This is a digital copy of a book that was preserved for generations on library shelves before it was carefully scanned by Google as part of a project
to make the world's books discoverable online.
It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject
to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books
are our gateways to the past, representing a wealth of history, culture and knowledge that 's often difficult to discover.
Marks, notations and other marginalia present in the original volume will appear in this file - a reminder of this book's long journey from the
publisher to a library and finally to you.
Usage guidelines
Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken Steps to
prevent abuse by commercial parties, including placing technical restrictions on automated querying.
We also ask that you:
+ Make non-commercial use of the file s We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for
personal, non-commercial purposes.
+ Refrain from automated querying Do not send automated queries of any sort to Google's System: If you are conducting research on machine
translation, optical character recognition or other areas where access to a large amount of text is helpful, please contact us. We encourage the
use of public domain materials for these purposes and may be able to help.
+ Maintain attribution The Google "watermark" you see on each file is essential for informing people about this project and helping them find
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it.
+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are responsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other
countries. Whether a book is still in Copyright varies from country to country, and we can't off er guidance on whether any specific use of
any specific book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search means it can be used in any manner
any where in the world. Copyright infringement liability can be quite severe.
About Google Book Search
Google's mission is to organize the world's Information and to make it universally accessible and useful. Google Book Search helps readers
discover the world's books white helping authors and publishers reach new audiences. You can search through the füll text of this book on the web
at|http : //books . google . com/
über dieses Buch
Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Regalen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im
Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfügbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde.
Das Buch hat das Urheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch,
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles
und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist.
Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei - eine Erin-
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat.
Nutzungsrichtlinien
Google ist stolz, mit Bibliotheken in partnerschaftlicher Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nichtsdestotrotz ist diese
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch
kommerzielle Parteien zu verhindern. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen.
Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien:
+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche für Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden.
+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen
über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen
nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials für diese Zwecke und können Ihnen
unter Umständen helfen.
+ Beibehaltung von Google -Markenelementen Das "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht.
+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein,
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA
öffentlich zugänglich ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben.
Über Google Buchsuche
Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser Welt zu entdecken, und unterstützt Autoren und Verleger dabei, neue Zielgruppen zu erreichen.
Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter http : //books . google . com durchsuchen.
K/^%1
■nm
Hgj
^t\
r
/-%
/ •'
r
I H
HARVARD UNWERSITY
UBRARY OF THE
FOGG ART MUSEUM
THS BBQUBSTOF
JOSEPH CLARK HOPPIN
OASSOP l4g]
^7
.^^-^
i
\< '
1
i
.-^,
Vr'^^vvi,
\
,, ';!
'^.'J ^'
' v\ '
f , 7 f . , . r .
i
'■:<!
" \ / ' .-
i
''^ I ^ ( /^
f
' y^^
^'^
^ ^?^ X" "-N 1
^ \
%
^A -^ • "^^O^ ^ 1
\
'>
,- -.^ ' --•^.^, ' '
1 ''
1
< ' 'M
J
f
f
f
' f
f
■. .-.\ r^.'^'^^.
r ^"N , ^
)
\
'■ 1 . '
^
f^ ' .
/
*'.^^^fr"
f ,
'• '''"''■
V "^^H
.
^^^^^^v
Jt-
^^^H
m
HANDBUCH
DER
KLASSISCHEN
ALTEKTUMS-WISSENSCHAFT
in systematischer Darstellung
mit besonderer Rücksicht auf Geschichte und Methodik der einzelnen
Disziplinen.
In Verbindung mit Gymn.-Rektor Dr. Autenrleth (Nürnberg), Prof. Dr. Ad.
Bauer (Graz), Prof. Dr. Blass (Halle), Prof. Dr. Brugrmann (Leipzig), Prof. Dr.
Busolt (Kiel), Geh.-Rat. Dr. v. Christ (München), Prof. Dr. Gleditsch (Berlin),
Prof. Dr. 0. Gruppe (Berlin), Prof. Dr. Günther (München), Prof. Dr. Heerdegren
(Erlangen), Prof. Dr. Hommel (München), Prof. Dr. Hübner (Berlin), Priv.-Doz.
Dr. Judeich (Marburg), Prof. Dr. Jul. Jung (Prag), Prof. Dr. Krumbaeher
(München), Prof. Dr. Larfeld (Remscheid), Dr. Lollingr t (Athen), Prof. Dr.
Niese (Marburg), Geh. Regierungsrat Prof. Dr. Nissen (Bonn), Prof. Dr.
Oberhummer (München), Priv.-Doz. Dr. Öhmiehen (München), Prof. Dr.
Pöhlmann (Erlangen), Gymn.-Dir. Dr. 0. Richter (Berlin), Prof. Dr. Schanz
(Würzburg), Geh. Oberschulrat Prof. Dr. Sehiller (Giessen), Gymn.-Dir.
Schmalz (Tauberbischofsheim), Prof. Dr. Sittl (Würzburg), Prof. Dr. F. Stengrel
(Berlin), Prof. Dr. Stolz (Innsbruck), Priv.-Doz. Dr. Traube (München), Prof.
Dr. üngrer (Würzburg), Geh.-Rat Dr. v. ürllchs f (Würzburg), Prof. Dr. Moritz
Voigrt (Leipzig), Gymn.-Dir. Dr. Volkmann f (Jauer), Prof. Dr. Windelband
(Strassburg), Prof. Dr. Wissowa (Halle)
henuisgegebeii von
Dr. Iwan von Müller,
ord. Prof. der klassischen Philologie in Mflnchen.
Dritter Band, 3. Abteilung, Erste Hälfte.
Grundriss der Geographie von Italien
und dem Orbis Bomanns
von Professor Dr. JuUus Jung (Prag).
•oo^-f^&^KSjoo.
MÜNCHEN 1897
C. H. BECK'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG
OSKAR BECK.
GRÜNDRISS
DER
GEOGRAPHIE VON ITALIEN
UND DEM
ORBIS BOMANUS
Dr. Julius Jung,
ord. Profoflsor der alten Geschichte lu Prag.
Zweite umgearbeitete und vermehrte Auflage,
Mit alphabetischem Register.
MÜNCHEN 1897
C. H. BECK'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG
OSKAR BECK.
FOGG ART MUSEUM
HARVARD U-JIVERSITV
^- n\ \ .U ^\
\;* .•!,» .-. s"-' . v-
' \ j
(oVt
. \ • ' •
^^^•1^ ^X/i
\^"^7
Alle Rechte Torbehalten
C. H. Beck'scLc Bucfadruckerel In NördÜDgen.
Vorwort.
In den neun Jahren, die seit dem ersten Erscheinen dieses „Grandrisses'' verflossen
sind, hat die geographische und topographische Durchforschung des alten Lftnderkreises
bedeutende Fortschritte gemacht. Für Italien wurde das Corpus inscript. Latinarum zu
Ende geführt. In Afrika von den Franzosen die Arbeit energisch fortgesetzt. In Germanien
der Limes blossgelegt. Auch die unteren Bonanländer und das Gebiet am Balkan wurden
uns jährlich vertsrauter. Für Asien leisteten amerikanische, britische, österreichische Forscher
Vorzügliches. Aegypten erwies sich als eine unerschöpfliche Fundgrube.
Es war mein Bestreben, in dieser zweiten Auflage den gegenwärtigen Stand der
Forschung darzulegen, freilich auch nicht zu verhehlen, dass ein Abschluss für viele wichtige
Fragen, z. B. die Topographie von Alt-Karthago, nicht erreicht ist.
Prag, Ende 1896.
J. J.
Inhalts -Verzeichnis.
Seite
1. Italien.
§ 1. Einleitung . 3
§ 2. Physische Geographie 14
A. ünteriUlien.
§ 3. Bruttii 15
§ 4. Lucania 19
§ 5. Japygia oder Messapia (Galabria) 20
§ 6. ApnUa 22
§ 7. Gampania . ; 25
B. Mittelitalien.
§ 8. Die physischen Verhältnisse Latiums 30
§ 9. Topographie von Latium 32
§ 10. Rufculi 37
§ 11. Volsci 3IS
§ 12. Hemici 39
§ 13. Aequi 4U
§ 14. Sabini 41
§ 15. Samnites 43
§ 16. Hirpini 44
§ 17. Frentani 4(3
§ 18. Marsi, Paeligni, Marrucini, Vestini 4G
§ 19. Picenum 4«
§ 20. ümbria 4U
§ 21. Etmria 5-'
C. Gallia cisalpina.
§ 22. Allgemeines 58
§ 23. Die Völker OberitaUens 58
§ 24. Römische Organisationen ö\)
$ 25. Die «Transpadana** unter den Kaisem 61
$ 26. Die Alpenpässe .64
g 27. Organisation der Alpensprengel 65
D. Die Inseln.
$ 28. Sizilien, Sardinien und Gorsika 67
2. Afrika.
§ 29. Einleitung .70
§ 30. Geographische Gliederung 71
Inhalts-Veneichnis. yjj
Seitp
§ 31. Hydrographie 73
§ 32. Ethnographie von Altafrika. Die Libyer 74
§ 33. Die phOnikische Kolonisation in Nordafrika 76
§ 34. Die afiikanischen Landschaften nnter rOmischer Herrschaft ... 78
§ 35. Die westlichen (jetzt sogen, canarischen) Inseln gl
8. HlBpanlen.
§ 36. Die Kenntnis der Alten von Spanien g4
§ 37. Urographie und Hydrographie 87
§ 38. Ethnographie 87
§ 39. Politische Organisation 88
§ 40. Die einzelnen Provinzen 89
A. Lnsitanien 89
B. Die provincia ulterior 90
C. Hispania citerior 91
§ 41. Das Itinerar 93
§ 42. Die Insehi 94
4. Der gallische Undersprengel.
§ 43. Einleitendes 96
§ 44. Die Völkerschaften 97
§ 45. Die provincia Narbonensis 99
§ 46. Die tres Galliae 99
6. Ctermaiiieii.
§ 47. Die Römer im cisrhenanischen Germanien 106
§ 48. Die Geographie von Germanien hei den Griechen und Römern 109
§ 49. Germania um das Jahr 100 n. Chr. (Tacitus' Germania) . HO
6. Britannieii.
§ 50. Lage und Verkehr 122
§ 51. Die römische Okkupation 123
§ 52. Sicherung und Befestigung der Provinz 124
§ 53. Teilung der Provinz 125
§ 54. Enge Verbindung mit der gallisch-germanischen Küste .... 125
§ 55. Die Völkerschaftsverhältnisse 125
§ 56. Die Städte 125
7. Die Donanlandschafteii (Illyrienni).
§ 57. Begriff des Namens Illyricum 127
§ 58. Hydro- und Orographie 128
§ 59. Ethnographie 129
§ 60. Administrative Einteilung 131
§ 61. Römische Okkupation 132
§ 62. Lagerstädte 134
8. Kleinasien.
§ 63. Die Römer in Asia. Provinzialsprengel 139
9. Syrien and die angrensenden Landschaften.
§ 64. Römische Okkupation und Gründungen 144
§ 65. Syrische Dynastien und Landschaften 144
§ 66. Grenzlandschaften 146
§ 67. Allgemeiner Kulturzustand 147
§ 68. Itinerare 147
10, Ägypten.
§ 69. Das Nilthal 150
§ 70. Der obere Nil 151
V 1 1 1 I nhalts- Verzeichnis .
Seit«
8 71. Ethnographie 153
§ 72. Das eigentliche Aegypten 154
§ 78. Einteilung des Landes 154
§ 74. Verwaltuiigsorganismus 156
§ 75. Geographische Übersicht 156
§ 76. Das rote (erythraeische) Meer 162
§ 77. Alexandrias Bedeutung für Aegypten und die übrigen Mittelmeerland-
scliaften 163
Alphabetisches Begister ... 168
tal
A.
Geographie
von
Italien und dem Orbis Bomanus
Dr. Julius Jungf
ord. Profearor der alten Oeacbichte in Prag.
fiaadbnoh der klaas. Altertumstriasenichaft. in, 3. 2. Aufl.
Inhalt.
1. ItaUen.
Eiuleitung.
a) ünteritalieo.
b) Mittelitalien.
c) QaUia eUalpina.
d) Die Inseln.
2. Afrika.
3. Hispanlen.
4. Gallien.
5. Oennanien.
6. Britannien.
7. lUyrionm (einachliesBlich der Balkanländer).
8. Klelnaaien.
9. Syrien.
10. Ägypten.
1. Italien.
1. Einleitung. Die Appenninenhalbinsel war im Altertum zunächst
keine geographische Individualität, wie denn der Name Italien ursprüng-
lich nur der südwestlichen Landzunge zukam, i) sondern vielmehr eine
von den das Mittelmeer beherrschenden Seemächten in ihren Interessen-
kreis gezogene Küstenlandschaft, die wohl gar als Insel oder ein Komplex
von Inseln aufgefasst wurde. — Die afrikanischen Phöniker, die in
Karthago ihren Mittelpunkt hatten, bemächtigten sich des westlichen Teiles
von Sizilien und Sardiniens, dessen Hafen Caralis (Cagliari) für die Herr-
schaft der Karthager von ausserordentlicher Bedeutung war. Das um-
liegende Meer hiess damals das „sardische^, da die Insel Sardinien
inmitten des phönikischen (und griechischen) Kolonialgebietes (Afrika, Hi-
spanien, Gallien, Italien) gelegen war. Der Name »tyrrhenisches
Meer" datiert von der Seeherrschaft der Etrusker. — Die Römer nannten
dieses Meer nachher „mare inferum'^, während das «ionische" oder „adria-
tische* Meer bei ihnen „mare superum" hiess.
Das östliche Sizilien und der ganze südliche Teil der Halbinsel hatte
sich seit dem 8. Jahrhundert v. Chr. mit griechischen Gründungen bedeckt,
es galt als ein Teil von Hellas (»; nsydXv^ ^EXXdg bei Polyb., Graecia
magna oder maior bei den Lateinern), dem es auch in klimatischer Be-
ziehung näher steht.
Im mittleren Teile der Halbinsel spielten im sechsten und fünften
Jahrhundert v. Chr. die Etrusker als Verbündete der Karthager, im
fünften und vierten die sabellischen Stämme als wanderlustiges Element,
sodann die an der Spitze Latiums stehenden Römer als Beherrscher der
Küste zunächst von der Tibermündung bis nach Tarracina herab eine
Holle, bis sie nach Überwältigung der Samniter auch die südlichen Teile
der Halbinsel in ihren Machtbereich zogen. Die nach allen Seiten ex-
ponierte Lage derselben führte dann die Römer aus der Defensive auf
die Bahn der Weltherrschaft, hinüber nach Sizüien und Sardinien, nach
Afrika, nach Hispanien, nach Gallien, nach dem Orient, sodass von Rom
durch ein halbes Jahrtausend der Impuls für sämtliche Landschaften rings
um das Mittelmeer {„mare medüerraneum^ zuerst bei Solinus) ausging.
') Vgl. B. Hbistbbbbbgk, Üeber den Namen Italien, Freibarg und Tübingen 1881.
4 A. Geographie von Italien und dem Orbia Romanna.
Italien hatte an dieser Herrschaftsstellung Anteil schon bevor die
Italiker den Römern gleichgestellt waren und noch mehr nachher. Italien
trat auch wirtschaftlich in den Mittelpunkt des von ihm beherrschten
„Orbis*, indem die Provinzen Afrika (Sizilien, Sardinien) und Ägypten
für die Getreideverpflegung der Hauptstadt aufzukommen hatten, ebenso
die Bätica, die Narbonensis u. s. w. zu Lieferungen verpflichtet waren,
andererseits die Handelsthätigkeit und die Produktion in den Provinzen
zu Gunsten des Hauptlandes unterbunden wurde; so unter der Oligarchie
durch die Etablierung der Handelsfreiheit für die Italiker, durch die Zer-
störung der rivalisierenden Handelscentren Carthago und Korinth, ferner
durch Massregeln z. B. zu Gunsten des italischen Weinexportes, indem
den Transalpinem verboten wurde, Reben zu pflanzen (vgl. Hehn, Kultur-
pflanzen' S. 75). — Nur langsam emanzipierten sich die Provinzen, bis
mit dem Ende der römischen Weltherrschaft Italien wieder zum Spiel-
ball der auswärtigen Mächte wurde.
Qaellen.
A. Aus der Zeit nach der Mitte des vierten Jahrhunderts v, Chr.
stammt der fälschlich dem Skylax von Karyanda zugeschriebene Periplus,
welcher auch eine Beschreibung der italischen Küsten enthält: Anonymi
vulgo Scylacis Caryandensis periplum maris interni cum appendice iterum
recensuü B. Fabricius, Lipsiae 1878. Vgl. G. F. Grotefend, Zur Geographie
u. Geschichte von Altitalien, 1. Heft: Älteste Kunde von Italien bis zur Römer-
herrschaft. Mit einer Karte von Italien nach Skylax von Karyanda (Hannover
1840); Berger, Gesch. der wissenschaftl. Erdkunde der Griechen H, 79 f.
B. Für die Geographie des sich mehr und mehr ausdehnenden römi-
schen Machtbereiches sind von Bedeutung die von den Römern abge-
schlossenen foedera.
1. Das von dem Cos. Sp. Cassius im Jahre 493 v. Chr. abgeschlossene
Bündnis mit den vereinigten latinischen Städten. Die Liste der am Bundes-
opfer auf dem Albanerberg beteiligten populi gibt nach alter tralatizischer
Überlieferung Dionys von Halicamass V, 61.
2. Die Verträge Roms mit den Karthagern aus dem Jahre 509 (?),
348, 306 und 279 v. Chr. Bei Polyb. HI, 22. 24. Der erste dieser Ver-
träge wird von Polybius ins erste Jahr der römischen Republik versetzt,
was MoMMSEN nicht gelten lässt. Vgl. neuerdings Ed. Meter, Gescl^. des
Altertums II S. 708 und 813 f. Die Karthager suchten um jene Zeit an
der Westküste der Halbinsel festen Fuss zu fassen und hatten Handels-
verträge mit den Etruskem (Aristotel. pol. HI, 5); im Jahre 474 wurden
die Karthager mit den Etruskem von den Griechen bei Cumae geschlagen.
— In dem Vertrag mit Rom wird den Fremden in Libyen und Sardinien
der Abschluss von rechtsgültigen Geschäften unter Vermittelung eines
vom Staat anerkannten Notars gestattet, dagegen die afrikanische Küste
westlich vom »schönen Vorgebirge* (Cap Farina [?]) gesperrt. In den
sizilischen Besitzungen Karthagos ist der Verkehr völlig freigegeben.
