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Full text of "Handbuch der griechischen Laut- und Formenlehre; eine Einführung in das sprachwissenschaftliche Studium des Griechischen"

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uva 


Φ 


SAMMLUNG 
INDOGERMANISCHER 
LEHRBÜCHER 


ἊΝ ia 
UNTER MITWIRKUNGAWON 


PROF. DR. E. BERNEKER, PROF. DR. ©. D. BUCK, 
DR. J. νυ. MIKKOLA, PROF. DR. F, SOMMER, 
PROF. DR. W. STREITBERG, PROF. DR. A. THUMB, 
DR. A. WALDE UND PROF. DR: J. ZUBATY 


HERAUSGEGEBEN VON 


Dr. HERMAN HIRT 


a. 0. PROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT LEIPZIG 


ZZ 


. REIHE: GRAMMATIKEN 
2. BAND: 


HANDBUCH DER GRIECHISCHEN LAUT- 
UND FORMENLEHRE 


KANNE HEIDELBERG 1902 Empaescmeseneie 
CARL WINTER’S UNIVERSITÄTSBUCHHANDLUNG 


HANDBUCH 


DER 
GRIECHISCHEN LAUT- UND 
FORMENLEHRE 


Φ 


EINE EINFÜHRUNG IN DAS 
SPRACHWISSENSCHAFTLICHE STUDIUM 
DES GRIECHISCHEN 


VON 
Dr. HERMAN HIRT 


a. 0. PROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT LEIPZIG 


seagseneseneietene HEIDELBERG 1902 SESERESEREaEHencH 
CARL WINTER’S UNIVERSITÄTSBUCHHANDLUNG 


Alle Rechte, besonders das Recht der Übersetzung in fremde 
Sprachen, werden vorbehalten. 


-G.EM. 


2.3 (Δ, 
\ 


Vorwort. 


Als Herr Winjer mit der Aufforderung an mich 
herantrat, die Herausgabe einer Sammlung indogerma- 


nischer Lehrbücher zu übernehmen, bin ich mit um so 


größerer Bereitwilligkeit darauf eingegangen, als ich selbst 
schon seit längerer Zeit einen gleichen Plan gefaßt hatte. 
Es schien mir in der That ein Bedürfnis für Lehrbücher 
vorzuliegen, die die Fernerstehenden mit den Ergebnissen 
der vergleichenden Sprachwissenschaft in möglichst ein- 
facher Form bekannt machen. Zwar giebt es auf ver- 
schiedenen Gebieten vortreffliche Werke, aber sie richten 
sich doch z. T. an ein Publikum, das mit der Sprach- 
wissenschaft in enger Fühlung steht. In anderen Teilen 
unserer Wissenschaft fehlen zweckentsprechende Werke 
völlig. Ich habe versucht, diese Lücken auszufüllen und 
habe bei den Fachgenossen, an die ich mich um Teil- 
nahme wandte, überall völliges Entgegenkommen gefunden. 
Ich hoffe, daß die geplanten Teile dieser Sammlung in 
nicht za langer Zeit erscheinen werden. 

Den einzelnen Mitarbeitern ist natürlich vollständige 
Freiheit gelassen, und in der That erfordert ja die Gram- 
matik jeder Einzelsprache eine individuelle Behandlung. 
Wenn Streitberg das Urgermanische dargestellt hat, so 
ist ein gleicher Weg nur noch auf dem slavischen Boden 
gangbar. Eine urgriechische Grammatik wäre ja mög- 
lich, aber pädagogisch unbrauchbar. Hier mußte Ur- 
griechisch und Attisch vereinigt werden. Daß ich selbst 


236289 


vI | Vorwort. 


das Griechische übernommen habe, hat darin seinen 
Grund, daB sich keine Sprache so zur Einführung in die 
indogermanische Sprachwissenschaft eignet als diese, und 
daB ich gerade auf diesem Gebiete etwas neues bieten 
zu können hoffte. Es mag dieser Band daher auch eine 
noch nicht in Aussicht genommene indogermanische Gram- 
matik wenigstens z. T. ersetzen. Meiner Arbeit liegt die 
Absicht, eine urgriechisch oe Grammatik zu schreiben, 
ideell zu Grunde. Die Dialekte sind daher nur soweit 
berücksichtigt, als sie zur Aufhellung des Urgriechischen 
dienen. Sie neben dem Attischen in allen ihren Eigen- 
tümlichkeiten zu behandeln, schien mir für den Anfänger 
außerdem verwirrend zu sein. Den Plan, sie in einem 
Anhang hinzufügen, der ziemlich weit ausgeführt war, 
ließ ich gern fallen, als sich Thumb bereit erklärte, ein 
griechisches Dialektbüchlein nebst einer Sammlung von 
Dialektinschriften, die zu Übungen dienen sollen, zu über- 
nehmen. Ich glaube, daB dadurch der Sache am besten 
gedient ist. 

Beim Nomen und Verbum habe ich einige syntak- 
tische Bemerkungen gegeben, die natürlich nur den An- 
fänger orientieren, keine eigentliche Syntax bilden sollen. 
Ich habe auch Wiederholungen nicht gescheut und hätte 
vielleicht im Interesse der Anfänger noch weiter gehen 
sollen. 

Daß ich in meiner Grammatik nicht die Litteratur 
in ausgedehntem Maße zitieren konnte, liegt auf der 
Hand. Ich habe mich bemüht, solche Arbeiten anzu- 
führen, in denen der Lernende, wenn er sich weiter unter- 
richten will, umfassendere Aufklärung oder eine andere 
Auffassung findet. Daß hierin das eigene Ermessen eine 
große Rolle spielt, ist klar, aber nicht zu ändern. 

Die Grammatiken von Brugmann und G. Meyer habe 
ich natürlicb mit Dank zu Rate gezogen. Daß die 
sprachwissenschaftliche Auffassung G. Meyers an mehr 


Vorwort. vo 


als einer Stelle veraltet ist, brauche ich kaum hervorzu- 
heben. Ihre Stärke soll ja auch nicht darin liegen. 
Wenn ich von Brugmanns Ansichten ziemlich häufig ab- 
weiche, so wird die Verschiedenheiten der Meinungen 
hoffentlich bald wieder zu einer Einigung führen, indem 
die weitere Forschung die Entscheidung trifft. 

Das Neue in meiner Grammatik liegt darin, daß ich 
die in meinem Ablaut gewonnenen Ergebnisse zu Grunde 
gelegt habe. Es haben sich so viele kompetente Beurteiler 
teils öffentlich, teils privatim für meine Ansichten aus- 
gesprochen, daß ich auch darin die Gewähr ihrer Richtig- 
keit sehen würde, wenn nicht schon die innere Harmonie 
des Ablautsystems und die Aufklärung so vieler Er- 
scheinungen die Richtigkeit verbürgen würden. 

Die Herren Ο. v. Böhtlingk und Leskien hatten die 
große Liebenswürdigkeit je eine Korrektur zu lesen und 
mich auch sonst mit mannigfachem Rat zu unterstützen, 
wofür ich ihnen meinen besten Dank auch an dieser 
Stelle ausspreche. Trotzdem sind noch einige Versehen 
und Inkonsequenzen stehen geblieben, die ich, soweit ich 
sie bemerkt, im Nachtrag berichtigt habe. 


Leipzig-Gohlis. Herman Hirt. 


Inhalt. 


Seite 

Einleitung ... . 142 
Ι, Kapitel. Allgemeines mit Litteraturangaben β 1-1). 1 
U. Kapitel. Die indogermanischen Sprachen (8 13—23) . . 11 


il. Kapitel. Verwandtschaftsverhältnisse, Urheimst der idg. 
Sprachen. Kultur der Indogermanen. Stellung des Grie- 
chischen ($ 4—32) . . . 18 

. IM. Kapilel. Griechenlands Urbevölkerung und die Nachbarn 
der Griechen 8 383—41) . . . 
V. Kapitel. Die innere Gliederung des Griech. @ 4261) . 


Erster Hauptteil: Laut- und Akzentlehre. 


Vi. Kapitel. Sprachphysiologische Vorbemerkungen (8 62—68) 43 
Vil. Kapitel. Sprachpsychologische Vorbemerkungen (8 69—75) 51 
vill. Kapitel. Schrift und Aussprache des Griech. ($ 76-86) . 59 
A. Die Schrift (8 76, 77%). Β. Die Aussprache 
(8 78—86). Litteratur ($ 78). Prinzip des Erasmus ($ 79). 
Erschließung der Aussprache ($ 80). I. Die Vokale und 
Diphthonge (8 81). II. Die Konsonanten (8 82). Falsche 
Schreibung ($ 83). III. Der griechische Akzent ($ 84). 
IV. Die Silbentrennung ($ 85). Verschiebung der Silben- 
grenze ($ 86). 
A. Vokalismus. IX. Kapitel. Das indogermanische Vokalaystons 
und sein Ablaut (8 S7”—144). . . . 2... 72 


Allgemeines ($ 87. 88). I. Die Vollstufenvokale 
(8 89. A. Die Kürzen (8 90--92. B. Die Längen 
(8 93—95). C. Die Kurzdiphthonge ($ 96—101). Ὁ. Die 
Langdiphthonge ($ 102). I. Die Schwundstufen- 
vokale (8 103—114). ΠῚ. Das Verhältnis der idg. 
Vokale zu einander. Ablaut ($ 115). Schleichers 


Inhalt. IX 


Seite 
. Ablautssystem (8 116. 117). De Saussurs (8 118). D.er 
quantitstive Ablaut (3 119—142). L. Ablaut der ein- 
fachen Längen ($ 121), der Lengdiphthonge (8 133-124). 
IL Ableut der Kürsen (8 125—127). A. Die Schwund- 
stufe ($ 126), B. Die Reduktionsstufe (8 126). ©. Die 
Verteilung von Schwund- und Reduktionsstufe (8 127). 
II. Der Ablaut der zweisilbigen Basen (8 128—134). 
„A. Der Ablaut der schweren Basen (8 129--- 181). B. Der 
Ablaut der leichten Basen ($ 132-134). IV. Die 
Dehnstufe. a) Dehnung durch Silbenverlust ($ 135. 136), 
b) Dehnung durch Kontraktion ($ 137). Rhythmische 
und Auslautsdehnung (8 138). V. Enklise (8 189—142). 
‘Der qualitstive Ablaut (8 143). Sonstige Ver- 
änderungen des Vokalismus im Idg. (8 144). 


X. Kapitel. Der griechische Ablaut (8 145. 146) . . . 106 
%. Kapitel. Spontane Veränderungen der Vokale im Grie- 
chischen, bes. im Attischen (8 141-168). een en. 107 


A, Verkürzung langer Vokale vor ἢ, w, Nas, Lig. + 
Konsonant (8 148). B. Die einfachen Vokale (8 149 bis 
156). C. Die urgriechischen Diphthonge (ὃ 157—162). 
D. Die primären und sekundären Langdiphthonge ($ 163). 


ΧΗ. Kapite. Kombinatorischer Wandel der Vokale ὃ 164 bis 
12) . . 2. 2 2 220. 114 


A. Assimilation von Vokalen, die sich nicht 
„berühren (8 164-171). B. Veränderungen der 
Vokale durch Nachbarlaute. I. Veränderungen 
durch benachbarte Konsonanten (8 172--- 178). 11. Ver- 
änderungen sich berührender Vokale (8 176-192). 
Qualitative Veränderungen sich berührender Vokale 
' ohne Veränderung der Silbenzahl ($ 177—183). Quan- 
titative Veränderungen sich berührender Vokale (8 184 
bis 186). Veränderungen sich berührender Vokale mit 
Veränderung der Silbenzahl. 1. Kontraktion (8 187 
bis 191). 2. Übergang von ε, e, v + Vokal in diph- 
. thongische Verbindunger (ἢ 192): .. 
xl. Kapitel. Prothetische Wokale und Vokalentfaltung (8 193) 128 
Die griechischen Vokale nach ihrer Herkunft (Über- 
. sicht 8. 194). 
B. Konsonantismus. XIV. Kapitel. Der indogermanische Kon- 
sonantismus (8 195—201). . . » > 2 2 een nn. 181 


X. Inhalt. 


I. Das indogermanische Konsonantensystem ($ 195), 
. DH. Indogermanische Veränderungen der Konsonanten 
(8 196—201). A. Assimilationen (8 197), B. Wechsel 
von Konsonanten (8 198). C. Schwund von Konsonanten 
(8 190).. Ὁ. Übergangslaute (8 200). E. Dissimilationen 
.($ 201). 

XV. Kapitel. Die ie. Konsonanten im Griechischen (8 202 
bis 233) . ες ον νιν ἃ 


I. Tenues and Medise @ 202-210. U. Die Aspiraten 
($ 2i1—216, HI. Die Labiovelare (8 " 217—222). 
IV. Die Nasale und Liquidä. A. Nasale ( 223). 
"B. Die Liquidä ($ 224-227). V. Idg. 8, w, j, urgriech. 
"Rh. A. Idg. 8 (8 228-230). B. Idg. w (8 231). C. Idg. 
j und 7 (8 232). Ὁ. Urgriech. k ($ 233). 
XV. Kapitel. Hauchdissimilation und Verwandtes (8 234. 235) 
XVii. Kapitel. _ Konsonantenverbindungen und Verwandtes 
(8 236-246) , . >» 2 2 0 20 ern ne 


I. Die Verbindungen von 8 ἢ) w mit Koön- 
sonanten. A. s in Verbindung mit Sonorlauten 
(8 236. 237). B. F in Verbindung mit Konsonanten 
(8 238). C. 7 nach Konsonanten (8. 239—242). II. As- 
similationen ($243). III. Konsonantenverlust 
(8 244). IV. Einschub von Konsonanten (8 245). 
V. Verschiebung der Artikulationsart ($ 246). 


XVIll. Kapitel. Dissimilationserscheinungen (8 247. 248) . . 
A. Lautdissimilation (8 247). DB. Silbendissimilation 


($ 248). Die griechischen Konsonanten nach ihrer Her- 
kunft (8 249), - 


XIX. Kapitel. Auslaut und Sandhi (8 250258) . . . .. . 
I. Idg. Sandhi ($ 251). IL Griechischer Sandhi. A. Aus- 
lautserscheinungen (8252. 253). B. Anlautserscheinungen 
(8 254—258). 

C. Akzentlehre. XX. Kapitel. Der indogermanische Akzent 

(8 259-262) . . . οτος... . 
I. Der idg. Silbenakzent (8 260), LI. Der jäg. Wort 
akzent ($ 261). III. Der idg. Satzakzent (8. 262). 

XXI. Kapitel. Der griechische Akzent (8 263-279). . .. » 

- Litteratur (8 263). I. Der griech. Silbenakzent ($ 264 
bis 266). II. Der griechische Wortakzent ($ 267-273). 


Seite 


138 


153 


155 


. 111 


118 


181 


185 


Inhalt. „XI 


Seite 
. A. Die griech. Betonung gleich deridg. (8 268—270). B. Die 
. griech. Betonung ist verschoben (8 271—273). III. Der 
‚griech. Satzakzent (8 274—279). Die einzelnen Wort- 
arten im Satzakzent. 1. Das Verbum (8 275). 2. Der 
Vokativ (8 276). 3. Die Komposita ($ 277). 4. Die 
_Präpositionen (δ 278). 5. Die Pronomina ($ 279). 


Zweiter Hauptteil: Formenlehre. 


Erster Abschnitt. Nomen und Pronomen. 


ΧΧΙΙ. Kapitel. Vorbemerkungen zur Stammbildung (ἃ 280—289) 201 
“A. Ähnlichkeit der nominalen und verbalen Stamm- 
bildung ($ 280). B. Wurzeldeterminative (8 281. 282). 
C. Die Suffixbildung (8 283—289). 1. Entstehung der 
‘ Suffixe aus Zusammensetzungen (8 284). 2, Suffixe 
durch falsche Abstraktion entstanden (8 285. 286). 
. 8. Suffixe aus Kasusformen entstanden (8 287). Ab- 
- stufung der Suffixe ($ 288. 289). 


XXIll. Kapitel. Genus, Numerus, Kasus ($ 20—293) . . . . 210 


I. Die Genera (8 290). II. Die Numeri (8 291). ΠῚ, Das 
idg. Kasussystem ($ 292. 293). | 
XXIV. Kapitel. Bedeutung und Gebrauch der Kasüs ($ 294—304) 217 
I. Nominativ und Vokativ (8 295). II. Akkusativ ($ 296). 
UI. Der echte Genitiv (8 297—299). A. Adnominaler 
Genitiv (8 298. B. Der adverbale Genitiv (8 299). 
IV. Der ablativische Genitiv (8 300. V. Der echte 
- Dativ ($ 301). VI Der lokativische Dativ (8 302). 
VO. Der instrumentale Dativ ($ 303). VIII. Die 
Bildungen mit -9, -pır ($ 304). | 


Die griechische Deklination. 
XXV. Kapitel. Die @-Deklination ($ 305-310). . . . . . . 231 
I. Die femininalen @-Stämme (8 306). II. Die ja-Stämme 
und Verwandtes (8 307). III. Die maskulinen #-Stämme 


($ 808. IV. Akzent der @-Deklination (8 309). 
V. Stammbildung der @-Stämme ($ 310). 


XXVI. Kapitel. Die o-Deklination ($ 311—328) 


ον 241 
I. Maskulinum (8 311). II. Neutrum (8 312). III. Kon- 


ΧΙ Inhalt. 


trakierte Stämme und attische Deklination ($ 318). 
IV. Betonung ($ 314). V. Stammbildung ($ 315-388). 

XXVI. Kapitel. Die 3. Deklination (8 329-349) . 
L Die Flexion ($ 30-331. U. Stammbildung 
und Abstufung der konsonantischen Stämme 
(8 832). A. Wurzelnomina (δ 333). B. Suffixe auf Ver- 
schlußlaute (8 334). C. -er-Stämme (8 335). D. -en-Stänıme 
(8 336. 83). ἘΦ Die neutralen -men-Stämme ($ 338), 
Ἐς Heteroklitische r-n-Stämme (8 339). G. Die 8-Stämme 
(8 340). IH. Stammbildung.und Abstufung der 
vokalischen Stämme ($341-—-349). A. Die --Stämme 
(8 342—344),. B. Die -ei- und -oi-Stämme ($ 345). 
C. Die -w-Stämme (8 346. 847. Ὁ. Die -ew- und 
-ou-Stämme ($ 348. 349). 

XXVIL Kapitel. Adjektiva und Komparation (8 350-357) . . 


‚1 Die Adjektivbildung ($ 360). II. Die Komparation 
. (8 351—357). A. Die primäre Komparation ($ 352. 353). 
B. Die sekundäre Komparation (8 354. 365). C. Unregel- 


mäßige Komparation ($ 356). D. Komparation der Ad- 


verbis ($ 357). | 
XXX. Kapitel. Stammbildung und Flexion der Pronomina 
(8358-368) . ... .. ΝΞ ΞΕ 
I. Die Personalpronomina ᾷ 358-362). II. Die ge- 
schlechtigen Pronomina. 1. Der Demonstrativstamm 
ὃ, ἧ, τό (8 368). 2. οὗτος (8 364). 3. Das Relativ- 
pronomen ($ 860). 4. Das Fragepronomen ($ 366). 
5. Die übrigen Pronomina (8 367). 6. Reste alter Pro- 
nomina ($ 368). 
XXX. Kapitel. Die Bildung der Zahlworte (8 369-372) . 
A. Kardinalia ($ 369. 370). B. Die Ordinalzahlen (8 371). 
C. Sonstige Zahlworte ($ 372). 
XXXI. Kapitel. Die Bildung der Adverbia (8 373—380) . 
I. Kasusformen als Adverbia ($ 373—379). 11. Bildung 
der Adverbia durch Suffixe (3 380). 
XXI. Kapitel. Die Komposition ($ 381—385) 


IL. Verdunkelte Komposita ($ 382). IL. Die Form der 
Komposita ($ 383. 384). III. Die Bedeutung der Kom- 
_posita (δ 385). 


Seite 


. 256 


811 


819 


824 


BEN! | 


AH 


im “ ς 


> 


Inhalt. 


Zweiter Abschnitt. Verbum. 


XXX. Kapitel.“ Vorbemerkungen (8 386-399) . . . 
I. Die Numeri (8 387). II. Die Genera Verbi & 888. 
389). IIL Aktionsarten und Tempora. A. Die Aktions- 
arten ($ 390. 391). B. Tempusbildung und Zeitstufe 
(8.892. 393). Das Augment imn Griechischen (8 398 bis 
397). IV. Die Modi (8 896). Υ Die Verbalnomina 
᾿(δ 39). j 


XXXIV. Kapitel. Die Personalendungen (8 00412) . . . 
A. Die absoluten und die konjunkten Endungen im Indo- 
germanischen. L Aktiv (8 401-408) II. Medium 
($ 404-406, B. Die Personalendungen des Perfekts 
(8 407). Die ZEnstehung der idg. Personalendungen 
($ 408). C. Die Personalendungen im Griechischen 

(δ 409412). 


XXXV. Kapitel. Die Stemmbildung des Verbums ($ 413450) 
L Vorbemerkungen (δὶ 413-416). A. Die leichten 
Basen (8 414. B. Die zweisilbigen schweren Basen 
(8418. 416). IL Der Aorist-Präsenstypus ($ 417 
bis 423). A. Die zweisilbigen schweren Basen (8 418). 
Die exei-Basen (ἢ 419, 420). C. Die zweisilbigen leichten 


Basen (8 421. 422). Ὁ. Übersicht (8 423). ΠῚ. Die 


charakterisierten Präsentia ($ 424-450). 
A. Die Reduplikation. 1. Verbreitung und Form der 
Beduplikation (8 425). 2, Die reduplizierten Präsentien 
($ 426). 3. Der reduplizierte Aorist (8 427). 4. Ab- 
stufung und Flexion ($ 428). B. Die Nasalpräsentia 
(8429-435). 1. Die exa-Basen (8 430). 2. Die exeu-Basen 
(8 431—432). 8. Die leichten Basen (8 433.434). ἅ. Die 
Aktionsart (8 435). CO. Die Präsensmuffixe -oxo-, -To-, 
-Do- ($ 4386439). 1. Die Bildungen auf -oxo- (8 488. 
4357). 2. Die Bildungen auf -το- ($ 438). 3, Die 
9-Bildungen (8 489). D. Die j-Präsentien und Ver- 
wandtes (8 440—449). 1. j-Bildungen von konsonan- 
tischen Stämmen ($ 441). 2. j-Bildungen von voka- 
lischen Stämmen (8 442-446). 8, Die ursprachlichen 
Verhältnisse und ihre Entwicklung (8 447. 448). Bück- 
bildungen (8 449, E. Die sogenannten Kausativa 
(8 400). 


xIV. ‘ Inhalt: 


XXXVL. Kapitel. Die Aoriste (8 451-458) . . . 2.222. 


1. Der Wurzelaorist (8 452. IL. Der s-Aorist 
(8 453-457). A. Die Flexion ($ 454)... B. Betonung 
‘und Stammabstufung (8 455. 456). C. Verbreitung des 
‚s-Aoristes ($ 457). III. Der Passivaorist auf “θην (8 458). 


XXXVIL. Kapitel. Das Futurum (8 459461) .. 

XXXVII. Kapitel. Das Perfektum und Plusguamperfektum 6 462 
bis 474) 
I. Das Perf ektum & 162473), A Die Bedeutung 
‘(8 468). B. Betonung und Beduplikation (8 464466). 
C. Abstufung und Stammbildung (ἃ 467—470). Ὁ, Neu- 
'bildungen des Griechischen und anderes. 1. Das k-Per- 
fektum ($ 471). 2. Das aspirierte Perfekt (8 472). 
8. Sonstige Eigentümlichkeiten des Perfekts [8 473). 
U. Das Plusquamperfektum (8 474). 


XXXIX. Kapitel. Die Modi (8 475485) . 


L Der Optativ (8 475-478). ΤΙ. Injunktiv und: 


Konjunktiv. A. Der Injunktiv (8 479). B. Der 
Konjunktiv ($ 480-482). 1. Die Bedeutung des 
Konjunktivs (8 481). 2. Der Konjunktiv.im Griech. 
(8 482, ΠῚ, Der Imperativ ($ 483-485), 

XL. Kapitel. Die Verbalnomina (8 486-491) . . . 2... 
I. Die Infinitivbildung (8 486). .U. Die Parti- 
zipien. A. Partizipien des Aoristpräsensstammes 
(8 487. B, Das Partizipium des Mediums (8. 488). 
C. Das Partizipium des Perfekts ($ 489), D. Die Ab- 
stufung des Partizipium Perfekti (8 490), III. Die 
Verbaladjektiva (8 491). 

Wortverzeichnis . . ren 

Verzeichnis der wichtigern Abkürzungen een 

Nachträge und Berichtigungen , ἜΣ 


--- - --.. --ο--ὄ.-... δ... -.-.... nn 


Seite 
392 


401 


405 


417 


431 


9 


- 


Orthographische Erläuterungen. 


| — 


| Man umschreibt in der sprachwissenschaftlichen Litteratur die. 


meisten Originalalphabete durch das lateinische Alphabet, wobei 
man aber, um die Mannigfaltigkeit der Laute auszudrücken, ver- 
schiedene diakritische Zeichen anwenden muß, ᾿ Leider werden aber 
diese Zeichen, wie auch die lateinischen Buchstaben nicht überall 
in der gleichen Bedeutung. gebraucht, und die einzelnen Autoren 
transskribieren auch verschieden, sodaß hier eine im Anfang ver- 
wirrende Mannigfaltigkeit herrscht. In diesem Buche ist im wesent» 
lichen die von Brugmann in seinen Werken angewandte Trans- 
skription befolgt. Um den Gebrauch. der sprachwissenschaftlichen 


Litteratur zu erleichtern, folgt hier eine kurze Übersicht der wich-- 


tigsten Zeichen mit ihrem Lautwert, wobei häufiger vorkommende 
anderweitige Umschreibungen in Klämmern hinzugefügt sind, 

| 1.-Allgemeines. Die Länge der Vokale wird meistens durch. 
einen wagerechten Strich bezeichnet (@), im Angels. und Altnord., 
aber meistens durch den Akut (d). 

- Ein unter den Vokal gesetzter Haken (g) bezeichnet den ent- 
sprechenden Nasalvokal, z. B. frz. on = 9. - 

Die Spiranten umschreibt man durch f, d, 5 (engl. stimmloses 
th), ἃ, der entsprechende stimmhafte Laut, x (deutsch ch), 3 (nieder- 
deutsch g in sagen). 

8 dient meist zur Bezeichnung des stimmlosen s (deutsch (7 
oder ß). Der entsprechende stimmhafte Laut wird durch z (frz. 2) 
umschrieben, 

$ == deutsch sch. Den stimmhaften Laut (frz. 7 in jour) 
schreibt man ἢ, 

2. Indogermanisch. 7 (ἢ), w (4) bezeichnen unsilbisches ὁ 
und % (letzteres gleich engl. 10), 


ΧΥ] Orthographische Erläuterungen. 


Die labialisierten Gutturale ke, ge, ghw schreiben andere qw, 
gu. ghu. 

8. Altindisch. 2 und ö gehen stets auf die urarischen Diph- 
thonge αὐ und au zurück. 

y und v sind in ihrem Lautwerte gleich idg. 7 und w. 

Die aus Gutturalen entstandenen Palatale, vgl. 8 91, werden 
durch ὁ und 7 (ch, jh) bezeichnet. Der Lautwert von ὁ ist tsch, 
und man schreibt daher auch ὅς 17 ist die entsprechende stimmhafte 
Lautverbindung (engl. 7 in journal). 

Die unterpungierten Dentale ({, th, d, dh) sind Dentale, die 
durch Emporbiegen der Zungenspitze am harten Gaumen gebildet 
werden. Sie heißen cerebrale oder kakuminale. Sie sind im In- 
dischen aus Dentalen entstanden. 

Mit ἢ und » bezeichnet man den palatalen und gutturalen 
Nasel. 

ἕ (ὁ, g) geht aufidg. & zurück und ist wie ch in ich zu sprechen: 

$ (sh, 8) ist gleich sch (8), aber eerebral gebildet. 

L. Getisch. αὐ ist gleich ofienem e (δ), οὐ = offenem 0 (δ). 

io wendet man zur Umschreibung eines gotischen Zeichens an, 
das wahrscheinlich ein tonloses 45 (engl. wi) bedeutete. q ist kw. 

5. Altbulgarisch. 1 9, 5 (ὦ) waren wahrscheinlich Murmei- 
voksale, die etymologisch auf i und u zurückgehen. 

Im Altbulgerischen sind e, ὁ, ὃ, ς etymologische Kürzeu, a, ὲ, 
h 9, « etymologische Längen. y mt gleich idg. ὦ, « gleich idg. 
eu, οι, as. 

Über ξν, ᾧ, ὅ, ὅ ἕ, κ. 9. 

6. Litauisch. ὁ ist geschlossenes langes 2, y langes 5. ὃ ist 
ie sa sprechen und geht auf einen 4-Diphthong zurück. ὁ und ὦ 
(= wo) sind Längen. 

85. τε ὅ. 

- Ὁ bezeichnet die einmorige Kürze; ᾿ und ” auf dipkthomgischen 
Verbindungen und im Auslaut zweimorige, auf langen Vokalen drei- 


merige fallende und steigende Länge. 


Einleitung. 


I. Kapitel, 
Allgemeines mit Litteraturangaben. 


& 1. Die Aufgabe der wissenschaftlichen Grammatik 
zerfällt in zwei Teile, in die Feststellung des Gesprochenen 
und in die Erklärung des Festgestellten. An beiden Auf- 
. gaben haben für das Griechische schon die alten Gram- 
matiker gearbeitet. Wenn auch ihre Leistungen in keiner 
Weise an die der Inder heranreichen, so ist die Summe 
ihrer Arbeit doch sehr bedeutend. Soweit es sich um 
die statistisch-deskriptive Seite handelt, müssen 
wir ihre Thätigkeit mit großem Danke hinnehmen. 

Anm. Die wichtigsten Forscher aus dem Altertum sind: 
Dionysios Thrax, schrieb die τέχνη yoauuarıxn, (2.—1. Jahrh. 
v. Chr.), hrsg. von G. Uhlig, 1883; 

Apollonios Dyskolos (2. Jahrh. n. Chr.), hrsg. von 
R. Schneider und G. Uhlig (Gram. Graeci 1., 1878); vor- allem aber 

Aelios Herodianos (2.—3. Jahrh. n. Chr.), schrieb die 
καϑολική προσῳδία, eine Akzentlehre in 21 Büchern, hrag. von Lentz 
als Η. technici reliquiae, 2 Bde., 1867—70. 

82. Die entwicklungsgeschichtliche er- 
klärende Seite der Grammatik hat im Altertum, ab- 
gesehen von einigen Punkten, nur zu mangelhaften Er- 
gebnissen führen können, weil den Alten nicht nur die 

Hirt, Griech. Laut- u. Formenlehre. 1 


2 Einleitung I. [8 2. 3. 


richtigen Vorstellungen über das Leben und die Ent- 
wicklung der Sprache überhaupt fehlten, sondern weil sie 
auch die Verwandtschaft des Griechischen mit anderen 
Sprachen nicht erkannten. Im Banne der antiken Wissen- 
schaft hat die moderne Grammatik lange Zeit gestanden ; 
erst durch die Entdeckung der Verwandtschaft der indo- 
germanischen Sprachen wurde ein anderer Weg und eine 
neue Methode der Sprachbetrachtung eröffnet. An und für 
sich kann man jede, also auch die griechische Sprache, 
auch ohne vergleichende Grammatik entwicklungsgeschicht- 
lich behandeln, aber freilich erst von dem Beginne unserer 
Überlieferung an. Da ist indessen die griechische Sprache 
schan fertig, und die Litteratur gelangt bald auf ihren 
Höhepunkt, es ist also gerade der Stand der Dinge ein- 
getreten, der uns von jeder Seite aus interessiert. Wer 
sich für diese Zeit nicht auf den rein deskriptiven Stand- 
punkt beschränken will, der muß die vergleichende Sprach- 
. wissenschaft heranziehen. Sie allein ermöglicht, wenigstens 
einen Teil der griechischen Sprache zu verstehen, d. h. 
als historisch geworden zu begreifen. 


A. Indogermanische Sprachwissenschaft. 


Ι. Grammatische Gesamtdarstellungen. 


8 3. Die Verwandtschaft der indogermanischen Sprachen 
wurde durch Franz Bopp (geb. 1791) im Jahre 1816 wissen- 
schaftlich begründet. Eine erste zusammenfassende Darstellung der 
neuen Ergebnisse gab er in seiner „Vergleichenden Grammatik des 
Sanskrit, Zend, Armenischen, Griechischen, Lateinischen, Litauischen, 
Altslavischen, Gotischen und Deutschen“, 3 Bde., 3. Ausg. 1868—71. 
Sie ist jetzt vollständig überholt. 

Gleichzeitig mit Bopp wirkte Pott, der in seinen „Ziymo- 
logischen Forschungen“ (1833—36, 2. Aufl, 6 Bde., 1859-76) die 
Grundlagen der Etymologie durch Aufhellung vieler Lautüber-. 
gänge schuf. Auch dieses Werk ist heute nur noch für den Forscher 
brauchbar. 


v 


8 8.] Allgemeines mit Litteraturangaben. 3 


In einer zweiten Epoche wurde das damalige Wissen zu- 
sammengefaßt von 

Schleicher in seinem „Oompendium der vergleichenden Grram- 
matik der idg. Sprachen“, 4. Aufl., 1876, ein seiner Zeit vortreff- 
liches Werk, das heute aber nur noch ein historisches Interesse 
beansprucht. 

Als Zeitgenosse Schleichers wirkte Georg Curtius, der 
mehr vielleicht noch durch seine akademische Thätigkeit als durch 
seine Schriften so außerordentlich viel dazu beigetragen hat, die 
Brücke zwischen den getrennten Gebieten der idg. Sprachwissen- 
schaft und der griech. Grammatik zu schlagen. 

Die Mitte der siebziger Jahre brachte eine Reihe fruchtbarer 


‘ Eintdeckungen, die namentlich die Lehre vom Vokalismus und Ab- 


laut wesentlich umgestalteten. Zugleich wandte man aber den 
Fragen der Sprachentwicklung an und für sich und der Sprachpsycho- 
logie besondere Aufmerksamkeit zu. Seitdem leben wir in einer 
Epoche stetiger Arbeit, die das Bild der idg. Ursprache noch in 
jedem Jahre etwas umgestaltet hat, aber andererseits auch eine 
hinreichend sichere Grundlage für die Erkenntnis der Einzelsprachen 


gelegt hat. 


Brugmann hat es versucht, ein Gesamtbild der Entwicklung 
der idg. Sprachen zu geben in seinem 

Grundrifs der vergleichenden Grammatik der idg. Sprachen, 
Bd. 1. Lautlehre. 2. Bearbeitung (allein zu benutzen) 1897. Bad. 2. 
Wortbildungslehre, d. i. Stammbildungs- und Flexionslehre, 1889 —92. 
3 andere Bände geben die indogermanische Syntax, bearbeitet von 
Berthold Delbrück, 1893—1900. 

Leider ist dieser Grnndriß so umfangreich geworden, daß er 
für den Anfänger nicht zu gebrauchen ist, das in Aussicht gestellte 
Erscheinen eines einbändigen Abrisses ist daher mit Freuden zu 
begrüßen. 

Eine ganz kurze Darstellung der idg. Grammatik bietet: 
R. Meringer, Indogermanische Sprachwissenschaft, Sammlung 
Göschen, Leipzig 1897. 

Wer in die. Geschichte der Probleme der neueren Sprach- 
forschung weiter eindringen will, dem sei empfohlen: | 

Bechtel, Die Hauptprobleme der indogerm. Lautlehre seit 
Schleicher, 1892. 

Der Wortschatz der indogerm. Sprachen ist etymologisch be- 
arbeitet von A. Fick, Vgl. Wörterbuch der idg. Sprachen, 4. Aufl. 
bearbeitet von A. Bezzenberger, A. Fick und Wh. Stokes. Erster 
Teil: Wortschatz der Grundsprache, der arischen und westeuro- 

1* 


4 Einleitung I. [8 3. 4. 


päischen Spracheinheit von A. Fick, 1890. Zweiter Teil: Wort- 
schatz der keltischen Spracheinheit von Wh. Stokes und A. Bezzen- 
berger, 1894. 

Wegen zahlreicher Versehen ist der 1. Band nur mit Vor- 
sicht zu benutzen. Vgl. Bartholomae, Zeitschrift der deutsch. 
morgenländ. Gesellschaft Bd. 48, 8. 504 ff. 


ll. Zeitschriften. 


8 4. Der indogermanischen Sprachwissenschaft dienen eine 
Reihe von Zeitschriften, die aber auch sehr viel Arbeiten über 
Probleme der Einzelsprachen enthalten. 

Internationale Zeitschrift für allgemeine Sprachwissenschaft, 
hrsg. von Εἰ. Techmer, Bd. 1—5, nebst Supplement, 1884—90, vertritt 
mehr die allgemeine Sprachwissenschaft, enthält aber auch wichtige 
Arbeiten über das Indogermanische. (Abgekürzt IZ.) 

Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung auf dem Gebiet 
der idg. Sprachen, 1852 begründet von Adalbert Kuhn, jetzt heraus- 
gegeben von E. Kuhn und Joh. Schmidt (}) bis jetzt 37 Μά. Zitiert 
als Kuhns Zeitschrift, abgekürzt ΚΖ. 

Als Ergänzung zu der ursprünglich nur auf Deutsch, Griechisch 
und Lateinisch beschränkten Zeitschrift sind bestimmt gewesen: 

Beiträge zur vgl. Sprachforschung auf dem Gebiete der arischen, 
keltischen und slavischen Sprachen, hreg. von A. Kuhn und 
A. Schleicher. Bd. 1-8, 1858—76. 

Beiträge zur Kunde der idg. Sprachen, begründet von Adalbert 
Bezzenberger, jetzt hreg. von A. Bezzenberger und W. Prellwitz. 
Bd. 1 7, 1877 . 

Zitiert als Bezzenbergers Beiträge, abgekürzt BB.; sie ent- 
halten besonders zahlreiche Arbeiten über die griechischen Dialekte. 

Indogermanische Forschungen. Zeitschrift für idg. Sprach- 
und Altertumskunde, hrsg. von Karl Brugmann und Wilh. Streitberg. 
Bd. 1ff., 1892 f. 

Titelabkürzung: IF. Als Beiblatt hierzu erscheint: 

Anzeiger für idg. Sprach- und Altertumskunde. Beiblatt zu 
den Indogermanischen Forschungen, hrsg. von Streitberg. Bd. 1fj., 
1892 ff. 

Titelabkürzung: IF‘Anz. Inhalt: Kritische Referate, Biblio- 
graphie mit ausführlichen Inhalsangaben, Rezensionenverzeichnisse. 

Von außerdeutschen Zeitschriften sind zu nennen: 

M£moires de la societe de linguistique de Paris. Bd. 1f. 
Paris 1868 f}. 


---οὦἱὐὁἡἡὁ ὁ 


[a 


φὩ A 


8 4 ὅ.] Allgemeines mit Litteraturangaben. δ 


The American Jowrnal of Philology, ed. ὃν Basil L. Gilders- 
leeve. Bd. 10. Baltimore 1880 ff. 


ill. Einzeluntersuchungen. 


8 5. An wichtigen Einzeluntersuchungen, die meist auch das 
Griechische ausgiebig heranziehen, sind anzuführen: 

A. Vokalismus und Ablaut. 

J. Schmidt, Zur Geschichte des idg. Vokalismus. 2 Bde., 
1871—75, steht noch auf dem älteren Standpunkt, und ist daher 
nur für den Forscher von Wert. 

F. de Saussure, Memoire sur le sysiöme primitif des voyelles 
dans les langues indoeuropeennes, 1879, Reproduktion Paris 1887. 
Bahnbrechendes Werk, noch heute von größter Bedeutung. 

H. Hübschmann, Das idg. Vokalsystem, 1885, modifiziert 
einen wesentlichen Punkt in de Saussures Werk. 

J. Schmidt, Kritik der Sonantentheorie, 1895. 

G. Mahlow, Die langen Vokale ä, ὃ, 5 in den europäischen 
Sprachen. 1879. Neudruck 1888. 

Abgesehen von Einzelheiten noch heute unveraltet. 

H. Hirt, Der idg. Ablaut, vornehmlich in seinem Verhältnis 
zur Betonung, 1900, sucht auf der Grundlage von de Saussure und 
Hübschmann sowie der sonstigen Forschungen neue Ergebnisse zu 
gewinnen. Für diese Grammatik durchweg zu Grunde gelegt. 

B. Akzent. 

H. Hirt, Der idg. Akzent, 1895, suchte durch eine Gesamt- 
darstellung des idg. Akzentes die Grundlage für die Erkenntnis 
des Ablauts zu schaffen, 

C. Morphologie. 

P. Persson, Studien zur Lehre von der Wurzelerweiterung 
und Wurzelvariation, Upsala 1891, behandelt ein wichtiges Problem 
mit reichem Material, nach des Verf. Ansicht in unrichtiger Weise, 

H. Osthoff und K. Brugmann, Morphologische Unter- 
suchungen auf dem Gebiete der idg. Sprachen. Bd. 1—5, 1878—90. 
Abgekürzt MU. 

Vieles darin ist naturgemäß überholt, MU. 4 aber ganz 
unbrauchbar. 

J. Schmidt, Die Pluralbildungen der idg. Neuira, 1889. 
Außerordentlich reichhaltiges Werk. 

E. Audouwin, De la d£clinaison dans les langues indo-europe- 
ennes et particuliörement en Sanscrit, Grec, Latin et Vieuax Slave, 
Paris 1898, Klincksieck. 


6 Einleitung I. [8 ὅ. 8. 


O. Hoffmann, Das Präsens: der idg. Grundsprache in seiner 
Flexion und Stammbildung, 1889. 

H. Osthoff, Zur Geschichte des Perfekts im Idg. mit be- 
sonderer Rücksicht auf Griechisch und Lateinisch, 1889. Für den 
Anfänger ungenießbar. 

Chr. Bartholomae, Studien zur idg. Sprachgeschichte. 
I. Idg. ss, 1890, II. Idg. sk und skh, ai. asiß, lat. eräs.‘ 1891. 
Namentlich der letzte Aufsatz ist sehr wichtig. 

Danielsson, Grammatiska anmärkningar, I. Om de indo- 
europeiska femininstammarne pa - (Upsala uniwversitets drsskrift 
1881). 


B. Die griechische Grammatik. 


Es ist unmöglich, an dieser Stelle die ganze reichhaltige 
Litteratur über griechische Grammatik anzuführen. 


I. Grammatische Gesamtdarstellungen. 


86. Buttmann, Ausführl. griech. Sprachlehre, Bd. 1, 1819, 
2. Aufl. 1830, Bd. 2, 1825—27, 2. Aufl. von Lobeck 1839. 

R. Kühner, Ausführliche Grammatik der griech. Sprache, 
2 Bde., 1834-85, 2. Aufl. 1869—70. Elementar- und Formenlehre 
in neuer Bearbeitung, besorgt von F. Bla/s, 2 Bde. 1890-92, 
zitiert als Kühner-Bla/s. Die sprachwissenschaftlichen Be- 
merkungen in diesem Werk sind durchaus unzureichend, vgl. Brug- 
mann LF.Anz. 1, 15 ff., 6, 50 ff. — Satzlehre in neuer Bearbeitung, 
besorgt von B. Gerth, 1 Bd. 1898. 

ΕΟ. Meyer, Griechische Grammatik (ohne Akzentlehre und 
Syntax), 3. Aufl. 1896, zieht das inschriftliche Material ausgiebig 
heran, steht aber in sprachwissenschaftlicher Beziehung nicht ganz 
auf der Höhe. 

Pezzi, La lingua greca antica, breve trattazione comparativa e 
storica. Torino 1888. 

K. Brugmann, Griechische Grammatik. Lautlehre, Stamm- 
bildungs- und Flexionslehre und Syntax. 3. Aufl. 1890, aus J. Müllers 
Handbuch der klassischen Altertumswissenschaft. Rein vergleichende 
Grammatik mit Berücksichtigung der Dialekte. 

In Verbindung mit dem Lateinischen ist das Griechische dar- 
gestellt in folgenden Werken: 

. Leo Meyer, Vergleichende Grammatik der griechischen und 
lateinischen Sprache. 1. Bd. 1861, 2. Aufl. 1884, 2. Bd. 1865. Die 


%_ 


ὃ 6. 7.] Allgemeines mit Litteraturangaben. 7 


2. Aufl. des 1. Bandes ist zwar in der sprachlichen Auffassung z. T. 
veraltet, aber als Materialsammlung wertvoll. 

V. Henry, Precis de grammaire comparee du grec et du 
latin, Paris 1888. 

@Giles- Hertel, Vergleichende Grammatik der klassischen 
Sprachen, ein kurzes Handbuch für Studierende der klassischen 
Philologie, 1896. 

Ein geschickter englischer Extrakt aus deutscher Wissenschaft, 
aus dem Einglischen ins Deutsche übersetzt, aber nicht mehr auf 
der Höhe. 

O0. Riemann und H. Goelzer, Grammaire comparte du 
Grec et du Latin. I. Phonttique et Etude des formes. Paris, Colin, 1901. 


ll. Wörterbücher. 


87. Vgl. L. Cohn, Griechische Lexikographie, Anhang zu 
Brugmanns Grammatik, 1900. 

Das Altertum hat sich vielfach mit lexikalischen Arbeiten be- 
schäftigt, von denen uns leider wenig erhalten ist. Für uns ist 
am wichtigsten das sogenannte Lexikon des Hesych. 

Hesychii Alexandrini lexicon, edit. minorem cur. M. Schmidt, 
ed. alt. indice glossarum ethnicarum aucta, 1867. 

Vgl. noch Reitzenstein, Geschichte der griech. Etymologika, 1897. 

Die Grundlage für die griechische Lexikographie bildet: 

Henricus Stephanus, Thesaurus Graecae linguae, Paris 
1572 in 5 Foliobänden. 

Einen Auszug daraus veranstaltete 

Joannes Scapula, Lexikon, Basel 1579, bis in das 19. Jahrh. 
hinein wieder herausgegeben. 

Der Thesaurus von Stephanus wurde in England neu bearbeitet: 

Θησαυρὸς τῆς ἐλληνικῆς γλώσσης. Thesaurus graecae linguae ab 
H. Stephano constructus. Ed. nova auctior et emendatior. 9 Bde. 
London 1816—28. 

Viel besser als diese englische ist die französische Neube- 
arbeitung: 

Θησαυρὸς τῆς ἑλληνικῆς γλώσσης. Thesaurus u. 8. w. Post editionem 
Anglicam novis additamentis auctum ordine alphabetico digestum 
ediderunt Carolus Benedictus Hase, Ο. ΚΕ. Lud. de Sinner 
et Theobaldus Fix. Paris 1831—65. 

Neuere Werke sind: 

Franz Passow, Handwörterbuch der griechischen Sprache, 
4. Aufl. 1831, umgearbeitet von Dr. Val. Chr. Fr. Rost, des ur- 


8 Einleitung I. [8 79. ᾿ 


sprünglichen Werkes 5. Aufl. 1. Bandes 1. Abt. 1841, 2. Abt. 1847. 
2. Bd. 1. Abt. 1852, 2. Abt. 1857. 

W. Pape, Handwörterbuch der griechischen Sprache, 1842-45. 
3. Aufl. bearb. von M. Sengebusch 1880. 

Dazu kommt: Pape, Wörterbuch der griechischen Eigennamen 
1842. 3. Aufl. new bearbeitet von G. E. Benseler, 1863—70. 

Für die ältere Gräcität giebt es außerdem eine Reihe von 
Spezialwörterbüchern: 


H. Ebeling, Lexicon Homericum, 2 Bde., 1880-85. 
A. Gehring, Index Homericus, 1891. 

J. Rumpel, Lexicon Pindaricum, 1883. 

W. Dindorf, Lexicon Aeschyleum, 1873. 

F. Ellendt, Lexicon Sophocleum, 2. Ausg. 1872. 

A. Matthiae, Lexicon Euripideum, I, 1841 (nur A-T). 
J. Schweighäuser, Lexicon Herodoteum, 1824. j 


Ill. Etymologische Wörterbücher. 


88. Theod. Benfey, Griechisches Wurzellexikon, 2 Bde., 
1839—1842. Veraltet. 

G. Curtius, Grundzüge der griech. Etymologie, 5. Aufl. 1879. 
Zwar zum Teil veraltet, aber wegen der Litteraturangaben und 
der übrigen Vortrefflichkeit unentbehrlich. 

W. Prellwitz, Eitymologisches Wörterbuch der griechischen 
Sprache, 1892. . 

Wilh. Pape, Etymologisches Wörterbuch der griech. Sprache 
zur Übersicht der Wortbildung nach den Endsilben geordnet. Berlin 
1836.. Wegen der Stoffansammlung wertvoll. 

A. Vanilek, Griechisch-lateinisches etymologisches Wörter- 
buch, 2 Bde. 1877. Mit Vorsicht zu benutzen. 

L. Meyer, Handbuch der griechischen Etymologie, 1. Bd., 
Wörter mit dem Anlaut a, e, ο, ἡ, ὦ, 1901. 


IV. Grammatik der Dialekte. 


8 9. Die einzelnen griechischen Dialekte, deren Erkenntnis 
durch die inschriftlichen Funde stetig erweitert wird, sind in zahl- 
reichen Monographien behandelt, die G. Meyer verzeichnet. 

Das grundlegende Werk von L. Ahrens, De Graecae linguae 
dialectis, Bd. 1, 1839, Bd. 2, 1843 ist von R. Meister teilweise 
neu bearbeitet. 

Leider sind von ihm nur 2 Bände erschienen. 7. Bd. Asiatisch- 


ΝΕ ΝΕΕΕΕΕΕΕΕΈΕΕΕΕΕΕΕΕΕΕΣΕΕΕΕΕΒΒ ΞΈἝΕἜΕἜΕΕΕΕ 


17% 


8 9. 10.] Allgemeines mit Litteraturangaben. 9 


üolisch, Böotisch, Thessalisch, 1882; 2. Bd., Eleisch, Arkadisch, 
Kyprisch, 1889. 

Für das Dorische sind wir angewiesen auf: 

Emile Boisacg, Les dialectes Doriens, Phonttique et 
Morphologie, Paris, E. Thorin, 1891. 

Eine neue Gesamtdarstellung hat O. Hoffmann unternommen. 
Erschienen sind bisher, Bd. 1, 2, 8,1: 

O. Hoffmann, Die griechischen Dialekte in ihrem histo- 
rischen Zusammenhange mit den wichtigsten ihrer Quellen. 1. Bd. 
Der süd-achäische Dialekt, 1891 (Kyprisch und Arkadisch); 2. Ba. 
Der nordarchäische Dialekt (d. i. Asiatisch-äolisch und Thessalisch) 
1893; 3. Bd. Der ionische Dialekt, Quellen und Lautlehre, 189. 

Den ionischen Dialekt behandelt außerdem: 

Herbert W. Smyth, The Sounds and inflections of de Greek 
dialects. Jonic. Oxford, Clarendon Press, 1894. 

Für das Attische ist grundlegend: 

Meisterhans, Grammatik der attischen Inschriften. 3. Aufl., 
besorgt von Ed. Schwyzer, 1900. 

Für die spätere Koin& wichtig: 

Ed. Schweizer, Grammatik der Pergamenischen Inschriften. 
Beiträge zur Laut- und Flexionslehre der gemeingriechischen Sprache, 
1898. 

Die griechischen Vaseninschriften, die die Volkssprache 
repräsentieren, behandelt 

P. Kretschmer, Die griechischen Vaseninschriften ihrer 
Sprache nach untersucht, 1894. 


V. Grammatische Einzelarbeiten. 


8 10. A. Vermischtes. Lautlehre. 

J.u. Th. Baunack, Studien auf dem Gebiete des Griechischen 
und der arischen Sprachen, Bd. 1, 1886. 

W. Schulze, Quaestiones Epicae, 1892, abgekürzt Schulze, QE., 

Danielsson, Grammatische und etymologische Studien 1, 
Upsala 1887. 

Ders., Zur metr. Dehnung im älteren griechischen Epos, Upsala 
1897 (Skrifter utgifna af K. Humanistiska Vedenskapssamfundet 
ἡ Upsala). 5. Bd., Nr. 16. 

Solmsen, Untersuchungen zur griechischen Laut- und Vers- 
lehre, 1901. 

Johansson, Beiträge zur griechischen Sprachkunde (Upsala 
universiteis ärsskrift 1890). 


10 Einleitung I. [8 10. 11. 


J. Wackernagel, Vermischte Beiträge zur griechischen 
Sprachkunde, Basel 1897. 

Ders., Das Dehnungsgesetz der griechischen Composita, Basel 1889. 

O. Lagercrantz, Zur griechischen Lautgeschichte (Upsala 
uniwversiteis ärsskrift 1898). 

B. Nomen. 

A. Torp, Den graeske nominalflexion. Kristiania 1890. 

Danielsson, Grammaltiska anmärkningar. II. Om de 
grekiska substantiverna med nominativändelsen -& (Upsala universitets 
ärsskrift 1883). 

Dryroff, Geschichte des Pronomen reflexivum, 1. Von Homer 
bis zur att. Prosa, 2. Die att. Prosa und Schlufsergebnisse. 1892/93. 
(A. u. d. T.: Schanz, Beitr. zur hist. Syntax, Heft 9 u. 10). 

C. Verbum. 

G. Curtius, Das Verbum der griechischen Sprache seinem 
Baue nach dargestellt, 2. Aufl, 2 Bde. 1877, 1880. Zitiert als 
Curtius Verb®. 

K. Johansson, De derwatis verbis contractis linguae Graecae 
quaestiones ( Upsala universitets ärsskrift 1886). 

von der Pfordten, Zur Geschichte der griechischen De- 
nominativa, 1886. 

Sütterlin, Zur Geschichte der Verba denominativa im Alt- 
griechischen I. 1891. 

N. Flensburg, Zur Stammabstufung der mit Nasalsuffix 
gebildeten Präsentia im Arischen und Griechischen. Lund 1894. 

Mekler, Beiträge zur Bildung des griechischen Verbums. 
Dorpat 1887. | 


Vi. Zeitschriften. 


8 11. Die meisten Arbeiten über griechische Grammatik 
finden sich in den oben angeführten sprachwissenschaftlichen Zeit- 
schriften. Die philologischen Zeitschriften zerfallen in die eigent- 
lichen philologischen, die wenig Grammatisches bieten, die archäo- 
logischen, in denen meistens die neuen epigraphischen Funde ver- 
öffentlicht werden, und die kritischen Blätter. 

A. Philologische Zeitschriften: 

Rheinisches Museum für Philologie. Hrsg. von F'rz. Buecheler 
und Herm. Usener. Bd. 1ff., 1842 f. Abgekürzt: RAM. 

Hermes. Zeitschr. für klassische Philologie, hrsg. v. G. Kaibel 
und C. Robert, Bd. 1ff. Abgekürzt: Herm. 

Philologus. Zeitschrift für das klassische Altertum, hrsg. von 
OÖ. Crusius, Bd. 1 ἢ, 1846 f. Abgekürzt: Phil. 


. ahls 


ΝΠ GH " VER 


4 


δ 11—13.] Allgemeines mit Litteraturangaben. 11 


Wiener Studien. Zeitschrift für klassische Philologie, hrsg. 
von E. Hauler und H.v. Arnım, Wien, Bd. 1ff., 1879 ff. 

B. Epigraphische Zeitschriften. 

Athenische Mitteilungen, Mitteilungen des kaiserlich deutschen 
archäologischen Instituts, Athenische Abteilung, Athen, Bd. 1ff., 
1876. Abgekürzt: Athen.Mitt. 

Bulletin de correspondance hellönique. Athen, Paris, Bd. 1 ἢ, 
1877 f. Abgekürzt: BCH. 

Ἐφημερὶς apgaoloyırn, ἐκδιδομένη ὑπὸ τῆς ἐν ᾿Αϑήναις ἀρχαιολο- 
γικῆς ἑταιρίας. Athen 1887 f. Abgekürzt: Ἐφ. ἀρχ. 

Jahreshefte des österreichischen archäologischen Instituts in 
Wien. Bd. 1f., 1898 f}. 

C. Kritische Blätter. 

Berliner »philologische Wochenschrift, hreg. von Chr. Belger 
und O. Seyffert. Mit dem Beiblatt: Bibliotheca philologica classica. 
1f., 1881 ff. 

Philologischer Anzeiger, hrag. als Ergänzung des Philologus von 
E. von Leutsch, Bd. 1ff., 1869 ff. 

Wochenschrift für klassische Philologie, hrsg. von G. Andresen, 
Hans Draheim und Frz. Harder, Bd. 1ff., 1881 ff. 

Zeitschrift für die österreichischen Gymnasien, Bed. von 
Κ΄ Schenkl, J. Huemer, Bd. 1ff., 1850 ff. 


γι. Bibliographie. 


8 12. Bursian, Jahresbericht über die Fortschritte der 
klassischen Altertumswissenschaft, seit 1873. 

Indogerm. Forschungen, Anzeiger, seit 1890. 

Bibliotheca philologica classica. Bd. 1ff., 1874 ff. 


11. Kapitel. 
Die indogermanischen Sprachen. 


& 13. Das Griechische ist ein Glied der großen 
indogermanischen Sprachfamilie, die aus folgenden noch 
lebenden Sprachen besteht: 


12 Einleitung DH. [$ 13. 


1. Indisch und Iranisch, auch im engeren Sinne 
Arisch genannt, 2. Baltisch-Slavisch, 3. Armenisch, 
4. Albanesisch, 5. Griechisch, 6. Italisch, 7. Keltisch, 
8. Germanisch. 

Zahlreiche andere idg. Sprachen sind mit Hinter- 
lassung geringer Spuren ausgestorben, darunter das alte 
Thrakische, mit dem das Phrygische nahe verwandt war, 
das Makedonische und Illyrische, zu dem wahrscheinlich 
die Sprache der Veneter und Messapier in Italien’gehörte, 
und die Sprachen Kleinasiens, soweit sie indogermanisch 
waren. Auch Ligurisch, Etruskisch, Lykisch, Hethitisch 
rechnen einige Forscher zu unserm Sprachstamm. Doch 
ist in einigen Fällen das Gegenteil sicher, in allen andern 
äußerst zweifelhaft. 

Alle diese Sprachen haben sich aus der idg. Ur- 
sprache entwickelt, ähnlich wie die romanischen Sprachen 
aus dem Latein geflossen sind oder wie die germanischen 
Dialekte dem Urgermanischen entstammen. Die Aufgabe 
der Sprachwissenschaft ist es u. a., diese Ursprache durch 
Vergleichung zu erschließen und daraus die Geschichte 
der Einzelsprache abzuleiten. Die Rekonstruktion der 


indogermanischen Ursprache ist wissenschaftlich von der- 


selben Bedeutung und ebenso notwendig, wie die Fest- 
stellung des Archetypus verschiedener Handschriften- 
klassen. Da aber dieser unser Archetypus vermutlich 
nie gefunden werden wird, so bleibt seine Erschließung 
eine Hypothese, aber eine absolut notwendige Hypothese, 
ohne die es keine wissenschaftliche Erklärung giebt. Die 
indogerm. Grundsprache war eine Sprache, der das alte 
Griechisch jedenfalls viel näher stand, als etwa das heutige 
Englisch dem Urgermanischen. Sie war vollkommen aus- 
gebildet, flektierend, und hatte bereits eine unerkennbar 
lange Entwicklung hinter sich. Den Urzeiten der Sprach- 
entwicklung sind wir mit der idg. Ursprache nur um ein 
Geringes näher gerückt. Doch deuten vielleicht gewisse 


an ὃ ar . 


tm 


ὃ 13. 14.] Die indogermanischen Sprachen. 13 


Spuren an, daß die Flexion vor nicht gar zu ferner Zeit 
aus Agglutination entstanden ist. Irgend ein anderer 
dem Idg. verwandter Sprachstamm ist noch nicht nach- 
gewiesen. Das Semitische, das man früher mit Vorliebe 
herangezogen hat, rückt immer ferner. 


& 14. 1. Das Indisch-Iranische oder Arische. 
Das Indisch-Iranische zerfällt in Indisch und Iranisch. 


a) Das Indische. Von den einzelnen idg. Sprachen 
hat von jeher das Indische am meisten interessiert. 
Erst als diese Sprache bekannt geworden war, entstand 
die idg. Sprachwissenschaft, und der altertümliche gram- 
matische Bau, das reiche Kasus- und Flexionssystem hat 
stets das Entzücken der Forscher erregt. Doch hat man 
das Indische in seiner Altertümlichkeit überschätzt und 
oft genug das, was im Indischen vorliegt, für Idg. ge- 
halten. 

Das altertümlichste Denkmal des Indischen sind die 
vedischen Schriften, die an Alter Homer übertreffen, und 
jedenfalls das älteste Sprachdenkmal der idg. Sprach- 
familie sind. Die Sprache dieser Schriften, das vedische 
Indisch (abgekürzt ved.) ist sehr altertümlich. 


Ein späterer Dialekt ist das klassische Sanskrit, 
die grammatisch genau fixierte Litteratursprache der Inder. 


Ferner sind Prakrit und Päli, als selbständige 
Entwicklungen neben dem Sanskrit wichtig. Heute zer- 
fällt das Indische in viele Dialekte und wird von mehreren 
hundert Millionen Menschen gesprochen. 


Anm. Die beste deskriptive Grammatik ist die von W. D. 
Whitney. Aus dem Englischen übersetzt von H. Zimmer, 1879. 
Von dem Originalwerk: A Sanskrit Grammar, including both the 
classical language and the older dialects of Veda and Brahmana, ist 
1896 die 3. Aufl. erschienen. 

Sehr wichtig ist der Anhang 2. 


Whitney, Die Wurzeln, Verbalformen und primären Stämme 
der Sanskrit-Sprache, 1885. 


14 Einleitung LI. . [8 14, 15. 


Eine ausgezeichnete vergleichende Grammatik bietet: 
J. Wackernagel, Allindische Grammatik, 1. Lautlehre 1896. 
Der Wortschatz des Aind. ist gesammelt von 
. Böhtlingk und Roth in dem Sanskritwörterbuch, Petersburg 
7 Bde., 1855—75, abgekürzt BR.PW. und von 


Böhtlingk, Sanskritwörterbuch in kürzerer Fassung, Peters- 


burg 1879—89. 

Unentbehrlich sind ferner: 

H. Grafsmann, Wörterbuch zum Rig-Veda, 1873, mit fast 
vollständigen Belegen. 

Whitney, Index Verborum to the Published Text of the 
. Atharva- Veda, Journal of the American Oriental Society, Bd. 12, 1881. 

Auch nach anderen Seiten der statistischen Grammatik ist 
das Indische vortrefflich bearbeitet. Der Grundri/s der indo- 
arischen Philologie und Altertumskunde, begründet von G. Bühler, 
fortgesetzt von F. Kielhorn, wird, wenn vollendet, ein Bild der 
gesamten indischen Philologie geben. 

Ein brauchbares etymologisches Hilfsmittel ist 

C. C. Uhlenbeck, Kurzgefa/stes Eiymologisches Wörterbuch 
der altindischen Sprache. Amsterdam 1898/99. 


& 15. b) Das Iranische ist mit dem Indischen 
aufs nächste verwandt. Die beiden Sprachen sind nicht 
selbständige Glieder des Idg., sondern bilden eine Gruppe 
wie Lateinisch und Umbrisch-Oskisch. 

Das Iranische zerfällt in 

a) Altpersisch, die Sprache der Keilinschriften 
der persischen Achämeniden, und Ä 

b) Avestisch (Zend, Altiranisch), die Sprache der 
Denkmäler der Religion Zarathustras. 

Dazu kommen die modernen Dialekte. 

Anm. Der nahezu vollendete Grundri/s der iranischen Philo- 
logie von Wilh. Geiger und Ernst Kuhn, 1895 bietet eine 
zusammenfassende Darstellung des bisher Erkannten. 


Außerdem: Horn, P., Grundrifs der neupessischen Elymo- 
logie. 1898, 

Hübschmann, H., Persische Studien. I. Beiträge zu Horns 
Grundrifs der neupersischen Etymologie. II. Neupersische Laut- 
lehre. Wichtig für die persischen Namen bei griechischen und 
römischen Autoren. 


- au 


-- a δ΄ 


Ὁ οὗ 


gr 


u 


8 16. 17.] Die indogermanischen Sprachen. : 15 


2. Das Baltisch-Slavische. 


& 16. Das Baltisch-Slavische zerfällt in Baltisch 
und Slavisch. a) Das Baltische teilt man wieder in: 

1. Altpreußisch, die ausgestorbene Sprache der 
alten Preußen im deutschen Ordenslande. 

Anm. Bestes Hilfsmittel: E. Berneker, Die preufsische Sprache, 
Texte, Grammatik, etymologisches Wörterbuch, Strafsburg 1896. 

2. Litauisch, das noch in Ostpreußen und den 
russ. Gouvernements Kovno und Suwalki von ca. 2 Millionen 
Menschen gesprochen wird. Es ist die altertümlichste der 
heutigen idg. Sprachen und wegen Bewahrung der alten 
Akzentqualitäten, die dem griechischen Akut und Zirkum- 
flex entsprechen, auch für das. Verständnis des Griechischen 
wichtig. 

Anm. Grammatiken: Schleicher, Handbuch der litauischen 
Sprache, Prag 1856. 

Kurschat, Grammatik der Littauischen Sprache, 1876. 

Wiedemann, Handbuch der Litauischen Sprache. Gram- 
matik, Texte, Wörterbuch, 1896. 

Wörterbücher: Nesselmann, Wörterbuch der Littauischen 
Sprache, 1851. 

Kurschat, Wörterbuch der Littauischen Sprache, 2 Teile, 
1870—83. Wichtig wegen der Akzentbezeichnung. 

8 17. b) Das Slavische, eine der mächtigsten 
idg. Sprachen zerfällt in Slovenisch (in den Östalpen), in 
Serbo-Kroatisch (in Kroatien, Dalmatien, Bosnien, Monte- 
negro, Königreich Serbien, Südungarn), in Bulgarisch, 
“Russisch, Polnisch, Sorbisch (in der Lausitz) und Czechisch. 

Die ältesten Denkmäler sind die altbulgarischen 
(altkirchenslavischen, alislovenischen) aus dem 9. Jahr- 
hundert. 

Anm. 1. Hilfsmittel: A. Leskien, Handbuch der Altbul- 
garischen Sprache. Grammatik, Texte, Glossar. 3. Aufl. 1898. 

Miklosich, Vergleichende Grammatik der slavischen Sprachen, 
4 Bde. 15 1879, II 1875, 1113 1876, IV 1874. 

Miklosich, Eiymologisches Wörterbuch, 1886. 


x 


16 Einleitung 11. . [8 17—21. 


Miklosich, Lexicon Palaeoslovenico-graeco-latinum, 1862. 

Anm. 2. Unter den modernen slavischen Dialekten ist be- 
sonders das Serbokroatische wichtig, weil es den alten idg. Akzent 
in seinen Qualitäten z. T. bewahrt hat. Man findet den serb. 
Akzent genau angegeben bei VYuk. Steph. Karadschiisch, 
Lexicon Serbico-Germanico-Latinum, 3. Ausg. Belgrad 1898. 


3. Das Armenische. 


$ 18. Das Armenische lebt noch heute in Klein- 
asien; es ist uns seit dem 5. Jahrh. ἢ. Chr. bekannt und 
von Hübschmann KZ. 23, 5 ff., 400 ff. als selbständiges 
Glied des Idg. erwiesen. Früher rechnete man es fälsch- 
lich zum Iranischen, so auch noch in Wissovas Realen- 
cyklopädie. 

Anm. Hilfsmittel: Hübschmann, Armenische Studien I, 1883. 

Hübschmann, Armenische Grammatik 1. 2. 1895, 1897. 


4. Das Albanesische. 


ᾷ 19. Das Albanesische ist eine Mischsprache, deren 
Grundelement aber indogermanisch war. Es ist, erst seit 
dem 18. Jahrh. bekannt, im wesentlichen durch G. Meyer 
untersucht. 


Anm. Hilfsmittel: @. Meyer, Albanesische Studien III. 
Lautlehre der idg. Bestandteile des Albanesischen. SB. der Wiener 
Akad. Bd. 125. 

@. Meyer, Eitymologisches Wörterbuch der albanesischen 
Sprache, 1891. 


Mit dem Griechischen oder Italischen ist das Alba- 
nesische in keiner Weise näher verwandt. 


5. Das Griechische. 
$ 20. Darüber 8. u. 


6. Das Italische. 


ᾷ 21. Von den Sprachen Italiens bilden Umbrisch- 
Oskisch und Lateinisch eine besondere Gruppe, die wir 
italisch nennen. 


ah 


8 21—23.] Die indogermanischen Sprachen. 17 


Anm. Hilfsmittel: Lindsay-Nohl, Die lateinische Sprache. 
Ihre Laute, Stämme und Flexionen in sprachgeschichtlicher Dar- 
stellung, 1897. 

Stolz und Schmalz, Lateinische Grammatik. Laut- und 
Formenlehre. Syntax und Stilistik. 3. Aufl. 1900. 

Sommer, Handbuch der lat. Laut- und Formenlehre, 1902 
(in dieser Sammlung). 

A. Vanidek, Etymologisches Wörterbuch der lateinischen 
Sprache, 2. Aufl. 1881. Veraltet und nicht ohne Kritik zu be- 
nutzen. 

Das Umbrisch-Oskische hat eine allen Anforderungen ent- 
sprechende Darstellung gefunden durch 

R.v. Planta, Grammatik der oskisch-umbrischen Dialekte. 
2 Bde. 1892, 1897. Lautlehre, Formenlehre, Syntax, Sammlung 
der Inschriften und Glossen, Anhang, Glossar. 


ἡ. Das Keltische. 


8 22. Das Keltische, dieser mächtige Sprach- 
zweig des Altertums, hat durch Ausbreitung des Roma- 
nischen und Germanischen, sehr an Raum verloren. Es 
zerfällt in Britannisch und Gälisch. Ersteres teilte sich 
in Kymrisch, Cornisch und Bretonisch, letzteres lebt 
heute fort im Irischen, Schottisch-Gälischen und dem 
Manx (auf der Insel Man). Das Altgallische ist uns nur 
durch Namen, Glossen und wenige Inschriften bekannt. 


Anm. Hilfsmittel: Zeuss, Grammatica Celtica. 2. Aufl. 
von Ebel, 1871. 
Holder, Altceltischer Sprachschatz, 1890 ἢ. 


8. Das Germanische. 
8 23. Das Germanische zerfällt in das ausge- 


storbene Ostgermanische (Gotische), das Nordgermanische 


(Skandinavische) und das Westgermanische (Hochdeutsch, 
Niederdeutsch, Friesisch, Englisch). 
Anm. Hilfsmittel: Fr. Kluge, Vorgeschichte der aligerma- 
nischen Dialekte in Pauls Grundrifs der germanischen Philologie. 
2. Aufl. 1899. 
W. Streitberg, Urgermanische Grammatik. Einführung in 
Hirt, Griech. Laut- u. Formenlehre. 


18 Einleitung III. [8 23. 24, 


das vergleichende Studium der altgermanischen Dialekte. 1896, 
2. Aufl. 1902, in dieser Sammlung. 

W. Wilmanns, Deutsche Grammatik. Gotisch, Alt-, Mittel» 
und Neuhochdeutsch.h Bd. 1 u. 2. Lautlehre und Wortbildung, 
beide in zweiter Auflage 1897, 99. 

O. Schade, Altdeutsches Wörterbuch, 2 Bde. 1872—82. Im 
etymologischen Teil vielfach veraltet und daher mit Kritik zu b«+ 
nutzen, sonst aber ausgezeichnet und unentbehrlich. 

C. C. Uhlenbeck, Kurzgefafstes etymologisches Wörterbuch 
der gotischen Sprache. 2. Aufl., Amsterdam 1900. 

Fr. Kluge, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache 
6. Aufl. 1899. Berücksichtigt die neuere Forschung nicht mehr 
genügend. 

Außerdem: H. Paul, Grundri/s der germanischen Philologie. 
2. T. in zweiter Auflage. 


III. Kapitel. 


Verwandtschaftsverhältnisse, Urheimat der 
idg. Sprachen. Kultur der Indogermanen. 
Stellung des Griechischen. 


ᾷ 24. Von den idg. Sprachen stehen einzelne in 
engerem Zusammenhang als Dialekte einer älteren Sprach- 
gemeinschaft, so vor allem Indisch und Iranisch (8. o. 
& 15) und Baltisch und Slavisch. Auch zwischen den 
übrigen Gruppen hat man gewisse Beziehungen festzu- 
stellen versucht und engere Verwandtschaft angenommen, 
doch läßt sich bis jetzt höchstens eine nähere Zusammen- 
gehörigkeit des Italischen und Keltischen vermuten, vgl. 
Sommer ὃ 17, während die früher mit Vorliebe angenommene 
gräko-italische Spracheinheit in der Form, in der sie von 
Mommsen, G. Ourtius, Schleicher u. a. vertreten wurde. 


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8. 24. 25.] Verwandtschaftsverhältnisse der idg. Sprachen. 19 


nicht , haltbar ist. Indessen sind gewisse Beziehungen 
zwischen Griechisch und Italisch vorhanden, 8. ὃ 31. 

Die Verwandtschaftsverhältnisse der idg. Sprachen 
hat man sich früher durch das Bild eines Stammbaumes 
zu erklären versucht; an dessen Stelle hat Joh. Schmidt 
das Bild der Welle und sich schneidender Kreise gesetzt, 
vgl. Joh. Schmidt, Die Verwandtschaftsverhältnisse der 
indogerm. Sprachen, Weimar 1872. Danach sollen die 
Dialekte durch allmähliche Ausbreitung gewisser Eigen- 
tümlichkeiten entstanden, und es nicht möglich sein, einen 
Stammbaum aufzustellen. Im wesentlichen sind aber die 
großen idg. Sprachfamilien, wie die historischen That- 
sachen erweisen, durch Auswanderung und Loslösung von 
Gruppen ins Leben getreten, und es ist daher das Bild 
des Stammbaumes in der Hauptsache zutreffend, nur sind 
wir mangels genügender Anhaltspunkte nicht im stande 
diesen Stammbaum mit Sicherheit zu entwerfen. 

'& 25. Schon in der idg. Ursprache können wir zwei 
große Dialektgruppen nachweisen, die man nach einer 
lautlichen Verschiedenheit und mit dem Wort, das diese 
zeigt, als centum- und satem-Sprachen bezeichnet, oder 
nach der geographischen Verteilung auch West- und Ost- 
indogermanisch nennen kann. 

1. Die cenium-Sprachen (Westindogerma- 
nisch): Griechisch, Italisch, Keltisch, Germanisch. Sie 
haben die palatalen Verschlußlaute der idg. Ursprache 


als Verschlußlaute erhalten: idg. kmiom „hundert“, gr. 


ἑ-κατόν, lat. centum, air. cet, got. hund, 

2. Die satem-Sprachen (Östindogermanisch): 
Indo-Iranisch, Baltisch-Slavisch, Armenisch und Alba- 
nesisch. Sie haben die palatalen Verschlußlaute der idg. 
Ursprache in palatale Spiranten verwandelt: idg. kmiöm 
„hundert“ = ai. datdm, avest. satem (nach diesem Wort 
sind sie benannt), lit. szinias, abg. süfö, und zeigen an 


Stelle der indogerm. labiovelaren Verschlußlaute einfache 
2% 


20 Einleitung 117. [8 25—27. 


Gutturale, gr. ποτέ, lat. quod, got. has: ai. kas, abg. küte, 
lit. kas u. 8. w. 

Anm. 1. Daß diese Spaltung der k-Laute sehr alt ist, habe 
ich BB. 24, 218 fi. nachzuweisen versucht. Ist das dort Ausgeführte 
richtig, so rückt diese dialektische Differenzierung in ziemlich 
ferne Zeit, was auch durch andere Gründe wahrscheinlich ge- 
macht wird. 

Anm. 2. Ob die beiden Dialektgebiete auch noch durch 
andere sprachliche Momente zusammengehalten waren, läßt sich 
zur Zeit noch nicht bestimmt sagen. Jedenfalls zeigt das Litauisch- 
Slavische verschiedene Berührungspunkte mit dem Indo-Iranischen 
(Behandlung der s-Laute, der schwachen Vokale), Auch in den 
centum-Sprachen dürften besondere gemeinsame Eigentümlichkeiten 
nachweisbar sein. 

Anm. 3. Wie sehr auch die geographische Lage diese Teilung 
empfiehlt, zeigt die Darstellung in Sieglins Schulatlas 8. 1. 


8 26. Die Frage nach der Urheimat des idg. 
Urvolkes, d. h. dem Orte, an dem es in der Zeit, die der 
endgültigen Trennung unmittelbar vorausging, gesessen 
hat, wird sich schwerlich ganz sicher entscheiden lassen. 
Immerhin kann die frühere Ansicht, daß die Indogermanen 
aus Asien eingewandert seien, im wesentlichen für abge- 
than gelten. Heute kommt nur Ost- und Nordeuropa 
in Betracht. 

Anm. Die Frage läßt sich wohl kaum anders als durch 
geographische Gründe und Erwägungen lösen. Eine orientierende 
Übersicht gab Verf. in Hettners geograph. Zeitschr. 1, 649 f. Sehr 
wichtig ist die Abhandlung von Ratzel, Der Ursprung und die 
Wanderungen der Völker geographisch betrachtet: II. Geographische 
Prüfung der Thatsachen über den Ursprung der Völker Europas. 
Ber. d. ph. h. Cl. d. k. 8. α΄. ἃ. Wiss. zu Leipzig, 1900, S. 25 ff. 

Weitere Litteratur ist bei O. Schrader, Sprachvergleichung 
und Urgeschichte? 111 ff., verzeichnet, der auch eine Geschichte des 
Problems bietet; vgl. ferner 8. 616 ἢ. 

Die neuere Litteratur findet man in der Bibliographie des 
IFAnz. | 

$ 27. Wenn wir für die westlichen Indogermanen 
eine besondere Dialektgruppe annehmen, so müssen wir 


fa 


8 27—29.] Verwandtschaftsverhältnisse der idg. Sprachen. 21 


für sie auch besondere Wohnsitze suchen. Aus allge- 
meinen Gründen wird für sie die Gegend von der Östsee- 
küste bis nach Ungarn in Betracht zu ziehen sein. Der 
im Griechischen (φηγός), Lat. (fagus), Germ. (buche) er- 
haltene Ausdruck für Buche zeigt, daß dieser Zweig der 
Indogermanen in der Buchenregion gewohnt hat. Die 
Buche fehlt aber aus klimatischen Gründen in Osteuropa. 
Sie geht ostwärts nicht über die Linie: Königsberg— Krim 
hinaus. 

Die Griechen werden wahrscheinlich aus Uugarn ge- 
kommen sein und ursprünglich nicht allzu entfernt von 
den Italikern gesessen haben. Als historische Parallele 
bieten sich die Wanderzüge der Gallier (Verwüstung 
Griechenlands, Niederlassung in Kleinasien) und wahr- 
scheinlich auch die der Illyrier, wenngleich deren Aus- 
gangspunkt nicht klar erkennbar ist. 

8 38. Die Ansichten über die Kultur der Indo- 
germanen haben lange geschwankt. Bis vor kurzem sah 
man in ihnen viehzüchtende Nomaden. Diese Ansicht 
ist aber durch die neuere ethnologische Forschung, die 
dem Ackerbau mit Recht ein höheres Alter als der Vieh- 
zucht zuschreibt, und durch die genauere Betrachtung der 
historischen Zeugnisse unmöglich geworden. Die Indo- 
germanen kannten das Rind, den Wagen und den Pflug, 
was alles für den höheren Ackerbau spricht. Ä 

- Anm. Weiteres über diese Frage bei Verf., Die vorgeschicht- 
liche Kultur Europas und der Indogermanen. Hettners geographische 
Zeitschrift 4, 369 f., Jahrb. für Nationalökonomie und Statistik, 
3. Folge, Bd. 15, 456 ff. 

Eine brauchbare und leicht zugängliche Übersicht über diese 
Probleme bietet jetzt Much, Deutsche Stammeskunde, 1901 5. 1f. 

8& 29. Die griechische Sprache bildet ein durchaus 
selbständiges Glied der inudogerm. Sprachfamilie, dessen 
Entstehung in dem Moment zu suchen ist, als sich ein 
Schwarm von Indogermanen loslöste, um in die Balkan- 


22 ' Einleitung IH. [8 29—31. 


halbinsel einzudringen. Es muß eine Zeit gegeben haben, 
in der jede Verbindung mit den übrigen idg. Sprachen 
unterbrochen war. Wenn irgendwelche nähere Be: 
ziehungen zu einzelnen idg. Sprachen bestehen, so können 
diese nur dazu dienen, die ursprüngliche Lage des 
Griechischen zu den übrigen indogerm. Stämmen erkennen 
zu lassen. 

Man hat derartige Beziehungen erkennen wollen zum 
Arischen, Italischen und Phrygischen. 

8 30. a) Gemeinsame Züge, die das Griechische mit 
dem Arischen teilt, führt J. Schmidt, Verwandtschafts- 
verhältnisse an. Doch sind sie wenig beweisend. Ä 

Anm. Die sogenannte Nasalis sonans ist im Arischen und 
Griechischen durch a vertreten. Doch beweist dies nichts, da a 
aus an entstanden sein wird, und an auch in anderen Sprachen 
vorliegt. Das Augment, das man früher für griechisch-arisch hielt, 
ist auch im Armenischen vorhanden und wird jetzt für idg. ange- 
sehen. — Die Infinitivbildung war im Idg. jedenfalls so verschieden- 
artig, daß es nicht weiter auffällt, wenn Griechisch und Indisch 
allein gewisse Formen kennen, zumal die Sprachen im Laufe ihrer 
Entwicklung nur wenige Formen bewahren und diese verallge- 
meinern. Daher ist es sehr wahrscheinlich, daß Italisch, Germanisch, 
Litu-Slavisch mehrere alte Formen verloren haben. 


Das Zahlwort 1000, ai. sa-hasram, gr. χίλεοε hat Sommer IF. 


10, 216 mit einiger Wahrscheinlichkeit auch in lat. mille erkannt. — 
Ob die Zahladverbia auf gr. -xss, ai. -Sas ohne weiteres identifiziert 
werden dürfen, ist sehr fraglich. — Auf die den beiden Sprach- 
gruppen gemeinsamen Worte wird man heute kein Gewicht mehr 
legen dürfen, wenn es sich nicht um ganz frappante Überein- 
stimmungen handelt. 

Immerhin läßt sich nicht verkennen, daß das Indische von 
allen satem-Sprachen dem Griechischen am nächsten steht. Doch 
kann dies z. T. darauf beruhen, daß uns beide Sprachen aus so 
alter Zeit überliefert sind. 


ἃ 31. Ὁ) Die nähere Verwandtschaft des Griechischen 


mit dem Italischen ist von G. Curtius und Schleicher 
stets vertreten worden. Die neuere Sprachwissenschaft 


hat diese Annahme freilich aufgegeben, doch ist sie nicht 


᾿ 


ἃ 31.) Verwandtschaftsverhältnisse der idg. Sprachen. 23 


ganz a limine abzuweisen. Das Griechische gehört mit 
dem Italischen zu der großen Gruppe der centum-Sprachen. 
Steht auch innerhalb dieser Gruppe das Italische dem 
Keltischen zunächst, so ist auf der anderen Seite zu be- 
merken, daß das Griechische weder mit dem Keltischen 
noch mit dem Germanischen nennenswerte Berührungs- 
punkte aufweist, während zwischen Griechisch und Italisch 
solche vorhanden sind, die schwerlich auf Zufall beruhen 
können. 


Anm.1. Kelto-Italo-Griechisch ist die Vertretung der sog. 
langen Liquida und Nasalis sonans (idg. era u. 8. w.) durch γᾷ, la, 
πᾶ, na und des schwachen Vokals vor r, I, ἢ, m durch a, vgl. 
Verf., Idg. Ablaut 8. 18. 

2. Kelto-Italo-Griechisch ist der Schwund desintervokalischen 1. 

3. Griechisch-Italisch ist der Übergang der Mediae aspiratae 
{bh, dh, gh) in Tenues aspiratae. 

4. G. Curtius hat ein gräko-italisches Akzentgesetz ange- 
nommen, nach dem der Ton nicht über die letzten drei Silben 
schreiten durfte. Daß dies nicht richtig ist, daß vielmehr der 
Akzent im Urgriechischen und Uritalischen noch nicht gebunden 
war, ist sicher. Aber wenn man sich die griechische und italische 
Akzentverschiebung vorstellen will, so muß man in beiden Sprachen 
von einenı Nebenton ausgehen, der auf den letzten drei Silben ge- 
legen hat. Das Vorhandensein eines solchen Nebentons dürfte 
schwerlich auf Zufall beruhen, wenngleich eine Fortsetzung und 
Weiterentwicklung idg. Verhältnisse vorliegen kann, vgl. die 
Akzentlehre. 

5. Das Lateinische und Griechische kennen feminine 0-Stämme, 
ἡ φηγός, lat. fagus, doch beruht das wohl eher auf Bewahrung einer 
Altertümlichkeit, als auf Neubildung, vgl. Pedersen BB. 19, 296. 

6. In beiden Sprachen hat der Gen. Plur. der fem. -2-Stämme 
die pronominale Flexionsendung -@80m herübergenommen, hom. 
ϑεάων, lat. terrarum. 

. 7. In beiden Sprachgruppen haben wir wahrscheinlich die 
Neubildung des Akk. Plur. der Fem. auf -äns oder -äns, des Dat. 
Plur. auf -ais. 

8. Auch sonst gehen die beiden Sprachen in ihrer Entwicklung 
gleiche Wege. Lokativ und Dativ werden verschmolzen. Der 
Instrumental ist nur in Adverbien formal erhalten, im Nom. Pilur, 
Fem. finden wir Formen auf -ai. 


24 | Einleitung IV. [8 31-33. 


9. In beiden Sprachen sind die unbetonten Verbalformen ver- 
allgemeinert. ΜΝ 
Sind auch alle diese Argumente nicht geeignet, eine gräko- 


italische Ursprache und Urzeit zu erweisen, so muß man dech. 
feststellen, daß dem Griechischen von allen Sprachen keine so nahe 


steht wie die Italische. Vgl. über diese Frage die feinsinnigen Er- 
örterungen v. Bradkes, Beiträge zur Kenntnis der vorhistorischen 
Entwicklung unseres Sprachstammes, Gießen 1888, S. 14, 29. 


8 32. ὁ) Die von Kretschmer, Einleitung in die Ge- 
schichte der griech. Sprache 237 ff. angenommene Vermitt- 
lungsstellung des Phrygischen halte ich für zu wenig be- 
gründet, um näher daraufeingehen zu könzen. Unsere Kennt- 
nisse der phrygischen Flexion und des Wortschatzes dieser 
Sprache, der außerordentlich stark vom Griechischen beein- 
flußt ist, sind viel zu gering, um sichere Schlüsso zu gestatten. 


IV. Kapitel, 


Griechenlands Urbevölkerung und die 
Nachbarn der Griechen. 


8 35. DaB die Griechen bei ibrem Vorrücken in 
die südlicheren Teile der Balkanhalbinsel dort bereits 
eine einheimische Bevölkerung antrafen, wäre schon nach 
der Analogie anderer Gegenden anzunehmen, selbst wenn 
wir keine ausdrücklichen Zeugnisse über diese T'hatsache 
besäßen. Glücklicherweise hat diese alteinheimische Be- 
völkerung Spuren ihrer Anwesenheit in den topo- 
graphischen Namen hinterlassen, die vielfach ganz un- 
indogermanisch klingen und z. T. auf kleinasiatischem 
Boden wiederkehren. 


.. Anm Es sind vor allem Ortsnamen auf -»ϑος, kleinasiat. 
auf -nd- und -rros, -00os, die wir der Urbevölkerung zuschreiben 


n 


on Na 


ἢ 33—35.] Griechenlands Urbevölkerung. 26 


müssen, z. B. Tievvs, Κόρινϑος, Σάμεινθος, Ἐρύμανθος, Yunrros, 
Βριληττός, Ἰλεσός, Κηφισός, Παρνασσός, Λάρισα. 

Diese Urbevölkerung, die einen besonderen Sprach- 
stamm bildet, war in Kleinasien und Griechenland an- 
sässig und ist sicher nicht von den Griechen ausgerottet 
worden, noch auch ganz ausgewandert. Vzl. Kretschmer, 
Ein]. in die Geschichte der griechischen Sprache S. 401 ff. 
Der Widerspruch von Bugge, Lykische Studien 1, 5 ff. und 
Pedersen, Nord. Tidsskrift for Filologi, 3 Reihe, Bd. 7, 
S. 102 kann mich an dieser Annahme nicht irre machen. 

Wunderbar dürfte es erscheinen, daB die Sprache 
dieser Urbevölkerung die griechische Sprache so wenig 
beeinflußt hat. Im Wortschatz weist Kretschmer a. a. O. 
402 auf einige Worte mit dem Suffix -γϑὸς hin, die 
ungriechisch aussehen, z. B. hom. @oduwvdog „Badewanne“, 
ἐρέβινϑος, λέβινϑος „Kichererbse“, τερέβιγϑος u. a. Das 
ist indessen sehr wenig. Freilich nach den Erörterungen 
von Windisch „Zur Theorie der Mischsprachen und Lehn- 
wörter“, Ber. d. ph. ἢ, Cl. der k. sächs. Ges. ἃ, W. 1897, 
101 ἢ, ist das nicht weiter auffallend, denn die Sprache 
des stärkeren Volksstammes wirkt wohl auf die des 
schwächeren, nicht aber umgekehrt. 

& 34. Die Griechen sind mit einer großen Anzahl 
fremder Völkerin Berührunggekommen, haben uns aberleider 
von deren Sprachen nur sehr wenig überliefert. Alles, 
was nicht griechisch war, war eben barbarisch, und es 
hat die Griechen, darin den heutigen Engländern ver- 
gleichbar, nicht gelockt, diese Sprachen zu lernen. Im 
allgemeinen werden sie daher auch wenig von diesen 
Sprachen beeinflußt sein, umgekehrt aber auf diese Idiome 
eingewirkt haben. 

& 35. In der Balkanhalbinsel selbst haben die 
Griechen zunächst sehr viel Sprachgebiet an illyrische 
Stämme abgegeben, die zeitweise ziemlich tief in den 
Süden vordringen. . Epirus wird von ihnen besiedelt, und 


26 Einleitung IV. [8 35. 36. 


nur das alte Zeusheiligtum in Dodona bewahrt griechische 
Bevölkerung. 

Das Illyrische mit Venetisch und Messapisch ge- 
hört nach des Verf. Ansicht zu den centum-Sprachen 
und bildet, wie auch Kretschmer hervorhebt, eine Art 
Mittelglied zwischen Italisch und Griechisch. Vgl. 
Kretschmer, Einl. 244 ff., 274ff., und Verf., die sprach- 
liche Stellung des Illyrischen, Festschrift für Kiepert, 
Ss. 181 fl. 

$ 36. Illyrische Stämme sind auch zweifellos nach 
Makedonien vorgestoßen, und es ist durchaus möglich, 
daß sie dort auf ursprünglich griechische Stämme trafen. 
Welcher Sprachstamm in Makedonien gesiegt hat, läßt 
sich leider nicht ermitteln. Die Entscheidung müßte die 
makedonische Sprache geben, aber ihre Überreste, meistens 
Glossen bei Hesych, sind so dürftig und unklar, daß 
eine sichere Entscheidung nicht zu treffen ist. Unter 
..apnserm Material befinden sich auch viele griechische 
Lehnwörter, sodaß das Urteil noch schwieriger wird. 

Anm. 1. Die makedonischen Glossen sind gesammelt von 
Sturz, De dialecto Macedonica et Alexandrina, 1809. Deutung» 
versuche bei Fick, Orient und Oceident, 2, 118ff., ΚΖ. 22, 193 ff, 
G. Meyer, Jahrb. f. Phil. 1875, 185—19. — Die ganze Frage be- 
spricht vorsichtig Kretschmer, Einl. S. 283 ff. — Für sicher Griechisch 
erklärt das Makedonische Hatzidakis IF. 11, 313 ff., aber auf Grund 
unzureichender Erwägungen. 

Deutbare Worte sind u. a.: ἀβροῦτες (]. @dßoovFes?): gr. ὀφρῦς; 
δανῶν" κακοποιῶν, κτείνων: gr. θανεῖν; Ζαρρων" Maxedorıxös δαίμων, 
ᾧ ὑπὲρ τῶν νοσούντων εὔχονται: gr. ϑάρσος; xdvadoı: gr. γνάϑος; 
γαβαλάν" ἐγκέφαλον ἢ κεφαλήν (Hesych, ohne Ethnikon): gr. κεφαλή, 
got. gibla, unser Giebel. 

Diese zeigen, daß die idg. Media aspirata im Maked. durch 
eine Media oder tönende Spirans vertreten war, also gerade im 
Gegensatz zum Griechischen. Auch später war es den Makedonen 
unmöglich, die griech. φ, x, 9 auszusprechen, sie sagten Βίλεπστος 
für Φίλιππος, Βάλακρος für Φάλακρος u. 8. w. 

Das Makedonische gehörte aber zu den cenitum-Sprachen, das 
beweisen Glossen wie xavado,, gr. γνάϑος: lit. Zändas; σκοῖδος ἀρχή 


— ua 


8 36—38.] Griechenlands Urbevölkerung. 27 


τις παρὰ Maxsdooı τεταγμένη ἐπὶ τῶν δικαστηρίων: gr. σχίξω͵ got. 
skaidan, lat. scindo, ai. chid. Weiteres bei Hatzidakis.IF. 11, 8514 ff. 

Wer dem Makedonischen nicht eine vollständig selbständige 
Stellung einräumen will, wird es kaum anders als zum IJllyrischen 
stellen können. 

Anm. 2. Hatzidakis stützt sich auf Formen wie κεβλὴ = gr. 
κεφαλή, das er durch Dissimilation aus khephale zu kephale und 
weiter zu xe#An werden läßt. Aber seine Beispiele κάλιϑος, χάλες, 
rrexags sind wegen der in ihnen enthaltenen Aspiraten sicher un- 
makedonisch. Ist xavados ein makedonisches Wort, so wiese das 
darauf hin, daß anlautende Media stellenweis tonlos geworden ist, 
und es läßt sich dann xs#An aus γεβλη erklären. 


& 37. Das Thrakische war höchst wahrscheinlich 
mit dem Phrygischen nahe verwandt und bildete eine 
besondere Gruppe der satem-Sprachen. Näheres bei 
Kretschmer, Einl. 171 ff. 

Anm. 1. Alles, was wir vom Thrakischen wissen, findet sich 
Jetzt vereinigt bei Tomaschek, Die alten Thraker, Wiener Sitzungs- 
berichte, Bd. 128, 130, 131. 

Das Phrygische kennen wir durch ältere und jüngere 
Inschriften, unter denen jene noch ungedeutet, diese aber 
in den Hauptpunkten klar sind, veröffentlicht KZ. 28, 
381 fi. 

Anm. 2. In den Inschriften kehrt im wesentlichen folgende 
Formel wieder: «os vs σεμου» xvovuareı xaxovv addaxer. .... ETITTE- 
Tınuevos διτου „Wer immer diesem Grab Schaden zufügt, soll 
verflucht sein“. «os ist gr. rel. ὅς, ai. yas, vs wahrscheinlich ai. nu, 
zu gr. νῦν, osuovv entspricht im Stamme dem slav. Dativ semu 
„diesem“, xvovuaveı ist deutlich ein Dativ, addaxer ist = ad (lat. 
ad) + daxer, Ablaut zu gr. ϑῆκε, 1, fecit, örirrerixuevos ist ein 
deutliches Partizipium auf -wevos, aırov = ἔστω. 

ᾷ 38. Die Phryger sind aus Thrakien nach Klein- 
asien gewandert. Sie trafen dort eine Urbevölkerung mit 
fremder Sprache. Ob in Kleinasien nur ein Sprachstamm 
oder mehrere vorhanden waren, läßt sich bei der Dürftig- 
keit unserer Kenntnisse nicht entscheiden. 

Wir kennen von den kleinasiatischen Sprachen nur 
das Lykische durch zahlreiche Inschriften einigermaßen. 


28 | Einleitung IV. [8 838-41. 


Ich stimme auch hier denen zu, die das Lykische für eine 
nichtindogermanische Sprache erklären, vgl. Kretschmer, 
Einl. 370 ff. 

Anm. Für idg. Ursprung des Lykischen sind neuerdings 
wieder Bugge, Lykische Studien I (1897); Pedersen, Nord. Tidsskrift 
for Filol. 3. Reihe, Bd. 7, S. 68 u. a. eingetreten. Gegenüber der 
Bestimmtheit Pedersens vergleiche man die vortrefflichen Be- 
merkungen von V. Thomsen, Etudes lyciennes 83. 3, Oversigt over 
det kgl. danske videnskabernes selskabs forhandlinger 1899, Nr. 1. 

8 39. Auf Lemnos sind 1886 zwei Inschriften ge- 
funden worden, deren Sprache Anklänge an das Etruskische 
zu zeigen scheint, Sind diese Ähnlichkeiten trügerisch, so 
haben wir es jedenfalls mit einer selbständigen Sprache 
 zu’thun. Vgl. Pauli, Eine vorgriechische Inschrift auf 
Lemnos = Altital. Forsch. II, 1, 1886, 2, 1894. 


$ 40. Auf Kreta ist eine Inschrift in 'nichtgrie- 
chischer Sprache gefunden, veröffentlicht Museo Ital, 
2, 673f. Vielleicht haben wir es mit der Sprache der 
hom. Ereöxontes zu thun. Außerdem sind neuerdings auf 
Kreta zahlreiche Inschriften in ungedeuteter Schrift ans 
Licht getreten, die uns vielleicht weitere Aufklärungen 
gewähren, vgl. Evans, Uretan pictographs and prae-phenician 
script., London 1895. Der Deutungsversuch, den H. Kluge 
in seinem Buch „Die Schrift der Mykenier“ Cöthen 1897 
unternommen hat, ist m. Εἰ. vollständig verfehlt. 


$ 41. So sehen wir also die Griechen von allen 
Seiten von fremden Sprachstämmen umgeben. Keine 
dieser Sprachen aber hat auf das Griechische in nach- 
weisbarer Weise gewirkt. Daß es hier und da einige 
Wörter aus ihnen aufgenommen hat, ist denkbar, aber vor- 
läufig nicht zu erkennen. Ganz anders hat das Semitische 
das Griechische beeinflußt. Die semitischen Lehnwörter 
im Griechischen sind ziemlich zahlreich. Das kann nicht 
weiter auffallen, da die semitische Kultur anfangs höher 
war als die griechische, und die Griechen daher mit den 


I. 


8 41. 42.] Die innere Gliederung des Griechischen. 29 


neuen Dingen, die sie aus dem Orient erhielten oder von 
dorther kennen lernten, auch die Nameı aufnehmen 
mußten. In der Hauptsache sind es daher Kulturwörter, 
die aus dem Semitischen entlehnt sind. Bei diesen kann 
man aber in der Annahme von Entlehnung gewiß nicht 
weit genug gehen. Auf den innern Bau des Griechischen 
hat das Semitische aber nicht gewirkt. Da ich das 
Semitische nicht beherrsche, muß ich darauf verzichten, 
hier eine Liste der wichtigsten älteren Lehnworte zu 
geben. 


Anm. Die semitischen -Lehnwörter im Griech. sind unter= 
sucht von A. Müller BB. 1, 273—301 und neuerdings zusammen- 
gestellt von H. Levy, Die semitischen Fremdwörter im Griechischen, 
1895. Vgl. ferner Muss-Arnolt, Semitic Words in Greek and Latin, 
Transact. Am. Phil. Ass. 23, 35—106. 


V. Kapitel. 


Die innere Gliederung des Griechischen. 


8& 42. Die Sprachgeschichte steht im engsten Zu- 
sammenhang mit der Siedelungsgeschichte.e Denn jede 
Wanderung führt zu einem neuen Dialekt. Leider sind 
wir aber über die ältesten Wanderungen der Griechen 
so schlecht unterrichtet, daß wir nicht sie für die An- 
ordnung der Sprache, sondern umgekehrt die Sprache zur 
Aufhellung der Geschichte gebrauchen müssen. Obgleich 
wir, trotz des Anwachsens des Inschriftenmaterials, noch 
keinen ganz sicheren Stammbaum des Griechischen ent- 
werfen können, so bestätigt die Sprache doch auf das 
klarste die sagenhafte Überlieferung, vor allen Dingen 
die dorische Wanderung. 


30 Einleitung V. [8 42. 43. 


Die Alten kennen nur 4 Dialekte, das Attische, das 
Ionische, das Dorische und das Äolische. 
| Von diesen bildet das Ionisch-Attische nur einen 
Dialekt, der durch eine Reihe von Neubildungen charak- 
terisiert ist, und sich von allen übrigen Dialekten scharf 
unterscheidet. Daher teilen verschiedene Forscher das 
Griechische in zwei Gruppen: Ionisch und Nicht- 
Ionisch. Das Nichtionische läßt sich aber wieder zwang- 
los teilen in: Dorisch und Nicht-Dorisch. Zu dem 
Dorischen in diesem Sinne rechnen wir auch mit Ahrens 
das Nordwestgriechische. Die nichtdorischen Dia- 
lekte nennen wir mit O. Hoffmann Achäisch, und dieses 
zerfällt wieder in: Nord- und Südachäisch oder 
Nordostgriechisch (Aolisch, Thessalisch, Böotisch) 
und Arkadisch-Kyprisch, mit dem wohl das Pam- 
phylische zu verbinden ist. 


Anm. Die Einheitlichkeit des Achäischen erkennt auch 
Ed. Meyer, Gesch. ἃ. Altertums 2, 74 an. „Es ist nicht zu bezweifeln, 
daß zwischen all diesen Dialekten auch räumlich ein Zusammenhang 
bestanden hat, der erst im Laufe der Geschichte zerrissen ist, mit 
anderen Worten, daß der Hauptteil des griechischen Festlandes 
einmal ein einheitliches Sprachgebiet gebildet hat, das sich von 
Thessalien über Böotien nach dem Peloponnes erstreckte“. Daß 
das Nordwestgriechische und das Dorische nur einen Dialekt bilden, 
ist nach dem Auffinden der alten delphischen Inschriften ganz klar, 
und es ist auch ganz sicher, daß in dem Dorischen des Peloponnes 
die Sprache des erobernden Stammes vorliegt. 


Quellen der Dialekte. 


$ 43. Unsere Kenntnis der Dialekte schöpfen wir 
1, aus den Litteraturdenkmälern, 2. aus den Angaben der 
Grammatiker, 3. aus den Inschriften. Diese sind die 
wichtigste Quelle. 


Anm. 1, Die litterarisch überlieferten dialektischen Denk- 
mäler sind oft stark verderbt. Die Inschriften mischen, je jünger 
um so mehr, Formen der κοενή ein, und sind daher nicht in allen 
Fällen Zeugnisse für den gesprochenen Dialekt. 


ι ΠΕ 


ἢ 43. 4.] Die innere Gliederung des Griechischen. 81 


Anm. 2. Die Inschriften sind gesammelt in den großen 
Inschriftwerken: Corpus inscriptionum Graecarım (C1G.), 1828 ff., 
Corpus inscriptionum Atticarum (CIA.), 1873 ἢ. Corpus inscripfti- 
onum Graecarum Giraeciae septentrionalis I, 1892 (CIGS.) u. s. w. 

Sammlungen von Dialektinschriften bieten: 

Cauer, Delectus inscriptionum Graecarum propter dialectum 
memorabilium, 2. Aufl., 1883. 

Röhl, Inscriptiones Graecae antiquissimae praeter Atticas in 
Attica repertas, 1882. 

Sammlung der griechischen Dialektinschriften, herausgeg. von 
H. Collitz und F. Bechtel, 1884 f., noch unvollendet (abge- 
kürzt Co... Es wird nach Nummern citiert, und zwar stehen 
Nr. 1—1333 in Bd. 1, 1334—2993 in Bd. 2, 3001—4351 in Bd. 3,1, 
4400-4939 in Bd. 3, 2, Lief. 1 u. 2. Der 4. Bd. enthält Register. 

Andere Sammlungen von Inschriften, die aber nicht von 
dialektischen Gesichtspunkten geleitet sind: 

Dittenberger, Sylloge inscriptionum graecarum, 2. Aufl, 
1898—1900. 

Kaibel, Epigrammata graeca ex lapidibus conlecta, 1878. 


Die Dialekte. 


Ι. Das Dorische. 


& 44. Das Dorische zerfällt in das eigentliche 
Dorische und in das Nordwestgriechische. Die 
gemeinsame Heimat ist jedenfalls in Nordwestgriechenland 
zu suchen, von wo die Dorer ausgewandert sind. 


Anm. 1. Die Zahl der Übereinstimmungen hat sich mit 
Auffindung alter Inschriften auf nordwestgriechischem Gebiet so 
vermehrt, daß wir, wie dies schon Ahrens that, einen einheitlichen 
Dialekt annehmen können. 

Gemeinsame Eigentümlichkeiten, meist Bewahrung des alten, 
sind: 

1. Kontraktion von α - e zu 7; — 2. Bewahrung des τ vor s 
in verschiedenen Stellungen, 3. Plur. λέγοντι, 8. Sg. τέϑητε; — 
3. die Zahlworte τέτορες und (F)ixarı, εἴκατι; --- 4. Lok. Sing. auf 
“εἰ; — 5. N. Plur. der Pronomina τοί und ταί; — 6. Endung der- 
1. Plur. auf -«ss; — 7. die weite Verbreitung des Futurum dori- 
cum; — 8. Futura und Aoristo auf -ξω und -&« von nichtgutturalen. 
Stämmen; — 9, die Präposition ori, u. a. 


82 | Einleitung V. [8 44. 45. 


Anm. 2. Die Einteilung des Dorischen in die strengere und 
mildere Doris, je nachdem e-+ szu 7 oder εἰ kontrahiert wird, ist 
nicht zu halten. Diese Erscheinung ist mehr zeitlich als örtlich 
verschieden. 


A. Das Dorische, 

8 45. Das eigentliche Dorische zerfällt in eine Reihe 
von wenig unterschiedenen Dialekten, die sich auf geo- 
graphischer Unterlage abgrenzen lassen. 

1. Lakonika mit Tarent und Hoerakleia. 

a) Lakonisch (Co. 4400—4613). 


Lakonisch findet sich in der Lysistrata des Aristophanes, bei 
‘Thuk. 5, 77 und sonst an einigen Stellen. Grammatik: Müllensiefen, 
De titulorum laconicorum dialecto, 1882. 


Ὁ) Tarent (Co. 4614—4628) und Herakleis (Co. 
4628 -- 4686). 

Das einzige umfangreiche Denkmal sind die Tafeln von 
Herakleia (Co. 4629, Cauer? 40, 41 u. δ). Der Dialekt dargestellt 
von Meister, Curtius’ Studien 4, 355 ff. 

2. Messenien (Co. 4637 — 4645). 

3. Argolis (Co. 3260—3407) und Aigina (Co. 3408 
bis 3427). 

Die Hauptinschriften stammen aus dem Asklepiosheiligtum 
in Epidauros. Uber den Dialekt handelt B. Keil, Ath. Mitth. 
20, 415 ff. 

4. Korinth (Co. 3114—3174) und Kolonien in und 
um Akarnanien (Co. 3175—3226). 


Vgl. Kretschmer, ΚΖ. 29, 152. und „Die griechischen Vasen- 
inschriften“ 1894, 8. 16ff. Auch Syrakus gehört hierher . 3227 
bis 3259). 


5. Megara mit Byzanz und Selinus (Co. 3001—3113). 


Megarisch findet sich in den Acharnern des Aristophanes 
729 ff. und bei Theognis. Vgl. Schneider, De dial. Megarica, 1882; 
Köppner, Der Dialekt Megaras und der megarischen Kolonien. 
Jahrb. f. klass. Phil., Suppl. 18, 530 ff. 


6. Kreta mit mehreren Dialekten. 
Sammlung der altkretischen Inschriften von Comparetti, Le 


. 


ΨΑ 


3 


8 45, 467] Die innere Gliederung des Griechischen. 33 


leggi di-Gortyna ὁ le altre iscerizioni arcaiche Oretesi, Milano 1898. 
Viel Material bei Cauer?* 112—132, Die wichtigste Inschrift mit 
dem Recht von Gortyn ist verschiedentlich publiziert, am be- 
quemsten zugänglich im Rh. M. N. F. Bd. 40, Ergänzungsheft, 
herausgegeben und erläutert von Bücheler und Zittelmann. Der 
kretische Dialekt ist behandelt von Herforth, De dialecto cretica, 
Halle 1887 (Diss.); besser ist Skias, Zepl τῆς κρητικῆς διαλέκτου͵ 
Athen 1891. 

7. Thera mit Kyrene (Co, 4693—4870) und Melos 
(Co. 4871—4939). | 

Durch die neueren Ausgrabungen des Freiherrn Dr. Hiller 
v, Gärtringen ist unsere Kenntnis bedeutend erweitert. 

8. Rhodos mit Gela und Akragas (Co, 3479—4351). 

Vgl. Brüll, Der Dialekt der Rhodier, Leobschütz 1875. 

9. Die übrigen dorischen Inseln des ägäischen Meeres, 
Anaphe, Astypalaia, Telos, Nisyros sowie Knidos mit 
Lipara, Kalymna, Kos (Co. 3430 —3748). 

Vgl. Barth, De Coorum titulorum dialecto, Basel 1896. 

B. Das Nordwestgriechische. 

ἢ 46. Als besonderes Kennzeichen läßt sich nur die 
Kontraktion von ee zu εἰ aufstellen, die aber auch im 
milderen Dorisch vorkommt. Der Dativ auf -o:ıs bei den 
kons, Stämmen ist jung und kein Kennzeichen des 
Dialekts. 

1. Epirus, Akarnanien, Aetolien, Gebiet der Aenianen 
und Phthiotis (Co. 1334—1473). 

2. Lokrisch-Phokisch, 

a) Lokris (Co. 1474— 1511). 
Vgl. Allen, De dialecto Locrensium, Curt. Stud. 3, 208 ff. 
b) Phokis (Co. 1512—1556). 

Eine besondere Stellung, hauptsächlich infolge der über- 
wältigenden Zahl von Inschriften nimmt der delphische Dialekt 
ein (Co, 1683—2998, bes. wichtig 1683, 2501, 2502, 2561). Vgl- 
Valaori, Der delphische Dialekt, 1901. 

3. Achaja (Co. 1599—1682). 

4. Elis (Co. 1147—1180). 


Hirt, Griech. Laut- u. Formenlehre. 3 


84 . Einleitung V. [8 46-50. 


Das Elische ist ein Mischdialekt mit dorischer Grundlage. 
Vgl. Daniel, De dislecto Eliaca, 1880, Meister Gr. D. 2, 1. 
‚HB. Das Achäische. 
41. Das Achäische zerfällt in Süd- und Nord- 
achäisch. 


Anm. Gemeinsame Tigentämlichkeiten sind: 

1. -o: in der 8. Pers. Plur. ἔλεγονσε und in der 8, Sg. τιϑηήσε; 
— 2, die Flexion der Präsentien auf -έω, -ἄἀω, -0®» nach der -zw- 
Flexion; — 8, die Bewährung der starken Stämme κρέτος, ϑέρσος 
gegenüber dor.-ion. κράτος, θράσος; — 4. die Präposition ἀπύ. 


A. Das Südachäische. 
ᾷ 48. 1. Arkadisch (Co. 1181—1258, Hoffmann Gr. 


D. 1, 14 ff.). 
Vol. Meister Gr. D. 2, 75, Hoffmann Gr. D. 1, 1918. 


2. Kyprisch (Co. 1—212, Hoffmann 1, 35 ff.). 

Vgl. Meister Gr. Ὁ. 2, 123 δ΄, Hoffmann Gr. D. 1, 127 £. 

3. Pamphylisch (00. 1259—1269, Kretschmer ΚΖ. 
33, 258 ff.). 

Vgl. Bezzenberger BB. b, 325 ff., Kretschmer a. a. 0. 

Β. Das Nordachäische. 

$ 49. 1. Aeolisch (Co. 213—323, 1270—1277, Hoff- 
mann Gr. Ὁ. 2, 53ff.). 

Vgl. Meister Gr. D. 1, 1ff., Hoffmann Gr. D. 2, 249 ff, 

2. Thessalisch (Co. 324—373, 1278—1333, Hoffmann 


Gr. Ὁ. 2, 10 8... 
Vgl. Meister, Gr. Ὁ. 1, 287 ff, Hoffmann Gr. D. 2, 
3. Böotisch (Co. 374—1144, Nachträge 8. 389 ff.). 
Vgl. Meister Gr. D. 1, 201 f. 


Ill. Das lonisch-Attische. 

ἢ 50. Das Ionisch-Attische ist gegenüber den beiden 
anderen Dialektgruppen hauptsächlich charakterisiert durch 
den Wandel von ἃ zu ἡ und τ zu ö Es zerfällt in 
Ionisch und Attisch. Diese Einteilung läßt sich. zwaX, 


auch sprachlich begründen, da das Attische eine Reihe * 


zw 


- 3 


$50-—52.] Die innere Gliederung des Griechischen. 3 


von Neuerungen kennt, die es von allen ionischen Mund- 
ärten unterscheidet, ist. aber im wesentlichen geboten 
durch die Ausbildung von. Litteratursprachen in Attika 
und im kleinasiatischen Ionien. 

A, Das lIonische, 

. & 51. Das inschriftliche Material bei Bechtel, die 
Inschriften des ionischen Dialektes, Abh. Gött. Ges. d. 
Wiss., Bd. 34, und O. Hoffmann Gr. D. 3. 
| Auf Grund der Inschriften teilen wir das Ionische in 
drei Dialekte: 

1. kleinasiatisches Ionisch (Psilosis), 
2. Ionisch der Kykladen (Spiritus asper, verschiedent- 


lich Unterscheidung von altem und neuem n), 


3. Euböisch mit den Mundarten von Chalkis und 
von Eretria. 

Vgl. Kretschmer, Zum eretrischen Dialekt, Κα. 33, 567 ff. 

Das Ionische ist neben dem Attischen der litterarisch 
am besten überlieferte Dialekt. Als sein ältestes Denkmal 
gelten die Homerischen Gedichte, die wir aber leider 


nicht als lautere Quelle des Dialektes ansehen dürfen, da 


wir es mit einer gemischten und z. T. künstlichen Dichter- 
sprache zu thun haben, deren Verhältnisse noch immer 


nieht genügend entwirrt sind. Vgl. νυ. Wilamowitz- 


Möllendorff, Homerische Untersuchungen, P. Kauer, 
Grundfragen der Homerkritik. ΕΣ 


Die Homerische Sprache. 


852. Grammatiken: 

Monro, A grammar of the Homeric dialect 3, Oxford 1891. 
van Leeuwen und Mendes da Costa, "Taaleigen der 
Homerische Gedichten, deutsch von Mehler, Der Dialekt der 
homerischen Gedichte, 1886. 

‘ Gavallin, Den homeriske dialekten, utgifven of J oh. Paulson. Ι. 
Ljudlära, Lund 1892. 

van Leeuwen, Enchiridium dietionis epicae, Lugduni 
Bat. 1894. 

Lexika 8. 0.8.8. 

8: 


86 Einleitung V. [8 52. 58. 


Im Homer finden sich zahlreiche, offenbar altertüm- 
liche Formen, die nicht ionisch, sondern äolisch sind, 
Daraus schließt man jetzt mit Recht, daß die epische 
Sprache ihre erste Ausbildung in Aolien erhalten hat. 
A. Fick nimmt sogar an, daß die uns vorliegenden 
homerischen Epen ursprünglich in äolischer Mundart ab- 
gefaßt waren und später erst in das Ionische umgesetzt 
wurden. 


Vgl. Fick, Die Entstehung des homerischen Dialekts BB, 7, 
1892: — Die hom. Odyssee in der ursprünglichen Sprachform 
wiederhergestellt, Göttingen 1883; — Die hom, Ilias nach ihrer Ent- 
stehung betrachtet und in der ursprünglichen Sprachform wiederher- 
gestellt, Göttingen 1886; — Das Lied vom Zorne Achills, BB, 21, 1ff. 


Diese Annahme, die an sich durchaus möglich ist 
und durch zahlreiche Analogien gestützt werden kann, 
scheint mir nicht beweisbar zu sein, vgl. darüber P. Cauer, 
Grundfragen der Homerkritik 116 ff, und ist für die 
Grammatik nicht von Bedeutung. Für diese handelt es 
sich vielmehr darum, die äolischen Formen festzustellen. 


ἢ 53. Die hauptsächlichsten Äolismen bei Homer, 

Vgl. G. Hinrichs, De homericae elocutionis vestigiis aeoli- 
eis, 1875. 

1. v statt o in ἄμυδες͵ ἄλλυδις, ἐπισμυγερῶς, äyvow, ἐπασσύτεροε, 
vgl. ἀσσοτέρω. 

2. oe und ρο für ae und ρα stehen verschiedentlich im Text 
und sind als äolisch anzusehen, so in dem mehrfach überlieferten 
πόρδαλες, in ἤμβροτον, ἀβροτάξομιεν, ὄρχαμος, ἐγρήγορϑαι, ἦτορ (vgl. 
J. Schmidt, Ntr. 177). 

3. Nach der Ansicht der meisten Forscher ist das bei Homer 
vorkommende ἃ statt ion. ἡ äolisch, vgl. Arosidao, λᾶός, πνλάων͵ 
Ἑρμείας, δεψάω, ἐᾶσαε, Ναυσικάα, Fed, aber in Kompositis -ϑέη. 
Beispiele bei von Leeuwen S. 26. Nur Korsch, Charkovskij Sbornik 
1895 (vgl. IF.Anz. 7, 51) hält dieses & für echtionisch. 

4. ξα- statt dsa- in ξάϑεος, ξατρεφής, Gans, ξαφλεγής u. 8. W. 

5. Die Vokalisierung des F in αὐέρυσαν, δεύω, ταλαύρενος͵ 
καλαύροπα, δὔαδε. 

6. Die Assimilation von σ an Nasale in ἄμεμεες, ὕμμες, ἔμμδναε, 
doyevvös, ἐρανν»ός. 


hr 


ο δά 


Ν᾿ Ya 


8 58. 54] Die innere Gliederung des Griechischen. 37 


7. Labiale an Stelle von Dentalei für alte Labiovelare: 
πίσυρες, lesb. πέσσυρες, att. τέτταρες, πέλωρ gegenüber τελώρεον (In- 
schrift aus Memphis), πήλυε: τήλοσε, πέλει, πέλεταε. Vgl. hierzu 
Bezzenberger BB. 16, 255, Solmsen ΚΖ, 34, 536. 

8. Die Nom. der Mask. der 1. Deklination auf -«, νεφεληγερέτα; 
μητέετα, εὐρύοπα, ἱππότα u. 8. W. 

9. ἔρος u. 8. w. für ἔρως. 

10. Die Pronomina ἄμμες und ὕμιμες. 

. 11. Die Aoriste auf -σσα wie ouöooas, καλέσσαε, vgl. W. Schulze, 
KZ. 33, 126. 

12. Plusquamperfekta wie ἐμέμηκον͵ ἐπέφυκον sind dem ionischen 
Dialekt ganz fremd und gehören wahrscheinlich zu den Äolismen, 
vgl. Schulze GGA. 1897, 899. 

13. Die Partizipis Perfekti auf -w», -o»ros, κεκλήγοντες. 

& 54. Eine weitere sprachliche Umgestaltung hat 
unser Homertext dadurch erfahren, daß er durch attische 
Hände gegangen ist. Er hat dabei zahlreiche Attizismen 
aufgenommen. Sie sind schon dem Aristarch aufge- 
fallen, der diese Erscheinung nur durch die Annahme er- 
klären zu können glaubte, daß Homer ein Athener ge- 
wesen sei, 

Anm.1. Vgl. über die ganze Frage die Homerischen Unter- 
suchungen von Wilamowitz-Möllendorff, in Phil. Unters., heraus- 
gegeben von A. Kießling u. U. von W.-M. 7, 235 ff. und Oauer, 
Grundfr. 9. 

Es kann jetzt keinem Zweifel unterliegen, daß unsere 
Homertexte im wesentlichen auf einer attischen Rezension 
beruhen. Um die Einwirkung einer solchen zu verstehen, 
braucht man sich nur an die Verhältnisse in unserem 
Mittelalter zu erinnern, wo alle Handschriften Misch- 
dialekte zeigen. Jede Handschrift, die in einem andern 
Dialektgebiet als dem ursprünglichen abgeschrieben wird, 
zeigt den neuen Dialekt neben starken Resten des Alten. 
Ebenso steht es im Angelsächsischen. 

Anm.2. Attisch ist z.B. der Spiritus asper bei Homer. Da 
diesen sowohl Aolisch wie Ionisch aufgegeben hatten, konnte auch 
Homer nur die Psilosis kennen. Wackernagel, Verm. Beitr. 5 zeigt 
nun, daß alle Wörter, die im Attischen nicht vorkommen, that- 


38 τ τ Binleitung V . ὀἘ [8 δ4-ῦδ. 


sächlich auch den Lenis haben, vgl. ἄλες :ἄσαεμε, καϑαλλομένη.: ἄλτο, 
ἄλμενος, ἅμα : äuvdıs, ἀφαμαρτάνω : ἀπήμβροτον, ὃ: ἕτης͵ Nuels: ἄμμες; 
ἐφ-ημέριος : αὐτῆμαρ, vuels: ὕμμεν. ---- Ferner sind μδέξζων und κρείττων 
wahrscheinlich attische Formen, vgl. Brugmann SB. ἃ. KSG. d. Υ. 
1897, 1851. v. Wilamowitz verweist auf die Ersetzung von Zuevas 
durch i&vas, von ἠόα ὅταν durch ἠῶ Özav, μειλεχίοισε Ῥέπεσσε durch 
μειλεχίοες ἐπέεσσι͵ Αἰόλοο κλυτὰ δώματα durch Αἰόλου, al κεν durch 
nv που. . | ες 

ᾷ 55. Man hat auch angenommen, daß zahlreiche 
Fehler bei Homer entstanden sind, als ein Text mit alter 
Orthographie, die für kurzes und langes e und o nur E 
und O schrieb, in die neue Orthographie umgesetzt wurde. 
Manche homerische Formen scheinen durch diese Annahme 
allerdings überraschende Aufklärung zu finden, vgl. bes. 
Wackernagel, BB. 4, 265ff. Gegen diese Annahme hat 
sich v. Wilamowitz-Möllendorff Hom. U. 305 ff. ausge- 
sprochen, während die alte, schon von den Alten auf- 
gestellte Annahme wieder von Üauer, Grdfr. 69 fi. ver- 
teidigt wird. Im allgemeinen wird man gutthun, nicht 
zu starkes Gewicht auf diese Fehlerquelle zu legen, die 
in einzelnen Fällen zweifellos anzunehmen ist.. 

- 856. Außerdem zeigt die homerische Sprache noch 
eine Reihe von Eigentümlichkeiten, die nicht in der 
Volkssprache, sondern z. T. durch die Metrik und Rhyth- 
mik bedingt sind. 

1. Die metrische Dehnung. 

Vgl. die Schriften von W. Schulze, Danielsson, Solmsen, 
oben 8. 9. 

Die metrische Dehnung besteht unzweifelhaft darin, 
daß in einer Folge kurzer Silben oder solcher, die nicht 
in das Metrum passen, eine gedehnt wird. Wir haben es 
hier mit einer wirklichen Dehnung zu thun, nicht etwa 
nur mit einer, freieren Bauart des Hexameters, obgleich 
solche ursprünglich bestanden haben wird. So wie uns die 
Homerischen Gedichte vorliegen, sprach man wirklich 
ἀϑάνατοι, ὑπείροχος. 


\ 


a 4ιὋοὋ’;!ὃὦ΄ῳἍΔἔρᾳοῃὔὁυἍψ͵ 


 ”\ Mi. 


6 


nn. 


8 56. 57.] Die innere Gliederung des Griechischen. 39 


"Während bei αν, ὁ, v die metrische Dehnung graphisch 
nicht ausgedrückt werden konnte, wird für & und ö meist 
δέ. und οὐ geschrieben. Für o vor Vokal weist Solmsen 
94 ff. die Schreibung οὐ nach in oidzeas, οἴιες, yelolıov 
ἠγνοέησεν, πρνοιή, ὁλοιός neben ὀλοός. --- οὐ als Ausdruck 
der metrischen Länge steht in 4Ζουλέχιον, δουλεχοδεέρων, 
ἐλούεον, χουλεόν, μαχεούμενον, Μούλεος, οὐλαμόν, οὐλόμενον, 
Οὐλύμποιο, οὔνομα, οὔρεα, Πουλυδάμας u. 8. W. . 


Anm. Schulzes Regeln sind in Kürze folgende: 

A. In der Arsis wird als Länge gebraucht: 

3. eine von drei oder mehreren Kürzen innerhalb eines Wortes 
oder mehrerer Wörter, die einen Sprechtakt bilden: 

a) Bei drei Kürzen wird stets die erste gedehnt: ἄϑάνατος, 
διογενής, sivooipvhlos, οὐλόμενος͵ eiv ἀγορῇ, eivi ϑύρῃσε, Πουλυδάμας, 
οὔλαμος, κουλεός. 

A) Bei vier Kürzen wird die zweite gedehnt: ὑπεὶρ Aha, alslara, 
διέφειλε. 

y) Bei fünf Kürzen die dritte: μεοτεκέαϑε, ἀπερείσια, ent- 
sprechend ἀπερείσιος vor Vokal, aber ἀπεειρέσιος vor Konsonant, 

2. In Wörtern, die einen Antispast ausfüllen, die den beiden 
Längen vorausgehende Kürze: οἰλήλουϑα nebst Ellel$via, ᾿Απόλλωνε, 
Οὐλύμποιο. 

B. In der Thesis werden als Längen gebraucht einzelne 
Kürzen, die auf beiden Seiten von Längen umgeben sind (....) 
unter folgenden Bedingungen: 

1. Jeder beliebige Vokal, wenn ihm F folgte: πλείω, nveio, 
nyvolnos. 

2. Die Vokale « und v vor Vokal: προϑυμέῃσε, ἐρητύοντο. 

Schulze leugnet eine metrische Dehnung mit Unrecht für die 
Fälle, in denen die letzte Silbe auf kurzen Vokal + Konsonanten 
ausgeht, z. B. Ödsiyılos, weil hier die Dichter die letzte Silbe 
positione lang hätten brauchen können. Aber thatsächlich findet 
sich auch in solchen Fällen Dehnung, bes. vor der bukolischen 
Cäsur, so δώφελος, μεμδότες, γελοίεον für *yelötov, ὁμοίεον für Ἐδμόϊον, 
τεϑήμεναιε für ἐτιϑέμεναι, ἀρόμμεναε Hes. op. 22, καλήμιδναε. 


$ 57. 2. Die epische Zerdehnung. 


. Litteratur: Leo Meyer, ΚΖ. X, 45öff., Wackernagel, BB. 4, 
259 ff., Kretschmer, Griech. Vaseninschriften 121, 2, Danielsson, ἢ Zur 
metrischen Dehnung a. a. O. 64. 


40 Einleitung V. [8 57—59. 


‘Die Erscheinung ist bekannt. An Stelle der im 
Attischen kontrahierten Formen erscheinen bei Homer 
unkontrahierte, aber nicht in der Form, die man or- 
warten sollte. Leo Meyer gelten die „distrahierten® 
Formen, wie ὁρόω, ögdes als organische (wenn auch in 
der Überlieferung teilweise entstellte) Vorstufen der kon- 
trahierten, Wackernagel dagegen als rein künstliche Ge- 
bilde, die in einer jüngeren Zeit dem Streben zwischen 
der in der lebenden Sprache schon ausschließlich herrschen- 
den Kontraktion und der vom Metrum geforderten Diäresis 
zu vermitteln entsprungen und erst nachträglich an Stelle 
der echten Hiatformen (ὁράω, -deıs u. 8. w.) in die alt- 
epischen Texte eingeschwärzt worden seien. Kretschmer 
schließlich nimmt an, daß die Aussprache der durch 
Kontraktion entstandenen ἃ und ὦ in „homerischer Zeit“ 
ihrem Ursprung aus zwei Vokalen gemäß eine derartige 
war, daß sie zweisilbig gemessen werden konnten. Viel- 
leicht wurden sie mit zweigipfligem Silbenakzent ge- 
sprochen. Eine derartige zweisilbige Messung schleifender 
Vokale findet sich im Rgveda. Danielsson glaubt, daß 
jede der drei Erklärungen auf eine bestimmte Anzahl 
von Fällen passe. Wir meinen aber, daß im wesentlichen 
Wackernagel recht hat, und daß daher diese Formen 
keine Bedeutung für die Grammatik haben. 

ᾷ 58. 3. Alte und junge Formen neben 
einander. 

Da die homerische Sprache eine lange Entwicklung 


hinter sich hat, so stehen ältere und jüngere Formen 


vielfach neben einander, so z. B. Gen. auf -0.0 und -ov, 
Formen mit co und o, τόσσος, τόσος. Erstere stehen be- 
sonders in formelhaften Wendungen, 


Das spätere Ionisch. 


8 59. Herodot bietet uns das erste Werk in 
ionischer Prosa. Der Text ist aber in dialektischer Hin- 


Φ 


N. 


ww: 


= 


8 59-61.] Die innere Gliederung des Griechischen. 41 


sicht nur mangelhaft überliefert. Einen Versuch, ihn: in 
der ursprünglichen Dialektform herzustellen, hat Fritsch 
unternommen, Herodotus, Buch V—IX. Textausgabe 
für den Schulgebrauch, Leipzig, Teubner 1899. Der 
Dialekt Herodots war auch nicht rein, sondern Herodot 
verwandte ohne Bedenken homerische Formen, um seiner 
Sprache eine größere Schönheit zu geben, z. B. γοῦσος, 
οὐδός, dagegen regelrecht voo&w, weil Homer dies nicht 
kannte. Ahnlich haben wir sacht aus dem Nieder- 
deutschen aufgenommen, aber wir sagen: besänftigen 
u. 8. w. ἀοιδός aber ῥαψῳδός, κιϑαρῳδός, ἥσσων, aber 
ἑσσοῦμαι, ὑπείροχος, εἰρεσίη, οὔνομα (metrische Dehnung), 
γηός, ion. γεώς. | 

Auch die späteren Schriftsteller, wie Hippokrates, 
Herodas u. 8. w. schrieben kein ganz reines lIonisch, 
sondern waren wiederum von Herodot und Homer ab- 
hängig. 

B. Das Attische. 

& 60. Der reine attische Dialekt ist mit Hilfe der 
Handschriften nicht ganz sicher zu rekonstruieren, weil 
sich Formen der xowr; eingeschlichen haben. Wie man 
in Attika gesprochen hat, erkennen wir am besten aus 
den Inschriften, deren Sprache Meisterhans „Grammatik 
der attischen Inschriften“, 3. Aufl. 1900 vortrefflich dar- 
gestellt hat. 


IV. Die Gemeinsprachen. 


8 61. Es ist ein ganz gewöhnlicher Vorgang, daß 
in einer größeren Sprachgemeinschaft ein oder mehrere 
Dialekte ein gewisses Übergewicht gewinnen, sei es durch 
eine größere politische Macht der Sprecher des Dialekts 
oder durch eine ausgebildete Litteratur. In solchem 
Falle geben häufig die übrigen Dialekte ihre Besonder- 
heiten auf, teils um die Verständlichkeit zu fördern, teils 
aus bloßer Nachahmung. In Griechenland haben sich 


42 Einleitung V. [8 61. 


eine ganze Reihe Eitteratur- oder Ghemeinsprachen aus- 
gebildet, die schließlich alle von der sog. κοινή verdrängt 
sind. Diese beruht in ihren lautlichen Eigentümlichkeiten, 
die für: die Beurteilung eines Dialektes maßgebend sind, 
im wesentlichen auf dem Attischen (ὦ nach oe, ὁ, e ist 
allein attisch), doch ist sie mit vielen fremden, 'namentlich 
ionischen, Elementen vermischt. Eine solche Mischung 
hat jede Schriftsprache aufzuweisen. Die χοιρή, so inter- 
essante und wichtige Probleme sie sonst bietet, hat für 
die Zwecke dieser Grammatik nur geringe Bedeutung. 

Anm. Die wichtigsten Arbeiten über sie sind: 

v. Wilamowitz, Die Entstehung der griech. Schriftsprachen, 
Verhandl. der Philologenvers. zu Wiesbaden, 1878, S. 36 ff. 

E. Zarncke, Die Entstehung der griech. Litteratursprachen, 
1890. 

E. Maaß, Untersuchungen zur Geschichte der griechischen 
Prosa, Herm. 22, 566 ff. 

Schweizer, Grammatik der pergamenischen Inschriften, 
vor allem aber 

Thumb, Die griechische Sprache im Zeitalter des Hellenis- 
mus. Beiträge zur Geschichte und Beurteilung der κοινή. 190]. 

Kretschmer, Die Entstehung der Koine, 1900. SB. Wien. 
Ak. 143 halte ich für verfehlt. 

Eine Litteratursprache mit allen Eigentümlichkeiten 
- einer solchen ist auch der homerische Dialekt. Neben 
dem Attischen und dem lonischen, die beide in der 
Litteratur Verwendung fanden, hat sich auf dem Pelo- 
ponnes noch eine besondere Schriftsprache ausgebildet, 
die sog. achäisch-dorische κοινή, vgl. Meister Gr. Ὁ. 2, 81ff., 
die in der Zeit von c. 250 v. Chr. bis ungefähr zum Ende 
der römischen Republik geschrieben wurde. Sie wurde 
vorzugsweise in Arkadien angewendet und beruht auf 
dem Nordwestgriechischen. 


BY ven . 


& 62.] Sprachphysiologische Vorbemerkungen. 48 


Erster Hauptteil. 


 Laut- und Akzentlehre. 


VL Kapitel. 
"Sprachphysiologische Vorbemerkungen. 


‚8 62. Wer sich mit irgendeiner Sprache wissen- 
schaftlich beschäftigen will, muß über zwei allgemeine 
Gebiete wenigstens einigermaßen orientiert sein: die 
Lautphysiologie oder Phonetik, d. h. die Bildung der 
Laute, und die Sprachpsychologie. Über beide Gebiete 
können hier’ nur kurze Bemerkungen gegeben werden, die 
nur dazu dienen sollen, das in der Grammatik Ange- 
führte zu erklären. 

Um in die Phonetik einzudringen ‚ dazu dient am 
besten ein Kolleg über Phonetik, das wohl jetzt an den 
meisten deutschen Universitäten zu hören ist. Die münd- 
liche Unterweisung bietet wegen der Eigentümlichkeit des 
Objekts unendlich viel mehr als jedes Buch leisten kann. 

Anm. In Ermangelung eines solchen sind folgende Werke 
zu empfehlen: 

Sievers, E. Grundzüge der Phonetik, 5. Aufl. 1902. 

‚Sievers, E. Phonetik. Pauls Grundriß der germ. Phil. I®. 

Bremer, O. Deutsche Phonetik (= Sammlung kurzer Gram- 
matiken deutscher Mundarten. Bd. 1). 1893. 

Sweet, H., A Primer of Phonetics. Oxford 18%. 

Passy, P., Fitude sur les changements phonötiques et leurs 
caractöres göneraux. Paris 1890. 

Rousselot, Les modifications phonötiques du langage ötudiees 
dans le patois d’une famille de Cellefrouin (Charente). Paris 1891. 
(Muster experimenteller Phonetik, epochemachend.) 


44 | Laut- und Akzentlehre VI. [8 63. 64. 


8 63. Die einzelnen Sprachlaute werden dadurch 
gebildet, daß der von den Lungen ausgehende Luftstrom 
eine Reihe von Engen oder Verschlüssen zu überwinden 
hat. Dabei entstehen Töne oder Geräusche, 

a) Die erste Enge bilden die Stimmbänder. 
Diese befinden sich im Kehlkopf. Beim ruhigen Atmen 
sind sie schlaff und weit geöffnet, sodaß sie den Luft- 
strom nicht behindern. Werden sie, wie zwei Saiten, 
straff gespannt, so geraten sie durch den Luftstrom in 
Schwingungen und erzeugen dadurch einen Ton, den wir 
Stimmton oder die Stimme nennen. Alle Laute können 
mit und ohne Stimmton, stimmhaft oder stimmlos 
gebildet werden. Doch werden gewisse Laute wie die 
Vokale, die Liquidä und Nasale meist mit Stimmton ge- 


bildet: Man bezeichnet diese zusammenfassend als Sonor- 


laute, weil sie aus reinen Klängen bestehen. 


b) Der Luftstrom, der die Stimmbänder passiert hat, 
tritt in die Mund- und Nasenhöhle. Diesen Raum nennt 


man das Ansatzrohr. Dadurch, daß wir der Mund- 
höhle durch Stellung des Gaumensegels, der Zunge oder 


der Lippen verschiedene Formen geben, wird der Stimmton 


modifiziert, und es entstehen die einzelnen Vokale, durch 
weitere Verengerung oder durch Verschluß der Mund- 
höhle die übrigen Laute. Das wichtigste Organ ist die 
Zunge. Diese muß in der Ruhe eine bestimmte Lage 
annehmen. Diese Ruhelage nennen wir Artikulationbasis. 
Sie kann sehr verschieden sein, und es hängt von ihr 
ein großer Teil der Eigentümlichkeiten eines Dialektes 
ab. Wenn man eine fremde Sprache richtig sprechen 
lernen will, muß man sich erst eine neue Zungenstellung 
angewöhnen. 


Die Vokale, Liquidä und Nasale. 


8 64. Die Vokale im eigentlichen Sinne sind reine. 
Klänge, aber wir können sie auch klanglos oder stimmlos 


u 


8 64.) Sprachphysiologische Vorbemerkungen. 45 


‚bilden, Zwischen diesen und jenen liegt eine Reihe von 
Übergärgen. Die Stimmbänder sind nicht straff gespannt, 
sie werden aber noch in Schwingungen versetzt; dadurch 
‘entstehen die sog. Murmelvokale, wie wir sie in deutschen 
Endvokalen haben, z. B. Liebe u. 8. w. Das sogenannte 
Schwa indogermanicum war ein solcher Murmelvokal. 
Es giebt natürlich soviel Murmelvokale, als es Vollvokale 
giebt, aber sie fallen sehr leicht zusammen. Zur Be- 
zeichnung möge Unterpungierung dienen, a, e, o. Die 
Stimmbänder können aber auch nur soweit einander ge- 
nähert sein, daß der Luftstrom sich an ihnen reibt, sie 
aber nicht zum Schwingen bringt. Dann entstehen 
„Flüstervokale“, wie wir sie beim Flüstern hervorbringen. 
Auch solche Laute waren wahrscheinlich im Idg. vor- 
handen, wie sie die modernen Sprachen kennen. Ich be- 
zeichne sie durch Petitdruck „ α, ὁ. 

Über die Anordnung der Vokale bestehen große 
Meinungsverschiedenheiten. Für das Griechische können 
wir sie darstellen in einer Reihe, die mit dem ὁ beginnt 
und dem u endet. Eine solche Reihe stelit zugleich eine 
Stufenfolge von Tönen dar, also ἡ, e, a, o, u. Zwischen 
diesen beiden Extremen befinden sich zahlreiche Über- 
gänge. Im Griech. haben wir sieben verschiedene Laute 
anzusetzen: ὁ, ein geschlossenes ὁ und ein offenes ὃ (frz, & 
und ὁ, deutsch e und ö), a, ein offenes o, ein geschlossenes 
o und τ. | 

Bei den Nasalen ist der Mund geschlossen, und die 
Luft entweicht durch die Nase. Nasenhöhle und Mund- 
höhle bilden einen einzigen Resonanzraum, der einen 
anderen Klang annimmt je nach der Stelle, an der der 
Mund geschlossen ist. Wird er mit den Lippen ge- 
schlossen, so erhalten wir den labialen Nasal m, mit den 
Zähnen den dentalen Nasal n; wird der Verschluß durch 
den Zungenrücken bewirkt, so ergiebt dies den gutturalen 
Nasal » (deutsch in singen = siven), Im Indogermanischen 


46 Laut- und Akzentlehre. VI. | [8 64. 68. 


und Griechischen erscheint dieser Nasal nur vor ‚Gutid- 
ralen. 

| Die Liquiden. r wird meistens dadurch gebildst, 
daß der. Luftstrom die Zungenspitze in Schwingungen 
versetzt (Zungenspitzen - -r, gerolltes r). Wir Deutsche 
sprechen gewöhnlich ein Zäpfchen-, 4. h. wir setzen das 
Zäpfchen in schwingende Bewegungen. 

Der eigentümliche Klang des ἐ wird dadurch hervor- 
gebracht, daß die Luft zu beiden Seiten der Zunge ent- 
weicht, während die Zungenspitze den Mundraum vorn 
abschließt. Es giebt sehr verschiedene ἃ, Ein weit nach 
hinten gebildetes !, das sog. gutturale, bezeichnet man mit £. 


Die Geräuschlaute. 


8 65. Die Geräuschlaute zerfallen in Verschlußlaute 
und Spiranten oder Reibelaute. 

Die Verschlußlaute bestehen aus 3 Momenten: 
der Bildung des Verschlusses, dem Verschluß selbst und 
seiner Lösung. 

Bei den Spiranten oder Reibelauten wird der 
Mund nicht völlig geschlossen, sondern nur soweit ver- 
engt, daß der Luftstrom ein Geräusch hervorruft. | 
| Alle Geräuschlaute werden weiter eingeteilt nach der 
Stelle, an der der Verschluß oder die Enge gebildet wird, 
und sie können förner ohne Stimmton (sog. tenues) oder 
mit Stimmton (sog. mediae) gebildet werden. 

1. Labiale. 

a) Der Verschluß oder die Enge wird durch: die 
beiden Lippen hergestellt (labiolabiale: ρ, ὃ, mittel- 
deutsch w). 

b) Er wird durch Unterlippe und Oberzähne bewirk 
(labiodentale: deutsch f). 


Anm. In Sprachen, die wir nur durch die Schrift konnen, 
lassen sich diese beiden Arten selten unterscheiden. 


Aa - .—. 


Yu _ 


β 65. 66.] Sprachphysiologische Vorbemerkungen. 47 


2. Dentale: Die Vorderzunge artikuliert gegen die 
Alveolen der Oberzähne. Hierher gehören t, d, 8, <= 
frz. x, ὃ = sch, Ζ = frz. 7, ἡ = engl. ih. | 

Anm. Es giebt noch andere Arten von Dentalen, nämlich 
interdentale und postdentale. 

Die kakuminalen Laute entstehen durch Aufbiegen der 
Zungenspitze nach dem Gaumendach. Sie sind im Indischen ver- 
breitet und werden durch t,d, 8, % bezeichnet. Ihrem akustischen 
Effekt nach gehören sie zu den Dentalen. 

3. Gutturale: 

Sobald nicht mehr die Zungenspitze, sondern die 
Vorderzunge oder der Zungenrücken den Verschluß oder 
die Enge bildet, sprechen wir dem akustischen Klang 
nach von Gutturalen. Unter diesen giebt es unzählige 
Arten je nach der Stelle, an der sie gebildet werden. 

Für gewöhnliche Zwecke genügt es zu unterscheiden 
zwischen Palatalen und Velaren. 

a) Die Palatalen: Der Zungenrücken artikuliert 
gegen den harten Gaumen. Hierher gehören die deutschen 
Κ΄, g’ vor i, 6, sowie die deutschen sch-Laute. 

b) Die Velaren: Der hintere Zungenrücken artikuliert 
gegen den weichen Gaumen, deutsch k, 9 vor a, o, % 
ferner », sowie die ach-Laute. 

Aspiraten sind Verschlußlaute, denen ein Hauch 
folgt. Das Aind. und, wie man annimmt, auch das Idg., 
kannte stimmhafte Aspiraten (bh, dh, gh), das Griechische 
nur stimmlosg (φ, 9, x). 

Mit dem Namen Affrikata bezeichnet man die 
Verbindung eines Verschlußlautes mit der homorganen 
Spirans, z. B. pf, ts, kch. 


Funktion der Laute. 


& 66. In jeder Silbe hat ein Laut den stärksten Ton. 
Er ist daher Träger des Silbenakzentes. Einen Laut, 
der als solcher fungiert, nennen wir silbisch, früher 


48 Laut- und Akzentlehre VI. [8 66. 67. 


auch sonantisch. Silbisch fungieren in der Regel die 
Vokale, aber auch r, I, m, n, sogar s (vgl. d. pst) werden 
in verschiedenen Sprachen silbisch gebraucht. Die wissen- 
schaftliche Schreibung ist ein daruntergesetzter Kreis. 
Vgl. ἃ. veir, endn, atm, ezech. vlk „Wolf“, serb. i?n „Dorn“, 

2. Die Laute, die nicht Träger des Silbenakzentes 
sind, nennen wir unsilbisch., Unsilbisch sind in der Regel 
die Geräuschlaute und meist auch die Liquidä und Nasale. 
Aber auch die Vokale werden in diphthongischen Ver- 
bindungen unsilbisch, Zur genaueren Bezeichnung dient 
ein daruntergesetzter Halbkreis, doch läßt man diesen 
jetzt meistens fort. In Verbindungen wie gr. ev ist 8 
silbisch, v® unsilbisch, 


8, Die Verbindungen eines silbischen Vokals mit einem 
unsilbischen Vokal oder Sonorlaut, nennt man Diphthonge. 
Sie können fallend &w oder steigend μό sein. Meistens 
wird der schallkräftigere Laut silbisch, wie oben, aber es 
giebt auch Diphthonge wie ie, io, ia, üe, Ua, üo. 


Einwirkung der Laute auf einander. 


8 67. Eine große Anzahl von Lautveränderungen 
besteht darin, daß Unterschiede zwischen benachbarten 
Lauten zum Teil oder ganz ausgeglichen werden. So 
wird die Differenz zwischen zwei aufeinanderfolgenden 
Vokalen in Diphthongen häufig vermindert, gr. & 
wird zu ee ἃ. i. 2, οὐ über oo zu ö. Die Vokale 
wirken ferner auf die vorhergehenden Konsonanten ein, 
helle Vokale, indem sie die Konsonanten palatalisieren, 
uridg. k*e zu gr. re, urgr. τὸ zu σὲ (das Zeichen der 
Palatalisierung ist ’, z. B. %), dunkle Vokale, indem sie 
die Konsonanten labialisieren, urgr. g0> πὸ u. 8. w. 
Auch wirken Vokale auf die Vokale vorhergehender 
Silben assimilierend, vgl. die Beispiele $ 164 ff. 


Konsonantenverbindungen werden öfter assimiliert : In 


v4 


Na 


8 67. 68.) Sprachphysiologische Vorbemerkungen. 49 


wird im Griechischen, Italischen und Germanischen zu 4, 
‚Labial -- m wird griechisch zu mm, ὄμμα aus "ὄπμα u. 5. ν΄. 

Zwischen schwer sprechbaren Lautgruppen schiebt 
sich häufig ein Übergangslaut ein: mr wird gr. m mbr, 
nr za ndr. 

Die gleichen Laute in verschiedenen Silben hinter- 
einander sind oft schwer sprechbar und werden deshalb 
dissimiliert oder einer von ihnen schwindet. Besonders 
häufig ist dies bei den Liquiden. So tritt κεφαλαργία 
für χεφαλαλγία ein, δρύφακτος steht für ἐδρύφρακτος, 
Κλέταρχος für Kolrapxos, Τήλεκρος für Τήλεκλος u. 8. w. 

Über dieses Problem besitzen wir die Arbeiten von 
Bechtel, Über gegenseitige Assim. und Dissim. der beiden 
Zitterlaute, 1876, Grammont, La dissimilution consonan- 
tique, 1895. | 

Derartige Veränderungen lassen sich gewöhnlich nicht 
auf Regeln bringen, weil hier die individuelle Aussprache 
von Bedeutung ist, und weil sie auch an keine bestimmte 
Zeit gebunden sind. 


Der Akzent. 


8 68. Der Akzent ist für jede Sprache von größter 
Bedeutung, es ist der Geist, der den toten Körper belebt. 
Ohne die richtige Betonung wird jede Sprache unver- 
ständlich. „Der Unterschied einer bloßen Laut-, Silben- 
oder Wortreihe von einer wirklichen Silbe, einem Worte 
oder Satze“, sagt Sievers, „wird demjenigen sofort klar 
werden, .der etwa Gelegenheit hat, eine Sprechmaschine 
zu beobachten, die im Großen und Ganzen wohl nur 
Produkte der ersten Art zu liefern vermag.“ 

Unter dem Namen „Akzent“ werden gewöhnlich drei 
Faktoren vereinigt: 1. die Stärke oder Schwäche der 
Laute, die bedingt ist durch den Exspirationsstrom;; 2. das 
Verhältnis von Höhe und Tiefe innerhalb der Silbe, des 
Wortes, des Satzes; 3. die Dauer der Silbe, des Wortes. 

Hirt, Griech. Laut- u. Formenlehre. 4 


50 Laut- und Akzentlehre VI. [8 68. 


Eine erweiterte Definition des Begriffes „Akzent“ giebt 
F.Saran Ὁ. WechBler „Giebt es Lautgesetze ?*, (1900)8.122. 

᾿ς Jede Sprache muß ihre Silben mit einem 'gewissen 
Nachdruck und mit einer musikalischen Höhe hervorbringen. 
Je nachdem,das eine oder das andere überwiegt, sprechen 
wir von exspiratorischer oder musikalischer Betonung. Jene 
besteht in deutschen Dialekten, diese im Französischen, 
Slavischen und Altgriechischen. Die musikalische Be- 
tonung ist in den Sprachen mit exspiratorischer Betonung 
gewöhnlich auch sehr stark; wir reden daher von einer 
musikalischen Betonung gewöhnlich dann, wenn die 
exspiratorische Betonung zurücktritt. 

