beatefat eioe
Specialaebula au Paria und mehre freie Zeichenaehuien in allen
gröaaeren Städten Frankreieha; für die Musik das königliche
Conaervatorium für Moaik und Declamatton auf 400 Zöglinge
an Paria, ^ur Bildung ron Elamantarlelurarn aind Jlmaondere
Nomalaehulan untar der Specialaufsicht dar Academieat gestiftet
daran es bar^ta 31 an Anfang dea Jahraa Jft32 gab« in .mehra*
ren Lebrbeairi^mi einer Academie bereite 2 bis 3, nur in den 7
liohrbeairken dar Academien von Montpellier, Nismea, Bordeaux,
L/OB, Poifeien» Rennea und Poitiera waren noch gar kataa ein'
gerichtet Dia aigenthümlichen Lehranstalten für Blinda und
'JTaobatumma *) aind gerade von Frankreich auagegangan» indem
we^
*) Vergl. Dr.NaumaiiD, (Diractor der Taubsloaimeiian^aUsa Kö-
nigsberg), die TaabstummenanstaU zu Paris, nebst GeadiicbCe und
Literatur dMTanbstanaicnuiilerricbCs, Königsb. 1827 8vo. Heintcke's
glricbiseitigeyeidieaate um den TaobsCumnannnterricbt la Deutacblaad
und seitia aista auf Koaten dea KurlursteB von Sacbaen zu Laipaig
151
Frankreich.
•le lo den menteheairemidlMieo mää elinrürdigeB Bmtj (1794
4m ente BUndeniiiititat sa Perit) und dem Abbe' fEpee (leit
1773 Pkr die TaubtHunmen wirkend/ weiiB »«eh erst miter sei-
nem Nechfolger Sicard auf öffeottiebe Ketten eine Tanbetum-
menanitalt zn Paria angelegt wnrde) diejenigen Minner fanden,
welche die allgemeine Aafmerkiamkeit auf diesen ae wielitigen
Gegengenatand der Menachenpflege ftr immer fesselten. Daa
Blindeninstitnt s« Paris ist)f&r 420 Zöglinge und die Tanb-
stnmmenansitalt f&r 120 Zöglinge mit besonderen Sekolen fOr
Grarirkvnst und Mosaik eingeriebtet Aber Frankreich säklt
eher 33,000 Blinde, und im Jahre 1833 20,189 Taubstumme,
abo auf 1585 Bleien der damaligen Berölkerung ein Taubstum-
mer und anf 1000 S. ein Blinder: es bleibt hier also noch viel su thun,
wenn Jeder dieser Ungl&cklichen in diesen Anstalten soviel Unter*
rieht erlangen soll, ^ass er für sich aelbst als selbstthätiges Mi^ied
der bilfgerUchen Gesellschaft wirken und seinen Unterhalt su er-
werben vermöchte ! Dafür w&re Überdies sa wünschen, dass eini*
ger Prunk mit eitlem Wissen und Cbarlatanerie in jenen Muster-
anstalten su Paris wegfallen möge, um den nütslidien und
awdckmUssigen Beschüftigungen mehr Plats einzuräumen, und da«
durch audi sugleich eine grösicre Ansaht von Zöglingen su unterrieh*
ten, indem der Einzelne verhäHnissm&ssig einen küneren Zehraum
daaeibat verbleiben dürfte. —
Unter den BelMerungsanstalten der gerstig^i Cnitnr von
Selten des Staates nehmen nach ihrem allgemeinen Charakter
die Bibliotheken stets die erste Stelle ein. Bei dem Ver-
gleiche der^ Kräfte und der Bevölkemng dieses Staates mit
Deutschland ist ihre Zahl in Frankreich sowohl geringer, als auch
der relative Reichthum der eittselnen, wenn wir Paris ausnehmen, hei
weitem sehwicher. Von den königlichen Bibliotheken stehen
10 unter dem Mioistcrittm des öffentüchen Ui^terrichts, 22 unter
dem Hinistmum des Inneren, 12 unter dem Ministerium des
Kriegs» 0 unter ^em Ministerium der Marine, 11 iinter dem Mi-
nisterium der auswärtigen Angelegenheiten, 5 'unter dem Mini-
sterium der Jttstis und 2 unter dem Ministerium der Finanzen.
1778 errichtete Anstalt bleiben deshalb nidit minder in ehrenwerthem
Andenken.
Frankreich. l53
Den ernten 'Rang niiniat die grosse ^kdnigliehe Bibliothek sa
Paris ein, die zu Anfang der Fransöslsehen Rerolation (1791)
nur ans 150,000 B&nden bestand, aber selbst w&hrend der Gr&uel des
TerrorismuB Terschont blieb, durch die grossen Siege des Fran-
sösiseben Heeres inisserordentlieh erweitert wurde, auch unter
Ludwiff XVI. einen j&hrlichen Zuwachs von OOOO Bände Fran-
sösischer und 3000 ausländischer Werke erhielt, und 1822 bereits
auf 450,000 Bände und 70,000 Handschriften gewachsen war.
Gegenwärtig besteht sie schon ans 700,000 Bänden, und die mit
ihr Tcreinigte Kupferstichsammlung, welche 1783 erst 2700
Kupferstichmapped zählte, besass 1822 deren schon 5700 mit
1,300,000 Kupferstichen. Nächst dem sind die grössten Biblio-
theken in Frankreich: die vdrmals ausschliesslich cur VerfQgung
des Monsieur de France oder des Dauphin «tehende, Jetst nach
ihrem Standpunkte im Arsenale, die Bibliothdk des Arsenals be*
nannte mit 150,000 Bänden nnd 5000 Handschriften, die Bibl.
in St GenevieVe mit 110,000 Bänden und ?000' Handschriften»
die Bibl. Mazarine mit 92,000 Bänden und 3437 Handschriften,
die des Instituts mit 50,000 Bänden, die des Staatsraths, der De-
putirten-Kammer, jede mit 30,000 Bänden, dc^. Pairskammer, der
mediciniscfaen Facultut mit 25,000 Bänden^ der Inraliden mit
20,000 Bänden u. s. w., sämmtlick zu Parier. Fefiier die könig-
liche Bibliothek zu Lyon mit 120,000 Bänden, zu Bordeaux mit
105,000 Banden, zu Aix mit 82,000, zu Ronen mit 70,000 Bänden,
zu Marseiile mit 95,000 Bänilen, zu Besan9on mit 03,000 Bänden,
zu Strassburg mit 60,000 Bänden, zu Metz mit tiO.OOO Bänden,
zu Nancj mit 50,000 Bänden. Ueberhaupt zählt mai^ in Frank-
reich 278 Öffentliche Bibliotheken *), von denen ^ zu Paris
1832 eine Gesammtzahl von 1,450,(100 Bänden gewährten, 40
grössere in den Departements-Hauptstädten oder Sitzen der Aca-.
demien mit 2,950,000 Bänden, endlich in den 189 kleineren «in
den Departementsstädten gegen 2,000,000 Bände, also in Summa
6,400,000 Bände darreichten. Privatbibliotheken werden viel seltener
*) Ueber die Zahl der Bände nnd sämmtitche Handschriften
der wichtigeren Französischen Bibliotheken, vergl. das ausgezeich-
nete Werk mühsamen Deutschen Fleisses, G. Hänel catalogl libro-
mm manuscriptomm, qni in bibliothecis Galliae, Helveliae» Belgii,
Britanniae m., Hispaniae asservantnr, Lips. 1830. 4to.
154 Frankreich.
all ia England nnd in DeatacUand geftnidan* Ausierdem dfirfen aU
ausgeaeiclinet auf dU hdhera intellectaeUo Cultur eiowirkende
Staatianstalten hier nicht übergangen werden sdaa naturfaistoiisch«
Mttseaui SU Pariy mit dem ausgeseiehneten botaniaehen nnd
oeeonomiichen Garten^ dem berühmten Caliinet für die verglei-
chende Anatomie, den grossen aoologisehen und mineralogi-
aohen Samminngen , einer naturhistorischen Bibiiotbek und einer
Menagerie liebender l*hiere; die Sternwarte su Paris , Terbundeh
mit dem bureau des longitudes, d^s jeti(t jährlich ein auch für
die Statistik wichtige^ annuaire herausgiebt; das Kunstmuseum im
LoiiTrc, nebst de;» Speeiaimuseum der Fransösiscfken Schule in
Versailles 9 die arehäologiscfaen und antiquarischen Sammlungen
im Ijooyfe und auf der königlichen Bibliothek su Paris, sowie
in den grtfss^ren St&dten des südlichen Frankreichs von Ljon
ab, die namentlich «eit den leisten funfsehn Jahren durch die reich-
aten Au^^bungen, die Ueberreste grosser S^&tse der in den ersten
Jahrhunderten nach Chriijiti Geburt so ausserordentlich blühenden
Landschaften Süd -Galliens ans Tageslicht gebracht haben, be-
aondera su Lyon, Vienne, Valence, Nismes nnd Marseille, Das
Bergwerksmuseum mit Modellen Ton Oefen und Maschinen SHm
Bergbau, San^mluog ron Vers^t^erungen , die Sammlungen des
poljtechnischcf» Instituts jeu Paris ^ das Conserv4itorium derKjinate
und .Gewirke su Paris, mit rieifachen Satnmlungen von Modellen,
Werkseugen, Bfaschinen, Zeichnungen und den dahin gehörigen
Büchern und Kupferwerken, mit dem sugleich eine Specialschule für
die seichnend% Kunst und für eine höhare Kunstfertigkeit in einigen
auf Mechanik begründeten Ge^rerben, wie s. B. der Baulbwoll>
Spinnerei» Terbunden ist u. a. w.
S. 13.
Die geistige Cultur in ihren statistisch bemer-
kenswerthen Ergebnissen für den
gesammteQ Staat
Die bildenden Künste und die schönen Wissenschaften, die
fast überall in eiHcni vertrauten Wechselv«;rhültnisse stehen, in-
/
4em J«iM «aCwnier leorittigduHi «li BUdAir 4te folnaren Ga«
•ckBUwka, oder aveh deaietslqr^ /oly^o» Jin^oa der durcb diese
gebildete Geeeboack neh aJ[UeU% il««|>reitet» faoden für ihre
Vcrpflansniig nach Fraokreieb nur eifrige Beachfivvier in den
Lnndesf&reten und deren nfteluten Ünigebimgiotf. 6^ Frans \,
wirkten die Könige Frankreicha wcnigsteof Ar dieae Riebtnng
der geiatigen Cu^tur, Ei^ aeg die Herübaiteeten Malor und Bild*
hauer aus italieQ naek leinem Staate: Leonarda .da Vind, deaaen
berrlicbes Portrait der Mopa Lisa Frana L ipit einean für dia
iUnwiigen Zeiten unevfad,r^ fr^iee ron 40^ Goldgulden ei^
kaufte, Andren del Sairto, Benrepiio Cellioi TerhenUcbten die
Fraaxl^iaehen PaUiate und Kireken mit ihren Kunstwerken vnd
erregten snerst eine erfreoliake Theünakme an dieaen Kilnaten
in dem Lande* Daher blieb in Frankreich der Italienisdie Knnst-
geaehnMick bis auf das ZeitaKnr Lndwige 3(|V. TPcherrsehend,
in wekhem äderst die Fransdsisehe Nation |n Jeder >beBonderen
Richtung der geistigen Cultor öne eigentlittmiicbe Grdsae ge*
wann» Es gingen aua dem Volke selbst ansgeseichnete Kftnat-
ler herror, wenn gleich auf dem Gebiete der Ualerei und Biid*
kanerknnst jeder grosse Mann diei|er Zeit ae^ne Bildung in Rom
empfing. Iniless der Fransdsisehe Hof in seinem damaligen Cha^
raeter yerfehlte auch nicht Ton seiner Schattenseite her seine
Baehtheiiige Wirkuag auf die sehdnen Künste an äussern: Per-
traitiualerei galt damals für die Fransoaiv b^grcifllieber Weiae
als der ansiehendste Theii der llalerei, lynd die aufgelösten
Sitten des Franadsischen Hoflebena erniedrigten mit woUfisdgen
Sujets, als aufgedrftngten Gegena^den iist historischen Male-
rei» den reinen ipnd edlen Gesebmaclp. Dia Glasmalerei blieb
noch aus den legten Jahrl^und^rten dc^ Mittelalter! her beliebt,
und in dieser übertrafen djle^ Franaosen sogar die Italiener
an Kunstfertigkeit Schon Heinrich IV. hatte bei den an
aeinem Hofe sahireich rersammelten Künstlern auf eine eigen-
thümliche und selbststündige Richtung des Fransösischen Kunst-
gescbmacks hinzuarbeiten sich bemüht, um auch von dieser
Seite her sein Volk su heben, aber sein si| früher Tod
hatte diesen Einfluss im ersten Keime erstickt. Richelieus
Politik verlangt^ d^n Üussersten Qlana in Eluropa für seinen Hof und
dadurch mittelbar für das Franaösische Volk: in dieaer Ab-
sicht unt^stütate er freigiebig die Künste, und kk seinem Zeit-
Mter blühte die selbststttndige Franaösische Schule auf durchs
I
16C Frankreich.
Simon Vouet*) (Puif 1582 f IMl) nai den grössten histo*
risehen Maler dieser Sehnte Nicola« PouBiin (Andeljs 1594 -f*
Rom 1605): aber anch Rubens langer Aufenthalt in Paris und
seine Ausschmückung des Palais Luxemburg verschi^effem gemisch-
ten Kunstgesc^macke dieses Meisters in Frankreich vielfache Aner-
kennung und Nachahmung.
In dem Zeitalter Lndwigs XIV. erhob aber der grösste
Landseh afrs Analer seiner Zeit die Aufmerksamkeit des gesamra-
ttn kunstliebenden Europas auf die Fortschritte Frankreichs:
dies war Claude de Gelee Lorrain (1600 f 1682). In ei-
nem nicht viel geringeren Grade zog der treffliche Geschichtsmaler
Eustache Le Sueur an (1617 f 1655), der in ^seiner edlen
Einfalt fast Erinnerungen an Raphael erweckte: ihm sunächst
stand Sebastian Bourdon (1616 f 1671), der sich der nie-
driger gestempelten Natur der NiederlUnder näherte. Charles
Le Brun (1619 f 1690) ist bereits auf entschiedenem Abwege,
indem er durch sjmbolische Schmeichelei in einem viel höher
gesteigerten Grade als Rubens den Character der histt»rischen
Malerei verleugnete, und die Leerheit des inneren Gehaltes , durch
den Qberaus grossen Umfang der Gemälde und die Massen der
Figuijcn zu verschleiern suchte. Dock mit Colberts Tode wird
poch N^ntschiedener ein Sinken des guten Geschmacks in Frank-
reich bemerkt, da der gewöhnliche Eigensinn des Louvois auch/
auf dem Gebiete der Künste herrschsüchtig handeln, oder alles
in gleichgültiger Vernachlässigung untergehen lassen wollte.
Dies nimmt in keinem günstigen Verhältnisse unter der Regent-
schaft des Herzogs von Orleans zu, so dass es bei dem aber-
mals verwilderten Zustande des Französischen Hofes unter Lud-
wig XV. kaum stärker zu sinken vermochte. Die Französische
Schule löste sick eigentlich auf, und nur einzelne Männer stehen
da in\ einigen Zweigen dieser Kunst, als wenn sie der Nation
*) Youet, zum ersten Hofmaler Ludwigs XIII. emantit, verlor
in Frankreich sehr durch seine grosse Eilfertigkeit, und ging spä^
ter von den idealischen Darstellungen der historischen Malerei mehr
zur nackten Natur - VFahrheit über: die Ehre des Begründers der
FranzödidMB ^bufte darf ihm aber bHliger Weise nicht entzogen
werden.
Frankrticlu 157
gar nidit xiigehÖiteB, oder Antllnder »elilai^eii ihren Site in
Parii^ aof y um den Anforderungen des Tages ihren Geschmack
als Opfer xn bringen , oder durch geschickte Nachbildungen an*
erkmnoter Meistervrerke ihren Erirerb zu suchen. So steht
Claude Joseph Vernet (AVignon 1714 f Paris 1789) Torsöglich
in der Landschaft und ausirezeichnet durch seine Seestücke , die
ihren Ruf nicht nur für die Nachwelt sicher begründet, sondern
als Musterbilder au vielfacher Nachahmung in und ausserhalb
Franlcreichs Veranlassung gegeben haben. Sein Künstlername
ist ehrenirerth durcli seinen Sohn und Elnkel, beide Horace
Vernet, in Schlachtmalereien und Naturttndien gesichert
I
Die grossen politischen Folgen der Revolution regten Män-
ner zur Darstellung mancher Scenen dieser Tage an, aumal da
der grdaate unter den damals lebenden Malern Jacques Louis
David (Paris 1750 f Brüssel 1825) «dem wildesten Republika^
nismu» liuldigte und sogar su den eifrigsten Vorfechtern des
Terroriamus gehörte, Fran^ois Oerard (geb. s. Rom 1770) aber spä-
ter, der ausgezeichnetete Schüler Darids, seinem Meister in der
Auffassnngsweise folgte. Die Vorbilder wurden mehr in den
Musterbeispielen der republicanischen Völker des Alterthums, als
ans den Perioden der christlichen Kunst gesucht» und daher
föhrte theila historisch gefundene , theils mühsam aufgespürte
Aehnlichkeit su einer übermlssigen Naohahmnng der übrig ge-
bliebenen Kunstwerke jener Zeit, und konnte den Tadel begrün-
den, dass in den Französischen KunstechÖpfungen der Re-
volutionsperiode mehr die Aufgaben der Bildhauerkunst erfüllt;
als lebendige und ansiehende Auffassung dte der Malerei gegebenen
Gegenstandes erkannt werden könnten. Die grösste bis jetst über-
haupt bekannte Anh&ufung*) der herrlii4^stenKunstechlitse aus allen
*) Die Untersuchung, ob eine solche Anhäufung ond Sammluag
des Ausgeselcbnetsten an einem Orte überhaupt den Kunststndien
lorderlich sei| dürfte wohl immer nur nach den individuellen Anlagen
der Künstler zweideutig entschieden werden können. Sicherlich bleibt
die Thatsache selbst aber Immer ein Werk des schreienden Unrechts^
wem aich die Vortkeile-ditvon die Nachtheile überwiegen sollten: und
überdies düifte wohl Paris schwerlich der geeignete Ort sein, wo
1S8
FriftUkreiclL
L%n<tem tind Zeiten , 5lie man in Paris Napoleonü Siegen Ter-
dankte, verbreitettf ^iffenbar aus vielfacben Gründen eine fegeru
iTheilnahme und einen empfänglicheren Sinn für die schönsten
Genüsse der Kunst in dem französischen Volke. Es reizte aus-
serdem SU zahllosen Copien, indem man Ausländer aus allen
Gegenden Europas zu demselben Zwecke in Paris zasammen*
strömen sah. und in den Jahren 1805—15 sicher bei der libera*
len Oeffentlichkeit zur Benutzung dieser Kunstwerke immer
^ zwischen 300 bis 1000 Kopisten und Studienzeichner in dieser
Stadt arbeitend fand. Das allgemeine Urtheil , wurde geschärft,
aber auch ein eclectisclier Künstgeschmack dadurch eingeleitet,
der bis jetzt in dem Französischen Volke sich herrschend er-
halten und auch in den ausgezeichneteren Meisterü der neusten
SSeitGros, Guerini Ingres und Gran et sich ausgesprochen hat.
Das Interesse des Volks und die Zahl der Theilnehmer in Künst-
lern und Kunstfreunden iSt aber niemals so gross in Frankreich
gewesen, als gerade in der Gegenwart ^
Die Bildhauerkunst und Baukunst haben gleiches Schicksal
in der Unterstützung durch Fürst und Volk, wie die Male-
rei gehabt, aber doch noch zu weniger selbststäudigen Re-
sultaten gefuhrt als jene. —
TTnter Firaüz I. arbeiteten nur Italienische Meister in bedeu-
tenden Werken filr Frankreich; in dem Zeitalter Ludwigs XIV.
wurden selbst durch Pierre Puget (Marseille 1623 f 1005) und
Fran^ois Girardon (Troyes 1027 f Paris 1716), die ersten
Meister dieser Zeit, die plastischen Werke durch kleinlichen
l^runk und künstliches Beiwerk so tiberladen, dass der ihnen
wesenüicK nothwendigio Charakter einfacher Würde gänzlich ver-
loren ging. Im achtzehnten Jahrhunderte erhob sich die Fran-
zösische Bildhauerkunst mehr zur Selbstständgikeit, und Edme
Bouchardon (Chaumont 1698 f Paris 1762) und }ean Ba*
ptiste Figalle erwarben mit vollem Rechte für ihre Meister-
weike den Vorrang vor der verweichlichten Italienischen Schule'
an nnd^^r sich des Kanststadiums wegen ein solches IJniversalmu
seum wünschen sollte.
/
Fraikreicbi 189
BerninfTm, Der gr^ttte Theil der ProdactioiieB dieser Heitter
ist aber in den Stfirmen der Reroliltion sertrünineit worden,
wi4 nad derselben hat sieh in Frsnkreieh eine bedeatsaane
Sdnüe noeh niebt hervorgehoben, wenn gleich wie bei der Ma«
]er«i, die Seulptur Jettt ousserordendtch verbreitet ist Und ein*
idiie s^hr achtbsie Arbeiten geliefert hat
Die Baukunst hat in Frankreich gleiehfalls in keinem
ZeitpQiikte einen eigenthfimlichen Character errangen, sondern
rorzagawase dem durch fremde Meister hier eirtgeftlhrten Geschmack
gehnidijrt Frankreichs Ocldschfttte aber haben rielfache Gele-
genheit gegeben, sehr bemerkensw«rthe Bauwerke ausBufiihren,
in denen freilich selten ein reiner und am gansen €}eb&ude aus-
schliesslich beibehaltener Character bemerkt wird. Seit der/
Revolution, und namentlibh durch Napoleons Torliebe begfinstigf^
hat indess der Italienische Geschmack die ftberwicgende Herr*
tehaft hier gewonnen«
Kupferstecherkunst dient Qbenilt ilut ali eine B.e-
gleiterin der voran genannten drei bildenden Künste und diellt
daher auch nothwendig ihre Schicktale. Sie ikt daher nicht
minder von Italien aus nadi Frankreich eingewandert und ist
hluflg durch Deutsehe, Niederländische und Englische Künstler
wie durch Wille, Berwik u. m. a. aufgefirischt. Nur die KüQstlerfm^
milie derPicarts seit der Mitte des siebsehnten lahrhiinderts bis
wiederum in die Mitte des folgenden uäd Atlguste Boucher
Desnojers (geh. 1779 su Paris) haben einen selbstst&ndigen
und bedeutsamen Ruf dem Fransösischen Volke auch iA dieser
Kunst erworben. '
Diese vier Künste machen vereint mit der Musik die fünf
Seetionen der Academie de» heaux art$ aus, welche bereits
Colbert gestiftet (s. 9. 12) hat, die darauf als dn Theil des
National -Instituts erneuert ist, als solcher nU)r tmter dem al-
ten Namen noch bis lur heutigen Stunde besteht Und in* dem
Cönservatorium für Musik su Paris und in den Speciialschulen
Ar di^ Hldehden Künste in der Hauptstadt praetische Stütieii
besitst Die Musik selbst ist aber gleichfalls bei den Fransosen we-
niger aelhstständig nationab geworden, als bei den benachbarteo
l^entschen und Italienern, da jene su leicht sich selbst befiriedigeo»
16Q Frankreich.
^ und telbtt mit Wiederholung hergebraekter Einförmigkeit uvdh
Tollkommen begnügen« Daher sind auch die grossen Meister,
welche Epoche in diesem Lai|de gemacht haben, Ton Sflden qder
Osten ein^pewandert Un^r Ludwig XIV. giag aUes von dem
Italiener L Ulli aus; ihn verdrängte erstaus seiner AUeinheirschaft
im achzehnten Jahrhiundert der Deutsche Gluck, auf welchen
hintereinander die Italiener Piccini, Cherubini, Spontiniund
Rossini als leitende Heerführer des Geschmacks in der Musik folg-
ten, um in der G^enwart einen riralisirendeif Kampf mit den Meister-
werken der längst verstorbenen Deutschen Mosart, Beethoven
und Weber zu bestehen, die jetst erst einen anregenden Einfluss in
Frankreich gewinnen. Den Franzosen ist nur das tändelnde Chan-
son, das in sein/sr leichten Zusammensetzung zum Vaudeville rasch
heranreift und dann in die Operette fibergeht, gelungen und eigen*
thümlich geworden: und selbst ihre besten Meister in dieser Kunst,
Rameau, Rousseau, Mehul, Gretrj, Isöuard und Auber
haben sich über diesen Standpunkt nicht weit erhoben.
V
' Mathen wir von diesen Künsten den Uebergang zu den ern-
steren Wissenschaften durch die Dichtkunst, so finden wir, dass
auch auf die poetischen Erzeugnisse die eigen thümlidhen Ver-
hältnisse des geselligen Zustandes in diesem Lande einer« cut-
scheidenden Einfluss geäussert haben. Hierin galt ganz beson-
ders der Beifall des Hofes und der angeseheneren Stände fiir
den höchsten Preis, die grosse Welt wurde der aburtlieilcnde
Richter, und dieser geüelen weder der tiefe Gehalt in den Gedan-
ken, noch der hohe Aufschwung genialer Phantasie. Es war
die natfirliche Folge davon, dass keine Dichtungsart beim Französi-
schen Volke J)eliebt wurde, die einen solchen Charakter nothwendig
erfordert; feiner, glatter, in leichtem Gange fortschreitender Con-
versationston, der sich mehr redseelig ausspricht, als auf ein tie-
feres Empfinden das Nachdenken des Lesers concentrirt, und
nie die Leidenschaften des gewöhnlichen Lebens verlässt, wurde
als die höchste Stufe dichterischen Bestrebens angesehen, und
war seines Erfolgs gewiss, wenn er sich möglichst strenger Cor-
rectheit in der Form befteissigte. Voltaire^s Auctorität darf hier
sicher am wenigstei^ bezweifelt werden, wenn er selbst sein
Volk für ein am geringsten mit den Gaben der Poesie ausgestat-
tetes ausgiebt. Daher erhoben sic¥ auch selbst im Zeitalter
Ludwigs XIV. und Ludwigs XV. nur daa Drama, das beschrei-
l^rankreic'k. 16|
ben^e CMKcht, ^k« filndelnd« tAM und die Ej^ittel su einer »
fliogliebst Toti^ominenen Gestalt; tand 'die eisten Namen dieser
Zeit, welche hoch' Jetet YtW der Mehmhl' der Franiosen als ge-
MeteiMle Classiker ge^rt un^ ids Masterbeispiei anempfohlen
werden, fibersehrelten diese Gi^M^ nT6ht: so Pierre Corneille
(\tm f I648J, Jean Racike (ifht f 3 9'J9), Jean Buptate
MöUh-e ifld20 t 1073^, }ficola9 BBtleau (^163« f l^ll Tdrh),
F. Maria Arouet de Voltaire f^lOÖfif \ Ü^^), Denye Diderot
(Langrem 1713 f Park 1784) und Jean Jaöqke&' Roueseau (Genf
1711 t 1778 •). *.
Die Revolution nrasste ganz naturgemäss auf dem ''Gebiete
der ^ngeengten Fransdsischen Dichtkunst eine ähnliche Umge-
staltang ron Grund aus veranstalten, ganz abjifesehen davon, dasr -
eine genauere BeUndtsthaft mit der 'Englischen und Deutschen
Literatur eine Reiche Erscheinung fae^örrufen konnte. -Der An-
vergnat J«eque8 Üelille (1724 f 1818 Paris) war der einzige
achtun gswerthe Di<>hter, der aus der einen Periode in 'die an-
dere hinüberwirkte und in allgemeiner Anerkehnug bei beiden
verblieb. Durch Neclcers Tochter Anne Louise Frau von
Stäel-Holstein <Paris 1768 f 1817) und Antoine T^incent
Aruault (Paris 1766 f 1829) wurle 'das eigenthümliclie Oepir&ge
der neue^'en Französischen Dichtkunst zq namhaftem Ansl!heti und zu-
gleich za AtarkauflfordemderNahahmun^ erhoben, und die gegenwär-
tig noch lebenden Hauptführer der verschiedenen Richtungen, die bei-
den Bretagner Franko is Auguste Vicomte de Chateaubri«
^nd und Alphonse de Lamartine, der Normanne Casimir De-
laYigne und der Burgander Victor Hngp, schritten nur auf
disser einmal angegebenen* fiafcn fort, indem jeder für seine
Sinoeffweise die Sehaar seiner Anhänger zu mehren sdchte. Aber
daa pelitisdie Lieben in seinen öffenflichen Erscheinungen und
die atHTunebreiteSte Theihiahme der Gesammtmasse unter den ge-
MUdeteii Franzoren* an demselben; rerllndertea nceaentlich die
Mhere Stellung det Dichtkunst in der Französischen Literatur
und ihren gewichtvollen Einfluss auf die Bildung des Volks,
toas Feld der ö^ffentliehen Beredsamkeit atf der Tribüne
In d^ gesetzgebenden Kammern, sowie das A^ Ueberredungskunst
♦) Dass Aef Genfer Ronsseau liier mitgezählt Y'rd, darf wahr-
lich nicht auffallen, wenn man" lebhaft sidi seine SCellung zu Frank-
r^chs geistiger Cnitur vergegenwärtigt
SebQbSrt's Statistiien. 1 H
161
Frankreick
in ifO' pplftiieben SlfttCem furd« ^w Tttmoijilplati Jedes jMif-,
l>lübenden genialea Talent« ^ und selbst hochgestellte Männer in
abstractep.WisseoAchaf^il vernachlässigten ihren bereits eriror-
benen achtbaren literarischen Ru^ um nur zweideutige Lorbeeren
parlamentarischer Beredsamkeit^^^ od^r grosser Kunstfertigkeit in
der politischen Dialectik sn brechen. Waren schon Mirabeau,
Barnab^i Brisaot> Boissj d'Anglas in der Revolution selbst
bedeuts^,^ Beireise, auf welchem W<^e man am leichtesten und
schnellsten m dem auigeseichnetsten Ruhme in. Frankrtich ge-
langen könnte, so musste dies um so mehr seit ISI4 sich wie-
derhejcn, .ab nun durch das Grundgesetz der Verfassung für je-
dep w|i14^ihigen und wählenden Fransopen die Verpflichtung
aufgestellt wurde, selbstständig fein politisches Urtheil über dio
verschiedenartigsten Zweige der Verwaltung und die gesanimten
Verhältnisse der inneren und äusseren Politik sichk zu bildeun
und wenn es dfirauf ankam auch Öffentlich zu vertreten« Vor
der Revolution war der ausgezeichnete Dichter sicher, als der
berilhmteste und ehrenwertheste Mann in Frankreich gepriesen
. SU werden: jetzt rtihmt man vor allen den ausgezeichnete!!
Behrifi^ic)ien oder mündlichen politischen Stjl als die irürdigste
Gab|9 .4fBjPranj50sen: upd di^ hat Chateaubnands Ruf noch hö-
her geh|>ben und den Namen Benjamin Constant, Foj, La-
marque, Bignon, Casimir Perier, Marlignac, Dupin
eine, Rojer CoUdrd *), Guizot, bdillon Barrot, Thier«
und Villemain,'wenn einige derselben auch bereits ein glänzen-
des literarisches Verdienst, besassen , bei aUen Partheien die all-
gemeinste Anerkennung und Bewunderung veraehaift. —
Bei den ernsteren Wissensduiften zeigCe sieh in der Brno-
zösischen Literatur bis anf die letzten Jahre im Allgemeinen der
sehr bedenkliche Naditheil, dass die Schriftsteller sieh vorzugtf*
weise nur auf die im Lande sdbst gemachten Untersuchungen
beschränkten, nur selten einzelne Werke aus der EngUsehen, ItaHe^
nisdien, und noch viel wenigelr aus der Deutschen Litwatur be«-
*) Kor seiner pariameotiirischen Politik verdiinkte Royer CoUard
im J. 1887 die in F|[aukreich fast unerhöfte Ehrc^ in der Academie
Fran^ise von sammtlichen Anwesenden Milgliedem (26) einstim-
mig als einer der Vierzig gewählt zo werden. Dem gleichen
Rnfe Dupins, der sonst als Schriftsteller auf diese Ehre nicht An-
spruch machen konnte, folgte 1631 die Aufnahme in dieser Academie.
Frankreic'h. 163
■»
rQekiiebtigtf n» daher ^iifSi den längst bei diesen Völkern einliei-
misch gewordenen Forschungen keine Kenntniss nahmen, nnd
deshalb oft mit neu gefundenen Resultaten sich brüsten wollten«
die hier schon mit Recht als Terj&hrt betrachtet werden konnten
Eine rortheilhaftere Ausnahme fand allerdings bei den mathema-
lischen und Natur- Wissenschaften' im weiteren Sinne des Wortes
statt» doch gewöhnlich auch nur aus dem sufäUigCn Grunde,
weil die Gelehrten dieser Fächer bei den genannten Völkern
sich der'FransÖsischea oder Lateinischen Sprache in ihren Un-
tersuchungen bedienten. Elrst seit der Wiederherstellung der all-
gemeinen Ruhe in Europa durch die beiden Pariser Frieden ist
der geistige Verkehr Frankreichs mit Deutschen, Englischen,
Italienischen, ja sogar mit. der Slarischen Literatur so ausseror-
dentlich erweitert worden, dass nicht nur ein allgemeines Be-
darf niss nach Uebersetsungen der ausgeseichnetsten Werken die-
ser Völker entstanden, sondern auch in gleicher Weise, wie för
den Deutschen Gelehrten die ernste Forderung aufgestellt ist, sich
selbstständig mit diesen Schriften im Or ;;inal bekannt su machen.
Daher schreibt sich gegenwärtig der unverkennbare Eifer für die
Deutsche und Englische Literatur, namentlich bei den jüngeren
Schriftstellern Frankreichs, dessen bedeutsamere Folgen in der
Einwirkung auf den ferneren Entwickelungsgang der wissen-
schaftlichen Cultur wir aber erst in den nächsten Jahren nach
ihrem gansen Umfange werden erkennen nnd in rechtem Lichte
würdigen können*
DieTheologij» und Jurisprudenz haben in Frankreich die
Periode ihres Glanses und wissensehafdicher Bedeutsamkeit he»
reits Tor Jahrhundertepi gehabt: reichen die ersten Commentatoren
des Römischen Rechts, die noch bis jetit ihren ciassischen Ruf
erhalten haben, ein Jacques Cujas, ein Denjs Godefroi,
ein Baraabaa Brisson bis in das seehsehnte Jahrhundert
hinein, so sind die gfössten practischen Theologen, die ersten
geistlichen Redner Frankreichs im Zeitalter Ludwigs ^IV. xa
soeben, der g^ndlieh^ einfache nnd doch so ergreifende Louis
Benrdaloue (1632 f 1704), der angenehm anziehende und
rührende Esprit Flechier (1633 f 1710), der feurige und
salbungsTolle Jean Baptiste Massillon (1663 f 1742K Im
achtzehnten Jahrhunderte gehört der für ganz Europa wichtige
Montesquieu <I689f 755) mehr dem Fache der allgemeinen Po-
V 11"
}€4 Frankreich.
litik und f|f<^^*^^^i^ Philosophie su, vie der Rechtigelehr*
samkeii: denn hier glänsen in dieser Zeit nur einige Practiker, de-
ren Ruf und Einwirkung indess, eben so wie in der Gegenwart, der
Natur der Sache ,nach mehr auf Frankreich beschränkt bleiben:
so CaSibac^rei, Des^ze, Daunou, Graf Pastoret, Dupiu
aihe. -—'Die Medicin, die gleichfalls ihre Triumphe in der
Praxis su feiern gewohnt ist, fand in Frankreich ein ausgezeich-
netes Feld fdr ihre thntigste Anwendung. Daher besass die«
808 Land bereits im sechssehnjten Jahrhunderte ni&ehst Italien die
ersten Aerzte und vergrösserte- alljährlich seinen Ruf in der
Heilkunst bis in das Zeitalter Ludwigs XIV. hinein. Aber auch
dann,-^ als Deutschiandy Holland und England zur Theilung dieses
Ruhmes mit dem besten Rechte sich herandrängten, blieb er
für Frankreich mindestens im Allgemeinen bis zur Revolution
erhalten, und wurdo^ durch die Folgen derselben später für die
Chirurgie eher erhöht als vermindert % Die Einwirkung der
grossen' Deutschen und Niederländischen Aerzte des achtzehnten
Jahrhunderts, eines Ho£fmann, Stahl und Boerhave auf die Fran-
zösische Medicin war nicht zu verkennen, aber sie äusserte sich
mehr in Montpellier als in Paris, und erhob den Ruf dieser Facultät
als einer der ersten medicinischen Lehranstalten för |^anz Europa.
Die erste clinische Anstalt in Frankreich wurde durch Desbois de
Rochofortzu Paris im Hospital de Charite 1 785 gestiftet, aber erst
durch Corvisart 1788 recht begründet; Bei der Vernichtung aller
höheren Lehran»^alten in Frankreich während der Reveljution wur-
den die medicinischen Facultäten zuletzt am 18ten August 1792
aufgehoben. Aber hier trieb auch wiederum die Nothwcndigkeit zu-
erst zur Rfiökkehr, und kaum hatte der Terrorisrous sein erstes Sta-
dium mit Robespierres Stu^ durchlaufen^ fast noch «in Jahr vor Ein-
setzung der Directorial-Regierung, am 14. Frimaire 1704 wurden
\
*) Oasper's Cbaracteristik der Französischen Medicin» Leipzig
8^. Nach derselben Ist in Frankreich jetzt das System desSensua-
tismus überall vorherrschend, das nur sinnlich wahrnehmbare Er-
scheinungen beobachtet, daher auch meistentheils die Cur der Fran»
f 2ösischen Aerzte nur symptomatisch ist. Die Moxa und jede an-
dere Anwendung des Brennens in der Chirurgie sind nirgends so
verbreitet als in Paris. -^ . ,
• /
/
Frankreich. 165
bereit« 3 eeolei de iantrf sa Paris ^ StntMburg snd Mbtttpeliier
viederhergegtellCy auf denen aber sugleieli die früher von einan-
der getrenntei^ Chirurgie und Medicin vereinigt wurden , wobei
et denn bis auf die Zahl dieser medieinisehen Horchsehulen aucJi
Jetxt noch verblieben ist Erlauben wir uns einen Hinblick
auf die gegenwärtige Stellung Frankreichs in diesem Zweige der
Literatur su den anderen Völkern Europas , so d&rfen wir für
die nettere Zeit PinePs Auftreten (1745 f 1826 Paris) nicht
ausser Acht lassen. Er erregte durch seine Nosologie philoso-
phique ein grosses Aufsehen , in welcher er die Medicin mit der
flachen empirischen FranxÖsisohen Philosophie verband und alle
medicin ische Kenntnisse von dem Studium der sinnliehen Er*
scheinun((en 'ai^gehen Hess. Ihm huldigte nicht nur* die ge-
sammte Pariser Schule , sondern bald gans Frankreich^ und da-
her schreibt sich auch grösstentheils die Abneigung der Fransft-
sischen Gelehrten auf dem Gebiete der Medicin und der Natur--^
wisseoschaften gegen alle höhere, und tiefer in das Wesen und
den Zusammenhang d(^ Dinge eindringende Forschungen: sie
haben daher dieselben nur durch- eine Menge wichtiger factisehec
Entdec^kungen bereichert , Überlassen aber anderen Gelehrten
die Verbindung Ewischen denselben und ihre genauere Erläute-
rung auf sich SU nehmen. Daraus folgt aber auch, dass alle
Fät^er der medicinischen Wissenschaften ^ welche die sinnlich
wahrnehmbaren Erscheinungen begreifen, von ^en Fronsosen vor-
sägUch bearbeitet sind, besonders die Anatomie durch P or tal, C or-
visart, Bichat, DuohateletundRecamier, und die Chirurgie
ihre ersten practisehen Meister bei ihnen aufsusuchen hat, wie D e-
sault(1744 t 1795), Dupujtren.(l778t 1835), Desgenettes,
Delpechu.m.a. Aus demselben Grunde sindaber auch bei ihnen Phy-
siologie und allgemeine Pathologie dürftig bearbeitet, und nicht ein-
mal vollständig in den aeademischen Unterricht aufgenommen. —
•
In den blos auf empirische Beobachtungen, und nicht minder in
den auf Mathematik begründeten Naturwissenschaften ragen
die Franzosen mit den ersten Europäischen Namen hervor. Die all-
gemeinste Hochachtung der Mitwelt, welche Graf Buffon (1707
f 1788) als classischer^Naturgeschichtschreiber im achtzehnten
Jahrhunderte genoss, emdtete George Cuvier (Mümpelgard
1769.t 1832 Paris)» der Begründer de^ vergleichenden Anatomie
in einem noch höheren Grade für unsere Zeit In derBotanik
l
166 Frankreich.
xeiclmeten sidi auf gltosende Webe Bem»r4] JttBBieQ (1699
f 1777) und dessen Neffe Ant Laurent Jussieu (Lyon geb.
1748) aus; eben so in der Mineralogie Ren^ Just Hauy
(1743 f 1822). Die Physik verdankt die wichtigsten eigenen
Entdeckungen und die xweckmässigste Anwendung anderweitiger
Entdeckungen den Reaumur (1683 f 1757)/LaToisier (1743,
guillotinirt 1794), Gaj-Lussae u. s. vr,; fast noch höhere Ver-
dienste haben sich die Franzosen nm die Chemie und deren
ausgedehntere Anwendung auf die Arseneikunde und die techni- •
Itche Cultur erworben durch Ant Fran^ois Foureroy (Paris
1755 t 1809), Jean Ant Graf Chaptal (1793 f 1831), Claud«
Louis Graf Berthollet (1748 f 1822), durcb die Vauquelin,
Gu/ton-Morreau, Thenard u, ni, a. Auf gleiche Weise
ehren werth ist ihr Einfluss auf die mathematischen Wissen-
schaften XU bezeichnen, und wie als Zierden in denselben im
vorigen Jahrhunderte Maupertuis (1697 f 1759), d'Alembert
(1717 t 178ä) und Joseph Le Frangais de Lalande 1731
f ]80f genannt werden müssen, so in dem gegenwärtigen De-
lambre (1749 f 1^22), Graf Laplace (1749 f 1827), Le-
gendre, Lacroix und Blot Die damit verwandten Militär-
wissenschaften haben in der neueren Zeit stets flir jeden
Zweig derselben eine ergiebige Heimath in Fhinkreich gefunden
und sind hier verfa<nissm&ssig am th&tigsten bearbeitet worden
wenn auch mmr selten ein Mann von dem gewichtvoUcn Ein-
ilusse, wie Marschali Vaub an (1633 f 1707), hervorging, da wir
hier die übrigen von anderen Beziehungen des Geistes und des Cha-
rakters abh&ngigen grossen Feldherren nicht bertteksichtigcii
können. Gleiche Meisterschaft linden wir bei den Franzosen in
den geographischen Wissenschaften, wie dies die oben §• I.
erwähnten Cassini's» die Gebrüder de l'Isle, d'AnYille
ii4 V. !• erweisen.
«
Was die historischen Studien anbetrifft, so sind die Ge-
schichte, Archäologie und Numisn^atik des Altelrthums
durch einzelne vortreffliche Arbeiten *), namen^ich für den Orient,
von Selten der Academie des Inscriptions wesentlich gefördert.
*) Hieher rechnen wir auch die Untersuchungen ftber Aegyp-
feas Alterthumer, die durch Napoleons Expedition nach Aej;ypten 1798
Frankreich. / 167
mn4 4M Nameii Qmt CujUn, Barlbelemj» MilUn^ le.
Iromie, Champollioii genieueii einen yerdieotea Ruf. Doch
▼eniftgeii wir niolit ^n g^eiebes JJrtheii über DaisteHuogeQ
grOfserer ZeiMame m fidlen» da Rollia'i, Creviei^s und der-
gfeiebea Werke nur als lesbare CoinpiUtion^n aus den alten
Sdirilbtetlem gelten können, die durcbaus keinen Ansprach auf
rritisdie Untenuebong machen. Ckgenirärtig dürfte aber durch
die genauere Bekanntschaft mit einigen Yorsügliehen Forschun-
gen der Deutschen, wie mit den ron Niebuhr, Sarigfiy; Schlosser,
mie lebhaftere und erfolgreichere Tbfttigkeit auch diesen Arbei*
ten der Geschichte angewandt werden. In Besug auf das Mittel-
alter sind nur die Landesgeschichte und die hUtorisohen Hfllfs-
Wissenschaften eifrigst in Frankreich, gefördert; und ror allen hat
nch dabei die Congregation des hdligen Maurus, ids ein Zweig
des Benedictiner-Ordens ausgexeichnet welcher auch Jean Ma-
billon (1632 f 1^03^ der Begründer der Diplomatik aU Wissen-
sel^afE zugehört Die Zeitgeschichte erfreut sich aus Ülterer Zeit in
dem edlen Jacques Auguste de Thon (Paiis 1553 f 1617) ein treffli-
ches Musterwerk in unb^angenem Urtheil und gehaltvoller Darstel-
long ihr Nachahmung für Frankreich su besitzen : aber sie musste
dann auch fast'xwei Jahrhunderte auf eine gelungene Arbeit Verzicht
Idsten, der die Ehre einer classischen Schrift unverkömmert zogethei 1 1
werden konnte, da bald die Wahrheitsliebe des Forschers bei
dem Nationalstolt Schiffbruch litt, nnd blinkenden Glani statt
gediegener Gründlichkeit darbot, bald die Form der Darstellung
durch ei^e überm&ssige Redseeligkeit^ oder gleichgültige Vemach-
Ussigung yemichtet wurde» Dagegen erscheint Frankreich uU
«las Vaterland der sogenannten Memoiren, die theils durch Clia-
rakterschilderungen ein lebendiges Bild des Hoflebens und der
politischen Vttwickelungen, theils duroh die eigenen Beobach-
tungen auf ' dem Schauplatse der Begebenheiten die wichtigsten^
Materialien für die Ejiegsgeschichte und den damaligen gesamm
ten bürgerlichen Znstand der Völker liefnm. Die Franzosen haben ron
dieser Gattung der Qnellen für die Greschichte mehr geliefert, als
•Ue übrigen Völker zusammen, — * da erst in neuerer Zeit die
und die zahlrefchen, von den mitgenommenen Gelehrten dort ange-
stellten Nachforschungen angeregt wurd^en, und neuerlichst durch
diampolli^ns 18*29 hieber auf - Kosten des Staats gerichtete Mission
MscIi^M Leben uad Material empfingen.
1
168 ' Franlcreicb.
Ci^l&DJer ekiigennaaisen gleichen Schritt hierin mit den Fran.
xosen halten zu wollen scheinen r- und haben in der That im
Allgemeinen in den Memoiren* eine gröetere Offenherzigkeit und
Unbefangenheit entwickelt, irie in ihren vollständigeren histori<
sehen Arbeiten. Denn der Ejeiz, ohne Scheu von ihren Zeitge-
nossen zu berichten, zuipal wenn sie sich selbst sicher gestellt
haben, dass diese Berichte erst nach ihrem eigenen Tode be-
kannt gemacht werden, hat die ersten Staatsmlinner und Feldher-
ren ^) bewogen, auch rücksichtsloser die Begebenheiten zu be-
sprechen, in denen sie selbst gut oder übel betheiligt sind^ um den
Glauben für die Wahrheit des Gänzen zu erhalten. Sei diesen
Memoiren, die reichhaltig genug auch bereits seit der Franzö-
sischen Revolution in Schriften bew&hrter Männer vor uns lie-
gen, dürfen aber durchaus nicht die trügerischen Buchhändler-
S^eculätionen mitgerecllnet werden, die namentlich in Paris aus-
geführt, unter dem Aushängeschild irgend eines berühmten Na-
men die trivialsten Zeitungs - Compilationen liefern, die ihren pi-
kanten Beisatz nur in völlig erdachten Ungereimtheiten erlan-
gen.- •— Doch hat in der Gegenwart überhaupt die historische
Literatur einen höheren Standpunkt bei den Franzosen einge-
nommen, als er jemals früher hier bemerkt werden konnte: denn
Forschung und Darstellung haben ebenmässig eine würdigere Hal-
tung gewonnen in den Werken von Bar ante, Thierrj, Daru,
Guizot, Thiers, Hignet, Villemain, Capefigue v. a. Das
• Feld der Tagespolitik hat seit der Revolution zahllose Flug-
schriften jährlich hervorgebracht, die Kräfte vieler ausgezeichne-
ter Talente dadurch zersplittert, hat aber für manchen Kopf
auch zuerst die Bahn gewiesen, auf sich aufmerksam zu werden,
und seinen Geistesgaben eine höhere Richtung zu geben.
Die von dem lebhaften Interesse am öffentlichen Leben un-
mittelbar abhängigen Staatswissenschaften sind bei den
Franzosen seit Colberts Zeiten stets sehr beliebt gewesen, wie-
.wohl sieh dieselben vorzugsweise darauf beschränkt haben, die
von anderen Völkern geliefeiten inhaltreichen Untersuchungen
durch politische Erfahrungssätze zu erläutern, und mit Beispielen
*) Namenihier anzuführen, verlohnt nicht der Mühe^ da auf
künstlerische Darstellung es bei den Memoiren nicht abgesehen ist,
und die meisten sehr berühmten Männer Frankreichs als Scbriftstel'
, ler hier vorkommen.
Frankreich. 169
■»
aas der Gesehidite so bel^;eii« Die ZfM 4er FransdcUchen
Schriftsteller in dietem Fache ist ausserordentlica g\'oss, aber
bei einer beKatsamen Auswahl der selbststäpidigen Arbeiteo schwin-
4et sie sehr zasammeiiy und ausser dem oben bereits angeführten
classisehen Ch. Secondat Baron de Montesq^aieu besitst das
aebtxebnte Jahrhundert nur den Begründer des phjsiokratischen
Sjitems, den Arzt Firangois Quesnay (1694 f Paris 1774,) die
Efie/elopädisten und die Practiker (!) in den gesetzgebenden
Körpern der PransÖsisehen ReToIution, wenn vir nicht di^ Genfer
JetaJaeqtiea Rousseau und Jaeob Nee k er auch hier Frank-
reich zuschreiben, da doch ihr literarischer und poliüseher Ein'
flnss hauptsächlich in diesem Lande seine Wirkungen ge-
isMcrt hat. Seit der Restauration sind zwar die yerschie-
«ieoartigtten G^enstande der Staatswissenschaften abermals
ia der Praxis, oft durch sehr gründliche Debattea erörtert und
in 6eleg«nheitsschriften weiter rerfolgt worden: aber bedeutende
Werke, die die Staats- Wissenschaften selbst theoretisch weiter ent-
wickelten, sind hier nicht erschienen, wenn auch die Werke von Jean
Baptiste Saj (Lyon 1767 f Paris 1832) und Charles Ganilh
(iarei^e 1760 f 1825) einen wohlverdienten achtbaren Ruf sich
enrorben haben.
Die Philosophie findet in ihren speculativen Theilen kei-
Ben besonders geeigneten Boden in Frankreich, und kann daher
seit Des Cartes (Tourraine 1596 f Stockholm 1650) keinen
ongioalen Schöpfer eines neuen philosophischen Sjstems auf-
weisen. So'Sehr auch das Wort Philosophie und fast noch mehr der
Ntnie der Metaphysik in diesem litfhde gemissbraucht sind, so we-
01^ ist doch allgemeiner* Ernst selbst bei den sogenannten Phi-
losophen zu bemerken, tiefer als in die Vorhöfe der Logik untf
der empirischen Psychologie einzudringen : daher ist das Feld der
pnctisehen Philosophie durch Männer wie Montaigne, Pas-
ttl, Mallebranche, und wir müssen hieher auch Diderot
rechnen, gehoben, und nach ihren Mustern mit einer reichhaltigen Li-
teratur angebaut. Aber selbst Helvetius (1715 f 1771), J. An-
toine Nicol. Marquip de Condorcet (1743 f 1794), unbestritten
die beiden grössten philosophischen Köpfe in Frankreich im
^htzehnten Jahrhunderte, verliessen diese Bahn selten und konn-
te dann wenigstens zu keinem aelbstständigen lästern sich er-
liebeo. Die. Bekanntschaft mit den Fortschritten der Deutschen
PViloBophie fehlte überdies damals gänzlich, sie wurde nicht
170 Frunkr^ielu
rermittelt pnter den St&nneii dev RcTohtlon, oder onter dem
eisernen Seepter Napoleons , dem da« Wort Metaphysik ein
Oräuel war, und der sich daran rer^ügte» jede Schwindelei ^mit
diesem Namen als einem Seh impf werte sü bexeiehnen. In der
Gegenwart scheint aber auch hier der literarische Verkehr Frank*
reichs mit Deutschland eine neue Epoche dem philosophischen
Studium in Jenem Lande erwecken su wollen, indem dasu als eri^ter
Vermittler Vietor'Cousin sich darbietet: die Ergebnisse davon
stehen aber erst zu hoffen.
Die Wissenschaften der allgemeinen Sprachkunde und na-
mentlich das Studium der classischen Philologie, mit welchen
wir den SchlusR dieser Uebersicht machen können, da sie zu allen
Wissenschaften gehören, stehen gleich wie die Philosophie schon seit
mehr als einem Jahrhunderte in Frankreich im Hintergrunde. Die
glänxenden Zeiten derEtienne, Muret, Casaubon, Saumai se
sind vorüber, sodass gerade mit dem Zeitalter Ludwigs XIV., das''
fast allen übrigen Wissenschaften in Frankreich 'ein höheres, fSr^
ganz Europa ausgezeichnetes und anregendes Leben entgegen führt, .
in diesen Studien der Verfall beginnt Aber auch das ganz^ acht-
zehnte Jahrhundert hindurch, und nicht minder in der Gegenwart ste-
hen die Griechische und Römische Literatur hier auf einer sehr un-
tergeordneten Steile, so dass kein bedeutender Name ausserhalb
Frankreichs einen bleibenden Ruf gewinnen konnte. Eine sehr ^
ehrenvolle Ausnahme macht dagegen das Studium der Orien-
talischen Literatur, das gerade in der Gegenwart einen seiner,
Hauptsitze in Paris aufgeschlagen hat, und in Sjlvestre de
Sacy (g. s. Paris 1758) seinen gründlichsten Kenner der Ara-
bischen und Persischen Sprache ehrt, sowie es in Abel Remu-
sat (Paris 1788 f 1832) einen gleichen I^enner der Chinesischen
Literatur besass.
Vermögen wir auch bei einer so gedrängten Uebersicht der
Hauptereignisse in der geistigen Entwickelung eines Volks die
vorzugsweise gewählten Richtungen leicht zu erkennen, und da-
durch den Charakter des Volks und seines Verhältnisses zu der
bestehenden Staatsverwaltung richtiger zu würdigen, so ist es
nicht minder eine anziehende Aufgabe, rückwärts die Einwirkun- .
gen verschiedener Herrscher, zumal wenn dieselben, wie in
Frankreich, nnter verschiedenen Staatsforpen regiert haben, auf
grössere oder geringere Fortschritte der gesammten intellec-
luelleä Cultur, wie der einzelnen Wissenschaften, oder minde-
\
Frunkk^eich. IM
•teils dodi auf eine anigedelititere Verbrritung derselben io dem
Volke XQ verfolgen und, wo es angehe, aelbtt dnreh atatUtiaehe
2«ahleoangaben m documentiren.
Vertnefaen wir dies naeh Graf Dam *) darch die Uebersieht
fler AAxahl der gedruekten {Sogen in den einseinen wissenschaft-
licliem Fächern aus dem gländsendsten Regierungsjyire Napo-
leons 1811, aus dem ersten" Regierungsjahre Carls X. 1825, und
mnm der Blöthezeit des wieder erneuerten Jesuiten-Einflusses 1826,
unmittelbar rot dem im J. 1827 erfolgten Eintritt des Hiniste-
riums Maftignac, so edialten wir:
ISil Bogen 1825 Bogea 1895 Bogta.
i. Theologie. 2,509,752 — 1 7/187,057 — 23,208,420 —
2. Jurisprudenx u. 6e«
setsgel^ung, 2,831,662 <— 15,929,830 — 18,605,495 ^
3. Cresehlchte und Rei-
sebesehreibnngen. 3,375,891 — 39,457,957 — 46,545,725 —
4. Staatewissenscbaft. 133,187— 2,915,826— 2,097.300 —
5. MUitÜTwissensehaft 1,147,400— 1,457,913— 1,445,982 —
6. Mathematisehe- Na-
tur-Wissenschaften u.
Medicin« 2,214,303-10,928,277—12,1^0,381,-
7. Philos<^hie. 410,298— 2,804,182— 3,032,191 —
8. Sdiöne' Wissen-
schaften. 3,78 1,826 — 30,205, 1 58 — 27,704,971 —
9. Schöne Kanste. 161,525— 2,937,301— 1,999,560 —
10. Vermischte Schrift 1,885,869— 3,886,975— 7,699,977 —
Gesammtsumme der
gedmdtten Bogen. 18,451,713—128,010,483—144,561,094 —
Es ist ako die Gesammtsumme der gedruckten Bogen in uem
so bedeutend Terringerten Königreiche gegen das Kaiserthum,
do^ in dem Zeiträume von 14 Jahren auf das Siebenfache,
und in dem fiinfsehnten Jahre sogar auf das Acht l^a che gestie-
gen, dagegen nur bei den von Napoleon geliebten und geehiteB
*) NbOcH sCalÜtiqucs aar la UbraUie, Paris 8S7.
172
^Frankreicli.
Hilitärwissengcliafteii ist fast dasselbe absolute Zahlverlr<nis«
erhalten, was freilich rejativ gegen die Gesammtzabl gehalten
eine überaus grössere Theilqahme an denselben unter Napoleon,
als unter den Bourbons yerräth. Dagegen ist die T^eologicr auf
das Acht- und Neunfache gestiegen, die Jurisprudenz auf das
Sechsfache, die Geschichte durch die zahllosenJMemoiren, die un-
ter Napoleon beschrankt, oder völlig Terboteo waren, sogar auf
das^ Zwölf* und Viersehnfache gestiegen. Die geringste Zunahme ^
findet man nächst den Militärwissenschaften, noch in den mathe-
matischen, NiMtur- Wissenschaften und Hedicin, wo nur das Vier*
bis Fünffache erreicht worden ist
Dupin *) hielt sich aus diesen Angaben zu dem Schlüsse be*
rechtig^ dass der Geschmack an wissenschaftlicher Beschäftigung
seit der Restauration überhaupt in Frankreich sich allgemeiner
verbreitet und voraugsweise ernsteren Gegenständen zugewandt
habe, dass also überhaupt die geistige Ausbildung in eriV^ulichem
Wachsthum b'^priffen seL Dies muss gewiss . eingeräumt werden,
weoii wir auch nicht vorzugsweise das auf ernste Gregenstände hinge-
richtete Studium besonders hervorzuheben vermögefi : wir er-
sehen dies aus der einfachen Aufzahlung der jährlich erschei-
nenden Werke^
In den letzten vier Jahreil unter Napoleon schwankte die
Zahl zwischen 1200 und 1800:
^816 stand sie (bereits auf 3090 Bände.
1817 _ — — — 3256 — ^
1821 — — — — 4360 — darunter 576 Andachtsbücher,
9 Theologische Wissenschall;.,
365 aus dem Fache der Ju-
risprudenz und Gcsetzrrebufi^,
118 Geschichte, 17 Politik,
363 Tagesschriften^ 81 Ma-
thematik und Militär. W., 7
Philosoph., 862 schöne Wis-
senschaften , und ausserdem
- \
♦) Forces produrllves et commercialcs de la France, vol. J. S.2I.
Frankreich. 173
nbeh 178 Romane und 563
Almaiiaohe und Calender.
l822*)B«andaiebereit8aaf5824 Bände und überdiea 229 Muaikhefte
und SiO Kupferstiche
1823 -^ — — — 6007 — und fiberdies 365 Musikbefte
'* und 978 Kupfergtiche
1824 — — -. ^ 6974 — und überdies 336 Muiikhefte
and 1027 Kupferstiche.
1826 — _ _ — 4347 —
1828 — ' _ _ — 7616 —
1830 — _ — ^ 6739 —
1831 — _ — — 6063 —
1833 — -^ — _ 7011 — darunter 235 Tbeolog. ii. An-
dachtsbücber, 213 Geschichte,
213 Mathematik, Naiurwis-
senschft und Medicin, 455
Dichtkunst und überdies noch
355 Romane, 102 Philosophie,
170 schöne Künste und Rei-
sebeschreibungen, 604 in frem-
den Sprachen ^nd Provin-
cialdialekten, 4346 Pamphlejte^
Broschüren, Reden u. s. w.
^ Aus dieser Uebersicht ist das regelmässige Fortschreiten von
1816 bis 1824 nicht ku verkennen, erleidet dann durch die ver-
änderten Verwaltungsmaassregeln in den ersten Regienuigsjah*
reo Carls X. ein piötxliches Stocken, schreitet dann wieder an«
*) yergleichen wir von hier ab die Zahl der in Frankreich
jährlich bekannt gemachten Banden mit den jährlich in beiden Leipzi-
ger Messcatalogen angezeigten, so ist sie in den geringsten der nun fol-
genden Angaben mindestens gleich, und in dem anderen übertrifft
sie uro 200O bis 3500 Nr. seh einbar den Deutschen Buchhandel, wo-
bei aber sn bemerken bleibt, dass nach der Französischen Sitte in
der Gegenwart auch das unbedeutendste Pamphlet und jede gedruckte
Bede mit aufgeführt wird, die in Dentschland hier gar keine Stelle
findet. Die Zahl dieser Schriften erreicht aber sicher jetzt die volle
mifte der An^hen« {wie laSS sogar 43M Pieren,
174 ^ Frankreich.
ttr Atm Ministerkini Martignao 1828 übenraichend veiter fort,
bis die Juli-Revolntion des Jahres 1830 ein abermaliges starkes
Halt entgegenbietet, und die meisten auf geistiges Leben zu ver-
wendenden Geidkräfte und Taleäte Jeder ernsteren literärisehen
Unternehmung entführt, sie aber verstärkt sofort der periodischen
Presse und den politischen Flugschriften unterwirft Daher da«
Sinken im Jahre 1831 in der Gesammtzahl der literarischen Ejt-
scheinungen, die plötzliche Unterbrechung aller giDsseren wissen-
schaftlichen Unternehmungen, und eben daher die traurige Erschei-
nung, di^ 1 833 beinahe zweiDrittheile aller Blicher in die Ka-
tegojrie der Pamphlete, politischer Broschüren und Reden gehören.
In gleicher Weiie ergiebt sich das Wachsthum der allgemeL-
neren TheÜnahme an den. Productionen der Literatur in den
letzten 20 Jahren, aus der rermehrten Anzahl der Druckereien,
Buchhandlungen, der übrigen damit verknüpften Gewerbe, und
der j&hriichen Vergrösserung der dabei umgesetzten Capitaiien«
hatte im Jahre 1813 377 Buchhandlungen^ und 7Ö
Druckereien mit 300 Pressen , das übnge Frankreich 955 Buch«
handlungen und 720 Druckereien» welche damals zusammto
jlÜiTlich nach Graf Chaptal für 21,652,000 Frcs. (5,846,040 Thlr.)
gedruckte Sachen lieferten. Im Jahre 1825 besass Paris bereits
616 Bttchhaiidinngen , 140 Kupferstichhandlungen**), 59 Musik-
handiungen, 18 lithographische Anstalten und 94 Druckereien **%
^ Der Par^iser Buchhandel hat den eigentbOmlichen Charakter,
dass für die besonderen Zweige der Wissenschaften einzelne Iland-
Inngen bestehen, wie z. B. für die Geographie, Militärwis^nschaf»
ten, Mathematik u. s; w., allgemeine SortimenUbandluDgen aber nur
sehr wenige getroffen werden und keine einzige von dem Umfange
einer grösseren Deutschen, namentlich von Leipzig stark entfern»
len Buchhandlung.
**) Diese beschäftigten 890 Knpferstedier, 11 Holzstecher, 17
Formachneider und 17 Land-Kartenstecher; Kupferstiche und Carri-
caturen wurden allein in Paris jährlich für 3,000,000 Fr. (81i^i000 Th.)
umgesetzt
***1 Ausserdem hat Paris noch 38 Schriftglessereien, 84 Anti-
qßut und 901 Btichbindefeien.
<
Frankre'icli« 175
«ttd in 4eo Deportementf det Fransifbelien Steati ttuiden
autserdeni J025 Buchhandlungen, 613 Druekereioi und 26 litho-
graphiscYie Anatalten in Nahrung , welehe aunammen nach Dnpin
dnea Abaats ron 33,750,000 Frcs. (9,112»500 Thir.) jährlich hat-
ten, irobei Paris aliein nach den Berechnungen von Benoiston
de Chateaoneuf schon für I8!21 mit mehr als 10,500,000 Fr. (2,835.000
Tblr.) Antheil ninimt, für 2,770,000 Fr. (747,0OOTbhr.) daron ins Aus-
land sendet, und ausserdem 2,500,000 Fr. '(675,000 Thlr.) für
Joamale nnd Zeitungen bezieht .
*
Endlich dürfen wir als ein einigermaassen genaues Bild
▼on der allgemeinen Verbreitung der Cuitur und ihren besondern
Richtungen nicht die Tageblätter und wissenschaftlichen Zeit-
schriften übersehen, in wie starker Ansah! sie überhaupt vorhan-
den sind, und in einem wie starken Absatz der Exemplare
die einzelnen im Volke sich Umlauf verschafft haben. Die
Zahl der, wissenschaftlichen Journale ist in Frankreich ausser* ^
ordentlich gering, und steht in dem Verhältnisse gegen Eng-
land und Deutschland wie 1 sn 12 und 16. Frankreich be-
sass im Jahre 1825 75 Zeitschriften: 4 für religiöse Erbauung, 16
al^emeine critische, 3 für Pädagogik, 2 für Kri^irissenschaf-
ten, 2 für Geographie, 14 für Medicin, 22 für Jurisprudenz,
Gesetzgebung und praetische frozessführuDg, 9 für schöne Wis-
senschaften und 3* für Moden. Diese wurden bu auf 4 sämmt-
lieh in Paris herausgegeben. Dagegen in der Liebe für politische
Neuigkeiten, besonders was d ieEntwickelupg der eigenen Landesver-
bältnisse anbetrifft, und in dem Eifer an Zeitungslectüre stehen die«
Franzosen kaum den Engländern nach, und lassen die Deutschen
weit hinter sieh zurück. PariK hatte schon 1825 allein II Z^-
toagen, die in grossen Auflagen gelesen wurden, zu denen noch
inzwischen bu 1834 7 neue hi|izugekommen sind. Die Provin-
sen hatten damals 23 gelesene Zeitungen, und Jetzt befindet sich
kaum ein Departement, (im Jahre 1830 hatten nur noch lODepts«
keine eigene 2eitung), das nicht in seiner Hauptstadt sein eige-
nes politisches Blatt besässe« Daher war schon die Cresammt-
zahl der Jo\imäle und Zeitungen im September 1830 auf 373
gestiegen, wovon aber Paris allein 170 lieferte, und wenn wir
das häufigere Erscheinen der Pariser Zeitungen^ und ihre süür-
kere Auflagen berücksichtigen, so fallen auf Paris fast zwei
Drittbeile sämmtlich erscheinender Blätter, die nach Dbpüi
176 1? r a^ k r e i c h*
bereif A 28^509,532 Bogen im Jahre 1820; nnil 20,420,(^20 Bogen
im Jahre 1826 betrugen, und die im Jahre 1830 bLo« an Stem-
pelabgabe 2>382,000 Fr. (643,140 Thlr.) der Staatseosse einbrach-
ten *). .Unter den Pariser Hauptleitungen dient der Ahsatx nebst
seiner Steijj^erung und Veningerang zugleich als das Thermome*
ter der Öffentlichen Meinung: wir finden folgende Ergebnisse
bei der Zahl der Abonnenten
163S
1. Moniteur. 1,800
2. Journal des Debats. 12,000
3. Journal de Paris «*). (1 830 gestift)
4. Gazette de France. 2,000) beide
6. Etoile. 3.000rj826*^
6. Quotidienne. 6,000
7. Messager. (] 827 gestift) ^
8. ConstitutioneL 17,000
9. Courrier Fran^ais. 3,00a
1(^ Journal de Commerce. 1,900
11. Temps. (]82)S gestift)'
12. National (1^20 gestift)
Der Moniteur, oder das einsdge durchaus ofßcielle Blatt, grdssten-
theils nur von den Behörden gehalten, bleibt unverändert bei
seinen 1800 bis 2600 Abonnenten stehen. Nicht viel beweglichf^r
ist die Parthei der Ultra-Royalisten, welcher die Nr. 4, 5 und 0
zugehören, sie mögen im Ministerium stehen, i^ie unter Villüle
und Polignac, oder dasselbe bekämpfen, 1825 11,000^ Abonnen-
ten zusammen, 1830=14,150; 1833=12,300; 1834=: 12,230.
Die rein ministeriellen Journale s. Nr. 2 und 3, die zugleich ge-
genwärtig übei^haupt das Interesse der iloctrinliren Parthei ver-
treten, 1825 = 12,000; 1830=10,000; 1833 = 13,000; 1834 =
1830 Aug. 1688 Jon. 1834 Ja«.
2,600
2,150
2,150
14,700
i^öoo
10,2<M)
1^300
2,000
i;9öo
9,560
7.500
8,230
4,500
4,800
4,000
2,350
1,700
IjlOO
23,333
13,330
10,000
4,000
6,700
6,000
2,440'
1,940
2,000
7,750
4,240
5,000
2,300
4,450
; 4,700
*) VergL den dritten Artikel zur Statistik der Geistesbildung
in BrocUians literarisch. Unterhaltungsblätt Apr. 1335. Nn'l03--ii.
'^) Frillier ^iess dieses Journal la noavelle France, und wurde
1894 ^ etner neuen Redaction, oder vielmehr bei der Vereinigung
4er IkiiWren Aboanenten desselben mit einem neu begründeten Zei-
tangsinsütnle so benannt, v
/
Frankreich. 177
12,100, alio mindettoiis Jetit mehr im Sinken als im Kunehmen
begriffen. Die eogenanoten liberalen Jenrnale leifaiien jetst
wiederum in 2 Partheien, von denen die einenden Charakter der Eng*
liiehen Ck>nserrativen su gewinnen sncht (Nr. 7 und 8; Nr. 7 war an»
fängUch sogar ein ministerielles Blatt), die «weite dieGränzender re*
pnblikanischen Staatsformen erreicht, oder sogar dieselben geradezu
yertheidigt; jene hatte 1825 17000, und war bis i830 im unans»
gesetiten Zunehmen mit 25,683 Abonnenten, dann aber sank si» als
SU nachgiebig 1833 auf 15,130 und 1834 auf 11,100. Die lotste
Parthei dagegen reift leider mit Jedem Jahre 'einer grösseren
Blüthe entgegen 1 825 = 4,900 ; 1 830 = 16,490; 1 833 := 1 7,380;
1834= 17,700 Abonnenten, und rechnet man noch dazu, dass gerade
die Blätter dieser Parthei leihweise in den Leseboutiquen« und Caffe-
häusern die meisten Leser auf jede einselne Nummer besitst
(durchschnittlich mindestens 10 Leser auf jedes Blatt), während
der Moniteur, die Ultraroyalistischen und ministeriellen Blätter'
mehr von Beamten un^ wohlhabenden Personen gekauft werden»
in dei'en Händen sie fast ausschliesslich verbleiben, so wächst
die Zahl ihrer Leser und TheÜnehmer noch um ein Grosses«
Ais Privat -Vereine gebildeter Männer, wissenschaftliche Be*
itrebungen in einseinen Fächern, oder im Allgemeinen nilch Lo*
ealbesiehungen su befördern, und den Sinn für Künste und
Wissenschaften Überhaupt im ganzen Lande su erwecken, haben
wir in Frankreich viele Nachahmungen jener oben §. 12 ge-
nnnnten Pariser Academien aufsuführeti. Allgemeine in ihren
Statuten von der königlichen Regierung bestätigte Gesellschaften
für schöne Künste und Wissenscfhaften finden sich zu Ronen,
Dijon, Grenoble, Caen, Bourges, Bordeaux, Agen, Avignon,
Montpellier,Nancj,Versailles u.m.a. Für schöne Wissenschaften ins-
besondere sind die Academte des Jeux floraux zu Toulout^
imd die noeitti Anacreontique zu Grenohle zu bemerken; für
Alterthümer und Landesgesehichte gemeinschaftlich, oder archäo-
logische Gesellschaften insbesondere zn Paris, Marseiile, Ljon,
Toulouse, Nismes, Arignon, Valence und Strassburg. Die 'Medi-
einisehen Gesellschaften zn Paris, Montpellier unc| Strassborg. Die
statistische Gesellschaft zu Pans, die geographische Gesell-
schaft ebendaselbst; der Verein zur Untersuchung des Inneren
von Afrika zu Marseille. Die Asiatische Gesellschaft zn
Paris für die gesammte Orientalische Literatur.
Sohnbcrrc StutUtHc |l. |2
174 Frankpeich.
Für 4eii Aokerbau befiodet tieh ^me Centraljtesfdlidiaft m
TarU, die in «den meitten Hauptttödten der Departementt Toch-
ier-Verein^ beaitie, mit denen aie in ununterbrocheneni Verkehr
sieht JPdr die Aufmnntening und Beförderung' der Nadonal4n-
•dtts^e findet sieh gleichfall« ein Central - Verein «u Paris, dem
Miless niedenim die Soeietes d'emulation su R»uen« Toulouie»
Bonrgetf, Amiens, Ljon, Nantea nnd in melireren anderen Städten
nahe verwandt sind; sowie mit der ob^n §. 12. angeführten Lehran-
stalt {Conaervatoire des art$ et tnetiera xu Paris) die gleiehbe-
nanalen in Xjon nnd Chirons*
C- Die Verfassung des Franzöei-
Bchen Staates.
§. u.
D|e Grundgesetze der Staatsverfassung«
Lanjutna%$ (eomtej Conatiiutwns de la nation Fran*
^nt««, 2 voL Parts 1819, 8vo. — De Sa Ivan dy, la Constitution de Van
1^30 und Setze mois ou la revolution et les revolutionnaü'eßy PariM
Dec. 1831. — Thiers, latnonarchte de 1830, Paris 1831. Nov. —
Pölit^ die Europäisch. Verfassungen, Band, IL 8. 1 — 118.
Die firüheren Verfassungen Frankreichs vor dem Jahre 1814
-gehiiren in der Gegenwart eigenthümlioh dem Gebiete der Ge-
schichte an, da die FransÖsische Revolution von €rmnd aus
nicht nur alle früher bestehende Einrichtungen vernichtete, sondern
auch den aus ihrer Entwickelung hervorgegangenen vier Haupt-
verfassungsgesetsen so wenig Festigkeit gewährte, dass sie als ephe-
mere Kinderder Revolutien mit ihr rasch verschwanden, nnd nur für
■das bürgerliche Leben mittelbar, wesentliche noch jetvt gültige Be-
4iiigungen ies titellteflu Aber der Geist des Volk« Jiatte dadurch
FraBkretch. 1?9
eine eo rerolutionnaire Riehtung erlangt, die tich darin gefiel,
beatehende Einrichtungen rasch umaugestalteo^ daiia auch selbst
der eiserne Zwang unter Napoleons Herrschaft diesen Sinn xwar
niedersuh alten, aber nicht su vertilgen vermochte. Daher konnte auch
die D/nastie der Restauration nur dann eine Sichemng ihrer wieder
erlangten Regierungtrgewalt verhoffen, wenn sie dieser Richtung
nachgab, und ein, neues Grundgesets als Grundlage des politischen
licbens gewährte, das völlig die vorgefundene Staatsform des Kaiser-
thums umwarf, aber sugleich aus den Verfassungsurkunden vom 3ten
September 1791, aus der Verfassung vom 24ten Juni 1793, aus
d^r Directorial- Verfassung vom 23sten September 1795 und aus
der Consular-Verfassung vom ISten December 1799 einselne 3e-
standtheile aufnahm, die dem Volke eine angenehme Erinnerung
gewährten, und doch jetzt durch die Reife der Erfahrung fQr
die Erhaltung der Würde und der Kraft der Monarchie sicherer
gestellt werden konnten) Namentlich wurde vieles aus der er-
sten Ck>nstitution der damals noch erhaltenen Monarchie von
1791 entlehnt Auf solche Weise sind gegenwärtig in Frankreich
als Grundgesetie des Staates su achten:
1) Die Verfassnngsurkunde tom 0ten April 1814^)^
entworfen vom Senate des damaligen Fransösisohen Kaiserstaa*
tes, niachdem derselbe die Absetsung Napoleons und seiner Dj-
nastie vom FransÖsischen Throne ausgesprochen hatte, 'und die
^Zurückberufiing der Bourbons duich die vier grossen verbünde-
ten Mächte vom ersten Range anerkannt war. Nach dersdben
berief das Französische Volk Ludwig Stanislaus Xa-
vier, Bruder des letzten Königs, und nach ihm die anderen Glieder
üesBourbonischen Hauses, nach alter Ordnung auf den Thron
des wiederhergestellten FransÖsischen Königreichs. Dadurch ist
anch das Salische Gesetzin Bezug auf die Erbfolge in FrankiFeick
wieder rechtsgültig geworden, und hat die Kraft eines Grundgesetzes
erlängt Dieses hatte aber seit der Thronbesteigung des Hauses Va-
lois (1328) erst durch Uebereinstimmung der Reichsständ« auf den
deswegen einberufenen Reichstagen die weibliche Linie gänslidi
von der Thronfolge ausgeschlossen. — Die vollziehende Gewalt
wird dem Könige übertragen, die gesetzgebende Kwiscbea
*) Bei Pdlitz a. a. O. n. 8. S5-87.
*
\
180 Fx an kr 6 ich.
dem Köoiget dem Senate und dem getettgebenden Körper ge-
theilt; doch die«e Bestimmungen und die meisten darauf folgen*
den GrundzQge sind entweder gänzlich geändert, oder do^h sehr
modüicirt durch das zweite Grundgesetz, die rem Könige Lud-
wig XVIII. frei gesehene Verfassung, daher auch staatsrechtlich
selbiit jron dem Könige la declaration du roi genannt
2) La Charte du 4. Juin 1814**), die am Schlüsse des
Eingangs ausdrücklich feststellt: „wir hi^en freiwillig und in
freier Ausübung unsrer königlichen^ Gewalt sowohl
für uns, als auch für unsere Nachfolger, auf ewige Reiten unse-
ren Unterthanen diese Verfassungsurkunde zugestanden, über-
geben und bewilligt." Und vorher: „wir verpflichten uns, die-
ser neuen Verfassungsurkunde getreu zu sein und behalten uns
vor, deren Aufrechthaltung bei einer neuen feierlichen Handlung
vor dem Throne desjenigen zu beschwören, weicher die Könige
und die Natioi^en in derselben Wagschaale abwiegt'^ ^
/
Die Zusatzartikel des zurückgekehrten Kaisers Napoleon vom
^S2ten April 1815, die vorzüglieh die Consularverfassung vom
Jahre 1709 im lluge behielten, sind als vorübergehend zu be-
/ trachten, -besitzen daher nur eine historische Merkwürdigkeit,
aber keine jetzt mehr verbindliche Kraft. — Die Charte von
1814 trat daher nach der Wiedereinsetzung Ludwigs XVIII. auf
den Französischen Thron im Juli 1815 unverändert zu ihrer Stel-^
lung als Hauptgrundgesetz des Staates Eurück. Die feierliche
Beschwörung desselben wurde aber von Ludwig XVIII. wegen
Beiner Gesundheitsumstände solange ausgesetzt, bis sie in den
letzten vier Jahren seines Lebens durch seine Günfälligkeit
wirklich unmöglich gemacht wurde, wenn sie als ein öffentlicher
Ceremonialact betrachtet werden sollte. Sie wurde aber von sei-
nem Nachfolger Karl X. hei seiner feierlichen Krönung zu
Rheims am 29ten Mai 18^ **) vollzogen« Als Eidbruch wurden
deshalb die für gänzliche Verletzung der bestehenden Verfassun-
gen ausgelegten Ordonnanzen Karls X. vom 25ten Juli 1830***).
^) Bei Pölitz a. a. O. II. S. 69- 93.
^) Neueste Staatsacten, Bd. L, Hfl. 1. S. 48.
♦♦♦) Pöliu a. a. O. II. SS-IOe.
Frankreich. 181
ftn einem Theile der legicim gewählten und einbemfenen De-
pndrten - Kaininer i^ngelclagt, und dadurch der Aufstand in Paria
md die Absetzung der älteren Linie Bourbon gerechtfertigt.
Dies fahrte die Erklärung der Deputirten* Kammer vom 7tea
Aug. 1830 herbei, die sich iodcss vollständig constituirt hatte,
rad zugleich durch die gebieterische Nbthwendigkeit gedrängt ala
Nationalyersamnilnng aufgctre^n war. Nach derselben wurde nicht
Mr der Franxösische Thron för erledigt erklär^ sondern auch we-
sentliche Abänderungen in der Verfaasungsurkunde von 18 14 gefor-
dert, die sofort an demselben Tage entworfen und dem Herzoge
von Orlemot um 7 Uhr^durch die Deputirten im Plenum überbraeht
worden. Vor der Annahme sämmtlicher Bedingungen und ihrer
feierlidien Beschwörung ybn ^er versammelten Kammer wurde
abhä|igig gemacht,, ob derselbe und seine männliclien Nachkom-
aen mit Ausschluss der weiblichen Linie fernerhin in Frank-
reich die königliche Würde besitzen sollten. Da diese Annahme
sofort erfolgte, und inzwischen' auch die Pairskammer *) mit
89 Stimmen gegen 13 um 0 Uhr Abends den Beschlüssen der
D^utirten* Kanuner beitrat^ so wurde durch die Uebereinstim-
Mang aller drei Theile der gesetzgebenden Gewalten ein neues
Hsnp^mndg^ets :
3) Die Constitutionelle Charte vom rten August 1830**)g
die in den Punkten allein gültige Kraft besitzt, wo sie die frühere
, .widerruft, und als eine weseptliche Ergänzung das Gesetz Über
die Pairskammer vom 29ten December 1831 ***) aufnahm.'
I
4) Da* Jüngste Grundgesetz ist die Acte vom 10. Apr. 1832,
welche CarlX. und seine männliche und weibliche Nachkommen
Mf ewige Zeiten von dem Französischen Boden verbannt —
*) Jedoch, war von dieser Beistimmnng ausgeschlossen die Tor-
derung der Depotirlen-Kaminer, dassdte von Karl X. creirten Paicz
•ofort aus der Pairie ansgesdilossen werden sollten.
% **) Pölita a. a. O. II. 109-ie. Balbi, Geographie p. 117-1)0.
•♦n PöUl» a. a. O. n. II6--18.
182 Fraakr«ich.
S. 1^.
Staatsform« Rethte der hSchsten Staatsgewalt
und der regierenden Dynastie. TiteL
Hofstaat Orden.
Die Staattform in ^ankreicii ist gegenwllrtig ftr all«
Theile des Reichs eine und dieselbe, und bildet einfe durch ein«
Constitution beschränkte Monarchie*), mit dem Titel Kö-
nigreich. Die Person des Königs bl unverletzbar uiid heilige
daher auch füf sich selbst ausser aller Verantwortung für die
Regierungshandlungen erklärt: aber seine Minister bleiben für
die Ausführung einer Jeden Maassregel Terantwortlich , und es
dlarf kein Gesetz, oder königliche Befehl ohne die Contrasig-
natur des dafür haftenden Ministers bekannt gemacht werden**).
Der König hat allein die vollsichei^de Gewalt; der König
ist das Oberhaupt >des Staates und fuhrt als solches den Ober-
befehl über die Land« und Seemacht, erklärt allein den Krieg,
•chliesst Frieden, Bündnisse und {UndelsrertrS^e, ernennt zu
allen Aemtem bei der StaatsTerwaltung, und giebt allein die
Verordnungen, welche die ungehinderte Ausübung der Gesetze
des Staats erfordern, ohne Jedoch Jemals d-ie Gesetze
selbst aufiuhelten, oder von ihrerVolIaiehung Beamte
'Und andere Individuen zu entbinden***). In Besug auf
*) Der Eingang der alten Charte vom 4(en Jaai 1814, welcher
eben das Verhältniss der di^ Verfassung freiwillig gebenden Dy-
nastie Bourbon aussprach, ist in der neuen Verf. vom 7ten Aagust
1630 als eine Verletzung der Nationalwürde gestrichen.
""*) Verf. vom 7ten August 1830 % 12; eben so Verf. 1814f.I3.
^*0 Bis auf den letzten mit Sperrsctirift gedruckten Zusats wa-
ren die vorangehenden Bestimmungen unverändert aqs §. 14. der
Verf. 1814 in den {. 13. der Vert von 1880 über|;egangen^ und nur
Frankreich; SgS
dia Bildiiiig Im Hmth üt die Cfewatt dei Küiiig« noeb beion- '
ivn dnrcb don Zucnts cl«r VerfHiong TOm Jahre 1830*) b»~
■chriakc wordm, dus uiiUBdiMk« Tiapjian dut renaÜK« »10«»
be*ODd«ren GeMisn, da« die 6«nakmif(aiij( »11er drü g«Mtigfl-
bcndett G«indMa «rluigt bUte, in dm StaktiditDst uifgenonuB«»
Verden dflrftea. I>er Kbnig hat du Recht ra beguAdigea nod-
4ie Str«fpa sa mildem**). Er eidieilt Bllein Orileii und Adali-
briefa naeb MiDem Betiabea, ■• «ie a aar MiM«Uieiiliab de»
Rüg «rh&bsii Icutn, jeiloeb mt d«; Beatimnung, ilui die alten
Adelatitel tot der Rerolution und die neuen wlhread dei Kai-
lerthuns ervoibenen ia ihren Rechten Terhiciben. Aber keiae-
Rangerhmiong duf tut agend eiiMr Befrmnng von d«ti Laate»
■ad den PfliiAtea der OewiUiehaft «erknit^ lain-"). Der KS~
■ig und aeiae NaeUolger aind veqifliditet, bei ihrer Tbronbe-
rte^aa^f vor dea bewten veoantBteltßa Kainaiem auf treu»
feeabachtnag der «»BaütatiaaaUMi Charte den. Cid mu leüten f)-
•B* dleaerdieWor^ Sicberbeit de> Siaaies nach AusCbunf; der
6e«eiae aaageUMeis weil diese (e»de *on dem Mioiatetiiun Carls X. •
>U CID Hoti* fdr die OidonoauzeD vom ^len Juli igjd ge-
braucht Taren.
•) ZumUi des ^ 18. der Tert Ton 1S30. Er war weniger «ur
faaacieUen Gründen berbeigefiibrl, als aus der Erinnerung, dau-
iBe Schweiier Trappen in der Jnli-Revotuiioa 1930 eben so hart-
Bickig. vie an dem ISien August HÜIr dos kSnigliche Haus und die-
Ebre ihres Eidee der Treue verttieidigl halten; ea war also inner,
wie es auch durchlas fn dermllitürischen Ordnung lip$i,'Ton analündi-
»ehen nur von dem Interesse d^sKirnig^abhängi^enTruppen keine Sym-
pathie nil der dl&atlichen Meinniig zu erwarten, wenigstens r— ■"■-
diete aich geradesu gegea das InleTeue des käniglicheu Hi
erUirU.
••) Tert T. 1630 5^58; unterändert «hon 5.67.derVerf.v.
***) Veri v< 1BM4.«I nnr«t«nderitdit>nS.71.d<rV«if.v.
i) Verf. V. 183» S- «ü. Bafür hiesa es in der Terf. v.
}■ 14, das« dieser Eid bei. der Feierlicltkeit der KrönuD« «eli
«erden eullte. £■ Mand als» in der Willkühr der Könige,
7*ii der Eideslei sinn; zu beMinmenr d« der Termin der Mroni
^Weaoaie u>a ibaea abbiag, nad anasAdem waren sie ntdu e
184 Frankr^ick
Die Geburt Ustimint über ige Tbroofolge, wttlelie ML 4er
Dynaftie Orleana im ManneMlanme nach dem Entgebiurtoreolite
TerUeibty jedocb mit iteter AoMeUieatung det weibÜehea Ge*
•chleohtf md deren Nachkl^mlinge *); die VelljährigkeiC
wird für den Thronfolger' mit dem Tiersebnien liihre, fibr
die übrigen Prinzen^ von GebUlt mit dem imrückgelegten ack't*
sehnten Jahre erreicht ber König aliein gewährt deli
Geeetien die rechtigttltige Sanetion und macht aie dffent*
lieh bekannt <"% Die Civiliiste des Königs, oder der flir
den Hofhalt aur antschlieulichen Verf&giing dee Königs be-
stimmte Theii des Staats- Ausgaben-Bndgets« wird für die ganae
Dauer der Regierung, gleich von der ersten getetigebeiiden Ver«
Sammlung nach der ThronLetteigung des Königs lesfge i teilt ***>.
Die gesetsgebende Gewalt tkeilt der König mit dea
Stellvertretern des Volks, die alle fittlnde gemeinschaftlich re-
praesentiren, aber in zwei Kammern ihre Sitsuagen halten, in dw
Chambre des Paira und in der Chambre dus Deputesf).
Eben so steht das Recht ein (Peseta vorsuschlagMi gemeinschaft-
Ihigt den Eid unter der Autorität der Kammern abzulegen, mid diese
«dadurch zur Controlle der wichtigsten Regierungshandlutig zu
berechtigeo.
*) Erklärung der Deputirtenkammer, al» NationalversainmloDg,
vom 7len August 1830 Schlnsssatz; Gesetz des Staats geworden
durch die Annahme der modificirten Verfassung des Herzog Lud-
wig Philipp von Orleans, als Hauptes der Dynastie Orleans, und
durch den Beitritt der Pairskammer zu diesem Akte, der noch an
demselben Tage erfolgte.
**) Verf. V. 1830 $. 18; eben so VerL v. 18I4,( 2X
*«*) VeK. v. 1890 §. 19; unverändert schon Verf. v/ 1814 §. ^
Sie wurde für den gegenwärtigen König 1830 nach sehr widerwär-
tigen Debatten, die nicht weniger als über eine Differenz von
14,000,000 Fr., zwischen 18 und 4 Millionen schwankten, darauf
mit 1*2,000,000 Fr. (3,240,000 Thlr.) festgesetzt: ausserdem für den Dau-
phin 1,000,000 Fr. (270,000 Thlr.) und nachdem er sich vermählt ha.
ben wird, ?,Opa,OOOFr. (540,000 Th.): allerdings noch nicht die Hälfte
der CivilliMe für Karl X. die mit de'tai^Etat des Herzogs von Angou-
lerne auf 3I,000»000 Fr. (8>370,000 Thlr.) bestimmt war.
^) Verf. V 3. 1880 S* Uf gleichlautend mit {. 15. in decVerf.
vom Jahre 1814.
^
Frankreich. 18S
li«h 4tm Könige und Jeder der beiden lEBiiiiileni.rsii^. Dm
v«a Kdnige rorgeiehUgene Gesists kann naeh feinem Belieben
in .ein« Ten beiden Kammern snergt eingebraeht, also gleiebsei-
tig ein Cieaetseavonehlag suerit den, DepaCirten, ein anderer
meist 4uk Paira Torgelegt werden, doch mit Ausnahme des Bud-
gets, das, wie in England dies gleichfalls Jedesmal suerst dem
Unterhanse übergeben wird, stets suerst in der D^utirtenkam-
mer berathen werden muss **): die Ton den Kammern selbst
durch ihre Mitglieder auerst eingebrachten Gesetsesrorsehli^;«
werden natürlich suerst in den Kammern, welchen, die Mit-
gUeder angehören, beratiien, und als vollständige durch die Ma-'
--JoritiU gefasste Besehlfisse «den anderen beiden gesetsgebenden
Gewalten yorgeiegt Jeder Gesetaesrors^hlag muss aber von der
Mafofit&t einer- Jeden der beiden Kammern, die mindestens aus
Mnem Bfi^ede mehr als die H&lfte der überhaupt vorhandenen
Depotirten nnd Pairs besteht, frei berathen und eben so frei
darüber abgestimmt werden: wird ein Gesetaesvorschlag von eir
ner düsser drei gesetsgebenden Gewalten verworfen, so darf er
in derselben Sitsung nicht noch einmal vorgelegt werden**^
*) Verf. V. J. 1830, §. 15. D}e8 ist eine der wesentlichsten
Veränderungeli der neuen Yerfassungsurkunde, da nach der älteren
vom J^ 1814» §• 16 die Initiative zu den Gesetzen ausschli^sslicb detai
Könige gebührte, und nach §. 18. dep beiden Kammern nur das.
Recht eingeräumt war, den König zu bitten, über irgend einen
Gegenstand ein Gesetz vorzuschlagen , wobei zugleich angegeben
werden durfte, welche Bestimmungen nach ihrer Ansicht das Gesetz
enthalten dnrft^. ^ ^
**) Verf. V. J. 1830, §. 15. Zusatz; Verf. 1814. §. 17 nnd §. 47*
«*«) Terf. V. J. 1830 §• 16 und 17. Der erste Thefl dieses
Satzes ist auch In der Verf. v. J. ]814, §. 18. enthalten, der zweite
Theil Ist aber eine wesentliche Beschränkung der königlichen Ge-
walt In der neuen Terfassungsurkunde, die inzwischen aus der
Theilung der Initiative folgt; sie bestand (ruher nach §. 30 und 31
der Yerf. Vi 1814 nur In Bezug auf die, von den ' beiden Kammern
ausgehenden Petitionen, un|l konate dann allein als eine gegensei-
tige Beschränkung di^esR^tes für die Pairs und DepuHrlen gelten«
^
186 Frankreich.
'Die Palrtkamner hat eine irMHge Umgeitaltimg jdvteli dte
Geset« Tom 29tett December 1831 erkatten *), indem daa Reelit
deF Erblichkeit ^leiee Theilf der geeetsfi^ebenden Gewalt mif-
gekoben, dafür die lebtßnsl&nglicbe Dauer ihrer W&rde eiogeffthrt;
und ttberdiea dbr freie Wille det Könige in der EmeiMinng so
dieiem Stande besehrftnkt, und an gewitse Klassen der Beamtea
und Notabilit&ten des Landes gewiesen ist Et blieben aber
fblgende Re«4ite der Pairskomraer, wie sie sehen in der Ver-
fassung Ton 1814 festgestellt waren, nnangetasti^: die Kammer
der Pairs ist ein wesentlicher TheÜ der gesetzgebenden Gewalt
Frankreichs; sie wird ron dem Klhiige stets an gleicher Zeit
mtt der Dcputirtenkammer berufen, so dass die Sessionen, beider
gesetzgebenden Gewalten an demselben Tage erdffbet und ge*
schlössen werden ^% Daher ist jede Session der Pairskammer,
die ausser der Versammlungsaeit der Deputirten stattfände, ge-
setzwidrig, und in allen ihren Verhandlun^n von Rechtswegeii
fttr null und nichtig ^erklärt; es sei denn, dass sie als €Mchte-
hof einbwufen wäre, in welchem Falle' sie aber aussehliesslick
mit Hchterlkben Functionen sich besch&fdgen moss**^ Als
Gerichtshof (la cour des Pairs) erkcAinen die Pairs ausschliess-
lich über das Verbrechen des Hochrerraths und über alle frevel»
hafte Unternehmungen gegen die Sicherheit des Staats, die in-
<^ß*mm
*> Dean der g. 68. der VerL v. 1830 süess sowohl alle unter der
Eegi^ng des Königs Karl X. ernannten Pairs aus der Kammer aus
(es waren deren 76), als er auch verordnete , dass der §. 23 in der
Session von 1831 einer neuen Prüfung unterworfen werden sollte, de»
ren Erfolg dann als Ergänzung dieser VerfStissung su betrachten wäre.
Dieser §. 23. lautete aber folgender Gestalt: „die Elnennung der
Pairs steht dem Könige von Frankreich zu. Ihre Zahl ist uneinge*
schränkt: der König kann denselben verschiedene Titel und Wür-
den ertheilen, und sie nach seinem Gutbefinden entweder auf Le-
bensdauer, oder mit dem Rechte der Erblichkeit ernennen.^
*'') Verf. V. 1830, §. 20 u. ^U eben so Verf. v. 18U, $. 24u.25.
♦♦♦) Verf. V. 1830 §. 12} davon weicht ab der §. K in der Verl.
V. J. 18149 di^ dem Könige uberhaiipt das Recht sugestebt, die
Pairskammer ausseroi-dentlich zu berufen, während in der neuen
Verl. der Zweck des Gerichtshofes lediglich die AldgUchkeil^ einer
besonderen Vcfeinigmig der Pairs erlanbCi
Frankreicli. . 187
swlMbea nodi dwoh ein ipMere» Gasels nwneDtlkh fafgtfilhrt
vwden ioUeB% •— Dit Prin^ea von Geblit finil Pnin diurdi
dftt Recht der Geburt uod nehmen ihren Sit« .unmittfdbar nach
dem Präsidenten ein» sie haben Zutritt in der Kammer**) mit
yirer Voüjfthrigkeit, die, wie eben geeagt, hei demThreofolgermit
den^ Ticnehnten Jahre, hei den übrigen mit dem smikokgel^eii
achtiehnten Jahre eintritt, aber eine berathende und entseheidenda
Stimme erlangen sie hier erst mit 25 Jahren. Die iibtigen f^aira haben
aehon jnit dem fiinf and zwanzigsten Jahre Zutritt zur Paimkammert
]edo<$h erst nach dem surftekgelegteo dreissigsten Jahre eine bera-
thende Stimme***). Dooh dürfte diese letateie Bestimmung nur jetzt
noch wenige Jahre lang ron staatsreehtiieher Bedeutsamkeit sein, so
lange es noch Pairpgiebt^ die dieses Alter nicht enreidit haben: aus dem
sp&teren Gesetze über die Emehnung der Pairs geht aber v^n selbst
hervor, dass höchst selten, oder nie der Fall eintreten wird, ^dass Je«*
mand im dreissigsten Jahre schon die Stufe der Notahilität erreiebt
haben, sollte, um' die Emennungsfilhigkeit zum Pair zu besitzen. Je*
der Pair kann nur auf Befehl dieser Kammer Haft erleiden, und darf
in allen peinlichen Sachen nur von ihr selbst sein Urtheil empfan-
gen f). Den Vorsitz in der Pairskammer fiihrt der Kanzler von
Frankreich ond in seiner Abwesenheit ein vom Könige dazfi
besonders ernannter Pair ff). Die Sitzungen der Pairskammepr
*) Verf. y. 183D, §.28, gleichlautend mit §. 33. derVerf.y. 1814. —
Der Mord des Herzogs von Berry durch Loavel 1830 gehörte ganz
«igenthömlich vor die Pairskammer, weil er als eine frevelhafte Ün*
temehmong gegen die Sicherheit des Staates betrachtet werden musste
**) Verf. V. 1830 S- 26 und Verf. 18I4> §. 30, Jedoch in der
letzteren mit der jet^ nicht mehr gültigen Beschränkung in §. 31i >
dass die Prinzen nur auf einen besonderen in einer Botschaft iür jede
Session ausgedrückten Befehl des Königs Sllz in der Kammer nehmen
durften, bei Strafe der INichtigkeit von allen in ihrer Gegenwart ver-
bandelten Beschlüsse:'^ dieser Zusatz war aber damals nur in Be«
Zug auf den Herzog von Orleans aufgenommen, weil man schon
damals seinen Anhang und Einflnss für den älteren Zweig des
königlichen Hauses befürchtet.
***) Verl: ▼. 1850. §. 24. gleichlantend mit §. 38. in d. Verf. t. 1814.
+) Verf. V. 1830, }. 29 und §. 34 d. Verf. v. 1814
H) Verf. V. 1830, S- 25, glelchUutead mU {• 20 d. Verf. v. 1814.
188 Eraak reich.
sind gegenwlrlig elien to Öffentlich, wie A)m der Depatirtpn-
Jcainmer *): sie köpnen aUo nur auf dai VerUngea v«a fünf Mit-
gliedern ia eis geheiines Comite Übergehen« *
Die Eniennvng der Pairt bot aber noch einen hdehit be-
deutungsvollen Kampf dar, der daa fernere Bestehen derselbea
überhaupt noch in Zweifel eetsen konnte , wenn man durch ein
eifiiget B^arren bei de? früheren Verfassung dieser Kammer
.dieselbe dein öffentlichen Widerwillen und "dier kaum su Ycrmei-
denden Gefahr eines neuen Aufstandes aussetzte. Drei Fragen
beschäftigten ^aher Frankreichs innere Politik vorsugsweiacy
nachdem die Dynastie Orions durch die Ableistung des Eides
auf treue Beobachtung der neu umgestalteten Verfassung vom
Oten August 183(^ im Schosse der yersammelten Kammern, sich
des Thrones von Frankreich Tersichert, ia Folge dessen über
a«di die Ausscheidung der 76 Pairs Tom fiten Not. 1827 **) «na
der Kämmer bestfttigt hattet Soli und kann die' Pairskammer
fernerhin noch aus erblichen Mitgtiedem bestehon, und wenn die
Erblichkeit aufgehoben wird, sollen die Mitglieder derselben auf
Lebensdauer, oder nur auf eine bestimmte Anzahl Ton Jahren
gew&hlt werden? Endlich wer soll wählen, der Monarch wie
*) Die Oefltentlichkeit der Pairsberathuiigen ist eiue wesent-
liche VeraBderung der Verf. T.lSSOrsie war ausdröckltcfa nach $.3%
der Verf. v. 1814 untersagt „alle Berathschlaguffgen der Kammer
der Pairs sind geheim.'' Pilo Sitzungen werden im Palais Luxem-
bourg gebalten.
*^ Unter diesen befanden sich 6 Erzbisch5fe, und auch von
den weltlichen Mitgliedern sollten nur diejenigen die Pairswürde
erblich (wie die Erblichkeit derseU>en nach dem Gesetz vom 24.
August 1815 nach dem Recht der Erstgeburt gehen sollte) erlangen,
welche ein Majorat von wenigstens 10»000 Fr. (2700 Thlr.) reinem
Einkommen in liegenden Gründen stiften konnten. Inzwischen wurd^
dem Yermögensmangel der* meisten dieser Pairs bald darauf von
Slaatswegen durch eine pevpetuir liehe Rente von demselben
Betrage aaf da» grosse Schuldbucb der Nation abgeholfen, die eben
so wie die liegenden Majorats«G runde unverkünU nach dem Rechte
der Erstgeburt vererbt werden sollte. ^
Frankreich. 189
frfiher, oder foU die Pairtkammer tidi telM mn beitiiiiMf«m
Notaktlitäten erg&Bien, oder toU diese Futtction dureli die Do-
patirtenlcaBimer yerrichtet Verden, oder gar, wie ea gegenwärtig
in Belgien geschieht» in den Departementr-Wahirersanimlungen
durch die Wähler gleichieitig mit den Wahlen der Deputirten
erfolgen, end bei lebentl&ngliei^er Dauer der Paicswirdt , lo o^
irgend eine iir dn bestimmtea Departement erledigt acin wird! -«•
Die Fortdauer der Erhliehkeit der Pairtkammer, ao n^eaendieh
sie aneh nur Consolidirung der Monarchie erschien, musste bald
selbst von ihren Vertheidigem ab unausführbar aufgraben wer-
den, weil die Blajoritit der öffentlichen Meinung su gewaltig da-
gegen andrängte, um nur die Elmennung auf Lebensdauer ^und
ihre aoaschliessliche Abhängigkeit Tom dem Oberhauple des Staa-
tes^stt retten, weil ohnedies die Pairskammer als ein nur dem Na«
Ben nach bestehender besonderer Staatskörper gelten, sonst aber
ihre grossartige Bedeutsamkeit rerliei^n und mit der Deputirtenkam-
mer Tdllig susammenfallen mnaste. Unter der sorgfältigsten Be-
räcksichljgttng soldier besonderen Umst^de*) l^te Casimir Pa-
rier, als Präsident des Miauter-Conseils am 27ten Augnst 1831,
das nene €resets aber die Ernennung der Pairs in unbesebränkter
Zahl auf Lebensdau^ aus bestimmten Notabilitäten (die bereits
oben $. 7. S. 59, genau aufgeführt sind) der Deputirtenkammer
Tor, und erlangte nach heftigen siebenwöchentlichen Debatten
am ISten October IS3I daselbsl seine Annahme mit 380 Stim-
men g^Mi 40; Naidi einem gleichen Kampfe in der Pairskam-
mer **), der hier Tom Idten November bis aun 28ten December
*) Casimir Perier erklarte in der Depuürtenkasnner ganz offen,
dass er hier gegen seine bessere Ueberzeugong einen GesetzesTor-
schlag einbringe, dass er aber dieselbe dem au laut ausgesproche«
■en WiUcn der Majorität im Volke zum Opfer bringen wolle.
> '
*♦) Ungeachtet der grossen Majorität der Deputirtenkammer lär
die Annahme des Gesetzes, war geringe Hoffnung es selbst in der
durch den Anstritt mehrerer CarlWa, die den £id der Treue gegen
Ludwig Philipp verweigert hatten, sehr geschwaditen PatrskasisKT
durch zubringen. - Perier musste daher gezwungen zu dem früher
mit 80 stärken Vorwürfen angegriffenen Mittel des ¥ilUlischen^ä&-
aisterinms schreiten, durch eine Ehkenanng von neuen Faira en - "
190 ' Frankreich. ' /
wAhrte, ging «i mit 102 Stimmen gegen 68 dureh« und erlangte
sofort durch die 'königliehe Sauction am 29ten Pecember die
Kraft einee Staatagrundgeietves. In demselben wurden sehliess-
lick noch als allgemeine Bestimmungen für die, künftig lu
ernennenden Pairs festsgeteilt, dass die Bedingungen der Zu-
lllssigkeit «ur Pairie durch ein Gesetz noch modiücirt werden
können, das« die Cri(iennung8 • Ordonnanzen die Dienste nament-
lich erwaJinen und sugleich die Titel anzeigen sollen, auf welche
die Ernennung gegründet wird, dass die Zahl der Pairs stets
unbeschrftnkt veVbleiben, dass ferner der Rang der Pairs unter
«inander nach der Ordnung Ihrer Erkennung stattfinden, und
endlich dass in Zukunft weder ein Gehalt, noch eine Pension«
noch irgend eine Dotation mit der PairswÜrde verbunden sein
•ollen*). — Die Pairskammer bestand im Januar 1834 aus 248
Mi^liedenu
Die Deputii^tenkammer wird aus den Deputirten lusam-
mengeseta^ welche von den Wahl-Collegien gewählt werden, deren
Organisation di^ch besondere Gesetse (if. §. 16.) bestimmt ist Die
Depulirten werden gegenw&rtig wieder aof fünf Jahre erwühlt**).
sich die nothwendige Majorität erst zu bilden. Auf sold^e Weise
wurden am 19ten November 1831 auf einmal 36 neue Pairs ernannt,
und sowohl diese, als auch die schon früher von Ludwig Philipp
creirten Pairs von der ErAillung der Bestimmungen des neuen Ge-
setzes ausgenommen.
*) S. d. Gesetz über die Pairie v. 1831 bei Pölits m. e. O.
8. 117. Die an die Pairs früher vergebenen Pensionen waren an-
lünglich unbeschränkt: durch das Gesetz vom ISten Febr. iSU
w^nrde aber bestimmt, dass keine neue solche Pension über l^OOd
Pres. (3240 Thlr.) jährlich gestellt« und dass der etwa noch vorkom-
mende Ueberschuss über diese Summe beim Absterben eines alten
Pairs dem Flscus anheim fallen sollte.
**) Beide Bestimmungen sind gleichlautend in der Verf. von
1830. f. 30 u. 31 und in der Verf. von 1814 §. 35 und 37) jedoch
ist in der Zwischenzeit die frühere Anzahl (1814) der Deputirten von
1156 seit dem Jahre 18^ auf 480 erhöht worden, und zwar 258 die
in den BezirJuversammlungeD der einzelnen Departements gewählt
I
Frankreich. 191
Jeder Depntirfe imitf w^nigatent ein Lebentiftlter von dreinsig
Jahren haben und 500 Free, (135 Thlr.) an directen 6run<lsteueTn
zahlen % Findend eich jedoch in einem Departemente nicht 50
Personen von dem angegebenen Alter, die sngleich die oben be-
•timmte Summe in directen Steuern entrichten, so soll ihre Zahl
aus den höchst Besteuerten unter jenem Steuerbeitrage ergäns^C
werden, aus deren Mitte ab« dann gemeinsohaftlich mit jenen
voll besteuerten Staats «Bürgern die Wahl vorgenommen werden
darf**). -— Die W.ähler müssen wenigstens das fünfundzw^tn-
sigste Jahr surückgelegt haben und 200 Frcs. (54 Thlr.) an di-
recten Steuern entrichten***). Die Präsidenten der Wahi-Coüe-
gien werden von den Wählern jedesmal ernannt j-). Wenigstens
die Hälfte der Deputirten muss von Wahlfähigen gewählt wer^
werden 9 und 17^ die aus den Departementsversammlungen der am
höchsten besteuerten Bürger ernannt sind, nnd ausserdem seit 1623 die
Bauer ihrer repraesentativen Function von fünf auf sieben Jahre
gesteigert gewesen. Im Jabre 1831 fand eine abermalige Erhöhung
der Zahl der Deputirten um '29 Ind. statt , so dass gegenwäi«ig 459
Mitglieder die Kammer bilden. \ '
*) Verf. V., 1630, §. 3d und das besondere Wahlgesetz» das erst
5 Monate später am SOsten Dec. 1830 den Deputirten zur Berathung
vorgelegt, und nach vielen Vorschlägen über eine noch grössere Verrin-
gerung des Census in der obageji Summe fef tgestellt wurden davon
' wich ab §. 38 der Verf. v. 1814, welcher ein Lebensalter von 40
Jahren und die j^hrl^che Einrichtung von 1000 Fr. (270 Xhlr) dt*
recten Steuern für jeden Deputirten vorschrieb.
**) Gleichlautend in §. .33 d. Verf. v. 1830 und in $. 39 d. Verf.
V. 1814 bis auf die im letzteren bestimmte Summe von 1000 Fr. Steuern.
***) Verf. V. 1830 §. 34 und Wahlgesetz; früher war das Alter
der Wähler auf 30 Jahre und die Summe ihrer directen Stenem
auf 300 Frcs. (81 Thlr.) bestimmt, Verf. v. 1814. §. 40.
i*) Verf. V. 1830 §- ^ Ganz entgegengesetzt war die frühere
Bestimmung der Verf. v. 1814 §. 41, welchf die Wahl dieser Präsi-
denten dem Könige übertrug und dieselben zu gesetzlichen Mitglie-
dern des OoHegiums machte. Dies wurde von der Regierung häufig
benutzt, zu den Präsidenten solche Männer zu wählen, die sie selbst
als Deputirte gewählt zu sehen wünschte , oder deren Einfluss auf
die Versammlung, wenn sie aus der Mitte der Pairs oder anderer
hoher Staatsbeamten gewählt waren, wenigstens die Wähler bestim-
men sollte, einen der Regierung ergeben^ Candidaten zu wählen«
192 Frankreich*
den, die ihren poliaschen Wohntits im Departemnnt habend
Der Prftfid«nt der Deputurtenkamnier wird von den Deputir-
ten leibit bei der Eröffnung einer jeden Sitiung erwähle**).
Die&itsnngen der Deputirten sind Öffentlich, jedoch reicht da«
Verlangen von fünf Mitgliedern hinsu, dass die Kammer sich in'
ein "^geheimes Comite verwandle. Nach der Eröffnung der
Seiiiion theilt sich die Kammer sofort in Bureaus lur ErÖrCe-
rung der ihr von dem Könige, von den Ministern oder sonst
anf gesetzmässige Weise vorgelegten Entwürfe ***)• Keine
Auflage Icann in Frankreich eingeführt noch erheben werden,
die nicht von beiden Kammern bewilligt und vom Könige
bestiegt ist: überdies wird die Grundsteuer nur auf ein Jahr be-
willigt; die indirecten Auflagen können zugleich auf mehrere
Jahre zugestanden werden f): über das Einbringen des Budgets
ist schon oben bei der Pairskammer berichtet worden. Der Kö-
nig beruft jedes Jahr beide Kammern ein, und bestimmt auch
eben so ihre Verta^ng: die Deputirtenkammer kann auch von
ihm völlig aufgelöset werden, doch muss in diesem Falle inner-
nerhalb drei Monate eine neue gewählt und zu einer Session ein-
berufen werden ff). Keine H|ift darf gegen ein Mitglied der
*) Verf. V. laao S* 36| übereinstimmend mit ]. 43 d. VerC t. 1814.
**) Yerf. T. 1830, S* 37. Dies ist eine sehr gcwichtvoUe Verän-
' derung der früheren Verf., nach welcher §. 43 der Präsident von dem
^Könige selbst aus fünf von der Kammer gewählten und repräsentirteu
BütgUedem ernannt wurde. ^
***) Beide Bestimmungen befinden sich ^eichlautend Yerf. v.
1630t §. 3d und 39 und YerL von 1814 f. 44 und 45, wo aber §. 46,
der jetzt aufgehobene Zusatz sich noch befindet: „keine Abänderung
kann in einem Gesetze getroffen werden, wenn sie nicht in einem
Ausscbuss vom Könige vorgeschlagen, nicht in die Bureaus gesandt^
und darin vorher beraihea worden ist*' Die Zahl dieser Bureaus
ist bis jetzt 9 gewesen, und zwar 'nach den 9 Hauptfächern der
Staatsyerwaltung vertheilt.
4-) Terf. v. 1830, §. 40 und 41, gleichlautend mit Verf. v. 1814,
• if. 48-49
-ff) Auch diese Bestimmung ilt unverändert in der Verf, v. 1830 ^
Frankreich. 193
Depatirtenkaiuiner v&hrend der Sitzungi noch in den tech«
Wochen vor und nach derselßen verfügt werden: eben so ve«
Big kann ein Mitglied Ivährend der Dauer der Session in Cri-
minalsachen, ohne vorher erfolgte Erlaubniss der Kan^mer, ver-
folgt oder verhaftet werden, es sei denn dass der Deputirte ai&f
frischer That festgenommen würde*). lede Eingabe an die eine
oder die andere Kammer darf nur in schriftlicher Form vorge^
legt werden; und es bleibt gesetzlich verboten , dieselbe in Per-
MQ vor die Schranken zu bringen **)• -^ Die Minister können
Ktglieder derPairs- oder der Deputirtenkammer sein: ausserdem
iiabea sie den Zutritt in beide Kammern***) und müssen, ge-
f. 42 and in der Verf. v. 1814» $. 5^ Der Fall ist z. B. ein^vtreteu
darcfa die AaflÖsungs-Ordonnanz vom SCen November 18279 die tu«
gleich die neuen Wahl - Collegien einberief und die Br^ffaung der
Siizongen der neu gewählten Deputirten auf den 5ten Februar 1896
fcststelhecx eben so wurde die Deputirtenkammer durch die Ordon<*
UBi vom Ißten Mai 18;)0 aufgelöst, die zugleich die neuen Wahlen
^ordnete und die Eröffnung der Session auf den 3tea August 18^
bestimmte. Die letzte Auflösung der Deputirtenkammer erfolgte am
SSten Mai 1834, obgleich dieselbe erst im Juli 1831 gewählt war, alsi»
fehlten noch 2 Jahre an der gesetzlichen Frist. Als Grund dafür
▼vrde angenommen , dass die Voti hing des Budgets das Ilauptge»
Schaft der Kämmet wäre, dass diese Itammer. aber 5 Budgets für
die Jahre 1831, 183% 1633, 1834 und 1835 votirt> also dieses Ge^
^äft schon fänfmal aufgeführt und damit die gesetzliche Frist tMT»
^t habe. Die neuen Wahlen erfolgten vom 21ten Juni 1834, und
ihr erster Zusammentritt war auf den 2CKen August 1834 angesetzt.
*) Gleichlautend in d. Verf. v. 1830, S. 43 n. 44 und Verf. v.
1914 {. 51 und 5% fis musste also in dem letzten Criminal-Pro»
ccsse gegen Audry de Puyraveau, wegen Theilnahme an einem be»
Migenden Schreiben gegen den Pairshof, als Richter ober die PaHser
»d Lyoner n. a. des Hochverraths Angeklagten, die Vollstreckung
,^ Unheils der einmonatlichen Haft vom Pairshof nicht nach
l>c«ndigter Session, sondern erst 6 Wochen nach Beendigung derselben
'hestimmt werden, weit der Verurtheilte ein Deputirler war.
**) Verf. v. 1830, S* 46, völlig übereinstimmend mit {. 63^ der
Verf. V. 1814.
***) Ganz entgegengesetzt der Englischen Verfassung, welche
Sclmbert's Bttttlftik If. 13
194 , F^ankreicli.
liört \rer<lon» so oft sie es verlangen.« Die Dcputirtenkammer
besitzt das Recht» die Hinister zur Verantwortung zu ziehen
und bei der Pairskamm er anzuklagen, die wiederum allein berech-
tigt ist, das Urtfaeil üb^r die schuldigen Minister zu sprechen *). *—
Die' Sitzungen der Deputirtenkammer finden im Palais Bourbon
stdtty oder richtiger gesagt^ auf dein Grande des vormaligen Pa-
lais Bourbpn, indem schon von Napoleon hier das Palais für
den gesetzgebenden Körper erbaut war. Die Aufsicht über
die laufenden Geschäfte führen zwei Quästoren, die vom Kö-
nige ernannt werden, in dem Gebäude selbst wohnen *und
ohne des Königs Erlaubniss sich nicht aus Paris entfer-
nen dürfen; sie veranlassen auch die aussei^rdentlichen Zu-
sammenber^fungen während der Session. Die^Protocolhe wer-
den abwechselnd durch vier Secretäre geführt, welche aus
der Mitte der Deputirten gewählt werden. Die Ordnung in den
Verhandlungen bei, jede^ einzelnen Sitzung wird nach der Zeit
d<^r Annahme derselben durch den Praesidenten bestimmt: sie bleibt
zur öffentlichen Bekanntschaft aufgestellt liegen, und jedes Mitglied
weiss daher, nach welcher Reihenfolge die Gegenstände zur B^rathung '
kommen, aber auch zugleich wie viel als Redner für, joder ge-
gen den vorliegenden Gegenstand sich bei dem Präsidenten ha-
ben einschreiben lassen. Es ist abef nicht nöthig, dass immer
iämmtliche angemeldete Rednw von der Kammer gehört wer-
den, sondern wenn der Gegenstand hinlänglich erörtert zu sein
scheint, ^ kann durch ein auf Mehrheit der Stimmen begründete
Forderung der Kammern der Schluss der Debatte und gleich d ir-
auf die Abstimmung verlangt werden, die gemeinhin bei weni-
gen Minister, dem nicht das Glück zu Theii geworden ist, als Peer
oder als gewähltes Mitglied des Unterhauses den Parlameutsverband-r
lungen beizuwohnen, ganz von der Theilnahme an der gesetzgeben-
den Gewalt in seinem Staate, ausschliesst. Der Französische Ge-
brauch ist aber als der bequemere für die Staatsverwaltung in die
späteren Verfassungsgesetze der übrigen constitutionellen Suaten
Europas übergegangen, wo mithin Minister und andere königliche
Commissarien, ohne das Recht der Standsctfaft zu besitzen^ in den
Verhandlungen als leitende Organe des Staats-Interesses bleiben.
*) Verf. V. 1830, §. 46 und 47 und Verf. 1814, §. 54 und 65.
Das einzige Beispiel ist bi* jetzt der Process gegen die Minister
Carls X. im December 1830 gewesei^.
FrmnkrciGlu 195
g&r wiekttgea Angelegenheiten dareh Sitsenblciben und Aufste-
hen geschieht: lätst sich jedoch dabei da« Resultat nicht sicher
übersehen» so wie fiberhaupt bei jeder bedeutenden PropoBition,
oder deren etnselnen Theilen, so schreitet man snm Ballotiren. Die
Beseitigung der ron der Kammer nicht su erledigenden Bittschrif-
ten uiul Beschwerden erfolgt entweder durch Verweisung der-
■eUien an die dabei betheiiigten Ministerien, oder durch das
Abbrechen der Debatte , indem man über dieselbe sur Tagfs*
Ordnung übergeht Die Dauer der Session ist nicht be-
stimmt, pflegt aber gewöhnlich sechs Monate su währen, doch
eher l&ager, als kürzer; dii^ snietit geschlossene hatte gans
genau diesen Zeitraum gehalten, indem sie am25sten December
1833 eröffnet und am 24sten Mai 1834 geschlossen war. Die ge-
genwärtige Sitsnng dauert bereits Ober 6 Monate, da sie am
Isten December 1834 eröffnet wurde und erst in einigen Tisgen
nach dem l&ten Juni 1835 geschlossen werden wird.
I
Was die Zahl der Deputirten nach ihren politischen Ver«
liiltnissen betriffi, so ist s^phen seit mehreren Sessionen gleich
SU Anfang derselben eine eigene Wahlstatutik von den Öffentli-
chen Blättern bekannt gemacht worden*). Im Jahre 1827 wa-
ren in dem letiten Verwaltungsjahre des Ministeriums Vill^le
▼on den 430 Mi^liedem 175 besoldete, 162 nicht besoldete
Beamten**), also im Gänsen 337 Beamte und nur 93 gänslich
unabhängige Deputirte. Im Januar 1834 waren bei der gegen-
wärtigen Zahl von 459 Deputirten 127 besoldete Civil*Beamte^
41 Offieiere des Heeres und der Flotte, also nur 168 im Dienste
des Staates stehende Beamte, ansserdem 43 Advokaten, 50 Kauf-
leote und Fabrik -Besitser^ 0 Aerste, 3 Notare und 186 Gründ-
*) TergL M. F. Chätelain» la itatistiqne de In chambre des De-
po!^ Paris 1835.
**) ÜBt^r denselben waren 3 dirigirende Minister mit dem Por-
tefeuille, 6 Staatsmini sier, 7 Generaldirectoren, ^ Gesandte, 11 Slaats-
r&the, 7 Maifres des Reiiu^es, 16 Gerichtsprisidenten, 19 General-
ndvocaten, 17 Präftcten und ünferpräfecten, 1] Präfeclnrbeamle,
49 Generale und^Staabsofficiere, 34 Finanz- und andere Beamte ei-
nes niederen Grades.
12*
196 Frankreiolu
«igenlliüinflr, nur Ton 'Renten und der Bewirthschftftnng ihrer
liegenden Besitzungen lebend , algo 291 Mitglieder ohne abhan-
gige Beziehung gegen die Staatsverwaltung, Bei der neu im
Juni und Juli des Jahres 1834 gewählten Kammer uibe/r än-
derten sich diese Verhältnisse günstiger lür die Majorität der
bestehenden iStaatsverwaitung. -Denn es wurden su den 450 De-
putirten 207 besoldete Civil-Beamto, 49 OfÜeiere des Heeres und der
Flotte gewählt» also 258 Staatsdiener oder 28 über die Hälfte sämmt-
lieber Depntirten. Ausserdem wurden 40 .Advokaten, 44 Kauf-
leute und Fabrik-Besitzer, 6 Aerzte, 1 Notar und 112 Omndet-
genthümer der oben näher bezeiehneten Classe ernannt, also
nur 201 liicht in nothWendiger Beziehung gegen das Ministerium.
Nach den vier jetzt in Frankreieh bedeutsaiuen politisehen Frac-
tionen waren sie dergestalt getheilt, dass 258 ministeriell, 59 dem
tters.parti, 37 den legitimistisehen Ansichten, und 105 der stark
liberalen Opposition zugehörten; also ^wo die Männer des tiers
parti sich mit den Ministeriellen vereinigen (317 gegen 142) mochten,
atand eine Majorität von 175 Stimmen gebildet Die Zahl der
Gesammtwähler betrug 1834 im Juni 170,146 Berechtigte, davon ,
haben aber nu)r 129,401 Stimmen wirklich an den Wahlen der De«
putirten Antheil genommen, so dass das Interesse am Öffentlichen Le*
ben in Frankreich gegenwärtig doch schon so weit in der Abnahme
ist, dass 'beinahe ein volles Viertel der Wähler seine Rechte
nicht wahrnahm. Die ministeriellen Deputirten -erhielten 45,078
Stimmen, die Anhänger des tiers pani 11,260 Stimmen, die le-
gitimistisehen 5,644 St und die änssersten Oppositions- Deputir-
ten 16,568 St, Verhältnisse, die >kaum>*mehr als zweideutige Aus-
sichten für eine noch lange fortdauernde Verdieidigung der doo-
trinären Ansichten durch di« (öffentUiche Meinung gewähren. —- .
Als allgemeine Bestimmungen der Verfassung für die Fest*
Stellung des Verhältnisses der höchsten Staatsgewalten gegen
das Volk sind no^h zu bemerlLen, dass die Staatsschuld unter
eine allgemeine Garantie gestellt und jede Art von Verbindlich«
keit des Staats gegen seine Gläubiger unverletzbar ist, daks der
Code civil .und alle Gesetze, welche der Verfassungsurkunde von
1830 nifht zuwider laufen, so lange in gültiger Kraft verbleiben,
i\% dass sie durch neue Gesetz»/ aufgehoben werden , dass die
Colonien nach besonderen Gesetzen regiert ^werden sollen,
also auch keinen Anspruch auf Theilnahme an der gesetzgeben-
Frank r^icb. 197
r
4tsk Gewalt Franknielit nehmen dftifenv und endiieli dast die
CoottitationtiiTkinide selbst und alle durch sie gdieiligtieii Rechte
dOTi/Vaterlandstinne, sowie dem Muthe der Nattonidgardeii und
aller Französischen Bltrger anvertraut bleiben *) ''l
Als besondere Bestimmungen»^ die in mdglichst kursfr Frist
durch eigene Gesetaie als Ergänsungen der Verfassung hinzuge-
fügt werden sollten» sind am Schlüsse des Grundgesetzes ron
1S30 sehen angedeutet: die Anwendung des Geschwome^igerichts
auf Pressrergehen und politische Verbrechen, die n&hereo Be- '
Ziehungen der Verantwortlichkeit der Minister und der übrigen
Staatsbeamten , die Nothwendigkeit der Wiedererwählung der
Depntirten» wenn sie besoldete Aemtec von der Regierung er-
halten, oder auch nur befordert werden *^), die Organisation der
Nationalgarde, mit der Th eilnah n^e der Gardisten an der
Wahl ihrer Officiere, Departemental- und Municipal-Iostitutio« .
nen, gestützt auf ein Wahlsystem (davon im folgend. §. 16).
Ueber die genannten Gegenstande sind hereits in den Jahren
rSSO— ^33 von den drei gesetzgebenden Gewalten iu Ueberein-*
Stimmung besondere Gesetze erlassen worden. —
Der Titel des Königs ist seit v der Restauration sehr ein-
fädle da das ifi^derhergestellte Königreich als ein in sich abge-
sehlessener Staat angesehen wurde, auf dessen frohere Entate-
hung und Berechtigungen nicht weiter Rücksicht zu nehmen
angemessen schien. Ludwig XVtll. nahm daher nur den Titel eines
Königs von Frankreich und Navarra an, den auch Karl X.
fortfiihrte: ausserdem wurde das frühere Prädioat eines aller-
christlichen Königs wieder aufgenommen, und von dem Papste Ins-
besondere die Benennung des erstgebomen Sohiies der Kirche, von
M Diese Bestimmungen sinrd enthalten tn den f. 59, 61, 64 u. 66
d. Verf. V. 1830; eben so bis auf den letzten Zusata über die Ver-
Uieidignng der Coiistitntlon auch bereits in dem §. 66, 70 und 73
der Verf. v. 1814.
t
*♦) Dies wurde so weil ausgedehnt, däss SQ^r bei der Beibe-
haltung derselben. Charge eines Bot^cbafters oder Gesandten [erätei
Clas^e, die Versetziing des Grafen Sebastiani von Neapel (denn FranI: -
reid» halt an» Verwand tsdiaflsverhäUnissen an diesem Hofe eine"
Botschafter) nucti London im Jahre IdSSy nach dem Beschlüsse d^r
Deputirtenkamn^r, eine neue Wahl nothwendig machte.
/
198 ^ Frankreiclu
dem Saltme die 4m Tadbdbahp voo FfaKkrekh, wa eipen ihm
f^leichitelMOdMi R«ag «i beseiohvto» gebraucht Seit der Ver-
faffOQg Tom 7Cea AiigiMt 1830 gelten ober diese Titel als ent-
würdigend für die Nationalehre des Fransdeischen Volkf , und
jetit füHrt der Monareh nur den Titel König der Fransosen.
Der älteste Sohn und Throi^olger des Königs führt den Ti-
tel Herzog vdn Orleans, so dass die wohl im büigerlichen
Leben noch vorkommende Benennung iti Dauphins nur eine
Erinnerung an die früher Übliche gewährt, aber nicht mehr
staatsrecbtiich besteht Die jüngeren Söhne führen nach der
Ordonnanz vom 13ten August 1830 nicht mehr das ihnen
früher sugetheUte Prädicat Fils de France, sondern nur den
eines königlichen Prinzen und den ihnen besonders vom
Könige namentlich zugetheilten Tittl, wie gegenwärtig den
eines Herzogs von Nemours, eines Prinzen von Joinville,
eines Herzogs von Aumale, i eines Henogs von Montpensier.
Die Schwester und Töehter des Königs heiisen königliche Prin-
zessinnen von Orleans.
' Das Wappen, das seit acht Jahthunderten bis zur Revolu-
tion Frankreich repraesentirte- und von Ludwig XVlIl. wieder be-
reitwilligst aufgenommen wurde, die drei goldenen LiUen in ei-
nem blauen Schilde, ist durch den Sturz der älteren Linie Bour-
bon ganz beseitigt, und überall fast mit einer gesuchten Barba-
rei selbst auf den öffentlichen Denkmälern vertilgt Dafür ent-
hält jetzt das Stastssiegel nach der Ordonnanz vom I3ten
jl^ugust 1830 ein geöffnetes Buch mit den Worten Charte
de 1830. lieber denselben befindet sich die geschlossene
Krone nebst dem Scepter , und der Hand der Gere^tigkeit in
einem schrägen Kreuze uud die dreifarbigen Fahnen hinter dem
Wappenschilds. Die drei Farben, blau, weiss und roth, die ei-
gentlichen schon im Mittelalter gebrauchten Farben der Stadtge-
nieine Paris, die während der grossen* Revolution die weisse ver-
drängten, und als Nationalfarben sich auch unter dem Kaiaer-
thume erhielten, hal>en im Jahre 1830 gleichfalls wieder den
Sieg über die weisse errungen und sind fogar durch dasReichs-
giWdgesetz vom 7ten August 1830 als die allein rechtmässigen
erklärt, indem ausdriicklich verboten ist, in Frankreich künf-
tighin eine andere Cokarde, als .4ie dreifarbige $u^ tragen *|.
♦) Verf. v. 1830^ §. 67.
Frankreich.
199
Der Hofstaat, der gleich mit der ^Vi^derherstellung der
Monarchie unter Napoleon wieder tehr glftnsend und sahlrmch
geworden war, erhielt eine noch gewichtvollere Bedeutung un-
ter Ludwig XVIII. und Ciurl X £r zerfiel in den Civilhof-
Staat und in den Milit&rhofstaat, von welchen der erstere
seit 1820 wiederum in sechs Stäbe getheilt war, den det Gross«
almosenierSy des Oberhofnieistera, des Oberkammerherm , des
Oberstallmeisters, des Grossjftgermeisters und des Ober-Ceremo*
nienmeisters; der BfilitÜrhofstaat bestand aus vier Compagiiien Leib-
garde, bei welchen die Gemeinen Officiersrang, die Offiejere Ge-
neralsrang besassen und die Chefs der Comj^agnien. aus der Reihe
iler zwölf Marschälle Frankreichs gewählt wurdei). — Unter der ,
Dynastie Orleans ist der Hofstaat einfach und mehr militärisch
gei¥orden, zum Theil mit Nachahmung des Napoleoni4chen.
(n den nächsten Beziehniigen zn dem Könige stehen die
fünfzehn General - Adjutanten von den verschiedenen Truppen-
theilen des stehenden Heeres, der Marine und der Nationalgarde:
dieselben haben als G^ülfen in der Ausübung des Dienstes beim
Könige zwölf Ordonnanzofficiere. Die Geschäfte des Oberhof*
meisterstabes werden Jetzt durch den General-Intendanten
der Civilliste verrichtet; ein Oberstalimeister ist ^n der
Spi^ des Marstalles geblieben, und ein Cabinetssecretär des
König» der Expedition der königlichen Cabinetsschreiben vor-
gesetzt. Eben so einfach ist aiichNder weibliche Hofstaat und
bei den Prinzen von Geblüt sind die qächsten Umgebungen gleich*
falls aus dem Militärstande gewählt und mit dem Charakter
als General - Adjutanten und Adjutanten chargirt -Als Resi-
denz wird jetzt ausschliesslich der Palast der Tuillerien zu
Paris gebraucht, als Sommeraufenthalt und Lustschlösser über-
haupt werden die Schlösser zu Neuilly, -St Cloud, V^crsaillee^
Fontainebleau, St Germain und Conipiegne benutzt —
Von den früheren königlichen Orden zur besonderen Aus-
zeichnung für tr^ue Anhänglichkeit ,an die regierende Dynastie,
grosse .Verdienste um den Staat, Wissenschaften, Künste und
Wohlstand des Landes sind die älteren vor der grossen Revolu-
tion gestifteten, in der Revolutionszeit am ÜO^ten Juli I7DI auf-
gehobenen, aber durch die Bourbons seit 1814 wieder restaurir-
ten, in Folge der Juli-Revolution 1830 vermöge einer beson-
de»;n königlichen Ordonnanz vom lOten Februar 1831 nbeniiuls
aufgehoben ;*und nur die von Napoleon gestiftete Ehrenlegion
200 Frankreich«
iflt rerfatfimgim&sslg ton den BourboRs mid auch gegen-
wärtig TOB dem Haute Orleans beibehalten *). Doch müsven
diefo altem Orden hier noch ' aufgeführt werden, weil viele Rit-
tet derselben in und ausserhalb Frankreichs leben und diese Orden
sdbttTOB.den anderen Staaten noch anericanut Verden. Es sind:
l) Der Orden des heiligen Geistes, dem Range nach
der am höchsten gestellte Französische prden, von König Hein«
rieh III. 1578 gestiftet sum Andenken an das Püngstfest, weil
er am ersten Piingsttage zuvörderst König von Polen und wt^
der an einem solchen Tage ^Öfug von Frankreich geworden
war. Dieser *Orden wurde nur sehr spärlich an souveraine Far-
bton» deren Thronfolger und die höchsten Stnntsbeamten des In- und
Austandes vergeben, und snrar mit der Beschränkung, dass nur
loa InÜnder in denselben als Ritter aufgeuem^ieli werden durften.
2> Der Orden des heilig.ett Michael, der älteste Frän- '
BÖsische Orden, war bereits 1469 von Ludwig XL dem heiiigen
Michael, ^is Schutzpatron von Frankreich, zu Ehren gestiftet^
wnrde voA Ludwig XIV. 1605 «meuert und von Ludwig XVIIL
erst IS 16 für Prankreich wieder hergestellt, obgleich ^ihn noch
während seines Aufenthalts in England an' mehrere Engländer ver-
cheHt hatte. Die Anzahl der Ritter dieses Ordens blieb gleich-
, falls ai^ 100 Mitglieder beschränkt, und er wurde vorzugsweise
für auegeseiehnete Entdeckungen und besonders für talentvolle 6e-
(ehrte und Künstler bestimmt Wer den ersten Orden des hei-
ligen Geistei aber erhalten hatte, war dadurch zugleich Ritter
^ des^ heiligen Michael geworden.
3) Der Orden deu heiligen Ludwig wurde 1693 von
Lddwig XIV. zur aufmunternden "Belohnung rühmlieher Anstren-
gungen im Kriegsdienste g^andet, aber weil dies schon nach
der Auf^ung des Ediets von Nantes erfolgte, nur für [Beken-
■ ner der Römisch • Catholisohen Kirche bestimmt. Bei seinrer
Erneuerung durch Ludwig XVIIL am 308t^n Mai 1816 wurde die-
, ser Orden in drei Classen erweitert, Grosskreuse, Comman-
denre und Ri^tter^^fur die' erste Clasae wurde die Zahl der
♦) Verf. V. 1830, §.%63, und yerC v. 1814 §. 72. *
FranJcreich. Ml
Ki«t«r auf 40, ftir die swdte suf 80 fet^eiMlf, Ar 4ie Mtto
* bikb dieselbe uubetehränkt AnOtn^ch lag b^ der ReetnuratUn-
dieses Ordens die Nebenabsiebt verborgehy dureb ihn alhnählieh
die Ebrenlegiea so ersetzen^dnden man denselben ausschliess-
lieb als Belobnirag für ansgezeiehnete Diätste zu verg||Mn be-
irchloss: er wurde aber bald häufig auch an Ritter der Ehrenle«
gien vergeben, und so' umgekehrt von den Ludwigsrittem die
Decoration der Ehrenlegion erworben. Für die Protestanten,
die seit Ludwigs XV. Theilnahme an dem Oestreiehischen Erb-
folffekriege und dem darauf «folgenden siebenjährigen Kriege
wieder hftuftger im jßranzIMisehen Heeresdienste. Anstellung £an<^
den, würde «Is eine besondere Abtheiluag des Ludwigsordens^
die aber in gteiohem Range stand,' der Orden du merite miHtaire
1759 gestiftet; der gleichfalls von Ludwig XVIH. am 258ten No-
vember 1&14 erneuert, in drei Classen (4 Orosskreüze, 8 Com-
ijiandeure, und eint unbeschränkte Anzahl der Ritter) getheilt und
namentlich an ausländische Ofßciere der verbündeten Heere in den
Jahren 1S15«— IS vergeben ist .
4) Der Orden des heiligen Lazarus, von seiner ersten
Begründung uns nur mit ungewisaem Stiftangsjahre bekannt;
' . wurde von König Heinrich IV. lOQS mit dem von ihm neu ge-
stifteten Orden unserer lieben Frauen vom Berge Carmel verei-
nigt, und als ein Hausorden, an gMStliohe und weltliehe Mitglied-
der ^ertheiit Seit dem Jahre 1789 ist er nicht mehr nea ver-
geben^ ab^ seil 1815 von dem älteren mit demselben decorirten Rit-
tern wieder getrageft worden, olne dass sich die beiden Könige
X^dwig XVlIl. und Carl X. bestinutat weder über seine völlige
Wiederherstellung, woA über sein beabaiohtigtea Erlöschen er-
klärt hattui. «-«
Der jetzt für Frankreich alleip hest^ende und fortdauernd
für belohnende Anerkennung jeder. Art d^9 Verdienstes um den*
^ Staate um Wissenschaft und Kunst auazutheilende Orden ist die
Decoration der königlichen Ehrenlegion. Sie wurde von Na-
* poleon während seines Consulats 1802 dem gesetzgebenden Kör-
per vorgeschlagen und von demselben angenommen, so dass die
föimliohe Stiftung derselben am lOten Mal 1802 vor sich gehen
konnte» Sie wurde ^ich änflbiglich in 5 Classen getheilt,
Grosskreuze, ^Grossoffietere, Commandeure, Officiere und Ritter,
i
902
Frankreich.
^ ^
vmi weldien. üe fünfte seit. 1802, die drM darauf folgenden bereit!
18Q4» die erste nur eeit 1805 veigiBben wurden, sämmtlicli aber» ohne
auf eine bestimmte Anzahl dbr Mitglieder beschränkt zu sein, für In*
l&nder mit einer lebenslänglichen verschieden abgestuften Pension
Terknttpft waren *). Die königliche Verordnung Ludwigs XVIII. vom
26sten Mars 1816 setzte, statt des Kopfes von Napoleon auf die
Avei-sseite des Sternes den Kopf Heinrichs IV., als des Begrün-
ders der D/nastie und des populärsten Königs von Frankreich»
Die Zahl der Grosskreuce wurde zugleich auf 80, der Gross*
Officiere auf 160, der Commandeure auf 4(^0, der Ofiiciere auf
2000 .fes^esetst, mit Ausschluss der aa Prinzen von Creburt and
Ausländer vergebenen Decorationen, nur die der Ritter blieb un-
beschränkt In Friedepiszeitea kann die unterste Classe des
Ordens nur nach fünf und zwanzigjährigem vorwurfsfreien
Dienste ertheilt werden^ worauf dann der Ritter für ganz beson-
dere Auszeichnung in der Reihefolge von 4^ 2, 3 und 5 Jahren
zu den höheren und höchsten Graden hinaufsteigen kann. Zwei
Haupternennungen erfo^^ten Jlhrlieh am Isten Januar ufid am
Heinrichstage den löten Juli als dem Ordensfeste«' Das Gesetz
übe^ die Stufenfolge und die Zahl der Mitglieder der obe-
ren Classen wurde aber unter den Bourbons bereits jähriick
mehr überschritten, und ist noeh mehr unter der {gegenwärtigen Re-
gierung Ludwig Philipps I. durch die starken V^theüungen der
Deeorationen bei jeder Revue der Nationalgarden, oder ^ines
zusammengezogenen Lagers der stehenden Truppen, oder einer
Bekämpfung der vielfachen revolutionären Reaetkinen völlig
ausser Acht gelassen, so dass dieses Institut g^nz zu der Ein-
richtung #ie in den ersten Jahren Napoleons zurückgekehrt ist,
a1^ die Zahl seiner Mitglieder ausserordentlich vervielfältigt hat
Es war daher auch ganz eikläriich, dass mit I§30.s6hr häufig
die Ehrenlegion ohne Pension bew^ligt wird, weil mehr die An-
hänglichkeit an die herrschende Djnastie, als bereits geleistete
Dienste um den Staat belohnt werden sollten. Daraus musste
aber das Gesetz vom 2 Isten April 1832 als eine nothwendige
Folge hervoigehen, indem künftighin in Friedenszeiten nur so
^ *) Als aasserordeo fliehe Belohnung der Ritler dieses Ordens
sind auch noch die beiden Erziehungsinstitute für ihre verwaisten
Töchter zu Eeouen und St Denis' anzuführen. — *
Frankreich. WS
viel Deeprationen mit Gehalt rertbeHt werden tollen, als der
dritte Theil der durch SterbefUle jfthrlieh erledigten Pentienen
der Ehrenlegion betragen wird. — Die Zahl sftmmtlieher Mit-
glieder der Ehrralegioi^ war am Isten Januar 1831=42,8^ da*
nuiter 90 Grosskrense. Zwei Jahre spftter war gie achon in der
ahtolnten VergrdMerong um den tiebenten Theil gewaehten, nach
Abrechnung der Tielen TodeaflÜley die ausserdem in diesen bei-
den Jahren oiTene Stellen in der Ehrenlegion verschafft hattmi;
sie betrug 49,260 Mitglieder, darunter 106 Grosskreuse. Noch
ehe abermals swei Jahre vergangen waren, hatte die Zahl sich
schon wieder beinahe um 1000 Ritter vergrössert; denn sie stand
am Isten October 1834 auf 50,008 'Mitglieder, darunter 104 Grocs-
kreuze, 204 Gross -Ofüciere, 827 Commandeure, 455S Ofifieiere
und 44,318 Rittern. Von diesen hatten 26,363 Büßlieder Pen-
sionen, in Summe 8,474,000 Fr. (2,287,080 Thlr.); eine fast eben
•0 grosse Zahl keine, nemUch 23,545 Mitglieder.
Als eine ausserordcBlliohe Belohnung für bewiesene Ausseidi-
auBg in den Julitagen des Jahres 1830, also vorsugsweise für
die Bewohner der Hauptstadt und der sich damals daselbst auf-
haltenden Franxosen, ist durch das Geseti vom 30sten December
1830*) das Jttlikreus festgesetst, welches aber natürlich nur als
vorübergehend ansusehen ist und fernerhin nicht mehr vergeben
werden kann* Es erfalgtiB die Verleihung an 1551 Individuen. •*•
S. 14;
Von dea Rechten der Stande.
*
Rauter (Prof. v. Strassburg) Uebersicht des Gesetses über
die Departements- und Bezirksräthe vom 22ten Juni 1833 in
Zachariae und Mittermaier's Zeitschrift für ausländische Rechts-
wissenschaft VI. Heft, und einige andere hieher gehörige Auf-
«ätse in dieser Zeitschrift -—
*) An diesem Tage wurde es der Depuürtenkammer vorgelegt,
am I9len Apr. 1831 genehmigt von allen drei Theilen der gesetzge-
benden Gewalt öffentlich bekannt gemacht.
2N FraBkreich.
' Sdion aus §» 7. (S. 54—61), wq ron den allgemetaeii SfüUi-
deverhältnisien unter einander gesprochen wurde, geht hervor,
dass in Frankreich in staatirechtlicher Besieh ung es nur einen
Stand giebt, dessen Rechte, sumal da gegenif artig auch der erb-
liche Stand der Paira aufgehört hat, völlig gleichgestellt und
in dem Grundgesetse der Verfassung enthalten sind. Denn der
erste Altschnitt der Constitutityi von 1 830, welcher in 1 1 §§. da«
Staat8re<*ht der Franzosen darlegt, umfasst dieselben vollständig:
alle FraiMiosen sind vor dem Gcfsetse gleich, ihre Titel und
Rang seien übrigens, welche sie wollen: sie tragen ohne Uh-
terschied nach dem Verhältniss ihres Termögens su den Lasten
des Staates bei, und können eben so ohne allen Unterschied su
allen Oivil- ubd MilitärUnitern gelangen % Die individuolle
Freiheit jedes Franzosen bleibt unter dem Schutze des Staates
garantirt, so dass Niemand in Frankreich vexfolgt oder verhaftet
werden kann, es sei denn in den durch die Gesetze vorgeschric^
benen Füllen und nach der daselbst bestimmten Form: ^s darf
daher jeder mit völliger Gewissensfreiheit und gleicher Berechti-
gung seine ^ Religion ausüben, und erhält für den öffentlichen
Gottesdienst den gleichen Schutz des Staates **), Nicht minder
haben die Franzosen ein unbeschränktes Recht ihre Meinungen
öffentlich bekannt machen und drucl^en zu lassen, wenn sie die
dafür gegebenen speciellen Gesetze beobachten: die Censur soll
aber niemalt wieder eingeführt werden ***). k.-^^
♦) Verf. von 1830, §. 1—3, gänzlich Gberoinstimmend mit §.1—3
. der Verf ^v. 1814. Der Hofdienst blieb hier, wie in den meisten
Staaten Europas, factisch dem ^del ausschlies^ich vorbehalte^ : aber
nur missbräuchlich geschah es, wenn 'unter Carl^. der Adel vor-
zugsweise bei den höheren Civil- und Militär- Verwaltungsstellen be-
rücksichtigt, und bei den höchsten Aemtcrn der verschiedenen Zweige
der Staatsverwaltung [iaum ausnahmsweise ein Nicht-Adclicber zuge-
lassen wurde; doch gerade diese Hintenansetzung einer so wesentlichen
Bestimmung der Constitution von 1814 steigerte ausserordentlich die
Gährung in Frankreich, besonders seit 1824.
••) Verf. V. 1830, ?. 4 u. 5 und eben so Verf. v. 1814 §. 4 u. 5.
Die Verstösse dagegen sind schon oben S. 69 angeführt. —
*^*) Bis auf den Zusatz über die Censur sind beide Bestimmun-
I
Frankreich. SOS
Alles £i^|;eiitkiim iit ohne Aufnahme «lesjenigeny das man
Nationaleigentham nennt, unverletxltcb, da «las Gesetz zwischen
beiden keinen Unterschied machte Aber der Staat kann di^
Anfopfemng ekies Eigenthums für ein gesetzlich ^ erwiesenes
Staatainteresse Verlangen, jedoch muss dann daf&r eine Toilig
aosreiehende Entschädigung dargeboten werden*^ Die militH-
riache Conscription der Revolution und des Kaiterthums ist yer-
fassungsmässig abgeschafft, und die Erg&nzung des Landheeres
und der Flotte wird jedesmal ^dureh ein Von den drei gesetzge-
gen in §b 7 der Verf. v. 1830 «nd §• 8 der Verf. v. 1814 entbaUen ^
der Zusatz ist aber nur jenem §, dgenthamlich. Die Censurvor-
scbriften waren unter der kaiserlichen Regierung äusserst strenge
(gewesen y um so willkührlicher bewegte sich die frei gewordene
Presse in den ersten Jahren der Bourbons, und veranlasste ein aus-
serordentliches Schwanken in der Pressgesetzgeburig, bis dass kurz
vor dem Ableben Lodwif^s XVIfl. die Ordonnanz vom I5ten Aug.
18:24 die Pressfreiheit gänzlich aufhob und die Censur daf&r wieder
einführte, weil das Villdlische Ministerium gegen die zu starken
Angriffe in den öffentlichen Blättern irich ohne dieselbe nicht länger
behaupten zu können glaubte. Chateaubriand trat in einer sehr hef-
tigen Flugschrift gegen die Censur und gegen seine fr-iiherea
Collegen im Minislerinn; auf« die öffentliche Meinung sprach sich so
entschieden gegen den Presszwang aus^ dass Carl X. afs eine seiner
ersten Regierungshandlungen im Oktober ]8iU die Censur wieder
zurücknehmen musste. Die Zeitungen und Flugschriften blieben un-
ter strenger polizeilicher Controlle, aber gegen starke Cautionen
und die Verantwortlichkeit der R^daction und Schriftsteller konnte
auf eigene Gefahr die Presse ihr partheiisches und zweideutiges
Gericht über das öffentliche Leben fortsetzen. Die vielen Presspro-
cesse der Jahre 1825—30 dienen als Beleg dafür, nicht minder die
V)ersocb6 wenigstens lur die Zwischenzeit zwisphea awei Sessionen
der gesetzgebenden Kammern die Pressfreiheit aufzuheben. Da er-
folgte endlich unter jenen gefährlichen Ordonnanzen vom 25sten Juli
1830 auch eine besondere über ^ie Aufhebung der Freiheit der perio.
diacben Presse (abgedruckt bei Pölitz a. a. O. II. S. 103), welche
die nähere Veranlassung -dieses Zusatzes in dem 'Grundgesetze tod
1830 wurde Vergl. Goldsmidi Stat. d. L Fr. S. ^K83— 310.
*) Yerf. V. 18309 S^ 8 und 0> gleichlautend mit §• 9 nnd 10 der
Verf. ▼. 1814.
J^
u^
Frankreich,
landen Gewalten besonders erlassenes Gesets bestunm^*^ —
Kein Franzose darf seinen natürlichen Riehtem entsogen werden ;
es können daher keine auiwerordentlichen Gerichtshöfe, noch
Commisdonen aus irgen^l einem Grunde, noch unter .irgend ei*
ner Benennung errichtet werden ^*). Die Strafe der Güterein-
siehung ist für immer abgeschafft, und darf unter keinem Ver-
wände wieder eingeführt werden **% Die während der grossen
Revolutioa aas England nach Frankreich rerpflanste Institution
der Gesehwomen, wodurch die Beurtheilung der Vergehen und pein-
lichen Processe durch unbefangene und unbescholtene Vertreter der
Volksgemeine geschehen sollte, blieb verfassungsmässig beibehalten,
und nur die etwa auf dem Wege der Erfahrung bei dieser Institution su
machenden Veränderungen sollten von den gesetzgebenden Ge-
walten doreh ein Gesetz geändert werden. Für die Geschwor-
nen (Jures) werden alljährlich besondere Listen angefertigt, die
im Zusammenhange mit den Wähler Listen stehen, da jeder Wäk*
1er Jure ist, aber nicht umgekehrt jeder Jure das Recht zur
Wahl eines, Deputirten besitzt Da wir bereits im vorhergehen-
den fi. von dem Wirkungskreise der Depntirten in Bezug auf die
gesetsgebMide C^all md die gesammle Staatsverfaasung ge-
■preehen hahea, eo evseheint es hier an der rechten Stelle, Ei-
niges über das Zahlen -Verhältniss der Depntirten wol den waU-
läkigen und wählenden Bewohnern su liefern, die auch zugleich
am leichtesten die Uebersieht gewähren, wer gegenwärtig su der
Theilnahme all Geschwomer'verpfliehtet und bereeht^ ist
Geschwornenliste für das Jahr 1831 vor der Aus-
lUmiBg des Wahlgeietiee vma 19ten April 1831 bietet dar:
'O Verf: T. 1834 >• U> gleichlaateBd mh ( \\ d, Terf. t. 1814.
**) Verf. ▼. leao» f. 53. und 84. In den sonst damit überein-
•timnenden S* 62 und 63 der Verf. t. 1814 waren aber noch die
ausserordentlichen Prevotalgerichte ausgenommen, wenn deren Wie*
derfaerslellung nöthig erachtet Werden' sollte«
***> Verf. T. 1814» {i 57, gleichlautend mit §. 66 der Vert ron
1814 Fftokreich hatte allerdings unter allen Staaten der neueren
Zeit die i^chauderhaftesten Folgen der Güterconfiscation. dieser ge*
/
Frankreich. 207
Wahlmäniier iiiift einem Ceuins von mehr ab 300 Frcft.
ilirecten Steuern 09,728
-Oeffentliche Beamte und durch den König ernannte
Beamte mit unbesoldeten Aemtem • . 4,242
Verabschiedete ODiciere mit einer Pensipn von wenijg-
stens 1200 Fr. ..... 5,861
Doctoren und Licentiaten der Faeultäten der Rechte und
^ der Facult&t^n der allgemeinen und tchönen Witsen-
schaften. ^ .............. . 4,154
Doctoren der Medicin. • 4,282,
Mitglieder und Correspondenten des National - Instituts
und anderer kÖnigL Öffentlichen Gesellschaften. . • 449
Notare. . ' 5,932
Höchstbesteuerte in den 18 Departements, um die Zahl
der Wahlcoliegien vollständig xu machen, d. i also in
denjenigen Bezirken, wo sich keine 150 Wahlm&nner
vorfanden % 3,620
128,268 Jures.
Nach dem neuen Wahlgesette haben nur 20 Cantone (Benrke
für ein Friedensgericht swisehen 1500 und 20,000 Seelen **) gar
keine Wahlmftnner,
wohnlichen Strafgeiisd der ReTolntionazastaade , in seinem Scho9i6
gefühlt.
*) Man nnsste in dem Departement des hautet Alpes bis zu
93 Fr. (25 Th.) and in Corska bis s» 6»Fr. (ISf Th.) herabateigen.
**) Nur 6 Cantone haben weniger ab 1,000 Seelen.
14 — _ zwischen 1,500 u. 2,000 ~
34 .— — — 2,000 u. 3,000 —
42 ^ ^ — 3,000 u. 4,060 —
57 — ~ — 4,600 n. 5,000 —
1110 — — — 5,006 u. 10,000 —
1501 — ^ ' .^ 10,000 u. ^000 —
61 -> — — 30,000 u. darüber.
•
Was das Terhältniss der Departements zu den Cantonen anbetrifi);
so haben 45 Departements 30 bis 60 Cantone, ^ Departements tf
bis 29 Cantone, 13 Departemeats ^ bis 34 Cantone^ 1 DepartemenC
nur 17 Cantone.
\
268 FrankToieh.
234 Cantone
haben
1 Ml
9 Wafalm&oner
37;^ —
—
JO —
10
—
422 —
—
20 — »
29
— .
693* —
—
31 —
50
—
4i7 —
—
61 —
70
. —
278 —
—
71 —
99
•■B»
164 -^
—
100 —
149
—
43 -i
-^
150 —
199
-^
30 —
. —
200 Wahlmänner und d»
2687
dazukom. 139 Cantone, welche Städte enthalten, die mehr als 1 Frie-
2826 — densgericht hesitzen und wenigstens für 2 der-
selben 100 Wahlmänner stellen können.
Das Seine-Depaitement ist aber dabei gar nicht m'it 'einbegriffen.
Da nun überdies nach §. 69 der ^^erfassungsurk^nde von
1830 in kürzester Zeitfrist neue auf das Wahlsystem begründete
Departenientäl - und Municipal - Institutionen eingerichtet werden
sollten, so beistand eii;i wesentlic.ber Theil dw Verbandlungen der
Deputirten« und Pairskammer in den Jahren 1832 und 1833 in
der Feststellung der darüber bestimmenden Gesetze« so dass be-
reits 1832 die Municipal -Verfassung völlig zu Stande kam und
durch das Gesetz vom 22sten Juni 1833 auch die Departemental-
Verfassung ihren Schlasssteih empfing. -^ Kaeh demselben giebt
es fortan in jedem Departement ein conseil generale das
aus eben ao fiel Mitgliedern als, Cantonen besteht, jedoch darf
dasselbe nicht, die Zahl ron 30 Mitgiiedem überschreiten* — Die
Ernennung dieser Rikthe geschieht in jedem Cantone durch eine
Wahlversammlung aus den für die Deputirtenkammer berechtig-
ten Wahlmannern und den übrigen Juren. Jedenfalls ist diö
Wählbarkeit an das zurückgelegte fünf und zwanzigste Jahr und
an einen Census von wenigstens 200 Frs^. (34 Rthlr.) directen
Steuern in dem Departement selbst geknüpft, für welches einMitglied
dieses Conseils gewählt wird Die Wahlen geschehen auf nenil Jahre,
indem sie sich zum dritten Thcile alle drei Jahre erneuern. Niemand
darf Mitglied yqn m^hrals einem Departementsratbe sein, und eben
99 venig darf ein conseil genpralde^ einen Oepartem^ts mit dem ei-
•es andern correapondiren. IMe, Versammlungen 4er Departe-
mentstithe werden gewöhnlich vermittelst einer k^iugUeh^n Or-
Frankreiclu^ 209
domians durch d6ii Pi1tfecte«i zosammenbenifeD ; der König kann
wa jedem Augenblicke den Departemmtsrmth auflösen , es niuss
aber alsdann in drei Monaten zn einer neuen Wahl geschritten
werden. Der Pr&fect darf dbn Sitzungen desselben beiwohnen,
wenn nicht seine eigene Rechnungen von demselben uittersucht wer-
den. Die Bezirksr&the {les conseiU des arrondisBementu) sind völ-
lig analog mit den congeüs ge'neraux eingerichtet Jedes Mitglied
muss wenigstens 25 Jahre alt sein, darf aber nur ]5|> Fk-s. (40| Rthlr.) '
an directen Steuern in demselben Departemente als Minimum
zahlen, wovon 50 Frcs. mindestens auf denselben Bezirk iArrondisse^
ment\ fallen, für welchen er gewählt werden soll. Die Anzahl der
Mitglieder ist übereinstimmend mit der der Cantone in demselben
Bezirke, beträgt mindestens aber 9: die' Wahlen erfolgen auf
sechs Jahre und werden alle drei Jahre zur Hälfte erneuert^
Beide ConsetU haben' (in grosser Uebereinstimmung mit den
Prenssischen und Dänischen Provinzialständen) nur berathende
Eigenschaft, haben gor keinen Antheil an der gesetzgebenden
Gewalt, noch dürfen sie Steuern ausschreiben, weder für ihr De-
partement, noch für ihren Bezirk, sondern können höchstens Pe-
titionen über Gegenstände ihres besondern Departements* und
Bezirks -Interesses^ i^id Beschwerden über daselbst stattfindende
Mängel in der Departements -Verwaltung unntittelbar an die be*
treffenden Ministerien, oder an das Oberhaupt des Staates ein-
reichen.
i 17.
Von dem Terhaltniss der Kirche zum -Staate.
Das Verhälthiss der Kirche mm * Staate ist durch die Ver«
fassung vom 7ten Aug. 1830 in wenigen Ztfgen scharf und be-'
•tinunt festgestellt Es wird fortan nicht mehr ron einer Religion
des Staates, oder einer herrschenden Kirchein FVankreich ge-
sprochen, wie noch ausdrüddieh £e ROmisdi-Catholische nach der
8ohobcrt's Statistik IL |4 ^
210 Frankreichs^
i
Con^titutioii Ton 1814 genamiC wurde*); londera die RftmUfh-
Catholiflch-Apostolitche Kirche wird nur als diejenige betrachteCy
XU weicher sieh die Mehrheit der Fransoseu bekannt **)^ ia aUeii
Beziehungen aber mit den übrigen christlichen Glaobensbekennt-
nissen und deren kirchlichen Gemeinscha£ten gleichgestellt Freie
Reiigionsübung und der dazu nothwendige Schutz des Staate»
ist jedoch nicht blos den Anhänn^em des Christen thums zugesi»'
cherty sondeYn jeder Religion, wenn gleich Terfassüngsmässiji;
nur. die Diener der christlichen Kirchen, und erst nachträglich nach
dem Gesetze von 1831 auch die Rabbiner der Juden als öffentliche ^
Beamte, ihre Besoldungen aus den Staatscassen heziehen ***).
Die Bestimmungen der Concordate vom IStenJuli I80J und vom
I7ten Juni 1817, sowie die gesetzlich bestehenden Verhiiltnisse
'über die Aufsicht und Verwaltung der verschiedenen Kirchen, sind
bereits oben §. 8. S. 61 — 74 auseinandergesetzt worden. Die
Einwirkung der Regierung auf die £rnennung der Erzbischöfe,
Bischöfe und übrigen hohen Kirchenbeamten wird näher bei den
Verhältnissen der Cultus • Ministerialverwaltung im folgenden §•
erörtert werden.
D. Die Verwaltung des Französischen Staates.
L Innere Verhältnisse.
5.18.
Pie Centralbehörden des Staates.
Guizot du gouvemement de fia Franee^ Paris 1^20, .eine
geistvolle Darstellung der Franz. Staatsverwaltung iik den Jahren
•
*) Terf. V. 1814^ §. 6. »Jndesi ist die Römisch-Catholische Re-
4 ligion die Religioa des Staates.^
**) Verf. V« 1830| §• 6. y,La religion catbolique, apostolique et
7 romainey profes^ par la majori t^ des Frao^ais/^
♦♦♦) Verf. V. lö3Qi §. 6.. und $. Verf. v. 18X4 §. 7.
I
Frankreich. 2!l
1814— m. (€itf€figu0) Ahi0n^ is U rt9UmrmHon ctc Paria
1831— M. 8 ToL 8yo. lud die ^/l^ angefährtea Werke von
TMeca udSalTandj. — Der Almanae royal oder daaStaata*
Imndboeh Ar daa PertonAle snd die Ressorta der Verwaltmiga*
Wfcardee» aeit ^ea Jaiare 1815 wieder jUirlich heraoag^eben. —
Die höckatea Behörden der FnuisÖaiaelien Staatavennütiuig^
welche ron der Haaptatadt ana die einselnen Zweige ^deraelben
leiten, waren achon im aiebsehnten Jahrhunderte an einer ein*
facheren Geachäftafuhrong angeleitet, indem hier aehon im All-
gemeinen die FachTertheilang bei der Verwaltung der Staatage«
achifte Torherrachte, und von hier ana erat in einigen Staaten
dea nördlichen Europaa, Dentachlanda und der PjTenaitehen
Halhinael nachgeahmt wurde. Doch während der Rerolntion'
wurde bei dem Umstürze aller beatehenden Einrichtungen der
Verwaltung die strengere Fachabsonderung der CcntralbehÖrden
crieichtert, aber damit angleich aeit der Einfuhrung dea Conau*
lata 9 sur Beachleunigung dea GeaehiUlagangea eine genaue Bu*
reancratie damit Tcrbunden, ao daaa eine Behörde der anderen
atreng' untergeordnet eracheint, und in derselben atatt coUegia*
lisch gefasster Beschlösse der Wille des allein . verantwortlichen
Chefa sich geltend macht. £a ist nicht abzuleugnen , ^aaa da-
durch mit einer groasen Sicherheit, lebhaften Energie und an*
gemessener Uebereinstimmung der Geschäftsgang sich fortbewegt^
aber eben so wenig bleibt au verkennen, Cmk dabei zahllose Ue«
bereilnngen daa Gemeinwohl bepaehtheiligen können, und widrige
WillkührÜchkeiten in zu häufigen Fällen gegen Indiriduen vor-
kommen. Daher ist ganz folgerecht von der Hehrheit der En-
ropäischen Staaten das Angemessene der FachTertheilung der
Ministerien und der denselben bei- und nntergeordneten Behte-
den nach dem Vorangange Frankreichs aufgenoamen, aber eben
ao sweckmäaaig hat man die Blängel der Bureaucratie eingesehen,
nur theihreise ihre Rinföhmng veranlaaat, oder dieadbe durch Ver-
pflichtung zur eoll^ialiachcn Berathnng gemäaaigt.
*
G^^wärtig bestehen in Frankreich vier Centralbehörden
an Paria an der Spitze sämmtUcher Geschäfte der vollriehenden
Gewalt ai|d der Vorarbeiten för die geaetzgebende Gewalt
L Daa Staataminiaterinni.
Sot der Wiedeiherstdlnng dea Königtfinaa in Fnnkreicli
14 •
212 Frankreich. '
i
kt dasselbe aus acht höchstens zehn Ministerstellen mit Por«
tefeuilles zusammengesetzt, von welchen zwei Stellen in der Re-
gel an einen und denselben Minister vergeben sind, sobald ein
Präsident des Conseils an der Spitze des Ministerii steht, indem
derselbe zugleich noch fttr einen andern Zweig ein Fachministe-
rium verwaltet. Die Minister sind für jede der ihrem Geschufts-
kreise zugewiesenen Handlungen und für jede von ihnen unter-
schriebene Ordonnanz verantwortlich, können zugleich Mitglieder
der Deputirten- oder der Pairskammer sein, haben aber auch
freien Zutritt zu denselben, wenn sie weder Pairs, noch Depu-
tirte sind. Doch können sie nur wegen Vcrrätherei, Veruntreuung
und constitu'tionswidriger Handlungen von der Deputirtenkammer
angeklagt und nur von dem Pairshofe gerichtet werden *), In
der Gegenwart ist die Ministerial -Verwaltung unter folgende
Stellen vertheilt, wobei wir zugleich die Verüuderungen bei der
Geschäftsvertheilnng seit 1814 auseinander setzen können.
ä) Der Präsident des Ministerraths (President du
consetlj, der in die Stelle der früheren Premierminister**)
unter Ludwig XIIL, Ludwig XIV.,' Ludwig XV. und Lud-
wig XVI. getreten ist, hat die oberste Leitung der gemeinschaft-
lichen Ministerberathungen über Gegenstunde, wo mehrere oder
sämmtliche Ministerien concurriren, es sei denn dass in denselben
der König selbst den Vorsitz führt ***). Ihm liegt es vorzugsweise
ohy das Princip der Einheit in der Verwaltung zu erhalten und durch
seine V^ermittelung sofort die gestörte Uebereinstimraung zwischen
zwei oder mehreren Ministerien wiederherzustellen. Du er auf
lolche Weise als das leitende Organ des gesummten Ministeriums
dastieht, so muss bei der Zusammensetzung desselben sein Rath
in Bezug auf die zu wählenden Minister besonders berücksich-
•) VerC V. 1830, §. 46-47, und Verf. v. 1814, §. 51 -5a
**) Doch bleibt nicht zu verkennen, dass damals der Wirjcung^
kreis der Cardinale Richelieu, Mazarin, Fleury und des Grafen Mau**
repas noch ein weit einflussreicherer war.
• ***) Dies geschieht in der Kegel unter dem jetzigen Könige und
namentlich peil dem Tode Casimir P^riers.
Frank retcb. it^
tigt werben» und et i«t daher eioe oothwendige Folge^ dais fasit
ohne Ausnahme die übrigen Minister die Farbe seines polidschem
GIftubensbekenntnisses tragen müssen. Denn im entgegengesetzt
tci^ Falle wfirde eine durch Eintracht kräftige Verwaltung nie<^
»als XU Stand» kommen können. Doch darf kein President de«
Muiisterraihfl. in Gegenständen, die sum alleinigen Ressort ei«
les Ministerii gekdreu, selbst Veifügungen treffen, veil dafür»
jeder Faeh minister selbstständig angeordnet und auch allein ver->
aotwordieh ist: daher kann es aber auc!^ geschehen, dass eiib
Präsident des Co nseilr völlig fehlt, ohne dass dadurch das Mi^
Bistennm unToUständig wfrd, indem in diesem Falle bei geraein*-
icbaftliefaen Berathungen der älteste Minister den Vorsitz führt
Dieser Fall trat ein ^ bei dem Ministerium Martignac für die
Xshre 1827«— 29, wo das Ministerium nur nach diesem beredte-^
iten Führer desselben benannt wurde, wahrend Martignac selbst
tiitia das Ministfrium der inneren Angelegenheiten bekleidete ;-
tben so befand sich bei der raschen Folge von drei Ministerien
■uf einander in den dfei Monaten (Aug. bis 2. Nov. 1 830) kein
Präsident des Conseils, und dann wiederum nach Feriers Tode-
bis auf den Eintritt Soults vom Mai bis sum Oktober 1832. Da
BQu aber diese oberste Leitung des Minister-Conseils nicht gans^
^ie Thätigkeit eines bedeutenden Staatsmannes in Anspruch"
UBunt, so ist in der Regel noch ausserdem ein Fach -Ministerium
damit verbunden worden, und zwar das den Talenten und Kennt«
Bissen des jedesmaligen Präsidenten angemessenste. Aus die-^
Sern Gründe sind sehr häufig Verschiedene Ministerien mit die^
•er Würde vereinigt worden, wie das Ministerium der auswärti-
gen. Angelegenheiten unter dem Herzog von Richelieu 1815 — 18,
vnter dem Marquis von Dessolles 1818 — 19, unter dem Herzog
i^ofl Motttmorency. 1820^22, unter dem Fürsten Polignac 1829 — 30»-
endlich unter dem Herzog von ßroglie seit dem I2ten März
1S35. Das Ministerium der inneren Angelegenheiten war^mit
itt Stelle des Präsidenten verknüpft UQter dem Herzog von De*
tases 1819^20, unter Casimir Pe^-ier vom J3ten Mtlr& 1831— Ifi^
Mai 1832, und für wenige Tage des November 1834 unter Ma-.
vet« Herzog von Biissano^ Das Ministerium der Finanzen wac
Mf solche W^ise vereint unter dem Grafen von VilUle 1822 — 27^
und unter Laiitte vom 2ten Novemher I^IK)— 13. MHrz 1831;
MidUch das Kriegsministerium unter Marschali Soult, Herzog von
Oalmatien 1832—34, unter Msirschi^ ^'rird 1834 und unter Mar-
214 Frankreich.
•okall Montier, Heneog Ton Treviio vom ISten Norember 1834
bis zum Februar 1835. —
b) Dai Ministerium der auswärtigen Aagelege«-
heiten. Seitdem durch der Cardinale Riehelien und Masarini
▼ielwirkende polilische Thätigkeit die Fransösische Diplomatie
<a1s Muster der Unterhündlungskunst für alle Europäische Staatea
aufgestellt wurde, seitdem in den Niederlanden, dem Hauptschau-
platze des politischen und diplomatischen Verkehrs für diesweite
Hälfte dos siebzehnten und die erste Hälfte des achtsehntea
Jahrhunderts, die Grundsätze der Französischen Diplomatie sich
ausscUiessend geltend machten *), stand die Verwaltung der aus-
wärtigen Angelegenheiten in Frankreich in einem sehr hohen
Rufe, und erhielt sich in demselben durch Männer wie^die Gra-
^fen von Choiseul und Vergennes auch fast bis zur grossen Frau*
sösischen Revolution, wenn wir- die Jahre 1766-^74 ausnehmen,
wo der durchaus unfähige Herzog von/ Aiguillon, der nur dem
damals gebietenden Einflüsse der Gräfin du Barry das Ministerium
der auswärtigen Angel^^nheiten verdankte, Frankreichs politische
Stellung in dem Verkehr mit den mächtigen Staaten Europas
völlig sinken liess **)• Nachdem Frankreich aber denk Strudel
revolutionärer Anarchie entrissen war, und n^ch dem Sturze des
TerroTLsmns den völlig vernichteten diplomatischen Verkehr mit
den Staaten Europas wieder anknüpfen und gleich unter der Di-
rectorialregierung mit hervorstechendem Glänze fortfuhren konnte,
bildete Tallejrands umfassender Geist eine neue politisch • diplo-
matische Schule Frankreichs, die auch, nach dem er längst aus
dem Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten ausgeschieden
war, die Aufmerksamkeit von ganz Europa auf die Leitung der
auswärtigen Angelegenheiten in Frankreich vorsugsweise binlei-
*) Das interessanteste Gemälde der Entwickelung der Französi-
schen Diplomatie, namentlich vom 16ten Jahrhandertb bis zur Revo-
lution bietet noch immer dar Flassen in seiner historie de la diplo-
matie Francaise» ine edit. Paris ISIJ. 7 voh Svo.
**) Die«. Beigte eich vornehmlich bei den Aogelegenhellen der
ersten Theilang Polens, die ohne Befragung, Ja selbst ohne goiaue
Kunde des Französjschei^ Ccbinets geschlossen wurde.
Frankreich. 215
tete, vad 'Minner widGraf Mol^, Vicomte Chateaubriand»
Graf Laferronnays, trraf Sebastiaui und der Herxog von
Brof^lie, vermochten einem solchen Rufe xu entsprechen. — «
Der Minister der ausw&rtigen Angelegenheiten leitet den schrift«
Nehen und mündlichen Verkehr mit den am Franxdsischen Hofe
mngestellten 22 C^andten und 14 Geschäftsträgern der fremden
«Mächte und mit den General-Consuln, Consuln und Viee-Consuln
derselben in den Französischen Handelsstädten. Dieselbe Wirk-
samkeit steht ihm in einem noch höheren Grade zu, bei den von
Frankreich selbst ins Aushind abgesandten Diplomatischen Agen-
ten *). Unter diesen waren bis 1832 9 Botschafter oder Ambassadeure
(SU Petersburgi London, Wien, Madrid, Rom, Constantinopel»
Neapel^ Turin und in der Schweiz), 22 Gesandte und bevoU*
mUefatigte Minister**) (sn Berlin, Lissabon, Rio -Janeiro, Was«,
hington, Stockholnr, Haag, Copenhagen, Miinchen, Dresden^
Florenz, Parma, Stuttgart, Hannover, Hamburg, Frankfurt a. M.,
Lueea, Carlsrulie, Darmstadt, Cassel, Weimar und Mexiko), 50 Le*
. gationssecret&re. Je naich der Grösse des diplomatischen Postens
sn I, 2 bis 3 bei einer und derselben Gesandschaftfc angestellt,
einige auch schon selbststftndig als Geschäftsträger an kleineren
Höfen, wie die der Grossherzoge von Meklenburg; Oldenburg^^
Wiesbaden u. s. w. Nach der Ordonnanz vom I6ten Decem«
ber 1832 sind die Französischen Diplomaten för das Ausland in
vier Classen abgetheilt Die erste wird gebildet durch die ob!«
gen 9 Botschafter und den Gesandten zu Berlin (der bios des«
balb nicht den Titel Botschafter fuhrt, weil der Pi^ussische
Hof keinen Botschafter zu Paris hält); die zweite durch 0 Ge«
sandte (Stuttgart, Stockholm, Copenhagen, Lissabon, Haag,
Brüssel, München, Dresden und Washington); die dritte durch 4
Residenten, zu Hamburg, Florenz, Carlsruhe, und in Grie«
chenland; endlich die vierte durch 3 Geschäftsträger zu
*) Die Zahl derselben und ihre Stellung habe ich ans dem
Budget des Minist, d. Ausw. v. 1. Jan. 1829 eallehnt (bei Goldsmith
Sutifit de Fr. p. lU--48)9 beides hat sich aber jetzt wesentlick
verändert
'^) Die Gehalte der Botschafter sind zwischen 250,000 und
100,000 Frcs. (67^500 u. ^,000 Thlr), der Gesandten zwischen 80,0(iO
u. 60,000 Fr. (21,(MIDu. 17,400)» der Residenten 40,000 Fr. (10,800 Th.)>
der General-Cot^uls zwischen 60,000 u. 15,000 Fr. mflm u. 405^111.^
216 .Frankreich.
I
B'tnnover, Castel und Darmatadt: die übrigen diplomätiselieii
Posten liod eingezogen, oder werden darch ContuU versehen. — -
Ausserdem sind als Consular - Agenten 20 General - Consuls,
48 Consuls,. 24 Vice - Consnls in den wichtigsten Häfen des
Auslandes, 36 Dollmetsoher» 1 Inspeetor der Consulate und
ein Agent für den Handel der Levante su Marseille von die-
sem Ministerium angestellt *— Die Bearbeitung aller Staats-
rechtlichen Verträge, die mit dem Auslande abzuschliessen sind,
so wie die sorgfältigste Beobachtung in der strengen Aufrecht-
haltung der Bedingungen aller bestehenden Vorträge, gehören
SU den wesentlichsten Geschäfts -Verrichtungen dieses Biinisterii:
die Controllirung und Visirun^ aller Pässe der In- und Auslän-
der, die den Fransösischen Boden verlassen, liegt dem Mini-
sterium gleichfalls ob, und ist sugleich eine reiche Einnahme für
dasselbe, do^ jedes Visa mit 10 Frcs. (2^ Thlr.) beiahit wer-
den muss. •—
c) Das Ministerium der inneren Angelegenheiten
war nach der Wiederherstellung der Bourbons von der Verwal-
tung der Polizei- Angelegenheiten getrennt, die einem besonderen
Ministerium anvertraut war. Doch wurde dies Ministerium der
Polizeipdege fast gleichzeitig in mehreren Staaten, wie auch in
Preussen un^l Russland, i|n December 1818 aufgelöst, und die
General-D ircction der Polizei unter das Ministerium der inneren
Angelegenheiten wieder gestellt. Es nar aber damals mit dem-
selben Ministerium auch noch die Ober- Aufsicht über den Cultus
und den öffentlichen Unterricht" vereinigt, und so wie jener unter
des Ministers ControUe und Verantwortlichkeit von den Erzbischö-
fen, Bischöfen und resp. der Nicht -Catholiken von den Consisto-
rien, bis auf die vom Könige ^auf Vorschlag des Ministers abhän-
gige Wahl der höheren Kirchenbeamten, geleitet wurde, so stand
der öffentliche Unterricht unter der Verwaltung von 16 GeneraMn-
■pectoren der Studien. Dies währte bis zum 2dten August 1 824, wo
ein eigenes Ministerium für den Cultus und den Öffentlichen Unter-
richt begründet wurde. Endlich wurden noch die Handels -Angele-
genheiten 1827 im Novembe von diesem Ministerium getrennt und
einem neuen Ministerium übeTwiesen. Gegenwärtig hat das Mini-
sterium der inneren Angelegenheiten folgende Geschäftszweige:
die gesammte Landespolizei, sämmtliche Personalien der Präfee-
ten, L'nterpräfeoten, General-Secretäre, Maires, Präfecturräthe der
, Mifgliedcr der Departements- und Bezirks- Conseils, die VoUzie-
^ Frankreich. 3l7
kmg 4%t GeMtie fibcr die Manieipal- und DepMtetttental'>Orga-
BitatioDy sämmtiidie Aogelegeobeiten der Natioiulgarden^ die
Geaedarmeiie mit dem Kri^^tministerium gemeioschafüieh, die
Pompiera und alle Ldaeh-, Sickerheiti* und Rettuugt-Anatalten»
alle Blilitir- Angelegenheiten» bei denen CItU ^Behörden reator*
tiroi *). Ausf erdem stehen unter diesem Ministerium die Öffent*
li^en Beamten **), die Verwaltung des Telegraphen, alle mild«
Stiftungen, Theater- und Velksbelustigungen, die Angelegenhei-
ten des Buchhandels und der Druckereien, die Einwirkung auf
die Arbeiten aus dem Gebiete der schönen Künste u. s. w.
d) Das Ministerium des Handels seit 1827, wie oben-
mnter c) auseinandergesetzt ist, unter dem Ministerium Bfartignae»
sJs ein selbststandiges Ninisteriuin begründet, hat bis aum
2ten April[ 1834 mancherlei Schwankungen in den ihm sugewie«
neuen Gesch&ftssweigetf erfahren müssen, bis es die gegen war«
dge Einrichtung erlangt hat Es yerwaltet das ZolLwesen, führt
die oberste Aufsicht über den Ackerbau, den Handel, die In«
dastrie, die Verwaltung der Handelskammern, die Ertheilung der
Patente, über die Marktpolisei, über die Bade -Anstalten, Land«
Gestüte, Anstalten der Thier • Arseneikunde; ferner über Han«
delsschulen, Handelsgesellschaften aller Art, Asseeurani-C«mpag-
nien, das Eichungs-Wesen u. s. w.
e) Das Ministerium des Öffentlichen Unterrichts,
seit 1824 erst errichtet, wie unter c) bemerkt ist, wurde bissum
Febmar 1828 mit den Angelegenheiten des Cultus gemeinschafi«
lieh Tcrwaltet, welche dann für 1| Jahre ein eigenes neues Mi«
aisterium bis zum August 1829 erhielten, jedoch von da ab bis
auf die einem dem Staatsministerium beigesellten Bischöfe über*
wiesenen, blos persönlichen Angelegenheiten wieder mit dem Öffent«
*) Doch muss bemerkt werden, dass diese sammtlicheo Gegen-
Stande von den Personalien ab mit dem Ministerium des Handels im
Jahre 1833 bis zum 2ten April 1834 tereinigt waren, so lange Thiers
dieses Ministerium bekleidete, weil er ohne diesen wichtigen Ein»
flnss auf die Personal verbal tnise der Beamten and die Nationalgarden
nicht Handelsminister werden wollte. Die Regierung gab nach,
war aber eben so bereitwillig das Jahr darauf, alle diese Geschäfte
dem Minister Tbiers wieder nachfolgen za lassen, als dieser am
2. Apr. 1834 das Ministerium der inneren Angelegenheiten übernahm
^) Gleichüills eist wieder seit dem X Apr. 1834.
• ^
US Frankreich.
lieben Unterriebte vereinigt wurden. Unter der gegenwärtigen Re«
giefuikg ist der Cultus abermalt ebgexweigt worden, aber aas deui
eigent^ümlicben Grunde, weil leit 1832 der Minister des ftffentli-
c(Len Unterrichts (Guizot) der protestantischen/ Kircbe lugebörte;
der Cultus bildet indess jetxt kein eigenes Ministerium, sondern
ist dem Minister dier Rehtspflege mit anvertraut — Der Minister
des Öff^tlichen Unterrichts führt gegenwältig zugleich die Ober-
aufsieht über die fünf Abtheilungen des Instituts ven Frankreich»
das naturhistorisehe Museum, die Öffentlichen Bibliotheken, mit
Ansnahme derjenigen, welche einem besonderen Verwaltungs*
SWeige Eugehören, alle Aeademieq und wissenschaftliche -Gesell-
■ohaften, vertheilt die literarischen und wissensohaftlidien Ua-
terstfitsungen u. s. w.
f) Das Ministerium der Rechtspflege. Der Chef des-
selben ist lugleieh Grosssiegelbewahrer (^C^«r(fe(fef Sceaux)
mnd steht an der Spitxe sämmtiicher Rechtsbehörden, jedoch
führt er nur in sehr wichtigen einzelnen Füllen den Vorsttx im
Cassationshofe am Parie. Er ist der Vermittler der königlichen
Gnade bei allen Erleichterungen oder gftnslicher Aufhebung der
von den Gerichtshöfen fes^setsten 8trafen. Gegenwärtig ist
diesem Minister» ausser der sub e) angeffihrten Verwaltung des
Cultus -Departements, an nnd fQr sich amtlich noch die Stelle
•ines Prilsadeftten dei Staatsraths anvertraut.
g) Das Ministerium der Finansen hat für die VoUzie*
bnng sftromtlicher Gesetze, über die Abgaben ,und Steueiti zu
sorgen, empfängt dieselben durch die 86 General - Einnehmer in
den einzelnen Departements, befriedigt dadurch 4ie Budgets der
übrigen Ministerien, die Zinsen und den Tilgungsfond der ÖfTent-
liehen Schuld, so wie die Pensions-Cassen. Dasselbe serfUllt in
mehrere Geheral-Di'rectionen, wie die der Domainen, des Enre-
gistrements und der Forsten, wozu auch die Jagd-Verwaltung ge-
hört, die der directen Steuern, die der indirecten Steuenr, die
der Mauth -Verwaltung, die der Posten, die der Münze und der
Salzwerke, endlich die der Lotterie *). Unter dem Blinisterinm
*) Die letzte wird höchst wahrscheinlich in dem Jalire 1836
eingehen; da bei der Bewilligung des Budgets för 1836 die Aufhe-
bung der Lotterie von der Majorität der Deputirtenkammer- gefordert
und beschlossen, und das ganze Budget ohne wesentliche AbänderuDg
ven der^Pairskammer genehnifgi ist.