3. Mit den Tarentinern: jiiij nXeTv 'Pcofimovg nqoCio AaxivCag iac^ag.
Appian. Samn. 7.
1. ItaUen. (§ 1.) 5
4. Nach Polyb. 11, 12 versprachen die besiegten Illyrer »nicht mit
mehr als zwei, und zwar unbewaffneten Fahrzeugen über Lissos hinaus-
zuschiffen." (Was allerdings hauptsächlich auf die Griechen sich bezog.)
G. Die Nachrichten von den Eoloniegrttndungen der Römer und ihren
Strassenbauten. — Verzeichnisse der coloniae c. K. und der coloniae iuris
LatinL Vgl. Mabqüabdt, R. Staatsverw. I> S. 38 ff., S. 49 ff. Mommsek,
Die italischen Kolonien von Sulla bis Vespasian. In , Hermes" XVTII (1883)
S. 161 — 213. — Die Schriften der römischen Feldmesser, herausgeg.
und erläutert von Blume, Lachmann, Rudorff, Bd. I (1848), Bd. 11 (1852);
sie enthalten speziell den sog. index coloniarum, eine Kompilation nicht
nur über die italischen Kolonien (mit Ausnahme der nördlichen Distrikte),
sondern über die Assignationen überhaupt, für die gute Quellen in nicht
immer zuverlässiger Weise benutzt sind. Vgl. Mommsen, Feldmesser 11,
S. 143—220.
D. Die Berichte über die in Italien geführten Kriege, namentlich
den Hannibalischen Krieg, wobei die Darstellung des Polybius gegenüber
Livius hervorzuheben ist. Vgl. 0. Seeck, Der Bericht des Livhis über den
Winter 218/17. «Hermes* Vm S. 152 ff. Die Feldzüge Hannibals sind
viel vom militärischen Standpunkt aus behandelt worden; zuletzt von
M. E. Hennebebt, Histaire d'Annibal, Bd. I—HI (Paris 1870—1891). Mit
Kartenbeilagen. Femer die Berichte über den Sozialkrieg (s. unten), bellum
Mutinense, bellum Perusinum (bei Appian), den Krieg des Jahres 69 n.
Chr. (bei Plutarch und Tacitus). — In Bezug auf den Schauplatz der
legendären ältesten römischen Geschichte mag an einen Ausspruch Moltkes
(Wanderbuch S. 21) erinnert werden: „Selbst dann wenn die Forschung
eine Überlieferung nur noch als Fabel gelten lässt, bezieht sich diese
doch meist auf eine ganz bestimmte Örtlichkeit, welche der ursprüngliche
Erzähler im Auge hatte. — Bomulus selbst und Hercules mögen immer-
hin blosse Mythen sein; was aber von ihnen gedichtet wurde, ist wirklich,
soweit es sich auf den Schauplatz ihrer Thaten bezieht. Eine Erzählung
kann geschichtlich unwahr und örtlich vollkommen genau sein.** ~ Geo-
graphische Bedeutung haben auch die „Origines** des älteren Gate
(z. B. über die Keltenansiedlungen in Oberitalien, wonach wahrscheinlich
Polybius in B. II); die »Geographica* des Cornelius Nepos, die der
ältere Plinius öfter citiert; femer die „antiquitates humanae" des M. Te-
rentius Varro, in deren 11. Buche, wie neuerdings überzeugend darge-
than worden ist (s. unten), die Geographie Italiens behandelt ward. —
Durch Polybius wurde die geographisch-historische Methode, wie sie auf
hellenistischem Boden sich entwickelt hatte, auf die Darstellung der
römischen Geschichte und die damit verbundene Schilderung des Schau-
platzes derselben zur Anwendung gebracht; was seine Forsetzer Posidonius
und Strabo weiterführten. Auch bei den römischen Autoren wurde es
Sitte, geographische Einlagen zu machen; so z. B. bei Sallust im „bellum
Jugurthinum" , bei Tacitus u. s. w. Gute Schilderungen von Land und
Leuten in Italien geben einige Dichter: so Vergilius (z. B. Aeneid. VH),
Ovidius (Metamorph, und Fast.), Silius Italiens (Punica, gut kommentierte
Ausgabe von Ruperti 1795), woraus ein Auszug aus spätrömischer Zeit
Q A. Geographie von Italien nnd dem Orbia Romanna.
unter dem Namen des Vibius Sequester gebt. Vgl. Teuffel, Litteratur-
gescbicbte § 445. 6. F. Gbotefend, Zur Geograpbie und Gescbicbte von
Altitalien, 3. Heft: Der Römer älteste Sagengescbicbte von Italien, mit
einer Karte von Mittelitalien nacb Virgils Aeneide (Hannover 1840).
E. Die Nacbricbten über die Organisationen der Römer, wonach
neuere kartographische und beschreibende Darstellungen versucht sind. Es
kommen in Betracht:
1. Die Italia iributim descripta, woraus die Zuschreibung der einzelnen
Landschaften und Orte zu den römischen Tribus infolge der fortschreiten-
den Erweiterung des Bürgerrechts ersichtlich gemacht ist. Die Liste der-
selben, wie sie den Alten schon zur Verfügung stand (vgl. Mabquardt,
R. Staatsverw. P, 41), hat wiederherzustellen unternommen C. L. Grote-
FEND, Imperium Romanum tributim descHptum, Hannover 1863. Eine
brauchbare Neubearbeitung desselben Gegenstandes bietet J. W. Kubi-
-TSCHBK, Imperium Romanum tributim äiscriptum (Prag, Wien, Leipzig bei
Tempsky und Freytag 1889). Vgl. auch Kübitschek, De Romanarum
tribuum origine ac propagatione, Wien 1882. Mit zwei Karten: „Italiae
regiones X et XI et Delmatiae ora tributim discriptae" und „Hispaniae pro-
vinciae tributim discriptae*^.
2. Die Organisation der unter Roms Hegemonie stehenden Bundes-
genossen vor dem Sozialkrieg. Vgl. J. Belogh, Der italische Bund unter
Roms Hegemonie. Staatsrechtliche und statistische Forschungen (Leipzig
1880). Hiezu zwei Karten: a) Italia ante bellum Marsicum, mit Unter-
scheidung von „ager Romanus", „coloniae Latinae*^, „civitates foederatae".
b) Der Ager Romanus 218 a. Ch., wo auch die civitates „sine suffragio"
eigens notiert sind. — Die römischen Censuszahlen und die Bevölkerungs-
verhältnisse der einzelnen Landschaften behandelt Beloch, Die Bevölke-
rung der griechisch-römischen Welt (Leipzig 1886).
Von besonderer Wichtigkeit ist das Verzeichnis der italischen Wehr-
fähigen aus dem Jahre 225 v. Chr., das nach Fabius Pictor bei Polyb.
II, 24, Diodor und den Epitomatoren des Livius erhalten ist. Hierüber
handelt eingehend Mommsen, Rom. Forschungen H, 382—406. — Über die
Komplexivbezeichnung „Italici" zugleich für die Römer und für die itali-
schen Bundesgenossen, die in Afrika, im Orient u. s. w. sich ansiedelten,
vgl. Mommsen in „Hermes* XXI, S. 415 f., Rom. Staatsrecht HI, 647 f.;
KoBNEMANN, De civibus Romanis in provinciis imperii consistentibus (Diss.
Berol. 1891) p. 7 flf. Hingegen nannten sich im Sozialkrieg die Insurgenten,
wie ihre Schleuderbleie beweisen (vgl. Zangemeisteb in Ephem. epigraph. VI
p. 11) selbst vielmehr Italif im Gegensatz zu den Romani. Auf den
Münzen der Aufständischen findet man die oskische Form „Viteliu[m]".
Der Krieg selbst hiess bei den Griechen der „italische''.
3. Die durch den Sozialkrieg herbeigeführte Organisation. Vgl.
Beloch, Der italische Bund S. 41 f.; Mommsen, Die römische Tribusein-
teilung nach dem marsischen Krieg. In , Hermes** XXH S. 101—106;
Rom. Staatsrecht IH, 179 f.; Kübitschek, Imp. Rom. trib. discript., p. 265 f.
4. Die Organisation Italiens durch Augustus: die Einteilung in
elf Regionen. Vgl. die Übersicht von Mabquabdt, Staatsverw. I*, S. 221 f.
1. Italien. (§ 1.) 7
E. Bobmann in den «ArchaeoL epigr. Mitteilungen '^ XI, 120. Augustus hat
die neue Einteilung publiziert in Form eines Verzeichnisses, das die Re-
gionen mit ihren Bezirken enthielt. Dasselbe ist uns im wesentlichen im
betreffenden Abschnitt der Darstellung Italiens in des Plinius not. hist.
erhalten. Regio I, Campania. II, Äpulia et Calabria. III, Bruttii et Lu-
cania. IV, Samnium. V, Picenum, F/, Umbria. VII, Etruria (Tuscia). VIII,
Aemilia, IX, Liguria. X, Venetia et Histria. XI, Transpadana. Hiezu
der Stadtkreis von Rom. Diese Einteilung nach Regionen erlangte ad-
ministrative Bedeutung und bildete später die Grundlage für die Ab-
grenzung der italischen Gerichts- und Yerwaltungssprengel. Die alten
Stammesgrenzen blieben dabei im grossen und ganzen festgehalten, wenn
auch Abrundungen und Erweiterungen nicht ausgeschlossen waren. Vgl.
auch BoRMANN im Marburger Rektoratsprogramm für das Jahr 1884.
Diese augustische Einteilung ist im Corp. inscr. Lat. zu Grunde gelegt ;
auch der kartographischen Darstellung.
5. Die späteren Organisationen in der Eaiserzeit: die Strassen-
bezirke (von denen z. B. die .Aemilia', die „Flaminia*^, die «Aurelia", die
«Valeria* den Landschaftsnamen zogen); die Alimentarbezirke, die oft
mit den Strassenbezirken kombiniert erscheinen; die Gerichtsbezirke, wie
sie seit dem zweiten Jahrhundert nach Regionen, aber auch nach den
Strassenbezirken abgeteilt bestanden. Siehe auch die Provinzialkataloge
von 297, des Polemius Silvius, der not. dignitat.; ferner des Paulus dia-
Conus, des Procopius von Caesarea (bei denen wichtige, zum Teil tralati-
zische Angaben erhalten sind). Vgl. C. Jüllian, Les transformations poli-
tiques de VItalie sous les empereurs romainsj Paris 1883; Mommsen in der
Ephemeris epigraphica VII p. 397 f.; Cantabelli, La serie dei curaiori ita-
lici delle vie durante Vimpero {Bulletino comunale di Roma 1891); derselbe,
II vicaruxto di Roma, ebenda 1890 — 1894; Domaszewski, Cura viarum im
„Eranos Vindobonensis" (1893) S. 60 ff.; 0. Fiebigeb, De classium Italicarum
historia et institutis, Leipzig 1894. Mit kartographischer Darstellung der
Häfen von Misenum und Ravenna, sowie der Stationen der beiden itali-
schen Flotten, von denen die eine im Westen, die andere im Osten die
Seepolizei übte.
6. Das alle anderen ersetzende und bedingende Hilfsmittel für die
Geographie des alten Italiens ist jetzt im Corpus inscriptionum Latinarum
gegeben, einschliesslich der hiefür von H. Kiepebt bearbeiteten Karten.
Bd. IX und X sind bearbeitet von Th. Mommsen als zweite Auflage der
Inscr. Regni Neopolitani (1852); und zwar enthält Band IX (1883): In-
scriptiones Calabriae, Apuliae, Samnii, Sabinorum, Piceni. Mit vier Karten-
beilagen: a) Viae publicae Italiae mediae et inferioris. Fines regionutn
Italiae I— VII ab Äugusto imp. constitufarum. b) Italiae regio IL c) Italiae
regio IV. d) Italiae regio V. Bd. X (1883) in zwei Abteilungen: In-
scriptiones Bruttiorum, Lucaniae, Campaniae, Sicüiae, Sardiniae. Mit fünf
Kartenbeilagen: a) Viae publicae Italiae mediae et inferioris. Fines
regionum Italiae I — VII ab Augusto imp. constitutarum (wie Bd. IX).
b) Italiae regio III. c) Italiae regio L d) Sicilia. e) Sardinia, Corsica.
— Bd. XIV, bearbeitet von H. Dessau (1887), behandelt „Latium anti-
8 A. Geographie von Italien und dem Orbis RomannB.
quum", — Bd. XI, bearbeitet von E. Bobmann (in zwei Abteilungen 1888.
1896): Aemüiaj Etruria, ümbria. — Bd. V (in zwei Abteilungen), be-
arbeitet von Th. Momhsen, Oberitalien {Oallia cisalpina); nämlich pars 1
(1872): regio X. Venetia et Histria; pars 2 (1877): regiones IX Liguria
et XI Transpadana, Mit den entsprechenden Eartenbeilagen.
F. Antike Kartographie. Als die Römer ihre Weltherrschaft
begründeten, waren ihre geographischen Kenntnisse sehr primitiver Natur
und sind darauf manche anfangliche Misserfolge, z. B. im zweiten Kriege
gegen Macedonien, zurückzuführen. Bald aber griffen sie die Sache zwar
nicht von der wissenschaftlichen aber doch von der praktischen Seite mit
grossem Geschick an. Die seit Polybius (vgl. n, 14 f.) von den griechi-
schen Geographen so geschätzten römischen Messungen, namentlich auch
in den seit dem zweiten punischen Kriege okkupierten Provinzen, wurden
unter der Monarchie im grossen Stile wieder aufgenommen; während zur
Zeit der Agonie der Republik nur in einzelnen Landschaften, wie Spanien
und Gallien, ein Fortschritt erzielt worden war. Vgl. die einleitenden
Bemerkungen in L. Schumachers Programmabhandlung: De Tacito Ger-
maniae geographo (Berlin 1886) und über den Inhalt von Varros geogra-
phischen Schriften die unten angeführten Aufsätze. In dem Buche „de
re rmtica'^, das Varro in seinem 80. Lebensjahre (also 36 v. Chr.) abfasste,
erwähnt er auch eine Karte von Italien, die an der Wand des Tellus-
tempels angebracht war {in pariete picta Italia). — Nachdem Julius Caesar
Alleinherrscher geworden war, hatte er eine Vermessung des ganzen
Reiches angeordnet; und diese wurde dann unter Augustus wesentlich
durch M. Agrippa zu Ende geführt. Seine Karte, welche in der Form
einer Sphaera zu Rom in der Säulenhalle der Polla ihre Aufstellung fand,
wurde die Quelle und das Vorbild aller weiteren kartographischen Dar-
stellungen, so auch der als Peutinger'sche Tafel bekannten Strassenkarte
und der Itinerarien. Die der Karte zu Grunde liegenden Materialien
(namentlich die Distanzen der Staatsstrassen mit Angabe der Stationen)
Hess Augustus gesondert zusammenstellen. Es ist dies die als Choro-
graphia, von Strabo auch als o x^Q^YQ^^^^ zitierte Quelle, deren Mass-
angaben sowohl bei Strabo, als bei Plinius, bei letzterem mit Berufung
auf Agrippas Messungen, zu Grunde gelegt sind. — Von Itinerarien
kommen noch in Betracht (neben der Peutingerschen Tafel und dem Itin.
Antonini et Hierosolomit.) die auf einer Inschrift vom Forum Popüii in
Lucanien für die „via PopiUia" von Regium nach Capua (Corp. I, 551,
X, 6950), femer die von Horaz („iter Brundisinum*^), die auf den bei
Vicarello in Etrurien gefundenen Gefässen, die von Venantius Fortunatus ver-
zeichneten Routen; für die Küstenfahrt Rutilius Namatianus {„de reditu suo^)
und Procopius von Caesarea. Für das Strassenwesen die Angaben der
Inschriften und Meilensteine, aus denen Verwaltung und Benennung der
Strassen ersichtlich ist. Dieselben sind im Corp. inscript. Lot. für jede
Landschaft besonders zusammengestellt. — Die Kenntnis namentlich der
Land- und Strassenkarten drang während der Kaiserzeit in immer weitere
Kreise. Aus Neros Zeit wissen wir, dass Spezialkarten vom Kriegsschau-
platz in Armenien eingesendet wurden. Plin. n. h. VI, 40. Domitian liess
1. lUUen. (§ 1.) 9
den Metius Pompusianus hinrichten, dessen Horoskop auf spätere Herr-
schaft deuten sollte und der überdies eine Karte der Oekumene besass.
Vgl. Bebgeb IV S. 99 f. Plutarch, Theseus c. 1, macht gegenüber seinem
Gönner, dem Consularen Q. Sossius Senecio, die Bemerkung, dass die Geo-
graphen alles, was ihrer näheren Kenntnis entgeht, auf dem äussersten
Ende ihrer Karten zusammendrängen und zuweilen eine Randbemerkung
beifügen, dass alles, was darüber hinaus liege, lediglich aus endlosen
Sandwüsten voll wilder Tiere oder unergründlichen Moräste, aus scythischen
Schneefeldern oder Eismeeren bestehe. — Beim Militär bediente man sich
fleissig der Karten, bis mit dem Verfalle des Reiches auch seine Kom-
munikationen verfielen und man sich wieder mehr auf Führer als auf die
Karten verlassen musste. Vgl. den Bericht des Theophylact. VHI, 4 p. 320,
ed. Bonn, über einen Feldzug der Byzantiner gegen die Avaren im Jahre 601
n. Chr., wo der byzantinische General sich auf seiner Karte nicht mehr
auskannte und einen 112jährigen Mann als Führer acquirierte. — Vgl. bei
Procop. b. Goth. I, 15: Geographie von Italien. Angabe der Distanzen
nach der Karte und für Märsche. — Über das „Itinerarium a Gadibus
Romatn*^ auf vier Silbergefassen von Vicarello (am locus Sabafinus) vgl.
Corp. XI p. 496 f. Der angezeigte Weg führt aus Gallien über Segusio
nach Augusta Taurinorum, von da über Ticinum und Placentia die Via
Aemilia und Flaminia entlang über ümbrien nach Rom; damals die be-
quemste Route.