Der Unterschied zwischen Sprachen mit musikalischer 
und exspiratorischer Betonung zeigt sich gewöhnlich auch 
in ihrer ganzen Entwicklung. Diese neigen zur Reduktion 
der Vokale, es finden sich zahlreiche Spiranten, während 
dies in den Sprachen mit musikalischer Betonung nicht 
der Fall ist. | 

Unterschiede der Betonung bestehen zunächst in 
einem Satze, indem die Worte nach ihrer Bedeutung 
stärker oder schwächer, höher oder tiefer betont werden. 
Dies nennen wir Satzakzent. 

Innerhalb des Wortes trägt eine Silbe den stärksten 
oder höchsten Ton, das ist die Silbe, die wir im eigent- 
lichen Sinne als akzentuierte betrachten. Die übrigen 
Silben stufen sich noch nach verschiedenen Graden ab. In 
Kompositis findet sich häufig ein zweiter, aber schwächerer 
Hauptton, den man den Gegenton nennt (Zeichegg). 
Außerdem muß man noch nebentonige (Zeichen‘“) und 
unbetonte Silben unterscheiden. Im Griechischen haben 
jedenfalls Nebentöne bestanden. In Verbindungen wie 
ἄνθρωπός ἔστι war der erste Akzent wahrscheinlich als 
Nebenton erhalten. 

Auch innerhalb der Silbe giebt es verschiedene Arten 
der Betonung, die wir unter dem Namen Silbenakzent 


» 


Fra 


ἡ" ἘΝ 


8. 68. 69.) Sprachpsychologische Vorbemerkungen. b1 


zusammenfassen. Exspiratorisch unterscheidet man ein- 
und zweigiptlige Silben, musikalisch solche mit ebenem, 
solche mit steigendem und solche mit fallendem Ton. 

Anm. Die Lehre von den Silbenakzenten igt für den, der 
in seiner Sprache Silbenakzente nicht kennt, zfemlich schwierig. 
Doch haben sie zahlreiche deutsche Mundarten. Wer. aber 
eine annähernde Vorstellung von der griechischen Betonung ge- 
winnen will, dem ist die Beobachtung des Serbischen zu empfehlen. 
In Ermanglung direkter Beobachtung mag das vortreffliche Werk 
von Masing, Die Hauptformen des serbisch-chorwatischen Akzents. 
Nebst einleitenden Bemerkungen zur Akzentlehre insbesondere des 
Griechischen und des Sanskrit, Petersburg 1876 zur Förderung der 
Erkenntnis herangezogen werden, 


VL. Kapitel. 
Sprachpsychologische Vorbemerkungen. 


.8 69, Litteratur: H. Paul, Prinzipien der Sprachgeschichte, 
3. Aufl. 1898. 


W. Wundt, Völkerpsychologie I. Die Sprache, 2 Bde., 
1900-—1%1. 


"Wechßler, Giebt es Lautgesetze? S.-A. aus: Forschungen 
zur romanischen Philologie, Festgabe für H. Suchier, 1900. 

Die neuere Sprachwissenschaft hat einen großen Teil 
ihrer Erfolge dadurch erreicht, daß sie das „Leben der 
Sprache“, die Vorgänge beim Sprechen genauer studiert 
und die an den modernen Erscheinungen gewonnenen Er- 
gebnisse auf die älteren und ältesten Sprachvorgänge über- 
tragen hat. Dabei sind vor allem zwei Begriffe in den 
Vordergrund getreten: das Lautgesetz und die Ana- 


logiebildung. Sie bewirken die Veränderungen der 


Sprache. 
4* 


58 Laut- und Akzentlehre VII. [8 70. 


1. Der Lautwandel und das Lautgesetz. 

ᾷ 70. Die Beobachtung hat gezeigt, daß, wenn ein 
Laut sich in einem Worte verwandelt hat, dies auch in 
vielen anderen Fällen geschehen ist. So entspricht einem 
lat. {sehr oft ein griech. 9, und beide sind meist aus älterem 
bh hervorgegangen. Einen solchen Lautwandel nennt man 


ein Lautgesetz. Andere sehr durchgreifende Lautgesetze 


sind: der Wandel von urgr. ἃ zu ἡ im Ionischen, der 
Übergang von urgr. u zu ὦ (v) im Ion.-Att,, die Kon- 
traktion von &-+ ὁ zu δὲ im Attischen u. 8. w. Alle diese 
sind Veränderungen, die wesentliche „Ausnahmen“ nicht 
haben. Kein Sprachforscher wird es daher heute wagen, 
das ἃ in att. πᾶσα auf urgr. ἃ zurückzuführen. 

Man ist in den siebziger Jahren zu dem Postulat ge- 
kommen, die Lautgesetze müßten ausnahmslos sein, 
ἃ. h., wenn sich ein Laut in einem Worte in einen andern 
verwandelt hat, so muß das in allen andern Worten 
auch geschehen sein, in denen er unter den gleichen Be- 
dingungen stand. Dieses Postulat ist durchaus berechtigt; 
denn es existiert ja bei unserm Sprechen für jeden Laut 
ein bestimmtes Bewegungsgefühl, und wenn sich das in 
einem Falle ändert, so muß das in allen andern auch 
eintreten. Ausnahmen können nur durch besondere Be- 
dingungen veranlaßt sein. Aber gerade hierin liegt das 
Wunderbare. Die Bedingungen, unter denen ein Laut 
in der Sprache auftritt, sind so mannigfaltig, daB man 
kaum hoffen darf, alle Wandlungen der Laute zu er- 
gründen. Thatsächlich ist aber der Lautwandel meist so 
gleichmäßig, daß man staunen muß. Nicht der Satz, daß 
die Veränderungen eines Lautes unter dem gleichen Be- 
dingungen in allen Worten stets dieselben sind, ist auf- 
fallend; auffallend ist vielmehr die thatsächliche große 
Gleiehheit der Aussprache der einzelnen Laute. Die 
Einflüsse des Individuums, der Gemütsstimmung, des 
schnelleren und langsameren Sprechens (sog. Allegro- und 


παν 7 


Bu“ 


8 70. 71.] Sprachpsychologische Vorbemerkungen. 53 


Lento-Formen) sind so außerordentlich gering, daß man 
sieht: in der Sprache herrscht ein Durchschnitt, es herrscht 
die Regel und nicht die Ausnahme. Das Postulat: die 
Lautgesetze sind ausnahmslos, muß daher für jeden 
Sprachforscher die erste Richtschnur sein. 

Nun giebt es aber eine ganze Reihe scheinbarer Aus- 
nahmen. Diese können verursacht sein: 


8) Durch besondere, noch nicht gefundene Bedingungen. 
Essind das die „unbekannten Lautgesetze“, von denen eigent- 
lich jedes Jahr noch neue erkannt werden. Ein Beispiel 
möge dies zeigen: wir finden im Attischen vielfach einen 
nicht berechtigten °, z. Β. ἱερός = ai. iiräs „kräftig, 
regsam“, ἕως, 1. auröra, der früher unerklärt war. Jetzt 
ist der lautgesetzliche Grund dafür gefunden: *zusös, wie 
die alte Form lautete, ist zu *auhös geworden, und das ἢ 
ist dann auf den Anlaut übergesprungen. 


b) Durch Dialektmischung und Entlehnungen. Das 
beste Beispiel im Griechischen bietet Homer, bei dem 
ionische und äolische Formen nebeneinander stehen. Die 
Thatsache ist auch sonst oft genug zu belegen, daß die 
sog. Schriftsprachen in Bezug auf die „Lautgesetze“ zahl- 
reiche „Ausnahmen“ zeigen, während die Volksdialekte 
ideale Regelmäßigkeit aufweisen. Der Grund liegt darin, 
daß in jenen mehrere Elemente zusammengeflossen sind. 

ec) Durch analogische Neubildung, s. u. 


9. Die Ursachen des Lautwandels. 


8 71. Die Ursachen des Lautwandels können wir oft genug 
nicht erkennen, aber eine Anzahl von Fällen sind doch klar: 

a) In vielen Fällen ist der Grund für den Lautwandel die 
Bequemlichkeit, die Ersparung an Arbeit. Hierher gehören alle 
Assimilationen, die vollständig oder teilweise sein können, und 
auch gewisse Dissimilationen. 

b) Ein zweites wichtiges Moment, dessen Beobachtung noch in 
den Anfängen liegt, ist die Sprachübertragung oder Sprach- 
mischung. Wenn Fremde eine neue Sprache lernen, so suchen sie 
sie freilich genau wieder hervorzubringen. Es mag ihnen das auch 


54 Laut- und Akzentlehre VII. [8 71. 72. 


teilweise gelingen, aber gewöhnlich bleibt ihre Artikulationsbasis, 
ihre Silbentrennung, ihr Akzent der alte, und das bedingt dann 
für die folgende Zeit langsame, aber durchgreifende Veränderungen, 
vgl. hierzu Wechßler, Giebt es Lautgesetze?, 1900. Dialekt- 
mischungen und Sprachübertragungen müssen auch in Griechenland 
ganz an der Tagesordnung gewesen sein, da ja die griechischen 
Stämme sehr durcheinandergewürfelt worden sind. So ist das soge- 
nannte dorische Sprachgebiet von nordgriechischen Stämmen erobertes 
Land, auf dem die alte Bevölkerung noch erhalten geblieben war. 
Wenn wir nun auf diesem Gebiet an ganz verschiedenen Orten 
dieselben Lautübergänge finden, so kann das auf der Dialektüber- 
tragung beruhen. Oftmals ist auch den neu Lernenden ein Laut ganz 
fremd, und es wird dann ein anderer dafür eingesetzt. So sagen 
die Litauer p für deutsch f, unser Volk setzt sch für franz. 5 (2), 
und so ist es möglich, daß der Verlust des “ in Kleinasien und in 
Kreta darauf beruht, daß hier eine Bevölkerung Griechisch lernte, 
die diesen Laut nicht kannte, 


3. Die Analogiebildung. 

$ 72. Die Sprache kann im natürlichen Sinne nur 
dadurch erlernt werden, daß man sie von andern hört 
und das Gehörte wieder hervorbringt. Dadurch werden 
in der Seele Erinnerungsbilder erzeugt, die es uns ermög- 
lichen, das Erlernte im gegebenen Moment auch nach 
langer Zeit wieder hervorzubringen. Aber nur ein Teil 
der Sprache beruht auf gedächtnismäßigem Erfassen, ein 
anderer beruht auf den Associationen, denen alle Worte 
ausgesetzt sind. Da aber vielerlei Associationen möglich 
sind, so können auch verschiedenartige Formen gebildet 
werden. Stimmt eine solche Associations- oder Analogie- 
bildung mit dem Sprachgebrauch überein, so ist sie uns 
nicht weiter auffällig, wir beachten sie erst, wenn sie zu 
nicht usuellen Formen führt. Man hat derartige Formen 
„falsche Analogiebildungen“ genannt. Wenn auch dieser 
Ausdruck psychologisch nicht berechtigt ist, so kann er 
doch von einem rein praktischen Standpunkt aus beibe- 
halten werden, indem er besagt, daß durch die Analogie- 
bildung Formen hervorgebracht werden, die vom Sprach- 
gebrauch abweichen und daher zunächst als falsch em- 


ET 


8 72. 73.]  Sprachpsychologische Vorbemerkungen, 55 


pfunden werden. Die Analogiebildungen . bewirken nun 
die meisten Ausnahmen von den Lautgesetzen. So 
schwindet z. B. s zwischen Vokalen im Griechischen. 
Wenn wir es trotzdem an dieser Stelle finden, z. B. im 
s-Aorist, in ἔστη-σ-α, so-beruht das auf einer analogischen 
Neubildung. s war nach Konsonanten bewahrt, so in 
ἔδειξα, wurde als Kennzeichen einer besonderen Formen- 
kategorie empfunden und so auf ἔἔστητα übertragen. 

Fast jedes Lautgesetz ist durch analogische Neu- 
bildungen gestört. Trotzdem muß man mit ihrer An- 
nahme vorsichtig sein. Namentlich damals, als man die 
Bedeutung der „falschen Analogie“ zuerst erkannte, hat 
man dies Prinzip viel zu weit ‘ausgedehnt und höchst 
sonderbare Analogiebildungen mit voller Überzeugung 
vorgetragen. Das Ideal in der Anwendung dieses Prinzips 
ist ebenfalls der Nachweis von Gesetzen, und es ist nicht 
zweifelhaft, daß sich gewisse Gesetze auch auf diesem 
Gebiete finden lassen. Vgl. dazu Thumb und Marbe, 
Experimentelle Untersuchungen über die psychologischen 
Grundlagen der sprachlichen Analogiebildungen, 1901. 
Aber leider ist die Forschung erst in den Anfängen, 
und man muß sich vorläufig mit dem aus der Beobachtung 
thatsächlich vorkommender Fälle gewonnenen allgemeinen 
Gefühl begnügen. Das beste Material zur Forschung 
bietet die Volkssprache, auf griechischem Boden vor allem 
die Dialektinschriften und die Papyri. Im folgenden gebe 
ich eine kurze Übersicht über die hauptsächlichsten Ana- 
logiebildungen. Eine einwandsfreie Einteilung ist bis jetzt 
noch nicht gefunden. Wir folgen hier Wundts Schema, 
Völkerpsychologie 1, 447, indem wir grammatische 
und begriffliche Angleichungen unterscheiden. 


I. Grammatische Angleichungen. 


8 73. .Grammatische Angleichung ist die Angleichung 
grammatischer Formen aneinander, wie mhd. starb-sturben 


56 Laut- und Akzentlehre VII. [$ 5. 


zu siarb-siarben. Zum Zustandekommen derartiger An- 
gleichungen ist das Vorhandensein eines dritten Gliedes 
notwendig. Als man starben statt sturben bildete, mußten 
schon Fälle vorhanden sein, in denen Sing. und Plural 
den gleichen Vokal hatten. Die Sprachwissenschaft kleidet 
daher den Vorgang in eine Proportionsbildung: fuhr : fshren 
== siarb:x, wobei sich dann starben notwendig ergiebt. 
Eine solche Proportion aufzustellen, muß bei dieser Gruppe 
immer möglich sein. 

A. Innere grammatische Angleichungen, 
ἃ, ἢ. Angleichungen innerhalb zusammengehöriger Wort- 
stämme. 


1. Ausgleichung zwischen den verschiedenen Stamm- 
formen der Kasus, z. B. πατήρ, πατρός, πατέρα. 

a) Der Nom. Sing. wird an die Stammform der__ _ 
übrigen Kasus angeglichen: μήν nach μηνός, lautgesetzlich 
ist μείς; ῥίν nach ῥῖνες, attisch noch ῥές πολλός, nach 
πολλοῦ für πολύς. 

b) Die übrigen Kasus werden an den Nom. Sing. 
angeglichen: δοτῆρος, δοτῆρε nach δοτήρ, ϑηρός nach ϑήρ, 
ἀγῶνος nach ἀγών. 

6) Gen. und Dat. werden an den Akkusativ ange- 
glichen:: Ζηνός nach Ζῆνα, τινός nach riva, χϑονός nach 
χϑόνα, hom. πατέρος nach πατέρα, ποιμένος nach ποιμένα. 

d) Der Akk. wird an Gen. und Dat. angeglichen, 
ϑύγατρα nach ϑυγατρός, 1. patrem nach patris, ἄρνα nach 
ἀργός. ᾿ 

_ e) Irgendwelche andere Kasus nach anderen, so 
σπτήχε- σι nach πηχέ-ων u. 8. w., πόλεσι nach πολέων u. 8. W. 
Govd-oı für *&gdor nach ἀργός. 

Anm. Im Griechischen wie in allen anderen Sprachen 
kommt hier jede mögliche Kombination vor, wenngleich sich be- 
stimmte Richtungen in den Angleichungen nicht verkennen lassen. 


So überwiegt im Griechischen die Angleichung nach dem Nom. 
oder Akk. 


8 73.] Sprachpsychologische Vorbemerkungen. 57 


2. Angleichung zwischen den verschiedenen Verbal- 
formen. 

a) Angleichung zwischen den verschiedenen Formen 
desselben Tempus: oida-uev nach οἶδα für ἴδμεν, εἰμέν 
aus ἐσμέν für *smen nach εἰμέ, ai. dsmi, smäs, lat. in 
umgekehrter Richtung sum nach sumus, hom. δείδια nach 
δεέδιμεν. Die alte Form liegt in δείδω aus *deldoja vor, 
hom. εἰλήλουθμεν nach εἰλήλουϑα, umgekehrt att. ἐλήλυϑα 
nach ἐλήλυϑμεν. 

b) Angleichung zwischen den verschiedenen Forma- 
jonen des Verbs: πέφευγα nach φεύγω für ἔπέφουγα, 
&rauoy nach rduyw, umgekehrt τέμνω nach ἔτεμον. 

3. Angleichung zwischen Ableitungen und Grundwort: 
lesb. πέμπε für πέντε nach σπτεμτετός. 

B. Außere grammatische Angleichungen. 
Wundt sagt darüber I, 448: „Indem bei ihnen nicht ver- 
schiedene Abwandlungsformen eines und desselben Wortes, 
sondern umgekehrt analoge grammatische Formen ver- 
schiedener Wörter zu einander in Beziehung: treten, ist 
die induzierende Wirkung an und für sich eine entferntere, 
kann aber dadurch verstärkt werden, daß sie von einer 
größeren Zahl von Wörtern ausgeht. 

1. Angleichung von Flexionsendungen. Die Endung 
-os des Dat. Plur. wird im Nordwestgriech. auf die 
konson. Stämme übertragen, ἀγώγοις. Der Gen. Sing. 
auf -ov der Maskulina der ersten Deklination wird von 
den o-Stämmen herübergenommen. Hierher gehören ferner 
Formen wie Akk. Σωκράτην, Φερεκλείδην, Gen. wie Kallıddov 
neben älterem Kaklıddovs, τρίπουν statt τρίποδα; der Über- 
gang von n-Stämmen in die ni-Flexion λέων, λέοντος, (vgl. 
λέαινα) nach dem Muster φέρων, φέροντος. Die ursprüng- 
liche Perfektendung -3« wird auf das Imperfektum über- 
tragen: ἔφησϑα unter dem Einfluß von ἦσϑα. 

9. Elemente, die im Sprachgefühl für eine besondere 
Funktion verwendet werden, breiten sich aus, so das s 


58 Laut- und Akzentlehre VII, [8 73-7. 


des s-Aoristes, ἐτέμη-σα, das x des Perfekts u. s. w., oder 
der Vokal der Kompositionsfuge, zuuoxgaria statt τιμη-» 
πατρο-κτόνος statt razga-, πεντάχες für "πεντέχις. 

3. Die Grenze zwischen Stamm und formativem 
Element wird an eine andere Stelle verlegt, als die 
historisch berechtigte, und derartige neue Elemente werden 
weiter übertragen. So zerlegt man δέκα-τος in δέκ-ατος 
und überträgt -arog auf öydo- und ven, daher ὀγδόατος 
und τρέτατος u. 8. Μ΄. 


Il. Begriffliche Angleichungen. 

ᾷ 74. A. Angleichung durch Begriffsverwandtschaft. 
Hierher gehören die Angleichungen der Zahlworte unter- 
einander: herakl. öxzo nach ἕπεά, ὀχτάπους für ὀχετώπους 
nach ἑπτάπους, ὀκτάκις nach ἑπτάκις; ferner &raipos nach 
ἑταίρα, hom. ἕταρος, umgekehrt ἑὁτάρη nach Erapos; dazu 
kommen Angleichungen im Geschlecht, so att. ἧἦ οἶμος 
nach ἡ ὅδός, ebenso ἧ τρίβος, ἧ κέλευϑος. Die Städtenamen 
ἡ Κόρινϑος, ἣ Μίλητος richten sich nach πόλις. 

In ausgedehntem Maße zeigt sich diese Angleichung 
in den suffixalen Bildungen vieler Wörter, so φρατήρ 
für φράτωρ nach πατήρ, μήτηρ, φάρυγξ für φάρυξ nach 
λάρυνγξ, ἀρύσσω neben ἀρύω nach ἀφύσσω. 

B. Angleichung durch Kontrast der Begriffe. Hier- 
her ὄπισϑε für önıde nach πρόσϑε, μείζων vielleicht nach 
ὀλεέζων u. a. 


Volksetymologie. 

8 75. Aus anderen Sprachen entlehnte oder auch 
einheimische Wörter unterliegen häufig der sogenannten 
Volksetymologie, d. h. sie werden nach einer gewissen 
Ahnlichkeit der Form mit einheimischen Worten assoziiert 
und dann umgestaltet oder umgedeutet; so wird “Ἱεροσόλυμα 
mit ἱερός verbunden, ἁλκχυών mit ἅλς, Κένταυρος an ταῦρος 
angeschlossen u. a. 


“κα. 


-- 


δὲν 


8 76. 77.] Schrift und Aussprache des Griechischen. 59 


VII. Kapitel, 
Sehrift und Aussprache des Griechischen. 


A. Die Schrift. 


ὃ 76. Litteratur; A. Kirchhoff, Studien zur Geschichte 
des griechischen Alphabets, 4. Aufl. 1887. Hauptwerk. 

Larfeld, Griech. Epigraphik, 1892. 

Die griechische Schrift stammt, wie Herodot 5, 58 
berichtet, von den Phöniziern. Diese Ansicht ist insoweit 
zweifellos richtig, als die Griechen ihre Zeichen von Semiten 
erhalten haben. Dies wird erwiesen durch die Überein- 
stimmung in den Buchstabenformen, in den Namen und 
in der Anordnung. 

Anm. Man vergleiche hebr. aleph, beth, gimel, daleth, waw, 
heih, teth, jod, kaph, lamed, goph, taw mit gr. ἄλφα, βῆτα, γάμμα 
(γέμμα), δέλτα, Bav, Yra (ἦτα), ϑῆτα, ἰῶτα, κάππα, λάμβδα, κόππα, 
ταῦ. Aus welchem semitischen Dialekt die griechischen Buch- 
stabennamen stammen, ist noch nicht ganz sicher ermittelt. Phö- 
nikisch, syrisch, aramäisch kommen in Betracht, vgl. Lewy, die 
semitischen Fremdwörter im Griechischen S. 169 ff. - - 

8 77. So mannigfach verschieden die griechischen 
Alphabete sind, so müssen wir doch einen gömeinschaft- 
lichen Ausgangspunkt voraussetzen auf Grund der Ab- 
weichungen vom semitischen Alphabet, die in sämtlichen 
Alphabeten gleichmäßig wiederkehren und die nach 
Kirchhoff mit der ersten Annahme ungefähr gleichzeitig 
sind. . Sie bestehen darin, daß man aus dem Überfluß an 
semitischen Zeichen für Hauchlaute die Vokalzeichen 
schuf und dem so gewonnenen das selbständig erfundene 
Y hinzufügte. Der dadurch erzielte Übergang von einer 
Silbenschrift zur Buchstabenschrift ist der letzte, aber 
nicht der kleinste Fortschritt in der Entwicklung der 
Schrift. 


60 Laut- und Akzentlehre VII. [8 77. 78. 


Die griechischen Alphabete teilt Kirchhoff in ost- 
und westgriechische ein. Unter jenen ist wieder das 
ionische unter Verdrängung aller übrigen das gemein- 
griechische geworden, nachdem in Athen im Jahre 403/2 
durch den Staatsmann Archinos unter dem Archon 
Eukleides das einheimische Alphabet von 20 Zeichen 
offiziell abgeschafft worden war. 


Am altertümlichsten sind die. Alphabete von Kreta, 
Melos und Thera, die mit Y abschließen und sch, xh (gh) 
πσ, κα schreiben. 


Das ostgriechische Alphabet verwendet Φ und 
Χ für Q und x. 

1. Die östliche Hälfte gebraucht außerdem % für ps 
und 5 für Ks. | 

2. Die westliche schreibt χα und 9o. 

‚Das westgriechische Alphabet besitzt kein &, 
und gebraucht ὦ = 9, X = ξ, F== x und schreibt für 
ιν meist z.0 oder φσ. 


Anm. 1. Das Westgriechische hat im lat. Alphabet (x = x) 
die Welt erobert. 


Anm. 2, Auf die zahlreichen lokalen Verschiedenheiten kann 
‚hier nicht eingegangen werden. 


Anm. 3. Eine besondere ganz abweichende Silbenschrift be- 
steht auf Kypern. Sie gewährt uns manchen Fingerzeig für die 
Aussprache. 


B. Die Aussprache des Griechischen. 


8 78. Litteratur: Bla fs, Über die Aussprache des Griechischen, 
3. umgearbeitete Auflage. Berlin 1888. Hauptwerk; Hess, Zur 
Aussprache des Griechischen (Griechische Umschriften demotischer 
Wörter), IF. 6, 123 ff, wichtig für die Aussprache der Aspiraten 
im 2. Jahrh. n. Chr. in Ägypten; Thumb, Zur Aussprache des 
Griechischen, IF. 8, 188 f}., zieht das Armenische heran; Kretsch- 
mer, Der Übergang von der musikalischen zur exspiratorischen 
Betonung im Griechischen, ΚΖ. 30,591 f.; Eckinger, Die Ortho- 
grahie lat. Wörter in griechischen Inschriften 1893. 


rg 


8 79. 80.] Schrift und Aussprache des Griechischen. 61 


ᾷ 79. Die Aussprache des Griechischen hat sich 
wie die aller Sprachen im Laufe der Zeiten beträchtlich 
verändert und hat sich schließlich zu der entwickelt, die 
heute im Neugriechischen vorliegt. Bo wenig aber die 
heutige deutsche oder englische Aussprache für die Zeit 
des Altdeutschen oder Altenglischen maßgebend sein 
kann, so wenig ist es die des Neugriechischen für 
das Altgriechische. Bekanntlich erheben die Neugriechen 
den Anspruch, daß die jetzige neugriechische Aus- 
sprache bereits im Altertum gegolten habe. Aber 
schon sehr bald nach der Renaissance der griechischen 
Studien hat man diese Ansicht, die durch die Byzantiner 
getragen wurde, bekämpft. In erster Linie- steht hier 
Erasmus mit seinem Dialoge de recta Latini Graecique 
sermonis pronunciatione, Basel 1528. Seine Prinzipien 
haben im wesentlichen gesiegt. Die echte erasmische 
Aussprache ist aber im Laufe der Zeiten sehr verfälscht, 
indem man sich „mehr oder weniger nach dem Grundsatz 
richtete, daß die Zeichen und Verbindungen von solchen 
so auszusprechen seien, wie die entsprechenden in der 
eigenen Sprache“. So geben wir z. B. das griechische ev 
durch unser eu wieder. Dies wird aber in Wirklichkeit 
οὗ gesprochen. Ferner sind unsere niederdeutschen ἢ, t, p 
Aspirsten, was die griechischen x, τὶ x nicht waren. 
Hier würde eher die sächsische Aussprache dieser Laute 
dem richtigen entsprechen. 

ῷ WM. Wenn wir die altgrieekische Aussprache er- 
schließen wollen, so müssen wir uns vor allen Dingen 
vom einem Buchstabenglauben freimachen. Die wenigen 
Zeichen, über die jedes Alphabet nur verfügt, können bei 
weitem nicht die Mannigfaltigkeit der gesprochenen 
Zeichen darstellen. 

Es stehen uns nun im wesentlichen folgende Mittel 
zur Erschließung der griechischen Aussprache zur Ver- 
fügung : | 


62 Laut- und Akzentlehre VIII. -[8 80. 


l. Die direkten Angaben und Beschreibungen der 
griechischen Grammatiker. | 

2. Das Schwanken in der Schreibung der Laute 
namentlich in Texten Ungebildeter, die die traditionellen 
Regeln der Orthographie nicht kennen. 

Anm. 1, Wenn z. B. im Papyrus des Herodas öfter « als δὲ 
an Stelle des alten δὲ geschrieben wird, so müssen wir schließen, 
daß δὲ in dieser Zeit wie langes ὁ gesprochen wurde. ἢ 

3. Die lautlichen Übergänge innerhalb des Wortes 
und, besonders in der Verbindung von Worten. 

Anm. 2. Wenn z.B. ἐπὶ ᾧ zu ἐφ᾽ ᾧ wird, so konnte das nur 
geschehen, weil 9 noch den Lautwert ph hatte. Wenn für den 
durch Ersatzdehnung vor -s entstandenen Laut (z. B. τιϑ'οίς aus 
τεϑέν»ο) δὲ geschrieben wird, so lehrt das, daß δὲ zu dieser Zeit nicht 
mehr Diphthong, sondern Monophthong war. 

4. Die Umschreibung in andere Sprachen und aus 
anderen Sprachen und die gegenseitigen Liehnworte. 

Hier kommen besonders in Betracht : 

a) das Lateinische, 

b) das Demotische und Koptische, 

c) das Armenische und die anderen orientalischen 
Sprachen. Diese Zeugnisse gelten im allgemeinen für 
eine ziemlich junge Zeit. 

5. Der etymologische Wert der einzelnen Laute, wie 
er durch die Vergleichung der verwandten Sprachen er- 
schlossen wird. 

6. Die Wortspiele, die auf ähnlichem Klange be- 
ruhen, die Etymologien bei alten Schriftstellern, die Nach- 
bildungen von. Tierlauten, z. B. das βῆ βῇ des Kratinos, 
um den Laut der Schaafe auszudrücken. 

Alle diese Hilfsmittel gewähren indessen nicht die 
Möglichkeit die Aussprache genau in allen Feinheiten 
festzulegen, weil die Laute, die wir mit einem Buchstaben 
bezeichnen, sehr verschieden sind. Es kann sich also nur 
darum handeln, eine möglichst große Genauigkeit zu er- 


$ 80. 81] Schrift und Aussprache des Griechischen, | 63 


reichen. So wenig wir aber im stande sind, aus der Be- 
schreibung unserer Grammatiken eine richtige Aussprache 
des Französischen oder Englischen zu gewinnen, so wenig 
ist das mit dem Griechischen der Fall, weil wir vor allem 
vom Akzent, der Silbentrennung, der Energie der. Aus- 
sprache, der Artikulationsbasis zu wenig oder gar nichts 
wissen. | 
Im Folgenden werden wir uns darauf beschränken, 
die Aussprache des litterarischen Griechischen festzulegen, 
ohne systematisch auf die Dialekte. einzugehen. 


I. Die Vokale und Diphthonge. 

ᾷ 81. Bei der Bezeichnung der Vokale unter- 
schied man die Kürzen und Längen nicht. Man verwandte 
also nicht bloß α, 4, v für ἃ, 2, %, sondern auch & und ὁ 
für beide Quantitäten. _ 

1. a und ἃ waren wohl ziemlich reine a, die eher 
nach e, als nach o hin lagen. Für ἃ läßt sich dies aus 
dem Übergang von ἃ : ἡ erschließen. Die griechischen «a 
sind also nicht mit unsern deutschen gleichzusetzen. Im 
Nordachäischen geht « in der Nähe von e in ὁ über, 
muß also hier einen anderen Klang gehabt haben. 

2. δ) &, ἡ. Mit HZ bezeichnete man ursprünglich den 
Spiritus asper. Da dieser aber im kleinasiatischen 
Ionischen verloren ging (Psilosis des Ionischen), so hatte 
man ein überflüssiges Zeichen. Der Buchstabenname 
heta lautete damals fra, und man konnte das Zeichen H 
daher für das lange @ verwenden, das im lonischen aus 
urgriech. ἃ neu entstanden war. Auf Naxos z. B. schreibt 
man μητερ —= att. μήτηρ, dor. μάτηρ. Dies aus “ἃ ent- 
standene 2 muß ursprünglich offener gewesen sein als das 
alte ὅ, und es bezeichnete daher ἢ und e nicht einen 
Quantitäts-, sondern einen Qualitätsunterschied, etwa wie 
zwischen söen und die Seen. Der spätere Zusammenfall 
von urgriech. 2 und ion. att. @ ist offenbar so zu Stande 


64 . Laut- und Akzentlehre VIII. [8 81. 


gekommen, daß beide in einem offenen &-Laut zusammen- 
trafen. | Ä 

e dagegen war oder wurde im Attischen geschlossen. 
‚Darauf weist die Schreibung der Kontraktion von e+e 
mit δε, *gpılssre> φιλεῖτε, In andern Dialekten, wie im 
Aolischen und Teilen des Dorischen, wo e + e zu ἡ wird, 
im Elischen und Lokrischen, wo 8 teilweise in « übergeht, 
muß e offen gewesen sein. Das Ursprüngliche ist schwer- 
lich auf Seite des Attischen. | 

Die Schreibung δὲ wurde ursprünglich für den idg. 
Diphthongen ei gebraucht und ‚hatte gewiß den Lautwert 
ei (nicht zu verwechseln mit unserm ei geschriebenen 
Laut, der den Wert αὐ hat). Seit dem 6. Jahrhundert 
beginnt man im Attischen & zu schreiben sowohl für die 
Kontraktion von e + e wie für. das durch Ersatzdehnung 
entstandene 2, zıJels aus τιϑένς. Es ist ganz klar, daß 
das δὲ in φιλδῖτε, τιϑείς ursprünglich nur wie ein langes 
& gesprochen werden konnte. 

Die meisten Forscher nehmen an, daß dieser Laut- 
wert erhalten blieb, und daß der alte Diphthong & sich 
ebenfalls zu geschlossenem ὁ entwickelt hatte: vgl. Brugmann 
IF. 9, 343. War die Aussprache gleich, so mußte auch 
die Schrift gleich werden. 

Anm. 1. Auf einem andern Standpunkt stehen Blass, Aus- 
sprache ® 28 ff. und Hoffmann, Gr. Dial. ὃ, 394 ff. Nach ihnen ist 
das ursprüngliche ὁ wieder diphthongisiert, und so der Zusammen- 
fall mit ei eingetreten. Dieser Vorgang ist sonst nicht selten, für 
das Attische aber durchaus unwahrscheinlich. Wir halten an Brug- 
manns Standpunkt fest. 

3. ı bezeichnet das kurze und lange ὁ, das im 
Griechischen fest ist. Es wird daher in 3 ein reiner i-Laaut 
vorliegen. (Deutsch © ist also schwerlich damit identisch.) 

4, 0, ov, w. Diese 3 Laute entsprechen genau den 
unter 2. besprochenen e-Lauten. 


o war sehr geschlossen. Das Kontraktionsprodukt 


fi... 


u 


8 81.] Schrift und Aussprache des Griechischen, 65 


von 0 - ὁ wird seit ca. 500 v. Chr. vereinzelt οὐ ge- 
schrieben, ebenso wie das durch Ersatzdehnung entstandene 
ö in διδούς. Gesprochen kann hier ursprünglich nur ὃ 
sein. Dialektisch geht o auch in über, so im Ark., 
Gen. Sg. Fem. ao zu av, im Kypr., γένοιτυ, was ebenfalls 
auf geschlossene Aussprache deutet. 

Ursprünglich bezeichnete o sowohl die Kürze wie die 
Länge. Da aber die Länge wie n offen war, so schuf 
man ein neues Zeichen 2, das sich erst allmählich in der 
Geltung 5 festsetzte. 

Anm. 2. Verschiedene Orte schreiben 2 für o und O für o. 

οὐ bezeichnete wie & ursprünglich den Diphthongen, 
wurde aber schon früh monophthongisch geschloss. ὅ, das 
dann in ἃ überging, wie ja auch δὲ früh zu ? wurde. 

5. au, οἱ, av, ev Sind jedenfalls ἃ - ἡ, ο - ὁ, α - u, 
e + τ gesprochen. Erst später verändern sich diese Laute, 

6. v diente zuerst zur Bezeichnung des langen und 
kurzen u. Diesen Lautwert bewahren die meisten Dialekte. 
Im Ionisch-Attischen wurde ἃ frühzeitig verändert, aber 
nicht in den diphthongischen Verbindungen. Ionische In- 
schriften schreiben daher φεόγειν, aörös. Die Aussprache 
des v war schwerlich die unseres ὁ). 

7. Die Langdiphthonge kennen wir in unserer Sprache 
nicht. Im Griechischen sind sie von allen Diphthongen 
am frühesten monophthongisiert. 

Das attische Vokalsystem in der Zeit der Blüte des 
athenischen Staates bietet daher etwa folgendes Bild: 


Längen: 1 (| ὃ («) &(n)| ἃ (a) | δ6 (ὦ) 


Kürzen: ὁ () 


{Diphthonge: 


Hirt, Griech. Laut- u. Formenlehre. δ 


66 τς Laut- und Akzentlehre VIII. [$ 82. 


II. Die Konsonanten. 

8& 82. 1. ρ. Das griech. e war nach Dionys ein 
Zungenspitzen-r, nicht also wie das unsrige uvular. 

Anm. 1. Dionys compos. p. 79 R.: τὸ δὲ ρ (dxpyaverrar) τῆς 
γλώσσης ἄκρας ἀπορραπιζούσης τὸ πνεῦμα, καὶ πρὸς τὸν οὔρανον 
(Gaumen) ἐγγὺς τῶν ὀδόντων ἀνισταμένης. 

Man kann r stimmhaft und stimmlos hervorbringen. 
Ein stimmloses » giebt es in vielen modernen Dialekten. 
Auch das griechische r war zunächst im Anlaut stimmlos, 
daher die Schreibung ὁ. Der Grund dafür liegt in der 
Entstehung aus sr und wr. Auch nach 9, 9, χ war e 
stimmlos, wie aus der von den alten Grammatikern ge- 
forderten Schreibung dpdos, ϑόονος, χύονος und aus der 
häufigen Schreibung der Römer 'prh, trh, erh, z. B. 
Prhonimus, Trhepto, Crhysippus (Kretschmer Vas. 160 ff.) 
geschlossen werden darf. Dies gilt auch für die Ver- 
doppelung. Möglich ist auch, daß r nach allen stimm- 
losen Lauten tonlos war. 

2. 4. list ein Laut, der sehr leicht von den folgen- 
den Vokalen beeinflußt wird. Viele Sprachen unter- 
scheiden zwei oder drei Varietäten, namentlich das 
Russische. Für das Lateinische hat Osthoff ein dunkles 
und helles 1 nachgewiesen. Auch im Griechischen haben 
„wenigstens dialektisch verschiedene /-Laute existiert. In 
Kreta bestand jedenfalls #, wie aus dem Übergang in « 
(geschrieben v) hervorgeht, z. B. αὐκάν — dixdv, αὐγεῖν 
— ἀλγεῖν, εὐθεῖν — ἐλϑεῖν u. 8. w. Das Gleiche ergiebt 
sich aus verschiedenen Vokalassimilationen. 

Wie e war 4 verschiedentlich stimmlos, vgl. die 
Schreibung lat. Clhoe. | 

3. Die Nasale. Das Griechische besaß 3 Nasale, 
den labialen (x), den dentalen (v), und den gutturalen 
(», deutsch ng, durch y bezeichnet). Dieser kam nur vor 
Gutturalen vor. Die Inschriften bezeichnen m und » 
häufig durch ». 


En Fe 


a 


8 82.] Schrift und Aussprache des Griechischen, 67 


4, F. Das Digamma hat das Ion.-Attische so früh 
verloren, daß kaum eine Spur davon vorhanden ist. Die 
übrigen Dialekte haben es lange bewahrt, und es ist in 
Inschriften reichlich überliefert. Ebenso ist es in den 
epischen Dichtungen noch deutlich zu spüren. Es wird 
ursprünglich ein konsonantisches «, ΘΠ}. w gewesen sein, 
das tönend und, nach tonlosen Lauten, jedenfalls nach s, 
tonlos war, vgl. die Schreibung pamphyl. /he, böot. 
Fhexadauoe. 

Vielleicht ist es allgemein tonlos geworden, ehe es 
schwand. 

In den Dialekten, in denen es erhalten war, wird es 
vielfach durch βῶΆ bezeichnet, was indessen schwerlich auf 
spirantische Aussprache (deutsch 10) schließen läßt. In 
Hesychs Lexikon finden wir diese Schreibung ebenfalls. 
Außerdem aber noch y, yadelv, γάδεσϑαι, γέαρ, yEros, und τ, 
was natürlich auf Mißverständnis beruht. 

5. Die Tenues x, τ, πὶ waren reine Lösungsfortes, wie 
sie die heutige italienische Aussprache hat, sie sind also 
nicht gleich unsren %, ti, p, die in der Bühnenaussprache 
aspiriert sind, ζ΄, t‘, p“. 

6. γ, δ, 8 bezeichneten ursprünglich stimmhafte Ver- 
schlußlaute, frz. 9, d, b. Später gehen sie zu verschiedenen 
Zeiten und verhältnismäßig spät in Spiranten über. 

7. %, 9%, @. Unsere gewöhnliche deutsche Aussprache 
dieser Laute ist sicher falsch. Diese Laute waren ton- 
lose Verschlußlaute mit folgendem Hauch. Daher wird 
ἀπὸ ob zu ἀφ᾽ οὗ, gespr. ap hü. Der Übergang in Spirantenck, 
engl. ih, f ist erst sehr spät erfolgt. Die Römer schreiben 
noch Actles, Nicepor. In Agypten wurden noch im zweiten 
Jahrhundert nach Christus tenues aspiratae gesprochen, 
vgl. Hess a. a. Ὁ. und Kretschmer, Athen. Mitteil. 21, 413 ff. 

9. ist dialektisch am frühesten zur Spirans geworden, 
und im Lakonischen wird sogar o dafür geschrieben, z. B. 


σιόρ' eds Hesych. Für 9 besteht auch ein gemein- 
δὰ 


68 Laut- und Akzentlehre VII. [$ 82, 


griechisches Zeichen, für x und 9 nicht. Man schrieb 
zuerst % und sr. 


Auch vor tenuis aspirata sprach man tenuis aspirata, - 


vgl. Joh. Schmidt ΚΖ. 27, 309 f., 28, 176. 

8. Während die Labiale und Dentale wenig ver- 
änderlich sind, haben die sogenannten Gutturale bei den 
einzelnen Völkern sehr verschiedene Aussprache, die 
sich nach dem vorhergehenden oder folgenden Laute 
richtet, vgl. deutsch ich und ach, kind und kunst. Auch 
bei den Griechen hat es wenigstens zwei k-Liaute gegeben, 
da die beiden semitischen Gutturale käph und göph in 
das griechische Alphabet aufgenommen sind. g findet 
sich auf Inschriften durchweg vor o und v. Belege bei 
G. Meyer Gr. Gr.? 263. Auch das heutige Neugriechisch 
kennt eine doppelte Aussprache des x. 

9. Die s-Laute. Die Griechen haben aus dem 
semitischen Alphabet vier Zeichen für Sibilanten herüber- 
genommen, EHM=I. Davon ist I=L. ΕΠ wurde später 
als & verwendet, M und = dagegen waren lange in ver- 
schiedenen Dialekten in Gebrauch (dorisch od», ion. olyue). 
Lagererantz, Zur griech. Lautgeschichte S. 100, vermutet, 
daß im Griechischen ursprünglich zwei verschiedene s-Laute 
existiert hätten, und daß M ursprünglich eine Art , ΕΞ 


dagegen das tonlose s bezeichnet habe. Diese auf laut- 


. geschichtliche Gründe gestützte Vermutung läßt sich nicht 
beweisen, da kein Dialekt beide Zeichen nebeneinander 
verwendet, 

o dient gelegentlich auch zur Bezeichnung des tönen- 
den x (frz. 2). 


&. Der Lautwert des ζ ist umstritten. Die meisten 


Forscher (Blaß, Ausspr. ® 112 ff., Brugmann, Gr. Gr.® 36, 
G. Meyer Gr. Gr.? 371) sehen darin xd, was für die 


τ älteren Zeiten und gewisse Gegenden unzweifelhaft richtig 


ist. Lagercrantz a. a. O. S. 125 ff. bestreitet dies, und 
glaubt, daß es ursprünglich 2 bezeichnet habe. ‚Später 


ΝΙΝ 


8 82. 83.] Schrift und Aussprache des Griechischen. 69 


bezeichnet & stellenweise den z-Laut, wie im Neu- 
griechischen. 

10. 5 und w. Der Lautwert dieser Zeichen ist nicht 
ganz klar. Nach Kretschmer, Athen. Mitt. 21, 420 ff., 
hatte & ursprünglich den Wert eines gutturalen Spiranten 
+s. Es wird daher verschiedentlich x + o geschrieben. 
Ebenso findet man go für w. Die Grammatiker erklären in- 
dessen die beiden Lautgruppen fürx+tounds - σ. 

Aber daß « und = vor o in der Aussprache etwas 
modifiziert waren, ist höchst wahrscheinlich, da sich daraus 
am besten die Wahl eigener Zeichen für ξ und % erklärt. 
Da aber x und @ keine Spiranten waren, ist dies auch 
nicht für xo und 90 anzunehmen. 

11. Der Spiritus asper entsprach im wesentlichen 
unserm k. Er wird ursprünglich mit H bezeichnet, ging 
aber in vorhistorischer Zeit in verschiedenen Dialekten 
verloren, Lesb., Elisch, in Gortyn auf Kreta und im 
asiatischen Ionisch, wodurch, wie wir oben sahen, H zur 
Bezeichnung des offenen 2-Lautes (n) frei wurde. Viele 
Dialekte, die ihn noch besitzen, so das Attische, 
können ihn daher nicht bezeichnen, und wir erschließen 
sein Vorhandensein aus dem Einfluß, den er auf voraus- 
gehende Tenues ausübt, ἀφ᾽ οὗ für dr” οὗ, In Unter- 
italien und in Elis wird dann nach Annahme des ionischen 
Alphabets für ἃ ein neues Zeichen gebildet, ein halbiertes 
H=F, das später von den Grammatikern angenommen und 
über den Bnchstaben gesetzt wurde. Für den Spiritus lenis 
diente dann das umgekehrte Zeichen 1. Durch Abrundung 
‘sind unsere Spiritus “” entstanden. Der Spiritus asper 
hielt sich im Attischen und in der Koine ziemlich lange, 
war aber nicht nur dem herodoteischen Dialekt, sondern 
auch Homer fremd. 


Falsche Schreibung. 


8 88. Da in der späteren Aussprache eine Reihe von Vokalen 
zusammengefallen waren, so stellten sich Unsicherheiten der 


70 Laut- und Akzentlehre ὙΠ]. [8 83. 84. 


‚Schreibung ein, und in unsere Handschriften haben sich eine ganze 
Reihe von Fehlern eingeschlichen, die meist erst mit Hilfe der 
Inschriften verbessert werden konnten. Besonders wichtig ist die 
Verwechslung von ὁ und δέ. Es ist zu schreiben rszoas, Τεισαμενός, 
Τεισίας u. 8. w., aber τιμή, τεμάω; φϑείω wird von Grammatikern 
bezeugt, φϑεισήνωρ Herodian II 599, 7, »νείφω ist für νίφω durch- 
weg zu schreiben. τένυμιε, κτίνυμε scheinen für τείνυμε, xreivvu zu 
stehen, μέγνυμε für μείγνυμε, für ἱτέα ist wohl εἰτέα zu lesen. Für 
κλετύς bezeugt Herodian II 416, 19 κλειτύς als richtiger. Für ἱμάτιον 
ist nach Solmsen, ΚΖ. 29, 73 sludrıov zu schreiben, von eiza, doch 
ist ἑμάτιον sicher bezeugt. Xiowv statt Χείρων schreiben alle 
attischen Vasen. οἰκτίρω, nicht οἰκτείρω heißt es in attischen In- 
schriften. Falsch ist auch die Aussprache ξῖ, xyz, πῖ, 92, yr, richtig 
ist nur ξεῖ, wer, xet, per, wei. Belege für das Attische bei Meister- 
hans ὃ 50 ff. 

In den Langdiphthongen war : früh verstummt, es wird daher 
teils an falschem Ort geschrieben, teils fortgelassen, wo es hinge- 
hört, und es haben sich auch hier manche Unsicherheiten einge- 
schlichen, s. Meisterhans 64 ff. 


Il. Der griechische Akzent. 


ἢ 84. Daß der griechische Akzent im wesentlichen 
musikalisch war, steht jetzt allgemein fest, es folgt schon 
aus den Bezeichnungen ὀξύς und βαρύς, die wahrscheinlich 
von den Musikern zuerst angewendet wurden und in der 
Musik die hohe und tiefe Saite bezeichnen. Außerdem 
ergiebt es sich daraus, daß dem älteren Griechisch alle 
die Lautveränderungen fehlen. die wir in Sprachen mit 
exspiratorischer Betonung antrefien. Später tritt dann 

auch im Griechischen das exspiratorische Moment stärker 
hervor, vgl. Kretschmer, Der Übergang von der musika- 
lischen zur exspiratorischen Betonung im Griechischen, 
ΚΖ. 30, 591 ft. 

Silbenakzente besaß das Griechische zwei: den Akut 
(ὀξεῖα προσῳδία) und den Zirkumflex (περισπωμένη 77000- 
wöle). 

Der Akut war, wie sein Name im Griechischen be- 
sagt, ein hoher, wahrscheinlich auch ansteigender Ton, 


tr. 


8 84--86] Schrift und Aussprache des Griechischen. 41 


der auf der letzten Mora ruhte. Der Zirkumflex ist zu- 
sammengesetzt aus Akut und Gravis, er war also auf- 
und dann absteigend κι. 

Alle Silben, die nicht den Akut oder Zirkumflex 
hatten, waren tieftonig, Zur Bezeichnung diente der 
Gravis. Über die Natur des Gravis vgl. Wackernagel, 
Beiträge zur Lehre vom griechischen Akzent 1 


IV. Die Silbentrennung. 

8 85. Die Silbentrennung ist einer der wichtigsten 
Faktoren der Aussprache. Wer Gelegenheit hat, Slaven 
deutsch sprechen zu hören, wird dies sofort verstehen. 
Wir verlegen die Silbengrenze meistens in den Kon- 
sonanten und teilen hatlie, Ham/mel. Unsere Silbenteilung 
galt jedenfalls im Griechischen nicht, vielmehr gehörten 
die Konsonanten so weit als möglich zur folgenden Silbe. 

a) Alle einfachen Konsonanten. Wir haben also zu 
teilen ἄ-γω, φέ-ρω u. 8. w., und auch d-vexw, κα-ϑυ-φαι-ρῶ. 

b) Konsonantenverbindungen, die anlauten können, 
werden stets zum Silbenanfang gezogen, ἀ-σϑενής, ἄ-στρον, 
φύ-πτω, ὃ-σφύς, ὄ-γδοος, μέ-μνημαι, ὄ-ψομαι, ἕ-ξω U. 8. W., 
aber auch solche, die nicht im Anlaut vorkommen, wie 
Yu, Yu, κμ, Xu, τν, 9, al, 09, 00, 0y 00 u. 8. ἡ. Ja, 
Herodian teilt sogar λα-χπάτητος, Ad-yBarog. 

c) Verbindungen von Liquida und Nasal mit Geräusch- 
laut müssen wegen Unsprechbarkeit im Anlaut getrennt 
werden, also &4-00g, ἄρ-σην, ἄν-ϑος, ἀγ-κών, ἀλ-κτήρ U. 8. W. 

d) Bei Zusammensetzungen schwankt die Praxis der 
Schreibung, wir finden sowohl εἰσ-αγγελέα wie δἰ-σαγγθλέα 
geschrieben. 

e) Da gedehnte Konsonanten anlauten konnten, vgl. 
unten, so standen ursprünglich gedehnte Konsonanten auch 
im Silbenanlaut, also πέ-ττω. 

Verschiebung der Silbengrenze. 

$ 86. Eine Verschiebung der Silbengrenze stellt 


72 Laut- und Akzentlehre IX. [8 86. 87. 


sich sehr leicht ein und hat im Griechischen nicht gefehlt, 
wenngleich wir z. T. nur mangelhaft darüber unter- 
richtet sind. 

1. Vielfach finden wir auf Inschriften -0or-, -009-, 
00%-, -00%-, -0077 geschrieben, so att. ἄρισστα, γράψασσθϑαι, 
ἡἸσσκλήπιος, Αἰσσχύλος. Weitere Belege bei Meisterhans ὃ 
89 und G. Meyer® 304. Dies erklärt sich am leichtesten 
durch Verschiebung der Silbengrenze. 

2. Formen wie att. rer-w aus *ne-njw, ἄλλος aus 
*&Ajoc setzen ebenfalls eine Verschiebung der Silbengrenze 
voraus, da sonst wie im Anlaut Vereinfachung der langen 
Konsonanz hätte eintreten müssen. Vgl. demgegenüber 
Bal-vw aus *Bd-vjw, ὅ-λος aus *Ö-AFog. In att. μέσος aus 
μέσος, *me-thjos ist gegenüber lesb. μέσ-σος die Silben- 
trennung bewahrt. 

3. Die Verschiebung der Silbengrenze ist ein Kenn- 
zeichen des äolischen Dialektes. 

4. Der Versiktus war, wie Solmsen, Unters. 161 ff. 
zeigt, im Stande, die Silbengrenze zu verschieben. Daher 
bewirken bei Homer ὃ, Fe, Muta und Liquida meist nur 
in der Arsis Position. 


A. Vokalismus. 


IX. Kapitel. 


Das indogermanische Vokalsystem 
und sein Ablaut. 


—— 


887. Mit dem Bekanntwerden des Sanskrit wurde 
die idg. Sprachwissönschaft begründet. Da das Alt- 


8 87—%.] Das indogermanische Vokalsystem, 13 


indische in seinem grammatischen Aufbau überaus durch- 
sichtig war, so sah man auch den Vokalismus dieser 
Sprache als ursprünglich an.-. Gegenüber der Mannig- 
faltigkeit des griechischen Vokalismus mit seinen ἐν & ἃ, 
o, v enthält er aber nur die Dreiheit ὦ, a, τι, die ja die 
Grundlage der Vokalreihe überhaupt zu bilden scheinen. 
Durch eine Reihe einschneidender Entdeckungen in den 
siebziger Jahren wurde indessen nachgewiesen, daß der 
griechische Vokalismus dem idg. viel näher steht als der 
indische, und wir können heute sagen, daß in keiner 
Sprache die Vokale so treu bewahrt sind wie im Grie- 
chischen, obgleich auch hier mehrfach Laute zusammen- 
gefallen sind, die man streng scheiden muß. 

& 88. Im Idg. bestand ferner ein Wechsel von 
Vokalen in etymologisch verwandten Worten, den wir 
Ablaut nennen. Auch ibn kann man am besten im 
Griechischen studieren. Dieser Ablaut ist im wesent- 
lichen eine Folge der Betonung, indem alle Vokale, die 
nicht betont waren, schon in idg. Zeit geschwächt wurden. 

Wir müssen ‘daher unterscheiden zwischen Voll- 
stufenvokalen, die in ursprünglich betonten Silben 
stehen, und Schwundstufenvokalen, die aus jenen 
in unbetonten Silben entstanden sind. 

Von jenen müssen wir ausgehen. 


I. Die Vollstufenvokale. 

8 89. Das Idg. besaß die Vollstufenvokale a, e, o, 
ä, ὃ, ö und die Diphthonge ai, εἴ, οἱ, äi, Ei, δὲ, au, eu, ou, 
au, eu, WW. 

Anm. Auch die Verbindung der einfachen Vollstufenvokale 
mit r, Z, m, ἢ bezeichnet man als Diphthonge, weil r, !, m, ἢ hier 
dieselbe Funktion wie i, u haben. 

A. Die Kürzen. 

8 900. 1. Idg. ἀ ist überall als a erhalten, nur das 

Slavische hat dafür o, und jenes ergab sich daher von Anfang 


74 Laut- und Akzentlehre IX, [8 90---θ2. 


an mit voller Sicherheit; aber nur Griech. und Lat. 
unterscheiden es von idg. o: idg. Ἰάδο „ich führe, treibe“, 
gr. ἄγω, lat. ago, air. agat „agant“, aisl. Inf. aka „treiben“, 
ai. djami „treibe*; — gr. ἄξων, lat. awis, ahd. ahsa, ἃ. 
achse, lit. aszis, abg. os» „Achse“ ; — δάκρυ, lat. lacrima; — 
ἀπό, lat. ab; — κάπρος „Eber“, lat. caper; — äyxew, lat. 
angere; — ἄνεμος, lat. animus; — ἄμφω, lat. ambo; — 
ἄργυρος, lat. argentum. 

8 91. 2. Idg. 6. Ein idg. ὁ wurde zunächst wahr- 
scheinlich durch die nachgewiesene Übereinstimmung aller 
europäischen Sprachen gegenüber ai. d: gr. δέκα, 1. decem, 
air. deich-n-, got. taihun, ahd. zehan, lit. döszimtis, abg. 
desets gegenüber ai. dada. Diese Entdeckung, die wir 
G. Curtius verdanken, und die zur Annahme einer euro- 
päischen Spracheinheit führte, wurde erweitert durch den 
Fund des sog. indischen Palatalgesetzes, durch das 
das einstige Vorhandensein eines e in Übereinstimmung 
mit den europäischen Sprachen auch im Indischen nachge- 
wiesen wurde. Vor ind. ἃ = europ. e werden die alten 
Gutturale im Indischen in Palatale verwandelt. Da im 
Griechischen in diesem Falle τ entsteht gegenüber sonstigem 
σέ, so gelten folgende Gleichungen: ai. kas „wer“: gr. 
πό-τε, 1. quod, aber ca „und“, gr. re, 1. que; — ai. panca: 
gr. πέντε, 1. quinque. Das Palatalgesetz ist daher eine 
der wichtigsten Entdeckungen. 

Weitere Beispiele für 6: ἕπεσϑαι, 1. sequi; — λέγειν, 
l. legere; — Eds, 1. edo, d. essen; — ἔτι, 1. ei; — μέσος, 
1. medius; — ἕσπερος, 1. vesper; — χϑές, 1. hesiernus; — 
μέλι, 1. mel, got. milip. ᾿ 

92. 3. Idg. 6. Ein idg. ὁ ergab die Überein- 
stimmung des Griechischen und Lateinischen, während 
die anderen Sprachen o mit a haben zusammenfallen 
lassen, germ. lit. ai. a, slav. o. Brugmann wollte das o 
auch im Indischen nachweisen, wo es in offener Silbe 
durch ἃ vertreten sein sollte Um dieses Gesetz ist 


δ τῶ 


8 R—94.] Das indogermanische Vokalsystem. 75 


viel gestritten, und es läßt sich bis heute noch nicht ent- 
‚scheiden, ob es richtig ist. Jedenfalls zweifelt aber heute 
kein Sprachforscher an dem Vorhandensein eines idg. o. 

F. de Saussure, Möm. 96 lehrte zuerst, daß im gr. 
lat. o zwei Laute zusammengefallen sind, nämlich 

a) ein mit 6 ablautendes o, das in vielen Fällen durch 
einen Nebenton entstanden ist, und daher mit ö bezeichnet 
werden kann, vgl. φόρος : φέρω, 1. procus zu precor, und 

b) ein vollstufiges ö, gr. ὄζω, 1. olere. 
Anm. Man schreibt hierfür jetzt meist d, was indessen un- 
nötig ist. Daß es ein offenes 0 gewesen, ist nicht beweisbar. Viel 
eher ist anzunehmen, daß das aus & entstandene ὃ offen war. 

Beispiele für ὁ: δόμος, 1. domus : δέμω ; — τό, 1. 
istud : vet; — dor. φέροντι (att. φέρουσι), 1. ferunt : φέρετε; — 
γόνος, 1. genus : generis; — τρίποδα, 1. tripudium : pedem; — 
σπονδή, 1. spondere : σπένδω. 

Beispiele für ό: ὄψομαι, 1. oculus; — ὀκτώ, 1. octö; — 
πόσις, πότνια, 1. polens, possum aus *pohis sum; — κόραξ, 
1. corvus; — dus, 1. vis; — ὀστέον, 1. os, ossis. 


B. Die Längen. 

Die Existenz der verschiedenen Längen ergab sich 
auf die gleiche Weise wie die der Kürzen. 

ᾷ 98. 1. Idg. ἃ wird nur im Lit. und Germ. >, 
während es sonst als ἃ erhalten bleibt, aber nur im Griech. 
und Lat. ist es von ö geschieden geblieben. Da urgriech. 
ἃ im Ion.-Att. zun wird, so sind hier Belege aus den 
‚anderen Dialekten gegeben. Dor. ἔσταν, 1. stare, got. 
Praet. stop „stand“, lit. siöts „treten“, abg. stati „sich 
stellen“, ai. Aor. asthät; — φαμέ, lat. fari; — μάτηρ, 1. 
mäter; — ἅδομαι, 1. svädere, πέπαγα, 1. com-päges, — 
κλᾷίς, 1. clävus; — ἄγέομαι, 1. sägtre. 

8 94. 2. Idg. @ wird durch die Übereinstimmung 
der europ. Sprachen, 1. 2, got. &, (ahd. ἃ), lit. ὁ, slav. ὅ 
und durch das indische Palatalgesetz erwiesen. Im Arm. 


76 Laut- und Akzentlehre IX, [8 94---98. 


und Kelt. wird 5 zu?. row, ἔϑηκα, 1. feci, got. gadebs 
„That“, ahd. tat, lit. dei „legen“, abg. döti „ponere“, ai. 
a-dhäm „ich setzte“; — πέμ-πλη-μι, 1. implere, πλήρης, 1. 
plenus,; — ἧμι-, 1. semi-; — ἧκε, 1. jeeit; — μηνός, 1. 
mEnsis; — νητός, 1. nevi. 

8 95. 3. Idg. 5 fällt, ausgenommen im Griechischen 
und Lateinischen, mit idg. @ zusammen. Auch hier muß 
man wie bei dem kurzen ö zwei Laute unterscheiden, ein 
ö, das mit 2 im Ablaut steht: πατήρ : εὐπάτωρ, δοτήρ 
δώτωρ und ein ö, das ein selbständiger Vokal war, δῶρον, 1. 
dönum, lit. düti „geben“, abg. dati „dass.“, ai. danam 
„dönum“. 

Anm. Dieses ö scheint als ursprünglicher Vokal selten zu 
sein. In den meisten Fällen ist es Dehnstufe zu ö oder aus δὲ 
oder δὼ entstanden. 

Weitere Beispiele γιγνώσκειν, 1. nöscere; — ὠχύς, 1. 
deior; — χρώζειν, 1. cröcire; — γάλως, 1. glös; — ἐγών, 
l. ego; — φέρω 1. fero. 


C. Die Kurzdiphthonge. 


Nur die Vokale ὁ und « können mit den bisher be- 
handelten a, e, o Diphthonge bilden. Ihr Nachweis er- 
folgte ebenso wie der der Kürzen. 

8 96. 1. Idg. αἱ = gr. αἱ, 1. ae, got. αἱ, lit. ai, ὃ, 
abg. 2, ai. 8 wird nur durch die Übereinstimmung des 
Griechischen und Lateinischen gesichert, da sonst ai mit 
οἱ zusammenfällt. αἴϑω, 1. aestus, aedes, air. aed „Feuer“, 
ahd. eit „Scheiterhaufen*; — αἰών, 1. aevum; — λαιός, 
l. Iaevos; — παραί, 1. prae; — σχαιός, 1. scaevus. 

8 9. 2. Idg. οἱ = gr. εἰ, 1. τ (alat. οἷ), got. τ (ge- 
schrieben eö auf Grund der spätgriechischen Aussprache), 
lit. & ei abg. 1, ai. 2, das Gutturale palatalisiert. εἷσε 
„geht“, 1. ire, lit. eiti, abg. ii, ai. ei; — ἔδειξε, 1. dinit; — 
σείϑειν, 1. fidere,;, — τεῖχος, osk. feihüss „muros“. 

8 98. 3. Idg. & und & = gr. oı, 1. ü, oe, ἴ, got. ai, 


& 98—102.] Das indogermanische Vokalsystem. 7 


lit. ai, ὃ, abg. ὅ, ὁ, ai. δ. οἴγη „Eins auf dem Würfel“, 1. 
unus, got. ains, lit. venas, ai. Ena- „er“; — σχοῖνος, 1. 
fünis; — ποινή, ]. poena; — οἶκος, 1. vwus; — λέλοιπα, 
reliqui; — πέποιϑα, 1. foedus. 

8 99. 4. Idg. au = gr. av, 1. au, got. au, lit. au, . 
abg. u, ai. δ, ist nur im Griechischen und Lateinischen 
von eu und ou zu scheiden. αὐξάνω, 1. augere, got. auka 
„ich mehre mich“, lit. augmüö „Wachstum“, ai. 5m „Kraft, 
Stärke“; — αὖτε, 1. aut; — καυλός „Stengel“, 1. caulis 
„Stiel“; — ταῦρος, 1. taurus. 

8 10. 5. Idg. eu = gr. εὑ, ]. uw, got. iu, lit. au, 
abg. u, ai. ©. Nur das Germanische scheidet neben dem 
Griechischen eu sicher von ou und au. πεύϑομαι, got. 
biuda, ἃ. bielen, ai. bödhämi „erwache“; — λευκός, 
l. Züczre, got. huhap „Licht“; — ἔρευϑος, 1. rübor; — 
ἐρεύγεσθαι, 1. Grügere,;, — δὕειν, 1. ürere; — yeveıv, got. 
kiusan „prüfen“, ἃ, kiesen ; — πεεύχῃ, ahd. fiuhta, ἃ. Fichte; — 
ζεῦγος, 1. jügera; — Ζεῦ πάτερ, 1. Jüpiter. 

8 101. 6. Idg. öu und öu = gr. or, 1. ἅ, got. au, 
lit. au, abg. u, ai δ, ist nur im Griechischen zu erkennen. 
εἰλήλουθα : ἐλεύσομαι; — σπουδή : σπεύδω: — οὖϑαρ, 1]. 
über; — ἀκούειν, got. hausjan „hören“. 


D. Die Langdiphthonge. 

ᾷ 102. So viel Kurzdiphthonge als es gegeben hat, 
ebensoviel Langdiphthonge, also δὲ, äi, di, &u, ἄτι, Du setzen 
wir jetzt für das Idg. an. Ihre eigentliche Verbreitung 
ist aber erst spät erkannt worden, weil sie von zwei Laut- 
gesetzen wesentlich verändert werden. 

In diesen Langdiphthongen schwand nämlich unter 
gewissen Bedingungen schon im Idg. das ὁ und « im 
Silbenschluß und vor gewissen Konsonanten. Daher heißt 
es Akk. βῶν zu Nom. βοῦς aus idg. *gröum und Zip, idg 
"diem aus *djeum zu Ζεύς, ὀχτώ, aber ai. astäu. Das u 
liegt noch vor in ]. octävus, gr. ὄγδοξος. 


78 Laut- und Akzentlehre IX. [8 102—104. 


Durch ein zweites Gesetz werden die erhaltenen 
Langdiphthonge in den europäischen Sprachen vor Kon- 
sonant meistens verkürzt. Daher heißt es Ζεύς aus idg. 
*djeus, ai. dyauf; — Dat. Plur. ἵπποις = ai. asväis, aber 
ἵππωι, χώραι. 

Die Entwicklung der Langdiphthonge stimmt also 
entweder mit der der Kurzdiphthonge oder mit der der 
einfachen Längen überein, und sie sind daher im wesent- 
lichen nur durch den Ablaut zu erkennen. 


Anm. J. Schmidt, Ber. ἃ. Berl. Akad. 1899 S. 307 ff. leugnet 
das Kürzungsgesetz, ohne mich zu überzeugen. 


Il. Die Schwundstufenvokale. 

ᾷ 105. Wenn ein Vokal im Idg. unbetont war, so 
wurde er .geschwächt. Die Zahl der anzusetzenden 
Schwundstufenvokale hat sehr gewechselt. Bis vor kurzem 
nahm Brugmann ὁ, u, r, ἰ, ἤν, ἢ, ἢ, ἃ, Fl, m, ἢ undoan. 
Doch sind gegen die kurzen und langen Liquiden und 
Nasale in sonautischer Funktion verschiedentlich starke 
Bedenken geäußert worden. Nachdem ich diese Frage in 
meinem „Ablaut“ ausführlich erörtert habe und verschiedene 
Forscher den dort gebotenen Ergebnissen zugestimmt haben, 
folge ich dem dort Ausgeführten und setze folgende 
Schwundstufenvokale an: 


Ὁ), U, 6,50 9 (q, e, 0), ἢ, 1 MN 


Anm. Es fehlen hier also ?, %, ἢ, ἰ, ἢν, 9%. Siehe darüber 
unten. 

Ich begnüge mich vorläufig mit der Angabe der Ver- 
tretung dieser Laute in den Einzelsprachen und verweise 
für die Frage, wie man zu diesen Ansätzen kommt, auf 
das Kapitel über den Ablaut. 

ᾷ 104. 1. Idg.:, im allgemeinen die Schwächung zu 
ei, vgl. λεπεῖν : λδίστειν, ist fast in allen Sprachen unver- 
ändert geblieben und daher vertreten durch gr. ὁ, ]. ἢ 
got. ὁ (vor A, r durch αἵ ταὶ 6), ἃ. ὁ, lit. i, abg. 2 (6), ai. ὁ. 


8. 105. 106.] Das indogermanische Vokalsystem. 79 


ἔμεν, 1. iens, ai. imds „wir gehen“; — πίέσσα, 1. pix; — 
ἰδεῖν, 1. videre, got. witum „wir wissen“. 

8 105. 2. Idg. w, im allgemeinen die Schwächung 
zu eu, ist ebenso fast durchweg erhalten und daher gr. u 
(ion. att. v = ὥ ist jüngere Entwicklung), 1. u, got. τ 
(das vor h, r zu o, geschrieben a“, wird), ἃ. o und «, Iit. 
u, abg. ü (6), ai.u. σύ, 1. tu, got. Pu; — δύω, 1. duo, ai. 
ἀμυᾶ; — χλυτός, 1. inclutus, ahd. Hiothari; — ποτύειν, ]. 
spuere, ἃ, spucken; — φυγή, 1. fuga; — ζυγόν, 1. jugum, 
ἃ, joch; — ἐρυϑρός, 1. ruber, d. rot; — γυός, 1. nurus, ἃ. 
schnur. 

8 106. 3. Idg. . ist die Reduktion von idg. & und 
ist in den meisten Sprachen wieder zu einem vollstimmigen 
Vokal geworden. Als tonloser Vokal war es aber sehr 
leicht veränderlich, und es wird auch wirklich durch viele 
Laute beeinflußt. 

a) Vor Verschlußlauten bleibt « meist auch in 
seiner Qualität und wird wie e behandelt, &xzog : ἔχω; — 
πεζός aus *pedjös, — δεδόρκαμεν, ai. dadrömi „dass.“ aus 
*deirk-. 

In anderen Fällen zeigt das Griech. ı, das Lat. a, 
vgl. Kretschmer, KZ. 31, 375 ff., Bechtel, HPr. 112, Verf., 
Ablaut $ 28. 

πέτνημε : πετάννυμι, 1. pando falls für *patno; — 
πιτνέω : ἔπεσον ; — hom. πίσυρες : att. τέτταρες, 1. quatiuor, 
ai. οαἰυάγαϑ ; ---- χίλιοι aus ἔἜχιίσλιοι, äol. χέλλεοι : ai. sahdsram ; 
χϑιζός : χϑές; — ἱστέη: att. ἑστία; — ἴσϑι „sei: 
ἐστέ; — λιχριφές : λέχριος; — ὀριγνάομαι : ὀρέγομαι; --- 
ἵππος: lat. equos. Es entsteht so ein Ablaut δ: Ὁ, der 
wie es scheint, auch auf die Stellung vor Liquiden aus- 
gedehnt ist: hom. χέρνημι : κεράγνυμε; — πίλγημι : πέλας, 
πελάζω ; --- κρέμνημι : κρεμάγννυμι. 

b) vor vr, Z, m, n ist e im.Griechischen und wahr- 
scheinlich auch im Lateinischen durch «a ‚vertreten, im: 


80 Laut- und Akzentlehre IX. [8 106—108. 


Germ. durch v, im Lit.-Slav. durch :, im Ind. vor r durch 
ὁ und u, vor n durch a. 
παρός, got. faüra, παρά : πέρι; — βαρύς, got. kaürus, 


ai. gurüf „schwer“: got. quairnus „Mühle“; — καρῆναι : 
xelow „schere“, 1. caro, umbr. karu „pars“; — ἅλλομαι, 
l. salio; — βαλεῖν : βέλεμνον, βέλος : — μάλα, μάλιστα : μέλει, 
μέλομαι; --- ἅμα, got. sums „irgend einer“: εἷς aus 
ἕγς; — böot. βανά: got. gindö „Weib“; — xraveiv: κτείνω ; 
— ταμεῖν : τέμγω; — βαίνω aus *daujw: got. giman, — 
χαμαί : χϑών. 


Anm. 1. Vor einem v oder Fo der folgenden Silbe werden 
eo und a4 zu op und oA, vgl. J. Schmidt, ΚΖ. 32, 377. Daher 
orögvum, ai. strnömi für Yorapvuus; — πολύς, ai. purdf; — ὄρνυμε, 
ei. reömi, 8. ὃ 168. 

Anm. 2, Statt «er u.s. w. setzt Brugmann, Grd. und Gr. Gr.? 
γι, 1, mm, a» an, was aber jetzt wohl allgemein aufgegeben ist. 

c) Vor 2 und w ist der schwache Vokal in allen 
Sprachen zu ὁ und « geworden und wie dieses vertreten. 

χιών, lat. hiems aus *ghjön: χειμών: — σκιά: ahd. 
scinan, — πάτριος aus *palrjos,; — κυέω: ai. Javiras 
„mächtig“; — ὀφρύος aus *abhrewös: ahd. brawa; — 
κλύω : κλέξος aus *klewo.. 

107. 4. Idg. « ist die Reduktion zu ἀ und im 
Griech. und Lat. wohl zu a geworden: ἐπαχτός, 1. actus: 
ἄγω; — ἅγνός, &bouar: ai. yakki; — ἀγρός, 1. ager, got. 
akrs: ἄγω. 

8 108. 5. Idg. » ist die Reduktion zu ὁ und ist im 
Griech. in einzelnen Fällen zu v geworden: γυχτός: 1. ποῦ, 
noctis, got. nahts, lit. naktis, abg. nodts, ai. naktig; — ὄνυχος, 
ἃ. nagel, abg. noga „Fuß“; — μορμύρω aus *uoguvgjw, 1. 
murmuro; — μύλη, μύλλω „ich zerreibe“, got. malan; — 
φύλλον, 1. folium; — μύρμηξ „Ameise“: βόρμαξ " μύρμηξ 
Hes., 1. formica. 

Anm. 1. Zum Teil spielen hier auch einzeldialektische Assi- 


milationen mit, so in ὄνυμα neben ὄνομα, sodaß die Frage noch 
nicht geklärt ist. 


ἢ 108—110.] . Das indogermanische Vokalsystem. 81 


Anm. 2. Nicht hierher gehören Fälle wie γυνή neben βανώ, 
κύκλος: ai. cakrdm, ὕπνος: ai. svdpnas „Schlaf“, da hier gr. v = 
idg. % ist. 

8 109. 6. Idg.>, ἃ. ἢ. einen Murmelvokal, setzt man 
an als Schwächung der idg. Längen. Im Indischen ist 
dieser durch ὁ, in den europäischen Sprachen durch a 
vertreten. Doch erscheinen im Griech. auch δ und o als 
Kürzungen der entsprechenden Längen, also στατός : 1. status, 
got. staps „Stätte“, ai. sihitäs; — ϑετός: 1. factus, ai. 
hitäs,; — δοτός: 1. datus, gr. &doro; ai. ἀ-ἀΐα. Es ist eine 
Streitfrage, ob diese e und o im Griechischen lautgesetz- 
lich sind oder nicht, vgl. Verf. Ablaut 12. 


ᾷ 110. 7. Wurden die Lautgruppen er, el vor Kon- 
sonant akzentlos, so konnten sie ihr e verlieren, und r, 1 
wurden silbisch, genau wie ὁ, % in den Diphthongen δὲ, eu. 
Aus idg. r, ! entwickelt sich überall wieder ein Vokal. Nur 
das Indische behält r bei. Der Vokal steht im Grie- 
chischen hinter der Liquida, in den anderen Sprachen 
vor ihr. 1dg. r, } ist = gr. ρα, λα, 1. or, ur, ul, got. 
aür, ul, ἃ. or, ur, ul, lit. ir, ü, urslav. ır, vl, ai. r. κραδία, 
l. cordis, lit. szirdis, abg. sriduce; — βραδύς, 1. gurdus; — 
κράνος, 1. cornus; — ἔτραπον, 1. torquere. 

Anm. 1. Im An- und Auslaut steht der Vokal auch im 
Griechischen vor der Liquida. ἄρκτος, 1. ursus, ai. Ykdas; — ἄρσεν- 
„männlich“, ai. r3a-bhös „Stier“; — rag, 1. jecur, ai. yakrl; — 
ἔαρ „Frühling“ aus *wesy, 1. ver, letzteres aus *weer, 

Anm. 2. Statt ρα, λα erscheint nach gewöhnlicher Annahme 
auch ae, a4 als Vertreter der idg. y, . Doch ist trotz Kretschmer 
ΚΖ. 31, 391 Δ und Verf. IF. 7, 138ff, noch kein lautgesetzlicher 
@rund für diese Vertretung gefunden, Ich halte ρα, λα allein für 
regelrecht. «e beruht teils auf Angleichung: daeros neben δρατός : 
δείρω͵ σπαρτός : σπείρω, κάρσις : κείρω, στάλσις : στέλλω, ἔφϑαρμαε: 
φϑείρω, teils auf dialektischer Metathesis, so im Kretischen. 
Diese Metathesis ist um so sicherer, als davon auch ρα = idg. γ9 
betroffen wird, kret. στάρτοε neben στρατός == *stratös. Bei Homer 
steht ap statt ρα oft unter dem Zwange des Metrums, entspricht 
also der metrischen Dehnung, vgl. Verf. IF. 12, 232 ff. 

Hirt, Griech. Laut- u. Formenlehre. 6 


82 -  Laut- und Akzentlehre ΙΧ, [$ 111—113. 


ᾷ 111. 8. Idg. n, m, die Schwundstufen zu en, em, sind 
nirgends mehr erhalten, aber mit Sicherheit zu erschließen ; 
sie werden im gr. α (durch tonloses av hindurch), lat. en, 
em, in, got. un, um, lit. in/m, slav. e, ai.a. δέκα, 1. decem, got. 
taihun, lit. däszimtis, abg. deset, ai. dada ; — ἑκατόν, 1. centum, 
got. hund, ἃ. hundert; -- ἅ-παξ, 1. simplum; — ὅπτά, ]. 
septem; — ὄνομα, 1. nomen; — πόδο.α, 1. ped-em; — τατός, 
l. tentus; — ἀδήν, 1. inguen; — a privativum, 1. in-, ἃ, 
un-; — ἄσις, l. sentina. 

8 112. 9. Ob es schon idg. ? und ἃ gegeben hat, 
ist mir zweifelhaft, vgl. Ablaut ὃ 153f. Die in allen 
Sprachen gleichmäßig auftretenden ὃ und ἃ sind allerdings 
Schwundstufenbildungen, gehen aber entweder auf # und 94 
oder auf go, ew» zurück, sie sind entweder die Kürzungen 
zu Langdiphthongen oder zu zweisilbigen schweren Basen, 
s. unten. 

ϑυμός, 1. fümus, lit. dümai „Rauch“, abg. dyms dss., 
ai. dhüumas; — ὗς, 1, sus; — μῦς, 1. müs; — ζύμη, 1. 788; 
— σκῦτος, 1. scutum; — ἴς, 1. vis; — %6s, 1. virus; — 
κινεῖν, 1. ciwi. 

8 113. 10. Keinesfalls anzuerkennen sind idg. 7, ὦ, 
m, ἢ. Statt deren setze ich an: era, εἶθ, «ma, ens. Nach 
3b wird « vor r, !, m, n griech. zu α, nach 6 aber 9 zu a. 
Als Vertretung der idg. Verbindungen haben wir daher 
ἄρα, αλα, αμα, ava zu erwarten. Diese Entwicklung ist 
regelrecht vorhanden, wenn die erste Silbe der Gruppe 
era sekundär den Ton bekam. Ohne diese Akzentver- 
schiebung entstand griech. lat. kelt. ra, la, mä, πᾶ, d.h. « 
schwand und a wurde gedehnt. Man vergleiche ἐσάλασσα 
Hes.: τλητός; — xalaba „Hagel“: dor. xeyAüda „brause“ ; 
-- Χάρηγον aus *rdpaoyov : κρατός aus Ἐχρασατός: ---- ϑάνατος : 
ϑνητός; — κάματος :χμητός. In den übrigen Sprachen 
schwand das 9, z. T. mit Dehnung des vorausgehenden 
schwachen Vokals, der sich wie unter 3b angegeben ent- 
wickelt. Wir finden daher. gr. ρα, Aa, ut, vü, 1. ra, la, 


8 113. 114] Das indogermanische Vokalsystem. 83 


mä, nä, aber germ. ur, ul, um, un, lit. ir, il, im, in, serb, 
δ, 2,2 (aus ἢ). τλητός, 1. lätus, ἃ. geduld, lit, tiltas „Brücke“ ; 
— dor. Aüvog „Wolle“, l. läna, got. wulla, hit. vilna, serb, 
vuna aus viIna, ai. U γηᾶ, 

Anm. In Folge einer ganz anderen Auffassung der bei 
treffenden Erscheinungen setzt Brugmann oe, o4, ρω, Am als Ver- 


treter dieser idg. Lautgruppen an. Die dafür angeführten Bei- 
spiele sind sämtlich mit J. Schmidt KZ. 32, 377 ff. anders zu 


erklären. 


ᾷ 114. Tabellen. 


o|o|a!ab ö 15,1“ 
“lel#=l|EBl#|e ΣΝ 
& & rg & & 
«10|5|83 || Ic a u Zu DE ᾧ u 
lol alsale au 
δ] ει} τ 1 Seil ὁ eu [Δ δ 
oe 
οε [ ἃ αἱ διαὶ} ὅ ou 
° 


6* 


84 Laut- und Akzentlehre IX. [8 114—116. 


Ill. Das Verhältnis der idg. Vokale zu einander. 


& 115. Der in allen idg. Sprachen auftretende leb- 
hafte Wechsel von Vokalen stimmt so häufig überein, daß 
man gezwungen ist, die Entstehung der von J. Grimm 
„Ablaut* benannten Erscheinung in die idg. Ursprache 
zurück zu verlegen. Das gilt auch von den meisten 
Fällen des im Griech. auftretenden Ablauts. Nicht nur 
solche Fälle wie ὁ ἐέπ -ω, A&-Aoın-a, ἔ-λιπ-ον, PEevy-w, 
E-pvy-ov sind aus der Ursprache ererbt, sondern auch 
Erscheinungen wie βά λ-λω, βέ- βλη-κα, vdu-vw, TE-Tun-xa, 
die z. B. Kühner-Blaß® 2, 117 durch Metathesis erklärt. 

Anm. Nicht jeder Vokalwechsel im Griechischen geht auf 
idg. Ablaut zurück. Siehe über diese Fälle $ 164 ff. 

4 116. Das erste Ablautssystem stammt von Schleicher, 
der die Vokale und Diphthonge durch Steigerung aus 
den Grundvokalen a, ὁ, « hervorgehen ließ, und folgendes 
Schema aufstellte: 


$ 116—118.] Das indogermanische Vokalsystem. 85 


Grundvokal erste Steigerung | zweite Steigerung 


1. a-Reihe a () a+ aa = ἄα (ὦ) 


o 
a+ta= aa (2) 
N, 


2. i-Reihe iQ) la+ti=ai (%) at αἱ = δὲ (οἱ 


3. u-Reihe up) Ια - τ τῷ αὐ( τ) a αἵ τῷ au (2) 


& 117. Diese Lehre wurde durch eine Reihe wich- 
tiger Entdeckungen in den siebziger Jahren vollständig 
umgestoßen. Sie begannen mit K. Verners Aufsatz, KZ. 
23, 97, in dem er das nach ihm benannte Gesetz klar legte, 
und damit die Möglichkeit bot, den idg. Akzent sicher 
zu erschließen. Ihm folgte ein Aufsatz von Osthoff in 
„Paul und Braunes Beiträgen zur Geschichte der deutschen 
Sprache und Litteratur* 3, 1ff., in dem er der Ursprache 
ein silbisches r zuschrieb, und schließlich Brugmann in 
Curt. Stud. 9, 287 ff., 363 ff. mit der Entdeckung der 
silbischen Nasale. Er erkannte, daß in dem ἃ von gr, 
τατός, ai. tatäs, βατός, ai. gatds nicht ein ursprüngliches «a 
vorliegt, sondern daß diese Laute Schwächungen der 
Gruppe en sind. An ihn schlossen sich zahlreiche 
andere Arbeiten an. Durch diese wurde zunächst die 
alte Liehre von der Ursprünglichkeit des sanskritischen 
a, ἡ, u beseitigt, und des weiteren mußte die Lehre von 
der Steigerung durch eine Lehre ersetzt werden, nach 
der die volleren Vokale (Schleichers erste Steigerung) 
die ursprünglichen waren, und die „Grundvokale“ ὁ, u 
erst durch Reduktion in Folge von Unbetontheit aus 
jenen entstanden seien. Die Richtigkeit dieser Lehre 
zeigen Beispiele wie φεύγειν : φυγεῖν, λείπειν : λεπεῖν U. 8. W. 


ᾷ 118. Trotz dieser bedeutenden Entdeckungen hat 


86 : Laut- und Akzentlehre IX. [$ 118. 119, 


3 lange nicht gelingen wollen, alle Thatsachen des Ab- 
lauts zu erklären. Immer neue Fälle wurden aufgedeckt, 
die auch mit der neuen Lehre nicht in Einklang zu 
bringen waren. Es ist daher. im letzten Jahrzehnt eine 
ziemliche Skepsis unter den Forschern eingetreten, zu der 
vor allen Dingen der Gedanke mitwirkte, daß es ja durch- 
aus nicht sicher sei, daß alle Erscheinungen des Ablauts 
durch den Akzent bedingt seien. Indessen waren. die 
Anfänge einer befriedigenden Hypothese schon längst 
vorhanden. Sie waren niedergelegt in dem genialen Buch 
von de Saussure. Ihm schlossen sich in weiteren Aus- 
führungen die Bemerkungen von Fick, Gött. gel. Anz. 
1881, 1245 ff. an, bei denen nur das offenbar Falsche die 
Anerkennung des evident Richtigen verhinderte Weiter 
förderte Hübschmann in seinem „Idg. Vokalsystem“ das 
Problem, und nachdem dann eine Reihe weiterer Ent- 
deckungen gefolgt sind, glaube ich in meinem „Idg. Ab- 
laut“ eine einwandsfreie Erklärung des idg. Ablauts ge- 
geben zu haben. Das dort Ermittelte lege ich auch hier 
zu Grunde, 
Wir unterscheiden einen quantitativen (ϑήσατο : 

ϑετός, λείπειν : λιπεῖν) und einen qualitativen Ablaut 
(δέρκομαι: δέδορκα, λέγω : λῦγος). | 


Der quantitative Ablaut. 


& 119. Der quantitative Ablaut im Idg. besteht in 
der Schwächung der Vokale in allen unbetonten Silben. 
Das ist eine Erscheinung, die später das Lateinische 
ebensogut wiederholt wie das Deutsche, das Russische, 
das Englische und viele andere Sprachen. 

Es ist durch die analogen Erscheinungen vieler 
Sprachen nahegelegt, mehrere Grade der Schwächung zu 


unterscheiden. Vollstimmige Vokale können nicht mit 


einem Male ausfallen, sondern sie werden zuerst zu den 
sogenannten Murmelvokalen wie in Liebs oder zu tonlosen 


$ 119. 120.] Das indogermanische Vokalsysten:. 87 


‚Vokalen frz. petit, engl. petatoe, und erst diese fallen dann 
im Laufe der Sprachgeschichte aus, 

Für das Indogermanische kann man bisher zwei 
Grade der Schwächung nachweisen. Ich bezeichne sie 
als Reduktionsstufe (RB), in der die kurzen Vokale nur 
zeduziert sind, und Schwundstufe (8), in der die kurzen 
‚Vokale ganz ausgefallen sind. Obgleich diese beiden 
Stufen in den historischen Epochen nebeneinander 
stehen, muß man annehmen, daß sie nacheinander 
entstanden sind, daß jede Schwundstufe also eine Re- 
duktionsstufe voraussetzt. 

Es traten wahrscheinlich folgende Vorgänge ein: 


I 


$ 120. Infolge der Unbetontheit werden 

a) die langen Vokale zu kurzen, a, 6, o, 

b) die kurzen Vokale zu tonlosen oder geflüsterten 
‚Vokalen, e, a, o, frz. petit, ἃ. Gericht. | 


II. 


a) Die nach Ia entstandenen Kürzen werden zu Murmel- 
vokalen a, 6, o (a indogermanicum). 

Ὁ) Die «.«,o fallen aus. Steht .neben diesen « α, o 
noch ein ὁ (7), % (w), r, I, m, n in derselben Silbe, so 
'werden diese Laute silbisch, wir erhalten ἡ, u, r, ἰ, m, ἢ. 


oe) ὁ ° 
Anm. 1. Von diesen Ansätzen ist Ia bis jetzt noch nicht 
sicher durch die Thatsachen begründet, aber mit einer gewissen 
Wahrscheinlichkeit vorauszusetzen, da diese Schwächungen nicht 
sprungweis vor sich gehen konnten. _ 
Anm. 2. Für die Diphthonge ergiebt sich folgendes Ab- 
lautsschema: 


Vollstufe R. S. 
ei σὲ ὲ 
eu eu u 
er er r 
en m n 


Die Reduktionsstufen ei, «u, er, en sind im Laufe der histo- 
rischen Entwicklung, wie es scheint, durchweg mit den Schwund- 


88 Laut- und Akzentlehre IX. [8 120—123, 


stufen, ὁ, %, y, p zusammengefallen. Ihr Ansatz ist aber tlieoretisch 
notwendig, und er wird dadurch als wahrscheinlich erwiesen, daß 
ei, eu, wenn sie sekundär den Ton bekamen, zu 7, ὦ wurden, Vgl, 
νῦν neben νύ νέξος, ru neben ov:reFös. Auch er und 7. lassen 
sich erweisen. Geht nämlich dieser Lautgruppe ein w voraus, so 
bleibt wer, wel; wr, 101] dagegen wurden im Idg. zu rw, lu. So 
erklären sich folgende Doppelformen: ai. vykas, lit. vilkas, got 
wulfs, aber 1. lupus, gr. λύκος; — 1. quadru-, gr. rov-galsıa aus idg. 
kestwr, aber gr. τετρα- aus idg. kweiwer. 


Ι.. δον Ablaut der Längen. 


A. Die einfachen Längen. 


ᾷ 121. Es ist, wie oben bemerkt, noch nicht mög-. 
lich, bei den Verkürzungen der Längen R und S zu 
unterscheiden. 2, ἃ, ö erscheinen gekürzt im Griech. z. T. 
als e, α, o, im Lat. als a, im Indischen als ©. ϑετός, 1. 
factus, ai. hitäs: ϑήσω, ϑήκη, 1. feei; — στατός, ]. status, 
ai. sthitäs: στήσω, 1. stäre, ai. d-sthat; — δοτός, 1. datus, 
ai. d-dita = ἔδοτο : δώσω, 1. dönum, ai. dadati, Aber auch 
ῥαγῆναι : ῥήγνυμε, λαγαρός : λήγω, κεχκάδοντο: 1. cZdere, 
γενεδτήρ : γνήσιος. | 


B. Die Langdiphthonge. 


122. Genau wie die einfachen Längen werden die 
Langdiphthonge δὲ, äi, di, Eu, au, du Ζὰ 9 Ἢ ὃ, oa+u. 
Diese Verbindungen sind frühzeitig zu ? und ἃ kontrahiert, 
Da die Vollstufen nach ὃ 102 vielfach zu Monophthongen 
werden, so ergiebt sich ein Ablaut ?: 2, a, 0; ἃ: ὃ, ἃ, Ὁ. 

8 13. 1. Die ö*s-Diphthonge. 

Beispiele: 1. filkus, ai. dhitäs zu dhä „saugen“: 
ϑήσατο „sog“, InAvg „weiblich“, 1. feläre, femina ; — un-xi-o 
„hervorsprudeln“: ai. s-käy-dti „tröpfeln“. Dies ist offen- 
bar eine reduplizierte Bildung, die in beiden Silben Ab- 
laut zeigt. ἐϑύς: ai. sädhüg „richtig“; — umeös: ahd. 
smähi „gering“ aus *sm2hi; — oxinwv, 1, scipio: σκῆπτρον": 


& 123—125.] Das indogermanische Vokalsystem. 89 


πῖϑι, πιπέσκω, ai. γε „Trank“, abg. pivo „Bier“ πῶμα, 
᾿πέπωκα, 1. pötus. 

Der Ablaut: langer Vokal (meist 2): ? oder ?, das 
durch weitere Verkürzung entstanden, ist für das Ver- 
ständnis vieler Bildungen von Wichtigkeit. Sehr viele 7 
sind Schwundstufen zu δ. So gehören die Präsentien 
auf -σχω häufig zu Stämmen auf langen Vokal, 
ἁλέίσσκομαι: ἁλῶ-ναι, außM-oxw : ἤμβλω-σα, εὑρέ-σχω : εὑρήσω, 
στερέί-σχω : ἐστέρη-σα. Ferner steht das ? des Komparativs 
auf -iwv im Ablaut zu 2 oder 5: ἡδίων: 1. svadz-re, 
διγέτων : ῥιγώσω. Man vergleiche außerdem: wuarl-ca, 
μανι-κός: uavf-var,; — χάρι-ς, Kapl-eıs : χαρῆναι; ---- πάγιτος : 
παγῆναι; — ἀργί-λος : ἀργής. 

2. Die #”u-Diphthonge. 

. 8124. Beispiele: ἀμύμων, μῦμαρ: μῶμος, μῶμαρ:; — 
ai, mürds „dumm“: μῶρος, 1. mörus ; — ai. mülam „Wurzel“, 
müla-karma N. „Zauberei mit Wurzeln“: μῶλυ:; — ζύμη 
„Sauerteig“, 1. jüs, lit. jusze „Fischsuppe“ : {wudg „Brühe“. 

Anm. 1. Der Ablaut ä=:7, ἄτι ὦ wirkt im Griechischen nicht 
mehr weiter, sondern wird durch das Verhältnis Länge : Kürze er- 
setzt. Ursprünglich also πῶμα : πῖϑε, sekundär πέπωκα : ποτός. 

Anm. 2. Verschiedentlich erscheint neben diesen Ablauts- 
formen im Griechischen auch noch der Kurzdiphthong, so in 
nosunmv:nov „Herde“, ai. pays „Hüter“, τραῦμα : τιτρώσκω und 
τερύσκω. Die Stellung dieser Laute in der Ablautsreihe ist noch 
nicht ganz klar. | 


ll. Der Ablaut der Kürzen. 


A. Die Schwundstufe. 


& 125. Die kurzen Vokale fallen in der Schwund- 
stufe aus. σπτ-έσϑαι : πέτ-εσϑαι; — 0X-Elv:&x-eıv aus 
*geyeıy; — πρός : πέρ-ε; — got. kn-iu : γόνου; — ai. s-mäs 
„wir sind“, 1. sumus, got. s-ind „sie sind“: ai. dsmi, 
lesb, &u-ue. 

Ist in der Silbe ein Laut vorhanden, der silbisch 
werden kann, so wird dieser Träger des Silbenakzentes; 


90 -  Laut- und Akzentlehre IX. [8 125. 126, 


Σιδ-εῖν : Felö-e09aı,; — λιπ-εῖν : λείπ-ειν; — στιχ-εῖν : 
orely-eıv; --- φυγοεῖν : φεύγ-ειν; — νυσ-τάζω : νεύω; und 
entsprechend δρακ-εῖν : δέρκεσϑαι, ai. ἀγέ-ἄηι : αἀὐαγδαηι; — 
σπα-τρά-σι, ai. piürgu: πατέρα, ai. piliram ; — χαδεῖν : χείσομαι 
(aus *yevoouaı); — πόδ-α, 1. pedeem: 9:ε-όν. 

Anm. 1. Die offenbare Parallele zwischen ei, ew auf der 
einen Seite und er, el, em, en auf der anderen führte Osthoff und 
Brugmann zum Ansatz von silbischem y, }, m, %, einer Annahme, 
die mit einem Schlage eine große Fülle von Erscheinungen in ein 
neues und offenbar richtiges Licht setzte. 

Der Widerspruch, den Brugmanns Hypothese erfahren hat, 
richtete sich auch nicht gegen das Grundprinzip, daß in den Laut- 
gruppen er, el, en, em das e in Folge der Tonentziehung geschwächt 
sei, sondern er knüpfte sich an die Frage, ob denn wirklich der 
Vokal in diesen Fällen ganz ausgefallen sei. Verschiedene Forscher 
verneinen dies und schreiben daher er, el, et, em, was zunächst von 
geringer Bedeutung zu sein scheint. Daß wir es aber wirklich mit 
7, |, m, % zu thun haben, geht daraus hervor, daß diese Laute nur 
vor Konsonant stehen, während vor Vokal r, l, m, ἢ und 7 und w 
für i und “ eintreten. Vor Vokal gehörten ὁ, u, r, I, m, n zur 
folgenden Silbe, wie noch in gr. πατέ-ρος, n-d&-Fos. Fiel der Vokal 
ganz aus, so konnten die konsonantischen Laute niemals silbisch 
werden. Es wechseln daher j, w, r, !, m, n vor Vokal mit ὁ, u, 
7. ὦ, m, ἢ vor Konsonant. 

1. j und ὁ: Ζεύς aus *dj-eus, ai. dy-aug: Jı-0s aus Jı-Fös, ai. 
di-vds; — μοῖρα aus Ἐμόρ)-α : uegl-s; — ἀδτός aus *aFj-eros: 1. avi-8; — 
μέξων aus Ἐμέγ-ων : μέγε-στος, 

2. w und u: hom. πείρατα aus ἔπερξοεατα: πρυ-μνός; — ion. 
γοῦνα aus *yovF-a:yovv; — hom. tıvo aus τίν -ω : τενύεμενος ; — 
ion. δουρός aus *dopF-ös:dogv; — σός aus *rF-ös:aU; — τέτταρες 
aus *rörF-apss (ai. catv-äras, 1. quatiu-or): hom. πίσυρες. 

3. r und r: πατρ-ός :πατρά-σε, ai. Pilf-Iu; — ϑυγατροός : 
“ϑυγατρά-σε; — ἀνδρ-ός : ἀνδρά-σι. 

4. m und m, n und pn: ἐλλός aus "ἐλν-ὄς : ἔλατφος aus *elm-bhös, 
d. lamb; — νώνυμνοος : ὄνομα, lat. nömen, aus *onomp; — στρωμινή: 
στρῶμα aus strömn, 1. strämentum. | 


B. Die Reduktionsstufe. 


8 126. Die Annahme einer Reduktionsstufe ist 
‘ganz unbedingt nötig, und sie ist auch sehr leicht zu er- 


m 


8 126. 127.] Das indogermanische Vokalsystem. 91 


weisen. Zu der y βέλ, die in βέλδμνον, βέλος vorliegt, 
heißt der Aorist βλῆναε aus *gree-, es ist also e völlig 
geschwunden; wenn wir daneben aber auch βα-λεῖν treffen, 
80 ist dies nur aus einem g*e-lE zu erklären, ἃ. ἢ. es müssen 
der Vokal der ersten Silbe und die Silbentrennung noch 
erhalten gewesen sein. Auch einem Vokal vorhergehende 
Sonorlaute können silbisch werden. So ist ϑύρα die 
Schwundstufe zu ai. dvära- „Thür“, abg. dvo-rs, lat. 
forum aus *dhwo-rom. Neben ϑύρα steht aber ϑαιρός aus 
*3aojos „Thürangel“. Weshalb heißt es nicht ἔϑυρ)ός ὃ 
Eine Erklärung bietet nur die Annahme der Reduktions- 
stufe. In dem uridg. *dhwerejöss kann das erste ὁ nicht 
völlig geschwunden sein, es blieb vielmehr als . erhalten. 
:Die Grundform ist also dhw,rjös. Weitere derartige 
Fälle sind σάρξ : äol. σύρξ, Grundform *twerk- und turk-; — 
gr. γυνή neben böot. favd, Grundform *g”ena, daraus 
᾿γυνή mit Ausfall des e, aber *y”,-na — βανά mit Reduktion. 

In der Reduktionsstufe bleiben also die kurzen Vokale 
als tonlose Vokale erhalten, die in den Einzelsprachen 
je nach dem folgenden Laut stark modifiziert werden, 
vgl. $ 106 ff. 


%C. Die Verteilung von Schwund- und Reduktionsstufe. 


8 127. Die Verteilung von Schwund- und Reduktions- 
stufe stammt aus dem Indogermanischen. Ihre Gesetze 
sind demgemäß schwer zu ermitteln, etwas unsicher und 
‚der Untersuchung bedürftig., Ein erster Versuch sie 
‚festzustellen bei Verf., Ablaut S. 164 ff. 

Einigermaßen sicher ist folgendes: 

a) Die Schwundstufe steht: 

1. in den Silben unmittelbar hinter dem Ton, vgl. 
γόνυ aus *goneu: ahd. kniu; — 1. ver aus *wesr, gr. ἔαρ 
aus *wesr; Ä 

2. meist in der ersten Silbe des Wortes, wenn der 
Ton unmittelbar folgt: dor: &vrı aus *s-nti, Grundform 


92 Laut- und Akzentlehre IX. [8 127, 


*esenli: *esmi lesb. Zum; — Ζεύς aus *dj-zus, uridg 
*de-je-w-; — gr. κτείς aus *pkiens: 1. pectinis, 

8.. In einer mittleren Silbe vor dem Ton, vgl. sra-ro-ög, 
πατρά-σι aus *patersi: πα-τέρ-α; — δουρός aus *dopFög ; 
δόρυ; --- μέσος aus idg. *medhj-ös, ἐλλός aus Ἐξλνός. 

b) Die Reduktionsstufe steht: 

1. In der ersten Silbe des Wortes, wenn der Ton 
folgt, und zwar: 

a) regelmäßig, wenn der Ton auf der dritten oder 
einer weiteren Silbe liegt, vgl. πεκτός aus uridg. *peketös — 
"p.klös; — ἀνδρός aus uridg. *enerös > *nrös. Weitere 
Beispiele siehe unten. 

b) wechselnd mit S in der ersten Silbe des Wortes, 
wenn der Ton unmittelbar folgt, vgl. Wackernagel, Ai. Gr. 
S. 204, Verf. Ablaut $ 796. 

2. In mittleren Silben vor dem Ton, wenn eine lange 
Silbe vorausgeht. Es ist dies das Sieverssche Gesetz, das 
Sievers, PBr. Beiträge 5, 129 ff. für das Germanische und 
Indische ausgesprochen hat, mit der Beschränkung durch 
die Betonung, die ich hinzugefügt habe. Vgl. ferner 
Hübschmann ΚΖ. 24, 362ff., Osthoff Perfekt 391 ff., 
Verf. Ablaut & 798. 

Im Griechischen stehen demnach in Mittelsilben 
neben einander :(j) und 7, v(w) und w, ar, al, an, am 
und r, ἰ, m, n, je nachdem die vorausgehende Silbe lang 
oder kurz ist. | 
| α) j und ὁ, πεζός aus *p.-.djös, al. pddyas „den Fuß 
betreffend“; — ἄλλος aus *aljos; — μέσος, ai. mädhyas; — 
τέχταινα aus *lektanja, aber πά-τριος, ai. pätriyas; — 
ὕσχσειος, 81. dvi-yas; — ἄγριος, ai. ajriyas; — ἐμμήνιος, ai. 


daSamäsiyas, — ἀμβρόσιος, ai. märtiyas,;, — γήεος, ai. 
näviyas „schiffbar“; — πότνια, ai. pätnt „Herrin; — 


öuöyyıos. Im Gotischen haben die jo-Stämme mit langer 
Wurzelsilbe im N. Sg. -eis, hairdeis „Hirt“, die mit kurzer 
-jis, harjis „Heer“. Im Lat. zeigt sich die Regel darin, 


& 127. 128.] Das indogermanische Vokalsystem. 93 


daß von den jo-Verben die mit kurzer Wurzelsilbe nach 
der 3. Konjugation gehen, die mit langer nach der 4.: 
capio, capis, facio, facis, aber farcio, farcıs. 


βὴ ὦ und u. γουνός aus *yovFög; — δουρός aus 
doeFös; — vw aus τίνξω, ai. cinvänti, aber ὀφρύος, 


δάχρυος, δρυός, ἀγνύασι. 

γ) γ, I, m, n und ar, al, am, an, analogisch dafür 
auch er u. 8. w. πότνια, aber τέχταινα aus *rexrarja, 
xdu-vwo, aber λανϑάνω und die Verben auf -dvw über- 
haupt. Dieser Fall bedarf noch weiterer Untersuchung. 
Vgl. noch got. lauhmuni, aber wald-ufni, fraistubni u. 8. w. 


Ill. Der Ablaut der zweisilbigen Basen. 

& 128. Die Gesetze des quantitativen Ablauts sind, 
wie wir gesehen haben, verhältnismäßig einfach und in 
der Hauptsache schon seit langem bekannt. Wenn man 
trotzdem nicht zu sicherer Erkenntnis gekommen ist, so 
liegt das daran, daß man bei der Betrachtung und Dar- 
stellung des Ablauts immer nur von einer Silbe ausging 
unter der stillschweigenden Voraussetzung, daß die idg. 
„Wurzeln“ einsilbig waren. Das Indogerm. bestand aber 
nicht aus einzelnen Wurzeln, sondern aus fertigen Worten, 
und in jedem Worte mußte der Akzent auf jede Silbe 
wirken, d. h. nur die vollbetonte Silbe konnte den Voll- 
stufenvokalismus bewahren, alle anderen mußten R oder 
S zeigen. Wenn der Akzent wechselte, mußten demnach 
auch die Vollstufe und R und S wechseln. Um dies 
zu zeigen, ist es nötig, die Worte einzuteilen. Das, was 
nach dem Abstreifen sicherer formativer Elemente wie 
2. B. -uaı in πέτα-μαι übrig bleibt, nennen wir die Basis. 
Die meisten idg. Basen waren zwei- und mehrsilbig, und 
zwar enthielt die erste Silbe meistens einen kurzen Vokal 
oder einen Kurzdiphthong, während in der zweiten alle 
möglichen Variationen vorkommen. Es ist praktisch, 
nach dieser zweiten Silbe einzuteilen. Wir nennen die 


94 .  Laut- und Akzentlehre IX, [8 128—130, 


Basen, die hier einen langen Vokal enthalten, schwere 
Basen, solche mit kurzem Vokal, leichte Basen. 


A. Der Ablaut der schweren Basen. 


1. Die Vollstufen. } 


& 129. Die schweren Basen zeigen die Form ροίᾶ, 
Infolge der Wirkung des Akzentes, der immer nur auf 
einer Silbe ruht, kann diese Urform niemals erhalten 
bleiben. Liegt der Ton auf der ersten Silbe, so wird 
der Vokal der zweiten nach $ 121 zu 9, liegt er auf der 
zweiten, so schwindet der Vokal der ersten Silbe nach 
8 127, 2, oder er wird reduziert. Die Basis petä zeigt 
also die Ablautstypen V. I ρόϊο = gr. πέτα-μαι und V. II 
»ία = gr. πτῆναι. | 

Weitere Beispiele: 


Urform V.I+S ΝΜ. (οὔον R) + V. 11. 
ere _ ἐρέ-σσω l. re-mus, ahd. ruodar, 
kerä κέρα-ς κρή-δεμνον, 
᾿ Κογ κόρα-ξ κρώ-ξειν, 
tere τέρε-τρον τρη-τός, ahd. drä-jan, „drehen“, 
 geele Bele-uvov PAn-vaı, 
pelä πέλα-ς πλη-σίον, 
onö ὄνομα l. nömen, 
iem® τέμα-χος τέ-τμη-κα, 
demä δέμα-ς , δέ-δμη-κα. 


Anm, Eine besondere Abart dieser Klasse bilden die Falle, 
in denen die zweite Silbe einen langen i- oder «-Diphthong ent- 
hält. Die zweite Silbe wird dann zu 7 und ἃ gekürzt, z. B. V.I 
ἥδιον : aön-vu; — umbr. heris „vis“: xapz-va, got. grö-dus 
„Hunger“, 0 


2. Die Schwundstufen. 


j 8 180. Wenn die beiden ersten Silben der Basis 
unbetont sind, so müssen sie geschwächt werden, und 
zwar können wir finden: 


ὃ 130. 131.] Das indogermanische Vokalsystem. 95 


ΒΒ ἘΜ, das ist die Form des absoluten Anlauts, 
oder SS, wenn noch betonte Silben vorausgehen. 

Als RS haben wir also ε70, da, na, «ma, 479, «wa und 
x zu erwarten, die nach ὃ 112, 113 im Griechichen zu 
ρα, Ad, ut, va (άρα, dio, duo, ἀνα), ἴ, ἃ und δῖα werden. 

Anm. Diese ea, λᾶ, μᾶ, νᾶ sind nicht von V. II zu unter- 
scheiden, wenn die schwere Basis auf ἃ auslautet. 

Beispiele: κρατός aus ἔχρᾶσατος (J. Schmidt Ntr. 866): 
ai. Sirdatis, (κάρηνον aus *xdoaovov): V. I κέρα-ς, lat. 
cerebrum; -- γραύς, ai. jirnim „Gebrechlichkeit, Alter“, 
jürnäs „alt“: V. I gr. y&oa-s; — κλητός, ἐπίκλησις, lat. 
cläamor, cdärus: V. I κέλα-δος „Lärm“, V. II in lat. 
ealäre; — τλητός (ἐτάλα-σσα), lat. lätus, ahd. gidult, lit: 
tiltas „Brücke“: V. Igr. relauaw „Tragriemen, Träger“ ; — 
äol. πλᾶϑος, air. län aus *plänos, got. fulls, lit. pilnas, 
ai. pürnis „voll“; — σχληρός, dor. σχλαρός „trocken“: 
V. I in σκελετός „ausgetrocknet, dürr, mager“; — χγήμη 
„Unterschenkel, Schienbein“, air. enäim „Knochen“: V.I 
ahd. hamma aus *hanama „Hinterschenkel, Kniekehle“ ; — 
gr. γνητός, lat. nätus, gall. -gnäius in Eigennamen, got. 
-kunps „abstammend“, ai. jätis „Sohn“: V. I y&e-aus; — 
κι-νεῖν: V. 11 1. cisre; — βινέω, ai. jitds „überwältigt“: 
βιᾶ: — 1. hi-sco: V. II hiäre, — dtvog „Wirbel“: V. II 
ζῆλος aus *dje-los; — στῖφος, orißn „Reif“: V. ΤΙ ai. stiyä 
„stehendes Wasser“; — irea „Weide“: V. II 1. vie-re, 
vie-ium „winden, flechten*; — xö-ua „Leibesfrucht*: τὰ 
ππᾶματα, dor. πάσασϑαι aus *kwä, vgl. Brugmanı, Totalität 
62; — xö-ddLiw „schimpfen“: got. hvöta „Drohung“; — 
τύλη „Wulst“: σωρός „Haufen“ aus twö; — ἔφυ: V. II 
ai. bhavi-tum; — orö-caı „steifmachen“, orö-Aog: V.I ai. 
sthävi-ras „fest, stark“. | 

ᾷ 131. Die doppelte Schwundstufe SS findet sich. 
im Innern des Wortes, namentlich in reduplizierten 
Bildungen, doch. kommt sie auch isoliert vor. Ihre 
Formen sind ro, la, ma, na, ja, wa, Die ersten vier er- 


96 Laut- und Akzentlehre IX, [8 131—133. 


geben gr. oa, λα, μα, va, die beiden letzten «« und Fa, 
doch treten daneben, wie es scheint, auch ı und v gleich- 
berechtigt auf. 

Beispiele: z-TAa-Iı : τελαμών, ἐτάλασσα, τλητός ; — 
στρα-τός : ἐστόρεσα, στρωτός, 1. strätus; — πέμ-πλα-μεν : 
πίμπλημι, 1. plenus; — κα-χλά-ζω : κέςχλα-δα, χάλαζα; — 
τέ-ϑνα-μεν : ϑάνα-τος, ϑνητός ; --- ἔ-τμα-γον : τέμαχος, TET- 
μηκα; — καπνός, 1. vapor aus idg. *kwap-: lit. kvepti 
„hauchen“. 


B. Der Ablaut der leichten Basen. 


ᾷ 132. Die Verhältnisse liegen bei den leichten 
Basen ganz ebenso wie bei den schweren, nur geht die 
zweite Silbe, wenn sie aus einem kurzen Vokal besteht, 
ganz verloren. 


1. Die Vollstufen. 
8 188. Urform V.I+S. S(oderB)+V.HI 


a) eXei-B.: ereid ἔρις δα, reizen 
perei πεῖρα aus *perja got. fraisan „Vver- 
suchen“, 
Ὁ) eteu-B.: koreud κόρυζα aisl. hrjöta „schnar- 
chen“ aus *hreut, 
goneu yövv got. kniu. 
seneu ahd.sinn aus*senwo γοῦς aus *snowos, 
c) eten-B.: elembh ἔλαφ-ος got. lamb „Lamm“, 
dekemt δέκα, 1. decem -xöyra aus *dkomt-, 
elent- ἐλάτη ahd. linda; 
d)etek-B.: areg ἄργυρος ai. rajatim „Silber“, 
g”erebh ai. gärbhas „Kind“ βρέφος, 
teres |]. terreo Eroeoe, τρέμω, 
wereg ἔργον δέζω, 
onobh ὀμφαλός ahd. nabalo, 
ojebh οἴφω ai. yabhatı, 


ewek εὔχηλος Feunhos, 


& 133—135.] Das indogermanische Vokalsystem. 9 


Urform V.I+S. S(oderRB)+YV.II 
aweg l. augere ἀξέξω, got. wahsjan, 
ewegiv εὔχομαι 1, voveo, 
awed αὐδή ai. υὐάαΐξ „spricht“, 
ewer εὑρύς al. vir-iyän „breiter“, 
bheweg” geuyw φέβομαι aus*pFE&ßo- 

e) exe-B.: pedo πόδ-α πόδο-ν, μαι, 
seghe ἔχεειν σχε-ῖν, 

bhere φέρ-τρον Öl-900-5. 


2. Die Schwundstufen. 


& 134. Sind beide Silben dieser Basen unbetont, 
so werden beide Vokale je nach den Betonungsverhält- 
nissen reduziert oder ausgestoßen. Zu *koreud gehört ahd. hroz 
„Rotz“, zu goneu yvö&, zu *dekemi κατ aus *kmi in -κατοίοι, 
zu pedo -bd- in ἐπίέβδαι. Da die Mehrzahl dieser Basen 
zu dem Typus eXe gehört, so erscheinen in der Schwund- 
stufe gewöhnlich ὁ, u, r, ἰ, m, n, λιπεῖν : λέλοιπα, ἰδεῖν zu 
οἶδα, φυγεῖν : πέφευγοεα, ζυγόν zu ἔζευξα, δρακεῖν zu δέδορκα. 

Auch hier sind prinzipiell zwei Formen zu unter- 
scheiden R-+ 8, die Form des absoluten Anlauts und 
S-+S oder R die Form des Inlauts. Letztere ist bisher 
noch wenig nachgewiesen. Ein sicheres Beispiel aber ist 
&-oyeros neben ὄχτός. Die Urform ist *segheös, bei der 
im absoluten Anlaut das zweite ὁ schwand, sonst das 
erste. 


IV. Die Dehnstufe. 


a) Dehnung durch Silbenverlust. 

ᾷ 135. Die indischen Grammatiker lehrten, daß die 
langen Vokale auf einer Steigerung (Vrddhi) beruhen. 
Auf dieser Lehre baute noch Schleicher sein ganzes 
Vokalsystem auf. Durch die Entdeckung von der 
Schwächung der Vokale geriet diese Auffassung indessen 
in Mißkredit, sie wurde aber durch die neuere Forschung 

Hirt, Griech. Laut- u. Formenlehre. 7 


98 Laut- und Akzentlehre IX. [8 135. 186, 


in gewissem Umfang wieder bestätigt. Gesteigerte oder 
gedehnte Vokale sind zuerst von Bartholomae in sein 
Vokalsystem aufgenommen (BB. 17, 105) und dann von 
Streitberg (IF. 3, 305 ff.) in ihrer Entstehung aufgeklärt. 

Die Regel dafür lautet: Schwindethintereinem 
betonten Vokal in offener Silbe eine Silbe 
völlig, so tritt Dehnung dieses Vokals ein. 
Dieses Gesetz hängt also mit dem der Schwundstufe 
zeitlich auf das engste zusammen, Es ist die Folge von 
jenem. Das Gesetz ist demnach gleichfalls indogermanisch 
und läßt sich namentlich an gewissen Kategorien klar 
zeigen. | 
8186. Es findet Anwendung: 

1. Im Nominativ Sing. der oxytonierten konsonan- 
tischen Stämme. Es heißt dor. πώς, lat. ps, ai. päd, 
aber Akk. πόδα, weil dies auf *pödm zurückgeht. Die 
uridg. Grundformen waren *pedos und *pedom. In *pedos 
schwand eine Silbe, in *pedom nicht, daher steht dort die 
Dehnstufe. In ai. padam „Tritt“, gr. πέδον ist das o 
noch erhalten. 

Ebenso verhalten sich ϑήρ: lat. ferus „wild; — 
PAow : βλέπω; — κλώψ : κλοπός; — λώψ : λέπω, λέπος 
N. „Rinde“ --- ἀροτήρ : ἄροτρον (-ἰόγο und -terö); — πατήρ : 
πατέρα: — ποιμήν : ποιμένα; ---- ἡγεμών : ἡγεμόνα; ---- hom. 
ἱδρώς : iögda; — hom. χρώς : χρόα; ---- hom. “ητώ : “ητόα. 

2. Im s-Aorist der leichten Basen: *lögesom wurde 
zu legsm, lat. lexi, texi, rexi. Im Griechischen sind keine 
sicheren Beispiele erhalten, doch könnte hom. ἐμήσατο 
ursprünglich zu μόδομαι gehören, und das Präs. μήδομαι 
auf Neubildung beruhen. 

3. Einige Male in der Reduplikationssilbe: gr. önde- 
χαται, δήδεκτο, δηδίσχομαι (Ön- ist mit Wackernagel BB. 
4, 269 für deı- zu schreiben), hom. vpew. Erklärung bei 
Verf. Ablaut $ 834. 

4. In der 3. Plural Perf. und übertragen im ganzen 


m...” " 


-8 136. 137.] Das indogermanische Vokalsystem, 99 


‚Plural und auch Singular: lat. sedimus, c&pimus, got. gebun, 
nemun, vgl. Verf. Ablaut 836. Diesen Bildungen kommt 
eigentlich keine Reduplikation zu, weil diese schon in 
dem 5 steckt, sed aus 86:84, im Griechischen sind aber 
diese Bildungen ganz allgemein wieder mit Reduplikation 
versehen, so 2ö-nd-wg: lat. 2di, got. &tun „sie aßen“, 
ὄδ-᾽ωδα: lat. Odi, μέ-μηλα (μέλει), ὄλτωλα, Ört-wrea, ὄρ-ωρα 
u. 8. w. 

5. In vereinzelten Fällen zweisilbiger Basen: gr. 
κῇρ(δ), arın. sirt, uridg. *kered, ζωγή : ζεῦγος aus jewe, ὦμος, 
ai. dsas, 1. umerus aus *Omsos. 

Anm. Die Dehnstufe fehlt scheinbar in vielen Fällen, wo 


sie zu erwarten wäre. Man muß aber immer bedenken, daß in 
einem griech, e auch idg. e stecken kann, 


b) Dehnung durch Kontraktion. 

& 137. Eine andere Art Dehnung ist durch indogerm. 
Kontraktion entstanden. Die Vokale ὁ, o, a wurden viel- 
fach miteinander kontrabiert. Die so entstandenen Längen 
waren wahrscheinlich zirkumflektiert. 

1. Augment-+ Vokalischer Stammauslaut. 
gr. ἦα: ai. äsam, idg. *esm „ich war“ aus *eesm, gr. ἦγον 
aus *dagom, (vgl. 1. &gi, dessen & wohl lautgesetzlich war). 
Auf dieser Kontraktion beruht zum Teil das griechische 
temporale Augment. 

2. In der Komposition. Schon idg. trat hier, 
namentlich wenn eine kurze Silbe folgte, Kontraktion 
ein, aus *strato-agös wurde στρατηγός. Zahlreiche Beispiele 
bei Wackernagel, „Das Dehnungsgesetz der griechischen 
Komposita“ 3. 38 ff. Diese Erscheinung wirkte vorbildlich 
weiter, und es erhalten daher die Komposita, deren zweites 
Glied vokalisch anlautete, gedehnten Vokal, auch bei 
konsonantisch auslautendem ersten Gliede. ἄγω : ὀχετηγός, 
inte nyög, ἀρχ-ηγέτης; — ἀλέγω: hom. δυσ-ηλεγής; — 
ἄνεμος: hom. ποδοήνεμος: — ἀνήρ: hom. ἀγαπ-ήνωρ, 
4γεήνωρ; --- ἐρέσσω: hom. δολειχ-ήρετμος; — ἔτυμος: 


Ti 


100 Laut- und Akzentlehre IX, [8 137, 138. 


hom. ἐτεήτυμος; — ὄνομα: 'hom. δυσ-ώνυμος, ἐπ-ώνυμος, 
ἀνώνυμος: — ὄνυξ : hom. γαμψώνυχες. 

Aus derartigen Kompositen sind allmählich wieder 
Simplicia entstanden, vgl. Wackernagel 37, so z. B. 
ἠνεμόδις, ἡμαϑόεις u. a. In solchen Fällen liegt dann 
anorganische Dehnstufe vor. 

c) Rhythmische und Auslautsdehnung. 

8 138. Weackernagel hat in seinem „Dehnungsgesetz* - 
eine Auslautsdehnung zu begründen versucht, die er schon 
der idg. Zeit zuschreibt. Die Auslautsdehnung soll sieh 
auch vor ableitenden Elementen zeigen, deren Selbständig- 
keit noch gefühlt wurde, z. B. in oopw-reoos. Verf. 
scheint diese Annahme nicht hinreichend begründet, er 
steht vielmehr im wesentlichen auf dem Standpunkt, den 
de Saussure (Melanges Graux 737—748) eingenommen 
hat. Danach gab es im Griechischen und wohl auch 
schon im Idg. eine Dehnung, die von rhythmischen 
Prinzipien abhängig war. Man suchte die Aufeinander- 
folge dreier Kürzen zu vermeiden. Allerdings ist de Saus- 
sures Ansicht, daß von drei Kürzen die eine beseitigt 
sei, nicht zu halten, es ist vielmehr nur soviel richtig, 
daß unter Doppelformen solche fortlebten, die nicht die 
Aufeinanderfolge dreier Kürzen zeigten. Das sicherste 
Beispiel sind die Komparative und Superlative auf -zegog 
und -raroc. Hier haben nach bekannter Regel die Worte 
mit kurzer Stammsilbe ὦ statt 0, σοφώτερος, σοφώτατας. 
Die beiden Ausnahmen des Attischen κεγότερος, στενότερος 
sind nur scheinbar, weil hier ein / verloren ist. Es hieß 
ursprünglich xev/öregos, orevFörepos. Das ὦ beruht aber 
jedenfalls nicht auf einer Dehnung, sondern ist ein Kasus, 
wie er auch in den Komparativen got. blindö-xa und abg. 
πουδ-}68- vorliegt. Diese Kasusform wurde bei den Worten 
mit kurzer Stammsilbe verallgemeinert. 

Weitere Beispiele: ἱερωσύνη : δουλοσύνη, hom. ἑτέρωϑεν, 
ἑτέρωϑι, ἑτέρωσε gegenüber ἄλλοϑεν, ἄλλοϑι. — Die rhyth- 


8 138—140.,] Das indogermanische Vokalsystem. 101 


mische Folge ist auch hergestellt in den Formen: ἄρηρα, 
μέμηλα, ὅδωδα, ὅλωλα, ὕπωπα. Es hätte hier ebensogut 
Ἐδδοδα verallgemeinert werden können. — Die Worte auf 
«ων flektieren Zovos, die auf «ων -ἴωνος, es heißt δοτήρ, 
δοτῆρος, aber δώτωρ, δώτορος. In der Flexion wurde mehr- 
fach nach diesem Gesichtspunkt ausgeglichen. Diese 
Frage bedarf weiterer Untersuchung. — Ferner wählte 
man als Kompositionsvokal ἡ (@) statt 0: βαλανηφόρος 
Her., ϑανατηφόρος Xen., καλαϑηφόρος, καλαμηφόρος, 
κανηφόρος, λαμπαδηφόρος, σεεφανηφόρος, ἐλαφηβόλος, akarn. 
ἱεραπόλοςς. Man kann es verfolgen, wie dieses ἡ um 
sich greift. | 


V. Enklise. 


ᾷ 139. Die durch die Akzentwirkung veränderten 
idg. Worte konnten aufs neue, namentlich in der Kom- 
position, in die Enklise treten. Hierdurch erlitten sie 
eine Betonungsminderung, die mit weiterer Schwächung 
der Vokale verbunden war. Man kann, wie es scheint, 
die dadurch entstehenden Veränderungen unter zwei Ge- 
setze bringen, vgl. Bartholomae IF. 7, 68 ff., Wackernagel 
Ai. Gram. 92 ff., Verf. Ablaut $ 799 ff. 

ᾷ 140. 1. ο und die schwachen Vokale « α, 9 fielen 
aus, vielleicht aber nur soweit nicht unsprechbare Laut- 
gruppen entstanden. Dieses Gesetz ist am deutlichsten 
im Indischen nachzuweisen, doch zeigt auch das Grie- 
chische genügend die Wirkungen dieses Gesetzes. 

a) 9 schwindet in einsilbigen schweren Basen, z. B. 
ai. d2vi-tia-s „von den Göttern gegeben“. -ta ist die Ver- 
kürzung von *dato-, gr. dorös, 1. datus. 

b) 9 fällt in den Verbindungen ge und «ws (?, ἃ) aus, 
und wir erhalten ὃ und %. Vgl. ἐπισχύγιον „Haut über 
dem Auge“: σχῦτος, 1. scutum; — 1. dirütus:burds; — 
ὄβριμος : βρίϑω; — gr. ἐγκυτί: ahd. hüt „Haut“. Ein 
kurzes ὁ und (ὁ in einer schweren Basis ist demnach 


102 ᾿ς Laut- und Akzentlehre IX, [8 140. 141. 


meistens aus der Komposition herzuleiten, z. B. τίσις 
neben zzun aus ἀπότισις, φύσις neben φῦτόν aus ἔκφυσις, 
ἔμφυσις, ἔμφυτος, βίος neben ai. jivis „lebendig“ aus 
δηρόβιος u. 8. w. Wie zu erwarten, ist der Ablaut ©:;, 
a: sehr häufig, er beruht aber im Griechischen zum 
guten Teil auf analogischer Ausdehnung, 

c) Durch den Schwund des > erklärt sich das Neben- 
einanderstehen „einsilbiger“ Basen neben schweren. Bei- 
spiele: gr. τέρμα: zu ai. täri.; — or&g-vo-v : ἐστόρε-σα; — 
xög-on „Schläfe“ : κάρηνον aus *xdeao-vor, ai. 3irdd „Kopf; — 
x£ovos „irdene Opferschüssel*: χέρα-μος; — χερ-μάς 
„Kiesel“: χέρα-δος ; ---- oreö-rar: ai. sthavi-ras „fest“; — 
ἐρυϑ-ρός : ai. rudhi-rds „rot“. 

d) «=. sind namentlich in Kompositis geschwunden, 
vgl. gr. di-poo-s: bher, gr. φορός; — ὅμό-γνειος : γένος ; 
δένδρον aus *denderw. Das -n- in αἴϑοψ, μῆλοψ, οἶνοψ 
erklärt Wackernagel Dehnungsgesetz S. 52 als Schwund- 
stufe zu op; — gr. Ent-ßö-aı „Tag nach dem Feste“ zu 
ped; — ἀστρά-π-’τω neben ἀστερ-οπ-ἤ nach Joh. Schmidt 
ΚΖ. 32, 335; — &-oxsros neben &xrdc. 

ἃ 141. 2. Ein zweites Gesetz ist schon lange geahnt, 
aber erst von mir in das Ablautssystem eingereiht. Die 
Vollstufenvokale e und 2 werden in der Enklise nicht 
gekürzt, sondern wandeln sich in o und d, ofienbar weil 
sie in den Tiefton traten. Dieses Gesetz ist einzig im 
Griechischen zu erkennen, hier aber trotz des erhobenen 
Widerspruchs ganz deutlich. In einer ganzen Reihe von 
Fällen stehen o, ö in der Komposition und in unbe- 
tonter Silbe. 

Beispiele: πατήρ: ἀπάτωρ aus *ä-nerwep, μητροπάτωρ 
u. 8. w.; — ἀνήρ : δυσήνωρ, ῥηξήνωρ, φϑισήνωρ; — μήτηρ 
(steht für Ἐμητήρ, ai. mäta, ahd. πιμοίαγ): ἀμήτωρ aus 
"ἀ-μητὼρ; — γενετήρ : διογενέτωρ; — φρήν, aber ἄ-φρων, 
δαΐφρων, εὔφρων; — lat. pes: umbr. dipursus, gr. δίπους 
(daraus ist πτούς isoliert); — gr. -xovsa: idg. *kemi; — 


8 141. 142. Das indogermanische Vokalsystem. 103 


bed : φυσίζοος:: — got. mers „berühmt“ : gr. ἐγχεσίμωρος; ---- 
σπή-ποκα : οὔτπω; — κελεύϑω : ἀκόλουθος; — 1, exiorris 
zu ierra. 

In anderen Fällen sind die 2 betont, die ö aber un- 
betont: δωτήρ : δώτωρ, βοτήρ.: βώτωρ (aber auch ἐπεβώτωρ), 
ei, αὐτεῖ, τουτεῖ u. 8. w., aber οἴχοι ἃ. s. w. Hier beruht 
das o wahrscheinlich darauf, daß bei sekundärer Akzentver- 
schiebung die ursprünglich betonte Silbe einen Nebenton 
behielt. 


In der Komposition ist auch das o des Typus -φορος 
entstanden. Es ist längst darauf hingewiesen worden, daß 
viele der Worte dieses Typus als Simplicia erst spät auf- 
treten, aber in der Komposition schon früh vorkommen. In 
diesem Punkt stimmen Griechisch und Slavisch durchaus 
überein. So giebt es kein βορος bei Homer, wohl aber 
ein δημοβόρος, kein τόμος, aber δρυτόμος, kein φόρος, aber 
βουληφόρος u. Υ. 8. 

8 142. In anderen Fällen ist das o noch nicht sicher 


- erklärt. Es steht: 


“- 


a) in den femininen Verbalabstrakten δορά, τομή, 
you, κλοπή u. 8. w., aber zweifellos kam diesen Femininen 
ursprünglich Schwundstufe der ersten Silbe zu: φυγή, lat. 
fuga. Das Lateinische kennt den Typus mit o-Vokalismus 
gar nicht. 


Ὁ) Im Singular des Perfekts: δέδορκα, τέτοκα, ἔφϑορα 
u. 8. w, wie im Germanischen. 


c) In den sogenannten kausativen und iterativen 
Verben: βρομέω : Bo&uw, ὀχέω : veho, roveouas : πένομαι, 
τροπέω :τρόέπω, φοβέω : φέβομαι, φορέω : φέρω. Diese 
Verben sind höchst wahrscheinlich denominatir. 

d) In den Nomina auf -evg : τοκεύς : τεκεῖν, φονεύς : 
ϑείνω, πομπεύς : πέμπω, γονεύς H.: γένος, δρομεύς : δρέμω, 
ὑχεύς : ἔχω. Diese Worte stehen zu den Nomina auf -o 
in engster Beziehung und zeigen daher ihren Vokalismus, 


104 Laut- und Akzentlehre IX. [8 143. 144, 


Der qualitative Ablaut. 


& 143. Der qualitative Ablaut besteht nach ge- 
wöhnlicher Annahme in dem Wechsel der Vollstufen- 
vokale mit 0. Über den Ablaut e-o, 2-0 ist & 141f. ge- 
handelt. Außerdem nimmt man den Wechsel a-o, ä-ö an, 
der indessen nur im Griechischen nachgewiesen werden 
könnte. Hier liegen in der That einige Fälle vor, von 
denen aber jetzt eine ganze Anzahl durch spezifisch 
griechische Lautgesetze erklärt werden kann. 

1. @:o. Öyuos „Reihe, Zeile, Bahn“: ἄγω; — öxgıs, 
ὀξύς : ἄκρος „spitz“. Diese Worte sind vielleicht zu 
trennen; — σοφός : σάφα, σαφής. Hier steht σοφός wohl 
für ἔσαφός, vgl. ὃ 169; — κάσεωρ, κεκαδμένος : κόσμος. 
Hier geht α eher auf n zurück; --- ἀγκών : ὄγκος. Sehr 
viel sichere Beispiele lassen sich nicht auftreiben, vgl. 
Verf. Ablaut 1790. 

2.&@:w. Hierher stellt man φωνή : paul; — ἀγωγή : 
l. ambäges ; — Bwuög „Altar“ : ἔβαν: ; — πτωχός : πτήσσω ,; — 
τεϑωγμένος : ϑήγει u. 8.,), von denen aber keines recht 
sicher ist, vgl. Verf, Ablaut 791. 


Anm. 1, Sollte dieser Ablaut doch anzuerkennen sein, so 
feblt jede Erklärung. 

Anm. 2, Ein qualitativer Ablaut 7: ἃ ist sekundär entstanden, 
wenn die Υ͂. II re u. s. w. lautete, er9 u. s. w. aber zu ρᾶ wurde, 
z. Β. γνήσιος: 1. (g)nätus. 


| Sonstige Veränderungen des Vokalismus im Idg. 


ᾷ 144. Eine wichtige Veränderung des idg. Vokalismus 
steht ganz isoliert. Idg. 9 ist vor folgendem (betontem ?) 
Vokal geschwunden. Durch dieses Gesetz erklärt sich 
vor allem das Auftreten der Reduktionsstufe in der ersten 
Silbe des Wortes, während die zweite Silbe den Ton 
trägt. Daher heißt es βαρ-ύς, ai. gur-üf aus *gwera-ü, 
Das 9 findet sich noch in 1]. gra-vis; — βαλ-εῖν aus "dat: 
βέειβλη-κα: — Tau-eiv aus *emo-E : τέμα-χος ; — πολεύς aus 


8 144. 146.] ‚Der griechische Ablaut. 105 


*pela-ü, falls dies zu πλῆ-ϑος u. s. w. gehört; — 3. Plur. 
der nä-Verben, idg. *demns-Enti, vgl. gr: κάμνουσι aus 
%yduy-oveı, ai. damn-inti, uridg. *kemno-Enti. 

Anm. ΟΝ auch vor j geschwunden ist, wie Wackernagel 
Ai. Gr. 8 75 annimmt, βάλλω aus *gw.lojö, ist mir sehr zweifelhaft, 


X. Kapitel. 
Der griechische Ablaut. 


& 145. Die Wirkung der Betonung auf die idg. 
Vokale war nach dem im vorigen Kapitel Ausgeführten 
außerordentlich tiefgehend und veränderte den Zusammen- 
hang der idg. Worte der Art, daß der etymologische 
Zusammenhang für das Sprachgefühl notwendig verloren 
gehen mußte. Die Sprache reagiert daher dagegen mit 
Neubildungen. Sie schafft neue Typen. Vor allem geht 
der sog. „Schwebeablaut“, der Ablaut mehrerer Silben, 
ganz verloren, und es bleibt im lebendigen Sprachgefühl 
nur der Ablaut einer Silbe lebendig, der aber auch immer 
mehr ausgeglichen wird. Ein anderes ist also der Rest 
des idg. Ablauts im Griechischen, ein anderes der grie- 
chische Ablaut selbst, der im Sprachbewußtsein empfunden 
wurde und daher auch analogisch weiter ‚wirkte. Wir 
haben im Griechischen in der Hauptsache nur einen 
quantitativen Ablaut von Länge und Kürze, und einen 
qualitativen, bestehend in dem ‚Wechsel von 2 mit ὅ. 

Ob eine Länge ursprünglich war, ob sie auf idg. 
Dehnung, auf. speziell griechischer Dehnung oder auf 
sonstigen Ursachen beruhte, ist tür das Sprachgefühl ganz 
gleich, es stellt alle auf eine Linie. Die Länge gilt dabei 
als die Volistufe. die Kürze als die Schwundstufe. Alt- 


106 Laut- und Akzentlehre X. [8 145. 146, 


ererbt oder lautgesetzlich entstanden sind dabei vor allem 
die Ablaute ἢ : 8, τέϑημι !Ferös, μήτηρ : μητέρα und e:&, 
τιϑείς : τιϑέντος, ἀ:α, ἵσεᾶμε : στατός, τόϑνηκα : τέϑγαμεν, 
βιβάς : βιβάντος, w:o, δίδωμε : δοτός, βῶς : βοός und ov:o 
διδούς : διδόντος, und danach πούς : ποδός. 

Dagegen beruht der Ablaut Ζ::, ὕ τυ, obgleich auch 
des öfteren altererbt, vielfach auf Neubildung. Er er- 
setzt z. T. das: Verhältnis &:., ev:v, teils auch andere 
Formen. So steht der Ablaut -vö:»v in δείκνῦμε: δείκνυμεν 
für neu : nu. 

ᾷ 146. Die Verteilun g der Ablautsstufen im Idg. 
und im Griechischen, wenn wir nur die Wurzelsilbe in 
Betracht ziehen, ist folgende. 

Es stehen: 

A. Normale Vollstufe: 

1. Im Präsens der thematischen Verben: &dw, φέρω, 
λείπω, φεύγω, ἥδομαι, ϑήγω. 

2. Im Futurum und sigmatischen Aorist: ἔδειξα. 

3. In den es-Stämmen: γένος, 1, genus, F&ros, 1. vetus, 
τεῖχος. 

4, In den neutralen -men-Stämmen: δἷμα, πνεῦμα, 
ἀνάϑημα. 
τς Β. Die o-Stufe, 

In den ὃ 14] 1. angegebenen Fällen, 

C. Reduktionsstufe: | 

1. In dem Aoristus secundus von schweren Basen: 
βαλεῖν, ταμεῖν. 

2. In den von schweren Basen gebildeten j-Präsentien : 
μαίνομαι, βάλλω, σκαίρω, βαίνω, 

Ὁ. Schwundstufe. 

1. Im Aoristus secundus von leichten Basen: σχ-δῖν, 
ὁ-σπέ-σϑαι, λιπεῖν, φυγεῖν, δρακεῖν, «αϑ εῖν. 

Anm. Derartige Formen werden auch als Präsentien ver- 

wendet. 


2. Im Dual und Plur. des Perfekts: ἴσμεν, πέπιϑμεν; 


8 146-148, Spontane Veränderungen der Vokale. 107 


3. In vielen -o-Stämmen, namentlich den Bildungen 
auf -to-, κλυτός, δρα-τός, βατός und -no-, στυγονός. 

4. Bei den Abstrakten auf -k, zio-ıs, xVo-ıs, βά-σις. 

5. Bei den Adjektiven auf -w: γλυκύς, κρατύς, ἐλαχύς. 


ΧΙ, Kapitel. 


Spontane Veränderungen der Vokale im 
Griechischen, bes. im Attischen. 


8 147. Vorbemerkung. In den folgenden Kapiteln 
sind die Veränderungen der Vokale besprochen, die diese 
im Urgriechischen und weiter im Attischen erlitten haben. 
Die Erscheinungen in den übrigen Dialekten sind nur soweit 
herangezogen, als sie zur Aufhellung des Attischen von 
Bedeutung sind. Das Genauere wird Thumb in der grie- 
chischen Dialektgrammatik darstellen. 


A. Kürzung langer Vokale vor 2, w, Nas, Lig. + 
Konsonant. 

ᾷ 148. Die vom Griech. ererbten idg. Langdiph- 
thonge, wozu auch die langen Vokale + Nasal oder 
Liquida zu rechnen sind, werden im Urgriechischen vor 
folgendem Konsonant verkürzt. 

Beispiele: & > ei: Opt. gaveiuev aus *parılıuev, vgl. 
ἐφάνην. — äi> ai: Opt. δραῖμεν aus *domuey; — Di > οἵ: 
ἵπποις — ai. advaid, ποιμήν : πῶυ; — Eu > eu: Zeig = αἱ. 
dyäus, N. Sg. βασιλεύς, vgl. Gen. βασιλῆος; ---- äu > au: 
γαῦς — ai. näuf; — Du > ou: βοῦς: ai. gaug; — E, ἃ, ὃ 
vor Nasal und Liquida: 3. Plur. Aor. Pass. ἔφαγεν aus 
Ῥέφαγηντ, vgl. &pdvnuev, Part. &evr- zu ἄημι, ἔτλαν aus 
*erlavı, πτέρνα = ai. pärkni-. 


= 


108 Laut- und Akzentlehre XI, [8 148-151. 


Chronologie. 


Dieses Verkürzungsgesetz ist 1. jünger als der Über- 
gang von sinh. Der lange Vokal bleibt daher in μηνός, 
äol. μηννός aus ἔμηνσός, vgl. 1. mensis, ὦμος aus *Wuoog, 
l. umerus, hom. ἠώς aus *ausös, 1. auröra. 

2. Es ist jünger als der Abfall der Dentale im 
absoluten Auslaut, vgl. Solmsen BB. 17, 329. Es heißt 
daher ἔγνων und &yvov, φέρων und ἔφέρον, 5. Flexionslehre. 


| B. Die einfachen Vokale. 
& 149. a) Urgriechisch «. 
1, « vor "Lauten zu δ, s. $ 177. 


2. α zu ἃ in Folge des Ausfalls eines Nasals vor o, 
8. ὃ 244, 2b. 


3. α zu ἃ, ἡ durch Dehnung bei Schwund von o, 8. 


8. 236 f, 
4. α zu αι, durch 5 der folgenden Silbe, 8. 8 240f. 
5. @ zu 8 nach 2 und υ, 8. ὃ 178. 
6. @ zu o vor o- und «w-Lauten, 8. ὃ 168. 
7. a zu e vor e, 8. ἃ 167 ἃ. 


ᾧ 150. Ὁ) Urgriech. ε. 

1. & zu δὲ (δ᾽ durch Ausfall eines Nasals vor o, 
τιϑείς aus τιϑένς, 8. ὃ 244, 2b. 

2. 8 zu & durch 2 der folgenden Silbe, 8. 8 240 f. 

3. e zu εἰ durch Ersatzdehnung bei Schwund von 0, 
8. ὃ 236 f. 

4. 8 vor Vokalen im Att. zu δι, dialektisch ὁ, 8. ὃ 181. 

5. e zu o und α durch Assimilation, s. ὃ 165—167. 

Anm. s blieb oder wurde sehr offen im Elischen (Schreibung 
« für e), wurde dagegen geschlossen im Böotischen (Schreibung 
s und F. ες 

ᾷ 151. c) Urgriech. o. 

1. o zu οὐ durch Ausfall eines Nasals vor co, διδυσύῤ 
aus *dıdövs, 8. ὃ 244, 2 b- | 


Φ 


1 ΄ ΄,Μ, 


.$S 161—153.] Spontane Veränderungen der Vokale. 109 


2. o zu οἱ durch 7 der folgenden Silbe, μοῖρα aus 
Ἐμόρ)α, 8. ἃ 240 f. 

8. o zu ov durch Ersatzdehnung bei Schwund von o, 
8. 8 226 f. 

Anm. In den Dialekten war o z. T. geschlossen. Dies war 
überall da der Fall, wo die Kontraktion von ὁ 4 o οὐ ergab. 
Außerdem zeigt es sich an dem Übergang von 0 zu τὸ (geschr. v oder 
ov), den wir im Pamphylischen, Kyprischen, Arkad., in Epidauros 
und im Lesbischen finden. Vgl. auch die homerischen Formen 8 53,1. 

ᾷ 152. d) Urgriech. ı. 

1. « durch Ausfall eines Nasals vor o zu Ζ, 8. 
8 244, 2b. 

2. « durch 7 der folgenden Silbe zu 1, 8. ὃ 240f. 

3. « durch Ersatzdehnung bei Schwund von o zu 7, 
5. ὃ 236 ἢ, 

8 153. e) Urgriech. ὦ 


1. Urgriech. ἃ wird im Ion.-Att. in allen Fällen mit 
Ausnahme der Stellung in Diphthongen zu ὦ (v), dessen 
Lautwert nicht genau zu bestimmen ist, s. 8. 65. 


Chronologie. 


Die Chronologie ist sehr schwer zu bestimmen, weil 
die Schreibung unverändert geblieben ist. 


a) Als das attische Alphabet in Böotien aufgenommen 
wurde, konnten die Böotier v nicht für die Darstellung 
ihres unveränderten 4 brauchen, sie schreiben daher ov 
für urgr. u, Πουρρῖνος, Φάουλλος. 

βὴ) In den ältesten attischen Inschriften wird vor v 
x und nicht g geschrieben: KvAwy, Κυνόρτης neben φόρει, 
vgl. Meisterhans, Gramm.® 3. Das weist darauf hin, 
daß nicht mehr % gesprochen wurde. 

y) Im asiatischen Ionisch war u schon im 5. Jahrh. 
verändert. Das ergiebt die Wiedergabe von pers. Vi3täspa, 
Vidarna durch ‘Yordoreng, “γδάρνης. Solmsen ΚΖ. 34, 557 


110 Laut- und Akzentlehre XI. I$ 153. 154. 


nimmt an, daß der Lautwandel schon im 7. Jahrhundert 
“eingetreten ist, was möglich, aber nicht sicher ist. 
2. Anlautendes v wird att, zu ö, vgl. ὕδορ, d. wasser, 
ὑπέρ, ἃ. über, ὕστερος, ai. ültaras „der obere, spätere*. . 
3, v zu ὕ durch Ersatzdehnung bei Schwund von o, 
8. ὃ 236 f., durch j-Epenthese, 8. ὃ 240, bei Schwund von 
v vor Ὁ, 8. ὃ 244, 2b. 


Anm. 1. Wir können den Wandel von τ zu ὃ mit Sicher- 
heit nur im Ionisch-Attischen belegen. Andrerseits können wir 
Bewahrung des % nachweisen im Böot. und Äolischen — % wird 
infolgedessen auch für das Thessalische wahrscheinlich —, für 
Pamphylisch, Kyprisch und für dag Lekonische. Es ist zu er- 
schließen, a) aus der Schreibung ov für u, Böot., Lakonisch, Pam- 
phylisch; Ὁ) aus der Schreibung o für v, Böot., Kypr., Lesb., c) aus 
der Schreibung v für o, Pamphyl., Kypr., Lesb. Im Zakonischen, 
der heutigen Fortsetzung des alten Lakonischen, ist noch jetzt % 
erhalten. Zum Lesbischen % vgl. noch Solmsen ΚΖ. 34, 557. 

Anm. 2. Im Böotischen wird nach », 4 und den Dentalen 
öfters sov statt ov geschrieben, z. Β, ἀντετιουνχάγοντες, διού͵ Aw 
ψιούσιος, Belege bei Meister Gr. D. 1, 233; ἃ. h. zwischen diesen 
Lauten und τὸ hatte sich der Übergangslaut 2 entwickelt, ähnlich 
wie im Osk. Im Englischen wird normanisch & zu ju. Im heutigen 
Zakonischen besteht, wie Hatzidakis ΚΖ. 34, 81 ff. nachweist, die- 
selbe Verschiedenheit wie im Böot. Diese hatte daher vielleicht 
einen weiteren Umfang. 


8 154. ὃ Urgriech. ἃ. 

1, ἃ wird im Ion.-Att. zun (@). Die übrigen Dialekte 
bewahren den alten Laut. Dor. paul: gnul; — dor. ἵσταμε: 
iornuı; — dor. ἔσταν : ἔστην; ---- dor. ἅδομαι : ἥδομαι; --- dor, 


δᾶμος : δῆμος; — dor. Makıoı: Μήλιοι; — dor. καρυὲξ ; 
χῆρυξ. 
Chronologie.. 


Dieses aus ἃ entstandene ἢ war naturgemäß offen 
(ὦ), und blieb eine Zeit lang von dem urgriech. 5 getrennt. 
@ und 2 sind auf den Inschriften von Keos, Naxos, Amorgos 
und Delos durch H und E dargestellt, Kretschmer nimmt 
ΚΖ. 31, 285ff. an, daß der Lautwandel erst nach der 


A, 


4 ΒΕΕΕΕΕΕΕΕΕΕΕΕΕΕΕΕΕΕΕΕΕΕΕΕΕΟΕΕΕΕΕΕΕΕΕΕΕΕΕΚΕΚΕΟΙΕΨ ΕΒΕΕΕΕΕΕ ΕΕΕΕΕΕ VE SHE 


8 154—157.] Spontane Veränderungen der Vokale. 111 


Trennung .des Ionischen vom Attischen eingetreten sei, 
wofür er sich auf einige Lehnworte beruft. Die Anfänge 
dieses Lautwandels sind aber jedenfalls den beiden 
Dialektgruppen gemeinsam, und es ist dieser Wandel 
durchaus als ein besonderes Kennzeichen des Ionisch- 
Attischen anzusehen. 

Die relative Chronologie läßt sich dahin bestimmen, 
daß der Lautwandel jünger ist als der Übergang von s 
in ἢ, aber älter als der Schwund des Nasals vor o, s. 
8 944, 2b. 

2. Das ion.-att. @ wird im Att. nach og, ı, e und 
durch Dissimilation vor 7 wieder zu @, s. $ 173, 179, 180. 

3. Uber den Übergang von ἃ: ἃ und e vor Vokal, 
8. ὃ 186 ἢ, 

ᾷ 155. g) Urgriech. ἢ 

1. n bleibt im Attischen zunächst unverändert ein 
offener 2-Laut. Mit der Zeit fiel das aus urgr. ἃ ent- 
standene @ mit ihm zusammen, s. ὃ 154. Erst in den 
Jahren 150—250 ἢ. Chr. wird es zu ὁ, vgl. Meisterhans 
S. 19. 


Anm. In den übrigen Dialekten zeigt 7 zwei Arten der 
Entwicklung. Es nähert sich entweder dem ἅ, so im Elischen, wo 
verschiedentlich « für 7 geschrieben wird und wohl auch im Les- 
bischen, oder es wird zu geschlossenem 6, geschrieben δε, im Böot., 
Thessalischen, Pamphylischen. 