Frankreich. 319
•lelMii ttUMtrdem noeh diie Bank, die aber ihrett eigen«ii Gouv
VfMmcnr in «iBeito der höchsten Staatebeamten besitat, gewdhnliek
einem der vormaligen FinanamintsteiC» die Agenten und Zahünei-
.ft«r dei öffentliehen Sehataes. die Amortiiationteasse.
h) Das Kriegt miniateriom wnrde loletat naeh dem Re-
glement vom 30tten December 1821 orgaoiairt. Nach demteiliea
■ernillt es in zwei Hauptabtheilungen, von denen die erste ans
12 Divisionen för die persönlichen Angelegenheiten der einaelnen
Tmppentheit^, die zweite aus 10 Dfvisionen besteht, welche die
Aoshebang, Bildung, Vertheilung und Ausrüstung der Infanterie»
Covallerie, Artillerie, des Geniewesens v die Festungswwke und
KriegsdepotSy die Militärschulen, die PUirer* uud Salpeter-Fabri»
ken, die StäekgiessereieOy Gewehrfabriken > Zeughüustf , die Mi*
litär * PoHsei - und Strafbefaörden, die ansserordentli^Mi Bdi^h-
Bungen und Indemnitäten, endlich die Geadengehalte, die Vete^
rane^- Corps und die Invalidenh&user su Paris und au Avignon
zu ihren Ressorts haben. Der Kriegsminister leitet den schrift-
lichen Verkehr mit den 20 Militär General-Commandos, die, drei
bis sieben Departements (Corsica hat allein für aein einziges De*
partement ein M. Commando) umfassen, er empfängt alle ihre
Berichte, ordnet die Bewegungen und grössere Uebungen der
Truppen an, und fuhrt die Aufsicht und Contrelle fiber^sämmt«
liehe gewöhnliche und ausserordentliche Ausgaben der veischte*
denen Theiie des Militär-Etats.
i) Das Ministerium des Seewesens und der Colo*
nien führt die obere Aufsieht über die Flotte, deren Mannschaf*
ten, Ausrüstung, Fabriken; Arsenale, Hospiüiler u. s. w. ganz in
derselben Art, wie dies vom Kriegsministerium fär das Land*
heer geschieht Die Verwaltung der wichtigsten Hafenplätso
steht unter besonderen Marine-Präfecten und Unter-Präfeoten, die
allein dem Marine -Ministerium untergeordnet sind: ausserdem
stehen die General-Consuln und alle niederen politischen Agen*
ten Frankreichs im Auslande in untergeordneter Beziehung zu
diesem Ministerium und in unterbrochener Correspondenz über
alle Gegenstände, welche die Flotte und das Colonial-Wesen be-
treffen. Das Ministerium zerfällt in ~ 7 Divisionen nach den
Hauptressorts seiner Verwaltung. Die obere lioitung der Celo-
nien geschieht durch die Beaufiuditigttng der aieben Gonvsr*
▲ *
\
ItO ,FranJ£ reich*
V
I
neure, Ton wichen der 0<Hirenieur der OtdodiMlMa BestettBr
gien den Titei' eines General - GouTemenrs führt und in Pondi--
eherjr «einen Site hat: die übrigen seeht sind für Martinique, 6aa*
deloniie (ihit Inbegriflf von -Desiderade, Bfarie Galante und SaintesI
Gojana, St Pierre und Miquelon» ^r die Colonien am Sene-
gal (St Louis und Goree) und für die Inseln Bourbon und Ma-
dagascar. Jede Colonie hat ihr eigenes Verwaltongs- Reglement —
Davon ist aber bis jetxt noch getrennt die Verwaltung der 1830
in Besitx genommenen L&nder auf d^r Nordküste Afrika^s, die lUi-
ter einem Militär- Gouverneur zu Algier steht, der zugleich Ober-
Befehlshaber sämmtlicher Truppen daselbst ist und zwei Unter«'
Gouverneure zu Oran und Bona unter seinem Befehle hat Diese
Verwaltung ist' einstweilen dem gesammten Staatsministerium
^untergeordnet, und empfkngt daher eben sowohl von dem Con«
seits-Prltoidenten, als auch von den Kriegs- und Marine -Mini«»
sterien seine besonderen Befehle für die - daselbst stationurträ
Truppen und Flotten-Abtheilungen,
Diese 0 Ministerien besitzt die gegenwärtige CentralverWai-
tung Frankreichs. Es ist aber ausser den 'bei der Vertheilung
der betreffenden Ressorts an andern Ministerien eingegangenen
Ministerial-Stellen, die oben erwähnt sind, noch das Ministe-
tinm des königlichen Hauses eingezogen. Dieses war sack
Aufhebung der Polizei Ministerstelle im Deeember 1818 neu
begründet, und wurde mit der Verwaltung der CiviUiste und
aller zum Hofstaat gehörigen oder das gesammte königliche
Haus eigenthttmlich betreffenden Verwaltungsgegenständen beauf-
tragt Früher war diese Geschäftsführung von einem Ober -In-
tendanten, mit dem Titel Staatsseeretär, geleitet worden. Die-
ses Ministerium bestand bis zum 4ten Januar 1828, wo daa
Ministerium Martignac gebildet wurde, bei welcher Gelegenheit
cHeser Geschäftszweig wieder in die beschränktere Form einer
General -Intendantur der CiviUiste zurücktrat, die aber
neb eh dem gesammten Staats-Ministerium in selbststiindiger Ver-
waltung sich bewegt: in dieser Einrichtung ist diese Intendantur
bis zum gegenwärtigen Zeit]^unkte verblieben. Eben so selbst-
stindig steht ohne alle Unterordnung unter ein Faehministerium
dem gesammten Staats-Ministeriura beigesellt, der Ober-Rech-
nungshof, schon jdnrch Napoleon 1807 eingerichtet und in sei-
nem OesohMlitsbeMlehe von den Boorbone beibehalten. Derselbe
Vraakreiok
S»
M?c ^U' CMitr»lle tter «lle Redmug«! «Uuitlidier Bek«rd«s«
Inttitute und CorporalioBcn, 4ie «at Stants^CMsea Gel4«r «ai«
pfaii)^ haben, tküi^ bt auf das ttrtngste yerpüelitety darüber la
waebeo, dti/n alle BeMümaoflgeii der Budgett ond tentti«^
Staatsgesetie bei dea gel^^ten Rechnungeii geilaa erfoUt dnd
nad 4mw flberb— pt der Geseb&ftsgang der Venralfung nicht tob
der rorgesehriebenen Initmotien abj^wiahen iit Der Cbtf die«
ter Bebdrde iat der erite'PrifidenC, der alier noch 3 Friai-
denten «neer sieh hat als Vorsteher der drei Sectionen» —
Staats Minis ter ohne Partefenilie konunen selten vor,
ris blosse Verstärknng bei den. Conscolssitaungeo für einsein»
Gesebikftasireigey wir haben einen solchen Fall nnter der gpegen-«
wlitigen Regisf— g gehabt mit dem Grafen Sebastian i rosa
Mirs 1833 bis mm Apiü 1834; diese sind aber durebaus au «n«
tarseheUea von den Titnlar^Staatsministern, welche Mit-
glieder der zweiten Centralbeböf'de sind, und welche gewÖbnHeh
(namenttieh nnter Ludwig X.V11I. und Karl X.) diesen Ehren-
titel bei ihrer Zurücladehung aus der Verwaltung eines Faehmi*
aisterii erhalten haben*
2) Dei^ Gehei^ie Rath (Conuü prive). Er wurde Ton
XVIII. am loten September 1815 eingesetst, versaimaelC
sibh nur auf ausdrückliche Berufung des Kdnigs, die durch eine
befondere königliche Ordonnani von Seiten des Minister -Präsi-
denten geschieht, und besteht^ aus den Prinzen ron Creblüte, den
dirigiraaden Staatsministern, und denjenigen hohen Staatsbeant»
ten, welche bei ihrer früheren oder noch fortdauernden Geschäfts*
fUhning "Sich das besondere Vertrauen At% Königs erworben ha*
ben und ausdrücklich als Ehren -Staatsminister bu Mltglia*
dem dieses Geheimen Raths ernannt sind, und von denen einer
als Staatssecretär das Protocoll führt. Die Anzahl seiner Mit»
glieder ist nicht bestimmt, besteht aber selten aus mehr als vier*
sig iTheilnehmem. Der König führt in ihm selbst den Vorsita
und kann jede besonders wichtige und einer reiflichen Erwägung
bedürfenden Angelegenheit demselben vorlegen, aber er darf nur
über die yom Könige selbst vorgelegten Gegenstände Berathua*
gen austeilen und die Resultate derselben zur ferneren Bescblusa»
nähme des Königs abliefern: in der Regel ist derselbe auch bei
Belohnungea uad Gaadaabeaeaguagea für vonügUehe Dienst*
an Frankr^iolu
befirag^ Xe daü Staate galeistet werden luid. Doftk iit diaaar
Geheuaa-RAth überhäuft aur aeltea bemfeii*
3) Der Staattrath (ComMetl ttetat). Diese Centralbe«
bördelt eine 9ohdpfiiiig Napoleona, die bei der Umgettaltuiigf
der. Republik la eio Kaiterthum dea eigentlR'hejri JSnatz für dio
geietagebeiiden Behörden gewähren aollte. Sie iat daher durefa*
aua renchieden von dem früheren kdnigUehen Staattrathe'var
der Revolution, der die Pienar • Sessionen des Staataninisterii
und des Geheimen-Raths sagleieh ersetste. Der neue Staats*
rath aber erhielt seine besondere Bestimniiuig die G«setiesvor*
sehläge vollständig su entwerfen, eingereiehte Entwärfe zu pr^
^ea, au begutachten und die dabei nöthigen Veränderungen -ansu*
geben» endlich eine ControUe ttber die gesammte Staatsvenral*
tuBg dadurch su führen, d^s alle eingegangenen Bittschriften^
Gesuche aller Art und Beschwerden von demselben genan unter*
sucht, und die zur weiferen Verfolgung oder Beseitigung dersel-
ben nothwendigen Maassrq|;eln angegeben werden sollten* Er
bestand ui^ter Napoleon aus den Prinzen von Geblttt, den Grosa-
wiirdenträfern des Reichs, den verwaltenden Ministem, 36 or*
deutlichen Staatsräthen, 0 bis 12 ausserordentlichen Staatsräthen,
12 ordentlichen Maitres des Requites, 12 ausserordentlichen
Haitres des Requites und «50 bis 60 ordeatlidien und ansseror*
detttliche& Auditemrs, die zugleich dem Kaiser überhaupt als
Pflansschule für seine künftigen höheren Staatsbeamten dienen
sollten. Der Staatsratb zeriie&in 6 Sectionen fir Gesetzge-
bung, die inneren Angelegenheiten, die Finanzen, das
Kriegswesen, die Marine. Den Vorsitz führte in demselben
der Kaiser selbst, und in den ersten Jahren seiner ^ Regierung
sehr regelmässig: in seiner Abwesenheit wurde der Vorsitz ei*
iiem der Prinzen von Gebiüte oder Grosswürdentrilger durch be*
sondere kaiserliehe Ordonnanz übertragen. *-* Der Staatsratb
wurde in dieser Einrichtung von Ludwig XV(lL beibehalten und
nur mit einer Section für die Rechtspflege vermehrt, indem |zu^
gleich die Section für die Marine, im Vereine mit der betreffen-
den Min isterial Verwaltung, die Angelegenheiten der Colonien mit
SU seiner Bearbeitung erhielt Die Zahl der ordendichen Staats-
räthe blieb 36, die der ausserordentlichen stieg auf das Drei-
fache, auf 38 bis 40, und ausserdem wurden noch Ehrenmitglie-
der desselben ernannt ( Con$eüler$ ^etai honoraireBj^ 21 bis 24
/
, Frankreich. !n!(
t
an 4cr Saht Die Zahl der ordetitlidlieii Meilret dei' Reqntot
ttieg aaf 40 , and die dtr «luaerordenHieheii , irelehe nunmehr
wie eine Hofcharge betrachtet wurde, vermehrte sich iwecklos
gar liher 100. Die GeschäftSTertheilung fand seit IS18 unter
Ludwig XVIIL dergestalt statt, dass a) in der dection für Ge-
setzgebung 5 ordenAiehe Staatsräthe arbeiteten, darunter noth-
wendig dureh sein Amt der General-Dürector der Folixei-Verwal* ^
tvog aas dem Miaisteriiun des Inneren einberufen war. /?) la
der Seetion för die Rechtspfiege waren 8 ordentiiehe Staatsräthe
beschäftigt, eben so riei y) in der Seetion für die inneren An«
gel^enheiten, unter weldien aber dureh ihr Amt als ordentliche Mit*
glieder die beiden General-Directoren der Brücken, Strassen und
Bergwerke, sowie der Communal* and Departemental-Verwaltung '
siq;esogen werden mnssten. d) Zu der Seetion für die Finanien
gsbdrtea 7 ordeoüiehe Staatsrftthe, darunter durch ihr Amt die
Ti«r Cienerai-Direetorea dier Manth - Verwaltung, der Domainen
wid Forsten, der Postrerwaltung, der indirecten Steuern b) für
der Seetion des Kriegswesens waren 5, and ^ für die Seetion
der Marine und der Coloniea 4 ordentiiehe Staatsrüthe angewiesen*
Unter dem Ministerium Martigaae erhielt aber der Stsets*
radi durch das Gesets rom ISten November rB28 eine neue Ein*
riehtung« Die Einthetlung der Staatsrüthe im ordentücheii
Dienste» im ausserordentlichen Dienste und Ehren - Staatsrüthe
T^lieb. Von den Staa^ftthen im ordentlichea Dienste neh-
men einige nur an den Berathungen in den Plenar - SiUungen
Antheil, die. übrigen arbeiten in den Ausschüssen oder Sectio«
Den: jene erhalten wenigstens 10,000 Fr. (2700 Th.), diese min-
destens 15,000 Fr. (4050 ^Th.) Gehalt, geniessen aber, wenn sie
anderen von ihnen verwalteten Aemtem mehr als 20,000 Fr«
i54(X) Th.) beziehen, kein besonderes Gehalt als Staatsrath, und
erhalten überhaupt nur für die Verrichtungen als Staatsrath bis
zu der Summe von 20,000 Fr. Zuschüsse. Die Maitres des re*
quetes haben 5(XX> Fr. (1350 Th^) Gehalt, und können duroÜ an-
dere von ihnen verwaltete Aemter »höchstens nur bis 10,000 Fr.
st^en: liesitsea sie schon fül* diese einen so hohen Gehalt, so
habeft sie keinen Anspruch weiter für ihre Dienfete im Staats-
rathe. Die Geschäftsvertheilung bildete fortan nur 4 Ausschüsse,
denea ein Geheralseeretür beigeordnet ist:
*
294 Frankreicli.
a) fQr Justk u. StrtitiaclMn mit
J2 Staatitäth., 18 Mtr. d. re^, 5 Auditeart later CL, 7 Aadk. 2tor CL
ß) för das Kriegs- u. Seewesen mit
e StaaUräth., S Mtr. d. req., 2 Aaditeurs Ister Cl., 4 Audit 2t8r CL
Y) f\3Lt innere li. Handels -Angelegenh.
6 StaaUräth., 8 Mtr« d. req., 4 Auditenrs Ister CL^ 5 Audit 2ter CL
dy für Finanien mit
4 Staatsräth., 6 Mtr. d. req., 2 Auditenrs Ister CL^ 4 Audit 2ter CL
Ein jeder Entwurf zu einem Gesetse, den die Regierung der
Kammern vornilegen wünscht oder aniunehmen hat, oder ein
Entwurf xu einer Verordnung nfuu suvor in den Ausschüssen
ganz genau erwogen und heprüft werden, und kommt sodann in
Gegenwart der dabei betheiligten Minister-Staatssecretäre in einer
Plenarsitzung zur Beratfanng. Die hier durch Stimmenmehrheit
genehmigten Entwürfe oder Verordnungen erhalten dafin die
Fingangsformel „nach Anhörung unseres Staatsraths/* Es wurde
nun nach dieser Verordnung 1828 34 Staatsräthe im ordentlt^
eben, 23 Staatsräthe im ausserordentlichen Dienste ernannt, die
aber an den Plenar • Sitzungen Antheil nahmen, und ausserdem
78 Ebren-StaatsrÜthe, grösstentbeils emeritirte Staatsdiener. Die
Zahl der Maitres des requ^tes im ordentlichen Dienste war 30,
der ausserordentlichen mit Berechtigung an den Berathungen
Antheil zu nehmen 8, ausserdem , aber noch 58 Maitres des re-
qu^tes extraordinai^es honoraires. — Den Vorsitz führt entweder
der König, und nur wenn dieser selbst ihn fuhrt, dürfen die
Prinzen von Geblüt an den Sitzungen Antheil nehmeh, oder der
GrosRsiegelbewahrer und Juscitzminister; in den Ausschüssen
präsidiren die dabei betheiligten Minister oder in ihren Stellen
besonders dazu vom König ernannte Staatsräthe. — Bei der
Thronbesteigung des Hauses Orleans wurde zwar das Personal
des Staatsraths geändert, aber die Zahl der Seetionen und die
Gesch'aftsFertheilung beibehalten. Gegenwärtig stehen 44 ordent-
liche Staauräthe, 21 ausserordentliche Staatsräthe, 18 ordentliche
Requetenmcister und 24 ausserordentliche Requetenmeister, 11
Auditeurs Ister Classe und 22 2ter Classe im Dienste. 63.Staats-
räthe und 65 Requetemeister führen diesen Titel nur als Ehren*
recht und sind zum Theil ausser aller amtlichen ThÜtigkeit
d) Hoher Rath des Handels und der Manufacturen.
Pr^nkrlBich. 225
piese letsto und Jüngste Centralbehörda wurde noch in dem
letzten Regieruxigsjahre Ludwigs XVIIL durch das Gesetz vom
6 Januar 1824 zur Belebung der gesamten technischen Cultur in
Frankreich und eines regeren Vertriebs der von ihr hervorge-
brachten Elrzeugnisse errichtet. Dieselbe sollte aus allen ver*
waltenden Ministem, dem General-Director der Üouanen im Fi-
nanz-Minist, den General - Directoren des Ackerbaus und des
Handels im Ministerium des Inneren und des Handels, dem Di-,
rector der (politischen Section im Ministerium der ausifäitigen
Angelegenheiten und dem Dlrector der Colonien im Ministerium
der Marine zusammengesetzt sein. Den Vorsitz führt der Präsi-
dent des Minister-Conseits, und ein Staatsrath, der zugleich Mit-
glied dieses hohen Raths ist, fungirt als Secretlir. — Diesem
hohen Rathe wurde durch die Ordonnanz vom 21sten Juni 1830
noch ein General - Conseil, des Handels und der Manufacturen
betgesellt, der aus 62 Mitgliedern bestehen sollte, die als Depu»
tirte der 33 verschiedenen Handelskammern (§. II, S. 117) ge-
wählt werden, und zwar von Paris 8, Lyon, Marseille, Bordeaux,
Strasburg, Lille, Nantes und Ronen je 2, aus den übrigen je I. Die
Regierung ernennt 15 Mitglieder. Dieser Con^ieil versammelt sich
jährlich einmal unter dem Vorsitz des Handels-Ministers; er zerfällt'
in 2 Sectionen, für den Handel und die Manufacturen, und di#
Functionen der gewählten Mitglieder dauern 5 Jahre. •»
S. 19.
Die iimere Departemental- und Polizei*
Verwaltung.
Was die Eintbeilung' des Franiösiseben Staates in Bezug
auf die innere und Polizei-Verwaltung anbelangt, so ist
diese §. 3. S. 23-^24 bereits näher angegeben, aber iiiit der
Einführung derselben und der neuen Gemeinde -Verfassung wäh-
rend der Revolution ist die firtthere Verwaltung aooh bis auf die
Sc^abert'6 SuUstikU. Jg
226 Fraakreicli.
hotste Spur glUiBlich TertchwuHden^ An der Spitxe der gesamm-
ten inneren VWwaltung jedes Dep&rtementt tteht der Prüfe et
mit ausgedehnter Gewalt nnd ohne alle weitere ZwischenbehÖrdo
unter den betreffenden Ministem; er wird auf den Vorschlag des
Ministers des Inneren vom Könige ernannt, kann aber» wie das
gesammte Personale der inneren und Finanxrerwaltung Frank-
reichs, SU jedem Augenblicke entlassen Verden, ohne Pensions-
ansprüche an die Staatscasse machen zu dürfen. Der Sitz des
Präfecten ist jederzeit in der Hauptstadt des Departements; sein
' Gehalt ist nach der Grösse der Bevölkerung und der Ausdeh-
nung des Departements verschieden, und wechselt zwischen 10,000
und 40,000 Fr. (2700 hU 10,800 Th.), nur das des Präfecten des
Seine - Departements ist I00;000 Fr. (27,000 Th.) -— Der Prä-
fect ist der Chef der Polizei und der Nationalgatde in seinem
Departement, er führt in demselben Bezirke die obere Aufsicht
über allo Öffentliche Denkmäler, Brücken, Chausseen, C^äle
nnd alle Bauij^erk«, die auf Kosfen des- Staats oder der Commu*
nen ausgeführt werden und hat vorzugsweise die Verantwortlichkeit,
für die Erhaltung ihres brauchbaren Zustandes stets zu sorgen.
Nicht minder beaufsichtigt^erPräfect die Öffentlichen Bibliotheken,
die A^useen und Elementarschulen, ferner die milden Anstalten, Spi*
täler, Zwangsaibeitsanstalten und Gefängnisse seines Departements;
unter seiner Auctorität werden die Pässe zu Reisen ausserhalb
des Depirtements ertheilt, der Preis des Brodes in demselben
bestimmt In seinem VerhäRnisse zur Finanzverwaltung regelt und
vertheilt er die Quote seines Departements bei ausserordentlichen
Landesauflagen für nicht gewöhnliche Zustände, und sorgt dafür,
. dass alle für das Departement zu verwendenden jährlichen Aus-
gaben nach den darüber ertheilten Ministerial - Instmetionen ge-
schehen; selbstständig verwaltet er alle von der Marktpolizei,
Stra^olivi und den übrigen Zweigen seiner Verwaltung abhän-
gige Einnahmen, bestreitet mit neun Zehntheiien des Städte-
Octrois (ein Zehntheil fliesst zuf Staatscasse) die daselbst be*
flndlichen milden Stiftungen und Öffentlichen Anstalten, und legt
darüber Rechnung den ^hm vorgesetzten Ministerien des Inne-
ren und des Handels nach den betreffenden Ressorts, von wel-
chen sie zur Revision dem Obenrechnungshof e zugehen.
Unter jedem Präfecten steht ein General-Secretär als Di-
rector des £üreaus, und dem Präfeotea zur Seite ein Präfee-
Fraakreich. 227
t u r- R « t k aus 3 bti 5 Mitgliedern^ je naehdem die Crröase dea Depar-
tements mehr oder weniger^ erheischt Dieaer antersucht theilt die
TOB den Bürgern dee Departeteienfli eingelaufenen Bittsehriften um
Erlaii oder Vermindereng der directen Stenem, theiit die Be-
. sefawerdetty welehe zwischen den Unternehmern Öffentlicher Jäheiten
und den Venraltungsheh Orden deaselben Departements sich erhoben
bähen, bestimmt die Grösse desSchadenertaties, der durch Strassen-»
Canal-Bauten und andere Öffentliche Unternehmungen veranlafest wor-
den ist, prüft die Gesuche einzelner Gemeinden, eine Klai^e gegen eine
Behörde, den Fiscns oder gegen eine moralische Person und
Corporation erheben zu dürfen, endlich entscheidet er über alle
Siaats-Domainen^ Angelegenheiten. «- ,Das Verhältniss der De*
partementai-General-Conseils» als einer j&hrlich auf ei«
ntge Wochen zusammenkommenden berathenden Behörde» der
R^rftsentonien des Departements, znm PrHfecten und zur ge*
sammten Verwaltung des Departementa ist bereits $. 17. S» 21.
Baoh der Beaen Einriehtung ddurgestelit
Einen gleichmftsaig übereinstimmendeB , nnr dem Pr&fecten
streng untergeordneten Wirkungskreis- hat der Unterpräfeet»
der an der Spitse jedes Bezirks steht, und eben so einen Be«
zirks-Rath zur Seite hat, der jährlich einmal sich rersammel^
•• §. 17. S. 21. Der Unterprafect wird gleichfalls auf den Vor-
achlag des Hinisters des Inneren von deai Könige ernannt, sein
Gehalt betragt gewöhnlich 400Ö Fr/(1080 Th.X Bs giebt 362
Unterpräfecten, soriel Arrondissements gezählt warden» sowio
die Zahl der Präfecten 86 beträgt
Jeder Cremeine ist wiedemm für denselben Umfang ;der
Verwaltuogsgeschäfte ein Maire vorgesetzt, welchem bei Com-
jnunen unter 2500 Seelen Berölkerung ein Adjunkt {A^oint
du Matre), beiCommunen zwischen 2500 und 5000 Seelen zwei
Adjunkte, beiCommunen zwischen 5000 und 10,000 Seelen zwei
Adjunkte und ein Polizei-Commissär, endlich bei noch
grösseren Communen für jede 10,000 Seelen mehr ein Adjunkt
und ein Polizei - Conimissur zugegeben sind. In Städten ober
100,000 Einwohner ist ausserdem noch ein General-Polizei«
Commissär angestellt , und die Hauptstadt Paris besitzt hierin
eine ganz abgesonderte Verwaltung, indem sie eine eigenthtim-
lieke P.oiizei-Prä^feetur bildet die ausser der Aräfeatur-Ver-
15\
228 Frankreich.
waltong des , Seine-Departements besteht Der Poliiei-Pr&fect tob
Paris Ist aber nur, was die öffentliche Sicherheit und die Erhal-
tung der Ordi^ung in der Hauptstadt anbetrifft, unmittelbar
unter das Ministerium des Inneren gestellt; in allen übrigen
Venraltungsgegenständen ist er dem Präficten des Seine -Depar- '
tements untergeordnet. Paris selbst ist in 12 Arrondisscmenfs
getheilt, an deren Spitze in jedem ein Maire^ 2 Adjunete und
4 Poliaei-Commissäre stehen*). — - Alle städtische Beamten bis
auf die Maires in den Städten von 5000 Seelen herab werden
gleichfalls Tom Könige auf den Vorschlag des Ministers des In-
neren ernannt; die übrigeu vom Präfecten. Den Maines und
ihren Adjunkten dienen zur Unterstützung bei der Aufsicht und
der Verwaltung der Gemeinde - Güter und der Vertheilung der
directen Steuern die Munieipairäthe, welche nach der ver-
schiedenen Grösse der Gemeinde aus 10 bis 30 Mitgliedern be-
stehen, und jährlich dreimal im v Februar , August und Novem-
ber auf 10 Tage höchstens zusammenkommen. Bei dieser Ge-
legenheit finden allgemeine Berathungen über €remeinde - Angele-
genheiten unter dem Voiliitze des Maires oder eines seiner Ad-
junkten statt; hieraivf werden die von den verwaltenden Muni-
cipal • Beamten gelegen Rechnungen revidirt, wobei der Maire
^) Die Verwaltung von Paris, die ausser den daselbst sutionir-
len königlichea Gensdarmen ein Corps von 1^200 Stadt - Sergenten
oder Stadt -Gensdarmen (la garde municipale), ein eigenes Corps
von Sapeurs-Pompiers zur Bedienung der LöschansUlten unterhält,
kostete bereits 16*24 die Summe von 51,972,206 Fr. (14,032,494 Th.),
welche allein aus den städtischen Einnahmen dieses Jahres mit '
51,975,856 Fr. bestritten wurden, und noch einen Ueberschuss von
3fö0 Fr. lieferten. Der in demselben Jahre von dem Präfecten Grafen
Chabrol über die Verwaltung von Paris abgestattete Bericht ruft
dabei aus: also mehr als das ganze Königreich Würtemberg! Er
würde richtiger gesprochen und noch me^r. Verwunderung erregt
haben, wenn er „weit mehr als das Doppelte** oder „beinahe
das Dreifache** der Ausgaben des Königreichs Würtemberg ge-
setzt hätte, da diese damals durchschnittlich gegen 9,500,000 fl.
Rheinland, oder ungefähr 19,000,000 Fr. <5,180,000 Th.) betrugen.
Im Jahre 1829 betrogen die Ausgaben der Stadt Paris 45,133,505 Fr.
(12,1869045 Th.) und die Einnahmen 46,430,000 ^t. (12,2a0>100 Tb.).
Frankreich. ' 2'29
and atetne Aitjnnkten iich entfernen milisen, um! ein von dem
Manieipal-Conseil selbst erwählter Präsident den Vorsiti f&hrt.
Die Verwaltang dev milden Anstalten ^nnr Pflege dnr'
Waisen, Armen und Kranken beginnt in (Frankreich ihre neue
Periode erst wieder mit Napoleon, da im Strudel der ReTolotion
die meisten dieser Stiftungen, wegen ihres Zusammenhanges mit
geistlichen Einrichtungen entweder völlig vernichtet, odtr doch
wenigstens Jahre long gehemmt waren: dies geschah aber bei
740 öffentlichen Spitälern und 130 Privatstiffungen. Napoleon
verwandte nach Chaboultm de Fain^ dem hievon sehr gut unter-
richteten Augenieug^, wirhrend der ersten acht Jahre der Kai-
s^rregiening (1804 — 12) für WaisenhUuser und fromme Stiftun*
gen eine Summe von Mehr als 12,000,000 Fr. (3,240,000 Th.)
on^ begünstigte den Orde^ der barmherzigen Schwestern, die
sich vorzugsweise mit der Krankenpflege beschäftigten, indem
er demselben, als wahrhaft um die Menschen verdienten Wohl-
thätem, unter allen Orden den ersten Plats einränmte. Diei#^
vnn oben her geseigte Sorgfalt wirkte auf das Volk, die Com-
munen bemOhten sich die alten, dimA ihre treffliche Einrichtung
gen bewahrten Stiftangen wieder ins Leben zu rufen, indem sie
ihnen wa mäglieh die frihere Quelle ihrer Einkünfte wieder er«
öffneten, oder durch eine auareichende Ergänzung dafür zu ent«
schädigen sich bemühtem Dies geschah in einem noch ausgedehnt
teren Grade unter den Beurbons, weil der jetzt wieder stark aufstre« '
hende Klems hiefür eine woblthätig» Einwirkung äussern kennte,
die Liebe zu Legaten an milde Stiftungen von neuem weckte,,
uttfl durch dell allgemeinen Zufluss zu den geistlichen Orden
^ 9. S. S, 73) viele neue Armen- und Krankenanstalten in das
Leben rief. So bestanden bereits am Ende des Jdhres 1S27
2224 von einander gesonderte Congregationen barmherziger
Schwestern und andere milde Vereine pflegender Frauen, von
denen 1533 deflnitiv^ die übrigen provisorisch genehmigt waren..
AU die ausgezeiebuetsten Anstalten- dieser Art verdienen die I9i
grossen Blespititfer zu« Pairis und Lyon angeführt eu werden.
In Paris pflegen im Hotel' Dieu 48 barmherzige Schwestern un«
ausgezetst an 000 Krankenbetten; nächst (Heseni ist hi^r das
kotel la PfWdie grösste- Anstalt dieses Ordens. In Jtyon reicht
der Ursprung des grosseii Krankenhospitals, das jetzt gleichfalbi
den Titel Hotel-Ditu fuhrt, bis in die ältesten Zeiten des Mit-
230
F r a n jk r e i c h«
telal^rt herauf, in^lem es sra Anfang des sechsten Jahrhunderts ,
von König Childebert gegründet sein soll; es werden daselbst
jetzt jährlich durch 200 barmherzige Schwentern in 2000 Kran-
kenbetten gegen 1 1,000 Kranken gepflegt Ausserdem beündet
sich daselbst das Hospiee de la Charit e\ welches 400 Greise,
3000 Waisenkinder und gegen 1400 {Findelkinder jährlich unter-
hält, von welchen letzteren nur 1000 im Hause selbst erzogen,
die übrigen aber auf dem Lande imtergebraeht werden!
Auf ein eigenthOmliches Refugium und dabei zugleich auf
•ine höchst beträchtliche Staatsunterstütsung machen in den
letzten fünf Jahren die politischen Ffüohtlioge aus den verschie-
densten Staaten Europas Anspruch, die nicht minder aber auch
einer sorgfältigen polizeilichen Obhut bedürfen. Ihre Zahl mehrte
sich ausserordentlich nach der Wiederherstellung der Ruhe in Polen
und Italien, und erreichte 1832 8000 Individuen, die über 5,000,000
Fr. (1,350,000 Th.) aus den Staatscassen: bezogen, im Jahre 1833
sank sie auf 6000, die nach der officiellen Apgabe des Ministe-
riums 4,000,000 Fr^ erhielten. Am Iten Januar 1834 waren
noch 5704 Flüchtlinge, und die für sie ausgesetzte Summe be-
trug 3,680,000 Fr. (993,000 Th.); endlich am Isten Januar 1835
5428. darunter 4710 Polen, 7t)8 Italiener« 4 Spanier und 1 Deut,
icher; es wurden für dieselben noch 3,000,000 Fr. (826,200 Th.)
bewilligt.
;
Staatsanstalten für die Wittwen und Waisen 'der
Beamten bestehen noch bis jetzt in Frankreich tiicht, worauf
allerdings das eigenthümlicho Kündigungs-Verhältniss aller Ver*
valtungsbeamten, die nicht zuni richterlichen Stande gehören,^
einwirken mag: aber einzelne Pensionen werden denselben naöh
Maasgabe desVerdienstes und des politischen Charakters ihrer Männer
Hnd Väter überaus häuüg vergeben. Eben so wenig giebt es Staats-
anstalten für Brandversicherung städtischer oder ländlioher
Grundstücke, um so, mehr hat in neuerer Zeit Privat«^peculation
den ohne alle Öffentliche Garantie ihr Geschäft treibenden Assecu-
ranz-Compagnien in Frankreich offenen Raum geebnet, und leider ih-
ren Wirkungskreis nicht bloa auf diesen Staat beschränkt, sondern
bis neuei^dings einige Verbote dagegen erschienen sind, densel-
ben vielfachen Eingang im. westlichen und südlichen Deutsch-
land verschafft«
I
I
Frankreich. 231
Die ForstTerwaltung betitst ihre CentmlTenriltung wm
Paris, wo 'ie eine eigene General-Direetion im Ministerium dea
looeren bildet« uod für die V^ollxiehung des' Dienstes in den De-
^rtements 21 Conserrateurs, 81 Inspeeteurs und 122 Sous - In«
Bpecteurs besehiftigt, die wiederum für den niederen Dienst 941 &
Ag^vt^^ Gardes Generaux^ Garden d Ckeval^ ArpcnteurM un(t
Gmrde9 d pM unter ihren Befehlen haben. ^
S. Kh
Die ' Rechtspflege.
Igamberi^ D$eru$y ei Taillandier ( AtocaU) recueil
gemeral des ancienntu loU FranqaistM^ depuis 418 JuBqu* d 1789»
30 voL Svo.f ParU 1829 — 31 8^0.: man vergleiche über diese Samnw
lung Zachariae nnd Mittermaier Zeitschriff für auslanilische
Rechfswiftsensehafty Band 111. Heft L — Bulletin des lots du
royaume de France^ bme Serie^ erscheint vom Isten April 1814
ab jährlich in vier Bänden, von 'denen jeder immer ein trtmeetre^
oder die Gesetze und Ordonnanzen von 3 Monaten enthUIt. biU
det also jetzt bereits eine Sammlung von 83 Bänden, excl. das
Jahr 1835. — D'Eyraud de rudminietraWon de la justice et
de r ordre judiciair e en France^ Paris 1824 2 rol, 8t70. — An-
selm V. Feuerbach über die Gerichtsverfassung und das ge-
richtliche Verfahren Frankrieichs in besonderer Beziehung auf
deffenllichkeit' und Mün«llichkeit der Gerechtigkeitspflege, Gicsseu
1825.«— Compie general de radminist rat ion dela just4ce cri-
minelle en France pendant Vannee 1825^ Paris 1827. — Für
das Jahr 1826 erschien dieser f eiicht gleichfalls 1827 und seit-
dem jährlich •). —
'*) Ausführliche R^ahriös dieser Rechenschaftsbei i( h(e^ bisweilen
zugleich mit Vergleicbung der Englischen "Rechtspflege licrerle Fc-«^
russac Bullet, d. ^. s(a(. IX. p. 370-^1» X. p. 37S— 84, t. XV.»
p. 7-14, t. XXI., p. 4-1-2, i. XXV., p. 161-^75.
fSH Frankreich.
«
Vor der grossen Rerolation gab es fft Prankreieh durekaa«
kein allgemeines GeseUbueh» welches für alle 'Provinsen gleich-
geltende Rechtskraft gehabt h&tte. Der ganse Staat zerfiel für
die Rechtspflege in Paif$ du droit eerit^ in welchem pur das
Römische und das Cano'hische Recht als HauptqueUen für die
' richterliche Entscheidung gebraucht wurden, und in Pajf9 deu
coutumeB oder coutumterB^ in welohen Provinsen eigene Land-
und Stadtrechte wahrend des Mittelalters gegeben und sp&ter
noch unter den Bourbons stets best&tigt und erweitert waren.
Auf solche Weise waren in Frankreich 60 Provineial- und 325
Stadt - Statuten öder gegen 400 Particularreohte entstanden.
Seit dem Zeitalter Ludwigs XIV, waren aber alle neue gc-
•etsliche Verordnungen (Ordonnanc€$ du roi)y welche entweder
durch die fortschreitende Cntwickelung des bürgerlichen Lebens
' ' gefordert wurden» und die davon abhängigen Polixeivergehen
bestimmten, oder für die ununterbrochene Erhaltung der in-
neren Ruhe des Landes sorgen» den Handel und allgemeinen
Verkehr sicher stellen» die Verhältnisse des Landes zum. stehen-
den Heere und zur Flotte festsetsen und endlich die dadurch
nothwendig gesteigerten Staatseinnahmen hervorbringen sollten»
nach und nach in XIL Haupt-Ordonnanaen für die einflussreich-
jten Zweige der Star u Verwaltung lusammen gesogen» und in die-
ser gemeinschaftlichen Redaction suerst seit J667 als Theile
des Code Je Louh XJV. bekannt gemacht; die letzte derselben
erschien 1695. Die Ergänzungen dieser Gesetzsammlung unter
dem* Herzog R^^nten von Orleans und Ludwig XV. waren aber
Privatnnternehmungen; so wurden die Verordnungen aus den Jah-
ren 1723-^40 als Code de LouU XF.» Parte 175d*— 59» 12 vol ^vo.
von Chaussepierre herausgegeben: darauf erschienen in ungleichen
Zeiträumen die neuen Fortsetzungen nnd Erweiterungen dieser
Codes bis zum Anfang der Französischen Revolution. Wenn gleich
imn durch die Revolution auch die gesammte Rechtspflege völlig
umgestürzt» und unter der wiederhergdstellten Monarchie eine
gätislich neue nach ^vollständig systematisch bearbeiteten Rechts-
bfiohem wieder eingeführt ist» so haben doch für das Civilrecht
^nnd den gesammten bürgerlichen Verkehr diese äUen^ Gesetze
noch bis zur heutigen Situnde vielfache Anwendung» dürfen also
in einer statistischen Uebersicht über die heutigen Quellen für den
Rechtszustand des Französischen Volks nicht übergangen werden. ^-
Was die Gerichtshöfe selbst in damaliger Zeit anbetrifft
Frankreich. 233
so eDteeliieden tu erster Intteos die Baültagei und Sen^chaus-
•eet, Amtigeriebto oder Bestfksgerichtey utiter welchen die Mairet
4er Stidtey die Prevdts einzelner städtisefaer Corporationen tind
die adeliclien GerichUverwalter für die Bewohner dea platten
Landes ttanden. Von diesen ging die Appellation in zweiter
Inatani an die 15 oberen Landgerichte der alten Prorinzen
Frankreiehty und in letzter Instanz» röllig ypn einander unab-
hängig, sprachen die sieben Parlamente und 3 contetU 9uperieur9
das Urtheil « welche eben wegen ihrer gegenseitigen Selbststün-
digkeit bereits lange Tor der Revolution couru Mouv^raineMge-
nannC wurden. In allen Sachen, deren letzte Entscheidung der
König nicht einem Parlamente einräumen wollte, entschied der
alte Staatsrath oder das geheime Staat» • nnd Cabinets • Ministe-
rinBy kk dieser Eigenschaft als cour 9ouveraine de Justice,
Nachdem nun' die Parfamente und alle ihnen untergeordne-
ten Gerichtshöfe in der Revolution untergegangen waren, die
neu gebildeten politisohen Verhältnisse weder nach den früheren
königlichen Gesetzen, noch nach den Hülfsrechten, noch endlich
nach den darüber, bei der Einführung während der Revolution festge-
stellten, aber mehr von dem administrativen S^ndpunkte berücksich-
tigten Bestimniungen richterlich beurtheiltwerdeakonnten, so machte
sich als das erste dringendste Bedürfniss des beruhigten Frankreichs
geltend, ein neues Gesetzbuch, eine neue Gerichtsordnung und eine re-
gelmässige und unbescholtene Verwaltung der Rechtspflege zur Si-
cherstellung des Staats zu besitzen. Schon nach dem Sturze
des Terrorismus waren 1794 Commissionen für die Entwerfung ,
eines neuen Gesetzbuches ernannt, aber so oft diese auch wech-
selten, um brauchbareren Mi^iedem den Platz zu Überlassen,
so war es doch Napoleon vorbehalten, seitdem er als Consul
die Zügel der Staatsverwaltung Frankreichs ergriffen hatte, auch
hier eine neue feste Bahn zu eröffnen und sie während seiner
Kaiserherrschaft fast vollständig zu Ende zu führen. Als ehren-
werth bleibende llesultate dieses kräftigen Eifers glänzen die
fftnf Codes hervor. Der Code civil y oder das Cirilgesetz-
buch wurde in seinem Entwurf 1802 fertig, am 5ten März >I803
dem Corp9 legiilaiif zur näheren Prüfung übergeben, welches
dieselbe in Jahresfrist bis zum 24sten März 1804 beendigte;
er trat in Gesetzeskraft mit dem Isten Januar 1807 fin. /Die-
sem folgte der Code de procedure civile «ler die CivUpro-
\
..t
234 Frankreich.
Cef »Ordnung rom 24iten Apr. 1800, welche auf der Gnindlnge
der Ordonnanz von Ludwig XIV. über den bürgerlichen Process
von 1667 beruht: gleichfalls mit dem Isten Januar 1807 einge-
führt Darauf erschien der Code de commerce vom 208tea
September 1807, gestützt auf die Ordonnaiizen Ludwigs XIV.
über den Handel und die Schiffahrt aus den Jahren 1673 und
1681; sodann der code d'instructton criminelle^ oder die
Criminal- Ordnung yc/m 27sten November 1808, welche indess
gänzlich von der früheren königlichen vom Jahre 1670 abweichen
musste, da die Einführung der Geschworn engerichte durch die
U8$emblee nationale Constituante I79I eine völlige Umgestaltung
desCrirainalprocesses nothwendig gemacht hatte, wie dies auch schon
/ durch die Gesetze vom 29sten September 1791 und vom 2i8ten
Octobcr 1701 erfolgt war. Endlich beschloss die Reihe der kai-
serlichen Gesetzbücher der Code criminel oder Code penal
vom 22sten Februar' 1810, welcher als eine Umarbeitung der
beiden Strafgesetzbücher wahrend der Revolution lu betrachtea
ist, des Code penal vom 8ten October 1701 und des Code de9
delits et des peinee vom 25sten October 1793.
Alle diese Gesetzbücher wurden bei der Restauration durch
die Verfassung vom 4ten Juni bis auf unwesentliche Bestimmun-
gen beibehalten *),* die ausschliesslich auf Napoleon^ oder die
Institutionen des Kaiserthums sich beziehend in den darauf fol-
genden Ausgaben weggelassen wurden: eben so sind sie voll-
ständig in Gesetzeskraft durch d.is neue Staatsgrundgesetz vpm
7ten August' 1830 erhalten. Beide Constitutionen setzen zu-
gleich die wesentlichsten Grundzüge für die fernere Verwaltung
der Rechtspflege fest, die besonders auf folgenden Hauptmomen-
ten beruht. Die gesammte Rechtspflege geht vom Könige aus,
so dass sie in seinem Namen allein verwaltet wird und er selbst
alle Richter ernennt**). Diese werden dadurch 'unabsetzbar.
*) Es heisst daselbst §. G8 wörtlich: „le code civil et les lois
ac(aelleitfent existantes, cjai ne sont pas contraires k 1^ prestfnte
Charte, restent en vigiieurjusqn'ä te qu'il y soit l^galemenl deroge.'^
dieser §. ist wörtlich in f . 69 der VerL von 1830 aufgenommen.
••) Verf. V. 1S30, §. 48} Verf. v. 1814, J. 57.
Frankreich. 235
mit alleiniger Ansnatime der Friedensrichter , welche über die
Sachen vom geringsten Werthe, nemlich in Civilsachen bis
100 Fr. (27 Th.) ohne weitere Appellation von ihrem Ausspruche,
bis 500 Fr. (133 Th.) Werth in erster Instanz urtheilen, aber su-
gleich als Polizei-Behörde auf Requisition eines Maires oder ei-
ües^ Polizei'Commissars fungiren *). Doch ist jeder Franzose be-
rechtige y seine Stieitsache durch einen Schiedsrichter förmlich
und gültig ausgleichen zu lassen. ' Die unter Napoleon einge-
führten Civil- und Criminal^ Gerichtshöfe, so wie die Handelsge-
richte, sind mit allen ihren Einrichtungen beibehalten, und kön-
nen nur vermöge besonderer Gesetze geändert werden: daher
sind gegenwärtig alle ausserordentlichen Gerichte, aUs welchem
Grunde, oder unter welchem Namen sie auch eingesetzt sein mö-
gen -als constitutionswidrig verboten ""*). Die Verhandlungen
in allen Crimiaal-Processen sind Öffentlich, wenn sie nicht von
der Art sind, dass ihre Oeffentlichkeit nachtheilig auf innere
Ruhe und Ordnung und auf die Sitten einwirkt: doch muss
dieses erst durch ein förmliches Urtheil eines oberen Gerichts-
hofes er]clärt werden, worauf dann das Publikum von den Sitzun-
gen entfernt gehalten wird ***). Das Institut de^ Geschwornen
(Jurei) bfeihtf), wie es nach der obigen Angabe während der
Revolution aus England nach Frankreich verpflanzt worden ist»
aber mit dem höchst bedeutsamen Unterschiede von dem Engli-
schen Herkommen, dass hier nothwendig Stimmcneinnellig-
keit das Schuldig oder Unsehuldig aussprechen muss, in Frank-
reich dagegen nur Stimmenmehrheit für das gefüllte Urtheil
♦) Verf. V. 1830, §. 49 und 52} Verf. v, 1814, J. 58 und 61.
**) Yeri. v. 1830, §^ SO, 51 und 54| Verf. v. 1814, §. 69, 60 und
63: die in dem letzteren 6. noch vorbehaltenen Prevotal- Gerichts-
höfe, welche für Hochverrath, bürgerlichen Aufruhr ohne weitere
Appellation eingesetzt werden konnten, und deren Urtheil in 24
Stunden vollzogen^ wurde, haben seit dem Jahre 1817 keine Aowen-*
düng mehr getunden, doch ist auch .dieser Vorbehalt in der \erL
V. 1830 §. 54 weggelassen.
♦*♦) Verf. V. 1830, §. 65 nn* Verf. v. 1814, §. 04.
+) Verf. V. 183^ §. 56 ttiid V^rL v. 1814, 5- 65.
236 Frankreich.
verlaDgt wird» wo.bei nooli der Ciofluss des königlichen Procu-
rators besonders zu bemerken ist, der znletKt den Vortrag h<,
und in einem Resume das ganze peinliche V^erhör, saninit den
Zeugen-Aussagen zusatfbmenfasst, um seine Ansicht über den vor«
liegenden Fall zu begründen. Hierauf werden unmittelbar die
Stimmen der Geschworenen in geheimer ßerathung gefordert,
und bei dem allgemeinen Standpunkte 4ei Bildung der Geschwo-
renen ist es nicht zu verwundem, das^ die Ansicht des Procura-
tors sehr häufig entscheidend auf den Spruch der Jure'f eint^irkt,
wenn nicht etwa politische 'Factionen, wie gegenwärtig^ bei den
Fressvergehen und den Reactionen gegen die bestehende Regifsrung
und deren Behörden, geradezu gegen die Ueberzeugung das^Los-
spreehungsurtheii von den Geschw<^renen verlangen. Die Stirn -
i^eoniehrheit war bei den Geschworenen bis 1831 nur die ab-
solute, ist aber nach dem peuen Gesetze über dies Institut von
1831 auf .zwei Drittheiie der Mi^lieder als da« Minimum er-
höht worden. —
Die Verwaltung der Rechtspflege bewegt sich gegenwär-
tig in Frankreich in folgendem Geschäftsgänge. Friedensrich-
ter,» d<^ren Wirkungskreis bereits oben dargestellt ist, und die
nur neben sich einen Grefßer zUr Führung und Registrirung
der Acten als Geholfen haben, sind für jeden Canton einer,
für Paris zwölf angestellt: ihre Gesammtzahl beträgt 2846, ihr
Gehalt in Paris 2400 Fr. (648 Th.), in den übrigen Städten 800
bis 1800 Fr. (216 bis 486 Th.), ober die meisten, nemlich 2754 be-
ziehen nur 800 Fr., ausserdem Sportein für Certificate, Vidimi-
rungen und rechtliche Rathschläge in Privat • Angelegenheiten
von 2| bis 5 Fr. — Die Tribunale erster Instanz bestehen
in jedem Arrondissement für sämmtliche Civil-Sachen, dje übet
den Geschäftsbereich der Friedensrichter hinausgehen, für ge-
Mngere CriminalfäUe, die als correctionelle Vergehen zu betrach-
ten sind und ohne Juiy verhandelt werdend früher (bis 1830)
gehörten auch die Pressvergehen vor diese Gerichte, sind aber
jetzt den Geschworenen übergeben. Die Zahl dieser Gerichts«
böfe beträgt jetzt 361. Sie sind in den kleineren Städten aus
4 Richtern und einem Präsidenten, in den grösseren aus 10 bis
15 Richtern, einem Präsidenten und einem Vkepräsidf^nten , in
Paris aber aus einem Präsidenten, 6 Vice -Präsidenten und 31
Richtern zusamnieog<^tzt. Sie zerfallen nach dem Charakter
Frankreich. 237
ihrer Geschäfte in. swei, und in Paris in noch mehrere Secti»>
iieti, un«l jeder Section ist ein kc^niglicher Proenrator beigegr«
hen. Die Geschäfte werden ^lich ita 6 Standen von 10 Uhr
bis 4 Uhr Nachm. verriebtet, ausser an Sonn • und Festtagen
und in den sechswochentlichen Sommerferien. Die gesammte
Zahl der Richter bei^&nft sich auf 1626, iter Gshalt beträgt 1250 bis
6000 Fr. in Paris (3374 bis 1620 Tb.), das der Präsidenten ron
2000 bis 6000^ Fr. (540 big 1620 Th.), in Paris aber 16,000 Fr.
(4320 Th.) Die Tribunale erster Instanz in den Hauptstädten
der Departements bilden för CriminalfilHe noch eine xweite In-
stanz, wenn dieselben bei den Tribunalen in den Arrondisse«
mentsstädten verhandelt sind, dagegen in den Cirilsaehen geht
die Appellation sogleich an eine höhere Instanz. Jedes Tribu-
nal hat einen königlichen Procurator und nach der Grösse seine«
Geschoftsbezirks mehrere Substitute desselben, in Paris sogar 15«
Die zweite Instanz ist den Appellationsgeriehten oder
königliehen Gerichtshöfen (cour9 r&t/ale$) vorbehalten,
, deren es 27 giebt, die in den grösseren Städten ihren Sitz und
einen Wirkungdereis über drei bis vier Departements haben^ Sie
sind aus 12 bis 36 Richtern, einem ersten I^räsidenten und 2
bis 6 Präsidenten der einzelnen Sectionen zusammengesetzt Die «
Gesammtzahl der Richter beträgt 630, der Präsidenten ^93, der er*
sten Präsidenten 27; das Gehalt der Richterist 3000 bis 4200 Fh
(810 bis 1134 Th.), in Paris 8000 Fr. (2160 Th.), der Präsiden-
ten 4000 bis 6000 Fr. (1080 bis 1620 Th.) in Paris 12,000 Fr.
(3240 Tb.), der ersten Präsidenten 15,000 bis 25,000 Fr. <4050
bis 6750 Th)., in Paris 36,000 Fr. (0720 Th.) Jedem dieser Ge«
richtshöfe sind ein königlicher General -Procurator mit dem Ge-
halte eines ersten Präsidenten, ein General • Advocat mit dem
Gehalte eines Präsidenten und , nach der Grösse des G^eriohts«
hofes ein oder mehrere Substitute derselben mit dem Ckhalte
der Richter b^geordnet — - För alle Criminalvergehen, und seit
1831 auch für die Pressvergehen, besteht ein Assisenhof
(Cour tT AsMes) in jeder Haupt-Stadt' des Departements, wo
ein Tribunal oder königlicher Gerichtshof besteht Derselbe
ist zusammengesetzt aus einem Präsidenten und drei Richtern«
die aus den Mitgliedern der Tribunale und königlichen Gerichts-
höfe gewählt werden. Er hält alle drei Monate seine Sitsang
in der Hauptstadt des Departements mit den 12 Gesehwomeiiy
238 Frankreich.
die auf den 3^ jährlich dtsu rom Prifecten aug der Liste s&mnit-
licher Jurdi gewählten genommen werden. Der königliche Pro* "
curater hat die Einleitung jedes CriminalfalU und den Antrag,
ob derselbe weiter vor den Assisen verfolgt werden soll: die
Entscheidung^ darüber steht den Tribunalen erster Instanz und
den königlichen Gerichtshöfen zu. —
Die dritte und letzte Instanz wird ausschliesslich durch
.den Cassation shof zu Paris gebildet» der aus einem ersten
Präsiileiften mi^ 36,000 Fr. (9720 Th.) Gehalt, drei Präsidenten .
mit 16,000 Fr. (4320 Th.) Gehalt und 45 Richternmiit 12,000 Fr.
^3240 Th.) Gehalt zusammengesetzt ist I(im sind beigeordnet
ein General-Procurator und sechs General- Advocaten, jener dem
ersten Pritsidenten, diese den Präsidenten und den Richterd
gleichgestellt. Dieser Gerichtshof hat vorzugsweise auch über
die Unregelmässigkeit während der gerichtlichen Verhandlungen
eines Processes, und ob deshalb oder aus irgend einem ande|*en
Grunde der Fall an einen anderen Gerichtshof zu verweisen ist,
als der ihn früher behandelt hatte. Bis zum Jahre 1828 konnte
diese Verweisung in unbeschränkter Zahl für einen und denselben
Gegenstand geschehen. Nach dem Gesetze von 1828 kann aber
kein Rechtsfall mehr als zweimal vor den Cassationshof kommen,
und müss dann durch einen von ihm bestimmten königlichen Ge-
richtshofe definitiv entscheiden werden *)• — Von den 214 Han-
delsgerichten 8. oben ^. 11. S. 117).
Fassen wir schlieslich einige statistische Ergebnisse aus der
Strafreehtspiiege zusammen, so erhalten wir:
1825 1826 1827 1828 1829 1830 1831
1. Zum Tod Verurtheilte 134 150 109 114 89 02 108
2. Zur lebenslänglichen
Zwangsarbeit««) 283 281 317 268 273 268 211
*) VergL über die Gerichtshöfe Goldsmith ztat d. 1. France
p. 224-85.
**) Die unter Nr. 3 und 3 aufgeführten Sträflinge bilden die
Pflanzschule der Galeeren-Gefängnisse^ die in den vier Hafenplätzen
Touioo, Brest, Rochefort und L'Orient gehalten, und zwar bis auf
das Ministerium |lartignac dergestalt» das« lebenslänglich Bestrafte
Frankreich. 339
1825 1826 1827 1828 1629 1830 1831
3. Zar Zwangtariieit auf
gewisse Zeit 1,052 1,130 1,002 1,142 1,033 073 040
4. Zur einsamen laogen
EinspemiDg 1,160 1,228 1,223 1,223 1,222 I,00& 888
5. Zgoi Pranger 6 5 5 11 1 8 1
6. Zur Verbannung 11 — 1 3 — - 2
7. Zum Verlast des BBr-
' gerrechU 2 1 0^11 1
8. Angeklagte unter 10 \
Jahren d. in Besserungs-
häus. untergebracht sind 57 50 68 < 53 28 43 127
0. Correctionsstrafen in
kuner Haft 1,342 1,487 1,416 1,730 1,82& 1,740 f.OIO
Somma 4,0374,248 4,2804,5514,4754,1304,228
Von den cum Tode Verurtheilten wird aber durehsehnittlich
nur der vierte Theii wirklich hingerichtet, die übrigen erfahren
die Gnade des Königs, und werden dann gemeinhin in eine der
darauf folgenden drei Classen zur Haft auf Lebensdauer oder
lange Zeit hinhübergdfÜhrt
Die Gesammtzahl der voi^ den Assisen Angeklagten betrug
1825 1826 1827 182^ 1820 1830 1831
* 7,234 7,591 7,774 8,172 8,Hp 7,749 8,278
daron wurden freige-
sprocben 2,615 2,650 2,693 2,845 2.898 2,831 3,378
— waren abwesend 582 603 845 ^76 746 788 672
^ wurden vcrur-
theiit^ wie oben 4,037 4,348 4,236 4,551 4,475 ^130 4,22$
mit auf bestrmmte Zeit VemrtheHlen nicht nur in denselben txefang-
nissen, sondern auch an derselben Ketie sich angeschmiedet befan-
den ^ nur L'Orient war schon damals vorxogsveiseals Haft für die vegen
militärischer Vergehen bestraften Franzosen bestimmt Martignac aber
sonderte die Verbrecher nach der Dauer ihr^r Haft und auch mög-
lichst nach der BeschafTenheit ihrer Verbrechen. Die auf Liebens-
dauer oder auf fünfzehn bis zwanzig Jahre Verurtheilten werden
seitdem nach Brest und Rochefort gesandt, die auf zehn Jahre nach
Tonion, die auf kürzere Zeit nach L'Orient
/
240 Franbreicb.
Das VerliMtniss des Geschlechtes bei den Venirtheilten im
gemeinschaftlichen' Durchschnitte für diese Jahre giebt auf 6
■ Verbrecher 6 mUni^liche und einen weiblichen, doeh mit^ dem
Untei schiede, dass bei Verbrechen gegen die Person dies Ver-
hältniss su Gunsten der weiblichen sank und nur auf 9 Ver-
brecher ein weiblicher kam, dagegen bei den Verbrechen gegen
Eigenthum ^as umgekehrte Verhültniss eintrat, und schon auf
II Verbrecher 2 weibliche gerechnet werden mussten. Sieht man
auf die Zahl der in Frankreich vor die Assisen geführten Angeklagten
im VerhältnUs zu^ der Bevölkerung dieses Staates, so findet man
in den beiden letzten Jahren 1830 auf 4576, 1831 auf 4287 Ein-
wohner einen Angeklagten. Diese Durchschnittszahl ist in 25
Departements überschritten, am stärksten in den Departements
der Seine, in Corsika und in den Ost-Pjrenäen, wo auf 1000
bis 1400 Seelen bereits ein Angeklagter kömmt Die wenigsten
Angeklagten belinden sich in 'den Departements der Vogesen,
der Loire, Loire und C(ier, L'Indre und ^er Nieder -Loire, wo
auf 11,500 bis 12,000 Bewohner ein Angeklagter kömmt
Vor den correetionellen Foliiei-Geriohten *) ohne Jury n^aren
1826 angeklagt überh. 159,740
1827 — — 171,146 .
*) Diese RMuItate sind hier nach den oben angeführten Gomptes
G^n^rales der 6 lihtp geliefert — Ausserdem haben für die Jahre
1825—37 ans diesen Materialien A. Balbl und A. M. Guefry eine
Statistique compar^e de T^lat de rinstruction et du nombre des crimes in
einem grossen Tableau In Fol. 1829 zusammengestellt, auf welchem
3 Karten geliefert sind, von denen eine für die Verbrechen gegen
die Personen, die zweite für die ^rbrecken gegen das Ei^enthum,
die dritte für den Zustand des öfiTentlichen Unterrichts, durch Ab-
stufungen der Färbung von Schwarz zu Weiss fär die einzelnen
Bezirke der Coors royales und der Academien, die naditheiligere
oder günstigere Beschaffenheit anzeigen. V^enn in den nächsten
^ Umgebungen der Hauptstadt die Verbrechen gegen die Sicherheit
des Eigenthums vorherrschen, so tritt dieser Fall für Corsica und
. den gesammten Süden von Frankreich bei den Verbrechen gegen
die Person ein. Die grössere Theilnahme an dem Unterrichte scheint
aber überall entschieden eine Verminderung auf diese und auch eine
Milderung in Bezug auf jene hervorzuhringen* — VergL Bullet. 4.
sc Statist t XII. p. a66 -CO. •>
FraBkretclL 241
1S28 angeklagt Überhaupt 172,300
182» — — 176,257
IS30 — - . — 209,662
1831 — .— 204,738
DaToi wirdca frdgetpTOcheii 1826 = 25,356
1827 s 25,980
11828 =: 26,212
1829 ;;= 25,584
1830 :;= 32,572
1831 SS 41,500
Van 4aa ftMgeii imrdea sur blossen Gelditrafa v^rurtb^Ul
1826
=
107,087
1827
zr
117,999
1828
SS
119,398
1829
:=:
122,243
1830
is
150,606
1831
ifdAM
/
1
liah T. danstlb. s. Gafikngniasatrafa
& Oef&ngnissstrafa
untaT ei» Jahr -
über ein Jaht-
1826 21,285
6004
1827 20,974)
6180 '
1828 a0,169
6611
1829 81,63ft
6505
1830 20^622
5862
1831 32,764
7123
Daraaa gaht leider h^nror, ^datt die paKtischeii VerhWuistai
aait 1830 anf eina auaserordentlioha Weite die Zahl der Pff<H
Tof den Zaaht^PoUsei-Geriohten Termahrt faabaa«
Presfvei^ehen, mit denan am hkhftgsten pötittsehe Vergehen
irerknupfc aind, überstiegen in den Jahten 1825-^29, da sietioc^i
▼on denZa«ht*PoUiai«Gerithtaiab|;eurtheiltirdTden, dttrchschnUt*
lieh nicht die Zahl 250 im Jahte, rbn disnen ^ ein Stn&furtheil
erlitten. Gegenwärtig sind sie über lOOOjähtlich gestiegen, schon
1831 waren 1008 Pertonett derselben angeklagt ^ aber Ixur ^
wurde verurtheilt t^O^D nnd ^ rdllig freigesprochen.
6«l»«bcrl't Statut Ik IL |q
«- ♦*-*:- * • • '
•v ■ »:\^*'
242 Fri^Qkreich.
. 5. 21.
' Finanz Verwaltung.
fForh<^nnui9) retherehen et eomtderaitons mr les finan-
ce$ de France^ 2 vaL 4to, Bi^le 758. Das Hauptwerk überdeii
ftiteMn Zustand der'¥faBx5sischen Finanxverwaltungy reicht aber
nur fik die Jahre von 1595 — 721. -^ De Guers, Considera-
iionM $ur len fintmcew de France, Paris W^\ csreichtbis 1800. —
ßr£9$on hietoire financi^e de Ui France depuh Torigtne de la
ntonard^Ju&qü'd Fannie 1828^ Paris 2 vol. 1820 Sm. —
Frankreich ist gerade in der Finansrerwaltung als der erste
Staat den anderen Europäischen su einer Zeit vorangesehritteo»
a^i die heutigen Staatsverwaltungs- Verhältnisse bei dem Ueber-
gange aus dem Mittelalter, in das sechscehnte. Jahrhunderte sieh
rascher entwickelten und fester gestalteten. Bereits unter Lud-*
wig XIL waren die Staatseinnahmen mit den Aufgaben sosweck-
mä^ing geregelt^ dass eine überraschende Steigerung der gesamm*
ten Staatskräfte sich bemedcbar nvrehte.. Der langwierige Kampf
gegen das Haus Habsburg , die Zerrüttungen Frankreichr durch
die ReligioQS-Bürgerkriege in der iwetten Hälfte des sechssehn«
ten Jahrhundiots verwirrten aber den gut geordneten Zustand
4es Fransösisehen Staatshaushalts entsetslichy und führten eine
solche ünancielle Erschöpfung herbei, dass selbst Sullj's beson»
neue Weisheit und Sparsamkeit ^eine Abhülfe von Grund aus
nicht gewähren konnten , und schon unter seiner Verwaltung die
IKehäsj|ig0 und für den Staat so. zweideutige PauktCe für die
Dauer eingeführt wurde. ; Dies war eine Einnahme vom Aemter-
verkauf, wrfehe das jährliche Gehalt als eine Art von Leibrente
für das dem Staate gegebene Einlag-Capital ansdben Hess. Die^
•er Aiemterveikauf hjatte iwai schon in einseinen Fällen unter
Ludwig XII* stattgefunden und in dem sechssehnten Jahrhun*
derte unter Franz L, hesonders aber unter Heionobs IL Sühnen
n den gewaltigsten Missbräuchen geführt. Heinrich IV. glaubt«
diesen vorzubeugen, wenn er den Missbrauch fitamüich gesetzlidi
machte, indem er den Vorschlag seines Secretärs Charles Faulet
(der dadurch seinen Namen in der Steuer selbst für d^s Franad»
Frankreicli. t43
Volk nicht wohldiitig madite) annahni, und g^n J^ oder
1|. Proeent ^ibgabe von der jäkrlichfen Oehaltseuuiahma dai
Recht Torlieh, dac erlangte Amt den Elrben an hinterlaaien, oder
amch weiter au rerkaufen. — Wie nun unter der folgenden Regierang
Ladwigs Xlil. der rers^hwenderigche Hof halt nicht minder, als Car*
dinal Richelieua Politik , doreh reichliehe €(eld - Sdhtidien den
Feinden Frankreicha neue Cregner von der entgegengecetatcn
Seite an erregen, die financiellen Altforderungen all daa Fransöaicehe
Volk immer mehr steigerten, wurden hei jeder drängenden^6eld<>
noth neue Aemter errichtet, denselben euie Besoidong aus dem
Staatssehatze und ein noch einträgiieberes Anrecht auf Sportein
und Gebühren angewiesen, um diese Aemter au eincan hohen
Angelde (also «ine umgekehrte Staatsanleihe an tikraus hohenr
Snsen) abkusetsen, und ausserdem eine jahrliche Gchaltutener
(Annuel> an erlangen. Es war dabei ntcht au vermeiden, dass
bei der durchaus unnSthigen Veigrössemng der Zahl der Staats«
beamten, sehr viele der Stellung nach bedeutende Aemter durch
unwisaende und tr&ge Menschen verwaltet wurden, alle aber
ihre K&ftfcr fanden« In den ersten Jahren der Regierung Lud«
wtgs XIV., norii unter Maiarlnifs Verwaltung, ging man bei der
jAhiiieh gesteigerten FtnansnoA sogar zu dem Versuche fiber,
die städtischen Aemter auf Ähnliche Weise au verkaufen, welche
bis dahin durch Wahlen von der Bfirgerschafe bestellt waren.
Der Missbraa«^ mit der Panlette hatte bei dem Antritte Colberta
ids licker def Fransttsischen Finanxverwaltung so um sich ge*
griffen, dasa dieser lOM in den Justiz- und Finanz -Aemtem
45,780 verk&uillehe Stellen vorfand, deren Arbeit fBglich von
60B0 Beamten (also beinahe sieben Achttheile der hier angestellten
Beamten erschienen flberflfissig!) verrichtet werden konnte. Ihre Be«
feoldung aus dem Staatsschatze betrug 8,000,000 Livr (2,160,000 Th.)^
aber ihre gesammten dem Volke zur Last fallenden Einkünfte
Wurden Huf 187,260,000 Livr. (50,557,500 Th.) geschätzt, wovon
dCF König nur gegen 9,000,000 Livr. (810,(X)0 Th.) ala Annuei
wieder zurückerhielt, während ihr Kauf)preis in den voran«
gq;angenen Vowaltungsjahren längst verwandt war. Der gang*
bare Preis dieser Aemter stand aber nur nacli dem lieber*
adilage auf 420,000,000 Livr. (100,400,000 Thhr.). Colbert be-
Mlhte sich ritfdtich, die übermässigen Aemter zu entfernen und
auf vortheilhafte Weise für den Staat zuriiek zu kaufen, und
fcieHe alä seinen gröss^ Triumph» dass er bei der lJeb«mahr
16 •
244 Frank reich« '
Minet Minkterii iwar 00,000,000 Livr. (24,300,000 TL) jlhrUeh«
Auflagen- 4tm FraiuiÖsUeken Volke aufgebördet gefunden habe,
von der inswiiefaen die Staatteatte nur 33,000,000 Xirr. <8,0 10,000
Th«) reine Etnaalune geiogea iiabe, dagegen seinem Nachfolger
aoaser der Erdfnung neuer reicher Httifsquellen für den Staats-
kanshalt, 110,000,000 Livr. (31,320,000 Th.) hinteriasse, nnd da^
bei doch um mehr als 20,000,000 Livr. (6,400,000 Th.) Erleich-
lening in den fAhrliehen Steuorn fär das Volk bewirkt habe.
.^Aber die nnansgesetaten Kriege Ludwigs XIV. nnd die im«
m^ höher gesteigerte Versehwendung in <Iem königlichen Hof-
halte vernichteten auch die Folgen der weisesten Berechnungen
ColbertSy und gleich nach dem Tode dieses Ministers 4683 begann der
Aemterverkaaf auf diefiHihere Weise, und gleich iin so schrankenlosem
Uebermaasse, dass in^en Jahren 1689—95 für 294,000,000 Livr., und
in den ersten «cht Jahren des Spanischen EIrbfolgekrieges (1 701—4))
abermals für 426,(M)0,000 Livr. verkauft, also überhaupt 720,000,000
Livr. (194,400,000 Th.) aus der Errieht]ung< neuer Aemter geso-
gen wurden« Leider erhielt sich dieser Missbrauch, bei sehr un-
wesentlicher Abhülfe unter einxelnen Ministerien, mit seinen ver-
derblichen Folgen bis jwr grossen Revolution.
Demiingeachtet hatten während des Spanischen Erbfolge-
kri^es die laufenden Einnähmen Frankreichs die so vielfach ge-
steigerten Staatsausgaben nicht mehr bestreiten können, so da«s
das Jährliche Deficit stets durch neue Anleihen gedeckt werden
musste. Die unbesonnenen Finans- Operationen des Schotten
John Law unter dem Herzog Regenten von Orleans 1716 ver*
mehrten noch ausserordentlich die Finansnoth, und die Staats-
schuldenlast erstieg schon damals das Maximum nicht nur für
Frankreich überhaupt, sondern in dieser Periode auih für die
übrigen Stilaten Europas, nemlich 4,500,000,000 Livr. (1,215,000,000
Th.). In den darauf folgenden xwansig Friedensjahren wurden
xwar davon über 1,500,600,000 Livr, (405,000,000 Th.) getilgt^
da kein Deficit mehr vorkam, und ein jährlicher Ueberschuss der
Stantseinni^me von 70, bis 80,000,000 Livr. (21,000,000 Th.) sur
Vermiodening der «Staatsschuld verwandt werden konnte. Aber
4er Oeatreichische Erbfolgekrieg, der siebenjährige Krieg yu
Land nnd cur See, und Überdies noch die ausschweifende Ver-
schwendung des Hofes in den letsten Hegierungsjahren Lud*
, Frankreich. 245
wtgt XV. reriangten bald die Einstellung dler weiteren Absehlimg
gemachter Anleihen, eneagten abemiaU jfthrliobe Defieita in dem '
Staatahaushaite und liegten bis 1774 dieStaatasehuld wieder betr&eb^
lieh stellten. — Die Staats-Einkfinfte sdbat wurden tbeils aus Do-
mainen. tbeils aus Zöllen mit Einsehlnsa. der Gabelle (Sal»«
steuerX tbeils aua direeten Steuern (tailU} gezogen. Aber nur
die Domainen und Taillen wurden von der Regierung Terwaltet»
die Zölle und Gabelle an eine Gesellschaft von viersifi^ Personen
IBr Zeiträume von 8 su 8 Jahren verpachtet Diese Viersi-g
hiesaeo Armters generaux^ und sämmtliohe Zölle deshalb fermm
u$tU$. Diese Generalp&ehter verblieben stets in Paris, besprachen
die obere Leitung dieser Verwaltung in den gemeinsehaltlicben
Versammlungen im Zollhause (Douan^^^ Qberliessen aber die
Erhebung der jSinkiinfte von den Contribuenten wieder an Af*
terp achter. Dadurch würde die Ansahl silmmClicher ZoUeia-
nehmer ausserordentlich gross, die alle auf Kosten der Steuer*
Pflichtigen lebten, und wobei doch noch alle Generalp&chter
Seh ätze von Millionen aufhäuften. Der Druck bei den indicecten
Steuern blieb daher in Frankreich überaus lästigt und die Forderan*
gen^stiegen oft auf dfs Uncrsehwingliche, während die wirkliche
Einnahme unverhältnis8i|iäs||g gering blieb. Die Gesammteinnabme
des Staates war bei dem Regierungs-Antritt Ludwigs XVL 1774 auf
300,000,000 Livr. (81,000,000 Th.) gewachsen, aber sie reichte
iu keinem Jahre aus zur Bestreitung der Staatsbedörfnisse; und
Frankreichs Theilnahme an dem Nordamerikanischen Freiheits«
Kriege, der darauf in allen Elrdtheilen und auf aiien Meeren mi^Eng«
land geführt werden musste^ erzeugte eine neue V^rgrösserung
der Staatsschuld von 900,000,000 Liyr. (243,000,000 Th.), indeaa
das jährliche Deficit bis auf 140,000,000 Livr. (37,800,000 Th.) stieg,
und dagegen nur als einzige Abhülfen neue Staatsanleihen -^selbst von
Neck er aogerathen wurden. Ein noch gefährlicheres Blittel sur
Tilgung des jährlichen Defioits, welches, besonders von Calonnd»
l;eichtslnn in der Finanzverwaltung^ gemissbiaucht wurde,, war das
AntieJpiien der • Steuern ausden nächsten Jahren, indem. reiche
Capitalisten die verlangten S^mimen gegen starke 'Abzüge der lu er-
wartenden Einnahme vorschössen« Denn diese augeu blickliche Hülfe
verkürzte nicht nur überhaupt die- Einnahme, sondern vernichtete
den Staatscredit in den Jahren völlige für welche bereite, ein
TheÜdei Steuern vorauabezogen war, wie man denn im Jahre I78&
bis in das Jahr 17^7 vocansgegu&n. haltt. De. tial die
246 Frankreich. *
Franaösische ReTolution ein, indem derUmstosi «Her Prirogatire
der Stände und Proyinseny die EUniiehung der Staats* Domainen* und
Kirehengüter als Staatfeigenthum, endlieli die ungemeiteAe Enia-
nirung des Papiergeidef eine TÖliig neue Basia fUr die Finans-
▼erwaltung gew&hrten, aber auch suglcicli die Aufhebung dee
grösa^en Theils der Fransögiachen Staatssehuld ohne Besahlung
herbeifQhrten. Inswisohen ist dieser Zustand der Reruitttion fdr
die Frausdsische Finanxverwaltung nur als vertilgend für den Be-
stand der früheren Staatssohuld su beseiohnen, sonst aber.völUg
T»rllbergehend, eben sowie die duroh sie selbst heryorgerufenen Fi-
oansoperationen, da die ungeheueren Summen ron 4^,000,000,000
Fr. (also 1,2 15,000,000 Th. Nominalwerth !) unreninslicher Staats-
scfauldseheine suletst — durch einen förmlichen Staatsbanke-
rott — nichts weiter als Papier ' ohne allen VVerth wurden.
Wir gehen daher gleich zu N&poleons Maassregeln Cir die Sicherstel-
lung desFranzdsischen Staatshaushalts über, brauchen aber noch als
Anhaltspunkt lur Vergleiohung für die späteren Budgets das für
das Jahr 1789 von Necker bestimmte*), nm die Steigerung und
Minderung in den einzelnen Titeln vollständiger beurtheilen, und
zugleich späterhin die Rückkehr zu einigen früheren Finanz-Be-
stimmungen genauer ersehen zu können.
Die Gesammt-Einnahme
betrug 475,294^000 Liv. = 128,329,380 Th.
und zwar
t aus indireoten Steuern; 164^827,000 — = 44,503,290--
diese wurden bezogen a) aus
der allgemeinen 2<ollpaclit • 150,107,000 -^ = 40,528,890 —
wobei die Salzsteuer 58,560,000 Liv.
das Tabaks-Monop«! 27,000,000 — >
der Eingangs • Zoll
von Paris • . . 30,000,000 — betrugen
b) aus d. Posten u. Messagerien 1 3, 1 00,000 Liv. = 3,537,000 Th.
e) aus bestimmten HafenzölleQ 1,620,000 -— — 437,400 -^
U. aus directen Steuern 181,361,000 — = 48,967,470--*-
*) Es Ist elitballen In Neck er, compte general des rev^us ei
des depenses fixes, le Ir Mal 1789, Paris pi)g. ^1. Ich habe daraus
ZusammeDstellungeQ gemacht, die den Hauptzweigen der beutigen
FiasittverwahuDg eotsprecbend sind.
Frankreich. 247
Diio» gaAtn m) Parif^ d. Pays ,
^•Uetion tu A\t PaifB cenquU 155,055,270 Lir.= 42,020,923 ^BL
b> die Pay9 <f JS/a/« (Languedoc,
Bretagne, Bourgogne,'ProTeiice,
Pau, Bajonne et Foix) . . 24,550,000 — = 0,630, 120 >~
e> KigeBthSmliche Abgaben für
Befestlguogiwerke .... 1,150,000—= 310,500^^**^^
IIL aus Doiaainen u. Forsten 50,000,000 — = 13,500,000 —»
IV. aus Realien 09,520,000—= 18,770,100-«
Darunter alleirt Lotterie.
14,000,000 Livr.
V. aus nusserordentlichen
Einnahmen ., ^ . . . . 9,580,000 — = 2,588,220 •-*
Dagegen erforderten
die Staatiaiitgnben . . 531,533,000 — = 143,513,9H> —
Davon- erhielten L Das könig-
liehe Haos und der Dauphin 25,000,000 — = 0,750,0i90 —
II. l^ie Grafen von .Provence
u. Artois, ßriider d. Königs 8,240,000 — = 2,224,80Q —
III. Das Ministerium d. ausw.
As^elegenheiten 7,330,000 — = 1,979,100
IV. Das Ministerium d.Kri^e8 99,091,000 — z= 20,754^70—*^
V» Das Miniateriom der Ma-
rine und Colonien .... 40,500,000 — = 10.935,000 —
>X Das Ministerium d. Finani. 37,957,000 — = 10,248,390 —
VIL Zinsen der Staatsschuld 200,322,000 — = 55,706^040 —
UtJ. Interessen und Kosten
derAnticipationen . . . . 15^00,000—= 4^200,000 —
IX. Pensionen 29,954,000 -^ = 8,087,580
X* Innere Vervraltung nebst
Poliiel von Paris (J) . . . 5/47,000 — = 1,551,690 —
Xf. Reefitspflege 3,180,000 — = 858,000 —
XII. Clarus, Kirch, u. Hospit». 10,128,000 — = 2,734,500 —
XllL IMversitafcn , Acade-
mien,. Bibliotheken, Paris . 1^92,000^= 348,840 —
XI!^.. Brücken, Chausseen,
öffentliche Gebäude ... 7,554,000 — = 2,139,580 —
Xy. Entschädigungen, Nach-
bss in Stauern 10^,000 -^ = 2,778,300 —
HB Frankreich.
,XVI. Venraltang der Provin*
cen, Gestüte, Forsten • • • 0,631,000 Lr.= 2yS73,370 Tb«
XVIL Pramif n für den Handel
ond Industrie 3^2,000 - c= l,042»740 -*
XVI II. Unvorhergesehene Aus-»
gaben ........ 5»000,060 — — I »350,000 —
Es betrug also das hier augeg^ene Deficit im Jahre 1780 für
die gewöhnlichen Staatsausgaben 56*237,000 Livr. (15,i83,91M)Th.K
uruehs aber in der That beinahe auf den dreifachen Betrag.
Unter Napoleon wurde die Finanzverwaltung soviel als nÖgT
lieh vercinftichty und gleich anfÄnglieh als Hauptgrundsats der-
selben festgehalten, die nothwendigen Staatsausgaben durch die
Jahres • Einnahme tu decken i jedes Deficit su vermeiden, höchst
selten aber su dessen Abhülfe das Mittel von Staatsanleihen wieder
cu wählen. Daher stieg das BudgeC des Französischen Kaiser*
reichs, ungeachtet seiner grossen Ausdehnung, «der nie unter-
brochenen Kriegsführung und der dadurch sehr gesteigerten
Preise für den Unterhalt und die Armirung der überaus grossen
fleere, doch nie über 1000,000,000 Frcs. (270,000,000 Th.). Aber
freiii<^h die erdrückende Last der Verzinsung grosser Stnatsschul«
den, die auf Jahrzehnde und Jahrhunderte die Möglichkeit zur
Verminderung der öffentlichen Lasten benimmt, fehlte in d^n
früheren Jahren der Verwaltung Napoleons gänzlich, unJ erst
der vielj^hrige Krieg in Spanien, verknüpft mit der grossen
Niederlage, der Heeresmacht und dem gänzlichen Verluste seines
Materials in Russland, verstatteten nicht mehr die erforderlichea
Ausgaben durch die, Einnahmen zu decken, und um so weniger»
als keine ausländische Contributionen zur Ergänzung des geleer-
ten Französischen Schatzes in dieser Zeit ankamen. Daher
liinterliesa Napoleon ans den letzten Jahren seiner Regierung
bei seiner Euttlironung
eine Staatsschuld von . . 845,000,000 Fr* =; 298,150^000 Th.
Dazu brachten die Bourbons in ,
d. ersten ä J uh r. a) die PrivatschuU '
Atn d. Königs Ludwigs XVllI. 60,000|^000 — ;= K^TMflQO -^
b) Durch den Fel(Izu^I815 die an
4ie verbündeten Mücnte zu zah«
leade Kriegssteuer .... 700^000^000 «^ = ]SO,000/)00
e) Die nach demselben zu zahlen«
den Tleclamationsansprüche fUf
1 /
Fraakreich. 349
Contracte» ReqiiititioBeD» An- ^
kftnfe von itu Unlerthanen dtr
▼erbündeten M&chte .... 652,000^000 Fr. a= 149»040»00 Tb.
d) Di« not]iwen<iig«n Mehramga-
b«n f&r deaSoldy die Verpflegung
nttd Bekleidung der naeh dem
2ten ^Pariser Frieden in l^nk^
reiek snrddcgelagsenen 150,000
Mann der rerbflndeten Miehto
fUr dielahre 1815— 18 nnd dia
Bafriedlgnng dea Jährliclien De«
fmtM I8j» durch neue Anleihen 1309,000,000— = 353,430,000 —
Es war mithin die Staatsschuld
im Dcc. 1820 3460,000,000 Fr. = 035,820,000 Th.
Der grösste Thetl de^ Staatsschuld war in fünfprocentige Ren-
ten auf das grosse ^Schuldbuch Frankreichs umgesetst, deren
primitiver Preis aber 15 Frocent und darüber Damno bei der
Einnahme des angeliehenen Capitata gegeben hatte, erst nach
dem Congresse von Aachen auf 7 bis 8 Procent herabging und
in den letsten Regierungsjahren Ludwigs XIX. al pari erreichte,
und sogar darüber sich erhob. Die Verzinsung derselben erfor-
derte also seit 1820 eine jährliche Belastung des Budgets mit
173,300,000 Fr. = 46,791,000 Th. Daxu kam nun noch ds(s Bedfirf-
niss des Tilgungsfonds, welcher 1816 eine jährliche Einnahmo
von 20,000,000 Fr. (5,400,000 Th.), ausserdem die Zinsen der von
demselben angekauften Renten, endlich Kaufgelder aus den su die-
sem Zwecke Öffentlich versteigerten Staatswaldungen angewiesen
erhielt
Vergleichen wir nun fAr die sehnjährige Regierang Lnd-
«rigs XVQl. das Einnahme- nnd Ausgabe-Budget *), indem wir das
Jahr 1814, weil Lndwig XVIII. erst In der Mitte desselben die geord*
nete Verwaltung antrat, auslassen, dagegen aber das Jahr 1824 voll«
*) Cloldsmith st. d. Fr. ^. 62—93 liefert hiefilr brauchbare Ma«
lerlalioB, die aber durch die hier fegebenea MiHbeilmigen oÜBials
berichtigt und erweitert werden«
' «
I
210 Frankreich. t
at&ndig mitslhlent wiewohl Aendkt bereits im September deatel-
ben ventarby so erhalten wir:
Eannahme Aufgabe >
1815 743,830,000 Fr. 610,205»442 Fn
1816 876,135,400— 896,707^5 —
1817 1,112,11^,702— 1, 039,8 L0|853 —
1818 1,415,788,662 — 1,415,688,762 — (wiegen des früheren
Absttges d. Verbün-
deten in Folge de»
Aaehner QmgreMes)
1810 868,31 2,284 — 863,853,539 —
1820 913,313,272 — 875,342,252 —
. 1821 915,591,435 — 882,321,254 —
1822 991,892,802— 949,174,982 —
1823 1,123,456,391 — 1,118,025,162 —(wegen des Feldzugs
der Franzosen nach
Spanien s. Umsturz
der Verfassung von
1821)
1324 994,971,962 — 986,073,842 —
in Summa 9,955,409,910 — 9,637,203,293 —
Dadnreh erhalten wir einen zehn-
jährigen Durchsehnitt für die
Staatseinnahme . . . auf 9p5,540,991 Fr* = 268,796,070 Th.
und für die Staatsausgabe auf 963,720,328 — =261,204,481 —
i wobei freilich bemerkt werden muss, dass alle neue Anleihep,
die der Feldzug nach Spanien und die Bestreitung anderer
ansserordentUehen Staatabediirfnisse nothwendig gemacht hatten,
in das Budget der Staatseinnahme mit itafgenommen sind. Denn
der -Stand der Staatesehuld betrug bei dem Ragierungiantritt
Carls X, nach der officieilen Angabe
197,014,892 Fr. fdnfprocentige Renten = - 63,194,023 Th. ;
also 3,940,297,840 — Capital = 1,063,880,406 —
mithin eine Vermehrung der Staatsschuld gegbn 1820 um
476,297,840 Fr. (128,600,406 Th.)
Bei der Zergliederung dieser sehnjährigen Periode des Bud*
t
Frankrefcli. ' ISl
%
g«Ci fMn wb 4it Teftthiedenen Haiipt*Eiiniahm6tt in folgender
Scdgening*):
a) Die Domainen und Forgfen, sogleich mk EinschliiM
der für idie Stuatitchuldentilgniig verkauften Domainen. Sie
biaditen 1816 47,000,000 Fr. und 1817 35,000,000 Fr., weil ge-
rade in dieaen beiden Jahren das Drei- und Seehsfaehe dea spih
teren Betrags an Domainen rerkaoft wurde; in den darauf fol-
genden Jahren ist diese Einnahme stets «wischen 26 nnd
27,000,000 Fr. (7,290,000 Th.) geblieben, also ein Drei- und
Dreissigtheil des Staats -Einkommens. ,
b) Regalien nnd Staats-Monopole. Das Portregal
stieg regelm&ssig ybn Jahr zu Jahr, indem es 1816 = 20,973,000 Fr.^
(5,661,710 Th^ und 1824 26,487,038 Fr. (7.152,517 Th.), dureh^
sehnittlieh aber in dieser Periode 23,400,000 Fr. (6,318,000 Th.)
betrug; die Lotterie brachte 1816 13,051,908 Fr. (3,524,013
Th.), 1824 12,747,622 Fr. (3,441,852 Th.), schwankte aber bis
16,179,052 Fr. im Jahre 1823, bis 17,494,138 Fr. im J. 1822
nnd sogar 22,145,208 Fr. im J. 1820, durchschnitlieh in die-
ser Periode 15,200^000 Fr. (4,104,000 Th.). Das wichtigste
aber bleibt das Tabaeks -Monopol, weiches gleich dem Postire-
gal jahrlich im Steigen ist, aber bei der nicht geänderten Ver-
waltung desselben die Zunahme nur hauptsächlich in der Ver-
mehrung der Bevölkerung findet: es gewährte 1816 =: 55,451,861 Fr.
(14,972,013 Th.), 1824 66,045,545 Fr. (1 7,832,285 Th.), durchschnitt-
lich aber 63,600,000 Fr. (17,172,000 Th.). Mithin betrug dieser ge-
sammte Titel des Einnahme-Budgets durchschnittlich 102,400,000 Fr.
' <27,684,O0O Th.), oder ein Zehntheil der Staatseinkünfte. — Von
dem Salzregal siehe unten bei den indirecten Steuern. —
e) Stampei nnd Enregistrement bei Kaufverträgen
aUer Art sind m den einzelnen Jahvea sich «iemlieh gleich ge-
blieben, aber mit dem vefstitoriEten inneren Verkehr ailmähKeh
gestii^n: sie gewährten 1^16 = 142,500,542 Fr. (38*475,136 Th.)
1824 =5 173,314,248 Fr. (46,794^861 Tk), darehsehnittlich gegen
160,000,000 Fr. (43,200,030 Th.), oder etwas über ein Sechs-
theil der gesammten Staatseinkünfte.
*) Vergl. Goldsflülh tu d. Fr. p. 110—15 und die daselbst be-
fiadlidien Tabellen.
251 .Fraakreicb.
d) Direete Stenerii, Dia Grundtteuer befindet sich
in dieser zehnjährigen Periode in starker Abnahme» sie gewährte
1816 = 291,161,415 Fr. (78,013»378 TL), 1824 aber nur 253, 174,300
Fr. (68,357,061 Th.), darchschnittllch 279,400,000 Fr. (75,438,000
ThO. Die Pef'sonal- und Möbiliarsteuer giebt dagegen
fast gar keine Schwankungen , wenn wir die Jahre 1816 und
1817 ausnehmen; sie gew&hrte 1816 = 49,140,291 Fr. x( 13,267,881
Th. und 1824 = 45,948,824 Fr. (12,406,176 Th.), durchschnitt-
lich 47,800,000 Fr. (12«906,000 Th.). Die Thür- und FenTster-
Steuer bietet gans dasselbe Verhftitniss der StabiiitUt in dieser
Periode dar; sie brachte ein 1816 = 21,433,494 Fr. (5,787,045 Th.);
1824 = 21,297,355 Fr. (5,750,352 Th.), durchschnittlich 22,700,000
Fr. (6,129,000 Th.). Endlich die Gewerbesteuer ist mit allei-
iliger Ausnahme des Jahres 1816, worauf sie für dieFolgesett auf die
Hälfte herabgesetzt wurde, gleichfalls aiemlich gleich geblieben; sie
betrug 1816 f war 40,453,618 Fr., aber schon 1817 = 20,677,871 Fr.
(5,583,033 Th.), 1824 = 23,880,335 Fr. (6,447,681 Th.)» durch-
schnittlich 24,100,000 Fr. (6,507,000 Th.). Alle vier Steuern sn-
aammen geben im durchschnittUchen Ertrage dieser sehnjährigea
Periode 374.000,000 Fr. (100,980,00(1 Th^i oder fast zwei Fünf-
theile sämmtlicher Staatseinkünfte.
e) Indirecte Steuern. Die Z&lle sind in dieser Periode
fast auf das Doppelte gestiegen, wie dies grösstentheils der Leb-
haftigkeit des wiederhergestellten Handels in- und ausserhalb
Europas zugeschrieben werden musste. Sie brachten 1816 eine
Einnahme von 51,458,590 Fr. (13,893,822 Th.)^ 1824 = 98,022^511
Fr. (20,466,075 Th.), durchschnittlich 72,800,000 Fr. (19,656,000 Th.>
Die Salzsteuer hält, wenn nicht eine Verminderung oder, Er-
höhung der Taxe eintritt, gleichen Schritt mit der Progression^
in der BeTolkerung, bleibt daher in langsamer Zunahme; sie be-
trug 1816 = 42,748,122 Fr. (11,541,987 Th.), 1824=52,762,758
Fr. (14,145,956 Th.), durchschnittlich 50,150,000 F^. (13,540,500
Th.). Die übrigen indirecten Steuern, grösstentheils auf die
Consumtion auferlegt, sonst unter dem Namen der drottt reuni^
unter der Kaiserregiening sehr verhasst, doch ungeachtet d^s
Versprechens Ludwigs XVIIL, weil sie 'filr die Erhaltung des
Staatshaushaltes als unentbehrlich betrachtet werden mussten, beibe-
halten, gewährten 1816 = 84,385^608 Fr. (22,784,112 Th.). Bei
denselben sind verhäitoissmässig gerade die MMisteo Abäaderun
FrftBkrcieli. * US
ZvsehlagBteiierii «af Wciii, BrmutjT^, Bier, Oel gonadil
waWea. Sie W<rag«a daher bereiti 1824 = 148,831,600 Fr.
<40, 184,632 Tk|,wi4dv«litcluuttlkh in dicMT Periode 120,180,000
Fr. 02,448,000 Tb.). SUnattiebe iodirecte Steaeni lieferten aber
io dem Darehaebuttaertrage dieaer Periade 243,130^000 Fr.
(65,645,100 Tk>, «der beinaba ein Viertel dar Sfaataeinkanfta.
f. Avaaerordentliche Einnahmen, ader geringere nn«
tar den obigen HaapCgegenst&oden det' Einnahme -Ba^gets nicht
..aaCrasahlende Crefaile gew&hrten im Dvrehflchniet aelten ftber
22,000,000 Fr. (8,646,000Tb.), alao nkht ein ToUea Dreigaig-
tbeü der Staataeinkönfle. — Ela waren daher j&br^di, wo dieea
Summen nicht anareichten, neue Anleihen ala Hilfiunittel gewlhlt
worden.
*
Bei den Staatsanggaben 'gehen wir wact leichteren Ue-
benicht die einseinen Bfinitterien und fibrigen Hauptrerwaltnogen
daich. — a) Die Ciriliiste musa verfaasongsm&aaig gleich in der
enten VeraammloDg der gesetigebenilen Kammerti nach der
Tbronbeateignng des Königs für die ganie*Regierangsdaner.
bestimmt werden % Sie wurde fBr den König Ludwig XVUL so*
gleieb auf 25,000,000 Fr. (6,750,000 Tb.), also auf den gleichen
Betrag featgesetxt, welchen Ludwig XVL nach dem Budget von
1789 bezog. Der Bruder und die Söhne des Königs nebst
deren Familien erhielten als la famille royale^ wobei die
fibiigen Zweige des königlichen Hauses Conde und Orleans noch aus*
geschlossen waren, 6,700,000 Fr. (1,809,(K)0 Tb.), also gar um
1,500,000 Fr. (405,000 Th.) weniger, als die beiden Brüder Lud-
wigs XVL im J. 1 789. Doch machten beide Summen 31,7(X),000Fr.
(8,559,000 Th.) aus, mithin etwas ober ein Zwei und Dreissig«
theii der gessmmten Staatsausgaben, d. L mehr als irgend ein
Earopliischer Monarch für seinen Hofhalt und die appanagirten
Prinsen seines Hauses angewiesen hat, aelbst das fiberaus reiche
vuid in seinen Lebensverhältnissen kostspielige Grossbritannien
(ficht ausgeschlossen.
^) Terf. T. 1814 %9 33; ▼«ri: ▼. 1836» §. 19.
2S4 f raikr^i«b.
b) Die Ausgaben für die Palr.g- und Depatirtenkaniner
erford^rtea j&bEtich 3,77^«4a Fr. (l^Old^Zda Tk.K
e) Die MiniateriaI*Venraltttng der aitawlrtigen An-
gelegenheiten bietet der Natur der Sache nach wenige Verän-
derungen d«r, doch cind später mehr ^npamisie gemacht worden,
ao daaa in der Periode von 1815 big 1824 dabei eine stete Ver-
minderung wahrgenommen wird; denn während sie 1815 noch
9,654,112 Fr. (2,006,607 Tb.) erfordert^ waren 1822 =7,868,000
Fr. und 1824, = 7,843,000 Fr. (2,117,^10 Th.) genügend, durch-
schnittlich in den 10 Jahreii 8,500,000 Fr. (2,295^000 fh.), also
iein Einhundert- und Zehntheil der sämmtlichen Staatsaus-
gaben, und nur um 1,200,000 Fr. (324,000 Th./ bedeutender» als
nach dem Budget von 1780.
d) Das Ministerium der Reehtspflege hat gleich-
falls aus demselben Crrundet wie das vorheigdiendey ia«t un-
verändert dieselben Ausgaben verlangt^ nemli^ 1815::;= 18,901,312
Fr- (5,127,651 Th.)^ 1823 = 18,445459 Fr., 1824=1 7,972,000 Fn
(4,852,44,0 TL), durchschnittlich für diese Periode 1^500,000 Fr.
(4,995,000 Tb.), also wi Vier- und Sechsiigtheil der Staats-
ausgaben, aber den sechsfaehen Betrag des Budgets von 1789,
waa bei dies|em Zweige der Staatsverwaltung für die Sicherheit
des Volks nur als ein erfreulicher. Fortschritt angesehen im-
den kann«
j
e) Das Ministerium des Inneren und der Poliiei mit
Ausschluss des Cultus, des Öffentlichen Unterrichts und-^der
Öffentlichen Bauten, verlangte 1815 = 54,584,516 Fr. (14^727,815
Th.), und 1824 = 46^038,116 Fr. (12,430,2^7 Th.)^ dun^chnitt-
lieh etwas über 50,000,000 Fr. (13,500,000 Th.), also etwas über
ein Zwai^aigtheil sämmtlicher Staataausgaben und den achtfa-
chen Betrag der für diese Gegenstände im Budget von 1789 ange-
setzten Fonds.
f) Die Verwaltung des Cultus,' des Öffentlichen
Unterrichts und der höheren wissenschaftlichen und Kunst-
Institute, wurde durchschnittlich in dieser Periode mit 31,330,000
Fr.(8,459,100Th.) bestritten, alsomiteinem Ein- und Dreissig-
theii des Durehs'chnittsertras^ des Auiigdi^-Bndgets, das aber
I
Fraakreieh. 2SS
beuuA« <I«B ^reifadm Betrag itt iMjt hm IMgü tm 1789
beatunrnten Aaigiibcn «nauitht ^
g) Die VerwaltuBg iler 5ffentliclieii Balten, Land*
Strassen, Canäle nnd Bergwerke wurde in den erbten fönf
Jahren dieser Periode bei den grossen Lasten» welche die Fol-
gen der Feldzfige von 1814 und J815y sowie der Aufenthalt der
TerhQndeten Heere in Frankreich nothwendig nachten , fast gar
Bicht mit neuen Anlsgen, oder auch nur mit wesentlichen aber kost-
spieligen Reparaturen bedacht: aber in den darauf folgenden
fünf lahren kostete sie durchschnittlieh 37,356,194 Fr. (10,086,174
Th.), d. i ein F&nf- und Zwanzigtheil des Durchschnittsbe«
trags s&mmtlieher Staatsausgaben f&r diese Periode, und gerade
den f&nlTadien Betrag für die gleichartigen Gegenstände im Budget
Ton 1789.
h) Das Kriegsministerium hatte bei der Restauration
der Boorbons noch das von Napoleon gebildete Heer übernom-
men, und bei der damaligen politischen Stellung Frankieidui
gegen die Übrigen Mächte Europas durfte in den ersten Jahren ab
eine storke Reduction nicht gedacht werden ; es konnte also nur im
Kleinen gespart werden. Daher war das Budget desselben für
das Jahr 1816 mit 328,293,134 Fr. (88,639,137 Th.) nicht einmal
aosreichend. Aber nach dem Congresse su Aachen trat 1819^ eine '
ausserordentliche Verminderung des Kriegsetats ein, wie sie auch da-
mals für Frankreich stattfinden konnte, und durch den Finanssustand
des Staates dringend erheischt wurde: bald ging maniitdess sogar auf
das Extrem Über und übersah, \#elche militärische Macht nothwendig
verbleiben mlissle^ wenn die innere und äussere Ruhe des Staates
auf die Dauer sicher gestellt sein sollte. Der Militär-Etat stand
daher 1822 beinahe auf die Hälfte des frühem herabgesetzt mit
170,472,000 Fr. (47,647,440 Th.), erhob sich durch den Feldsug
nach Spanien 1823 auf ]92i,88l,446 Fr.) 52,077,981 Th.), wurde
aber im nächsten Jahre schon wieder auf 180,981,000 Fr.
(48,864,870 Th.) herabgesetzt Er betrug inzwischen durchschnitt-
lich in dieser Periode 224,650,000 Fr. (60,655,500 Th.), pder
fünf Sechsaehntheile des Durchschnittsbetrags der Staats-
ausgaben, während das Budget von 1789 noch nicht die Hälfte
dieser Summe für denselben Etat gewährte.
i) Die Verwaltnpg den Maxiae- nnd Colonial-Hlni«
156 Frankreiok. ^
iteriomi muttM ki finaniiellcr Hinsicht gerade den umgekehr-
ten Weg all daf vorhergehende einiehlagen, da die Marine und
Colonien unter Napoleon verloren gegangen waren, und naeh dem
Pariser Frieden erst wieder neu eingerichtet werden mussten. Ihr
Budget betrug 18I5=:39,616,699Fr.(10,696,5()9Th.), war aber schon
1822 auf 60,000,000 Fr. (16,200,000 Th.) erhöht, blieb dabei fUr d. J.
1823, und stieg 1824 auf 63.250,000 Fr. (1 7,077,500 Th. Der6urck-
schnitt derselben betrug 53,325,000 Fr. (14,397,750 Th.), oder ein
Achtsehiitheil der jährlichen Staat^ausgaben dieser Periode,
stand also nur in einem geringeren Unterschiede von 12,825,000 Fr*
(3,462,750 l'h.) gegen das Budget vor der Revolution.
k) Die Finansver waltung ohne die Verainsung der Staats«
schulden kostete vor der Revolution weniger, weil die indirect^ja
Steuern verpachtet waren, daher betrug das Budget derselben 1780.
nur 37,057/)OO Livr., war im Jahre 1815 bei den einfacheren Finans*
Verhältnissen der Napoleonischen Organisation noch nicht cihraäl so
hoch = 34,334,246 Fr. (0,27Q,237Th.), stieg dann rasch auf das Dop.
pelte und Dreifache, als die ausserordentlich gesteigerten Bedürfnisse
des Staates und die Anforderungen der Staatsanleihen diesen Zweig
jder Verwaltung überaus verwickelten und erweiterten. Es verlangte
daher 1822 bereits 101,185,000 Fr. (27,319,950 Th.) und 1824 ==
148,277,121 Fr. (40,021,318 Th.), in der zehnjährigen Periode durch-
schnittUch 104,731.000 Fr. (28,277,370 Thlr.)« d. L beinahe ein
Neuntheii s&mmdicher Staatsausgaben.
1) DieVerwaltung der Staatsschulden und des Til«»
gungsfonds lässt die rasch anwachsende Vergrösserung ihres
jährlichen Bedürfnisses aus der oben angegebene^ Uebersiehft
über das Anwachsen der heutigen Fransösischen Staatsschuld
ersehen. Sie erforderte zu Anfang des Jahres 1815 98,640,000 Fr.
126,632,800 Tb.), aber bereiU im nächsten Jahre 1179718,905 Fr.,
1819 = 190,970,851 Fr., 1822 =228,664,560 Fr., 1823=237,086,308
Fr., 1824 = 240,127,666 Fr. (64,834,457 Th.), worunter aber sich
7,400,000 Fr. (1,998,000 Th.) als Zinsen für die fliegende Schuld be-
fanden. Der Durchscbnittsbetrag in der aehnjährigen Periode giebt
181,&13,000Fr.(49,008,510Th,) beinahe ein Fünftel sämmtlicher
Staatseinnahmen, i^ber doch noch um 25,000,000 Fr. (6,750,000 Th«)
weniger, als das Budget von 1789, wo überdies bei dem damali*
gen Verhält/iisse des Ausgabenetats die Zinsen der Staatsschulden
nitht weniger aU zwei F&aftel desidbea ausmaohten*
Frankreick.
257
m) Der Etilt für Pemionen, Entseh&digiitigeti nahm
unter den ßourbons mit jedem Jahre su, da die Ansprüche der
Familien; welche durch die Revolution ihr Vermögen eing^üsit,
oder während derselben sich um die ki^nigliche Familie ausge-
ssichnet haben wollten, unerschöpflich waren. Von wenigen Mil-
lionen in dem ersten Jahre. 181 5 ausgehend, war derselbe bereits
] Sl2 auf 74,500,000 Fr. (20, 1 1 5,000 Th.) und 1 824 auf 84,7 1 9,027 Fr.
(22,874,292 Th.) angewachsen, so dass der Durchsehnittsbetrag
für diese Periode bereits über 50,000,000 Fr. (13,500,000 Th.)
jahrlich verlangte, also 20,000,000 hivr. (5,400,000 Th.) mehr als
der an Pensionen und Gnadengehaiten schon überreiche Etat
von 1789: im Verhältniss lum voUstllndigen Ausgaben • £tat be-
trug er ein Neunsehntbeil desselben,
n) Für kleine unvorhergesehene oder aus besonderen
Gründen diesen Etats nicht mgerechnete Aasgaben wurde durch*,
schnittlich ^ in den Budgets jäbriieh eine Snmine von
13,500,000 Fr. (3,645,000 Th.) ausgesetst, abo ein Sechssig-
iheil der Staatsausgaben dieser Periode.
Sehretten wir nun lur Regierung Karls X. fort, und fassen
zur leichteren Uebersicht, nach den uns vorliegenden Materialien
für die Jahres-Budgets von Januar zu Januar, seine sechsjährige
Regierung für die Jahre 1825— '30 zusammen, wodurch allcvd{ng8
ihm zwei Monate mehr zugeschdeben wejrden, da er im Sep4em-
ber 1S24 den Thron bestieg und bereits 1830 den SIslen Juli
desselben verlustig gin^, so erhalten wir
Einnahme
Ausgabe
Deficit «
1825
985,673,751 Fr.
081,972,609 Fr.
t
1826
987,620,580 —
976,948,9:9 —
1
1827
957,431,769 —
9S9,148,052 —
32,016,283 Fr.
1828
946,483;6d8 •—
95i,631,€90 —
5,14£,]92 —
1829
986,156,821 •—
971,184,361 —
— —
1830
1,099,073,303 —
1,163,390,475 —
63,7::,: :2 —
l*amm'e ^^63,039,982 Fr. 6,037,576,306 Fr.
* ^Duächli"' ^92,559,998 F.. 1,001,175,145 Cr.
, = ::67,99:,200Th. =271,f27,277 TIj*
Bei dieser Zusamircnstellung bemerken nir zuvörderst, dass
Schttberl'ü 8tati»tik II. y^f
258 Franlcreifeb.
die Staatseinnahmen sich wesentlich durchaus nicht, Terftn-
dert haben, da der sechsjährige Durchschnittsertrag nur eine
Differenz von 2,981,000 Fr. (Sat.STO Th.) darbietet, um welche
Snmme in der zehnjährigen Periode unter Ludwig XVIU. die
Staatseiniiahbien höher gewesen sind. Das bedeutende Deficit
des Jahres 1827 von 8,644,40! Th. war durch die rücksichtslose
Finauzverwaltüng Vill^le's entstanden, war aber durch den Ein-
tritt des sehr besonnenen und erfahrenen Grafen Roy als Fi-
nanzminister im Ministerium Martignac (Jan. 1828) so weit ge-
mindert, dass die laufenden Ausgaben durch die Einnahmen bis
auf die geringe Summe von r,390,OI4 Th. gedeckt wurden.
Aber das Deficit des Jahres 1830 ist keinesweges blos der Juli-
Revolution zu zuschreiben, da der letzteren verderbliche und
zerrüttende Folgen für die Finanzverwaltung sich erst in den
beiden nächsten Jahren I83t und 1^32 bemerkbar machen , son-
dern vorzugsweise noch der Regierung Carls X. und der Expe-
dition nach Algier. Die einzelnen Einnahmen - Titel verbleiben
nach dem sechsjährigen Durchschnitte in dem früheren Zustande,
da die geringen Abweichungen kaum angefOhrt zu werden verdie-
nen, wenn wir den Znstand der Jahre''18j|. vor Augen behalten.
.Nur die Posteinnahme erhebt sich bis auf 30,500,000 Fr.
(8,235,000 Th.) und die Zölle durchschnittlich bis auf 105,000,000
Fr. (28,350,000 Th.) — t>agegen sind bei den Staatsausgaben
sehr bedeutsame Veränderungen zn bemerken, die hauptsächlich
sich auf die Staatsschulden beziehen. Der gute Zustand der
Amortisations - Casse hat in den ersten zehn Jahren (bis zum
30sten September 1825) überhaupt an seiner Dotation, an Zin-
sen für die aufgekauften Staatspapiere und durch ihm besonders
zugewiesene Summen für rerkaufte Staatswaldnogen (83,145,565
Fr. = 22,460,312 Th.) in der Gcsammtsumme 027,008,477 Fr.
(l7d,316,495Th.) eingenommen und dafür sofort immer zinst/a-
göDde Staatsschulden eingekauft.
Dadurch war der Cours der fQnfj^rocentigen Renten so be-
deutend in die Höhe gegangen, dass tlas Französische Finanz-
ministerium den Beschluss fasste, den Kammern ein Gesetz über
die Her; bsetzung der Rente von fünf auf vier Procent vorzule-
gen (I. Apr. 1824), welches jedoch nach vielfachen hartnäckigen
Debatten bedeutsam verändert, «rst ein Jahr später durchging
(Mai 1826^. Nach demselben sollen die fünfprocentigen Renten
allmählig entweder in Renten zu 4^ Procent mit der Verp^ch-
FraskTeich. 1S9
tamg ia Rcgicraag^ üeadbca in Eflm Jdumi nickt mrückiiitah*
leoy o4er in 4reipr*€entige nmgcsclirieben werden, die im Nomi«
naIwerdM Ten JOO Fr. n 75 Fr., also mit 25 Procent Rabatt
den BesitBem der älteren Staajttchalden ausgeliefert werden eoliten.
Indes« ging diese Verwandlung dw Staatsschulden sehr langsam Ten
statten, der grdssste Theii derselben blieb in funfprocentigen Renten^
erkalten, die 4| proeentigen wurden fast gar nicht beliebt % und
nur der lod^ende Gewinn Ton 25 Procent Nominal - Capital sog
an, dnen beträchtlichen Theii der älteren Renten gegen dreipro-
centige su rertauschen. Cs wurden nemlieh 611,482,320 Fr«
fnofprocentige Renten (165,100,221 Tb«), welche jährlich 30,574,116
Fr. (8,255,008 Th.) Zinsen ferlangten, in 815,301,166 Fr.
(220,131,324 Tb.) dreiprocentige Renten umgeschrieben, die nur
24,4^9,035 Fr. (6,603,930 Th.) 2Snsen kosteten: also betrug die
jährliche Zinsenersparung 1,651,078 Th., aber die Staatsschuld
war sugleich dadurch um 203,818,846 Fr. (55,031,163 Th.) er-
höht Doch der dadurch gewonnene Minderbetrag an Zinsen
wurde mehr als yierfach durch den überaus nachtheiligen Plan den
Grafen VilUIe fiber die Emigrantenentachädigung rersohlun« ^
gen, welcher als Gesets von der Deputirtenkammer im Mars
1825 angenommen wurde* Dasselbe bestimmte 30,000,000 Fr.
dreiprocentige Renten oder 1,000,000,090 Fr. (270,000,000 Th.)
Nominal-Capital als Entschädigung für diejenigen Emigranten,
Deportirte oder ihre Familien, sowie für die Familien der wäh-
rend der Rerolution sum Tode Verurtheilten, d^rcn Güter ein-
gexogeil und Tcräussert worden. Diese sollten,nach vorherge-
gangen« Abschätsung der verlorenen Häuser und Güter, Ersats
in Staats-Renten erhalten, und swar so, d.ass in den nächsten
fünf Jahren^ährlich ein Fünftel der oben bestimmten Summe sur
Zahlung kommen sollte. ' Diese grosse Vennehrung der FraniÜ-
sischen Staatsschuld war beim Ausbruch der Juli «Revolution bis
auf ein Fünftheil bereits auigegeben, so dass nacb dem Be-
richte des Finansministenrliafitte am Isten December 1830 der
Zustand der älteren in das grosse Schuldbuch inscribirten Staats-
schuld folgender wur:
*) Es wurden nur 1,I49>940 Fr. (316,449 Th.) fönfprocentlge
Beulen oder 22,999,800 ^n (6,109,136 Th.) CspUal in 1,0*29,737 Fr.
€-278,0^1 Th.) Renten zu 4| Free umgejtcbrieben: also eine unbe*
tJichdicbe Zinsenersparung Von 110,103 Fr. (3*2|428 Th.) jährL gemacht.
17*
./
260 Franlifeieh*
Fttnfptoe. Rentefi 12e|432,437Fr. maehl Capital 2»528,<M8/X)0 Fr.
(= ^, 1 36,750 Th.) = < 682,734,960 Th.>
Viereinhalbpro. R. 1,025,345 Fr. maeht Capital 22,784,000 Fr.
(=s 276,834 Th.) <= 6,151,680 Th.)
Vierproc Rent«) 3,073,180 Fr. macht Capital 76,629,000 Fr.
<== 829,764 Th.). (= 20,743,290 Th.)
Dreiproe. Renten 37,106,489 Fr. macht Capital 1,236,883,000 Fr.
(= 10,018,755 Th.) (= 333,958,410 Th.)
xusamuien Renten 167,637,451 Fr. Cap. d. Schuld. 3,865,144,000 Fr.
(== 45,262,103 Th.) ^ (=: 1,043,588,340 Th«)
Dasn Vamen noch «Ii «chweh«nd« SchMld in demselben Zeit-
punkte
1. Aeltere ans derR^gie*
rang Carls X. . . . 159,00p,000 Fr. (42,030,000 Th.) Capital
2. Anleihe für denKauf-
niannsstand im J. 1830 in
Folge d. ReTolution . 30,000^000 Fr. (8,100,000 Th.) —
3. Auslagen für Spanien,
die noch lurttckg^fordert
werden kdnnei^ . . . 54,000,000 Fr. (14,580,000 Th.) — -
ausammen 243,000,000 Fr. (65,610,000 Th.) *—
welche jährKch 12,350,000 Fr. (3,334,500 Th.) Zinsen erfordern.
Demnach war im Deoember 1830 der Gesammtbetrag der Steata«
schulden auf 4,108,144,000 Fr. (1,109,198,340 Th.), und der Zin-
sen auf 176,987,451 Fr. (48,596,603 Th.) gestiegen, su welchen
letKtf^ren noch der j&hrliche Zuscfauss sum Tilgungsfond 'mit
40,000,000 Fr. (10,800,000 Th.) hinxususchlagen ist, um die jahr-
lichen Anforderungen an das Fransösische Volk für Versinsung
und Tilgung; der Staatsschulden jnit 219,987;451 Fr. (59,396,603
*) Die vierprocentigen Anleihen entstanden seit 18*26 bei eini-
gen ausserordentlichen Veranlassungen, die durch die gewöhnlichen
Siaai sein nahmen nicht gedeckt werden konnten, und die von den
Kammern bewilligt, nur mit wenigen Procenten Verlast 4les ^lomi-
nal-Capitals in baarer Anleihe eingesBahh wocden.
Fraakrtich. 161
1V> fltt-liefriedi^eii« Der Titgungifoii«! ^euA9 »bor ilaniMs bereit«
tut eeioe OperaCioaeii atiiser 4«r obigeo jäKriicheD l*lteitssumiii<%
T«K 40,000,000 Fr (10,800^000 Tb4
an jfthiiiclieii Renten fmt dem
Verkeuf tob 1 78,000,000 Hectaren
ilH»7jm,6€6 Morg. Pr.) Wald . . • CfiOOflOQ Fr. (I.IQO.OOO Tb.)
an jäli fliehen Zinsen der seit dem
Jdure 1810 «pgekanfttti Reftten MfiOOfiOO Fr. <9, 180,000 Th^
«uaiBami« 80,000.000 Fr. (21,600,000 Th\
Aber die kreigniste wIlhreniK der nunmehr fBnQlÜirigen Regie-
nng det Kitaiigt Lndvig Philipp nnntea bei der starken Rüstung
dea Fransosiseheii Heeres nnd d« Flott», den vermehrten Aasgaben
Inr die Behauptnng Algiers, dem Atricanf von WafTeti in England,
bei den ansoerordentUchen Baatsm der imtor Ludw^ XVUt nnd
Carl sehr remaehl&ssigten F^tungwi, endlieh bei den vieifaehen
UnterstntiiHigen, die durdt den rerolutlonären Zastand einaelner
Stifte (wie Paris» I^on) und Departements herbeigeANirt mr-
den, neue Anleihen nothwendig maehon, da überdies' noeh , in
den ordemliehea E^innahmen dureh die inneren Unrahen nnd
plötsliche Veramumgen wegen des stockenden Verkehrs sehr be«
deutende AusfiUle sich eigaben. Denn es betragen nuammtB.
in den vier Jahren 1330—1833
die Staatsauigaben 4,Q29,(H}<$,000ßr. = 1,250,090,820 Th.
dag^. nur d. Staatoelnnahm. 3,933,415,000 Fr. = 1,062,022,050 Th.
aha das Gesammtdefieit «96»56 1,000 Fr. = 188^068,770 TU
•f f
DaTOB wurden die/ausser der obigen Anreihe Ton 30,000,000 Fr.
im Jahre 1830 noch fehlenden 63,346,000 Fi. = 17,103^420 Th.
durch Sehatikammerschein« als Vermehrung der sehvebendea
^ehnld gedeckt
Das Deficit des Jahres 1831 Ton 270,687,000 Fr. = 73,085,490
Tb. erforderte eine neue Anleihe von 120,000,000 Fr. ^32,400,000
Th.; das Deficit des Jahre« 1832 von 204,622,000 Fr. = 55,207,940 ,
Th. eine n<^ue Anleihe von 171,422,000 Fr. = ^5,2J3,940 Th./
An deml^fioit des Jahres 1833 von 157,896,000 Fr. := 42,631,920^
Th. wurden durch einen neuen Verkauf von Stnatswakfirtigciv
5S,079,000 Fr. (1^,681,330 Th.) gedeckt. Die Ausgatien f'>r das
\
fßl Frankreich.
I V
V
Budget dei Jahres 1834 maehten erst wieder 4ie Rftekkehr tu
dem gewöhnlicheren Zustande *> möglich,
denn sie betrugen ],03],090»^ Vk = 278,394,438 Tk
dagegen d. Einnahmen' ^ 983,669,307 Fr. s^ 26^90,711 Th.
^o das Deficit nur 47,421,240 Fr. =: 12,803,727 Th.
warde durch eine Erhöhung der Weinsteuer um 20,000,000
Fr. (5,400,000 Th.) und eine Verminderung des j&hrlichen Zu-
schusses sum Tilgungsfonds um 20,000,000 Fr. beseitigt, sodass
der letztere seitdem nur die gleiche Summe von 20,000,000 Fr.
OThält Aber im Budget tor 1836 fanden sich die^ RückstiUide
auf^ 07,533,132 Fr. SS 18,233,939 Th. gesteigert
die gewöhnlichen
Ausgaben betrugen, 1,009,008,531 ~ == 272^32,297 ~ ' «
d. ausserordentlich.
Ausgaben betrugen, 22,442,000 — =: 6,059,340 -•
ausserdem noch fir
nothwendige öffent- "
liehe Bauten^ . • 27,590,000«-= 7,449,300 ~
■III I* . I ■■
misamm. an Ausgab. 1,126,573,663 Fr. = 304,174,876 Th«
Dagegen konnten die Einnahmen, welchen das Jahr 1833 iu|a
Grunde gelegt wurde, nur in Anschlag gebracht werden auf
996,557,41 5 Fr. = 269,070,498 Th.
DefiÄr.".''^^ 130,016,248 Fr. = 35,104,378 Th.
Durch das zu erwartende Plus in den Einnahmen und naehtrftg*
^) Dieses ergiebt sich audi.'aos dem Geldrerkehr des Staats-
schatzes mit der Bank von Papis, die dem augenblicklichen ausser-
ordentlichen^ Staatsbedürfnisse abhilft, denn nach dem Rechenschafts-
berichte über die Operationen der Bank im J. 1834 vom 29steh Ja-
nuar 1835 • hatte sich derselbe 1934 auf d4>l26,000 Fr. vermindert»
während er 1833 noch 45,487,000 Fr. betrug. — Uebrigens ist der
Reservefond der Bank 1834 gesetzlich auf 10,000,009 Fr. (2,700,000
Tb.) beschränkt, doch befand sich der baare Cassenvorrath im Jahre
1834 ftets zwischen J19,dei>000 Fr. und 180,814,600 Fr.
Frankreich. 163
liebe Eiogelueii eini^eer Riiekstänile vfirboffte- man noch 60,000,000
Fr. lu decken; aber für 70.000,000 Fr. (18,000.000 Th.) wurde eine
iieue Anleihe gefordert und von den Kammern auch bewilligt»
Wir gelangen denmaeh » dem 8rfaiu$fre»uitat fttr den gegeft*
genwärtigen Beatand der Frani4^iisehei| 3taatatchuiil»
daes dertelbe ^
1. an ingcnbirt Rent 4,226,566,000 Fr. = 1,141,728,200 Th.
2. an echwebender \
Schuld ..... 400,000,600 Pr. := 108,000,000 Tb>
susammen 4^626,566,000 Fr. = 1,240,728,200 Th. betragt.
Indaet ist bei dem in diesem (18S5) Jah^e nach dem Maaielaba
TOD 1834 TQa den Kammern rotirten Budget fiir das nächit»
Jahr# 1836 wiederum eine günstigere Aussicht eröffnet. Denn
die Ausgaben, sind, da die meisten ausserordentlichen fihr das
Heer, die Flotte und die Festungen befriedigt sind ^. insgesammt
mit 1,001,904,035 Fr. = 270,514,325 Th. veranschlagt, und da«
durch also auf den Betrag des Jahres 1820 fast vollständig att«-
rückgeführt, wiewohl das Heer gegenwärtig um 54,000 Mann
und 10^000- Pferde stärker Is^ ah im Jahre 1820. Dagegen sind
die Einnahmen dieses Jahres auf 094,085,807 Fr. = 268,646,183
Th. berechnet^ also steht nur ein geringeres Deficit von 6,910.033
Fr. = 1,868,142 Th. au beseitigen, das gar nicht vorhanden ge-
wesen wäre, wenn nicht dureh die Aufhebung der Lotterie ein
Minus von 10,000,000 Fr. (2,700,000 Th.) für dieses Jahr zu er-
warten stfinde, doch glaubte der Finansminister dieses ganse
Deficit noch aus dem vorhandenen Reservefoiids vom J. 1833
au decken.
Ffir die Vergleiehung der einielnen Titel in den Einnah-
men und Ausgaben wahrend der gegenwärtigen Regittung
Ludwig Philipps mit den früheren Finansperiodeti (s. S.
251-^57) ecsehienen nachstehende Angaben am merkwürdigsten.
Bei den Einnahmen haben a) die Domainen und Forsten
l)iren früheren Ertrags dmreh den starken Verkauf der Waldungen
um 3,880,000 Fr. (1,047,600 Th.> vermindert, sie sind im Bud-
get für 1836 auf 23,120,000 Fr. (6,242,400 Th.) festgestellt, wo-
von nur j> (4,620,000 Fr.) aus den Domainen und } (18,500^,000 Fr4
aus den Forsten herlliessen. ^
b) Bei den Regalien ^nd Staats-Menopoleii fällt für
»
\
^
264 Frankreich.
die Zukunft die LotC«ri# weg, das Peatregal ist um
4,000,000 Fr. bis auf 27,500,000 Fr. (2»425,000 Th.) gewa^chsen,
(doch iiiobt so hoch wie unter Carl X. S. 258), unddasTablacks-
m onopol ans den objsn angefOlirten Grfinden bereits 1834 auf
68,000,000 Fr. (I8,3(X),000 Th.), wiewohl geraile das letstere häu-
fig ein Gegenstand der heftigsten Angriffe von Seiten ^der Oppo-
sition gewesen ist, doch bei den gegenWlUtigen Staatsbedürfnissen
Frankreichs nicht entbehrt werden, kanii* Eis wurde daher aber-
mals durch das Gesetz vom il2ten Februar 1835 für eine Dauer
auf 7 Jahre bis sum Isten Januar 1842 bestinqnt Dadurch ist der
Gesammtertrag dieses Titels auf 95,500,000 Fr. (25,7^5,000 Th.)
gekommen, oder fast auf oin Eilftheil der Staatseinkünfte«
c) Der Stempel und das Enregistrement sind beträcht-
lich in die Höhe gegangen; sie betragen im Budget für 1836
]93,500,0(X> Fr. (52,245,000 Th.), oder beinahe ein Fünftel sänimt-
lieber Staatseinkünfte, wovon der Stempel aber nur | ausmacht,
1834 32,870,000 Fr. (8,874,900 Th.) und für 1836 auf 31,000,000
Fr. (8,370,000 Th.) veranschlagt
d) Unter den directen Steuern befindet sich auch jetst
noch der Firtrag der Grundsteuer in starker Abnahme (um
25,000,000 Fr. =6,750,000 Th.) gegen die Regierung Ludwigs XVllI.,
er stand 1834 auf 245,511,154 Fr. (66,288,010 Th.), war aber für 1836
wieder aiif 252,000,000 Fr. (68,040,000 Th.) veranschlagt Die
Personal* und Mobiiiarsteuer, sowie die Thfir- und
Fenstersteuer bieten dagegen sehr geringe Veränderungen
gegen die oben a^eführte Periode dar, und bezeugen durch ihre
allmähliche VergrÖsserung nur die Zunahme der Bevölkerung
und des gerteigerten inneren Verkehrs. Jene betrug 1834
51,165,000 Fr. (13,814,550 Th.) und für 1836 52,500,000 Fr.
(14,175,000 Th.); diese gewährte 1834 26,830,000 Fr. (7,244,100
lii.) und für 1836 wurde sie nur auf die runde Summe von
26,000,000 Fr. (7,020,000 Th.) angenommen. In einem höheren
Grade findet die Zunahme bei der Gewerbe- oder Patent«
Steuer statt, welche^ 1834 29,818,500 Fr. (8,050,995 Th. ein-
brachte und für 1836 auf 30,000,000 Fr. (8,100,000 Th.) ange-
nommen ist, also um 6^000,000 Fr. (1,620,000 Th.) den Durch-
schnitt ^ der Regierung Ludwigs XVIII. überragt Sämmtliche
dirocte Steuern betragen demnach gegenwärtig 360,500^000 Fr.
Frafikreich«
WS
(9f, 335,000 Th.), ako 13,600,000 Fr. (3,045,000 Th.) weniger, al«
in der obengenannten Periode;
^ e) Die indireeten Stenern tind tllinnitlich in ihren drei
Hanpttiteln in ttarkem Wachsthttm begriffen und haben Torzugs-
weise die vermehrten Staatsbedllrfnidse, mit Aussehlass der Äff-
leihen, befriedigen müssen. Die Zölle sind durchschnittlich um.
34,000,000 Fr. (9,180,000 Th.) gegen die Regierung Ludwigs XVII L
gestiegen,' denn sie waren na<;h den Jahren 1832 und 1833
durchschnittlich fOf das Budget 1836 auf 106,000,000 Fr.
<28,620,000 Th.) berechnet worden. Die Salzsteuer war unx
den sechsten Theil ihres früheren Ertrages gesteigert, 1834
brachte sie 62,200,000 Fr. (16,794,000 Th.) ein, wurde aber für
das Budget 1836 nur auf die rund^ Summe von 54,000,000 Fr.
(14,580,000 Th.) veranschlagt Endlich die übrigen allgemeinen
indireeten jSteuern sind im Durchschnitte um mehr als ein
volles Drittel ihres Ertrags in jener Periode ergiebiger geworden,
sie worden nach dem Durchschnitte der Jahre 1832 und 1833 auC
187,000,000 Fr. (50/190,000 Th.) angenommen, also ein Mehrbe«
trag von 67,000,000 Fr. (18,090,000 Th,). Demnach gew&hren
gegenwärtig die indireeten Steuern zusammen 347,000,000 Fr.
(93,690,000 Th.), oder über ein Drittel sammtlicher Staats-
einkünfte, y
Bei den Staatsansgaben ist a) die Civilliste auf we-
niger als die Hälfte für den König nnd auf weniger als ein
Sechstel für die übrige königliche Far»«iilie herabgesetst, denn
der Kdnig erhält gegenwärtig nur 12,000,000 Fr. (3,240,000 Th.),
und von seinen^ Hause ist nur dem 1'Jironfolger 1,000,000 Fr.
(270,000 Th«) jährlich bewilligt, so lange er unvermählt ist, ^4
die doppelte Sun^me, sobald er zur Vermählung schreitet: also
ist der Gesammtertrag derselben 13,000,000 Fr. (3,510,000 Th.),
oder ein Sechsundsiebenzigtheil der Staatsausgaben.
b> Bei den Ausgaben für die Pairs- nnil Deputirten-
Kammer sind sehr wesentliche Ersparungen zu bemerken,
denn beide kosten jetzt nicht viel über ein Viertel des früheren
Betrags, nerolich 1,108,000 Fr. (299,160 Th.).
e) Bei der Ministerial-Verwaltung dejr auswärtigen
\ ^
\
30Q Frankreich.
I
Aagelaf^oheiteB wurden ib«v «hiA«btHi«il dar frilMren Aus»
gftbcn dureh Eiiteiehung ttberfiüMiger dif lematUfilier Posten oder
deren Veretnigunf» sowie durch Heikbsetiung der Geksite der Ge-
sandten und A{(enten erspart Im JaJire 1S33 erforderte dim^be
M07»70OFr^ im Jahre 1834= 7,277,700 Fr^ 1835 = 7,108,700 Fr^
ttw<l für/ 1830 ist das Budget deneiben 7;223,700 Fr., also diQrch-
•ehttittliek 7,233,000 Fr. <1,9S2,910 Th.), oder ein Euihandert-
aohtnnddreiapigtheU der Stsatsausgaben."
d) Das Ministerium der Reehtspfiege ist fast yöU^
unverändert bei seinem frUlieren Etat gebLiJben, deofi es Ver-
langte 1833=18,351,500 Fr., 1834=18,616,365 Fr., und ist
1836 auf 18,505,500 Fr. festgestellt, also durchschnittlich wiede-
rum auf 18,500,000 Fr. (4,095,000 Th.)^
e) Die Ministerialverwaltung der Inneren- und To-
liz«i- Angelegenheiten hat in den letzten fQnf Jahren so
▼ielfache Veränderungen in den Ressorts erfahren, dass eine
finanzielle Veigleiehung der yerschiedenen Etats derselben völlig
unstatthaft erscheint Im Jahre 1833 besass es einen viel
grösseren Umfaug als früher, und erforderte 84,078,200 Fr., und
In demselben Wirkungskreise wurde för das Budget 18^
85,250,000 Fr. und 1836 85,006,000 Fr. bestimmt, also durch-
•ehnittlich 85,100,000 Fr. (22,977,000 Th.), oder fast ein Zwölf-
tkeil der Staatsausgahen.
I f) Die Verwaltung des Cultus, des Öffentlichen Un-
terrichts und der damit verbundenen höheren wissenschaft-
lichen Anstalten hat in dieser Zeit nur eine geringe, aber sehr
angemessene Vergrösserung von 2 bis 3,(K)0,000 Fr. erlangt.
Denn im Jahie 1833 wurden für dieselbe 33,033,600 Fr. ausge-
geben, davon 6||000,(XX) Fr. filr die höheren nnd niedermi Un-
«errichtsanstalten «nd 3,703,000 Fr. für die UniversitÖten; 1834
•lieg der Etat bis auf ^4,540, 100 Fr., (0,325,827 Th.), Wovon der
^öffentliche Unterrieht mit 8,580,901 Fr. (2,316,859 Th.) aui^testattet
war. För das Budget des Jahres 1836 sind 35,925,600 Fr. (9,690,912
Tk) bestimmt, davon för den Cultus 26,645,600 Fr. (7,194,312 Th.)
und für den öffentüchca Unterricht 9,280,000 Fr. (2,.505,600 Th.),
also beti^t dieser Zweig der Verwaltung Jetzt durchschnittlich
gegen 35,000,000 Fr., oder fiber ein Aehtandswa»zigtheil
der Staatsausgaben.
Frankreich. 10T
g) Dk Centralbeliör^eii 4e« ^ftndeli, der dffent-
Itehca Bantan, Land» und WAsserttraBsan haben di^ielbe
Verindennig der Reetorts, wie dm Miiiigterium des hmeren er- .
fahren, daher aneh hier bei der Verideiehttog der' Budget! der
▼eraohiedenen Jahre -sehr leicht eine Verwediteloiig Yerkomieen
kann. ^9% erforderten ivaaniilMn im Jahre 1933^ 49,6iO,O0Ö Kr.,
und lSi4> wo filr den Antbau der diautseen eine auaaerordenfe-
liehe^ Beihülfe von 38,500,060 Fr. bewilligt werden nratite,
78^560,000 Fr4 dag^oi 1835 wiederum 40,0<M),000 Fr., so data
im Durchsehnitt ^ die gewöhnlichen Ausgaben 45,000,000 Fr.
(12,150,000 Th.) ancunefamen sind, alio ein Zweinndswansig-
theii der s&mmtfichen Staatsausgaben. —
h) Die Verwaltung des Kriegsminittertnms hat in
dieser Periode wegen der ununterbrochenen bedeutsamen Röstun«
gen, durch die innere und äussere politische Stellung Frankrfiehs
in der Gegenwart veranlasst, erst in dem Jahre 1834 wieder
eine Annäherung an den gewöhnlichen Etat erreicht, nachdem
in den drei Jahren vorher, durchschnittlich des Jahres fUr
90»000,000 Fr. (24,300,000 Th.) ausserordentliche Ausgaben
gemacht waren. Sie war 1834 festgestellt auf 223,846,842 Fr.
(60,438,639 Th.), wovon aber 3,475>595 Fr. (938,412 Th.) die
Pulver- und Salpeter -Fabrication kosteten, und^ wurde in den
Budgets der beiden nächsten Jahre (1835 und 1836) nur um ei.
nige Hunderttausende von Franken^ unwesentlich vermindert, so
dass also' bei 'der gegenwärtigen Stärke des Heeres eine Durch-
schnittssnnme von 223,000,000 Fr. (60,210,000 Th.) fäglich ftt^
diesen Verwaltungsswelg ansunehmen bleibt, also Zwei Nenn-
te! sämmtlieher Staatsausgaben, wodurch das laufende Budget der
Dorehschnittssumme für den Kriegsetat der früheren Periode über-
aus nahe- kömmt, die freilich in dcnletsten Jahren derselben nicht
mehr erreicht wurde. Davon ist aber noch der Etat für die Coto-
nisirung von Algier ausges^düossen^ welcher auf 2,670,000 Fr.
(720,900 Th.) fbs^estellt ist.
i) Das Marine- und Colonial-Ministerinm musite auf
ähnliche Weise, wie das Kriegsministerium, erweitert werden, so
dass sein Bndgel um ein Siebentheii des früheren Betrags ver-
stärkt wurde. Es erforderte 1833 = 58,168,000 Fr., 1834 =
59^1 »000 Fr., 1835 = 62,074,903 Fr., und für 1836 ist es anf
S68 Frankreich.
02»074,000 Fr. v^rinicIiUgt» «Im darelMtliiiiCtUpk gegen 61,090,000
Fr. ilM70,000 ThK), oikr etwftt oidur «la ein f itBfiehalli«il
d«r SteotoaiMgabcD.
k> Dm «Ctntralverwaltoitg der Finftnten, lo wie die
, V^rwaltttng der kdaigliehen Monopole» dt^ecten and
indireeten Steuern hat hn VerhftltniM snr Vergrtoiening
des findgeta überhaupt und der mehr verwickelten Staatsbedfirf-
niaaeetwa um ein Zehntheii des früheren Betragt zugenommen.
Ea betrug daa Budget deraelben im Jahre 1833= 115.684,500 Fr.
<3 1,234,81 5 Th.), 1834= 110,012,500 Fr. (31,506,375 Th.K 1835 =
116,625,500 Fr. (31,488,885 Th.), also durchachnittlich gegen
116,500,000 Fr. (31,485,000 Th.), oder beinahe zwei Sieben-
sehntheile der ^Staataautgaben , wovon die Central verwaltw^
«Hein wenig Aber ein Viertheii det Betraga verlangte.
1> Die Verwaltung der Staataaeholden nnd der Tri*
gungafonda muaate in dieser Periode eine verh<niif»iUunge
grössere Anforderung an die Staatsausgaben, ungeachtet des theil-
weise ermäasigten Zinsfusses, machen, weil, wie oben schon aus-
einander gesetzt, der Gesammtbetrag der Staatsschulden, so ausser-
dentLich gesteigert wurde. Wir sehen daher den Etat derselben
im Jahre 1833 auf 293,761,952 Fr. (79,315,726 Th.) gestiegen,
worunter der Tilgungsfond 44,616,403 Fr. (12,046,428 Th.) er^
hielt, die achwebende Schuld 16,000,000 Fr. (4,320|^000 Th.), und
die Verzinsung der (Kautionen, welche für das Staaftsinteresse
wib Staatsanleihen gebraucht wurden, 9,000,000 Fr. (2,430,000 Th.)i
Im Jahre 1834 verlangte das Budget dieser Verwaltung^ nur
263,300,167 Fr. (71,291,041 Th.), indem aliein die Verzinsung
der consolidirten Schuld über 10,000,0(XI Fr. weniger verlangte,
und der Tilgungsfond wiederum nur die gerade Summe von 20,000,(X)0
Fr. erhielt In dkm laufenden Jahre 1835 beträgt das Budget aber-
mals 8,000,000 Fr. weniger, nemlich um 255,602,237 Fr. (69,012,596
Th.), also durchschnittlich gegen 270,000,000 Fr. (72,900,000 Th.)^
oder fast zwei S i eben th eile summtlieher Staatsansgaben.
m) Der Etat für Pensi-onen, Entschädigungen nahm
leider auch jetzt noch mit jedem Jahre auf Kosten des schon so schwer
belasteten Volks zu, indem selbst der Dynastien Wechsel die An-
sprüche der vielfach um den Staat wahrhaft oder auch nur vermeint-
Frankreich. S69
V \
lieli Terdi6iiten> PMvonen keiiratireg«t vierminil^rley Tielmehr noch
4ttrch einen ansehnlielMn Tkel der National-Belohnungen um mehr
als 2,000,000 Fr. (540,000 Th.) rermehrte. Daher hetmg derselbe
Wn»ts 1833*) 3=56,735,874 Fr. (15,318,681 Th.), 1834 sogar'
«5,-012,888 Fr.) 1835 ?= 60,900,000 Fr*, also dmrehjiehnittlich über
62,700,000 Fr. (10,020,000 Tk.)> oder mehr ala «in Fanfsehn-
theü fämmtboher SiMtsattsgaheiL —
$.22.
Die Kriegsverwaltung fiir Landheer und
Seemacht.
/
Freih. r. Zedlitc, Frankreich als Militairstaat unter Lud-
wig XVII 1-, zehn Jahre nach dem Pariser Frieden, Leipzig 1825
Sfo. — Ch, Dupin, easai sur F Organisation 'progresnvs de la
mmrine Frangaise et des colonies^ Paris 1834. — Annuaire
de Fetat .militaire pour Vannee 1826 Paris\ dasselbe pour
Tan. 1834. — Ferussac, Bulletin des Sciences militaireSf Par
ris 1825—3], jeder Jahrgang in J2 Heften.
' Gleichzeitig mit dem damals so mächtigen Heriogthume Bur^
gand, bildete sich im fünfzehnten Jahrhunderte in Frankreich
seit der Regieru'^ig Carls XU, ein ansehnliches stehendes Heer, das
hereits unter dessen Nachfolger Ludwig XI. gegen 20,000 Mann
stark erhalten wurde, und in dieser Stärke mindestens unter
den folgenden Regierungen während des Friedens verblieb, in
*) Die Zahl der PeosioDaire bildete am 1. Januar 1833 das be^
trächtliche Heer von IG'^nS Individuen, Worunter 128 Pairs mit
1,564,000 Fr., ^93 Civil-Pensionaire mit 1,733,400 Fr., 140ä Juli-
Pensionaire mit 613,700 Fr., 127,100 Militair - Pensionaire mit
4^60.%2-2l Fr., «28,185 Geistliche-Pensionaire mit 4,662,469 Fr. ; end-
lich 2902 Donatariea mit einem Gnadengebalte von 1,480,604 Fr.
270 FraBkreicb«
Kriegfseiten tber mir dmlachen und TierfiRchen AtMsahl sieh erhob*
Unter Frans K war es nahe -danin, dass die autgezeiehnete Hee-
resmacht dem FranBÖiitehen Staate den entsehiedenen Vorranjj^
voK allen Nebenbuhlern auf die Dauer sieher stellte, doch blieb
suletat der Sieg in den Händen des Hauses Hal^urg, beson-
deri als Philipp U. durch äusserste Anstrengung aller Staats-^
^kräfte seines ausgedehnten Reichs und durch ein besondres
Glück, eine Reihe gewandter und tapferer Feldherren für die
Landmacht und die Flotte 'bu besitsen, seine Kriegsmacht sur
ersten in gana Europa ausbildete. Seitdem aber Spanien nach
dem Tode Philipps IL von diesem gi&niend behaupiteten Höhf«
punkte herabsank, t trat Frankreich fast unmitttslbar in seine
Stelle ein, und stellte bald nachher stehende Heere von einer
so ungemeinen Grösse auf, wie sie Europa seit dem Untergange'
des Weströmischen . Reichs nicht gesehen hatte. Das Amt eine«
Connetable oder Kronfeldherrn hörte auf, unter welchem bis auf
die Regierung Ludwigs XIII. die gesammte Kriegsmacht gestan-
den hatte: denn es schien der auf Unbeschränktheit ausgehenden
königlichen Regierung su gefdhrlichi, Es wurde jetzt die Verwal-
tung der Heeresmacht von dem Oberbefehle über dieselbe wahrend
des Krieges getrennt, jene wurde einem Minister-Staatssecretär an
dem königlichen Hoflager anvertraut, diese mehreren Feldmar-
schällen (Marechaux de France) überwiesen. Frankreichs Kriegs*
macht äusserte seit dieser Zeit einen politisch bestimmenden Elinfluss
nicht nur auf seinen eignenStaat, sondern auf alle Reiche Europas«
König Ludwig XIV. unterhielt bereits in Friedenszeiten ein
stehendes Heer von 80,000 bis 100,000 Mann, welches zum drit-
ten Theile aus Ausländem, namentlich Schweizern bestand.
Diese hatten bereits seit dem Ende des fünfzehnten Jahrhun-
derts foitwährend in beträchtlicher Anzahl unter den Französi-
schen Fi^hnen gekämpft, und standen seit dem Jahre 1516 durch
einen Vertrag' der Eidgenossenschaft ih ewiger Capitulation für
den Französischen Kriegsdienst. Ausserdem befanden sich aber
noch viele Deutsche aus den Rheingegenden und Franken, sowie
Schotten und Irländer im Französischen Heere. Den letzteren
aber wurde nach der Ausschliessung der männlichen Linie Stuart
von dem Englischen Throne (1688) untersagt, in ausländische
Staatsdienste zu treten, um sich desto sicherer vor der Franzö-
sischen Unterntützung der Catholiken in Irland und Sehottland
Bia stellen. In den Feldzfigen Ludwigs XIV. war aber das Fran-
- Frankreich. 271
Heer selten unter 200,000 Mann geweeen, no4 bifweilen
gar bis auf 300,000 KampffHbige angewacbten.
W&hretül der Regierung Lndwigt XV« wtr'bei der in En«
repa damali allgemeinen A^erstftrkung der etebepden Heere a«ch
für deo gewdbnlieben Friedenssustand die Stärke dee Französiieben
Landbeeree eeit ^m OettMicbischen Erbfolgekriege und dem tie-
beojäbrigen Kri^e bis auf Iß^XKK) Mann gestiegen: dagegen>hatte
der letxtere, da er gleiebseitig liand- und Seekrieg war, und nieht
allein in Europa, sondern in allen Erdtheüen, wo Franzosen
und Engländer gegenseitig Besitsungen batten, gefÜbrt wurde,
auf diesen rersehiedenen Tbeilen des Kampfsebänplatzes, sowie
su^ Deckung des Staates selbst 345,300 Man« vnter die Waffen
genden. Die darauf folgende R^emng Ludwigs XVI. bielt
wäkrend des Amerikaxiisehen Freiheitskampfes, der dureb Frank*
retebs tb&tigste Tbeilnahme an demselben abermals wieder in'
einen Krieg auf- allen &d tbeilen und Meeren verwandelt wurde»
ein fieer Ton $00,000 Mann.
Unierdessen war aber auch von der FranxÖsiscben Regie«
rang die grösste Sorgfalt, ohne irgend eine Berücksichtigung
des dazu erforderlicben Kostenaufwandes, auf denFestungsbau
rerwandt worden, so dass die gesammte Ingenieurwissenschaft'
▼on Italten, wo sie sich seit der Erhebung der neueren Kriegs-
kunst oMigeblldet und Tervollkommnet hatte, in ibrem Haupt-
sitxe seit der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts nach Frank-
reich verpflanzt wurde. Der auss^ezeichnete Meister Vauban,,
der aecb als Ingenieur den Französisch en.Marscballstab sich su
erringen 'verstand, bildete seitdem in Fratikreieh für ein volles
Jahrhundert die Hochschule der Europäischen Ingenieure. Kein
Staat auf der Erde besdss damals nach dem Verhältnisse seines
Flächeninhaltes, seiner Bevölkerung und seiner Finanzen, so viele
Festungen von Bedeutung als Frankreidi, denn selbst die Nieder-
lande und Nopditnlien wurden dadurch überboten. Durch 120
grössere und kleinere Festungen, in doppelter und dreifacher Reihe
hinter einander errichtet, wurde die Östliche Gränse des Staates v6a
Brabant bis sur Daupbinee gedeckt, naebdem Ludwig XIV. die wieb-
tigen Eroberungen des Elsasses und der FraAsösisoben Niederlande
gemacht hatte«): aber aueb der natürliebe Sebuti der Westgrätii^
*) FreiUcb war auch die cnigegenliegeide Seite der Nieder«
272 Frankreich.
I
ddrcb die Pjrteten, sowie der Süd- und Noidgr&nze durch das Meer
wur^e durch »tiuk befegtigte Städte und Hafenforts unterstützt.
Nicht minder war unter der Regiening Ludwigs XIV. die
FransÖsische Seemaeht gewachsen, da Heinrich IV. und Ri-
chelieu's Verwal^ng nun erst einige ansehnliche ' Versuche für
diesen Zweig der Kriegsmaeht erprobt hatten.' Ludwig XIV. er-
litt iwar, da er alle grosse See^Hichte nach der Reihe als Geg-
ner hatte, ungeheuere Verluste cur See, denn er verlor in seinen
Feidzügen 111 bedeutende Kriegsschiffe mit ^338, Kanonen.
Dennoch blieb dem FranxÖsischen Staate am £nde seiner Re-
giecung eine Flotte über J50 Seegel stark, die an Matrosen iind
Schiffebes^tzung 40,000 Mann erforderte. Ais Kriegshäfen wur-
den von derselben Toulon, Rochefort, Havre de Grace und^
Brest gelraucht, aber der gegen die Holländer und Engländer
80 vortheilhaft gelegene EUfen Dünkirchen musste in Folge des
Utrechter Friedens 1713 durch Versenkungen vernichtet, und
zugleich seiner Festungswerke durchs Schleifen beraubt werden«
tJnter Iiudwig XV. hob sich nach dem Oestreichischen Erbfol-
gekriege während der längeren Friedensdauer zwischen den See*
mächten di^ Flot^ wieder sehr beträchtlich, und beim Beginn
des siebenjährigen Land- und Seekrieges, im September 1755,
bestand dieselbe aus 32 Linienschiffen von 74 bis 84 Kanonen,
aus 39 Linienschiffen von 50 bis 64 Kanonen und aus 32 Fre-
gatten, also insgesammt aus 103 grösseren Kriegsschiffen: damals
war aber die Englische Flotte doch schon um 130 grössere Schiffe
stärker als die Französische. Dieser Krieg fiel daher in Bezug auf
die Ereignisse zur See im Allgemeinen nachtheilig für dieFranzo«
Ben aus, und auch die grössten ' Anstrengungen derselben, sich
den Engländern als Seemacht gleichstellen zu wollen, wurden
in dieser Zeit «durcli Englands Uebermacht , vernichtet Eine
neue Periode begann für die Französische Marine wihrend des
lande und des Deutschen Reichs durch Festangen ausserordentlich
stark bewehrt. Daher blieben aber auch damals gemeinhin die giän*
aendsten Resullate der von den Franzosen und gegen sie gewonnenen
blutigen Schlachten auf die Eroberung oder die Entsetzung einer
Festung beschränkt.
FrankreiclL 173
Nordamerikaniseheii Freiheitskrieges » da iler Hauptnekenbuliler
m Europa durch den gefährlichen Kampf mit den abgefallenen
Coloni«! geschwächt war, Frankreich aber mit den 6brigen wes^
liehen Seemächten Europas den Amerikanern sich anschloss und
nur durch bedeutende Flotten nachdrückliche Hülfe gewähren
konnte. Auf solche Weise erreidite Frankreich während dieses
Kampfes das Maximum des FLottenbestandes an eigenen Schiffen,
indem im Juli J 779 80 Linienschiffe, und 60 Fr^atten» also ins-
gesammt 149 grosse Kriegs-Schiffe gezählt wurden» so dass da«
mala England nur 33 Linienschiffe und Fregatten mehr als
Frankreich besass« Das gesammte Seekri^-Personal an Matro«
sen» ^ie aum grdssten Theile auf Kauffahrteischiffen geübt wa-
ren, sowie an Seesoidaten erforderte in (lieser Zeit 200,000 Mann.
Während der grossen Franxösischen Revolution loste sich '
dss frühere stehende Heer völlig auf: dafür entwickelte sich ein
allgemeiner Volkskrieg, der jedoch durch Carnot's, Jourdan's und
Napoleon Bonaparte's Maassregeln vermöge der allmäblig orga-
nisirten Conscription wieder zu einer überaus starken stehenden
Heeresmacht zurückführte, die bald in jedem Truppentheile durch
Uebung und energische Führung den übrigen Staaten Europas als
Muster-Heer sich zur Nachahmung seiner Einrichtungen geltend
machte« Die schnelle Vermehrung des FransÖ6is^hen Heeres in den
ersten beiden Kriegsjahren der Revolution ergiebt sich aus nach-
stehenden ofiiciellen Angaben ^ und erregt um so weniger Er-
stannen, wen» man erwägt, dass damals jeder wohlgesinnte Fran-
zose vor den Gräueln in Paris, und in den die Hauptstadt in wilder
]^uth nacheifernden Provinzialstädten sich in die Heereslager
dtf vielfachen Französischen Armeen retteten»
Im Oeeember 1792 160,000 Mann
Aaigl. Januar 1793 218,904 — -
An|31. Juli 1793 599,537 -—
im Pluviose An. II. (Febr.) 1794 760,922 —
Im Germinal (Apr.) 1794 974,724 —
Im Vendemiaire An. III. (Oct) 1794 1,169,144 -—
Nach den Basler' F'riedensschlüssen (1795) bewegte sich dk
Französische Kriegsmacht, die freilich schon Belgien, das Deutsche
Reich bis zum Rhein, und bald darauf auch einen Theil von
Nord-ltallen als Ergunzungsland für sich neu gewonnen hatte,
8ehnbcr(*i 8tiitUtik IL |g
274 Frankreich.
iwiflcb«! ^00,000 und 900,000 Bfann, die fir ttwtm mehr all
iwei Procent der danudigen BerÖlkerong des Fransögischen
Staate! su rechnen find. (
Bei dem Uebergange der Franiösisehen Repi|blik lum Kai-
lerthum stand Napoleons Heer auf 050,000 Mann, und wir kön-
nen nun seine späteren ErgÜnsungen aus den Anforderungen an
^en Franxdsischen Senat ersehen, die jedesmal durch ein kaiser-
liches Decret im Moniteur bekannt gemacht wurden.
Diese betrugen
am 24. September 1805 80,000 Mann
— 7. April I80r 80,000 —
— > 21. Januar 1808 80,000 —
— 10. September 1808 160,000 —
•— 8. April 1800 90,000 ~
— - 5. Octobei 1809 36,000 — -
— 13. Decembei 1810 \60fiOO —
— 20. December 1811 120,000 — *
— 13. Mars 1812 100,000 -<
— - 16. Januar 1813 250,000 — -
— 3. April 1813 180,000 — -
— 9. October ^1813 280,000 -*
•— 11. November' 1813 300,000 — -
2,033,000 H
Es wurden also von Napoleon in dem einsigen Jahre 1813
1,010,000 Mann sur Ergäuxung gefordert, oder gerade nur um
23,000 Mann weniger als in den sieben Kriegsjahren vorher, die
sein Kaiserthum bestanden hatte. Sein Heer war vor Anfang
des Kampfes gegen Russland 1811 aus folgenden Truppen theilen
gebildet:
aus 90 Regimentern Linien-Infanterie su 3230 M.
27 Regimentern leichte Infanterie su 2159 M.
14 Regimentern Cürassiere und Carabiniere su 706 M
30 Regimentern Dragoner au 946 M.
24 Regimentern Jäger su Pferde su 946 BL
10 Regimentern Husaren au 946 M. y
<!asu die Garde
aus 12 Regimentern Grenadiere und Jäger su 2159 H.
— 6 Regimentern Cavallerie d. einseinen Truppengattungen
SU 706 M.
Fraakreich. 275
ZusMBBkca «ns 129 Regimentern Infanterie and 374,901 Mann
—,84 — — Cavallerie und 74,664 —
Die Artillerie aus 8 R^^t Fussartillerie nnd 25,840 —
6 — - reitende A. und 5»676 •—
163 CoKipagnien Garais. A. und ' 24^670 <—
20 Compagnien Ouyriers ond 3,080 —
22 Bataillone ArtilL-Train nnd 23,740 —
2 BaUillone Pontoniere und 1,640 — ^^
Das Genie-Coips a. 5 Bataillons Sappeurs und
2 Bataillons Mineurs und 5,720 —
Die Gensdarmerie aus 30 Legionen nnd
2882 Brigaden a 6 Mann, yon
denen 1013 tu Pferde und 969
lu Fuss den Dienst verriektetem
insgesammt 18,173 -^
Das stehende Heer betrug daher damals 558,124 Mann
Terdieilt in 29 Divisionen, wurde aber für jeden Krieg durch
betrftchtliehe Reserven der einzelnen Regimenter für die Crgän-
sung bis auf 750,000 Mann ersetst Die Nationalgarde, während
der Revolution seit 1789 bis 1792 über das ganie Reich errich-
te mm Dienste fttr die innere Sicherheit und zur Vertheidi-
gung des Landes, wenn der Feind die Gränze überschritt,
verpflichtet, war mindestens auf den dreifachen Betrag der ste-
henden Heeresmaeht in sch&tsen.
Unter Ludwig XVIIL war nach dem zweiten Pariser Frie-
den der Etat des Fransdsischen Heeres niemals über 240,000 Mann
gegangen, und unter Carl X. wurde derselbe durch das Gesetz
vom 27. Februar 1825 folgendergestalt normirt.
1. Die Infanterie wurde zusammen- Friedens- Kriegs-
gesetzt*) aus 6 Garde-Reg., 04 Linien* etat etat
Reg. und 20 leichten Reg., zusammen
aus 90 R^., jedes Reg. zu 3 BatailL und
jedes Bat. zu 8 Compg. = 901 M. im
Frieden und 937 HL im Kriege, giebt 243,270 M. 252,990 M.
*) Tergil. darüber das Bulletin deft lois» Jahrg. 1825 nr. 94 und
Femssac Bulletin d. sciences milit.. Apr. 1825, S. 153—74.
18*
276 FranbreiclL
2. Die Cavallerie aus 8 Garde- Frieden«- Kriegt«
Reg. (2 JD^reifbd.-R., 2 Caras8.-1l., 1 Dra- Etat Etat
goD.-R.y 1 Jäger-R.9 J Lancier-R.> und
1 Hugaren-R.) und 48 Feld-Regimentern ^
(2 Carabiner-R.; lOCuirass-R., J2 Drago.-
R., 18 Jäger-R., 6 Hugaren-R.), jede«
Regiment seu 6 Eiscadron« und 120 M. im
Frieden und 153 iin Kriege .... 40,320 ML 51,408 M.
3. Die Artillerie erhielt einen
Generalstab von 390 Ofifidieren und 560
Beamten, an Fussartillerie 1 Garde-Reg. 950 — 950 —
lu 668 M. im Frieden und 916 M. im
Kriege und 8 Feld-Regt zu 1339 M. im
Frieden und 2139 M. im Kriege, macht; 11,380 -^ 18,028 —
an reitender Artillerie 1 Garde-Regt m
382 VL im Frieden und 4 Feld-Regt- zu
651 VL im Frieden und 891 M. im
Kriege, macht; . . 2,d86 — 4,018 —
an Train 1 Garde-Regt su 524 M. im
Frieden und 1474 im Kriege und 8 Feld-
Regt zu 691 M. im Frieden und 1958 AL
im Kriege. , . . . . 6,052 — 17,038 —
Ausserdem 1 Bataillon Pontonniere lu ^
12 Compagnien; •...,•.. 995 — 1,571 *—
12 Arbeiter-Compagnien zu 71 M. im
Frieden und 101 M. im Kriege .... 852 — 1,212 -—
und eine Comp agnie Schmiede zu 100 M.
nur für den Krieg.
4» Das Genie-Corps, welches eine
neue Organisation erst durch das Gesetz
Tom 19. December 1829 erlangte, bildete
einen Generalstab yon 11 Generalen, 24
Obersten als Directeurs des fortificationB,
24 Oberstlieutcfhants, 60 Bataülons-Chef«,
210 Capitains und 32 Lieutenants, 500
Gardes de Genie, 3 Regt Pionniere zu 362 — 362 —
651 M. im Frieden und 891 M. im
Kriege, 1 Handwerks-Compagnie und
\
ITrankreicb. 277
Friedeot« Kriegfp
3 Train-Compagnieii» die letiteren nur etat ^ etat
im Kriege 2,459 M. d,769 BL
also die Getammtstftrke d. atek Heeres 309,626 — - 351,346 -—
Eis war also nach diesem Friedensetate im Allgemeinen für
das ^erb'ältnisf des stehenden Heeres cur Bevölkerung der Maas«
Stab der Deutschen Bundesstaaten sum Grunde gelegt, nemlich
ein Procent der Bevölkerung, da die Bevölkerung Frankreichs
f&r das Jahr 1825 (S. 42) 31,771,000 S. httnk^. Dies Procent
wurde auch völlig bereits im Friedensetat erreicht, wenn wir die
Gensdarmerie hinaurechnen, die damals 6i5 Officiere und 13,737
Unterofficiere und Gemeine sählte, also mit dem Friedensetat
des Heeres zusammen 323,303 M. ausmachte.
Die Expedition gegen Algier im FrQhJahr 1830 setste einen
Theil des FransÖsischen Heeres auf den Kri^etat, und die we-
nige Monate darauf ausbrechende Juli-Revolution veriangte f9r
Frankreichs Stellung gegen die übrigen M&chte Europas, nicht
nur den vollstöndigen Kriegsetat, sondern auch noth eine Ver-
stärkung desselben. Bei der Infanterie wurden 3 Linien-Regi-
menter und 1 leichtes Regiment, bei der Cavallerie 5 Lancier-
Regt neu errichtet und 4 Jäger-Regt in Lancier-Regimenter
umgestaltet Ueberdies wurde für die' Behauptung der neuen
Africanischen Erwerbungen die Fremden-IiCgion in Algier aus
Polen, Deutschen und Italienern, sowip 3 Africanische Jäger*Re-
gimenter aus den Eingebomen gegründet Demnach betrug die '
Gesammtstärke des FransÖsischen Heeres nach der Belagerung
von Antwerpen unter dem Ministerium Soult im Kriegsetat
(Im Februar 1833) 421,494 Mann und 82,057 Pferde, nach fol-
gender Uebersicht der einzelnen Truppentheile:
J. Der Generalstab hatte 4058 OfKeiere
und 750 Verwaltungs-Beamte • • 4,808 Mann Pferde
2. Die Infanterie ..•••« 280,948 — 134 —
3. Die Carallerie 52,338 -* 39,103 —
4. Die Artillerie mit 834 Stück
Feldgeschüts in 139 Batterien ma
0 Kanonen« Ausserdem besteht 38,835 — 24,557 — r
der Beiagerungapark in 5 Abthei-
hiDgen, jede au 100 Stück Oeschüts. ^
278 Frankreich*
5. Das TrainWesen 4,^144 Mann 4,776 Pferde
6. Das Ingenjcur-Corpt .... 8,674 — - 808 —
7. Die Gemilarnierie in 24 Legion. 15,682 -^ 1],604 -—
8. Die Fremilen -Legion SU Algier*) 4,521 — 1,075 « —
9. 3 AfricaniKclie Jäger-Regiment. 2,544 •— i
421,494 Mann 82,057 Pferde
Ini darauf folgenden Jahre wurde aber nach dem Auftritt
des Marschalls Soult aus dem Pratsidium des Ministerraths und
dem Kriegsministerium (im Juli 1834) das Heer auf den Frie-
densetat suröckgefilhr^ der ungefähr in der 2^hl der Truppen
um ein Viertel schwächer als jener dasteht, nemlich 3 11,400 Mann,
wovon die Infanterie 198,500 M., die Cavallerie 49,000 M., die
Artillerie 22,700 M. ausmacht, die übrigen Truppentheile aber
sehr geringe Veränderungen erfahren haben, die Gensdamerie
überdies noch verstärkt ist Der Generalstab des gansen
Heeres ist bereits durch das Gesets vom Januar 1834 beträcht-
lich reducirt, und besteht gegenwärtig aus 12 Marschällen, 80
Generallieutenants, 160 Generalmajors (Mardchaux de camp)^
30 Obersten, 30 Oberstlieutenants, 100 Majors, 300 Capitains
und 100 Lieutenants, Die Militair-Intendantur ist gleichseitig
neu organisirt und wird aus 20 Intendanten, 180 Unter-Intendan-
ten und 25 Adjoints susammengesetst-
Die Verwaltung der Heeresmacht geschieht durch 19 Bfili-
tairdivisions-Commandos, die nach der Territoriat-GrÖsse und
Localität der Departemens 2 bis 8 derselben umfassen**) (nur
Corsica hat fiir sich allein ein Divisions-Commando) und einen
Generallieutenant sum Vorstand haben.
Die Zahl der gegenwärtig befestigten Plätse in Frankreich
lieträgt 178, darunter funfsehn Festangen vom ersten Range,
*) Sie geht* durch den Vertrag zwischen der Französischen und
Spanischen Regierung im Juli 1835 aus dem Französischen in den
Spanischen Dienst über.
**) Vor 18:29 gab es -21 Divisions-Commandos, aber in diesem
.fahre wurden die zu Caen und Perigueux aufgehoben..
Frankreich. 279
Strasftburg, Meti, Thionrilley Cfivet nebst CharieiiH>nt, Maubeuge,
Cond^y Valenciennei auf der nordöstlichen Grttnxe des Reicks,
Beaao^on und Grenoble auf der tüdöttlichen» Tou)%n am mittel-
iändisehen Meere, Perpignan, Bellegarde, Saint-Jean-Pied-de Port
und Bayonne gegen die Spanische Gräiise, endlich Cherbourg als
stark befestigter Hafen an der nördlichen Küste. Die Befesti*
guDgswer):e der Hauptstadt, welche in Folge der politischen
Lage Frankreichs nach der Juli -Revolution als nothwendiger
SchutB gegen die inneren und ftusseren Feinde von den geseta*
gebenden Gewalten des Staats gefordert sind, verdienen hier nur
Erwähnung, weil sie die allgemeine Richtung auf diesen Ver-
theidigungspunkt anseigen, wenn ihre ApisfQhrung auch in der
That wieder ganx aufgegeben werden sollte.
Als Bildungsanstalten*) für die Jüngeren OfAciere der
Landmacht dienen die Miütairschulen au St. Cyr und la Fläche
für die Infanterie und Cavalicrie, und die Artillerie- und In-
genieur-Schule SU Mets sowfe die polytechnische Schule su
Paris für dio Artillerie- und Ingenieur -Wissenschaft. Zu la
FUche werden 000 Zöglinge vom 8. bis 15. Jahre, su St Cyr
400 Zöglinge vom 15. Jahre ab und swar nur in einem drefjüh*
rigen \Cursus gebildet, nach dessen günstiger Beendigung sie so-
fort als Unterlieutenants Im Heere angestellt werden. In der
polytechnischen^ Schule su Paris finden 300 Zöglinge als Pen8io-^
naire Aufnahme swischen dem surückgclegten sechszehnten und
zwansigsten Jahre; su Mets werden 180 Zöglinge unterrichtet.
Der Cursus ist swei- bis dreijährig, und führt gleichfalls bei einer
gut bestandenen Prüfung sur Entlassung als Unterlientenant. Die
Militairschule suSoumur, gegründet am 23. December 1814, dient
nur zur weiteren Entwickelung Jüngerer Ofücicre sowie der Un-
terOfüciere der Cavallerie und ist mit der Lehr-Escadron im
Prenssischen Staate su vergleichen. (VergL S. 150 und 151).
Die Nationalgarde, welche unter Carl X. theilwebe in
einzelnen grösseren Städten bei vorgefallenen Unruhen aufgeho>
ben worden war, wie %u Paris durch die Ordonnans vom 29.
April 1827 und bald darauf auch zu Versailles, trat seit der
Juli-Revolution wieder überall in ihre durch die grosse Revolu-
*) Die von Ludwig XV. 1751 gestiftete Ecole militair^ zu Pa-
ris für 500Zöf;liDge wird jetzt nur als Caserne iür 3000 Manu benutzt.
S80 Frankreiolu
üoii eriangten Recht« ein, und wurde darin von der gegenv&r*
tif^en Regierung nicht nur eifrigst unterstütsty «ondem auch alt
eine wesentliche Vcrtheidigungskraft des Staates im Fall d«a
Angriffs neu organisirt und vollständig bewaffnet^ wo es von den
Individuen niclit aus eigenen Mi^ln geschehen konnte Sie
umfasst jetxt alle Franzosen, welche dirccte Steuern besahlen,
swischen dem zurückgelegten zwanzigsten und sechszigsten Jahre
sich befinden» und nicht geradezu durch Krankheit oder körper«
liehe Gebrechen ausgeschlossen sind. Sie^ macht jetzt mehr als
1,000,000 Mann aus und besass bereits im Februat 1833 625 Ka-
nonen. Sie hatte, ausserdem in den drei vorhergegangenen Jah«
ren auf Kosten der Regierung 018,f>68 Gewehre und 247,087 Sä*
bei im Werthe von 35,000,000 Fr. (9,450,000 Th.) erhalten,
200,000 Säbel waren nQch zu vertheilen und 200,000 neue Sä-
bel waren überdies für 1,600,000 Fr. (432,000 Th.) in den Fa^
briken besteilt
Die Seemacht hatte während der Revolution, ungeachtet
ihrer Vereinigung mit der Holländischen und Spanischen in allen
Unternehmungen gegen die Englische den Kurzem gezogen, und
seit den Niederlagen bei Abukir (1798) ^nd Trafalgar (1805) be-
fand sie sich in einem so vernichteten Zustande, dass auch selbst mit
den grösstcn Anstrejigungen unter Napoleon bei dem Neubau von
Schiffen keine ehrenvolle Expedition aus einem der dem Französi-
schen Reiche unterworfenen Häfen ausgeführt werden konnte. Bei
dem ersten Pariser Frieden im Juli 1814 fanden sich in den Franzd-
sischen Hufen 104 Linienschiffe und 53 Fregatten vor; davon mussten
in Folge dieseji Friedensschlusses 3 1 Linienschiffe und 12 Fregatten
an die trüberen Besitzer zurückgeliefert werden. Unter Lud-
wig XVI II, wurden die vorgefundenen Kriegsschiffe durch Neu-
bauten in den darauf folgenden Jahren sp eifrigst ergänzt, dass
bereits im Jahre 1821 die Flotte aus 58 Linienschiffen (13 über
100 Kan., 16 von SO Kan., 29 von 74 Kan.), 39 Fregatten und
289 geringeren Kriegsfahrzeugen bestand. Die Zahl der dazu
gehörigen Matrosen (vergl. S. 9)) betrug 11,000, das Marine-
Corps bestand aus 8 Bataill. Seesoldaten, 5 (^ompagnien Artille-.
rie*Arbeiter und einem Scbifts-Ingenieur-Corps. Die ganze Flotte
wurde unter 5 Marine Comnianflos zu Brest, Toulon, Rocbefort,
L'Orient und Cherbourg gestellt, indem diese Plätze aueh zu-
gleich als die Hauptkriegshäfen für aämmtUche Schiffe der Ma-
Frankreich. S81
rine dienen, und die einsigen Schiffswerften Ar Linienschiffe
nnd Fregatten darbieten. Corvetten und andere kleinere Kriegs*
schiffe werden aiidi su Bajonne, Nantes und sa Saint -Ser**
Tan erbaut
Unter CM X besass swar die Flotte an grosseren Schiffen'
eine kleinete Ansaht, aber diese konnten auch sofort seegelferdg
gemacht werden und für alle Schiffe ohne Unterschied einen
Feldsug xur See aushalten, da die vbaufälligen oder als Lasareth
und Gefdngniss gebrauchten Schiffe aus der Zahl der Kriegsma-
rine gestrichen worden. Der Bestand der Flotte ror der Ex-
pedition nach Algier war im Jahre 1829
45 Linienschiffe (8 von 118 Kan., 3 von HO Kan., 13 von
84 Kan., 21 von 74 Kan.)
37 Fregatten (14 von 64 Kan.; 23 von 44 Kan.)
72 mittlere Ejriegsschiffe (18 grosse Briggs von 22 Kan., 20
kl. Briggs von 16«-18 Kan., 34 Cor?etten
von 10—18 Kan.)
00, kleinere Kriegsschiffe
244 Kriegsschiffe als Gesammtbestand der Flotte.
Unter Ludwig Philipp wurde auf gleich eifrige Weise die
inswischen stark beschäftigte Flotte jährlich wieder ergänzt, so
dass im Januar 1833 der Bestand ofXiciell folgender Gestalt an-
gegeben wurde:
' seegelfertig auf den Werften
34 Linienschiffe 21 Linienschiffe
39 Fregatten . 27 Fregatten
69 Briggs und Corvetten 18 Briggs und Corvetten
137 kleinere Kriegsschiffe
?\ •■
279 Kriegsschiffe 66 Kriegsschiffe
also der Gesammtbestand der Flotte betrug damals 345 Kriegs-
schiffe, wovon im Juli 1835 auf offener See sich befanden 27
Linienschiffe, 35 Fregatten und 117 kleinere Kriegsschiffe, Das
gesanmtiD Personal der Fransdsischen Flotte besteht gegenwärtig,
mit Einschluss aller Marine-Beamten und der bestündigen Arbei-
ter auf den Kriegsschiffs- Werften, aus 42,815 Mann, worunter
8000 Galeeren-Sclaven und 10,000 Manu an Marine-Soldaten
aich befinden. Der Marine-Stab soll künftighin nach dem Ge-
28t Frankreich.
,setse vom April 1814 aiis 2 Admirftlen, 10 Viee^Admlralen» 20
Contre-AdmiraleDy 70 Schiffscapitaineii erster Classe, 70 Fregat-
ten-Capitainen, 90 Corvetten-Capitainen» 450 Sehiflfs-Lieutenants
erster Classe und 550 Fregatten -Lieutenants^ lusammen aus
1263 Seeoffieieren lusammengesetxt sein. Es steht aber Jetit
noeli eine grössere Anzahl höherer. Seeofficiere im Dienst» die
naeh ihrem Abgange nicht mehr ersetst wenlen sollen, nemüch
es befinden sidi noch an Stabsofücieren 12 Vice^Admirale, 24
Contre-AdmiralOy 110 Schiffscapitaine erster Classe utid 130 Fre-
gatten-Capitaine. Für die Bildung der See-Cadetten besteht die
Marineschule su AngouUme, die schon 1816 von König Lud^
wig XVIII. angeordnet wurde, aber erst 1818 ins I^ben trat,
und, filr den Bau der Kriegsschiffe eine Schule für Schiffs-Inge-
nieure zu Toulon.
OL Auswärtige Verhältnisse.
S. 23.
Der politische Verkehr Frankreichs mit an-
deren Staaten.
Frankreich, als eine Macht des ersten Ranges und die äl-
teste unter den fünf Hauptmächten Europas, besitzt in sich die
selbständigste Kraft, um die politischen Unfälle der jüngst vor-
übergegangenen Zeit durch sich selbst su verbessern. Sein be-
deutsames politisches Gewicht, welches dasselbe seit 1624, oder
seit Richelieus vielseitiger Wirksamkeit auf die gesammte poli-
tische Entwickelung der Staaten Europas und Amerikas, in den
beiden darauf folgenden Jahrhunderten geltend gemacht bat,
tritt Bwar jetat nicht mehr so auffallend hervor, weil die viel-
fachen Partheiungen im Inneren die dem Französischen Staate
86nst so eigenthümliche politische Geschäftigkeit nach Aussen
gehemmt, und ausserdem die übrigen Hauptmächte Europas eine
viel stärker imponirende Stellung als früher eingenommen ha-
Frankreich. 183
befi. Seine Verliftltiiisse mit diesen vier Haaptmiditmi find im
Allgemeinen dorch die beiden Pariser FriedeiiSfdllQise und die
Betchl&sse des Congresses su Aachen geregelt, wie dies sehen bei
Russland (Bd. I. Abthl. L S.372) auseinandergesetst ist Der heiligen
Alltanee trat gleichfalls Frankreichs Beherrscher bereits im ersten
Jalire nach ihrem Abschlösse bei. Die durch die Jnli-Revoln-
tion Teranlassten Störungen dieser Verh<nisse wurden in Be-
sag auf den ausw&rtigen politisehen Verkehr durch die einsei-
nen Anerkennungsacten der Europäischen Mftchte im 1. 1830 und
durch die Conferenzen su London in den Jahren 1830 und 1831
beseitigt
In den sfidwe^tlichen Staaten Europas, auf der Pjren&ischen
Halbinsel und in Italien, behauptet aber Frankreich Torsugsweise
den lang gewohnten Einfluss, seitdem hier Nebensweige des
Hauses Bourbon den Thron der beiden grössten Reiche in Be-
' sits genommen haben. Ausserordentlich gesteigert wurde dieser
Einfluss in Spanien, wiewohl das natürliche Staatsinteresse beider
Reiche schon gegenseitig stets daiu anregen must, durch Frankreichs
Auftreten in Spanien im Jahre 1823 und die dadurch yeranlasste
Wiederherstellung der früheren unbeschränkten Verfassung. Indes«
hat dies gunstige Vernehmen mit Spanien das Fransösische Cabinet
keinesweges abgehalten, mit den neuen Staaten in Mittel- und Süd-
Amerika feste politische Verbindungen anzuknüpfen, wie diesel-
ben im nächsten Paragraphe einzeln aufzuführen sind. Das '
nähere /. nsch Hessen an die Höfe von Neapel, Turin und Lissa-
bon seit dem Jahre 1825 wurde zwar momentan gestört durch
die Juli- Revolution, aber für Portugal bald in einem noch erhöh-,
ten Grade durch die Quadrupel- Allianz Vom 22. April 1834 be-
festigt weil durch dieselbe Frankreich im Verein mit England mittel-
bar die Hauptentscheidung in den inneren und äusseren Angelegenhei-
ten der Pjrenäischen Halbinsel sich erworben haben. Ausserdem
Verstärkte den Französischen Einfluss in Italien die Besetzung An-
conasl832, wogegen Sardinien und Neapel sich mehr an die
Hauptmacht Nord- Italiens anlehnten.
Den Hauptrivalen zur See, mit dem Frankreich Jahrhun-
derte lang gekämpft hatte, ohne seine Uebermacht zur See
schwächen zu können, brachten die politischen Verhältnisse der
neueren Zeit zu einem gemeinschaftlichen Zusammenwirken, noch
ehe die Quadrupel-Allianz von Frankreich und England als Diri-
genten abgeschlossen wurde. Denn das Tory-Ministerium unter
t .■
/
284 Frankreich.
V
Georg IV. haadelte in" eben so gemeinsehafdicker Uebereinsdiu»
muDg mit den Ministerien Carl«^ X.^ wie dies von der Whigver-
walttiog Wilhelms IV. und den Doctnnaires unter Ludwig Phi-
• lipp geschieht Dies bestimmte die Verhandlungen in den Orien-
talischen Angelegenheiten» die Trennung von der alten Bundes-
genossenschaft mit der Pforte, deren Ohnmacht jetzt von Frank*
reich gleichgültig betrachtet wird, wenn nur nicht der Fran«
tösische Handel durch den neueren Krieg im Türkischen Staate
empfindliche Einbusse erleidet, die Theilnahme an dem Seekampf
bei NavarinOy die entschiedene Hülfe für den neuen Staat Grie-
chenland, wie schon bei Rnssland.erwähnt ist (Abthl. LS. 373 — 74).
Daher ist aber auch das Verhältniss zwischen Frankreich und
den Nordamerikanischen Freistaaten mehr erkaltet^ und unzwei-v
deutige Geldverpflichtungen haben iA dem letzten Jahre diesem
Spannung zwischen beiden Staaten fast bis zum völligen Bruche
geführt. Die Belgischen Angelegenheiten, und die eigenthümliche
Stellung des neuen Königreiches stehen gegenwärtig gleichfalls
unter dem Erfolge des gemeinschaftlichen Zusammenwirkens von
Frankreich und England, Aber gerade das Territorium dieses
neuen Staates, früher der Streitpunkt zwischen Frankreich und
seinem vormaligen Hauptrivalen unter den Landmächten, dem
Oestreichischen Staate, befindet sich jetzt, sammt dem Königreich
der Niederlande und den Deutschen Bundesstaaten, welchen die
Vertlieidigung des Rheins obliegt, als trennende Mittelmacht zwi-
schen diesen beiden Reichen, die sich gar nicht mehr in ihren Grän-
%en berühren. Die Stellung Frankreichs zum Preussischen
Staate ist nach der beiderseidgen Lage und dem beiderseidgen
Interesse der yolks-Industrie und des Handels mehr natürlich
befreundet, als feindlich entgegengestellt: dasselbe gilt von^den
Nordischen Staaten Dänemark und Schweden. In den polidscheii
Beziehungen Zu Russland reichen sowohl die heudge Entwicke-
lung der staatsrechtlichen Zustände in Frankreich, als auch in
feinem noch höheren Grade das gegenwärtige Uebergewicht der
Ru^ssischen Macht in den Orientalischen Angelegenheitee und
auf der ösdichen Hälfte des Mittelländischen Meeres, sowie end-
lich Frankreichs Versuche auf der Nordküste von Afrika sehr
zarte Berührungspunkte dar, die leicht zu Verletzungen und po*
itischen Zerwürfnissen führen können. '
Doch ist das polidsohe Gewicht des Französischen Staates auf
alle Bewegungen in der Europäischen und ^tx damit zunächst
Frankreich« 185
femreigten Aan^^Enrop&iscIieii Politik gaiu beionden an geinen
eonceatrirtenTemtorialnmfaiig in der Mitte von Europa» an seine
grosse Berölkernngy die n&chst Rassland die bedeutsamste in
Europa ist, an die ]^istige Fähigkeit und Energie seines Volkes,
endiieh an die grosse Masse TOrhandener Staatskräfte und deren
leichte Benutzung geknüpft Indess sind diese Staatskrftfte bei
den früher gesehilderten Vorzügen durch die concentrirte Lage
dieses Reiches Terhftltnissmiissig viel höher anzuschlagen, als in
anderen Staaten Ton gleicher Seelenanzahl und weit grösserem
Umfange.
§.24.
Die wichtigsten noch als gültig bestehenden
Staatsverträge und Bündnisse nach ihren
Hauptbeziehung^n.
Die allgemeinen Europllischen Friedensschlflsse der neuesten
Zeit, welche besonders für die gegenseitigen Beziehungen der
Staaten vom ersten Range noch jetkt als gültig bestehen, sowie
die besonderen Staatsrertr&ge wegen der Einwirkung Frankreichs
aaf die Belgischen Angelegenheiten auf die Verhältnisse ' Grie«
ehenlands zur Pforte upd des Handels* und Schiffahrt-Verkehrs
zwischen Russland und Frankreich sind schon in der Abtheilg. I.
S. 372—74 angeführt
Mit Portugal s^nd die alten Handelsverträge des fünfzehn-
ten Jahrhunderts (vorn 28. M&rz 1452 und vom 7. Jan. 1485)
durch den vorherrschenden Brittischen Einfluss in diesem Staate
in neuerer Zeit nicht wieder erneuert Dagegen besteht gegen*
wärtig als Grundlage der politischen Beziehungen zwische^f die-
sen beiden Staaten die Quadrupel-Allianz, geschlossen zu
London zwischen Grossbrittanien, Frankreich, Spanien und Por-
tugal am 22. April 1834» nebst der Zusatz-Acte in 4 Artikeln,
S89 Frankreich. '
welclie an. 18. Auffutt 1834 su London ratUieirt iit*). Ihr
Zweck ist die^ Befestigung der Königinnen Isabelia und Maria
in Spanien iwd Portugal nnte^ Mitwirkung der Cnglisehen und
FransÖsiscken Hftohte, die Waffen und Ammunition darreichen
und die Insurgenten an dem Uebergang nach der Pyrenftisehen
Halbinsel verhindern sollen* Doeh darferst dann die bewaffnete
HiUfe Ton Seiten der beiden letiten Staaten und swar von €rross*
brittanien durcji eine Flotte eintreten, wenn der gegenseitige
Beistand Portugals und Spanien« nieht ansreiclit — - Ausserdem
aber bleibt i^r das Verhältmss mit Spanien als Hauptvertrag
der Friede von Utrecht 1713 rechtskräft^ , welches die zweite
Dynastie Bourbon im Besitse von Spanien bestätigte , aber auch
sugleick die Entsagungsacte derselben vom 5. November 1712
auf die Ansprüche ^ auf den Französischen Thron dergestalt auf-
nahm, dass die Vereinigung von Frankreich und Spanien, oder von
einseinen Theilen dieser Staaten unter einem und demselben Fürsten
für immer untersagt blieb. Diese Hauptbestimmung wurde auch auf
das Königreich Neapel und Sicilien ausgedehnt, als dasselbe 1 735
durch den Wiener Präliminarfrieden einer dritten Dynastie Bourbon,
als Nebenast des Hauses Baurbon- Spanien überlassen wurde:
denn von nun an bestand die staatsrechtliche B^timmung, dass
alle drei von dem Hanse Bourbon beherrschten Staaten stets von
^nander getrennt, und auch nicht einmal iwei derselben jemals
susammen von einem und demselben Regenten beherrscht werden
sollten« Eine noch innigere politische Verbindung beider Staaten
wurde durch den Bourbonischen Familien vertrag vom 15. August
] 761 erriditet und dieser wieder in Folge des ersten Pariser Friedens
1814 erneuert Die politischen Verträge, welche die Expedition der
Franzosen nach Spanien im Jahre 1823 hervorriefen, hatten nur
ein vorübergdiendes Interesse.
Mit Grossbrittanien ist ausser den oben schon angeführ-'
ten gemeinschaftlich mit anderen Mächten abgeschlossenen Staats-
verträgen der Handels- und Commercial-V^trag **) zu bemerken,
welchen Frankreich am 22. Januar 1826 zu London abschloss.
*) Beide Vertrage sind abgedruckt ia der Preuss. Staatszeitung,
Dec 1634 nr. 358 u. 3C0.
**) Abgedruckt bei Bllacculloch*s Handbuch für Kaufl. Uebers.
Bd. I. 8. 800-^
FrankreiclL 167
md 5 Ti^ ipiter nodi mit 2 ZiiMiCsartlk«lii Termdirte. Die
NalieaalMliiffe beider Völker gestehen sieh naeii demselbeo das
Reeht der am meüteii b^ostigten NationeD gegeneinahder ni,
md bei den gewdhnlieheB Schifflahrts- und Handelsabgaben keine
Erböhung über die von den Nadenalsebiffen adbpt m entrichten-
den Abgaben* Der Vertrag wurde auf lehn Jahre Dauer be*
stimmt, nach deren Ablauf noch in der Frist ron xwölf Monaten
die Kündigung oder VerUngerung desselben Ton beiden Seiten
-. gesehehen kann« Wegen der gämiichen Aufhebung des Sdaven-
lundels, die schon Gegenstand der Bestimmungen der beiden Pa-
riser Frieden war, wurden noch Schlussvertrttge am 30, November
1831 und am 22. Min 1833 abgeschlossen.