Ausgabe der tabula Peutingerana von E. Dbsjabdins, dann von E. Mellbr unter
dem (nicht glücklich gewählten) Titel: , Weltkarte des Castorius genannt die Peutinger'sche
Tafel*, Ravensburg 1888. Femer des Itinerarium Antonini Augusti et Hieroso-
lymitanum von G. Pabthey und M. Pindbb. Vgl. W. Eubitschbk, Zur Kritik des Itine-
rarium Antonini, in »Wiener Studien* XIII (1891) S. 177—209; 0. Cüntz, Beiträge zur Text-
kritik des Itinerarium Antonini, ebenda XV (1893) S. 260—298; Derselbe, Die Grundlagen
der Peutingerschen Tafel, „Hermes* XXIX (1894) S. 186 £f.; Kubitschbk und Cuntz be-
reiten eine Neuausgabe vor. — Phiuppi (Neue Jahrbb. f. Philologie, Bd. 147, 1893 S. 845 ff.
gegen Schwedeb, ebenda S. 485 ff.) und Cüntz steUen in Abrede, dass eine Abhängigkeit
der tabula von der Agrippischen Karte bestehe. Die Entstehung der Tafel setzt Philippi
in die 2eit von 130 — 150 n. Chr., Cumtz zwischen 130 — 176 (weü das im letzteren Jahre von
Kaiser Marcus Aurelius an der Uebergangsstrasse über den Taurus gegründete Faustino-
polis in der tabula fehlt). Mancherlei Aenderungen, die im 3. Jahrhundert eintraten, sind
zu verschiedenen Zeiten eingetragen worden. — F. Ritsohl, Die Vermessung des römischen
Reiches unter Augustus, die Weltkarte des Agrippa und die Kosmographie des sogenannten
Aethicus. Im Rhein. Mus. 1842 S. 481—528 (Opusc. philol. UI, 743—788). — K. Müllen-
BOFF, Ueber die Weltkarte und Chorographie des Kaisers Augustus, Kiel 1856. — Der-
selbe, Ueber die römische Weltkarte, in „ Hermes ** IX S. 182 ff. — Beide Abhandlungen
wieder abgedruckt (mit Verbesserungen) in der «Deutschen Altertumskunde" III S. 212 ff.;
vgl. hiezu A. v. Gutscbmid, Kleine Schriften V (1894, herausgeg. von F. ROhl). Derselbe
handelt ebenda auch «über Ursprung und Abfassungszeit der Kosmographie des Ethicus**,
sowie «über den diafÄSQiafAos tfjg yrjg und andere Bearbeitungen der mosaischen Völker-
tafel". — D. Dbtlefsbn, Die Weltkarte des M. Agrippa (Untersuchungen zu den geogr.
Büchern des Plinius 1), Glückstadt (Progr. 1884). — Pabtsch, Die Darstellung Europas in
dem geogr. Werke des Agrippa, Breslau 1875. Behandelt S. 36 —59 Italien und die dazu
gehörigen Inseln. — F. Philippi, De tabula PetUingeriana, Dias. Bonn 1876; derselbe. Zur
Rekonstruktion der Weltkarte des Agrippa. Mit ftlnf autographi'erten Kartenskizzen, Mar-
burg 1880. — £. Schwedeb, Beiträge zur Kritik der ChorogrM)hie des Augustus, I. Kiel
1876, n. 1878, m. 1883. Alle drei Teile zusammen 1886. Ueber die Chorographie des
Augustus findet man auch im Corp. insc. Lat. gelegentliche Bemerk angen, z. B. X p. 471.
Ueber die auf für seine Zeit veraltete Vorlagen zurückgehende Darstellung des Mela, vgl.
Dbtlbfsbk in «Hermes" XXI S. 521 f. — £. Schwbdeb, Ueber die gemeinsame Quelle der
geographischen Darstellungen des Mela und des Plinius. ^Philologus" 1888 S. 276 ff.; Der-
selbe, Ueber Weltkarte und Chorographie des K. Augustus, in Fleckeisens Jahrb. 1892,
10 A. Geographie von Italien and dem Orbis Bomanna.
.Phüologus« N. F. VIII (1895). Mommsen .Hermes« XVni S. 161 flf. 0. Cüntz, De Augustö
Plinii geographicorum auctore, Diss. Bonnens. 1888. Derselbe, Agrippa und Augustus als
Quellenschriftsteller des Plinius, 17. Suppl. von Fleckeisens Jahrbb. Vgl. Detlefsbn in Bur-
sians Jahresb. 1893 S. 9. — G. Zanoemeistbb, Ueber Orosius' Erdbeschreibung, in Commentat.
Mommsen. (1877) p. 715 ff. — W. EusiTscHtiK, ICritische Beitrftge zur Kosmographie des
Julius Honorius, I. Oberhollabrunn 1882, Programmabhandlung. II. In den .Wiener Stu-
dien" VII (1885) S. 278—310. Beigegeben eine kartographische Darstellung: „Orbis ex
mente JuHi Honorii**. Die Kosmographie des Julius Honorius fand zu Schuliwecken Ver-
wendung, enthält aber auch originale Nachrichten, wie fiber die Vermessung des Reiches
durch Julius Cäsar. — Mommsen, üeber die ünteritalien betreffenden Abschnitte der raven-
natischen Kosmographie. In den Ber. der sächs. Ges. der Wissensch., phil.-histor. Gl. 1851
5. 96 ff. ScHWKDER, Ueber eine Weltkarte des 8. Jahrhunderts, .Hermes" XXIV S. 586 ff.
6. Marimelli, La geografia e i padri della chiesa (Roma 1882). Ins Deutsche übersetzt
von Nbumann. — K. Miller, Mappae mundi. Die ältesten Weltkarten herausgegeben und
erläutert, Stuttgart 1895, Heft 1: Die Weltkarte des Beatus Rhenanus, 2. Atlas von 16 Licht-
drucktafeln, 3. Die kleineren Weltkarten (billige Ausgabe).
Weitere Litteratur über die aus dem Ende des 7. Jahrhunderts stammende Kosmo-
graphie des Geographus Ravennas (ed. PA^THBTet Pinder, Berlin 1860 mit Karte von
Kiepert) bei Tettffel, Gesch. d. r5m. Litteratur § 497, 4. Hiezu Kubitschek, Der Text der
Ravennatischen Erdbeschreibung, Hermes XXII S. 471 ff.; Derselbe ebenda S. 465 ff.; A. v.
GuTSCHMiD, Das Original der Ravennatischen Kosmographie (Kl. Schriften V). — E. Sohwbder.
üeber die Weltkarte des Kosmographen von Ravenna. Versuch einer Rekonstruktion der
Karte. Mit zwei Kartenskizzen, Kiel 1886. Vgl. auch K. J. Neumasn in «Hermes" XXII
S. 160. — Ueber die Darstellung der alten Geographen vergleiche man: G. Huvrath,
Die Quellen Strabos im sechsten Buche, Kassel 1876. Im übrigen H. Beboer, Gesch. der
wissenschaftlichen Erdkunde der Griechen (vier Abteilungen, Leipzig 1887. 1889. 1891. 1893)
III. und IV. Reichliche Litteratur über Strabo, dessen Darstellung der Appenninenhalbinsel
klassisch ist. Ueber die Abfassungszeit (unter Tiberius; abgeschlossen nicht vor 23 n. Chr.)
vgl. Niese, Beiträge zur Biographie Strabos. «Hermes" XHI S. 33 ff. Mommsen, Sitzungsber.
der Berl. Akad. 1883 S. 114^ ff. Strabo schrieb sein Werk in Rom. üeber sein Geburts-
jahr (etwa 63 v. Chr.) Nibsb im Rhein. Mus. 1883. — E. Pais, Straboniana. ContribtUo
allo studio delle fonti della storia e delV amministrazione romana, Torino 1886. — G. M.
Columba, Gli studi geografici nel primo secolo deW imperio Romano, Ricerche su Strabone,
Mela e Plinio, P. /. Le dimensioni della terra abitata, Torino 1893 Palermo. Vgl. Beroer
im Litt. Gentralbl. 1894 Nr. 53^. Der Verfasser richtet sein Hauptaugenmerk auf die Ent-
femungszahlen, die für die ganze Oekumene, wie für deren einzelnen Teile bei den Autoren
angegeben werden, um die Abhängigkeitsverhältnisse der vorliegenden Werke von ihren
Quellen klarzulegen, ebenso die Arbeitsweise der einzelnen Bearbeiter. — Andere Arbeiten
dieser Art verzeichnet und beurteilt D. Detlefsbn im Jahresber. über die Geographie von
Mittel- und Oberitalien etc. (Bursians Jahresber. 1893). — Ueber die aus Varro stammenden
Nachrichten vgl. R. Reitzewstein, Die geographischen Bücher Vairos, in «Hermes'* XX
S. 532 f. — Zu Plinius n. h. lU und dessen Vorlagen (speziell eine Küstenbeschreibung, die
wesentlich auf Varro zurückgeht, und eine Statistik des römischen Reiches aus der letzten
Lebenszeit des Augustus) vgl. Dbtlbfsen in Commentat. Mommsenianae p. 32; femer
G. Obhmichen, Plimanische Studien zur geographischen und kunsthistorischen Litteratur,
Erlangen 1880. — D. Detlefsbk, Vermutungen über Varros Schrift de ora maritima (Unter-
suchungen zu den geogr. Büchern des Plinius 2). In «Hermes** XXI, 240 ff. — Ueber ein-
zelne Teile der plinianischen Darstellung vgl. man Mommsens an ihrem Orte zitierten Auf-
sätze, zumal in ^Hermes" XVI S. 24 ff.; XVH S. 42 ff.; XVIII S. 189 ff. (das Verzeichnis der
italischen Kolonien bei Plinius); D. Dbtlefsen in «Hermes'^ XXI S. 517 f. u. 525 ff. — Gl.
Ptolemaei geographia ed. Gh. Müller, VoL I pars I (Paris 1883). Mit reichhaltigen
Anmerkungen. Ueber die Darstellung des Ptolemäus (um 150 n. Chr.), die vielfach älteren
Vorlagen folgt und falsche Orientierungen gibt, ist zu den einzelnen Abschnitten (Afrika,
Donaulandschaften, Asien, Aegypten) das Niihere bemerkt. Kritik von Gluverius, Kiepert,
Mommsen, Mülleühoff, Tissot, Domaszewski, W. Schwarz (Rhein. Mus. 1893). Die vierte
Abteilung von H. Bbbgers Werk behandelt Polybius und seine Nachfolger, den Marinus von
Tyrus (Vorgänger des Ptolemäus), dann Ptolemäus selbst. — Geographi latini minores.
Collegit, recensuit, prolegomenis instruxit A. Riese, Heilbronnae 1878. Vgl. Mommsen in
«Hermes'' XVI, 636. Femer Mommsens Ausgabe des Polemius SUvius in den „Antiquissimi
auctores" (der Mon. Germ, hist.) IX p. 524 ff. — Ueber den aus dem 5. Jahrhundert n. Chr.
stammenden Gatalogus provinciar. It alias (Paul, diacon. hist. Langob. H, 14 — 22)
handelt, mit Rücksicht auf die übrigen Kataloge dieser Art, Momiisen im Neuen Archiv
der Ges. für ältere deutsche Geschichtskunde V (1880) S. 84 ff. Mit Karte von H. Kiepert:
Die Provinzen von Italien nach Paulus diaconus. Wichtig für die Geographie Italiens ist
t lUUen. (§ 1.) 11
die Darstellung des Gotenkrieges saec. VI bei Procopius von Caesarea (der z. B. eine be-
rühmte Beschreibong der via Appia gibt) und seinem Fortsetzer Agathias. Femer fOr den
Ausgang desselben JahrhnnderfaB H. Gblzbb, Georgii Cyprii descriptio orbis Romani, Ac-
cedit Leonis impercUoris diatyposis genuina adhuc inedita, Leipzig 1890. Mit einer Earten-
beilage: Exarchatus Italiae c, annum DC p, Chr. n, — Hiezu kommt die Einteilung Italiens,
wie sie in den Briefen und Dialogen Gregors d. Gr. vorliegt und wie sie offenbar seit
Justinian durchgefOhrt war. Vgl. Mommsbn, Antiqu. Auet. 1. c. p. 533. — Für die Folgezeit
kommt der römische „Über pontificalis" in Betracht, in der Ausgabe von Duchbsnb (I 1888;
II 1892), wo in den Anmerkungen auch der topographische Standpunkt zu seinem Rechte
kommt. Für das Gebiet von Ravenna der Über potUificalis jener Kirche von Agnellus
{Script, rer. Langob. in den Man. Germ, hist.) und die Aufzeichnungen über ihre Besitzungen.
Vgl. L. M. Habtmaivk, Bemerkungen zum Cod. Bavarus. In ,Mitt. des Instituts f. österr.
Geschichtsforschung* XI 361 ff. Derselbe, in den ,archllol.-epigraph. Mitteilungen aus
Oesterreich-Ungam" iVll (1895) S. 129. Femer ist heranzuziehen die „historia Lango-
bardorum** des Paulus diaconus (Ausgabe von G. Waitz in den Script, rer. Langob. mit
zahlreichen die Topographie Italiens betreffenden Anmerkungen). — Endlich des Konstantin
Porphyrogenitus Werk „de administrando imperio** und „de thematibus'* , die wichtige An-
gaben ülMBr die Geographie und Topographie Italiens in der Zeit des Verfalls enthalten. —
Für das südliche Italien berücksichtigt auch die spätere Zeit Lbnormants Grand-Grkce.
Im übrigen vgl. Bebistta, De Italia tnedii aevi diasertatio chorografica in Muratari Rerum
italicar. acriptwres X p. I — CCCXV. Femer A. Rolando, Geografia poUtica e corografia
deW Italia imperiale nei secoH IX e X. Im Archivio storico italiano, serie 4 tomo 5
anno 1880 p. 281 ff. Der bedeutendste Fortschritt seit 100 Jahren ist geschehen durch die
auf Urkunden basierten Forschungen zur Reichs- und Rechtsgeschichte Italiens von Jul.
FicKBR (Innsbrack 1868—1872).
Die meisten dieser Werke sind nicht nur für Italien, sondern für den ganzen ^ Orbis
Romanus* von Bedeutung, da eben Italien die Weltherrschaft ausübte, weitaus den grüssten
Teil der Magistrate, Beamten und Offiziere stellte, auch die Verkehrsanstalten so eingerichtet
waren, dass in Wahrheit ,alle Wege nach Rom führten**. Die Litteratur über die Postein-
richtungen der Kaiserzeit vgl. bei Mabquardt, Staatsverw. I* S. 559; über den Verkehr in
der damaligen Zeit im allgemeinen die eingehende Schilderung bei Fbibdlandbb, Dar-
stellungen aus der Sittengeschichte Roms, Bd. IL Den militärischen Transportdienst nach
den östlichen Provinzen besorgte die Flotte von Ravenna, den für die Westküste die von
Misenum (cf. Veobt. 4, 31). — Die Annonarflotten standen in ständigem Verkehr von Afrika
her (über Rhegium und Puteoli) mit Ostia. — Wir sehen Legionen die schwierigsten Alpen-
pässe zu ungelegener Jahreszeit überschreiten, so einen Teil des Vitellianischen Heeres im
März 69 den Grossen Bemhard. Ein andermal die Pyrenäen, um am Rhein einzugreifen
(vgl. Plinius panegyr. 14). Oder es kamen Tmppen aus Hispanien und Pannonien nach
Mauretanien, um gegen unbotmässige Wüstenst&nme zu kämpfen. An dem Partherkriege
des L. Verus nahmen Legionen der Rhein- wie der Donauarmee AnteiL An dem Marko-
mannenkriege Abteilungen der Orientlegionen und der in Numidien stehenden legio III
Augusta. Nero hatte die in Britannien bewährte leg. XIV gemina nach dem Kaukasus be-
ordert. — Die Auxiliartmppen wurden ohnedies meist ferne ihrer Heimat verwendet: Cana-
thener in Rätien, Mauretanier in Dacien, Dacier in Britannien und Kappadocien. — In Mau-
retanien stehende syrische Auxiliartmppen erhielten dort Besuche aus der Heimat. Starb
ein Angehöriges der Familie, so trag man wohl Sorge, dass es in der Heimat bestattet
wurde. Vgl. Corp. VHI 2772: „Flaviae Julioaae coniitgi M. Servilius Fortunatus, a milUiis
(d. h. er hat alle drei oder vier Offizierstellen, die dem Ritterrang entsprachen, bekleidet),
qui per maria et terras retülit (d. i. nach Afrika) reliquias coniugis ex provincia Dada ".
— Also eine Verkehrsgemeinschaft des ^Orbis Romanus", wie sie vor und nachher nicht
wieder bestanden hat.
G. Die für die Topographie vielfach wichtigen Münzverhältnisse
behandelt Garrücci, Monete delV Italia antica; wozu die Bemerkungen von
H. Dressel in der Numismat. Zeitschrift 1886 S. 158 ff. und desselben
Aufsatz: Numismatische Beiträge aus dem Gräberfelde von Piedimonte
d'Allife (in den E. Curtius gewidmeten historischen und philolog. Auf-
sätzen) zu vergleichen sind. — In dem „Dizionario epigrafico di antichitä
Romane'^ von E. de Rüggiero (Roma 1886 f.) sind die geographischen
Artikel mit Sorgfalt gearbeitet. Ebenso in der Neubearbeitung von
Paülys Real-Encyklopädie (seit 1893). Vgl. auch das brauchbare Werk
12 A. Geographie von Italien nnd dem Orbis Bomanns.
von W. Smith, Dictionart/ of Greek and Roman geography, 2 vol.,
London 1854.
H. Von nicht zu unterschätzender Bedeutung sind die Ortsnamen.
Man vgl. die Schriften von FLEcmA, Di alcune forme de' nomi locali delV
Italia, Torino 1871, und Nomi locali del Neapolitano derivati dai gentilicj
Italici, Torino 1874. Die Namen auf -ano oder -ana gehen auf die Besitz-
bezeichnungen nach Familien zurück, z. B. fundus Fabianus; praedia An-
niana; daraus sind Dorf- und Stadtnamen entstanden, nachdem die grossen
Besitzungen der Eaiserzeit parzelliert worden waren. Auch die genauen
Lokalverzeichnungen der Alimentarstiftungen geben mancherlei Aufschlüsse.
Vgl. MoMMSEN in „Hermes* XIX, 393 flf. — Über die Entstehung von Ort-
schaften längs der Siaatsstrassen, wie Forum Appii, Claudii, Flaminii, vgl.
Corp. insc. Latinar. I p. 90. Mommsen in R. Forsch 11, 397.
I. Mit Glück sind zur Eonstatierung der alten Yölkerschaftsgrenzen
die in Italien noch jetzt gesprochenen Dialekte herangezogen worden.