2. n wird zu e durch quantitative Metathese u. s. w,, 
5. ὃ 188 f. 

8 156. h) Urgriech, w 

ω bleibt im Att. unverändert. Seit dem 3. Jahrh, 
wird es mit o verwechselt. 

Anm. Thess. wird ὦ zu ov, vgl. den Wandel von ἡ: δὲ 


C. Die urgriechischen Diphthonge. 


ᾷ 157. Zu den aus dem Idg. ererbten Diphthongen 
treten im Griechischen neue in Folge des Schwundes von 


112 Laut- und Akzentlehre XL [8 157—159. 


8, 7, ὦ zwischen Vokalen. Diese fallen im allgemeinen 
mit den alten Lauten zusammen. 

ᾷ 158. a) Urgriech. εἰ. 

1. εἰ wurde im lIon.-Att. zu & Die Schreibung 
bleibt. Also εἶμε „ich gehe“, idg. *eimi, zu sprechen Ems; 
vgl. noch ὃ 81. 


Chronologie. 


a) Die Schreibung des unechten δὲ mit es begegnet 
seit dem 6. Jahrhundert, dringt aber erst später allge- 
mein durch. 

β) Zur Zeit der Vokalkontraktionen bestand noch 
eı, daher wird ἀείδω zu &dw, *yındas zu γικᾷς, aber es 
heißt φᾷᾶνός, φαξινός aus *paFeovös, νικᾶν ται *yındav 
aus γικάξεν. 

Anm. Den Weg & zu ὁ gehen früher oder später alle 
Dialekte. Im Korinth. steht e für δὲ schon im 6. Jahrh., vgl. die 
Schreibung /FEvias. Im Böot. wird im 5. Jahrh. schon « für δὲ 
geschrieben. 

. 2. Das neu entstandene 2 wird im 3. Jahrh. zu 2, 
ausgenommen vor o- und a-Vokalen, 5. ὃ 183. 

ἢ 159. Ὁ) Urgriech. ov. 

ov wurde im lIon.-Att. zu geschlossenem © und 
weiter zu ἃ. 


Chronologie. 


Seit 440 v. Chr. tritt vereinzelt die Schreibung o für 
echtes ov auf: Σποδίας, ὁδέ, ὀδένα, und seit ὁ. 500 v. Chr. 
findet sich ov für unechtes ἃ geschrieben. „Diese Formen 
werden im Laufe der Zeit immer häufiger, sodaß um 
360 v. Chr. die alte Schreibweise fast ganz aufhört und 
sich nur noch in vereinzelten Resten bis ins 3. Jahrh. 
erhält.“ 

Anm. Wann dieser Lautwandel in den Dialekten eingetreten 


ist, läßt sich nur selten feststellen. Im Kret. und Kyprischen war 
o-v noch erhalten, wie die Schreibungen kret. σποδδάν und kypr. 


—— 


8 159—163.] Spontane Veründerungen der Vokale. 113 


δΦ᾽υο τι οὐ, a'ro'u'ra’i τι ἀρούραε lehren. In Korinth und 
Kork. ist ov wohl schon im 6. Jahrh. zu % geworden, s. Kretschmer 
Vas. 39; vgl. den Übergang von δὲ zu δ. 


8 160. c) Urgriech. ar. 
αὐ vor Vokalen zu ἃ, α, 8. $ 184. 


Anm. Im Böot. wird « über ae (5. Jahrh. n. Chr.) zu ἡ, 
später zu &. 


$ 161. d) Urgriech. οἱ. 

1. o im Diphthong οὐ muß schon frühzeitig einen 
anderen Klang gehabt haben als 0. Denn bei Homer 
wie in einzelnen Mundarten (Gortyn, Kypr., Korinth) ist 
F vor oı erhalten, während es vor 0, ὦ, οὐ geschwunden 
ist, vgl. Solmsen ΚΖ. 32, 278 Ε΄. Entsprechend ist att. 
δυεῖν wahrscheinlich aus δυοῖν entstanden. 

Anm. Im Böot. ist o« im 5. Jahrh. zu os, im 3. Jahrh. zu 


einem Laut geworden, der mit νυ bezeichnet wird. Schließlich wird 
defür δὲ = ξ geschrieben. 


2. oı zu o vor Vokalen, 8. ὃ 184. 

8 162. e) Die übrigen Diphthonge. 

1, av, ev, ov zu a, 8, o vor Vokal nach Schwund des 
0,8. ὃ 184. 

2. u-Diphthonge werden nach vorausgehendem 7 zu 
i-Diphthongen, daher ἔξειπον aus Ἐξξευπον, ai. dvödcam, 
ἀείδω zu αὐδή aus *aFevdw, εἴρηκα aus *FeFonxo, *Fevonxa. 


D. Die primären und sekundären Langdiphthonge. 


$ 163. Die meisten idg. Langdiphthonge hat das 
Griechische nach $ 148 verkürzt und nur wenige im Aus- 
laut erhalten. Durch den Ausfall der Laute 8, 7, w sind 
aber viele neue Langdiphthonge entstanden, die alle das 
gleiche Schicksal der Monophthongisierung erfahren. 

a) 72. Seit dem 4. Jahrh. wird im Att. u mit « 
verwechselt, man schreibt «Asis, ϑνεδίσχδις: es war also 
mit diesem zusammengefallen oder stand ihm wenigstens 
sehr nahe. Da δὲ zu dieser Zeit den Lautwert 2 hatte, 

Hirt, Griech. Laut- u. Formenlehre. 8 


114 Laut- und Akzentlehre XII, [$ 163. 164. 


8. 8 81, 2, so ist dieser auch für 7 anzunehmen. nz er- 
leidet demnach zwei Veränderungen: n wird geschlossen 
und : schwindet. 

b) & und w: hielten sich länger. Die Römer ent- 
lehnten sie in älterer Zeit noch als Diphthonge, vgl. 
Thraex, tragoedus, später als Monophthonge Thrär, Thräcia, 
rapsödus, ödeum. Das Stummwerden des Lautes ὁ muß man 
in die Zeit vor 200 v. Chr. setzen. Seit 200 wird Jota 
auch vereinzelt am unrichtigen Orte zugesetzt, z. B. 
τὼ ϑεῴ. 

6) Die langen «-Diphthonge waren im allgemeinen 
selten. ἂν liegt vor in att. ἑαυτῷ, ion. ἑωυτῷ, aus £Eo(i) 
αὐτῷ, att. ταυτό, ion. τωυτό aus τὸ αὐτό. Dieses ἂν wurde 
im Att. kurz vor Christi Geburt zu ἃ, da die Inschriften 
tardy, ἑατοῦ, ἅτοῦ schreiben. Vgl. Wackernagel ΚΖ. 
33, 68, — Für »w liegt kein einwandfreies Beispiel vor. 


XI. Kapitel. 
Kombinatorischer Wandel der Vokale. 


A. Assimilation von Vokalen, die sich nicht berühren, 


8 164, Nicht jeder Vokalwechsel, den wir im Grie- 
chischen finden, stammt aus idg. Zeit. Es haben viel- 
mehr im Griechischen, allerdings in geringerem Umfang 
als in anderen Sprachen, Assimilationen und Verände- 
rungen von Vokalen stattgefunden, die den Schein idg. 
Ablauts vortäuschen. Die Grundlage für unsere bisherige 
Erkenntnis bietet ein Aufsatz von J. Schmidt KZ. 32, 
321 ff, der allerdings einiges Zweifelhafte enthält, Auch 
werden sich seine Ausführungen noch ergänzen lassen, 


8 1656—168.] Kombinatorischer Wandel der Vokale. 115 


& 165. 1. Unbetontes e wird zu o vor folgendem o, 
namentlich wenn ἰ oder Labiale dazwischen stehen. 

So steht in attischen Inschriften: ößeAloxos, ὀβελεέα, 
aber ὀβολός, τριώβολον u. s.w. Ferner Arrellwy, Ἡπελλαῖος, 
“Ἵπέλλιος, aber V ok. πολλον (danach analogisch "“πόλλῳ»), 
“πολλώνιος, Ἀπολλωνίδης, Anollööwpos; — αἰέλουρος, aber 
αἰόλος aus *aloAös; — κέλευϑος, aber ἀχολούϑου und 
danach ἀκόλουθος; — Τριπτολέμῳ, aber Τρισπτόλομος: — 
Τορώνη = Τερώγη: — Ὀρχομενός neben Ἐρχομενός ; — 
äol. ἔδοντες zu ὀδόντες ; --- τριακοντέρου, aber τριακόντορος: --- 
ὄροβος aus Γἔροβος, vgl. lat. ervum; — λωποκογγνήσιοι 
neben AAwrzexovvijouot. 

Anm. Da dieser Wandel vom Akzent abhängig war, so 
müssen sich vielfach Doppelformen einstellen, die dann wieder aus- 
geglichen werden, so Antw» und ᾿Δπόλλων, Τριπτόλεμος und 
Τριστόλομος u. 8. w. Dasselbe gilt von den folgenden Fällen. 


& 166. 2. Unbetontes e wird zu ὁ vor folgendem v: 
γέργυρα, aber herod. γοργύρῃ, γοργύρης; — Κέρκῦρα, aber 
«Κορκύρας, Κορκυραῖοι; — κρέμυον Hes. neben χρόμυον, 
nach χρομύου; — κοχύω „in Menge hervorströmen“ aus 
Ἐχεχύω; — ὀδύρομαι aus Ῥἐδύρομαι; — κοσχυλμάτιον: 
]. quisquiliae. 

8 167. 8. Unbetontes e wird zu α vor a: λακάνη, 
die Form der κοινή für att. λεκάνη; --- Faxdße auf einer alt- 
korinthischen Vase zu Exdßn; — att. Σάραπις neben 
ZEgATULG. 

ᾷ 167a. 4. Unbetontes & zu e vor e: ἐγχέλυος aus 
Ἐἀλγχέλυος: 1. anguilla; — ἅτερος, aber ἑτέρα; — vulgäratt. 
ἐρετη. 

ᾷ 168. 5. Unbetontes « wird zu o vor v oder Fo 
der folgenden Silbe: ὄργνυμε: ai. rnömi; — στόρνυμε: ai. 
strndmi; — ὄρϑός aus Ἐἀρϑῆός: 1. arduus; — ὀργυιᾶς: 
ai. räjati; — ϑόρνυσθαι „bespringen“ : ϑάρνυσϑαι Hes.; — 
ion. οὐλαέ, att. ὀλαέ : ἀλέω, ἄλδξυρον ; — πολύς: ai. purüß; — 


μολύνω, τορύνη : — ὄξύς : ἄκρος. 
g* 


_ PER 


116 Laut- und Akzentlehre XII. [8 169-173. 


ᾷ 169. 6. Unbetontes α wird zu o vor ὦ und o der 
folgenden Silbe: κολώνη, κολωγός aus ἔκαλώνη; — κορώνη 
aus *xagamn; — ion. ἀρρωδεῖν: att. ὀρρωδεῖν; — ark. 
ἑχοτόν aus ἑκατόν; --- ὀμόργνυμε: ἀμέργω; -- σοφός: σάφα, 
σαφής; --- ὅμός, ὁμοῦ : ἅμα; — κοχώνη aus Ἐκαχώγη: ai. 
jaghänas „Schamgegend*; — δοχμός aus *dayuds: ai. 
jihmäs „schief, schräg“. 

ᾷ 170. 6. Ein nach _ stehendes n bleibt nach 
de Saussure Möm. 7, 91f. im Attischen erhalten, wenn 
in der folgenden Silbe ein ἡ folgt, daher χρήνη (dor. 
κρἄάνα), εἰρήνη, Κυρήνη, Πειρήνη. 

ᾷ 171. 8. Untergeordnete Assimilationen sind: 

α) ı zu v vor v, att. inschr. ἥμυσυ, aber ἡμίσεος, 
Κυνδυεύς neben Kiyövsvc. 

ß) v zu ı vor s, att. inschr. βιβλέον aus BußAior. 


B. Veränderungen der Vokale durch Nachbarlaute. 


ᾷ 172. Im griech. Vokalismus sind weitgehende 
Veränderungen durch den Einfluß unmittelbar benach- 
barter Laute eingetreten. 


Il. Veränderungen durch benachbarte Konsonanten. 


Es kommen in der Hauptsache nur r und 7 in Betracht, 
die in vielen Sprachen ähnliche Wirkungen ausüben. 

ᾷ 173. a) Einwirkung des r. 

1. Attisch wird das aus urgr. ἃ entstandene offene ὁ 
nach E zu ἃ, χώρα, ion. χώρη. 


Chronologie. 
Dieser Lautwandel ist älter: 1. als der Schwund von 
F nach e, daher κόρη, ion. κούρη, Öfen, ἀϑάρη aus *xöpFn 
τ. 8. w., 2. als die Kontraktion von ea zu n, daher ὄρη aus ὄρεα, 
3. als der Wandel von g0 zu ge, daher xdeen, ion. xdgen. 
Anm. 1. e wirkt auch über ein o hinweg, daher dyeoa, 
δικρόα, ἀκρόᾶ μα. 


8. 118. 174] Kombinatorischer Wandel der Vokale. 117 


2. In gleicher Weise wirkt e auf e und wandelt dies in « im 
El. κατ-εαραύσειδ für κατ-εαρεύσειδ. Nachfolgendes e bewirkt den 
gleichen Übergang im Elischen und Lokrischen, daher el. φάρην, 
att. φέρειν, lokr. πατάρα, el. Fäeyov u. 8. w. 


3. Im Nordachäischen wird « in der Nachbarschaft von e und 
auch wohl von 4 zu ὁ, lesb. στρότος, böot. στροτός, thess. böot. 
ἐροτός = ἐρατός, äol.zögvoy u. 8., vgl. Hoffmann Gr. D. 2, 356. 

4. Im Nordachäischen wird für os auch es geschrieben, thess. 
Ὑβρέστας, κρεννέμεον͵ Bol. Sauoxgero, böot. τρέπεδδα. Dies deutet 
auch einen Übergang von ρὲ zu ee. Analog. ist el. πόλερ für πόλες, 


Anm. 2. Diese Erscheinungen sind lautphysiologisch ganz 
einheitlich, In allen Fällen wird die Tonhöhe des Vokals herab- 
gesetzt, daher 4» 8, s>a, n>a, a>o, 


Ὁ) Einwirkung von 2 oder : der folgenden 
Silbe. 

& 174. a) Durch ein 27 wird der Vokal der voraus- 
gehenden Silbe beeinflußt, aber nur dann, wenn 7 nach 
den Lauten w, n, r, s stand. Ob in diesen Fällen die 
voraufgehenden Konsonanten zunächst mouilliert sind, 
oder ob eine Epenthese des 2) stattgefunden hat, läßt sich 
nicht genau ermitteln. Wahrscheinlich sind diese Prozesse 
weder gleichzeitig noch gleichartig. 


1. Aus e0j, adj, 00j, voj entstehen nach Schwund des 
s allgemein Diphthonge. Der Weg ist unklar, vgl. 8 240. 

2. Steht 5 nach n, r, w, so finden wir eine doppelte 
Behandlung. 

a) a,o-+n, r, w + j ergeben allgemein Diphthonge, 
daher auch lesb. σπαίρω, offenbar weil hier die Differenz 
zwischen dem «a, o und dem ;-haltigen Konsonanten sehr 
groß war, vgl. $ 240. 

a) e,i, ü+n, r, w, ἡ ergeben in allen Dialekten mit 
Ausnahme des Lesbischen und Thessalischen gedehnten 
Vokal, att. δι, z, ὃ. Im Lesb. und Thessalischen aber 
finden wir gedehnte Konsonanz, vgl. $ 240. 


c) Dehnung infolge Konsonantenschwundes. 


118 Laut- urid Akzentlehre XII. [8 175—177, 


& 175. Eine Dehnung wird bewirkt 

1. Durch den Schwund eines » vor o, 8. ὃ 244, 1b. 

2. Durch den Schwund von o in der Verbindung mit 
Liquiden und Nasalen, 8. $ 236 f. 


ll. Veränderungen sich berührender Vokale. 


8& 176. Vokale, die sich berühren, können ver- 
schiedene Veränderungen erleiden. Sie werden, abgesehen 
von den Fällen, in denen sie unverändert bleiben, ent- 
weder einander assimiliert und dann kontrahiert, oder sie 
werden dissimiliert. Gewisse Verbindungen werden auch 
ohne Assimilation kontrahiert. Bei anderen geschieht 
dies nach Dissimilation. 


A. Qualitative Veränderungen sich berührender 
Vokale ohne Veränderung der Silbenzahl. 


8 177. 1. Wie Joh. Schmidt Neutra 326 ff. erkannt 
hat, ist urgriechisch & unmittelbar vor o-Lauten zu & ge- 
worden. Dieser Lautwandel zeigt sich namentlich bei 
den Verben auf -aw wie zıudo und den Neutren auf -ac. 
Besonders beweisend sind für dieses Gesetz die Inschriften 
der verschiedensten Dialekte. Aber auch bei Homer finden 
wir οὖδας, Gen. οὔδεος, danach Dat. οὔδει, der eigentlich οὔδαι 
lauten müßte, σκέπας, aber ἀνεμοσχεπέων, uevowda, uevowg, 
aber uevoiveov, ὅμόκλα, aber ὁμόκλεον, ὁμοκλέομεν, ποτέ- 
ονται gegenüber ἀμφεποτᾶτο, ἤντεον. Bei Herodot heißt 
es ὀρέω, ὀρέων, daneben ὀρῶμεν aus *öpdouev durch 
Analogiebildung; ebenso φοιτέω: aber ein *ögeis statt 
des regulären δρᾷς kommt nicht vor. Ferner finden wir: 
κέρας, τέρας, γῆρας, κέρεος, τέρεος, γῆραι, κέραϊ, κερέων. 
Die alte Flexion ist also fast unverändert erhalten. 

. Anm.1. G. Meyer Gr. στ. ὃ S. 597 lehnt dieses Gesetz ganz 


unberechtigterweise ab. Wenn irgendwo die Thatsachen sprechen, 
80 ist es hier. 


& 177—179.] Kombinatorischer Wandel der Vokale. 119 


Anm. 2. Nach Hoffmann Gr. Ὁ. 3, 246 wird zuch urgriech. 
a vor α zu 8, daher ion. γέρεα, τέρεα͵, ἐξεπίστεαε, δυνέαται, Eap 
„Blut“, 1. assir, ai. dsyj „Blut“, xreavov „Besitz“ zu κτάομαι. 

$ 178. 2. In einem Teil des ionisch-attischen Sprach- 
gebietes ist offenbar ἃ nach ὁ und v zu 8 geworden. So 
dürfte sich am ehesten das Nebeneinander von « und 8 
in vielen Worten erklären, vgl. Schweizer, Perg. Inschr. 
36: ψέαϑος und ψέεϑος, φιάλη und φιέλη, σίαλον und 
σίελος, ὕαλος und ὕελος, μιαρός und μιερός, ἱαρός und ἱερός 
(ai. ἐξίγάβ erweist « als alt), σχεαρός und σχιερός, χλιαρός 
und χλιερός, πιάζω und πιέζω. Man vergleiche ferner 
ἕεμαι, Evöleoav gegenüber ἔρα-μαι, πέτα-μαι, δέατο u. 8. W. 
Offenbar ist dies ein Assimilationsprozeß, der auf be- 
sondere Bedingungen beschränkt war. 

$ 179. 3. Das aus urgriech. ἃ entstandene ὦ (8. 
8 154) wird im Attischen wieder zu ἃ nach ὁ, e Daher 
σοφέα, ion. σοφίη, τριάκοντα, ion. τριήκοντα, lürgds, ion. 
ζητρός, νέα, ion. ven, veüviläg, ion. venving. 

Anm. 1. Die Annahme, daß & auch nach v zu ἃ geworden 
sei, wird von Kühner-Blass 1, 382 und von Hatzidakis ΚΖ. 36, 589 ff. 
bestritten und widerlegt. Es heißt in der That ἐγγύησις, ἐγγνῆσαε, 
ϑυηλή, ünvös, Φλυήσιος, ö&in. Die Ansicht ist auch darum wahr- 
scheinlich, weil 7 nach F (u) bleibt. 


Chronologie. 


Dieser Lautwandel ist nicht auf eine Linie mit dem 
Wandel von en zu g@ zu stellen, da er jünger ist als 
dieser. Er tritt ein nach dem Schwund des F, daher ποία 
(πόα) aus ἔποίξη, lit. peva „Wiese“, ion. ποίη, νέξ aus 
vEFn, aber κόρη aus *x0oFn, und nach der Kontraktion von 
eu zu ἡ, daher ὑγιᾶ aus ὑγιέα, ἐνδεᾶ aus ἐνδεέα, aber ὄρη 
aus ὄρεα. Er ist auch jünger als die Verkürzung von ἢ 
zu e vor Vokal, daher 9&z „Anblick“, dor. 9a. 


Anm. 2. Die Annahme, daß in den Fällen wie σοφία, νέα ur- 
griechisch ἃ erhalten sei, wie viele annehmen, ergiebt sich als un- 
richtig aus dan Formen wie ὑγεῶ, Die Kontraktion von e-+a ist 


120 Laut- und Akzentlehre XII, [8 179—183, 


7, und dieses ἡ ist dann zu ἃ gewerden, vgl. bes. Kretschmer Κι, 
31, 285 ff., Brugmann IF. 9, 154. 


8 180. 4. Ion.-att. ὦ wurde zu ἃ, wenn ἡ folgte: 
hom. att. ἀήρ, hom. Gen. ἠέρος, Dat. ἠέρι, später ausge- 
glichen zu ne; hom. δυσαής, ὕπερᾷής. Vgl. Kretschmer 
WfklPh. 1895 S. 623, Hatzidakis IF. 5, 394 Anm. 
Anders Hoffmann Gr. D. 3, 352 f. 


ξ 181. 5. e wird im Attischen, besonders im 4. und 
3. Jahrh., vor Vokalen häufig εἰ geschrieben: eidv, εἰαυτοῦ, 
τὸν βασιλεία, ϑειοῖν, Ἱεροκλείους, ἱερειώσυνα. Dies deutet 
auf geschlossene Aussprache. 


Anm. Dieser Lautwandel tritt in den meisten Dialekten 
früher oder später, jedoch in verschiedenem Umfang ein. In 
dorischen Dialekten: kretisch, lakonisch, herakleisch, argivisch wird 
e zu s, abgesehen von den Fällen, wo F dem e folgte, vgl. kret. 
altıovıwv, καλέων, uoıylov, Vovres, ıklavs, πλίονα, aber υἱέος, Foıx&os, 
χρέος, καταρέοντα. Im Böotischen wechseln die Schreibungen Ε, ΕἸ, F, 
die den Versuch ausdrücken, den neuentstandenen Laut zu bezeichnen. 
Von einer Beschränkung wie im Dorischen ist nichts zu spüren, 
es heißt λέων, Νίων, ölovros, Ἰώσας, Fern, ϑεός u. s.w. Auch im 
Thessalischen steht ὁ für e, wenn auch seltener, KAsouaxos; ebenso 
im Kyprischen durchweg auf der Bronze von Edalion und im 
Pamphylischen. Der Lautwande] ist nicht eingetreten im Lesbischen. 
Vgl. Solmsen ΚΖ. 32, 513 ff. 


& 182. 6. Sekundäres 2 (eı), das durch Ersatzdehnung 
oder durch Kontraktion von 8 + 8 entstanden war, wurde 
im Ion.-Att. zun vor eund ı, vgl. Brugmann IF. 9, 153 ff. 
Beispiele: hom. τέλειος aus ἔτέλεσξος, aber τελήεις aus 
*zeleoFevr-; — hom. xeont, χέρηες : χερείων und χέρεια; — 
hom. σπήεσσι, σπῆϊ neben Gen. σπεῖος (überliefert σπείους); 
— Ἡρακλῆι, vgl. Πατρόχλεις. 

ἢ 183. 7. Als im 3. Jahrh. 2 (δ) zu ΣΦ wurde, blieb 
& vor o- und a-Vokalen. Es wird daher, weil & zur 
Darstellung des ὃ diente, ἡ geschrieben: εὐσέβηα, ϑεράπηα, 
l&ona. 


8 184. 185.] Kombinatorischer Wandel der Vokale. 121 


B. Quantitative Veränderungen sich berührender 
Vokale, 


8 184. 1. Diphthonge vor Vokal. 


8) Urgriechisch aıF wurde im Ion.-Attischen unmittel- 
bar vor e-i-Vokalen, vielleicht auch vor α zu ἃ, vgl. Wacker- 
nagel ΚΖ. 27, 276, Fröhde BB. 20, 203f.: darge aus 
Ἐδαιξήρ, 1. levir, ai. deva „Schwager“; — ae aus aiFel, 
aber αἰών: — hom. her. ἀέσσω, att. ἄττω aus *alFınjao; — 
ion. 4löns, att. Aıöns, aus *Alfı-; — att. Onßals: Θηβαῖος. 
So erklären sich auch κλάω, «uw aus der 2. Sg. xAd(ı)eug, 
xd(ı)eıs, neben κχλαέω und καίω. 

b) Später verloren οὐ und « ihr ὁ vor den gleichen 
Vokalen. Am deutlichsten ist das Verhältnis in den In- 
schriften beim Stamm svor-; es heißt ποεῖ, ποοήσω, ἐπόησεν, 
daneben auch Formen mit οἱ, aber stets ἱεροποιοέ, ποιῶν, 
ποιοῦσι, ποιούντων; ferner στοά, 4ϑηνάα. 

c) Die Diphthonge av, &v, ov, die durch Schwund 
eines 5 antevokalisch wurden, verlieren ihr ὦ zum Teil. 
Solmsen giebt IF. Anz. 6, 154 die Regel, daB betonter 
Diphthong bleibt, unbetonter sein v verliert. Daher αὖος, 
ἀφαύω, lit. saüsas „trocken“, παύειν, χναύδιν, ψαύειν, 
Wavorös, εὕειν, 1. uvere, γεύεσθαι, got. kiusan „prüfen“, 
veveıw zu γυστάζω, aber ἠώς: 1. aurora, ἀκοή, ἀκήκοα, aber 
ἀκούειν, ἀκροάομαι, vielleicht aus *dxpovodouaı. — Diese 
Regel dürfte das Richtige treffen. Bei Homer liegen im 
Aorist ἔχεα und &xeva nebeneinander, aber die Regel zeigt 
sich doch. Es heißt stets Fut. χεύω, χεύομεν, ferner xevn, 
χεῦαι, περιχεύας, ἐχεύατο, aber σύγχεας, ἔκχεον, ἔχεαν. Da- 
neben allerdings auch ἔχευαν. 

8 1855. 2. Quantitative Metathese im 
Ion. -Att. 

Das Gesetz, daß zwei benachbarte Vokale ihre 
Quantität vertauschen und ihre Qualität verändern, ist 
nur Ionisch- Attisch und trifft im Attischen die Ver- 


122 . Laut- und Akzentlehre XII. [8 185—187, 


bindungen 20, na, die zu ew und e& werden: hom. λᾶός: 
att. λεώς; --- att. ἕως : ai. yävat „wie groß“ ; — hom. zeIn- 
6ros: att. vedvenrog; — lesb. βασίληος : att. βασιλέως ; ---- 
hom. πόληος : att. πόλεως ; — att. φρέατος aus Ἐφρήξατος.: ; — 
att. στέατος aus ἔστήᾶτος ; — att. βασιλέᾷ : 1080. βασίληα; ---- 
ἐάν aus ἡ ἄν. Die näheren Bedingungen dieses Laut- 
wandels sind noch nicht ganz klar. Wackernagel Verm. 
Beitr. 53f. vermutet wahrscheinlich richtig, daß er nur 
in zweisilbigen Worten eintritt und in mehrsilbigen, wenn 
zwischen den beiden Vokalen ein ἢ gestanden hatte; 
πόλεως muß man dann aus ἔἜπόληξος erklären, s. ἃ, 
Flexionslehre. 

Bei Homer stehen die älteren und jüngeren Formen 
nebeneinander: τέως neben τῆος. 

Im Ionischen ist das Gesetz durch zahlreiche Neu- 
bildungen gestört, vielleicht sind auch noch nicht alle 
Bedingungen des Wandels erkannt. 

8186. 3. Kürzung langer Vokalevor Vokal. 

Die quantitative Metathese setzt wohl zunächst eine 
Verkürzung des Vokals vor Vokal voraus, wie man sie 
im Auslaut bei Vokalen häufig antrifft. Erst dann ist 
der folgende Vokal zum Ersatz gedehnt. War der zweite 
Vokal natura lang, so konnte eine Dehnung nicht sichtbar 
werden. Im Attischen ist die Verkürzung langer Vokale 
vor Vokal häufig, vgl. Formen wie der Gen. Plur. der 
e-o-Stämme: βασιλέων aus ἔβασιλήων, ἕως, hom. ἠώς: 1. 
aurora; — ϑέᾳ zu dor. ϑάα. Über die Verhältnisse des 
Ionischen s. Brugmann Gr. Gr.? 56f. 


C. Veränderungen sich berührender Vokale mit 
Veränderung der Silbenzahl. 
1. Kontraktion. 


ᾷ 187. Einen Hiatus dulden die wenigsten Sprachen, 
Zusammentreffende Vokale werden daher meistens kon- 


8 187--189.] Kombinatorischer Wandel der Vokale. _ 128 


trahbiert. Doch treten im Laufe der Zeiten immer wieder 
neue Hiate auf, die zu neuen Kontraktionen führen. 

Für unsern Sprachzweig müssen wir mindestens drei 
Perioden der Kontraktion unterscheiden: 

a) die indogermanische, 

b) dieurgriechische oder wenigstens gemeingriechische, 

6) die einzeldialektische, vornehmlich attische. 

$ 188. a) Uber die indogermanische Kon- 
traktion sind wir noch nicht völlig unterrichtet. Vor 
allem können wir nicht bestimmen, welcher der beiden 
Vokale in seiner Qualität gesiegt hat. Vgl. Wackernagel 
Das Dehnungsgesetz der griech. Komposita 8. 21#f., 
Osthoff MU. 2, 113ff. 

Indogermanische Kontraktion ergab in den meisten 
Fällen schleifenden Ton (Zirkumflex). 

e+te = & Daher gr. ἦα „ich war“ = ai. äsam 
aus *e (Augment) + *esm; — gr. ἦα „ich ging“, ai. äyam 
aus *e + om; — lat. ed aus *e + edi. 

ä+a = & Endung des Dat. Sing. der fem. 
a-Stämme: ϑεᾷ aus + ai. 

ätri=@. Lok. der fem. #Stämme, idg. -@. 

o + ὁ scheint & ergeben zu haben, vgl. gr. ὠμηστής, 
al. Bmäd aus *omo-ed. 

o+%& wurde vermutlich zu -ä, gr. στραταγός aus 
*gtrato-agös, Abl. lat. exträd aus *exiro + äd, gr. ἀλλήλων aus 
*qljo-al-. Auf der anderen Seite steht allerdings ἀγωγή 
aus *ayo-ayi, und der Dativ. Sing. Mask. auf -δὶ, ϑεῷ 
aus -o-aö und Dat. Plur. -Ois, gr. ϑεοῖς, ai. ἀδυαϊξ, sodaß 
keine sichere Entscheidung zu treffen ist. 

8 189. Ὁ) Im Urgriechischen oder vielleicht 
erst im Einzelleben der Dialekte entstanden neue Hiate, 
besonders durch den Schwund von s und ;. Es fragt 
sich, ob diese Laute gleichzeitig und wann sie geschwunden 
sind. s scheint sich jedenfalls ziemlich lange als ὦ er- 
halten zu haben. 


124 Laut- und: Akzentlehre XII, - [8 189. 190. 


Viel später als der Schwund von s und 7 ist der von 
Digamma, der ja manchen Dialekten überhaupt mangelt. 
Außerdem ist folgendes zu beachten. Laute, die einander 
fernstehen, wie & und o, können zunächst nicht kontrahiert 
werden. Die erfolgte Kontraktion setzt eine Assimilation 
voraus, über die wir schlecht unterrichtet sind. Die 
Dialekte weichen außerdem in der Kontraktion von ein- 
ander ab, und schließlich ist auch unser Material be- 
schränkt. Bei Homer kommt auch noch die Überlieferung 
hinzu, die in einer Reihe von Fällen Kontraktion zeigt, 
während die homerische Sprache sie wahrscheinlich noch 
nicht kannte. Vgl. Nauck M&l. gr&co-rom. 2, 3, 4, von 
Hartel ZfdöG. 1876, 621ff. Alles dies trägt dazu bei, . 
die Lehre von der Kontraktion schwierig und kompliziert 
zu gestalten. 

Anm. Die wichtigsten Arbeiten über die Kontraktion sind 
die von Wackernagel ΚΖ. 25, 265 ff, Zur .Vokalkontraktion ΚΖ, 


27, 84 ff., Uber attische Kontraktion nach Ausfall des δι ΚΖ. 
29, 138 f 


ᾷ 190. Als allgemeine Regeln lassen sich folgende 
aufstellen. 

1. Gleiche Vokale werden zu Längen kontrahiert. 

2. Stehen an zweiter Stelle « und v, so verbinden 
sich diese mit dem vorhergehenden Vokal zum: Diph- 
thongen. 

3. Bei sonstigen ungleichen Vokalen giebt es zwei 
Möglichkeiten: 

a) Es siegt die Qualität des einen vollständig. 

b) Es siegt die Qualität des einen mit einer Modi- 
fikation nach der Seite des zweiten hin, e+te zu ἢ, 
α +ozuw. 

4. Die Kontraktion oder N ichtkontraktion ist durch 
besondere Bedingungen beschränkt. 

a) Nach Schulze Quaest. ep. 163 ff, Solmsen KZ, 
32, 526 f. werden im Att. eo, εω, &ov, δα, zwischen denen 


8 190. 191] Kombinatorischer Wandel der Vokale. 125 


s oder j geschwunden ist, in zweisilbigen Worten nicht 
kontrahiert, während in mehrsilbigen die Kontraktion 
eintritt: ϑεός aus ἔϑεσός, aber Θούφιλος, Θούμαντις, πέος 
== ai. päsas, δέος aus *ÖFEjog, ἔαρ aus "ξέσαρ, lit. ναδαγὰ 
„Frühling“, aber Gen. ἦρος, τρέω, Lew, βδέω u. 8. Μ΄. 
Diese Regel ist zwar allgemein angenommen, sie hat aber 
doch den einen Mangel, daß iu der Zwei- und Mehr- 
silbigkeit keine rechte ratio für die verschiedene Be- 
handlung vorliegt. -Wackernagel machte früher den 
Akzent verantwortlich, der gewiß eine Rolle dabei spielt. 

Ὁ) Nach vorhergehendem ὁ wird e mit folgendem ὦ 
und «a kontrahiert, sonst nicht: Inschr. Αἰγιλιῶς, Παιανεῶν, 
Κυδαϑηναιᾶ, Ἑ στιαιᾶς gegenüber βασιλέως, βασιλέα u. 5. w. 

5. Altes ἢ verhindert im Attischen die Kontraktion 
in den Verbindungen: 

am: ἀήρ, ἀηδών, ἀηδής: 

eu : ἐννέα, νέατος, κρέας, βραχέα; 

&0 : ἔτεός, νέος, νεοχμός, aber νουμηνία (8. 0.); 

E01: ταχέοιν : 

eov : Ἡρακλέους: 

δὼ : ϑεωρός, ἕως, βασιλέως; 

οα: χοάγη, ἀχήχοα: 

οη : κακοήϑης. 

8 191. Über die Ergebnisse der wirklichen Kon- 
traktion geben die folgenden Tabellen Auskunft. 


αἰσϑάνομαε, παῖς. 
ἀέκων > ἄκων, Ti- 
μᾶτε, dor. ἡ, σιγῆν. 


“Ans, δᾳδός 


AIR 
δι ὃ 


a \&e) ἃ ᾿ φαεινός > φᾶνός. 

α ] δι 4 |ddw, τεμᾷ. 

ᾶ | ἢ & ᾿τιμᾶτε, dor. ὁρῆτε. 
ἃ ] α ἃ | δ((. λᾶς α | & |hom. δέπᾶ, ἄτη aus 


aFarn. 
βεβᾶσε aus *Bspadoı. 


RI 


ἄν | ex | ϑέα, später ἃ, 
Adi | 


R 
RI 
>) 


126 Laut- und Akzentlehre XII. [8 19 


Heu 


@ | ὦ |dor.| Torıdav, hom.-eow,| a | » | ὦ Ϊ τιμῶ aus rrıudo. 
a | att. ϑεῶν 


@ | o | no |hom, Argeidew, ἕως] a | o | ὦ |hom. ἀγήρδος, ἀγή- 
ew | dor, ἃ, ᾿Δτρείδα ρως, φῶς. 
& | ov a)o | @ ἀοιδήν φδή. 
| v πραῦνεεν a Ἰδίου" ὦ | *öpaovaı > ὁρῶσι. 
a| v 
n |. |\n |[ϑνήσκω, ἤϑεος oa | v 
ἢ | e ἡ ἥλιος, βασιλῆς ὦ |ölov)) ὦ | δεγῶσα. 
n |E&e)) ἡ jion, τεωῆς aus o | ὁ  ωὦ ᾿| ῥιγῶντες. 
τἰ μήεες 
ἢ ] δὲ ] ἢ |ῇδη oa | 0:  ῳ  ῥιγῷεν { "᾿ῥδιγώοειεν, 
ἢ [ἢ | n \Konj. ζῆτε oa | » | ὦ |hom. δώω > att. δώ, 
7 | & | ea  βασλέα o | & | ὦ ἥρω < ἥρωα. 
ἢ |» | ὦ στῶ, hom. στήω oa | n | ὦ |Konj. ῥιγῶτε, 
n\o hom. βασιλῆος, ω | Ele) 
βασιλέως 
n | ov ' o | & | ® |Konj. ῥιγῷ. 
n |v ω 8 γεωργός aus *yew- 
Feoyos, γνῶναεν 
ω «|| κφ \nom. 
8 ε| = | εἷ {ς Ἔξσι, μένεε o|v 
e | e |δζει)) τρεῖς, εἰργαζόμην | 0 | o | ov | δήμου, αἰδοῦς. 
e |&s)| eu | κλδινός { ἔκλεεινός | ο ἰδίου) ov | μεσϑοῦσι͵ σοῦμιαε, 
8. | 8] εἰ φιλεῖ ο | ov | ov νοῦ. 
e | n | n ] Τιμοκλῆς, φιλῆτε o|\ oa | ὦ | wodauer. 
e | α΄ ἡ ᾿ τείχη, ἦρος, ὑγιᾶ o| a | ὦ | αἰδῶ, ἠῶ. 
e | ω΄ ὦ φιλῶ, ἁλιῶς ζἁλμέέωε) 0 | ἡ | w | μισϑῶτον aus *uo- 
| ϑόητον. 
8. \o att. ου 
ion. ev Θουκυδίδης, ϑάρσευς o € ου λουτρόν, λοῦται. 
8 | 0: | 06  φιλοῖμεν ο |[δ(εε)} ov | οἰνοῦς X οἱνόεις, 
8 [δ(ου)] ov ᾿ ποιοῦσι o| | os | μεσϑοῖ. 
s | v | w o | « | os κοῖλος, οἷς. 


$ 191. 192.] Kombinatorischer Wandel der Vokale. 127 


Anm. Die Dialekte kontrahieren vielfach anders als das 
Attische, s. die genauen Angaben bei Kühner-Blass 1, 2001, Die 
wichtigsten Unterschiede, die vielfach auch als Kennzeichen der 
Dialekte dienen, sind: 


j.e + 2 zu ἡ und ὁ - o zu ὦ im Äol, und Strengdor,; 

2.@ 4 o zuaim Dor.; 

8. α-Ἡ e und« + ἡ zu ἡ im Dor., Lokr.; 

4. e-+ o zu ev im Ion., Rhod., dor. Inseln, Kretisch, Kor., 
Böotisch. | 


2, Ubergang von :, e, v + Vokalen in diphthongische 
Verbindungen. 

8 192. Das Idg. und seine Tochtersprachen kennen 
in der Hauptsache nur fallende Diphthonge, und diesem 
Umstand ist es zuzuschreiben, daß Verbindungen wie ἐξ, 
10 u. a., in denen der zweite Bestandteil den Ton auf 
sich gezogen hätte, im Griechischen im allgemeinen nicht 
kontrahiert werden. Indessen giebt es doch Fälle, in 
denen sich im Griechischen ὁ, ε, v mit folgenden Vokalen 
zu steigenden Diphthongen verbinden. Da die Schrift 
diesen Thatbestand meist nicht ausdrücken konnte, so 
sind wir, um über diese Erscheinung ins Klare zu 
kommen, auf die Metrik und lautliche Vorgänge ange* 
wiesen. So lesen wir bei Hom. Aiyvsırlav, πόλεος, bei 
Hes. Ἠλεχερυώγης u. a. Das konsonantisch gewordene ὁ 
oder e wirkt dann auf den vorhergehenden Konsonanten, 
2. B. thess. ἑδδέαν, und mit Schwund des s ἀργύρροι, auch 
wohl att. βορρᾶς aus βορέας, und στερρός aus στερξός, 
oder fällt ganz fort, wie vielfach in Inschriften und 
namentlich in Papyri, so ἐνυπνί()ον, Aayav(ı)a, ἀλεχτρ(υ)ονας. 
Die besonderen Bedingungen, unter denen dieser Über- 
gang eingetreten ist, sind noch nicht genügend ermittelt. 
Im lIonischen spielt nach Meister Herodas 810ff. der 
folgende Akzent eine Rolle. Vgl. noch Hoffmann Gr. D, 
3, 476. 


128 Laut- und Akzentlehre XIII. [$ 193. 


XIII. Kapitel. 
Prothetische Vokale und Vokalentfaltung. 


8 198. A. Prothetische Vokale. Es wird fast 
allgemein angenommen, daß sich im Griechischen vor 
den Sonorlauten r, 2, r, m, w und vor ssogenannte prothetische 
Vokale entwickelt hätten. Diese Lehre bedarf indes sehr 
der Einschränkung, da man es in vielen Fällen, wo man 
prothetische Vokale annahm, mit Lauten zu thun hat, die 
schon aus dem Idg. stammen. 

1. Anzuerkennen ist wahrscheinlich, daß sich aus 
dem Stimmton eines jeden anlautenden r ein Vokal ent- 
wickelt hat. Man vergl. ἐρυϑρός, 1. ruber, ἃ. rot, ai. 
rudhiräs; — ἔρεβος, got. rigis „Finsternis“; — ἐρωή, ahd. 
ruowa „Ruhe“. Aber ganz sicher ist diese Annahme 
auch nicht, da wenigstens ineinem Falle, gr. d&Lw „färbe*, 
ai. rdjyati „ist rot, färbt sich“ kein prothetischer Vokal 
vorhanden ist. Unsicher ist gr. ῥέϑος N. „Glied“, ai. 
ärdhas „Seite, Hälfte“. 

2. Anlautendes } ist in zahlreichen Fällen erhalten: 
λαιός, 1. laevus, abg. lEvs „links“; — Adoxw, ahd. lahan, 
„schelten“; — λέγω, 1. lego; — λείπω, 1. linquo, ai. rindkti 
„läßt frei, leer“; — λέπας, 1. lapis. In den Fällen mit 
„Prothese“ wird daher eine andere Ablautsstufe vorliegen, 
so in ἐλαφρός, ahd. lungar „fink“; — ἐλεύϑερος, 1. liber; — 
öldyos, lit. ἐρὰ „Krankheit“; — ἀλείφω neben λέπος. 

3. Bei m und » sind die Fälle mit „Prothese‘‘ so 
selten, daß sie sicher nicht anzuerkennen ist. Alter Ab- 
laut liegt also vor in ἀνήρ, ai. nar- „Mann“; — ἀμέλγω, 
l. mulgeo; — Öudeyvvu aus *dudeyvuuı, ducoyw neben 
μόρξαντο, ai. mrjänti; — ὄνομα, 1. nömen; — ὄνυξ, ahd. 
nagal, - 


8 193. 194.] Prothetische Vokale und Vokalentfaltung. 129 


4. Über Prothese vor F hat neuerdings Solmsen 
Unters. 220 ff. ausführlich gehandelt. Am bekanntesten 
sind die homerischen Fälle wie Eedva, ἐέλδωρ, ἐέλσαι, 
ἐέρση, ion, &loxw. Diese finden sich nur, wenn die 
Wurzelsilbe natura oder positione lang ist und stehen 
meist an ganz bestimmten Versstellen. Wie weit dies 
wirkliche, in der Sprache vorhandene Formen waren, ist 
trotz Solmsen noch nicht entschieden. In εὐρύς neben 
ai. urüg liegt sicher keine Prothese, sondern alter Ablaut 
vor, εἰλαπίνη steht in Folge metrischer Dehnung für 


Σλαπίνη. 
5. Vor sonstigen Konsonanten ist Prothese entschieden 
abzulehnen. In ἔσϑε „sei“ ist ὁ = «, ebenso in ixrivog, 


ἐχϑῦς, ἐχϑές u. ἃ. 

Anm. Im späteren Griechischen ist Prothese vor o + Kon- 
sonant auf kleinasiatischem Boden wirklich belegt. Das hat aber 
mit urgriechischen Erscheinungen nichts zu thun. 

B. Vokalentfaltung. In vielen Sprachen ent- 
wickelt sich aus dem Stimmton der Liquiden oder Nasale 
ein Vokal. Diese Erscheinung ist im Urgriechischen 
schwerlich eingetreten, während sich in späterer Zeit auf 
Inschriften, Vasen und Papyri allerdings zuweilen ana- 
ptyktische Vokale finden, vgl. G. Meyer Gr. Gr.3 157 ff. 
In den aus der Schriftsprache angeführten Fällen liegt 
alter AblAut vor, so in ydiAaxz- neben yAdyos, γαλόως 
neben ]. glos, χάλαζα, ἕβδομος u. a. 


Die griechischen Vokale nach ihrer Herkunft. 
ξ 194. (Übersicht.) 


A. Kürzen. 

1. At. α = idg. ά ὃ 90, idg. a 8 107, idg. 9 8 109, 
idg. n, m 8 111, idg. « vor r, I, m, n 8 106b, dem aus 
idg. r, | entwickelten Vokal 110, idg. und urgriech. 6e 
durch Assimilation ὃ 167. 


Hirt, Griech. Laut- u. Formenlehre. 9 


130 Laut- und Akzentlehre XII. [8 19. 


2. Αἰ, 8 = idg. ὁ 8 91, idg. « 8 1068, idg. und 
urgr. a durch Assimilation ὃ 167a. 

3. Att, o = idg. ö und ὁ 8. 92, idg. ε vor r, ! durch 
Assimilation 8 106b, idg. und urgr. a und e durch Assi- 
milation $ 165, 166, 168, 169. 

4. Att. ὁ = idg. ὁ 8 104, idg. . vor Geräuschlauten 
8 106a, idg. 4 vor 2 ὃ 106c. 

5. Att, v = idg. u 8 105, idg. . 108, idg. « vor τ΄ 
δ 106 c. 


B. Längen. 

1, Att. ἃ τες 1ᾶρ. @ nach o, ı, 8 8 173, 179, urgr. & bei 
Schwund eines Nasals vor o ὃ 175, dem aus idg. «ra ent- 
wickelten Vokal $ 113, aus Kontraktion 8. 191, 

2, Att.n = idg. ὁ 8 94, idg. ἃ $ 154, dem aus cl, 
ena, «ma entwickelten Vokal $ 113, urgr. α durch Dehnung 
8 175, 2, aus Kontraktion $ 191. 

3. Att. ὦ = idg. ὅ und ὃ 8 95, aus Kontraktion 8 191. 

4. Att. 7 = idg. ga ὃ 112, idg. οἱ 8 123, urgr. ı bei 
Schwund eines Nasals vor 0 8 175, durch den Einfluß 
eines ἡ ὃ 174, durch Dehnung 8 176. 

δ, Att, 5 idg. εἰ ὃ 112, idg. »u$ 124, urgr. v bei 
Schwund von Nasal vor σ ὃ 175, durch Dehnung $ 175, 


C. Diphthonge. 

1. Kurzdiphthonge aus Langdiphthongen ὃ 148. 
2. Att. αὐ = idg. di $ 96, urgr. α durch j-Einfluß 
8 174. 

3. Att. δὲ = idg. & 8 97, urgr. e durch Eirsäatz- 
dehnung bei Schwund eines Nasals vor o $ 175 und 
sonstige Dehnung ὃ 174, durch Kontraktion von e + & 
$ 191. 

4 Att. ou = idg. δὲ und ὁὲ ὃ 98, urgr. ὁ durch 

j-Einfluß 8 174. 

δ, Att. av = idg. au $ 99. 


& 194. 1905] Der indogermanische Konsonantismus. 131 


6. Att. ev = idg. eu $ 100. 

7. Att. οὐ = idg. öu und öu ὃ 101, urgr. o durch 
Ersatzdehnung bei Schwund eines Nasals $ 175 und 
sonstige Dehnung ἃ 174, durch Kontraktion von ὁ +0 
8 191. 


B. Konsonantismus. 


XIV. Kapitel, 


Der indogermanische Konsonantismus. 


I. Das indogermanische Konsonantensystem. 


& 195. Die Forschung hat uns zur Aufstellung des 
folgenden Konsonantensystems im Idg. geführt. 


Artikulations- 
stelle 


Labiale | 


«ποιιπαπαιπεσταπιεσιι | πἰὐππαρπιιασπιπ σιν | πὐσππαασοπαπασπανπιιννα, | SUESEGETEEEEE GC En | ET en | GO 


Dentale 


en | emp ἢ GESESEEESEGEEEnERn | πα πεσυνααυσαπα | GEEHRTE | ππὐπρσυ ne. 
᾿ 


Palatale 


| nn [treuen | tunen | SED | πρακαππαμπαιπαα,νανινιιαι» 


reine Velare 


—— | “ππποσσ"»ὍὍ.... | ng | ren neue | use | ussweusenune 


labialisierte 
Velare km kuh 9" 


Dazu kommen r, !, j und w. 


132 Laut- und Akzentlehre XIV. [8 1%. 


Anmerkungen. 


1. Das indogermanische Konsonantensystem zeigt nach der 
angegebenen Tabelle vier verschiedene Artikulationsarten, die, wie 
es scheint, an fünf verschiedenen Artikulationsstellen hervorge- 
bracht werden können. 


Die Tenues und Mediae treffen wir in allen Sprachen, dagegen 
sind die beiden aspirierten Reihen nur im Indischen vorhanden. 
Die Tenues aspiratae sind indessen auch hier selten. Für die im 
Indischen vorliegenden bh, dh, gh (h) zeigt das Griechische φ, 9, x, 
das Lateinische f, ἢ, (ὃ, ἃ, g) die Mediae aspiratae sind daher zu 
Tenues aspiratae geworden. In den übrigen Sprachen gehen diese 
Laute in Mediae oder tönende Spiranten über. Die Mediae aspiratae 
sind ihrem phonetischen Charakter nach so sonderbare Laute, 
(tönende Verschlußlaute mit nachfolgendem tonlosem Hauch), daß 
man an der Richtigkeit dieses Ansatzes gezweifelt hat. Walde, 
ΚΑ. 34, 461 ff. möchte daher idg. Spiranten ansetzen. Doch wider- 
sprechen Spiranten dem Lautcharakter des Indogerm., sodaß wir 
vorläufig bei der jetat üblichen Annahme bleiben. 


2. Bei den verschiedenen Artikulationsarten bieten die Labiale 
und Dentale keine Besonderheiten, da sie im wesentlichen in allen 
Sprachen bleiben. Um so größere Schwierigkeiten haben die Guttu- 
rale bereitet. Die Geschichte des Problems findet man bei Bechtel 
Hauptprobleme 291 übersichtlich dargestellt. Durch A. Bezzen- 
berger BB. 16, 234 ff. haben wir gelernt, drei Reihen anzusetzen, 
nämlich 

a) sog. Palatale. Sie sind in den centum-Sprachen durch 
Verschlußlaute, %k, g u. 8. w. vertreten, in den satem-Sprachen 
durch Spiranten, ursprünglich 3- und Z-Laute. 

b) Einfache Gutturale, die in allen Sprachen durch Verschluß- 
laute %k, σ, gh vertreten sind. 

c) Gutturale mit einem «-Nachschlag (labialisierte Gutturale): 
westidg. kw, συ, ghw gegenüber ostidg. k, g, gh. 

Keine idg. Sprache unterscheidet demnach drei Reihen, es 
sind vielmehr im Westen Reihe a und b, im Osten Reihe b und c 
zusammengefallen, und es liegt die Möglichkeit vor, daß auch das 
Indogerm. nur zwei Reihen gekannt hat. Dies habe ich BB. 24, 
218 ff, angenommen. Ich setze voraus, daß das Idg. eine kv- und 
eine k-Reihe kannte. Letztere hat sich im Osten in eine k- und 
eine k-Reihe gespalten, indem % vor hellen Vokalen zu ζ(Κ) wurde. 


3. 1dg. z ist aus s vor tönenden Lauten entstanden und kam, 
wie es scheint, nicht selbständig vor. 


.8 196—197.] Der indogermanische Konsonantismus, 138 


4. Die Nasale ἢ und » stehen ebenfalls nur vor dem ent. 
sprechenden Palatal und Guttural und sind Assimilationsprodukte. 

5. Die Spiranten 7, 5 und ä sind Laute, die im wesentlichen 
nur auf Grund des Griech. angesetzt werden und daher unten ihre 
Besprechung finden, vgl. dazu Pedersen ΚΖ. 36, 108 ff. 

6. Bei der Vergleichung des Indischen ist das Hauch- 
dissimilationsgesetz Graßmanns (ΚΖ. 12, 81ff.) wichtig, nach 
dem von zwei Aspiraten in zwei aufeinanderfolgenden Silben die 
erste ihre Aspiration verliert. Ai. b, d, g können in solchem Fall 
idg. bh, dh, gh entsprechen. Über das gleiche Gesetz im Griech. 
8. ὃ 234. | 


7. Für die Vergleichung der germanischen Worte ist die 
Kenntnis der deutschen Lautverschiebung nötig. Durch die erste 
gemeingermanische Verschiebung werden: 

a) die idg. Medien zu Tenues, ὃ, ὦ, 4 zup,t,k; 

Ὁ) die idg. Mediae aspiratae zu tönenden Spiranten und 
Medien, bh, dh, gh (gr. 9, 9, x) zub,d,g; 

6) die idg. Tenues zu tonlosen Spiranten im Anlaut, und wenn 
der idg. Akzent unmittelbar vorausgeht; sonst fallen sie mit b zu- 
sammen, p, ti, k zu f, Ρ, h oder ὃ, d, g. 

Durch die zweite hochdeutsche Lautverschiebung ent- 
stehen 


a) aus », t, k im Anlaut pf, 2, k, im Inlaut f, ss, ch; 
b) die übrigen Laute bleiben, nur 5 wird zu ὦ und ὦ zu t. 


II. Indogermanische Veränderungen der Konsonanten. | 


ᾧ 196. Schon das Idg. hat eine Reihe von Ver- 
änderungen bei den Konsonanten eintreten lassen, die 
allerdings gegenüber den Wandlungen des Vokalismus 
sehr gering zu nennen sind. Freilich ist unsere Kenntnis. 
auf diesem Gebiet noch recht mangelhaft, da diese Er- 
scheinungen der Forschung bei weitem nicht so zugänglich. 
sind wie die auf dem Gebiete der Vokallehre. 


A. Assimilationen. E 

ᾷ 197. 1. Mediae werden vielfach vor stimmlosen 
Lauten zu Tenues. Es könnte daher die Differenz 
zwischen Levxzög, 1. junctus und ζυγόν, 1. jugum schon. 


134 Laut- und Akzentlehre XIV. [$ 197. 198. 


aus der Ursprache stammen. Zweifel dagegen äußert 
Pedersen ΚΖ. 36, 107 ff. 

2. Umgekehrt wurden tonlose Laute stimmhaft vor 
tönenden Geräuschlauten, z. B. ἐπίβδαι „Tag nach dem 
Feste“ aus *epind-. βὸ ist die Schwundstufe zu ped- „Fuß“; — 
βδεῖν gehört zu 1. pedere, Grundform *pzd. 

3. Die Aspiraten konnten nur vor Sonorlauten stehen 
und wurden daher vor anderen Lauten verändert. 

a) Vor Aspiraten verloren sie ihre Aspiration (für 
das Griechische nicht von Bedeutung). 

b) Auf unaspirierte Geräuschlaute ging ihr Hauch 
über, und folgende Tenues wurden zu Mediae aspiratae, 
also bht zu bdh u. 8. w. 

Da die Mediae aspiratae im Griech. zu Tenues aspiratae 
werden, so erklärt sich Asoyn „Herberge“ zu λέχος aus 
*eghskä, *legxghä; — πάσχω : παϑεῖν aus *pndhskö, *pndxghö ; 
— ἔσχατος aus *eghskatos; — αἶσχος zu got. aiwiski 
„Schande“ aus *asgh”skos. 


B. Wechsel von Konsonanten. 


8 198. 1. Ein Wechsel von Media und Tenuis war 
im Idg. ziemlich häufig. Es scheint die Tenuis hinter 
oder vor Nasal in die Media übergegangen zu sein. 

Beispiele: ahd. sceidan „scheiden“, idg. *skhaito: 1. 
scindo, ai. chinädmi „ich spalte“, gr. oylön; — gr. δεκάς, 
δεκάδος : τριά-κοντα; — gr. ndooalog „Pflock, Nagel“ aus 
Ἐπάχ)αλος, 1. par: πήγνῦμι, 1. pango; — 1. pingo: abg. 
pesati „schreiben“ aus *pikä-; — gr. Ölen, 1. dicere: δέδειγ- 
μαι, δεῖγμα, ahd. zeihhan; — gr. τριάκοντα, εἴκοσι: 1. 
viginti, septingenti. 

2. Media aspirata und Media wechseln ebenfalls seit 
idg. Zeit. Beispiele: ἀστεμφής „fest“: στέμβω „ich er- 
schüttre, trete mit Füßen“; — ἀφρός „Schaum“: gr. 
ὄμβρος „Regen“; — πυϑμήν „Boden“: πύνδαξ: — gr. 
zehlvdog „Ziegelstein‘: ags. flint „Kiesel, Feuerstein“: — 


8. 198. 199] Der indogermanische Konsonantismus. 180 


ai. mahän „groß“: mahima „Größe“, gr. μέγας, got. mikils, 
„groß“; — ai. ahäm: gr. ἐγώ, 1. ego, got. ik; — ai. hanug 
„Kinnbacken“: gr. γένυς, got. kinnus „Wange“. Die Ur- 
sache ist unbekannt. 

Anm. Über weiteren Wechsel der Verschlußlaute 8. Brug- 
inmann Grd. 13 629 ff. 

3. Im Anlaut erscheint häufig ein Wechsel zwischen 
s+Kons. und einfachem Konsonant. Gr. στέγω, 1. tego; — 
κληίς, 1. claudo, ἃ. schliefsen aus s(k)l. Der Fall ist so 
häufig, daß es gestattet ist, derartige Worte mit und ohne 
s zu vergleichen. 


C. Schwund von Konsonanten. 

& 199. 1. w und wahrscheinlich auch 72 sind unter 
gewissen Bedingungen im Idg. schon geschwunden, viel- 
leicht in unbetonter Silbe. Diese noch nicht genügend 
erforschte Erscheinung ist ziemlich verbreitet und muß 
herangezogen werden, um eine ganze Reihe von Eigen- 
tümlichkeiten im Griech. zu erklären. Beispiele: F&& 
aus *sweks, aber 1. sex, d. sechs, lit. szeszi, abg. dest, ai. 
ξαξ, — gr. (σ) οί, aber 1. sibi; — gr. F&9og zu got. sidus 
(ohne w); — FE&rng zu ἕταρος (ohne F) aus *set; — gr. 
τοί, 1. tibi zu two- in ai. tväim, gr. σέ aus *we; — τεκεῖν, 
τέκνον aus *wek zu ai. tökdm „Nachkommenschaft, Kinder“; 
— φέβομαι aus *pFeßouar : φεύγω; — κοῖται, κίσσα, aber 
preuß. quäits „Wille“, lit. kvecru „lade ein‘; — καπνός : 
l. vapor, lit. kväpas; — κτάομαι neben πάσασϑαι, πᾶμα: — 
δοιός neben ai. dvayds „zwiefach‘“, δὲν) 1. di- neben 1. δὲ 
aus *di. Vgl. jetzt Solmsen Untersuchungen 197 ff., 
21lf. Für j sind die Beispiele seltener. Sicher sind . 
χάσχω: 1. hiäre, hisco aus *gh(j)o-skö; — 1. spuo: gr. πτύω 
aus *pjujd. 

2. s schwand nach langem Vokal vor r, m, n: L ver: 
gr. ἔαρ, idg. *we(s)r und *wesr; — gr. αὔριον aus idg. 
*quls)riom zu 1. auröra aus *ausösa; — gr. ὠνέομαι, 1. 


136 Laut- und Akzentlehre XIV. [$ 199, 200. 


venumdare: ai. vasndm „Kaufpreis“, wahrscheinlich aus 
idg. *we(s)no-; — gr. ϑῦμός zu lit. dvesti „hauchen‘“. 

3. s ist zwischen zwei Verschlußlauten geschwunden: 

gr. ἕκτός, ahd. sehto zu idg. *seks. 
4. Schwere Konsonantengruppen werden verschiedent- 
lich vereinfacht. So wurden nach de Saussure -tr-, -Hl- 
zu -ir-, -U-, vgl. μέτρον : ugdouaı aus *med-trom; — got. 
mapl „Versammlungsplatz‘ zu got. gamötan „Raum haben“, 
engl. to meet; -ss- vor Konsonant zu 8, gr. ϑέσπις aus 
Ἐϑέσισπις, Worin -Orug zu d. sagen gehött. 

b. Vor gewissen Konsonanten, zu denen namentlich 
m gehört, und im Auslaut schwanden ὦ, u, r, n, m nach 
langem Vokal. Dadurch erklärt sich der $ 122ff. be- 
handelte Ablaut und Ζῆν, ai. dyäm, idg. *djem aus 
*djeum, — βῶν, ai. gäm, idg. *g-öm aus *groum; — 
1, homo neben deluww; — ai. pit@ neben gr. πατήρ. 

6. Nach Joh. Schmidt Kritik der Sonantentheorie 
87 fi. schwindet in der Verbindung -mx- hinter langer oder 
konsonantisch schließender Silbe das n. 

Es heißt daher hom. dre&gauvov, ἀπάλαμνγνος, νώνυμνος, 
aber ἐύσσελμος zu dem n-Stamm σέλμα, ἄσπερμος zu 
φπέρμα, βαϑύλειμος zu λειμών. In einer Reihe von 
Fällen, wo m und n in einer Wortsippe wechseln, ist 
diese Doppelheit mit Schmidt auf älteres mn zurückzu- 
führen, das teils zu -m-, teils zu -n- vereinfacht wurde, 
80 πυϑμήν zu ai. budhnäs „Boden, Grund‘, ahd. bodam; — 
πυγμή zu 1. pugnus; — ϑερμός zu 1. furnus; — τέχγον 
zu ai. iökman- N. „Abkömmling“. 


D. Übergangslaute. 


εὐ & 200. Zwischen zwei Dentalen hatte sich schon 
im Idg. ein Spirant entwickelt, der im Griechischen als 9. 
erscheint. Vor ihm war ἐ wohl durch Dissimilation ge- 
schwunden. Im Lat. und Germ. erscheint ss. Dieses 
Gesetz bleibt im Griechischen lebendig, sodaß jeder Dental: 


» 
2 


9. 200. 201] Der indogermanische Konsonantismus,. 137 


vor ὁ in s übergeht. ἄτεστος „ungesehen‘“: 1, visus, d. 
gewiss aus *wid-lös,; — κεστός aus *revr-rög zu κχεγτέω: ---- 
ἴστε, οἶσϑα : οἶδα; — ἄ-παστος „der nichts gegessen hat“: 
πατέομαι; ---- κέκασται : κεκαδμένος. Alle auf Dental aus- 
lautenden Wurzeln zeigen daher 8 vor einer Endung, die 
mit Dental auslautet. 


E. Dissimilationen. 


8 201. 1. Nach Joh. Schmidt ΚΖ. 26, 348 ff, soll 
idg. ss unter gewissen Bedingungen zu ts geworden sein. 


Dieses Gesetz spielt bes. bei der Erklärung der Endung 
des griech. Partizipium perfekti eine Rolle: εἰδότος 
gegenüber ἰδυῖα aus Ἐἰδυσα. Obgleich es von den meisten 
Forschern abgelehnt wird, scheint es mir doch richtig 
zu sein. 


2. Von zwei Liquiden in verschiedenen Silben scheint 
die eine zu n dissimiliert zu sein. Gr. καρκχέγος und |, 
cancer sind die Ergebnisse einer Grundform mit doppeltem r. 
δένδρον steht wohl für *derdrom. Ferner gehören hierher 
eine ganze Anzahl offenbar reduplizierter Bildungen wie 
πεμφρηδών, ydyygaıva, κέγχρος, ταγταλίζω U. ἃ. 

3. Auch die Eigentümlichkeit, daB im Idg. von 
mehreren anlautenden Konsonanten häufig nur einer in 
der Reduplikation erscheint, wie ἵστημε aus *sistämt, 
Bıßoworw, γιγνώσκω wird auf idg. Dissimilation beruhen. 
In einzelnen Fällen scheint sogar ein einfacher Konsonant 
geschwunden zu sein, wie in &yelow, das man mit ai. 
jägarti „wacht“ vergleicht; — 1. imitäri, das aus *mimitäri 
entstanden und zu μιμεῖϑαι gehören könnte. 


138 Laut- und Akzentlehre XV. [8 202—205., 


XV. Kapitel. 
Die idg. Konsonanten im Griechischen. 


I. Tenues und Mediae. 


8 202. Die Tenues und Mediae p, ὃ, ἐ, d,k, 9, %,g 
bieten hinsichtlich ihrer Entwicklung im Griechischen und 
Lateinischen kaum Anlaß zu Bemerkungen. 

8 208. 1. Idg.p = gr. zn, l.p u. 8. w., got, d. f 
und ὃ: πέκειν, 1. pectere;, — πλέκω, 1. pleio; — πρό, 1. 
prö(d), got. fra; — πτύω, 1. spuo; — σπλήν, 1. lien; — 
σπένδω, 1. spondere;, — Enid, 1. septem, got. sibun; — 
ἕσπερος, 1. vesper; — κάπρος, 1. caper, ἃ. habergei/s. 

8 204. 2. Idg. ὃ = gr. ß, 1. ὃ u. 8. w., got. », d. 
»f, ἢ: gr. βύχτης, 1. bücina; — στέμβω, ahd. stampfon 
„stampfen‘“‘; — ὄμβρος, 1. imber; — βαίτη „Hirtenkleid“, 
got. paida „Rock“, mhd. pfeit. 

Anm. Idg. b war verhältnismäßig selten, und gr. βὶ' ent- 
spficht daher in den meisten Fällen nicht idg. ὃ. 

8 205. 3. Idg. *=gr. τ, 1. tus. w., got. P undd, 
ἃ. d und t: dor. τύ, 1. tu, ἃ. du; — τεταγών, 1. teligi; — 
τρεῖς, 1. tres, got. Preis, ἃ. ἀγοὶ; — τλῆναι, lat. tollere, ἃ. 
dulden; — ἔτι, 1. οἰ; — orogevvvuu, 1. sternere; — τένταρες, 
1, quatiuor, ai. catväras, got. fidwor. 

Vor s und v wird tim Griechischen z. T. zu o. 

a) Vor:. Dieser Lautwandel ist allen Dialekten eigen, 
doch trat er nur unter besonderen Bedingungen ein, die 
noch nicht ganz klar sind. Im Ion.-Att. bleibt -- im 
Anlaut: τέσις, nach σ: ἔστι, πίστις, μάστιξ und in einzelnen 
Worten wie ἔτι, ἀκτές, ἰκτῖνος, δωτένη u. a. σ finden wir 
bei den ti-Stämmen, βάσις, ai. gätig, δόσις, πόσις, den 
Adjektiven auf -σιος, πλούσιος aus Ῥπλούτιος, der 3. P. 


8 20ὅ-- 208.] Die idg. Konsonanten im Griechischen. - 139 


Sg. Praes. der Verba auf -w : τέϑησι aus τέϑητι, der 
3. P. Plur. φέρουσι aus φέροντι. 

Anm. Die anderen Dialekte gehen verschiedene Wege, das 
Dorische hat auch vielfach o, aber -τε in den Verbalformen δίδωτε, 
ἔχοντε und in Fixarı, während das Achäische auch in diesen Fällen 
«σε zeigt. Das gesamte Material bei Kretschmer KZ. 30, 565 ft. 

Nach Kretschmer a. a. O. gelten folgende Regeln. Vor be- 
tontem ὁ bleibt τ, sowie im absoluten Auslaut, wenn der Akzent 
auf der Pänultima steht. Brugmann BSGW. 1895, 46 ff. nimmt 
dagegen an, daß τ zu o wurde, wenn s und auch e unsilbisch ge- 
sprochen wurden, s. 0.8 192. Das konnte nur vor Vokal eintreten, 
2. B. in πλούσιος aus *nÄovryos, τίϑησε aus *ridımy vor folgendem 
vokalischem Anlaut. Beide Erklärungen müssen zahlreiche Ana- 
logiebildungen zu Hülfe nehmen, ohne die Sachlage ganz einwand- 
frei aufzuklären. 

b) Vor v. In einer Reihe von Fällen erscheint o 
für 7 vor v, so in σύ, ]. tu, συχνός, hom. πέσυρες, äol. 
σύρκὲς, olova „Weide“, in den Bildungen auf -σύνη, denen 
im Aind. solche auf -tvandm gegenüber stehen. Ob wir 
es hier mit einem Lautgesetz zu thun haben, ist noch 
nicht sicher. 


8 206. 4. Idg.d=gr.d,1l.du.s. w., σοί, ἐ, ἃ. x und 
ss: διδόγαι, 1. dare; — δέκα, 1. decem, got. taihun, ἃ. zehn; 
— δεικνύναι, 1. dicere, ἃ, zeihen; — ὕδωρ, 1. unda, got. 
waiö, d. wasser; — δρῦς, got. triu, davon abgeleitet d. trog. 

Anm. Dialektisch wurde ὃ zu A, so Ὀλυττεύς auf attischen 
Vasen. Solche Formen wurden vom Lat. entlehnt, vgl. Ulixes, 
Polouces, Polluxc aus *.Poluleukes. 

8 207. 5. Idg.k=gr. x, 1. c, got. h, aber ai. δ, abulg. 
8, lit. sz: κραδέα, 1. cord-is, got. hairiö „Herz“: lit. szirdis 
„dss.“; — κάρηνον aus *xdgaovov, 1. cerebrum: ai. Siras 
„Haupt“ ; — κεῖμαι: ai. ἐδ. „liegt“; ---- κέρας, 1. cornu: ai. 
&rogam „Horn“; — κλένω, κλεύς, 1. clivus, inclinäre: ai. 
&rdjami „lehne, stütze* ; — xA&Fog, 1. cluo: ai. dru- „audire“, 
abg. slovo „Wort“. 

8 208. 6. Idg. 9 = gr. γ, 1. 9, got. k, aber ai. ἢ, 
av. x, abulg. =, lit. Ζ: γένος, 1. genus, got. kuni: av. 


140 Laut- und Akzentlehre XV. [ὃ 208—212, 


zi-zanät „soll gebären“; — γέρας, γέρων: ai. jdrati „auf- 
reiben“, abg. zröti „maturescere*; — γόνυ, ]. genu: av. 
zänu; — γεύω, 1. gustäre, got. kiusan: av. zao3a „Gefallen“; 
— γιγνώσκω, 1. (g)nösco: lit. Zinau „ich weiß“, 


Anm. In einer Reihe von Fällen weisen die europ. Sprachen 


auf 9, das Indische auf dh, γένυς͵ 1. gena, got. kinnus, ai. hänug; — 


ἐγώ, 1. ego, got. ik, ai. ahdm; — μέγας, got. mikils, ai. mahät-; — 
ϑυγάτηρ, ai. duhitä. Man hat in solchen Fällen einen idg. Spiranten 
y angesetzt, doch können wir es auch mit dem $ 198, 2 besprochenen 
Wechsel zu thun haben. 


8 209. 7. Idg. k=gr.%, l.c, got. h, und ai. ὦ, 
abulg. k, lit. δ: gr.. καίατα" ὀρύγματα Hes.: ai. kövatas 


„Grube“; — gr. καλός „schön“: ai. kalyas „gesund, an- 


genehm‘; — gr. xarıydg, lat. vapor (aus *cvapor): 
kväpas „Hauch, Atem‘; — gr. xdrroog „Eiber“, lat. caper: 
ai. kdprth „membrum virile* (Foy:LF. 8, 295); — gr. καυλός 
„Stengel“, lat. caukis: lit. käulas „Knochen“; — gr. κρέας, 
lat. eruor: ai. kravi$ „Fleisch“. 

& 210. 8. Idg. g = gr. γ, 1. 9, got. k und ai. abg. 
lit. 9: yayyavevcıv „verhöhnen‘‘: abg. gagnati „murmeln“; 
— yavkög „rundes Gefäß“: ai. göla- „Kugel“; — γλῶχες 
„Hecheln der Ahre‘: abg. glogs „Dorn“; — γράω „nage“ : 
ai. gräsati „frißt“. 


Il. Die Aspiraten. 


8 211. Das Griechische kennt neben Medien und 
Tenues nur noch eine andere Artikulationsart, die der 
Tenues aspiratae. Diesen entsprechen im Ind. zum größeren 
Teil Mediae aspiratae, d. h. Mediae mit einem folgenden 
Hauch, zum kleineren Teil Tenues aspiratae. 


A. Die Mediae aspiratae. 
& 212. Die idg. Mediae aspiratae werden im Griech. 
und Lat. zu Tenues aspiratae, woraus im Lat. später 
Spiranten entstehen, und zwar tonlose im Anlaut, tönende 


8 212—216.] Die idg. Konsonanten im Griechischen. 141 


im Inlaut.e Im Germanischen entsprechen tönende 
Spiranten, die weiter vielfach zu Verschlußlauten werden, 
im Lit.-Slav. Mediae. 


8 213. Idg. dk = gr. 9, 1. f- und -b-, got. ὃ, ἃ. ὃ, 
ai. bh, sonst ὃ: φέρω, 1. fero, got. baira, abg. berg, ai. 
bhärämi,; — φεύγειν, 1. fugere, got. biugan, ἃ. biegen; — 
φλέγειν, ]. flagräre; — ὑφαίνειν, ἃ. weben ; — ἀμφί, 1. ambi-, 
alıd. umbi; — ὀρφανός, 1. orbus. Ὁ 

8 214. 2. Idg. dh = gr. 9, lat. /- und -ὦ, in ge- 
wissen Fällen -b-, got. d, ai. dh, sonst d: τέϑημι, 1. facere, 
got. gadeds „That“, lit. deti, phryg. aödexer, ai. dadhati; — 
ϑυμός, 1. füumus; — αἴϑειν, 1. aedes „Feuerstätte; — 
οὖϑαρ, 1. über. 

Anm. Im Lakon. wird 9 auf ganz jungen Inschriften durch 


o bezeichnet. Dieses o steht auch bei Hesych, in der Lysistrata, 
bei Thuk. 5, 33 und den alkmanischen Fragmenten. 


ᾷ 215. 3. Idg. δῇ = gr. x, 1. h- und -g-, got. g, abg. 
2, lit. 2, ai. h: χϑές, heri, d. gestern, ai. hyds; — yxalveıy, 
l. hiäre, ἃ. gähnen, —- χιών, 1. hiems, lit. Zömä, abg. zima, 
ai. himds „Kälte“, daher himalaya; — χαμαί, 1. humus, 
abg. zeınlja (vgl. russ. Novaja zemlja „Neuland“); — ὄχος, 
l. vehere, d. wagen; — ἄγχειν, 1. angustus, d. enge; — 
ὀμιχεῖν, 1. mingere. 

Daneben finden sich in den östlichen Sprachen auch 
Verschlußlaute als Vertreter, in welchem Falle wir idg. 
gh ansetzen. 


B. Die Tenues aspiratae. 

& 216. Die idg. Tenues aspiratae sind nur im 
Indischen zu unterscheiden, sonst sind sie teils mit den 
Tenues, teils mit den Mediae aspiratae zusammengefallen. 
Im Griechischen werden sie im allgemeinen zu Tenues 
aspiratae: gr. σφαραγέομαι, 1. frägor, ai. sphürjati „hervor- 
brechen“; — gr. oplön „Darm, Darmsaite“, 1. fides 
„Baite*; — gr. πλάϑανον, ai. prihüg „breit“; —- gr. -9αὰ 


142 Laut- und Akzentlehre XV, [8 216—218. 


in οἶσϑα, ai. vzttha „du weißt“; — gr. χόγχος, ai. davkhäs 
„Muschel“ ; — gr. σχίζω, ai. chinätti „spaltet“. 

Dem Idg. sth scheint im Griechischen immer oz, dem 
idg. skh wenigstens im Silbenanlaut sk zu entsprechen: 
Suffix -ıorog, ai. -ithas; — στῦλος, ai. sthürds „stark, 
dick“ ; — tornuı, ai. tisthämi „stehe“ ; — σχάζω, ai. khanjati 
„hinkt“; — σκιά, ai. chäyä „Schatten“; vgl. Zubaty KZ, 
31, 1ff., Heinsius IF. 12, 178 ff. 

Anm, Die griech. Aspiratae verlieren ihren Hauch durch 


Hauchdissimilation, 5. $ 234, vor j und 8. Daher fallen Zj und thy, 
ts und ths, pj und phj u. s. w. zusammen, vgl. $ 241f. 


ill. Die Labiovelare. 


8 217. Griechisch πὶ und τ, β und d, @ und 9' ent- 
sprechen nicht nur den oben verglichenen idg. Lauten, 
sondern sie stehen auch im Wechsel miteinander, und 
dann erscheinen in den entsprechenden lateinischen und 
germanischen Worten %Laute mit einem w-Nachschlag, 
l. qu, (g)v, germ. lv, kw, während die satem-Sprache ein- 
fache %-Laute aufweisen. Diese Erscheinungen haben zur 
Ansetzung einer labiovelaren Reihe im Idg. geführt. 
Diese Labiovelare waren hintere Gutturale (Velare) mit 
einem w-Nachschlag, ähnlich lat. qu. Das w war höchst- 
wahrscheinlich tonlos. Dieses w bewirkte sehr leicht einen 
Übergang der k- in p-Laute (so im Umbrisch-Oskischen, 
Britannischen, teilweise im Germanischen). Im Griechischen 
tritt dies auch ein, doch finden sich vor 8 und ı auch 
Dentale. In den Dialekten sind die Verhältnisse ver- 
schieden. Urgriechisch müssen die Labiovelare noch vor- 
handen gewesen sein. Sie sind damals im Anlaut voll- 
ständig mit kw zusammengefallen. 

8 218. 1. Idg. k —= 1. qu, got. ἦν, ai. k und c, abg. 
k ὃ unde, lit. k, wird zu © vor allen Lauten außer e und 
ἐ: πότερος, πότε: τίς, gort. örelg, vgl. 1. quo-, quis, got. 
habar „welcher von beiden“, d. wedr; — ποιγή : τείω, 


_——-— _—)__ 


8 218—220.] Die idg. Konsonanten im Griechischen. 143 


τίνω, vgl. ai. cäyate „rächt sich“; — πεμπάς, πέμπτος : 
πέντε, vgl. ai. pänca, 1, quinque; — πόλος, ἀμφίπολος : 
τέλλει, ἀνατέλλει, περιπλομένων ἐνιαυτῶν : πεεριτελλομένων 
ἐ., vgl. ai. cärati „bewegt sich“; — πότμος : Erezuov; --- 
πάλαι: τέλος, τῆλε, vgl. ai. caramds „der letzte“; — 7 vor 
hellen Vokalen zeigt sich außerdem in ze „und“: 1. que; — 
τέτταρες: 1]. qualiuor, got. fidwöor;, — rerinucı „bin be- 
trübt“: 1. quwi2sco. 

Im Inlaut hätten sich häufig Doppelformen einstellen 
müssen ; es müßte heißen: λείστω : lat. linguo, *Aelreıs , doch 
ist hier meistens zu Gunsten des zz ausgeglichen worden, 
Beispiele: ἔπος, eircov: 1. vor; — ἕπομαι: 1. sequitur, — 
ὄπωπα, ὄψομαι: 1, oculus; — ἐνέπω : 1. insece; — τρέπω ; 
l. torquere,;, — ἧπαρ: 1. jecur. 

ᾷ 219. 2. Idg. g”, 1. v, got. q, sonst 9 wird gr. zu 
ß, vor 8 aber σὰ ὃ, Daraus erklärt sich der Wechsel von 
80]. βλῆρ: δέλεαρ; --- βάλλω, ἔβλην: ark. δέλλω; — βάρα- 
ϑρον: ark. ζέρεϑρον für ἔδέρεϑρον. Man vergleiche ferner: 

βαίνω zu 1. venio, got. giman; — βιβρώσχω zu |. 
voräre, lit. gerti „trinken“; — βανά zu got. gind, engl, 
queen, aber 

ἀδήν zu 1. inguen; — d&vvog „Beschimpfung“ zu ahd. 
quält „böse“. 

8 220. 3. Idg. ghw, 1. f, h, 9, got. w, ai. h, gh, lit. g 
abg. 9, ὃ wird zu 9, vor e aber zu 9. 

Einen Wechsel finden wir in φόνος „Mord“, ἔπεφνον, 
φατός : ϑείνω, vgl. ai. hänti „schlägt“; — g@övog „Masse“: 
εὐθένεια, εὐθήνεια, vgl. 1. fenus; — φαλίζει" ϑέλει Hesych.: 
ϑέλω, vgl. abg. Zelöti „cupere, lugere“. Vgl. ferner: 

velper: 1. nix, nivis; — φαιδρός: lit. gaidrüs, gedras: 
„hell, klar“; — φαιός: lit. gaisas „heller Schein am 
Nachthimmel“; — ἀλφή: lit. aya „Lohn“; — dluge: 
ahd. ringi; — ἐλαφρός : ahd. lungar „schnell“, aber 

ϑέρος: ai. häras „Glut“; — ϑερμός : 1. formus, d.. 
warm; — παρϑένος: 1. virginis. 


144 Laut- und Akzentlehre XV. [$ 221. 


β 221. 4. Über das Regelrechte dieser Vertretungen 
herrscht allgemeine Übereinstimmung. Während nun aber 
ke vor ὁ zu τ wird, sind 9° und gk” vor ὁ in vielen Fällen 
zu β und @ geworden, vgl. βέος: 1. vZvos, got. gius, ai. 
jivds „lebendig“; — βιός: ai. jya „Bogensehne‘; — Pia 
„Gewalt“: 1. vis, violäre, ai. jy@a „Obergewalt‘; — ὄφιες 
„Schlange“: ai. dhis, av. a2i$ „Schlange“. Diese Fälle 
würden unbedingt dazu zwingen, mit Schulze GGA. 1897 
δ. 906 anzunehmen, daß 9” und gh” vor ı zu B und g 
geworden seien, wenn man nicht auch Beispiele angeführt 
hätte, in denen ὃ und 9 vor ὁ auftreten. So sucht 
Roscher RhM. 44, 312 nachzuweisen, daß herakl. 
ἐνδεδιωχότα —= ἐμβεβιωκότα sei; διαιτάω „führe ein 
Leben“ verbindet man mit los; 4yridios steht neben 
“Ayılßıos; διερός stellt man zu 1. virere. Aber diese Bei- 
spiele sind doch unsicher, und man wird daher Schulzes 
Auffassung zustimmen müssen. 


Anm. 1. In der Behandlung der Labiovelare stimmen die 
Dialekte überein mit Ausnahme des Nordachäischen. Hier er- 
scheinen Labiale im Anlaut auch vor e-Lauten: lesb, πέσσυρες, 
böot. πέτταρες, lesb. πήλυνε, böot. Teike-orgoridas, thess. πεῖσαι, böot. 
Βελφίς, Βελφοί, hom. φέρτερος, im Inlaut aber Dentale πέντε, re, 
ἀδελφεός, τις, rıud. Die hier gegebene Erklärung stammt von 
Schulze GGA. 1897, 908 ff. 


Anm. 2. Die Gruppen kw, kw, Jhw, ghw werden ebenfalls 
im Griechischen labialisiert. Doch entstehen anlautend und in- 
lautend gedehnte Konsonanten, die später im Anlaut vereinfacht 
werden: innos, ai. dövas „Pferd“, 1. eguos; — dor. πάσασθαι „Ver- 
fügung und Gewalt über etwas bekommen“, πᾶμα, böot. τὰ nrauare, 
Θιό-ππᾶστος aus *kwa zu ai. Svatrds „gedeihlich*; — Παν-όψεα 
neben sam. Kvavoyıwv; — ϑήρ, lesb. φήρ, 1. ferus, lit. Zveris, abg. 
zvers „wildes Tier“; — ϑέλγω „bezaubere“, lit. Zvelgiü „wonach 
blicke“ (vgl. Thumb IF. Anz. 11, 23). Wo im Griechischen die 
Labialisation scheinbar fehlt, beruht dies wahrscheinlich auf idg. 
Schwund des w, s. ο. 8 199 und Thumb IF. Anz. 11, 23. So in 
καπνός: 1. vapor, lit. kväpas; — xorras, κίσσα; 1. in-vitus, lit. kveczd 
„lade ein“, preuss. quäits „Wille, — xtaouaı neben σπάσασϑαε, 
J. Schmidt Ntr. 411. 


$ 222. 223.] Die idg. Konsonanten im Griechischen. 140 


8 222. 5. Die Labialisierung schwand, wenn vor 
dem Labiovelar ein u stand, also wohl durch Dissimilation. 

λύχος, 1. lupus, idg. *luk®os, got. wulfs, — κύχλος : gr. 
πόλος, πέλομαι, engl. wheel, idg. *kuk"los, Schwundstufe 
zu *kw.k"löm in ai. cakrdm ; — πτέρυξ, ser&ovyos, 1. pro-piervos ; 
olvö-pAvE, -φλυγος : φλέψ, φλεβός; — ὕγρός zu aisl. vokua 
„Feuchtigkeit, Nässe“ ; — ὑγεής eig. „wohl lebend“ : Blog; — 
φεύγω, φυγεῖν : φέβομαι; — Bovxdlog. zu αἰπόλος (Osthoffs 
Bedenken IF. 4, 281 sind unbegründet); — εὔχομαι: 1. 
vovere. 

Anm. 1. Vor % schwand dagegen die Labialisation wohl 


nicht. In κύκλος, γυνή fehlt sie nicht, sondern das w ist zu u 
vokalisiert. Ebenso in ἐλαχύς zu ἐλαφρός, vgl. lit. legvas „leicht“. 


Anm. 2. Verschiedentlich, namentlich aber im lIonischen, 
zeigt der Pronominalstamm k®- Formen mit κ statt des gewöhn- 
lichen x und τ. So steht besonders in den Handschriften ionischer 
Schriftsteller κῶς, ö-xws, κότερος, ὅκῃ Am besten werden diese 
Formen mit Solmsen ΚΖ. 33, 298 ff. und Schulze GGA. 1897, 
S. 907 £. so erklärt, daß κ in Formen wie ovxıs, odxws nach dem 
eben erwähnten Gesetz entstanden sei. Allgemein ist κὸς in πολλάκις, 
das für ursprüngliches *ro4üxss eingetreten sein soll. Im Thessalischen, 
wo später xss herrscht, ist für ältere Zeit ss belegt. 


IV. Die Nasale und Liquidae. 


A. Nasale. 


ᾷ 223. Die idg. Nasale n, m, %, » sind im Grie- 
chischen wie in allen Sprachen regelrecht erhalten. n, 
A, » stehen vor den entsprechenden Geräuschlauten, da- 
gegen treffen wir m auch vor Dentalen, idg. *dökmt „10*, 
lit. deszimtis. Im Griechischen ist hier sehr früh Assimi- 
lation zu n eingetreten. 

1. Idg. n = gr. ν: νῦν, 1. nunc, ἃ. nun; — νέω, 1. 
neo; — νέκυς, 1. necäre; — νεφέλη. 1. nebula, ἃ. nebel; — 
ἀντί, 1. ante. 

2, Idg. m = gr. u: μῦς, 1. müs; — μήν, 1. mensis, 

Hirt, Griech. Laut- u. Formenlehre. 10 


146 Laut- und Akzentlehre XV. [8 223. 224. 


ἃ. Monat; — μέλι, 1. mel; — μελένη, 1. milium; — idg. 
m aus n: ὀμφαλός, 1. umbilteus, ἃ. nabel. 

3. Idg. » —= gr. ἄγμα : ὄγκος, 1. uncus; — äyxen, ]. 
angere; — ἔγχελυς, ]. anguilla. 

Anm. 1. Im Griechischen stehen vor den Geräuschlauten 
immer die homorganen Nasale. Die Inschriften beachten diese 
Regel vielfach nicht und schreiben nur », doch assimilieren sie auch 
im Satzzusammenhang. 

Anm. 2. Veränderungen erleiden die Nasale im Wesent- 
lichen in der Verbindung mit 8. Man muß hier drei Perioden 
unterscheiden: 

a) Der Nasal schwindet vor 8 4 Konsonant spurlos, xeorös 
aus *xevoros, 8. ὃ 244, 2. 

b) In der Verbindung Nasal + 8 + Vokal bleibt der Nasal 
und 8 schwindet, μηνός aus *unvoos, s. 8 236. 

c) Wo der Nasal durch irgendwelche Gründe wieder vor s 
zu stehen kommt, bleibt er z. T. in den Einzeldialekten, schwindet 
aber im Ionisch-Attischen mit Ersatzdehnung, zıdeis aus τεϑένς, 8. 
8 244, 2b. 

Anm. 3. Der Nasal wird vor Geräuschlauten im Kyprischen 
und Pamphylischen nicht geschrieben, er war hier aber schwerlich 
überall ausgefallen, sondern nur tonlos geworden. Diese Erscheinung 
begegnet auch sonst auf Inschriften, att. Medaro:, Havolv)ros(v), 
εὐορκοτε — εὐορκοῦντε, οἰκοῦ(»)τε, τὸ(») χϑόνεον͵ N&adoos, meist vor 
tonlosen Lauten oder in unbetonter Silbe. 


B. Die Liquidae. 


ἃ 224. Alle europäischen Sprachen besitzen ? und r. 
Das Iranische kennt dagegen nur r. Das Indische hat 
zwar ein /, doch entspricht dies nicht immer dem euro- 
päischen /, und vielfach steht auch r, wo die europäischen 
Sprachen ὦ haben. Bei dem hohen Rang, den das 
Indische früher in der Sprachwissenschaft einnahm, war 
es natürlich, daß man der Ursprache nur ein r zuschrieb. 
Da aber die europäischen Sprachen in vielen Worten 
übereinstimmend r und ebenso gleichmäßig / aufweisen, 
so ist die Annahme notwendig, daß es bereits im Idg. r 
und } gab und zwar in der gleichen Verteilung, wie sie 


ἢ 224—227.] Die idg. Konsonanten im Griechischen. 147 


sich in den europäischen Sprachen finden. Es ist daher 
heute nicht mehr statthaft, griechische und lat. Worte 
mit verschiedenen Liquiden ohne weiteres zu vergleichen. 
Doch tritt freilich nicht gar zu selten die eine Liquida 
für die andere in Folge von Dissimilation ein. 


Anm. Fortunatov hat zuerst versucht, das ὦ auch im Indischen 
als ursprünglich nachzuweisen. Man vergleiche hierüber Bechtel 
HPr. 380 ἢ, Bartholomae IF. 3, 157 ff. und Fortunatov ΚΖ. 36, 
1f. Ich halte Fortunatovs Ansicht in gewissem Umfang für richtig. 


8 225. 1. Idg = gr. ἃ, 1. 1 us. w.: κάλαμος, 
l. eulmus, ἃ. halm; — καλέω, 1. caläre, ἃ. holen; — κλόπτω, 
l. edepo; — κλένω, 1. clinäre; — xAvw, 1. cluere, d. in Leu- 
mund; — λευχός: 1. lüceo, ἃ. licht; — λύχος, 1. lupus, d. 
wolf, — πλέκω, 1. plecto, ἃ. flechten;, — γαλόως, 1. glös. 

8 226. 2. Idg.r = gr. ρ: ἐρέτης, &geruös: 1. remus, 
ἃ. ruder; — ἄροτρον, 1. arätrum; — ἄρκτος, 1. ursus; — 
δάκρυ, 1. lacruma, ἃ. zähre; — κάρα: ]. cerebrum, ἃ. hirn; 
— κέρας: 1. cornu, ἃ. horn; — χόραξ: 1. corvus, ahd. 
hraban, d. rabe. 

8 227. 3. Die Liquidae sind in allen Sprachen 
leicht Metathesen, Dissimilation und Umstellung ausge- 
setzt. Diese Erscheinungen lassen sich meist nicht auf 
bestimmte Regeln bringen. 


a) Metathesis ist im Griechischen nicht gerade 
häufig. Regel scheint sie im Kretischen zu sein, wo wir 
finden zvogrı statt προτέ, σταρτος statt στρατός, idg. *strotös, 
ἡσχαλπιος statt ᾿“σκχλαπιός, "Apogdıra. 

Anm. Fälle wie δαρτός neben δρατός beruhen nicht auf 


Metathesis, sondern sind durch Association mit ἐδάρην u. 8. w. 
hervorgerufen. 


b) Die Dissimilation der Liquidä kann zu ver- 
schiedenen Ergebnissen führen und zwar wird o-o zu o-4 
oder A-e oder ein g schwindet: μορμολύττω zu μορμύρω; 
— ναύχλαρος aus νάυκραρος „Schiffshaupt“ ; — ἀργός aus 

10* 


148  Laut- und Akzentlehre XV. [8 227299, 


Ἐἀργρός zu ai. rjrds „rötlich“ ; dasselbe gilt von A-A: ἀργαλέος 
aus *aAyal£os. 
ὁ) Umstellung in κάτροπτον —= κάτοπτρον U. 8. 


V. Idg. 8, w, 2, urgriech. A. 
A. Idg. 8. 


& 228. Das idg. s war, da es in den meisten 
Sprachen erhalten blieb, leicht zu erschließen. Im Slav. 
(vielleicht auch im Litauischen) und im Indo-Iranischen 
wird es nach ὁ, εὖ, r, k zu 3 (und ch), im Germ. wird es 
nach dem Vernerschen Gesetz, im Italischen im Inlaut 
durchweg zu tönendem x und weiter zu r. 

Im Griechischen ist die Entwicklung des s verhältnis- 
mäßig einfach. 

1. s bleibt a) wenn ihm ein Verschlußlaut folgt oder 
vorausgeht: σχόξος, got. skadus, ἃ. Schatten, — ἄξων, 1. 
axis, ἃ. Achse; — ξυρόν, ai. kdurds „Schermesser*; — 
σπένδω, 1. spondere; — στῆναι, 1. stare; — σχοῖνος, 1. 
fünis; — σφόγγος, 1. fungus. 

b) Im Auslaut: λύκος, 1. lupus. 

ᾷ 229. 2. s wird zu ὦ, das vielfach schwindet. 

a) Im Anlaut erhalten als “: &dog, ἕζομαι, 1. sedes, 
sedere; — ἕρπω, 1. serpo; — ἕπομαι, 1. sequor. 

Ὁ) Zwischen Konsonanten. Mit vorausgehender 
Tenuis verbindet sich ἢ zur Aspirata, wenn Liquida oder 
Nasal folgt, vgl. de Saussure M&m. de la soc. 1. 7, 90, 
Walde ΚΖ. 34, 477: λύχνος „Leuchte“, 1, lüna, av. 
rooxdna „glänzend“, preuß. laurnos „Gestirne*, Grdf. 
*luksnos > *lukhnos; — ἀράχνη, 1. aränea aus *araksn-; — 
λάχνη, 1. läna aus *laksn-; — συχνός, ai. prätvakfas „sehr 
stark, wirksam“; — πλοχμός zu πλόκαμος aus *plok-smos ; 
— μυχλός, 1. mülus, alb. musk aus *mukslos; — στεφρός zu 
στιβαρός; --- λέχριος zu λοξός, 1. luxus. 

Anm. 1, Das Auftreten von Aspiraten vor den Liquiden 


8 229—231.] Die idg. Konsonanten im Griechischen. 149 


und Nasalen an Stelle von Medien oder Tenues veranlaßte die 
frühere Forschung diesen Lauten eine aspirierende Kraft zuzu- 
schreiben, was lautgesetzlich nicht durchführbar ist. 


Auch wenn auf das s ein Verschlußlaut folgte, scheint 
s zu h geworden zu sein, das schwand, nachdem es eine 
vorhergehende und folgende Tenuis aspiriert hatte. ‚Bei- 
spiele: &pIög : ἕψομαι aus "έπστός. | 

Anm. 2. Diese Regel ist nicht allgemein anerkannt. Viel- 
mehr nimmt man gewöhnlich spurlosen Schwund von 8 an. Aber 


wahrscheinlich stammen die Fälle, in denen dieser wirklich vor- 
liegt, schon aus der idg. Ursprache, vgl. $ 199, 3. 


:& 280. c) Auch zwischen Vokalen ist s zunächst 
zu h geworden. Dieses k springt, wenn es den Anlaut 
der zweiten Silbe bildet, auf den vokalischen Anlaut des 
Wortes über, daher 

ἕως, ion. ἠώς, lat. auröra, ai. ufäs; — δὕξεν, 1. urere 
(us-st); — ἱερός, ai. ifirds „Tegsam, rüstig*; — εἱπόμην 
aus ᾿ἐλεπόμην. 

Ferner μυός : μῦς, lat. müs, müris, ἃ. maus; — γεύεσθαι, 
lat. yustare; — γέγος, γένους aus *y&vehos, lat. generis. 


‚Anm. Über o in Verbindung mit Nasalen und Liguiden -s. 
8 236. 


B. Idg. w. 


8 231. Idg. w ist in allen Sprachen bewahrt. Es 
war unsilbisches μι, welcher Lautwert noch im heutigen 
englischen w erhalten ist, und wechselt daher mit silbischem 
u, gr. v, vgl. ὃ 125, Anm. 1,2. Im Griech. wird w durch 
F bezeichnet. 


Anm. 1. Gelegentlich kommen die Schreibungen νυ, o, f, 9 
(pamphyl.) vor. Auf pamphyl. Inschriften finden wir neben F noch 
ein besonderes Zeichen W, ohne daß es gelungen ist, einen ver- 
schiedenen Lautwert für die beiden Zeichen zu ermitteln, vgl. 
Thumb IF. 9, 8191, Ferner weist Solmsen Unters. 175 nach, daß 
im Äol. und Böot. F vor Vokal, aber β vor e geschrieben wurde, 
schließt aber mit Unrecht auf spirantische Aussprache vor e. 


150 Laut- und Akzentlehre XV. [$ 231. 


Im Ionisch-Attischen schwindet ἢ so frühzeitig, daß 
es in der Litteratursprache ganz unbekannt war. Durch 
die Inschriften haben wir aber die lange Erhaltung dieses 
Lautes in den meisten Dialekten kennen gelernt. Außer- 
dem war das / in der homerischen Sprache zu der Zeit 
noch vorhanden, als die homerischen Dichtungen ent- 
standen, und ist in seinen Wirkungen auf den Versbau 
noch deutlich zu spüren. Hauptwerk über diese Frage 
ist von Hartel Homerische Studien 3 (1874). 

Anm. 2. Auch in der späteren Sprache erklären sich ge- 
wisse lautliche Anomalieen aus dem einstigen Vorhandensein des 
F, nämlich: 

a) Es bleiben gewisse Vokale im Attischen unkontrahiert, wenn 
zwischen ihnen F gestanden hatte, s. ὃ 190. 

b) Die Privativpartikel «-, av- hat die antekonsonantische 
Form «- vor Vokalen, vor denen F geschwunden ist, vgl. ἀ»-αιδής, 
ἀναίμων mit ἀέκων aus τά ξέκων, d-(F)eAntos, ü-(F)owwos u. 8. 

1. Anlautendes F ist zunächst vor ὁ und w ge- 
schwunden. In dieser Stellung zeigt sich auch bei Homer 
kaum eine Spur der /-Wirkung, vgl. L. Meyer ΚΖ. 23, 
49 ff, 2. B. öodw, ahd. waron; — ὀρϑός, spätlak. βωρσέα, 
βωρϑέα; — ὄχος, ὀχέομαι, 1. veho; — ὦγος, 1. venum. 

Anm. 3. Die Verhältnisse auf der großen Inschrift von 
Gortyn stimmen genau zu Homer, vgl. Solmsen ΚΖ. 32, 277. F 
fehlt dort in ὁρῇ, örım u. 8. w., ὠνάν, παρ-ωϑέν. Wahrscheinlich 
kannten auch andere Dialekte, wie Kyprisch und Korinthisch, das 
Gesetz, vgl. J. Schmidt ΚΖ. 33, 455 ff. 

2. Weiter ist / im Ion.-Att. im Anlaut überall ge- 
schwunden: to», 1. viola; — Is, 1. vis; — εἴκοσε, 1. viginti; 
— olxog, 1. veeus; — ἔαρ, 1. ver; — ἔλπομαι, 1. voluptas; — 
ἔπος, 1. vor; — ἔργον, ἃ. werk; — ἐσθής, 1. vestis; — 
ἕσπερος, 1. vesper,;, — ἔτος, 1. vetus; — οἶδα, 1. vidi; — 
ἔτυς, 1. vitus; — Iren, ἃ, Weide; — ἧδύς, 1. suavis; — 
ἰξός, 1. viseus; — ἠχή, 1. vägor; — ἰός, 1. virus; — hom. 
Ἦλις, 1. vallis; — ῥήτωρ, kypr. Forroü zu hom. (F)eggw; — 
δήγνυμε, ndd. wrack; — ῥίζα, got. waürts „Wurzel“, aus. 


8 231. 2382] Die idg. Konsonanten im Griechischen. 151 


*Folla; — 6eLw:(F)eoyov, ἃ. werk; — Adyvos „Wolle“, 
Adoros, λῆνος, 1. läna, d. wolle. 

Anm. 4. In einer ganzen Reihe von Fällen vertritt schein- 
bar der ἡ das F, 8. ὃ 233. 

3. Zwischenvokalisches 7 ist frühzeitig geschwunden, 
im Att. vor dem Übergang von ἢ zu ἃ nach 8, vgl. νέα 
aus *vein. 

4. Postkonsonantisches ἢ schwand, s. $*238. 

Anm. 5. Die inschriftlichen Zeugnisse für F hat Thumb 


IF, 9, 294 gesammelt; das Glossenmaterial bei αὐ. Meyer Gr. Gr.® 
314 fi. 


C. Idg. j und 5. 

8 232. Entsprechend dem w (uw) gab es im Idg. ein 
j, das seinem Lautcharakter nach ein unsilbisches ὁ war 
und daher mit silbischem © wechselt, vgl. 8 125 Anm, 1, τ. 
Es ist im Germ., Lit.-Slav. und Ind. erhalten, im Italischen 
aber zwischen Vokalen geschwunden. Das Griechische 
scheint für das sonst gleichmäßig vertretene 7 zwei Ent- 
sprechungen zu haben, nämlich ζ und “. Man vergleiche 

ai. yugdm, ἃ. joch, 1. jugum: gr. ζυγόν mit 

ai. yüydm „ihr“, lit. jüs, got. jus: gr. ὑμεῖς. 

Es hat diese Thatsache zur Annahme zweier ver- 
schiedener idg. j-Laute geführt, eines spirantischen / und 
eines vokalischen αὶ (7). Aber da wir von dem idg. ἢ 
sonst keine Spur und es im Griech. nur im Anlaut finden, 
so kann man mit Pedersen ΚΖ. 36, 103f. an der Ur- 
sprünglichkeit des idg. 7 zweifeln. 

Anm. 1. Pedersen hat vermutet, daß das gr.&, wo es einem j 
der übrigen Sprachen entspricht, auf idg. 7) zurückgeht, doch läßt 
sich dies nicht erweisen. 

Außer in ζυγόν und seiner Sippe liegt dieser Laut 
noch vor in ζύμη „Sauerteig“, ζωμός „Brühe, Suppe“, 
l. jüs, lit. jüsze „schlechte Suppe“; — Led „Getreideart“, 
ai. ydvas „Getreide“, lit. javai „Getreide“; — ζεῖν aus 


152 Laut- und Akzentlehre XV. [$ 232. 233. 


Ἐζόσειν, ahd. jesan, nhd. gähren, gischt; — ζώννυμε, lit, 
jüsmi „Gürtel“ ; — ἀζηχής „unablässig“, ai. yahvds „eilend, 
rastlos“; — ζημέα, ai. yam- „zügeln, lenken“ u. a. 

Idg. j war sehr häufig und wird im Griechischen 
anlautend und zwischen Vokalen zu A, das im Inlaut 
schwindet. og „während“, ai. yavat „wie weit, wie viel“; 
— ὅς „welcher“, ai. ψάβ, phryg. 105; — älouaı „verehre“, 
ai. ydjali „Ass.“; — ἐνάτερες, 1. janütrices; — τρεῖς aus 
*rofjes, 1. trös, ai. träyas; — τιμάω aus "uudjw; — φιλέω 
aus *pıldjw u. 8. W. 

Anm. 2. Wenn inschriftlich zwischen ὁ und folgendem Vokal 
ein j () geschrieben wird, kypr. Jarnoav, Παφίεας u. 8. W., 80 
haben wir es schwerlich mit erhaltenem idg. j zu thun, sondern es 
liegt wohl neue Entwicklung vor. 


Anm. 8. In der Verbindung υ +j soll j erhalten sein, doch 
ist das Beispiel vivs zu unsicher, um dies zu beweisen. Lesb. φυέω, 
μεϑυίω, ἀλυίω sind jedenfalls Neubildungen. 

Postkonsonantisch schwindet 7 ebenfalls in allen 
Fällen, verändert aber den Konsonanten oder den Vokal 
der vorausgehenden Silbe, 8. ὃ 239 ft. 


D. Urgriech. A. 


8 288. Aus s und 7 entstand im Urgriechischen ἢ, 
das zwischen Vokalen ganz allgemein schwindet, indessen 
nicht obne Spuren seines Vorhandenseins zurückzulassen, 
8. 8 230 und 236. Im Anlaut vor Vokal geben es ver- 
schiedene Dialekte auf. Die Psilosis ist bezeugt für 
Aolisch, Kleinasiatisch-Ionisch, Kyprisch und einen Teil 
von Kreta. 

Mit einem vorausgehenden Verschlußlaut verbindet 
sich der Hauch zur Aspirata. ἀφ᾽ οὗ aus dwod; — 
undels aus *und-eis. Ja, es heißt sogar τέϑριτσπον aus 
97ETO-INTTV. 

In zahlreichen anderen Fällen finden wir nun teils 
den Spiritus asper, ohne daß altes s oder ἡ zu Grunde 


8 233. 281] Hauchdissimilation und Verwandtes. 153 


€ 


liegt, teils den Lenis, wo “ zu erwarten wäre. Diese 
letzteren Fälle erklären sich teils durch die sog. Hauch- 
dissimilation, wie ἔχω aus *sexö, 8. ὃ 234, teils mögen 
die Worte aus einem Dialekt, dem Psilosis eigen 
war, entlehnt sein. Eine besondere Eigentümlichkeit ist 
das Auftreten des Lenis bei dem Artikel, 8. 8 234. De- 
gegen ist es noch ‚nicht möglich gewesen, über die Fälle 
des anorganischen ἡ ins Reine zu kommen. 

Vor v hat sich im Att. der “ regelrecht eingestellt, 
vielleicht auch vor ı, vgl. ἵππος, ἵνα, ἱκνέομαι, ἱστορία, 
ἴδιος (Koine) u, s. w. Auf der anderen Seite soll / nach 
Solmsen Unters. 221 regelrecht durch “ vertreten sein, 
vgl. ἑσπέρα, ögdw, was aber in dieser allgemeinen Fassung 
entschieden unrichtig ist. 


XVI Kapitel. 
 Hauchdissimilation und Verwandtes. 


———— 


ᾷ 234. Für das Verständnis zahlreicher Erscheinungen 
des Griechischen ist das Hauchdissimilationsgesetz Graß- 
manns (ΚΖ. 12, 81—110,:110—138) von großer Bedeutung. 

Es lautet: beginnen im Indischen und im Griechischen 
zwei aufeinander folgende Silben mit einer Aspirata, 80 
verliert der Anlaut der ersten Silbe die Aspiration. Da 
im Griechischen die Mediae aspiratae zu Tenues aspiratae 
werden, so erscheint nach Wirkung des Dissimilations- 
gesetzes in der ersten Silbe eine Tenuis, im Indischen 
eine Media. Zu den Tenues aspiratae kommt im Grie- 
chischen noch das ἢ hinzu, das aus s und 7 entstanden 
ist. Da vor gewissen Konsonanten die Aspiration ver- 


154 Laut- und Akzentlehre X'VI. [$ 234. 


loren geht, so zeigt sich das Gesetz zunächst im Grie- 
chischen selbst. 

Hold, ϑριξέ: τριχός, Grundform *ihrikh-; — ϑρέψω : 
τρέφω; — ϑρέξομαι : τρέχω; — ϑάσσων aus *Idyjwr: 
ταχύς, τάχιστος: --- ϑέσσομαι aus *IEHouaı: πόϑος, lit. 
bädas „Not“; --- ϑράσσειν : ταραχή; --- ϑάπτειν : τάφος, 
ἐτάφην; --- λέχριος : λιχριφίς; --- ἕδος : ἔδεϑλον; --- σχεῖν : 
σχεϑρός; --- ἔχω : ἐχεχειρία. ὦ 
Wichtig ist das Gesetz ferner für das Verständnis 

der reduplizierten Bildungen. Die Aufeinanderfolge von 
Tenuis und Aspirata geht in ihnen auf Aspirata — 
Aspirata zurück, so in τέϑημε auf Ἐϑίϑημι, ai. dddhäti aus 
*dhadhäli, πέφευγα, κιχάνω, ἔπεφνε, ἐτέϑη, καχάζω, κάχρυς, 
κοχύω; analog ist ἔσχω aus *alayw. | 

In anderen Fällen läßt es sich nur durch die Hülfe 
der verwandten Sprachen erweisen, daß eine Tenuis auf 
alte Aspirata zurückgeht; so in πεέϑω, 1. ftdo; — πεύϑο- 
μαι, ai. bödhati „erwacht“; — πενϑερός, ai. bändhuf „Ver- 
wandter“; — πένϑος, πάσχειν, 1. offendere,;, — πεῖσμα für 
Ἐπένϑομα, 1. offendix „Kinnband an der Priestermütze“, ἃ. 
binden; — τεῖχος, 1. figere, got. daigs „Teig“; — χριϑή, 
l. hordeum; — κεφαλή, ahd. gebal „Schädel“, ἃ. Giebel; — 
παρϑένος, 1. virgo; — πυϑμήν, ai. budhnäs, 1. fundus. 

Ein anlautender Hauch ist geschwunden in αὖος, lit. 
saüsas, ahd. sör; — ἄμαϑος, ἃ. sand; — ἀδελφός, ai. 
sa-garbhä „schwanger“. 

Anm. Vielfsch findet sich auch der Artikel ohne den rauhen 


Hauch. Nach Hatzidakis Adnva& 2, 380 hat dies von Fällen wie 
ὁ ϑεός seinen Ausgang genommen. 


Chronologie. 


Dieses Gesetz hat sich lange in seiner Wirksamkeit 
erhalten. Es ist jünger als der Verlust der Aspiration 
vor j und s und jünger als der Übergang von idg. s in ἢ. 


$ 235. 236.] Konsonantenverbindungen u. Verwandtes. 155 


Umspringen der Aspiration. 


ᾷ 235. Der Hauch wechselt gelegentlich seinen Platz. 

1. Regelmäßig tritt intervokalisches A der zweiten 
Silbe im Attischen vor den anlautenden Vokal, vgl. ἕως 
aus *hhug, ai. ugäs; — ἵδρός aus *ihepös, ai. ifirds; — edw 
aus *eö’hw, 1. uro. 

2. ἢ in den Verbindungen ἦν, hu, νὰ, μὰ tritt in den 
Anlaut: ἡμεῖς aus *dhusis, lesb. ἄμμες, Evvvuı aus *öhyvuı, 
das zunächst zu eyvue und dann zu ἕννυμε wird, ἦἧμαε 
aus *hucı, ai. ästd „er sitzt“. 

3. Gelegentlich findet sich ein Umspringen der Aspi- 
ration, das in einzelnen Fällen fest geworden ist. 

Ion. φάτνη aus πάϑνη (Lid6n BB. 21, 110), ion. 
ἄχαντος aus ἄχανϑος, thess. Πετϑαλός aus böot. Derralog 
(W. Schulze GGA. 1897, 901), Καλχαδών und Χαλκχηδών, 
χιτών und κιϑών, χαλκός und kret. καυχός, Χάλκας und 
Κάλχας. 

Schließlich kommen auch Schreibungen vor mit 
Doppelaspirata, namentlich auf Vasen, ΘαλἹθύβιος, Θέϑις, 
Φερσεφόνη; lak. ϑεϑμόν, el. ϑεϑεμόν u. 8. w. Hier ist also 
die kommende Aspiration vorweggenommen. 


XVI. Kapitel. 
Konsonantenverbindungen und Verwandtes. 


I. Die Verbindungen von s, ᾧ w mit Konsonanten. 
A. 8 in Verbindung mit Sonorlauten. 


ᾷ 236. In den Verbindungen sw, 8), sn, sm, ar, sl 
wird s im allgemeinen zu Ak, das inlautend unter 
Dehnung des vorausgehenden Vokals schwindet. 


156 Laut- und Akzentlebre XVII. [8 236. 


a) sw. Im Anlaut blieb ἢ als “ erhalten und w 
wurde tonlos, daher böot. Fhexadauoe. Vgl. &xvods aus 
*swekuros, 1. socer, d. schwäher;, — ἧδύς, 1. suävis, ai. 
svädüg; — οὗ, ol, &, ai. sva-. 

Anm. 1. In einer-Reihe von Fällen soll anlautendes sw auch 
durch 8 vertreten sein, vgl. G. Meyer Gr. ὅτ. ὃ 298 und Brugnann 
Gr. Gr.? 120. Doch sind die Beispiele recht unsicher. σιγάω: 
ahd. swigen stimmt auch nicht im Wurzelauslaut; — ooupös: ἃ. 
swamb; — σέλας, σελήνη: avest. zvarnah „Glanz“, ai. svar u. 8. w. 

Sollten diese und andere Beispiele sicher stehen, so muß hier 
das 8 oder das ἢ einen besonderen Lautwert gehabt haben. Viel- 
leicht geht o hier auf kg oder eine ähnliche Lautverbindung zurück. 


sw wird im Inlaut zu hw, worauf k mit Ersatz- 
dehnung im Ion.-Att. schwindet: ion. νηός, att. γνβώς aus 
*naswos; — hom. lög aus *iswös, ai. Wü$ „Pfeil“; — hom. 
τελήεις : τέλος aus *teleswent-. Im: Äol. entsteht doppeltes 
w, daher hom. edade aus *EoFade. 

Ὁ) 53) wird anlautend zu 
„Gefüge“): ai. syüman- „Band“. 

Anm. 2. Nach G. Meyer 297 und Brugmann 120 ist 8) im 
Anlaut auch durch o vertreten. Aber σάω, att. δια-ττάω, das mit 
alb. 308 „ich siebe“ verglichen ist, kann dies nicht beweisen. Att. 
διαττάω weist auf kj, worauf auch das alb. Wort zurückgeführt 
werden kann. 

Inlautend wird s zu ὦ, das schwindet: εἴην aus 
Ἐξσήην, 8. 8. 240. 

6) sn wird anlautend über hn zu v: γέφα, velpeı, 
got. snaiws, ἃ. Schnee, vgl. hom. ἀγάγνιφος: — νυός, 1. 
nurus, d. Schnur, ai. snugd; — νόος, got. snuirs „weise“; 
ydan „Vließ der Ziegen‘, got. snaga „Kleid“. 

Inlautend schwindet das aus s entstandene ἢ im 
Ion.-Att. mit Ersatzdehnung, im Lesb, entsteht Doppel- 
konsonant: ion. φαεινός, att. φανός aus *pareovöis;, — 
hom. κάρηνα aus ᾿κάξασνα; — σελήνη aus *osAdova, lesb. 
σελάννα. 


Anm, 3. Jüngeres sn, das aufkam, nachdem das Lautgesetz 


ς 


: ὑμήν, ὕμνος (eig. 


8 236. 237.] Konsonantenverbindungen u. Verwandtes, 157 


vorüber war,. wurde zu »», daher ZZelonövvnoos aus ἘΠελοπόσνησος, 
ἕννυμιε, σβέννυμιε, ξώννυμε, echtionisch εὕνυμει. 

d) sm zeigt dieselbe Behandlung wie sn, nur ist im 
Anlaut in einer Reihe von Fällen ou erhalten, so in 
σμερόδνός, σμερδαλέος, ahd. smerzan, ]. mordere; — σμὔχω, 
engl. to smoke, ἃ, schmauchen; — ouilm „Schnitzmesser‘“, 
nhd. Schmid, Geschmeide. 

Häufiger bleibt nur u: μέριμνα, μείρομαι, ai. smärali 
„gedenkt“‘; — μέλδω, ahd. smälzan; — μειδάω, ai. smäyate 
„lächelt“, abg. smijati, ahd. smilen, engl. to smile, vgl. 
hom. φελομμειδής ; — ula, μῶνυξ zu 1. semel, εἷς, ἑνός; — 
μῆλον, aisl. smali „Kleinvieh“. Vielleicht ist sm die 
Form des absoluten Anlauts, m die des Satzzusammen- 
hangs. 

Inlautend schwindet im Ion.-Att. A mit Ersatz- 
dehnung, lesb. entsteht Doppelkonsonant. Auf vokalischen 
Anlaut springt die Aspiration über: ἡμεῖς, lesb. ἄμμες, 
ai. asma- aus *nsma; — ἦμαι, ai. äste „sitzt“; — ὑμεῖς, 
ai. yußmad;, — eiul, lesb. ἔμμε, ai. dsmi. 

Anm. 4. ἐσμέν ist nach ἐστέ neu gebildet, 7uev ist ai. dsma; 
hom. ἦτε ist danach gebildet statt *rors; ἦστον aber ist geblieben. 

e) 87, sl wurden zu hr, hi, die anlautend blieben: 
ῥέω, kork. ohoFaioı, ai. srävas „Fließen*“; — dopew, lit. 
srebiü „schlürfe*; — λύζω, mhd. slucken. 

Inlautend schwindet % mit Dehnung: hom. τρήρων 
aus *rodogwv : τρέ(σγω; — varxpüpos, ναύκληρος „Schiffs- 
haupt“ aus ἔναύχρασρος:; — ion.-att. xellsor, lesb. χέλλεοι, 
al. sa-häsram; — χεῖλος „Lippe“, ai. hasrds „lachend“. 

ᾷ 237. 2. In den Verbindungen -ns-, -ms- wird 8 
ebenfalls zu A, das im lon.-Att. mit Ersatzdehnung 
schwindet. Bei -is-, -rs- tritt dies nur ein, wenn der Ton 
nicht unmittelbar vorausgeht. 


8) -ns-, -ms-. Att. μηνός aus. ἔμηνσός, lesb. μηννός, 
l. mensis; — ὦμος aus "ὦμσος, 1. umerus, got. ams; — 


158 Laut- und Akzentlehre XV. [$ 237. 238, 


χήν, xıpds, 1. anser, ἃ. Gans. Besonders wichtig ist dieses 
Gesetz für die Bildungen des s-Aoristes, ἔφηνα aus 
ἔξφανσα, ἔκλινα u. 8. W. 


Chronologie. 


Wie ἔφηνα aus ἐἔφανσα, ἡμεῖς, lesb. ἄμμες u. a. zeigen, 
fällt der Schwund des ὦ in der Verbindung mit Nasalen 
vor den Übergang des urgr. @ in ion.-att. n. Die Fälle, 
in denen sich -ἄνα im Att, findet, wie ἐσήμανα, erklären 
sich durch analogische Ausbreitung des Ausgangs -@e, 
der nach ρ (ἐξήρανα) lautgesetzlich war. 


Ὁ) -rs-, -Is-. Die Regel, daß -rs- und wohl auch -is- 
erhalten bleiben, wenn der Ton unmittelbar vorausgeht, 
sonst aber wie -ns- behandelt werden, ist von Wacker- 
nagel KZ. 29, 127 fi. gefunden. Ich halte sie trotz des 
Widerspruchs von Brugmann Gr. Gr.® 119 für richtig. 
Das erhaltene ρ΄ wird im Att. weiter zu og. 

Beispiele: ὄρρος : οὐρά und οὐρίαχος, ἃ. ars; — ἄρσην, 
ἔρσην : Εἰραφιώτης und lak. eionv (Solmsen IF. 7, 37); — 
κόρση : κουρεύς ; — (F)eoon:(F)ovg&w. Ferner findet man 
im s-Aorist hom. ὦρσε, ögoouev gegenüber ἤγειρα u. 8. W., 
ἐπῆρσεν, κέρσε, aber ἀπεκειράμην. 

Für -Is- sind die Beispiele unsicherer: τέλσον, ἄλσος, 
Aor. ἔέλσαι, κέλσαι, aber ἤγγειλα, βουλή. 


B. 7 in Verbindung mit Konsonanten. 

8 238. 1. Postkonsonantisch ist 7 in allen Fällen 
geschwunden: 

a) nach », 0, A im Attischen ohne, im Ionischen mit 
Ersatzdehnung. Eine Quantitätsdifferenz zwischen diesen 
beiden Dialekten weist mit einiger Sicherheit auf F. 

ion. ξεῖνος, δ. ξένος, vgl. kork. Ξένξων:; — ion. 
εἴνατος, att. ἔνατος, vgl. 1. novem; — ion. γοῦνα, att. γόνατα, 
vgl. γόνυ; — ion. xewög, att. χερός, vgl. xeveog aus 
*ugyeFög, — Ion. στεινός, att. στενός : — ion. μοῦνος, att. 


8 238.] Konsonantenverbindungen u. Verwandtes. 159 


μόνος; — hom. φϑάνω, att. φϑάνω; — hom. κεχάνω, att. 
κιχάγω ; — hom. φϑένω, att. φϑίνω, vgl. φϑινύϑω : — hom. 
zivo, att. τένω, vgl. τινύμεναι; — ion. οὖρος, att. ὅρος, vgl. 
kork. ögFog; — ion. κούρη, att. κόρη, dor. xdoFa; beachte 
das n in χόρη; — ion. δουρός, att. δορός, vgl. got. triu; — 
ion. ἀπείρων, att. περαένω, vgl. srguuvos; — ion. eipouat, 
att. ἔρομαι, vgl. ἐρευνάω; — ion. x@lög, att. καλός, vgl. 

dor. καλός; — ion. οὐλαί, att. ὁλαί, vgl. ἄλευρον. | 

Ὁ) Nach x, 9, ὃ, 9, o schwindet 7 im Ion.-Att. 
spurlos: γήπιος aus *ynnFıo-, vgl. νηπύτιος, ὑπερφέαλος 
aus -pFıa, vgl. 1. superbia. -φιαλος gehört zu φύω. 

Wo ἢ nach ὃ geschwunden, steht bei Homer langer 
Vokal vor ὃ: hom. οὐδός, att. ὁδός: — δείδιμεν, αἴθ. 
δέδιμεν; — ϑεούδης aus ᾿ϑεόδξης; — εἶδαρ neben ἔδαρ 
Hesych, oder Doppelkonsonant ἔδδεισας. Vorausgehende 
Kürze in der Arsis wird gedehnt: μὲ δέος E 817, ἔνε 
δεινοῖσιν K 254, ἔτι δήν Z 139. Ferner auch nach er- 
haltenem 0 in vodoog, att. νόσος; — ἶσος, att. ἴσος, kret. 
FloF.oc. 


Anm. 1. Die Auffassung dieser Formen bereitet Schwierig- 
keiten. Für Homer kann man in diesen Fällen entweder noch 
das F einsetzen, $s00Fns, oder Doppelkonsonant schreiben, ϑεόδδης. 
Schwierig wird die Frage dadurch, daß auch das Ionische νοῦσος, 
ἶσος kennt. Herodot hat ersteres regelrecht, aber νοσέω, Hippokrates 
voonua, νοσώδης, ἄνοσος. Daher sieht W. Schulze in νοῦσος u. 8. w. 
aus dem homerischen Dialekt herübergenommene Formen, QE.115 ff. 


Nach 9. ist ἢ geschwunden: ϑαιρός zu abg. dvers 
„Thür“ aus *9Fogjog ; — ϑορεῖν zu avest. dvaraiie; — ϑολός, 
ϑολερός zu got. dwals „thöricht*; — ϑάνγατος zu ai. 
dhväntäs; — ὄρϑός zu ai. ürdhvis,;, — μέϑη aus *ucdFn, 
vgl. μέϑυ. 

Anm. 2. In allen diesen Formen könnte das w aber schon 
im Idg. geschwunden sein. In einer Anzahl von Verbalendungen 
finden wir da, wo ai. dhv steht, im Griech. 0%, kret. ὃ. Es wäre 


zu erwägen, ob dhw nicht über 39 zu σϑ' geworden ist, sodaß 
φέρεσϑον ai. dbhara-dhvam, φέρεσθαι ai. bharadhv& entspräche. 


160 Laut- und Akzentlehre XVII. [$ 238. 239, 


In anderen Fällen ist Schwund des w in idg. Zeit sicher, so in 
δίφρος, vgl. Solmsen Unters, 8. 212, 

6) tw ist zunächst zu it geworden, das inlautend im 
Att. und Böot. blieb, im Ion. aber zu oo verschoben 
wurde: att. τέτταρες, böot. πέτταρες, hom. τέσσαρες, ion. 
τέσσερες, 1. qualtuor. 


Anlautend ist allgemeine Verschiebung zu 00 einge- 
treten, das später vereinfacht wurde: odxos, hom. 
φερε-σσαχής : ai. tvdc- „Haut, Fell, Decke“; — σεέω, hom. 
ἐπι-σσείων: ai. tvig- „erregt, bestürzt sein“; — σέ, σός: 
ai. ivdm, tvds. Daneben steht gr. τοί aus idg. *loi, vgl. 
8 199, 1. 

d) kw, ghw wurden zu Doppellabial, der anlautend 
vereinfacht wurde: ἵππος, 1. eguos, ai. afvas; — ϑήρ, 8.0]. 
φήρ, abg. zuers, lit. Zveris. 

Wo scheinbar x, x als Vertretung dieser Lautgruppe 
auftritt, liegt wahrscheinlich idg. Schwund des w vor, vgl. 
8 199, 1 und $ 221, Anm. 2. 

Anm. Gelegentlich tritt auch xx auf, so in Zxxos, πελεκκάω. 


Ersteres wird dialektisch sein, bei dem zweiten liegt Beeinflussung 
durch πέλεκυς vor. 


C. 2 nach Konsonanten. 


& 239. Postkonsonantisches 7 ist im Griechischen 
in allen Fällen geschwunden, hat dabei aber meist auf 
den Vokal der vorhergehenden Silbe oder den vorher- 
gehenden Konsonanten eingewirkt. Zum Verständnis der 
Einwirkungen ist es nötig, sich an die Silbentrennung zu 
erinnern. Konsonant + 7 gehörten im Idg. zur zweiten 
Silbe. Diese Silbenteilung ist im Griechischen z. T. er- 
halten, z. T. nicht. Im ersten Falle wirkt 7 auf den 
vorhergehenden Vokal, im zweiten nicht. Eine besondere 
Besprechung erfordern die Verbindungen ti, d, k,g+j 
wegen ihrer eigentümlichen Schicksale. 


8 240.] Konsonantenverbindungen u. Verwandtes. 161 


8240. 1. Die Silbenteilung bleibt erhalten. 

a) Hinter den Konsonanten w, n, r schwindet 7 spurlos, 
indem es wahrscheinlich zunächst den vorausgehenden Kon- 
sonanten mouillierte, und dieser dann ein ὁ vor sich er- 
zeugte. Die Vokale & und o werden in Verbindung mit 
diesem ὁ zu αἱ, os; ı, v aber werden gedehnt. 8 wird 
teils zu echtem &, teils wird es gedehnt. Letzteres beruht 
offenbar auf einer Assimilation des 7 an das e. 

α) a,o+w,nr+j τὰ αι, οι. 

Beispiele: δαέω aus *da-Fja; — κλαίω aus *uld-Fjw, 
vgl. κλαύσομαι; — τεσσαράβοιος aus *-80-Fjos; — φαένω 
aus *pd-viw; — τέχταινα aus *rexra-yja; — att. ἄγκοινα 
aus ἔἄγχο-»)α; — onalew aus ἔσπά-ρ)ω, idg. "sperjö; — 
μοῖρα aus "μό-ρ)α : μόρος. 

Ps τυττ ῦ, τωρ ν Ἔ 1. 

Beispiele: εὐρεῖα aus *edge-Fja mit echtem δὲ; — 


diog aus *Öl-Fjog: ai. di-vydas „himmlisch*; — att. χτείγω 
aus ἔχτέ-ν)ω: — ἐγείρω aus ᾿ἐγέ-ρ]ω; — κλίνω aus 
Ἐχλέ-νω; — οἰχτίρω aus *oixıl-gjw; — Öred-vw aus 


Ἐὀτρύ-»)ω; — Öhopigoucı aus *ölopv-gjouat. 

Anm. 1. Im Lesbischen entsteht durch Verschiebung der 
Silbengrenze in diesen Fällen Doppelkonsonanz: κτέννω, ἐγέρρω, 
κλίννω, οἰκτίρρω, ὀλοφύρρω im Übereinstimmung mit dem allge- 
meinen Charakter dieses Dialektes. Diese Formen sind aber nicht 
die Vorstufen der attischen. 


Anm. 2. -mj- soll im Urgriech. zu -nj geworden sein. Bei- 
spiele: βαίνω: got. giman, χλαῖνα : χλαμύς. Andere sind weniger 
sicher, diese beiden scheinen mir aber das Gesetz zu erweisen. 
Gegenbeispiele fehlen jedenfalls bis jetzt. 

b) Die Behandlung der Lautgruppe sj zwischen 
Vokalen ist nicht ganz sicher. Es scheint hier allge- 
meine Epenthese angenommen werden zu müssen, worauf 
s schwand. Es entstehen fast in allen Fällen Diphthonge. 
Daher hom. valw aus *ralow, *vacjw: νάσσαι; --- λιλαέομαι aus 
Ἐλελαέίσομαι, *uld-Gjouar; — εἴην aus *e-sjem, ai. syam; — 
hom. τοῖο, ai. täsya; — ἰδυῖα aus *widu-sja. ı wird natür- 

Hirt, Griech. Laut- u. Formenlehre. 11 


162 Laut- und Akzentlehre XVII, [8 240. 241. 


lich zu T: xoviw aus *xoviajw, Ölouar aus *ölajouaı 
(Schulze QE. 352 ff.). Im Attischen finden wir aber auch 
kontrahierte Formen: τοῦ: hom. τοῖο: — τελῶ: hom. 
relelw aus ἔτελέσω ; — ἐμοῦ: hom. ἐμεῖο. Man vermutet, 
daß hier die Lautregel Anwendung finde, nach der die 
Diphthonge αὐ, οἱ, e&ı(?) ihren zweiten Bestandteil vor 
o-Vokalen verloren hätten. Aber dieser Übergang ist 
schwerlich so alt, daß er auf Formen wie τοῦ Anwendung 
finden könnte. 

ᾷ 241. 2. Die Silbentrennung bleibt nicht 
erhalten. 

a) ἢ. Dies wird im Anlaut zu j =‘, falls die 
Gleichung gr. ἧπαρ, ahd. lebara richtig ist. ἧπαρ ginge 
dann auf *4ek”rt zurück, und dies würde beweisen, daß 
die Griechen die Gruppe -4- nicht sprechen konnten. 
Demgemäß trat Silbenverschiebung ein, *a-ljos wurde zu 
*al-jos und dies zu ἄλλος, 1. alius. Vgl. ferner φύλλον, 1. 
folium; — ἄλλεσϑαι, 1. salio,; — βάλλειν : ἔβαλον. 

Anm. 1. Das Lat. vermeidet die Lautgruppe 17) ebenfalls, in- 
dem es das 2 silbisch werden läßt. 


Anm. 2. Nach J. Schmidt Neutra 47! wird 17 unmittelbar 
vor dem Ton zu einfachem 4. Er weist auf καλός —= ai. kalyas 
„gesund“ gegenüber κάλλος, κάλλεστος hin. Weitere Beispiele lasser. 
sich nicht beibringen, und es bleibt daher die Regel sehr unsicher. 


Anm. 3. Die Lautgruppe ζ) führte naturgemäß zu mouil- 
liertem ἴ, Im Kyprischen finden wir daher ᾿4πείλων — ᾿ἀπέλλων, 
αἴλων —= ἄλλων. Möglicherweise ist die Verschiebung der Silben- 
grenze nicht urgriechisch. 

b) 25 ist wahrscheinlich zu ses geworden, anlautend 
in πτύω, lit. spiduju, abg. pljujg; — πτύσσω, πτυχή, ai. 
pyüksna- „Überzug des Bogenstabs“, inlautend nament- 
lich in den Präsentien auf -πτω, χαλέπτειν : χαλεπός, 
κλέπτειν : κλοπή, ϑάπτειν : ταφή, Analogisch ist dieses 
-πτ- auch auf Verba übertragen, die auf -β- auslauten, 
βλάπτειν : βλαβή. 


8 242.] Konsonantenverbindungen u. Verwandtes. 163 


8 242. 3. Die Verbindungen tj, dj, kj, 97. 

Die Lautverbindungen ij (thj), 4), %j (khj), αἱ haben 
eine Entwicklung erfahren, deren Eindergebnisse wir 
sehen, deren Gang wir aber nicht ganz sicher bestimmen 
können. 

Anm.]1. th und kA haben vor 7 ihre Aspiration verloren 
und zwar vor der Wirkung des Hauchdissimilationsgesetzes. 

a) Uridg. κ᾽ (dhj) wird im Ion.-Att. zu o, während 
bei Homer auch 00 vorliegt. Dieses oo kann aber 
. nicht die Vorstufe gewesen sein, weil 4} von idg. ss im 
Böot. unterschieden bleibt. Wohl aber ist ᾧ) durchweg 
mit is zusammengefallen, und wir dürfen daher is als erste 
Entwicklungsstufe von 4 ansetzen, die sich leicht durch 
Assibilierung des ἐ ergab. Wir müssen bei der Ent- 
wicklung zwei Fälle unterscheiden 

«) tj nach Konsonant und nach langem Vokal und 

ß) ij nach kurzem Vokal. Wir behandeln im folgen- 
den die Verbindungen !j und is zusammen. 

α) ᾧ) und is nach langem Vokal und nach Konsonant 
werden allgemein zu o. 

aa) ij: αἶσα aus *aitja: osk. aeleis „partis“ ; — gemein- 
griechisch ἔπάνσα aus *ndyrja, att. πᾶσα, gort. ἔχονσαν, 
ἐπισπένσαντος, arg. ἅπαγσαν, thess. πάνσα, lesb. παῖσα 
aus ἔπάνσα: — gemeingr. δόξα aus *loxzja. 

BP) ts: πείσω, ἔπεισα aus *neldow; — D. Pl. φωσί 
aus ἔφωτσί; — ἔπερσε aus ἔἔπερϑσε. 

β) 9) und is werden zwischen Vokalen zunächst zu is, 
dann lesb., thess., hom. zu σ΄, att.-ion. zu σι, böot., kret. 
zu TT. 

ca) tj. hom., lesb. τόσσος, ion.-att. τόσος aus *lotjos, 
vgl. 1. totidem; — lesb. πόσσος, ion.-att. πόσος, vgl. 1. 
quot, ai. kati „wie viele“; — hom., lesb. μέσσος, ion.-att. 
μέσος zu 1. medius, ai. mädhyas; — hom. πρόσσω, ion.-att. 
πρόσω zu πρότι; — hom. γνεμεσσάω, att. νεμεσάω zu 


γέμεσις aus Ῥνέμετις. 
11: 


164 Laut- und Akzentlehre XVII. [8 242. 


BP) is. hom. δάσσασϑαι, att. δάσασϑαι zu δατέομαι; --- 
hom. ποσσέ, att. ποσί aus *rrodal. 

Anm. 2. Man vergleiche noch die böotischen Formen: 
aa) önörra, μέττω, BP) ἐπεψαφέττατο, κομεττάμενοι. 

y) Im Anlaut erscheint allgemein σ᾽ aus is: att. σῆμα, 
dor. o&ua „Denkzeichen“, böot. Σάμεχος zu ai. dhyäma 
„Gedanke“; — σέβομαι „ich scheuhe“, σοβέω „ich ver- 


scheuche“ zu ai. iyaj „verlassen, im Stich lassen, in Ruhe 
lassen“. 


b) Als erste Entwicklung von idg. dj müssen wir der 
von ἢ) entsprechend ἀν ansetzen. In Wirklichkeit treffen 
wir in den meisten Dialekten ζ, dem ja einige Forscher den 
Lautwert dz, andere den von χὰ geben. Liegt letzterer 
wirklich vor, so hätte eine sekundäre Metathese stattge- 
funden. Aber ζ könnte in diesem Falle auch den Laut- 
wert x haben, womit dann die Parallele zu dem att. o 
aus ὁ) vollständig würde. Infolge der Unmöglichkeit den 
Lautwert des ζ zu bestimmen, bleiben wir über die that- 
sächliche Entwicklung im Unklaren. 

aa) Zwischen Vokalen: πεζός aus *pedjös,;, — ἕζομαι 
aus *Edjouas zu 1]. sedere. 

ββ) Anlautend: ion., att. Ζεύς aus *djeus, ai. dyaus, 
lesb. Σδεύς, böot. lak. Ζεύς. | 

Anm. 3. In den Dialekten, die τὰ für fj bieten, finden wir 
in vollständiger Parallelität für dj dd, so böot. τραπέδδας, kret. 
δικάδδεν͵, böot. Jevs. 

c) Uridg. %j, ghj wird im Attischen zu τε, im 
Ionischen zu 00. τὸ finden wir auch im Böot., einem 
Teil des Thessalischen, im Euböischen, Kretischen. 


a) Inlautend: Att. πλήττω, ion. πλήσσω : πληγή; — 
att. πέττω, ion. πέσσω : πόπανον, ἀρτοπόπος, 1. coquo; — 


att. Ἐὔττε, belegt in τρι-οττίς, ion. ὄσσε: 1. oculus; — att. 
ἐλάττων, ion. ἐλάσσων : ἐλαχύς;: — att. ταράττω, ion. 


ταράσσω : ταραχή; --- att. πέττα, ion. πέσσα: 1. pix. 


8 242.) Konsonantenverbindungen u. Verwandtes. 165 


$) Die gleiche Entwicklung zeigt auch der Anlaut, 
nur daß hier die lange Konsonans verkürzt wird: att. 
τευτάζω „sich mit etwas eifrig beschäftigen“, hom. &-00eve 
zu ai. cyu „in Bewegung setzen“ ; — att. τήμερον, ion. orjue- 
ρον aus *kj-ämeron. 

ἃ) Uridg. 9) wird nach Vokal ion.-att. ζ, böot. kret. 
u. a. 66, nach Konsonant aber gemeingriech. 6. 

α) Nach Konsonant gemeingr. ὃ: Eodw aus *Eoyjw 
zu ἔργον. 

Anm. 4. Lagercrantz führt S. 47 unter ausführlicher Be- 
gründung noch ἀμέρδω an, das er zu aisl. myrkr „dunkel“ stellt. 

£) Nach Vokal: ῥδέζω aus *6yjo, σφάζω. 

Anm. 5. Dialektformen sind: böot. σφάδδω, ῥέδδω, ἑαρει- 
addovros, kret. πράδδεϑϑαε, thess. ἐξξανακάδεν — ἐξαναγκάζεεν, lak. 
yvuvaddonaı, μυσίδδω (att. μυϑίξζω), Inschr. μεκκεχιδδομένων u. 8. w. 

y) Anlautend: att. ion. ζῇ; böot. kret. δώω. 

e) Etwas umstritten ist die Frage, wie die Ent- 
wicklung der Laute &j, gj vor sich gegangen ist, vgl. 
6. Curtius Gr. Etym.® 666 ff.; Blaß, Ausspr.® 112 ff; 
G. Meyer® 367. Brugmann Gr. Gr.® 98 nimmt eine 
lange Spiranus als Vorstufe an, etwa pp, aus der sich 
einerseits zz, andrerseits 00 entwickelt habe. Man kommt 
aber ebenso gut und einfacher zum Ziel, wenn man an- 
nimmt, daß %j zunächst zu 4 und dies zu vr wurde, 
einer Stufe, die im Attischen vorliegt. τὸ wurde dann 
in anderen Dialekten über is (Ὁ) zu einer langen Spirans, 
die ion. verschiedentlich 7’ geschrieben wird, und weiter 
zu 00. 

Entsprechend wurde gj über dj zu dd, das nach Kon- 
sonant zu ὃ verkürzt wurde, 8. d) αὐ), sonst aber insofern seine 
eigenen Wege ging, als im Attischen und Ionischen gleich- 
mäßig Z auftritt. Man könnte vermuten, daß hier zu- 
nächst dx zu Grunde lag, das mit dem aus dj ent- 
standenen dz zusammenfiel und wie dies behandelt wurde. 

f} Ausnahmen von der regelmäßigen Entwicklung. 


166 Laut- und Akzentlehre XVII, [8 242. 243. 


In drei Kategorieen scheint sich ᾧ) zu att., ion. oo ent- 
wickelt zu haben; sie beruhen alle auf analogischer Um- 
wandlung. 

1. Präsentia zu t-Stämmen auf -rzw, -00w, λίσσομαι : 
λιτέσϑαι, ἐρέττω : ἐρέτης u. s. w. Der Grund der Um- 
bildung ist nicht ganz klar, vgl. die Ansichten von Brug- 
mann Gr. Gr.® 102, Lagercrantz 63 ff. Am einfachsten 
ist wohl die Annahme, daß ein Präsens *Alroouaı (8. 
oben) zu Alrzouaı wurde nach den übrigen Präsentien 
auf -rzw aus -kjö, μαλάττω : μαλακός, und nach ἄλλομαι, 
στέλλω. 

2. Movierte Feminina zu t-Stämmen erhalten ebenfalls 
att. zz, ion. 00: ϑῆσσα: Ing, ϑητός; ; — Κρῆσσα: Κρής, Konvös, 
Mdyynooa, χαρίεσσα aus *xaglFerja. Hier haben Fälle wie 
ἄναξ : ἄνασσα, φοῖνιξ : φοίνισσα eingewirkt. Vielleicht hat 
der Einfluß stattgefunden, als ἄναττα neben ἔϑήτσα be- 
stand. Es wirkte dann auch das τ von ϑητός mit. 

3. In den Komparativen κρεέστων, ion. κρέσσων 28 
κρατύς ist τε von den übrigen, die auf Guttural ausgingen, 
2, B. ἥττων, übertragen. 


il. Assimilationen. 

8 248. 1. Urgr. is wurde in den meisten Dialekten 
zu 00 und weiter im Att. zu o, im Böot. aber zu 77, 8. 
8 242a, 8. 163. 

2. Urgr. dA wurde zu AA: lak. 31% „Sitz“ zu ädog, 
ἕδρα, 1. sella, got. süls; — aesch. πέλλυτρον „um den Fuß 
gewickelter Riemen“ aus *rved-Avrgov. 

3. Labiale wurden an folgendes m assimiliert. Dies 
Gesetz zeigt sich vor allem bei den auf Labial auslauten- 
den Stämmen, wenn Endungen oder Suffixe mit -m an 
sie antreten, vgl. λέλειμμαι zu λείπω, γέγραμμαι zu γράφω, 
τέτριμμαι zu τρίβω. Ferner ὄμμα: ὄπωπα; — στέμμα: 
στέφανος; ---- γράμμα : γράφω; --- βλέμμα: βλέπω ; --- πέμμα 
aus ἔἘπέπμα: — ψάμμος: 1. sabulum. 


8 243.] Konsonantenverbindungen u. Verwandtes. 167 


Nach langen Vokalen und Diphthongen wird uu ver- 
einfacht zu u, vgl. ἀλοιμός : ἀλείφω ; — πῆμα: ai. päpmä 
„Unheil, Schaden“ ; — αἱμασιά „Dornhecke*: 1. saepes. 

4. isn wurde zu »: πύννος" ὃ τιρωχτός, Hesych aus 
*vrovo- zu ai. puläu Du. „die Hinterbacken“, mhd. 
vut; — βλένγος „Schlamm“, ai. mrisnä „Lehm, Thon“ (Brug- 
mann IF. 6, 103). Entsprechend wird ein sn, das nach 
der Zeit als sn zu hn geworden war, wieder aufkam, zu 
vv, ἕνγυμε aus ἔξσνυμε, jon. εἵνυμε; — Πελοπόννησος aus 
*]TeAostog γησος. 

5. Urgr. In wurde zu AA. Diesen Übergang teilt das 
Griechische mit Ital., Kelt., Germ. Beispiele ἐλλός 
„Junger Hirsch“ zu lit. öinis „Hirsch“, gr. ἔλα-φος aus 
*elmbhos; — πέλλα „Haut“, 1. pells, got. -fill, ἃ. fel; — 
ὄλλυμε aus *öAyvur; — κυλλός „gekrümmt, lahm“ zu ai. 
kuni- „lahm am Arm‘; — φαλλός vielleicht zu nhd. bulle; 
πάλλαξ „Mädchen“ zu ahd. folo „Fohlen“. 

Anm. 1. Diese Annahme wird schon dadurch nahe gelegt, 
daß !n schwerlich den Silbenanlaut bilden konnte, und wenn } und 
n auf zwei Silben verteilt waren, notwendig Doppelkonsonans ent- 
stehen mußte. Brugmann Gr. Gr.° 74 nimmt dagegen an, daß ein 
aus In entstandenes AA mit Ersatzdehnung vereinfacht wurde. 
Diese Ansicht gründet sich darauf, daß gewissen Worten mit 
kurzem Vokal -H- A im Lesbischen und Thess. im sonstigen Griech. 
ein gedehnter Vokal mit einfachem A gegenüber steht, z. B. lesb. 
βόλλα, att. βουλή; — thess. βελλόμενος, dor. δήλομιαε, att. βούλομαε: 
lesb. στάλλα, att. στήλη, dor. στάλα u. a., und daß es nicht möglich 
ist, als zu Grunde liegende Gruppe Aj oder AF anzunehmen, weil 
diese zu anderen Ergebnissen führten. Aber es bleibt Is für diese 
Fälle als ursprüngliche Lautverbindung übrig, und sie genügt auch. 
βούλομαε geht dann auf *Boloouas zurück, στάλλα und στήλη brauchen 
aber ebensowenig identisch zu sein wie d. Stuhl und Stollen. Gegen 
Brugmann sprach sich J. Schmidt KZ. 32, 385f. aus, für ihn 
Solmsen Unters. 287 £. 

Anm. 2. Ein nach der Wirkung dieses Lautgesetzes neu auf- 
gekommenes 4» blieb in πέλναμιαι. 


6. Urgr. -nm- wurde wohl zu -uu-, vgl. ἤσχυμμαι zu 
αἰσχύνομαι. 


168 Laut- und Akzentlehre XVII. [$ 243. 244. 


7. In der Zusammensetzung und im Sandhi erscheinen 
vielfach Lautverbindungen, die dem Inlaut fremd sind. 
Auch diese werden vielfach assimiliert, so die Nasale an 
die Liquiden συγν-ρίπτω zu συρρέπτω, συν-λέγω zu συλλέγω, 
τὸλ λόγον. 


Anm. 3. Sehr viel weiter gehen in dieser Beziehung die 
Dialekte. So wird kret. κτ zu 77, νυττί, πτ zu er, Eygarraı, auch 
thess. οὗ ττολέαρχοι, 09 zu I, ray ϑυγατέρας, al zu Al, vork λείονσε, 
(att. inschr. τοὺλ λέϑουρ), od zu dd, υἱέοδ δέ, ed zu dd, πατὴδ das 
u. 8. W. 

8. Partielle Assimilation zeigt sich in der Angleichung 
der Artikulationsart des ersten Konsonanten an einen 
zweiten, Media vor Tenuis zur Media, Tenuis vor Media 
zur Media. Die Präposition &x(c) erscheint in attischen 
Inschriften vor β, γ, δ, A, u, ν regelmäßig als ἐγ, und 
auch statt ἕξ wird ἐγ geschrieben in ἐγδάκτυλος. Für 
ὑποβάλλω bieten die Inschriften ὑββάλλω ; ebenso καββάλλω 
für καταβάλλω. 


Ill. Konsonantenverlust. 


& 244. 1. Gutturale, Labiale und auch wohl Dentale 
fallen vor s + homorganem Verschlußlaut aus: 

a) ksk zu sk, 929 zu 2g, ἐέσκω aus *Elxoxw, τιτύ(χ)σχο- 
μαι, Öllx)oxog zu δικεῖν, Ad(x)oxw : λακεῖν, ἐς aus Exg Vor 
x, λέσχη aus *Adyorr, zu λέχος, böot. ἔσγονος aus Eyxyovog ; 

b) psp zu sp, βλασφημεῖν aus *Blaßopnueiv zu βλάβος; 

c) ist zu st. Daher wird idg. it über ist zu si. Es 
kann hier freilich auch Assimilation vorliegen. Ebenso 
dd zu χά. 

Anm. 1. Weackernagel vermutet ΚΖ. 33, 41, daß jeder Ver- 
schlußlaut vor 8 -- Kons. schwand, daher ϑρησκεύω „göttliche 
Ehren erweisen“, θρησκεία „Gottesdienst“ zu ϑεραπ-. 