Mit dem t'reussischeb Staate ist ein Freisügigkeits»
Vertrag bei dem Uebersiedeln gegenseitiger Unterdianen bereits
1811 geschlossen 9 nach welcher Ton denselben weder iigend ein
Abschoss- noch AbCshrtsgeld gesahlt werden durfte. Derselbe ist
1817 wieder, für den heutigen Umfang des Preussisehen Staates
anerkannt, wie die königliche Erklärung rom 15. September
1817 nachweist*). EUne Cartel-Convention über die gegenseitige
Ansliefening der Deserteure ist am 25« Juli 1828 swischen bei-
den Staaten abgeschlossen **).
Unter den Deutschen Bundesstaaten bat Nassau einen
Handelsrertrag mit Frankreich am 19. September 1833 su
geschlossen, um gegenseitig eine grössere Ermässigung der
gapgsiölle für FfanaÖsische Seidenwaaren und Weine Ton jener und
für die Nassauischen Mineralwasser Ton dieser Seite sich susugeste»
hen. Zwischen den drei Hanseatisehen St&dten und Frank-
reich kam bereite am 28. Sept 1 7 16 ein gegenseitig sieh sehr begün-
stigender Handelsvertrag su Stande; aber mit Hamburg wurde
noch ein besonderer Handelsvertrag von Frankreich am 1. Apr. 1769
abgeschlossen und am 1 7. Mürz 1 789 erneuert Mit D ä n e m ark be-
steht ein alter Handelsvertrag vom 23. August 1742 auf 25 Jahre,
welcher durch die Uebereinkunft vom 30. September 1749 auf
unbestimmte Zeit erneuert ist: mit derselben Macht ist am
6. Mürs 1772 ein Vertrag über die gegenseitige Aufhebung des
Heimfallsrechte geschlossen. Mit Schweden besteht ein Han-
delsvertrag vom 1. Juli 1784.
*) Preussische Gesetesanmlung, Jahrg. 1817. nr. 44SS 8* W!*
**) Prenss. Gesetzs. Jahrg. 18^28 nr. 1162*
288 Fra nkreich.
Zwischen der Pforte and Frankreich inurde 1740 ein be*
Bonderer Freundschafts- und Handelsvertrag gestiftet, welcher
die alten gegenseitigen Handelsvortheile der damals schon über
2wei Jahrhunderte seit Frans I. verbündeten Völker für Frank-
reich in dem gansen Umfang aller Türkischen Besitxungen in
Europa, Asien und Afrika noch bedeutend erweiterte. Dieser
wurde zwar durch die Unternehmung der Französischen Repa*
blik gegen Aegypten 1798 au%ehoben, aber von Napoleon Bonaparte
als erstem Consul 1802 wieder erneuert und seit der Zeit für
Frankreich aufrecht erhalten, und nur dadurch mittelbar geschmä-
lert, dass die Engländer und Russen jetzt gleiche Rechte mit
den Franzosen geniessen. Dieser Vertrag vermittelte auch zu-
gleich die Beschützung des Handels auf dem mittelländischen
Meere gegen die Barbaresken.
Zwischen den Nordamerikanischen Freistaaten und
Frankrei|)i ist der jüngste Handelsvertrag am 24. Juni 1822 ab-
geschlossen und am 0. November 1822 ratiflcirt worden.
Mit der Republik Hajti wurde ein Vertrag am 17. April
1825 zu Paris errichtet, nach weichem der Mutterstaat Frank-
reich den 1804 für völlig unabhängig erklärten Freistaat in seiner
Souverainität anerkannte, und dafür eine Summe von 150^000,000
Fr. (40,500,000) Th.) zugestanden erhielt, die in fünf Jahren zur
Entschädigung der vertriebenen Französischen Pflanzer gezahlt
werden sollte. Zugleich jn^urde dadurch bestimmt, dass alle Fran-
zösischen Schiffe beim Handel mit Hajpti nur die Hälfte der Ab-
gaben der übrigen fremden Schiffe zahlen sollten. Es ist aber
bis jetzt von Hayti nur der erste Termin mit 25,000,000 Fr.
(6,750,000 Th.) bezahlt, und eine Erweiterung des Handelsvertrags
nach der Uebercinkunft vom 2. April 1831 abgelehnt worden.
Zwischen dem Kaiserthum Brasilien und Frankreich ist zu
Rio-Janeiro ein Freundschafts- und Handelsvertrag am 8. Januar
1826 (geschlossen worden, durch welchen beide Völker sich auf
das Recht der am meisten begünstigten Nationen im gegenseiti-
gen Handel gesetzt haben. Ausserdem sind unter der Regie-
rung Ludwig Philipps alle Staaten Südamerikas in ihrer Unab-
•bängigkeit anerkannt, und Freunds ehafts-, Handels- und Schiff-
fahrtsverträge am 14. November 1832 mit der Republik Neu- Gra-
nada, am 11. März 1833 mit der Republik Venezuela, und im
Juli 1833 mit der Republik Guatemala abgeschlossen. -^
Das Britische Reich*
§. 1.
ABgemeime Quellen und Hülfunittel.
Ol« ^eiMMti La&dkariea« hi AUgemeinen itt 4ef W«rtk
te Iptftea TMi dan meiften^Theileii diese« Reichs meht.xu vergi»'
ek«i flut den veniglMien Karten def ilbrigen Staaten des mittleren
EmepWy iraa seinen Haoptgnmd darin liiidet, dass dar£n^isclie
BedM in den leMei» JFilurhundertton keinen Kri^aseliattplats fdt
fpraase «nd lang danetude Kianpfe ^iidet hat, und der Hanget
Mncr «ig^ntlieha« <s. f. 22.) stehenden Heeresmaeht tef^o^ra*
pkweke Anfaahtten H«ler Staatianfsieht yftlÜg entbehren lies«^ l>a
d«]gMiilian Arhehen $hßt fernetliin aneh wtA»T durch dae AnMt«lelie,
n^ch d«reli das rein artsMniatmtifie Interesse dieses Staat« Jiervop-
geraf «n waren, anfpahlMMl aHademPahlilciiai ikberiieferten.K«rt9ft,'
aaseehUienilieli in Ab Katagoria der Piirataattrneliflivngen; Erst
in der Gegenwart wird anter der Leitung des Feldzeugmeisteramtea
( Ordnttnee Surv^) ein ftberans grossartiges und mitsteriiaft anr^
gefBhrtes Untemeknien in einer sehr genauen Specialkarte der drei
▼ereiaigten Kl^nigreiche (iiT dem Maaifsstabe von utigefllKr^Gbng«
fisebanZellen auf 1 EngL Heile) angefangen, von n^elcKer bis jetzt zu-
erst iMl Icland die fimf sdiaf t I^ndaader/ in » BUktitem In deffpel-
tem Elephanten-Format, London. 1833, und die frrafscbaft Antrim
ia 60 BfiUtem, London 1834 heransg^eben sind, beide mit eine^
son^Attig: bearbeiteten Index-^Karte, die an sieh sefbsi achoD' als
Scavb#rt*« 9tiiti<tlkn. |)
290 Das Britiiclie Beich.
•ine Spemlkaite botrichtet werben ktim *)• Di^ AdmindilU hat
gleiohfallt, wie aeior sie sidli toMl «m die VenieMitiig Ati»ser-
Euroj^ftiteher Küsten Terdient gemach« hat, erst in neue-
rer Zeil die Britisehen Kosten lun Zielpnnkt ihrer öfenüiehen
Arbeiten genommen, nnd mit der Küstenkarte von €«vehidienes«
bis Cromeiv 1827 unter dem Commodore Hewett «nfgenemmen,
ein gro^s Seekartenwerk fib die Engl|sc)ie Küste eingeleitet**)»
welcher die Küste Ten Ldlujilt mtic 4er lieiAni^ des Cemmodore
Mndge bearbeite^ bereito 1828 und 20 gefolgt ist
^ Den meisten Werth belTäuplel unt^ 4en vottstindigan Kar«
ten bis jetrt für England und Wales John €aty*$ üev «m^
of England and WaU$ Mnih fort of ScMtakd^ London 1704
in 78 Blättern in Quart-Format suerst herausgegeben , in neue*
ster Ausgabe als necp map o/ the Briiiich Ishw in 6 Bütt gr.
Fol. 1819 und 1828 Londpn geliefert (Maasstab j-^^'^^); daraus
Ansxug in 2 Blütt gr. FÖL LoAiJ. 1828 (MäaiBtab 7TTrVvir> ***^
Weniger bed^tend sind Jas. Wyld wutp of England and IPa'
les» London 1830» 2 BL FoL (Maasstab ^^r^V^ir)' ^'^^ ^^ ^^^^"^
selben map of ^hreaiBtüam^ TjhA. 1833, 1 ^Bt PdL HÜMt»
1 • • *
Für Schottland ist die ihere ArbeU Toor fohn Ahislie»
map of SeoiUmd in 0 BL FoL noch dii^ ChranMIage aller Sj^e*
cfialkarten;' sie ist lorgfiltig« berichtigt in Fuden^s-Karte» *und
diene^ iHeder in JaSi Wyid map of SooiUmd in 2 BIfttt FdL
Le«id«n '1820, Maasstab ^^>^^f).^Ffir Irland iM'<fie üMerv
vod- Beanfbrt in 2 Btttt. dnrdv Jas. Wyid^'in d«mselfceii>M«as*
Stabe von r^rmrir ^^ ^ K*** ^^^ '^* "^ London itM heraus*
gegeben. «^ Für den Canal isttioch jMrfliran^bar 0#^a»ne(
jfMM^/^ \MrfB de ta Mtinehedo Brttagnetn^ tkML Par. 177&-<^
•* ■ h *>
n Ver^L KriUs^.Wc|pBfjeis«r fm. Gebiete d. I^ndkartienkmide^
Bd. Vt 8. lW-04.
n Krit W«gw. Bdi L a 80L^ Bd* VI, & 0» 145 «ad ttt
^ Erit Wegw. Bd. iL S. 78—79 über diese seaere Ausgabe.
t) ^ergL Kiit WtgiNif. Bd. HL a 40. >
, DmB BrUltch» Beiek 3»!
Ali PitmliiittMMUff mmk 4ieMi KmIm w^ki tbU im Oe*
HLf J* Amiri90mu €mrt$ gimirmk i$$ I$ie9 Bräa$miqu99f
Pwrw 1831 i» 1 gnm. Mutm PdL tfm Hbuilibe von ttvWvt;
Eogisad, Mio«tkni4 «hI iiliad t«b BtieUr in 3Blitt 1824 it
1832; «rittSh OM*aitenBUn, BmeUa 1332 in 1 BUut
Fir 4iA.g«»fli«8tiMh« Ktnntaigt Englands hat dfe gea*
logM«lM GasflUatball s« Landon aina gcoasa trafiOiahe gaogno-
Btkdie Karta von. England unter dam Titel g^ohgicml Map of
Emgimtd mmi WmU$ in a BllUt FaL*» London 1320 bcvan^iga-
basy wdeha h Oardner auf ain Blatt in gr. FoL ladncivt nnd
an London 1820 bakannt gamaeht hat*).
Unter dan llteran aUganMinan atetigtiacban Werkan bdianp-
ten aieh im biatariaahan Wartfia: John Emiick^ the pre8$nt
9i9i$ of tho Brifmk Emfire^ London» 4 voL 8vo. 1774—70. -^
Wandeborn Zaatend daa Steatea» dar .Gatahraamkait und dar
Ktaite in Otota^Britennian, Batlin 735---68, 4 ThaUa %to.— Do
Bmori i0H€0m io la Gramdo Bretagne et 'de Irlande^ Paria
1804 5 Binde 8to. — • Adolphue, a generalviewofthedotneetip
mnd f ereigne poeeeeeione of the united Kingdome of Great Bri-^
tem ümd beUmd^ London 1814, 4 Binde 4to. ^ John Sin-
clair StaOetioal Kern of Seotkmd, Edinbug 1791-^98 in
21 Bindall 8vo. and darana ein aabr brauehbarar und fUr viele
C^^enaünde bariobägter Antmg» unter dar Leitung daa Varfaaaera
aaliiat gamadit und lu Edinbuig 1823 in 2 Binden Ovo. beraua«^
gfgfl^ JHaaar ia Dauteeb bearbeitet von F. Scbmidl^ Stut^art
1820r. Ovo.— Cleland etatietical view of Scotland, Glaifow
1823 Ovo«, vonagaweiae von der Stedt Giaagow. •- X Play^
fair^ geographieai and etatietical deeeription of Scotland^
Edinbig. 2 voL Ovo. /• R. Maeeulloeh^ deeeription of the
^meetem lelande of Sootland^ London» 010. 2voL Ovo.«-& H«^
hert a deeeription of the Shetland-Ielande, Edinbrg. 1821 4te*
Fftr Irland: SJiaw Mueon etatietieal aeoonniofirelandf Leu«.
dan, 810 3 rot 8vo. <— Edw. Wahefield an aeconnt of Ire*
^ Vetf^ Krlt WagiMa. Bd. L S. ^'
19*
392 . Da* BritisclTe ReUb.
fandf 9tni9$iioal and poWtieäl, London IWIt, 2 rol. 4fto./aueli
jetst «odi ein sehr aohtboro» Wark. — /Ffir oinielne Thoile
«iietea Reichs: C. F. Riyinai (ittoriMti-sUicifttisefae Darttel-
lung de» nördlichen EngUndn nehtt yergleidiende» B^nierkungeii
auf einer Reise durch die slldvrettlichen Grafschaften, I^png
1824 Sto.i in diesem Buche sind Tortttglidi die Bandelsrerlällt-
nisse berücksichtigt — * F. W. Wittich, StatisHk Englands, er-
stes Heft, Berlin 1825 8?o., enUiält dU Grifochafteti Kent, Sur-
re/, Snssex und Berkst leider isf' dieses Original werk eines in
London einheimiseh gewordnen Deatscheoj das sehr genaue An-
gaben €ber verschiedene Gegenstiinde der i<laats w iithschafttiähcn
%tatistQr'cnthftll| nicht weiter fortgeselal worden. —
lieber oinselne Zweige der Englischen Statistik,
' auf welche in niehreren Parai^aphen Be^ug genommen werden ^
muss^- StaHntical illuitration» of the territoriai exttnd
und poptdätion of the BrittBch emptre^ London 1825 8vo.,'iind
mehrere Male in den Jahren 1^27, 1829 u. ffg, wiederholt von der
stadstiBchen Gesellschaft eu London.'—- (Rick man) Comparn*
titB' atcount ön ^le population of CheaUBritain^ London 1832.
Ahstract of the answerB and retumn^ tnade purnuant to tut aet
for toking and account of the population of Great'Bri-
tain äM of the Increäse or Diminution thereof- London
1833 3 vol. Fol. Population of Ireland. vol. FoL 1833. — Alle
drei Werke sind auf Befehl des Parlaments gedruckt, aber nicht
im Buchhandel zu haben. — P. Colquhonn a treatiee on the
ipealth, power and ressource» of the Britisch empire in every
Quarter of the vorld, London 1814, 8ro. übersetst von J. €. Fick
Ober den Wohlstand die Macht und die Hülfsquellen des Briti-
schen Reichs, Nürnl)erg 1815, 2 Bde. 8vo. — "Joseph Lowe
the present State of England in regard to agriculture^ trade
and financOf icith a comparaison of the prospects of England
and France f London 1822, 8vo.; übersetzt und mit Anmerkun-
f^n remehen vom Staatsrath v. Jacob, England nach seinem- ge-
genwttrti^n Zustande des Ackerbaus des Handels und der Finan-
zen, Leipzig 1823, 8vo. — /. Tuckey^ maritims geography and
statistics, or a deseription of the ocean and its coasts, maritime
eommerd^^ nacigation f/c, London 1815, 8vo. — V. Vinke Dar-
stellung der inneren Verwaltung von Grossbritannien, herausgege-
ben von B. Niebtthr» Berlin 1815, 8vo. — The State of the
I
m^tion üi tk^ cmmMlte€9tent of iM year ISHy Xonibn 1822
8vo«, elae h%IWifli<i«ll^ Schrift de« Bngluchea l^üiitteTium««
weUli« den ZiiaUnd det Staate» bei der Darttelluiig 4cr eiaseL-
nea Zireige der Stantsrenraltttog beleuditet: Franxösieeh beai;->
bettet Ton CA. Dupin^ iyWew# de rJdwuMtration UritanHi-
• fve m 1^23, Pariß 1823 Svo, -*« TA# royal Kalendar for
Emghndp Scetlßnd^ Irüand ümd tke Colonte» for ihe yeur 1834»
weleher j&hrlielt ala Sttiatahandboeh fftr die Penonal-Verhältnieae
und die Tersehiedenen Reatoits def Verwaltung erscheint. -—
Das wiebtigate Material für die Britiacbe Staatskunde enthalten
fiberdiee die geachichtlicben Ueberaiehten der Parlaments-Seasio-
nen, welche alljährlich nach dem Schlüsse dea Parlaments in
Einern bis iwei atiurken Octar »Bänden erscheinen.
Unter den Reisebesehreibnngen, di# ihren efgendiflm-
lichen Werth fQr die fintische Staatsknnde behaupten, sind
ausser der vergleichungsweise noch anxieheiiden älteren Von Ar-
chenhols, Kättner, Hausmann, Niemeyer besonders au bemerken.
R. Aftom and W. Daniel voyage round Great'Briiat\ Lon-
doa a voli 4to., London- 1814— 10, — S. BL Spiker Reise
durch England, Wales und Schottland, Leipzig 818, 2 Bände,
8vo. -—CA. Dupin Voyagee dam la ^and Bretagne ^ Parts
820, 4to., 3 parties in 6 tom. Paris 1820, 2me. edit ib. 825, mit
räem besonderen Attas: bleibt immer ein sehr achtbi^ea Werl^
ungeachtet Tieler Fehler im Einaeluen, die detk Fransosan, der
sich f&r fo bedeutend« Zwecke doch au kurce Zeit in England
aufhielt^ kaum entgehen konnten. Ea unifasst vonugawoise das
Landheer, die Flotte, alle öffentliche Anstalten und Arbeiten«
Compagnien und Priratvereine aller Art. — Ueinr, Meidinger,
Reisen doreh Gressbritannien und Irland, TorzQglich in topogra-
phischer» eommersieller und statiatiscber Hinsicht, 2 Bände Frankf.
a. M. 8vQ. 1828| nebst einer grösseren Karte^ *-^
Ala topographische Handbücher haben ihren Werth! CL Has-
sel» das Britische Reich, Weimar 1820, 8ro., dient siigleich nla
erster Band der swMten Abtheümig des vollständigen Handbuchs
dea grossen Weimarischen Werke über Erdbeschreibung. — - Rad.
V. Jenn j geographiseh-statistiach-topographisches. HandwÖrterbneh
ton Groeabritaanien und Irland, Wien 1828, 8ro.: ebcrfläcblicher
und uBvollstündiger, ala nach dan vorhandenen Materialien gearbei-
294 Das Btitische Be'icli.
tet werden durfte. — 7. Goriom and W. Wtight a «w iopögTS-
phieal dicticnmry ofihe GteaM-BHUdn and IrsUmd^ Londen I83(V
Bro. mit 48 Karten in Quartformat — Cäfp9r töpographieai dieiHh
naiy ofihe united kingdam. London 1832, Sro., bereita die dritte Auf«
läge. — » Macoulto oh dtctitMaty praeücal^ theoreiical andUHon*
eäi of eommsrce and comwureidl navigaiianf London 832, 2ta
fermehrte Atugabe, ^* ^H Dentaeh reä C. F. E. Richter, Stottg.
1834, 2 Bde. 8ro. endiih für da« BiMpdit Reich aofgeaeich-
acte ArtikeL — •
A. Grundmacht des Britiflchen Iloichsv
S.S.
Von dem gegenwärtigen LändeiFbestande desslel-
ben und seinem alimahligen Anwachse«
t
I
Qletch bei dem ersten HinbDck auf den polittaehen Linder-
beatand dea Britischen Reicha dringt aieh dfe Bemerkung auf,
dasa dasaelbe in aeinen Europlllachen Beiitiungett se{( sei-
ner gr5s8eren politischen Wichtigkeit und raschen Erhebung mit
dem Ende des funfaehnten Jahrhunderfs, abgesehen von der ein*
■igen auf dem Wege der Erbschaft gemachten Erwerbung Schott«
lands, sich kaum bemerkbar vergrdaaert; aber dieao wenigen Ver*
grösserungen auch so fest behauptet habe, dass mit Ausnahme ron
Calais und der Insel Minorca auch nicht daa CMngste an die
^ früheren Besitaer in den drei letaten Jahrhunderten auriickgege*
heil worden ist.
Nach -dem grossen und ifteraua bki^[un Ulf geiki lege awl*
achen der rothen und weissen Rose ging England nnter dem
Hause Tudor einem geordneteren 2Sustande entgegen, und der
erste Regent desselben Heinrich VH. (30. Oet 1485 f 21. April
1500) erhielt schon ala einen abgerundeten BeAistand das Kd-
Das Britische Beioh. ^ S95
iftlgitl€h'EBfl%|i4 OSM QMtihn)^ dMK5iiigi«lehIritii*1(tS15QM.>»
4m FüralMihiim Wüm (350 QBl), das Gdnei Ciüaii (10 QM.v
und dt« NaraiADiiucliea Innün (12 QM.), aUo^ ^inea Staat im Oa»
Muaintiiiiifaag^ Ton 4005 QIL Er anreiterte deaaelben nur Sak
FriedeDtaefalnflia mit Schottland 1602 duroh den Beaits der klat-
BCtt Stadt Benrik an Trcnt» deren C^biet kaum \ QBt betrugt.
Dieter Beakialaad wurde gana unverändert von a^em Sohne
und Nachfolger Heinrich VIII. (21. Apr. 1600 f 28. Jan. 154^
g>elaaaen, und dat gleiche VerblÜtnica trat wiederum unter dcMen
Nachfolger Eduard VI. (2S. Jan. 1547 f 6. Juli 155$ ein. Aber
4ie Schweater dea letsteren Renten, die Königin Maria verlor wfth*
read ihter kuraen Regierung (30i November 1653 f 17. November
1668) dio letalen Beaitiangea anf dem Featlande Frankreicha, den
gbuwwttfo Hacft d«v gf««CA Erwerimngen und Erobarangen der Ei^
Iftnder in dieaem Staate: dadurch kam der Beaitactand t)ea Engli-
achen Roichea auf 4085 > QH. Auf dieaer Saab baute ihre Seh weat^
Eliaabetii In fünf und vieraigjäkriger Regierung (17. Noverob. 155$
f^24Mitt IHOB), indem aie England Buerat duroh die Seemacht den
W^ au amnar eigenthftmliehea Herrachaft aeigte, mit vielem
CUfi^e einen krhftig: geaicherten Staat vom eraten Range auf^
der nun nicht mehr, wie voraugeweiso bis dahin die Regenten
daa Ghuaaa Tmim gelluMi hatten» auf die poUtiadien Angelegen«
heiten aeiner nichaten Umgebungen aich boachr&nktCy aonden
an dar Leitung aller wichttgen Staatsangel^enheiten Eoropaa
einen entachiedene» Antheil nahm. Zur anaehnKchaten Ver*
grdaaeruog dea politiachcn Oewichta Englands wurde Jetxt suerat
der Gründern den bedeutenden* anaw&rtigen Besitaungen
gala||;t^ Denn «a wnrden in dieser Zeit von den Engländern
NewrFaitndland, Bellelale und die Magdalenen-Inseln besetat, und
diearafen Versuche gemacht, auf den Küsten der nachmaligen Nord-
aaMrikaniachen Freistaaten au landen und aich ansusiedebis wiewohl
dio^ fsatgewuraelte Colonisirung erst unter Jacob I. und Carl I. ihren
aeehfen Anfang nahmt die Auaser-Europiüschen Besitaungen umfass-
ten aber bei dem Tode Elisabeths bereits einen Flächeninhalt von
1780 QIL achwach bevölkerter und nur durch Fischerei und
Pabbande|.«ia^eiaikaaaen ergiebiger LAadiAreien. —
Mit der Königin Elisabeth stirbt das Haue Tudor aus«, und ea
feigt^bi^ki dem Urenkel ihrer VateraschwesterHargaretha» der Gc*
mahlinN dea "lÜteiga^ Jacob IV. voa Schottland, in König Jacob XU
296 Das Britische Reich.
!
/
■eil seiomr Besldgniig dei E^glisct«» ThraMi (4«i 14 ibM
1003) Jacob I. genaimt (f 27. Wkn 1636)^ dai Hani StoAvt,
welches in milOQtidier Linie bis 1689 regierte« aber eretliOff^
mit dem Tode des Cardinais von York völlig erioseli» i» wmbli«
eher Linie aber bis sum 12, Aagnst 1714 den Engiiseben Tbren
behemchte« Padurch wurde die Vereinigung des K5nigfeielw
Schottland nebst den dam gehörigen Insalgnippea der Hebrideo^
Shetlanda und Oi^knej's, in einem Fi&cheninhalte Ten 1401 QM.
mit dem Britischen Staate an Stande gebracht, und dei^ Beeits«
stand des gesammten Staates in Enropn auf 5S46 Qll. erhöhte
Unter den Ausser -EuropiUschea Besitiangaa wwd« das Lan4
Virginien 1606 und 1609 in Noidamerikai din Bemyidas«lnselgni|i^
(108 QM.)f Acadicn und Neu-Belgien hinngelttgt, und bereita di«
erste feste Niederlassung in W«tindien fof i» Insel Bariwdoea
(10 QM.) begründet.
(
Unter der Regierung seines SobnM Carl L (27, Mirs 1626«
enthauptet den 21^. Januar 1649) bleibt der Besitsstand in Europa
utiT«rilndert Dagegen fällt unter den Ausser • Europftisdien Be-
sitsungen Acadien an FrankreiA inrüek, in den Nerd* Amerika-
nischen Coloniea werden 1625*— 20 geordnete Staatseinrielitmi-
gen nach einer bestimmten Verfaasoi^i^ in Viifpinien, Mas^aehiiaete
und Kentuckj 1625—20 auf finem Territorium Yon 6800 QIL
eingeführt. Dam kommen wenige Jahre später^ i( 1632— 43), in
gleiehmässiger Verwaltungsform eingerichtet» dio Provinsen Connee*
ticut mit Ohio, New- York und Maryland mit einem Gebiete ron 2735
QM. hinso. Nicht minder wichtig werden jetit die Erwerbuni^en der
bereits Ton der Königin Elisabeth am 31. Deeember 1600 gestületea
Ostindischen Handels-Compagnie; et wird ron derselben 1630 das
Ccbiet Yon Chennapa ven 3 QU erworben, auf welcheoDi MMnm
und das Fort St George sich als die «rsten Engtisehen Ni^dern
lassungen erhoben, Insgesammt betragen nunmehr die Ausser*
Europ'Aischen Besitxungen 11,436 QM. Nachdem die monarchi-
sche Gewalt mit der repuhUcanisohen Form vertausoht war, nnd m
den ersten rier Jahren darauf militiirisdm Anarchie gdMrrseht hatli^
erhob sich unter dem Einflösse d^ Pretnotors Oliner Crosiwell
(seit 12« December 1653 f X September 1658) die Kritische See-
macht ausserordentlich« Rhode-Island (62 QM.I wurde beveüs* 1647
und 1052 in Nordmerika besetst, erhielt jedoch erst unter der folg^«^
den Regierung 1663 die Form der ColonitlvarwallHU|^ aber die glto»
IXfrS Bri4l'8<!lie jR'eivb. ' W
a^aihtttt Crw«b«ii|fNi wvfieit Iq WttlbMiM'gfaaacIht, di« «cli
bau 4«rdi d^a 4«mIM tnit den gihntigiteii firMj^ Tenmchten
Aatem dir AtitttiadMii Coloniilpfodiwte alt die Krone der Engli*
•^lea mMirirtfgeil BeiitMiiigen im si^bieliiiteti JcdiThuiiderte gel«
tmmä moeHten. Et wurde« die Inselii Anguilla und Barbuds,
wiawmen • QM. pOM%, 1051 beaetst, nnd darauf im glttckli-
elMa Kample Hiil den Spandsm die groeae Antitle Janaica Ton
200 QM. l6Sy^erebeit> Oromirella beide Sftbiie %ruf«ten die Ton.
ilneni VAer eriangte Daiwebeft nkht au behaiipten, Rtehanl legte
am 22. April l05adieFre«eelorwtMenieder(f d.24. JuL 1712) nnd
Hela«ielimitfeni«e akh fflO ana der Stattiialtersefaaft Iriand(t25.
BiMilTIS), dieer auf GMek behauptet hatte. Englaada auawirtige
Politik hatte in dieaea leMea Jriiren das bereits erlangte Gewieht
Bteht abvetavaü behauplm kennen, nnd nur der allgemeinen 0ha-
roaeht der Staaten Enropaa, die aieh nach dem Tode dea Pretee-
tora kund gab, war ea iusnfehreiben,%daM England nieht krau*
T«ll engegriliea und aar Herausgabe der gemaehten Elroberan*
gea aoaserfaidb Bnrepaa geaötfaigt wurde.
«
Daa Werk der Reataaratioa der Stuarts ging auf gaas
firiedtfohe Weiae vsFa statten, Carl IL bestieg den Tbraa am 2a
Mai 1000, fand dea Linderbeatand seines Staates in Europa
gana aateriadert, wia ihn eeta Vater besessen hatte,- ab^r ia
dfQ attawärtigen Besltmingen war er nanmehr auf 11,773 QML
erweitert. Dasa braehte er w&hrend seiner fQnf und iwanaigilho
rigea Reglennig (f dea 10. Februar 1085) ansehnliche Ver»
grissetangen» die der jetat immer raseher ste^nden, durah die
■asgsatishaetatea Seehelden aagefikhrte Seemacht verdaakt wat-
dea^ Ea wurden ia dieser Zeit von den Engländern aaeh ia
dem drittsa ErdtheÜe, die ersten Niederlasaungen auf der Wesl-
küate von Afrika, in einem Oebietevon wenigen QM. 1001 unter-
aoaaaen,«ki Ostindien erwarb sieh 1004 die Englische Ostindische
Headelt-Comf agttie von den Portugiesen Bembaj (2 QM.), in Aumt-
rika vestsiebea die EagUnder die Schweden aus dem Lande DcIsF-
ware^ die seeriaberischea Buckanier aus Westindien, indem sie
augleieb lOOOdiekleinea Antillen Antigua, St Kitts <St Christoph)
and einige laogler4nseln ia Besfts nehmen ^maammen II QM.).
Ia dem Kriege mit der Republik ifor Niederlande aetsten sich die
EngllUrder 1007 in den HollUndisohcn Niederlassungen der Lande
NeW'-Yerii aadlfew*Yereejr fest, die jedoch damale ein so unbe-
t98 l>»t Bri.tts«lie Belek.
l
4mUetA%t GeUal vm fiA hmpn tilaiptnlwt ^Mt m aMii vUl
iWr 4«a 0#tidittkreit hiMwirviehte; Z|i gleitet Zek tatilaMi
■leh im EagliBd«r im Bftf4BdM|l0ii AnorÜHi OuMfi (He SliftiMig
4er Httd«#oibiiteii«GM«llMhtft IWl m«« w^dM* die ittr FMeh«^
rn und Pebhandel wtehtigen HKdMMbittenlftnder jni bchauptea
beabiiehtigte. Einen, für die i^ftCere 2eit enC bedet^dere«
Enrefb «achten die Englilnder 1673 in der Beseteung der Be^
iHuMklDMln von 287 QM. und in der den Heüändeiti 1073 aU^
geneiUMnen InielSt Belena nidit an eelir entfernt der Weitkfiate
▼on Afrika (OiQM.)» die fait in derlfitte det Fahr! naek Ottindien
gelegen, noek tot dem Erwerke der Bedliinngen am Vergekirgeder
gntaa Heffaung, für die EngÜMk-Oitkidiaeke Handd^otte eine
nnadiitdbare £rfriaeknagt*Statioa vttden nraaete« In den lets-
ttm Jahfeii aeiner Regierang liest Carl II. mit einer beaondeven
Saigfalt Elxpeditionen naek den Nordamerikaniaehen Colonien
naqjeken» die beiden Careüna'e werden mit Eineekkuui von Oeor*
gien nnd inm Lande Tenesaee UI74 in. einer beeonderen Celo-
nle mit ek^m T^rritenun Ton 8281 QjfIL eingeviektet» daranf
IG70 Neir-Yersej <392 QAL), dann 1679 Newhampskire mit Ver-
«nent (Q2&QILK IWl Pennsjlvanien nnd Delaware 1082 als swei
ketondeve Cobaiien (anuammen 2266 ^iMind endlieh New-York
<2I66 Q1L)l Noek in dem Todea{akre Cath IL <I685) letaten
aiek die Englknder auf d«r Insel Sumatra fast und gewannen
kier Beneoolea ala Uno Hauptniederlassung mit einem Gebiete
Ton 00 i&L Dieso neuen Erwerbungen gewUirten in den Co-
lanien eine Vergröeserung Ton 14,375 QBL, also einen Lünder-
kestand sftmmtUeker MMWkrtijjer Besitsungen Ton 26^149 QM,,
wftkrend die EuropkiiMken Staaten einen uuTeitaderten Besifi-
Btand Ton 5546 QML kekaupteten. Unter der Regierung seines
Bruders Jaeob IL (I6L F^br. 1685, des Tkronea entsetst den 13.
Febr. 1680, f den 16. Sept 1701) fallen keine Veränderun-
gen bei dem idtaderbestande Tor^^da unter den ausw&rtigen po«
litiaeken Bftndeln sieh nur die Streiti^iten awiaeken den
Franidsiseken und Englisehen PeUhkndierti an der Hndsonsbai
bemerkbar machten. ^
Durch die darauf folgende politische Umwllsnng, welche
theils die fiberaus grosse Begünstigung der Catholiken durch
König Jacob II., theils starke Verletzungen fest begründeter und
lang bewährter Volks • Rechte henrorbraehten, bestleg die weib-
^ \
MB BrlHtehe'Beiek IM
HdM UäH *9B HwwM fliMtt Mit Mari«/ 4m t^Atm im'
Ktalg» laeo^ U., 4em Tkroa <t8. FeW. IM% f Cl Jumtr li0i|
ZttgkrMi. Mie ^knel^M mmim mmIi ilir CmmiIiI, 4«r EHirtitthilr
m im Nit4triMiii»*) W4lh«lm HL tm OnwiMi, ali Ktelf
4m ymfAmiglbm UMke — ttkwMit (13.^ Pdbr. IM» f I& Mtes
IWZU AMk w«iMii4 4«r VwrftltMg 4kmm KMmg$ mkht^ m-
geMktet 4er li«fti|tett KlnH^ ftiit Ffwimidi, 4m «Mi 4m Be-
MMmi^ «4« iFcrlrftlMMii KMgi iMolb mid MiB«r mOmtämkmm
JfmMLmnmMmuhtSt MmaliMy der Bototluid 4m fitiiiw Ifiawi
Verlost^ aber mmk Mm ti^imtikli« Vw^^rNMrmig. Bim mwmm
OatiadiMll« OeMiMiair wahk IM» «rrMM, dn Jed^k Mimt
Mdi 10 lalmtt w«g«i iinvr wrtxleaKadwi Fettwhrkf ndi
■rft der widilige» Mütm Twdrtgta UfOSK Dieee erhielt laiiii ^<oa
de» MelimiMfififiteM Ken Rejik IfOl 4m Wort S^ DmM nk
efaeiR GeUet ven eekr kMMm Unfang« (I <tBL> wd lOM vM
dem Skah Aarengiek die B4tialniiM aar Aalegng einer Fakte*
Tel aad Festaag aa OakaMa <l <IH.>» Toa weUkea^ Puahte aae
in der. ZiAanft die Haaptleilang der «neraMeeltelMn EagHeeli*
Oelliidfoehen BeiitM^^en erfelge» eolUa. Auf K»nig WiÜMÜn IIL
felgte die Stliweeter eeiaer GaaMMn, dieKtoigiil Anna in der
aUeidigen Volliielinaf ^er k»aiglielMn^ Gearalt (10. Mira imi
t 13. Ai^c«^ 1714), da ilr OeaMkl flearg Mm iron DiManil^
der ]fhi)pte €Min dee KMga Friedrkdi IH« ran DtM—*y ade-
wobl er noeh eeeKt laln% wlihrend ikrer Regierang leka (f den
a. Norenber ITOS), nieht aar kttaigltehen Würde gelangte und
■iek mit dem Amie eines Lord ■» Grate « Admiailg dee Boglieehen
Reiek» begnfigen nraiete. Da imn de» dreiaekn Kindem»
weleke in dieter Ehe emeagt urarden» nar ein« das erele Jakr
fikerlekte, kker dann doch bereiti am la Aug. 1700 rereterK
eo war dee Königs Wilhelm Hl. angelefBatliehsta FOiaoiga
dafaaf gerlehtet getreten, die Uehermaelil det Ktaigt Lad«rig XlV«»
als einet allgemeinen Ftlndee der Erhaleang des polititehen
Gleicbgewidita und einet betonders G^ert der Engtiaeken
*) iNe Niederlande kommen Aber Ipier nicht In Befrachl, da eine
durchaut gesonderte Yerwaltang swiscben deti Englischen Staate
and der Republik Hollanä für alle aatwortigen' wie Inneren Ange«
legenhelten arhtlten wurden
(
\
Iftas Britischt Betcfa»
itMbC w«gen &vt Unlerttdtniiig^ d«r irwrfaiatoicn Stwurts, in «cWwll-
db«n und eiiMr - protetteatitelMit DjroMtie di« ticliere AnMicIit
$mi den BntitclMii Thron sa eriiffMii. JenM war ihio geliuigea
durch dM Aufrepfong d«r dubel btthwügten Miehto nmm Spaniichca
Erbfolgekriege, dioM« wurde erfiUkduvoh dieABorkoBBOOg des £rh*
folgtrocht« de« K«rfiraten Oooi^ Ludwig tob HaBBover *), des
GroMooboee der KurfUrttiB Elkaboth von dw Pfals, der Toch-
ter Joeobol. TOB Eoglond yonfeilondoeEBglUeheB PorlomoBti durch
die ad of Setilement om IX Jobi 1701. ÜBler der KöBigiB Anan
kam die engerb VoroiBigang ib dor Vorwoltung de« Königreiche
SchottloBd mit England durch den Vertrag vom 16. Mira 1707
SB Stande, na^ weichem beide ataataredulich etets vereinigt' als
CSrossbrieannien ( Great^Briimin) nur behandelt werden. Durch
die gl^kliche Beendigimg des Sf anischen Erbfolgekrieges von
ßeiten Englands im FriedcB an Utrecht (am II. April 1713) er-
hielt dieser Staat ia Evropa den Erwerb der Festung Gibraltar
vnd der Balearischen Insel Minoren <I5|. QM.), und in Amerika
die UBgehenere, aber wenig nutxbare Fliehe AcadicQ in seinen
alten Ghtaaen, die HudsonsbusenliBder nsd die Franaösischen
Anspriiehe auf die kleine AnttUe St Kitts, eine Vergrös^erung
der auswärtigen Besitsnngen von nicht weniger als 25,600 QH.,
so dassbebu Abgange der weiblichen Djrnastie Stuart vom Englischen
Throne der Besitastand des Stnates in Europa 556 1| QM. uad
iB dcB fibrigen ErdtheilcB 51,650 QM. betn^.
«
Die DvBaatie Haonever **) aaf dem Britisdien Throae nahm
"*) Für die Besitzungen der jüngeren Linie des Hauses Braun-
schweig, Brannschweig^Lübebnrg, war schon am 19. Bec 1692 die
KurfSrstliche Wurde von Hannover durch den Vater Georg Lud*
wigSy den Kurfürsten Emsl August erlsagt.
^*) Das Knrfiirslenlhum Hannover in dem damaligen Umfange
von 386 QM. und das in jener Zeit von demselben erworbene Herzog-
thum Bremen von 126 QM. verblieben gleichfalls^ wie früher unter,
Wilhelm lU. die Niederlande, in durchaus gesonderter yerwahnug
von dem Britischen Reiche, und standen nur dadurch im Vereine,
■' €lass beide Staaten einen gemeinschaftlichen OI>erlierrn belassen.
Daher werden die Erwerbungen Hannovers hier nicht berührt und
bleiben der besonderen Statistilc dieses Kdwgreichs in der zwei-
ten AbtbeiluBg des aweittta Bandes vorbehalten«
Das Britisclie Reich. Ml
iKrea Attfaag Mit Georg L (dm» oWa gManiUMi KiirfllnitMi CUoig
I^fiMlwigK 4o«h gewibrte mn» dreiselMijftbrife R^giemag 01. Oe»
«•iMrr 1714 t 22. Juu I72f) bei dem damalig«! stark enohftp6
tmt 2wtande dar Hauptmielite Eorapae diirehaiia friedtiehe Ver-
klkltiiiaae, oad braehtenielu diegeriagtte VMrgrdMerang deaStaatigjB*
bieCB. Unter «einem SohM Gelerg IL (22. Jim. 1727 f 2IL Oetol^r
170O)y gewianea die Oetindieehen Beeilmuigeil raeeh eiaea an*
■ehsUdMtrea Umiaag, ven dein Nabob rea Areot Mahammed Alj
warde dae Laad Jaglüre 17S0 mit eiaem GeUeCie Ton 130 QIL
gewonnen, in dem eiebenjfthrigea Land- nad Seekriege mit Frank»
reich das Fort Vietoria (6 QU) J766 für den Venraitungsbesiik
Bombay and ron dem Nabob ron Bengalen 1757 die aiebsteii
Ungebangea tob Caleatta ia «iaem Fl&ebeaiahab« tob 40 QM,
In Amerika wnrde aa der Hoadatas-Bai 1731 die Colooie Balme
(10 QH.) angelegt, and daa Land Georgien 1755 au einer beson-
deren Coloaial-ProTini «mgestaltet 0er Krieg mit den Fraaso?
aen gab anf diesem Erdtbei&e nicht minder hotrilrhtKebe V^r*
tbeile, and daa ganae den Inguschen Colonial-PtoTineen be-
aaehbarte Nordorestgebtet Toa. Nordamerika mit Eansohlass der
Lende Miebigan, Indiana, Illinois, gegen 0000 QMeilen groes»
' ilsl 1750 in die Hiado'der fingünder. Der Besitsstaad ia Europa
blieb aaretadert auf 5561 1 QM< Msgedehnt, ia den iuswArtür
gen Benitsongen aber war derselbe am Ende der R^erung Gtofgs IL
auf 57,8a0 QU gewaebeen. «->
» ■ '
Die lange Re^eruag seines Enkels Georg 111. (25. October
1760 f 20. Januar 1820), in weleher v&dureBd seiner Gemüths-
krankheit seit* 1768 apßinglich bei dem Wechseln dieses Zustan*
deM nut lichten Augenblicken das Staatsministerium, di^nn seit dem
3. Febraar-181 1 sein ältester Sohn aU Prinx Regent die,Stäatsyerwal»
tang golnbrt hatte, begann in den ersten Jahrea mit mannichfachem
Glücke. Durch gl&naende V4;>rtheile der Englischen Waffenmacht
Qbcr* die Fransosen in Ostindien worden auph.die einheimischen
Fürsten genötbigt, sich nach und nach der Botmässigkeit der
Englischen Compagnie an unterwerfen. Den Nabol» von Bengsr
len traf saerst das Schicksal, 1761 die Besirke Midnapor, Burd*
waa und Dsebittagmsg (720 QM.) den Engiflndem au räumen.
In dem Frieden an Paria (la Februar 1763), der die bedeuten-
den Resultate des hartnäckigen siebenjährigen Kampfee dem Sie-
ger SU Tlieil werden liess^ gewaaa Eoglaad roa Frankreich die
SOI Das Brlt4tefaa Reith.
len DomMm tt9| <Mf.), St Vincest (7 QMLk ChreiMiia ttilt toi
6rena4Ulen i9\ 4)M. svimaiiMi^ wü TaUgo «4 ^), iinrw
dito Anerkeniittiig ihrer alleüiigeft 'B«0itsttiigeii an der Anidiira»*
IM; fai Alrik« 4\% KtederfaMung«!! bm 8«Begal. Spttaieii iMitile
•vnerdem M<i^ ^orida't deo BngMkiMlem «berlaMentea itiaolrta
daher «toen Getanmtgewfmi Yen 13,742 QBL"' Noeh in damielbMi ,
Jalire 1763 wurde in Nerdamerika dat Laad swiaeheii ABatamaha
tmd demSt^if^t* tait'derPffWiniQe4irg«Q(i rerehrfg« (2074 QM.)^
mid aueh io Earopa wurde tfttr die inaera Verwaltung dnreh den
rollitftadfgeii Ahkauf der LMidedi^Wit fiher die Ineel Man voa
der FamiUe der. Hercife ^ra« Mid {»\ QM.) «iaa naae Erw^»
terung erwetbev; deren Fliehea^Bbalt^ihereehoD ftther4»idem ehen
angegebenen ran dem Kdnigreiehe England MÜ fnWgriffen war.
in Oitindien iehritlen nnterdeeaan die Eroberangea der
Bttglinder aataerardentlkii imseb ymt. Der Nabob ran Bengalen
wurde 17#§ e«iner HamehafI ginalicli «ntiataty wadnMi der
Rest ren B#ttgalen, Bahar und die rier nMHiciMn (Mcai^a (an*
aftmmen 8 IM QH.) auf einmal fßr die EngÜieh-Oitindiaehe Com-
pagnie gewonnen wtfrden, und der Weg in dat innere fadten of-
fen atand. Diee fthtte aum Kampfe tnit Ataph ud Do#lah, wel«
aber hm. Frieden i7<rs- geawuageu» einen beUrtabtHeben Tbell
der Landaebaft ARahabad (660 QM.) mit dar graeaen bcfi%en
Stadt Benarea dem Sieger iberlasten maaete. In dem Kampfe mit
den Mabaratten wurde 1770 die Ineel SalaeCte (10 QH.) erobert
und mit dtom Veraidtangabeiirike Bumbi/ rereinigt
Dagegen flilkn in dieaer Zeit die Haupt^Colonien In Nord-
amerika ab und erklären aiidi 1770 für einen unabhingigen Bun-
det<»Stftat mit republikaniaeher VerfiMaung« Wenn nun aneb diu
Bngliachen Troppen 1770 grosee Landitreeken im Oatan dea
Mitaitippi^S^romea und daa aosgedahnta Gebiet der Natelms-ln-
dianer beietsten (suiammen 21(X> QBL^ und darauf 1760 noeh
riel grdaaere Streeken weatiielk ren den im Aufatande aieb befin-
denden ProVinsen und den beiden Canadaa biii naeb der Weat-
kftife Amerikas su» auf einem Territevium l»einaba rbn 47^,000 ^L,
ohne jedoeb hier die Anlagen neuer Ctflonien au renmebeUy so
reichte diea doeh nieht im mindeiten atfm'EnAitBfBr den sehr emp-
UndlieBen Veilost der fOr Ackerlmu und Handel bereits bedeutsam
entwickelten Coioiiialproirinseil dieeea ErdAella. Dieter Verlittt
wurde aber nach aebtfftbdgemaehrbKitl^emKMnpfe (1776—03) un-
Das Brititcb« Beleb« 3M
wMerMpi^ck, alt rrwOmWi, S^mAeu mi^thlhnd flok 4m
nwMi FNMiMitft uiMlMieiu Im FrMen ro« V«n«ilie8 (3» Septambtr
' 17^ eriumice auek daajtf «Iterlaiid 4jlß UBabklugigkeit deMtlbe»
an, 004 aa wonUo ab GriUiaao sariadiao 4aa fernarn Britiaclieo
BasiUangeo tto4 dao Nordamerikaoiseken Freiataateo g^^ deo
Waateo dar Miatiai(vi, iaa NordaO^ die gtaaaan fiaan bia 40^
ndrdlichar BraUo im hftabatao ttatlialMn Pookto dwsalban, im Sfidaa
andUah dar MarjrarFioia fea^aateUt. .Diaa^gab aioao Varioit vao
33,700 QMailao. Uakaidiaa mnt^/tm dia Englftndar in Folg» diaaaa
Friadcnavartiogai aoaaar dar ilomoog oUai' gagao dia HoU&odar
ood Spaoier wÜuMnd daa Kriag» gamaaktar Erobarongen, an Frank-
raiah noob dia kleine AncUle Tobago ond die Afnkamachao
Niedarlaaaongan aai Sanagilflnaae» on Spanien dia fir den Ein-
floia dar Ea^^lmi SaaBMaht im MittoUAodiaehan Maare aebr
viobtige faaet Minor«» und die beiden Florido'a (2605 QM.^
d« L nidua einen bedeotonden Tbeii der Iriberen Erobenmgen
wieder nrf&ckliefiim. Ala oUeioiger Vortbeii ons dieiem letitea
Kampfe vavbüdl» den Bogltedeni nur aaf Ketten der Holländer
der Beaiti von Negapotam md der KAate Coromandal (4 QM.I
ond daa Raciit dar £reien Seblffohrt in den 8ad-Indiaahan Mee*
ren, die bia dahin dioHoUiMrfer aoaaebliessUeh beheiztet hatten.
Ea blieb non naah dieaem Frieden der Liüiderbeatand dea Brid-
aahen.Staatea in Eoropo 5»540 | QM. ond in den Aoa«er-Eoro-
piUaehan Beeifeningan 05,876 QM^ wovon die Oatindiaebe Com«
pi^ie allein ein Teffitorinm von 0,620 QM. iab ihr Eigeotho«
unter dem Sehotse der goaanunten Briliachon Bfaeht knaehea
durfte. Die Seenaebt Englanda war Jebit entaehieden die -ente
in finropot HoUoAd hatte in dem letaten Kriege gam beionderm
ompiindiieh Englanda Uebcrgewidit £Br aeine Flotte und aeineii
AiUtiiebeaHovdel kcMi4ngaleni^ und onab die Terainton Streit-
krififee der Spania oben und Fransdaiscban FMte hatten nur aal*
tan. ayBaga«aiahl>. einen ontMhSadenen Wiadtfitand dem nachdraek-
liabep Angriffe dar EngUnder en^^tfon au ateUe*. Daher fand
die Aaubreititng dv Britiai^heo Maeht in den Übrigen Erdthailea
niqfjanda ao heoimende Hitideniiaa«;, daaa diese niaht leidkt, wenn
^ ea fiir daa Handelainlerroaae aiah Tortheilhoft aeigfea, tbarwondon
werden konnten; wir aehen nntw dieaan Umatindon dieaolbe
in den letrten Jahren daa vorigen Jahrhundarta und indeneraten
fnnfate daa gq^enwirl^en über' die ktthuatan Erwartungen aich
erhoben. Die Bea(t«inBen in Aftika wuiden 1787 durah diK
a04 Das BritiBche Reich.
!
i
OrQndung der Sierra -Leona-CoIonU auf der Kutte von Oaiaeb
(80 QM.) ffir liefreite Neger-Sckven vArgr^^gtert, indem die htr
■ach karten NegerfQriten Theile ihres Gebiets g^gen Waaren«
tausch den Engländem tiberliessen. *- In Australien be||;rfindeta
die- Englische Regierung 1788 die V^erbrecher-Colonie auf Neu-
Siblwales, def OstkÜste von Neuholland» die auf einer Strecke
Ton 1615 QH. fir England in Besits genommen wurde. — Iq
Asien erw&rb die Englisch • Ostindische - Compagnie 1^86 Vom
Könige von Queda die Prinz - Wales - Insel (früher Pulo*Pinang
genannt), westlich von der Halbinsel Malacca in Hinter - Indien
(r^QM. gross), besetzte darauf 1787den Cirkar 6antoor(160QH.|
auf Kosten des Nizam, und zwang 1791 den Rajah von Cochin,
ihr ein^n Theil seines Küstengebiets (35 QM.) su überlassen,
aowie sie auch in' demselben Jahre unter den Ostindischen In*
sein die Andamanische Gruppe besetzte, die sie aber bereits nach
2 Jahren nieder räumen musste. Inzwischen war der heftige
Kampf mit dem Sultan Tippoo Saheb ausgebrochen und dieser
endlich durch die Ueberlegenheit der Englischen Waffen zu dem
$ehr nachthiBÜigen FHeden am 18. Mitrz 1792 genöthigt, welcher
ihm die gr&ssere Hälfte seiner Staaten kostete, nemlich das
Land Barrama&al, -CaKkut und die daran stossenden Gebiete auf
der Kttste Malabar, Salem uud Dindigul, zusammen 1400- QM.
gross. Darauf unterwarf sich der Rajah von Travancore der
Britischen* Sehutzhoheit 1795, und sein Gebiet (366 QM.) wurd4
mittelbares Eigenthum der Ostindischen Compagnie. In dem
zweiten Kampfe mit Tippoo Saheb wurde seine Herrschaft völlig
vernichtet Nach seiner Niederlage unter den Mauern des zer*
störten Seringapatnam am 4. Mai 1799, in welcher Tippoo Saheb
•selbst bleibt, werden von den Engländern bei der Theilung dea
Reichs Mjsore am 13. Juli 1799 die Landschaften Seringapat*
nam, Bullam, Canara und Coimbatoore besetzt, so wie der Sul-
tan von Mjsore Kisna-Oudi-Aver überhaupt seine Selbstständig-
keit verlor und unter die Vormundschaft der Ostindischen Com-
pagnie gesetzt wurde. Gleichzeitig unterwarf sich der Rajäh
ton Tanjore unter Englische Botmässigkeit, nm sein Land in
üriedltcher Ruhe als Britischer Unterthan geniessen au können«
Dies machte einen Gesammtgewinn von 1350 QM.
Uttterdeisen waren in Amerika die Streitigkeiten zwischen
England und Spanien 1790 f^eichUchtott indem man die ganze
Das Briti-sche Reich* 305
Mordwettklifte ron AmerSm nk^ Califtnmien bis PriAi*WiUia«i-
Sond anf einem Temtoriimi Ton 23,500 QM. den Engländern
überlieis, wo sich Jetit die Landichaften Neu-Aiblon, Neu-Geor-
gien, Nen^HnnnoTer^ Nen-Cornwales nnd Neu*Norfolk gebildet
haben. In Europa hatte dagegen die innigere Verelni|^g dee
Kdnigreiehe Irland mit GroMbritannien, dorcb den Vertrag am
2. Juli 1800 nnd die Aufnahme des Iriiehen Parlaments in das
Britiiehe, die innere. Verwaltung dei ^taätes vereinfacht nnd au-
genblicklidi bei der genaueren Vericbmehnuig dei Staatsinter*
esses die Hnlfsmittel dieser Macht überhaupt erhöht Aber auch
der Besitzstand in diesem Erdtheile hatte Termitteist des Kam-
pfes mit der Fransdsischen Republik die lur Behauptung des
Britischen Uebergewichts anf dem Mittelländischen Meere höchst
Tortheiihafte Eroberung der Inseln Malta , Gosio und Comino
(susammen 10| QH. gross) am 5. September 1800 gemacht, die
swar nach dem allgemeinen Continentalfrieden au Amiens am
25. Mftrs 1802 wieder ausgeliefert werden sollten , aber bei dem
Kaldigen Wiederausbruch des Krieges laarQckbehalten, seitdem
Britisches j^igenthum geblieben sind« Durch denselben Friedens*
vertrag sn Amiens erlangten die Engländer die Spanische Antilie
St Trinidad <78*. QM.) nnd den für die Qstindischen Besitsun*
gen so wichtigen Holländischen Antheil an der Insel Cejrlon
(286 QM.), welchen die Englische Regierung bereits seit 1706
toohert hatte«.
In Ostindien irergrösserte imwlsehen die Englische Compag-
nie aiy&hrlich ihre ^esitsungen. Der Niaam von dem Reiche
Dekan trat am 12. October 1800 au Hjrderabad in einen Bun*
desvertrag mit der Compagnie^ nach welchem er die früher von
Tippoo-Saheb eroberten Districte Bailaghaut Bellarj und Cudda-
pah (susammen 1145 QM.) an die Engländer auslieferte und au-
gleich sich auf Bedingungen über die Theilung der künftigen
Eroberungen einliess. Der Nabob von Arcot Mah^^med AI/
wurde 1800 entsetzt, worauf suerst die Ostindische Compagnie
nur die obere Verwaltung seiner au^^ehnten liänder in An*
Spruch nehm, dann aber den 31. Juli 1801 auch dessen Nachfol-
ger den Asem-ul-Daüla als Nabob von Arcot entthronte, ihm ein
Jahrgeld anwies und ihren Beiitsungen darauf das ganse Land
Kamatik an dem Bengalischen Meerbusen, soirie die Gebiete Nellore,
Madura, Arcot (2840 QM. gross) einverteibte. Auf ähnlichn
dokubertS StiitUtilclI. 20
.1
306 Da)i Britische Releh.
• ....
Weise wurde mit dem Nabofe von Avdeh« (Onde) Terfahren; in
dem Vwtrago au luknow am 10. November J«Oi überiiess er
iler Compagnie die Distriete Ailahabad, Unter-Duab, Gorukpoor»
Rohilkund und Bareiljr (zusammen 2634 QM.) und begab sieh ancK
för den übrigen ihm noch gebliebenen dritten* Theil seines vorniali-
gen Staates unter den Britischen Schutz: dies befolgtäa auch die klei-
nen benachbarten Rajahs, indem sie einjÄhrliches Schutzgeld fttJr sich
xahlten. Darauf kam es zum hartnäckigen Kriege mit dem Peish-
wah und den Maharatten, jener trat bereits im Vertrage zu Bas-
sein am 31. Decetober 1802 einen Theil des JLandcs ^ndelkund
ab, diese efHtten im Laufe des Jahres 1803 mehrere Niederlagen
und durck den Friedensvertrag zu Serje-Anjengaum (30. Decem-
ber 1803) verlor auch der Grossmogul seine Herrschaft gegen
ein Jahrgeld, und das ganze Land Delhi, Merut, Alighur, Hur-
riana, Agra, Ober-Duab und Sahariinpoor )rurden sofort den Be-
sitzungen der Ostindischen Compagnie einverieibt. Zugleich trat
der Rajah von Berar die Distriöte Kuttak und Balasore ab, wo-
rauf abermals mehrere benachbarte kleinere Rajah's sich gleich-
falls der Englischen Oberhoheit unterwarfen: wiederum insge-
sammt ein Gewinn von 3450 QM. Der Kampf mit den Maha-
ratten wurde indess bald wieder erneuert, einer der Fürsten die^
ser kriegerischen St&mme, der Guieowar folgte im April 1805
dem Beispiele des Rajah von Berar für alle seine Ländereien
in Guzurate, sowie der Rajah von Bhurtpur für sein Gebiet an der
Gränze von Agra, zusammen ein Erwerb von 1080 QM. Der Peishwah
schloss im Novembpr 1805 den «weiten Frieden gegen Abtretung
des übrigen Theils der Landschaft Guzurate, womit zugleich die
Unterwerfung der kleinen Rajah's von Burdah, Arrautam und
Chenetee verknüpft war (zusammen 060 QM.).
' Unbedeutend sind dagegen die übrigen Erwerbungen der
Englischen Regierung während des ununterbrochenen Krieges
mit Napoleon und dessen Bundesgenossen, in Europa wurde die
kleine Insel Helgoland {\ QM.) 1807 besetzt % in Australien eine
neue Verbrecher-Colonie auf der Van-Diemens-Insel, südlieh von
^ Von dem vorübergehenden (1803*1813) Veriuste Hannovers
iMie in 4er besonderen Staatakuade dieses Reichs*
1 1
\
Das Britische Beich, 307
der sfidlichen Kilste von NeuhoUand (1255 QIL 'gross) am
18. Februar 1804 gegründet In Nordamerika wurde das unge«
heuere Gebiet Labrador für England (mit einem Fläeheninhalte
Ton 24,5<k) QM.) in Besitz genommen 1809 und mit dein Gou-
vernement New-Foundland vereinigt Durcb die beiden Pariser
FriedensseUttsse und den daiwischen abgehaltenen Wiener-Con-
gress (1814 — 15) wurden eben sowohl die politischen Verhältnisse
auf dem Continente Europas, als auch in den^ auswärtigen Be-
aitavngen der übrigen Erdtheile geordnet« Es verbleiben dem
Britischen Reiche die eroberten Inseln ia Europa, Malta, Gosso,
Comino und Helgoland: ausserdem aber erhielt dasselbe die
Sohutihoheit üb^r die Republik der aiebei^ Jonischen Inseln*),
wodureh dieselbe (47 QM. gross) fUr die Dauer in |lie Reihe der
halbsouverainen Staaten übergeht In Westindien werden ihm
die kleinen Antillen St Lucia (10^ QM.) und Tabago (6| QH^^
in Südamerika die ehemaligen Holländischen Besitsungen Demo-
rara, Berbice und Essequebo^ lusammen 415 QM. gross, die von
den Engländem seit J 804 besetzt waren, förmlich abgetreten..
In Afrika gewannen die Engländer gleichfalls auf Kosten der
Holländer das für den Handel so vortheilhaft gelegene Capland
(6035 QM. gross), jwit 1806 Von jenen besetst, und auf kräftige
Weise einem stärkeren Ackerbau und einer ausgedehnteren Viehsucht
entg^engeführt Im Indischen Oceanf erlangten sie von den
Fransosen die Mauritius-Insel, Isl^ de France, (55 QIL gross), Öst-
lich von Afrika, von den Portugiesen die Sechellen oder Mähe-
Inseln und die Insel Rodrigues unter' den Mascarenischen Inseln,
lA Ostindieii von den Holläadem Cochin auf der Küste Malabar
und Talieate auf der Küste Coromandel, als die lotsten Niederlän-
dischen Besitsungen auf der Hslbinsel, gegen die Heransgabe von
Batavia ^ Sumatra, susammen 140 QM.
Der g^Leichseitige Friedensschlust m Grent (24. December
1814), welcher den Krieg swischen dem Britischen Reiche und
den Nordamerikanischen Freistaaten endigte, kostete jenem die
wenig nntsbare Küfte Nord-Amerikas um den Columbia-Fluss
von 42^ bis 49^ 34' nördlicher Breite, den grössten Theil von
X
*) Ton dieser Republik wird gleichfalls unten besonders gchan^
delt werden, in der dritten Ahtheilung des ersten Bandes.
00*
308 Das Britische Reich.
Neit-JUbion (gegen 15,t)00 QM. Flächeninhalt). Et war demnach nach
der endlichen Wiederhers^Hung des Continentalfriedens in Europa
und der daraus folgenden festeren neuen Begründung dei^^oii tischen
Verhilltnisse unter den wichtigsten Staaten, der Länderbestand
des Britischen Reichs In Europa 5556J- QM., in den übrigeu
Erdtheilen 154,1-3 QM., vovon allein unter d^ Leitung der
£ngtisch-t)stindischen Compagnie 24,784 QM. standen.
Seit dieser Zeit haben die Briten nur in Südasien Erwer«
bungen gemacht Durdi di« Eroberung des Königreichs Candy
1815 (080 QM.) wurde die ganse Insel Ceylon Britische« -Eigen-
thum, in dem Frieden' mit dem Rajah von Nepaul, der in dem-
selben Jahre <2. December 1815) abgeschlossen wurde, gewann
die Osttndische Compagnie alles Land iwiscl^en dem Sutuieje
und dem Dsohumna, Gurwal, Kamaun und Surmur (1020 QM.),
worauf auch das Land Anjar und Mandarie besetit(464 QM.) und
die kleinen Rajah's im Lande Kutsch sinspflichtig wurden. Der
Rajah Ton Nagpoor erkaufte sidi 1817 den Frieden von der Compag-
nie dufch die Abtretung der Eblfte seiner Beaitsungen, indem er
für die ahdere Hälfte aieli gleiehfs^ mit der Verpflichtung an
einem Jafargeld dem Britischen Schutie unterwarf (die Provins Orissa
▼on 641 QM. wurde gänslich Britisch, und das Land Gundwana
5558 QM. sur kleinem Hälfte, so dass der Rajah für sich 3800.QH»
behielt). Der Kampf mit demPeishwah wurde bis lur Vemiebtnng
desselben fortgesetst und in diesen der Holkar und Scindiah hin*
eingesogen. Jener mussto schon' 1817 am 13. Juni die Distriete
Saugur, Huttah und Darwar abtreten, konnte aber auch dadurch
•ein Reich nicht vor der gänilichen Aufli^sung retten, das im
Mars 1818 «wischen den Engländern und dem Nisam getheilt
wurde. Mit einem Theile dieser Lande wurde der Rajah vpn 3«*
tarah als linspilichtiger Fürst (512 QM.) beldint .Auch die bei-
den übrigen mächtigen Maharatten*Füraten, der Holkar und der
Scindiah, retteten sich nur durch die Ue beriassung der Hälfte
ihrer Besitsungen und die Uebemahme eines jährlichen Tribut*
für die andere; Ein gleiches Schicksal traf den Rajah von Ne-
"fnn\ und die Radsbuten-Fürsten , so dass die Ostindische Com-
pagnie einen 6esamm(gewinn an Flächeiunhalt von 10,665 QM.
in diesem Jahre machte.
Unter der sehnjährigen Regierung des Königs Georg IV,
(20. Januar 1820 f 20. Juni 1830) wurden hei dem durchaus un-
^ \
Das B r i t i s c h e B e r c h. 309
▼eränJerten BesitssCande der BritUchen Macht In Europa diese
Erwerbungeo in Sl&dasien^ fortgesetzt und namentlich nach Hinter-
Indien hfnObergetrageo. Der Rajah von Sawunta-Warre trat im
December 1820 die Länder in Süd-Ronk^n ab, derNi^m wurde
durch den Vertrag vom 12. December 1822 lu abermaligen Ab-
% tretangen in den Bezirken von Bedjapoor und Admednuggur ge*
ndthigty der Rajah von Johore musste 1824 fiingapore {ii QH.)
fiborlatsen« j-*-
Die Kriege in Hinter-Indien nnd namentlidi mit den Bir-
maaeii (1823—26) geben neue Erwerbungen, w&hrend die Hollftn*
der dnreh den Vertrag vom K Man 1825 alle ihre Bftitxufigen
aof der Hidbinsel Malacea (48 QM.) gegen die Britischen auf
der Intel Sumatra austauschten. Die vielfachen Si^ge des Eng-
liiehen Generals Campbell im December (am I., 2. und 5.) 1825
und am 20. Januar 1826 erzwangen den sehr vortheilhaften Frie-
den an Yandabao am %L Febnuur 1826, in welchem der König
Ten Ava die Gebiete, Arracan, Martaban» Tavei, Ye nnd Ta-
Basaetim den E^l&ndem^ äberiassen mnsste (sniammea 1510 QM.)
nnd aiifiierdem nodb die Schutdioheit über das gesaaunte Assam
•ml das Land ^et Gairows deiwelben einräumte (ein GebieC von
2800 QM.li. Die Rajahs von Bahar und Berar traten aum gitos«-
liehen Besttse der Ostinditehen Compagnte 1826 kleinere Di-
•triete am Nerbttdd% SmnfnMpoer nnd Patna ab. In Neuheliand
wnrdeanfdev Wetdditte am Sehwaaenfluate 1828 eine neaeColo-
nie angelegt "
Uiiter der RegiMung des gegenwirtigen Königs Wilhelm IV.
(seit dent 26. Juni 1830) sind bis jetxt (Juni 1835) keine bemer-
kenswerthe Veiibnderangen in den Europäis^en nnd answärClgen
Besitsnngen des Britisehen Reiches vergefallen, so dass der ,
LSnderbestand desselben in Europa 5556| QM. und in den
Qbrigen Erdtheilen susaromen If6,790 QM. betrügt. Davon
gehören 52,431 QM; als nnmtttelbarcte Eigenthunt oder Schuta-
land der Englischen Ostindisehen Compagnie an, nämlich
unmittdbar 27,781 QM., als SbhutzIaQd 24,650 QM.
Politische Eintheilung.
Se wi^ das Britische Reich für dai gesammte politische Le-
ben den Typus seiner alterthümUchen Entwickelung beibehält,^
I
310 Das Britische Reich.
und Dinr durch die ditagendtte Nolh bestimint werden lumn,
den Antprüchen d^r for^esohrittenen Zeit nacluH^g;el>eny so liat
et aueh f&r die politicehe Eintheilung «he ältere fest bewahrt»
unter der dieses Reich sich isu seiner heutigen Bedeutsamkeit eni»
por gehoben hait, wenn gleich nun gegen w^lrtig die einzelnen
glei^gcstellten Theile in Besug auf ihren Fiäefaeninhalt und
ihre Berdlkerung eine ausserordentliche Verschieilenfceit un-
t^inander seigen. Denn sie lässt in mehreren Grafschaften
gegenseitig die fünfundswanxigfache Ueberbietung des Flächenin-
haltes oder der Bevölkerung bemerken. Die Haiipteintheilung
der vereinigten Reiche in Europa giebt nun sowohl für die
innere 9 wie für die ünancielle und kirchliche Verwaltung diese
drei Reiche selbst als dieHaupttheile: L Das Königteich Eng*
iand» IL Das Königreich Schottland, IlL Das Königreich Irland.
' Das Königreich England wurde unter König Heinrieh VIII.
mit dem Fttrstenthum Wales 1536 för die gesammte Verwaltung
Tereinigtundin52Grafschaft€n(Shires)getheilty von denen 40
auf England und 12 auf Wales kommen. Die in der Nähe eineiK
Grafschaft liegenden Inseln werden sn derselben gerechnet, nur
bildet die Insel Anglesea eine Grafschaft für sich» und die Insel
Man wird fu keiner Grafschaft gerechnet, sondern als ein beson*
derer District ron einem Gouverneur verwaltet: dasselbe Ündet
hei den vier Norrmannischen Inseln cJerse/, Chiemsej, Safk oder
Cers und Aldemj oder Aiirignj) statt, die gemeinschafdioh von
einem Gouverneur verwaltet werden. Die Englischen Grafschaf-
ten lerfallen wieder nach der Verschiedenheit ihres Umfangs in
6 bis 60 Districte, die in dem sOdliehen und mittleren England,
sowie in Wales, Hundreds, in Northumberland und Cumberland
Wards genannt tiirerden. Davon macht nur die grösste Graf-
schaft Yorkshire eine Ausnahme, welche luvörderst in 3 Besirke
(Ridings) serfWt, die an und fQr sich grösser als die meiiiten
fibrigen Grafschaften sind; diese Ridings werden wieder -in
31 Wapentakes abgetheilt, die mit den Hundreds öbereinkom-
men, und auch wie diese ihren Ursprung aus den Lehnsverpflich*
tungen des Ifittelalters, eine Waffengenossenschaft von Hundert
Bfann im Vasaiienheere sn bilden, hei^leiten«
Das Königreich Sehottland terfüllt in 31 Shires und 2
Stewartrjr^s (Stuarts: W&ehter, Voigt, also Voigteien)» die in der
Versehiedeoheit ihres Flächeninhalts und^ ihrer Bevölkerung den
\
. V
Das Bri4i8clie.Beicl|. 3J1
Englttdien Sliires gleidikomniev. Von di^icn gehören 18 Shire«
und 1 Stewaitry dem tüdlkhen, 8 Skiree deih nutderen, und &
Shires und 1 StewaHrf (diö Mitern mu den Orknejg* und
Shedandflniefai bestehend) dem nirdliehen Sehnttland sn. Die^
CntenbdieUiing der Shiree lind niehi hettunnity einig» kleinere
haben gar keine, andere sind, in 2 Ms 0 Distriete getheüt Ba»
Königreich Irland bildet tn«rst die Tier Profinsen Ulster»
Leinster, Monster nnd Connanght, die niemliel^ gleieh in ihrem
Umfange sind, aber in grösserem Untefiehiede Ton einander sieh
diorcli die Berulkermig befinden. Diese Tier Protinten serfallen
wiedenunin 32 Grafschaften, die hier Gönnt/ s gentont werden
nnd mit den Englischen Shite» in gleiehem VerhlÜtnisse stehen»
Von denselben gehen 12 aaf Leinster, 0 anf Ulster, 6 äaf Bfim;-
ater iind 5 anf Connanght Din Grafschaften werden wiederum
nach den früheren Terpflichtungeii snir Landesrertheidigung^ jede
in 4 bia 12 Baronien eingedieilt
Die Grösse der Ghrafschaften, ihrer absolaten Bevölkeiong
naeh der nenesten offtciellen Zählong vom Jahre 1831, sowie
ihrer relativen BcTÖlkemng auf die geographische Qttad?atmeile ^h
und. daraus die Hauptresultate fOr die drei Haupttheile des Bri-
tischen Reidis wird das nachfolgende Uebersichtstableau ergeben:
t Königreich
England 2,747«< 57,042 13,897,187 Ind. 5,067 Ind.
A. England 2,398^ 50,210 13,091,065 — 5,495 -*
Die 40 Shires
1. Middlesex . . 13<> 293 1,358,541-- 99,890 —
2. Esset • . . 71^0 1^26 317,233 ~ 4^268 —
*) Ich habe hier die Berechnnngen des Englischen Fliehen-
Maasses dergestalt redncirt, dass 1 Acre = l,^^^ Preuss. Morgen i
gestellt wird, also 18 Acres = 15»^* Pr. Morgen, 100 Acres = 1581
Pr. Morg. und 200 Acres =317 Pr. Morgen. Eben so sind 69^
Engl. Meilen sc i Grad des Aequatorfi, also 1 Engl. Meile=^ ^ Geegr.
Meile, und 1 Engl. OMeile^TÜv Geogr. QMeilen, ßh^n^^^EngL
QMeilen. = 1 Geogr. Q. Meile, und 213'* Engl. QMeilen ae 10
Geogr^ QMeilen., 2137' Engl QMeilen ^ 100 Geogr. QMeUen und
4275 Engl QMeilen = ^0 Geogr, QMeilen. Endlich 640 Acres geben
eine Engl. QMeiie» also gehen 18,744 Acres auf eine Geogr. QMeile.
312
Das'&ritische Reich.
1 " ■
6. QM.
BogLQtf.
Bevtnkemof
3. Sttffolk . « .
7280
•
1»554
296,304 Ind.
4. Norfolk . . .
. ,P7*»
2,Q86
390,054 —
5k Cambridge . .*
...40»
. . 862
149,955 —
fi. Hertford • * , ,
2^61
526
143,341 —
7. Buckinghnm . ,
34»
« •
741
146,529 —
8. Oxibfd . • • <
. 35«
761
151,726 ~
9. Glouceiter • .
. 69W.
j;i73
386,904 —
10, Monmottth • .
23«
. 497
98,130 -^
11. H«reford . . .
. .39«^
. ?50
110,976 —
J2r Worce»tcr , ,
.33«o
.713
211,356 —
13. Warwiek . • •
. 427«
912
336,088 — -
14. NbrthamptoD
. 47"
1,018
179,276 —
15. Bedford . .
, 21«
467
95,383 —-
IQ. Huntingdoii . .
173'
360
53,149 ~
17. Rutland « . <
9«
208
19,385 —
TS. Leicester . . .
. 378t^
809
197,003 —
1% Stafford , , .
. 53»
1144
410,485 ~
20. Shropa- od. Salof
\ U^
1321
282,503 —
21. ehester . .
, 48W
1046
334,410 —
22. Derby . « . .
, 47»»
1013
237,170 —
23. Nottingham • ,
. 36«
774
226,320 —
i24. LiAcoln • .
, 127*«
2724
317,244 —
25. York . . .
. 2775<>
5931
1,371,206 —
26. Lancaater • • ,
, 827«
1768
1,336,854 —
27. Durham • • .
45«
966
253,827 ~
28. Northumberlaad
90W
1946
222,912 —
29. Cuiiiberiand • .
8284
1770
169,861 —
30. Westmoreland .
. 35W
760
55,0^11 —
31.' Kent . . . .
, 72»»
1546
479,155 —
32. Susiex • • .
. 685«
1464
272,328 —
33. Surrey • • • <
. 357«
762
486,326 —
34. Berka . . • .
35««
759
145,289 —
35. Hantt • • • .
. 76"
1642
314,313 ~
36. Devon . • • <
. 121*«
2597
494,168 —
37. Somerset • • .
. 76«
1641
403,908 —
38. Wüta . . .
. 69
1261
239,181 —
39. Dorset . , .
. 46^*
977
159,252 —
40. CornwalL . :
r 62W
1342
ä02,400 —
auf 1 OH.
4,037 Ind.
4,104 —
3,719 -^
5,826 ~
4,24^ -
4,303 —
6,485 —
4,218 —
2,807 -r-
6,310 —
7,888 —
3,760 —
4,386 —
3.066 —
1,983 —
5,180 —
7,682 —
4,574 —
6,825 -r
5,004 —
6,231 —
2,488 —
4,941 —
16,131 —
5,616 —
2,499 —
2,058 —
1,533 —
6,624 —
3,983 —
13,570 —
4,092 —
4,095 —
4.067 —
5,261 —
4,054 —
3,487 —
4,819 <—
D4IS Britisch« ftelcb.
913
6.<«M.
BevSlktVMf
BefOk.
B. Das.FfirgteQ.
thum WaUs
B49»« .
WÖ6
805,236 Ind.
2,304 In<l.
Die Grafschaften
41. Pembroke . , ,
285«
609
• 81,424 —
2.857 —
42. Carniarthen . •
45*'
968
100,655 —
2,212 —
43. GlafLergan . .
35W
757
126,612 ^ ,
3.582 —
44. Breeknok . •
35"
746
1
47,763 ~
. 1,365 —
45. Cardigan
31$»
673
64,780 — '
2,056 —
40. Radoor • . •
19*»
425
24,651 —
1,232 —
47. HoDtgomerj ,
38»»-,
819
169,485 —
1,782 —
48. MeriÖDetlk .«- •
309»
658
35,609 —
1,148 —
49. Füllt ....
11^
243
60,012 —
5,263 —
50. Denbigh . . •
318»
679
83,167 —
2,633 —
51. Carnanron , .
22'»
487
' 65,753 —
2,915 —
52. d. Insel Aogletea
84«
179
48,325 —
6,751 —
dazu die Insel Man
105«
224
40,985 —
3,946 —
ILDasKönigreich
Schottland 146P?
31,239
2,365,807 —
1,619 —
A-Stidsehottland.
425'«
9,088
1,392,608 --
3,271 —
Die Grafschaften.
■
1. Midlothian oder
-
Cdinburg • • . ,
18W
392;
219,592 ^
11,959 —
2. Westlpdiian od«
Linlithgow • • •
6W
107
23,291 ~
4,435 —
3. Eastlothian oder
1
Haddington • . .
14
299
36,145 —
2,582 —
4. Berwick oder
Merte • • « • .
223»
479
34,048 --
1,538 —
5. Tevioddale oder
Roxburgh . • • •
34SS
731
43,663 —
1,280 —
6. B<^kirk • • •
12
256
. 6,733 ^
561 —
7. Tweeddale oder
Peebles ....
II«*
248
10,57? —
915 —
8, Dumfiies . .
63"
1357
73,770 —
1,154 —
9. East-Gallowaj od.
/
Kirkcudbright . •
40M
857
40,590 —
1,009 —
10. West-Gallowayo.
•
Wigtown ....
21 »0
462
3($,258 —
1,712 —
IL Ayr . . .
48
1026
145,055 —
3,022 —
314
Daft'^rititeh« Iteick
12. Lanark od, Cljr-
deadale ....
|3. Renfrew .
14 StirÜDg o4er
Strireliiig . . • .
15. CiaekmaBnan ,.
16. Fifa . . . .
17. Kinross • • •
18. Dombarton oder
Dumbritton • . .
Die Stewirtry Bäte
B. Mitteltebott-
land • • •
1 9. Iny«rafj o. Argjle
mit der Halbinsel
Kantjre • • • •
30. Perth
21. Anguf o. Forfj
22. Mearns 4Mler
Kinkardine
23. Aberdeeno.Har
24. Banff . . .
25. Elgin o. Marraj
26. Naini
G. OH» Eb(L <K BevSIkeraif
* fc
40S1 M3
ll^t 240
33
207
22**
34«
11**
10^
• • *
• •
• •
,y74
34««
26«*
7>»
C. Hochaehott«
laitd • • • • •
27. InTernesa» mit
Einschluu d. Hebii-
den-Inieln • • •
28 u. 29. Tajn o. Rom
und Cromarty • .
30. Satherland • •
3L Caithoeas • •
DieStewartrj Orknej
und Shetland (d. Orka«
diftcben und ShetUln-
diseben Inseln) •
702
44
475
73
247
224
136 2,907
110** 2,361
43*' 922
379
1,880
745
553
155
134»* 2,867
88*<> 1,883
32S0 092
316,819 Ind.
133,443 —
72,621 --
14,729 —
1^,839 r-
9,072 —
33,211 ^
14,151 —
101,425
142,894
139,606
31,431
177,651
48,609
34,231
9,354
222 4,752 91,794 —
74,820
25,^1 8
34,529
aof IQM.
7,810 Ind.
12,039 -^
2,201 —
7,364 —
5,806 ~
2,602 —
2,887 ^
1,348 —
474^ 9,902 685,201 — 1,476 —
746 —
1,293 —
3.224 —
1,776 —
2,019 —
1,389 —
1,282 —
1,299 —
57PS 12,214 287,900 — 504 —
427 —
567 —
289 —
1,062 —
U^ 2,020 58,239 — 616 —
Da« Briiicch^ Reich.
sui
6.
•
. QM. Bofl. QM.
BevAkensf.
BevSlk.
lILDasKBnigreieh
_-
1
Irland
1315^' ^
28,111
7,767,401 —
^,902 —
A. Die ProyioB
•
Leinster
318S0
«,802
1,909,713 —
6,006 —
Die Grafschaften
1. Dublin « . • •
14"
312
386,694 —
26/186 —
2. Widdow . » .
29^*
637
132,301 —
4,454 —
3. Wexford • • •
37«
796
182,991 *—
4,913 —
4. Kilkennj . • -.
34
f27
193,024 —
6,677 -
5. Catherlagh oder
Carlow • . . , ^
14
299
81,576 —
6,827 —
6. KUdare . • •
27
677
108,404 -*
4,016 —
7. Qaeeni • Countf
(Königin. Gr.) . ,
28
598
145,843 —
6,209 —
8. Kingi - Countjr
(Königs. Gr.) . . .
32^»
700
144,429 —
4,410 —
9. East-Meath . .
38«»
830
177.093 —
4,584 —
10. We8^MeaCh , *
29*'
620
136,799 —
, 4,637 —
11. liongford . . •
18
385
112,391 —
6,244 —
12. LouCh t • • •
15
321
108,168 —
7,211 —
f
B, Die Provins
»
i
Ulster
34D7S
7,272
2,^6,622 -«
6,706 —
Die Grafschaften
13« Cavan . . . •
27«
590
228,050 —
8,230 —
14. Monaghan • • •
25W
528
195,632 —
7,892 —
15. Anuagh • . •
19»
416
220,651 —
11,316 —
16. Down * • • • •
40^»
860
352,751 —
8,651 —
■
17, Antrim • • . .
43"
923
314,698 — .
7,293 —
1
18. Londonderj oder
1
Coleraine nnd K^ne
29»»
627
222,416 ^
>',558 —
19. Dungal oder Do-
*
t
negal ..••..
81»*
1,738
298,104 «-
3,664-«
20. Tjrone od. Tir-
^
Eoghain . . • • .
48«»
1,032
302,991 —
6,270^
21. Fermanagh . •
25»
528
149,566 -«
6,934 —
C. Die Provina
Connaught
266"
5,686
1,343^14 —
6,041 —
\
316
0&S Britische Reich.
6. QU* EiifL QM.* BevIfUieraoff,
Die G^rafsehaften
22. Leitrim .... 24s«
23. Sligo • . . . 27»*
24. Mayo ....
25. Roscommon .
26. Qalway o. Gallive 01^ 1,951
624
583
85«» 1,810
38« 818
141,303 —
171,508 —
367,636 —
239,063 —
423,504 -*
« •
D. Die Provinr
Monster oder
Mounster
Die Grafsehaften
ir. Cläre
28. Tippcrary'
29. Waterford
30. Limerik
31. Kerry .
32. Cork .
p •
51»» 1,095
70W 1,613
30?*
4435
74'* 1,596
117«» 2,501
657
048
258,262
412,598
176,898
332,030
239,989
807,366
227»
12
486
256
IV. Die (Ihrigen Be-
sitsnngen in Europa
L Die Normanni-
schen Inseln . • •
2. Die Festung Gi-
braltar nebst ihrem
Gebiete
3. Die Inseln Malta,
Goszo, Comino • •
4. Die Ins^r Hel-
goland • . . . •
Mithin hetrg. s & m m I-
licheEatop&ische
Besitzungen • • • 5,556'* 11^478 24,785,582*
10*»
O^s
6
210
5
Bevelk.
5,745 —
6.311 —
4.312 —
6,259 —
4,642 —
889««» '^ 8,332 2,227,152 — 6,722 ^
5,044 --
5,826 —
5,745 —
7,498 —
4214^
6382 «^
201,845 -. 8;872 ^
61,682 — 6,140 — '
120,839 «— lT,819 —
2,300 — —
4,460 ~
*) In diese Somme der gesammlen fBevoIkerang ist auch zu-
gl4>ich die An7Jihl der stehenden TrutE>pen und der Matrösen in den ein-
registrierten Schiflen eingeschlossen; vrelcbe nach den oben angeführ-
ten ofificiellen Listen über das Wachsthum der Bevölkerung für das
Jahr 1831 ^Hfill Mann betrogen. ^
Das Brititc b'e Reick«
317
Dm wir tob deo AusAr-EvropftiselienBctitsvngen eben
1^ I.) sckoD »cigtciithcito bei itm Enrerb 4« •inieliiMi 4ßa
VtmiMmg iWes Fl&clieiiiabalts aog^^ebeo bal^eii, «o (nbrco wir
bicr wu ihn Vcrthrihing Jiadi den VerwaltttngtbeiirkeD ««f.
Bew. auf
I QM.
2,326
L ABiatifehe.
A. Die Besitsnngea der Eng-
Uscb-Oitindithen Compag-
nie in den drei Stattbalter-
ecbaftm Bengalen, Madras
nnd Bonibaj, alt nnmittel«
Geogr. QH.
53,307
Cinwoh.
12d^M00
B. Die mittelbaTeB Sebnte*
Staaten der Compagnie
C. Die Insel Cejlen unter ei-
nem besonderen Gomremear
IL Afr^anisebe.
Sie bestdiMi jetst ans 5 Vo^
walCnogsbesirken, die Ton
einem Gonvernenr geleitet
werden: a) Das Kapland, wel-
ebes allein einen bedeutenden
Fläcbeninbalt auf dem Festlan-
de Afrikas besitst (6,035 QM.)
b) Sen^^ambien and Sierra*
Leona, e) Cape-Coast für die
Besitsungen auf Gaiaea, d)
Mauritius, weleber sugleich
die Secbellen Inseln r^ert;
e) St Helena •*)
27,781 83,151,000«) 2,089
24,650 40,150,000 1,629
966
6,723
950,500
275,606
984
41
*) Nach Walt Hamiltmi a geögrqddcal, statktlca] aad historical
loa pf Hiadostan, London 820. 4
**) Die Verwaltung dieser Insel hing sonst unmittelbar von der
Englischen Ostindischen Compagnie ab, indem sie nur für die Zeit
des Anfenthalcs Yon Napoleon einem besondem Militair-Gon?efneur
als BefeUshaber der dortigen Besatsung untergeordnet war. Sei^
I .
318
Das Britisphe Reicti.
ni. Amerikapiselie. 104,225
A. Im öntliehen Nordame-
rika.
Die 6 Gouvernements 1) Ober-
Canada
2. Unter-Canada
3. Neu-Schottland
4. Neu-Braunsehweig
5. Prinz-Edwärds-Iniel
6. Neu-Foundland
Dazu die Hudaonsbusen-Länder,
von denen Labrador oder ^eu-
Britannien dem Gouv. Neu^
Foundland, ^eüwale« aber
dem Gouv« Unter-Canada un-
tergeordnet ist
B. Auf der WestkfisteNord-
Amerikas
Die Länder Neu- Albion , Neu-
Georgien, Neu-Hannover, Neu-
C^ornwall, Neu-Norfolk bilden
bei der sehwaohen Bevölke-
rung und< dem beschränkten
Handels-Interesse noch keine
eingerichtete Verwaltungsbe-
sirke.
€. Westindisehe und an-
dere Amerikanische In-
seln.
1. lamatea mit einem eigenen
Gouvernement
2. Gouvem. Barbadoes für diese
54,500
8,500
704
200
EinwolL
2,010,840
04,500 1,102,042
Bew. auf
1 QM,
10
12
6,806
540,222
78
4,700 .
234,865
- 50
670
14S^,548
213
1,350
72,034
54
' 112
23,473
200
;6^i
.88,000
3
80,000 (?) 10(1)
720,100
018
382,241 1,421
■»p
dem 1. Aprli 1835 ging sie aber gänsHch von derCompagnie an die
Bnglifiche Regierung fibi?r, die daselbst einen CivilpStattiialter nebtn
de9i*€onmiattdear der Besatsung hShi
Da» BritMche Beich.
319
Antille und St. Vineent,
Grenada und Tobago 33^
3. GouFern. Äntigaa, sugleich
fOr MonUenpat 7
4. Gouvern. St Christoph, tu-
gleich für Newts, AnguUla u.
die Jungfer-Inseln
5. Gouvern. Dominica
6. Gouvern. Trinidad
7. Gouvern. St Lucia
8. Gouvern. der Bahama-Inseln
9. Gouvern. der Bermudaa-Inieln
D. Auf derK&ste von Süd-
' Amerika 425
1. Das Grouvern. Guiana, weichet
in die 3 Bezirke Demerara,
Essequebo u. Berbice terfälU 415
2. Die Honduras-Colonie 10
IV. Australische. 12,445
1. Dat Gouvernement Neu-Söd«
Wales mit den dätu gehörigen
Inseln . 7,280
2. Das Gouvern. Van Diemens-
Insel ^ 1,255
3. Das Gouvern. des westliehen
Australiens 3,910
Mithin betragen sämmtliche
Ausser-Europäische Besitzun-
gen des Britischen Reichs 176,790
und das Rammte Britische
Reich 182,3467»
Einwoh.
Bew. auf
1 QM.
161,479 4,749
37,192 5,317
15
46,126
3,075
13*
18,890
1,349
78«»
41,749
522
10»
14,^99
1,415
257
16,788
64
lotf
]0,142
94
105,698
50,000
22,000
249
101,855 245
3,843 384
72,000 (?) 6(?)
18
126,615,952(?) 716(?)
141,401,534
776
Da nun ein so beträchtlicher Theil der auswärtigen Besitsun«
gen, namentlich di^ Asiatischen und die Westindit^ieB» «ine
starke Bevölkerung und eine angemessene Entwickelung derphj-
tiathen und technitehen Cultur begitten, so leuchtet et klar ein,
von weldier wicktolseiligeD Bedeutung die Einwirktt«g derselbea
auf ihr Muttcriaad sidi geltend nmAwn »ustk Du Mutterkiai
320 Das Britische Reich.
oder das BritUche Reich in Europa bildet aber in dem. Fllclien*
inbalt noch nicbt ein Fünf^unildreiaiiigtheil des gesammtea
Staateiy während es bereits den dreissigsten Theil von ganx
Europa und ein Vierhundertfünfundsiebensigtheil der
bewohnten Erde ausmacht Die Revöikerung dagegen des ge-
sammten Britischen Staates beträgt über drei Fünftheile der
Bevölkerung von Eoropa und über ein Siebentheil der Be*
völkemng der. gesammten Erde, während das Britische Reich in
Europa. ailein, eine Bevölkerung besitst, die beinahe ein Neun-
theil der übrigen Europäischen beträgt Unter den fünf Staaten
vom ersten Range nehmen die Luropäiscfaen Besitzungen Gross*
britanniens in Flächeninhalt und Bevölkerung den vierten Platx
ein, da sie nur um Hrenige hundert Quadratmeilen den Preussi-
Bchen Staat übertreffen, doch in der Bevölkerung fast das Dop*
pelte darbieten, und überhaupt als ein grosser Staat relativ die
stärkste Volksmenge besitsen.
«. 4.
Physische Beschaffenheit^ klimatische Verhält-
nisse ^ Land- und Wasserstrassen. ^
Der dritte 'Theil de^ oben angeführten r§, 1.) Rdsebesehrei«
bang von Ch. Dupin ist hiefür als ein vorsügliches Hfil&mit*
tel su beachten: er führt den besonderen Titel forc€ com-
merciaUt travaux- public» et <f a$$ootationf and swar in dem
ersten Bande dieftes^ Theili sind behandelt: voieä publique»
place» ^ rue»^ rouie»^ cunnaux^ pont» et chau»»^»», in dem swei-
ten Bande c6te» et port» maritime».
Grossbritannien nnd bland, als Inselreiehe voa einem so
■läsBigen Umfange, lassen schon im allgemeinen nach ihrer Na-
tur auf nicht sehr ausgebreitete Oebirgsstöeke und auf eine>ortheil*
hafite Bewässerung schliessen. Dies findet auch in der That in
einem sehr günstigen Veidiltaissa für diesen Staat statl^ denn
/
\
Das Britiscbe BeUb. 321
nur Hoehtehottlaad und Wales Terlieren Terhältnissm'ässig ein
bedentendet T«min ^an unwirthbare Gebirge, während Elngland,
Südichotdand und Irland Ton Natar her, eich der günitigtten
Bewäaserang in Eoropa erfreuen. Die Küsten bieten die treif-
liehsten H&fen dar, während die so sehr benaehbarte Fransd-
sbehe Küste nur wenige ausgeieiehnete sähH und für grosse
Kriegssehiffe nur durch grossen Kostenaufwnnd und mit der
äussersten Anstrengung der Wasserbaukunst sw^i brauchbar er«
weiterte und vertiefte erhalten konntp. Irland allein gewährt 14
Häfen für Linienschiffe, 17 für Fregatten und ausserdem noch 3S
für grössere Handelsschiffe sugängliche ; England sählt 18 Kriegsh&-
ien, 44 für grössere Handelsschiffe und 438 Rheden für Küstenfahrer.
Englands Oberfläche xeigt im Süden und Osten yonhigsweise
Flachland, niedrige Küsten durch unbedeutende Kreideberge un*
terbroohen, im Westen und Norden ist es dagegen mit einer
massigen Hügelkette ron Wales und Schottland abgesondert
Die Abdaehnng nimmt hier überall ihre Richtung nach den Kü«
sten, daher ist der Lauf der Flüsse von unbedeutender Länge,
/aber überall geeigtiet, rqn der See aus die Waaren in das innere
Land mi bringen. DasFürstenthum Wales trägt dagegen den Charak-
ter eines Völligen Gebirgslandes an sich, das jedoch auch nur wenige
hohe Ber§^egel xeigt, keinen über 4000' Höhe. Die Bewässerung ist
hier am späriichsten, und selbst Canäle können hier dem natürlichen
Mangel wenig abhelfen. Schottland beginnt gleich bei der
Südgränse als Bergland sich su erheben, und steigt in der Rieh«
tnng von Süden nach Norden immer höher an. Die Bewässerung
ist stark und hat eine übersul' reichliche Quelle in den 23 gros-
SOI Laadseen und einer noch weit beträchtlicheren Bienge klei-
nerer; die Östliche Küste ist im Allgemeinen flacher als die westliche,
daher mit besseren HÜlfenrrersehen und nimmt vorsugsweisedenLauf
der Flüsse nur Ausmündnng in die Nordsee auf. Doch tragen beide
Kfistm viele FeUenriffe, "^e nur auf der westlichen einen noch
wilderen und unsugänglicheren Charakter annehmen. Irland
bietet auf seiner Oberfläche die grösste Abwechselung dar, besitst
swar keine hohen Gjsbirge aber viele Hügel, uiAgüftet von unab*
sebbarem Moorlande. Landseen>und Flüsse sind auf dieser Insel im
Uebermaasse vorhanden und nehmen ihren Ausfluss nach allen Rich-
tungen der Küste su. Die Küste selbst ist im Norden durch hohe Ba-
siltfelsen ansgeaeichnet^ im Osten nach England su sehr abge-
flacht, im Süden und Westen ausserordentlich serrissen«
Schnbert'8 Statistik II. 21
322 Das Britische Reich.
Die Lage' Grossbritanniens und Irland erstreckt sich swi-
«eben 50^ und 60® nördl. Breite ^), bietet d Aer bei seinem ver*
h'ältnissmässig geringen Fläcbeninhalte ein sebr verscbiedenea
Klima dar. Doch ist das Klima überhaupt bei der allgemeinen
Insularlage dieses Staates überhaupt sehr feuoht» und gewährt daher
im Winter eine geringere Kälte, als in den benachbarten etwas
südlicher liegenden Ländern «les Festlandes, wie denn diese Ein-
wirkung der Seeluft auch im Sommer sur Milderung der grossen
Hitze dient Die Themse friert selten su, und es war daher
«chon im Mittelalter ein allgemeines Volksfest, wenn dieser sel-
tene Zustand eintraf, der auf der gefrorenen Fläche des Flusses
selbst Festlichkeiten aller Art yeranlasste, die indess selten oline
grossen Schaden abliefen, weil das kraftlose Eis in wenigen Mi-
«^ten seine Haltbarkeit verlor. Die Kälte beginnt in der Roge^
^n^ %^E!^^ Weihnachten, der Frost dauert selten länger als
ein bis zwei Tage und erreicht in- den meisten Jahren nicht 10^ .
Reaunu Kälte, und nur Wale«, Cumberland, Westmoreland und Nort-
humberland haben eine rauhere Witterung, noch stärkeren Nebel und
länger anhaltenden Frost Die Hitze des Sommers erhebt sich
eben so selten über 20^ Wärme Reaum., und dabei' geniesst die
landwirthschaftliche Cultur den ausserordentlichen Vortheil 9 Mo-
nate (von dem Anfang des März bis in die letzten Tage des No-
vembers) des Jahres treffliche grüne Weide zu besitzen, die weder
unter einer dörrenden Hitze, noeh unter einer früh eintretenden
Kälte leidet. Aber auch selbst in den noch übrigen drei Monaten fin-
det das Nutzungsvieh in dem grössten Theile Englands eine wenn auch
spärlichere Nahrung auf offenem Feld^ so dass, da der Schnee kaum
einige Tage lang liegen bleibt, die Noth sehr selten das Vieh auf eine
überaus kurze Zeit in die Ställe, treibt Der Zustand des niederen
Schottlands ist d^m ganz ähnlich, nur erscheint die westliche Küste
noch viel feuchter als die Östliche. Das mittlere Schottland ist
bei der zerrissenen Beschaffenheit seiner westlichen Küsten und
4en vielfachen Seen fast unaufhörlich heftigen Stürmen ausge-
*) Im Soden Englands daaeH der längste Tag 16 Stunden SU
Minuten, der kürzeste 7 Stunden 30 Minuten; in der nördlichsten
hegend Hochscholllands dagegen der längste Tag 19 Standen 16
MinuteUi der kürzeste 4 Stunden 45 Minuten.
/
Das Britiscbe Reich. 323
\
■etxty die Ar das Hochland in einem noch erhöhten GradiB sa*
nehmen und fast in ewigen Nebel die Gipfel der Berge verhüllen.
Irlands Klima istwiedemm noch feuchter als das untergleichem Brei-
tengrade , liegende England, aber eben deshalb auch im Winter und
Sommer noch gemässigter. Die sahUosen Seen, Flüsse, Moräste
erhalten ein ewiges Grün auf dieser Insel und drängen ihr den
Character eines für die Landwirthschaft vorzugsweise begünstig-
ten Landes auf, das indess eben wegen dieser geschilderten na*
tliriichen Beschaffenheit sich doch mehr für die Viehzucht ab für
den Acl^erbau eignet Das Klima unterstützt demnach jeden
Zweig der Viehzucht und des Ackerbaues, der auf Getreidearten,
Obst, Knollengewächse und Kräuter besi^hränkt bleibt, die nicht
die Temperatur des Weinbaues und der Südfrüchte erfordern.
Für die Gesundheit des Menschen scheint dies Klima, mit Aus-
nahme einiger sehr morastiger Gegenden Irlands, durchaus angemes-
sen, und auch noch das höhere ]L.ebensalter erfreut sich hier ei-
ner kräftigeren Thätigkeit; die Sterblichkeit ist verhältnissmässig
gering, wo nicht besondere Einwirkungen der Fabriken -Industrie
oder der aus Uebervölkerung entstanden^ grossen Armuth ein-
xelner Grafschaften Irlands ein unnatürliches Verhältniss hervor-
rufen. '
Die Gebirge Grossbritanniens steigen von Südwesten gegen*
Nordosten, jedoch so, dass d!\tr Östliche Theil der südlichen
Hälfte der Insel zum iiiölligen Flachland sich ' ebnet Die weni<*
ger hohen Zweigv dieser Gebirge enthalten aber gerade die reich-
sten Gruben für Zinn, Kupfer, Eisen, Blei und Steinkohlen. In
dem äussersten Südwesten erhebt sich das Gebirge von Corn-
wall, welches nach Westen auf dem höchsten Gipfel gegen 1500'
hoch in die Vorgebirge Landsend und Lezurd, nach Osten in
das Vorgebirge Dungeness in der (Srafschaft Kent ausläuft Nach
dem inneren Lande zu breitete sieh in derselben Richtung von
Südwesten liach Nordosten der Dartmoor-Kamm in der Graf-
achaft Devon, der höchste und wildeste Theil dieses Gebirges. Bei
Tiverton geht er -zu den metallreichen Blaekdowns- Hügel,
als Gränzscheide der Grafschaft Sommerset über, und in dieser
erheben sich. als Nebenzweig die Mendip- Berge, welche von
Bridgewater westlioh längst der Nordküste dieser Grafschaft durch
den steilen und rauhen Exm^or-Kamm begleitet werden. Der
Canal von Bristol und die Severn sondern diese Gebirge von
11 ♦
324
Das Britifiche Reich.
den im FQntendiuiii Walei ab, /irelche in dem Hauptkamm von
Süden (Vorgebii|^c St Anna und Davids) nach Norden dieses Land
dMrehsiehen, besonders reich an Steinkohlen und den oben ge-
nannten Metallen sich xeigen» und bis in das Vorgebirge Clianus
.auf der Insel Anglesea auslaufen, die frtiherhin ohne Zweifel mit
dem Festlande xusammengehangen hat Üet höchste Gipfel ist
der Snoirdon in der Grafschaft Camarvon 3456' hoch. Auch
dieses Gebirgo flacht sich nach Osten lu den Thälem der süd-
lieh sich mündenden Sevem und der in entgegengesetster Rich-
tung ausströmenden Dee ab. Nördlich von diesen Flüssen und
dem Mersey beginnt das Peakgebirge, welches die Grafschaf-
ten Derby, Lancaster, York, Durham, Westmoreland und Cum-
berland einnimmt, gleichfalls am höchsten im Westen sich er-
hebt, aber auch gegen Osten nach der Küste xu nicht in ein
völlig ebenes Land übergeht In diesem Gebirge sind die haupt-
^s'achlichsten Fundgruben für die Ejiglische Industrie, unerschöpfliche
Steinkohlenlager, jedoch xeigt sich hier weniger Reichthum an Me-
tallen. Die höchsten Gipfel sind derWhamside 4052^ und der In-
gleborough 3987' hoch, der westlichste Kamm in Cumberland
und Westmoreland heisst das Luneforestgel^irge» das auf den
höchsten Puncten 300(y Höhe erreicht
Als Gränxgebirge xwischen Schottland und England bemer-
ken wir den Cheviot -Kamm, der südlich nach der Grafschaft
iNorthumberland den Zweigt der rearlfell- und Humbledon-Berge,
nördlidi nach den Schottischen tvrafschaften Roxburgh, Selkirk,
Peebles und Lanark den Zweig der Hartfell-, Leeds- und Low-
ther- Berge entsendet An diese schliesst sich die Kette des
# Lammermoor in der Grafischaft Öaddington, der Pentland-Berge
•in der Nähe von Edinburg bis 1700^ Höhe und i;n Westen von
Sttdschottland in der Grafschaft Wigton die Kette des Larg und
Mochrumfell an; beide reich an Bleierx, aber auch an Steinkoh-
len. In Mittelschottland erhebt sich das Grampiangebirge,
in ähnlicher Richtung wie das Peakgebirge, aber in einem weit
grossartigereb Charakter, der neb^n den erhabensten Naturschön-
heiten im westlichen Theile der Grafschaft Perth und in Argjle
schon an die trildeste Rauhheit heranstreift Der Reichthum die-
ser Berge besteht mehr in Waldungen, als in Metalladern und
Steinkohlen« Die höchsten Gipfel sind d^r Caimgomoan 408(y,
^er Ben Lawers 40&6', der Ben More 3870^, der Ben Lomond
^Wf, der Ben Voiriich 3100" and der Ben Ledi 3000* hoch« Mit
»
Das Britische Reich. 325
dietem Gebirge hingt in der Gimfichaft Invemeu das Schot«
tisehe Hoehgebirge sugammen, welches nicht nur das Fest-
Imnd -TOQ Nord-Shotdand gani einnimmt^ sondern auch nach
den Orkadischen und Shetldndischen Inseln übergehtf und da*
durch deutlich genug seigt, dass diese Lande in der Voncit susam«
mengehört haben, und nur durch die Gewalt des Meeres bei ihren
serrissenen Küsten allm&hlich getrennt sein mögen. Der Cha-
rakter dtM Gebirges ist mit dem Grampian völlig Qbereinstim-
mend ; die höchsten Berge* sind der Ben Nevis 4424' hoch » der
den Schnee selten gans yon seinem Gipfel Tcrliert, und der Ben
Wjrwir in der Grafschaft Ross gegen 40O(y hoch.
Irland hat in seiner Mitte das meiite flachland und erhebt
sich sowohl im Sttdwesten als auch iib gerammten Norden su
mehreren abgesonderten Bergketten» die indess weder an Ersen»
mit Ausnahme von Eisen, noch an Steinkohlen den Reichthum
von England und Wales besitsen, wenn gleich auch in dieser
Insel auf dieselben C^genstände, wie in England, Bergbau be*
trieben wird. Das höchste Gebirge befindet sich in dem süd-
westlichen Theile der Insel, in den Grafschaften Kerry und Coik,
das nach diesen Grafschaften benannt wird. Die höchsten Berge
desselben sind der Cahirconrigh 4200' und der Mac GyWy 3200'
hoch: swischen 2000 und 3000 Fuss erheben sich der Mangertoa
und der Branden in der Grafschaft Kerry, die Ballyhowra-Berge,
der Hilary, der ßogra, Nagles nnd der Knockbrack in der Graf«
Schaft Kork. Im Nordwesten durchstreift die Grafschaften Chill-
waj, Majo und Sligo das wilde Connaughtgebirgc, dMsen
höchste Punkte, der Crough-Patrik, der Nephin und der Urris-
beg aber noch nicht 2'äOO' Höhe erreidhcn» Die nördlichste Pro-
vinx Ulster hat im Westen das Donegal- und in der Mitfp das
Longfield -Gebirge, das nach Osten hin in den Agrews*
Hügel und in den durch seine ungeheure Basaltfelsen berühmten
Riesen dämm (Gi an ts- Cause way) bei d^m Vorgebirge Pairhead
in der Grafschaft Antrim auslauft, und die mit vielen Fdsemf-
len umgürtete Küste für die Schilfahrt sehr beschwerlich macht.
Der höchste Gipfel ist in Longiield der Slieve-Donard 3151
Fuss hoch. . Nächst die^^m machen sich noch durch ihre
UDgeheuere Pelscngestalt aus reinem Granit der Mourne in
der Grafschaft Down, der SÜevegalen und der Camantog-
her in der Grafschaft Tyron'b ^und der- Gangan und Cri-
y
V
*
326 Das Britische Beleb.
marad in der Grafschaft Donegal bemerkbar. i>ie ^nrinx
lieinster hat die geribgiten Berge, and nur der Tafelberg m
der Grafschaft Wiklow und der Slieye-Bloora, als Grftnse xwi-
echen der Königs- nnd der Königin Grafschaft, erheben sieh
wenig über lOOO" Höhe.
DieHineralquellenmidCresundbrannenstehenin Groet*
britannien mit den höheren Gebirgen in keinem Zusammenhang,
sondern befinden sich nur in der stark'auslaufenden Abflachung der
m&ssigen Bergketten ; sie sind meisten/i kalt und von sehr geringer
Wirksamkeit, so dass die verhältnissm&ssig für die Bevölkerung sehr
wenigen BadeÖrter doch mehr noch des Vergnügens als ihrer
Heilkraft wegen besucht werden, aus dem Auslande keine Gäste
binxiehen und auch das eigene Bedfirfniss "so wenig befHedigen,
dass bei den berühmtesten Europäischen BadeÖrtem überall die
Mehrzahl der nicht inländischen Kurgäste aus Engländern be-
steht Die wichtigsten sind in Englanid: > Bath in der Graf-
schaft Somerset; jährlich mit 6000 Gästen, ebendaselbst die
warmen Bäder, welche aus dem Felsen bei Hotwell in der Nähe
von 'Bristol ihre Quelle nehmen; Cheltenham in der Graf-
Schaft Gloucester, jährlich mit 1500 Gästen, Tunbridge-wells
auf der Gränze der Grafschaften Kent und Sussex, jährlich mit 500
Gästen, Buxton in der Gr^fschfift Derl^j, jährlich mit 700 — 800
Gästen, Mat lock in derselben Grafschaft jährlich von 200 Gästen
besucht, die stärkste Schwefelquelle zu Harro wgate, jährlieh mit 2000
Gästen, sowie nic^t sehr starke Stahlquellen zu Wetherbj, beide in
derGrafschaftYork. In Schottland befinden sich Stahl-und Seh we*
felquellenzuMoffat in der Grafschaft Dum fries, jährlich mit 600
Gästen, Stahlquellen zu Dumblane in der Grafschaft Perth, >u
BanfiT und zuPeterhead in der Grafschaft Aberdeen. In Irland
sind am bemerkenswerthesten die Stahlquellen zu Swanlinbar in ^
der Grafschaft Cavan, zu Lucah in der Chrafschaft Dublin, dief
Sehwefelquellen zu Castle^Connell in der Grafschaft Limerick»
warme Bäder zu Mallow in der Grafschaft Cork und eine Stahl-
quelle zu Tralee in der Grafschaft Berrj, wo auch zugleich gute
Seebadeanstalten sich belinden. — In einem .viel stilrkeren €rrade
werden indess die Seebäder gebraucht, welche an allen Küsten
des Reichs sidi befinden» die besuchtesten zu Brighton, Rams-
gate, Dover 9 Sandgate, Sjdmouth, Exmouth, Teignmoeth»
Falmouth und Penzance auf der südKehen Küste Englands,
Das Britische Reich. 327
i
anfterdeiii besottden la Lirerpool, Harwieh und YaDncmdi ini
wettlichea und öttüchen Eogland, zu Leith, Dundee, Hootrot*
mid Aberdeen in Sohotttand, su DibÜii, Cork, CUenaim und Tr*-
nore bei Watorford in Irland. ,
Was die Bev&saernng dea Britiaehen Staates in
Europa anbetrifft so gewährt ein Blick selbst auf die General-
karten dieses Staates die grosse Zahl und die yortheilhafto
Gestaltung der Seebusea, in die sich fast überall für den
HandelsTerkehr benutsbare Flüsse^ einmünden. Die Ansahl der
Landseen ist gleichfalls verhiltnissmässig sehr gross, noch am
sehwachsten in England selbst, weil hier die hoch gesteigerte Land-
wirthschaft und der davon abhängige Preis des Bodens sehr viele
durch Austrocknen in urbares Land verwandelt» oder mindeitens
dareh Schleuifonanbatt in Teiche umgeschaffen hat Ausser ihrer
joannigfachen Benutsung Ton verschiedenen Seiten der physischen
und technischen Cultur,. sind sie besonders in Besng auf die Bespei-
sung der sahireichen Canäle in neuerer Zeit von' unschätsbarem
Wertfae geworden. Die wichtigsten in England sind der \^hittle«
oea-nercy S^EngLMeile (l{Geogr. M.) im Umfiinge, in der Nähe
von PeterboTough in der Grafschaft El^ntingdon, und- die an und
fSr sich als die Englischen Seen (the Englisk laken)
beseiehneten Gewässer der Grafschaften Westmoreland und Cum-
berlandy namentlich der Ulles- Water (9 EngL M. lang und 1
Engl. BL breit), der Derwent- Water, Grassmere, Rjdal-Water,
der Winander-Mwe (10 EngL AL lang und 1 EngL H. breit),
der Coniitone- Water XO £ugL M* lang und I Engl. M. breit) u.
s. w. Viel bedeutender aber erscheinen die Seen in Sehott-
land, namentlich in den drei Grafschaften Perth, Inverness und
Argyle: sie sind überaus fischreich und meistentb'eils sehr tief.
Die gr^ssten sind der Loch Lomond von 24 Eogl. M. (5^ G. M.)
Länge, 1 bis 7 EngL Bl Breite und 50 bis 120 Klaftern Tiefe, der
Loch; Leven von 12 EngL M. (2/, G.M.) im Umfange, der lock
I Tay Ton 15 EngL M. <3j.G.M.) im Umfange und 1 bis 2 EngL M.
breit, der Loch Earn (8 EngL M lang und IM. breit), der Loch
Katria oder Katherioe (10 EngL M.'lang und 1 \ M. breit), der Loch
Ness (22 Engl. M. lang und 1 bis 2| Engl. M. breit)^ der Loch Loch/
14 EngL AL lang), der Loch Awe u. s. \\\ Aber noch grös-
sere Landseen, die überdies gleichfalls fast sämmtlich durch
¥ischreidithttmatts§eseichnet'sind|^ werden ia Irland angetroffen»
818 Das Britische Aeieb»
und namepüieli in der nttrdlidieii Wütto der InseL In der Pro«
yinx Ulster befinden sieh die bnden grösstea, der Longh Neagb,
von 32| Engl N. (7f 6. M^ Ltage und 17| M. Engl (3^ 6*
M.) Breite und der Loagb Erne von 44 E^gL M. {9^ 6. H.)
, L&nge und 7 bis 17| M. EngL Breite. In der Provins Con-
nao^t ist 4er Lough Corrib von 25 H EngL (5^ M. 6.) Lange
und 12| BL EngL Breite, in de^ Grafsehafk' Munster der Lough
Lane oder Killamey S^e vo& 18 M. EngL Länge und 3 bis 4
M. EngL Breite, der See Dargeart oder Derg, dureh welohen der
Sfaannoii fiiesst^ der Lougb Kejr, Dan n, m. a.
Die Flüsse Grossbritanniens und Irlands beben sämmtlieh
den Vorsug» dass üe, wiewohl sie wegen der oben gesehilderten
Richtung der Gebirgssüge nur als Kttstenflüsse t4Hi kursem Laufe
gtt betrachten sind, sie gleichwohl Terhältnissmässig sehr breit
und tief sieh ansmttnden und daher ils Wasserstrassen fQr dea
Schiffsyerkehr grosse Vordidle darbiete Im Osten Eng<»
lands sind für den Handel die wichtigsten: 1) Die Thamea
oder Themse, ans der Vereinigung der Isis und des Chacwel bei
Oxford gebildet und schon vorher in diesen beiden Flüssen sehiS'<*
bar, ha^ von da ab einen siemlieh geraden Lauf von Westen
nach Osten von 30 Meilen Lange, in dessen Mitte ungefähr Lon«'
don liegt, da sie 13 Meilen oberha|b dieser Welthandelsstadt sich
in die Nordsee ergiesst Sie ist noch bei London 1500 Fusi
.. breit und vermag ,die grdssten Kau£Ekhrteischiffe bis 800 Tonnen«
last SU tragen* 2) Die H um her, welche eigentlich als dei^ sam*
melnde Ausflufs vieler Bergflüsse der Grafschaft York und der
östlichen K^üstenflüsse der südlichen Chrafsdiaften des mittleren
Englands angesehen werden muss, namentlich des Trent und
der nördlichen Ouse und deren vielfachen Nebenflüssen. Sie wii^
bei Kingston upon Hüll, ein meiienbreiter Busen, der bei der Aus*
münduiig in die Nordsee über swei Geogr. Meilen misst 3) Die
Tyi^e in Northumberland und 4) der Tweed als Grünafluss ge.
gen Schotttand, haben weniger au bedeuten und sind auch ent*
fernter von dem Hauptsitze der EUiglisehen Industrie* Im We-
sten Englands ist der wichtigste Fluss die Severn, sugleieh
der längste in gans Grossbritanniou, da er auf dem Walischen
Berge Plinlimmon ia der Grafschaft Montgommerj entsprungen,
nach einem sehr gekrümmten Laufe und verstärkt durch die
Wjre und den Avon, schon bei Welshpol in Wales für Barken
/
% «
** Das BritlBcIie Rcicb.^ 829
tdiUkor, docli enfbei Giouoetter Schiffe toq tndur alt 100
Tonnen anChehmen kann. Bei iiirer Auamttndong in den Bristol
Canai hat sie aber bereits einen Lauf von 54 Heilen am^ekgel^^
Nächst diesem macht sich der Herse/ aof der Westseite am be-
merkbarsten; weicher vom Peakgebirge ans der Grafschaft York
entströmt^ sehen bei. Stockport für kleinere Fahneuge schiffbar
wird, darauf aber nach der Anfnahme der Irwel grössere Schiffe
and einen wenn auch nur kuraen Lanf darch die industriereich*
ste Gegend Elnglands, von Manchester bis Liverpool nimmt, ehe
er sich busenmilssig unterhalb dieser Ebupt - Handelsstadt für
den Verkehr mit Amerika in- das Irische Meer ausmündet. 5).
Der Derwent und 6)' der Eden, die Abflüsse der Seen der
Grafschaften Westmoreland und Cumb^rland sind erst in neuerer
Zeit auch für den Handelsverkehr wichtig geworden«
Die Schottischen Flüsse sind entweder Ausmündungea
der grossen Seen und dann ausserordentlich wasserreich, oder
reis^ende Bergströme, die durch ih/en Fall, abgesehen davon,
dass diese einer weniger wohlhabenden und durch 'den Verkehr
nicht so belebten C^egend lugehören, für den €rebrauch der
Schiffahrt wenig anwendbar sind. Im Osten ergiesst ^ sich
1) der Forth, vom Ben Loehmond entspringend nach, sehr kur-
fem Laufe in den mächtigen Busen gleichen Namens, der Edin-
bürg mit Leith auch, als Handelsplatx noch bedeutender erhe-
ben könnte, wenn die übrigen Localverhältnisse es nnterstttti-
ten. 2) Der Taj hat einen viel längeren Lauf; bei Breadelbana
in der Grafushaft Argyle entspringend, geht er durch ^den See
gleichen Namens, wird oberhalb Perth auch für grössere Fahr-
aeuge schiffbar und mündet sich unterhalb dieser Stadt busen-
massig in die Nordsee. 3) Der Dee mündet sieh als unbedeu«»
tender Küstenfluss bei Aberdeen. 4) J)er Spej, auf dem Gram-
piangebirge in der Gkafschaft Invemess entspringend, hat auf der
Ostseite Schottlands den reissendsten Lauf, sowie er überhaupt
der längste Fluss dieses Königreichs ist, aber für den Handel
von sehr geringer Bedeutung, weil er nur durch Landschaften
fliesst, die in der Britischen Industrie keinen Namen führen.
Auf der Westseite Schottlands machte sich nur der €l/de be-
merkbar, welcher in Vlem Gebirge der Grafschaft Lanark ent-
springt, ^fänglieh durch seine vier Wasserfklle für die Schiff«
fahrt nnsugähglich ht^ noch bei Glasgow schmal, seicht und
330 Das Britische Reich.
nur für SUiiffe von 150 Tonnea fahrbar. Dieter Fluit wird aber
dann unterhalb dieses eigentlichen Concentrationspunktes 8chot,-
tischer Gewerbsthätigkeit *) bei Grenock 4 — 5 Englische Meilen
breit» und behält ungei^hlet mehrerer Sandbänke hinlänglich
tiefes Fahrwasser bis su seiner völligen Ausmändung in den
Frith of Clyde. •
In Irland ist der' bedeutendste Fluss der Shannon, wel-
cher in der nördlichen Grafschaft Leitrim entspringt, die gros-
sen Seen Allen, Boffin, Ree und Dergh auf seinem südlichen
Lauf durch sehn Grafschaften mit einander yerbindet, bei Lime-
rick für grosse Seeschiffe fahrbar wird und dann in westlicher
Richtung nach einem Laufe Ton 46 Geographischen Meilen
busenmässig sich ausmündet Unter den übrigen Flüssen, deren
Zahl bei dem grossen Wasserreichthum dieser Insel überaus
stark ist, die aber kaum bis zur Länge von 16 Geographischen
Meilen in xiemlich gerader Richtung das passer der ihnen be-
nachbarten, oder von ihnen durchströmten Seen dem Meere su-
führen, und mit den vielfachen natürlichen Meerbusen der Küste
treffliche Hafenbuchten bilden, bemerken wir auf ^ev Südkjiste
den Lee für den Busen der grossen Handelsstadt Cork, den
Blackwater für den Busen von Youghal, den Suir und Bar-
row für den Busen von Waterford, den Slaney für den Busen
von Woxford; auf der Ostktiste den Boyne, der bei Drog-
heda sich in das Irische Meer mündet; endlich auf der Nord-
küste den Bann, als Ausfluss des grossen Neagh-Sees, den
Foyle für den Busen von Londonderjr und den Erne als den'
Ausfluss des Elam-Sees in den Donegalbnsen.
Doch diese schon durch die Natur so begünstigte Bewässe-
rung der Britischen Staaten in Europa hat ihre Krone erst durch
• die herrliche Canalverbindung erreicht, welche hier weniger als
ein Elrgebniss berechnender Sorgfalt der Regierung für den in«
*) Zwischen Glasgow» Grenock und Port Glasgow fahren be-
ständig ^ Dampfschiffe, mehrere stündlich, täglich gehen Dampf-
echifie nach Liverpool und nach BeUast ab. 8. Meidiagers Reise-
beschr. Bd. IL, 8» 9L
^
Das Britische Re^ch. ^331
neren V|etke1ir, all der aHgemeinen-Theilnaluae der Reielieii und
des Handelsstanderi für die möglichkt i^Ötste Belebung desselben
smuschreiben ist, ond die meUten, so tiberaas kostbaren Canal-
banten darch Actiengesellschaften als eintrtlgliche Priratuntemeh*
moDgen in das Leben gerafen hat Der Einflnss dieser €in&le
auf die Industrie nnd die d^on abhängende Bevölkerung ist
aber unberechenbar^ lässt sieh jedooh daraus schon «u einem er«
freuiichen^ Bilde gestalten, dass die durch CanlÜe vielfach durch«,
schnittenen und verbundenen (legenden in den letzten 50 Jahren
ihre Bevölkerung nicht nur verdoppelt, verdreifacht und sogar
vervierfacht, sondern auch dieser so stark gesteigerten Volks-
menge in den blühendsten Städten einen dauernden Wohlstand
bereitet haben. Die Landschaften von Manchester, Liverpool,
Birmingham, Leeds, Sheffield o. m. a. bieten dafür die spre«
chendsten Zeugnisse dar. Und doch ist alles dieses ersit seit
der lyfitte des aohtiehnten Jahrhunderts i^schehenl Da«
durch ist aber Grossbritannien mit Recht lu der glänaenden Ehre
gelangt^ in Europa*) vor allen Staaten am reichsten mit Han-
dels- und Schiffahrts-Canälen ausgestattet zu sein, da Holland
Vergleichungsweise hier nicht zur Seite gestellt werden kann,
weil die gegenseitige Natur der Länder durchaus verschiedenar-
tige Verhältnisse dargeboten hat Denn in den Niederlanden sind
die Canäle niehr zur Rettung des Landes, wie als Folge def
Handelsverkehrs nnd der Industrie entstanden* ^-
Zwar hatte man schon im iiebzehnten Jahrhuiiderte darauf
gedacht^ den inneren Verkehr für die Schiffahrt durch Vertiefung
der Flussbette mehr zu befördern**), und der älteste Plan rührt
ana der Regierung Carls I. her (1635), den Avon von seiner
Einmündung in die Sevem ab bei Tewksbury für grössere Fahr«
zeuge schiffbar nk machen, um die Städte in den Grafschaften
*) Der Tochterstaat in Amerika, die vereinigten Nordamerikaoi-
schen Freistaaten, ringt mit gefährlicher Nebenbuhlerschaft hier aU
lein um den Preis.
^> Vergl. den sehr beachtenswerihen AnfMH über die Canäle
in Blacculloch's Diciionary, vol. I. S. 331. u. flg.
832 Das Britische Reiclt
Wai^idry Woreetter und GMoucestor mit EU>ls, Eiseot Steinkoh-
len und anderen Handelsbedurfnitsen leichter veraehep lu kön-
nen. Der Plan wurde ?on dem hohen Adel und allen Angese-
henen dieeer Landschaften mit Beifall aufgenommen, aber seine
Ausführung wurde durch die bald darauf ausbrechenden büipger*
liehen Unruhen verhindert Nach der Restauration der Stuarts
und unter König Wilhelm, III. wurde swar ron Seiten des Par-
laments au wiederholten Malen für ähnliche Versuche, die Fluss-
achiifahrt su. verbessern, die Erlaubniss ertheilt, aber die meisten
derselben missglückten durch Versandungen oder Anschwemmun-
gen, oder durch nicht genug dauerhafte Deichbauten gegen die
xurückströmenden Wasserfluthen« Daher kam man unter äenlets-
/ ten beiden j^egenten aus dem Hause^annover auf den Gedan-
ken, die FlussschiffTahrt auf einigen Strömen wegen der vielen
sich enlgc^nstellenden Sehwierigkeiten völlig oder strecken-
li^eif e au&ugeben, und dafür Canäl^ anzulegen, welche in gleicher
aber möglichst gerader Richtung in stets schiflfbarem und hinlünglich
hohem Stande erhalten werden könnten. Doch erst 1755 legte
man Hand ans -Werk für eine bestimmte Unternehmung, indem
durch eine Parjamentsacte die Schüfbarmachung des Sankej^Ba-
ehes in den Mersey durch einen Seiten-Canal von 1| Englisch.
Meilen (24 Geographische Meilen) LlUige genehmigt wurde. Doch
ehe noi^ dieser Bau völlig beendigt war, fasste der edle Herzog
von Bridgewat^ *), unterstützt durch den au^;ezeichneten Was-
serbaumeister Jacob Brindley, den grossartig^en Plan, aus seinea
Steinkohlengruben von Worslej ab über Berge, ThIÜer» t'lüsse»
Xandstrassen, an mehreren Stellen durch Felsen durchgehauen,
(so entstand der älteste Tunnel, welcher auf 3 ^Ingusche Meilen die-
sen Canal durch die Hügel von Worsley fuhrt), endlich veriäöge einer
^39 Fuss hohen Wasserleitung über die schiffbare Irwell eine
Wasserstrasve nach Manchester zu führen. Dies Unternehmen
kam in den Jähren 1758 — 61 zu Stande, und wurde auf einer
*) Dieser ausgezeichzete Mann widmete den grösstenTheil seiaes
fürstlichen Vermögens zur Ausführung grossarliger Pläne, die eben
so dem allgemeinen ßeslen nützlich waren, als sie das Vermög;en
seiner Nacbkommen dauerbafl begrüi^deCen.
Das Britisclie Reich. Itt,
Länge ▼•» 29 Meilen Engl. (0^ Oeogr. Meilen) dannf Ms an
ilen Meney Terlingert» wodorrl Lfrerpe«! mit Mendbeeter in die
innigste Verbindung km, nnd der Wateertimne^ort svieelMn die-
nen beiden Handelstadten eefort auf die H&ifte dee friheren
Preieet sank. Die auf diesem Canaie gewöbnlieh gebfanehten
Fahraeage ron G— 8 Last werden Ton einem Msnssbsn r^iiert
Durch da# glQcklicbe Gelingen dieses Bridgewaterseben
€ana!s> wurde der Untemehmongsgeist mehrerer Cksellsehaflen
in rersehiedenen G^nden Englands angerq^t, fthnliehe Wasser-
banten anszafBhren, wosn Brindiej darcb nene Plftne die Hand
bot, nm die rler ^damaligen Hanpthftfen Englands Lendon , Bri*
stofy Lirerfool nnd HuU durch mehrere Wasserstmssen im Inne-
ren sn Terbinden. Diese wurden auch in der That nach und
nadi rdllig ausgefUhrt, wenn auch Brindiej (f ]7f2) ihre Been-
digung nicht mehr erlebte. Zu diesem Canalsjrstem gehör^ 1) *
der Grand Trunk, dessen Bau ron 1766 bis 1777 währte, und
auf einer Länge ron 06 M. Engl (20} G. Meilen) 42 Fuss breit
nnd 5 Fuss tief ist Er steigt äbe^ «ine Lendeshöhe von 528
Fuss und geht dann Qber 33 Bogen, | G. Meli, durch den Berg
Herecastle, besitst 42 grosse Brücken ttber die Landttrassen und
90 Schleusen; er beginnt bei Runcom, gdit dann bis an den
Mersej, steht durch diesen mit dem Bridgewaterseben Canal in
Verbindung bis Newcastle-under-Line, geht dann südlich bis
Titchfield, darauf wiederum nordwestlich bis sum Trent und Ter-
bindet so den Humber mit dem Mersej, oder Hüll mit Lirerpöol.
2) Der Liverpool- und Leeds- Canal nimmt seinen Anfang von
jener Handdrtadt (suerst begonnen 1770, rollstiUidig beendet 1816)
und ergiesst sieh nach einem Laufe ron 150 Meilen Engt (28 1.
G. M.) bei Leeds in die Aire, eirfen Nebenflass der Ouse, deren
Ausilttss wiederum der Humber ist: also eine grotse Haupt-Was«
Serstrasse swischen Lirerpöol und Huli, längst den industriOse-
sten Fabrikörtem. Dieser grosse Canal steht aber wieder mit 45
anderen Canälen von geringerer Länge in Verbindung, theils sum
Waarentransport ads einseinen Fabrikstädten, theils su der aus-
gedehnten CanalverbinduDg swischen Liverpool und Londo^, die
eine Länge von 264 MeiL Engt (57^*^ G. M.) ausmacht Unter
diesen Canälen sieben durch ihren meikwfirdigen Bau besonders an
der Rochdale-Canal, welcher von Manchester hoch über Berge
nach Halifax ftthr^ und hier mit dem Fiüsschen Calder in Ver.
/
334 Das Britische Reich.
bittdttBg ttittf ^a» bei Wakefield fn die Aire ftllt imd fo in die
Bimiber likhrt' Mit diesem fast (laralell Utift von Manohetter der
Huddertfieider Canal nach der lete^enannten Stadt, yermtige eines
in sehnjihriger Arbeit 3 Engl. M^il. lang dureh einen Berg dnrch-
broebenen Tannelt , und füllt bier gleichfalls in die Calder. 3>
Der Stafforddhire'^ vnd Worcestershire- Canal; jener
rerbindet oberhalb Stafford den Grand Trunk mit der Serem,
dieser sieht sich von Birmingham 31 Engl. M. (6| G. BL) nach
der Sevem bei Woreester, beide verbinden also Liverpool und
Huil mit Birmingham und BristoL Mit diesem Canale hängen
pun mehrere später von Birmingham ans erbaute Wasserstrassen
susammen, als dieser Ort dureh seine grossen Metallmanufacturen
steh SU einem so bedeutenden Ansehen *er}iob: so die (^Anale,
welche nach Wolwerhampton, Coventrj, Warwik, Stratferd u. s. w.
führen. ^) Der Oxford •Canal wurde in einer Länge von 119
Eiigl. M. (2&\ 6. M.) sur Verbindung der Themse bei Oxford
bis zum 'C^rand Trunk gef&hrt und damit der Trent und der Hum*
ber auch im Inneren Et^glands mit der Themse und London ver-
bunden. Da nun aber sugleioh von Birmingham aus nach Fa.
selj in diese Canalverbindung eine neue Wasserstrasse gebaut
wurde, so war auch auf solche Weise anigle^ch für- die Verbin-
dung zwischen Liverpool, Bristol, London und Hüll )^orgt, und
Brindlej's umfassender Plan ausgeführt Spätere grossartige Ca-
nal-Bauten aber veilroUstAndigten dies Unternehmen theils durch
Seiten -Canäle, theils durch bequemere Canäle. Die wichtigste
Unternehmung ;nttter diesen ist der 6rand*Junction- Canal,
welcher 1792 angefangen und von Brentfoi^d an der Themse, nicht
weit von London, in liemlich gerader Richtung in einer Länge
von 00 EngL-M. <fast 2a 6. M.) bis Braunston in der Grafschaft
Northfunpton gefuhrt wurde, wo er sich mit dem Oxford -Canal
.verbindet Derselbe geht bei dem Dorfe Wolverton vermittelst
einer langen Wasserleitung über die Ouse. Mit dieser Wasser-
Strasse ist auch vermöge des Flusses Lea und des Cambridge»
Junction-Canals die südliche Ouse und der Busen Wash mit
der Themse verbunden.
t
Im sü.d liehen England sind die Canalbauten am «p&*
testen angefangen, weil das Bedürfhiss hier am wenigsten
dasu trieb, da das verhältnissmässig nicht sehr ausgedehnte
Küstenland südlich vo« der Themse noeb dnicih viele Küsten«
Da8 Britische Reich* 3tS
FlftMe derebtehuitteB wir4» Der Medwaj^Canal reribindel
«nf einer LiUige tod 7 Engliseheo Meilen die Themse mit dem
Medwaj fluse ron Grayeaend bt« Roebeiter; er wurde im Oete»
1»er 1S24 eröffnet, ist durchg&ngig 22 Foss l»reit nnd bat den
grdssten Tunnel in Grossbritannien ron 2j- Engliscben Meilen
Länge durch Kreidefelsen durqbgehauen» d«r bei einer Höbe
Ton 40 Foss Oberhaupt nnd 8 Fusa Wassertiefe nicht blos für
Barken *), sondern auch für Küstenfahrer dienen kann* — Um
London mit Wasser su rersehen, ist der New Riwer Ten Päd-
dington ab gegraben, der als Seiten-Strasse den Regents-Ca-
nal erhalten hat, und nach siebenjöhriger Arbeit mit 12 Schleu-
sen nnd 37 Brücken, bei einem Kostenaufwand von 600,000 %
Sterling«) (4,200,000 Tlilr.) am Isten August 1820 auf einer
Strecke von 25 Meilen Englisch (5^^ Geographische Meilen) be«
endigt ist Auch der Regents-Canal löuft in einem Tunnel von ^
Heile Engtisch L&nge (I0| Fuss hoch, wovon 7^ Fuss Wasser-
tiefe isl) unter dem New* Riwer und der Stadt Islington w^.
Südlich von London geht der Surrejr* C anal, der iwischen
Londonbridge und Deptford seinen Anfang nimmt, sich in einem
grossen Halbkreise umSouthwark, den südUchen Theil von Lon-
don sieht, md dann in swei landeinwärts ausgehende Seiten-Ca*
uäle nach Mitoham und Crojdon ausläuft •— Zur Verbindung
des Wjre, eines Nebenflüsse^ der Themse, mit dem Arun« einem
Küstenflusse' der Grafschaft Süsses, ist 1810 von der Stsdt Gull-
ford an der Wye ein Cemal von 18 M« EmgL (beinahe 4 M. G«)
Länge erbaut An diese Wasserstrassenverbindung s^Ueutsich der
Canal von Arundel, einem Städtchen uäk Arun, welcher nach
Cbiohester und so nach Portsmouth führt, von wo aus seit 1827
eine neue direete Canalverbindung nach London auf einer Länge
*) Die übrigen Tunners in England sind blos für Barken be-
simmt und oft so niedrig, dass sich die Schiffer auf dem Rücken
legen and 'mit den Füssen durchdrücken müssen* Meidinger's Reisen
Bd. L S. 85.
*^ Da das % Steriing gegenwärtig in schwankendem Conrse
zwischen 6|, 6i^ und 7 Rthlr.sicb beflndet, doch mehr dem letzten
Stande sich nähert, so habe ich der leichteren Uebersicht wegen die
Redndmag des f( 8t überall auf 7 Rtblr. Ft. vorgenoiunen.
/
336 , Das Briiisehe Reick
TOii e&E. M. (13 Bl 6.) ausgeführt wird. Endlich anf der Grilns >
" der Grafaehaft Devon nach Comwall heündet sieh Ätr merklrfir*
dige Tarittock-Canaly welcher nach dreizehnjähriger Arbeit
1817 snir Verbindung der Fl&tte Tavy und Tamar eröffnet, und
bei einer geringen lAnge von 4 EngL^M. ]| Meilen EL [in einem
Tunnel durch einen Berg durchgehauen ist.' Er jdient zur Ver*
bindung der reicheif Kupfer- und Zinngruben bei Tavisteck mit
Devonport und Pljmonth, vermöge des Tamar.
Die Schottischen Canalb'anten betreffen mmsten^eili
nur den südlichen Theil dieses Reichs , weil dieser allein in der'
Industrie, und in dem lebhaften Handelsverkehr mit England gleich
steht Der Glasgoiifer Canal, welche die Flüsse Forth und
Cljde vereinigt 9 oder Edidburg und Glasgow , die Nordsee mit
dem Atlantiichen Meere , wurde bereits 1768 angefangen , aber
durch den Nordamerikanbchen Freiheitskrieg im Bau aufgehalten,
erst 1784 wieder fortgesetzt und 1790 beendigt Er ist in einem
girösserem Maasstabe angelegt als irgend ein Englischer *), da er
mehr als 8 Fust Wassertiefe erhalten hat Seine Länge hetrl^|;t
35 Engl. Mail. ( 7^ G. M.H »her ^ üt auf dem höchsten
Punkte 160 Fuss hoch über deir 'Me^resfläche erbaut,, indem er
in 43 Schwibbogen, darunter in zwei über die kr^tigen
und nicht unbedeutenden^ Bergströme Luggin und Kelwin,
und ausserdem mit 38 Brücken über die Landstrassen fortge-
führt ist Der Kostenaufwand für diesen Canal betrug 500,000
%St (3,500,000 Thlr.)**), aber es können auch Schiffe von 68 F.
/ Länge, 19| F. Breite und 7| F. Wassertra^ht auf demselben mit
BequemUchkeitf fahren. Es hit nodi ein Seiten -Canal von dem-
*) Maccuiloch, Dictiouary L S. 324»
*) Dennoch hat sich der Ertrag von dem hier angelegten Ca-
pitale, besonders seit der mit dem Jahre 1814 verstärkten Fahrt
auf den Canal so ausserordentlich gehoben, dass dasselbe über ÜO
Procent Zinsen abwirft, oder die Actien auf 600 Procent steigen
lässt, wie in der That 1831 bereits^ die Actie jron löö <S St mit
600 %• bezahlt wurde. Die Fahrt ^aof demselben dauert für Dampf-
böte nur 5 Stunden, VergL Beuth über Glasgow in den Abbandlun-
gen d. Preuss« Gewerbe-Vereins, Jahrg. 1824 Sept u« Oct S. 156—206.
Das Brttischa Betcb. ' 337
mtiben auf 4 EagL Mrft lAngt muaitttlbaY mdi Qhägow gexo-
geik Mit dieser Wauentratie steht auf der einen Seite ia Ver-
bindung der Union-Canftly weleker Ton Falkirk am Forth und
Cl/de-Canal ab bis nach fidinburg geführt und 1622 beendigt
ist, jedoch keinesweges mit dem erwarteten Erfolge bei dem Ger
brauche desselben. Dagegen ist auf der andern Seite der neue
Glasgow -Canal nach deka Meere sa von der grttssten Be-
deutuDg. Er ist von diesem Haup^unkte der Schottischen In-
dustrie und seines Handels über Paialdjr in gerader Richtung auf
einer Lunge von 23 Engk M. (5 G. M.) bis an Androssan nach
dem Meere^ gesogen, um die Krümmungen des Ci/de-Blisens zu
vermeiden« Der Crinan-Canal durohsehDeidet bei einer Länge
von 9 Engt M. und 12rFoss Wassertiefe die Halbinsel Kantjre»
tragt Schiffe von 160 Tonnen Gehalt, und vetkünt wesendioh
die Fahrt auf dem westlichen Theile von Nord- und Mittel-Schott-
land nach Südschottiand. Der Caledonische Canal ist eine
der grössten Wasserbanuntemehmungen, welche bis jetst ausge-
führt ist, indem sie gans Mittel -Sehottland von Inveruess im
Osten bis Fort William im Westen durchschneidet uud eine Aus-
dehnung von 58{. E. Meil. (13 G. M) hat, von denen ajSer die
grossen Landseen Ness, Dieb und Loch/, durch welche er durch-
geföhrt ist 37| M Engl, fortnehmen, also nur 21^ M. E wirk-
lieh gegraben sind. Seine €hmndflüche liegt, wo sie am höch-
sten ist, -961 Fttss hoch über dem Atlantischen Meere, er hat 22
Schleusen und ist oben 122 Fuss, unten 50 Fuss breit und i20
Fuss tief, so dass Fregatten von 32 Kanonen (die über 20 Fuss
tief gehen) und Kauffahrteischiffe von 10DO Tonnen Gehalt auf
demselben fahren könneiK Er wunle allein auf Kosten des Staats,,
da ein solcher Bau als Capital -Speculation zu, gefährlich schien
wie er denn auch wirklich bis jetzt sich nicht versinaet, mit ei-
nem Aufwände von 986,924% St. (6,908,4,68 Rthlr.) durch Thomas
Telford erbaut, und ist 1822 für die Schiffahrt eröffnet E^ ist für den
Handelsverkehr von der grössten Wichtigkeit» indemer die Östlichen
mit den westlichen Gewuss^m Grossbritanniens verbindet und die
gefährliche Schiffahrt durch die Pentlander Strasse swischen Nord«^
Schottland und ,den ^rea«lisohea. Inseln» «der die langwierige
Fahrt um die südlich^ Küste Ejiglanda durch den Canat vermei-
den lüsst. An beidem ^nden des Canala stiid weitHkuffcfge Bas-
sins annc^degt, in weld in gleichzeitig drei Flotten aufgenommen
I
338 Da« Britische Beich.
wtstiHk könnMi. —-Die Ükrigeft Cui< SchotHanda sind nicfat
TOD groflfer Bedenttiif^..
In Irland haben die Canäle bis jetxl eine noch mehr unter-
geordnete Stellung: die drei bedeutendsten sind der kÖniglicksB
Canaly welcher von Dublin übelr Mullingar nach dem Shannon
bis Tarmonbarrj unterhalb Carrick gezogen ist, eine Lunge von
beinahe 19 6. M. hat und einen Kostenaufwand von 1,086,586
%. St (7,605,976 Rthlr.) veranlasst hat, der inzwischen von
Seiten der Regierung getragen ist Der zweite, .der grosse
Canal, 17 ,G. M. lang, läuft in fast paralleler Richtung südlich
von jenem von Dublin über Tullamore bis nach tianagher an den
Shannon» und verbindet so das Atlantische mit dem Irisehen
Meere: ein Seitencanal geht aus demselben nach Athj an den
Barrow-Fiust und verbindet dadurch Dublin mit Waterford. Der
dritte Ebiupt-Canal., der Newry-Canal, fuhrt aus dem grossen
Neagh-See in südöstlicher Richtung in den Carlingford- Busen
und bewerkstelligt dadurch eine leichtere Verbindung zwischen
dem nördlichen und Östlichen Theile Irlands und beider mit Li-
verpool, die durch ein häufig gehendes Dampfschiff lebhaft un-
terhalten wird, wenn gleich der tägliche Dampfbootverkehr zwi-
schen Dublin und Liverpool weit stärker ist Dieser Canal ist
eigentlich durch die Vertiefung der beiden Flüsschen Newrj- Wa-
ter uud Bann entstanden, trägt vom Heere bis zur Stadt Newrjr
Schiffe von 150 Tonnen Last und bis zum See Neagh und den
Steinkohlengruben zu Dungannon, Drumglass uud Coal- Island
Barken von 1000 1>is 1500 Centner. Inzwischen hat noch kein *
Irländischer Canal das Glück gemacht, eipen reichlichen Zinsen-
erdrag vbn dem auf seinen Bau verwendeten Capitale abzuwer-
fen, zumal da der Bau selbst mit zu unverhältnissmässigcm Auf-
wände bewerkstelligt, und doch der Handelsverkehr der Provin-
zen, durch Welche diese Canäle ihre Richtung nehmenf, so be-
schränkt ist, dass selbst die mit den geringsten Kosten errich-
teten Canäle in der Gegenwart die Unternehmer noch nicht ent-
schädigen würden*)*
Werfe» wir bub sum Sehlosa der Uebersieht der Canal-
*) Maccullocb, a. a. O. L 5. 325.
Das Britisch« Reich. 339
■Jbftiten eiiieB Rftdrklidc auf lea |«uuaaiteii Umfong denelben»
so liiidMi wir, dass su Anfang des Jahcea 1824 die Aufdehnung
der ganien Canalfahrt in den drei vereinigten Reichen 2960
Engl. M. (640 Geogr. M.) betrug. Für England und Waieg war
fiaeh Baader die Zahl der mindeitena fiber 6 EngL M. langen
Canäie 118/und ihre Getammtlftnge mit Einachlui« der kleiner^ be*
trag 251 1 EngL ML (543 Geogr. VL). Die Sehottisehen Can&le mach-
Cen 184 Engl. M. (39|6.M.), die buchen 26&.Engl. M. (57^ 6.H.)
aus. Die Zahl der Tunneli oder unterirdifchen Durchgänge
betrug 48, von welchen 40 allein augammen über 32 EngL KL
(gegen 7 G. M.) lang sind. Vergleichen wir Frankreichg achilf-
bare Canile mit den Britischen ^^ so betragen jene (gegen 136 6»
M.) nicht yie) über ein Fünftheil der Gesammtlänge der, letzteren,
die auf eineqi doppelt go kleinen Flächeninhalte sich befinden:
n^d welches VerhHltuiss tritt dann hervor, wenn wir die Ver«
gleichung nur auf das Königreich England im engem Sinne be-
schränken, ^o bei einem fast fünfmal so kleinen Flichenin*
halte als Frankreich, doch viermal so viele Canäle den Wasser-
verkehr erleichtem. Die auf Aetien erbauten Canäle in Gross-
britannien und Irland haben insgesammt ein Anlage-Capital von
mehr als 30,000,000 % St (210,000,000 Thlr.) erfordert, aber
(ler jetsige Werth dieser Bauten ist auch, abgesehen von der un-
berechenbaren allseitigen Beförderung dea Nationalwohlstandea
do^ auch absolut vicMhöheir anzuschlagen. Denn gerade die
längsten und wichtigsten dieser Unternehmungen gewähren nach
Abzug aller Reparatur- und Unterhaltungskosten, eine so reiche
Dividende, dass der ursprüngliche Werth der Aetien um das
Vier- bis ZwÖlfTache gestiegen Ist (für den Trenfr und Mersoy-
Canal von 50 % St. auf 620 <S St, CoventryCanal von 100 ft
auf 795 <S St, Cljde- und Fotth-C. siehe oben, Staiford- und
Worcester Sh. Canal von 140 <3 St auf 710 <S St^ Oxferd-Canal
von 1(X) % St auf 5(X> % St, Liverpool- und Eeeds* Canal von
lOOSSt auf 410ftSt> Es konnte aber bei lockendem Vortheile auch
nicht fehlen, dass nup völlig unangemegsene Unternehmungen ent*
worfen wurden, die oft nur in dem unsicheren Credite der Unterneh-
mer ihre Veranlassung fanden, der bei dem fiberaas regen Asgocia-
tiopsgeiste der Engländer leicht Beifall und Geldunterstützung zu
erhalten hoffen durfte. Die durch solchen Sehwindelgeist hervorge-
rufenen Pläne konnten Jedoch nicht anders als missglücken, und so
34Q Das Britische Reich.
i
giebt es denn auch Canal-Actien, — deren Canale indes« gar nicht
angefangen oder doch nicht vollendet sind,— welche nicht den lehnten
Theii ihres Nennwerthes jetact noch haben, öder zu völlig nutzlosem
Papiere herabgcf^esunken sind. Dies zeigte sich namentlich in den
Jalifen 1823 und 1824, wo allein zu London 33 Gesellschaften zur Er*
bauung von Canalen, Docks und Dampfböten mit einem Actien-Capi-
tale von 1 7,753,000 % St ( 124,27 1 ,000 Rthlr.) sich ^ bildeten , die fast
sämmtlich durch die Handels •Crisis des Jahres 1825 untergingen,,
weil sie ohne sichere Grundlage ihre Plilne unternommen hatten.
Die Lands trassen Grossbritanniens sind fast gleichzeitig
mit den Canälen in allen Hauptrichtungen kunstgemäss erbaut,
und werden daher seitdem in Turnpike-roads (mit ^chlagbuu-
nien versehene Kunsts trassen) und Higwaj^s (gewöhnliche Land-
wege oder Heerstrassen), eingetheilt. Diese müssen von den Ge-
meinden, welche an ihnen wohnen (in England und Wales aU
lein gegen 05,000 Engl, Meilen 20,540 Geograph. Meii.), unter-
halten werden, was entweder durch Hand- und Spanndienste ge-
schieht, und dann gemeinhin sehr mitteimässig geleistet wird,
oder für die Geldsummen, Wiclche für die abgelösten Natural-
dienste gezahlt werden, von einzelnen Unternehmern aus-
geführt wird. Jene Kunststrassen dagegen werden seit
dem Jahre 1704 auf Kosten der Regieriyig erbaut und un-
terhalten, indem ausser den an den Schlagbäumen zu zahlenden
Wegegeldern, die jahrlichen Beitr&ge der Gemeinden für die nun
auf diesen Strassen entbehrlich gewordenen Naturaldienste *) da-
zu verwandt wurden. Auf solche Weise sind in 60 Jahren bis zu
Anfang des Jahres 1824 grössentheils musterhaft jond bis jetzt
'^) Schon unter der Königin Maria war 1555 das G^Kth gegeben
und bis auf den Anfang der Regierung Georgs HL in Kraft erhalten^
dass jährlich für jedes Kirchspiel zwei Wege -Inspectoren* gewählt
werden sollten, unter deren Aufsicht alle Einwohner der Kirchspiele
nach ihren Kräften vier Tage hindurch mit den nöthigen Werkzeugen und
Geräthschafien zur Verbesserung der vorhandenen Wegeatbeiten soll-
ten. Eine ähnliche Verordnung war von dem Schottischen Parla-
mente unter der Regierung Carls II. J669 erlassen, welche aber diese
Diensteanf sechs Tage jährlich festsetzte, und voll den Gutsbesiizeru
und t'achtern insbesondere noch dazu die nothwendigen Pferde, Wagen
nnd Karreuv forderte.
Das Britische Reich. 341
Bocii dmdi keiMeo anilern Stmat ttbertroffen im Köni^ri^ieh
EngUail 18,329 CngL M. = S.963 Geogr. M.
im Firatenthom Wales . 2,591 -r- — = 560 — — .
im KÖDigr. Sckottimnd . 3,01 1 — — == 786 — -*
24,531 Engt M. = 5,309 Geogr. M.
KmittBirasseii *) erbaut Diese erforderten auaier dea jährlith
dafür aDgewieseiAn Geldieittungen eio Capital Ton 5,200,490 ^
St oder 36,403«430 Thlr., welche als Actiensehuld auf dao eiu«
xelncB Straaseusugen haftet^ und iwaf
auf den Epgltsehen 3,874,255 9 St = 27,119,785 Thir.
— — Waluiichen 201,862 — = 1,413,034 —
— — Schottischen 1,124,373 — .= 7,870,611 ^
— ■ .
5,200,490 ft St = 36,403>430 Thlr.
In den vier Jahren 1818—21 betrug durchschnittlich die Ein-
nähme der Wegegelder
auf den Englischen Kunststrassen 970,6 1 8 tl St = 6,794,326 ThlV.
WalisUchen — — 37,672 — = 263.704' —
SchoUischen — — .129,635 — = 907,445 —
1.137,925 a St = 7,965,475 Thlr.
Doch reichten dieselben keinesweges zur UnterKnltiing der Kun&t-
straxsen aus, die nach Macculloch *) in dfer Gegenwart einen
jährlichen Aufwand von 1,600,000 ji St (11,200,000 Thlr.) in
Anspruch nehmen, wovon ungefiihr 270,000 jl St, (1,620,000 Thlr. >
als Geldbeiträge für die abgelösten: Naturalilienste in Abzug an
bringen sind: demnach würde noch ein jährlicher Zuschuss aus
den Staaufonds von etwa 200,000 g St (1,400,000 Thlr.) für
*) Auch in dem Kunsls<rassenbau eiferte die Rivalität derNorda«
merikaner mü dem glänzcndälen Erfolge nach: hiebei gewann sie sogar,
wie bei den Ei^nbshnen, den entschiedenen Vorrang, denn die yer*
einigten Staaten zählten schon im Jahre Id'iö 88,000 Engt Meilen
U(),643 G. M.) Postsirasden, und im Jahre 1833 46 beendigte Eisen-
bahnen, darunter mehrere über 100 E. M. lang, überdies aber 137 ange-
fangene und ihrem Endziele schon sehr nahe gerückte , darunter die
l>rächtige von Baltimore nach dem Ohio unweit Pittsbing, von 330
Engl. M. (71{ G. M.) Länge. Vergl. Edinburg Review Oct. 1834
Pg. in-'ija.
**) A. a. O. Artikel Wege und Landstrasscn, Bd. 11. S. 909.
349 Das Britische Beiok
Orossbritannien allein erforderlich gein. •— In Irlajnd werden
ungefähr 5,000 Engl. Meilen (1,081 €reo|(r. Meilen) Kunstf trauen
angegeben. '
AI» eine Ste^rong der Kunitttraiien, die Jedoch iiur in
einem Lande von dem lebhafteaten inneren Verkehr, oder durch
fligendifimlich günitige Localverhältniise gerechtfertigt^ werden/
kann, lassen sich die Eisenbahnen^Rail-roadSflron-railroads
Tram« oder Waggon-roads) betrachten. Sie sind suerst veran»
lasst durch die Holzbahnen fQr den Steinkohlentransport aus
den benachbarten Gruben, die schon im siebzehnten Jahrhun-
derte etwa seit 1680 in England in Gang kamen und auch ge-
genwirtig noch in den Nordamerikanischen Freistaaten vielfache
Anwendung linden. In England fing man erst seit 1800 auf solchen
Fahrbahnen oder Riegelwegen das Eisen statt deiS Holzes anzu-
wenden , namentlich in der Nähe von Newcastle upon Tjne und
Snnderland, zur VernUiTupg der Steinkohlen nach den Flüssen Tyne
imdWear; dpeh wiederum verstrichen 20 Jahre, ehe man an die
Ausführung grösserer Eisenbahnen auf steinernen. Grundlagen
lum allgemeinen Waarentransport zwischen sehr bedeutenden Han-
delsstädten dachte *)• Die erste grosse Eisenbahn war der
Stoktonand Darlington-Rail-road, welcher auf einer Länge von
25 Engl Meli (5^'^ ^^ogr* MeiL) nach einer Parlamentsgeneh-
migung vom Jahre ^1823^ zwischen den Kohlengruben von Whit-
fon-Park in Durhara und Stokton an der Tee angelegt und 1825
«um Gebrauche eröffnet wurde. Darauf wurde die grossartige
und wahrhaft ausgezeichnete Eisenbahn zwischen Manchester
und Liverpool in den Jahren 1826—28 auf einer Länge voi^
32 Engt M. (6j| Geogr. H.) mit einem Kostenaufwande von
820,000 <S 8t (5,740,000 Thlr.) ausgeführt Sie fängt in I4ver-
^ Vergt Historica! account of the navigable rivers, canals and
raiUways, by Nicholls, PriMtley aad lYalker, Lond. 18M, 4(o, in
welchen sehr beachtenswerlhen lYerke überhaupt eine Dilrsielluag
der Laad* und Wasserstrassen für den innere« Verkehr des Britischen
Reichs dargeboten ist; ferner den oben angefahrten Aufsatz ^ns
dem Edinburgh Review S. 04—1^, in welchem vier Eaglische und
J^ordamerikanischeBerichte über die Eisenbahnen gründlich beartheilt
und sehr anziehende Mittheilungen aus denselben entlehnt sind; Mac-
culloclfa. a. O. Artik. Eisenbahnen Bd. L & 6*21*27 und die Zu-
sätze des Deutschen Bearbeiters zu demslelben.
Das Britische Reich.
3^3
pool mit einem Tunnel «n, welcher über 1| EngL M. unter der
Stadt durchläuft, hat 63 Brücken, von welchen 30 unter, 2S
über den Landstrassen, 4 Ober Bäche und eine' über den Fhiss
Irwell führt und gewährt die Möglichkeit, das« diese ganze
Strecke in 1} bis ]| Stunde zurüekgel^ werden kann, die
Jetst schon jährlich von 500,000 Reisenden befahren wird. Die
ersten Versuche mit Dampfwagen auf dieser Eisenbahn wurden
imOctober 18^ gemacht. Unter den mehrfachen gegenwärtig im
Bau befindlichen grossen Unternehmungen zu Bisenbahnen, die
gleich den Canälen in d«n Jahren 1823 und 1824 48 besondere
Compagnien smr Anlage von Rail-roads mit einem angegebenen
Capitale von 22,450,000 % St (157« 150,000 Thlr.) hervorgerufen
hatten, obgleich die meisten dieser Pläne gleichfalls aU nichtig
seriielen -* nimmt die erste Stelle die Bahn ein, welche Lon-»
don mit . Birmingham und dadurch bei den schoii bestehenden
Eisenbahnen zwischen Birmingham und Manchester und Liver-
pool, auch mit diesen Handelsstädten verbinden soll; sie erfor-
dert eine Länge von 111}^ Engl. M. (24 Geogr. M.), von wel-
chen nur 9} völlig eben sind, bei den übrigen die Kunst aber
bedeutend nachhelfen muss, da Birmingham um 350 Fuss senk-
recht höher als London liegt Ausserdem sind bemerkenswerth-
die Eisenbahn von Preston zu der von Manchester, die von
Leeds nach Selby, von hier nach Hall, wie die von Carlisle nach
Newcastie, wodurch bereits vermöge Eisenbahnen das Irische
Me^r mit der Nordsee, auf dem Wege durch die^wichtigstenManufak*
tur- und Handelsstädte, in zuriefacher Richtung verbunden . wer-
den. In der Nähe von London sind schon am frühesten klei-
nere Eisenbahnen errichtet; wie die zwischen Croydon und Mit*
cham auf einer Strecke von 4 Engl. M. In Schottland giebt
es ausser bei den Steinkohlengrubon noch keine grössere Eisen«
"bahn, und auch in Irland bis .Jetzt nur die einzige zwischen
Dublin und Kingstnwn am Dubliner Busen, in einer geringen
Ausdehnung voir 7 EngL M. (1| Geogr. M.), da Kingstown in der
bevölkertsten Umgegend von Dublin liegt» die reichsten Kanfleute
hier Sommerhäuser haben' und das tägliche Dampfboot von Li*^
verpool hier anlegt -— Doch das Zeitalter der Eisenbahnen scheint
auch für das Britische Reich zuerst seinen Anfang erreicht zu
haben— Die eisernen Kettenbrücken und die durch eiserne Ket^^
ten gehaltenen Seedämme ^ wie zu, Brighton und zu. Ne^hawen
bei Leith and Edinburg, fanden gleichfalla zuerst in diesem
344 Das Britische Reich.
Reiche ^e gfostartige Anwendnng: jetit si&Mt iiian bereite 30
grotee Brücken <lieger Art, «Ivron 24 allein in Englanil, 4
liber die Themse, 3 ttber die Sevem, andere in den wichtigsten
Städten, wie SV Manchester, Liverpool, Sunderland, Bath, ipswioh
u. i. w. — Der Tunnel unter der Themse, ein Riesenwerk auch ih sei-
ner halben Vollendung, darf als ein angemessener Anknüpfungspunkt
i^ttr spätere ähnliche Unternehmungen, die Brücken unter den
Flüssen sii schlagen, «eine Steile in dieseln fi. wohl schliess-
lieh einnehmen.
$. 5.
Bevolkerungs-Verhälinisse«
Ab$irßLci of ih9 anatterB and returMf made pur^uant to an
nct for tßhng an äecount of ihe population of Great Britam
1811, London 1812, FoL Darauf dieselbe Arbeit für das Jahr
2821, ordered hy iho hause of Commonn to he printed 2 July
1822, Lond, Fol, Der Druck beider Werke ist unter Aufsicht und Re-
daction voii 1. Rick mann blos i^um Gebrauch für Parlamentsglieder
und höhere Staatsbeamten geschehen. Dieselbe Arbeit, vervoll-
«tändigt mit Irland nach der Zählung des Jahres 1831, ist ob.
S, 202 unter den allgemeinen Hülfsmitteln aufgeführt
Die ältesten Volkssählungen » wie unbestimmt und unvoll*
atändig sie auch im Einzelnen gemacht sein mögen, reichen
doch für das Königreich Ein gl and bis in das vieraehnte Jahr*
hundert hinein, denn wir besitsen aus der Zeit der Regierung
Eduards IlL eine Steuerrolle aller Köpfe nach den einseinen
Grafschaften, welche 2,353,000 Indiiriduen angiebt Zwei Jahr-
hunderte später wurde für England und Wales gemeinschaftlich
unter der Aufsicht der Bischöfe dne Zählung Torgenommen, die
jedoch nur in runder Zahl bekannt geworden ist und die Volks-
menge in damaliger Zeit auf 5,000;000 Bewohner angiebt Bern
Abgänge der miinnlichen Linie des Hauses Stuart vom Gross-
britannischen. Thron 168D war die Volksmenge in England und
y
Das Britisciie ReicL
W*I« 5,900,00(>
Jaluoi I« ^
1700
1710
1720
1730
1740
1750
10
M7S.000 EiawolAci;
5»24O»00O -*
&,56S,000 <—
5,7SM,000 —
6,0&l,000 —
6,467.000 —
ZMt ab k
TOB 10 Jdve«
SiMict. Sie
Dita« Vtmkmtmwmg
tnAtint als Falgs
4cr diätigMi TkeiU
naluBa £agUi|^«. 4.
Span. Erbfo^dari^^.
Es waor addiia 4is gesaaüata Zanahaie ui des 61 Jakra« \^il
1,167,000 indmdnen, das ist im Dar^schnitte jikilidi 10,iai
lodiTidaen, oder bei dem Gnmd-Capital too 5,300,000 MenadMA
des Jahres 1689, beinahe | Proeent Voq diesem Zeit^akte ab
zei^ sieh aber ein riet bedeutsamerer Einfluss des jfthrlieh aas-
serordentUch gesteigerten Britischen Handels and Gewerblleissea
aaf die Zunahme der Berdlkerang. Wir haben ans derselbett
Quelle die BeröikeruDg von England und Wales
für 1760
— 1770
— 1780
— 1700
— 1800
6,786,000 EiBWfAttsr,
7^28,000 —
7,953,000 —
8,675,000 •—
9,168,000 —
Es ist demnach in diesen 50 Jahren ||§J die gesammte Zu-
nahme der Bevölkerung' 2,701,000 Indiri^uen, odtr im jährlichen
Durehschnitte 5-1,020, das ist bei dem Grund-Cnpitale^ toq
6,467,000 Menschen im Jahre 1750 über \l Procent. Führen
wir nun bis au diesem Zeitpunkte auch die Bevölkerung Schott*
lands und Irlands herunter, so finikn wir für Schottland
im Jahre 1689 = 1,200,000 Einwohner
und 1780= 1,470,000 — ,
also in 91 lahren einen Zuwachs der Bevölkerung von 270,000 Indivi-
duen, odet* im jährlichen Durchschnitte 2967 Ind., das ist bei einem
Grundcapital von 1,200,000 Menschen, beinahe \ Proecu t jährli-
cher Zuwachs, bleibt also damals sehr bedeutend hinter Eugiand tn-
346 Das Britische Reich.
rfick« Dagegen ist der-Forttohritt in deo nlebsten 20 Jahren,
wo Sehottlandt Handel und Industrie dureh den Englischen mit
in die Höhe gebogen wird. Fiel bemerlcbarer, denn wir finden
im Jahre 1800 die BevÖllcerung Sehottlands auf 1,584,000 In-
dividuen angewachsen, also eine Vermehrung derselben gegen
]7iB0 um 114,000 Individuen, oder im jährlichen Durchschnitte
&700 Individuen, das ist bei ' einem Menschen-Capital von 1,470,000
Kk, im Jahre 1780, über J. Procent jährlicher Zuwachs.
Aber ein gans abnormes Verhältniss in der Zunahme der
Bevölkerung giebt für die Europäischen Staaten Irland, das
seinen eigenthu milchen Grund in der dortigen Gestaltung der
bürgerlichen Verhältnisse findet, die überaus leicht im jugendlichen
Alter sur Stiftung eines Hausstandes oft auch nur in wilder Ehe *)
aufmuntern, denselben auf wenige Morgen Kartoffelland für Kinder
und Sehweinel^egrÜnden, die Volksvermehrung zwar übermässig stei-
gern, aber dafür auch die traurigste Dürftigkeit und Noth auf dieser
Insel einheimisch machen. Wir finden eine BevÖlkerungsangabe^
freilich nur schätsui^weise nach den Kircfaenr^istem in Bezug
auf die Zehnten aus dem Jahre 1669 ang^eben, sie giebt die
2^hl der, Bewohner nicht über 1,000,000 Köpfe an, sie ist 85
Jahre später 17^ schon mehr als verdoppelt, nach Wake-
fiel 2,372,000 K., und beim Ausbruche des Kampfes gegen
die Französische Revolution 1792, wo auch nachmals Irland
SU einem Theil des Kriegsschauplatzes bestimmt wurde, war
sie bereits auf 3,600,000 Köpfe angewaehsen. Dies gewährt
aber für 123 Jahre |^|| eine Zunahme der Bevölkerung nni
2,600,000 Köpfe, oder im Jährlichen Durchschnitte 221,130
Individuen, das ist bei einem Grundcapital von 1,000,000 Men-
schen im Jahre 1669, über 2 Proeent jähriieher Zuwachs durch
eine so lange Reihe von Jahren«
Im Jahre 1801 kam indess ein weit geoi||neteres Verfahren
*) Die Zahl derselben ist unglaublich grosse diess unglücklicbe
Verhältniss wird noch dadurch in seiner verderblichen Ausdehnung
vermehre, dass das Irländische Herkommen das Beibehalten verheira-
iheter Knechte und Mägde im Diensle sehr begünstigt» und deshalb
mehr zum Versuch der wilden Ehe antreibt, als vor demselben warnt,
da das Gewissen durch die Möglichkeit, dieselbe zur förmlichen
Ehe leicht übergehen lassen zu können, sich' schon beruhigt fühlt,
Tcrgl. Meidingers Reisen Thl. IL a 187 o. Sil.
Das Britische Belcli. W
fihr die Zahlung der Volksmenge, wenigsten« fBr <}rossbritannien
%u Stande, die meiirere statistische Zwecke, deron Kenntniss
fSr dfe Basis der Staatsverwaltung nothwendig erschien, zugleich .
ber&cksichtigte. Auf «len Vorschlag William Pitt^s, des damaligen
Hauptes des Englischen Ministerinms, wurde eine Bül durch An-
nahme von beiden Häusern^ des Parlaments Staatsgesetx, nach
welchem regelmässig alle sehn Jahre eine genaue und vollstän-
dige Zählung der Volksmenge nach bestimmten Rubriken ge-
schehen sollte. Aus denselben geht nun hervor die Anzahl der
bewohnten Häuser, der im Bau begriifHenen, der Fabriken-, Etan-
dels- und Landwirthschafts-Gebäude, der einwohnenden Familien,
die zugleich nach ihren verschiedenen Hauptbeschäftigungen,
nach Ackerbau, Fabriken, Handel, Handwerken u. s^ w. geord-
net wurden, der einzelnen Personen nach der Verschiedenheit
des Geschlechts und des Alters, der männlichen und weiblichen
Dienstboten von jedem Alter, endlich der im königlichen Dien-
ste stehenden Personen, der Beamten, Soldaten im Landheere
und auf der Flotte, sowie der dort einregistrirten Matrosen.
Diese Zählung ist. nun in der That jetzt viermal 1801, 1811,
1821 und 1831 erfolgt und in ihren Hauptergebnissen nach
jener genannten Beziehung bekannt gemacht In England geschieht
die Zählung durch die Armenaufseher ( Overseers of the poorj,
in Schottland, wo die Englischen Armengesetze nicht gelten,
durch die Schulmeister der Kirchspiel- oder Pfarrschulen. Für
Irland ist seit 1812 die Zählung üach den Provipzen, und indensel* ,
ben nach den Grafschaften und Baroniea ganz in derselben Art
in Bezug auf die tabellarischen Rubriken, aber weder durch
die Armenaufseher noch durch* die Schulmeister ausgeführt,
weil die Organisation beider Institute hier völlig anders' ge-
'staltet ist: in dem obigen über die Zählung von 1831 her-
ausgegebenen Werke selbst ist die Behörde nicht^ genannt,
durch welche die Zählung im Detail veranstaltet und controllirt
ist Für England und die Anhänger der Episcopalkirche in Schott-
land findet überdies Bocb eine zweite Zählung nach den Kirchen-
büchern statt *K Stelksi wir nun diese vier neuesten ofliciellea
/
*) Für die Angücapi^che Episcopalkirche werden überdies auch
nur sorgfältige Trauungs-, Gebrufts- und Slerbelisten aus
den Kirchenbüchern bekannt gemacht, k. Bickcs d. Bewegung d. Be-
völkerung S. 433-43.
348 Das Britische R«ich.
vollständigen Volktz&hhmgen der drei vereinigten Rbiche .zusant-
men, so kommen wir xu nachstehenden interessanten Ergebnissen :
flu 1801 Ind. 1811 Ind. 1821 Ind. 1831 Ind.
England 8,331,434 — 9,538,847 — 1 1,271,437 -* 13,091,005 —
Wales 541,546-^ 611,768— 717,438— 806,182 —
Land- u. See-
macht«) 470,508— 640,500— 319,300— 277,017 —
O. Sumaie
für England, 9,343,578 — 10,791,115 — 12,298,175 — 14, 174,204 —
Schottland 1,599,968— 1,805,688— 2,093,456— 2,365,115 —
G. Summe
fttr Gross- ^
britannien 10,942,646 — 12,596,803 — 14,391,631 — 16,539,318—
t ^^ ^^
Es beträgt demnach d^r zehnjährige Zuwachs für England
in der ersten Periode (180Lr-10) 1,207,413 Indiv., oder im,
Durchschnitte jährlich 120,f4l Ind. Behalten wir nun jedes Mal
die Bevölkerung des Anfangsjahres^ einer solchen Periode als das
^rundcapital, so giebt dies einen jährlichen Zuwachs von1>einahe I J.
Procent. Für die zweite Periode (1811—20) beträgt der zehn-
jährige Zuwachs 1,722,590 Ind., also im jährlichen Durchschnitte
;j 72,259 Ind., oder über t^ Procent Für die dritte Periode
(1821 — 30) endlich gewährt der zehnjährige Zuwachs 1,829,568
Ind., oder im jährlichen Durchschnitte 182,956 Ind., d. i. nur l|
Procent Dies letzte Verhältniss bleibt allerdings zwar immer
noch eine der stärksten Progressioneri in der Bevölkerung, die sieh
für irgend einen ausgedehnten Staat inEuropa, oder auch nur für eine
grosse Provinz eines Staates vorfindet, aber es zeigt deriki doch,'
dass jetzt die überaus grossen Fortschritte in der jährlichen Stei-
gerung der Bevölkerung nicht mehr im Wachsthum begrüfcn sind,
sondern schon ihr Maximum in der Periode von 1811 bis 1821
erreicht haben.
^ Für Wales erhalten wir bei demselben Verfahren für die
erste Periode einen Zuwachs von 70,222 Ind., mithin im jähr-
*) Die^ ist natürlich für das gesammte Reich, so weit beide
aus Europäern be8(eb<*n. Zur Seemacht gehören aber 8te(i$ auch die
auf den Kriegsschiffen einrcgistrirteo Matrosen: also army und
nsvv zusammen. i
' /
Das Britisclie Reich. S49
riehen Durchtchnfete 7022 Ind., oder etwas älier 1^'^ I^roeent In
der s weiten Periode wAehtt die Zunahme der Bevölkerung auf
105,070 Ind., mithin im jährlichen Durchschnitte 10,567 Ind. oder
etwas über f| Procent: dagegen in der dritten Periode beträgt
nur der Zuwachs 88,744 Ind. , also im jAhrliehen Durchschnitte '
8,874 Ind., oder nicht mehr völlig l|. Precent- Wir sehen also
auf gleiche Weise aiich fär das Fürstenthum Wales das Maxi-
mum in der Steigerung der Bevölkerung in der sweiten Periode,
erreicht, die dritte Periode aber hier .noch hinter der ersten su-
räckgeblieben, und Überhaupt hier nicht die Bevölkerung in so
rascher Zunahme, als in England. Die Verhältnisse des Heeres
und der Flotte bleiben aber dabei ganz ausser Acht, und mussten na-
türlich bei der Wiederherstellung des allgemeinen Friedenssustan^
des eine bedeutende Verringerung erfahren.
Für Schottland erhalten wir gleichfalls sehr, ähnliche Ver-
hältnisse, wie sie in Wales stattgefunden haben. In der ersten
Periode erreicht der Zuwachs 206,620 Ind., d. i. im jährlichen
Durchschnitte 20,662 Ind., oder etwas über l| Procent. In der
zweiten Periode gieÜt, bereits die Zunahme 287,768 Ind., also
« jährlich im Durchschnifte 28,776 Ind. oder 1 ^^ Procent In 'der
dritten Periode ist aber auch hier die Gesammtzu nähme der Be-
völkerung auf 271,659 Ind. verringert, welches Verhältniss bei
einem jährlichen Duichsohnitte von 27,165 Ipd. nicht völlig I *
Procent jährlichen Zuwachs wahrnehmen lässt Es bleibt also
auch in der zweiten Periode das Maximum der gestiegienen Be*
völkerung, dagegen steht wie in England die dritte noch günsti-^
ger aU die erste. — Was nun ganz Gross bri tan nien ajibetriift;
80 tritt bei den Gesamm tangaben ein einigeimaassen verändertes
Verhältniss durch die Reducirung der bewaffneten Macht ein, die
doch theilweise (gegen >) aus Ausländern bestand. Wir erhalten
für die erste Periode einen Zuwachs von 1,654,157 Ind., also
im jährlichen Durchschnitte 165,415 Ind. oder 1^ Procent; für
die zweite Periode beträgt der Zuwachs 1,794,828 Ind., also
im Durchschnitte jährlich 179,482 Ind., oder \\ Procent; end-
^ch für die dritte Periode steht der Zuwachs auf 2,147,687, mit-
hin durchschnittlich im Jahre 214,768 Ind. oder fast \\ Procent
Es tritt also hier .wegen der eigenthümlichen Verhältnisse bei
dem Heere und der Flotte das Maximum bei der Steigerung der
Population erst in der dritten Periode ein.
Die Volkssählungen ton Irland sind 1801 und 181JK vom
' ,
3fi0 Das Briti8i;h6 Reich. '
Parlamente «war i^neh anbefblilaB» aber nur n^ unToUttäadig,
aiitgefuhit, namentlieh wai lUe nordweatiMien Grafsebafiten an-
betrifft Erst die beüen letiteren Tor 1^21 und 1831 verdienen
mebr Vertrauen oad können, betenden die letstere, bei deni ge-
genwärtig durch die Elmancipationa-Bill und die kirchlichen Ver*
hältnisse gesteigerten Interesse an der Volksmenge der Insel mit
grösserer Zuverneht gebraucht werden» D.** Volksmenge ward
1801 auf 4,151)000 £inw., naeli d^r Zählung Ton 1812—14 auf
5,937,856 Ein w. angegeben; sie stand nach den afficielien Listen
von 1821 auf 6,840,049 Ind. und nach den von 1831 auf 7,767,401
Ind» *). Wenn wir bei diesen Abgaben wegen der unsicheren
zweiten auch die obige erste und zweite Periode lusammenfas-
sen, so erhaften wir für diese iwanaigjährige (1801— -1821) eine
Vermehrung der Irischen Bevölkerung um 2^695,949 Ind^ oder
jährlich im Durchschnitte um 134,797 Ind., also in Beiug auf
die Bevölkerung von 1801 jährlieh 3^ Procent Zuwachs«. In der
lotsten seb^jäbrigen Periode beträgt die Vermehrung 920,452 Ind.,
mithin nach jährlichem Durchschnitte 92,045 Ind. d. L für die
Bevölkerung des L 1821 I| Proceut jährlichen Zuwachs. Dies
lotste Verhältnisa ist allerdings ei|i geringeres, als gegenwär-
tig selbst noch für England obwaltet, und musste bei der
offenbaren Uebervölkerung eintreten« Aber gehen wir von 1821
surück und messen von hier die Bevölkerung zurttdc bis sur
ersten genaueren Angabe von 1669, so haben wir in 152
Jahren ein» Bevölkerung ist, die fast auf das Siebenfache
gestiegen, oder um 4^ Procent jährlich in Besug auf jene
erste Angabe; doch selbst auch von 1754 ab erhalten wir für
einen Zeitraum von 67 Jahren eine Verdreifachung der Bevölke-
rung, welches auch beinahe noch eine jährliche Vermehrung von
i**
*) Von der im J. 183S eingesetzten Kirchen -Commission wurde
die freilich gegenwSrtig wieder über drei Jahre mehr gestiegene
Bevölkerung Irlands anf 7,043*940 christliche Individuen nach den
derselben vorliegenden officiellen Materialien angegeben Von die-
sen bekannten sich 6>437,'7is zur Römisch« Katholischen Kirche,
85^064 zur Anglicanischen mit Einschluss von 80,000 Methodisten»
042.356 znr Presbyterianischen Kirche, und 21|806 varen Dissen-
ters von verschiedenem Glaubenfibekenntniss»
^ Das Britische Reich. 351
41 PrMcnt g«9sn ^« BeTÖlkemag Toa 1754 seigti Mdtn fir
Europa gegen alle Analogie nnd dorehavt ohne ein xireitet ühn-
lieheii Beiipiet unseres Continentes. . Die BerdikerungsverbikU-
nisse der übrigen Britischen BesÜsungea in Europa geben an
keinen besonders bemerkenswerthen Angaben Veranlassung.
. Die relatiTe Bevölkerung habe ich schon oben S.311~HI
nach den einseinen Reichen 9 Proriasen und Grafschaften genau
angegeben, woraus heirorging, dass mit Ausnahme der Italieni-
sehen Inseln Malta, Gosso und Comino, welche als ein Bezirk
van 10 QM. ohne grosse Stadt mit am' stärksten ih Europa be-
völkert (11,819 14. auf 1 G. QM.) sind, Irland bei weitem oben
an steht Denn es besitst unter 32 Grafschaften nur 2 (Kerry
and Donegal), die in der. Bevölkerung auf 3,214 und 3,664 Be-
wohner auf 1 Geogr. QM. zurückkommen, jede seiner vier Pro-
vinzen aber sahlt durchschnittlich über 5,000 Seelen auf 1 QM.,,
die gaiTse Insel 6,002 Seelen auf 1 QM. Audi England sinkt
nur in drei Grafschaften Cumberland, Rutland und Westmore-
land unter die starke Bevölkerung, indem es in denselben nach
der Reihenfolge nur 2058 M., 1983 und 1533 Menschen auf 1 QM.
zahlt Das Fürstenthum Wales ist relativ viel schwucher bevöl-
kert, erreicht in dem Durchschnitte für alle zwölf Grafschaften
nicht mehr das Verhaitnist einer starken Bevölkerung (nur 2304
auf I QM.) und fAllt in der Grafschaft Mertoneth, sogar aus der
mittleren in die schwache (1,148 auf I QM.). Schottland ist in-
dess das am schwächsten bevölkerte Europäifohe Reich des mäch-
tigen Seestaats, ^üdsehottland allein nähert sich in der Bevöl-
kerung (3271 Menschen auf 1 QM.) einigermaassen England und
übertrifft das Fürstenthum Wales, aber dennoch schliesst es in
sich zwei Grafschaften, die auf einer bedeutend niedrigen Stufe
in der schwachen Bevölkerung erst stehen, Selkirkmit561 M.
undTweeddale mit 915 M. auf 1 QM.— Mittelschottland steht im
Allgemeinen noch viel schwächer da, (14^6 M. auf 1 QM., aber
die grosse Grafschaft Argyle mit 746 M. auf 1 QM.), und das
ganze Hochschottland erhebt sich bis jetzt noch nicht aus einer
%ehr schwachen Bevölkerung, die durchsdinittlich nur 504
Menschen auf 1 QM. aufzuweisen vermag.
I
Durchmustern wir jene ofiiciellen Tabellen auch noch in Bezie«
hung auf Geburten, Todesfälle, Trauungen, und betrachten dabei das
/
352 Das Britische Reich.
i
Verhältniss des männlichen zom weibKchenGesehlecht, sowie dftsnacfa
den Hauptbeschäftigungen der Menschen, 90 treten uns noch folgende
bemerkenswerthe Ergebnisse en^egen, die wir indess nur f&r
Grossbritannien ohne Irland angeben können.
Getauft wurden in Kinder männlich weiblich
den J. 1801—10 0,315,016 4,75^865 4,561,151
also auf 10,424 10,000
Begraben wurden Ind.
1801—10 7,116,03^ 3,557,401 3,558,632
also auf 9,907*) 10,000'
Bei der ganzen
. Bevölkerung wa-
ren überhaupt „l^n. weibl.
Torhanden 1811 1 2,609,|S64 '6,340,21 4 6,269,650 d. L =1 06 : 105
1821 14,391,631 7,137,018 7,254,613 r - =102:103«^«
1831 16,539,319 8,163,539 8^375,780 - -d02:104'^
Bickes *) hat bereits aus den zwei letzten Periodeli 1811 — 31
* nachstehende Verhältnisse berechnet, für tlie eheliche Fruchtbar-
keit auf eine Ehe 3"« Kinder (1801 = 3^2^ 1811 z= 3"», 1821'
zzz 2^*^ K-), für das Verhäiltniss der Geborenen nach dem Ge-
ichlechte auf 100 Mädchen 104» Knaben, für dak Verhältniss
der Gestorbenen nach dem Geschlechte auf 100 Ind. des weibli-
chen Geschlechts 99** Ind. des männlichen, für das Verhältniss
der Geborenen zu den Gestorbenen, auf 100 Gestorbene 150^
männliche Geburten, oder 144^^ weibliche Geburten oder 147^9
*) Diese überaus grosse Uebereinstimmung zwischen den Tod*
ten männlichen und weifolicben Geschlechts, die sich nicht blos
für die damalige Kriegsperiode geltend macht, bei der so viel be-
deutsam^en Verschiedenheit zwischen den männlichen und weibli-
chen Gebarten, rührt von dem grossen Verluste an Männern her,
den England jährlich in seinen Colonien und mannigfaltigen Han-
debbeziehnngen macht, so dass bei den Todesfallen im Inlande
beide Geschlechter wieder ausgeglichen stehen.
**) Bewegung der Bevölkerung 8. 484-43.
Das Britische Reicb. '353
«
Geburten bei der Geeebleehter. Bei der Vergleiebung sur gesammten
Bevölkerung GroMbritannient kömmt eine Geburt auf 27 Men-
schen, elnTodeafall auf39^^M.% eine Trauung auf 05'^ M.; fet-
ner sind auf 100,000 Ind. der Bevölkerung jahrlich 3,701 Gebur-
ten XU rechnen, davon 1,893 männliche und 1,808 weibliche;
2,515 Todesfdüe» davon 1,257 männlichen und 1,258 weiblichen
Geschlechts, endlich 1047 Trauungen. Zuletst was die Vermeh-
rung der Bevölkerung nach dem Geschiechte anbelangt, so ist
für die zweite Periode 1S\^ durchschnittlich bei 100,000 Ind. der Be.
Tölkerung jährlich das männliche Geschlecht um 1 182 Ind., das weib-
liche um 1 ,456 Ind. gewachsen ; für die dritte Period e ( 1 8||) das mäon-
liehe Geschlecht um 1,339 Ind., das weibliche um 1,435 Ind., für beide
Perioden das männliche um 1250 Ind. das weibliche um 1,438 Ind.