Die letzteren differieren, wie schon Diez, Etymol. Wörterb. * Vorr. XI be-
merkte, z. B. in Oberitalien, sowohl von den übrigen italischen, als auch
in den einzelnen Stadtbezii*ken. Vgl. Nissen, Ital. Landeskunde I, S. 469
und 471, wo der ligurische Dialekt, S. 474 f., 479, 482, wo die ober-
italischen, gallisches Gepräge tragenden Dialektgruppen verwertet sind.
Vgl. auch Ch. Schneller, Die romanischen Volksmundarten in Südtirol,
grammatikalisch und etymologisch dargestellt. Bd. I (1869). Ein!, (über
die Dialekte Oberitaliens). — Für Unteritalien ist Mommsens „Die unter-
italischen Dialekte* (Leipzig 1850) nach wie vor das Hauptwerk. Eine
gute Übersicht über ,die Volksstämme Italiens** gibt auch En. Meyeb,
Geschichte des Altertums 11 S. 488 flf.
K. Wesentlich gefördert wird das Studium der alten Geographie durch
die neueren verbesserten Kartenaufnahmen. Vor allem ist hervorzuheben
H. KiEPEBTs Spezialkarte von Mittelitalien in 4 Bl. : ,,Carta geografica ed
archeologica delV Italia centrale ossia antico Lazio, Campania, Sannio con
parti meridionali della Sahina ed Etruria (ridotta massimamente dalle carte
nuovamente levate per le autorüä militari Italiane e publicate nelle scale di
1 : 25,000 e 1 : 50,000) eseguita sotto la direzione di Enrico Kiepert.
Berlino presso Diterico Reimer, 1881, Scale nel ,f
iQÖUfOUO,
In dem beigegebenen „Vorbericht über die benutzten Quellen* ist
der gegenwärtige Stand der Kartographie Italiens (die österreichischen,
französischen, italienischen Generalstabsaufnahmen) erörtert. — Die näch-
sten Umgebungen der Stadt Rom hat 1845—1846 H. v. Moltke in gröss-
tem Detail aufgenommen; vgl. dessen »Wanderbuch* (handschriftliche Auf-
zeichnungen aus dem Reisetagebuche. Zweite Auflage, Berlin 1879) S. 3 S.
— Eine wesentliche Lücke ist ausgefüllt worden durch die im Jahre 1862
begonnene, 1878 zu Ende geführte Neuvermessung des ehemaligen König-
reiches Neapel. {Carte delle provincie meridionali alla scala deW 1 : 50,000.
Instituto topografico militare di Firenze, 230 Halbbl.) — Über den gegen-
wärtigen Stand der kartographischen Darstellung der antiken Länder vgl.
H. Kieperts Vorrede zu seinen „Formae orbis antiqui^^ (Berlin 1894 flf.).
1. ItaUen. (§ 1.) 13
L. Moderne Bearbeitungen. An der Spitze steht Flavio Biondo
von Forli (1388 — 1453) mit seiner „Italia iUustrata*^, die bis ins vorige
Jahrhundert nachwirkte. Dann aber die „Italia antiqua^^ (Lugd. Batav.
1624) des Leydener Professors Philipp Clüver (Cluverius) aus Danzig
(geb. 1580, gest. am 31. Dezember 1622); ein so hervorragendes Werk,
dass die Bearbeiter des Corp. inscript. Latinar. vielfach an dasselbe an-
knüpfen konnten. Vgl. J. Partsch, Philipp Clüver, der Begründer der
historischen Länderkunde. Ein Beitrag zur Geschichte der geographischen
Wissenschaft. (Geographische Abhandlungen herausgegeben von A. Penck,
V, 2) Wien 1891. Clüvers Wanderungen in Italien sind kartographisch
veranschaulicht. Der Reisegefährte Clüvers war der nachherige Konver-
tit, Gustos, dann Präfekt der vatikanischen Bibliothek und Kanonikus zu
S. Peter, Lukas Holste oder „Holstenius'^ (geb. 1596 in Hamburg, gest.
in Rom 1661), der „Ännotationes in Italiam antiquam Cluverii*^ (Romae
1666) mit Benützung von dessen Tagebüchern und auf Grund selbständiger
Forschungen in den entlegeneren Gegenden der Hemiker, Äquer, Marser,
Päligner, Yestiner, Sabiner, Samniter u. s. w. hinterliess ; er hatte nament-
lich auch über die römischen Reichsstrassen in Italien zu handeln ge-
dacht (vgl. Carp. X ind, auctor. p. XLV). — Die zum Teil vortreffliche
und noch jetzt brauchbare Speziallitteratur des 18. Jahrhunderts (z. B.
Colucci Antichitä Picene u. a.) beruht überall auf Clüver und Holste, die
weitergeführt oder rektifiziert werden. — H. Kieperts Lehrbuch der
alten Geographie (Berlin 1878) braucht als vorzüglichstes Hilfsmittel nur
mit emem Worte erwähnt zu werden; S. 18 f. bespricht er die Werke
über alte Geographie von Mannert, Ukert, Forbiger und die modernen
Kartenaufnahmen. — Die neueren Arbeiten der italienischen Forscher
werden zu den einzelnen Abschnitten namhaft gemacht werden.
Auch die physische Geographie hat eingehende Berücksichtigung ge-
funden in der «Italischen Landeskunde' von H. Nissen. Band I: «Land
und Leute" (Berlin 1883); während Niebuhrs «Vorträge über alte Länder-
und Völkerkunde" (herausgegeben von M. Isleb, Berlin 1851), gegenwärtig
zwar in dem Detail veraltet sind, aber noch immer eine schätzbare Ge-
samtansicht darbieten. — Über die Änderungen, welche Klima und
Pflanzenwelt Italiens im Laufe der Zeit durchgemacht haben, vgl. man das
klassische Werk von V. Hehn, Kulturpflanzen und Haustiere in ihrem
Übergang aus Asien nach Griechenland und Italien (1. Aufl. 1870; 6. Aufl.
herausgegeben von 0. Schbadeb, Berlin 1894). Von demselben V. Hehn
haben wir ein Buch «Italien, Ansichten und Streiflichter' (Petersburg 1867.
2. Aufl. Berlin 1879), das auch auf die antiken Verhältnisse vielfach ein-
geht. Sonst sind aus der modernen Reiselitteratur noch die «Wander-
jahre in Italien* von F. Gregore vius (5 Bände, Leipzig 1857—77; wie-
derholt aufgelegt) hervorzuheben. Seit die Franzosen in Tunis stehen, hat
auch das Verständnis des Verhältnisses von Afrika zu Italien Fortschritte
gemacht und namentlich eine militärische Litteratur von aktueller Be-
deutung hervorgerufen. — In den neueren Reisehandbüchern ist die alte
Topographie zum Teil von bewährten Fachleuten bearbeitet, z. B. in
Baedekers «Italien" von H. Nissen (der darin die Beschreibung von Rom
14 A. Qeogpraphie yon Italien and dem Orbia Bomanna.
und Pompeji geliefert hat), von A. Holm (der den Teil über die Insel
Sicilien revidierte und berichtigte, auch bei der Redaktion der Umgebungs-
karten von Syracus und Girgenti mitwirkte, während H. Eiepebt die dazu
gehörige Karte Siciliens zeichnete).
2. Physische Geographie. Italien ist eine langgestreckte verhält-
nismässig schmale Halbinsel, welche sich, südlich von den Alpen, fast
parallel mit der gegenüberliegenden Küste der illyrischen Halbinsel, von
Nordwest nach Südost ausdehnt und die, wie Griechenland den Peloponnes,
so ihrerseits die Insel Sicilien zur Fortsetzung hat. Der südliche Teil ist
einerseits Afrika, andererseits Griechenland so nahe gerückt, dass der aus-
wärtige Verkehr, zuerst von dieser Seite her sich entwickelte, während
die anderen Teile der Halbinsel erst im Laufe der geschichtlichen Ent-
wicklung in denselben einbezogen wurden; was für die sich ändernde
Weltstellung der einzelnen Landschaften von Bedeutung war.
Die Halbinsel wird in ihrer ganzen Länge durchzogen vom Appennin
(mens Apeninus; Appenninus; beide Formen schon im zweiten Jahrhundert
V. Chr. vorkommend), der zunächst (von den Seealpen bis zur Tiberquelle)
eine südöstliche Richtung verfolgt und auf dieser Strecke lange Zeit die
Grenze gegen das Keltenland zu bildete. Es folgt der mittlere Appennin
von der Tiberquelle bis zu der des Volturnus. Darin ist die höchste Er-
hebung des Appennin (über 2900 m) und das Hochland der „Abruzzen''
eingeschlossen, wo der Gran Sasso d' Italia und die Berge der Majella-
gruppe in das Land der Sabiner, der Marser, der Päligner und Vestiner
hemiederschauen. Die letzteren Gebiete durchströmt der an den nörd-
lichen Vorbergen des Gran Sasso entspringende Aternus, der mächtigste
unter den Flüssen des adriatischen Küstengebietes. Der am Südrand des
Fucinersees entspringende Sagrus (Sangro) bildet die Grenze gegen die
eigentliche Abruzzenlandschaft, die er im Bogen umfliesst. Es folgen auf
der Ostseite die kleinen Flussgebiete des Trinius (Trigno), des Tifernus
(Biferno), des Frento (Fortore); während nach Westen hin der Volturnus
die Abflüsse vereinigt. Man sieht, wie das Samniterland nach beiden Küsten
hin gravitierte, was ja in der historischen Entwicklung der Halbinsel zum
Ausdruck gekommen ist. Wie im Westen nach der campanischen Ebene,
so wurde im Südosten nach der apulischen ausgegriffen. Dabei war man
im Stammland schwer anzugreifen, das bei der Zerrissenheit des Terrains
überall leicht zu verteidigende Positionen darbot, so dass Niebuhr mit
Recht als Analogie zu den Samniterkriegen den der Tiroler im Jahre 1809
heranzog. Während heute diese Berggegenden völlig verkarstet sind,
waren sie im Altertum bewaldet und bebaut; was auch auf die Fluss-
läufe einwirkte.
Der südliche Teil des Appennin geht durch Lucanien bis Sybaris.
Ein geologisch völlig selbständiges Gebirgsglied (Granit und Gneis) durch-
zieht Brettien, streicht dann unter dem Meere nach Sizilien hinüber, wo
es als nördliches Küstengebige auftaucht, das mit dem Lilybaeischen Vor-
gebirge endigt. Ohne Zusammenhang mit dem Appennin (wie er fälschlich
auf älteren Karten statuiert war) erhebt sich an der Ostküste auch der
Mens Garganus, ein massiges Vorgebirge, das geologisch ebenso für
1. ItaUen. (§§ 2, 8.)
15
sich steht wie das niedrige Kalkplateau Apuliens, das mit dem japygischen
Vorgebirge zum Meere abfallt. — Nach Osten, zum Adriameere, fallt der
Appennin steil ab, während die zahlreichen Flüsse nach kurzem aber
reissendem Laufe sich ins Meer ergiessen; also nur geringer Küstenent-
wicklung Raum geben. Die apulische Ebene im Süden hat längere Fluss-
läufe, z. B. den Aufidus, aber keine guten Hafenplätze ; bessere hat Cala-
brien, welche den Verkehr mit Griechenland vermitteln. — Im Westen
lagert sich dem Zuge des Appennin das subappenninische Hügelland vor.
Hier en-eichen die Flüsse, der Arnus, der Tiberis, der Liris, der
Volturnus erst nach längerem Laufe das tyrrhenische Meer und breiten
sich grossere Ebenen aus, die etrurische, die latinische, die kampanische.
Auch sind zahlreichere Häfen vorhanden. Dadurch ist der Hauptteil Ita-
liens, der der herrschende wurde, dem Westen zugewandt, wie der Haupt-
teil Griechenlands dem Osten. Die drei grossen Inseln schliessen diese
Westseite ab. — Am Golf von Neapel, auf dem Festlande sowohl, wie
auf den Inseln (namentlich Aenaria) übt der Vulcanismus seine die Land-
schaft mannigfach umgestaltende Thätigkeit, die auch in Sizilien und auf
den diesem vorliegenden Inseln (besonders Lipara) so hervortritt, dass sie
historische Bedeutung hat.^
Ich verzichte auf ein näheres Eingehen, indem ich auf Nissbns Italische Landes-
kunde, Bd. 1, verweise. Man findet dort die Behandlung Italiens hei den alten Geographen
gewürdigt, das Meer, den Appennin, den Vulkanismus, die Appenninflüsse, die Inseln u. s. w.
Vgl. an<£ Th. Fischer in der , Länderkunde von Europa" herausgegehen von A. Eirghhoff
II, 2 (1890 f.): «Das HalbinseUand Italien**. Woran hier nur im allgemeinen eriimert werden
kann. Uns kommt es vor allem auf die historische Topographie der einzelnen Landschaften
an. (NissBiss zweiter Band wird die Städtekunde behandeln.)
A. ünteritalien.
3. BruttiL Die bedeutendste Stadt Grossgriechenlands war bis ca. 500
V. Chr. das achäische Sybaris, das über vier Stämme des Binnenlandes
und über 25 Städte, darunter Metapontum, Posidonia, Laus von Meer zu
Meer gebot, was wegen der Exklusivität der im Westmeer mächtigen Chal-
kidier, Karthager, Tyrrhener für manche Handelsbeziehungen, z. B. der
Milesier, von Wichtigkeit gewesen sein wird. — Nachdem Sybaris von den
gleichfalls achäischen Krotoniaten zerstört worden war, gründeten im Jahre
443 Griechen verschiedener Stämme unter der Ägide von Athen in der
Nähe Thurii.
Der südliche Teil der brettischen Halbinsel, die Städte Locri und
Rhegion, gravitierten nach Sizilien, in dessen Händel sie regelmässig hinein-
gezogen wurden. Der Gegensatz der Interessen beider Städte fand darin
ihren Ausdruck, dass sie entgegengesetzte Allianzen eingingen; wie denn zur
Zeit des peloponnesischen Krieges Rhegion zu Athen hielt, Locri den Dorern
sich zuwandte. Nach der Niederlage Athens eroberte Dionysius von Syrakus
*) Die ffir das alte Italien bezeugten
Tolkanischen Ausbrüche sind von Nissek a.
a.0. I 283 zusammengesteUt Ein Aetna-
ansbmeh, der unter den prodigia vor der
Entscheidung bei Actium von Dio 50, 8 er-
wähnt wird, wäre hinzuzufügen. Ueber den
Ausbruch des Vesuv i. J. 79 n. Chr. vgl.
auch Joseph, antiqu. XX, 6, 3. Beschreibung
des Vesuv und Aetna bei Procop. b. Goth.
4, 35. Neuerdings G. Tropba, VEtna e le
sue eruzioni nelle principali fanti greche e
Romane, In Bivista di storia antica I (1895),
16
A. Qeographie yon Italien und dem Orbis Romanna.
Rhegion und Kroton; ja er fasste den Plan, vom skylletischen zum hip-
poniatischen Busen eine Mauer zu ziehen, um das dadurch abgeschlossene
Gebiet füi* immer mit Sizilien zu vereinigen. — Gleichzeitig wurden die
achäischen Städte durch die Kämpfe mit den Lukanem, welchen sich die
Urbevölkerung des inneren Landes verband, sehr heruntergebracht.
Als die Römer von Kampanien und Apulien aus in die unteritalischen
Verhältnisse eingriffen, paktierten die Griechenstädte einzeln mit ihnen;
wobei die Tarentiner ganz im Geiste der althergebrachten Seepolitik sich
ausbedangen, dass keine Flotte aus dem tyrrhenischen Meer über das
lacinische Vorgebirge bei Kroton (heute capo delle colonne oder capo di
Nau, nach dem hier bestandenen berühmten Tempel der lacinischen Hera
so benannt) hinausfahren sollte. Als diese Bestimmung von den Römern
nicht eingehalten wurde, kam es im Jahre 283 v. Chr. zum Kriege, dessen
Ausgang die künftige Zugehörigkeit auch der Küstenlandschaft zu Italien
entschied. Rhegion, Locri, Kroton und Thurii traten in den unter
Roms Führung stehenden Bund ein.
Die Bruttier (Brettier) waren ein Zweig der (sabellischen) Lukaner,
der sich erst nach und nach selbständig entwickelte. Es war ihnen gelungen,
die kleineren griechischen Orte im inneren Lande zu okkupieren, so im Jahre
356 V. Chr. Terina und Hipponium (das spätere Vibo), und ein Ge-
meinwesen zu begründen, als dessen Mittelpunkte Consentia (j. Consenza)
und Petelia (nordwärts des Flusses Neaethus, beim heutigen Strongoli)
genannt werden. Von Rom wurden sie nach dem Ausgang des Pyrrhischen
Krieges unterworfen, bei welcher Gelegenheit sie die Hälfte des wald-
reichen SilagebirgesO abtreten mussten, das dem römischen Staats-
schatz seitdem ein ansehnliches Erträgnis abwarf (vgl. Dionys. Halic.XX, 15).
Roms Politik begünstigte die Griechen gegen die Bruttier, welche
ihrerseits gemeinsam mit den Lukanem ihre Mannschaften für den Heer-
bann des italischen Bundes stellten. Dies Verhältnis befriedigte die Mehr-
zahl der Bruttier nicht, so dass zur Zeit des Hannibalischen Krieges zwar
Petelia den Puniern bis aufs äusserste widerstand, Consentia hingegen
schon nach kurzer Gegenwehr kapitulierte und die übrigen Bruttier sich
sofort gegen Rom erklärten; in der Hoffnung, jetzt endlich der Griechen-
städte Meister zu werden. Diese waren seit dem Pyrrhischen Kriege so
sehr geschwächt, dass man in Kroton, das Alter nicht in Anschlag ge-
bracht, nur mehr 2000 Bürger zählte; ganze Stadtteile waren unbewohnt
(Liv. XXni. 30, XXIV. 3) ; nur die reichen Erträgnisse des Heraheiligtums
am lacinischen Vorgebirge hielten die Stadt aufrecht. Ebenso menschen-
arm war Thurii (Strab. 6, 1, 13). Da die Griechenstädte gleichfalls, mit
^) Die antike und die moderne Begren-
zung des Silagebirges differieren. Wahrend
jetzt das Gebirge nördlich der Landenge von
Tiriolo den Namen Sila fOhrt, beschreibt es
Sirabo bei Locri. — Zu den stadtrOmischen
Bauten war man in der Eaiserzeit, insofern
man sich nicht aus dem oberen und mitt-
leren Appennin (namentlich im QueUgebiet
des Tiber) oder den Alpengegenden ver-
sorgen wollte, für grosse Tragbalken haupt-
sächlich auf die Waldungen Bruttiens ange-
wiesen. So auch P. Gregor d. Gr. bei der
Reparatur der Kirche zu St. Peter und Paul.