2. Ein Nasal schwindet 

8) spurlos im Urgriech. vor s + Konsonant: κεστός : 
κεγτέω; — κόσμος: 1. censeo; — τριαχοστός aus ἔτρια- 


8 244.) Konsonantenverbindungen u. Verwandtes. 169 


κογστός:; — συσχευάζειν, σύστασις, συζευγνύναι; — πλάζω 
aus Ἐρίαηχαδ: ἔπλαγξα u. s.w. Beim Artikel zeigen sich 
Doppelformen. Im Kretischen steht 8mal τὸς, τὰς vor 
Konsonant, 7mal zövg, τὰνς vor Vokal und nur zweimal 
zöovc vor Konsonant. Hierher ferner δικασπόλος aus 
ἔδικανς πόλος, uoyooröxog aus *uoyovs τόχος, ᾿4ϑήναζε 
aus ᾿ϑήνανσδε. 

b) Wo in späterer Zeit ν vor σ neu zu stehen kam, 
schwand es im lIon.-Att. mit Ersatzdehnung. e wurde 
dabei zu 2, geschrieben &, ὁ zu ὃ, geschrieben οὐ. Die 
Beispiele sind überaus zahlreich. τσιϑεῖσα, τιϑείς, διδοῦσα, 
διδούς, ἱστᾶσα. 


Anm. 2. Erhalten blieb » vor σ in einem Teil des Kretischen, 
im Argiv., Arkad., Nordthess. 


Chronologie. 


Das erste Gesetz setzt voraus, daß 2, dj, gj bereits 
zu χὰ (6) geworden waren, vgl. συζευγνύναι, σαλπέζω aus 
*galsıelyyjuw. Das zweite Gesetz fällt nach dem Wandel 
von urgr. ἃ zu ἡ, daher πᾶσα aus *navrja. 


6) Vor dem aus %j entstandenen zz, 00, ion. &00wv 
aus *ävyaowv. 

3. Dentale sind nach Wackernagel Verm. Beitr. 
37 fi. hinter Diphthong vor » geschwunden, δέσποινα aus 
Ἐδέσποιτνα aus *rörvja, — alvöc zu aldouaı aus *aldvös ; 
— εὐνή zu εὕδω. Entsprechend Labiale vor u: αἷμασιά, 
aluog = δρυμός zu 1]. saepes. 

4. Zwischen Konsonanten ist s zu h geworden, das 
dann vielfach schwand. Außer den bereits $ 228 be- 
sprochenen Fällen gehören noch solche hierher wie 
λελέχϑαι aus ᾿λελέγεοσθαι, γεγράφϑαι aus Ἐγεγράπο-σϑαι, 
ἔχπλεϑρος aus ᾿ξέχσπλεϑρος, λαχπάτητος, abgeleitet von 
λάξ u. ἃ. 

5. Doppelkonsonanten, die eigentlich lange Kon- 
sonanten sind, werden im Griechischen, abgesehen vom 


170 Laut- und Akzentlehre XVII. [8 244—246. 


Äolischen, nach langem Vokal und nach Konsonant ver- 
einfacht; daher ἄλληλο- aus *&Aallo-; — πῆμα aus 
πῆμμα (Wackernagel KZ. 30, 293 4); — αἷσα aus *airoe, 
*olooc, ἔρδω aus *Eoddw. 

Anm. Sehr zweifelhaft ist, ob da, wo im Attischen langer 
Vokal -- einfacher Konsonanz gegenüber kurzem Vokal 4 doppelter 


Konsonanz im Aolischen vorliegt, jemals ein gedehnter Konsonant 
bestanden hat. 


IV. Einschub von Konsonanten. 


& 245. 1. Zwischen » und r oder ? entwickelte sich 
als Übergangslaut ein β, worauf u im Anlaut verloren 
ging: &-ußgoros aus *&-ugorog zu 1. mortuos und βροτός: 
μεσημβρία zu ἡμέρα; — μέμβλωκα, βλώσκω : μολεῖν; — 
βλέττω zu μέλι, μέλιτος; --- βλάξ, βληχρός zu μαλαχός; --- 
βλωθρός zu ai. mürdha „Kopf“. 

2. Zwischen » und ρ entwickelte sich entsprechend 
ὃ, ἀνδρός zu ἀνήρ aus *dvoös; — σινδρός neben σιναρός. 


V. Verschiebung der Artikulationsart. 


8 246. 1. Urgr. -bn- (auch das aus -9”n- entstandene) 
wurde zu -mn-: osuvdg: σέβομαι; — ἔρεμνός : ἔρεβος; — 
ἀμνός:: ]. agnus. 

2. Urgr. "θη, -gm- wurden zu on, um, 2. B. γίγνομαι, 
zu sprechen *gionomai. Als dieser Lautwandel einge- 
treten war, konnte γ als Zeichen des gutturalen Nasals 
verwendet werden. 

Ann. Att. ylvonas, yıwo0xo beruhen vielleicht auf Dissimi- 
lation der beiden γ. 

3. Unsicher ist, ob mj zu nj geworden ist, dafür 
sprechen Balyw aus *Bdyjw: got. giman, κοινός aus *xovjög; 
1, cum, vgl. dial. ξυνόν. 

4. -dm- wurde dialektisch zu -mn- daher ueodum 
(inschriftlich) neben ueoddun, ᾿““γαμέμνων aus *Ayausduwv. 
Soweit -dm- erhalten blieb, wurde ὃ in der attischen 


8 246—248.] Dissimilationserscheinungen. 171 


Volkssprache frühzeitig spirantisch, was durch die 
Schreibung o ausgedrückt wird, daher 4yausouwv, Kdo- 
ouos, ᾿ἄσμητος auf Vasen. 


XVIU. Kapitel. 
Dissimilationserscheinungen. 


A. Lautdissimilation. 


8 247. Nicht nur unmittelbar benachbarte Laute 
wirken aufeinander, sondern auch die verschiedener Silben. 
Sehr oft bereitet es gewisse Schwierigkeiten die gleichen 
Laute kurz hintereinander hervorzubringen, und wir finden 
daher als häufigste der Fernwirkungen der Laute die 
Dissimilationen. Die wesentlichsten Punkte sind schon 
zur Sprache gekommen und werden hier nur der Übersicht 
halber wiederholt. | 

1. Die wichtigste Erscheinung ist die Dissimilation 
der Aspiraten, vgl. ὃ 234. 

2. Die gleichen Liquidae in verschiedenen Silben 
werden dissimiliert, vgl. 8 227. 

3. /(w) dissimiliert einen folgenden u-Dipthong zum 
i-Diphthong, daher #Feırcov aus *EFevncov, ai. dvöcam, ἀείδω 
aus Ἐἀξεύδω zu αὐδή, εἴρηκα aus *FEF oma. 


B. Silbendissimilation (Haplologie). 


ᾷ 248. Beginnen zwei aufeinanderfolgende Silben 
mit dem gleichen oder ähnlichen Konsonanten, so kann 
die ganze erste Silbe schwinden, indem das Sprechen 
gleich mit der zweiten einsetzt. Die Erscheinung ist 
namentlich in der Volkssprache sehr häufig. Vgl. κελαι- 


172 


Laut- und Akzentiehre XVIII. 


[8 248. 249. 


vepig aus *xelawvovepig, ὑπόκκινος statt ὑποκόκκεινος 
(Papyros), προσαίτης für προσαιτήτης, hom. äyrıra ἔργα 
für Ῥἀντίτιτα ἔργα, ξύλοχος für *EvAdAoxos (Solmsen, 


Unters. 97). 


Die griechischen Konsonanten nach ihrer Herkunft. 


8 249. (Übersicht.) 
Att. x = idg. k $ 207, idg. k 
8 209 idg. gh, kh vor 8 und 

; 8 216, idg. kw 8 222. 

Att. y = idg. 5 8 208, idg. 
4 8 210, idg. 9” ὃ 222. 

Att. x = idg. δὲ 8 215, 
idg. kh 8 216, idg. ks vor 
Sonorlaut ὃ 229. 

Att. m —=idg. p ὃ 203, idg. 
kw 8 218. 

Att. β = idg. ὃ 8 204, idg. 
ge 8 219. 

Att. = idg. bh $ 212 und 
ph 8 216, idg. gh” 8 220, 
idg. ps vor Sonorlaut 8 239. 

Att. τ = idg. ὁ 8 205, idg. 
ke vor 6, i 8 218. 

Att. τὲ = idg. ἡ ὃ 242, 
idg tw ὃ 238. 

Att. ὃ = idg. ὦ 8 206, idg. 
g® vor 8 ὃ 220. 

Att. 3 = idg. dh 8 214, 
idg. th 8 216, idg. gh” 
vor 6 ὃ 220. 

Att. ν = idg. n $ 223, idg. 
sn 8 236, idg. ns $ 237. 


Att. w — idg. tsn $ 243, 4, 
gr. σν 236, 8. 

Att. u = idg. m $ 223, idg. 
sm ὃ 236, idg. ms ὃ 237, 
idg. n 223, urgr. β 246. 

Att. uu = Labial m $ 243, s. 

Att. og = idg. r 8 226, idg. 
rs ὃ 237. 

Att. ee = idg. 78 N 237. 

Att. A τῷ idg. 1 8 225, idg. 
Is ἃ 237. 

Att. λλ -- idg. ἢ 8 241, 
idg. di $ 243, » idg. In 
8 243, 5. 

Att. o = idg. 8 8 228, idg. 
bi, ihj, Is ὃ 242, idg. ἐ vor 
ὁ (u) 8 208. 

Gr. F = idg. w $ 231. 

Att. “ == idg. s- 8 229, 236, 
idg. -s- $ 230, 236, idg. 7 
8 232, idg. w 233, urgr.” 
8 233. 

Att. ξ = idg. 7 ὶ 232, idg. 
dj 8 242, idg. 4) $ 242. 


8 250. 251.] Auslaut und Sandhi (Satzphonetik). 178 


XIX. Kapitel. 
Auslaut und Sandhi (Satzphonetik). 


8 250. Die im Auslaut stehenden Laute erleiden 
oftmals andere Veränderungen als die im Inlaut, weil 
mit dem Auslaut eine Pause und damit eine besondere 
lautliche Bedingung eintritt. Dasselbe gilt in gewissem 
Sinne auch für den Anlaut. Man trennt daher die Aus- 
lautserscheinungen mit Recht von denen des Inlauts. 
Für die Sprachgesetze ist aber nicht so sehr der Silben- 
auslaut, auch nicht das Wortende von Bedeutung, sondern 
der Auslaut eines Sprechtaktes, weil nur am Ende 
eines Sprechtaktes die Pause eintritt. Nach der Natur 
der Dinge kommen viele Worte, namentlich die Proklitika, 
nie an dieser Stelle vor; andere stehen bald im Auslaut, 
bald nicht, bei andern mag die Auslautsstellung über- 
wiegen. Der mittlere Fall ist der häufigste. Unterliegt 
der Sprechtaktauslaut anderen Lautveränderungen als der 
Inlaut, so entstehen Doppelformen. Nach gewisser Zeit 
geht das Bewußtsein für die Herkunft der Doppelformen 
verloren, und Formen des Inlauts werden auch im Aus- 
laut verwendet und schließlich vielleicht ganz verallge- 
meinert. Obgleich sich die Inlautsformen nach den bisher 
gegebenen Regeln entwickeln, so ist es doch angebracht, 
die Erscheinungen hier im Zusammenhang darzustellen. 
Man faßt alle diese Vorgänge mit einem Ausdruck der 
indischen Grammatik als Sandhi zusammen. 


| 1. Idg. Sandhi. 
8 251. 1. Im Idg. wechseln im Auslaut i, u, 
r, I, m, n, die im absoluten Auslaut und vor folgendem 


174 Laut- und Akzentlehre XIX. [8 251. 252. 


Konsonanten stehen, mit 5, τσ, r, I, m, n vor Sonant, ge- 
nau wie dies im Inlaut der Fall ist, vgl. 8 125,1, Dieser 
Wechsel liegt für ὁ und besonders im Veda vor. Im 
Griechischen sind nur wenige Reste in der alten Ver- 
teilung erhalten. So steht πρός aus *protj neben πρότι, 
z. B. in πρόσωπον, ai. praiydc- „zugewandt“, aber 
zroorı (F)&orv, goo&eıne, aber προτι(  )είποι, ποτιδέρκεται, 
aber προσεδέρκετο. eiv und ὑπείρ stehen bei Homer nur 
vor Vokal und können aus ἔν) und ἔὑπερ) erklärt werden. 
Doch sieht W. Schulze QE. 216 fi. darin metrische 
Dehnung. Das kann richtig sein, doch mögen gerade 
solche Fälle zur Entstehung der metrischen Dehnung 
beigetragen haben. 

Doppelformen ohne geregelten Wechsel liegen vor 
in ἔαρ aus idg. *wesr und 1. ver, idg. *wäsr; — Zip, ai. 
dyäm, idg. *dje(u)m und 1. Jovem, idg. *djiewm; — βῶν, 
ai. gäm, idg. *g”ö(u)m und 1. bovem, idg. *g"ovm. 

2. Im absoluten Auslaut und vor konsonantischem 
Anlaut schwinden ὁ, u, r, 2 (?), m, n nach langem akuiertem 
Vokal. Daher Nom. ἠχώ aus *nywı neben Nom. Exschdvras 
(Melos); — ὀχτώ neben ai. aftäu; — πατήρ neben ai. 
püä, — ποιμήν neben 1]. homo. Dagegen stets im Dat, 
Sg. M. -ü, Fem. -ä, Instr. Pl. -os u. s. w. 

Anm. Andere Erscheinungen des idg. Sandhi sind für das 
Griech. nicht von Bedeutung, 


ll. Griechischer Sandhi. 


A. Auslautserscheinungen. 

8 252. 1. Alle Vokale und Diphthonge bleiben im 
absoluten Auslaut unverändert: Vok. irre, 1. eque; — 
ἔϑι, ai. ἐμέ; — χώρα, 1. terra; — ἵππῳ, alat. Numasioi; — 
χώρᾷ, 1. equae u. 8. w. | 

2. Die kurzen Vokale -e, -a, -0 werden vor vokalischem 
Anlaut elidiert. Daher δ᾽ aus δέ, ἀπ᾽ aus ἀπό, ἔφατ" 
aus ἔφατο. Nicht elidiert werden πρό und τό. 


$ 252. 283] Auslaut und Sandhi (Satzphonetik). 175 


In zahlreichen Fällen wird aber nicht elidiert, sondern 
die beiden Vokale werden kontrahiert (Krasis). Diese 
Lautveränderung tritt nur ein, wenn die beiden Worte 
eine Einheit, also einen Sprechtakt bilden, namentlich 
beim Artikel; ἁνήρ aus ὃ ἀνήρ, τἀνδρός —= τοῦ ἀνδρός. 
Da die Krasis der Kontraktion im Innern des Wortes 
ganz gleich steht, so müssen für sie auch die Regeln der 
Kontraktion gelten, was für viele Fälle auch zutrifft. 
Aber diese Regeln werden durch das „etymologische“* 
Bewußtsein gestört. Statt des lautgesetzlichen ὥνήρ aus 
ὃ ἀνήρ bildet man @re unter der Einwirkung von ἀνήρ. 
Zahlreiche Beispiele bei Kühner-Blaß 1, 220 ἢ, 

3. Einfache Längen werden vor folgendem Vokal 
verkürzt. Daraus erklärt sich die metrische Regel: 
vocalis ante vocalem corripitur. Diese Erscheinung ist 
von W. Schulze ΚΖ. 33, 134 auch in Inschriften nach- 
gewiesen. In Kreta steht μέ für un vor Vokalen, z. B. 
μὲ ἔνδικον, μὲ ἔχηι. Co. 3016, a findet sich ἐπειδὲ Txeoros. 

4. Die Langdiphthonge werden vor folgendem kon- 
sonantischen Anlaut verkürzt, wie im Inlaut, vgl. $ 148. 
Wir finden daher in verschiedenen Dialekten Dat. M. 
und F. auf -οὐ und -αἰ, so böot. τοι xoıwoı, τη βωλη, die 
aus Formen auf -ws und -& erklärt werden müssen, vgl. 
8 306, 3, Anm. 2, 311, 3, Anm. 2. 

5. Bei den :-Diphthongen schwand das ὁ vor folgen- 
dem Vokal, und es werden daher diese Vokale als Kürzen 
gemessen, z. B. ἄνδρα uns ἔννεπε. In att. δύο aus ἔδύου — 
ai. duve ist eine solche Form verallgemeinert. 

6. Die so entstandenen -&, -0, -α werden vor folgendem 
Vokal auch elidiert, daher hom. βούλομ᾽ ἐγώ aus Bovlouaflı) 
ἐγώ, γνώσετ᾽ ἔπειϑ᾽, ἥατ᾽ Evi, ὅς μ᾽ ἔϑελεν aus ὅς μοι 
ἔϑελεν u. 8. W. 

ἢ 253. 7. Alle auslautenden Konsonanten werden 
im absoluten Auslaut abgeworfen. Ausgenommen sind 
r, (ἐλ, n, 8; m wird zu n. 


176 Laut- und Akzentlehre XIX. [8 253 


a) Abfall von Konsonanten. 

t oder d sind geschwunden in ἔϑηκεδ, al. feked; — 
ἔφερε, ai. äbharat; — ἔφερον, 1. ferunt, ai. abharanft); — 
τί, 1. quid, ἄλλο, 1. aliud; — κῆρ aus *körd zu καρδία, 1. 
cord-is; — V. παῖ zu παιδός; --- V. γέρον zu γέροντος 


aus *yeoovs; — V. xaolev zu χαρίεντος; — V. Alav zu 
Alavros; — ὄνομα zu ὀνόματος; — ἔστω, ul. estö(d). 


th: κρῖ zu κριϑή. 

k oder g: V. γύναι zu γυναικός; — ὑπόδρα zu δρακεῖν, 
ai. upadr! „Anblick*; — ἔαρ (elae) „Blut“, ai. dsrk. 

kt: V. ἄνα zu ἄνακτος; --- γάλα zu γάλακτος. 


b) m wird zu n: τόν, 1. istum, ai. tam; — ἵπσπτον zu 
l. deum; — χϑών aus Ἐχϑώμ, vgl. χϑαμαλός, χαμαί. ---- 
χιών aus *xımu, vgl. δύσχιμος, 1. hiems; — ἕν aus *Eu, 


vgl. 1. semel, gr. ἅμα. 

8. In der Verbindung mit anderen Worten blieben 
die Konsonanten bewahrt, daher οὐχ, ἔχ, die aber nicht 
im absoluten Auslaut vorkommen. 

In einer Reihe von Fällen scheint ein auslautender 
Dental im Griechischen gegen die Regel 7a zu s geworden 
zu sein. So stehen schon bei Homer πολλάκι und πολλάκις 
nebeneinander und entsprechen ai. purü cid. Bei den Ad- 
verbien wechseln Formen auf -© und -ὥς, οὕτω und 
οὕτως. Daß darin alte Ablative auf -öd stecken ist längst 
anerkannt. Hom. ws, τώς sind = ai. yät, tät. ἦἧος, τῆος 
entsprechen ai. yävat, iavat. Daß in diesen Fällen regel- 
rechte Formen vorliegen, ist von Curtius Stud. 10, 219 
behauptet und neuerdings von J. Schmidt Ntr. 352 mit 
Recht wieder aufgenommen. Ein Dental mußte vor 
folgendem Dental nach 8 200 schon im Idg. einen Spiranten 
entwickeln, und auch im Griechischen mußte ? vor s zu 
s werden. Ein idg. *jöt wurde also in gewissen Stellungen 
zu *jöls, woraus gr. ὥς entstehen mußte. 

9. Vor s+ Kons. mußte urgriech. ein Nasal schwinden. 
Wir hätten demnach zu finden: ἐνς > eig vor Vokal, ἐς 


S 253.] Auslaut und Sandhi (Satzphonetik). 177 . 


vor Konsonant. Dieses Verhältnis ist bei Homer gut 
bewahrt; man vergleiche ἐς Χρύσην 4 100, ἐς δ᾽ A 142, 
aber eis ἅλα δῖαν A 141 u. 8. w., eis Aldao Θ 367 u. 8. w. 
Der urgriech. Akk. Plur. auf -ovs, -«vs muß daher teils 
‚als -ονς, -ayb, teils als -ος, -ας erscheinen. Im Kretischen 
ist der alte Wechsel noch ziemlich regelrecht erhalten, 
z. B. τὸς μαιτύρανς, τούτονς ἔχεν; — τὰνς ἅπλόογς, τὸς 
χαδεστάνγο. 

10. s ging zwischen zwei Verschlußlauten verloren, 
daher der Wechsel von ἐκ und ἐξ bei Homer: ἐκ Ζιός, 
ἐκ Πύλου, aber ἐξ οὗ, ἐξ ἀπίης, ἐξ ἔρον ἕντο u.s. w. Im 
Kretischen wechselt ἔχσ vor Vokalen mit ἐκ vor Kon- 
sonanten. War aber der Anlaut des zweiten Wortes ein 
x, so mußte nach ὃ 244, ı das x von ἐχς schwinden. That- 
sächlich finden wir in verschiedenen Dialekten die Form 
ἐς, die auch verallgemeinert wurde. 

11. Tenues werden durch ‚folgenden Hauch zu Äspi- 
raten, daher ἀφ᾽ οὗ aus ἀπ᾽ οὗ u. 8. w. 

Vereinzelt trifft die Aspiration "auch Medien, z. B. 
οὐϑείς aus odd-elc. Hier ist die Media natürlich zunächst 
stimmlos geworden. 

12. Als bewegliche Konsonanten im Auslaut er- 
scheinen n (das sog. » ἐφελκυστικόν) und in geringerem 
Grade s. Ersteres war keineswegs gemeingriech., sondern, 
abgesehen von der Dichtersprache, die es als bequemes 
Hilfsmittel verwendete, im wesentlichen ion.-att. Es ist 
ausgegangen von Fällen, in denen Formen mit und ohne 
n gleichberechtigt nebeneinander standen. Dazu gehören 
vielleicht -gı und -φιν, 1680. ἄμμε und ἄμμιν, -Je und 
-sey, in πρόσϑε und πρόσϑεν. Nicht berechtigt war das 
jedenfalls in der 3. Sg. und Plur. τέϑησι("), τύὐπτουσι(ν), 
wo dem Dorischen das » mangelt (dor. didwzı, λέγοντι) 
in der 3. P. Sg. auf -e, ἔτυπτε(»), wo es den kontrabierten 
Formen fehlt (ἐφέλδι), in εἴκοσι(»), dor. stets εἴκατι, im 
Dat. Plur. auf -σι, πᾶσι(») u. a. 

Hirt, Griech. Laut- u. Formenlehre. 12 


178 Laut- und Akzentlehre XIX. [8 253—255. 


Ein bewegliches s findet sich in οὕτως neben οὕτω, 
und zwar steht οὕτως meist vor Vokal, während beide 
Formen vor Konsonant auftreten können. Nach 253, 8 
haben wir es hier mit idg. Doppelformen zu thun, deren 
Stellung im Griech. durch andere Gründe geregelt ist, 
vielleicht nach dem Verhältnis ἐξ vor Vokal zu 2x vor 
Konsonant, vgl. $ 253, 10. Wie οὕτως, οὕτω sind noch 
zu beurteilen πολλάχις, πολλάχε und vielleicht einige der 
anderen Fälle. 


B. Anlautserscheinungen. 


$ 254. Auch der Anlaut unterliegt gewissen be- 
sonderen Gesetzen., Zahlreiche Konsonantengruppen, die 
im Inlaut wohl sprechbar sind, weil sie sich auf zwei 
Silben verteilen, werden im Anlaut vereinfacht oder um- 
gestaltet, weil hier die Aussprache auf Schwierigkeiten 
stößt. Derartige Erscheinungen sind sicher schon indo- 
germanisch, aber noch nicht genügend untersucht. Am 
ausführlichsten handelt darüber Kretschmer Κῶ. 31, 412#. 

Die im Griechischen möglichen Konsonantengruppen 
sind in jedem Lexikon und bei Leo Meyer Gr. ὅτ. 3 
1, 342ff. zu finden. Sprachgeschichtlich ist folgendes 
wichtig. 

8 255. 1. Geräuschlaut + Sonorlaut. 

a) Die Verbindung von Verschlußlauten mit r ist in 
allen Fällen erhalten. 

b) Von /-Verbindungen ist d4- nicht belegt, das im 
Inlaut zu AA wird (8 243,2). Im Anlaut entstand yA, wie 
man auf Grund der Vergleichung von γλυκύς mit 1. duleis 
(Verf. Abl. 8 527) annehmen darf. zi- liegt nur im 
Stamme τλᾶ- vor, wo τῷ aus dem Inlaut übertragen sein 
kann. 94- wurde dialektisch zu φλ, φλέβω, φλάω neben 
ϑλέβω, ϑλάω. 

6) τν ist nicht belegt; ὃν in δνοπαλέζω „schütteln“. 
Neben δνόφος steht das spätere γγρόφος und χγέφας. Man 


— a ._ 


8 255—257.] Auslaut und Sandhi (Satzphonetik). 179 


kann daran denken, daß die Worte zusammengehören. 
χν in χναύειν „schaben“ ist aus ksn entstanden; vgl. ai. 
könauti „schleift“, 99 steht nur in gvei, ϑν nur in ϑγήσκω 
u. 8. w., wo 68 aus τέϑγηχε eingeführt sein könnte. 


d) »n-Verbindungen sind selten. χμ finden wir nur 
in χμέλεϑρον, das nach dem EM — μέλαθρον ist. κχμητός 
ist als Simplex nur bei Hesych belegt. zu und du liegen 
nur in Bildungen von τέμνειν und δάμνημιε vor und könnten 
hier jung sein. Sonst fehlen m-Verbindungen. Nach 
Kretschmer ΚΖ. 31, 406 ist Öu- zu μν geworden, daher 
kret. μνῴα, μνῷται „Leibeigene der Gemeinde“. 

8 256. 2. Zwei Sonorlaute. 

Von den Verbindungen zweier Sonorlaute sind natur- 
gemäß nur wenige möglich. Sie teilen die Schicksale der 
inlautenden Gruppen. u» bleibt in μνῆμα, ug wurde zu βρ, 
uk zu ßA, vgl. 8 245. 

8 257. 3. Verbindung zweier Geräusch- 
laute. 

a) Ganz gewöhnlich sind hier s-Verbindungen , sei 
es daß s vorausging (sk, st, sp) oder folgte (5, w). ts fehlt. 


b) Merkwürdig sind im Griechischen die Verbindungen 
von Gutturalen und Labialen mit Dentalen, «z, x9, zur, 
φϑ, weil ihnen im Indischen Gutturale + 5 gegenüber- 
stehen, vgl. xzloıg, ai. köitif „Wohnsitz“; — χτάομαι, ai. 
k3i „besitzen“ ; — χτείνω, ai. kdanöti „verletzt"; — φϑίνω, 
ai. kfinäti „vernichtet“ u. s. w. Brugmann setzt als Ur- 
laute Guttural + 5 oder d an, doch ist dies, wie er selbst 
bemerkt, nur ein Notbehelf. Die Verbindungen erscheinen 
auch im Inlaut: &oxrog, 1. ursus aus *urcsus, ai. fkdas; — 
τέχτων, ai. täksa, 1. texö, ahd. dehsala „Hacke“. 

Wir finden nun im Griech. neben dieser Doppel- 
konsonans auch einfachen Guttural, z. B. χαμαί neben 
χϑών, πόλεμος neben πτόλεμος, τττόλες neben πόλις. Dieser 


Unterschied ist von Kretschmer ΚΖ. 31, 425 f. richtig 
12* 


180 Laut- und Akzentlehre XIX. [$ 257. 258. 


so erklärt, daß sich die Doppelkonsonans im Inlaut er- 
hielt. Daher att. πόλεμος, aber Τριπτόλεμος, Neo- 
πτόλεμος. 

In anderen Fällen entspricht den betreffenden griech. 
Lautgruppen in den übrigen Sprachen Guttural + 5, 
z. B. χϑές, ai. hyas, 1. heri, ἃ. gestern; — ἰκτῖνος, ai. 
$yenäs „Adler, Falke“. Man wird hier annehmen dürfen, 
daß die ursprüngliche Gruppe Guttural + Ρ +, war, in 
der entweder der Dental oder das 7 geschwunden ist. 
Zum Ansatz eines Spiranten 7 liegt auch hier keine Ver- 
anlassung vor. 

8 258. 4. Gedehnte Konsonanten. 


Gedehnte Konsonanten sind im Anlaut sprechbar 
und auch im Griech. eine Zeit lang geduldet, dann aber 
vereinfacht. So wird kw inlautend zu sr, das im An- 
laut zu sr wird, vgl. ἵππος, ai. ddvas, aber πάσασϑαι zu 
ai. $vä-. Im Böot. finden wir aber noch τὰ ππάματα und 
Θιόππαστοςς Da idg. %j inlautend zz oder 00 ergiebt, 
so muß dies auch im Anlaut bestanden haben. That- 
sächlich heißt es ἐπισσεύεσϑαι, ἔσσευα, welche Formen 
Schlüsse auf den Anlaut zulassen. 

Dagegen haben die Verbindungen von s + Sonorlaut 
ursprünglich nie Doppelkonsonans ergeben. Wenn wir 
aber ἔρρεον, hom. δὲ γγότιος, ὕδατι λλιαρῷ und ähnliches 
finden, so beruht das auf späterer Entwicklung, die nicht 
im Anlaut eingetreten sein wird. 


δ 259. 260.) Der indogermanische Akzent. 181 


C. Akzentlehre, 


XX. Kapitel. 


Der indogermanische Akzent. 


& 259. Der griech. Akzent setzt in wesentlichen 
Punkten den idg. Akzent fort, der sich mit Hilfe des 
Indischen als Hauptquelle, des Lit.-Slavischen, des Ger- 
manischen (Verners Gesetz) und des Griechischen er- 
schließen läßt. 

Anm. Das Vernersche Gesetz lehrt: die im Urgerm. vor- 
handenen tonlosen Spiranten, x, f, 5, 8 — idg. k, p, t, 8 werden 
zu tönenden Spiranten y, 5, d, z, später g, ὃ, d, r, wenn der 
Akzent nicht unmittelbar vorausgeht. Es heißt daher got. bröbar, 
ai. bhrätä „Bruder“, aber fadar, ai. pitä „Vater“; — ahd. swigar 
„Schwiegermutter“, gr. ἑκυρά; — aber ahd. swehur, ai. Sudfuras 
(gr. &xvoos hat daher unursprünglichen Akzent); — got. wulfs, gr. 
λύκος, aber got. sibun, gr. änra. 

Für das Indogermanische müssen wir den Silben-, 
den Wort- und den Satzakzent unterscheiden. 


I. Der indogermanische Silbenakzent. 


8 260. Eine Verschiedenheit des Silbenakzentes läßt 
sich für das Idg. bisher thatsächlich nur für die letzten 
Silben nachweisen, theoretisch ist er auch für die Silben 
im Wortinnern vorauszusetzen. 


Anm.1, Zuerst erkannte A. Bezzenberger BB. 7, 66 ff., daß 
die griechische Verschiedenheit von Akut und Zirkumflex im 
Litauischen als „gestoßener“ und „schleifender“ Ton (Zeichen “ἡ 
und 77 wiederkehre. Fr. Hanssen ΚΖ. 27, 612 ff. brachte mit diesen 
Doppelheiten ferner die Erscheinungen des germanischen Auslauts 


182 Laut- und Akzentlehre XX. [8 260. 


in Zusammenhang, und schließlich erkannten Bezzenberger und 
Sievers, daß im Rgveda lange Vokale dann gern zweisilbig ge- 
messen werden, wenn sie solchen mit .griechischem Zirkumflex, 
litauischen mit schleifendem Ton entsprechen. Das läßt sich sehr 
einfach aus zweigipfliger Betonung erklären. 


Die einzelnen Sprachen stimmen in ihren Silben- 
akzenten vielfach überein, sodaß wir für das Idg. folgen- 
des ansetzen können. 

Das Idg. hatte zwei Silbenakzente, die man mit ge- 
gestoßenem und schleifendem Ton oder mit Akut und 
Zirkumflex benennen kann. 

1. Der gestoßene Ton steht auf: allen einfachen 
Längen und bei Langdiphthongen auf dem ersten Be- 
standteil. Dies ergiebt sich daraus, daß Langdiphthonge 
ihren zweiten Bestandteil verlieren können, wenn sie 
stoßend betont waren, vgl. $ 251, 2. 

2. Der schleifende Ton des Idg. war wahrscheinlich 
zweigipflig, und außerdem waren Vokale mit schleifendem 
Ton länger als solche mit Stoßton. Legt man für die 
Kürze eine More zu Grunde, so ergeben sich für die ein- 
fachen Längen zwei, für die schleifenden drei Moren. 
Diese Ansätze werden durch die Auslautsgesetze des 
Litauischen und Germanischen direkt gefordert. 

Anm. 2, Im Lit. werden nämlich alle auslautenden Vokale 
um eine More. verkürzt. Die akuierten Längen werden Kürzen,- 
die zirkumflektierten zweimorig (Zeichen 5). Alle im Auslaut 
stehenden Längen sind daher als zirkumflektiert anzusehen. Auch 
für die germanischen Auslautsgesetze muß man dieselbe Regel auf- 
stellen. 

Der schleifende Ton beruht im wesentlichen auf folgen- 
den Ursachen. 

a) Zwei Silben werden zu einer vereinigt 

α) durch Kontraktion, Dativ idg. -s aus ὁ + ai, 
gr. ϑεῷ; 

β) durch das Schwinden der zweiten Silbe, vgl. 
8 135. Wie die betonten Kürzen durch Verlust der 


8. 260. 261.] Der indogermanisehe Akzent. 183 


folgenden Silbe zu Längen werden, so entstehen aus den 
einfachen Längen Überlängen. 

Es heißt daher ναῦς gegenüber Ζεύς, weil ersteres 
auf uridg. *nawos, letzteres auf *djdwos zurückgeht. 

b) Ein gestoßener Langdiphthong verliert seinen 
zweiten Komponenten. Eine Verbindung wie -ön müssen 
wir>als dreimorig ansehen. Schwand das ἢ, so gab es 
seine Dauer an das ὃ ab, und dies wurde zu -ö, daher 
lit. Zmü „Mensch“ gegenüber gr. -ών. In gleicher Weise 
erklärt man den Zirkumfiex von gr. βῶν, ai. gäm aus 
dem Verlust des «. Die Grundform war *y"dum. Doch 
hat im absoluten Auslaut der Verlust des « diesen Über- 
gang nicht bewirkt, vgl. ὀχτώ gegenüber ai. astau,;, — 
N. Du. ϑεώ, lit. νὼ gegenüber ai. vrkau. 

Beispiele für die idg. Silbenakzente s. $ 265. 


Il. Der indogermanische Wortakzent. 

$ 261. Das ldg. besaß einen freien Akzent, ἃ, h. 
der Akzent war nicht durch äußere Ursachen bedingt wie 
z. B. im Lat., sondern konnte auf jeder Silbe des Wortes 
stehen. Bei dieser großen Freiheit bestehen doch eine 
Reihe von Regeln. Es giebt sowohl beim Nomen wie 
beim Verbum zwei große Betonungskategorieen : entweder 
ist der Akzent durch das ganze Paradigma unverändert, 
so z. B. bei allen e-o-Stämmen, gr. λόγος, ϑεός, φέρω, 
oder der Akzent wechselt zwischen Stamm und Endung. 

1. Beim Nomen müssen wir zwischen starken und 
schwachen Kasus unterscheiden. 

a) Stark heißen die Kasus, in denen der Akzent 
auf der Wurzelsilbe oder dem: Suffix ruht, die Endung 
dagegen unbetont bleibt. Es sind dies N. Akk. Vok. 
Sing., N. Akk. Dual., N. Akk. Plur.: πούς, πόδα, πόδε, 
πόδες, πόδας, ai. pad, pädam, pädäu, pädas. | 

b) Schwach heißen die Kasus, in denen die Kasus- 
endung betont ist, das sind Gen. Dat. Instr. Abl. Sing. 


184 Laut- und Akzentlehre ΧΧ, [8 261. 262, 


Du. und Plur. und Lok. Plur., ποδός, ποδί, ποδοῖν, ποδῶν, 
ποσί, ai. G. padis, D. pade, Instr. pada. 

2. Beim Verbum lag der Ton: 

a) Auf der ersten Silbe im Sing. Ind. des athema- 
tischen Präsens, des s-Aoristes und des Perfekts. 

b) Auf dem ableitenden Element der meisten charak- 
terisierten Präsentien im Singular, ai. -nami, -nömi, dem 
je- des Optativs. 

c) Auf den Endungen im Dual, Plur. und Medium 
der genannten Kategorieen. 

d) Festen Akzent haben der sog. starke Aorist und 
zwar auf der ursprünglichen zweiten Silbe, und die thema- 
tischen e-o-Verben auf der ersten Silbe. 


Ill. Der indogermanische Satzakzent. 

8 262. Die einzelnen Worte des Indogermanischen 
waren im Satzzusammenhang untereinander abgestuft. 
Zahlreiche Worte verloren ihren eigenen Akzent völlig 
und lehnten sich enklitisch oder proklitisch an ein vorher- 
gehendes oder folgendes Wort an. Auf diesem Gebiet 
läßt das Griechische die idg. Verhältnisse gut erkennen. 
Wackernagel hat IF. 1, 333 ff. nachgewiesen, daß ein 
Enklitikon falls es zum ganzen Satz und nicht zu einem 
einzelnen Wort gehört in der idg. Urzeit die zweite Stelle 
im Satz einnahm. 

Enklitisch konnten im ldg. nicht nur die Präpositionen, 
Partikeln und Pronomina werden, sondern auch zwei 
Kategorieen, die uns in der Enklise zu sehen nicht so 
geläufig ist, Verbum und Nomen. 

1. Das Verbum. Im Altindischen besteht die 
Regel, daß das Verbum im Hauptsatz enklitisch, im 
Nebensatz vollbetont ist. Wenn wir diesen Zustand auch 
nicht auf das Idg. übertragen dürfen, so steht es doch 
fest, daß das Verbum im Idg. in großem Umfange 
enklitisch werden konnte, und zwar vor allem nach 


8 262—264.] Der griechische Akzent. 185 


Präfixen und der Negation, und wenn es nicht am Satz- 
anfang stand. Vgl. über diese Frage Wackernagel KZ. 
23, 457 ff., Zimmer Festgruß an Roth (1893), 173 δ, 
Verf. Akzent 304 ff. 

2. Das Nomen war vor allem enklitisch, wenn es 
als Vokativ gebraucht wurde, wie dies auch jetzt noch 
der Fall ist, vgl. Verf. IF. 9, 284 ff. 

Außerdem konnte sich das Nomen an Präpositionen 
enklitisch anlehnen, lat. illico, denuo. Weiteres über die 
Satzbetonung ergiebt sich aus dem Griechischen. 


XXI. Kapitel. 
Der griechische Akzent. 


8 263. Litteratur. Ο. Göttling Allgemeine Lehre vom 
Akzent der griech. Sprache 1835. 

J. Wackernagel Der griech. Verbalakzent, ΚΖ. 23, 457 ff. 

L. v. Schroeder Die Akzentgesetze der homer. Nominal- 
komposita, mit denen des Veda verglichen, ΚΖ, 24, 101 ff. 

Chandler A practical introduction to greek accentuation, 
2. Ausg. Oxf. 1881. 

B. J. Wheeler Der griech. Nominalakzent 1885. 

Bloomfield The origin of the recessive accent in Greek, 
AJPh. 9, 1ft. 

Wackernagel Beiträge zur Lehre vom griech. Akzent, 1893. 


Ι. Der griechische $Silbenakzent. 


8 264. Oben ὃ 84 ist die Natur der griechischen 
Silbenakzente kurz charakterisiert. Für die sprach- 
geschichtliche Auffassung muß als besonders wichtig 
hervorgehoben werden, daß Akut und Zirkumflex auf 
Betonung verschiedener Moren beruhen. Zerlegen wir 


186 Laut- und Akzentlehre XXI. [8 264. 2685. 


einen langen Vokal in zwei Moren _, so ist der Akut 
gleich _., der Zirkumflex gleich ... 


Bei dieser Auffassung erklärt sich sofort der Unter- 
schied in der Betonung zwischen φελῶ und &ozug; jenes 
geht auf φιλέω, dieses auf ἑσταώς zurück. Ebenso ist 
der Akzentwechsel in δῆμος — ἔδάαμος und δήμου — 
*daduov dem von ἔρεβος, ἐρέβους vollständig gleich. 

Anm. Da im Verbum der Akzent mit Ausnahme des Verbum 
infinitum soweit als möglich zurückgezogen wird, so entspricht dem 
Verhältnis von λεπών : Aines das von Bas: βῆν (— ἔβην, theoretisch 
Baav), eis: ὦ, oräs:ornv. Da ferner die Lesbier den Akzent soweit‘ 
als möglich zurückzogen, so entspricht dem Verhältnis von lesb. 
"Argevs: att. ᾿Δτρεύς das von lesb. Zeus: Zeus, δῶξ : ῥώξ. 

8& 265. Während sich in der Pänultima das Auf- 
treten von Akut und Zirkumflex nach der Quantität der 
letzten Silbe richtet, entsprechen in der Ultima die beiden 
Akzente z. T. idg. Verschiedenheiten, der Akut dem idg. 
Normalton auf langen Vokalen und Diphthongen, der 
Zirkumflex dem sekundär entstandenen Ton. 

Anm. 1. Der idg. Akut war wahrscheinlich fallend, der 


Zirkumflex steigend oder steigend-fallend. Im Griech. haben sich 
die Verhältnisse gerade umgedreht. 


A. Zirkumflektierte Längen. 


Gen. Sg. ἀλφῆς, lit. algös „des Lohnes“, got. gibös, 

Dat. Sg. ἀλφῇ, lit. algai, got. gibai, 

Dat. Sg. ϑεῷ, lit. vükui „dem Wolfe“, ahd. tage, 

Dat. Pl. ϑεοῖς, lit. vilkais, 

Lok. Sg. ᾿Ισϑμοῖ, lit. nam& „zu Hause“, 

Gen. Pl. ϑεῶν, lit. vilkg „der Wölfe“, got. dage, 

Abl. Sg. in Adv. καλῶς, lit. Gen. vilkö „des Wolfes“, 
got. hapro, 

2. 3. Sg. Opt. λεδίποις, λείποι, lit. te-suk& „er soll 
drehen“, got. bairais, bairai „möge tragen“. 


δ 265. 266.] Der griechische Akzent. 187 


B. Akuierte Längen. 

N. Sg. ἀλφή, lit. alga, got. giba, 

A. Sg. ἀλφήν, lit. algg, ahd. geba, 

N. Du. ϑεώ, lit. vitkü „zwei Wölfe“, 

N. Pl. καλοέ, lit. geri „die Guten“. 

Alt ererbt sind ferner die Akute in den Nominativen 
auf -79, ποιμήν, -ἦρ, πατήρ, -W, ἠχώ, -εύς, Ζεύς, βασιλεύς 
u. 8. w, in dem -a von βούλομαι, βούλεται, δόμεναι, 
εἶναι, λῦσαι. 


Anm. 2. Im Lit. zeigen auch die Semidiphthonge er, el, en, 
em u. 8. w. verschiedene Silbenakzente. Daß die Verbindungen 
εν, 20 U. 8. w. den &, sv u. 8. w. auch im Griechischen gleichartig 
waren, folgert Wackernagel Beiträge zur Lehre vom griechischen 
Akzent 8. 24 ff. aus der Lehre der Grammatiker, daß φύλλά re, 
ἔνϑά ποτε zu betonen sei, wie φῦλά re, unva ποτε. Zwei Akzente 
mußten mindestens durch eine More getrennt sein. Daher ist 
φῦλά Te — φύυλά re und φύλλα τε = .“.ζ2. 

Anm. 3. In unbetonter Ultima dokumentiert sich die Ver- 
schiedenheit des Silbenakzentes in Quantitätsverschiedenheiten. 
Zirkumflektierte Diphthonge gelten als lang, akuierte als kurz. 
Daher Lok. Sg. ofxoı, aber N. Pl. οἴκοι, Asinoı, lit. te-suke, er soll 
drehen. κεῖμαι zeigt, daß das ai der Medinlendungen akuiert war, 
ebenso φέρεσϑαι, λῦσαι. 


Anm. 4. Das Attische zeigt in einer Reihe von einsilbigen 
Worten Zirkumfiexe, die sicher jung sind und auf einer Zurück- 
ziehung des Akzentes, ähnlich der des Äolischen, beruhen. So in 
eis, vgl. τιϑείς; — alf, γλαῦξ, die Koine hat αἴξ, γλαύξ; — βοῦς, 
müßte Akut haben wie Ζεύς: — ferner πᾶς, ἀνδριᾶς, ἑμᾶς, aber 
auch ἑμάς, ἀνδριάς. Anders, aber mich nicht überzeugend, faßt 
Hatzidakis IF. 5, 338 ff. diese Fälle auf. 


Anm. 5. In einigen Fällen beruhen die Zirkumflexe auf 
griechischer Kontraktion, so in ἠχοῦς aus ἠχόος, φιλῶ aus φιλέω 
u. 8. w. 


C. Die Silbenakzente der Pänultima. 


& 266. Auf der Pänultima hätten wir nach den 
Endsilben zu urteilen durchgehenden Akut auf allen alten 
idg. Längen zu erwarten. Es müßte also fiektiert werden 


188 Lanut- und Akzentlehre XXI. [8 266-268. 


Ἑχήπος, κήπου, κήπῳ u. 8. w. und wie es zudeis heißt, 
müßte es auch *zudeloa lauten. In κῆπος, τιϑεῖσα u. 8. w. 
liegt demnach eine Zurückziehung um eine More vor. 
Dieses Gesetz hat auch noch weiter gewirkt und wird 
weiter unten behandelt werden. Es ist die einzige er- 
kennbare Ursache für die Verschiedenheit der Silben- 
akzente auf der Pänultima. 


Il. Der griechische Wortakzent. 


ᾷ 267. Der griechische Wortakzent ist auf die drei 
letzten Silben des Wortes beschränkt. Man spricht daher 
von einem Dreisilbengesetz des Griechischen, obgleich 
dieser Name keine Erklärung ist. Die griechischen Ver- 
hältnisse sind nach Ausweis der verwandten Sprachen 
jung, es haben demnach Verschiebungen stattgefunden, 
die sich auf wenige Gesetze zurückführen lassen. 


A. Die griechische Betonung gleich der idg. 


8 268. 1. Die Betonung der Ultima im Griechischen 
ist alt und entspricht der indischen und idg. 

a) Im Akzent der einsilbigen Stämme: πούς, ποδός, 
ποδί u. 8. w. — ai. päd, padis, padi; 

Ὁ) Bei den Stämmen auf -er, -ter, -en: πατήρ, ai. pila, 
got. fadar; — δοτήρ, ai. data; — ζευκτήρ, ai. yokta „An- 
schirrer“ ; — ποιμήν, lit. pemü „Hirt“. 

Anm. 1. In ϑυγάτηρ, μήτηρ, ἐνάτηρ, φρήτηρ (dor. φρατήρ) 
hat nach Ausweis der ind. duhita, mätä, ahd. muotar, yatä sekundäre 
Akzentverschiebung stattgefunden, deren Grund unklar ist, vgl. auch 
ΑΙ. ϑυγατέρα, μητέρα, Gen. μητρός. 

c) In den adjektivischen «-Stämmen, vgl. Bezzen- 
berger BB. 2, 123 ff., βαρύς, ai. gurüß, ὠκύς, ai. ads, 
χρατύς, got. hardus. 

d) Bei den Adjektiven auf -fos, -nos, -mos u. 8. w. 
und überhaupt den meisten primären Adjektiven: χλυτός, 


$ 268. 269.] Der griechische Akzent. 189 


ai. Srutäis, — στατός, ai. sthitäs, — γυμνός, ai. nagnäs;, — 
ἐρυϑρός, ai. rudhirds; — θερμός, ai. gharmäs „Glut“. 

6) Bei den Feminina auf -ἃ: γυνή, ai. gnd, russ. 
Zend; — σκιά, ai. chäya; — own, TUss. cönd. 

ἢ Bei den adjektivischen -es-Stämmen: δυσμενής, Ai. 
dur-manäs, ψευδής u. 8. w. Ausnahme: πολυδήνεα" πολύ- 
βουλον Hesych, ai. purudgsas „reich an wunderbaren 
Thaten“, 

g) Beim Partizipium Perfekti auf -ὡς, εἰδώς, ai. 
vidvän, λελοιπώς, ai. ririkvan. In beiden Sprachen ist der 
Akzent fest: Gen. εἰδότος, ai. Instr. vidiusa, Fem. εἰδυῖα, 
ai. vidüst. 

h) Beim Partizipium des zweiten Aorists: λεπών, ai. 
ricänt-, der Präsentia auf: -vauı, -νῦμι, dauväs, δεικνύς, ai, 
krindnt-, sunvinlt«. 

i) Bei den -tu-Stämmen, gr. κλειτύς, ai. pitüf „Trank“. 
Doch besteht hier auch Anfangsbetonung. 

k) In vereinzelten Beispiele: ὀκτώ, ai. astau; — End, 
al. sapti, ahd. sibun; — ἐγώ, ai. ahim; — παραέ, ai. 
pare; — ἑκατόν, ai. dalim. 

$ 269. 2. Die Betonung der Pänultima und 
der Antipänultima ist alt und entspricht in folgenden 
Fällen der indischen: 

8) Bei den Neutra auf -ος, -μα, -ag, -v: κλέος, ai. 
drüvas, — γένος, ai. jänas, — φῦμα, ai. bhima „Wesen, 
Erde“; — εἶμα, ai. vasma;. — οὔϑαρ, ai. üdhar; — ἧπαρ, 
ai. yükrt; — μέϑυ, ai. mädhu. 

b) Bei den Substantiven auf -tor: δώτωρ, ai. data. 

6) Im Komparativ: ἥδιον, ai. svadiyan, got. jühiza 
„Jünger“. 

d) Bei den i-Stämmen herrschte ursprünglich ein 
Wechsel der Betonung. Im Griechischen ist die Oxy- 
tonierung unterlegen. 

e) Bei den Infinitiven wie μανῆναι. 

Über die Betonung der Komposita s. Satzakzent. 


1% Laut- und Akzentlehre XXI. [$ 270. 


$ 270. 3. Alter Akzentwechsel. 

Im Indogermanischen wechselte der Akzent häufig 
innerhalb desselben Wortes, 8. 0. Auch dies hat sich 
im Griechischen erhalten. 

a) In den schwachen Kasus vieler konsonantischer 
Stämme geht der Akzent auf die Endung über: πούς, 
ποδός, ai. päd, padas, πατήρ, πατρί, ai. pitä, Dat. pitre. 

b) Bei den o-Stämmen wurde schon im Idg. eine 
Verschiedenheit der Bedeutung bei sonstiger Gleichheit 
der Form durch den Akzent ausgedrückt. Die Stamm- 
silbe ist betont beim Verbalabstraktum, die Ultima beim 
Nomen agentis, vgl. Wheeler Der griech. Nominalakzent 
S. 70, Verf. Akz. 266. Beispiele: ai. kämas „Wunsch“, 
kämäs „begehrend“; — väras „Wahl“, vards „der Freier“; 
— gr. τρόπος „Wendung“, τροπός „Dreher“; — τόμος 
„Schnitt“, τομός „scharf, schneidend“ ; — τρόχος „Lauf“, 
τροχός „Rad“; — ϑάγατος : ϑνητός; — κάματος : κμητός 
u. 8. w. 

Bei etwas verschiedener Form besteht das gleiche 
Verhältnis auch bei den es-Stämmen: ψεῦδος : ψευδής, 
σϑένος: ἀσϑενής, μένος : εὐμενής ; und bei den ter-Stämmen: 
ἄροτρον : ἀροτήρ; --- φέρτρον: ai. bhartä „Träger“; — ai. 
däatram „Gabe“: δοτήρ u. 8. w. 

c) Zu barytonierten Verbalabstrakten auf -o gehören 
sehr häufig femininale auf -@, die regelrecht oxytoniert 
sind: φῦλον : φυλή; — νεῦρον : vevod; — γόνος : γονή; — 
τόμος : τομή; — πόϑος : ποϑή; --- ὄρρος : οὐρά; --- δόος : 
bon; --- ὦνος : ὠνή; --- ὄγκος : ὀγκή. 

ἃ) Zwischen Adverbium und Adjektivum findet sich 
eine Betonungsverschiedenheit der Art, daß Adverbia 
oxytoniert, Adjektiva barytoniert sind, gr. ἐπιζαφελῶς : 
ἐπιζάφελος. 

6) Zu barytonierten Neutra auf -ua gehören oxy- 
tonierte Stämme auf -μών und -μήν: ἀνάϑημα : ϑημών; — 
χεῖμα : χειμών; — ai. syüma „Band“: ὑμήν. 


M_._.2.02.— 


8. 271. 272] Der griechische Akzent. 191 


B. Die griech. Betonung ist verschoben. 


8 271. 1. Daktylische Oxytona werden 
Paroxytona. 

Dieses Gesetz ist von Wheeler gefunden und in 
seinem „Griech. Nominalakzent‘‘ ausführlich begründet. 
Die gegen ihn gerichteten Ausführungen von Allinson 
AJPh. 12, 49 ff. verwirren und fördern nicht. 

a) Adjektiva auf -oog und -Aog sind gewöhnlich oxyton. 
Es heißt daher ἐρυϑρός, ai. rudhirds, πιερός, χϑαμαλός, 
διγηλός, aber ἀγκύλος, ai. ankuras; — ποικίλος ai. pesalis; 
αἰδύλος, αἰόλος, αἱμύλος u. 5. ν΄. 

b) Die Betonung des Partiz. Perf. auf -μένος, kann 
aus -μενός hergeleitet werden in Formen wie πεπληγμένος, 
κεχαδμένος, πεφυγμένος. Im Ind. ist das Partizip auf dem 
Ende betont. Dieser Fall wird von Bloomfield Transact. 
Am. Phil. Ass. 28, 55 ff. bestritten. 

c) Eine gewisse Kategorie von Kompositen ist ursprüng- 
lich oxytoniert. Solche mit daktylischem Ausgang ziehen 
dann den Akzent um eine Silbe zurück. 

αἰγοβοσχός : βοηδρόμος στρατηγός : πατροχτόνος. 

κυνηγός : λογογράφος βουμολγός : βοηδρόμος. 

d) Man vergleiche ferner folgende Bildungen auf -ἰος. 

αἰγυπιός : γομφέος βαλιός : ἀντίος. 

πελιός : μτρίοι σχολιός : ἐναντίος ἃ. 8. W. 

8 272. 2.Stehtder Akzent aufder vorletzten 
More, so wird er umeine More zurückgezogen. 
Aus _._ wird cn. Es ist dabei gleichgültig, ob die 
Morenverteilung _./_ oder _/:_ oder _/./ war. Doch gilt 
das Gesetz, wie es scheint nur, wenn das ganze Wort 
mindestens vier Moren hatte. 

a) Zunächst zeigt sich das Gesetz in dem Übergang 
des regelrechten Akutes der vorletzten in den Zirkumflex. 
Nach τιϑείς müßten wir Ἐτιϑείσα erwarten, es heißt aber zı- 
ϑεῖσα, ebenso ἑστῶτος aus *EotaFdrog gegenüber ἑστώς, δοῦναι 


192 Laut- und Akzentlehre XXI. [$ 272. 


— ai. daväne. Dasselbe gilt von Fällen wie ἦος = ai. 
yavat; — τῆος = ai. laval; — δῆμα = ai. dama; — 
δῶρον, lit. düti, serb. däti. Denn diese Worte hatten idg. 
Stoßton, dem im Griech. der Akut entspricht. Regelrecht 
sind ϑήκη, ἥβη, δώρου u. 8. w. 

b) In der Flexion einer Anzahl einsilbiger Worte 
wird der Akzent im Gen. Plur. und Dual. zurückgezogen. 
Es heißt παντός, παντέ, aber πάντων, für *navrav aus 
Ἐπαντόον. Dasselbe gilt ferner noch von Öds, δμώς, os, 
κράς, οὖς, παῖς, σής, Τρώς, φῶς, φῴς. In allen diesen 
Fällen ist die erste Silbe lang. Vermutlich liegt darin 
der Grund der Verschiebung gegenüber ποδῶν, βοῶν, 
πατρῶν. In anderen Fällen hat die Analogie der Plural- 
formen über den Singular gesiegt: ὄντων und danach 
ὄντος. Hierher gehören auch die Adverbien wie πάντως, 
οὕτως, αὐτομάτως. 

Die Akzentzurückziehung verteilt sich hier auf zwei 
Silben _/.., ist aber der unter a) ganz gleich. 

c) Dasselbe Gesetz muß sich auch in der o- und 
ä-Deklination zeigen. Aus μωρός, μωροῦ mußte μωρός, 
Ἐμώρου werden. Ein solcher Wechsel ist nicht erhalten, 
es ist vielmehr eine Betonung verallgemeinert, entweder 
μῶρος, μώρου oder μωρός, μωροῦ. Das Attische bevor- 
zugt die Form der obliquen Kasus. Wir finden daher 
(Belege bei Wheeler 8. 115): 

Att. μῶρος: Koine μωρός; — att. πῆρος : Koine 
πηρός; — att. στροῦϑος : Koine στρουϑύός; — att. Baüvog: 
Koine Bawös; — att. δέρη: ion. δειρή; — att. Gen. 
ἕως : ion. ἠώς nach dem Genitiv *ndos. 

Des öfteren ist auch nur die sekundäre Form über- 
liefert ὦνος : ai. vasnds; — κύχλος: ai. cakräm; — δῖος: 
ai. divyds „himmlisch‘“‘; — χόγχος: ai. davkhäs „Muschel; 
— ὕδρος: ai. udras „Wassertier‘; — ὄγκος: ai. aukäs 
„Haken“; — χύμβος: ai. kumbhäs „Gefäß, Topf“; — 
γαῦρος „stolz“, ai. garvis „Hochmut‘; — orölog „Säule“, 


8 272. 273.] Der griechische Akzent, 193 


ai. sthürds, sihülds „grob, groß“; — τέκνον, ahd. degan 
„Krieger“; — πῆχυς, ai. bahüf „Unterarm“ (der Gen. 
Ἐπηχέος wurde zu πήχεος) u. 8. W. 

d) Wir können schließlich denselben Verschiebungs- 
vorgang auch dann annehmen, wenn sich die drei Moren 
auf drei Silben verteilen. Auch hier wird „x. zu .... 
Die Beispiele sind nicht allzu häufig, weil diese Betonung 
überhaupt selten war. 


ἔλυτρον: ai. vardtram ἠέϑεος: ai. vidhavas ; 


χίλιοι: ai. sahasriya- τέσσαρες: ai. catvdras; 
ἔρεβος : ai. rdjas ἄγριος : ai. ajriyas; 
νήιος: 81. näviyas ϑέλυμνον: ai. dharüna-. 


Hierher können auch die Imperativformen εὕρετε, 
εἴπετε, ἔλθετε, λάβετε gezogen werden. Da die Singulare 
εὑρέ, εἶπέ, ἐλϑέ, λαβέ lauten, so wird man auch hier von 
Ἐξλϑέτε ausgehen müssen. 

Anm, 1. Dies Gesetz ist vielleicht spezifisch attisch. Das 
Dorische scheint es nicht zu kennen und hat, soweit wir zu er- 
kennen vermögen, die postulierten Formen. Vgl. zu 

a) dor. παίδες, yvvaixes, πτώκας; 

Ὁ) dor. παιδῶν, παντῶν uU. 8. W., παντῶς, οὑτῶς: 


d) dor. ἀγγέλοι, ἀνθρώποι, τυπτομένοι, φιλοσόφοι, πωλουμένοε, 
ἐλύσαν, ἐφιλάϑεν, ἐστάσαν, ἐλάβον. 


‚Anm. 2. Noch einen Schritt weiter als das Attische geht 
das Aolische. Es zieht den Akzent auch in den noch übrig bleiben- 
den Fällen so weit als nach dem Dreisilbengesetz möglich zurück, 
daher ’Argevs statt Arpeus u. 8. w. 

8 273. 3. Der progressive Akzent. 

Stand der idg. Akzent nicht auf einer der drei letzten 
Silben und bei langer letzter nicht auf der vorletzten, 
so wird der Akzent nach den Regeln des „Dreisilben- 
‚gesetzes“ verschoben. 

Es heißt ai. svadıyan, gr. aber ἡδέων; erhalten ist 
die alte Betonung in ἥδιον; — ai. läghiyan: ἐλάσσων, aber 
ἔλασσον; — ai. dvädada, gr. δώδεκα, aber τρισχαέδεκα 
gegenüber ai. ράδοαάαξα: — ai. jdnamänas, gr. γενόμενος. 

Hirt, Griech. Laut- u. Formenlehre. 13 


194 Laut- und Akzentlehre XXI. [8 27. 


Diese Erscheinung beruht auf einem Nebenton, den 
wir häufig in Sprachen mit musikalischer Betonung 
treffen. Er kann älter sein als die griechische Sonder- 
entwicklung und mit der ähnlichen Erscheinung im 
Lateinischen zusammengehören. 

Wir sehen diesen Nebenton in lebendiger Wirksam- 
keit in den Gesetzen der Enklise, und von diesen aus 
kommen wir auch zu einem Verständnis der Erscheinung. 
Enklitika bilden mit dem Wort, an das sie sich anlehnen, 
einen Sprechtakt, und es gelten für diesen dieselben 
Regeln wie für das einfache Wort. Solange durch das 
Antreten des Enklitikons das Dreisilbengesetz nicht ge- 
stört wird, bleibt der alte Akzent erhalten, so in ἀγαϑός 
τις, πατήρ μου, ποταμοί τινες, αὐτός φησιν, φῶς Te, 
ἀγαϑοῦ περ, πολλάκις γε, βασιλέων γε. Dagegen heißt es 
σῶμά που, σῶμά τε, ἄγγελός τις, ἃ. h. in der Morenfolge 
su. entwickelte sich ein Sekundärakzent auf der vor- 
letzten Silbe, der zum Hauptakzent wird. Ist das 
Enklitikon zweisilbig, so steht der Sekundärakzent auf 
der drittletzten Silbe, vgl. σῶμά τινος, πρῶτός φησι, 
ἄγγελοί τινες. In Fällen wie ναῦν zıva, σῦς ἔστιν finden 
wir gar keinen Sekundärakzent, und in φέλου εἰσὶν, 
“Argelöng ποϑὲ steht gar der Gravis auf der letzten Silbe. 
Da dieser aber nur das Zeichen der Enklise ist, so sind 
die beiden letzten Fälle gleich. 

Vergleichen wir diese Erscheinungen mit denen ganzer 
Worte, so ergeben sich Übereinstimmungen und Ab- 
weichungen. Wenn *ge&gouevoro zu φερομένοιο geworden 
ist, so entspricht das dem ἄγγελοί τινὲς und ebenso in 
vielen anderen Fällen. Wenn aber ἔἄποτισις, ai. ἀραοϊ 
zu ἀπότισις wird, so hat das nirgends eine Entsprechung. 
Nun kann sich aber im Griechischen der Sekundärakzent 
nicht auf einer More entwickeln, die dem Hauptakzent 
unmittelbar folgt; ein λόγος τὰς bleibt, wohl aber wird. 
σῶμα Te zu σῶμά τε, weil σῶμα — . ist. Legen wir 


8 273. 274.] Der griechische Akzent. 195 


dieses Gesetz zu Grunde, so hat aus ἔἄποτισις zunächst 
*&reorloıs werden müssen. Nachdem der erste Akzent ge- 
schwunden war, wurde*&svozlo:g nach dem ὃ 272 behandelten 
Gesetz zu ἀπότισις. Da man nun aber auch Fälle wie 
ἀποτίσιος aus "ἄποτισίος, φερομένοιο aus *pepousvolo er- 
klären kann, so läßt sich das Gesetz aufstellen, daß sich 
im Griechischen ein Nebenton auf der vorletzten Silbe 
entwickelte, wenn der ursprüngliche Akzent dem Drei- 
silbengesetz nicht entsprach. 

Anm. 1. Das Dorische hat wiederum die postulierten Grund- 
formen, z. B. τυπτομένοε, λυπουμένοε, und da im Verbum sicher 
Formen mit dem Sekundärakzent vorliegen, so heißt es mit Recht 
dor. ἐλύσαν, ἐφιλάϑεν, ἐστάσαν͵ ἐλάβον, ἐφάγον u. 8. W. 

Anm. 2. Hat das Griechische einen Sekundärakzent auf der 
vorletzten Silbe entwickelt, so wird die Ahnlichkeit mit dem 
Lateinischen sehr stark. Der ganze Unterschied beruht dann 
darin, daß im Lateinischen unser zweites Gesetz nicht herrscht, 
sondern dafür ein anderes ähnliches, daß nämlich _= zu = wird. 


ill. Der griechische Satzakzent. 


$ 274. Während das endbetonte Wort in der Pause 
den Akut erhält, steht im Sprechtaktinnern der Gravis, 
durch den demnach eine besondere Form der Betonung 
der Worte im Satzzusammenhang ausgedrückt wird. 
Über die Natur des Gravis ist viel gestritten. Jetzt ist 
die Frage erledigt durch Wackernagel „Zur Lehre vom 
griech. Akzent“ 1ff. Der Gravis bezeichnet im Gegensatz 
zum Akut den Tiefton, und er steht anfänglich auf allen 
unbetonten und darum tieftonigen Silben. Es wird zu- 
weilen geschrieben ϑὲόσδὸτὸς. Als Zeichen des Tieftons 
gilt der Gravis auch in den proklitischen Präpositionen 
ἀπὸ, περὶ, bei denen die vollbetonten Formen ἄπο, πέρι 
lauten, und eine andere Bedeutung kann der Gravis am 
Ende des Wortes an Stelle des Akutes auch nicht gehabt 
haben. Nur ist zu bedenken, daß die Griechen im 


wesentlichen nur den musikalischen Akzent beachten, 
13* 


196 Laut- und Akzentlehre XXT. [8 274. 275. 


aber auf das mit ihm verbundene exspiratorische Moment 
wenig Gewicht legen. Dieses blieb wahrscheinlich be- 
stehen und kam in späterer Zeit zu stärkerer Geltung. 
Es wird also, — das bedeutet der Gravis — die hoch- 
liegende (akuierte) letzte Silbe vor einem folgenden Wort 
tieftonig. 

Anm. Die griech. Gravisbetonung ist nicht so auffallend, 
als sie auf den ersten Blick zu sein scheint. Auch wir haben in 
unserer Sprache ähnliches, indem wir vor einem Komma die 
Stimme heben, am Schluß des Satzes aber sinken lassen. Wir 
sprechen also umgekehrt wie im Griech. vor dem Komma den 
Akut, vor dem Punkt den Gravis. Aber wir heben die Stimme 
nicht nur vor dem Komma, sondern vor jedem folgenden Wort. 
Wer genau hört, wird den Unterschied zwischen „Die Liebe Gottes“ 
und „Das größte ist die Liebe“ erkennen. 


Die einzelnen Wortarten im Satzakzent. 


1. Das Verbum. 

$ 275. Im Indischen ist das Verbum im Hauptsatz 
enklitisch, im Nebensatz vollbetont. Diese Regelung hielt 
Wackernagel KZ. 23, 457 ff. für idg., was indessen nach 
den Ausführungen von Zimmer Festgruß an Roth (Stutt- 
gart 1893) S. 173fl. und E. Hermann ΚΖ. 33, 520 ff. 
nicht ganz aufrecht zu halten ist. Über die Einzelheiten 
verweise ich auf meinen Idg. Akzent S. 304 ff. 

Für das Verständnis des Griechischen genügt es zu 
wissen, daß es im Idg. orthotonierte und enklitische Verbal- 
formen gab. Sicher orthotoniert war das Verbum am 
Satzanfang. Aus dieser Regel erklärt sich. die Betonung 
der Imperative: εἶπ, ἐλϑέ, εὗρέ (im Attischen und der 
späteren Gemeinsprache) und ἰδέ, λαβέ (bei den Attikern); 
ebenso Imper. Aor. II Med. λαβοῦ. Sie entspricht der 
idg. Betonung. In der Verbindung mit Präpositionen 
heißt es dagegen regelmäßig ἄπειπε, ἄπελϑε, ἔξευρε, εἴσιδε, 
ἀπόλαβε, weil hier das Verbum an die Präposition ange- 
lehnt war. 


8 276.) Der griechische Akzent. 197 


Das griechische Verbum zieht im übrigen den Akzent 
soweit zurück, als es nach dem Dreisilbengesetz gestattet 
ist, mit Ausnahme der Partizipia und Infinitive. Den 
durchweg zurückgezogenen Akzent erklärt Wackernagel 
mit Recht aus der ursprünglichen Enklise des Verbums. 
Nach den Regeln der Enklitika muß ein Akzent auf den 
letzten drei Silben ruhen. Wie ἄνθρωποι τινες zu ἄνϑρω- 
vol τινὲς wurde, so mußte aus ἄνϑροποι λεγουσι notwendig 
ἄγϑρωποι λέγουσι werden. Und diesen Sekundärakzent 
hat man später als selbständigen Akzent beibehalten, 
weil in den meisten griechischen Verbalformen drei Silben 
vorhanden waren, und also eine Silbe immer den 
Sekundärakzent tragen mußte. Die Enuklise hat sich für 
das Auge nur in dem Ind. Präs. von εἰμὲ und φημὶ er- 
halten, weil dies die einzigen Formen sind, die durch 
alle Personen hindurch die Fähigkeit der Enklise be- 
sitzen. 


Wie die Imperative beweisen, war die idg. Ortho- 
tonese im Urgriechischen noch erhalten. In unzähligen 
Fällen können die griech. Verbalformen auch den ortho- 
tonierten entsprechen, so im Präsens φέρω, φέρουσι u. 8. w. 
Durch den Zusammenfall der beiden Kategorieen war es 
nahegelegt, die eine zu verallgemeinern. 


Anm. Erhalten ist der idg. Verbalakzent im Griechischen 
im Verbum infinitum (Partizipium und Infinitiv. Da sich aus 
ihnen die Betonung der finiten Formen folgern läßt, so sollen hier 
die hauptsächlichsten Kategorieen aufgeführt werden: 

1. Betonung der ersten Silbe in den thematischen und athe- 
matischen Präsentien: φέρειν, φέρων, εἶναι, ai. bharati „er trägt“ ; 

2. Betonung der zweiten Silbe in den starken Aoristen des 
Idg.: Assıerv, λιπών, ai. ricänt, μανῆναι, maveis, ahd. dagen, πτῆναι; 

8. Betonung des Stammes in den reduplizierten Bildungen: 
τιϑείς, διδούς, τιϑέμεν͵ ἑστάμεν, ai. juhömi „opfere“; 

4. Betonung der stammbildenden Suffixe: δαμνάς, ai. mypämi 
„zermale“, ἐρνύς: ai. radmi. 


198 Laut- und Akzentlehre XXI. [8 276. 277. 


2. Der Vokatir. 

8 276. Der Vokativ kann entweder vollbetont sein, 
wenn man jemand direkt anruft, oder er ist, wie auch in 
unserer Sprache, enklitisch. Letzteres ist die gewöhnliche 
Art. Im Indischen ist der Vokativ meist enklitisch, am 
Anfang des Satzes aber stets auf der ersten Silbe betont. 
Das hielt man früher fälschlich für idg, Es ist kein 
Grund zu sehen, weshalb der Tonsitz im Vokativ ein 
anderer sein sollte als im Nominativ. Thatsächlich wird 
im Griechischen denn auch der Vokativ meist wie der 
Nominativ betont. Die Formen mit rezessivem Akzent 
wie Ζεῦ, πάτερ, ἄνερ, ἄδελφε, ϑύγατερ, πόνηρε, μόχϑηρε, 
“γάμεμνον können auf den enklitischen Formen beruhen. 
DaB der Vok. im Griech. enklitisch war, beweist die 
Stellung, indem er meistens nicht am Anfang des Satzes 
steht, und das Vortreten der Partikel & vor den Vokativ, 
vgl. Verf. IF. 9, 284 ff. 


3. Die Komposita. 

8 27%. Die Komposita sind aus zwei Worten zu- 
sammengesetzt, die ursprünglich beide betont waren. In 
der Komposition wird der Akzent des Wortes siegen, 
das im Satzzusammenhang den höheren Ton hatte. Die 
Kompositionsbetonung folgt also dem Satzton. Aus der 
Vergleichung der idg. Sprachen und aus dem Griechischen 
ergeben sich folgende Regeln. 


a) Das Adverbium ist stärker betont als das Substantiv. 
Daher trägt ursprünglich das Präfix stets den Ton: πρό- 
δοσις, ἀνάβασις, πρόδοτος. Auch die Negativpartikel n 
(gr. α, αν) hat den Ton, wenn in Komposition mit ihr 
der Charakter des Endgliedes unverändert ist: 4upog, 
ἄδωρος, ἄνοος, ἄλυτος, ἄφϑιτος. 

b) Von zwei koordinierten Worten trägt der Regel 
nach das erste den Ton, daher δώδεκα, ἕνδεκα, ai. dvädasa, 
πάμπαν. 


8 277—279.] Der griechische Akzent. 199. 


c) In der Verbindung Adjektivum und Substantirum 
trägt das Adjektivum den höheren Ton, der daher in der 
Komposition zum Hauptton wird: δίπους, τρίπους, δίφρος, 
ἑκατόμβη, Neönolıs. Hierher gehören auch Komposita 
wie βαϑύχολπος „tiefbauschig*, eig. „Tiefbausch“, χρυ- 
σόϑρονος. Folgt das Adjektivum dem Substantivum, so ist 
es höher betont. Daher λιϑοβόλος „Steinewerfend“, 
μητροχτόνος „Muttertötend“, Yuxorroustos. 

d) In der Verbindung eines Kasus mit einem Sub- 
stantiv, trägt jener den höheren Ton, daher “εόσκουροι, 
διόσδοτος, Ἑλλήσποντος, διέφιλος, δουρέκτητος, πασίφιελος. 

6) Von mehreren Präpositionen, die vor einem Verbum 
stehen, ist stets die letzte betont. Das Augment steht 
dabei mit den Präpositionen auf einer Linie. Im grie- 
chischen Verbum kann daher der Akzent nie über das 
Augment zurücktreten, vgl. προσεῖχον, παρέσχον, συμπρόες, 
παρέχδος. Diese Regel ist idg. Sie kehrt im Ind., Lit. 
und Irischen wieder, vgl. Verf. Akz. 175. Entsprechend 
heißt es öürsex, ἀποπρό, ἐπιπρό, ἀπέξ. 


4. Die Präpositionen. 

ᾷ 278. Die Präpositionen als selbständige Worte 
trugen ursprünglich den Ton, und das abhängige Wort 
lehnte sich enklitisch an sie an, vgl. Verf. Akz. 298 ff. 
Im Griechischen ist dies in der Verbindung der Prä- 
positionen mit Pronomina z. T. noch lebendig geblieben. 
Es heißt πρός με, ὑπέρ μου, ἀμφί μοι; aber auch ἐξ ἐμοῦ 
u. 8. w. Daß auch in der Verbindung mit Substantiven 
die Präposition einst z. T. betont war, dürfte die Be- 
tonung erstarrter Verbindungen erweisen, wie &9-dov „im 
Haus“, ὑπέρμορον, παράπαν, 1. denuo aus *de novo. 


5. Die Pronomina. 


8& 279. Schon in idg. Zeit wurden die Pronomina 
mit Vorliebe enklitisch, und es haben sich daher Doppel- 


300 Laut- und Akzentlehre XXT, [8 279. 


formen entwickelte Aus idg. Zeit waren als Enklitika 
ererbt: wor, ue, τοῦ das zur Partikel wurde, das indefinite 
τις. Auf griechischem Boden können die meisten Personal- 
pronomina enklitisch werden, und dies führt z. T. zu be- 
sonderen Formen. So steht enkl. ἦμεν neben orthot. 
ἡμῖν, ἥμων neben ἡμῶν u. 8. w. 


"8 280.] Vorbemerkungen zur Stammbildung. 201 


Zweiter Hauptteil. 
Formenlehre. 


Erster Abschnitt. 
Nomen und Pronomen. 


XXII. Kapitel. 
Vorbemerkungen zur Stammbildung. 


A. Ähnlichkeit der nominalen und verbalen 
Stammbildung. 


& 280. Die neueren Forschungen über den Ablaut 
haben erkennen lassen, daß zwischen Nomen und Verbum 
im Idg. ursprünglich kein prinzipieller Unterschied be- 
stand. Beiden Formationen liegt das zu Grunde, was 
wir Basis genannt haben. Diese Basen sind durchaus 
selbständig gewesen, und kommen in dieser selbständigen 
Gestalt noch vielfach vor, namentlich in der Komposition 
und in Imperativformen. Daran treten entweder direkt 
die Kasus- und Personalendungen oder noch Suffixe. 
Ob ein Stamm als Nomen oder Verbum verwendet wird, 
hängt nur von seiner Bedeutung ab. Der Begriff „Fuß“, 
idg. pede ist nominal, der Begriff „gehen“, idg. eje ist 
verbal. Aus der vollen Gleichheit der den Nomina wie 
den Verben zu Grunde liegenden Stämme erklärt es sich, 
daß beim Nomen wie beim Verbum scheinbar die gleichen 
„Suffixe“ auftreten. So finden wir das „Suffix‘“ -o beim 
Nomen in -φορ-ο-ς und beim Verbum in @£o-o-usv, das 


202 Formenlehre XXI. [$ 280. 281. 


Suffix - beim Nomen in ueoö-du-n und beim Verbum in 
δέ-δμ-ητκα. In weiterer Ausdehnung bildet -@ Verbalab- 
strakta, φορ-ὦ und den Konjunktiv 1. fer-@-s. In gleicher 
Weise treffen wir -75 als Nominalsuffix, 1. spec-i2-s, und 
als Optativbildung, gr. εἴην aus *es-je-m. Die Suffixe -to-, 
-sko-, -no/nä-, -es bilden Nomina wie Verba. 

Vielleicht wird es später gelingen die Entwicklung 
dieser Erscheinungen noch genauer darzulegen. 


B. Wurzeldeterminative. 


$ 281. Zwischen dem, was wir Basis nennen, und 
was man früher mit Wurzel bezeichnet hat, und der 
Endung oder dem Suffix erscheinen des Öfteren noch 
Konsonanten, denen eine besondere Bedeutung nicht zu- 
zukommen scheint. Eine reichhaltige Sammlung des 
betreffenden Materials bietet die Schrift von P. Persson, 
der indessen nichts zur Aufhellung dieser Erscheinung 
beiträgt. Er trennt diese Elemente ganz mechanisch ab, 
ohne zu erklären, wie einzelne Konsonanten jemals im 
Sprachgefühl haben eine Rolle spielen können, und nach- 
dem eine ganze Reihe von Wurzeldeterminativen losgelöst 
ist, bleibt schließlich ein Element übrig, von dem wir 
sicher sagen können, daB es in solcher Form nie existiert 
haben kann. Um die von Persson aufgedeckten That- 
sachen zu erklären, muß man erwägen, daß der Schwund 
von Lauten zu allen Zeiten ganz gewöhnlich ist, und daB 
dadurch der Schein eines angetretenen Elementes erweckt 
werden kann. So sieht Persson z. B. in gr. βοῦς, Ζεύς 
gegenüber Akk. βῶν, Ζῇν die Stämme idg. *g”o, *dje, die 
um das Wurzeldeterminativ - vermehrt sind. Wir wissen 
aber jetzt, daß die ursprünglichen Formen idg. *g"dum, 
*djeum lauteten, und daß das u geschwunden ist. Ver- 
gleichen wir 1. ver und gr. ἔαρ aus *wesr, so liegt schein- 
bar die Wurzel «οὔ zu Grunde, die in dem einen Fall 
durch das Wurzeldeterminativ -s erweitert ist. Aber auch 


8 281. 282.] Vorbemerkungen zur Stammbildung. 203 


hier ist 1, vr durch Schwund des s aus *w2sr entstanden. 
Ebenso mag es stehen mit ϑῦ-μός, 1. fümus im Verhältnis 
zu lit. dves-k „atmen“, abg. dusa „Seele“, mit *wes in 
ἐσθής, 1. ves-tis zu lit. aund „ziehe an“, oder mit Z-0ßn-v 
zu sonstigem *oßso- in σβέννυμι u. s. w. Das Verhältnis 
von αὐξάγω zu 1. augere braucht nicht so gedacht zu 
werden, daB das s ein angetretenes Element war, sondern 
dies s kann in gewissen Formen geschwunden und dann 
ein s-loser Stamm abstrahiert sein. Dies ist ein Weg der 
Erklärung, der weiter verfolgt werden muß. 

Auf der anderen Seite hat Bloomfield IF. 4, 66 ff., 
AJPh. 12, 1ff., 16, 409 ff. darauf hingewiesen, daß sich 
bedeutungsverwandte Worte in ihren suffixalen Elementen 
beeinflussen. So haben die Verben, die „binden, falten‘ 
u. 5. w. bedeuten, vielfach ein i-Suffix, vgl. 1. plecto, got. 
falpan „falten“, 1. pecto, 1. necto, das sich vielleicht von 
einem einzigen Worte aus verbreitet hat. Gehört got. 
ga-wida „verbinde“ zu 1. viere, so kann man natürlich in 
dem got. d ein idg. Wurzeldeterminativ ? sehen. In 
Wirklichkeit hat aber eher eine Übertragung von den 
übrigen Verben ähnlicher Bedeutung stattgefunden. Dies 
ist demnach eine zweite Quelle für die Entstehung von 
Wurzeldeterminativen. Schließlich ist auch die Möglichkeit 
der Komposition nicht ausgeschlossen, da ja ein einzelner 
Konsonant die Schwundstufe zu einer Basis sein kann. 
So sieht man in πλῆ-ϑ-ος, πλή-ϑιω, πλη-ϑ.ύς gegenüber 
stluscinuı ein Wurzeldeterminativ -dh. Doch kann dies 
sehr wohl die Schwundstufe zu idg. *dhe „setzen, legen, 
machen“ sein. 

Dieses Problem ist also noch nicht gelöst, ja kaum 
in Angriff genommen. 

$ 282. Als Wurzeldeterminative treten alle Kon- 
sonanten mehr oder minder häufig auf, und dies weist 
am meisten darauf hin, daß wir es mit Elementen zu 
thun haben, die in gewissen Fällen geschwunden sind. 


204 Formenlehre XXII. [8 282. 283. 


Zur weiteren Erläuterung des Thatbestandes mögen hier 
wenigstens einige Fälle ausgeführt werden. 

So finden wir k in ἔϑη-κ-α, ϑή-κη, 1. feci gegenüber 
τέϑημι; — gh in Our-X-w neben oudw, στενά-χ-, ψή-χεω 
neben dw, ταρα-χ-ή neben unserem trü-ben, got. drö-b-jan, 
wo ein dk oder » als Wurzeldeterminativ vorzuliegen 
scheint; — 8 in χερά-γεγυμε aus *xega-o-vuuı, ahd. hruo-r-jan 
„rühren“ neben xgn-ıng. Sehr häufig scheint -dh- zu sein, 
wie in πλή-ϑεω gegenüber πέμπλη-μι, ora-I-uög neben 
ἕστη-με u. 8. W. 


C. Die Suffixbildung. 

& 283. Neben der Flexion stehen als wichtiges 
wortbildendes Mittel der Sprache die Suffixe, d. h. Ele- 
mente, die in einer Reihe von Worten gleichmäßig wieder- 
kehren, und mit deren Auftreten eine besondere Be- 
deutung verbunden ist. Der Name „Suffix“‘ ist im 
eigentlichen Sinne nicht zutreffend, indem es durchaus 
nicht sicher ist, daß solche Elemente wie etwa das -0- 
in λόγ-ο-ς, νόμ-ο-ς, Ödu-o-s, jemals selbständig bestanden 
haben und dem Stamm oder der „Wurzel“ suffigiert, ἃ, ἢ. 
angefügt sind. Indessen wird man an dem alten Aus- 
druck festhalten dürfen, indem man unter ihm nichts 
anderes als das oben Bemerkte versteht. 

Wir kennen bisher drei verschiedene Arten der Her- 
kunft von Suffixen. Sie entstehen nämlich: 

1. Aus Zusammensetzungen. Wenn gewisse 
selbständige Worte häufig mit ein und demselben Worte 
zusammengesetzt werden, so können sie mit diesen zu 
vollständigen untrennbaren Wörtern zusammenwachsen, 
und wenn dann der zweite Bestandteil als selbständiges 
Wort verloren geht oder eine andere Bedeutung erhält, 
so ist das Suffix fertig. Wir können dies verfolgen bei 
dem deutschen -keit (got. haidus „Gestalt“), -Kch und 
vielen andern anderer Sprachen. 


8 283. 284] Vorbemerkungen zur Stammbildung. 205 


2. Durch falsche Abstraktion, so z. B. d. 
ekeit. Ein Wort -keit hat es nie gegeben, sondern dies 
ist entstanden in Fällen, in denen -heit an einen gutturalen 
Stammauslaut antrat, wie saelic-heit. Von hier aus wurde 
es abstrabiert. Ebensowenig ist ἃ. -nis jemals ein selbst- 
ständiges Wort gewesen. Ohne die Kenntnis der Sprach- 
geschichte müßte man Hinder-nis und Derb-heit ganz gleich 
beurteilen. 


3. Durch Flektieren von Kasusformen, 
Adverbien u. 8. w. oder durch Antreten von Suffixen an 
solche Gebilde, s. $ 287. 


Alle diese drei Arten haben im Idg. und im Griech. 
zur Bildung der Suffixe mitgewirkt, wenn wir auch nicht 
sicher ermitteln können, wie jedes einzelne Suffix ent- 
standen ist. 


1. Entstehung der Suffixe aus Zusammen- 
setzungen. 


$ 284. Da das Indogermanische keinen vergleich- 
baren älteren Zustand hat, so können wir die Entstehung 
idg. Suffixe aus Zusammensetzungen nur in wenigen und 
zudem unsicheren Fällen nachweisen. Eher ist dies 
schon im Griechischen der Fall. 


a) -wöns. Nach Wackernagel Dehnungsgesetz 44 ff. 
hängt -wöng mit ὄζω zusammen, indem es ausgegangen 
ist von Fällen wie εὐώδης, ϑυώδης, κηώδης. Aus „wo- 
nach riechend“, ἃ. ἢ. „durch seinen Geruch daran er- 
innernd“ hätte sich die Bedeutung „durch seine ganze 
Beschaffenheit woran erinnernd“ entwickelt, so in 
λυσσώδης N. 53 „den Eindruck von Raserei hervor- 
rufend“. Nach einer anderen Riehtung führt der Be- 
deutungsübergang zu „reich an etwas‘ in πιτυώδης, eig. 
„von Fichten duftend‘“, ἀγϑεμώδης „blumenreich“. Die 
Erklärung scheint mir schlagend, 


206 Formenlehre XXII. [$ 284. 285. 


b) -oy in αἴϑοψ, μῆλοψ, οἶνοψ ist in αἶϑο-π-σ zu 
teilen und πὶ gehört zu idg. *og „Auge“. 

0) -pog tritt in verschiedenen idg. Sprachen als Tier- 
namen bildendes Suffix an. Ansprechend stellt es Prell- 
witz BB. 22,76 ff. zu idg. *bdha „scheinen“, dann wäre ἔλαφος 
zu übersetzen „das Aussehen eines Hirsches habend“, 
ebenso κόραφος „ein Vogel“ zu χορώνη u. a. 

ἃ) -rür-, lat. -tät-, ai. -tät- sieht wie ein selbständiges 
Wort aus, und da man lat. -tü nicht davon trennen kann, 
so wird man -iät aus *-twät- herleiten und zu idg. *-tew& 
„Kraft“ stellen dürfen, ai. sarva-tät- „Vollkommenheit“, 
gr. ὁλό-της, eig. „Vollkraft‘; — 1. juventus „Jugendkraft“. 

Es liessen sich noch andere Fälle anführen, doch 
würde man damit auf ein immer unsichreres Gebiet 
kommen, und so mögen diese Fälle genügen, um die 
Sache zu erläutern. 


9. Suffixe durch falsche Abstraktion 
entstanden. 


8 285. Für einige wichtige idg. Suffixe können wir 
die Entstehung durch falsche Abstraktion in der Urzeit 
wahrscheinlich machen. So ist vielleicht entstanden 

a) e/o beim Nomen und Verbum. Der auslautende 
Vokal e/o bei zweisilbigen leichten Basen konnte nur er- 
halten bleiben, wenn er betont war. Beim Verbum war 
dies nur im starken Aorist der Fall. Daher standen auf 
der einen Seite idg. Praes. *leik”-mi (lit. lökmi), Aor. 
*.-leikes-m (ἔδειξα), Perf. *leloik”-a (λέλοιπτα), auf der 
anderen der Aor. *lik"ö-mes. Das Sprachgefühl mußte 
letzteres in *likv-ömes zerlegen, und man konnte nunmehr 
auch ein *le&ike-omes (Aelzrouev) bilden. Beim Nomen führte 
ein Nebeneinander von “ag (ai. aj) und *ayös (gr. ἀγός), 
von *jug (in γεόζυξ) und *jugom (gr. ζυγόν) ebenfalls zur 
Abtrennung von -o als Suffix. 

b) -@ ist der Auslaut zweisilbiger schwerer Basen. 


8 285. 286] Vorbemerkungen zur Stammbildung. 207 


Das ἃ von δέ-δμη-κα und μεσό-ὅμη ist vollständig identisch. 
Vgl. ferner τομή : ve-zun-xa. Gegenüber Bildungen wie 
δέμ-ω und δόμ-ος mußte -© dann ebenfalls als Suffix 
empfunden werden. Da die zweisilbigen Basen auch auf 
-2 und -5 auslauten, konnten auch -2 und - abstrahiert 
werden. Das ist nur im Verbum geschehen; das -2 der 
Aoriste wie &udvy-nv» beruht darauf, ebenso das 2 des Kon- 
junktivs, s. d. 

8 286. Im Griech. ging dieser Vorgang weiter, und 
wir können ihn in vielen Fällen mit Sicherheit erschließen, 
ja die Erscheinung direkt verfolgen. 

a) -eoveoos. Das Komparativsuffix ist -zego-. Indem 
dieses an es-Stämme trat, erhalten wir -eoreoog, z. B. 
ἀληϑέστερος. Auch bei -vr-Stämmen muß sich dies er- 
geben, χαριέστερος aus *xagıevrreoos (vgl. ὃ 200 und 244, 2). 
Da aber in den obliquen Kasus der -e-Stämme das s 
schwand, so mußte man Formen wie ἀληϑοῦς, ἀληϑῶν 
gegenüber -eorepgog in ἀληϑέστερος als Suffix empfinden 
und konnte es auf Fälle wie εὐδαίμων übertragen; wir 
erhalten danach ganz regelrecht δὐδαιμον-ἔστερος. 

Ahnlich muß -ἐστερος entstanden sein. 

b) -ıxog ist vielleicht schon im Idg. entstanden. Das 
älteste mag -kos gewesen sein, das an i-Stämme trat, 
μαντι-κός, φυσι-κός, und von da weiter an Ausdehnung 
gewann. 

c) -wog 1. -inus, got. -eins, ai. -inas könnte von den 
feminalen Bildungen auf -? ausgegangen sein, ai. salt-nas 

„wahrhaft“, gr. dyxıozivog. 

d) -zngıov, das den Ort für etwas, ein Werkzeug oder 
Mittel ausdrückt, ist jedenfalls von Nomina auf -zng aus- 
gegangen, wird aber dann als einheitliches Suffix empfunden 
und weiter übertragen. 

e) Auf dem Gebiet der Deminutiva läßt sich das 
Entstehen von neuen Suffixen am besten verfolgen. Da. 
finden wir -ἔδιον, -ὕύλλιον, -ἄριον, -ἰσκέον u. v. A., die zum. 


208 Formenlehre XXII, [8 286288. 


größten Teil sicher erst auf griechischem Boden ent- 
standen sind. 


3. Suffixe aus Kasusformen entstanden. 


8 287. Nach Brugmann Gr. Gr.? 181 sind die 
Bildungen auf -αἷος, -oiog z. T. von alten Dativ-Lokativen 
ausgegangen, indem an diese -jo- gefügt wurde, z. B. 
ἀναγκαῖος aus *dvayatı-jos, λαϑραῖος aus Hladpnrı-jog. Sicher 
ist παλαιός aus dem Adverbium πάλαι erwachsen, vgl. 
noch den Komparativ παλαέίτατος. Dem Suffix -ıwog bei 
Zeitbestimmungen χειίμερινός, ἐαρινός, χϑεσινός liegen Lok. 
zu Grunde ἔαρι, ἔχϑεσι, vgl. 1. heri, an die Suffix -vo trat. 
Dies ist schon in vorhistorischer Zeit geschehen, vgl. 1. 
vernus, hibernus aus *verinus, *heimerinus. Selbst das 
Suffiix 5o soll in einer Reihe von Worten aus Adverbien 
auf -i entstanden, so δέξε-ος, vgl. δεξιτερός, ai. dakfinas, 
ἄλλος, 1. alius, Grundform *ali-os, vgl. ali-quis, alter aus 
*oliter, vgl. Sommer IF. 11, 1ff,, und in Bildungen wie 
ἐνάλι-ος, μεσονύχτι-ος ist die Entstehung aus Lokativen 
mit Händen zu greifen. 

Auch hier lassen sich die Beispiele durch Heran- 
ziehung der verwandten Sprachen leicht vermehren. 


Abstufung der Suffixe. 

8 288. Die idg. Suffixe waren, da sie verschieden 
betont werden konnten, naturgemäß der Abstufung unter- 
worfen. Aber es ist leicht verständlich, daß die ver- 
schiedenen Formen derartiger Suffixe, sobald ihre lautliche 
Gestalt stark von einander abwich, auch als verschiedene 
Suffixe gefühlt wurden und zuweilen verschiedene Be- 
deutung annahmen. 

In erster Linie erklärt sich aus der verschiedenen 
Betonung der Wechsel von Suffixen auf -o und solchen 
ohne -ο (Wechsel zwischen 2. und 3. Deklination). Dieser 
Wechsel geht sehr weit, es ist aber noch nicht genügend 


8 288. 289] Vorbemerkungen zur Stammbildung. - 209 


festgestellt, welche Formen ursprünglich sind. Reiches 
Material bei Brugmann IF. 9, 367. 

So stehen nebeneinander: 

a) Suffix -ο- und —: πέδον, ai. padam „Tritt, Schritt“ 
und πούς, ai. pad; — Öuds aus *äuds, Grundform *semös 
und εἷς aus *sems; — φορός und φώρ; 

Ὁ) -to- und -t-, πρόβλητος und προβλής; 

6) -mnio- und -mnt-, 1. strämentum und στρῶμα; 

d) -e)ro- und -ter aus -iero-, ἄροτρον und ἀροτήρ; — 
iorods und ἰατήρ.: 

e) -no- und -n-, ai. malinis und gr. μέλας aus μέλαν»-ς : 

ἢ) -wo- und -u-, got. iriu aus *drewo-m und δόρυ; — 
got. kniu aus *gnewom und γόνυ; — ἰός aus *loFds und 
ὁδιι-ὅ; 

8) -7ο- und -i-, 1. socius und ai. sdkhä „Freund“ aus 
*sakhäi, Ὁ. Dual. säkhi-bhyam : 

h). -ko- und -k-, ai. maryakdi-s „Männchen“ und 
μεῖραξ: — ai. Topadis- und ἀλώπηξ; 

i) & mußte mit » ablauten, vgl. ἱππότης : ἱππότα. 

Unter gewissen Bedingungen konnte 9 dann im Idg. 
schwinden, vgl. ὃ 140. So erklärt sich vielleicht eques, 
equit-is neben ἱππότα; — πατρίς neben 1]. patria, πάτριος ; 
— ueol-s neben μοῖρα aus *uogja u. 8. w., vgl. noch 8 307 
Anm. 2. 

$ 289. Andere Suffixe zeigen Ablaut auch vor dem 
letzten Konsonanten. So stehen nebeneinander -m2n in 
σοιμήν, ποιμένα und -mn- in ποέμνη, -ἰδγ- in δο-τήρ und -tr- 
in 1. vic-tr-ix, -En, -ön und - in κύτων, κυ-»-ός ἃ. 8. W. 

Bei zweisilbigen Suffixen sind der Ablautsmöglich- 
keiten so viele, daß wir kaum im Stande sind, sie alle 
nachzuweisen oder ihren ursprünglichen Zusammenhang zu 
erkennen. Ein Beispiel möge aber zeigen, wie verschiedene 
Gebilde entstehen können. Ein idg. Suffix lautete -menos, 
68 bildet im Griech. und sonst die Partizipia des Medio- 
passivs, beruht aber in dieser Gestalt erst wieder auf 

Hirt, Griech. Laut- u. Formenlehre. 14 


210 Formenlehre XXIII. [8 289. 2%. 


einer Neubildung. Regelrecht entstand -men in ποιμήν 
„der Hütende“, mit Ablaut -mön τέρμων, daneben steht 
die Schwundstufe -mn in τέρμα, 1. termen. Lag der Ton 
auf der letzten, so mußte -mnö- oder -menö- oder -emno- 
entstehen, gr. βέλεμνον, 1. terminus. Nach $ 199, 6 schwand 
aber in der Verbindung -mn- teils das m, teils das n, 
und so können auch die Suffixe -mo- und -no- mit -meno- 
zusammenhängen. Thatsächlich berührt sich Suffix -mo- 
in ϑερμός, τίμή u. a. sehr mit dem Suffix -meno-, vgl. 
ϑερμός und ϑερμαίνω aus *degudvjw, φλογμός und φλδγ- 
uovi. Die hier etwa vorhandenen Beziehungen nachzu- 
weisen muß weiterer Forschung überlassen bleiben, wie 
überbaupt die idg. Stammbildungslehre noch in den ersten 
Anfängen steht. 

Die altererbten Suffixe zeigen z. T. Eigentümlichkeiten, 
die auf die Gestaltung der Deklination von größtem Ein- 
fluß sind. Es sind daher die Suffixe erst bei den einzelnen 
Deklinationsklassen behandelt. 


XXIII. Kapitel, 
Genus, Numerus, Kasus. 


— 


Die Flexion der Nomina und Pronomina ist eines 
der Hauptkennzeichen des Idg. Das Griechische hat in 
diesem Gebiet alles wesentliche aus der Ursprache ererbt. 


I. Die Genera. 

8 290. Die drei Genera im Griech., Maskulinum, 
Femininum und Neutrum, stammen aus dem Idg. und 
sind im wesentlichen in ihrer alten Verteilung erhalten. 
Das grammatische Geschlecht ‘war entweder bestimmt 


_—— 


= m nn 


8. 290.] Genus, Numerus, Kasus. 211 


durch die Bedeutung oder durch die Form. Maskulina 
oder Neutra waren die meisten mit Suffix -ο- gebildeten 
Worte, Feminina die Worte auf -# und die Abstrakta 
auf -w. Neutra waren die heteroklitischen Stämme auf 
-r/in-, die Abstrakta auf -es (γένος) und die meisten Demi- 
nutivbildungen, worin das Griech. besonders mit dem 
Germanischen übereinstimmt, vgl. Osthoff in Patrubäny’s 
Sprachwissenschaftlichen Abhandlungen 2, Heft 4, 98 ff. 

Soweit das Geschlecht durch die Bedeutung bedingt 
war, stimmt das Griech. mit dem Lat. in einigen Punkten 
auffallend überein. So sind in beiden Sprachen die 
Baumnamen auch bei o-Stämmen Feminina, vgl. ἧ φηγός, 
l. fagus, ἣ ἄμπελος, ἧ βάλανος, 1. populus, laurus, die Fluß- 
namen aber Maskulina, während sie im Germ., Slav. und 
Ind. überwiegend Feminina sind. 

Ein Wechsel des Geschlechts und damit verbunden 
auch ein Wechsel der Flexion ist nicht selten, vgl. ἡ βιοτή 
und ὁ βίοτος, 1) δρεπάνη und τὸ δρέπανον, ἧ ἑσπέρα und 
ὃ ἕσπερος, ἣ κόγχη und ὃ κόγχος. | 

Die Frage nach der Entstehung des grammatischen 
Geschlechts ist seit einer Reihe von Jahren viel erörtert, 
ohne daß völlige Klarheit erzielt wäre. 

Das grammatische Geschlecht ist zunächst als natür- 
liches Geschlecht gegeben. Worte, die etwas männliches 
oder weibliches bezeichnen, werden im allgemeinen Mask. 
oder Fem. ohne Rücksicht auf die Form: ὁ πατήρ, N 
μήτηρ, ὃ υἷός,. ἣ ϑυγάτηρ, 6 ταῦρος, ἣ βοῦς u. s. w. Dann 
aber ist mit der Form des Wortes in gewissen Fällen 
auch das grammatische Geschlecht gegeben. Vor allem 
haftet das feminine Geschlecht schon seit idg. Zeit an 
den Wörtern auf -@ (1. Dekl). Wie dies gekommen, 
darüber sind wir noch im Unklaren. Bemerkenswert ist 
aber, daß dies -ὦ ursprünglich wahrscheinlich der Aus- 
gang schwerer Basen war und das ἃ der Nomina wie φορά 


mit dem ἃ des Konj. feram identisch ist. Daher kann 
14* 


212 - Formenlehre XXIII. [$ 290. 291. 


es nur zufällig sein, daß -@ zur Bezeichnung des Femini- 
nums gekommen ist, vielleicht durch Einfluß pronominaler 
Formen. 

Das Neutrum ist ziemlich sicher jüngeren Ursprungs, 
wie aus einzelnen Formen hervorgeht. Bei den o-Stämmen 
wurde der Akk. Sing. für den Nominativ gebraucht, Bei 
den übrigen Stammklassen, bei denen die Neutra z. T. 
ganz selten sind, finden wir endungslose Nominative, die 
teilweise schon idg. von den Pronominalformen ein ἔ 
herübernahmen. Dieser Kasus wurde dann auch für den 
Akk, gebraucht. Der N. A. Pl. Ntr. ist formell gleich 
dem Nom. Sing. der Feminina, wie dies ausführlich von 
J. Schmidt in seinen „Pluralbildungen der idg. Neutra“ 
1889 begründet wurde. Eine Folge dieser Thatsache ist 
es, daß das Verbum in Abhängigkeit vom Nom. Plur. 
Neutrius im Griechischen im Singular steht. Ursprünglich 
war der Nom. Plur. Ntr. ein feminines Kollektivum, bei 
dem daher der Gedanke der Vereinigtheit überwiegt, vgl. 
Kühner-Blass 18 500. Wo sich eine maskuline und eine 
neutrale Pluralform von demselben Wort findet, besteht, 
wie Buttmann Ausf. Sprachlehre $ 56 Anm. 12 schon 
bemerkt, meistens eine Verschiedenheit des Gebrauchs. 


ll. Die Numeri. 


8 291. Die drei Numeri, Singular, Dual und Plural, 
sind ebenfalls aus dem Idg. ererbt. Der Dual war aber 
im Idg. wahrscheinlich nicht völlig ausgebildet, da er nur 
drei Kasus zu besitzen scheint. Er geht in den histo- 
rischen Sprachepochen frühzeitig zu Grunde. Schon bei 
Homer ist er im Schwinden. So wird z. Β, das Wort 
für Eltern bis auf eine Stelle stets im Plural gebraucht; 
paarweis auftretende Glieder, bei denen der Dual ursprüng- 
lich vor allem berechtigt war, können in beiden Numeri 
erscheinen (χεῖρες häufiger als χεῖρε, ὀφϑαλμοί, ὄμματα, 


8 291.] Genus, Numerus, Kasus. 213 


Auoı). Vgl. Ohler Über den Gebrauch des Duals bei 
Homer, 1884. 


Am festesten haftete der Dual im Att.; er findet sich 
außerdem im Böot., im Ark., spärlich im Dorischen. 
Nachdem er auch in der attischen Volkssprache ausge- 
storben war, wurde er später künstlich wieder belebt. 

Anm. In dem Aufgeben des Duals können wir eine allge- 
meine Tendenz der idg. Sprachen sehen, die in diesem Punkt eine 
psychologische Vereinfachung bieten. Noch primitivere Sprachen 
kennen auch einen Trial (Bezeichuung von drei Dingen). Heute 
giebt es den Dual nur noch im Litauischen, dem Neuslovenischen 
und Sorbischen, also in litterarisch ganz unkultivierten Sprachen, 

An altererbten Gebrauchsweisen unterscheidet Del- 
brück Grd. 3, 133 ff. den natürlichen und den elliptischen 
Dual. Ersterer steht bei zwei Dingen, die von Natur 
zusammengehören, wo wir „beide“ gebrauchen, z. B. ὄσσξ, 
ὀφθαλμώ, ὥμω, πήχεε, χεῖρε, auch δοῦρε „die beiden 
Speere, die zu einer Kampfausrüstung gehören“, ἵππω 
„die beiden Wagenpferde*, τὼ ϑεώ „die beiden Götter, 
Demeter und Persephone*“. 


Die zweite Gebrauchsweise ist folgende: Wenn man 
die Vorstellung zweier gepaarter Dinge erwecken wollte, 
brauchte man nur das führende Wort in den Dual zu 
setzen, ai. dyavä eig. „die beiden Himmel“, d.h. „Himmel 
und Erde“. Bei Homer scheint diese Gebrauchsweise, 
wie Wackernagel ΚΖ. 23, 302 ff. vermutet hat, noch vor- 
zuliegen, in Aiavre, da es Ajas und seinen Bruder Teukros 
bedeutet. Vgl. dazu W. Schulze ΚΖ. 32, 153. 

Eine ähnliche Bedeutung konnte auch der Plural 
haben, z.B. ai. &väsuräs, „die Schwiegerväter“, ἃ. ἢ. „der 
Schwiegervater und alle zu ihm Gehörigen“. Auf europä- 
ischem Boden zeigt sich dieser Gebrauch wahrscheinlich 
in zahlreichen Völkernamen, indem 2. B. Ἕλληνες nichts 
anderes heißt als „ZAArw und seine Sippe“ und Teutones 
„Leuto und seine Leute“, 


214 Formenlehre XXIII. [$ 292. 293. 


Ill. Das indogerm. Kasussystem. 


8 292. Während das Griechische in vielen Punkten 
die verwandten Sprachen an Altertümlichkeit übertrifft, 
hat es im Kasussystem bedeutende Einbußen erlitten. 
Denn das Idg. besaß acht Kasus: 1. den Nominativ, 
2. den Vokativ, 3. den Akkusativ, 4. den Genitiv, 5. den 
Dativ, 6. den Lokativ, 7. den Instrumental, 8.den Ablativ. 
Vielleicht sind es ursprünglich noch mehr Kasus gewesen, 
da z. B. der Instrumental eine doppelte Bildung zeigt. 
Von diesen Kasus hat das Griechische den Instrumental 
und Ablativ völlig aufgegeben, während Lokativ und 
Dativ fast ganz zusammengeflossen sind. Nun hatte 
allerdings der Ablativ nur im Singular der o-Stämme 
(2. Dekl.) eine besondere Form, und daraus läßt sich 
sein Verschwinden wohl erklären. Weshalb aber Instru- 
mental und Lokativ aufgegeben sind, ist nicht zu er- 
mitteln. Diese Verminderung des Kasussystems ist eine 
der merkwürdigsten Erscheinungen im Griechischen. 


Die idg. Kasusendungen der Nomina. 

ᾷ 208. Singular. 

1. Nominativ: a) -s, 

b) endungslos «) normalstufig, 
β) dehnstufig, 
y) schwundstufig ; 

2. Vokativ: endungslos, eigentlich gleich dem 
Nominativ, aber ohne Dehnstufe. Die Endung -e, ἵππε, 
ist der Stammauslaut; 

3. Akkusativ: -m; 

4. Genitiv: -so, Nebenformen -sjo und -s, die 
Schwundstufe zu -so; 

5. Dativ: «αἱ: 

6. Instrumental hat zwei verschiedene SNuffixe, 
die ursprünglich vielleicht verschiedenes bedeuteten: 


8 293.) Genus, Numerus, Kasus. 215 


&) -mo, daraus -m, 
b) -bhi, 
c) Kontaminationsformen -mi und -bho, vgl. 
Verf. IE. 5, 251 ff; 
7. Lokativ: a) endungslos α) mit Dehnstufe, 
β) mit Vollstufe, 
b) -%, das wohl Ablaut zu dem as des 
Dativs ist; 
8. Ablativ: nur bei den e/o-Stämmen -äd, -öd, sonst 
gleich dem Genitiv, im Plural gleich dem Dativ. 


Plural. 


1. Nominativ: -es; 
2. Akkusativ: -ns (aus -m + s?); 
3. Genitiv: -δῆϊ, vgl. Streitberg IF. 1, 259 ff.; 
4. Dativ: 1. -bhjos (Umbildung -bhos), 
2. -mos. 
Beides sind eigentlich wohl durch -s pluralisierte 
Instrumentale Sing. 
5. Instrumental: a) -ais, wohl durch 8 pluralisierter 
Dat. Sg. 
Ὁ) -bhis, 
c) -mis, Kontaminationsform von 
» -mos und -bhis. 
6. Lokativ: a) -su, 
Ὁ) -si, wahrscheinlich umgestaltet nach 
dem ὁ des Singulars. 


Dual. 


1. Nominativ-Akkusativ: -(u); 

2. Gen. Lok.: -oüs; 

3. Dat. Instr. zeigt ein »- oder bh-Suffix. 

Anmerkungen. 

1. Die Endungen der Pronomina sind vielfach verschieden 
and öfter auf die Nomina übertragen. 

2. Uber die Herkunft der Kasussuffixe wissen wir bis heute 


216 Formenlehre XXIII. [8 293. 


so gut wie gar nichts. Es ist möglich, und mancher wird es sogar 
wahrscheinlich finden, daß in den Kasussuffixen selbständige Worts 
stecken, aber es läßt sich dies nicht erweisen, weil uns eine ältere ve:- 
gleichbare Stufe gegenüber dem Idg. fehlt. In dem Nominativ -8 
hat schon Bopp das Pronomen demonstrativum idg. *-80, ai. sa gr. ö 
vermutet, aber das 8 erscheint auch im Genitiv als -s und -80, 
ferner in einzelnen Kasus des Plurals, anscheinend als Pluralzeichen, 
und schließlich auch im Verbum als Endung der zweiten Singularis. 

3. m ist nicht nur das Zeichen des Akkusativs, sondern auch 
im Instr. Sing. und Dat. Plur., sowie im Gen, Pl. vorhanden. 
Außerdem spielt es in den Eindungen der 1. Pers. des Verbums 
eine große Rolle. 

4. Das Suffix -bhjo-, -bhi- dürfte am ehesten einen selbständigen 
Wert gehabt haben. 

5. Das Dativsuffix -ai scheint die Vollstufe zu dem loka- 
tivischen -i zu sein, vgl. ai. D. pitr?, aber L. pitdri. Ursprünglich 
hatte.aber der Lok. keine Endung, sondern war wie der Nom. 
gleich der Basis. Dies ist eine der merkwürdigsten Erscheinungen, 
die die Forschung der letzten Jahre klargelegt hat. 

6. Das ἃ des Ablativsuffixes kann man wiederfinden im Nom. 
Ntr. des Pronomens und davon übertragen auch in einigen Nomina, 
Mit diesem d kann aber auch das ? der 3. Pers. des Verbums zu- 
sammenhängen. 

7. Daß zwischen den Kasus- und Verbalendungen ein noch 
unentdeckter Zusammenhang vorhanden war, legt die Thatsache 
nahe, daß aus der großen Anzahl von Lauten, die das Indogerm. 
besaß, nur m, 8, ὁ (d) und ai in den Eindungen häufiger auf- 
treten. Es fehlen vollständig die Gutturale (k, g, gh, ke, gw, ghe), 
die Labiale (ausgenommen bh), die Liquiden (r, ἢ. Von den Vokalen 
findet sich nur αἱ---ἰ, 

8. Der Dual ist nach der formalen Seite eine ‚singularische 
Bildung. Der Nom. Akk. ist eigentlich ein endungsloser dehn- 
stufiger Nom. Sing. eines u-Stammes, der ursprünglich die Paarig- 
keit bezeichnete, vgl. Meringer ΚΖ. 28, 217 ff. Vielleicht ist die 
ganze Flexion von *duwou „zwei“, gr. δύω, ἀμφώ „beide“ ausge- 
gangen. — Auch die konsonantischen Stämme hatten die -u-Flexion, 
wie die Übereinstimmung von ai. pädäu und ags. nosu au 1. nares, 
ags. duru zu lat. fores erweist. Das Verhältnis von -0s: -5 führte im 
Ind. zu einem 3 und % bei den ἐ- und u-Stämmen. Entsprechend 
erklärt B. Wheeler IF. 6, 139 die griechische Endung -e der kon- 
*onantischen Stämme als eine Neubildung nach dem Verhältnis -»: 
s-os des N. Pl. der Mask. Seine Ansicht ist die einzige, mit der man 


& 293. 204] Bedeutung und Gebrauch der Kasus. 217 


bisher rechnen kann, da die Existenz einer Endung e nur auf dem 
Griechischen beruht, und das Vorhandensein der Endung -0«» auch 
bei den konsonantischen Stämmen lehrt, daß auch im Griechischen 
bei diesen einst - bestanden haben muß, 

Die neutralen konsonantischen Stämme hatten die Endung -Ἶ, 
deren Erklärung aussteht. Ein Rest davon in 1. viginti, gr. Fi-xarı. 


XXIV. Kapitel. 


Bedeutung und Gebrauch der Kasus. 


nenn 


ξ 294. Welche Kasus des Griechischen die idg. 
Kasus vertreten, ist im wesentlichen nur aus ihrem Ge- 
brauch zu erkennen. Es folgt daher hier eine kurze 
Übersicht der Gebrauchsweisen der Kasus mit Rücksicht 
auf das Erbe aus der Urzeit. Den Mangel an Kasus 
hat das Griech. mehr als genügend ersetzt durch die 
Verwendung von Präpositionen, von denen eine Reihe 
schon aus der Ursprache stammt. Die Präpositionen 
sind ursprünglich Adverbia. Von diesen kann eigentlich 
ein Substantirum nur abhängen, indem es in den Genitiv 
tritt, wie noch bei den uneigentlichen Präpositionen wie 
χάριν, δίκην -u. 8. w. Wo die Präpositionen zu anderen 
Kasus als dem Genitiv traten, da drückten ursprünglich 
diese allein schon die Beziehung aus, und die Präposition 
‘verstärkte sie nur. Dies folgt auch schon daraus, daß 
viele Präpositionen mehrere Kasus regieren können. Die 
Gebrauchweise der Kasus ist am besten aus dem Indischen 
zu ersehen, weil dort alle Kasus erhalten sind, aber auch 
die Vergleichung mit dem Lat. ergiebt schon mancherlei, 
weil im Griech. Genitiv und Ablativ, im Lat. aber Ablativ, 
Instrumental und Lokativ zusammengefallen sind. Steht 


218 Formenlehre XXIV. [8 294— 296. 


im Griech. der Genitiv, im Lat. aber der Ablativ, so 
liegt der idg. Ablativ vor. Steht aber dort der Dativ 
und hier der Ablativ, so haben wir es mit Instrumental 
oder Lokativ zu thun. Im Westgerm. ist der Instrumental 
noch erhalten, während der Ablativ durch den Datirv- 
Instrumental, aber auch durch den Genitiv vertreten ist. 

Es ist an und für sich nicht wahrscheinlich, daß sich 
im Griech. die einzelnen alten Gebrauchsweisen der Kasus 
ganz glatt herausschälen lassen, es haben vielmehr auch 
hier Erweiterungen der alten Gebrauchsweisen stattge- 
funden, und im Laufe der Zeiten kommen neue Ver- 
wendungen auf. Diese zu erörtern, liegt nicht im Rahmen 
dieses Buches. 


I. Nominativ und Vokativ. 


& 295. Der Nominativ hat seine Bedeutung er- 
erbt. Ebenso ist die Verwendung des Vokativs alt. Auch 
das kehrt im Indischen wieder, daß von zwei verbundenen 
Vokativen der eine in den Nominativ tritt: Ζεῦ πάτερ 
Heltöc ve. Ebenso kann ein Attribut zum Vokativ im 
Nominativ stehen, z. B. οὖλος ’Oveipe, φίλος ὦ Μενέλαδ. 

Anm. Der Vokativ wird von den indischen Grammatikern 


nicht als Kasus, sondern als Satz angesehen, was auch vom Grie- 
thischen gilt. . 


H. Akkusativ. 


ἃ 296. Der Akkusativ zeigt im Griech. in allen 
wesentlichen Punkten die Gebrauchsweise, die er in der 
Ursprache hatte. Nach der gewöhnlichen Definitien tritt 
in den Akkusativ der Nominalbegriff, der vom Verbal- 
begriff am. nächsten und vollständigsten betroffen wird 
(Kasus des direkten Objekts). Daneben hat er aber 
deutlich eine lokalistische Bedeutung, er bezeichnet die 
Richtung nach einem Punkt, namentlich bei Präpositionen. 

Besonders bemerkenswerte Anwendung zeigen: 


8. 296.] Bedeutung und Gebrauch der Kasus. 219 


a) Akk. der Richtung: ἵκετο τόχμωρ N 20; — 
σρὺν ἐλϑέμεν υἷας ᾿ἀχαιῶν N 172; — 1. Asiam venire. 

b) Akk. der Ausdehnung: κοινὴν ὅδὸν ἤλθομεν. — 
ἐνταῦϑα Κῦρος ἔμεινεν ἡμέρας πόντε; — altsächs. gengun 
wegos endi waldos „sie gingen auf Wegen und in Wäldern“; 
bidun allan dag „sie warteten den ganzen Tag“. 

c) Der doppelte Akk. bei Verben des Fragens, 
Forderns, Lehrens, Verbergens, An- und Ausziehens u. a. 
Ebenso im Lat. und Germ. Altsächs. ha lzrde thie liudi 
langsamna räd „er lehrte die Leute immerwährenden Ge- 
winn“. 

d) Der doppelte Akk. bei Verben wie Zu etwas 
machen, Für etwas halten: szoeiv τινὰ ἀγαϑόν. Ebenso 
im Lat. Got. sö sunja früans izwis briggip „ die Wahrheit 
wird euch freimachen“. 

e) Der freiere Akk. bei Verben, die einen Zustand 
bezeichnen und auch bei Adjektiven: ἠέ zu βέβληαε; — 
gebdas ταχύς. 

f) Der Akkusativ bei Präpositionen ist im all- 
gemeinen der Richtungsakkusativ. Er steht bei: 

ἀμφί „um, herum“, 1. am terminum, ahd. umbi, ἃ, 
um mit Akk. Ä 

ἀνά, got. ana. Die ursprüngliche Bedeutung war 
„hinauf“: ἀνὰ νῶτα „den Rücken hinauf“; — got. usiddja 
ana fairguni „er ging auf den Berg“. ἀνά wird auch 
zeitlich gebraucht: ἀνὰ νύχτα; — got. ana dag „per diem“. 

dıd. läßt sich in den verwandten Sprachen nicht als 
Präpos. nachweisen. Doch berührt es sich mit 1. dis und 
unserm zwischen. Es steht wohl für *d(F)ıoe. 

ἂνς, εἰς ist aus ὃν durch Differenzierung entstanden 
und entspricht völlig 1. in, got. in, ἃ, in. 

ἐπέ „auf etwas.hin“, av. ap mit Akk. Verwandt 
damit ist auch 1. ob, ursprünglich „entgegen“. Vgl. ἐπὶ 
γῆας ἔρχεσθαι; — 1. ob Romam legiones ducere. 


A m 0 


220 Formenlehre XXIV. [$ 296. 297. 


. xard berührt sich mit 1. cum, contra, air. cet, akymr. 
cant „längs“. Die Grundbedeutung ist unklar. 
μετά ist verwandt mit got. mip, d. mit, das aber 
stets mit dem Dativ-Instrumental verbunden wird, und 
mit 1, medius, μέσος, es bedeutet „mitten unter“: Yugpt- 
μαχον κόμισαν μετὰ λαὸν Ἡχαιῶν. 
Anm. 1. Neben μετά erscheint dial. πεδά, das zu πούς ge- 
hört, eigentlich „auf dem Fuße folgend“, 
παρά „neben hin“, got. /aur „vor—hin, längshin“ ; 
vgl. παρὰ Yiva ϑαλάσσης; --- got. faur marein ἡπαρὰ τὴν 
ϑάλασσαν"; --- faur wig „raga τὴν ὅδόν“. 
περέ „um herum“, ai. ράγὶ mit Akk. „um“. 
προτίέ, πρός, wahrscheinlich aus *protj vor Vokal, 
vgl. 8. 251, 1, ai. präti mit Akk. „zu, zu hin, gegenüber“. 
Anm. 2. Daneben steht in gleicher Bedeutung dial. ori, 
av. paiti „gegen, entgegen“, 
ὑπέρ, ai. upäri mit Akk. „über, oberhalb“, 1. s-uper, 
got. ufar, d. über. 
ὑπό, al. üpa mit Akk. „zu“, 1. s-ub „unter“, got. uf 
„unter“ mit Akk., ei uf hröt mein ingaggais „daß du unter 
mein Dach kämest“. 
ὡς „zu“ bei Personen ist unbestimmter Herkunft. 


Ill. Der echte Genitiv. 

8 297. Der echte Genitiv drückt nicht nur, wie alle 
Kasus, die Beziehungen vom Nomen zum Verbum aus, 
sondern auch die zwischen Nomen und Nomen. In diesem 
Punkte steht er allein. Denn wenn auch ein adnominaler 
Dativ vorkommt, so ist dieser verhältnismäßig selten und 
läßt sich leicht aus dem adverbalen Gebrauch herleiten. 
Nicht so beim Genitiv, obgleich dies Delbrück Grundr. 
3, 186 und Brugmann Gr. ΟΣ. ὃ 446 versucht haben. 
Jener geht aus von Beispielen wie: er i/st einen Bissen 
Brotes, das entstanden sei aus: er i/st des Brotes, einen 
Bissen. Dieser fügt Fälle hinzu wie"Zxrogog ἔκλυον αὐδήν 


8 297—299.] Bedeutung und Gebrauch der Kasus. 221 


„sie hörten vom Hektor, nämlich seine Stimme“. Mich 
befriedigt diese Deutung nicht, und ich glaube, daß der 
adnominale Genitiv wenigstens z. T. eine ursprüngliche 
Gebrauchsweise darstellt. Dies wird sich allerdings erst 
weisen lassen, wenn wir über die Herkunft der Form des 
Genitivs im Klaren sind. 

Will man eine Grundbedeutung des Genitivs auf- 
stellen, so muß man eine ähnliche annehmen wie beim 
Ablativ, mit dem der Genitiv formell im Sing. so häufig 
zusammenfällt, nämlich die des „Ausgehens von“, aber 
es ist fraglich, ob die Grundbedeutung. einheitlich war. 


A. Adnominaler Genitiv. 


& 298. Der Genitiv drückt hier fast alle Beziehungen 
aus, die zwischen zwei Nomina bestehen können, Die 
Einteilung der traditionellen Grammatik hat wenig Wert. 
Für die meisten ihrer Kategorieem kommt man mit der 
oben angegebenen Grundbedeutung aus, So beim Geni- 
tiv des Urhebors: Σωχράτης ὃ Σωφρογίσχου υἱός, wo 
er sich mit lat. natus ὁ. Abl, berührt; beim Gen. parti- 
tivus: οὗ πλεῖστοι τῶν Ἑλλήνων, die meisten von den Hellenen 
her“; beim Gen. objectivus: ὁ φόβος τῶν πολεμέων 
„Furcht von den Feinden her“; — beim Gen. des 
Stoffes und Inhalts: τεῖχος Aldov, δέπας οἴνου u. S.W. 

Aber ganz durchführen läßt sich die lokalistische 
Theorie nicht, so z. B. beim Gen. subjectivus. Der Gen. 
läßt. sich hier und in anderen Fällen auch durch ein 
Adjektivum oder durch echte kompositionelle Verbindungen 
ausdrücken, und man hat daher vermutet, daß der Genitiv 
in gewissen Fällen auch formell aus einem Adjektivum er- 
wachsen ist. 


B. Der adverbale Genitiv. 


& 299. Der adverbale Genitiv berührt sich so nahe 
mit dem Abl.,, daß man oft schwanken kann, ob der 


222 Formenlehre XXIV. [8 29. 


Abl. oder der echte Genitiv vorliegt. Die Entscheidung, 
daß wir es mit dem echten Genitiv zu thun haben, liefert 
hauptsächlich das Indische, weil hier Genitiv und Ablativ 
geschieden sind. Er ist aber auch dann anzunehmen, 
wenn wir im Griech., Lat. und Germ. den Genitiv an- 
treffen. Ä 

Der Genitiv stebt: 

8) Bei Verben wie Wahrnehmen, Hören, Sich erinnern, 
An etwas.denken, Sich um etwas kümmern, griech. κλύειν, 
ἀκούω, οἶδα im Sinne von „erfahren sein“, μεμνγήσχομαε, 
μέδομαι mit Gen. der Person und Gen. oder Akk. der. 
Sache, 1, memini, recordari, oblivisei mit Gen., got. hausjan, 
hausjandans bize waurde (Gen.) „diese Worte hörend“; — 
altsäch. hörian gibodskepies (Gen.) „auf das Gebot hören“; 
got. gamunan „sich eines Dinges erinnern“, altsächs. 
thenkean thero thingo „sich an die Dinge erinnern“; — d. 
vergessen mit Gen. Der Sinn kann hier sein „von etwas 
ber hören“ u. s. w. 

b) Bei Verben wie Herrschen, Walten, Verfügen über 
sollte man eigentlich den Abl. erwarten. Aber wir finden 
im Ind. bei %%& „herrschen über“ den Genitiv, und es 
heißt ahd. desero brunnono bedero waltan. Man sieht indeß 
auch hier, wie nahe sich Gen. und Ab]. berühren. 

6) Bei Verben wie Essen, Kosten, Genießen steht 
der Genitiv, den man als partitivus bezeichnet. Aber 
auch hier kann man erklären „von dem Wasser her 
trinken“. Im Germ. steht ebenfalls der Gen.; got. bis 
hlaibis matjai „ex τοῦ ἄρτου ἐσϑιέτω:; — altsächs. wateres 
drinkan „des Wassers trinken“. 

d) Bei Verben wie Anteil nehmen und geben, An- 
fassen, Ergreifen, Berühren u. 8. w. wie im SBlav. 

6) Bei Füllen, Sättigen mit etwas, altsächs. waiares 
thiu falu fullion „die Fässer mit Wasser füllen“. 

f) Bei Verben, die ein Ziel ausdrücken, wie Streben, 
Begehren, 1. cupio, studeo, vereor, got. gairnjan „begehren“ 


8 299.] Bedeutung und Gebrauch der Kasus. 223 


mit Gen., altsächs. gerod σὲ ihes rikeas „begehrt das Reich“; 
— römod gi rehiero ihingo „strebt nach rechten Dingen“. 
g) Einen Genitiv des ergriffenen Gliedes nimmt 
Delbrück an: τὸν δὲ πεσόντα ποδῶν ἔλαβεν. Er scheint 
einmal im Ind. vorzuliegen, doch ist es mir wahrschein- 
licher, daß hier an den regelrechten Ablativ zu denken 
ist: „er ergriff ihn von.den Füßen her*. Ä 
h) Der Genitiv bei Sein: πατρὸς δ᾽ εἴμ᾽ ἀγαϑοῖο. 
Vgl. 1. Gallia est Ariovisi; — got. Pir& ist biudangardı 
gudis „@v γὰρ τοιούτων ἐστὴν ἣ βασιλεία τοῦ ϑεοῦ“"; — 
‚altsächs. wäarun is hiwiskeas „sie waren von seiner Familie“. 
Anm. Der Genitiv steht auch bei den Adjektiven: „begierig, 
kundig, eingedenk, besorgt, teilhaftig, mächtig, voll“. Ebenso im 
Lat. und Germ. Vgl. got. ahmins weihis full „des heiligen Geistes 
voll“; altsächs. giwilties ful „voll Klugheit“; — spräkono spähi 
„der Sprachen kundig“. Dieser Genitiv hat sich natürlich aus dem 
adverbalen entwickelt. 
i) Wir finden im Griech. auch einen Gen. der Zeit, 
z. B. &oneoog „Abends“, ἠοῦς „Morgens“, τοῦδ᾽ αὐτοῦ 
λυκάβαντος ἐλεύσεται ἐνϑάδ᾽ Ὀδυσσεύς ξ 161. Ahnlich 
braucht man im Got. den Gen. von nahts und dags, was 
sich bei uns in Nachts erhalten hat. Trotzdem scheint 
keine alte Verwendung des Genitivs vorzuliegen, da das 
Indische eine derartige absolute Konstruktionsweise nicht 
kennt, der Gen. bei Zeitangaben vielmehr stets abhängiger 
Genitiv ist. 


Auch ein Genitiv des Orts liegt im Griech. vor, 
wie in ἕζετ᾽ ἔπειτ᾽ Ὀδυσῆος ἐναντίον, ἐν. πυρὸς αὐγῇ, τοίχου 
τοῦ ἑτέρου, der nach Brugmann auch bei Präpositionen 
stehen soll. Der Ausgangspunkt ist nicht recht klar. 

k) Weder im Ind., noch im Lat. werden echte 
Präpositionen mit dem Genitiv verbunden, im 
Germ. nur selten. Wenn sich im Griech. solche Kon- 
struktionsweisen finden, so können sie nur auf neuer Ent- 
wicklung beruhen, indem der Genitiv, der ursprünglich 


224 Formenlehre XXIV. [8 299, 300. 


von einem zusammengesetzten Verbum abhängig war, 
später*als von der Präposition abhängig aufgefaßt wurde. 

Ein solcher Genitiv steht bei ἀμφί, ἀντί, ἐπί, μετά, 
περί, πρό, ὑπέρ, ὕπό, διά. Er ist hier als Gen. loci auf- 
zufassen. Auch bei ἀπό, ἐξ, εἰς (‘4Alöao) sieht Brugmann 
Gr. Gr. ὃ 437 ff. den echten Genitiv und zwar den Gen. loci. 
Diese Ansicht ist von Meister Gr. D. 2, 297: ausführlich 
begründet, während die antike wie die moderne Wissen- 
schaft darin eine Ellipse-sah, bei der δόμον oder ähnliches 
zu ergänzen wäre. Mir scheint die ältere Ansicht den 
Vorzug zu verdienen. 


IV. Der ablativische Genitiv. 


8& 300. Der idg. Ablativ bezeichnete die Richtung 
„woher“ oder den Ausgangspunkt der Handlung, was sich 
im Griech. noch deutlich erkennen läßt. Er steht: 

a) Beim Komparativ: μείζων τινός, 1. minor patre; 
im Got. steht als Vertreter des Abl. der Dativ, swinpböza 
mis „stärker als ich“. Das: bedeutet eigentlich: „Größer 
oder kleiner von etwas aus gerechnet“. 

b) Bei den Verben wie Kaufen, Verkaufen um 
etwas: ὠνγνέομαι τέ τινος, 1. vendere, emere mit Abl. Die 
Grundbedeutung ist „etwas verkaufen von dem, was man 
hat“. Zum Teil konkurriert hier der Instrumental. 


c) Bei den Verben Weichen, Weggehen, Wegtreten, 
Berauben, Trennen, Lösen u. 8. w.: ὃ δὲ χάσσατ᾽ ὀπίσσω 
γεχρῶν ἀμφοτέρων. Vgl. die entsprechenden lat. Verben 
mit dem Abl. Im Got. steht der Dativ: galausibs genai 
„von der Frau gelöst“. 

d) Bei den Verben der Gemütsbewegung: κεχολωμένος 
μφιμάχοιο: ---- "σίου ἀχνύμενος. 1. gaudere, gloriari, dolere 
αἴΐχια re. Im Germ. steht der Genitiv, altsächs. ihes 
thinges mendian „sich über die Sache freuen“. 

e) Bei Verben wie Ausgehen von, Entstehen: σέο δ᾽ 


3 300.] Bedeutung und Gebrauch der Kasus. 225 


ἄρξομαι, γίγνεσθαι mit Gen. Dieser Ablativ berührt sich 
mit dem Gen. bei εἶναι u. 8. w. 

Anm. Bei Adjektiven mit der Bedeutung „wert, würdig“, 
τίμιος, ἄξιος͵ ἀνάξιος, 1. dignus, indignus, ἐπαίνου ἄξιος, laude dig- 
nus; „mangelhabend, leer, frei“, ἐνδεής, κενός, ἐλεύϑερος, 1. nudus, 
orbus, liber steht der Ablativ, der aus dem adverbalen er- 
wachsen ist. . 


ἢ Der Genitiv absolutus entspricht dem lat. 
Ablativ absolutus. Er ist in Sätzen entstanden, wo der 
Genitiv direkt vom Verbum abhängig war und hat sich 
dann erst losgelöst. Auch der echte Genitiv ist an der 
Entstehung beteiligt. Im Got. finden wir einen Dativ 
absolutus, der aber nicht von dem Verbum losgelöst ist, 
im -Aind. den Genitiv. Wenn man auch die freiere Ge- 
brauchsweise nicht in die Urzeit verlegen darf, so kann 
die Übereinstimmung zwischen Griech. und Lat. doch auf 
späterer, gemeinsamer Entwicklung beruhen. 

'g) Ganz deutlich steht der ablativische Genitiv bei 
einer Reihe von Präpositionen. 

᾿ᾶπό, 1. ab c. Abl., ai. dpa, das keine Präposition, 
sondern nur Adverb ist, got. af c. Dat. „von etwas her“, 
altsächs. wendian af weroldi „von der Welt wenden“; dp’ 
inrwv ἄλτο χαμᾶζε. 

ἐξ, ἐκ, 1. ex c. Abl., gall. ex „aus heraus“. 

κατά in der Bedeutung „abwärts von etwas her“, κατὰ 
xAluaxog xaraßalveıv. Die Bedeutung ist ursprünglich die 
gleiche wie bei κατά mit dem Akk. Der Abl.-Gen. drückte 
schon ganz allein die Richtung „von ber“ aus, die xard 
nur näher modifizierte. 

παρά: ἐρχόμενος παρ᾽ ἑταίρου. Es gilt dasselbe wie 
von xard. Die älteste Bedeutung war „bei etwas seiend“, 
und der Ablativ-Genitir drückte die Beziehung „von 
her“ aus. 

περί c. Gen. entspricht ai. pdri mit Abl. „von etwas 
her“; es steht in Fällen wie Sorgen um etwas: wegungl- 

Hirt, Griech. Laut- u. Formenlehre. 15 


226 Formenlehre XXIV. [$ 300. 301. 


Ley περέ τινος, περὶ πομπῆς μνησόύμεϑα, περὶ πάντων 
ἔμμεναι ἄλλων, eig. πέρι εἶναι „hervorragend sein“. 

πρό, 1. pro 6. Abl., ai. pra „vor, hervor, vorwärts, 
voran, fort“, got. /aura „vor“ mit Dat. Das πρό gehört 
ursprünglich zum Verbum, wie es denn aind. nur Prae- 
verbium ist, dessen Sinn dann den Ablativ verlangt, z. B. 
στῆναι πρὸ Τρώων „als Verteidiger vor den T’roern stehen“, 
eig. „vornstehen von den T'roern her“. 

πρός hat die Bedeutung „von her“: ἀλώμενος ἵκετ᾽ 
ἐμὸν δῶ, ἠὲ πρὸς ἠοίων ἢ ἑσπερίων ἀνϑρώπων 9 29. 

ὑπό „von unten her“, ῥέδε κρήνη ὑπὸ σπείους, 1, sub 
6, Abl. in der Bedeutung „von unten hervor“, sub terra 
lapides eximet. 

Außerdem steht der abl. Genitiv bei einer Reihe von 
Präpositionen, die die Trennung bezeichnen, wie ἄνευ 
(vgl. das lautlich nicht übereinstimmende 1, sine, während 
got. inuh, unser ohne den Akk. regiert), äreo, ai. sanutär 
„weit hinweg* mit Abl., δέχα, ἕκάς, ἐκτός, ἔνερϑε, νόσφι, 
ὄπιϑεν͵ πάρος, ai. purds „vor“, πλήν, πρίν, τῆλε, χωρίς. 


V. Der echte Dativ. 

8 301. Der echte Dativ ist der Kasus des ent- 
fernteren oder indirekten Objekts und liegt als solcher 
in allen Sprachen vor. DaB er ursprünglich auch eine 
sinnliche, lokalistische Bedeutung gehabt hat, ist mir trotz 
Delbrück Grd. 3, 185 wahrscheinlich. Diese Annahme, 
die durch die Gebrauchsweise des Dative im Slavischen 
gestützt wird, liegt auch deshalb sehr nahe, weil der Dativ 
und Lokativ formell ursprünglich identisch zu sein scheinen, 
und nur durch den Akzent differenziert sind, vgl. ai. Dat. 
püre, Lok. pitäari. Würden wir diese Formen in die Zeit 
übertragen, wo die Vokalschwächung noch nicht gewirkt 
hatte, so würden wir Dat. *päterai und Lok. *päterai er- 
halten. 

Überwiegend stehen im Datir Personen, in deren 


ἃ 301. 802] Bedeutung und Gebrauch der Kasus. 227 


Interesse etwas geschieht. Die verwandten Sprachen 
stimmen in dem Gebrauch im wesentlichen überein, sodaß 
die Anführung von Beispielen unnötig ist. 

Der Dativ steht: 

a) Bei transitiven Verben als entfernteres Objekt: 
διδόναι τέ τινι, einem etwas geben. 

b) Bei Verben des Helfens, Ratens, Vertrauens, Ge- 
horchens u. 8. w. 

c) Als loserer Dativ des Interesses: πᾶς ἄνὴρ αὐτῷ 
scovel; — πολλοέ μοι φίλοι εἰσίν; oder als Dativus ethicus, 
ὦ τέχνον, ἦ βέβηκεν ἦμιν ὃ ξένος, „O Kind, ist uns der 
Fremdling fortgegangen“. 

d) In den Datir tritt die thätige Person teilweise 
beim Passiv, regelmäßig beim Verbaladjektiv auf -zeog, 
ἐμοέ πολεμητέον Eorlv, mihi pugnandum est. 


VI. Der lokativische Dativ. 

8 302. 1. Als selbständiger Kasus ist der 
Lokativ nur im Arischen und Litu-Slavischen erhalten. 
Die ursprüngliche Bedeutung wird durch unser in mit 
dem Dativ am besten umschrieben. Er bezeichnet den 
Ort, wo sich etwas abspielt. Da der griech. Dativ formell 
in den meisten Fällen gleich dem Lokativ ist, so sind 
Ausdrucksweisen ganz regelrecht wie ϑεὸς δ᾽ ὥς riero 
δήμῳ; --- ἔστι δέ τι σπέος βαϑείης βένϑεσι λίμνης. Handelt 
es sich um Personen, so kann der Lokativ im allgemeinen 
nur dann stehen, wenn eine Mehrheit vorhanden ist, wo 
wir mit „unter“ übersetzen, z. B. μεσέπρεπε δὲ Τρώεσσιν. 

2. Auch bei Zeitangaben steht im Indischen und 
Slavischen der Lokativ, sodaß wir Ausdrücke wie τῇ 
τ ροτοραίᾳ, εἰχοστῷ ἔτει, Ὀλυμπίοις u. 8. w. als lokativisch 
auffassen könnten. Aber bei Zeitangaben wurde indogerm. 
auch der Instrumental gebraucht, und es ist in vielen 
Fällen nicht zu entscheiden, welcher Kasus im Griech. 
vorliegt. Ursprünglich stand wohl der Lokativ, wo 68 

165 


228 Formenlehre XXIV. [8 302. 


sich um einen oder mehrere Zeitpunkte handelte, während 
der Instrumental wahrscheinlich mehr den Verlauf be- 
zeichnete. 

3. Wie im Lat. bei den Verben pono, loco, colloco 
u. 8. w. abweichend‘vom Deutschen :r mit dem Abl. steht, 
so finden wir auch im Griech. Verba ähnlicher Bedeutung 
mit dem Dativ-Lokat. verbunden. Es beruht dies auf 
dem Sinn der Verben, der in diesen Fällen punktuell ist. 
πεσεῖν πεδίῳ heißt nicht „auf den Boden fallen“, sondern 
„auf dem Boden aufschlagen“. Dagegen finden wir bei 
dem kursiven πέπτειν den Richtungsakkusativ: βέλεα 
ἐτώσια πίπτει Egabe „die Geschosse fallen nach der Erde 
hin“, Man vergleiche die Lehre von den Aktionsarten. 

4. Von Präpositionen wurde vor allem ἐν, 1. in 
mit dem Lok. verbunden. Daran schließen sich z. T. 
schon seit idg. Urzeit andere, die wiederum zunächst als 
Adverbia aufzufassen sind, ohne daß sich hier die Be- 
deutung noch überall klar erkennen läßt. 

ἀμφέ „um, herum“: χρέα δ᾽ ἀμφ᾽ ὀβελοῖσιν ἔπειραν 
„sie steckten das Fleisch in die Bratspieße, aber so, daß 
es herumragte“. Dies hat keine Analogie im Germ. 

ἀνά „oben auf“ ist dichterisch; es kehrt im ‘Got. 
wieder, wo ana auch mit dem Dativ verbunden wird: 
gaggands ana marein „auf dem Meere wandelnd“, εὖδε ἀνὰ 
Γαργάρῳ ἄκρῳ. 

ἐπέ, ai. dpi nur mit Lok., ἕζετ ἐπὶ ξεστοῖσι λέϑοισι 
y 406, ἀράβησε δὲ τεύχε᾽ ἐπ᾽ αὐτῷ N 187. 

Anm. Nach Brugmann und Delbrück wird ἐπέ auch mit dem 
echten Dativ und dem Instrumental verbunden, doch wissen die 
verwandten Sprachen nichts davon. 

μετά „unter“. Vgl. ἀλλὰ μετὰ πρώτοισι μάχην ἀνὰ 
κυδιάνειραν ἵσταμαι. Hier könnte dem Sinn nach auch 
der bloße Lokativ stehen. Got. entspricht mip c. Dat. 

πδρέ „ringsherum“: καὶ τότε δὴ περὶ κῆρι Ποσειδάων 
ἐχολώϑη N 206 „im Herzen“. 


8 302. 803] Bedeutung und Gebrauch der Kasus. 229 


πρός „bei, an, neben“, βαλλόμενα προτὶ γαίῃ „auf 
die Erde werfen“. Im Avest. kommt pa:iti mit dem 
Lok. vor. 

ὑπό, 1. sub c. Abl, ai. ὥρα mit Lok. „bei, auf“, 
got. uf, uf himina „unter dem Himmel“, ὕπ᾽ ἠελίῳ, 1. 
sub divo. 


Vil. Der instrumentale Dativ. 


8 303. Der idg. Instrumental ist ursprünglich der 
„Mit“-Kasus; er drückt die Begleitung, die Verbindung 
und weiter das Mittel und Werkzeug aus. Letztere Be- 
deutung ist vielleicht die ursprünglichstee Er ist im Ind., 
Lit.-Slav. und teilweise im Germ. erhalten, im Lat. aber 
mit dem Abl. zusammengefallen. 

8) Der Instrumental bezeichnet das Mittel und 
Werkzeug, die Ursache: βάλλειν Aldoıs; — ὁρῶμεν 
τοῖς ὀφϑαλμοῖς; — χαλκῷ ταμνομένη; — κραιπνὰ ποσὶν 
προβιβάς; — ἄνθρωπος φύσει (durch die Natur, von 
Natur) ζῷον πολιτικόν. Im Lat. entspricht der Abl. 
instrumenti und causae: sole mundus illustratur; — ierra 
vestita est floribus. Aus dem Germ. vergleiche man: 
altsächs. handun slög „er schlug mit den Händen"; — 
got. bundans was eisarnabandjöom „er war mit eisernen 
Banden gebunden“; — altsächs. qualmu swelian „des 
Todes sterben“, gr. ϑανάτῳ ζημιοῦν. 

b) Auch die Begleitung, die begleitenden 
Umstände wird man ursprünglich als das Mittel auf- 
fassen dürfen, wie wir ja auch heute noch in solchem 
Falle „mit“ gebrauchen. Jedenfalls ist diese Gebrauchs- 
weise schon idg. Vgl. Τρῶες, τοὶ μέγα τεῖχος ὑπερκατέ- 
βησαν ὅμίλῳ ; --- γηϑοσύνῃ δὲ ϑάλασσα διίστατο; — vgl. 
altsächs. gisähun werod kuman brahlmu „sie sahen das 
Volk mit Lärm, mit Gedränge kommen“, d. h. „in großer 
Menge“. 

c) Der Instrumental der Beziehung findet sich in 


230 Formenlehre XXIV. [8 803. 


Verbindungen wie εὐὀρύτερος ὥμοισι; — |, altero pede 
claudus,;, — altsächs. handon gibundan „an den Händen 
gebunden“; — liduwastmon bilamod „an den Gliedern ge- 
lähmt“. 

4) Der Instrumental steht bei Raum- und Zeit- 
begriffen. 

Wo das Land unwegsam ist, da ist es ganz natürlich, 
daß man vermittelst des Weges geht. In der Haupt- 
sache steht dieser Instrumental denn auch bei dem Be- 
griffen „Weg“ und „Thür“, vermittelst derer man ja such 
in das Haus tritt. Im Griech. ist nur ὁδῷ lebendig, vgl. 
ἐπορεύετο τῇ ὁδῷ, ἣν πρότερον αὐτὸς ἐποιήσατο Thuk.; — 
). ire publica via; — serb. puiem (Instr.) it „auf dem 
Wege gehen“. — Sicher ist dieser Instrumental aueh zu 
sehen in den Adrverbien πῇ. ταύτῃ, ἄλλῃ, wo ὅὁδῷ ur- 
sprünglich zu ergänzen war. 

Bei Zeitbegriffen haben die verwandten Sprachen 
ebenfalls den Instrumental, namentlich wenn es sich um 
eine Zeitstrecke handelt, vgl. 1. hödie, ahd. hiutagu (Instr.). 
Im Griech. wird man Ausdrücke wie Ὀλυμπίοις als 
Instrumentale in Anspruch nehmen dürfen, wenn an etwas 
gedacht wird, das im Verlauf der Zeit geschieht. 

e) Als sozistiver Instrumental steht der Dativ 
bei Verben, die an und für sich schon eine Gemeinschaft 
bezeichen: uelyyvu τί τέγε, μάχομαί τινι, σπένδομαί τενι, 
ἐρίζω τινέ. Im Lat. entspricht hier meist cum mit dem 
Abl., aber bei miscere findet sich noch der bloße Abi. 
(Instr.). 

ἢ Die Präposition, die den Instrumental κατ᾽ 
ἐξοχήν regiert, ist σύν, ξύν, das ursprünglich „zusammen“ 
bedeutet und dem Instrumental keinen neuen Bedentungs- 
inhalt giebt. In der Verwendung entspricht 1. cum c. 
Abl., doch lassen sich die beiden Worte lautlich noch 
nicht einwandsfrei vereinigen, wenngleich ich an ihrem 
Zusammenhang nicht zweifle. 


8 304. 805] Bedeutung und Gebrauch der Kasus, 231 


Vill. Die Bildungen mit -9ı, -φιν. 

8 304. Bei Homer und seinen Nachahmern er- 
scheinen Bildungen auf -g: und -gıv, die sonst dem 
Griech. fremd sind. Dieses -gı, -Qıv entspricht dem ai. 
Suffix -bhis, das den Instr. Plur. bildet, und dem lat. 
-bus, das einen anderen Vokal enthält. Auch in tibi 
steckt das -bh-Buffix, das also im Bivg. und im Piural 
auftritt. Es ist auch durchaus wahrscheinlich, daß dem 
-bhi ursprünglich keine Numeralbedeutuug zukam. Viel- 
leicht ist es kein Zufall, daß sich -p: so häufig bei Neutren 
und Femininen auf -@ findet, von denen diese z. T. die 
Kollektiva zu jenen bildeten, vgl. ϑύρηφιν zu got. daur 
N., γνευρῆφεν zu vevod (vgl. νεῦρα N. Pl. zu νεῦρον). That- 
sächlich erscheint -gs pluralisch und singularisch ge- 
braucht, und es kann hier sehr wohl die alte Verwendung 
vorliegen. | 

Syntaktisch vertritt es vorzugsweise den Lokativ, den 
Ablativ und den Instrumental. Aber auch genitivische 
Bedeutung liegt vor, die wahrscheinlich durch den Zu- 
sammenfall von Ablativ und Genitiv hervorgerufen wurde. 
Doch können diese Fälle auch ablativisch aufgefaBt 
werden. 


Die griechisehe Deklination. 


XXV. Kapitel. 
Die @-Deklination. 


ᾷ 305. Mit der Einteilung ihres Sprachstoffes in 
drei Deklinationsklassen haben die griechischen Gram- 
matiker eine durchaus richtige Einsicht bewiesen. Ur- 


232 | Formenlehre XXV. [8 305. 306. 


sprünglich hat es allerdings nur eine Deklination gegeben, 
aber die Wirkung der Lautgesetze hat schon im Idg. eine 
Anzahl von Verschiedenheiten entstehen lassen, die das 
Sprachgefühl nicht mehr als Einheit zusammenfassen konnte. 

In den folgenden Tabellen entsprechen die Formen 
ohne Klammern den idg., eckige Klammern [| ] be- 
zeichnen, daß die Formen nicht als Fortsetzung der idg. 
gelten dürfen. Runde Klammern bezeichnen dasselbe, 
deuten aber an, daß die gleiche Neubildung auch noch 
in einer anderen Sprache vorliegt. Das Zeichen : : soll 
darauf hinweisen, daB es nicht sicher ist, wie die idg. 
Form lautete, und daß die einzelsprachliche Form nicht 
sicher zu beurteilen ist. 


I. Die femininalen @-Stämme. 
8 306. Nach der ersten Deklination gehen die Worte 
auf -@, das im Ion. zu n wird. Da daraus nach og, “» ὃ 
im Att. wieder @ entsteht, so erhalten wir zwei Paradigmen, 
eines mit durchgehendem @ und eines mit n, deren Formen 
z. T. den r entsprechen. 