Nach der letzten ofüeiellen Zählung 1831 beschäftigten sich
in Grossbritannien von .100 Familien 28 mit dem Ackerbau, 42 mit
Handel und Manufactnren, und 30 lebten von ihren Renten oder er*
hielten sich durch verschiedene andere Erwerbsarten: im J. 1811
kamen nach denselben Listen 35 Familien auf den Aekerb.m, 44
auf Handel und Manufacturen und nur 21 auf andere Erwerbszweige«
Im J. 1821 waren von den 2,941,378 Familien Grossbritanniens:
Ackerbau- m. Manufact u. and.Erwerbszw. gam-n-
treibende. Handel beschäft u. unproductive. .
in England 773,723 1,118,295 454,693 3,346,711
Wales 74,225 41,680 30,80^1 146,706
Schottland 130,710 190,264 1 26,987 447,90 1
"""^ 978,658 1,350,239 612,481 2,941,378
Es ergiebt sich aus dieser Ueberstcht schon, dass Wales in
der Industrie am weitesten zurücksteht, dass Aber Lngland nnd*
gegenwärtig auch Schottland auf Handel und Manufacturen mehr
*) in den einaeloen Grafschaften herrscht darin zwar eine sehr
grosse VerschiedenheSt, da namenllicb dieGrafscbaftenan der sudlichen
und westUcheo Seekoste auffallead gunstige Verhälloisde darbieten, wie
in Sussex, wo auf 72 Menschen und in der Insel Anglesea, ^wo auf
83 Menschen ei n Todesfall während d. J. 1811—21 darchschnittlicb traf.
Scknberr» SUtUtikll. 23
d
354 Das Britische* Beich.
aU selbst auf den Ackerbau, Viehzucht und die davon abhängenden
Erwerbszweige zusammen genommen hingewiesen sind, und entgegen-
gesetzt den meisten iibrigen Staaten Europas in der techr.ischen CuU
tur und in dem Handel mehr Menschen als in den verschiedenen
Zweigen der physischen Cultur d^n Unterhalt gewinnen lassen. •»>
%L 1. Marshall 2u London hat nach den vorhandenen Materia-
lien noch vollständigere Rechnungen für die verschiedenen Be-
rufsarten nach Familien und Köpfen 1833 entworfen, deren
Schlussresultate hier noch ihre Stelle finden mögen:
' lfi21. 1S31. 1831.
Familien. Familien. Köpfe.
1. Besitzer v.Ackergn>ndstücken 250,000 250,000 1,500,000
2. Arbeiter und Dienstleute bei *
den landwirthschaftl. Gewerben 708,956 800,000 4,800,000
3. Im Bergbau beschäftTgt 114,000 120,000 600,000
4. In Manufacturen n. Fabriken «
bescJiäDtigt 340,000 400,000 2,40Q,000
5. Krämer und Handelsleute 310,239 350,003 2,100,000
tf. Bäcker, Müller, Metzger 160,000 180,000 900,000
7. Schneider, Schuhmacher, Hut-
macher u. s. w. 155,600 180,000 1,080,000
S. Künstler, Baumelst^ und ihre
Gehülfen « 200,600 239,000 650,000
9. Privatpersonen u. Capitalisten 192,888 316,478 1,116,319
10. Geistliche, Juristen, Aerzte 80,395 99,900 452,000
11. Matrosen und Soldaten ' 329,300 277fi\7 831,000
12. Völlig arbeitsaniWge ArmfB ^) 100,000 1 10,000^ 1 10,000
Summe: 2,941,378 3,351,398 16,539,319^
Für Irland wurden im Jahre 1821 219,529 Fanulien angege-
*) Darunter sind aber keinesweges alle diejenige Armen begrif-
fen, welche von denFKircbspielen Unterstützan'g oder den grössten
Theil des Unterhalts erlangen » denn diese betrugen schon 1812
971y913 Individuen und 1824 sogar 1,600,000 Ind., finden aber doch
noch zum grossen Theil ihre Stelle unter den Nr. 2» 3> 4 und 7.
Das Britische Reich»
355
beo» die von dem Ackerbau ihren UBterfcalt fanden, 327,647 Fa-
milien, die im Handel und teehniaehen Gewerben beschäftigt
waren, und 761,856 Tagelöhner oder unproducdTe Familien %
snaammen 1,312,416 Familien* Die^ Zahl der arbeitafilhigea
Köpfe wurde in diesem Jahre auf 2,836,215 Individuen angcge»
ben, wovon 1,138,069 bei dem Ackerbau, 1,170,044 bei Handwer-
kern, in Fabriken und Handelsgeachäften, und 528,702 in ande-
ren Elrwerbasweigen angestellt waren.
Die Ansahl der bewohnten Hinser^warin England und Wales
snsammen 1777 == 052,734, aie war in den n&ehsten 24 Jahren
ftberrasehend gewachsen, und xwar verhlltnissmissig noch sUUr*
her aU die Zunahme der Bevölkerung.
Sie betrug
1801 an bewohnt
?.!ü!™ « -. ^''^*'^f wobei in England 8J Einw., in Walee
|5^ Einw. auf ein Haue trafen.
anuabew.u.1.
Bau begriff. H* 57,
1,633,390
England u. ^alet Schottland Gr. Brit
181 1 an bewohnt
Häusern 1,829,976 253,073 2,083,049
an unbew. u.
iB.bq;riff.H. 15,268 3,280 18,548
1,845,244
256,353 2,101,597
1821 an bewohnt England Wales Schotdand Cjfr. Brit
Häusern 1,951,97» 136,183 341,474 2,429,630
IBaub^^riC
Häusern 18,289 985 2,405 21,679
unbew. H. 66,055 3,652 12,657 82,364
Summe 2,036,317 140,820 356^530 2,533|673
I
*) Dieses traurige überwiegende Verhaltpiss so zahlreicbert
fast gänzlicher Armnth preisgegebener Familien Ist^echon oben in
seinen ursprünglichen Veranlassungen erläutert worden«
38S Das Britiscbt Reich.
t
EU kamen dennoch
in England. Wales Schott!. Gr. Brit
1811 aaf ein bewohnt H. 6« Einw. 7^V^- Hi ^*
1821 aaf ein bewohnt H. S|$ E. 6t*jE. G^V^ 5 « E.
Irlanid hatte 1790 70^099 H&iuer
und 1821 mit Gr. Brit xusamm.
an bewohnten Häusern 1,142,002 31572,232
im Ban begriffene EL 1,350 23,029
unbewohnte Häoier 35^1 117,615
Summe 1,179,203 H. 3,712.870 H.
also trafen 1821 in Irland auf ein Haus fast gerade 6 Einwoh-
ner. Für alle drei Reiche geht 9us diesem Vcrtheilungsverhätt-
nisse der Einwohner nach men vorhandenen Häusern hervor,
dass die mei«ten Famiti^n ^n Haus für sich allein bewohnen,
wie denn dies auch 1821 in Grossbritannien bei drei Viertheilen
sUmmtlicher Familien stattfand. Betrachten wir endlich die neu
erbauten H|kuser als ein Zeichen des zunehmenden Wohlstandes,
wie im Allgemeinen wohl angenommen werden darf, so steht
England oben an, da es auf 108| vorhandene Hanser ein
neues baute: demnächst folgt Wales, wo auf 139 Häuser ein
neuer Bau trifft, dann Schottland auf 142 Häuser ein Neu-
bau. Am niedrigsten aber steht Irland *), wo erst auf 840 vor-
handene Häuser ein neues Gebäude unternommen wurde: ein
«icherer Beweis für den hier noch sehr zurückgebliebenen Um-
schwung in den verschiedenen Richtungen der Industrie. ^^
•
Die. Zahl der Städte in allen drei Britischen Reichen und
den dazu gehörenden Europäischen Besitzungen ist 087, darun«
ter 28 grosse Städte über 50,000 Einwohner, ein so günstiges
Verhältniss für den Handel und die technische Cultur, wie kein
•>^(*i
*) Dfe nächste ümgegVnd von London zeigte mit Inbegriff der
Hauptstadt 1824 12,000 im Bau befindliche Häuser, also neunma I
so viel, als das gesammte Königreich Irland fast zu derselben Zeit.
Das Britische Reich! 357
anderer Europäischer Staat Hberhaapt anfveisea kann, geschweig»
denn in dem gegenseitigen Verhältnisse lu dem Flächeninhalte
an4 der Bevölkerung. Ausserdem befinden sich noch 315 Markt-
flecken, und die Dorfschaf ten,, abgesonderte P^chthdfe, Fabriken,
gebäude, Landhäuser sind nach den einzelnen Kirchapielen ver-
theilt und in der inneren Verwaltung beaufsichtigt: deren giebt
es überhaupt I4,546> davon 13,356 Evan^likche ui|d 1,150'
Römisch Katholische.
Unter den grossen Städten steht 1) London-* ohne ein
zweites Beispiel in Europa, sowohl in Bezug auf seine überaus
hochgestiegene Bevölkerung als auch die ausserordentliche Leb-
haftigkeit seines Verkehrs. Gegen iie ff rosse Zunahme keines^
erweiterten Umfanges und der davon abhängigen Bevölkerung
suchten die Königin Elisabeth 1580, Jacob L 1618, der Pro*
tector Cromwell 1656 und CarlH. 1674 durch besondere Verord:
nungen einzuschreiten, wiewohl schon die Pest dreimal (1603, 1623
und 1665) gegen 140/)00 ausserordentliche Opfer forderte. Die Be-^
völkerung stand dennoch 1700 := 679,350 Scjelen. Aber selbst noch
in der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts sah di^ R^
gierung dies ungemeine Wachsthum der Stadt nicht mit günsti-
gen Augen an, und unterstützte wenigstens ihrerseits durchaus nicht
das Fortschreiten. Daher n^ihm in 50 Jahren von 1700- bis 1750^
die Bevölkerung nur alijährlich um 1200 Köpfe zu, und stand
fast hinter Paris zurück. Aber seit dem siebeiij ährigen See*
und liundkriege wuchs mit jedem Jahr die Bevölkerung (}urch
die gjrossartigsten Fortschritte des Gewerbfleisses und durch das
jährlLehe Steigen des inneren ÖauilcU Verkehrs und des Sechan-
dels viel lebhafter über alle früheren Veriiältnisse hinaus, sa
dass bereits 1801 =: 861,845 Einwohner
1811 = 1,005,546 — männ^ weibl.
1821 = 1,225,004 — 570,236 655,45& .
1831 = 1,474,069 — 684,441 789,628
gezählt wurden. Demnach waren in einem Zeiträume voa 30
Jahren nach den officlellen Zählungen ein Steigen um 609,724
Einwohner wahrgenommen, oder 2^ Pruceiit jährliche Zu-
nahme % Mit einem geringen Umkreise von 8 EugL Meilen
mm
*) Biekes a. a. O. Anhau^ 9: 11. giebt für drei Perioden ein
858 Das BritUche Beiok
(l{. 6. H) stand sogar die Bevölkenuig disser.Haiq^ttadt im
Jahre 1831 auf 1,776,550 Kinder, oder um 100,000 bii 200,000
Seelen höher, ^ die Gesammtbevölkernng der Königreiche äan-
,ilover, Würtemberg und Sachten. Die Zahl der bewohnten
H&uter betrug in London 1821 164,681, es trafen mithin nur 9
Einwohner auf ein Haui, was imGegenaati gegen andere grosse
St&dte daraus leipht erki&rlich wird, dass die Liebe der Elngli*
sehen Familien lom alleinigen Bewohnen der Häuser sieh auch
mit einer schmalen Fronte von wenigen Fenstern begnttgt und
schon lieber die unbequeme Vertheilung in mehrere übereinander
liegende Stockwerke eines unbedeutenden Gebäudes vorsieht^
Das kirchliche Verh<niM der Hauptetedt«) hat sich in den
lotsten 50 Jahren in ßesug auf die Cadioüken ausserordentlich
▼erftnderr. w&hrend 1780 kaum 2000 CathoUkeni serstreut in Lon-
ZusammenstellaDg der Geburten und Todesfälle die sich folgender-
massen übersehen lässt:
a) Für 180 Jahre 1600*-178S 2,181,191 12,673 3>%82,890 18,238
b) — 30 — 178S-1814 670,361 19^12 672,187 19,073
€) — 16 — 1815—1831 404,477 25,280 381,563 20,723
Dies giebt das merkwürdige Resultat, dass hi der ersten Periode
auf 100 Geburten 143^ Todesfälle kommen, also wie in Jeder gros-
aen Handelsstadt und Residenz do)reh den Zusammenfloss der Mea«
•chen, durch Schwelgerei, Laster aller Art und Armutb, mehr Men-
schen sterben, als geboren werden« Dagegen finden wk in der
«weiten Periode auf 100 Geburten nur 98'* Todesfalle, und' in der
dritten Periode sogar nur 81*' Todesfälle: ein ausserordentlicher
Beweis für das der menschlichen Gesundheit nutrfigliche Clima und
die äberaus grossen Erwerbsmittel Londons, weil wir auch kein
ähnliches Resultat aus einer anderen grossen Resideni oder Han*
delsstadt anzuführen vermögen, das^ einen so bedeutenden Ueberschuss
der Jährlich Geborenen über die Verstorbenen in einer Reihefolgc
Ton Jahren lieferte«
*) London in kirchlicher Hinsicht ist dargestellt von W. Noel,
the State of the Metropolis, London, 1635,* «ei'gl* Preuas. Staats»
Ztg. Mai 1835. nr. 420.
DasBritischeReich. 36d
den geloiideii wurden » wSkhit» nmn 1834 58,800 B«kenner die-
ser- Kirche*
Die übrigen grospen Städte werden hier nach der Reiliefol^
ihrer jeteigen Bevölkerung angeführt» wobei dureh^ Angaben der
früheren Bevölkerung in der Vergleichung selbst ein Argument
für den bedeutsamen Einfluss der technischen Cultur und de«
Handel^ auf die rasche Erhebung dieser Städte dargeboten ist!
denn nur bei den durch einen der beiden Elrwerlfesweige blühen^
den Stftdten ist die Bevölkerung ausserordentlich gestiegen.
Z) Manchester mit den Vorstikdten 1831 — 237,832 Einw;«
war 1778 nur eine mittlere Stadt von 22,240 Einwohner, 1801
von 04,876 Einwohner, also in der ersten 23J&hrigen Periode
war 9ß um 72,036 Ind., oder jährlich um 14 Procent, und in del^
svveiten 30 j&hrigen Periode um 142,956 Ind. oder , jährlich um.
6| Procent gestiegen : in 53 Jahren aber mehr als vereehnfachi
in seiner früheren Bevölkerung, und doch bleibt Manchester
nicht dies einzige glünsende Beispiel I 3) Dublin besass 1831^
=::: 236,652 E., und eine noch neuere Angabe lieferte für das Jahr
ISyi gar 275,611 £.; en besass aber 1770 bereita 130,000 E.»
IWl =3 167,899 E* und 1821 =: 186,276 E., also in der erstea
22jührigcB Periode nur eine Zunahme von 37,899 E. und in
der iweiten 20jiihrigen Periode nur von 18,377 E. oder durch-
aehnittlioh nur wenig über 1 PrWent jährliehe Zupahme; da^'
gegen bei der in der letzten Zeit gestiegenen Gewerbsthätigkeit
der Iriscl^en Hauptstadt in der dritten zehnjäfatigen Periode be*
reita wieder um 50,372 Einwohner oder 2^ Procent 4) Glas-
gow zählte 1831 = 202^126 Einwohner, dagegen hatte es 175&^
nur 23,546 Einwohner, 1782 42,832 Einwohner und ]80I=:77,383
Einwohner. Hier ist also beinahe völlig das Beispiel von Man«
ehester fdr Schottland wiederholt; in der ersten 46jährigen Pe-
riode (1755—1801) beträgt die Zunahme 53,839 E., oder jähriieh,
fast volle 5 Procent, in^ der zweiten 30jährigen Periode ist die^
Bevölkerung um 125,041 Indiv.» oder wieder Um 5^ Pro-
cent gewachsen, in 76 Jahren aber mehr als verachtfacht
5| Liverpool zählte 1831 = 189,244 E., aber im Jaht'e I77S.
hatte es erst 54,090 E, und 18(01 = 77,653 E., also in jener
2ajährig P. eine Zunahme von 23,563 K. oder 1| Procent, uml-
in der zweiten 30jährigen P. eine Zunahme von 109,522^ oder
4^7^ Procent 6)^ Edinburgh Im achtaehntea -Jahrhimderte ohne
. •
360 Das Britische Reich.
lebhafte Tbctlnalfme an einem regen HandeliveAehr, ohne be-
deutende Manufacturen, blieb in einer wenig veränderten Bevöl-
kerung zwiaciien 70,000 und 80,000 £., ei zählte 1 775 = 80,836 E.
ui^ 1801 noch 82,560 £• Seit dieser Zeit wurde die Schottisrhe
Hauptstadt ober mehr in den ßritischen Handel hineingesogen, der
unbedeutende Hafenort Leith erhob sich zu einer blühenden Vor-
■tadt Edinburgs, die 1831 allein 25,945 E. zählte« Daher hatte auch
Edipburg's Bevölkerung in diescni 30jährigen Zeitraum ^hne Ein-
schluss von Leith sich verdoppelt und besass 1831 162,403 Ein w.,
also eine Zanahrae von 79,843 K., oder jährlich über 3 1. Procent
7) Birmingham 1831 mit 142,^61 E./ war vor 100 Jahren ein
namenloser Ort, der nicht eine Bevölkerung von 5000 K. zählte
aber schon 1782 auf 50,295 Ein w. gestiegen war und in der
Zählung von 1801 bereits 73,670 E. aufwies, er hatte also in
den darauf folgenden 30 Jahren eine Zunahme der Bevölkerung
von 68,581 K. oder 3/xr ^rocent 8) Leeds 1831 mit 123,393 £.,
hundert Jahre früher eine mittlere Stadt von 20,000 Einw.;
1801 bereits mit 53,162 E., also in dieser letzten Periode ein
Anwachs von 70,231 K. oder beinahe 4^ Procent jährlich. 9)
Halifax mit Einschluss von Huddersiield stand in dem acht-
zehnten Jahrhunderte in demselben Verhältnisse mit Leeds, 1821
zählte es bereits 92»815 E. und 1831 = 109,899 E., war also
in diesen zehn Jahren um 17,084 Ind., oder jähclich uui 1^ Pro-
cent gewachsen. 10) Cork stand im aehtzehnten Jahrhunderte
mit Edinbui^ in gleichem Beyölkerungsverhältnhise, verblieb' aber
' auch in eben so geringer Zunahme derselben; da nun aber auch
späterhin seit 1800 seine Handelslage wenig verändert ist, so
nimmt selbst jetzt noch die Bevölkerung sehr schwach zu, und
xwar unter allen sehr grossen Städten (über 100,000 E.) dieses Reichs
am schwächitten ; sie stand 1821-:=: 100,535 E. und 1831 107,507,
also in 10 Jahren nur eine Zunahme von 6972 K. oder ^^ Pro-
cent II) Bristol war vor dem Nordamerikanischen Unabhän-
gigkeitskriege nächst London die wichtigste Handelsstadt in
England, und hatte eine Bevölkerung vofi 60,000 Einw.: es sank
aber seitdem auf Kosten Livnrpoors und hatte auch 1801 nur
noch 63>645 Einw, Erst in diesem Jahrhunderte ist es dem all*
gemeinen Anstoss des Britischen Handels wieder gefolgt und
zählte 1831z; 103,886 li^w., nNo in dieser Periode eine Zunahme
von 40,241 K« oder 2 J Procent. l2)Bradford Inder Grnfscliaft
York ist aus einer sehr unbeiteuteaden Stadt durch seine aus-
Da» Britische Reich. 361
gezeic)iii«teii Tuebnamifactvreii erst in diesem JaMibnderte su
einem blühenden Fabrilcorte von 67,996 Eir. naoh der Züblnng von
J 831 empor gestiegen. |3)Pl3rmoothmitCinsehlassTon Deron-
pert« das als die eigentlichen Schiffswerften nicht eine halbe
Deutsche Meile daron entfernt, und jetxt durch eine Reihe dicht
an einander liegender Häuser der Ortschaft Stonehouse mit je*
iier Hafenstadt verbunden ist, besass im lakii IZ^O 43,000 E.^ 1811
65,060 E. und 1831 1=: 75,534 E. Diese Stadt befindet sich also nur
in einem langsameren Fortschreiten der Bevölkerung, das seljist in
den letzten 20 Jahren nicht über | Proo» jährlicher Zunahme betra-
gen hat 14) Aberdeen im Jahre 1831 mit 69,^8 E. ist nur in
den letxten 20 Jahren durch seine Wolle-, Leinen« und Baum-
w bllen-Manufacturen, und namentlich durch die. letzteren, in de-
nen es j^tzt mit Glasgow wetteifert, s6 ausserordentlich rasbh
in der Bevölkerung: gestiegen, da es noch 1811 nur 21,639 Einw.
hatte, also in 20 Jahren durch eine Zunahme von 48,139 K.
jähriich um ll|Pcocent gewachsen ist 15—18) Die vier Städte
in der Grafschaft Lancaster, Oldham 1831 mit 67,759 Einw.,
Holten mit 63,054 Einw., Blackburne mit 59,791 E.' und'
Rochdale mit 58,441 Einw., sind vorzugsweise durch die Nähe
von Manchester und Liverpool, vermöge der Baumwollenmanu-
facturen, erst in diesem Jahrhunderte aus ganz unbekannten,
kaum von einigen Tausenden bevölkerten Ortschaften zu dem
namhaftesten Huf gelangt, und werden mit Rec^t gegenwärtig
vnter den ersten Fabrikörtern aufgezählt 19) Stockport in der
Gitftfschaft ehester an der Mersey, 1831 mit 66,610 Einw., ist
auf gacnz gleiche Weise . durch seine BaumwoUenmanufactucen
und Handel in wenigen Jahren ^por gestiegen. 20) Limerik,
1831 mit 66,575 Einw., hat gleich allen grossen Städten Irlands
eine schwache Zunahme der Bevölkerung, da es bereits 1750
32,000 Einw. besass, und seit dem Jahre 1821 (wo 66,042 Einw.
hier schon gezählt wurden) ist sie fast ganz auf demselben Stand»
punkte geblieben. 21) Norwich 1831= 61,116 Einw., schon
im Mittelalter eine wichtige Stadt, besass 1750 32,000 E. 22)
Sheffield, 183L mit 59,011 E., ist gleich Birmingham durch
seine Metallmanufacturen in den letzten 50 Jahren um mehr als
das Dreifache in seiner Bevölkerung gestiegen. 23) Water fnrd
in Irland 1831 mit 58,720 E., hat in den letzten Jahren durch leb-
baften Handel bedeutender zugenommen, 1821 noch mit 37,709 E.,
hatte mithin in dieser Zeit im Durchschnitt jährlich 3{- Procent Zu-
362
Das Britische Beich.
wachs dflr B%vi(lk«niiig« 24>Paigle3ry cur «ine halbe Geogr. Meile
VOB Glasgow entfernt und fast als eine Vontadt derselben lu betrach-
ten, bat ganz das günstige Sehieksal von Glasgow; etfahren, und iat
BUS einer völlig-namenlosen Dorfschaft in eine der blühendsten Fa;
brikst&dte, 18)1 bereits mit 57,466 E., übengegangen. 25) Bel-
fast, 1831 mit ^3,510 £., in gleichem Verhältnisse wi^ Water-
ford. 26) Portsmo Si^h 1^1 mit 50,889 Einw'., hat unter den
Englischen Seestädten mit die schifächste Zunahme der Bevölke-
rung, "da es bereits 1782 36,O0aE. bes^ws. 27) Nottingham,
J831 = 50,680 Einir., früher in gleichem V^hältnisse wie
Norwich, 1780 noch mit 17,711 E. Jetst mit lebhafterem Ver*
kehr durch seine WoU- und BaumwoU - Manufacturen , und in
50 Jahren in der Bevölkerung fast verdreifacht 28) La Valetta
auf der Insel M^lta mit 60,000 E, — Ausserdem sind noch in
Grossbritannien und Irland 13 Ortsehailen, d|e i wischen 50,000
und 30,000 Bewohner haben, und in folgender Abstufung der
Bevölkerung nach der Zählung von 1831 sich befinden: Stepne/
=: 49,750 Elnw., Dundee =: 45,355 Einw^ Neweastle an
der Tyne = 42,7(30 Einw., Brighton = 40,634 Einw.»
Leieester = 30,306 Einw«, Bath = 38,063 E., Islington =
37,316 Ednw., Stoke am Ttent, der wichtigste Ort in dar Pot-
ter jf in Staffordshire (s* §. 10« Manufacturen in Thon) mit
37,2i20 Einw., Galwaj s 33,120 Einw., Preston mit 33,112
Einw, HuIl 3 32,95a Einw.,. Chelsea = 32,371 Einw. und
Haekney.^s 31,047 Einw. 'Unter diesen sind Stepnej, Hack-
nejr, lalington uhd Gfaelsea in der Nähe von London, sowie
Stocke nur FleokMi oder Dorfschaften. Nächst diesen folgen
noch 23 Städte und ein Flecken^ die in der Zählung von 183^1
awischen 30,000 und 20,000 Einwohner gesähU haben: Exet er
=3 28,801, Kiikenny =: 28,711 Einwohner. Green oek/ =
27,571 E.; Coventrj|r = 27,070 E.; York, im Mittelalter und im
aechsaehnten Jahrhunderte auch in der Bevölkerung die iweite
Stadt nach London, jetst gleichfalls nur noch von 25,359 £. bevöl-
kert; Leiths. oben bei Edinburg, Wo Iverhamp ton = 24,732 E.,
6reenwich=i:24,553E., Derb3r = 23»607E., Macclesfield =
23,129 E^ Dudley =r 23,043 E., Cheltenham = 22,942 E.,
€hester = 2l,363E.,Shrewsburj=:21,227 E., Yarmouthzr
21,'lf5E. Ferner die beiden berühmten Universitätsstädte, Cam-
bridge mit 20,917 E. und Oxford mit20,434EL, schon im sich.
Da« Britisehe Reich« 9Si
4
sdiiiteB ]«hr1iiiii4ert« mit niebt viel geringerer Befftlkemng, die in-
deM Aoeh obiie lebhaften Handetererlcebr kaum bemerlcbar weiter
fortacbritt; der Flecken Kenaington bei London mit 20»1H>29 Kid-
dermintter mit 20^5 C, Wigan am Bridgewater Canal mit
20,774 E., Cariisle mit 20,GOO E., Drogheda in lrland=.
20,416 E und Perth in Schottland mit 20,116 E.--- Demnach bat
daa Brititohe Reich in Europa. 6d Stftdte und Flecken mit mehr
al« 20,000 Einwohnern 9 wftfatend Frankreich auf dem dopj^eltea
Flächeninhalte nur 37 Olrtgchftflen von dietem Berötkerunga-
verhiÜtniMe beaitst
§.6.
Stammverschiedenheit der Bevölkerung.
€*. yon der Decken, Versuch über den Engliiehen Natio-
nal-Chararter, 2te sehr vermehrte u. gämllch umgearbeitete Auflage,
Hanno V. 1817. 8fo.
Die Stammvenchiedenkeit in OrMtbritannien nnd Mand
würde y da sie in ihren Haaptmasaeo auf swei 8timme sich zu-
iruckfilhTen läset, sich weniger bemerkbar machen und fär den
Standpunkt der politischen Betrachtang fast verschwinden , wenn
nicht zugleich damit für den grösseren Theil der Beivdlkerung
i^ueh die kirchliche Ver«cbiedenheit verknüpft wäre, und dadurch
eine bedeutsame Sondenmg in der Volksmenge des Britischen
Reichs festhielte, die nicht nur bei dem catholiechen hrländer,
■ondem selbst auch bei dem presbjrteriaaiscben Schotten in Be*
Zug auf den Englischen Anhänger der Episcopalkirche sich geltend
macht. Jene beiden Hauptstämme sind aber der Galische und
/dar Germanische.
1) Der alte Stamm der Galen, der in seiner noch weiteren
Ausdehnung mitdemCeltischen zusammenfällt, zerspaKet sich für
den Umfang des Britischen Reiche in drei Hauptzweigje, die
schon' untereinander in Sitte wie in Sprachbildung sehr vcrschie*
den sind« a) Der Brite oder Kjmre bildete im Al.^rthume
die ausschliessliche Bevölkerung Englands, das daher auch das
Britenland, Britannia,- genannt wurde. Er musste seit dem fünf-
364 Das Britische ReAch«
Cen. Jahrhunderte theili vor den itammyerwandten Picten und
Scoten aus dem Nordosten, theils'vor der Uebermacht der ge-
landeten Deutschen Völker, aus dem Osteli uiid Süden des Lan-
des in die durch Gebirge geschützten und wegen des rauheren
und schlechteren Bodens weniger begehrten westlichen Theiie
sich zurückziehen. Hier im Fürstenthume Wales und in der
Grafschaft Cufpberland — während die Grafschaft Cornwall gegen»
wärtig durchaus ganz Englisch geworden ist — bildet er noch bis
zur heutigen Stunde die Hauptmasse des Volks, wenn gleich
die Englische gewerbliche utid geistige Cultur und die viel-
fachen Verknüpfungen des bürgerlichen Lebens die Vermi-
srliung mit dem Engländer immer mehr befördern, und Kjm-
rlsche Sprache und Sitte auf engere Gränzen zurückführen« Der
Brite behält aber die Vorliebe für den Ackerbau und die Vieh-
zucht vor den Beschäftigungen der technischen Cultur, die er
höchstens durch fleissigcn Bergbau fördert: daher stehen diese
Theiie des Staates auch in der regen Theilnahme an dem Han-
del und dei; Fabriken -Industrie zurück. Die Zahlangaben kön-
nen hier nur schätzungsweise geliefert werden, da in den ofü-
ciell<Kn Zählungen diese Sprach Verhältnisse keinen Gegenstand
der Prüfung ^nd Verzeichnung abgeben können. Man sehätzt
jetzt den Rest der Briten in den genannten Laiidschaften auf
700,000 noch Kjmrisch sprechende Bewohner, also ^^ der Be-
völkerung. b)Der Scote oder Schotte, imAlterthume in zwei
Hauptzweige, Picten und Scoten, getheilt, war ursprünglich der
einzige Bewohner des heutigen Schottlands und der benachbarten
Inseln. Bei der Uebermacht der Deutschen in England seit dem
sechsten Jahrhunderte, musste er aber bald nicht nur seine Er-
oberungen in Britannien, sondern aiich den südHchen Theil sei-
nes eigenen Landes bis an den Clyde und Forth räumen, oder
zurückbleibend die Herrschaft des Siegers anerkennen. Dadurch
entstand die erste V^ermiscliung des Engländers und des Schotten,
die indess seit der Vereinigung beider Reiche durch Jacob I. in
einem noch weit höheren Grade auf deüi Wege des bürgerlichen
Verkehrs begünstigt wurde. Daher ist der Bewohner des südli-
ch eü Schottlands und ein grosser Theil der Städtebewohner des
mittleren und nördlichen Schottland^ so anglisirt, dass er fast
von den übrigen Nachkojnmen des Germanisrhen Volksstam-
tues nicbl mehr zu unterscheiden ist. Es ist demnach jetzt
der Schotte in unvermischtcrer Gestalt und mit Beibehaltung
. *
Da% Britische Reich. S65
der noch fon ihm selbst genannten GaelschenSpraeke, nur als Be-
wohner des Hochlandes der Inseln «nd auf dem grossen Theile
des platten Landes ron Mittelschottland» sowie auf der Insel Man
anxntreffen: seine Gesammtsahl darf nicht über 900,000 K. oder
,Y der BeTolkerong gerechnet werden, e) Der Ire, als Bewoh-
ner der nach ihm benannten Insel Irland» steht in der Sprache dem
Schotten näher yerwandt als dem Briten, daher auch Jene beide
Völker unter dem gemeinschaftlichen Namen der Ersen losam-
mengefasst werden. Dann gelten ihre beiderseitigen Spracheri
als Dialecte des Ersischen, im Gegensatse des Kjmrischen,
die letsteren beide aber wieder als Töchter einer gemeinschaft-
lichen Mutter, der Alt-Galischen S^irache. Der Engländer
bildet nun xwar den woh^iabenderen Theii der Bevölkerung Ir-
lands, nnd namentlich in den Städten, der Schotte ist gleich-
falls xiemlich stark als Ackerbauer auf dem nördlichen Theile
Irlands angesiedelt, aber das oben bereits angedeutete Verhält-
niss der kirchlichen Verschiedenheit steht gerade hier am stärksten
der innigeren Vermischung dieser Völker entgegen. Die Gesammtsahl
d^r Iren auf der Insel, sowie der als Arbeiter und Diener in Gross-
britannien lebenden dürfte gegenwärtig nicht unter 7,500,OOOK., oder
fünf Scchszehntheile der Bevölkerung in Anschlag gebracht
werden. Dadurch würde mithin die Gesammtsahl des Gali sehen
Stammes auf 9,100,000 Köpfe steigen, oder beinahe drei
Achtel Aer Britischen Bevölkerung in Europa bilden.
2.) Der Germanische Volksstanun ist in vielen Deut-
schen Völkerschaften nach diesen Inseln eingewandert, bis er nachr
nnd nach Herr des ganzen Xaudes gewordeif. Zuerst siedelten
Rieh die Angeln und Sachsen, die Bewohner der niederen
Eibegegenden und des heutigen Dänischen Festlandes, seit 449 inBri«
tannien an, und gabendem Lande den Namen (Ostangeln, Ostsachsen,
Süd Sachsen, West^iachsen, Essex, Wessen, Sussex). Diesen folgten
die Ansiedelungen der Dänen und Norweger seit der Bfitte des
neunten "lahrhunderts, und endlich der Fränxösirten Normannen,
welche die Französische Sprache mitbrachten und diese zur Staats^
sprache/iuf zwei Jahrhunderte erhoben *), wie dies durch die Eroberung
*) Die Französische Sprache wurde erst Unter Eduard 111. 13C3
wiedei; aus den Gerichtshöfen und vom Hofe entfernt, und darauf
36$ Das Britische Reich.
1
Engkuidt iMi€«r Willielm dem Hersoge von der Normandie 1066
getehah. Anf polehe Weise eneugte tich der heutige EngUsehe Volkt-
fltamaiy ids ein Misekvolk aut Tertcliiedenen Deutschen Völker-
achaften, aiw den Seandinaviem von gleicher G^mianiaeher Ah*
kunflt und den denselben betgemischten Franzosen, mit den vor-
gefundenen und unterworfenen Britischen Völkerschaften. Diese
Vermischung bewtthrt sich am deutlichsten in der Englischen
Sprache, dii^ fast in gleicher Anzahl aus Deutschen und Franzö*
sisch-Lateinisehen*) WurzelwÖrtem, bei weitem weniger aber aus
Britischen susammengeseCzt ist, und in der grammatischen Bildung
urtd ZusainmenfUgung am sti&rksten den Deutschen Ursprung be*
kündet Dieses Volk bildet gegenwärtig die Bevölkerung Eng-
lands und der oben bereits näher bezeichneten Theile von Wales,
Schottland und Irland. Die Gesammtzahl desselben beträgt jetzt
über 15,000,000 KL oder fast fünf Achtel der Britischen Bevöl-
kerung in Europa.
Aupser diesen beiden VolksstiUnmen finden wir keinen andern über
den ganzen Staat, oder auch nur über einen beträchtlichen Theil
desselben ausgebreitet, mit Ausnahme der späteren Erwerbungen,
weil Grossbritannien und Irland wegen ihrer Insellage im Mit-
telalter von den stürmischen Angrififen der Wanderungen Ost-
Europäischer und Asiatischer Völker verschont geblieben aind^
die indess in den andern Staaten Mittel- und Süd-Europa'a
gemeinhin auf ihrem Heerzuge, oder bei ihrer Auflösung
einzelne Horden zur festen Ansiedelung zurückliessen. Selbst
der Jude, der uns unter den Asiatischen Stämmen in allen Staa-
ten Europas am häufigsten begegnet, ist in diesem Reiche ver-
hältnissmässlg zur Grösse seiner Bevölkerung in geringster Anzahl
anzutreffen, insgesammt nur 15,000 IC: d. i auf 1652 Christen 1 Jude.
In den apäteren Erwerbungen finden wir aber auf den Norr*
überall die Englische Sprache als Staatssprache eingeführt, nur In
den BewilligODgs- und Verweigernngs-Fomeln des Königs erhielt
'sich noch die Franaöälsche Aasdrucksweise, g. unten §. 15»
*) Es sind wohl auch viele Deutsche Wurzelworter erst in der
Französischen Umbildung in das Englische übergegangen y wie dies
aus der Form und dem Gebrauche derselben ersichtlich wird.
I
Das Britische Reich. ^
nianniflcben Imepi 5(^000 ^Fransosen, die raeh gegenwärtig noeh
ihre Sprache, wenu gleich mit vielen beigemischten Bogliteh'en Wör- '
tem, beibehalten habeq, in dem Gebiete ron Gihi*altar 12,000
Spanier, auf der Insel Helgoland 2300 reaae Deutsche, oad
endlich auf den Inseln Malta, Comino und Gosso 110,000 Ita-
liener. Der Deutsche ist ausserdem ih vielfachen Betohäfti-
gungen, namentttch als beliebter Fabrikarbeiter in den grossen
Städten Grossbritanniens, in nicht unbedeutender Zahl ansu-
treffen, doch giebt es hieillr keine efficielie Nachweisung und
bleibt auch für den statistischen Standpunkt ohne Bedeutung,
da keine offenbare Einwirkung des Deutschen Gewerbfleisses sidb
darlegen läset
§. '•
Allgemeine Standesverhältnisse.
Reeden (Comte) tabhe genealogiquee de t%mpfse Bri-^
iannique, Berlin 1831 FoL
Die Ständeverschiedenheit, so weit sie die Vorredite
der begOnstigten und drückende Beschränkung der zurückgestell-
ten Stände anbetrifft, hat sich in diesem Reiclie am frühesten
gelöst Strenge Leibeigenschaft und mit vielfachen Frohndiensten
belastete Gutshörigkeit, wie die meisten Gegenden Deutschlands sie
gekannt haben, hat hier niemals geherrscht, und die verheerenden
Bürgerkriege der rothen und weissen Rose im fünfzehnten fahr^
hunderte haben auch den milderen Graden derselben, die nur seit
der Normannischen Eroberung in England erst recht i|m sich
gegriffen hatten, ein überaus frühes Ende gegeben. Wir können
in der Gegenwart zwar in Bezug auf die bürgerliche Gesellschafit^
mehrfache Rang- und Standesverschiedenheit wahrnehmen, wie
dies die gesellige Entwickelung jedes Staates darbietet, aber
nach den politisehen Rechten in staatsbürgerlicher Hinsicht
368 Das Britische Reich«
giebt 6i in Grossbritannien und Irland nur swei Sftnde» die
Nobilitj und die Commonaltj, welche letitere am fuglich-
sten wieder in zwefUnterabeheilungen übersehen werden kann, Gen-
try und die nicht zur Gentrj gehörigen Volksclaasen.
A. Die Nobility ist ausschliesslich dem hohen Adel
anderer Staaten gleich zu stelleh, und jedes Mitglied derselben
ist Peer des. Reiches und dadurch in seinen Rechten untereinander
gleich, wenn auch die Ehrenrorzüge in stufenmässiger Folge eine
Sonderung beachten lassen.' Die verfassungsmässigen Rechte
derselben wird der §. 16. näher darstellen, indem hier nur die
Bestandtheile des hohen Adels auseinandergesetzt werden sollen.
Es gehören zur Nobility alle Prinzen von Geblüt durch ihre
Gehurt, sowie alle Ton Englands Königen zu dieser Würde
ernannten Hords oder Seigneurs und Herren des Reichs. Ihre
Würde und Titel sind glMchfalls durch die Geburt erb lieh , «'
erben aber nur auf den ältesten Sohn fort, der so lange s^in
Vater lebtf, dessen zweiten Titel führt: doch braucht dieser an
kein Besitzthum geknüpft zu sein. Dies findet bei allen ,
Herzogen, Harquis und Grafen statt, nach der herkömmlichen
Königs • Vergünstigung oder Hofsitte (KingB Courtesy) und
zwar dergestalt, dosa der älteste Sohn eines Herzogs Mar-
quis oder Gra^*), der eines Marquis Graf oder Viscount, der
eines Grafen aber Lord heisst Die ältesten Söhne der Viscounts
oder Barone (Lords) führen keine TiteL Doch ungeachtet dieser
Titel sind alle diese Söhne kein^ Peers, so lange ihre Väter leben^
und ihre Kinder gehören als blosse Esquires der Gentrjzu : dasselbe
findet 8t;^tt bei allen nachgebornen Söhnen der Peers. Der hoho
Adel ist aber erblich von der väterlichen Seite ohne Rück-
sicht auf die Mutter, und Ahnen von der Mutterseite sind für
einen Peer niemals nöthig* Eben so ist auch derselbe von der müt«
terliohen Seite erblidi ohne Rücksicht auf den Vater, wenn die Mut-
ter eine Peeresse, oder Erbtochter einer mit der Peerswürde ver-
knüpften Grafschaft oderBaronie ist, d.h. Peeresse hy own rtghi
durch eigenes Recht. Auf solche Weise kann aber auch die
Verheirathung einer Eibtochter mit einem Mitgliede eines hohen
*) Wfr einen höhern Titel erlangt hat. fuhrt gewöhnlich aach
alle niedrigeren, weil jede Familie der Nobility gewöhnlich die Ti-
tel von unten empfangt. So ist der Herzog von Somerset Marquis
von Worcesier, und der Herzog von Northhamberlai^d Graf von
Wlltshire, der Graf von Shrewsbuiy Loid Talbot u. s. w.
Das Britische Reich. 369
Adelt eine doppelte, und in gleieher Art auch eine dreifache
Peenchaft auf eine und dieielbe Familie zusammenfallen *).
Selten wird eine Peerease durch den König ernannt, etwa we-
gen der Verdienste ihres Mannes oder ihres Vaters, wie dies bei
der Wittwe Cannings geschah, die indess diese Ehre ausschlug**).
Stirbt ein BÜtglied des hohen Adels ohne männliche und weib*
liehe Deseendenten, so geht sein Titel auf den ältesten Bruder
über 9 oder sollte dieser nicht mehr am Leben sein, auf dessen
ältesten Sohn und dessen Nachkommenschaft und in dieser Rei*
henfolge weiter. Tritt aber der Fall ein, dass dieser Bruder»
oder dessen Sohn, * bereits wegen eigener Verdienste um den
Staat von dem Könige zum Peer ernannt wäre, so darf dann
derselbe wählen, ob er den an geerbten, oder den sich selbst
erworbenen Titel beibehalten will Wählt er den ersten, so
geht der sweite sogleich auf den ältesten Sohn, und in Erman*
gelung eigener Kinder wieder auf den ältesten Bruder über:
nach seinem Tode aber fällt der sweite Titel an den zweiten
Sohn, falls der älteste nicht schon Nachkommenschaft haben
sollte. Die Vertauschung ' der Titel tritt aber bei dem Todes*
Wechsel ohn^ alle Wahl ein, sobald der älteste Sohn eines Her-
sogs, Marquis oder Grafen nur den sweiten Titel >€eines Vaters
geführt hat, mit welchem keine Peerschaft verbunden war***>,
*) Bei der Schottischen Familie Campbell ist die altere F4nie
die der Herzoge von Argyle, die jüngere die der Grafen von ßrea*
dalbane. Dagegen in der Familie Pitt sind die drei Peerschaften
der Grafen von Chatham, der Barone von Amherst und der Barone
Rivers, sammtlich durch eigenes Verdienst für die drei Linien die-
ser Familie erworben, -wie in der Familie der Wellesley, die auch die-
sen Namen statt des frühern Coliey erst durch ein ererbtes Gut
annahm, neben dem Marquis von WelJesley sein zweiler Bruder
Artbui Wellesley durch die glänzende Feldherrnlaufbahn sich nach
ond nach (1810—12) die Peerswürde eines Viscounts, Grafen und
Herzogs von Wellington erwarb.
**) Bei der Verbeirathung einer Peeress« mit einem Mitgliede
der Commonalty wird erst der gemeinschaftliche älteste Sohn nach
dem Tode seiner Mutter Englischer Peer. — Die Frauen der Peers
heissen im Gegensatze dieser Peeresses by own rigbt — Peeresses
by mariage. — ^
***) Des älteren Grafen Londondery ältester Sohn, der bekannte
Englische Minister der auswärt if^en Angelegenheiten in den Jahren
1812—22, führte vor dem Jahre 1820 bei Lebenszeiten seines Vaters
Scfcuk«rt*t Stittfiifc.ll. 24
/
370 Das Britische Reich.
wenn er diesen durch eine giftnsende politische Laufhahn auch
noch so berühmt gemacht hat *)u Die Zahl der Mitglieder des ho-
hen Adels ist nicht bestimmt, weil der König gans nach seinem
Gefallen dieselhen ernennen, also ihre Zahl in jedem Augenblicke
vermehren kann! Der hersogliohe Titel wird gewöhnlich von einer
Crrafschaft oder einer Stadt entnommen, der eines Marquis, Grafen
oder Viscounts dagegen gemeinhin von dem Gute, das der zur Pairs-
würde erhobene Lord entweder bereits als E^genthum besitzt **"),
odor etwa in Folge eines Parlamentsbeschlusses als Nationalbe-
lohnung zum Besitz erhält****), indem auf solche Weise dieser
Ort selbst als ein Majorat zur Reichsbaronie erhoben wird, mit wel-
cher die Peerswürde stets verknüpft bleibt Durch ihr Amt ge-
hören zur Mitgliedschaft des hohen Adels die geistlichen
Peers, d« h. die beiden Englischen Erzbischöfe und die 24,
EJnglischen Bischöfe mit Ausnahme des Bischofs von Man,
und aus der Reihe der vier Irländischen Erzbischöfe und
achtzehn Bischöfe der Anglikanischen Episcopalkirche vier
für jede Session gewählte Repraesentanten. . Ebenso gehört
auch durch das Amt hierher der Lordkanzler, welcher jedoch
zugleich durch dieses Amt erblicher Peer wird, indem er zwar
von dem Könige aus dem Stande der Communaltj ganz nach
den zweiten Titel desselben Lord Oastlereagh, der durch ihn eine eh-
renvolle S(elle in der Englischen Creschichte für immer behaupten wird.
Aber bei dem Tode des Vaters vertauschte er denselben sofort mit dem
des Grafen Londondery. Als er nun bald darauf in einem Anfall
von Wahnsinn zur Zeit des Kongresses von Verona 1822 durch Selbst-
mord endete, ohne Kinder zu hinterlassen, so ging der Titel des
Grafen Londondery auf seinen Bruder über, der bis dahin nur den ur-
sprünglichen Geschlechtsnamen Stewart geführt, aber auch diesen
durch seine diplomatische Missionen, namentlich als Gesandter am
Oestreichi sehen Hofe, in gute Achtung gebracht hatte. Der älteste
Sohn desselben gelangte jetzt zum Titel eines Lords von Castlereagh.
*) Viscount Althorp wurde 1834 durch den Tod seines Vaters
Graf Spencer.
**) Brougham, der berühmte Redner, wurde bei seiner Erhebung
zum "Lordkanzler von seinem Landgute Brougham -Hall zum Baron
ernannt, das dadurch nun überhaupt in die Reihe der Englischen
Reichsbaronien gerückt wurde.
♦♦♦) Wellington erhielt als Nationalbelohnung vom Parlamente
1812, 1814 und 1816 600,000 3 St (3,500,000 Rtblr.) zum Ankauf von
Landgütern.
Da8 Britische Beicb. 37i
GsiMbMieB «tnaMl wurden kann, jedoch sagleieh mit der Ver*
^cliCang, das« «eine Wirde erblkh an aeuMii dasa betdminteii
und dadureh an einer Engliseben Reiehabaronie erhobenen Be*
aitsttngeh geknipft Ueibt. Endlieh gehdraa noeh dvreh ihr Amt
hieker die 12 Lor d a-Oberrie k ter (Law-Lorda), die ahei^ nur gleieh
den geiatHolwn Peera daa perateliehe Recht der Peeraehaft be*
aiticn. Nach dem Range aer&llen wma nodi die weltlichen
Peera, in fSmt Claaaen:
1} Die Herio^e <I>nket). Sie aind anent ¥om Könige
Eduard III. ernannt, indem denelbe aeinen Sohn, den naeh-
mala ab aehwaraen Prinaen bekannten Eduard, 1335 aum
Heraog Ton Cemwall erhob; aber keine rofi dieaen alten
kersogiichen Geachleebtem ut bn auf una gekommen, die
meiaten gingen achon in den Kriegen der rothen und weiaaen
Roae untere ein einaigea iat nur aua dem Mittdalter übrig ge«
blieben, daa der Herioge Ton Norfolk, (aua dem Gesehleehte
Howard), welche den 28. Juni 1483, ron Richard IIL an dieaer
Würde erhoben wurden. Ein einaige« heraogliehea Haus rührt
noch aua dem aechiadinten Jahrhundert her, das der Heraoge
von Sommerset (SejmouT), Ton Eduard VI. am IG« Febr. 1540
dasa erhoben. Sieben erlangten ihre Würde im aiebiehnten Jahr*
hunderte, die Heraoge vonRichmond(Lenoz 1675), ron Grafton (Fita«
roj 1675), Ton Beaufort (Sommerset Jl982), yon St Albans (Beauolerc
I6d3), Ton Leeds (Osbome 1694), von Bedford (Russell 1604)
und von Devonshire (Cävendish). Neun henogliche Geschlechter
wurden im achtzehnten Jahrhunderte erhoben, von Harlborough
(Spencer 1702), von Rutland (Manners 1703), von Branden (Ha-
milton 1711), von Lancaster (Bertie 1715), von Portland (Cäven-
dish Bentink 1716), von Mandiester (Montague 1719), von Der*
aet (Sackvüle 1720), von Newcaatle (Pelham Clinton 1756), von
Nortfanmberland (Percjr 1766). Ein heraogliches Geschlecht, das
&eB H. von Wellington, ist erst in diesem Jahrhunderte au die-
aer Würde erhoben worden: es sind also von diesem Titel nur
19 ala Englische Peers ausser den Prinaen von königlichem Geblüte
berechtigt, die gemeinhin auch den herzoglichen Titel führen. In
der Anrede kommt den Englischen Herzogen Your Grace (Euer
Gnaden) zu; bei ihrer Erhebung erhalten sie eine Fürsten-,
Krone, ein Schwert und einen goldenen Stab. Bei grossen
Staatsfeicrliohkeiten tragen sie einen rothen, vierfach mit H^er-
melin verbrämten Mantel, aber die meiaten dieser herzogli«
24*
372 Da8 Britisch« Reicli.
chen Getehleekter, wie die Percjt und Howmtdt, jetit NorUrnm-
berland und Norfolk, waren schon im Zeitalter der Kreuni^
angeiehene und stark begüterte Geschleehter, die bereits im
dreizehnten Jahrhunderte lu den Baronen des Reichs gehörten.
2) Die Marquis ( MarquenesJ, als Zwisehenatufe iwisehen
den Grafen und Henogen, den Markgrafen anderer Linder nadi-
geahmt, wurden luertt nnter König Riehard II. eingeflhrty in*
dem derselbe isftö den Robert Vere^ Eatl e/ Oxford aum Mar-
quis von Dublin eriiob. Seitdem ist diese Wftrde aber selten und
tnir in -der neueren Zeit etwas h&nilger als die herzogliche rer-
geben, die Yergebung geschieht durch eine eigenthUmliche Mar-
quis «Krone und Schwert ohne Stab: ihre ehrende Auaseichnnng
bei Staatsfeteriichkeiten ist ein rother Mantel, drei und ein halb»^
mal mit Hermelin verbrämt Aus dem Mittelalter erdieilte Mar-
quisate. haben sich keine erhalten, und auch nur ein einziges Ge-
schlecht ist aus dem sechszehnten und sidizehnten Jahrhunderte
übrig geblieben, das diese Würde noch bewahrt, der Marquia
von' Winchester (PauUt)^ von Eduard VI. 1551 dazu erhoben.
Dreizehn Geschlechter haben diese Würde unter Georg ill. in
den Jahren 1784 bis 18JI und sieben unter Georg IV., zum Theii
noch wührend seiner Verwaltung als Prinz -R^^nt, erlangt Es
sind midiin j^tzt 21 Margue$8e$j die als solche Englische Pe€r$
sind, und vor den drei fol^oden Stufen in der Adresse durch
das Prftdicat Most noble (sehr edel) geehrt werden, während diese
nur als Right-honourahlf Peers (sehr ehrenwerthe P.) gelten.
In der Anrede sind aber alle vier Clasien gleich gestellt durch
das einfache Prädicat Mylord.
3) Die Grafen (Earla), bis auf Eduard III. der höchste
Titel in England, führen zu ihrer ältesten Einsetzung bis in die
Zielten vor Wilhelm dem Eroberer hinauf, da sie zuerst während der
Dänischen Besetzung des Landes am Ende des zehnten und am
Anfange des «ilften Jahrhunderts vorkommen, und zwar als Be-
zeichnung für die Statthalter der Grafschaften, welche von den
Angelsächsischen Herrechem Grafen {Gertfan) genannt wurden,
und nun den eigenthümrlich Scandinavischen Titel der Jarls
empfingen. Diese Würde behielt mit derselben Benennung Wil-
helm der Eroberer bei der neuen Gestaltung der Verfassung und
Verwaltung Englands bei. Ihre ehrende Auszeichnung ist die Gra-
fenkrone und bei Staatsfeierlichkeiten der rothe Mantel, dreifach
mit flhmuelin verbrämt Doch auiser den später lu höheren Ti-
Das Britische Reich. 373
teln erliobtBcb itnd gegenwärtig auch nur noch Kwei 6rafenge«
•ehleehter aus dem Mittelalter erhalten, da» der Crrafen ron
Shrewtburj (Talbot 1442) nnd dar Gcafen ron Derby (Stanley
1485), eins ans dem seebssehnten Jahrhundert die Grafen von '
Pembroke uAd Mon^ommery (Herbert 1651), vier und swan*
sig aua den eiebnelintea Jahrunderte. Aus der Regierungsseit der
Königin Anna stammen gegenwiitig no A fünf, aus dem Jahrhun«-
derte der ersten Creorge vier und sechssig, lAis der Verwaltung
Georg's IV. neun, aus der Regierung des Königs Wilhelm IV.
bis jetzt £üjif' g^ilflißke Peersohaften. Es giebt demnach über^
baupt in der Gegenwart UQ Earls, die als solche Englische
Peers sind. Von diesen drei ersten Classen werden auch die nach«
gebcMmen Söhne aus Kings-Courtesy Lords genannt, aber dieser
persönliche Titel, der nui^ Form und kein Recht ist, geht niemala
weiter bis auf ihre Nachkommen über. ^ Die Grafen des Auslands,,
welche in England leben, werden Counts genannt«
4) Die Vicegrafen oder Viscounts, den Franaösischea
Vicomtes nachgebildet, sind in England zuerst von dem Könige
ernannt, der die Französische Krone mit der Engtischen vereint
auf seinem ELaupte eine Zeit lang trug, indem Heinrich VI 145(X
den Johann von Beaumont zum ersten Englischen Viscount er-
hob. Als ehrende Auszeichnung tragen sie bei Staatsfeierlichkci*
keiten einen rothen Mantel, der indess nicht mit Hermelin, son-
dern zwei und einhalbmal mit Fellen von Eichhörnchen verbrämt
ist. Diese Würde ist aber bis auf Georg liL sehr selten verge->
ben, und auch selbst seit dieser Zeit kommen nicht viele Ernen^
nuDgen zu derselben vor.. Der älteste Viscount ist jetzt der von«
Hereford (Devereu^c 1549)| die Gesammtz^ahl dieser Englischen.
Peerschafteu beträgt 22.
5) Die Barone (Lords, Barones regüi) gehöre zu den«,
von Wilhelm dam Eroberer in England eingeführten neuen Ver*
tassung und sind die rjeichsunmittelburen Vasallen, die nur in.
d^m Verhältnisse der Lehnspllicht und des schuldigen Geh orsama.
znln Könige selbst standen. Lord ut also in dieser Beziehung^.
völlig gleich mit Peer, und die vier vorhergehenden Classen 8ind^
ausser ihrem hohem Range sämmtlich auch Lords oder Baroilea.
regnL Ihre Bhrenveift&ge sind die Fraikerfn- Krone und der
doppelt mis Eiehhömehen-Fellen verbriUnte HanteL Noch giebt
es zwei Englisch« Baronien ana. der Regiemagt Heinnebs IIL,
deren Inhaber «nf. das. Aller dersalhea einen eben s« hoheaWjenh,
374 B^s Britische Reich.
als auf die herzogliche WOrde legen, die Lords Le Despeneer (Sta^
pleton vom 3ten Juni 1265) und De Cli£ford (CÜiTord vom 29)|ten
December 1269): ausserdem noch seehs andere Baronien aas dem
Hittelalter, swei aus der Regierung der Elisabeth, lehn aus der
Regierung der männlichen und weihliehen Linie Stuart» hun*
dert und sieben und funfsig aus der Regierung der vier.
Ckorge, neun aus der gegenwärtigen Regierung WHhelms IV.
Es beträgt demnach Jetzt die Gesammtudil der Engiisehen
Baronien 186.
Die geistlichen Peers nehmen aber auch nur insofern
Antheii an den Rechten des Englischen hohen Adels, als sie
Verwalter geistlicher Baronien sind, die mit ihren bisehöflichen
Wdrden für immer verknüpft bleiben. Dem Range nach nehmen die
ErzbischÖfe zwischen den Herzogen und den Marquis und die
Bischöfe zwischen den Viscounts und, den Baronen Platz. In
den fünf Rangclassen untereinander geht aber die Rangordnung
nach dem Datum des Patents jeder Erhebung zur höhern Stufe,
so dass der jüngst patpritirte Viscount dem ältesten Baron, und
der jüngst patentirte Earl dem ältesten Viscount voran-
geht U. 'S. w.
Davon verschieden sind aber die mit höherm Range betitel-
ten Adelsgeschlechter der Königreiche Schottland und Irland, die
nach ihrem Titel keinen Anspruch auf die Rechte der Englischen
Nobility besitzen, und an und für sich nur der Commonaltjr ange-
hören, wie sie denn auch zu Mi^liedem des Unterhauses gewählt
werden können. Denn für Sehottland werden aus der Mitte der hier
vorhandenenen SHerzogCi 3 Marquis; 38 Grafen, 4 Viscounts, 22
Barone und 3 weibliche Barone für jede Parlamentssession, als
Mitglieder des Oberhauses, nur 16 Vertreter gewählt, jedoch ohne
Unterschied auf den hohem Rang, so dass bisweilen kein Her-
zog und Marquis unter den gewählten vorhanden ist*). Das-
selbe geschieht in Bezug auf den Irländischen hohen Adel, der
gegenwärtig aus 1 Herzoge, 12 Marquis, 74 Grafen, 53 Viscounts,
75 Baronen und 4 weiblichen Baronen besteht Aus denselben
werden für die Lebensdauer 28 Vertreter als Mitglieder des
*) Im J. 1833 wurden von 31 anwesenden und 39 durch YolU
macht abstimmenden SohotH|cben Baronen au den 16 verlassungs-
mässigea Mitgliedern des Oberhaoses 1 Afarquis, 7Gr4fea» tt Via-
coums und 6 Barone gewählt
Das Britische Reich. 375
OberfaauMf erw&klt Nor diese raagiren mit dem Eogliichen
hohen Adel, fo lange lie die Fuacdenen im Oberhtnae verriehten, je-
4oeli to, daii der Ei^Usehe Herseg dem Schottiachen, und dieser
wieder dem Iriseben ▼orauigeht, und eine gleiche Rangfolge äoeh
bei den übrigen Classen beobachtet wird» w&hrtod aber die
einselnsn Classen unter einander gleichfalls auf das €^*
naueste aieh nach dem Datum des Diploms snr Erhebung ih-
rer hersoglichen, gr&flicben u. s. w. Würde sich richten. Schliess*
Ueh füge ich hier noch snr leichteren Uebersicht eine Tabelle bei
sftmmtii^er erblicher Mitglieder des hohen Englischen Adels,
sowie der sur Wahl in denselben auf bestimmte Zeit berechtigten
erbliolfen Familien in Schotthnid und Irland.
England Schottland Irland Summe
1) Prinsen ron Geblüte 3
2) Hersoge . 19
3) Marquis 21
4) Grafen HO
^ 5) Viscounto 22
6) Barone 186
7) Peeresses 0
•
m
3
8
1
28
3
12
36
38
74
222
4
63
79
22
75
283
3
4
16
370 78 219 667
B. Die Commonalty. a.) Dict Gentry» die man durch*
aus unrichtig mit dem niederen Adel anderer Staaten zusammen«
stellt» da sie sugleich alle gebildeten Stände des Volks ausser
der Nobilitjr in sich einschliesst» umfasst:
l)Den Ritterstand. Dieser wird gebildet aus den Knights»
BaronetsundalknRittern der königlichenOrden, dienicht
sur Nobiiity oder den Baronets undKnights gehören« Unter die-
sen ist nur der Stand der Baronets, die vor denKnights den
Rang haben, erblich, und swar nach dem Rechte der Erstge*
burt Er wurde suerst am 22tenMai 1611 durch König Jacob L
vermöge eines Patents gleichwie die Würde eines Peers ertheilt^
und wird seitdem häuJig an ausgeseichnete Ofßciere des Land-^
heeres und der Flotte, an berühmte Gelehrte, Aerzte, Dichter
und Künstler, an angesehene Gutsbesttier und Banqjuiers unmit-
telbar vom Kl^nige für Gressb'ritannien vergeben; für Iriand ist
dies Recht auch dem Vicekönige xugestafiden. Der Baronet er-
/
t
376 Das Britische Reich.
hftlt dai PitUUeat Sir nnnittdbaT vor teinem Vemtneii^ wie
er denn gefröhniich im bGrgeiiiehen Leben nur mit dem Voms-
men genannt wird, und seine Gemahlin den Titel Ladj; die
naehgebomen Söhne bei Baroneta sind aber biet als Baqeires Mit-
glieder der Gentrr, und heiaten wie dieflbrigen in der gewöhnlichen
Benennung Matt er und Miat. DieZahl derBaroneta kann jftlnÜcl^
naeh dem Gntbefinden det König« auf nnbeschrftnkte Weise Ter«
mehrt werden, sie betHlgt gegenwärtig 075. — Die Knig.hta,
Kneehte in der Bedeutung des Mittelalters, wiewohl doeh in
England die Abweichung ron der damaligen Bedentong des
Wortes in Deutschland sich geltend gemacht hat, dass hier die
nicht nft dem Ritterschlag geehrten Edle des Landes Knechte .
(daher Ritter und Knechte des Landes gleichbedeutend mit sämmt-
liehen adelichen Gutsbesitsern einer Landschaft) genannt wurden,
in England aber gerade der Stand eines Knight erst durch den
Ritterschlag verliehen wird. Diese Würde fOhrt ihren Ursprung
bis auf die Zeiten Wilhelm des Eroberers hinauf^ und wurde seit
dem irienehnten Jahrhunderte auf zwiefache Weise ertheih, die
derKnightsBanneretsund der Kn. Bachelors. Jene*— die ftl-
tei% Würde *— hatten durch ihren Kriegsdienst diese Würde erlangt^
waren während desselben au Rittern geschlagen und dadurch yerpflich*
tetyimt ihren Hintersassen dem königlichen Banner zu folgen: da
diese Würde fast jedesmal mit Landbesitz verknüpft wurde, so
konnte sie vererbt werden, sie ist aber seit der Regierung
Carls I. nicht mehr vergeben worden. Die Würde des K night«
Bachelors (Bachelor =: Baccalaureus, da diese erste acade-
mischen Stufe pher fast ausschliesslich nur im unverheiratheten
Zustende erlangt wurde, oder zu derselben verpflichtete, gleich-
bedeutend mit Junggeselle) blieb eine rein persönliche, konnte
nicht ererbt werden und eihielt eben deshalb den Beinamen
Bachelor. Diese Würde gewährt auf gleiche Weise das , Prftdi-
eat Sir, für die Gemahlin des Knight das der Ladj: alle Kin-
der sind als Esquires Blitglieder der Gentrj. Sie wird unter
denselben Bedingungen, aber weit hälfiger als die des Baroneta
*) Walter Scott wurde 18)0 von Georg IV. zur Würde einet
Engliediett Baremets erhobeiiN «ad liieis seitdem Sir Walter Scott,
im Umgänge aber werde et nur als Sir Waller begrüsst.
Das Britische Reick 377
▼on dem Könige unmittelbar rergeben. Da die Knigbta nicht
wie die Baronett in dem jiIhrUch encheinenden Royal -Kalendar
namentlich anfgef&hrt, überdies jährlich durch denAlgangmitdem
Tode und neue Cmennungen Terkniitdert und vermehrt werden,
to kaim über ihre Anzahl keine bestimmte Angabe geliefert
^iferden. — Die oben bezeichneten Ritter der königlichen Orden
finden hier erst ihren Platz seit der Erweiterung des Bath- Or-
dens in drei Classen, durch die Verordnung vom 3ten Januar
1815, weil früherfain die Ritter der hohen Grosbritannischen Or-
den des Hosenbandet, des Distel - , des St. Patrik und. Bath-
Ordens stets an und für sich schon, ^he sie den Orden erlangten,
zur Nobilitj, oder mindestena zum Stande der Baronets und
Kn^hts gehörten. Jetvt aber, wo doch in der dritten Classe des
Bathordens über 1000 Mitglieder gezählt werden, finden sich
allerdings riele Berechtigte, die erst durch diesen Orden die Würde
des Ritttrstandes erworben haben«
2) Alle nachgebornen Söhne der Nobiiitj und der Ba-
ronets, die entweder Gutsbesitz haben und davon ihren Unterhalt
ziehen, oder sonst irgend einem ehrenvollen Beruf, nament^ch
auch dem Grosshandel, sich ergeben haben. Denn es ist kein
so sehr seltener Fall, dass bei dem Ableben eines Lords ohne
Descendenten plötzlich der jüngere Bruder desselben seinen
Kaufmannstand verlUsst, um im Obbrhause seine Stimme als
Lord abzugeben.
3) Sämmtliche Itfitglieder des Unterhauses und Es«
quires, welchen Titel in England und Irland jeder selbständige
Gutsbesitzer führt, und mit welchem für Schottland der der
Lairds übereinkömmt Früher stand dieser Titel Elsquire (Edel-
knecht, E9cuy€rtE$oud€r0f Knappe, ein noch nicht mit dem Rit-
terschlage geehrter Adelicher) nur denjenigen Gutsbesitzern, zu,
welche von ihren liegenden Gründen mindestens 600*SSt. (3500
Rthlr.) Einküitfte bezogen, so wie den höheren Beamten, weldie
ein gleiches oder höheres Amtseinkommen empfingen.
4) Alle plaidinsnde Advoeaten oder Barristers, hö-
here Staatsbeamte, Gelehrte, angesehene Künstler
und Offieiere des Heeres und der Flotte. Diese erhalten
gleichfalli im gemeinen Leben den Tkel Es^uire, wenn er ihnen
378 Das Britisch^ Ueicfa.
auch durch kein Gesett sagMtanden ist; sie besitsen auch sämmt-
lieh die Fähigkeit als Mitglieiler des UnterhauBes gewählt wer-
den KU können. Mit diesen stdien gleich die Mi^lieder def pro-
testantischen und catholischen Klerus, welche zur Seelsorge be-
rechtigt sind.
5) Alle Mitglieder des höheren Kaufmannsstandes,
die nicht für die Betreibung ihres Gewerbes einen offenen Kauf«
laden (Shop) haben.
Die Mitglieder der Gentiy fQhren gemeinhin die Bezeich-
nung eines Crentleman;. welches ehrende Wort aber auch zugleich
<iie Hauptzierde för jeden gebildeten Engländer bleibe daher auch
von den Mitgliedern' der Nobility in Anspruch genommen wird.
Die Zahl der zur Gentry gehörigen Familien kann natörlicher
Weise nur auf dem Wege der Schätzung gewonnen werden. Sie
dürfte gegenwärtig schwerlich Über 250,000 Familien angenom-
meb werden, unter welchen Abtheilung 4) allein 120,000 Fam.
für sich in Anspruch nimmt *). Damit stimmt auch, wie bei
solchen Combinationsverhältnissen Genauigkeit nur sehr relativ
erwartet werden kann, in möglichst angemessener Folge
eine officielle Schätzung der einzelnen Familien nach ih-
rem jährlichen Einkommen**) überein, die in Folge der Zäh-
lung von 1821 für Grossbritännien gemacht wurde. Nemlich
venu wir die Familien, die mehr als 600 <S St an jährlichem
*} Vergleiche damit die im §• 6. angegebenen BerechauBgeu
von Marshall.
**) 'Wir geben im Allgemeinen gerne zu, dass solche Schätzun-
gen, was die niedrigen Stufen anbetrifft, die hier von ^ ft St. ab
gemacht sind, ausserordentlich täuschen können, weil hi^ die Stu-
fenfolge von '26 U auf 33, &0, m, 100, t^OO, 300, 400 %. zu kleine
Zwischenräutae darbieten und sehr grosse Zahlen in dieselben hin-
eingehören, da von den vorhandenen ^941,378 Fam. ||, nämlich
3,7*2 {,G9I Fam: denselben beizuschreiben sind. Dagegen nimmt die Zu-
verlässigkeit eben so stark zu, wenn man sich der geringeren An-
zahl der ein höheres Einkommen Besitzenden nähert, und hier aus
der genaueren Kenntniss der Privatyerhältnisse, wie doch bei den
olficienen Schätzungen angenomsnen , werden darf, Durchschnitts-
Arinabmen gemacht werden.
Das Britische Reich, S79
Einkomneii betitsen, «!• die eigentliehe Kenunaite 4fr Geotrjr
ansehen, und wohl mit keinem sehr betrüehtlicben irrth^me in
der Rechnung eben eoTiel Familien der Crentr^r aueh neeh niedri-
gere Scofen des jihrBchen Einkommens einnehmen, als sieh Fami-
lien aas den gemeineren Volkselassen auf höheren Vermögens-Stnfea
▼erfinden mögen, so erhalten wir für den ^ damaligen Zeitpunkt
210,687 Familien mit mehr als 500ftSt. jährlichen Einkommens.
Nach den. einaelnen Stufen werden ofliciell geschätst 40,000 Fam.
= 500 <ä St; 33,333 Fam, = 600 <ä St, 28,750 Fam. z=i
7ÖoaSt, 25,000 Fam. = SOOft St, 22,222 Fam. = 000 tt St;
20,000 Fam. == 1000 % St; 13,333 Fam. = 1500 % St;
10,000 Fam. = 2000% St; 8500 Fam. = 2500% St; 6,666 Fanu
= 3000 % St; 5000 Fam. == 4000 ft St; 3000 Fam. ==
5000 % St; 2000 Fam, = 7500 % St; lÖOO Fam. =
15,000 % St ; 500 Fam.=24,000 % St, 200 Fam.=: 30,000 % St,'100
Fam. = 50,000% St, 50 Fam. = r&,000% St; 33 Fam. =100,000
% St Ziehen wir nun Ton diesen 219,687 Fam. die Familien
derNobility ab, und rechnen für Irland nach der Norm anderer
ünansiellen Verhältnisse bei den Staatseinnahmen und dem Han-
del 14 Procent hinsu, also beinahe 31,000 Fam., so erhalten wir
jene obige Annahme von 250,000 Fam« genau genug.
b) Die niederen Volkselassen in den Städten und auf
dem platten Lande. Dasu gehören: 1) alle Kaufleute mit of-
fenen Laden und Krämer, Künstler, geringere Fabriken-
besitser, Handwerker und alle Capitalisten und Privatperso-
nen, die zwar nicht von. ihrem Handerwerb leben, aber doch
auch nicht in die Gentrj gehören.
2) Die zahlreichen Farmers (Pächter). Der grbsste Theil
des urbaren Landes ist in den HAnSen der wenigen Familien der
Nobility und der reichsten aus der Gentrj, wird aber von ihnen
nur zum geringsten Theil unmittelbar bewirthschaftet: er ist in
grössere und kleinere Pachthöfe zerstückelt, deren Inhaber auf
längere oder kürzere Zeitpacht eine zum Theil sehr wohlhabende
' lind wichtige Classe des Bttrgerstandes ausmachen, und aueh bei
den Parlamentswahlen stimmberechtigt sind.
3) Die Freeholdern^ Yeomen^ freie kleine Grundbesitzer
oder Bauern, die früher als freie Hintersassen des Königs oder
/ der Lords gegen die gewöhnlichen Lehnsverpflichtuugen ihre Gü-
3dÖ Da8 Britische Reich.
t«r kebanlen, aber naeh dem Geaetse Carls II. rom J. I6<I0 die-
•elben völlig als freiea Eigenthiim erlangten, nur dast der frühere
Grundherr aeine Manors-Reehte (Lehnarechte) in Beaug auf Jagd,
Fiadierei u. dergL für aieh fortbehielt Die Zahl der Freeholdev
▼ermiliderte sich in der Beuertn Zeit dadurch, weil theila yiei«
GQter derselben an die Nobilitj und Gentry verkauft wurden»
theila Einzelne durch Verkauf untereinander sich vergrösserten,
und durch den g^sseren Grundbeaita in die Gentrjr übergingen.
Die FreeholdfM haben gleiehfaila das Reeht bei den Parlanientt^
wahleik mitaustimmen.
4) Die CopyholderBj Erbzinser; sie sind aus den gutsh5>
rigen Bauern hervorgegangen, und swar grössentheils im fünfzehn-
ten, die letzten im sechszehnten Jahrhunderte. Sie erhielten Be-
freiung von der Hörigkeit gegen bestimmte €}eldabgaben und Natu-
raldienste, die ihnen in einer Urkunde fest verschrieben wurden.
Von derselben erhielten sie selbst eine Abschrift, nach der sie
ihre Verpflichtungen zu. erfüllen hatten, daher ihr Name Copy^
holden (Abschrifthalter). Aber auch ihre Anzahl verschwindet in
der neuem ^eit ausserordentlich, indem sie ihr verschuldetdi
oder mit zu vielen Abgaben belastetes Land an die benachbarten
mächtigen Grundbesitzer verkaufen und bei denselben entweder
ala Farmer in Pachtcontracte übergehen, oder den sicheren Er-
werb als Fabrikarbeiter wühlen.' Die Copyholdtm haben kein
Stimmrecht bei den Wahlen zum Unterhause.
«. 9.
Religionsverschiedeiiheit und allgemeine kirch«
liehe Verhältnisse.
\
C. Fr. St^eudlin, allgemeine Kirehengeiehiehte von Gross-
britannien, 2 Thle. Götting ISIO. 8. — A. F. L. Gemberg, die
Schottische Nationalkirehe nach ihrer gegenwirtigen inneren und
Das Britische Beich. 381
imsereB TerfanuBg, HAmWurg 1828. 8. — - WIm. PIisUb fA#
hiMtory of the poUcy of the ckmrek ff Rom€ im IrtUmd frmm
tke tMtroduciion of the EnglUh dynmtty to the gremt reheliüm^
^L&mtL 1828, 8. — > Hemy Farnell^ kUtory of tko fenml lamo
mgmmot tho Jrioeh CmthoUcM fram tho yoar 1689 to ths unüm^
London 1828, &t8 Auflage. — Fir9t and Soeond Report of
ki$ M^ft9ty9 CommioMnero on eceleeiaetical revenme and patro'
nage of Irland^ ordertd by the Houee of ComwionM to be prm"
ted \9^ and 1834. Beide Berichte sind mit Tieifaehen Mittbei-
laDgen des Materials in einer sehr heachtenswerthen Abhandlung
snin Grunde gelegt im Edinburgh Review, Juli Quartal 1835»
S. 490—531. —
Nur wenige Jahre spliter, * als in Deutsdiland durch Luther
und Melanchthon und in der Schweis durch Zwingli die. Reform
mation das Band der kirchlichen Einheit löste, riss sich auch
£nj;iand 1527 von der Unterwürfigkeit gegen den Römischen
Stnlki los, ohne die Lehre der Römisch-Catholischen Kirche zu
ändern. Denn König üeinrich VIII. war selbst als schriftfertiger
Gegner gegen d^ Sache der Reformation aufgetreten, und we-
gen seiner Stretä^rift gegen Luther über die sieben Saeramente
1521 von dem Pabste mit dem Titel Beschützer des Glauben«
begrüsst worden. Doch Heinrichs Anhänglichkeit gegen den
Römischen Stuhl ging nicht so weit, dass er vor den warnenden
Geboten desselben die zügellose Leidenschaft seiner Sinne
brechen sollte. Die Weigerung des Papstes Clemens V^ll., die
Ehe des Königs mit Catharina von Arragonien aufzuheben, um
sofort zur zweiten Vermählung mit ihrer liebreizenden Hoffrau
Anna Boleyn schreiten zu können, bestimmte Heinrich VIII., 1531
sich selbst als königlichen Landeshenrn auch zugleich zum ers-
ten Bischof des Landes zu erklären, womit in Bezug auf
das Verhältniss zu seinen Unterthanen 1534 der Supremats*
Eid verbunden wurde, das« ausser dem Könige für England
kein an« leres höchstes Oberhaupt in weltlichen und kirchlichen
Dingen bestände. Aber nichts desto weniger blieb er treuer und stren«
ger Anhänger der Dogmen sowie des Ceremoniells der Catholisohen -
Kirche, und verfolgte selbst mit harten Strafen die Verbreiter der Leh-
ren der Deutschen und Schweizerischen ileformation, dieindess doch
ungeachtet aller strengen Wachsamkeit ge^cn die Verbreitung ihrer
Grundsätze vielfache Gläubige in England gewannen. Daher ging un-
ter der fdgendctt Regierung des jugendlichen Eduards VI. mit gros-
382 Das Britische Beicb;
ser Tolerant die Saehe der Reformation «o raaek und ao inibl««»
tig nacb den Grundslitsen der Genfer Refermirten in gant England
Yon statten. Aber es blieb diesem Lande nocb eine fttrohterlieb« und
grausame ReactioQ Torbebalten, als der Tod des kindlieben Herr«>
Sehers nach kurxcr secbsjfthrigen Regierung (1547—53) seiner
für die alte Kirche fanatisch entbrannten Schwester Maria, der Toeh»
ter der verstossenen Königin Catharina, der Oemablin PbiU|ips IL
von Spanien, den Englischen Thron eiBr&umte* Die blutigen Unthaten
dieser fOnf Jahre gingen aber für England ohne nachbleibende Folgea
vorttber, und gehören deshalb nur als Eigentbum der Gesebiebto
an, denn auf diesen kurzen neuen Sieg des Catholieismna
folgte nach dem Tode der kinderlosen Maria ihre in stiller
Zuruckgesogenheit gebildete Schwester EUisabetb» 4ie Tochter
der unglückliehen hingerichteten Königin Anna, welche in freier
Geistesentwickelung auf dem Wege der Ueberaetigung für die Refor^
mation gewonnen war. Durch den Geist der Massigung geleitet^
liess Elisabeth anfUnglieh ohne scharfes Eingreifen von Seiten der
Regierung, die Evangelisohe Kirche ihr eigenes Feld frei sicberwer*
ben, und so geschah es in wenigen Jahren, dass die Lehrsitse
der Schweitzer Reformirten über ganx England ausgebrei-
tet waren. Darauf erst folgte die strenge BesohrJUKkung der
Bekenner des Römisch-Catholischen Glaubens.
Aber die Königin Elisabeth behielt in der äusseren Form
der Kirche viele Gebräuche und ein reicheres Ceremoniell ans
der Römisch*Catholischen bei, wie dies auch durch den Ersbi*
schof Thomas Cranmer unter Eduard VI, schon vorbereitet war,
erklärte die bischöfliche Würde für eine göttliche und noth*
w/endige Anordnung und behauptete eine ununterbrochene Folge
wahrer Bischöfe von der ersten Ausbreitung des CUristenthuma
an. Dies geschah durch die Uniformitätsacte, welche auf der
Synode su London 1563 bestätigt wurde. In dieser Art gestal*
tete sich die hohe Anglicanische. oder Episeopalkirche
alf herrschende Staatskirehe, die in den 39 Artikeln vom
J. J57I ihr unantastbares sjnnbolisches Buch erhielt Doch da-
gegen lehnten sich die streng Calviniseh gesinnten mit Entschie-
denheit auf^ wollten die Episeopalkirche gar nicht als einen
Theil der Reformirten anerkennen, und bildeten für ihren Kir-
chendienst abgesonderte Gemeinen, die jede Abweichung von
den GriindsHtzen der Genfer Kirche als einen gottlosen Inrthum
erklärten. Da sie als Widersacher der Act of wnformoiy auf-
Das Britiscbe Reich. 38^
tmteo, so erbielten sie den Ntmen «ler Non-Conformiften» \
oder naeh ihrer der ursprünglichen christfichen Kirehe nach-
gebildeten Verfassung der Gemeinde&l testen. (^^e(r/?i^£^oi), den
der Pres bjte rianer, oder endlich wegen der Reinigung ihrer
einiocher gestaidbten Kirche "von allen Resten des catholischen
hierarchischen und cerenioniellen Wesens, den der Puritaner.
Dass die kirchliehen Partheien auch bald die Stellung politischer
erlangten, ist aus der damaligen Enturjckelung der inneren Ver-
hältnisse Englands leicht erklärlich, und schon unter der Königin
Elisabeth wurden die Nonconformisten nntimonarchischer Gesin*
iinngen beschuldigt, namentlich dass sie nieht an die absolute, gött-
liche Gewalt der Königin glaubten. Dies trat aber noch riel schrof-
fer unter der Regierung <ler beiden ersten Könige aus dein Hause
Stuart hervor. In Schottland hatte iwar gleichfalls die Sache der Re-
formation unter Jacob VI., aber nicht auf gleiche Weise wiein England
obgesiegt, sondern es war tiberall die presbjterianischeKirchenTcrfas-
sung eingeftihrt Inzwischen blieb das königl. Haus den Grundsätzen
der alten Kirche nicht abgeneigt, und swar um so weniger, als ihre ei-
genen Grunds&tse von dem absoluten monarchischen Wesen, dass nem-
lich die königliche Gewalt, als eine unmittelbar von Gott anver-
vertraute Macht, völlig unumschränkt sein müsse, in jener die
.angemessenste Uebereinstimmung und kräftige Unterstützung fan-
ifen. Doch jede Annäherung an die Röniisch-Katholische Kirche
drohte mit der augenscheinlichsten Gefahr, die Regierung in al- ,
len drei Reichen zu verlieren, denn auch in Irland war die Epis-
copalkirche die herrschende geworden, und die Catholische
fand nur besonders bei den niederen Volksklassen, deren Bevöl-
kerung jedoch damals zu den wohlhabenderen noch nicht in dem
heutigen Missverhältnisse stand, einen starken aber heimlich ge-
nährten Anhang. Daher suchten mindestens Jacob I. und Carl I.
der Episcopalkirche,^ die ihnen offenbar das königliche Ansehen
mehr zu erheben schien, als dies in der Form der Presbyteria-
nischen lag und durch dieses geschehen konnte, die ausschliess-
liche Herrschaft in ihren Staaten einzuräumen.
Aber diese Maasregeln der königlichen Regierung brachten
gerade die entgegengesetzte Wirkung hervor. Die Form der Epi-
scopal kirehe wurde nun selbst einem grösseren Theile des Eng-
lischen Volks verdächtig, weil von ihr der Uebergang zur
alten Kirehe nur als ein leichter Schritt erschien. Jede Er-
weiterung der Episcopalkirehe, namentlich ihre Einführung in
384 Das Britische Reich.
SchottUndy Ymrdt 4e<no^ als «in gefahrdrohendes Ereignist an-
gesehen, da« nicht minder der Keligion des Landes , wie der
penft^nliohen Freiheit und den staatabürgeriichea Rechten die we-
sentlichsten Nachtheile zufügen konnte. Und in der That war
der Argwohn nicht gani unbegründet» als Jacob L 1C21 öffent-
lich dem Parlai|ieate erklärte, dass alle vermeinten Rechte des
Volks nur Privilegien ihrer Könige wären: woraus der Folge-
satz leicht genug su entnehmen war, dass Privilegien der könig-
lichen Vorgänger von ihren Nachfolgern auch geändert werden
dürften. Daher würde bei der steigenden politischen. Gährung
unter der folgenden Ri^ierüng Carls I. die Stellung der Noncon-
formisten geradem eine ofiene polititfcbe Opposition. Diese zerfiel
xwa^ bald in sich selbst, in die Presbjterianer und Independenten,
welche letztere eine völlig dejnoi^ratiBche Kirchen -Verfassung und
eine noch grössere Einschränkung der äusseren Förmlichkeiten
verlangten, aber sie waren überein stimmcod in ihren Unternehmun-
gen gegf n die Regierung. So brach zuerst der Büryi^erkrieg in
Schottland 1639 vomemlieh wegen der Begünstigung, der Episco-
palkirche und der Einführung einer neuen Liturgie und eines
neuen Kirchenrechts aus. Dieser ging in den allgemeinen Bür-
gerkrieg Grossbritanniens und Irland über, welcher mit der Hin-
richtung Carls I. und der Einführung einer Republik endigte.
Während desselben siegten die Presb^^terianer und die Indepen-
denten über die Episcopalkirche in Grossbritannien, und errangen
sich für immer eine volle Anerkennung als selbständige Kirche, aber
in Irland wurde durch die grässliche Ermordung, welche im Octo-
bcr 1041 über alle Anhänger der Episcopalkirche ausbrach, der
Stand dieser Kirche an sich sehr geschwächt, und doch die Stel-
lung beider kirchlichen Partheien gegen einander so erbittert, dass
von diesem Zeitpunkte ab ein wahrer kirchlicher Friede trotz der
Acte der Toleranz in Irland nicht mehr statt gefunden hat
Nach der Restauration der Stuarts auf dem Grossbritannischen
Thron trat die Episcopalkirche wieder als die Staatskirche (tke
estahlished chureh) in ihre Rechte fürEnglandnndtrland,
während die presbjterianische als Nationalkirche das gleiche
Ansehen für Schottland gewann. Nur die Catholiken blie-
ben seit dem Blutbade in Irland vom Jahre 1641 vorzugsweise ein
Gegettsfuud der Verfolgung von Seiten der Staatsregierung, wie
wenig auch nach ihrer Privatgesinnung Carl IL und Jacob II. da*
." • • \ • • •
. Da« Britische Beich. 385
ß
i ^
rin einstiiiiiMn aioehtca.- Dia Cadiolikeii durften aueh «!•
Gnmdherren kein ihnen sitftehendet Patronatreeht aueüben, oder
daMelbe ii)j^end einem andern ttberiaaaen; sie muitten überdies dap-
pelte Grundsteuer befahlen. Mesae in lesen ururde mit einjährigem
Gefängnisse und 200 tt St Geldstrafe geahndetj aber aueh der
bei derselben anwesende Zuhörer sollte eine Geldbusse ron
100 ^ St eilegen. Lebenslängliches Gefängniss stand ferner auf
das Vergehen eines Catholiken, Sehule zu halten , oder Lehrer
an einer Schule au sein. Dennoch sollte kein Kind in eine aus-
ländische catholische Eniehungsattstalt, oder in ein Seminar ge«
sandt werden, und der Uebertreter dieses Verbots lief Gefahr,
f&r unfähig lu irgend einem Amte oder gerichtlich an vellsie«
hendem Geschäfte erklärt lu werden, und sogar sein beweglidies
und unbewegliches Eigenthum lu verlieren. Anf den Abfall zur
eatholischen Kiiche oder förmliche Aussöhnung mit derselben
{reoonciliation) stand die Todesstrafe. Die als Catholiken förmlich er-
kannten Engländer blieben unfähig in jedem Amte, und waren
Ton allen Wahlen ausgeschlouen, wie dies noch besonders dur6h
die Corporations-Acte rom Jahre 1661 *) und durch die Testacte
Ton 1673**) näher bestimmt wurde. Sie durften aber auch eben«
so wenig als Notarien und Advocaten, oder als Aerste practici-
ren, keine Waffen in ihren Häusern halten, sollten stets auf
10 Englische Heilen ron London entfernt bleiben, und überhaupt
^ Die Corporationsaete verordnete, dass Niemand an einem
Amte bei der Verwaltung einer Stadt oder Corporaiion gewählt
werden sollte, wenn er nicht im Laufe des letzten Jahres das Abend-
mahl nach dem Ritus der Englischen Kirche genossen hatti*, und
zugleich bei seinem Amtseid auch den Snprematseid ablegen
" könnte.
**) Die Testacte (die Probe) verlangte von allen, welche In kö-
niglichen Glvildiensten, oder als Offidere im Heere und auf der Flotte
augestellt werden wollten, 6 Monate nach ihrer Anstellung deoSu-
premaiseid, eine Erklärung gegen die Transsubsuntiation und die
Verehrung der Heiligen, sowie den Genuss des Abendmahls nach
Englischem Ritus: im Weigerungsfalle, wodurch er als Caiholik er«-
kannt wurde, sollte der Beamte nicht nur des Dienste^ sofort entlas-
sen werden, sondern auch eine Geidaitrafe von 500 % St zableil.
Schabert'ü Statistik IL ng-
386
Das Britische Reich*
bei Veriust ihres VermögeBf olelil olme gerfehtliclie Erlattbnm
sieh auf 5 Engt Meilen yon ihrem Hame entfernen. Traunn- •
gen, Taufen und BegrEbniMfeierUehkeiten tollten bei fchweren
Strafen nur durdi Anglicanisohe oder PresbjtmaniiclH Geist-
liehe ToUnogen werden. CathoUiehe Priester, welche geborene^
Elngiander waren, eoliten, wenn sie sieh langer als drei Tage in ^
England aufhielten, als Hoehverrather mit deih Strange bestraft
werden, und die i^leicbe Strafe ward für diejenigen bestimmt,
welche ihnen den Aufenthalt in ihren Häusern rergdnnen würden.
Für farland galten iwar auch dieselben Gesetse, wurden aber durch
die Könige Carl IL und Jacob IL durch so viele Dispensationen
geschwächt die sie rermög» ihrer königlichen Machtvollkommen-
heit geben konnten, dass auf dieser Insel die Catholiken aus-
nahmsweise SU den meisten königlichen und stadtischen Aemtcm
gelangten, und^ die eatholische Kirche , statt sich au vermindern»
jahrlich in der Zahl ihrer Anhanger annahm.
Der Sturz der m&nnlichen Linie des Ehuses Stuart erhöhte
noch die Strenge der Staatsregiemng in den kirchlichen Angis-
legenheiten, da alle Catholiken als Anhanger der vertriebenen
Königsfamilie galten, und ein natürlicher Zusammenhang s wi-
schen denselben auch in der That bestand, der noch inniger wurde,
als Jacob IL mit seinem gansen GUuise im Auslande sich Öffent-
lich Bur Römischen Kirche bekannte und bei allen Catholischen
Staaten, Unterstütsung seiner Sache fand. Dies seigte sich be-
sonders in Irland, wo Wilhelm HL mit aller Strenge auf die all-
mi^hlige Ausrottung das Catholicismus dachte: — daher der Name
seines Honses Ojranien und Orangist das Loosnngswort für jeden Be*
günstiger der strengen Maassregeln gegen die Irlandischen Catholi-
ken. Die Heirathen swischcn den Catholiken und Protestanten
wurden aucb hier strenge verboten, und alle Mündel sollten ohne
Unterscbied in der Angliksnisclren Kirche ersogen werden. Den
Catholiken wurde fernerhin nicht mehr vergönnt, Grundeigen-
thum fiir immer au erwcHien, sondern sie durften nur höchstens
Pachtbesits auf 31 Jahre übernehmen. Wenn auf dem Wege der
Erbschaft einem Catholiken liegendes Grundeigenthum sufiel, so
sollte er entweder in Zeit eines halben Jahres cur Englischen
Kirche Übertreten, oder die Ej1>schaft ging an den xunachst be-
rechtigten Verwandten über, der su dieser Kirche gehörte.
Der Su]^rematseid , der von dem damals noch besonders
Das Britische Reich. 387
V
Id Dabtia gekaltenen Irischen PafUmento iiiehl •ngenöm*
»ea war, wurde I0PI gleichfalls audi fUr Irlaad eingefQhrt,
to wie in dem ersten Jahre der Regierung Georgs L 1715
aoeh den Iii&ndischen Catholiken ohne alle Ausnahme das
Wahlrecht entsogen wurde. Aher die allgemeine Toleransacte
Wilhelms III. und der Königin Maria Tom J. 1089 wirkite min-
destens im AIIgemeiBen auf ein gOnstigeres Verh&Uniss fBr die Glan*
hensfreiheit surfiek. 'Diese hob nicht nur alle Strafgesetse gegen die
Dissenters auf «^»unter welchem Namen Jede christliche Rcligionspar-
thei begrtfTcn wird^ die nicht snr herrschenden Cpiscopal- und Presby*
terianischen»/ oder lar Cathelischen Kirche gehöhe, •— sondern
de gestand auch denselben freie 2hisammenknnft sn Religions-
llhnngen in ihren VerMimmInngsh&usem sn, wenn sie nur ilavon
Anseige den rorgesetsten Staatsbehörden mächten, den Unter-
thaneneid foatk of aUegianee) leisteten , die Erkllrung gegen
das Papstthnm unterseichneten, und ihre Prediger ausserdem sich sn
den 30 Glaubensartikeln der Anglicanischen Kirche bekennen wollten,
ohne SU den ttbrigen Satamngen der Kirchenverfassnng verpflich-
tet sn sein. Dadurch wurde England Jetst das eigentliche Va-
terland *) der Secten der Evangelischen Kirche, die in . Ihren
verseUedcnen Abstufungen sahlreieh sieh mehrten, ruhig neben
einander sich verhielten, und von dem Staate sdbst nachdröck-
lieh gegen alle Störungen und Verletiungen bei ihren Religions-
fbnngen gesdkötst wurden« Unter so gönstigen Verhiltnisaen
breiteten sieh die Wiedcrtiufer und die Metanoniten, die Herm-
hnter(Moravians, BUhrische Brüder) und Quftcker, die Bfediodis-
fen und Separatsten hier stark ans. Aber auch fir die Cadio-
liken selbst entwidtelte sich im achtiehnten Jahrhunderte eine gttii-
stigereStellungy wenn gleich aaittngliclinur für Irland, und dies mehr
Im heimSdien Zugestehen fibersehen, als durch Öfifientiiche An-
^ Dieser Geist der Tolerani verbreUele sich auch aadi ^en^
damattgen Englischen Colonifsn in Nordamerika, und machte ^ch*
hier so einheimisch, dass, als diese Coioolen den Staadponkt eines
selbständigen Freistaates einnahmen, hier schon eine unbeschrankte
Freiheit für Jeden Religions-CnUas herrschte, die denn auch bis
zur heutigen Stunde, wo möglich in daem noch mehr erweiterten
Zustande verblieben Ist
15*
\
388 Das Britische Beich.
erkenni^ng geduldet nurde. Nacb der WiedenmtenreTfuiig der Inid,
in Felge einee '«ehr blutige« Kem|rfee im J. 16dl, war von der dama-
ligen Berdlkermigy die nach dem im J. 1004 erhobenen Kopfgelde
1,034,102 S. betrug, ^\ evangelisch und j\ eatboliscfa; Einer
Bo grocsen Meneebenmaate gewalttam ibre Religioniftbung au
Terurebrea, oder eine fremde aufkudrlUigen , sebien eben to baft
ala unpolitiseb« Man duldete daber beiaüieb -die catholisehe
Geiatlichkeit, und bald war tm vellatlndiger Clerus ausgebildet,
der in gleidier Weiae mit der AngtikaniscbenGeiatliehkeitEnbiathü-
mer und BiatbQmer erriehtete,die freilieb rom Staate nicbt anerkannt
wurden und einen bdobat käiglidien Unterhalt darreichten, da
sie ausschliesslich von dem armen Volke unterhalten werden
nittuten, d4a ausaerdem aetne Zehnten und andere kirchliebe
Gemeindeabgaben an die Erangeliacbe Ctoistliebkeit ihres Spren-
geis ^unverk&nt an entrichten hatte. In der sweiten Hftlfte des acht-
sehnten Jahrhunders wuchs bei der grossen Vermehrung der Be^lilke-
ruiig Irlands die Zahl der Catholiken in einem stiUrkeren Verhält-
nisse als die der Evangelischen. Die strengen Gesetie gegen die Ca-
tholiken, und namentlich gegen deren GeistHcbe bei Ausibung rea
ReHgionshandlungen, wurden (gegenständ der Parlanientsdebatten in
der Session von 1779-^80, und der von den Catholiken k&nftighin
abzuleistende Eid der Untertbanen treue {eath of alUgmnce)
wurde so gemildert, dass er die Glaubenslehre Ihrer Kirebe
gar nicht berührte, und sich bauptslichlich auf die Unterthanen-
treue gegen das regierende königliche Haus und auf die Selbet-
atftndigkeit der Gesetsgebung des Staates in allen kirchlichen
und weldichen Dingen besog. Wer diesen Eid leisten wollte,
konnte seit 1781 in Irland jede Art von Eigentbum erwer-
ben, aber noch nicht die Fähigkeit au einem Amte oder sur
Parlamentswahl oder lur Ausübung des Patronatsrechts erlangen.
Dennoch brachte ilicse Milderu|ig des Verhältnisses der Catholi-
ken bei der fanatischen Gesinnung des Britischen Volks gegen diese
Kirche eine allgemeine Gährung in Grossbritannien, und in London
sogar einen fttrcbterlicben Aufstand hervor*). Aber das Engli-
*) Dieser Aufstand wurde von Lord Gordon, einem jüngeren
Bruder des Heraogs von Gordon aufgeregt, der angeblich als Be-
scbätzer der Anglikanischen Kirche 100,006 Menschen ausammen-
I
Das Britische Reich. 389
•ehe Muiitterittm bli^ bei dem müden Verfkkreii, es siedelten
sieh ioiiner mehr Catholiken sr«, sowohl in England, namenttieh
inr London selbst^ als aueh im Föntenthum Wales und Scboti-
iaiid, indem aueh liier 1790 den Catheliken Besitifilhigkeit su Grund-
Stücken eingevftnmt wwrde. Ea wurde foiier seit 1792 der Supremats-
eid nur noch bei desFarlamentswablen gefordert aber auch selbst die*
aer für die Wähler bOd (1800) aufgegeben und allein für den Eintritt
in daa Parlament aufrecht -erhalten: dagegen stand man den Cathoii-*
ken dasReehtitt allen besoldeten Aem(ern*)in'der Civilren^oltung^
bei dem Beere und auf der Flotte, jedoch nrit Ausschluss der Stellen
derMhiisterialvenraltung und im Geheimen Rathe des Königs su,
sowie der höchsten Verwalttfngsftmter für Irland und endlich des
Sh«riff Amtes einer Grafschaft und der- Lebrerstelle an einer
Englischen oder Schottischen Unirersitüt Die doppelte Grund-
steiler wnrde für die Catheliken gleichfalls aufgehoben, so wie
jede andere iinancielle Belustigung bis auf die Entrichtung des
Kirchensehnten und der Stolgebühren an die eatbolischen Geist-
liehen, welchis unasigetastet erhalten blieb/
Die innigere Vereinigung Irlands mit Gro^sbritannien durch
die Unionsacte von 1800, sowie die Aufhebung des eigenen IrU
achen Parlaments zu Dublin, führte jetzt eine Qoch angelegentlichere
< Theilnahme an dem Schicksale der gedriickten Irischen Catholi-
ken in dem allgemeinen Britischen Parlamente herbei, da selbst
das Ejiglische Ministerium, welches von Pitt dem jüngeren gelei*
tet wurde, darauf auszugehen schien, eine völlige bürgerliche
Gleichstellung der Catholiken mit den protestantischen Untortha-
nen des Britischen Reichs durchzuführen, wie er denn mitide«
stens alle den Irischen Catholiken irgendwie früher zugestandenen
Vergünstigungen aitf;lt,auf die übrigen Theile 4<PB Reiches aus-
brachte und seine Wuth vom 2ten bis zum 8ten Jqi^i 1780 an den
Capellen und Häusern der Qaitholiken sowie ihrer Begünstiger unter
den sböbem Beamten ausliess. Viele Gebäade würden verbrannt,
210 Aufrührer getödtet und später noch 20 hingerichtet.
*) Zu den unbesoldetea.Aenitem». wie^zHr AnmUioag^ der Pra-
xis als Notare, Advocaten, A«rtle waren die Catholiken bereiu
ITüO in.Gros:9briUBBien unct Irland zagelassen.
390 Das Brliiscbe Reich«
ddinte. Indefi gegen den EfaHiitl der CatMikeii ht das
Parlament leistete König Georg.llL eelbtt den entealiiedenaten
Widerstand y weil er diese Refignn dem yon ikm abgelei«
tfbten Krönungseide, iaweldbem er die unTerknApfiteEilmkangal-
1er Rechte der Episeop«lkirelie beeehworea hatte» gecadesn entgegen
gesetit fand. Von derselben Ansieht ging sein Sohn Geei^g IV.
als Prins- Regent ans, vnd vnrde daria^ yoa seinem Tieljahrigea
Chef des Ministeriums, dem Grafen Liferpool, dem entsehieden*
sten Gegner dieser Emandpation der. Cadiolikea» noeh sehr be«
stärkt Es hallen daher die ersten Versnehe der hierin libmler
gesinnten Opposition seit 1813 dnrohaas aieht, eine die Verfas*
sung genugsam sehötiende CathoUkenbilLim Pmiamente dlireii»
Bubringen, wiewohl diese fKr den Eintritt in dne Parlament
▼on don Catholikea die Ableistung eines Eides vonehrieb^
dass er weder dem Papste, noeh irgend einem andMi geiet-
liehen Oberhaupte irgend eine weltUche oder geisdiehe Ge»
richtsbarkeit über inliadische Angelqceaheiten heimesss » dass
er eben so wenig den Papst für unfehlbar halte, noeh giattbe, dass
eine Sonde weder rem Papste, nodi Ton irgend einem anderen
Priester rergeben oder gar durch Dispensation erlaubt werden
könnte, — Die eatholisdien CMstliehen waren swar im Biitisehen
Reifte dem Ultramontanismus nicht besonders genmgt, aber sie
wollten auch der Englischen Regierung keinen Einfluss auf die
Besetsung der bisehöflichen Steilen mit oder ohne Rticksicht
auf die eigene ^Wahl einräumen, es sollten nur die Eingebomen
des Landes solche Stellen erlangen. Sie erklärten daher 1815
gans offen, alr die R^erong die Ernennung der Bisdiöfe als
ersten Schritt -für Jede neuere Begünstigung der Catholiken forderte,
sie wollten standhaft gegen solche neue Beschränkung ankäm-
pfen, und selbst der Papst, mit dem damals die Englische Re*
giemng ein Concordat abiuschliessen beabsichtigte, mttsse nicht
gehört werden, wenn er hieröber der Englischen Regierung
naehsugeben gedächte.
Als nun Georg IV. 1820 selbst die Regierung antrat, stand
ein noch günstigeres* Verhältniss für die Catholiken nicht leicht
*) Auch diese ersten Versuche srMossen selbst im ginstigcn
Falle ihrer Aanahme die Gatholtkeo von den beiden Stellen eines
Lordkanilers und Lord-SlaUbiliecB und VledLönl^s iron Irland aas.
Das BritlAoh» B^iek, S»l
«nrirt», «a <MMhhl»il—i Um^eol MbeMlea UM» m4
Ckoige Cantiiiig 4iitm bedaulHMno Callboltken« Reform in nieh-
r«re Albtcknkte, «ad trag 1822 in euMr Mhr g»iltrigton Motion
sMnt 4«nMif Mif 4aiM tat CalJiolikieB-P«on dtr EintriCI in da«
OUrluws wnjgttMnnrf werden eoUie. Dieee BiU werde todl U^«
tcrbenee, wenn enek nnv leil etaer eekwneken MajoriliM nnge-
noaiMen, eber* Ton dem Obtflienie e» 21. Jnni 1822 mit 17^
gegen i2gBfimmen verworfeOr Zwar tat Cenning stUmt wenige
Moaete danml^ neck dem Selbetmerde Caetlateegh^ em 12. Auguel
1822* ele Steetmcmmiir 4» eaewftrttgen Angeli^enbeiten in des
Minieterinm, eiber eewir swieeben ihm vtid eeinen beiden Colle-
gen« QM Liverpool and R. Peel, eafgemecfat die Ceiftolikea*
Frage van dem Minislerinm fem an ballM, nnd tae voraagtweife
der EnlMiieldang dee Parleaiente sn llbeiiateen» bei weldier
Gel^^eit denn Jedee M^ed dee Modeterinme necb eeiner
Bnyetttbaffaaagang etilaaran solU& Die Wbigs iatBetemirtea
eieb inawiecben Immer lebhafter fSr dIeee Angaiwgtmbeit» weU aae
ihm ginedge Btendigang Ar die Iriaehen CnlheUken aia dee
ekimge Mittel aar B^nbigatig der Inaely aber eaeb sogleich ala
einen nothweadigea Aet pelitiaeber Geretbtigkeitaaaahen. faaUnr
lerhaaae aebien der Widertfind gegen diese Reform gebrodien,
ab Bnrdetta Motion» die Geaetse ftber die bargeritehe Reebte
der Cetlialikea in Erwftgang sa lieben, troti aller Anttrengaog
der Tofies nar mit einer überaus sebwadien Majorü&t von vier
Stimmen Terwerfen werde. Dies dürfte naeh dem Engliseben Parla-
ments-äerkonunen wie ein 8ieg von der Gegenpartbei gefeiert
werden. Einige Tage daraaf trat Canning (Apr. tS27|, ali« Ciraf
lirerpool Tom Seblage gerülart war, als erster Lord der Sehotx-
kamaMT an die^pitie der Staatsgesebafte, aber die Bediugung
war geblieben, daas der Antrag auf Gewibnmg aller bürgerlichea
Rechte ISr die Catboliken nidit von der Regierang ausgehen sollte.
Cannings baldiger Tod (8. August 1 827) verwehrte aeine weitere Ein-
wirkung auf diese Angelegenheit» und das kurze Ministerium des Vis-
eount Goderich (seit dem April 1834 zum Grafen von Ripon erhoben)
bewirkte nur, dass der IrltUidische Catholische Verein, da-
mals banpts&ehlich unter der JLeitung O' Conneils, als der gewaltige
Gegner der Qrange-Soeietiea, eine so drohende Stellung ein-
nahm, daas der Böfgerkrieg ohne Gleiehat^ang der Catboliken
in den bfiigerliehen Raehtoi anvehneidNeh sehien. Da ttbemakm
SM . Das Britische Reich.
der flenog Wellington am 28. Janaar 1828 ak Pi-amierminiataT
das Ruder ^r SfoatiTcnraitnn|it» ^^^ führte nun Canniaga An-
aiditen über Aie Catholiken^RefWrm für eigene fteeliBviig d«rch,
indem er nnbetehadet seiner €hrundsatae als Tefj die oWeae
Erklämng abgab, dass er bei der immer mehr steigenden Ua^
mhe in Irland nachgeben wolle, vm einer grftsvem €reftHir rar«
lobeugen.' Doch gesehah die« ersl^ als Lord *} Jolm flasaell'a
BiU, die Corporationsaete von 1061 and die Testaete ron 1073
anfsoheben, im Febmar 1828 im Unterhaaso darehgegangea
war. Nun ging dieselbe Bül mit Wellington'a Zustimmung aueh
im Oberfaanse dureh, und die königliehe Genehmigung derselben
erfolgte am 28. April 1828. Aber dies galt iaxwisdien nur als
, der Vorläufer su neuen Anträgen Ober die gänsliehe Emancipa«
tion der Catholiken. Bnrdetts Bill rem 8. Mai 1828 reriangt«
TÖlllge Gleiehstellong d«r CathoUken aueh fftr die Reidite in Be-
lüg auf das Kirehenwcsen und den Zutritt su dem Parlamente.
Sie ging im Unterhanse mit einer Majorität von 8 Stimmen
, dareh, wurde aber im Oberhause mit einer Majorität Toa 44
Stimmen am 10. Juni 1828 rerworfon.
Die Gährung stieg sofort in Irland auf den höchsten Punkt,
Wellington Überzeugte sich Ton der Bedeutsamkeit der Gefahr,
die für den ganzen Staat aus diesem inneren Zwiste hervorginge,
er benutzte daher seinen Einflnss auf Georg IV., um der Regierung
selbst die weitere Initiative in der Eroancipation der Catholiken
Übernehmen zu lassen. Robert Peel stimmte ihm hierin bei ^nd
brachte selbst am 5teD März 1820 oie Emancipationsbill in^as Haus
der Gemeinen. Der Sieg war dieser Bilt jetzt in beiden Häusern
gesichert, da das Tory-Ministerium und seine Anhänger mit dei^
Opposition für dieselbe Sache stimmten, und ihre entschieden-
sten Gegner sich des Mitstimmens enthielten, oder an den ent-
scheidenden Tagen der Debatten über diese Bill gar nicht im
Parlamente erschienen. Auf solche Weise wurde diese Bil! be-
reits am 20sten April 1829 durch die königliche (Genehmigung
Stantsgesets als aet for the rfU$f of tU$ Mqf0»ty'$ Roman €m*
thoVc Suhject$, Nach dmnselben wird, ein jaeuer Eid Terlangt^
^»•^■^»■w^— »^^.www.
^ *) Dies ist nur ein Titel ohne Peersrecht» den Rüssel als jSn-
fierer Sehn des Herzogs Bedfof d fübrt> daher kann er auch Mitglied
des Uaterhauses seia.
Dag BritUche Reicli. 193
is v«1ehem dem Könige «nd seinem HAute unTerbrOeYiliclie Treue
gelebt «nd da« B^enytnitt abgelegt wird, dae« der Papat keinen
Fftnten abaeteen, noeh daaa ea jemala Idrcblick sugeatandea
v«rdea könne » exeommunioirte Fliralan ermerden ni dihfen,
ilsaa ferner der Pabat keine weltliehe oder birgerliehe Gewalt ia
des Britiaeliea Köntgreieben besitse, daaa er aber in rein geiat*
lieben Angelegenheiten mit^^enehmiguag der Regierung Beatim«
■magea treffen könae. Der Schwörende gelebt Überdies, die be«
ateheode Verfaaaiiug dea Staates und der herrschenden Kirehe
Dicht amuitaaten, aon dem stets mit aller Kraft an rertheidigen :
«llea endiieh ebne geheimen Vorbebidt au thnn. Mit Ausnabipe
dea Gatfaeliaehen Klema lumn tonerhin jeder CathoÜk nach sei-
nem Standeaverh<aisse ein Mitglied der Peerskammer oder dea
Hattaea der Gemeinen s^a> su allen Aemtem in derCiFii- und
MiHtatr -Verwaltung gelangen, mit allekiig^ Ausnahme der Stel-
len einea R^^eaCen dea Reichs, eines Vornumdea dea Thron«
fo^era, Lordkanilera, Groassiegelbewahrera, eines Lord-Statthal-
tera and eiaea eratea Juatiabeamten in Jrlafnd. ist mit dem einem
Catholik^ tibertragenen Amte daa Patronatareeht fiber Anglica**
niache Kirehenstellen rerbunden, ao flUlt dies für die Zeit die«
aer Amtsverwaltung an den Ersbischof ron Canterburj. Was die
Klöster und Ordensgetstlichen anbetriffst, so wurde durch diese«
Oeseta bestimmt, dass ihre Duldung nach und nach auHiörea
aolle^ namentlich wurde dieses in Beang auf die Jesinten fesN
gesetit Die jetst im Umfange dea Staate befindlichen Ordena«»
geistlichen sollten xwar daselbst Terbleiben dürfen, aber Fremde^
die nach der Bekanntmachung dieaes Gesetses^nach Chroasbritan-
nien und Irlatid kümen, sollten auf Lebensaeitcn aus dem Staate
verbannt, und wenn sie nicht freiwillig gehen würden, in Zeil
von drei Monaten nach einer Strafcolonie deportirt werdea«
Weibliche OrdensgeselUchaften blieben Jedoch von diesen Straf*
bestimmungen ausgeschlos<ien. *)
Es blieb für die Catholiken aeit dieser Zeit nnr noch ein
Uehelstaad an beaeitigen, der eine unverhültnissmüssicre Besteue-
rung derselbea für die Erhaltung der kirchliehen Angelegenhei-
ten forderte. Denn während die Bekenner der Staatskirche und
*} Verffk Holahausen über die neuesleB Reformen in der
^Engliichen Kirche, Pölitz Jahrb. f; d. Gesch. Mars 1834.
394 Da8 Britische Reich.
der Presbjtcrtftiittcken, sowie der tu dlcten geli9reii4eii Seele»,
nur für ihre Prediger und Kirchenvorttelier xu •oi|;en lialien, mfis-
leil die Cadiolilcen ausser der Erhaltung ihrer Oeistllehen, die finan*
ciell mit der Staatsverwaltung in gar keiner Besiehung stdien, neeh
die Zehnten an die Anglticanisehen Kirchspiele entrichten, in wel-
chen sie eingepfarrt sind, selbst dann» wenn in diesen Kirchspielen
ausser den AnglilcaAischen Geistlichen gar Icetne oder dock nur
sehr wenige Anhänger der Staatskirche TorhanSen wftrf« % Aber
der gttniUchen Gleichstellung der CathoKken mit den Evai^ell-
sehen in diesem Punct bieten sidl grosse Schwierigkeiten dar,
w^it hier die Privatreehte der einmal in ihrem Einlcommen an-
gewiesenen Pfarrer, sowie der serstreut wohnenden; Anhänger der
Anglikanischen Kirchen und die fernere Verwendung der etwa
einxelnen Kirchspielen zu entziehenden Zehnten mit einander aus-
zugleichen sind. Diese Streitpunkte sind in der diesjährigen Par-
lamentssession (I8S5) nicht beseitigt worden, wie sehr man aneh
dafür Ton Seiten des Ministeriums und der Whigparthei ge-
arbeitet hat Aber soriel Ist mindestens gewonnen worden,
dasa man allgemein anerkannt hat, dasa die hier rothandenen
Missbräuche im Einzelnen abzustelten sind» thdh durch Einzie-
hung einiger biscli5fliehen Stellen bei eintretenden Vaeanzen, Oieile
durch Vereinigung mehrer Kindisptele Ibr die Erhaltung eines Ang-
Keanisdien Geistiiehen, durch die Aufhebung der Evangelischen
Kirehapiele^ wo die Gemeinde auf den Geistliehen allein reducirt ist,
nnd dass endlich die dadurch zur Disposition gewonnenen Zehnten
den Cathofiken theilwebe erlassen werden k((nnten, zum grosseren
Theile aber auf das angemessenste för die UlTentlicfae Erziehung
des Landes Terwandt wenlen dürften. Die gänzliche Pcststel-'
hing dieser Angelegenheit bleibt aber der Gesetzgebung der
nächsten Jahre vorbehalten.
*) Nach der im J. 1635 hierüber gefihrten irenaaen Unter-
suchung waren y wie der Premierminister Viscoant Melbourne offi-
dell im August 183S in Parlamente aoscliiaifdergeseiftt, Von den
2405 In Irland voihandeucn Kirchspielen 8TO, also über ein Drit-
tel derselben, gegenwärtig nnr noch mit weniger, als M MitgUeden
der Aaglicanlscben Kirche besetzt, bezahlten aber doch allein an
Zehnten jährlich ]17,0W % St. (819»000 Thlr.). Unter diesen wa.
len wiederum 173 Kirchspiele, wo ureniger als 10 MtlgVeder dieser
Kirche sich belanden, und endlirli sogar I» Kirchspiele, wo die
AngÜcanischoi Geistlichen die einzigen NtrhKathffJifcm waren.
Das Brittscho Beleb. 395
Nadi dkMT libeoriidico Uebcnlelit der Etwfckrtwg def
kirdblichen Venokicdenhek in^ Britiseliea Staat», laaaen wir die
ZaIileoTerbiltoifM ikhtx den g^eDw&rdgea Bcatand der drei
HauptkirelMQ und ihrer Secten folgen.
L Die Epiteopalkirehe unfutt JetaC über rier Neun«
tkeile der Bevttlkemng des Brittiselien Reiehi inEairopa, 1834
g^en ]4»000«000 Ind^ von weloheli 13,150,000 Ind. it^ England^
nnd Wales, aO»000 in Sekottland und 772,064 in Irland lebten.
Die Zabl der Kirchspiele in England und Wales ist 0300 und
die Zahl der Pfamtellen 10,711» es treffen also auf jedes Kirch-
spiel im Durchsehnitt 1414 S. und auf jeden GeistUchen 1228 S, •).
Diese sind unter 2 Ersbistb&mer und 25 BitthUmer vertheift
L Das Enbisthum Canterbur/» dessen Ersbisehof Primas des
Reichs mit besonderen groiisen Vorrechten ist, bat au seinem
eigenen Sprengel 314 Kirchspiele und unter seiner Diöeesan- Auf-
sieht 22 Bisthttmer mit 7922 Kirchspielen, nemlich 1) das Bis-
thum London mit 623 Kirchspielen; 2^ das Bisthum Winche*
ster mit 362 K.; 3> Das Bisth. Hereford mit 313 K.; 4) Das
Bistb« Rachester mit 98 K.; 5) das BUth. Salisburjr mit 248
K; 6) das Buth. Norwieh mit 1,121 K.; 7) das Bisdu Elj mit
141 K.; 8) das Bisth. Coventrj und Liehfield mit 657k.;
0) das BUth. Chichoster mit 250 K.; lOl das Bisth.Batk und
Wells mit 388 K,; Jl> das Bisth. Peterborough mit 293 K,;
12) das BUth. Lincoln mit 1255 K.; 13) das BUth. Worce«
ster mit 241 K.; 14).das Bisth. Oxford mit 195 IC; 15) du
Bisth. Exeter mit 604 IC; 16) das BUth. Briatol mit 2^6 K.;
17) das Bisth. Gloueester mU 267K; U) daa BUth. Bangor
mU 107 IC 19) das Bisth^ St Davids mit 308 K.; 20) Da«
BUth. Landaff mit 177 K; 21) Das BUthima St Asaph mU
121 K. und 22) Das BUthum Sodor mU Man mU 17K. — ILDa«
1 ff
ErzbUthum York hat an seinem eigenen Sprengel 681 K. und
unter seiner Diöeesanauftieht 3 BUthttmer mit 48S K., nemlich
*y Es ^var aber bei der —gicitlmn Tertfaeiinng der Bevöttfienmi^
In den. einacinen Kirchspielen in einigen wenig Baum in den
Kirchcfi filr ^ie Torhaadenen GeaMindeglUder, dass nach, elaem
Parlameotsbeschlnsse rea 1818 96 neue ^ Klicken erbau^ und
1826 abenaaU mofim ft St an dem «JeidMn Zweoim nagewiesen
wurden. Bs Itfklicn aber doch noch awkr als 186 Kiieken an mh
fcbiedenea OrteUt wddM Indess simmilUh in den J. ÜIT-^-aO mit einem
Koatenanfwaade fon Um^SM ttSt (l%l5l^üiTU&) nrtiddeiaind.
396 D«« BriHsche Reich.
]> Da»- Bisthatm Durliafli nk 135 K. 2> Dm BuUi. Cftrlisle
mU 92 K. und ^ Das Bittk. ChaateiT mit 25(r IC
In Schottland haben die 6Biflchdfe Von Edinhurg; und Giai-
gow, von Rom, Aberdeen, ßrechin, Donkeld und MoiHy teit der
Revofution im siebzehnten Jahrhunderte ihre Diöceüfen verloren,
aber ihre mit reichlichen Einkünften dotirte Stellen werden, wie
die der catholischen Bischöfe in partibus infidelium, an angesehene
Geistitche vergeben. Die geringe Anzahl der in diesem Reiche vor-
handenen Episcopalen befindet sieh vbmemlich in den grösseren St&d-
ten. — In Irland hat diese Kirche dagegen 2405 Kirchspiele, von
welchen 1391 PfarrsteUen durch die Bischöfe^' 203 von der Krone
367 durch Grundbesitzer, 2^ von Collegien vergeben werden und
95 blosie Pfründen ohne Kirchen sind : es treffen also durchschnitt*
lieh auf jedes K. 321 S. Diese Kirchspiele sind unter die Aufsicht
von vier Enbisthümern und 18 Bisthümem gestellt. 1. Das Erz-
bisthum Armagh^ dessen Inhaber der Primas des Königreichs
Irland ist, und der auch die meisten Anhänger dieser Kirche'
in seinem erzbisch höflichen Sprengel hat (1834 517,000 K., |
der Anglicanisch^n Bevölkerung Irlands), umfasst die fünf Bii-
thOmer Dromore, Down und Connor, Londonderj oder
Derrj, Clogher und Killmore. II. Das Erzbisthum Dublin,
dessen Erzbischhof zugleich das Bisthum Glandelagh verwaltet;
beaufsichtigt (im Ganzen waren J834 in diesem Erzbisthume
1I7,0(X) Anhänger der Episcop. Kirche, d.i. |. der Gesammtzahl
in Irland) die vier Bisthüroer Leighlin nnd Fearnes, KU-
kennj, Kildare und Meath oder Dundalk. HI. Das Erz-
bisthum Tnam umfasst die vier Bisthfimer Clonfert und Kil-
macduagh, Raphoe, Elphin und Gallwajr, KillaU und
Aobonrj. IT. Das iLrzbisthumCashel besitzt in seinem Spren-
gel bei der Minderzahl der Anhänger dieser Kirche fünf Bis-
thOmer, Limericku, Waterford, Ardfert, Cork und Ross,
Clojne*) vereinigt, KHIaloe und Kilfetiora.
Die VenraUer der Bisdiiimer osd finbiithamer bibleo die
ersten unter den Dignitaries of tbe establiihed ehureh',
^) Das Bisthum Cloyne wurde nach dem Tode des Bischofs Im
September 1835 mit dem Bisthume von Cerk und Ross für immer
rereinigt, nnd dadurch die Zahl der Irischen Bistbüner überhaupt
auf 17 verAindert.
D«8 Britische Beicft. 897
den Wa#denMgero der StftftlakirdbA. Diese Buelidfe eiod aber
iD ihrem Einkosimeo eelor verMeliiedeii .geeteilt. Die beiden
Englischen Enhisohöfe haben 30,000 und 14,000 ft &t, tiage-
gen die 25 Bischöfe sind von 'lAfiOO <ft St (der von Durbani)
bis auf 1000 % St (die von Peterborough» I^andaff und ßriitol
abf^stuft Das Einkommen sämmtlieher Englischen Bieehdfe
betrug 180,46211 St (1,263,234 TbIr.K also jeder im Durehsebnitt
6683 tl St (46,781 Thlr.). — Die Irisehen Bisehöfe sind sich
gleicher gestellt, und schwanken nur in ihrem Eankommen
Ewischen 15,000 flSt und 4000 ft St, welches das am schleeh-
testen dotirte Bisthum *) dennoch abwirft : sie haben insgesamnit
ein Einkoiunien von 185,400 % St (1,297,800 Thlr,), oder durcdi-
schnittlich ein jedes 8425 % St (58,975 Thlr.). Jedes Bisthum
hat eine Cathedralktrche, bei we|cher ein Capitel «teht
dessen -Vorstand der Dechant ist, und dessen sämmtliche Mitglie»
der als Präbendaten au den Dignitaries gehören. Der Archi«
diacon an der Cathednilkirche ist der wesentliehste Ge-^
hftlfe bei der Diöcesan Verwaltung des Bisehofs. Das Ein-
kommen der Englischen Dechanten uud Capitel betrug 1834
350,861 % St oder 2,456,027 Thlr. also nur die höhere Geist-
lichkeit aliein in England besog jährlich 531,323 ^ 'St oder
3,719,261 Thlr. In Irland bexogen die Capitel 152,606 QSt, also
hier die höhere Geistlichkeit zusammen 338,006 {[ St (2,376,042 Thlr.)
Die eigentliche Seelsorge liegt ausschliesslich in den Hän-
den der niedern Geistlichkeit (the inferior clergyj. Diese
wird gebildet aus den Rectoren (Pfarrer), den Vicaren und
deren Stellvertretern (Curates, nicht wie man gemeinhin an-
nimmt Vicars). Solqbe Stellvertreter können aber auch sogar von
den weltlicheti Eigenthümern gehalten werden, die durch die Re-
formation bei dem Ankauf der aufgehobenen Klöster die Ver-
pflichtunja; auf sich genommen haben, gegen Beziehung des Kir-
cheuzehnten für den Kirchendienst Sorge zu tragen, und diesen
B«r kfirgtich genag für den sechsten bis zehnten Theil ihrer
*) Die meisten Einkünfte fliessen hier aus Verpachtung der der
Anglikanischen Kirche, sowohl für die Erhaltung der Bischöfe wie
der niederen Gei.süichen, zugehörigen Güter. Die Verpachtung aber
hält den Zustand der Güter in ^o schlechter Beschalfenheii^ dass
sie kaum den dritten Theil ihrer Ertragsfähigkeit liefern.
398 Das Britische Reiciu
EiDiuhme aut dem Ktrehensdiaten durch eben StellTertreter
besorgen lassen. Aber aneh die Reetoren und Vikaren sind
snm grossen Theile pfliehtrergessen genug ^ ihr kirehliehes Amt
unter denselben kän^liohen Bedingungen dureh Cnrates, und oft
auch' dies nicht einmal, Vertreten si^ lassen, dag^^en sich nach
mehreren Pfarrstellen sugleich blos der Einkünfte wegen sa
driUigen, um diese gans nach ihrem Gefallen in den Hauptstäd*
ten, oder auf ihren Landsitsen gemächlich su yenehren *). Denn
im Jahre 1834 wurden über ein Drittel der Pfarrstellen
. (3678) Yon Stellvertretern verwaltet, von denen 320 nur «wi-
schen 40 bis 50 % St, 792 twischen 50-^60 % St, 483
swischen 70—80 % St, 647 «wischen 80—00 % St, 164
«wischen 00—100 % St, 610 swischen 100—110 9» St, 203
«wischen 120 — 130 % S., also susammen 3468 Stellvertreter un*
ter 130 % St besogen« Dagegen waren von den 10,711 Pfarr«
'stellen**) in England nur 294 unter 50% St, 1621 Pf. swischen
50—100.% St, 1591 Pf. «wischen 100—150 % Si, 1355 Pf.
«wischen 150—200 % St, 1064 Pf. swischen 200— 306 % St,
1317 Pf. swischen 300—400 % St, 830 Pf. «wischen 400—500
% Stt 504 Pf. swischen 500—600 % St, 327 «wischen 600—
700 % St, 217 swischen 700—800 % St, 129 «wischen 800—
000 % St, 91 «wischen 900— 1000 % St, 137 «wischen 1000—
*) Im Oc(;>ber 1828^ wnrde der iTkar Meara angeklagt, 15 VI-
cariate, 8 Pfarrstellen uml eine PftOade su besitien, und demiAch
während eioes Zeitraums von 6 Jahren keine seiner Kirchspsele
besucht au haben.
**} Von diesen Pfarrstellen werden 2353 durch GeisiKche verge-
ben (und «war 1298 durch die Bischöfe, 694 durch Capitel, 70 durch
Decliauten und ^l durch andere geistliche Digniiarles)» 8(6 durch
CoUegien (482 durch Oxford, 312 durch Cambridge, 42 durch Eton,
15 durch Winchester, 4 durch St Davids) und 7563 durch Laien.
Unter diesen verleiht der König 93 als Landesherr, 35 als Fürst von
Wales, 52 als Henog von Lancaster und 824 durch den Lordkanzler,
«usanmen 1004, und 6649 hängen von Privatpersonen und weltlichen
Corporationen ab. Die Mitglieder des Oberhauses verfügen allein
fiber 4050 geistliche Stellen: unter den Whigs am stärksten der
Heisog von Devonshire (48). der Graf von Fltzwilliam (31), der
Herzog von Bedford (27)> der Herzog von Norfolk (21) u. s. w^
unter den Tories der Herzog von Rutland (29). der Herzog von
Beaufort (21). der Graf von Lonsdale (32)i der Marquis von Bristol
(20) u. a. w«
Das Bri(.i8ch6 Reich. 899
1500 U St, Sl swiflchoi 1500—2000 <B St an« 18 iber 2000
% St Die GetunmteiiiiialiM« der Englischen niederen Oeist-
liefakeit betrog aber ntch einer oflictellen Angabe im Jabre 1834
3,250,144 ^ St (22,793,008 Thir.). oder jffir jeden einielnen
Geiitliehen im Durehachnicte 304 % St (2,128 Thir.): et durfTe
aiio wohl nur in sehr seltenen Fällen eine Verbindung sweier
geringerer Stellen nttthig sein, am auch fUr England ein anstän-
diges Einkommen eines Geistlichen sicher su stellen*
In Irland warde die Einnahme der Kircheniehnten aHein in
den 2405, in Rttcksicht ihres Unifonges höchst ungleichen, Kirch-
spielen *) auf 605,000 % St angegeben, wovon 548,000 % St
(3,830,000 Thlr.) ausschliesslich den Rectoren und VIearen anfielen:
die Übrigen Einnahmen derselben sohfttste die Commission aueh
noch auf 250,000 % St, also insgesammt 708,000 % St (5,586,000
ThIr ) und durchschnittlich für jede einielne Pfarrstelle 332 % St
(2,324 Thlr.). ?on diesen wurden aber nur 1020 von den Pfiurrern und
Vicaren persönlich verwaltet, die Übrigen 1385 au je 2, 3 und 4
verknöpft, von 478 li^abenL in den Einköniten genossen, aber
-durch Curates versehen«
IL Die Presbjterianisehe Kirche, gegenwärtig in sich
selbst wieder zerfallen , indem die mehrfach dissentirenden P^esbj-
terianer als ffirsich bestehende Secten von ihr gesondert haben,
sählt die meisten Anhinger in Schottland 1,050,(M)0 K., nächst-
dem in Irland 042,350 (und swar fast «ueeehliesslicb in den
Erabiathum Armagh 038,303,' dagegen in dem Erabistfanm Ddilin
■nr 2200, in dem Ersbisthum Cashel 000 ond in dem Enbiathnm
Tuam 800) ••), endlich in England upd Wales 350,000 K. Dies
gewählt eine Gesammtsahl von 2,042,356 Ind., oder ein Zwölf-
theil'der heutigen Bevölkerung.' In Schottland, wo sie die el-
gcnthümliche Landeskirche bittet, serfällt sie in 889 Kirchspiele^
deren jedes von einem Pfarrer geleitet wird***), welcher in Gemein-
schaft mit den Kirchenältesten durch die KMrk-Se$$ioH$ (Kir-
*) Ton diesen Q4II5 Pfarrstellen werden TOS allein von den Iri-
schen Bischofen vergeben. Die gesanimte Bevölkerung (catholische
und evangelische) von manchen Kirchspielen besieht nur aus 200^
von anderen aus mehr als 20«000 Seeleo.
**) Edinburgh Review. Juli 1835. p. 491
***) Die Fresbyterianiscben Pfarndellen werden theils vom^
Grundbesitzer (Patron) , theils von stadtischen Behörden (Town-
Councils) vergeben»
400 Das Britigclhe Beich.
•bansknoigviO dU «llgeiii^ifMfi Ajig«l«g«ihcilMi dir Ktrdia lei-
tet Zwölf l>k I^ Kirchfpble hiidttk «io Presbjrteriti», in
welehMi genMinhip wi«d«r «Lei^ älteste Pfamr den Vortite fillirt;
und 60 solch« Prssbjtemn sind öbechsnpt in Sohottland. Vier
liis sechs Preih^toriea sind wieder su einer Provineial-Sj-
node rerknüpft, die sich in dem Hanptorte der su derselben
gehörenden Presbjrterien jährlich sweimiii Tersamaielt; uncf gleich
den bischöflichen Gerichten die wichtigeren kirchlichen Angelegen*
heiten bemthet und entscheidet: es gicbt 15 Prorincial-Synoden
für gsns Schottland. Ueber diese steht nur noch, da. die Re>
gierung nuf die kirchlichen Angelegenheiten der Presbjterianer
fast gar keine Einwirkung hat, die General-Versammlung
(the General j49»€MbfyJf weiche, wie ein geistliches Parlament
für Schottland, über alle ihrem Forum vorbehaltene Gegenstände
als letzte Instanz entecheidet und in grosser Achtung steht. Sie
wird xusamroengesetet aus 7 Abgeordneten jedes Presbyteriums,
von denen 5 geistliche und 2 weltliche sind. Ausserdem sendet jede
schottische Universität einen und jeder königliche Fieoken (ro-
yal hurgli) gleichfalls einen Abgeordneten. Alle diese Abgeordneten
werden j&hrUch neu erwählt, und versammeln sieh Jährlich sn
Edinburg unter der Anctorität eines königlichen Commissarins
iCommieeioner) aus der Reihe der weltlichen Barone auf acht
bi)l vierzehn Tage. Der Commissarins eröffnet und achllesst
feierlich die Versammlung ist aber nicht der Praesident (üfo*
derator)^ welcher vielmehr nach Stimmenmehrheit ans. der Mitte
der Versammlung selbst gewählt wird.
Unter den Seoten der Evangelischen Kirche steht der Zahl
nach oben an die der Methodisten, welche unter John Wes«
lejr seit 1720 in England sich bildete, und dann bald hier und
in Nordamerika sich stark ausbreitete. Sie leriiei darauf auch
in die Britische und in die Amerikanische Conferenz.
Die letztere hatte jedoch bei der Trennung der Colonien von
dem Mutterlande 1776 erst 1 160 Mi^lieder und 10 Prediger. In dem
gegenwärtigen Jahrhunderte hat der Pietismus dar Metdodisten,
wie die ähnliche Glaubensansicht in anderen Ländern in einezl
weit höhern Grade zugenommen, trotz ihrer strengen und an-
maassenden Zucht, die den Methodisten Über jede häusliche
Verrichtung, über jedes Vergnügen, Ersiehung der Kinder u»
8 w. durch den Prediger streng beaufsichtigt^ während dieser selbst
Das Britische Beich. ' 401
/
vlederum^ nnr drei Jahre teiner Gemeinde xUf^ewIaAen, sich
unter einer druckenden (T^stesbesehrUnkang der Conferena befin«
dety welche die Prediger ernennt^ und absetzt Die Zunahme die*
•erSectetiit'abet tlteht nur lirie früher bei den niedrigsten Volk«-
elaisen, sondern auch bei den €rebildeterett und Wohlhabenderen
fast gleiehmässig bemerkt worden ; denn während die Methodisteii
1808 in Grossbritanniei^ und Irland nur 109»96l Mitglieder und 41 f
Prediger s&hlten, waren sie 1822 schon auf242,400 Mitglieder und.
826 Prediger angewachsen, 182J3 auf 231,(M5 ib Grossbiritanniert
und 22,514 in Irland, 1820 auf 279,170 in Grossbritannien und
24,403 in Irland, endlieh 1834 auf 380,000 in Orössbritamiien
und 80,000 in Irland, also susamroeii 460,000 Köpfe» o^d6r fast
ein ZwanzigtheU dker gesammten Bei^51keriing *\k
Die Herrnbnter oder Mährische ßrfider teheti inöiii«
lelnen C^nieinden lersti^t Über daü ganse Reich, namentlich
ia den Grafschaften Vork, Lancastcr und Nottingham, in dei'
Gesammtsahi gegen 100,000 K. ^ Die Quäeker nehmen ge<
genw&rtig mehr ab als tu, und wohnen gteichtalU dehr zenitreuti
am häufigsten in der Grafschaft York, zuAkmmeti 60,00p K. — «
Ebenso die Menuoniten und Wiedertättfe;r in 38^ Gemein-
deik, gegen 150,000 K. Die disseiitijrenddtt Presbjte-*
rianer, weiche bis zum September 1820 in zwei verichiedeueii
Sjmoden, Jede an 1 1 Pre«byterieii, in Schdtilattd lebten , seitdem
ab^ sich tu einer vereinigten S/node de# abweichenden t£irdhe
Ton Schottland (tfiitW äsgööiäU S^ttoä öf ihn äecesgion o/
eiureh) n^MMnaiett begeben haben» tnsgeeammt mit 350;000 tC
Die ladependenten» ünitaiief nad Sociniäner öi^t
Anti*Trinitarier und andere Dissenten von sehr vefschie«
dener Farbe» zusammen «twa auf d00,D00 K. in berechnen. *^
Lutheraner sind die Bewohner derlnsei Helgoland und ausser*
dem bat dieae Kirche einulnn AnhiUiger in den Fabriken- und
^ tn ^teidieii Wiehstfenm ist aber nach ii^ Amerikanische
CtaferensB geblieben. 1881 besass sie bereits 284,000 Mitglieder bei
1095 Predigern und 1854 liegen 500,000 Kopfe. Die Gesammiiahl
der Prediger beider Oonferenzen betrug 1833 =: 3»5044
8ehab«rt*i{ 8t8tifttik.ll. 26
N
402
Das Briiische Beicfa.
HandelsstädtlBQ^ zusammen Dicht genau su berechnen, aber Irohl'
.kaum über 15,000 su schätzen«'—
in. Die Romisch-Catholische Kirche umfassta 1835
6,42(7,712 Anhänger in Irland (||der Bevölkerung dieser Insel),
580,000 Ind. in England und Wales (j', der Berölkerung),
85,000 Ind. in Schottland ij\ der Bevölk'^rung) und 130,000 K.
in Gihrailtar un^d au^den Inseln Malta, Gozzo und Coniino (über
II der dortigen Bevölkerung): folglich in der Gesammtzahl
7,222,712 K., oder über zweiSiebentheile der Bevölkerung dea
Staates. In Irland haben sich seit der Reformation wiederum die ca-
tholischen BisthQmer ohne Anerkennung von Seiten de« Staates all-'
mähiig eingeführt, wie oben auseinander gesetzt ist Es sind gleich
I den Anglikanischen vier Erz bis th um er gebildet, die auch mit den
protestantischen nach* dem Hauptorte des erzbisehöflichen Sprengeis
benannt werden, aber doch verschiedene Resi4enzen für dig Erzbi-
schöfe haben, wie der von Aimagh zuDrogheda und der von Cashel zu.
Thurles wohnt Die Zahl der B i s t h ü m er ist um 4 grösser als die
der Staatskirche, nemlich 22, wiewohl 18 ganz gleich mit den Bis-
thumispsengeln der Episcopalkirche benannt sind, aber hier treifen
f noch weniger der Vcrwaltungssitz und die Cathedrale des catholi-
schm mit den des anglikanischen zusammen. Der catholische Erz-
bischof von Armagh hat statt sieben acht Diöcesanbischöfe, nämlich
ausser jene noch den von Ardagh. Der Erzbischof von Dublifi ist
'g^eichfaUs nur auf jene drei Bisthümev der Episcopalkirche be-
schränkt Der Erzbischof von Cashel hat statt fünf sechs,
und der von Tuam statt drei fünf Diöcesanhisehöfe, jener noch
ein besonderes Bisthum von Kerrjr, dieser die Bisthümer Clon-
fcrt und Kilmacduagb, sowie KilLal» und Achonry in vier beson-
dere bischöfliche Sprengel abgetheilt Das Bisthum von Kilmacduagh
und Kitfenora ' liegt theils in der Provinz Connaught, theil« in
Munster und steht deshalb abwechselnd theils unter der erzbi*
schöflichcn Aufsicht von Tuam, theils unter der von Cashel. Die
Einkünfte des Bischofs bestehen in der bischöflichen Pfarre, die
gewöhnlich die einträglichste des ganzen Sprengeis iit, in dem
Cathedraticum, eiper Abgabe, die jeder Pfarrer (Partih- Priest) aus
seinen kurchlichen Einkünften an seinen Bischof (zu 2 bis iO<g St.)
* zu entrichten hat und in Dispensationsgebühren. Bei Erledigung
ein er bischöflichen Stelle werflen von den übrigen Bischöfen der Pro-
vinzen 2 bis 3 Candidaten, und von dem niederen Clerus (den Parisk-
Das BritUehe Beiclu ^408
Ffiemm «n«l i)iMi Gtliftlfen oder DiaeaMD, hi«r wk bei der
AnglieaolMlieii- Kirehe* als StellTertreter Curaiei genaaDt^ ein
Candidat dem Paptte Torii^ohlagen» ans welchen derselbe
•den neuen Bischof ausirfthlt Doeh besondere flapitel bei
<1er CaCh^ralkirehe giebt es bei dem bedrängten Verhilt-
nisse der Rttmisth-Cathplisehen Kirehe bis jetst in Grossbritan«
nien noeh nieht. Nor ein General- Viear steht Jedem Bisehof in
der Venraltnng sur Seite. Die Zahl der catholisehen Kirchspiele
ist in Irland 806, also treffen auf Jedes einselne 7,173 S. Zur
Bildung der Geistlichen ist bereits 1706 in Folge eines Parla-
mentsbeschlusses suMajnooth ein Seminar gegrdndet, das gegen«
wärtig unter der Aufsicht eines Praesidei\ten und Dechanten
durch 10 Professoren 300 Zöglinge bilden Hast — In England
und Wales hatten die Catholiken um das Jahr 1775 3 Schulen;
einige Capellen und 25,000 Anhänger, 1789 war die Zahl dersel-
ben nach den Parlamentsberichten auf 69,376 IL gewachsen.
Sieben und dreissig Jahre sp&ter (1826) befanden sich hier be>
^reits 301 neu erbaute Kirchen^) und Capellen und 500,000 An-
hänger, und wiederum sieben Jahre sp&ter (1833) schon 423 eä-
tholische Kirchen , darunter 87 in der Grafschaft LancaSter» 52
in der Grafschaft York, 25 in der Grafschaft Stafford, 8 im
F&rstenthnm Wales. Die kirchliche Aufsicht wird nach vier Di-
■tricten -« London, Northern, West und Bfiddle — geleitet, de-
ren jedem ein General-Vicar ( Vicar ApontoUe) mit dem Titel ei- >
nes Bischofs in pärtibus Infidelium Torgesetst ist Zur Bildung
der Geistlichen bestehen 6 Seminarien, darunter das angesehen-
ste SU Stonjhurst bei Blackbum (von den aus LQttich Vertriebe-
nen Jesuiten gestiftet) fOr 280 Zöglinge, die durch 40 Professo-
ren gebildet iverden. — In ScKotlland werden die 85,000 Catho-
liken durch 2 BbchÖfe, einen f&r die Hochlande {Biihop of
ihe Hi'ghlanäs) und einen fQr das Flachland (of the Lowlandn)
geleitet. Die Zahl der kirchlichen Gemeinden mit eigenen Kir-
chen oder Capellen war 1824 = 51, aber 1833 bereits auf 74 ,
, gestiegen, darunter die mebten (17) in der Grafschaft Invemese
und 12 in der Grafschaft Banff.
«) MeidiDgei's Reisen Thl. I.^S. tt!-^t90 hat aus Laity^ Di-
rectory for 1836» London, eine ~ Uebersicht iUier alle catholi«
sehe Kirchen, Capellen, 8eii|ioare und Kloster gegeben.
26*
/
i
404 Das Briiisclie Reicbi
Auf der IiMel>M atte giebt e» ein eigene» BitthuM, 4Mi»Cilta
Veeehta-'aeinea Bits hat un4 die drei Inseln lugteidi leitet;
Klöster bestehen nicht nAr in4rland (51 Mönchsklöster und 4
Nonnenklöster), gans auf die alte Weise Cur verschiedene Zweige des
Benedictitter-Ordens, Carthäuser, Franziscaner und Jesuiten in ihrea
Einrichtungen erhidten, sondern auch selbst in England sind in Privat*
hi^usern 26 Mönchs« und 38 Nonnenklöster, xwar nicht mit Geneh-
R|igung des -Staates errichtet, aber doch geduldet, nur seit dem
Emaneipation^^esetse von 1S29» mit der oben angegebenen Be-
schränkung über neuen Zuwachs« Unter diesen zeichnen sich
das Trapiusten-Kloster zu Luthword in der Grafschaft Dorset
und «wölf Nonnenklöster mit Schulen (CommumtiesJ ans*
Zur Verbreitung der christlichen Kirche' in anderen Erd-
theilen ist vo^ England aus sehr viel geschehen» denn gerade
in diesem Staate haben die verschiedenartigsten Missionsanstal-
ten ihren heimischen Sitz und die kräftigste Unterstützung ge-
funden. Dahin gehören: die Gesellschaft zur Förderung christ-
licher/ Kenntnisse , 1608 zu London gestiftet, gegenwärtig mit
253 Filialgesellscbaftcn , die Gesellschaft zur V/erbreitung des
Evangeliums in fremden Gegenden, 1701 gestiftet, die gegenwär-
tig $0 MiBsionaire unterhält, die Schottische Gesellschaft zur
Verbreitung des Christenthuros, gegründet 1709, die Gesell-
schaft für Missionen in Afrika und in der Levante, die grosse
ttissionsgeseilschaft zu London seit 179$, zur Erfüllung ih-
res Zwecks vorzugsweise auf die Südseeinseln, Ostindien und
Südafrika hingerichtet ^ die Methodistische, die Mennoni tische
und Bfährische (Herrnhuter) Gesellschaft für Missionen. —
Daran schliesst sich die grosse Britische Bibelgesellschaft,
welche am 7. März 1804 zu London ins Leben trat, un^ be-
reits bis 1821 629 Hüifsgesellschaften in Europa, Amerika und
Asien veranlasst und für einen Geldaufwand von 774,840 % St
<&,423,880 Thir.) in 130 Sprachen theils das alte und das neue
Testament, theils (|as letztere allein» in 3|201^978 Exemplaren
vertheiit hat
Unter den angesiedelten Nicht -Christen*) finden sich im
*) Die Deiste« und A|tiielsten> di<> sich ewar zu völlig abge-
schlossenen Vereinen EusammengedeUi haben i sind jedoch vom
/
paft Britische Reick 406
Bridsdien- Europa nur die Juden, von deren Ansaht bereits im
den vorhergekenden fi. gesprochen ist; iind wobei hier besonders
nodi sn bemerken bleibt , dass die Juden bauptsächUfsh nur io
London, Manehester und Liverpool zosamnienleb^, gegen 12,000 K.
— dagegen in ^Dublin nur il JQdisehe Famil., und in ganc Schottland
nicht mehr als 900 Juden — und in diesen Städten allein religidse
Vereine lur gemeinschaftlichen Ausübung ihrer Religion bilden«
^^dort 5 Synagogen y hielr je eine besitsen. Der Gedanke nach
der Emancipation der Catholiken auch die gleiche Vergünstigung
und GleichsteUung in d^n bürgerlichen Rechten mit den Chri«
sten für die Juden herbeizuführen, ist swar in den IcUten Parla-^
ments-Sessionen bereits besprochen, aber seine Rcalisimng scheint
sicher in den n&chsten Jahrsehenden noch nicht erwartet werden
Bu können. Der erste Versuch, die Juden durch Missionen zu
bekehren, ging gleichfalls von England aus, denn in London
wurde bereits 1808 eine Gesellschaft zur Beförderung des Chrt-
stenthums Unter den Juden gestiftet, die eine Schule fUr 100 Jü-
dbche Kinder anlöte, and Missionaire zu ihrem Zwecke nach
Polen und den Russisch -Polnischen Provinzen entsandte, wo minde-
stens verhältnisf Massig die stärkste Zahl der Juden anzutreffen war» '
B. Cultur des Britischen Reiches.
§.9.
Die verschiedenen Zweige der physi-
schen Cultur.
t
/
Die oben 9. I. S. 2D2. angeführten Werke von ColqJihoiin
und Lowe. -— tV. Whiimorc a letter fin the preunt Mtate
SüMUe nicht als eine föimüc'ieRelfgionsparifaetatt^kaaat^ nndüber
dies auch in sehr geriager l»ahi vorhaaden«,
406 - Das Brtttfiche ReicU«
and futmr$ protpeeH of agricuttur9^ London'\912f 8ro. D^tt.
a letter upon tiie corti-lattSy Edinburg 1826*). — Jacbl, Re-
port on the com- trade f ordert d hy the kouee of Commonere io
be prtnted 14. März 1826, London, ftbenctst tob E. Riebard,
Hannover 1820 und lehrreieh Iteurtheilt in EdnAuf^h Review.
4iept. 1826. — ^
Die gesammte BodenflUche der drei veretnigten Bridiehen
Reiche und der dazu gehörenden Inseln beträgt nach Acres, de-
ren Verhältnis« lu Preussischem Maasse und Geographischen
QM. oben S. 311 angegeben ist, 75,604,080 Acres. In Bezug fir
ihren Anbau liegen uns folgende allgemein fibersirhtliche Be-
rechnungen nach den Haupttheiien des Brittischen Staates vor.
Niehturbar
Angebaut aberd.CuI- St<^« TotaL
tur fähig.
Acres. Acres» Acrea« Aere«.
1. England. 2^632,000 3,454^000 3,048^00 32,134,400
2. Wales. 3,117,000 530,000 1,771^ 5,418,240
3. Schottland ••). 5,265,000 5,950,000 8,777,060 10,092,060
4. Irland. 12,125,280 3AK)0,000 1,965,760 17^91,040
5. Die Normanni^ _ '
sehen Inseln. 55,300 22,500 79,640 157,440
46,194,580 13,856,500 15,643,000 75,694,080
Eil ist demnacb'überdreiFunftbeile derBodenfläebe, ala
Acker-, Garten- und durch Kunst erzieltes Wiesen- und Weideland,
wie es die boch gesteigerte SchaaCsacbt rerlaogt, benutzt ;niehtYoli
*) Vergl.^Millbeilangen aus diesen Schriften gegen die Komge-
aetze Götiing. gelehrt Anzeig. Oct 1827 Jfi 162—63 > und Edin-
burgh Review. März 1823. —
^) Nach Sinclair sind nur 5,04I,4IHI Acres für den Ackerbau,
013,696 Acres liir Wald beslelll; dagegen 3,000,000 Acres durch
Hohe und Boden Töllig «nnuizbar.
Das Britisclie Beicb. 407
•in FÜnfthtülder Bodenflftdie gebt auf Waldungen, Wiesen
und gewöhnjiehei Weideland, und etwas über ein Fünftheil
^ derselben bleibt auf völliges unnutzbares Land, auf Binnengewäs-
ser, Strassen, Häuser und Fabrikenanlagen zu rechnen.
a) Der Aeketbau,. Der Feldbau ist in j^ngland auf
das trefflichste eingerichtet, der Boden selbst lasst sich hier sum
grössten Theiie sehr gut zur Ackerbearbeitung an, und lohnt reich-
lich durch ergiebige Fruchtbarkeit die darauf verwandte Mühe ; er
ist fast überall von gleicher Beschaffenheit in ^üdschottlapd.
in Irland leidet er oft an zu grosser Feuchtigkeit, in Wales
nnd Hoch^chottland. wird er dagegen zum grossen Theiie we-
gen des rauhen Klimas und des gebirgigen und felsigen Charak-
ters dieser Landschaften unfruchtbar. Doch ist auch die Betrieb-
samkeit in diesem Zweige der physischen Cultur in den verschie-
denen Theilen des Staates sehr verschieden» Wenn in England
durch Kunst und Arbeit jeder Theil des Ackers auf den möglichst
höchsten Ertrag gesteigert ist, und hievon nur eine Ausnahme bei
den wüsten Strecken von Wales und Cumberland und den Qeiden
von Northumb^land stattfindet, ^) wenn in Schottland, ausser den
näheren Umgebungen von Edinburg, wenig mehr als die gewöhn-
liche Betriebsamkeit in den besseren Gegenden Norddeutschlanda
bemerkt wird, begnügt sich in Irland im Allgemeinen der Land-
mann mit dem, was und wie die Natur es giebt Auf diese Ver-
schiedenheit des landwirthschaftlichen Zustandes' wirken aber
wesentUeh die eigenthümlichen VerhUltnisse des Grandeigen thumsk
'tin, da dieselben, was Schottland und Irlanil anbetrifft, in der
neueosn Zeit sich keinesweges 00 ausserordentlich vefindert
haben, wie in England, Hier befand sich gleichfalls, wie itt
Sehottland nnd Irland, zur Zeit der Restauration der männlichen
Lfnie des Hauses Stuart (1600) der sftmmtliche Grundbesitz in
den Händen der Gentrj-, der Kirche und des Bauernstandes.
Nach hundert Jahren gab es schon weit weniger selbständige
Gutsbesitz^, doch wurden 1786 noch 250,000 gezählt. Seit die-
ser Zeit stiegen die Erzeugnisse des Ackerbaus mit jedem Jahre
im Preise, und auch die besseren Erndten reichten kaum in Frie-
denszeiten zur Bestreitung des Bedarf» hin, während bis zum
Jahre 1775 die Einfuhr an C^treide im Durohachnitte höchst
*) Die beträchdichc Salisbury- Heide in Wilishire, aaßn^l. Q. RL
gross, ist in den letzte^ 15 Jahien fast valiig angebaut worden«
\ '
4o8 Das [Britische Reich.
unbedeutend war, und nicht Qba' 24,000 Quarter ^ oder y\^ dei
Bedarfs an allen Getreidearten zusammen j&hrlich angenommen wer"
den konnte. Die Periode des Nordamerikanisclven Freiheitskrieges
verlangte nun »othwendig eine stärkere tlinftihr fremden Getrei-
de«; aber die politischen Verwickelungen, die dieser Krieg fttr
die Stellung Grossbritanniens ssu » allen See- und Handels-Staa-
ten hervorrief, namentlich wegen der eigenmächtigen Behandlung
neutraler Schiffe, erinnerten doch das Englische Ministerium stark
genug an die Abhängigkeit des Britischen Staates in Beziig auf
die Getreidezufuhr, und dass dasselbe seit der Mitte des acht-
^ehntep jfahrhpndeits seine Aufmerksamkeit zu ausschliesslich
Quf das Emporheben des Handels gelenkt habe. Mit einer um so
fingestrengtereo Sorgfalt wurde jetzt dieser UnterUssungsfehler
verbessert, was nun dadurch noch leichter geschehen konnte, dass
der krliftig^ blühende Handel in^ und ausserhalb Europas schon
för sich selbst sorgtel Es wurden gesteigerte Prämien*^ auf
die Ausfuhr Englischen Getreides, auf die Erfindung von Ma-
ychienen für den Ackerbau, auf den Anbau besonderer Getreide-
arten , Futterkruuter u. s. w. gesetzt. Dies gewährte denn in der
That aiich recfit bald ein so günstiges Resultat, dass ungeachtet
*) Der Eosliscbe Quarler ist genliu ^ 5^*"^' BerL Sc]iefiel, also
}Q0 Quarter == 5^28^ 9erL Seh, oder beinahe Q29 B. 8dC
^) Pie ersten Prämien auf die Ausfuhr Englischen Getreides
wurden zwar bereits von der Regierung 'Wilhelms III. 1689 ausge-
fe(zt, währepd bis dahin die Ausfuhr des Getreides sogar mit einem
ICoUe beschwert, v^d überhaupt nur daon gestattet worden , we*n
unter einem von der Regierung festgesetzten Marktpreise das Ge-
treide verkunft wurde, bei bdher ge^tifgenein Preise blieb die Aps-
(Ohr ganz untersagt. lYilbelm setzte als Ausfuhrprämie 5 Shilling
(If Rür.) für d^n Q«arter IVeizen, B^ Sh (Ij^ Rtlr,) für den Quar*
ter Roggen und SiSh. ({Rtlr.) für jeden Qnarter Gerste oder MoU.
IJnfer de^i Hause Hi^npover stieg di^ Ausfuhr boher, denn in. d^n
12 Jahren (i740-5( incl.) wurden 1>515,0Q0 % St, (]0,G05>00Q Rtlr.)
IUI Ausfuhrprämien wirklich gezahlt^ iind 1750 '^Uein 947,000 Quar-
ter Weizen ansgelührt (Prämie = 254,250 ft 8t., 1,639,750 Rthlr.)
Vergl. den fitehr brauchbaren Artikel Corn-Cawü in Macculloch Pict.,
Uebers. I'hj. 11« 9. 74--llf). Die Ausfuhrprämien waren aber 1773
\9Uig avfgehobe^^, lind erst HH vied« eipgefühfi wwd^n. '
Das BriCiscIie Beleb. 409
\
der JShrliek sieh stark melirenJen Bevölkenrng, ungeaehtet des
überaus yerstärkten Verbrauchs sti Getreide* fQr dl6 Viehcucht
und für die fremden in den Fabriken« bei dem Handel und der
Schiffahrt gebrauchten Arbeiter, dennoch Grossbritannien mit
Einschluss der Zufuhr aus Jrland in Friedensseiten sclipn l»ei den
mitderca Erndten fQr sich aliein bestehen^ bei guten Emdten
aber einen beträchtiichen TKeil seines Ueberflusses fQr schlech-
tere Ja^re suritekleg^n konnte« Demnach durfte England^ nur
durch Kriegsverhaitniue.und Missemdten genöthigt werden, die
Einfuhr ausländischen Getreides mi gebrauchen, ^
Diese Verh<nisse hatten aber den Werdi des Bodens ans-
aerordentiich in die H^he getrieben und gewährten dennoch den
Vprtheil, bei einer lebhaften Betriebsamkeit einen sehr reichen Er-
trag aus dem aof Grundbesitz angelegten Citpitale au bestehen. Da-
her bemühten sich die reichsten Capitalisten, ihr Vermögert im
Graadbeiits sich möglichst ni rersichern, und auf solche Weise fiel *
immer mehr und mehr der Gmndbesits in die Hände weniger zusam-
men, weil der hohe Preis den kleinen Grundbesitzer verlockte,
sein Eigenthum dafihr aufzugeben, und sich mit dem arbeitslosen
Ertrage der massigen Zinsen des daraus gezogenen Vermögens
IQ begnögen. F&r die sichere und möglichst ergiebige Anlegung
solcher Capitalien aber ergab sich gleichseitig als eine fisst an-
erseliöpfliehe Fondgrube die grosse Britische Nationalscbuld mit
ihren eonsolidirten Fonds. Es war daher naek der Wiederher-
stellung des Continentalfriedens durch den zweiten Pariser Ver-
trag die Zahl der Englischen Grundbesitzer auf ein Aebttheil
der rierzig Jahre früher ynchandenen geschmolzen; denn es wor^
den 1816 in (»nglaiid iin4 Wales nur noch. 32,000 Grundbesitzer»
unter welchen sieh aber 600Q Corporatieuea wd fast ebensoviri
CoUegien, Capitel und Kirehsptele bffanden, die in gnuidherr-
lieheni besitz ein^n Theil ihres l^etmögens bepataten. Aber aueh
selbst diese ZaKl hat seitdem neeh betftehtlich abgenommen»
und 1831 waren, ebne Corporationeq und Kircbeu sm reehnen,
nur noch 720Q selbstlndige' Grundbesitaer, unter welchen 000
sehr reiche d^n^ipirten, Diirch dieses ttbermitosige Z/naAnrntn^
{allen der kleinen Güter in Qherans grosse Besitaungen, die hei
dem Werthv^rhMtnisse des Eiiigliscben Badens nicht itaeh dem
Vmfisnge mit den grossen Besitzungeq anderer Y^änder gemessen
Verden inttaMUt ist ^aber au^ def Eaafl.Mu. der Nobiiitj und der
I
410 Das BrIiüclie.Ileio.li.
\
reichften Familieil aus der GeDtr/» also der fii^fSr stets einigen
Majorität im Ober- und Uuterhause, auf die Feststellung der
Korpge&etse und das Festhalten der jetzt bestehenden erklärt —
In Sehottland ist dies unnatürliche EigenthumsTerhältniss we-
gen der dortigen Loealbeziehungen nicht su einem solchen Ex-
trem gestiegen, wiewohl hier von Hause aus ein grosser zusammen-
hängender Grundbesitz in den Stammverhältnissen des Landet
(Clane) begründet war. Denn es gab in diesem Lande 1825 noch
1 1^247 Gutsbesitzer, von denen 3909 im Durchschnitte jähi^ich
2500 <ä St (17,500 Th.) aus ihren Gütern bezogen, 1097 z wische«
^2500 und 625Ulät und 6181 unter 625^ St Einkünfte in liegen*
den Gründen besasseii. In Irland blieb die Betriebsamkeit im
Ackerbau am längsten zurück: und der bei weitem grösste TheÜ
der Bodeniläche wurde bis in das achtzehnte Jahrhundert nur aU
Weide für die Viehzucht benutzt, dies Weidesjstem fand noch
J727 in Irland so arg statt, dass von dem Parlamente eine Bill
. angenommen werden musste, welche ^ür jeden Inhalier von 100
Acres festsetzte, dass er genötbigt sein sollte wenigstens 5 Acres,
also um ein Zwanzigtheil seines Besitzthums, bei einer Strafe
von 40 Shillg. (13^ ThlrJ in Cultur m aetzen.
Das gesammie Capital» welches im Aokerbaa in Grossbri*
tannien und Irland angelegt war, wurde 1798
auf 1,200,000,000 % St (8,400,000,000 Th.) geschätzt
4ag^. 1833 auf 1,901,000,000 % St (13,313,300^000 TK)
Der duveh«rhBittlicke Ertrag des Ackerbaus mit Einaehlos« der
Milchwirthsehaft luid des Düngers wurde 1833 bereohaet
auf 246,(KMMM)0 ft St (1 ,726,200,000 Tb.) «)
darunter für Korn alle« Art 86,700,000 <S St = 606,900,000 Th.
für Heu, Gras und andere ^
Fütterung • . I . . . 1 13,000,()00 9 St = 701,000,000—.
für Kartoffeüi . « . • . 19,000,000 <ä St = 133,000,000 —
*) Dagegen gab Marhsrd für das Jahr 1832 eine Berechnung
des Totalwerlhes sämmtlicher Producte des Tbier-, Pflanzen- und
Hineralreichs adf ' 216,817,000 ft St, 1^12,719,000 TL., wovon das
Inland für 313,788,000 ft St und das Auskad für 9>O89,00O % St
consamiren sollte.
Das BritUch« Reieb. 411
«
un\\ Battm^aBningeti • . 6,400,000 U St = 44,80Q»000 Tb.
T^ Hanf and Lein . • • l%000,OOOftSt = 84,000,0Q0 -—
fftr Milch, Butter, Kftie und
Elef 0,000,000 Q 8t =: 42,000,000 -^
IHr Düoger ^600,000 <& St = 24^600^000—.
Ueber die VeiAeilong dtr Bedmifläehe für die YeTflebiedenen
Gattungen de« Anbaus .betitien wir Iceine Yolittindlge Nachrichten,
Sfaiehna*) Uefert nach dem Edinburgh Gaaettter IL 565 und
VL, 64t die Angaiie, data ia England 10,500,000 Acrea, und im
Filritenthum Wales !K)0,000 Acres für den Getreideban und Knol-
lenfrQchte bestellt, und' dort 14,200,000 Acres, hier 2,500,000
Acres als Wiesen und Weiden bedutst werden. Bei dam Ge-
treidebau in England werden 2,tl00,000^ Acre» l&r Weisen nnd
Roggen, 3,500,000 Aeree fir Gerste und Hafer, 2,000,000 Aeres
fOr Erbsen, Bohnen und Wieken und 3,000,000 Acres für Kar-,
toffeln angebaut. Colq.uhoun nimmf^ für 1812 die angebaute
Fl&ehe in- Grossbritannien und Iriand auf 57,711,431 Aeres an,
Ten welchen nach seiner Berechnung 0,170,000, Quirter Weisen,
685,000 Q. Roggen, 6,335,000 Q. Gerste, 16,050,000 Q. Hafer
md 1,860,000 % Bohnen, Eil^sen nnd VTidcen und ausserdea
das Saatkorn gewonnen werden; d. L das Saatkorn dnreh*
sehnittlich su 20 Proeent angenommen ein JährHcher Eintrag
Ton 42,000,000 Quartärs. Nach Lawe*« SehStnong ••*), die allec^
diogs um sehn Jahre jtegev ist, und auf die iodesa so ausseror*
dentlich gesti^ene. fierölkemug nnd bedeulettde Fortschritte in
der landwirthschaftlichen Cultur basiit wird, kttmaU der jfthr-
liehe Ertragt auf 50,000,000 ftrt 064,500^000 Bert Schff.). Li
Rexug auf die Con^sumtion nimmt Colquhoun fÜf die Mensche«
23»17},000Q« bei der BeröUceruag des Jahres 1812 (17,300;000lC)
an, d« L 1^ Qrt oder 7,'^ Befl Scheff., für den Viehbestand
auf 11,289,000 Ort, woraus die obige Summe ron 35,000,000 Qrt.
*) Staattnkuade 8. Ida
**) Ueber den Wohlstand u. d. Hülfsq. d. Brit Reichs 1. 4) «i Ml
*^) EngUmd in sein<em gegenwart Zustande. 8. 242.
\
f
41% DAB'Brltidche Reich.
ohne Aas Saatgetreide henrorgcfht. BetaltcB wir 4a8 gleidie
Verhältiiiss bei fQr die Angabe von 18^ so steigt die gerammte
Cönkamtion auf 42,720,3e(y Qnurt, fttr die Afenscben 28^33,GüO
Qrt und für den Viehbestand 14,106^800 Qrt Behreiten vir
nun mit der Bevölkerung und der inzwischen 'gestiegenen Vteh-
lueht bis sum Jahre 1834 in gleichem Verhältnisse fort , so er-
halten wir das Erfordemiss einer Consurotion von 32,750,000 Q.
fiir die Menschen und vonT 16,250,000 Qrt - fi^r den Viehbestand,
also ein Total von 40,000;000 Qrt, das wiederum mit^Hinsuf^
gung des Saatgetreides, duriishschnltdich ton ^20 Proeent -einen
Ertrag von 50,000,000 bitf 00,000,000 Qrt. (bis aiif 317,490,000
Berl. SchefT.) an Getreide gewithren würde. Maoculloeh Scb&tst
den, Verbrauch 1833 auf 52,000,000 Qrt
Der ausserordentlich fatat^e Verbrauch des Getreides für den
Viehbestand wird durch das Verhtltniss der Englischen Viehsucht
an und für sich, und namentlich durch die fUrdie Wollmanufactu-
ren so Übei^aus gesteigerte Schaafsucht begründet, die aelbst noch
in den neusten Zeiten frots des gestiegenen Werth« des Grund-
Besities, nrbares Land in Weideland übtergehen Usst, und in ei-
nem noch ausgedehnteren Grade verhindert, dass culturfählgea,
aber jetat nur als Weide benutMe« Land, dem Pflöge unterwor-
fen wirtl. Dasselbe Verh<niss erfordert aber Mich sugleich den
«tarken Anbau von Bafsr, KnoHengewiehsen und Futterkr&uten|.
Endlich das MissverhMtniss s wischen dem gleichfklls sehr star-
ken Anbau der Gerste aum Weizen und Roggen findet x seine
genügende Erklümng In dem -starken Verbrauoli an Bier, wo>on
weiter nnten in dem imchMgendeil §•
Die Getreid«freis«^> sind inswiadien in Grossbrttanni^,
so lange ihre VorsekhiUing hislorisch sicher festgestellt ist.
*) Macculloch in seinem Pidion. D. U. ThI. IL 8. 10^ lie-
fert eine tabellarische Uebersicht der Wetfzenp reise auf dem Ge-
treidemarkte zu Windsor, wie sie durch die zu Eton geführten und
beglaubigten Register bestätigt sind, für die 187 Jahre 1646 bis
IS36; femer eine tabellarische Uebersicht dt^r Durchschnittspreise in
England und Wales für Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Bohnen
und Erbsen» bestätigt durch deti Einnehmer der Abgaben auf Ge-
treide, für die a9 Jahre ITU^^l^iJO.
^ I
IKa$ BritUehe Bei^h. 41S
\
M i0tsk hkhgdtm inaeira Verkehr cteer ttokea BerUkeruBg».
immmer lelir- be^eutoiid geweeea, «sd feiteo ändert al» diurcli«»
■ehnittlieh die hdebeten für gtnx Enrqpa. Weiien bleibt bier
aU Brodgetreide in der ttilrketen Cequiiiatioq, und ereebeint dv
her SM «ogemeeaeniiten ala Stätipookt f&r die Veigleiehuiig.
Neeh Buebenen ia den Beitrilgea su aeiner Autgabe des Adaa^
BMitht woaut die tabeUarieehen Ueberiiebten bei HaceuUocb an
vergleiefaen eind» bat itx Quarter Weiaen Tor dem Jahre 1745
* in der Regel anter 40 Sh« geitatMien, aber bereite 1640 wird det
frübeete Dureheehnittspreis de« Quarten Weisen auf 22 Sb. an*
gegeben: etjut aleo in dieeem Jabrbandert da« Sehwanken des
Preiaee fftr den Qnarter Weiaen nur in dem geringen Zwiteben-
raane von ISSb. ttattgefandea» oder der BerL Sebeffel hat hier
nie unter 1 Rttr. lOSgr. und nie über 2Rtlr. 6Sgr. geetanden»
und dies war ugt einer Zeit, wo die Zulubr aui dem Auelande
"miweaentiieh war^ wie ieh telion oben angefahrt habe. Zwiseben
den Jahren 174i und 1785 leb wankte der Preis dea Quartera
swiaeheft 30 und M Sb«, naek dem Jahre 1786 fiel, er niemals
mehr unter 40 Sh., war aber durek den Franadsisehen Revolu-
-tionskrieg bis aum Jahre 1800 auf UOSh. (d.i der Berl. Schef-
fel Weisen au 7 Rtb.) geatiegen. In dieser Zeit war aber augUicb
doreh die Miuemdte der beiden auf einander folgenden Jahre
1783 und 1784, sowie dureh die fortwährend«! Expeditionen,
ifelehe die<politisehen Ereignisse reranlassten, die Einfahr des
fremden Getreides überaas gewaohsen; sie betnig insyiymmt *)
für die 24Jahre 1776» bis sum 26. Septbc^ 700=^6,501 ,055 Quar-
ter (34,305,342 BerL. Seh.) Weisen und Weizenmehl, welehe über
I7,p00,000 9. St (119,000,000 R^^ kosteten« Es kömmt dem«
naeh durehschnittlieh für jedes Ji^hr eine Einfähr von 1,433,139
l^rt Seh« and ein Durehsehnittswerth dieser Einfuhr j&hriieh
*\ Ueber die Blnfehr uttd Ausfuhr des Weizens and des Weizen-
mehk liefert Maccnlloch a. a. O. Th. II. S. I^ die Ubellarische Uebeiu
sieht för England in den Jahren 1697^54» und von da ab für Gross-
britaaaien in den Jahren 17S5-'80a. Von 1801 bis aam aSslen Jnai
1831 sind aber ebendis. 8. 106» *? aad a nkhl mar für alle Getreide-
gattungen, sondern auch zugleich die Qoaatliatea nach den rerschie-
denen Laadem, aus denen sie eingefihrt sin^ die Eialnlirlisten nach
Quartem angegeben*
4)4 D«8 B^rUUch« Ilelelu'
^Ton bdttdie 5,000,000 RüriL Im J. ISOO wwdcn tlMa I«404,(ao
Quarter W., trots dt« hohon FreiMiy Am in 4i0s«n Jahre ma
iMter 110 Sk £«l «fut •4»if a«f 1%7 «tMg, la die Hifm
Grossbritennien« eingefühlt; ea ging alao «ileia 4aaiale ia eb-
nem Jahre gegen r,587,l20 % St (53»l09,a4O RHr.) f&r Ge-
treide ia daa Aualand. Bis dfUa war aber^ Irland in dem
Getretdehandel mit GreMhHtanfiien beaehr&nkt*)» und. erst I80§
wurde er iwStehen beiden L&ndem gftnalich freigegeben, und da*
durch für die Zukunft, ongeaeK'^'-t der jihrlieh überana steifea-
dei\ Bevi^Ikerungy die gegen England gehtlten mehr ia Kartef-
-feln und den niedereil Getretdegattungea ihre Hau^ahrung^ ha«*
ben, selbtt bei Mittefemdten ein eCeta vorhandener Ueberaebasa
an Getreide, namentlioh Hafer und Weisen naeh Groaabrilaa«
nien ausgetiihrt Diea wirkte lehon während der Kriegaseitei|
aewohl auf die Preiae» dl« aeil 1802, mit Aaaaahme dea Jah%
rea 18|| nieitiala h&her ala aaf OObh il2Sh. aiek erhielten, ala
aueh nanientUeh auf den MindeilMtrag der-fiinftdirdea Getreidea
aua fremden Staaten weientUdb ein. Deon wihrand Irland 1801
nur 000 Quarter einführte, gab ea iWSL aehoa 407,06? Q., 1808
= 63(1,750 Q., M8O0 = 033,658 Q., 1810 Ua 1818 duroln
aehnittlich J&hHich Aber iOt/MIO Qaarter^ oder gegen 3,000,000
BerL Seh. an Groaabiritannien ab.
Die Einfuhr aua fremden Staaten betrug fOr a&mmdtche Oe» -
treidebrten 1801 = 2,327,825 Q., 1802 = 743,062 Q., 1808 =
559,692, 1804 = 810,000 Q^ 1805 = 1,180,500 Q., alao suaam-
men 6,614,970 Q., öder jährlich im Durchichnitte 1,122,006 Q.
(5,940,630 Beri. Schffl.), woron • allein Weisen, | Hafer und J.
Roggen, Gerste und Hülsenfrüchte ausitaaehten. Der GeaanMntwerth
betrug gegen 19,000,000 U St <I 19,000,000 Thir.), alao wurde jähr-
lich im Durchschnitt rem Auslande für 24,000,000 Thlr. Getreide
eingekauft Dennoch war schon 1804 sumSchuts der einhehnisehen
Landwirtbschaft das Kornges^ts durchgegangen, weiches einen Ein*
fuhrzoil Ton 24^ Sh. (8 1. Thlr.) auf dea Q. Weisen (fast 1 1. Thlr. auf
den BerL SchcE) feststeliter so lange derselbe unter 63 Sh. galt
Bei dem Preise ron 63 Seh. war der Zoll aber nur per Quarter 2 j Sh.
und bei dem Preiae über 60 Sh. sank er auf eine hioaae for^
♦) Maccnlioch a^ a. O. Th. II. S. 80 u. 106.
Das Britische Reich. 415
melle Gcbfthr von \ S^b. per Q. -Aber in den Jabren tSfH'^H'
war der Weisenpreis niemals bis anf Od Sb. per. Q. berunter-
gegangen, also bestand dem C^setse naeh gar Icein Cinfubrz^ll
auf ausiftnilisehes Getreide für diese Zeit In den J. 1806 und
1808 und 1800 betrag inzwiscben bereits die Autltibr aus Ir-
land nacb Grossbritannien mebr, als die GesammteloAibr des
fremden Getreides aus allen übrigen Staaten und den Britischen
Kütoiiien in Nordamerika zusammen genommen, 1808 war es schon
tier sechsfache Betrag, und auch 1800, wo doch 750,000 Q. eingeführt
wurden, stand bereits die Differenz auf mehr als 18j,000 Q. zu Gun-
sten Irlands. Nur das J. .1810 verlangte Grossbritannien wieder eine
ausserordentliche Einfuhr von 1,665,000 Q. (8,807,850 B. Seh.) aus*
Iftndisehes Getreide, für einen Gesaromtpreis von mebrals'^7,000,QOO
<ä St. (40,000,000 lliir.), als der Quarter Weizen abermabmuf 112
Sh. stand, und nebenbei doch noch aus Irland die Einfuhr von
632,840 Q. Ebf er, Weisen und Buchiveizen. Im J. 1811 war bei der
guten Erndte die Einfuhr überhaupt gering, aus Irland 430, fto Q.,
aber doch noch 200,OOOQ.^ehr, als aus allen andern Ländern zusam-
men. Die beiden letzten Jahre vor dem ersten Pariser Frieden 1812
und 1813 verlangten eine Einfuhr von 1,577,432'Q., und die Hälfte
sovielans den übrigen Staaten, w&hrend der Preis des Weizens wieder
sein Maximum über 120 Sh. erreichte, und auek die anderen
Getreidearten auf einen höheren Preis als jemals kamen.
Aber bei der Wiederherstellung des allgemeinen Handels in
Europa durch den Pariser Frieden kam eine solche Zufuhr von
fremdem Getreide nach England , wodurch die Preise plötzlich
sa überaus shirk sanken , dass die bocb gesteigerten Pachtcon-
tracte von den Farmers nicht mehr eifÜlit werden konnten.
Billige Rücksicht auf die Zeitumstände, um demgemäu durch
bestimmte nach den gefallenen Getreidepreisen regulirte Pro-
cente Eriass die Zahlung der fälligen Prachtgelder zu erleich-
tem, fand nur bei wenig billig denkenden grossen Gutsbesitzern
Eingai^. Die meisten machten von den hierüber vorhandeiken
harten Gesetzen Englands Gehrauch, beim Ausbleiben der Pacht
den Farmer sogleich von seinem Hofe zn^ werfen und sich an
seiner ganzen Ha^be zu halten. Doch der eigene Vortheil, sowie
das dringende Anliegen der Pächter, die auch bei der grössten
Anstrengung unfähig blieben, ihre aiif unnatürliche Zeitumstunile
begründeten Verpflichtungen zu erfiilien« bestimmte die Mehrzahl
416 Pa« Britisch« Beicb.
d«r LoiiU wnA diß reiohtten Hilglittdtr im Unterhimett. dortli
Aepdenuigeii ^i dpr. Kofng Cietsgebuog die Ziifiüur fmoden Ge-
treides mdglffhiC SU erfc^weren, oder viflUg sa YerUiideiii, lun
dorch einen geiHfaen und möglichst liehen Zinsenertrag ihror
lA dem (Jnindhesifs angelegten CapjtnUen siabet Jta stellen. Auf
solche .Weis^ •i€gi9 euch in dem Britise|ien Stasts» Innern da«
Prirat'Interrcsse Qber das Staats -Intenresse und 4as allgemeifle
Wohl ihres Landes» £(ehon in den Parlaaiinttdehatten des J.
äSU wurde eine SeaU Air den ZoU auf die Gei^reide-Einfttkr
gf#ordrrt| die unter dem Preise von M Sh« ffir den. Weiseo
(4 Thlr« fbr 1 BerL Schfl) gar nieht gestattet werden, aW bei
dem hohem Preise mit 64 Sh. einen ZoU v^n 24.Sh. attf don
Quarter auflegen sollte, der bei jedem BK hlMkeren Preises auf ei-
nen SL itiedrigen ZoUgebÜhr fiel^ also bri 6$ Sb. Preis 23 Sb.
Zell» bei 66 ^\u Preis 22 Sk ZoU n, s. w., bis bei 88 Sb« •>
Preis die Einlubr ohne aUen ^11 freigegeben wüt^e. Das aus den
britbeben Colonien eingeführte Getreide sollte indess nur die Bilfte
des Zolls entriehten. Degegen lehnten pich nun dje Manufaeture»- ,
Besitaer und Arbeiter auf, die in der technischen Cultur die Coneut-
rens mit dem Auslande nur dann behaupten /SU können vermeinten,
venu dnr^ die wob Heilen Preise der Ptoduete des Ackerbaues und
der Viehzucht ein niedriger Arbeitslobn möglich geniadit würde.
Versaromlungen wurden darüber in aUen PabrilMt&dten gdialten,
inan drohte mit offenem Widerstände, das Ministerium war un*
entschlossen, und erwartete eine günstigere Stellung dieser Ange-
legenheit wiederum mehr von den Zeitumstilndeni als von dem
eigenen Einwirken* Nach heftigen Kämpfen im Parlamente 1815
wurde auf dem Verraittelungswege von Robinsc(n (dem nuchherigen
Viscount Goderich, jetsigen Grafen von Ripon) einp Getreide-Bill in
beiden Häusern angenommen und Staatsgesets. Da dassdbe noch
l^eute die eigentliche Grundlage der Britischen Com -Laws ist, und
nur späterhin Modifactioncn erhalten hat, so bedurfte es an dieser
Stelle eine so weitläuftige Erörterung. Denn der jetzige Zustand
der Korogepetsgebung diesee Staates' bietet auf gldcbe Weise
^1
"^y Die entscbiedenstea Tofies-Gutdbefli(2er tetlangien XWar so-
eine Steigerung des Preises vom Weizen bis auf 100 ttndl20Slw,
nn die Einfuhr ohne alle ZoUbelasiung frei gegeben werden soUle.
/■^
Das Britische Reich. 417
/
dem InlfuiAe^ vie d<Bm Attsltnde ein grotsartiget Interette dai^
Weil er auf eine der flauptrichtoiigeB hindeutet, die in ded n&ch*
aten Jahren die innere Politik Englands fettein wird.
Naeh dieaem Cretetie konnten alle Arten fremden Getreidea
und Mehla seil frei in tämmtiiche H&fen Grottbritannient und
Irlands eingeführt werden, wenn tie unter königliehen Vor«
achlutt aufbewahrt und von hier wieder weiter naeh dem Ans*
lande versandt werden. Zur inneren Consumtion durfte es aber nur
dann aus dem Auslande eingebracht werden, wenn der Quarter Wei-^
sen 80 Sb. (Berl. Seheff. =: 5 Thl.), der Quarter Roggen, Erbsen und
Bohnen 63 Sh. (B. Seh. 3| Thl.), Gersie 40 Sh., (B. Seh. 7.\ Th.),
Hafer 26 Sh. (B. Seh. \\\ Th.) im Durchsehn ittspreise hier gel-
ten: f&r die Britischen Colonien* Wurde der Noirmal-Preis für er-
laubte Zufuhr für den Weisen auf 67 Sh., Roggen 44 Sh.,
Gerste 33 Sh., Hafer 22 Sh. festsetzt Man heff^ dadurch'
von' Seiten der Landbesitzer, indem man die Zufuhr fremden
Getreides bei wohlfeilen Preisen gänzlich untersagte, jene Scala?
Preise, oder doch nur wenig darunter, als ziemljich feste im Lande zn
erhalten. Naeh 6 lehren wurde 1821 die Abänderung bei dem
Komgesetze getroffen, dass die Einfuhr fremden Getreides schon
bei 70 Sh. für den Weisen^ 46 Sh« für den Roggen, 35 Sh. fÖr
die Geräte und 25 Sh« für den Hafer, aber gegen einen Aqfschlags«
soll von 12 Sh., für den Preis zwischen 70 und 80 Sh. und von
6 Sh. für den Preis zwischen 80 und ^85 Sh. frei gegeben wer«
den sollte: bei dem Preise über 85 Sh. für den Quarter blieb
durchweg eine kleine formelle Zollgebühr von 1 Sh. Die Ge-
treidepreise aber «hoben sich bis zu dem Jahre 1 826 gar nicht,
so stark in die Höh^, dass dieses Gesetz zur Anwendung kom*
men konnte: ^ dagegen wurde die Getreideeinfuhr noch ans Ir-i
land nach Grossbritannien von Jahr zu Jahr stärker, sie .stand
in den Jahren ]8l8-*25 durchschnittlich stets über 1,500,000
Qnarter und erreichte 1825 sogar 2,203,962 Q. als Maxin^um.
Aber der Brennpunkt des Englischen Volkslebens, £e technische^
Cultur und der Handel litten ausserordentlich unter den Korn-
gf^setzep» in dem reichsten Lande der Erde wucherte Hungers-
noth bei den Fabrikarbeitern, weil diesfDlben für ihren nach den Prei"
sen des Continents erniedrigten Arbeitslohn nicht diese erzwun-
genen. Brodpreise zahlen konnten. Die Majorität im Unterhabe
hielt sich jetzt überzeugt, dass die bestehenden Koragesetse ge*
Soäibert's Ststistik If. 27
4)3. Das Britilc'heBeicfa.
liid«Tt Verden Bfluten, uA ■<> mehr als die Dürr« 4m Sonmern .
i&iO BcKon «ine nioluentitne Abhülfe' fBr'lloggen und Sommer-
getreiile nothweadig gemacht hatte. Pk nahm' <lai leiteDile
Ministerium lelbat fiir aciue ftechnung diese Angelegenheit aaf.
und fanning brachte in Uebereiaatimmung mit Gfuf Liverpool
am I. Mars 1827 eine neae Kombill ina Unterbaui, welche eine
beständige freie Einfuhr des Getreides unter der Hülfe einea
ateigendcn und fallenden Zolls vermittelo sollte. Dieser Zoll
sollte in genauester Uebere in Stimmung mif den Getieidcprcisen
h den väch entliehen Durchs eh nittsp reisen der
lunüchst umherliegenden Grafichaften normirt
cala wurde dcrgeatalt angenommen, dasa bei
Weizen 20 Sh. Einfuhnoll
Roggen, Erbsen, Bohnen IS Sh. — —
Gerste ......' It) Sh. — —
Hafer ...... > Sh. — —
Nahm bei dem Weizen 'der Pfeia um 1 Sb'.
DÜum 2 Sil. fallen, also bei 61 Sh. P^isj
bei 62 Sh. Preis, der Zolt=IßSh. u.i.w.;
eile von 70 Sh. der Zoll auf I Sh. zu kommen,
iben sollte. Im entgegengesetsten Falle sollte
Preises 'unter 60 Sh. uojk jeden SK. Abnahme
wachsen, also bei 59 Sh. Preis der Zoir:=22
ia, der ZoII=i24Sb. u.i.w. Bei den übri-
)llte cia durchaus gleiehea Verh<oiss eintre-
ind Zunahme dei Zolls nur um einen Sh. stei-
1 iwar der Roggen u. s. w. bei 50 Sh. Preis,
h., der Hafer bei 28 Sh. und darOber ein^ri
für den Quarter behalten. Diese Kornbill ging
it einigen wenigen wesentlichen Amendement«,
it des Weisens auf 02 Sh. und des Hafera
Anfang der Wirksamkeit der Scala' verlang-'
; durch, wenn gleich nur mit einer gerin-'
gen Majorita'L Aner im Oberhause wirkte der gleichzeitige Mi''
aistervechaet, Weleheri das Aiisschelden des Grafen Liverpool ver-
onrasste, sehr unj^ilnstTg auf die frSher selbst dieser BUI nicht
gant abgeneigten Toriea, und ein Amehdemeot des Herzogs von Wel-'
lington, welches die Einfuhr des.fVeizeD« gana unterdrflckt faalien
wollte, so lange der Preis unter 66 Sh. (4i.Th. fflr I Berl. Seh.) stiinde,
witrde von den Paera angenomman. tJntir diekenUmattlnden hielt Can-
Daa BrititfcJie Beick 419
feiiBg M f8r «Im n^samite die BÜl ?ftllig nurfickfunelmi«!!» und
die nothwendige Reform der Cprn-Lawi einer gel^nem Zmik
aufzusparen 9 weil ihr wohlthatiger Cinfluu durch dietet Amen*
dement gans vernichtet vorden wäre.