JB^stolae IX, 124 f.; ebenso P. Gregor II
(saec. VIII) zu demselben Zwecke aflcUis de
Calabria trabibus. Lib, pontif, ed. Duchesne
I p, 397.
1. lUlien. (§ 8.) 17
Ausnahme des von Sicilien her gedeckten Rhegion, mit Hannibal pak-
tierten, wurde die Zerstörungswut der Bruttier auch diesmal gezügelt.
Eine Strassenstation {Annibcdi in der tab, Peuting., Änival beim Ravenn.)
zwischen Scolacium und Croton bewahrte die Erinnerung an das Lager
Hannibals in dieser Gegend.
Nach dem Ausgange des Hannibalischen Krieges wurde die Landschaft
einer radikalen Reorganisation unterzogen. Von den Griechenstädten blieb
Rhegion im Besjj;ze einer bevorrechteten Stellung, infolge deren es seinen
griechischen Charakter bis in die Kaiserzeit beibehielt; Locri erlangte Ver-
zeihung; nach Kroton und Thurii aber wurden Kolonien ausgeführt (194
und 193 V. Chr.); in erstere Stadt eine Bürger-, in letztere eine latinische
Kolonie, die den Namen Copia erhielt. — Femer wurden Neugründungen,
vorgenommen in Vibo (bei Montelione, drei römische Meilen vom Meer, mit
einem Hafen, der den Namen bewahrt hat, jetzt Bivona), das mit dem Namen
Valentia latinische, und nordwärts davon in Tempsa (dem Temesa
der Griechen), das Bürgerkolonie wurde. Endlich erfolgte in der Gracchani-
schen Periode (122 v. Chr.) die Ausführung einer Bürgerkolonie nach
Skylletion, das seitdem als „colonia Mmervia Scolacium^^ (jetzt Squillace)
erschemt. Das südlich davon an der Küste gelegene Kaulonia, das noch
zur Zeit des Hannibalischen Krieges von Bedeutung war (lat. Caulonea,
beim heutigen Castelvetere), nennt Strabo ganz verödet. Die Bruttier
aber wurden für ihre Haltung im punischen Kriege dauernd bestraft, in-
dem sie wie unfreie vom Kriegsdienste ausgeschlossen blieben und ihre
Mannschaft den in die Provinzen gehenden römischen Magistraten als
Bedienung beigegeben wurde. Das als treu bewährte Petelia erhielt
eine bevorzugte Stellung. Auch Consentia erholte sich wieder; im nahen
Flusse Busentus, der in den Krathis mündet, fand der Gotenkönig
Alarich sein Grab. — Ln übrigen blieb der ager Bruttius mit der Sila
Domäne ; zu letzterer gehörte vielleicht auch der ager Teuranus (Tiriolo
bei Catanzaro), der im Senatuskonsult de Bacchanalibus erwähnt wird. Das
Gebirge bot in der Folge Räubern und entlaufenen Sklaven eine Zufluchts-
stätte dar; um so mehr als sie an der geknechteten Bevölkerung des
Landes einen Rückhalt hatten. — Die Gegend um das südliche Vorgebirge
Leucopetra, das die Alten für das Ende der Appenninen erklärten (jetzt
Capo deW Armi) kam in dem Kampfe gegen Sex. Pompeius in Betracht.
Cicero war im Jahre 44, auf dem Wege nach Griechenland begriffen, hier
durch widrige Winde an das Land getrieben worden. — - Die Küstenstädte,
namentlich Rhegion und Kroton, behaupteten ihre maritime Bedeutung,
die in der spätrömischen Periode, z. B. bei Procop (vgl. bell. Goth. IV, 25 f. :
Belagerung Ej*otons durch die Goten) mehrfach hervortritt. Kroton bil-
dete für die Schiffahrt von Messina nach Tarent eine Station (vgl. df&
Beschreibung der Fahrt bei Procop 1. c. HI 28 ff.) ; ebenso der Hafen von
Thurii, Ruscia (heute Rossano).
Corp. inscript. LaHnar. Bd. X p. 1 — 18. Nissen, Landesk. I 536 f. veranschlagt das
Gebiet der Brettier in seiner weitesten Ausdehnong Mif 200 — 250 deutsche Quadratmeilen.
Hbistkbbkbgk, Ueber den Namen Italien, stellt die ältesten geographischen Angaben zu-
sammen. Der Sinns Hipponiates oder Yibonensis oder auch Terinaeus hiess früher Nantj-
rirof xoXTiog (heute Golfo dt S. Eufemia). Bis daher soll sich nach Antiochus von Syrakus
XUndbueh der klUB. AltertumawiBWiiachaft. lU. 8. 2. Aufl. 2
18 A. Geographie yon Italien und dem Orbis Bomanna.
ursprCLnglich «Italien' erstreckt haben. Spftter erweiterte sich diese Bezeichnung bis zu
der vom Lausflusse nach Metapontum reichenden Grenzlinie und verschob sich von hier end-
lich noch mehr nach Norden (und zwar zunächst bei den Griechen). — lieber die griechische
Kolonisation vgl. £d. Mkteb, Gesch. des Altertums 11 S. 477 ff. Locri, eine Gründung der
Lokrer (beim heutigen Gerace), erhielt den Beinamen Epizephyrii von dem Voi^ebi^e
Zephyrion, das den Hafen nur gegen die Westwinde schützte (jetzt Gapo Bruzzano); viel-
leicht bedeutet der Beiname aber die «westlichen Lokrer** (Mannert). — Rhegium (das
heutige Reggio) ist wiederholt durch feindliche Mftchte und durch Erdbeben zerstört worden,
so df»s keine Reste des Altertums sich erhalten haben. — Fa. Lbnobicakt, La Grand-
Grhe, Paysagea et histoire (3 tomes, Paris 1881 — 1884) t. 1. chap. 4: De Siris ä Syharis,
chap. 5: Syharis et ThurM. chap. 6: Rossano. chap. 7: Les ville^ de Phüoctite {Petelia
etc.). diap. 8: La vaUie du Niaühos, tom. 2, eh. 9: Croton et le Pythagoriame. chap. 10:
Suite de Croton, chap. 11: L^e temple de Hera Lacinia, chap. 12: De Cotrone ä Catanzaro,
chap. 13: Catanzaro. chap. 14: Squiüace. — Man vgl. über Lbnormants Werk die ein-
gehende Analyse der beiden ersten Bände von A. Holx in Bubsians Jahresberichten 1881
S. 111 — 181. ,,Das Werk Lenormants ist höchst anregend und vortrefflich in der Schilde-
rung der Natur und der modernen Verhältnisse, in den allgemeinen historischen Betrach-
tungen und in der Anwendung der Numismatik auf die Geschichte (hier jedoch mit Aus-
nahmen), endlich in der Benutzung und Verarbeitung der neuesten Forschungen anderer. —
Die historische Geographie hat er jedoch nur insoweit gefördert, als er die Resultate der
Lokalforschung mitteilt und gut wiedergibt, und durch eigene Forschung in Betreff der
Stadt Skylletion. — Trotz alledem muss jeder, der sich mit der Geschichte und Geographie
von Grossgriechenland beschäftigt, das Werk lesen. ** — Ueber die Ergebnisse der von Ga-
vALLARi seit 1879 auf dem Boden des alten Sybaris unternommenen Ausgrabungen vgl.
die Notizie degli scavi di antichitä, communic. alla R. Aecad. dei Lincei p. ord. di S. E. il
miniatro di pubhl instruzione, Anno 1879 und 1880 (Roma 1880 und 1881). Tafel V des
Jahrganges 1879 gibt eine Karte der Gegend. Vgl. Holm a. a. 0. S. 131 ff. Neue Aus-
grabungen seit 1888.
Die Lage des alten Svbaris ist erst durch Gavallari festgestellt worden, indem er
die bei Strabo erhaltene Nachricht berücksichtigte, dass die Erotoniaten Sybaris dadurch
zerstörten, dass sie den Fluss Erathis (heute Crati) über die Stadt leiteten. CavaUari er-
kannte, dass der Crati in dem letzten Teile seines Laufes, ehe er sich mit dem Coscile
(Fluss Sybaris der Alten) vereinigt, eine durch kleine Bodenerhebungen veranlasste Zick-
zacklinie bildet, während daneben ein Thal bleibt, das als Crati veechio bezeichnet wird,
und sich in gerader Linie nach Osten hinzieht. Gavallari hat hieraus geschlossen, dass
der Crati veechio den Lauf des Erathis zur Zeit der Existenz von Svbaris, die Zickzack-
linie aber dessen Ablenkung durch die Erotoniaten bezeichne, um letztere herum muss
die Stadt Sybaris gelegen gewesen sein. — Gavallari hat in seiner topographischen Ab-
huidlung auch die Frage erörtert, wo Thurii lag, und auf den Fönte del Fico nördlich
vom Timpone grande als wahrscheinlich identisch mit der Quelle Thuria, nach der die
Stadt den Namen hatte, hingewiesen. Vgl. Lbkobmakt 1. c. p. 317 ff. Corp. inscr. Lat. X
p. 18. Die spärlichen Ruinen liegen bei Terranova.
Die Verwaltnngsbeamten der Landschaft Brutto (et Lucania) vgl. in Ruooieros di-
zionario epigrafico s. v. Bmttii. Ueber Bruttien im 6. Jahrhundert n. Ohr. geben (abgesehen
von Procopius) die Schriften des Qßssiodor mannigfachen Aufschluss. Einige Notizen z. B.
über Taurianum als Bischof sitz im südlichen Bruttium, über Tropea (bei Monteleone), über
,das auf Elosterboden errichtete castrum ScilUiciuin** (d. L Scolacium), über die „massa
Nicoterana^. die einen eigenen Bischof hatte (jetzt Nicotera) u. s. w., auch in den Briefen
Gregors d. Gr. Vgl. Mommsbn in seinen «Ostgot Studien*" N. Archiv d. Ges. XIV S. 494
und in der ,Zeits(£r. f. Sozial- und Wirtschaftsgeschichte" I (1893) S. 45. Die „tnaasa Tra-
peiana" Gorp. X 8076. Von Scillacium stammte Gassiodor. Es ist auf einem fast unzu-
gänglichen Felsen gelegen, gegenüber dem Mons Moscius (jetzt Monte Moscia), an dessen
Fuss Gassiodor Fisdbbehälter {vivaria) besass; danach ist wohl das EQoster Vivarium, wohin
sich Gassiodor im Alter zurückzog, benannt. Vgl. Mommsens Einleitung zu der Ausgabe
der ,Variae' (in den Mon. Germ, bist.) p. VII f. üeber die kirchlichen Organisationen in
byzantinischer Zeit, speziell den Metropolitansitz Severiana (seit saec. X Santa Severina),
nordwestlich von Eroton, vgl. Büry, History of the later Roman empire H p. 446. Dieses
Severiana geht auf ein von Hecataeus (bei Stephan. Byz.) als oenotrische Stadt genanntes
Siberene zurück, das vielleicht auch unter dem von Liv. 26, 39, 7 neben Groton erwähnten
Sybaris zu verstehen ist, da das alte Sybaris bei Livius nur als Thurii vorkommt Auch
in der Aufeählung der Orte Unteritaliens, bei Plin. N. h. 14, 6, wo gute Weine wachsen:
„Tarentina et Servitia et Consentiae genita" ist schon das Servitia (Servitiana) in Siberi-
niana emendiert Vgl. Glwbb, Ital. ant. II p. 1315. — Der Name Oenotria erscheint noch
im 5. Jahrhundert v. Ghr. fib* Lukanien und die Brattii gebraucht. Vgl. Nissbn, It. Landesk.
1. ItaUen. (§ 4.) 19
1525. üeber die hieher gehörigen Fragmente des Hecataens, worin zahlreiche oenotrische
Orte genannt sind, ygl. za Besgbb, Gesch. d. wissensch. Erdk. der Griechen I, 7 die Aus-
f&hnmgen von Diels in „Hermes* XXII, 412 ff. , Gerade die auffällige Berficksichtigong
des europäischen Westens giht den yollgttltigsten Beweis der Echtheit der Periegese*. —
Ffir die sp&tere Zeit ist das von Timaeus gesammelte Material yon Bedeutung. Vgl.
Gkffken, Timaios' Geographie des Westens (Philol. Untersuchungen Bd. XIII, 1892), hiezu
Ed. Mbyeb a. a. O. üeber dessen Verhftltnis zu seinem Zeitgenossen Ljkophron vgl. C. v.
floLznvGBB, Lykophrons Alexandra, Griechisch und deutsch mit erklftrenden Anmerkungen
(Leipzig 1895). In der Einleitung und dem Kommentar ist die ältere Litteratur über die
Geographica des Lvkophron (saec. III a. Gh.) yerzeichnet und verwertet. Der Autor stellt
die Grfindungsgeschichten der Städte Grossgriechenlands mit lebhaftem Lokalkolorit dar.
VgL auch G. F. Gbotbfbnd, Zur Geographie und Gesch. von Altitalien, 2. Heft: Der Griechen
älteste Sagengeschichte von Italien, mit einer Karte von Italien nach Lykophrons Alexandra
(Hannover 18140). 4. Heft: Italiens Bevölkerungsgeschichte bis zur Römerherrschaft, mit
einer Karte griechischer Pflanzstädte in Unteritalien und Sizilien (ebenda 1841). — Den
von Liv. XXX, 19 genannten Orten Uffngum (al. Aufugum), Hetriculum (al. Ocriculum), Ar-
gentanum, Sipheum (fd. Lymphaeum) entsprechen die heutigen Fagnano, Lattarico, S. Marco
Argentaro, Montalto. So Lehorxakt Lc. Ip. 230. Glampetia ist nachher Strassenstation.
Besidiae, roäter Besidianum, jetzt Bisignano. Vgl. Glüvbb 1. c. II p. 1285. 1317, der wegen
der Unsicherheit der Ueberlieferung an der Festlegung der anderen von Livius genannten
Orte verzweifelt. — Nach dem Hannibalischen Krieg iiai das Land der Bruttii erst wieder
im AufiBtande der Sklaven und Fechter unter Spartacus hervor. Zur Zeit der Bfirgerkriege
regten der Prätor M. Caelius und der aus der Verbaimung zurückgekehrte T. Annius Milo
das Gebiet der Bruttii und speziell von Thurii auf. Letzterer fand bei Cosa „in agro
Thurino*' (Caes. b. c. IQ, 22) seinen Tod. — Dann wird die Gegend wieder erwähnt zu An-
fang des 5. Jahrhunderts n. Chr. als Alarich nach der Einnahme Roms gegen Sizilien zog
und unterwegs bei Consentia starb (410). — Im 5. Jahrhundert n. Chr. ist auch Cassia-
num (das heutige Cassano) zu Stadtrecht gelangt. — Im Verlaufe der byzantinischen Zeit
erlangte das Griechentum wieder das Uebergewicht in dieser Landschaft. Squillacium war
im 6. Jahrhundert eine lateinische, im 10. eine griechisch redende Stadt. Buby 1. c. p. 448.
Bei Constantin Porphyrog. de themat, c. 27 erscheint dieses „Calabrien'' als zur Statt-
halterschaft Sizilien gehörig und es bereitete sich damals der Sprachgebrauch vor von einem
Sizilien jenseits und einem Sizilien diesseits des Faro oder von , beiden Sicilien', wie er
nachher von den Normannen gebraucht ward.
4. Lucania. Die Landschaft Lukanien hatte gegen Kampanien den
unteren Lauf des Silarus (heute Sele) zur Grenze, während die Gegend
am oberen Laufe mit Eburum noch zu Lukanien gehörte. Oegen Apulien
bildete der Fluss Bradanus (heute Bradano) die Grenze, endlich gegen
die Bruttii die Flüsse Laus (jetzt Laino) im Westen, Erathis (jetzt
Krati) im Osten. Im ganzen umfasste Lukanien etwa 180 deutsche
Quadratmeflen.
Auch diese Landschaft war längs der Küsten durch die Griechen
okkupiert; durch das sybaritische Posidonia am Silarus; Elea (Hyele),
eine Gründung der Phokäer; Pyxus und das gleichfalls sybaritische Laus;
ferner am tarentinischen Busen Metapontum, eine achäische Gründung
in kornreicher Gegend; Heraklea, im Jahre 432 v. Chr. von Tarentinern
und Thurinern begründet, mit Siris als Hafenort.
Alle diese Orte hatten seit dem fünften Jahrhundert von den sabel-
lischen Lukanem zu leiden, die schon im Jahre 435 v. Chr. bis gegen
Thurii vordrangen. Posidonia, von ihnen Paestum genannt, und Laus
fielen den Lukanem in die Hände. Nur Elea, von den Römern Velia
gesprochen und geschrieben, bewahrte seinen griechischen Charakter, nach-
dem es durch einen günstigen Bundesvertrag mit Rom seine innere Selb-
ständigkeit gewahrt hatte. Auch Heraklea war mit seiner neuen Stellung
zufrieden. Hingegen wurde 273 v. Chr. nach Paestum eine latinische,
später (im Jahre 194) nach Pyxus (seitdem Buxentum) eine Btirger-
2*
20 A. Geographie von Italien and dem Orbia Bemanne.
kolönie ausgeführt. Laus ist in der tabul. Peuting. als Lavinium, bei
Paul. diac. beziehungsweise in dem von ihm benutzten Provinzialkatalog als
Lainus (Laynus) verzeichnet.
Die Lukaner mussten sich nach ihrer Unterwerfung zu einem Bündnis
mit Rom bequemen, dem zufolge sie im Kriegsfall zum italischen Aufgebot
ihre Mannschaften zu stellen hatten; doch zeigt deren verhältnismässig
geringe Anzahl, kaum die Hälfte dessen, was das kleinere Samnium auf-
stellte, dass die Kraft des Volkes gebrochen war. Auch scheinen die so-
zialen Gegensätze, wonach ein zahlreicher Teil der Bevölkerung neben dem
Adel in einem helotenmässigen Zustande sich befand, die Nation geschwächt
zu haben. Im Hannibalischen Kriege stellten sich die Lukaner, wie früher
im Pyrrhischen, auf die Seite der Gegner Roms.