Griech. | ea | ἴα, 8. me | Got. E; [te 1 


Sg. mt σκιά ἀλφή giba | aqua | giba ᾿Ιαἰρὰ „Lohn“ alga „Lohn“ -@ 
ahpns familizs ı gibos | algös ΕἸ 
ἀλφῇ aquae 

. ἀλφήν aquam ἢ [giba] αἷσᾳ -ἄηι 
ἀλφή | aqua ı giba «ὦ 


(aquae) 


gibai algai -üi 
Dos | 
| (aquarum) gb | 


| 
u, 


8 806. Die a-Deklination. 233 


Singular. 


1. Der Nominativ hat keine Endung, sondern es 
erscheint der bloße Stamm. Ausgegangen ist diese Kate- 
gorie, wenigstens z. T. von den schweren Basen auf -ἃ, 
wie τομή : τέτμηκα, μεσό-δμηῃ : δέ-δμη-τκα. Das ἃ ist dann 
aber zu einem regelrechten Suffix geworden. Es hat, da 
es einer einfachen idg. Länge entspricht, den Akut. 

2. Genitiv. Der Ausgang -&s mit regelrechtem 
Zirkumflex, vgl. lit. algös, ist aus ἃ und der Endung -so 
entstanden. Der idg. Schwund des -o bewirkte Über- 
dehnung der vorhergehenden Silbe, vgl. Streitberg IF. 
3, 371. 
| Anm. 1. Im Ark. finden wir hier die Endung der mask. 
-ä-Stämme, &auav aus Ἐζαμιᾶσο. 

3. Dativ. Der idg. Ausgang -ἄϊ, gr. ϑεᾷ, lit. katrai, 

ist aus -@ + ai entstanden, vgl. δόμεν-αι, und hat daher 
regelrecht Zirkumflex, den außer dem Griech noch das 
Litauische zeigt. In dem griech. Dativ steckt aber formell 
auch der idg. Lokativ, ἃ + ὁ, vgl. svod-i, das ebenfalls -@i 
ergeben mußte. 
Anm. 2. Nach 8 148 wurden die Langdiphthonge vor Kon- 
sonant verkürzt. Es mußten daher im Satzzusammenhang Formen 
auf -“ neben denen auf -% entstehen. Solche liegen zunächst vor 
in Verbindungen wie Θηβαι-γενής, μεσαι- πόλιος, dann aber in 
lebendiger Verwendung in verschiedenen Dialekten, sicher im Böot,, 
weil hier αὐ zu ἡ wird, Dat. ταμίη u. 8. w., sonst wohl in den 
Dialekten, in denen -os bei den o-Stämmen als Dativ herrschte, 
also im Arkad., im El., Nordwestgr. 

ς 4. Der Akkusativ enthält den Stammvokal -@ und 
die Endung -m (vgl. πόδια aus *pödm), daher regelrecht 
mit Akut -äm, das nach ἃ 253 Ὁ zu -@ wird. 

5. Der Vokativ lautet wie der Nominativ. Doch 
hat sich eine andere Form mit kurzem «a bei einigen masku- 
linen und femininen Stämmen erhalten, att. τοξότα, yew- 
μέτρα, Ö£orcora, hom. νύμφα, ἄττα, συβῶτα. Diese Vokativ- 


854 Formenlehre XXV. [8 306. 


bildung kehrt auch im Abg. wieder, Vok. Zeno zu Zena 
(γυνή) und ist wahrscheinlich schon idg., war aber wohl 
nur da berechtigt, wo der Nom. auf -& ausging. 


Plural. 


il. Der Nominativ ging idg. auf -@s aus (entstanden 
aus -ä-+res, vgl. röd.eg), daher osk. toutäs, got. gibös. 
Diese Form ist durch eine Analogiebildung nach den 
o-Stämmen verdrängt, Akk. ὕτπονς : ἵπποι = τιμάνς : τιμαί, 

Anm. 3. Daß in τιμαί die alte Dualform steckt, wie Brug- 
mann ΚΖ. 237, 1991, vermutet hat, ist deshalb unwahrseheinlieh, 
weil Worte nach der 1. Deklination fehlen, die mit Vorliebe 
dualisch gebraucht worden wären. Yvoas, das Brugmann anführt, 
ist wegen ai. dvärä, ags. duru jung. 

2. Der Genitiv, idg. -äm, got. gibo, lit. algu, ist 
durch eine Form der pronominalen Deklination ersetzt 
und geht auf -äsom zurück, 1. terrärum, osk. egmazum. 
Daher liegt der Zirkumflex auf der letzten. Die ältere 
Form liegt noch vor in hom. ϑεάων, böot. δραχμάων, ion. 
-&wuv. Im Dor. und Lesb. wird -@wv zu -%, vgl. S. 197. 

3. Der Dativ lautet in der geläufigen Form -αις, 
worauf auch das Italische weist, 1. terris, osk. dumpais. 
Im Att. erscheint die Form aber erst seit 420 v. Chr. 
häufig auf Inschriften, d. h. 20 Jahre nachdem der Ge- 
brauch son -oıcı neben -οἐς aufgehört hatte. Zweifellos 
ist daher -aıs im Att. eine junge Neubildung. Aber da 
die Form auch im Böot., Dor., Lesb., ‘Ark. erscheint, 
so kann -«ıs doch schen im Urgriech. gebildet sein, ja 
sogar als griechisch-italische Neubildung angeseken werden, 
die dann vom Attischen wiederholt wäre. Idg. war die 
Form nicht, da die übrigen Sprachen im Dat.-Instrumental . 
ein -m- oder -bk-Suflx zeigen, 1. deabus. 

Neben -«xs finden wir auch noch die alte Lokatärform 
auf -@oı im Ion., z. B. δεσπόγησιν und im Altattischen bis 
420 v. Chr.: μυρέασιν, ταμέασι, δίκησι. Sie entspricht ai. 


“8 806. Die @-Deklination. 835 


-äsu in deväsu „Stuten“, abg. rgkachs, lit. raükäse „in den 
Händen“ bis auf die Differenz im Endvokal. Man be- 
achte indessen, daß im Griech. schon eine Analogiebildung 
vorliegt, da o zwischen Vokalen schwinden mußte. Begel- 
recht hätte aus νύμφηδθε *vumpn entstehen müssen. Und 
daß es dies wirklich gegeben hat, zeigen Formen wie 
altatt. μυρίᾳσι, χελέᾳσε, δραχμῇσι, die bei Homer und 
Herodot ganz geläufig sind. Demn diese Formen lassen 
sich nur so erklären, daB an ἔνύμφῃ wieder σὺ von den 
konsonantischen Stämmen ausgetreten ist. 

Erhalten ist die Endung -ὥσι, -naı noch in Adverbien 
wie ϑύρᾶσι, ὥρασι, Πλαταιᾶσι. 

4. Der Akkusativ. Im IJdg. trat -ns an den 
Stammausgang -ἃ. Die Endung ist demnach -äns. Das 
-n ging aber unter gewissen Umständen, jedenfalls vor 
kons. Anlaut verloren. Wir haben demnach schon im 
Idg. Doppelformen auf -äs und -äns anzusetzen. Letztere 
wurde im Griechischen (und Italischen) verallgemeinert 
und nach ὃ 148 zu «ἂνς verkürzt, das att. lautgesetzlich 
zu -@g wurde, lesb. zu -αες. 

Anm. 4 Die Form -ἄνο ınußte im Satzsandhi vor kon- 
sonantischem Anlaut nach 8 253, 9 ihr » verlieren. -ds und -a»s 
finden wir im Kretischen nebeneinander und zwar beim Artikel 
z. T. noch in der alten Verteilung ravs ἁπλόονς τιμάνς, aber rad δὲ 
ϑυγατέρανς, vgl. Baunack Inschrift von Gortyn 24f. -ἀς liegt 
wahrscheinlich im Ark. und Thess. vor, wie man wenigstens aus 
dem -os der Mask. schließen darf. 


Dnal. 


1. Der Nominativ geht auf - aus, das stets bleibt, 
also nicht auf urgr. ἃ zurückgeführt werden kann. Es 
scheint, daß es gar keine Dualformen bei den “-Stämmen 
gegeben hat, da Homer den Nom. Du. auf & nur bei 
den Maskulinen kennt: ὠκυπέτα, xopvord, ᾿“τρείδᾶ. Ws 
wird -% daher eine junge Analogiebildung nach dem 
mask, -w sein, unter Einwirkung des Verhältnisses -0:: 


236 Formenlehre XXV, [8 306. 307. 


«αἱ, -095:-@vg, die aber erst: eingetreten sein kann, als 
der Wandel von ἃ zu n schon vorüber war. Auch im 
Att. sind die Formen auf -@ selten und fehlen dem 
Artikel und dem Pronomen fast gänzlich (τὼ σεήλα, τὼ 
κλίμαχε, τοῖν πολέοιν, τούτοιν (sc. φιάλαι»). 

2. Der oblique Kasus auf -au», -αἷν ist zweifellos 
eine Neubildung nach den maskulinen o-Stämmen und 
wird dort seine Erklärung finden. 


Anm. 5. Reste untergegangener Kasus s. beim Adverbium. 


Il. Die ja-Stämme und Verwandtes. 


8 307. Außer den regelrechten ö-Stämmen giebt es 
noch eine weitrerbreitete Kategorie, die im N. Akk. Sg. 
kurzes & aufweist, 

Anm. 1. Diese Kategorie hat umfangreiche Erörterungen 
hervorgerufen. Das Richtige findet sich im wesentlichen bei 
J. Schmidt ΚΖ. 27, 291. 304, Johansson ΚΖ. 30, 401 „Zur Fem.- 
Bildung in den idg. Sprachen, bes. im Griechischen“. Verfehlt 
sind die Ausführungen Brugmanns Grd. 2, 313, MU. 5, 58f., Gr. 
Gr. 221. 

Die Endung « findet sich meistens nach voraus- 
gehendem j oder :. Dieses ja bildet mit Vorliebe die 
movierten Feminina zu konsonantischen Stämmen, wie 
τέχταινα aus *rexrayja zu τέκτων, ai. lakdni;, — φέρουσα 
aus Ἐφέροντ)α : pEgovr-, ai. bharanii; — δότειρα aus *ödregja 
zu δοτήρ, ai. dätrt, 1. datri-x; — ἡδεῖα aus ᾿ἡδέζγα : ἡδέξοος, 


ai. vädii; — ἰδυῖα aus *iövaoja, ai. vidüugt,; — τράπεζα 
aus ἔτράπεδ)α zu πεδ-, ποὃδ-: — μοῦσα aus ἔμόντ)α 


(Wackernagel ΚΖ. 33, 571) zu 1. mont-is u. 8. w.; — 
σφῦρα aus *opigja; — γλῶττα aus *ylayja; — δόξα aus 
*öodxzja u. 8. 

Die übrigen Sprachen bieten an Stelle des griech. 
ja und μὰ durchweg 2, vgl. die oben angeführten ind. 
Beispiele und 1. datr?-x, vietri-x, got. früjönd-i „Freundin“ 
aus *frijönd-t, lit. veianti, abg. vexgsti „vehens“. Die Auf- 


8 307. 308.] Die @-Deklination. 237 


fassung dieser Endungen bietet bei richtiger Erkenntnis 
des Ablauts keine Schwierigkeiten. Ai. ?, gr. ja sind 
RS. und SS. eines idg. -eja, ἃ. h. an e-o-Stämme ist das 
Suffix -ja getreten und die ganze Gruppe muß zwei Ab- 
lautsformen zeigen. ja« und -jev sind demnach vollkommen 
korrekt. ja ist dagegen nach 8 112 regelrecht zu ? kon- 
trahiert, aber wahrscheinlich noch nicht in idg. Zeit. 
Gr. -α ist daher vielleicht ganz lautgesetzlich. ja stand 
ursprünglich nach kurzer, -«@ nach langer vorausgehender 
Silbe, wenn der Akzent folgte, s. S. 92, daher μέα aus 
*gmgo, πότνια, ψάλτρ-ια, εὐνήτρ-ια, aber εὐνήτειρα, aus 
Ἐξύγήτερ)α, ursprünglich *nötrga, Gen. *nZterjäs. 

Anm. 2. Als weitere Reduktion von -49, -79 muß nach $ 140 
«ἡ auftreten. Im Griech. sind diese Formen vorhanden. Ihre 
Flexion ist -ss, -sdos, vgl. ϑεραπνίς : ϑεράπαινα, χλανίς : χλαῖνα. 

Anm. 3. Das von den übrigen Sprachen geforderte lange -ὦ 
liegt im Inlaut im Griechischen verschiedentlich vor, so z. B. in 
γλωχῖνες „Spitze“ zu γλῶσσα, ἐχῖνος zu lit. es „Igel“, κορακῖνος, 
vgl. 1, cornix. 

Außer den Worten auf ja giebt es im Griech. eine 
ganze Reihe von Worten auf -& bei denen sich kein j 
nachweisen läßt, z. B. μέριμνα, ἔχιδνα, πτέρνα. Den letzten 
Fall muß man wohl wegen ai. paröni aus ἔπτέρν)α er- 
klären, und das legt die Vermutung nahe, daß 7 in 
solchen Fällen schon im Idg. oder später geschwunden 
ist, vgl. 8 199%. Ebenso uach Bezzenberger (BB. 7, 73) 
hom. πρέσβα aus *rroeoßF&, ursprünglich wohl *rrg&oßFja, 
vgl. noch πρέσβεια und πρεσβίς. Vgl. über die ganze 
Frage Johansson ΚΖ. 30, 403 fi. 


Ill. Die maskulinen @-Stämme. 


& 308. Man nimmt jetzt meistens an, daß die mask. 
“Stämme ursprünglich feminine Verbalabstrakta waren, 
2. B. *veovi« „die Jugend“. Ahnliches liegt vielfach vor, 
so in abg. junota „Jüngling* — 1. juventa, engl. jouth, slav. 


240 Formenlehre XXV. [$ 310. 


3. Das Suffix -ta@ bildet sekundäre!) Ableitungen von 
Substantiren und von Verben mit maskulinem Geschlecht: 
ἱππότης, 1. eques, ὠνητής, ἀγορητής, αἰχμητής „Lanzen- 
schwinger“. 

4. Das Suffix «δα, -ıd@-, -ıadg- bildet Patronymika, 
vgl. Alaxlöns, Κρονίδης, "dgxeiordöng, böot. Σαώνδας u. 8. w. 
Die Herkunft ist vollkommen dunkel. Jedenfalls besteht 
Zusammenhang mit Bildungen wie ἀδελφιδεός und den 
Femininen wie Βρισηίς, Νηρηίς, Πριαμές, die die Zuge- 
hörigkeit bezeichnen. Das ursprüngliche Femininum 
*Koovida@ wird „Geschlecht des Kronos* bedeutet haben. 


5. Die übrigen Bildungen auf -@ stehen in engster 
Beziehung zu den o-Stammen und finden dort ihre Be- 
sprechung. 


4 


1) In der vergleichenden Grammatik gebraucht man die Aus- 
drücke primäre und sekundäre Suffixe, um zu bezeichnen, daß 
eine Bildung direkt von der Wurzel oder von einem fertigen 
Nomen ausgeht; δο-τήρ ist darach primäre Bildung, weil hier 
scheinbar die Wurzel *do-, zu Grunde liegt, ἑππό-της ist sekundär, 
weil es von ἵππο-ς abgeleitet ist. Diese Einteilung ist insofern 
mangelhaft, als wir wohl meistens sagen können, wann ein $Yuffix 
sekundär war, aber nicht mit Sicherheit die primären Suffixe be- 
stimmen können. Außerdem ist die ganze Auffassung schief, von 
der diese Bezeichnung ausgeht. Denn Wurzeln hat es nie gegeben. 
Immerhin können die Ausdrücke beibehalten werden, da sie eine 
leichte und rein praktische Orientierung gewähren. 


ὃ 311.) Die o-Deklinstion. 241 


XXVI Kapitel. 
Die o-Deklination. 


—— 


8 311. I. Maskulinum. 


S. Ng. olxos lupus | wulfs || vilkas vrkas | 
6. οὔἴκοεο, οἴκου" [lupi] wulfis vfkasya 
D. | οἴκῳ | lupo \ahd. wolfe vilkuwi vrkäy-a 
Α. οἶκον lupum | wulf | vilka vfkam 
Υ. οἶχε Ϊ  Zupe wulf vilke vrka 
L. οἴκοε | domi name vfke 
ΤΡῚ. ΝΥ. (οἶκοι) (lupi) || wulfos | [vslka?] vrkas 
G. οἴκων lupum |ahd.wolfo| vilkg | [vrkanam] 
|». οἴνοις hupis J.vilkais\ I. vykaig 
A. οἴκου. | ups || wulfans | Π] [upkan] 
L. | ᾿οἴκοισε | | vihezu 


Singular. 


1. Nominativ. An den Stammauslaut -o tritt die 
Nominativendung -s. 

2. Im Genitiv hat Homer die Endungen -oıo und 
του, wofür vielfach -οο gesetzt werden kann. Das Attische 
kennt nur -ov. -oıo entspricht ai. -asya mit regelrechtem 
Schwund des -8, Es ist dies die Pronominalform, die 
schon im Idg. auf die o-Stämme übertragen wurde. Ob 
man aber das hom. -0o und att. -ov aus -osjo herleiten 

Hirt, &riech. Laut- u. Formenlehre. 16 


242 Formenlehre XXYVI. [8 811. 


darf, ist fraglich. Möglich ist es auch, -00 auf -0so 
zurückzuführen, eine Form, die im Germ. und Slav. vor- 
liegt und vielleicht die ältere Form ist, vgl. Verf. IF. 
2, 130. Ä 


Anm. 1. Die Dialekte, die oo zu ὦ kontrahieren, haben 
natürlich -© im Genitiv, also strengdor., &ol. u. s. w. — In einem 
Teil der thessalischen Inschriften finden wir -o, worin man alte 
Lokative sieht. Fick und Hoffmann Gr.D. 2, 558 leiten -os direkt 
aus -o:o her. Beide Ansichten sind schwerlich richtig. Vielmehr 
werden im Thess. im Dativ -»s und -os nebeneinander gelegen 
haben, s. 3. Als ersteres durch Schwund des « zu τω und weiter 
zu -ov geworden war, fiel es mit dem Genitiv auf -ov zusammen, 
und man verwandte -o nun auch für den Genitiv. Später wurden 
die beiden Kasus wieder differenziert. Man braucht entweder -ov 
im Gen. und -os im Dativ oder -» im Genitiv und -ov im Dativ. 
— Im Kypr. finden wir Genitive Sg. auf -»», die vielleicht ähnlich 
so zu erklären sind, daß -ων im Genitiv Pl. im Sandhi sein -» ver- 
lor und so mit dem Gen. Sg. zusammenfiel. 


3. Dätiv. ‘Die idg. Dativendung -«‘ wurde mit dem 


. Stammauslaut -o zu -% kontrahiert, die griech. Form ist 


daher die Fortsetzung der idg. 


Anm. 2. -ῶε mußte vor folgendem Konsonant zu -0s ver- 
kürzt werden, s. 8 252, 4, und es mußten Doppelformen auf -we 


- und -os entstehen. Die alte Doppelheit ist in ihrer regelrechten 


Yezteilung nirgends mehr erhalten, wohl aber ist -os verschiedent- 
lich verallgemeinert, so im Böot., Thess. (8. o.), Ark. (nicht aber 
im Kypr.), El., Nordwestgr. und auch in dorischen Dialekten. Die 
„Form auf -o, kann aber zugleich dem idg. Lokativ -ὁ 4 ὁ > -οὔ 


‚ entsprechen, und es kann durch dieses Zusammenfallen die Verall- 


gemeinerung von -oz befördert worden sein. Aber nötig ist diese An- 
nahme nicht, und es scheint mir sogar nicht sicher zu sein, daß 
das Griech. einen Lokativ auf -οὐ ererbt hat. In Adverbien wie 
οἴκοι, Ἰσθμοῖ liegt die verkürzte Form auch im Att. vor. 


4. Der Lokativ. Die Endung ὁ trat an den Stamm, 
und es ergiebt sich -e oder -οἱ mit Zirkumflex. Im 
lebendigen Gebrauch ist der Lok. im Griech. nicht er- 
halten. -ei liegt zunächst in Adverbien vor, &xei, dor. 
rei, πεῖ, delph. ἀλλεῖ, hauet, εἶ „wo“, undaust „nirgends“, 


8 8111 Die o-Deklinstion. Ὁ 243 


τηνεῖ „dort“, Bei den Adverbien auf -o. läßt sich nicht 
entscheiden, ob darin eine echte Lokativ- oder eine Dativ- 
form vorliegt, 8. o., weil es nicht sicher ist, daß Lokative 
auf -οὐ von der griech. Sprache ererbt sind. 

Anm. 3. Ob in den Adverbien auf -ei, ἀϑεεί, nravönusi, 
αὐτοψεί mit auffallendem Akut alte Lokative der 2. Dekl, stecken, 
ist sehr zweifelhaft. 

5. Im Akkusativ ist -m an den Stammauslaut -o 
getreten, daher idg. -om Ὁ» gr. -ov. 

6 Der Vokativ zeigt den reinen Stamm mit 
e-Qualität. Ein -o kommt hier nirgends vor. 

7, Der Ablativ der -o-Stämme hatte die Endung 
-öd (-4?), die aus -ο + ad entstanden sein wird, vgl. l. 
Gnaivöd, lit, Gen. vilko, aind. vrkäd. Sie stammt vom 
Pronomen und war im Griech. nur in adverbiell erstarrten 
Pronominalformen wie οὕτως, ὧς, ai. yäd u. 8. w. zu be- 
legen. In der alten delph. Inschrift Coll. 2561 steht aber 
Ο 23 eine Form Folxw mit der Bedeutung „von Hause“. 
Da in dieser umfangreichen Inschrift der Gen. stets auf 
του, der Dat. auf -ws ausgeht, so sah Solmsen Rh. Mus. 
51, 303 darin mit Recht den erhaltenen Ablativ. 


Plural. 


1. Nominativ. Die idg. Nominativform auf -ös, 
d.h.o-+ es, ist wie im Latein. durch die Pronominalform 
verdrängt, während es osk. noch Nüvlantis heißt. Eine ähn- 
Jiche Übertragung zeigt auch das Slavische. Zuerst sind 
wahrscheinlich die Adjektiva und dann erst die Nomina 
ergriffen. Die alte Form vermutet Streitberg IF. 6, 134 
in dem Akhaiwaia der egyptischen Inschriften. 

2. Genitiv. Die idg. Endung war -ὅῆι, dessen 
Zirkumflex, durch Indisch, Litauisch, Slavisch und Ger-: 
manisch gesichert, auf Kontraktion aus -o-om weist. ϑεῶν 
entspricht alat. Romanom, deum, dessen « regelrecht 


durch Verkürzung aus -öm entstanden ist. 
16* 


24 Formenlehre XXV1. [8 811. 


3. Dativ. Der Dativ auf -eis, ϑεοῖς, entsprieht 
formell dem idg. Instrumental auf -His aus -Ὁὁ + ais mit 
Verkürzung nach ὃ 148, ai. vrkaif, avost. vehrkäis, lit. 
vilkais mit Instrumentalbedeutung. Die Endung --αῆς, die 
wir anzunehmen haben, ist aber offenbar die durch 8- 
pluralisierte Dativendung des Singulars, ein Anzeichen 
dafür, daß unsere idg. Kasus anders als gewöhnlich auf- 
zufassen sind. | 

4. Lokativ. Den aind. Lokativformen auf -au, 
vrkeäu, abg. -&che, viscächs entspricht gr. -oıcı, die Form 
verschiedener Dialekte. Der Unterschied zwischen ai. -u 
und gr. -ı kann nicht lautgesetzlich sein. Das Ursprüng- 
liche liegt wohl auf Seiten des Ind., während gr. ὁ durch 
das ὁ des Look. Sg. ποδέ u. 8. w. entstanden sein mag. 
Das oi der Form ist pronominal und war schon im Idg. 
vorhanden, indem das οὐ des Nom. Plur. *to, (s. beim 
Pronomen) eindrang. 

Anm. 4. Die glottogonischen Vermutungen Brugmanns Grd. 
2, 699 ff. halte ich für verfehlt. Etwas anderes als -si, -sw ist im 


Idg. nicht als Ausgang zu belegen. Andere Erklärungen bei 
Thurneysen KZ. 27, 177. 


Anm. 5. -o0s kann nicht die direkte Fortsetzung des idg. 
«Οὐδὲ oder -oiss sein, da 8 intervokalisch schwinden mußte. -os 
wurde restituiert nach den konsonantischen Stämmen wie πασί. 

Die Formen auf -ocı erscheinen bei Homer, im 
Ionischen, im Altattischen und im Lesb. 2. T. neben 
denen auf -οἰςς Im Attischen schwanken schon die 
ältesten Inschriften. Seit 444 v. Chr. hört der Gebrauch 
von -oıcı, das hauptsächlich im Kurialstil gebraucht wurde, 
auf. Uber das lonische vgl. Smith 379. 

5. Akkusativ. Die idg. Endung war -ons, ἃ. h. 
“Ὁ, + ns. Im Griech. entstanden Doppelformen, indem ν 
nach ὃ 253, 9 schwand, wenn das folgende Wort kon- 
sonantisch anlautete. -ovg hat im Allgemeinen gesiegt 
und wurde im Ion.-Att., Milddor. regelrecht nach 8 244, 2b 


8 311. 812.) Die o-Deklination. 245 


zu -ovs, im Strengdor., Böot. zu -ws, im Lesb. zu -oxc. 
El. finden wir -oıg, dessen Erklärung streitig ist. 

Anm. 6. In der großen Inschrift von Gortyn wechseln 
τος und rovs je nach dem Anlaut des folgenden Wortes. τὸς liegt 
weiter im Ark. und Thess. vor, 


Dual. 


1. Nom. Akk. Die idg. Endung war -öu, das nach 
8 251 zu -ὃ wurde. Die griech. Form ist daher die 
Fortsetzung der indogermanischen. 

Anm. 7. Die Annahme Osthofis, die G. Meyer Gr. Gr. ὃ 479 
noch vorträgt, daß die Endung ein Kontraktionsprodukt von 
“ὁ + e sei, wird durch den Akut und die indischen Formen auf 
«ὅπ wiederlegt. 

2. Der Kasus obliquus lautet bei Homer -oım, 
woraus att. -οὖν entstanden sein kann. Zur Erklärung 
wird man von den Stämmen dvor-, ἀμφοι- ausgehen müssen, 
die genau in Gen. ai. dvdy-o8, lit. dv&-jü, got. twaddje, ahd. 
zwei-ero, Dat. abg. dr&-ma, lit. dv&-m, got. twaim, lit. abem, 
got. bai-m „beiden“ wiederkehren. Daran ist die Endung 
des Lok. Pl. der kons. Stämme -σι(») getreten. ἤδυοισιν 
wurde regelrecht zu δυοῖν, αἰ. δυοῖν. Vgl. Verf. IE. 
12, 238 ff. Von ἔδυοῖειν, Ἐἀμφοῖεν ist dann die Endung 
-ouy losgelöst und auf die -ο- und kons. Stämme über- 
tragen worden. 

Bei den Stämmen wurde -auıy neugebildet, nachdem 
im Nom. -& eingetreten war. 


il. Neutrum. 

8 812. 1. Der Nom. Akk. Sg. ist gleich dem Akk. 
der Maskulina. 

ὃ. Im Nom. Akk. Plur. sollten wir dieselben 
Endungen wie im Nom. Sg. der Fem. finden, also ἅ 
und a. Die meisten Sprachen weisen allerdings auf -ü, 
l. serba, got. watrda „Worte“, abg. iga „Joche“, ved. ai. 
yugd: „Joche“. Es dürfte daher auch das Griech. ἃ er 


246 Formenlehre XXVI. [$ 312. 313. 


erbt haben und ἃ aus ἃ in der Stellung vor Vokal ent- 
standen sein. 2. T. wird aber altes - von allem Anfang 
an daneben gelegen haben. Das ursprüngliche -@ hat 
sich nach Meister SBSGW. 1891, 24 fi. in Kompositen 
wie ζυγη-φόρος, ξυλη-φόρος erhalten. 

Daß der Nom. Plur. Ntr. eigentlich der Singular 
eines femininen Kollektivums war, kann man namentlich 
an den Fällen erkennen, wo ein neutraler Plural neben 


einem maskulinen steht, ]. loc und loca; — δεσμοέ und 
δεσμά; — λύχνον und Avyva (letzteres gleich 1. lüuna); — 
ὃ σῖτος, τὰ σῖτα; --- στάδιοι und στάδια; --- σταϑμοί und 


σταϑμά. --- αἱ κέλευϑοι und τὰ κέλευϑα: — οἱ κύκλοι und 
τὰ κύχλα. Ebenso stehen aber auch Mask. und Feminina 
nebeneinander ὁ βίοτος, ἣ βιοτή; — δρέπανον, δρεπάνη ; --- 
ö ἕσπερος, ἣ ἑσπέρα; — ὃ πόϑος und ἧ ποϑή u. 8. W. 


Ill. Kontrahierte Stämme und attische Deklination. 

ᾷ 313. 1. Die Deklination der kontrahierten Stämme 
erklärt sich aus den Regeln der Kontraktion. Doch sind 
dabei eine Reihe von Neubildungen eingetreten. Regel- 
recht sind ἁπλοῦς aus ἅπλόος u. s. w. Dagegen müßte 
aus ἁπλόη ᾿ἁπλῶ werden u. s. w. Ebenso aus N. Plur. 
Ntr. ἁπλόα. Die vorhandenen Formen ἁπλῆ, N. Plur. 
Ntr. ἁπλᾶ sind den Femininen auf -n u. 8. w. nachge- 
bildet. 

Die Formen wie εὔνους aus εὔνοος behalten den Akzent 
auf dieser Silbe als ob sie nicht kontrahiert wären. 

2. Die attische Deklination erklärt sich nach den 
Regeln der quantitativen Metathese $ 185 und der Ver- 
kürzung langer Vokale vor Vokal ὃ 186. Daher veas 
aus νηός, Dat. ven aus νηῷ. Auffallend ist der Gen. γεώ, 
wofür man γεού erwarten sollte. Es erklärt sich wohl 
daraus, daß die Grundform γηόο zunächst zu γεώο und 
dann erst zu veo wurde. Nach Herodian behielten alle 
Worte die Betonung, die sie im Nom. hatten, also γδώς, 


wu 
“ 


8 313—315.] Die o-Deklination. 247 


Gen. ved. Doch ist auf diese Überlieferung nicht zu 
bauen. 


IV. Betonung. 


& 314. Die o-Stämme hatten unbeweglichen Akzent 
entweder auf der letzten, was das Ursprüngliche war, oder 
auf einer anderen Silbe. Nur beim Neutrum bestand ein 
Akzentwechsel zwischen Singular und Plural, der sich aus 
der Herkunft des Plurals des Neutrums erklärt. Wie sich 
χόλος und χολή, τρόπος und τροπή, πλόκος und πλοχκή gegen- 
überstehen, so umgekehrt μῆρα und μηροέ, δρύμα und 
δρυμός, die einzigen Reste eines im Slav. weit verbreiteten 
Wechsels. Doch weisen auf den alten Wechsel vielleicht 
die Fälle, wo die griech. Betonung von der der ver- 
wandten Sprachen abweicht, z. B. κύχλα gegenüber 
ai. cakrdm , ὦνος gegenüber ai. vasnam N. „Kaufpreis“, 
σεέδον, ai. paddm die freilich auch nach $ 272c erklärt 
werden können. 


V. Stammbildung. 

& 315. Das -o- der o-Stämme ist ursprünglich keine 
Endung, sondern der Stammauslaut zweisilbiger leichter 
Baser, der regelmäßig nur erhalten bleiben konnte, wenn 
der Ton auf ihm lag, die erste Silbe war dann reduziert. 
Solche alte o-Stämme waren, außer den Pronomina ὅς 
= δὶ. yas, ὃ —= al. si, etwa gr. ζυγόν, 1. jugum, ai. 
yugam; — πόδον „Boden, Feld“ für *rreddv, 1. oppidum, 
ai. padim „Tritt, Stätte“; — dyds „Führer“ in στρατηγός, 
ai. ajäas „Treiber“; — ἰός, ai. visam „Gift“, 1, verus; — 
λύκος, 1. lupus, ai. vrkas, got. wulfs, idg. *lükos und *v.rkos 
mit schon idg. Akzentverschiebung; — δέφρος für ἔδιφρός 
zu *bheros, φώρ; — ὅμός zu εἷς aus *sems, ai. samäs 
„derselbe“. 

Neben diesem Typus standen ursprünglich regelrecht 
auf der ersten Silbe betonte konsonantische Stämme, wie 


248 Formenlehre ΧΧΥ͂Ι. [8 315-317, 


*neds, *pöds neben πέδον, eig neben ὅμός, φώρ neben -pogog, 
wo der o-Vokalismus der ersten Silbe unursprünglich ist. 

Einen besonderen im Griechischen weit verbreiteten 
Typus bilden die Nomina actionis mit Barytonierung und 
o-Vokalismus, dessen Anfänge wir schon dem lIdg. zu- 
schreiben können, so δόμος : δέμω; — δρόμος : δραμεῖν; --. 
γόμος :γέμω; — τόμος ᾿τέμφω; --- τρόμος : τρέμω; — 
βοόμος : Boduw; ---- γόνορ : γένος ; --- λόγος : λέγω (1. ler); — 
πλόκος : πλέκω (]. simplex, gr. δίπελαξ); ---- πλόος : πλέω; ---- 
τόκος : ἔτεκον: --- τρύχος : τρέχω; --- φόνορ: ϑείγω; -- 
φόβος : φέβομαι u. s. w. Das Lat. hat nur procus zu 
precäri als verwandte Bildung, während diese Kategerie 
im (erm., Siav. und Aind. nicht selten ist. Ihr Ausgange- 
punkt liegt in Kompositen. 

6 816. Ferner giebt es eine große Anzahl von 
Bildungen mit primären Suffixen, die, soweit sie die alte 
Bedeutung als Nomen agentis bewahrt haben, auch end- 
betont sind und den entsprechenden Vokalismus in der 
unbetonten Silbe zeigen. Da es vor allem darauf an- 
kommt, die regelrecht ererbten Fälle klar zu legen, so 
ordnen wir die Belege nach der Ferm der Basis (8. o. 
$ 128). Nur auf diesem Wege ist es möglich ältere und 
jüngere Bildungen zu scheiden. 

8 317. 1. -io- bildet seit idg. Zeit Verbaladjectiva 
(Partizipia). 

a) Von leichten Basen: ἁμαξο.ιτός zu εἶμε „gehe“, ai, 
itäs,; — κλυτός, 1. inclutus, ai. ärulds; — Bawös, 1. vertus, 
ai. gakis „gegangen“ aus *guemiös, — πεπεός, 1. coddus; — 
ἕὅκεός zu ἔχω: 

b) Von einsilbigen schweren Basen: δοτός, 1. datus; — 
στατός, ai. sthitäs, — ϑετός, ai. hildäs; 

6) Von zweisilbigen schweren Basen: ϑρητός, al. 
dhväntäs „dunkel“, Grundform *dhw.nstös, daher mit 
Akzentverschiebung Idvaros; — κμητός, ai. Jäntds, mit 
Akzentverschiebung κάματος: — σερωτός (mit neu einge- 


„, 


ἢ 317—319.) Die o-Deklination. 949 


führtem ὦ statt δ), 1, δἰγαίειδ, ai. stirnds „ausgebreitet“ ; — 
λῦξός in Bov-Atrög „Zeit des Ochsenausspannens*, 1, solütus. 
Die Kürze in Avrög stammt aus der Komposition oder ist 
griech. Neubildung. 

Anm. 1. Die Einführung anderer Ablautsstufen ist schon 
hier ganz gewöhnlich. Es wird vielfach das zu Grunde gelegt, 


was dem Sprachgefühl als Stamm erscheint. Daher ὠνητός, πηκτός, 
γνωτός U. 8. W. 


Anu. 2. Zahlreiche Bildungen weisen durch ihren Ablaut 
darauf hin, daß sie in der Komposition entstanden, so ἄ-σχετος 
neben ἕκτός, Ögarcs neben ai. dirnds u. 8. w. 

8 818. 2. -no- hat in einigen wenigen Fällen die- 
selbe Bedeutung wie -io-, wie es auch im Germ. und 
Slav. Partizipia und im Ind. Verbaladjektiva bildet. 

8) Von leichten Basen: &yvds, ai. yajäds-„Verehrung, 
Opfer“ aus *jagnös; — στυγνός; — σεμγός zu σέβομαρ; — 
γυμνός aus *neg"nös zu ai. nagnds, 

-  b) Von schweren Basen: ϑῦνος „heftige Bewegung“ j 
ai. dhünas „heftig bewegt“; — ἀγανός zu ἄγαμαι. Die 
Bildungsweise ist indessen wenig in ihrem alten Umfang 
erhalten, sondern durch Neubildungen aller Art gestört. 

Neben -no steht auch -sno-, 80 in λύχνος aus *luksnos, 
l. πα u. a. Daß dies dasselbe Suffix ist, ist nicht 
sicher. | | 

ᾷ 819. Sehr viel häufiger ist -no als Sekundärsuffix, 
das Adjektive von Nomina bildet. Durch falsche Ab- 
straktion entstehen daraus eine Reihe neuer Formen. 

a) -ro tritt an alte Lokative auf -i, daher dagı-vös, 
vel. ὃ 287. -wog wird, als lebendiges Sufhix empfunden, 
weiter übertragen. 

Ὁ) -no tritt an s-Stämme, gasıyös aus ἔφαξεσεινός; 
σελήνη aus *oeAdova, χλεινός aus *rAeFeo-vög u. 8. Ἢ. 

c) -no tritt an Bildungen auf -”. Durch falsche Ab- 
straktion entsteht -zva-, 1. -inus, das die Zugehörigkeit be- 
zeichnet: χορακῖγος. 


250 Formenlehre XXVI. [8 319. 320. 


ἃ) Das Suffix -owvo-, ovyn scheint dem ai. -tvanam 
zu entsprechen, und dies ist offenbar so entstanden, daB 
-na an Bildungen auf -iva trat. Da aber zu idg. -two eine 
Schwundstufe -iu existierte, so können wir auch -συνγη- 
als direkte Weiterbildung auffassen. Vielleicht steht 
auch ἱπποσύνη zu ἱππότης in Beziehung, τοξοσύνη zu 
τοξότης. 

6) Ein Suffix -ıwo- bildet Adjektiva, die den Stoff, 
die Herkunft bezeichnen. In -wo wird auch unser -no 
stecken, wenngleich uns der Ausgangspunkt entgeht. Es 
liegt im Lat. und den verwandten Sprachen vor: ἄγϑενος, 
βύβλεινος, xEögıvos, πύξινος, φήγινος, 1. fraxinus, faginus. 

Neben -ıvog steht auch -ıveog, ἐλαίνεος und im Lat. 
-ineus; fraxineus, bei dem das Suffix -go-, das eine ähn- 
liche Bedeutung wie -inos hatte, angetreten ist. 

f) In einer Reihe von Fällen scheint ein Suffix -ῷ 
aus Flexionsformen erwachsen zu sein. So hat z.B. ai. 
väri N. „Wasser“ im Instr. varına, im N. Pl. varıni, was 
genau ]. ürina entspricht. Ebenso könnten ]. gallina, regina 
aus einem Gen. -Plur. ai. devnam „der Göttinnen“ hervor- 
gegangen sein. 

Im Griech. könnten so auffallende Bildungen wie 
ὑσμίνη, vgl. ai. yudhmäs „Kämpfer“, Fonyuiv-, dwrivn, vgl. 
ai. Gen. Plur. däfinäm „der Gaben“, so entstanden sein. 

8 320. 3. -mo- bildet Verbalabstrakta und Nomina 
agentis und ist ursprünglich betont. Die Ableitungen haben 
demnach Schwundstufenvokalismus in der Basis. Daneben 
stehen aber zahlreiche Fälle mit Anfangsbetonung und 
solche mit o-Vokalismus. Es besteht in vielen Fällen 
eine Beziehung zu den Formationen anf -men- (8. u.) und 
-meno-, sodaß der Gedanke nicht abzuweisen ist, daß 
unser Suffix wenigstens in einigen Fällen aus -mno- ent- 
standen sei. | 

a) Von leichten Basen: ϑερμός, ai. gharmäs „Glut“, 
l. formus, got. warms mit auffallendem e-Vokalismus, vgl. 


ED Κ 


8 320. 321.] Die o-Deklination. 251 


auch 1. furnus; — ἀκμή, ödun; — oluos „Bahn, Streifen“, 
ai. Zmas „Gang“; — 

b) Von schweren Basen: ϑυμός, 1. fümus, ai. dhümäs 
„Rauch“ ; — xynuös; — κάλαμος; — ἄνεμος, |. animus;, — 


κέρα-μος. 
Die Verwandtschaft zu -men-Bildungen tritt besonders 
hervor in δεσμός neben δέσματα, aus -mn-t; — χευϑμός 


neben κευϑμών; — ἄσπερμος neben σπέρμα aus *spermn 
u.v. 8. 

Neben -wo- finden wir Erweiterungen wie -Juo-, wie 
σταϑιός, κηληϑμός, πορϑμός, βαϑμός, besonders bei voka- 
lisch auslautenden Basen, und sehr häufig -σμο-. Dies steckt 
zunächst in Bildungen wie πλοχμός aus ἔπλοχ-σμός, δωχμός, 
aus *dwxouds „Riß, Spalte“, und dann ist es namentlich 
bei Basen, die auf Dental auslauten, weit verbreitet, z. B. 
δασμός zu δατέομαι, ῥυσμός u. 8. w. Diese beruhen wahr- 
scheinlich auf griechischer Neubildung, indem -ouo- für 
Dental + uo eingetreten ist, weil der Dental vor folgenden 
-t-Elementen in s übergegangen war, vgl. Solmsen ΚΖ. 
99, 117 ἢ 

Als Adjektiva bildendes Sekundärsuffix begegnet 
-uog bes. in der Form -ıuos, das durch Antritt von -uog 
an *-Bildungen verschiedener Herkunft entstanden sein 
wird. So z. B. κάλλι-μος, κύδι-μος, μόριμος, wo der 
Stamm auf -ı auch sonst vorliegt, vgl. xudı-dveipa, καλλέεων, 
ueol-s. ἄλκχι-μος ist von dem alten Lok. hom. ἀλχέ abge- 
leitet, ὄψε-μος von einem zu erschließenden Adverbium 
*ıyl. In ὄβρι-μος gehört ı zum Stamm. Ferner ist -μὸ 
an &-Stämme angetreten in φύξε-μος, αἴσι-μος, vgl. aloa 
aus *aitja u. 8. w. Indem sich -suo mit !-Bildungen ver- 
einigte, entstand -(d)Auuog, εἰδάλεμος, κυδάλεμος U. 8. W. 

8 321. 4. -ro- läßt sich in seiner Bedeutung nicht 
klar fassen. In primären Bildungen bildet es im Aind. 
Nomina agentis und Adjektiva, die meistens endbetont sind. 

a) Von leichten Basen: ἀγρός, 1. ayer, got. akrs, ai. 


262 Formenlehre XX VI. [g 321. 322. 


äjras „Acker, Gefilde“ zu ἄγω; — γεχρός zu 1. necare; — 
ξυρόν, ai. köurads „Scheermesser* zu ξύω; — ἀφρός, 1. 
imber, ai. abhräm „Wolke“ aus *nbhrös; — πικρός „eig. 
„stechend“ zu abg. psati „schreiben“, ursprünglich „ein- 
ritzen“; — φαιδρός, lit. gödras „heiter“. 

b) Von schweren Basen: μαχρός, 1. macer, ahd. magar 
„mager“ zu μῆχος; — δῶρον zu Öw- geben; — μῶρος, 
ai. mürds „dumm“; — laods, ἑδρός, ai. tlirds „kräftig“; — 
&-xüoog, ai. #üras „Held“, daneben mit V. I ai. düviras 
„mächtig“; — λεπα-ρός, vgl. abg. prilspe-ti „adhaerere“ ; 
σκλη-ρός „trocken“ zu σχελετός; — κλῆρος „Loos“; — 
τάλαρος „Korb“ u. 8. 

Schon frühzeitig, vielleicht bereits in idg. Zeit, finden 
wir ro dam als Sekundärsuffix, und, indem es an 
vokalisch anlautende Stämme tritt, entstehen die Suffixe 
-ἄρος, 1005, -vROS, «ὅρος : drlagds von ἀνέα, αὐχμηρός, 
λεγυρός τὰ λιγύς, ollveds zu οἷζύς, ἰσχῦρός zu ἰσχύς. 

ᾷ 822. ὅ. -iro bildet seit idg. Zeit vorzugsweise 
primäre Substantiva, die ein Werkzeug, eine Ortlichkeit 
u. ä. bezeichnen. Die Basis hat gewöhnlich Vollstufen- 
vokalismus. | 

a) Von leichten Basen: A&xsoov „Bett“ zu λέχος. — 
μέερον „Maß“ aus *medirom zu μέδομαι, μέδιμνος, 1. 
modius; — ζῶστρον, φέρτρον „Tragbahre“; — Eivspor, 
ai. varutram „Obergewand“, 1. involücrum. 

b) Von schweren Basen: ἄρο-τρον, 1. arätrum, lit. 
ürklas; — λοδιτρόν zu 1. laväre, τέρε-τρον „Bohrer“ zu 
τρητός und weiter läseds. 

Neben -tro- steht seltener im Griech., häufiger in 
anderen Sprachen -to-, das z. T. wenigstens durch Dis- 
similation bei vorausgehendem r aus -fro- entstanden sein 
kann. Es liegt vor in ἄνελος, σεύετλον, χύτλον ἃ. 8. 

Neben -tro-, -tlo- stehen ferner in den europäischen 
Sprachen -dhro-, -dhlo-, gr. -9o0-, -ILo- mit ganz ähnlicher 
Bedeutung. Es liegt nahe zu vermuten, daß die beiden 


8 322—324.] . Die o-Deklination. 253 


Suffixe zusammenhängen, aber es ist noch nicht gelungen, 
dies nachzuweisen, und es ist such möglich, daß die 
Suffixe ganz verschiedenen Ursprung haben, da das 9 
von -9g0-, -91o-, mit dem in -9μο- u. 5. w. identisch 
sein kann. | 

a) Von leichten Basen: ἐπέβαϑρον „Fährgeld“ zu 
βαένω; — σκεϑρύς „knapp, genau“ zu σχεῖν (hier liegt 
die Teilung σχεϑιρός, vgl. ἔσχέϑην, sehr nahe); 

Ὁ) Von schweren Basen: βάρα-ϑρον „Abgrund“ zu 
βιβρώσκω; — πέλε-ϑρον „Morgen“; — ϑέμε-ϑλον; — 
δέε-ϑρον, vgl. lit. srav-ti „gelinde fließen“; — xgeud-Ioü 
zu κχρεμά-ννυμε: — ὄλοιϑρος zu ὥλε-σα; — γέν4-ϑλον, 
γενένϑλη, vgl. ai. janitram „Geburtsstätte“. 

& 323. 6. -I- berührt sich in seiner Bedeutung sehr 
mit -ro. Die primären Bildungen zeigen vielfach noch 
die alten Verhältnisse. 

8) Von leichten Basen: lak. ἑλλά aus *&öid 1. sella, 
got. süls M. „Sitz“; — ὀμέχλη, abg. megla; — τυφλός; 

Ὁ) Von schweren Basen: στῦλος „Säule“, ai. sthürds, 


sthuläs „dick“, daneben sthävi-ras dass.; — φῦλον, φύλη 
zu ai. bhu „sein; — χεφα-λή, got. gibla M. „Zinne“, d. 
„Giebel“; — ϑηλή zu ϑήσατο „sog; — πέτα-λον zu 
πεεά-ννυμε. 


Sehr viel häufiger und produktiver war -ἰἴο- als 
Sekundärsuffix. Alt ererbt sind παχυ-λός, ai. bahulds 
„dicht“ ; — χϑαμα-λός, 1. humilis; — ὅμα-λός, 1. similis; — 
vep&-In, 1. nebula, ἃ, nebel. Da -Aog des öfteren an v-Stämme 
trat, wurde -vAoc im Griech. abstrahiert. 

ἃ 824, 7. -jo- drückte seit idg. Zeit die Zugehörig- 
keit aus und ist durchweg Sekundärsuffix. In den 
historischen Epochen wechselt es mit -Hos, was auf ver- 
schiedenen Gründen beruht. Es berubt nämlich z. T. 
auf idg. -ijos und z. T. auf --jo-. Dieses steht nur nach 
langer vorausgehender Silbe, jenes auch nach kurzer. 

a) Idg. -öo- finden wir in Verbaladjektiven, die von 


254 Formenlehre ΧΧΥ͂Ι. [8 324. 


Stämmen auf -i gebildet sind, so in ἅγιος zu ἅζομαι aus 
"ἄγομαι; — στύγε-ος zu στυγή-σω; — O@pdyı-ov zu σφάζω 


aus *opdyj-w; — μανέξο zu μαίνομαι aus *udvj-ouar, 
μανῆνναι; — πενέτα zu πενι-χρός, nevs; — 1. siudi-um 
zu situdere;, — invidia zu invidere;, — prae-sidium zu prae- 
sidere. 


Ὁ) -ἐ0- bei Adjektiven vergleichenden oder gegen- 
überstellenden Sinnes ist an Adverbien auf -© erwachsen, 
vgl. πρώιος zu πρωΐ; — ἀντίος zu ἀντί; — δεξιός zu 
δεξι-τερός; — μέσος, 1. medius, idg. *medhj-os; — ἄλλος, 
l. alius aus *ali-os, vgl. Sommer IF. 11, 1ff, 

c) -jo- in der gebräuchlichsten Verwendung wechselt 
mit -e-jo, gr. -ἰος nach der Quantität der vorausgehenden 
Silbe. 

a) -jos nach kurzer Silbe und nach langer, wenn der 
Akzent vorausging: πεζός, ai. pädyas, „den Fuß be- 
treffend“; — δῖος, ai. divyds „himmlisch“; — κοινός, 
falls es aus ἔχομ)ός entstanden ist, vgl. ἔυνός aus *Euvjdg : 
τεσσαράβοιος aus *BoFjds, ai. gävyas, gavyds „aus Rindern 
bestehend‘ u. a. 

β) -jos nach langer Silbe bei folgendem Akzent: κύκλιος, 
ai. cakriyas „zum Wagen gehörig“; — ὄμβριος, ai. abhriyas 
„vom Wettergewölk kommend“; — äorıog „angemessen“, 
al. riviyas „gehörig“; — χείλιοι, ai. sahasriyas „tausend- 
fach“; — ἕἵππιος, ai. adviyis u. a. 

d) -70- tritt wie unter Ὁ) an Kasusformen, namentlich 
an Lokative. 

a) An konsonantische Stämme: ZvdAu-og „im Meere 
lebend“; ἐπιχϑόνεος, καταχϑόνε-ος: — ὑπασπίδι-ος; — 
ὁποχείρι. ος u. 8. W. 

Pf) An a-Stämme. Hierher gehören Fälle wie ἐνεύ- 
yar-og, Ayrırregai-og und weiter ἀναγκαῖος, πετραῖος u. 8. 
Von hier aus wurde ein Suffix -asos abstrahiert. Daneben 
stehen allerdings auch Bildungen wie γεραιός, die von 
s-Stämmen (γέρας, Ἐγερασ)ός) ausgegangen zu sein scheinen. 


8 324-326.) Die o-Deklination, 255 


y) An o-Stämme: ἵππειος, δούλειος aus *irenei-jog, 
Ἐδούλει-)ος. Bei den Stoffadjektiven wie χρύσδιος, χρύσεος, 
σιδήρεος, ἀργύρεος liegt die Verwandtschaft mit lat. 
Bildungen wie aureus, ferreus auf der Hand. Doch 
können letztere nur auf *aure-jos zurückgehen, während 
χρύσειος aus *xevoeı-jos hergeleitet werden muß. Es 
sind dies Formen, die durch Neueinführung der Lokativ- 
form auf -e entstanden sind. 

6) An m-Stämme: βασιλή(ξγιος aus ἔβασιλήξι-7ος, 
woraus att. wohl regelrecht βασίλειος entstand. 
| Anm. Brugmann Gr. Gr.? 181 leitet auch -οέος in ποῖος, τοῖος, 
ἀλλοῖος aus *allos-jos ab, d. ἢ. Lokativbildungen auf -0s -H- -jos. 
Das ist unwahrscheinlich, weil die Lokative meist auf -δὲ ausgingen. 
Eher ist -osos aus der alten pronominalen Flexion erwachsen. 

S 325. 8. -wo- ist verhältnismäßig selten und nicht 
mehr produktiv. Der Grund liegt wohl darin, daB das 
idg. -wo, wenn es unbetont war, zu % wurde, und daß 
demnach die vw-Stämme das idg. Suffix -wo im wesent- 
lichen fortsetzten. Das ergiebt sich aus dem Verhältnis 
von gr. δόρυ zu got. iriu aus idg. *drewom, γόνυ zu got. 
kniu aus *gnewom u. ἃ. Im Griech. liegt ?dg „Pfeil“ vor 
aus *ıswös, ai. aber du. Alte Bildungen sind: oxau(F)ög, 
l. scaevus; — AaulF)ös, 1. laevus; — ὄρϑός aus Ῥάἀρϑός, 
l. arduus, ai. ürdhväds „aufrecht“; — ὅλος aus ÖAFog, ai. 
särvas „ganz“; — οἷος, apers. aiva,, — zu ποέξ aus ποίξη, 
lit. ρόνα „Wiese“, eig. vielleicht „Weideland“ vgl. πῶῦ 
„Herde“ u. s. w. 

ἢ 326. 9. -ko-, -sko. 

a) -ko- war im Idg. ein außerordentlich häufiges 
Sekundärsuffix, das fast in allen Sprachen produktiv ge- 
blieben ist. 

Die gewöhnlichste Gestalt ist aber nicht -ko, sondern 
-iko-, das möglicherweise an <-Stämmen erwachsen ist, wie 
μαντικός, μερικός, φυσικῦς, dann aber schon in idg. Zeit 
weiter übertragen wurde. 


26 Formenlehre XX VII [$ 326-329, 


Ie Ableitungen von ;o-Bildungen findet sich aber 
»icht -ıxog, sondern -sanog : καρδιαχός, κύριακός, σκιακός, 
ἀφροδισιαχός. In anderen Sprachen treffen wir nichts 
damit vergleichbares an. Doch entspricht. dieses ıa viel- 
leicht dem lat. τ in -teus in mendicus, anlicus „vorderes“, 
testen. 

b) -sko- tritt in doppelter Verwendung auf; einmal 
steht es in engster Beziehung zu dem Präsenssuffix -sko. 
βοσκή τὰ βόσχω, und dann ist -ἐσχος ein erst nach 
Homer auftretendes Deminutivsuffix in παιδίσχος, Gars 
gioxos, δεσποτίσχκος, χοιρίσκος. Aber wenn dieses Suffix 
auch erst später erscheint, so braucht es darum noch 
nicht griechische Neubildung zu sein. Wir finden ein 
gleiches Suffix -isko- im Germ., got. -isks, d. -isch, das 
„Abstammung“ u. 8. w. bezeichnet. Ob hier ein proeth- 
nischer Zusammenhang vorliegt, läßt sich nicht entscheiden. 

ᾷ 827. 10. -bho- bildet seit idg. Zeit, besonders 
Tiernamen: ἔλαφος aus *elmbhos, ἃ. lamb; — κόραφος zu 
κορώγη U. 8. W. 

ᾷ 328. 11. Das Suffix -meno- bildet im Griech, die 
medialen Partizipia, und stammt in dieser Verwendung 
aus dem Idg. Im Ind. finden wir -mänas als Suffix des 
Partiz. Praes., im Avest. -mna- und -mana-, im Preuß. 
»mana-, im Lat. -mino- (femina, legimini). Ohne Mittel- 
vokal wie im Avest. liegt es im gr. in βέλε-μνον „Greschoß“, 
srduvos „Krug“ u. a. vor. Über sonstige ablautende 
Formen dieses Suffixes s. ὃ 289. 


ΧΧΥΤΙ. Kapitel. 
Die 3. Deklination. 


ᾷ 329. Die in der Grammatik unter dem Namen 
Δὸν dritten Deklination zusammengefaßten Stämme zeigen 


8 329. 330.) ‘Die 3. Deklination, 257 


in der That eine im wesentlichen einheitliche Flexion. 
Die 3. Deklination entspricht der lateinischen 3. und 4., 
und so kann man auch für das Griechische zwei große 
Klassen unterscheiden, konsonantische und vokalische 
(i- und #-) Deklination, doch ist im Grunde kein Unter- 
schied zwischen beiden vorhanden. Ä 

Ein. ursprüngliches Kennzeichen vieler hierherge- 
höriger Worte war der 8. 190 erwähnte Akzentwechsel und, 
der damit verbundene Ablaut. Dieser Akzentwechsel hat. 
sich im Griech. bei den Oxytonis, aber auch da nur zum 
Teil erhalten, und auch der alte Ablaut ist sehr stark 
ausgeglichen. 


ᾷ 330. I. Die Flexion. 


. 85. N. | [πούς], αἵξ Des | nahts päd „Fuß“ 
. 06. Ä ποδός pedis nahte < *nahtes| padäs 
D.L. | ποδί ΑΒ], pede? IL. naht < *nahtil L. padi 
ἐν πόδα pedem naht X *nahtm || pädam 

| [πούς] | | pad 
PLN. | nöds [pedes] | mans „Männer“ | pädas 
ες ΟΥὶ ποδῶν pedum manne | yadam 
πο(δ᾽)σίέ -- - | patsı 
. πόδας »688 fotums | padäs 
D.N. ||[rods] 8. 85. ags. N08U yädan 
@. [ποδοῖν]216, 


Singular. 

1. Nominativ Mask., Fem. Der Nominativ 
wird teils mit dem Nominativzeichen -s, teils ohne dieses, 
dann aber mit Debnstufe gebildet, ohne daß der Grund 
dafür klar zu erkennen ist. Einen s-losen Nom, zeigen 
seit idg. Zeit: 

Hirt, Griech. Laut- u. Formenlehre. 17 


258 Formenlehre XXVII. [$ 330% 


a) die r-Stämme: πατήρ, 1. pater, got. fadar, ai. pitd, 
letzteres mit geschwundenem r nach ὃ 251, 2; 

b) die n-Stämme: ποιμήν, ἄκμων, 1. lien, got. guma 
„Mensch“ aus -= und mit Verlust des » im Idg., =. 
8 251, 2, 1, homo, ahd. gumo „Mensch“ aus -, lit. akınd, 
ai, d$mä „Fels“; 

Anm. 1. Daß auch im Griech. vielleicht Nom. auf -0 existiert 
haben, scheint aus Fällen wie Ζυϑώ zu Akk. πυϑῶνα, μορμώ neben 
Aopuosv, ἀηϑώ neben ἀηδών hervorzugehen. 

c) die mask. es-Stämme: δυσμενής, ai. durmanäs; 
hier kann leicht Schwund des s angenommen werden; 

ἃ) die öi-Stämme: “Ζητώ, “ητώε, ai. sdkha „Freund“. 
Der Nom, ging im Griech. teils auf -w, teils auf -ws aus, 
doch war der Schwund des ὁ möglicherweise schon idg.; 

e) die öu-Stämme, die als Nom. Dual. verwendet 
wurden: δύω, ai. duvdu; 

f) die Partizipia auf -ovr: φέρων. Diese Bildungs- 
weise vergleicht Bartholomae ΚΖ. 29, 568 mit solcher 
wie ai. mahän und führt daher φέρων auf *peewyr zurück, 
was nach Solmsens Ausführungen BB. 17, 329 ff. möglich 
ist. Aber die Partizipia haben im Ind. und den übrigen 
Sprachen die Länge nicht, die auch schwer durch das 
Dehnungsgesetz begründet werden kann, sodaß wir besser 
mit Brugmann Gr. Gr.° 219 eine Analogiebildung an- 
nehmen, die allerdings schon idg. sein kann. Jedenfalls 
geht φέρων auf *pepwrr zurück. 

Die übrigen Stämme bilden den Nom. mit -s,. und 
dazu kommen wahrscheinlich ursprünglich die einsilbigen 
Stämme der oben angeführten Kategorieen, wie Joh. 
Schmidt KZ. 27, 392 vermutet hat. Doch ist die Regel 
im Griech. nicht bewahrt. 

Durch die griech. Lautgesetze sind aber weiter die 
regelrechten Nominativformen vielfach verändert. 


a) Mediae werden vor dem ς zu Tenues, Aspiraten 


$ 330.] . Die 3. Deklination, 259 


᾿ verlieren ihren Hauch, daher αἴξ zu αἰγός, ϑρίξ zu τριχός 
(Grundform *thrikhs) ; 

. βὲ Dentale werden dem ς assimiliert, daher γυμνής 
aus *yvuriss, ἐλπίς aus *inlds, ὄρνις aus ἔὄρνιϑς; 

y) Nasale schwinden vor g mit Ersatzdehnung: εἷς 
aus ἔξνς zu ἕγός, und weiter zugleich nach β) τεϑείς aus 
Ἐξιϑέντς, γίγας aus *ylyayıs, xagleıs aus *yaplevss. 

Anm. 2. Da vor o -+- Kons. der Nasal im Griech. spurlos 
schwindet, so müssen in diesem Fall wieder Doppelformen auf -»s 
und -s nach ὃ 253, 9 entstehen, die im Thess., Kret. und sonst 
vereinzelt erhalten sind. 

6) Zu dem Stamme μηνς-, 1. mensis lautete der Nom, 
*unvs, der zunächst zu ἔμενς (8 148) und weiter zu ion. 
gels, dor. μής wurde. Att. μήν ist eine Neubildung nach 
den obliquen Kasus, wie wir sie auch in δελφέν neben 
δελφίς u. a. treffen. 

Anm. 3. Merkwürdig ist el. zevs, das wohl nach Ζούς ge- 
bildet ist. 

e) Nicht recht erklärt ist der Nom. att. πούς. Zu 
erwarten wäre πώς = ai. päd, das als dorisch von Hesych 
bezeugt wird. Daneben steht auch πός, das eine Ana- 
-logiebildung nach dem Akk. πόδα sein wird, wie ὄψ 
gegenüber 1. vöox. Am besten wird man mit Brugmann 
SBSGW. 1897, 188 von πός ausgehen, das zu πούς wurde 
infolge des Nebeneinanderstehens von *dıdös (Anm. 2), 
und διδούς. --- Neue Formen sind auch att. sırad, βλάξ, 
für die wir ἔπτήξ, Ἐβλήξ erwarten sollten. Sie sind gebildet 
nach Fällen wie μέλας, μέλανος, orüs, στἄντος. 

&) In den langdiphthongischen Stämmen mit dem 
Nom. -< wirkte das Verkürzungsgesetz (8 148), daher 
βασιλεύς aus ᾿βασιληύς, Gen. βασιλῆος, ναῦς aus Ἐνγαῦς 
(ion, γηύς war Neubildung), Ζεύς aus ἔΖηύς, ai. dyaus. 

2. Nominativ, Akk. Ntr. Der Nominativ 
‘Neutrius hat keine Endung, und er wird auch ohne 


Dehnung gebildet. Auslautende Konsonanten schwinden, 
17* 


260 Formenlehre XXVII. [8 330, 


soweit sie schwinden müssen, daher ἧπαρ wahrscheinlich 
gleich ai. ydkrt, Eag „Blut“, ai. äsrg „Blut“, μέλε, got, 
mikip, vgl. μέλιτος, κῆρ aus "χηρδ, vgl. καρδία, 1. cordis, 
γάλα aus ἔγάλακε, χαρίεν aus *aolevr u. 8. Ὑ. 
“8 Genitiv. Die griech. allgemeinübliche Genitiv. 
endung -ος war aus dem Idg. ererbt, vgl. lat. -us. Es war 
die Ablautsform zu -es, ]. -Θ. Wahrscheinlich war aber 
«6, -o darin der Stammauslaut, vgl. ποδό-ς zu πέδο-ν, und 
nur s die Endung. Letztere scheint in ἔξ, äw, vielleicht 
auch in δεσ-πότης aus ἔδεμς-πότης vorzuliegen. 

Anm. 4. Neubildungen sind jedenfalls die Genitive der i- 
und u-Stämme, s. ἃ, 

4. Dativ. Der griech. Dativ ist formell der Lokativ. 
Die alte Dativendung -a:, ai. -2, 1. -” wird nur durch 
isolierte Reste als einst vorhanden bezeugt. Sie liegt 
vor in χαμαί, 1. humi zu χϑών, in den Endungen der 
Infinitive auf -μεναι, -var, «σαι und in Adverbien wie 
παραέ, καταέ (καταίβατος). 


Von den beiden Bildungen des Lokativs, vgl. ἃ 293, 
Anm. 5, liegt die endungslose Form nur in isolierten 
Bildungen vor, so in den Infinitiven auf -wev, δόμεν, 
ἔμεν, εἰπέμεν, ἑστάμεν, εἶμεν, vielleicht auch in den 
Infinitiven auf -», wie λύει, φέρειν und Adverbien wie 
αἱέν zu αἰών, αἷές zu Akk. αἰῶ aus *aiFdoc, ὑπέρ, 1. super 
gegenüber ai. upäri, ἔνδον = en + dom, dem Lok. zu dem 
kons. Stamm dem in δε(μ)σπότης. 

Der Lok. auf -i, svodt, ai. padi kann auch in dem lat, 
Abl. pede stecken, vgl. Sommer ὃ 225. 

δ. Akkusativ. Die Endung des Akkusativs -= 
muß zwei Formen zeigen, je nachdem sie nach einem 
silbischen oder unsilbischen Laute stand. Während sie 
in jenem Falle blieb, wurde sie nach unsilbischen Lauten 
meist silbisch, ἃ, h. zu -m, das im Griechischen als -ἃ 
erscheint, daher πόδια 1. pedem, σπτατέρ-α = 1, pair-em. 


ἢ 330] Die 3. Deklination. 264: 


Auf der anderen Seite sind Formen wie πόλιν — = |. sim, 
aiyvy = 1. fructum ebenso regelmäßig.’ 


Auch nach unsilbischen Lauten war -m im Indogerm: 
unsilbisch vor folgendem Vokal, Aus dieser Thatsache 
erklären sich eine Reihe von Doppelformen, so z. B. dor, 
βῶν — ai. gäm aus idg. *geoum. Die regelrechte Form 
liegt in 1. bovem vor. Auch der Akk. Ζῆν-α ist aus einer 
solchen Form erwachsen. Die älteste Form ist Ζῆν, das 
bei Homer am Ende des Hexameters steht, — ai. dyäm. 
Daneben steht 1. Jovem. | 

Anm. 5. Formen wie kret. Δατών,. lesb. Adrov, Σάπφων 
können altindischen auf -äm, pdnthäm entsprechen, vgl. J. Schmidt 
ΚΖ. 27, 8:18, Sie würden mit Ζῆν, βῶν auf einer Linie stehen, 

Anm. 6. An das -= wurde dialektisch noch das -» gefügt, 
so kypr. ἐ)ατῆραν, el. ἀγαλματοφῶραν, thess. τὰν κεόναν. 

6. Vokativ. Der Vokativ ist formell gleich 
dem Nominativ, naturgemäß ohne das Nominativzeichen 
ἐδ... Da er meistens enklitisch gebraucht wurde, so er- 
mangelt er auch der Dehnung, die nur in vollbetonten 
Silben eintreten konnte, vgl. Streitberg IF. 3, 357 ἢ, 
Regelmäßige Formen sind im Griechischen genügend er- 
halten, so in δαῖμον, ῥῆτορ, Σώχρατες, εὔδαιμον, περέφρον, 
πάτερ, ἄνερ, δᾶερ. In Fällen, in denen der Stamm kon- 
sonantisch ausgeht, mußten Konsonanten nach ὃ 253 
schwinden. So erklären sich γύναι aus ἔγύναικ, ἄνα aus 
*övaxı, παῖ aus ἔπαιδ, Aoreuı aus *Agreud. In Fällen 
wie μέλαν, χαρίεν tritt das im Nom. vor s geschwundene 
y zu Tage. 

‚Schon seit idg. Zeit wurde, wie 68 scheint, auch der 
Nom. als Vokativ verwendet. Auch dies ist im Griechischen 
z. T. in Übereinstimmung mit dem Indischen bewahrt, 
so im Vok. von πούς, ai. päd und andrer einsilbiger Stämme, 
gr. ναῦς, ai. näug. Gr. Ζεῦ dagegen ist wegen 1. Jupiter : 
alt, obgleich es ai. dyäug heißt. | 


262 Formenlehre XXVIL [8 331, 


Plural. 


ᾷ 831. 1. Nominativ Mask. Die Endung -es 
ist regelrecht erhalten, während in lat. -2 die Akkusativ. 
endung vorliegt, vgl. πατέρ-ες, ai. pilädras, ἀνέρ-ες, ai. nüras, 
φέροντ-ες ai. bharanl-as u. 8. W. 

Anm. 1, Das auf jüngeren kretischen Inschriften auftretende 
“εν statt -es beruht auf einer merkwürdigen Analogiebildung. 
Neben die alte dorische Form der 1, Plur,. φέρομες trat die Form 
der Koine φέρομεν, Danach bildete man zunächst dus» neben aufs 
und weiter die Nominalformen. Für einen derartigen Vorgang 
giebt es zahlreiche Parallelen, vgl. J. Schmidt ΚΖ. 36, 400 ft, 

2. Nom. Akk. der Neutra. Der Nom. Akk, 
der Neutra zeigt die Endung -«, dem im Ind, ein ὁ gegen- 
übersteht, τέτταρα, ai. catwdri; — φέροντα, ai. bharanti. 
Als idg. Endung setzt man daher 9 an, die Schwundstufe 
zu dem sonst auftretenden -ä, vgl. ὃ 312, 2. Joh. Schmidt 
Ntr. 235, 238 f. nimmt indessen an, daß das ind, + = 
idg. # und nicht = > ist, wofür in der That eine Reihe, 
von Gründen spricht. Trotzdem kann man das griech. 
a = ὁ setzen, das nach J. Schmidt Ntr. 258 nur bei den 
ὦ» und u-Stämmen berechtigt war. τρέα verhält sich zu 
al, ved. irt, 1. irt-ginia genau wie ı@ im N. Sg. der femi- 
ninen 59-Stämme, s. $ 307. Auf die schwierige Frage. 
der Bildung des ursprachlichen Nom. Plur, der kons. 
Stämme kann hier nicht weiter eingegangen werden. Die 
Frage ist durch Schmidt in seinen Neutra auch nicht: 
überall richtig gelöst. Sicher ist aber, daB vielfach dehn- 
stufige Singulare mit kollektivem Sinn als N. Akk. Plur.. 
verwendet wurden. 

Anm, 2, In Formen wie κρέὰ, γέρα, σκέπᾶ, neben denen 
κρέξ aus *xg&aoa steht, sieht G. Meyer Gr. Gr.® 464 Formen, die 
nach dem Muster der übrigen Nom. auf -& verkürzt sind. Diese: 
Erklärung ist allerdings einfacher als die von Joh. Schmidt Ntr. 
321 ff, der κρέζ mit ai. krdvi- in d-kravi-hasta- „keine blutigen. 
Hände habend“ vergleicht, aber das einfachere ist nicht immer: 
das richtige, 


$ 331.) Die 3. Deklination. 263- 


3. Der Genitiv hatte auch bei den konsonantischen 
Stämmen die Endung -5m, vgl. Streitberg IF. 1, 259 ff, 
Sie ist im Griech. durchaus erhalten, vgl. κυνῶν, 1. canum, 
μηνῶν, 1. mensum, πατρῶν, |, patrum, ποδῶν, ). pedum. 

4, Dativ-Lokativ. Die Endung -si, die auch in 
der 1. und 2. Deklination vorhanden ist, tritt ursprünglich 
an die schwache Form des Stammes. Bei dem Zusammen» 
treffen der verschiedenen Konsonanten mit dem s ergeben 
sich lautgesetzliche Veränderungen, die vielfach zu Un- 
deutlichkeiten und daher auch zu Neubildungen führen.. 
Zunächst wurde - «σὲ restituiert, wo s zwischen Vokalen: 
hätte schwinden müssen, so in πατρά-σι, ἀνδράσι, ai. pilrdu, 
nröu, ßovol. Neubildungen sind ferner Formen wie 
δώτορσι, μνάμονσι (vgl. ὃ 237), regelrecht dagegen att. 
-0v0L aus -οντσι, 2. B. ὀδοῦσι. In ποσί, hom. ποσσίέ ist do 
zu 00 assimiliert und dann vereinfacht. 


Bei den es-Stämmen mußte ebenfalls -σσε entstehen, 
also &reo-oı, Da nun daneben ἐπέων, Erre-a stand, wurde 
«ἐσσι als Endung aufgefaßt und als deutlichere Endung 
auf andere Stammklassen. der 3. Deklination übertragen. 
So vor allem im hom. Dialekt, wo es aber wahrscheinlich: 
äolisch ist. Weiter kennen es alle drei nordachäischen: 
Dialekte (wenn auch nicht von allem Anfang an, vgl, 
thess. χρήμασι), und teilweise die dor. Mundarten. 
Anm. 3. Im Nordwestgriechischen und auf dem Peloponnes 
wird die Endung -os der o-Stämme auf die konsonmantischen 


Stämme übertragen. Doch zeigen die delphischen Inschriften, daß 
wir es mit einem jungen Prozeß zu thun haben. 

.. Anm. 4, Im Herakleischen erscheint ein Ausgang '-a0os bei 
den Partizipien, in ὄντεασσιν͵ ποιόντασσι, λυπαρχόντασσιν. Wahr- 
scheinlich ist dies ausgegangen von einem alten ἔλασσε — δὶ. salsı 
zu sant „seiend“, Aus λῥλέντες, haoos bildete man ein ἔντασσε, und 
dann wurde diese Endung weiter übertragen. 


5. Akkusativ. Die Endung -ns, wahrscheinlich 
aus -ns, wurde nach Konsonant silbisch, -ns aber er- 


264 Formenlehre XX VII. [8 331-338, 


scheint im Griechischen regelrecht als -ας, 1. -2s aus -ens, 
“μόδας, 1. pedes u. 8. w. ᾿ | 

Anm. 5. Im Kretischen finden wir -av»s neben -as. Hier 
"hatte das lautgesetzliche Verhältnis der @- und o-Stämme, wo -avs 
und -ας, -ovs und -os, 8. 8. 235 u. 245 miteinander wechselten, vor- 
‘bildlich gewirkt. 

Anm. 6. Verschiedentlich wird für die Akküsativform der 
Nominativ verwendet, so achäisch τοὺς ἐλάσσονες Co. 1615, delphisch 
‚uväs δεκατέτορες, elisch πλοίονερ, χάρειτερ Oo. 1172. Regel ist es 
bei den. i-Stämmen, πόλδερ, den mask. es-Stämmen, söyevers, später 
auch bei den eu-Stämmen, βασιλεῖς. . 


A. Stammbildung und Abstufung der konsonantischen 
Stämme! 
...8 332. Die konsonantischen Stämme sind, wie die 
neueren Untersuchungen gezeigt haben, eigentlich 
e-o-Stämme, die das e-o der zweiten Silbe regelrecht ver- 
loren haben. Wo durch diesen Vorgang eine Silbe nach 
einer offenen betonten Silbe verloren ging, wurde letztere 
gedehnt, Kürzen wurden zu Längen, Längen zu über- 
dehnten Längen (Dehnstufe). Diese Dehnstufe tritt haupt- 
sächlich im Nom. ein, und sie wird da, wo das Nominativ-s 
fehlt, zum Kennzeichen des Nominativs.. Man vergleiche 
πούς : πέδον, ai. padam, 1. oppidum;, — ἀστήρ : ἄστρον; 
χλώψ : κλοπός; — πάτρως aus *patröus: 1. patruus aus 
*potrewös; — ἠχώ aus *"Nywı wie ai. sakhä aus *sakhäi: 
l. socius aus "sokjos. 


A. Wurzelnomina, 


8 333. Wurzelnomina nennt man solche Bildungen, 
bei denen sich kein Suffix mehr abtrennen läßt, die also aus 
der reinen Basis gebildet sind. Auch bei ihnen hat sich 
die dem alten Akzentwechsel entsprechende Abstufung 
nur in wenigen Fällen erhalten. Der alte Wechsel 
zwischen Dehnstufe, Vollstufe, B ‘und 8 ist entweder 
durch den .Ablaut Länge-Kürze ersetzt oder ganz  aus- 


ἃ. 383. - Die 3, Deklination. 265 


geglichen. In beiden Fällen konnte entweder der Nom, 
oder die obliquen Kasus maßgebend werden. 

. 1.Erhaltenerundteilweiseausgeglichener 
Ablaut. Idg. *ped, *rod mußte im Nom. haben *peds, 
*nöds, 1. pes, πούς. Gen. u. 8. w. *nedös. Dies ist erhalten 
in πεδά. Sonst wurde ausgeglichen zu ποδός. 

.. lIdg. *djeus, Gen. diwös ist gr. erhalten in Ζεύς, 4ιός, 
Der Akk. Ζῆν ist gleich ai. dyäm. Daran trat die Endung 
α der kons. Stämme, und aus dem so entstandenen Ζῆν-α 
wurde ein Stamm Ζῆῇ»- abstrahiert. Daher Gen. Ζηνός, 
Dat. Ζηνέ. Entsprechend Ζεύς, Διός müßten wir finden 
βοῦς, Gen. *guwös. Hier ist βοός neugebildet. Akk. βῶν 
ist —= ai. gäm. 

Ein derartiger Genitiv, wie hier angesetzt, liegt vor 

in ὀφρύος. Der Nom. dazu müßte *bhreus lauten, was 

_ mit Weiterbildung im ahd. draws „Braue“, gall. briva 
„Brücke“ erscheint. Im Griech. wurde ὀφρύς nach dem 
Verhältnis Länge : Kürze neu gebildet. Ahnlich liegt es 
mit ds, ὑός, ἰχϑύς, ἰχϑύος. 

Anm. Die Betonung ἰχϑῦς, ὀσφῦς, ὀφρῦς verhält sich zu 
ἐχϑύς wie att. eis zu ursprünglichem *seis. 

Vor Liquida und Nasal wurde der schwache Vokal 
im Griech. zu α. Daher regelrecht ἅμα aus *s.m- zu εἷς (neu- 
gebildet ist ἑνός); — xaual zu χϑών (neugebildet χϑονός). 

Ferner zeigen noch alten Ablaut: ψήρ, ψαρός, πτώξ, 
πταχός. 

2. Ganz ausgeglichene Stämme. 

- 8) Verallgemeinerte Dehnstufe: ϑήρ, ϑηρός; — κῆρ 
aus ἔκήρδ, Gen. eig. *xagdds, vgl. 1. cordis; — φώρ; — 
χήρ „Igel“ Hesych; — σχώψ; — dus; — Bw „Gesicht. 

b) Verallgemeinerte Vollstufe: δόρξ, dooxös „Gazelle“ ; 
φλόξ, φλογός, ai. ‚aber bhraj „Glanz, Schimmer“; — ἦν, 
aber 1. vor. 

9) Veraligemeinerta Schwundstufe: γίφα, l. nix, niviss 

— ὀφρύς, ὀφρύος; — Ds, ὕός. ur 


266 Formenlehre XXVIL. [8 334, 


B. Suffixe auf Verschlufslaute. 

ᾷ 334. 1. -tät- bildet seit idg. Zeit Abstrakta, die 
meist von Adjektiven, seltener von Substantiven abgeleitet 
werden. Es findet sich als -zns- (-zär-) im Griech., als 
-tät- und -tüi- im Lat., im Got. als -duß- und im Ind. 
als -tä-. Das Nebeneinander von -ta- und -tül- legt die 
Herleitung aus *-twät- nahe. Daneben steht auch -iz, 
ohne daß das Verhältnis der beiden zu einander klar 
wäre. Vgl. vedeng 1. novitäs, got. aber niujipa; — ἅπλό- 
της, 1. simplicitas; — βαρύτης, 1. gravitas, got. aber kauriba 
"Ads. 

2. -t findet sich nicht allzu häufig. Es ist wahr- 
scheinlich die Schwundstufe zu -io, vgl. z. B. 1]. anti-stet- 
zu status, gr. στατός: — sacerdöt- zu δοτός, 1. datus. Aus 
dem Griech. gehören hierher ὠμο-βρώς „roh fressend“, 


vgl. βρωτός; — ἀγνώς, vgl. 1. ignötus; — ἀδμής, vgl. 


dunvös,; — hom. ἀβλῆτα und ἄβλητος, προβλής, vgl. βλη- 
τός: — ϑής zu ϑετός u. 8. w. — Indem das ἐ an alte 
ei-Basen tritt, entsteht -7z, z. B. deyris, vgl. deyı-odovs, 
&oyllos; — πένης, vgl. πενί-α, πίενι-χρός. 

3. -d zeigt sich in einer Reihe von Bildungen, die 
eine partizipiale Bedeutung haben, 2. B. dgouds, δρομάδ-ος, 
φυγάδ-ες μιγάδ-ες, νομάδ-ες u. s. w. Es liegen aber doch 
hier schwerlich, wie Kretschmer KZ. 31, 347 will, wirk- 
liche Partizipia vor — man könnte guydd- aus *ypvynd- 
erklären —, sondern es ist nur -d angetreten, das auch wahr- 
scheinlich nicht mit dem vorhergehenden -ἰ- zusammen- 
hängt, abgesehen von einigen Fällen wie &r-Audeg, νεήλυδες, 

Produktiv wird -ad- und -ıd. Ersteres liegt vor in 
δειράδ- „Anhöhe, Hügel“, ai. drädd- „Felsen, großer Stein“. 
Ferner xoAddes, συμπληγάδες zu πλαγῆναι. . 

Zahlreich sind :die Bildungen auf -ıd und -ὃ die 
verschiedenen Ursprung haben. δαΐς, daldos zu defvaı, 
aınls, aAnFidos, vgl. 1. elastcula, ὄπιδ-, Anlö-. In ἔριδ- zu 
ἃ. reizen ist δ᾽ stammhaft. | -- 


$ 334.) Die 8, Deklination. 267 


Da im Nom. ἔρες aus *Egıds und im Vok. ἔρε aus 
*}oıö entstand, so bildete man nach Analogie der «-Stämme 
auch einen Akk. ἔριν. Umgekehrt geraten alte :-Bildungen 
in die Analogie derer auf -εδ-. | 

4. -k und -g waren beide selten. -k ist z, T, die 
Schwundstufe zu -ko, vgl. μεῖραξ, ai. maryakas „Männchen“, 
ϑώρηξ, vielleicht gleich ai. dhärakas „haltend“, dharaka 
„vagina“. Aus dem Lat. kann man Bildungen wie victrix Ὁ 
vergleichen. 

ΠῚ «Ὁ scheint z. T. aus ὦ entstanden zu sein, vgl. Adza£, 
λάταγος zu 1. later; — ὄρτυξ, ὄρτυγος „Wachtel“, ai 
vartakas. 

Produktiv ist -yy wie in φάλαγξ, φάλαγγος, aber 
seiner Herkunft nach dunkel. 

5. -went bildet seit idg. Zeit sekundäre Adjektiva mit 
der Bedeutung „versehen, verbunden mit, nach Art von“, 
Es liegt im Ind. als -veni, im Griech, als -(A)evs vor. Im 
Lat. ist es durch -io erweitert und steckt z. B. in vinösus 
aus *vinovent-ios, gr. olvdeıs; — ἠνεμόεις, 1. animösus; — 
δολόεις, 1. dolösus; — γιφόεις, 1. nivösus. Ὁ 

Indem -/evr an @-Stämme trat, entstand -neıs, αἰγλήεις 
zu αἴγλη, λαχνήεις zu λάχνη u. 8. w. ΄ 

Das Suffix flektierte ursprünglich abstufend, es 
wechselten -Fevr- und *-Fer- aus -wnt. Dieses wurde durch 
-Fer- verdrängt, das sich hielt im Fem. χαρέεσσα aus 
*raolFerja, im Dat. Plur. xaolecı aus *xaglFeroı (vgl. 
$ 242) und in der Komparativbildung xagı8oregos, das: 
indessen auch aus *xaguF&(v)szegos erklärt werden kann. 

6. -ent-, -nt- bildete seit idg. Zeit die aktiven Parti- 
zipia mit Ausnahme des Part. Perf. Eine Reihe dieser 
Bildungen sind im Griech. substantiviert, z. B. ἑχών,. 
ἑχόντος, ai. usänt-, γέρων, γέροντος, ai. jarant- „alt“ u. v. 8.. 
Im Deutschen sind Bildungen wie Freund, Feind, Heiland 
ebenfalls substantivierte Partizipia. 

Anm. 1. Da im Nom. Sg. die πέ- und die n-Stämme, ἑκών, 


268 Formenlehre XXVIL [$ 334. 335, 


und δαίμων, zusammenfielen, so kamen Entgleisungen vor. Wegen 
ϑεράπαινα und λέαινα scheinen εράποντ- und λέοντ- alte n-Stämme 
zu sein. 

Anm. 2. Über die Abstufung der Partizipialbildungen, s 8. 
Partizipium. 


C. -er-Stämme. 


& 335. Hierher gehören die Verwandtschaftsnamen 
und die Nomina agentis auf -ier und -tor. 

1. Die Verwandtschaftsnamen. 

Sie bilden eine einheitliche aus dem Ἰάρ. stammende 
Kategorie: πατήρ, 1. pater, got. fadar, ai. pitd; — μήτηρ 
(ursprüngliche Betonung wohl *unsme, vgl. Akk. μητέρα); 

l. mater, abd. muotar, ai. matd; — ϑυγάτηρ (für ϑυγατήρ), 
“got. daühtar, ai. duhitä; — ἐνάτηρ, 1. janürices, ai. yala 
u. 8. W. 

Die ursprüngliche Flexion ist noch gut erhalten. 


| Griech. | . Lat. Got. Aind. 
‚N, σατήρ ‚Pater fadar { er pitä 
πατρός patris || fadrs < *fadres pitur 
πατρί patre fadr < *fadri. | D. pitre 
σπατέρε | 1 ΤᾺ piläri 
πατέρα [patrem] pildram 
naregp | “ »ίϊαν 
‚PLN. σατέρες [ patres] . pildras _ 
6. πατρῶν patrum fadre | [pitfnam] 
πατράσι | pilfsu 
πατέρας [»αΐγ68] [fadruns] [ piiyn] 


An Stelle der Schwundstufe ist schon bei Homer. 
die Vollstufe vielfach eingeführt, so πατέρος, πατέρι, 
πατέρων, μητέρος, μητέρι. : Bei ϑυγάτηρ ist wenigstens 
ϑυγατρῶν allein gebräuchlich; dagegen heißt es schon. 
ϑυγατέρος, ϑυγατέρι. Aber hier ist auch umgekehrt aus» 
geglichen: ϑύγατρα, ϑύγατρας. 


8 380.] Die 3. Deklination, 269 


Auch ἀνήρ kann hierher gerechnet werden. Regel- 
recht ist ἀνδρός, ἀνδρί, ἀνέρα, ἄνερ, ἀνέρες, ἀνδρῶν, ἂν- 
δράσι, (ai. ηγξι), ἀνέρας. Analogische Neubildungen sind 
ἀνέρος, ἀνέρε und ἄνδρα, ἄνδρες, ἄνδρας. 

Anm. 1. Die starken Kasus hatten e-Vokalismus bei den 
ursprünglichen Oxytona, πατήρ, μήτηρ, θυγάτηρ, ἐνάτηρ, ἀνήρ, aber 
o-Vokalismus bei den nicht oxytonierten, daher ἔορες Hesych., 1, 
sorores, φράτωρ, ai. bhrätä. 

2. Nomina agentis auf -τὴρ und -rwg. 

Seit idg. Zeit bildete das Suffix -ter und mit Ablaut 
«tor Nomina agentis. Das Suffix geht auf -tero zurück, 
wie die Dehnstufe im Nom. und die Nomina auf -tro 
(8. 0.) zeigen, die mit denen auf -ier im engsten Zu- 
sammenhang stehen. -iör und -tör wechselten ursprünglich 
nach der Betonung. Jenes war betont, während dieses 
wohl zunächst in der Komposition eingetreten ist: ἀμυντήρ, 
aber *Errauvvrwe. Demnach zeigte ursprünglich die Basis 
die Wirkungen der Unbetontheit, doch ist schon sehr früh 
die Vollstufe wieder eingeführt. 

a) Bildungen von leichten Basen: ἵστωρ, ἐπαχτήρ, 
ἄχτωρ, κτίστωρ: | 

b) von einsilbigen schweren Basen: δοτήρ und δώτωρ, 
1, dator, ai. datd; — βοτήρ und Burwe; — «δετήρ, ποτήρ 
„Trinkgefäß“, ἀφήτωρ: 

6) von zweisilbigen schweren Basen: ἐλα-τήρ, καλή-τωρ, 
1. calator, πιανδαμά-τωρ, γενε-τήρ, γεγέ-τωρ, 1. genitor, ῥή-τωρ, 
ὀλε-τήρ, ἀλεξη-τήρ, ai. ται", ΒοΒομ ἄὐζου“, ἀροτήρ, 1. arator. 


Die Abstufung dieser Stämme ist im Ind. die 
der Verwandtschaftsnamen, z. B. dätä, D. datre, Akk. aber 
däläram. 

Im Gtriech. ist bei denen auf -ne durchweg die Dehn- 
stufe durchgeführt: ἀροτήρ, ἀροτῆρος. Bei denen auf -ωρ 
ist die Vollstufe eingedrungen δήτωρ, ῥήτορος. ausge- 
nommen μήστωρ, μήστωρος. 


2770 Formenlehre XXVIH. [$ 335. 336,_ 


Anm, 2. Außer diesen beiden Hauptklassen giebt es noch 
einige isolierte Worte wie ϑήρ, ϑηρός, lit. Zueris, abg. zuers; — 
ἀήρ, ἀέρος, vgl. 1. aura, αἰϑήρ, αἰϑέρος͵ ἀϑήρ, ἀϑέρος. 

Anm. 3. Es ist nicht undenkbar, daß das Suffix -ter- nicht 
primär, sondern sekundär ist, indem -er an Nomina auf -t trat. 

Anm. 4. Über die Neutra auf -e vgl. 8 339. 


D. -en-Stämme. 
1. Abstufung. 


& 356. Bei den en-Stämmen, die sehr verschieden- 
artige Bildungen umfassen, ist die alte Abstufung nur 
selten erhalten, so in κύων, κυνός, ai. Jvd, Sünas. Aber 
der Akk. hat Schwundstufe κύνα gegenüber ai. dvänam. 
Der Ὁ. Pl. xvo£ kann nicht lautgesetzlich sein, sondern 
steht für Ἐχύασι aus *kuwnsi, entsprechend dem Dat. 
φοασί aus *bhrensi zu φρήν, der bei Pindar und in einem 
attischen Epigramm belegt ist, vgl. auch πρόφρασσα aus 
Ἐπροόφρντ)α. φρενός u. 8. w. steht für ἔφρανός. Es ist 
hier also die Vollstufe durchgeführt. Dagegen hat in 
ἀρήν, ἀρνός, ἀρνί die Schwundstufe gesiegt. Der Dat. Pl. 
ἀρνάσι steht zunächst für *4oda: aus *&ovaı, und es wurde 
dann das » von ἀρνῶν eingeführt. Der Nom. lautet 
eigentlich ῥήν (hom. πολύρρηνες), idg. *wren, *wernss nach 
8 127a 2 und Ὁ 1. Die beiden Formen erhalten sich 
wie χτείς zu 1. pectinis, idg. *pkiens, G. pektenös, idg: *ner 
„Mann“, ai. na zu *nrös, ἀνδρός. 

Bei den übrigen n-Stämmen ist die Abstufung wie 
bei den r-Stämmen geregelt: wir finden entweder einen 
Wechsel von Länge und Kürze, αὐχήν, ἀδήν, 1. inguen, 
ἀρρήν „männlich“, ἡγεμών, ἀηδών, oder durchgeführte 
Länge wie in Ἕλλην. Z.T. läßt sich hier wenigstens der 
Grund der Durchführung erkennen. Die Worte auf -ioy 
haben nämlich -ovos, wenn das ὁ lang, aber -wvog, wenn 
es kurz ist, also κίονος, aber Οὐραγέωνες, ἧδίονος, aber 
Aagdav’uvos. Hier sind also :rhythmische Prinzipien für 


ἃ 336. 337.] Die 3. Deklination. 871 


die Verallgemeinerung der einen oder der anderen Form 
maßgebend gewesen, vgl. $ 138. 


2. Stammbildung. 


ᾷ 837. a) -en scheint im wesentlichen Sekundär- 
suffix zu sein und dient in zahlreichen Fällen zur Bildung 
von Personalbezeichnungen' von Substantiven und Ad- 
jektiven, die barytoniert sind. So σεράβων zu στραβός, 
Οὐρανίων zu οὐράνιος, 1. homo zu χϑών, τέκτων, ai. ἰάκῥᾷ 
zu iak$ „behauen“. Produktiv war -ıwv, das von 
jo-Stämmen ausging. Diese Bildungsweise ist im Germ. 
als schwache Deklination außerordentlich verbreitet. 

Anm. 1. Suffix -wen ist nur selten belegt und das w gehört 
durchaus zur Basis, vgl. niFov, ai. plvan- „fett“, vgl πιίἔ)αρ 
ἀπείρων aus ἐπέρων, das zu πρύ-μνα, πρυ-μνὸς gehört; vgl. auch 
πείρατα aus *neeFara; — αἰ Ῥ)ών gehört zu ai. dyuf „Lebenskraft“, 
gr. αἰ Ῥ)έο. 

b) In wenigen isolierten Fällen bildet -en Körperteil- 
namen, so in σπλήν, 1. ien, dörw „Drüse“, 1. inguen, αὐχήν 
„Nacken“; dies sind eigentlich wohl Kollektivbildungen 
zu Neutren, da die Körperteilnamen sonst Neutra waren. 

c) In Bildungen auf -eduv, -ηδών, μελεδών, ἀλγηδών, 
die solchen wie 1. cupedo, frigedö entsprechen, könnte viel- 
leicht ein selbständiges Wort stecken. 

d) Die Bildungen auf -ών, ion. εών, die einen Platz 
bezeichnen, παρϑενών, παρϑενεών, ἀνδρών, ἱππών sind 
ihrer Herkunft nach vollkommen dunkel. 

e) -men, -mon. Das Suffx ist sicher idg. Es hängt 
zunächst in einer Reihe von Worten mit -menos zusammen, 
vgl. ποιμήν, lit. pemü eig. „der Schützende, Hütende*, 
δαή-μων „kundig, erfahren“, vgl. δεδαημένος, ἐπιστήμων, 
τλήμων, φράδμων. Diese Bildungen sind im allgemeinen 
barytoniert. 

Anm. 2. Das Suffix liegt auch in den Infinitiven auf -uevas, 
“μὲν vor, vgl. δαήμεναι. 

In anderen meist oxytonierten Bildungen bildet -μών, 


212 Formenlehre XXVIL [8 337. 338, 


wie J. Schmidt Ntr. 90 ff. gezeigt hat, Kollektiva zu 
neutralen -mn-Stämmen (gr. -μα)ὶ 8. $ 338, so ϑημών zu 
ἀνάϑημα; — τέρμων, 1. termo zu τέρμα, 1.. termen; — 
xauıcy zu χεῖμα; — λειμών neben λιμήν zu einem *AeZue, 
das in Asuuexis, λεῖμαξ vorliegt; — στήμων zu ai. sihama 
„Standort“, 1. stamen, lit. stomü „Körperwuchs“. 


E. Die neutralen -men-Stämme. 


ᾷ 338. Die neutralen -men-Stämme stammen aus 
der Ursprache (ai. -ma, 1. -men, gr. -μὰ aus -mn) und bilden 
im Griech. eine zahlreiche Kategorie mit eigentümlicher 
Flexion. Sie sind auf der Basis betont, entsprechend 
ihrer Natur als Nomina actionis, und sie haben demnach 
auch meistens Vollstufe der Basis, aber Schwundstufe des 
Suffixes (-men ist zu -mn geworden. Daß auch dieses 
Suffix z. T. mit -meno- zusammenhängt, liegt auf der Hand, 
vgl. τέρμα zu terminus. 

a) Bildungen von leichten Basen: δἶσμα aus ἔξέσμα, 
zu &yyvut, ai. väs-ma; — στέμμα zu στέφειν; — φλέγμα 
„Brand, Feuer“ zu φλέγειν: — χεῦμα zu χέω, ai. höma 
„Opferguß“. 

b) Von einsilbigen schweren Basen: önödnua zu δέω 
„binden*; — Fu „Wurf“ zu ua; — ἀνάϑημα zu τίϑημι. 

c) Von zweisilbigen schweren Basen: ὄνομα, 1. nömen, 
ai. näma; — φῦμα, ai. bhüama „Wesen, Erde“ ; — χρῆμα; 
κῦμα; — βλῆμα. 

Die griechische Flexion weicht von der der übrigen 
Sprachen darin ab, daß allen Kasus außer dem Nominativ 
ein mni-Stamm zu Grunde liegt, ὀνόματος aus *onomnios 
gegenüber 1. nominis, got. namins, abulg. imen-e, al. 
nümnas. Eine Reihe von Forschern wie J. Schmidt, 
Solmsen, Kretschmer, Wackernagel halten dieser Über- 
einstimmung der Sprachen gegenüber die griechische Flexion 
für unursprünglich. J. Schmidt sieht Plur. 187f. ὄνομα, 
ὀνόματος für eine Neubildung an nach dem Partizipium 


8 338. 339.] Die 8. Deklination. 273 


Ἐφέρα, φέρατος, idg. bhernt, *bherntos; — Kretschmer ΚΖ. 
31, 346 geht von dem ebenfalls erschlossenen *xag/F«(r) 
Ἐχαρέξατος aus. Beide Erklärungen kranken an dem 
Mangel, daß die Musterbilder der Analogiebildung nicht 
mehr vorhanden sind —, ja man kann zweifeln, ob sie je- 
mals vorhanden waren, vgl. Bartholomae IF. 1, 300f. —, 
und daß sie eine Reihe von Formen der verwandten 
Sprachen nicht berücksichtigen. Dem griech. xeluarog 
entspricht nämlich im aind. Laut für Laut Gen. hema-tas. 
In dem indischen -ias sieht .man eine Adverbialendung, der 
in lat. coeli-tus u. 8. w. entsprechend. Ferner entspricht 
κρᾶ-τός dem ai. dirda-tas. Fick ließ, indem er in -tos eine 
Adverbialendung sah, aus χεέμα-τος, ὀνόμα-τος die übrigen 
Formen hervorgehen. Hiergegen macht J. Schmidt mit 
Recht geltend, daß die Endung -ios im Griech. noch nicht 
nachgewiesen ist. Man wird daher, da alle diese Erklärungen 
bedenklich sind, in der griech. Flexion eine hohe Alter- 
tümlichkeit sehen müssen. Es lagen eben in einer Reihe 
von Fällen alte mni-Stämme zu Grunde. Wie nun sonst 
kons. Stämme mit o-Stämmen wechseln, so steht neben 
diesem -mni- im Lat. -mento-. ὄνομα, ὀνόματος, Pl. ὀνόματα 
verhält sich zu 1. cognomenta wie πούς zu πέδον, ἀροτήρ 
zu ἄροτρον. Weitere Beispiele sind στρῶμα zu l. strämen- 
tum; — κασ-σύματα zu 1. as-süumentum „aufgesetzter 
Flicken“,; — ζεῦγμα zu 1. jumentum aus jouwmentum. Da 
nun das t dieser Stämme im Nom. verloren ging, so 
fielen sie mit den echten mn-Stämmen zusammen, die 
nunmehr der Flexion derer auf -mni- folgten. 


Anm. -mnt wer ursprünglich Sekundärsuffix. Vielleicht 
weisen auf sekundäre Bildung auch einige Beispiele im Griech. 


F. Heteroklitische r-n-Stämme. ᾿ 
8 339. Eine der merkwürdigsten Erscheinungen des 
Idg. ist das Vorhandensein einer Anzahl von Neutra, deren 
oblique Kasus nach der -n-Deklination flektiert werden, 
Hirt, Griech. Laut- u. Formenlehre. 18 


274 Formenlehre XXVIL [$ 339. 


während im Nominativ der Stamm gewöhnlich auf -r, 
seltener auf einen anderen Laut ausgeht. Diese Flexions- 
weise hat auch im Griech. reichliche Spuren hinterlassen. 
Noch mehr gewinnt man durch Vergleichung der ver- 
wandten Sprachen. In neuerer Zeit haben über diese 
Neutra besonders gehandelt J. Schmidt Neutra 178 ff., 
Meringer Beitr. z. Gesch. der idg. Deklination, (SB. der 
Wiener Ak. 125, 2), H. Pedersen KZ. 32, 240 ff. 

Im Griechischen ist die regelmäßige Flexion ἧπαρ, 
ἥπατος. Die nächstliegende, früher auch versuchte Er- 
klärung wäre ἥπατος aus ἥπαρτος herzuleiten. Das ist 
aber unmöglich, weil die verwandten Sprachen in den 
obliquen Kasus n zeigen, ai. yäkrt, yaknds, 1. jecur, jeci- 
noris (dies ist kombiniert aus einem *jecinis und *jecor:s), 
sodaß ἥπατος für *jekentos steht. Der n-Stamm zeigt 
sich auch sonst in den verwandten Sprachen; so ist 
ὕδα-τος — got. walins, lit. vandens „des Wassers“; — 
φρέατος aus φρήξα-τος = ahd. brunno; — πῖαρ steht 
neben πέων, πιαίνω, ai, piwan-; — πείραρ, πείρατος 
aus ἔπέρξα-τος neben ἀ-πείρων, ai. pärvan- „Knoten“ 
u. 8. w. 

Das Griechische weicht aber darin von den ver- 
wandten Sprachen ab, daß es in den obliquen Kasus die 
Flexion mit -τος, -Tı zeigt. 

Auch hier muß der -ni-Stamm gerade wie bei den 
neutralen zen-Stämmen in einer Reihe von Formen alt 
sein. Griech. πείρατα aus πέρξατα kann man schwerlich 
von ai. pärvatas, Beiwort von giri$ „Berg“, trennen, zu ἔαρ 
Frühling mit durchgeführtem r gehört ai. vasantas 
„Frühling“. Waren einige solche Worte vorhanden, so 
konnte die -ἰ- Flexion unter weiterer Einwirkung von 
Worten wie ὄνομα, ὀνόματος leicht verallgemeinert werden, 

Der Nom. zeigt in den meisten Fällen die Form 
-0g, die auf r zurückgeht, 1. jecur, ai. yakr-. Daneben 
kommen auch Bildungen mit -we vor wie ddwe, ὅλωρ (vgl. 


8. 339.] Die 3. Deklination. 275 


ἁλῶναι), πέλωρ, ἐέλδωρ. Das ist dasselbe Verhältnis wie 
“μων zu -ua (aug -mn). Das hom. ἦτορ dagegen ist äol, 
und steht für. *Frag. 

Auch im Nom. stand z. T. ursprünglich ein -t, vgl. 

ai. yakrt, ἧπαρ, Säkrt, Gen. Jaknds „Mist“, dem im Griech. 

κόπρος entspricht mit Übergang in die o-Flexion. Daß 
das ἐ auch im Griech. vorhanden war, scheint δάμαρ, 
δάμαρτος zu erweisen. δάμαρ gehört zu 1]. dominus und 
flektierte wie ai. yükri, G. yaknis. Da aber das Wort fom. 
wurde, so war es der Einwirkung der Neutra entzogen 
und bildete den regelrechten Gen. δάμαρτος. 

Anm. 1. Dieses ἐ identifiziert J. Schmidt Ntr. 190 mit dem 
am Ntr. des Pronomens auftretenden d, 1, aliud. 

Viele der hierher gehörigen Worte kommen nur im 
N. Akk. vor, so ἄλχαρ, ὄναρ, ὕπαρ u. ἃ. 


Anm. 2. In den Formen ὀνόματος, ἥπατος u. 8. w. wurde 
im Griech. das α als mit zur Endung gehörig empfunden und auf 
zahreiche andere Neutra übertragen. So bildet man κρέατος statt 
des älteren ἔχρέαος, κρέως, γόνατος, δόρατος statt *yo»Fös, hom, 
‚yovvös, dovgös, wrös aus daros zu N. οὖς, φωτός zu τὸ φῶς „Licht“, 


Erklärungen. 


Eine irgendwie befriedigende Erklärung dieser eigen- 
tümlichen Flexion ist bisher noch nicht gegeben. Am 
einfachsten ist die Annahme, daß das r im Nom. unter 
gewissen besonderen Bedingungen aus » entstanden ist, 
aber es fehlen uns die Analogieen für einen solchen 
Lautwandel. Andere Forscher sehen in r und » Kasus- 
suffixe. Wie oben bemerkt wurde, war der Lokativ im 
Idg. vielfach dem Nom. gleich gebildet. Wir finden nun 
thatsächlich in Lokativbildungen ein solches r, z. B. 
vixıwg „bei Nacht“, ai. ühar „bei Tag“, 2. B. ähar-divi „Tag 
für Tag“, während sonst ein »- oder s-Stamm zu Grunde 
liegt. Woher aber der n-Stamm gekommen ist, und wie 
‚der r-Lokativ zu ihm in Beziehung gesetzt wurde, bleibt 


auch hier unklar. 
18* 


876 Formenlehre XXVII, [83 340. 


G. Die s-Stämme. 


ᾷ 340. Die Hauptkategorie der s-Stämme wird 
durch neutrale Verbalabstrakta gebildet, die ein Suffix 
-ts, -os zeigen. Die Basis hatte Vollstufe, aber auch das 
Suffix zeigt, abgesehen von dem Wechsel e-o, keine Ab- 
stufung mehr. Durch Ausfall des s (nach ὃ 230) wird 
die griech. Flexion undeutlich, sie entspricht aber in allen 
wesentlichen Punkten der idg. | 


Griech. | Lat. | ‚Aind. | Abg. | 
Sg.N. Ak. γένος genus jänas nebo(3) 
Gen. || γένους  *yEveoos generis Jdnasas nebese(s) 
D. γένεε < *ysvecs || Abl. genere IL. janasi | L. nebese 
ΡΙ, N. γένη X *ytveoä genera | nebesa 
“ Gen. | γενῶν X Ἐγενέσων | generum |jdnasam | nebesö 
D.L. | γένεσε { *yEveoos | | jänahsu || [nebesschz] 
Du. N. | [yEveı] X *yEweoe 


| Inebese] 
Ε 


| [janasi) 


- Gen. |[yevorw] < *yev&ooıv 


Die Zahl der vergleichbaren alten Bildungen ist sehr 
beträchtlich, und namentlich stimmt das Aind. mit dem 
Griech. überein, während griech.-lat. Entsprechungen 
seltener sind. Vgl. Ferog, 1. vetus; — ἕλκος, 1. uleus; — 
ζεῦγος, 1. jugera, abg. igo; — νέμος, 1. nemus; — (σ)τέρφος, 
1. tergus; — ἕδος, 1. aber sedes; — ἄγος, ai. äyas „Ver- 
gehen‘; — αἴϑος, (1. aedes?), ai. edhas „Brennholz“; — 
ὅλος „Sumpf“, ai. säras „Teich“; — ἔπος, ai. vicas 
„Rede“; — εὖρος, ai. väras „weiter Raum“; — ἔρεβος, 
got. rigis, ai. rdjas „Luftkreis‘; — μένος, ai. mänas 
„Sinn“; — γέφος, ai. näbhas „Gewölk‘; — χλέξος, ai. 
drävas „Lob, Preis“, abg. slovo „Wort“; — ἄνϑος, ai.. 
indhas „Kraut“. 

Anm. 1. Ein alter es-Stamm ist auch oös „Ohr“. Da im 
altatt. os geschrieben wird, und eg strengdor. ὡς heißt, so müssen 


8 340.] ᾿ Die 8. Deklination. 277 


wir als Grundform ὅος und weiter *odoos ansetzen, das genau gleich 
abg. ucho aus *ousos ist. Der Gen. geht auf *odoaros, ἔοὔσντος 
zurück. Der n-Stamm kann hier wegen got. Gen. ausins alt sein. 
Auch φῶς „Licht“ aus φάώξος hat die -t-Flexion angenommen, 
‘doch ist der regelrechte Gen. φάους noch erhalten. 

Daß diese Bildungsweise trotz der weiten Verbreitung 
zicht alt sein kann, zeigt schon der Vokalismus, der die 
Wirkung des Akzentes vermissen läßt. In der That ist 
eine Reihe altertümlicherer Bildungen erhalten, in denen 
ein Suffix -s an die Basis tritt. So finden wir: 

a) Von zweisilbigen schweren Basen: γέρα-ς, γῆρα-ς, 
τέρα-ς; — κρέα-ς, ai. kravis, κέρα-ς, Gen. κρατός, ai. Sirdatäs ; 
σέλα-ς, σφέλα-ς, δέπα-ς, σκέπα-ς „Decke“, δέμα-ςΟ. 

In der Flexion zeigen diese regelrecht -ας, Gen. 
-a(0)og, was indessen wahrscheinlich nicht ursprüng- 
lich ist. 


Anm. 2. Die Flexion auf -eos, hom οὔδεος erklärt sich nach 
3. 177. 
Daneben stehen einige Bildungen mit Dehnstufe, die 


nicht neutrales Geschlecht zeigen, wie αἰδώς, ἠώς ai. 
ugas, 1. auröra, ἔρως, γέλως, ἱδρώς, die z. T. solchen wie 
l. honös, honöris entsprechen. Ihre Flexion zeigt teils 
Vollstufe ἠώς, ἠοῦς aus ἠόος, Akk. ἑδρόα bei Homer, oder 
es ist die i-Flexion eingetreten ἑδρῶτος, γέλωτος. 

Anm.3. Über die t-Flexion dieser Bildungen 8. 8 339, Anm. 2. 

Ὁ) Von ei-Basen haben sich im Griech. keine sicheren 
Bildungeun erhalten, — es könnte höchstens xdvıs, 1. cinis 
hierher gehören —, weil diese Bildungen in die es-os-Flexion 
übergegangen sind. Dagegen kann man |. sedes zu sedere 
hierherstellen. 

c) Von leichten Basen sind Bildungen nur in iso- 
lierten Formen erhalten, so in βλασφημεῖν aus ἔβλαβσ- 
φημεῖν, vgl. βλάβος, Öo-poalvouaı aus ὀδσ-, 1. odor, ἴσος 
aus *FldoFog zu εἶδος. 


Anm. 4. Regelrecht sind diese Bildungen auch in den 
Infinitiven auf -0«s erhalten, z. B. ζεῦξαι zu ζεῦγοο. 


278 Formenlehre XX VII. [8 340342. 


Neben den barytonierten neutralen Verbalabstrakten 
stehen im Griech. und Aind. oxytonierte Adjektiva, die 
im Nom. Dehnstufe zeigen und ursprünglich wohl nur 
komponiert vorkamen, z. B. δυσμεγής, ai. durmanäs; — 
ἀχλεής; — ἀναιδής. Später sind daraus auch Simplizia 
abstrahiert, von denen aber erst sehr wenige bei Homer 
vorliegen, wie ψευδής, φραδής τ. 8. W. 


Il. Stammbildung und Abstufung der vokalischen Stämme. 

ᾷ 341. Unter den vokalischen Stimmen besprechen 
wir die griech. i- und w-Deklination, die Feminina auf 
«ὦ, -oös und die Nomina auf -eis und -ws (πάτρωρ). 
Eigentlich gehört hierher auch die Dualflexion. Da ὁ 
und ὦ Schwundstufenvokale sind, die die Vollstufen ei, 
Οἱ, eu, ou voraussetzen, so müßten neben den :- und 
#-Stämmen Bildungen auf -ei, -oi, -eu, -ou stehen, die 
wahrscheinlich im Griech. in den Feminina auf -ώ, den 
Mask. auf -eig und -wg wirklich vorliegen. 


A. Die 2-Stämme, 

8 342. 1. Die :- wie auch die u-Stämme sind in 
den meisten griech. Dialekten fast ganz in die Analogie 
der kons. Stämme übergetreten, und zwar so, daß der 
Stamm auf «ὁ beibehalten wurde. Ahnlich auch im 
Indischen. 


δ 


βάσεις N. gäti$ „Gang“ 


Paoı-os G. gätyäas 
D. PL βάσε aus *Paaıs L. gäty-am 
βάσιν A. gdtim 
τὰ βάσει 
PI.N. βάσι-ες 
6. βασί-ων l. finium 
βασί-εσσε 
βάσιας, -% 


Der Plural ist im Griech. kaum ursprünglich, s. u. 


ὃ 842. 343.] Die 8. Deklination. 279 


Im Dat. Plur. ist die Form der es-Stämme übertragen. 
Nach dieser Flexion ging 2. B. ὄες, Gen. hom. dos, ai. 
dvyas, att. οἷς aus dic, οἷός. 

& 343. 2. Daneben stand eine andere, die bei Homer 
vorhanden und im Att. sehr verbreitet ist. 


| Hom. Att. | Aind. | Got. 


Sg. N. σπόλες σόλες agns$ „Feuer“|| anste „Gnade“ 
G. πόληος] > | [πόλεως] anstais 
D. L. πόλη-ε >’ || πόληε, πόλεε . anstai< & 

A, σόλεν “τόλεν anst 
Υ. (nö) (möks) (anst) 


PLN. [πόληες] στό ansteis<*anstejed. 
G. πόλμεων 7 
D. L. [πόλεσι] ὲ anstim 
A. [röAnas] [πόλεες] anstins 


Wie man aus der Tabelle sieht, findet der Nom. Piur. 
seine Entsprechung in den verwandten Sprachen. Die 
Grundform ist -g-es, gr. τρεῖς, 1. irös, got. preis, ai. irdyas. 
Nach dem isolierten τριῶν zu urteilen, hatte der Gen. 
Plur. e.. πόλεων wäre daher das alte, 1. finium. Doch 
kann das ο᾽ vom Nom. Plur. schon früh eingeführt 
sein. Sicher alt ist die schwache Stammform im Lok. 
Plur., ai. agnisu, got. anstim, 1. finzbus. πόλε-σι ist als 
Analogiebildung leicht verständlich; τρισί hat das Alte, 
Der Akk. ging auf -νς aus, woraus ion. -ic. 

Schwieriger ist der Singular zu beurteilen, in dem, wie 
auch in hom. πόληες und πόληας, ein langes 2 auftritt. Dieses 
2 kann nach ὃ 251, 2 aus & entstanden sein. Es ist die 
Dehnstufe zu der Stufe οἱ des Plurals. Eine Dehnstufe 
ist im Kasussystem des Singulars nur im Lok. zu be- 
gründen, und hier hat sie J. Schmidt auch in seiner 
bahnbrechenden Abhandlung KZ. 27, 287 ff. nachgewiesen. 


280 Formenlehre XXVII. [8 848. 344. 


‚Sie scheint in lit. δχαϊδ zu szalis, in got. D. anstai aus 
‚anst&i und anderen Orts vorzuliegen. An ein urgriechisches 
*zoAm sei dann wieder die Lokativendung -ı angetreten, 
:und 80 sei sröAn-ı entstanden, und danach σπόλη-ος ge- 
bildet. 


Diese Erklärung hat lange Zeit allgemeine Zu- 
stimmung gefunden, bis sie Wackernagel Verm. Beitr. 
54 Anm. etwas modifiziert hat. Da hom. πόληϊ drei- 
silbig ist, so muß dazwischen ein Konsonant (ἢ) gestanden 
haben, und das unkontrabierte attische πόλεως setzt eben- 
falls ein πόληξος voraus. Dieses scheinbar sonderbare F 
ist uns im Kyprischen thatsächlich überliefert in zrröAFı, 
Κυπροχράτιξος, Πρώτιξος, Τιμοχάριξος, nur daB hier die 
i-Stufe vor dem ἢ steht. Zur weiteren Erklärung dient 
das Indische. Hier heißt der Lok. zu agni$ nicht *agna, 
sondern agnäu. Diese Form war indoiranisch und kann 
auch für das Griech. vorausgesetzt werden. Aus *oAnv 
wurde dann *öAnFı durch Antreten des -s und weiter 
πόληξος. Im Kyprisehen wurde ἔπτόλεος, ἔπτόληξε zu 
πτόλεξος, πτόλεξε ausgeglichen. Diese Erklärung ist ent« 
schieden der von Schmidt vorzuziehen. 

Anm. Der Gen, Sing. der i-Stämme ging idg. auf -eis oder 
τοῖβ aus, ai. agn&, lit. naktes, got. anstais. Davon ist im Grie- 
chischen keine Spur vorhanden. Att. dicht. πόλεος ist wohl nach 
den u-Stämmen wie γλυκέος und überhaupt nach dem Gen. auf -os 
neu gebildet. 

ἢ 344. Stammbildung. Ein Suffix-ı anzusetzen 
haben wir kein Recht. Wo es scheinbar vorliegt, da ist 
es, wo wir nachkommen können, Teil der Basis, so in 
μῆνες zu μαίνομαι aus *udvjouns, μανῆναι; — τρότιις 
„Keil“, vgl. τράπηξ᾽ „Balken“ und 1. torquere. Andere 
Bildungen sind unklar. 

Wirklich produktiv war seit idg. Zeit nur -t, das 
primäre Verbalabstrakta weiblichen Geschlechts bildet. 
Der Akzent wechselte wahrscheinlich zwischen Basis- 


8 84|. 345.] . Die 3. Deklination. 281 


‚betonung im N. Akk. Sing. und Endbetonung in den 
übrigen Kasus, was nach verschiedenen Richtungen aus- 
geglichen wurde. Im Nom. Plur. lag der Ton auf dem 
Suffix, daher -&es. Im Griech. siegte durchweg die An- 
fangsbetonung, im Ind. meist die Endbetonung. Die 
Wurzelsilbe hatte meistens Schwundstufe, und im Griech. 
stehen ? und ἅ auch da, wo τ und ὦ berechtigt waren. 

a) Von leichten Basen: πύστις, ai. buddhi$ „Einsicht“ ; 
κτίσις, ai. köitif „Wohnsitz“; — δεῖξις, ai. diätif „An- 
weisung“; — βάσις, 1. ventio, got. gagumps, ἃ. Ankunft, 
ai. gdti! „Gang“. 

b) Von einsilbigen leichten Basen: στάσις, ai. δἰ 
„das Stehen“, 1. siatio, got. δία ββ, ἃ. Stadt, Stätte, stait; — 
δόσις ai. -datig „Gabe“, 1. dos. 

c) Von zweisilbigen schweren Basen : γένεσις, τάραξις, 
ai. dhürtif „Beschädigung“; — ὄνησις, ai. prä-nilig 
„Führung“; .-- - γνῶσις, l. nötio. ΝΞ 


B. Die ei- und -oi-Stämme. 


$ 345. Oben ist bemerkt, daB der Lok. Sing. häufig 
gleich dem Nom. Sg. ist, vgl. die Infinitive kret. δόμην : ποιμήν. 
Da wir nun bei den i-Stämmen einen Lok. auf -2(i) im 
Idg. hatten, so müßten wir auch Nom. auf -2(i) antreffen. 
Solche Nom. sind indessen nur noch in isolierten Formen 
erhalten. Es gehören dahin 1. res, spes, und aus dem 
Griechischen vielleicht δεσπότης gegenüber ai. dämpatis, 1. 
potis, gr. πόσις. 

Etwas besser erhalten sind die ws-Stämme, wie ἠχώ, 
πειϑώ, λεχὠ und zahlreiche weibliche Eigennamen "wie 
“ητώ, Καλυψώ. Der alte Diphthong zeigt sich noch in 
dem οὐ des Vokativs, der regelrecht ἠχοῖ lautet, mit der 
Vollstufe gegenüber der Dehnstufe des Nominativs. 

Anm. 1. Der Nom. Sing. geht auf alten Inschriften und 


bei Grammatikern noch auf -»s aus, und zwar so stets auf 
korinthischen Vasen, nie auf den attischen, selten auf ionischen, 


282 Formenlehre XXVI. [$ 345. 346, 


häufig in Melos, vgl. Kretschmer ΚΖ. 29, 475. Die Formen Am 
und Anzes können auf idg., aber auch auf griechischem Sandhi 
beruhen, 


Der Genitiv ἠχοῦς geht auf *nxdjos, der Dativ ἠχοῖ 
aus Ἐἠχόλε zurück. 

Der Akkusativ ἠχώ aus nxda = *&yxojm. 

Anm. 2. Daneben stehen in den Dislekten Formen auf των, 
so lesb. How», böot. Niovuam, ion. auf -ov» Bovrovv, mit uner- 
klärtem -ovv. Die Formen auf -»» können alt sein, da man sie 
sind. auf -am vergleichen darf; Μητών zu Anroa verhält sich wie 
βῶν: 1. bovem. | 

Die ganze Flexion muß im Idg. ziemlich zahlreich 
gewesen sein, denn im Indischen werden die Feminina 
auf -@ ganz nach dieser Art abgewandelt, 2. B. kana 
„Jungfrau“, Gen. kanäyäs, vgl. Bartholomae IF. 1, 188 f. 


Anm. 3, Die Dehnstufe des Nom. weist auf älteres -05jo. 
Bei Betonung der letzten muß daraus -j6 werden. So erklärt sich 
lat. socius neben ai. Nom, sdkha „Freund“, Akk. sakhäyam. 


C. Die v-Stämme. 


& 346. Auch bei den «-Stämmen finden wir zwei 
Flexionsweisen, eine mit durchgeführtem # und eine mit 
Ablaut. 
τς 8) Die Worte mit durchgeführtem u liegen auch im 
Ind. vor, z. B. πέτυς, πίτυος, ai. piüüg, püvds und die 
Neutra wie ddxgv, δάχρυος. 

Daneben kommt ein Nom. mit Dehnung vor, ὀφρύς, 
ὀφρύος, ai. bhrüß, bhruvas. Hier hatte der Nom. eigentlich 
«Zus. Daraus hat sich ahd. brawa, kelt. briwa „Brücke“ 
entwickelt. Ebenso ἐχϑύς, ἰχϑύος u. 8. j 

Ὁ) Die meisten anderen zeigen den Ablaut δἰ 
neben u. 


8 346.] Die 3. Deklination. 283 


Got. Abulg. 


| SUNUS Ä synd sündg 


. [nO&F)os] \fructüs<-ous)| sunaus |synu ς -ous|| sünöf 
.|  :704F)e: Ifructu < -Eu |sunau { -Eu| synu < -Eu | L. sünds 
ἡδύν fructum sunu syn? sundm 
[70%] [sunau) 


.Indezs {ζ -ἐξες)ὶ fructus sunjus 
ἡδέων fructuum suniwe 
[nd8-0s] 


[ndezs] fructus sununs 


Singular. 


1. Der Nominativ zeigt regelmäßige Schwundstufe 
des -eu. 

2. Der Genitiv ging idg. auf -o@s aus. Diese Form 
ist im Griech. durch eine Neubildung ersetzt. An den 
gesteigerten Stamm -e/- trat die Endung -os. Diese 
Form herrscht indessen nur beim Adjektivum, während 
die Nominalform πήχεως von den i-Stämmen übertragen 
ist. Bei Homer liegt noch πήχεος vor. 

3. Der Dat.-Lok. πήχει aus πήχεξε entspricht ai. 
sündvi, das neben süunau steht. 

4. Im Akk. kommen auch Neubildungen auf -ex bei 
den Adjektiven vor. 

δ, Der Vok. zeigt im Griech. schwache Stammform, 
πῆχυ, während im Ind. die starke Form vorliegt, sünö. 
Diese hat sich bei den ev-Stämmen erhalten. Denn 
Argeö ist direkt gleich sun. 


Plural. 
6. Nominativ: πήχεις aus πήχεξ-ες, ai. sündvas, 
abg. synove, got. sunjus aus *sunew-es. 
7. Im Gen. πήχεων, abg. synovs, got. suniw® kann 


284 Formenlehre XXVII. [8 346. 347, 


die starke Stammform schon in vorhistorischer Zeit ein- 
geführt sein. j 

8. Im Dativ πήχεσι für ἔπήχυσι liegt eine leicht 
verständliche Analogiebildung vor. 

9. Der Akk. Plur. müßte -wg > -ὃς lauten. Es 
ist hier die Nom.-Form eingedrungen. | 

10. Der Nom. Akk. Plur. Ntr. lautet beim Adjekt. 
-€0, γλυχέα, wo -a an den gesteigerten Stammauslaut ge- 
treten ist. Die Nomina zeigen dagegen -n, ἄστη, eine 
Neubildung nach den es-Stämmen, γένη. In den ver- 
wandten Sprachen liegt noch -ἃ als Endung vor, das sich 
zu griech. δάχρυα, γοῦνα aus *ydyFa verhält, wie ai. - zu 
gr. -ı@ und -ja. 

Anm. Eine Reihe von Doppelformen zeigt υἱός, vivs. Das 
Wort ist ursprünglich ein w-Stamm, der in Gortyn z. B. ganz 
regelrecht vivs, viE(F)os, hom. υξέ()ε, vivv, viE(F)es, vivvs flektiert. 
Durch Dissimilation der beiden τὸ entstand viis, υἱόν, die bei 
Homer sehr häufig sind. Danach entstand dann υἱοῦ, vig u. 8. w. 
Der Dat. Plur. lautet bei Homer und im Gort. via. Das ist eine 
Analogiebildung nach πατράσι. Und danach hat man weiter ge- 
bildet υζῶν nach πατρῶν, υἷος, υἷι, via, υἷες, vias, indem man überall 
den Stamm vi zu Grunde legte. 


ἢ 347. Stammbildung. 

Seit idg. Zeit haben wir im wesentlichen zwei Arten 
produktiver Bildungen unter den «-Stämmen. 

1. Ein Suffix -w bildet hauptsächlich Adjektiva, viel- 
fach von schweren Basen. Vor dem « schwindet der 
geschwächte Vokal des Stammauslauts. Ursprünglich 
hat wohl der Akzent gewechselt, doch lag er schon seit 
idg. Zeit bei den Adjektiven fest auf dem Suffix. Der 
alte Ablaut ist aber noch erhalten, so in εὐρύς, ai. urüs, 
ursprünglich wohl *eurus, N. Plur. *urewes. Ahnlich Nds, 
ai. svädüg zu 1. svade-re, gr. @ön-ow, got. aber suis aus 
*sütus,” ursprünglich idg. *swädus, N. Pl. *sudewes. Voll- 
stufe hat noch ὠκύς, ai. auf „schnell“, dagegen |. 
acu-pedius mit Schwundstufe; ebenso ϑρασύς, mhd. türre 


$ 347. 348.] Die 3. Deklination. 285- 


„kühn“, urgerm. *durzüs; — βραδύς, „langsam“, ai. mrdüg 
„zart“. Zweisilbige Basen müssen in der ersten Silbe R. 
zeigen, daher βαρ-ύς, ai. gur-üß, got. kaurus aus *g”.rs-üs; 
πολεύς, ai. purüß; ---- ἐλαχούς, ai. raghüg „leicht“. 

Bei den Substantiven hat im Griechischen meist die- 
Vollstufe und die Betonung der ersten gesiegt nach dem. 
auch sonst vielfach zu beobachtenden Prinzip ($ 270 b). 
Daher πῆχυς, ahd. buog, aber ai. bahüg „Arm“, γένυς, ai. 
känug „Kinnbacken“, πέλδκυς, ai. parasüf. | 

Ebenso sind die alten Neutra betont: μέϑυ, ai. mädhu 
„Süßigkeit, Honig“, πῶν „die Herde“, aber ai. payuf 
„der Hüter‘, δόρυ, ai. däaru, γόνυ, ai. jänu, Ödxev, 1. 
daeru-ma (vgl. δρυμός zu δρῦς)» ai. ddru, ἄστυ, ai. västu 
„Haus, Wohnstätte“, 

Anm. 1. -jwin vis, -nu in ai. sunaß, -lu in ϑῆλυς, ai. dhardf 
sind keine lebenskräftigen Suffixe. In ϑῆλυς liegt wegen Yun, 
feläre Suffix - vor. 

2. Suffix -tu- bildet seit idg. Zeit Verbalabstrakta. 
Die Betonung und Abstufung wechselten wahrscheinlich 
wie bei den u-Stämmen, vgl. Verf. Idg. Akzent 220 ἢ, 
Im Griech. ist das. Suffix besonders im Ion. produktiv 
geworden. Homerisch sind: βρωτύς, βοητύς, γραπτύς, 
ἐδητύς, ὀρχηστύς, μνηστύς, girıs. Vgl. 1. frucus, ai. 
gäntug „Gang“. | 

"Anm. 2. In den verwandten Sprachen dient das Suffix viel- 
fach zur Bildung von Infinitiven, Supina und Verbalia. Im Griech. 


stehen die Verbaladjektiva auf -τέος mit unseren Bildungen im 
engsten Zusammenhang. 


D. Die eu- und ou-Stämme. 
8 348. Viel besser als die ei- und oi-Stämme sind 
im Griech. die ex- und ou-Stämme erhalten. Nominative 
wie sie oben zu ὀφρύος erschlossen wurden, liegen in 
Ζεύς, ai. dydug idg. *djeus und βασιλεύς, ἱππεύς, πρεσβεύς 
neben πρέσβυς, βραβεύς wirklich vor. 


286 Formenlehre XXVL. (8 848. 


Der Nom. ging auf -&us aus, der Akk. auf -ewm. 
Es ist nun entweder dieser Ablaut beibehalten, so in. 
"Δερεύς, ᾿“τρέος, oder es ist, wie 80 oft, die Dehnstufe 
durchgeführt, βασιλεύς, Gen. βασιλῆος, woraus att. Baoı- 
λέως, βασιλεῖ aus βασιλῆξι, Akk. βασιλῆα, woraus att. 
βασιλέα. Der Vok. hat kurzes -eö mit Zirkumflex, 8. u. 
Der N. Plur. faounFes wird att. zu βασιλέης (inschrift-. 
lich) und βασιλῆς, später βασιλεῖς (seit 378 v. Chr.) aus 
βασιλέες, das nach βασιλέων (verkürzt aus βασιλήων) ge- 
bildet wurde. Der Dativ βασιλεῦσι ist aus ἔβασιληῦσε 
verkürzt. Der Akk. lautet βασιλέας aus βασιλῆξας. Seit 
307 v. Chr. dringt die kontrahierte Form des Nomi- 
nativs ein. 

Anm. 1. Bei vorausgehendem s tritt im Genitiv und Akk.: 
Sg. und Plur. Kontraktion ein. Es heißt daher “εεραεεύς, Gen, 
Πειραεῶς aus Πδραεέως u, 8. W. 

Anm.2. Im Nom. Sg. wird nach dem Gen. auf -ος eine 
Form auf -ns gebildet, die dann in das Lat. entlehnt wird, Ulixes. 

Stammbildung. Den Bildungen auf -εύς, -ὅξος, 
Τυδεύς, Argevs, “ωριέες entsprechen im Ind. u-Stämme, 
die Völkerstämme bezeichnen, wie N. Pl. Trisavas, Bhrgavas 
„eine Klasse von Halbgöttern“, Yaksavas, Yädavas. Diese 
Worte haben im Sing. -us, -um, und es ist sehr wohl 
möglich, daß die gleiche Flexion auch im Griech. bestand, 
da auf att. Vasen Formen wie Nngvs, Τυδυς, Θησὺυς wirk- 
lich vorkommen. Daß hier im Nom. -evg eingedrungen 
ist, mag auf der Vokativbildung beruhen, denn 47geÖ ist 
genau gleich ai. Yadö. Da nun bei diesen Eigennamen 
der Vokativ häufig gebraucht wurde, so ist die Aus- 
gleichung, die sonst zu Ungunsten des Vokativs eintrat, 
hier einmal ibm zu Gunsten vollzogen. Akkusative wie 
Argeo sind nicht weiter auffällig, da ja auch Bildungen 
wie εὐρέα von εὐρύς vorkommen. 

Das in diesen Bildungen vorliegende Suffix -% ist. 
wahrscheinlich sekundär und hängt mit dem sonst auf- 


$ 348. 349.] Die 3. Deklination. 287 


tretenden -wo, das z. B. in Germ. Batavi vorliegt, zu- 
sammen. | 

Das Suffix - fanden wir in den bisher besprochenen 
Kategorieen hinter Konsonanten. Stand es hinter e-Vo- 
kalen, so ergab sich -e-« und mit Dehnstufe Nom. -2u-s 
gr. -ηυς, daraus durch Verkürzung -evs. Hierher gehören 
die griech. Nom. agentis auf -evs, Gen. -nFog, wie ἡνεοχεύς, 
VOUEUS, TEOUTTEUS, τοχεύς, φονεύς, φορεύς. 

Anm. 3. Diese Bildungen sind außerordentlich häufig be- 
sprochen. Wir folgen mit einigen Modifikationen den Ausführungen 
Kretschmers ΚΖ. 31, 330 ff. und Brugmanns IF. 9, 365 Ε΄. wo auch 
die früheren Erklärungen erwähnt sind. Den neusten Versuch, 
diesen Bildungen nahe zu kommen, der sich bei Ehrlich ΚΖ. 38, 1ff. 
findet, halte ich für verfehlt. 

Wie der Vokativ auf -eö zeigt, sind diese Bildungen 
abstufend gewesen, doch ist die Dehnstufe, ähnlich wie 
bei den Stämmen auf -ν, sehr früh ganz durchge- 
führt. 

Eine ähnliche Bildungsweise ist bisher nur im Iran. 
nachgewiesen, 2. B. avest. bazäus, apers. dahyäus. 

Die Bildungen sind zunächst von Verben und zwar 
solchen auf -&w abgeleitet, z. B. φορεύς zu φορέ-ω, 
ἡνιοχεύς zu ὀχέω. Ganz entsprechend kann man aber 
auch aind. Bildungen auf -οὐ auffassen, z. B. päy-üf 
„Hüter“ von päy- „beschützen“, jäyus „siegreich‘‘ zu ji 
„ersiegen“. 

Anm. 4 Als Wackernagel ΚΖ. 24, 295 die Bildungen auf 
-sös an das ind. Suffix -yu- anknüpfte, konnte er noch nicht 
wissen, daß -yu- im Indischen wahrscheinlich erst auf falscher Ab- 
straktion beruht. Denn ydjyuf ist in yajy-uf zu zerlegen, wegen | 
ayı-os, äbouas, many-üf „Zorn“ gehört zu μανέ-α͵ ualvouas u. 8. w. 

Da nun neben den Verben auf -&w wie φορέω Nomina 
auf -ος standen, φόρος, so konnte man die Bildungen 
auf -εύς zu diesen in Beziehung setzen und auch ein 
χαλκεύς zu χαλκός bilden. 

8 849. Alte öu-Stämme liegen zunächst in den 


288 Formenlehre ΧΧΥ͂ΠΙ, [8 349. 350. 


Dualformen vor ἵππω, ai. ἀδνᾶμ, idg. *ekwöfu). Der 
Genitiv ging ursprünglich auf -οὔδ aus, ai. -0, abg. -u. 

Ferner sehe ich sie in den Fällen wie πάτρως, μήτρως, 
ἥρως, ὅμώς. Diese verhalten sich zu βασιλεύς u. 8. w. 
wie δώτωρ zu δοτήρ, und zu 1. patruus aus *patrewos, wie 
ai. säkhä zu 1. socius. Die Flexion zeigt durchgeführte: 
Vollstufe. 


XXVLOI Kapitel. 
Adjektiva und Komparation. 


I. Die Adjektivbildung. 


ᾷ 350. Die Adjektiva mit ihrer Motionsfähigkeit: 
waren aus dem Idg. ererbt. Griechisch und Indisch 
stimmen in diesem Punkt sehr überein, während die 
übrigen Sprachen z. T. Einbuße erlitten haben. 

Die Bildung des Neutrums ist im allgemeinen im 
Griech. regelrecht. Es ermangelt des mask. -ς und der 
Dehnstufe. 

Dagegen zeigt das Femininum verschiedene Bildungen. 

1. Die gebräuchlichste war die mit Suffix -/» (gr. -ja, 
ai. -), die im Griech. noch bei allen Stämmen der 
3. Deklination auftritt. 

a) -n-Stämme: uelov-, davon *u&layja, das zu μέλαινα 
wurde; 

b) -ni-Stämme: ἑκοῦσα aus *iubyzja zu ἑκόντ-ος ; —. 
πᾶσα aus *ndvzja; — χαρέεσσα aus *xaglFarja, 5. ἃ 334, 5; 

6) -w-Stämme zeigen e-Stufe des Suffixes, daher 
γλυχεῖα aus *yAuneFja, 

Anm. Diese Bildungsweise ist durchaus identisch mit der, 


wie auch sonst movierte Feminina gebildet werden, z. B. τέκταενα: 
zu τέκτων, δότειρα zu δοτήρ U. 8. W. 


ἃ 860. 351.] Adjektiva und Komparation. 289: 


2. Die o-Stämme bilden in allen Sprachen das 
Femininum auf -ἃ: νέα, 1. nova, got. niuja, abg. nova. 
So auch im Aind. nivä. Daneben wird aber im Ind. das 
Fem. bei den o-Stämmen auch auf -7 gebildet und zwar 
in der älteren Sprache häufiger als in der jüngeren, sodaB 
es kaum zweifelhaft ist, daß wir darin die ursprünglichere 
Formation zu sehen haben. Das ἃ bei den o-Stämmen 
ist wohl erst nach dem Muster τόμος : τομή u. 8. w. auf- 
gekommen, d. ἢ. zu der Zeit als o- und ä-Stämme auch 
sonst in gleicher Bedeutung nebeneinander standen. 

3. Eine große Anzahl von Adjektiven bildet kein 
Femininum; das ist ererbt bei den Adjektiven auf -7g, 
wo das Fem. auch dem Ind. fehlt. Es läßt sich ferner 
aus der substantivischen Natur erklären bei den Kom-- 
positis, deren zweites Glied ein Substantivum war, 2. B. 
ῥοδοδάκτυλος, das nichts weiter als „Rosenfinger“ bedeutet. 
Auf diese Weise scheinen auch eine Anzahl vom Sim- 
plizien erklärt werden zu können, wie ἥσυχος, ἥμερος, 
&rvuos. Aber für viele versagt diese Erklärung, und der 
Grund bleibt unklar. 

4. Außerdem giebt es eine Reihe unregelmäßiger: 
Bildungen. So heißt zu πολύς das Fem. πολλή, wie der: 
Gen. Mask. πολλοῦ lautet. πολλή, πολλῆς läßt sich am 
besten aus *zoAFja herleiten, in welcher Form das / ver- 
loren ging. “πολήᾶς führte regelrecht zu πολλῆς, und: 
von da aus drang das AA in das Mask., das bei Homer 
noch πολέος, πολέες, πολέσι, πολέας lautet. — Zu μέγας 
wird das Fem. und die meisten Kasus des Mask. vom 
Stamm μογαλο-, got. mikils „groß“ gebildet, während 
μέγα- ai. mahi- entspricht, oder die Schwundstufe zu I 
mag-nu-s ist. 


ll. Die Komparation. 


ᾷ 351. Es giebt im Griechischen, wie in den meisten 
verwandten Sprachen zwei Arten der Steigerung, eine 
Hirt, Griech. Laut- u. Formenlehre. 19 


300 Formeniehre XX VII. [8 351—383. 


primäre, die aus der Basis gebildet wird, und eine 
sekundäre, die von Adjektiven direkt abgeleitet wird. 
Beide Arten bieten dem historischen Verständnis nicht 
geringe Schwierigkeiten. 


A. Die primäre Komparation. 


ᾷ 852. 1. Der Superlativ wird seit idg. Zeit 
durch ein Suffix -isthos gebildet, ai. -isthas, got. -isis, gr.. 
-soros. Dieses Suffix zerlegt sich in -i, der Schwundstufe 
des komparsativischen -jes-, und -tho-, das mit dem -iho-, -to- 
der Ordinalzahlen zusammenhängen mag. -isthos wird 
daher nur da gebraucht, wo der Komparativ die primäre 
Bildung zeigt. 

Anm. Der Ansatz des Suffixes mit -tho beruht nur auf dem 
Arischen. 

Beispiele: κράτιστος von κχράτύς, got. hardists (nicht 
belegt, aber sicher anzusetzen); — ἥδιστος, ai. sukdiäthas, 
got. sulists; — μέγιστος, ai. mahiithas; — ἐλάχιστος, Bi. 
löghiäthas „der flinkste“. 

Der Ton lag ursprünglich auf dem Ende, und die 
Stammsilbe hatte daher reduzierte Gestalt, vgl. ai. jyasthäs 
„der älteste“, kanssthis „der jüngste“, und gr. κράτισεος 
neben χρεέγεων, ὀλέγιστος neben ὀλεέζων (inschr.). 

Diese Superlative sind nicht mehr produktiv. 

ᾷ 358. 2. Der Komparativ bereitet viel größere 
Schwierigkeiten. | 

8) Im Griechischen wechseln -;av und -ıwr. 7 ver- 
bindet sich mit den voraufgehenden Konsonanten nach 
den ἃ 240 fl. gegebenen Regeln, daher κρδίθφτων aus 
Ἐχρέότηων, ἥττων aus Irjwr, udoowv aus *udajwv, μείζων 
aus ἔμέγ)ων, ion. μέζων, μᾶλλον aus *udijov u. 8. τ΄. 

“(ὧν muß auf -4w»v zurückgeführt werden. Das ı 
wird von den dorischen Dichtern und den alten Epikern 
kurz, von den attischen Dichtern lang. gebraucht. Doch 
kommt auch hier die Kürze vor. Die Länge ist nach 


& 353,] Adjektiva und Komparation. 291 


Ausweis des Indischen ursprünglicher, vgl. ἡδίων, ai. 
svädiyan u. 8. w. Das Indische kennt nur die Länge, 
Dieses τ ist nach 8 123 Ablaut zu altem &, wie sich aus 
dem Indischen mit Sicherheit ergiebt und auch durch 
folgende Gleichungen: ἡδίων: 1. svadere, gr. ddmwa; — 
ἀλγίκων: 1. algere;, — γλυκένων zu 1. dulce-do, vgl. Verf. 
IF. 12, 200. 

b) Die Flexion des Komparativs bietet die größten 
Rätsel. Es kann nach den Untersuchungen von Brug- 
mann ΚΖ. 24, 54 ff, Grd. 2, 401 Anm. 1 trotz J. Schmidt 
ΚΖ. 26, 337 ff. nicht zweifelhaft sein, daß das Suflix 
zunächst -jes, -jös war, vgl. lat. major, Akk. majörem. 
Auf diese Flexion gehen zurück der Akk. Sg. μείζω aus 
*ueyjooa aus *megjosm, der Nom. Plur. Μ, μείζους aus 
Ἐμέγγοσες und Ntr. μείζω aus *udyjova. Im Akk. Phur. 
mußte ursprüngliches *u&yjooas zu *uelöwg werden. Diese 
Form ist aber durch den Nom. verdrängt. 

Der s-Stamm tritt aber nicht in den obliquen Kasus 
auf, und er hat daher wahrscheinlich in diesen auch keine 
Berechtigung. Es weist vieles darauf hin, daß das Grie- 
chische mit seiner n-Flexion in den obliquen Kasus etwas 
altes erhalten hat. Diese Art der Deklination würde 
sich der oben behandelten der heteroklitischen r-n-Stämme 
anschließen. Man kann auch daran denken, daß der 
Genitiv im Idg. -jos-nos lautete, und daB das 8 vor -n 
ausgefallen ist. 

Anm. Eine andere Hypothese ist von Thurneysen KZ. 33, 551 
aufgestellt. Er leitet ἡδίονος aus *ndto-ovos her, und vergleicht 
damit got. Gen. sutizins. -is wäre die Schwundstufe zu -jes. Diese 
Erklärung scheitert an der Länge des 7. 

c) Die Stammabstufung und Betonung. Der 
Komparativ war auf der Basis betont und hatte daher 
starke Stammform, vgl. ἥδιον, ai. svädiyas, κρείττων zu 
κρατύς und κράτιστος, got. juhiza. Bei zweisilbigen Basen 


scheint aber Betonung der zweiten Silbe und V. II ge- 
19* 


292 Formenlehre XXVIH. [8 353. 354. 


herrscht zu haben, vgl. ἥδιον zu idg. *sewäd, κρείττων 
zu got. hardus, Basis *keret. 

d) Der ionische und attische Dialekt gehen in der 
Quantität des Komparativvokals auseinander. Gegenüber 
att. μείζων heißt es ion. μέζων, ebenso ion. γλύσσων, 
πάσσων, βάσσων, βράσσων, κρέσσων gegenüber att. χρεέττων, 
hom. ἄσσον gegenüber att. drrov. Möglicherweise sind 
auch als ion. ϑάσσων und ἐλέσσων anzusetzen, vgl. 
Kühner-Blaß® 1, 555 Anm. 1, Lagercrantz 32. Die 
Erklärung ist unsicher. 

e) Die primäre Natur des Komparativs zeigt sich 
darin, daß im Positiv vorhandene Suffixe nicht im 
Komparativ erscheinen, weil er eben von dem bloßen 
Stamm und nicht vom Adjektivum gebildet wird, daher 
γλυκίων zu γλυχ-ύς, αἰσχίων zu αἰσχ-ρός, κυδίων zu κυδ-ρός, 
ἐχϑίων : ἐχϑ-ρός. Die alte Bedeutung aber, d. h. die Be- 
ziehung zu verbalen Begriffen, ist im Griech. ziemlich 
verloren gegangen, läßt sich aber wenigstens noch spüren 
in p&o-ıorog „der am meisten trägt“, dAylwv „schmerzender“. 


B. Die sekundäre Komparation. 


8 354. 1. Der Komparstiv. 

Das Komparativsuffix -iero- ist mit dem sonst auf- 
tretenden Suffixe -iero- in πό-τερος „welcher von beiden“, 
ai. ka-tards, got. ha-bar, lit. ka-träs, . abg. ko-tors-js 
„wer“, dor. ἅτερος „der eine von beiden“, att. &-reoog,. 
&xd-tegog „jeder von beiden“, Aus-regog „unser“, ὑμέ-τερος, 
lat. nosier, vester verwandt, und wird im Arischen, Grie-. 
chischen, seltener im Irischen als regelmäßiges Kom- 
parativsuffix verwendet. Über die Grundbedeutung des 
Suffixes vgl. Sommer IF. 11, 257 ff. und die dort zitierte 
Litteratur. Eine Entscheidung über die verschiedenen, 
Ansichten wäre nur zu gewinnen, wenn es möglich wäre, 
die Etymologie des Suffüixes -tero- nachzuweisen. 

Dieses Suffix -tero- (und ebenso -iato-) trat zunächst. 


& 354.] Adjektiva und Komparation. 293 


wohl an die Adverbialform, so in παλαίέ-τερος zu παλαιός, 
eigentlich aber von πάλαι abgeleitet, γεραίτερος zu γεραιός, 
σχολαίτερος, vgl. σχολῇ, περαέτερος von πέρᾳ, μεσαίτερος 
von μέσος, μυχαίτερος, πλησιαίτερος zu πλησίος, δεξιτερός 
zu δεξι-ός, ὑψέτερος, ῥηΐτερος, ἀνωτέρω zu ἄνω, ὑπέρτερος 
u. a., entsprechend ai. wceäistaräm, danäistaräm, dem slav. 
-2-jss-, dem got. -öx aus -Giz. Dieser Bildungsweise ent- 
sprechen ferner die griechischen Komparative auf -wregoc. 
Wir haben es hier nicht, wie Wackernagel Dehnungsges. 
5 ff., Brugmann Gr. Gr. ὃ 8 204 meinen, mit der sogenannten 
Auslautsdehnung zu thun, sondern mit einer Kasusform, 
die ursprünglich wohl in allen Fällen verwendet wurde, 
sich aber nur hielt, wo durch Einführung von o eine 
Folge von Kürzen entstanden wäre. Beweis dafür ist, 
daß die Stämme auf -v z. B. nicht dehnen, YAvxvzegos. 

In oopw- wird derselbe Kasus wie in σοφῶ-ς stecken. 
Bei anderen Stämmen ist das Adverbium dem Ntr. Sing. 
gleich, und es wird dieser daher verwendet, γλυχύ-τερος, 
ἀληϑέσ-τερος, μελάν-τερος, πενέστερος aus ἘἔἘπενέτ-τερος. 
Ebenso heißt es χαριέστερος zu χαρέεν aus "χαριξέντ-τερος, 
«τιμηέστερος u. 8. w. Nach diesen Fällen ist dann auch 
bei den Adjektiven auf -o der Stamm eingesetzt, wenn 
die vorhergehende Silbe natura oder positione lang war: 
κουφό-τερος, ἰσχυρό-τερος, πικρό-τερος, sodaß nunmehr ein 
rhythmisches Gesetz entstand. 


Anm. 1. Die Ausnahmen von der Verteilung des -οτεροῦ 
und -@regos, κενότερος, στενότερος, μᾶνότερος erklären sich aus dem 
einst nach » vorhandenen F; es hieß regelrecht xevForegos, στεν- 
Foreoos, und daher ist *ua»Foregos zu erschließen. 

Anm. 2. Durch falsche Abstraktion entstand das Suffix 
-zorepos, 8. ὃ 286, das bei den Stämmen auf -w», -ov, bei einigen 
auf -οος und sonst bei einigen auf -os sich findet. -soreoos, -soraros 
steht bei den Adjektiven auf -ῆς, -ov, κλέπτης, xAsrer-iorepos und 
einigen auf -os. Eine alte Bildung ist hier jedenfalls rorioraros, 
in γυναῖκες ὦ norioraraı bei Aristoph., vgl. 1. potis-sum. Ebenso 
kann das « von λαλίστερος mit dem ἡ von ἐλάλησα nach $ 123 zu- 
sammengehören, 


2 Formenlehre ΧΧΥΗ͂Ι. [8 366. 866. 


ᾷ 855. b) Der Superlativ. 


Das Superlativsuffix zu -zego- ist im Griechischen 
-zo0-. Ἐπ᾿ hat in den verwandten Sprachen keine direkte 
Eintsprechung, vielmehr treffen wir dafür -Wmos an, lat. 
wl-kmus, got. af-tuma „der latzte“, ai. ul-iamds „der höchste, 
oberste, beste“. Von diesem Suffix, das im Griechischen 
als -sauo- auftreten müßte, tinden wir hier hinwiederum 
keine Spur. Eine Gleichung wie bom. ὕστατος, ai. uttamäs 
legt die Annahme nahe, daß -ταμο- zu  -τατὸς wurde 
unter dem Einfluß van -zog in -ı0z05 und ἔνα-τος, τρέτ-ατος. 