I
Canning^i, Tod brachte nack kurxer Verwaltung des tom
Viacouni Goderich gebildeten Minitteriums den Henog Tftii Wel*
lington an die Spitze der Staattangelegenheiten» der nun den
modificirten Vorscbiag teinea poetischen Gegnera aufnahm und es
ab ein neues Komgesetz 1828 durch beide Häuser durchfuhrt Dies
bat sich bis zur g^enwärtigen Stunde tretz aller stürmischen
JUigriffe im Unterbause und in den öffentlichen Blättern, trotz
der wahrhaft bedauernswerthen Lage der Fabrikarbeiter in sehr
vielen Grafschaften erhalten. Es gestattet die Einfuhr aller
Getreidearten .geg^n einen bestimmten Zoll ijix 'einen bestimm-
tSB Ooichschnittspreis: und swar*) fiir den Quarter Weizen
. ^,, hei i54 3hr.Pireb. gegen einen Zoll Ton 23} Sh« i
— 65 . • • 22J Sh.
— 66 . '• il\ Sh.
— 67 20| Sh«
Darauf fällt der Zoll nn^ 2 Sh« für jeden Sh. üiftheren
Preis bis 70 Sh; dann um 3 Sh. bi« 72 Sh. Preis, so dass bei
72iSh. nur noch ein Zoll von 61 Sh. zu entrichten ist; dann fällt
der Zoll für den nächsten Sh. höheren Preis .uim 4' Sh. und
bleibt fes^ auf I Sh. für jeden Quarter Weizen, der höher als
73 Sh. verkaufib w|rd. Fällt dagegen der Preis unter 63 Sh.,
so nimmt der Zoll nur um 1 Sb« zu für jeden Sh. geringern Prei*
ses, also bm 63 Sh« ist der Zoll 24|'Sh., t>ei 62^Sh. ist der
Zoll 25} Sh. «u. s. w. Auf ähnliche Weise ist das Verfahren
eingerieiilet bei der Gerst*) für den Preis von 34 $h. ein Zoll
Ton 12} Sh.y bei dem Roggen, Erbsen undBohnen für deh Preis
Ton.37 Sh. ein iZoU von J5} ^h., bei dcm^Öfifer fftr ,dei Preis
Ton 26 Sh. ein Zoll vpn Ol Sh.: nur soll bei allen diesen' Ge-
treideartea die Verminderung, und Erhöhung des Zolls für jeden
t
, t) Qas Geseta ist ^^eckmassig ausgezogen bei Mäcculloch a.
a. O. II. S. 100-102,
^ j>
410 Das Britische Reich.
Sh. F^efi hm 11 Sh. •tsttfiadM, da» M SS 8b. Prri« fQr «len ~
Raggen «in Zoll von 14'8h. n. ■. w. Wu dhg<f(«n di« Einfuli«
Mit 4aa BritiMhen Colonlen ■nbefitiff^ so iat ßr
d«n Q. Weüen ein Zoll von . i i . . . 6 Sh.
-> Qmtn 3 Sh.
— RoQ^, EibMn u. Bohnen t . . . 3 8h.
— Hftf«r 2| Sh.
fet^^eietit, •» Unga der Preis anter den f9r du suUniliMfcs
Getreide lom Anfange der Zotlnala gegebenen Normkltiltxm
bleil)'t: erreicht er aber dieae, bUo bei dem EUfer 26 8h., bei
der Genta 34 Sh., bei dem Roggen 30., m rinkt der Zoll fllr
jeden Qoarter auf ein«n halben Shilling hentb, wodureh die
Eittfohr «na den Colonien aniMrord entlieh. begOnatig^ und bei
dem mit jedem Jalire mehr aufblühenden Aekerban in denielben, die
Znfiihr ans Niehtbritiachen Lindem nach dieiam Geietae ßr die
Zukunft inir nnter den aeltenaten CmiUtaideil nSgUch gemacht
wird. Dennoch aind in den enten drei Jahna naeli dieaem Go<
■eta Tom 16. Juli 1828 Ua nun 31. Jnli 1831
4,020,02g Quarter Weixea
1,188,054 — Hafer
916,262 — ' Gents
' 667,949 — Rofsien, Eibaen» Bohnoi, Mak
uarter (38,421,282 Berl. Seh.) susammen fua
Itaalen sum Verbraneh in Groiabritanoien ein-
0 Zoll 2,090,951 S St oder 14,678,857 Th. ein-
araen noch 1,812,0074 Cntr. Mehl, die 156,382,
4Th. Zell erforderten. Aui den Brititchen
lesi nur 137,30$^ Quarter. Getreide, fast aut-"
nnd 89,391 Centr. Mehl, in den darauf fol-.
bis tum Juli 1835 iat aher die Einfuhr hltchit
len, da die Emdten entweder gani gute oder'
«n aind, nnd den Bedarf befriedigend gedeckt
id auch dio Getreidcpreiie ausser ordentlich
Teilen vom Dnrchtchnitts preise des Tahres
lia auf 394 SK. im Apiil 1835, welcher bia
jetzt ala daa Minimum dea Preiiei für Weizen während ilie-
■ea Jahrhunderta in Groasbritannien betrachtet werden kann.
Waa den Gar tenban anbelangt, 80 wird daa Gemfiaevartref»
tidmd in reidtUtfierHeDga angebaut DaaO b tt ec&eot lieb toriiUt*
Das Brititcke Beiclk: 111
cfaMT gtiiligwea M^f{o mA gMSkt nr wmaSi^BA ia
•UwwtiitlMa ChalMksfiMi En^uAi» wo «idi noA Cjd^bo-
rvitet wird, ^ntar dflii PfUnm. wl Krialeni, die ia giBwefia
Mawn fir Gewerbe aagebeat vacdea» ninail der lof die Bier*
Waneveiea podiwendige Hopfeabaa eiae Tenigiieke Stelle da.
BcTttte 182& worden 46|7U Aeree aü(k He^ea ei^(^flanit». wd-
dier 42^200 % St Ceiiramtione*Stener eintrog. NAehstde» darf
iMeh der Haaf - and FUebeban» def fiber daa ganae BeUi.
wmi aaaMiittifh fibcr Irland anagedebat in» erwftliaC weiden.
Celqehettn gab acinen darebacbaittiieben Er«n« ftr die entea
xweif Jahre, dea gegeawlrtigea Jabrbuidecta anf AfiOOfiOO 9 St
an, aber die obte berepta gettefierte Angabe^ Toaa Jahre 1833 ge«
iHkbrte eiae tut dreiaul eo bebe Sehbiieg,
I
1^ Die Viebaaekt darf na Allgetinea anf «ae aecli eal-
aaUedenere Weiee ak der Adceriwa Ite Cfareealaiteani«i giftthttt
weriea, ee daaa wenn aaf alle ThiHe ne^eieb RAdEafebt ge^
nenunea wird, 'dieeer Staat keaaea ihaa' ?«Uig i^eiebea^ Nd»ea-
bnbler fiadea daiite.
England nnd Irland dnd aber ancb Ten derNalnr her dnrdi
TeriiUtniasaiiMig aebr reidbe und kriflige Wieaen für die.Vieb-
maeht ftberaot glQcklieb nnteratfitst Oeaara ungeachtet würde die
greaae Maate dea Viehatandea nidit erhalten werden können, wenn
nicht der atarice Fütferkrauterban in England die Erhaltung
deaaelben mdglich machte. Der geaammte Werth dea Viehatan-
dea wurde beretta Ten Colquheun Iii^l812 auf 183,000,000 <S St
aogq^eben, iinff aber g^enwürtig weit Aber 280,000,000 ft St
(1,060,000,000 Th.) hinaua. Der jlüirliche Ertrag wurde für 1833
anf 01,O0Q»00O <ä St (637,000/)00 TL) berechnet, und ee darf wohl
bicr kanat erinnert werden, daaa btt dem acheinbarenErtn^ von
32 Procent dea geaaaunten Werdiea,. weder die Menachen-Kräfte»
die dasn Twwandt werden, nocb der Ertrag dea Toa^ dem auf
Wieaen* und Weideland angelq^ Capitala und eben aa
wenig der Wertb. dea Düngera und dea dadurcb in benehenden
NttiBc&a in Anachlag' gebracht aind. Welch dn achwunghaf*
ter Umeati abfr in England allein an dem auf Viehmiikten
▼erfcanfbaren Vieh atattfindet, geht aua den Reaultatcn der aua*
geseiebaetaten VichqArkte benror. Hier aiamit die eote Stelle
derL(Mido|ManC4eBe8ieiMcUiPlaa»iader€Hf ebi. Bcnüaaa
421 Das Britische Reich«
iahl% 19^ wurden 700,839 Schanfe und 107,348 St Riadrieh
hier yerkaaft, im Jahre 1824 aber 1,239,720 Schaafe und 163,615
St Rindyteh und 260,000 St Schweine*
Dai Rindyieh ist hier allgemein von trefRieher Beiehaffen*
heit, ansgezeiehnet dnreh 6r5t«e, kraftvollei Fieifch, reichliche
Milch*) und gewaltige Arbeitslcraft Im Jahre 1818 worden
10,000,000 St Rindrieh^geifthlt, darunter ein Diittheit Kühe,,
ein Seehstheil Hastvieh« die Hälfte Arbeits« und Jungrieh/ im
Jahre 1824 10,500,000 Stück, 1831 = 11,200,000 St Das Eng-
lische Pferd bedarf des anerkennenden Lobes nicht, da sein
Ruf seit anderthalb Jahrhunderten begründet i$t Aber erst seit
der Königin Elisabeth ist die Engtische Pferdexucht auf eine
grossartige Weise betrieben worden : wir haben eine Angabe über die
Gesammtiahl der Pferde aus ihrer Regierung, die 1588 nur 20,000
Stück überhaupt lieferte. Und iwei Jahrhundeite sp&ter wies schon
Ardiur Young für Grossbritannien und Irland 1788 =z 1,750,000
PfSsrde nach, und eine so reichliche Ausfuhr derselben, dass in
den vier Jahren 1785-^8 Frai^kreich allein für «^000,000 ThK
Pferde aus Grossbritanien sog, Colquhoun schätat für das Jahr
1812 die PferdeMn allen drei Reichen auf 1,800,000 St Gegen-
wärtig rechnet man die letztere Zahl allein für England, und
darunter 1,200,000 Pferde für den Ackerbau, und 600,000 Pferde
für den Luxus und Gewerbe. Ausserdem beftnden sich noch in
Schottland und Irland 400,000 Pferde, ako überhaupt 2,200,000
St, also ungefähr auf 10 Seden der Berdlkerung ein Pferd. —
DasSohaaf stand in der eigenthümliehen Englbohen Raoe schon
im i(iebsehnten Jahrhunderte in hoher Achtung und wurde allein dem
Spanischen nachgesetzt, so dau die Ausfuhr eines Widders nach
einem widrig harten €ksetze mit dem Verluste der linken Hand he«
straft wurde **)• Die ausgezeichneten WoUmanufaeturen des Landes
haben aber die Schaafaucht in den letzten funfiehd Jahren so aussen
^ Eine gute Koh Englischer Race gewahrt tSgKch bis 30 Ber-
liner Quart Milch, also im Durchscbniit um 33 Proc^nt mehr als
«lae ausgezeichnHe Niederunger Kuh. im Preussischen Staate, ^
^) Das Gesetz Ist zwar noch nicht förmlieh atifgehöben^ vjrd
jedocii uageadiiei 4er strengen ZoUaoisichttberaus häufig umganjsen.
Das B.ritische Beick 423
ordendteh gdiolieii» iait das EnglUelie Schui^ wdeliet in 4dur«reii
beerdenweifa gebalten vird, in den feineren dae Spanisehe theil«
weiae efreidit und überholt bat, jedoeh im WoUertr^^ deqi^
feiotten Elettoral-Schaaf noch bedeutend nachsteht In Sehottland
und Irland ist die Sdiaafkueht mehr snrückgeblieben, sowrobl Waa
den Umfang derselben, als was die Feinheit der Sdiaafe anbetrift.
Der Bestand^ des Sehaafviehes wurde Ton Arthar Young Imeits^I 78S^
nof 27,000,000 St ffir die drei Reiche angeschlagen, wekhe Zahl
•eho|i damals das Doppelte der menschlichen Bevölkerung er*
nfiehte, während im gewöhnlichen Verhaltnisse auch bei einer
btihenden Sefaaafsucht der Schaafbestand sur Henschensahi
wie 1 : 1 verbleibt^ oder doch nicht riel darüber steigt Colqu-
faöun gab für das Jahr 1812 die Zahl ¥on 42,000,000 Schaafen
an, und 1831 wurde. diMelbe bereits über 60,000^000 St gesch&Ut,
ifOTon allein in^ England und Wales 36,000,009 St gehalten
wurden: in beiden^ F&Uen also wiederum noch etwas über das
Doppelte der menschlichen Berölkerung. — Ziegen,. Esel und
Maulesel werden kiur in geringerer ^ahl und yereinselt gehal-
ten, so dfss auch keine Schfttxungiangaben sich TorfindenK Das
Seh wein steht gleich dem Rindrieh in der Englischen Vieli-
sucht durch Grösse und kraftvolles Fleisch ausgeaeichnet da.
Young gab für 1788 2,079,000 St, Colquhoun 1812 über §,000,000
St an: in der Gegenwart schiltst man ihre Zahl gegen 6,000,000
i^t, Jedoch in sehr schwankender Angabe, wie es denn bei die*
sem Zwe!ge der Viehzucht natifiich ist — Demnach würde die
GesammtsaU dei^ grossen Thiere der Britischeii Viefaaucht jSber
70,000,000 Stück, oder beinahe da» Dseifaehe (genauer 2{.) der
menschlichen Bevölkerung betragen. — - Aber auch das Federvieh
macht -durch die grossartige Zucht ein nicht unbedeutendes Element
des Nabruhgauständes für die. Farmers, namenüidi was die G&n*
sezucbt anbelangt, so da/19 die Gi^nse heerdenweise xu 4000 bis
iM)0O Stück mm Verkauf* nach London getrieben werddn.
c) Der Seidenbau und die Bienensucht finden hier •
nur ihre Stelle^ wei^ sie bei den übrigen Staaten gesondert be-
trachtet werden, aber jener hat in den drei vereinigten Reichen der
climatischen Verhältnisse nur versuchsweise Aufnaiinie „erlangt, ist 1
ausserdem aber ausschliesslich auf den Inseln Malta, Gozzo und Co-
mino .als Nahrungsiweig dieser loselbewobner anzusehen. Die Bie-
nfn;iuehl hat nur eine sehr ui;ilergeor(|ne^ Stelle, am meisten
wird sie in Schottland und auf den Normannischen (nsela gepflegt.
4^4/ Das Qrltiach« R«i«li.
4) ^ortttti^ht und Jagd« Der Wsldanba« wiM «befall,
jßto er nicht durch da« Jagdrcrgnilgen al« eine Ergötzung der
Reichen ei&igermaagsen gefördert wird, durchaus TemachllUsigt;
Der fiberam ' groMC Reichdram an Steinkohlen lähmt noch für
Jahrhunderte die FQrsorge auf Holz alt Feuerungtmittel bedacht
jra idn, wiewohl selbst ini Schottland das Holz sehr stark ab*
nimmt: aber auch die~ schwunghafte Betriebsamkeit in 'dem Eng-
lischen Ackerbau Terhindert, so lange noch in andern Ländern
Europas und Amerikas wohlifeil Holz zu haben ist, die durch die
Industrie vernichteten Wälder wieder zu begrOnden« Daher sind
in Eingland und Wales bis auf 5 kleine Fönten keine mehr
anzutreffen, in Irlahd Ist gleichfalls fast nur niedriges Gesträuch
anzutreffen. — Die Jagd wird niigends mehr leidenschaftlich alz
in den drei rereinigtea Reichen betrieben und eifrigst durch die
atrengen Jagdgesetze genährt, die seit Wilhelm' dem Eroberer
mit einer unleidlich druckenden Härte gegeben and lange Zeit
aribst mit den grausamsten Strafen erhalten wurden. Aber wenn
gleich an einzelnen Grcgenstilnden derselben eine bedeutende
Zidil Ton Menschen ihren Erwerb finden ^— an Hasenfellen
allein werden Jährlich für mehrmals 250,000 % St (1,060,000
Thir.) in die Hutfabriken geliefert — so bleibt doch di^ Jagd,
wo wie üi England das Luxus-Vergnfigen yon dem gewonnenen
Ertrage durchaus nicht gesondert werden kann, ein den statiz-
tischen Abgaben sich flberali entgehender Zweig der phjsi-^
achen Cultur.
e) Die Fischerei macht für Grossbritannien und Irland
einen aehr bedeutenden Zweig der physiichen Cultur aus, der
aber nidit nur dnreh seinen starken Ertrag und die Besehäfti-
gung eines ansehnlichen Theils der Volksmasse sein alleiniges
Gewicht besitzt, aondem durch die Bildung der Matrosen auch
zugleich einen unentbehrlichen politischen Werth für dieBcman*
nung der Flotte dieser grossen Seemacht erhält Der ansehn*
liebste Theil der Fischerei wird durch den sehr einträglichen ,
Walifiaohfang an Grönlands Küsten *) daigeboten, an welchem
^ deoresby» aceount of the Ardlc Re^onSi with a historj
and descriptioa of tli^ Northern Wkale-fiaheiy, Bdinbarg 810 2 voK
^^^
Dftt Britisehe Seick. 4S5
dk Ba||lted«r Mit 1504 einen Mkr thlt^ AaAtSL ndmeii,
aber bis sum Fransöiigeben Revolutiofiflkiiege hierin mit dea
Hollftndeni niekt gleieb kamen» aolfftaglieb groese Summen dabei
einbüMten nnd überhaupt dieeen Zweig der Rseberei nur dureh
anmerordentliehe Belohnungen und Begünatigungen Ton Seiten
der Regierung beibehielten. Seit 1788 gind aber die Britten die
ersten; eie sandten bereite 1788 265 Sehiffe aus. GUgenwirtig
gehen j&hrlieh 180 bis 270 Sehiffe auf den WalUUehfang aui^.
der durehsehnittlich einen Ertrag von 050,000 <3 St (4^550,000 Thlr.>
abwirft nnd theils unmittelbar auf den Sehiffen, (allein 12,000
Matten und Schiffsjungen), theils mit der Bereitung der vom
Wallfische su gewinnenden Stoffe über 100,000 Mensehen be«
sdiüftigt. «— Im Heeringsfang, der namentlich ron den Küsten
Schottlands aus eifrigst betrieben wird, blieben die Britten im
achtiehnt^ Jahrhunderte 'hinter den Hollindem, Schweden und
D&nen zurfidc, aber in den lotsten 35 'Jahren schreitet derselbn
j&hilich mit starker Zunahme fort Im Jahre 1810 wurden eAt
65,430 Fitsser eingesalsen und funfsehn Jahre später bereits der
sechsfache Betrag: denn vom 5. April 1825 bis su demselben
Tage 1826 waren 10,365 Boote mit 44,508 Seeleuten» 3496 Sal«
ser, Kfiper u. s. w. und 27,947 anderen Arbeitern, also überhaupt
mit 76,041 Indinduen auf diesem Zweige der Fischerei beschäf-
tigt Sie hatten einen Fang von 370,233};. Fässern Beeringe ein«
gesalsen, wovori 27,073 j. Fass ausgeführt wurden. * Im J. 18}}
wurden von 11,248 Booten mit 49,212 M. Bemannung 382,677
Fässer Beeringe gefangen imd eingesalsen. -— Der Stockfisch*
nnd Kabliau-Fang an den Kfisten des Brttiseheil Nordameri-
kas, namentlich bei New4^oundland, sowie aueh a^i den' Euro-
päischen Küsten, Ist in diesem Jahrhundert "gegen den früheren
6^ Ins Deutsche übersetzt und mit Anmerkungen versehen rom Fr»
Kries, Hamburg 1823 8vo. Die Dänen uod Isländer treiben denWall^
fischfang seit dem nennten Jahrhunderte, die Biscayer seit 167^ die
Holländer fast gleichzeitig mit den Engländern. Als einer der er-
giebigsten ^ängeaus der älteren Zeit wird für die Engländer das J.
1697 angeoMrkt, In welchem 192 Schiffe auf di^ WallfichsCing aus-
gingen nnd 1888 Wallfische heimbrachten. Im J. 1814 kehrte sogar
ein einziges Sdiiff mit 44 Wallfischen zurück. In neuerer Zeit hat
noeb Hemburg Schiiis auf dea WaMfischfuig an^gesandt.
426 Das Britische Reich.
n ■ , '
Zuf tand, gwtnkeiiy namentlich weil 4aa Bedüifniig na^K diesem
Fischt durch die milderen Sateongen der eatholischen Kirche ia
Betracht üuf di? Favtenspeisen ^sich beträchtlich .verringert hat
Die anderweitige Küstenfischerei wird nicht so lebhaft betrieben,
als es wohl bei dem.|;rossen Reichthum an Fischen derselben
geschehen ki^nnte, worauf sicherlich die grosse Vorliebe des ge-
nieinen Britten für Fleischspeise den meisten Einfluss ausübt
Es Terdient nur noch die Filchard-Fischerei an den Küsten von
(üomwall Erwähnung, indem jährlich von diesem Fische durch-
schnittlich über 150,000,000 Fische gefangen, werden , di^. Lachs-
Asoherei in den Mündungen der grösseren Flüsse und in Irland
besonders am Bann, die Schellfische in der Grafschaft York, die
Austern besonders an der Südküste von Elngland n. s. w. "^
Der Gesammtertrag der Fischerei wur^ von Col^uhoun füikI812
auf 8 bis 9,000,000 <^ St (geg. 60,000,000 Thlr.) berechnet, aber
wie es nach den neueren Angaben ,nnd den ministeriellen Aeusse«
rangen in den Parlamentsdebatten erscheint, zu hoch angeschla-
gen. Für das Jahr 1Q33 wurde der Gesammtbetrag auf 3,400,000
^ St (23,800,000 Thlr.> angegeben, welche bedeutende Differens
zum Theii auch aus den heruntergegangenen Preisen einiger der
wichterea Zweige der Britischen Fischerei erklärt werden darf.
f) Der Bergbau. Betrachten wir denselben nach allen
seinen Zweigen und stellen ihn Jann in Vergleich mit dem
Deutsoheni so steht er in kunstmässiger Bearbeitung hinter dem-
selben zurüclf. Dagegen sind einzeln^ Zweige so trefflich und
zweckn^s#ig angebaut, dass sie wesenüich der groissartigen Ma-
juifacturen-Industrie dieses Staates in die Hände arbeiten. Die
Geschichte des Englischen Bergbaus hat aber keinesweges die
zu erwartende Ausdehnung, wenn wir uns an den im Alterthum
dnrch sein Zinn und Blei berühmten Rnf der Insel Britannien
erinnern^. Denn technen wir jenen Zweig des Beifbans ab^ der-
überdies sehr iingenügend betrieben wurde, so sind die meisten
übrigen Metallminen kaum zwei Jalirhunderte alt, und erst seit
der Mitte dei vorigen Jahrhunderts mit der nothwendigen Um-
sieht in grösserer Ausdehnung bearbeitet
Auf edle Metalle wird in GrossbritaimieQ und Irland
nicht gebaut, und selbst der beiläuAge G^wimi an Silber in den
Bleigruben ist durchaus nnbtdeutend. Die reichsten ^Hetallmi-
\
I
O'ui Britische B«i«I|. 4^
lien lind Jetet die auf Kapfereri upgebauten, ronnigaweise in'
CornvaUil und Devonshire, ' Unter der Regierung der Königin
Elisabeth imden wir die ersten grösieren Anlagen, aber erst un-
ter Wilhelm lU. wurde mit grdueTer Lebhaftigkeit gearbeitete^
alt die Regierung ihre Regallen* Ansprüche auf alle unedle Me»
talle (schlechte E>ze) aufgab. '
In den Jahren 1726 bis 1735 lieferten die 61 Kupfer -Berg«
werke Ton Cornwall (die reichsten Gruben awischen der Sfadt
Troro und dem Vorgebirge Lands- Elnd) im Durchschnitt j&hrlioh
700 Toonea*) (14,000 Centr. Pr.), 1775 bereits 2650 Tonnen,
1708 gegen 5000 T. und in den letaten Jahren (bis 1834) durch-
schnittlich 11,200 T. (224,000 Cntr.), detfn Werth 1^120,000% St
(7,840,000 Thlr.) beträgt Nächst diesen Kupferminen in Com-
wallis giebt es noch recht ergiebige in den benachbarten Berg*
werken von Tavistock in Deronshire,- im Jährlichen Durchschnitt
mit 350 Tonn. (7000 Cntr.), in den Bergwerken ron Farja und
Mona bei Amiwieh auf def nördlichen Hälfte der Insel Anglesea,
im jährlichen Durchschnitt mit 530 Tonnen (10,600 Cntr.) Die
Kupferminen bei EU^on, in der Grafkchaft Stafford sind gegen-
wärtig fast gänslich erschöffft: wenig ergiebig sind auch die der
Grafschaften Lancaster, Westmoreland, Cumberland, Camarvon
in Wales, auf der Insel Man und in d<^r Schottischen Grafschaft
Kirckudbright und in Irland« Der gesammte Ertrag der Briti*
sehen Kupferbergwerke war S- J'°- 'g 13,354 Tonn. (266,000 Cnt)
davon 1 1,185 T. in CornwaH, l,i58T. im Fiirstenthume Wales,
575 T. auf Anglesea, 307 T. in der Grafschaft Devon u. s. v. Der
Gesammtwerth belief sich auf 1,334^500 % St (9,341,500 ThL) **)
Beinahe dia Hälfte. '
Die Zinn-Bergwerke Englands liegen mit den Kopfef-
grnben in nächster Verbindung, und auch Jär tiesee Metall sind
*) Eine Tonne Ers kSmmt ziemlich genau wit 90 Cntr. Preass..
fiberein» Die hier angegebenen Tonnen sind aber reines Erz, das
sich bei ien Kupferminen iu Cornwall zum rohen Brz ungefähr wie
I zu^^lS verhält, dürfen also etwa mit 8 Proceni angenominen werden.
X «^) Vergl Maccollocb a. a. 0. Tli. II. S. 1S9-&
4S8 !>«• B'titische Beiclk
dfo nlAften md.ttttni Mi^i^D In den 6mfiMfa«fieii ConwftH
und IWon. ' Dati der PkÖokiMhe und < CarCfeaguclie Bandet
Britbchet TAxitk ala einen ^liebten OegenftAnd teinei Verkefira
gebraodi^, ilt bekannt Naph der Zerstdrung Carthago'« log
akk der Zinnhandel naeh dem iidliehen Gallien, fwaagüdl
nach Matsilien nnd Narbonne. Im Mittelalter war das Englif^M
Zinn fast anfschttesslich bekannt, da Deutsehland erst seit der
Mitte des( dreixehnten Jahrhunderts auf dieses Metall baute, und
die Böhmisehen, Russisehen, PransÖsischen und Sohweiaerisehen
Zinngruben erst in der neueren und neuesten Zeit eröffnet sio4
Zwischen den J. 1720—40 belief sieh die j&hrliehe Ausbeute im
D»:ehsehnitto airf 2100 Tonn» (42,000 Catr.)» nnd awkohen den
Jahren 1700 und 1800 auf .3254 Tonn. (6b,080 Cntr.). In deia
Anfange des gegenw&rtigen Jahrhunderts waren mehrere Zinn*
gruben erschöpft und die jährliche Ausbeute sank unter 3000
Tonn«; seit 1820 ist sie aber wieder aHm&hlich gestiegen, und
betrftgt jetrt durehschnittlieh 4650 Tonn. (93,000 Cnftr.)^ deren
Werdi auf 300,000 % St (2,100,0d0 Thir,) ansunehmen ist
Die Kupfer- und Zinn*Bergwerke def Grä£iehaft Cernwall be-
•ehItfHgen gemeinschaftlich 15,000 Arbeiter, ausserdem aber sind
dabei in ununterbrochener Wirksamkeit 70 Dampfmaschinen, die
eine Gesammt- Kraft Ton 5000 Pferden besitaen*
Die Bleigruben EInglands haben fast gleiches Sehiekaal
mit den Zinnbergwerken, doch scheinen bis in das drebehnte
Jahrhundert nur die der GrafschaH Derbj angebaut au sein. Im
Jahr 1280 wurden die reichen Bteigruben ^ei^ Fürstenthums Wa*
les entdedct, und weil das dortige Bleien silb^altig war, mit
grösserer Sorgfalt bearbeitet *>• Aussenlem ^ind sehr reiche Blet-
gnAen, die, wie die meisten Elnglischen sehr reines En liefern,
in. Sommersethire, auf den Griknsen von Northumberland und
Cumberland, und die yon Leadshill in Schottland. Die ältesten
Gruben in D^jr und Wales*^ sind aber dieilweise gans erschöpf^
thMweise doch in starker Abnahme. Hacculloch selbst behauptet,
dass die Ausbeute der Jetzigen Ejiglisehen Bleigniben sich nicht
genau angeben lisst, aber er liefert eine Tabelle Yon dem jihr-
lieh ausgefilhrten Englis6he9 and ausUndisdiea Bldij welche für
•) MacnUoch a. d. O. Th. L S. Si8-*9i.
Dia BritircÜe fteiek 4»
. ' • . '.
die Jiim ]821--*30, moli irelthtr 4«rebMhRHtUoIi rä Sflgliiciitni
Blei gtgm 14^600 T* (XdOflOO Cent) i« ^V in Blöcken und R^U*
>lei, y^ nU Bleiglfttte, BUinreiM und BUien im AntUnd g^ahrl
•ind. DehfT ut die gewötuOi^e Annuime dea dkhriKlMn Er*
ftragf Ten 3OOV00P Cnlto. aieiier sn fering nnd dftrte nii^t naMT
400^000 Cntr. iMf^^nnefaiaen nein* 0^ Freite det Bleu «nd mi^
eerofdentUeh hqrnntar gegangen w4 betiegjai jeM die BüUAe
dm Werdies in den Jehren liM^-f-U. Bei 400^000 Ckitr, wirde
dedn drr derduehnittliehe Werdi neeh der Tabelle Hbar die
Blelpreiae/) 39<)*00O % St oder ,2,600,000 Thliv )ieln«en* -^
Untmrden Bleigirnbea leiehnen wir .neeh beeendora dfe anfBeie»
blei mtt valebe nur aUe 7 lehre geMbiel werden nnd dann ge-
gen 2000 Cntr.
* '»
EUea wirf Tonnqpweiae in den jGhrafiiehaftmi. GlevifMtff
(Uer beenden sieb die iitetteiy.. Eisenwerke^ fchon vor dev Ero^
bemng Englande durch Wilhelm d^ . Normannen hiatorieeh el-
eher), Deri^f, Cumberland,. York» uk dem Ffirftenihum.Walea ge^
Wonnen» ,der ^Q^ai^titlit nach xw^r mrfir aU hinreichend luv 'des
Bedarf ab^ nicht yon eo YorsjUgUchfr Beeche&nheit, daae ee
Ittf, die üeineren^Manufacturen yerarbeitet werden köniit^^^; Der
C^winn des Eisens ist unglaublidi rasch geslifg^.b^iionderaale
Lord Dudle/ 1610 die ansgeaeiebnefe Erfindung machte^, Eis^mr-
en TermittelsC Strinkohlen slat^ des BrennhelMi anpsvfehvicliett.
Dodi waren bis nun J. 1740. nur £0 HoehlUen in QressbritaAr
nien vorhanden» die 17,000 Tonn. (340,000 Cntt.) jlhrljfilik Eisen
in verschiedenen Gattungen lieferten. Doch febon l^SO wnrd^
2Q.Ö00 Tonn.» JlfSS 68,000 X. auf 85 Hochofen» 1706*126»Q00T.
auf 121 Hochöfen» 1806 250,000 T. nitf .160 Hochöfen» 1820
400,000 Tonn, und 1827 690,000 T* (13»800»000 CntrJ auf 284
Hochöfen gewonnen. Davon kamen ., . ^
in Staffordshire 216,000 Tonn* enf 05 Hochöfen
•«Shropshire 78,000 ^ — 21 —: .
^ Sad^Wales 272,000 ^ <—. 00 ^ . . . .
— Nord-Walcf 24,000 — — ü — . .
, -Xorkshire 4?,000 - « 24 -
t« i . • , »
^ Bbeadu* e. n. O, a 9M.
490 Das Britisclie.kleicb.
*
in perbrihire 20.500 Tona. auf 14 Bochdfeii
— Sohottland 36,500 — — 18 —
■^.JrfaaMriMhaMWMhAtaMMAMAMMM
. «90,000 Toan. , 284.
iverdMi ^ ab Gatwslsen in GMssMtannimiuid hw
haA sdbgf Terbranelit, ^^ mck FraÄlmidi ' AxA WMdn4ka rok
«iiagefökr# 4i» übrige bleibenden Mauen, fiiit «dck /^ d^r gati*
xen Ausbeute, In SUogen niid Stabeisen, BoLi^n, Riegel, md in
-diäter Gefeitalt wiederum nun füllten «TbeiU (1 ]OjOO(^ Tonn, ine
Anfland gel&fart Die getarnte - Atib^at^an R^eiten wird Ton
MacMAlaeh^ auf 4,200,000 % Bt (29^400,000 Tlklr,) die Tonne
Sil 6 9[ St *<4SI^Tliiri) bereebnoti um «rete Vermndlung in «tab-
Men/Stangen, Riegel aber> gewillt indetfa abermals 1,^^(80^000
Sk St (8,400,000 Tblr.), also Totalwerth 97,800,000 Thlr. . Aue*
aerdem gehören au den wiehdgeren Mineralprodneten Vitriol
im Jfthflidhen Dürehsehttitt 50,000 Centr.; fiär 150,000*91 St
<1^(]jOOO TUr.) an Werth, Galmei io^ jähriiclien Durchschnüt
M^lk)a Cetr^ an WeHh 224,000 % St (1,568,000 Thlf.), Mann
^000 Cent» Sink besondere in Cmmwall und Waiet j&hriltii
7^000 Centr. mit miem WierA von 220,000 % St TlvB40,000
ThIr.K fi^a 110,000 Arbeiter findto älUin !li 'diesen Minen
imd den dabei angelegten Werken ihre Bfeschftftigoirg, und den
-Wertifr dtnr yon ihnen jihrliett ansgebeuteten -Erxe wuMe voti
ColqohoOB 1812 aäf 6,000;000 fi St ohne dib Steinkohlen
angesohlagiMi. Ctegenwartig ist erafa^ bciieits' mindesten» auf
8,500,^)00 % St oder '50,500,000^ Thlr. gestiegen.
Doch reicher als die/ie Ausbeute an Metallen und von einem
Völlig 'uhenietzlichen Werthe für den Britischen Staat i^t def
unerschöpfliche Sehatz anSt einkohlen; denn oferadf^ in d ies.em
besitzt die Englische Industrie den entschiedensten Vortheil vor
der jl^r meisten übrigeA Europäischen Völker, die aus Mangel
an diesem oft unersetilichen Material auch bei dem regsteh Eifer
und bei der grössten Begünstigung von Seiten durch. Wohlfeil«
beit der Lebensmittel und des davon abhängenden Arbeitslohns
vergebens Sanach ^streben, gfeichen Schritt mit den Engländern
XU halten. * Die Steinkohlenlager erstrecken sich iiber das
ganie nf rdliclie und westliche England, über einen grossen Theil
von Wales und dcATadlichen SdibttlaUd. Irland besitzt bis jetat
«) A« 8« O. Thl. L S. 619.
Das Britische Reicli. 431
no^li niehteineBansradiendenVorradianSteiakolileny und bedarf
noch einerj&hrliohen Einfuhr von 700,000 bis 1,000,000 Tonnen %
Die reicheteil Steinkehlengniben find 'in den Grafichaftea
Darham und Nordiiimberland» die' allein nach einer Berechnung
dea Kohtengmbeit-Intpectora Taylor**) den gegenwärtigen Be-
<larf der umliegenden Fabrikengegenden » jährlich flbes 3,500,000
Rennen, auf 1727 Jahre voUatäadig^ an. befriedig fthig aeiii
sollen. Gegenwärtig berechnet man den Verbrauch an Steinkoh-
len in den Mannfacturen Ton England und Wales jährlich auf
4,375,000 Tonnen, bei der Hauawirthtchaft in beiden Theilen
auf 6,900,000 Tonnen , für Schottland und Irland auf 3,000,000
Tonnen, für den Absata teewärta gegen 4,000,000 Tonnen: ea
Blassen demnadi jährlich über 1S,000,000 Tonnen Steinkohlen
gewonnen werden* , Dies geschieht auf die leichteste Weise, un4
nur der Hangel an weiterem Absata lässf die jährliche Ausbeute
nicht noch riel hdher steigen. .Diese 18,000,060 Tonnen^ haben
aber gleich an den Gruben selbst mindestens den Werth von
4,000,000 S Sterling, der jedoch, bis sie in die Hände der Con*
snmenten und sur Versendung durch den Seehandel gelangen, auf
mehr als 11,000,000 <& St oder 77,000,000 Tb. erhöht wird.
Mithin beträgt der jährliche Gewinn an Steinkohlen in diesem
Reiche mehr als die Gesammtausbeute der Bergwerke auf edle
Metalle im südltichen Amerika; denn diese berechnete Alexander
Ton Humbold sur Zeit ihrer höchsten Blttthe nur auf 217,500,000
Frcs. odea gegen 60,000,000 Th.
Sals wird als Stein.Quell- und Baisala jährlich über 4,000,000
Centner au einem. Werthe yon 4,000,000 {( St oder 28,000,00p
Th. gewonnen. Daron giebt Cheshice allein 3,150,QPO Centner,
Porham 220,000 Centc, Stafford 62,000 Cent, Worcester 30,000
Cent — Demnach ist dei^ jährliche Gesammtertrag des Bergbaut
mit Ei^schlusa des SalxgewiUnes aitf 165,000,000 Th. für daij
Britische Eeid| lu schätsen* Aber der Ertrag aller Producte
der pbjvsdien Cultnr wird ron P. Febrer fOr das Jahr 1832
nach umständl^dien Rechnungen . auf 271,400,000 Q St oder
1,890,800,000 ThL achätmngnweise angegeben.
^ \ ' ^
' "^ Im Jahre 1825 wurden nach Irland 6t3»400 Toimett,'18M
= 82^,^2 ToDifen Htekikohlen eingeführt
**) Berghaus Annaleo, Band 11, S. 399. (Januar iSiSi.
4SI Das Briiisobe Belob.
§« 10.
4 •
I
verschiedenen Zweige der technischen Cultur.
Ausser den oben §• 1 angeführten Werken von Colquhoun,
^accuUpch und Dupin sind als besonders schlUsbare Hülfsmittel
für die Entwiekelung und den beutigen Zustand der britisehen
tccbnisebfii Cultur fu beaebten: Pahlo Pehrer^ taxation^ re»
9€nue^ exp^ndäurs, fower^ »ta^ütics and d^ht of tke whole Brt»
%i$h Empire^ Lokdon 1833» Svo, — Edw. Baines history of
tbe Cotton- JUanufttcture m Great Brttain, mih a notice of ^t
early history in tke Ea9t and in all quarters of the glohei ^
ieMcription of the great meckanical invention^ which kave cau»
Med ite unexampled exteneion in Great Britain, and m view ef
the preeent etate ef the Manufaeture and the eondition ef the
elaee'ee engaged in ite eeveral departmente , London 1835. -^
Andrew Urs, the phileeephy of Manufacturee^ or an expoeition
of tfui »eientifiCf moral Ofid commercial eoanomy, of the Factory^i
Syetem of Great- Britain^ London 1835/ ins Deutsehe überietst
Ton Dr. A. Dieimann, Lpsg. 1835.
Wenn in irgend einem Staate, so ist im Britisisben der
siebtbarste Beweis geliefert, auf wie manniehfacbe Weise der
Einfluss der teebnischen Cuhnr die geistigen und pbjsÜsoben
Kräfte der gesaiiiniten Volksmasse durebsudringei^, und dadurch
sragleicb das angcfmessene politische Interesse und flie gewiebtrolie
Bedeutsamkeit des Staates sdbst herrdnurufen vei^agl' Denn in
Jtiesem Reiche ist duribb die teebhiscbe' Cultur der Nationalrehshthum
tn der kurzen Zeit s6lt der Mitte des achtzehnten Jabrhumlerts
nicht nnir yerdoppelt und verdreifacht, sondern ohne einer Qbdr-
triebenen Schätzung l^aum zu geben, auf das Sechs- und Sieben*
fache seines früheren Betrags gestiegen. Es ist also dadureb ^4ie
Grundmacht ^es Staates in e^en so grosser Progression gestei-
gert, und durch die Möglichkeit den heutigen Standpunkt der
Besteuerung i)i ^halten ein Staatsaufwand sieber gestellt, der
nicht nur die überaus wichtige politische Stellung Grossbrkan-
\
V •
Da« Britisolie Beieli. 433
aicns knflfoll «nterttiltxt, soodern aueh die übrigen mit ihm in'
poHtiiehett Verbände stehenden Staaten la höherer Kraftäutse-
mng emporgeheben hat Aber die teebniache Cultnr dieses Staa*
tes ist Sil einer bedeutenden Ausfuhr nach anderen Staaten aller
Erdtheile angewiesen» und sie wirde in ihrer heutigen Blüthe
raseh nusammensinken mQssen, wenn dieser Absat3^ ohne gleteh
neue Ausw^e sieh bahnen su können, auf einmal eu verschliessen
wäre^ und die Production so durch sich selbst die üppig genührte
Kraft ersiidten müsste. Daher sind auch die auswftrtigen Verhält-
nisse Englands mit den Staaten aller Erdtheile durch die Beste-
hung snr technischen Cnltur, wenn auch tiieht ausschliessllcli be-
stimmt, doch vorsngsweise mothrirt Dies allein giebt eine sichere
Aufklarung f&r die meisten politischen Operationen in der neue-
sten Englischen Geschichte ,' seitdem iSre Nordamerikanischen
Kolonien su einem seibstst&ndigen Staate sich erhoben« -^
Sehen wir auf die Enfwiekelung der Englischen Manufactn-
ttm mridc» so atfisseh wir noch aus dem Mittelalter König
Eduard UL als ihren ersten Begründer nennen; doch blieben sie
in dieser Zeit noeh weit hinter den Italienischen und Nieder-
Ukndiaehett snriek. Die Regierungeaeis der Königin Elisabeth
gewährte einen raschen Fortsehritt» denn die Religionsunruhen
in Belgien Tertriehea riele sehr fleissige und geschickte Arbeiter
aus Brabant und Flandern, die in England die bereitwilligste
Aufnahme und rielfache Untersttttiung fanden. Die Woll- und
MetalV^Manufaeturen wurden jetst bereits die beröhmtesten in
Europa,' indem die Ton denselben geliefteen Waaren durch Ver-
^nigung der Zweckmässigkeit mit der Dauerhaftigkeit Tor den
ihrigen sieh sehr an ihrem Vortheile ausxeichneten, und dabei
doch nicht dik äussere Ansehen Temaehlässigtcn. Auf ähnliche
Weise förderte König Wilhelm UL den höhmren Oewerbfleiss«
da 4ie Verwaltung der Niederlande seine Regententhätigkeit schon
irersugsweise auf diesen Zweig des öffeutlichen Lebens gerichtet
hatte. Df^ Seiden-Msnufacturen erlangten unter ihm durch die Auf-
nahme der ihres erapgelischen Glaubens wegen aus dem Vaterlande
geflüchteten Fransösischen Seiden-Arbeiter einen ausgedehnteren
Ihnfang in Engtand, und das ausserord entliehe Steigen der politi-
schen Macht und des Handels von Grossbritannien wirkte rückwärta
mit dem glänsendsten Erfolge auf die technische Industrie. Die
Einfuhr aller Fransösischen Waaren in England wurde durch
Schobert*« Statiitik. II. 28
- I
/
434 Das Britische Reiclu .
Wilhelm IIL verboten, so data das Bedfirfnifs nach denselbfn
sur Anlegung neuer Fabriken trieb » die bald nicht nur auf glei-
cher Stufe der Vollkommenheit rivalisirten» aondern jenen auch oft*
mala noch den Vorrang abliefen. Inswiichen sollte erst seit der
Bfitte des achtsehnten Jahrhunderts durch die bedeutsamen Fort-
schritte in der Mechanik und anderen Theilen der angewand-
ten Mathematik 9 in der Phjsik und Chemie, durch den ausgev
breiteten wissenschaftlichen Verkehr und seine Anwendung auf
die Bedürfnisse der technischen Cultur ein nie geahnter Triumph
auf diesem Felde errungen werden. Dies geht schon aus der
Ansahl der Patente für neue Elrfindungen hervor, die in dem
hundertvierzigjährigen Zeiträume (1675-7-814), 3258 an der Zahl
Ton der Regierung vergeben wurden, 1815 allein 551 und seit die-
ser Zeit jährlich 200 bis 300. Der Einfluss der für einselne
Manufacturen ausisehliesslich anzuwendenden Maschinen .wird un*
ten bei der Uebersieht derselben näher hervorgehoben werden:
doch der* ausgedehnte Gebrauch der Dampfmaschinen gehört
jetst fast jedem Zweige der technischen Cultur *) an, und Watts
unsterbliche Verdienste bei dieser Crfindung fangen erst jetst an in
ihrem Wahren Lichte gewürdigt so werden. Nach einer ofSiciellen
Berechnung zählte man bereits im J. 1822 10,000 Dampfmaschinen,
die in ^ Grossbritannien und Irland bei der technischen Cultur im
Gange erhalten wurden. Unter diesen waren mjArere mit einer Kraft
von 140 Pferden, im Durchschnitt aber waren sie mindestens
auf die Kraft von 10 Pferden anzuschlagen: da nun aber die
Dampfmaschinen Tag und Nacht ununterbrochen in Bewegung
gehalten werden können, ein starkes Pferd aber höchstens acht
Stunden täglich anhaltend zu arbeiten vermag, also eine jede
Dampfmaschine von 10 Pferden Kraft in der That dreiesig
Pferde oder ie weih un der t und vieriig Bfenscfaen ersetzt, se
waren schon 1822 mindestens die Kräfte von 300,000 Pferden
oder 2,400,000 Mensehen durch die Dampfmaschinen gewonneiii
Aber ifn November 1824 zählte man bereits 15,000 Dampfma-
^ Die Baumwolle-, Wolle-, Kammwolle- oder Wonted-Fabri-
ken, die Flachs- oder Hanfleinen- und die SeSde-Manniacluren wer-
^den jetzt sämmtlich in Grossbritannien durch Dampfmaschinen oder
Wasserrader in Bewegung gesetzt. Ure a. a. O* Ch. I.
Das Britische Beiclu 4U
mUmb, 41m Mch imk oUgM Vhmkm hnimi>iiliillnins ii%
KrSfte TM 450,000 Pf«Hett o4ar 3,000,000 HeoMliao danteU«
wttrdM. Die ZtU 4er Wdbeistilik (Lmbs), üe dsrak WaMer
o4ar Dsnpf in Bevegwig gehaltea werden, betrug nach Pebrer
1833 gtfen ^SfiWk Jeder derselben «aehte dorcheclinittli^
tigtick 32 Tarde Stoffe» aUe «lle anMMunen tiglieh 1,254^000
Tard«, nnd den Monat in 20 Arbeitstagen gereebnet 31,300^000
Tarda monatBek nnd 370,200,000 Yarda im Jabfo, womit ein
Fltcbenranai Ton 02,700 Acree bedeekt werden kdnnte, nnd )ie
Länge derselben iber 213,750 Engt Meilen (40,210 G.M.), oder
n Mal über den Atlantiseken Oeean anssnbreiten wkre.
•
Die Damptinaidiinen selbst sind in den letsten aw51f Jah-
ren ein beaektenswerdier Gegenstand des Aasfnbrbandels gewor-
den, dm der Vondilag eines Verbots g^jpen ihren. Veikauf Ton
dea Parlamente ans dem gans gültigen Grunde nieht aogenom-
men wurde, dass ein Monopol för den Besits derselben nicht la
t^wakren ist, weit die Maschinen nach Zeichnungen doch im
Auslände naehgenmcht werden könnten. En^Und erlangte dem-
nach wenigstens den Gewinn von der Anfertigung dieser Ma<
scWnen, die noch eine geraume Zeit lang namentlich von Frank-
reich b^hrt werden dürften, da in London eine Dampfmaschins
Ton der Kraft von 10 Pferden nur 700 flSt (4900 ThL) kostete,
wihrend sie in Paris nicht unter 1000 S St ffOOO Thl.) herxo-
stellen wlre% Die Ausfuhr aller Arten ron Maschinen betrug
1824 129,052 3 St =: 907,564 Thl
1825 212,416 ^ =: 1,486,912 —
1826 233,955 — = 1,637,683 ^
J827 214,129 ^ = 1,498,903 -^
1828 265,368 — z= 1,857,576 -<
1829 256,539 — = 1,793,773 --,
darunter für Dampfkiaiehfnen 1824 28,123 — = 196,801 —
— . — — 1825 78,027 — z=z 546,109 -^
— — — 1826 128,826 •— = 901,782 —
. . _ 1827 111,930 — =s 783,510 —
~ ~ — 1828 123,969 -^ =: 867,783 r^
— '^ — " 1829 133,573 — s:: 935,011 ^
*) Sin einaiger Masdiinen-Fabrikanl so Loadrn baiM« in 5
436 Daa Britische Beich.
S«it «lieser Zeit i«t die Ausfuhr tob Maseliiiieii oiehtmehriii ZvinihMe,
und war 1831 bereitsauf mehr alsanf dieHilffeegesuiikoii, auf 105^491
^ St. = 738,437 ThL Die Dampfmaschinen allein machten 1824 noch
, nicht I des Betrags aus, aber bereits im nächsten Jahre ttber ^
und seit 1820 durchschnittlich stets ttber die Hälfte des Betrags.
Gilt diese Maschinen -Ausfuhr als ein neuer Beweis fttr den Ein-
.fluss der Englischen Industrie auf andere Tölker» wenn gleich
die davon ausgehende Kraft der Anregung und Förderung der
menschlichen Thätigkeit keiner Berechnung sich unterwerfen lässt,
ao liegt ein nicht minder interessanter Beweis ffir die bedeutsame
Gewalt dieses Einflusses auf das eigene Land selbst '— der ttberdies
in Zahlen ausgedrückt noch anschaulicher sich darbietet •— in der
potensirten Steigerung der Bevölkerung eines Manulactur-Districts
während der letsten 80 Jahre. Die Grafschaft Lancaster, allerdings
in Manchester, Liverpool, Preston, Bolton, u. m. a. Städten und ih-
ren Umg^ungen durch ihre Manufacturen besonders blühend, zählte
1700 160,poo Seelen; nach einem halben Jahrhunderte (1750) war die
Bevölkerung erst um die Hälfte auf 207,000 S. gewachsen. Wenige
Jahre darauf begann der schwunghafte Betrieb der Baumwolle-Manu-
facturen; dieser steigerte die Bevölkerung in den nun folgenden
50 Jahren auf mehr als das Doppelte 672,565 & (1800), und
nach abermals 30 Jahren auf mehr als das Vierfache der Bevöl-
kerung Ten 1750, nemltch auf 1,336,054 S. im Jahre 1831.
Die Gesa«imtsahl ^er Arbeiler, weldie in den ver-
schiedenen Zweigen der technischen Cultor ihren Unterhalt iiii*
den, lässt sieh schwer mit irgend einer Art von Genauigkeit an-
geben* Denn abgesehen davon, dass unter den in den Manu-
facturen -besehäfrigten Arbeitern auch eine grosse Masse Kinder
vom Oten Jahre al^ mit b^priffen ist, ersebeiut es als fast un-
möglich eine scharfe Gränse xwisehen den Voratbeiten fär die
.technische Cukur und den wirklichen Erseugnissen derselben <u
lieheih und um so weniger, als dec|i eine sehr betrttehtlidie
Auiahl Arbeiter gemeinschaftlich Geschäfte fir die physische nnd
f'chnische Cultur sugleich verrichten. Der Gesammtwerth der
Waaren der technischen Cultur wurde von P. Pebrer für das
Jahr 1832 auf 200,4/5,000 "^ St (1,438,325,000 Tbl) berechnet:
Muren (IBM— 26) 100 Maschinen «i dem l^erlhe von m,fM Tbl.,
^die ^er nach Frankreidi versaadie.
Da« Brlti^^he Beieb. 437
/
iwf M jintelw^ Wmtig^ M*Mlb«n Tcrmögea wir wvtrlistl-
go» RtMltato MidisiiwettMi. «
a) Die Leinen«ManafaetureiL Diese MaoufactiureD, sot
wie alle übrig^a Genferlie in Flachs und Hanf sind besonders
seit dem, Zeitalter der Eranxösischen Revolution im jährlichea
Steiji^en be^iffen, sfe sind die wichtigsten und eintrHglichsten für
Irland^ die Torxugsweise hier im achtzehnten Jahrhunderte durch
Ausfiihri^ämien gehoben wurden *); aber sie liefern i^uch einen
sehr Torthcilbaftcn Ertrag für SchottlanjI. Bis . auf jenen Zeit-
punkt besog^ die Engländer aus Deutschland, namentlich aus-
Schlesien und Westphalen, ferner aus den Niederlanden nicht nur
för sich einen beträchtlichen Theil ihres Bedarfs an Leinen, sondern
vorsMgsweise noch für ihre Ausser «Europäischen Btfsitsungeq, wäh-
rend in der Gegenwart selbst das ihnen nicht sug^hörige Mittel-
und Süd- Amerika thcilweise mit britischen Leinen versorgt wer-
den. Das rohe Material .'Vter wird noch nicht vollständig in
Grossbritannien und Irland gelieferte und eine sehr beträcht«
Kchc Blasse voa Flachs jährliuM noch eingeführt,
1824= 718,830 Centr^
1631=. 034,IS2 —
1832= 982,516 —
1833=1,129,673 — : daroA
lüunen darsiMehnifttlich die Hälfte ans Ruasland, ein. Sieben»
tbeiLana HoUand, oia Ashdieil . aus Belgien und der Rest aua
den FffMtMsebeo« nnd Prevelseben Häfin|. Die Cinfnht an Hanf
ktMfß asMseffdem oaeh jäbrlieh 500,000 Ctm^ DtaHau^Uitae die-
ser Hawifaetare« sind fü» Englan^l Ex^ter , BridpoeC, Sherbnme^
KUdstMM, Stoekten, Dailugtiin Q«d Lead&; für Sehottland
Dosifries, Perth, Dvndee, Aberdeen. und Inveraiy; für Irland
Dublin, Cork, Ummk^ Galway, Tnam, Drogheda, Belfast nnd
Antrim. Sie besehiftigeii in fabrikenmässiger Arbeit ober 300,000
lieosehe% diean Waaren iai duccheehnitüichen Ertrag bereits 1812
MckCMiiiiheMaf IbfiMfiM^ St iUAfimfiOOi IhDüefeMM ••).
*) MaccnilochOieudbiicIi Art. Leinen D^Ueb. Bd. II. S« 183.
Die Prämien betrugen jabfUcb bis 1Ö30 im UurchschniU dOÜyOOÜ {|> St,
»* üre D. U. S. 3T2.
^^).Hir scbeim diese Angabe schon nach denTcrhSIlBisse der
Auäfulir der^Wabrbeiinähcx.ae stehen^ ale dta bei MaecaUoch auf
/ *
/
436 Das Britische BelclL
Daf^B wM diiNh Afm AwMvImmM fkn im Mhto Tktil
•bgeteCst;
im J. ISaOss l,60CM)eO ft St s 10,600,000 TU.
^ 1822 == 2,300^000 S 6t S 16,100,000 —
und in drni dreisehn Jahren 1814-^20 snsanunan 27,854,000 it S^t
i>m wenigsten 1814, am mdsten 1824, alte dnieliaeliBittUth im
Jahre 2,141,002 S St = 14,008^44 ThL Oataelbe VethUtoiai
galt »neb in neueater Zeit;
denn ]832s|,782M32 % StB:12,484,0U ThL
1833 :=: 2,100,441 % St =16,306,087 —
1834 = 2,005,837 it St c= 1 8,240,850 —
Die Einfuhr tat Jttit aefar nnbedentend, wenn wir nemlieh dio
ao« Iriand*), alt ana eigenem Lande, Tttifig beaeltigett: aie
besteht nur ans grobem Segeltneh ana Ruasland» ein Tauaend
Sttiefc feiner Leinwand aus Sehlasien, Weatphalen und Fianden
und 30,000 bis 50,000 Stürk Cambrieka ans Frankrelek Seite«
erreicht der Werdi derselben ein Ffinfundawansigtheil der AnsMir*
b) Die Wollmanufaeturen« Sie sind, was den ausge*
seichneten Ruf der Englischen Fabrieate anbetrilFt, inEuf'opa am
frühesten au grosser Achtung gekonunen. Denn schon am Ende des
yienchnten Jahrhundert» war der Werth des Englischen Tuchs
ikberaus geachtet, daher auch seit dieser Zeit sur Versinnlichung
desselben der Kanaler' des Reichs als Veraitser der Peers, bot
auf einem WoHsacke sitst Es galt als ein Tc^ailglicher Gegen-
stand der Auafuhr fOr den Handel mit den Hafen der Nord- und
Ostsee. Die RiraUMt mit den Fnaadsisehan MaanfaeturcB im
siebsehnten und 'achtsehnten Jahrhunderte trug aur VenrollkomBi*
nung dieser Fabricate auaaererdentlich bei* Im neuBsehBten Jahr«
T^
]0,(MIO»806 % St ermissigte. Pebrer gab für Grambritanaien aUeln
fiur 1832 den Werth von 11,000»000 % St an.
*) Die Aoftfobv an Leinen ads Irland nach dieartiritsanfan «ad
fremdea Ländern befindet sicfli bei Maccullodi a. a. O. Bd. IE
S. 183 fBr die Jahre 1868 bis 1825 aBfcgeben» seit wekbec KeH
d«r Handel über des Irischen Caaal amn KMenhandel gerecbael
worden Ist Er betrigt in dieser ^eit miadesteas (1888)=: 81,978,899
Yards K\\ Berl. Elle), am st&rksteu <I815)=:fif,88f«678 Yards. Da*
von behielt dorchschnittlidi Groasbriiannien swel Driiihelle» nnd
ein Drittel wurde namentlich nach AaMiika ansgclUnt
Das Britische Beicli*
43»
hui4erte vsrisr iwir EagiaiA %mnt dk sehr gdiolknen Haiiii-
fMCoren in BelgicD, Mühreiiy Schletien und den RhMBUKBhen
ProTuisen den grOeettn Tbeil teinei AbealKt nseh Mittel-Europa,
wwde aW dmflir fast mefar als ToUständig durch den starken
Abeats naeli Aserika'entsi^id^t '
Das raW Material wird inswisohen, wie stark euek dieEng-
liseke Sekaafinickt betrieben wird, doch noeb keinesifeges in
ansreiebender Quantität im Lande selbst eraeugt. Frfther wurde
die meiste roke Wolle aas Spanien 'eiDgefHbrt, als sehen in den
ersten swl^lf Jahren des gegenwärtigen Jahrhunderts doeh durch-
sehnitdiek über 8,500,000 % Gewidit Jährlich seewärts in den
BngÜaebcn Okhn einkamen« S^ der Wiederkerstellung des Conti-
nentalkandels durch den eraten Pariser Frieden 1814 hat aber die
Bia^hr an Deutsehec Wolle gana besonders sugenoaunen, und steht
Jetat in der ausländischen W9lle an Quantität und Qualität für
die Englischen Manufiieturen oben an. Die Steigerung des Be-
derfii an roher Welle ergiebt sidi aus den EinfuhrKsteii :
Es worden in die Häfen Grossbritanniens an Wolle ein-
gefahrt:
daruDfer
•^^
mm
Deutschet »!«• «^ J^ortug.ß^jjä^^^^^
1814
1815
1816
J8I7
1818
1810
% Gewicht
15.400,154
13,1)34,52$
8,117,864
14,711,843
24,400,486
16,190,343
% Gewicht
3,432,456
3,137,438
2,816,655
4,816,567
8,432,237
4,480,478
% Gewicht tt 8t
8,076,186
3,451,884
7,011,316
10,170,117
7,337,217
26,567
40,400
87,134
63,89«
*) Ausser d^r Deutschen Wolle wird noch Preossische in den
Einfahrlisten aufgeMhrt, d. 1. nur solche, die aus den Häfen Ton
Dansig und Pilhiu eingeführt ist ' Die Masse ist aber noch imbeden-
«SBd und betiSit im MaicimuB <1818> nur $41,356 % Gewicht Die
BimudenkBf glicktt Schlesisdiey Pemaierscbe, und Preussische Wolle,
.■meicke auf den .Wolliaärktep nwiscken der Oder und Elbe verkauft
wird» steht jedoch hier als De^tscl|e.
^) Bis 1862' war die Einlahr fremder Wolle in England ganz zoll-
fi^ gegeben, in diesem Jahre Sl Sh. Eingangszoll auf deo Centner
festgeselzi» 1813 auf 6| Sh. und 1819 unmässig auf 56 Sh. oder
19 Thl. pro Centner erhöht
440
Da« Britttehe Reloh.
dMmMr
•
1 '
Deaucbe ^.
BpiD. 0. PortHg.
hrachte»
Eisfuhrsoli
V
9 Gewicht
fi Gewicht
% Gewicht
%St.
MIO
10,<M3,746
6,113,442
3,631,416
181,860
1821
16,880,043
8,616,526
7,087,600
303,417
1822
10,523,170
11,125,114
. 6,119,507
402»484
1823
10,366,726
11,260,700
6,400,370
1824
22^58,222
13,486,610
6,176,000
1826
43,700,558
28.709.661
0,160,220
1826
16,006,426
10,545,232
2,171,730
■
^13 J^ ^^^Mi^l02 116,073,463 64,702,472 (12 Jahre)
tL durehsdi.
in 1 Jahre 18,493,392j 8,928,727 6,390,373
Et betrug alto schon in dieser Zeit die dnrchschnitdiche Eio^
fiihr der Deutschen Wolle fast die YoHst&ndige Hllfte der ge*
„panmten Woll einfuhr, während der Ankauf in der Spanischen
•ehr stark abnahm , so dass derselbe im Jahre 1830 beteifes auf
1,643,516 % Gewicht gesunken war«
Von dieser Zeit ab ist das VerhlUnist bei der Einfuhr der
rohen Wolle noch gfinstiger für Deutschland geworden« Denn
bei der Einfahr ron 29,122,447% Gew. im J. 1827
29,083,000
22,265,666
35,313,059
33/491,331
28,128,973
38,475,247
1828
— *- — 1820
— — — 1830
1831
183a
1833
214,880,713 U Gew. in 7 Jahrea
oder durchschnitt!. 90,697,245 f — in 1 Jahre
war stets über drei Viertel des Betrags Deutsehe Wolle.
In den letalen ^ 16 Jahren treten nna abor ancli Men^fialiand nnd
Vandiemensland mit ihrer, Welle aaf dem Billiaelnw Ifarirte md^
Während 1820 ron hier aus kaum 100,000 % Gew. nach den
Eiiglisohen Häfen gesandt wurden, war die Einfidir 1826 bereits
auf 1,106,332 % geatiegen, und nach rier Jahren abermals fast
um das Doppelte gewachsen, 1830=1,967,309 %, Baek seehl
Jahren sogar um das Dreifache, 1832=3,i44|000 % Qw%
D«8 JlrUU«lie BeUk. 441
G^ettwMig tM 4k H^vpuatt^ Aer WoHmanufactiirai
in England selbst Leeds, Bradford, Haddersileld, Halifax» Keo-
daUy Coreatrjr, Colchestet, Ipswieh und Norwlch« Rochdale>berei«
teC beaaoders viel Flanell umd Bojr, jährlich fiber 50,000,000
Yarde, woTon iber ein Dntthdl dnrch.den Aaafulurhandel abgesetsft
werden. In Schottland wird vonngsweiie auf WoUenfevge ge*
arbeitet au Aberdeen, Inyeraiy und Haddington; in Irland m
Dublin, Cork und Kilkennjr. Der Gesammtirertli der Waaren
wird jetit nach aorgf<ig geprflften Angaben von Stevenson *>
auf 18,000,000 % St (126,000,000 ThL), oder auf die dreifadio
Verwerthung des rohen Materials, das ttber 0,000,000 % St,
<42,000,000 Tbl.) kostet, berechnet;. davon geht durchschnittlich der
dritte Theil ins Ausland ab. Die Zahl der in den WoUmanu-
facturen b^chäftigten Arbeiter steigt auf 500,000 Kö^e. Die
Ausfuhr der Wollewaaren war aber in früheren Zeiten für din
Bffitttcho Industrie verhiltnfesniassig g^en die Fabricatton viel
betrftiditlicber. Unter Georg 1. betrag die Ausfuhr zwischen
700,000 und 800,000 ftSt, stieg aber unter Georg II. (1727— (M)k
bereits von i«0(X>,000 % St bis auf 4,000,000 % St, und stand
schon in deni fünften Regierungsiahre Geofgs Itl. (1705) utuh
der officiellcn Angabe Haskissons, während derselbe das Handcls-
. Departement lettetb, auf 5,159,000 1[ St (30,113,000 Tbl.), als die
gesammte Fabrfcation der Wbllewaaren noch nicht Hber I2,(X)0,000
% St (84,000,000 Thl.) hinausgewachsen war. Seit dieser Zeit ^t
die Ausfuhr auf demtelben H^ebetrage stehen geblieben, und nur
in wenigen Jahten um l,000,0(X> % St höchstens gewachsen **), ob-
gleich auch die Fabrtcation in diesem Zweige der technischea
Cultur, wegen des grösseren Begehrs nach Baumwollewaaren für
die leichtereu Stoffe nicht lu gleichem schwunghaften Betriebe
for^eschritten ift In den 13 Jahren (18l4-i-26) war die gesanunto
«) Blaoculledi a. •• O. d. a. U. S. 108. Aodtre Schümgen
Staigem den Wertk bit aaf 9^,308,800 S St (18^100,800 XhLK
^ Davon nUMshten die vier Jahre 1815—18» die munittelbar
nach dem Befreiungskriege folgten, eine AosnalraM, weil die dber-
llUllea EngHschea Iffaerenvorrithe bei den daauüSgen politischen
TcrHltalsseu eine vortheilhafte Ausleeraag aaf dem Continente faa-
4eni dean in dieierSMl wurdet iabrlkh ubeff7t80«,O0OttSt veiaandt
44t Dsf Britische Belch.
Amfckr a WoIIm-Wum S&,7I9,20B % St e= 000,013,468 Tli.
aUo dimbsAnittL In Jahn «,fi93,r8ft — =s «6,160,4« —
4h Maximom wU 1815 9^38,141 — = S0,3a«,9»4 ~
— Minivam l. 1830 5,593,4X0 — z= 30,084,010 —
SMt 4i«Mm Zdtpimkt« hkt aber di« AnafsJir «n W«lln>Wu»ca
lieh awbt aiamtal ««hr m 4em Da«W«iultttb«inge 4iaMi Jahrs
«rhok»
dflDB 1827 TU tim 4,083,908 3 8t=3 34,880,360 Th.
1828 ' 6,277,861. — == 36,046,0X7 —
1820 4,061,150 — = 32,628,050 —
JB3I 4,840^7 — = 33,046,080 —
1333 5^9,806 — = 38,369,062 —
1833 0,611,780 — = 46,682,400 —
1834 — — 6J»76,667 — =s 41,829,690 —
37.738,649 %St = 264,170,613 Tli.
J. 6,391,236 %Sl= 37,738,640 Tb.
iber i&Biin(tich nach dem ■ogenanntm (!«•
welcher aeit 1798 naeh den ErkllniDgen
n aelbit angegeben wird, nnd nicbt nach
ler aeit 1696 unrei^Ddeit nach gewUaen
)n von den ZollbehBHen beatiamt wird,
alao Jebrt fall nur auaachlieailich nir Beaeiebnuifi dar Quantiat
und auf ControUe an gebrauoben iat
e) Die Baanwelle-ManufaetureB, Dieter Zweig der
teebnlicheD Cnlbir, welcher fDr die Britiaehe Induatrie kann ein
blind ertjlhrigea Leben heiitat, i(t gegenwirtig lo über alle Er-
wartung gehoben, daa* er aethst die einbeimiachen Gewerbe von
Hlndoatan und China erdrSrict, we doeh an und für itch der
rohe Stoff nnd der Arbeitalohn to überana wohlfeil aiad. Diea
TCfaehnldet mas Tonragawelae den aeit 170O durah Arfcwright
erfundenen SpiniiBaaehinan *), welche iwar im antan Augen-
Midie eine aahltoie Menge Menaaben entbahrtich uiaehen, daiiB
aber duroh die grOaaere Leiebtigbeit und VoUkon«eBhei( dea
Betriebe au einer immer grüiaeren Auidehnnng dea Geichftrta
aiUreilMa, und dadnreh nletst doeh noeh mehr Henaaboa' al«
*) Dttfiber rind beeondert eb **rgleklKn die oben angersbrlen
Werke tob Bainea, tre and Macculledi a.a. O. D. U.I.S. lf7-88> '
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Dms BrltU«h« ■•lek MM
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vm 4ay00>,aoo MmhAi fcii» gilrfiiir wwiwi kiiwwi. BUtlite
koBBto Eof^Hii «iMMlfMiyMtt mim gegwmiHiy flfdw ia Hr
friiBJarfimi CrilT ■ifili »wiiAiB Ato ai— 4mr wmkm lHig»tMi
Folgen 4f(fMi Matm vir ato «■» tet 4m g«#f •!!•••• Bmm*
wolU 4ii*mii M UUig w«4e, ^m Matt^MHOil4a4i«id4er
NonbnerikE m&A Eagte4 eiBgililuH fthe BMMwtUe, thtilt
in geif nntiiMft Gan, iMb in Mckl gawMtelen Ktttniian
wieder nach OttfMiien nuMtgefikrt wnrde, weil 4er WlUge
Teglolin in Ottindien dennoch ftr die einfitchtte Veraiheitiing
der Bennwolle einen dreinMl höheren Proit erfordert, elt Jetit
Tennöge der Bfatchinenhereiteng in England gdiefert werden
luuin. Ijn aehttehnlen Jahrhunderte halte dieeeEinlahr an haai*
wollenem Garn und Waaren*) in Ottfndien fon EngUnA a«a
noch nicht ttatt gefuodea;
1815 betrug tie hereita 100,980 S St =s r(n),800 ThL
1818 — — -. 422,813 — = 2,069,001 —
1821 ^ ^ ^ 860,881 — s 6gM0»10f —
1822 ^ ^ ^ l,12KK3a3 -«- K y»i42»2il -^
18» ^ ^ ^ M77,398 — sl0«341,080 —
DaaSttIgen dte BtMaawoUa-Maavftetoren eigieht tieh
de» am Mi trtiehtWehtttn ana der E»nft*r de» rohen Mattrialt in din
EnelitqhflD HMni. da im inlande deamelhen tfur kein ZnwanlMi.
kommen kaam. Im Jahre U0iwnr4tn tttabai^ 4^360,000 ttGew«
■ehe Benmwelle eingeflUirt; iwamHg Jahim ap Mtr hereitt der
eeditfaeke Beirag^ nnd mrarao4aaadtWtlhe niemalt mehr fermin>
«■M»
*) Namenllidi werde« migedrackte KalCaae hier gerecht; 1828
wnrdea Melier 10,000.800 Tardr uagedreckle nnd 1»080,080 Yards
gednickte Kaifoiie venaedi
444 D»0 ftrUisehe Beich.
dtft ward«, I780=1M7«,0^ % Qew.; abmiab mwmdg Jakr«
t|^Mcir> war der Be^mg 4w EiafuHr wiederum verdMifWekt» oder
da« ArlilBTttofiifhe dei ^ettendee rmiL 1766 erveieirt, BemlMi
180& = 59,aa%406 % Qmr. In den d«rMif folgtaden swmisifc
Jfthroa eehritt aber ider Gewerbfleise der Britieebea Bauwwelie
Haaafaetiireo Qooh imaoflMdtiMier fort» . und erreielte abenaaia
da« Vierfache des Betnga der EiaAilir rmk 1805 oder faat da«
Aciitstgfmebe der. Einfulur Tom Jakre 1765. Dena es wasden
1S26 dogeahri aa rober Baumwolle •} 244,360,000 ft Gew.; aaa
seit dieser Zeit 1826= 170,520,000 ft Gew.
192HZS 264,330,000 /— ~
J828= 227,7^,000
1^9=: 2I8,32M)00
1830=: 250,856,000 — —
1831 =: 258»467,905 ^ —
1832= 286^832,525
1833= 303,726,100
also In 8 Jahren = 1,080,816,629 % Gew.
oder dorchsebnittlieh = 248,727,078 % Gew.
Der Hauptsita dieser Mannfacturen ist die Grafscbaft Laneastcr,
welebe ^Hein twei Drittel sämmtKcher Britischer Raomwolle*
waaren liefert In derselben ist wieder die Stadt Manchester
und Umgegend so stark dabei betbeiligt, dass Huakisson auf sie
allein ein Drittel dieser Fabrieato rechnete. Nächst dem sind
Glasgow und die nabegelegenen Fabrikörter Schottlands, nament-
lich Paislej sehr stark darin beschäftigt
In diesen BaumwoUe-Hanufacturen finden gegenw&rtig 960,000
Maischen **) für sich und die son&chst von ihnen abh&ngigen
Familienglieder IbfMi Onterhalt, daraoier 880,060 Bleieher, Spin-
ner, Weber und 110,000 Maschinenbauer und andere biclier ge«
hMgen Handwericer. Die Maichfaen mnd Fabrikea erforderCen
*X Von dieser Binfohr hat UTerpool gegeawartig in der Regel
über I des Betrags, und aU6 Übrigen Englischen Häfen zosam-
mea aar |«
^) BaiMS gieU die Zahl fiir 1833 mit Hiaamiriinag der da-
bei bescbäTügten Kinder auf l,5ilMNNI Kopie aa.
Das Britische Beick OB
benitt isn eis Cafitel ton 65»000,i000 9 8t, Ait wktr nsdi
<ler dcM KftHamait« vorgelegten Angeben eelien Itnrh 0 lelnren
1833 wieaenin iin den siebenten Theil mnf 75,000,006 % St
1525,000,000 TIIL) gesteigert vir. Die Masse der von ilenselb^
▼erfertigten Steffen war indess aneh so gross, dass sie n«r ron
80,000,000 M eneehen dureb Hftndeacbeit bitte geliefert werden
Icttnnen. Der Wertb derselben wurde für 1833 von Bafines in seiner
Cksebiebte der Baaniwolle*ManoCietQren naeb sebr sorgf<igen Er-
Muttelungen aal 31,338,003 ft St = 210,370,851 Tbl beieebnet«K
Daron wurden ansgefübrt
an Stoffen 13^75*092 ~ = 96,284,044 ~ ^
— Garn 4,704,008 — = 32,028,056 ~
sttsammen ausg. 18,459,000 %l St = 129,2 13,000 —
Im Lande ver-
branebt 12,879,693 — = 90,157,851 —
giebtd: obige S. 31,338,693 ~ =219|370^8öi —
davon kostete i*
Tobe Banm wolle,
welebe 1833 n
282,675,200 %
Gew. verbrpncbt
wurde; . . . 8,U4,693 — = 67,712,851 —
der Arbeitslobn
der Arbeiter in
den Fabriken . 6,044,000 — = 42,308,000 —
der Arbeitslobn
der Spinner ans-
serbaib d. Fabr> 4,375,000 — = 30,625,000 —
^ nsapmen 18,663,603% St = 130^645,851 TbL
Es bleibt ako
fttr die VerwH
sungderauf die*
^ -
♦) Huskisson berechnete schon 1824 den jährlichen Betrag auf
33,500,000 % St., und in den Jahren 18^-3i wurde i« den Paria-
mentMDgabea die Scbätxung des Gesammtertrags der Baumwollen-
Manufacturen goMialdn «wischen 86^00»O0S und 37,08M09 % St.
gemacht, also gegen S50,0MMNN> Tbt
4M O»» BrUisch« Beicft.
teehiiitdiwi Csi-
tur ferwuidtfn
CapittL, Or Ab«
MMUwig i«r6#i
bind« QWt lU»
reiner 0«ir. m-
.radc« Dit&fM t2,mi»0e0S8tss i8|m»600Tkt
Die Zilil im fai dfetein lahtr dabei gebranehten Sf laM wird
TOB Bainee maSt^ 9,333,000 aagegeben» die Zahl der Kraftsttthie
(^wer^lo#mi> ^d 40,000; in den mit Dluapf getriebenen Bla-
aebinen iai'dle Kfaft Ton 33,000 Pferden, in den dnreh Wasser
getriebenen die tov 11,000 Pferden » also In^esammt dabei die
Kraft Tott 41^000 Pferden tenrandt werden.
VetgMebeli wir danut eebnessueh den lirllneifen Erfn^ des
Werlbs der Banntwelie-Pkbrieate nnd ibrer jibtfiehen Ansfnbr,
•• linden wfr für 1766 die Angabe jener Aberbatipt auf 800,000
% flt, nttd die AnsMr auf den tierten Tbell M>,OQa % St be-
geebnet Die Ansftibr war aber seHon am Ende des aebtsebnten
Jabriranderts bdber als d^ Veibfaoeb im Inhmde gestiegen, nnd
eek iiU ist das VerikMtniss swiseben Aosftibr nnd Veibranck
Im Inlande demlich dasselbe wie }. su 1 der gesammten Fabri-
km» gebdeben. Es bmrden aber ansgeftthrt seit dieser Zelt
' 1614 an b. Waaren i 17,393,790 % St = 131,780,67» TL
<— ~ Garn I 2,791,240 — = 19|536,7<3 —
nie Mndmnm 16U
an k Waaren • .119,124,062 ~ sl3S,666,434 —
r Oi« . . J 1,074,022 — = 11,716,154 —
In d. I. 1616—26 ein wenig sebwankendes Total
swiseben 17,000,000 n. 16,000,000 9St^|ew. 119,000,000 Tb.
• b. Waaren, \ b. Garn I -- 126,000,000 —
als Minlmnm 1626
an b. Waaien . . r 10322,387 % St = 73,«f6,490 Tb.
Garn . . A 3,401,266 — = 24,436»676 —
nnd dann wieder auf die
frtUwre HÜM gestisgen,
nur mitFerbndertem Ver«
Pas BriiUcbe Beick MX
li&lABitt. iwifdiett dm
Waaren in Oarn, jene SU
l, diMet «I \f 1827
an b. Waarai . .|l3»f^,825 % St.= 97^7,775 Tk
Garn . • . ) 3,545,568 — = 24,818,076 — »
1828 an b. Waaren f 13,545,638 — ^ 04,011^466 —
Garn I 3,504*045 — = 25,164,615 —
1820 — — ' Waaren M 3,420,544 — = 03,043,808 —
— — Gara 1 3,074,030 -^ = 27»8I8,278 —
1831 — — Waaren 113,282,185 — = 02,075,205 —
Garn I 3,075,010 ^ = 27,825,133 -«
nnd in den beiden letiten Jahren
1833 an b. Waaren 1 13,754,002 — =5 06,284^^4 —
-- — Gara l 4,704,008 — = 32,028,066 —
1834 —^ Waaren 115,306,022 ^ 3=107,148,464 —
Gara t 5,205,501 — == 86^438,507 —
d) Die 8eide*Manafaetore)k Die ereten Seidenvebe«
reien *) in England reiehen bis in das fanfkeknte Jalurhnftdeft
hinaof, aber enC in dem Zeitalter Elisabeths erlangen sie ia
London, jds ibreai Hatt|iteitae, einen sehwnni^ialiteren Betrieb, nnd
bereits nnter den Regierungen der ersten Kttnige ans dem Hanse
Stuart stossen wir aof Einiiihiterbote Frsnafteiseiter «nd ande«
rer fremder Seideniraafen, um den Gewina Ar die inlindisehea
Seidenwebeieien bei au behalten. Innwisehen wurden diese Ver-
bote nicht streng befolgt, bis dass die Seiden-Üanufseturen dnfsh
die Einwanderung der vertriebenen lefonairten Franaosen 1685
in Spitaifielde bdl London in einer grdsseren Auedehtiang betrie»
ben und darauf 1607 durrh eine Parlamentinete die BinMir aller
Frans6sieehen und andera Eurbplieehen Seidenwaaren ginalieh
untersagt wurde, welches Verbot 1701 auch sdbst auf die Chine»
sisehen und Ostfaidiiehen Seidenwaaren ttbetging. Dieees Verbot
sjatem» des einen weit TerseUungenen SehleiehlMMidel auf Koste«
der indusine und der Zolleinnahme über ein Jahrhundert erathrte,
erhielt sieh mit wenigMi Abftnderungen, bei welohea ioeh in
hohe Zölle gMcli einem Vtrbele eranhtel werden numsten;
*) Die Sdden-Manuiactnren Englands sind ausührlkher behin*
delt'bei MsccuUoch a. a. O« IL S. 6^— 8L «v
448' D»9 BritUebi) Reich.
avf HttfkiMon's liberaleres HendelwjBtem» 4m Ar iie Seiten*
Manufaeturen 1824—1826 jene Fabrik-MoBopoU aafholi, «ii4 4ie
EinfuhnöUe ^jUif geapoonene md<I rehe Sehle erai&aaigte. Deaeen
uDgeaditet war der enwimgeiie Zaatand diej^rMannfttetiineii rer-
lier niemala eia beaondera blühender und aebr bauftg durch be-
denkliche Unruhen der Seidouurbeiter wc|fen Horabaetseng dea
Arbeitaloliaa geatttrt Im Jahre 1760 wwden in gani England
7,072 l^deawebattkhle von der damala mit einer Unteranchwig
dieses Gewerbes beanftragten Gonuaisaien gefunden. Diese Zahl
hatte sich wihrend dea ^for4lanlerikaniaehen Freiheitskrieges auf
das Dreifache vermehrt: aber, dafm hinderte die geateigerte In*
dustrie in den Baumwolle -Manufactafen die grdsseie Zunalime
der Seiden -Webstuhle, und nicht übev 14)00,000 ft rohe Seide
wwrdealsjihrlieheEiAfahr für die Seiden-Manufacttiren gebraucht
Seit dem ersten Frieden au Paris 1814 schien dies Gewerbe durch
die ioswuchen gewonnenen Er&bnmgen in Frankreich und durch
die Concurrena mit den Seidenwaarea aua der Sehweis und den
RheinproTinsea auch in England einen neuen Aufschwung au
nehmen. Es wordea 1815 I,416»000 % Gewicht Seide, aum
Theil aus China, Ostindien und den Inseln des Oeeanisehen Arehi-
l^elagua, mmi Theil aua der Lombardei eingeführt, etwa jftim
Werthe ron 1,500^000 S St So blieb ea durehsehnittlich, bis
1824 die Einfuhr fremder Seiden^aaren gegen massige Eioganga-
Mle gestattet wurde. Anfilnglich schienen allerdings die Sei-
denmanufacturen einen empfindlichen Stess su erleiden, weil die
Missstimwnng der Fakrik4nhaber über die Concurrena dea Aua-
landea einen grossen Theil der Arbeiter ausser Brod sefnleL Aber
bald siegten die Rivalität und die Englische . Kunstfertigkeit im
Maarhineabau» der Ueberflnaa an Gelilmitteln wagte einen aenen
Kampf mit* der Franaösischen Industrie in diesem Zweige der
techniaehen Cultur, und jetst ist es entschieden, daae England
auch hierin Frankreich nicht mehr nachsteht und fortan in den
Seidemanufacturen ateta einen Haiytartikei fttr die Britiache In-
dustrie behalten wird. Wir sehen dies ans dem dreifach gestei-
gerten Bedarf an roher und geaponnencr Seide <im Verhältadase
wie 3 au I) in den ktsten Jahren;
1831 wurd. eingel. 4,312,000% Gew. s. Werdie v. 4,661,084 %St
= (32,633,888 Tb.)
1832 4^24,807% —
1833 — -. — 4,665,060 tt -*
D«* 8ritis«b« Baiok. ' 4tl9
I
TMMiy» MattiagkttMy <k Ü»gggf 4 voa Lob^oii» Mandiester «nd
Pitfriflgr. Ofo Zidd der i« deaseltoi lejcUtfUgtcn Arli^ter steigt
aaf ia(MMM>, der Wcttk der rrnm deneeften Terfeitigten Waareii
wM Ton Pekffw flfar 1SS2 uf 8»000,00D |[ St. (50,600,000 Tbl.),
TMI Of« mmdesteiie uff JfiOOfiW % St (49,009,000 Thl.) ge-
•diitst Darmi gellt gegen w&ttig bereite ein Zwftlfth«! dureh
AaeMir in des Aeelend ab, naeteatiieh .^
1931 fir 456,939 ^ St = 3,191,609 ThL
1932 — 529,990 — > =3,^09,930 —
1933 — 749,294 — == 5,182,(^8 —
Dies befiigt gegeairiitig sehoii melir als die Eiaftibr der Fran-
i6siseiiea Seideawaaren »acb Enghaid, w^ehe flberdies jftbrikk
nebr in AbnaboM köBMut, weno aueb jetst neeb «n Drktel de»
Betr^ rielielebt nebr dmreb Sebleicbbaadel eingebraebt wird«
1829=17,311,810 Frau =4,074, 187 TbL;;
1830=16,204,389 — * =4»IOS^i79 —
e) Metallwaaren« Die Metaliwaaren GresabritaanleDs
stsd rorsftgKdi aasgeseiebnet in den Waffen und kersen Waaren
aas Stabl and Eieeo, wie denn Sbefißeld mit seinen Klingen bereits
im dreinsbnten Jabrbnnderte einen iberaos geaebtetenRof genoss,
nnd ancb neeb gegenw&rtig in seiner Umgegend 40,000 Mensehen
dÜreb 000 Kikigenmasler besehftft^t Niebstdem sind die plat-
tiiten nnd Bijooterie-Arbeiten» die Messing« und Knpfer^Waaren
vnd ftberiumpt alle feineren Metallarbmten an einer besondereti
Vellkommenbek nebracht, nnd desbalb anob gegenwärtig neeb
im Aaslande gesnebt London nnd seine Umgebai^n bieten
für die edlen Metalle, Messing und Kupfer, sowie Birmingbam,
Carlisle, Neweastle und Sbeffield fir Stahl und Eisen die Haupt-
sitse dieser Manufaetaren dar, welche überhaupt gegenwllrtig
370,000 Arbeiter erbalten und mit Einsehluss der Ooldssbmidt
Arbeiten (3,400,000 % 8t> Jfthrtieb gegen 20,700^000 S St
(144,900,000 TbL> an Fabrikaten liefern, wobei doeb über swei-
Drittel des Betrags anf Arbeitslohn und reinen Gewinn sn reeh-
nen sind. Die Ausfuhr an den Fersebtedensten Metallwaaren
ist noch jetst sehr betrüebdieh« wenn sie ai»b niebt mehr im
Steigen begdffen ist, da namentlieh der Ausfuhr-Handel mit die-
sen Waaren nach Europa in unserem Jahrhunderte stark abge*
nommen und einen nicht TttUig ausreiobenden Ersati in den
Seknbert'n StattHik n« m
459 Das Britische Reiche
r
\
iilnrigw Erdäieilen dafürerlangt hatlndeis betrngdodinocIi^ieAttfl-
fahr nach dem WertfiTerhftitnisie iteH Ober ein Fünftel des Betrags
s&mmtlieher Terfertigter Fabrikate, wie dies ans den neiesten
Aosfuhrliiten nach dem declarirten Wertbe derselben henrorgehl;
Es wurden im Ausfahrhand^ übgesetst
1828 1820 1830 1831
1. An Eisen n. StaU % St % St % St % St
roh und verarbeitet 1,214,948 1,226,836 1,155,177 1,123,372«)
2. Waffen n. Munition 406,312 335,512 279,381 562,765
3. Blei und Schrot 256,182 177,656 114,525 96,333
4. Zinn roh u. Ter*
arbeitet . . « . 489,641 413^765 355,127 307,861«*)
5. Kurse Waaren und «
Messerschmied-Arbeit 1,390,429 1,385,61 7 1,389,5 15 1,622,429
6. Messing und Kup-
fer-Waaren . • . 786,803 678,531 810,641 803^124
7. Piattirte» Waaren,
Bijouterie, Uhren. 169,450 181,849 177,242 188,144
Zusammen 4,713,765 4,399,766 4^281,608 4,704,028 '
Es beträgt also die Gesammtausfuhr in diesen vier Jahren
18,019,169 <ä St = 126,134,183 Tbl oder durchschnittlich im Jahre
4,504,792 % St = 31,533,544 ThL
\
f) Thon* und Glas waaren. FQr die Englischen Thon-
waaren bat Josias Wedgewood überaus grosse Verdienste sich
erworben, ipdem er seit 1760 dahin arbeitete, durch Schönheit
der Formen, Farbenreix und Haltbarkeit der Geschirre dem
nach ihm benannten Steingut einen unnachahmlichen Werth auf-
miprägen. Durch ihn wurde der Bezirk in Staffordshire, the
potteries (Töpferd) genannt, der schon su Anfang des achtzehnten
Jahrhunderts vieie^obe Töpferwaaren verfertigte, einer der blii-
hendsten Punkte der Britischen Industrie. In der Nähe von
' *)^I>er Absatz in d^n beiden darauf folgenden Jahren ist etwaz
Cefctiegen 183-2 = 1,434,431 S St = lQ,041,0lf Tbl
1833=: 1,408,453 — = 9r859l,I71 —
**) In dem Jahre 163^; war der Absatz auf 343,460 9i St*
(1,4049220 Tbl) und 1833 auf 36%l^ttSt a541>896 Tbl.) gesüegen.
Das BritUcke ReicL 4il
NevMstte wäim lia« «Mit maa Ufv nf tlatr Uogt tob a
E^ MeBMi (bfluuüie 2 a 1L> iWr 00,000 MentdMii dieh^
4iiagt*in Flednn nad Ddifmi *) an «inaador woIumd, daaa aie
eise dBs%« Stadt tm Ud« scMms: aie arWitaa nv in Stein-
gnty aber le ataik, daaa de w&chentlich 8000 Tonnen oder
16,000,000 % Stnnk. Terlmnchen *% Jihrlieli werden in dieeea
Dittriete aUein^iir 1,500,000 ^ St (10,500,000 ThL) Thon-Waa-
ren rerfertift; antferdem in den Grafschaften Woreetternnd Derbjr
and an einigen anderen Orten noch für 75O,OCil0 ^ St (5,250,000
ThL), Msammen alao fnr 2,250,000 % St (I5,75<>,000 ThL), wo-
von ^ Porteilan, |. feineres Stetngnt und j- gemeines milekweisses
Steingut ist; und von welchen Waaren wiederum ein irolles Fünf-
tel durch den Handel im Auslande ahgesetst wird. Das Meiste, bei
nahe die fiÜÜfte der Ausfuhr, geht nach den Nordamerikanisehen Frei*
Staaten, nüchstdem nach Brasilien, Canada, Westindien, Cuba, den
Niederlanden und Deutsehland. Die Gresammtausfuhr betrug bereits
1822= 423,300 %St= 2,903,703 Th.
1823= 489,732 — = %428,I24 —
nnd war eben so stark in den leisten Jahren
1828= 437,813 %St=: %064,691 —
1829=
409,743
— = 34(>S>20I —
1830=
401,710
— = 3^1,970 —
1831 =
401,090
— = 3,227,030 —
1832 =
490,787
— = 3,435,509 —
1833 =
487,515
— = 3,412,005 —
msammen in 0 Jahren = 2,838,658 % St = 19,870,006 Th.
also durchschnittlich in 1 J.= 473,109} — = 3,311,767| ^
Die 6lasfabrikation hob sich seit der Regierung Elisa-
beths und Jacobs 1. ausserordentlich, seitdem das Glas allgemein
bis in die Bauemhfitten su Fensterscheiben gebraucht wurde und
gl&seme Geschiire die kostbareren metallenen rerdrfttagten. Im
*) Borslem ist der Hanptort mit 10,000 E. Nächst ihm seidinet
sich Etruria aus, Jessen Fabrik nur geschmackröUe Erzeugnisse
der Kunst nach antiken Mustern liefert
^ Macculloch a. a. O. II. S. 751. WöcheatU^ wird auch
hier nur Tergoldung 650 Loth Gold, verbraucht.
19*
45% Das Britifche Rtoich«
•idiCiebnteii Jahrhunderte bildete tteh 1773 die Spiegelglai-
Compganie und errieh tete durch Franiöiisehe Arbeiter, die groMO
Spiegelmannfaetar in RaTenhead bei Sauet Helena in Lancathire.
Bald darauf entstanden mehrer Spiegelmanufaeturen su London
und Liverpool, und die Venetianitche und Fri^nsÖsiiehe Kdnstfer*
tigkeit war auch in diesem Zweige der technischen Cultnr bald
erreicht Der Bedarf an Glaswaaren stieg dadurch ausserordent-
lich in Grossbritannien und auch der Verbrauch des durch seine
Weisse und Reinheit sich ausseichnenden Englischen Glases im
Auslande wurde mit jedem Jahre stärker: bereits im Jahre 179^
wurden an Crjrstall und Spiegelglas 67,B15 Cntr.
Geringerem Tafelglas 20,607 —
Kronen-Fensterglas • • 83,040 ^
Grünem Bouteillenglas 227,476 Cntr. verfertig
deren Werth damals auf 1,500,000 % St (10,500,000 ThL) lu
berechnen war. Seit dieser Zeit wurde aber die Abgabe, welche
bei dem Staate auf den inl&ndischsn Verbraudi des verfertigten
Glases gelegt wurde , bis tum Jahre 1825 auf das Fünffache de«
früheren Betrags erhöht *) und nur bei der Ausfuhr von Glas-
waaren durch den Rttckzoll vergütigt Dadurch wurden die '
Glu*Manafacturen in ihrem Betriebe ausserotdentlioh gedrückt^
•o dass 1816 ungeachtet der inswischen so stark gestiegenen
Bofölkerung kaum die Hftlfte der Waaren vom Jahre 1704 an*
gefertigt wurde. Erst 1825 wurden die Abgaben auf die Hilfte
wieder herabgesetit, und der Betrieb der Glasmanufacturen ging
sofort wieder. rasch in die Hübe: bereits 1828 wurden nach den
Stenselisten angefertigt CrjstaU und Spiegelglas 68,134 Calr.
Geringeres Tafelglas 6,956 —
Kronen-FoBsterglas • • 00,605 -**
Gfftnes BonteiUengIa« 224,864 —
Ee war also die Hfthe der Yormaligen Fabrikation wieder er^
reicht oder Übevholtj und nur \tl dem geringen Tafelglaa, das
gar keine Ausfuhr hat, um swei Drittel des frühere Betrags lu-
rtlekgeblieben. Der gegenu&rtige Gesttnmtwerth der Jfthrtieh in
iGrossbritannien und Irland rerlertigten Glaswaaren betrftgt2v500,000
ft St = 1 7,500,000 ThL Davon wurden selbst nach den jetst her-
*) Bei Crystall- und Spiegelglas tob 1 % St 1 8h. pr.. Cstitr.
i. J. 1794 bis auf 4 <& 8t 18 Sh. (34 ThL) pro Centr. L J. 1813.
Das Britische Reich. 453
abg^t^Men Abgaben an dpn Staat 1828 977,076 % ^. gesfthlt,
1829 831,816 — und da-
Ton wieder RücksoU siirfickgegeben 1828 367,498 — '
1829 224»092 — . Ea Ter-
bleiben alao dem Staate 1828 609,578 % St = 4,267,046 Tbl.
1829 607,724 — =4,247,368 — .
Die Geaammtiiuafttbr beträgt aber durchscbnittUeh ein FQnfCel
der Jlbriicben Glatfabrikatio.n, wie diee aua den ZolUieten der
letsten seebe Jahren eich ergiebt
£• wurden an Glaiwaren Tonagüeh naebEuropn anigefuhrt
1828 für 527,110 ^ St = 3,689,770 Tb.
1829 — 492,073 = 3^444^511 —
1830 — 467,155 = 3,270,085 —
1831 — 429,624 = 3,007,368 —
1832 — 402,716 — — = 2,819,012 -^
1833 — 451,388 = 3,159,716 —
ait^ in 6 Jabren 2,770,066 % St == 19,390,462 Tb.
und diuebaebnittL in 1 Jabre 461,677} -^ = 3,231,743} —
p Leder-Mannfaetnren. Die Lohgerbereien waren in
England sebon eeit dem Aufgange det Mittelaltera in aekr be-
deutendem Anieben, haben aber in den neueren Zeiten dureb
*
wiebtige ebemifeb)^ Erfindungen, die bei dieeem Gewerbe An-
wendung finden konnlett, beaonders ausgeseidinete Fertsebritte
gemaeht In der Weiesgerberei ist Frankreich ateti. im Vorränge
geblfeben, und wenn diese Riralit&t auch ▼orthcUhaft iuf eiflfen
eifrigeren Betrieb in diesem Zweige der Industrie gewirkt hat
■o ist England dennoch auch gegenwärtig noch nicht auf glei«
eher Hübe* Dagegen ist das iaekirte Leifer ein besonders aus«
geseldineter C^enstand dieser Manufaeturen. Dia Hauftmaau-
faeturen sind an London, Worcester, Woodstock, YeOvO, Lud-
low und Leominster. Woreester's Handsobuhfabriken liefern
allein j&hriieh dber 6,000,000 Paare. Das rohe Material besitit
England keinbsweges sum hinlänglichen Bedarfe, und Aeit der
Verminderung der EingangssdUo auC die Einführung von Hau-
ten und der Abgaben von dem verfertigten Leder mit dein Jahre
1822 hat sieh dieser Zweig der technischen Cultur ausserordent-
Hfh gehoben: in einem noeh höheren Grade dürfte es aber in
454 Das Britische Reich.
f
der n&elifiten Zeit lieh seigeo, da leit 1831 Idle Abgaben «af
Leder aufgehoben sii^d.
D|e Einfuhr an rohen und gegerbten Häuten betrug
1828 423,789 9» St. = 2,966,523 Hl
1829 643,892 = 4,507,244 —
1830 829.436 r=: 6,805,052 —
' Der Gesammtwerth der gegenwärtig in Grotibritannien ver-
fertigten Lederwaaren wird auf 12,500,000 ft St (87,500,000 Th.),
die Zahl der dabei beachäftigten Arbeiter auf 264,300 K. berech- 1
net^ Die Ausfahr dejr Lederwäaren iit yoraugsweiae nadi den
Brituehen Colonien in Amerika bestimmt; sie betrug noch nioht
ein Viendgtheil der Fabrikation
1828 = 280,266 % St =.1,961,862 Th*
1829 = 261,736 =1,832,152 —
1830 = 264,007 -; = 1,778,049 —
t M31 = 246,410 = 1,724,870 —
Dam kann noch gerechnet werden die Ausführ an verfertig-
ten ßattlerwaaren, welche nach dem nördlichen und mittleren
Europa vorsugsweise geht
, 1828 = ^8,436 % St = 619,045 Th.
1829 = 89,206 = 624,442 —
1830 = 82,996 = 680,972 —
1831 = 61,312 = 429,184 —
Die Zubereitung des Pelzwerks ist nur ausschliesslich
(Ur den inländischen Verbrauch bestimmt; sie bedarf einer he*
jträ^^htUchen jährlichen Einfuhr an Rauch waaren und Fellen:
1828 = 314,094 ft St = 2,198,658 Th.
1829 = 410,696 = 2,874,872 —
1830 = 389,910 = 2,729,370 —
b) Die Seife-, Talg- und Wachs-Fabriken. Die
grossen Seife-Fabriken sind Torzugsweiie in den Hauptstädten des
Reichs angelegt, in London die. älteste um das Jahr 1524. Das
rohe Material dasu, sowie au den Lichtern, wird sunt grossen
Theil poch aus dem Auslande, namentlich aus den Ostseehäfen
eingaführt Die Einfuhr betrug
1828 noch 1,249,801 <S St = 8,748,607 Th.
1829 — 1,029,126 = 7,203,882 — .
* 1830 — 1,145,499 = 8,018,493 —
Das Britische Belob.
455
^Dam kftwBt noeh «nie Jllirliclie Einfuhr von Palrnftl Im duroh-
«ehnitdiohen Werthe voo 150,000 ft St. (1,050,000 Th.) Die Fa-
brikation der Seife Hast sieh nach ihrem gesammten Umfange
bequem in ihrer Ab- und Zunahme aus den Acciselisten überte-
hen, da eine sehr bedeutende Abgabe von 28 Sh« (9^ Th.) für
den Centr. harte Seife (40 Procent wenigpr für die weiche) an
den Staat entrichtet werden muss. Sie gewährte allein in Gross-
luritanniea
harte % Gew. weiche % Gew. Accise % St.
1825 für 100,261,353 — '0,297,485 — 1,285,710 —
1826 *- 102,<S23,1<S5
1827 — 06,859,694
1828 — 104,372,807
1829 — 108,110,198
1830 — 103,041,961
1831 — 117,324,230
8,910,504
7,278,446
0,646,477
10,024,665
9,068,918
10,209,519
1,347,762
1,263,818
1,374,099
1,425,517
1,354,152
1,513,150
KUMmm. in 7 J. 732,593,408 ft G. 64,436,014 % G. 9,565,108 % St
LToiXc? '^«^'^* - ^'^^'^^ - ^'^««'^ -
Die Seifefabrikation betrügt daher jährlich über 1 13,860,000 <3 Gew.
und die Accite Einnahme davon jährlich 9,565,108 Th., wovon aber
e^a 16 Procent Verwaltungskosten abgezogen werden müssen, also
immer einen Nettoertrag dieser Steuer allein von mehr als 8,000,000
Th. Der Gesammtwerth der jährlich verfertigten Seife beträgt
3,000,000 % St. Auf 4,000,000 % St wird die Fabrikation dcf
Lichte geschätit, wobei aber noch die jährliche Einfuhr von
Wachs gegen 45,000 bis 50,000 % St. (350,009 Th.) Werth in
Anschlag zu bringen ist An Talglich t<in werden in Grossbri*''
tannien 112,000,000 <S Gew., an Wachslichten gegen 1,000,000
% Gew. jährlich verbraucht Die Ausfuhr dieses Zweiges der Bri-
tischen Industrie ist verhältnissmässig nicht sehr gross und be-
trägt noch kein Zwanzigtheil der Fabrikate: sie geht vorzugs-
weise nachi dem Britischen Nordamerika, nach Westindien und
Brasilien. Si« war 1828 = 227,696 <ft St = 1.593,872 Th.
1829,= 226,206 =: 1,583)442 —
1830 = 192,739 = 1,349,173 —
1831 = 236,499 — — = 1,655,493 —
i) Papiermühlen u. a.Mahlwerke. Noch im siebzehnten
Jahrhunderte bezog Grossbritannien den grössten Theil seines Pa-
416 Das Briilteke Rciclt
pitfWdAtii wn de« CMÜneMt, numMdk wuVwtaknUh^ Em
nack d«v Avfkdmiig des Edicta vm NmiIm mrdtii ma n» dM
EaglkelMa PiipitrmMilea d«nh FraatttsiMbe CaloniirtMi «ekrang^
mtMen Tvrbetaeft^ m dnw Mhmi 16iN> tM heuert Fablkit« g^
liefert wurden *). ^ Deimoeli besog England drebaig Idktt tp&lar
(1721) erst 300,000 Riet Papier, oder den dritten Tbeil eeinea
J&hrlieben Verbtai^Elia a«a seinen eigenen Miklen. Seefassig
Jahre davaaf war Gressbritannien bereits im Stande «einen «ige*
nen Bedirfnissen an genögen, nnd die P^^ier-Fabfieation iin-
ferte Jähriich an Waaren für 780,000 % Bt (M^OOO Tb.|
WertL Seit dieser Zeit stieg jlUirlieh der Verbimneb an Papier
über anob die eigene Verfertignog, nnd ea. begann sofort ein«
Ausfuhr, die mehr als den swansigsten Theil der Fabrilcate ans*
macht Ciolqnhoun sehlftgt indess für das Jahr 1812 an boeh
den Werth derselben auf 2,000,000 S St. (14,000,000 Tb.) an:
denn selbst gegenwiU'tig steigt der durchsehnittiiche Werth jftbr-
lieb nicht über 1,300,000 % St (9,100,000 Tb:> Die Torsttg-
liebsten Papierrotthlfln sind im FinteniiUBs Wales, das aieb we-
gen seiner Localrerbftitnisse gana besenders daan eignet In
England und Waleb anaamman sind 700 Papiermiiblen« in Sdiett*
land 70 bis 80, in Irland 60, abo inaammen gegen 830, weiche
etwa 27,000 Arbeiter ununterbrochen beschäftigen. Die Papier-
fabrication lässst sich bei der bedentenden Acdse* Abgabe fom
Papier, 14>^28 Sb. (4| bis 9| Tb.) vom Centr» aebr gew«
ibersehen.
Es wurden im Jahre
1830 57,420,02ß BnchPi^ Terfortigt; dav. Abgabe 739,805 ^St
1631 61,275,105 -^ — «- ^ ^ , 070,800 —
J832 63,900,109 ^ — ~ ~ — 711,623 -«^
1833 67,397,868 — . — - ~ ~ — > 752,274 —
Ausserdem noch 80,000 Centr. Pappdeckel j&brlicb. Also verbleibe
im Durchschnitt eine jlihrliche Fabrikation von 64,000,000 Bück
Papier, 30,000 Centr. Pappe und eine Papier*Adcise ron 720,000
^ St <5,O40,00O Th.) Die Ausfuhr, so nnbedentmd sie naok.
dem Werthbetrage ist, (doch wird von ihr natirHcb der Rüekaell
gewährt; der ungefUir 40 Procent der Papierpreise In EngUmd ana*
*) Vergl. über die Englischen Papiermühlen du
dn für die Literat des Ansl. Jan. 183^ S. d2| ttacculloch a. «• O.
IL 464-«.
Da» Arltitcli» Aeiob. 487
- • kl
mMht) gdit MMh alte 'DuSitsn EnN^M-aiid Ameiikis^ «tlbtlFn^« .
reioh hwmäht jeM HS» teiMgroMenKiifl^nlieli^FapieftaiuiEBg»
Imi4. Sm batettg Jthiink io ien letstuiZeileiiilm 100,000% 8t
(700,000 Tk) a»d wwr io ^n AmfabrlisteB luiter dorn «Ugenci-
neu Titel Sebtoibmattriaiien ■utbagciffsa. —
Dia OeNMahl werke arbeiten uiuaittelbar nur fttr den in-
l&ndif eben Verbraiteh und iie£Bm hdditteni das Oel aU Substans
fllr anderweidge Fabrikate. Obgleiek nun der Anbau der Oel*
geerftchae in Elngland nnd Irland niebt unbeMebtlicb iat, .90 be-
darf ee doeh, noek einer jabrlicben Einfüllt &Bt 300,000 <g St
(2|100y000 Th.) an Lein- und Rapeaaat: denn et nrurden eingefübrt
1828 1829 1830 , 1831
an Leusaat 259,669 <B St 221,160 91 St 223,73r 9; St 265,035 ^ St
an Rapssaat 65,763 — 55,399 <— 48,804 — 67,069 —
xüsainnien 325,432 — 276,659 -r . 272,601 — 332^104 -^
Von dieser Einfobr an Leinsaat liefert ftnssland }^ Prenssen
und die Niederlande \, der Rest kömmt aus Italien, Aegypten
und Nordamerika. Die Rapssaat wird grdssentkeils aus Nerd-
DentsehlaUd und den Niederlanden eingeführt
k> Tabaeks-^abrlken. Dsr Gebrauek des Raudi*Ta-
badcs^ wenn ansh scken in den lotsten Jahren der Kteigin EU*
sabeth bekannt, wurde doch erst unter Jacob I. seit der ersten
festen Niederlassang in Virginien 1607 allgemeiner. AnDUiglieh
blieb der Tabaekshaadel ain Vorrreht der Krone, jber beim Be*
ginn des Bürgerkriegs unter Carl 1. wurde er TdlUg frei gege-
ben und ein EinfuhnoU auf den aus Amerika eingebraehten
Taback gelegt Der Anbau des Taba^eks in Grossbritannien und
Irland wnrde bereits während der Republik 1652 untersagt, und
dies Verbot blieb auch naeh dar Restauration der Stuarts in
Kraft erhalten. Der Verbrauok an Tabaek stieg alljährlich« und
wenn das Raulen auch seit 1776 bei den höheren Classen in Ab-
nahme kaB^ so wurde derselbe in Rücksieht der Terbrauohten Qnait*
ti^t durch das erst seit dieser Zeit überhand nahmoide Schnupfen
des Tabacks völlig ersetst Daher wurden bereite f773 fiber
8,000^000 9; Taback in Grossbsitannien und Irland .Terbraueht, die
ansschliesslish ana Virginien und Maryland eingeführt wurden und
dem Staate damals an Btngangssoll Ober iOOflOO Q St {2,ipo^000
4^ Bn$ britische Beleih
Th.) brMhteB, Seit dieser tOt etieg der VerhrMeh Jihflicb; er
•tend för Orotfsbrkeiiiiien 1780*) «irf 8»I62,I8I} % mnd aiiuer-
dem fftr Irland aiif 2,765,441 % Gewicht; 1800 Hlr jenet dordi-
eeknlttÜeb auf 11,000,000 % für dieset a«f 0,000,000 <S Gear.
Nun wurdj aber die Tabaekaatener erhöht nnd die früher ffir
Irland geringere der Englischen fast gleichgestellt Dies enengto
einen aussererdentlichen Schleichhandel in Taback an der Ir-
ländischen Kftste, so dass ungerechnet der jährlichen starken
Zunahme der Bevdlkemng nur | des früheren Betrags nur amt-
lichen Versteuerung kamen, nie selbst nur nocb ^ .
1826 für Irland 4,041,172 % Gew..
1827 fKr Irland 4,013,915 <S Gew.
die davon lu erlegenden Zoll- und Accise-Gefälle gewährten
im Reinertrag 1826 603,038 <S St = 4,221,266 Tb.
1827 595,683 % St =m, 4,169,781 Th.
Aber auch ffir Grossbfitannien nahm nicht yerhältnismässig mit
der Bevölkerung die Einfuhr an Taback su, und seit einer neuen
Steigerung derAceise imJahr^ 1812, wo sie bereits 15,043,533%.
Gew. betragen hatte, sank sie entschieden, wohl unsweifelhaft aucb
hier auf Veranlassung des Schleichhandels auf 12,000,000 und
13,000,000 9; Gew., und hob sich nicht mehr über 14,540,368 % Gew.,
wie sie 1828 stand, und damals an Zoll* und ^ccise-Gefällen dem
Staate 2,198,143 % St (15,387,001 Th.) Reinertrag brachte. Für
^osshritannien und Irland susammen wurden eingeführt:
▼ersteuert mit
1830 19,406,402 Q Gew.««) 2,938,051 % St = 20,566,357 Th.
1831 19,533,840 — 2,960,325 — = 20,722,275 —
1832 20,313,615 — 3,090,270 — = 21,631,890 --
Die Ausfuhr des in Englischen Fabriken zubereiteten Tabacka
ist von geringem Belange, sie betrug 1828 = 14,982 % St;
*) Die .genauen Angaben von Jahr zu Jahr (i'789— 1828)» sowohl
in Rücksicht der Einfuhr für Grossbrilannien nnd Irland, als auch
für den Steuerbetrag beider Reiche liefert Maccalloch a. a. O. II.,
a 807-a
*^ Davon waren nur fabricirterRauchtaback 104»3989i> Schnupf-
taback 172 %; der übrige Taback wurde erst in den Englischen
Fabriken bereitet; 1831 wurden 114,900 % und 1832 = 148,751 S
ftbrictrter Taback eingeführt Yergl. Year-Beok of geoeial aa-
fonnation fer 1834» pag. 157 uad 179.
Das Qrili&ali^lleioli. 4fi0
1829 e JMl^ % 8t;. 1830 3 l»»877,« St, «bo te Jttfar-
lidMo DwclMidiollt« iwiadl«!! 1«6|9«0 und 126,000 Tlw ~ .
1) Grötsere Crewerbe im Sieden^ Brennen, * BraoeiL
Die Zucker-Raffinerien GroMbritannieni gcihftren ent fa
das achtsehnte lahrhundert, da der Verkauf an Zuclvr in En^^*
land bis auf diQ Regierung der Stuarts sehr spirlieh war und
nur bei den deichen stattfand. Selbst im Xahre 1700 bestand
noch die ganze Zuckereinfuhr in den Britischen Bftfen in 220,000
Centr. In den darauf folgenden 50 Jahren hatte sie sich bereits
bis auf das FUnfTache rermehrt, 1754 =: 1,193,200 Centr. seit
dieser. Zeit ist die Vermehrung derselben nur in dem angemesse-
nen Verh<nisse mit der Zunahme der Berdikernng und des
Wolils'tandes der Nation geblieben, w&hrend die Zoll- undAccise-
Gefiiüe von |. tt St von dem Centr. Zucker (der jedoch in den
Britischen Colonien geironnen sein muss) auf den siebenfachen
Betrag ij. 9» St gesteigert und vor 1830 noch höher gewesen
sind« Der meiste Zucker wird nach Grossbritannien aus Westin*
' dien besogen; über ^ des Betrags, erst in den neuesten Zeiten
seit 1820 hat sich die Zufuhr aus der Mauritius Insel (^'^ dt%
Betrags) und aus Ostindien {^^ des Betrags) Tcrmehrt Es wird
aber in den Britischen Zucker- Raffinerien mehr Zucker als für
den inliindischen Verbrauch gesotten, und nicht sehr viel über |,
selten gegen ^ der jährlichen Einfuhr wird im Lande eonsumirt
Die jährliche Einfuhr hat in den letsten 25 Jahren durchschnitt-
lich gegfn 4,500,000 Centr. betragen.^ Dayon sind jlüirlich im
Lande Tcrbraucht von 2,504,507 Centr. (Minimum 1809) bis
3,495,709 Centr. (Maximum im Jahre 1829), etwa 5()0,000 Centr.
als raSinirt ausgeführt, der Rest ist als roher Zurker weiter ver-
sandt Die jährliche Steuereinnahme hat in dieser Zeit swischen
3,273,000 % St und 4,500,000 <3 St betragen, 1829 = 4,452,794
% St = 31,169,558 Th., welches aber als Nettobetrag nach Ab-
lug der für ausgeführten rafißmrten Zucker lurüekbesahlten Zoll-
gefälle SU betrachten ist Die Einfuhr an Zucker in den letsten
Jahren betrug: L Lande consum. ZoUgef.
1830= 4,754,930 Cntr. 3,722,044 Cntr. 4,767,342 % St
1831= 5,366,262 — 3,624,597, — 4,807,472 ^
. 1832= 4,867,785 — 3,725,751 — 4,648,990 —
in J Jahren 14,988,977 ~ 11,072,802 — 14,223,804 -«-
n. durchschnitt 4,996,325}^ 3k690,r97f^ 4,741,268 —
460 J>«» Britische Reich.
Also der JiltIMili V«bi«iieh ta Zwker gi«bl nach der beutigeii
Berötkenmg des Reieks dwreheohBilCliek «nf den Kopf gegen
J5 S Zoeker und eine ^teuerannalinie ven 339188,876 TbL -^
Die Aueftihr an rafiinirteni Zucker betrug
1828 963,431 S St % 421,750 Cntr.
1829 1,038,838 — -- 456,844 —.
1830 1.184,838 r- — 607,580 —
1831 1,238^910 — -r 581,836 —
. - 1832 1,544>300 -- — 774,939 —
In 5 Jahren 5,970,026 % St f&r 2,842,949 Cntr. .
nnd dureheehnittHdi im Jehre eine Awfnlir ten 568,589 Cntr.
reffinirtem Znoker Ar 1,194,005 % St = 8,358,035 TU.
Unter den Bierbrauereien^), welche diet Gewerbe im
Grossen betreiben, wurden 1829 in London 84**), im tlbrigen
England und Wales 1442, in Schottland 168, susanimen 1694
ges&hlt Kleinere Brauereien fanden sich in London 85, im
fibrigen England und Wales 1184, in Sehottland 26, also luiamr
men 1295. Im Jahre 1832 waren überhaupt Brauereien in London^
108, im üMgen England und Wales 1645, in Schottland 216, in
Iriand die gleiche Zahl 216, iusammen^85« Ausserdem gab es in
England 1829 45,981 Bierwirthe, Yon denen 23,287 ihr Bier selbst
brauten, 1832 46,405 Bierwirthe, von denen 24,271 sugleich brau^
ten, in London 1829 4464 und 1832 = 4391 Bierwirthe^ von wel-
chen aber nur 22 audi sugleich Bierbrauer waren; endlich in Schott«
Und 1829 17,713 und 1832= 17.070 Bierwirthe, Ton welchen 318
ihr Bier selbst brauten. In den sechs Jahren 1825—30 sind durch*
sehnittlich des Jahres 32,404,717 Bushels Mala in England, Wale«,
Schottland und Irland gedarrt worden, 'dos Bushel Hals su 8
Gallons oder 32 Pr. Quart im Werth von 8 Sh., giebt einen Be-
trag Ton 13,361,887 9» St = 93,533,209 TbL Daraus wurden
1826 8,242,510 Barrels stark Bier und 1,806,072 Barrels Tafel-
bier bereitet, wobei der Gewinn der Brauer und Schenker auf
35 Procent insammen genommen, alljährlich nur durch die Be*
*) Ein sehr beaditenfwerther Artikel ist über das Bier
bei MaccaUoch a. a. O. |. 8. 907—16. Yergl. Yearbook a 177—18.
^) Von diesen IMerten 1834 11 Bierbraver 1,538»S67 Barrels
Porter (1 Barrel =86 Gallons = 144 BeiL Qaart.), daninter die
Brauerei Barclay allein 357t4IO Barrels.
/ ^-
Das Britifche Beicli. 461
■
mtnig wrf ^«rVcfkair teBkn iWrSjm;000%8lO4»600^eM
Tbl.) gewMiiiea wvrtoi. Di« MabtlMier betrag ia Bieter 2Uk
■wiicbeB 4,Sap^310 « Sts3(Mlia,5M Tbl
mal 3^9Mi^l — =S0,5IRMST —
In dl«m Jftbre 1833 ww^en 40,(175,800 Bvab«! Mals geteit.
welche einen Wertb Ton 18,030300 tt St (111.212,122 TbL
battea, mnd werpn eise Steuer Ten 4,023^084 % St (34,481,518
TbL) entricbtet werden nmisteu Die Gerete ninunt^beiM Meisen
etws so 8 Proeent; ee waren abo sn dieeea Mals nfttbig
38,500^000 Bnsbel Genie, welcbe « 4 Sh. 7,833,000 % St
ÜBiyiZlfiM TbL) keetmen. im Mm 1834 wer 4er VerbranA
an Bier necb sOrker, da bei gleieber Beeteneraag dieMaMtlener
5,133,574 % St (35,035,018 TbL) embiadite; 1832 war sie
4^825,150 % St (33,778,050) gewesen, also in den drei letsten
Jabren dnrchsebnittiiek ober 4,050,p00 S St oder 34.850,000 Tbl.
»
' Die Ansliibr an Bier nnd Ale ist kanm anf ein Sechtsig-
tbeii des Jibrlicben Vabricats ansnsehlagen,
1828 fir 212,301 % St z 1,488,737 TbL
1829 — 230,280 — =1,874,883 -*
1830 — 24M17 — s 1,880,010 ~
1831 -*- 181,788 — :;z 1,132478 —
svfeammen in 4 Jabren 854,845 % St = 5,083,015 TbL,
oder dnreheebnittiiob ftr 213,711 % St = 1,405,079 TbL
Die Branntweinbrennereien sind fiber den ganstn Um-
fang der vereinigten Königreiebe serstreot, Yorsngsweiie aber
im VerbaltniMe sur Bevötkerung ni Irland nnd Sebottland, wbb*
rend in England nocb eine sebr betrftebtliöbe Masse eingefübr-
ter Frantdsischen Brantweine getrnn]^en, und der Verbraucb an
Bier bei weitem stiirker ist als dort Denn im Jabre 1832 wurden
in England «.Wales 3,788,088 6.= 15,152,272 B. Q.
inScbotttand . . 0,070,038— ±=30,018,152
in Irland • • . 0,280,020— =37,043,880 Brentw. Ttrf.*)
susammen 23,028,028 6. =02,1 12,104 B.Q. Die Consum-
tionsstener für denselben betrag 4,075,445 9; St = 34,828, II 5 ThL
nnd ist in den drei rorbergegangenen Jabren noeh beträobtlieber
*) VergL die Tabellen in Year-Book von 1834, bei MaccuU
loch a. a. O. Bd. I. 8. ,^50^54 und bei Pebrer, Taxation, re-
venoe 8. 530. — Die Galtons sind liier=s4 Berliner Oosrt gestellt.
469 Dti Britisclie ReicÜ
g«wewB 1820=5,185,574 Q St =30,299,018 TU.
1830 = 5,105,129 — =36,305,875 —
1831=5,103,178 — =30,1^^240 —
Die Einfuhr ausl&ndis^ben Bran'ntwefaii betrftgt gegenwärtig im jähr-
lichen Ooithsehnitte 1,300,000 CFallon«, wovon aber auf Irland bfteh-
stens jI^ des Betragt (7000 big 7500 Gallbna) kömmt Sie war
Oanons Berl. Quart Zoll >
im Jahre 1828 1,335,485 0.= 5,341,940 B.Q. 1,499,423 % St
1829 1,309,079 -i.= 5,239,916 — 1,470,452 —
1830 1,285,967 — = 5,143,868 — 1,443,018 —
1831 1,258,999 — = 5,035,996 — 1.416,374 —
1832 1,633,637 — = 6,534,548 — 1,807,842 —
**»(ii ■> «■ 11^
in 5 Jahren 6.824,067 G. == 27,296,268 B. Q. 7,637,109 U St
u. durohschnitaich 1,364,813 — s 5,459,256 — 1,527,422 —
Alao ist der jährliche Gesammtverbrauf^h an Branntwein in
GroNfibritannien und Irland über 24,300,000 Gallons oder gegen
100,00p,000 BerLQnart und die Staats-Casse beriebt jetst allein aus
diesem Getr&nko >an Consumtionssteuer und Eingangssoli im
jährlichen Durchschnitte übw 6,500,000 % St oder 45,500,000
Thl.r fsit soTiel als die gesammten Einnahmen des Preussischen \
Staates betragen» Und Jabei bleiben doch mindestens jährlieh
über 1,000^000 Gall. heimlich verfertigter Branntwein der Be«
stMiemng entsogen. -^ Die Bereitung TonCjrder und anderem
Obstwoin ist nur unbeträchtlich.
tt> Unter den dbrigen btdenttnderen Gewerben, welche
^ vonugsweise in England mit namhaftem Erfolge betrieben wer-
den, oder sogar einen beträchtlichen Absats im Ausland sich er-
worben haben, nennen wir zuerst den Schiffbau. Es sind jähr-
lieh bei demselben gegen 30,000 Arbeiter beschäftigt, und die
Ton demselben verfertigten Schüfe haben einen Werth von
4,000,000 bis 5,000,000 % StNgegen 35,000,000 Tbl.). Es wur-
den nach oIRcielien Berichten in den Britischen Häfen erbaut
vom 5. Jan. 18js 1719 SchifTe v. 266,636 Tonnen Last
18}^ 1285 — — 144,812 — — —
18|| 1474 — — 166,896 —
18|J 1221 — — 140,913 —
— — 18H H^ — — 116,872 —
' '4t ^^39 — — 103,031 —
— — 18f J 792 — — 95,766 —
Dajb Britische Beich. 46S
Die Hotfabriken baken einen bedeutenden jlbrlieben Ab-
eatr nach Amerika nnd den fibrigen Bridieben Colonien» 182S
ffir 175,293 % St, 1829 fSr 11N{,906 U St, 1830 fOr 188,902 <3
St, 1831 für 170,188 ^ St, alio durchiehnittUch f&r 185,000 <3
St oder 1,295,000 ThL Die ob emisebenFabriken, welche
Malerfarben bereiten, haben darin einen beträchtlichen Absats
nach gans Europa, 1828 fär 124,983 % St, 1829 für 138,005 %
St, 1830 für 130,821 9;^t, 1831 f&r 102,065 9 St, also dareb-
lebnitUieh jährlieh fSr 120,000 % St oder 840,000 ThL — Die
Fabriken für musikalisdbe Instrumente haben durehsehnittlieh
eine jährliche Ausfuhr Ton 60,000 «S St (420,000ThL); die Fabriken
von optischen und mathematischen Instrumenten, wenn sie
auch nicht mehr ausschliesslich den ersten Ruf besitsen, sondern deni
Deutschen einen gleichen Rang einräumen müssen, haben doch
noch yinen ' jährlichen Absats Ins Ausland ron 20,000 9i St
<182,000 Tbl.). — * Die jährliche Ausfuhr. an Büchern, Vorsugs-
weise nach den Nordaraerikanissben Freistaaten beträgt durch-
schnittlich 1 10,000 tt St (770,000 ThL). Aber der gesammte Ertrag
der Gewerbe der Buehdruckerei, des Buchhandels, des
Kupferstich- und Stahlstich-Handels, der physikali-
schen und mathematischen Instrumente wird jährlich in
der Gegenwart auf 3,000,000 % St (2 1 ,000,000 Tb.) berechnet, so das«
also doch nicht Tiel über ein ZwansigtheH davon ins Ausland über-
geht,'wenn gleich freilich dagegen die Einfuhr der gleichen Cfegen-
stände aus dem Auslände, auch bei der heutigen regeren Theil-
nabme für die geistige Cultur des Auslandes, fast wie Null lu
betrachten ist .
Fassen wir nun amSchluue dieser Uebersieht über die tech-
nische Cultur der Britischen Reiche noch ein Gesammt-Resnltat^
und stellen dasselbe in Vergleicbung mit der obigen Angabe
(S. 437) von dem Gesammtwerthe, So erhalten wir nach Absug
des Werthes der rohen Producte, gleichviel ob sie in Grossbri-
tannien erseugt, oder durch den Handel angeführt sind, einen
Totalwcrth für die Fabrication der industriellen Eneugnisse von
143,000,000 <S St (1001,000,000 Th.) wovon noch nicht ein
volles Viert ^1.32,500,000 % St (227,500,000 Th.), nach dem
Auslande versandt, also von diesem besahlt, dagegen über drei
Viertel 110,500,000 ^ St (773,500,000 Th.) im Inlande selbst
ver^rancht werden« «-
4M Da« Britische Btioh.
§. 11.
Die rertokiedeaeii Znage des Httidela.
_ %
Amser den iclion hften aiigefinirteii Werken reu Dofiii,
Maeeulloeb, Pebrer sind fttr diesen $. detondert beachtenewerAe
Hülfsmittel: Cetar Moreaii, Uehereieht des BritiscKen Hsnd^
nach aUen Lindern der Welt, ttbersetit von Eisetibaeli in 4 gr.
BL fol. 1826 Tübing. besteht aas den vollstlndigen ZahlentisteD,
welehe als Sehlnssresoltate der einseinen Jahre das Englisehe
Parlament seit 1097—1822 für den Handel mit jedem einseinen
Staate Europas igid der übrigen Erdtheile besitst — Exposition
of our eommereial- System 1793— *823y London* IS23 Svo. -«
Roptr on the eommercial ' System of Great- Britain^ London
18^ — (r. Browning tke domestie mnd finkneial eondition
of Great'Britain^ London 1834 Svo, — Die Finane€'Account9
ans den letsten Jahren , | welehe unter die Büßlieder ^ts Paria*
ments vertheilt wurden.
Orossbritannien wie Irland, sohon dureh die Natur für den
Handel am ToUst&adigsten miter allen Ländern Europas ausge*
stattet» wie dies der iberaiis grosse Reicktham an tiefen nod
geriUimigen Häfen erweist» sind seit der Regtemng der staats-
lüngen Eüsabeth durch denHandel erst surSeemaebt emporgehoben,
und d^in wiederum dureh die Seemacht seit der Mitte des acht-
sehnten Jahrhunderts SU einem so entschiedenen Uebeigewiehto
in dem Handel Über alle Völker der Erde gelangt, dass von die-
sem Staate mit Tollem Rechte behauptet werden kann, er be-
sitse einen WelthandeL Wie die Engiisehen und Irischen Küsten
im Gegensatse der benachbarten Fransäsischen und Niederiändl-
echen dasu geholfen, wie die Zeiten des Nordamerikanischen
Freiheitskriegs und der Fransüsiachen Revotution darauf einge*
wirkt; ist bereits oben nautändÜeher angedeutet Hier sind nun
besonders die Ergebnisse für den Handeisverkehr genauer sa
eri&tttem.
Aber durch diese grossartipte Handeiaherfschaft iü den
Das BritUch« BeUh. . 46B
, Nehenkdileni toMlbeo 4oeh der Weg geUhnt worden, bmIi
Iknlicher Anibreitang d^M VMkenrerkebrt «niustrebeD: und da-
her eind seit den beiden Periier-FriedenMchlÜMen und dem
daswiseben* liegenden Frieden in Gent iwiicben Groii)»ritannien.
vnd d^n Nerdanerikanieeben Freistaaten 1814 die Nordamerikaner
ond demn&ebat die Fransoaen nnd HoUäadery die Hanieaten nnd
Rnasen in ibren Handelsbeaiebungen gMobfate la einem weit
grösseren Umfange naeb allen ErdAieilen bin gekommen« Niebta
destoweniger ist der Britisehe Handel in Enropa im Allgemeinen
aneb je tat nocb im Steigen begriffen; mit Nonlamerika bat er
seit 1$14 mebr als seinen rormaligen Höbexnstand erreicbl^ und
jn Bexug anf Südamerika» Wesiindien»^ Afrika» Süd- und Ost*
Asien geht er jäbrlicb einer rolleren Bi&the entgegen.
Der Britiscbe Uandel ist aber in jedem Hieile ^des eommer*
eieilen Verkehrs ausgeaeiehnet, jedocb am ausgedehntesten als
Fabrikaten- nnd Colonialwaaren-Handel, wiewohl auch der Spe*
ditionshandel au einem ausserordentlichen Umsats emporg<festie-
gen ist Jeder Zweig des Handels wird von der Regierung In
^Schutz genommen, und }fie\n anderer Europäischer Staat bat seit
der Mitte des sieUzehuten Jahrhunderts die politisoheD ZastiUide
so TortUeilhaft für den Handel seines Vo)ks su nutzen gewusst, .
als der Elnglisehe theils durch Beschränkungen, theiJs durch poli-
tische Verträge aller Art Von dem unbereehenbarsien Einflösse füi
ihre Zeit war die bekannte Sebiffabrtsaete, welebe das Englisebe Par-
lament in der Zeit der Republik am 9. Oetober 1651 gab, und die i
nicht allein den Britischen Handel raseh emporheben, sondern aneh
ingleieh dem Seehandel der Holländer, der daasals die iusgedehn- •
testen Speditionsgeschäfte in allen Erdtheüen maebte, die empfind-
licbste Einbusse susiehen sollte. Bei dem grossen Vortheiie, den
diese Acte damals den Engländern gewährte, wurde sie d auern d in
dem Handel mit allen Völkern beibehalten: denii sie verstattete
den Transite-, Speditions- und Colonialhandel nach Ckoasbritan-
nien und Iriand nnd den Colonien derselben nur in solchen
Schiffen, die in diesen Reichen gebavi waren, oder Britieehen
Eigenthümem ivgehdrten «nd überdies von Briiiselien Sebiflfo-
Capitainen^ befehligt und smn grässten Theile mit Britiaeben
Seeleuten bemannt waren. Ansserdem durften nur Pmdnete des
Landes in Schiffen, die demselben Lande sugehftrten, in Bri
tiache Häfen eingeführt werden: diese Bestinunnng traf beson-
Schnbcir» Statkitik.!!. gQ ^,
1
466 Das Brltitehe Reiclu
der* haart die an eigenen ProdueteD annen &M&iidery die aber
denn'ooh ämth Rhederei and Speditionthandel damals in allen
bemchten Hafen Eurepaa die bedeutendste Geschäfte maehten«
Inzwischen konnten die Vortheile eines für bestimmte Zeitum-
stiknde berechneten Schiffahrtsgesetses allseiti]^ sich nicht immer
geltend machen, nnd mussten im Verlauf der Zeit widrige Stockun-
gen in den Handelsbesiehungen mit einigen Völkern hervorbringen,
deren Producte und Fabrikate für Grossbritannien unentbehrlich wa-
ren. Daher wurden unter dem Ministerium Robert Walpole seit 1 735
von ^iten des Staates Waarenhiäuser (Warehouses) zur Niederle-
gung auslandischer Waaren unter königlichem Verschluss errichtet,
die ifi fremden Schiffen entweder lugeführt, oder auch in National-
schiffen, wenn ein Einfuhrverbot oder ein lu hoher Zoll auf
diese Waaren in Grossbritannien gestellt war, eingebracht werden
konnten. Aus diesen Waarenhäusern durften alle aus den Britischen
Hafen abseegelnde Schiffe daselbst niedergelegte Waaren
mitnehmen und nach irgend einem anderen Lande weiter verfuhren.
Alle übrige Beschränkungen der Navigationsacte blieben jedoch
aber hundert und siebenzig Jahre aufrecht erhalten, und erst seit
1 822 worden zwischen Grossbritannien und einigen diesem Reiche
BÜher stehenden Staaten besondere Verträge abgeschlossen, welche
vorzugsweise folgende. Bestimmung festsetsten: dass von diesen
Völkern auf Nationalschiffen eigene Producte nnd bei
denselben gelandete rohe Producte des Auslandes in
das Britische Reich eingeführt werden dürften, wenn sie gleiche
Rechte in allen ihren Hafen den Britischen Schiffen einräumten*
Gleichseitig wurden auch bei dem Überaus stark betriebenen
Schleichhandel nach den Britischen Co\onien einige Er-
leichterungen für den directen Handel mit denselben sugestanden.
Denn es wurde den Westindischen, sowie allen übrigen Ameri-
kanischen Celonien ein selbständiger Handel mit den Staaten
Amerikas und Europas sugestanden, insofenr dadurch nicht die
Rechte der Ostiaduichen Compagnie angetastet wurden. Dies
gewahrte einen sehr bedeutenden Vortheil für die Britische ZoU-
einaabme md verminderte sugieich die Verwaltangskosten der
Colenien, da dech in der That der Sehleicbhandel awischen den-
■Mben und den Nerdamerikanischen Freistaaten bei der dafür
keinesweges ansreichenden Englischen Besatzung der Btitisohen
Celonien nidit verwehrt werden konnte.
Der Umsatz des Gesammtverkehrs für alle Beziehungen
Da8 Britische Reiclt 467
des bQrji^erliehen Lebent ist gegenwärtig (1832) auf 424,500,000
% St (2,971,500,000 Thl.) zu bereehnea und wird ren Pebrer *)
sogar nocb um 20 Procent höher auf 514,823,059 9; St .gestell .
Der in nere Verkehr ist indess nach dem Werthbetrage^ wieinji-
dem Staate, aueh hier bei weitem bedeutender als der auswärtige
und übersteigt denselben fast um das Fünffache: denn jener setzte
eine Summe von 350,000,000 <3 St = 2,450,000.000 ThL in Bc^
wegung, dieser nur 74,500,000 <S St == 521,500,000 ThL» wenn
wir alle dabei vorkommende Geschäfte zusamraenreohnen. Der
innere Verkehr ist durch vielfache Märkte, durch die trefRi-
chen Chansseen, Eisens trässen und Canäle, durch das äusserst
zweckmässig eingerichtete Postenwesen, durch den ausgebreiteten
Küstenhandel und die dabei verwandten Darapfbdte, welche schon
1823 165 an der Zahl in der Grösse von 20 bis 510 Tonnen-
Last, J829 aber für Engtand 341« für Schottland 75, fiTr
Irland 26, zusammen 343 von 31,355 Tonnen -Last ununter^
brechen beschäftigt waren, endlich veijpiöge des Britischen
Associationsgeistes durch die erleichterten Zahlungsmittel und
den verstärkten Geldumlauf auf eine bewundernswerthe Weise
unterstützt Der Geldumlauf schliesst sich gegenwärtig vor-
zugsweise an die Geschäfte der Banken« Unter diesen
nimmt die erste Stelle die königliche 1694 zu London errich-
tete Bank**) ein, welche dureh die grossen, Capitalien, die von
den Actienbesitsem wirklich haar eingelegt sind, garantirt wird.
Ihr neuestes Pfivilegium ist vom Juni 1833 und reicht auf 21
Jahre, kann aber bedingungsweise von der Regierung auch nach
10 Jahren gekündigt werden.
Das gesammte Capital, von welchem die Aotlen-Eigenthiln^er
ihre Dividenden erhalten, wurde in den Jahren 1 694-— 1781
eingezahlt mit 11,642,400 % St=: 81,496,800 ThL
dazu kam 1806 2,910,600 — = 20,374,200,—
zusammen 14,553,000 % St = 101.871,000 ThL
Darauf ciroulirten Banknoten
bis 1800 z. d. dnrekseh. Betrg. v. 14,000,000 9; St == 98,000,000 Tb.
— 1810 — — — _ —20,00(1,000 — s 140,000,000 —
*) Taxation etc. S. 35a
**) Ein sehr ausführlicher und beacbtenswerther Aufsatz über
das Britische Bankwesen wird von Macculloch a« a. O. L S. 61—
116 geliefert
30*
468 Das Britische Reich.
» 1817 im Maximum . . . 30,099,908 tl St = 210,699.350 Tfi.
-~ 4830 im <liircliich.Betrg.T.2l,Cl00,0()0 ~ =: 147,000,000 —
— 1830 am 25. Aug. . .. .21,934,940 •* =153,544,^80 •*
— 1832 am 26. Febr. . • .21,914,320 — * =153,400,240 —
Von dieien Banknoten nnd Bankanweisungen iat aber höchsCens
gegenwärtig mu SeehsstgtheU unter dem Betrage von 5 fl St.
(35 ThL). Nächst dieser Bank ist die grdsste die königliche
Irische, welche lu Dublin 1783 mit einem Capital von 300,000
% St (2,100,000 Thl.) gestiftet wurde, das seit 1821 bis auf
3,000,000 <S St (21,000,000 Tbl.) erhöht ist Diese hat gegen-
wärtig im durchacbnittlichen Betrage 6,000,000 % St (42,000,000
Thl.) Banknoten im Umlauf, wovon über ein Viertel unter dem
Betrage von 5 % St ausgegeben sind. Ausüerdem waren fQr
England und Wales in den Jahren 18|^ durchschnittlich 780
Licenxen su Privatbanken gegeben, die jährlich neu gelöst wer-
den müssen. Dies war fiir 156 Häuser geichehen, weil viele
derselben an mehr als einem Orte Bankgeschäfte betrieben.
Diese hielten susammen gegen 14,000,000 ^ St (98,000,000 Thl.)
«uf einem mehr oder weniger ausgedehnten Umkreise, d<hr hän-
fig nicht Aber das Weichbild der Stadt selbst hinausretcht, im
Uiiitauf. Dazu kommen 80 Landbanken in Schottland, unter
welchen 31 Gesellschaftsbanken sind, swei den Namen der Banic
von Schottland führen (1695 und 1727 su Edinbnrg gestiftet)
und die meisten noch Tochterbanken errfchtet haben. Ihre ge-
aammten Banknoten betrugen 1820 3,309,082 ^ St = 23,163,574
Tbl., waren aber tu swei Drittel von dem Betrage unter 5 %
St Endlich giebt es noch für Irland 34 Privatbanken, die in-
swischen nur Geschäfte von sehr massigem Umfange betreiben;
ihre sämmtFicben im Umlaufe befindlichen Banknoten betrogen
1827 1,192,886 % St = 8,350,2021 TM. — Hithin beläuft sich
der gesammte Betrag des in den vereinigten Reichen Grossbri-
tannien nnd Irland als Banknoten cursirenden Papiergeldes
gegen 46,500,000 ft St x= 325,500,000 Tbl»
Die gesammte Masse der geprägten Gold-Münsen beträgt
für 1790—1809 21,493,640 ft St *)= 1 50,455,480 Thl.
— 1810—1829 45,387,423 — =317,811,951 —
— 1830—1832 6,723,493 — = 47,064,451 —
susammen 73,604,556 U St =515,331,882 Thl.
*) Darunter das Maximum 1798 = 2,967,504 S St.
Das Britische Beick 46»
woroB «b«r iMkhitett« gcfgeowirtig j. noch im UmUiif ist
^ mit 18,401,139 % St = 120,807^73 ThL ^
An SilbermQaien wurde in der' ersten gwaoingfährigen Periode
1790—1800 nur d. ger. S. t. 1,217 U St = 8,519 Th.
aber 1810— 1829 dagegen . .9,149,411 — =64,945,877 —
geprägt, daTon die sliriate Summe in einem Jahre 1827 = 2,436,298
<ä St =17,054,086 ThL In den Jahren 1830—32 wuMen für
3,150,000 % St = 22,95O,00G Tbl. in Süber geprägt Von die-
sen Silbermünsen ist der grösste Theii noeh im Umlavf , sicher
gegen ^ des gesammten Betrags, also gegen 9,800,000 S St
i68,600«000 Thl). Dadurch würde der gesammte Geldumlauf an
Banknoten und geprägten Münxen för die rereinigten Reiche im
Jahre 18;i2 gegen 74,800,000 % St = 523»600,000 ThL betra-
gen haben %
Zu^ Beurtheilang der Lebhaftigkeit, aber auch sogleich der
Solidität des inneren Verkehrs, dient eine fortgesetste Liste der
Jährlichen Bankerotte der Handeltreibenden ^*). Betrachten wir nun.
die lotsten funfsehn Jahre in dieser Rücksicht, so finden wir
für England und Wales in den sechs Jahren 1820 — ^25 incL die
Ansahl xwisehen 1340 und 1592, also dem SaehTcrhältnisse nach
wenig abweichend, für Schottland schon in yiel bedeutenderen
Schwankungen zwischen 90 und 208. Darauf kam das in der
Handetswelt durch die unmässigsten Speculationen und ein dadurch
npth wendig bedingtes JUnglück Epoche machende Jahr 1826, wel-
ches allein über Engtand und Wales 7416, über Schottland 648 Banke-
rotte herbeisog. . Nach diesem Jahre trat aber sofort Wieder der
frühere Zustand ein, denn 1830 war ^ die Zahl der Bankerotte für
England und Wales nur 1549, für Schottland 161, es blieb so
mit 10 Prooent Zunahme oder Abnahme in den folgenden drei
Jahren, und nur 1834 wurde eine merkwürdig geringe Zahl
dargeboten, denn nach einer Aeusserung ^s Kanslers dir Schats-
Icammer im August 1835 sollen. in dem ganzen Jahre 1834 in
England und Wales nicht über 700 Bankerotte öffentlich ange-
zeigt waxu
*) Oemoacb erscheint es wohl als stsrk übertrieben» wenn in
diesem Jabre in den Parlaments- Debatten behanptet wnrdp, dass zu
l^odon an den Wochenla^n iro Dorchechniit täglich für ^8^00(^000
ft St. (öCOOOyt W^ Thl.) Rechnungen realisirt würdiui.
s
*^> Sif ist m der obenaageführten Uebersicht t. More(^ geliefert.
^ • ^\
/
47« Das Britische Reick.
I
Der Kttttenhandel, [weMer nach der Lage d«r Tercinlg*
ten Reiche mit der ftutsenteii LebbafHgkeit hetrieben wird^ be-
schäftigte gleich in dem Jahre der Wiederherstellimg des allge-
meinen Frie<1eni (1814) 30^0 Sdiiffe, welche 27,370 Fahrten
machten, 4,105,600 Tonnen L, (die Tonne = 20 Centner) verluden
und damit über 2,000,000 % St (14,000,000 Tbl.) gewannen.
Der KQitenhandel hat aber aeit dietem Zeitpunkte ao liberant
fttntk sagenommen, daii 1833 über 120,000 Fahrten gea&hit
wurden, welche mehr all 1 0,000,000 Tonnen L. geladen hatten,
und dais der Gewinn bei' demielben gegenwärtig fast anf
das Doppelte dieses Betrages gestiegen ist, und von Pebrer*)
für das Jahr 1832 auf 3,550,000 % St. (24,850,000 Thl.)
nach genaueren Angaben berechnet wird. Der Handel twisehen
Grossbritannien und Irland gehört seit 1830 in iinanaieller
RQcksicht Auch sum Küstenhandel, wurde ab^ sonat als ein ei-
genthümlicher Zweig des Britischen Handels betrachtet, indem
er mit dem Verkehre nach den benachbarten Inseln Man, Guern-
sej, Jlersej und Aldemej zasan^men eine Stelle in den Handels*
listen erhielt Seine betrüchtlicbe Znnahnve Iftsst sich ans dem.
Du rohschnitte der Friedensperioden in den letaten 130 Jah*
ren nach den vorliegenden Handelstabellen **) genau würdigen.
Die Einfuhr Grossbritanniens ans Irland sowie aus den genanten In-
seln, grösstentheils in Kom, Butter, Schlachtvieh und Leinwand
bestehend, betrug
im j. Durchsch. d. J. 1(K^8— 1701 487,640 % St = 3,413,480 Th.
— L. *- — . 1749—1755 746,282 -— = 5,223,074 —
~ — — 1784—1792 2,433,864 — = 17,037,048 —
—V — 1802 3,839,501 — =26,876,507 —
— — ~ 1816—1822 5,143,220 — =36,002,540 —
' — _ — 1823—1829 5,950,000 — =41,650,000 —
Die Ausfuhr Grossbritanniens nach Irland bestand \n dersel-
ben Zeit voraugsweise in Manofactur-Waaren und Steinkohlen
nnd hatte einen Werth
im j. Dorchsch. d. J, 1698—1701 429.353 <a St = 3,005,471 Th,
— 1749—1755 1,353,804 — = 0,486,628 —
— — — 1784—1792 2^1,081 — =15,757^67 —
♦) A. a. p. Tab. XV. S. 35a
**) Siehe die oben angeführten Tabellen von Blorean mid Mae-
culloch a. a. O. 1 S. 587—88.
4
Das Britische fieich. 47i
r
im j« DwdbMk 4. J. 1802 3JMK3,237 q St. = 26,049,05^ Th.
*i*. — ^ 1816^1822^4,097,630 — =28,683,410 -~
— i ~ t*- — — 1823—1820 4,875,000 — =34,125,000 —
Pemnach flbenteigt dk Ansfahr ai» Irland dU Einfuhr, wenn
'wir die Mire 1749—55 autnehmen, aofanglich un» 12 Procenty
ladaiua m um 8 tind 0 Proeent, endlich aber in der neuerea
Zeit aeit 1810 um mehr ala ein Fünftel des Betrag« oder 20 Pro«
eent. -~ Die heträchtliehe Zunahme de« Handel« geht aber auch
au« aUen ührigen Besiehungen de« Verkehrs swischeu beiden
Lftndem henror*). Im Jahre 1801, also unmittelbar nach der
engeren Vereinigung Groasbritaanien« mit Irland liefen au«
Qro««britanai«a in
die lri«ehen Häfen 6,810 Sehiff#belad. mil 582,083 Tonnen L.
aber 18Sl 13,854 — ~ — _ 1,262,221 — ~
was al«o auf eine Vermehrung ' der 6e«ehftfte um 116 Prooeat
hindeutete Im Jahre. 1801 HFurden au« Irland
eingefihre 31,543 Stdek Rindvieh und 2,879 Sehaafe
dagegen 1825 63,510 ^ — ~ — 72,161 — ~
Rben so verhält e« «ieh mit der Geireideau«ftthff- au» Irland naeh
Grossbritannien^ '
«ie betrug 1815 üi«ge«ammt 821,192 Quarts 4,311,258 8, Seh«
und 1831 berek« . 2,419,643 — . =12,708,126 —
Der au«wftrtige ge«a mmte Handel fällt fikrdie«e«Reiohmit#
dem Seehandel völlig su«ammen, und als Maaastab ffir «eine Grösse .
und sein ungemeine« Steigen während de« 18, und 10* Jahrhun«
derts kann un« «uvördent die Ansahl der ofiiciell al« Britische«
E^enihum-in den vereohiedenen Häfen die«er Reiche bei ihrem
Auaiaufen efuregietrirten Schiffe und ihre Tonnenlaat dienen,
wenn gleidi wir für die früheren Zeilen nur die Toonenla«t,
nieht aber die Zahl der Schiffe genau ansugeben -vermögen. Die '
Parlamentadebatten vom J. 1794 veranlassten die früheren ZoUr
regiatMT bis 1663 darüber «u verfolgen und die Zahlen festsu* '
«teilen. Wir liefern hier nur die Angaben für die wichtigsten ,
Pwieden beim Beginn einer neuen Dynastie, eines grossen Kri»-
ge« oder nach Beendigung desselben:
Jahr SehifiSs Tonnenlast Schiffsmannschaft
1063 (gg> 1,250 ' 05,266 gg 7,800 Köpfe ^
1888 fgg^ 2,500 190,53a 15,800 —
•) Ver«l, Yearbook Un 1834, S. l«i.
4SI
Das Britigch^ Beiclu
Jalir
Scliiffo
1702
3^81
1715
(gg) 5,200
1741
4,050
1786 n
T,600
1804
0,800
1814
8,075
1820
11,285
1825
13,503
1829
13,050
1830
13,548
1832
13,372
ToDiientatC Sdilffmnraiimliaft
261,222 27,160 ^
421,431 42fi00 ^
384,101 lOiOOO ~
1,115,0U 50,200 --
1^3,066 06,000 ~
1,209,248 83,793 —
1,668,060 100,325 -->
2,143,317 123^28 —
2,184,535 ^ 122,185 '^
2,180,042 ' 122,103 ~
2,185,980 122,292 —
El wwr mithin In den letsfeii «eht Jalircn die Zahl der Sehiffe
und ihrer Tpunenlatt, towie der dahei hetehäfti^n BUnaiehaft
Bttt aehr geringen Sohwankung^ unterworfen* Aber die Zaki
der Schiffe hatte tich in 150 Jahren nm daa Eü^Mh« TerMehH^
^ ihre Tonnenlait war am daa Zwei nnd ZwanaigfMha geeCeigert;
und die dabei betch&ftigte Mannaehaft wn daa Fonfitehnfachew
Und lelbat in den letzten 46 Jahren hatte lich alle« mindcatena
▼erdoppelt Doch diea beaeht eieh nur auf die Britieehen Sefaiile^
•aber ein gana ihniiehea Verhftltniaa ergiebt aieh aodi am dea
Aufgaben Aber die in die Britiachien Hftfen «ingelanfetten und ia
denRegiatem veraollten fremden Sehiffe.
Im aiebaehnten Jahrhunderte betrugen nodi die firearieit'
Sehiffe die Hälfte der Britiachen, da der TonnengehalC der
1661 aoigelanfeaen 47,634 T*
und 1688 — ~ 95,2^— Badi den
ZolMialea angegeben iat Von der Ifitle^ dea achtMhnten Jahr-
hunderte ab, namentlidi aeit 1763, bia aur Franiöaiaehen Rero«
lution rermindert uuk die 2iahl der fremden Schiffe auaeeror-^
deutlich und lietvigt durehaehnittlicb nach dem Tonneogehaite
nicht mehr ala den eüften Thmi, danu aber hebt aie aich raa<^
und bleibt wiüirend dea neunaehnten JahrhunderCe im yerh&k*
nitsmäsaigen Steigen mit den inlftndiaehen Seeachiffen bei dem
*) Die'neuen für den grösseren Seehandel gebraocfaten Schiffe^
den in Rücksicht des Tonnengehaics Ton dieser Zeit ab lanner su
einer umfangsreicheren TragbarkeiC Ton I09—500 Tomiealait uad
darüber gebaut und verlangen deshalb verh<nissmissig weniger
Mannschaft Ueber die Zahlen vergl. Bfiscbing Magaaia Bd. VUI,
Dohms aiateriaL Bd. n, Dupio» Moieau und Maocnllocli IL OtO^-S.
Das Britische Beiclu 433
BritiaehiO Sesvodcekr« so 4sm iliurclieclimttUeh swei Sieben-
theile md ^ fremden und fänf Siebentfceile auf die
inllQilif Aep In Biidieken B&fon «ingelaiiien«n Sehiffe kommen.
Jedoch im Vergleidie mit dem Verkehre vor hundert und, siebensig
Jahren haben ^aber aaeh die fremden Sohiflfe mehSr als das
Funisehnfache des damaligen Betrags fibersehritten, nemlich
es var.l7SS fremde Sehiffe (?) v. M,I53TonnenL MannscL
— 1786 — C») — 121,lör —
-* 1706 — tfl -.47S,3S6 «-*
— 1SI6 — 3,116—379,465 ~ 26,345 K.
— 1820 — 3,472^447,611 ~ 27,633 —
' — 1826 — 6,981—959,312 — 62,722 —
— 1820 — 6^8—710,303 — 39,342 —
— 1830 — 6,359—758,^28 — 41,670 —
— 1832 — 4,546—639,979 — 35,399 -r- /
Aber 4ie ZM der den BriAtsohen Hilfen eigenthOmlieh angehö-
renden Schiffe ist noeh grösser,<-als die der j'&hrlich ia Britischen
Hifen eittlan|enden inlindiseben: denn bereits 1824 besessen
Schiffe Tonnen L. •) Seh. M^nschaft
England und Wales • 17,422 r. 2,152,968 — 134,060 K.
ßchottland . • . . 2,958 — 263,536 — 18,775 —
Irland 1,198 — 63,229 — 6,681 —
Man 369 — 9,335 — 2,315 —
Gnemsej und Jersey 142 «^ 15,425 -« 1,130 —
die Bridsehen Colonien 3,775 — 279,643 — 16.869 —
aasammen 25,864 Seh. 2»784»1 36 T. 178,820 M.
Im Jahre 1829 hatten
England und Wales • 13,977 Seh. 1,785,065 T.
Schottland • • . • 3,288 — 308,297 —
Irland 1,413 ^ 101,9^ — > 134,51611
Man 217 — 6,714 —
Jersej und Guemsejr • 275 •— 25,889^—
die Britischen Colonien 4,343 — 317,041 — 20^292 —
snsammen 23,513 Seh. 2,544,000 T. 154,80811
*) Gewöhnlich wird bei Einregistriruag der eigens zugehörigen
Schiffe die Toaneoliist geringer angegeben , als sie in der Wirk-
lichkeit betragt: dies dürfte beinahe eine Differenz von 20 Pro-
cent aasmachea« — Bei den oben angegebenen Zahlen sind aber
nidit dis Paspyfsfhiffe miibc^iriffen^ die wir früher schon angezahlt
474 Da« Britische Beiolt.
I>M Jahr diirtif: ItSO mir 4h QvmmmtuM der iBehifc
de« Erkit^en Reiehs an4 der Oelooien 23,7SU ron 2,Sai,810
Tonnen, mit 154,^1^ M. keaefeit und im Jalm IS32 an 31. Dee^
beuMen*)
Scb. Tooo. 6cli.Ha»BS€li*
Grossbritannien und Irland 19,143 v, 2,225,980 m. 134,588
(t. Ini. Guerneejr, Jersey u.Man 521 — 35,880 — * 3,844
die Britischen Coloniea • 4,771 — 350,208 — 23,202
mtanuiien 24,435 — 2,618,068 — 161^034 BL
Noeli ertiAtHdier wird die Entwickelung dea Britliehen
Seehandela, ana einer chronologisehen Verfolgung der Angaben
über die gesammte Ein« und Aue fahr ia derselben Zeitpe-
riode. Doeh darf hiebei sieht uoerdrtert bleiben« daaa der ofBetelle
Sch&tzungswerth in den ZoUUsten seit 1696 nur naeb dem ZolU
tarife vom Jahre 1694 bweehnet ist, und das« daher bei der grossen
Verniindening der Waarsopreiae im aehteehnteii' Ji^rhuad«rte es ^
bald gesebehen musste, dasa d^r oCfieieUe Werth sieb ron dem
wahren sehr entfernte. Es wurden daher üStr die Ausfnhr seit
1708 neue Taxen anfgeatellt^ die dem wirklichen damaligen
Werthe sieh mehr näherten, indem sngleieh unter Androhang grosser
Geldstrafen für absiehtliche Tftusehung von den Versendern ei-
gene genaue Angaben über den Werth erfordert wurden« Dagegen
behielt man für die Einfuhr das alte Taxationssyatem bei, weshalb
der Überana grosse Uebersehiisa der Ausfuhr über die Einfuhr
s in der Wirklichkeit betitehtlieh «rmftssigt erseheint, sumal wenn man
erwftgt^.da»s die ana Oressbrift^nnien rersandten Waaren im Aus-
lande oft sehr bedeutend unter dem angegebenen Werthe Ter«
kaufit werden mussten. Denn dabei wurden für den gansen Betrag
in den Jahren 1818 — ^23 acht, sehn bis zwölf Procent eingebQsst
Demioeb bleibt der Vortheil au Gunsten Grossbritanniens immer
sehr hervorragend, und wird noch jährlich xur Vergrösserung des
Nationalreicbthums niedergel^t in der Verbesserung des im Geld-
haben: ihr ausgebreiteter Gebrauch bat auch sicher die Vermiade^
rong der gewöhnlichen Seeschiffe Ia den letzten Jahren für England
hervorgebracht Dies gebt selbst aus der Terminderung der neu ge-
bauten Schiffe hervor 9 die seit 1816 (1183 neu gebaut) 1817 (1274 n.
g.) um 40 Proceat sich vermindert hat, 1823 (780), 1834 <847 u. g.)
1833 (nur noch 769 n« g.)» während in diesem Jahre alleia 83^ ^
Daropfb oote ueu gebaut wurden.
*; Maccnlloch II, 604-^ Yearbock . L 1834. & U9.
i
I
Da« Dritisek« Rciek 495
werdk« so tebr ^^mMpft^m GmnMgeiitbiiBi^, In ginrerbUdieii
Anlag«» aQer Art, in inm4%n Btaatipa^ieffMi, io ien grotien
MaMen tob GM«iiimii fto» edlen Metelleii u. t. w^
'Vergleichen wir nun den Getammtbetrag der EinfolHr mit
der Antfuhr, to war im siebiehnten Jahrhunderte f&r beide kein
grosier Unterschied cu benierkeq, und der Hauptgewinn blieb im
TransitoTiandel, der seit dem Todesjahre Elisabeth 1603 , wo die
Ausfuhr auf 2,600,000 Q St (18,200,000) ThI.) berechnet wurde,
mit Jedem Jahre mehr steh hob, and mit der Narigationsaete von
einem Gewinne rrn 600,000% St (4,200,000 Tbl.) ab, in dem Zeit-
rkume ein es Jahrhunderts bb in die letiten Jahre C^eorgs 11., zu ei*
nem mehr als seehsfaeh gesteigerten Betrage von 4/100,000 % St.
(28,O0O/)0OTh.>empoikaro, so dass der Durchschnitt des Ertrags rem
Transitohandei bei 1,600,000% St (10,500,000 Tfalr.) verblieb. Aber
unter Georg UL wurde die Ausfuhr aas den Britischen H&fen so*
wohl was den MannfactnrenhanHel aubetrÜTt, als aiuch in
Besng anf die Cotonialwaaren bei dem erwriterten Anbau der
Hritisehen Colonien so überaus stark gesteigert, 4ast nun die
jiUirliehe Differeni swischen der Einfuhr und Ausfuhr besonders
smt dem Fransdsisohen Revolutionskampfe ron 5,000,000 % St
bis auf 10,000,000 % St und 15,000,000 ft St (105/NK),000 Thir.)
und noch weit darttber stieg, (1812—32) also um mehr als 33
Pioeent des gansen Betrags der Einfuhr«
Übersehen wir suerst das allgemeine VeriMtniu der
Gesariimteinlnhr sur Gesammtansfi|hr des Britisehen Handels nach
Perioden ron sehn su sehn Jahren im ISten nnd sn je fünf
Jahren im lOten Jahrhunderte*):
Jahr. Einfuhr. % St Thir. Ausfuhrest Thlr.
1697 3,482,586— =24,378,102 3,529,906— =24,681342
J707 4,274,065— =29,918,385 6,439,969— =45,079,783
1717 6,346,768— =44,427,376 7,996,587— =66,976,109
1727 6,798,908— =47,592,356 7,275,158— =50,026,106
1737 7,073.638— =49.515,466 10,081,712— = 70,571, #84
1747 7,116,757— =49.817,290 9,775,340— =68.427,380
1757 9,873,153— = 69,112,071 12,338,555 — = 86,369,885
i *) Nach Horeau's und Maccullochs IPsbellen und fBr die neueste
Zeit nach dem Yearbok. Ich bemerke id>er| ^ass ich nach den
Englischen Zolllisten die Jahre genommen habe, die mit dem 6. Ja-
nuar endigeny'alscf eigentlich das Jahr vorher, angeben.
49% Das BTMUclie Belclu
Jabr. EI«6iIur«SSt nir. AntftUur.SSt Thbr.
* 176713|097»153— s 91,680,071 lSfi90,00i ^ z=il0Bfi3OfiO7
1777 12,643^34-^ = 88,606,838 13,491,030 — = 94,437,210
178717,804,024— =124^28,168 16,869,789 —^= II 7,088,523
1797 21,013,956— =147,097,692 26,315,713 — = 184,209^^91
1802 31,442,318— =221,636,225 41,411,966 — =289^883,762
1807 28,854,658— =201,982,606 34,566,571 — =24 #,965,997
181228,596,426— =200|j67,982 43,243,173 — =302,7tei2 II
1^17 33,965,232— =237,756*624 53,123,202 — =371,862,414
1822 34,30jS,985— . =240,141,695 56,963,134 — t=: 398,741,938.
1 827 36, 1 74,350 — = 253,220,450 50,399,357 — = 352,795^9
Wir lasien nim für die neuette Zeit tod Jahr lu Jakr
dieie ailgemeina Uebentcht folgen, bemerken aber, daaa aeit
1821 der angegebene Werth bedeutend unter dem amtliehen
ainkt, und lo wie jener in den 20 Jahren Torher um 30 ProcenC
höher ala dieser stand, so ist gerade umgekehrt aeit diesem
Jahre von 12 Proeent bis 30 Procent der amtliche Über den
angegebenen Werth gewachsen. Der letstere findet sieh aber
^bei der Ausfuhr^ur für die Britischen rohen Producto und Ma-
nufacturwaaren, nicht aber für die aus Grossbritannien versand-
ten fremden und Coloniaiwaaren. Wir geben beide (amtlich W.
mit A., den angegebenen oder declarirten Werth mit D. beseichnet)
und halten daf&r, dass das Büttel xirisehen beiden auch noch
XU hoch über den wahren Werth steht, und dass wir daher den
geringsten Irrthum begeheo, wenn wir dem angegebenen Werthe
folgen«
Jahr. Einfuhr % Ausfuhr.
<3 8t Thlr. % St Thir.
1828 43,489,346= 304,425,422 {J; J^;^^^^^^^^^^ Jg^jJ^JJ
1829 43,536,187= 304,753.309}^ J^I^Jg = SS^Si
1831 44,815,306= 348,787,100 {^/.^Ji^^^^ ^^,fj.
^ Für die Jahre 18S8— 30 ist der Handel Irlands In* Bezug auf
das Ausland noch nicht mit gerechnet, er betraft eine Bittfuhr voa'
1,660,606 ^ 8t mid eine Ausfuhr von 60(M)06 .^^ %i^ da der HaOfH-
handel dieser I«cl über Oroisbnlaaniea geluhit wtf4
Das Britlsehe BeielL 47T
Jahr. Emfnhr. Avtftriur.
' % St Tlilr. % Sil TUr.
,832 «..«..600= 33r„3..200{ä; ^^^Z SfÄ?
,833 44.586,242= il2Ai,m{t JJ^hIS = SSlSS
1^) 266.900..33= ,^68.300.93. {^.*£;JSi}l lÄffi«
•*»
l"^( AAA^^^f^-* ^li^JöiiÄß/^ 67,1K)4,852 =3 476,333,964
I^J 44^83,365— 31 1,383,486 jp 47;j52.812 = 330;769,684
Stellen wir denn nnn den Uebertchust derAutfnIir dei deeU«
ritten Werthesy der gieher als dag Minimnia daa wahren Wer-
thei gelten kann» ftber die Einfuhr für diese Jahre sosammen,
so erhalten wir:
mehr % St Thlr. weniger % St Thir.
1828+ 2,710,814= 18,975,098
1829+ 2,542,847= 17,799,929
1830+ 3,507,665= 24,553,655
1831+ 2,474,389= 17,320,723
1832 — — — 788,057 = 6,516,399
1833+ 6,168,083= 43,176,581
iNMDBoa 17,403,798 = 121,826,586 — 788,057= ,6,516,399
giebt naeh Absng des Hinderb^trags Ar 1832 disL G^aanunt«
snmme de^ Ueberschusses fttr den sechsjährigen Zeitraum anf
16,615,741 <ft St = 116,310,187 Thlr., oder durehsehnitdich des
Jahres mindestens reinen Gewinn, bloss im Austausch der Aus-
fuhr gegen die Einfuhr, 2,769/290 ^ St = 19,385,030 TUr.
Endlieh dient bq einer allgemeinen leichten Uebersicht über
den raschen Fortschiitt des Britischen Seehandels die chronolo-
gische VergleiehuDg des reinen Ertrags der an die Schata-
kammer besahlten Zollgebühren nach Abzug der Verwaltungs-
kosten, der Ausfuhrprämien und Rückxdlle (Dr&wbacks) für die
Ausfuhr der sur Consuration im Inlande bereits versteuerten
Waaren, sowie aller anderen dabei vorkommenden Auslagen des
Staats. Allerdings hängt hier das Steigen des Ertrags theilwe|sa
von der Erhöhung derZdile ab, die jedoch stets in angemeaaenem
Verhältnisse mit dem Anfblikea das Bandab vacbleihaB muaa»
^B B^Lg Britltelie Beich.
Venu in ginie Verkehr Bicht sofort <lanittterl«Meii teil. Wirfbi-
den nan in himdcrt «atf dreiMig Jahren diesen reinen Ertrag der
ZoHeimalMien tmi »ehr als das FQnfundswansigfache ver-
grössert Er betrug 1697 694,802 <S St = 4,804,244 ThI. In
den daraof folgenden 20 Jahren stieg- er nnr auf das Doppelte,
es war das Maximum im letsten Jahre diefier Periode 1716
],742,S84 Q St = 12,200,168 ThL In diesem Betrage blieb mit
sehr geringer Abwechselung die Zolleinnahme vierzig Jahre
lang bis 1756. Das Maximum war in dieser 2^tt 1728 1,872,342
<a St = 13,106,394 ThL, und das Minimum das Kriegsjahr 1746
gewesen 1,074,653 <S St = 7,522,571 Tbl., die meisten Jahre dage-
gen der Betrag zwischen 1,500,000 und 1,600,000% St <— Bisaun
Ausbruch der FransÖsisehen Revolution hatte in den 33 Jahren
die reine ZoUeinnahme abecmals um das Doppelte sich vermehrt;
von dem Minimum im Jahre 1758 1,824,298 % St = 12,770,086
ThL bis auf das Maximum im Jahre 1785 4,592,091 % St
= 32,144,637 Thi, der Dnrebsohnittsbetng hatte auf 3,200,000
% St gestanden. Während der ersten sehn Jahre des Franzd- ,
sischen Revolutionskrieges bis tum Frieden von Amiens 1802
war abermals eine Verdoppelung der reinen ZoUeinnahme einge*
treten, das Maximum im Jahre 1799 7,498,615 <{l St = 52,490,306
ThL, das Minimum im Jahre 1794 3,521,236% St 24,648,652 ThL,
der Durchschnitt über 5,000,000 % St geblieben. In der Zeit
der ContinentaUpekTe hob sich die reine Zolleinnahme abemisU
nidit minder auf das Doppelte des früheren Durchschnitts Be-
trags, 1809 10,289,807 % St = 72,028,649 ThL
1810 10,819,151 — =75,734,057 —
1811 9,436,322 — =66,054;254 •»
1812 10,029,747 — =70,208,229 —
Bei diesem Höhebetrag verblieb es inswischen in den nächsten
darauf folgenden zehn Jahren, der Durchschnitt der reinen Zoll-
einnahme stieg nicht über 10,000,000 ^ St, und das letzte Jahr
dieser Periode (1822) gewährte 10,663,617 % St = 74,645,3j9 Tbl,
Seit dieser Zeit wirkte bald das liberalere Haudelssjstem Hus-
kissons auf dib Zolleinnahme ein, die EinfuhrsöUe wurden für
Hanptartikel des Britischen Handels wesentlich herabgesetst, auf
einige völlig aufgehoben. Dennoch stieg die reine ZoUeinnahme
jfthriieh höher, uud gewann überdies das grosse Ersparniss, gegen
svei Dffittel der ZeMbeamtea nie fiberflüssig zn entlassen, wie
D&a Briiisclie BeicK.
«99
diM in Maad miieBtiieli migrfWirt unüic^ wo 1630 ttamtNetie
ZollbMUBlei» dar loial wm toTiel Qeluit kottet^n, alt JS!8
ftllciQ für den Hafen Dnblia aaigegeken werito nuiMte*). Sie
war in den letzten lahren wi^demm oai mekr als die Hllfite dee
Betrags von 16}^ yermelirt; sie betrug stets in dem Nettoertrag
über 15,000,000 % St = 105,000,000 ThL
Sie gewährte sogar 1830 21,084,525 % St. = 147,591,075 Th.
Davon gingen ab an
RiieksdUe. u. Ansf uhr* 1^57,424 — * = 10,001,008 —
Prämien; L d. Beamt,
Wach, und Wtfehsohiffe.
Terblieb. retne Einif.
Doeh 1831 war die reine
Einnahme nur 15,201,200 <3 St = 106,400,003 Tbl
und 1832 15,240,007 — 1=100,680,040 —
Unter der Einfohr kann'mah für die neuere Zeit die eine
H&lf te des Betrags sufroheStoffe surVerarbeitong der Britischen In-
dustrie- nnd die andere H&lf te auf Colonial-Waaren und Lebens-
bedOrfirisse rechnen. Wes jene aAbetriflBt, so stehen Baumwolle,
Seide, Flachs, Wolle, Hfinf, Indigo, Krapp, Coche-
nille, Zink «nd Häute obenan, und alles flbrigebetrilgt nicht ein
Zwanaigtheil der ganien Einfnhi', wie dies aus folgender Ueber-
•leht herroffgeht
l,20£i,I80 — = 9,066,323 -^
18,231,012 % St = 127,1123,384 Tk
EingefQlirt 1828
1820
1830
1. Baumw. rohe
n. in Waaren.
2. Seide, roh u.
gesponnen
3. Flachs.
4. WoUe. .
5. Hanf. »
6. Indigo •
7. Krapp.
8. Cochenille
8,063,688 9[ St 7,483,108% St 7,280,146 ft St
2,080,058
1^786,305
3,635,375
463,241
801,394
451,087
255,872
2,745,288
1,736,611
2,783,207
400,815
1,340,316
651,647
207,052
2,700,52«
1,845,582
4,414,132
287,864
870,425
412,826
231,838
*) YercL darftber MaecuUocli n. n. aiLS. lOM.-^ Art Zelk^.
49t Das BritUobe Beich.
Eiiif^hrl 1828 1889 1830
9. Zink. . • 290,080 ~ 226,6^ — 210^2 —
la HBate rohe 423,789 — 643,892 — 829,436 -^
zaRommen 19,160,795 ft St 18,226,624 ft St 19,197,729 %8t.
Alle übri|;;e hieh«
gehörige Einfuhr»
Artikel (Asche,
BaiHiirinde, Blei, ^
Eisen, Gummi,
Kbpfer, Schwefel,
Quecksilber, Far*
behölser u. s. w. 1,750,000 <$ St 1,825,000% St 1,972,000 <& St
susammen 20,9 1 0,795 tl St 20,05 1 ,624 ft St 2 1 , 1 69,729 ft St^
Diese drei Summen gehalten gegen die Gesammteinfuhr für
d. wirkl. J. 1828 im Werthbetrag von 43,536,187 % St*)
— — 1829 -^ ~ 42,311,680 -«
— — 1830 — — 44,815,300 —
giebt fast vollständig die Hälfte und höchstens mit einem Min-
derbetrage von 2 bis 5 Procent für diese Jahre.
Auf j:leiohe Welse bewährt sie sich fQri die Ausfuhr «Ur
«nderen Hälfte, welche in Colonial-WaAren f&r den Lebensunter-
halt, Caffee, Zucker, Cacao, Thee, Gewärsen und Taback, in
verfertigten Waaren aus Baumwolle und Seide, namenflieh aus
Ostindien und Frankreich, in Leinewand, Rauch waarön, in Ge-
treide und Mehl, in Wein, Oel, Talg, Butter und zubereitetem
Schiffshauholz besteht Die übrigen Artikel, unter welchen an
Branntwein und Rum am meisten noch eingeführt wird (s. S.
462), betragen wiederum nur ein Zwanzigtheii der Crcsammteinfuhr.
Es wurden davon eingeführt
1828 1829 1830
1. Zucker . . 5,328,114% St 6,331,721 ft St 6,279,555 <3 St
2. Caffee . . 2,945,024 — 2,502,667 — 2,372,651 —
3. Cacao . . 103,264 — 36,651 — 71,678 -^
4. Thee . . . 3,974,624 — 3,267,377 — 3,054,440 —
*) Nach Pebrer Taxation, Tab. IX. S. 340. Vergl. »eine An*
merkg. z. S. 475, weshalb ich hier die Angaben der Einfuhr und
Ausfuhr von den nächsten Jahr habe nehmen müssea«
Das Britische Beiclk
Ml
la»
5. 2liiinit, Pfef*
fer und an-
dere Ckwirst
0. Taback . .
7, Baumir.'-Waar.
8. Seiden-Waar*
0. Leiawand ;
1(X Rauehwaaren
1 1. Weine •) . .
12. Getreide ond
Mehl aUL Art^
sainmt Reia 2,137,906 -•
13. Gele Yersch.
Art . 4 . 742,5 IS —
14 Talg • ; ; 1,249,801 —
16. Butter . t 291,580 —
10. Sehiffiibauhls. 658,000 — -
627,488 QTSt,
308,646 —
312,197 —
555,875 —
67,695 —
314,094 —
867,545 --
19»
421,000 S St
231,223 —
404,229 ^
676,8^4 —
68,214 —
410,696 —
1,015,531 —
MSD
3(f5,5009;St
204,963 -«
530,404 •-
596,105 ^
63,687 »
389,910 —
789,680 «^
1.857,305 — 8,716,687 *—
883,523 -^
1,029,120 ~
278,678 —
538,725 —
800,33» -^
1,145,499 --
203,951 ^
, 6499400 ~
zutammen 20,364^373 S St 19,933,540 % St 21,193,346 % St
Die übrig. Ar»
üekel d. hieb,
gehör. Einf., ir.
Rttitt, Brantw.,
Salpet, Rotin«,
Südfirüehte, .
Sjrrop n. i. w. 2,261,01^9 St 2,320436 <& 8t 1,452,225 tt St
soBammen 22,625|&92 Q St 22,259,976 U St 22,645,571 U St
wofu die erste
Hälfte mit lu-
gereehnet « . 20,910,795 9; St 20,051,624 % St 21,169,729 <9[ St
pMi«i^*«Mta
die Gesammt*
einfuhr dieser
Jahre gewährt 43,536,187 tt St 42,3 11,600,8 St 43,815,300 9i St
*) Wein ^ird durcbfchnitdich gegen 6,000,006 Gallons oder
24,00(^000 Berl. Quart eingeführt, damnter i des Betrags Portu-
giesischer, 4 Spanischer, i Capwein, ^% Madeira und nur Jj, l^ran-
Eösiscber and Rheinwein isosanimen genonunen;
Sohabert'9 StastitikU* «._
Bl
48S Da8 Britische Beicli^
Bei der Ausfuhr ist aber nichl nur du WerthreriiUtoiM
siur Einfuhry sondern auch das Verh<niss zwischen den eigenea
Britischen und Irländischen Producten und Manufactur-Waärea
und der tretteren Versendung iler eingeführten fremden und Co-
lonialwaaren besonderer Berücksichtigung su empfehlen. Denn
wenn wir seit 1800 für die darauf folgenden 33 Jahre die Zoll-
listen hl dieser Absicht vergleichen , so finden wir für den an-
gegebenen Werth der Ausfuhr der eigenen Producte und Ma-
nufacturwaaren einen durch schnittlichen Betrag von 38,000,000
% St. = 266,000,000 Tbl, der mit Ausnahme von 6 Jahren (1803
= 45,102,230 U St; 1810 = 46,040,777 ftSt, 1811=47,000,926
<a St 1816 = 49,653,245 % St, 1819 = 45,180,150 tt St und
das Minimum im Jahre 1827 = 30,847,528 4 St) im Allgemei-
nen wenig schwankt, und nur eine jährliche Differenz von 1 bis
9 Pet 4es durchsch« Betrags wahrnehmen lässt Ebenso ist die Aus-
fuhr der fremden und Colonialwaaren in derselben Zaitperiode nach
dem Durohschnittsbetrage des amtlichen Schätsungswerthes
10,000,000 a St = 70,000,000 Tbl. und in gleicher Art wenig
schwankend für die einzelnen Jahre, wenn wir gleichfalls 6 Jahre
(1803 = 12,677,431 S St, 1810 = 12,750,358 <ft St, 1815 =
19,157,818 fl St., 1816=15,708,435 % St und 1817=13,441,665
<S St und das Minimum im Jahre 1809 = 5,776,775% St) davon
abziehenr> Wir erhalten demnach das Ergebniss, dass der erstere
Theil der Ausfuhr J|. oder || und der zweite Theil ^| oder /^ des
gesammten Betragt derselben ausmachen. Stellen wir nun diese Er-
gebnisse mit den offioiellen Antoben für die letzten Jahre zusam-
men, so wird sich uns die geringe Differenz zwischen den ein*
lelnen Jahren am bemerkbarsten seigen.
Ausgeführt *)
1828. Brit Product u. Manuf.
Waaren 36,394,817 tt St = 254,763,719 Tb.
Freude u. Colonial-W. 9,806,303 — = 68,644,121 —
«iiammen 46,201,120 — =323,407,^40 — •
*) Nach den Listen bei Febrer, S. 340, Macculloch I. S. 389. —
üeber das Verhaltoisa der einzelnen Zweige der Britischen Manu*
facturen bei der Ausfuhr habe ich bereits im vorigen §. ^ie nötbigea
Angaben geliefert
Das Britisch« BeiclA
4S8
1829. Brft Produet Q. Maust
Waaren 36,150^79 % St =253,052,053 Th.
Fremde iL Colontal-W. 9,928,655 — = 69,500,585 —
susammen 46,079,034 — =322,553,238 —
1830. Brie. Produet u. Btanuf.
Waarea . • . . i 35,212,873 — =246,490,011 —
Fremde U. Colonial-W. 10,606,441 — = 74,245,087 ^
sosammen 45,829,314 — =320,735,098 —
1831. Brit Prodaet IL Mannt
Waarea 37,691,300 — =263,839,100 —
Fremde u. Colonial-W. 8,533,766 — = 59,736,362 —
Sttiammen 46,225,066 — :^ 323,575,462 -^
1832. Brit Prodnet n. Mannt
Waaren . . . . ; 36,652,600^- =256,568,200 —
Fremde n. Colonial-W. 10,729,943 — = 75,109,601 —
snsammen 47,382,543 % St = 33 1 ,677,801 Th.
Und f6r alle 5 Jahre zusammen durchsoh. in 1 Jahre
Brit Produet- u. Manut
Waaren ..... 182,101,969 9; St = 86,420,394 Tfa.
Fremde u. Colonial-W. 49,605,108 — = 9,921,022 — -
msammen 231,707,077% St = 46,341,416 Tb.
Also in diesen einzelnen 5 Jahren, wie in der Gesammtsumme
nnd dem Durchschnitte derselben wird das f erhältniss von <!{.
nnd ^j für die beiden Theiie der Ausfuhr sehr wenig modifieirt,
und bei dem Durchsehnittsverhältniss 18}| ist die Differens
noch nicht auf ^^ oder 2 Proeent gesti^;en*
Eine nicht mjnder belehrende Uebersicht Ober den gesamm-
ten Britischen Handel wird die Durchmusterung des Handela«
Verkehrs mit den einzelnen Staaten nach den Zoiiiisten seit
dem Ende des siebsehnteu Jahrhunderts darbieten, wie sieronMorean
in dem oben angeführten Werke bis 1822 TolistÜndig bekannt ge-'
macht, vc^n Pebrer, Browning und Maccutloch aber noch theil weise
später für die Jahre 1 823«»32 geliefert sind. Allerdings bleibt in er*
wilgen, dass diese Zolllisten nicht mit der strengsten Sorgfalt enge»
legt sind, dass für die mit su hohen ZöUep belegten Produete durch
den starken Sehleichhahdel bei der Einfuhr ein beträehtlicher Min-
derbetrag hervorgebracht, dagegen wieder durch die hohen Pktb
81*
\
484 Das Britische Beick
mien .auf dn«ielne Ausfuhrartikel eine offenbar betrflgeriich er-
höhte Angabe von Seiten der Kaoilettte gemacht ist, die auch
nicht selten bei den zollfreien Gegenständen der Ausfuhr in der
Eitelkeit, eine grössere Versendungssumme für sich su haben, Ver-
anlassung nehmen kann« Aber diese Einwirkungen dauern für längere
Periodoi fort, und lassen mindestens in den grossen Verhältnissan-
gaben in Besng auf die Zu- und Abnahme des Handelsverkehrs awi*
sehen den einzelnen Staaten ungestört interessante Folgerungen
entnehmen, die überdies stets als sichere Elrgebnisse betrachtet
werden dürfen» wenn wir aus denselben den bedeutenden Ein-
iluss des Britischen Handels ,auf die auswärtige Politik deu Lon-
doner-Cabinets gegen die übrigen Staaten uns genauer verdeut-
lichen wollen.
Der Handel zwischen Portugal und Grossbritannien
war für das letztere Reich stets überaus vortheilhaft, es kaufte
hier als auf einem aehr wohlfeilen Markte mehrere ihm unent-
behrliche Producta ein, namentlich Wein und Wolle, erlangte
^ber bald einen so vortheilhafcen Absatz für die Britischen Ma-
nufacturen in diesem jeder regen Industrie ermangelnden Lande,
dass die Ausfuhr dorthin bald das Doppelte und in neuester Zeit
mehr als das Vierfache des Betrags der Einfuhr erreicht
hat. Wir werden dies aus Durehsohnittsperioden des acht-
zehnten und neunzehnten Jahrhunderts *) bis 1822 nach jährli-
chen Durchschnitta^eträgen nachweisen, wie die gleichen Zeit-
räume auch für den Britischen Handelsverkehr mit den übriccen
Ländern gebraucht werden sollen, und darauf einige Angaben
aus 'de|i letzten Jahren zur Vergleichung für den gegenwärtigen
Zustand hinzufügen«
Jahre Eingef. ans Port Ansge& naeh Port
%St Th. <aSt Th.
1698—1701 202,009=: 1,420,363 34^443 rs 2,404,101
1749—750 288,549 = 2,019,843 1,121,529= 7,850,703
1) Zuerst folgt der durchschnittliche Jahresbetrag für 4 Frie-
densjahre 1698^1701, dann für sieben Friedensjabre 1749^65, dann
lör 9 Friedensjabre 1784-^92, darauf für das Jahr nach dem Frie-
den von Amiens und endlich für sieben Friedensjahre nach dem
letzten Pariser Frieden 1816*^2. Die Angaben sind aus Moreau,
Maccullocb) Pebrer und dem Yearbook for 1834.
Das Brltlscbc Beicb. 485
EiogeH aus Port Ausgef. nach Port
tt St ThU % St Tbl.