Von den Ortschaften des lukanischen Binnenlandes wird Grumen-
tum (bei Saponara), am Vereinigungspunkte der Flüsse Aciris (heute
Agri) und Sciagra öfter erwähnt, so zur Zeit des Hannibalischen, dann
des Sozialkrieges, später als Kolonie; ferner Potentia (beim h. Potenza
am Basente), wie der Name erweist, eine römische Gründung; Blanda;
Tegianum (Diane); Atina (jetzt Atena); Forum Popilii (jetzt PoUa an
der via Popülia); Volcei; Eburum (Eboli).
Corp. inscript. Latinar, Bd. X p. 21—57. — Fb. Lenobmant, La (xrand-Crrlce, t 1
eh. 2: Metaponte. eh. 3: H^racUe et Siris. Ueber Siris und die bei Plinins erwähnten
Sirini vgl. auch Bbloch in , Heimes' XXIX S. 604 ff. Paestum, berflhmt durch seine
Tempel und Ruinen, jetzt in sumpfiger Heidelandschaft; in der spfttrömischen Zeit finden
wir sttdwftrts davon me Bischofstadt Acropolis (jetzt Agi-opoli). Als im 9. Jahrhundert
die Saracenen Paestum verheerten, flohen die Einwohner mit ihrem Bischöfe auf die Höhen
von Capaccio vecchio. — W. Sohlbüning, Velia in Lucanien, Archäol. Jahrb. 1889 S. 169 ff.
Die Stadt lag beim heutigen Gastellammare della Bruca. — Buxentum beim heutigen
Folicastro (naXatoxaatQoy in bvz. Zeit) am darnach benannten Golfe. Südlich davon
Blanda (bei Marasca). — Die Kuinen von Grnmentum (bei Saponara) sind unbedeutend,
doch ist es eine reiche Fundstätte von Vasen, Inschriften und geschnittenen Steinen. —
Volcei, das im Hannibalischen Kriege eine Rolle spielte (Liv. XXVil) — die Bewohner
heissen Volceiani, auch Vulceiani, Volcientes, Volcentani und Vulcentani — lag beim
heutigen Buccino, an dem in den Silarus mündenden Tanager (jetzt Negro). — Mit Volcei
war in der späteren Zeit das gleichfalls bei Liv. 1. c. genannte Numistro (bei Muro?) zu
einer Gemeinde vereinigt; ebenso Forum Popilii mit Atina und dem Castrum Gonsilinum.
Mehrere bei Plinius aufgeführte Gemeinden, wie die Aprustani und Ursentini sind
völlig unbekannter Lage. Vgl Bbloch, Ital. Bund S. 19. — Der bei Vergil (Geo. IH, 146 f.)
erwähnte Alburnus ,grün von Steineichen' ist der Monte di Postiglione, der südwärts
längs des Silarus und des Tanager hinstreicht, die auch beide bei Vergil L c. vorkommen.
Eburum, mit der Aussicht auf den Alburnus, wird von Sallnst. bist 3, 67 in der Geschichte
des Spartacus genannt. — Die lukanischen Orte wurden nach dem Sozialkrieg meist der
tribtis Pomptina zugeschrieben. Eübitsohek 1. c. p. 265. 45 ff. — Im Mittelalter, seit dem
10. Jahrhundert^ ist Lukanien entzweigeteilt in das Gebiet des Fürstentums Salemo und die
byzantinische „Basilicata'^ (benannt nach dem Titel des byzantinischen Statthalters). VgL
(GiAC. Ra Cioppi), Staria della denominazione di Basilicata per Homunculm, Roma 1874.
(Derselbe), Paralipomeni della staria della denominazione di Basilicata per Homuneulus,
Roma 1874. Giac. Raocioppi, Origini storiehe investigate nei nomi geografici della Basifi-
cata, im Archivio storico Napolitano I (1876) p. 435 ff. Hiezu Holm in Bursians Jahresber.
1874—75 S. 84, 1877 S. 269 f. ,Raccioppi hat Recht zu behaupten, dass keiner der heutigen
Ortsnamen ans klassisch-griechischer Zeit herstamme, und dass in byzantinischer Zeit eine
stärkere Einwanderung aus der Balkanhalbinsel nach Unteritalien wahrscheinlich ist, als
die Geschichtsquellen melden."
5. Japygia oder Messapia (Calabria). Über Metapontum hinaus
begann die Landschaft Japygia, welche von den Hellenen auch Messapia,
von den Römern aber Calabria genannt wurde. Die Eingeborenen be-
1. Italien. (§ 5.) 21
zeichneten den Teil um das Japygische Vorgebirge nach den Sallentinem,
einen zweiten nach den Messapiem, den dritten an der Ostküste nach den
Kalabrern.
An der messapischen Küste hatten lakonische Dorier Tarentum
(Taras) begründet, das nach der Besiegung des Pyrrhus im Jahre 272 v. Chr.
in ein übrigens immerhin noch günstiges Förderatverhältnis zu Rom treten
musste. Nachdem die Stadt im punischen Kriege zu Hannibal abgefallen
war, wurde sie bei der Wiedereinnahme der Plünderung preisgegeben;
im Jahre 123 v. Chr. aber als „colonia Neptunia" konstituiert. Diese er-
fahr in der Folgezeit wiederholt eine Verstärkung, so unter Pompeius,
unter Nero (vgl. Tac. ann. 14, 27), doch ging die Stadt mehr und mehr
zurück, so dass nur der umfang der Mauern von der einstigen Bedeutung
zeugte.
Dafür kam der messapische Hafenplatz Brundisium empor. Der
Name (bei den Griechen Brentesion) bedeutet „ Hirschkopf'' der Gestalt
des Hafens entsprechend, welcher in zwei Armen die Stadt umfasst. Von
den Römern wurde der Ort den Sallentinern entrissen und als Ausgangs-
punkt der verlängerten via Appia im Jahre 245 v. Chr. zur latinischen
Kolonie gemacht. Während des Hannibalischen Krieges deckten römische
Truppen von hier aus die Küste gegen die Landungsversuche der Mace-
donier; wie es denn seitdem der gewöhnliche Ausgangspunkt für die Fahrt
nach Dyrrhachium an der illyrischen Küste und weiterhin für den ge-
sammten Orient wurde.
Eine hervorragende Rolle spielte die Stadt während des Bürgerkrieges
im Jahre 49 v. Chr., als die Pompeianer sich hier gegen Caesar vertei-
digten. (Ausführliche Beschreibung bei Caesar bell. civ. I.)
Der dritte Hafen an der calabrischen Küste Hydruntum (auch
Hudrentum, griechisch Hydrüs, jetzt Otranto), gegenüber dem nur 50 m.
p. entfernten ApoUonia, gelangte erst in der spätrömischen Zeit zu grösserer
Bedeutung. Callipolis, eine griechische Gründung im Busen von Tarent
(jetzt Gallipoli), wurde von den Römern in Anxa umgenannt, ohne dass
dieser Name durchgedrungen wäre.
Von den älteren Orten der Sallentiner wurde Lupiae (in spät-
römischer Zeit auch Lippia, das heutige Lecce) Kolonie, ohne dass der
Hafen vor dessen Restaurierung durch K. Hadrian eine Bedeutung gehabt
hätte; im nahen Rudiae (beim heute unbedeutenden Rugge) ward Ennius
geboren; weiter erscheinen im Besitze des Munizipalrechtes Valetium
(Valese), Uxentum (Ugento), Neretium (Nardö) und an der via Appia
zwischen Tarentum und Brundisium Uria (jetzt Oria). Manduria, zwi-
schen Tarentum und Hydruntum an einem kleinen See gelegen, wo der
spartanische König Archidamus (338 v. Chr.) von den Messapiern er-
schlagen wurde; auch im zweiten punischen Krieg genannt. Die Südspitze
der Landschaft bildete das Promontorium - Japygium oder Sallen-
tinum, auch Leuca (noch heute Capo di Leuca) genannt, gleich dem
nahen Orte (heute S. Maria di Leuca); unfern davon auf dem Wege nach
Hydruntum lag auf felsiger Höhe das „castrum Minervae*, nach Vergil
der Punkt Italiens, welchen Aeneas zuerst erblickte. Die akrokeraunischen
22 A. Geographie von Italien und dem Orbia BomaniiB.
Gebirge an der gegenüberliegenden Küste sind bei gutem Wetter erkenn-
bar. — Die Landschaft bewahrte in der römischen Zeit einen halb grie-
chischen Charakter; wie andererseits die Berührungen mit der illjrrischen
Eüste für die Geschicke derselben entscheidend waren: scheint doch die
Sprache der alten Messapier mit jener der heutigen Albanesen im Zu-
sammenhang zu stehen.
Corp. inseript. Latinar, Bd. IX p. 1—24. Fb. LBNOSMAirr, La Orand-Grhee t. 1,
eh. 1: Tarente. t. 3: la Calabrie. — lieber Tarent vgl. auch A. J. Evans, Reeent discoveries
of Tarentine terracoUas. In „The Journal of Heüenic studies** VII, 1 (1886) p. 1—50.
Yoraosgeschickt ist eine Rekonstruktion des Situationsplanes der alten Stadt. Das heutige
Tarent liegt an der Stelle der Acropolis der alten Stadt, während diese sich auf dem Fest-
land weit nach Südosten erstreckte. — In ethnographischer Hinsicht vgl. nehen Movvsen,
Unterital. Dialekte S. 85, 97; Rom. Gesch. I^ 10 f. noch W. Hblbio, Ueher die Herkunft
der .Tapyger, in „Hermes* XI, 256—290. — Dbbckb im Rhein. Mus. N. F. XXXVI, 576 ff.
XXXVII, 373 ff. XL, 133 ff. — L. G. db Simbokb, Note Japygo-Messapiche, Torino 1877.
Vgl. Bursians Jahresber. 1877 S. 272 (mit topographischen Detailstudien ttber Rudiae, Lupiae,
Valetium u. s. w.). — Nibsbn, Ital. Landeskunde I, 543. lieber den saltus Garminianensis
(heute Garmignano zwischen Lecce und Nardö), dem sp&ter ein episcopus Garmeiensis ent-
spricht, vgl. MoMMSEW im „Neuen Archiv der Ges. f. ältere deuteche Geschichtsk.* XV (1889)
S. 187. — In byzantinischer Zeit (saec. IX) ward ii^olge veränderter Besitzverh<nisse des
Reiches der Name Galabria auf die südwestliche Halbinsel, bisher Bruttü, ttbertragen, die
ihn jetzt noch fahrt. Vgl. Buby, A history of the laier Roman Empire H p. 439.
6. Apulia. Die so genannte Landschaft umfasste die Gebiete der
Daunier (im Nordwesten), der Peucetier (im Südosten) und der Apuler
im engeren Sinne des Wortes. Infolge des Hannibaüschen Krieges wurden
die Verhältnisse der Landschaft derart umgestaltet, dass zur Zeit des
Strabo die Abgrenzungen dieser Völkerschaften nicht mehr zu unterscheiden
waren, vielmehr die Daunier, Peucetier, Apuler eine und dieselbe Sprache
redeten und insgesammt als Apuler bezeichnet wurden.
Die apulische Landschaft bildet an der östlichen Abdachung der sam-
nitischen Berge eine nur durch die Erhebung des Oarganus (monte Gar-
gano, die Spitze 1560 m über Meer) unterbrochene Küstenebene, welche von
den Flüssen Frento, Aquilo, Cerbalus, Aufidus (heute Fortore, Colone, Cer-
varo, Ofanto) durchströmt wird. Der Aufidus ist der bedeutendste, doch
hat auch er nur zur Regenzeit viel Wasser. Ln ganzen ist die Gegend
wasserarm, da der Boden aus durchlässigem Kreidekalk besteht und bloss
stellenweise Thonlager enthält. Wo Bewässerung möglich ist, gibt es
treffliches Kornland. Sonst bedeckt sich das Land erst nach der Regen-
zeit mit ki*äftigem Graswuchs, was zur Schafzucht im grossen Gelegenheit
gibt. Den Sommer und Herbst müssen die Heerden in den Bergen zu-
bringen, wodurch Apulien in ein wirtschaftliches Abhängigkeitsverhältnis
zu Samnium geriet, das auf die politische Haltung der Landschaft nicht
ohne Einfluss blieb. Diese Verhältnisse waren auch in der Kaiserzeit vor-
handen, wie ein Dekret aus der Zeit des Marc Aurel zeigt. (Corp. IX 2438 =
Wilmans ex. 2841. Vgl. ;,Hermes" XV, 395). Grosse Flächen der Land-
schaft werden als ^saltus'^ bezeichnet, d. h. als ausserhalb der municipalen
Grenzen für sich stehende Weidebezirke, wie sie in Italien sonst nach
der Agrarreform der Gracchen und ihrer Nachfolger (vgl. Corp. I 551 =
Wilm. 797) kaum noch sich erhalten haben.
Im westlichen Apulien, welches Plinius mit dem Namen Teani Apuli
bezeichnet, lag Teate, später kurzweg Teanum Apulmn genannt (Ruinen
L lUUen. (§ 6.) 23
bei Passo di Givitate). Die angesehensten Städte in diesem Teile der Land-
schaft waren aber Arpi (am Flusse Aquilo, die Ruinen nördlich vom heu-
tigen Foggia) und Ganusium (am Aufidus, heute Canosa), zwischen denen
Apulien zur Zeit der Samniterkriege geteilt war; Ganusiiun stand auf Seite
der Samniter, Arpi auf der der Römer. — Der Aufidus ist in seinem
unteren Laufe schiffbar: bei Cannae, wo die Römer die Niederlage des
Jahres 216 erlitten, von Ganusium 25 Stadien, vom Meer 90 Stadien
(==: 16 km) entfernt, lag der Flusshafen der Ganusiner; in der Nähe der
jycampus Diomedis,*' so benannt nach dem mythischen Begründer von Ganu-
sium. Diese Stadt blieb damals den Römern treu, während Arpi ein
Hauptquartier der Punier wurde. — Auch später behielt Ganusium, so als
wichtige Station der von Benevent nach Brundisium führenden via Traiana,
seine Bedeutung. Im vierten Jahrhundert n. Ghr. wurde es die Hauptstadt
von Apulien und Galabrien.
Als Stapelplätze von Arpi kamen empor die durch einen Fluss und
Lagunen (Scdapina palus) mit einander in Verbindung stehenden Orte
Sipontum (griech. Sipüs, die Ruinen bei S. Maria Maggiore di Siponto)
und Salapia (Ruinen Salpi). Nach dem Hannibalischen Kriege wurden
beide Orte von Arpi emanzipiert; Sipontum (beim heutigen Manfredonia),
im Jahre 194 als römische Kolonie konstituiert. Westlich von Arpi lag
Luceria (jetzt Lucera), ursprünglich eine Stadt der Daunier, die aber auch
Diomedes als Gründer verehrte; auf einer Hochfläche, die nach Ost und
Süd sich senkt, nach Nord und West steil abfallt. Von der Burg aus
übersieht man die ganze, vom Appennin und dem massig ins Meer vor-
springenden Mons Garganus eingeschlossene Ebene. Luceria wurde im
Jahre 314 v. Ghr. als latinische Kolonie gegen die Samniter gegründet
und mit einem umfangreichem Gebiet ausgestattet; es bewährte sich im
Hannibalischen Kriege als der Stützpunkt der Römer auf dem apulischen
Kriegsschauplatz.
Die zweite Gründung der Römer war das im Jahre 291 v. Ghr. als
(latinische) Kolonie konstituierte Venusia, eine Station der via Appia.
Als Venusia infolge des Sozialkrieges das Bürgerrecht erlangte, wurde es
der tribtts Horatia zugeschrieben; im Jahre 65 erblickte daselbst Q. Hora-
tius Flaccus als der Sohn eines Freigelassenen das Licht der Welt, in
dessen Gedichten die Heimat oft erwähnt wird.
Venusia (jetzt Venosa) liegt am wasserarmen Flüsschen Daunus,
das dem , weithintönenden {vioUns longe sonäns) Aufidus* zuströmt; über
der Landschaft erhebt sich der ^Apulische Vultur,'' ein umfangreiches
Gebirge (60 km), dessen höchster Gipfel, heute ü pizzuto di Melfi (1329 m),
ein erloschener Vulkan mit zwei kleinen tiefen Kraterseen ist. An der
Südwestseite das hochgelegene Aceruntia (jetzt Acerenza), ein kleines,
aber festes Städtchen. In der Nähe Bantia, wo im Jahre 208 v. Ghr.
der Konsul Marcellus in den Hinterhalt Hannibals fiel (heute Banzi; das
in der Landesprache abgefasste Ortsstatut, die lex Bantina, ist erhalten),
und die „fetten Fluren des niederen Forentum^ (heute Forenza). Den
von Horaz gepriesenen Föns Bandusiae glaubt man bei Palazzo gefun-
den zu haben, zwei Stunden östlich von Venosa, wo eine starke Quelle,
24 A. Geographie von Italien und dem Orbis Bomanns.
jetzt Fontana grande, entspringt. Auch Ausculum (gewöhnlich Asculum
Apulupi genannt, heute Ascoli di Satriano), wo Pyrrhus die Römer schlug,
ist von Horaz andeutungsweise („oppidulum" sat. 1, 5, 86) erwähnt; ebenso
Canusium, Trevicum (auf dem Wege von Benevent nach Canusium,
bereits im Gebiet der Hirpiner gelegen), von wo aus die Berge Apuliens zuerst
vor Augen treten. — In Venusia ist ein Amphitheater erhalten, ausser-
dem sind in der Nähe jüdische Katakomben entdeckt worden, wie denn
auch sonst bekannt ist, dass im vierten und fünften Jahrhundert n. Chr.
viele Juden hier lebten.
Aecae (jetzt Troja) und Herdoniae (Ardaneae bei Liv. 24, 20; heute
Ordona), im Hannibalischen Kriege genannt, Stationen der via »Traiana.*
Südwärts von ersterem das gleichfalls im Hannibalischen Kriege erwähnte
Vibinum (heute Bovine). Bedeutendere Strassenstationen waren in der
Folgezeit Rubi (jetzt Ruvo), Butuntum (jetzt Bitonto), Caelia (jetzt
Ceglie di Bari), endlich an der Grenze zwischen Apulien und Calabrien der
Hafenplatz Gnathia, von den Römern in Egnatia (die zerstörte Stadt
bei torre di Agnazzo in der Nähe von Monopoli, dem alten Minopolis) um-
genannt; „die allgemeine Einkehr für die zu Wasser und zu Land nach
Barium Reisenden,* bemerkt Strabo. Der Hafenplatz Barium (jetzt Bari)
lag an der alten Grenze zwischen Dauniern und Peucetiern. Die Land-
schaft bewahrte vielfach ihr halbgriechisches Wesen, so dass das unreine
Latein seiner Landsleute (speziell der Canusiner) für Horaz ein Gegen-
stand des Spottes war. Ein Nachklang aus der früheren Epoche, wo hier
jedes Nest griechische Münzen geschlagen hatte. Selbst die lateinischen
Inschriften der Gegend weisen Gräzismen auf.