Neben -t,mo stand auch -;mo in ai. adh-amds „unterste“, 
par-amäs „fernste, letzte, beste“, got. auh-uma „höchste“. 
Auch für das zu erwartende -auoc finden wir im Grie- 
chischen -asog, so in πρῶτος, dor. πρᾶτος aus *nod-arog, 
ἔσχ-ατος, τρίτ-ατος, βέλτ-ατος (vgl. βελτίων), μέσσ-ατος 
„genau in der Mitte“, νέτατος „letzter in der Reihe“. 

Anm. Brugmann (Gr. Gr.? 202 läßt von &»-aros, dex-aros zu- 
nächst -aros ausgehen, und aus Yäpr-aros neben φέρεστος -τατος 
sbstrahiert werden. Man wird aber auch die einst vorhandenen 


Formen auf -azo- und -sauo- heranziehen dürfen. Vgl. auch 
O, Hoffmann Phil. 60, 17 £f. 


C. Unregelmäßige Komparation. 


6 %6. Es ist eine Eigentümlichkeit aller idg. 
Sprachen, daß Positive der Bedeutung „gut, schlecht, 
groß, klein, viel, wenig“ u. a. keiner Steigerung fähig 
sind, Die Grammatik giebt aber zu ihnen Steigerungs- 
formen, die von anderen Stämmen ausgehen und jene 
Positive scheinbar supplieren. In Wirklichkeit gehören 
aber die Steigerungsformen nicht zu jenen Positiven, wie 
noch heute besser nicht die Steigerung zu gui ist. Denn 
einem Kranken kann es besser gehen, ohne daß es ihm 
darum gut geht. 

Andere Komparationsformen sind nur durch die 
Lautgesetze unregelmäßig geworden. 


8 356.] Adjektiva und Komparation. 205 


1. Zu ἀγαθός „gut“ werden vier Steigerungsformen 
angegeben, von denen natürlich jede eine besondere Be- 
deutung hat. 

ἀμείνων enthielt echtes es, da altatt. duswoxdeg ge- 
schrieben wird. Man darf es daher nicht auf Ἐἀμέν)ων 
zurückführen, wohl aber könnte ein *duelyjwv zu Grunde 
liegen. Es ist indessen nicht nötig anzunehmen, daß das 
Wort das Komparativsuffix enthielt, es kann auch eine 
ganz andere Bildung sein. Etyınologisch stellt man es 
vielleicht mit Recht zu ]. amoenus. — ἄριστος ist direkt 
von der Basis ar- gebildet, die noch in ἀρετή uud im 
Komp. ἀρείων vorliegt. Letzterer dürfte vom Stamm 
Ἐάρες- gebildet sein. βέλτερος, βελτέων, βέλτιστος stellt man 
zu βούλομαι, was aber Schwierigkeiten hat. Besser leitet 
Wackernagel ΚΖ. 30, 301 *ß&Azegog aus *uelregog her 
und stellt es zu μάλα. | 

κρείττων, ion. κρέσσων, χράτιστος gehören zu xgarög, 
ion. κρέσσων ist die regelrechte Form für *xgezjwv,. Att.. 
κρείττων hat sein unregelmäßiges δὲ vielleicht von duelvwy, 
vgl. Brugmann BSGW, 1897, 185 ff. 

λῴων, λῷστος steht wahrscheinlich für Ἐσλώξιων und 
gehört zu 1. salvos aus *salavos oder zu dor. AG „ich will“. 

2. καχός bildet regelrecht χακέων, κάκιστος. Daneben 
ἥττων, ἥκιστος zum Adverbium ἧκα und χείρων, χείριστος. 
Letztere gehen auf ἔἘχέρσ ων, χέρσιστος zurück, die im 
aind. als Akrasiyan „minder, kürzer, kleiner“, &räsisthas, 
„der kürzeste, kleinste“ genau wiederkehren. Ist auf das 
bei Hesych überlieferte χειρέων Verlaß, so würde es ai. 
hräsiyan noch genauer entsprechen. Das epische χερεέων 
ist von dem Stamme *xsges-, vgl. χέρηες, gebildet. 

3. μῖκρός, puxgöregog, μικρότατος ist regelrecht. μείων 
gehört zur selben Basis wie μέκρόρ, ahd. smähr. 

4. Schwierig zu beurteilen sind πλέέων, silsigsog, die 
Steigerungsformen zu πολύς. Zu Grunde liegt eine Basis. 
ple. πλοῖστος kann aus πλήτἐσεος nach ὃ 148 erklärt. 


296 -  Formenliehre XXIX. [8 356—358. 


werden. Das δὲ von πλείων kann aus dem Superlativ 
übertragen sein. Daneben stehen Formen, die auf einen 
Stamm srie- weisen, so sul&-ov aus ἔπλεον, πλέδες aus 
Ἐπλέγες. 
Anm. Zu att. πλεῖν vgl. Wackernagel Vermischte Beiträge, 
8. 18. 
Ὁ. Komparation der Adverbia. 


8 357. Bei der Komparation der Adverbia muß 
man zwischen von Adjektiven abgeleiteten Adverbien 
unterscheiden, die im Komparativ den N. ΑΚ. Sg. Ntr. 
und im Superlativ den Plural des Neutrums verwenden, 
σοφώτερον, σοφώτατα, ähnlich im Aind,, und den von 
Adverbien abgeleiteten Bildungen, die auf -w ausgehen, 
ἀνωτέρω, ἀνωτάτω, προτέρω. Vielleicht ist auch diese 
Art der Bildung alt und mit aind. Formen wie pratardm 
(προτέρω), uccäistaram zu vergleichen. 


XXIX. Kapitel, 
Stammbildung und Flexion der Pronomina. 


----ἰ. 


I. Die Personalpronomina. 


ᾷ 358. In allen idg. Sprachen weichen die Flexions- 
formen der Personalpronoımina mehr oder minder von der 
Flexion der Substantiva und Adjektiva ab. In vielen Formen 
finden wir eigentliche Kasusendungen gar nicht. Worin 
dies begründet ist, läßt sich bis jetzt nicht sicher er- 
kennen. Man vermutet, daß hierin ein Zustand vorliegt, 
der der Ausbildung der eigentlichen Flexion vorausging. 
Im Laufe der Zeiten nehmen indessen die Personal- 
pronomina vielfach die Kasusendungen der Substantiva 
an. besonders auch im Griechischen, und unterliegen zahl- 


ὃ 358--360.] Stammbildung und Flexion der Pronomina, 297 


reichen Analogiebildungen. So groß die Ähnlichkeit der 
Personalpronomina in den einzelnen idg. Sprachen ge- 
blieben ist, eine Ähnlichkeit, auf der man mit Recht den 
Nachweis der Sprachverwandtschaft aufgebaut hat, so wenig 
läßt sich doch ihr idg. Paradigma wiederherstellen. 


Vorbemerkungen. 

ἃ 359. 1. Die verschiedenen Numeri der Personal- 
pronomina wurden in idg. Zeit von verschiedenen Stämmen 
gebildet, mit Recht, da ja „wir“ nicht der Plural von „ich“ ist. 

2. Auch Nom. und Akk. weisen teilweise verschiedene 
Stämme auf. Vgl. über diese beiden Punkte Osthoff 
Vom Suppletivwesen der idg. Sprachen 39. 

8. Die sog. Plurale und Duale flektierten ursprüng- 
lich singularisch. 


ᾷ 360. 1. Erste Person. 


Böotisch | Dorisch 


Attisch | Ionisch | Homerisch | Lesbisch 


ἐγώ͵ ἔγωγε, |ἔγω, ἔγων 


’ ‘ ’ [4 [4 ἐγών ἐγώ 
ἐγώ, ἔγωγε]ἐγώ, ἔγωγε) ἐγών (nur | auch vor ͵ ἐών (ie) ᾿ 
vor Vokalen)| Kons. promıscu6 
äutos, &uovs, 
- 2 duevs,dusder; 
ἐμοῦ, μοῦ ἐμέο, ἐμ ed, ἐμεῖο, [μὲ 0), ἔμεϑεν | duovs ἐμέο, ἐμέω 
mad ἐμέϑεν äuios (Tar.); 
usdiv; μοῦ 
ἐμέϑεν ἐμοέ, 


ἐμοί, μοὶ | ἐμοί, μοὶ ἔμοι, μοὶ | ἐμοί, ἐμ) ἐμέν, μοὶ 


μοὶ 


ἐμέ, μὲ ἐμέ, μὰ | ἐμά, μὰ ἔμο, μὲ | "ἐμέ | ἐμέ, us 


---ἰἶἱντ".-"----- το. ἢ «ὐπσπσπιπσισπαιπαπαιπαασααπευππησευππι;»"»..» rn) —d Me .»ὕὕἡ0.-..5.. 


ἡμεῖς ἡμεῖς ἰ ἄμμες, Nuss) ἄμμες ἅμές auss 
Ann ἡμέων ἡμέων ἀμμέων | ἁμίων | ἁμέων͵ ἁμῶν 


nn pen | m sn | mr en | nu | use 


᾿ ἡμᾶς, ᾿ς ἄμμε, ἡμέας, 
ἥμας ἥμέας ἥμεας 


298 Formenlehre XXIX, | [8 360, 


Singular. 


1. Nominativ. ai. ahöäm, abg. azü, got. ik weisen 
auf ein idg. *eg(h)öom, dem im griech. (und lat.) ἐγώ und 
ἐγών gegenüberstehen. Wie sich diese zu einander ver- 
halten ist unklar. Joh. Schmidt KZ. 36, 406 erklärt das 
lange -ω von ἐγώ als nachgebildet nach φέρω, ἐγών nach 
urgriech. Formen wie *&dwy. Das ist durchaus möglich. 
Andrerseits könnte in ἐγώ und ἐγών alter Sandhi vor- 
liegen, wie in δαέμων und homo. Die ursprüngliche Her- 
kunft von ἐγώ ist unklar, vgl. die Vermutungen von 
J. Schmidt a. a. O. 410 und Verf. Akzent 323. Böot. 
ἰών erklärt sich nach den Lautgesetzen aus ἐγών zu 
"om δ ἰών. 

Die in ἔγωγε auftretende Partikel -ye deckt sich mit 
dem -k von got. mi-k, d. mich. 


2. Akkusativ. Der Stamm für den Akkusativ 
und die übrigen Kasus war idg. -me. Das griechische 
& in ἐμέ steht allein und ist höchstwahrscheinlich von 
ἐγώ übernommen. In ἐμοί hält es Wackernagel ΚΖ. 28, 
138, Akz. 20 für alt, was mir aber sehr zweifelhaft ist. 

Als Foım findet μὲ seine Entsprechung in got. mi-k, 
“das griech. ἐμέγε genau entspricht. Die übrigen Sprachen 
zeigen abweichende Bildungen. 

3. Genitiv. Bestimmte Genitivformen lassen sich 
im Idg. nicht nachweisen. Es scheint, daß die Stamm- 
form *me auch genetivisch verwendet werden konnte. Im 
Griechischen wird der Stamm με, Zus regelrecht flektiert, 
daher hom. ἐμεῖο aus Ἐἐμέσ)ο u. 5. w., im Böotischen 
und Dorischen geht die Form in die Flexion der kon- 
sonantischen Stämme über. ἐμόϑεν zeigt die auch beim 
Nomen auftretende Endung -9ev, s. Adverbium. 

.. 4. Dativ. μοὶ entspricht dem altind. me, das als 
Dativ, Lokativ und Genitiv verwendet wird, dem abg. 
mi, lat. mi. Die Form ist überall enklitisch, Die voll- 


8 360.] Stammbildung und Flexion der Pronomina. 209 


betonte Form ai. mähyam, womit lat. mihi zusammenhängt, 
ist im Griechischen verloren, und durch ἐμοί ersetzt. 

Die dorischen Formen ἐμέν, 2uw sind nach Au, 
äulv gebildet und zeigen eine auch beim geschlechtigen 
Pronomen auftretende alte Lokativendung. 


Plural. 


5. Nominativ, Akkusativ. Der Stamm des 
Pronomens lautet im Griech. asme; dies entspricht ai. 
asma-. a ist in beiden Sprachen auf n zurückzuführen, 
und das abzutrennende ns entspricht got. uns- und ist die 
Schwundstufe zu ai. nas, ]. nös. Weiter darf man idg. 
*nsm£ aus *ns-sm& herleiten, und in *sme eine noch im 
Indischen vorliegende Partikel sma, smä, smad sehen, die 
„eben, gerade“ bedeutet, und vielleicht mit ἅμα, d. zusammen, 
verbunden werden darf. Die Form der angetretenen 
Partikel war ursprünglich wahrscheinlich -smed, worauf 
die abgeleiteten Formen, ai. asmad-iya- „unser“, asmat-sakhi- 
„uns zu Gefährten habend“, gr. ἡμεδ-απός, ὑμεδ-απός, ai. 
yuvad-devitya- „Euch beide zur Gottheit habend“ weist. 
Diese Partikel wird ursprünglich unflektiert gewesen sein, 
vgl. L mihimet, nobismet, und erst später die Flexion an- 
genommen haben, wie dies bei derartigen Zusammen- 
setzungen häufig geschieht. Eine ursprüngliche derartige 
Form liegt wahrscheinlich noch vor in lesb. hom. ἄμμέ, 
dor. böot. ἄμε, die dem ai. asmdd (Abl.) gleichgesetzt 
werden kann. Indem ἄμμε hinten flektiert wurde, ent- 
stand ἄμμες wie πόδες, oder ion. att. ἡμεῖς wie σαφεῖς, 
so wie der Akk. ἡμέας, ἡμᾶς.. 

6. Genitiv. Der Genitiv flektierte ursprünglich 
singularisch, indem man nach ἀμμέ: μέ ein *duuelo : ἐμεῖο 
schuf, vgl. Brugmann ΚΖ. 27, 397 ff. Dies wurde plurali- 
siert zu hom. ἡμεέων, das weiter zu ἡμέων, ἡμῶν wurde. 

7. Dat. Der Dativ hatte wahrscheinlich ursprüng- 
lich die Endung -smi, -smin, vgl. ai. a-smin „bei diesem“, 


300 Formenlehre XXIX. [8 360. 361. 


kä-smin, av. a-hmi, ka-hmi. Dies liegt vor in lesb. hom. 
ἄμμιν, ἄμμε, danach ἐμέν. Indem *&ou: pluralisiert wurde; 
entstand ἐἄμμεσε und ἔἄμμισιν, woraus lautgesetzlich ἡμῖν. 


Dual. 


Eine alte Dualform liegt im Akk. γώ vor = ai. AGD. 
näu, abg. na. Dies ist derselbe Stamm wie im Plural 
mit den Dualendungen -©u -5. γῶϊν ist gebildet wie 
ἥπποι-ν, vol-ıv oder direkt gleich *vworv (alter Lok., 8. 0.). 
In der Nominativform γῶϊξ ist das ὁ unklar. 


92. Zweite Person. 


ᾷ 361. Die Flexion entspricht im allgemeinen der 
der ersten Person. 


Attisch | Ionisch | Homerisch | Lesbisch Dorisch 


σύ, σύγε τύνη, σύ, σύγε] τύ, σύ τοῦ͵ τούν τὖ, rum 


DL 
TEOS, τεοῦς, 
- - | σεῖο, σ τεοῦ! τεῦς, τεῦ 
G. σοῦ | σέο, σεῦ ἴο, ger σέϑεν vs, ὦ τᾶν, 
σέο, τεοῖο τιοῦς τεοῦ, τέο, 


τίος, τέορ 


EEE EEE | Seeger sn Green γῦϑΚ ren | τ“ Πττ...,. Genen. 


σεῦ͵ σέϑεν fi τίν, τένη 
, ’ έ ᾿ 4 4 (ἂιι, ’ 9 
D. σοί | σοί, τοὶ σοί, τοὶ, τεῖν σοί, τοὶ Ἦν τοῖν, τοὶ 
A. σέ σέ σέ 06 τίν τ) τι), 
τύ͵ τέ 
ς > ς οὐ oo; 
'N. ὑμεῖς] ὑμεῖς | ὕμμιες, ὑμεῖς | ὔμμες τς u ὑμέός 
α. ὑμῶν, ων μῶν, | ὁ μέων οὐμίων ὑμέων, ὑμῶν 
. ὕμων “ ὑμέων . με li, 
Φ ) 1% 9 € ” € € 
D Sun ὑμῖν |ὕμμιε(ν), ὕμεν͵) ὕμμε(ν) | ovum dulv, Du 
A „ak, ὑμέας | Yuue, ὑμέας] ὄμιμε ὑμέ. 


$ 361.] Stammbildung und Flexion der Pronomina, 501 


Singular. 


1. Nominativ. Der Stamm des Pronomens ist 
iewe-, tewo-. Daraus wurde in unbetonter Stellung ἐδ, ai. 
Adv. tu, tu, gr. τύ, σύ, 1. tu, got. Pu, abg. ty. Im Grie- 
chischen ist das lange ὦ in hom. τύνη erhalten, das eine 
Bildung wie &ywv-n ist. Böot. zovv nach ἐγών. 

2. Akkusativ. σέ aus *zF&, wohl in kretisch τρέ er- 
halten, = ahd. di-h. Dor. τὺ war akkusativisch gebrauchte 
Nominativform. Böot. τὰν ist Dativform. 

3. Genitiv. Hom. σεῖο aus *w-esjo, wie ἐμεῖο 8. 0. 

4. Dativ. Das Idg. hatte nur die Form οὶ aus 
*woi mit Ausfall des w, ai. ἐδ, abg. ti, das im Griechischen 
in dem zur Partikel gewordenen zo? und auch wohl in 
dor. τοί fortlebt. Ob σοέ auf *woi zurückgeht, oder sein 
co von den übrigen Formen erhalten hat, läßt sich nicht 
entscheiden. τέν wie ἄμμεν und ἐμέν. 


Plural. 


5. Der Stamm ist idg. ji(s), ai. yüydm „ihr“, got. 
jüs, an die ebenfalls die Partikel smed trat, daher lesb. 
duue aus *jusmed. Die übrige Entwicklung genau wie beim 
Pronomen der 1. Person. 


Dual. 


6. Die idg. Sprachen stimmen wenig überein, und 
das griechische σφώ steht bisher ganz isoliert da. Er- 
klärungen versuchen Wackernagel KZ. 28, 139 ff., Brug- 
mann Grd. 2, 804, Solmsen Untersuchungen 199 2). Wenn 
man σφώ in 0 + φω zerlegt, so kann man -Pw mit. 
dem zweiten Bestandteil von ἄμεφω, der in got. δαὶ 
„beide“ selbständig vorliegt, identifizieren. Ein s-Element 
findet sich im Dual aber noch in got. is-wis „ihr beide“, 
air. si. 


308 Formenlehre XXIX. [$ 362. 


3. Reflexiv. 
ᾷ 362. Beim Reflexiv lauten ursprünglich die drei 
Numeri gleich. Der Plural griechisch σφεῖς ist daher 
sicher eine Neubildung. 


Attisch | Ionisch | Homerisch | Lesbisch | Böotisch | Dorisch 


δοῦς, ods, ἑοῦ 
οὗ, Flo, 54er 


sio, ἕο, Eoro | Feder ἑοῦς 


ὅϑεν, ἐοῖ, | por [Ὁ (τγοι, ἑν] Σίν, For, οἵ 


οἷ, ἵν 
ἕέ, ὃ Fe ἕ 
σφεῖς σφεῖς 
= σφείων͵ Ἢ 
σφῶν σφέων σφέων͵ σφῶν σφείων σφείων, we 
σφίσι(») | σφίσι, σφὶ Bar σφὲ σφΐν͵, φίν͵ ψί 
σφέας , - , 
σφ Η σφέα σφέας, σφᾶς) ͵ σφὲ σφέ͵ ψὲ 


.-»-----:ὕᾧὃ1ᾧῷςΣὃἕν-.“ὕ“-“- VE EEE TE u Ed ee Tr παῖπο,»ι» ἀ σαα. 


Der Stamm des Singulars lautet sewo-, daraus Akk. 
*gFe ) Fe, Dat. oFoı, Gen. eio aus *swesjo, entsprechend 
den Formen der 1. und 2. Person. Daneben stehen 
Formen ohne F wie hom. &£, &ot, wie lat. sibi. 

Über die ganze Frage vgl. Dyroff ΚΖ. 32, 87 ff. 

Der Stamm σφ- steht isoliert. Man vgl]. die Litteratur 


ᾷ 362. 363. Stammbildung und Flexion der Pronomina. 3083 


.bei Brugmann Gr. ΟἽ. ὃ 346 und G. Meyer Gr. Gr.? 513, 
dazu Solmsen Untersuchungen 199. Auch mir leuchtet 
am meisten ein, daß man von 09: auszugehen hat. Dies 
ist: die schwundstufige Form zu lat. siii. Indem dies mit 
ὄἄμμ-ι(ν) assoziert wurde, ergab sich für das Sprachgefühl 
og- als Stamm, und man bildete σφεῖς, σφῶν, σφᾶς nach 
ἡμεῖς, ὑμεῖς u. 8. ν΄. | 

Die eigentümlichen Formen μὲν und vır sind noch 
nicht erklärt. Thumbs Herleitung der Worte aus sma-im, 
nu-im (Jhb. f. klass. Phil. 1887, 641 ff.) ist von Wacker- 
nagel IF. 1, 333 ff. mit Recht zurüekgewiesen worden. 
Seine Herleitung des u und y aus dem Sandhi ist aber 
auch nicht zu beweisen. 


ll. Die geschlechtigen Pronomina. 
1. Der Demonstrativstamm so, sä, tod. 


ᾷ 363. Dieser Stamm zeigt in allen Sprachen im 
Nom, M. Fem. ein s, sonst den Stamm to, ai. sa, sas, sä, tdd, 
got. sa, 8δ, Pata == gr. 6, ἧ, τό. Diese Verschiedenheit 
läßt sich vielleicht durch die Annahme vereinigen, daß 
*:0, *sa für Ἦδο, δᾶ stehen, vgl. Verf. IF. 2, 130f. Die 
Flexion zeigt in allen Sprachen einige Abweichungen von 
der nominalen. Im Griechischen ist dieser Unterschied 
dadurch völlig beseitigt, daß einerseits das Nomen pro- 
nominale Formen und das Pronomen nominale Formen 
angenommen hat. 

Der Nominativ Mask. entbehrt des Endungs-s. 
Es ist eine mindestens mögliche Annzhme, daß das -s 
des Nominativs selbst dieser Stamm so ist, in dem das o 
infolge Unbetontheit schwand. Die Endung des Nentrums 
war d, vgl. lat. istud, gr. ποδ-απός. 

Der Genitiv lautet im Ind. tisya = idg. *tlosjo 
— hom. τοῖο, im Slavischen und Germanischen -so, worauf 
möglicherweise griech. τοῦ zurückgeht. Diese Form wurde 
als Genitiv der o-Stämme verwendet. 


304 Formenlehre XXIX. [8 363. 364. 


Der Dativ ist nominal, lautet aber ai. tüsmäi. 

Der Akkusativ hieß seit alter Zeit *lom, ai. täm, 
l. is-tum, gr. τόν. 

Der Nom. Plur. hieß idg. toi, ai. ἐξ, got. Bai; 1. 
is-t. Die Entstehung ist unklar. Im Griech. ist τοέ, 
abgesehen vom Ion.-Att., erhalten. In diesem Dialekt- 
gebiet sind οὗ und αἱ nach dem Nom. Sing. ὃ, N) einge- 
treten. zal selbst ist nach τού gebildet, denn in den 
übrigen Sprachen ist die Form nominal. Doch lautete 
der Nom. Dual. Fem. ai. ie. Dieser könnte in griech. 
ταί umgedeutet vorliegen. 

Der Gen. Plur. der Fem. zeigt eine besondere 
pronominale Form, idg. *läsöom, ai. tdäsam, gr. τάων, 1]. 
is-larum, got. pizd, 

Der Lok. Plur. Mask. τοῖσε ist ai. t&$u und zeigt 
das aus dem Nom. Plur. übertragene οἱ. 

Anm. 1. Der Pronominalstamm ὁ wird im Griechischen wie 
in anderen Sprachen gern durch angehängte Partikeln jerweitert, 
so durch -de in ö-de. Dieses -de gehört mit dem -δὲ in i-de zu- 
sammen. Geht es auf alten Dental zurück, so wäre etwa das -de 
in 1. quan-de zu vergleichen (Persson IF. 2, 2181). Er kann aber 
auch einem g® entsprechen, und dann böte sich zur Vergleichung 
abg. -Ze, in i-Ze „welcher“, eig. „der aber“. Nach einem in allen 
Sprachen gewöhnlichen Vorgang wird griechisch auch das zweite 
Glied flektiert, daher hom. τοζσδεσσε, Alk. τώνδεων. 
ξι ς EIm Thessalischen erscheint für öds ein ö-vs, rö-ve, τά-νε, das 
ebenfalls doppelte Flexion zeigt: G. Sg. zosvsos, G. Pl. rovv-veovr. 
Persson IF. 2, 216f. nimmt auch für diese Partikel -ve idg. Ur- 
sprung an; er vergleicht avest. kas-na „wer denn“ u.a. Ein -» 
finden wir in ark. zw»! „huius“, za»! „hanc“, und schließlich auch 
ein sv in ark. rd-wv „haec“, kypr. ö-vv „hic“, τόν-υ „hunc“. Bei 
allen diesen Fällen ist eine sichere Erklärung nicht möglich. Ver- 
mutungen findet man in dem angeführten Aufsatz von Persson. 


2. Das Pronomen οὗτος. 


ᾷ 364. Die Flexion ö-vzog, ἅτυτη, To-vro weist von 
selbst auf Ableitung vom Stamme ὃ; -vro aber zerlegt. 


8 364—366.] Stammbildung und Flexion der Pronomina. 305 


sich in u + to. Dieses % findet sich als hervorhebende 
deiktische Partikel hinter dem Demonstrativum im Ai. 
2. B. tim u, festgewachsen in apers. hauv = idg. *so-u, 
avest. hau = *sä-u, und -io tritt im Slav. an Pronomina, 
ks-io „wer“, &s-to „was“. Aber man braucht nicht anzu- 
nehmen, daß die Vereinigung dieser Elemente erst im 
Griech. zu Stande gekommen ist. Im Aind. finden wir 
auch ein ἰδ u täd, das zu übersetzen ist „in diesem Falle 
nun“. Dieser Bildung entspricht gr. τοῦτο aus *ro(d)-v-Tod 
ganz genau. Ist dieses zweite Element flexionslos gewesen, so 
hieß es zunächst τοῦτο, αὗτο, Gen. Sg. Fem. *raöro aus 
*zdo-v-to. Dann trat die Flexion an das Ende, es entstand 
αὕτη, οὗτος, Gen. Sg. Fem. ταύτης, und die Flexion im 
Innern wurde ganz aufgegeben. Wurde aber auch das 
zweite Glied flektiert, so hieß es Gen. Sg. Fem. ταύτης 
aus *raovsag, Akk.*rovvrov, was analogisch zu τοῦτον wurde. 

Anm. Die N. Pl. οὗτοι, αὗταε waren Neubildungen. Das 
Dorische hat das alte τούτοε aus *roswros. Das Böotische führt den 
Stamm oö- weiter und bildet οὗτον, ovro, οὕτων. Fibenso 50 att. 


οὕτως. Diese Analogiebildung ist auch in den abgeleiteten Bildungen 
τοσ-οῦτος, τοι-οὔτος, τηλεκ-οῦτος Aurchgeführt. 


8. Das Relativpronomen. 


ᾷ 365. Das Relativpronomen ög „welcher“ entspricht 
dem aind. yds „welcher“, phryg. cos. Dies Pronomen 
hat durchweg vokalischen Anlaut und Spiritus asper. 

Anm. 1. Infolge des Zusammenfalls von 7 = 84 und 7 = 2, 
von οὗ und ai im Nom. Plur. wurde teils der Stamm το- relativisch, 
teils auch jo- anaphorisch gebraucht. Doch können hierbei auch 
andere Momente mitgewirkt haben, vgl. Brugmann Gr. Gr.? 241, 
2. Anm. Das Thatsächliche bei Kühner-Blaß® 1, 609. 

Anm. 2. Dieser Stamm *jos ist wahrscheinlich nur eine 
Ablautsform zu dem im Lat. vorliegenden is, ea, td. 


4. Das Fragepronomen. 


8 366. Das Fragepronomen zeigt seit indogerman, 
Zeit drei Stämme kei-, kwelo-, k®u-. Während der letzte 
Hirt, Griech. Laut- u. Formenlehre. 20 


806 Formenlehre XXIX. [8 366. 


selten ist, stehen X“- und %*®o- fast überall nebenein- 
ander. 

a) Der Stamm Ai findet sich im N. Sg. Ntr. fast 
allgemein. Gr. τέ entspricht lat. quid, ai. cid (Partikel), 
sonst kim, abg. dito, 

Der Nom. Sg. Mask. zeigt den i-Stamm im gr. τές, 
lat. quis, sonst heißt es *%*os, ai. käs, lit. käs, abg. kz-to, 
got. as. 

Der Akk. Sg. Mask. lautete *k"im = avest. lim. 
Dies wurde griechisch zu *rıv. Es scheint, daß, nachdem 
dieses zu τένα umgestaltet war, daraus die Flexion τέγος, 
τένε u. 8. w. erwuchs. Alle übrigen Formen der :-Flexion, 
D. Plur. τέσι, vgl. 1. quibus, gort. ö-Tiw, aus *kvismi, gegen- 
über ai. Lok. käsmin, beruhen auf Neueinführung von *kvi-. 

b) Der Stamm k*e-, k“o- ist in den übrigen Kasus 
alt ererbt. 

a) k#e-. Gen. hom. τέο, her. τεῦ entspricht abg. ceso, 
got. his, av. ca-hyä. Daraus att. τοῦ. Indem man von 
τέο einen Stamm ze- abstrahierte, bildete man τέῳ, τέων, 
τέοισι und weiter auch τέου. 


Anm. 1. Im lesb. zip, τίοεσεν ist der Stamm zı- eingeführt. 


Der Stamm kre- liegt auch in dor. πεῖ mit analogischem 
7 vor und in kret. zeiov' ποῖον (Hes.), gort. ö-relg. 

ß) Der Stamm %*”o- findet sich in allen Ableitungen 
und isolierten Formen: σπότερος, ai. katards „welcher 
von beiden“, abg. kotoryj „welcher“, got. ἔβαν, πόσος, 
aus *krotjos: ai. Kati „wie viele“ ποῦ „ubi“, πόϑι, prakr. 
kahim „wo, wohin“, πόϑεν, sunAlxos. 

c) Der Stamm ku-, ai. kü-tra „wo“ steht in kret. d-vı, 
syrak. zeug, rhod. ὅτπυς, vgl. J. Schmidt ΚΖ. 32, 394 ff. 

Anm. 2. Zum Stamme Κι ὁ gehört auch τὲ „und“, lat. que, 
ai. ca. Die attische Form ἄττα entstand durch falsche Trennung 
in Formen wie ὁπποῖα-ττα, vgl. die ausführliche Begründung von 


Wackernagel ΚΖ. 28, 121ff. Die alte Form σά findet sich noch in 
Arist. Ach. 757, 784 als megarisch, ebenso μοι. = 218 εἰπέ μοι, 


& 366. 367.] Stammbildung und Flexion der Pronomina, 307 


ὅπποϊά 00a περὶ χροὶ Feluara Feoro, Att. zra ist aus *bja, *kurja ent- 
standen. 

Anm. 3. Statt «ws u. 8. w. heißt es thess. xss, ebenso finden 
wir bei Herodot ὅκως, κότερος u. 8. w. Entstanden ist dieses xss 
dadurch, daß nach τὸ der Labial schwand, also in ovxs. σπόλλακες 
entspricht ai. purücid, es setzt eine ältere Form *noAöxıs voraus, 
vgl. W. Schulze GGA. 1897, 907 ff, Solmsen ΚΖ. 33, 298. 

Das Fragepronomen hatte neben dem fragenden seit 
idg. Zeit auch indefinitiren Sinn, wenn es unbetont war. 


5, Die übrigen Pronomina. 

ξ 367. a) Die Possessirpronomina. ἐμός ist gleich 
avest. ma- „meus“; σός aus *z/dc ist ai. fvds. Dem- 
gegenüber vertritt das lesb. hom. dor. τεός ein idg. *lewos, 
l. tuus; — ὅς aus *oFög ist ai. sväds „eigen“, hom. δός aus 
*geFog, 1. suus verhält sich zu ὅς, wie σός zu τεός. 

Im Plural finden wir das sonst beim Komparativ er- 
scheinende Suffix -rego-, Fud-epog, ὑμέ-τερος, σφέ-τερος und 
ähnlich im Lat. nos-ier und ves-ter. 

b) Der Verbindung ὕστις entsprechend finden wir 
im Indischen ydh κάξ ca und ydh kas-cid. Der zweite Be- 
standteil kehrt in lat. quisque wieder. Der Wegfall des 
ca, gr. re ist nicht recht erklärt. Flektiert wurden ur- 
sprünglich beide Glieder, ὅστις, οὗτινος, doch kommen 
daneben auch Formen vor, in denen nur das zweite 
Element die Flexion trägt. 

c) ἀμός ἅμός „irgend einer“ ist gleich got. sums 
„irgend einer“ und gehört zum Zahlwort „eins“, 1. sem-. 
Es steckt in ἀμόϑεν, οὐδ-αμοῦ u. 8. W. 

d) Von ὁ 9 τὰ δεῖνα „irgend einer“ ist eine sichere 
Erklärung nicht gegeben, vgl. Baunack Stud. 1, 46 ff, 
Solmsen ΚΖ. 31, 475 ff., Persson IF. 2, 227 ff. 

6) αὐτός ist ebenfalls noch nicht aufgeklärt. Die 
Verbindung mit ai. asw- „Leben, Leben der Seele“, av. 
avhu „Leben, selbst“, die Wackernagel ΚΖ. 33, 171, 


und Flensburg Über Ursprung und Bildung des Pro- 
| 20* 


308 Formenlehre XXIX. [$ 367. 


nomens αὐτός, Lund 1893 vorgeschlagen haben, scheitert 
an dem mangelnden Spiritus, wir müßten αὗτός finden, 
vgl. ὃ 230. Vielleicht darf man in αὐτός die Partikel αὖ 
„wieder, wiederum“ und den Stamm to sehen, sodaß es 
„wiederum der“, „eben der“, „derselbe“ bedeutet, vgl. 
Windisch Curt. Stud. 2, 362 ff. Schwierig bleibt dabei 
der Nom. αὖς (Hesych und inschriftlich im Dorischen). 

f) Das Reflexivpronomen ἐμαυτοῦ u. 8. w. ist von 
Dryroff ΚΖ. 32, 101ff. und Wackernagel ΚΖ. 33, 2 ff. 
ausführlich besprochen und aufgeklärt. Bei Homer stehen 
die beiden Worte noch unverbunden nebeneinander, ἐμοῖ 
αὐτῷ, σοὶ αὐτῷ, ἕο αὐτοῦ, ebenso in Gortyn Flv αὐτῷ. Das 
attische ἐμαυτοῦ hatte langes ἃ, wegen ion. ἐμωυτοῦ und 
wegen der späteren Formen &aroö, vgl. Wackernagel 
a. a. Ο. Man muß ausgehen von &07 αὐτῷ, das zu ion. 
ἑωυτῷ, att. ἑξυτῷ wurde. Daneben wurde οὗ αὐτῷ zu 
αὑτῷ. Außerdem wurde der Akk. &(F)’ αὐτόν regelrecht 
zu ἑαυτόν. Diese Formen wurden dann gegenseitig aus- 
geglichen. 

δ) Von den Stämmen {o-, jo-, k®o- werden eine ganze 
Reihe Pronomina und Adverbia abgeleitet. 

a) τόσος, ὅσος, πόσος aus *ioljos, 1. tot aus *oti in 
iotidem, ai. ydiı „wie viele“, käti „wie viele“, 1. quot. 

β) πότερος mit dem „Komparativsuffix“, ai. katards 
„welcher von beiden“, abg. kotoryj „welcher“, got. bapar 
„wer von beiden“; — gort. öregog, ai. yatards „welcher 
von zweien“. 

y) τηλικόσδε, ἡλίκος, πηλέκος. τηλίκος entspricht viel- 
leicht prakrit. tärisa „ein solcher“, oder πηλέκος hängt mit 
abg. koliks „wie viel“ zusammen. 

6) Nicht aufgeklärt sind τοῖος, οἷος, ποῖος. Die 
Brugmannsche Erklärung $ 324 Anm. ist nicht recht 
wahrscheinlich. Im Zusammenhang stehen damit die 
Bildungen ἀλλοῖος, παντοῖος, ὁμοῖος. Für diese Bildungen 
wird man den Ausgangspunkt beim Pronomen suchen 


8 367. 368.] Stammbildung und Flexion der Pronomina. 309 


müssen und zwar in der pronominalen Flexion. Das 
fem. Pronomen flektiert ai. N. sä, Akk. täm, Gen. tisyäs, 
Dat. täsyäi, was im Griech. &, τᾶν, voläs, τοίᾷ ergeben 
mußte. Es wurde nun zu ἅ, τὰν der G. und Ὁ. τᾶς, τᾷ 
neu gebildet, während man zu dem Gen. Dat. τοέας, τοίᾳ 
den neuen Nom, und Akk. τοέα und τοέαν bildete. Ebenso 
entspricht οἵας, οἵᾳ dem ai. yasyäs, ydsyai. Nun flektieren 
im Ind. auch einige Adjektiva pronominal, und zu diesen 
gehören anyis „ein anderer“, das die Stelle des griech. 
ἄλλος im Ind. vertritt, und samd-, das zu λ ὅμός gehört. 
Es sind also auch ἀλλοῖος und ὁμοῖος im Griech. be- 
gründet, und man braucht nur παντοῖος als Neubildung 
zu fassen, wobei zu beachten ist, daß das dem Sinne nach 
entsprechende ai. särvas ebenfalls pronominal flektiert. 


6. Reste alter Pronomina. 


8 368. Das Idg. hat noch eine Reihe anderer 
Pronomina besessen, die im Griechischen teils in Ver- 
bindungen mit anderen Pronomina, teils erstarrt in 
Partikeln enthalten sind. 

a) Ein idg. Stamm ke-, ko-, ki- liegt verschiedentlich 
vor. Die Bedeutung war „hier“. Dazu gehört der alte 
Lokativ ἐκεῖ und κεῖνος. Letzteres muß man aber wegen 
dor. lesb. κῆνος auf *x&j-evog zurückführen. In -svog sieht 
Solmsen KZ. 31, 474f. einen besonderen Pronominal- 
stamm, der gleich. abg. ons „er“ ist. xeivog würde also 
bedeuten „der dort“. Entsprechend ist τῆνος aufzufassen. 
Doch sind auch andere Erklärungen möglich, vgl. 
G. Meyer Gr. Gr.® 523. 

Der Stamm ki- liegt vielleicht in den Zusammen- 
setzungen ion. σήμερον, σῆτες, att. τήμερον, τῆτες aus 
*kjämeron vor, vgl. Brugmann BSGW. 1901, 99. Da aber 
das Lat. in diesem Falle ἢ hat, vgl. ho-die, das mit ahd. 
hiu-tagu auf ein idg. *khjo weist, so wird man dies auch 
in der griechischen Verbindung sehen dürfen. 


810 Formenlehre XXIX. [$ 368. 


Ὁ) Der im Lat. so stark verbreitete Stamm ὁ (is, 
ea, id) ist im Griech. fast ganz ausgestorben. Man sucht 
ihn in Hesychs ἔν" αὐτή" αὐτήν" αὐτόν" Κύπριοι, “in μὲν, 
γεν, 8. ὃ 362, in ἰδέ „und“ = ai. i-d@ „jetzt, in diesem 
Augenblick“, in i-vy@ und in einigen anderen Formen. 

c) Von einem Stamm e-, o- kommen wahrscheinlich 
die Partikeln εἰ (Lok. Mask.), ai (Lok. Fem.), ἡ im Kypr., 
Dor. (Instrumental). 

d) Zahlreiche Pronominalstämme stecken in den Par- 
tikeln, auf deren Gebrauch hier nicht weiter eingegangen 
werden kann. Was die formale Seite betrifft, so sind 
im wesentlichen dieselben Kasus vertreten, wie beim Ad- 
verbium. 

a) Ablative waren: ὡς „wie“ vom Stamm jo-, ai. yad 
„insoweit als, soviel als“, vgl. zug „so“ und ὡς, ὥς „so* 
zum Stamm so-; | 

β) Lokative: εἰ, ol, s. 0. Während bei den meisten 
Stammklassen endungslose Lokative neben solchen mit 
Suffix -© stehen, fehlen solche bei den o-Stämmen im 
lebendigen Gebrauch. In Adverbien scheinen sie aber 
erhalten zu sein. Freilich läßt sich die Lokativnatur 
nicht erweisen, da auch der bloße Stamm vorliegen kann. 
Es sind dies die Bildungen auf -2: τὲ, 1. que, ai. ca „und“, 


got. -h zum Stamme *Are-; — γὲ, got. -k in mik; — δὲ, 
vielleicht abg. Ze „aber“; — Ft, war im Kompositum ἧ 
N-FE erhalten, 1. si-ve, ai. va „oder“; — -Je in εἴϑε; — 


Lok. des Femininums liegen vor in al, καί, vel „für- 
wahr, wahrlich“ ; 

y) Instrumentale mit der Endung -n und mit Ablaut 
«ὦ kann man sehen in μή, ai. mä, arm. mi; — οὕπω, 
vgl. dor. πήποκα; — τῇ „dal nimm“ zum Stamme to-, 
vgl. lit. ie „da“; — ἢ „wenn“, s. 0.; — Ninn-Fe, ἤ-δη; — 
δή, δῆ-τα, ἤ-δη, ἔπει-δή; — ἦ „fürwabr, wahrlich“. 

Ein Instrumental nach der konsonantischen Dekli- 
nation ist ἄμα. ᾿ 


ἢ 369.] Die Bildung der Zahlworte. 811 


XXX. Kapitel. 
Die Bildung der Zahlworte. 


A. Kardinalia. 


& 369. 1. Die Einzahl umfaßt verschiedene Begriffe, 
und wir brauchen uns daher nicht zu wundern, daß die 
idg. Sprachen dafür verschiedene Ausdrücke gebrauchen, 
Der im Griechischen vorliegende Stamm &- geht auf 
*sem- zurück, das ursprünglich wohl die Vereinigung ver- 
schiedener Dinge zu einer Einheit ausdrückte, vgl. das 
mit *sem- zusammenhängende deutsche zusammen, sammeln. 
Etymologisch verwandt sind ferner lat. sem-el, singuli, sim- 
piex, ai. sa- in sa-häsram „1 Tausend“ aus *sm — gr. 
ἄ- : ἅπαξ, ἁπλοῦς. 

N. Sg. εἷς ist regelrecht aus *&ug entstanden, hat 
aber unregelmäßigen Akzent; Ntr. ἕν aus *su. Der Genitiv 
müßte *ouds, resp. *&udg lauten, dafür analogisch ἑνός, Ὁ. 
&L; Instr. ἅμα mit der regelrechten Reduktionsstufe hat 
sich im Adverbium erhalten. 

Das Femininum mit Suffix -j@ hat regelrecht schwache 
Stammform ula aus *ou-la, ebenso der Gen. μεᾶς mit 
altem Akzentwechsel. Daneben steht ἴα. Bei Homer ist 
die Flexion aber μέα, ing, ἰῇ, ulav; μιῇ kommt gar nicht, 
μιῆς nur einmal vor. Daraus schließt J. Schmidt ΚΖ. 
36, 391 ff., daß ing im Idg. aus *smjäs entstanden sei. 
Obgleich noch einige lautliche Schwierigkeiten bleiben, ist 
diese Erklärung wohl richtig. 

Auch ὅμός gehört zu dem Stamme sem-. 

Außerdem verwandte das Idg. noch ein Wort *oinos, 
l. unus, got. ains, lit. venas, abg. ins, das sich im Griech. 
in οἴνη (oivi) „die 1 auf dem Würfel“ erhalten hat. 


313 Formenlehre XXX. [8 369. 


Außerdem hat es O. Hoffmann auf einer lesbischen In- 
schrift (Gr. D. 2, 119 A 2) in οἰνομόλησε gelesen. 

Ein dritter Stamm οἷος, kypr. olFog kehrt im apers. 
aiva- „unus“ wieder. 

2. Hom. δύω entspricht ved. duä, daneben dudu; ai. 
dvä mit Schwundstufe ist gleich gr. ὅξω- in δώδεκα. Die bei 
Homer häufig und im Att. allein gebrauchte Form δύο 
soll aus δύω vor vokalischem Anlaut nach ὃ 252, 3 ent- ᾿ 
standen sein. Eher steckt darin die alte Feminin- und 
Neutralform idg. d(u)woi, ai. du2, abg. dsv@ mit Schwund 
des e vor folgendem Vokal, was durch die Thatsache 
wahrscheinlich wird, daß Homer beim Neutrum δύο vor- 
zieht, vgl Kühner-Blaß ® 634 f£ Neben *dvFo stand auch 
ein schwundstufiges "ὄζοι, ai. dv. Dieses *dor hat sich 
wahrscheinlich in den Formen δοι-ώ, dor-ol, δοι-οῖς er- 
halten, indem es als Stamm betrachtet und flektiert wurde. 

Idg. *duwö(u) flektierte dualisch. Diese Flexion wird 
aber frühzeitig durch die Plurale ersetzt, wie denn δυοῖν 
vielleicht auf ἔδυοῖσιν zurückgeht. Daneben δνῶν, δυσί, 
äol. δύεσσι u. 8. w. 

Bei Homer ist δύω indeklinabel, was aber jüngere 
Entwicklung sein muß. 

Im späteren Attischen finden wir δυεῖν statt δυοῖν, 
was auf lautlicher Entwicklung beruht. 

Das in der Komposition auftretende di-, διπλόος, ist 
als *dwi- idg., vgl. ai. dvi-pad, 1. bidens, got. twi- und ist 
wohl iri- nachgebildet. 

3. Das Zahlwort 3 wird vom Stamme trei- gebildet 
und flektiert wie ein regelrechter +-Stamm. 


τρεῖς ἱ | Irdyas 
τριῶν ἱ je A] [trayandm] 


τρισί 


ἐγιδά 
(τρεϊο) row ἱ 1 [frin) 
τρία Ü [irtai] 


ὃ 369.] Die Bildung der Zahlworte,. 313 


Anm. Die regelrechte Akkusativform reis aus ἔτρενς (kret. 
zeuvs) liegt im Dor. und Böot. vor. Vielfach wird die Akkusativ- 
form für den Nominativ gebraucht und umgekehrt. 

4. Das Zahlwort 4 zeigt idg. den konsonantischen 
Stamm *k®edwor- mit regelrechter Abstufung. Auf *k".stwor- 
geht dor. nordwestgr. τέτορες zurück. Dem Akk. ai. 
ealüras entspricht hom. πέσυρας. Att. τέτταρες zeigt die 
im Gen. regelrecht erforderliche Reduktionsstufe, idg. 
*kedtweröm. τέτρασι weist auf eine Form mit er vor Kon- 
sonant, idg. *%"ewersu. Eine Form mit Schwundstufe liegt 
in 1. quadru, gr. τρυ-φάλεια vor, idg. *k*etwr, das zu *k”eru 
wurde, vgl. $ 120, Anm. 2. 

ὅ. πέντε — lat. quinque, got. fimf, ai. ράδοα. Dies 
πέντε tritt auch in der Komposition auf: att. revrerwovg, 
σιεντεβάλανος, πεντέδραχμος. Erst allmählich dringt zevre- 
ein, zunächst in πεντάκις nach ἑπτάκις, τετράκις, πεντα- 
κόσιοι, ebenso ὀχτάχις, ὀχταχόσιοι, aber ὀχτώπους. In 
nachklassischer Zeit begeguet srevrduvovv, Analogie zu 
Teroduvovv, worauf dann srevre- weiter geht. 

6. && ist aus *oF&& entstanden, vgl. kret. herakl. delph. 
Ἐέξ = idg. *sweks. Lat. ser, got. saihs u. 8. w. weisen 
auf eine w-lose Form, vgl. darüber 8 199. Die idg. Grund- 
form war vielleicht noch komplizierter, vgl. Kretschmer 
ΚΖ. 31, 417, 

7. ἑπτά, ai. βαρίά, 1. sepiem, got. sibun, idg. *septm. 

8. ὀκτώ, 1. okto, ai. asta, got. ahtau. 

9. In den übrigen idg. Sprachen liegt eine Form 
newn zu Grunde, ai. näva, lat. novem, got. niun. Dies 
ist aber nur die V. II zu einem idg. *enewn. V.I finden 
wir in griech, ἔνατος, ion. eivaros, eiva-xdaroı, εἶνά-ξτες, 
kret. ἤνατος aus ἔένξα — idg. *enwen, entsprechend arm. 
inn „neun“ aus *enwan. Auf ἐν)- mit elidiertem « gehen 
hom. ἐνν-ῆμαρ, Evv-rmovro, phok. ἔνήχοντα zurück. ἐννέα 
ist nicht ganz klar. Wackernagel ΚΖ. 28, 132 ff. erklärt 
es aus *ovefa, eine Verbindung wie Zoö&xa. Andere 


314 Formenlehre XXX. [$ 369. 370. 


sehen darin eine Kontamination von *2vF/« und *ve«. In 
Evevi-xovra muß eine andere Ablautsform zu &v/a-, nämlich 
*}yFevm vorliegen, falls es nicht für *2vFavn = idg. *enwend 
== lat. nönä-ginta steht. Vgl. noch W. Schulze Quaest. 
ep. 104 ff. 

10. Idg. *dekmt = got. taihun, gr. δέκα; ai. däsa, ]. 
decem haben frühzeitig ihren Dental verloren. 

8 370. 11—19. Die Zahlen 11—19 werden durch 
Zusammenrückung gebildet, und zwar ging im Idg. der 
Einer voran, wie die Übereinstimmung aller Sprachen 
lehrt, &vdexa, δώδεκα, undeeim, duodecim, ai. Ekä-dasa, 
dvädasa, got. ainlif, twalif, fidwörtaihun, lit. venü-lika, 
dvy-lika. Die umgekehrte Ausdrucksweise im Lat. und 
Gr. ist wohl den höheren Zahlen nachgebildet. 

In den Zahlen 11—14 wurde das erste Glied ur- 
sprünglich moviert und flektiert, doch hatte sich schon 
im Idg. der Nom. Mask. in einzelnen Fällen festgesetzt, 
vgl. δώ-δεκα, ai. dvd-dasa, τρεις-καίδεχα, lat. tredecim, aus 
iresdecim, ai. trdyödada. In τριςκαίδεκα steckt der Akk, 
*zguvs. 

Die Zahlen 20—90. Im Idg. herrschte das 
dekadische Zählsystem gegenüber einem in Europa sonst 
häufig vorkommenden Zwanzigersystem (frz. quatre-vingts). 
Im ersten Glied der Zehner finden wir meist die Stämme 
der üblichen Zahlworte, im zweiten ein Element -komi- 
und mit Ablaut -kmi, das man jetzt allgemein auf *dekemt 
zurückführt, indem *dekemt in der Komposition zu *dkömt 
und zu *dkmi- wurde, wenn es unbetont war. 

20. Wir finden hier einen sonst in der Zahlbildung 
nicht auftretenden Stamm Ft- und &-; Fı- liegt in Flxarı 
im Dor., Böot., El, Pamphyl. und Ark. vor, und diese 
Form, aus *wi-kmti entstanden, entspricht ai. vaiif, 1. 
viginti, air. fiche. Das δὲ von hom. ion. att. εἴχοσι hat 
man meistens als Ablaut zu dem F/ı aufgefaßt, da wir 
bei Homer Felxooı finden. Solmsen Unters. 252 will 


8 870] Die Bildung der Zahlworte. 315 


εἴχοσι aber aus *Fixooı, ἃ. 1. *Fixooı mit prothetischem 
Vokal, herleiten. Für Hom. ἐείκοσι wäre 2lxoocı zu 
schreiben. — Eine Form mit Diphthong ist nun aller- 
dings außerhalb des Griech. noch nicht belegt, aber ob 
Solmsens Erklärung richtig ist, steht doch noch dahin, 
da seine Ansichten über die Prothese nicht einwands- 
frei sind. 

Das o von eixocı wird man am besten aus dem 
Kardinale eixoosdg herleiten, das aus *elxovrzds, nach 
Ἐτριακονττός, entstanden ist, 

Daß nun die Zwanzig als 10 + 10 mit einem anderen 
Zahlwort als δύω gebildet ist, erklärt sich daraus, daß 
δύω wahrscheinlich die Zwei bezeichnete, die durch Teilung 
entstanden ist, während Zwei aus Vereinigung zweier 
Einheiten einen ganz anderen Begriff darstellt. 

Das ı von Fl-xaerı scheint eine alte Dualendung 
zu sein. 

In den Zehnern 30—90 finden wir im zweiten Glied 
überall -xovr«, d. i. den Nom. Plur. Ntr., idg. *komits; 
demgemäß müssen auch in den Einern die Nom. Plur, 
Ntr. auftreten, vgl. 1. ir?-ginia, τριά-κοντα, Terrapd-xovra. 
In den übrigen Zahlen sollten wir den bloßen Stamm 
treffen. Thatsächlich ist die Bildungsweise anders und 
noch nicht recht erklärt. 

Das lange 2 von σπεντήχοντα findet sich auch in ai. 
γαδοᾶ-ξάϊ, und als -ἃ auch in lat. quingä-ginta. Am besten 
wird man in dem 2 eine Dehnstufe sehen, hervorgerufen 
durch den Schwund des de von *dekmt, vgl. Kretschmer, 
Berl. phil. Wochenschrift 1898, 210 f. Von πεντήκοντα 
stammt das -ἢ- in den übrigen Zahlen, ἑξήκοντα, 1. 
sexä-ginta, ἑβδομήκοντα, 1. septuäginta, ὀγδοήκοντα, 1. ociuä- 
ginta, &vevi-xovra, 1. nonäginta. Die Durchführung des 
langen Vokals ist trotz der verschiedenen Qualität eine 
bemerkenswerte Übereinstimmung zwischen Griechisch und 
Lateinisch. 


316 Formenlehre XXX. [8 370. 


Eine weitere findet sich in der Bildung der Zahlen 
von 70—90. Bein formell angesehen liegt hier nicht 
mehr das Kardinale, sondern das Ordinale der Zusammen- 
setzung zu Grunde. ἑβδομή-: ἔβδομος —= 1. septua für 
*geptuma- nach ociua- ; öydor- : ὄγδοος == 1. octuä-, ἐνενή-, vgl. 
]. nonägintä, s. ὁ. Vgl. J. Schmidt Urheimat der Idg. 
40f. Wie die Ordinalia zur Bildung der Zehner dienen 
konnten, ist allerdings unklar. 

Anm. 1. Ausführliche Erörterungen über diese Bildungen 
noch bei Streitberg IF. 5, 372 ff., Brugmann MU. 5, 28 Ε΄ 

Anm. 2. Ion. τριήκοντα hat seinen langen Vokal von πεντή- 
κοντα bekommen. Dor., delph., ion. rere@xovra setzt Brugmann 
MU. 5, 30 = |], quadräginta, indem er langes ᾧ zu Grunde legt. 
Ich halte das für lautgesetzlich nicht möglich. Ebenso ist 
J. Schmidts Herleitung aus τετώρκοντα Ntr. 192 lautlich anstößig. 
Es wird daher, trotz der Bedenken von J. Schmidt a. a. O., nichts 
anderes als Baunacks Annahme (ΚΖ. 25, 235) übrig bleiben, daß 
τετρώκοντα nach ὀγδώκοντα gebildet ist. Herakl. delph. ἑβδεμήκοντα 
zeigt eine Angleichung des alten ὁ au die e der umgebenden Silben. 

100 hieß idg. *kmiöm, lat. centum, ai. datdm, lit. szüinias, 
got. hund, gr. &-xardv. Dies ist wahrscheinlich entstanden 
aus *dekmiöm und heißt eigentlich eine „Zehnheit, ἃ. h. von 
Zehnern*, eine Ausdrucksweise, wie sie im Indischen 
auch für die Zehner von 60—90 vorliegt. Das &- von 
&xaröv gehört wohl zum Stamme *sem- „1“. Wahrscheinlich 
ist die reduzierte Form &- durch &- unter Einwirkung 
von &- ersetzt. 

200—900. Für die „Hunderte“ hat sich im Grie- 
chischen nur eine Ausdrucksweise erhalten, die auf einer 
alten Zusammenrückung beruht, ai. dvisata-, triata- 
eigentlich „Zweihundertheit, Dreihundertheit“. Sie werden 
durch Suffix -ἐο- zu Adjektiven, wahrscheinlich unter Ein- 
wirkung von χίλεοι, bei dem durch die ind. Entsprechung 
sa-hasriyas „aus 1000 bestehend“ das Suffix -jo- als idg. 
erwiesen wird. 

Die alten Formen des zweiten Gliedes sind in dor. 


8 370. 371.] Die Bildung der Zahlworte. 317 


böot. -xazıoı, ark. -κάσιοε erhalten. Lesb., ion.-att. -x00.08 
haben ihr o von «κοντα, -κοστός erhalten. Im ersten 
Glied erscheint die Kardinalzahl, daher &rrraxdaroı, Eva- 
κόσιοι, aus altem "ἐνξα-κόσιοι, danach ὀχταχόσιοι, ἑξακόσιοι, 
πενταχόσιοι, auch wohl τετρα-κόσιοι, obgleich darin eine 
alte Form stecken kann. τριακόσιοι ist nach τριάχοντα 
gebildet, danach weiter διακόσιοι (rhythmische Dehnung). 

1000. Ion. χεέλεοι, lak. χήλεοι, böot. χεέλεοι, lesb. 
χέλλεοι, att. xlAıoı aus ἔχέσλεοι entspricht ai. sa-hasriya- ; 
vielleicht auch lat. mille, vgl. Sommer IF. 10, 216. 

Hom. ἐγννεάχειλοι, dendysıloı enthalten möglicher- 
weise die unerweiterte Form, ai. sa-hasram. 


B. Die Ordinalzahlen. 


& 371. 1. Das Ordinale der Einzahl wird nicht vom 
Stamme „eins“ gebildet. Att. πρῶτος, dor. πρᾶτος führen 
auf urgr. *rrodaeros mit dem Suffix von δέκατος. Der 
Stamm προ- bedeutet „vorn, früher“. Er liegt in dem 
meisten Sprachen vor, ist aber mit verschiedenen Suffixen 
versehen, z. B. ai. pürvas „der vordere“, got. fruma, 1. primus, 

2. δεύτερος gehört vielleicht zu ai. diviyan „ferner“. 

3. τρέτος entspricht got. Pridja, av. Sritya-. Daneben 
steht lesb. τέρτος, das man mit 1. tertius, umbr. tertim 
„tertium“ verbinden kann. Wie sich zgs- und τερ- zu 
einander verhalten, ist unklar. Hom. τρέτ-ατος zeigt das 
von δέχατος, ἔνατος abstrahierte -ατὸς als Endung. 

4. τέταρτος aus *kdwsrtös entspricht ai. catur-ihäs ab- 
gesehen von dem th. Man sollte ἔτέταρϑος erwarten. 

5. πέμπτος, 1. quintus aus idg. *penk®tos. 

6. ἕχτος, ahd. sehto — idg. *sektos. In 1. sextus ist 
das s von seks wieder eingeführt. 

In den Bildungen von 3—6 scheint ein Suffix -io 
zur Bildung der Ordinalia zu dienen. In den Zahlen 
von 7—10 tritt aber nur -o auf, das man als integrierenden 
Bestandteil der Basis fassen kann. 


318 Formenlehre XXX. [8 371. 372. 


7. ἕβδομος wohl aus *&ßdauos, 1. septimus, idg. *septemös. 
8. ὄγδοος aus *öydoFos, 1. octävus. Genauer entspricht 
oclua- in ocluaginta dem griech. dydoF.oc. 


9. Zu *newn heißt die regelrechte Bildung *new,nos, 
1. nönus, was gr. ἔνξαγνός ergeben mußte. Dafür ἔνξατος, 
hom. eivarog nach δέκατος. 

10. δέκατος, lit. desziimtas, got. taihunda, idg. *dekmt-os. 

Bei den Zehnern von 20 an trat -io an den endungs- 
losen Stamm. ἔτρίαχκοντ-τος führte zu ἔτριακονσ-τος und 
weiter nach ὃ 244, 2 a zu rguaxoordg. Der Ausgang -οστος 
wurde dann auf die Hunderte übertragen: ἑἕχατ-οστός, 
διακοσι-οστός U. 8. W. 


C. Sonstige Zahlworte. 


8 372. 1. Die Zahladverbien werden von 4 an mit 
dem Suffix -axı, -axıs gebildet. Dies ist ausgegangen von 
τετρά-κις, ἑπτά-κις, δεχά-κις. -xıg identifiziert man jetzt 
mit dem ai. Adv. cid, dem Neutrum des Fragepronomens, 
πολλάκις — ai. purü cid „viele“. 

Öls, τρίς entsprechen ]. &is aus *dvis, ai. dvis, 1, ter 
aus *iris, ai. trif, ἅπαξ ist & —= *sm „eins“ + ἔπαξ, das zu 
πήγνυμι gehört, vgl. auch d. einfach. Nach der formalen 
Seite ist -va& unklar. 

Anm. 1. Über das Verhältnis von -xıs zu -κε, wie es dialek- 
tisch häufig heißt, s. S. 176. Daß das x von -xıs auf alten Labio- 
velar zurückgeht, zeigt tarent. @ua-rss gegenüber kret. aud-xıs. 

Anm. 2. &xarovraxıs ist nach Tosxovraxıs u. 8. w. gebildet. 

2, Die Vervielfachungszahlwörter sind mit -srAdog, 
«πλοῦς gebildet. Vor diesen wie anderen Elementen er- 
scheint die schwache Stammform, &-, dı-, das wohl nach 
zoı- gebildet ist, zeı-, rerga-. Im weiteren ist das -α mit 
zur Endung gezogen. Das Element -πλοὸς ist verwandt 
mit dem in lat. sim-plus, du-plus vorliegenden -plo und 
mit dem -πλάσιος aus Ἐ-πλάτιος, das, da es mit got. 


ἃ 312. 373.] Die Bildung der Adverbia. 319 


-falps in ainfalps, fidurfalps zusammengehört, voreinzel- 
sprachlich ist. 

3. δισσός, att. διττός, τρισσός sind von den Stämmen 
Öıx-, τριχ- in δίχα, τρίχα abgeleitet. Die Grundformen 
sind *dıyjög, *reıxjög. Die Bildungen διξός, τριξός, 
τετραξός, πενταξός sind von διχϑά, τριχϑά, τετραχϑά aus- 
gegangen, indem 937) in ἔδιχϑ)ός nach ὃ 242 ac) zu -σ 
wurde. 

4. Mit dem Suffix -αὖ, Nom. -as, Gen. -ados, werden 
Substantivnumeralien gebildet. Da wir dexdd- auf *dekmd- 
zurückführen können, so kann man ein Suffix -d abtrennen, 
das mit dem $ 310, 4 behandelten -d, das die Zugehörigkeit 
bezeichnet, zusammenhängen kann. Andererseits hat man 
δεχάδ-, ἑπτάδ- mit gotischen Formen wie sibuniehund, 
taihunichund verbunden. Falls man diese in sibunte-hund 
zerlegen darf, würden sie gr. Gen. Plur. ἑπσάδων, δεκάδων 
genau entsprechen. 

5. Unerklärt sind die Bildungen mit einem Element 
«χα, wie τέτραχα und -χϑὰ wie in διχϑά, τριχϑά, die sehr 
verschiedene Ausgänge annehmen. Wir finden Gen. auf 
«οὔ, Ablative auf -ῶς, Dat. Fem. auf -%, Bildungen auf 
-Iev, πανταχόϑεν, sodaß wir, wie es scheint, von Adjektiven 
auf -xo- ausgehen müssen. 


XXXL Kapitel. 
Die Bildung der Adverbia. 


— 


ᾷ 373. Die Adverbia sind teils erstarrte Kasus- 
formen, teils werden besondere Sufixe verwendet, deren 
Ursprung oft genug dunkel ist. 


320 Formenlehre XXXTI. [$ 373-375. 


Il. Kasusformen als Adverbia. 


Als adverbielle Kasus werden nicht alle Kasus gleich- 
mäßig verwendet. Am häufigsten sind Ablativ, Lokativ, 
Instrumental, Akkusativ, und es stecken in den griech. 
Adverbien z. T. Kasusformen, die sonst verloren ge- 
gangen sind. 

ᾷ 374. 1. Der Ablativ. Als Ablativadverbien 
muß man zunächst eine Reihe von pronominalen Formen 
ansehen, die noch deutlich ablativische Bedeutung haben, 
so dor. τῶδε und τουτῶ „hinc“, πῶ „unde“, ὦ und ὦπερ 
„unde“, τηνῶ „istinc“. Im Aind. entsprechen & „darauf“, 
tat „auf diese Weise“, ydt „insoweit als“ u.s. w. Das 
Got. hat ebenfalls deutliche Ablativformen, wie ufarö 
„von oben“, 1. suprä(d), undarö „von unten“, 1. in/ra, 
Wie man sieht, ist im Ind. die Ablativbedeutung schon 
sehr verblaßt, und dieser Vorgang hat sich auch in den 
anderen Sprachen wiederholt, da die Adverbia auf -w 
und -wg, οὕτω, οὕτως, καλῶς zweifellos ebenfalls Ablative 
sind. Die Adverbia auf -ὥς stellen die gebräuchlichste 
griech. Bildung dar. Ihnen entsprechen im Lat. die 
Adverbia auf -O(d), meritö(d) und mit Ablaut auf -ed, 
alat. facilumed, im Got. solche auf -0, galeikö „ähnlich“, 

Anm, 1. Brugmann Gr. Gr.? 225 meint, daß in dem -ω 
auch die Instrumentalendung vorliegen könne. Das ist aber wegen 
des -s (vgl. 8 253, 8) unwahrscheinlich. Bei den sicheren Instrumen- 
talen fehlt es. 

Anm. 2. Diese Adverbialendung -@s war ursprünglich nur 
bei o-Stämmen berechtigt, sie hat sich aber außerordentlich aus- 
gebreitet, wobei die Übereinstimmung des Gen. Plur. bei allen 
Stämmen maßgebend war. Die praktische Regel, daß die plura- 
lische Genitivendung des Adjektivs in -ws verwandelt wird, hat 
such ihre psychologische Berechtigung. 

ᾷ 375. 2. Der Lokativ war seiner Bedeutung 
nach ebenfalls sehr geeignet als Adverbialendung verwendet 
zu werden. 

a) Bei den o-Stämmen finden wir sichere lokativische 


8 375- 377.) Bildung der Adverbia, 321 


Adverbien auf -εἴ im Dorischen: πεῖ, ὅπεῖ „wo“, τηνεῖ 
„dort“, τουτεῖ „hier“, αὐτεῖ, veide „hier“, att. ἐκεῖ, Aind. 
entsprechen Formen wie ἄγ, düre „fern“. Da im Griech. 
sonst Dat. und Lok. zusammenfielen, so finden wir auch . 
Formen auf -οἵ und -» als lokativische Adverbien, erstere 
in: οἴκοι, woraus später οἴκει, Ἰσϑμοῖ, ᾿Επιδαυροῖ u. 8. W., 
letztere in κύκλῳ „im Kreise“, παγνάκτῳ neben Πανάχτοι. 

Anm. Es ist unerwiesen, daß in Formen wie 7σϑιμοῖ auch 
formell die alten idg. Lokative stecken, s. 8 311, Anm. 2. 

Ὁ) Bei den #-Stämmen mußten -% und -aı wechseln, 
verallgemeinert ist -@, so att. inschriftlich Θρέᾳ, Φυλῇ, 
bei Pinder θήβᾳ. Ferner in σπουδῇ, ἀνάγκῃ, ταυτῇ, ἰδίᾳ 
Ὁ. 8. ἡ. -αἱ liegt vor in Θηβαι-γενής, el. Ὀλυμπέαι. Plura- 
lische Formen sind die auf -aoı. 

c) Bei kons. Stämmen finden wir die regelrechten 
Lokative: Μαραϑῶνι, πέρυσι aus sr&g-vri, wo -vrı Lok. zu 
*wet ist, ai. par-ut; ἦρε aus *ajegı, alsl aus *alF&oı. Daneben 
liegen uralte Lokative ohne Suffix wie ale, αἷές, χϑές, 
l. heri, ai. hyds; γνύχτωρ mit einem r, das auch sonst 
Lokativadverbien bildet. Unklar sind die Formen auf 
-el, -L. 

8 376. 3. Der Dativ wird im Ind. nur sehr selten 
als Adverbialkasus verwendet. Da er im Griech. mit 
dem Lok. zusammengefallen ist, so sind wir nicht im 
Stande, etwaige alte Dativadverbien herausschälen. 

& 377. 4. Der Instrumental wird im Ind. ziem- 
lich häufig zur Adverbialbildung verwendet. Leider ist 
aber die Form der Endung nicht ganz sicher zu er- 
mitteln, sodaß wir im Griech. oft nicht wissen, ob eine 
Form Instrumental ist. Sicher gehören hierher Fälle wie 
οὔ-πω, in dem sw der Ablaut ist zu dem in lak. πή-ποκα 
vorliegenden πή-, got. Instr. δ: 7) „wenn“ gegenüber dem 
Lok. el. 

Von Femininstämmen finden wir eine Reihe von 
Adverbien auf -@, -n, die auf attischen Inschriften 

Hirt, Griech. Laut- u. Formenlehre. 21 


822 Formenlehre XXXI. [8 377-380. 


stets mit Ἅἐ geschrieben werden. Im Dor. liegen aber 
sicher «-lose Formen vor, von denen wir aber nicht wissen 
können, ob sie nicht im Satzzusammenhang aus -@ ent- 
standen sind. Der Instrumental lautet nun im Lit.-Slarv. 
gar nicht auf -@, sondern geht auf -äm aus, lit. mergä aus 
*mergäm, abg. rgkq, ἃ. h. er war abgesehen vom Akzent 
mit dem Akk. des Femininums identisch. Man könnte 
daher viel eher den Instrumental in einer Reihe von 
Adverbien auf -ν, -@ sehen, wie div „lange“, ἄγαν, Alay, 
πέραν, πέρην „trans“, dxum, bei denen wenigstens die 
Bedeutung eine solche Erklärung als möglich er- 
scheinen läßt. 

Die konsonantischen Stämme haben vielleicht m als 
Endung gehabt, d.h. auch hier waren Akk. und Instrumental 
abgesehen vom Akzent gleich, Da m im Griech. zu -« 
wird, so hat man in τάχα von ταχύς, ὦκα von ὠχύς, Alya, 
κάρτα, ϑαμά, σάφα, μάλα alte Instrumentale gesucht. 

Anm. Als Instrumentale kann man auch die Bildungen auf 
-, wie ἄνω͵ κάτω, πρόσω, ἔξω ansehen. 

ᾷ 378. Der Akkusativ tritt naturgemäß häufig 
als Adverbialkasus auf. Wir finden ihn in δηρόν, πλησίον, 
σήμερον, αὔριον und namentlich in Bildungen auf -δόν, 
-αδόν, -δην, -ἀδην, -da (Nt. Plur.), wie ἀμφαδόν, σχεδόν, 
ἀγεληδόν, βάδην, βλήδην, χύδην, σχεδίην, ἀποσταδά, κρύβδα, 
ἀγεληδά u. 8. w. Die Herkunft des -d- ist noch ganz 
dunkel. Dazu kommen ferner solche wie εὐϑύ, ἀντικρύ, 
an die später ς tritt, χάριν, προῖκα „umsonst“ und Akk. 
Pl. Ntr. wie πολλά, πρῶτα, ἀλλὰ u. 5. w. 

ᾷ 379. Der Genitiv liegt in einigen Zeitadverbien 
wie ἕνης sc. ἡμέρας, ἑσπέρας vor und in den Ortsadverbien 
auf -0d: ποῦ, ποὺ, ὅπου, τηλοῦ, ἀγχοῦ u. 8. τ΄. 


il. Bildung der Adverbia durch Suffixe. 


ᾷ 380. 1. -de bezeichnet die Richtung „wohin“. Es 
tritt an die Akkusativform, κλισίην. δε, ἅλα-δε, ep. olxovde, 


$ 380.] Bildung der Adverbia. | 825 


sonst οἴκαδε (N. Pl. Ntr.). Im Akk. Plur. wird o vor ὃ 
tönend und » schwindet nach ὃ 244, 2a, “ϑήναζε aus *497- 
vavyc de. Die Partikel erscheint auch im Avest. als da 
und hängt wahrscheinlich mit unserm zu, ahd. zuo, as. 
40, idg. *dö zusammen. 

Anm. Bei den Pronomina und Adverbien tritt -oe an Stelle 
des -de, ἄλλο-σε, nö-0e, αὐτό-σε. Dies -oe läßt sich nirgends an- 
knüpfen, und man kann daher vermuten, daß ἄλλο-σε aus *@Mlor-de 
über *@Mloroe entstanden ist. 

2. -9ev bezeichnet die Richtung „woher“. Es tritt 
an den Stammauslaut: οὐρανό-ϑεν, κλισίη-ϑεν, aber auch 
στατρό-ϑεν. Es ist wahrscheinlich verwandt mit got. -iana, 
-dana, got. aftana „von hinten“, hindana „dss.“, ags. edstan 
„von Osten“, gr. ἠῶϑεν „vom Morgen an“. 

3. -9ı bezeichnet den Ort „wo“: οὐρανό-ϑε „im 
Himmel“, Lat. entspricht -bi in ubi, ibi, vgl. 69, πόϑει 

4. -3a und -9ὲ stehen dialektisch nebeneinander. Sie 
entsprechen ai. -ha in ἐμά „hier“, küha „wo“, abg. ka-de 
„wo“, got. vap „wohin“, ajap „anderswohin“. Das Ver- 
hältnis 3a : Ye ist nicht klar, kehrt aber auch sonst wieder. 

5. -xa in αὐτίκα, τηγέκα, ἡνίκα, dor. ὅ-κα, πό-κα ist 
nicht sicher erklärt, vgl. Wackernagel ΚΖ. 33, 17, 
Solmsen KZ. 35, 471. 

6. -κας in &xdg aus *oFe-nds „für sich“, ἀνδρα-κάς 
„Mann für Mann“, verbindet man mit ai. -das in sarvasas 
„all, ganz“, zka-das „einer nach dem anderen“. Besser 
wird man darin eine Komposition mit der Präposition 
-xas, Nebenform zu xar’ sehen. ἄνδραχας —= κατ᾽ ἄνδρα. 

7. -te bezeichnet an Pronomina angehängt das zeit- 
liche „wann“, &Alo-ze, πό-τε, ὅ-τε, ἔπει-τα, αὖ-τε; letzteres 
entspricht lat. aut, autem. Aol. heißt es -τα, vgl. -98 
und -9a, dor. aber -κα, was nicht damit zusammengehört, 

8. -τος in ἐντός, ἐχτός entspricht 1. in-tus, ai. ὑπ δ 
„inde“. 


21» 


324 Formenlehre XXXII. [8 881. 


XXXIL Kapitel. 


Die Komposition. 


& 3881. Zu den aus der idg. Ursprache ererbten 
Eigentümlichkeiten der Wortbildung gehört die Kom- 
position. Wir verstehen darunter die Verbindung zweier 
Worte zu einem unter Bildung eines neuen Begriffs. 
Die Fähigkeit, Komposita zu bilden, ist im Griech. 
nicht erloschen, sondern bleibt ein durchaus lebendiges 
Prinzip. 

Es gehört nicht zum Wesen der Komposita, daB die 
beiden Worte untrennbar verbunden sind, aber für die 
Sprachgeschichte ist allerdings die dauernde Vereinigung 
zweier Worte zu einem, wobei namentlich eine neue Be- 
tonung aufkommt, von besonderer Wichtigkeit. Von den 
beiden Akzenten, die den beiden vereinigten Begriffen zu- 
kommen, wird der eine gewöhnlich zum Nebenton und 
schwindet später vielfach ganz. So wird aus Πέλοπος 
γῆσος Πελοπόννησος u. s. w. Dies Beispiel zeigt zugleich, 
daß ein solches Kompositum lautliche Veränderungen er- 
leiden kann, die das ursprüngliche Verhältnis, in dem die 
beiden Worte standen, verdunkeln. Es kann ferner ge- 
schehen, daß von den Worten, die ein Kompositum bilden, 
das eine oder das andere ganz ausstirbt. Tritt ein solches 
Wort in vielen Verbindungen auf, so kann es seinen be- 
stimmten Sinn bewahren; kommt es nur in dem einen 
oder dem anderen Falle vor, so kann der Sinn ganz ver- 
loren gehen, und es kann auch das Bewußtsein dafür 
ganz schwinden, daB ein Kompositum vorliegt. Da das 
Idg. im Vokalismus wie auch im Konsonantismus ganz 
bedeutende Veränderungen erfahren hat, so kann man 


ἢ 381. 382.] Die Komposition, 325 


als sicher voraussetzen, daß schon in der Ursprache zahl- 
reiche verdunkelte Komposita vorhanden waren. 

Umgekehrt ist auch der Fall möglich, daß gewisse 
Formationen ursprünglich nur in der Komposition auf- 
traten, später aber wieder zu selbständigen Worten wurden. 
So sind z. B. viele Worte des Typus -φορος ursprünglich 
nur in der Komposition belegt, und erst später verwendet 
sie die Sprache als Simplizia. 


I. Verdunkelte Komposita. 

$ 382. a) Komposita, deren erstes Glied nicht mehr 
als selbständiges Wort in der Sprache vorkommt. Hier- 
her gehören alle Komposita mit der Negativpartikel «-; 
av-, 1. in-, ἃ. un-, ai. a. Dies ist ursprünglich die 
Schwundstufe zu idg. *ne „nicht“. Durch den Ablaut 
und den völligen Verlust von *ne im Griech. wurde die 
Empfindung, daß man es mit einem Kompositum zu thun 
hatte, gestört. — Noch undeutlicher sind im Griech. die 
Zusammensetzungen mit &-, &- = idg. *sm „ein“ geworden. 
Zu erkennen ist die Bedeutung noch in ἅπαξ, ἁπλόος, 
aber in &sdvos „reich an Mitgift“, &-dova „aus einem 
Baumstamm“, — Hesych überliefert ἄδρυα᾽ πλοῖα μονόξυλα, 
Κύπριοι ---, ἀκόλουθος muß sie die etymologische Forschung 
erschließen. — In δά-πεδον ist da- vielleicht gleich dm- 
der Schwundstufe zu dom- in δόμος. 

Von ähnlichem Charakter, aber deutlicher sind die 
Komposita, deren erstes Glied eine von dem sonst auf- 
tretenden Wort abweichende Form hat, 2. B. ὀφϑαλμός 
zum Stamm ör-, 

b) Komposita, deren zweites Glied nicht mehr als 
selbständiges Wort in der Sprache vorkommt. Dahin 
gehören etwa: ἔνδον, wo -dov aus -dou- zu δόμος gehört. 
veoxuds erklärt Wackernagel ΚΖ. 33, 1 aus veo-xuög, 
worin er -χμός zu XIcv,und χαμαί stellt. -Pn in ἑκατομ-βή 
gehört zu βοῦς. Das in &-Aoxog vorliegende -λοχος „Lager“ 


826 Formenlehre XXXII. [$ 382. 383. 


ist in dieser Bedeutung nicht mehr vorhanden. Ebenso- 
wenig existiert das in ἀχόλουϑος auftretende *xolovdog 
allein, aber man wird hier die Beziehung zu κέλευϑος 
noch gefühlt haben. 

c) Vollständig verdunkelte Komposita hat die etymo- 
logische Forschung in steigendem Maße aufgedeckt. So 
ist τράπεζα in τρα-, die Schwundstufe zu rerga- „vier“, 
und -πέζα aus *redja, das zu πούς gehört, zu zerlegen. 
πέρυσι „im vorigen Jahre“ entspricht ai. parwi. Darin 
hängt πέρ mit πρό zusammen, während -vor aus -vre 
die Schwundstufe zu idg. *wet „Jahr“, gr. F£ros, 1. 
velus ist. In ϑέσπις steckt ein Jes-, das zu ϑεός gehört, 
während -σπὶς mit ävu-oneiv, ἃ. sagen verbunden werden 
kann. In ἄριστον ist jedenfalls das Gefühl der Kom- 
position ganz verloren gegangen; man kann es zerlegen 
in *&jegı „am Morgen“ und -στον aus -Örov, das Partizipium 
zu &dw „essen“. 


ll. Die Form der Komposita. 

ᾷ 383. Im Lichte der Geschichte können wir be- 
obachten, wie syntaktische Verbindungen wie Πέλοπος 
νῆσος zu Kompositen werden. 

In den meisten idg. Komposita erscheint aber im 
ersten Glied nicht ein bestimmter Kasus, sondern die 
Stammform ohne jede Endung. Auf welchen Gründen 
dies beruht, ist zur Zeit noch unklar. Ausführlich handelt 
darüber Jacobi in seiner Schrift Kompositum und Neben- 
satz, und es ist sehr wohl. möglich, wie dieser Forscher 
annimmt, daß diese Art der Kompositionsbildung aus 
einer Zeit stammt, in der es noch keine ausgebildete 
Flexion gab. Sprachgeschichtlich ist es von besonderer 
Wichtigkeit, ob die Komposita der Wirkung des Akzentes 
ausgesetzt gewesen sind oder nicht. Ersteres können wir nur 
in wenigen Fällen feststellen. So erscheint die Negation 
ne, vgl. 1. neque, ἃ, ni-, im Griech., Lat., Germ. und Ind, 


y 


8. 888. Die Komposition. 828 


in den Formen «a-, in-, un-, a-, die einem idg. en- ent 
sprechen, das nur in unbetonter Stellung entstanden sein 
kann. Das oben erwähnte griech. &-, d-, ist aus sm zu 
erklären, der Schwundstufe zu *sem-, gr. εἷς. Es gilt also 
dasselbe, wie von &- „nicht“. 

Ferner erscheinen die Zahlworte z. T. in Formen, 
die deutlich die Wirkung des Akzentes erkennen lassen, 
z. B. τρί-πους, ai. tri-pad, δί-πους, ai. dvi-päd, τεερά-πους, 
l. quadru-peda, ai. citus-päd. 

Die Nomina erscheinen ursprünglich in der schwächsten 
Stammform, doch hat schon frühzeitig die Ausbreitung 
eines sog. Kompositionsvokals begonnen. 

1. Die konsonantischen Stämme haben die 
regelrechte schwache Stammform nur selten erhalten, so 
bei den neutralen men-Stämmer, Övoud-xAvrog, weil sie 
vokalisch ausgingen, bei den -s-Stämmen in der Dichter- 
sprache: &rreo-BdAog, bei χέρ-νιβα und sonst einigen Fällen, 
Häufiger steht die alte Form, wenn das zweite Glied: 
vokalisch anlautete: κυν-ὥπις, πατρ-άδελφος. Gewöhnlich 
steht der Kompositionsvokal -0 ; χυν-ο-κέφαλος, αἰϑρ-ό-τοχος, 
σωματ-ο-ειδής, παντιο-μῖσής. Dieser dringt später auch 
bei den ἐ- und u-Stämmen ein: φυσι-ο-γνώμων, ἰχϑυ-ο-πώλης, 
während in älterer Zeit hier noch ursprüngliche Bildungen 
vorliegen wie μαγτι-πόλος. | 

2. Die ö-Stämme hatten, wie wir $ 307 gesehen 
haben, neben dem langen ἃ auch Stammformen auf -ἄ, 
die in Bildungen wie 4Axd-Foog, πυλᾶ-ωρός, ϑυρᾶ-ωρύς, 
Ἥρα-κλῆς noch vorliegen. Sonst steht -%, neben dem in 
jüugerer Zeit auch -o auftritt: Τιμοκράτης neben Τιμηκράτης, 

3. Die o-Stämme hatten το. Daneben tritt -n 
auf wie in βαλανηφόρος, ϑανατηφόρος. „Die Ursache dafür 
ist in dem alten Nebeneinander von o- und 4-Stämmen 
zu suchen, so καλαμη- φόρος wegen καλάμη, abg. slama 
„stipula“ neben κάλαμος. 

Es ist dann vor allem ein Ausgang -ἤφορος weiter über- 


328 Formenlehre XXXII. [8 383. 


tragen worden. Begünstigt ist die Ausbreitung des -n durch 
rhythmische Gründe. Mit besonderer Vorliebe hat man 
n verwendet, wenn sich dadurch die Aufeinanderfolge 
zahlreicher Kürzen vermeiden ließ. Vgl. Solmsen Unter- 
suchungen 8. 22 ff. 

4. Komposita mit verbalem erstem Gliede. _ 

Im Griech. giebt es, zahlreicher als in den anderen 
verwandten Sprachen, Komposita, deren erstes Glied 
verbal empfunden wurde. Es treten vor allem zwei 
Typen auf. In dem ersten erscheint ein reiner Verbal- 
stamm auf -s, wie ἀρχέ-κακος, Μενέ-λαος. Es scheint hier 
eine Verbalform vorzuliegen, die noch der Personalendung 
entbehrte. In dem zweiten Typus erscheinen Bildungen 
auf -σι, z. B. hom. &ixeol-swerriog neben hom. δλκε- χέφων, 
@üol-Loos, in denen ein 3. Pers. Sing. auf -ἰ steckt. Diese 
Bildungen wurden mit dem s-Aorist assoziiert und von da 
aus produktiv. Vgl. Jacobi Compositum und Nebensatz 
46 ff., dessen Ausführungen ich im wesentlichen beistimme. 


Anm. Osthoff Das Verbum in der Nominalkomposition (1878) 
hat nachzuweisen versucht, daß es in der Ursprache keine Kom- 
posita mit verbalem erstem Glied gegeben hat, aber da die Einzel- 
sprachen diese Art kennen, so liegt kein Grund vor, sie der Ur- 
sprache abzusprechen. Jacobis Ansicht bedarf nur dahin der Er- 
weiterung, daß diese Komposita vielleicht noch aus der Zeit 
stammen, in. der es noch keinen formalen Unterschied zwischen 
Nomen und Verbum gab. — Ein Rest dieser uralten Bildungsweise 
dürfte es auch sein, daß statt der Adjektiva auf -ro in der Kom- 
position ein #-Stamm verwendet wird, wie Wackernagel Verm. 
Beitr. 8ff. ausgeführt hat. So heißt es κυδι-άνειρα, während das 
Adjektivum κυδρός heißt, λαϑι-κήδης neben Addon, χαλέτφρων neben 
χαλαρός. ἀργι-κέραυνος entspricht ai. rjidvan- Nom. pr. Das 
zu deyi- gehörige Adjektivum ἀργός ist erst aus *deypos entstanden, 
da es ai. rjrds nglänzendfarbig, rötlich“ entspricht. — Diese Regel 
kann nur so verstanden werden, daß mit dem ὁ, genau wie im 
Komparativ, die reine Basis zu Tage tritt. Wir haben es in diesen 
Fällen mit &i-Basen zu thun. deys- gehört zu doyns, &pyilos „Thon“, 
κυδι- zu κυδίων, κύδιμος. In μεγά-ϑυμος tritt ebenfalls die reine 
Basis zu Tage gegenüber asyalo-. 


8 384.) Die Komposition. | 329 


Verbale Komposita. 


& 384. Das Verbum wurde seit idg. Zeit haupt- 
sächlich mit Adverbien komponiert, an die sich das 
Verbum enklitisch anlehnte.e Wenn auch diese Kom- 
posita noch nicht zu untrennbaren Verbindungen ver- 
schmolzen waren,. so giebt es doch eine ganze Anzahl 
von Präverbien, die in mehreren Sprachen gleichmäßig 
in dieser Funktion auftreten, und die daher aus der idg. 
Ursprache stammen. Griechisch und Lateinisch stimmen 
in der Bewahrung des alten auffallend überein. 

Als Präverbien erscheinen im allgemeinen die Ele- 
mente, die wir als Präpositionen kennen gelernt haben. 

ἀμφέ, 1. amb, Δα. umbi; — gr. dugıßalvw, 1. ambire; 

ἀνά, 1. an; — ἀναπνέω, 1. anheläre; 

ἀπό, 1. ab, got. af; — ἀφίσταμαι, 1. absisio, ai. dpa-sthä- 
„sich fern halten, abtrünnig werden“; — ἄπειμι, 1. abeo, 
got. afgaggan, Praet. afiddjia; — ἀπολύω, 1. absolvo; — 
ἀφίημι, 1. abicw; — ἀφαρπάζω, 1. abripio;, — ἀπάγω, 1. 
abigo; — ἀποτέϑημε, 1. abdo, ai. apa-dadhäti; — ἀπολούω, 
l. abluo; — ἄπειμι, 1. absum; 

ἐν, 1. in, got. in; — ἐνεῖγαι, 1. inesse; — ἐντέϑημι, 1. 
indo ---- εἰσιέναι, 1. inire; — ἔἐνέημει, 1. inicere; — εἰσφέρω, 
l. infero; — ἐγχέω, 1. infundere; — ἐμπίπλημι, 1. impleo; 


ἐξ, 1.ex; — Eau, 1. wäre; — ἐξαρκέω, 1. exerceo; — 
ἐξάγω, 1. exigo; — ἐχπειράω, 1. experior; — ἐκφεύγω, 1. 
effugo,;, — ἐκφέρω, 1. effero; 

ἐπί, ]. ob, ai. dpi; — ἐπακούω, 1. oboedire; — ἐφέημε, 
obieio; — ἔπειμι, obeo; — ἔπειμι, 1. obsum; — ἐφίέστημε, 
1. obsisto,; — ἐφέζω, 1. obsidere;, — ἐπιτείνω, 1. obtendo,; — 
ἐπιβαίνω, 1. obvenio,; — ἐφέπομαι, 1. obsequor ; 


sel, ai. päri, 1. per, got. fair; — περιχέω, 1. per- 
fundo,;, — περιέστημι, 1. persisio;, — περισκέπτομαι, 1. 
perspicio, — περειβαέγω, 1. pervenio. | 

Anm. *peri nahm die Bedeutung der Vollständigkeit an, 


330 Formenlehre XXXII. [8 384. 385, 


zeelosda „sich vollständig auf etwas verstehen“, 1. pervidere „gründ- 
lich beschauen“ u. a. 

πρό, 1. pro, pröd, got. fra, ai. pra; — προφέρω, 1. pro- 
fero; — προβαίνω, 1. prövenio; — noolnuı, 1. projieo; — 
προδίδωμιε, 1. prodo; 

ὑπέρ, 1. super, got. ufar ; — ὑπερβαίνω, 1. supervenio ; — 
ὑπερχέω, 1. superfundo; 

ὑπό, 1. sub, got. uf; — ὑποτίϑημι, 1. subdo u. 8. w. 


ill. Die Bedeutung der Komposita. 


8 385. Da in einer großen Zahl von Komposita 
kein besonderer Ausdruck für die Beziehung, in der die 
beiden Worte standen, vorhanden war, so mußte sich 
diese aus der Bedeutung der komponierten Worte er- 
geben. Schon im Idg. hatten sich aber gewisse typische 
Bedeutungen entwickelt, die z. T. durch die Akzentuierung 
bedingt waren. Die indischen Grammatiker haben die 
verschiedenen Bedeutungskategorieen der Komposita sehr 
genau untersucht und eine Reihe der bei ihnen üblichen 
Kunstausdrücke sind auch von der vergleichenden Gram- 
matik angenommen. 

Als indogermanisch können wir folgende Arten der 
Komposition ansehen, die auch im Griech. vertreten sind: 

a) Beiordnende (Dvandva): δώδεκα, 1. duodecim „zwei 
und zehn“, γυχϑήμερον „Nacht und Tag“. 

Ὁ) Unterordnende, in denen das eine Glied durch 
das andere bestimmt war. Hier kann man unterscheiden: 

a) Kasuell. bestimmte, ἱππόδρομος, δίσχουρα „Wurf- 
weite des Diskos“. 

#) Appositionell bestimmte: ἀκρόπολις, ursprünglich 
πόλις ἄκρη. 

6) Sekundäre Adjektivkomposita (Bahuvrihi),. Ihre 
Bedeutung ist nicht durch Auflösung in die einzelnen 
Teile gegeben, sondern sie müssen adjektivisch aufgefaßt 
werden, obgleich das Schlußglied ein Substantivum ist. 


8 385.) Die Komposition. 331 


So bedeutet ῥοδο-δάκτυλος eig. „Rosenfinger“, wird aber 
dann zum Adjektivum „rosenfingrig, Rosenfinger be- 
sitzend“. Man nennt diese Komposita auch mutierte, im 
Gegensatz zu den immutierten. Ursprünglich bestand ein 
Akzentunterschied zwischen beiden, wie er in λεοντοχεφαλή 
== λέοντος κεφαλὴ und λεοντοκέφαλος = λέοντος κεφαλήν 
ἔχων, „löwenköpfig“ noch vorhanden ist. In den meisten 
Fällen ist diese Akzentverschiedenheit allerdings durch 
das Dreisilbengesetz gestört, aber es stehen sich noch 
gegenüber: λεϑοβόλος „Steine werfend“, aber λιϑόβολος 
„gesteinigt“, eig. „Steinwurf erhaltend“; — πηλοδόμος 
„aus Lehm bauend“ und πηλόδομος „aus Lehm gebaut“, 
eig. „Lehmbau habend“ u. a. 


832 Formenlehre XXXIIL [8 3836-8388. 


Zweiter Abschnitt. 
Verbum. 
XXXTI. Kapitel. 


Vorbemerkungen. 


ᾷ 386. Das griechische Verbum mit seinem mannig- 
fach gegliederten Bau setzt in der Hauptsache idg. Ver- 
hältnisse fort. Aber während die Flexion des Nomens 
starke Einbuße erlitten hat, sind die verbalen Bildungen 
durch Neuschöpfungen und Umwandlungen so vermehrt, 
daß keine andere Sprache dem Griechischen im Verbal- 
bau gleichkommt. 


I. Die Numeri. 

& 387. Die drei Numeri: Singular, Dual und Plural 
sind ererbt. Der Dual liegt auch im Arischen, Got. und 
Litu-Slavischen vor, während ihn die übrigen Sprachen 
frühzeitig aufgegeben haben. Auch im Griech. ist der 
Dual mit der Zeit ausgestorben, er hielt sich aber gerade im 
att. Dialekt verhältnismäßig lange. Aber seit dem An- 
fang des vierten Jahrhunderts v. Chr. ist der Dual im 
lebendigen Gebrauch auch hier erloschen. 


Il. Die Genera Verbi. 

ᾷ 388. Von den drei Genera Verbi sind Aktivum 
und Medium in den verwandten Sprachen in gleicher 
Weise ausgebildet. Ein besonderes Passivum gab es 
nicht, doch werden im Ind., Germ., Lat. wie im Griech. 
Medialformen passivisch verwendet, sodaß die Antänge 


8 388. 389.] Vorbemerkungen. 333 


dieser Verwendungsweise bis in die Urzeit hinaufreichen. 
Aber nur im Griech. und Lat. werden diese Anfänge 
weiter dahin ausgebildet, daß das Medium auch die 
passive Bedeutung übernimmt. 

Aktivum und Medium waren in der Ursprache in den 
drei Pers. des Sing. und der 3. Plur. nur durch den 
Akzent und die durch ihn bedingten Veränderungen im 
Vokalismus unterschieden, und demgemäß wird auch die 
Bedeutung nicht allzustark abgewichen sein. 

In der Hauptsache bezeichnet dabei das Medium, 
daß das Subjekt an dem Vorgang, der durch das Verbum 
ausgedrückt wird, stärker beteiligt ist: λούομαι „ich wasche 
mich“, vgl. Delbrück Grd. 4, 416 ff. 

Eine Anzahl von Verben hat in der Urzeit nur ein 
Genus gehabt. 

Das Griechische stimmt in einer Reihe von Fällen 
im Gebrauch der Media tantum mit den verwandten 
Sprachen überein: ἧσται, ai. st? „er sitzt“, dagegen ist 
idg. *sed- ursprünglich wohl nur aktivisch; — xeiraı, ai. 
dete „er liegt“; — πέρδομαι, ai. pardatz; — νέομαι, ai. 
ndsatö „liebevoll herangehen, sich gesellen zu“; — ἕπομαι, 
ai. söcate, 1, sequor; — μαίνομαι, ai. mänyate „denken“, 
air. -moiniur; — μητίομαι, 1. mitior; — σεύομαι, ai. 
cydvate; — γίγνομαι, 1. nascor. Auch bei Verben, die nur 
in der Bedeutung, nicht im Stamm übereinstimmen, zeigt 
sich ein merkwürdiges Zusammentreffen: ἀκχέομαι, 1], 
mederi; — αἰδέομαι, 1. vereor; — χράομαι, 1. utor. Be- 
sonders gern sind medial die Verba, die Vorgänge im 
Gemüt ausdrücken, χώομαι „zürnen“, ὅἅζομαι, σέβομαι, 
ἄχνυμαι, ἔλδομαι, ἔραμαι Ὁ. 8. w. 

ᾷ 389. Sehr gewöhnlich sind Medialformen mit 
aktiver Bedeutung beim s-Futurum. Sie werden mit Vor- 
liebe gebildet, wenn der Aoristus secundus oder der sog. 
starke Aorist daneben im Gebrauch ist: φεύξομαει : 


ἔφυγον; --- καμοῦμαι: ἔκαμον; — ἁμαρτήσομαι : ἥμαρτον; --- 


884 Formenlehre XXXIII. [$ 389. 390. 


κιχήσομαι : ἔκιχον; — ϑίξομαι : ἔϑιγον; — λήψομαι : ἔλα- 


βον; — λήξομαι : ἔλαχον; --- μαϑήσομαι : ἔμαϑον; — 
τεύξομαι : ἔτυχον; --- ϑανγοῦμαι : ἔϑαγον; --- γνώσομαι: 


ἔγνων; — ϑοροῦμαι : ἔϑορον; --- ἐλεύσομαι : ἦλϑον; — 
ἔδομαε: ἔφαγον; — πείσομαι: ἔπαϑον; --- πίομαι: ἔπιον; — 
δραμοῦμαιε : ἔδραμον; ---- πεσοῦμαε : ἔπεσον. 

Die Erklärung dieser Eigentümlichkeit wird unten 
beim Futurum gegeben werden. Sie stammt aus der 
Ursprache. 

Andrerseits wird das Perfektum medialer Verben 
schon in der Urzeit nicht selten aktivisch gebildet, 1. 
reverti zu revertor, γέγογα zu γίγνομαι. 

Als sich im Griechischen das Bedürfnis nach einem 
Passivum herausstellte, wurden hierzu in erster Linie 
die Medialformen verwendet. Andrerseits aber stecken 
auch aktive Formen in der Passivflexion, so in den 
Aoristen auf -9 und -Ip. 


Ill. Aktionsarten und Tompora. 


A. Die Aktionsarten. 


S$S 3%. Daß die sogenannten „Tempora* etwas 
anderes als die Zeitstufe bezeichneten, ergiebt sich aus 
dem Vergleich der Augmenttempora untereinander. Im 
Imperfektum, Aorist und Plusquamperfektum war die 
Vergangenheit durch das Augment ausgedrückt, die Form 
selbst bezeichnete, wie zuerst G. Curtius begründet hat, 
die Aktionsart, d. h. die Art und Weise, wie die Hand- 
lung des Verbums vor sich geht, ob sie dauernd ist, wie 
in unserem suchen, oder nur einen Moment bezeichnet, 
wie in unserem finden. Unsere Kenntnis der Aktionsarten 
ist durch die Untersuchungen von Delbrück Grd. 4, 1ff. 
sehr erweitert worden, und es empfiehlt sich, die von ihm 
geprägten Ausdrücke für die verschiedenen Aktionsarten 
beizubehalten, obgleich sie nicht ganz einwandsfrei sind. 


8 380.) Vorbemerkungen. 335 


1. Punktuell oder momentan ist eine Aktion, 
wenn durch sie ausgesagt wird, daß die Handlung mit 
ihrem Eiutritt zugleich vollendet ist, z. B. sch finde. Da 
diese Aktion keine Dauer hat, so ist es natürlich, daß 
sie selten gebraucht wird, um die Gegenwart ausdrücken. 
Nicht augmentierte punktuelle Bildungen werden daher 
gewöhnlich mit futurischen Sinn gebraucht: γέομαι „ich 
werde heimkommen“, slu: „ich werde weggehen“. Auch 
wir verwenden in diesem Falle das Präsens: "ich komme 
morgen. 

2. Iterativ ist eine Aktion, wenn ausgesagt wird, 
daß die Handlung des Präsens aus wiederholten gleichen 
Akten besteht, z. B. #lfzuı „eine Bewegung machen, die 
durch wiederholtes Aufsetzen des Fußes zu Stande kommt“. 
Diese Bedeutung wird leicht zur intensiven. 

3. Kursiv (verlaufend), früher auch imperfectiv 
oder durativ genannt, ist eine Aktion, wenn ausgesagt 
wird, daß eine Handlung vor sich geht, derartig, daß 
man sich weder einzelne Akte innerhalb der Handlung 
noch ihren Anfangs- oder Endpunkt vorstellt, z. B. 
„steigen“, d. h. in der Handlung des Steigens begriffen 
sein, engl. to be mountig, gr. χαίρω „froh sein“. 

4. Terminativ (früher perfektiv) ist eine Aktion, 
wenn ausgesagt wird, daß die Handlung vor sich geht, 
doch so, daß ein Terminus ins Auge gefaßt wird, sei 
dieser nun der Ausgangs- oder Endpunkt, z. B. ὄρνυμι 
„in Bewegung setzen“, äyvvu „zerbrechen“. Wir im 
Deutschen drücken die beiden Aktionsarten auch aus: 
Ζ, B. in werfen, aber irefen. 

δ. Perfektische Aktion ist die Aktionsart des 
Perfektstammes. Sie bezeichnet einen Zustand des Sub- 
jektes, der sich aus einer vorhergehenden Handlung des- 
selben ergeben hat: τέϑνηκε „er ist gestorben und ist tot“. 

6. Perfektive Aktion. Mit Perfektivierung be- 
zeichnet man den Vorgang, daß durch die Verbindung 


336 Formenlehre XXXIII. [8 390. 391. 


einer Präposition mit einer Verbalform dem Begriff der 
Verbalhandlung der Nebenbegriff der Vollendung zuge- 
fügt wird: z. B. erarbeien „durch Arbeit erlangen“. Es 
berührt sich diese Aktionsart mit der punktuellen und 
terminativen. 

Es ist indessen nicht nötig, alle diese Ausdrücke 
stets anzuwenden. Es ist nur nötig, den Unterschied 
zwischen punktueller und kursiver Aktion scharf im Auge 
zu behalten. Da nun der griech. Aorist die besondere 
- punktuelle Bedeutung hat mit verschiedenen Modifikationen, 
so kann man für das Griechische auch von aoristischer 
Aktionsart sprechen. Demgegenüber ist das Präsens 
meistens kursiv. 

ᾷ 391. Schon in der idg. Urzeit bezeichneten ge- 
wisse Verbalstämme nur eine Aktionsart, und infolgedessen 
können von solchen Stämmen nicht alle Tempora gebildet 
werden. Des öfteren treten dann andere Stämme „sup- 
plierend“ ein, die von der Grammatik mit jenen zu einem 
Paradigma vereinigt werden. In Wirklichkeit gehören 
natürlich die Stämme gar nicht zusammen, und sie sind 
auch schwerlich vom Sprachgefühl als zusammengehörig em- 
pfunden worden. Die idg. Sprachen stimmen darin überein, 
daß für gewisse häufige Grundbegriffe verschiedene Stämme 
zum Ausdruck der verschiedenen Aktionsarten dienen, 
vgl. Osthoff Vom Suppletivwesen der idg. Sprachen, 1900. 

Im Griech. treffen wir so: 

φέρω, 1. fero, got. bairan. Dies hat die kursive Be- 
deutung „tragen“. Der Aoriststamm ἤνεγκον gehört zu 
lit. neszu, abg. nesq „tragen“. Das Futurum οἴσω ist 
etymologisch unklar. Vgl. 1. fero, tul. 

öodw zu deutsch wahren in gewahren ist kursiv; 
εἶδον vom Stamm vid, 1. videre ist punktuell und muß mit 
„erblicken“ übersetzt werden. ὄψομαι gehört zu 1]. 
oculus. 

Zwischen λέγω, 1. lego und εἶπον, ai. wöcam ist der- 


. 8ὶ 391. 392.) Vorbemerkungen. . 887 


selbe Unterschied wie zwischen „reden“ und „sagen“. 
Das Futurum (F)öe& gehört zu ᾿ξρήτωρ. 

ἔρχομαι, ἐλεύσομαι, ἥλυϑον. Der Stamm ἐλευϑ- ge- 
hört zu got. μάαη. „wachsen“. Zu ἔδω, ἐσθϑίω bildet 


. ἔφαγον den Aorist, u. 8. w. 


Anm. Hierbei mag gleich darauf hingewiesen werden, daß 
überhaupt nie die ganze Fülle der im Griechischen angesetzten 
Verbalformen von einer Basis gebildet werden kann. So schließen 
sich die einzelnen Aoristbildungen vielfach aus, weil in ihnen die- 
selbe Bildungsweise nur von verschiedenen Basen vorliegt; die 
einzelnen Präsenserweiterungen sind meistens auf bestimmte Basen 
beschränkt. Es kommt hier vor allem darauf an, durch Ver- 
gleichung der in den verwandten Sprachen genau entsprechenden 
Formen die Anfänge jeder Bildungsweise festzulegen. Alsdann 
kann man hoffen, ihrer Bedeutung näher zu kommen. 


B. Tempusbildung und Zeitstufe, 


8 392. Die Tempusbildung des Idg. ist im letzten 
Grunde nicht so kompliziert gewesen, als es vom Griech. 
aus gesehen, den Anschein hat. Auf Grund des Ver- 
ständnisses des Ablauts ergiebt sich ein viel einfacheres 
Bild des idg. Verbalbaues, als es früher ausgeführt wurde, 

a) Es gab ein Präsens-Aoristsystem, bei dem 
zwei Formen, ein Präsens und ein Aorist, infolge ver- 
schiedener Betonung aus der reinen Basis hervorgingen. 
Die meistens als Präsens mit kursiver Bedeutung ver- 
wendeten Formen betonten im Sing. Akt. die erste Silbe 
der Basis und hatten hier daher V. I; in allen anderen 
Formen betonten sie die Endung, was notwendig Reduktion 
der Basis zur Folge hatte. Die als Aorist mit punktueller, 
aoristischer Bedeutung gebrauchten Formen betonten die 
zweite Silbe der Basis. Der Akzent war fest, und die 
Basis zeigt durchweg V. II. Man nennt diese Bildung 
am besten den starken Aorist. Hierzu gehören der griech. 
Aoristus secundus (σχεῖν zu ἔχ-δι»), der Wurzelaorist 


(esf-vos zu πέτα-μαι) und der Aorist auf -7v (ἐμάνην, μανῆναὼ). 
Hirt, Θτίθοι. Laut- u. Formenlehre. 


“Bas Formenlefire KXXIIL. "18 8981 888. 


Ὁ) Es gab durch besondere Elemente charakterisferte 
Präsentien (Präsentien auf -γάμι, ron, -σχω U 8. W.). 
c), Das Perfektsystem ist durch” die Keduplikation 
und z. T. durch "besondere Personalöndurigen 'charakte- 
risiert. Die Betonung war dieselbe, wie bei den Präsefftien 

"der ersten Klasse. 

.. ἃ) Der s-Aorist kann nach der formälen 'Beite‘-kls 
ein Präsens der ersten Klasse betrachtet werden. Die 
"Aktionsart war aber’ aoristisch. 

‘'e) Das Vorhandensein einer besonderen Füuturbildung 

ist zweifefhaft. 

78 398. "Die "hier angeführten idg. „Tempöra“ "be- 
zeichneten mit Ansnahme von 6) nicht sowohl die Zeit- 
stufe (Gegenwart, Vergangenheit, Zukunft), sondern die 
Aktion, d. h. ie Art und Weise, wie die Handlung vor 
sich ging, 8. 

Die Bezeichnung der Zeitstufe lag z. T. in den 
 Aktionsarten mittelbar darin, doch gab es auch besondere 

Mittel, um sie auszudrücken. _ 

8) Für die gegenwärtige Handlung war eine besoüdere 

. Form nicht vorhanden, In den meisten Fällen wird sie 

“ durch die verschiedenen Präsens- und Perfektformen aus- 

‚gedrückt, wobei vielleicht die Personalendungen eine Rölle 

“gespielt haben. 

“ b) Zur Bezeichnung ‘des Futurums kontiten ‘die 

„. Präsentien punktueller ‘Verben ‘dienen, "weil derartige 
erben sich selten auf die unmittelbare "Gegenwart an- 

᾿ “wenden lassen. Wenn ich etwas suche, so kann ich 
‚sagen: ich finde es schon, d. h. ich werde es finden. “In 
. dem Moment, wo mir das Finden geglückt ist, sage ich: 
„Soeben habe ich es gefunden. Ebenso bedeutet ich komme 

. "soviel wie ich, werde kommen, und wenn jemand erwärtet 
wird und eintrifft, so heißt es Soeben ist er gekommen. 

e) Zur Bezeichnung der Vergangenheit, soweit "sie 
sich nicht von selbst ergab, diente ein dem Verb vorge- 


2: 


39% 894.] ‚Vorbemerkungen. 939 


. setztes .selbstängäges--W.ort, e,.. das, Augment, das ‚im 
Ind... und Griech, sehr: häußg, gehzaucht wird. . Außerdem 
väßt« 28,.noch..im Phrygischen,.und , Armeniachen, ‚erhalten. 
‘ Das: rallständige Heblen: des-Augments im Jateinigchen, 
-Atermanischen,. und; Litu-Slaxisghen ,.zeigt, daß . die, Ver- 
» gangenbeit, nieht. notsyendig...durch: ‚das: Augment, apage- 
drückt zu, werden ‚brauchte. 
Anm. .; Möglich .ist. auch,...daß das.: Stehen ynd Bohlen 
„des Augmente von .der Betonpag. ‚abhängig. ‚war..-.Denn in,.den 
„Stellungen, in denen, das Verbum enklitisch war, . war das Augment 
betont; war aber das Verbum vollbetont, so ‚hätte eigentlich wohl 
das Augment schwinden müssen. 


‚„„Dag Augment, im; Griechiachen. Ä 

:$ 394. Das Augment. ergcheint,.im Griech,. in zwie- 
«Sacher (zestalt, als Augmentum syllabicum und Augmentum 

:„temporale. : ‚Beide stammen, aus der Urzeit. 
Bei-sokalischem: Anlaut,:wurde e.schon in der: Urzeit 
„mit. dem. folgenden: Vokal. kontrahiert. . 8 + e.ergab 2 — 

gr. n, daher ἦα, att. ἦ —=:ai. Asam.„ich war“ aus *e+.esm; — 
da .—=.:ai. .äyam .„ich ging“ .aus *e + ejm. Ebenso dann 
ν᾿ ἤϑελον zu EI, ἤσϑιον πα, ἐσθίω. ,: Was e+g unde+o 
„im. Idg. ergab,. 180 nicht. ganz sicher. Im Griech, liegen 
.in ἦγον, dor. ἄγον == ai.: dam „ich trieb“, ὦζον zu ὄζω ἃ 
ι and ὦ vor, die aber sehr wohl auf Neubildung beruhen 
» können, dal. ξρὺ « *e-ag- altertümlicher. aussieht. Jedenfalls 
- #hat. sich im Griech, das Gefühl. eingestellt, daß vokalisch 
..anlautende Worte in den. augmentierten Formen den .an- 
. dautenden ‚Vokal.zu dehnen hätten, und wir finden ‚daher 
. auch Formen wie. Hldave,. ἦλφον, ἤμβροτε u. 8, w.,. fie 
nach 8.148 nicht ursprünglich sein können. : Regelrecht 
ist vielmehr bei ‘allen. anlautenden Diphthongen Kurz- 
diphthong, wie ihn. Homer noch hat, εὗδον, χκαϑεῦδον:; 
ον bdon tritt. erst ‚bei .Plato auf. 

Bei den mit s und 72 anlautenden Verben,, mußte 


anstürlich das syllabische Augment: stehen. Da.aber 
.22* 


840 Formenlehre XXXIIl. [8 394. 395. 


‘ diese Laute im Urgriech. schwanden, so wurde e+e® 
᾿ kontrahiert, att. zu es, strengdor. zun. Es heißt daher 
- att. elyov, dor. ἦχον aus *2oexov; — att. εἴρπον, dor. ἧρπον 
- aus *osgscov, 1. serpo; — att. eindunv aus *&oercdum, 1. 
sequitur,;, — att. elorixew aus *2oeorxew, 1. sistere; — 
᾿ς φέρ, εἶμεν aus *Heuev, während ἦἧκα, 1. jzeit wohl eine un- 
augmentierte Form ist. Entsprechend sollte man von 
ἥζω ein "εἶῖζον aus *Zoı&ov erwarten, es heißt aber ILor 
und ὥρμησα, nicht *oögunoa. Es sind also die mit s und 
7 anlautenden Verben der Analogie der vokalisch an- 
lautenden gefolgt. 

Vor F steht bei Homer, der ja diesen Laut noch 
kennt, regelrecht 8, so in ἔαξα, ἑάλων, ἑάνδανον, ἔειπον, 
- ξέσσατο u. 8Δ. Nach Schwund des ἢ konnte im Att., so- 
weit es möglich war, kontrahiert werden, daher εἶπον, 
eioyabdum. Später tritt auch bei solchen Verben das 
temporale Augment auf, att. ἠργαζόμην, ὥφελλον. 

Anm. Spyllabisches Augment vor Vokal ist bei Homer sicheres 
Kennzeichen des digammierten Anlauts, 

& 395. Weiter giebt es zahlreiche Besonderheiten. 
ἢ als Augment finden wir im Attischen bei βούλομαι, 
μέλλω, δύναμαι. Diese dürften nach ἤϑελον von ἐϑέλω 
gebildet sein, da daneben ϑέλω stand. In anderen Fällen 
scheint ἢ aber älter zu sein, so in hom. ἠ-εέδη, att. ἤδειν, 
ἥκειν, hom. ἤισχε zu &loxw, hom. ἀπηύρα aus ᾿ἀπ-ή- ρα 
(nach Schulze QE. 265). Diese ἢ sind noch nicht ge- 
nügend aufgeklärt. Langes ἃ findet sich auch im Aind., 
bes. vor τ, y, r, ävar, ävrni, ävrnak, Avidhyat, äyunak, äyukta, 
ärinak, äräik, und man hat das gr. ἡ mit diesem ἃ in 
Zusammenhang gebracht. Andrerseits erklärt sich ἤϊξσκδ 
ganz regelrecht als augmentierte Form zu &oxw. 

Mehrere Verben haben scheinbar ein doppeltes 
Augment, so ἑώρων zu ὅράω, att. ἐάγην zu ἄγνυμι, ἑάλων 
zu ἁλίσχομαι, ἀνέῳξα zu οἴγνυμε u. a. Alle diese Verben 
waren digammiert. Das nächstliegende wäre, diese Formen 


ὃ 395—397.] Vorbemerkungen. 41. 


durch quantitative Metathese aus ξἠόρων, *ndynv herzuleiten, - 
Aber da es auch im Dor. &uen heißt, geht dies für diese Form _ 
nicht an. Am besten ist daher diese durch das Bestreben 
zu erklären, dem Plusquamperfektum, ἑωράκειν, im Gegen- 
satz zum Perfektum δόρακα, noch ein Augment zu geben, 
was sich dann weiter verbreitete. 

Da anlautendes ρ immer auf Doppelkonsonanz zurück- 
geht, so ist es nicht sonderbar, daB es nach dem Augment 
verdoppelt auftritt: ἔρριπτον aus *EFguntov, Egpeov aus 
*Zogsov, Im letzten Falle hätten wir eigentlich *el-geov 
zu erwarten, für das nach dem Muster von Fällen, wo 
Doppelkonsonanz wie in &-o0eve berechtigt war, &poeov 
eintrat. Dasselbe gilt auch für andere anlautende Kon- 
sonanten: ἔλλαβε, ἐλλισάμην, ἔμμαϑες, ἔμμορε, ἐσσείοντο, 
wofür sich später Formen mit einfacher Konsonanz ein- 
stellen, ἔ-λαβον. 

8 396. Weglassen des Augments. Bei Homer 
kann das Augment ohne äußere Veranlassung fehlen; er 
setzt damit den Zustand des Idg. fort. In der Prosa 
dagegen herrscht das Augment von Anfang an durch- 
weg. Ausgenommen sind die Plusquamperfekte, wo ein 
Schwanken besteht, χρῆν, weil es aus χρὴ ἦν entstanden 
ist, und die Iterative auf -oxov des Ionischen, die niemals ᾿ 
ein Augment zeigen. Es liegt nahe zu vermuten, daß 
wir es hier mit einer Zusammensetzung zu thun haben, 
da wir die Bildung auch sonst nicht anknüpfen können. 

8397. Stellung des Augments. Das Augment 
steht möglichst nahe vor dem Verbum, schiebt sich daher 
auch zwischen das Verbum und das Präverbium, wie im 
Indischen, da ja das Präverbium ein selbständiges Wort 
war. Dagegen nehmen die mit dem untrennbaren δυς- 
komponierten Verben das Augment vorn: ἐ-δυστύχουν zu 
δυσ-τυχέω. Dasselbe gilt von allen festen Komposita, 
namentlich den Ableitungen von komponierten Substan- 
tiven. Wie es ἐμυϑολόγουν heißt, so auch ἐ-παρρησιασάμην 


3435: Formerdchetr XEXLIT. [8 BEE BR . 


γνορ"σταὐφρησιάξομανι, weil. dies: von stageyelw sabpelsitet "ists. 
Abor diss Gesetz. geht nicht’ dunch,- weil :die Empfindung: 
für>die Stellung :2E-£-Bakdoy zu :stask: war, und: so finden: 
πὶε ἐγεχείσισα. von:-tyysreliw. u. 8. w.' 


V. Die: Μοῦ. 

6° 808. Das Griechische besitzt” vier‘ Modi; den 
Indikativ, den Konjunktiv, den Optativ und den Imperativ: 
Diese Mödi sind in dem Umfang "des Griech. nicht idg. 
Der Konjunktiv fehlt den germanischen und litu-slavischen- 
Sprachen, und 68 ist'nicht zu erweisen, daß er hier jemalg 
vorhanden war. Wahrscheinlich ist ‘der Konjunktiv nichts 
anderes als ein Indikativ von Formen mit punktueller- 
Bedeutung, der‘ die künftige Handlung ausdrückte, und 
daher werden die Formen, die wir im Gtriech. als kon= 
junktivische bezeichnen, in anderen Sprachen z. B. im’ 
Lat. futurisch verwendet. Gr. &w ist’ Könjunktiv, das 
damit identische lat. ero Futurum; φέρητε ist genau 
identisch mit 1. ferziis u. 8. w. Das genauere 8. u. beim 
Konjunktiv. 

Der Optativ war vielleicht nichts anderes als ein. 
charakterisiertes Präsens. Er bezeichnete den Wunsch. 

Imperativische Formen im.eigentlichen Sinne gab es 
nur wenige. 

Außerdem wird noch ein Modus aufgestellt, den- 
Brugwaan Injunktiv genannt hat. Das ist aber: sicher 
kein Modus. gewesen, sondern diese Formen sind identisch 
mit dem nieht augmentierten Indikativ des starken A.orists, 
und. die. Bedeutung kann entsprechend der Aktionsart 
futurisch -oder konjunktivisch - sein. 


Ä Vi. Die Verbalnomina. 
390. Die Verbalnomine. sind Nomina, die zum 
Verbtem. in enger: Beziehung stehen. Wär. finden im. 


8 309, 400. Die Personalendungen. δ 
Grjech.: 1..ὄ den ‚Infinitiv, 2. das Partizip, 3. das ‚Verbal- 
adjektiv. Bei allen. dreien setzt das Griech. im wesent.” 
lichen den Bestand der Ursprache fort. 


XXXIV. Kapitel. 


Die Fersonalendnngen. 


$ 40η,͵ Für, ‚die, idg.. Urzeit unterscheidet man ‚bei 
den. aktiven. wie ‚bei den medialen Personalendungen zwei, 
große Klassen: a) die sog.. primären .und Ὁ) die sog. 
sekundären Endungen. Doch finden sich diese Unter- 
schiede, abgesehen vom Indischen, nicht in allen Personen, 
vielmehr sind sie nur in den Formen ganz deutlich, die” 
ein ὁ enthalten. Im Griech. kehren diese, Endungen 
wieder als Endungen der Haupttempora (primäre) und 
der .sog.. historischen Tempora (sekundäre). 

Außerdem hat das Perfektum noch. einige besondere: 
Endungen. 

Gewöhnlich nimmt man an, daß die Primärendungen 
dem Indikativ Präsentis eignen. Doch ist diese Auf- 
fagsung nicht richtig, da auch das, Präsens, zahlreiche 
Formen mit sekundären, ‚Endungen. zeigt. 

Eine andere, ‚Auffassung ö die sich hauptsächlich auf. 
das, Keltische stützt, stammt von Zimmer KZ. 30, 119 Fn. 

Danach erscheinen die primären. Endungen, wenn, das, 
Verbum eine. selbständige Stellung einnimmt, oder. wie 
man mit einem. Ausdruck der. keltischen Grammatik aRgt, 
wenn es absolut steht. "Man nenpt daher die ‚primären, 
Endungen besser. die absoluten. 

Die_ sekundären ‚„Eindungen werden angewandt, wenn 
sich das Verbum enklitisch an ein vorausgehendes Adyerb 


844 Formenlehre XXXIV. [$ 400. 401. 


anschließt, ἃ, h. wenn es konjunkt steht. Man nemt 
daher die sekundären Endungen besser die kon- 
junkten. 

Diese Auffassung löst in der That eine große Anzahl 
von Schwierigkeiten, aber doch nicht alle. 

Anm. Die strenge Scheidung zwischen primären und sekun- 
dären Endungen, wie wir sie vornehmlich im Ind., aber auch da 
nicht ausnahmslos finden, war jedenfalls im Idg. nicht durchgeführt. 

Das Rätsel der Verteilung der primären und sekundären 
Eindungen, wenigstens soweit die i-Formen in Betracht kommen, 
dürfte sich so lösen, daß die sekundären Eindungen die ursprüng- 
lichen sind, und daß daran ein Element -ai, und mit Ablaut -i, 
trat, um die Gegenwart nach Zeit oder Raum zu bezeichnen, vgl. 
Thurneysen ΚΖ. 27, 173. Daher ermangeln die historischen Tem- 
Pora, die die Vergangenheit bezeichnen, dieses Elementes, ebenso 
wie der Optativ, und der auf die Zukunft weisende Injunktiv. Da 
aber die Zusammensetzung mit einer Präposition auch schon im 
Idg. das Verbum perfektivierte und solche Verben futurischen 
Sinn bekamen, so mangelt solchen Zusammensetzungen naturgemäß 
das präsentische ai-i. 


A. Die absoluten und die konjunkten Endungen im 
Indogermanischen. 


Ι. Aktiv. 
ᾷ 401. Singular. 


1. Person. Absolut -mi: konjunkt -m. Die Endung 
με war von Haus auf die athematischen Verba be- 
schränkt, ἃ. ἢ. auf die Verba, deren Präsensstamm nicht 
auf -e/o- ausgeht, wie in gr. τέϑημι. Die thematischen 
Verba, ἃ. h. die Verba mit einem Präsensstamm auf -e/o- 
sind endungslos, dehnen aber den stammauslautenden Vokal: 
φέρω. Diese Länge kann nicht, wie man früher ange- 
nommen hat, durch Kontraktion entstanden sein, da sie 
in diesem Falle schleifenden Ton haben müßte. Es heißt 
aber lit. sukö „ich drehe“. Vielleicht geht sie auf -ὅηι 
zurück. 


8 401.] Die Personalendungen. 345 : 


Beispiele: gr. ei-ul aus *o-w: ai. ds-mi, lit. es-mi, 
abg. jesm; — τίϑη-με: ai. dädhä-mi; — ἵστη-με: al, 
Uäthä-mi. 

Anm. Dieses -, das im Idg. niemals betont war, steht im 
regelrechten Anlaut zur Medialendung -mai, die das Indische aller- 
dings nicht kennt. 

- φέρω: 1. fero, got. baira, ahd. biru, lit. διὰ, ai. 
bhärä-mi ; 

. ἔφερο-ν aus *Epegou (nach $ 253, 7b): 1. legeba-m, 
ai. übhara-m;, — ein-v aus *esje-m: 1. sie-m, ai. syäa-m; — 
ἔφῦ-ν, ἔδῦ-». 

Nach Konsonant mußte m silbisch werden, m aber 
wurde griech. zu α, z.B. ἦκα „ich war“ = ai. äs-am, . 
ἦα „ich ging“ = ai. dy-am, ἔπεψ-α —= ai. dpakf-am (lat. 
coat hat die mediale Perfektendung). 

2. Person. Absolut -si: konjunkt -s. Die Endung 
«δῖ, al. dst „du bist“, bharasi „du trägst“, dadhasi „du . 
thust“, kommt im Griech. nur in dürftigen Resten vor. 

ἐσσί ist bei Hom. und im Syrakus. belegt. ἐσσ᾽ kann 
- bei Homer auch eingesetzt werden, wo die Überlieferung 
εἷς hat, vgl. Leo Meyer ΚΖ. 9, 374, Nauck Möäl. gr.-rom. 
3, 250. ε „du wirst gehen“ ist aus *elos entstanden, 
ebenso εἶ „du bist“ aus *6s} = ai. dsi. In allen übrigen 
Formen liegt zweifellos die konjunkte Endung -s vor, 
doch ist φέρεις u. 8. w. wahrscheinlich aus Ἐφέρεσι ent- ᾿ 
standen. Dies wurde zu ἔφέρει, und es trat die allge- 
meine Endung -s aufs neue an. Befördert wird diese 
Analogiebildung dadurch sein, daß es auch von allem ° 
Anfang Formen mit konjunkter Endung gab. Diese liegen 
deutlich vor in dor. ἀμέλγες, συρέσδες bei Theokr. IV 3,13, - 
ferner in τόϑης, δίδως, δεέκνυς, εἷς „du gehst“ bei Hesiod. 
Die 2. Sg. zu φημέ schrieb man im Altertum φής, das wie 
λέγεις aus ἔφησι + ς zu erklären ist, falls nicht mit 
Apollonius Dykolos φής zu schreiben ist. | 

Die konjunkte Endung -s liegt ferner in allen 


848," Formgnlehre XXXIV.; [8 401.- 403... 


hiskerischen Tempora und.:im.. Optakiy . vor: ἐβοῤλευες 


U..8. We: 


3. Person. Absolut -&: konjunkt -t oder -d,. a, 


bhäaruii: „er trägt“, d-bharat „er trug“, ital, - and -d., 


Die .absolute Endung. -ti:.hat, sieh unveräudert..in ἐφεέ,. 
erhalten; ferner im Dorischen, Nordwestgriech;, Böot. bei.: 


den. Verben auf -w: dor. φᾷεί, τέϑητι, böot. τέϑῳτι, 


δίδωτι. — Das im Att. und Lesb. auftretende. -os in.. 


τίϑησε, δίδῳσι, Tornos,ist:nach.& 205 8. σὺ erklären, 


Die konjunkte Endung.-t ‚oder ‚-d .mußte regelrecht _ 


abfallen, daher 3. Sg. ἔφερε, ai. äbharat; — ἔτέϑη, Ai, 
ddedkät; — φέροι, ‚ai. bharei; —. εἴη, 1. οὐβᾷ, — Ede, 
alat.:. /eked. 


pögsı soll nach φέρδις, gebildet sein nach-dem Musteg. 


φέροις, φέροι und ἔφερες, Egsge. Doch ist ea auffallend, 
daß.. hier jede Spur. der, primären , Form, verloren ge- 
gangen ist. 

Anm. Möglicherweise steckt. sie in den. Kompositen mit 
verbalem ersten Glied ἑλκεσί-πεπλος, vgl. 8 388,.4, 


ᾷ 402. Plural. 


1. Person, Das Idg. hatte. vielleicht, verschiedene . 


Epdungen. 


Sicher idg. war. -mes und mit Ablaut -mos (Hesımög, 


aber *bherumös), ai. sınds, bharaämas, lat, legimys. -ues ist. 
im Dorischen. und Delphischen. erhalten, ἐπάξαμες, καλέρ-͵ 


μὲῷ, δεδορίχαμες:. Das. in allen andern Mundarten belegte, 


“μὰ findet bisher keine. sichere Anknüpfung in den ver-. 
wendten Sprachen, demn. abg. -mz, das man aus -men er- 
klärt, Και aus.-mos hergpleitet werden. Wohl aber kann, 
“μεν. die. Vollstufe zu δ]. AR DNS sein, Die, Annahme, 
Weise durch die Thategchen. rechtfertigen, aber auch, 
nicht widerlegen. 

2. beraon, Das Altind. zeigt. absolut «(ἦα : konjunkt 


i 


8 408.) . Die ‚Personslendungen.: 84:2. 


-ta;: Demgegenüber habenalle anderen Sprachen.nun eins« 
Endüngi:-te, gr. «λέγετε, 1. Imper. -te,. legie,. gat.. bairip 
aus-"bherete. , 

Anm. Nach-Hillebrand BB::18, 2% ist ai: -tha -eigentlich- 
medialen Ausgang und: mit dem.-Ss in griech. päpsa?e zu identif-; 
ZIOFHM:: 

3: Person; Abselut:. -enii: konjunkt.:-emi.. Daase: 
konnte im Idg.’nor. bewahrt :blaiben, wenn es..betont war, . 
was.:bei allön :athematäschen. Verben, mit Ausnahme .der 
reduplizierten, der Fall war. Erhalten ist es im. Griech:. 
nur: seiten, so.in.:dor. ἐντέ,. att. εἰσέ aus *s-inkk = umkzı 
sent, got. sind, ai. sänti. Für -Eni. sind "in: Anspruch: zu_ 
nehmen : 3. Sg. hom.: jew, 7»;- dor. ἦν. τεαι ai. äsan,. eine 
Förm; die singularisch umgedeutet wurde, und dor. ἔ 9.:8».- 

In allen .anderen Fällen wurden -evrı und -&vz durch 
“ἀντὶ und -avs ersetzt. So steht δαμνᾶσει aus *dauvayzs. 
für. *damn-enti, ion. φῃσί, dor. φαντέ für *p-&vrs.u. 8. w. 
ἔασε aus -ἴαντε entspricht ai.. y-anti „eunt“ mit der gleichen. 
Umwandlung. 

Waren -enti, -ent unbetont, se mußte das e ausfallen, , 
und: wir erhalten: -nti, -nt. Diese Formen. spalteten sich 
wieder, indem -nti,.-ni! nach Vokalen blieben, während: 
nach Konsonanten. -r- silbisch wurde, in -nt, -nt und, -nti, 
"ni. Diese Formen waren berechtigt bei allen Formen 
des ‚starken A.oristes (8. u.), den thematischen Präsentien.. 
und. den reduplizierten athematischen Präsentien, sie. 
sind auch frühzeitig beim s-Aorist und dem. Perfektum, 
eingedrungen. 

a) -nti nach Vokal, in dieser Gestalt im Dorischen. 
erhalten, finden wir in dor. φέρο-ντι, att. φέρουσε. aus, 
*p8g0v:01 (vgl. ὃ 244, 2b und 208 Δ), Konj. dor. -w-vri, 
att. -ωσι. | 

Ebenso regelrecht sind die reduplizierten athematischen . 
Präsentien, wie dor. dido-vri, ἵστα-ντε, delph. draside-vri,. 
phok. ἀφέδιντε. Es ist gar nicht einzusehen, weshalb diese. 


348 Formenlehre XXXIV. [8 402. 


Formen nicht die Fortsetzungen der idg. sein sollen. - 
Zwar heißt es im Ind. dädhati aus *dadh-nti, aber dies 
verhält sich zu zide-yrı genau wie dadh-mäs zu τίϑε-μεν, 
d.h. es sind im Ind. die enklitischen Formen mit Ausfall 
des 9 verallgemeinert, vgl. ὃ 140. — Die Formen ἵσταντι, 
τίϑεντι, Öldovsı liegen vielleicht auch noch in hom. ἱσεᾶσι, . 
τιϑεῖσι, διδοῦσι vor, deren Betonung von dem att. ἱστᾶσι 
stammen könnte, das aus lordaoı entstanden ist. 

b) -nt nach Vokal wird zu » nach ὃ 253, 7. Daher 
ἔφερο-ν, ai. äbhara-n. Die Verba, die abstufungslose Länge 
haben, verkürzen diese nach $ 148. Daher ἔβᾶν aus 
*EBayı, Eyvov aus *Eyvwvr. 

Annı Neben den verkürzten Formen kommen auch solche 
mit Länge vor, wie hom. wdrdnv, kret. διδλέγην, vgl. Solmsen 
BB. 17, 329ff,, was wohl daraus zu erklären ist, daß der aus- 
lautende Dental schon geschwunden war, als das Kürzungsgesetz 
wirkte. 

Wie tora-vrı, τέϑε-ντι, Öldo-vrı die regelrechten Formen 


sind, so auch ἵστα-ν, Eride-v, ἔδιδο-ν (Dor. und Ark.). Da - 
nun ein ἔ-ϑεν aus *e-dh-ent ebenfalls lautgesetzlich war, so 
bildete man auch ἔσεαν, &dov. 

Im Att. und sonst tritt aber in der 3. Plur. die vom 
Aorist übertragene Endung -σαν auf, also ἐτέϑε-σαν, 
ἐδίδο-σαν, ἵστα-σαν, ἔϑε-σαν, ἔδο-σαν, ἔστη-σαν. 

c) -πἰϊ, das zu -äzı, -ὥἄσε werden mußte, hat sich in ᾿ 
den reduplizierten Präsentien, denen es eigentlich zukam 
— dem ai. dädhati, dädati, abg. dadets würde griech. *zi9arı, 
*öldarı entsprechen —, nicht gehalten, wohl aber hat sie 
sich in einzelnen Fällen ins Perfektum gerettet: phok, 
ἱερητεύκατι, ἐϑώχατι' εἰώϑασι Hesych, hom. πεφύκασι, 
λελόγχἄᾶσι. ---- Unter dem Einfluß von Formen auf -αν, 
s. u. und solchen auf -svze, entstand dann aus -azs ein 
-aysı, das außerordentlich weit verbreitet wurde. Es 
trat an vokalische Stämme, daher iord-avsı zu lord-Goı, 
ἱστᾶσι, τιϑέ-αντε zu τιϑέ-ασι, διδότασε und an konsonan- 
tische: Perf. πεπαιδεύχκασι. 


8 402--404.] Die Personalendungen. 343% 


ἃ) -πὶ wurde zu -α(τ), das im Griech. völlig verloren 
gegangen ist. Aber daB es einst vorhanden war, zeigen. 
Umbildungen, die es notwendig voraussetzen. In der 
: 3. P. Pl. des s-Aoristes mußte *&deı£sv aus *edeiksent ent- 
‘ stehen, und diese Form ist wohl unter dem Einfluß von 
. solchen auf -α zu -αν umgestaltet. 


8 403. Dual. 


1. Person. Die erste Du. ist im Griech. nicht er- 
halten. Sie zeigt im Idg. ein Element -w, ai. -vas, abg. 
-vE, lit. -va, got. bairös aus *bairöwes. 

2. Person. Absolut ai. -thas, 1. -ts, das zur Plural- 
endung wurde, ist im Griech. nicht erhalten, dafür -zov, 
ai. -/am, die konjunkte Eindung. 

3. Person. Absolut ai. -tas: konjunkt -tam. Im 
Griech. wechselt -rov als primäre Endung mit -τᾶν, 
das sekundär gebraucht wird. Daneben kommt aber 
“τὸν als sekundäre Endung vor, und -7@ wird .auch für 
die 2. Person Dualis in den historischen Tempora ge- 
braucht. 


II. Medium. 
ἃ 404. Singular. 


1. Person. Für das griech. -μαι finden wir nirgends 
eine Entsprechung, da das Aind. nur -2—= idg. -ai kennt. 
Auf welcher Seite das Ursprüngliche liegt, ist nicht zu 
entscheiden, doch neigt sich die Wagschale zu Gunsten 
des Indischen. Das -uaı im griech. Perfektum ist jeden- 
falls unursprünglich, da hier auch das Lat. auf -a weist, 
dedi aus *dedai, ai. dade, 

Die konjunkte Endung -μὴν, dor. -u@v steht bisher 
ganz allein. Man kann vermuten, daß in -@, das wohl 
auf -@m zurückgeht, eine Partikel steckt. 

2. Person. Absolut idg. -sai, ai. -s2, abg. -st, got. 


350 « Zormenishre XXXITV. ΟἿ. 494. 


«χα, "griech. -σαι; erhalten :in ἴσεα-σαι, δέδο-σαι;-δεῤκνυ-σαι, 
regggpupou. Ä 
' Die‘ Formen -wie fosa-sac: waren: nicht. lautgasetzlic 
da zwischenwokalisckes- -o- schwand > vielmehr: ist -gas von 
"dem' Pörfektum aus. übertragen. : Die- regelrechte: Horm 
mit Schwund des -o- liegt in: φέρῃ aus Ἐφέρε:αι und. hem. 
δέζηαι, μέμνηαι vor. 

Anm. 1. Seit dem 4. -Jahrh. wird statt φέρῃ. auch φέρει auf 
attischen Inschriften geschrieben. Das ist bedingt durch. die seit 
378 v. Chr. zu verfolgende Ersetzung von 7 durch , vgl. 8 168. 

“Die konjunkte Endung war im Griech. allgemein -σο, 
eine Form, .die.das Indische nicht kennt. Sie kann leicht 
als eine Neubildung nach. dem. Verhältnis ἐ : to aufgefaßt 
werden. Aber wir finden im .Indischen ein.-sva in.der 
2. Sg. Imperativi. Diesem -sva. kann. griech. -σὸ ent- 
‚sprechen, wenn. das w schon im Idg. geschwunden war. 
Die lautgesetzlichen Formen mit Ausfall des o sind hier 

„häufiger erhalten .als bei -σαι. .Wir finden 2ßovAsvov aus 

Ἐξβουλεύξ-σο, Aor. ἐβουλεύσω. δι *2BovAsvon-00, att. ἠπίατω, 
᾿ἐδύνω, ἐπρίω, ἵστω, aber dor. ἐπρία, pindar. συνετέϑευ aus 
Ἐσυνετίϑεσο. Daneben die Formen mit wiederhergestelltem 
-0-, ἵστα-σο, ἐτίϑεσο U. 8. W. 

Anm 2. Als konjunkte Endung hat das Indische ein -thas. 

Wackernagel ΚΖ. 30, 802 ff. hat vermutet, daß diese in der 

« 2. Person: des passiven -9-Aoristes: vorliegt, sodaß Formen ἐχύ-θϑης, 
dov-Ins, ἐφϑί-ϑης, ἐδό-ϑης, Bora-Ins ursprünglich zu ἔχυτο, ἔσσυτο, 
EpYıro, Edoro, Eoraro (Hesych) gehört hätten. Siehe weiteres beim 
᾿ 9-Aorist, 

3. Person. Die absolute Endung war idg. -tai, ai. 
εἰδ, got. -da, gr. -aı. Sie war betont: ai. ἐἰξ von ὦ 
„gehen“ und kann als Vollstufe zu dem aktiven -% auf- 
gefaßt werden. -zas ist im Griech. auch im Perfekt vor- 

- handen, beruht aber hier wahrscheinlich auf Übertragung 
vom ‘Präsens, da das Indische im Perfektum nur 2 = 
idg. -ai hat. 

Anm. 3. -ra wird im böot. regelrecht zu -7. Im Thessal. 


ΚΑ 804. 405] "Die Persdnklendutfgen. A351 


"erscheint =7ss.: "Im- Atkad:-Kypr. fafden wir -to&ark. βόλετοἠεϑέατοι, 
"Inwwvlotaros; kypr. 'setrvu- Dies ὃ ist wahrscheinlich dürchrdas 0 
; der'konjurikten Endung -τό hervorgerüfen. Ὁ, Hoffmann Gr;Di. 
- 1, 180 denkt dagegen an eine idg. Endung -toi. Das ist an und 
“für sich nicht unmöglich, aber nicht zu ‘Beweisen. 
“ Die konjunkte Endung ist idg. -to, ai. -id, gr. “το, 1. 
-ἰο in datu-r aus *dato-r. 


'& 405. : Plural. 
Dis Pfürslendungen ‘des Tdg. Bind’sohwer zu’ ermitteln, 
weil uns nur das Arische und Grischidche: zur Verfügung 
> stehen, ind: ‘diese "beiden -Ipräcken nieht übereinstimmen. 
: 1.” Person. "Grisch. -<ı2&9«e Kann‘ man: ai.’ -Mahi 
(sekundäre) Endung gleichsetzen. ’ Aber‘ dies "kann ‘such 
altes -i enthalten,“ da neben -mahi primär -mahe steht, 
“ Vgl. H: Peädersen- ΚΖ. 36, 80. 
‘In ep."<ueode ist das snach -038 u. 8. w. eingefährt. 
: 2. Pierson.: "Das Griechische "hat :aurf eine Endung 
;.g9e. Das Indische‘ zeigt‘ dagegen primär -dhv&rund 
‘sekundär: -Ahvam. " Manches ist versucht; um diese Diffe- 
renz zu erklären. Da das Indische -2 in allen: Medial- 
formen hat; so-kann das -2 von: -dhv2 jumg sein. In -09e 
"kann man de auf‘ -dhwe zurückführen nach $ :238 b. 
“ Zu erklären bliebe :dann- noch -das -o;‘das auch im Dual 
"0909, σϑᾶν und im Imperativ auftritt (-o9o). 
Aber στ. :Ie"kann auch -tke sein und dem- sonst:im 
Indischen auftretenden -th entsprechen, 2. Pl. Aktıstha, 
- 2, Du. Akt. -thas, 2: Med. Dual. -&h2, -äthäm, 
᾿ Und‘ schließlich"tegt“ es :auch""sehr:nahe, in dem Ἢ 
einen Einfluß der zweiten Plur. Akt..zu sehen ;:nach dem 
Muster Imp. -τω : -09w, -τον : -σϑον, -των: -09wv hat man, 
wie Wackernagel ΚΖ. 33, 57 vermutet, ein’ -09s zu -τὸῷ 
des Aktivums geschaffen. Von den -s-Formen des Grie- 
“ hischen hat Bartholomae’ Rh. Mus. 45, 151 ff. die In- 
finitivendung -09aı richtig erklärt. Es ist dies ein Kom- 
᾿ pösitum aus neuträlen -2s-Stämmen mit’ Infinitiven der 


‘852 Formenlehre XXXIV. - [8 406. 406. 


Basis -dhe, wie sie in ai. -dhya, vorliegen. Ein 
εἴδεσ-ϑαι zerlegt das Sprachgefühl in εἴδε-σϑαι, in- 
dem man es mit e&öe-rar verband. Diese Infinitivform 
wurde einerseits medial gebraucht, andererseits auch 
imperativisch. Daher schuf man dann zu dem -zw des 
Imperativs ein -σϑω, zu -z0v ein -o9ov, und schließlich 
zu -τὸ ein -o%e. Bei dieser sonst sehr einleuchtenden 
Erklärung Wackernagels ist nur der eine Punkt noch 
nicht klar gestellt, wie der Infinitiv auf -σϑαε zu seiner 
medialen Bedeutung kam. 

Anm. 1. Oben ἃ 238}, Anm. 2 ist die Möglichkeit ange- 
deutet, daß -σϑ- auf idg. -dhwo- zurückgeht, womit alle Schwierigkeiten 
am besten gelöst würden. 

3. Person. Absolut idg. -niai, konjunkt -nio. Die 
Formen verhalten sich zu den aktiven Endungen -nti, -n# 
genau wie -ἰαὶ zu -&, -ἰο zu -. Demnach haben wir auch 
eine idg. Betonung -niai, -niö anzusetzen, die zwar im 
Indischen nicht mehr erhalten ist, aus der sich aber er- 
klärt, daß die Vollstufen -entai, -ento nicht mehr vor- 
kommen. 

Im Idg. wechselten -niai und -ntas, -nto und -nio, je 
nachdem ein unsilbischer oder silbischer Laut vorausging. 

a) -nlai, -nlo, ai. -ai?, -ala wurden im Griech. zu 
-arar, -aso. Es heißt daher regelrecht zerodp-aras, 
öreredp-aro, hom. ἥ-ατο, ai. dsata aus *zs-nio, Opt. hom. 
γενοίατο. 

b) -ntai, -nio, ai. -nie, -nla, got. bair-anda sind in den 
übrigen Formen regelrecht: φόέρο-νται, ἐφέρο-ντο, Vora-vras. 
Auch der Opt. hat später -osvro. 


ᾷ 406. Dual. 

1. Person. Die Endung -μϑϑὸν ist nicht idg., 
sondern dürfte eine Umbildung der 1. Plur. -us3« nach- 
dem -0309 des Duals sein. 

2. 3. Person. -090» ist vielleicht gleich ai. -dhvam, 


8 406. 407.] Die Personalendungen. 353 


der Sekundärendung der 2. Plur. -σϑον, -σϑην, dor. -σϑᾶν 
: stehen in enger Beziehung zu den aktiven -zov, -zm, 


B. Die Personalendungen des Perfekts. 


& 407. Das Perfektum hatte im Idg. eine Reihe 
eigentümlicher Personalendungen, die sich im Griechischen 
z. T. erhalten haben. 

Die 1. Person Sing. hat bei den konsonantisch 
auslautenden Stämmen die Endung -a: γέγον-α, ai. jajäna, 
got. gab(a). Der Ursprung ist ganz dunkel. Das Griechische 
-yova können wir einem idg. -gona gleichsetzen, sodaß es 
gar keine Endung hätte, 

Sicher war dies bei den Stämmen auf Vokal der 
Fall. Denn in griech. &orn-xa liegt ein *&-0r@ vor, das 
wir dem Indischen iastha-u gleichsetzen können. 

Die 2. Person Sing. zeigt idg. die Endung -tha, 
ai. -Iha. Sie ist regelrecht nur erhalten in gr. -ϑα, οἶσϑα, 
ai. vettha, got. waist „du weißt“, und ἦσϑα „du warst“, 
ai. äsitha. Da der Plural des Imperfektums vom Verbum 
substantirum mit dem des Perfekts zusammenfiel, so wurde 
-9a auch bei anderen Imperfekten verwendet, so in ἔφησ-ϑα 
und ἤδησ-9α, ferner aber auch präsentisch hom, τέϑησϑα, 
φῆσϑα, εἶσϑα, διδοῖσϑα, indem es an die gewöhnliche 
Endung auf -s trat. 

Im Perfektum aber stellte sich infolge des Zu- 
sammenfalls mit dem Aorist auf -@ ein -og ein, z. T. 
wohl unter dem Einfluß von Formen wie ἔγεγόνα-ϑα, ai. 
jajisitha, 

Die 3. Person Sing. halte sicher die Endung -s, 
γέγονδ, wegen air, condairc aus *darci. Der Ursprung ist 
vollständig unklar. 

Im Plur. und Dual lassen sich im Griechischen 
keine besonderen Endungen mehr nachweisen. Es herrschen 
vielmehr die auch sonst üblichen Endungen. Diese traten 
bei leichten Basen unmittelbar an den Stamm: hom. ἴδμεν 

Hirt, Griech. Laut- u. Formenlehre. 23 


354 Formenlehre XXXIV. [8 407. 408. 


= ai. vidmd, To-ve aus ἢϊδτε, πέπασ-ϑε, eilnlovd-uev, ἐπέ- 
πιϑ-μεν. Dagegen stand vor den Endungen bei schweren 
Basen regelmäßig 9, daher E£ora-uev, ai. tasthi-mäd, 
se-Ivä-uev, Ablaut zu ϑάνα-τος und τέϑνη-κα, τέ-τλᾶ-μεν, 
Ablaut zu τέττληκα. Weitere Formen wie ᾿βέβλα-μεν zu 
βέβλη-κα sind vorauszusetzen. Von diesen hat sich der 
Ausgang -auev losgelöst, und man kam zu Analogie- 
bildungen wie οἴδ-αμεν, ἑστήκ-αμεν. 

Die 3. Person Plur. hatte ursprünglich ein -r als 
Endung, ai. tasthür. Davon ist im Griechischen nichts 
erhalten, vielmehr hat das Perfekt zunächst die primäre 
Endung -ncı = arı übernommen, s. 0., und dann -avzı, 
das zu -@oı wurde. 


8408. Die Entstehung der idg. Personalendungen. 
Über die Herkunft der idg. Personalendungen kann man ebenso 
wie über die der Kasusendungen nur unsichere Vermutungen 
hegen. Daß in ihnen die Stämme von Personalpronomina stecken,’ 
hat zwar Bopp vermutet, und es wird noch vielfach angenommen, 
aber beweisen läßt sich diese Ansicht nicht, ja sie ist bei ge- 
nauer Betrachtung sehr unwahrscheinlich. Allerdings kann man 
das -m der 1. Sg. mit dem Pronominalstamm me- in gr. dus 
identifizieren, aber -m tritt auch im PJural auf, und da versagt 
diese Erklärung. Auf der anderen Seite ist ein idg. *bherom, gr. 
ἔτφερον mit *bhörom, gr. φόρον so gut wie identisch und *bheromes 
unterscheidet sich vom Akk. Plur. *bhorons, falls dies für *bhoroms 
steht, nur durch den Ablaut. 