1784—02 645,486 = 4,518,402 676,348= 4,727,436
1802 061,711=6,731,977 1,284,344= 8,090,408
1816—22 402,103 = 3,445,351 1^33,154=13,522,078
1820 *) 373,824 = 2,616,768 2,388,803 = 16,721,621
1831 520^617 = 3,644,310 2,310,782 = 16,238,474
Der Handel Zwischen Spanien und Gross britannien
beruht gans auf denselben Verbältnissen, wie der Handel mit
Portugal, nur das« hier der Ankauf von roher Wolle für die
Britische Industrie bis 1825 überaus ansehnlich war (vergl. Wolie-
manufacturen S. 430—40) und die Ausfuhr aus Grossbritannien
nach den Spanischen Häfen durchschnittlich (mit alleiniger Aus-
nahme der Friedensjahre 1740 — 55) höchstens das Doppelte des
Betrages der Cinfuhr ausmachte. In der neuesten Zeit sind
Überdies die Britischen Manüfacturen in Spanien durch die Vor-
liebe für die Französischen und durch die politischen Verhält-
nisse mit Frankreicji in der Einfuhr nach dem summarischen Be-
trage in Abnahme gekommen. Ausserdem werden in den Briti«
sehen General-Zolllisten die Einfuhr und Ausfuhr nach Gibraltar
von dem Handel mit Spanien gesondert aufgeführt, wiewohl jene am
natürlichsten hieher gehört, und namentlich seit dero^engeren Ver-
hälmisse Spaniens mit England i. 1. 1800 ein grosser Theil der Briti-
schen Manufactureu von der Strasse von Gibraltar aus nach.Spanien
eingeführt wird, wenn gleich auch ein namhafter Theil derselben für
Südfrankreich und Italien in Anschlag an bringen ist Die Einfuhr
von hier nach Grossbritannien kann aus den natürlichen Gründen
des Locals nur höchst unbedeutend sein, und wird daher durch die
Ausfuhr der Britischen Manufactureu dorthin fünf und sehnfach
und noch darüber überboten. Wir lassen die Uebersichtsiiste
für den Handelsverkehr in der Strasse von Gibraltar hinter Spa-
nien unmjttelbar folgen und verbinden damit für daa neunzehnte
Jahrhundert zugleich Malta und die Jonischen Inseln.
MM
0 Ffir dieses und die folgenden Jahre sind wegen der polili-
schen Verhät^isse die Azoren und Madeira zu Portugal in den
Briiiichen Zolllisten gurechnet worden.
I
1
486 ' Dui BritischG'BelciL
Jahre Eingef. ntoli Bpan. Amgef. ans Span«
1698—1791 566,527 = 3,065,6dd 580,422= 4,062,954
1749—55 437,869=3,065,083 1,198,337= 8,388,359
) 784— 92 724,287 = 5,070,009 709,179= 4,964,253.
1802 830,937 = 5,816,559 1,421,294= 9,949,058
1816—22 877,436 = 6,142,052 613,923 = 4,297,461
1829 •) 1,074,185 = 7,519,295 1,814,738 = 12,703,166
1831 1,293,924 = 9,057,468 1,354,662= 9,482,634
Nach Gibraltar, und Ton 1802 ab mit Hinzufügang von
Malta und den Jbnischen Inseln , iit der Verkehr folgender ge-
stalt gewesen.
Jahre Eingef. v. dorther Ausgef. n. dorthin
aSt Th, ttSt Th.
1749—55 111,863= 783,041 641,366= 4,489,562
1784—92 12,238= 85,666 210,838= 1,475,866
1802 1 19,318= 835,226 542.404= 3,786,828
1816—22 147,961 = 1,035,727 2,246,563 = 15,725,941
vl829 156,801 = 1,097,607 1,656,698 = 1 1,592,686
1831 270,404=1,892,828 1,363,722= 9,546,054
Ueher den Handel «wischen Grossbritannien und Frank-
reich yergleiche die Angaben bei dem letzteren Staate S. 139:
es stehe nurnier die Bemerkung, dass der Betrag des gesamm*
ten Handelsverkehrs swfschen beiden Staaten in den hier von
mir gewählten Zeitabschnitten nach seinem Werth Verhältnisse
sich um das Zwanzigfache vergrössert hatt denn die Einfuhr aus
Frankreich war 1698—701 86,025 U St (602,175 Thl.) und die
Ausfuhr dorthin 166,115 % St. (1,162,805 Thl.). Beicies stieg
darauf rasch in dem letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts, doch
erst in den letzten 8 Jahren wurde die Einfuhr aus Frankreich
bedeutender als die Britische Ausfuhr dorthin.
Der Handel zwischen Grossbritannien und säromt*
liehen Staaten Italiens, der nach den frühere« Zoll-
listen besonders mit der Republik Venedig lebhaft war, zeigte
sich während des achtzehnten Jahrhunderts mit entschieden
vortheilhafter Balanee fär Italien, weil diö Italienischen Pro-
*) Für dieses Jahr und die folgenden sind die Cananschea In-
seln in den Britischen Zolllisien. gleich zu Spanien hinzugerechnet:
früher waren sie unter dem Handel mit Africa> eben so wie die
Azoren und Madeira mit begriffen.
Das Britische BaicL 497
dttcfe, BeUe, 8li4M^te, CM «tmrk in CSronbritaiHiieii be-
gehrt wurden, di^pqpea dort osr eine geringe Nmdifnige narh
Englttdieii Muisfectiir-Waaren aick geltend »seilte. Im neun-
zdmtea Jahriianderle ket aber mach in Itsliea der BritUcbe
Kanttfleiu ein gUnsendee Uebergewickt erlangt and übersteigt
dnreb seine Ansfkbr dortkin den dreiiaekea Wertkbetrag der
Flinfiikr ¥on dortk^.
Eingel ans ItaL Aosget nndi ICi^
tt St Tb. ft St Tb.
1698—1701 ' 868^7 = 2,S09,739 143,240 = 1,002,743
1749—55 578,445= 4,049,115 238,470= 1,609,332
1784—92 853,862 = 5,977,034 759,243 = 5,314,601
1802 723,501 = 5,064,507 1,950,416 =: 13,652,912
1816—22 894,835 = 6,263,845 3,699,715 = 25,898,005
1829 804,220 = 5,629,540 4,906,859 = 34,348,013
1831 1,475,304 = 10,327,128 5,348,806 = 37,441,642
Der Handel swiseben der Türkei und Grossbritannien
ist im Laufe des aditaebnten Jabrbunderts nur sebwaeh und von
siemlieb gleicbem Betrage der Ein- und Ansfubr gewesen. Wäh-
rend des Seekrieges der FranxÖsiseben ReTolntion knüpften sich
die Veiliältnisse der Englander umfassender in der Levante an,
und ihre Sberwi^nde Herrschaft auf dem mittellindischen Meere,
der Crewinn der Ionischen Inseln, wo Corfu am 25sten Aug.
1825 sum Freihafen erklärt wurde, verstärkten den Britischen
Ebnddsverkebr ausserordendich auf Kosten Frankreichs, und na-
mentlich mit einer sehr empfindlichen Einbusse fik Marseiile.
Die Britischen Mannfacturen- verschafften sich nun auch hier ei-
nen aligemeinen Eingang, und d«* Absats derselben erfordert in
den letzten 20 Jahren mehr als den doppelten Betrag der Sum-
men, welche von den Briten für die dortigen Prodocte, rohe
Baumwolle, getrocknete Früchte und Droguerien ausgegeben wer-
den. Griechenland ist bis mim Jahre 1827 in den Britischen
Zolllisten noch in dem Türkischen Handel mit eingeschlossoi,
seit dieser Zeit aber besonders aufgeführt
Eingef. aus d. Turk. Ausgef. nach d. Turk.
« St
Th.
a St Tb.
1698—1701
276,906 =
1,938,342
218,002 = 1,526,014
1749—55
168,071 =
1,176,497
133,674 = 935,718
1784—92
184,545 =
1,291,815
121,877 = 853,139
1802
182,424 =
1,276,968
163,134 = 1,141,938
«8 D»s firUisoh'e Belolt.
Eingef. ans d Türk. AmgeH aa^b d.,Tfirk.
« St ' ThL % St ThL
1816--*22 306,678 1=: 2,146,746 764,116= 6,348,812
J829 431,062 = 3,017,434 1,476,127 =r 10,332,889
1831 759,798 = 5^18,586 2,209,706 = 15,467,942
Das Königreich GriechenlaD4 hat in der kunen Zeit
meines Bestehem eine nach ihrem WerthverhUllBisse siemHoh
gleiche Ein- und Ausfuhr g^en 30,000 % St (210,000 Th.) in dem
Hatidelsrerkehr mit Grossbritannien gehabt
Zwischen den gesammtcn Niederlanden, die wir also auch
Jetzt nicht in den Besiehungen des Handel« nach den beiden
Königreichen*) sondern wollen, und Grossbritannien hat
schon seit sehr fem gelegenen Zeiten des Mittalaltem ein Ich*
hafter Himdelsverkehr bestanden. Dieser stand, so lange der Sita der
Industrie und die ansehnlichste Rhederei in den Händen der
nördlichen und südlichen NiederllUider waren, im entschiedenen
Vortheile auf Seiten der letsteren, aber seit den Wirkungen der Na*
vigationsacte oder der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts trat er bald
ins völlige Gleiebgewicht für beide Nationen, um dann in dem
nächsten Jahrhunderte auf die entgegengesctate Seite Übenragehen,
Denn seit 1700 sind die Niederlande ein Torsttglichcr Marktplatz ffir
die Britische Industrie geworden, die einen drei* und vierfach höh^
rcn Werthbetcag dort jährlich absetzt, als lie an. rohen Pro*-
d'.icten und verfügten Waaren aus diesen Landen bezieht
Dies hat sich noch in der neuesten 2«eit verstärkt, als ein Theil^.^
des Colonialwaaren«HandeUi för die Niederlande mic Grossbri«
tannien ausgeführt worden ist
Eingef. a» d. NiederL Ausgef. n. d. Niederl
«St Th. a St. Th.
1698—1701 624,410 «^ 4,370,870 2,044,228 — 14,309,596
1749-->55 407,240 = 2,850,680 2,442,94t = 17,100,629
1784^92 717,057 = 5,019,399 2,317,986 *- 16,225,902
'^) Doch darf es nicht unbemerkt bleiben, dass seitdem Belgien
und Holland als Königreich der Niederlande vereinigt waren, in 'den
15 Jahren dieses Zustandes die Ausfuhr aus Grossbritannien zwi-
Fchen beiden fast gleich getheilt war, i^ie z. B. von der Summe
von 4,057,242 % St. im J. 1823 gingen 2,044,033 % St n. Holl. Häf.
und 2,013,^9 ^ — Belg. —
von 4234,806 1825 <- 2,017,289 Holt —
und %%YlfAl Belg, —
Das Britische Beleb. 489
Eilig«!, a. d NM^rl« Amgei il d Nied«rL
% St Th. % St Th.
IgOa 1,000,768 = 7,005,376 4,392,617 = 30,748,319
1816—22 061,296 = 6,729,072 4,337,316 = 30,361,212
1829 1,521,086 = 10,647,602 5,873,928;=: 41,117,496
1)831 1,276,082 SS 8,932,574 6,450,226 =s 45,151,582
Ucber 4at Waehstfaum des HandeliT^kebrt snrisehenGrosi-
britannieii und Deuttchlaiid nach 1700^ woTon aber die
Preuaaischen H&fen von der Auirnftndang der Oder bis nacb Memel
auageacbloMen sind und besondera unter dem Namen Prenssen in
den Zolliisten anfgefSbrt werden, lüsst sich durchaas die gleiche
Bemerkung, wie von den Niederlanden machen, nur dass hier
s(^t dem Rereladonskriege und namentlich seit der Eroberung
HoDands durch die Fransosan die alleinige Besorgung der Colo*
nialwaaren nach und nach in die Häude der EngUnder kam.
Aber auch die fiinCuhr der Britischen Bfanufactur-Waaren nacb
Deutschland wurde ausserordentlich gesteigert, weil dieselben für
einen grossen Theü Deutschlands zugleich die fehlenden Franjcösi-
■•hea ersetsen mussten, spiter aber durch die Wohlleiiheit sich
im Begehr erhielten. Daher ist hier die Ausfuhr in dem gegen-
wärtigen Jahrhunderte su 'einem fünf- und sechsfach höheren
Werthbetrage als die Einfuhr der rohen Producte aus Deutsch-
land (namcntlieh jmt für Wolle) gestiegen, wenn gleich gerade
hier der amtliche Schltsungswerth fftr die Bytischen Hanufa-
^.Clurwaaren, die } der Ausfuhr (ron den 9,473,627 % St im
Jahre 1831 waren 7,667,147 % St- für Brit Manuf. und Pro-
ducte und 1,806,480 % St für Colonialwaaren) betrugen, in den
letzten Jahren zu hoch ausgefallen sein kann, und wohl nach dem
wirklichen Verkaufspreise einen Abzug von 33 Procent erleiden
dürfte.
Eingef? a. Deutscht Ausge£ iL Deutschland,
ft St Th. ft St Th;
1698—1701 681,169 = 4,768,183 757,621 = 5,303,347
1749—55 687,805 = 4,814.635 1,345,212 = 9,416,484
1784—92 652,291 = 3,866,037 1,566,3Ü = 10,964,177
1802 1,192,03a = 8,344,210 8,005,237 = 56,736,659
1816—22 684,741 z= 4,793,187 8,772,871 = 60,410,097
1829 1,597,854 = 11,184,978 10,213,364 z= 71,493,548
1831 I,684»165 = 11,789,155 9,473,627 .=.66,3 15,389
Der Handelsverkehr zwischen Grossbritannien und Preusseti,
)
490 Das Britische Beich. '
in der ao eben n&her bezeichneten Beselirftnkang der Häfen im
PreuBsischen Staate, giebt mehr an rohen Produeten, Getreide, Mehl,
Flachs, Hanf; Leinsaat, Holz, Wolle u. b. w. zurück, als er aus Gross-
britannien an Manufactur- (| des Betrags) und Colonial-Waa-
ren (| des Betrags der Einfuhr in Preussen) zurück empfangt
Indess iTar dies Verhältniss zu Gunsten Preussens riel vortheil-
hafter im achtzehnten Jahrhunderte, wo der Werthbetrag das
Doppelte und Vierfache und noch darüber gegen die Rück^acht
ausmachte, als in den letzten 20 Jahren, wo Ausfuhr und Ein-
fuhr im W^rthverhältnisse sich immer mehr nähern, und für die
Jahre 1816 — 22 sogar in das umgekehrte Verhältniss übergehe*i. —
Eingef. aus Preuss. Ausgef. nach Preuss.
tt St Thl
152,209=1,065,463
171,091 = 1,197,637
11>,247= 820.729
818,269 = 5,727,883
1,002,881=7,020,167
786,167 = 5,503,169
829,303 = 5,805,121
Dänemark und Norwegen bis 1814- vereinigt, standen
anfänglich in ähnlichen Handelsbeziehungen (namentlich in der
Ausfuhr von Getfeide uqd Holz nach Grossbtitannien) mit Gross-
britannien, wie die Preussischen Häfen, die nur hier einen geringfü-
gigeren Werthbetrag umsetzten. Aber seit dem letzten Viertel des
achtzehnten Jahrhunderts bezog es eine viel stärkere Masse von
Britischen Manufactur* und Colonial-Waaren, dies dauerte auch
noch in den ersten Jahren nach der Trennung von Norwegen
fort, liber seit 1823 ist wieder das frühere flandelsrerbältniss
wiederhergestellt, dass Dänemark an rohen Producten beinahe
doppelt so viel giebt, als es aus den Britischen Häfen zurück-
nimmt,— In den nun folgenden Angaben ist Norwegen für die
Jahre nach 1814 bereits von Dänemark gesondert und wird später
für diese Zeit mit Schweden zusammen gerechnet
9; St Tbl.
1698—1701
18 1|1 86 =1,268,302
1749—755
280,633=1,964,431
1784—792
505,544 = 4,168,808
1802 ♦)
1,057,603 = 7,403,221
1816—22 '
658,080 = 4,606,560
1829
* 1,296,570 = 9,068,990
1831
1,200,102 = 8,400,71^
*) Dies ist eins der Jahre aus der höchsten Blütheaeit dci
Preussischen Handels.
\
^
Das Britische BeloL
491
1608—1701
1749—765
1784—02
1802
1810—22
182d
1831
Eii^^ am Dftnem.
% St Thi
77,308= '541,150
84,507^ 501,549
140,138= 980,900
1^5,072=1,089,704
136,250= 953.750
484,611=3,392,277
410,981=2,876^67
Amget sacb Diaem.
<g Sr TbL
39,874= 279,118
87,206= 610,442
294,109 = 2,058,756
427,016 = 2,989,112
V 275,060=1,925,240
227,645 = 1,593,515
256,704 = 1,796,928
Schwad eil betait •ein Eisen, weichet im Handelsrerkehr
mit Grottbritannien in die ertlen funfirahn Jahre ^^t gegenwär-
tigen Jahrhundertt ihm tehr bedeutende Vortheile gew&hrte, zu-
jnal dat einfache Leben det gröttten Theilt teiner Bewohner
die Britbehen Manofactar-Waaren towie die Colonial-Prodocte
noch SU keinem allgemeinen Bedürfnitte gemacht hatte. In der
neuesten Zeit, teitdem bereite Norwegen au Schweden gehörte,
itt ein Theil der Einfuhr det Schwedischen Eitent durch dat
Sitteiermftrkisdie für die Brititchen Fabriken entbehrlieh gemacht
worden, wodurch aber auch die Schwedische Regierung sich ge-
nöthigt gesehen hat, die Einfuhr mehrer Gegenstände des Luxus und
feineren Lebensgenjnsses su rerbieten, weU Schweden keine andere
Tanschmittei im^ Handel lu liefern vermag. Die Einfuhr nach
Norwegen ist gegenwärtig eben so gross als die nach Schweden;
dagegen liefert die Ausfuhr aus Norwegen noch nicht die Hälfte
des Betrags der aus Schweden.
1698—701
1 749—55
1784—92
1802
1816—22
1829
1831
Eingef. aus Schwad.
v. s. 1816 Sgl. a. Norw.
% St ThL
213,657 = 1,495,599
* 187,632=1,313,424
261,823 = 1,832,761
327,350 = 2,291,450
192,270=1,346,890
255,571 = 1,788,997
304,318 = 2,130,220
Ansgef. nach Schweden
u. t. 1816 sgL n. Norw.
tt St Tbl.
59,454= 416,178
19,859= 139,013
70,617= 494,319
90,515= 633,605
292,967 = 2,050,769
303,784 = 2,126,488
213,200 = 2,192,400
lieber den Handelsrerkehr swischen dem Russischen
Reiche und Gross brftannien ist das allgemeine Resultat des ge-
genwärtigen Zustandes bereits Theil I., AbtL L S. 239 gegeben wor-
491 Dan Britische Beich.
d«n: wfr Hefeni Uor nur die Angaben nach Jahresperioden Ober die
allmähltche Zundime des Handels, da England erst in der «weiten
Hälfte/ des aohtiehnten Jahrhunderts sich vonnigsweise daran ge-
wöhnte, sdne rohen Producte für die Schiffsgewerbe und Talg aus
<lt*n Russischen H&fen zu besiehen, wozu noch in dem lanfenden
Jahrhunderte eine bedeutende Getreideeinfiihr kam«
Einge£ aus RussL Ausgef. nach Rutsl.
. tt St ThL tt St ThL
1608—701 1J0,446=: 773,122 60,899= . 426,293
1749—55 ' 488,053= 3,416,371 J00,354= 702,478
178.4—92 1,619,146 = 11,334,022 395,696= 2,769,872
1802 ^ 2,182,430=15,277,010 1,281,555= 8,970,885
1 8 1 6—22 * 2^58,975 = 1 5,8 1 2,825 2,329,725 = 1 6,308,075
1829 4,180,753 = 29,265,271 3,154,817 = 22,083,719
1831 4,696,369 = 32,874,583 2,603,829= 18,226,803
Sehen wir nach der Uebersicht des Handeisverkehrs zwi-
schen Grossbritannien und den einzelnen Europaeischen Staaten
auf das V^hftltniss der Einfuhr und Ausfuhr aus und nach
Europa überhaupt zur Gesammteinfuhr und Gesammtausluhr
der Britischen Häfen, so ünden wir, dass nach dem amtliehen
Werthe derselben jene ron ^ des Betrages der ganzen Einfuhr
und ^ des Betrages der ganzen Ausfuhr, bis auf j- des Betrages,
der Einfuhr und die Hälfte des Betrags der Ausfuhr zurückge-
kommen ist, wie dies aus nachfolgenden Angaben hervorgeht
Soviel hat also der Verkehr nach Asien, Afrika und Amerika
in den legten Jahrhunderten sich ausgebreitet!
Eingef. '.u. d. Eorop. L. "iftlcatiifen"-
ft St ThL a St ThL
1698—701 3,866,720= 27,067,040 6,569,952= 38,989,664
1749—55 4^27,911= 31,695,377 8.211,346= 57,479,422
1784—92 9,193)015= 64,351,106 17,716,752=124,017,264
J802 12,997,679= 90^983,753 31,442,318 = 220,096,226
1816—22 13,491,568= 94,440,976 34,921,538 = 244,450,766
1829 14,525,884= 101,671,188 44,003,088 = 308^021,616
1831 ^ 17,180,434 = 120,263,038 49,727,109 = 348,089,763
Und Ausget naeK d. Europ. L. ilS™;«!"!?^,^^^^^^
Ä St Jhl a St ThL
I698--701 5,383,463= 37,684,241 6,449,594= 45,147,158
Das Britisehe Beicbr 493
und Aa.gef. n. alL Europ, L. fÄÄSrfl!;^
<a St Th« <a St Th.
1749—55 9,291,338= 65,039,360 12,220,974= 85,546,818
1784—92 10,411,023=: 72,877,161 18,621,942=130,353,594
1802 26,i3C,141 = 195,010,987 41,41 1,966 = 289,883,762
181 0—22 31,680,002 = 221,760.014 53,126,19^ = 371,863,365
1 829 34,051,077 = 238,357,539 66,868,056 = 468,076,392
1831 34,017,^28 = 238,124,096 71^431,491 = 500,020,437
Bei dem Handelsverkehre swisehen den Völkern Asiens
und Grossbritannien sind die Provinsen des Türkischen
Reichs oder die gegenirärtigen Beziehungen der Briten sum Handef
nach der Levante schon oben bei dem Handel mit der Türkei be*
rührt worden. Im eigentlichen Sudasien sind in der Gegenwart die
Engßinder unter den Europäischen Völkern allein mächtig im
Handel geworden*) und swar eben so mit Ostindien wie mit
China, obgleich in den leisten fünfzehn Jahren auch die Nord-
amerikanischen Freistaaten directen Handel mit China treiben
nnd ihn mit ausserordentlichem Eifer verfolgen« In Indien und
den dazu gehörigen Inselgruppen sind die Engländer seit dem
Ausbruch der Französischen Revolution nach und nach zur Herr-
■chaft über alle wichtige Europäische Besitzungen gelangt , wozu
noch die grossen eigenen Eroberungen in Nord-Indien und
neuerdings auf der Halbinsel jenseits des Ganges hinzugekom-
men sind. Der Handel in diese Gegenden war für Grossbritan-
nien während^ des achtse^ten Jahrhunderts durchaus passiv und
gewährte erst einen grossartigen Vortheil durch den Austausch
der Chinesischen und Ostindischen Waaren bei den Völkern Eu-
ropas, allein seit den letzten 30 Jahren nimmt auch die Einfuhr
Englischer Producte für das ganze Südasien so stark lu, dass
*} Report rdalive fo ibe trade with the. East-Indies and China,
London 1823. ^ Hefle Fol. Diese Berichte wurden auf Betrieb der
Peerskammer während 4er Parlanentssesslon von 18*20— 23( nach
officiellen Actenstücken asgefertigti in der Absicht auf ihre Grund-
lage dem Britischen Handel daselbst noch eine grossere AasdebnuDg
za verschafieD,
/
494 Das Britische Reich.
er bald 4ie Hilfte des gesammten Werthbetrags der Einfahr von
4lort und in der Gegenwart sogar deii gansen Betrag ersetzte.
Der Handel mit Ossindien und China wird aber in den Zoll-
listen sosammen aufgeführt, so dass wir den Mehrbetrag der
Einfuhr aus China ober den aus Ostindien nicht genau angeben
können. Die Chinesen behandeln die Engländer aber gerade
unter allen Völkern , mit denen sie Handelsbeziehungen ange^
knöpft haben, am eifersüchtigsten, weil sie sie am meisten fürchten.
Den Ostindischen Handel mit dem von ihm abhängigen Geldge-
winn für das Britische Volk trennen wir aber völlig von der Verwaltung
Ostindiens! deren Einnahmen und Ausgaben % da dies nicht in den
*) Als Hauptwerke für die Verwaltung Ostindiens dienen Wal-
ter Hamilton (der selbst bei dieser Verwaltung als Beamter viele
3ahre beschäftigt war) a geographica!, Statistical and historical de-
scripiion of Hindostan, Lond. 4to. 1820, 2 vol* — R. Mootgomery
Martin, the British Colonies, London 1^35» Eine Deutsche Bear-
beitung dieses Werkes ist so eben in der ersten Lieferung, Leipzig
1835, erschienen, welche die Britischen Colonien in Asien nach
ihren geschichtlichen, physischen, statistischen, administrativen, mer-
cantilen und übrigen socialen Beziehungen enthält. Sehr nützliche
Materialien liefert das Asiatic Journal in jedem Jahrgange. Für
den früheren Zustand des Ostindischen Handels ist Colebrooke oa
the Commerce of Hindostan 1806 noch immer ein schätzbares Buch» —
Die Englisch - Ostindische Compagnie hatte ihren Handel nur mit 4
Schiften 1601 begonnen, nach ihrem Stiftungsbriefe vom 3isten Decem-
ber 1600 sollte ein HandeU-Capital von 730.000 ft St. 15,040,000 Thlr.)
in Actien zusammengebracht werden, aber nach dreizehn Jahren
war das feste Capital erst auf 397,000 4 St. (!2>779,00U Thlr.) in Actien
zu 500 Pfund gebracht. Doch schon Jacob L gewährte der Compag-
nie den Alleinhandel nach Persien und China, und nun stieg sehr bald
das Handelscapital auf 1,500.000 % St. (10»500,000 Tbl.) Unter Crom-
well wurden ihre Freiheitsbriefe aufgehoben, aber gleich in dem
ersten Jahre nach der Rückkehr der Stuarts 1661 wieder erneuert,
seit welcher Zeit diese Privilegien immer wieder auf ^ Jahre mit
dreijähriger Aufkündigung von Seiten der Regierung bestätigt wor-
den waren. Der letzte Freibrief war vom Jahre 1813) und beim
Ablauf desselben am ^2s(en April 18;]4 besass die Englisch-Ostin-
dische Compaguie ((,809.872 % 6l. batr und in Wechseln, für
Das BrItiBche Beich. 495
Umfang der Staatskimde Europ&ischffr Staaten gebdrt Die Ein-
fuhr aus Ostindien selbst besteht gegenwärtig nach einem jähr-
lichen Durchschnitte von 1826 bis 1833 vorzugsweise ans 7,500,000
ft Gew. Indigo, 30,000,000 ft Baumwolle, 2,000,000 tt rohe Seide,
4,600,000 % Pfeffer und einer sehr geringen Quantität voe
620,000 % Zucker. Die Einfuhr aus China ist vorzugsweise
Thee *), und diesen EUupttbeil des Chinesischen Handels beaass
6,746>810 % St. noch anverkaufle Gcfter, für 898,000 9> St Eigen-
thnm in ladien und China, für 250,000 % St Eigenthum in den Bri-
tischen Nordamerikanischen Colonien und auf dem Cap, endlich für
4^,000 % St. Eigenthum in England, zusammen 19,649,380 % St.
= 137,545,739 Thlr. Die Einkünfte und Ausgaben der Verwaltong
stellen sich so ziemlich ins Gleichgewicht, sie betrugen nach einem
vierzehnjährigen Durchschnitte (18*20—33) jährlich gegen 21,000,000
% St (147,000,000 iThlr.) auf jede Seite, worunter das Heer aus
210,000 Mann bestehend, zum siebenten Theile aus Europäern, al-
lein 9,600,000 % St (66,500,000 Thlr.) kostete, und ausserdem die
Flotte 1833 aus einer Fregatte, 4 Kuttern von 18 Kanonen, 6 Corvet-
ten und Briggs u. 2 bewaffneten Dampfböten gebildet, noch einen beson-
deren Aufwand von 500,000 % St (3,500,000 Thlr.), erforderte. ^
Die Praesidentschaften sind nach den früheren Indischen Provinzen ge-
ordnet, wie auch noch heute nach diesem Verhältnisse das Finanzsystem
verwaltet wird. In den drei Praesidentschaften Bengalen, Madraa-
und Bombay steht zur Seite des Praesidenten ein Rath aus zwei
älteren Civilbeamten der Compagnie und dem Befehlshaber des Hee-
res, doch ist die oberste Verwaltungsbehörde von Bengalen zugleich
mit der Oberaufsicht über die Verwaltung der beiden andern Prae-
sidentschaften beauftragt, und daher heisst ihr Praesident der Gene-
ral-Gouverneur von Ostindien. — Die Praesidentschaften zerfallen in
Sillahs, welche DistHcle mit einer Bevölkerung von 2,000,000 Menschen
etwa bild^. Jeder Sillah hat einen niederen Gerichtshof, jede Provinz
einen Apellationsgerichtshof, von welchem jedoch die Criminal-Ge*
richtsbarkeit getrennt ist; in dem Sitze des General-Gouverneurs
ist zugleich ein Ober-Apellationsgericht für ganz Indien errichtet
Die Beamten der Civil Verwaltung sind ausserordentlich hoch besol-
det, daher kostet dieselbe im Verhältniss zum Mutterlande, wenn
-wir Civil verwaltnag gegen Heer und Flotte stellen, ^inen dreimal
höhern Betrag des Ausgabe-Etats als dort —
*) Aber mit diesem Alleinhandel mit Thee fielen von Selten der
/
/
49<
Da» Britische Beiolb
die Englbeli-Oitindbclie-Cofnpa^to bit l833aiiftelilteMUeh, wM*
rend d«r unbetrftchdtche Handel in den Übrigen Prodoeten jedem
Englinder bereits in neuerer 2ieit frei stand. Die Ausfuhr nach China
besteht in Ostindischen Produeten und Toraugsweise. in Opiuin.
Eingef. aus SQd-Asien Ausgef. nach Sfid-Asien
<ft St ThL
056,031= 4,592,217
];i 19,158= 7,834,106
3,179,130=22,253,952
5,794,90(A= 40,504,342
' 7,119,152 = 49,834,004
. 7,859,883 = 55,019,181
7,920,182 = 55,441,274
Der Theehandel ist dabei so Torwiegend, dass nach den amtli-
chen Listen in Grossbritannien und Irland in den 20 Jahren
(1807^20) 430,308,170 <3 Thee consumirt wurden, also jährlich
21,515,408 % Dieser Bedarf ist aber för die Crcgenwart noch um di#
Hälfte des Betrags gesteigert, denn es worden in den vereinigten
Königreichen verbraucht
vom 5. Apr. 1832 bis 5. Apr. 1833 30,720,000 <& Thee
_ — — 1833 1834 32,480,000 — —
— 1834 -7 1835 35,580,000 ^^ —
Die Ausfuhr von Thee aus China nach Britischen Häfen war
aber wiederum noch um 15 Procent beträchtlicher, die also wohl
durch den Ausfuhrhandel wieder abgesetzt w^den müssen« Decn
1698— 701
1749—56
1784—92
1802
1810—22
1829
1831
ft St Thl.
214,212= 1,499,484
714,105= 4.998,733
1,796,747 = 12,570,229
2,929,810 = 20,508,712
3,219,440 = 22,530,122
6,402, 1 28 = 45.235,090
6,947,601 = 48,033,207
Compagnie bereits unter den Regierungen Georgs 11. und HI. so
arge Missbräuche vor, dass einige beschränkende Bedtngnngen som
Tortheile des Britischen Volks von der Regierang gestellt werden
mussten, die namentlich nur dann das Monopol des Tfaeehandels der
Compagnie sicherten, wenn sie den Thee bu äbnUcben Preisen ver-
kaufte, wie diese in den benachbarten Ländern stünden. In entgegen-
gesetzten Falle stand es den l^ords der Admipdkät frei, anderen
Englischen Schiffen Licenzen zur Theeeinfuhr zuzustellen. Yergl.
Observatlons ^n the trade with China, Edinburgh Rct. Jan. 1024.
Dennoch werden in diesem Aufsätze Preiscouranten des Tbee's in
New -York und Hamburg- geliefert, aus welchen hervorgeht, dass
die Engländer allein im Jahre 1822 ihren Thee mit 3,^18,000 % Sh
(15|526>000 Th.) theurer bezahlen teussten, al^ jene Handelsplätze.
t
I
%
Das BriCtsche B^ici» 497
I
Tom 25. Apr. 1834113 31. Hai 1835, alao in einer Zelt Ton 13
Monaten find auf 67 Englischen Schiffen nach Britiacben Häfen
eingeführt 43,641,200 % Thee» darunter 36,382.000 % schwaner
r,259,000 — grüner.
Daron kamen 31,903,46$ Q nach dem Hafen London
6,057,867 ^— — — . — Liverpool
1,295,066 — — _ _ Bristol
2,197,667 -^ -^ den Irländischen Häfen
1,462,533 — — — Schottischen — —
Betrachten wir diesen Handelsverkehr mit Asien in seinem Ver«
hältnisse cur Gesummt-Einfuhr und Ausfuhr Grossbritannientf,
so hat sich dasselbe für die Einfuhr, veniger rerändert Da wir
die Zahlenangaben für den Gesammthandel bereits bei dem
Schlussresultate für den Europäisch-Britischen Verkehr geliefert
hoben, so bemerken wir nur die Verhältnisssahlen. D i e E i n f u h r
aus Asien betrugt für den Anfang des achtsehnten Jahrhunderts
\^ für die Mitte |, für das letste Viertel desselben und das lau-
feode Jahrhundert gegen oder etwas über j. der Crelammteinfuhr,
Die Ausfuhr nach Asien dagegen ist viel bedeutenderen
Schwankungen unterworfen, da sie mit einem sehr geringen Werth-
betrage angefangen hat, der 1698 — 701 noch nicht ^i^ der 6e-
sammtausfuhr betrug, dann während des Laufes des achtiehnten
JahrhunderU sich bis su ^^ erhob, in den ersten swansig Jah-
ren des gegenivärtigen wieder auf ^^ durchschnittlich sank, lAid
in den lotsten zehn Jahren • abermals in das frühere Verhältniss
roa -^^ der Gesammtausfnhr surücktrat
Hit Afrika haben in der Gegenwart gleichfalls die Englän-
der unter allen Europäern den ausgedehn^ten Handelsverkehr,
der aber auch. früher schon na^h diesem Erdtheile für die Eng*
länder sehr vortheilhaft war, da sie einen nicht unbedeutenden
Absats für ihre Manufacturwaaren hier fanden, und sechs bis
achtmal nach dem Werthbetrage mehr hieher lieferten, als sie
wieder nach den Britischen Häfen xuräckführten. Doch ändert
•ich dieses Veriiäitniss seit der Besitsnahme AtM Caplandes*)
^) Die vollständigsten Nachrichten über den gegenwärtigen Zu«
stand des Caplandes liefern, ausser der oben angeführten allgemei-
nen Beschreibang der Britischen Colonien von Martin, Yl^ BuJCcheU
6oäBbert*i8tatittik.lL g2
498 Das Britische» BeiclL
und der Mauritius-Intel mit Jei^em Jalkre mdkr, da der rermelirt«
Anbau dieser Colonien unter der Verwaltung der Englinder
jähriich einen grösseren Ertrag an Getreide, Wein» Wolle, 6e-
würse und Zueker liefern » und daUureh sehen Jetit das Verhält-
niss der Ausfuhr Aber die Einfuhr erheben
. EinrnsfL aus Afrika Ausgef, nach Afrika
% St ThL <a St ThL
1608—701 17,241= 120,587 114,043= 708,301
1740— 5§ 34,270= 230,053 213,841 = 1,406,327
1784—02 02,252= 645,764 800,546 = 5,669,822
1802 168,863 = 1,182,041 1,161,170 = 8,148,253
1816—22 i267,860 = 1,875,083 531,712 = 3,721,084
la den letiten Jahren hat aber die Einfuhr ans dem Caplande *)
traTels in tbe Interi^r sf Southern Africa, London 1821* 2 voL Stc,
ins Deutsche ü^ersetxt» Weimar 2 Bde. 18:24— 2& Aber auch die
filteren Reisen von Thunberg,' Sparmann, Patterson und Lichceastein
sind über die interessante Entwlckelung dieses Landes seit den
ersten Niederlassungen der Holländer unter Ribeeck 1651 sd befragen.
*) Die Verwaltung des Caplandes kostet iii der Gegenwart kei*
nen Zuschuss mehr aus dem Miftterstaate, denn das Iftr dieses Jahr
(1835) beki^nt gemachte Budget dieser Colonie gewÜHt als Ein^
nähme 122,230 % St, und verlangt als Ausgabe 121^34 %. St
(868,338 ThL). Bs wurden aber zum Anbau auf dieser Colonie noch
Sdaven-Familien gehalten^ die wenn sie ancJh nicht durch neuen
Ankauf verstärkt vrerdea konnten, doch durch jene Fortpflanzung
Jährliche^ Zuwachs erhielten. Diese sind nun nach der diesjährigen
allgemeinen Emancipation der Negersdaven in den Zustand
der inscribirten Lehrlinge übergegangen, um darauf in dem
Zeiträume von 10 bis 1^ Jahren einem ganz freien bürgerlichen Ver*
häUnIsse entgegen gefuhrt zu werden. Da nun nach dem Entschä-
digungsgesetze, für Velches das Parlament im Juli 1835 die Summe
▼on 20,000,006 % St (140,000,000 Tbl.) als Vermehrung der Natio-
nalschuld aufgenommen hat, die Zahl der Sclaven genau angegeben
und ihr lYerth abgeschätzt werden musste, um den Antheii Jeder
Colonie an dieser Entschädigungssumme zu bestimmen, fonden sich
in der Britischan Colopie auf dem Vorgebirge der guten Hoffnung
3^4^ Schivea, für welche eine Entschädigungiswmme von 1,347,401
tt St (S»78Mi7 ThL) abfüchätit war»
^ ^
\
Das B^riiiichc^ Beictit
499
iib4 d«r HiMirkiiU-laiel *>, Jede tut tidi verelaielt üb tiel be-
tragwit sU Mher mu gtos Afrika, wenn aaoh die Ausfuhr dort>
kia nicht mehr «tark gesteigert igt:
Nach Gr. £r.
] 829 Eiiigef. am d. Caplande 232,508 9; St =: 1»628J 86 Th.
— i-- —— d. Ins. Mauritius 438,714 — = 3,070,098 —
d. übrig. Afrika 515,704 %-- = 3,610,558 —
aus Afrika l»187,106 ~ = 8,3O0»742 —
Aus Gr. Br.
]820AMgef:ii.d.Capbnde 383,428 ^ ~ 2,6834>06 —
— *« — — d. Ins. Biauritins 270,071 ^ = 1,050,707 —
— — — — d. tthrig. Afrika 604,352 ~ = 4,860,464 —
sosammeii nach Afrika 19357,751 -^ r= 0,504,257 -»
Nach Gr. Br. '
1831 Eiogef. aus d. Caplande ]83,482> ~ = 1,284,374 -*
d. Ins. Mauritius 724,285 ~ = 5,060,005 «-
. — ~ — — d. Sbrig. Afrika 667^480 ~ := 4,672,360 —
lusammen aus Afrika 1,575,247 — • =11,026,720 -f-
Aus Gr. Br.
1831 Ausgei n. d. Caplande 380,048 ~ ^ 2,660,336 ^
, d. Ins. Mauritius 280,040 «- = 1,066,643 ^
'— ^ 4. übrig. Afrika 773,006 — = !^,infi72 —
«. ■ ^
en nach Alsika 1,434^003 ft St =: 10,038,651 Th.^
Bei dem Handel Grossbrvtsnniens mit Amerika kal*
tsn wir unsere Avfnerksan^eit nur anf vier Hauptsweige ge*
spannt, den Handel mit dem Britischen WestindtSit, wvm wir
seit 1814 auch die BeSftjEUngen Berbice, Esse^uebo undDemerari
auf der Nordkdste Südamerikas rechnen, den Handel mit den
Britischen Colonien in Nordamerika, den mit den Nordamerika-
D lachen Frnistaaten und endlich den Verkehr mit den Colonien
der übrigen Staaten Europas» lusamraengeuommen mit den eige*
nen Staaten in Mittel* and Südamerika. Jeder Zweig des Ame*
*) Auf der Msuritios^Iasel wirden in demsdbeu Behufe die
Sdaven gesftMt; «e fanden sieb 68>613> wekbe aul 2«lli,682 ft St
C14»788|4^ThL) für jene Entscliidiftuassiisilnr veranscIiUigt wurden.
31*
500 Das Britisch« Reielr.
rikanischea Ebindeki hat für Ch'osibrltannlen seine Tollstlndige
Blöthe erst in dem Zeitalter der FransÖsischen Revolution er-
reicht, weil es damals ohne grosse Anstrengung den Handel von
allen Westindischen Colonien an sich gezogen und nur mit den
Nordamerikanisehen Capem su theilen hatte* Das ausserordent-
liche Steigen der einzelnen Zweige dieses Handelsverkehrs er-
giebt sich aber am^ anschaulichsten aus der chronologischen
Folge der Angaben selbst
Eingef. a. d. Brit West Ind. Ausgef, n. d. Brit West Ind.
tt St Tbl. ft St Tbl.
1698—701 714,761= 5,003,327 331.839= 35,022,280
1749—55 1,588,183 = 11,117,281 664,067= 77,820,967
1 784—92 3,860,674 = 27,024,7 1 8 1,862,522 = i 89, 1 73,026
1802 8,531,175 = 59,718,225 3,925,613 = 4^18,027,575
181 6—22 7»926,215 '= 55,483,505 5,030,367 = 388,384,535
182S 8,501,443 = 59,510,001 5,093,124 = 416,570,007
1831 «,448,839 = 59,141,873 3.988,286 = 413,993,111
Die Auaftthr aus den Britisch-Westindischen-Colonien *) be-
*) Für die Wesüodischeu Colonien im allgemeinen ist jetzt das
brauchbarste literarische H&tfsmittel dargeboten in C. F. Meinike^a
Versuch einer Geschichte der Europaeischeu Colonien in WestiiK
dien, nach den Quellen bearbeitet, Weimar 1831, Svo. Für Jamaica, die
dortige Hauptbesitzung der Briten, besitzen wir ausserdem zwei sebf
beachtenswerthe Werke in J. Stewart, a view of the past and pre-
sent State of Jamaica, Lond. 833« und George Wilson Bridges the
annals of Jamaica, London 8*28. Der heutige Zustand' der Britisch-
Westindischen Besitzungen wird am richtigsten nach der Zahl f er aaf
den einzelnen Colonien befindlichen Neger-Sclaven , und nicht nach
dem Areal, selbst nicht einmal nach dem für Piautagen eingerich-
teten Theile desselben beurtheilt« Die offidellen Angaben liegen
uns darüber aus dem so eben angeführten Berichte über die zu leistende
Entschädigung für die emancipirten Neger vor. Es werden gezahlt
S St. Tbl.
auf Jamaica 311,693 Sdav.*), geschätzt a. 6tl61,9-27 = 43,133,489
*) Vwh eiiMT etwas friheren Angabe der ColoaiaU^eliffrde uXUf war iai A^ifost
I8BI die Zahl der Nefer-Aiteiter 309,167, dk ihrer Kinder aater « Jahrea:?^8»754:
«her der f etaanite Wei^th derselben mehr wie doppelt so gross als der in der Eot-
sehSdignBSBSBiBine bestimmte, nemlich 15352.30f Pf4 5t.=:l0r,466,ia ThL. also
der eiaaelae Kop'4»| Pid. 6t.s=dl7 Xhl.
Das Britisch« Beicb«
»1
•feKt hattpt^chUeli in solohea ProdacCen, die enl Ton denEonH
pieiti hier angepflanst und raich so einem auMerordenÜioliea
Gedeihen emporgekommen sind. Denn- ala Jamaioa 1655 diireh
den Admiral Penn und den General Venables den Spaniern ab-
genommen wurde, war der Produetenertrag fQr Europa noch
sehr unbedeutend, ea bestand nur eine geringe Au^hr an Häuten,
CacaOy Indigo. Erst gegen Ende des siebsehnten Jahriiundertt
ururde hier CafTee und sn Anfang des folgenden auch Zuoker
angebaut Im Laufe dieses Jahrhunderts nahmen die Zn^er-
plantagen ganz besonders zu *), gegenwärtig sind dieselben nicht
mehr im Steigen, dagegen w&chst der Anbau ,de8 Ci^ee, Ingwers
and Pfeffers. Damit ist aber keincswfges su behaupten, dasa
3 St ThL
a. d. Bermudas Ins. 4>^03 SdsT. gesdiiltzt a. 60,584= 9^088
a. d. Bahamas I. 9,705 — 128>340= 81t^980
a. d. Honduras I. 6,930 — 101,969:3: 713,715
a. d. Jungfern L 5,193 — 7^940= 510,560
a. Amigna »,537 — 4J5,86&=a «,971,06«
a. MoRtserrat 6,355 — 103,559= 724,913
V Newis 8,7M — 151,007= 1,057,049
a. St Christophers 20,060 — 831,630=2,321,410
a. Dominica 14,384 ^ ^ ^ 275^4= 1,931,818
a. Barbados 82,807 — 1,721,346=12,00,4^
a. Grenada 03,536 -. ^ *. 61^,445= 4,315,116
%. St Yincefit 22,997 ^ 69^500= 4,147,563
a. Tabago M,621 ~ 284,064= 1,638,448
a. Sl Luciä 13,348 . ^ — ^ 235,6-27= 2,349,389
a. Trinidad 22,359— •*-.— — 1,039,119- 7,273,833
a. Brit« Golana 81,915 — *4,297,H 7 =30,079,819
*) Der stärkere Anbau geht aus der schaellen TerstiLrkuttg der
Sclaven in denPlaniagen auf Jamaica hervor, 1734 bauten 8000 Freie
mit 86,000 Sclaten, aber schon 1770 17,000 Freie mit 166,000 Sclaven
und wieder 50 Jahre später 50,000 Freie mit 34i,8C'2 Sclaven« Die Aus-
fuhr aus Jsmaica betrug nach Grogsbritannien 1744 350,000 Centner
Zucker, 1770 550,000 Centner und 1S23 1,417,758 Centner. Der An-
bau in. Zucker und Caffee bt überdies in der neuesten Zeit auf
Berbke und Dftmerari unter Engliscber Herrsebaft viel bedeutender
geworden, und bereits 1823 koimten Ton hier au9 663,870 Cealner
Zucker, 72,684 Centner Ca^e und 1,015,415 Gallons nach Gross-
britanaiea versandt werden. —
Da« Britisch« Beioh. '^
d«!r Bnglioder germd« to Wef tbdlen den Zocker und CaSee tm
wohlfeilsten und eintrüglichsten baut: denn gerade nrogekehit
würde in Ostindien und namentlich in Bengalen der Zucker fast
um die Hälfte wohlfeiler au eneugen sein» als in Westindien,
Aber dadurch wörde der ^nbau Westindiens unersetslichen Scha-
den erleiden und der grösste llieil der daselbst angelegten Ca-
pitalien Terloren gehen. Demnach hängt aber auch die heutige
Bedeutsamkeit Westindiens von keinem natürlichen JiUstande ab,
der ouf iauner eine feste Daoer yerspräche. —
Der Baadelsverkehr mit den Britischen Kolonien in
Nordamerika*)^ mit Ausschluss der spät^ ^ur Selbstständig-
keit Übergegangenen Freistaaten, war ror dem Nordamerikani-
schen Unabhängigkeitskriege sehr unbedeutend und siemlich gleich
in Ausfuhr und Einfuhr, Seit dieser Zeit ist er aber ausseror-
dentlieh gewachsen, Grossbritannien sieht einen beträchtlichen
Theil foher Producta von hier, namentlich Holz, Häute, Fische,
es giebt aber gegenwärtig doch mehr als den doppelten Werth-
betrag an Manufactur-Waaren surück.
£lihge£ a. d. B. Colon, in N. Am^ Ausget n. d. B, Colon, in N. Am.
% St Tbl. <ft St Tbl.
1698—701 )8,6ir=s 130,319 ]8,491 = 129,43r
1749—55 48,750= 341,250 72,984= 510,888
1784—02 221,413= 1,549,891 864,489= 6,051,423
1802 367,935= 2,575,545 1,350,896= 9,456,272
1816-«22 716,572= 5,016,004 1,715,220=12,006,540
1829 881,444= 0,170,108 2,027,984=14,195,888
1831 1,532,583 = 10,728,081 3,130,490 =21,913,430
Der Handel mit den Nordamerikaniscben Freistaa-
ten ist einer der wichtigsten Zweige des gesammten Britischen
Handels, und auch noch in neuester Zeit in einer ausserordent-
lichen Zunahme begriffen. Der grösste Theil des Bedarfs an
roher Baumwolle (S. oben S. 444) für die Britischen BaumwoUe-
^> Ein ausgeaeidmetes Werk ist uns in einer staüstisch-lopo-
gräphiscliea Bescbreibung derselben von dem Obriat J« Boucbette^
Oberfufigeher in Unter-Canada, geliefert worden: tba British Dornig
nions in Nortb-Amerika, London 1832. 8v«» -*->
Das Britiache Beick 503
BfanufacHnreB^ gegenwärtig Ober } des getammten Betragt, wird
aus den Nordamerikanischen Freistaaten besogen, dagegen be*
tragen die Britischen Waaren die Hdlfte aller fremden Einfuh-
ren in die Nordamerikanischen Freistaaten. Berechnen wir uni
im allgemeinen für die letzten zwanzig Jahre seit dem Frieden
von Gent zwischen England und den Nordamerikanischen Frei-
staaten (1814) ein durchschnittliches Verhältniss fttr die Britische
Einfuhr und Ausfuhr zur Gesammt-Einfuhr und Ausfuhr dieses
Staates, so erhalten wir das merkwürdige Ergebniss, dass sie
über ein Achtel des Werthbetrags der letzteren &a sieh aÜein
beträgt
Eingef. aus dem Territor. Ausgef. naeh dem Territor«
d. Nord, Am, Freistaaten ror ihret 6 jstständigkeit
ft St, ThL <a St thL
1698—701 296,402= 2,074,814 387,540= 2,712,822
1749--55 891,196= 6,238,372 1,238,161= 8,667,127
Eingef. a* d* N. A. Freistaat Aasgef, n. d. N. A« Freistaat
1784—92 986,409= 6,904,863 2,839,484=19,876,388^
1 802 1 ,923,504 = 1 3,464,528 5,329,490 = 37,306,430
1816—22 3,267,488 =122,872,416 6,393,956 = 44,757,692
1829 6,103,143 = 42,722,001 5,983,351 =41,883,457
,1631 8,970,342 = 62,792,394 12,596,474 = 88,173,218
Bei dem Bandelsrerkehr Grossbritannieni mit den übrigen
Europäischen Colonien in Amerika und den neuen selb st-
atändigen Staatea in Mittel- und Südamerika, ist ge-
genwärtig erst ¥on besonderer Bedeutsamkeit das Kaiserreich
Brasilien, welches selbst noch sehr wenige Fabriken besitzt da-
durch vorzugsweise von dem Britischen Kunstfleisse abhängig
ist und über |. des Betrags der hier angegebenen Ausfuhr aus
den Britischen Häfen seit /1816 für sich nimmt Nächst dem
stehen die den Engländern nicht zugehörigen Besitzungen von ^
Westindien, die vereinigten Staaten am Piatastrom, Chili, Mexico,
Peru und Columbia, doch bei weitem mehr an der Ausfuhr Bri-
tischer Manufacturen in ihre Häfen, als an der Eidfuhr i^rer
eigenen Producte pach Grossbritannien betheiligt, indem hiebet
ChUi, Peru und Columbia fast ganz ausfallen, und auch Mexico
nur sehr wenig liefert Wir fassen alle diese Länder unter der
gemeinschaftlichen Rubrik des übrigen Amerika zusammen,
und können hier erst von der Periode nach dem Frieden von
/
604
Das BritUche Belch«
Ven«iUe9 begionra, im frQher de^ Handel naeh dieieii Staatei^
welche allq noch in gänslioh gesehlossener Abhftngigkeit von den
Europftbchen Mutteritaaten sich befanden, durchaus unerlaubt war.
Eingef« a. d. übrig. Am. Ausgef. n. d. übrig. Am.
1802
1816^22
1829
1831.
ft St Tbl.
183,853= 1,286,971
1,685,256=11,706.792
2,132,674=14,928,718
2,785,324=19,497,268
3,627,396 = 25,391,772
% St ThL
39,131= 273,917
284,831= 1,993,817
4,555,792 = 3 1 .890,544
10,758,260= 75,307,820
8,723,219 = 61,062,533
Werfen wfr nun einen Rückblick auf den Gesammthandel
Amerikas mit den Britischen Staaten in Europa, so macht die
Einfuhr aus diesem Erdtheile su Anfang des achtzehnten Jahr-
hunderts noch nicht ein volles Fünftel der gesammten Einfuhr,
steigt während dieses Jahrhunderts fast bis auf ein Drittel, hat
aber in der Gegenwart die Eanfuhr ays aämmtlichen Europäi-
schen Staaten bereits um mehr als 5,000,000 <3 St (35,000,000
Thl.) überschritten und erfüllt fast die volle Hälfte der gesamm-
ten Einfuhr. Was dagegen die Ausfuhr Britischer Producta
nach Amerikanischen Häfen anbetrifft^ so betrug diese su Anfang
des achtzehnten Jahrhunderts noch nicht ein Achttheii der ge-
sammten Ausfuhr aus den Britischen Häfen, erreichte im Laufe
desselben nur swei Siebentel» und ist in der Gegenwart nicht
vollständig auf zwei Fünftel der gesammten Ausfuhr gestiegen^
wie beides aus folgenden Angaben hervorgeht:
Brit. Einf. au Am. Ges. Ein£ Brit. Ausf, n. Am. Ges. Ausf.
1698^701
1749—55
] 784—92
1802
1816—22
1829
1831
% St %Sk
1,029,780= 6,569,952
2,529,998= 8,211 »346
6,252,342=17,716,752
12,480,870 = 31,480,870
14,042,049 = 34,921^38
18,271,356 = 44,003,088
22,579,160 = 49,727,109
\
S St tt St
737,876= 6,449,594
2,001,690=12,220,974
6,605,626=18,621,942
10,890,830 = 41,411,960
17,695,335 = 53,126,195
23,862,709 = 66,868,050
28,438,169 = 71,431,491
Der Bandeisverkehr zwischen Grosshritannien und Au-
stralien beginnt erst Jetzt seine eigenthümliche Stelle in der
Geschichte des Britischen Handels einzunehmen. Er best^t
Yonogsweise nit Neu-Südwales, Vandiemensland ond der Colo-
Das Britlseh« ReiciL 605
id« am Sehwanenfliiue: lelir «ibedeofend fit er noch mit Neu-
SceUad uod den SÖdtee^losela. ladetaen steht ei alletdiogs la
erirmrteiiy datt dar ttftrkera Anbau der dortigea Britischen Colo*
nien eine bedeutendere Cinfohr roher Produote ron dorther, na-
mentlich Getreide tuid Wolle liefern wird, wenn die Colonisten
nur ror einseitigem Anbau eines besonders auf den Earopäisehen
Mirkten in höherem Preise stehenden Productes sich in Acht
nehmen. Dies darf in der Gegenwart besonders hei der Schaaf-
sucht befürchtet werden, die leicht in einer so grossen Ausdeh-
nung betrieben auf Kosten des immer noch spärlichen Getreide-
nnbaus einen gefährlicher Nothstand fQr die abgesondert liegen-
den Colon ien herbeiführen und dadurch ihr allgemeines AufblQ-
h^n Terhindem könnte. Jetzt ist noch die Ausfuhr der Briti-
schen Producta nach Australien nach dem Werthbetrage dreimal
so gross, als die Einfuhr der dortigen Producta nach den Briti-
schen Häfen:
Eingef. aus Australien Ausgef. nach Australien
}S2Q 126,303 3 St = 884,121 Th. 345,796 1 St = 2,410,572 Th.
183) 198,284 — =1,387,088 — 681,087 — =54,073,900 —
Zum Schiasse dieser allgemeinen Uebersicht iler rerschiede-
nen Zweige des Britischen Handels haben wir nur noch bei den
Hauptpunkten des auswärtigen Handelsverkehrs su verweilen.
Wir heben hier nur 15 Hafenplätze als die wichtigsten der Tereinig-
ten Britischen Staaten heraus: für England London, Llrerpool«
Bristol, Neweastle, Hull, Sunderland und Whiteharen ; für Schott-
land Edinburgh, Glasgow» Dundee und Aberdeen; für Irland
Dublin, Cork, Belfast und Waterford.
London, schon seit yiersig Jahren mit Zustimmung all«
Erdtheile die Eaupthandelsstadt der Welt genannt, besitzt gegen-
wärtig gegen 2700 eigene grosse Seeschiffe (1829 = 2663 Scb,
Ton 572,835 Tonnenlast), beschäftigt ausserdem 3000 Schuten
und Leichter-Fahrzeuge, welche ununterbrochen beim Laden und
Lösehen der Waaren gebraucht werden % und mehr als die dop-
pelte Zahl derselben mit dem benachbarten KüstenhandeL Mehr
als Zwei FÜnftheile des gesammten Britischen Handels kom-
men allein auf diesen Hafenplati, und fast die gansa Hälfto der
*) 14,000 Arbeiter ohne die Schififsleote und 1200 Zollbeamte
sind ausschüeflslidi beim Umladen der Waaren in reselmissiger
TiMiigkeit
50$ Di^s Britische ReicU.
ZollgeflÜlei in einigen Jahren nodi darüber, gewährt LoiidoB
allein der Staatseinnahme. Nicht niioder theilt eich nach ähnii*
ehern Verhältnisse g^nwärtig die Zahl der ein* und/ auslau*
fenden Seeschiffe, welche fttr sämmtliche Britische Häfen nach
der Absonderung der fremden von den eigenen bereits oben
S. 471—73 für mehrere Zeitperioden angegeben sind, so dass
in der Zahl der Schilfe 1» in der Tonnenlast aber wegen der
Grdsse der Schiffe mehr als | für den Hafen von London Tcrbleiben«
Wir finden 1 700 = 1335, 1 750 =: 1 682, 1 780 = 341 5, 1 764 = 3663,
1822 = 3827, 1823 = 3902 grosse Seeschiffe eingelaufen (aus thefo-
reign part»)^ wobei aber auch alle übrigen nicht su Grossbntan*
nicn und*lrland gehörenden Staaten Europas mit gerechnet sind.
Verfolgen wir nun für die neuere Zeit die Angaben genauer, so
finden wir eingelaufen
Brit Seh. Tonn. Fremd. Seh. Tonn. Sm. d. Seh. Tonn.
1824«) 3,632 607,106 1,643 264,098 5,275 871,204
1825**) 3,989 758,565 1,743 302,122 5,732 1,060,687
1826 3,478 762,688 1,561 211,436 ,5,039 974,124
1831 4^140 780,088 1^7 269,159 5,697 1,050^647
*) Ansserdeni waren 1624 noch In London 11>213 Kästeafahrer
(Coaslevs), 7117 Schiffe mU Steinkohlen (Colliers) and. 3769 Fischer-
fahrzeuge (Fishing smacks) zusammen SK2,096 kleinere Schiffe ein-
gelaufen. Die Küstenfahrer und die Kohlenschiffe allein genommen,
sind durchschnittlich seit 1820 des Jahres niemals weniger als I89OOO
Seh. gekommen. An Steinkohlen wurden 1818 auf 38^ Kohlenscbiffe
838,079 Cbaldrons (1 Ch.=:36 Busheis = ^^ Berlin. Scbeff.), 18*25
auf 6160 KohL Seh. l,119,7tS9 Ch. und 1826 auf 6883 Kohl. Seh.
I>557,6*23 Cb. Steinkohlen eingeföhrf. Nehmen wir nur den Mittel-
preis IQr 1 Chaldron Steinkohlea auf f( 9 St. sehr mfissig an, s»
wurden allein 1826 in London Inr Steinkohlen S»634464 ftSt. oder
.259441,248 Tbl. ausgegeben. Aber dieser ungeheuere Yerbraiych an
Steinkohlen war dennoch in den letzten Jahren noch um mehr als
33 Proeent gestiegen: denn im J. 1830 wurden 2,079,^75 Cbaldrons
— — — 1831 — -. 2,042,295 -r- —
— ^^1832 ^ — 3,139,078 — —
Steinkohlen in den Hafen Ton London eingeführt, also durchschnitt*
lieh gegen S^IO^OOO Cbaldrons oder für 4»90(MW0 S St (34,30(MNN»
Tbl.). Yearbook for 1834« S. 166. ^
**) Unter dieser Zabf der eiogelauffnea Schiffe befanden sidi
Das Britisehe BeleL 6S7
Die Be^entiamkait deg Haadeb tob Iiondon tiidielat gleithftlli
auf eine grotsartige Weite euch Jetit Doek in der J&krliohen n«r
auf die Goniosation der Havptstedt beredineCen GeCreide*Etnfuhr
und in dem Veibnuicli tqü Lein- und Rapstaat, wie sie .oben
Bof andere Weiae bei der Theeeinfohr aidi geltend gemaebt bat
Wir seben in Qnartem eingefObrt
1^30 J83I 1832 1833 1834
Weisen • • . 878.241 907,004 003,020 467^5 473,167
Mehl (Weiaei« 300,854 322,075 48,150 298,188 55,570
Gerate . . . 417,490 439;543 317»774 30l»092 391,804
Hals .... 234,137 209,041 49,834 240,040 272,011
Hafer , . . 991,440 1,084,201 1»010,455 975,408 1,113,491
Erbaen, Bohnen
nnd Wicken 135,919 152,215 119,744 139,418 146,075
Lein- und
Rapttaat . . 104^981 150,101 < 101,588 122,004 123,437
Davon ist bis auf die Lein- nnd Rapasaat, die fast ansscbKesslich
ans dem Aaslande eingeflkhrt wurde, nur noch beim Weisen und
Mehl* eine Einfuhr aus dem Auslande bemerlcbar, die indess für die
Jahre 18|}. doch noch nicht den siebenten Theil des Betrage
erreicht Im Hafer ist die Zufuhr aus Irland besonders bedeu-
tend, dagegen hat die Einfuhr an Roggen ftberhanpt kaum 1000 Quar-
ter erreicht *« Aber der Haupthandel Londons bleibt auf den Aus-
ser-Europ&ischen Verkehr gerichtet, und swar besonders auf Asien,
wie, die sweite Britische HamVelsstadt Lirerpool rorsugsweise
mit Amerika ihre ausgedehntesten Gesch&ftd betreibt. Die glän-
sendsten Documente dafür bieten die prachtrollen Handels*
upi Sehifffahrts- Anstalten, Tor allen die Docks*), das jährlich
in diesem Hafen gegenseitig umgesetste Quai^^m Ton 70,000,000
U St (490,000,000 Tbl) und die ZollgeflUe dieses Hafens, 4it
aUein 1833 8,092,945 tt St <0O,851,5OO TliL> betrugen 1 . /
836 Preussische, Ton welchen aber nur 94 Rückfracht erhielten;
im J. 1826 waren in fjondon 203 Preoss. Schiffe eingelaulen: es
machten daher doch die Preuss. Schiffe fast den ffinften TheH
idler^ngekufeDen fremden Seh. ans.
*) Ueber die Docks vergL den aasgeseichneten Artikel bei
Maccullodi a. a. O. L 8. 4jll-«.6&
f "
60B Dä8 Britische BeiolL
Ltrerpool hafte Tor 100 Jahren kaum 100 eigene Schiffe^
trieb nur^in'den benachbarten Gew&Meni i^en Gbindel, der
«ich fast aaaiehliesslich auf Enrop&isehe Produete beschränkte.
Gegen wärtig besitst es über 800 (J. 1820 805 Seh. von 161,780
Tonn.) g^sse Seeschiffe, hesch&fdgt über 11,000 Seeleate, ist
die Haupthandelsstadt im westlichen Eng^land» die hier nur noch
in Bristol einen Nebenbuhler hat, vnd verbleibt anch jetst noch
in fortwährendem Steigen. Dieses ausserordentliche Wachsthum
hat Liverpool gans besonders der Versenduhg der Fabrikate von
Manchester, Birmingham und Sheffield, sowie der übrigen Fa-
brikortschaften der Grafschaft Lancaster, dem Handel mit der
Irländischen Leinwand und dem aulgebreiteten Verkehr init
Amerika zu verdanken. Dieser warde eingeleitet dnreh eine
Handelsgesellschaft, welche von der Spanischen R^orong das
Monopol für den directen Handel nach den Spanischen ColoHien
erlangt hatte; aber freilich fand er auch eine beträehtliche Un*
terstützung in dem von Liverpool sehr eifrig in der iweiten
Hälfte des aehtsehnten Jahrhunderts betriebenen Sclavenhandel
und in dem starben Sichleiohhandd nach dem festen Lande von
Spanien. Liverpool hatte 1730 nur -^ des Gesammtbetrags vom
Britischen Handelsverkehr für nfi\Ata Hafen, nnd noch ehe ein
lahrhnndert abgelanfen war, beaast es 1822 schön mehr als | *)
und 1833 geradezu eiiK volles Fünftheil des Britischen Han-
dels. Die Zollgefälle betrugen in diesem Hafen im Jahre
1822 = 1,501,124 % St z=: 11,137,868 ThL (jV ^«« Gesamm^et)
1823= 1,808,403 — =12,658,821 — (^ ~ ~ — _)
1824=2,127,580 — =14,893,102 — (| -. — — _)
1833 = 3,555,055 — =24,891,685 ~ (üb.^-* ___)!,
*) In den 5 Jahren 18K worden dorchtehnittlich an Zucker
In Liverpool 7700 Kisten , in alle übrigen Britischen Häf^n 33,760
bis 31,400 Kisten, an Caffee in Liverpool 4600 Fässer und 15,300
Säcke, in alle übrigen Britischen Häfen 37,110 Fässer und 103,700
fiäcke, an Run in Liverpool 8*240 Puncheons (3 Pnncheons -1= 4 Ox-
höh) und 1460 Oxhoft, in alle übrigen Häfen 30,130 Puncheons und
1940 OsAoft eingeführt. Bei der rollen Baumwolle aber nimsat Li-
verpool allein über { der Gesammteinfuhr Grossbritanniens für sich,
vozo auch besonders die Nähe der flössen Baunvolle-lIaattAtctii-
ren in der ^Grafschaft Laacaüer die Teraalatiinif gieM.
/'
Dms BrUiscke Beicli.,1 >" <M
alt Atn ig^^Am Betrag tUntOUk^ ZolUmal
in dn Hlfen Scb^tdaiHl«. Die ZaU 4cr mm Nickl*Biifti«di«i
BM£tm eii^eUiddMtt Sduffe b«tn^
Brit Tmiil Broid. Tonn, wwf an Tau«
1820 1,146 TM 228.2a& 635 166»82l 1781 Sak. r. 395,056
1826 1,387,— 299,037 680 181^)07 2,067 — —480,944
1831 1,862 -^ 413,928 978 265,037 2,840 — — 678,96S
AolMTdem liefea nack jahrtiek 5500 bu 6000 KSstan&krar mit
Sekiffe aaa den benackbartan Bridscbeo Hafen ein.
•
BriBtol beaasa 1829 316 eigene Seeaduffa von 49,535 Ton-
nen,^ 350 bii 500 jäkrtirb aua Nicht-Brititeben Häfen eingelao*
fene Sekiffe (1820=357, 1826 = 396, 1831=501), einen tekr
bedeutenden Verkehr mit Irland und Westindiea und niainit nn*
gefihr mit j\ des geaanunten Werthbetraga an dem Britiaeken
HandalaFerkekr AntfaeiL Die ZoligefäUe adiaranken swiadieii
1,200,000 {L nnd 1,000,000 % St» sie betrogen 1833 1,016,873
% St (7,117,011 Tbl), aUo inuner nodi 25 Proaant makr» ala
alle Sekottisekan Hlian roiamnifn, —
Hnll kesaaa 1829 579 eigene groata Seeadiiffe ran 72,248
Tonnen; einen kasonders atark ausgabraitelan Handalavailcakr
in den Earopaisdian Häfen
1820 793 eingelaufene Schiffe Ton 138,235 Tonnen
1826 1578 — — — — 202,061 ^ ~
1831 1714 — ~ — — 262,935 nnd nimait
in manoban Jahren einen eben so starken Antbeil an dem ge*
sammten Britischen Handelsrerkebr als BristoL — Die ZoUge-
fälle dieses Hafens betrugen 1829 = 740,808 <S St (5,186,076
Tbl.), 1833 = 592,181 <& St (4,145,267 Tbl.) — New Castle' a
Handelsrerkehr bat die ' gleiche Richttng nnd Ausdehnung wie
Hull, es besasa 1829 987 eigene Seeschiffe von 202,379 Tonnen,
mit welchen es vielfache Rhederai auch fQr andere Britische
Häfen betrieb, 1820 514 aus fremden Häfen eingelaufene See*
schiffe, 1826 = 526 und 183 1=755 eingelaufene Seeschiffe. Aber
der Handelsumsatz erreicht noch nicht die Hälfte des Werthbe»
trags des Verkehrs von HuU, die Zollgefälle betrugen in dieseui
Hafen 1833 = 273,586 S St (1,915,102 Tbl). — Sunderland
ateht in gleichen Handelsbesiehangeo, wie Neweaatia» aber noek
nicht mit dem . dnüten Tkeile 4ea Handelsverkekre von jenem
/
< V
510 D«a Brltiicbe Baieb.
, Hafen, wiewoM w 924 a820> eigene SeetdiiffiB ron 107,028 Tmi«
nenlatt begaii* Die Zekl der aus fiemden Hifea eiogelanfenen
Britiiehen und fremden Sehiffe betrug 1^20=: 180, 1820=124
und 1831 = 556: aber die ZollgeflUle iniM^ten 1833 nur 75,8;04
<g St (531,048 ThI.) auf. — Wbitehaven betitst 496 Seeadiilfe von
'72,961 Tonnenlaat, hat aber beaondera nur einen ausgebreiteten
Verkehr im Steinkohlenvertrieb und starken Ebindel mit Irland. «^
Auiserdem besitst England unter seinen 74 Handelshafen aneti 15
so kleine, vea welchen noch nicht jeder lOOO % St Zölle, und 26
die nur swischen 1000 und 5O0O fi St ZollgefWe JlbrUch in
die Sehatikanuner liefern« ,
\
t * • .
Edinburgh mitLeith f&hridenauigebreitestenSeererbehr
unter den Schottischen Häfen, der 1829 dnreh263 eigene grössere
Seeschiffe Ton 26,362 Tonneniaat betrieben wurde, und in dem-
selben Jahre 444^11 % St (3,110,877 Th.) an ZoHgeOUen ab-
warf. ^- Glasgow mehr Fabrik« als Seehendelsstadt, da die
Cljrde wegen ihrer Seiebtheit nur fftr Schiffe ron 150 Tonnen
lug&nglieh isi, besass 1829 236 Seeeehiffe mn 41,121 Tonnen;
die Zahl der aus fremden H&fen einlaufenden Schiffe ist noch .
unbedeutend, sie war 1826 77 Schiffe von 7,676 Tonnen und
1831 102 Seh. von 10,330 Tonnen. '— Dundee treibt einen an-
sehnlichen Han'tlel mit Nordamerika und ist ausserdem beson-
ders bei dem Wallfischfang betheiligt; es besass 1829 299 ei-
gene Seeschiffe von 3 1,986 Tonnen. — Aberdeen ist gleichfalls
im WaUüschfang lebhafter beschäftigt, richtet aber sonst seinen
Handel mehr nach den nördlichen Staaten Europas und den ver-
schiedenen Theile[^ des Britischen Reichs, als nach den übrigen
Erdtheilen; es besass 1829 $50 eigene Seesschiffe von 46,201
Tonnen. — Ven den übrigen 17 Schottischen Seehäfen trieben
J3 nva einen so missigen Handelsverkehr, dass Jeder dersel-
ben jährlich unter 5000 % St an Zollgefätlen einbringt^ sämmt-
liche Sehottische Häfen nehmen aber überliau|ft nur mit J. des
Werthbetrags Anthell an dem Seeverkehr. —
In Irland ist Dublin jetat der wichtigste Hafen und hat
in dem laufenden Jahrhunderte seine froheren Nebenbuhler Bel-
fast und Cork eingeholt und jetst hinter sieh gelassen« Zwar
bleibt d«r~ lebhafteste Verkehr £Qf diesen Irischen Hefen, wie
fttr alle übrigen auf ChroesbritaiuaieB geriehlet, indem dereelbe
Das Britische B#iih.
Sil
nach dem WAareo-Umfatie dreimal so yM ketrftgt^ als der Ver*
kehr mit dem Auslanfle: doeh bew&hrt Jetst j'ährlieh ein regeres
und für das gesammte Land vortheilhafteres Leben im Handel
seine «nnntcrbrocliene allgemeine Zunahme aueh im answärtigen
Seeverkehre. Dublin besass 1829 289 Seeschiffe von 23,904 Tonnen,
Belfast 1829 247 Seeschiffe von 24,989 Tonnen, Cork 256 See-
schiffe von 17,093 Tonnen nnd Waterf otd 126 Sees^chiffe von 6,942
Tonnen. Von diesen betreiben noch Waterford nnd Belfast die mei-
sten Geschäfte mit Amerika, jenes mehr mit New-Foundland, dieses
mit Westindien. Die übrigen 1 1 IrlÜndische Seeliandelshilfen haben
nicht suiammen soviel eigene Schiffe und eine so grosse Tragbar-
keit derselben, als Dublin allein. Fünf von diesen Häfen bleiben
. in Mlen ZoiigeßUlen noch unter 3000 % St Jährlich : und alle
Häfen Irlands lieferten in den letsten neun Jahren, wo ihr Han-
del am stärkst blähte, durchsohnitttioh nicht über 1,500,000 %
St (10,500,000 Th.) oder nur den fünften Theil der ZoUeinnahma
des einsigen Hafens von London. Freilieh ist die Gesammt-
Einfahr und Ausfuhr nach dem Werthbetrage auch noch niemals
über ein A oh tt heil des Britischen Hand^verkehrs gestiegen«
§.12.
Die geistige Cultur in ihren Unterrichts-
Anstalten«
Unter allen grdssoi Staaten Europas hat der Britische in
den Unterichtsanstaiten für die geistige Cultur am längsten seine
Anhänglichkeit an den alten Formen bewährt, und da^er stehen
seine höheren Schulen auch in der Gegenwart noch fast um ein
halbes JahrhundeH hinter den grossartigen Fortsehritten der Er-
siehungswissenschaft für eine umfassendere Bildung surÜck, wie
sie in den meisten Staaten von Mittel-Enropajetat dargeboten wer*
den. Dies wird aber leicht erklärlich, wenn man genauer erwägt, wie
eine allgemeine Leitung für jeden Zweig des Unterrichts hier völlig
fehlt, wie die Fünorge filr denselben gar nicht in deb Geschäfts-
kr«i der CentralvermUtung des Staats gehört^ üö erst in neuester
l '
Sil Das Britische Beich.
Z^il einige SpeeUliebuIen evs politticlien Zwecken einer beson-
deren Aufsicht und Uotantütsung wördigt, dati also der ge-
•ammte Unterricht entweder unbeaufaichtgten Prirafunternehmungen
überlassen ist, die nur von der Frequenz der Schüler abhängig
sind, oder nothdürftig in den Kirehspielssehulen ertheilt wird,
oder endlich von Anstalten ausgeht^ die ihre Elxistens Stiftungen
aller Art» Vermächtnissen oder Subscriptionen verdanken« Ob-
gleich nun auf solche Weise das gesammte geistige Leben in den
verschiedenartigsten Richtungen vom Volke selbst ohne Mitwir*
kung der höchston Staatsgewalt ausgegangen ist, so wird jetst
doch keineswegs verkannt werden können, dass der Brite nächst
dem Deutsehen auf der achtbarsten Stufe allgemeiner Bildung sich
befindet, und dass die Wissenschaften, wenn wir ihre gesammte
Ausbeute anschlagen wollen, auch nur in Deutschland gleicht
Fortschritte gemacht undv eine gleich eifrige allgemeine Unter-
terstütsung gefunden haben.
Bei dem Uebergange ans dem Mittelalter in die neuere Zeit
war England durch die vorangegangenen langen nnd blutigen
Bürgerkriege swischen der rothen und weissen Rose in der bür-
gerlichen und geistigen Entwickelung sehr zurückgehalten und
fast aur aller lebhaften Verbindung mit den benachbarten Län-
dern des Continents gekommen. Daher kam erst viersig Jahre
nach ihrer allgemeinen Bekanntwerdung die Buchdruckerkunst
(die erste Buchdruckerei des Caxton su London 1474 errichtet)
in dasjenige Land» wo jetzt diese Kunst in der grüssten Voll-
kommenheit ausgeübt wird. Die beiden Hochschulen des Lan-
des» Oxford und Cambridge, beide schon seit der Mitte des drei-
zehnten Jahrhunderts gestiftet, jenes mit 20, dieses mrtJ7 CoUe-
gien, in welchen die Studirenden unter der genauesten Aufsicht ihrer
Lehrer wohnten, zusammen nicht viel über 2000 Zöglinge zäh-
lend, waren noch in starrem scholastischen Pedantismus versun-
* ken und/ bliehen bauptsächlich auf die Bildung tu geistlichen
Aemtern gerichtet Unter Köuig Heinrich Vlll. wurde diese
Richtung im allgemeinen festgehalten, wenn gleich nur der re-
gere Verkehr mit Frankreich, Deutschland, den Niederlanden
und Spanien, die vilelfacben durch die Religionsneuerungen ver-
anlassten Verhältnisse und Streitigkeiten überall Anstoss zu ei-
ner neue^ geistigen Elntwickelungsperiode dieses Volks gaben..
Diese erfAgte auf eine groisartige Weise unter der R^erung
Da» Brititclie Bttick. . SIS
tisckea EcforaMtioB mm nmes g^tig«! Ltbea Üotmi Volke ein«
kudite; 4eMi u 4ieMM kvriMi Z«itebMkaitt»aU«iii wuHea lermü
4ia Ffanibaea, ItaÜMMV IleattelM» aa4 SpMiier ia {ihren iiiteUee«
tMatlea Forticliri^ tob 4m Eogltoiem di^^ebolt Ner blieb die ei*
geotUebe wineotduifitlicbeBildaBi^ vomgtweise eia Eigentbumderx
böberea Stände, wie dies in dcmeeUiea iabrbiinderto eneb sehen
früher in Fraakreieb eidi g^*<>|^ hatte, aber eine nnng^breitefttte
Pflege, wie sie denelben allein von dem Mittelatende tebon tiaeb
aetnem noMcriaehen VcrIuÜtniaae sam geaammten Vetke an Tbeil
werden kann, nMngelte leider bis in das nebtiebnle*Jahrhundeik
kiaein. EÜadbeth wandte aneb wiedemai anertt ihre Anfnerk«
aamkeit aof daa rdllig remaebliasigte Irland, das einst ein 6lta
wahrhaften geietigen Lebens, sebon in den ünstenn ersten iabrhun«
derten des Biittelalters dardi seine Klöster and die von hier aus*
gehende ehristliehe Biidnng, auf eine se wohlthätige Weise «Inen
grossen Theil des mittleren Europas erleuebtet hatte. Di« Uni<*
versitbt i« Dublin wujde 1504 gestiftet, nnd naeb dem Muster
der ßngliseben etngeriditet, wiewohl schon seit . 1320 klet eine
Art von Hoebsehnle bestanden haICe*
Die auf Elisabeth folgende Dynastie der Stuarts vereinigt*
eine im südlichen Tbeiie des angestammten Reicht ohne,aU«|l
Zweifel damals allgemeiner gebildete Volksmasse mit EUijg;laud«
Schottland brachte schon seine vier Universitäten mit surVer«
einigung, die auch bis jetzt hier die alleinigen geblief>en sind^
und mehr nach dem !^uschnitte der Deutschen Uuive^itatgl
gleich bei ihrer ersten ßegrilndung eingerichtet, ein^ voUständi«'
gere geistige Ausbildung als die Englischen möglich machten,. Zu
St. Anilrews war bereits 1412, su Glasgow 1453, suAberdeen 1494^.
endlich su Edinburgh 1580, die Utstere Universität mit vier Ff^t
coltüten errichtet, während die übrigen drei die büdung do<
Rechtsgelehrten nicht berücksichtigte, und St. Andr^^s i^us^erdeiU
bald nach der Verejnigung mit Enghmd auf eine gons unbcdet;
tende Zahl von Studierenden zurück kam.
Mit der Revolution, welche die erste Vertreibung 4er l>U#afte
cur Folge .haft^ entwickelte sieb inzwiseheii eine beaonders practi^
s^he Rich^g des Geistes^qi Briti^/oben Volke», die überall .die rohen
von der Natur dargebotflnen Klüfte sq benntsen, nnd ^prchklmst«
liehe Verarbeitung den Werth deiwelben na atelgetn siä bemtibte«
Sobabert's Ststtitik Q. ^
SU ^ Das Britische Reich.
DiM lenkte vor allen Dingen den Sinn auf die emeten WiMenechnf-
ten, welehe Yonugtweise eine praktische Anwendung ihrer Ergeb-
BtMe Im bOrgeriichen Leb^ erwarten lasten« Der Erfolg daron
leigte sieh schon bei der* Bildnng der Gesellschaft der Wissen-
Schäften la London 1645, die fttr die Briten die Stelle einet
königlichen Academie vertritt, wiewohl sie sich nur 'durch Bei-
träge ihrer Mitglieder erhält, und nur bisweilen eine UnterstQtrang
Yen Seiten des Königs oder des Staats durch das Parlament er-
langt hat: ihr alleiniger Wirkungskreis liegt in dem Gebiete der
matheteatischen nnd Natur* Wissenschaften. Nichts
d^o weniger behandelt die treue Anhänglichkeit an der alten Ersie-
hungs-MethodeindenVorb^reitungsanstaltenfitr dieUnivenif-
täten, die gleichfalls Colleges heissen, die Alt-classische Literatur
und besonders das Studium' der Latein iitehen Sprache als die allei-
nige Grandlage der wissenschaftlichen Bildung, während die übri-
gen Schul- Wissenschaften nur höchst oberfläehlich in wenigen w((-
obentliehen Lehrstunden als Ged^chtniu^ache den Schölern aufge-
drängt werden. Die ansgeseiehnetsten dieser Colleges befinden sich
in England als Westmin«ter-C. , Gharterhouse-School und Mer-
chant-TajIors-School eu London, femer lu Eton, Winchester,
Ebrrow, ku Manchester, Bimdngham, Gloueester, Bristol, Bath,
Tlrerton*); in Schottland und Irland sind sie in den Universitätsstäd-
ten und grösseren Handelsplätzen. Zwischen diesen und den Ele-
mentarschulen stehen nochdieGrammar-Schools,in welchen
aber der Unterricht fast ausschliesslich auf die Lateinische Sprache
und die gemeinsten Kenntnisse imSchrciben und Rechnen beschränkt
bleibt Mädchenschulen für die gebildeteren Stände des Bri-
tischen Volks werden nach der herkömmlichen angesogenen Er-
ziehungsweise der Englischen weiblichen Jugend als nicht er-
laubt angesehen, einige wenige Pensionsanstalten in den grösse-
ren Städten ausgenommen. Für die niederen Stände wurden
Mädchenschulen bis in die letxten zwanzig Jahre für völlig über-
flüssig erachtet, bis auch der Velksunterricht seit dieser Zeit yer-
mögt des Britischen Associationsgeistes ein Gegenstand der eif-
rigsten Bemühungen mehrerer Gesellschaften wurde , deren Stif-
. *) Ein Tollstaadiges Verzeichniss der Colleges und Grammar-
SdiooUy die feste EinkunAe grdsstenthells aus Stiftungen besitzen,
befindet sich in Mekikigef s Reise d Gr. Br. 8. L 442-43. u. II.
s.aiaik2abL
Das Britische Reich* S15
t^r in der raschen Verbreitung der nothdftiftigtten Ketttttnisee
nnter der grossen Volksroasse die Aufgabe ihres Lebens setxten«
Dies hatte aber nicht allein einen sehr wohlthaUigcn Einftvas auf
die Evangelische Volksmasse der vereinigten Königreiche, son*
dem auch die bis dahin grösstentheils ohne allen Unterricht .
wild aufvrachsende Jugend der ärmeren Katholischen Volks*
Classen, besonders in Irland , wurde jetxt des ersten Unterrichts
in gemischten Schulen für beide Geschlechter theilhaftig. Daxn
half wesentlich die Bell-Laneastersche Methode des gegenseitigen
Volksunterrichts 9 die es möglich machte, dass ein Lehrer im
Zusammenwirken mit seinen aus den älteren und fidiigereh Zög-
lingen getvählten Monitoren mehrere Hunderte bis Tausend
SU unterrichten vermochte. Bleibt nun allerdings auch diese Art des
Unterrichts immer nur ein äusserster Nothbehelf, weil sie lediglich
auf die Oberfläche hin arbeiten kann und sehr leicht in formellen
Prunk ausartet, so kann sie doch sehr vortheilhafte Wirkungen
in denjenigen Ländern sehen lassen, wo die Zahl der Lehrer und
Schulen vor ihrer Einführung ausser allem Verhältnisse mitder vor-
handenen Volksmenge stand« Daher erfüllte sie für Grossbritannien,
Irland und Frankreich ein dringendes BedÖrfniss, wenn gleich aus
dem angeführten Grunde die Anwendung derselben für Norddeatseh-I
land und Dänemark eher ein Rückschritt als Fortschritt im Volks- .
Unterricht genannt werden muss.
Verfolgen wir nun die ausserordentlichen Fortsehritte in der •
Verbreitung des Elementarunterrichts in Grossbritannien und Ir*
land sisit 1810, so werden wir su wahrhaft Überraschenden Re-
sultaten geführt Grossbritannien besass damals ferst gegen
32,000 Schulen und 850,000 Schüler, und der berühmte Redner
Brougham konnte in seinem Parlamentsberichte ^ber * die Er«
xiehung armer Kinder vom 21. Marx 1816 für London noch
die Zahl von 90,000 Kindern anfuhren, welche ohne allen
Unterricht aufwuchsen ^). Es ging also damals für gans
Grossbritannien ^^ der Bevölkerung in die Schulen, während \
derselben im schulfähigen Alter stand: also über 60 Procent der
schulfähigen lugend blieben ohne allen Schulunterricht Disr
*) Gleichzeitig, hless es darin, sind in Manchester in den leisten
6 Jahren 9765 Personen ehelTclr verbuuden worden, von' denen
keine ihren jSfameii schreiben konnte.
33 ♦
I
•
/
£16 DasBrilische Reieb.
NationalvereiA fur Bef5rdernng der Eniehung der Armen nach
den Grnndiätien der herrschend en Episcopalkircbe wurde für
England und Wales den 16. October IS II gestiftet, welcher be-
reits in den ersten sieben Jahren seines Bestehens über 30,000
H St (210,000 Tbl.) auf 1030 Sbhuien verwandt hatte, die ent-
weder gans neu eingerichtet oder nach dem neuen Unterrichts*
plane umgestaltet wurden; in diesen erhielten 200,000 Kinder
Unterricht. Ausserdem wurden seit dieser Zeit vielfach Sonn*
tagsscbulen für die Kinder beiderlei Geschlechts errichtet^
welche (gewöhnlich schon von ihren^ 9. Lebensjahre ab) in den
Fabriken die ganie Woche über beschäftigt sind. In den darauf
folgenden funfsehn Jahren bis J826 waren in London bereits
362 freie Sonntagsschulen mit 4908 Lehrern beiderlei Geschlechts,
errichtet, welche in diesem Jahre von 53,398 Kindern besucht
wurden: gleichseitig befanden sich aber in gans Grossbritannien
und Irland bereits über 6(MX) solche Sonntagsschulen, die durch
50,000 Lehrer mehr aU 700,000 Kindern diesen nethdürftigsten
Unterricht frei gewahrten. Im October 1820 befanden sich in
England und Wales 35,382 öffentliche Elementarschulen, in wei*
eben 1,571,372 Knaben oder Mädchen von 56,300 Lehrern un-
terrichtet wurden: von diesen Schülern erhielten über drei
Fünftel (976,821 Knaben und Mädchen) unentgeldlichen Unter-
richt, und swar 159,518 Schüler durch Stiftungen, die 275,387
ft St (1,927,709 Tbl.) betrugen, 415,651 Schüler in gewöhnli-
chen durch müde Beiträge unterhaltenen Elementarschulen und
401,652 Sphüler in den oben näher beseichneten Sonnt^sschu-
len *). Artifzehn Jahre später hatten (nach einem amtlichen Be-
richte aus dem laufenden Jahre 1835) allein seit 1831 die öffentlichen
Schulen, allerdings mit Einschluss der Sonntagsschulen, um 3093
neue Anstalten sich vermehrt, wodurch die Zahl der Schüler für
England und Wales aliein auf 1,794,640 Indiriduen gestiegen
war. Dies macht bei der oben angegebenen Bevölkerung (Seite
311), wenn wir dieselbe auch für die leisten 4 Jahre nach einem
verhältnissmässigen Zuwachs nur um 720,000 Seelen stärker an-
nehmen, also auf 14,617,000 K. feststellen^ doch fast den achten
*) Ueber die SonntagsscholeB in den Fabrikörtem vergl. Ure a.
a. O. Buch IlL Cap. fIL, D. U. S. 360-59 u. d. S. 403-4 darü-
ber gegebene Tabelle.
Das Britische Beich. 517
Theil der getammteii BeTSlkemn^, nShett ftioh abo selir stafk
der ErfalloDg der Angabe , für die ganie gekulWiige Jagend
dareh Torhandene Unlerriehtsanstaltea geadrgt in haben, wenn es
für den dritten Theil der angegebenen Sckülenahl aneb nur ,
dnreb Sonntagtaehulen geschehen sein sollte. Die Aufgabe wdrde
für England und Wales yolUt&ndig gelöst sein, wenn die Sch&^
lersahl erst swisehen 2,100,000 und 2^400 flOO Ind. stftnde, auf
welehes Grössemreihftltniss die schulfthige Jugend Englands n4cb
dem/ Nord-Deutsehen Maassstabe für die schulpflichtige Jagend
sur Bevölkerung angeschlagen werden dürfte. — In Schott*
Und lählte toian 1820 3550 Schulen mit 176,803 Sohfilero, die
^*g. der damaligen Bevölkerung ausmaehtem
Für Irland bildete sich 1816 in London die Irländische
Gesellschaft für Freischulen, welche ausser dem^ IJnter-
richte der Jugend sich auch der Verbreitung gemeinnütziger
Kenntnisse unter den Elrwachsenem annehmen sollte. Es seigte
sich für dieses Land ganx offenbar, dass gerade in denjenigen
Districten, wo die meiste Unwissenheit herrschte, oder wo die
öffentliche Fürsorge für den Volksunterricht völlig fehlte, der/
Geist des Aufstands, der Raub- und Mordinst am stärksten vor-
herrschte. Eis wurden jetzt hier viele Schulen auf Subscnptio-
nen gestiftet, aber doch suhlte erst Irland im Jahre 1824 gegen
10,000 Schulen, welche von 374,813 Kraben und Mädchen oder
einem Zwansigtheile der Bevölkerung besucht wurden. Es
war hier also nur der dritte Theil der schulfähigen Jugend dem
Unterrichte überliefert Zwei Jahre darauf (1826) wurden schon
11,823 Schulen mit 338,875 Knaben und 207,793 Mädchen, ins-
gesammt also mit 546,668 K. gezählt Im folgenden Jahre ver-
mehrte sich die Zahl der Schulen bis auf 11,843*) und die der
Schüler bis auf 569,073 K., darunter gehörten 147,658 der evan-
gelischen und 421,415 der katholischen Kirohe^su. Es waren
aber in diesem Jahre noch überhaupt 1,348,613 schulfähige Kin-
der in Irland vorhanden: demnach waren also auch jetst nur
swei Fünftel der schulfähigen Kinder in den Schulen dem
Unterrichte Überwiesen, wobei jedoch über drei Fünftel aller
evangelischen Kinder und nur drei Zehntel aller cathoÜschen
*) Darunter waren ni^r 1108 vom Staate thellwetse onterstütate
Schulen, welche 99,186 Schüler in sich aoijsenommen hatten.
\
618 Das Britische Reich.
Kinder tclintflMgen Alten rieh befanden. Naeh seht Mreii»
infolge eines erst im Jnni 1835 verabfassten amtliehen Berichts
über den Unterrichtisustand Irlands, wurden nnter den Yorhande-
nen Elementarschulen 5663 nur iFom Schulgelde und 4004 durch
SubscripUonen und milde Stiftungen erhalten, mnd die C^ammt-
saht derSehüler war auf 633,946 gestiegen, also fast auf 8 Procent
der in diesem Monate von der Commission berechneten BevÖlke*
rung Ton 7,954,000 Seelen, aber immer noch nicht auf die H4lf(e
der schulfUhigen Kinder.
Der Besuch der Untversi^Aten Ist im Verhiiltnisse in einer
wohlhabenden starken Berdlkerung durchaus nieht bedeutend su
nennen, zumal da man die Zahl der eingeschriebenen Mitglieder
einer Universität niemals fUr die vorhandene Zahl der Studieren-
den betrachten darf. Denn Jedes Mitglied eines der vielen Col«
leges zu Oxford oder Cambridge, die Fellows, alle eigentliche Pfrön-
denbesitzer ohne amtliche Verpflichtungen, Collegiaten, sie mögen
anwesend sein oder nicht, ferner die zu Bachelors ntich dem dreijllh-
rigen Cursus graduirten, oder nach siebenjährigem Aufenthalte auf
der Universität zu Master of arts erhöhten Mitglieder werden, so-
langb als sie ihren jährlichen Beitrag für die Universität<von4bia
5 % St.) zahlen, als Mitglieder derselben aufgezählt Demgemäss
hatte Oxford im März 1825 4660 inscribiite Studenten, und
1832 5303, wovon aber in derThat nur 1500 bis 1650 wirkliohe,
nicht graduirto Studierende waren. Cambridge hatte in der
Mitte des vorigen Jahrhunderts Oberhaupt 1500 Immatriculirte,
1813 = 2805^ I824=:4489; im Mftrs 1825 = 4700, endUch 1832
= 5344, ganz in ähnlichen Verhältnissen fiir die Zahl der eigentli-
chen Studierenden wie zu Oxford. *- Edinburgh hatte in den
letzten zwanzig Jahren keine Zunahme und überhaupt geringe
Schwankungen in der Frequenz^ 1818 waren hier 2250 Studie-
rende-, 1823 = aiOOy 1831=2020, indem die Ausländer aus
Amerika, Russland, Deutschland und der Schweiz ausblieben,
nnd gegenwärtig selbst weniger Engländer und IrlUnder sich hier
befinden als sonHt: aber auf den Schottischen Universitäten ge-
währen die Zahlenangaben mehr den wahren Bestand der Stu-
dierenden, da die fortdauernde Verbindung der Graduirten mit
der Universität hier foi^jCfällt. Glasgow, das noch J816 nur 603
Studierende zählte, hat in der letzteren Zeit sehr augenommen,
namentlich die medieiniacke Faculeftf^ welche allein über 400 Studie-
Das Brititche Beicll. &i9
iya4e ImA IfiU betrog di« QMuuatMriil liOO^ 1827 gegen 1500. —
Ab^rAeen» ans 2 HMit»riM>ifnt«n besUheud, dem Kingt^ColLcge
lA Old-Aberdeea m4 dem erst 1603 geetifteCen MarUhall-Collcgft
in Ncw-AberdeeD« rinkt mebr ■neemmea» eis dass et sicli äup^
deaZiiitaBde einer VotbereitoageaMCitt Ür Edinburgh vnd GUi-
gow erlieben eoUte: et hatte l^lö 49a Stndinrende, 18237=640^
18272:507 und 1832 = 468. *- St. Andrews itt stete die am
wenigsten beenehte Hoehschnle unter allen Britisdien .gewesen,
sie hatte 18I7^175 Studierende, 1823 gegen 200 und 1830 wi«^
d«nim nar 180. — Die etnsige Irlindisehe UairersidU Uublin •
hat mehr den Charakter der beiden alten Englisehen, als- den
der Sehottiaehen an sieh, daher findet aneh hier die Rinfiehtung
d«r fortgesetiten Verbindmig^ der Gradnirlen mit der UnftveieitlU,
wodurch die angegebene Zahl der Inseribirten gleiehfails anf nieht
?iei ftber ein Drittel wiKklioher Studierender redueirt wird: die Ge-
aammtaiAl der Studierenden betrug 1810s 1210, ]832=s 1254. —
Es würde demnaeh anfallen UterenUnivorsattttenGrossbritannient
und Irlands der gieiohaeitige Bestand der wirldieh Studierenden
noeh nicht 8000 Ind. ausmachen, oder es würde auf 3000 Seelen
der. Berülkemng noch nicht ein Studierender kommen*
Doch die eigentliche AnsMIdung in den sogenannten* Brod-
wiiscnschaftcn lum nn mittelbaren Eintritt in das practische Le»
ben gilt nicht als die Aufgabe der Englischen Unircrsithfen^ ,
Diese ist f6r den Theologen in den theologischen Seminarien*),
für den Rechtsgelehrten in den drei grossen tnns of Court tu.
London**), oder in dem Cresch&ftssimmer irgend eines berühmten
Advoeaten, endlich für den Mediciner in den grossen Spitftlem der
Hauptstädte (namentlich in den St Bartholomew-, St Thomas«
und Gnj- Hospitals lu London) unter der Leitung angesehenere
*) Dazu gehören auch die Seminarien für die Melhodisten und
Independeoten, Quäcker, Unitarfer zu London, Roiherham, Axworth,
York, die Seminarien fürCatbotlken zu Stony barst, York, Birming-
ham, Durban, Bath, sowie zu Wexford, Mainooth, Navan und Car--
low in Irland.
**) Diese' find als Specialscholen für Erlernung des Landrechts
(Cemnon-Law) anzesehen, Inner and middle Temple, Lincoln's
Inn und Gray's Ina, weichen die 9 von Advocalen gegenwärüg be*
wohnten Ions of Chancery untergeoadnet sind: vergl. Meidin|(er*s
Reisen Bd. 1. S. 'il— !l2.
\
S)0 /Das Britiaclie Bdick
und erfalimier AeraM Torbdimltiii. Mach dk amvamllere Am*
liiMung -des jung«D ßelelun^n ttb«rhwf t, mit eiaer umfaDgireiehe-
Ten BeröokiiehHgwng der mutländiicfaeB Liteniturai» trie tle bk-
her auf den Britischen Universitäten gegeben war, sowie Me
Au^itdumg des Juristen und Medbkiers insbesondere, indem
tnun n«# den Theologe»^ aur Vmrmeidmig «Her Retigionsstreitig*
kttitm davon* eossehloes/ wurde ale der Ztelpankt einer neuen
üllgemehiett'fitidsehen Universität aufgesteckt; die man in Lon«
^on; wie aUe dortigen wissenschaftliche Unternehmungen n^erer
'SSeit» «af dem Wege der<€»iibseriptiOB so begründen beschloss. Man
tfi^ffto biet eine ausserordentliehe Concentmtion der literarischen
Ausbitd*ng in wenigen Jahr«n gesichert zuhaben. Da Brougham,
Lord John Rüssel, derlHefater Campbelf, Lord Landsdowne sich as
dieS^itae des Untamehmens steUten^ so waren dieAotien au iOO
%^t. bald untergebracht; und bereits am 30. April 1827 wurde
^r Crntnd^tein des neuen Universitfttsgebäudes gelegt Mron am
I. Qctbi',' f $28| k(Minten die Vorlesuil(^eB eröffnet werden, die Natur-
wissensehaflen, Cameralwissenscbaften, die Medidfci wurden aus-
ItthrKcher und von berähmteren Professoren als auf irgend einer
Englischen Universität gdehrt Aber auch hier wMrtu Me^ Macht
der Anhänglichkeit an den alten werth gewordenen Einrichtungen
vom Camltridge und Oxford entgegen, die anfängliche Zahl von 680
Studierenden im Jahre 182d war bereits 1832 auf 4^7 gesehmol*
aen. Alsbald seigte sich der speculative Geist einer Actienunter-
nehmung verderblich für die neue Anstalt, die wenig besuchten und
daher eben so wenig Jahrgeld einbringenden Professoren, die
überdies auf Kündigung berufen waren, wurden entlassen, die
.Universität erhielt kejae Vollständigkeit, und auch in dem leta*
ten Jahre konnte im Parlamente die Majorität picht für väilig
gleiche Ertheilung der Rechte, der älteren Englischen Uniyersi«
täten W die Londoner gewonnen werden. Demungeachtet wurde
noch eine a weite Hochschule unter der Leitung des Henfoga
von Wellington, der beiden Erzbischöfe von Canterbur/ und York
und anderer eiuflussreicher Häupler der Tones in Londc^a upter
dem Namen Kings*€ollege 1829 lu London errichtet und. sofort
mit elueni königlichen Freibriefe ausgestattet Diese schliesst-
auch nicht diie Theologie aus, sondern stellt gerade die kirch-
liche Bildung nach den Grufidsätaen.der Epiaofl^alkixche als die
wesentliehste Basis ihres Unterrichtajsfeema fest Indess auch ißeae
Anstalt hat ungeachtet der reichlichsten UnaeratHtmng, die na^
'>^.
^ Ilas BritischV ReUlL Sil
HtttnitlM leit 1832 in äet Eimiehtung' eitler Btbliodiek, Begrün-
doiig einet anatomuc|}ien Mtueums sich bewShrt lat, keinen
affgemeinen Beifall errangen und wird auoli Jetst nooK sehr
•chiracli betueht '
Untev de» Spe^lfelmlA ßr di« Bildiuig ¥on Beanün sä
einseloeii iZveigen den Vennatimg, für Heer und Fk»tte oder
■eoit. xn irgtod einem besanderen Lebeftsbefofe, «etehnen wir
versyi^weise folgende au«: Das -QstindUebe ColUglum in
^dei Nibe von Herifeid (22 Engl. Abilen nttrdUeb wm London)
BaikjbuT- College genannt^, fir die Bildung der- Beamten in der
Oatio^iBeben Verwalbing beatimm«. £• ii^ anf 100 Stadiereade
Ton 18 U« 22 Jabien eiriebtet, die bier gan» naah einer bbaU-
.eben Vetfaeeung wie in Oxfor4 und CambrUge Yon 12 Pro€M-
aoren in den OrientaÜacben Sfraeben, in den Camcoral- und ma-
tbematiftcben Wtesenatdiaften und in der Getebiebte untenriebtet
werden. DerCurtnaistaufsweiJabrefet^etetait Darauf geben die
Her gebildeten Studirenden tofart naeh Oatindien» wo sie nncb* •ei-
nige ZmCim CoUegium mi. Fort William bei Calentta von &Leb-
rern wiKtor anagebiMel werden» bier abor acbon «inen CkbaU Ten
fiOaftSt belieben und in kuraer Zeit Ton 10 bia 12 Jabien na
den ewten dipiomatisoben, rieb terlicben oder adminittratiTen Aem-
tern inOs&dienYon 600Obiaa00Ofi;St.GehaU aitfiiteigen Daa^t
kann xnsammengeitellt werden die Uilitairsebule der Oatin«
4ia.eben Geaelleebaf t su Addiseombe bei Crojdonin der Graf-
aebaft Sarrey für 120 Zöglinge Ton la bU 1$ Jabren, sur Aus-
bildung der Artillerie- und Ingenieur- Ofßciere, die in Ostindien
angestellt werden sollen. Für das köaigliehe Englisehe
Heer beatebt iwiscben Windsor und Farnham (28 EngL Meilen
westlich Ton London) das Sandhurst-College für 230 Zög-
linge, die sum Officiersrang sich ausbilden wollen. Es serföUt in
2 Abtbeil nngen» Junior and Senior Department, indem jenes die
ZögUnge Tom Hten» dieses dieselben Tom 20ten Jahre ab auf-
nimmt *)* Füj: die Ausbildung d9% Ingenieur- und ArtiUeriewe-
' *} Die ilterea Milftärschulen zu Wycombe und Great-B/Iarlow
sind gegenwärtig mit dem College au Sandhurst Tereinigt Die Mili-
tiirschnlen zu Smithampton, Farafaam, Chefeea und Greenwich, jedes
Military Asykim geaannt, siad nnr gewöb^icbe AraMuschulen, zusam-
men. fiir8i008oUateiyKiader, wekbe bier 4fann auf Koftcn des Staats
in Di« BrltltchA .Reich.
•ent ist m Woolirkh <9 BngL MeUen ron LoimIimi) die New Miii-
tarj AcfideBijr fQr 300 Zögling«, ^rriebtet» welche von 0 Leh-
rern in den hieher gchttrigen miiitvdruiehen VVisieni^baften und
körperliehen Uebungen nnterrichtet werden. Die Marine besitzt
för den eigen thöniichen Unterrieh^ der See-Cadetten das R.oja I
Havel College sn Portsmouth nnd ein gleiehes an Plymonth. •^—
FOr Gewerbtretbende giebt es drei UnterricfaiMnstalteQ su Lon-
don, die Meehanie's JnsCitntiony eine in Spitalflelds nnd- eine in'
SonCbwark, wo nnentgeldieh Vorträge dber Chemie. Phjsik, Me-
ehavik, Botanik, Ckographie n.«.w. gebaken und ngleicb pnc-
tisch doreb Experimente, Modelle nnd CtowerbeBUssteDungen die
Anwendung der Kenntnisse auf die versebiedewen Gewerbe rer-
mittelt wird.— Fir die bildenden und leiehnendenKüpste
Ist dureh Lehranstalten sehr wenig gesobeh«», da dfo Aeademien
der Kfinvte und die CUselleehaften- der Maler und anderer
Künstler su London, Edinburgh und Glasgow mehr auf Aufgaben
Ihr bereits gebildete Kftnstler ausgehen, als die erste Bildung in
den Künsten sii berfieksiehtigen suehen. • Doeh dörfen imyie^ nie
Aufmunterungsanstalten für diesen Theil des geistigen Lebens der
Briten, und besonders indem sie die Mittel sn den weiteren Fort-
iehrlMen in den bUdenden und sebönen Kttnstea danreieben, die
königliehe Aeademie der sebönen Könste mvLondon
(1^05 gettifM), die Kuns^ und Maler- Aeademie in Glasgow, die
iu £dinbui|^ 1828 begründet, hier nieht ohne Erwbbnung bleiben.
Unter den Bibliotheken und Kunst-Museen als Beför-
derungsanstaUen für die geistige Cultor, steht oben an das Briti-
sche-Mnseum, welches noeh unter Georg II. als ein Centralpunkt
för BQeher, Handschriften, Mflnzcn und Kunstsachen, stfwie Nator-
ssitenheiten aller Art 1755 begründet wurde. Ungeachtet der vie-
len Schenkungen von Seiten des regierenden Königsstammes und
vielei reichen Briten, die ganze Bibliotheken dureh Vermaeht-
nisse Oberliessen, hatte es doch in den Jahren i7<{3— 1818
' 151,762 % St (1,062,334 Tbl.) für einsclneliterErische AnkAnfe
ausgegeben, seit dieser Zeit aber in den folgenden siebiehn Jah-
ren schon eine noch iweimal so grosse Summe verwandt, ^ na-
mentlich für den Ankauf 4 von Elgin's Grieehiseben andken Mar-
unterhalten und zu gcmdnen Soldaten oder Handwefkem ausgebildet
werden. Zu Chdsea weiden auch 400 nnd im Greenwich MO Mdd-
eben, gletdiMls Kinder feftdlener oder entlassener Soldaten» enogen.
^ .
Das'Britlsch« BftioA.
8»
\ -
m »nreikeo, alt Dettkmilera des hftehsttii Attftdwii Stjit «nt dem
4teii und Seen Jahrh. tot Chr.; fenier für Aeg/pdaehe Alterdiümer«
Omehische Hünseiiy EUndseh^iCteii aller Art ili.w. Aauerdem ist
die kÖaigUclie PriTa^ Bibliothek Georgs III. BMh den Tode deeseW
ben TOQ Georg IV. dem Britiseliea PuUikum kieker Mr freien Be-
nntsoBg geschenkt worden, welehe allein ans 65,000 Binden nnd
868 Kapseln init Fitq^schriften« sowie aus einer aasgeaeiehneten Ksr-
tensammlnng bestand *)• Der gpsammte Bestand an BQchem im Bri-
tisehen Museum besteht gegenwärtig aasWhrals30O,0C^Bftnden und
60,000 Handschriften. -^ Aasserdem ist Ar Orieataliseke Studien die
ausgeseichnetste Bibliothek in Grossbritannien» die des Ostindi-
■ehen Hauses snLoodon, welehe überaus reich anlndisdienHand-
nehsiften nnd aogleieh mit einem Musmim Aa K^l^ nnd Na.
tar-Seltenhelten, Alterthimer nnd intcreasante ll«rkwirdi^eUto
Ostindiens verbunden istr— Unter den ünUorsit&tsbibLio-
tbeken steht die Bodisjaniaehe «a Osloid mit 26(^000 Binden und
30,000 Handsehnfilen obeaan. Nishst dem beittdelsieh an Oxford
noch die Bibliothek des ChnstChunh-CöUege Ton 60,000 Binden^
auch die übrigen Colleges dieser Unifiersit&t besitn«a eigene Biblio-
theken Ton S0,000 bis40,000B&nden.-t.DieUn]ra»itfttsbibUol;|ieksn
Cambridge hat 100,000 Bände nnd 3000 Handaehriffean, dia^des Tri-
nüy-College ebendaselbst 40,000 Binde. Anaserdem befiAdet sich d^
selbst als Vermiehtniss das FitxWiUiam^Mttsenm mit anageaeieh to-
ten Biehem, Kupferstichen und Gemilden. Edinbnvgh hat 2
gro«ie Bibliotheken, die der Uniref^it von 120^000 Binden und die
der königlichen AQroeaten von mdirals 1^0^000 Binden. Die übri-
gen Universitätsbibliotheken ^nd verhütnissiniasig nnbedeuteiid
nnd stehen swischen iO,OOOttnd 60,OoaBänden. — p Unter den Stern-
warten hat die su Greenwich eine Coropiiache B^hmtheit.
- Unter den Gemilde - Sammlungen ist awar die kinigliche
(Natlonal-Gallery*») an Zahl der GemiWen die grösste:
aber sehr ausgeaeiehnete Schitse sind In vielen Pallisten der
Engfischen Grossen in London uwl noch mehr auf ihren Villen
auf)(estellt, nicht immer mit Bereitwilligkeit dem Künstler nnd Kunst-
freunde xiir Anschauung und Benutsung dargeboten. -^
i**
^) Ihre Adfslellani? im Britischen Maseam kostete aOein 40,000%St.
Ein iibrlicfaer fester Etat besteht nicht für das Mnaanm, dock wird
darchscholliljeh nber 10»(NK) % St. nasgegeben«
^ Ihre Hanptgfnndlage ist die vonnate AngeMeiniadie.
St4
!>•=« Brltltclle äoicb.
• ■
• • t
§. 13.
Die geistige Cultur in ihren statistisch bemerk-
kenswerthen Ergebnissen für den
I . gesMüBiten Staat
' In den l»ild«iideii Kflntteo tmd di« Briten sehi lange hmter
ihiren nidisten Koohbaren auf dem Conlkiente^ und nodi mehr
hinter ttalieas groMer Meifttenohaf^ aarfiekgeblieben. Während
die Dei^tsehen und Ntederntoder, Fcamosen, Spanier und Italie-
ner ihre grosie • OtanipeEioden der Knutt besitien, .haben die
Briten im elattiaehen Jahrhundert der Malerei und Bildhauericunat
auefa nicht 'eineH* Kinatier van namhafter Bedeutnag aufauweiaen.
Der atammverwandte VoHuatnn Tareehaffte suerst der Deutaehen und
Niederl|ndiaohen Auffaaaungaweiae der Kunat allgemeinen Eiogang,
aeitdem Heinrieh VIH. inHanaHolbeindie einem groaaen Künat-
tet gebührende Achtung aetnem Volke geltend in machen wuaate.
Dieae Richtung' blieb in Groaabritannien gegen iwei Jahrhun^
derte aukaehlieaalich vorherradiend, und die hdchcte Achtung er-
rangen hier whhiendihreaAnfendialtea Peter Paul Rubena, An-
ton Tan Djk nnd Corneliua Janaaen. Daa roheate Gefühl
IBr die Nalardy nemlieh die Bewunderung einea wohlgetroffenes
und in allen Spielen der Natur treu nachgealimten Poctraita»
blieb im allgemeinen dem Engländer daa hdchate Ziel der Kunat:
und wer hierin die höchate Meiaterachaft in Toller Anerkennung
bew&hrte, war einea nnieratörbaren ' Baifalla und Einfluaaea auf
die apiltere Kunatentwickelong in dieaem Lande gewiaa. Der all-
gemeiner TcrbrfAtete Verkehr der Engländer, ihre häufigen Rei^
aen in Mittel- nnd Sttd-Europa aeit der Vertreibung der Stuarta
▼om Engliachen Throne und dem Spaniachen Erbfolgekriege
Terfehltea ni^t ihre anuerordentliche Einwirkung auf den Kuna^
geachmaek der hlheren Britiachen St&nde m ftnaaem und den-
aelben nach den Terachledenaten Richtungen s« erweitern. Ea
wurden nnn anageieichnete Kunateneughiaae aliar SchuIeD in
Das Britische Beich. SS9
Eaglaiid eingeffiliit» aber mioli hier »ieebte deh b«ld die dem
Engländer befondere eigene Manie ein, allee wm Wertb bot oder
•elten iit, besitzen sa wollen *\ und m wurde mehr dieser Sina
dnreh die vorhandenen Büttel des Vmmögeaa, als ein edle«
Kuns^efübl befriedigt, das aar mgenen höheren Gesohmaoksbil*
dang und zur Fördemng d* Kunst überhaupt sieh im Besitae
solcher Kunstwerke erfreut Daher sind viele Kunstwerke, die'
nach England v^kauft sind» fär die Kunst eigentlieh verloreo
gegangen, weil sie in den versehlossen gehaltenen Landhäusern
der Reichen nur als seltene alte und kostbare Meubles verdienter Vor«
fahren aufbewahrt werden. Daher hat aber aach der oben ge-
achilderte Kunstgesehroaek im Allgemeinen in Grossbritanniea
auch noch für das achtaehnte and neunsehnte Jahrhundertir sich
unverändert erhalten, und der ausgeaeiehnete Pprtraitmalev Gott-
fried Kneller aus Lübeck (geb. 1648), welcher de n grössten
Theil seines Lebens in England wohnte (f au London 1723), a^
wie der geachtetste Englische Maler dtB gegenwärtigen Jahrhun*
derts Thomas Lawrence (geb. sa Bath 1768, f au London
7. Januar 1830) verdankten nur der talentvollen AuflEiasang dea
menschlichen Ebenbilds ihren unschätabaren RuL
«
Ausserdem leisteten die Ei^lischen Haler seit dem achtsehntei)^
*) Diese Monomanien haben jetzt in England den hoehsten
Grad erreicht und überhaupt nur ein ähnliches Beispiel früher in
der Liebhaberei der Holländer für Blomenawiebela gefunden. Avmer
den Geiäälden und Werken der Sculptur, hat sie sich avf Bücher,'
Handscbrifleo, Holaschnitte, Kupferstiche« JAünzea, AÜerthümer ul-*
ler Art ausgedehnt, aber wer venaöchte bei der Samnlerwuth^ eines
Herzogs von Devooshire oder eiaes Grafen von Spencer noch ir-
gend ein wissenschaftliches oder künstlerisches Interesse finden.
Wer kann ohne Ironie sich des leidenschaftlichen Eifers von Dib-
din erinnern, die kostbar gestochenep Kupferstich-Platten und Holz-
schnitttafeln absichtlich zu zerstören, nm nur noch bei seinem L^ben
ein sogenanntes seltenes Werk geschrieben zu haben, von dem er nur
wenige Exemplare hatte abziehen lassen. ' Es Ist dies dasselbe Ge-
fühl, welches andere Englische BibKomanea aatriab, selteve Werke
theoer au£Kbkanfen und sofort su verbrennen i wenn, sie von* densel-
ben bereits ein Exemplar bcsasaea, da•d^B^^emäss dorshtiha«» Vaada-
len-Wahn einen nach ha^tterea uiä der SeHsoh^t gnwß^^. ..
SaS D^B Britische Relclu
Jdrirhunilerte nodi EhiigM im Padie des äentimeiitet«n und Hu*
meristMch«!!, in IrHdliehen Dantellnn^n des häuslichen Lebens»
histoiiseher Ereignisse^ wo j^naue Ausführung und die ahn-
Kehste Uebereinütemung mit der Wirklichkeit statt lebhafter
Phantasie» statt %dler Sehtoheit der Gestalten, überhaupt statt
id«!al bisher Auffatimtg dargeboten werden. Wie William Ho-
garth (geb. s« London 16^, f 1764) hierin suerst selbst&ndig
auftrat^ wie Josn« Reynolds (geb. in Devonshire 1732, f zu
liondon 1792), der ente Pr&sideht der oben angeführten könig-
lichen Asademie der Künste zu London, sieh nicht höher hob,
wie selbst der mit Recht wohi unter den heimischen Künstlern
am höchsten gestellte Benjamin West (in Pensylvanien noch
unter Englisoher BotmÜssigkeit t73S geboren, f zu London 1820
gcichfalls als Präsident der Academie der Künste) diesen be-
schränkten Wirknogskreis derMjilerei nicht rerliess: so ist auch
in der G^^nwwrt dieser Charakter f)Bstgehalten , und der grösste
der Jetit lebenden EngHsohen Maler David Wilkie (geb. m
Cults in der Sehoftisehen Ora£iehaft Fife 1785) ist gleichfails
nur Mdistsr in diesem Fache«
In der Bildhauerkunst haben aber die Briten noch we-
liiger Eigen thümliches geleistet, Veil die Sculptur einen riel
höheren und feiner gebildeten Kunstsinn als die Malerei^ verlangt
und noch mehr, dem Idealen nachstrebt; für classisch geachtete
Namen findeo sich hier .unter den Künstlern gar keine vor, und
selbst John Flaxman (London geb. 6^ Jul. 1755 .f 3. Dec.
1827) Richard Westma^ott (suLondon gtib. 1774) und Fran-
cis Chantrej (geb. in Derbjrshire 1782) sind doch nuf glück-
liche und nerlidio Copistea des AltclMmms, oder wie die beiden
sulebst genannten noeh- lebenden nurhuf das den Briten auch für
die Malerei eigen thümßeh besdnrünkfe l^ebiet hingewiesen. «-
In der Baukunst stand, seitdem die mittelalterliche erha-
bene Deutsche Kunst mit ihrem Zeitalter dahin geschwunden
war, ,xuvor aber noch sehr bewundernswerthe Denkmäler ihrer
Herrschaft in Grpssbritannien surückgelassen hatte, für die Bri-
ten der Nütslic)ikeitsskin immer viel höher als der Kunstsinn,
und selbst ihr grösstsr Msislsr Cbristopher Wren (geb. in
Wiltshire 1832, f su Lssidsn 1723), der ausser der Paulsktrche
SU London nvsbv lals HO Kirohsn und grosse öffentliche Gebäude
erbaut hat, Ulld uknn misgeseishnvter'Zd^fenosse Ihigo Jones
Das Britische Beich. 527
huldigten demselben; wenn glaeh dadareh ihte hftclitt bedeu-
tenden Verdienste für Grossbritannien nieht abgeleugnet werden
•ollen. In der G^enwart kerrscbte hier kein Geschmack beson^
ders vor, sondern das selfesamsta Cremisch des ßaustjis aller
Zeiten wird hier in friedlicher Gemeinschaft nebeneinander ge-
troffen, wie es die WillkQhr, die Macht des Reichthunis und der
auf Reisen viel erfahrende BRck des Bauherrn susanimenwirft
Um so reger hat sich die ThÄtigkeit der Briten in der Nach-
hildnng der Gemälde durch die Kupfersteeherkunst erwie-
aen, und was die technische Kunstfertigkeit anbetrifff, so werden
hier ausserordentliche Leistungen hervorgebracht, jedoch immer
mit der Rücksicht, dass auch in diesem Zweige das Ausgezeich-
netste dem oben für die Malerei näher beieichneten Gebiete
angehört. Seit Hogarth ist hier eine Reihe wackerer Meister zu
nennen, deren Zahl mit jedem Jahnehend sich ehrenvoll, vergrös-
•ert, die allgemeine Anerkennung in Europa gefunden haben und
von denen es nur überhaupt au wünschen wäre, dass sie mehr
nach gediegener geistvoUen Ausführung des Garnen, nach kraft-
voller Arbeit, als nach einem mühsam errungenen und erkünstel-
ten Lichteffecte, oder sonst irgend einem kleinlichen KunsUtüeke
strebten. Ausländer haben hier allerdings, indem sie sich in
London auf eine Reihe von JaMren niederUesse« , vielfach anffe-
regt, namentlich der treffliche Bartoloiai, der vierzig Jkhre lanir
iu der aweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts eine Kupfer-
atecherschule in London leitete! — Dieselbe «isgezeichiiete Kunst-
fertigkeit gilt auch von derHolzschneidekunst, und von der
Lithographie; der Stahlstich ehrt England hauptsächlich
^ als sein Vaterland«
Die Musik steht inzwischen bei den Engländern in einer noch
untergeordneteren Stellung, und in dieser Kunst ist fÖrGrossfiri-
tonnien eben so wenig ein nationales Streben, als irgend ein als
Muster allgemein anerkannter Name aufzuweisen. — Dagegen glän-
aeö grossartig die Völker dieses vereinigten Reiches auf dem Felde
der Dichtkunst durch OrigkaUtät, Reichthum an Gedanken
durch eine trfeffliche Fülle von poetischen Gemälden, durch
eindringende, erschütternde Kraft, durch eine hinreissende Wahr-
heit in dem Leben ihrer dichterischen Erzeugnisse: sie stehen
gegenwärtig schon im dritten Jahriiunderte mit der ehren-
weithesten Reihe von Meistern des ersten Ranges ^Is Muster
da, ohne dase wir auf die Barden des Alterthums, noch auf
\
/
628
Das B'ritiscl^e Reich.
\
die Bliostrelf und fiaUadendiehter def Mittelalten siirfickn^hen
brauchen. Balten wir nur an dem unersehdpflichen Genius Wil-
liiini Shakspeare's (z. Stratford geb. 23. Apr. 1504»' f 23. Apr.
1616) fest, dessen Geist erst dureh die ernst wiederholte Lectüre,
durch eine vertrautere Bekanntschaft in seiner grossartigen Ge-
walt aufgefast wirdy so ist sein Einfluss auf die Deutsche Literatur,
seitdem Wieland, Eschenburg, G&the^Sehiller und Schle-
gel und Tiek denselben uns recht zug&nglieh gemacht haben,
unberechenbar, namentlich aber dadurch, dass er selbst den gross-
ten Heroen unserer Literatur , in ihren vielfachen dichterischen
Bestrebungen einen anderen Aufschwung gegeben hat Vergegen-
wärtigt man sieh aber nun wiederum den Einfluss der Deutschen
Literatur auf die Übrigen Volker des gebildeten Europas, so darf
Shaks'peare unzweifelhaft dem höchsten Dichter des Alter-
thums Sophoclcs als gleichbürtig zur Seite gpestelft werden,
und wird diesen R|ing für sich und sein Volk stets behaupten*
Aber Shakspeare verherrlichte die erste Glanzperiode seines
Taterlandes, die Überall tief eingreifende und neu begründende
Regierung der Königin Elisabeth, und er blieb nicht verein-
zelt in feiner Zeit stehen. Ging Edmund Spenser (1553 f
1599) auf eine würdige Weise ihm voran, so standen in der leb-
haften Phantasie und in bedeutender Kraft des Geistes ihm zu-
nächst Francis Beau.'mont (1585, f 1615 und JohnFletcher
(London geb. 1576, f 1625), deren zügellose Ausschweifungen in.
ihren dichterischen Werken «le nur mit Recht aus der Reihe
classischer Meister entfernt haben« .
,' , -. •
Die Noth des Vaterlandes in den darauf folgenden bürgerlichen
Unruhen, die übe^ ein halbes Jahrh^dert die JBngländer, Schotten,
und trländer den widrigsten Parthei^ngen und zweideutigsten Ver-
wickelungen überlieferte, scheint der gesammten geistigen Entwieke-
lung des Volk seinen neuen Charakter aufgeprägt zu haben. Di^er
machte sich auch, im Gebiete der Poesie geltend in einer übermässig
reflectirenden oder schwermüthigen Geistesriohtung, die efst im
achtzehnten Jahrhunderte mit der sat/risch-hümoristischcn, oder der.
sentimental-naiven Auifassungsweise abwechselte. Daher stossen
wir in den Dichterwerken jener ficüheren Periode auf poetische
Charaktere und Schilderungen, die zwar ein tiefes Studium erfin-
den und in den einzelnen 'fheilen als wahr nachweisen kiM^n,
die aber den LeAer kalt, lassen, un4 ihre Wirkung verfehlei^
. Bas Britische Beich. 529'
ire!l sie «etbtt die eigentlicben Gr&nseo der Poesie ftbertehritten
haben. AU Typus möge hier der grösste Britische Dichter die-
ser Zeit genannt werden, John Milton (London 1608, '^ 1674)
in seinem verlorenen Paradiese. Der Uebergang von diesem re-
ligiösen Epopöen cu rein didactischen Gedichten und ron diesen
wiederum sur'Satjrre darf nicht weit gesucht werden^ denn er
liegt in dei^ obigen Entwickelnng des Volkschacakters. Daher
wurden die ^rei griissten Meister dieser Zeit Jonathan^Swift
(DubUn geb. 1667, f 1745), ^dmund Young (1681, f 1746)
und AlexaJlder Pope (1688, f 1744) lange Zeit als unerreich-
bare Muster für die mannigfachen Dichtungsarten gepriesen, und
auch selbst in den Fächern, von welchen diese sich surückgesogen
hielten, blieb ihr Einfluss nicht su verlfennen, wie dies besonders in
den frostigen aber schulgerechten dramatischen Dichtungen dieser
Zeit su bemerken ist Da erwachte in Grossbritannien vor hundert
Jahren wieder eine allgemeine Liebe für die Dichter des Zeitalters der
Elisabeth, es war eine Rückkehr der erkünstelten Poesie zur einfa-
eben und wahren Natur, und iwar auf dem eigenthüralioh Britischen
f Wege in der Entwickelung der Kunst, wie wir oben bei der Malerei
gesehen haben, indem die sentimentale Darstellung der Natur, od«r
die naive Auffassung wahrer Gemälde eines beschränktefi bürgerli-
ehen Lebens besonders beliebt wurden. Dies offenbi^t sich am voll-
kommensten in den beiden Irländem Laurenee Sterne (geb. sn
Clonwell in Irland 1713, fsu York 1768,) und Oliver Goldsmith
^ (geb. in der Irländischen Grafschaft Longford 1718 fiu London 1774),
aber es ist auch schon früher in dem beliebten Romanendichter Sa-
muel Richardsott (Derbjshire 1689, fsu London 1761) nicht su
▼erkennen, der zwischen Swift und diesen steht Der neuesten
Zeit aber war für Grossbritannien ein universellerer Charakter
der Dichtkunst vorbehalten, indem sie auf jener Bahn fortschrei-
ten c^ an dem Studium der Classiker des Alterthums und ihre«
eigenen Vaterlaiides sich auffrischte. Das Gröiite ward' in die-
ser Periode durch die Schottischen Dichter erreicht, deren Ein-
fluss au& die gesammte gebildete Welt durch sahllose glückliche
und verunglückte Nachahmungen sich bis lur heutigen Stunde
äberaU kund giebt '
Als die beiden h5chst gestellten Repraesentuiten behaupten
ihren ausgexeichneten Standpunkt Scott. und Bjrop: Waltclr
Scotti,(Edinburgh geb. 15. Aug. 1771, f su Abbotsford d. M2s
SchaberfsStatlstiiLU. 34
530 Das Britische Beiok ^
Sept 1832X alt der Heerf&hrer iler neoeti Ustoriichen Vo^elle, «fai
der uaver|[;letchliche Meister, welcher die Vergaug^heit gleich der
leben^Hi Gegenwart su veranschaulichen weiss, und die Leser seiner
Gedichte als theilnehmende Augenzeugen auf den Schauplatz seinte
Darstellungen hinaufxuheben vermag, aber dennocb sich nicht dem
Charakter seiner Nation in der grossen Neigung su ausführlich dar*
stellenden Beschieibungen und oft ängstlich gesuchter Belehrung
•entjBiehen kann. George Noel Gordon Lord Bjron
(geb. in Schottland 1788, f sa "Missolunghl 19. Apr. 1824), das
grösste Dichtergenie der Briten in der neueren Z^t, vereinigte
auch zi^leich in sich die dem poetischen Charakter dieses Volks
efgenthümlichen Vorzüge und Fehler in st&rkster Potenz^ Bei
Naturschüderungen oft von unnachahmlicher Kraft» schwächt er
den Totaleindruck des Ganzen, wenn er in der Entwickelung
der menschlichen Charaktere durch wilde Ausbrüche der Satyre
oder «in verz^rendes Gift hämischer Ironie sich hinreissen lässt»
oder die Gluth des dichterischen Feuers durch kalt didaktische
Refiexionen erstickt Darin überall ihm ähnlich, nur correeter
in der Durchführung der dichterischen Composition, aber auch
weniger selbständig in genialer Productionskraft, steht seiri^ Freund
der Irländer Thomas Moore, der geachtetiite unter den ni\(ch
jetzt lebenden Englischen Dichtem (geb. zu Dublin 1780 d. 28.
Mai). Ihr vereinigter Einfluss wird .für Grossbritannien und fr«
land noch lange der jungen Dichterwelt die ausgedehnteste Lauf-
bahn cur Uebung ihrer Kräfte anweisen*
Die politische B er edts am keit hat in diesem Staate bis auf
die jüngste Zeit allein ihr Vaterland im neueren Europa gehabt, und
die ganze Bildung des Britischen Staatsmannes bleibt von Jugend" an
darauf gerichtet, auf diesem Felde dereinst eine allgemeine Aner^
kennung seines Vaterlandes oder mindestens seiner politischen
Parthei zu erringen. Nicht durch das künstliche Ausarbeiten
der Reden in seinem Cabinet kann er diesen Ruhm sich erwerben,
nur Uebung des Nachdenkens, ausgebreitete politische Kenntnisse
und vorzugsweise die genaueste Bekanntschaf tmit allen Beziehungen «
seines Vaterlandes, sowie allgemeine Redfertigkeit sipd die Gaben,
welche der Britische Rednel bereitii besitzen muss, wenn er sich auf
d^n Kampfplatz in dem Hause der Commoners oder Peers nagt Je
teehwieriger in der neueren Zeit di^ politische Beredtsamkeit sich
machte weil die ungemeine Ausdehnung der politischen inneren und
Pas BritUclie Beicht SI
VcribUtpiMe ciMt Ef ylkdif SCiatat
ÜMg» 4«i G«i«ft ■utMateml CmI erdridct. »4 4a4«rdi 4ie
gate ^ciM« gtÜMgoMB ExMgß aaf 4ieMft Feld« «m €ut ent-
rtckt, «m M 'kftkcr wM 4m Ehfe «äo, wena 4i«Mr £rf«lg
wirklkk cmiekt wird. CM ia der Tli«l, das BricUch» FarU-
aicttt iraaa aas den letrtea aehlaif Jabrea die aa^eseiduietstea
RadMT ab Maater •> aafilallea, die darek ikr Beispiel aU die
lekrmelMfe 8elHÜe fir die fernere ehreoToUe Fortdaner Mer
8laacekeiedtsa»keit fo GrettlH^Kaaniea fortwirkea trerdeo. Wir
wmdgiem Ucr aar aa die Cerjrphaen der Tertehiedeoca Ricktaagea
der Britieeliea Staatsberedsanüceit erinoeniv an Williaai Pitt
den alteren, Graf ran Cbatam (geb. ITOS^f inder GraftekaftKent
1778), aaEdmaad Barke (Dnblia 1730, f London 1707y, an Wil-
liam Pitt den jftngeren (I7S0 gek.,t£ondon 1800). anCkarles
Jamal Fox (gek. 1748, f 1806), an Rickard Briatlej Skeri-
4»n (gek. Daklia 1754, f an London 1810), an George Can-
Bing (Irland gek. 1770, ^ an London 1827) and aa die keiden
giMtea jetat lekenden EngUteken Redner, wie veräbhieden sie
aaek Ton «nender in der Bekandlang der G^;enttinde nnd in
dem Gekraack der oratoriieken Mittel sein mdgen, an Henr/
Lord Broagkam (gek. Ka Londoh 1770) und aaRokert Peel
(gek. in Lnacafkire 1788).
sogenannten Faealttttwissensekaftenki^ea,waa
dea wissensekaftUeken Fortkaa im Allgemeinen anketriff^ den Eng*
l&ndera sekr wenig aa daake% aker iberallstassen wiraafaasge*
aeieknete Leistungen in der praetiseben Anwendung derselken- -^ Dit
T ke o r» g i e erfreut siek Torsugsweise geaektalsr Kanaelredner, wie
lokn Tillotson'si des Ersbisekofs ronCanterkur/ (gek. 1630, f
1694) und Hugk Blair's (Edinburgk gek. 1718, f 1800), ok«
gleiek auck die Expose des alten und neuen Testaments bei den Bri-
ten in den lotsten awei Jabrkunderten nickt yerna^Ussigt gaklie*
ben ist Die Jurisprudens stekt noek weit weniger angekautd^
*) p. H. Hegewisck, Gesckickte der Englischen Fsrlaments*
beredlsamkeit, Altona 1804, welche aaclT Ohandler, Timberland und
anderen Saaualongen der Parlaaentsdebatten aas dem achtaehatea
Jahrhunderte gearbeitet ist, bietet auch jeUt aoch eiae recht beeck-
tenswerthe Uebersicht überNlie £«|wickelaBf and Fonschrltit
ParlaaMaisberedtsamkeit te«
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) '
/
533 Daii Britieehe Beicb.
da ihre grftssten Rechtsgelehrten auch nigleieh als die feeaeh&ftig»
•ten Praktiker in Thätigkeit sind, und daher für ihre sehrift-
atellerischen Arbeiten weder gründliche £|forsohung der Quel«
len, noch mühsame Errichtung systematischer Handbücher, noch Mo«
nogrnphienrdie bei grossen Geistesanstrengungen nur geringe Beach-
tung im Publicum finden^ sich cur Aufgabe wählen. Daher stehen
William Blakstone (zu London geb. 1723, f 1780 zu Loa*
don) und Jeremias Bentham (geb. tu London 1735, f 1832)
völlig Vereinselt da. — >> Die Media in gi4>t cu sehr ähnlichen
Bemerkungen Veranlassung, denn selbst die beiden historisch
• merkwürdigsten Erscheinungen» die für diese Wissenschaft von
Grossbritannien ausgingen, Joh. Browne^ 8 (geb. in Bemikshira
1735, f au London 1788) Erregungssystem und die seegena-
reiche Entdeckung Eduard Jenner' i (in (^loueestershire geb.
1749, \ SU London 1823) in der Anwendung der Kuhpockea,
wurden auf dem Wege der Praxis gewährt — Es kann abfr
hier allerdings nur des allgemeinen literarischen Charakters Er^
wähnung geschehen, da bei jedem grossen Volke einxelne wissen»
schaftliche Entdeckungen in den verschiedenen Fächern voraus-
gesetst werden dürfen, ihre AnfTührung aber hier keine geeignete
Stelle findet Halten wir aber jenen aligemeinen literarischen
Charakter des Britischen Volks uns stets vor Augen, so wird es
V uns leicht erklärlich, welche Wissenschaften hier die unumwun-
denste Anerkennung su erwarten haben und*demnach wohl auch
die beachten^werthesten Fortschritte erwarten lassen. Die ape«
eulative Philosophie findet daher für tiefe metaphjsiaohe
Untersuchungen hier keinen geebneten Boden, und seit Baco von
Verulam's (London 1561 geb., f 1628) und Jchn Lockere
(b. Bristol geb. 1632, f b. London 1704) trdüichen Forschungen
ist man auf diesem Gebiete eigentlich nicht weiter vorgedrungen,
sondern nur damit beschäftigt, <ße aufgestellten Lehrsätse dieser
grossen Männer nach allen Richtungen hin m erläutern und weiter
auszuführen. Dies isl die Aufgabe ihrer grossen praktischen Philoso* '
phen Anton Ashlej Cooper Graf von Shaftesbury (geb.
London 167 |,f Neapel 1713), des Matthews Tindal (Devonshire
1655, t Oxford 1733), des David Hume (Edinburgh 1711, f 1776)
tt. m. a. Aber um so eifriger ist das Studium der auf phiiosophi«
scher Grandlage beruhbndeA Staatswissensehaften und Na-
turwissenschaften betrieben. Haben jene seit Thomas Hob«
bea (Malmesbarjr 1588» f 1679) und feinen politischen Gegner
f '
Das Britische Beicb» es$
Joha Iiocke, den BegiÜndern der iinbeaehrinkt monarehigehes
und der conititattonell nonarehiieUes poUtUchen Sjeteme die
Stuumführer Eoropu Tonügliefa in Groisbritennien gefunden, ha-
ben-dadaroh. die nahe yerwandten Untenudiungen \t Jedem Theile
der Staatftwirthschaft gleichfalU ihre Hauptarbeiten seit
Adam Smith (b.£dinburgh 1723, f 1790), aeit Arthur Young
<I741, t London 1820), Th. R. Malthifi (geb. J774, f London
1834), J. Ricardo n. a. w. ron den Britischen Schriftstellern
erhalten ; lo sind die Naturwissenschaften seit I^aacNewton (Lin*
colnshire 1642, f ^ L'^don 1726) mit ausserordentlicher Reg-
aamkeit and allgemeiner Thennahme' gefördert ^worden, ohne das»
wir hier die yielfaehen grossen Verdienste der Engländer für Phjr-
aik, Chemie, Mineralogie, Botanik und Zoologie auoh nur weiter
iindeutetf können. — Gleicher Eifer und gleicher Erfolg dürfen
aneh von allen mathematischen Wissenschaften und na-
mentlich Ton der Astronomie gerühmt werden, seitdem
Newton's und Edward Halley^a (London 1656, f 1742),
John Flamsteedfl (Derbj 1746, f Greenwich 1720), John
Bradle/a (Shimbom 1692, f 1742 au Greenwich), Wil.h.^
Herschers (Hannover 1738, f 1822 b. London) Meisterarbei-
ten diesen Wissenschaften in England einen neuen Aufschwung
gegeben haben. — ^
B0i dem Stadium der elassisehen Philologie, so wie
bei dem der allgemeinen' Sprachkunde überhaupt, wird weni-
ger die grammatische Gründlichkeit hervorgehoben, als hauptsäch-
lich die Aufmvksamkeit auf die Erläuterung der. Schriftsteller
und das Eindringen in ihren Geist gerichtet In diesem Geiste
wurde seit Richard Bentlej (i. Yorkshire geb. 1662, f 1742
SU Cambridge) fortgearbeitet, und John Davies (London 1679
geb., f Cambridge 1732), Conyers Middleton (1683, f Cam-
bridge 1750), Jeremies Markland (1693, f zu Cambridge
1776), Gilbert Wakefield (Nottingham 1756, f au Hacknejr
1801), Richard Person (Norfolkshire 1759, f London 1808)
pflanaten diese Schule bis auf die Blomfiel'ds und Peter
Paul Dobree der neuesten Zeit fort Aehnlich dieser Behand- -
lungsweise der Philologie erscheint der allgemeine Charakter ihrer
Hist^oriker, die in der Darstellung der Begc^nlieiten durch
tief eindringendes Urtheil und umfassende Forschung ein ni5g«
liehst wahres und vollständiges Bild der Ereignisse uns vorsu-
fHbren sieh bemühen. So die Meister David I|ume (s. oben
1
SM
Das Britigche Beicli;
und Edward Gibbon (geb. 1737 tOs/der 43rafSieh«ft Sorrey^ f
SU London 1794), die bei allen ihren Fehlern im Einteilten doch
wenige Geichichtschreiber unter allen Tölkem der neueren Zeit
finden lassen, die einen sblehen dauernden Totaleindruek gew&h«
ren. Aber, auch b^ den sahireichen späteren gediegenem ArCei-
ten dieses Faches, denen wir in der Darstellung nicht einen so
liohen Rang ansiiweisen vermögen, athmet derselbe Genius der
klaren, anschaulichen und gründlich umfassenden Behandlung
fort, wie dies auch den geach testen Namen unter den gegenwär-
tig noch lebenden Geschieh tsohreibem, einem Henry Hallam,
einem Soh. Lingar^ nachgerühmt werden muss. Daher sind
einzelne ihrer statistischen Arbeiten (s. oben 9« lund Ab*
theilung 1., S. 64 und 65), wiewohl selbstständige Untersuehun-
gen bei den Briten nur von dem vaterländischen Staate unM sei-
nen Colonien [geliefert sind, musterhaft durch ihre susammen^
hängende Vollständigkeit,' wie Sinclair und Buchanan. Aus
.denselben Grunde Lallen aber auch die Reisebeschreibnn-
igen der Engländer, namentlich wenn sie Griechenland oder
den Orient mim Gegenstand nehmen, ausgeseichnetes Verdienst^
weil ihre Bildung, die^ das Alterthum sprachlicli und sachlich
mr Grundlage nimmt, die angemessenste Vorbereitung und ihr
«mfassendes politisches Urtheil den sichersten Maasstab für Ver-
gangenheit'und Gegenwart gewährt
Die gesamnite literarische Ausbeute eines Jahres^
verglichen nach der Zahl der Öffentlich bekannt gemachteil
Werke mit den beiden Leipziger Messcatalogen, giebt einen
grossen Vorsprung der Dedischen Literatur. Dagegen ist der
Absatz gediegener Werke wegen der grossen Zahl ansehnli^er
Privatbibliotheken gesicherter und deshalb verhältnissmässig die
Masse de^ jährlich erscheinenden neuen Auflagen in Gross-
britibnien ungleich grösser. Der Buchhandel lieferte um das
Jahr 1770 im Durchschnitte Jährlich 400 neue Werke und 350
Flugschriften und Schulbilcher. Fünfzig Jahre später ersehea
wir aus einem fünQährigen Durchschnitte (18|}) jälyrlich 800
neue Werke von dem Bufchhanclel geliefert, deren Kosten gegen
200'000 <3 St (1,400,000 ThI.) betragen: ausserdem lOSO neue
Auflagen mit einem Kostenaufwande von 275,000% St. (1,925,000
ThL) und 1200 Flugschriften und Schulbücher, die gegen 100,000
<S St. (700,000 ThI.) kosteten, also der Gesammtbetrag des Britischen
^Buchhandels machte damals für ein Jahr 575,000 |l St (4,025,000
Dm Briti84:lie Beiclu 636
Thl.). Seh dieiör Zeit bemerkt man ein Jlhrliehee Steigen ia
der Herausgabe nett ertehienener Wi^rke, ohne jedoch gleichsei-
tig daieelbe von den neuen Auflagen wahrnehmen su können.
Im Jahre 1831 waren nach Benti literarischen Anzeigen 1100
neue Werke» 61 neue Original-Kupferstiche und 11 Lithogra-^
phien ror, und, 1832 1180 neue Bücher, 94 Kupferatiche und
5 Lithographien herausgegeben.
X Die Zahl der Bände der ^u erschienenen Werke betrug 1 828
z= 1105, im Jahrc»'J832 = 1537, es fand also durchsehnittlich
In den letzten Jahren eine jährliche Zunahme von 67 — 68 Wer-
ken und 92 — 93 Bänden statt, welche hauptsächlich durch die
ch0ap ltbraine$ (unsere Pfennig- oder Taschen • Ausgaben^ ent-
standen sind. Dadurch hat sich auch der DuröKschnittspreit dea
Bandes, der sich noch 1828 auf 12 ShiU. (4 Rthlr.) belief, 1832
auf 10^ Sh, (34 Rthlr.) ermässigt Die beiden Hauptplätze des
Britischen Buchhandels sind London und Edinburgh. In LondoYi
befanden sich 1835 allein 832 Buchhandlungen, also fast einjp
eben so nosse Anzahl, als die sämmtlicher Verlagsbuchandlun-
gen für ganz Deutschland beträgt Von diesen waren 481 aus-
schliesslich Sortimentshändler und 324 Stationers, die gleichwie
, viele Buchhandlungen im südlichen und wesllichea Deutschland
zugleich mit Papier und Schreibmaterialien handeln. Verlags- ~
handlungen giebt es hier ausserdem 27, von welchen 6 nur ih-
ren eigenen Verlag verkaufen, 21 andere aber sowohl eigene alz
im Auslände erschienene Bücher'zum Verkauf stellen. Von diesen Ver-
lagshandlungen *1 in London wurden 1830 1170Werke und 1834 1270
Werke, jedoefTmit £inschluss der na^en Ausgaben, Zeit- und 'Flug-
schriften und 73 Kupferstiche, darunter 2U Portraitsiiekannt gemacht«
Die Zahl der grossen Buchdruckereien in, London war 150, dia
der Kupfer- und Stahlstecher 410. -— ' «
Die allgemeinere Theilnahme des grösseren Publikumaandon
populären Erscheinungen der Literatur* hat in den letztep^ sechszig
Jahren sich unglaublich vermehrt Die Nordamerikanische und die ^
Französische Revolution, welche gleichzeitig einen ausserordentU-
*) Als die grosste machte sieh 1830 die Buchhandlung I^ii|(man
gelten/, welche jährlich 500,000 Bände verkaufte, 60 Ladendiener
hielt, ^50 Drocker und Buchbinder beschäftigte, und allein fiir An-
kündigungen ihrer Bücher in den Zeitungen jäbrlieli iaOO-% St
(38,500 Rthlr.) au;$gab,.
5lft Das Britische Beicb.
\^€n Anttow der politiicben üidttftrielleii und intellectoelleii Eni-
wiokelung Grotsbritaooiens gab, eneugte auch niobt minder eine all-
gemeine Leiea ueht, die licb bis in die niedrigsten Volksklaa sen ein-
drängte^ Es wurden Romane, uiH durcb Pbantasien aus Torgespiegul-
ten Lebensverhältnissen die Zeit in den wirklieben ni vertreiben, mit
politiseben Schriften abgewebhseit, welche den Leser auf dieleich testo
Weise bald die Rolle eines Feldherren und Staatsmannes, bald
die eines Kapitalisten, Fabriken-Inhabers oder grossen Gnindbe-
•itiers übernehmen liessen, um jedem Stande den besten Rath
ohne Kenntniss von der Sadie selbst m ertheilen. Dahev be-
fanden sich in London vor dieser Zeit 1770 nur 4 Leihbiblio-
theken, 1821 bereits 121, 1625=170 und 1S3^ mit den Lese-
Cabinetten, in welchen vorsugsweise Zeitungen sur Leetüre vor-
gelegt werden, vereinigt schon 360. In ganx Grossbritannien
war die Zahl der Leihbibliotheken 1821 =000 und 1835 gegen
1200. Ausserdem aber gab es noch 1500 — 2000 BüdiergeseU-
sfihaften oder Bücher-Clubs, welche, eine Menge Büdier yersebie»
denen Inhalts lunter ihren Mitgliedern verbreiten, und g^en
5000 Leseinstitute für Zeitungen und Journale. ^
4 Zu demselben Ergebnisse für das in dieser Periode ausser-
ordentlich gesteigerte Lesebedürfniss gelungen wir aus der Ue-
bersicht über d^n gegenwärtigen Zustand ,der Englischen Tag-
bl^tter und Zeit«chriften. Die älteste Zeitung ist ih(f Engli9eh
Mercuriey weicher zuerst 1588 erschien, als die Spanische Ar-
mada die Englische Küite bedrohte. Doch blieb das Zeitungs-
wesen unter der Königin Elisabeth uifd den ßtuirts noch sehr
beschränkt, und ' erst seit den Zeiten Wilhelms VL wurde bei
der grösseren Pressfreiheit, seil der Aufhebung der Censnr
im lahre 1694, die Theilnahme für die politisd^en Neuigkei-
ten und Verhandlungen des Inn- und Auslandes lebhafter.
Da im 18. Jahrhunderte jedes einzelne Blatt 'einer Zeitung
gestempMt wurde, so ist die 'Uebersicht gleichseitig nach der
Zunahme der Zeitungen und der einzelnen Blätter derselben m
berechnen. ^ Unter Georg II. waren 1750 in^ ganz Grossbritan-
nien 40 Zeitutigen, von welchen 7,000,000 Blätter das ganze
Jahr hindurch abgezogen wurden. Dreissig Jahre später am
Ende des Nord amerikanischen Freiheitskrieges gab es 72 Zei-
tungen, von welchen 12,680,000 Blätter im Jahre abgesetzt wur-
den. Am Anfange der Französischen Revolution war die Zahl '
der Zeitungen 1792 bereits auf 146 ipd die der einzdnen Blät-
Das Britische Reich.
537
ter auf 14,210,760 gesteigert Am Ende det CoBtinentftlkrlegee
1814 war die Zahl der Zeitungen 276, und die der einzelnen
Blatter im ganien Jahre 25,186,396, wovon allein 1 1,000,000 BIfttter
in London gedruekt wurden. Diese hraefaten an. Stempelgebüh*
ren für die Zeitungen .selbst ein 349,103 % St (2,443,721 Tfal.y
und überdies an Stempeigeflillen ftti^ die in^ den Zeitungen ab-
gedruckten Öffentlichen Anseigen 116,352 % St (814,464 Tbl.),
also überhaupt an Zeitungsstempel' 3,258, 185 ThL — äeit dieser
Zeit ist es nicht mehr gestiegen, denn im Jahre 1822 erschie*
Den in Grossbritannien allein doch nur 284 2^itnngen , da-
runter in London 57*), im übrigen England 134,, wc^ei sich
mehrere 2^itungen befanden, die su 6000 bis 7000 Exempla-
ren. . t&glich abgesetst wurden ; überdies wurden noch in die«
■em Jahre 70 periodische politische und wissensohkftliche Mo-
nats-, und Vierteljahrs -Zeitschriften herausg^eben. — G^en-
wärtig (1835) erscheinen an politischen 2^itungen im Umfange
des Britischen Staates der Zahl nach swar mehrere, aber der
Absatz der einielnen Nummern dieser 2i. im gansen Jahre ist
nicht grösser als 1814. Es sind in London jetst 12TagebUtter,
0 dreimal und sweimal in der 'Woche, 32 Wochenblätter, 180
Enfl:lische Provincial- Zeitungen, 50 Schottische, 76 Irländi-
sche, 11 auf den Inseln Jersej, Guemsej und Man, 1 sa
Gibraltar, 26 in Ostindien, 20 in Westindien, 13 in den
Britischen Besitxnngen auf Afrika (darunter aber 2 in Hol-
ländischer Sprache), 19 auf den Britischen Besitinngeh in Nord-
amerika (darunter 2 in FraniÖsischer Sprache), 16 in Australien,
yalso überhaupt 471 2Mtungen, die täglich oder drei-, iwei- und
*) Die Times sind im 19. Jahrhiinderte das gelesenste Eng-
lische Blatt, von welchem bereits 1801 =: 1,580,150 ^emplare ver-
kauft wurden y deren Stempelung 1^333 % St (110331 Tbl.) ein-*
brachte. Im J. 1819 wurden 2,200»782 Ex. und 1821 3»684,800 Ex.
verkauft; der Stempel der letzteren machte 44,746 % St. (313,2*21
Thl.). Im J. 1834 enthielten die Times 113,637 Anzeigen, die ausser
dem Zeitungsstempel noch 8522 S St. (59,654 ThL) an Stempelge-
fallen einbrachten. * Nächst den Times sind dib gelesensten ^ der
Courier (182*2 1,594,500 Blätter im Jahre abgesetzt) und der Globe
unter den Abendzeitungen, sowie der Mominf^-Herald und die M6r-
ning-Chronicle unter den Morgenblättem. Unter den 1/Vochenblät-
temwird der Observer am stärksten vericaufl» gegenwärtig Jede
Nro. in 10,000 ExeiHplaren.
538 Das Briiisclie Beiclu
einmal la der Woche heran Aommen«^ AuMerdera werleii in Chroga»
briunnfen un4 Irland noeh 99 MonaUichriften föc die verschie-
denen Gebiete der wiiientchafdiehen Literatur, '21 Vierteljahra-
achriften ffir dieselben G^enst&nde' nnd 39 Honataschriften
für jreKgiöse Erbauung der TeraehiedeneQi christlichen Religiona-
partheien herausgegeben«
Auf dne würdiger^ Weise dienen ala erfreuliche Zeichen ei-
. ner weit' verbreiteten 'höheren geistigen Bildung die vielfachen
' gelehrten Vereine für einselne Zweige des literarischen Wir«
kens. Denn ausser den bereits oben (S. 514 und 522) angeführ-
ten königlichen Gesellschaften fUr Wissenschaften' und schöne
Künste, sind noch m London die Gesellschaft^ sur BefSrdemng
der Künste» des Handels und des Gewerbfleisses (gestiftet seit
1753), jetxt von einem Präsidenten und 16 Vice -Präsidenten ge-
leitet, die g^eplogische, die soologische, statistische, die knedicinijphe,
die ehirurgbohe^ die antiquarische, die Gesellschaft der Kupferste-
cher und noch funfiehn andere wissenschaftliche Vereine. Zu Edin-
b^urgh ist nach dem Muster der Londoner 1782 eine königliche
Gesellschaft der Wissenschaften (Royal -Societj, vorsügsweise für
mathematische und Natur- Wissenschaften), femer der Wemersche
naturforschende Verein seit 1808, su Ehren unseres Landsmannes
als Begründern eines neuen geologischen Systems s(^ genannt,
die königlich medieinische Grcsellscheft aus mehr als 1000 Mit-
gliedern bestehend, die astronomische GeseHsehaft 1812 mit einer
eigenen Sternwarte ^auf Caltonhill, die Gesdischaft der Alter-
thumsfreunde Schottlands, 1783 gestiftet, die Cal^donische Gar-
ten-Cultur- Gesellschaft sur Veredlung^ der Gartenfrüchte ipd Gar-
tengewächse 1809 errichtet; die Cresellschaft sur Beförderung des ,
Ackerbaues und der Viehsucht in den Hochlanden, die Gesell-
Schaft sur Einführung und grossem Verbreitung der 'Englischen
Sprache, die Gesellsch. sur Ausbreitung des Christenthums u. s. w«
Zu Dublin bestehen die königliche Gesellschaft der Wissen-
schaften^ wie die su Edinbu;rgh, seit 1749 gestiftit, die könig-
liche Academie für die Alterthümer Irlands ceit 1786, der Dubli-
ner naturhistorische Verein n. s.w. Zu Birmingham die philo-
aophitche Gesellschaft, su Liverpool die naturhistorische C}e-
sellschaft, au Manoheater die gelehrten Vereine für Literatur
und Philofophiey für Philologie, fttr Landwirthschaft n. a. w.
Das Britische Beio^ Q9
C. Die Tetfassung des Britisd^ien Reichs.
i 14
Die jGrundgesetze der Staatsverfassung«
Tk0 SiatMte$ of th0 Realm, prmt0d hy eawmumi af "
fC Georg III, from originai reeordt and authentie Momh*
MeriptB, London 9 voL foL Diese Sammlung enthilt Tollatiodig
alfe Freiheitsbriefe y welche den Engländern ron ihren fCönigen
■eit Heinrichs L Zeiten (von 1101 ab) gegeben sind. G. F.
V. Märten s Sammlungen der wichtigsten Reichsgnindgesetie»
Göttingen 1704 1. T&L Grossbritannien, Schweden und Dä-
nemark. — De Lolme's för das achtiehnte Jahrhundert beach*
tenswerthe Werk Ober die Englische Verfiassung ist nunmehr durch
die g^nwftrtig voriiegenden Original-Untersuchungen der Eng-
länder fiberflussig gemacht, unter denen wir nur die hen^erkm«
werthesten ausseichnen: John Miliar, an htiiorieal vüw of
the Engli$h govemmont from the oeitUmeni of tho SaxonM in
Britain io the revolution in 1688, London 4 ToL 8vo. 1786» ^
4. Originalaufl. 817 8fo. Die ersten drei Bände, welche die
historische Entwickelung enthalten, sind von Geh* Rth. D. K. EL
Schmidt, Jena 1819 — ^20 8vo. in 3 Bd. öbersetxt — Henry HaU
lam% the iconetitutional htgtory of England from the aece$9ion
of Henry FII, to the death of George //., London 1827,
2 ToL 4to.: ein correcter Abdruck** ist die Ausgabe Paris Bau-
drjr 4 rol. 1827 8vo.: eine vollständige Uebersetsung dieses Wer-
kes besitzen wir noch mcht ün Deutschen, •« Lord John
*) AU ein^tehr treffliche Einleitung zu diesem h5chst ach-
tongswerthen Werke dient desselben Verfassers geschichtliche Dar-
stellung des Zustandes von Europa im Miitelaltci^, die ivf zweiten
Band die historische Entwickelung der Englischen Verfassung wäh-
rend des Mittelalters als den Kern des ganzen Werkes enthält. Wir
besitzen von diesem Werke eine gelungene Uebersetzung nach der
zweiten Originateusgabe von B. J. F. von Halem t Sände^
Leipz. 1820 ^vo.
\
.•
MO Düs BrltiBche Beicb.
RumaI klstofy of th$ English govemmeni and e<m$tituiiaa
fiom ih$ aceespon of Henry VtL^ London 1824 \8vo.9 ins
Deutiehe übersetit von 'D. P. L. Kritx, Leipzig 1825 8vo.
^ Dieses Werk, welches in der gründlichen historii^chen Enhricke-
lang mit dem vorangehenden gar nicht su vergleichen ist, bleibt
aber immer sehr beachtenswerth, da es uns ein deutliches Bild
von den Ansichten des grösjieren Theils der Britischen Staats-
männer über die Englische Verfassung vor der Reformbill ent-
hält ^Damit sind zu vergleichen (Creevey) Letteru to Lord
^John Russell upon ht$ notice of a motion for a reform in Pan-
^ Uament^ '3. edit London 826 8vo.; diese Briefe suchten vomem-
Ijch die ursprüngliche Bildung deji Unterhauses naiihxuweisen. — -
Edgar Taylor th$ hook of Rights, or constitutional acta and
parliamentary proceedingg, London 1833 8vo. — Sc Km alz
SiaatsveifassungGrossbritanniens Büüle 1800 8vo. ^- England in
der Reform» Berlin J835 8to. -*
Die Grundgesetze dieser in seehs vollen Jahrhunderten nach
und nach auferriehteten und durch die blutigsten Bürgerkriege
behaupteten Verfassung, welche noch bis auf diesen Aiigenblick
staaterechtlicli gültige Kraft besitzen» sind folgende:
1) Die magna charta libertatum vom 15. Juni 1215, ge-
meinhin als das Palladium der Englischehen politischen "Freiheit
verehrt» und in Grossbritannien als the greäi chafter vor allen übri«
gen Freiheitsbriefen begrüsst. Doch ist ihr Inhalt diesem Begriffe
keinesweges entsprechend: denn sie trägt ganz besonders das Ge-
präge der eigenthümlichen Zeitumstände an sich, unter denen sie der
königlichen Gewalt von den beiden oberen Ständen abgenöthigt wor-
den ist König Johann befand sich in der grössten Verlegenheit, er
war zerfallen mit allen Ständen seines Volkes und hatte den Zorn
des Röipischen Stuhls im höchsten Grade gegen sich erregt; dies for-
derte damals gleichsam jeden Stand auf, soviel als möi(lich von sol-
cher Noth für sich zu gewinnen. Die Geistlichkeit erlangte vollstän*
dige Befreiung von aller weltlichen Gerichtsbarkeit und eine
ganz unabhängige Wahl der Bischöfe und Vorsteher der Ab-
teien. Der Adel machte sich frei von allen Geldlasten, vo|i
Vorspann und Lieferungen von. Lebensmitteln für das herumzie-
hende Hoflager des Königs. Qa fasste auch der Bürgerstand
sein Hauptinteresse näher ins Auge und rang vorzüglich nach
S^Ufreiheit für den grösseren Hafidelsverkehr. Der König blieb
I
Das J^ritische Reick.
4M1
»»
dadardi faat «onditieMlicIi aaf teiDe DomuBeo, bciehriiikt; die
inzwitekeD in England' aiidi nicht unbedeutend dirureo, da 1^*
belm der Eroberer bei der allgemeinen Einführung der Ldins-
Terfaasung naeb der' Eroberung des Landea 1600 Güter dtt
Krane vorbehalten hatte. Alle freie Stände hatten aber durch
diesen Freibeittbrief das für jene Zeiten überall heitschender Will*
köhr sehr grosse Vorrecht gpewonnen« dass kein freier Kann ohne
I Untersuchung in gcAnglicber Haft gehalten oder seiner Güter
beraubt werden, und- dass er nur durch seines Crleichen gerich-
tet Verden durfte {nui per legale judiciam partum 9morumJ.^
Ein reiehistiUidiger Ausschuss von 35 Bfi^liede^ sollte stets
über die Erhaltung der Landesfireiheiten sorg^tig waefaen: doch
nussten so grosse Beschränkungen auf der einen und so gewalt*
sam abgbdrungene Vorrechte auf der anderen S^te sehr oft
Reibungen und offenbare Verletsung der eiümal verCr^mftssig
festgestelltmi Bestimmungen hervorrufen. Noch innerhalb Jah-
resfrist widerrief Künig Johann selbst mit Crenehmigung des für
die Krone wieder gewonnenen Papstes einen Theil der Privile»
gien der Magna Charta^ und sein Sohn Heinrich DL musste
wegen oftmaliger Verletsung derselben sieben neue Bestäti*
gungsurkunden während seiner langen, aber durch Bürgerkriege
oft getrübten Regierung gewähren, die nicht selten neue Erwici-
terunj^n der ständischen Rechte feststellten, insgesammt aber
die Theilnahm^ der Stände in der gesetslichen Mitbestimmung
aller Verhältnisse des König^reichs Elngland vergrdsserten. Da
nun die financiellen Beschränkungen der königlichen €Uwalt
überall bei der Ausführung der für die Sicherheit des König«
reicbs nothwendigen Maassregeln die Hülfe der Stände nothwen»
dig bedurfte, und namentlich des Standes, dem die Steuerfrei«
heit von seinen Grundbesitxungen nicht xu Theil geworden wer,
so mussten dadurch Mittelbar mit der in dieser Art gestalteten
Entwickelung des politischen LebiNis in England auch die Rechte
des Bürgerstandes ansehnlich erweitert werden; seine Abgeord«, •
neten waren 1265 sum ersten Male lur V«rsammlutig des Adels
und der Geistlichkeit von Simon von 'Montiert, Graf /von
Leicester berufen, als dieser König Heinrich, III. besiegt nnd
gefangen genommen hatte. Die vollständige Anerkennung der«
selben erfolgte in dem sweiten Omndgesetie:
2) Siafutei made at Lofkdon^ ihe 10. Oei. 1297, Edo*
I
I
6tt Das Britisciia B«ich.
i^d L^'a.^ft.i in, wichen EdvaH L in dem Auf «nd swansig^
ston Jahre seiner Regierang bf t der Bee^Uigiiiig der magnfi ehartm
ausdracklieh die Qausel Hkf die kdaiglidie Gewalt hiniafifi^, data
ohne^ CinYiliigang der städtischen Deputirten keine Steuern fer-
nerhin erhoben ^irerden dürften. — Die glansrollen Kriege ^wi*
schen^lBagland und Frankreich im vienehnten Jahthunderte, die
Pertönliehkeit Eduards lU. und des Prinsen von Wales, des un*
ter dem Namen des schwanen Prinsen so rtthmlich bekannten
Feldhcrm, dje mannidifachen Verwickelungen der politischea
I VerhiUtnisse durch den erweiterten Besitzstand üi Frankreiefa,
_ Hessen manche Vorrechte Terjahren, unterwarfen auch die hdke*
\ ren Stilnde der allgemeinen Besteuerung und riefen nicht seW
ten die Ausschreibung von Steuern ohne Bewilligung der Stände
hervor. Da nun Richard II. auf ^demselben Wege fortfahren
wollte, «die anerkannten und beschworenen Privilegien des Lan-
des SU annuUiren^ und noch viel weiter als sein Grossvater Edu.
nrdlll. darin vorging, ohne dessen Mittel zu besitsen, so trat die ge-
iährlidiste^eaction ein, welche seinen Sturs veranlasste, das Haus
Lancaster auf den Elnglischen Thron hob', und während dessen Re-
gierang und der dadurch veranlassten Bürgerkriege zwischen der
Tothen und weissen Rose neue 'grosse ErilV'eiterungen der Engli*
sehen Verfassung ins Lebai liefen. Diese geben den Mittelpunkt
der gesammteif inneren Geschichte Etiglands während einee gan*
«en Jahrhunderts bis ^ur Thronbesteigung des Hauses Tudor
(1485). Die wesentlichsten Ergebnisse derselben, die nach ihrer
nenen Anerkennung im siebsehnten Jahrhunderte sich bis auf die
lieutige Stunde als Grundangel der Verfassung erhalten haben,
' dnd folgende. Die bereits in swei Versammlungen gesonderten
Lörds und Commoners (Abgeordnete des niederen Adels und der
Städte) erhalten wiederum aussehliesslich das Recht al^e
Steuern mi bewilligen und dureh Verweigerung derselben die ge-
sammte Verwaltung an&uhalten, oder nach der Majorität ihres^
Willens mi bestimmen, bei der Bewilligung aber für die einxel-
\nwk Theile der Verwaltung ihre etwannigen Beschwerden über
dieselben vorsubringen, und an die Abhülfe der einseinen dieBe*
willig^g der evhöhten oder verminderten Steuern ansuknüpfeh.^
Dadurch Wird eine ControUe Über die gesammte Staatsverwaltung
in die Ebnde deir L<Ards und Commoners gegeben und^ die For-
derung motivirt, /hohe Staatsbeamten zur Verantwortung zu zie-
hen, wie denn auch beiden Häusern suletst die Anklage und Be-
Das Bcitiscke Beiei. 54S
wtfhmg teteikcB tttritww wfrl. BailMi erlABgtaii 4ie Reidw*
afOmdß 'ia ^kacr PerM« iim Gewieft, 4m getaaimt» Volk gegoi
MgitUlicIi» Ver«rdhnni|t«B, VerfUtchuig dflrStmtaten sieb«r is-
stellcB, iadMi alle TIMle 4er geeetigc^en^en Gewalt geMeia«
■ e^af flieh 4eai Staatseherhaupte and den Pariettiente saer«
kanat waHea, alte jede Verordaaagy die die Sieherheic einet
IndiriduanM eder einer Gemeine gefUirden konnte, erst der Ge-
Behatigaag beider Hftaser bedarfite, welehe aber rQcktidililoeer
Bacb ikrer Uebenei^aag haadela konatea, da die^ Vonreebte der
Lorda aad CoaiMeners alt Oeeetigeber des Reiebe wfthrend ibrer
Amtafibraag and fir die Geeebifte denelbea TÖUige Redfreibdt
aad Niebtrerantirordi^keit lattekertea %
Deeb noeb eine atarke Probe masita die Englitebe Verfaetaag
beatebea, ebe tie dieee elamal eriaagtea Vorreebte aneb aiit fetter
Bebaaptang bit aaf die Gegenwart biniberfibrea keaate. DIee
war die eiteme R^ernag der beiden erttea Regenten aat dem
Haaae Tador, der Könige Heinrieb VII. aad VIU. wbbreed dl
Jabre (I485-— 547), weiche auf die TOUige Ertehöpfung det Lan-
des durch die Bttrgerkri^e folgte, in deaea gerade der gröttte Tbeil
det bohea and niedem Adely erlogen war, alto in den ertten SM* ^
tea aaf oinep kräftigen Wideretand gtf^etf die Eingriffe der Regiming
nicht gerechnet worden durfte. Bald daraaf liett die'giantroUe Re*
gierang der Königin Elisabeth, die fast ^ ein balbet Jahrhundert
dauert» and neue Quellen det Woblttandet für dat EngUtcha
Volk eröffnete, die Vertreter des Volke bei aundien Forderaa«
gen der Königin Tergettea, datt tie nicht aaf dem durah die
Landetrerfattang Torgetebrtebenen Wege gemaeht warden. Da*
durch warea 118 Jahre lang (1485—1603) mehrere Priirilegien,
die im Mittelalter durch harten Kampf errungen waren, fatt in
Vergestenheit gerathen, oder doch nicht in ihrem gaaaen Um-
fange and bedeutungtrollen Gewichte angewandt worden, alt
die Regierung der Stuartt gröttere Gefahr fOr pertönliche Sicher-
heit und lorohliche Freiheit der Englinder androhte and 'drei^
neue Grundgetetie berrorrie^ welche alt Bettitigung der alten
*) Diede Gegenttande «ad eimela tehr torgfaltig Toa Hall am
in der gecbichtL DarsteUang det Zottaadet voa Europa im M. A.
Uebert. v. Halem Bd. IL S. 358 a, folg. aateiaaadergeteiit wordea.
£44 Das Brititche Reich,
angeielieli werden dürfen, fmmer ab« die Grandlage der hentU
gen ElngUsehen Staatsverfassung bilden« |
3) Di( Petition ofrig^tg von 1628. — Diene Parlamente-
bill vnrde in Form einer Bittschrift im dritten Regiemngsjahre
Carls L tl627) eingebracht und enthielt s&mmtliche Beschwerden*
der verschiedenen St&nde des Reichs über >die ihnen entsogenea
Rechte mit der gemessenen Forderung , dass alle Landesprivile-
gien der Engländer fernerhin ungekrlinkt bleiben ,■ Niemand will«
kührlich verhaftet werden un^ das Eigenthum bei jedem geswun«
genen Darlelin unverletst erhalten worden sollten« Diese Forde«
niDg wurde von beiden/Häusern anerkannt und 1628 vom König
Carl I. genehmigt.
Die Verhältnisse der Republik England waren nur vorüber-
gehend und haben keine Grundgesetze für die allgemeinen Be-
Stimmungen der Staatsverfassuog zurückgelassen« Bei der Wie-
derherstellung des Hauses Stuart auf dem Throne Grossbritan-
^ niens veranlassten die Besorgnisse für die Erhaltung der reinen
evangelischen Kirche die Corporationsacte vom Jahre 1661 und
die Testacte vom Jahre 1673, ifber deren bedeutende Wirksam-
keit während mehr als ISO .Jahre wir bereit« oben S. 385—93
ausführlichere Erläuterungen gegeben haben«
4) Die HaheaS'^'CorpuS'Acts von 1679 oder Act for
the hetter Becurtng the Uheriy of the SühjectBy and for pre*
vention ofimprisonment heyond the i$0as.>Sie bestimmt, dass bei
irgend einem Aufstande nach Verlesung der Aufruhr -Acte zwar
jeder Theilnehmer an den Unruhen sofort verhaftet werden
kann, abeir dann in Zeit von 24 Stundeii verhört, und wenn
nicht ein begründeter Verdacht eines hohen Staatsverbrechens
auf ihm beruht, gegen Bürgschaft auf freien Fuss gestellt wer-
' den muss. Sie kann nur auf eigene Verantwortlichkeit der Mi-
nister, wenn keine Sitzungen des Parlaments sind, auf einen
kurzen Zeitraum bis zur Eröffnung des Parlaments suspendirt
werden. In den letzten 30 Jahren ist aber die Suspension häu-
fig von Seiten des Parlaments für unruhige Districte Irlands
«der für die ^anze Insel auf kürzere Zeit^ oder endlich auch
jmr die unruhigen Fabriken-Districte in England und Schottland
auf einige Wochen und Mopate beschlossen worden. ,
\
I
Das Britische Reiclu 645
*
Die Ai»toliliefsun|i^ der mäi^nlicheii Linie des Hartes Stu-
art Toil dem Throne von Groubritannien , fowie Sie Anerken-
nung der weiblichen Linie in Maria , der Tochter Jacobs II. und
ihres Gemahls Wilhelms III. von Oranien als Köpige dieses
Reichs, und der Prinzessin Anna, der Schwester Marias, als
eventuale Thronfolgerin in Folge einer freien Wahl wurden vom
Parlamente benutzt, staatsrechtlich die Verhältnisse zwischen der
höchsten Regierungsgewalt, dem Parlamente und dem gesammten
Volke festzustellen, was denn nicht ohne alle Erweiterung der
früheren Rechte geschah und nach der damaligen Entwickelung der
inneren Politik angemessen angeordnet wurde. Dies gewährte in
der That den Schlussstein für die Britische Staatsverfassung in dem
von Wilhelm IIL und Maria gegebenen Grundgesetze, so dass in den
darauffolgenden 143 Jahren bis zur Reformbill keine neue Privilegien
für das Volk, oder für das Parlament als Stellvertreter desselben in al-
len Beziehungen zur Staatsverfassung und Staatsverwaltung gegeben
wurden^ und die aus dieser Periode anzuführenden Grundgese^
nur die Thronfolge der Dynastie und die innigere politische Ver-
einigung der drei Königreiche England, Schottland und Irland
zu einem politischen Ganzen betreffen«
'' !
5) Bill ani declaraiion ofrighiB and 6uvce9$ionj
welche in das Parlament gleich nach der Vertreibüif|; Jacobs II.
im December 1688 einn^ehracht und nach ihrer Annahme von bei
den Häusern am "^Tf^ ^^^^ ^^^ ^^"^ Könige Wilhelm III. und
seiner Gemahlin Maria sanctionirt wurde. Dieses Grundgesetz ^
galt zugleich als ein Staatsvertrag zwischen Wilhelm III. und
dem Englischen Volke, weil nur unter den in denselben enthal
tenen Bedingungen ihm und der weiblichen Linie Stuart ein
Anrecht auf den Englischen Thron zugestanden wurde. Nach
denselben sollen niemals ohne besondere Genehmigung
des Parlaments neue Gesetze ^gegeben, vorhandene ältere ab-
geschafft, verändert, oder auch nur auf eine Zeit lang suspendirt
werden, sowie kein Unterthan des Britischen Staats von der Gewalt
der Gesetze befreit werden darf. Ein stehendes Heer ^) darf in
*) Daher ist^auch bis auf diesen Augenblick das Britische Heer
nicht nur das kleinste im Verhaltnisse zu dem Umfange dieses Staa-
Schabert'8 Statistik U* 35
/
546 Das Britische Reich*
Friedenszeiten weder geworben, noch erhalten werden. Die
Wahlen zum Unterhause des Parlaments müssen durchaas frei
von aller .Einwirkung der Regierung erhalten werden, auch die
fretesten Reden in demselben dürfen nur von Seiten des' Paria*
. ments gerügt werden, und endlich soll die oberste Regierungs-
gewalt sich weder eine zu grosse Geld- noch Leibesstrafe erlau-
l>en dürfen.
6) Act of Bettlement for th$ furtker limi'taiton of
tie 9ncce»ston of the croten and bettet securing ,tke
rights and liberties of the Suhjectg, am 12. Juni 1701
von König Wilhelm UI. genehmigt Dieses Grundgesetz ^chloss
nicht nur die früheren zur Sicherstellung der Rechte und Frei-
heiten des Englischen Volkiertheilten Privilegien ein, sondern nahm
auch zugleich in sich auf eine doppelte Bestimmung über die Thron-
folgeordnnng. Die erste war schon in eioer früheren besonderen Acte
des J.. 1700 enthalten, dass nur diejenigen Mitglieder der königlichen
Familie für successionsfahig erklärt wtirderi, welche sich selbst
zur AngUcanischen Episcopalkirche bekannten und mit keinen
Bekennern der Catholischen Kirche vermählt wären. Die zweite
verordnete, dass im Falle des Ablebens der Thrmifolgerln Anna
ohne Deicendenten **) das Kurfürstliche Haus Braunschweig-
litineburg - Hannover auf den Thron von Grossbritannien gelan*
gen sollte. An der Spitze desselben stand damals Kurfürst
tes und seiner Bevölkerung, sondern es muss auch noch jetzt für
jede Abtheilung desselben verfassungsmässig ein besonderer Zweck
zo^ ihrer ferneren Beibehaltung angegeben werden , wie z. B. Be-
satzung der Ausser- Europäischen Colonien, oder Unsicherheit ein-
zelner Theile des Staates gegen innere oder äussere Feinde, Ein-
übung einzelner Tnippentheile, um bei dem plötzlich eintretenden
Bedürfnisse die in den Colonien stationirten Truppen sofort abzu-
lösen«
*) Diese Besorgniss war in diesem Jahre um so grösser gewor-
den, als der einzige älter gewordene Spros^ aus der Ehe der Prin-
cessin Anna mit Prinz Georg von Dänemark, der Herzog Wilhelm
von Gloucester am 10. Aqg. 1700 in seinem zwölften Jahre verstor-
ben war, von den übrigen zwölf Kindern aus dieser Ehe aber keins
das zwölfte Jahr üblerebt hatte«
Das Britische Reich« 547
Georg Ludwig, welcher darch seine Matter SUiphia, eine Toehter
der Elisabeth Stuart (einzige Seh wester des Königs Carl 1.),
der Gemahlin des unglücklichen Kurfürsten Friedrich. V. von der
Pfalz, dem Erbrechte nach der älteste unter den evangeli-
■ chen Verwandten des vom Throne vertriebenen Königshauses
war. Denn unter den catholischeu Sprösslingen von der weibli-
chen Linie dieses Hauses gingen' ihm* voran der Herzog Philipp
Ton Orleans und die Herzogin Elisabeth Charlotte von Lothrin»-
gen, weil beide von der Herzogin Elisabeth Charlotte von Orleans
abstammten, die eine Tochter des Kurfürsten Carl Ludwig von
der Pfalz war, der als ältester Sohn der Elisabeth Stuart seiner
Schwester Sophia und deren Descendenten vorangestanden hatte.
Aber durch die Verheirathung mit «catholischeu Fürsten hatten
diese Mitglieder der weiblichen Linie Stuart ihr Anrecht auf den
Englischen Thron verloren. Der Kurfürst Georg Ludivig von
Hannover nahm inzwischen 1702 durch die Anerkennung dieser Acte
nicht nur die Thronfolge in diesem Reiche an, sondern er ge*.
nehmigte dadurch zugleich auch sämm'tliche vorausgegangene
Grundgesetze zur Sicherung der Rechte des EUiglischen Volkes.
In Folge dieser Acte bestieg er nach dem Tode der «Königin
Anna 1714 als ICönig Georg I. den Thron von Grossbritannien,
der gegenwartig von seinem Ur-Urenkel Wilhelm IV. in Folge
desselben Rechtes eingenommen ist
7) Die Unionsaete zwischen England [und Schott-
land vom IQ. März 1707, zufolge welcher die Schotten ga^s
gleiche ftechte und Freiheiten mit den Engländern erlangen,
80 dass beide Reiche seitdem nur ein Reich Grossbritannien*)
bilden, und durch ein Parlament zu London repraesentirt wer*
den, in welches Schottland für das Oberhaus 16 aus seinem ho-
hen Adel gewählte Peers und für das Unterhaus 45 Abgeord-
nete senden -^lollte.
•
8) Die Unionsaete zwischen Grjossbritannien und
Irland vom 2> Juli 1800, welche den protestantischen Irländern
*) Grossbritannien kömmt zwaf schon als Titel seit der Regie-
rung Jacobs I. für die beiden vereinigten Reiche vom J. \6'dß vor;
aber staatsrechtlich ist es erst durch diese Acte festgestellt.
35^
548 Das Britische Reich.
gans gleich mit den Engländern und Schotten, und den Catho-
liken dieselben bfirgerlichen Rechte bis auf den Eintritt in das Farla-
lnent(S. 388 — 89) gewährte, überdies ^j. der Staatsabgaben des ge-
lammten Britischen Reichs mit Ausschluss der Zölle für Irland be-
stimmte, das Irländische Parlament zu Dublin aufhob, und für da«
allgemeine in London von Irischer Seite in das Oberhaus 32 aus dem
hohen Irländischen Adel gewählte Peers und für das Unterhaus
100 aus den Grafschaften und Städten gewählte Commoners be«
stimmte. Elin Lord* Generalstatthalter tritt als Vicekönig mit ei-
nem Staats« und Unter - Staatssecretär und einem Kanzler zur
Seite an die Spitse der inneren Verwaltung nnd Rechtspflege
des Königreichs Irland.
- 9) Die Emancipationsacte der Cathöliken vom 29.
April 1829, welche den Bekennern der Römisch-Catholischen
Kirche . gleiche politische Rechte mit den übrigen christlichea
Religionspartheien einräumte, bereits erläutert S. 392 — 93.
10) Die Reformacte vom 6. Juni 1832. Diese wird,
da sie sich nur auf die Zusammensetzung de« Unterhause«
und auf das Recht der Theilnahme an den Wahlen der Mit-
glieder desselben bezieht, in dem §. 16 im Zusammenhange
mit den übrigen Besiehungen de« Unterhauae« genauer erörtert
werden. —
§. 15. /
Staatsform. Rechte der höchsten Staatsgewalt
und der regierenden Dynastie. * Titel.
Hofstaat Orden.
Die Staats form des Grossbritannischen Reich« ist gegen«
värtig für die drei Hauptreiche in Europa eine und dieselbe,
ein^ dutch mehrere Staatsgrundgesetze beschränkte Monar-
chie« mit dem Titel Königreich, welche« aber «owohl für
die übrigen Europäi«€hen Besitzungen, al« auch für die C^olor
Das Britische Reich. £49
nien in den andern £rddieilen nicbt dieselben' staatsrechtliclien
Beziehungen wafanranehmen hat, und eben so wenig den Bewoh-
nern derselben einen gleiehmässigen Antheil an den Berechti-
, gangen dieser Staatsgrondgesetse nehmen liUst
Die Reehte des Königs, als Inhabers der höchsten
Staatsgewalt, sind seit 1689 in der Lateinischen Formel von
den Englischen Politikern susammengedrängt: Rtx est ponit-
fex maximuBy gummu» regni cu8to9, ultimus regni
haeres^ omnipraesen», omnipotenSy infallihilis. Der
König \vLt also die höchste ausübende Gewalt und das Auf-
sichtsrechc in allen kirchlichen Angelegenheiten, in allen aus-
wärtigen Verhältnissen, indem (er'Krieg beginnt, Frieden schliesst
und Staatsverträge jeder Art mit auswärtigen Muphten eingeht;
dem Könige steht die Genehmigung jedes Gesetzes,' sowie
die Fürsorge über seine Ausführung zu; er bestimmt beim Er-
löschen seiner Linie die Erbfolgeordnung, jedoch dies nur mit Zu-
stimmung des Parlaments; er ist allgegenwärtig, d. h. jeder Act
der ausübenden Gewalt, also auch jeder richterliche Ausspruch
kann nur in seinem Namen vollzogen werden; er ist allmächtig,
•d. b. er ist unverantwortlich, er kann allein zu den Staatsäm*
' tern im Civil- und Militairdienste und auf der Flotte ernennen,
er kann ausschliesslich das Begnadigungsrecht ausüben, sowohl
in dem Ertheiien von Würden, Titeln, Orden, als auch in dem
Erlass oder der Milderung gesetzlich verwirkter Strafe^, endlieh
er ist untrügerisch, d. h. er kann als König kein Unrecht
thun *), oder unrechte Staatshandlungen können nur durch seine
Rathgeber ausgeführt werden, die dafür verantwortlich sind.
Doch sind diese Rechte der höchsten Staatsgewalt, inso^m sie
finaneielle Verpflichtungen dem Volke aullegen, nicht mehr un-
eingeschränkt, denn sie bedürfen in diesem Falle der mittelba-
ren Genehmigung des Parlaments, weil von diesem die Subsi-
dien bewilligt^ werden müssen, ohne deren Hülfe sie nicht aus-
geführt werden können. Z. ß. der König kann zwar einen
Krieg beginnen, ohne das Parlament zu beftagen, aber jede
Kriegsexpeditton bedarf ausserordentlicher Geldmittel, w^ das
*) So lautet der Spruch des alten Engiiscbea Staatslebeoa the
ICing can do no wrong.
V
^
\
SSO Das Britische Beiciu
Ausgabenbndget nur genau ftir die gewöhnlichen Bedfirfahse des
Friedenszuständes berechnet ist ]st nun der begonnene Krie^
gegen das Interesse der Nation, das sich in der Majorität des
Parlaments, oder auch nur des Unterhauses aliein ausspricht,
weil dieses zuerst über ^lle Geldbewilligungen zu bestimmen
hat, 80 wird die dazu nöthige Geidhülfe vom Parlamente verwei-
gert und der König dadurch genöthigt werden, den Kampf auf-
zugeben, selbst wenn er auch im Vortheile des Siegers sich be-
finden sollte. Daher ist es Pflicht des Ministeriums, sich früher
der Stimmung der Majorität im Parlamente für den Krieg zu
versichern, ehe es zum Unternehmen desselben anrathet, aber
- auch * in gleicher Weise bei verändertem Interesse des Volks
Während des Kampfes, sobald als eine allgemeine Missstimmung
gegen die Fortsetzung des Kriegs im Parlament eintreten sollte,
zum Frieden anzurothen, damit nicht die Regierung durch plötz-
liche Verweigerung der Kriegssiibsidien für das nächste Jahr
nur Beschleunigung det Friedensverhandlungen während gefähr-
licher Chancen des Kriegs genöthigt würde*).