Corp, inscript. Lot, IX p. 25 — 87. — Nibbuhb, Voitrftge über alte Länder- und
Völkerk. S. 489—499. — Kiepert, Lehrb. der alten Geographie § 388 f. — Nissen, Itali-
sche Landeskunde, Bd. I 8. 271 ttber den Vultur; S. 337 f. ttber das Thal des Aufidus, die
Küste und die apulische Ebene. Der Umfang der Landschaft war ein wechselnder. Nach
der heutigen Einteilung umfassen die drei apidischen Provinzen 402 deutsche Quadratmeilen.
Die Yerwaltnngsbeamten, die auf den Inschriften der Kaiserzeit für Apulien und die damit
kombinierten Sprengel genannt werden, ebenso die Strassen, sind yerzeichnet in Ruooibbos
dizioniario epigrafico s. v. Apulia. — Capxartin db Chaupy, Dicouverte de Ja maison de
campagne d* Hortice, ouvrage utile pour V inteüigence de cet auteur, et qui dotine occasion
de traiter d' une suUe conMd&rable de Heux antigues (Romae 1767 — 1769, 3 Bde.). Für
die Topographie der bei Horaz erwähnten Gegenden noch jetzt massgebend und yon
MoMKSBN in Corp, inscript, Latinar. IX und X verwertet. Vgl. Corp. IX, index auctorum,
p. XXXIU. MoHMSBN in den Sitzungsberichten der preuss. Akad. 1889, S. 23 ff. (Festvortrag,
worin die Heimatsschilderungen des Horatius kommentiert sind). Einen Zusammenhang
zwischen der tribus Uoratia, weldier Venusia zugeschrieben war, und dem Namen des
Dichters Horatius vermutete G. L. Gbotefbnd, Zeitschrift fOr d. Altert. -Wiss. 1834 S. 182 ff.
vgl. 1836 S. 942 und G. F. Gbotefbnd, Zur Geographie und Geschichte von Altitalien, 5. Heft
(1842) S. 47. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Freigelassenen eines Munizipinms
ebenso einen Namen anzunehmen pflegten, der an das frühere Abhängigkeitsverhältnis er-
innerte, wie dies bei Freigelassenen von Privaten der Fall war. Einwendungen dagegen
bei Hbnzbn, Bull, deW inst, arch. 1857 p. 31. ~ In der byzantinischen Zeit hatte der
in Barium (Bari) residierende Statthalter den Titel xaranayosj daher die Bezeichnung ,Ca-
pitanata**. Sonst erlitt die topographische Konfiguration der Landschaft im Laufe der Zeit
manche Veränderung. Im Jahre 663 n. Chr. wurde Luceria von den Byzantinern zerstört.
An dem Mons Garganus erhob sich schon im 5. Jahrhundert (vgl. Archiv d. G^. V, 509)
das berühmte Heiligtum des Erzengels Michael, von wo aus die Normannen (saec. XI) das
Land zuerst kennen lernten. Foggia (von „foveae**, Gruben, in denen Getreidevorräte be-
wahrt wurden), jetzt der Mittelpunkt der apulischen Ebene (eine Stunde vom alten Arpi),
kam durch den Hohenstaufen fViedrich U empor, der auch Luceria (als Saracenenkolonie)
1. ItaUen. (§ 7.)
25
neu begründete, wie sein Sohn Manfred die Stadt Manfredonia, 3 Kilometer yom alten
Sipontam, das wegen seiner Sumpfluffc immer mehr heruntergekommen war.
7. Campania. Der Name kommt von Gapua, wurde jedoch schon
im vierten Jahrhundert v. Chr. zunächst von den Griechen auf die ganze
Landschaft nördlich von der Mündung des Silarus und dem Vorgebirge
der Minerva (westlich vom heutigen Amalfi) bis an die Grenzen Latiums
übertragen. Der Grund lag darin, dass einerseits Capua früh die Füh-
rung über die angrenzenden Städte, wie Ate IIa und Galatia, an sich
gebracht hatte, daher die hauptsächlich von hier ausgehenden Söldner kurz-
weg als die Gampanischen bezeichnet wurden ; anderseits, dass nachher die
übrigen Städte dieses Gebietes, namentlich auch Gumae, zu Born in ein ähn-
liches Verhältnis wie Gapua traten. Das Gebiet der Aurunker und der
Sidiciner (nordwärts des Voltumus) war ursprünglich nicht einbegriffen,
während es später zu Gampanien gerechnet wird. — Doch unterscheidet
Polybius den Kafinavog vom Kanvavog, resp. Kanvrjaiog ; und bei genauerer
Diktion wurde die Unterscheidung von Gampanus und Gapuensis auch im
Lateinischen durchgeführt, das von den Griechen gebildete Wort Gampa-
nia im Lateinischen rezipiert. Umfasste „ Gampanien^ zunächst etwa 50
deutsche Quadratmeilen, so ist später die politische Bezeichnung „Gampa-
nien* eben solchen Veränderungen unterlegen, wie etwa der Begriff von
Latium.
Strabo charakterisiert diese Landschaft vortrefflich: »Von Sinuessa
zieht sich längs der Küste ein grosser Busen bis Misenum; von dort ein
zweiter, viel grösser als der erste; diesen, welcher von Misenum bis zum
Athenaeum (d. i. das Promontorium Minervae südlich von Sorrent) sich
hinzieht, nennt man den Krater. Über diesen Ufern liegt ganz Gampania,
die gesegnetste aller Ebenen. Fruchtbare Hügel und die Berge der Sam-
niter und Osker umgeben sie." Hier wachse das schönste Getreide, Öl
und der beste Wein: Falemer, Galener, Surrentiner u. s. w.
Kein Wunder, dass die vorheiTschenden Stämme der Halbinsel sich
der Landschaft zu bemächtigen gedachten: die Griechen setzten sich an
der Küste fest, die Etrusker, Samniter, Römer nach einander im Binnen-
lande; der entscheidende Kampf Roms mit den Samnitem entbrannte um
Eampanien.
Die Festsetzung der chalkidischen Griechen erfolgte, bevor noch die
Phoeniko-Karthager diesen Teil des tyrrhenischen Meeres okkupiert hatten,
zuerst auf der Insel Pythecusae, dem heutigen Ischia. Aber infolge der
vulkanischen Erschütterungen, denen die Insel ausgesetzt war, sahen sich
die Ansiedler genötigt, nach dem gegenüberliegenden Festland auszuwan-
dern, wo sie auf hohem, damals gewiss noch fast direkt aus dem Meer
sich erhebenden Felsen die Stadt Gumae (im achten Jahrhundert v. Ghr.?
oder schon früher?) begründeten, i) Da die ganze Küstenlandschaft vul-
*) Ischias Yulkanische Natur zeigte sich
1883 neuerdings durch eine grosse Erschüt-
terung der Insel, wobei über 2000 Men-
schen verunglttckten. Vgl. darüber , Aus-
land* 1883 Nr. 34. — Der Name Ischia tritt
als Iscla zum erstenmal auf erst 813 in einem
Briefe Papst Leo ni ao Karl d. Gr. „Es
kann wohl kein Zweifel sein, dass er von
sianXeTy abgeleitet ist mit der (im Neapoli-
tanischen) gewöhnlichen Lautverschiebung
26
A. Geographie von Italien und dem Orbis BomaniiB.
kanischer Thätigkeit ausgesetzt ist, fixierten sich hier die Sagen von dem
unter der Erde gefesselten Riesen, der bis an den Ätna sich erstrecke,
aus dessen Schlünde er seinen Grimm aushauche; hieher, nach den »phle-
graeischen* Gefilden, wurde der Eingang in die Unterwelt verlegt (vgl.
Vergils Schilderung) ; von dem l^icus Ävemus ging die Sage, dass die über
denselben wegfliegenden Vögel betäubt ins Wasser niederstürzten. West-
wärts, mit dem Meere durch einen Kanal verbunden, der See Acherusia
(jetzt lago del Fusaro)^ eigentlich eine Strandlagune. Charakteristisch für
die Gegend sind die kleinen Kraterseen, die Schwefelquellen, Solfataren.
Infolge der wechselnden vulkanischen Thätigkeit sind seit dem Alter-
tum nicht unbedeutende Änderungen in der Gestaltung des Terrains ein-
getreten. Während der Berg Epomeus auf Pythecusae seine Wirksamkeit
fortsetzte und nochmals im Jahre 474 v. Chr. die Syrakusaner an der Be-
siedelung der Insel hinderte — auch die Insel Prochyta (Procida)
sollte nach Plinius dem Älteren durch einen ins Meer gestürzten Berg sich
gebildet haben, was aber die moderne geologische Forschung abweist, —
galt der Vesuvius, dessen Abhänge bewaldet oder bebaut waren, bis zur
Katastrophe des Jahres 79 n. Chr. für erloschen. Cumae aber war durch
den locus Avemus und den locus Lucrinus mit dem Busen von Misenum
direkt verbunden, ein Zusammenhang, der erst im Jahre 1538 unter-
brochen wurde, als sich zwischen den beiden Seen der ,, Monte nuovo'^ bis
zur Höhe von 130 m emporhob.
Cumae blieb jahrhundertelang das Kultur- und Handelszentrum des
nachmaligen Kampaniens, indem es jeden Konkurrenten, Karthager, Etrusker,
andere Griechen, von dem „cumaeischen* Busen ausschloss, gegen Angriffe
von der Landseite her aber durch seine feste Lage gesichert war. Von
Cumae aus erfolgte im sechsten Jahrhundert die Gründung von Neapel,
das nach dem Verfalle der , Altstadt' Cumae die bedeutendste Griechen-
stadt an dieser Küste wurde, seinem griechischen Charakter auch am
längsten treu blieb, i) Eine feste Stadt von der See- wie von der Land-
seite her. Seit 326 v. Chr. civitas foederata und zur Stellung von Schiffen
(pluB = chiü)/ Belogh, Camp. 8. 206.
Auch „insula maior*^ hiess sie bei den An-
wohnern.
0 Die Existenz einer besonderen Palaeo-
polis, welche bei Liv. 8, 22 ff. erwähnt wird,
beruht auf der Verwiming, die 1. c. in den
Nachrichten des Livius herrscht. Vielleicht,
dass den Sanmitem gegenüber, die in die
Stadt aufgenommen waren, die griechischen
Bürger als Palaeopoliten sich bezeichneten.
Zwischen Neapel und Dicaearchia bietet das
Terrain keinen Raum fOr eine besondere
Stadt. — Die Efiste von Puteoli kennen wir
aus Darstellungen auf Glasgefftssen, beson-
ders einem bei Odenira inPortu^ gefundenen.
Vgl. Jordan, Archäol. Zeitung 1868, S. 91,
tab. 11. Ebenso Baiae. Belöge im Vorbe-
richt zu seinem Atlas von Campanien S. 2 f.
Text S. 125 f. Die ganze Gegend hat durch
die Th&tigkeit der rOmischen Grossen eine
andere Vedute bekommen. Wichtig fOr die
Topographie sind auch die Silyae des Statins,
der aus Neapel stammte. Vgl. Mohhskn,
Inschrift des Pollius Felix, »Hermes" XVIII,
158 ff. Es wird das Landhaus epUimones
(limon bei Statins) und der emissarius Paco-
nianus erwähnt Ebenso ist der Roman des
Petronius, der in dieser Gegend spielt, zu
beachten. Vgl. Momksbn, „Hermes' XHI,
106: Trimalchios Heimat und Grabschrift o. a.
Auf die Erwähnungen bei Vergil, Properz,
Martial (vgl. FribdlIkdbb, Sittengesch. H)
endlich griechische Sagen, welche an diese
Küsten anknüpfen, brauche ich nicht näher
einzugehen. — Die Schilderung des Vesuv-
ausbruches im Jahre 79 durch den jüngeren
Plinius ist für den ganzen Golf von Wert.
Der Standpunkt des Zuschauers war Mi-
senum.
t ItaUen. (§ 7.) 27
an den römisch-italischen Bund verpflichtet. Die in geraden Linien lau-
fenden Strassen des heutigen Napoli entsprechen denen der alten Zeit,
da Neapel seit seiner Gründung nie zerstört worden ist. Der Fluss Sebe-
thos, an dessen Mündung Neapel liegt, ward als Oott verehrt. Die Insel
im Süden der Stadt, welche jetzt das Castel ddV Ovo trägt, hiess Megaris,
was vielleicht ursprünglich eine phönikische Faktorei (nachher die Palaeo-
polis ?) bezeichnete; in römischer Zeit erhob sich hier die Villa des Lu-
culi, die als y^castrum LucuUanwn" dem Romulus Augustulus zum Aufent-
haltsort durch Odovacar angewiesen wurde. Es war im Laufe der Zeit
hier eine ganze Vorstadt erwachsen. — Die heutige Ghiaja heisst bei
Gregor dem Grossen (ep. X, 61) Plaja (= plaga). Die Höhe im Westen
davon hat den Namen vom Pausilipon („Sorgenfrei'') des Vedius Pollio,
später kaiserlicher Besitz. Der Hügel ward durch die bekannte Grotte
(Crypta Neapolitana) durchbrochen, wo man neuerdings (1882) eine
römische in den Tuff gehauene Wasserleitung konstatiert hat. Weiter
die Insel Nesis (jetzt Nisida), einst Besitz des M. Brutus; die Euploea (d. i.
die Klippe la Gajola an der Punta), der (jetzt trocken gelegte) Kratersee
Lage di Agnano {^Icums Annianus*^ ; die Annii auch sonst in der
Gegend nachweisbar); der weinberühmte Mons (Naurus (Monte Barbara).
Dicaearchia, ein Emporium von Cumae, das aber erst durch die Römer
Bedeutung erhielt, die es nach dem Hannibalischen Kriege im Jahre 194
V. Chr. unter dem Namen Puteoli (jetzt Pozzuoli) zur Kolonie machten; es
wurde in der Kaiserzeit ein Handels- und Stapelplatz ersten Banges,
namentlich für den Verkehr Italiens mit dem Orient, und gewissermassen
der zweite Hafen Roms. Im Gebiete von Puteoli lag der berühmte und
berüchtigte Badeort Baiae, wo sich zur Saison (März, April) das vor-
nehme Rom, auch der Kaiser einzustellen pflegte. Den locus Avernus
und den locus LucrinuSj die früher ihres Fischreichtums wegen gerühmt
waren, hatte M. Agrippa zur Anlage eines Kriegshafens („portus Julius'')
verwendet. Später wurde Misenum als solcher eingerichtet, wo seitdem
die für das Westmeer bestimmte Flotte stationierte. Aus der Flotten-
station erwuchs eine Stadt, die vom K. Claudius als solche konstituiert
wurde, während der „praefectus clossis praetorioe Misenatensis' nachher
nicht nur in militärischer Beziehung, sondern auch in Verwaltungsange-
legenheiten für ganz Kampanien die erste Persönlichkeit ward (vgl. Ephem.
epigr. Vn p. 398). — Den ,Mons Misenus*, das weithin sichtbare Kap
von Misenum, das dem Hafen vorgelagert ist, feiert Vergil, Aen. VI, 232.
Hier hatte Marius eine Villa angelegt, die nach ihm Luculi besass, später
die Kaiser: Tiberius ist hier gestorben. — Am Lucriner See lag die
.Akademie^ Giceros; wie denn dieser See im Kurleben von Baiae nach wie
vor eine Rolle spielte (daher auch ku^us Baionus genannt). Als Hadrian
in dem »alten Palast*" (d. i. wohl dem von Cäsar erbauten) zu Baiae ge-
storben war, wurde er in der ehemaligen Villa Ciceros beigesetzt. — Die
(früher dem Hortensius gehörige) Villa in Bauli (gleichfalls unweit des
Lucrinersees) ist bekannt durch die hier erfolgte Ermordung der jüngeren
Agrippina durch die Mannschaften des Flottenpräfekten von Misenum.
Unter Nero erreichte der Uebermut in Baiae den Gipfel; wollte doch
28 A. Geographie von Italien nnd dem Orbis Romanna.
dieser Kaiser den Lucrinersee durch einen schiffbaren Kanal mit dem
Tiberflusse verbinden, zu welchem Behufe die am lacus Avemus gelegenen
Höhen zu untergraben schon begonnen war. Diese und andere Entwürfe
zur Umgestaltung der Gegend vereitelte nur Neros Sturz. Das „stagnum
Neronis'^ im kaiserlichen Palast zu Baiae, die Trümmer jener Bauten am
locus Lucrinus galten noch lange als Sehenswürdigkeiten. Der Lucrinus
war vom Meere durch einen Damm getrennt, über den die y^via Herculanea*^
führte; denn Hercules sollte diesen Damm aufgeschüttet haben, als er die
Rinder des Geryones heimtrieb (Strabo). Heute ist die Strandlagune
Maricello der dürftige Rest des einst so berühmten Sees.
Die Insel Pithecusae (, Affeninsel''), auch Aenaria genannt, mit
dem anstossenden Prochyta gehörte seit Mitte des 5. Jahrhunderts
V. Chr. den Neapolitanern, die den vor den Erderschütterungen Flüchtigen
Zuflucht gewährt hatten, ging dann an die Römer verloren, bis Augustus
sie wieder den Neapolitanern für Capri (die „Eberinsel*) abtrat. — Die
westwärts gelegene Insel Pandataria (jetzt Ventotene) wurde in der
Kaiserzeit als Detentionsort für hochgestellte Personen, namentlich die
Frauen des Herrscherhauses verwendet.
Auch an der Ostseite des Golfes von Neapel, sowie im Gebiete süd-
lich davon sind vielfache Änderungen eingetreten. Zur Zeit des Hanni-
balischen Krieges war Picentia (heute Vicenza, auf dem Wege von
Salernum nach Eburum) eine Stadt, welche die Bedeutung hatte, wie
nachher Salernum, das sich entwickelte, nachdem Picentia wegen seines
Abfalles zum Dorfe herabgesetzt worden war. Salernum wurde im Jahre
194 V. Chr. als Bürgerkolonie eingerichtet. — Sorrentum besass in
seinem Gebiete einen Tempel der Minerva, den Ulysses gegründet haben
sollte, auch ein Heiligtum der Sirenen, ViUen, gesunden Wein. — Die
durch einen drei Million breiten Sund vom Festland getrennte Insel
Capreae (Capri) wurde durch den Aufenthalt des Tiberius berühmt (vgl.