In der 2. Sg. finden wir die Elemente, -s, -th, im Plur. und 
Dual auch -t. Diese mit dem Pronominalstamm, idg. tewe-, zu ver- 
knüpfen, hat man früher gewagt. Nun ist aber z. B. das -f gar 
nicht auf die 2. Person beschränkt, es findet sich im Sing. und 
Dual auch in der 3. Person, und stellt man 2. Pi. *bhere-te, gr. 
φέρε-τε, 2. Du. *bhere-tom, gr. φέρε-τον͵ 3. Du. *bhere-täm, gr. φερέ-την 
zusammen, so gleichen die -te, -tom, -fäm durchaus Kasusformen 
vom Pronominalstamm -to. 

Das Element -t der 3. Sg. wird man schwerlich von dem 
gleichen Element in der Stammbildung trennen können, Gr. 
2-do-to und do-rö-s, δί-δω-τε und 1. dös aus *döfi-s sind identisch. 
Ebenso hat man längst vermutet, daß die 3. Pers. Plur. idg. *e-bheront 
gr. ἔτφερον mit dem Partizipium idg. Ntr. Sg. *bheront, gr. φέρον(τ), 


$ 408. 409.] Die Personalendungen. 355 


die 3. Plur. *bheronti gr. φέροντε mit ai. N. Plur. Ntr. bharanti 
identisch sei. Sicher ist ja lat. legi-mini eine Nominalform, gleich 
gr. λεγόμενοε oder Inf. λεγέμεναι. So dürfte also die heutige 
Forschung zu einer ganz anderen Erklärung der Personalendungen 
kommen, als sie Bopp versucht hat. Man vergleiche, was Wundt 
Völkerpsychologie I, 2, 129. über die Fnbwieklung der Verbal- 
flexion ausführt. 


C. Die Personalendungen im Griechischen. 


8 409. Es war ein Vorurteil der Sprachwissenschaft, 
als sie annahm, daß die indische Verteilung zwischen 
absoluten und konjunkten Endungen indogermanisch sei. 
Es liegt heute nahe zu vermuten, daß das Griech. den 
ursprachlichen Stand der Dinge besser bewahrt hat als 
das Indische, 


Der Unterschied zwischen absoluten und konjunkten 
Endungen findet sich im Griech., abgesehen von den 
dritten Personen aller drei Numeri nur im Singular. 

Diekonjunkten Endungen stehen im Griech.: 1. in 
allen augmentierten Tempora. 

2. Seit idg. Zeit im Optativ φόροις, φέροι, φέροι-εν, 
φεροί-την, alat. sied, got. bairais, bairai, lit. te-suk& „er soll 
drehen“, ai. bhäre$, bhäret. 

In der 1. Sg. weicht das Griech. ab. Zwar hat es 
bei dem Optativ auf -n auch die konjunkte Endung -». 
Aber bei den Bildungen auf -o, finden wir -ws, φέροιμι. 
Die ursprüngliche Form war ἔφέρο-)α oder ἔφέροι-)α, ai. 
bhäröyam. Dies wurde nach dem Muster τόέϑημε : τέϑης 
zu φέροιμι. 

Auch der Konjunktiv hat ursprünglich z. T, die 
konjunkten Endungen, im Griech. hat er dieselben 
Endungen wie der Indikativ, d. h., teils konjunkte, teils 
absolute. Im Sprachgefühl herrschen aber durchaus die 
primären Endungen, und es nehmen daher die 1. und 
3. Sg. bei Homer sogar die Endungen -uı, -oı an, ἐϑέ- 

23* 


Φ 


356 Formenlehre XXXIV. [8 409. 410. 


λωμε, ἐϑέλῃσι, ἀγάγωμι, Gydynoı, während in der 2. Person 
«σϑὰ eindringt ἐθέλῃσθα, πάϑῃσϑα. 

Besonders zahlreiche Neubildungen finden sich in 
der 3. Plur. Es herrscht dort bei den athematischen 
Verben die Endung -avsı, att. -ασι, die teils für -evze 
eingetreten, teils von Fällen wie fozavıı losgelöst ist. 


Anm. Man unterscheidet in der Flexionsweise des Grie- 
chischen die Verba auf -« oder die athematischen Verben von 
den Verba auf -» oder den thematischen Verben. Die Verba auf 
-# sind wenig zahlreich und werden mehr und mehr durch die 
thematische Flexion verdrängt, ein Prozeß, der im Lateinischen 
und Germanischen fast ganz durchgeführt ist. Im Indischen sind 
noch viele Verben athematisch, die im Griechischen thematisch 
geworden sind, z. B. ἐμέ-ω, ai. vdmi-mi, — ἔδω, ai. ddmi; — γεύω, 
ai. jößi; — ἔχω „fahre“, pamphyl. Feyero, ai. vakfi; — ἔχω „haben“, 
ai. sdkfi; — ἀμέλγω͵ ai. märgti „wischt“; — τεύχω͵ ai. dögdhi 
„melkt“ u. a. Auf weitere Beispiele ist unten hingewiesen. 


ᾷ 410. Zur besseren Übersicht der Vertretung der 
idg. Personalendungen im Griechischen folgen hier einige 
Paradigmen in vergleichender Darstellung. 


1. Verba pura (e-o-Verben). 


| Griech. | Aind. Ä Lat | Got 
1. Sg. φέρω [dhara-mi) fero baira 
2. Sg. [φέρεες] δῥάγα-δὶ feri-s(t) bairi-s(t) 
| 


3. Sg. [φέρες(τ)} bhar-ati | feri-ti) bairi-b(f) 
1. Pl. || dor. φέρομες | bhirä-mas | feri-mus batra-m(x) 
2. PL .] (φέρετε) bhära-tha |Imp. (feri-te) | baöri-Bfe) 
3. Pl. || dor. φέροντε | bhära-nti feru-nt(i) baira-nd(i) 


[φέρε-τονΐ bhära-thas || ἃ. Ῥ]. feri-tis 


[φέρε-τον»] bhara-tas 


8 410.] Die Personalendungen. 357 


ἔφερο-»ν 
Epepe-s dbhara-8 
ἔφερε-(τῚ äbhara-t fereba-t(d) 


: ἐφέρο- μεν : | :dbharä-ma: | [fereba-mus] 
ἐφέρε-τε ἀδδαγα-ία || [fereba-tis] 
ἔφερο-ν(τ) || äbhara-n(t) || fereba-nt 


ἐφέρε-τον || dbhara-tam 
ἐφερέτην || dbhara-tam 


Anm. Man sieht aus dieser Tabelle, wie nur die griechischen 
konjunkten Endungen den indischen genau entsprechen. 


. 86. ἰφέρομαι!) | 
. Sg. [φέρῃ aus *peoe-oası bhära-se 
Sg. pEoe-Taı ἡ bhdra-te 


PI. [φερό-μεϑα] 
ΡΙ. [φέρε-σϑ'] bhdra-dhve | 
Pl. φέρον-ταε bhäran-te | batrandafi) 


Du. [p&oe-0F0r] | 
Du. [φέρε-σϑον bhare-te . 


ΞΘ θα wu μα 


Griech. 


|........... sun mm me ὦ... nn nn nee en nn en -ς.-.--.-.-.- 
Th  “---- nun 


1. Sg. | [ἐφερό- μη») | übhar-e 
2. Sg. | dpsoov aus "epegeoo| dbhara-thäs, 2. Imp. bhara-sv 
3. Sg. | ἐφέρε-το | dbhara-ta 
| | 
᾿ 1, ῬΙ]. ı ἐφερό-μεοϑα übharä-mahi 
2. Pl. | [ἐφέρε-σϑ | dbhara-dhvam 
3. Pl. | ἐφέρο-ντο | dbhar-anta 
2. Du. [ἐφέρε-σϑο») | übhare-thäm 
3. Du. [dyeo-09]) " dbhare-täm 


358 Formenlehre XXXIV. [$ 410. 411. 


2. Verba auf -wı. 


) Griech. Ä Aind. | Griech. | Aind. 
| 
1. Sg. | τίϑη-με | auinami ἰτίϑην | 0a dddhä-ni ἐτίϑη-» ddadhä-m 
2. Sg. | τέϑη-ς dddha-si [ἐτέϑ᾽εε-ς] ddadhü-s 
8, Sg. | τίϑη-σι(-τ | ἀδάμας ἐτίϑε] | ddadha-t 
| 
1. Pl. [τέϑε-: με» dadh-mäs ἐτέϑε-μεδν | ddadh-ma 
2. Pl. [τέϑε-τε] dhat-thd | ἐτίϑετε | ddhat-ta 
3. Pl. dor. τέϑε-»ντ ἡ dddh-ati | dor. ἔτιϑε-ν | ddadh-ur 


| [τιϑέ-σ] | [ἐτίϑ-σα»] ᾿ 


ΗΝ Griech. Aind. | Griech. | Aind. 
| 


Ι 
1, Sg. || [τίϑε- μα ἀαάλέ |  ἐειϑέιμην: ᾿ : ddadhi : 
2.55. | τίϑεσαι | dhat-sd | ἐἐτίϑεισο; | : ddhat-thäs : 
3. Sg. τίϑε-ται dhat-t& 5 ἐτέϑεττο | ddhat-ta 
1. Pl.  {τιϑέ-μεϑα] Addh-mahz | ἐτιϑέτμεϑα | ddadh-mahi 
2. Pl. [τέϑε-σϑὲ dhad-dhve |: : ἐτέϑε-σϑε: |: :ddhad-dhvam:: 
3. Pl. τίϑε-νται dadh-ate | ἐτίϑε-ντο | ddadh-ata 


ds-mi [sum] 
el aus *E-0s | dsi 68 
ἐσ-τέ | üs-ti est 
| 
1. Pi. ἐσμέν | 8-ηϊάϑ [sumus] 
2, ῬΙ. ἐστέ | κδ μά estis 
3 


. Pl. |eios aus *vri) 8-anti ' umbr. sent sind | 
, | . 


8 411.] Die Personalendungen, 359 


Über die 2. Sg. ἐσσί 5. 8 401. Die 1. Pl. ἐσμέν 
müßte lautgesetzlich εἰμέν lauten, das ionisch und dorisch 
wirklich vorliegt. Die 3. P. Pl. hom. &&a: hat die 
Endung -ayrı angenommen. Die Flexion des Imper- 
fektums beruht darauf, daß seit idg. Zeit ein augmen- 
tiertes Imperfektum und ein redupliziertes Perfektum be- 
standen. Ersteres lautete idg. *2sm = gr. ἦα, letzteres 
*zsa — gr. fa. Da ferner in der 1. und 2. Pl. und der 
2..Du. die Personalendungen im Griech. gleich waren, 
so stecken in ἦμεν, ἦστε, ἦἧστον sowohl die Imperfekt- wie 
die Perfektendungen. 

Es standen sich nun folgende Flexionen gegenüber 


Aind. Perfektum 


Daraus entwickelte sich folgendes. 

1. Person. ἦα blieb und wurde att. zu ἦ kontrahiert, 
später kam 7» auf durch Anfügung der sekundären 
Personalendung. 

Die 2. Person. ἧς aus ἔἦσσ ist in der Koine 
häufig. Gewöhnlich aber wird die deutlichere Perfekt- 
form ἦσϑα gebraucht. Nachdem so -9e in das Imperfektum 
gekommen war, wurde es auch bei anderen Verben ge- 
braucht, wie ἔφησ-ϑα, Opt. βάλοι-σϑθα, aber in der er- 
weiterten Form -σϑα, das naturgemäß bei dem Verhältnis 
ἦα, ἦ-σϑα abstrahiert wurde. 

Die 3. Person ist als ἧς in den Dialekten häufig 
erhalten. Das daneben auftretende ἦεν ist wahrscheinlich 


360 Formenlehre XXXV, [8 411—413. 


die 3. Plur, Imperf., die singularisch umgedeutet wurde, 
nachdem ἦ-σαν als 3. Plur aufgekommen war. Aus ev 
entstand ἦν durch Kontraktion. 

Die 3. Pers. Plur. ἦσαν ist die Perfektform, bei der 
die Endung des s-Aoristes eingedrungen war. 


Anm. Außer diesen im wesentlichen altererbten Formen 
finden sich noch zahlreiche Neubildungen, deren Erklärung z. T. 
noch nicht gelungen ist, so z. B. Hom. ἔησϑα, &nv, ἤην. Da in der 
1. Plur. ἦμεν das 8 geschwunden war, so bildete man ἦτε u. 8. w. 


ᾷ 412. Perfektum. 

| 9. Griech. | Αἱ Aind. “| Got. 
1. Sg. old-a δα | » ved-a | wait(a) 
2. Sg. olo-Ja | vet-tha | wais-ia) 
8. Sg. olö-e ved-a | waitle) 

N | | 
1. Pl, ἔδ- μεν | vid-md witu-m(x) 
2. Pl. (lo-re) vid-d (witu-B(e)) 
3. Pl. [?00-20s) vid-ur wit-un. 

| 


In der 2. Sg. wird die Aoristendung -ας normal in- 
folge des Zusammenfalls der 1. Sg. mit der des s-A.oristes, 
wie denn auch im Plural -auev, -are als eigentliche 
Endungen betrachtet werden müssen. -@oı ist vom 
athematischen Präsens übertragen. 


XXXV. Kapitel. 
Die Stammbildung des Verbums. 


I. Vorbemerkungen. 
8 413. Noch mehr als beim Nomen war es beim 
Verbum von ausschlaggebender Bedeutung, ob eine leichte 


8 413, 414.] Die Stammbildung des Verbums. 361 


oder schwere Basis zu Grunde lag, und die großen „Un- 
regelmäßigkeiten“ der griech. verbalen Stammbildung 
lassen sich im wesentlichen nur von dieser Grundlage aus 
begreifen, d.h. von der durch die Betonung entstandenen 
Verschiedenheit der Formen. 


A. Die leichten Basen. 


& 414. Das auslautende e-o der leichten Basen 
mußte in allen Formen mit Ausnahme des starken 
Aoristes schwinden, lit. lök-mi, λέλοιπτα ἔδεικ-σα gegenüber 
ἔλιπο-ν und wurde daher hier nicht mehr als integrieren- 
der Bestandteil der Basis, sondern als Endung aufgefaßt. 
Diese Basen erscheinen daher dem Sprachgefühl durch- 
aus als einsilbig und bewahren auch den ererkbten Ab- 
laut zum guten Teil. Es steht V. I im Präsens, im 
Futurum und im s-Aorist, V. II und Schwundstufe der 
ersten Silbe im starken Aorist, o-Stufe im Singular des 
Perfekts und analogisch im ganzen Perfekt. 

Anm. Im Germ. ist dieser Ablaut funktionell bedeutungsvoll 
geworden und hat daher sehr an Ausdehnung gewonnen, während 
er im Lat. durch die Lautgesetze sehr gestört ist. 

Beispiele: 

λείπω, λιπεῖν, λέ-λοιπα, got. leiva, läihb, laihum; — 
πείϑω, πιϑέσϑαι, πέποιϑα, ἐπέπιϑμεν ; — εἰδήσω, ἰδεῖν, 
οἶδα, ἴδμεν, got. wait, witum ; — στεέίχω, στιχεῖν, got. steigan, 
Pl. Perf. stigum; — πεεύσομαι, ἐπυϑόμην, got. biudan, "Pl. 
Perf. budum; — ἐλεύσομαι, ἤλυϑον, ἐλήλουθα:; — κεύϑω, 
κυϑεῖν, — δέρχομαι, ἔδρακον aus ἔξδρκον, δέδορκα, got. 
wairpa, warp, waürpum; — πέρδομαι, ἔπραδον; — τρέπω, 
τραπεῖν, τέτροπα; — χείσομαι, aus *x&vdoouaı, χαδεῖν aus 
*yydelv, κέχονδα: — πείσομαι aus ἔπένϑσομαι, παϑεῖν aus 
Ἐπνϑεῖν, πέπονθα, got. binda, bundum, band; — ἕπομαι 
aus ἔσέπομαι, ἑ-σπ-όμην. Von einsilbigen oder einsilbig 
gewordenen schweren Basen finden wir λήσω, λαϑεῖν, 
λέληθα, λήψομαι, λαβεῖν, got. 1. Perf. for zu faran. 


362 Formenlehre XXXV. [$ 415. 416. 


B. Die zweisilbigen schweren Basen. 


& 415. Die zweisilbigen schweren Basen zeigen einen 
derartigen Ablaut nicht. Da die Formen infolge der 
Einwirkung des Akzentes sehr auseinanderfielen, so haben 
sich Neubildungen eingestellt, und das alte ist nur ganz 
selten erhalten, so z. B. in πέτα-μαι: nei var; — ἔκέρα-σα : 
κε-κρᾶ-μαι; — ἐπέτα-σα : πέ-πτᾶ-μαι. Zu βέ-βλη-κα mit 
V. ΤΙ sollte das Präs. *H&auı oder Ἐβέλεμε lauten, vgl. 
BeiAe-uvov, es ist aber βάλλω aus βάλω eingetreten. 
βαλ- stammt aus der RS. βαλα-. Ebenso verhalten sich 
τάμ-νω Zu τέτμηκα, κάμ-νω, vgl. κάμα-τος, zu κέκμηκα. 

Die Ausgleichung erfolgt nach verschiedenen Rich- 
tungen. 

1. Es ist eine einzige Stufe und zwar V. ΠῚ durch- 
geführt, βιβρώσχω, ἔβρων, πίμπλημε u. s. w. In diesem 
Fall wird dann das Präsens durch besondere Elemente 
gebildet. 

2. Es hat sich ein zweiter Stamm, der auf der zweiten 
Vollstufe beruht, ausgebildet, von dem die meisten nicht 
präsentischen Tempora gebildet werden. 

Annı Bei den folgenden Beispielen ist zu beachten, daß 
die im Präsens auftretenden präsensbildenden Elemente sehr häufig 
in die übrigen Tempors übertragen werden. Dies ist ein in allen 
Sprachen gewöhnlicher Vorgang. Beispiele: ἐβόσκησα : Booxw; — 
βουλήσομαε : βούλομαι; — καϑιζήσομαε : καϑίξω; — μελλήσω : μέλλω; 
— ὀξήσω : ὄξω; — ὀφειλήσω: ὀφείλω, vgl. ὥφελον; — τυπτήσω: 
τύπτω; --- χαιρήσω : χαίρω, aber ἐχάρην; --- αὐξήσω zu αὐξάνω, vgl. 
l. augere u. 8. w. 

& 416. In einer Reihe von Fällen können wir den 
zweiten Stamm auch in den verwandten Sprachen nach- 
weisen, namentlich liegt er in den indischen st-Basen vor. 

a) Der zweite Stamm geht auf einen einfachen langen 
Vokal aus. 

Beispiele ἀλέξ-ω, ἀλεξή-σω, ai. Fut. araksi-äyas; — 
αὐξ-άνω, αὐξή-σω, 1. auge-re; — τυγχ-άνω, τετύχη-κα, ai. 


8 416. 417.] Die Stammbildung des Verbums. 363 


2. Sg. Perf. dudöhi-iha; — ylyv-ouaı, γενή-σομαι, γεγένη-μαι, 
ai. Fut. jani-syäti; diese Art der Bildung ist ziemlich 
verbreitet. 

b) Der zweite Stamm geht auf einen langen :-Diph- 
thong aus. In diesem Falle kann ursprünglich kein ein- 
silbiger Stamm erscheinen, sondern es muß im Präsens 
ein ? auftreten. 

Beispiele: εὑρέ-σκω zu εὑρή-σω, εὕρη-κα; — στερί-σκω 
zu στερή-ςσω, ἐστέρη-σα; — ἁλέ-σχομαι zu ἁλώ-σομαι, 
ἑάλω-κα; --- ἀμβλί-σκω zu ἤμβλω-κα; ἀναλέ-σκω zu ἀνά- - 
λω-κα; — ὄζω aus ἔὄδ)ω zu ὀζή-σω, vgl. 1. olere; — δέω 
zu ῥυή-σομαι, ἐρρύη-κα, vgl. lit. sravis, sraveti „gelinde 
fließen“; — xalgw aus *xdgjw zu χαιρή-σω, &xden-v, vgl. 
got. gr&-dus „Hunger“. 

c) Der zweite Stamm geht auf kurzes -e aus, das 
wir als Ablaut zu dem langen Vokal auffassen dürfen. 
Dieser findet sich hauptsächlich im Futurum, d.h. in 
Bildungen, die in diesem Falle dem aind. :3-Aorist ent- 
sprechen. Vgl. βαλῶ aus Ἐβαλέ-σω, Ablaut zu βέ-βλη-κα: 
— χαμοῦμαι aus ἔχαμεσ- zu κέ-χμη-κα, vgl. ai. Aor. 
üdami-sthas,; — τεμῶ aus *reudo-w zu τέττμη-κα; — 
ἀποϑανοῦμαι zu τέϑνη-κα, vgl. ai. adhvanit „er erlosch“ ; — 
γαμῶ zu γεγάμη-κα; — μαχοῦμαι zu μεμάχη-κα; — μεγῶ 
zu μεμέγηκα; vgl. 1. manere; — ἐρῶ zu εἴρη-κα. 


ii. Der Aorist-Präsenstypus. 

ᾷ 417. Der Aorist-Präsenstypus ist einer der 
wichtigsten im idg. Verbum, weil sich aus ihm die ver- 
schiedensten Formen entwickelt haben. Als Stamm dieser 
Klasse fungiert die reine Basis, aus der zwei verschiedene 
Tempora gebildet werden konnten: 1. eine Form mit Be- 
tonung der ersten Silbe im Singular und Endbetonung 
im Plural, die meist als Präsens mit kursiver Bedeutung 
verwendet wird, wir nennen sie daher den Präsenstypus; 
2. eine Form mit Betonung der zweiten Silbe, die meist 


364 Formenlehre XXX V. [$ 417. 418, 


als Aorist fungiert, und die wir daher Aorist nennen. 
Die Auffassung in den historischen Epochen schwankt 
außerordentlich. Für das Griechische gilt die äußerliche 
Regel, daß eine Form mit absoluten Personalendungen 
als Präsens angesehen wird, solche aber, in denen diese 
fehlen, dem Aorist zugewiesen werden. ἔφην und ἔστην 
sind in ihrer Bildungsweise ganz gleich. Weil aber neben 
ἔφην ein φημέ steht, wird es zum Imperfektum gerechnet, 
während ἔστην als Aorist gilt. Wir halten uns nach 
unserer oben gegebenen Erklärung zunächst nur an die 
Form. Eine Form mit V. II rechnen wir zum Aorist, 
solche mit V, I und RS. zum Präsens. Die verschiedenen 
Stufen sind innerhalb eines Verbums vielfach ausgeglichen, 
sodaß oft nur zwei oder eine einzige Stufe vorliegt. In 
solchen Fällen ist zu der Stufe des Aorists ein neues 
charakterisiertes Präsens gebildet, oder zu dem Präsens 
gehört ein -s-A.orist. 


A. Die zweisilbigen schweren Basen. 


418. Regelrechte Präsensbildungen sind: 
nachhom. πέτα-μαι zur Basis *pelä; — χρέμα-μαι, vgl. 
κρεμά-ϑρα; — ἔρα-μαι, vgl. ἔρως — ἄγα-μαι; — hom. 
δέα-το „videbatur“ zu ai. di- „scheinen“, Basis *deja; — 
δέε-μαι „eile*, hom. Te-uaı „strebe“. 

Gewöhnlich sind diese Verben in die thematische 
Flexion übergeführt, und zwar so, daß an Stelle des -ws 
das -w trat, vgl. dyd-oucı neben ἄγα-μαι, ἐμέ-ω —= ai. 
vimi-mi, 1. vomi-tus; — δαμά-ω, 1. domäre; — ἐλά-ω; — 
ἀρό-ω, vgl. ἄρο-τρον, 1. arä-re, 

Aber von der 3. Plur. aus, wo das auslautende -> 
vor dem folgenden -enti geschwunden war, konnte auch 
Übertritt zur einfachen o-Flexion stattfinden, sodaß dem 
Präsens ein einsilbiger Stamm zu Grunde liegt, so δέμ- 
zu δέ-ὅμη-κα, EIE-w zu ἠϑέλη-σα u. 8. w., 1. vomo gegen- 
über ἐμέω. 


$ 418. 419.) Die Stammbildung des Verbums. 365 


Von allen diesen Verben liegt kein alter Aorist vor, 
ausgenommen στῆναι. 

Zu den Aoristen andrerseits fehlt das Präsens. 
ἔ-τλην : τελα-μών, got. bulan aus Pule-, vielleicht RS, des 
Präsens; — ἔ-δραν: ai, drä-ti „er entläuft“, als Präsens 
gebraucht; — hom. πλῆτο „er näherte sich“, Präsens mit 
d-Erweiterung πελάζω:; — epid. ἐξερρύα: lit. pa-srüvo „er 
οβ΄, Präsens dew, ai. srävati (leichte Basis); — hom. 
πλῆτο, ἐμπλήμενος, lat. im-pletur Präsens, ai. dprät 
Aorist, präsi Präsens. Als Präsens fungiert seit idg. 
Zeit eine reduplizierte Bildung πίμπλημι, πίμπλαμεν, ai. 
piparli; — EBvyn, lat. nemus (Herodian II, 507, 22); — 
ἄημε (Präsens): ai. vati; — ἔβλην : Beleuvov, Präsens 
βάλλω; — kret. ἀν-κλήμενος zu ἀνακαλέω ; — ἔζην aus 
*gwjem; — ἔγνω zu ahd. kennan; — .EBowv zu lit. gerti 
„trinken“. 

In einem lebendigen Verhältnis stehen diese For- 
mationen nicht mehr. 

Als alte Präsentien, die aber aoristisch aufgefaßt 
wurden wegen der Länge des Vokals, gehören noch hier- 
her ἔφυν, ἔδῦν. 


B. Die ewei-Basen. 

ᾷ 419. Lebenskräftiger ist im Griechischen die 
Kategorie der er&i-Basen geblieben. Sie müssen einen 
Aorist auf -& bilden mit athematischer Flexion, in dem 
das ὁ schon im idg. geschwunden ist. Das Präsens muß 
athematisch -Tmi, -isi, -ti flektieren, z. T. auch mit kurzem 
i, das durch Enklise entstanden sein kann. Die 1. Person 
Praes. scheint schon idg. die Endung -5 angenommen zu 
haben, sonst aber liegt das alte Verhältnis gut erhalten 
im Slavischen vor, Praes. 2. Sg. υἱάϊδὲ, 3. Sg. vidits zu 
Aor. 2. 3. Sg. vide. Im Griech. ist der Aorist auf -2m 
(-P) zu einer lebendigen Kategorie mit besonderer medio- 
passiver Bedeutung geworden, während das Präsens in 


366 Formenlehre XXXV. [$ 419. 


die thematische Konjugation überging, wobei das alte ὁ 
als j weiter lebte. Ursprünglich gehörten also zu den 
Aoristen auf -ν j-Präsentien, und dieses alte Verhältnis 
ist noch vielfach erhalten, z. B. ἐχάρη, χαρῆ-ναι : χαίρω 
aus *xdej-w, umbr. heris „vis“, vgl. auch χαρέ-ζομαι, 
xdoı-s; — ἐφάνην zu φαίνομαι; — ἐτύπην : τύπτω aus 
Ῥτύπ)ω; — End: καίω; — τερσῆναι : τέρσομαι aus *7£p0jo- 
μαι, vgl. 1. torrere, ahd. dorren, ai. tr$yati „dürstet“ ; — ἐρρά- 
γὴν: hom. ῥήσσω aus ἔῤήχδω, später ῥήγνυμε; — ἐμάνην : 
μαίνομαι, vgl. μανέ-α. 

Vielfach liegt nur einer der beiden Stämme im 
Griech., der andere in den verwandten Sprachen vor, 
z. B. ölw aus *ödjw: 1. olere (ὀζήσω steht für Ἐὀδήσω) ; — 
ἕζομαι aus ἔσέδ)ομαι, ahd. süzan: 1. sedere, vgl. καϑιζήσο- 
μαι; — εἰδήσω, 1. videre, abg. vidsi; — αὐξή-σω, 1. 
augere; — φράζω aus *poddjw: lit. girdeti „hören“. 

Wie man aus diesen Zusammenstellungen sieht, 
entsprechen im Lat. z. T. die Verben der zweiten Kon- 
jugation, im Got. aber die ai-Verben. Z. T. stimmt die 
Flexion ganz genau, wie folgende Tabelle zeigt. 


n Griech. . Ä . | Abulg. 


᾿ 


vide(s) 
vid£(t) 


| 
habaib « -ete | 
haband < -Enti| 


Ϊ 


Anm. 1. Die gewöhnliche Form der 8. Pl. ἐμάνη-σαν zeigt 
Übertragung der Endung -σαν. 


Anm. 2. Es ist sicher, daß sehr häufig leichte e-o-Basen und 
exei-Basen nebeneinander stehen, und daß sich die ewäi-Basen, weil 
ihnen, wie es schien, eine besondere Bedeutung anhaftete, bedeutend 


ἐμάνητε 
ἔμανεν aus 
Ἐμανηντ 


| 
| 
| ἐμάνημεν | 
| 
| 


8 419-421.) Die Stammbildung des Verbunis. 367 


ausgedehnt haben. Im Griechischen kann der Aorist auf -7v von 
zahlreichen Worten gebildet werden, denen er ursprünglich nicht 
zukam. — Solche Fälle, in denen scheinbar ein Element -&i- an 
die Basis getreten ist, sind idg. *wide, 1. videre, gr. ἠείδη, got. witan, 
zu weid- in οἶδα; — olö-re, ὄξω zu öd-wda, lit. Üsti „riechen“ u. a. 

8 4%. Auffallend ist die passive Bedeutung des 
Aoristes auf -ν. Auszugehen haben wir von einer in- 
transitiven Bedeutung, die, wie es scheint, den Stämmen 
auf -& schon voreinzelsprachlich anhaftete. Denn im Alt- 
hochdeutschen sind die &-Verben intransitiv geworden, 
z. B. haften „adhaerere“ zu heften „nectere“. 


C. Die zweisilbigen leichten Basen. 


8 421. Die zweisilbigen leichten Basen mußten im 
Präsens den auslautenden Vokal verlieren, im Aorist aber 
das e-o unter dem Ton bewahren. Die athematischen 
Präsensformen sind nur selten erhalten. Da im Präsens 
der Akzent wechselte, mußte Ablaut eintreten‘, den wir 
noch finden in εἶμε, ai. zmi, εἶ aus *eloı, ai. 2-3, εἶσι, ai. 
διὶ — ἴτμεν, δὰ. imds, ἴτε, ai. i-Ihd, ἔ-ασι, ai. y-anli und 
eiul aus *esmi, ai. dsmi und πέντε aus *s-Enti, ai. sänti. 
Der alte Gegensatz zwischen Präsens und Aorist zeigt 
sich noch in si-wı und Konj. hom. ?o-ue. 

Gewöhnlich ist das Präsens thematisch geworden, 
wodurch wir das regelrechte Präsens auf -w erhalten. 
Daß dies aber nicht sehr alt ist, zeigt sich schon daran; 
daß die verwandten Sprachen nicht immer übereinstimmen, 
und manchmal auch im Griech. das Präsens fehlt. Man 
vergleiche: δρακεῖν, ai. ddröan : δέρκομαι, aind. nicht vor- 
handen; — σχεῖν : ἔχω, aind. athem. säkgi; — τυχεῖν, ai. 
üduhot, Präs. ai. athem. dög-dhi, gr. die Neubildung 
τυγχάνω; — δακεῖν, ai. dasali (Präs.): gr. δάχνω; — 
φυγεῖν, ai. bhüjati : φεύγω, aber lat. fugo; — παρδεῖν : 
πέρδ-ομαι; — τραπεῖν : τρέπω, 1. aber torquere; — στιχεῖν : 
στείχω. 


368 Formenlehre XXXV. [53 421—423. 


Präsentien wie λέτομαι, γλύφω, ὀρύχω, γράφω, κίω, 
dor. τράπω, τράφω zeigen den Vokalismus des Aoristes 
oder den des Plurals des Präsens. Was in ihnen steckt, 
muß die Bedeutung ergeben. Deutlich ist ἔκλυε Aorist, 
vgl. W. Schulze KZ. 29, 240. 


Anm.1. Daß dieses Verhältnis, athematisches Präsens, thema- 
tischer Aorist, das alte ist, zeigt das Indische klar und deutlich. 
Hier stehen einander gegenüber: jöfi und jufdte; — tägti und tdkdati 
für *lakddti; — dtoifur und dtviganta; — dhdksi und dahati für 
*dahdti; — dästi und dadati für *daddti; — bhakdi und bhdjati 
für *bhajdti; — mätsi und mddati; — märäti und mpjati. 

Anm. 2. Formen wie νέομας „ich werde heimkehren“, Bowas 
„ich werde essen“, riouas können sehr gut Aoriste sein; vdouas 
aus *v£oouaı steht wohl für *veoowas. 

Anm. 3. Der Singular des Präsens müßte in den Verben, 
die einen einfachen Vokal -+- Geräuschlaut enthalten, eigentlich 
Dehnstufe zeigen. Thatsächlich heißt es im Lit. &dw „ich esse“. 
Man wird vielleicht μήδομαε neben u&douas so aus einer alten athe- 
matischen Flexion *mödmi — *medm£s erklären können. 

8 422. Die alten Aoriste dieser Klasse waren nicht 
allzu zahlreich, aber sie hatten den Vorzug deutlich zu 
sein. Schon im Idg. hat sich daher -om, -es, -et als 
Endung losgelöst, und es wurden nun auch zu zweisilbigen 
schweren Basen „starke Aoriste“ gebildet. Man erkennt 
sie daran, daß sie in der 1. Silbe Reduktionsstufe zeigen, 
z. B. βαλεῖν, idg. aus *grelo-&, während der alte regelrechte 
A.orist ἔ-βλη-ν lautet. Man vergleiche auch σχεῖν, ἑσπέ-σϑαι 
mit regelrechter Schwundstufe.. WVeitere Beispiele sind 
ϑα»γ-εῖν : ϑάνα-τος, καμ-εῖν : χάμα-τος, ταμ-εῖν : τέμα-χος, 
μολ-εῖν : βλώσχω u. ἃ. 


D. Übersicht. 


ᾷ 423. Im Griechischen haben sich also aus dem 
idg. Schema zwei lebenskräftige Aoriste, die auf -ov und 
die auf -n» entwickelt, während die Präsentien ganz dem 
Untergang geweiht sind. Je später, um so mehr wird 
die athematische Flexion durch die thematische ersetzt, 


8 423—425;] Die Stammbildung des Verbums. 369 


ein Vorgang, der im Lat. ganz vollendet ist. Eine Zu-. 
sammenstellung mag die vollständige Identität der Bildung- 
des starken Aoristes zeigen. 

Leichte Basen ex-@i-Basen Schwere Basen 


ἰδεῖν μιγῆναι uAfj-To 
φυγεῖν. ῥυῆναι ἔβλην 
τραπεῖν χαρῆναι ἔτλην. 
παϑεῖν μανῆναι ἔγνων 
σχεῖν ἐβίων 


Ill. Die charakterisierten Präsentia. 
$ 424. Neben der einfachen oben besprochenen 
Präsens-Aoristbildung finden sich im Idg. Formationen 
mit Erweiterungen, von denen es wahrscheinlich ist, daB 
sie eine besondere Nüance des Verbalbegriffs ausdrücken. 
Zu diesen gehören die Reduplikation, die Nasale und 
einige andere Elemente. 


A. Die Reduplikation. 
1. Verbreitung und Form der Reduplikation. 


8 425. Die Reduplikation kam nicht nur im Präsens 
vor, sondern wir finden auch einen reduplizierten A.orist, 
der zu den starken (8. 0.) gerechnet werden muß. Not- 
wendig war die Reduplikation im Perfektum, darüber s. u. 

Die Reduplikationssilbe war nach Ausweis des 
Indischen unbetont. Nur in der 3. Plur. trug sie den 
Ton: 1. Sg. bibhömi, 1. Pl. bibhimäs, 3. Pl. bi-bhy-ati. Sie 
mußte daher in der 3. Plur. Vollstufe zeigen, sonst aber 
Schwundstufe. Dieser Stand der Dinge hat sich nirgends 
erhalten, vielmehr ist eine Form und zwar meistens die 
Schwundstufe verallgemeinert. 

Ursprünglich bestand die Reduplikation in der Wieder- 
holung der ganzen Basis, wie wir dies in Bildungen wie 
γαρ-γαίρω, πορ-φύρω, ai. car-cartti Intens. von car „bewegen“ 
und in dy-ayeiv, ἀρ-αρίσκω, Ög-ogeiv u. 8. w. finden. Aber 

Hirt, Griech. Laut- u. Formenlehre. 24 


3” Formenlehre XXXV. [$ 428. 


schon in idg. Zeit sind durch Dissimilation und Analogie- 
bildungen Veränderungen eingetreten. 

1. Die volle Form findet sich bei konsonantisch an- 
lautenden Basen nicht als tempusbildendes Element, 
sondern ist dem ganzen Verbum eigen. 

3. Bei vokalischem Anlaut haben sich alte Formen, 
z. T. aber auch schon mit Verkürzung wie dy-ayeiv, 
ἀλ-αλκεῖν, ἀκ-αχεῖν als Aoriste erhalten. 

3. Tritt die Reduplikation als präsensbildendes Ele- 
ment auf, so ist im Grieeh. der Vokal verallgemeinert, 
während im reduplizierten Aorist e erscheint. ὕστημε aber 
λελαβέσϑαι. Man hält diese Regelung wenigstens, was 
das i im Präsens anbetrifft, mit Unrecht für indogermanisch. 
Allerdings finden wir: ἕστημι aus "σίσταμι, 1. sisiö, ai. 
tiäthami; — βιβᾶς, ai. jigati; aber gegenüber τύϑημε heißt 
es ai. dädhämi, lit. dedü, δι. tätun und gegenüber δέδωμε 
heißt es ai. dadämi; ferner ist ylyvouaı, 1. gigno seiner 
Form und Bedeutung nach ein alter Aorist, was das ent- 
sprechende ai. djsjarat auch wirklich ist. Jedenfalls war aber 
das ὁ in einigen präsentischen Formen vorhanden und 
ist im Griech. verallgemeinert. Wir müssen das ὁ natür- 
lich als Schwundstufe zu einem :-Diphthong fassen, doch 
sind die ursprünglichen Muster nicht mehr zu erkennen. 

4. Gewisse Unregelmäßigkeiten der Reduplikation 
erklären sich durch die Lautgesetze. Wir finden Hauch- 
dissimilation (8. 234) in «Inu, κέχρημι, κίχημι, Übergang 
eines s oder 2 in h in ἵστημι aus *olorauı, ἵζω aus *olsdw, 
ἔσχω aus *oloyw, ἱλάσχομαι aus ἔσισλα-, Schwund des ἢ 
in idyw aus *FıFdyw. πίμπλημε und πέμπρημε zeigen einen 
Nasal, der von dem Präsens πιμπλάγνω, das nach ὃ 433 
gebildet ist, eingedrungen sein dürfte. 

6. Eine eigentümliche Art der Reduplikation zeigen 
ἠνίπταπαν, Egin-arov. Sie entsprechen aind, wie arp-ipam. 


ry‘ 


- του 


8 426. 427. Die Stammbildung des Verbums. 371 


2. Die reduplizierten Präsentien. 

$ 426. Die Reduplikation drückte wahrscheinlich 

die Wiederholung, d. h. die iterative Aktion aus, die 
leicht in die intensive übergeht. Im Griech. aber werden 
die reduplizierten Präsentien meistens zu den starken 
Aoristen von schweren Basen gebildet, zu denen das .alte 
Präsens verloren gegangen war. Die Anfänge zu dieser 
Verwendungsweise sind indogermanisch, vgl. ἵστημε: ἔστην, 
l. sisto, ai. Höthati:ästhat (Aor.); — δίδομεν : ἔδω-κα, Si. 
dadami:adat; — ἵημε : ἧκα, 1. jecit; — πίμπλημι : ἔπσλητο, 


ai. piparmi:äprät; — βίβημε: ἔβην, ai. jigäti:igät. Wie 


stark dies Verhältnis im Sprachgefühl wurzelte zeigt die 
späte Neubildung ὕτταμαι zu ἔπτην. 

Auch die Präsentia auf -oxw nehmen gern die Re- 
duplikation: γιγνώσχω, 1. aber nosco, μιμνήσχω, 1. aber 
re-miniscor ; — κειχλήσκω ; — βιβρώσχω: — διδάσχω. 


3. Der reduplizierte Aorist. 

ᾷ 427. Die Formen, die in der Reduplikationssilbe 
e oder sogenannte attische Reduplikation haben, werden 
im Griech. durchweg zum starken Aorist gerechnet, der 
seiner Form nach ein Aorist einer leichten Basis ist. Daß 
dies aber erst auf späterer Ausgleichung beruht, zeigt 
yiyvouaı, 8. 0. 

Der reduplizierte Aorist gehört im Griechischen be- 
sonders der epischen Sprache an und ist hier ziemlich 
zahlreich, während später nur wenige wie ἤγαγον, ἤνεγκον 
auftreten. Dieser Aorist maß voreinzelsprachlich sein, 
da er seine genaue Entsprechung im Aind. und Lat., 
sogar mit Übereinstimmung der Bedeutung findet. Im 
Indischen ist nämlich der reduplizierte Aorist fast in 
allen Fällen an das Kausatirum gekettet als der Aorist 
dieser Konjugation: „er wird daher“, sagt Whitney Aind. 
Gram. 8 856, „von allen Wurzeln, welche solch eine Kon- 


jugation haben, neben dem Aorist oder den A.oristen 
24* 


372 “ Formenlehre XXXV. [8 427-429. 


gebildet, welche ihrer primären Konjugation angehören.“ 
Da diese Verbindung keinen formalen Grund hat, so 
kann ihre Ursache nur darin zu suchen sein, daß dieser 
Aorist intensive und kausative Bedeutung hatte. Diese 
Verbindung kehrt auch im Lat. wieder, wo wir spopondit 
zu spondeo, momordit zu mordeo, totondit zu tondeo finden. 
Im Griech. ist sie nicht hergestellt, weil die Kausative 
überhaupt selten sind, wohl aber hat der reduplizierte 
Aorist die kausative oder intensive Bedeutung in ἤχαχε 
„betrübte“, δέδαε „lehrte“, λελάχητε „teilhaftig machen“, 
ἐχλέλαϑον „vergessen machen“. 


4. Abstufung und Flexion. 


ᾷ 428. Die athematischen Präsentien dieser Art 
flektierten abstufend: τώϑημει, τέϑε-μεν, 3. Plur. τέϑε-ντι. 
Formen wie πίμπλᾶ-μεν und πέμ-πρᾶ-μεν gehen auf *pi-pla- 
men zurück, d. ἢ, die SS. zu der zweisilbigen Basis pele. 
Der Sing. sollte Ἐπιπέλα-με lauten, vgl. ai. pipar-mi. Da- 
für ist πίμπλημε nach dem Muster τέϑημει: τέϑεμεν ein- 
getreten. 

In der 3. Pl. sind dor. ἵστα-ντε, τέϑε-ντι, δίδο-ντι, πέμ- 
rAa-vrı u. 8. w. ganz korrekt, s. 0, Später tritt die Neu- 
bildung *losd-avsı — ἱστᾶσι ein. 


B. Die Nasalpräsentien. 


ᾷ 429. Die durch Verstärkung mit einem Nasal 
gebildeten Präsentien bilden eine der interessantesten 
Erscheinungen in der idg. Sprache. Wie nämlich 
F. de Saussure in seinem M&moire gesehen hat, wird der 
Nasal nicht suffigiert, sondern vor dem letzten silbischen 
Element der Basis eingeschoben, infigiert. Das 
ist eine Thatsache, an der nicht zu rütteln ist, wenn wir 
sie auch nicht erklären können. Um die nasalierten 
Bildungen zu verstehen, ist also die Basisbildung zu be- 
achten. Im allgemeinen sind 4 Klassen dieser Bildungen 


Β 429. 430.] Die Stammbildung des Verbums. 373 


produktiv geworden, die von den zweisilbigen schweren 
Basen, von denen auf -@&, den leichten Basen auf -eu 
und den auf Konsonant schließenden leichten Basen aus- 
gegangen sind. 

Die Betonung ruht im Singular auf der zweiten Silbe 
der Basis, die in diesem Fall Vollstufe hat, im Plural 
auf den Eindungen. 


1. Die exä-Basen. 


ᾷ 430. Zu der idg. Basis, die in 1. domä-re steckt, 
muß eine Form mit V. II d,mä, gr. deux lauten. Wird 
der Nasal vor das letzte vokalische Element der Basis 
infigiert, so ergiebt das *d.m-n-ä-mi, gr. dduynu, Plur. 
*d.m-n-o-mes, gr. Öduvauev. Der Stamm dema steckt noch 
in ἐδάμα-σα. 

Im Griech. können wir ein derartiges Verhältnis noch 
oft nachweisen. 

udo-v-a-uaı „kämpfe*, ai. mr-n-a-mi „zermale, zer- 
schlage“ gehört zu μαρα-σμός; — att. πέρ-»- με „Ver- 
kaufe“, zu0g-v-d-uev' πωλεῖν gehört zu nregd-w „verkaufe“, 


πιπράσχω; — xlo-v-n-u zu ἐκέρα-σα; — πίλ-»-α-μαι: 
ἐπέλα-σα: — κρίμ-»-η-με : ἐκρέμα-σα; — Ögly-v-auar: 
ὀρέγω:; — oxlö-v-a-ucı : ἐσκέδασα; — övi-vn-uu: ὀνή-σω. 


Die athematische Flexion hat sich nur in diesen 
Fällen erhalten. Häufig hat ein Übertritt in die thema- 
tische Flexion stattgefunden, entweder mit Erhaltung des 
auslautenden -α daurd-w, κιρνά-ω, πιλνά-ω, ὁὀριγνά-ομαι 
oder mit Verdrängung des -α, so in xdu-v-w, das zu 
κάμα-τος gehört, hom., neuion., dor. τάμ-»-ὠ, att. Teu-v-w 
zu τέμα-χος. Derartige Formen sind von der 3. Plur. idg. 
*em-n(9)-Enti (s. 0.) ausgegangen. Dies mußte griech. zu 
*zauvevrı werden, was zu z&uvovsı umgewandelt werden 
kounte. 


Anm. In ϑύναμαι, gort. νύναμαε ist va fest geworden. 


374 Formenlehre XXXV. [8 431. 432. 


8. Die exeu-Basen. 


& 481. Ganz entsprechend dem Suffix -nä ist das 
Suffix -»ῦ: -λῦ von den exeu-Basen ausgegangen. -vü ist 
dabei für -vev nach dem Verhältnis -v@:-»& eingetreten. 
Abgesehen davon entsprechen die griech. Formen bis auf 
die 3. Plur. den idg. und indischen. 


Idg. Ai. Gr. 
1. Sg. *sir-n-Eu-mi str-nömi στόρνῦμι 
1. Pl. *ster-n-u-mes sir-numds orögviuev 
8. Pl. *ster-n-w-Enti sir-nvänti Ἐστορνυ-ἔντι. 


Ἐστορνυέντε wurde Zu σεορονύ-ἄσι. 


Diese Klasse ist im Griech. produktiv geworden. 

Alte Formen sind ὄρ-»-υμι, ai. r-n-öti „erhebt sich“, 
vgl. ὁρούτω; — orde-v-vur, ai. sir-n-öti „streuen“, vgl. 
got, straujan; — πτάρ:γνουμαι, 1. sternuo;, — ἤνυτο, ai. 
sanöh. 

Neubildungen sind zahlreich. -vuus stellt sich ein als 
Präsensbildung zu allen auf Guttural ausgehenden Basen, 
die einen s-Aorist bilden: δεέκνυμε zu ἔδειξα, μείγνυμε, 
ῥήγνυμι, πήγνυμε, πλήγνυμι. Weiter wird ein Sufflix -νρυμὲ 
abstrahiert, das von -s-Stämmen ausgeht. Zu wes- wurde 
*Fg0-vv-wı gebildet; daraus entstand regelrecht ion. εἴγυμε, 
indem aber -s neu eingeführt und σν nun zu -»» wurde, 
vgl. ὃ 243, 4, att. ἕννυμι, ebenso oßewuuı, weiter dann 
nachhom. χορέ-γνυμι, στορέννυμε, πετάγννυμι, κεράγνυμι, ζών- 
γυμι, στρώννυμε, δώνγυμε. Das Vorhandensein eines 
s-Aoristes ist die notwendige Voraussetzung für diese 
Anslogiebildung. ” 

ᾷ 432. Die Verba auf -vuw können auf dreierlei 
Art in die thematische Flexion übergeführt werden. 

1. Aus -wur wird -vvw, att. ὀμνυόντων (δ. Jahrh.) 
ὥμινυον u. 8. w. Die medialen Formen des Präsens und 
Imperfekts bleiben aber, vgl. Meisterhans® 191. 

2. -vuue wird durch -»w ersetzt. Ausgegangen ist 


$ 432. 433.] Die Stammbildung des Verbums. 875 


diese Neubildung von einer 3. P. Pi. auf -wuinä, ai. 
einzänti == gr. Ἐξινξέντι, umgewandelt zu *sıy/dvrı, woraus 
τένξω gefolgert ist, hom. rvw, att. τένω: hom. φϑένω, att. 
φϑίνω, vgl. φϑιψύϑω, ai. kdmöoti (AV.) „vernichten“, hom. 
ἄγομαι, att. ἄνομαι : Üvuro, att, dviw, ποι, φϑάνω, αἰ, 
φϑάνω; hom. ἑκάγω aus *ixdyFw mit dem Ausgang ınFönti, 
vielleicht unter dem Einfluß von ixarcc. 

3. Aus der im Griechischen einst vorhandenen Stufe 
-yevuı wurde -v&w. Hierher ϑαρνδύει" ὀχεύει, σπείρει, φυτεύει 
Hes.: ϑόρνυμαι, ἱκνέομαι aus ἱχνέξομαι, ὑπισχνέομαϊ, vgl. 
ai. dsaghnof (RgV.) „gewachsen sein“, vgl. gr. ἐχυρός, ai, 
sähurss, οἰχνέω, ϑυνέω und ϑύνω: ai. dhünöti, aıyew neben 
χίνυμαι, vgl. de Saussure Möm. 187, Osthoff MU. 4, 35, 
Schulze QE. 122, Solmsen ΕΖ. 32, 541 ff, Stud. 2. lat. 
Sprachgesch. 134. 

Anm. DBrugmanns Zweifel an dieser Erklärung (Gr. Gr. 
292 Anm.) sind unberechtigt. 


8. Die leichten Basen. 

8 433. a) Die leichten auf Konsonant ausgehen- 
den Basen infigieren den Nasal ebenfalls. Wir finden 
diesen Typus in ausgedehntem Maße nur im Indischen: 
yu-n-djmi: Plur. yu-n-jmäs, 3. Plur. yu-n-jänti = idg. 
%iu-n-ig-mi, *er-n-g-mes, *Hu-n-g-Enti. Dieser Typus ist im 
lebendigen Gebrauch im Griechischen nicht bewahrt, Ein 
alter Rest ist wahrscheinlich xurew „küsse“ aus *nvu-ne-00 
zu Aor. ἔκυσισα mit der V. Il. Schwache Stufe ist ver- 
allgemeinert in axwd-aluds zu ai. chindd-mi 1, scindo, — 
λινδέσϑαι" ἀμιλλᾶσθαι neben Alloves‘ παέζουσιε Hesych 
(aus "λενδῥω) zu Aoldogog; — πιέσσω „zerstampfe“ aus 
*rebvejw, ai. a-pigat; — πλάζω „schlage“ zu latı plango; — 
κλάζω „töne“ zu 1. clangö, wie man sieht mit Übertritt 
in die o- oder jo-Flexion. 

An Stelle des idg. Typus erscheinen im Griechischen 
Verba mit infigiertem Nasal und einem Suffix -wo: hom. 


376 Formenlehre XXXV. [ὃ 433. 434. 


πυνθάνομαι: lit. bundü „ich wache auf“; — λεμπάνω: 1. 
linguo, ai. rinikti; — lesb. πεφύγγων, daraus zu erschließen 
φυγγάνω, ags. bügan. Im späteren Griechischen wird diese 
Präsensbildunug fast zu jedem beliebigen starken Aorist 
gebildet: ἁνδάνω : δεῖν, λαμβάνω : λαβεῖν, uavIdvo : μαϑεῖν, 
ϑιγγάνω : ϑιγεῖν. Brugmann MU. 8, 150 f. verbindet diese 
Verben mit der oben erwähnten indischen Bildung und 
Fällen wie 1. junge. Diese seien nach Art derer wie 
ἁμαρτ-άνω, 8. u., durch -dvw erweitert. 

Eine ganz andere Erklärung für diese Klasse hat 
Thurneysen IF, 4, 78 ff. vorgeschlagen. Er sieht sie für 
eine griechische Neuschöpfung an, die von χανγδάγω und 
λαγχάνω, in denen der Nasal wurzelhaft war, ausgegangen 
sei. Das Weitere siehe a. a. O. 

$ 434. Ὁ) Schließlich finden wir im Griechischen 
eine Nasalklasse auf -»w und -αγω, deren Ursprung ver- 
schieden ist. 

a) Die auf -vw sind meistens Umwandlungen der oben 
behandelten Klassen, so xdu-vw, τάμ-ινω, πέτνω, τίνω, 
φϑίνω, φϑάνω. 

β) Der Ursprung derer auf -αγω ist nicht ganz klar. 
-©9w steht im Griech. stets nach langer Wurzelsilbe, was 
auf einen Zusammenhang mit -»w hinweisen könnte. Von 
den homerischen Bildungen ἁμαρτάνω, οἰδάνω, ἱξάνω, 
ἰσχάνω, ἐρσυκάνω, ἀλυσχάνω, κυδάνω, ληϑάνω läßt sich 
keine an eine gleiche Bildung in den verwandten Sprachen 
anknüpfen. Außerdem steht neben den Präsentien 
auf -avw stets ein zweiter Stamm auf -n: αἰσϑάνομαι zu 


αἰσϑήσομαι: — ἀλιταίνω zu ἀλιτήμεγος ; — ἁμαρτάγω: 
ἁμαρτήσομαι; --- αὐξάγνω zu αὐξήσω; --- βλαστάνω zu 
βλαστήσω:; — δαρϑάνω zu δεδαρϑηκώς; --- ἀπεχϑάνομαι 
zu ἀπεχϑήσομαι: — οἰδάνω zu ᾧδησα; --- ὀλισϑάνω zu 


ὀλισϑήσω ; — ὀσφραένομαι zu ὀσφρήσομαι. Man thut also 
am besten diese Klasse an die erste anzuknüpfen, und 
die thematische Flexion wie die in κάμνω zu erklären, 


8 434—436.] Die Stammbildung des Verbums, 377 


vor allem, da es ja auch Formen ἐρυκανάω neben ἐρυκάνω, 
ἰσχανάω neben ioxdvw giebt, die genau wie ὀριγνάομαι 
aufzufassen sind. 


4. Die Aktionsart. 


& 435. Die Aktionsart der „-Bildungen war termi- 
nativ, ἃ. ἢ. es wird ein Ausgangs- oder Endpunkt ins 
Auge gefaßt. Es bedeutet auch: &gvvua „nach etwas 
hinstreben“, ὄρνυμε „in Bewegung setzen“, ἄγνυμε „zer- 
brechen“, &vvue „anziehen“, dduynu „unterkriegen“, 
zregvnu „in die Ferne verkaufen“. Einen Unterschied 
des Sinnes konnte Delbrück nicht ermitteln. Es ist ein 
solcher auch gar nicht zu erwarten, da ja die n-Bildung 
ein und dieselbe ist, und die verschiedenen Formationen 
nur durch die verschiedene Form der Basis bedingt sind. 
Es ist daher auch nicht auffallend, daß im Verlauf der 
historischen Entwicklung die eine Klasse die andere er- 
setzt, z. B. ζεύγνυμει, aber 1. jungo, ai. yundjmi, Ögeyvuuı, 
ai. rnjami „vordringen“; — πήγνυμε, 1. pango; — λὲμ- 
πάνω, ]. linquo, ai. rindemi. 


C. Die Präsenssuffixe -oxo-, -To-, -90-. 
1. Die Bildungen auf -oxo-. 


$ 436. Das idg. Präsenssuffix -sko ist besonders im 
Griech. und Lat, produktiv geworden. Die Aktionsart 
dieser Klasse ist nach Delbrück Grd. 4, 59 ursprünglich 
terminativ, so vor allem βά-σκω, ai. gäcchali „hingehen“. 
Andere Verben sind kursiv. 

Der Ton lag in der Urzeit fest auf dem -o, -e, während 
die Basis unbetont war und RS, hatte, ai. rcchäti „treffen, 
erreichen“, prechäti „fragen“. 

Man muß auch hier die Bildungen nach den Basen 
unterscheiden, von denen sie ausgegangen sind. 

a) Einsilbige schwere Basen: pd-oxw zu φημί 
βόσκω zu βώ-τωρ; — 


378 Formenlehre XXXV. ᾿ς [8 436438, 


b) Leichte Basen: ἐἴσχω aus Ἐξεξίκσκω zu εἶκ- in 
ἔοικα: — βάσκω, ai. gürochati aus *gem-akö zu Batro suS 
Ἐβάν)ω: — πάσχω aus ἔπάϑ-:σχω zu πένϑος. 

c) Die zweisilbigen schweren Basen hatten ursprüng- 
lich RS. in den ersten Silben. Da diese aber in den 
meisten Fällen im Griech. als ρᾶ, Aa, va, μὰ erschien, so 
bildete sieh das Gefühl aus, daß hier die zweite Vollstufe 
ihren Platz habe. Regelrecht könnten sein: ϑρνήσχω, dor. 
ϑνάσκω, vgl. ϑνητός, διδράσκω, πιπράσκω. Neu dagegen 
sind γιγνώσχω, 1. nösco, ϑρώσχω, βλώσκω U. ἃ. 

ἃ) Im Griech. finden wir häufig den Ausgang -ἐσχω. 
Diese Kategorie ist von langdiphthongischen &-Basen aus- 
gegangen, vgl. Verf. Ablaut 8 827, J. Schmidt ΚΖ. 37, 
26 ff, 2. B. εὑρίσκω zu εὑρή-σω; — ἐπαυρί-σχονται zu 
ἐπαυρή-σεσϑαι; — oregl-oxw zu ἐστέρη-σα u. ἃ.) ferner 
Gki-Moucı zu ἁλῶ-ναι, ἀμβλί-σκω zu ἤμβλωσα. 


Anm. Einige Präsentien auf -7 haben ebenfalls die Endung 
-ioxo, 80 μεμνήσκω, ϑνήσκω, ϑοῴσκω, κικλήσκω. Wahrscheinlich ist 
ein Präsens *warnorw unter dem Einfluß eines *ıwwioxw, vgl. } 
reminiscor zu μεμνηίσκω umgebildet und hat die anderen nach sich 
gezogen. Anders J. Schmidt a. a. O. 36 ff., dem ich nicht folgen 
kann. 


& 437. Eine besondere Kategorie bildet die nament- 
lich bei Homer auftretende Bildung von Imperfekten und 
Äoristen auf -oxov mit iterativer und intensiver Bedeutung, 
die meist des Augments entbehren. Daß diese Formen 
mit den vorigen zusammenhängen, ist nicht ganz sicher, 
da sowohl die Bedeutung wie das Fehlen des Augments 
nicht erklärt ist. 


2. Die Bildungen auf -ro-. 


$ 438. Ob es ein idg. Präsenssuffix -io- ‚gegeben 
hat, ist zweifelhaf. Die Hauptmasse der griechischen 
-to-Präsentien wird von labialen Stämmen gebildet, und 
in diesem Falle können wir cz aus pj und phj nach 
$ 241 Ὁ herleiten. So χαλέπτω aus "χαλέπ)ω zu xakeredg, 


8 438, 4391 Die Stammbildung des Verbums. 8% 


ἀστράπτω zu ἀσεραπή aus ᾿ἀσεράπ)ω, ϑάπτω aus ᾿ϑάπλ)ω. 
Eine Anzahl von Formen können so allerdings nicht er- 
klärt werden, nämlich die deren Stamm auf -# ausgeht 
wie καλύπτω : καλύβη und die, in denen der Labial auf 
alten Labiovelar zurückgeht, z. B. βλάπνω zu ai. mare- 
„beschädigen“, νέπτομαι zur Basis *neig"e, πέπεω zu 1. 
coquo. Hier liegen aber deutlich Analogiebildungen vor, 
denn die regelmäßigen Formen sind als γέζω und πέσσω 
in der älteren Zeit regelrecht erhalten. Es lassen sich 
daher alie »v-Präsentien ohne Sehwierigkeit auf j-Bildungen 
zurückführen, 

Die anderen Bildungen zeigen schwerlich ein t-Suffix. 
In πεκτέω, 1. pecto ist das ἐ wegen pesten, gr. «eis stamm- 
haft. Was in φάρκεεσθαι steckt, das durch Grammatiker 
überliefert neben φάργνῦμε und φράσσω steht, bleibt 
unklar. τέχτω steht für *rlsxw und ist wie πέπεω eine 
reduplizierte Bildung. 

Von vokalischen Stämmen liegen nur zwei Formen 
vor, dyisw und devsw, die beide erst attisch sind. Die 
älteste Form von jener Basis ist ein athematisches ävvuı, 
aind. sandmi, vgl. hom. ἤνυτο. Dies wurde thematisch 
zu driw. Einen Dual des athematischen Imperfekts 
ἤνυτον konnte man dann sehr leicht als Plural auffassen 
und ein ἀνύτω abstrahieren. Dasselbe gilt von devzw. 

In den übrigen Fällen ist -to nicht Präsenssuffix, 
sondern findet sich im ganzen Verbum, so in Aor. ἔβλαστον 
zu βλαστάνω, ἥμαρτον zu ἁμαρτάνω. 


3. Die 9-Bildungen. 

ᾷ 439. Das in einer ziemlichen Anzahl von Verben 
wie βρέϑω, πύϑω, πλήϑω auftretende Element hat man 
seit langem mit der idg. Basis dhe „setzen, thun“, gr. 
τέϑημε τὰ Zusammenhang gebracht, und die Vermutung, 
daß eine Anzahl dieser Verben zusammengesetzt ist, 
hat in der That viel für sich. So bedeutet ai. püyatı 


380 Formenlehre XXXV. [83 439. 440. 


„wird faul, stinkt“, gr. πύςϑω dagegen „mache verfaulen“, 
ebenso lit. pü-dinu, das auch ein dh-Element. enthält. 
Aber πλήτϑω heißt nicht „voll machen“, sondern „voll 
sein, voll werden“, sodaß zweifellos nicht alle Verba durch 
Zusammensetzung zu erklären sind. In vielen Fällen 
steht das erweiterte Verbum in der gleichen Bedeutung 
neben dem unerweiterten, oft sind auch die Präsentien 
gar nicht belegt, sondern nur Formen, bei denen man 
schwankt, ob sie als Imperfekte oder als Aoriste aufzu- 
fassen sind, vgl. Kühner-Blaß 2, 177ff. Es liegt daher 
nahe anzunehmen, daß diese Bildungen z. T. aus Formen 
mit der Personalendung -9 erwachsen sind. So stammt 
nach Wackernagel ΚΖ. 33, 31 das hom. βεβρώϑοις aus 
der 2. Sg. Ἐβέβρωθα, die zu βέβρωθο-ας umgestaltet wurde 
und damit den Stamm βεβρωϑ- ergab. Dasselbe könnte 
von βόβριϑα gelten. Auf einem ähnlichen Wege ist auch 
wohl die Erklärung für eine Reihe isolierter Formen zu 
suchen, wie μετεχέαϑον, ἠγερέϑονται, ἠγερέϑοντο, ἠερέϑονται, 
wenngleich uns der Ausgangspunkt noch entgeht. 

Für spätere Bildungen wie 2. B. ἀλήϑω kann auch 
analogische Neubildung angenommen werden. Der o-Aorist 
zu Bildungen mußte sein 9 verlieren, ἔπερσα : πέρϑω, 
und so konnte man zu ἤλεσα ein dAndw bilden. 


D. Die j-Präsentien und Verwandtes. 

$ 440. Die meisten Verben von der Klasse der 
Verba contracta sowie viele Verba pura sind im Griech. 
mit einem Suffix -j- gebildet, das im Idg. hauptsächlich 
zur Ableitung denominativer Verba diente, indem fast 
von jedem Nomen dadurch ein Verbum abgeleitet werden 
konnte. Da 2 im Griech. sowohl nach Konsonant wie 
nach Vokal schwinden mußte, so konnte nur die Ver- 
gleichung der verwandten Sprache diese Bildung erkennen 
lehren, und es folgt hier zunächst eine Übersicht über 
die lautlichen Eigentümlichkeiten, an die sich, soweit 


8 440-—442.] Die Stammbildung des Verbums, 381 


es möglich ist, die Betrachtung der verwandten Bildungen 
anschließt. 


1. j-Bildungen von konsonantischen Stämmen. 

8 441. a) li wird zu AA ($ 241 4): σκάλλω, lit. ἰὼ 
„ich schlage Feuer an*; — ἅλλομαι, 1, salio; — βάλλω, 
μέλλω, στέλλω, σφάλλω: 

b) rj, nj wird zu oe, ν mit Diphthongisierung oder 
Dehnung des voraufgehenden Vokals ($ 240 a): χαέρω 


aus Ἐχάρ)ω; — σπαέρω, lit. spiriü „ich stoße mit dem 
Fuße“; — μαένομαι, abg. mınja „denke“; — βαέγω, 1. 
venio; — Övoualvw; — κεέρω, φϑείρω, κτείνω: — orelvw, 


abg. stenjg „gemere* ; — κρένω, lesb. xelvvw; — ὀδίρομαι; 

c) %j wird zu τε (00) (8 242): dioow aus ᾿αϊδίκ)ω; — 
λεύσσω, lit. liukiu „warten“; — πέσσω, ai. päcyale; — 
πλήσσω, πράσσω, ὕσσομαι, vgl. oculus ; 

ἃ) ij wird eigentlich zu o, doch haben diese Verben 
meist τὲ (00) angenommen (S. 166): βλέττω „zeidele“ zu 
uekır-; 

e) 9 und dj werden zu ζ ( 242): deLw, ahd. wirkiu ; 
— ὀνομάζω aus ἔὀνομάδ)ω: — ἐλπίζω zu ἐλπίέδ-:; 

f) 2j und phj werden zu zz, 8. ὃ 438; 

. g) bei den Stämmen auf -s schwindet dieses und 7 
verbindet sich mit dem vorhergehenden Vokal, zeisiw aus 
*zel£ojw, λιλαέομαι aus *lıldajouas; 

h) ἢ schwindet (8 240 8), daher hom, γαέω aus *yaFjw 
‚zu 1. gau-dere. Die von -mw, -ev-Stämmen abgeleiteten 
Verben müßten daher auf -eiw ausgehen; eine neue elische 
Inschrift hat wirklich guyadelw. In den Formen wie 
φυγαδεύω, βασιλεύω ist ev von den übrigen Tempora ein- 
drungen. 


2. j-Bildungen von vokalischen Stämmen. 


ᾷ 442. Hierher gehört die große Masse der Verba 
contracta. Von den drei Hauptklassen des Griech., den 


382 Formenlehre XXXV. [8 442. 443. 


Verben auf -do, -&@ und -dw, stammen nur die beiden 
ersten sicher aus der idg. Ursprache, während die auf 
«όω auf griechischer Neuschöpfung beruhen dürften. 

ᾷ 443. a) Die Verben auf -ἄω sind von den 

Femininen auf -@ abgeleitet, zuudv aus *"uuxjo, ursprüng- 
lich *ruusjw. Diese Klasse der Verba contracta ent- 
spricht denen der lat. 1. Konjugation, planto aus *planiajo, 
den germ. Verben auf -%0, as. 3. Pl. makojad aus *mako- 
janpi, den lit. auf -u, dövanö-ju von dövani „Geschenk“, 
den abg. auf -ajg, däla-jg „ich thue“, der aind. auf -ayatı, 
prianäydti „er kämpft“. 
- Die verwandten Sprachen zeigen durchweg langen 
Veksal vor dem Suffix, wie auch bei Ableitung von 
Stämmen zu erwarten ist. Das kurze ἃ des Griech. 
ist teils durch den Einfluß der -%0-Verben, teils durch 
die Ableitung von -je-Stämmen veranlaßt. Auch mag 
die Ausbreitung des & durch den Übertritt athematischer 
Verben auf -ἄμε in die thematische Konjugation gefördert 
sein, wie dydoucı neben ἄγᾶμαι. 

Die alten Formen und die Übereinstimmung der 
Sprachen zeigt die folgende Tabelle. 


Griech. Lat. Ags. 
*ruudjo *plantajo ᾿μοαϊῇριι < *galböjo | 


*ruudjes || *plantäjesi | sealfas < ‚salböjeni, 
*zuudjes *nlantäjeti |\sealfad < *salbojeßi | 


1. Sg. 
2. Sg. 
3. Sg. 

| 


*rıudjouer |" plantäjomos 
*zuudjere | *plantäjetis 
*zınajovzi | *plantäjonti \sealfiad<*salböjon bi 


a ae 


Nach Ausfall des 7 werden die Vokale nach den 
δ 191 gegebenen Regeln kontrahiert. 


Anm. Zu beachten ist das & 177 besprochene Lautgesetz, 
nach dem « vor 0-Vokalen zu s geworden ist, sodaß als urgriechische 


νὰ 


ἃ 443. 444} Die Stammbildung des Verbums. 383 


Flexion anzusetzen ist: τεβέω, τεμάεις, Tıudsı, Tıudousy, Tiudere, 
τιμέοντι. Man vergleiche dazu hom. usvoivsov, aber μενοινάᾳ; — 
Öuönksor, ὁμοκλέομιεν, aber ὁμόκλα: ---- ποτέονται, aber ἀμφεποτᾶτο: --- 
herod. ὀρέω, ὁρᾷς; --- delph. συλέοε, συλέων, συλέοντες, συλέουσα͵ 
aber συλήτω aus Ἐσυλαέτω͵ συλῆν. Infolge dieses Übergangs werden 
dann manche Verben ganz nach der e-Klasse flektiert. 


ᾷ 444. bb) Die Verben auf -&w sind von den 
e/o-Stämmen abgeleitet: φιλέω aus *Yıldiv von φίλος. 
Es entsprechen ihnen z. T. die Verben der lat. zweiten 
Konjugation, albeo von albus, ahd. armen von arm, im Aind. 
solche auf -ayiti, devaydti „er verehrt die Götter“ von 
devis „Gott“. Auch hier haben die verwandten Sprachen 
z. T. 8, das wohl durch das ἃ der äjo-Verben hervor- 
gerufen ist. Davon abgesehen stimmt die Flexion gut 
überein. 


| Griech. Ä Lat. | Aind. 
AM ζ δ΄. RER 
1. Sg. | Ἐριλέ-Ἴω > φιλῶ *albe-j0 | deva-yämi 
2. Sg. | "φιλέ-εες > φιλεῖς *albe-jesi || deva-yasi 
3. Sg.  "φιλό-)εε > φιλεῖ *albe-jeti | deva-yäli 
1. Pl. || "φελό-λομεν > φιλοῦμεν deva-yämasi 
2. Pl. *yıll-jers > φιλεῖτε | +albe-jetis | deva-ydtha 
3. Pl. || *gell-jovrs > φιλοῦσι | deva-ydntıi 


c) Die Verben auf -4w haben nur in den litauischen 
Verben auf -Yu ein Gegenstück und beruhen wahr- 
scheinlich auf einer griech. Neubildung, die sich sehr 
leicht einstellen mußte, nachdem im Kasussystem der 
e-o-Stämme im Griech. das e ganz beseitigt war. Die 
älteste Bildung ist vielleicht die eines Verbaladjektivums 
auf -δίοβ, da in aegrötus eine solche Form auch im Lat. 
vorliegt. Im Griech. wurden diese Verba ziemlich pro- 
duktiv, indem sie auch z. T. alte Bildungen auf -dw er- 
setzten, z. B. vedw = 1. noväre, ahd. niuwön. Sie haben in 


384 Formenlehre XXXV. [8 444-446, 


der Regel faktitive Bedeutung: δηλόω „mache bekannt“ 
von δῆλος, die seit idg. Zeit wenigstens teilweise den 
Verben auf -αὐδ anhaftete, vgl. got. gawundön „verwunden“ 
zu wunds, ahd. niuwön „erneuen“. 

ᾷ 445. d) Die Verben auf -iw, -vw sind z. T. von 
i und u-Stämmen ausgegangen, μητέομαι, 1. metior zu 
μῆτις, δαχρύω zu δάχρυ und zeigen weiter keine Unregel- 
mäßigkeit, 

Bemerkungen. 

ᾷ 446. 1. Eine Anzahl von Verben hat im Präsens 
auch langen Vokal, so hom. διψάω, πεινάω, att. dupf 
aus δεψήει, die Schulze ΚΖ. 29, 269 auf ἐδιψάσ)ω, πεινάσ)ω 
zurückführt, worin -äsjö zu 1. areo gehören soll. ἐδιψάσ)ω 
aus *dınzj-aojw wäre „vor Hunger brennen“, vgl. 1. sitis 
arens. Die hom. γελώω, idoww, ῥιγώω dürften zu alten 
s-Stämmen (γέλως- ἵδρως, 1. rigor) gehören. 

Von 2-Verben gehören hierher: χρῶ aus *xorjw, hom. 
χρήω, vo, νῇ aus *sn2jö, 1. neo, δα. näu „nähe“ u. a. 
Diese Verben sind ursprünglich wahrscheinlich athematisch 
gewesen. Zum Teil liegen auch wohl alte &-Stämme zu 
Grunde. Ein Präsens *sn2j-ö zerlegte das Sprachgefühl 
in *sne-j0, 

2. Zu der Klasse der Verba contracta gehören eine 
ganze Reihe von Verben, die ursprünglich athematisch 
waren, z. B. δαμνάω, καλέω. DaB diese jemals ein 7 ge- 
habt hätten, ist nicht zu erweisen. Umgekehrt sind im 
Achäischen (Lesbisch, Thessalisch, Böotisch und Arkadisch- 
kyprisch) die Verben auf -dw, -dw, -&w athematisch ge- 
worden, ἃ. h. sie sind der Analogie der ursprünglich vor- 
handenen athematischen Verben gefolgt, mit denen sie 
verschiedene Berührungspunkte hatten. 

3. Vokalische j-Verben zeigen in den nicht präsen- 
tischen Formen und in den abgeleiteten Nomina durch- 
weg- langen Vokal. Das kehrt auch in den verwandten 
Sprachen wieder, wie folgende Übersicht zeigt, 


9 4464] Die Stammbildung des Verbums. 886 


Griech. Ä Lat. Got. | Abulg. 
ἐτίμη-σα ami-rem | | Aor. däla-chs 
ἐφίλη-σα albe-rem Kor. Zelt.chs 
Böngr-oaunv | fini-rem || Aor. chvali-che 
ἐμέσϑω-σα | aegrö-tus | Lit. Fut. jükd-siu 
᾿ χεμη-τός amä-tus salbo- bs Part. dela-ns 
pre | habei-ba Part. Zelö-ns } 
ἀδήρϊοτος | fiwi-tus naitei-n3 Inf. chval«-ti 
ἀδαάκρῦ-τος | statüu-bus 
Timo | salbö-ns |\Inf. dela-ti u. s. w.| 


Anm. In einzelnen griech. Dialekten wird dieser lange Vokal 
später auch in das Präsens übertragen, lesb. ἀδινκήδε. 

4. Ableitungen von s-Stämmen waren im Griech. 
ziemlich häufig. \Vährend im Präsens das s zwischen 
Vokalen schwand, blieb es vor Konsonant namentlich in 
den Passivformen erhalten. Der s-Aorist hat ursprünglich 
doppeltes s, das aber nur bei Homer und im Aolischen 
erbalten ist. Beispiele: τελέω, hom. äol. reielo aus 
*zeldojw von τέλος, ἐτελέσθϑην, τετέλεσιιαι; — ἀκούω AUB 
Ἐἀκούσω, dnovords; — ἀκέομαι von τὸ ἄκος; ἄχεστός: — 
αἰδέομαι von αἰδώς, ep. αἰδέσσομαι, ἤδεσμαι; — νεικέω 
von γεῖχος, ep. ἐνείκεσσα u. 8. w. Naturgamäß' ἸΚΟΙΠ ΠΤΘῊ 
auch hier Entgleisungen vor und’ zwar namentlich in der 
Richtung, daß die Verben auf -εσίω der Analogie derer 
auf -εἴω folgten. 

So hat schon Homer ἀνϑῆσαι nach φιλῆσαι, obgleich 
ἀνϑέω von: ἄνϑος auf *ivdenjw zurückgeht. 

δ. Da ein Dental’ vor Dental stets zu σ wurde, sd 
müssen die Verben auf «ζω aus -djo und die auf rw 
aus -ἰ)δ᾽ im Passivaoristund im Verbale ebenfalls σ΄ zeigen, 
daher ὀνομαστός, ὀνομασϑήσομαι aus *bvouad.rdg. Im 
Porfektum Med. mußte fisktiert werden: *dsdixadua:, 
δεδίκασ-σαι, διδίμαστταε U. Si. w. Ks: ist kein Wunder, 
daß: das σ' auch hier meistens verallgemeinert ist:- 

Hirt, Griech. Laut- u. Formenlehre. 25 


386 Formenlehre XXXV. [8 47. 


8. Die ursprachlichen Verhältnisse und ihre Entwicklung. 


& 447. In den griech. j-Verben sind zwei ver- 
schiedene Klassen des Idg. zusammengefallen, die eigent- 
lich nur noch das Slavische deutlich scheidet. 


a) Die erste Klasse, 


Zu der ersten Klasse gehören primäre Bildungen, 
die von zweisilbigen schweren &-Basen ausgegangen sind. 
Im Präsens wurde im Sing. die erste Silbe und im Plural 
die Endung betont, sodaß die zweite Silbe stets unbetont 
war und zu ὃ wurde. Diese Verben flektierten also 
athematisch, und thatsächlich heißt es im Abulg. 2. Sg. 
vidi-&i, 3. Sg. vidi-ts, 1. Pl. vidi-ms, aber Inf. vid£-ti. Die 
erste P. Sg. ging aber schon im Idg. auf 56 aus, da es 
auch im Abg. υἱδάᾳ aus *vidjq heißt. Von der. 1. Sg. 
aus hat im Griech. ein allgemeiner] Übertritt in die 
thematische Flexion stattgefunden, sodaß diese Bildungen 
im Präsens nicht von den denominativen Verben zu unter- 
scheiden sind. Man kann indessen diese Formation daran 
erkennen, daß in den nichtpräsentischen Formen ein 
zweiter Stamm auf 2 auftritt, und daß das ὁ auch in 
Nominalbildungen erscheint. Im Präsens mußte im Sing. 
V. I, im Plur. R stehen. Da diese auch im Aorist 
herrscht, so ist meistens die R verallgemeinert. Hierher 
gehören: ualvouaı aus *udvjouaı, abg. 1. Sg. manja, 
2. Sg. manii, Inf. mandti, vgl. auch uari-a; — χαίρω aus 
Ἐχάρ)ω zu ἐχάρην, Fut. χαιρή-σω, umbr. heris „vis“, heriest 
„volet“, osk. herüad „capiat“, vgl. auch χάρις, got. grö-dus 
„Hunger“ ; — ὄζω aus *6djw zu 1. ole-re, vgl. auch ὀζήσω, 
ὥζησα; — Eoucı aus ἐσέδ)ομαι zu 1. sedö-re, abg. sedeti, 
vgl. auch καϑιζή-σομαι; — φράζω aus *poddj-w zu lit. 
girdziu, girdeti „hören“ u. a. 

b) Die zweite Klasse. 

Die zweite Klasse ist durchaus denominativ. Durch 

die Ableitung mit ἡ konnte man fast von allen Nomina 


8 447. 448. Die Stammbildung des Verbums. 387 


Verben ableiten, deren Bedeutung in engster Beziehung 
zu dem Nomen stand. Allerdiogs stellt man gewöhnlich 
noch eine primäre Klasse von ;-Verben auf, zu der man 
Fälle wie βαένω, 1. venio aus *g"emjö, *pibm (vgl. hom. 
πεφυζότες), 1. fugio, δέζω und ἔρδω aus *wregjö stellt. Aber 
man kann annehmen, daB derartige Verben von soge- 
nannten Wurzelnomina abgeleitet sind, die allerdings in 
vielen Fällen verloren gegangen sind. So gehört λεύσσω 
aus *evxjw zu ai. rüc „Glanz“, πτύσσω aus ἔπτύχω zu 
serV& „Falte“, *Yvim zu πρόσφυξ „Zuflucht suchend*. Ein 
Unterschied ist allerdings zwischen beiden Arten vor- 
handen. Die eigentlichen denominativen Verben betonen 
das Suffix .-jo, ai. -ya-t, während die scheinbar primären 
Verben den Akzent auf die erste Silbe legen, ai. küpyati, 
l. cupio; got. hafjan, 1. capio. 

ἃ 448. Schon im Idg. sind eine Reihe von j-Bildungen 
produktiv geworden, eine Erscheinung, die sich im Griech. 
weiter fortsetzt. Die neuen Ausgänge erhalten dann auch 
oft eine besondere Bedeutung. | 

a) Der Ausgang -ajö wurde auch bei Ableitungen 
von e-o-Stämmen gebraucht, vgl. noväre, ahd. niuwom 
„erneuere“ zu 1. novos, gr. ἀντιάω zu ἀντίος, ἱεράομαι zu 
legös, yodw zu γόος, λοχάω zu λόχος. Es beruht das 
darauf, daß im Idg. ö-Stämme in kollektivrem und ab- 
straktem Sinne neben o-Stämmen standen. 

Eine besondere Art bilden die Ableitungen von 
Nomina mit gesteigertem Wurzelvokal: νωμάω von vo), 
τρωπάω von τροπή, στρωφάω von στροφή, τρωχάω von 
τρόχος, πωτάομαι von ποτή. Sie haben eine verstärkende 
Bedeutung, und man wird die Anfänge dieser Bildungen 
schon in die vorhistorische Zeit rücken dürfen, da sie 
mit den slav. Iterativen :2-bädati zu δοάᾳ „steche“ zu- 
sammenhängen dürften. 

b) Von den e-Stämmen werden nicht nur Verben auf 


-ejö abgeleitet, sondern auch j-Verben, indem das 7 an 
95* 


888 Formenlehre XXXV. . [8 448. 


den letzten Konsonant tritt, so ἀγγέλλω aus Ἐἀγέλ)ω zu 
ἄγγελος. In gleicher Weise werden die Nomina auf -jo- 
gebildet, und es stammt diese Regel aus der Zeit, als 
noch zahlreicher konsonantische Stämme neben vokalischen 
standen. 

Anm. 1. Die griech. Verben auf -ἔω haben eine mannig- 
fache Bedeutung, weil in ihnen mehrere Kategorieen zusammen- 
geflossen sind. 

6) Der Ausgang -evw ist von den Nomina auf -δύς 
ausgegangen und bedeutet ursprünglich einen Zustand, in 
dem sich das Stammwort befindet, oder die Ausübung 
der dem Stammworte zukommenden Thätigkeit, so βασι- 
λεύω „bin König“, povevw „bin ein Mörder“. Aber schon 
bei Homer ist -δύω produktiv geworden und tritt an alle 
anderen Stämme, so ἀγορεύω „in der Versammlung reden“ 
zu ἀγορά, βουλεύειν zu βουλή u. 8. w. 

Anm, 2. El. guyadsio hat gegenüber att. φυγαδεύω die laut- 
gesetzliche Gestell. Man wird diese vielleicht auch in οἰνοχοέω 
neben οἱἰνοχοεύω, ἡγεμονέω neben ἡγεμονεύω, μυϑολογέω und uvdo- 
λογεύω sehen dürfen. 

d) Sehr produktiv sind im Griech. die Ausgänge 
«ἄζω und -ἔζω geworden, und zwar stehen erstere sehr 
häufig neben Verben auf -du, ἀγαπάω, ἀγαπάζξω,. πειράω, 
σπειράζω, sodaß in früherer Zeit die Vermutung aufgestellt 
ist, daß sich & lautlich aus j entwickelt habe. Diese 
Annahme ist aber lautgesetzlich nicht möglich, sodaß 
man eine andere Erklärung versucht hat. Die Verben 
auf -ἄζῳ gehen in der Mehrzahl der Fälle auf -adjw 
zurück. So ist μιγάζομαι von μιγάς, μιγάδος abgeleitet, 
Derartige Nominalbildungen müssen in vorhistorischer 
Zeit häufiger gewesen sein als später, da wir auch im 
Germ, eine nicht unbeträchtliche Kategorie von Verben 
got. auf -atjan finden. Obgleich es nicht: zweifelhaft ist, 
daß die germ. Bildung mit der griech, zusammengehört, so 


läßt. sich .dech.nnr ein übereinstimmender Fall nachweisen,. 


2 


8 448) Die Stammbildung des Verbums. 389 


nämlich ὀνομάζω, mhd. genamzon, ἃ, benamsen. Ersteres 
kann aus *dvourdjw erklärt werden, und es ist möglich, 
daß d aus i entstanden ist, Övoudiw also mit Örduer-og 
zusammenhängt, Vgl: ferner ϑαυμάζω mit ϑαῦμαί(ετ), 
χειμάζω mit χεῖμα(τ). Ebenso dürfte δεσπόζω aus 
Ἐδεσπόδ)γω mit Öeordeng zusammenhängen. 

Ebenso sind die Verben auf -ἐζω von d-Stäimmen 
ausgegangen. ἐλπίζω gehört zu ἐλπέδ-, ὀπέζομαι zu dreiö-. 
Beachtenswert ist dabei, daß viele Verben auf -ἔζω zu 
solchen mit einem zweiten Stamm auf -2 gehören, so 
μοχϑίζω zu ἐμόχϑη- σα, προκαλέζομαι zu καλέω, κέκλη-κα, 
1. calendae, αἰτέζω zu αἰτήσω, ἀχαχέζω zu ἀχάχησε u. 8. ν΄. 
Da hierin alter Ablaut δὲ: ὁ vorliegt, so müssen die An- 
fänge dieser Bildung recht alt sein. 

6) Produktiv wurde ein Ausgang -wrzw, -ὦσσω, der 
meist einen krankhaften Zustand bezeichnet, wie ἀμβλυ- 
ὠσσω „bin blödsinnig*, τυφλώσσω „bin blind“. Neben 
dem ersten Verbum steht ein ἀμβλυωπός, von dem ἀμβλυ- 
ὦσσω abgeleitet sein kann, Grundform: *dußlvoxjw. 
Ebenso kann τυφλώσσω von τυφλώψ stammen. Natürlich 
müssen diese Bildungen zu einer Zeit aufgekommen sein, 
als in DW zu ]. oculus, noch der alte Guttural bestand. 

ἢ Die Verben auf -τάω, -τάζω mit frequentativem 
und intensivem Sinn entsprechen den lat. auf -iare und 
-itare, 80 εὐχετάομαι, ναιετάω, ἀ(ε)γρτάω, 1. jactäre, itäre (gr. 
ἰτη-τέον), agitäre, Sie dürften von Bildungen wie εὐχέτης, 
γαιέτης Ausgegangen sein. 

g) Sehr frühzeitig diente auch em -auww aus -jw 
zur Bildung denominativer Verben, die vielfach eine 
faktitive Bedeutung haben. Sie sind von n-Bildungen 
ausgegangen: μελαίνο „schwärze“ aus *ueldyja zu μέλαν, 
zeneivo „mäche reif“ zu πέπων, ὀνομαίνω „nenne“ αι. 8. W., 
und das ’Suffix wird dann weiter übertragen, z. B. Jeouaive 
zu ϑερμός. Da ϑερμός nach J. Schmidt (vgl. $ 199, 6) aus 
*gh”ermnös entstanden sein kann, vgl. 1. formus und furnus, 


390 Formenlehre XZXXV, [8 448. 449. 


ai. gharmäs und ghrnäs „Sonnenglut“, so könnte ϑερμαένω 
alt sein und das Musterbeispiel abgegeben haben. Die 
faktitive Bedeutung aber wird durch die n-Ableitung 
hervorgerufen sein, indem βάσκανος „verleumdend“ heißt, 
λέτανος „bittend, flehend“ und die Verba einfach bedeuten 
„ich bin bittend“. HieB das ϑερμαένω zu Grunde liegende 
Adjektivum „erwärmend“, so kam ϑερμαένω zur Be- 
deutung „ich bin erwärmend, ich mache warm“, und nun 
konnte man bilden Asvxalvw „ich mache weiß“. 


Die gleiche faktitive Bedeutung haben die Verba 
auf -ὕνω, die meist von Adjektiven auf -ὕς abgeleitet 
werden, βαρύνω zu βαρύς, ἡἧἡδύνω zu ἧδύς, βραδύνω zu 
βραδύς, ϑρασύνω zu ϑρασύς. Da neben diesem ein 
ϑάρσυνος steht, so könnte man in ϑαρσύνω die Brücke 
zu der Bildung finden. 


Anm. 3. Es ist zu beachten, daß das » noch in zwei Fällen 
in Nominalbildungen erscheint und vielleicht einer Kasusendung 
entspricht. Neben ϑύνειν steht hom. ἰϑύντατα, und außerdem 
finden wir zu dem Stamme minu-, 1. minuere hom. wivvvda, μενυν»- 
ϑάδιος. Ebenso wie nominale j-Bildungen von Kasus abgeleitet 
sind, ist das auch bei Verben möglich. 

10. Die desiderativen Verben auf -σείω, wie βρωσείω 
„wünsche zu essen“, yeAcoeiw „habe Lust zu lachen“ sind 
wahrscheinlich keine ;j-Ableitungen. Wackernagel hat 
ΚΖ. 28, 141 ff. in Anknüpfung daran, daß diese Bildungen 
ursprünglich nur als Partizipia vorkommen, vermutet, daß 
in ihnen eine Zusammensetzung aus dem Dativ eines 
}i-Stammes, wie ὄψει und dem Partizipium ἐόντες vorliegt. 


Rückbildungen. 


8 449. Zu denominativen Verben werden nicht allzu 
selten scheinbar primäre Nomina durch Rückbildung ge- 
schaffen, so ἧττα: ἧττᾶσϑαι, γέννα zu γεννάω, sophokl. 
ἔρευνα zu hom. ἐρευνάω, vgl. Wackernagel ΚΖ, 30, 
300 f., 314. 


u 


ἃ 450.) Die Stammbildung des Verbums. 391 


E. Die sogenannten Kausativa. 


8 450. Im Idg. gab es eine eigentümliche Klasse 
abgeleiteter Verben, die in den meisten Sprachen erhalten 
sind, die sog. Kausativa. Die Basis hatte o-Stufe, als 
Suffix tritt scheinbar -&0- auf, mit dem Ton auf dem &, 
Die Bedeutung ist teils iterativ, genauer iterativ-ziellos, 
teils kausativv. Delbrück Grd. 4, 118f. vermutet, daß 
letztere aus ersterer erwachsen sei. Doch ist seine An- 
nahme nicht überzeugend. Diese Klasse fällt im Griech. mit 
den denominativen Verben auf -δώ völlig zusammen, und 
es mag dies der Grund sein, daß diese Klasse im Griech. 
nicht weiter produktiv geworden ist. 

Beispiele: a) Mititerativer Bedeutung: φορόω 
„hin und hertragen, hin und herbewegen“ (ziellos): 
φέρω; — ποτέομαι „fattern“, ebenso ai. patdyati : πέτομαε 
„in gerader Linie vorwärts fliegen, eilen“; — ὀχέομαι: 
l. veho „gewohnheitsmäßig fahren“, öy&w „gewohnheits- 
mäßig tragen, zur Schau tragen“: ἔχω. Auch zwischen 
φοβέομαι und φέβομαι, τρομέω und τρέμω dürfte ein ähn- 
licher Unterschied bestanden haben, obgleich er nicht 
mehr ganz deutlich ist. 

a) Mit kausativer Bedeutung. Sie sind im 
Griech. selten: φοβέω : peßouaı; — σοβέω „verscheuche* : 
σέβομαι; — ὀχέω „ich lasse fahren, reiten“, got. gawagja 
„bewege“. Im Lat. entsprechen Verba wie moneo, doceo, 
mordeo. 

Anm. 1. Diese Kausativa bilden im Ind. ihr Partizipium auf 
-itas, ebenso im Lat. mon-itus und Germ. nas-ibs. Man kann dies 
i als Ablaut zu dem präsentischen ei fassen. Im Griech. sind die 
Verben der Analogie der Denominativa gefolgt: φοβητός, φοβητέος, 


Anm. 2. Es läßt sich im Griech. bei vielen Verben nicht 
entscheiden, ob sie hierher oder zur denominativen Klasse gehören. 


„2 Formenlehre IKXVL [8 451, 4652. 


ΧΧΧΥ͂Ι. Kapitel. 
. Die Aoriste. 


ee 


451. Die unter dem Namen Aorist im Griech. 
zusammengefaßten Bildungen sind aus drei Kategorieen 
zusammengewäachsen, dem Waurzel- oder starken A.oxist, 
dem s-Aorist und dem Passivaorist anf -97». Von ihnen 
sind die beiden ersten indogerm,. Ursprungs, während der 
Passivaorist in der Hauptsache auf einer Neuschöpfung 
des Griech. beruht. Diese drei Bildingen sind durchaus 
verschiedener Herkunft, sie werden aber durch die gleiche 
Bedeutung, die gleiche Aktionsart zusammengehalten. 
Der Aorist hat seit idg. Zeit eine ganz bestimmte Aktions- 
376, die man als terminativ oder perfektiv bezeichnen 
kam, und er hat diese in der ganzen Gräzität bis in das 
Neugriechische hinein bewahrt. Während man die Be- 
deutung des Präsensstammes mit einer Linie vergleichen 
kann, ist die des Aoristes gleich einem Punkt. Es giebt 
dabei moch viele Unterarten, indem man den Anfangs- 
punkt einer Handlung (ingressiver Aorist) oder ihren 
Endpunkt (effektiver A.orist) ins Auge faBt. Zum ersten 
gehört: ἔδεεσα „ich geriet in Furcht“, ἀγορεύσατο „er hub 
an in der Versammlung zu sprechen“ u. 8. ἡ. Effektiv 
aber ist: ἀπέϑανδ gegenüber ἀποθνήσκειν. Die ausführ- 
liehste Erörterung über die Aktionsart des griech, A.oristes 
bietet Mutzbaner Die Grundlagen der griech. Tempuslahre 
und der komerische Sprachgebrauch, 1893. 


ἡ, Ber Wurzelaorist. 
$ 452. Der Wurzelaorist wird, wie wir ὃ 417ff. ge- 
sehen haben, gebildet durch Betenung der zweiten Silbe 
der Basis. Er ist formell durchaus mit dem unerweiterten 


Ba Ἦ 


8 #52] , Die Aoriste, 393 


Präsens identisch und nur durch die durchgehende Be- 
tonung der zweiten Silbe geschieden. Er hat daher auch 
keinen weiteren Ahhlaut. Hierher gehören die Fälle wie 
ἔδραν, ἔτλην von schweren Basen, &74öov von leichten 
Basen, die reduplizierten Aoriste wie ἤγαγον, und Zudvnv 
von &-Basen, die oben $ 417 ff. behandelt sind. 

Außerdem rechnet man zum Wurzelaorist einige 
Bildungen von einsilbigen schweren Basen, die sich durch 
den Ablaut von den obigen unterscheiden. Es sind zu- 
nächst die Aoriste von den Basen *do- „gaben“, *dhz 
„setzen“, *7e- „werfen“, die im Singular durch ein Element 
«ὦ erweitert sind, ἔδωκα, ὄϑηκα, ἧκα. Die beiden letztem 
entsprechen 1. feci πᾶ yeci und auch im Phryg. liegt 
«öbexer vor, sodad3 die Erweiterung in die vorgriechische 
Zeit fällt. Wenn man das k ein Waürzeldeterminativ 
nennt, so ist damit nichts weiter erklärt, und man kann 
bis jetzt zur Erklärung nur darauf hinweisen, daB dieses 
k auch in der Neminalbildung auftritt; gr. ϑήκη ent- 
spricht ai. dhäkas „Behälter“, das allerdmgs nur bei 
Lexikegraphen belegt ist. 

Da der Plural ἔϑεμεν, εἶμεν aus *Sauer, ἔδομεν mit 
Ablaut gebildet wird, so sind diese Formen eigentlich 
Imperfekts mit punktueller Bedeutung. 

Die alte 3. Plur. ist in dor. ἀγέϑεν regelrecht er- 
halten. ἔϑεσαν, ἔδοσαν haben die vom s-Aorist übertragenen 
Esdungen. 

Nicht zu diesen Bildungen gehört ἔστην „ich stellte 
mich, stand“, ai. 3. Sg. ästhät, da es sowohl des Ablauts 
wie des & ermangelt. Es ist daher ein regelrechter Aorist 
zur Basis *sthewa und aus *sthwä entstanden, vgl. Verf. 
IF. ı2, 195. Die 3. Plur. dor. ἔσταν ist aus "ἔστανς 
verkürzt. 

ἔβην, der. ἔβαν entspricht ai. dgyam, dgüt. Wie sich 
dies zum Stamme *g”eme in Balvw, 1, venio verhält, ist 
unklar. 


394 Formenlehre XXXVL [$ 452. 453, 


Anm. Zum Wurzelorist stellt man gewöhnlich eine Reihe 
von Formen, die wie der s-Aorist flektieren, aber des 8 ermangeln. 
Die meisten, wie ἕκηα, ἔχευα, Zoosva, sind sicher 8-Aoriste (s. d.). 
„vexa, Feixas „du glichest“ (bei Alkman), εἶπα, gort. προ-  ειπάτω 
sind diesen nachgebildet oder alte s-Aoriste, s. u. 


ll. Der s-Aorist. 

ᾷ 453. Der s-Aorist stammt aus der idg. Ursprache, 
und liegt noch im Indischen, Slavischen, Lateinischen 
(hier mit anderen Bildungen zum Perfektum vereinigt) 
und im Griechischen vor. In der Bedeutung können wir 
keinen Unterschied vom Wurzelaorist entdecken, obgleich 
ein solcher einst vorhanden gewesen sein kann. Nicht alle 
Basen können einen s-Aorist bilden. Abgesehen davon 
tritt die Bildungsweise des s-Aoristes aus dem Rahmen 
der übrigen Tempora heraus und kann nur mit der der 
charakterisierten Präsentien verglichen werden. So gut 
wie -sko- ist s ein Verbalsuffix, das dem Stamme die 
besondere aoristische Aktionsart verlieh. Verba mit 
solcher Aktionsart können nun nicht als Präsentia, die 
Gegenwart bezeichnend, gebraucht werden, sondern sie 
beziehen sich entweder auf die Vergangenheit, wie der 
griechische Aorist, wenn sie mit dem Kennzeichen der 
Vergangenheit versehen sind, oder auf die Zukunft, wie 
der Konjunktiv Aoristi, der im Griechischen als Futurum 
verwendet wird. , 

Wenn das -s wirklich ein Suffix ist, so darf man 
und muß man nach seiner Herkunft fragen. Schon Bopp 
hat in dem s das Verbum substantivum gesehen, idg. *esm 
„ich war“, welche Ansicht Curtius mit Wärme gegen alle 
Widersacher verfochten hat, z. B. Griech. Verbum? 2, 
274. Wir können heute sagen, daß der alten Boppschen 
Ansicht lautlich nicht das geringste im Wege steht, daß 
sie vielmehr durch die analogen Erscheinungen späterer 
Epochen, wie sie in lat. amä-bam, amä-bö, dem griech. 
Passivaorist auf -ϑην, dem germ. schwachen Präteritum, 


ἃ 453. 454.] Die Aoriste, 395 


von modernen Formen ganz zu schweigen, vorliegen, 
durchaus nahe gelegt wird. Aber die Bedeutung erhebt 
Einsprache. Denn der Stamm es- „sein“ war zweifellos 
kursiv, und es ist nicht einzusehen, wie eine Zusammen- 
setzung mit einem kursiven Verbum aoristischen Sinn 
hätte ergeben können. 


A. Die Flexion. 

8 454. Der s-Aorist wurde im Idg. athematisch ge- 
bildet, ἃ. h. die Endungen -m, -s, -i, -me-, -te, -ent traten 
unmittelbar hinter das ss Das Alte hat sich im Aind. 
und Slav. erhalten, neben denen wir die urgriech. Formen 
ansetzen. 


| Abulg. Urgr. 


| (dpräs-am) „füllte“ | 
dpräs(-8) | 
dpräs(-t) | 


(dela-che) ||edeiks-a aus *edeiks-m 
dela(s-s) *edeiks-8 
dela(s-h | ᾿ *edeiks-t 


— 
| 
| 


dpräs-ma [dela-chom>] *edeiks-men 
dpräs-ta delas-te *edeiks-te 
[dpräs-ur] dela3-e(t) *edeiks-en(t) 


Altererbt ist also nur die 1. Sg. ἔδειξα. Offenbar 
ist nun zuerst in der 3. Pl. ein ἔδειξαν für *Edeudev ge- 
schaffen, was dann ein ἐδείξατε und ἐδείξαμεν nach sich 
zog. Da die 1. Sg. ἔδειξα in der Endung mit der 1. Sg. 
Perf. zusammenfiel, so schuf man auch ein ἔδειξ8 nach 
olde und kam dann auch zu einer 2. Sg. ἔδειξας, nach 
der man später auch im Perfektum ein γέγονας bildete. . 

Anm. 1. Man setzt für die 3. P. Pl. des s-Aoristes gewöhn- 
lich -nt als Endung an. Aber die athematische Flexion erfordert 
überall -ent. Vielleicht blieb diese Endung längere Zeit erhalten, 


und dies führte im T'hess. zu der Mischbildung, ἐτάξα-ν, ὀνεϑείκα-εν, 
Bdovxa-eu, Evepaviooo-ev, in der ὄταξαν und ἔἜδταξον vereinigt waren. 


386 Formenlehre XXXVI. [8 454. 


Betördert wurde die gegenseitige Beeinflussung zwischen 
Aecrist und Perfekt dadurch, daß in der 1. und 2. Plur. 
*edeiksmen, edeiksie sowie fast im ganzen Medram das 5 
zwischen den Konsonauten schwinden mußte. 

Das Medium lautete in urgriech. Form: *edeik(s)-mär, 
*edeik(s)-so, *edeik(s)-to, *edeik(s)-metha, *edeik(s)-Ihe, *edeiks-ato 
aus *edeiksnto, wofür ἐδεέξαντο eintrat, Hier sind wenigstens 
eine Reihe alter atkematischer Formen erhalten: ἄλτο, 
δέκτο, λέκτο „er zählte“, ἔλεκεο, ἔμδικεο, ὦρτο, πάλφο, κατέ- 
πηκεο, ἄρμεγος, ἔχμενος ἃ. 8. W. 

Anm. 2. Bildungen wie ἤνεεκα, Fernas können sehr wohl 


aus solchen Formen erwachsen sein, in denen das 8 lautgesetzlich 
geschwunden war. 


Bei den vokalischen Stämmen wie Jriuü-se hätte das 
8 in der 1. Sg., 1. Pl. *öziuao-uev und in der 3. Pl. 
πἐτίμασ-εν schwinden müssen. Es ist hier aber in den 
meisten Fällen nach der 2. 3. Sg. *2zimäg und der 2. Pl. 
"ἐτίμασεε und nach den konsenantisch schließenden Verben 
restituiert. Immerhin giebt es einige Fälle, die das Lant- 
gesetzliche bewahrt haben, nämlich hom. &xeva, hom. att. 
Eysa aus Ἰἔχευσα, ai. a-häuf-U, Eoosve, ai. acyösta, ἠλδύατο, 
ἀλέασϑαι. Über das Lautliche vgl. 8 184 ο. — Mit Dekn- 
stufe oder alten Länge finden wir hom. &xn« aus Ἐξκηυσα͵ 
zu καίω. 

Bei den auf -» und -m ausgehenden Basen finden 
wir regelrechte Entwicklung nach $ 237; daher ἔφηῃνα 
aus ἔἔφανσα, ὕφηνα aus ἔὕὔφανσα, ἔγημα aus *Eyauce. Bei 
den Verben auf -aivw trat nach g, ı -@va ein aus -avoa, 
att. ἐξήρανα, λειᾶναι, das dann später analogisch ausge- 
dehnt wurde. & wurde zu unechtem δὼ, daher ἔτεινα aus 
*Erevoo, ἔμεινα, 1. mansi, ἔνειμα aus ἔξνεμσα; ı, v wurden 
gedehnt, Exgpiva, nuvva. 

Bei den Verben auf ρ, A mußten nach Wackernagels 
Gesetz, oben ὃ 237 b, Doppelformen entstehen. That- 


sächlich finden wir φϑέρσαντος (Lykophron), ὄἔφερσεν" 


ἃ 404 | Die A.oriste, 397 


ἐκύησεν Hes., ἔχερσω, ὦρσα, κύρσας, ἔχελσα. Die große 
Masse aber zeigt auch hier die Dehmung: ἔσφηλα aus 
Ἐἔσφαλσα, ἔτέκμηρα, ἔφϑειρα, Erle, ἔστρα. 

Bei den auf Dental auslautenden Basen hatte der 
Aorist im Att. einfaches -σ, ἔπδισα aus Ἐἐπειῶσα. Bei 
den auf -ζω ausgehenden mußte im Aorist -σ “auftreten, 
wenn & auf dj zurückging, aber &, wenn ζ einem m ent- 
sprach. Infolge der gleichen Präsensbildung trat aber 
Verwirrung ein, und schon Homer hat ἥρπασε neben 
ἥρπαξε, κεερδίξαι neben xzeolosıev. Im Dor. wird dann 
der Aorist auf -ξὰ zu allen Präsentien auf -Iw gebildet, 
80 herakl. ἀνχωρέξαντες, δοκειμάξοντε, kret. δικάξαστο 
Ὁ. 5. Ὕ, 

Die denominativren Verben auf -ἄω, -δω, -ow haben im 
Aorist langen. Vokal: ἐτέμη-σα, ἐφέλη-σα, ἐμέσϑωσα, L 
amärem, alberem, abulg. dela-chr, Zel-cha.. 

Anm. 3. -so@ im s-Aorist finden wir regelrecht bei sigma- 
tischen Wurzeiverben und Denominativen, ὄξεσα zu ξέω aus *&Eow, 
ἃ. gähren aus *jesan, ἔτρεσα. zu ro&w, ἐτέλεσα zu τολέω von τέλοα, 
jdeodunv zu αἰδέομαι von αἰδώς und bei zweisilbigen Wurzeln auf 
-e, wie ὥλεσα,. ἐστόρεσσα, ἐλόεσσα. In anderen Fällen ist -eva jünger 
als -noa, z. B. hom. ἐπόνησα, Hippokrates ἐπόνεσα, aristoph. ὥξησα, 
Hippokr. @Geoa, hom. ἤνησα, att. ἤνεσα. Auffallend sind ἐπόϑεσα 
und. ἐκοτέσσατο. Vgl. daza Wackernagel ΚΖ. 33, 35 ff. 

Die auf -s ausgehenden Basen mußten eigentlich im 
Aor. doppeltes, s bekommen, z. B. τελέσ-σαι. Diese 
Endung hat sich dann weiter verbreitet, und sie ist bei 
Homer seBr häufig. Sie ist aber, wie W. Schulze ΚΖ. 
33, 126 ff. gezeigt hat, keineswegs gemeingriechisch, 
sondern sie findet sich „nur im Epos, von dem Pindar 
und die spätere Dichtersprache natürlich abhängig ist, 
und im Äolischen“, und wir haben sie daher bet Homer 
als Äolismus anzusehen. | 

‘Anm. 4. Eine Anzahl von s-Aoristen scheinen themavokalisch 


zu sein. Alt ererbt sind aber nur die Förmen, die als Imperative 
verwendet werden, wie olos, οἰσέτω, οἴσετε, äbsre, πελάασετον».. Die 


398 Formenlehre XXXVL [8 454456. 


Formen λέξεο, ὄρσεο sind nach Wackernagel ΚΖ. 30, 313 aus λέξο, 
‘600 aus *iexo-oo weitergebildet, könnten aber auch für ἔὄρσαο 
nach Schmidts Regel (8 177) stehen. ἔπεσον lautet bei Homer 
noch ὄπετον und hat sein 0 von σποσοῦμαε. βήσετο und δύσετο haben 
keine aoristische Bedeutung. Wackernagel Verm. Beitr. 47 ver- 
mutet, das βήσσομιαε zu schreiben ist, das zu βεβαώς gebildet wäre, 
wie πτήσσω zu πεπτηώς. Unerklärt ist !E0» neben I&er. 


B. Betonung und Stammabstufung. 


ᾷ 455. Die Betonung und Stammabstufung des 
s-A.ooristes glich durchaus der der athematischen Präsentien 
und der der Perfekta, es lag also der Ton im Singular 
auf der ersten Silbe, und es herrschte hier V. I. Im 
Plural und im Medium trat der Ton auf das Ende, und 
demgemäß zeigte die Basis RS. Allerdings ist dieser 
Stand der Dinge in den ältesten Sprachperioden schon 
verwischt, indem z. B. im Indischen die V. I im Aktivum 
ganz durchgeführt ist, 1. Sg. dräutsam „ich hemmte“, 
1. Pl. äräutsma und nur im Medium die Schwundstufe 
eintritt, örutta aus *arutsta Aber das alte Verhältnis ist 
mit voller Sicherheit aus dem Wechsel der Ablautsstufen 
in den Einzelsprachen zu erschließen. Im Griech. ist der 
alte Ablaut erhalten in hom. &oraoav neben ἔστησα. 

Auch beim s-Aorist müssen wir die Bildungen nach 
den zu Grunde liegenden Basen betrachten. 

ᾷ 456. 1. Die zweisilbigen schweren Basen 
müssen entweder die Stufe des Sing. V. I - 8, also 
elc, epa u.5.w. oder die des Plur. RS., also ρᾶ, Ad, μᾶ, 
γᾶ, τ, U zeigen. Es kann aber auch SS. vorkommen, also 
ρα, λα, μα, να, ı, v, welche Formen wahrscheinlich aus 
der Komposition oder der Enklise stammen. 

V.I-+- Καὶ finden wir in ἤλα-σα zu ἐλά-ω: — ἐχρέμα-σα 
zu κχρέμα-μαι; — Wle-00 zu ὄλειϑρον; — ὥμο-σα zu 
ὁμώμο-κα; — τελά-σσαε Hesych zu τελα-μών u. 8. W. 
Diese Bildungen entsprechen dem sogen. i-Aorist des 
Indischen. 


8 456-458.] Die Aoriste. 399 


RS. steht in ἐδάμα-σα, ἔλυ-σα, SS. in φλά-σσαι, 
IAd-0001, κλάσσαι. 

2. Die exei-Basen sind an der Bildung des 
s-Aoristes im Indischen und Lateinischen beteiligt, nicht 
aber im Griechischen. 

3. Bei den leichten Basen mußte das e der 
zweiten Silbe in allen Fällen schwinden. Im Singular 
waren oft die Bedingungen für die Entstehung der Dehn- 
stufe gegeben; uridg. *lege-som mußte zu *legsm werden. 
Die Dehnstufe findet sich denn auch im Ind., Slav. und 
Lateinischen, vgl. -lzrit, rexit. Im Plural dagegen herrschte 
RS., d. h. schwaches «, und dieses ist im Griech. verall- 
gemeinert, vgl. ἐλέξαμεν. Lat. -lexi und gr. ἐλέξαμεν gehen 
auf ein idg. Paradigma 1. Sg. *lzgsm, 1. Pl. Kgsme- aus 
*legesmö zurück. Ebenso ὀρόξαε, 1. rexi, ἐπεξάμην, 1. pri. 
In οὐαὶ: gr. ἔπειψα ist auch im Lat. die Reduktionsstufe 
durchgeführt. Bei den Stämmen mit einem Diphthong 
konnte keine Dehnung eintreten, daher ἔδειξα: 1, dixi, 
aber sie konnten Ablaut zeigen, daher ἀμέλξαι, aber 1. 
mulsi aus *melks-, ἔτρειψα, 1. torsi, εὗσα, 1. ussi. Mit ver- 
allgemeinerter Schwundstufe liegen vor: &ozı&a, 1. distinzi, 
ὥμεξα, 1. mini, ἀπέμυξα, 1. Emunzi. 


C. Verbreitung des s-Aoristes. 

& 457. Der s-Aorist ist im Griech. recht eigentlich 
die Aoristbildung der denominativen Verba und derer, 
die keinen Wurzelaorist mehr bilden konnten. Als über- 
aus deutliche ‚Bildung nimmt er im Griech. immer mehr 
an Verbreitung zu. 


ill. Der Passivaorist auf -ϑην. 

ᾷ 458. Der Passivaorist auf -Irp ist zweifellos eine 
griechische Neubildung. Nach Wackernagel ΚΖ. 30, 
302 ff. ist diese Formation ausgegangen von einer 2. Pers. 
Sing. Aor. Medii mit der Eindung -th2s, ai. thäs. Man 


400 Formenlehre ΧΧΧΎΙ. [ἢ 458 


ken direkt vergleichen 3-dd-Ing, ar. d-di-thäs, ἐ-τέϑης, ai. 
d-dhi-thäs, ἐ-κτά-ϑης, ai. d-köa-ihäs, ἐ-στάϑης, as d-ethithäs, 
dsdIng, ai. dinathäs. Man kann die Richtigkeit dieser 
Gleichungen zugeben, ohne doch davon überzeugt zu sein, 
daB von diesen Formen allein die ganze Bildung des 
Passivaoristes ausgegangen ist. Denn die zweite Person 
Sing. scheint keine: so häufige Form zu sein, daß von ihr 
eine solche Neubildung hätte ihren Ursprung nehmen 
können. Ist doch von all den oben angeführten Formen 
keine bei Homer belegt. Es bieten aber die verwandten 
Sprachen noch andere Beziehungen. Eine Bildungsweise 
wis ὀτιμήϑην, ἐὀτιμήϑης, ἔειμήϑη entspricht ganz gensu 
dem get. salböda, salbödes, salböda, ein ἂριλήϑη dem got. 
habarda w.s. w. Es ist jetzt ziemlich allgemein anerkannt, 
daß die germanische Bildungsweise auf einer Zusammen- 
setzung mit dem Verbum thun, τέϑημο beruht, und man 
kann und muß die gleiche Annahme auch für das Grie- 
chische aufstellen. Die einzige Schwierigkeit bietet die 
Bedeutung: Die Form. ist im Germ. aktivisch, im 
Griech. passivisch. Ist die Auffassung der‘ Formen: als 
Zusammensetzung richtig, so ist zweifellos die aktivische 
Bedeutung die ältere „ich that.ehren“, aber die passivische 
läßt sich erklären. Ein idg. Passiv hat es nicht gegeben. 
Frühzeitig sind‘ aber Medialformen passivisch verwendet 
worden, und solche Formen liegen in den oben angerührten 
ἐδόϑης, ἐτόϑης u: 5. w. vor; Da mit diesen Formen solche wie 
ἐτιμάϑην zweifellos. assoziert waren, so mußte auch ihre 
Bedeutung einwirken. Ferner sind. die Aoriste auf -ἢν 
ursprünglich aktivischer Bildung. Nachdem sie zu Mediv» 
passiven geworden waren, zogen sie auch die Aoriste auf 
-Irv nach sich. In all den Fällen, in denen unser A.orist 
zu einem Medium tantunı gehört, liegt ja auch: die aktive 
Bedeutung moch: dautlich vor;. so in: ἤδέσϑην. zu αἰδέομαι, 
δεελέχϑηκ: zu διαλέγομαι... Ich. glaube: also nicht,. daß die 
Erklärung der Bedeutung Schwierigkeiten macht. 


.$ 468, 469.) Das Futurum. 401 


Vor dem -99 steht das, was man den Stamm oder 
die Basis nennt: ἐτιμή-ϑην, ἐφιλή-ϑην, ἠδέσ-ϑην zu αἰδώς. 
Daß das Verbum „thun“ ursprünglich mit irgend einem 
Kasus verbunden wurde, darf man wohl annehmen, aber 
es ist vergebliche Mühe, diesen Kasus noch irgendwie fest- 
stellen zu wollen. Da die verwandten Sprachen in dieser 
"Bildung durchaus übereinstimmen, so wird wohl schon seit 
idg. Zeit ein und dasselbe Element zu Grunde gelegen 
haben. 

Anm. Außer dem Griech. und Germ. hat das Lat. eine 
Zusammensetzung mit dem Stamm bhü-, amäa-bam, dele-bam, des 
Lit. eine mit -davau, pene-davau „ich nährte“, jöszkö-davau „ich 
suchte“, das Slavische eine mit es- „sein“, döla-acha „ich that“, 
So verschieden auch die Hilfsverba sind, so ist doch der zu Grunde 
liegende Stamm immer von der gleichen Art. 


XXXVL. Kapitel. 
Das Futurum. 


een 


8 459. Das Indische und Litauische besitzen ein 
‘besonderes Futurum, das mit einem Element -sjo- gebildet 
ist und wie ein Präsens flektiert, ai. da-sy&-mi, lit. dö-siu 
„ich werde geben“. Es gehörte zu den früher allgemein 
gehegten Ansichten, daß das griech. -s-Futurum δώσω 
mit diesen Bildungen identisch sei. Das ist aber laut- 
gesetzlich nicht möglich, da das 5; nicht spurlos hätte 
‘schwinden können. Außerdem ist das -sjo-Futurum im 
Rgveda noch sehr selten, es kommen nur 17 Beispiele 
vor, von denen kaum eins im Griech. wiederkehrt, und 
den Zusammenhang des ind. mit dem lit. Futurum hat Jetzt 
Bezzenberger BB. 26, 169 ff. bestritten. 

Es ist auch schon längst eine andere Ansicht aufge- 
stell. Das griech. Futurum zeigt ein Element -se, -s0 

Hirt, Griech. Laut- u. Formenlehre. 26 


402 Formenlehre XXXVL. [8 459. 460. 


und kann sehr einfach als Konjunktiv des s-Aoristes er- 
klärt werden. Die Bedeutungsentwicklung ergiebt sich 
leicht aus der Aktionsart des Aoristes. Im Slavischen 
werden die Präsentien mit punktueller oder perfektivischer 
Bedeutung als Futura verwendet. Auch bei uns ist das 
der Fall. „Ich erringe den Preis“ ist futurisch. Als 
Präsens können wir nur ein duratives Verbum gebrauchen: 
„Ich ringe um den Preis“. In gleicher Weise werden 
im Griech. einige Präsentien mit punktueller Bedeutung 
als Futura verwendet, z. B. »&ouaı „ich werde heim- 
kehren“, δἶμε „ich werde weggehen“. Da nun der s-Aorist 
ebenfalls punktuell war, so ist es nicht auffällig, daß 
'nicht-augmentierte Formen futurisch verwendet wurden. 
Die thematische Flexion ist allerdings eine Besonderheit. 
Es ist das die regelrechte Konjunktivbildung des s-A.oristes, 
die auch im Veda vorliegt. Die Erklärung siehe beim 
Konjunktiv. 

Nun hat allerdings das griech. Futurum wie das 
Indische ein Partizipium, und Brugmann ist geneigt, auf 
diese Übereinstimmung Gewicht zu legen und das griech. 
Partizipium δώσων auf δώσων zurückzuführen. Aber 
das griech, Partizipium des s-Aoristes auf -avr- ist zweifel- 
los eine Neubildung, und es kann gerade in dem Part. 
Fut. die alte Form des s-Aoristes stecken, 8. u. 

Die Wurzelsilbe hat im Ind. sowohl im Futurum 
wie im Konjunktiv Aoristi Vollstufe, aber keine Dehn- 
stufe. Im Griech. stimmt die Vokalstufe im Futurum 
mit der des Aoristes überein. In Verbindung mit der. 
thematischen Flexion weist dies auf eine Bildung, die 
später als die Wirkung des Akzentes war. 


Die griechischen Typen. 


& 460. Infolge der Wirkungen der Lautgesetze giebt 
es im Griech. zwei Futurtypen, einen mit erhaltenem s, 
einen andern mit geschwundenem. Einen dritten bildet 


8 460. Das Futurum. 403 


das Futurum doricum. Außerdem ist es für die Futur- 
bildung wieder von Bedeutung, welche Art der Basis zu 
Grunde liegt. 

1. Der Typus mit erhaltenem -s muß sich bei allen 
auf Geräuschlaut auslautenden Basen finden, also in 
δείξω, Aslıyw, ὄψομαι, τεύξομαι, φεύξομαι. Weiter ist 
die s-Bildung auf alle Verba mit langem Vokal und 
Diphthong übertragen, so στήσω, τείσω, μνήσω, τιμήσω, 
φιλήσω, πλεύσω U. 8. W. 

Vielfach finden wir im Futurum einen zweiten Stamm 
auf -n, der meistens auch in anderen Formen des Verbums 
auftritt und z. T. alt ererbt ist, 2. B. ἁμαρτήσομαι neben 
ἡμάρτη-κα, σχήτσω neben ἔσχη-κα, καϑιζή-σομαι, vgl. 1. 
sedd-re, γενή-σομαι : γεγένη-μαι, vgl. ai. janisydti, ἀλεξή-σω, 
ai. Fut. araksi-$yas, ὀξζή:σω : 1. olere, χαιρή-σω : ἐχάρην. 

2. Der Typus mit geschwundenem -s. Er ist be- 
‚sonders häufig bei den Stämmen auf r, !, m, n, und zwar 
ist hier die Endung -686; βαλῶ u. 8. w. gehen auf Ἐβαλέ-σω 
zurück. Das e ist hier ursprünglich ein Teil der Basis 
und entspricht dem ai. -ἰ in -iSyati, sodaß diese Formen 
altertümlicher sind als die etwa vorhandenen s-Aoriste; 
vgl. φανῶ aus Ἐφανέ-σω : ἔφηνα, ἐφάν-ην, στελῶ zu ἐστάλην, 
βαλῶ aus *Balk-ow zu βέλεξιμνον U. 5. W. 

Weiter tritt dieser Typus bei Verben auf, in denen 
der zweite Stamm auf -a, -0 oder -& auch sonst erscheint, 
so in ἐλῶ zu ἐλάω, καλῶ, κρεμῶ, δλῶ, ὀμοῦμαι. 

Anm. Zu den Präsentien auf -ζω werden im lon.-att. 
Futura auf -«© gebildet, κομμῶ zu κομίζω. Diese stehen nach 
Wackernagel IF. 2, 1ö1ff. und Brugmann Grd. 2, 1100 für κορμέώω 
aus *xoulow, indem man nach ἀγγδλεῖς, ayyelst ein xowssis, xousel 
und weiter xowserrov, xomoduer, κομεῶ bildete. Daß es jemals ein 
*«ousor gegeben hat, ist nicht wahrscheinlich, Für κτερεοῦσε bei 
Homer ist κτδρίουσε zu schreiben, für ἀγλαιεῖσθαι, ἀεικεῶ͵ κομεῶ 
entsprechend ἀγλαΐεσϑαι, asıxlo, κομίω. 

3. Einen besonderen Typus bilden die auf -σέω aus- 


gehenden Bildungen, das sogen. Futurum doricum. 
᾿ς 26} 


404 Formenlehre XXXVI. [8 460. 461. 


Homer kennt nur πεσέομαι und ἐσσεῖται, das Attische 
hat nur ersteres ererbt und nur weniges dazu gefügt: 
χεσοῦμαι, φευξοῦμαι, κλαυσοῦμαι. Aber weit verbreitet 
ist dieses Futurum im Dorischen, obgleich es dort nicht 
allein herrscht. Man hält dies Futurum meistens für eine 
griech. Neuschöpfung, die durch Kombination des Typus 
auf -σω mit dem auf -&w hervorgerufen ist. Während 
hom. πεσέομαι vielleicht direkt aus *rereouaı hervor- 
gegangen ist, sieht Wackernagel KZ. 30, 313 ff. in hom. 
ἐσσεῖται eine Kontaminationsbildung von ἔσσεται mit einem 
*elraı aus ἔσεται, das lat. erit entsprechen würde. Für 
Ἐξἶται sei dann hom. ἔσται eingetreten (vgl. den Akzent 
von παρέσται). Ausführlich hat später Solmsen ΚΖ, 32, 
545 fi. das dorische Futurum behandelt... Er sieht in 
ἐσσεῖταε die Form, von der die ganze Neubildung aus- 
gegangen sei. 

Anm. 1. Solmsens Ansicht wird dadurch sehr wahrscheinlich, 
daß die Tafeln von Heraklea das dorische Futurum nur in der 
3. Sg. Med. und vielleicht Akt. haben. Es heißt ἐγδικαξηται, aber 
änafovtı, ἐπεμελησονται, genau wie Homer ἐσσεῖται, aber ἔσσονται 
hat. Die Form aroxaraorassı läßt sich wegen des mangelnden 
Akzentes nicht sicher bestimmen. 

Anm. 2. Neuerdings hat Bezzenberger BB. 26, 169 das dor. 
Futurum mit dem lit. Futurum desiu in Zusammenhang gebraeht, 
indem er dieses aus *düsejö herleitet. So schlagend scheinbar die 
Übereinstimmung ist, so stehen dieser Kombination doch die von 
Solmsen aufgedeckten Verhältnisse entgegen. 

Anm. 3. Sichere Neubildungen des Griech. sind das Futurum 
zum Perfekt und zum Passivaorist. 

& 461. Mit besonderer Vorliebe verwendet das 
Futurum mediale Formen, während sonst das Verbum 
aktiv flektiert. Kine Erklärung dafür hat Delbrück 
Syntakt. Forsch. 4, 74f. gegeben. Er meint, daß man 
βήσομαι statt βήσω zu der Zeit bildete, als das ursprüng- 
lich intransitive Zßn-o@ transitive Bedeutung erhielt. 
„Neben diesem transitiven ἔβησα nun konnte sich ein 
intransitires βήσω nicht halten, sondern wurde transitiv 


$ 461. 462.] Das Perfektum und Plusquamperfektum. 406 


oder vielmehr kausativ, und für die intransitive Bedeutung 
‘bildete man das mediale Futurum.“ In derselben Lage 
wären auch ὕστημε, φύω und einige andere Verba gewesen, 
und diese hätten den Ausgangspunkt der Bewegung ge- 
hildet. Diese Erklärung ist indessen nicht haltbar, weil 
man nicht einsieht, warum die Bewegung bald dieses 
Verbum ergriffen, bald jenes nicht berührt hat. Zudem 
scheint das idg. Alter von ἔβη-σα nichts weniger als 
sicher. Der Grund für die medialen Futura ist vielmehr 
in proethnischen Zuständen zu suchen. 

Ein mediales Futurum wird, wie oben ὃ 389 bemerkt 
ist, mit Vorliebe von solchen Verben gebildet, die ur- 
sprünglich keinen s-Aorist, sondern einen starken A.orist 
bilden. Ausnahmslos ist die Regel freilich nicht, weil im 
Griech. viele s-Aoriste neu entstanden sind. 

Nun verzeichnet Whitney Altind. Gram. ὃ 846 die 
Thatsache, daß der a-Aorist, der dem griech. Aoristus 
secundus entspricht, im Medium selten ist, da die meisten 
der Wurzeln ihr Medium nach der s- oder 1$-Klasse bilden. 
In der That heißt es adhuksata zu dduhat = gr. τεύξομαι 
zu ἔτυχον, asamilta zu ddamat —= καμοῦμαε zu ἔκαμον. 
Worin freilich diese Eigentümlichkeit in der Ursprache 
ihren Grund hat, ist unklar. Jedenfalls spricht diese 
Übereinstimmung dafür, daß das griech. Futurum dem 
Konjunktiv des s-Aoristes entspricht. 


XXXVILI Kapitel. 
Das Perfektum und Plusquamperfektum. 


Ley 


I. Das Perfoktum. 
8 462. Das griech. Perfektum ist aus dem Idg. er- 
erbt. Hier war diese Bildung charakterisiert durch die 


406 Formenlehre XXX VIII. [8 462-- 464. 


Reduplikatin mit dem Vokal 4, einige eigenartige 
Endungen, den o-Vokalismus des Singulars bei den 
leichten Basen und ein besonderes Partizipium auf -wes. 
Der beste Versuch, die Bildung des idg. Perfekts aufzu- 
hellen, findet sich bei P. v. Bradke IF. 8, 123ff. Dieser 
Forscher hat es wahrscheinlich gemacht, daB die Perfekt- 
bildung ursprünglich einheitlich war, dann aber durch 
die Wirkung des Akzentes außerordentlich zerklüftet 
wurde und schließlich schon wieder in idg. Zeit der Ein- 
heit zustrebte, die um so größer wird, je weiter wir in 
den historischen Zeiten fortschreiten. 


A. Die Bedeutung. 

8 463. Schon Buttmann Ausf. Sprachl. 2, 88 hat 
die Bedeutung des Perfekts im wesentlichen richtig er- 
kannt. Mit Delbrück Grd. 4, 171ff. kann man sagen: 
„das Perfektum bezeichnet den erreichten Zustand“. οἶδα 
‚gehört zu wid „ausfindig machen“ und bedeutet „ich habe 
ausfindig gemacht und weiß nun“, δεδάηκα „habe gelernt 
(kennen gelernt) und kann nun“, πεπείρημαν „habe mich 
versucht und bin nun erfahren“, τέϑνηχδ „er ist im 
Sterben gewesen und ist nun tot“. 


B. Betonung und Reduplikation. 


& 464. Wie sich aus dem Indischen ergiebt, betonte 
das Perfektum im Sing. die Stammsilbe, nicht die Re- 
duplikationssilbe Ai. dadarda ist älter als gr. δέδορκα. 
Das e der Reduplikationssilbe ist daher auch kein voller 
Vokal, sondern schwaches . gewesen, idg. *d«dörka, vgl. auch 
ai. uväca, iydja aus *wewäca, *yeydja. In der 1. und 2. Plur. 
waren die Endungen betont, daher dadr&ims, dadrsa, idg. 
*dedrkö. Für die 3. Plur. muß aber Betonung der Re- 
duplikationssilbe angenommen werden, weil nur so eine 
Reihe historischer Formen erklärbar wird, vgl. Verf. Ab- 
laut 8. 190ff. Eine derartige durch die Theorie ge- 


8 464. 465.] Das Perfektum und Plusquamperfektum. 407 


forderte Betonung liegt im Ind. thatsächlich in den 
reduplizierten Präsentien vor, 8. o. 5. 369. Es muß 
demnach hier die Reduplikationssilbe volles & und erontuell 
auch Dehnstufe zeigen. 


Die Reduplikation ist ursprünglich bei allen Perfekten 
vorhanden gewesen, aber sie fehlte schon im Idg. infolge 
der Wirkung des Akzentes in vielen Fällen. Nach $ 127b 
mußte neben eine idg. Form *dedörka ein *dörka treten 
mit vollständigem Schwund der Reduplikationssilbe, im 
Plural aber blieb *a,drk-me. Dieser Stand der Dinge 
liegt z. B. im Germ. vor, wo es im Sing. got. sat heißt, 
idg. *soda, in der 3. Plur. aber seiun. In dem 2 steckt 
die Reduplikation.. In den meisten Fällen ist aber aus- 
geglichen. Entweder sind die Formen ohne Reduplikation 
verallgemeinert, so z. T. im Germ., got. band, bundum 
und Lat. fügt, fügimus, oder es ist die Reduplikation 
ganz durchgeführt, so im Griech. und Ind., und in einer 
Reihe von Fällen im Germ. und Lat. Bei idg. *worda 
„ich weiß“ scheint die reduplikationslose Form schon in 
idg. Zeit verallgemeinert zu sein, da es ai. veda, abg. 
υδαδ, got. wait, 1. vidi, gr. οἶδα heißt. Sonst sind un- 
reduplizierte Formen im Griech. selten. So kommt olx« 
neben ἔοικα im Ion. und Lesb. vor. äyvıa „die Straße“ 
ist ein altes Part. Perf. zu ἄγω. Homer hat ἀμφι-(7)αχυῖα 
zu ἰάχω. 

8465. Die Form der Reduplikationssilbe, 
Der Vokal der Reduplikationssilbe war seit idg. Zeit . 
Formen wie lat. pupugi, tutudi, ai. bibhäya, $usräva beruhen 
erst wieder auf jüngerer Analogiebildung. 

Für die anlautenden Konsonanten gelten in der Re- 
duplikation folgende Regeln. 


1. Einfache Konsonanten werden wiederholt: δέδορκα, 
ai. dadärsa. 


2. Aspiraten verlieren ihre Aspiration: τόέϑηκα, 


48. Formenlehre XXX VIL [8 465. 466. 


3. Von Doppelkonsonanten wird nur der erste wieder- 
holt: γέγραφα, πέπνευκα, ai. papräeche. 

4, Ausgenommen waren in idg. Zeit die Lautgruppen 
st, sp, sk, die wie einfache Konsonanten behandelt wurden. 
In den Einzelsprachen ist dann verschiedentlich dissi- 
miliert: ai. (s){asthäu, got. siar-stald zu stalda „ich besitze“, 
l. ste(s)tit, Im Griech. ist entweder der erste Verschlußlaut 
durch Dissimilation geschwunder, oder die Worte folgten 
der allgemeinen Regel 3, daher &osyxa aus Ἐσέστηκα, ἀφέ- 
σεταλκα. 

ὅ. Eine Reihe von Besonderheiten entstehen durch 
die griechischen Lautgesetze. In den Verbindungen sm, 
(sn), ei, (sr), sw schwand s nach $ 236 mit Ersatzdehnung ; 
daher δἵμαρται aus sesm-, εἴληχα, δἴληφα, εἴλοχα aus sesl-, 
εἴωϑα AUS δ8έδιυ-. 

Bei anlautendem ρ, das auf δ΄ oder wr zurückgeht, 
finden wir die lautgesetzlichen Formen nicht, sondern 
hier steht 2gg-. Regelrecht ist nur εἴρηκα, das nach 
"8 162, 2 für Ἐξέξρηκα steht. 

ἀφ-εἴκα u. 8. w. steht für *iejeka. 

6. Die mit Labiovelar anlautenden Basen sollten in 
der Reduplikationssilbe Dental haben, es sollte also heißen 
Ἐδειβαμεν. Hier hat das Muster der übrigen gewirkt, 
um die Anomalie zu beseitigen. In herakl, ἐνδεδιωχότα, 
falls es gleich *Zußeßıwxdre ist, dürfte in umgekehrter 
Richtung ausgeglichen sein. | 

7. Verschiedene Konsonantengruppen, wie 9%, YA, PA, 
ζ, &, y, κε, πτ nehmen nur e als Reduplikation, was 
durch die Fälle wie ἔσχημαι hervorgerufen sein wird. 
Die Sprache schwankt übrigens, es heißt βεβλάστηκα und 
ἐβλάστηκα u. 8. w., und das Kretische hat auch ἔγρατται 
= γέγραπται. 

8 466. Reduplikation vokalisch anlauten- 
der Basen und die sog. attische Reduplikation. 

Bei vokalisch anlautenden Basen mußte das e mit 


8 466--468.] Das Perfektum und Plusquamperfektum. 409 


dem anlautenden Vokal kontrahiert werden, so z. B. }. 
edi, got. &tum, ai. Ada, gr. (ἐδ)-ηδώς, 1. gi, aisl. dk, ἦχα. 
Doch ist es nicht ganz klar, wie die idg. Verhältnisse 
im einzelnen anzusetzen sind. Eine alte derartige 
Form liegt in 709« „du warst“ vor, das eigentlich eine 
Perfektform ist. Jedenfalls herrschte im Griechischen 
die Regel, daß vokalisch anlautende Basen im Perfektum 
die Länge bekamen. Diese liegt vor in den Perfekten 
mit der sog. attischen Reduplikation, wie in öd-wda, lit. 
üdes (Partizip), ἐλ-ήλαμαι, ὄρ-ωρα, ai. ara. Nach diesen 
haben sich dann andere gerichtet, wie ἀλ-ήλεφα, ἀκ-ήκοα. 

Ob die „attische Reduplikation* selbst ein Analogon 
im idg. Perfekt hat, ist zweifelhaft. Sie wird eher auf 
einer Neubilduug des Griech. beruhen, indem man zu 
*ada ein ödwda nach dem Muster reduplizierter Präsentien 
und Aoriste schuf. 

Anm. Im Indischen haben eine Reihe mit a anlautender 
Basen die Reduplikation än-. Unter diesen könnte man ängda 
„hat erreicht“ mit ἐνήνοχα, ἐνήνεγκταε vergleichen. Aber die 
Formen stimmen nichts weniger als genau. 


C. Abstufung und Stammbildung. 


8 467. Wenngleich das Perfektum ursprünglich eine 
gleichartige Stammabstufung gehabt haben dürfte, so sind 
die komplizierten ursprünglichen Verhältnisse doch nach 
verschiedenen Richtungen ausgeglichen, und es haben sich 
neue Typen entwickelt. Von Wichtigkeit ist hier wiederum 
der Unterschied der Basen. 


1. Leichte Basen. 


ᾷ 468. Bei den leichten Basen findet sich, soweit 
sie der e-Reihe angehören, im Germanischen, wo das Ur- 
sprüngliche am besten erhalten ist, durchweg o-V okalismus 
im Singular, Schwundstufe im Plural, die auch im Medium 
berechtigt war. Auch im Griech. hat sich der o-Vokalis- 


410 Formenlehre XXX VIIL | [$ 468. 


mus im Sing. sehr häufig erhalten, sodaß man folgende 
Fälle vergleichen kann: οἶδα, got. wait, λέλοιπα, got. 
liih, ἐλήλουθα, got. *laub von liudan „wachsen“, πέπονϑα, 
got. band „er band“ γέγονα, got. quam, κόκλοφα, got. hlaf 
„er stahl“ u. 8. w. 

In sehr vielen Fällen ist der o-Vokalismus dann auch 
auf den Plural übergegangen, sodaß der Fälle des alten 
Ablauts nur wenige sind. Zu οἶδα lauten die regelrechten 
Formen ἔσμεν, älter ἔμεν, ἔστε, ἴσασι. Die genaue Über- 
einstimmung dreier Sprachen, abgesehen von den Personal- 
endungen, zeigt die folgende Tabelle. 


Griech. Got. Aind. 
οἶδα wait veda 
οἶσϑα waist vettha 
olde wait veda 
ἔσμεν wium vidmd 
ἔστε witub vida 
ἔσασι witun vidür 


Anm. ἔσασε hat sein o unter dem Einfluß von ἔσαν erhalten, 
das für *!doa» steht. 

Im lIonischen treten dafür aber schon Analogie- 
bildungen ein: οἴδαμεν, οἴδατε, οἴδασι. --- Ebenso hieß es 
ursprünglich Ἐδέδξοι-α, Plur. δέδὝι-μεν. Ersteres liegt 
noch in hom. deldw vor. Nachdem ἔδέδξοι-α zu δέδοικα 
geworden war, wurde einerseits δεδοέκαμεν und andrerseits 
δέδια neugebildet. Weitere Beispiele erhaltenen Ablauts 
sind: ἔοικα, olxa und ἔικτον, ding; — πέποιϑα und hom, 
ἐπέπιϑμεν; — hom. ἐλήλουϑα und att. ἐλήλυϑμεν, die 
dann wechselseitig ausgeglichen wurden; — y&yova zu 
γέγα-μεν aus *gegn-men, ebenso μέμογα und μέμαμεν, 
πέπονθα und πέπασϑε, wie Aristarch schrieb (Vulgata 
πέποσϑε), aus ἔπέπνσϑε. 


Im Medium hat sich häufiger die schwache Wurzel- 
form gegenüber dem ὁ des Aktivums erhalten: τετραμ- 


8. 468—470.] Das Perfektum und Plusquamperfektum. 411 


μένος, τετράφαται (ρα aus r) zu τέτροφα; — ἔφϑαρμαι zu 
ἔφϑορα: — εἵμαρται aus *sesmriai zu ἔμμορε u. 8. W. 

Nicht selten finden wir im Perfektum auch die 
e-Stufe, πέφευγα neben πεφυγμένος, λέλεγα u. 8. w. Man 
kann hierin die eingedrungene Präsensstufe sehen. De 
Saussure aber hat die Ansicht aufgestellt, daB die 1. Sg. 
Perf. e-Vokalismus gehabt habe, weil es im Ai. in der 
1. Sg. jajäana, in der 3. Sg. aber jajäna. heißt. Nach 
einem von Brugmann aufgestellten Lautgesetz würde 
dieses jajäna dem griech. y&yovs entsprechen, und jajdna 
müßte *yeyeva sein. Es ist aber noch nicht entschieden, 
ob dieses Gesetz richtig ist. 


2. Einsilbige schwere Basen. 


$ 469. Einsilbige schwere Basen müssen V. I im 
Singular, S im Plur. zeigen. Er ist zu beachten, daß 
der Sing. wahrscheinlich gar keine Endung gehabt, im 
Griech. sich aber der Ausgang -x« findet. Abgesehen 
davon ist ἕ-στη-κα = ai. tastha-u, E-ora-uev aber —= ai. 
tasthi-mä; — ebenso τέϑη-κα, ai. dadha-u, *rede-uev, Bi. 
dadhi-mä, δέδω-κα, ai. dadä-u, Ἐδέδομεν, ai. dadi-mi, vgl. 
δέδομαι. 

In ἔρρωγα und εἴωϑα aus *seswö- finden wir o-Ablaut. 


8. Zweisilbige schwere Basen. 


8 470. Zweisilbige schwere Basen mußten im Sing. 
V. I + 8, im Plur. SS zeigen. Letzteres liegt in einigen 
Fällen vor, nämlich in τέ-τλα-9ι, τέ-ττλα-μεν, TE-Iva-uer, 
TE-Iva-Iı, πέπτα-μαι, Formen, die genau solchen wie 
πίέμ-πλα-μεν zu πίέμ-πλη-με entsprechen. Im Sing. ist nun 
schon im Idg. häufig die V. II eingedrungen, wahrschein- 
lich nach dem Muster von *stesta zu *stesto-me (ἕστηχα : 
ἕσταμεν). Daher βόβλη-κα, εἴρη-κα, μέμβλω-κα, μέμνη-μαι, 
ai. mamndu, ἔγνω-κα, ai. 7α) δι. 

Wollte man nun die im Sing. lautgesetzlichen Formen 


412 Formenlehre Xxx VIII. [$ 470. 471, 


erschließen, so käme man zu folgenden Formen: von der 
zweisilbigen Basis 9,n2 müßten wir "διϑόπο, *9.göntha, 
*5.00na finden, während der Plural *9,gns-m& lauten müßte. 
Nun ist aber *9,96ns offenbar gleich gr. γέγονα, während 
der Plur. in ai. jajäi-mä vorliegt. Die 2. Sg. müßte 
Ἐγεγόνα-ϑα lauten. Hier ist -9a durch das -ς des 
Aoristes ersetzt, während sonst die Form alt ist. 

Es würden also diese Formen wie auch die von den 
einsilbigen schweren Basen in der 1. Sg. gar keine Endung 
gehabt haben. 

Der Plural *y&yya-uev = ai. jajfi-md ist in τέϑνα-μεν 
und τέ-τλα-μεν erhalten. Von diesen und Ähnlichen Fällen 
sind dann die Endungen -auev, -are abstrahiert und weiter 
übertragen. 

Es ergiebt sich also folgendes ursprüngliches Para- 


digma. 
| Aind. | Griech. 


ἽΝ 


1. Sg. | δεθόμο | λαλάπα γέγονα 
2. Sg. 1 δεθόπο-τλα | sjajfi-thd γέγονα-ς 
3. Sg. | degon-e | jajäna γέγον-8 
1. Pl. | degna-mE- Ä jajfi-md | τέϑνα-μεν 


D. Neubildungen des Griechischen und anderes. 
1. Das x-Perfektum. 


ᾷ 471. Das %-Perfektum ist zweifellos eine griech. 
Neuschöpfung, deren Entstehung und Ausbreitung wir 
noch einigermaßen verfolgen können. Das k tritt zuerst 
im Singular auf bei den ursprünglich auf Vokal aus- 
gehenden Formen. In &orm-x« entspricht &om- dem ai. 
tasthäu, und es heißt auch noch ἔστα-τον, Eosa-uev. 
Ebenso πεφύκασι zu πέφυκα, τέτλα-μεν zu τότλη-κα, 
τεϑνᾶσι τὰ τέϑνη-κα, δέδι-μεν zu δέδοι-κα. Konsonantisch 


ἃ 471. 472] Das Perfektum und Plusquamperfektum. 413 


auslautende Verben haben das «x bei Homer noch nicht. 
Diese Thatsachen legen eine Vermutung über die Her- 
kunft des «x nahe, die als sehr wahrscheinlich betrachtet 
werden darf. Das Paradigma dorm-xa, Eora-uev ist den 
Aoristen ἔϑη-κα, ἔϑεμεν, ἔδωκα, ἔδομεν, Ina, κάϑ-εμεν 
nachgebildet, von denen zwei ja sicher alt sind, vgl. 8 452. 

Nachdem das κα in den Plural eingedrungen war, 
τεϑήχαμεν, später dafür redeinuuev nach εἶχα, blieben 
wenigstens die übrigen Formen, namentlich das Partizipium, 
noch davon frei; es heißt also hom. βεβαώς, γεγαώς, 
μεμαώς, aber schon βεβρωκώς, vgl. indessen hom. βεβρώ- 
ϑοις, τετυχηκώς, δεδαηκότες. 

Auch bei den Stämmen auf Liquida und Nasal schuf 
man später ein x-Perfektum mit der Ablautsstufe des 
Mediums, ἔφϑαρκα nach ἔφϑαρμαι u. 5. w. 


2. Das aspirierte Perfekt. 


& 472. Auch das sog. aspirierte Perfektum ist eine 
griechische Neuschöpfung. Sein Wesen besteht darin, 
daß die Stammauslaute x, y, π, 8 im Perfektum vor 
folgendem Vokal aspiriert werden. Also πέπλοχα von 
πλέκω, βέβλαφα von βλάπτω Die richtige Erklärung 
hat J. Schmidt ΚΖ. 27, 309 ff., 28, 176 ff. gegeben. An 
letzterer Stelle sind auch die Ausführungen von ÖOsthoff, 
Zur Gesch. ἃ. Perf. 284 ff., 614 ff. zurückgewiesen. 

Unsere Bildung findet sich bei Homer nur in der 
8. Pers. Perf. Med. als δειδέχαται, δειδέχατο, ἔρχαται, 
ξέρχατο, ἔρχατο (ἐέργω), ὀρωρέχαται, ἐπιτετράφαται, τεερά- 
φατο (τρέπω), und nicht als Aktivum. Ebenso hat Herodot 
neben den Medialformen: εἰλέχατο, ἐσεσάχατο, ἀναμεμέ- 
χαταε, ἐτεεάχατο, τετρίφαται eine einzige Aktivform ärre- 
röupee. Den Tragikern ist das aspirierte Perfekt mit 
Ausnahme von dvasergeopag bei Soph. ebenfalls unbekannt. 
Thukydides kennt nur das herodoteische πέπομφα. Erst 
nach ihm treten die aspirierten Formen auf. In der 


414 Formenlehre XXX VIII [8 472. 473. 


3. Plur. kann die Aspiration aber nicht lautgesetzlich ent- 
standen sein, wohl aber ist die 2. Plur. zerax-Is lautge- 
setzlich aus *z6raxo9e hervorgegangen. Von dem danach 
gebildeten zerdyaraı ist dann die Aspiration wahr- 
scheinlich auf die 3. Plur. Akt. τετάχασι übergegangen 
und dann auf die übrigen Formen. 


8. Sonstige Eigentümlichkeiten des Perfekts. 


8 473. 1. Sehr häufig finden wir im Perfektum 
Medii vor den Endungen ein s, das von den s-Stämmen 
und denen auf Dental stammt, z. B. ἔζεσμαι zu ζέω aus 
Ἰζέσω, ἃ. gähren aus *jesan. Das s hätte eigentlich vor 
den mit Nasal anlautenden Endungen mit Ersatzdehnung 
schwinden müssen. Es müßte heißen Ἐἔζεεμαι, Ἐξζε(σ)σαε, 
ἔζεσται. Es ist nun das 8 wieder in der 1. Pers. einge- 
führt, oder es ist auch in der 3. beseitigt, z. B. γέγευμαι, 
γέγευται zu γεύω, got. kiusan, 1. gus-tläre, ἠφευμένος zu 
εὕω, 1. uro, us-si. 

Anm. Es ist auf Grund der Handschriften nicht immer 
möglich festzustellen, wie die Formen thatsächlich gelautet haben, 
da 8 vielfach erst von den Schreibern eingeführt ist. Die att. In- 
schriften haben 2Z&wuns zu ζωσ-τήρ, ἔρρωμαε, κέκρουμαι, wo also 
überall die 1, P. gesiegt hat. 

2. Dasselbe was von den s-Stämmen gilt, ist auch 
bei auf Dental auslautenden Stämmen zu erwarten. Da 
Dental vor ἐ und s zu s wurde, war die alte Flexion: 
Ἐπέφραδ-μαι (vgl. πεφραδμένος), Ἐπέφρα(σ)-σαι, *nepgaoras, 
und. es wurde nun auch ein πέφρασ-μαι analogisch ge- 
schaffen. 

3. Bei den auf Labial auslautenden Basen wird der 
Labial dem m der Endungen assimiliert nach ὃ 243, 9. 

4. Die auf Guttural auslautenden Stämme zeigen vor 
dem m der Endungen die Media, ἀφἴγμαι zu ἀφικνέομαι 
u. 8. ἡ, Hier hat nicht ein Übergang der Tenuis zur 
Media stattgefunden, sondern es ist wieder eine Analogie 


8 473. 4147] Das Perfektum und Plusquamperfektum. 415 


eingetreten. Da vor s und ? die Media zur Tenuis wurde, 
so fielen hier die Bildungen aller Stämme auf % zusammen, 
und man machte nun auch die ersten Personen gleich, 
indem man zu Gunsten der Media ausglich. 

5. Auch die n-Stämme zeigen z. T. ein s- im Per- 
fektum, z. B. πέφασμαι, ἐξήρασμαι, ὕφασμαι u. a. Laut- 
gesetzlich sind Formen wie ἤσχυμμαι, ὥξυμμαι mit As- 
similation des » an das u. Das o ist nach Solmsen ΚΖ. 
29, 116 aus der 2. Plur. ἔἘπέφασϑε übertragen, das für 
*repavodyenach ὃ 244, 2 steht, Formen, die allerdings dann 
selbst durch solche wie πέφαγνϑε ersetzt sind. 


ll. Das Plusquamperfektum. 