Der König von Grossbritannien und Irland, so wie jeder
Prinz von Geblüt, muss nach den Bestimmungen der Acte von
1700 und der Act of nettlement der Englischen bischöflichen
Kirche zugehören. Das Königreich Hannover ist zwar gegen-
wärtig ein Eigenthum des regierenden Königs, weil derselbe der
älteste Agnat seiner Linie ist, ^ber es steht au|h nicht in der
geringsten Verbindung mit der Englischen Verfassung und Ver-
waltung, -so wie denn die eigenthümliche Erbfolgeordnung für
den Grossbritannischen Thron schon bei der nächsten Succession
eine politische Trennung beider Reiche unter zwei Regenten
wieder erwarten lusst — Der König des Britischen Reichs
stirbt nie, denn die Krone geht unmittelbar durch den Tod des
Königs auf den nächsten Thronfolger über, ohne dass er zuvor
gekrönt, oder von dem Parlamente anerkannt sein darf: er wird
*) Als Beispiel mag Riefür gelten die veränderte Stimmung
des Englischen Volks während des siebenjährigen ufid des Nord-
amerikanischen Freiheitskrieges. Es hat aber factisch die Regie-
rung seit der Rückkehr der Stuarts^ es nie bis zur Gefahr der Ver-
weigerung der Subsidien von Seiten des Parlaments kommen lassen.
Da« BritUche Reich. * SSi
nor nach dem Antritt der Regieruog in London, Edinbargh und
Dublin sofort aU.Kiinig aasgerufeD. Doch is^ eine Krönung
des Königs in London herkömmlich, wejche der Erxbischof
?on Canterburjr in der Abtei Westminster vor dem versam-
melten Parlamente und den höchsten 'Hof- und Staatsbeam«
ten, unter dem allgemeinen Eiulass des Volks, vollxieht. Bei
dieser Gelegenheit schwört der König folgenden KrÖnungseid:
„das Königreich und die dasu gehörigen Besitzungen nach den
im Parlamente aufgerichteten Verordnungen und Gesetzen su
regieren, durch seine Macht allenthalben das Recht su handha*
ben, aber auch der Barmherzigkeit eingedenk su sein, mit sei-
ner Macht, die Gesetze Gottes, das aufrichtige Bekenntniss des
christlichen Glaubens und die durch die Gesetze geordnete evan-
gelische Kirche su achützen, so wie die nach den Gesetzen zu«
stehenden Rechte und Freiheiten der Bischöfe und des gesanuu*
t^n Clerus aufrecht lu erhalten/*
Die Erbfolge ist nicht durch das sogenannte Salische Ge-
setz für das weibliche Geschlecht aufgeschlossen, auch nicht
nach der gewöhnlichen Deutschen Fürsten-Erbfolge-Ordnung so
bestimmt, dass die gesammte männliche Linie des regierenden
^a^8es'der weiblichen vorausgeht, sondern sie ist eigenthümlich
für das Britische Rei'ch dergestalt festgestellt worden, dass jede
Linie von glei ehern Grade für sich abgeschlossen bleibt, und
nur in di^er zuerst die Söhne nach dem Rechte der Erstgeburt
und dann die Töchter in gleicher Weise folgen, aber in Erman-
gelung der Söhne die Töchter ihren Vatersbrüdern und Gross-
Vatersbrüdern und deren männlichen Descendenten vorangehen.
Es geht also die Thronfolge von einer näheren auf eine ent-
ferntere Linie nicht eher über, als bis alle mähnliche und
weibliche Mitglieder derselben erloschen sind. Auf Georg HL
folgte demgemäss nach dem Rechte der Erstgeburt Georg IV., der
fiteste von seinen Söhnen, der nur eine einzige Tochter die
Princessin Charlotte hatte. Dadurch war seine Linie abgeschlossen,
und daher ging in dieser nächsten zur Thronfolge seine Toch-
ter als Thronfolgerin allen seinen Brüdern vor. Diese starb
(5. Nov. 1817) im ersten Kindbette» aber noch vor ihrem
Grossvater und V^ater, also ging nun, da Georg IV« keine
Kinder mehr hatte, die Thronfolge auf seinen ältesten Bru-
der Friedrich Heraog von York über, der iudess gleichfall«
S52
Das Britische Beich«
kinderioi war, und noch vor seioem Bruder dem Könige Georg IV«
starb (f 5. Jan. 1827). Diesem folgte darauf sein zunächst stehen-
der Bruder Wilhelm Herxog von Clarence, der jetzt regierende
' König (geb. d. 21. Aug. 1765), der wiederum ohne Kinder sich '
^befindet Aber bei gleicher Linie unter Brüdern und Schwestern
geht das männliche Geschlecht vor, also kommt nunmehr nicht
zur Englischen Thronfolge die dem Alter der Geburt nach zu-
nächst stehende Schwester Charlotte,' Königin von Würteniberg,
und weil diisse bereits verstorben ht (6. Oct. 1828), ihre zahl-
reiche männliche und weibliche Descendenz, sondern die Thron-
folge geht auf den nach ihr folgenden Bruder Eduard Herzog
von Kent über, wiewohl dieser bereits am 23. Januar 1820 ver-
storben ist. Derselbe hat aber eine einzige Tochter hinterlassen,
bildete also eine Linie für sich, die näher ist, als die der darauf
folgenden Brüder. Daher ist diese Prinsessin Alexandrine
Victoria <geb'. 24. Mai 1819) die präsumtive Erbin des Thrones
von Grosflbritannien und Irland. Diese Erbfolge findet jedoch kei-
nesweges für das Königreich Hannover statt, weil hier, wie in allen
Deutschen Staaten, der gesammte Mannsstamm desselben fürst-
lichen Geschlechts der weiblichen Linie vorausgeht: mithin ist
für dieses Reich der nächst folgende Bruder des Königs, Herzog
£mst von Cumberland und dessen männliche Descendenz zur
Thronfolge berechtigt. Diese Linie würde aber auch zur Thron-
'besteigung Grossbritanniens wiederum gelangen, wenn die prä-
sumtive Thronerbin Victoria unvorheirathct, oder doch ohne
jäinterlassung männlicher "^oder weiblicher Descendenz mit Tode
abgehen sollte. — - Erlangt abofr nun ein weiblicher Thronfolger
durch sein eignes Erbrecht die Krone vpn Grossbritannien, so
kann derselbe sich ausschliesslich des Titels König und aller
königlichen Rechte bedienen. Er kann unverheirathet bleiben,
oder zu meiner ebenbürtigen Ehe schliessen. In dem letzteren Falle
aber hat der Gemahl keines weges durch die Ehe das Recht zu dem
königlichen Titel und Ehren erlangt^ sondern er kann nur lieides
durch die Uebertragung seiner Gemahlin und Anerkennung des Par-
laments erlangen, oder er behält seinen ihm angestammten Ti-
tel und Rang. Die Englische neuere Geschichte bietet für alle
diese Fälle Beispiele dar. Die Königin Elisabeth blieb unver-
heirathet; Wilhelm IIL erhielt als Gemahl der Königin Maria
Ton ihr nnd dträ Parlamente alle Rechte des Königs, und be-
, haaptete auch dieselben nach dem Tode seiner Gemahlin (1695)»
Das Britiffohe Beicb. 853
obgleich er keine Kinder Von ifar gevenaen hi^te. Dagegen der
Gemahl seiner Schwägerin und Nachfolgerin Alina, Prins Georg
von Dänemark, verblieb stets nur in seinem ererbten Range und
in der Würde eines Grrossadmirals der Krone Englands, obgleich
er noch 6 Jahre nach der Thronbesteigung seiner Gemahlin lebte .
("t- 1708) und dreieehn Kinder mit ihr erseugt hatte» von denen
jedes, wenn es am Leben geblieben wäre, dnreh Erbrecht
seine Ansprüche auf den Thron von Grossbritannien behaupten
konnte. Derselbe Fäll der Nichttheilnahme des €remahls
der Königin an den königlichen Rechten war indess auch sthon
früher einmal vorgekommen, indepi Philipp IL König von Spa
nien, wiewohl mit der Königin Maria vermählt (25. JuL 1554),
doch während . ihrer ganzen darauf noch folgen den. Regierungs-
seit (f 17. Nov. 1558) auch nicht den geringsten Einfluss auf
die Englische Staatsverwaltung ausgeübt hat, noch den Titel ei-
nes Königs vop England führen durfte. — Die Volljährig-
keit des Thronfolgers tritt mit Vollendung des aohtsehnten
Jahres ein, während sie bei den übrigen Prinzen und Prinzessin-
nen von Geblüt bis nach zurückgelegtem ein und zwanzigstem^
Jahre ausgesetzt ist. Während der Minderjährigkeit des Königs
fuhrt die Königin -Mutter die vormundschaftliche Aufsicht über
die Erziehung, oder in deren Ermangelung der vom Könige noch
bei seinem Leben selbst, oder, wenn dafür nicht ausdrücklich vom
Könige gesorgt ist, ein vom Parlamente ernannter Vprmund. Die-'
ser kann auch zugleich in Gemeinschaft mit einem vom Könige
oder dem Parlamente eingesetzten Regentschaftsrathe die^ Regie-
rung leiten, es können aber auch beide Geschäfte von einander
getrennt sein: der nächste Prinz von Geblüt hat aber an sieh
kein Recht, die Regentschaft für sich zu fordern. Nur bei sn*
erkannter und unheilbarer physischer Unfähigkeit des regieren-
den Königs wird der nächste Thronfolger, wenn er bereits voll-
jährig ist, durch sein Recht Regent des Reichs. Die Regent-
schaft übt alle königliche Rechte aus, aiso auch die Genehmi-
gung der in den Häusern durchgegangenen Bills zu Gesetzen
des Staates: doch müssen in dem Falle eines minderjährigen
Regenten nach erlangter Volljährigkeit ihm die inzwischen sane-
tionirten Gesetze noch einmal zur eignen Prüfung vorgelegt
werden: eine sehr bedeutsame ControUe, um einen schrankenlosen
Missbrauch der Gewalt des Regentschaftsraths zu v^hüten. — Der
älteste Sohn des Königs ist gebor nor Hersog von Corn wall, Graf
y^
554 Das Britische Reich.
TOD ehester, Heraeg toq Rotfasay und Graf von Fliat^ lugleich
auch Gross-Steward ( = W&chter, Vdigt) dieses Reichs und Graf von
Carrick in Irland mit sämmtlichen Rechten und Einkünften von
diesen Stellen: aber die Würde eines Prinzen von Wales wird
nur durch ein besonderes königliches Patent ertheih, was bei
dem letzten Prinzen von Wales auch mit der Würde eines Gra-
fen von ehester geschehen ist Der Thronfolger darf nicht das
Reich verlassen 9 es sei denn zur VcfTtheidigung des Staates an
der Spitze eines Heeres oder einer Flotte: eine Beschrankung,
die für den König und die Königin nicht statt findet» da der
König nur während seiner Abwesenheit einen Regentsehaftsrath
ernennen muss.
Die Königin hat als Gemahlin des Königs während seines
Lebens alle Ehrenrechte der Majestät, weshalb sie auch bei der
feierlichen Krönung mitgekrönt wird; ihre* Person ist-geheiligt
Sie behält nach dem Tode ihres Gemahls ihren Rang und ge-
messt ein schon bei der Thronbesteigung bestimmtes Witthum *),
steht jedoch der regierenden Königin nach: befinden sich meh-
rere verwittwete Königinnen zu gleicher Zeit in Grossbritannien,
so hat die Wittwe des zuletzt verstorbenen Königs den Vor-
rang. -^ Sämrotliche **) Prinzen und Prinzessinnen von Geblüt
sind durch die Royal Marriage Act von 1772 verpflichtet zu-
ihrer Vermählung die Zustimmung des Königs als des Hauptes
der Familie naohzusuchen. Ist diese nicht erfolgt^oder nicht
nachgesucht worden; so ist die Ehe in Bezug auf die Ansprüche
an den königlichen Rechten und der Erbfolge für die aus der-
selben hervorgehenden Nachkommen ungültig. Doch soll die
Ausnahme stattfinden, dass wenn die Prinzen und Prinzessinnen
das fünf und zwanzigste Lebensjahr überschritten und 12 Mo-
nate vor der Vermählung dem königlichen^ geheimen Rathe
davon Anzeige gemacht haben, 'und wenn dann innerhalb dieser
*) Der jetzigen regierenden Königin ist das Witthujn gleich in
der ersten Parlamentssession nach der Thronbesteigung ihres Ge-
mahls 1630 auf lOO^OOe % St. (70Q»000 Th.) festgestellt.
**) Die Acte ist für die Nachkommen Georgs II. von bindender
Kra(t, also jetzt für das gerammte königliche Haus. —
Das Britische Reicb« 85S
Frist nicht die Genehmigung erfolgt, oder ein Einsprach von Seiten
<ler beiden H&user des Parlaments dagegen geschehen ist : in diesem
Falle ist die Ehe auch für die ^Thronfolge gültig *). — Inwiefern
diese Familienacte auch bindende Kraft für die Erbfolge im Kö-
nigreiche Hannover besitzen dürfte, wird unten in derzweiten Abthei-
lung des zweiten Bandes der Staatskunde beim Königreiche Hannover
naher erörtert werden. Alle Prinzen sind gebome Peers, erhal-
ten aber besondere Herzogs- und Grafentitei durch die Gnade
des^ Königs vermöge ))esonderer Urkunden: sobald sie die Voil-
jUhrigkeit erreicht, oder durch den Tod den königlichen Vater
eingebüsst haben , erhalten sie durch Parlamentsbewilligung ein
Jahreseinkommen (Annuitj), das bei Gelegenheit ihrer Vermäh-
lung, oder V^ermehrung ihrer Familie, oder aus sonst irgend ei«
nem anderen Grunde vermehrt, »aber nicht vermindert werden kann.
Solche Annuitäten, von dem Parlamente bewilligt, findeh auch
bei den köhiglicheu Prinzessinnen statt, wenn sie unverheirathet
bleiben, oder im Lande selbst vermählt werden. Der Betrag
der Annuitäten schwankt zwischen 6000 und 30,000 % St, und
steigt nur bei dem Thronfolger und dessen Gemahlto bis auf 50,000
und 100,000 % St; Georg IV. genoss als Prinz von Wale9
120,000 U St. Einkünfte.
Der Titel des Königs ist jetzt von Gottes Gnaden König
des vereinigten Reichs Grossbritannien und Irland, Beschützer
des Glaubens, auch König von Hannover, Herzog zu Braun-
schweig und Lüneburg. Die Civilliste des Königs wird in
der ersten Parlamentssessioh nach der Thronbesteigung des neuen
Monarchen für die ganze Dauer der Regierung bestimmt, kann
aber unter besonderen Umständen erhöht, jedoch nicht vermin-
dert werden. Erst bei der gegenwärtigen Regierung Königs
Wilhelm IV. wurde das Civil-Government von der Civil-Liste ge-
trennt, dadurch der Betrag der letzteren auf die Hälfte herabge-
setzt ^*) und ihr nur die Bezahlung für den Hofhält^ für die Hofämter
*) Diese Acte ist auch vom Parlamente anerkannt worden.
Vergl. Blakstone Comment I, 226. '
**) Dr. Const. Höfler, Geschichte der Englischen Civilliste,
Stuttgart ia34. 8vo. Unter Georg III. 4)irar zuletzt die Civilliste
1,170,000 % St (8,9to,000 Tbl.) von welcher aber nur 409,000 % St.
(29863,000 Tb.) für den Hofstaat und den Regenten verwandt .wur-
den. Unter Georg lY. wurden für dieselbe Vereinigung der Civil-
r
556 Das Britische Reich«
und ein Fonds fftr königliche Gnadenbesengen und Pensioneni
angewiesen: Die Civilliste betraf seit 1831 510,000 % St.
(3,570,000 Th.) — Die gewöhnliche Residenz des Königs ist
zu London in den PalliUten St James und Buckinghamhouse^
ausserdem in den Schlössern lu Windsor, Brighton, Kensington
und Kew.
Das Wappen des Tereinigten Königreichs Grossbritannien
und Irland besteht in einem Hauptschflde aus vier Feldern^ über
welche in der Mitte ein Hersschild gelegt ist Von jenen vier
Feldern enthält das obere rechts und das untere links die drei
goldenen Leoparde Englands auf rothem Grunde, blau bewehrt.
Das obere links seigt den goldenen Löwen Schottlands auf gol-
denem Grunde, mit einer doppelten Einfassung mit untergeleg*
ten Lilien: endlich Jlas untere rechts stellt als das Schild Ton
Irland eine goldene Davidsharfe' mit silbernen Saiten auf blauem
Grunde dar. Das Herzschild ist mit der Königskrone von Han-
nover gedeckt, dessen oberes Feld rechts die beiden goldenen
Löwen des Hauses von Braunschweig auf rotnem Grunde, das
obere Feld links den rothen Löwen von Lüneburg auf goldenem
Grunde mit rothen Herxen umgeben, das untere Feld da^ spren-
gende weisse Ross d^s alten Herxogthums Sachsen adf rothem
Felde zeigen. Das gesammte Wappenschild wird von der kö-
niglichen Krone Grpssbritanniens mit einem darüber stehenden
goldenen gekrönten Löwen bedeckt, rings umgeben von dem
grossen blauen Cordon des Hosenband-Ordens mit der Umschrift
Honny Moit qui mal y pense. Unter dem Schilde Jiegen die
beiden Zweige, welche die Englische Rose, die Schottische Distel
und den Irländischen Klee in sich vereinigen, und unterhalb von
der eigentlichen Inschrift der Krone Dien et man droit um-
schlungen sind. Die Flagge der drei vereinigten Reiche, die
Unionsflagge genannt, besteht aus dem Englischen rothen
Liste mit dem Civil-GoTemment 1,^21,0009; St (8,S47,000 Th.) fest-
gesetzt. Nach der Trennung beider Etats wurden 1831 für den Kö-
nig und die Königin 110>000 <S St. (770,000 Tb.) für Hofamter
]3]>000 9 St (917,000 Th.) fQr Pensionen und ^nadenbezeugungen
08,000 9 St (686,000 Th.) und für alle übrigen Ausgaben des Hofes
171,000 % St. (1,197,000 Th.) ausgesetzt, s. Höfler a.a.O. S. 41--43.
I
Das Britische Reich. 657
/
Krenxe dei heiligen Georgs auf wei^ssem Felde, dem Schottiscliem
w^itseo Kreuze des lyeiligen Andreas auf himmelblauem Feld«
und das Irische Kreuz d^s heiligen Patriks auf weissem Felde:
es sind also die drei Nationalfarben roth, blau und weiis.
Der Hofstaat del^ Königs besteht theils aus Ehren-, Kron-
iind ReicJisl^mtem, die nur bei feierlichen Angelegenheiten den
Dienst bei Hofe verrichten und zur Erhöhung des Glanzes die-
nen und aus den gewöhnlichen Hofbeamten, die indess auch in
diesem Staate sehr zahlreich sind, da die allgemein herrschende
Liebe zur Erhaltung der alten Sitten auch den alten Prunk des
Mittelalters mit dem erweiterten Ceremoniell des seehszehnten
und siebzehnten Jahrhunderts verbindet Die neun hohen Kronbeam*
ten Englands sind : I) der Lord HighStewart, des Königs Stell-
vertreter, welche Stelle aber seit der Regierung Heinrichs IV. nicht
mehr zur- bleibenden Function, ^sondern nur bei Krönung und
bei einem Gerichte über angeklagte Peers vergeben wird. ~ 2) Der
Lord High Chancellor, der Lord-Grosskanzler, welcher^ zu-
gleich Lord Keeper of the Great-Seal ist, von welchem Amte bei
den Centralbehörden unten gesprochen werden muts. 3) Der
Lord High Treasurer, Lord- Grossschatzmeister, welches Amt
aber seit König Georg L durch mehrere Commissaren verwaltet
wird. 4) Der Lord President of the Privj-Council, der Lord-
Präsident des geheimen-Raths. 5) Der Lord President ofthe
Pri^-Seal, der Lord Praesident des kleinen Kdnigssiegek.
6) Uer Lord High -Ch am be riain, der Lord*Ober-Kammerherr,
welche Würde in dem Hause Willoughbj erblieh ist, aber nur
bei Krönungen und grossen Hoffeierlichkeiten amtliche Functio-
nen verrichtet. 7) Der Lord High Constable, der Gross-Con-
netable des Reichs, welche Würde seit 1521 vom Könige Hein-
rich VIII. für die Verwaltijing abgeschafft und nur als temporairea
Ehren • Hoffimt beibehalten wurde. 8) Der Lord High-Earl-
Marihall. Diese Würde desLord-Gross-Graf-Marschalls ist in dem'
Hause der Herzoge von Nocfolk erblich. 9) Lord High-Admi«
ral; diese Würde des Gross- Ad mirals war seit dem Tode (1708)
des Prinzen Georg von Dänemark, des Gemahls der Königin
Anna, über hundert Jahre gar nicht mehr vergeben, indem die
wirklichen Functioi^en eines Chefs der AdmiralitiU d^roh mehrere
Coromissarien verwaltet wurden. Nur der gegenwärtige König
nahm als Herzog .von Clarence 1827 diese Würde an^ legte sie
SS8 Das Britische Beicli«
aber bereits nach wenigen Monaten auf Veranlattnng der See*
Schlacht bei Navarino wieder nieder. Aasierdem ist noeh in
England die Würde eines Gross-Almoseniers in der Familie
der Marquis von Exeter erblich. — Für das Königreich Schott-
land giebtes drei erbliche Kronbeamte, die des Gross Conneta»
bte im Hause Errol, die des Gross-Panniertragers im Hause Lau*
derdale und die des königlichen Oberhofjneisters im Hanse der
HerxogeTon ArgjU erblich.
\ •
Der fungirende Hofstaat besteht aber aus 5 grossen
Hofstäben. Der Stab des Lord Kammerherrn schliesst in
sich einen Vice-Lord-K^mmerherrn , 12 Kammerherren, einen
Ober-Kammeijunker, 12 Kammerjunker und 60 Hofjunker, von
welchen die Kammerherren und Kantmerjunker aus«erdem grossen-
theils in ausgexeichneten Aemtern im Heere, auf der Flotte, oder in
der Civilverwaltung angestellt sind. Ueberdies gehören zu Unn
der Ceremonienmeister, dessen Stellvertreter, ein königlicher
Marschall und 25 HoQunker, im Ceremonialwesen und mit dem
Empfange am Hofe beschäftigt, ferner der Garderobemeistcr und
das von demselben abhängige Dienstpersonal. Der Stab des
Lord-Oberhofmeisjfcers^ welcher den ganzen Aufwand bei
Hofe zu beaufsichtigen und zu leiten hat, und dem auch die
Hof-Capelle oder das Musik* Departement, das Hof-Medicinal*.
Departement, die Commissarien der Hofeinkünfte beigegeben
sind, hat einen Hofmarschall, einen Schatzmeister, einen €on-
troUeur, Zahlmeister, Secretair u. s. w. Der Stab>des könig-
lichen Oberstallmeisters leitet das ihm einverleibte Dienst-
personal durch einen Feld - und Jagdstallmeister und fünf könig^
liehe Stallmeiiter. Der Stab des Lord-Oberäufsehers über
die königlichen forsten besteht aus 2 Generalaufsehem" über
die königlichen Forsten, 2 königlichen Oberforstmeistern, «inem
Meister der Jagdhunde, einem Grossfalkenier n. s. w., von de-
nen die beiden zuletztgenannten Aemter gewöhnlich von Mitgliedern
der ersten- Peersfamilien Englands bekleidet \rerden. Endlich der
Stab des Lord - Grossalmoseniers, welche Würde stets mit
der des Erzbischofs von York verknüpft ist, besteht aus einem
Unteralmosenier, dem Dechanten von Westminster, dem Dedhan-
ten des Königs, welches Amt von dem Bischöfe von London ge-
meinhin bekleidet wird, 48 Kaplänen, 10 ordinirten Priestern
und IGEdellenten bei der königlichen Kapelle.^ Ausserdem haben
\
Das Britische Beich«
659
iie Königin und jeder der Prinsen und Prinzessinnen ron Ge-
blüt einen ansehnliche^ und' zahlreichen Hofstaat
I
Die Britischen Ritterorden sind theils Hofehren, theils
belohnend^ Anerkennungen fär ausgezeichnete Dienste in der
Staatsverwaltung. Im allgemeinen werden die Ordens -Decorationen
sehr selten vergeben und unter den Staaten rom ersten Range unbe-
sweifelt hier am seltensten. £& sind ihrer überhaupt fünf im Um-
fange des Britischen Reichs, wobei wir aber den Hannoverschen Gu-
elfen-Orden nicht mitzählen können, wenn er auch nicht selten an
Britische Beamten vergeben ist; doch wird T(^n diesem weiter unten
beim Königreich Hannover unter den Deutschen Staaten die Rede
sein. 1) Der Orden vom blauen Hosenbande; dieser wurde
bereits von König Eduard III. 1349 gestiftet, steh( jetzt noch
in den höchsten Ehren, wird nur an Prinzen von G^lüt und
namf ntlieh an die nächsten Verwandten des königlichen Hauses,
' an regierende Fürsten und an die höchsten Höfe und Staatsbeam-
ten ertheilt, doch bleibt er eben deshalb ungeachtet seines hohen
Werthes mehr Hofehre als Verdienstorden. Die Gesammtzahl
der Ritter war 1834 = 38, der König ist der Grossnieister von
diesem' Orden so wie von allen übrigen des Britischen Staates. Der
Orden selbst besteht aus dem Bilde des heiligen Georg, wie er den
Lindwurm ersticht, gold und weiss emaillirty das an einem blauen
Bande über die linke Schulter getragen wird, indem die Ritter zu*
gleich 'durch ein blaues Knieband mit dem Wahlspruch Englands
Hony 8oii$jm nlal y penae ausgezeichnet werden, wobei wir aber den
vermeintlichen galanten Ursprung des Ordens hier äbergehen
wollen. 2) Der Bathorden, dessen Ursprung gleichfalls in das
Mittelalter bis auf Richard II. 1309 hinaufgeht, der aber doch
erst seit seiner Erneuerung durch Georg L 1725 zu dem eigent-
lichen Verdienstorden des Grossbritannischen Staates erhoben
worden ist Er ist in dem Jahre 1815 in 3 Classen der Gross-
kreuze, der Commandeure *f /iCiif^A/s-CommancfersJ und der Rt^
ters (Companions) eingetheilt Der Bathorden hat in seinem
goldenen roth emaillirten Sterne die Sjmbole der drei vereinig-
ten Reiche, Rose, Scepter und Distel, mit der Devise tria
Juncta in uno. Die Zahl der Ritter betrug 1834 767, darunter
96 der ersten, 106 der zweiten und 505 der dritten Classe angehör-
ten. 3) Der Andreas- oder Distelorden, welcher alsHof-
ehre für das Reich Sohottland gilt, hat nicht minder seinen Ursprung
\
660 Das Britische Reich.
im Mittelalter^ jedoch durch dunkle Sagen verhüllt; er wurde von
Könige Jacob V. 1540 erneuert, nach der Vereinigung Schottlands
* von den Königen Grossbritanniens aU ein Britischer Orden bei-
. behalten, aber nur für Prinzen von Geblüt und Mitglieder de«
Schottischen hohen Adels bestimmt. Die Gesammtzahl der Rit-
ter darf nur 12 sein. 4) Der Orden des «heiligen Patrik,
des Schutspatrons von Irland, wurde von König Georg IIL für
diese Insel 1783 in gleicher Beziehung, als Hofehre, wie der An-
dreas-Orden, für Prinzen von Geblüt und Mitglieder des IrUndi-
achen hohen Adels bestimmt: die Zahl der Ritter blieb auf 16
beschränkt 5) Der Orden des heiligen Michael und
Georg ist nur für die Bewohner der Jonischen Inselnund Malta
und für Verdienste um dieselben von Georg IV. als Prinzregen-
ten 1818 in 3 Classen gestiftet Die Gesammtzahl der Ritter
betrug 1834 = 659 nemiich 20 Grosskreuze, 20 Commaiideure
und 25 Ritten
§. 16.
Das Parlament Rechte der Stande.
Dieoben angeführten Werke von Hallamy Russell u. «. w.
The parliamentary or constituttonal hi»tory of England^ heeing
a faithfM accßunt of all ike most remarkabU tr'ansactions in
ParUamenif from the earlittt ttme$ to the restoraiion of king
CharleB IL London Svo 24 vol. - Hintory and proceedings of
the houseof CommonerSy Lond. 10 vol, Sto, — Edmund Lodge.
the genealogy of the extsting Peerage, third edition Lond.
834. — Will, Jone 89 biOgraphical Bkeiches of the Reform"
Mim$ter$ with a hietory of the paesing of the Reform- BilU,
London 1832. — TA. Jeffereon'n Handbuch des Parla^en-
tarrechts, oder Darstellung der Verhandlungsweise und des Ge-
•chäftsganges des Englischen Parlaments und Aeie N. Amerikani-
schen Congresses; aus dem Engl, übers, u. m. Anmerkung
begleit von Leop. v. Henning, BerL 181 9. 8to* —
Das BritiBche Reich. S61
Die geiets gebende Oejrall bt indioeemReidietiniehem
dem Könige, ejrbliehen Ständen, den durch ihr Amt berufenen
' Häuptern der Geiitliehkeit der. hemche|Dden Kirche und den ge-
wähltem Abgeordneten deg Volkes getheilt Die Stände det
Reichs hielten in den früheren Zeiten das feierliche Gespr&ch-Parla-
mentom *) — mit dem Könige Über alle Staatsangelegenheiten an
dem gewöhnlichen königlichen Hoflager^ oder an einem beson-
ders dazu bestimmten Orte, 'wohin der König fdr diese Zeit
. aein Hoflager verlegnen wollte. Davon blieb der'Name Parla-
ment für jede spätere Versammlung der Stände des Reichs. Eis
waren aber diese Stände anfänglich nur die Prälaten und die
Weltlichen Barone des Reichs, welche seit dem sehnten Jahrhun-
derte häufiger sn solchen Versammlungen zusammenkamen, welche
also überhaupt als der grosse Rath des Königs für alle wich-
tigen Angelegenheiten des Landes und zugleich als .das höchste
Gericht anzusehen waren. Seit der nag^a charta linden wir
die Versammlungsn noch viel Öfter wiederholt^ uüd den Namen
Parlament seit 1222 fast ausschliesslich für sie gebraucht Seit
1254 treten Abgeordnete des niederen Adels hinzu, die von ihren
Standesgenossen nach den einzelnen Grafschaften gewählt wur-
den, kl den schwierigen Verwickelungen der inneren Verhält*
nisse dieser Zeit blieb das Parlament auf längere Zeit versam-
melt, oder es wurde ein Ausschuss aus demselben fdr die Vorai-
beiten zur nächsten Session bestimmt, wie 1258 von der Ver*
santmlung des Parlaments zu Oxford 24 Rarone ernannt wurden, um
für die Verbesserung der Staatsverfassung Vorschläge aus zwarbei*
ten. Rei der Versammlung A^% Parlaments 1205, wo, wie wir bei ^den
Grundgesetzen des Rritischen Staats erfahren haben, die Abge-
ordneten der Städte zuerst erschienen, finden wir die Abgeord-
neten der Grafschaften und der Städte im Gegensatz deir geist-
lichen und weltlichen Rarone zuerst die Gemeinen benannt
Seit J283 erblicken wir neben den Abgeordneten der grösseren
^) Ueber das Wort Parlamenlum für allgemeines oder offficiel-
les Gespräch, oder eine förmlich angesagte Unierredong, wie es V09 den
Geschichtschrelbem des zwölften und dreiceHntea Jahrhunderts in allen
Staaten des südlichen und westlichen Europas gebraucht wird, vergJ.
Du Gange glossariom latlnitatis med. et int acut v. Parlam.
3eäBbert'tStati8tlk.|I. 3g
562 Das Britische Bt^icli.
Stade« auch die der kleineren -und ^er bedeutendsten Flecken
'einberufen > und sehn Jahre später ffir tie das Hecht schon fest-
gestellty dass ohne ihre Einwilligung keine Auflagen fernerhin
gefordert Tirerden sollten. Seit dieser 2eit sehen irir das Parla-
ment mich seine Hechte als hdchiite Staatsbeht^rde in den aus-
wärtigen Staätsrefhältnissen wahmehmeii und fast immer kräf-
tig behaupten, -denn der Schottische König John Balliol -(1292—
95) muss mehre Male Tor dem Parlamente nur als Priratperson
erscheinen, *als Köni^ Eduard I. snm Schiedsrichter in dem
Streite zwischen Balliol und Bruce und sum Oberherrn dea
Reichs Schottland gewählt war. Auf gleich entschiedene Weise
tritt das Parlament gegen den Palist iJrban V. auf, der den seit
1335 nicht mehr bexablteu Lehnsftins im Jahre 136S eititorderte:
es Terweigerte die Besahlung des Lehnsainses an den Römischen
Stuhl für immer, und dieser Entschluss wurde auch ausgeführt.
In den Burgerkriegen swischen den Häusern Lancaster und
York entschied das Parlament 6ber die Fähigkeit des Königs
weiter au regieren, Über die Freiheit und das Leben der Prinxen
von Geblüt: den« König Richard II. wurde 1399 vom Parlamente
abgesetxt, Richard Hersog von York wurde 1460 vom Parla-
mente cum Thronerben erklärt, Creorg Heraog'von Clarence, der
Bruder des Königs Eduard IV., wurde 1478 vom Parlamente
cum Tode verurtheilt Aber in derselben Zeit erhielten auch die
Abgeordneten der Gemeinen seit König Heinrich III« beson-
ders ausgeaeichnete Freiheiten bewilligt, um das Volk auf S<uten
des Hauses Lancaster zu behalten, was denn aueh später der
Grundsats dieses Hauses blieb. Die eigenthämllche Stellung
der Regenten des Hauses Tndor gegen die Privilegien der Lan-
desverfassung iit schon im §• 14 genauer auseinandergesetst
worden, dennoch wurde das Parlament stets gebraucht, um den
Bestimmungen der königlichen Gewalt durch seine Genehmigung
noch eine höhere und unverletzliche Kraft zu verleihen« Daher
musäte das Parlament 1534 den König Heinrich VIII. zum Ober-
haupte der Kirche erklären, 1539 die allgemeinen Glaubensar-
tikel als gültige für den Umfang des ganzen Reichs anerkennen,
unter Königin Maria die Wiederherstellung der Röniisch-Catfio-
lischen Kirche für 'dai^Land anordnen und eben so 1559 durch
Anerkennung der Anglikanischen Eplscopalkirche nach evange-
lisch-dogmatischen Grundsätzen diese zur herrsrhenden Staats-
kirobe erheben. • Die Unterwürfigkeit des Parlaments gegen Hein-
Das Britische Reich.
563
rklk Ttll. und Cüsftbeth sehw&chte ioswiiehen keinei wegeÄ den Ge-
brauch desselben, den beide Fürsten von demselben machten,
wenn es ihrem besonderen Interesse snsagte. Die Gewalt des
Parlaments erhob sich aber sofort wieder unter den Stuarts, denn nur
auf seine anhaltende Forderung wurde eben so der Absagungseid
vom Papste verstärkt, als die engere Vereinigung Schottlands mit
England, die Jacob L schon 1006 durchzusetzen wünschte, noch
auf ein Jahrhundert (bis 1707) verschoben. Unter Cnrl 1. er-
twang das Parlament durch die Beschränkung der Subsidien die
Anerkennung der Petition of the rightn, und als es darauf eilf
Jahre lang nicht einberufen wurde i(1629v^-40), beschränkte dasselbe
bei seiner neuen Versammlung noch mehr die königlichen
Vorrechte, bewilligte keine neuen Auflagen und setzte sich 1643
an die Spitze 4w Empörung, die nach mehrjährigem Kampfe
den Uebergang der Ifonarchie zur Republik veranlasste. Dies
wAr das sogenannte lange Parlament, weil es dreizehn Jahre
Yang versammelt blieb, bis es durch des Usurpators Cromwell Trup-
pen (1653) ai}8einan<lergesprengt, aber sogleich durch ein neues je-
doch vom Protektor gänzlich abhängiges Parlament ersetzt wurde.
Bei der Restauration der Stuarts trat das Parlament wieder in
seine früheren Rechte, und es kam nur noch einmal ein Zeitraum
von viel Jahren (1681—85) vor, in welchen es von König Karl II.
gar nicht berufen wurde. Aber dadu/ch nur um so stärker ge-
reizt,« auf das peinlichste über die Lrhaltuug der Grundgesetze
der Staatsverfassung zu wachen, trat es sogleich viel entschiedener
gegen Jacob II. auf, und sicherte bei der Entfernung der männlichen
Linie Stuart vom Englischen Thron so vollständig die bürger-
liehe Freiheit 1689 durch das neue Grundgesetz, -welches Wil-
helm III. und Her weiblichen Linie Stuart als Grundlage ihrer Bezie-
hungen zum Britischen Reiche dienen sollte, «Inss seit dieser Zeit
das Parlament in beiden Häusern als Ganzes immer in Ueberein-
■timmung mit der Regierung geblieben ist und gemeinschaftlich
mit der Regierung für die Gesetzgebung gesorgt hat Doch
war es dabei niemals seiner Hauptaufgabe uneingedenk, son-
dern strebte im Allgemeinen nur dahin, durch die in ihm ver-
einigte Erfahrung die Regierung über djs wahre Interesse des
Volks aufzuklären, und durch die Aufsicht über die einzelnen
Ttieile der Staatsverwaltung das Einschleichen von Missbräuchen
und unangemessener Verwendung der Staatskräfte zu verhindern.
Dadurch \iber war in dem ganzen Charakter des Parlaments ein# '
36*
564 Das Briliiche- Reich«
Töilige Verladenii^ Torgegangen , die Regferang hatte bli 41a*
hin wie eine Parthei den Whigs gegenüber gestanden » und die
Tories, die damaligen Verfechter einer unbeschr&nkteren könig*
lichen Gewalt, galten aU gleichbedeutend mit der Parthei des Kö-
nigs. Jetzt nahm die Regierung eine würdigere Stellang an
und trat zwischen beide Partheien , wenn gleich anfIngUeU did
Whigs mehr als die Tones begünstigt zu sein schienen. Dod»
dies veränderte den ganzen Standpunkt der Partheien, und die
Regierung konnte fortan beider Partheien sich bedienen, ohne
sich selbst zu zerstören, oder Ton neuem allgemeine Unzufirie-
denheit zu erregen.
Das Oberhaus besitzt indess seinen Namen nicht von be-
sonderen ihm zustehenden Vorzügen, sondern ron der zufiklligeB
gemcinschaftlibhen Versammlung mit den Commoners in einem
und demselben Gebäude, in welchem jenes das obere Stockwerk
Inno hatte. Sein staatsrechtlicher Titel ist die Verftam^lung der
P eer s =: Pares (the house ofPeer8)f weil sie einander gleich steheh
und nur von ihres Gleichen gerichtet werden können« Sie besteht
aus der Englischen Nobilitj(S. 368—74), die aussehliesslick
das Erbrecht zur Theil nähme an dem Hause der Peers hat, und
gegenwärtig 343 Mitglieder mit verschiedenen Titeln slhlt; fer-
ner aus 10 für jede 'Parlamentssession ans dem gesammten
Schottischen hohen Adellgewählten Seho^tischen Peers,
aus 28 auf ihre Lebensdauer aus dem gesammten Irländischen
hohen Adel gewählten Peers, aus 30 geistliehen Peers der
AngUcanischen Kirche (S. 374), von denen 26 Englische Bischöfe
und Erzbisch^fe (S. 395 — 96) durch ihr Amt berufen, 4 dagegen aus
der Gesammtzahi der Irländischen Bischöfe und ErsbischÖfe zum
Eintritt in das Oberhaus gewählt werden, endlich aus den 12
Lords-Oberrichtem , die gleichfalls durch ihr Amt nur für die
Dauer desselben Zutritt zu dem Oberhause haben. Die Ge-
sammtzahi der Mitglieder des Oberhauses ist demnach gegen-
wärtig 429^ von welchen aber die 12 Oberrichter nur eine be-
rathende Stimme haben. Die Zahl der Mitglieder iit aber un-
beschränkt und kann zu jedem Augenblicke , von dem Könige
vergrössert werden, jedoch nur was die Englische Nobilitjr be-
trifft, indem der König durch Patent die erblich^ Würde eines
Englischen Peers mit einem bestimmten Titel ertheii^, der dann
an seinem Besitzthum haften bleibt; und als Majorat nach dem
Recht der Erstgeburt für die männliehe und weibliche Linie
Das Britische Beiclu 665
forterbt (S. 308—^0). Ei Itetitst aber dai Obei^ant wegett
4er gewUüten Schottiseben und IrUeben Peers nicht mehr den
Charakter einer reinen erblichen Kammer im Gegensats ei-
ner Wahlkani^mer. Den Vonits führt im Oberhause der Lord-
Gr^ai-Kanaler, und wenn die Veriraltang ' dieses Amtes
iammt^ dem grossen Siegel, wie im Mai 1835 geschah, einigen
kftniglieben Commissarien fibergeben wird, so eifolgt die Ernen-
nung eines besondem Praesidentdh' des Oberhauses cur Züt aus
der Zahl der Lord-Oberriehter (the 9age$ of law), so wie eines
Tiee-Praesideoten. Die Peers haben das Recht/ auch In ihrer
Abwesenheit durch Bevollmftehtigte (Proxies) ihre Stimme abge-
ben au können, diese dftrfen jedoeh nicht an den Debatten An-
theil nehmen, es sei denn dass ein Peer selbst noch mit der
Walimehmung einer zweiten Stimme durch Vollmacht beauftragt
ist, der gleiche Fall tritt stets bei denPeeresse« ,ein: die Abstim-
mung geschieht mit content und no content. Das Oberhaus
hat die Gericlftsbaricelt fiber seine eigene MitgKeder, woron die
Prinsen Ton kdnigUchem Geblüte nicht ausi^eschlossen sind*, so-
wie llber die des Unterhauses. Die Staatsmiiiister, sovile alle
hohe 'Staatsbeamten, Hefaen nur vor dem Oberhause ru (Bericht,
das jedoch auch die Untersuchung Jedes Verbrechers ; ' auf dem
die Schuld des HoehTorraths lastet, su fähren und über- ihn das
Ufftheil w ftUen hat f '
Dat Unterhans, welehee diegew&hlten Abgeordneten der
Grundbesitser aus den Orafsehaften und den einxelnen Haupt-
punkten derselben nmfasst, wird seit der Thronbesteigung Georgs F;,
des ersten Königs aus dem Hanse Hannover (1715)» stets auf
einen Zeitraum Ton sieben Jahren erw&hlt Doch besitat der
König das Recht, ausserdem es m jedem Augenblicke aofsuld«-
aen und durch ein neu gew&hltes lu eraetsen, so Wie^es an und
ffir sieh dureh den Tod des Königs jedesmal oufgeldat ist Er
besteht aus 658 Mitgliedern, di^ aber bis sur Reformbill auf
sehr rersehiedene Art ins Parlament gesandt wurden» je nach-
dem eine Stadt, oder auch nur ein Flecken ein solches Recht
im Mittelalter erlangt, und es auch' in der neueren Zeit trots
seines gesunkenen oder g&nalich rerfallenen Zustandes ^daher
rotteM'borougk) behauptet hatte. Demgemlss waren nicht selten
wenige Höuser einei Terfallenen Fleckens mit dem Recht au Par-
lamentswahlen ( ParUmm^ntary horoughsj ausgestattet, welche«
SÜS Das Bßriii$Qhß Betch.
yon deo blühoidtlea und ToUcreidMten SKädtea. die wk Bir-
mingham, Manctiester, Sheffield dletea WoliUtaod und Umfang
ejrat im achtaehnten Jahrhunderte erreicht hatten, vergeblich er*
strebt wurde, Denelbe Fall trat bei den Grafaehaften ein, von '
denen jede, swei Abgeordnete ohne besondere Röcksicht auf ihre
Volksmenge und iiire sonstige Bedeutsamkeit einsusenden hatte: .
vir dürfen daher nur einen Blick auf die tabellarischen U^ber-
alchten der Grafschaften (S. |li — 16) werfen, um die unange-
messene gleiehmäsaige Bcpraesentation der 50,000 Einwohner
der Grftfschfliften Westmoreland, Huntingdon und iler noch klei*
neren <^zaU der Grafschaft Rutland gegen die fünf und swan-
zigmal so grosse Bevölkerung der Grafschaften Yorl^ "und Lan«
caiter ins gehörige Licht zu stellen. Di^ RejüraeseiUation^ war
nun auf folgende Weis^ ivaanunengesetzt:
• ^ Abgeordnete
1. Die; 40 (Inguschen Grafschaften sandten je 2 Knights 80
iL 25 gross« £ogL ^StuMte (Cities)^) sandtefi je 2 Citizens 50
3. 167 Elnglische -kleinere Städte n|id Flecken (boroughs)
sandtep je 2 Burgessea 334
4. 5 Englische Borgles sandten je 1 Buigess • • • » 5
5. Die, beiden; Engtischen Universitäten sandten je 2 Abg. 4
6. Die; 5 Englischen Haupthikfeti 4eini^tte Ports) und die
3 Nebenhäfen sandten je 2 Abg. 16
7. Das Fürstenthiim Wales sandte aus jeder der 12 Graf-
'Scbaften 1 Knight und aus jedem der 12 Borougba
1 Burgess, zusa^pMuen. .^••••••••.•. 24
8. Das Königreich Sehottland sandte seit (707 gleiehfaUa
aus jed^r der 30 Grafschaften 1 Knight und aus den
65 Cities und Boroughs 15 Bui;gesses, zusammen - 45
0. Das Königreich Irland sandte ssst 1801 aus jeder der
32 Grafschaften je 2 Knights nod aus 18 Boreoghs
je 2 BuiKessei^ wisaimiien • • • . • ^ . • . • 100
1 überhaupt 658
Aber diese MangelhafHgkeit des Englischen Repraesentations-
S3^ Sterns hatte seit Burke's gerechten Angriffen sich namentlich durcti
die offenkundige nnd gemeinhin ganz rücksichtslos betriebene '
*) framentlkh wird eine Stadt ail einem Uscböfliohen Sitze
city genaoat* '
^
Das BriCiscka BeitL i6T
K&BflicMceit ifev Stunmen in den roteeii4NHro«glis «nf Jm widrigste
schon Mit Iftager «b «uMin belben Jabrhanderta tonerkbar geniMbt,
Itattejedoehinmer ilire Vertheidiger in dem Ober- und Unterfaauee
gefanden» weit man aie ek ein nethwendigei Uebet der ßng-
litehen Steetsreifauung m betrachten gewohnt worden war.
Nur wenn Parüamentarj boroagbt geradesn der Beitechliohkeit
bei der Auiftbung ihre« Wahlrechte Qberfilhrt werdeUv konnten,
s6Ute ihnen dat Wahlrecht durch ParlamentaurUieil, genommen,
werden können. Ala aber dieees nun wirklich 1S29 bei den
beiden rotten-boroughs E^st^Retford un«l Penrjn geschah» wurde
dat Wahlrecht nicht nach dem dringenden Anfordern der öf-
fentlichen Meinung auf die beiden gröeeten noch gar nicht
im Parlamente repraesentirten Städte Manoheiter und Birming-
ham Überträgen» die noch nicht daetelbe betaeaen» sondern
es ging duroh den Cinflusa Robert Peels» der hierin von
.dem entschiedenen Willen des Könige Geoi^ IV. nnterstfitst
wurde, auf die nächsten Landbesirke in denselben Grafschaften
über. Aber nach dem Tode Georgs IV. QXL Jun. 1830^ und der
fast gleichseitigen Franaösischen Juli-Revolution», die ihre Ein-
wirkung auf ilos öffentliche liCben Grossbritanniena. nicht fehlen
Hess, konnte das Wellingtonsche MinistMum sich nicht mehr
die Minorität des Unterhauses erwerben und. musste- Ton der
Leitung der Staatsgeschjlfte abtreten. Dachirck. wurden die
Freunde der Reform des Repraesentatioiiswesens. ia» Unterhause
in das Ministerium geführt, und Lord John« Rnstell».. 4er bereits
seit 1819 die Reform eifrigst Tcrlangt hatte, brachte als Mit^
glied des Grejschen Ministeriums Am K Märsr f93i die erste
ReformbiÜ ine Unterhaus^ Nach derselbea sollte^ keine völlig
neue, auf dem Wege theoretisehen. Eründene ausgedaehte Volks-
vertretung in Grossbritennien cingefdhrt, sondern niti' eine mög-
lichst ansprechende Verbessemng der bestehenden^ Verfassung
vorgenommen werden: denn^ es. wurde von ihm^ nachgewiesen»
dass von 513 Englischen Stellen im Ünterhause- nur 70 durch
unvesfölschte Volkswahl», die- übrigeikv sechs .Siebentheile durch
aristocratischen Einfluss oder durch erkaufte Stimmen besetzt
wurden^ Um nun. diese Reform su.erreiehen» soUte überhaupt
die Zahk dec; Commonen verringert und von 658^ auL 5D6 herab-
gesetKt wevden, indem« alle Wahlfleeken (parliamentarj boroughs)«
die nach der ofiiciellen Zählung- vom J^bre 1821 nicht 2000
Einwohner gehabt hatten, ihre beideii Abgeordnelen verlieren,
I
I
/
1
Sm Oag Brltl«€lie Beloh.
dk WaKtttebMi «b«, weldi« mir iwlitlieii 400Ö «nd 200^ Eto-
irvliDcr ges&kit hatten» feroerhui itmtt der 2 Abgeordaeten nur
eine« Abgeordaeten w&blen lolkeii. Auf fol^e Weist würden
168 Pi^iameDtt-Stelleii eriedigt werden, weil 00 Wablfiecken
sur enten Categorie geborten y also 120 Stellen Terlieren^ wür-
den» andere. 48 Wablfleeken aber in der iweiten Categorte be»
^ gr^n wiren. Von die^ 168 Parlamente-Stellen sollten nmt
wiedomm 62 gilnzUeh eingehen, 14 Steilen aof 7 groete Städte
swifohen 45,000 und 160,000 Einwohnern su je 2 kommen ^ 20
Stellen auf andere 20 noch bie dahin nicht repraetentirte Städte
switehen 4Q»000 und 10,000 Einwohner übertragen» ausserdem
Lo&Mlon und 27 nach der Berölkerung besonders ansehnliche
Grafschaften überhaupt mit 64 Stellen vermehrt^ endlich die
Repraesentatien von gans SchotÜahd nm 5 und Ton Irland um.
3 Stellen vergrdssert werden. Während der Debatten xwisehen
der ersten und «wetten Lesung dieser Bill wurde imwiscbea
ermittelt, dass einige der ron Jlussell zu gänslichem oder theil-
weisem Verluste des Wahlrechts • beseichneten Wablfleeken eine
grdssere BcTÖlkerung als die angenommene wirklich besässen,
wodureji die Verminderung der Parlamentsstellen beträchtlich
ermässigt uqd die Gesammtsahl wieder auf 627 Stellen im Ün*
terhause angenommen wurde,
/
Aber nach der «weiten Lesung der Bill erhielten die Re-
form-^liaisler bei einijgen Nebenfragen die Majorität gegen sieh,
worauf dieaelben nach dem gewöhnlichen Herkommen ihre Ent-
lassung forderten, aber von dem Könige auf den überall stark
ausgesprochenen allgemeinen Wunsch des Volks beibehalten wur-
, den. Nun blieb nur noch das Mittel der Auflösung des Parla-
ments übrig, um durch den Versach der Wahl eines neuen Un-
terhauses eine entschiedenere Migorität für die Sache der Reform cu
gewinnen. Die Auflösung erfolgte am 22ten April 1831, und schon
nach swei Monaten brachte wiederum John Russell (den 25.1uni 1831)
die sweite Reformbill mit wenigen unwesentlichen Veränderungen
in das neue Unterhaus, wo sie bei der sweiten Lesung mit 307
Stimmen gegen 231 angenommen wurde. Darauf kam sie in den
Ausschuss, wurde hier in einigen Punkten, namentlich uegen der
Zulässigkeit su- den Wahlen, sweckmässig verbessert, und er-'
langte am 21ten Sept bei der dritten Lesung eine glänzende An-
nahme mit einer Majorität von 100 Stimmen. Aber nm ao hart-
Das BrltUeli« BaUlu AM
DftcldgCT imHo Uir D«rc^{«lieft im Hmm im tmm Ttriifcutot
Denn wiewohl sie ki«r bertHi iam 7X 8«pt ^ibgobrMlrt ub4 itr
Antrag a«f 4ie sweite Lewuig TMt PrMÜtfmkiUler Gnf Or«jr
iuhI dem Lordkftnsler ßtMgham mit Ubhall mndrinfeiMler B«k
redsamlLeit Tertlmdigt wurde, so fiel deAoocIi die BUI am J.
Oetober mit eioer Majorität Ton 41 Stimmen durah, nalwr wel«
chea man 21 Bisch«fa sihlte. Darftber entstand eine groeee
Gihnmg gegen die Teriea im gaasen Lande, die in Brietel so
einem sehr hlntigea Aofatande führte, nachdem daa Parlament
bereits am 20. Oetober Tortagt worden. Unter Bordett büdole
sieh in London die groete politisehe National*UnioB, welehe
unumwunden mit Verweigerung der Steuern drohte, wenn daa
dringende Bediirfnisa der Reform Iftnger Ton einer Partkei dem
Lande Torenthalten werden aollto» Naeh sollen Torangegaoge-
Den ernsten Umstlnden wurde gleieh naih Wiedersrdffnuag der
Pariamentssession (0. Dee. 1831) die dritte Reformbill dem
Unterhause am 12. Deeember Tdrgelegt, welche in Folge sekr
angemessener Verhandlungen der Minister mit den eonsenrativen
Whigsund einigen Hiuptem der gemissigten Torlos modilleirt^ die
alte Zahl der Mitglieder des Unterhanses (658) aufrecht erhiell^ 66
Wahlfleeken TdUig das Wahlrocht entaog, einige su. stark berttl«
kerte Grafschaften für die Wahmehmnng de« Wahlre^ts ^eille,
und den oben genannten Stidten nadi dem M^aasstabo der Bo-
Tdlkerung je 2 oder Je I Abgeordneten lutheilte. In dieser Oe«
stalt ging diese Bill nach einem weniger besdiwetiichen Kampfe
im Unterhause am 23. Mftm 182(2 mit einer Hijoritift Ton |l(l
Stimmen durch»
Die Verhandlungen mit den gemlssigten .Teiles *) setsten
es besonders durch, dass in den Städten nicht die BeW)lkerung,
sondern die HHusersahl als Orondlage der Wahlberechtigung
und für die Bedeutsamkeit der Oralichaflen das Vcrh<nisa
ihrer Grundsteuer als Maasstab angenommen wurde. Dem Ober-
hause wurde darauf die Bill am 25. April 1832 rorgelegt, die
sweite Lesung derselben ging auch noch mit einer sehr schwa-
chen Majorität von 0 Stimmen durch, aber ein neuer Kampf ho*
*) Namentlidi selchneten ^ch dabei durch Nadiglebi|M< d«'
Lord WboradiiTo und Gral HuTowb^ ans*
Syi^ ' Das Brltisefae Beieh.
gMMi« »It 4i» ToriM iJifeii VorMlilag^ dorcliaetsten <ani 7. MalK
svertt iV«r itfia Stftilto sn iliaiiiiMi, wetck« «in neues Wahl-
leelit • bekoaiMea »eUteiiy üi4etii eae dann aielier hoffeii tiurfcmi,
4ms, weiui Bieter Fenicruiig sitiror geoR«^ wftfe, am so weniger
alte WeUflecken iliffe Wahlrachte verlieren vfirden, abo an
se melir Einflmt ilinen aoeh femtriiin Terbliebe. Das Grcytebe
Minitteriam erkannte aber sofort diese List und reichte schon
den Tag darauf seine Biitlassong ein. Sofort seigten sieh fiber-
all im Reishe die bedenklichsten Bewegaugen « so dass die To-
ries es nicht auf sich nahmen, den Auftrag itM Königs sur Bit-
4ang eines neuen Ministeriums attssuftthren, and Graf Grejr,
Lord Brougham und die fibrigen Freunde ^er Reform am 15.
Mai Ten nenem der Leitung der Staatsgesehifte sich untenogea.
Dann erst wurde die Reformbill auch vom Oberhause am 4.
Jani mit einer Majorität ron 22 Stimmen angdkemoMn, und er-
langte drei Tage sp&ter durch die königliche Sanetioa den Cha*
r|kter eines Staatsgrun^esetaas«
Uebersehen wir nun die wesentlichsten Punkte des Gesetses
nadi den Verftnderungen durch die Parlamentsdebatten, so fin-^
den wir, dass die Wahlfähigkeit für das Unterhaus ditrehaus
nicht msrttndert ist, denn die äkesten Söhne der Lords» wenn
sie zu Mitgliedern des Unterhauses gewählt werden, dürfen eben
so wie die Abgeordneten der Universitäten gar kein VermÖg^i
naehweisen. Alle fibrigen Wahl^Candidaten mfissen aber, wie es frü-
her auch nothwendig war, in den Grafschaften 600 It St (4200 ThL)
reines Einkommen aus eigenem Grundbesitx, der ihnen schon fiber
ein Jahr sugehört, und in den Städten und Flecken 300 % St (2100
Thl.) Einkommen besitsen. Das Alter bleibt fär den Wähler, wie für
den Wahlcandidaten auf das lurfickgeiegte 21. Jahr festgestellt
Aber die Zahl der Wähler ist gleiehmässiger vertheilt und überhaupt
vergrÖMcit, denn frfiher waren nur die Gentrj und von den
niederen Volksdassen die drei ersten (S. 375—79) mit Ein»
schlus der Freeholders sur Theiinahme an den Parlameatswahlen
berechtigt, jetst sind es auch die Erbzinser(Copjholder8): jedoch
ist für sämmtlic|ie Wahlberechtigte als das Minimum ein reines
Einkommen von 10 9; St (70 TJ^L) und einjähriger Besits be<
stinunt, wosn in den Städten die Einnahme einer Hausmiethe
von 10 % St, oder auch selbst das Zahlen einer Miethe von
10 % St als Miethsmann gleiebgesteUt worden ist Es werden
Das »ritisclit BeiclL gfi
• /
fortan g^üMie WfthlerUiiteii • tob den ävmmftltg^ru (Oywriaert)
fQr je4«a Wjüüdktmt äng«f<ntigC, jAlif lUh * «uigtiegl und to^
den reisenden Qberrichtern controllirty wobei sogleich die jreli
den Wiblera dag^ea eitobenan Beeeliwerden unlenraefat tioU
abgethaii werden minen. • Die Wahled eeibit tind unter ge*
iMMere Au£deht eigaper WdiM»eaniten' (reüuming officert) gestellt/
Die Zusunmensetroag des Unterhemes selbst hat gegen die
frühere folgende Abftnderungen erlitten. D^e Zahl der Mitglie-
der bt miTerttfidert 658 geblieben , %ber England hat 18 Stirn-
Bien verloren, dagegen Wales 5» Schottland 8 nnd Irland 5
Stimmen gewonnen. Von den ßoroughs-parliaraentarys haben
57 alle beide Stimmen und 30 Boroughi je eine verloren: zu
de» Wahlbesirken anderer schwach bevölkerter Boronghs ist
neeh die nAchste ÜmgegcHid hinsageflgt Worden. Dieee *I44
Stimmen sind dergestalt v^rtheHt, dass 22 grosse Städte, darun-
ter Birmingham, Maneheater, Leeds,'*SheMeld das Recht zu je
2 Mitgliedern, und 20 andere St&dte das Recht zu je einem Mit^
gliede erlangt haben, also überhaupt A4 Stimmen wieder auf
Städte zurückgekommen sind. 27 Grafschaften, die wie alle
übrigen Englischen und Irischen je 2 Abgeoi'dnete in das Unter-
haus sandten, werden jetzt in 2 Wahlbezirke getheilt, die selbst
das Wahlrecht zu je 2 Abj^eordneten etlahgt haben, also eine
Veripehrung von 55 Stimmen der GrafscKafcs- Abgeordneten, da i
Hampshire statt 2 sogar eine Verstärkung von 3 Stimmen er-
halten hat. Ausserdem ^elrhalten 7 Grafschaften *) eine Vermeh-
rung von je einend Mitg|li<^de, also statt d^r früheren 2 jetzt* 3.
Rechnen wir nun noch die Verstärkung d^r 18 Stimmen lür
Wales 9 Schottland und btand hinzu, so erhalten wir die obige
*} Während des Abdrucks dieses Bogens erhalte ich DahU
mann's Politik ]. Bd. Göuing. 1835, (Suauverfassung, Volksbil-
dung), ein treffliches Buch, wie alles was aus der Feder dieses
wahrhaft achtungswerthen Gelehrten hervorgeht. In denselben be-
findet sich S. 68 eine Tabelle für EngUuid, welche die Modlficalio-
nea des Wahlrechts durch die Ref^mbill^ nach den eiaselaeB GraP
^fdijafien im Verhältnissa ihrer Bevolkeniag nad ihres Jährlkheo
Fiinknamms aaa des Graadbctili ^aaaa aa^^iebt«
ioai«* 4€t «MgtMitatm 144 Stfamen. Ei wki imänmA
S^igmiB lMkniehtst»b«tt» fte «• 4 HMfUiMa« 4mi Britbdiett
L £sgl«B4 üM deft 4a «nffthiiftMi 143 Mi^eder
MM den 2 UairartititMi '* 4 ~ —
tot 4«! 181 Cham o.Bo90«glit 334 -» -—
% Wftlei
4. Nland
658 MitgUeder
Nicht lange 'darauf trhielten aaeh dia neuan Wahlgatatea Ar
Irland und Sehotdand naah ikrar Annalune im Oherhanaa mt «-
Der ganftgenden H^oriUt dia kdnigUcba GanabailgOBg» und ao
wurde leit dem.Iahxe 1689 dar enlia l»adeutenda Schritt in dar
Umgattaltuiig daa Repräaentatiaiiswaaaiia dar EngÜachaii Staata*
varfaatttiig gaaMMsht» der allardiaga dao Einfluai dca Eagtiaahaa
ArittecratiaBiua hadfrutsam Uhiata, ahar ihn kaiaatvegaa Tdliig
aufhoh: ea dirftap daher noch andere tahr wichtjga Reformao
nach diaaam arttan glücklich erruagenan Veraiiche von der öffent-
lichen Meinnag gefordert Verden*), woau namenfikh die Kir*
dienTerfaaanng in Besog auf Irland, die Anae nateuer , und die in-
Aare Einriahtuag des Staatehanahaltaa lialfaafaa Veranlaiaung ga-
ben werden.
' m
/
*) Oaa erate refonalrte Pariaseat wvr^a In Folge der Wieder-
aattenong 4m$ WeHlogten-Peelacben Miaieterionii durch die Auf-
löaaag dea Iftr die Refonbbill bereite gewäbltea a» iSiL Dec 18S4
in den eraten Monaten dieaea Jahres 0836) gewihH»
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471
...
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aui den 12 Grafschaften
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aui den 14 Borougha
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aua den 30 Grafachafiaa
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aus den Citiea u. Borougha
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ana dew 32 Grafkcliafitan
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ana den GiMea und Borougha
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Da« Brltlfthe Bel#L S79
Im l^terluMM niiA 4or Bf^et iSH^wl. im mm
MkgUadmi 4es (JntarlwMM Ußtk HAAmU der JUiMaMi gewikl^
aber Tom Könige bettiitiiit wird, den .Vordti« bemtit Jedech
scdbst keine Stimme. Er Vwtimmt die Reüieofolge der m Ter-
hendelnden Gegeoetiüide «nd Tenelcimet ttm in einem offen Ue«
geoden ProtokeUe, des tftgüeli gedracki mid tu die Mi^Ueder
Tortheilt wird. Er bei die Abttimmung, welehe diireh ejr nnd
no getcbiebty la regeln« die Ordn^ing im Heute wälirend der
Debetten su erbelten, UbgebObrliebkeiten sa venreiaen «nd ftber^
beapt necb der Perlementtr^l« nnd wo diese niebli bettimmty
neeh dem Pariementsberkommen sa entsebeiden. — Die Sitnin*
gen dea Uat^rbauiet fanden bif mm Jabre 183S immer, nur
naqb dem Mittagteeaen statt» d« iL also naeb der EagUscbsn
Sitte um 6 Uhr Abends oder nocb spiter: sie danerten also
desbalb bbuBg bu tief ia die Naebt binp^ nnd bei eebr ipebli^
gen Debatten nicbt settsii die ganse Naebt biadnteb bis an den
frühen Morgen. Daher fand der Aatiifig Lord Altborps vom 20.
Febniar 1833 mar bessern Einriditiing der Gesebbfitsordnung all-
gemeine Genehmigung» dass nemlieb die Priratbills nnd alle
anderen Eingaben an das Uaterbans in den Woebentagen Toa
12 bie 3 Uhr» mit Aasaabme des Sennabends abgemaebt werden«
md der Spreeber^in diesen KtsQn)(en Vormlttsgs stob splls*
•tens um 3 Ubr ron seinem Sitae erbeben nnd dadnreb den Seblnse
der Versammlung maeben sollte. Die Sitsnngen Ar di# Staatsge-
seblfte sollten dann wiederum pinktlieb um ( Uhr anfuigenund nidit
bis Aber die Mittemaebt hinaus dauern; wenn aber um 12^ Ubr»
oder um 5^ Ubr tftglieb wenigstens nicbt 20 MügKeder anwe«
send wären» während sonst die • noth wendige Ansabl lu einer
gesetslieh gftltigott Parlamentsversammlung in dO anwesendea
Mitgliedern bestand» so sollte der Spreeber diese Sitauagett
▼ertagen. Dift Mitglieder des Unterhauses kennen iwar Instruetio-
nen Ton ihren Wiblsm lir bestimmfes flegenstinde annehmen^
sollen aber nach ihrer freien Ueberzeugung nur (^Moeben: ent»
spricht diese nieht ihren Wählern» so kdnnen sie selbstfdenPar«
« ^) Eine so IsaguDioer hatten u. B. gleich fie ersten Sidungen
des Uaterhanses im Parlameale Tom Jahre 1834* indem die vom
3; Febniar sn 4. um 7 Uhr Blorgeas uad die ?om i. Februar am
6« um 6 Uhr Moffeas endete»
874 Das BrltiBch'6 Releh«
liineiftiiitk iufjj^Mm, oder wvnWfi von ihren Commtttenten bei
iler Attfldftung det I^arlaments durch einen anderen enetst werden.
Beide Hilveer werden ra der jftlirtiehen Pariamentiteiiion
rmk Kdnig« etnbenifen; dteae wird Tom K«inige telhst in Fer-
ien, öder dnrch betenden dota ernannte ComiuiMarien eröffnet
mrni auf dieselbe Weite vertagt o^er geteb lotsen : beides geschieht
im Leeale der Peers, indem der Sprecher mit den Mitgliedern
des Unterbanset mir Theilnahme eingeladen wird. Ans eigener
Maeht könne» binde Hinser während der Session nur anf ei-
nige Tage ihre Versamminngen anttetsen, etwa der Feiertage
wc^en, oder ant sonst irgend eibem allgemein gültigen Crrunde«
Die ßröffnnngsreden enthalten gewöhnlich eine Uebersicht iiber
den Zustand der Verwaltung nnd die von der Regierung einmi-
bringenden Dills ; die Antworten der H&oser darauf rerrathen
jedesmal den grösseren oder geringeren Grad der Zufriedenheit
im Volkcb Die Gesetzesvorschl&ge (BÜls), welche der Ge-
nehmig«Mig des Parlaments bedörfen; sind entweder prirate-bills
Vber Angelegenheiten einselner Pertonen (s* B. Trennung der
Ehe), Gemeinden, oder gemeineehaMiehe Privat- C^enst&nd^ meh-
rerer Grafsehnftte (Brücken,* CanMe u. t« w,>, oder p üb lie-
bt IIa üft^ Suattangelegenheiten aller Art Et ist Völlig gleich-
gültig, in welches Hans snerst eine Bill eingebracht wird, nur
mttssen die mit Geldbewillignrigen Verknöpften tuertt dem Un-
terhause vorgelegt werden. Jede Bill wird tuvor angeköndigt,
und Bwnr eine Privatbill dnrch <^ne sehrifUiche Petition , eine
Publiebill durch tftne mfindliche Erklärung (motion) eines Mit-
gliedes, was auch. Iiei 'den von der Regierung ausgehenden ge-
schieht, da 'hier nur die Motion von einem Mitgliede des Mini-
steriums ausgeht, das auch zugleich Mitglied desjenigen Haukes
ist, weichem diie Bill angekündigt wtrih Erhebt sieh nun nicht sofort
ein entschiedener Widerspruch mit der Majorität gegen die fernere Be-
handlung des Gegeimtandes, so wird die Bill ndeh einigen Tagen tum
ersten Male verlesen, und die Debatte beginnt Nach gesehlosse-
ner Debatte wird Über die sweite Lesung abgefitimmt, fällt sie
hier durch, so darf sie in derselben Parlamentssession in
gleicher Abfassung nicht noch einmal wiedc^ in das Haus
eingebracht werden, welches sie verworfen hat Wird sie angenom"
men, so kommt die Bill sur näheren Prüfung aller eigenthömlichen
dabei vorkommenden Umstände in den AusschnsSi der wenig-
Das Britisclie ^eiolb 199
V
Stent aus »chl MitgUoiern besliilMii muM» M «dir wiektifcdi
Aiigel0flreQ]ieiten aber aueh das p:aiiae Hanf aujn AimmImm hat
Ccommiilee of the uhoU koun^). Wird lia hier nun abgeün-
dert o4er erweitert dorek AmendeneDti« ao lep;! der Vortitser
(ebairmanA) dea Aiiafchttaaea teuiea Berieht im veraaaimekea
PaHamente ah, worauf die Oehattea wieder hegitweiiy bit ea
«ach ihrem SohluMe aar Ahatimmmig tthiir die dritte Letang
kömmt Geht auch dieaa diireh» lo werde» nnr ielteii aoeh
Zosätae odtr Clauieln htaxi^i*efQgt, vnd daan dareh einfaehe Ab-
atimmunx ili^ Annahme auf einmal, oder naeh ^den einieUiea
Punkten entschieden. . Dann kömmt dia Bill in dt« andere
Havs, wo sie dieselben fünf Stationen dut^haamaehen hat. lat
die^Bill im Unterhauae averst genehmigt, se wird sie von eint'
gen Mitgliedern des Unterkausaa peraönüeh an daa Oberhau«
überbraeht Wird sie in dem zweiten Hause Terworfen, so tritt
der gleiche Fall wie eben ein 9 dass sie in derselben Session
nicht mehr in gleicher Gatalt eingehraeht werden kann. Ist
ai« aber wesentlich anrnndiri, so muss sie nock einmal den Gang
durch das Hans durchlaufea, von welchem sie ausgegangtn ist.
Können beide Häuser sich gar nicht eiMgen, se wird wohl« Jedoch
höchst selten» eine Confereas awbchen awei Aussehtssen beider
Höuser veranstaltet, ist dagegen eine Bill von beiden Hftusem,
angenommen t so wird sie dem Könige sur Sailctien vorgelegt»
Diese erfolgt in Franaösisehen Formeln , den Ueberrestea der
vormaligen Staatssprache, die während der ersten Ausbildung de« ^
Parlaments im dreiaehnten Jahrhundert von der Normannischen Er-
obcEung her sich als allein gältig gemacht hatte: l^ei einer Privat*
bili *) henst es $0itfm$ tomme ü B%t4e9iri^ bei ^«r PubUcbüi 1$ RH
*) Die Zahl der jährlich eingebrachten BHIs* seh wankt «Aschen
500 oad 60Oy wovon \ Public- | Private-BlIU dnd. Das Tearbeok
for J834 giebt auf 8. 176 eine sechs and awaaiigjährige Verglei-
chang (T. 1806-31) über die Dauer der Ses^ionstage (90*136(181*2])»
der Sessionsstiinden (600—900*), und über die jährlich durchgegan-
genen Privat- und Public* Bills. Von den letzteren giebt das J*
1815 die meisten, nämlich 196, von den ersteren die J. 1809—14, wo
*) Die meisten Sessioosstonden gewährt dA6 Jahr 1631 » deui die Parlaments^
Session vom 26. Octobr. 1830—33 Apr. 1831 von ^40 Standen gab schon über 409
Blonden, nnn kam noch das Parbwient vom U. J«n.~S3 Oct. I8S1 mit 918 Sesslons-
standvB hiaxo, alaa tisnmmwi J318 8t«Mka.
/
' i
' gfS Das Britische Beicli.
Uveutf Ui fünft QtlöiXJaLh Soiremercü 99$ t0yaBx$9^^ei$t aecepie
kur b9n9Vol€nc9 #1 mtmti h vemU Verwirft der König die Biit»
10 getehiebt et ddreb die Fermel U Rot M^awiBu^ra. Doch
kann der Kdnig einer in Weiden Hkuiem durehg^angenea Bill
nnr sweimel die Genehmigung vertagen: hei der dritten An-*
nähme dertelhen Pili Tom Parlament vhrd lie anch ohne Ge-
nehmigung det Königt Staattgeeetiy ein Fall der jedoch teiC
1089 niemalt eingetreten itt^ da der Kdnig gemeinhin datHinitte-'
> rium tofort lu Indem pflegt, wenn die Öffentliche im Parla-
mente antgetproehene Meinung demtelhen to beharrlkh en^go-
gentteht Die Minitter haben amtlirh keinen Zutritt sum Parlamente,
mtter wenn tiePeera sind, oder alt Commonert gewählt werden: er-
kalten tie einnen^ Amt, to motten tie alt Commonen ron neuem ge«
whhlt werden. «^ Die Sitningen tiad nicht öffentlich nach dem
Getetn^ aber nach dem Herkommen, werden Jedoeh togleieh ge-
kelme, eobald ein Mitglied durch die Bemerkung, datt et nicht
^lamenttHlhige Zuhörer sehe, dietet fordert
Die flbrigea Reehto der Stiade lattep tieh auf wenige
Worte sutammendringen» indem yöliige Gleiehttellung def
Yertrhiedenen Volktclaaten in allen bürgerliehen Rechten und
poHtitchen Besiehungen und Gieiehheit Tor Crcricht gegenwirtig
die Hauptsöge, der geaetslichea BettimmilDgen der Staattrerfat-
tutfig bleiben: slfo die etwa torkommenden Abweichungen daron
* laufen gerade dem Grundeharakter der VerCutung entgegen.
jährlich 390—314 pattirt ttnd. In der tteuetten Zeit war dat an on-
gtöcklichen SpecnlatianeS mit neuen Betriebt-Compagnien to reiche
J. 1825 auch dat rtichtte an PriTatbillt, denn et wurden Ober-
haupt eingebracht 4d6f wovoo 958 zur ertten Letong, 339 zur zwei-
ten, 394 zur drittes Letung kamen und 286 die königliche Geneb*
migung erbiellea. Dsttelbe Tearbook liefert S. 301 eine neunjährige
üeberticht < 1830— 38) derPrlTalbillt nach den tertchiedenen Gegen-
ständen» wobei etwa ^ auf den Ackerbau » in auf grotte Compag-
nien, -^auf Verbetterangtsalagen för Städte und kleinere Districie, wie
KirclMrä-Bauten, Gaterleuchtong o« $• w., -t^ auf innere Commuaica-
tion durcH ^tratsen» CanSIe, Brocken u. & w., «^ auf Schiffahrt und
endlich ^ auf einzelne Priratanliegen wie Natoralitatlon, Ehetren-
Dung u. t. w. koBunen. Im J. 1883 waren in neuetter Zeit am we-
liigtten PriTatbillt bei dem Haute der Gemeinen eingebracht, nur
313» Ton denen 189 bit zur ertten Letung kamen, 176 die ^Kweite
Lesung» 169 die dritte erlangten und 166 tom Könige genehmigt wurden.
t>aa Britische Reich. 877
9. ir.
Von dem Veic^^ältmiBse der Kirche ssum Staatte.
.Der Gnindiats •iner «neingeselirinkt«!! DuMung für
j«den Religionidiensty in soweit er nieiit vom Staate anerkaaiite
Rechte angreift und der inneren Ruhe und Ordnung gefiktlich
entgegentritt» findet für den Umfang dee ganzen Britiaehen Reicht
seit den .Toleraniaeten aus den ersten Regierungsjahre des K5.
Digs Wilhelm HL und der Königin Maria (1689) und atfs dem^
sehnten Regierungsjahre der Königin Anna (1712) atstt. Die
VerhiÜtnisse der einielnen ehristliehen Kirehenpartheien und
der SU ihnen gehörigen Seetea in sieh und xu einander sind be--
reits §. 8. S. 381—405 ausföhriioh eriiutert worden. Das Ver-
hältniss dieser Kirehen sum Staate ist ah^ durchaus TerscMeden.
Bei der herrsehenden Eptseopalkireke ist der Einflnss der Regie-
rung am entschiedensten durch ihren Antheil hei den Wahlen
der obersten Kirchenhäupter gesiehert Die Domkapitel haben
Bwar das Reoht beibehalten^ ihre Ersbiseliöfe, Bisehöfe und De-
ehanten su wählen» aber dieses darf nicht eher geschehen, als
bis die besondere Wahlerlaubiiiss (conge heitre) des Königs
dasu eingegangen ist/ die jedesmal mit der Empfehlung einer
bestimmten Person begleitet wird, die dann ohne allen Wider-
Spruch gewählt werden muss. Da -nun dieses seit den 'Zei-
ten der Königin Elisabeth geschehen ist, wie es bereits von
ihrem Vater Heinrieh VIII. seit 1534 fttr die Catholische
Kirche angewandt wurde, so besitzt die Regierung darin ein
unfehlbares Mittel, Jeden ihr gefährlich oder auch nur zwei-
dentig dönkenden Geistlichen von dem Eintritte in ein ho-
hes geistliches Amt entfernt su halten. Neue ßisthümer und
Dechaneien können nur vom Könige errichtet, bereits bestehende
aber nicht verkürzt oder eingesogen werden. Das Letztere
ist jedoch in Beziehung auf Irland dareh die von beiden 'Häu-
sern genehmigte und rem Könige bestätigte Kirchen-Refcurmacte
vom Jahre 1833 dergestalt zugestanden worden, . dass zehn ßis-
thümer nach dem Absterben der jetzigen Inhaber nicht weiter
besetzt werden, ihre Diöeesan-Auisieht aber Tcrhältnissmässig
Schaberrt Statistik n« . 37
67d D^sB ritisch-«^ Reich.
nach Kirehspielen unter die übrigei^ Anglieanitchen Bisch^ife
Irlands vertheiit werden tollte. Dabei wurden ^nn -ebeiHiiitiisig
aueh sovieie Domcapitel und Dechaneien sur allmiililigen Einxie*
hang bestimmt — Die fräheren geistliehen Parlamente, aus
den hpherfn. Creistlichen «dem Amte «aeh dusu bestimmt «und ans
Abgeordneten dertiieder^n Geisdiehkeit bestehend , werden jetzt
nur nach der Form noch bisweilen einberufe, aber sofort wie*
derum vertagt, da- das vereinigte Parlament zu London auch aber die
gepieinen kirchlichen Angelegenheiten des Lanflea die gesetxge^
bende Gewalt ausübt» uqd in dem Qberbause 'desselben die Bt*
schö£Q Englands und vitt Abgeordnete aus der Mitte der Bischöfe
Irlands, nur wegen ihrer amtlichen Funktionen Sitz -und Stimme
haben. Die geistliehe Gerichtsbarkeit umfksst fOr die Anhänger
der Episc^alkirche die Glaubens-, Testaments« und Ehe- Angele«
genbeiten, jedoch mit Ausnahme der Trennung der Ehe, die dem
Parlamente vorbehalten ist Sie wird in ^erster Instanz von de*i
Archidiaconal-Geriohten und den Consistonal*Gerichten bei den
Domcapiteln, in zweiter Instanz von den erzbischöflichen Gerich-
ten verwaltet Von diesen findet ^ie Apell^ition an "das höchste
weltliche Gerieht statt, «n 4as Kanzlei-Oericht {Court of chatte
cery) ]za Londo|i , ' welches besondere Commissarien sur Ent*
Scheidung in selchten Angelegenheiten bmennt, die im Namen
des Königs den Ausspmeh zu fidlen haben.
Das Yerhältniss der Preshjrterianisch'en Kirche ^ zum
Staate ist bei der einfacheren Form ihrer Verfassung für bloss mnere
kirchliche Angelegenheiten fast jeder politischen Einwirkung über-
hoben, wie ein Gleiches auch ven den Secten derselben behaup-
tet werden niuss, s. S. 400 und 401« «—
Für die Römisch^ Catholisehe Kirche hesteht kein
Concordat zwischen dem Römischen Stuhle und der Britischen
Regierung, wenn gleich nach dem zweiten Pariser Frieden 1615
unter der Verw«dtung des Prinz-Regenten einige vergebliche Ver-
. suche zur Abschliessung desselben gemacht sind« Die Wahlen
der Cadiolisohen Biscliöfe, die Verhältnisse der Klöster und die
Emaneipation der Catholiken sind sehon «ben & ^02— i4 un4
K 403— 4 erwähnt — >
\
Das Britisch« Be-ich^ , 879
D. Die y erwaltung > des Britischen Staates.
1 Innere VerhältniBse.
§. 18.
■ /
des Staates.
*
▼. Vintke, DarstolloDg der urneren Verwaltung von Gros»-
britannien, herausgegeben von B.* O. Niebuhr, Berlin 1815
8to^ -r The Mtate of the nation at ihe eommencem^nt of tke
year 1822, Lond. 8vo.: eigentlieh aU oifi^ielle Schrift anzuse-
hen, in welcher das Englische Ministerium seine gesammte Ver-^
waltung seit^ dem Friedensschlüsse von 1815 bis 1821 entwickelt,
um bei dem Volke das Vertrauen auf dasselbe su rechtfertigen
und fernerhin cn erhalten. Daran knüpft sich auf gleich ofii-
cielle Weise das Jahr 1822 nach allen Zweigen der Verwaltung
behandelt ihe adminütratian ef the affairt of Great Britainy
Jreland and thetr dependemeie^ at the commeneement of the
year 1823 under the heade of Finance^ National' Reeource»^
Foreign- Relatwn$f Celoniee^ Trade and domeetie Adwunietra-
tion^ Lond. 1823 8vo. — ; in« Französische übersetst ron Du-
fan und 6 u ad et nach der 4. Originalauflage , Par^s, 2rae. edit
1823, 8vo.*). — Tlie reform Minietry and the reformed
Parliament, London 1833, 8ro., welche Schrift eine klare und
gehingene Uebersicht der Gre/schen Verwaltung aus officiellen
Actenstücken gewUhrt und in wenigen Taigen in vier Auflagen
vergriffen wurde. -<- Die in §•' 10. $. 11. und 16. angeführten
Werke von Pcbrer, Browning und Jones. — -,
1) Das Staatsministerium. Der Character desselben
athmet überall die Erhaltung alter. fUr diesen Staat wohlbe-
Wllhrter Eiprichtungen, ohne dem Einflüsse der neueren Zeit für
*) Aas beiden Werken hat Chitl. Dupin ^n systlme de Fad-
miaisiratioB BriHuiniqne, Park 1848» 8vn. bearbeitet.
37*
\
560 Das Britische Beiciu
«ine uigemeMenere Fachrerdieilnng irgend wie Raum so gebeä.
Daher ist das Personal der höchsten Behiirden überaus zahlreich
im Vergleich mit denjenigen Staaten , die streng gesonderte .
Fach-Ministerien besitzen: aber nichts destoweniger sind wieder .
die eigentlich leitenden Minister auf fünf beschränkt, mit Ge-
schäften überaus überhäuft^ nnd iiicht selten in eihaeinen Zwei-
gen der Verwaltung sich durchkreuzend, wie es nun einmal die
allmähliche Entwickelung der Britischen Sts^atsverwaitung festge-
stellt hat Bis auf die Zeiten Königs Heinrich Vill. gab es ausser dem
Kanzler des Reichs, der zugleich der Vorsitzer der höchsten
Gerichte und der Peers war, n«r eiiien.Staatssecretär für das
Königreich England und einen Schatzmeister. Heinrich VlIL*
ernannte 2 Staatssecretaire, einen für den Norden, einen für
den Süden, welche die inneren Angelegenheiten gemeinschaftlich
nach den nördlichen und südlichen Provinzen leiteten und eben
so in den ,au8wärtigen die südwestlichen Staaten Europas und
den Ausser-Europaeischen Handel und die nördlichen Staaten
Europas unter sich getheilt hatten, zu welchen letzteren aber
auch das Deutsche Reich gehörte. Das Amt des ^Schtftzmdstf rs
wuchs unter 'der Königin Elisabeth zu «eimnn sehr bedeutenden
Ansehen. König Jacob I. "errichtete noch die Stelle eines be-
sonderen Staatssecretairs für das Königreich Schottland, wel-
ches Amt aber nach det engeren Vereinigung beider Reiche im
Jahre 1707 wieder einging, jedoch durch das eines Staatssecre-
tairs für die Colonien ersetzt wurde. Nicht sehr lange darauf
wurde während "der Regierung Königs Georg IL die Geschäfte
der beiden Staatsseeretaire 'für «den *Norden und Süden dergestalt
zusammen gezogen, jedoch in anderer Beziehung wieder getrennt^
dass ein Minister- 'S taatssecretair für alle inneren Angelegen«
heiten ,und «iner für die I«eitung *der gesammten auswärtigea
Angelegenheiten -angestellt blieb. Zugleich war der erste Lord
der Schatzkammer als oberster Aufseher Über die Finanzen ia
ihrem weitesten Umfange hinzugetreten, während der Kanzler
der Sehatzkammer in der Stelle des früheren Schatzmeisters für
die detaiilirte MmisteriaN Verwaltung der Finanzen verblieb.
Jener erlangte bald durch sein wichtiges Amt und seine Stellung
zum Parlamente, indem die Rechtfertigung seiner A^ntsverwal-
tung gewöhnlich den grössten Theil der übrigen Staatsverwal-
tun<; mit hineinzog, eine sO' einflussr eiche Stellung, dass ihm
gemeinhin wie einem Premierminister' die Bildung des gesanim-
.^
Das Britische Reich. 581
ten Minifteriumt fiberlaisea blieb. In der aweiten Hälfte des
aebtsehnten JabrhundetW wnrde die Steile de« Colonial-StaaU-
«eeretain » welche ihre wichtigsten Getchäftebeiiehangen in den«
Nordamerikanitohen Colonien gehabt hatte, mit dem Verluste
der wichtigsten derselben dorch den Frieden su Versailles im
Jahre 1783 wieder aufgehoben. Während des Französbchen
Revolntionskrieges kam indess ein eigener Miniater-Staatssecre-
-tair für das Kriegs- Departement wieder hinwi, der nach dem.
Bweiten Frieden Yon Paris (1815) swar eine untergeordneter«
Stelle als Kriegssecretair einnahm, aber kn Cabinet blieb, wäh-
rend ein neues Staatssecretair-Amt mit einem besonderen De*
partement für die Colonien und den Handel \n diesem Jahre
errichtet wurde, von welchem Departement jedoch die Leitung
der Ostindisehen Angelegenheiten ausgesehiossen blieb. . Denn
diese hängt baupstächlich von dem Directorium der Britisch*
Ostindischen Compagnie ab, und wird nur vo^' Seiten der Regie-
rung durch das 1781 errichtete Bureau der Controller ^^'^i^^' ^
eoniroulj beaufsichtigt
In nothwendiger Folge der Anforderungen der Englische^
Staatsvetfassung und der jährlich vom Parlamente neu £u bewil«
ligenden Subsidien fiir die mnxelnen Zweige- der 43taatsverwal«
tung, müssen übereinstimmendes Handeln und. gegenseitige Un«
terstütsung als Grundprincipe für die Ministerialverwaltung die-
ses Staates unabänderlich festgehalten werden. Daher bleibt ea
herkömmlich,, dass der Monarch nicht selbst das Ministerium
in allen seinen Mitgliedern wählt, sondern nur eins, gemeinhin
den ersten Lord der Schatzkammer, was- aber keinesweges alt
nothwendig erfordert wird, und von diesem sodann verlangt, aus dem
Kreise seiner politischen Freunde ein Ministerium zusammenzu-
setzen, das im Interesse des Staates, wodurch doch in der Re-
gel auf längere Dauer allein die Majorität im Parlamente für ein Mi-
nisterium erhalten werden kann, die Angelegenheiten des Staates
verwalten solL Daher geschiebt es in diesem Staate unausbleiblich,
• dass ein Ministerium ganz von der Verwaltung abtritt, sobald es in
" sich uneinig geworden ist, nnd diesen Zwiespalt nicht durch das Aus-
scheiden einiger Glieder und Ergänzung derselben durch Gleich-
gesinnte mit der Majorität auszugleichen vermag, oder sobald
es. in wichtigei^ Angelegenheiten, oft nur bei einer von ihm aus-
gegangenen, od^r lebhaft vertheidigten Bill» die entsehie4f|y
682 Das BrUisclie Seich.
I
\
Majorität im Unter- oder. Oberhftuie gegen lieli erhielt*).
Aber aus dertelben Veranlassung schreibt es sich aueh her, das«
vir Männer in sehr jugendlichem Alter (21 — ^25 Jahre) lu den
ersten Aemtern des Staates befördert sehen, wenn sie durch ih-
ren politischen Charakter das Vertrauen eines ausgeseichneten
Staatsmann.es sich erworben haben, und dieser an die Spitse
der Ministerialverwaltung gestellt, von der ihm völlig freigelasse«
nen Wahl in Ernennung politisch gleichgesinnter hoher Staats-
beanrten Gebrauch macht. Gegenwärtig besteht das Ministerium
«US folgenden 5 Stellen, wobei aber ausdrücklich bemerkt werden
muss, dass in England selbst der staatsrechtliche Begriff eines
die gesammte Staatsverwaltung umfassenden organisirten Ministe-
riums eigentlich fehlt, dass aber die nachfolgenden Staatsbeaniv
ten überall ofßeieli die Minister des Königs genannt werden.
a) Der erste Lord der Schatikammer**rund Gross-
ich atzme Ister hat nicht nur die oberste Fürsorge sowohl für
die Erhebung, wie für die Vertbeilung der Öffentlichen Ein-
künfte^ sondern auch eben so für die Erhaltung des guten Zustande«
aller ihrer Quellen, also die oberste Aufsicht über jede Art des Ge«
werbfleisses, über den inneren Verkehr, über Handel und Schiffahrt
unter Mitwirkung des Colonial -Ministers. Dieses Amt hat »her
auch seinen bestimmten Antheil an den Vertheidigüngsanstalten des
Reichs zur See und lu Lande, mvmentlieh für die Elrhaltung der
Schiffswerfte, Arsenale, Zeughäuser o. s. w. Allerdings ist dieser Wir-
*) Nor in iehr seltenen Fällen, wovon die neaesten Zeitereig-
nisse awei oben bei der ReformbiU bereits berülrrten Beispiele
geliefert haben, bleiben die Minister anf ansdrückllchen Wunsch
des Königs auch gegen die Majorität eines Hauses des Patlameilts
in ihren Aemtern. Dies geschieht jedoch nur dann, wenn der
IVille des Volks in seinen laut gewordenen Aeussemngen mehr
mit dem zurück tretenden Ministerium, als mit der dissentirenden
Migoritat eines Hauses des Parlaments übereinstimmt.
**) Die Schatzkammer hat in England den zufälligen Namen
Scoccarittmy Excheqner, weil, die Tafel im Geiichte der Schatzkam-
mer mit einem gewürfelten Tuche nach Schachbrett-Master (cbeo-
ckered^otb) bedeckt war.
Das Britlscbe Bezieh. S83
kttngslcreii eioei Ministen im Vergleich sa ilen anden Li&ndem^
weon wir das StaatskanBUramt des Oestreiehischen Kaiserthums
aMsnehnieD, viel au ausgedehnt, aber er hat seine historische Grund^
li^e erhalten , wie wir in früheren Zeiten- auch fir Frankreich«
'bei dea- Ministerien des Gardinais vonAmboise unter Ludwig XII«
bis auf SuUj hecab unter Heinrich lY^ der Finanzverwaltung einen
ebeü so weiten Geschilftskreis gesteckt sehen. Besonders abe»
bat die Staatspraxis den- CngUlndern durch die- glänsendste»/
'Veisi^ele. bewährt, dass dem ausgeseichneten Mann^die Ueber*
sieht über dieses grosse Gebiet seiner Verwalhing nicht gefehlt hat^
und dass gerade die oberste Concentririing dieser Geschäfts-
sweige in einem* Manne« voa den grössten Vortheilen für die
Verwaltung selbst begleitet gewesen ist, wie man nur an die
«hrenwerthen Namen von Robert 6ra£ von Walpole, den beidea
Pitts, Liverpool, Canning und Graf Grey ;iich«att erinnern braucht
Der erste Lord der Schatskammer hat stets .die Leitung einea
Hauses im Parlamente von Seiten . des Ministeriums auf sieh^
oder, was hier dasselbe^ sagen wifl, die Vertheidigung dei< vom
Ministerium eingebrachten VHts und die Rechtfertigung der ge-
samnitcn Staatsverwaltung in der Bestreitung der Staatsbedürfnisse
v^r dem Parlament Es* hitagt nun von seinem persönlichea
Stande ab, ob dies im Unterhause oder im Oberbause. geschieh^
da ein Minister ala solcher keinen Zutritt zu dem Parlamente
bat, sondern nur, in seiner Eigenschaft als Peer oder Commoner
Bits und Stimme in demselben* haben darL. Seit deip Throhbe« ^
ateigung des Hauses Hannover ha^-es abwechselnd' statt gefun<}en,
bald einen Peer^ wie den Grafen von Walpele, Lord North»
Herzog von Portland, Qerzog Wellington, bald einen Commoner
wie William Pitt/ Canning, Robert Peel- mit diesem Amte be-
kleidet zu -sehen. Findet das letztere statt, so inuss no^hwendig
eine der anderen Minister-Staatssecietair- Stellen oder das Amt
«inea Kanzlers der Schatzkammer einem Peer anvertraut sein,
damit dieseir das Ministerium, auf gleiche Weise im Oberhause
vertrete: und das Gleiche wird erfordert für die Vertretung im
Unterhause, wenn der erste Lord der Schatzkanimec seiner G<;-
burt nach zu den Peers gehört.
Diesem zu^Seiee steht b) der Kättzler der jSchafrVammer
iChancelorofihe Exchieguer), welcher auch zugleich Unter 8.chat a-
meister isty und im Range den Staattsecretären mit demDeparte-
584 Das Britische Reich.
ment gleich giit, alio su den Minii tera des Königs gehört
hat die Leitung des Details der Finanzen und- ist der eigentliche Fi^
nansminister im engeren Sinne des Wortes *). Unter beiden stehen :
a) Das Schatzmeisteramt ( Trea9ury' Office ) ^^ welches von
fünf Lords-Comniissarien und zwei Secretäreu aus der Reihe der hö«
heren Beamten verwaltet wird. /?)DaB^ Schatzkammeramt {Ex*
cheguer-Officei^ welches unter dem Vorstande des Kanzlern der
Schatzkammer in dreizehn Abtheilungen die directen Auflagen, die
Lotterie, die Münze, die Schatzkammerscheine, die Rechnungsab-
nahmen u. s.w. verwaltet, y) Das Zollamt ( CuBtom-houMe ) v«b
einem PrÜtfidcnten und sieben Commissarien geleitet, für die Zoll-
einnahmen und Aufsicht über die Zollbeamten aller drei verei-
nigten Reiche, d) Das Accise-Amt (Exche' Office), wie das
^vorige von einem Präsidenten und sieben Commissarien geleitet.
6) Das Stempel-Amt ( Stamp- Office)^ unter der Vcrwaitoog
ebensovieler Beamten wie y und J.
V c) per Minfster-Staatsseeretär für die auswärti-
gen Angelegenheiten .giebt schon durch seinen Namen den
für jeden Staat gleich bezeichneten Geschäftskreis: unter ihm lei«
tet das Departement ein Unterstaats-Secretär. Zur Erhaltung der aus-
wärtigen Verhandlungen mit den befreundeten Staaten führt er den
Geschäftsverkehr mit den bei dem Londoner-Cabinet accreditirten 3
Botschaftern (von Russlantl, Frankreich und Oestreich), 21 ausseror-
dentlichen Gesandten und bevollmächtigten Ministern (vonPreussen,
Spanien, Portugal, Schweden, Türkei, Niederlande, Baiern, Belgien,
Sardinien, Neapel, Brasilien, Buenos- Ajres, Dänemark, Griechen-
land, Hanover, .Würtemberg, Grossherzogthum Hessen, Kurfür-
stenthum Hessen, Mexico, Nordamerikanischen Freistaaten und
Venezuela), 4 Minister-Residenten und Geschäftsträgern (Schweiz,
"*) Neuerlichst waren beide Aemler in einer Person verbunden,
als Robert Peel sm Uten Dec. 183^ an die Spitze des Ministeriums
trat: ein l^aU der in diesem Jahrhunderte noch nicht vorgekomipen
war, es währte aber nur 4 Monate, denn nach dem abermaligen
Rücktritte der Tories am 18ten Apr. 183S wurde Visconnt Melboame
erster Lord des Schatzamtes und Sir Spring Rice Kanzler der
Schatzkammer.
Dan Britische tBeich. 585
Königreich Saebieiiy Groisfaertogthiim Baden und den Hame-
•Udten) und endlich der grossen Zahl fremder General-Consulnp
Cenanln nnd Viee-Consaln in den grösseren Handelsplätzen dea
Britischen Reichs. Von Grossbritannien selbst werden 5 or-
dentliche Botschafter*),« Jeder mit 2 Botschaftssecretairen (zu
Petersburg, Paris, Wien, Constadtinopel und Lissabon),' ein aus«
•erord^ntlieher Botschafter am Persischen Hofe **) nur auf eine
kOrsere Zeitdauer, 19 Gesandte, von ^enen jeder einen Lega-
tions-Secretair erh&It, mit Ausnahme des zu Berlin angestelitei^y
der gleidi den Botschaftern 2 Legation^-Siecretair hat, (zu Ber*
liü, Haag, Neapel, Madrict, Kopenhagen, Stockholm, München,
Turin, zu Frankfurt am Main für den Bundestag, Bröifsel,
Dresden, Stuttgart, in der Schweiz, Mexico, Washington,
Bogota, Ri6*Janeiro, Buenos* Ajrea und im La-Plata Staate),
2 Minister -Residenten und bevollmächtigte Minister, jeden mit
einem Legations-Secretttr (zu Florenz, der audi zugleich bei den
benachbarten kleinen Italienischen Staaten accreditirt ist, und
im Königreich Griechenland), und ausserdem in allen Staaten^
mit welchen der Britische Handel in Berührung kömmt, GeneraU
Consuln, Consuln und Vice-Consuln gehalten. Derunter sind
jedoch nicht die Agenten mitbegriffen, welche von der Ostindi«
•chen Compagnie an den Höfen der Indischen Herrscher auf
beiden Halbinseln zu allen nur möglichen diplomatischen und
eommerciellen Functionen gebraucht werden« Die Gesandten,
sowie sämmtliche diplomatische Agenten werden zwar auf den
*) Die Gehalte der Englischen Botschafter und Gesandten sind
unter der gegenwärtigen Regierung beträchtlich herabgesetzt, oft
bis auf die Hälfte des früheren Betrags: das des Botschafters ist
nach der Theuerung feiner Residenz oivd den ihm daselbst oblie-
genden Verpflichtungen zwischen 10,000 ^ St (Paris) und 6000 %
St. (Lissabon), das des Gesandten zwischen 5500 % St (Berlin) und
S300 % St (Stuttgart), das des Minister- Residenten X300— 2000 % St
das eines Botscbaftersecretärs 1000—800 % St.» das eines Legations«
Secretärs zwischen 600 uud 1000 tt St
**) Mit diesem Charakter wurde Henry Ellis abgesandt im
Juli 1885» um dem neueren Sbah von Persien Gluckwünsche zu
überbringen) bei welcher Gelegenheit aber gewöhnlich zugleich kka
längerer Aufenthalt am Persischen Hofe verknüpft wird.
V
596 Das Britische Beich.
%
Vorschlag des HinUtet-Staatsecrettr der aoswärt^n Angelegen-
heiten ernannt, werden aber sehr häufig auf ihrer Stelle erhal*
ten, wenn auch der ernennende Minister ausgeschieden »und ge-
radezu sein politischer Gegner eingetreten ist» 'sobald 'die per-
sönliche Stellung des Agenten su dem Hoflager» bei welchem er
accreditirt is^ es wönschen^werth macht, oder eine su grosse Ent-
fernung den öfteren Wechsel dieser Beamten aU schädlich erweist.
d) Der Minister • Staatsseeret&r für die inneren
Angelegenheiten hat nicht allein für die Erhaltung des
Öffentlichen Friedens im Lande su sorgen, indem er die oberste
Aufsicht über die gesammte innere Verwaltung (siehe d. folg. 9« 1^
uiid 20) führt, sondern er muss auch strenge über die pünktliche
Handhabung der Gesetse in Benutzung auf innere Ruhe und
Ordnung wachen, daher, hat er ein^n grossen Theil der Ge-
schäfte des Justiz-Ministers anderer Staaten su seinem Bereiche,
und daher konnten Robert Peels Reformea wlüirend der län-
geren Verwaltung dieses Amtes (1823 — 30) so wohlthätig auf die
Britische ' Rechtspflege einwirken. Unter ihm steht an der
Spitze des Departements ein Unterstaatssecretär. Ausserdem
stehen unter beiden Staatssecretären der auswärtigen und inne-
ren Angelegenheiten das Staatsarchiv ( State- Papen^ Office J
und das Siegeiamt ( Signet- Oj^iee}.
e) Der Minister - Staatssecretär für den Bändel
und die Colonien, welcher die wichtigsten Theile seines Am-
tes in den commerciellen Beziehungen ausserhalb Europas und-
in den Colonien wahrzunehmen hat. Auf seinen Vorschlag werden
die Gouverneure und Commandanten der Britischen Colonien er-
nannt Auch in diesem Ministerium steht ein Unter-Staatssecre-
tair als Director an der Spitze des Departements.
Sämmtliche Staatssecretäre können an und für sieh ohne
Rücksicht auf ihren Stand zu ihrem Amte gewählt werden, nur
dürfen nach der Burke-BUl nie mehr als zwei von den vier
Staatssecretären im Unterhause sitzen, weshalb dann im
Falle, dass mehrere Commoners unter den neu für ein Mi-
nisterium erwählten Mitgliedern sich befinden, einer oder zwei
durch Erhebung sur Peerswürde in das Oberhaus überge-v
\
Das Britische Beich. tiSf
hen *). Diele fünf Staatimioister bilden lasammeii mit den naeh-'
benaonten Chefs der nicht untergeordneten Staatsbehörden die
■weite hdchite Centralbehörde dei Staates , nemlich
2) Das Cabinet des Königs. Dies hat alle wichtige
Staatsangelegenheiten^ ru entscheiden, wo mehrere oder sämmt-
liche Minister des Königs in ihren Geschäftsbereichen berührt
werden. Das an und für sich schon so bedeutsame Gewicht des-
selben ist in dem laufenden Jährhunderte um so beträchtlicher
gestiegen, als aus dem natürlichen Gange der Elntwickelung der
ioneren und äusseren Politik das gemeinschaftliehe Zusanimen-
bandeln der Centralbehörden gans .noth wendig erfordert wurde.
Die gewöhnlichen Mitglieder des CalHnets sind viersehn Stellen,
die mit Inbegriff der oben angeführten Minister des Königs Bits und
Stimme in demselben haben : a) Per Lord-Kansler, sugleieh der
Präsident des Oberhauses und des höchsten Reidisgericfats (*• §> ^
20);. seit dem 24ten April 1835 ist diese Stelle getheilt twischen ei-
nigen königlichen Commissarien , welchen das grosse Siegel ^tM
Lord-Kanslers übergeben ist, und einem aus der Zahl der Lords-
Oberrichter temporär gewählten Vorsitzer der Peers, doch hat
keiner von diesen Stellvertretern die Stelle dieses Amtes im Ca-
binet erhalten. J>) Der Lord Präsident desgeheimen Raths,
von welchem, als der dritten Central-Behörde des Staats unten
sogleich gehanllelt werden solL c) Der Lord Geheime-Siegel-
bewahrer, welcher das kleine Königs -Siegel für die besonde-
ren Cabinetsverfügungen , Gnadensachen des Königs u. s. w.
ftth|rt, 8. oben S. 557. Nro. 5 unter den Kronbeamten, d) Der
*) So geschah es mit dem Viscount Duncannon (bis dahin nur Irlän-
discher Peer), der bei seinem Eintritte ins Minislerinm ah Staatssecretär
für die inneren Angelegenheiten im Juli 1835 zur Englischen Peers-
würde erhoben wurde, weil Spring Rice und^ Viscount (Irländischer)
Palmerston, beide Commoners, bereits Staatssecretäre der auswärtigen
Angelegenheiten und der Colonien waren. Ebeoi^o wurde Sir Charles
Grant, als er am ]8ten April 1835^das Amt der Staatssecretärs der Colo*
nien erhielt und Palmerston und Lord (Titel al« nachgeborner Sohn des
Herzogs von Bedford)" John Russell bereits die Leitung der auswärti-
gen und inneren Angelegenheiten übernommen hatten, zur Peers-
würde als Lord Invemess undGlenelg am 3'2ten AprU 1835 erhoben.
S88 Da« Britische Beich.
er Ute Lord der Admiralität, weleher als Pr&tident des Ad«
iniralic&ts- Amtes susammen aus sechs Lord-Commissariea bestem
hendy die oberste Verwaltung der Marine- Angelegenheiten re«
, prftsentirt e) Der Präsident des boarda of the Con^
tronl, als Vertreter der Verwaltung für die Ostindi^dhen Ange-
legenheiten (s. S. 581). f) der Präsident der Bandelskam-
mer (Board of Council for trade and foretgn PlantationM)^
welche als Centralbehörde die Interessen dea gesammtea Bri-
tuchetf Handels unter der obersten Leitung des Colonial-
Sta^tsseeretärs wahrnimmt g) Der Kanzler des Hersog-
thums Lancaster, eine Stelle gegenwärtig ohne einen bedeu-
tenden bestimmt angewiesenen Wirkungskreis , die gemeinhin
einem talentvollen Staatsmanne lugewiesen wird, dessen persön-
liches Gewicht man im Cabinet su benutsen wfinscht, ohne
geradezu seine gesammte Thätigkeit fQr die Verwaltung in An-
spruch zu nehmen, h) Der Generalsahlmeister des Hee-
res und des Feldzeugamtes, welche beiile Stellen gegen
wärtig verbunden sind, sonst aber getrennt waren , wo dann di«
letztere Steile nicht zum Cabinet gehört i) Der Kriegs -So-
or et är, welcher an der Spitze der Verwaltung für die inneren
Einrichtungen der Britischen Heeresmacht steht Alle diese Be-
amten werden im weitem Sinne des Wortes Minister des Kö-
nigs genannt
Ausnahmsweise werden auf besondere Veranlassung zu den
Sitzungen des Cabinets berufen, sind also als ausserordentliche Mit-
glieder desselben zu betrachten: Der General en Chef oder
Oberbefehlhaber des Heeres, der General -Feldseug-
meister, der General-PostmeisteV, der Ober-Intendant
für die Forsten, Waldungen, Ländereien und öffent-
. liehe Bauten, jetzt zufällig mit dem Amte des Lord-Oeheime-
Siegelbewahrers gemeinschaftlich verwaltet, der Gener!al-Mttnz-
Director, det Manier of the ro//« oder Viee-Kanzler,Stell-
rertreter des Lord-Kanzlers im höchsten Gerichte, der Judge*
Advocate oder Generaf^Procuratory der Attornej- General
oder General-Anwalt und der SoUieitor-General oder Ge-
neral-Fiskat der Krone.
Für die innere Verwaltung des Königreichs Irland
> besteht eine besondere Centralbehörde in Dublin , welche von
einem Lord-General-Statthalter präaidirt wird. Dieselbe hat
Da8 Britische Beicli. 589
ihren eigeaen Staatsseeretär, weleher bei aeiaer Aoweaenheil
in LoniloD Zutritt 2um Cabinet hat, aowip ihre beaondere Lonl-Kana»
ler^ Attomty* General nnA Sollicitor- General — Ffir die ioner^ ab«
. gesonderte Central-Verwaltang Sehottlandt lind jetst nar noeh in
Th&tigkeit der Grousiegelbe wahrer , der Lord -Advokat' und der
Sollicitor* General 9 welche die besonderen Interessen der Krodo
in ßeiug auf dieses Reich wahrzunehmen haben. '
3) Der geheime Rath des Königs. Dies^ Cefttralbe*
hörde, the Privy- Council genannt, vertritt die Stelle des Staats«
raths und des Geheimen-Raths zugleich, die in andern grösseren
Staaten als twc;i gesonderte Behörden neben einander bestehen.
Es werden in demselben die wichtigsten inneren und auswärti*
gen Angelegenheiten berathen, namentlich die Veth<nisse über
Krieg und Frieden, Einberufung und Vertagung des Parlalnents u. s. w.;
aber die Ausführung seiner Beschlüsse wird jederzeit dem Cabinet
überwiesen. In den Sitzungen des Privj-Council wird die Vereidi-
gung jedes hohen Staatsbeamten vorgenommen; er dient aber auch
zugleich als die höchste ApellationsbehÖrde in Beschwerde*
Sachen gepren die Verwaltungs-Beamten umi in den von den Ober*
Gerichten der Nebenländer bereits entschiedenen Sachen: für die
Colonial-Angelegenh^iten urtheilt er als ob'crrichterliehe Behörde.
Mitglieder desselben sind durch ihre G eb u r t s&mmtliche Prinzen
von Geblüt, durch ihr Amt die hohen Kronbeamten (s. S^ hb7\ die
Minister-Staatssecretäre, der Sprecher des Unterhauses und die
beiden Erzbischöfe von England. Die übrigen Mitglieder er-
nennt der König aus besonderem Vertrauen, gewöhnlich aus
denjenigen Staatsmännern, die irgend ein hohes AWkt verwaltet
haben oder noch verwalten, für die Dauer seiner Regie-
rung oder auf unbestimmte Zeit Es werden jährlich
officielle Verzeichnisse der Mitglieder des Geheimen -Raths von
der Krone bekannt gemacht, wer von den früheren Mitgliedern
in demselben fehlt, hat dadurch aufgehört in demselben ferner-
hin Sibtf und Stimme zu führen. Die Mitglieder des geheimen
Raths bleiben inzwischen noch 6 Monate nach dem Tode des
Königs iii ihren Functionen, erst dann kann der neue Monarch
sie entlasse!), oder auch beibehalten, wie denn das letztere ge-
wöhnlieh zu geschehen pflegt Die Zahl der Mitglieder ist
unbeschränkt, sie war 1767=112; 17UO=3l20; 1804=: 134;
1 821 = 172 ; 1831 = 183. Die SiUungen desselben werden das ganze
590 Das Briti\iche Reieh. /
Jahr hindurch gehalten» der König nimmt suweilen persönliehen
Antheil an denselben, in ' seiner Abwesenheit föhrt der unter
den Kroobea'mten und Mitgliedern des Cabinets genannte Präsi-
dent des geheimen Raths den < Vorsitz, und erstattet dem Könige'
von den ^erathungen Bericht Der geheime Rath ist/ in seinen
Entscheidungen als Behörde nur dem ▼ersammeit.en Parla-
mente untergeordnet Während der Zwischenieit swiscfaea
zwei Parlan^ents^Sessionen haben die Verordnungen des ge-
heimen Raths in dringlichen Umständen gesetiUch gültige
Kraft, seibat auch in solchen Fällen, deren gesetzliche Bestimmung
vor das Forum des Parlaments gehört die dann nachträglich nach-
zusuchen bleibt '
/
§. 19.
Die innere Grafschafts- und Polizei-Verwaltung.
Colguhoun a treah'se on the Police of Metropoli9f Lonä.
1800 %vo, the eixth edit — - Die oben genannten Werke von
Vinke, Pebrer und Browning. — C. W. Ash'er, Hambur-
gische Zeitschrift für Politik, Jahrgang 1835, 3. Heft England«
Municipal-Reform im Vergleich mit den übrigen neuen 9tädte-
Verfassungen Europas. —
P
An der Spitze der inneren Verwaltung stehen unter der Lei-
tung des Staattecretärs der inneren Angelegenheiten für jede Graf-
schaft <S. 311—16) ein Lord-Lieutenant und ein Sheriff.
Jenes Amt ist in die Stelle der alten iSächsischen Crrafen getre-
ten, wird durch den König auf Lebensdauer aas der Reihe der
angesehensten Grundbesitzer in der Grafschaft besetzt: es ist
aber gegenwärtig mehr eine repraesentirende Würde, als mit be-
deutenden Geschäften für die Verwaltung selbst beauftragt.
Denn der Lord-I^eutenant hat nur den Befehl über die Miliz seiner
Grafschaft (s. §. 22), muss für ihre rasche Aushebung und Bildung sor-
gen, so oft sie aufgeboten wird, ist der amtliche Chef der jin seiner
DasBritische Reich. 591
Grafschaft gebildeten Milii-Regifflenter« frnemit bei denielben
alle Ofliciere und itellt «lenselbtii in seinem Namen als kö-
niglicher Stati^halter seiner Grafsehaft Patente aus; bei dem wirk-
Irchen Commande der Millien kann er sich inswischen durch
Deputy'Lfeutenanis rertreten lassen. Der Sheriff ist das ei*
gentliche Werkseug fBr die wichtigsten Theile der executiFen
Gewalt in jeder Grafschaft: er wird jihrlich vom Könige aus
drei von dem Lordkansler «nd den Lord-Oberrichtern aus den
angesehenen Grumdeigenthümern jeder Grafschaft vor^schlage-
nen Candidaten gew&hlt. Nur nach drei Jahren kann dieselbe
Person wiederum gewählt werden: jedoch in* der Grafschaft
Westmoreiand ist der Graf von Thanet erblicher Sheriff, fQr
die Grafschaft Middlesex ernennt die Bürgerschaft von London
swei Sheriffs. Für das Fürstenthum Wales und die Grafschaft
Com wall werden die Sheriffs von dem Prinaen von Wales» und
für die Grafschaften Durham und Chester von den Bischöfen von
Durham untl Chester gewählt Dieses Amt führt im Gegensats
seines Gehülfen und Stellvertreters, des Unter-Sheriffs, auch den
Titel High-SheriC Von ihm geht die Vollstreckung sUmmtlicher
Urtheile der 6eric|^te aufl» in welchem Berufe der Sheriff auch die
Hinrichtungen leitet und die Oberaufsicht über die Gefängnisse
und Zuchthäuser seiner Grafschaft führt; er sorgt überdies für
die Bekanntmachung aller königlichen und Geheimen Rath's-Verord*
Boagen« £r leitet die Pailamentswahlen für die Grafschaften,
er ernennt die Geschworenen für die Assisen und die Quarter*
Sessions, und da im Britischen Reiche überall die Poliseiver*
waltun)^ noch nicht von der Rechtspflege getrennt ist, so hält
der Sheriff auch selbst zwei Arten von Gericht, the Ci>uniy
Court über alle Civilsachen unter 40 Shilling ^%rth (14 ThI.)
und tJie Sheriff 8 turn über die. niederen peinlichen Sachen
und die einleitende Untersuchung wegen Nord und Todschlag.
Er nimmt überall in dem Umfange seines Geschäftsbezirks die
Rechte der Krone wahr, daher repräsentirt er bei allen feierlichen
Gelegenheifen im Namen des Königs, und führt die Aufsicht
über die Erhebung der königlichen Gefälle von den Kron-Grund«
stücken, Regalien, Geldstrafen u. s. w. Neben dem Sheriff stehen
die Friedensrichter {JuBttces of peaee), welche gleichfalls vom
Könige für den Besirk einer Grafschaft oder auch nur einer
Stttdt, wobei jedoch durch die Mfnicipal-Reformbill von diesem
Jahre (1835) in Bezug auf die Majors- eine Aenderung .eingetre-
69% Pas Britische Reicht
ten ist,, aui der Mitte der wetilhabenderen Gmndeigentlilimery
ehne Rdcksicfat auf eine besondere Ausbiidong in der Kenntnist
des vaterländischen Rechts, gewühlt werden. Die Dauer dieses
Amtes ist nicht bestimmt, kann stillschweigend fir Lebensseit
ansgedehnt werden, wenn nicht der Auftrag fttr dasselbe durch
•eine Uebertragung an ein anderes Individuum vom Könige zurfiek*
genommen* wird. Eben so wenig ist die Zahl derselben ir-
gend wie beschränkt Die Verrichtungen des Friedensrichtera
sind unenigeldlich *), und theilen sich «wischen der Polise^
pflege in den ihnen angewiesenen Besirken und bestimm*
ten richterlichen Geschäften, von denen im folgenden §. die
Rede sein wird **). Bei der Ausführung ihrer Geschäfte
sind ihre wirksamsten Helfer die Constables, welchen die
Sicherung des allgemeinen Landfriedens obliegt, und die deshalb
bei Tag und Nacht in ihrem Bezirke für die allgemeine Sicher-
heit SU wachen haben, und stets berechtigt sind, unter den ge-
setzlichen Obliegenheiten Verhaftungen vorzunehmen* Sie ser-
fallen in zwei Classen, die O ber -Constables, {Higk'Con*
9 table 8)^ welche für eine Grafschaft gemeinschaftlich von den
in den Quarter Sessions versammelten Friedensrichtern^ gewählt
werden, und die Gemeinde-Constables iPetty^ConstS'
hie 9), welche für jede Gemeinde von den einzelnen Friedeat-
richtern selbst, als ihren n&idisten Vorgesetzten, ernannt werden.
Die Constables wählen für die niederen Geschäfte wiedenun
ihre ihnen verantwortliche Wächter* Die Gesammtzahl der bei
der Ausübung der Polizeipflege in Grossbritannien beschäftigten
Constables beträgt 5317, wovon London 26 Hijth-ConataMea,
68 besoldete Constables und ausserdem mehr als 1000 unbe*
' soldete aus#iler Zahl der Eigenthttmer hat» Ausser diesen ge-
naooten Beamten kommen bei der aligemeinen
*) Davon machen allein die Friedeosricbter von 'Westminslcr
eine Aasnahme, wo die Masse der Geschäfte die Thätigkeit dieser
Beamten so sehr in Ansprach nimmt, dass sie diesem Berufe gans
allein leben müssen, also auf eine Besoldung'uichc verzichten können —
♦•) lieber die gesammte Geschäfte des Friedensrichters gilt
als ein classisches Handbuch Berns the justice o( the peace> das
seit i^üö in l5 Auflagen vervieliältigt ist. —
Das BritiBche B«ich. 693
tungvOoeh dto Co,90Deri yor, welche tob den C^meinden seibtt
gewiihlt und JeCst nur noch bei uof^atttrlieheB TodetflllleD
ä\n lieiehenbeichaaer xur Festitellung des Thatbestandei ge*
braucht werden*
In^ den Städten stehen im der Spitze der gesammten Com-
manal- und Pbiizei Verwaltung der Mayor (Maire, BOrgermei-
eter) und die Aldermen (= Aelterieute^ Zunfnroritehfr), welche
bii sur Municipal-Reformbili von 1834 eich selbst aus den
Mitgliedern der Commune ergänzten und, jährlich den Major«
wählten. Aber diese Municipal-Refonuy deren Vorschlag gleich-
falls von Lord John Russell im Namen der Regierung in das
Unterhaus gebr|icht wurde |6. Juni 1834), veränderte gänzlich
die Verfassungs- und Verwaltungs-Nomien für die stödtiscben
Commuiien in England und Wales, oder historisch -richtiger
ausgedröckt, ' fährte sie zu ihrer früheren Form zurück» wo die
gesammte Bürgerschaft der einzelnen Städte an den Wahlen ihrer
Dbrigkeiten Antheil hatte, indem dieses Recht erst im siebzehn*
ten Jahrhunderte unter den Stuarts verloren ging, Und trotz man*
eher Versuche nach der Revolution von 1688 es wieder zu gewinnen«
doch nur thetlweise für wenige städtische Corporationen herge«
•teilt werden konnte. Nach sorgfältiger Prüfung während der Debat«
ten in beiden Häusern, wo anfänglich ein überaus harter Kampf %
der bei der entschiedenen Majorität iea Oberhauses gegen die
Crmndsätze dieser Reform das fernere Fortbestehen dieses Hau-
ses selbst bedrohte, dann gegenseitige Nachgiebigkeit sehn we-
sentliche Modificationen in der Biii veranlasste, wurde auch
dieser Reform im September 1834 durch die königliehe Sanction
staatsrechtliche Gültigkeit verliehen. Nach derselben hat jede
Stadt als verwaltende Behörde einen Major und ein4n Gemein«
derath {Common' Cmtneil)^ der nach der verschiedenen Grösse
des Ortes aus 15 bis 90 Mitgliedern zusammengesetzt ist, und
von welchem wiederum der dritte Tbeii die Aldermen bildet
Der Gemeinderath wird mit Ausnahme der Aldermen ftnf '3
Jahre und zwar jährlich durch Erneuerung eines DriHheils von der
gesammten wahlfähigen Bürgerschaft gewählt, die in Städten von
.mehr als 6000 Einwohnern nach gewissen Bezirken <Wards) zur
*) Yergl. Engl. Munidpal-Refenn in Adier*s Hamburg. Zeitschrift.
II., Hft 3. S. 15—10.
^. Bckobert's 8tatlitlk4lL 3g
594 DasOriiische Beich.
Wahl sieh yertammeU; von ihm hlkügt niiniuehr jeder Zweig
der Commuii«!-^ Finaax- und Polisei-Verwaltung in dm Städten
ab. Der Major wird von dem Gemeinderath auf 1 Jahr ge-
wählt, iftd ist berechtigt während dieser Zeit die Funedonen
eines Friedensrichters nieht nur in der Stadt selbst, sondern
anch in dem gansen Umfange der Grafschaft seiner Studt aussiißben.
Die Aidermen werden auf 6 Jahre von dem Genicinderathe ge-
wählt, imd swar alle drei Jahre sur Hälfte, so dass sum ersten
Male durchs Loos aasgeschieden werden muss: sie allein sintl
befugt in Behinderungs- und Abwesenheitsfällen des Majrors ei-
nea Vertreter aus ihrer Mitte zu wählen. Alle übrigen «Mupici-
polbeanite, wie Btodtschreiber < Totritc/^ilrt), von denen einige ata
yorsteher der Archive auch den Titel Recorders führen» ferner alle
. Cassenverwalter, werden von dem Gemeinderath auf Lebensdauer er-
nannt. Diese werdeA besoldet, jene auf ein, drei oder s e c h s Jahre
gewählte Beamten verrichten ihre Dienste unentgeldlieh. Alle ge-
genwärtig im Amte befindlichen Majors, Aidermen, städtische Frie-
densrichter und Municipalbearate sollen mit dem I.Jan. 1830 ab-
treten und durch die neu gewählten ersetst werden, sind aber
selbst wieder wählbar. Diese Wahlen haben inzwischen be-
reits iin der zweiten Hälfte des Deceinbers 1835 stattgefun-
den. Die Wahlbezirl» (Wards), welche yon den Städten
selbst etwa zu je 3000 Seelen bestimmt werd^, wählen
den Gemeinderath aus dem sechsten Theile der Bfirger,
welche am höchsten bei 4er Armen-Taxe besteuert, also die
wohlhahendsten sind, und ausserdem aus den Bürgern, welch«
je naehdem .die Städte mehr oder weniger als 10,000 Ein*
wohner zählen, 1000 oder 500 tt St (7000 oder 3500 ThL)
Vemvögen haben, oder 30 und* 15 % 8t Zinswerth aus ihrem
Eigenthwme beziehen. — Diu Verhältnist der Weltl^auptstadt Lon-
don erfordert dagegen bei ihrem celossalen Umfange und ihrer unge*
mein starken 'Bevölkerang, die der eines kleinen Königreichs im
Deutschen Staatenbunde gleichsteht, eigenthOmliehe Beziehungen,
die jedoch dem Grund-Charakter narh von jenen allgemeinen Ein-
richtungen nieht abweichen': hier führt der Major für sein Amtsjahr
den Titel eines Lord-Mayors, erfreut sieh besonderer Prärogative
und wird von der commune ausgestattet, in seiner Amtswohnung
eine der Stadt London würdige Repräsentation fähren zu. können.
Beurtheilen wir aber im allgemeinen das Verhältniss der
Regierung zun^ Volke in Bezug auf die gesammte innere und
Das Britische Reich, , 695*
Poliiel^Venraltongy lo finden wir in Iceinem anderen Staate
Europas soviel, namentlich vm die Koltur* mid'Wohlfahrtspö-
Itsei anbetrüffc» den Gemeittden überlassen , als gerade hier, und
zwar dergestalt, dass die Regierung es gnMdsätihelKfesth<,
sich so wenig als möglieh in diese Angelegenheiten einsami-
sehen , ja sich nicht einmal Ober dieaeiben die Oberaufsicht
voraöbehalten.
\
-*£in grossartiger Zweig der ComronnalTerwaltinig wird durch
die Armenpflege gebildet, wenn» gleich hier eben bei den durch
den Charakter solcher Verwaltnng eigenthOmlich dargebotenen Cin-
richtuiigen kich grobe Missbr&nche einschleichen konnten« Sie wird
in England und Wales kirchspielsweise verwaltet, 'so, dass
ron den gesaromten Kirchspielssteuern (Parothial A»9e9ment$}
mehr als viel' Fünft heile ausschliesslich für dib Armenpflege
Yerwandt, mit dem Reste aber die gemeinseirtiftlichen Bedürf-
nisse für Strassen, Can&le, Brücken u. s. w. bestritten werden.
Die Kirehspielssteuern werden von den Ländereien (\^ des Be-
trags), den Hüusem {-fy) and den Fabriken {MiU and faeiories^
SU ^\ des Betrags) eingesogen, da die sehr unbedeutende Quote
Toii den Lehns^fAllen (kaum ^^ des Betrags) dabei nicht beson-
ders berücksichtigt werden daif. Aber diese Steuern werden
allein von den Eigenthümern der Grundstücke gesahlt, daher ist
nur ein Terhältnissmässig geringer Theil d)sr Berölkerung den-
selben unterworfen, wie dies aus der Uebersicht der steuerpflich-
tigen Häuser deutlich hervergeht Im Jahre IS22 wurden in
England und Wales susannnen 2,088,156 Hftuser nach amt-
licher Angabe gezählt; von denselben wurden 1,446,000^ also
beinahe ^J von dOrftigen Leuten bewohnt, die ihrer Armuth we-
gen nicht SU diesen KlrdiSpielst^em angesogen werdln konn-
ten; 202,628 oder beinahe j^j der j^änser waren von Pächtern
oder Mtethsleuten beWohnt, die an und für sich diesen Abgalten
nicht unterworfen waren: es blieben also nur etwas über ^^ oder
437,627 Häuser su besteuern. Von diesen sahlten etwa ^^ oder
393,781 Häuser durchschnittlich 14^ % St (10| Rthlr.), 35,708
Häuser sahlten zwischen 50 und 110 H St., 4,610 Häuser swiscben
HO und l60KSt und endlich 3,527 Häuser waren mit mehr als
160 S St (I,l2f Tbl.!) besteuert Diese letzten dreiClassen, oder
etwas über ^^ der steuerpflichtigen Häuser, mussten aber die Hälfte^
des ganzen Steuerbetrags von den Häusern entrichten: überhaupt
• 38*
'^596 Das Britische Reich.
machlen aber 1 822 diese Steuern nieht weniger all 7,703^501 %, 8t.=
53,924,507 Thl. aus. Die ArmeiKpflege *) von EngUml und Wales
hatvon diesen Steuern stets im Minimum | des Betrags gekostet, wi«
dies aus folgenden Angaben verschiedener Perioden hervoi^elrt^
in welchen 1817 das Maximum eireicfit ist
Kirchspielsteuem. Geld an Arme vertheHt
1749 730,135 % St. 689,971 ft St = 4,829,797 ThL
1776 1,720,316 — 1,^22,732 — = 10,659,124 —
1784" 2,r67,748 — ^ J, 9 12,241 — = 13,385,687 -^
1803 5,348,204 — ^ 4,077,891 — = 28,545,237 —
1812 «,640,842 — tJ,656,105 — = 46,592,755 —
1817 9,320,440 — ' 7,«90,I48 — = 55,231,036 —
1821 7,781,441 — -6,358,703 — = 44,510,921 —
1832 8;622,920 — 7,036,968 — = 49,^58,776 —
Wie drückend Aber diese Armenpflege insgemein auf diewobHiabend«
Bevötkefung iastet, und dadurch die -mannich faltigen Beschwerden
veranlasst hat, die in den ietzten Jahren unausgesetzt eine Ab&nde>
rung der Armengesetce vom Parlamente gefordert haben, geht nua
dem V^erhUltnisse der unterhaltenen Armen gegen die Bevölkerung
hervor, nnd wie die Zahl der Armen in den letaten 150 Jahren
trotz des ungemessenen Nationalreiehthums von England doch
noch in einem stalle eren 'Grade als selbst die Bevölkerung -Kugenonb»
me» hat:' man lasse hieför die Zahlen sprechen **), indem wir
. zur grösseren Sicherheit fQr dieses Jahrhundert stets dreijührige
Durchschnittsangaben wählen, nnd zugleieh den dem Geklquan*
tum entsprechenden Wert|i in Cretreide***), für dat siebsehnte
Jaltrhnndert in R^oggen, «eit 1750 in Weiien hiocnfilgett.
^) Sehr vollständige und Obersichfliche l^adirichten fiber das
Annen wesen in allen drei Britischen Reichen, vom financiellen
Standpunkte ans betrachtet, giebt Browsiag in the dooMslical -and
^nancial t:ondiüon etc., indem er ihn -das ganze zweite "Kapitel
widmet 8. 268-373. Von der reinen Armensteuer von 6>966>157
% St. im J. 1826 roussten die Landereien 4,705,48*2 Q St. -C^«), die
Heuser 1,814,228 % St. (^), die Manufactui^a ^9,565 ^ Sl d^a)
zahlea, s. ib. «p. 358.
**) Auszug aus einer Tabelle bei Browning, S. 309.
♦♦'j Wr haben hier absichtlich die für den grosseren Tlieil
unserer Leser angemessenere Berechnung der fingUschen Quariers
auf Berliner Scheffel vorgenommen.
Das Britische Beleb.
697
Ai»qiiiralent Unterstützte fiefdlk. Veriiältn.
AimeiMitetter
tn Brodgetril,
Arme
r. Engl. d.
, Armen
in BerL Solu
n, Wale« au f^ 1000
S.
Bevolk.
* tt St
-
1684
699,000
3,6S4,80(^
438,588
6,200,000
84
1695
050,000
4,350,507
' 505,340
5.350,000
04
1750
713,000
2,392,000
289,804
6,467,000
45
lt766
1,330,000
3,377,4&7
407,732
7,300,000
59
1776
1,520,000
3,552,7^7
433,511
7,800,000
56
1782—84
2,132,000
5,156,460
602,607
8,020,000
75
1790.
2.507,000
6,346,376
748,64&
8,675,000
86
1^01—3
4,2(58,000
5,548,400
667,524
0,168,000
73
1808—10
5,407^000
6,248,086
7^3,914
10,488,000
72
1812—14
6,553,000
6.815,120
822,141
1 l„050,00O
74
1815—17
6.74)0,000
8,935,997
1,07^,250
1 1,470.000
94
1818—20.
7,268,000
10,354,411
1,249,401
11,780,000^
106
1821-^>-23
5,956,000
i 0,966,696
1,266,811
12.1 ^OfOOO,
106-
L824— 26
5,817^000
9,7J57»2I2
1,098,909
12,650,000
88
]«27 — 29
6,357,000
10,827,762
1,307,771
13,220,000
99
1830—32
6,888,000
1 1,370,663
1^91,633
13,890,000
101
Dabei sind uUer die viellachen Privatuntemehmungen und mkUlt
Stifti!k»gen für Armen- und Krankenpflege nocih gnr niclit in
Anschlag ccebracht^ an welchen England bei dem allgemein ver-
brVitetcu Associationsgeiste überaus reich ist. London allein
sjlhlte bereits. 1818 122 Armenhäuser, mit Elinschluss der von
der philautro|iiscben Gesellschaft für junge Verbrecher errichte-
ten Institute, 30 Hospitäler und Apotheken für dtirftige Kran-
ken, 30 Verpdeguugsanstaken für verschiedene Richtungen men-
schenfronnd lieber Wohlthätigl^eit und ausserdem 700 Pfivatver-
eioe zu gemeinnütziger Unterstützung. Doch die Vertheilung
' -dieser milden Unterstützungen geschieht im Allgemeinen in England
und Wales höchst unregeimässig und unzweckni'ässig, so dasS'Sie oft
mehr wie eine künstliche Verleitung zur Arbeitsunlust und suiii lieder-
lichsten Müssigang erscheint, statt dass sie als eine angemessene Lia-
dcrung wahrer Noth wirken sollte. Di^cr ist auf die vielUchcn Be-
schwerden darübe^dieser Gegenstand eine Htiuptauigab^ dei^ vorjäh-
rigen Gesetzgebung geworden, und die Armenbili ist am I. Juli im
Unterhauso i «* am 13..Anigust 1834 im ^bcrhause durchgegangen, ^
nach welcher die Vertheilung der Armcnstcuer nicht mehr aus-
596 Das ßritUch^ B.eicli«
•ohliestlkb den Htodeo der Oeneiiienr O^erlasten, eondeni der
beionderen I^irung einer lelbstot&ndigen Oberbehörde ans drei
Personen aiifgetnifi^n ist: als Haoptsweck «ollen festgehalten werden
theils die Ernährung des wahrhaft UnglQckliehen, der durch eigenen
Arbeitsrerdienst sich nicht mehc erhalten kann, theils die Unter-
•tutiung des inseineit Verniögensumständenisuriicligekomnieoen
Arbeitsfdbigeny uiii wieder durch eigene Thätigkeit die Mittel
der Se^bsterhaltung zu gewinnen.
In Sehottland geht die Armenpflege unmittelbar ron den
Kirchenbehörden aus, die aus den Predigern und den Kircken-
Altesten bestehen ^ und nur da wo die Privtttmildthätigkeit»sur
Erhaltung der Armen, nieht. ausreichen sollte, ist das Kirehen-
•piel berechtigt Armensteuem aussuschreiUen. Vor dem Jahre
1700 fand dies gar nicht statt Bei der Zunahme der Indnstrie
mehrte sich auch die Zahl: der Armen, namentlich in den sehr
berölkerten Kirchenspielen, doch war während des achtzehnten
lahrhunderts doch höchstens nur eii| Zehntheil der Kirchspiele
genödiigt, Armensteuem auszuschreiben, in dem gegenwärtigen
jahrkunderte hat sieh dieses Verhältniss schon bis auf ein Vier-
tel gesteip^rt, denn 1819 mussten bereits von den 890 Kirch-
spielen Schottlands 218 Armensteuem ausschreiben, die freilich
damals fast die Hälfte der BerÖlkerang des ganien Landes
(8ia,320 S.) enthielten.
In X Irland ist die Armenpflege noch in der traurigsten
Beschaffenheit und soll erst nach dem Muster der neuen Re-
formen für die Englische hier eingeführt werden, wiewohl
der erste Verschlag danu von Sadler im August 1831 im
Parlamente nicht durchf^egangen ist Sie jtösst aber hier bei
der grossen . Uebervölkerung des Landes in den letzten Jahr-
sehnden, bei der Verschiedenheit der kirchlichen VerhHItnisse
und bei der nu starken Ueberlastung mit Bettelarmen auf kaum
SU lösende Schwieri^rkeiten, wenn nicht die physische Cultur
▼ereint mit reger Industrie sogleich die Mittel «fer Abhülfe ge-
währen« Privatwohlthätigkeit kann allein hier nicht wirken, wie"
erfreuUeh de sieh auch von den • grösseren Städten aus verbreiten
mag, unter denen Dublin das ehren wertheste Beispiel darbie-
tet Denn diese Hauptstadt besass 1827 Aber 250 Anstalten*)
*) Daruaier waren 19 Hospitäler mit 3009 Betten, 3B|ittden.Ia-
Das Britische Beich. 599
fBr Armen- und Krankenpflege, fftr anentgeldlicben Unterricht
oder tooftige wohlthätige UnterttOttitng, die auf öffentlichen
Fonds naeli den Parlammitiaeten dietea Jahres 1 15,202 % St
<876,834 ThL) belogen, und an welchen mehr als 20,000 Be-
düiftige Antheil nehmen.
Die Anstalten nur Sichemng des beweglichen Vermögens ge-
gen FeuersgefaKc *), gegen die Gefahren sor See u. s. w.
haben in England nirgends von Seiten der Staatsregierung
Veranlassung sti ihrer Begründung gefunden, ja sie sind nicht
einmal ein Gegenstand, poliseilicher Beaufsichtigung, indem sie
durchaus jeder Einwirkung irgend einer Behörde entzogen
sind, wenn einmal die Erlaubniss %n ihrer Elrrichtuug rom Par-
lamente gciceben und vom Könige genehmigt ist. Sie bleiben le-
diglich dem Vertrauen des Publikums anheimgestellt, sind aber
gerade in diesem Staate bei dem lebhaften bürgerlichen und Han-
delsverkehr und bei der grossen Leichtigkeit eine Aetieng^sell-
Schaft fUr solche Unternehmungen xu begründen, seit länger als
130 Jahren sehr stark gebraucht, mit starker Thei Inahme von an-
deren Staaten in Europa schon früher beauftragt, und überdies von
hier aus als Musteranstalteo nach dem' Continente vcrpflanst — »
Nur wenn' bei einem Aufstande Beschädigungen und Verheerungen.
, stimie mit 150 Bette», 1 Findelhsus für 1000 Kinder, welches überdies
noch 7000 Kinder auf dem Lande mit einem Kostenaufwaade voq ai,OüO
U St. (217,000 Rihir.) eraiehen lässt, 6 Waisenhauser für 934 Zog-
lin^e, 16 lostitme (ür ^148 bülOose Greise und Wittwen, 20 Apo-
theken für dürftige Kranke, 6 Erziebungshäuser zur moraliscbeii
Besserung lür 921 Zöglinge, l;i3 Arroenschulen , in weichen 18»61)(>
Kinder unentgeltlichen Unterricht, 5^364 freie Kleidung und 4,431
freie Nahrung empfingen.
*) Unter den Englischen Feuer -Assecuranzen ist die Sun die
angesehenste, die im jährlichen Durchschnitte gegen 160,000 U St.
Cl, 1-20,000 Thlr.) Du ties Zahlt ,• dann die Norwich-Union im jähr-
lichen Durchschnitte mit 86,00t) U St. (602,000 ThK; die im Jahre
1700 errichtete Ph5nix-Compii^nie jährlich mit »0,000 ^ Sh, (560,000
llir.), die Royal-Kxchange gegen <J^,000 % 8l jährlich 4iM Datier
zahlend. Ausserdem> giebt es noch 14 Feuer-Assecmaszen, die im
gcsamroten Durchschnitte jährlich gegen 74t>4K)0 % St. (5,J8(),(H)0
Till.) Duties zahlen^ also etwa 44f ,^(M),(MM) ^ St. f3>408»000,(MM) Tbl.>
versicbertes Eigenthoa voraussetzen lassen.
V
600
Das Britische Reich.
gegen Eigenthtuii TOfkoniBien, nius« die gmnie CommvDe tolid«-
Hsch dafür haften imd den Tollen Schadenenats hentellen, weil
derselben der poliiteilicbe Sehuti gemeincehafüieh für alief in
ihr befindiiehe Eigentbiun aufgetragen ist.
§. 20.
t)ie^ Rechtspfliege.
Die Sunmlongen der Parlaments-Statuten. — Blak$tone'9
Commentar über die Englbchen Gesetie im Aussuge, mit Bezug-
nahme auf die neuesten Gesetse, von- John GifTord, aus dem
Englischen übersetzt von t. Colditz Schleswig, 2 Bde. 8to.
1823. -» Mitter maier, der Englische Strafprocess mit Besie-
hung auf die neuesten Parlamentsacten und R0y de9 inttüutionM
judiciaire$, in Mittermaiera Archiv für Criminal-Rechte Bd. IX,^3
nnd IX, 4, S. 655-^80; ein für das A^erfahren in denCriminal-Rechta-
pflege auch vom politischen Standpunkte aus sehr belehrender
Aufsats. — -
Die grosse Menge der Englischen Gesetae, die in ver-
schiededen Jahrhuntferten über die einzelnen Gegenstände gege-
ben*), noch jetzt rechtsgültig sind, aber nicht zu eiuem ausam-
menhUi^nden Reehts-Codex verarbeitet, selbst nicht einmal voll-
ständig in einer unter StaatsauctoritÜt erschienenen Sammlung be-
kannt gemacht, und dadurch jedermann leichter zugänglich gewor-
den sind, erschwert ihre genaue und umfassende Kenntniss ausseror«
deutlich, ihre Strenge bei geringem Diebstahl und anderen we-
niger bedeutenden Verbrechen bleibt selbst auch nach den neue-
ren Reformen noch au tadeln, weil sie zur völligen Freispre-
chung des Schuldigen verleitet, sobald die Strafe ausser alieni
*) Schon der Masse wegen lassen sie sich schwer übersehen,
wenn man erwägt, dass allein über den Handel mit roher "Wolle
977 Gesetze, 1I3 über die Fischereien, 15C über die Jagden, 36 ober
die Rind Viehseuche, 8*2 über die Rechlswohllhat der Güterabtrettmg
gegeben sind, von denen keins vollständig durch das andere anl*
gehoben ist.
Das Britische Reich. 601
V^erhUtnUte mit den Vergehen steht, also dem aUgemeioea
Besten ^endesa schadet Nieht mioder geHlhrilch erscheint
aber auch wiederum die Gelindigkeit dieser Gesetie in andern
Fällen« namentlich gegen falsche Zeagen, besonders aber der in
der Praxis festgehaltene Gnindsats, dass Jedes Vergelten , Jede
Missethat, die nicht gesetzlich namhaft gemacht und verpönt ist|
ungestraft bleiben muss, und dass jede leichte Abweichung ron
der vorgeschriebenen Form des Geseties wahrend des Processes
offenbare Schuld in Lossprechung von derselben verwandelt.
Offenbar wirkt auch hier der eigenthömliche Chai'akter des
Volks und seiner fllgemeinen Politik fort, überall die altherge-
brachten und Jahrhunderte bewUhrten Einrichtungen au erhalten,
wenigstens nicht völlig neu umxugestalten, wenn auch der offen-
barst^ Schaden aus dem Beibehalten derselben hervorleochtet,
weil die Besorgniss immer vorliegt, mit dem Veralteten und
jetst v6nig Fehlerbaftep auch das Gut bewährte au verlieren.
Doch wurde wenigstens in Bezug auf den Mangel an Uebersicht
der an grossen Zahl der Gesetze, die einander bisweilen theil-
weise aber nicht gänzlich aufheben, 1816 der Parlanientsbe*
schluss gefasst, eine Commission lus Sichtung und besseren
Anordnung der vorhandenen Gesetze zu errichten: doch sind
ihre Arbeiten bis jetzt nur sehr wenigen Gegenständen zu Gute
gekommen. — Die Jetzt im Britischen Stai^c geltenden Rechte
und statularuchen Bestimmungen lassen sich in vier Classen
Übersehen :
1) Common' Law^) das gemeine Recht, welches seine
Grundlage in den Gesetzen -der alten Briten, der Sachsen und
Dänen hat, die während der Regierung Eduards des Bekenners
um das Jahr 1060 in eine Sammlung zusammengestellt wurden.
Wilhelm der Eroberer Hess dieselbe darauf 1070 in die Franzö-
sische Sprache, damals die Staatssprache des Reichs England, über-
setzen und mit dem Normannischen Gewohnheitsrechte vermehren:
späterhin wurden derselben noch die Verordnungen der folgen-
*) Vergl. M allh, Haie, the history of the Comtnon-Law, thesixtb.
edil. bj Ob. HunningtOD, Ijondon 1820 und Edinburgh Review Oct.
18-21 pg. ^287-341. —
* ^
/
001 Das B-rltisehe Reich.
dm Kttnige aiii dem HiiaM Wilhelms und Pluntagenet
fUgt» und ttberhanpt unter Common-Law dai bürgerliche Reeht
bfgriflTen, daa sich auf dieser Orundluge in der Praxis der Ge-
richtshöfe entirlckclt hat, und im Gegensats der ^i^iamentari*
sehen «Geietigebung^seine Rechtskraft noeh behäuflet
2) Statute- LawM. Dies sind die Gesetse, welche auf Vor-
sehlag des Königs und seuier Minister, oder einselner Mitglieder
der beiden Häuser des Parlaments, ron beiden Theilen dieser ge-
setsgebenden Gewalt angenommen und dsrauf in Parlamentsactea
▼erabfasst, von der königlichen Gewalt genehmigt sind, und
entweder gans neue gesetsliche Verhältnisse feststellen, oder Bestim-
mungen des Common-Law ergftnst und abgeändert haben. Die
erste Tollständige Sammlung derselben von der magna Charta
ab wurde von Ruffhead 1703 unternommen und bis 1780 in 32
Quartbänden fortgaHihrt Die sweite Sammlung, welche in en*
gerem Drucke von Tomlins und Raithbjr veranstaltet ist, wird
bis auf die jetsige Zeit fortgeführt: sie bestand 1828 aus 19
Quartbänden, von denen die ersten 5| Bände die älteren Par-
lamentsacten bis auf den Tod Georgs U. (1215 — 760) umfassten,
die folgenden 11^ Bände die aus der Regierung Georgs III.
und endlich die beiden lotsten die Parlamentsacten aus der Ver-
waltung Georgs IV. ]^is 1827 lieferten;
3) Peeuh'ar-Lawi oder Bylawf. Dies sind entweder
besondere Freiheitsbriefe und Statutep für einselne Besirke,
Städte, Zünfte und Individuen, oder Verordnungen, die nur f&r
gewisse Zustände der bürgerlichen Verhältnisse Anwendung lin-
den, wie denn die Kriegs- und Forstgesetse auch hieher gerech-
net werden.
4) Als Httlfsreehte werden in Gcossbritannien und Irland
bedingungsweise das Römische und Canonisohe gebraucht
Schottland behielt bis sur genauen Vereinigung mit Eng-
land sur alleinigen Richtschnur seine eigenen Gesetse und das
bei ihm eigenthümiich ausgebildete Common-Law: seit 1707 ha-
ben aber die neu gegebenen Statu^e-Laws für beide Reiche sir-
glcich gesefslich bindende Kraft — In Irland ist bereits im
zwölften Jahrhunderte während der Regierung Heinrichs IL
die gcsamiiite Engtische Gesetagebung und Rechtspflege einge-
führt worden.
D.a^ B^iiidtehiB ftieielu
Der Gang der BrituckM lUolaipffoge IftMl «ieh mb uig»-
MMMeottea Ton den hohen Geriohttk^fen der drei Heiiptsailte
übersehen 9 weil diete als die AUeiten Gerichtehehörden die Be*
gröodttag ihrer Gesehftflskreise bis in die letstcfti Jahrhonderle
des Mittelalters hinau&ehieben» und weil von diesen anssplUer
die Leitong der gesammten Rechtspflege über die versohiedenen
Grafschaften der Reiche aasgeht Für England sind es vier
hohe Gerichtshöfe, welche s&mmtUch Ihren Sita im Pallast sn^
Westminster haben ; ebenaoTiele bestehen für Irland, für Schott-
land giebt es nur drei
Bei den Englischen hohen Gerichtshöfen ^intersucht I) der
Court of Common-PleaMy die schon durch die magna Charta
1215 an -einen bleibenden Sita geknüpfte curia communium
placitoruM^ alle Privatstreitigkeiten s wischen Britischen Unter-
thanen über dingliche und persönliche Rechte. Er besteht aus ei-
nem Oherrichter als Präsident {Lord' Chief -Justice) und drei Rftthen^
die gleichfalls den Titel Lord-Oberrichter führen. Von seinen
Entscheidungen geht in wichtigen Fällen snerst die Appellation
an den nun folgenden Gerichtshof und sodann an das Oberhaus.
2) Der Court of Kingf' Bench^ der Gerichtshof der
königlichen Bank, die frühere aula regi^f weil der König in
früheren Zeiten hier selbst den Vorsitx auf einer erhöhten Bank
führt«!, besteht gleichfalls aus einem Chief'Justice and drei an-
deren Lord- Oberrichtern als R&then» und bildet eigentlich den hohen
Criminal-Gerichtshof für England und Wales« Er entscheidet4iber
auch zugleich in allen Rechttf^Uen swischen dem Köhige, den von
ihm eingesetzten Behörden und den einzelnen Staatsbürgern Oder.
Gemeinden, sie mögen auf Civil- oder Criminalsachen ausgehen,
wie z. B. über Aufruhr, ^osse Zusammenrottangen Streitsachen,
über Handels- und Gewerbe- Angelegenheiten. Von diesem Ge-
richtshöfe geht über alle Urtheile, wenn sie nicht Steuer- und
Finanz- Angelegenheiten betreffen ^ die Apellation sofort an das
Oberhaus, in jenen aber suerst an den naa folgenden dritten
Gerichtahof.
3) Der Court of Exehequet^ das königliche Schalskam-
roeigerichty hat gleiehfalla nur einen Prlsiilenten und drei Rich-
ter aus der Zahl der Lerd-Oberriebter, Jenen mit dem Titel
Lord' Chief' Ba^on 9 dief« Bar o na genannt^ doch führt aaeh der
Kanzler der Sehatikanuaer, als Elnanaminister Sita und Stimme
6M. Das britische R«iclL
In derotetben» und entoeheidai als Präsident, wenn der 6cg^n-
stand Tor die BiiHgicett -GwtkU» Seite (Equity'Side) dieses
Gerichtshofes gehört Dieser Geriohtshof urtheiit über a^e Fi«
nanssaehen, und gegen seine UrtheÜe geht die Ap^llation ent-
weder an die ExchBquer" ChawAer oder an das Oberhaus. Denn
der Cöuri of Kings- Bench nnd der Couri of Exeh^quer bilden
xusammen noch, die Exchequer" Ckamherf an welcher ausser
den genannten Richtern noch der Lord -Kanzler des Reichs An«
theil nimmt, doch ist diese Gerichtskammer nur eine Apellations-
Instan<; von der selbst wiederum an das Oberhaus appellirt werden
darf. Ausserdem bilden aber noch simuitliche zwölf Oberrichter
eine susataimengesetzte Rechtsbehörde, welche über Terwickelte
Rechtsfalle befragt wird, die vor das Forum mehr als eines
dieser Gerichtshöfe gehören würden: als .solche sind aber die
zwölf Oberrichter eben als Soges at La» zur Theünahme an
d^n Berathungen des Oberhauses berechtigt «
4) Der Court of Chancery^ das Kanzleigericht oder der
Gerichtshof des Lordkanzlers, ist zussmmengesetzt sus dem Lord-
kanzler, dem Muster of the roUs oder dem Vicekanzler, der
auch in Abwesenheit des Kanzlers, oder bei der Vacanz dieser
Stelle denselben YertriA, und zwölf vortragenden Räthen (Ma-
sters of Chancery) zusammengesetzt Seine Bestimmung, nach
welcher er das höchste Billigkeitsgerieht ( Court of equity) ist,
also nicht nach strengem Recht, sondern nach der Billigkeit zu
entscheiden hst, trägt ihm auf, den Bürger gegen die Eingriffe
der Krone odar einzelner Staatsbeamten zu schützen, aber er hat
auch zugleich die Regulirung der Erbschafts-, Vormundschafts- An-
gelegenheiten, Concurse ui[id der Gnaden-Sachen. Der Lonlkanz-
1er oder sein Stellvertreter ist hief der alleinige Richter,- weil
die übrigen Masters nur als hellende Beisitzer dienen: von sei-
nem Urtheile geht die weitere Appellation geradezu an das Ober-
haus. Nur wenn die Thatsachen von den Beklagten gcluugnet
werden, kann die Ermittelung des Thatbestandes nicht durch flie-
sen Gerichtshaf geschehen, sondern es muss dazu ^die Hülfe des
Court of Kings- Bench in Anspruch genommen werden. Inzwi-
schen ist der Geschäftskreis dieser angeführten Gerichtshöfe kei-
neswcges so genau begrän<t, dass es nicht lediglich/ von dem
Vertrauen der Partheien zu einem bestimmten Gertchtstiofe ab-
hinge,, unte^ irgend einer leicht sieh darbietendea Veränderung
Das'Brilischtt Beicb. ^ 605
1 V
der Rechtsfonn den Gegenttand ron einem Gericlitthof» in ei*
nem anderen hhiüliierxutraKen. Dieselbe Bewandtnis! bat es mit
den der Controlle dieser obersten Gericbtshöfe untergeordneten
Gerichten 9 die ursprünglich auf einen bestimmten Gesehttftskreis
fQr alle Civil* nnd CHminalfäile angewiesen waren, jetit aber
in London fest ange8}edelty.;weniger bedeutende Rechts-: Angele-
genheiten nach der beliebigen Wahl der Partheien abmaehen: so
der Gerichtshof des Herzogthums Laileaster (the Duohy"
Court of LantoBterJ^ zugleich die Finansbebdrde für die Ver-
waltung der Kammergefklie dieser Grafschaft, deren gesammte
Einkünfte aber an die Englische Krone seit dem Ende des fünf-
zehnten Jahrhotiderts fallen, der Gerichtjihof der Pfalzgraf-
schaft von Durham {Court of County * Palatine of Durham\,
der Gerichtshftf der Schlossvoigtei und' des Königs*
Palast zu Westm inster {MarahaHsea- Court and the C, oftke
Kitigs Palaee at ffestminnter)^ der Admiralit&s*Ge rieht s-
hof {AdM9ralty'€ourt)f für Seehandels -Sachen, Capereien, strit-
tige See-Assecuranz*Angelegipnheiten u. s. w. *). Die Entschei-
dungen alier dieser Gerichtshöfe werden in die Archive derselben
reponirt, woher sie Gerichtshöfe mit Archivrecht {Court$ of re-
cord) heissen, und dienen in späterer Zeit wieder als Norm, ode/
auch die Anwälde der Partheien können auf diese Entscheidun-
gen bei neuen Rechtsfäilen zuröckkommen.
Für Irland bestehen ganz diesellien vier ob^^rsten Ge-
richtshöfe, der Court of Common - Pleau , C. of Kingn - Benck^
C, of Exchequer und der Court of Chancery zu Dublin, aus
gleicher Anzabl des Personals mif demselben Titel fTir den Präsidenten
und die Oberrichter zusammengesetzt, doch hat der letzte G^^'ichts-
hof neben dem Master oftke rolla nur vier Masters of Chancery
als Beisitzer. Auch die Geschäftsführung und der Instanzen*
zug ist auf gleiche Weise bestellt Ausserdem besteht hier gleich-
falls ein Admiralitäts- Gerichtshof (^Otfrfo/y^(fMiTaZ/y) zu
Dublin, und the Court of Castle- Chamber ist gleich dem
Marahalsett' Court zu London gestellt
*) Ton allen Entscheidungen der ^dmiralitats - Gericbtshöfe za
London, Edinburgh und Dublin findet die weitere Berufung unmit-
telbar an den Privy-Oouncil des Königs statt
^ .
066 Da8 Britische R%ich.
FBr Sehottlanil giebt et nur drei obent« Gcriehtthöfe jni
Bdinbargh, die su gleicher Zeit Court $ of Comwum4aw unil o/
equiiif «indy /^e Court of Se^nion^ aus einem Lord -Präsi-
dent mid Tiersefaii Lord -Richtern, Lordu of StaHon oder Orift%
nmryJudgtM gebildet*), welcher den Englischen Court of Com*
mom'Pieas «nd den Court of Chancery in ihren Gesi^ftftsberei-
eben enetst; the Court of Junticiary oder Criminal^
Courty als oberste Gerichtsbehörde flfar alle peinliehe Sachen«
aas einem L9rd Ju^iiee^generml als FiiUident, einem Lord Ju^
tifse- Clere als Protocollfiihrcr und 5 Beisitiem {CommissionerM)^
dem Kön^s-Adroeaten und dem General -Piseal {Solieitor-Ge*
neral) gebildet; -^^e Court of Exehequer^ völlig öbereinstim*
niend.mit dem Englischen und dem Irländischen, auch in der
Zahl und d^m Titel des Präsidenten und der Richter. Die letzte^
Instans von diesen Gerichtshöfen wird durch das Britische Par-
lament eil London gebildet — » Ein Admiralitäts^Gerichts-
hof heündet sirh auch :xu E<Unburgh für die besonderen Reichs-
angclegenheiten des Seehandels. Für die Bergwerks-Sachen
sind in Comwall und Devonshire eigeile' Berggerichte. —-Von
den Geisdtehen Gerichten ist das Nähere bereits in §. 17. S. 678
angeführt, wobei noch su bemerken bleibt, dass in sehr bedeut-
saknen Fällen auch von dem Court of Chancery noch eine Ap-
pellation an den Privj*Council des Königs geht, und dann iji
Einern Court of Delegaten aus geistlichen und weltlichen Lords
und aus den angesehensten Sachwaltern die ietste Entscheidung
erfolgt
Diese hohen Gerichtshöfe halten aber nicht ununterbrochene
Sitzungen in den Hauptstädten, sondern nur 4 Termine
(Terms) im Jahre, Jeden beiläufig etwa von 4 Wochen nach
dem' Hilariüs-Tage (13. Jan.), nach Ostern, nach Pfingsten und
nach dem Michaelstage. In der Zwischenseit im Februar und
Marx, sowie im Juli und August, bereisen darauf die Lord-
Oberrichter jährlich sweimal xu je zwei die einxelnen Graf-
achaften, indem sie steh Geliülfen xur Erleichterung des Geschäfts
In den Serjeants-at*law mitnefameB, um, nicht die Partheien
xu nöthigen, ihre Hülfe selbst bei den entfernten OerichtshÖfen
' *> Dieser Gerichtshof zerfällt seit 1808 wegen alzo grossen An-
-tlraogs der Geschäfte io 2 Abiheilangen (Ciiambers), die jede für
sich voll« i;e}»etzlicbe Kraft haben. /
Pas Britische Heick 607
der Hauptstädte lu •uohen, sugleidi aber ani^h um ,dio getammfe
Rechttyerwaltung «1er Sheriffa und der Friedensrichter (c. §. 19)
SU controlUren. Für dieee richterliehe Geschäfttreiten (Cireuits),
die 9chon in der zweiten Hälfte des zwölften Jahrhundert» unter
der Regierung Heinriche IL angeordnet wurden » ist gaas Elng-
land mit Ausnahme der Grafschaft Chester in 6 Besirke ge*
thciit Home, Oxford, NorfoÜc, Midland, W$tem mmd Nor^
ihem*) €ireut[U. Das Fürstenthum Wales und die Grafschaft
Chester siiid in vier besondere Besirke **), die Jährlich von Je
swei Richtern bereist werden, und die Insel El/ hat ihren eige-
nen Chiff'Ju9lice, Für Schottland und Irland finden diese Cir*
cuits nur als C/rcMtl- Cour/s von dem C. of Justictarty uad dem. C
of KingM^ßenck statt Auf diesen Gesch&ftsreiseB halten die pber-
richter -r deshalb reisende Itinerant-Judgei gMiannt — in den
Hauptstädten der einzelnen Grafschaften einige Tage hindurch
Gerichtssitzungen {AMtztM) für alle Civil- und Criminalsaehen,
indem sie jedesmal zur rechtsgültigen, durch das grosse Siegel
SU bekräftigenden Entscheidungen im Namen des Königs fünf beson-
dere Aufträge erhalten : die CommtBiion of Amw zum Urtheil in al-
len Streitigkeiten Über liegende Grüii«ie, die ComnuMBton of nM
prt'us zum Urtheil über alle ht\ den obersten Gerichtshöfen in Lon-
don anhängigen Rechtssache» wenn der Oberrichter früher in ^
die Grafschaft kommt, als dort der Gegenstand % untersucht ist,
die CommiMipn of p$äce zur Entscheidung in alleq Sachen, die
xum Amte dtB Friedensriehters gehören, die CommiMMton of oyer
and t^ittiner zum Verhören, Untersuchen und Entecheiden in allen
peinlichen Fällen, endlich die Comnuasionofgeneralgaoldelwery,
zur Verurtheilung zur Gefängnissstrafe und z0r Befreiung aus dersel-
ben in allen schon früher untersuchten Criminal-Fällen. Der Insten-
. zen-Zug geht von hier. in der oben beschriebenen Art an die heben '
Gerichtshöfe zuWestminster und an das Parlament« Diese Assizes
sind aber überhaupt für die Entwickelung des gesammten bür-
*) Dieser Bezirk wird nur einmal im Jahre bereist.
**) Diese 4 Circoits. sind •die Graiscbaflen a) -Chester, llentgo-
mery, Flint und Denbigfa; b) .(lardigan, Penbroke uad Carsaariheii ;
c) Brecön, Giaroocgao und iladnor^ d) Aogiesey, Caroafvon' und
Merioneih.
\
608 Pas Britiseh« Reich.
gerifehen tiebens in Grossbiitannien ron sehr f^rosser Wichtig-
keit, da sie TornehroUch zur Verta^mlung aller Notabilit&ten ei-
ner Grafsebafl Veranlatsnng .geben, hei welcher Gelegenheit,
durch gegenteidge Ahn'äherung und Besprechung das allgemeine
Beste der gesammten Landschaft überhaupt gefördert wird«
Ausserdem werden Tiertelj'Ahrig Landgerichte in jeder
Grafschaft aller drei vereinigten Reiche {Quarter'Se9$ion9) von
den dasu venammelten Friedensrichtern nebst ihren Geh&lfen
bei der Poliseiverwaltung, den Constables und Coroners, als Bei*
sitsern gehalten. Vor dieses Forum gehören die leichteren
* peinlichen Sachen, alle Polisei- Vergehen, Streitigkeiten- über Ge-
meiAile - Angelegenheiten u. s. w., indem alle wichtigen Fäiie
den Assisen vorbehalten bleiben, wie denn aber auch in
einzelnen hieher gehörigen > Sachen unter einer vorgestellten
Rechtsfiction soglejch mit Umgehung der Quarter - Session«
an^ die Assisen oder auch mit Umgehung dieser an die Ge«
richtshöfe lu VlTestroinster die R.echtsangelegenheit gebracht
werden kann, besonders in allen Fällen, wo das Hein und
Dein nur «ur Sprache kömmt Für gans geringe Rechtsstreitig-
lc§iten, deren Gegenstand an Werth nicht über 40 Shillinge
<I4 Thlr.) beträgt, entsöheidet für die Bewohner der ganzen
Grafschaft der High-Sheriff in dem Countj^Court, der High-
Constable in dem Hundred- Court, der Court-Baron oder das
grundherrliche Gericht für die Einsassen der Grundherrachaft *|.
Als Beisitzer dieser Gerichte oder Schoppen werden von ^dem
Sheriff und Constable Freeholders gewählt, von dem Court-
Baron Einsassen der Grundherrschaft In den Städten, wo
die innere Verwaltung yon der Rechtspflege noch gar nicht geson-
dert ist, entscheidet der Mayor mit den A^dermen oder mit dem
neu errichteten Gemeinderath in den wichtigeren Streitigkeiten der
Bürgen untereinander, sofern sie vor die Stadt-Obrigkeit gehören :^
ausserdem gift in allen Angelegenheiten des Friedensrichter-Amt*,
das Urtheil das Majors allein , kraft der ihm durch die Huniei-
*) Diese Gerichte der Lords of Manor werden jetzt noch am
SBahlreiclisten in Schotüand angetroffen, aber ihre ^Wirksamkeit ist
jetzt sehr gemindert, und nur auf die gleichgültigsten Rechtsfalle des
bürgedichen Lebens beschrankt
Das firiti«cha Beiclu 609
pal-RefonAUI erdieiUen Enrdtervng, seiaer amdidieii QtaniM
«tteh fOr die kltinoren StUte. «— .
' I '
Nur bei den Geriehtt)iöfen at Common-Lawt ^^ ^^^^ ^^^
den Acgisen und den Quarter' SeM9ion$ ist die Beurtheiiung de«
^liatbettandes nicht allein dem Richter überlassen , sondern der
Ju'rj von iwttlf Schoppen 9 die Bewohner der Crrafschaft sind»
in weichten der Angeklagte, oder das in Rechtsanspruch genom«
mene Besitithum sich befindet Die Jury, oder die Gesehiro*
repen, soll aus freien selbständigen Männern bestehen^ die min-
destens Freeholders oder Copjholders sind^ und wenigstens ein
jährliches reines EUnkommep von 20 ft St (140 ThL) besitzen,
t>'ür die ganie Dauer der Sitsung eines Greriohtshofes oderiUsise
macht der Sheriff eine Liste (Arraj) von mindesten^ 48 und
nicht mehr als 72 Juiyfähigen Bewohnern seines Grafschafts*
besirks. Von diesen kann jede Parthei swölf ohne Angabe ir-
gend eipes Grundes verwerfen , die übrigen nur aus näher be-
stimmten Gründen % welehe von den auf der Liste Uebriggeblie-
benen geprüft werden; jedoch nur in dem Falle einer erwiesenen
Partheilichkeit des Sheriffs bei der Feststellung des Arraj kann
die ganze Liste gestrichen werden {ckallenge to the arrax/). Die
Verworfenen werden wieder durch andere Jurjfähige auf der Liste
ersetzt, und dann werden durchs Loos die bei den, Assisen fun*
gir^nden 12 Geschworenen gesogen. Vor dieser kleinen Jury^
(Special-Jurj) werden im Beisein der Richter die Anwalde der Par*
theien gehört, die vorgeführten Zeugen sur Bestärkung der Aq^lage
und zur Entlastung von derselben vereidet, und sowohl von den
Richtern und den Greschworenen, als auch von den Anwalden
der Partheien im Verhöre befragt Nach der Vorlegung aller Be-
weise und Gegenbeweise sprechen noch einmal die Anwalde bei«
der Partheien:—- und in diesem Theile des Processes buchen die-
selben be%ond^rs durch ihr Talent ihrer Sache die vordieilhaftesto
*) Dies geschieht entweder propter honoris respectam, wenn
Lords an den Geschworenen gewählt sind, propter defectum, wenn
die" Gewählten gar nicht in die' Kategorie der Jury fähigen gehören,
propter affectnm, wenn dieselben in den Rechtshandel als par-
theiisch erscheinen könnten, pfopter delictum, wenn dieselben selbst
eines Vergehens oder Verbrechens verdächtig eind*
Sehabert'iStotistikn- 39
610 Das Britische Reich.
Seite zu geben — ^ann retuiiirt der vorsitsende Riehter, faitt
die ZQ bettimmenden Punkte zusammen, und überläMt der sieh
in ein Seitenzimmer zurfiekziehenden Jurj den Autiprueh. Die-
ser, Verdiet genannt, maii in England, Wales und Irland too
den Gesenworenen einstimmig, in Sehottland mit einer
' Hajoritöt von ^ Stimmen gefasst werden« Dann bat der Rieh*
ter nach den vorliegenden Gesetzen gemäss des Verdiets den
Urtheilssprucb zu fassen. Es Uuehtet von selbst ein, dass bei
' der niebrbundertjäbrigen E^abrung über das Institut der Jurjr
in Grossbritannien, dasselbe mit dem Geii(te dts Volkes völlig
verkörpert erseheint; woher auch selbst in dem weniger geistige
begabten Manne der niederen Volksclassen doch ein reiferes Ur-
,tbeii»nach Abhörung vielfacher Zeugen für und gegen die Rechts«
suchen über den Thatbestand gemeinhin hervorgeht Dennoch
bleibt auch hier dem Scharfsinne und der blendenden Ueberredungs*
kunst der Advoeateik ein genügsam geräumiges Feld, der Jurj die
Wahrheit des SachverhiÜtnisses anders vorzustellen, als sie fae-
tisch ist, und dadurch einen überaus starken Einfluss auf das
Verdic^ und das richterliche Urtheil selbst zu erlangen. Dem-
gemi&ss ist der Beruf der gerichtlichen Sachwalter ein
sehr gesuchter in ganz Grossbritannien, und da er Überall leicht
die Mittel zu einer glänzenden, bei dem Öffentlichen Leben der
Engländer sich namhaft auszeichnenden Laufbahn gewährt, so
gehen sehr häufig aus der Mitte der Advocaten die ersten politi-
schen Redner und Staatsmänner hervor. Die unterste Classe der-
selbe wird durch dieAttornejs gebildet; welche die meisten 6e«
Schäfte unserer Notare betreiben, und wohl auch als Gehülfen der
fiarristers und der Serjeantg at law Auszüge aus den Acten ar«-
beiten. Die Letzteren aber plaidiren für ihre Partheien vor deu
I
Gerichtshöfen *). Die höchste Ciasse derselben besteht^ nun aiis
den von der königlichen Regierung als Rathgebern gewählten
Advocaten, di%t Kingn- Serjeantg oder Kings- Counulw (fiir Coun-
tellors) heissen>. und deren es 24 giebt, ausser ihren beiden Vor-
ständen, dem Attomey- General und SolUcitor» General (s. §.18):
aus diesen werdon gemeinhin der Lord* Gross-Kanzler und die
Lords •Oberrichter gewählt;
*) London allein z.HUte schon 1767 4000 ^chwalter und 18S4
d^ren sogar 5400.
•
Das Britische Beich. 611
%
Bei der Criminal-Rechtspflegey die die ünt^rmehung
von Halsverb1^e€hen und allen anderen •ehweren peinliehed Sa-
chen zu führen und dieselben zn bestrafen hat, indem die^e nie-
mals auf den Quarter ' Se$9ion$ au beseitigen» aondem den
Assisen oder den Courts of th6 KingM-Beneh in Longen
und Dublin und dem Court ef Justice in Edinburgh jni über-
weisen sind, ist die Wirksamkeit der Jurj eine doppelte.
Als Halsverbrechen gelten H^^^-Treato« = HochTtrrath, jedes
Unternehmen gegen die Sicherheit und die Ehre des Königs,
der Königiif und des Thronerben, gegen die Sicherheit und
Ruhe des Staates, Verbindung mit seinen Feinden, Hünsrerf^ii-
tchung, thäf liehe Vergreifung gegen den Lord-Kansler, Kanaler
der Schatzkammer und die kdniglichen Richter bei der Ausü*
bung ihres Amtes; femer Petty-Treason^ Mord und Todschlag
der Eheleute, der Vorgesetzten durch ihre Untergebenen geistli-
chen und weltlichen Standes, endlich Felonj, die jedes Verbre-
chen, welches im Mittelalter Entziehung des Lehns durch den
Lehnsherrn gegen seinen Vasallen rerwirkte, jede Art ^e% Mords
und Todschlags, Raub, Diebstahl bis ^ auf den Werth von 2 %
St, Betrug, Verfälschung der Papiere, jetzt als VerbreeheA der
gemeinsamen Unterthanentreue gegen den Ki^nig bestraft Die
gewöhnliche Todesstrafe ist der Galgen, wird aber bisweilen als
Gnadensaohe aus Rücksichten auf die Familie des Verbrechers
in Hinrichtung mit dem Schwerte verwandelt Die früher aus-
nahmsweise wegen des Standes der Geistlich |ceit zugestandene
Erleiohterung der Strafe, das henefit of the Clergy ist allmäh-
lich auch auf die übrigen St&nde Übergegangen, und gew&hrt in
den meisten Fällen, wo nicht besonders die Sicherheit des
Staates und der dem .Briten über alles gehende öfl^ntliche
Credit (daher bleiben Verfälscher der Banknoten und Wechsel
von der Verschonung mit der Todesstrafe gemeinhin ausge-
schldssen) gefährdet zu sein scheint, die Verwandelung der To-
desstrafe in Deportation nach den Australischen Verbrecher*
Colonient Diese findet seit 1788 statt
Die doppelte Wirksjunkeit der Jurj bei dem Criminalpro-
cesse greift njin auf folgende Weise ^iu« Auf die Anzeige einea
der oben näher bezeichneten Verbrechen dur(|h den Königs-Fis»
cal, der dazu verpflichtet ist, oder durch irgend einen anderen
Britischen Unterthan, kann der Friedensriohtnr verhaften, muss
aber den Verhafteten, den Ankläger und Zeugen ^ogleicht oder
89*
612 Das Britische Beieh. ,
ti5e1niten8 binnen 24 Stunden verhören und dann erwogen, ob
das Veibrechen ron solcher Beschaffenheit sei, dass er den Verhau
teten (^geA Börgschaft sich vor die nächsten Assisen eu stellen
frei lassen kann, oder ob er ihn wegen der Öffentlichen Si<;herheit
in der Haft behalten muss. Für jed^s Circuit, und für jede
Quarter» Session f sowie für die oben genannten Qerichtshöfe, ist
von dem Sheriff der Grafschaft eine Great-Jury oder Grande
Jury aus vier und zwanzig Jurjfahigen» gemeinhin sehr ange-
sehenen Männern des Bezirks gewählt Von diesen werdea
nicht mehr als 23 und niemals weniger als 12 vereidigt, vor
welchen dann die Anklage und die Beweismittel vorzulegen sind,
uhi zu entscheiden, ob die weitere gerichtliche Verfolgung statt
ünden (indicted)^ oder der Angeklagte sogleich von seiner
Schuld freigesprochen werden soll. Im letzteren Falle kann der
Richter, wenn er die tJeberzeugung der Jurj nicht theilt, den
Angeklagten noch einmal vor eine neue Grand-Jury beim näch-
sten Circuit führen. Die Entscheidung muss aber stets von min'<>
destens 12 Stimmen erfolgen, daher darf die Zahl der Mitglie-
der, des Grand-Jury *) nicht über 23 steigen* Ist der Angeklagte
indicted, so wird er vor die Special-Jury der nächsten Assise
gestellt, die ganz wie beim Civil-Process verftihrt. Sie
besteht aus. 12 Mitgliedern, die aus 48 vom Sheriff dazu jedes-
mal bestimmten Jurjfähigen durchs Loos gewählt werden, nach-
dem zuvor* von dem Angeklagten zwanzig in den gewÖhnUchen
Fällen und fünf und dreissig bei dem Verdachte des Höchver-
raths -ohne Gründe verworfen und .durch neu ernannte Mitglie-
der ergänzt sind. Sie entscheiden nach dem Resume des Rich-
ters, welches dem Zeugenverhör und der Vertheidigung des Ad-
vocaten des Angeklagten folgt, durch guilty oder no guiltj
(schuldig oder nicht schuldig) für eine durch das Gesetz verpönte
That, über. sie können auch das schuldig einer T hat ausspre-
chen, welche noch durch kein Gesetz mit einer bestimmten Strafe be-
*) Die grosse Jury hat hei ihren Versanunliingen «uch angleich
die wichtigsten gemeinsamen Polizei-Angelegenheiten zu beratben,
namentlich Communal* Bauten ^ Sicherheits- Anstalten , Brücken-» Ca-
nal- und Landstrassen- Anlagen. Dem jy issbrauch sich zu aus-
schliesslich damit zu beschäftigen und die Rechtssachen darüber zu
vemachlassigent ist durch die Gesetzgebung von 1834 gesteuert worden.
Das Britische Reich. 613
legt ist: diese letitere Entscheidang gilt einer Freüpreehmig
gleich. Die Strafe de« Getetses, wenn die Schuld des Verbre-
chens gegen den Angeklagten an^kannt ist, wird von dem Richter
ausgesprochen. Das Recht der Begnadigung steht allein dem Kö-
nige zu, von dem auch die V^rwandehing der Todesstrafe in Depor-
tation allein ausgeht, die Jedoch gewöhnlich auf E^npfehiang des Ge-
richts ausgesprochen wird, indem dieselbe durch den Redorder bei
, der Ueberbringung der Todesurtheile an den König mitgetheiit wird.
* Das Verfahren bei der Untersuchung und die Bekanntma-
chung des Urtheils sind in allen weltlichen Gerichten öffent-
lich. Jeder Britte steht vor denselben su Gerichte» mit Aus-
nahme der Peers und ihrer Gattinnen, über welche nur das
Oberhaus aber nach denselben Gesetsen richten kann. Der
höchste Ruhm der Englischen Rechtspflege ist die strengste Be-
achtung der Gleichheit jeder Person ror dem Gesctxe,
aber ein zweit^ Ruf, die strengste Befolgung des buchstäbli-
chen Inhalts der Gesetze ist nur ein sehr preideutiger: denn er
, veranlasst gerade am meisten Straflosigkeit unter nichtigem
Verwände, wo nicht schon die Special-Jurjr gegen ihre lieber^
Zeugung wegen der harten Strafbestimmungen 'ein no guiltj statt
eines guiltjr gesprochen hat.
Dessen ungeachtet ist die Progression der Jährlich wegen
angeklagter Verbrechen vor Gericht gestellten und auch wirklich
verurtheilten Individuen ausserordentlich gross, und nicht minder
schreckhaft überschreitet sie das Verh<niss zur vodiandenen Be-
völkerung und zu ihrer jährlichen Vermehrung. Wtr wollen aber
dies keinesweges unüberlegt der jährlich mehr überhand neh-
menden sittlichen Verschlechterung der Volksmasse zuschreiben,
sondern hauptsächlich aus der verstärkten Möglichkeit ableiten.
Jetzt jedem Verbrecher leichter auf die Spur zu kommen, und ihn zu
setner Bestrafung vor Gericht stellen zu können. Die Beweise für
beide Behauptungen werden uns in den Straftabellen für England
und Wales dargeboten, wenn wir mit denselben die Uebersicbts-
listea der überhaupt hier criminell Angeklagten vergleiche».
Wir wollen un» h^ernur jauf die letzten 25 Jahre beschränken.
Zu bestimmten Strafen, mit dem Tode, mit Deportation, Gefäng-
niss und Zuchthans wurden in dieser Zeit nach dreijährigem
- Durchschnitt bestraft: *'
e,»Ao
8,661
293
296
215
ao4
120
146
141
171
221
268
614 Das Britisclie Reicb.
18}| 18}^ I8I« 18t| I8H ISff
1. Mord 27 45 47 36 45 41
Z Todtchlag 81 34 38 46 51 69
3. Eirifather
Diebstahl 2,785 3.335 6.101 7.022
4. Einbrach. 84^ 125 312 305
i. Viehdie?^ •) 104 143 «266 290
6. Strassenrtub. 50 52 ' 133 145
7. Diebshehlerei 55 73 106 134
8. Betrug. 101 117 191 228
9. Fftlschung d.
HQoieB,
Staatapapiere
v. Wechsel 171 241 399 497 223 234
10. Bigamie 16 23 18 19 21 28
11. NothsuchC 0.
Sodomie 31 48 41 46 80 94
12. Vermischte
Verbrechen 83 141 285 457 377 796
/ Ueberhaupt 3.538 4,377 7,937 9,225 8,613 11^08
Nehmen wir nun ein Jahr aus dieser achtiehnjährigen lieber-
sieht heraus, um das Verhältniss der Strafen untereinander ken-
nen iu lernen, sa finden wir s. B. im Jahre 1826, dass Ton den
11.095 (überhaupt Verurtheilten
1.200 sur Todesstrafe
133 lur Deportation auf Lebensdauer.
2.130 sur Deportation auf 4 bis 14 Jahre
' f.322 Eur Gefängnissstrafe auf | bis 6 Jahre
310 zu Peitschenhieben und Geldbuisen bestimmt waren.
11,095
Es wurden aber wirklich nur 67 Verbrecher hingerichtet, oder | ■
der zur Hinrichtung bestimmten wurden begnadigt Die Anzahl
der in England und Wales zum "fode Verurtheilten ist sek 1815
ziemlich gleich geblieben, also Terhftltnissm&ssig gegen die ge*
ringere Zahl der Verurtheilten Überhaupt früher viel stärker ge-
wesen, denn sie betrug nach achtjährigem Durchschnitte 1815 =
*) Dieser beschränkt sich auf Rindrieh (V^), Pfeide (^ and
Schaafe (^) der oben angegebenen Fälle. ,
Das Britisch^ Reiciu 615
22 JährUeh 1167« «lio Ar ]8|{. ein Viertel, für ]8|« ein
Siebentel und für 18^^ ein Achthei.i der Venirtheilten. , Aber
auch, dfe Zahl der wirklich HiogerichCeten war in den früheren
Jahren weit grösser, denn sie betrug durchschnittlich für 1815 bis
J 822 jahrlich 104, also j\ der xum Tode Verurtheiiten. Seit diesem
Jahre findet sofort eine sehr rasche Abnahme statt, die gerade auf
die EUlfte des Verhältnisses herabgeht, 1 823 wurden 54, 1824 nur
49, 1825 nnr 51 hingerichtet; darauf aber tfitt eine noch stärkere
Abnahme für die Jahre 1826 — 32 ein, wo von 9729 Todesurthei-
len nur 4 14 oder ^^ wirklich vollxogen werden*). Das Ver*
hältmss der Deportirten ist dagegen jährlich in starker Zunahme,
weil eben für die Versehonung mit der Todesstrafe ,die Depor-
tation eintritt, sie umfasst seit 1824 jährlich über ein Fünftheil
der Verurtheiiten, denn es wurden nach Neu-Süd-Wales und
Van-DiemensUnd 1824 1869 Individuen, 1825 1905, 1820 = 2263,
J828 = 3691 Ind., 1829 :c? 5088 und 1830 = 5273 Ind. in lebens-
längliche und seitige Verbannung abgeführt**). Das Verhältniss
iwisohen den Verbrechen nach dem ^eschlechte blieb in
dieser ganzen Zeit xiemlich gleich, so dass auf 11 männliche
2 weibliche kamen.
Sctien wir nun diese Criminalstatistik für Hie letzten Jahre
fort, so finden wir folgende namhafte Veränderungen, beson-
der« in der Znnaho^e der gesammten Zahl der nur in* den 52
Grafschaften von England und Wales wegen angeklagter Ver-
brechen vor Gericht gestellten Personen. Denn betrug die-
selbe 1820 = 16,164 und 1827 = 17,024, so dass naeh der
*) Dadurch aber nähert sich dieses Verhaltiiisd den übrigen
grossen Staaten Europas, wiewohl auclv fetzt noch im^ner stärker
als in irgend einem anderen, da 50 Hingerichtete jährlich auf
1>000>000 S. Bevölkerung 2 geben, wälitend der Oestreicbische Staat
4 Hingerichtete jährlich im Durchschnitte auf 3,000,000 S.,>»Frank-
reich l Hinrichtung auf 1,000,000 S. und Prenssen nnr 2 Hinrich-
tungen auf 3,000,000 S. zählen.
**) Sehr interessante Nachrichten über die Wirksamkeit des En-
glischen Strafsystems, und insbesondere über die Deportation ge-
währt Mittermaier in seiner Zeitschrift für die Rechtswissen-
•chaft des, Auslandes, Jahrg. 1833, Bd. V. Heft 3. S. 351-65. Er
erklärt sich in Uebereinstimmu ng mit den unbefangensten Eo^läo-
dem gegen die Deportation, und hält die einseme Einspecrung für
das Bweckmäisigsttt Strafmiael.
/
/
N
r
«16 D«s Britische Beicb.
obfg«i| DarcIfgeliDitts-UebenicIit oielit volle iwri Ffinftal ^fitk"
lieh verurtheilt wurden , go betrug diese Zahl iwar 1828 du^
16,564 Ind., aber 1829 bereits 1^,675 Ind., 1830 = 18,107
Ind., 1831 = 19,647 und 1832 sogar 20,829 Ind. % ISs ist dies
eine Zunahme in 7 Jahren von mehr als 20 Procent, während
die Bevölkerung in dieser Zeit kaum 10 Proeent insgesammt ge-
wachsen ist J)as Verhältniss der Verbrecher nach dem Ge*
schlechtö hat sich sum Nachtheil detf weiblichen vermehrt, denn,
es kommt beinahe völlig ^in Sechstel auf dasselbe, pder 2 weib*
liehe Angeklagte auf 10 männticbe, während oben 2 weibliche
gegen II männliche' stehen, da 1828 = 2732, 1829 = 3119, 1830
= 2972, 1831 =3047, 1832 = 3343 weibliche Ind. unter den oln*
gen Angaben dieser Jahre gez&hlt wurden. Ebenso hat leider das
Verhältniss der Verurthailten zu den Angeklagten sich sehr ver-
mehrt, da durchschnittlich schon ^^ Strafe empfangen haben, wäh-
rend in den Jahren vorher, noch nicht volle awei Drittel 'der
Angeklagten verurtheilt waren. Denn von der GesammtsahPder
Angeklagten in jenen 7|Jahren, nemlich von 127,910 Individuen
wurden 13,300 nicht weiter gerichtlich verfolgt, und nur 24,370
förmlich freigesprochen, 90,240 Individuen dagegen Ku Strafea
verurthetlt Darunter kamen allein auf das letste Jahr 1832
14,949 Verurtheilungen, davon 1449 sur Todesstrafe (nur 54 wur-
den wirklich hingerichtet, oder ^\ der Verurtheilten), 546 sur
Deportation auf I/ebensdauer, 3371 aur Deportation auf 4^-14
Jahre, 9181 cur Gefangnissstrafe auf | bis 6 Jahre, 402 zu Peit-
schenhieben und Gcldbussen. Vergleichen wir die Verurtheilun-
gen nach den' verschiedenen Verbrechen in Bezug auf unsere
obige Uebersicht für- die früheren Jahre, so üaden wir bei den
groben und eine besondere Gewaltthätigkeit erfordernden Verbre-
chen keine überraschende Zunahme, denn es sind nur 72 fllr
Hord und Mordversuche, 80 für Todschlag und lebensgefähr-
liche Beschädigung bestraft; aber die Zahl der vorsätslicben
Brandstiftungen, die 181 J»— 27 zwischen 5 und 11 im Jahre
schwankten, ist auf 35 gestiegen, und 16 sind dafür verurtheilt^
da der dritte Theil aller Hingerichteten in diesem Jahre mit demi
lieben für dies Verbrechen gebüsst hat. Die Bestrafungen für
*) Vergl. Yearbook for 1834, the State of crime pg« 62—67»
welches seine Angaben aus den oifieiellen dem Parlamente vorge-
legten Actenstücken entfehnt hat.
Das Britische ReiclL
«17
«iofacheB Diebstahl sind um ^ bis auf 11,281 getti^en, die fBr
Einbrueh un das Dreifache auf 004; der Viehdiebstahl dagegen nur
um I auf 374. Des Strassenraubs waren 239 V^brecher, der Diebi-
heb^rei 347, des Betrpgs 434 Überführt^ alle drei Verbrechen in
einer Progressioti von mehr^ als rierzig Proeent Das gleiehe
Verhältniss tritt bei der Fälschung der Münsen, Staatspapiere
und Wechsel ein, wofür 349 Verurtheilungen au%esählt wurden.
Endlieh Bigamie, Nothsuebt und Sodomie waren in 163 Fällen
bestraft worden. — - London allein und die Grafschaft Middleiex,
obgleich sie doch gegenwärtig noch nicht den lehnten Theil
der BeTÖlkerung von England und Wales susammen besitsen
(s. S. 3U), hatten allein 3739 *) vor Gericht wegen namhafter Ver-
brechen gestellt, davon waren aber 866 weibliche Indiriduen (also bei-
nahe |, während im ganien Reiche das Verhältniss nur | war). Von
diesen wurden 2653 su verschiedenen Strafen verurtheilt, 120 sum
Tode, aber nur 6 hingerichtet — Im Jahre 1834 wurden in London
des Mordes 126 Personen angeklagt, davon 9 überführt, aber nur
1 hingerichtet — Von 929 der Falschmünierei im J. 1834 be-
lehuldigten Personen wurden 819 entlassen und 98 verurtheilt
In Schottland war 1832 die Gesammtsahl der wegen Ver-
brechen vor Grericht gestellten Individ. = 2431 , also bei dem Ver-
hält)ii8se eines sechsten Theiles der Bevölkerung Von England und
*
*) Die Zahl der wegen polizeilicher Vergehungen Angeklag-
ten übersteigt in London inzwischen noch mehr als das Sechs-
.üfiche^ sie belrag bereits
für die 7 Jahre 1813-19= 7),)16 lodividueu,
— — 1820-26= 95,628 — —
— — 6 — 1827-32 = 131,818 — —
Aber die Zahl der Verhaftungen wegen polizeilicher Vergehnngen
ist wiederum noch 3mal so gross^ denn sie lieferte
1831 183*2 ' 1834
72»824 77,543 64,269 ({ männl.)
60|891 54,085
überhaupt Ind.
davon entlasen
snmmarisch vemrtheHt od«
geg, Bürgschaft losgelass.
zum Verhör geführt
fiberfährt und verurtheilt
34,499 (} weibl.)
26,843 ^458 ^ 26,302
12,965 3,656 8,468, davon
%565
Wegen Tniokenheit allein waren verhaftet 1831=23,787; 1832 =
25,'i02 und 1834;= 19,779, davon fiber die HilAe ohne alle S^afe
entlassen.
6I8 Das Britische Reich.
Wale« (8. S. 31 1 und 313) um 25 Prooent tohwftcher ab dort Daran-
tef waren 533 weibMclie, also |. der GesammtBahl und bedeutend
mehr nach diesem Verhältnisse als in England: ea wurden 703
(fast ^) freigesprochen und 1602 verurtfaeilt
lieber Irland haben wir bis Jetst keine genauen Acten-
stQcke fSr 4ie#Criniinaistatistik erlangt, dem Parlamente sind"
nur Berieh te fiber die den Behörden angexeigten Verletsungen
der Gesetse vorgelegt, ohne jedoch genauere' Beweise durch die
Ueberfühmng und Bestrafung der dieser Verbrechen Angeklag-
te!^ hinxusufQgen. Es waren nach denselben 1831 = 16,877' uiiil
1832 = 14,021 solcher Verbrechen begangen: allerdings auch
bei der Übergrossen Bevölkerung dieser Insel ein schreckhaftes
Docnment für den traurigen inneren Zustand derselben! EU
waren aber darunter I831=r2l0 und 1882 = 248 Ermordungen,
1831 =534 und 1832 = 844 Brandstifhingei^, ausserdem 1831 r=:
125 und 1832 = 209 Nordbrennerei-Versuche^, ferner 1678 und
1384 Beraubungeu , 534* und 844 Anklagen auf Einbruch, 2296
mnd 1675 gewaltthStige Angriffe auf Häuser, 2981 und 2790 vor-
sHtsUeke körperliche Verletsungen. —
S. 2L
Fi na nz Verwaltung.
Fr. ▼• Räumer, das Britische Besteuerungss/stem , Berliii
1810 8vo. GrtllUr^ hxHiory of the nationaUdeht. London. Ro-
bert Hamilton an Inquiry concemtng the rise and progrees^
the redemption and preaent State and the management of the
national deht of Great - Brttatn^ thi aecond edtt^ Edinburgh
.1814 8ve, ein ileissig gearbeitetes und seinem Zwecke völlig ent-
«precbetidek Werk. — Bernh, Cohen Compendium of finance
London 1822. Report of Finance Me iFebr. 1817 und aus
den folgenden Jahren wie the Finance Accounte of the united
kingdom of Great^Britain and Ireland for the year 1824—26
Das Br'itiscbe Relclu 619
■ * ■ I
^ London 1825. Fol -^ Remar1c$ on th$ finaneial tüumtion of
Creat'Britain, lond. 827, Svo •)<— Eberb. FriedUnder dai Brit-
tische Vollfjstcm, Kdnigtb. 1827 8vo. — Besonders aber die oben
schon oftmals angeführten Werke von PebVer und Brown-'
ingf und der addttional volume ron Buchanan lu seiner Aus-
gabe von Smith' 8 wealth of nation 1819, welcher mehrere beach-
tenswerthe Abhandlungen über das Englische «Bankwesen, die
Nationalschuld, das Ferhältniss der Staatseinnahmen und Staats-
ausgaben sü derselben enthftlt
Ein Staate der wie Qer Britische, nach der vorangegangenen
Schilderung der inneren und Poliaeiverwaltung, der, Rechtspflege
sowie der vorhandehen Anstalten für geistige und körperliche
Pflege, das Volk selbst und die einielnen Corpurationen dessel^
Ben liaupts&chlich für sein eigenes Interresse handeln lästt,
kann nur für den Hofhalt, für die Vertheidigung des Staates
SU Land und zu Wasser und für die Erhaltung des Verkehrs
mit den Auswärtigen Staaten, einen betrilchtlichen Kostenauf-
wand SU bestreiten haben. Diese drei Titel bilden also den Mittel-
punkt der Britischen Finansi^rwaltung, und wenn in der Ge-
genwart ein anderes Verh<niss vorherrscht, so kann diee nur
in Folge einer su starken Verwendung, wie s. B« der Streit-
kräfte sur Landesvertheidigung nach den verschiedenartigsten
politischen Besiehungen veranlasst sein. So ut et auc)i
Jn der That geschehen, die~ Britische Nationalsohul^ ist als eine
Priocanpirung der verschiedenartigsten Vertheidigungskr&fte für
* die Behauptung des einmal erlangten politischen Gewichts su be-
trachten; wenn sie also gegenwärtig weit über die Hälfte
der gesammten ^Staatsausgaben für sich allein verschlingt; so
bleibt dennoch die Finansverwaltung in dem Ausgabe-Budget auf
diese drei Hauptpunkte^ ala hier immer verbleibende, surückgeführt
Der Hofhält wurde in England während des gansen
Mittelalters, wie in allen Germanischen Staaten, vorzugs-
weise von den Einkünften der Domainen bestritten, ein ste-
hendes Heer, eine ununterbrochen gerüstet erhaltene Kriegs-
flotte wurde in England nicht gehalten und durfte auch verfifM«
*) Vengl. die ausführliche Erläutenrng dieser Finans-Abhand-
luBg im Edinburgh Ri^riew, Octob. 1827, pg. 390—414.
t\
\
I
620 Das BrUiscbe^Beich,
fiungfmftggig nur für KriegsieiteD aufgestellt werden. Der Verkehr
mit dem Auslande war vor der Tbroubestdgung dea i weiten
Könige aua dem Hause Tudor, ror Heinrich VIII, durchaus un-
bedeutend. Daher gtnfigten 100,000 % St. (700,000 Thlr.) jähr-^
liehe Einnahmen *) »für die Könige des fünfzehnten Jahrhun-
derts, und diese wurden hauptsächlich aus den Krongütem und
einigen Zollgefdllen herbjeigeschofft Heinrich Vil. erhöhte diese
und vermehrte sie mit einigen neuen Abgaben ab Königsrechts-
Forderungen, wie i- B. mit den Zwangsgeschenken von Londen und
einigen anderen Städten. Dadurch stieg die Staats-Einnahme auf
240,000 S St, und der sparsame König kohnte von dem Uebersehuss
seiner Einnahmen einen für jene Zeiten Ungeheuern Geldsehati von
3,000,000 <3 St (21,000,0000 ThL) anhäufen **). Dieser ging in
den ersten Jahren der kegierung Heinrichs VIII. verloren» und
der glänxende Hofhalt dieses Fürsten, der bisweilen su üppig-
ster Verschwendung verführte fand in den früher üblicfaeo^ Ein-
nahmen keine ausreichende Befriedigung mehr. Die Theilnahme
an dem K^mpf iwisohen Carl V. und Frans I., der jetst ausge-
breitetere Verkehr mit den wichtigsten Staaten de^ südwestlichen
Europas und Deutschlands vermehrten noch die Ausgaben. Da
wurde suerst eine beträchtliche Blasse Krongüter Teräussert, um au-
genblicklicher Staatsverlegenheit abxuhelfen, die theilweise ein*
gezogenen geistlichen Stiftungen wurden gleichfalls verkauft, aber
auch nicht selten in augenblicklich freigiebiger Laune an Günstlinge ^
verschenkt Doch auch dieses reichte nicht aus, die gehässige drük-
kende Kopfsteuer wurde im vierten Jahre seiner Regierung einge-
führt; die Zölle mussten gleichfalls theils auf neue Gregenstände des
Handels gel^(t, theils erhöht werden, und dennoch blieb nur übrig,
schon damals evC dem Mittel einer zwangsweise beigetriebenen An-
leihe, und SU dem bereits oft gehrauchten zweideutigen der Verschlech-
terung der Landesmünze zu schreiten, ohne doch beträchtlichen
Staatsschulden entgehen zu können. Die Einnahmen waren jetzt über
400,000 % St (2,800,000 Thl.) gestiegen ***)L Dieser Betrag dauerte
*) Febrer taxation> revenue^ pg« 16—21.
♦•) Pebrer pg. «2-23. v
♦♦») Pebrer, pg. 23-^
Das Britische Reich* 011
fort unter den Regierungen det Königs Eduard VL und der Kö-
nigin Maiia, aber auch «ine noch stärkere Veräuiserung der
Krongttter und vieler königlichen Lehnsgefälle wurde fort ge«
setzt, und dennoch war auch dieser nicht verschwenderische
Jugendliche König zur Erhöhung der temporären Schuldenmasse
um 240,000 U ^^»9 und Mana su einer noch grösseren Summe
genöthigt, so dass der folgenden Regierung gegen 4,000,000
% St. (28,000,000 Thl.) Schulden von den Zeiten Heinrichs VIIL
abzuzahlen blieben ^ Aber unter der Königin Elisabeth blühte
unbeschadet der vermehrten Staatsbedürfnisse das Reich durch
einen' lebhaften Handel, durch eine rege vielseitige Industrie
zu einem grösseren Wohlstande auf, die Seemacht wurde ge»
bildet, der Krieg mit Spanien, der Aufstand in Irland, die
Unterstützung der im Befreiungskampf^ ringenden Niederländer er«
^'forderten hauiig bedeutende Truppenausrüstungen. Dafür konnten
allerdings die bis dahin gebraqchten gewöhnlichen Geldmittel nicht
mehr ausreichen, und um so weniger, als damals der fortgesetzte
Verkauf der Krongüter in keinem grösseren Staate so stark wie
in England diese Hauptquellen des Staatshaushalts für jene Zeiten
auf immer geschmälert hatte. Da wurrfen schon unt^r Elisabeth,
wie es für einen aufblühenden Handelsstatt ganz angemessen er-
scheint, der Handel selbst und der gesteigerte innere Verkehr
hauptsächlich als die Quellen für die gesteigerten Staatsbedür^
nisse ausersehen, und so halben seit dieser Zeit Zölle und bal4
darauf auch die Ailcise ( Cuatomi and ExciaeJ, als Consumtions-
steuern im weitesten Sinne des Worts, fast ohne Ausnahme im
siebzehnten Jahrhunderte gegen zwei Drittheile und im acht-
sehnten und neunzehnten mehr als zwei Drittfaeile der lau«
fenden Staatseinnahmen hervorgebracht Dessengeachtet stiegen
in der Regel selbst in den letzten Jahren der Königin EHsabefh
die gesammten Staatseinnahmen jährlich nicht über 500,000 % St.
(3,500,000 Thl.), abgerechnet einige ausserordentliche Parlaments-
^ bewilligungen zur Bezahlung der von früherher aufgehäuften
Schulden, und auch unter den folgenden Regierungen der ersTen
beiden Könige aus dem Hause Stuart wurden dieselben 'gesetz-
lich noch nicht über 600,000 ft St (4,200,000 Thl.) erhöht •*),
*)Pebrer,pag.36-30>p.37.p. 138; Browningpolitp. 501-3.
♦♦) Pebrcr, pag. 43— i': Browniag a. a. O. p. 503.
ei2 Das Britische Beich.
wei^n gleidi ErpreMungen aHer Art und aauerordcntlieh eiagefor*
derte Auflagen dMi Jabresbetrag xuletit unter Carl I. bii 900,000
9, St (6,300,000 ThL) steigerten •).
Der Bürgerkrieg und die daraus hervorgehende Republik ver«
mehrten ausserordentlich die Staatsbedürfnisse, aber xugleich wurde
aueh der auswärtige Handel (Narigationsacte) glöcklichst erwei-
tert, und die Seemacht begann mit Riesenschritten sich su der
ersten in Europa emporzuheben. Die Zolltarife wurden jetxt aber-
mals beträchtlich erhöht, die ersten Lebensbedürfnisse, Brod»
Mehl, Sali und Steinkohlen der Accise unterworfen, und die
Zölle und Accise allein trugen seit lOSr im jährlichen Durch-
schnitte mehr als 1,100,000 <^ St (7,700,000 Thl.) ein. Die
gesammten regelmässigen Einnahmen Waren in den letzten Jah-
ren des Protectorats von Cromwell für England und Wales
bereits auf 1,517,275 % St = 10,620,925 ThL
für Schottland 143,642 — = 1,005,564 —
für Irland 207,790 — = 1,454,530 —
Überhaupt auf 1,868,717 % St = 13|081,019 ThL
gestiegen **)•
k
Nach der Restanration der Stuarts wurden unter Carl IL alle
Lduisgefälle abgeschaflft^ dafür eine Grundsteuer und die Stempei-
taxe (seit 1671) eingeführt Die erhöhten Staatsausgaben blieben
grössenitheils erhalten, da die stehende Flotte jährlieh über 300,(XXI
9; St» das Landheer und das Feldseugmeisteramt Über 7&2flOO
9; St kosteten« Die vom Parlamente der Krone bewilligten
jährlicheil ordentliche Einkünfte betrugen durchschnittlich bereits
1^200,0000 % St (8,400,000 ThL) für England und Wales, da-
runter 400,000 <ft St (gerade ^) die Zölle, 300,000 <& St ,(i) die
Aeeise **% Die Finaniverwaltung von Irland und SchottTand be-
friedigten in dieser Zeit nur die inneren Bedürfiaisse für beide
Länder, und höchstens wurde ein jährlicher Beiti^ von 6,000 bis
\
*} Pebrer^ pag. 45^46; Browning p. 604.
♦♦) Pebrer, pg. 49-50.
•♦♦) Pebr^er, pg, 63-(ßj Browning, p. 506—7
Das Britische Beich. 613
20,000 <3 8t TOD hier det Krone bewilligt Unter der kiursea
(IreijihrigeQ Rc^erung Jecobg II. haben wir keine weientlithea
Veränderungen in dem Zustande der Finanzen xu ben^erken. Er
half sich, wie sein Bruder , in dringenden Geldverlegenheiten
durch Anleihen, und so war die Schuldenmasse der Regierung
bei dem Abtreten der männlichen Linie Stuart 1688 bereitr*)
auf 664^63 % St = 4,64P,841 ThL angewAchsen, welche Summe
ab die erste Grundlage der heutigen Britischen Nationalschuld
so betrachten y aber auf dem Wege des Vertrags aus einer drei-
mal grösseren Summe diesen niedrigen Standpunkt erlangt hat
Unter der Regierung Wilhelms 111. tind der Köüiigin Maria er-
hielt die gesamnite Finanzverwaltiing bei ihrer neuen Umgestaltung
eine bei weitem geregeltere Einrichtung, die zugleich für die da-
maligen Vermögensverhältnisse auf angemessene Weise alle Klassen
des Volks zu den Staatslasten herbeizog, und gleichmftssig nach
diesem Verhältnisse auch Schottland und Irland behandelte. Es
wurden jetzt die Land and assesaed taxea eingerichtet,
welche auch temporary genannt wurden, weil sie alljährlich vom
Parlamente bewilligt werden mussten ; was bis zum J. 1822**) ver-
blieb, wo sie gleichfalls in die Reihe der permanenten Taxen fiber-
gingen. Diese blieben vorzugsweise zur Bestreitung 'der gewöhn-
lichen laufenden StaaUbedürfiaisse angewiesen; wie denn dieses
auch jetzt noch geschieht, da allerdings bei dem jetzt nicht mehr
durch jene zu bestreitenden Betrage dieser Staatsausgaben ein
Theil von anderen Steuern entlehnt wird,' aber nfemals jene
Taxen zur Bestreitung der Zinsen der Staatuehuld, oder der
Tilgung /einzelner Theile derselben verwandt werden dOrfen.
Zu diesen, gehörte: a) die Landtaxe oder Grundsteuer von
ländlichem und städtischem Grün deigen thum, nach einem in den
ersten Jahren der Regierung Wilhelms IIL fQr alle drei Reiche*
angefertigten Kataster, welches ungeachtet der vielfachen Be-
schwerden darüber bei dem völlig veränderten Werthe ' des Land-
besitzes, also bei der völlig ungleichen Veranschlagung zu dieser
*«
*) Tearbook for 1834 p. 150 und Pebrer, 8. 167> 244-^45.
**) Die Land tax e wurde 1798 von William Pitt in dringen-
der ^taalsnolh auf 30 Jahre voraus verkauft, und dadurch schon
gewisserroaassen permanent gemacht
6t4 D88 Britische Bei
Steuer, wenn jene Norm mr Grundlage dient; doeh bii sn^ heü*
tigen Stunde gebrauclit wird, b) Die Mal^staxe, welche unter
Wilhelm III. lu 4 Shilling (l| Thlr.) für den Quarter Mals
verbrauchten Getreides entrichtet werden muttte*), jetzt aber
mit Recht dem Titel der Accise zugeachrieben iit Handel und
Industrie nahmen inzwischen von nun ab einen früher nicht ge-
ahnten Aufschwung , der Nationalreichthum wuchs von Jahr za
Jahr und vermehrte also die Quellen der Öffentlichen Besteuerung,
die Erhöhung' und Vermehrung der Zölle wurde bei dem gestie-
genen Geldwerth weniger empfindlich, die Accise Terbreiteta
sich über mehr Gegenstände, mit einem Worte die Steigerung
der Auflagen wurde nicht argwöhnisch bemerkt und getadelt^
weil sie von dem Parlamente auf Anforderung des Königs im.
Interesse desStaatjps und des^^olks festgestellt zu sein schienen.
Die ordentlichen Staatseinnahmen kamen nunmehr bis zum Jahre
1701 auf die Höhe vop 3>895,205SSt (27,160,435 Tbl.), aber da-
für konnten noch nicht die Kriegskosten für die Behauptung der
politischen Stellung Wilhelms HL gegen Ludwig XiV. und die von
der Krone. Frankreich unterstü(;^ten Stuarts gedeckt werden«
Noch stärkere Erhöhung der jährlichen Auflagen schiei» gefahrlich»
weil eben dadurch eine günstigere Stimmung für die alte Djrnastia
in 4em Volke hervorgerufen werden konnte. Also blieb nur das
Anleihesjstem, welches die Kräfte des Volks^ in besseren Zeiten
für die Bek&mpfung einer gefährdeten Lage vorweg in Beschlag
nahm» Wilhelm 111. machte sofort eine bedeutsame Anwendung
von diesem verführerischen Mittel, und dadutch mfchte sich die
Nationalschuld durch ihre Verzinsung und allmählige Tilgung zu
einem bleibenden Titel in dem Britischen Ausgaben -Budget, und
wurde eine ausserordentliche Verstärkung der jährlichen Staatsbe-
dürfniske. Dieser Kampf hatte übei haupt gekostet 30,477,382 ft St.»
davon blieben bei dem Tode Wilhelms Hl. 1702 16,394,702^ St.
:= 114,762,914 ThL als verzinsliche Nationalsohuld zurück, nach-
*) Sie wurde in dem ersten Jahrhunderte fast auf das Drei-
fache erhöht, 1*787 bereits auf 10| Shill.; dann in den nädi-
Sien 17 Jahren abermals fast auf das Vierfache, bis sie das Ma-
ximum im Jahre 1804 auf 38f Shill. (13| Tbl.) erreichte. Seit die-
ser Zeit wurde aie ermässigt und stand 1817 bereits wieder auf
^02 ShUlg. (7i ThL)
Da« Britische Beich. 615
•
dem die Zioten allein edion während feiner genien Regiening
13,691,498 S St :=: 05,M0,48tf ThL gekettet lijittea%
Unter der Königin Anna fiel wlihrend des grBisten Theilf
ihrer Verwaltung der Spaniscbe^ErbfoIge^krieg, der von England
in demselben Interesse, Vie der frühere Krieg, gegen Frankreieh
und die von ihm unterstQttten Ansprüche der Stuarts geführt wer-
den mnsste: er kostete die nngeheure Summe von 43,270,003 % St**)
= 302,890,021 Thl., die fast ausseh iiesslieh dureh neue Staataan-
leihen gedeckt' werden konnten. Die laufenden ordentlichen Staats«
einnahmen waren awar 1713 auf 5,691, 803% St = 39,842,021 Tbl.
gewaehsen, woxu in den erhöhten Zöllen, in der abermals erwei-
terten Aecise, in der gesteigerten Stempeltaice und in der Post-
einnahme die Mittel geboten waren, aber liie Nationalachnld
blieb bei ihrem Tode mit einer Summe voq 54,145,363 % St
= 379,017,541 Tbl. aurück*»*).
Georg I. führte eine dreisehnjahrige dureh keine wichtige
Kriegsuntemehmungen gestörte Regierung; deshalb konnle schon
1714 ein aggrtgaie' fand cur "allniähligen Verringerung der
Staatsschuld errichtet werden, der durch einen grösseren Zu*>
lehnss seiner Einnahme in Be<ng atf den erweiterten Zweck
Grand-Fond genannt wurde, und bereits 1717 naeh dem Plane
des Lord Stanhope dureh Parlamentsbesehluss die eigentliche
Bestimmung des Sinking-Pund erhielt Denn es sollte ferner-
hin bei Jeder neuen Anleihe, da sie nur mit BeM^illigung des
Parlaments aufgenommen werden konnte, zugleich ein bestimm-
tes Object der Einnahme angewiesen werden, durch welehea
sowohl die Rente jährÜeh gesahlt, als auch allmfthlich und zwar
von Jahr au Jahr die neue Schuld getilgt werden konnte. ,
Ausserdem wurden in demselben Jahre (1717) die Zinsen der
älteren Nationalschuld von sechs Procent auf fünf herabgesetxt,
und Oberhaupt in den 13 Jahren Georgs I. 41,218,879 % St
*) Pebrer p. 59-M» 143-^44 und Yearbook p. 15a
♦♦) Pebrer p. 146; Browning "p. 509-10.
***) Pebrer p. 61*«); Yearbook p. I5lt
6caaberrii8t»t»itik.lt 40
« •
S26 Da« Britische Reicli.
1286,532,153 ThI.) fin Ziatm ona theilwemr Tilgung der Anlcl-
heD gezahlt Iddeaa katten die laufenden Einaalimen nunmebr
für immer in der FinaBsrepraltung *) der vereinigter! Reiche
England und SehoCtIaiid, wiewohl tie in den leisten vier Jahren
dieser Regierung durchsehnittlieh 6,762,643 % St (47,338,501
ThL) betrügen (darunter ^^ Zölle ^^ Aecise), ioeh nieht immer
VoiUtändtg den Anforderungen dea so mannichfach gesteigerten
Staatshausbidts genügt wobei ausserdem xu bemerken bleibt dass in
dieser Zeit sehr betrüchtliehe Erleichterungen in der Besteuerung
lugestanden, und namentlich säromtlicheAusfubrsölle auf Britische
rohe Produete und Manufaeturen , sowie die EingangssÖlle auf
rohe Produete des Auslandes für die Britische Fabrikation auf-
gehoben waren. Es nuissten daher einige kleinere neue An-
leihen gemacht werden, im Gesammtbetrage von 2,832,003 U St
(19,824,651 ThL), so dass Überhaupt die ganse Nationalschuld
nur um swei Millionen Pfund abnahm, und bei dem Tode^
Georgs I. 1727 auf 52,092,288 % St (364,646,016 Tbl.) ste-^
hen blieb •%
Die drei und dreissigj&hrige Regierung Georgs If . (1 727— -60) ge»
WÜhrt eben so, wie die entgegengesetaten Charaktere des Vaters und
Sohnes, jener in der Erhaltung des Friedens, dieser in der Behaup-
tung durch den Krieg aas Hauptxiel ihrer Politik fanden^ auch in der
Finansverwaitung ein völlig en^egengesetites Bild der vorigen.
Statt Frieden ünden wir fast ununterbrochen Krieg in Europa und in
den Colonien, dadurch Störung des Handels und einen sehr schwan*
kenden Zustand In den Zolleinnakmen, der eben deshalb h&ufiger
eine Mindereinnahme gegen frühere Jahre nachweiset Das Land
selbst sollte 4iun einen höherei^ Ersats dafür gewähren, die
'*) Es lyüeben nif besondere Behörden fSr die indireden Steuern
(Boards of Costoms and Excise) für Schottland, wie für Irland,
bestehen^ die 4fare gesaounelten Einnahmen zur VerfuguRg der Cen-
tral-Finaacbehörde oder der Scbatskanmer stellten. Im Jahre 18*24
wurden beide mit dem Zoll* und Acdse-Anit von England verei-
nigt, nacht ohne aHe VerletEung des Freibeitsgefühls beider Völker. —
«*) Pcfcrer pg. 63*03 und pg. 147, Yearbeok pg. 15a
/
DaB Britsthe Reich. 627
\
1
\
Aeeite und 4m Stempeltuce wardeo auf den doppelten Betrag
unter 4ler Regieraog George gebracht; dtoZioesats der Mteren An-
leihen wurde ton 6 auf 4» dann 1740 auf 3| und 1757 sogar auf
3 Proeent herabgetetat, ein Verhilltniaa» das der damaligen An*
hbufung der Geldmittel in Orotsbritannien und ihrer rortheilbaf-
t^n Anlage bei der Staaatschuld in sicheren halbjährig gesahUen«Ren*
ten gerade nicht entgegenstand. Aber der Oesterreiefaische Erbfolge»
krieg (1741—48) und die fBnf ersten Jahre des siebenj Übrigen Krieges
(1756 — 60 incl.), von gleichzeitigen Seekriegen begleitet, kosteten
Grossbritannien die Summe ron 124,000,000 % St (868,000,000 Tbl)
ausser den taufenden gewöhnlichen Einnahmen. Der bestehende
Tilgungsfond erlangte jetxt seinen fonüglichsten Nutsen in der
möglichsten Verhütung neu^ Anleihen, und es war daher schon
eine gelungene Aufgabe, dass statt jener Summen Überhaupt nur
59,132,472 ft St (413,927^304 Thlr.) neue Anleihen gemacht
wurden. Dadurch erreichte nui^mehr der Stand der National-
schuld im Jahk^ 1760 die Höhe von 1 11,224,710 U St
(778,872,970 Thlr.)» während die gesammten Staatseinnahmen in
dem Jahre vor dem Tode Georgs II. 1759 8,523,510 % St =
69,664,780 Tbl. ausmachten. Darunter betrugen die Zölle 1,985.376
<ftSt (fast I); die Aceise 3,887,349 %St (fast \\ dieStempelge»
Alle 263,207 <a ^t (,V, die Landtazen 1,737,608 % St (etwas
über p%
Die Qberaus langjährige Verwaltung Georgs III., 1760—820, an
der er xwar persönlich nur in der ersten Hälfte, d. i. doch in einer'
swei und dreissigjährigen Regierungszeit einen thätigeren Antheil
genommen hat, ist durch so ausserordentliche wichtige, diegesantmte
politische und hürgerliche Cntwickelung der Menschheit neu gestal-
tende Ereignisse ausgeseichnet, dass dieselbe aiich finaoxiell in drei
Abschnitten am angemessensten sich übersehen lässt, suerst bis cum
Ausbruch des Fransösischen Rerolutionskrieges (1792)^ sodann bis
lum iweiten Pariser Frieden {ISlh), als dem Sehlussstein des Conti-
nentalkriegs, und endlieh bis xum Tode des Königs. In der ersten
Periode geben die lotsten Jahre des sid^enjährigen Krieges, der acht-
jährige Kampf mit den Colonien in Nont- Amerika und ihr Verlust die
♦) Pebrer pg. 63— (i6 nnd 149-51.
40*
618 Das Britische Reich.
i
HauptveraDlastung lu auMerorilentlichen Opfern. Sie ■ind aehr
' bedeutend» da sie die gebfin ungeheuer gewachsene Nafionalsehiild
um m.ehralsdas Doppelte TergrÖssern, aber sie sind nicht
urüieilbar, weil gerade diesr Kriege das Uebei^ewicht der Bri-
ten sur See und in den Ausser-Eluropftischen Erdtheilen als Han-
delsmac])t entscheiden, und in Grossbritanien selbst die Industrie
durch das Maschinenwesen früher so gan^ ungeahnte Hülfsmit^
tel Marbietet) dass selbst die stärksten ünaniiellen Anforderungen
vom Volke befriedigt werden können« weil der damit innig rer-
bund^neNaf'oialgewinn immer höher steigt Es ist hier nicht der
Gegenstand üoanzieller Betrachtung, die politischen Gründe fttr
die grossen Kriegsuntemehmungen dieser Zeit und ihre hart-
näckige FortsQtiung umständlich su prfifen, oder nach der Grösse
der daför rerausgabten Summen absuwägen. Da« snrBckgebliebene
Resultat erscheint aber immer als ein Grossartiges» und der dem
Volke aufgedrängte schwanghafte Geist» jeder CSefahr stan.-lhaft
XU begegnen und sie siegreich xu besteheti, macht sich fBr im«
roer als ein Capital geltend» dessen fruchtbarste Versinsung in
dem heutigen Wohlstande Grossbritanniens vor Aller Augen liegt.
Die Staatseinnahmen verdoppelten sich geradesu in dieser ersten
Periode, denn sie betrugen 1788 — 92 durchschnittlich 1 6,375,060
% St = 1 14,561,650 Thlr, (darunter nicht voll J. die Zölle, \
Accise, y^ Stempel» \ die Landtaxen und gegen ^^ die Post-
gefälle). Man ersieht daraus» in welch einer drfickenden Stellung für
alle Classen des Volks die indirecten Steuern, und namentlich die Ac*"
^iseeinnahme sich bewegten, welche schon für sich allein jährlich
übeir 50,000,000 ThL erforderte. Aber auf sie war vorzugsweise die
Verzinsung der Nationalschuld hingewiesen» und diese hatte inswi*
fthen Riesenschritte gemacht, weil die gesammten Kriegsuntemeh-
mungen» die kostbaren Subsidien für Deutsche Truppen und die aus-
gedehnten See-Elxpeditionen nach Amerika nur auf der Grundlage
neuer Anleihen gemacht waren. Die Nationalschuld stand daher am
Ende des Jahres 1792bereitsauf 293,350,148 ft St = 2,053,451,030
Tbl.» also schon doppelt so stark, als der höchste Standpunkt der
Französischen: Staatsschuld unter der Regierung Ludwigs XVL
erreicht hatte, die gerade eben bei der völligen Erschöpfung der
Finanzkräfte Aet Staates und der Unmöglichkeit, diese auf andere
Weise wieder emporzuheben, den Zusammensturz der ganzen
Staatsverwaltung rascher beschleunigte. Doch hatte auch Wil-
liam Pitt der jüngere» seitdem er 1784 en^ie Spitze der Finanz*
/
(
/
D«8 Britisclie Reich. €(29
reriralhitig ttn% dio kr&fdgston Maastfegeln *) getroffen, am die-
■em wiehtigtten Zweige der Britiiehen Staatsverwaltung innere
Ordnung und die sweckmäfgigste Verwendung luinführen. Der
für sieh besonders Terwaltete Tilgungsfond war bereits 1785, auf
3,000,000 % St jährliehe» Einnalime gewachsen; aber es befan-
den sieh unter den Staa^schulden theils fundirte (d. fa. solche
AnleiheUv bei deren Aufnahme sofort eine neue Taxe, oder Er-
höhung einer bereits bestehenden Toni Parlamente bestimmt wird,
deren Ertrag lu nichts Anderem, als zur Verzinsung und Bezahlung
dieser besonderen Anleihe rerwaudt werden kann), theils n i c h t f u n-
d irte, deren beiderseitige vereinzelte Bewicthschaftung sehr grosse
und beschwerliche Weitlliuftifl;keit in der Verwaltung verursachte.
Er erneuerte also den bereits 1751 gemachten Versuch, dicStaats-
■chulden zu con^oUdiren, und warf mit dem 1. Januar 17S7 alle
yorhandenea Staatsfonds und zur Verzinsung bestimmte Taxen
susanunen, um aus denselben ganz gleichraässig sUmmtliche
Staatsäehulden lU verzinsen, und neben der V^erzinsung einen
hesondern Tilgungsfonds zu bilden, welcher iiir sich eine jähr-
liche Einnahme von 1,000,000 U St erhielt, um für dieselbe so-
viel Staatsfonds anzukaufen, als nach dem Course möglich wäre,
und ihre Zinsen, für die nächsten Jahre zur Vergrösserung des
Ankaufs zu gentcssen. Dadurch machte er s&mmttiche Staats-
ocbulden zu eonsolidirten mit 3 Pr(foent verzinsten Fonds,
oder Gonsolidirl«a Stoks.
Indess würde aueh auf diese Weise in der zweiten Pe-
riode, wa zur Bekämpfung der Französischen Revolution und ih-
rer Folgen selbst nach den vorangegangenen grossen ^Finanz-
Operationen doch noch völlig Erstaunen erregende Projecte durch-
geführt wurden, der Staats-Credit bei aller Hülfe der Londo-
ner-Bank und der patriotischen Unterstützung der Englischen
Capitalisten doch kaum, erhalten worden sein,, wenn nicht Pitt
171^2. durch sein neues,, den vorliegenden finanziellen Bezieh uikgea
Cirossbritanieas politisch genau ingepasstes Tilgungssystem, - eine
in diesem Staate überaus sieh er erscheinende Basis für alle ferneren
Anleihen untergelegt,, und dadurch, ia der That zugleich ein neue«.
*) Bekanoüich wirkte bei <ftesen Pläoea Dr. Prfce^g Hülfe mit;
vergK Browning pg. 621<^2-2.
630
Das Briiiiche Betch.
Band twiscb^n 8laalir^enuii|r nui Volk «siaclilaiigeD bitte»
«tu jene mir bei diesem eeio Anleihen in maeben im Sunde war *)/
£* seilte fernerhin för jede nene Anleihe auaser dem bestimmten
Zinsfusse noch ein Procent fiber den Zinsertrag sar TÜgong
dieser Anleihe normirt, und dafür eine neue Taxe oder die Er*
höbnng einer alten vom Parlamente bewilligt werden: demnaeh
konnte jede neue Auleibe in dem Zeiträume ron 45 Jahren durch
alcb selbst getilgt werden. War es auch roraus lu sehen, dass die-
ser Plan in der prartischen Ausführung durch die unausbleibliche
Einwirkung der politischen Umstände sich stets anders gestalten
würde» so war gerade durch ihn das sicherste Mittel gegeben»
sich fernerbin hauptsächlich nur um die Aufbringung de^Zinsea
au bekümmern» und wenn diese glückte» den Gedanken auf die
Bezahlung der Anleihe» oder politisch ausgedrückt» auf die
Beschränkung der Staatsoperationen wegen Mi^ngel an daxu
vorhandenen Geldmitteln» fast gänslich ausser Acht sn lassen.
So geschah es denn, dass in dieser «weiten Periode von 24
Jahren» mit Einsehluss der ersten Monate des Jahres nach
dfsm sweiten Pariser Frieden bis Februar (1816), in welchem die
schwebenden Ausgaben von den Kriegsunternehmungen noch re-
gulirt werden mussten» die Britische Nationalschnid nm mehr
als sechshundert MillionenPfund Sterling(!) vermehrt*)
*) Erschwert wird venigstens das Anlegen fremder €apita]ien
in den Englischen Fonds dadurch, dass hier nicht Staaupapiere «u
porteur ausgegeben werden» die überall einen leichten Umsatz
möglich machen» sondern dass für jeden Schuldinbaber sein An-
tbeil an ' der Nationatschuld in das grosse National-Schuldbach ein-
getragen werden mu!9s und wenn auch der Verkauf bestimmter Schuld«
messen durch die Stocksniäkler mit allen dabei vorkommenden Spe-^
culations-Kunstgrifleo leicht betrieben werden kann» st> ist es doch
nölhi^;» dass jedesmal der wirklich abgeschlossene Verkauf im
Schuldbnch umgeschrieben vird , und dieses nur einmal tSgüch ge-
schehen kann« Daher wird nur der Verkauf in grösseren Parthien
von Fürsten und reichen Capitalisten des Auslandes gesocht» aber
doch ist gewiss nicht der fünfzigste Theil der Nationalschuld in
den Händen der Ausländer: vergK Febrer 8. 1G6— '^iS über das
Entsleben der Nationalichuld.
**) Der Ztnsfuss war l^i den iv^rschiedenen Anleihen nach den
Zeitumstanden aehr «cbwankend Bwiscben 3 und 5 Procent: eben
Das Uriliscke Belck. 611
werden keimte, «nd fit cemetifKrtRi BuAm im Februar 18 JO,
nacbdem de aut der Irlitodieeheii eenaotidirteii Schuld (su j\
des Betrage) vereiaigt worden» ihrMaxiaMua in 4er linstrageaden
Sanune*) von
964,823,441 % St == 6.053,757^7 TUr.
crreiehCe, Diea maobt aber eine Sanune, die naeb Stofrdi« Bereehann*
gea *^) aber den etwannigen Belauf 4es damal« auf der ganaen Erde
geprägten Goldea und SUbera fattdas Dreif aebedieeei Betrag« er-
feicbt Niebt minder überraiebend eraebeint troli des niedrigen Ztna*
luaeea der Ztnffbetn^, 4^ in einem Jabte aileiniron dem Brititeben
Volke für die Verwaltung dieses Zweiges ^nfgebracbt werden mnsste:
denn er beträgt 43,0Q2,90{) 1 St r= 307,3 18,91^ TbL, oder gerade
daa Seebifacbe der sänraalGebea Ausgaben des Preussiseben Staat» fai
eo der primltiTe Preis , mit wieviel Procent unter dem Ifomiaal*
werlbe die CapluUaien die Aaleiben machten,
•> Pebrer a. a. O. S. «45..
'^*) Handbuch der Natlonatwirthscbaftslebre, 1810 8vq.: er stützt
sich dabei auf VillefodseV iind Humboldts Angaben, rergl» Andr^^s
ZahlenslatUiik I. 8^ 10— ^iMTf und Buchanaa addiüonal volume su
seiner Ausgabe des Stoith« — Sicher betragt- diese Siunme soviel
als zwei Drittheile dea Betrags der gesammten Ausbeuie der
Ber^erke Amerikas, Europas und Asiens an Crold und Silber, die
seit der Entdeckung von Amerika Oberhaupt in den 334 Jahren
tl413— 81tf) zusammengebracht -war, wovon dpchr mindestens f durch
Vergoldung, Versilberung, Plattirung, täglichen Terbraocfa, Yer«
grabungen u. s. w., {durch Verarbeiiung zu Gold und Sllberge-
räthen, Tressen» anderen Stoffen, und i durch den- Handel nach
Asien aUs der Circulation fai Europa herausgezogen war. Nun aber wa- '
ren naeh Humboldt aus Amerika von 141h^--803insgesammt 5,731 Mill.
Piaster = 7|8&5 Millionen Thl.> und von 1803— 16 gegen 390 Millionen
Piaster =:546 Millionen Thaler, überhaupt also 8,396 Millionen ThU
an Gold" und Silber nach Europa übergeführt. In Europa seiSst
waren inzwischen in dieser Z«it höchstens 1,396 Millionen Thaler
an Gold uud' Stille^ aus den Bergwerken ausgebeutet worden, und
der Üebergang des in Asien gewonnenen Silbers nadi Europa* ist v
lur diese Periode kaum in^ Anschlag zu bringen, da er doch Immer
nur temporär war.. Es bleibt also die Hauptsumme von. 9,69*2 Mil-
lionen Tbaler als das eombinatorisch gewonnene Resultat zur
Grundlage unseres Vergleichs cusödL
nSL vDa« Bridacke Beicb.
dkter Z0ii AwmtdMm' aber teoisle« aoeh a,OI4^00S % St =
21,008,007 TliL förZiiMtadwuii^lmlirtanBdhiil^ md 1^400,800
9i St fdr EinlAaiiDg 4er ScbatdcaauMnckeiiie» welche fir ilea
UufeaiieB Staattdieml ausgestelil wsreo» verwandt werden* Die
SlMteeimialiviea mutfiteii unter solchen Umstindeii auf gleiche
Webe waehaen, wie «ie denn auch wirklieh mehr alt Tiermai
Tergriaaert wurden *>, und
hi« J79§ die Summe Ton 23,60T,045 % St =: 105,255,415 Tiü.
«- 1807-^ ~ ~ 58»002,291 ^ =412,316,037 —
«^ 1815 ~ ~ *r** 72,iai»214 — = 504,018,408 —
und daa Maximum , ^
^ 1810 ~ ~ — 76,834,404 -« d= 537,841,458 ^
eivmeht hattaa. Daa Verhiltnita der Hauf t*Titel der Einnahmen
liata#einander halte aieh - wefentlieh verändert **), die Zölle
warm auf | dea Betraga geauuken (1816 idur 10,526,704 % St,
w5hread 1807 noch mehr ala | = 9,733,813 % St und I7M
noch ^ :=:; 5,570,675 % St.) ; die Aeeige war dagegen fast imner
gleichen Schritt mitgegangen, und hatte die Hälfte behauptet, oder
' doch den dritten Theil stark noch fiberschritten, wenn man die jedea
Jahr hinxngetretene Anleihe absieht, sie stand 1700=11,212,725
% St, 1807 = 23,184,867 % St» 1^15 = 25,264,076 % St und
1816 = 26^537,633 % St Die Stampeitaxe und die Poateinnahme
Itatten sich in ihrem Ertrage gleichfalls Terrierfacht
älempeltaxe. Postüberachuss«
tt St ; ThL ^ tt St Thl.
1700 2^433,780 = 17,036,523 660,000 = 4,683,000-
1807 4,I32»510 = 28,028,032 1»101,000 = 7,707,000
1815 5,601,701 = 30,212,537 1,462,000 = 10,234,000
1810 5,860,376 :;:l 41,085,632 I»541,000 = I0,787«00O
Die Landtaxen hatten suaammen sich dagegen in dieser Zeit nicht
irier mehr als nur verdoppelt, sie waren bis 1700 auf 3,903,154 % St,
1807 auf 5,815,080 fl St, 1815 auf 7,543,865 % St gestiegen,
und 1816 bereits wieder auf 7,200,241 % St gesunken«
^ Waa dagegen die Staatsausgahen betrifft^ ao haben wir dea
"'i Pebrer, a 159> Tab. XXXI.
^) Pebrer« S. 152 Tab. XXX.
Da« Bri4i8<)ke B^iclu
gr5t«teii Beitm^thetl 4OTft«lHn b^rtfti «beo in d«r Atfritdigmig der
VerpfticItftttBgen fiUr die NatMUiltdrald kenoen fipelerot, dia anfiUig-
Ikb 1, dann fait | det OetaoMitbotngt der Aoegaben, naeh Ab-
SBg der an andere Staaten j^eiahtten Subtidien nnd det le-
genannten anMerordendiehen Endgete för Heer und Flette, er-
forderten. DaeHeer nnd das Feidse«gnieister-Aint tanunt dem G«-
eehfitsweeen <Ordnanof) Terlangten finansiellin dieser Ztit swistobeo'
\ und I« die Flotte swi^^ben \, |. und ^^ des Betragt, die CmUitte
switeben ^^^ nnd ^^ die innere Venraitnng ^^ bit ^^9 nnd die
FinansrWvaitüiig maebte nur mit einem ftbniichen Antheii An-
apruQb an dem Antgabe-^Budget Wir ertoben diet aot folgen-
der Uebeptiebt in wiebtigen Abtebnitttjahren % bemerken Jedoeb
dabei sngleieb, data rom 1. Januar 1801 ab naebdepVereiniguBg
Chrottbritannient mit Irland aueb die bia daibi»getoBderte FinaBS-
rerwaitung dietet Reicht hier augleieh aut mobegriffen iat
Getammtaut«
»
•
gaben naeh
Staatttehuld. Landbeer u.
Abxug d. Sub-
Zinsen und Getcbiitz-
Flutte.
aidien **) an
Tilgungsf. Veten.
and. Staaten«
tt St
<iSt 9rst
« St
1790
61,241,798
2€^t 08,885 12,867,497
12,591,728
1801
61,000,870
21,661,029 15,796,856
14,809,488
1807
75,154,548
30,336,859 19,622,556
16,084,028
1815
119,717,775
42,912,430 38,076^284
21,961,567
1816
|02»770,910
43,902,999 26,136,029
16,373,870
X^inlliirte.
Innere Venr.
FinansTonr.
1799
1,111,376 %.
St 1,470,^39 ft St 1,614,990 tt St
1801
1,244,420 -
1,255,689 — 1,828,124 7-
1807
1,666,323 -
2,766,693 — 2,375,825 — *
18^5
1,675,152 -
2,384,592 — ?,
573,261 ~
1810
1,682,021 -
. 8,371,178 — 3,663,668 —
«) Vergl. Pebrer Tab. XXXII. 0« XXXIIf. a 154, wo für jedes
einzelne Jahr von 116F-*18i6 die Angaben geliefert sind.
**) Hiebei sind aber andi ingletch die
merscheine abgeaogiea.
Schatzkaai-
984
Daa. Brltl^cke BeicH
Die leM«B vier JaliM 4«r R«gMiPW^(iC«k Gaoi^ HI. UHcm
den Ueberg^Mig mw 4er miiMtilrltek geiymirtea Ueberreikong der
Finaoikr&fike OroM^rUwiftieot la den mtomebr gewöhnlidien
Friedeosetat ^ Die Subsidten an die witwiiiigea Mäebte, die
Auigeben l&r den «tieserordeacUehen Dienet dee Lendkeerei un«l
der Flette fallen weg« gri^ee Ereperniese treten dareh »die Re-
ducirung des Heeres und der Flotte e«if den dritten Theil der
früher evf dem Kriegefuete «^haltivien Streitmaeee mitteUNir evcK.
für die fibrigen Zweige der Verweltung ein, aber die enpliud-
liebste Naehwirkung von den ftbergretsen Anstrengungen dieser
Kriegs/abre bleibt in der Veninsnng der Staatssebuld und der
Befriedigung ibrer Tilgungsfonds surfiek* Dies tritt je|Bt uw
so sebroffer berror, da di^e Ausgaben nunmebr über dieHiifte,
Ja «sogar jkber 4rei Ffinftbeile der gesammten Staatseinnabmen
für sich allein in Anspruch nehmen^ was um so bemerkenswert
ther erscheint, als gleich nach dem Frieden die Redneirung des
Zinsfusses für die neuen Anleiben Ton 5 auf 4, besonders auf Z\
und dann erst später wieder auf 3 Procenl glücklich tot sich gingt
weil die Nattonalschuld bei ihrer pünktlichen Zinssahlung, bei der
Sicherstellung des Nominal-Capitals und der in dem Umfange
dieses Staates nicht mögliehen höheren Unterbringung auf si-
chere Hypothek *) allgemein den Vorsug behielt Es wurden
in dieser Zelt auch Annuit&ten auf 00, 48 und 24 Jahre als Leib-
renten mit 4 bis 7 Procent Zinsen nacb der lingeren oder kür-
seren Dauer des Zeitraums angenommen, deren Capitalbetrag
nach Ablauf der stipulirten Zeit dem Staate rerfallen bleibt: für
das dadurch eingegangene Geld würden eonsolidirte Fond» aufge-
kauft Doch konnte eine bedeutende Ermässigung des Noni1nal*Ca«
pitals nicht eintreten, da es iqerst besonders darauf ankam, dtn Zins-
betrag d. L die laufende jährliche Last zu vermindern. Es wurden
überdies noch 18 16 und J 81 8 Vorschüsse aus der Bank ui¥^ dem Til-
gnngsfond nüthig, sowie sogar noch ein neues Anlehn von 12,000,000
U St. SU 3| Procent gemacht Ausserdem wurden wiederum an-
*) In dem Stande des Friedens wurde bereits 1819 der Werth
eifies Grundstücks in Grossbrkanniea erst durch die sechs und
dreissigfache Muliiplicalion des jährlichen Ertrags herkömnltcb er-
mittelt, also erschienen nur 2J Procent sichere Zinsen bei der An-
legung von Capitalien in Grundeigealhum sicher au erwarten.
Das Brltisxke B«lcb. 0»
itte l2y00Oyd0Di[St ans dem lUgnnp^ifoiid enmonimeii sur Be*
■treitang der laofenden Bedttrfoifse, sowie sur Abteh«ffong drOeken-
4er, nur wfthrend d^ Kriegtsetl erhobener Steuern ^\ endlich mirde
in dieeen Jahren durch eine betrftchdiehe Summe ron SchaU-
kammerscheinen (27,262,000 % St.) diei. aehwebende Schulf rer-
niehrt**). Wir ersehen «her gleichieitig die günstigen Fortschritte
in der Finanz rerwaltung aas der Jährlichen Verminderung einselner
Steuern und der doch damit TcrknOpften Vermehrung des Einnahme-
Budgets, sowie aus der angemesseneren dem Lande seihst unmit-
telbarer sum Vorthcil gereichenden Vertheilung der Haupttlieile des
Ausgabe- Budgets, das nach 1818 su keinem ausserordentlichen
Mittel seine Zuflucht nehmen darf, und ohne alle Anleihe in sich
den Jahresbedarf des Staates deckt
»
Die Einnahme dieser 4 Jahre beiief sich nach den fBnf
Haupttiteln ♦••):
]8ir 1818 1819 J820
- <& St % St % St % St.
iJ An ZftlL mit
I0| Proc, .
Einnahmekost 10,714,762 15,860,673 15,946,776 14,734,562
2. Aecise mit 5
Proc. Ein-
nnhmekosten 21,239,509 24,713,720^28,316,919 27,955,810
3. Stempelgef.
mit 3 Proe.
Verwltgskost 6,255,956 7,270,723 7,330,637 7,113,266
4* Land and
Aue99ed
Tax€8 mit
4| Prc Vwk. 7^347,473 8,354,761 8,290, 1 74 8, 1 72,85 1
*) Als die drückendste Steuer war die Einkommen-Taxe er-
schienen, welche 1813 von jedem Einkommen ober 2(10 ft St. zehn
Procent (!) gefordert hatte. Sie war daher auch schon 1814 vom
JParlamente zurückgenommen.
•♦) Pebrer su S. 346 Tab. IIL
♦•♦) VergL Pebrer S. 157.
tM Das Britlsclie Reich.
1817 1618 1810^ 1820
5. Poihrerwalt % St> % St % St % St .
mit 28 Pre.
. Verwlti^koflt 2,002,566 . 2,093,028 2,139,263 2,129,821
susammen | 47,560,^66 58,299,205 62,023,769 60,106,310 /
= ThL 1332,921,862 408,094,435 434,166,383 420,744,170
Wegen der ZoUgef alle rergleiche oben S. 477-^79, die Ae-
eise*) war Jetst auf/ alle Getränke, Colonialwaaren, Salx (wo
- die Steuer jedoch 1823 Töllig aufgehoben wurde), Steinkohlen, Licht,
Olai« Seife« Taback (S. 457—59) auferlegt, der lur Vermeidung
der Contrebaode ilur in acht EngUsehe und drei Schottische Hä-
fen eingef&hrt werden durfte. Die StempelgefUlle**), die frü-
her bur auf gerichtlich oder sonst ofßciell tu ?erwendendes Pa-
pier, auf Karten, Würfel, Zeitungen, Kalender, Banknoten ge-
schlagen wurden, hatte man jetst auch auf Quittungen, auf Gold«
und Silbergeschirre, Handschuhe, Hüte, Bänder, Erlaubnissscheine
SU Jagden und Wunderkuren gelegt Unter den Land and
assessed Ta^e»**^) waren jetst ausser den oben angeführten
temporary taxe» mit einbegriffen die Fenstersteuer, welche
bereits 1784 statt des Terminderten TheesoUsxTon jedem Hause
nach der Zahl der Fenster berechnet eingefordert wurde, die
Luxussteuer ron jedem im Gebrauch befindlicben Wagen mit
Ausnahme der Karren und der für den Landbau nothwendigen
Wagen nach Ansahl der Räder, ferner Ton den Wagen-, Reit-
pferden, Ton den Bedienten beiderlei Geschlechts in steigender
Progression nach Ansahl derselben in einem Haushalte. Die
Einkünfte Ton der Postrerwaltung ftiessen nur aus der Briefpösf,
sonst findet unter den Regalien nur die Beuntsung des Lottos mit
250,000 bia 300,000 % St auf eine kuraeZeit statt bis 1820; die
Aufhebung des Bergregals ist schon oben S. 427 bemerkt
Da nun die gesammten Staatsausgaben beträchtlich Ton
den oben gegebenen Einnahmen abweichen, sa^hat man in ihrer
Diiferens das Bedürfniss des Jahres su neuen Anleihen oder die
Högliohkeil einen Theü des Ueberschusse« sur stärkeren Einlö^
sung von Schatzkammerscheüien (der schwebenden Schuld)» oder
./
*) VergL Browning polit a* dorn« condit S« 547-*80-
♦♦) Vergl, Browning S. 581^-83.
^«*) Browning S. 683-4)88. —
Dal Britische iSeich«
m
snr Verringerung einiger Steuen&tse f&r «Im n&ehile Jalir sn
gebrauchen. Die ^eh« Haupttilel der Antgabeiiy unter denen wir
4aegesanimCe Budget dieser Jahre znsuainieniMten*) weilen, find:
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♦♦) Vergl. Pebrer S. 161» t«b- XLVIII.
**) ßi oben S. 15, S. 566»
•'
B38 Das Britifche Beich.
Wir finden demOMli» ^ms das Jahr 1817 tat den Etat» für da«
Heer und dia Flotte» noefc die Beaiehungen d«a drei und smm*
jngjftbrigea Katuj^fes atark naeh enipilndea Iftcat, data uuiwiaolieii
die darauf folgenden Jahre dith eutaehiedenen ^ Friedenaanatand
anieigen» daher aueh wenig ron einander in den Geaammtreaui-
taten verachieden aind. Halten wir bei dieaem Verh<iiiaae die
einaelnen Titel gegen einander und gegen die Geaammtanaime,
ao erfuhren wir, data die Leiatungen für die Staataachuld mebr
ala swei Drittel der Staataauagaben erfordern, oder waa daaaelb^
aagen will, mekr «la daa Doppelt« aller übrigen Auagn-
ben betragen. Die Cinlliate verlangt ^^, die innere Verwaltung;
swiaehen ^^ und ^j^f daa Landbeer |., die Flotte iwiaeben ^^
und y^t alao vereint die bewaffnete Macht etwa |. dea Betrag«
4er geaammten Staataauagaben.
Unter aolehen Umat&nden blieb die Hauptaufgabe der nach-
folgenden lehnjährigen Verwaltung Georgs IV. <I820— 30), die
Erfordernisse' fUr die Nationalachuld durch Herabaetsung dea 2«ina«
fusses, oder durch andere Finanzoperationen, welche dieLaat des
Volks erleichtem könnten, möglichst au verringen, bei den fibri-
gen Zweigen der Staatsverwaltung Jede politisch su rechtferti-
gende Ersparniss eintreten zu lassen, wiewohl hier nur immer
im Geringen gewonnen werden konnte. Jenes ist bereits auf
eine rOhmenswerthe Weise seit 1821 begonnen und glücklich durch-
geführt, so dass die gegenwärtige Regierung die einmal he»
festigte Bahn weiter verfolgen durfte, daa Sparsjatem bei der
übrigen Verwaltung Hess inzwischen unter Georgs IV. Ministem
viel zu wünschen übrig, und wird erst unter der Regierung
Wilhelms IV. von der gegenwärtigen Ministerialverwaltung jetzt
mit kräftigerer Entschiedenheit durchgeführt
Der TUgungafond, deasen Einnahme 1822 bereits jährlich
auf 5,000,000 % St gcftiegen war, uiid der achon nach dem
Vorachlage dea zur Unterjochung eingesetzten Finanz* Comit^
18 19 zur Erleichterung der öffentlichen Lasten, verringert wer«
den sollte, konnte kräftig auf dip Hebung dea Couraea der Fonds
verwandt werden, ao daas die dreiprocentigen Stoks nach dem
Kriege jetzt zuerst über 80 Procent sieh erhoben* Diea machte
möglich, dasa 140,250,828 % St fünfproeentige Stoka in vier-
procentige verwandelt werden konnten, wobei zwar 7,01^000
^ St Aufschlag dea Neminala-Capitals den die neue Anleihe
Das aritiiche Releh. 09
iKTgefcm^m CqUtalitleii ivf(«ttMidea wenten munten» aker
■iebti 4«rto weaiger^och «iiiejftkrllehe EnparnissTon 1,222,000
ft St (8,664,000 Th4 Mi ZkiMfi geaiBclit wurde. Eine ondera
Erleiditerang der jAkrliehen Lmften geichah dareli eitle Opera-
tioii mit der LondMMr Bank 1823» die für eine vom Stoate
jlkkrlieb sii sahlende Annuitit Ton 685,740 % St auf 44 Jahre
fftr die oiehsten f»nf Jahre 14,000,000 % St, in*jfthriiehen Ra*
ten Sil 2,800,000 % St, an die penstonirten. und anfhall^m
Solde beiindliehen Soldaten nnd Beamten su sahlen sich ver-
pflichtete^ da Xord Casterleagk'a Combinatioft vom Jahre 1818,
herechoend, daat dieee Pensionen jfthrlieh mittsieben Procent sich
vermindern würden, getäuscht hatte, und damals die Regierung sieh
in Verl^enheit befand 6,000,000 % St (42,000,000 Tbl.) solcher Pen-
sionen jährlich su sahlen. Die Sicherheit der Finans-Operationen,
die durch den raschen Ausgang der FransÖsischen Expedition in
Spanien im J. 1823 abgewandte Gefahr eines neuen umfsngtrciche-
ren Kriegs im Süden von Europa, hoben die dreiprocentigen Stoka
im Sommer 1824 noch höher bis auf den bis dahin beispiellosen Stand
von 07 Procent, und begünstigten wiederum eine Umwandlung von
70,806,882 % St vierprocentigen Suntsschulden in drei unj ein
halb procentigezu demselben Belnufe: dies gewährte abermals
eine jährliche Ersparniss in den Staatslasten von 38 1,0-13% St ==
2,667,301 Tbl bei der Verzinsung. Dazu kam 1826 die Feststellung
der jährlichen Einnahmen für den Tifgungsfond auf 1,000^000
^ St, welche 3 Jahre später vom Parlament gleichfalls für
überflüssig erachtet wurde, indem sie nur 4ie Finaniverwaltung
verwickelte, ohne wahren Nutzen zu bringen. Daher setzte daa
Parlament 1829 fest, dass nur von dem jährlichen Uebersehussp
der Staiitsausgaben Über die Einnahmen Fonds aufgekauft wer-,
den sollten. Für die schon lange im Umlauf befindlichen Scbats-
kammerseheine wurde 1826 ein neuer' consolidirter Fond su vier
Procejit gegründet,' der bis zum Jahre 1833 von der Regierung
nicht aufgekündet werden durfte. Die neue Regierung Wilhelms IV.
fing 1830 an mit einer anderweitigen Verwandlung der schon
1822 reducirten vierproeentigen Stoks in drei und ein halb
procentige, die überdies zehn Jahre lang unaufkündbar bleiben«
oder in fünfprocentige und denn 38 Jahre lang unaufkündbäre
verwandelt werden, in welchem Falle jedoch lOO'ilSt nur mit 70
^ St bezahlt werden sollten. Dadurch wurde eine neue j ä h r 1 i ch er
Ersparniss der Öffentlichen Lasten von 730,000 % St=5J IO,OOOTk.
640 Das Britisch« Beioh.
iHicl «ii«terdem eiMEnpaniitl rm 200,000 ^ 8t = 1^400,000 Th.
Nominal -CapiUl gemaehtt wiewohl nur sehr wonifi:«, die Torge*
ach^genen fUnfproeent^^en Stoki w&hlten. Die HerabaeUung
der Zinsen der Schatskammertaheine auf drei Proeent renchafft«
endlich in den Jahren 1831 und 1832 ein« neue j&hrliehe Cr-
spamika von 60»t)00 % ^t (420,600 ThI.) % Auf ablehe Weiae
aehen wir ala das glftnsende Sehlossresultat der angeatrengten
Operationen Ton 17 Jahren aeit 1816 bia warn Sten Jannar 1833
die geaammCe Britiache Nationalsehuld um mehr ala den lehnten
Theil ihres ungeheueren Betrags» um 83,443»044 % St =684,107,608
ThL Terringert**). Denn sie bestand an diesem Tag« ans***):
A. Fnndirte Schuld.
a) SU 3 Procent
1. Schuld an die Südsee*
Compagnie . . . 10,144,584 <& St = 71,012,088 Tbl.
2. Schuld an die Bank
von England . . 15,561,749 — = 108,932,243 *-
3. ConsolidirteFonds 347,458,931 — = 2,432,2 1 2,517 —^
4. Reducirte Fonds • 123,029,913 -- = 861,209,391 —
6. Irische consol. und
redttc Fonds • • 2,965,842 — = 20,760,894 —
susammen 499,161,019 % St = 3,494,127,133 lIiL
b) itt 3| Proeent
6. Neue Anleihe von'
1818 u. 1830 . ^ 149,964,621 — = ],049,752,3jl7 —
7. Reducirte Fonds . 63,453,824 — = 444,176,768 —
8. IrUnd. consolid. m.
red. Fonds . . . 27,624,528 — = 193,371,696 —
susammen 241,042,973 St = 1,687,300,811 Tht
*) Vergl. über diese einzelnen Ersparnisse Browning a. a« (K
S. 519-26.
**) Es ist also in dieser karzeo 2ieit wirklich zurück gezahlt
mehr als der dreifache Betrag der Preusöischen, oder die Hälfte der
gegenw&rtigen schon so überaus grossen Französischen Staatschold.
***) VergL die genaueren Nachweise in Yearbookf. 1834 pg. 150;
für d. 5. Jan. 183'2 bei Browning, a. a. O. S. 627, für 1831 und
die früheren Jahre bei Pebrer B. S. 246. Tab. VL
X
Das Britische Reieh. 641
e) sa 4 and 5 Prooent
9. Vierprooetttige Foada
V. 1826 . . . lO,f90^4O <S St = 75,174,380 Thl
10. VierprocS^nMandie
IriseheBankiuDublin 1.01^,384 — = 11,307,688 —
11. Fünfproc. Brit Fonds
von 1830 .... 462,736 — = 3,239,152 —
12. desgl Irland. Fonds, ^
der Bank sn DubUn
.sehsidig . . . 1,022,045 -^ = 7^54,315 -^
tusaramen 13,890,505 Q St = 97,27<S,535 Thl.
Betrag der ganzen fundirten Schuld
754,100,497 ft St =: 6,278,703,479 Thl.
B. Niebt fnndlxte Schuld.
Der ganze Bestand der am
5. Januar 1833 noch
ausstehenden Narjr*
Bills, Delieienc/*
Bills und Schats- ' .
kammerscheine betrug 27,278,000 <S St = 190,946.00o'Thl.
Die Navj-Billft tragen 6 Monate nach Ausstellung 4 Proceat
Zinsen, die Schatskammerscheiiie in Abschnitten ton 100, 200,
500 und 1000 % St, für je 100 Pf. 2, l». und 1| Penee täglich
Zinsen» oder 3, 2^ und 2|. Procente jährlich»
Daraus folgte dann der Totalbetrag der Britischen National-
Schuld auf dem niedrigsten Standpunkte der neuesten Zeil
781,378/197 <ft St = 5,469.649,479 Thl.,
der demnach mehr als dretssigmal den gegenwärtigen Stand
der Preussischen Staatsschuld übersteigt Aber es sollte bei die-
ser unujiterbro ebenen Verminderung der Britischen National-
schnld nicht sein Bewenden haben. Ein Jahr darauf am 5ten
Januar 1834 war zwar noch derselbe Belauf der fundirten Staats-
schuld bemerkt, aber die unfundirte hatte sich in den Sehatzkam-
mcvrscheinen, wenn aueh nicht sehr beträchtlich vermehrt, sie betrug
27,900,900<SSt= 195,348,300 Thl. Dazu kam nun noch im Juli
de» gegenwärtigen Jahres 1835 die neue dreiproeentige Anleihe von
20,000,000 <S St (140,000,000 Thl.) zur Entschädigung der Plan^
tagen besitser fär die Ewancipation der Negersclavei», von weU
Scbnb«rt'8 Statistik 11* 4|
642 I>aa Britische Reich.
chem PArlamentsbescYiTusse bereits ol»eiv*) gehandelt ist Dem-
iiarh utufasst am Ende des Jahres 183^ die Britisehe National -
schuld, obgleich wir in Ermangelung des uns noch nicht zuge^
gangenen ofüciellen Berichts über die Staatsschulden vom 5tea
Januar 1836 die etwanige geringe Redoeirung der Ulter^^ fun-
dirten Schuld während des Jahres 1834 nicht anxugeben vermö-
gen, die BuRime von 802,007,397 % St. == 5,614,051,779 Thl.
m fundürten und nicht faifdirten Anforderungen an den Staat
Inzwischen wird die mit jedem Jahre vortheiihafter gewor-
dene Finanzlage des 'Britischen Staates seit 1821 erst dann über-
sichtlich erkannt, wenn man das Verhältniss der Ausgaben-Bud-
gets in allen diesen Jahren unter einander und mit den Ein-
nahme-Budgets vergleicht Dann tritt die rasche Abnahme der
Lasten für die Nationalschuld durch die gelungenen Finanz-Opera-
tionen erst in ihrer rccbten Bedeutsamkeit hervor, denn sie bleibt in
stetem Zurücktreten gegen die übrigen Bedürfnisse der Staats-
verwaltung, wenn nie gleich bis jetzt noch immer In dem sehr unna-
türlichen Verhältnisse mehr als die Hälfte sämmtlicher Staatsausga-
hen verlfingen. Besonders aber erscheint der Umstand sehr vortheil-
haft, dass jährlich einzelne Taxen völlig aufgehoben oder doch er-
mässigt, auf die Hälfte, den dritten ^ und vierten Thcil herab«
genetzt werden können, wie dies namentlich seit Huskissons see-
gcfisreichem Wirken geschehen ist, und immer die Einnahme-
Öftdgets' zur Bestreitung der Staatsbedürfnisse in so reichlichem
Uebermaasse zu reichen, dass mit Ausnahme von 1831 stets ein
IJeberschuss vorhanden bleilit. Denn es sind In den 12 Jahren
1821—32 allmahlig nicht weniger als 18,600,000% St (130,200,000
Thl.) an den Zöllen, der Accise und den Land and assessed
Tajdes fi^ef^en die früheren Forderungssätze jährlich erlassen **),
und doch hat in derselben Zeit ein Ueberschuss ***^) der Staatscin-
nähme über die Aufgabe von 38,200,000 <5 St = 267,400,000
Thf., oder im jährlichen Durchschnitt von 3,183,333 % St.=
22,283,331 Thl. stattgehabt
*) Vergl. den §. 11, namenü. S. 498-^503»
**) Nach den einzelnen Jahren sind die Summen der erlassenen
und neoauherleetrn Taxen im Yearbook f, 1834» S. 149 ans den
P«rkmen(ä|>a^ieren angeführt.
'***) Browning a. a. O. S. 523 welsl sieXiir di« einBekien Aihr« nach.
Das Britische Reich. 643
Sprühen wir zaerst ron 4en Einnahmeo, so ist ihre Ge
neralübersicht *)» ijid«m wir wie oben bei den Zöllen mit dem
5. Januar d. Jahr anfangen und endigen, folgende:
1821 60,675,075 % St = 424,725,525 ThI.
182^
60,102,741
1
= 420,719,187
1823
63,415,592
—
=: 443,909,144
1824
64,775,865
—
z=: 453,331,055
J825
62,871,300
—
= 440,099,100
1Ö26
60,282,374
—
= 421,976,618
1827
60,201,005
—
= 421,407,03&
1828
60,473,738
—
= 423,316,166
1829
55,934,963
—
= 371,544,711
1830
51,810,190
—
= 383,671.330
1831
50,990,315
—
=i 356,932,205
1832
51,686,822
—
= 361,807^,754
Die Land and a&8$S8ed Tuxes^ welche aU directe Steuern
am drückendsten erschienen und namentlich auch der wohlhabend-
f ten Ciasse der Bewohner am lästigsten waren, daher aber auch die
meisten Gegner im Parlamente fanden, wurden zuerst ermässigt
und theilweise aufgehoben (1820—23) ; die Lotterie hörte gleichfalls
als Staatseinnahme auf, es machte sich dadurch ein beträchtlicher
Fall in der Einnahme von 1820 auf 1821 bemerl^bar, der indess auch
in anderen Beschränkungen noch seine Veranlassung fand« Seit 1824
bemerken wir abermals ein ^rkes Heruntergehen durch die gleich-
zeitige beträchtliche Verminderung der Zölle,' namentlich auf Wolle
und rohe Seide, aber es findet auch eine noch grössere Ermässigung
in den Landtaxen statt Im Jahre 1825 Ermässigung der Zölle von
Hanfund Wein, sowie der Accise auf CaflTee und Wein. Die ferneren
Ermässigungen der Zölle und Accise gaben aber keine gleiehzeitige
Verminderung der Staatseinnahmen, wieHuskisson richtig vorher-
sagte, sondern tie belebten den Handel, verschafften einen grös-
seren Absatz und erhöhten trotz der eriuftssigten Tarife die Zoll-
einnähme fast um 25 Procent, wie gleich unten die Zahlen es
erweisen werden. Seit 1828 trat besonders eine Ermässigung der
Accise auf alle geistige Getränke, sowie eine völlige Freigebung
der Einfuhr mancher rohew Materialien fQr die Fabriken (s. oberr
S. 10 und 11) ein. Unter der gegenwärtigen Regierung wurde
— ^— _ ^
*) Browning a. a. O. S. 588 und Pebrer Tab. XLII zu S. 159.
41 •
644 Das Briti^^cbe Reich.
1831 jede Belastung« d<hr Ledereinfuhr abgeschafft und die Malz-
Steuer seit 1833 noch mehr ermassigt, doch nicht völlig ahge-
schafiTt, irie es von einer grossen Zahl der Mitglieder des Parla-
ments dringend gewUnscht wurde*).
Das Gesammtresultat stellt sich nun in den beiden zuletzt
bekannt gemachten Abschlüssen über die wirklich eingegangenen
Staatseinnahmen vom 5. Januar 18|J- und 5. Januar I8|^ derge-
stalt günstig, dass sie abermals um 5,000,000 % St geringer
ausfallen» und dennoch einen Ueberschuss über die Bestreitung
der StaaUbedürfnisse gewahren, nemlich 1833 = 1,51 3,084 U St
= 10,591,588 Thl. und 1834 = 1,608,154 % St = 11,257,078 Thl.
1833 46,271,326 % St = 323,899,282 Thl.
1834*) 46,509,856 — =325,568,992 —
Mithin ist durchschnittlich seit 1820 der Britische Staatshaus-
halt um 100,000,000 Thl. jährlich erleichtert, d. h. in 14 Jahren fast
um 25 Procent oder auf den vierten Theil seines frühem Betrag«
herabgesetzt!
Unter den' Einnahmen lieferten die Accise und die Zölle zu-
sammen genommen wie früher mindestens |, und stiegen bis J- des
Gesammtbetrags, zuerst war zwar in dieser Zeit die Accise um das
Doppelte den Zöllen überlegen, wurde jedoch darauf durch ihre Ab-
nahme und das Steigen der Zölle einander fast ganz gleich gestellt.
*) Peel sagte in seiner starken Rede im März 1835 ^egen die
Abschaffang der Malzsteuer zu ibier Rechtfertigung ^ dass sie ge-
genwärtig nur 57 Procent von ihrem Werthe betröge, während der
Westindische Caflfee mit ^3 Proc, der Portwein und Xeres mit 75
I^rocent, der Rum mit 407 Proc. und alle Englischen Sfiiritnosen
mit mehr als 333 Procent von ihrem Werthe versteuert werden
müssten, und die ausländischen Brantweine sogar das Doppelte die^
ser Steuern zu zahlen hatten.
**) Nach einer officieUen Angabe betrug die Einnahme vom
5. Juli 1834 bis 6. Juli 1835 = 44^913,018 % St, welches um
1»758>886 % St weniger, als das unmittelbar vorher gegangene
/Jahr in denselben Terminen betrug; und die so eben bekannt ge-
machte Schluss-Uebersicht vom 5. Jan. 1836 gewährt eine Minderein«
nähme von 613,769 U St = 4>295,683 Thl. gegen das unmittelbar
vorher gegangene Jahr, da die Accise und die Landtaxen einen be-
deutenden Ausfall, wiewohl die^öile, Stempel- und Postgefalle noch
eine Erhöbung ihres Betrags zeigen.
Das Britische BeicL 645
a. Die Aecite. S\% h^tte ibr Maximqm 1821 31,8ia,08&
<& Sl = 222,690,895 Thl. (über dieHiklfte der ganzeo Britigct^eii
Staatsein nähme) erreicht, fiel dann nach den oben angegebenen
Gründen 1825 auf 26,089,408 % St = 182,625,856 Thl, tank
abermals im darauf folgenden Jahre aus_ganz gleicher Veranlas-
sung bis auf 22,5^1,969 ft St. = 157,793,783 Thl., blieb in die-
ser Stärke bis 1830, und seh wankte 1831 — 34 zwischen 18,000,000
<S St. und 16,611,036 Q St. = 116,277,252 ThL — Zu derselben
gehört gegenwärtig auch die Malataxe, mit j^ des gesammten
Betrags, 1831 =: 4,359,344 ft St., 1832 =' 4,359,332 % St,
1833 = 4,825,128 % St, 1834 = 4,812,000 % St (also jetat
33,684,000 Thl).
b. Die Zölle erhoben sich von 14,789,705 % St =
103,527,935 Thl. im Jahre 1821 bis zu ihrem Maximum im Jahre
1830 auf 21,084,524 U St (vergl. oben S. 479) und schwankten
dann zwischen 16,500,000 % St (Brutto-Einnahme) und 18,329,332
U St = 128,305,324 Thl., welche Einnahme sie 1833 wiederum
erreicht hatten.
»
3. Die Stempelgefälle (Stamps) erhalten sich am gleieh-
piässigsten in dieser ganzen Zeit zwischen 7,000,000 % St und'
7,800,000 % St (54,600,000 Thl.), bilden also \ bis f des Be-
trags der Einnahme, gegenwärtig fast |, sind demnach verhält-
nissmässig in keinem anderen Staate so hoch bei der Einnahme be-
theiligt Im Jahre 1 830 betrugen sie 7,248,084 % St = 50,736,588
Thl., im Jahre 1831 .7,138,639 % St = 49,070,473 Tbl., 1832
= 7,119,832 U St = 49,838,824 Thlr., etwa zur Hälfte für
Erbsehafts-Angelegenheiten, Legitimationen, Atteste, gerichtliche
Instrumente und dergleichen Geschäfte, zur andern flttlfte für
den Handelsverkehr, Wechsel, Banknoten, Asseeuranzseheine,.
Zeitungen und Anzeigen in den Öffentlichen Blättern (dies aliein
über 600,000 % St oder 4,200,000 Tbl.), und andere der Stem-
pelung unterworfene Gegenstände *).
4. Die A$ae$$ed and Landtaxe^ sind,, wie bereits oben
♦) Vergt Browning^ 8. 633 Ui, Pebrer, Tab. XLII, z. 8* 158. —
Die Stempelung der Gold- pnd Silber-Geräihe brachte ih England
und Scbatüand im J. 18*25 100,000 tt St (700,000 Thl.) ein.
646 Das Britische Reich.
auseloandergeaetzt Ut, beträfhtlicli gefallen, von 8,182,819% St.
= 57,270,733 ThL im Jahre 1821, bis 5,301,27» ft St. =
37,108,953 Thl. im Jahre 1830. Sie blieben jeUt ziemlich auf
derselben Höhe, 1831 =: 5^22,718 % St. =: 36,559,020' Thl.,
1832 = 5,333.686 ^ St = 37,335,802 ThL Dabei nehmen die
Ländereten mit der Grundsteuer, die Häuser gleichfalTs mit der
Grundsteuer und ausserdem noch die Fenstersteuer, jede Auflage
für sich fast TÖllig gleich mit ^ de« ßetragt Antheil, die Be-
dienteosteuer mit ^y, die Pferdesteuer mit ^i^, eben so stark
die Wagensteuer, die Huudesteuer mit ■^■^.
Im Jahre 1832 betrug d. Land. (^rdst. =: 1,184,340 % St
— -- d. Häus.-St := 1,390,985 —
— — d. FcnstcrSt = 1,202,931 —
^ — d. Bedienten-St = 307,182 —
— — d. Pferde-St = 419,786 —
— -- d. Wagen-St == 408,415 —
— -- d. Hunde-St. = 177,966 —
— — kleinere Assesed-Tax. IS 242,008 —
Das Postregftl^), dessen Brutto-Einkommen **) liier aber
berechnet wird, ist der Natur der Sache nach gleiohmttsfiiger ge-
blieben, es steht in diesen Jahren swischen 2,000,000 und
2,300,000 S St, bildet also ^\ der Einnahme; 1830 = 2,212,206
<tt St = 15,485,442 Thl.; 1831= 2,227,364 <& St =; 15,591,548
Tbl.; 1832 = 2,175,291 tt St = 15,227,037 ThL Die Verwal-
tungskosten betragen 30 Procent gegenwiirtig.
6 Die Einnahmen aus den Domainen ader Kroa-
*) Browning und Pebrer i^ a. O«
**) Bei weitem der bedeutendste Theil kömmt diesem Eiunabroe-Tl«
tel aus der General-Expedition von London, welche schon ]8'23 170
Postkutschen, 4500 Pferde und 300() Personen im oberen und unleren
pienstpersonale beschäftigte, darunter 320 Ofticianten und 254 ßi ieftra*
ger zn landen für die ausserscädtischen Postangelegenheiten und 50
Ofticianteu und 250 Briefträger für die Stadtpost, welche, allein über
(Two-Penny-Post) 100,000 ft St (700,000 ^Thl,) jährlich abwirft.
Schottland nimmt an dem Posteinkommen nur mit t^, und Irland
selbst nur mit i^ Antheil.
Das Britische Reich'.
647
l&Bdereioin*) (Cröwn-Landi) sind verkftknittm&Mig g^f;tn ilas
ganze Budget anBBerordeotlich zuBanimeDg^telutiolseii, sie 1>ililen
kaum \j des Budgets,
1830 = 363,742 % St = 2,546,194 Tbl.
I83i = 373,771 — == 2,616,397 — .
1832 =t 359,52& — := 2,516,675 —
7. Kleinere unbettiiumte Einnahmen**) aind in den
Bericliten der wirklieh erfolgten Eionahme natflrlieh sehr ver-
schieden nach ihrem Betrage angegeben; aber doch höchst sel-
ten über ^^^ der Gesammteinnahme, nicht selten unter j}^$
1830 = 370,805 ft St; 1831 =; 347,214 % St; 1832 =
242,081 tt St (1,694,567 Tbl).
Die^esammten Staatsauffgaben- haben In der voraus-
gesandten Erläuterung über die Staatsschuld und die Staatsein-
nahmen genügenden Aufschluss für ihr siemlich gleicbiiiässiges
Verharren zwischen 59,000,000 und 57,000,000 9 St bis zum
Jahre' 1828 erlangt, worauf sie rascher susammensinken bis
50,000,000 % St im Jahre 1832, in den darauf folgenden beiilea
Jahren jedoch abermals eine glückliche ErmUsigung von 5,000,00(1
U St erfahren.
1821
67,783,727 \
SSi
r= 404,486,089
1822
55,187,222
—
= 386,310,554
1823
50,704,607
— '
= 396,932,249
1824
58,188,062
—
= 407,316,434
1826
57,217,459
—
=: 400,522,213
4826
59,272,026
—
= 414,910,475
1827
59,068,778
—
=: 413,4^81,446
1828
54,623,565
—
= 382,364,955
1829
54,223,414
—
= 379,563,898
/830
52,018,217
=
2= 364,127,519
1831
52,575,308
—
= 368,027,156
1832
5<X385,1I8
—
= 352,695.826
1833
44,758,242
—
= 313,307,604
1834
44»901,700
""^
— 314,313,900
•) Browning S. 633, Pebrer B. 159.
♦♦) Pebrer Tab. XLH. a. S. isa —
648
Das Britische Bezieh.
Es kl also in 4teiom Zeitraam von 14 Jahren fiberkanpt
eine Abnahme van 100,000,000 ThL in den Staats ausgaben su
bemerken, wiewohl dennoch die beiden letzten Jahre^ augleich
die Minima d^ gesammten Reihe, mehr als das Sechsfache
der Ausgaben des Preusfisehen Staatea ^nd um' fiinf und zwan-
slg Proeent die des um aeht Millionen Seelen stärker bevölker-
ten FransÖaischen Staates nach dem Friedensetat überschreiten!
. Um die höchst interessante DUferens swisehen den Anaga-
ben för die Staatssobuldenverwaltung und den fibrigen Zweigen
der Verwaltung, sowie den gesammten Staatsausgaben luerst ken-
nen zu lernen t beginnen wir mit jenen bei der Aufz&hluog der
einzelnen Hauptitel dieser Staatsausgaben.
' a. Zur Verzinsung der Staatsschnlde« nnd Schatz«
kammerscheine, sowie zur Einlösung beider. Wir ha-
ben hier nach den obigen Angaben über die Reducirung der
Staatsschuld keine Erl&uterung weiter hinzuzufügen, aber die Zu-
sammeasteilung dieaer Hauptausgabe mit dem Reste des Ausgaben-
budgets für die Übrige Verwaltung wird dorch sich selbst einen voll-
ständigen Conunentariiefem, doch bemerke ich, dass unter den Aus-
gabf n für den Tilg^ngsfond nur die früher parlameatsmlUsig be-
stimmten, nicht aber die ausserordentlichen mit eingerechnet aind,
also seit 1820 gar nichts mehr für die Tilgung, da nur die Ue-
berschüsse 4azu verwandt sind, die ich schon oben zur Ueber-
sicht vorgelegt habe.
Staatsschulden«
<a St Tbl.
1821 36,928,018 = 259,496,126
1822 30,921,494 == 216,450,45S
1823 29,215,906 = 204,511,342
1824 29,066,352 =: 203,464,464
1825 28,060,288 =: 196.422,016
1826 28,076,958 = 196,53Si,706
1827 28,239,847 == 197,678,720
1828 28,095,506 = 196,668,542
1829 28,277,427 =: 197,941,989
183a 27,663,305 = 193,643,135
1831 27,847,447 = 194,932,129
1832 27,629,188 = 193,404,316
1833 27,742,73s = 194,199,166
Sehatzkammerseheine,
<S 3t ThL
2,219,602 = 15,537,214
gleich unter den Staati-
schulHen einbegriffen.
878,494= 6^149,458
813,301 = 5,693,107
655,330 = 4,587,310
659,165 = 4,614,155
779,769 = 5,458,383
/
Das Britische Reich. 4M9
SioMBtl. ftbrige Zweige der
Verwaltung,
a St ThI.
1821 18,636,107 = 130,452,749
1822 24,265,728 == 169,860^096'
1823 27,488,701 =: 192,420,007
18^4 28.121,710 = 196,851,9/0
1825 29,157,171=204,100,197
1826 91,195,967 = 218,371,769
1827 39,828,931 = 215,802,517
f 1828 26,128,059 = 182,896,413
1829 25,067,803 =: 175,475,621
1830 23,541,611 = 164,791,277
1831 24,072,581 = 168,507,717
1832 22,097,765 = 154,684,355
1833 16,235,733 =: 113,650,131
Die Verwaltung der Staatsschulden kostet io Besug auf das
Personal und die übrige Geschäftsführung gegenwärtig jährlich
275,000 <ä St. (1,925,000 Thl).
b. Die CiTilliste ist b^eits S. 555 und 56 erläutert Die
Appanagen der Prinaen und Prinsessihnen von Geblüt, seit 183Q
besonders in den jährlichen^ Uebersichten aufgeführt, da sie fr4)-
her unter der mit dem Civil - Government verbundenen Civil-
liste mit anfgesählt wurden, verlangten mit rJnschiuss des dem
gegenwärtigen König Leopold von Belgien bei seiner Vermäh-
lung mit der Prinaessin Charlotte von Wales lugesicherten Jahr-,
geldes, zwischen 439,299 % St (3,075,093 Tbl.) im Jahre 1821,
370,000 % St in den Jahren 1823— 21^, und 220,000 % St
(1,540,000 ThL) im Jahre 1832.
c. Die Ausgaben lür beide Häisei^des Parlaments
mit Einscblusa der sehr beträchtlichen Druckkosten für die
in den Versammlungen derselben nothwendig gebrauchten Acten-
stücke, Berichte, u. s. w., welche noch gegenwärtig unter der
Rubrik des Civil - Governments vorkoinmen, betragen jährlich
im Durchschnitte swischen 140^000 und 150,000 ft St, 1831 =
145,464 U St (1,018,248 ThL).
d. Das Depsftement der saswärtigea Angelegen-
650 Das Britlsclic Reich.
heiten kostete unter der Torhergehemlen Rogierung etwas fih«r
400^000 % St., unter der gegenwärtigen um 20 Proeent weniger,
1832 = 330,440 tl St (2,3(3,080 Thl.). Davon beliehen die
im Dienste stehenden und i»en&ionirten €esaiidtta 197,490 % St.
(1,382,430 Thl.), vergl. oben S. 585, die Consuin und alle ande-
ren Handelsagenten 03,223 % St. = 652,561 TbL, dia Miiuste-
rial-Verwaltungi selbst 39,727 U St 278,089 Thl.
t
e. Das Departement der Rechtspflege, soweit es die
Besoldungen der Beamten bei den Gerichtshöfen, die Erhaltung
der Gefängnisse und Zuchthäuser, und die Ausgaben bei der Depor-
tation und in anderen die Staatsverwaltung unmittelbar betreffenden
^ Besiehungen anbelangt Dieser V^erwaltungsaweig war ünanciell
früher mehreren Departements beigeMrhrieben, namentlich der der
Innern und Colonial- Verwaltung. Es beträgt seit 1830 gegen
1,000,(X)0 Q St oder ^^ der gesammtcn Staatsausgaben, und nä-
hert sich dadurch dem hiefür stattfindenden Verhältnisse in den
übrigen grösseren Staaten. Im Tilire 1831 kostete es 986,748
ft St = 6,907,236 Tbl., 1832 989,476 % St. z=: 6,926.332 ThL
f. Das Departement der Finanzverwaltung {Revenue
.Charge« 6f Colleciion)f bestreitet die Besoldungen der bei der
Aufbringung der Stjiatsauflagen nothwendigcn Beamten sowie alte
übrigeji Ausgaben, die die Verwaltung selbst mit sich führt, Jedoch
mit Ausschluss der Verwaltung der Nationaischuld, von der be-
reits oben gehandelt ist Es liegt klar am Tage, dass der Ltat
dieses Departements einen geringeren Kostenaufwand verursa-
chen mos«, sobald sein Object, nehrolich die gesamroten Staats-
einnahmen, kleiner werden. Er ist daher in den letzten zehn
Jahren sehr stark gefallen, er betrug 1822 noch 5,688,091 il St.,
sank aber bereits bis auf 3,118,103 <jl St im Jalire 1829, und
blieb in den nächsten Jahren mit sehr geringen Schwankungen
um 3,000,000 % St, also zwischen ^^^ und ^'^^ sämmrlicher
Staatsausgaben, stehen. Er betrug 1831 2,955,846 <g St =
20,690,922 Thl. und 1832 2,986,519 ?l St == 20,905,633 Thl.,
wovon die Zölle ^\ (1,175,352 % St), die Accixe ^ (992,762
% St), die Lnndtaxcn ^ (281,301 % St), die Stempel ^^^(182,358
fl St), und die übrigen Einnahmen und die General- Verwaltung
wieder gegen ^'^ kosten.
g. Die innere Verwaltung, unter welcher ich hier finan
Das Britiicbe Reiclii 661
defl aHe Zweige de« Civil - GovenniieiiCt cntanmiefifatgey die
ich nich^ oben schon betondert' angegeben habe, das Staatssecre«
tarlat und die Inneren Angelegenheiten» die Centralverwaltung
der Grafschaften und namentlich die des Lord • Statthalters des
Königreichs Irland (noch gegenwärtig mit 37,435 ft 8t = 262,045
Thl.y ror 1830 doppelt so hoch), die Pensionen der in diesem Verwal-
tungssweige angestellt gewesenen Beamten, die Prämien (l/oimft>s)
für Fischereien und verschiedene Zweige der landwirthschaftl»-
cfaen Cuttur, sowie der Manufacturen, Unterstützungen der Aas*
gewanderten (Polen, Spanier u. s. w.), endlich ail» Staatsbauten
und im tarnen des Staats ausgeführte Unternehmungen {PubUc
vork^), unter welchen auch die Quarantaine * Anstalten und die
königlichen Waarenhftuser mitbegriffen sind. Die Ausgaben da*
für bilden ungefähr den vier und xwanzigsten bis swansigsten
Theil der sämmtlichen Staatsansgaben, 1829 = 2,391,000 ^ Str
1830=1,903,000 % St, 183lr=2,21l,000 <t|. St, endlich 1832,
1,688,539 u St Da man aber bei so grosser Verschiedenheit der
Jährlichen Ausgaben, wie die Natur der dieser Verwaltung über-
wiesenen Gegenstände erfordert, besser das Durehsehnittsverhält-
niss zur Uebersicht aufstellt, so nehmen wir den Oesamrotbetrag
dieser Jahre mit
18J} 8,193,539 ft St = 67,354,773 —
oderjährlich 2,048,384} — :^ 14,338,693^ Tbl
h. Die Postverwaltung, von der schon oben bei der
Einnahme gehandelt ist, betrug 1829 690,802 % 8t, 1830 =
718,359 % St, 1831 = 673,317 % St, 1832 = 707,288 % St,
also im Gesammtbetrage für
18|| 2,795,766 tt St = 19,570,362 Tbl.
und Jährlich im Durchschnitt 698,94/^ ^ =: 4,892,590«^ —
i. Die Land-Kriegsmacht — a. Das Heer ohne die
Artillerie, von dessen eigenthümlichen^ Verhältnissen, die auch
auf die iinancielle Verwaltung desselben namhaft einwirken, der
folgende §. zu handeln hat, verblieb unter der Regierung Georgs IV*
ziemlich auf demselben Standpunkte, mit einer jährlicheu Auf-
forderung an den Staat zwischen 7,500,000 ft St und 8,0(K),0(K>
% St: so kostete es 1829, 7,769,179 ft St =: 54,384,253 Tbl.
und 1830 = 7,432,295 <& St = 52,026,065 Thl. Die gespannten
politischen Verhältnisse des Jahres 1^31 Verstatteten keine neuen
ReducUonen, sie erforderteu vielmehr eine kleine Verstärkung,
•
6S% Das Briilache Bei«lL
dalfer der BLeereseCaC dkaet Jahres = 7,732,068 S St =
54» 130,776 Thl Aber ickon im Jahre 1832 traten wieder be-
trächtliche Ersparniase ein, iie erlaubten den Eta^ auf 7,137,482
fl St = 49,062,374 Thl. und 1833' sogar auf 6,590,061 <4 ^t. =
46, 130,427, Thl. herabzusetzen. Es bleibt hier noch zu bemerken,
dass in den £tats der effective und der nicht effective oder auf
balbem Solde befindliche Stand der Heeresmacht unterschiedeo.
wird, und dass jener, |. und dieser |. des gesammten Betrags er-
fordern, ß. Die Artillerie und das Gesohützwesen (th^^
OrdnanceJ führt seit alter Zeit seinen eignen Etat, und hat in
demselben Verkiltnisse wie das J^andheer gestanden; sie erfor-
derte xiemlioh geijaii den fünften Theil des Heeresetats, in den
Jahren 1822^30 zwischen 1,600,000 und 1,800,000 ^ St, nem-
lich 1829 = 1,728,908 % St, 1830 =: 1,689,444 & St, und dfi-
rauf sank durch rielfache Ersparnisse ungeachtet der Verstärkung
der Mannsohaften dieser Etat unter den oben angegebenen Betrag,
1831 auf 1,418,817 'S St = 9,931,719 Thl., 1832 au( 1,424,688
<a St =: 9,972,816 Thl., 1833 auf 1,384,806 U St = 9,693,642
Tili und 1834 auf 1,301,699 9 St = 9,112,893 TJiL Es ündet
auch hier ein gleiches VerhiÜtniss zwischen dem effecti?en und nicht
effectiven Zustande, jedoch mit dem Unterschiede statt, dass jener
*J^ und dieser nur j. der gesammten Ausgaben dieses Zweiges
erfordert Fassen wir beide Abtheilungen zusammen, um diesen
Militairetat mit den anderen Staaten zu vergleichen, so müssen
wir für die letzten fünfzehn Jahre durchschnittlich mindestens
QfOOO.OOO % St oder 63,000,000 Thir. jährlich annehmen. Das
ist also der dreifache Betrag der Kosten für die Heeresmacht
des Preussischen Staates, bei einer um 25 Procent geringeren
EntwickeluDg der Streitkräfte, und auch beträchtlich mehr, als
der Friedensetat des Französischen Heeres bei einer um mehr
als 50 Procent schwachem Heeresmacht Für das Verhältniss
zum ganzen Staatshaushalt Ton Grossbritannien selbst erfordern
die Etats der Jmit/ und Ordnance gegenwärtig etwas mehr als
den sechsten Theil der gesammten Ausgaben des Staats.
k. Die Flotte, als Hauptmacht in der Vertretung und Ver-
theidigung des politischen 'ftiteresses für Grossbritannien stets zu
betrachten, theilt deshalb gewöhblich auch die gleichen Verhält-
nisse mit der Landkriegsmacht Wir finden sie unter der Re-^
gierung Georgs IV. mit einem Etat zwischen 5 und 6,000,000
Da« Britische Reich. 653
<3 Sty oder dem sehnten' Theile der damaligen 2^taatsaa8gn1ien
unterhalten. Daa Verhältniss des effectiven und nicht effectiven
Bestaniis der Mannschaften, Oflleiere und übrigi^n Beamten be-
steht auch hier, jedoch abermals mit ein«sr financiellen Verschie-
denheit, so dass jener s und dieser |. in Friedensxeiten für sich
in Anspruch nimmt; der gesammteCtat betrug 1829 2=5,878,705
%St, 1 830 = 5,594,955 U St. =39,1 64,685 Thl. Unter der gegen-
wärtigen Regierung blieb er, wie bei der Heeresmacht, nur im J» 1831
auf tlerselben Höhe^ und wurde dann auf « des früheren Etats
ermässigt: 1831 auf 5,870,551 % St. = 41,293,857 ThI.; 1832
auf 4,878,635 ft St = 34,140.445 ThL; 1833 auf 4,360,235
ft St. = 30,521,645 Thl.; und endich 1831 auf 4,658,134 ft St.
= 32,606,938 Thl. Der Etat bleibt demnach immer nocl^ ein
Zehntheil del\ gesammten Staatsausgaben, wodurch Heer, Artil-
lerie und Flotte zusammen im Frieden&etate gegenwärtig doch
fast auf ^ aller Staatsausgaben i^omtnen, oder wenigstens iwir
sehen ^ und i sich bewegen *)•
1. Vermischte und ausserordentli/;he Ausgaben,
welche meistentheils auf besondere Bestimmungen des Parlaments
angewiesen werden, Fär diese kann nach ihrem besonderen
Charakter keine Norm angegeben und nur bemerkt werden, dass
sie ungefähr ein Dreissigtheil der jährliehen Ausgaben bilden.
Sie haben in den letzten 18 Jahren nicht die Summe von
2,900,000 % St. überstiegen (Maximum 1827 2,863,24r <ä St
= 20,042,729 Tbl.), und sind nicht unter 1,000,Q00 ft St ge-
sunken (Minimum 1832 lft7Jb,77Z % St = 7,537,404 Thl.).
*) Die einzelnen Angaben sind aus d^ oHiciell bekannt ge-
machten Uebersichten der wirklichen, nicht bodgetsroSssigen
Einnahmen und Ausgaben, vorzugsweise aus den Tabellen bei
Pebrer (ind Browning entlehnt y die spaterei) Angaben über die
Jahre 1833» 1834 und 1835 aus den Parlamentsdebatten und aus
den Finance-Acconntsi.
1
6S4 Das Britische Reich.
§.Ä
Die Verwaltung für liandheer und Seemacht.
Ch. Dupin^ Force mtlitatre de ta grande Bretagne ^ Pa-
ris 820 2 vol. 4to.; deis. Verf. Force navale de la gr, Bret^
Par. 821 2 voL 4tov <— £• P. Brenton^ navßl htstory of
Great'Britatttf London 823 2 vol. 8vo.y enthält eine historicche
Entwickelung des Britischen Seewesens Ton den Jahren 1783
bis 1822 — Will, Jame», naval history of Great-Brüain
front the declaration of war hy France in 1793 to the accesMÜm
of George /K, London 820 — 24 5 vol. 8vo. und 2 voL 4to.
Tabellen und Kupfer enthaltend. Dieses Werk ist nach den besten
Quellen sehr ausführlich und um^ichtsvoll gearbeitet — V^ols,
militärische Reisen, Bd. I. Stuttgart 1826 8vo. enth. England,
die Britische Heeresmacht*). —
Die Geschichte der stehenden Britischen Kriegsmacht ist
sehr jungen Ursprunges, da bei dem glücklichen Schutxe der In«
seliage dieses Staates und bei der Schwächung der Schottischen
Macht, selbst von den ersten beiden Königen des Hauses Tudor nur
wenige Tausend Mann bleibend unter den Waffen gehalten wur-
den. Die Königin Elisabeth erhöhte anfänglich nur sor Zeit
4edr Gefahr die Kriegsmacht, doch die Absendung von Engli-
schen Hülfstruppen nach den Niederlanden, die Ueberwäldgung
des Aufstandes in Irland, die Noth wendigkeit Truppen auf dieser
Insel zurückzulassen, vermehrten die Englischen Streitkräfte,
und gewöhnten das Englische Volk an die Darreichung der
Hülfsmittel - für eine stehende Kriegsmacht Ihre Verstärkung
nach der Vereinigung Schottlands mit England lag ganz in den
Principien dtf Verwaltung der beiden ersten Könige aus dem
*) Der Verfasser giebt aas eigener Anschauung manche fnter-
eesante Notizen über die Britische Hetfesmacht, besonders über
die ArüUerie.
Das Britische Reieb. 665
Haufld Stuart, Jacobs I. und Carls I.; aber bei dem Ausbmcltf
de« Bürgerkriegs hatte das stehende Ileer dem Englisehen Volke
sich lange als eine gefürchtete Kraft xur Beschütznng der will^
köhrlichen Maassregeln der Regierangsgewalt sich gezeigt Da*
her musste das Kritische Heer bei der Restauration der Stuarts
nafh einem Beschlüsse des Parlaments 1661 gaiis entlassen wer-
den» indem man dem Könige nur die Errichtung zweier Regi-
menter Leibwache, eins su Fuss, eins «u Pferde verstattete.
Indess der Krieg gegen die Republik Holland erforderte wie-
derum die Aufstellung einer beträchtlicheren Heeresmaeht, deren
Auflösung Carl 11. nach dem Friedensschlüsse so lange als mög-
lich SU verschieben trachtete. Da erklärte sich das Parlament
1667 ernst nicht nur gegen das fernere Beibehalten dieser ste-
henden Heeresniacht, sondern auch selbst gegen die früher be»
willigte^ xwei Regimenter Garde, weil füi* die königliehe Gewalt
stets bereit stehende Truppen nur in despotischen Staaten gewöhn -
lieh waren und geduldet werden können. Doch wurde das Heer nur
vermindert, nicht gänzlich entlassen, so dnss fortwährende Beschwer-
den darüber auch unter der folgenden Regierung die Misshelligkei«
ten zwischen dem Könige und den ttciden HHUsem des Parlaments
vermehrten, und endlich jloch Jacob iL nötliigten, fast unmittelbar
vor seiner Flucht aus England sein Heer auseinander gehen su las-
sen. Unter Wilhelm III. machten die Vertheii^igung des Engli-
schen Staates gegen. die Ansprüche des entthronten Zweiges der
Stuarts, der Bürgerkrieg in Irland, der fortdauernde Krieg ge-
gen Frankreich eine stehende Heeresmacht no$hwendig. Dessen
ungeachtet wusste es das Englische Parlament nach dem Frieden
von Rjswick 1008 mit Heftigkeit durchzusetsen, dass das, ste-
hende Heer in Grossbritannien bis auf 7000 Mann, und ausser*
dem in Irland, wo theils die Catholiken zu zügeln blieben, theils
unter den damaligen politischen Umständen eine I«andung der
Stirarts, wegen der Nähe der Französischen Küste stets ZU be-
fürchten stand,* bis auf 12,000 Mann vermindert werden musste.
Während dos Spanischen Erbfolgekriegs wurden auch in Eu«
ropa Erobeningen {Gibraltar, Minorcas. S. 300) gemacht, deren Be-
satzung auch für den Friedenszustand ein stärkeres Heer nethwen«
dig verlangte, während die.Colonien ausserhalb Europa's sich gleich-
falls fast mit jedem Jahre mehrten. Daher gestand das Paria*
6S6 Das.Britrscho R.eich.
/
ment 1717 %% 4bb8 f&r Grotsbritan^n satammen mit £tnaebffiist
<ler Gar^t (troop$ of the houshold) 16,347 Mapii, flir Irland bckon-
deri 12,000 Maun uod ITir die Besatzungen voa Gibraltu*, Niiiora
und den Coionien gleichfail« 12,000 Mann, also iberhaupt ein
Heer von 40,347 Mann unterhalten werden gollte. Unter d«r Re-
gierung des sweiten- Königs aus dem Hause Hannover wurde die
Vermehrung der Heeresmacht für Gtossbritannien auf 18,8&7
Mann zugestanden, worunter die Garden allein 7363 Mann ans-
machten. Dabei blieb es für den gewöhnlichen Friedensetat bis
zum Ausbruehe des Französischen Rerolutionskrieges, und Bor
für Kriegszeiten wurde durch rasohe Werbung^ das Heer auf
die doppelte und dreifache 2Iahl der gewöhnlichen \'«rs^kt, wie
denn während des siebenjährigen Land* und Seekrieges stets
über 100,000 Mann unter den Waffen gehalten wurden. Die
schnelle Ergänzung des Heeres konnte am so rascher geschehen,
da in dem grossen Zeughauso in Tower stets für 00,000 Mann
Waffen aller Art in Bereitschaft gehaiteii werden mussteB»
Doch schien gerade während dieses langen Kampfes ans
den früheren Erfahrungen im Oestreichis^hen Erbfolgekriege,
wo gefährliche Bewegungen in Schottland und Irland rasch zn
einem Bürgerkriege Übergegangen waien, für die Erhaltung der
inneren Ruhe und für ilen ersten Anlauf gegen einen bindenden
Feind eine nene Vertheidigungskraft durchaus nothwendig zu
sein« Die gewöhnliche Landmiliz *- Yeomanry — -, welche zu
Fuss und zu Pferde schon am Anfange des achtzehnten Jahr-
hunderts gegen 200,000 Mann aufzustellen vermochte, reichta
hiefür nicht aus, da nur wenig in den Waffen geübte Mann-
Schäften sich in ihr befanden, diese aber meisten theils ausgediente
Soldaten nach 4en damaligen Verhältnissen der militärischen Dienst-
pflicht, dann gewöhnlich nur als kraftlose Invaliden au betrachten
waren. Es blieben also die Train-Bands sehr unsichere Stützen für
den Schutz der kleineren Städte und des platten Landes. Daher
wurde während des siebenjährigen Land- und Seekriegs 1757
durch Parlamentsbesehluss ausschliesslich zur Vertheidigung des
Landes, oder bestimmter aasgedrückt, zur Deckung der Küsten,
eine neue Land-Miliz ( Standing- Müitia) errichtet, die bis sa
einer Stärke von 35,000 Mann gebracht wurde. Jeder Einwoh-
ner zwischen 20 und 50 Jahren, der nieht drei Kinder bat,
nicht Geistlieher ist und eben so wenig nun Stande derNobilitj
Dos Britische Reich. 857
geliM; ht f«f|ftfliditct finf Jafire in illeter M ilm su dienen,
<Nl€r eine« anderai dieottf&higen Mann statt seiner tn stellen.
Jede Grafsekaft nnsa eine ihrer BeröHn^ning angemessene Mann-
sdiaft aar Milis stellen» deren Oflieiere ans der Reiliif der be-
güterten Rinvoliner, indem sie ein fBr die Erkaltung der Aelb
t«ng dieser Stellen geiieniendes Vermögen besitzen müssen, von
dem Kdnige sfrlbst, eder in dessen Auftrsge Ton den Lord-Liei^
tenants der Grafsekafiren ernannt werden. Inswiselien liat die
Milis in Gfossbritannien nie Vertrauen oder irgend ein Ansehen
•rreieht» nnd ist häufig snm Spott ihrer eigenen Landsleute ge*
worden, wiewohl sie in der That selbst aneh in der neuesten Zeit
nur sehr selten und dann immer rereinaeh cur Anwendung gekom-
men ist Die Milis kostete in den 13 Jahren 18lf— 29 su*
aammen 5,839,000 U St =40,873,000 ThL, also jahrileh über
450,000 ft St oder 3,150,000 Tbl., oder etwa soriel als sehn
Englisehe Linien • Regimenter, leistete aber nieht die Hälfte
der Dienste dieser Truppen« Die Yeomaniy kostete in derselben
Zeit (1817—29) 2,300,000 <& St == 16,142,000 Thlr., oder Jähr-
lich 170,000 % St = 1,050,000 ThL, und diente Torsugsweiso
sur Unterstütiung der Friedensrichter und der Constabies. —
Während des Rerolutionskrieges rechte die Englische Re-
gierung sum Kampfe auf -dem Continente gegen l^ankreich
nieht nur Snbsidien, und nahm grosse fremde Heeresmassen*)
in seinen Sol^, sondern, sie musste auch ihr eigenes Heer be-
deutend rerstärken, wosu namentlich der häußge Aufruhrsu-
■tand Irlands und die neu angedrohten Landungsversuche der Fran-
*) Fremde Truppen darf iRawischea der König von Grossbri*
tanuien nur während eines Kriegs, und swar we^en der Subsidlea
auf eine vom Parlamente bestimmte Zeit, gegen Verabreichung des
Soldes, Erhaltung der Kleidang und Armaturstücke in völligen Dienrt
nehmen. So geschah es 18L3 mi^ 36)05*2 Mann Infanterie und b,Wf-
M. Cavall^ie, wofür vom Parlamente Jährlich 959,953 ft St :;=s
6,719,664 Ttv bewilligt wurdea. Da aber der fremde Soldat siels
mehr kostet als der eigene, wie damals für den Kopf 2( U St.
(173 Th.) jährlich mehr gezahlt wnrde, so geschah eine so starke Auf-
nahme fremder Truppen ins Englische Heer nur au4 Mangel an
Freiwilligen, die dazu in England hätten geworben werden können.
Scliabert'f 8tatJttik.lI. 42.
^C|l)fri]fi^ ^ ^^^ AnMer 7JBiqtci(Mti«ch«ii EcdflieileB» tinielne
^xpf4i4P994,it«<^ (1^ ^ifdefUiHl«^. 11^4 N9li44eMtiM}blaiid, nach
ver8fül^ie4t9mi ^iV'iki;^ J^iw^ ^a4. (ler> liu^la dar MittdUUi<U-
ichfii,^e«i^y,(||if^.thibCig^ Tlieil^Ahme an (lern 'Kampfe auf der
F/reQäi^cff^ .J^lbipsdl «eii,. 1807« .ip. Franigreich und Belgieo
seUil81,4| „^a^wcch. wiiiphs dai Heor v«ii 44,700 L im Jabre
]792 in if^ Pr^teii zeh^ ,JfalM*«9^ auf siehe aU da« Doppelte, seit
1805 auf.,;2pO,qOO*M^.n^ |ind„ ei;reicbte im Jabi^ 1814. das Maxi-
mum, i^emjliffi ,,11^^.3^6.9},., in Grofsbcitaiipjm» Irland und sur
£rg'ä^;(ui^^,/li^ g^sanu^t^. ^^lis^hen Uceres, 207,864 M. im
Kampfe jn,. Europa u^^viii^.r^i^Q »^^^''''^u^^^P^is^l^^'^'^^^onieii,
Qud ,21,590 M. i/) Ostjndi^.*),. die zjvar \oii der Englisch-Ost-
indificj^efi-Compagpie iMfioldft^; aber von der. CDglitchen Regie-
ruog iBur WabrnebmuD^, deat allgemeinen Britischen National-
Intercssi^s dorthin gesandt ipr^rdcn. Es betrug also die Ge-
sammtstarke des damaligen Heeres .454,720 M. — Nach dem
zweiten Pariser Frieden gedachte die Majorität des Farlamenta
die Britische Heeresmacht im Friedenszustand wieiler auf den
Fuss voijp dem Jahre 1702 zu setzen. Alleii^ die seit dieKer Zeit
so beträchtlich vermehrte Bev5lkerung GrosRbritanniens, der auf-
geregte Zustand Irlands, die häuligon aufrührerischea Bewegun-
gen in den Fabrik-D istricten, vornehmlich aber die jetzt ganx
veränderte politische Stellung dieses Staates sowohl in den Eu-
ropäischen Verhältnissen y als auch in seinen Colonien, bestimm-
*) Ausser diesen Bricischen National-Troppen hält die Compaq-
nie ein besonderem Heer von 180,000 bis 200,000 M. eingeborne
Truppei^ die ganz aut Europäische Weise orgaoisirt werdeiiy deren
ganze innere Einptclitung aber, sowie die Ansetzung ihrer oberen
Befehlshaber und Officiere allein von der Oompsgnie a^^hängen.
Es waren I8l4 == 191,046 M. und 18*22 = 194,255 M. eingeborne
Truppen, welche 102 Hegimenter Infanterie (173,355 M.), ti Regi-
menter leichte Cavallerie (8,83*2 M.), 9 Brigaden reitende, 15 Brigaden
Fass und 3 Corps fahrende Artillerie (12,068 M.)- bildeten. Vergl.
dar&ber nähere Nachrichten nach dem Asiat. Journ. J^irg. 1823 und
S4 und Ferussac Bulletin Univers. 18^ io C. v. Decker, Ciriary
und Blesson^s Zeitschrilt für Kunst> Wissenschaft und Geschichte
des Krieges, Bd. IL, S. 75*-81.
Dai >Sri#f tchtf ReielK «89
ton« fiotbwciHIl^* iKe B«MhAMin|t ^«^ ttlbrkereii Militämsö&t
Bft wiirA«» 4läb«r ¥«ik*flVl«iiiinile 4pi''€r6lilbeiritligmigeiv aipce«
iiiM<t«ttr* fttr" 23,<000 •Mi^ifr'Of'o««^ri««iitliea, für ehi^ gagrirf-die
fi^Ükt/e Aopp^U'iö iM¥lr^-lliei%)imaelit vwv 35,000 M;< ia Irland,
fi(r 4000 M: ik Gibi^hMf,' fUr^OOOe.Bf; IfaCMad», wo die eiböto
M\itht der l^rtadrAaften "Movd-jtoMierifkiitiuefaMi Irclilto«i «ad
die ßefeliitininjK ^^ VfeliF'ltfbhlilleiri tmd «Mttngrti^idMii*! Handel!
Orottibk'itaNhieiH ' d]# If^^rdoffpetang >dir •frfthcnreirWMIit verlaagi.
ten« aaa demseibeii' €«^de fllr '4000'H. in Jamdaa^ fi^
M. auf d^tf f ngeln tinter deih Vfitider ^r 2M0O »IC in den nea
ffewohrteflren Cetdafi^n' (Malta, lenisebe . Iniein, *Cejibn,i«Cai>land»
8arinam, Berfiice m «. w)v Mid lieh 7000 M;*.Knr Abidbttng and
Ergan^uag der eirtfeiiiteilBif'*BeaMsoii^n* Diea^ Trappen diMetea
8il<aiiimea eine HeerbathtiaiB ton 102,000 M. ^Uixa«ieehaa eraehieii
denl Parlamente bald dlei^ Mathl^ die dock noit wetrfger. als eia
halb Procent der damaligen BerttHcet^ng Gt^BsIritanniens betrug,
KU tt bernittssig für den Staatahausball and selbal unnöthig für-dte
Erhaltung des Britiiehen StaatR4nterefltea und des politischen
Gewichts. Es wurde daher 1817 eine neue Reduotlon des Heere«
um 18,000 Mann beschlossen, die jedooh )>ei den vermehrten Un-
ruhen in den Faiirik - Distrteten Grossbritannieaa und in Irland
1820 theilweise wieder surückgenomaMn -wurde*
■ * *
, ^ Es betrug daher der l^tat des firitiscl^en Qeeres' 1821
= 89J2I M., wovon . •
20,^22 M. in GrossbVitannien
20,426 — — Irland
28.lil0 — — den auswärtigen Besitzungen in Europa und den
übri&ren Erdtheilen
10,977 — ^ im Solde der Ostindisch'en Cpmpagnien in Ostindien
gehalten wurden.
I t-*t
Sd,|2l JHann
Aber auch dieser Etat a^rde noch 1822 YtxnÄudtftj tedem
man xwar die Zahl der Campa^nften-, and, Ü^adsona jedea Regi-
ments beibehielt, aber. diet.2^aKI 4ec .Leui|e -in jedtr wiederum
verringerte, und 1823 ttocli vaa jed^m R^gimente Infaateria .eine
Corapagnie eioAog^.lnswiseh^n^. dfuert«^ diese naue Verminderung
der Heeresmacht nicht lange, der neue Krieg der Ostindisehen Com*
pa^nie gegen die Birmanen erforderte dur^^haus eine Verstär-
kung der Britisehta Truppen in Ostindien, um eine Art von
42*
i
*
660 D«« Britiscba .Betek
Gl«kligt#iph*t gtf^m liie 4iirck ^Q.7i^at|»f , BodurfMiK fffwor-
dcifft \tnttkrnttg' lta^ «faigeiMNretioii Tm^t« mü^rh^lteii: man
bdiciilQ|Ni. 4*ker I82& diM« Am. «00a<14MiR)i« T«ipnhieii, aad
ein« iwcite Varmehriyig. Taii 7000 Müiii'wif flie.plifig^ Scati««
Bau kl ttiid AQiMrlMlk EutipM v« tertlicü«ii; : Diete Vcnntli-
fMig gcMbak. iMmrob^. du« «Mm:jfBdM I^^Mmb daasU staike
lUgimenl «ü; r40.1(hMi taHk EiMoM«M*4iir AOicifi:« Had Univ*
oflicitra erlMte» iuid>in-4«i flelohailM^vea VeriOldiitfeB jedes
iUgImettt, dM AOf 65Q HaDO beetand^ IMtf «^ UaBia ventärkte.
Seit diescf Zrft Uieben aber, die fom des Oat^ndiecben Compagiitt
betoldeleii Britieelieii Ragiroentcr *vob ritsn «UgemeiBen BndgeAi
iuitgeteUoiteny und; deihmlb ündw wie au* einem uad demselbea
lebre s#ei Tendiiedene A<»g«ben fiVfr die SUrke des Heeres,
we«^ jene mit btnxsi gerecbael oder aoigefcUosseii siad. ^
wer aunmelM'. im. Mses 182^ budgetom&ssig der MiiiOr-Etst
JSf\20t ML in Grosabrifsniiien
20^79 ~ M Irlmd
32,166 **- in deo ttbersecitdien BesitsungMi obae
_. Osändiea
71,165 WL
'Sssu 25,612 M. In Ostindien
96,777
Eine kleine Vermebning des Heeres seben wir im Etat tob
1827, welchen wir nsek den einselnen Truppentbeilen, um diese
sugleicb in ibren Verbftitnissen antereinauder dadurcb kennen
SU lernen, bier liefern wollen»
A. Infanterie.
7 R^^imeater Garde (allein fOr Gressbritanliien). • • 5,105 ML
;:} "•*'»-
7D -— Linien Infanterie
19 — leicbt* Infanterie «..____
66,524 —
•B. CaVaUerie.
ä Regimenter Garde (L Gr. Brlt), wovon aber nur
^ der MaRnschaften beHtten erhalten werden. 1,305 M
19 Regimenter Dragoner undHusaren, woron nur | d. ML
iMittaa (jedes Regiment aas 2r4M.) erbaltea werden 6,914 —
■■■' ■ ia\9 —
\ t
M< <
.misfUBmen 74,743 —
Da8.Hriil««ih«)Sei-c4U 6(1
0M».4llikiMhc ChteMfir iBagi— Nr and 20 R^/ In. i r. ; • ;
fMMde In iOtlinftii» v < . ,i t -i-'-i' ;> : . " . . .*3&,fiia M.
trland;^also iii der Tockistilrice auf lQ6,bt>ß Mann erhöTit,
Heefesmaeht7aucn';ti'ur/irenrj^ yetriniunt gegenwärtig nprh erhal-
1832
für
t, welche
Heefesmaehf aucb ^ur wenig v^tringeit gegenwärtig nprh erhal-
ten wir^. inoem^Aiejiuit 'd'ebjet^ a^ IS^GI Mann vcrrülgerten
Bntijichen Trqppen ui^Ostindien susamnien eine Cotalvtärke von
tii\ioß'm.,\tni ilSi Cavallerie» loa Regi-
nientef Infan^ae, z ' ^uger-Bng^den, 1 Afrikanifebes CoIoniÄten-
(*orps'aut (t^m Caplaiiile! iind i Compiig;iien Veteranen in New-
Poiindland hiiiUt Die u 1 c h t e f f e c 1 2 y e tleeFesmacKl, deren fi -
nancTellc Aijibnjerungen ich schon ohenS. 652. augegeben habe,
üuuiii •*) /82tf aus de^S MT x' ' *
|g30 — WfflSl M, f auC halbiNii Solde stehenden
1831 — 04,024 M. > und enslassenen OfÜcieren, Un*
* " itlTli -^' Was M: V '««'»fficsi^t^n und 8o(dtften.
' i' Die AMUiiSrl« ujid'd«8'Ganie>irM«&^'filbrl.dM Namei»
I'!''.» # .,'. , * .
*) Davon befanden «ich 21,783 M. in Crfossbtitanmen^ 23,135 M.
in^ Irland und 33,680 M. in den auswärtigen Besitzungen, und 1833
in Grossbritanniea 28,772 M., darunter 5731 M. Cavallerie, in Irland
^71^ M?, \n iS^TMar^S M;, Maltt 2,3611 M.^ in d«n Jdnischen
Inseln *2,S89 M., Afrika ],96§ M», Blanrittus Insel 1,445 M., Ceylon
^<nicht df r Compa^i«^ gehörig) 854X M^ Canada. und Neii-8chotUand
tlijä^lfir,i¥H(kn^eu 1^^'M.i Äüstratien .2,530 M.
**) Pebre«^nM.'*2CUir»Mpi 198* und Brownb«^ a C33.
6B l)a<8 •riflbKohtiileicft
Uebembinng vop Cuion xartüv (Regel, VonaMC«- «U dugWab-
lautenden . Wfffe ycrAftil^}^ j|||^ Di« geaaraoite MaDMchart 4cr
Artillerie bildet ein Regimen^ du ftilber aua 4 Batailloiii, darwif
tiUerie-Hegiueiita VL ,, .
Die Erf iincuDg, . h^ii^r TheiW de; ,^eu%ivwtit geicliiaht
durch freiwillige **) Auihebun^, ,ve.zu. für EngUpd, 14 Reeruti*
rungibesirke und 6 Depoti, Ar Schottland 4 und fBr IrUnd S
ReerutinuKidiiif'iqt" «ioKtTwiitat «ibd:. DiA-AfnMntag tit die
■ISrkite uuter allen Europaiiehen Heeren, (von 1 Sh. I Pene«
flir den gemeinen Soldaten bei der Infanterie bii 2^.-2^eiMe
Tür den Reiter bei der Garde, ab« iinKhen 12 und 24 Sil-
*t Vetjsl die «b^n .af|||efiihr(«|f <TabeU<M| b^i Pelirer Wd
ßrowniog, ■■.....■■ 1 ''
"1 Daher wurde J90G d'e Verörqliiipa; ^rlMsen, ay Ellfrn und
Vormünder von jungen I^uien'nnler Ifl jäbren für die UeberredanR
eines «nlchea l|iin KrieglditoaM SjCWBMiElti.MUv*'— > "
berf^oseben), sowie MleVliA\^t''^er'^fWlA''^^ MiRttH^'l'iMl«^
nach den aHgemehKefiiTaiMtdlt^n dlH' JLkriaes 'i(bV^«ttt^ k'oitpU:^
sehen MHitilr^Stnateii vi^tMblit 'Wi^^
Amte eine^ QbrtftUei^tepanita ti^, i^fysh j^^t tKe^f rerk&uÜich,
theilt werden sie nach, dem Dieoi^alter nitt^,Ber|b{ljG(^fJii(ig;tH^
beaopderer (Avszeichnu^ im Kriegidienste ^rgeb^n;. bel^^^en
verl^i^uflieheQ Offieiertt^llfn aber ]|«nn Niemand r^^jdem.^if-
rüekgeiegtert techszehnten Jahre angettelU werden, naoh
dydl*f>i(in^t)abren IciWn ersa^fih^fWIÜnnsslille- 'jfeMh''ttblSihitf-'
ligenKnttf iJufHIelterf, 'naeftsf^^b^e^ &ieiMt)ahreil, unter' "l^cbMit
er aber ^helt alB^H4apemartii*iref%«Iltifl IM; «ine« MaJorsiM^^ M^
werben; und' ^endliteh' n^h' *taeta» Dtenat}ahren ;' «rwti' ^JkMn'^er«
wm^ffSteM 4\ki'h€U\Hk ««tttfcn^'Maj^* gewiften t^iri «itta<»> '^4*
HteHr 'eines. Obrktlie4t^nt^ isrilfligen ^)X es ''isV alsr die ^MOg'«'
Kehkef« f#rfa{lnden; • dsjw jedev-^ohlhabeM« Jungte ^Enjfüwitr/
der shn^Wiit Bmt Mfib t.A^^4mkt& zev^t urtd «adirtMi Hkkt,
nnt g'oltbe Wl^ise iki- sMlhi utid ^wtttistgsf%rt^'L(Jbciii)il(l<i'if)ti^t*'
Itedtenant \werden 'Mnn.' Die Obeisiiiärf-Btfinita «owfB'die Moh
höheren 'Grade werden ktnn grftiisten 'l%eSle tiiveb '€Aiit«t terr
theilt/ da es doeh Hftr' söken •gesobMtt; 'dbi' eine Ibt^sslhdenif
*)'6n kostM* li B. das, gew«diQltdle Trattopif^d «^i^b^ i^-
und 7& Qmnmm .OMl Xblr.Ar YiirflUi.Hh^i deji S^ds^^rt^v^^nifi«.
lk'$l^T-;t9^ . ♦ij p-x .\, , ,1 - i ^••\»-^.f!'' '
•' m*y
*y t)er' AnMn(iSpt(^ iA tilbcff *d^ vei1$fch*redefien"Tt^A(^||f^MtiM.
le« *der ^Infcnterte , OivaHtft^ei tffid'idiini 'wte^rvaifür Iteide Vtm\^
p0i4>»ile<d'4r'<i;a»detabgdslufir«i' steht* für d&c.iKai«el«.jUBd Fihn*
>r»difl4fttelMry :n«i8cbch>^0« jmhI U6e ft.Sc.^(19D tNid. 98^ TWr.),
liindi« l4«<teiiaal4-SNIlM» wischen 1260 iii«;) A75t^ftSt. (I(b7^aiid>
H3#6 33rtp:.]!,xfür,di^ l]UMP(m9imt- wid i^tim^i^tcr-SuHlen «w^cben
\9IOß ui>^3o0p Ä ?;. (|0,500 undj2f500 T:,k}h),. für die lMajors;^Slel-
l«;n swis<^eo ^GiJlD uncl,6a(K) % S(. (l^,:>0(]|'und 44,100 Thlr.)/für die
OberÄtU^uteyanls-Steilen z'wWhen ;i50Ö,tvd 670O U'St. (24,500 und
4<;,90o'ThIr!) Aber i^usscrdem kann der Dtficier* in' den imieren
Dieiislgraden s^H^n voA seiiiein Gehdtte 'leb^n /' ntid"^ Ist ganz ^e*
wöAVilicH; dd^s bei der 'Reiterei il& Cornets uhit IlieAtenants fttr dvn •
Aftti^h^ bien^tantwaad * neteh jährifeli deO tl dt. (JMO Thir.) ans
•i^enew fäilfJiBkn snsstMifc niü;iseB. .
i
%S4 P*^ß ^rlt,UAl|• ae.icJi.
kff«!! MiUäi»t«fe b«(i^Hmi. 1)mt Qmi^UUh ul 4«lier bei. »t-
itipkt ^ttd^Juna siemaU ««eb M dem «tirkaUn KrMigsfiiM
dritten JiMÜe in wifkUehem Oicntle ««gmtiUi werden.
Fefdf-Marseh. Generale Gen.Xkut Gen. Maj. Sumnlb
ErbetrugftW 7 t06 197 315 025
nnDecb. 1832 & i ' 90 * 197 219 612
Im Deeb: 1834 Ü 9Ö 190 ' 210 509
■
In 4er«9lhe» Zeit kaue gmnkreiek bei einer mindeatena lief |inl*r
ten;. Ma weilen aber drei wid vierfaeb ao atarken Kriegamaeht»
nur |0|9 noeb 5X0 Generale, niun frt^aaten, Tbeil aiia Napaleons
2eit.auf kalben SqM geaeUt» und aetate 1834 definitiv die Zakl
denelbniui^uf 272 feat: ferner kute Prenaien bei einer ateta atär«
keren Kriegeama^bl nur awiaeben 102 un4 120 Generale. Graan*
brteiSriea aelbat hat fiketdiea nieniala iMbr ala 150 flaneaale ina
Kri«ge beadiilftigt: alao wcl^e eine betrlahtlieke Belaalnng fdr
den SCaatakanriuit ebne Dienateiittr den Staat 1 Die Zabl der
übri^Oen OMeieve .war I89X 202 Öberate» 582 Oberatiietttennnia;
1834 im Deeemher 295 Obeiate, 588 Oberstlient. 810 Mi^i«e»
1514 CapHwne wd RitInMiater, 2I9& Liantenancg, 1018 Fikn-
riebe» alao 7024 Oliieiere nnd mit der oben genannten Generali^
tat nnaammen 7532 OberoCßeiere» oder dnrebaebnittKek auf IS
Soidatdn ein Oflieier. *- Von den Militür-EildnngaaBatal-
teti'iat'obenR 511 ' gebandelt worden. «— Unter den hikeren Ver*
waltungabebtoden dteaea Zweigea iat beaoodera die militiriaobn
UnlrerAnekmaga-Commiaaioi» jK^ nenn^, welehe 1805. er->
riekl^ «nTde, mn aUe Untemekmnngen 4u Miüt5r«I>epartn^
menta au prfiCan «imI an eontrolliretts ikr atekt ea frei» jedma
Heetfibrar nud Militirboamteii wogen aeiner «nnitlieken Hand-
langen ror ibr Geriebt au aiehen. — • Die Militlrr-Lnnarretb«
Verpflegung iat mit keinem keaonderen .Lobe an erw&knen,
was aowobl Yon den Regimente-Laaarethen» ata anek von' dew
Hauptlaaaretben au bemerken bleibt Ala die Terderbliekate Ein«
rtcbtoog aeigt aiek dabi^i, daaa bereitt Kdntg Georg II. 1747 ein
erbliehea Patefit' fOr die Beaofgung der Medicamente für allo
Truppeotheile mit Auanabme der Artillerie gegeben bat, daaa
dieaea Verbitttnifa noch fortdanert, wober in der Regel aekleekt
gelieferte Aneoeien den erkrankten Soldnton geliefert' werden«
Das /Brülscbe Retck;
»
Dan Idhnittt ntA, 4mm ^<ic— Ifcc» -*Mli beitimwien QihuU»-
tfttwi iUci»entonreMe, ^ilma. RMctieht auf die TersdiManeR
elMNUuehen Verh&lCDiM6 m nekaM», «IftgeftiiiNit ir«v4c*: et ftadet
sieh diAeir #il in «idliilieii. Gegenden erngfotterVonradiir^nAr«»-
neiMittela gegen eoldbe KrMiklieifett rar, fiW lieli kivfiger unter 4Hk
Soldaten laEufopa leigao». nn4 wagekahrtein ydlliger Mangel ab
anderen Medicamenta»» die gerade den Landetrerh<niieen am an-
geweaaenaten la aa^pM. DieaeLiaferangea in Pauaeh und Bogen ko-
atelen in iwölf Jabren 1795^-806 = 800,089 Q St (5,663,623 Tbl. ^
Alt Verpflegnngtanttalt für alte oder dureh Wunden lum ferneren
Dianat «nftüiig gamaelita Satdaten «taekauH wakfkaft grawiartig dat
traflüekalnvalidankaoa saCbeltea, gana in der Naekkanekdft
van Landen am AatgaUga dea Hydepmi4e8^ wetehet 400 Indiri'
dnen ^PenaibiMra) imHaoia vetpflegt^ md ii>fiQO^{<kfi^PmuiB^
n$rtf^ anaaarkalk dea Ilaataa ^bMt Neben dieaam Hanta kaün*
dat aiak «uek daa üofo/- Müiimry * Aäyhtm tmt Eraiabnog und
UmpitabC fir 1200 S^ldaten-KinMr, darunter 400 M«d<liaa.
Die Brtti^be Seefnnebt, in eiaeai noeb viel böheren
Grada^ ala daa Landliaer» aaii. larei Jahrhuaderten die Grundlage
der palititebfii Bedeutaamkeit dietet Staatet, «nad aum.groaaan
Tbeil aueh die kräftigate StitM der comaierciellen un4. irtdnttrlel^
len BItttbe det Landet, beatand wäbrend dea Mittelalt^rt nacli
niebt iiir deb aeUbatindig: denn tobaid au Kriegauaternebmangen
eine Flotte anageriatet werden aallie, routtten Sebifio liain nam
Handelaatande gemietbet und beiondert dafür eingeriebtet werden.
Heinrieb VII. lieta daaertte Sehiff der königlieben Flotte
bauen^ aein Naebfbiger fieinrieb VIII. erriebtete bereite ein Ad*
miralititaamt Doeb ala der dgentliebe BegrinUav der Seeniaeba
dieam Staatea trat nnbettreitbar die Königki Clitabetb bervorv «K«
in ibren Untemebmungen gegen Kdnig Philipp IL van Spanten
nnd anr.Baaakitanng der flr ibrt Selbatttändigkeit kUmplenden
Niederiimler bereite eine Flotte von 42 grötaeten und kleineferen
KriegatebüTen bildete, die 8528 Mann Betataung auf tieb, fttlwteu
Unter den Regtemngen der Könige Jaeab 1. und. Carl i. wurden
nur einige kleinere Kriegtfabrseuge aar tlrginsung erbaut, und
die Flotte kam wieder in V^rfalL WiUirend der republikaniaeben
Verfaatiing vermehrte der Protector Olivi^ Croifi^ell fir die
Behauptung dea politiaeben Antebana gfgen die dr^i SeenUclita
UoUan4« Fvankreidi . nnd, Spanien» aowie ^r Beadürmung dea
I
Das .Britf 8€ii^ Reich«
jaMifK «Mkr tidi^hel»iii(iefl*A<iN0r>.EimpiÜieli«i Htttdels be-
Mdidkii 416 filotUi,- iiod hiliMliMi'me aaf «ioem Stenipmikt«
voai65 8eliifi«M'<iiti**J#,0ÖO Mmm Be»ftt«ung. Nach &tr Restett-
r«ti^n itr St«firt9TerfoJg«mi Hie beiHen Kiini)^ CaH It. und Ja-
mM^ iL dteten Pioav im^ die HHtitehto ^enaelit wucb« mit je-
4cm Jali4« m «ioer arHMinilnlMirebi^Htth« empor, ^«o daftt «}b
bm'der'Vertreibw^g-Jaoel« 'lt< Vom' Kfrg4ifehen llnrone^ tut 17S
Kfiegaflchifen« lutttnibefix mittfOlO Kationen «od 4^009 Mman
Besataung bestand] ' * •
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, .; Im aohlKehnteüJaMiiMiideilia-abev' erhob mb die iBridtelie
EblM». Miftdert-fteibe der bedembnAereti' Seemikebte «ntaekiedea
^Irt^ersten Ia Eufopa 'w^ auf der gmaen, liMe; henrotv und «r-
Uogle aaeb '«ad-tiieik mitihron SetebfwadeM die Hemebaft
avC 4diea Meeren*- lob' habe .mir »Vefifaatliehmbg dieaet xaaehen
EmPOrateigtBä emw TabelDa eitwiärreti, welohe 4lie bedenttaaaten
Jalm aUi 4t Xteacbiebte der Brifiaehto Flotte henrorhdbC
Linien* Fre- Klein. Summe Beaatig. Kano-
' ( ichiffe. 'gatten. Kriegt^ d. Kr-* Manä. ben.
• •''•','- sehfffe. wMS^ ' • > -
llti'<ilan»'Vode Wii- •'• »• '' •' ••••■»
helmatIL und dem"* ; " .
Awbmeh d. SpiAii- - *
sehen fiitbfoigeiiile*
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Bei • dem Te^le der '
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Haneet' • Himnelnr
Bnideii Tod^ Oe- •
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♦) ISacfi Uohms Materialien Bdi ll. S. 305 waren von den rtl
fJnienschiflefi W^iis 6 von MO ^ani ihit 6lOÖ IM. Besalzf., ^ von
9Ü bis 74 K!^. itoil 16,400 ML B., BS tofl'79 biil %9 Kaii* mit 9,890
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Bas .BriMscte« illej^lt $Kf
^-.'f lu'l liiix « I..A .loji.iH — mtit>.»^hifff. *,n:i , . V '
Bei dem Frieden zu ,^ .
Paris 1703 146 112 il6 374 101,000 14,200
Nord-Ameriktnisclu *«...{ . ! {..uti-
Freiheiliiki|(8r4iiKh • < •» o-ttu •« « w - ^ .i
d»tt'Frii5dift Jö'Vfrtr. ' ••^*'' "• ; ;'
•«illles 1^783 u a]23 t 104 i 213 i> 44qJ 115,000.. .M,35^
;Hfi d^q» Aufbruch ♦ o ;.' i.T . I .* ■!.'
filep FrAnxöaifcben^ ! ii r: .t o 'n. J u. i m$
BevolutiAiwkMipfi«" ,'"^.. • - • r
1^03"* 176 134 168 ' 468"' 126,()00 18,000
Na$;h der Wegnahme \
. DaDisctiea Flotte
das Maximum im , .
STacli dem «weisen,, i , > i. -
arider Frieden im \
Die hifr genannte Wiinntc))aft istahei; i|nr,di^ri)r den Kriegi-
•tand erforderliche, wenn die Flotte voUstaiidia bemannt werden
■SS unr Jjcsutu«! «icr f^w^ic viwu uhi «icu ac«ijiiiicii .tiicii. rviiiiu«'
dert. aber alntihrlich durch neue Scliine erfrUn^t,, wenn i|uch dU
., rüTi ».'(.11*1 .,;• I ... ^ •■;";, • r o , . .'. , -«
aitea in. der Krieirsireschi.chte der Flotte i>erühmt ffe^wordencn
Namen ^er Schiffe auf die n€u erb|iuten^ wiecler fi^ertr^gpn wer-
den. Aber jelten ist in Friedenszcilen mehr, aU.der tiefte Thml
der vorhandenen teeireirähiKen Krieiriischiff'e im wirklichen Diensite
und aiif den verschiedenen becstafi^pen yertheut,. Der j^j^||)m(;je
Bettand der Flotte wair' noch im becember 1820 6()3 Krieg«-
«
t'w .1' • • r- ' . Alt* t ' l»<t' '. • " M
Ü. B., 31 v«ii ^ bia 80 Kan. «ritOM» M. B. * l/Mer 4en gl Fre-
gati^n' htittt 30 swIiciMa 44«aä( 40 «mm ««4 Ift: BirJ«cften i0
«NMt'IC'lfiMi. ■ *' • J K ••.• ■ '
r
MMfl^ <l«M«Mr^ti LMoMcMffe» iiiit M< bb ISO K«ioii«ii/34
gfWMe FregWteir iHritdiM ^ «M K^ Mmmm, 156 kleiner«
Fregatten «nil 913 KenF#ttii»v Katter, Briggs woA BoMbar-
' «lierM^iffe. " "-f'-''^ ' ■ •'• - •
Der Murine-EtAt vom 1. Oetober 1825 gelr • td^nd^n M-
itand der Flette; ii ••-*». < :-
L.8cli. LSeh. Gr.Fre- KKFre- Konret-.'JUi^ter «ttU.. r: : i
Drei- »wei- gattea. fUteiu tea. . )i^if|s ff^^;^i^qMiB^
4ccker 4ecker .,, folirV- ,,
Itti IKenM 3< 14 «' 29''« 0 <->5« 34 M^'^IM
Abgetackelt Id 73 68 v 9 W* < 0* ' 81 W%
Im Bau begriff. 0 8 31 6 42 f Ö- 8 «k
,ToUl 5 05 128 ...24 458" ^103 679
( >'.
Di« erforderlichen Mannschaften betrugen für., diesef Jalir
21,000 Mann Matrwien und 0000 Mann Marinesoldaten, /. deren
.P^p|Ldttp5 allein I»A39>OOQ <3 St. ,:;:: lji^,0(M) i^iiL ^ erCorderte.
Aber es befanu. sich eine noch grössere Zahl von Seeofiß eieren auf
halbem Solde, als das gesammte Corps der Marine -^Soldatet^ be-
tn^g^ nemlick 0/^97^ fUr wejche ^ef halbf^ Solil 1*03^,031 % S^
= 7,210,217 thi. ausmachte.
* - m. * / '
Im Jahre 1825 befanden steh im Oetober, auf den verschie-
denen' Aus'ser-Europliische'i\ •^eestationeh; (^ Kr^egssciiiiTe
im Dienste» darunter TS Schiffe in dyi'¥toriI-A|i|enlcani'scheii Ce-
waikiifi>n um (^anad^" 9 an der Küste von ^ew-F<fun^land, J2& In
Westii^dien, 4 aih Vorgebirge iler gut4>h Hoffnung und )^ fh dmi
Östiiidischen Hilfen. 'In den Verschiedenen Britisthen Häfen ^ in
i£ur6pa lagen 78 Kriegsschiffe, darunter lO' LinieqsctiiPe" fierejjt,
die' auf dkii erste «Signal in See stech^p können.^ Zii ^»itatern«
Geftingnissen, Kirchen für die Seeleute 'dienten 8t! 'KrieflsscEiäe*
darunter 14 Linieiischifte. Auf den Werften lagen Jm ^fevbau
oder in grosser keparatur tl2 Kriegsschilte, darunter ifl[ Linieo*-
■ehiffe und 38 grosso Fregatten.
Der Bestand der Seemacht am I. Oetober 1827 J*J ^w&hrfe
^ *) Vergh Bajol, Annale« mantimes: el eolotOalev. 1827. «bL 1.
.Unter den 141 von den MarlrnnVeswaliiliig gi;brai»bt«i> Scbiffen
varen 10 Kulter, 10 Kanonier-Scbalapiten für die
Ol«$ UriiUclici fteioJu M»
571 KfiegMliiilew danmtttr 400 UmmükVe^ (24 tm 102^ kk 120
KMOttenK'H' >Fr«fttKM.(4uniii««r 110 mk,40 bif 52 KaoMMiD,
76 KricggteUffi» mU 12 bU 16 Kwiotteii, 07 KrieKMciiiit. mit
6 bii. lOtKavonon dimI 141 grösstte «ad kleinere > SchiflE«, saden:
▼•nchiedeiiiHiftten ^QeMhftften illr die Marin« • Vefwalhiag g«*
Ibrattcht Nftdr-flem Eteta r9m Daeeifcti 1032*) tütmptm wir
folgaadft Udbertidit'dat Beataades dar KriagafeabUEa:
I^Sch. L^Ssk.Frefat. Kr. doli. HftKit. DaaiK- fiM— n
. . v.I2f^ V. »2— V. 58- V. 18— 8choo- ttkiffe.
' 1(M K. 60 K. ao K. 10 K. aer, v
' / Kvtfer.
Im PlotteihKanAo .
ifdllig auagarüa^Y 5 7 40 74 27 10 163
ImVanraltaogadieiF
8ta ♦•)
Abgalakalt
ha Bau bagriffan
«»'
3
32
26
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6
—
79
12
64
ipo
40
30
8
272
5
10 .
13
14
3
4
40
Totalbestand 25 11 ^ 188 140 75 22 563
Ein Jabr darauf (Dacembar 1833) batta sieb dia Gesamiut-
sabl der KrieguebilTa nni 6 verringert auf 557, und swar die
dar Dreifleckcr auf 22, ilie der Zweidecker auf 09, dagegen batta
•ieb die Zabl der Fregatten und kleinerar JCrieguebiffe um. 13
'▼ermebrt Die Dampfaebiffe fUbrten 2, 4, 6, und 12 Kanonen,
die Kananet^-Briggs ( GunhrigB) 12 Kanonen und die Höner-
tcbiife (Boub»J 10 Kanonen.
Kästen, 9 Kriegs-Jacbten, 16 tazateth-Schiffe, $1 Verbrecher-Scbiffe,
15 Zoll-Schfffe, $ zu PulTer-Magaainen aagewaadt, 5 Qoaraaiaiaf^
Fahrzeuge, ' 14 Schooner, ^ Aviso-Bcbifife, 19 Scbilie für die B«»
sorgQDg der Depeaehea.
*) Die "Liste tömmillcber Schiffe tob diesem Jahra nebst der
Aazahl ihrer Kanonen, ihrem Erbauungsjahra and mit gelegeall iefaea
Bemerkungen über ihre jetzige BeadmflSsnbeity ist vollilindig g^^
liefert la C. F. Veilr. Hoffmaaa'a Jahrbuch d. Reisen uad naaaaien
Suiistik IS33, 1. Jahrg. S..3e9-87 und Uebenichts-Tabelle.
**) Von den Schiffen ink den engeren Marina^Yerwallung^diensl
siad 96 für den Haieadteast U6 Ufuenschiffe), 21 für dia Quaran-
laifie (12 Liinieascbiffe), 19 .für dia Terbracber (6 Linienschiffe)
<J9 Dia« 'Vr}«^ls«l^« iUeioil
: Die: BeflmniMÜiK ^^«r^^FlMiiti «¥MMKtir'l«2tfttAll«riM!^^
K.; untl (1832'%^« 58,750 Ki|*4iiM ei* «Mif fti€Kl!^'«lf<93t(^e ^mm^^etn
SiMttt«: no«h< theili|i6iiM) iei4»*lt6iie ^fnnnAtÜnftr* fa«^i'.iir..fblMt&n4ig
gl«tcfli«r'Aiixahl atifj^ifhrt wiiHe. ^ilblt^fr <Mb «gogfeüwilrggn' Aot^
guiMir d«fBf T«fgt:8j 06dM(B< wifbei nur «u bemciimrlileibV dttST
der Sold ungeMi' den drfttMi'Tlrail voir»deiif'A)ifcg«%tft ^rdoD«f-
feetrven Sattmnd dar'Murm« erftirdcrt: Unter der effectiven Mann-
schaft befanden «ich 17,500 bis '20,000 Matrosen, 2,028 in den
Britischen Häfen stationirten Mannschaften und ein Marineeorps
von ungefähr 9,000 Mann, das in 5 Divisionemi.iuldr •i027Com«.
pagnienubgetheiit ist' Von diesen beftnden si^ gegenwärtig 31
zu Portsmouth, 20 xu Chatham, 27 su Pljniouth liiid.flS xu:W(<«l4
wich. Aussefilent gieht es.noch 2 Cbnkpagnieq königliche 'Mbt
rine- Artillerie. Die CrgUnxilng Mfcr Fidtte mit der* n^tlHgoa
MlinnschaFt bei jeden ausUlreehenden Kriege gesobieht -..derdi
Werhnng tDchtiger ' Matrosen .veji ^en Handelsschiffen gegen ein
ansiehended nach den Umständen sehr hohes Handgeld. Reicht
dieses Mittel xur Herb'eisclinifühg d^V biföriterliehefi Meinge hicht
aus, so werden die Matrosen' m'it* Gewalt gcnommW, WeMiö
Mnhssregel unter dem Namen f!er iMatroVenpFresie' bökAnn^,
aber wegen der viel en duhei ^oVj^ekbiilhfieiV^Htii^sliVä^chefibei be»
rufen Ut, und dahe^ ifeuerdiii'^ft Ge^^nständ 'starkef Parläiktent8<r
Deb.ltVen wurlf«; dm ' Ae' Ab^tcUün^ 'dcAeltt'en auf dem Wege
der Gesetzgebung lu erlangeti. . i •
Die oberste Verwaltungsbehörde ist das Adniiraiitäts-Amt
(Admiralty- Office), welches sechs bis sieben königlichen Com-
ralssarien anvertrai^t ist, .von denei^ .<)er Vorstand, .als erster
Lo,rd der Admiralität Mitglieir (les'Cß^binets (s. S, 588) und
lilet eigentliche Seele. dep,.gesanitHten ^Marine ; Adui^stration ist
Als int April 1827 der gej^cnwartige König ^ li^tyssg von Cla-
lence sum Gross-Ä^li^^a^f; ?iQg^»^f'^ ^"f* dadurch ^^«ler alleinige
Verwalter dei^ Adminüiiäts-Amtt^ wuni«, evhielt. er die Vcrp^iclv*
tung. einen AdnriralitätA.*^€oA«eil: aus vier Mitgliedern selbst. su
emennefti, wodurbh-^i^ frühere Ciorielitung siemHch. gleichförmig
wieder hergestellt wurde; Xlde^nuch nach wenigen Montffen dureh
dt&n Rttektritt d«s8«lbeil- von diesem'' Ante < wieder gäncÜeh* zur
alten Form zurückkehrte. — ^"Dre ganze ^Fl<»tte ist in drei tSe*
schwader (Eseadres) gethfeilt,*'welch€f tiach' den Plagc^ien' der 1*o-
then, weissen und blauen unterschieden werden, in t^e!cher
Das ArUische. BeUii« ^l
Reihanftlge auish ilie Ranp^^nliiiiii^ OerStcirOffioi^reli^Hereii^Ira^
des telbst steht. Jedc$ GeMhwa4cv ktt,. wenn es , ?i^niamiiielt isf,
einen bis zwei Admirnle, iW^ .dMS di^vp »^r von det rothen
Flogge zugleich den Titel eines obersten Befehlshabers der See-
macht führt, swei Viee-Admirale und drei Contii^ oder Rear-Admt-
rale. Die Seeofiieiere itohfcn. aueh.in Grossbrititonien» wie ui den
übrigen Staaten^^naeh ihren Titel« in höher«m Range als hfl
dem Land beere, sa dass der Capitain Vin^rMFregiitte mi( dem
Obristlieutenant, der Ca|Htain . eines Linienschiffes tnit dem Obers^
der Renr-Admiral mit dem Generalmajor ^.iler Vise^Admiral.Tmit
dem Gonerallietitenant u. s. w. gleicbea Rang besitait » Nur
kann bei der Marine gar keine Stelle oder «in Avaneenienjfc
zu einer höheren dureh Geld erkauft werden« Dock herrscht
auch bei dt/r Englischen Marine dasselbe Unweseu wie bei dem Lan4*
beere, dass eine bei weitem grössere Anzahl höherer Oüvciers«
grade ernannt wird, als Jemals auch nur zu|ii flinften TheUe dei;«
selben gebraucht werden könnte. Nach dem zweiten Pariser
Priemten blieben 1BI6 71 Admirale, 75 Vice*Admirale und 80
Rear-Admirule, also 226 Admirale; etlf Jahre später (1827) w»-
ren 53 Admirale, 68 VIce-Admirule, 60 Rear-AdmiTAle, 32 Rear-
Admirale auf halbem Solde, 830 Capitaiae, 844 Commandcur^
37Q6 Lieutenants, 668 Zahlmeister, 540 Unter - Lieutenants, 358
Chirurgen, im Ganzen 7248 Beamte, die den Rang von Flotten-
Ofücte^e haben. Wieder fünf Jahre später» im Oecember J832
hatte die Znhl der Admirale durch eine grössere Sparsamkeit in
den neuen Ernennungen wegen der grossen Gehalte abgenommen
auf 50 (14 von der rothen und je 18 von der weissen und blauen
Flagge), der Vice- Admirale auf 61 (19 von dßt rotlien «nd je 21
von der weissen und blauen Flagge), der Rear*Admirale auf 66
(17 von der rothen, 22 von der weissen und 27 vo» der btauen
Flagge), der Capitaine auf 803, <ler Commandeurs auf 8dl, der
Lieutenants, auf 3225. Aber auck für die mittleren Grade der
See-Oflicierstellen wird diese Sparsamkeit jetzt mit^ jedem Jahre
stärker wahrgenommen; 1833 im December gab es nur noch 44
Admirale, 52 Vice- Admirale, <H Rear- Admirale, 786r Capitaine,
877 Commandeurs, 270 Commandeurs der 2. Classf, 31 f 2 Lieu-
tenants; 1834 im December*) 37 Admirale, 49 Vice- Admirale,
*) United Service Joaroal vost J. 1835. Der Ifalbsold der drei
AdmiralssiufeVi ist 500 bis 800 ft St., derCapitain« 180 bis 300 ft St.
67t D«^ Britiftche Reich.
*61 Rear<A<fmirtile, 77i0'Capitaiiie Maton 64 im aetiven Dienttt),
S67 Coiiimaiiaeurs3(i'^^<>" ItOvim •ettren Bicntte), 3106 Lievte-
nanU (davon 762 iai actiren Dientte)..
* Ueber die BHiKiR^Aiiataiten fiir die Marine t. S. 622. —
Die Kriegtb&fen sin4 Ckalhaai io der Nähe tob RociKtter tm '
Me4way mit aehtiM^ertlieii Deekt wirf allen Aftttaltes nim fiaa
für die KriegMcliilfey Deptferd, Woolwiefa, Pembroke, Sheemest
an der Themse, l>over, Falmeoth, Porttmouth, Pljmooth, van wel*
eben die beiden letifteii die gr5Mten und naeh der See su mit star-
ken Befestigirogsirerkeii gesehütst sind, und gleiehfalls besMiders
ausgeseichnete Schiffswerften und Decks für die Kriegssehiffe be-
sitzen. Hail und Berwiek siiid nur für Schiffe gerti^j^rea Gra-
des gebracht Es sind in allen «diesen H&fen darcbsehnittlieb
gegen 14,000 Arbeiter fUr die Flotte beschäftigt Der Ban nnd
die Tollstftndige Ansrttstang eines Linienschiffes vom ersten Range
mit mehr als 100 Kanonen kostet gegenwärtig in Grossbritanniöi
100,000 9, St (700,000 Tbl.), eine grosse Ffegatte von 36 bis 45 Kan.
swischen 25,000 nnd 32,000 % St (1 75.000 und 254,000 Tbl.). — Das
grösste Invaliden-Hospital der Marine kt su Greenwidi bei
Deptford, von Wilhelm IIL gestiftet, aber erst 1705 eröffnet, wo 2,400
invalide Matrosen und Marinesoldaten iaa Hause und 30,(MI0feiif
Pensionert) ausserhalb des Hauses jäbriieh mit 6 bia 20 tt St
42 bis i40 ThI. erhalten werden.
IL Auswärtige Verhältnisse
S. 13.
Der politi&che Verkehr Grosisbritanniens mit an-
deren Staaten.
. Als Engtand unter Elisabeth xu' einer Maeht des ersten Ran-
ges sich erhoby trat es mit sAmmtüchen Mächten Europas in ge-
\ ^
fl
Das Britische Beich. 673
luven p^UtiadieQ ^Verkfthr» da ft Hiebt ninder m d^n A^gele-
genh/eitea ilae aüdH^egUielieii» iri^ des hördUchen Europas betben
ligt «rar. Diese polilisehe Bedeutsamkeit ist für Grofsbritannien,
mit Ausnahme der Jahre 1603— 6 1» wo die beiden ersten Stuarts
ausserhalb ihre* Staates eine uutergeordnetere Stellung nur
behaupteten» nicht nudur ^kArst worden» und in jeder grossen
linternehniang der EurpplUsoheo^^Mäidite unter und gegen ein-
.ander hat diese Maoht s^ der Restanratipn der Stuarts eine
gewichtvolle Stimme stets behauptet, oder ist geradeau vermit-
telnder Sehiedsriohter^ vbisweilen aueh gebietender Entseheiüer
in den poliHsehen D^erensen gewesen. Seitdem die ^acht dea
Hauses Habsburg durch den dretssig|ährigen Krieg und die gut-
bereehneten Unternehmungen Ludwigs XIV. in Spanien und
Deutschland sugleich ersehattert werden war, trat England sum.
Theii an seine Stelle, und tibernahm mit kraftvoller Hand die
Leitung der Frankreieba herrsehsOcbtigen PlUnen entgegenwir-
Vkenden Miohten. Als Vrankreiebs Macht aber in der ersten
Hlilfle des aebtaebnteu Jahrhunderts aufhörte, durch seine Ueher*
macht der Ruhe der' Staaten Europas gefahrlich su werden, blieb
England Vermittler in den vielfachen politischen Händeln dieser
Zeit und gewährte durch reicbliehe Geld*Subsidien, seltener
durch abgesandte- eigene oder auf seine Kosten eihaltene fremde
Beere, der schwächeren Macht neue Kraft aum Widerstände ge-
gen die Prüpotens eines Staates oder mehrerer Verbündeter. So
handelte England für Maria Theresia im Oestreichischeii Erb-
folgekriege gegen den Bund zwischen Frankfeich, Preussen, Spanien
und vielen Deutschen Fürsten: so bandelte es für Preussen im sie-
benjährigen Kriege gegen Oestreioir, Frankreich, Russland, ScKwe-
den und das Deutsche Reich. Aber diese Politik war dem Briti-
schen Staate, als einem Handcis-Staate und einer Seemacht, in der
That durchaus angemessen, denn indem tH das IntercMO der schwü-
eheren Parthei schützte, f5rderte es nur sein eigenes Interesse.
Daher blieb seit dieser Zeit Hauptgruhdsatz der Biitisohen
Politik, jedesmal der Ueberhiacht auf dem Continente Europas
sich entgegenzustellen, sei diese durch einen Staat, oder auch
durch einen Verein mehrerer Staaten herbeigefüBrt. In dieser,
Ansicht finden wir sugleich den erlüutemde|i Commentar für die
Britische Politik ip der neuesten Zeit, und wir dürfen der-
selben ak einer belehrenden Mahnung auch für die Zukunft uns '
anvertrauen. Daher der Bund mit ppeusaen und Oeatreicli gegen
Schubert'« Statistik II. 4}
674 Da0 B-ri-H^cAe Bei eh.
daa rerolotionäre Frankreich, daher Fortsetzung d^esei gemein-
schafdichen Kampfes, als beide erste Verbündete und die übrigen
Theilnehmer dieses Bundes nach der Reihe mit Frankreich Frieden
geschlossen hatten. Fa kam nur darauf an einen lang dauernden
Krieg auf dem Continente zu erhalten, weil durch diesen doch end-
Kch die Uebermacht auch des glücklichen Siegers geschwächt wer-
den musste. Daher sehen wir aber auch das Englische Cabinet den
Krieg selbst anschüren, neue Coalitionen gegen die Französisch«
Republik und das Französische Kaiserthum zu Stande bringen und
mit den grössten Geldopfern erhalten, weil sein Staatsinteresse,
das ich oben in Bezug auf den Handel und den regeren Ver«
trieb der Erzeugnisse der technischen Cultur ausführlicher aus-
einander gesetzt habe, durch jede Uebermacht in Euro[»a auf
die* Dauer sich in den vorzüglich Rten Grundkröften seiner po-
litischen Macht mit dringender Gefahr bedroht sieht Wenn
nun demgemäss William Pitt, so lange er das Englische Mini-
sterium leitete, 4ie ^eele alier Unternehmungen gegen Frank-
reich blieb, so war dies keinesweges seine persönliche Politik,
■ie war nur aus der nothwendigen Stellung Grossbritanniens un-
ter den Staaten Europas hervorgegangen: daher konnte es nicht
anders geschehen, als dass unter den damaligen Umständen, nach
der kurzen Unterbrechung -einiger Monate durch Foxs Ministe-
rium, zu der früheren Politik zurückgekehrt werden musste, und di«
Aiihi'mger dieses Sjstems, Perceval und Castlereagh', inderVerwaU
tung der ^auswärtigen Angelegenheiten bei strenger Befolgung der
Grundsätze Pitts verharrten.
England war inzwischen seit der Mitte des achtzehnten
Jahrhunderts unbestreitbar die erste Seemacht Europas gewor-
den, d. i. es hatte eine politische bedeutsame Stellung vorzugs-
weise durch die Ueberlegenheit seiner Flotte erlangt, es behaup-
tete aber auch dieses politische Gewicht, ohne zugleich die
nachdrückliche Unterstützung eines Landheeres zu besitzen«
wie ^ies bei den übrigen Grossmächten Europas der Fall war.
England hatte inzwischen früher noch einen Nebenbuhler in der Re-
publik der vereinigten Niederlande, welche zuerst als mit gebietende
Seemacht in Europa aufgetreten war, $ber anfänglich doch zu-
gleich ein auserlesenes Landheer besass, unter den ersten drei
grossen Oraniern selbst in ihrem Heer ^ne Schute Europiiisrher
Kriegskunst bildete, sowie in ihren vielfachen Festungen, bei der
aatttrliobea Beschafienheit ihres Landes, einen undurchdringlichen
I>a>t B^rUisah^ Reich. 675
SchHt^.fur die* Beknuptunii^ ilires. poUdichen ADt6li«iis.fB8tt teilte:
Englafid dagegen veriichtete auf die Rehauptnng eeiner Macht
durch eia atehendea Heer,, denn wie Marlborougha gläny^ende
Feldzuge in dem ersten Jahirsehend detjieiitiehnten Jahchuiidert8,«Q^
, blieben Wellingtons Unternehmungen hundert Jahre später nur vor-
übergehend, nur durch die politischen VerhiUtnisse anderer Staa-
ten hervorgerufen^ nicht durc^ Englands eigene Lage geforderte
Aber, die zweite Seemacht sank durch beharrliche Vernach«^
Ulssigung der Mittel, durch welche sie zu i)^rer politischen Sclbst-
Btftivdigkeit und Ifbh» empor gestiegen- war, ^e Niederlande gin-^
gen in innerer Zwietracht uad sich seihst vernichtendea Par*
theiungen unter, g^gfn deren erdrückendes Gewicht sie auch-
nicht mehr- lange die politische Selbstständfgkeit su behaupten
vermochten, und während der Revolution als ein Theil dem unge«
messenen FVanzoseQ-8taat einverleibt wurden. England erhielt da-
durch das ganze politische Gewicht beider Seemächte für sich allein^
" und benutzte diksselbe reichlich in dieser ^eit theils durch Vernich-
tung der Flotten aller westlichen Staaten Europas, tfaetls d«reh Ero«^
bening der meiüten Ausser-Europutschen Colonten derselben. Oross^
britanni^n kam auf solche WciseJahrzehnile* lang in den alleinigen^
BcAitz des^Wdthandels, seine Besitzungen in Ost- und Westindieii'
und der daran sich kn^üpfende ausgedehnte Handel machten das Bri-
tiilche Volk zu dem reichsten auf der Erde, die leichte Art die ßri«-
trsche Natiönalschuld zu vergrössem und die Mittel zu ihrer Befrie-
digung für Zinsen und Tilgung zueilangen, reichten der Regierung*
stets Geld in die Hiinde, so <hi8S durch rctehliehes Spenden»
' desselben an viele Staaten Europas, selbst an ihr<f ersten Mäehte^
difese selbst an «las Britische Staats-Interesse geknüpft wurden. Die-
ses trachtete jedoch auf seiner Seite, in allen politisehen Beztehun«-
gen unablässig für ilen Handel nnd'die Industrie seines Volkes tiber-
ail Vottheil und eine weitere Ausdehnung des Verkehrs zu gewinnen..
Diese Jlrchtung- und Stellung t Grossbritanniens wird auch-
jetzt, noch energisch in allen auswärtigen Verhältnissen behaup-
tet: es bleibt aber ganz dem- Cliarakter etnes-solchen Staates gemäss»
dtass er eben dcsshalb den nusgebrehetsten politischen Verkehr -
mit den Staaten aller Erdtheile^ eingeleitet hat und noeh erhält ^U
*) Vergl. darüber oben S. S34— 686 das Amt des Staatssecretär^
der auswärtigen Angelegenheiten und die Beschreibung des diplo—
mAtiscbeiv Verkehrs in Groasbri(anuiea«
43*
67S Das Britische Beich.
Ei ist ihm ifaria kcia StMf ««r^AomtaMM» 4mber gtk aueli
•r dM Vnte Beit|^el ia Bar9pa> «lit il«n neaea Slaatea das
mittleren und tQdlkken Ameiikat ^poKcltstke Vtrbiadaagea aa-
sukaüpfcn and Vertrige ahaataüliettea« *
$.14
Die wichtigsten noch als gültig bestehende^
Staatsverträge und Bikidnisse nach ihren
> Hauptbeziehungen.
Von den allgemeiaen Staatttertrigen swinchen Groitbri«
tiinni^n and den wichtigsten Staaten Europas in Besog auf
die Feststeliang der gegenwärtigen Politik seit den beiden Frie*
denssehlüssen xa Paris und dem daawiachen liegenden Congresse
an Wien ist bereits oben bei.deni Rutsisehen Reiche Bd. I. S. 372»
und bei Frankreich Bd. V. S. 285 das Nöthige erörtert worden«
Die eigenthümlichen Besiehungen der neuen Quadrupel- Allians mit
Frankreick, Spanien and Portugal Yom 22. Apr. 1834 haben bei
Frankreich gleichfalls (Bd. IL S. 28ß—$6) schon ihre Erledi-
gang gefunden« Blit Spanien haben aber seit der Restau*
ration der Stuarta ausserdem vielfache politische Vertrige sa
gemeinschaftlichen politischen Unternehmungen, namentlieh seit
dem 23^ Mai 1667 beatanden, die sugleich gegenseitige Handels-
v<urtheile» jedoch mehr su Gunsten der Engländer als der Spa«
aiar feataetaten« Dies geschah besonders durch den Utrechter
Frieden und den'Assiento vom 2^ Mira 1713, welcher die be*
dingte Einfuhr der Neger-Sclaven in das Spaatsche Amerika 'suge-
stand» und einen vollständigen Handels« mid Schiffal\rts- Vertrag
auf das Recht der begünstigsten Nation am 9. December 1713 sur
Folgo hatte. Derselbe wurde bestätigt und noch erweitert am 14.
December 1715, un^ abermals in den allgemeinen^Besiehungen mit
Ausnahme des. Assiento durch diQ Eriedensscblüsse vom 10. Feh.
1763 und 3. Sept 1783 erneuert*^ Die Handelsbef^ehtigungen
*} Marteas Conrs diplonat U S« 369^71 aad UI.& I1»«-8i.
Das Britische Reieln
•77
erfangten aWiiuil» Ar S» BogISader «incti grgMttfn UidTaUf^
in 4tm Schüts* und TrotibQndmwe vom Jahre' 1811 %in4 dem
Handeltftrtrag» yom 23. Angustt 1817, welcher aneh sagleieh
die enten Verpfliehtuugen fihr Spanien w^an AbaehaAng dea
Sdarenhandela nach Amerika festateUte, ufid bia Jetst noch in
rechtagültiger Kraft gcd>Uebett iat — > /
Mit Portugal hat Groeabrltannien noch eiftschieden gün-
atige^e Vorlheile für aeinen Handel und aelne Industrie erworben,
alt von Spanien, da bereits in dem Handelsverträge vom Jahre
1642 die Engländer daa Recht erlangten, bei allen Abgaben und
Zftllen wie die begünstigtste Nation behandelt lu werdep» diaaec
Vertrag fiberdiea noch in einseinen Punkten 1654; 1057, T667nnl
1698 beträchtliche Ausdehnungen erhielt Aber die Krone dieser
Verhandlungen blieb der Methuen-Vertrag vom 27. December 1 703 %
wdcher swaf für die den Engl&ndem gerade am meisten susa*
gende Portugiesische Weine einen vermehrten Absats nach Gross-
britannien verschaiRe, aber daifüir auch den Briten auf Kosten
anderer Nationen fast Monopoihandel in den Manufacturwaaren
und namentlich in den Woll-Eabrikaten ainrUumte. Diesea Hau-
delaverhftltniss beaintr&ehtigte in der That die ^elbttständigkeit
das Portugiesischen Staatea und vernnlassta dadurch' sehr häa*
iige Beschwerden im Volke« die indess auch unter Pombala
Bfinisterium nur theilweise abgestellt werden konnten: aber bei
einem ao ansehnlichen Vortheile war es auch erklärlich, dau
Grossbritannien alle aeine politischen Ktftfte aufbot, um diesen
Einfluss und diese Handelsvortheile in Portugal sich nu erhalten.
Daher die Stellung Grossbritanniens zu* Portugal während dea
Fransösischen Revolutionskrieges seit dem Bündnisse voni 2CL
September 1703, daher der Kampf dieses Staates für Portugal
seit 1807: daher aber auch wiederum die fQr Grossbritannien
theilweise erhöhten Vortheile des Handels* und SchifiTahrtsver-
trags mit Portugal von Rio Janeiro den 10. Februar 1810 und
•) Märten» a. a* 0< I,, 8. f73^78 und in. 8. 265— sa V^c.
culloch a; «. O^ D. U. LS. 995 hält dagegen diesen Vertraf für
anvortheilhaft, weil er der Ausdehnaag des Handels mi« Fraakreiota *
geschadet habe: doch acheiat er dabei ganz die verschiedenen Zeil-
zustande zu ülwriclian. Der Test daa Vertrage ist das. 81 618.
$78 Das Britische Beicli.
I
!
die dasu gehörende Uebereinkanft von London .dialS» Deoem*
her ISVI*)4
m
f Von den bestehenden S^t^ifffahrts- und Handelsverträgen
mit Frankreich siehe oben S. 287^ wobei noch zu bemerken
bleibt, dass Europäische Crsenj^niss^ auf Elnglischen SchiflTen
nach Frankreich und auf Französischen Schiffen nach Grossbri«
Jtannien nur in deni FaUe gebracht werden dürfen, wenn sie in
Englischen oder Französischen Häfen geladen' haben. Der Han-
del nach den gegenseitigen Colonien wird (mit Ausnahme der
im Besitz der Ostindischen-Compagnie beftndlichen Länder) für
die Schiffe beider Völker frei gegeben, wenn sie ihre eigenen
fohen Produote und Fabrikate einführen. Poch bleibt immer die
Einfahr derjenigen Gegenstände geradezu verboten^ die ent^
weder überhaupt gar nicht, oder nur auf Englischen Schiffen
in .Engljsoiie und auf Französischen Schiffen in Französische
Colonien eingebracht werden sollen **), -^ lieber die l,etztdi|
Handels* Verträge mit Russland i. Bd. I. S. 274. r-^
Mit Preussen besteht, da wir von dem allgemeinen po-
litischen Verkehr Grossbritanniens mit den Europäisehen Staaten
vom ersten Range schon oben gehandelt haben, der Harfdeisver*
trag' zu London, unterzeichnet am 2. Apn 1934*% ratiticirt am
15. Apr. 1824, >und mit den Ratificationen ausgeweehfelt am
I.Mai desselben Jahres *^*). Nach demselben werden fQr die
lämmtlichen Handelsschiffe beider Nationen gegenseitig nur die
Lasten und Sehifffahrtsabgaben festgestellt, welche die National*
sehiffe zu entrichten haben: beide geniessen gleiche Rechte
*) MaccuUoch a. a. O. I. S. 814—21.
**^ Neueste Staatsacten Bd. HL 2^
♦♦*X MaccuUoch a. a. O. I. S. 822— M. Preussis^hc Gese(z-
sammlung J. 1824 vergl. damit d. Prss. * Gesetzs. J. 1826 Nr. 1007,
welche eine öffentliche Bekanntmachung liefert, dass. die Engländer
überall in Preussen gleich den ibe^ünstigtsten Nationen im Handels-
'verkehr behandeü werden sollen, damit dasselbe Recht auch auf die
PreAssischen Unterthanen in Grossbritannien üfoer^^^'hew Dies solle
solange verbleiben y als es in Grosebritannien Cofidaiiest*
Das Britische Reich. 679
und Begünstigungen» jedoch nur för solche Erzeugniste des
Bodens und der Industrie, deren Einfuhr öherhaupt nach den
vorhandenen gesetzlichen Bestimmungen erlaubt ist: es ist aber
völlig einerlei, oh diese Schiffe den Preussen und den Briten eigen-
thümlich sind,^ oder aus der Fremde hergeholte Waaren einführen.
Dieser Vertrag ist auf zehn Jahre geschlossen, mit einer Fri«t von
zwölf Monaten zur Aufhebung oder zur Verlängerung desselben.
—-Mit Schweden trat Grossbritannien seit dem Westphälischen
Friedensschlüsse 1648 und dem Frieden von Oliva 1660 in nU,*
here politische Verbindung, worauf am 2lsten October 1661 ein
Bfindniss und Handelsvertrag zwischen' beiden Staaten abgeschlos-
sen wurde, welcher letztere stets erneuert, namentlich durch
den Vertrag vom 5. Fehr. 1 766, bis auf unser Jahrhundert sich in
Kraft erhielt*). Derselbe erlangte gleichfalls neue Anerkennung
in dem Bündnisse zwischen Schweden und Grossbritannien gegen
Frankreich im Jahre 1812, sowie eine zeitgemässe Enwiterung in
dem neuen Schiffahrts- und Handelsverträge vom 23. März 1826,
ratificirt am 18. Mai: ausserdem wurde am 6. November 1824 noch
zu Stockholm ein besonderer Vertrag zwischen beiden Staaten we-
gen Unterdrückung des Sclavenhandels abgeschlossen **). — Mit
der Krone Dänemark bestand ein Handelsvertrag seit dem 25.
April 1665, welcher bis zu den Verhandlungen Über die bewaff-
nete Neutralität zur See im Jahre 1780 in Kraft sich erhalten
hatte***). Seit dieser Zeit näherten sich beide Staaten nicht
mehr zu dem alten frenndschaftlichen Verbände, bis die vietfa-
eben Differenzen während Napoleons Einflusses auf Dänemark in
gänzlichen Abbruch alles politischen Verkehrs übergingen; die
wieder angeknüpften Verbindungen zwischen beiden Staaten durch
die Pariser Frierlensch'lüsse erhielten fü^ den Handelsverkehr
neue Festigkeit durch den Handelsvertrag zu London vom 16(eQ
Juni 1824 f), der fast völlig gleiche Bestimmungen wie der mit
Preussen abgeschlossene enthält, und auch auf denselben Zeit-
raum eingegangen ist
, I
♦) Martens a. a. O. I. S. 571—76 und III. S. 270-73.
♦♦) Neueste Staatsacten I. S. 38—44.
♦*♦) Martens a. a. (X I. S. 566-72 und UL S. 267-69.
t) Maccullocb a. a. O. L S. 796—800.
S8e Oa8 Britisch« Reich.
)
Mit 4ein Königreiche der vereinigten Niederlande
wurden die früheren innigeren politischen und comliieTeiellen Be^
xiehungen, welche seit l&uger ab swei JelA'huniUrtett swisehen
d^r Republik Holland und England bestanden hatten, -gleich I8J5
wieder angeknüpft Verhandlungen Über den Abschlnss ein^a
neuen Handels^' und Schiffahrts-Vertrags begannen b^ald darauf, fan<^
den aber wegen der Indischen Besitzungen einigen Anstand, bia
dass «m ]7ten Man 1824 ein Vertrag mwisehen beiden Steaten
ahgesciiios^ wurde, i^lcher den gegensätigen Handel im Indi«
sehen Oeel^k' begünstigte, und nur das Doppelte der Zollabgaben
für die eigenen UotorthaAen im Handelsverkehr bestimmte, wo
aher^ diese gar nichts aahlten, den Zoll höchstens auf 6 Procent
des WeAhes 4er Waaren featsotate. Doch blieben die Motucki«
sehen iasein davon ausg^eschlossen , solangb die NtederHbi-.
dische Regierung selbst hier den 8pecereihandel als Monopol
betreibt**), p* (Jeher die Verträge wegen der Königreiche Bei*
gien und Griechenland s« B. I. 8. 374.
Mit dem Kaiserthume Oestro ich ist ausser den obigen allge*
meinen politischen Verträgen jm London am 21. December 1829
ein Handels-und Schiffahrts-Vertrag abgeschlossen ***), der eben-
falls den Bedingungen des Preussischen fast ginslich gleich ge-
stellt i:it. Dasselbe gilt von dem Handels- und Schiffahrtsver-
trage mit den drei Hanseatischen Freistaaten, Hamburgs
Bremen ifnd Lübeck, abgesdilossen zu London den 20. Septem-
ber 1825***). Nicht so günstig filr das Königreich Neapel und
Sicilien besteht der Handeis- und Schiffahrtgvertrag vom 26teii
Sept 1816 SU London abgeschlossen f) noch ietst als gültig.
/
Mit der Ottomannischen Pforte sind alle frühere poli-
tischen Besiehungen und gegeuneitig sugestandene Handelsvur-
theile in den Friedensvertrag vom %* Januar 1820, In den Dar-
danellen abgeschlossen t wieder aufgenommen, als gültig aner-
*) Macculloch a, a. Q. L S. 611-^12.
♦♦) Maccalloch a. a. O. L S. 797—08
***) Macculloch a. a. O. I. S. 803.
t> Macculloch e. a. O. I. S. 825«
\
Da« Britisoke Seich. 681
/
kannt, und theilweite beträcbtlkh erweitert *). -- Die Ver-
hältnisse mit denBarberetken^Staaten sind seit den: fionbar«
•dement Algiers dureh Admital Exmonthiai August 1616, mekr durch
«lie Ueberlegenheit der Bricisehen Seemaefat auf dem Mittelländi-
■eben Meere, als durch Verträge sehr gQnstig Ar die Britiiehen
Unterthanen erhalten worden«
Unter den Asiatisdhen selbständigen Staaten, ^ den^n wir
die Ostindischen, wenn sie auch noch eigene Herrscher besits^
j^iicht mehr rechnen können, ist neuerdings mit dam Seh^ikTiMi
Persien ein Handelsvertrag .1835 abgesdilossen worden *%
T- Der Verkehr mit den Amerikanischen Staaten ist da-
gegen fregenwärtig fast überall durch politische Verträge aiisaev«
ordentlich lebhaft in allen Besiehungen erhaltefi, wodvroh dai
Interesse Grossbritanniens hier höchst ansehnliche VortheUe ef-
worben hat Mit 4«n Nordamerik^nisehen Freistaaten
.war seit ihrer Anerkennung als selbständiger Staat dutth den
frieden Ton Versailles am 3. Septbr. 1783 gleiclixeitig ein.polU
tischer Vertrag über die Regelung des gegenseitigen An^^krer-
l^hrs eingeleitet^ und dieser auch durch besonder^ Parlament
acte Ton 1785 und vom 4ten Juli 1707 festgestellt worden^**).
Dem Frieden von Gent (24. Dec. 1814), welcher den ersten Krieg mvi-
scKen beiden Staaten beendete, folgte alsbald ein vollstlndig^
Handelsrertrag lu London den 3ten Juli 1815 auf vier Jahre «ligt.
schlössen, welcher den ausgedehntesten Handelsverkehr übe beide*
Völcer, für die Nordamerikaner selbst nach den Haupt-Nieder-
lassungen dea Britischen Ostindiens bestimmte f). Dieter Ver-
trag wurde 1818 und 1827 abermals erneuert — Unter den neuen
souverainen Amerikanischen' Staaten erkannte^ Gross^ri tan«
nien durch eine förmliche politische Acte vom Iten Ju^yMf*%B25,
die Selbständigkeit von Mexico, Buenos Ajres und Cplunt*
bia an ff). Es sehloaa aber auch sofort Freundschafts «^ Han«
*) Maccalloch a. a. O. I. S. 8^7—30.
^*) Preussiscbe Staatszeitong, Aug. 1^35 Nr. 238.
***) l^^rtens a. a. O. I. S. 688-90.
t) Macculloch a. a. O. L S. 830-33.
tt) Neueste SUatsacteu I. S. 1—78. «
*
68S 1)4« Brititohe Reich.
Ms- uni ScMffalirtiTartrftge» mit*4«i Tereinigten Pre?in-
sea am La«PlalAttrome am 2. Fabr. 1826« su Buenos Ajni
TOB 4«r Repablik ank 10. F^r. 1826*) radfieirt, mit Mexico
imk 0.Apr. 1825 aod dem 26 Docaaiber 1826*% nitColunbi«
den 18. Apr. 1825 ***) la Bogota. In allen diesen Vertrigea
und die Abgaben nnd Recbte gegeneeidg featgeetellt, nnd für na-
tional Im Handeleverkehr werden diejenigen SehüTe angeteben,
welebe Im Lande erbaut^ oder als rechtmässige Prisen genommea
dlid, oder wenn der 6ehiSs*Capitaiii nnd s der Schiffsmannschaft
Btt dem Volke gehttren, deren Flagge sie führen. — Mit den
Kaisertknme Brasilien wurde am 18ten Oetober 1825 ein Han*
ddsrertrag abgeschlossen» zugleich wegen Abschaffimg des Sclaven*
kandelsy der nach Ablanf ron Tier Jahren von Portugi^ischer Seite
«rfolgM sollte, wihrend dieser Zeit aber nur auf die'Linder der Oüt-
kllste Afrikas beschrftnkt bleiben dürfte , M der Portugiesischen
Krotao sngehürett. Dieser Vertraj; wurde anf&nglich (Jan. IS28) ron
England nicht ratificirt, weil Brasilien die Sperrung gegen Jejesvcn
Portugal anerkannte Verbrechen des Hoebverraths Teriangte, dann
aber wurde die Genehmigung nachtriglich am 10. Aug. 1827 er-
Ikeilt — Die Republik Veneauel« erhielt die sicherste Garan-
tie ihrer Anerkennung Ton Seiten Grossbritanniens durch den AÜ-
aehluss des HändelsTertrags Tom 27. Oetober 1834, welchen sa
London Seanor Hantilla als Abgeordneter der Republik mit den
Lord Palmärston als Minister der auswürtigen Angelq;enhd-
ten
^ Netteste Stsatsactea L, L & 1--7.
^ Neueste Staatsacien L S. S. 186 und i;7{ nnd Maccallodi
L 8. 806-18.
***) Neueste Staatsacien L 1. S. 7—16.
V • •
*
k
g Berichtigungen nnd Bnickfeliler
im ersten Bande.
S. 66«^. IL 1. Zaae st Zanetornato. — S. 130.Z. 4. t. il 1.
1.271 QM, iL 124,171 QM. u. 1,422,100 Einw. st 22,100 E. —
S. 318. Z. 1. L heiligst diriji;. st hdrhst dirigir. — S. 344
Z. 12. T. it L Eheweibermorde st Männcrinordc. — S, 377. Z.
10. T. Q. L der früh, unbedeuteifde .... politische u. conimerc.
Verl^ehr st. den Beziehungeo. — S. 378. Z. 3. 1. Persi-
sches Reich st Russ. R. u. Z. 4. den dieselben mit grosser Eiflr-
■ttcht tlir andere Europ. st den sie siun Nachtbeile and. — |
Im zweiten Bande.
S. 2. Z. 21. L in 2 Blättern, statt in 70 Blättern.
S. 5. Z. 11. 1. histoire st histori^
S. 10. Z. 20. L 1648 st 1638.
S. 10. Z. 10. V. u. L Spanischen st Oeüfcreiehiscken«
S. 12. letite Zeile 1. Flecrj st Flenry.
S. 23. Z. 3. T. u. L Arrondissement st Arrondissemens.
S. 26. Z. 1. V. o. schalte ein DutenB histotre de la naviga-
tion interieure de la France^ Paris 1824, 2 vol. 4to..
S. 27. Z. 2. T. o. L 45® n. Br. st 51® n. Br..
S. 28. Z. 26. T. 0^ L bildet der st bildet den.
S« 28. Z. 5. ▼. u. L dem Golean st den Golean..
S. 41. Z. 12. V. n. vor Aber schalte ein: In den xehn Jahren
18}| sind in Frankreich 28 eiserne Hängebrttcken für die Summe
T. I0,41M),000 Free. (2,832,300 Tbl) in einer Gesaromtlänge Yon
5245 Mitres gesehlagen worden, davon 6 ttber die Rbmie, 3
über die Vienne, 3 über die Loire, 3 über die Seine^ 2 über die
Duranee, 2 über die Ard^he, 2 über die Sadne, 2 über die ^
Garonne, 1 über den Gard, 1 über den Aih, 1 über die Marne,
1 über den Ter nnd 1 über die Mosel. —
S. 61. Z. 8. T. u. L Capefigne st Capegfive.
S. 73. Z. 6 T. n. L je 3 nnd 4 st 6.
S. 73. Z. 2. V. u. schalte ein: „wo keine Kirche wicen
SU geringer Zahl der Bekenner gebildet werden kann,, errichtet
man ein Oratorium oder einen temple $epare\ deren es 10 ausser-
halb der Consistorialkirchen giebt
8. 74 Z. 2. V. ob. Die Zahl dar Evang. Ludier. Geistliehen ist
601. n. Zr 13 die der Reformirten ist 520.
S. 110. Z. 16. V. ob. Zu den Sitten der ausgeselehnetsten
Gerbereien in Frankreich müssen noch Pont-Audemer, Cbateau-
lUnaud und Blois hiniugefttgt werden. In der Weissgerberei
steht Frankreich jetst auf der höchsten Stufe xmd hat selbst die
BngU^e Industrie weit übertroffen« In den Franiösischen Hi^d*
schuhen wetteilem ' neben Grenoble, Lune^lb, Chaumont und
Paris, und die Ausfuhr ist darin so stark, dass selbst England
jetit noch jährlich 1,500,000 Paare der feinsten ^beit besiebt
In Schuhen und Sättel » die nach allen Ländern, besonders auch