8 474. Ob das Plusquamperfektum eine idg. Bildung 
war, ist sehr zweifelhaft. Allerdings finden wir spärliche 
Spuren einer solchen Bildung im Indischen, während neben 
dem griechischen Plusquaniperfektum das vollausgebildete 
lateinische steht. Aber der Zusammenhang zwischen den 
Bildungen der beiden verwandten Sprachen ist nicht ge- 
sichert. 

Das Griechische hat verschiedene Wege eingeschlagen, 
um ein Plusquamperfektum zu schaffen. 

1. Es werden die Perfektformen mit Augment und 
sekundären Personalendungen versehen. Diese Bildungs- 
weise kennt Homer nur im Dual und Plural, so 2deldı-uev, 
ἐδείδι-σαν, ἐπέπιϑμεν, ἔΐχτην, ἔχγεγάτην, μέμασαν, ἀπε- 
τέϑνα-σαν, ἴσαν aus Ἔϊδ-σαν, ἕστατον, ἕστατε, ἕστασαν.. Es 
ist ganz natürlich, daß diese Formen nur im Plural und 
Dual vorkommen, weil eben nur hier sekundäre Endungen 
neben den primären standen. Im Medium konnte man 
dagegen das Paradigma durchführen, daher hom. zeröyuny, 
κεχόλωσο, ἐλέλδιστστο, ἐπέπυστο, βεβλήατο. 

2. Wollte man Singulare bilden, so war kaum etwas 
anderes möglich, als daß man zu den Endungen des 
Imperfekts grifl. Daher ἐμέμηκον, ἐπέφυκον, ἐγέγωγε, 


416 Formenlehre XXXVIIL [8 474. 


3. Die gewöhnliche Bildungsweise ist aber die, daß 
die Endungen an einen zweiten Stamm auf -s gefügt 
werden. Wir werden diesen mit dem sonst auftretenden 
zweiten Stamm identifizieren. Die Bildungen sind im 
Plural athematisch, ὠλώλεμεν, änerrdydeuev. Wahrschein- 
lich wird auch der Singular athematisch gewesen sein. 
Hier tritt aber eine Neubildung ein, indem die Perfekt- 
endungen -«, -ας, -e an den Stamm auf -e gefügt werden: 
sserrolde-a, kontr. πεποίϑη, dyeyöve-a, kontr. ἐγεγόνη, 2. Sg. 
-eag, kontr. -ης, 3. Sg. -ee, kontr. -&. Weiter schuf man 
nach dem -& der 3. Sg. eine 1. Sg. auf -δὲ», eine 2. Sg. 
auf -&s und schließlich auch den Plural -suuerv. 

4. Anderer Herkwft sind die Formen hom. att. 
Nöncde, ἤδη, Plur. ἤδεμεν, ders, ἤδεσαν. Hier liegt, wie 
Wackernagel Verm. Beitr. S. 45 mit Recht bemerkt, ein 
zweiter Stamm εἰδη- zu Grunde, den wir in 1, widere, got. 
witan (wit), ai. Konj. Aor. vidäa-si finden, und der im 
Griech. auch im Aol, Fodönuı, in εἰδήτσω, inschr. εἰδήσωσι, 
und in εἴδησις belegt ist. Auch der Plural sollte ἤδημεν 
Jauten. Hier hat aber eine leicht erklärliche Angleichung 
gewirkt. Nach dem Verhältnis Länge zu Kürze ist 
ἤδεμεν hergestellt. Die 1. Sg. müßte *7drw heißen; hom. 
idea, daraus att. ἤδη ist eine leichtverständliche Analogie- 
bildung nach πεποέϑϑα. 

Anm. 1. Die 1. Plur. ἤδημεν ist bei Hesych wirklich belegt. 
Auf der gleichen Linie steht dor. ἐνεκρατηρίχημες (Sophr.). 

Anm. 2. Brugmann vertritt Gr. Gr* 314, 330 eine von ihm 
MU. 3, 10 ff. begründete Hypothese, nach der Formen auf -ea aus 
-esm entstanden wären, also zum 8-Aorist gehörten. Er stützt sich 
dabei auf die Gleichung idea, ai. doädifam 1. videram. Aber diese 
ist nicht haltbar, wie Wackernagel a. a. Ὁ. 44 gezeigt hat, und sie 
würde auch die Formen auf -n nicht erklären. 


. 8 476] Die Modi 417 


XXXIX. Kapitel. 
Die Modi. 


I. Der Optativ. 


ὃ 475. Grundlegend für das Verständnis der Optativ- 
bildung ist der Aufsatz von J. Schmidt ΚΖ. 24, 303 ἢ, 
dessen Aufstellungen freilich einiger Modifikation bedürfen. 

Als Optativsuffix finden wir im Idg. -g2, -je und im regel- 
rechten Ablaut dazu τ. Grundriß 4, 369 unterscheidet’ Del- 
brück den wünschenden, den präskriptiven und den potenti- 
alen Optativ. Der erste bietet wohl die älteste Bedeutung, 
aus der die beiden anderen abgeleitet sind. Das Optativ- 
suffix glich in seiner Betonung ganz dem der nasalierten 
Präsentien, d: h. im Singular wurde das 2 betont, im 
Plural und Dual die Endung. Demnach erforderte dieses 
Suffix schwache Stufe der Basis. Doch ist diese im 
Griechischen meist durch Anschluß an die Stammform 
des Haupttempus beseitigt, sodaß gewöhnlich irgend eine 
Vollstufe vor dem -j2 steht. 

Anm. Weahrseheinlich ist der Optativ nichts anderes als ein 
Präsenssuffix mit besonderer Bedeutung, das sich allmählich aus- 


gedehnt hat. Der aktive s-Aorist kennt im Indischen und ur- 
sprünglich auch im Griechischen keinen Optativ. 


Eine alte Bildung. ist die des Verbum substantivum: 
εἴη» aus *.sjöm 


εἴης. 
δἴη 


. | else» aus *estmen 
site aus *esite 
siev ans *esjent 


Diesem εἴην ist wahrscheinlich εἰδείην nachgebildet. 
Hirt, Griech. Laut- u. Formenlehre. 


418 Formenlehre XXXIX. [8 475. 416. 


Fast alle auf langen Vokal auslautenden Basen zeigen 
gleiche Formen. Bei den abstufenden Präsentien ist 
wahrscheinlich die schwache Stufe zu Grunde zu legen, 
1. Pl. iorö-ıuer, τιϑειίμεν, διδο-ιμεν, Yö-ıuev. Über die 
Betonung siehe unten. Ob auch bei den sonst abstufungs- 
losen Stämmen z. T. ein kurzer Vokal zu Grunde liegt, 
oder ob alle Formen wie γνοῖμεν aus *yywuuev nach ὃ 148 
verkürzt sind, was für einige sicher ist, läßt sich nicht 
entscheiden. 

Der im Singular auftretende Diphthong ἱσταέην, 
τυϑείην, yvolny verbietet es die Formen direkt solchen 
wie idg. *stisto-jem gleichzusetzen. Es müßte lautgesetzlich 
*jordıy heißen. Aber wir finden hier auch im Indischen 
einen Diphthong, und man kann σταέην, ϑείην, γνοίην un- 
mittelbar mit aind. siheyam, dheyam, jreyam vergleichen. 

Eine im Indischen ganz durchgeführte Neuerung, die 
Einführung des -78 auch in den Plural, findet sich auch 
im Griechischen. Statt der homerischen φαῖμεν, ϑεῖμεν, 
δοῖμεν finden sich später σταέημεν, Felnuev, dolnuev, doch 
ist diese Neubildung nicht ins Medium eingedrungen. 

Die Präsentia auf -νυμὲ mußten einen Optativ -vu(j)»p, 
Plur. *-vu(F)iuev bilden. Diese Formen liegen nicht mehr 
vor, sondern vereinzelt solche auf -üuev, ἐκδῦμεν, δαινῦτο. 
Hier ist zunächst ein *2xdviuev entstanden und dann das 
v des Singulars eingeführt. 

Auf derartige Formen wie *odsuyvZiuev mit regel- 
rechtem Zirkumflex führt Wackernagel KZ. 33, 30 die 
eigentümliche Betonung von τιϑεῖμεν, τιϑεῖτο, loralusv 
zurück, da wir ja auch hier den rezessiven Akzent finden 
müßten, der auch noch in δύναιο, δύναιτο, ὄναιο, Öyarıo 
vorliegt. 

Die regelrechte Optativbildung der Verben auf -vuwe 
ist die nach der zweiten Klasse. 

& 476. Bei den thematischen Verben finden wir ein 
Optativelement -οἱ, das klärlich aus dem -o des Stamm- 


Ἐν 


8 476.] Die Modi. 419 


auslauts und dem Element ὁ besteht. Die Betonung 
richtete sich hier nach der sonstigen Betonung der thema- 
tischen Verben. Das Griechische setzt im wesentlichen 
die idg. Zustände fort, wie folgende Tabelle zeigt. 


Got. 


[Dhäreyam] [datrau] 
ὑλάγδξ batrais 
peooılT) bhäret bairai 


pegosuev bhärema bairaima 
φέροιτε bhareta δαδγαὶ 
[φέροιεε» bhäreyur [batraina] 


| Aind. 


— 


φεροέμην bhareya 
980010 bharethäs 
φέροιτο bhäareta 


geoolusda | bharemahi 
φέροισϑε bharödhvam 
φέροιντο ὑλάγδγαη, 


Bemerkungen. 

Die 1. Sg. hätte wohl im Griech. *peooja > *peow 
aus *bherojm lauten müssen. Überliefert ist nur φέροιμι, 
eine Analogiebildung, deren Ausgangspunkt natürlich in 
den wı-Verben liegt. 

Vereinzelt ist im Att. der Ausgang -ow belegt, 
τρέφοιν, äudgrow, den G. Meyer Gr. Gr.® 535 für alt, 
Brugmann aber mit größerem Recht für eine Neubildung 
ansieht, 


In der 3. Plur. Akt. müssen wir als Endung -« 
27* 


424 Formenlehre XXXIX. [8 481. 482. 


1. Der adhortative Konjunktiv: ἴωμεν, 1. ecamus „laßt 
uns gehen. Wir können auch übersetzen „gehen: wir!* 

2. Der prohibitive Konjunktiv bezieht sich natur- 
gemäß auf die Zukunft. Auffallend ist die Verwendung 
des Konj. Aoristi mit uf: μὴ τοῦτο ποιήσῃς. Aber diese 
Erscheinung kehrt auch im Indischen wieder, wo das 
Verbot durch ma mit dem Injunktiv des Aoristes ausge- 
drückt wird. 

3. Den dubitativen Konjunktiv: τέ φῶ Ὁ, quid dieam? 
können wir in den meisten Fällen mit dem Futurum über- 
setzen. „Was sage ich?“ oder „Was werde ich sagen?“ 

Auch den Gebrauch des Konjunktivs in Nebensätzen 
kann man aus der futurischen Bedeutung ableiten. So be- 
ziehen sich die abhängigen Absichtssätze auf die Zukunft, 
ebenso die Befürchtungssätze. Naturgemäß steht der Kon- 
junktiv nur nach einem Haupttempus, d. h..einem Tempus, 
das die Gegenwart bezeichnet, da er nur dann futurischen 
Sinn haben kann. 


2. Der Konjunktiv im Griechischen. 


8 482. Im Griech. finden wir die beiden alten 
Bildungen erhalten, doch wird die kurzvokalische zu 
Gunsten der langvokalischen immer mehr aufgegeben. In 
der Stammsilbe zeigt sich der Vokalismus des zu dem 
Konjunktiv gehörigen Indikativs. 

1. Die kurzvokalische Bildung findet sich zunächst in 
den oben angeführten ἔομεν, φϑίδται, ἅλεταε und in den 
Fut. ἔδομαι, πέομαι. 

Anm. Alle diese Formen zeigen, soweit sich erkennen läßt, 
regelrechte Schwundstufoe der Basis. Allerdings wird ἔομεν bei 
Homer an 6 Stellen soue» gemessen, aber es liegt hier nur 
metrischer Gebrauch vor, vgl. Schulze QE. 376 ff., und die Form 
ist keineswegs mit dem aind. Konj. dyäma zu verbinden, zu der 
auch keine lautliche Brücke führt. 

Das e-o ist dann weiter durchgedrungen bei den 
vokalisch auslautenden Stämmen der athematischen Kon- 


Α. N 


sw 


8 482.) Die Modi. 426 


jugation wie στήομεν, κιχήομεν, τραπήομεν u. 8. w., und 
war von Anfang an bei dem s-Aorist vorhanden. Homer 
hat noch überwiegend die kurzvokalischen Formen βήσο- 
μεν, ἐρύσσομεν, ἀλγήσετε, die in der 2. und 3. Sg. durch 
die Überlieferung allerdings nicht geboten werden. Aber 
die Dialekte haben sie, so kret. ἐπελεύσει, δείκσει, ὁμόσει, 
ion. ποιήσει, xardbeı, vgl. W. Schulze ΚΖ. 33, 134. Diese 
Bildungsweise kehrt ganz genau im Indischen wieder. 
Erhalten hat sich die Bildungsweise einerseits in den 
Imperativformen hom. ἄξετε, οἷσε, οἰσέτω und in den 
Futurformen ἄξω, ὄψομαι u. 8. w. 

Ein regelrechter Konjunktiv ist auch hom. εἴδομεν, 
εἴδετε. 1m Sing. ist für das überlieferte εἰδῶ vielleicht 
noch &idw zn schreiben. 

2. Die langvakalische Bildungsweise ist bei den 
thematischen Verben Regel. Man darf annehmen, daß 
die ursprüngliche Flexion ἔφέρη-ν, *peonuev, Ἐφέρηντι 
lautete. Diese ist durch φέρω, φέρωμεν, φόρωσι aus 
φέρωσντε nach dem Muster φέρω, φέρομεν, φέροντι ersetzt. 

Neben der gewöhnlichen Flexion φέρω, φέρῃς» Ysen 
finden wir bei Homer eine abweichende nach der -wı 
Flexion: ἐϑέλωμι, ἐθέλῃσθα, ἐϑέλησι. Da die 3. Sg. am 
häufigsten belegt ist, wird man sie als Ausgangspunkt 
annehmen und darin ein ἐϑέλησι mit primärer Personal- 
endung sehen dürfen, vgl. Wackernagel Verm. Beiträge 
50. Danach ist dann ein ἐϑέλωμιε geschaffen. 

3. Die Regel, daß die auf langen Vokal auslautenden 
Basen das Element e-o annehmen, ist nicht das ursprüng- 
liche. Es konnten hier vielmehr ursprünglich nur In- 
junktivformen verwendet werden. Zu πότα-μαι aber und 
anderen mit R der zweiten Silbe ist ursprünglich ein 
*rerä-uaı mit durchgehendem langem Vokal verwendet. 
Derartige Bilduugen sind im Griech. nicht selten. Wir 
finden kret. δύναμαι, gortyn. γύνᾷται, νύγανται, ark. Öfüroı, 
kret. ἴϑϑαντε für ἵἕσταντι, προτέϑηντε (Inschrift von 


426 Formenlehre XXXIX, [$ 482. 483. 


Andania) u. s. w. Ahnlich finden wir ai. Konj. Aor. 
ddti, sthäti. 

Es lag nun sehr nahe, eine Flexion τέϑημαι, τέϑηται 
nach dem Muster φέρωμαι, φέρηται in τέϑωμαι, τίϑηται 
umzuwandeln. Diese Neubildung findet sich im Ion.-Att,, 
weil ja hier ἃ zu ἢ geworden war, und wir finden daher 
im Medium ἐπέστωμαι, ἐπίστηται, δύνωμαι, κρέμωμαι. 
Diese Betonung wird von den Alten überliefert. Ebenso 
wird es aber ἵστωμαι, τέϑωμαι, δίδωμαι geheißen haben, 
Nach Herodian 1, 462 wurde aber ἰστῶμαι betont, und 
er giebt an, daß nur solche medialen Konjunktive Propar- 
oxytona waren, denen keine Aktivform zur Seite stand. 
Daraus folgt ganz klar, daB δύνωμαι die ursprüngliche 
Betonung hatte, und τυϑῶμαι nach dem Aktiv umge- 
wandelt war. Im Aorist hieß es ἀπόϑωμαι, διάϑωμαι u. 8. w. 


Ill. Der Imperativ. 

ᾷ 485. Die Imperativformen setzen sich aus ver- 
schiedenartigen Elementen zusammen. Zum Teil liegen 
reine Stammformen zu Grunde, die den Vokativformen 
auf nominalem Gebiete vollständig entsprechen. Es hängt 
nur von der Grundbedeutung der Basis ab, ob man sie 
verbal oder nominal verwendete. Schon im Idg. sind 
aber an diese Formen Eindungen getreten, in denen man 
mit Sicherheit selbständige Elemente erkennen kann. 

Die Übereinstimmung zwischen Griechisch und Alt 
indisch zeigt zunächst die folgende Tabelle. 


Griech. Aind. Griech. | Aind, 
2. Sg. 1-91 i-hi Ä φέρε bhdra 
3. Sg. τω 2. 3. Sg. i-täd | φερέ-τω bhära-täd 
2. Pl. ἵ-τε 2. Pl. ἐ-ἰά φέρε-τα bhara-ia 
3. Pl. ἐ-όντων φερόν-των \3.Pl.Med. bhdran-tä 
2. Du. 2-70» 2. Du. Hidm φέρε-τον | bhara-tam 
3. Du, ?-7o» 3. Du. itäm| φερέ-των bhara-tam 


I; 


.,.„r 


sw 


8 4841 Die Modi. 427 


Bemerkungen. 
1. Aktiv. , 


8 484. 2. Sing. Akt. In der 2. Sg. finden wir 
zunächst endungslose Formen und zwar von starken 
Aoristen, z. T. mit Bewahrung der alten Betonung: ἰδέ, 
λαβέ, εἶπέ, ἐλϑέ, εὑρέ, λέπε, ἐνί-σπε, ἐπέ-σχε. Entsprechend 
wurden dann auch Formen von ejo-Präsentien gebildet 
wie φέρε, ai. bhara u. s. w., während zu alten athema- 
tischen Präsentien Formen ohne 6 vorliegen, so in ἔξ-ξι 
(Aristoph.), 1. τ, ex, lit. eö-k, lesb. epir. πῶ neben πῶϑε, 
δίδω bei Grammatikern, ion. att. ἔστη und einigen anderen. 
Später wurde dann -8 als Endung empfunden und weiter 
übertragen, att. ἵστα aus *orae, τίϑει aus τίϑε-8, δίδου 


‚aus Ἐδέδοε, Duvv-s u. 8. W. 


An die Stammformen trat schon in idg. Zeit eine Par- 
tikel -dhi, ai. -dhi, jünger -hi, gr. -9ı, die den Ton trug. Diese 
Verbindung muß sehr alt sein, da die Basis schwundstufig 
ist, was allerdings durch Ausgleichung vielfach beseitigt 
wurde. Gr. ἔσϑι, ai. i-hi; — To-IJı „wisse“, ai. vid-dhi; — 
ἔσ-ϑι „sei“, ai. 2-dhi aus *rzdhi;, — κλῦ-ϑε, ai. dru-dhi; — 
σῖ-ϑιε und πῶ-ϑιε, ai. pä-hi u. 5. ν΄. 

Formen auf -s, die man als Injunktive bezeichnen 
kann, kommen nur im Aorist vor; ἐνέσπες, σχές sind 
ganz regelmäßige Formen. Ihnen werden wohl ϑές, ὃς 
von ἵημι, δός nachgebildet sein. 

Die Endung der 2. Sg. des s-Aoristes (Aöo-0v) ist 
bis jetzt unklar. Nach Thurneysen KZ. 27, 173 ist -ον 


eine angetretene Partikel, während in ἔλῦσ- aus Avoo- die 


alte 2. Sg. des s-Aoristes, also eine Injunktivform, vor- 


läge. Es könnte darin aber auch eine Nominalbildung 


stecken. 


Bei Pindar finden wir eine 2. Sg. Imp. δέδοι, die 
nach Wackernagel ΚΖ. 33, 25 nach dem plural. dudosze, 
einer Optativform, die man beim Anrufen der Götter 


428 Formenlehre XXXIX. [8 484. 


anwandte, neugebildet ist. σπέδε mit echtem & erklärt 
Schulze ΟΕ. 388 aus zu el, worin ei der Imperativ zu 
ἰέναι ist. . 

3. Sg. und Plur. In der 3. Sg. finden wir im 
Griech. eine Endung -zw, 1. -io, die, wie das aind. -täd 
zeigt, ein d im Auslaut verloren hat. Diese Form wird 
im Aind. für die 2. und 3. Sing. gebraucht, sie war also 
noch nicht auf eine bestimmte Person beschränkt und 
hatte auch eine bestimmte Bedeutungsnuance. Sie wurde 
nämlich gebraucht, wenn man im Sinne hatte, daß eine 
Handlung erst in einem gewissen Punkte der Zukunft 
eintreten sollte. Das erklärt sich daraus, daß δὰ wahr- 
scheinlich der Ablativ des Pronomens *lo- ist und „von 
da an“ bedeutet. 

Das *-tod hatte den Wortton, und die Basis war 
daher schwundstufig, vgl. to-sw, ai. vit-täd; — δό-τω, ai. 
dat-täd, — τιϑέ-τω, ai. dhat-täd; — μεμά-τω, 1. memenio. 
Natürlich kommen dann Neubildungen auf, die das ur- 
sprüngliche Verhältnis nicht mehr zeigen, φερέ-τω, ai. 
bhära-täd. 

In der 3. Plur. finden wir neben der hom.-att. Form 
φερόντων auch ein φερόνετω ohne », ein Form, die im 
Dorischen, Böot. und Arkad. vorliegt. 

Nach einer von Brugmann MU. 1, 163 begründeten 
Ansicht hat man zunächst zu φερέτω ein φερόντω ge- 
schaffen, und dieses dann durch Anfügung des » weiter 
pluralisiert. Weshalb man aber eine so klare Form wie 
φερόντω noch hätte pluralisieren sollen, ist ganz unklar, 
da man doch niemals ein *&dovsov zu &doro geschaffen 
hat. Viel wahrscheinlicher ist es, daß man bei dem 
Gegenüberstehen von φερέτω und φερόντων ein φερόντω 
neu gebildet hat, und daß dies geschehen ist, zeigen 
die delphischen Inschriften ganz klar, da hier im 4. Jahrh. 
ausschließlich φδρόντων herrscht, während im 2. Jahrh. 
φερόντω neben φερόντων aufkommt. φερόντων tritt nicht 


ΓΑ͂Ν 


& 434] Die Modi. 429 


dur bei Homer auf, sondern ist auch in den ältesten 
delphischen und kretischen Quellen belegt, und das 
äolische φέροντον dürfte ebenfalls. auf φερόντων weisen, 
indem es sich zu diesem verhält, wie οἴκωε zu οἴκοι, d.h. 
im Satzsandhi verkürzt ist. Ich halte auf Grund der 
Tıhatsachen Brugmanns Erklärung für unmöglich und 
φερόντων für eine alte Form. Nun existiert aber im Ind. 
in der 3. Pers. des Mediums aller Numeri eine Endung 
-täm, die auf idg. -{öm zurückgehen kann. In diesem 
-täm wird man ebenso einen Kasus des Pronomens to- 
sehen können, wie in *iäd, ‚nämlich den Instrumental, 1. 
tum, lit. tüm-i. Demgemäß war diese Form nach der Seite 
des Genus Verbi nicht charakterisiert, und wäre erst im 
Indischen zu seiner medialen Bedeutung gekommen. Die 
Form liegt aber nicht nur im Ind., sondern vielleicht 
auch im Got. vor, wo ich 3. Sg. bairadau und 3. Plur. 
bairandau aus *bairadam *bairandäm erklärt habe. 

Wir finden im Griech. weiter ein &0-zwv als 3. Plur., 
eine Form, die der 3. Sg. Med. *astam entsprechen könnte, 
falls sie alt ist. Aber sie kann leicht als Neubildung 
erklärt werden. 

In das Griech. sind also m. E. gekommen φερέ-τω, ai. 
bhära-täd, ἔσ-των, ai. *as-täm (Ὁ) und φερόν-των, ai. bharan-täm. 
Alles andere ist Neubildung. 


Anm. 1. Die Bemerkungen Brugmanns Gr. Gr.? 342 Anm. 
und Wackernagels Verm. Beitr. 51 machen mich an meiner Erklärung 
nicht irre. Der einzige Einwand ist, daß die indische Form medial 
ist, was ich jä nicht für ursprünglich halte. Der beste Einwand 
gegen Wackernagel ist sein eigener Schlußpassus: „Über die Fort- 
dauer von -vrov haben wir uns weniger zu wundern als über die 
Allgemeinheit von -»w», wofür die sonstige Verbalflexion 
gar kein Muster lieferte.“ 


Anm. 2. Daß die Form φερόντων dem Sprachgefühl unbe- 
quem war, zeigt die im Attischen seit Thukydides, auf Inschriften 
seit 300 v. Chr. auftretende Form φερέτωσαν. 


Die 2. Plur. ist nicht weiter bemerkenswert, da sie 


430 Formenlehre XXXIX. [8 484. 485, 


eine imperativisch verwendete Indikativ- oder Injunktirv- 
form ist. 


2. Medium. 


ᾷ 485. Die 2. Sg. hatte die Endung -00, deren 8 
teils geschwunden, teils erhalten ist: παιδεύου aus *rraur- 
δεύ-εσο, hom. 9-00, κεῖ-σο u. 58. w. Die Form hat dieselbe 
Endung wie die zweite Person Imperfekti, vgl. 8 404. 

Der s-Aorist hatte die Endung -σαι, δεῖξαι. Die 
Form ist nicht recht aufgeklärt, weil sie in den ver- 
wandten Sprachen nicht wiederkehrt. Man hat daran 
gedacht, daß sie mit dem aktiven Infinitiv des s-Aoristes 
identisch wäre, und daß man den Ausgang -ocı medial 
ungedeutet hätte. Im arischen Sprachgebiet und auf 
griechischen Inschriften kommen solche Infinitive nicht 
selten vor, die eine imperativische Bedeutung haben. 

Die übrigen Medialformen zeigen das Element σϑ' 
sonst aber dieselben Endungen wie das Aktiv, φερέςσϑω : 
φερέ-τω, φέρε-σϑον, φερέ-σϑων, φέρε-σϑε. 

Auch in der 8. Plur. sind die Formen, die den 
aktiven auf -ovzwv entsprechen, die ältesten. Das alt- 
attische hat -όσϑων, das nach $ 244, 2 auf *pegdvadwv 
zurückgehen kann. Das später auftretende φερέσϑων, 
die in Handschriften übliche Form, ist eine leichtver- 
ständliche Neubildung. Ebenso steht auf einer alten 
elischen Inschrift zuudorwv, und die tegeatische Bau- 
inschrift (Arkad.) hat -σϑων neben aktivem -vrw. Die 
Umbildung φερέσϑωσαν erscheint auf attischen Inschriften 
seit 800 v. Chr. 


U 


8 486.] Die Verbalnomina. 431 


XL. Kapitel. 


Die Verbalnomina. 


-....--ὁ . . 


I. Die Infinitivbildung. 


ᾷ 486. Die Infinitive unserer Sprachgruppe sind 
ursprünglich Nomina, denen daher das Genus des Verbums 
fremd war. Da das Passivum sich überhaupt erst in den 
Einzelsprachen entwickelt hat, so sind die passiven Aoriste 
zu ihrer passivischen Bedeutung erst im Leben der Einzel- 
sprachen gekommen. 


Die beiden Kasus, deren Formen am meisten als 
Infinitive verwendet werden, sind wenigstens für Griechisch 
und Latein Dativ und Lokativ. Das Suffix des Dativs 
ist -αἱ, während die gewöhnlichen Formen des Lokativs 
endungslos und mit und ohne Dehnstufe gebildet waren. 

Dem Dativ gehören also die Infinitive auf -ueraı, 
«σαι, -σϑαι, -vyaı, dem Lokativ die auf -uev, -v u. 5. w. an. 

Wichtig sind die auftretenden Suffixe. 


1. -men-Stämme. Das Suffix bildet Nom. actionis, 
s. 8 338. Der Dativ -usvar liegt im Lesbischen und 
Homerischen vor. Diese Formation wird im Indischen 
von 5 Wurzeln gebildet; vielleicht ist die lat. 2. Plur. 
Med. auf -mini damit identisch. Vgl. δόμεναι, ai. dämane, 
l. dämini, ἔδμεναι, ai. vidmäne u. 8. w. 

Die Lokativbildung auf -uev ist viel weiter verbreitet, 
da sie außer im epischen und nordachäischen Dialekt 
auch im ganzen dorischen Gebiet vorkommt. 

Anm. 1. An Stelle von -«s» finden wir im Kretischen -un», 


das ebensogut altererbt wie eine Neubildung sein kann. Sicher 
gilt letzteres von dem rhod. -wsır, z. B. ϑέμιδεν Co. 4154, 46. 


432 Formenlehre XL. [8 486. 


2. Sehr häufig sind im Griech. scheinbare »-Stämme. 
So zunächst in dem Suffixe -ver. 

Das im Kypr. auftretende do/&vaı deckt sich fast 
genau mit ai. dävdn?, und man hat daher ein Infinitiv- 
suffix -wenai angenommen. Aber es ist viel wahrschein- 
licher, daß das w zum Stamme gehört, und daß nur 
-eyaı als Infinitivendung anzuerkennen ist, das man aller- 
dings weiter auf -oevaı zurückgeführt hate Wenn nun 
auch im Aind. ein paar Infinitive auf -Jani vorkommen, 
so scheint mir doch die Verbindung der griechischen 
Bildungen mit diesen sehr zweifelhaft zu sein. Vergleicht 
man nun aber ἀή-μεναι mit ἀῆ-ναι, στή-μεναι mit στῆ-ναι, 
δαή-μεναι mit δαῆ-ναι, γνώ-μεναι mit γνῶ-ναι, δύ-μεναι mit 
δῦ-ναι, ἔμ-μεναι aus "ἔσμεναι mit ei-var aus *Eovar, so 
liegt die Vermutung nahe, daß -uevar und -veı ursprüng- 
lich identisch sind, und wir können sie auch jetzt nach 
dem 8 199, 6 bemerkten anstandslos vereinigen, wenn 
wir γνῶναι auf *yvrouvyaı zurückführen, den regelrechten 
Dativ eines -men-Stammes, Das -vaı, das ursprünglich 
nur hinter laugem Vokal vorhanden war, trat dann auch 
hinter Kürzen wie εἰδέναι, wo es das alte -wev verdrängte. 
Und nunmehr wurde ein -svau, vielleicht mit unter dem 
Einfluß des alten δοξέναι, abstrahiert und weiter übertragen. 

3. Schwierig ist der ursprünglich den thematischen 
Verben angehörige Infinitivausgang auf -&v zu beurteilen. 
Da: andere Dialekte dafür -r» haben, so liegt sicher ein 
Kontraktionsprodukt vor. Aber welcher Konsonant in 
dem ursprünglichen *2xe-ev geschwunden ist, 80 sich 
nicht sicher sagen. Da wir aber sonst iti der Infinitir- 
förmation häufig s-Bildungen finden, so wird man am 
bester an ein ursprüngliches *&yedev denken, eine Form, 
die zwar so nirgends in den verwandten Sprächen vor- 
liegt, die aber doch erklärt werden kann. Am nächsten 
stehen dem *äysee»r der ganzen Bildung nach jedenfalls 
Formen, wie lat. ayere, die auf *agesi; Τιοῖξ, zu -Btäkkiinen, 


ar. 


8 486. 487.] Die Verbalnomina. 483° 


zurückgehen. Vielleicht hat auf diese das -ὃν von -uev 
eingewirkt und -0s in -0ev verwandelt. 

Anm. 2. In den Dialekten (dorisch und arkadisch) liegen 
noch Formen auf -sv vor, die ziemlich sicher den Infinitiven auf 
-swev nachgebildet sind. Das Verhältnis -sevas : -us» ließ auch 
Infinitive auf -», neben denen auf -vas ins Leben treten, z. B. lesb. 
σερόσταν, μεϑύσθην, eretr. εἷν. 

4, Der Infinitiv des s-Aoristes, δεῖξαι, ist ein alter 
Dativ eines s-Stammes und gehört ursprünglich nicht zum 
-s-Aorist, da er genau dem lat. Passiv-Infinitiv wie dar? 
entspricht. Vgl. τιμῆσαι, 1. amäri, φιλῆσαι, 1. haberi. 
Die Anknüpfung an den s-Aorist ergab sich im Griech. 
ziemlich leicht. 

Anm. 3. Wenn die hier gegebene Darstellung richtig ist, 
so hat das Griech. nur 4 Infinitivbildungen ererbt, nämlich die auf 
-pEV, -usvas und -vas, -0as und *-os. Alle übrigen würden auf 
griechischer Neubildung beruhen, und man kann sehen, wie fast 
jede mögliche Neubildung auch gebildet ist. Zuerst wurde -σε 
nach -μον in -0s» umgewandelt. Das aus -sos» entstandene -7» 
und -s» beeinflußte wieder die Infinitive auf -«s» und wandelte sie 
zu kret. -unv, rhod. -usıv. Umgekehrt gestaltete -«s” die Infinitive 
auf -nv, -δὲν zu -ev um (Gort., arg., herakl). Unter dem Einfluß 
von -nv, -av wandelte sich aber auch -(n)-vas in -» (lesb. ἐπερδλή- 
ϑη», συμφέρην, euböisch οἷν, διδοῦν). Die thessal. Endung -09sv, 
ἀσσέσϑειν — att. -o9as läßt sich auch am besten durch Herüber- 
nahme der Formen auf -&» (vgl. ἐξξανακάδεν) erklären. Wenn 
man diese Fülle der Analogiebildungen übersieht, wird es wahr- 
scheinlicher, daß -0s» für *os nach -us» eingetreten ist. 

5. Der mediale Infinitivausgang auf -σϑαι soll nach 
Bartholomae Rh.M. 45, 151 fl. mit ai. Infinitiven auf 
«ἀμ αὶ zusammenhängen. Dieses -dhyäi neben dem eine 
Form stand, der griech. -9as entsprach, sei an es-Stämme, 
wie eideg- zu δἶδος angetreten, und dann sei -σϑαι abstrahiert. 


li. Die Partizipien. 
A. Partizipium des Aoristpräsensstammes. 
ᾷ 487. Im Aktivum bilden alle Formen, die nicht 
perfektisch sind, ein einheitliches Partizipium mit dem 
Hirt, Griech. Laut- u. Formenlehre. 28 


484 Formenlehre XL. [8 487. 


Suffix -ent und dessen verschiedenen Ablautsformen, auf 
dessen Zusammenhang mit der 3. Plur. oben hingewiesen 
wurde, also ai. bhärani-, got. bairand-s, 1. ferens, gr. pegovr-. 
Ist dieser Zusammenhang richtig, so werden auch die 
Ablautsverhältnisse die gleichen gewesen sein wie bei 
jener Form. Wir haben also -ent (-önt), -n! und ni 
anzunehmen. Die Entwicklung war teilweise anders wie 
in der 3. Plur. ' 

1. Die Formen der athematischen Verba hatten in 
den starken Kasus -ni. In den schwachen Kasus ging 
der Ton auf die Endungen über, und wir haben daher 
anzusetzen -niös, -nti, so im ai. Akk. adintam „essend“, 
Gen. adatis, L. adati aus *adniös, *adnti, gleich idg. *edöntm, 
*dintös. Diese Flexion läßt sich aus dem Vokalwechsel 
in aisl. tindr „Zahn am Rade“, mhd. zint „Zacke“ und 
got. iunpus, 1. dentis erschließen. Trat die vollstufige 
Form in die Enklise, so entstand nach ὃ 141 -önt. Daher 
gr. ὀδόνε-α, lit. dantis. Ebenso gr. ὥν, vgl. 1. insons, got. 
sanps. Die regelmäßige Form der athematischen Verben 
liegt im Griechischen direkt nicht mehr vor, sie läßt 
sich aber erschließen. Denn einerseits finden wir das 
Femininum dor. &x00« aus *,snijo, und andrerseits scheint 
herakl. ἔνεασσι eine Kontamination zu sein von *&ool aus 
*sntsi, ai. δαἰδώ und Akk. *Eyra = 1. prae-sentem, ai. säntam, 

Die Form -Eni, Gen. -nt- müssen wir bei allen athe- 
matischen Verben finden, es mußte also heißen dauv-&r- 
aus *demns-Ent, indem das 9 vor dem folgenden Vokal 
schwand, vgl. ὃ 144. In den obliquen Kasus blieb aber 
vielleicht das σ΄ erhalten, und wir bekommen regelmäßig 
dauvd-vrog, ard-vrog, ϑέ-ντος, δό-ντος, δεικνύ-ντος. Die 
reduplizierenden athematischen Verben tragen im Ind. 
den Akzent auf der Reduplikationssilbe. Ist diese Be- 
tonung alt, so wären griech. ζ-σεαννε, vete-rs, δι-δο-γε 
ganz regelrecht, und nur ihr Akzent iordvr- würde auf 
einer Neubildung beruhen. Da nun hier die Form ἔσεα-νε-. 


rs” 


8 487] Die Verbalnomina. 435 


auch im Nom. vorhanden war, so bildete man *or-avr-g, 
G. ord-vrog zu ἔσταντς (daraus att. 07@-5), στάντος um. 
Ebenso schuf man δεικνύντες für *ÖsınyvF-&vrc nach δε» 
xyv-vroc. Da der s-Aorist auf einen Konsonanten aus- 
ging, so war die ursprüngliche Flexion *deiks-int, Gen. 
*deiks-o-tös. Nach dem Muster der übrigen ist hier 
Ἐδείξα-γες, δείξα-ντος aufgekommen. Da nun neben 
*deiks-Ents auch ein deiks-öni-s gestanden haben wird, so 
hat man diese Form als das Partizipium Futuri verwendet. 

Anm. Gewöhnlich legt man bei der Erklärung der griech. 
Partizipia die indischen Verhältnisse zu Grunde, wo bei den 
athematischen Verben stets -dnt — idg. -Ent, Gen. -atas aus -nios 
fiektiert wird. Aber krindnt krinatas kann sich zu ἔδαμν-αντ-, 
dauva-vros verhalten wie τίϑε-μεν zu dadhmds, ἃ. h. wir haben es 
mit idg. Doppelformen zu thun. 

2. Ein lebhafter Streit hat sich darüber entsponnen, 
ob die Partizipia des Typus φέρων, idg. bhärant im Idg. 
auch Abstufung in den schwachen Kasus hatten, wie sie 
noch im Indischen vorliegt. Bartholomae ΚΖ. 29, 487 ff., 
BB. 16, 261 ff. leugnet die Ursprünglichkeit des Indischen 
für diesen Fall. Dagegen ist J. Schmidt Ntr. 185 ἢ, 
422 ff, lebhaft dafür eingetreten. An und für sich ist 
vorauszusetzen, daß ein Ablaut vorhanden war. Ob er 
allerdings in das griechische Sonderleben hineingekommen 
ist, kann zweifelhaft sein. Am stärksten spricht für 
Schmidt, daß das Lateinische durchaus -ens, -entis bei 
den thematischen Verben hat. Griech. λέγων, 1. legentis 
erklären sich am einfachsten aus der Flexion *lögont-, 
*Jegntös. 

Dazu kommen. die Neubildungen herakl. πρασσόντασσι 
aus πρασσονε- und ἔπρασσασσι; ferner ἀόκασσα zu ἀέκων, 
ϑέρμασσα' ἡχάμιτος Herodian I, 267, 26. Es ist bei der 
ganzen Frage zu beachten, daß ursprünglich viel mehr 
atbematische Verben vorhanden waren, als im Griech. 
vorliegen. 

38% 


436 Formenlehre XL. [$ 488. 489. 


B. Das Partizipium des Mediums. 


ᾷ 488. Im Griech. ist -uevo- die Endung aller 
Partizipia des Mediums. Die übrigen Sprachen zeigen 
das Suffix in verschiedenen Ablautsstufen, vgl. $ 289. 
Im Aind. finden wir im Präsens der thematischen Verben 
-mäna-, vielleicht gleich idg. -mono-, im Avest. -mna- und 
-mana-, im Preuß. -mana-. Die übrigen Sprachen haben 
es nur in isolierten Resten (l. femina, alumnus). Weahr- 
scheinlich hängt auch ai. -äna-, die Form der athematischen 
Verben und des Perfekts, sowie abulg. -ms nach Schmidts 
Gesetz ($ 199, 6) damit zusammen. 


C. Das Partizipium des Perfekts. 


ᾷ 489. Das aktive Partizipium des Perfekts wird 
mit einem in allen Sprachen, wenn auch z. T. nur in 
Resten nachweisbaren Suffix -wes, -wos gebildet. Im 
Nom. Sg. Mask. finden wir naturgemäß die Dehnstufe, 
gr. εἰδώς, das Neutrum hat kurzen Vokal εἶδός. Zur 
Bildung des Femininums trat 73 an die Form -wes. ÜUr- 
sprünglich wurde wahrscheinlich mit Akzentwechsel und 
demgemäß mit Ablaut flektiert, Nom. -wesja, aber Gen. 
-us-jäs. Dies mußte im Griech. -δῖα, -υἱᾶς ergeben. 
Naturgemäß finden wir Ausgleichung, indem teils das 
«εἴα, teils -υἱᾶς durchgeführt wurde, also ysyoreia« und 
ἰδυῖα, ai. vidüft. 

Das Griech, zeigt nun in der Flexion des Mask. einen 
Stamm -wot-, δἰδότος. Da es nicht zweifelhaft sein kann, 
daß das ursprüngliche Suffix -wes lautete, so muß .das 
griech. ἐ auf einer Neubildung beruhen. Es findet sich 
aber nicht nur in diesem Sprachzweig, sondern auch im 
Ind, so im Nom. Sg. Ntr. vidvst, im I. Ὁ. Ab. Du. 
vidvädbhyäm, im I. Pl. vidodd-bhis und im "Lok. Plur. 
vidväi-su. Wahrscheinlich liegt das ὁ auch in. anderen 
Sprachen vor. So finden wir im Got. weitwöd- „der 


τσ 


ax“ 


8 489-491] Die Verbalnomins, 437 


Zeuge“, und daß dies mit gr. eiddr-, ai. vidvdt- zusammen- 
gehört, scheint klar zu sein. 

Die Erklärung ist schwierig. Brugmann Gr. Gr.® 
210 nimmt an, daß -wot gleichbedeutend neben -wos ge- 
standen habe. Dies ist durchaus unbefriedigend, da sich 
im Femininum keine Spur des i'zeigt, und solche Doppel- 
stämmigkeit immer die letzte Zuflucht bleiben muß. Dann 
wäre es schon besser, von einem Suffix -weis- auszugehen, 
in dem schon im Idg. teils des ἐ, teils das s geschwunden 
wäre. Den richtigen Weg der Erklärung hat wahr- 
scheinlich J. Schmidt KZ. 26, 329 ff. gefunden, indem 
er annahm, daß s unter gewissen Bedingungen im Idg. 
vor s in t überging, sodaß also ai. Lok. Pl. vidvät-su, gr. 
eiöd(r)-oı die lautgesetzliche Form wäre, von der aus sich 
dann das ? weiter verbreitet hätte. Allerdings wird die 
Lautgruppe ss in andern Fällen vereinfacht, vgl. Hübsch- 
mann ΚΖ. 27, 329, aber ss kann im Idg., wie J. Schmidt 
ΚΖ. 27, 330 mit Recht bemerkt, verschieden behandelt sein. 


“ΒΘ, Die Abstufung des Partizipium Perfekti. 


—" 8 490. Auch die Stammsilbe der Partizipia Perfekti 
hatte Abstufung. Das Maskulinum hatte die Vollstufe 
und zwar in der e-o-Reihe mit e, was gegenüber dem o 
des Perfektums bemerkenswert ist. Das Femininum zeigt 
dagegen Reduktion. Vgl. εἰδώς aus Ἐξειδώς, got. weitwöds 
„Zeuge“, aber ἰδυῖα; — ἀρηρότε: ἀραρυῖα; — λεληχώς : 
λελακυῖα; — κεκχλεβώς (Inschriften von Andania) gegen- 
über κέκλοφα; — herakl. ἐρρηγεῖα setzt ein ἐρρηγώς voraus 
gegenüber ἔρρωγα. Die älteste Betonung war also *weid- 
wös, wozu auch das o der zweiten Silbe stimmt. 


Ill. Die Verbaladjektiva. 


ᾷ 491. Außer den Partizipialsuffixen, die im Griech. 
produktiv geblieben sind, besaß das Idg. noch andere 


488 ‚ Formenlehre XL, [8. 491. 


Elemente zur Bildung von Verbaladjektiven, die im 
Griech. z. T. nur in isolierten Resten vorliegen. 

1. Das Suffix -τέος bildet Verbaladjektive mit dem 
Begriff der Notwendigkeit. Das erste Beispiel erscheint bei 
Hesiod (gare(ı)dg), und sie werden daher erst im Griech. 
produktiv geworden sein. Mit den indischen Bildungen 
auf -iavya- sind sie zwar nicht urverwandt, aber doch von 
gleicher Art, insofern als beiden iu-Stämmen, die vielfach 
Verbalabstrakta bilden, zu Grunde liegen. Man muß 
offenbar von Lokativen auf -δὺ ausgehen, die flektiert 
wurden. 

2. -ἰο- ist im Lat. und Germ, Partizipialsuffix ge- 
worden, im Griech. aber Verbale geblieben. Uber die 
Bildung vgl. $ 317. 

ὃ. -no- bildet im Germ. und Slav. Partizipia. Im 
Griech,. liegen nur Reste vor, die $ 318 behandelt sind. 


AM 


Wortverzeichnis. 


(Die Zahlen beziehen sich auf die Paragraphen.) 


ἄ-: d- 8 8821. 

&-, ἀν- 882 f. 

hom. a λῆτα 884. 
hom. ἀβροτάξομεν 58. 
ἀγαϑός Steig. 856. 
el. ἀγαλματοφῶραν 


ἄγαμαι 418. A 4 
αμέμνων γά- 
/ v 276. 


μὲμν 
᾿γαμέσμων 246. 
üyav 877. 
hom. ,ἀγάννιφος 236. 
ἀγανός 818. 
aydonaı 418. 448. 
ἀγαπάξω 
ἀγαπάω 448. 
ἀγαπήνωρ 187. 
dor. Erroneı in 

γερέθονται 
Ve 187. 
ἅγιος 324. 848. 
ἄγκοινα 240. 
ἀγκύλος 27]. 
ἀγκών 148. 
hom. ἀγλαιεῖσθαι 4θ0, 
hom. ἡγνοίησεν 56. 
ayvös 107. 818. 
ἄγνυμι 890. 488. 
ἀγνούς ΠΝ 
ἀγορὴ $ 
ἀγός 088. 816. 840. 
ἄγριος 126. 272. 
ἀγρός 107. 821. 


ἄγυια, ἀγυιᾶς 809. 465. 
hom. ἄγυρις 58. 
ἄγχειν 90. 215. 228. 
ἀγχιστῖνος 286. 
ἄγω 90. hom. ἄξετε 
454. 482. ἄξω 482. 
ἤγαγον 427. ἀγαγεῖν 
426. nyov 187. 894. 


ἀδελφεός 221. 
ἀδελφιδεός 810. 
ἀδελφός 284. ἄδελφε 


-ἄδην ν 878. 

ἀδήν 111. 219. 886 f. 
lesb. adınnsı 446. 
ἀδμής 884. 

dor. ἤδομαι 98. 154. 
«αδόν 878. 


Er 162. 247. 
hom. ἀεικιῶ 460. 
ἀέκων 981. ἀέπασσα 


487. 
ἄελπτος 281. 
ἀξέξω 188. 
ἠερέθονται 489, 
αἀ(ε)γρετάω 448, 


ἀετός 125. 
ἀζηχής 282. 
Hour 107. 232. 888, 
ἐηδώ, ἀηδών 380.386. 
ἄημι 4 
hom. ἐς 180. 888... 
hom. ἀθάνατοι ὅθ. 
ἀθάρη 178. 
ἀϑεεί 811. 
᾿θηνάα 184. 
4ϑηναξς 344. 


ἀθροοὰ 178. 

αἱ 868. 
Αὐικκίδης 810. 
Αἴαντε 291. 
αἰγλήεις 834. 
αἰγοβοσκός 271. 
αἰγυπιός 271. 
αἰδέομαι 888. 446. 

ἠδεσάμην 484. 
ion. Alöns 184, 
αἰδύλος 271. 
αἰεί 875. 
αἰέλουρος 165. 


kypr. © αἴλων 241. 
αἱμασιά 248 ἢ, 


ı αἷμυλος 271. 


alt, αἵξ 268, 
880. 


αἰόλος 165. 971. 
«αἷος - 
αἰπόλος 998, 
Argos 277. 
αἷσα 242. 244. 
αἰσθάνομαι 484. 
αἴσιμος 820. 
hom. αἰσσὼ 184. 441. 
a-ı0rog 200. 
αἰσχίων 858. 
αἶσχος 197. 
χυμμαι 348. 478. 
et. αἑτιόντων 181. 
αἱἰτίζω 448. 
αἰχμητής 810. 
αἰών 96. 887. 
ξακάβα 167. 
ἀκαχίξω 448. ἤκαχε 
427. ἀκαχεῖν 425. 
ἀκέομαι 888. 446. 
-ακι, "ONE 872. 
ἀκλεής 840. 
ἀκμή 890. ἀκμήν 877. 
ἀκοή 184. 
ἀκόλουθος 141. 165 


882. 
ἀκούω 101. 184, 446. 
ἀκήκοα 184. 466. 
ἀκρόᾶμα 178. 
ἀκροάομαι 184, 
ἀκρόπολις 885, 


αἰγός 


ἄκῦρος 82]. 

ελγ δών 887. 

ἀλγίων 853. 

ἤλδανε 894. 

hom. ἀλεέατα ὅθ. 
ἀλείφω 193 ἀλήλιφα 


ἀλεξ τήρ 88. 

Helen 416. 460. 

ἄλευρον 288 

ἀλέασϑαι 464. ἡλεύατο 
454. 


ἀληθέστερος 286. 


Wortverzeichnis. 


ἀλήθω 489. 

-ἅλιμος 890. 

ἅλις 54. 

ἀἁλίσκομαι 128. 416. 
486. ἁλώσομαι 41θ. 

ἁλῶναι 198. 

ἁἀλιταίνω 434. 

ἄλκαρ 889. 

ἄλκιμος 820. 

ἀλαλκεῖν 49 

ἁλκυών 78. 

ἄλληλο- 188. 944. 


ἀλλοῖος 824. 867. 
ἄλλομαι 106. 241. 
ἄλεται 480. 482. 


ἄλτο δά 454. ἄλ- 
μενος 54. 
ἄλλος 126. 241. 287. 


894, delph. ἀλλεῖ 


811. 

hom. ἄλλυδις ὅ8. 

ἀλοιμός 248. 

ἄλοχος 882. 

ἔλσος 987. 

1080. ἀλνίω 282. 

ἀλυσκάνω 484. 

ἄλυτος 277. 

ἦλφον 894. 

ὥλφηή 226. 

᾿ἡλωπεκοννήσιοι 166. 

ἀλώπηξ 288. 

᾿Δλωποκοννήσιοι 165. 

ἅμα 54. 106. 258. 888. 
„ 860. 868 f. 
ἄμαϑος 234. 

ἁμαξιτός 817. 

ἁμαρτάνω 484. 438, 
ἁμαρτήσομαι 889. 
460. ἁμάρτῃ 480. 
ἁμάρτοιν 476. hom. 
nußgorov b3. 394. 

ἀμβλίσκω 128. 416. 
486. ἤμβλωσα 128. 
ἤμβλωκα 416. 

ἐμβλυωπός 448, 

ἀμβλυώσσω 448, 

ἀμβρόσιος 126. 
ἄμβροτος 245. 

ἀμείνων 356. 

ἀμέλγω 198. 409. dor. 
ἀμέλγες 401. ἀμέλ- 
ξαι 4δ6. 


kret. ausv 881. 
ἀμέργω 169. 198. 
ἀμέρδω 242. 

ἀμήτωρ 141. 

Icab Rom. ἄμμες BBf. 
y ἄμμι, ἀμμὲν 
258, ἄμμι, ἄμμι 

duvo ς 246. 

«os, ᾿ἁμός 867. ‚delph. 
aus 811. ἀμόϑεν 
867. 

ἄμπελος 290. 

hom. ἄμυδις BEL. 

ἀμύ μων 124. 

ἀμφί 218. c. Gen. 
299. c. Acc. 29. 
6. Lok. 802, 

“" n ἀμφι(})αχυῖα 


μφιβαίνω 884. 
ἀμφίπολος 218. 
ἀμφεποτᾶτο 448. 
ἄμφω 90. 298. 
ἄνα 253. 
ἀνά c. Acc. 296. c. 

Lok. 802. 
ἀνάβασις 277, 
ἀναγκαῖος 287. 324. 
ἀνάθημα 270. 881 ἢ. 
ἀναιδὴς 231. 840. 
ἀναίμων 231. 
ἀναλίσκω, ἀνάλωκα 

416. 
ἀναπνέω 884. 
ἀνατέλλει 918. 
dor. ἀν-έϑεν 452, 
ἀνατέτροφας 472. 
dvöcvo 488. ἀδήσειν 

129. hom. εὔαδε 58, 
ἀνδρακάς 880. 
ἀνδριᾶς, ἀνδιάς 96. 
ἀνδρ ὧν 887. 
ἄνεμος, 90. 890. 
hom. ὠνεμοσκεπέων 

177. 
ἄνευ 6. Abl. 800. 
ἀνήρ 198. 335. 
ἄνήρ 252. ἀνδρός 245. 

ἄνερ 276. 
ἀνθεμώδης 284, 
hom. ἀνθῆσαι 440. 
ἄνϑινος 819. 


τι... 


AST 


ἄνϑος͵ 8 840. 
ἀνιῦρός 821. 
kret, ἀν-κλήμενος 418, 
ἄνομαι 422, 
ἄνοος „a7. 
hom. nvreov 177. 
ἀντί 288 ο. Gen. 399. 
ἀντιάω 448. 
᾿ἀντίδιος 221. 
ἀντικρύ 878. 
ἀντίος 271. 824. 
ἀντιπέραιος 824. 
ἄντετα 248. 
ἄντλορ 822. 

ἄνυμε 488, nvvro 481 ἢ, 
ἀνύτω 488. 
avvo 488. 
ἁνύω 482. 
herakl. ἀνχωρίξαντες 

454. 


ἄνω 377. 

ἀνώνυμος 187. 

ἀνωτέρω 854. 

ἄξων 0. 228. 

dowos, 231. 

ion. αὐτός 81. 

ἀπάγω 884, herakl, 
ἄπαξοντι 4θ0. 

ἀπάλαμνος 199. 

hom. εὐἰπήμβροτον 


ἅπαξ 111. 869. 372. 


arg. Enavcav 242. 

ἄπαστος 200. 

ἀπάτω 141. 

hom. ἀπηύρα 895. 

kypr. Aneilov 241. 

ἄπειμι. 884. 

hom. ἀπειρέσιος δθ,1. 

ion. ἀπείρων 988. 887. 
889. 


᾿Απελλαῖος 165. 
Απέλλιος 165. 
᾿Δπέλλων 165. 

ἀπέξ 277. 

hom. ἀπερείσιος ὅθ, 1. 
ἄπελθε 275. 
ἀπεχϑάνομαι 484. 
ἁπλότης 884. 
ἁπλοῦς, 369. 882. 
ἀπό, ἄπο 90. 274. 


Wortverzeichnis. 


6. Gen. 299. ο. Abl. 
800 


ἀποθανοῦμαι, τέϑνη- 
κα 416 

ἄπειπε 318, 

᾿Μπολλόδωρος 165. 

“Δπόλλον 165. hom. 
Andklovı 56, 1. 
"Ἄπολλον 1665. 

᾿ἀπολλώνιος 165. 

ἀπόλαβε 275. 

ἀπολούω 884, 

ἀπολύω 884. 

ἀπέμυξα 456. 

ἀποπρό 277. 

ἀποτίϑημι 884. ἀπό- 
ϑωμαι 482, 

ἀπότισις 140. 

achäisch «nv 47, 1. 

ἀραρίσκω͵ 425. «e7- 
ρότι, ἀραρυῖα 490. 

ἀράχνη 22 

ἄργαλ ος 087, 

hom, ἀργεννός 58. 

ἀργής͵ 128, 888 f, 

agyınzgavvog 883. 

ἄργιλος 128, 888. 

el. Fogyov 173, 

ἀργός 227. 

ἀργύρεος 324, 

ἄργυρος 90. 188. 

ἀφήν, ἀρνός 886. 

-ἄριον 286. 

ἄριστον 882. 

ἄριστος 866. 

“Δρκεισιάδης 810. 

ἄρκτος 110. 226, 257. 

ἄρμενος 454. 

ἄρνυμαι 485. 


πἄρος, 821. 


ἀροτήρ 186. 270. 288. 
835. 


ἄροτρον 186. 226. 970. 
288, 822, 
Tr. ἀρούραι 159, 
ἀφρόω 418. ep. ὠρόμ- 
μεναε ὅθ, 1. 
hom. ἥρπασε, ἥρπαξε 
454. 


ion. ἀρρωδεῖν 169. 
ἄρρην 886. 


441 


ἄρσην 23% ἄρσεν» 
110. 

ἄρτιος 824. 

ἀρύσσω 74. 

ἀρύτω 488. 

ἀούα H rn 137. 

ἀργηγέτης 

dern τ-αδος 872. 

hom. ἄσαιμι 54, 2. 

ἀσάμινϑος 88. 

ἀσϑενής 270. 

ἄσις 111. 

‚kret. ᾿σκαλπιος 297. 

"Aountog 246. 

ἄσπερμος 199. 320. 

ion, ἄσσων 344, hom. 
“ἄσσον 8ὅ8. 

ἀσσοτέρω ὅ8. 

ἀστεμφής 198. 

ἀστερίσκος 826. 

ἀστήρ, ἄστρον 832. 

ἀστράπτω 140. 488. 

ἄστυ 847. 

ἄσχετος 184. 140. 317, 

ἄτερ 6. Abi. 800. 

ἀτέραμνον 199. 

dor. ἅτερος 167. 884. 

Ar ρείδὰ 80θ. 

Argsüg 848. 

ἄττα 806. 866. 

art 184, 

kret. αὐγεῖν 82. 

αὐδή 188, 

hom. αὐέρυσαν δ8. 

kret. αὐκάν 82. 

αὐξάνω 99. 281. 484. 

αὐξήσω 415 f. 419. 

αὖος 184. 334. 

αὔριον 199. 878. 

αὖτε 99. 880. 

hom. αὐτῆμαρ 54, 2. 

αὐτίκα 580. 

αὐτομάτως 272. 

αὐτὸς 867. dor. αὐτεῖ 
375. 

αὐτοψεί 811, 

αὐχήν 886 f. 

αὐχμηρός 321. 

hom. ἀφαμαρτάνω 


ἀφαρπάζω 884, 
ἀφαύω 184. 


ἠφευμένος ὃ 479. 
ἀφήτωρ 
ἄφϑιτος 977. 


ἀφίημι 884. 
468. 


ἀφέσταλκα 465. 
ἀφίσεαμαι 884. 


ἀφεῖκα 


kret. Ayogdıra 997. 


ἐφ οδισιακός 896. 


ς 82. 
ἀφρός 198. 831. 
ἄφρων 141. 
ἀφύσσω 74. 
jon. ἄχαντος 
μαι 888. 
ἂν 880. 


μός 890. 
βαθένολαον 277. 
βαϑύλειμος 199. 
βαίνω 106. 219. 240. 
246. 441. τω ΓΗ 
ἥσομαι - 
βήσι 4δ4͵ βάώς 
6. 468. 


βαίτη 204. 

βαλανηφόρος 188. 

βάλανος 290. 

βαλιός 271. 

βάλλω 219. 415. 441. 
βαλῶ 416. 460. βα- 
Asiv 106. βάλ 
βέβιηκο 415 f. 410. 
βίην ὃ 919. 428. βλῆ 
ναι 129. 

böot. βανά 106. 108. 
Zub ev 210. 822, 
ἄραϑρον 

βάρ 106. 144. 268. 
847. 448. βαρεῖα 
αρύτης 884. 

βασιιτὺς 880. 848. 

βασιλήιος 834. 

βάσις 90ὅ. 844. 


βαύνοῦ, β 


βδέω 190. 197. 


-Wortverzeichnis., 


βέλεμψον 129. 2389. 328. 
thess. βελλόμενας 248. 
βέλεερος, βελτίων 856. 
ἕλτατος 8δὅ. 
δοί, Βελφίές 221. 
Pe Beigol 221. 
Ben. 
με τῇ εἐβὰς 49. 
En τ 
βηβράσκω 219. 41ὅ. 
418. 498. βεβρώϑοις 
489. βεβρωκοςς 471. 
ἔβρων 415. 418. 
Biveo 130. 
βίος 140. 231. 
βιός 221. 


λάξ 245. 880. 

βλάπτειν 241. 488, 
βέβλαφα 472. 

βλαστάνω 484. 488. 

βλασφημεῖν 244. 840. 

βλέμμα 243. 

not 248, 


μα 888. 

il. βλῆρ 219. 

λητρός 245. 

λίττω 245. 441. 
βλωδρός 245. 
βλώσκω 245.486. μεμ- 

βλωκα 245. 470. 
βλώψ 186. 
βοηδρόμος, 271. 


[cab sta 948 


βόρμαξ 108. 
Pogeüs 192. 
βοσχή 826, 
βόσκω 436. ἐβόσκησα 


βουλήσομαι 41. 
βουλῦτός 817. 
βουμολγός 97]. 


βοῦς 102. 148. 9266. 


281. βῶν 102. 199, 

251. 260. 281. 830. 
ion. Βοντοῦν 845, 
βραβεύς 848. 
βραδύνω 448. 
βραδύς 110, 847. 
ion. βράσσων 858, 
βρέφος 188. 
βοίθω 489. βέβριϑα 


Βριληστός 88. 
Βρισηίρ 810, 

βρόμος 815. 

βρωσείω 448, 
βρωτύς 847. 

βύβλενος 819. 

βύκτης 304. 

βωμός 148. 

spätlak. βωρσέα 281. 


βώτωρ 


-γ- 834. 
γαγγανεύεεν 210. 
γαγγραινα 201. 
γαδεῖν 82. 
γάδεσϑαι 82. 

γαίω 441, 
γάλα 198. 258. 880. 
γάλως 9. 198. 225. 
γαμῶ, γεγάμηκα 416. 
γαμψώνυχες ἢ 187. 
γαργαίρω 425 
γανλός 210. 
γαῦρος 272. 

884. 


γέρος 32. 
γεραίτερος 884. 


---- - 


in 


γέρας 8 130. 208, 840. 
γέρα 881. ion. γέρεα 


γεύω 100. 208. 400. 


γεωμέτρα 806. 

γίγας 880. 

ylyvopaı 846, 888.425. 
γίγνητε 481. Yyivo- 
μαι 246. γενήσομαι 
416. 460. kypr. γέ- 
ψοιτυ 8]. γένηται 
480. γέγονα 468. 
γεγαώς 471. 

γιγνώσκω 95. 208. 426. 
486. καὶ ὅδ, "0. 

ὥσομαι 

των 418, ΝᾺ 
ψῶώκα 11. 


-γλάγος 198. 


λάσσα 


γλαῦξ, για wit 265. 


γλυκ 
γλυκύς | δὴν 


ıon. γλύσσων 8ῦ8. 
γλύφω 43]. 
γλῶττα 807. 809. 
᾿γλῶχες 210. 
γλωχῖνες 807. 
γνάϑος 8θ, 1. 
γνήσιος 191. 148. 


γ 
γομφίος a7ı. 
270. 


γονή 

γόνορ 270. 81ὅ. 

γόνυ 125 f. 188. 208. 
288, 825. γόνατος 
889. γόνατα 988. 
ion, γοῦνα, 125. 288. 

herod. γοργύρης 166. 

γράμμα 248. 

γραπτύς 847. 

γρὰύς 180. 


Wortverzeichnis, 


γράφω 421. kret. 
ρατται 243. 468, 

γράω 210. 

lak. γυμνάδδομαι 249. 


«δα 878. 
δαήμων 297. 


ol 

ade a0 
κα ραν 141. 
ϑαίω 840. 
δάκνω, δακεῖν 421. 
δάκρυ 90. 336. 8461, 
δάμαρ, δάμαρτος 889. 
δαμάω 418. 
δαμνάω 480. 446, 
δάμνημι 480.485. ᾿ἐδά- 

μασσα 48θ. 
äol. Ζαμοκρέτω 178. 
dor. δᾶμος 154. 
δάπεδον 882. 
δαρθάνω 484. 
δαρτός 110. 
δαρτόρ, δρατός 297. 
das 972. 
δασμός 880. 
δάσασθαι, δάσσασθαι 


242, 

δέδαε 427. δεδάηκα 
4 δεδαηκότες 
471 


δέ 868. 
«δὲ 880. 
hom. δέατο 418. 
ark. δέατοι 482, 


hom. δειδέχαται 472. 


hom. δειδέχατο 472. 
δηδέχαται 186. 


hom. δείδω 78. 468. 


δείδια 78. δείδιμεν 
238. δέδοικα 468. 
δείκνυμι 481. δεικνύ- 
vcı 206. δείξω 460, 
kret. δείκσει 488. 


448 


ἔδειξα 456. δεῖξαι 
485 


One DL. 111. 188. 206. 


δεκάς 198. 

δέλεαρ 219. 

ark. δέλλω 819. 
Fang δελφίν 330. 


29. 
Er 92.418. δέδμηκα 
129. 418. 


δένδρον 140. 201. 

kor. IFEviag 1858. 

δέννος 419. 

δέος 190. 

δεξιός 287. 824. 

δεξιτερός 987, 814. 
840. 


δέπας 
δέρη 178. δειρή 272. 
δέρκομαε 414, 49]. 
ὅρακον 414. 421. 
δέδορκα 414. 
δέσματα 820, 


δεσμοί, δεσμά 812. 


δέσποινα 244. 

δεσπότης 308. 880. 
845. δέσποτα 806. 

δεσποτίσκος 326, 

-δετήρ ὃ 

böot. an ᾿Δεύς 942. 

δεύτερος 871. 

hom. δεύω ὅ8. 

δέχτο 484. 

δήδεκτο 186. 

δή 808. 

dor. δήλομαι 248. 

δηλόω 444. 

ὅημα 272. 

δήν 877. 

-δην 878. 

δηρόβιος 140. 

-öns 810. 

δῆτα 868. 

δι, 199. 

διά co. Acc. 296. c. 
Gen. 299. 

διάθωμαι 482. 

διαιτάω 8981]. 


444 


krei. διελὲ ENG ᾷ 412. 
διαττάω 
διδάσκω 496. 
διδράσκω 486. δρα- 
μοῦμαι 889. ἔδραν 


kret. δικάδϑεν "244. 
kret. δικάξαστο 454. 

δικασπόλος 244. 

δίχη 198. 

δίκην 294. 

δικρόα 178. 

δῖνος 180. 

διξός 872. 

διογενέτωρ 14]. 

hom. δ,εογενής ὅθ, 1. 

δῖος 240. 272. 824. 

διόσδοτος 277. 

“ιόσκουροι 277. 

διπλόος 869. 

δίπους 141. 277. 388. 

δίς 872. 

δίσκος 244. 

διττός 872. 

δίφρος 133. 140. 977. 


Fo 6. Abl. 800. 

διχϑά 872. 

διψάω 446. 

δίδωμι 425. δίδομεν 
426. dor. δίδοντι 
428. δίδοι 484. δι- 
δοῖσϑα 407. δίδω 
484. ἔδωκα 496. 452. 
ἔδοσαν 452. thess. 
ἐδούκα-εμ 454. ἐδό- 
ϑης 404. 468: ἔδοτο 
109. 404. δός 479. 
484. δότω 484. 
δέδωκα 469. διδό- 
var 206. δόμεναι 
806. 486. kret. δό- 
μην 846. δοῦναι 
272. kypr. δοξέναι 
486 


δμώς 272. 849. 
δνοπαλίζω 255. 
δνόφος 265. 
δοιὸς 199. 


| 


Wortverzeichnis, 


herakl. doxıuafovrs | 
454. 


δολιχήρετμος 187. 
δολόεις 884. 
δόμος 92. 815. 
«δόν 878. 
δόξα 242. 807. 
Sopc 810. 
δόρξ 383. 
δόρν 125. 288. 325. 
847. δόρατος 889. 
ion. δουρός 126. 
2388. δοῦρε 291. 
δόσις 205. 844. 
δότειρα 807. 809. 860. 
δοτήρ 95. 268. 270. 
289. 88ὅ 


Bord 109. 121. 817. 

δούλειος 324. 

hom. Ζουλίχιον ὅθ. 

hom. δουλιχοδείρωνδθ. 

δουρίκτητος 277. 

δοχμός 169. 

δρατός 817. 

δρέπανον, δρεπάνη 

819. 

δρομάς 884. 

δρόμος 818. 

δρύμα, δρυμός 814. 

δρῦς 206. 

δρύφακτος 67. 

δύναμαι 896. 480. 
kret. δύναμαι 488. 
δύναιο 475. ion. 
δυνέαται 177. δύνω- 
μαι 482. 


δύο 962. διίζω 108. 
298. 869. δυοῖν 81]. 
δυεῖν 161. 869. 

δυσὰᾶής 180. 

δυσηλεγής 187. 

δυσήνωρ 141. 

δυσμενής 268. 840. 

δυσώνυμος 187. 

δύσετο 454. ἔδῦν 418. 

δώδεκα 278. 277.869. 

“4ωριέες 848. 

δῶρον 95. 272. 821. 

δωτίνη 205. 819. 

δώτωρ 95. 269. 385. 

pamph. Fhe 82. Fe 868, 


ἐὰν 188. 

Exp 110. 126. 177. 190. 
199. 231. 251. 258. 
281. 880. 889. 

ἐαρινός 287. 319. 

att. ἑάυτῷ 168. ἑατοῦ 
168. ἁτοῦ 168, 

ἑβδομήκοντα 870. 

βδομος 198. 871. 

ἐγγύησις 179. 

ἐγδάκτυλος 248. 

herall. Eydınafnrae 


ren 201.240. hom. 
γρήγορϑαι δὅ8. 

ἰοῦ γέρθω 240. 

ἐγκυτί 140. 

ἔγχελυς 228. ἐγχέλυος 


ἐγχεσίμωρος 141. 
ἑ 884. 


&;m 198. 208. 268. 
860. ἐγών 98. 860, 
ἔγωγε 8θ0. 

ἔδαρ 388. 

ἔδεθλον 484, 

ἐδ ὕς 847. 

. ἔδοντες 165. 

ἔδος 229. 284. 840. 

ἔδω 91. 891.409. ἔδο- 
ucı 889. 421. 480. 
482. ἐσθίω, ἔφαγον 
891. ἐδηδούς 186. 
466. 

«εδών 887. 

hom. ξεδνα 198. 

hom. ἐέλδωρ 193. 889. 

hom. ἐέλσαι 193. 387. 

hom. ἐέρση 1%. 

ἔζομαι 229. 242. 419, 

4 


ἐθέλω, ἠθέλησα 418. 
hom. ἐθέλωμε 489, 
ἤϑελον 894 ἢ, 

ἐθώκατι ge. εἴωθα 
4θὅ. 4 

Fedos 190. 


εἰδάλιμος 890. 
hom. εἶδαρ 988. 


- MM 


εἴδησις ὃ 474, 

εἴϑε 868, 

dor. εἴκατι 44. 258. 

εἴκοσι 198. 231. 370. 

εἰκοστός 870. 

εἰλαπίνη 198. 

hom. Εἰλείϑυια 56, 1. 

εἶμα 269. 888. 

εἱμάτιον 88. 

εἶμι 890. 421. 459. εἶ 
401. εἶσϑα 407. ἴο- 
μὲν 480. 482. ἦα 
188. 894. 401. ἴθι 
484 


εἰμέ 286. 275. 411 
(Flexion). 421. ἐσσί 
401. εἰ 401. ἔστι 
205. εἰμέν 78. ἐσμὲν 
286. All. dor. ἐντί 
402. εἴην 240. 475. 
Tod 198. 484. ἔστων 
484. ἦα 187. 188. 
894. 401. ἦσθα 466. 
hom. ἦεν, ἦν 402. 
ἦμεν 286. hom. ἥτε 
286. ἥστον28θ. hom. 
ἔσται 460, hom. 
ἐσσεῖται 460. @v 
487. dor. ἔασσα 809. 
487. böot. ἑώσας 
181. hom. ἔμμεναι 
58. thess. ἐσσέσϑειν 
486. 


ion, εὐνάετες 869. 

ion. εἰνακόσιοι 869. 

hom. ion. elvarog 238. 
369. 371. 


hom. sivooipvilog 


ion. εἴνυμι 286. 431. 

Ἐϊραφιώτης 237. 

hom. ἔρχαται, ἔρχατο, 
ἐέρχατο 472. 


herod. εἰρεσίη 59. 
lak. εἰρην 297. 


315. 880. 869. ἑνός 
286. α 286. 807. 
369. ἔν 258. 


Wortverzeichnis, 


eis 258. c. Gen, 299. 
c. Acc. 296. 

εἴσιδε 275. 

εἰσιέναι 884, 


hom. tion 198. 244. 


436. ἤισκε 898. 
ἔοικα 468. οἷκα 465. 
Ἐεῖκας 452. 

εἰσφέρω 884. 

ἐξ 258. 

Bahn 167. 

böot. Fhexadauos 82. 
236, 


ἑκάς c. Abl. 300. 880. 
ἑκάτερος 884, 
ἑκατόμβη 277. 382. 
ἑκατόν 25. 111. 268. 


870. 
ἐκεῖ 811. 8683, 375. 
ἐκεχειρία 284. 
Ἐέχηλος 188. 
ἐκλέλαϑον 497. 
ark. ἑκοτόν 169. 
mel. Ἐκπδάντωι 251. 
ἐχπειράω 884. 
ἔχπλεϑοος 244. 
ἕκτος 871. 
ἐκτός c. Abl. 800, 880. 
ἑχκτός 106. 184. 140. 
199. 817. 
ἑκυρά 259. 
ἑκυρός 236. 259. 
ἐκφέρω 884. 
ἐκφεύγω 884, 
ἑκὼν 884. 
ἐλάσσων 273. ἐλάττωυν 


ἐλατὴρ 

ἐλαφηβάλος 188. 

ἔλαφος 125. 188. 948, 
284, 827. 

ἐλαφρός 198. 220. 

ἐλάχιστος 868. 

ἐλαχύς 222, 847. 

ἐλάω 418. ἐλῶ 460. 
ἤλασα 456. ἐλήλα- 
μαι 466. 

ἕλδομαι 888. 

ἐλεύθερος 198. 

ἑλκεσίπεπλος 888. 401. 

ἑλκδχίτων 888.. 


446 
ἕλκος 840. 
lak. ld 243. 898, 
Ἕλλην 886. 


Ἑλλήσποντος 977. 

ἐλλός 19 f. 948. 

ἕλος 840. 

ἀλπίξω 441, 448. 

ἐλπίς 880. 

ἔλπομαι 231. 

ἔλυτρον 872, 822, 

ὅλωρ 889. 

ἐμαυτοῦ 867. 

ἐμέω 409. 418. 

ἐμμήνιος 136. 

1680. ἔμμε 125. 286. 

ἐμός 867. 

ἐμπίπλημι 884. 

kret. N. Pl. -εν 88], 

ἐν 0. Lok. 802, eiv 
251. hom. εἰν ἀγορῇ 
66, 1. hom. eis 
ϑύρῃσι 56, 1. 

-zvaı 486. 

&valıog 287. 824. 

ἐναντίος 271. 

ἐνάτηρ 268. 885. ἐνά- 
tegeg 282. 

Evarog 238. 855. 869, 

herakl. ἐνδεδιωχότα 
221. 468. 

ἕνδεκα 977. 870. 

ἐνδίεσαν 178. 

ἔνδον 278. 880. 882. 


ἐνεῖναι 384. 
ἐνενήκοντα 869 f. 
ἐνέπω 218. ἐνίσπες 


479. 484. ἐνίσπε 484, 
ἔνερθε ὁ. Abl. 806. 
ἐνεύναιος 8934. 
them: ἐνεφανίσσο-εν 


phok. ἐν ἑνήκοντα 869. 
vinu. 88 

Son 498, 

ex 869. 
hom. ἐννεάχειλοι 870. 
hom. ἐννήχοντα 869. 


hom. ἐννῆμαρ 869. 
ἕννυμι οϑόΐ, 948, 481, 


herakl, ἔντοασσιν 88]. ᾿ 
ἐντίϑημι 884. 


Ft 199. 

ἐξ 880. co. Gen. 299. 
c. Abl. 800. 

ie 884. 

ἐξαρκέω 884. 

ἔξειμι 884. ἕξει 484. 

ion. ἐξεπίστεαι 177. 

epid. ἐξερρύὰ 418. 
evos 275. 

ἑξήκοντα 870. 

thess. ἐξξανακάδεν 
242 


ἔξω 877. 

ἔορες 888. 

ὁδός 867. 

ἑπακούω 884. 

ἑπακτήρ 888. 

ἑπακτὸς 107. 

hom. ἐπασσύτεροι ὅ8. 

ἑπανρίσκομαι 486, 

ἐπειδὲ 252. 

ἐπειδή 868. 

ἔπειμε 884. 

ἔπειτε 880. 

ἐπήλυδες 884. 

kret. ἐπελεύσει 482. 

ἐπίσχε 484. 

ἐπί c. Gen. 299. ἐπί 
6, Acc. 296. ἐπί 
c. Lok. 802. 

ἐπίβαϑρον 822. 

ἐπιβαίνω 884. 

ἐπίβδαι 134. 140. 197. 

ἐπιξζάφελος 270. ἐπεζα- 

; ρελῶ ς “Ὁ. 

“«ίκλησις 180. 

herakl. ἐπιμελησονται 
460. 

herod. ἐπεπόμφεε 472. 

ἐπιπρό 277. 

ἐπισκύνιον 140. 

hom. ἐπισμυγερῶς 58. 

ποτὶ. ἐπισπέμσαντος 
242. 


ἐπισσείων 288. 
ἐπίστωμαι 482. 
ἐπιστήμων 887. 
ἐπιτείνω 884, 
om. ἐπιτεεράφαεαι 
478, er 


Wortverzeichnis. 


ἐπκιχϑόνιος 894, 
böot. ἐπεφψαφέττατο 
242 


ἔπομαι 91. 218. 229. 
888. εἱπόμην 280. 
894. 414. 

ἕπος 318. 281.268. 840. 

ἑπτά111.908. 969. 869. 

ἐπώνυμος 187. 

ἔραμαι 888. 418. 

hom. ἐραννός 58. 

εἰργαξόμην 894. ἤργα- 
ξόμην 894. 

ἔργον 188. 38]. 

ἔρδω 242. 244. 447. 

ἐρέβινϑος 88. 

ἔρεβος 198. 372. 840, 

ἐρεμνός 246. 

ἐρέσσω 139. 

ἐρετή 167. 


(δ)έρση 987. 

gonv 237. 

ἐρυϑροός 105. 140.198. 
268. 271. 

ἐρυκανάω 484. 

doöxavo 484. ἐρύκα- 


272.275. 484. hom. 
εἰλήλουθα 56. 101. 
414. 468. ἐλήλυθα 


— 


ἔρως 840. 

ἐς 244. 

böot. Eoyovog 244. 

ἐσθής 281. 281. 

ἤσϑιον 898. 

ἑσπέρα 288. 290. 812. 
ἑσπέρας 29. 

ἔσπερος 91. 208. 281. 
290. 812. 


herod. ἐσσούμαι 59. 
«ἐστερος 286. 
ἔσχατος 197. 856. 
ἑταῖρος 74. 

ἑτάρη 74. 

ἕταρος 199. 

ἑτέρα 167. ἕτερος 854, 
örtomdev 188. 
ἑτέρωθι 188. 

ἑτέρωσε 188. 

bom. Erns 54. Feens 


ἐτήτυμος 187. 

frı 91. 2085. 

ἔτος 231. 840. Ferog 
340. 


böot. Ferıa 181. 
ἔτυμος 350. 
εὐδαμονέστερος 286. 
εὗδον, ηὗδον 89 
εὐθένεια 220. 
εὐϑήνεια 220. 

εὐθύ 878. 


εὐνήτειρα 807. 
εὐνήτρια 807. 
εὐπάτωρ 9. 
εὐρίσκω 128. 416. 486, 
εὐρήσω 128, 416, 
εὕρητε 480. εὑρέ 
. 484. 


ἐύσσελμος 199. 
εὔφρων 141. 
εὐχετάομαι 448, 
εὔχομαι 188. 252, 


ur 


100. 184. 280, 
εὖσα 456. 


ἐϑίκομαι ὅδε. 
ΠῚ ἐφηρμέοιος 54,8. 


‚eds 488. 

Km 196. 188, 3881, 
409.421. εἶχον 894. 
σχήσω 4δη, οχεϊν 185. 
188. 284. 421. 428. 
σχὲς ΓΙ θά. gort. 
ἔχονσαν 949. 

ἔχω 409 „fahren“. 

-ξών, -ὧν 887, 

ἕως 70. 185. 380. 986, 


hom. ζε 
hom. ἘΠ ΠΝ 
hom. Eerrgegp: 
hom. tale: 
ἔζην 418. 


‚Le 

{ed 289. 

ark. ζέρεθρον 219. 

ζεῦγμα 888. 

ξεύγνυμι 485. 

ζεῦγος 100. 186. 840. 

ξευκτής 

Ζεύς 102. 196. 148. 
242. 


Ζεῦ πάτερ 
100. 
ἔξω 100.398. ἔξισμαι 
418. ἔζεσα 464. 
Bios 480. 


ΡΞ m 


Ὑ οὐἰνογζοίομηίβ, 


ζύμη 118. 194. 888, 
Topos 184. 288. 
ξώνη 186 

ξώννυμι 282, 286. 481. 


ἔζωμαι 478. 
ξῶστρον 822. 


ἦν 

ἐμαϑόεις 187. 

* ee ἧσται 888, 
ἱμεδαπός 86 

ἡμεῖς δά. 208 ΄ „200. 
ἥμων 279. 

ΩΝ ἦμιν 979. ων 


. 272. 
110. 318. 941. 
. ἥπατος 


47 


x 449. 
ττων 858. 866, herod. 
ἥσσων 


ΠΑΝ 888. 
ἡχώ 251. 882, 845. 


ion. ἠώς 148. 184. . 380. 
840. ἠοῦς 


α 880, 
δια, ιρός 126. 988, 
Θαλϑύβιος 285. 
ϑαμά 877. 
Bavorenpögog 188, 
θάνατος 118. 288. 270. 

817. 
ϑάπτω 584. 341. 488. 
ἐτάφην 
ϑαρνεύει 432. 
ϑάρνυσθαι 168. 


el. θεϑτμόν 285, 
ϑείνω 220. ἔπεφνον 


hom, ϑεουδής 288. 
ϑεράπαινα 807. 884. 
ϑεραπνίς 807. 

ϑερμαίνω 389. 


ϑέρμασσα 487. 
ϑερβός 100. ΓΝ 9368, 
989. 


ϑέρος 320. 
achäisch ϑέοσος 47,1. 
ϑέσπις 199. 888. 
ϑέσσομαι 984. 
δετόρ, 1 109. 121. 817. 


Θηβαιγενής 806. 875, 


448 


τεθωγμένος ἃ 148. 
121. 272. 282. 


ϑηλή ἡ 898. 

θηλυς 198. 847. 
ϑημών 470. 887. 
870 12 221. 238. 


7 

ἐξ. Θησυς 848. 

«9ι 

δας 488. ϑίξομαι 
889. 


böot. ϑιός 181. 

boot. Θιό-ππᾶστος 
221. 258. 

Dan δῦ. ϑλάσσαι 
456. 

ϑλίβω 255. 

»D10- 822. 

dor. ϑνάσκω 486. 

ϑνήσκω 255.436. 8α»- 
oducı 889. ϑάνης 
480. τέθνηκε 468. 
τέθναμεν 181. 470, 
τέϑναθι 470. 

θνητός 118, 270, 817. 

“ϑολερός 288. 

ϑολός 238. 

ΙΘούμαντις 190. 

Θούφιλος 190. 

ϑράσος 47͵ 1. 

ϑράσσειν 234, 

ϑρασύνω 448, 

θρασύς 847. 

ϑρησκεύω 244. 

ϑοίξ, τριχός 884. 880. 

322. 


ρνυ- 

μαι 482. ϑόρνυσθαι 

168. θϑοροῦμαι 889. 
ϑορεῖν 288, 

ϑυγάτηρ 208.268, 88, 
"θύγατε 276. 


ϑυηλή 79. 

Söuds 112. 199. 214. 
281. 320. 

“ϑυνέω 482, 


Wortverzeichnis. 


ϑῦνος 818. 
ϑύνω 482. 
θύρα 126. ϑύραει 806. 


εἰαδης 810. 

“ἴακορ 896. 

böot. ἱαρειάδδοντος 
949, ᾿ 


ἱαρός 178. 

(47 τήρ 288. 

ἰατρός 988. 892, 

ἰάχω 425 

-ıö- 884, 

ἐδέ 275. 868. 868, 484, 

-ἰδης 810. 

εἰδιον 286. 

ἴδιος 288. 

ἱδρώς 186. 840. 446, 

ἱδρώω 446. 

hom. ἵεμαι 418. 

ἵἴεμαι 178, 

akarn. ἑἱεραπόλος 188. 
hok. ἑἱερητεύπκατι 403, 
ἐροποιοί 184. 

ἱερό 1 70. 178. 230. 235. 


Φ 


Ἱεροσόλυμα 75. 

ἱεροισύνη 188. 

ἱζάνω 484. 

Ion 425. ἔξον 894. 

Inu 426. ἔς 258. 484. 
εἶμεν 894. ἧκα 94. 
426. 452. 

ins; ἰὴ 869. 

ἐθύνειν 448. 

hom. ἐθύντατα 448, 

᾿ϑύς 128. 

kypr. ὠἀατῆραν 282. 
880. 


ἱκανός 482. 
ἑκάνω 482. 
dor, Maar 44. 298. 


Den Be > 988. 
ἑκνέομαι 283.482. ἷξον 
454. ἵκμενοὸς 4δ4. 


“ΜὸῸὸς 286. 826, 


ἐκεῖνο; 198. 206. 257. 


ἱλάσκομαι 425. 
TiAıcog 88. 
ἑμᾶς, ἱμάρ 265, 
ἑμάτιον 

ἐμὸς 890. 

ἔν 368. 

ἵνα 988. 868. 
-weog 819. 
-wog 287. 819. 


ἐός 112. 981. 288. 288. 
315. 326. 


-.06 824. 

ἔππειος 824. 

ἱππεύς 848. 

ἑἱππηγός 187. 

ἱππηλάτα 808. 

ἵἴππιος 196. 324. 

ἵππος 106. 221. 283. 
238. 258. ὕππω 291. 


ἱπποσύνη 819. 

ἱππότης 288. 810. 

hom. ἱππότα ὅ8. 808. 

ἑππῶών 887. 

ἵπταμαι 426. 

ἴς 112. 231. 

«ἔσκιον 980, 

“σκος 826, 

hom. ἶσος 288, ἴσος 
238. 840. kret. Fis- 
Fog 288. hom. äien 
193. 

«ἰστερὸς 354. 

ἴστημι 216. 282. 495. 
dor. ἔσταμε 154. 
forn 484. dor. = 
cravrı 428. kret. 
ἤθϑαντι 482. ἑστῶ- 
μαι 482. στήσω 121. 
ἔστην 4260. 452. dor. 
&otav 98. 154. dor. 
ἔσταν 452. hom. 
ἔστασαν 4öb. στῆ- 
ναι 388. ἔστατο 


,᾿ om 
εἰστήκειν 894. 
ἑστορία 238. 


- 


- δὰ 


ἵστωρ ὃ 835. 

ἐσχανάω 484. 

ἐσγχάνω 484. 

ἰσχδρύς 321. 
ἴσγω 284. 425. 

ἔτεα 88. 130. 231. 

ἐτητέον 448. 

ἵτυς 281. 

ἐχϑύς 888. 846. ἐχϑῦς 
193. ἰχθύος 888. 


-iov, «ἴονος 88θ. 
εἴων, -iovog 886. 


-«κ 288, 

-- 984, 

καββάλλω 248. 

κεκάδοντο 121. 

hom. Haba ομένη 

καϑιξήσομαι Alb, 419, 
447. 460. 


καί 368. 

καίατα 209. 

καίω 184. 419. ἔκηα 
452, 454. ἐκάη 419. 


κακός 856. 

καλαϑηφόρος 188. 

καλαμηφόρος 138, 

κάλαμος 225. 890, 

hom. καλαύροπα 58. 

καλέω 225. 446. καλῶ 
460. kret. καλίων 
181. hom, καλήμε- 
vor 56, 1 


καλήτωρ 888. 
κάλλιμος 820. 


καλός 209. 238. 241. 
i0n.x4405 288. böot. 
καλῇός 288. 

καλύπτω 488. 

Καλυψώ 845. 

Καλχαδών 285. 

Κάλχας 235. 

κάματος 118. 270. 817. 
430. 


κάμνω 415. 480. 484. 
καμοῦμαι 889. 416, 
461. ἔχαμον 461. 


Wortverzeichnis. 
κάμῃς 480. κέκμηκα 
415 t. 


κανηφόφρος 188. 
καπνός 131. 199. 909. 
221. 


κάπρος 90. 131. 908. 
209. 


κάρα 226. 

καρδιακόρ 826. 

κάρηνον» 118. 180, 207. 

hom. κάρηνα 286. 

καρκίνος 201. 

κάρφσις 110. 

κάρτα 877. 

dor. κἄρυξ 184. 

«κας 880. 

Kaoouog 246. 

κασ-σὕματα 888. 

κάστωρ 148. 

κατά c. Acc. 
6. Abl. 300. 

καταί 880. 

ion. ,κπατάξει 482, 

κατέπηκτο 484, 

καταχϑόνιος 884. 

el. κατειαρευσειε 178, 

κάτροπτον 

κάτω 877. 

καυλός 99. ‚209. 

kret. καυγός 2885. 

καχάζω 284. 

καχλάζω 181. 

κάχρυρ 294, 

κἄω 186. ΟΊ. 

κέγχρος 

κέδρινος 819. 

κεῖμαι 207. κεῖται 888. 

ion. xsıvog 288. 


296. 


κεῖνορ 868. 

κείρω 441, ἔκερσα 484, 
hom. κέρσε 987. 
καρῆναι 106. 


κεκαδμένος 200. 

κεκασμένος 148, 

κέλαδος 180. 

κελαινεφής 948. 

κέλευθος 166. κέλευ- 
οι, κέλευθα 812. 

ἔκελσα 4δ4, κέλσαι 
237. 

κενεός 288. 

κενόρ 288. 


Hirt, Griech. Laut- u. Formenlehre. 


449 


κενότερος 138. 854. 

κένταυρος 78. 

κέραμος 890. 

κεράννυμι 282. 48]. 
ἐκέρασα 415. 480, 
κέαιρᾶμαι 418. 

κέρας 199 f. 207. ‚226, 
340. herod. κέρας; 
κέρεοβ 177. 

Κέρκῦρα 166. 

κέρνος 140, 

κεστός 200. 223. 244. 

κευϑμός 820, 

κευϑμών 820. 

κεύθω, κυϑεῖν 414, 

κεφαλαλγία 67. 

κεφαλαργία 67. 

κεφαλή 234. 328. 

κηκίω 128. 

κηληϑμός 820. 

κῆρ "186. 208. 830. 888. 

Κηφισός 88. 

κηώδης 384. 

herod. κιϑαρῳδός 59. 

κιϑών 285. 

κικλήσκογ 426. 486. 

κινέω 439. κινεῖν 112, 
130. 

κίνυμαι 482, 

thess. τὰν κιόναν 880. 

κιρνάω 

hom. κίρνημι 106. 430. 

thess. xıg 366. 

κίσσα 199. 221. 

κιχάνω 298. 
κιχάνω 238. 

κίχημι 425. κιχήσομαι 
889. 


hom. 


xiyonu 425. 
κίω 421. 
κλάζω 488. 
dor. »Adis 98. 
κλαίω 184. 940. 
κλαυσοῦμαι 4θ0. 
κλάω 184. 
κπλάσσαι 456. 
κλεινός 819. 
κλειτύς 268. 
κλέος 369, κλέξος 907. 
840. 


μλεπτίστερος 884, 
κλέπτω 225. 241. κέ- 


29 


450 


κλοφὰα 8 468. 
κεκλεβῶς 496. 
κληίς 198. 884. 
κλῆρος 82]. 
κλητός 180. 
lesb. κλέννω 240. 
χλίνω 307. 225. 940. 
thess. Kiıduuzog 181. 
Κλίταρχος 67. 
κλῖεύς 207. 
böot. Χλίων 181. 
κλοπός 882. 
κλυτός 108. 268. 817. 
κλύω 106. 225. κλῦθι 
484. ἔκλυε 491]. 
κμέλεθρον 255, 
κμητός 118. 258. 270. 
1 


κνέφας 255. 


κνήμη 180. 
τημ 6 820. 


κόγχη ῃ 390. 
κόγχος 216. 272. 290. 


κοινός 246. 824. 
κοῖται 199. 221. 

κολώνη 169. 

κολωνός 169. 

κομίζω, κομιῶ 460, 

böot. πομεττάμενοι 
282. 


κόνις 840. 
xovio 340. 
«χοντα 188. 
κοραπῖνος 807. 819, 
κόραξ 91. 129. 2925, 
dor. Κόρα 288. 
κόραφος 384, 887. 
κορέννυμι 431. 
κόρη 178. 288. 
Kogıvdog 88. 
Κορκυραῖοι 166. 
κόρρη 178. 
x0g0n 140. 287. 
κόρυζα 188. 
»ogvord 806. 
κορώνη 169. 
κοσκυλμάτιον 166. 
κόσμος 148. 244. 
ἐκοτέσσατο Ab4, 
ion. κότερος 222. 866. 
hom. »ovisog ὅθ, 1. 
hom, νουλεόν 56. 


Wortverzeiohnis, 


κουρεύς 287. 

ion. κούρη 288. 

κοχύω 166. 284. 

κραδία 110. 907. 

κράνος 110. 

κράς 272. κρᾶτόρ 118, 
180. 888. 


ἐκεκρατηρίχημες 474, 

κράτιστος 8b2 f. 866. 

κράτος 47. 

χρατύς 268. 

κρέας 209. 840. κρέα- 
τος 889. κρέὰ 881. 

κρείττων 242. δ8δ8 ἴ, 
856. hom. κρείσσων 


κρεμάϑρά 822. 

κρέμαμαι 418. κρέμω- 
μαι 483. κρεμώ 4θ0, 
ἐκρέμασα 480. 456. 

κρέμνον 166. 

thess. κρεννέμεν 178. 

ion. er 242. 858. 

6 


schäisch xgErog 47. 
κρήδεμνον 199. 


χρίμνημε 106. ri 


κρένω 441. 
Κρίταρχος 67. 
xoouvov 166. 
Κρονίδης 310. 
ουμαι 478. 

κρώξειν 9b. 129. 
κεάομαι 199. 921, 257. 
ion. xreavov 177. 
κτείνω 240. 357. 441. 

κτανεῖν 106. ἐκτά- 


ϑης 468. 
κτείς 126. 438. 
lesb. xrevwvo 240, 
hom. κεερεῖξαε Ab4. 
hom. κτεριοῦσι 4θ0. 
hom. κτερίσειεν ABA. 
κείνυμι 88. 
κτίσις 967. 344. 
κείστωρ 885. 


sam. Κναγοψιαίν 99]. 


κυδάζξω 180. 

κυδάλιμος 880. 

κυδάνω 4984. 

κυδιάνειρα 888. 

κύδιμος 890. 888. 

κυδίων 888. 888. 

κυέω 106. 

κύχλιος 834. 

κυκλος 108, 292. 272. 
819. κύχλα 812. 814. 

κυλλός 248. 

κῦμα 180, 888. 

κύμβος 2372. 

Kuvövevs 171. 

κυνέω 483. 

ag 271. F 

r. KuzgoxparıFog 

848. 


Κυρήνη 170. 
κὔριακῦς 826. 

κύρσᾶς 454. 

κύων 289. κυνός 886. 
ion. κώς 222. 


λαγαρός 121. 
λαγχάνω 488. λήξομαι 
889. λελάχητε 497. 
λελόγχαἄσι 402. εἴλη- 
a 465. 


ζα 
λαϑικηδής 888. 
λαϑραῖος 287. 
γαιός 96. 198. 828. 
λακάνη 167. 
λακπάτητος 944, 
λαλίστερορ δά. av 
αμβάνω λήψο. 
μβά 889. 414. λαβεῖν 
414. ἔλλαβε BOB. 
᾿ λαβέ 272. 276. 484, 
λελαβέσθαι 425. εἶ» 
ληφα 465. 
λαμπαδηφόρος 188. 
λήσω, λαϑεῖν, λέληϑα 
4. 


dor. λᾶνος 118. 

“άρισα BB. 

λάσκω 198. 281. 944. 
λεληκώς, λελακυῖα 


λάταξ 884, 


kret, Aara» 880. 


N_ 


λάχνη ὃ 229. 

λαχνήεες 884. 

λάχνος 98]. 

λέαινα 884. 

λέβινϑος 88. 

λέγω 91. 198. 89]. 
Zoo 891]. 416. ἔλεξα 
456. ἔλεκτο 484. 
λέκτο 484. λέξεο 
454. εἶπον 918. 891. 
394. ἔλειπον 162. 
247. εἰπέ 372. 275. 
484. εἶπα 4592. εἶπας 
454. λέλεγα 468, 
εἴλοχα 465. εἴρηκα 
162. 247. 465. 470. 

λειμακίς 887. 

λεῖμαξ 887. 

λειμών 199. 887. 

λείπω 198. 218, 414. 
λείψω 460. λιπεῖν 
414, λίπηται 821. 
λέλοιπα 414. 468. 

λεκάνη 167. 

λέκτρον 822. 

λεοντοκεφαλή 888. 

λεοντοκέφαλος 888. 

λέπας 193. 

λέσχη 197. 844. 

λευκαίνω 448. 

λευκός 100. 2285. 

λεύσσω 441, 447. 

λέχριος 229. 284. 

λεχώ 848. 

λεώς 18ὅ. 

λήγω 121. 

Andavo 484. 

ληίδ- 884. 

λῆνος 281. 

Anto 186. 880. 8485. 

Antoı 880. 

λίᾶν 877. 

λίγα 877. 

λιγυρός 821. 

λίζουσι 488. 

λιϑοβόλος 277. 888. 

λικρεφές 106. 284. 

λιλαίομαι 440. 441. 

λιμήν 887. 

λιμπάνω 488. 488. 

λινδέσθαι 488. 

λιπαρός 823]. 


Wortverzeichnis. 


λίπος 198. 

λίτανος 448. 

λίτομαι 481. λίσσομαι 
242. ἐλλισάμην 89. 

«105 888. 

λογογράφος 271. 

λόγος 816. 

λοετρόν 822. 

hom. ἑλούεον 56. 

λοίδορος 488. 

λοχάω 448. 


Aoıp 186. 
λῴων 866. 


«μα, -ματος 988, 888, 

Μαγνησσα 242. 

μαίνομαι 888. 419. 
441. 447. μανῆναι 
198. 419. 428. 

μακρός 821. 

μάλα 877. μάλιστα 
106. 

μαλάττω 242, 

dor. άλιοι 1δ4. 

μᾶλλον 8δ8. 

μανϑάνω 488. μαϑή- 
σομαι 889. ἔμμαϑες 


895. 
μανία 128. 824. 447. 
uavıxog 128. 
μᾶνότερος 854. 
μαντικός 286. 
μαρασμός 480. 
μάρναμαι 480, 
μάσσων 853. 
μάστιξ 205. 
dor. μάτηρ 98. 
μαχοῦμαι, μεμάχηκα 
416. hom. μαχεού- 
μενον ὅθ. 
μέγας 198. 208. 850. 
μεγάλη 850. 
μέγιστος 883. 
μέδομαι 186. 199, 421. 
ἐμήσατο 186. 


4ὉΣ 


ion. μέζων 125. 858. 

μέϑη 288. 

μέϑυ 269. 847. 

lesb. μεθυέω 282. 

μείγνυμι 481. μίγνυμε 
83. ἔμεικτο 484, 
μιγῆναι. 

μειδάω 286. 

μείζων Ἶ4. 858, 

hom. usitov δά. 


μεῖραξ 288. 884, 

μείρομαι 286. ἔμμορε 
895. 468. εἴμαρται 
465. 468. 

μείων 356. 

μέλαϑροον 255. 

μελαέίνω 448. 

μέλας 288. 

μέλδω 286. 

μελεδών 887. 

μελίνη 898. 

μέλε 91. 223. 880, 

μέλλω 895. 441. μελ- 
λήσω 418. 

μόμηλα 186, 

μέμονα 468, μεμάτω 
484. hom. μεμαότερ 

’ 

-uEV- 289. 

«μεναι 486. 

hom. μενοινάᾳ .448. 
hom. uevoiveov 177. 


“μενος 289. 828. 
μένος 270. 840. 
μενῶ, μεμένηκα 416, 
μερεκός 826. 
μέριμνα 286. 807. 
μερίς 125. 288, 
μεσαιπόλιος 806. 
μεσαίτερος 884. 
μεσημβρία 245. 
μεσόδμη 246. 200. 286. 
810. 
μεσόμνη 246. 
μεσονύκτιος 287. 
μέσος 91. 126. 942, 
894, μέσσος 242. 
μέσσατος 8δὅ. 
μετά c. Gen. 369. co. 


29» 


453 


Acc. 8 296. μετά c. 
Lok, 802. 

hom. μετεκίαϑε ὅθ. 
μετεκέαϑον 489. 


£roov 199. 822. 
dot. μέττω 249. 
el. uevg 880. 


un 868. 
undoueı 186. 421. 


μηνός 94. 148. 880, 
lesb. μηννός 987. 
μείς 78. 
«μην, -uov 837. 
kret. «μην 486. 
μῆνις 844. 
μῆρα, μηροί 814. 
μήστωρ 335. 
ἥτηρ 141. 268. 888. 
om. μητίετα 58. 808. 
μητίομαι 888. 445. 
μητροκτόνος 277. 
μητροπάτωρ 14]. 
μήτρως 849, 
hom. μεάνϑην 402. 
μιαρός 178. 
μεγαζομαι 448, 
μιγάδες 884, 
τὰν 178. 
k „trnezıödontven 


μεῖς 123. 856, 
μιμεῖσθαι 201. 
μιμνήσχω 426. 486, 
μέμνημαι 470. 
ἐν 862. 
m. μένυνθα 448. 
hom. μεινυνϑάδιος 448. 
μνῆμα 956. 
μνηστύς 847. 
kret. μνῴα 255. 
kret. μνῷται 255. 
“μο- 820. 
μογοστόκος 244. 
μοῖρα 125. 240. 988, 
t. μοιχέων 181. 
μολύνω 168. 
uövog 238. 


Wortverzeichnis. 


μόριμος 820. 
μορμολύττω 227. 
μορμύρω 108. 
been μορμών 880. 
ὄρξαντο 
om. ηούλιος 66 
ion. μοῦτος 238. 
ιοὔσα 80 
τα δ δῶ 242. 
μόχϑηρε 276. 
μοχϑίξω 448. 
μυϑολογεύω 448. 
μυϑολογέω 448, 
μύλη 108. 
μυλλω 108. 
μῦμαρ 124. 
μῦύρίοι 271. 
μύρμηξ 108. 
μῦς 112. 228. 280, 
μυχαίτερος 884. 
μυχλός 229. 
moiv 124. 
μώμαρ 124. 
μῶμος 124. 
μῶνυξ 236. 


μῶρος 124. Rule 821. 


μωρὸς 27 


v 988. 


ναί 868. 

«ναι 486. 

ναιετάω 448, 

hom, ναίω 840. 

νάκη 236. 

γναύκλαρος 297. 

ναύκληρος 286. 

ψαύκραρος 286, 

vavg 148. 260. 

Neanolıs 277. 

ψέατος 356. 

νεήλυδες 884. 

νεικέω 446. 

νείφω 88. 220. 286, 

ψεκρός 821. 

ψέχυς 328. 

ψνεμεσάω, νεμεσσάω 
242. 

νέμος 840. 

ψεόζυξ 286. 

veoucı 888. 890. 491. 
459. 


Νεοπτόλεμος 257. 
νεότης 884. 
νεοχμός 882. 

ψνεόω . 

νευρά 270. 
νευρῆφιν 804. 
νεῦρον 270. 
νεύειν 184. 

νεφέλη 228. 828. 
hom. νεφεληγερέτα dB. 
νέφος 340. 

ven 223. 


ion. ψνεῶς 59. 236. 


φήιος 126. 272. 

ψηνέω 186. 

herod. νηός 59. 
Nnenis 316. 

att. N novs 848. 

νητός 94. 

ἔννη 418. 

νίζω 438. 

ψίν 362. 

böot. Νιουμων 848. 

νίπτομαι 488. 

νέφα 286. 888, 

νιφόεις 884, 

böot. Νίων gel. 


μο 
herod. νοσέω 69. 238, 
νόσος 238, 
νόσφι ©. Abl. 806, 
γοὺῦς 188. 286. 
hom. herod. νοῦσος 
59. 288. 
νύκτωρ 889. 875. 
νύμφα 806. 
ψὺν 120. 228. 
gort. νύναμαι 480. 
gort. vivaraı 482. 
gort. νύνανται 482. 
vunrög 108. 
ψυός 105. 986. 
ψυστάζω 125. 184. 
el γνυττί “8. 
ψυχϑήμερον 
νι 860. 
vo 446. 
von ao 448. 
νώνυμνος 125. 199. 


Ἵ . 


er 


ion. ξεῖνος 8 288. 
ξένος 988. 

Kork. Ξένων 288. 
ξήρασμαι 4 
ἐυγηφόρος 8 812, 
ξύλοχος 

ξυνόν 946. 

ξυρόν 228. 321. 


-0- 280. 287. 

6, ἡ, τό 252. 298. 868. 
865. dor. τοί 199. 
288. 863. hom. τοῖο 
940. τοῦ 240. kret. 
τὸς, τὰς, τὸνς, τὰνς 
944͵ 


ὀβελεία 165. 

ὀβελίσκος 165. 

ὀβολός 165. 

ὄβριμος 140. 

ὀγδοήκοντα 870. 

ὄγδοος 871. ὄγδοξος 
102. 


ὄγκος 143. 223. 270, 
272. 


ὄγμος 148, 

ὅδε 868. 

ὁδέ 159. 

6 δεῖνα 867. 

ὀὁδένα 159, 

ὀδμή 890. 

ὀδόντες 165. 

ὁδός 238, 

ὀδύρομαι 166. 441. 

-όξες 884. 

ὄξω 92. 419, 447. 
ὄζον 3894. ὀζήσω 
4181, 460. ὄὥὄξησα 
454. ὥὄζεσα 404. 
ὕδωδα 186. 466. 

09: 880. 

Foi 199. 

οἷδα 231. 415. 468. 


78. ἴδμεν 41δ. εἰ- 
δήσω 41. 419. εἴδο- 
μεν 482. εἰδείην 47. 
ἤδεα 474. non, 474, 

ἤδησθα 474. ἠείδη 
308. 419. ἴσϑι 484. 
ἴστω 484. εἰδώς 


Wortverzeichnis. 


490. ἐδυῖα 240. 807. 
490. 


οἰδάνω 484. 
hom. οἶέτεας ὅθ, 
οἰζυρός 821. 


οἶκος 98. 231. delph. 


Foo 811. 
οἴκει 875. 


lesb. οὐκτίρρω 240. 

οἰκτίρω 83. 240. 

oluog 820. 

οἴνη 98. 369. 

οἰνόεις 884. 

lesb. οἐνομόλησε 369. 

οἰνόφλυξ 222. 

οἰνοχοεύω 448, 

οἰνοχοέω 448. 

oivoy 140. 284. 

ὀΐομαι 240. 

olog 825. 

οἷος 867. 

«οἷος 287. 

kypr. οἷξος 869. 

ὄις 92. 842. 
οἴιες ὅθ. 


olova 208. 

οἴφω 133. 

οἰχνέω 482. 

dor. ὅκα 880. 

ion, on 222. 

ὄκρις 148, 

ὀκτάκις 74. 869, 

ὑκτάπους 74. 

ὀκτώ 92. 102. 251. 260. 
268. 869, herakl. 
ὁκτώ 74. 

ὀκτώπους 869. 

ion. ὅκως 222. 366. 

ὁλαί 168. 238. 

ὄλεθρος 822, 

ὀλείζων 74. 352. 

ὀλετήρ 335. 

ὀλίγιστος 352. 

ὀλίγος 19. 

ὀλισϑάνω 434, 

ὄλλυμι 248. 040 460, 
ὥλεσα ABB. ὅλωλα 
1860. 


οἴκοι, 


hom, 


hom. ὀλοιός 56. 
ὅλος 825. 
ὁλότης 284. 


458 


lesb. ὀλοφύρρω 240. 

ὀλοφύρομαι 240. 

6]. Ὀλυμπίαι 375. 

Ὀλυττεύς 206. 

ὁμαλός 828. 

ὄμβριος 324. 

ὄμβρος 198. 204. 

ὄμιχεῖν 215. ὄὥμιξα 
456. 

ὀμίχλη 898. 

ὄμμα͵ 67. 

ouvvovrov 482. ὁ 
μαι 460. kret. ὀμό. 
σει 482. ὦμοσα 456. 

ὁμόγνιος 196, 140. 

ὁμοῖος 867. 

hom. ὁμοίιον 66, 1. 

hom. ὁμόκλα 
hom. ὁμόκλεον 177. 
448. 


ὀμόργνυμι 169. 198. 

ὁμός 169. 288. 81. 869. 

ὀμφαλός 188. 223. 

ὄναρ 889. 

thess. ὅνε 868. 

thess. ὀνεϑείκα-εν 484, 

ὄνησις 844. 

ovivnu 480. ὔὄναιο 
475. ὀνήσω 480. 

ὄνομα 108. 111. 126. 
199. 198. 888. 


ὀνομάξω 441. 448. 

ὀνομαίνω 441. 448. 

kypr. övv 868. 

ὄνυμα 108. 

ὄνυξ 1. ὄνυχος 108. 

ὀξύη 

ἀξοιμαι 478. 

ὀξύς 148. 168. 

dor. ὁπεῖ 87. 

δπιδ- 884. 

ὀπίξομαι 448, 

ὄπιϑεν c. Abl. 806. 

ὄπισϑε 74. 

böot. ὁπόττα 242. 

rhod. ὅπυς 866. 

kret. ὄπυι 366. 

ὁράω 2831. 283. 891. 
herod. ὀρέω 177.448. 
ἑώρων 895. ὄψομαι 
92. 218. 891. 460. 


454 


ἢ 488 . εἶδον 891. 
δεῖν 104. ἔδμεναι 
486. ἰδεῖν 104. 428. 
ὅἕπωπα 186. 218. 
466. 


ὄργνυια 168. 

ὀρέγνυμι 486. ὀρέξαι 
456. hom. ὀρωρέχα. 
ται 472. 


ὀρέγ ω 480. 

ὀῤθός 168. 231. 238. 

. 888. 

ὀρίγναμαι 480. 

ὁριγνάομαι 106. 480, 
484. 


ὄρνις 880. 

“ὄρνυμι 106. 168. 890. 
480. 48ὅ. hom. 000% 
957. 454. ὄρσεο 484. 

ὄρωρα 136. 466. 

00,30 ς 168. 

ὅρος 238. kork. ὄρος 
288. 


ὀφούω 480. 

ὄρρος 237. 270. 

ὀρρωδεῖν 169. 

ὄρτυξ 884. 

ὀρύχω aal. 

ὀρφανός 218. 

hom. ὄρχαμος 53. 

ὠρχηστύς 847. 

Ὀρχομενός 165. 

ὅς 87. 282, 815. 865. 
.867. 

ὅσος 867. 

ὄσσε 242, 

ὄσσομαι 441. 

ὀστέον 92. 

ὅστις 867. gort. ὄτιμι 
281. 866. gort. 
ὀτείᾳ 218. 866. 

ὀσφραίνομαι 840. 484, 

ὅτε 880. 

gort. ὄτερος 867. 

ὀτρύνω ‚240. 


od, ol, & 236. 869. £ 


kypr. οὐ 159. 

οὐδαμοῦ, 867. 

hom. οὗδας, οὔδεος 
177. 8 


Wortverzeichnis. 


hom. οὐδός 238. 
herod. οὐδός 59. 

οὖϑαρ 101. 214. 264. 
οὐϑείς 258, 


πάντως 972. 

παρά 106. c. Acc. 
296. c. Abl. 300. 

παραί 96. 268. 330. 

παράπαν 278. 

παρϑένος 220. 234. 

παρϑενών 887. 

Παρνασσός 33. 

πάρος 106. c. Abl. 
306. 


gort. παρωϑέν 231. 
πᾶς 265. πᾶσα 242, 


ion. οὐλαί 288, 

hom. οὐλαμόν 66. 
hom. οὐλόμενον 66. 
hom. Οὐλύμποιο 56, 
hom. οὔνομα 56. 59. 
οὕπω 141. 868. 


οὐρά 987. 970. thess. πάνσα 242. 
lesb. παῖσα 9849. 

hom. οὔρεα ὅθ. dor. πάσασϑαι 180. 

(Floveso 237. 199. 221. 258. 


οὐρίαχος 237. 

ion. οὖρος 288. 

οὖς 272. 8897. ὠτός 
839. 


πασίφιλος 277. 
πάσσαλος 198. 

ion. πασσων 358, 
πάσχω 197. 234. 486. 


οὗτος 864. οὕτως 272. πείσομαι 414. πα- 


811. 864 ϑεῖν 889, 414. 498, 
ὀφειλήσω Alb. ὦφελ-͵ πέπονθα 414. 468. 
λον 894, lokr. warden 173. 

αλμός 389. πατέομαι 
Fra PO ie πατήρ 95. 136. 251. 
ὀφρύς 883.846. ὀφρύ- 268.385. πάτερ 276. 
os 106, 833. πάτριος 106, 126. 


πατρίς 388. 
πατροκτόνος 271. 
πάτρως 332. 849. 


ὀχέομαι 231. 4δ0. 
ὀχετηγός 187. 


ὀχέαν 
0708 218, 231. παύειν 184. 

öw 888. kypr. Παφίιας 232. 
-oy 284. παχυλός 898. 
ὄψιμος 820. πεδά 296. 833. 


πέδον 186. 288. 8314. 


ἧς 106. 126. 342. 
πάγιος 198. vs 6. 342 


παιδίσκος 896, 

παῖς 272. παῖ 258. 

πάλαι 918. 

παλαιός 287. 

“ταλαίτερος 884. 

πάλλαξ 243, 

πάλτο 454. 

dor. πᾶμα 199. 221. 

böot. τἀππάματα 180. 
221. 258. 


don. zei 811. 875. 

πειϑα 348. 

πείθω 97. 234. 414. 
πείσω 249. ἔπεισα 
242. πιϑέσϑαι 414. 
σίϑηται 480. mE 
ποιϑὰ 414. 468. 


thess. πεῖσαι 221. 
böot. Πειλε-στροτίδας 


πανδαμάτωρ 888. 221. 
πανδημεί 311. nsıvam 446. 
Πανόψια 221. πεῖρα 188. 


Οὐρανίων 837. 


παντοῖος 867. πειράξω 448. 


- wi 


ye 


σείραρ 8 889. hom. 


πείρατα 125. 887. 

περάω 448. πεπείρη- 
μαι 468. 

Πειρήνη 170. 

“εἴσμα 234. 

“ἔκειν 908. 

σεχτέω 488. 

ἐπεξάμην 456, 

πελαζω, 418. ἐπέλασα 
480. πελάσσετον 
454. πλῆτο 418. 
438, 426. 

πέλας 199. 

πέλεθρον 822. 

πελεκκάω 288, 

σαέλεκυς BAT. 

πελιός 27]. 

πέλλα 948. 

8680}. πέλλῦτρον 348, 

ἸΙελοπόννησος 286. 
248. 


hom. πέλει 53. hom. 
πέλεται 58. 222. 

hom. πέλωρ 58. 389. 

πέμμα 248. 

πεμπάς 218. 

πέμπτος 218. 371. 

πεμφρηδών 90]. 

στένης 884. 

πενϑερός 234, 

πένϑος 294, 

πενία 824. 

πεντάκις 78. 869. 

πεντάμνουν 869. 

πενταξός 872. 

πέντε 91.218.221.3869. 

πεντεβάλανος 869. 

πεντέδραχμος 869. 

πεντέπους 869, 

“πεντήκοντα 870. 

στέος 190. 

σπεπαίνω 448. 

πεπτός 817. 

πέπτω 488. 

περαίνω 888. 

περαίτερος 8ὅ4. 

πέραν 877. 

περάω 480. 

πέρδομαι, 888. 414, 
421. ἔπραδον 414, 
421. 


Wortverzeichnz. 


ἔπερσε 249, 
πέρι 274. 0. Gen. 299. 
6. 460. 390. c. Lok. 
808. c. Abl. 800. 
περιβαίνω 384. 
περιίστημι 884, 
περικτίται 808, 
περιπλομένων 218. 
περισκέπτομαι 884, 
περιτελλομένων 318. 
περιχέω 884. 
πέρνημι 480. 488. 
σέρυσι 875. 882. 
lesb. πέσσυρες 68, 221. 
12000, πέττω 249.488, 
441, ἔπεψα 456. 
πέταλον 828. 
πέταμαι 415. 418. 
πτῆναι 415. 426. 
πετάννυμι 481. ἐπέ- 
τασα, πέπταμαι 418, 
470. 


πέτεσθαι, πτέσθαι 198, 

thess. Πετϑαλός 285. 

πετραῖος 824. 

böot. πέτταρες 929]. 
238. 


zevdoun 100. 284. 
πεύσομαι, ἐπυϑό- 


πεύκη 100. 

πήγνυμι 198. 481, 435. 
παγῆναι 123. dor. 
πέπαᾶγα 98. 

πηκτός 817. 

πηλίκος 866 f. 

πηλόδομος 888. 

πηλοδόμος 885. 

hom. πήλυι 68. 221. 

πῆμα 248 f, 

lak. πήποκα 141. 868. 
877. 


πῆρος, πηρός 272. 
πήγυς 272. 847. 
πιαζω 178, 

πῖαρ 887. 889. 
πιέζω 178. 

πιερός 271. 

πικρός 321. 
πίλναμαι 248. 480. 
“«ιλνάω 480. 
πίλνημε 106. 


πιμπλάνω 498. 
πίμπλημι ϑ' 94. 281. 415. 
428. πίμπλᾶ- 
μὲν 428. πλῆτο, 
ἐμπλήμενος 418. 
πίμπρημε 425. πίμ- 
πρᾶμεν 498. 
zloucı 889. 491. 480. 
482. πίει 484. nid: 
484, lesb. dor. πῶ 
874, 484. πωϑιι 484. 
πιπίσκω 198. 
πιπράσκω 480. 436. 
πίπτω 488. hom, xs- 
σέομαι 460, πεσοῦ- 
μαι889. ἔπεσον 454. 
πίδσα 104, 249. 
πίστις 205. 
hom. πίσυρες 58. 106. 
125. 205. 869. 
zırveo 106. 
σπίτνημι 106. 
πίτνω 484. 
πίτυς 346. 
πιτυώδης 284. 
πίων 889. πίξων 887. 
πλάξω 244. 483. 
πλάϑανον 216. 
äol. πλάϑος 180. 
«πλάσιος 872, 
σλεῖν 856. 
hom. πλεέω 56, 1. 
πλείων, σλεῖστος 856. 
σλέκω 208. 225. πέ- 
πλοχὰ 472. 
πλήγνυμι 481. 
πλῆϑος 281. 
πληϑὺύς 281. 
4.700 281. 439, 
πλήν Oo. ὦν! 806. 
πλήρης 
πλησιαίτερος 8ὕ4. 
πλησίον 129. 
πλήττω 242. 441͵ 
kret. πλίανς 181. 
σλίνϑος 198. 
kret. πλίονα 181. 
πλόκος, πλοκή 814. 
“πλόος 872. 
πλούσιος 208. 
πλοχγμός 229, 820, 
hom, zvsio 56, 1. 


456 


hom. zvoın 8 ὅθ, 

ποδαπός 868. 

ποδήνεμος 187. 

x00:V 866. 

ἐπόϑεσα 454. 

#00 270. 812. 

πόϑι 866. 886, 

πόϑος 234. 270. 819. 

ποίὰ 179. 325. 

ion. ποιήσει 482. ποεῖ, 
ποήσω 184, 

ποικίλος 271. 

ποιμήν 124. 186. 261. 
468. 989. 887. 

ποίμνη 289. 

ποινή 98. 218. 268. 

ποῖος 824. 867. 

dor. πόκα 880. 

πόλεμος 257. 

el. πόλερ 178. 

πόλις 257. 

πολλάκις 292. 258. 
866. πολλάκι 258. 

πολλός 78. 

πόλος 218. 222, 

φολυδήνεα 268. 

πολύς 106. 168. 847. 
850. πολλή 350. 

πομπεύς 848. 

hom. ἐπόνησα 454, 
ion. ἐπόνεσα 454. 

πόνηρε 276. 

hom. πόρδαλις 58. 

πορϑμός 820. 

πορνάμεν 480. 

äol. πόρνοψ 173. 

kret. πορτι 297. 

πορφύρω 425. 

«σις 92. 205. 808. 

0005 249. 866 ἴ, πόσ- 
cos 242. 

πότε, ποτέ 25. 91. 
218. 880, 

ποτέομαι 450. hom. 

ποτέονται 177. 448. 

πότερος 218. 864.866 f. 

ποτήρ 835. 

dor. ποτί 44, 1. 296. 

ποτίστατος 354. 

πότμος 218. 

σιότνια 92, 126. 807. 

“οὔ 366. 


Wortverzeichnis. 


hom. Πουλυδάμας 56. 
nous 282. 880. 832. 
ποσί, ποσσί 242. 
kret. πράδδεϑϑαι 949. 
πράσσω 441, 

herakl. πρασσόντασσι 


487. 
dor. πρᾶτος 856. 
πρέσβα 807. 
«ρέσβεια 807. 
πρεσβεύς 848. 
σρεσβίς 807. 
πρέσβυς 348. 
Πριαμίς 810. 
πρίν c. Abl. 306, 
πρό 203. 252. c. Gen. 
299. c. Abl. 300. 
προβαίνω 884. 
προβλής 288. 884, 
πρόβλητος 888. 
σροδέίδωμι 884, 
πρόδοσις 277. 
πρόδοτος 977. 
gort. προ-}ειπάτω 
452. 
hom. προϑυμΐῃσι 56,1. 
zooinu 884 
προῖκα 878. 
σ“ροκαλίξομαι 448. 
πρός 125.251. ο. Acc. 
296. c. Abl. 800. 
c. Loc. 802. 
προσαίτης 248. 
πρόσϑε 74. 
πρόσϑε, πρόσϑεν 258. 
πρόσφυξ 447. 
πρόσω, πρόσσω 342, 
877 


προτέρω 856. 

πρότι 20]. 

mess. προτίϑηντι 482. 
προφέρω 884 
πρόφρασσα 836. 
πρυμνός 125. 288, 887. 
πρῶϊος 824. 

kypr. Πρώτιξος 848. 
πρῶτος 855. 871. 
σταξ 880. 

πτάρνυμαι 48], 
πτέρνα 148. 807. 
πτέρυξ 292. 

πτίσσω 488. 


πτόλεμος 287. 

kypr. πτόλιξι 848. 

πτόλις 257. 

πτυξ 447. 

πτυσσω 241. 447, 

arvyn 941. 

πτύω 105. 199. 203. 
241. 

πτῶξ, πτακός 888. 

πτωχός 148. 


πύνδαξ 198. ] 

πυνϑάνομαι 488. πύ- 
ϑηται 480. 

zuvvog 248. 

πύξινος 819. 

syrak. zus 866. 

πύστις 344. 

πώμα 123. 

dor. πώς, πός 880. 

πωτάομαι 448. 

πὦὺ 124. 847. 


herod. dawmöog 59. 
böot. ῥέδδω 242. 
ἐεϑροον 822. 
ἕζω 188. 193. 231. 
242. 441. 447. 
ῥέϑος 193. 
ῥέω 286. 416. ἔρρεον 
895. ῥυήσομαι 416. 
δυῆναι 423. 
Fonyuiv- 319. 
önyvvuı 121. 281. 481. 
ῥαγῆναι 121. 419. 
469. ἔρρωγα 469. 
herakl. ἐρρηγεῖα 
490, 
ἵτερος 354. 
nv 886. 
ῥηξήνωρ 14]. 
hom. ῥήσσω 419. 
kypr. Fonte& 281. 
δήτωρ 231. 835. 
ιγηλός 271. 
ıylov 128. 
iyoo 446. 
la 231. 
iugpa 220. 


M__. 


u ἮΝ Δα 


δίν 8 78. 
böot. δίοντος 181. 
ἔρριπτον 895. 
ῥίς 78. 
kork. ρλοξαῖσι 286. 
ῥοδοδάκτυλος 360. 
bon 270. 
6005 270. 
“ρος 321. 
SE 236. 
σμός 820. 
6örog 140. 
ῥδώννυμι 481. ἔρρωμαι 
478 


ὁώξ 888. 
ῥωχμός 820. 


meg. σά 366. 

σάκος 238. 
Σάμινϑος 88. 

böot. Σάμιχος 242. 
lesb. Σάπφων 880. 
Σάραπις 167. 

σάρξ 126. 

σάφα 148, 877. 
σαφής 148. 

σάω . 

böot. Σαώνδας 810. 
σβέννυμι 236. 281.431. 
lesb. Σδεύς 242. 


«σε 880. 

σέβομαι 242. 888, 

σείω!88. ἐσσείοντο 89. 

σέλας 886, 840. 

σελήνη 236. 819, . 

σέλμα 199. 

σεμνός 246. 

Σέραπις 167. 

σεῦτλον 822. 

σεύομαι 888. hom. 
ἔσσευα 452.454. ἔσ- 
oevs 242. ἐσύϑης 
404. 


σῆμα 242. 
ion. σήμερον 242, 368, 
878 


ons 272. 
σῆτες 868. 
«σθαι 405. 
σθένος 970, 
σίαλον 178. 
σίγάω 236. 


-----...-ο... 


W ortverzeichnis. 


σιδήρεος 884, 

σίελον 178. 

σιναρός 245. 

σινδρός 245. 

lak. σιός 82. 

σῖτος, σῖτα 819, 

σκάζω 216. 

σκαιός 96. 216. 

σκάλλω 441. 

ἐσκέδασα 480. 

σκεθϑρός 284. 8229. 

σκελετός 130, 

σκέπας 177.840. σκέπὰ 

σκῆπτρον 123, 

σκιά 106. 916, 968. 
809 1. 

σκιακός 826. 

σκιαρός 178. 

σκίδναμαι 480. 

σκιερός 178, 

σχΐπων 128. 

dor. σχλᾶρός 180. 

σκληρός 180. 821. 

σκολιός 271. 

σκότος 228. 

σκῦτος 112. 140. 

σκώψ 833. 

σμερδαλέος 286. 

σμερδνός 236. 

σμήχω 382. 

σμίλη 286. 

σμύχγω 286. 

σοβέω 242. 4δ0. 

σομφός 286. 

σός 125. 238. 867. 

σοφός 148. 169. 

σπαίρω 240. 44]. 

σπαρτός 110. 

hom. σπεῖορ, σπήεσσι, 
σπὴϊ 182. 

σπένδω 92. 208. 228, 

σπέρμα 199. 820. 

σπεύδω 10]. 

σπλήν 208. 887. 

Σποδίας 159. 

σπονδή 92. 

kret. σποξδδάν 19, 

σπουδή 10]. 

στάδιοι, στάδια 812. 

σταϑμός 282. 820. 

σταϑμοί, σταϑμά 812. 


457 


dor. στάλα 248, 

1680. στάλλὰ 248. 
«στάλσις 110. 
στάμνος 828. 
kret. σταρτοι 110, 227. 
στάσις 844. 

ὁτατός 109. 121. 968. 


817. 
στέγω 198. 
ion. στεινός 288. 
στείνω 44]. 
στείχω, στιχεῖν Alb. 
42] 


στέλλω 441. στελώ 4θ0. 

στέμβω 198. 204. 

στέμμα 243. 888. 

στενάχω 282. 

στενός 238. 

στενότερος 188, 8064. 

στερίσκω, ἐστέρησα 
123. 416. 48θ, 

στέρνον 140. 

στερρός 192. 

(σγτέρφος 840. 

στεῦται 140. 

στεφανηφόρος 188. 

στήλη 248. 

στήμων 887. 

στίβη 180. 

στιξα 456. 

στῖφος 180. 

στιφρός 229. 

στοά 184. 

στόρνυμι 106. 168, 480. 

στορέννυμι 205. 481. 

στράβων 887. 

στρατός 181. 137. 188. 
271. 

böot. oreorog 178. 

lesb. oroorog 178. 

στροῦϑος, στρουϑός 
272 


στρῶμα 125. 288, 338, 

στρωμνή 125. 

στρώννυμι 481. 

στρωτός 181. 317. 

στωφάω 448 

στύγιος 824. 

orvyvog 818. 

στῦλος 180. 216. 272 
888. 

στύσαι 180. 


σύ ὃ 105. 120. 906. 
861. σέ 199. 

συβώτα 80θ. 

delph. συλέοι 448. 

elph. συλήτω 448. 

συμπληγάδες 884. 

σύν, ξύν ο. Instr. 808, 

«συνὴ 819. 

συνο- 819. 

dor. συρίσδες 401. 

äol. σύρξ 126. σύρκες 
205. 


συσκευάζειν 944. 
συχνός 205. 929. 
σφάγιον 894. 
böot. σφάδδω 248, 
σφάξω 242. 
σφάλλω 44]. 
σφαραγέομαι 216. 
σφέλας 

σφέτερος 867. 
σφίδη 216. 
σῳφόγγος 228, 


2 

σχίζω 86. 16. 
σχινδαλμός 488. 
σχοῖνος 98. 998. 
σχολαίτερος 884. 
σωρός 180. 


«το 288. 884, 

τεταγών 206. 

τάλαρος 821. 

hom. ταλαύρενος 58. 

ἐτάλασσα 118, . 
τελάσσαι 456. ἔτλην 
205.418.423. τέτλα. 
μὲν 470. τέτλαϑι 
181. 470. 

τάμνω 8. τέμνω. 

τανταλίξω 201. 

τάραξις 844. 

ραράττω 242. 

ττααχή 234. 282. 

thess. ἐτάξα-ιν 454. 

τάτόν 168. 

τατός 111. 

ταῦρος 99. 

τάφος 284, 

τάχα 877. 


Wosbrerseichnis. 


ταχύς, θάσσων 284. 

τέ 91. 218. 2921. 868. 

re 218. 

τέθριππον 288. 

dor. rei 99. 811]. 

dor. reide 878. 

ἐτάϑης 458. 

kret. reiov 866, 

Τεισαμενός 88. 

Τεισίας 88. 

τεῖχος 97. 284. 

rein 218. 

τέκνον 199. 972. 

τέκταινα 126. 240.807. 
887. 


τέκτων 2357. 887. 

τελαμών 180. 

hom, τέλειος 182. 

hom. ä&ol. τελείω 240. 
441. 446 


τελέω 446. τελώ 240. 
ἐτέλεσα 454. 

hom. τελήεις 182. 2386. 

τέλλει 218, 

τέλος 218. 

τέλσον 987. 

τελούριον δ8. 

ἐμαχος 129. 480. 

τέμνω 8. 480. dor. 
τάμνω 78. 416. 480. 
484, τεμῶ 416. τα- 
μεῖν 106. τέτμηκα 


“τερ- 289. 

herod. τέρας, τέρεος 
177. 840. 

τερέβιψϑος 88, 

τέρετρον 129, 822. 

τέρμα 140. 389. 887 ἢ, 

τέρμων 289. 887, 

«τερο- 286, 

τέρσομαι, τερσῆναι 
419, 

τερύσκω 124. 

Τερώνη 165. 

τεσσαράβοιος 940. 324. 

ur ,τέσσαρες 9288, 


ion. τέσσερες 288. 


τέταρτος 871. 

Ereruov 218. 

dor. reroges 44. 869. 
τετρα- ΣΝ 

τετραξό ς 8728 

τετράπους 888, 
τέτραχα 372. 

dor. τετρώκοντα 370. 
τετταράκοντα 810. 


τέτταρες 58. 125. 208. 


218. 288. 869. 

τεύχω 409. 

hom. τέως, znog 188. 

τῇ 368. 

τῆλε 218, o Abl. 800. 

Τήλεκρος 

τηλικόσδε 867. 

τηλικοῦτος 864. 

τηλόσε 58. 

τήμερον 242. 868. 

dor. τηνεῖ 811, 878. 

τηνίκα 880. 

τῆνος 868, 

dor. τηνῶ 874. 

τῆος 253. 272. 

-rno 288. 

-rnoıov 286. 

«της 810. 

“τητ- (-tär-) 284, 884. 

τῆτες 868. 

τετίημαι 218. 

τίθημι 214. 425. 498. 
dor. ridevrı 498. 
ἐτί-θης 458. τυθέτω 
484. ϑήσω 94. ἔϑη- 
κα 94. 468. ἔϑεσαν 
452. Des 479. 484. 
hom. εὐϑήμεναι ὅθ. 

τίκτω 438. 

τεκεῖν 199. 

ach. τιμά 221. - 

τιμάω 88. τιμέω 448. 
6]. τιμώστων 488. 

τιμή 88. 289. 

kypr. Τιμοχάριξος 
848. 


rivo 125 f. 218. 288. 
432. 484, είνυμι 
88. τινύμεναι 288, 
τινύμενος 125. τεῖ- 
σαι 88. 


-RA____. 


͵ 


τ - vv -- --. ----. 


----- — 


Τίρυνς 8 88. 

τίς 218. 221. 866. 
thess, rıg 222. 

τίσις 205. 

τιτρώσκω 124. 

τιτύσχομειι νων 

τλή μων 

τλῆτός 118. 180. 

«τλο- 822. 

ἕτμαγον 181. 

«το- 988. 817. 

τοῖος 824. 867. 

τοιοῦτος 864. 

τοκεύς 848. 

τόμος 270. 816. τομός 


970. 
τομή 970. 810. 
τοξοσύνη 819. 
τοξότα 806. 
τορύνη 168. 
Τορώνη 16, 
-tog 880. 
τόσος 58. 242. 867. 
hom. lesb. τόσσος 
58. 242. 
τοσοῦτος 364. 
dor. τουτεῖ 875. 
dor. rovro 874. 
böot. τραπέδδας 342. 
τράπεζα 807. 982. 
τράπηξ 844. 
τραῦμα 134. 


πρεῖς 206. 282. 848. 


369. τρία 881, 
τρεισκαίδεκα 870. 
τρέμω 188. 
böot. τρέπεδδα 178. 
τρέπω 218, ,414. 421. 

dor. τράπω 491. 

τραπεῖν 110. 414. 

421. 428. τέτροφα 

414, ἔτρεψα 4θ. 

hom. τετράφατο 

472. 


τρέφω, ϑρέψω 284. 
en 476. τέτρο- 


a4 
dor. : τράφω 421. 
τοῦ ὦ, ϑρέξομαι 284. 
ὦ 190. ἔτρεσα 454. 
hom. τρήρων 286, 
τρητός 129. 


Wortverzeichnis. 


τριάκοντα 198. 870, 

τριακόντερος 165. 

τριακόντορος 165. 

τριακοστός 244, 

ion. τριήκοντα 870. 

τριξός 

τριοττίς 249. 

τρίπους 277. 888. τρί- 
ποδα 92. 

Τριπτόλεμος 165. 257. 

Toımrölouog 168. 

τρίς 872. 

τρισκαίδεκα 278. 870, 

τρισσός 372. 

τρίτατος 356. 

τρίτος 871. 

τριχϑά 872, 

τριώβολον 165. 

-rgo- 822 

τρομέω 4δ0. 

τρόμος 815. 

ττρον 288. 

τρόπις 844. 

τρύπος, τροπή 814, 

τρόπος, τροπός 270. 

τρόχος 315. 

700208, τροχός 270. 

τρυ-φάλεια 120. 


τρωχάω 448. 

τῦ 120. dor. τύ 208, 

τυγχάνω 421. τεύ- 
ξομαι 889. 460 f, 
τυχεῖν 421. 461. 
τετύχηκα 416. τετυ- 
χηχκώς 47]. 

Τυδεύς 848. 

att. Τυδυς 848. 

oA 180. 

τύπτω, ἑτύπην 419. 
τυπτήσω 4]ῦ. 

τυφλός 828. 

τυφλώφ 448. 

τυφλώσσω 448. 

dor. τῶδε 874. 

ark. τωνι 868, 

hom. zog 253. 868. 


ὕαλος 178. 
ὑββάλλῳ 248. 


688. Ὑβρέστας 178. 


Eos 272. 
ὕδωρ 168. 206. 839. 
ὕδατος 889. 


ὑμεῖς 54. 232. 236.861. 

ἦμε εδαπός 8θ0. 
ὑμέτερος 854. 867. 

ὑμήν 286. 270. 

7 μηττός 88. 

hom. ὕμμες ὅ8. 

hom. ὕμμιν 54, 2. 

ὕμνος 236. 


ὑπασπίδιος 824. 
hom. ὑπείροχος δθ. 
herod. ὑπείροχος 59. 
ὑπέκ 977. 
ὑπέρ 153.830. c. Gen. 
299. c. Acc. 296. 
ὑπείρ 66. 251. 
ὑπεράᾶης 180. 
ὑπερβαίνω 884. 
ὑπέρμιορον 278. 
ὑπέρτερος 8ὅ4. 
ὑπερχέω 884. 
ὑπισχνέομαι 432. 
ὕπνος 108. 
ὑπό c. Gen. 299, ο. 
Acc. 296. c. Abl. 
300. c. Lok. 802. 
ὑπόδημα 888. 
ὑπόδρα 253. 
ὑπόκκινος 248. 
ὑποτίθϑημι 884. 
ὑποχείριος 824. 
-voog 821. 
εὔρος ς 821. 
ös, ὑός 112. 888. 
ὑσμένη 819. 
ion. Ὑστάσπης 168. 
ὕστατος 855. 
ὕστερος 188. 
ὑφαίνειν 218. 
ὕφασμαι 473. 
ὑψίτερος 8ὅ4. 
φαεινός 236. 819. 


460 


φαιδρός 8 321. 
φαίνομαι, ἐφάνην 419. 
Day 240. φανῶ 


φαιός 490. 
φαλαγξ 884. 
φαλίζεε 220. 

αλλός 243. 

or. φὰμί 93. 154, 
φάνός 158. 
el. φάρην 173. 
φάρκτεσϑαι 488. 
φάρυγξ 74. 
φάσκω 486. 
φατειός 491. 
ραν m 235. 

ς 220. 

φέβομαι 188. 199. 222. 


ion. φεόγειν 81. 

φερε-σσακής 238. 

φέριστος 853. 

Φερσεφόνη 235. 

hom. φέρτερος 221. 

φέρτρον 133. 270. 822. 

Fe 92. 213. 891. 

φέροντε 9. 

φέρων 330. φέρου- 
σα 802. φερόντων 
484. hom. οἴσω 891. 
hom. οἷσε 454, 482, 
ἤνεγκον. 391. 498. 
427. ἤνεικα 408. 
454. ἔφερσεν 484, 
ἐνήνοχα 466. ἐνή- 
νεγκται 466, 

böot. Φέτταλος 988, 

φεύγω 188. 199. 218. 
223. 421. φεύξομαι 
889. 460. φευξοῦ- 
μαι 460. φυγεῖν 
421. hom. σπεφυ- 
ζότες 441. lesb. 
πεφυγγών 488. 


φϑάνω Se ‚482. 434, 
hom. φϑάνω 238, 
φϑθείρω 88. 441. φϑέρ- 


Wortverzeichnis. 


σαντες 454. ἔφϑορα, 
ἔφϑαρμαι 468. 
φϑεισήνονγο 88. 
φϑείω 88. φϑέεται 
480. 482. 


φϑινύϑω 288. 482. 
φϑίνω 257. 482. 484. 
hom. φϑίνω 158. 
ἰσήνωρ 14 
aan 178. 
φιέλη 178. 
hom. φιλομμειδής 286. 
φῖτυς 847. 
φλάω 2Öb. 
456. 
φλέγμα 888, 
φλεγμονή 289. 
φλέγειν 218 
φλέψ 222. 
φλίβω 358. 
φλογμός 289. 
φλόξ 888. 
Φλυήσιος 179. 
φνεί 255. 
φοβέομαι 460. 
φοβέω 450. 
φόβος 315. 
herod. φοιτέω 177. 
φονεύς 848. 
φόνος 220. 81, 
φορεύς 848. 
φορέω 480. 
φόρος 92. 
φορός 288. 
-pog 284. 827. 
φφαδής 840. 
φράδμων 837. 
φράζω 419. 447. 
φρατήρ 74. 
φράτωρ 885. 
φρέατος 889, 
φρήν, φρασί 886, 
φρήτηρ 268. 
el. φυγαδείω 441. 448, 
φυγάδες 884. 
φυγγάνω 433. 
φυγή 108. 
lesb, φυίω 282. 
φύλλον 108. 241. 
φύὕύλον, φυλή 270. 898. 


φλάσσαι 


φῦμα 269. 888. 
φύξιμος 890. 
φυσίζοος 14]. 
φυσικός 286. 826. 
φύσις 140. 
ἱρὸν. 140. 

418, πεφύκᾶἄσι 


φωνή 148. 

φώρ 288. 815. 888. 

φῶς 272, 840. φωτός 
889. φωσίέ 242, 

φώς 272. 


χαίνειν 215. 

χαίρω 890. 441. 447. 
χαιρήσω 418 f. 460, 
χαρῆναι 123. 129. 
419. 423. 

χάλαζα 118. 198. 

χαλέπτω 841. 488. 

χαλίφρων 888. 

Χάλκας 235. 

χαλκεύς 848. 

Χαλκηδῶν 235. 

χαλκός 235. 

χαμαί 106. 215. 257. 
880. 888. 

χανδάνω 488. κχγείσο- 
μαι, χαδεῖν, κέχονδα 
414, 


χαρίεις 123.830. χαρί- 
εσσα 242. 

χαριέστερος 286. 

χαρίζομαι 419. 

χάρεν 294, 878. 

χάρις 128. 419. 447. 

χάσκω 199. 

χεσοῦμαι 460. 

χεῖλος 236. 824. 

χεῖλος 236. 

χεῖμα 270. 837. zei. 
ματος 888. 

χειμάξω 448. 

χειμερινός 287. 

γειμάν 270. 887. 

χειρίων 866. 

χείρων, γείριστος 856. 

χείρων 88. 

80]. χέλλιοι 106. 986. 

hom, γερείων 182. 856. 


Nm 


1_ 


δ 


- τ. 


In u 


en 


hom. χέρηες 183. hom. 
χέρηϊ 
Ze τῷ, 
χέρνιβα 
888. 
Kenn 184. 452. 454, 
ἔχεα 184, 454, ἐχύ- 
404, 


Ins 
ἦν, χηνός 287. 
77»» ὧδ, 


Zeile 271. 328. 
χϑές 91. 215. 257.875. 
χϑεσινός D 287. 

χϑιξός 1 

00V 968, "257. 887. 
χίλιοιϑ80. 106. 272.370. 
Χίρων 8 

χιτών 2885. 

χιών "108. 215. 253. 
κέχλαδα 118. 

χλαῖνα 240. 807. 


χλιαρός 178. 
χλιερός 178, 


Wortverzeichnis. 


χναύειν 184. 265. 
χοιρίσχος 826. 
χολάδες 884. 
χόλος, χολή 814. 
χρυ και δ 888. 


ἣν 6 
ΤΩ, 82, 
χρύσειορ, χρύσεος 884. 
χρυσόϑρονος 277. 
χρῶ 446. 
χρώς 186. 
χύτλον 822. 
χώομαι 888. 
χωρίς c. Abl. 800, 


ψαλτοια 807. 
ψάμμος 248. 

ψαύειν 184, 

ψευδής 268. 270. 840. 

ψεῦδος 970. 


ψήρ, ψαρός 888. 
982. 


ΑΝ 178. 
ψίεθος 178. 


461 
| ψυποπομπός 277. 
ΠῚ 481. 


dor. ὦ 874. 
«ὅδης 284, 
ὦκα 871. 

ὠκυπέτα 806. 
ὠκύς 9ὅ. 268. 847. 
ὦὁμηστής 188. 
ὠμοβρώς 884. 
ὦμος 186. 148. 987. 
τῶν, τοντος 834. 
gort. ovav 281. 
ὠνέομαι 199. 
ὠνή 7 270. 
νητής 810. 
ὠνητός 817. 


ὦνος 281. 270. 272. 
814. 


dor. ὦπερ 874. 
εἷς 6. Acc. 296. 
ὥς 253. 

ὡς 868. 

εἷς 811. 868. 
hom. αἷς 253. 


462 


Verzeichnis der wichtigern Abkürzungen. 


abg. = altbulgarisch, 
ags. = angelsächsisch. 
ahd. = althochdeutsch. 
a1. = altindisch. 

air. = altirisch. 

aisl. = altisländisch. 
&0l. = äolisch, 

ar. = arisch. 

ark. = arkadisch. 
arm. = armenisch. 
as. —= altsächsisch. 

av. avest. — avestisch. 
böot. = böotisch, 

d. = deutsch. 

delph. = delphisch. 
el. = elisch. 

gort. = gortynisch. 
got. = gotisch. 

gr. = griechisch. 


Athen. Mitt. s. S. 11. 

BB. 5. 5. 4. 

ΒΟΗ. 5. 5. 11. 

BSGW. = Berichte der sächsi- 
schen Gesellschaft der Wissen- 
schaften. 

Co. 5. S. 31. 

Curtius Verb.? 5. S. 9. 

F. = Femininum, 

Gr. Ὁ. = Griech. Dialekte 5. S.9. 


herakl. = herakleisch. 
hom. = homerisch. 
idg. = indogermanisch. 
ion. = ionisch. 

kelt. = keltisch. 
kret. = kretisch. 
kypr. —= kyprisch. 

l. = lateinisch. 

lak. = lakonisch. 
lesb. = lesbisch. 

lit. = litauisch. 

lokr. = lokrisch. 

meg. — megarisch. 
mess. = messenisch. 
osk. = oskisch. 

rhod. = rhodisch. 
thess. = thessalisch. 
umbr. = umbrisch, 
ved. = vedisch. 


Gr. Gr. = Griech., Grammatik 
8. 8. 6. 

Herm. s. 8. 10. 

Hes. = Hesych, 

IF. 5. 8.4. 

I2.s.8.4. 

Kretschmer Einl. = Einleitung 
in die Geschichte der griech. 
Sprache 18%. 

Kühner-Blaß 8. 8. 6. 


TE 


Nachträge und Berichtigungen. 468 


KZ. 5. 5. 4. | R. == Reduktionsstufe s. S. 87. 


M. = Maskulinum. RhM. s. S. 10. 

Meisterhans 85. δ. 9. S. = Schwundstufe s. S. 87. 
MU. 5. 5. 5. Schulze QE. 5. 8. 9. 

N. = Neutrum. | V. = Vollstufe s. 8. 94. 
Phil. 5. S. 10. 


Nachträge und Berichtigungen. 


83. Von dem in Aussicht gestellten Abriß ist jetzt die erste 
Lieferung erschienen: Brugmann Kurze vergleichende Grammatik 


‘der idg. Sprachen. 1. Lief. Einleitung und Lautlehre 1902. 


S.4. Kuhns Zeitschrift wird jetzt von E. Kuhn und W. Schulze 
herausgegeben. 

S.8. Von L. Meyers Handbuch der griech. Etymologie sind 
Bd. 2 (1, au, εἰ, 01, v, av, Ev, 0v, %, auch £&, x, auch ψ, τὴ und 
Bd. 3 (γ, ß, δι, &, 4, 9, 9) erschienen. 
. 25 Ζ. 11. Σάμενϑος. 
37 2. 3 1. τηλόσε statt τήλοσε. 
38 2. 3 1. κρείσσων statt κρείττων. Z. 81. ἤν statt ην. 
77 2.1 v. u. *öydoFog statt ὄγδοος. 
78. Vgl. die Bemerkung zu 8. 107. 
80 2. 3 1. πάρος statt παρός. 
81 8 110 Anm. 1 2. 3 1. ἧπαρ statt ἥπαρ. 
82.4 v. ο. 1. *rsFög statt reFog. 
89 2. 13 v. o. 1. &eyilog statt ὠργίλος. 
90, 2 2.21 rivo statt τενω. — 4 Ζ. 2 1. δᾶ, statt ἃ, 
94 Anm. Z. 4 1. ἁδήσειν statt ἀδῆναι. 
. 9 2.13 v. u. 1. Pia statt Aa. 
.9,5 2.21. ζώνη statt ξωνή. 
. 107 8 148. Das Kürzungsgesetz wird für die 4-Diphthonge 
jetzt von J. Schmidt ΚΖ, 38, 1ff. ausführlich bekämpft, ohne mich 
zu überzeugen. 

S. 108 $ 153 Anm. 2, Vgl. jetzt Brugmann BSGQW. 1%1, 
S. 89 ff., der nachweist, daß der Übergang von zv zu σὺ eine Aus- 
sprache tju voraussetzt, s. u, zu S. 130. 

S. 124. Zur Kontraktion vgl. jetzt noch J. Schmidt ΚΖ. 38, 28, ᾿ 
der zeigt, daß in enklitischen Worten eher kontrahiert ist als in 
vollbetonten. 


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