Tacit. ann. IV, 67; Sueton. Tib. 40). — Stabiae war wegen seiner vor-
züglichen Milch bekannt, wovon auch der „mons lactarius" (heute Monte
dilettere) den Namen hatte; das alte Her culaneum wurde in der Eaiser-
zeit zur Villeggiatur benützt; Pompei, die bedeutendste der durch ihr
unglückliches Schicksal berühmt gewordenen Städte, früher der oskische
Hafen Kampaniens, war im Bundesgenossenkriege (gleich Herculaneum)
von den Römern erobert, darauf von Sulla als Kolonie {cohnia Veneria
Cornelia Pompeianorum) eingerichtet worden. Sein an der Mündung des
Samus gelegener Hafen blieb zugleich das Emporium der kampanischen
Landstädte. Von diesen war Nuceria am Sarnus (der hier göttlich ver-
ehrt wurde) in der Zeit der römischen Republik als Kreuzpunkt mehrerer
Strassen gewissermassen die Hauptstadt des südlichen Kampaniens. Nola,
das sich in der Krise des Hannibalischen Krieges als treu bewährt hatte,
bildete im Bundesgenossenkriege einen der Stützpunkte der Insurgenten;
unter Augustus, der hier starb, wurde es als „colonia Augusia" konstituiert.
Von Nola östlich lagen Abella (heute Avella) und Abellinum (bei
Avellino), das letztere früher eine Stadt der Hirpiner. Ersteres hatte mit
Nola einen Herculestempel an der Grenze ihrer Gebiete gemeinsam. Be-
t ItaUen. (§ 7.) 29
rühmt war die abelliniscbe Haselnuss und überhaupt die Obst- und Oarten-
kultur der Gegend. In Nola hatten mehrere römische Grosse ihre Villen;
auch Yergilius besass hier ein Grundstück.
Gapua war der Hauptsitz der Osker in der ganzen Landschaft, welche
hier verweichlichten und dadurch in Gegensatz zu den kräftigen Berg-
stämmen ihrer Nationalität traten. Der Widerstand der Gapuaner gegen
die Festsetzung der Römer hatte die Einziehung eines bedeutenden Teiles
ihres Gebietes zur Folge, des ager Stellas und des ager Falernus (beide
nördlich vom Voltumus); im Jahre 296 v. Chr. wurden die an der Küste
im alten Aurunkerland gelegenen Orte Minturnae und Sinuessa (Se-
nuisa auf einer alten Inschrift) als Bürgerkolonien eingerichtet; eine
römische tribus erhielt den Namen Falerna. Als die Gapuaner dafür im
Hannibalischen Kriege von Rom abfielen, wurde nach der Wiedereroberung
der Stadt der ganze ctger Campanus, soweit er nicht Tempelgut war, zum
ager publicus p. R. geschlagen, die römischen Kolonien Volturnum (an
der Mündung des Flusses) und Liternum angelegt (191 v. Ghr.), Gapua
selbst der Stadtverfassung beraubt. Nur die sakralen Verbände, wie die
Festgemeinschaft zu Ehren der Diana am Berge Tifata, wo (bei der heu-
tigen Kirche S. Angdo in Formis) ein berühmter Tempel und Wallfahrts-
ort stand, blieben erhalten, bis Julius Gäsar im Jahre 59 v. Ghr. Gapua
wieder herstellte. Die Stadt erlangte bald neue Bedeutung, wie wir den
Nachrichten des von hier stammenden Velleius Paterculus entnehmen; in
der Kaiserzeit ward sie eine der Metropolen Italiens, ihr Amphitheater
nach dem Kolosseum in Rom das geräumigste. Die „Laborini campi"
oder „Laboriae^ genannte Gegend an der Strasse, welche von Puteoli
nach Gapua fühlte (davon die „terra di Lavoro^), galt als der fruchtbarste
Teil Gampaniens. — Im fünften und sechsten Jahrhundert n. Ghr, erscheint
Gapua als tote Stadt, deren Bevölkerung den weiten Mauerumfang nicht
zu füllen vermochte. Im neunten Jahrhundert von den Sarazenen zer-
stört, erhob sich das neue Gapua nicht an der Stelle des alten (jetzt
S. Maria di Capua vetere), sondern eine Stunde davon am Volturnus, wo
der Brückenkopf Gapuas, Gasilinum, gestanden hatte. — Atella
(S. Arpino bei Aversa) teilte zumeist die Schicksale Gapuas. Ebenso Galati a
(Le Galazze), an der via Appia zwischen Gapua und Gaudium. Acerrae
(jetzt Acerra), auf dem Wege nach Neapel am Fluss Glanius (jetzt
TAgno), der schon im Altertum die Gegend versumpfte.
Als zweitbedeutendste Stadt in der Binnenlandschaft nennt Strabo
das Teanum der Sidiciner (Teanum Sidicinum), jetzt Teano, das bei Be-
ginn der samnitisch-römischen Verwickelungen eine Rolle spielte, dann
von den Römern gegenüber Gapua begünstigt wurde. Sein ausgedehntes
Gebiet umfasste in der vorrömischen Zeit vielleicht noch Yenafrum (jetzt
Yenafro). — Gales (heute Galvi), eine Stadt der Aurunker, zwischen dem
grossen latinischen und dem zweiten samnitischen Kriege (im Jahre 334)
als Kolonie eingerichtet, war während des Hannibalischen Krieges ein
wichtiger Stützpunkt der römischen Aufstellung in Kampanien. Des-
gleichen das in der vorrömischen Zeit schon bedeutende Suessula (im
Bosco di Acerra, eine halbe Stunde westlich von Gancello, wo die «Castra
30 A. Geographie Ton Italien und dem Orbia BomaniiB.
Claudiana'' angesetzt werden), das einen starken Tagmarsch südlich lag
und den Ausgang des caudinischen Passes beherrschte. Die via Appia be-
rührte Suessula nicht, die mutatio Novae war ein vicus der Stadt. In der
Nähe von Suessa Aurunca (so benannt zum Unterschiede von Suessa
Pometia) der weinberühmte „mons Massicus^.
J. Bblooh, Eampanien, Topographie, Geschichte und Leben der Umgebung Neapels
im Altertum. Nebst einem Atlas yon Eampanien in 13 kolorierten Karten mit beschrei-
bendem Texte, Berlin 1879. Nach einer Einleitung, welche in Kap. 1 Land und Volk, in
Kap. 2 eine Uebersicht der Yerfassungszustände, der Grösse der Stadtgebiete, der Kunst-
strassen und Itinerarien enthalt, wird Kampanien in drei Bttchem behimdelt, deren erstes
die Phlegraea, das zweite das Samothal und den südl. Golfrand, das dritte die kampaniscche
Ebene umfasst. — Die Karten stellen dar: 1. Campania, 2. NeapoUs, 8. PuteoU, 4. Cumae,
5. Baiae, 6. Misenum, 7. Pythecnssae, 8. Herculaneum, 9. 10. Suirentum, 11. Capreae,
12. Capna, 13. Nola (die Behandlung Pompeis blieb ausgeschlossen). Das Werk Belochs,
dessen zweite Auflage (1890) nur Nachtrftge gibt, ist wertvoll namentlich wegen der Ver-
arbeitung einer im Auslande kaum zu beschaffenden topographischen Lokallitteratur (Ejepert).
Eingehende Besprechung von Holm in Bubsiaits Jahresb. 1879 S. 312 — 321. — Die Aende-
rungen, welche die römische Herrschaft herbeifOhrte, waren durchgreifender Natur; die
Kolonie Puteoli überflügelte die benachbarten griechischen Orte, von denen allerdings Nea-
polis noch im 3. Jahrhundert n. Chr. die griechische Geschftftssprache gebrauchte, während
Cumae als römische Kolonie verkümmerte. In der Kaiserzeit riv^üsierte Puteoli mit Capua.
Das römische Luxusleben an der Küste verging mit der Herrlichkeit des Reiches. So
schrumpfte Puteoli wieder zusammen auf den Hügel, der einst Dicaearchia getragen hatte.
Corpus inscript. Lot. X p. 58—497. — F. v. Duhn, Grundzüge einer Geschichte Kam-
paniens nach Massgabe der neuesten archäologischen Entdeckungen. In „Verhandlungen
der 34. Vers, deutscher Philologen und Schulmänner in Trier*" (1879), Leipzig 1880, S. 141
bis 157. Znsammenfassung früherer Aufsätze. Für die historische Geographie Kampaniens
massgebende Gesichtspunkte hervorhebend. Zur Kenntnis der vorrömischen Zeit liefern die
Gräberfunde das Material. — Ueber das Gebiet der Aurunker vgl. Nissen, Ital. Landeskunde
I 519. 531. Die Geschichte des „ager Campanus*^, auch des „campus Stellas" ist mit
jener der italischen Agrarfirage auf das engste verquickt; die Belege sämtlich in Corp. X
p. 365 ff.; Beloch a.a.O. S. 295 ff. -— In der Kaiserzeit kamen die Villen, welche die
römischen Grossen an der Kampanischen Küste um Baiae, Puteoli, Misenum, Neapel, Sor*
rent besessen hatten, nach und nach alle in kaiserlichen Besitz; sei es durch Erbschaft,
sei es durch Konfiskation. Ebenso ging Capri in den kaiserlichen Privatbesitz Über, der
also in diesen Gegenden einen stattlichen Umfang erreicht haben muss. Auch die kam-
panischen Tempel besassen bedeutende Liegenschaften, so ausser der Diana vom Berge
Tifata, in Neapel die Parthenope, in Sorrent die Minerva u. s. w. Die Tempelgüter der
letzteren lagen, wie es scheint, bei Massa Lubrense (d. i. delubrense), das davon den Namen
hat. Ueber «Massa'' als technischen Ausdruck, der später für die Besitzungen der römischen
Kirche vielfach gebraucht wird, vgl. Ärchivio della aocietä Romana XVII p. 6. — Auch die
Küstenlandschaft des nördlichen Kampanien befand sich während der Kaiserzeit in blühendem
Zustande. Sinuessa ward als Kur- und Badeort frequentiert. Vgl. Tacit. Ann. 12, 66. Erst
die allgemeinen Ursachen der Entvölkerung, dann die Saracenen haben diese Orte herunter-,
und weltentrückte Positionen wie Amalfi, das saec. VI als Castrum und Bischof sitz zuerst
genannt wird, zu Ehren gebracht. — Der Liris heisst jetzt Garigliano, wie es scheint, nach
der „massa Qarffüiana", die saec. IV im römischen liber potUifieal. (ed. Duchbsne I p. 173
cf. p. 191) vorkommt
B. Mittelitalien.
8. Die physischen Verhältnisse Latituns. Die Ebene im Westen
Centralitaliens, das sog. Latium (von latus, Seite, nXazvg, das Plattland),
bildete in der sekundären und noch zu Anfang der tertiären geologischen
Periode ein Meerbett, das erst nach und nach, hauptsächlich durch pluto-
nische Wirkungen in Festland umgewandelt wurde.
Den Beweis hiefOr bietet der umstand, dass durch die ganze Gampagna
hin die ältere Kalkformation durch vulkanische Bildungen (Lava, Peperin,
Tuff) durchbrochen ist. Das vorwiegende Gestein ist der Tuff, dessen beste
Sorten von den Alten als lapis Albanus und Oabinus bezeichnet wurden.
lltaliei. (§8.) 31
Jene in der Vorzeit wirkenden Vulkane haben auf die Konfiguration
der Landschaft merklich eingewirkt. Im Gegensatz zu den angrenzenden
Sabiner- und Volskerbergen, die aus Kalk bestehen und durch die Schroff-
heit der Formen sich auszeichnen, ist die in der Mitte der latinischen
Ebene sich erhebende vulkanische Gruppe des Albanergebirges durch ihre
kegelförmigen Bildungen charakterisiert. In der Mitte dieser Gruppe
liegt 954 m über dem Meer der Mens Albanus, dem ostwärts die Kette
des Algidus vorgelagert ist. Die Seen am Fusse dieser Erhebungen, der
Albaner See, der lago di Nemi u. a. sind ehemalige Krater. Der erstge-
nannte wurde mittelst eines durch den westlichen Bergrücken geführten
Stollens zu Gunsten der Urbarmachung des Terrains eingeschränkt. An
die vulkanische Thätigkeit mahnten sonst in historischer Zeit nur einzelne
Schwefelquellen, wie die Aquae Albulae bei Tibur.
Auf die stürmische plutonische Thätigkeit folgte die stetigere neptu-
nische, da die aus den Gebirgen hervorbrechenden Flüsse mannigfache
Ablagerungen und Niederschläge (Travertin, lapis Tiburtinus) verursachten;
was die Terrainbildung in und um Rom noch in historischer Zeit wesent-
lichen Änderungen unterwarf; von der Königs- bis in die Kaiserzeit hinein
wurde mit diesen natürlichen Verhältnissen gerungen: der Boden durch
Anlage von Abzugskanälen entsumpft, die Überschwemmungsgefahr durch
Schutzbauten abgewehrt, durch Aufschüttungen neuer Boden gewonnen
u. s. w. Die Geschichte der Stadt Rom ist mit diesen Ameliorierungs-
werken auf das engste verknüpft.
Von grosser Bedeutung war es, dass der Tiberfluss, die natürliche
Verkehrsader dieser Gegenden, an der Mündung leicht regulierbar war
und, was Dionys von Halicamass besonders hervorhebt, keine Sandbank
bildete. Hier legte Ancus Marcius den Hafen Roms (Ostia) an, der erst
in der Kaiserzeit dm*ch Claudius und Traian wesentliche Änderungen er-
fuhr. Der Besitz der Strommündung und des nicht nur für die Latiner,
sondern auch für die Sabiner und Etrusker in Betracht kommenden Ver-
kehrsemporiums an dieser hafenarmen Küste war eines der Momente, auf
die Roms Grösse sich aufbaute. Auch wurde von Ostia das Salz bezogen ;
was unter den primitiven Verhältnissen der alten Zeit nicht unwichtig
war. Die von Rom nach dem Sabinerlande führende alte Strasse hatte
den Namen „Salaria*, da Rom nach der Besiegung der Veienter für diese
Gegenden den Verkehr mit den Salinen am Meer monopolisierte.
Im Gegensatz zum Tiber, dessen Mündung von den Römern bis zum
Sturze ihres Reiches die gebührende Sorgfalt zu Teil wurde, vermochten
die kleineren Küstenflüsse südwärts sich keinen so günstigen Ausfluss zu
sichern; infolgedessen hier Sumpf bildung eintrat, vielfach im Zusammen-
hang mit der Ersetzung der kleinen Eigentümer durch Grossgrundbesitzer.
Trotzdem im Anschlüsse an den Bau der Via Appia (812 v. Chr.) und
seitdem oft eine Regulierung der stagnierenden Gewässer Ufens, Amisenus
u. 8. w. versucht wurde, blieben diese „paludes Pomptinae", da ein richtiges
Gefälle nicht hergestellt werden konnte, als lästige Landplage bestehen,
die infolge der Vernachlässigung der alten Abzugsgräben während der
spätrömischen Periode vollends unleidlich wurde. Während die Ebene
32 A. Qeograplüe Ton Italien und dem Orbie RomannB.
durch die aus den stagnierenden Gewässern aufsteigenden Sumpfdünste
erzeugten Fieber gefährdet wurde, war man an den Abhängen der Berge,
und selbst bei massiger Erhebung des Bodens, wie sie die Hügel Roms
boten, dagegen gefeit. Daher denn auch die ältesten Ansiedlungen in
Latium auf der Terrasse am Fusse des Albanerberges gegründet waren,
während Rom jüngeren Ursprungs ist; das Terrain daselbst war bewaldet
oder diente als Weide für die Hirten, die aus den höheren Gegenden
herunterstiegen.
Hingegen für eine Grosstadtbildung bot das Höhenterrain keinen
Raum; hiezu war die günstige Lage an der reichsten Wasserader Mittel-
italiens, wie sie der Tiber repräsentierte, erforderlich. An diese neue
Gründung, Rom, verloren die älteren Höhenorte Latiums schon in der
Eönigszeit ihre Selbständigkeit.
Vgl. die Werke yon Nissbn, Fisoheb, Moltke, die anderweitig citiert sind. Alt-
latinm nrnfasste etwa 34 deutsche Qaadraüneilen. — Ueber die Salzgewinnung an der
Tibermündung und die Bedeutung der «Via Salana*^ vgl. Laüoiani im Bullet, eomunale 1888
p. 83 ff. ToMASSBTTi im Ärchivio della r. aocietä Romana di storia patria XI, p. 151 f.
Ueber die früheste Besiedelnng der Gegend am Fusse des Albanerberges haben die Aus-
grabungen der alten Nekropole im Westen des Sees (vom Monte Crescenzio bis über Gastel
Gandolfo) einiges Licht verbreitet. Vgl. M. S. de Rqssi in den Annali delV inst, archeol.
1867 p. 36 ff., 1871 p. 240 ff. Aehnliche Ueberreste sind am Esquilin in Rom gefunden.
Ich verweise auf die Darstellung von Ed. Mbyeb, Gesch. des Altertums 11 S. 506 ff. Die
physischen Bedingungen, unter denen Rom emporgekommen ist, findet man erörtert bei
K. PöHLMABK, Die AiSänge Roms (Erlangen 1881) und natttrlich in jeder eingehenderen Dar-
steUnng der römischen Geschichte. Vgl. auch W. Hblbio, Die ItaUker in der Poebene
(Leipzig 1879) S. 82 ff. — Die kleinere Tibermflndung nannte man im Mittelalter foeem mi-
cinam, woraus der Name des heutigen Fiumicino geschöpft ist. Vgl. Archivio cit, 11 p. 27
n. 2. — Ueber die GesundheitsverhAltnisse im ager Romanus vgl. Canceluebi, Sopra U ta-
rantiamo, V aria di Roma e della sua campagna, wo auch reichliche Litteratur über den-
selben Gegenstand mitgeteilt ist Die gute aria imd die malaria sind, wie in alter Zeit,
so noch heute auf bestimmte Punkte verteilt, die oft gar nicht so weit auseinander liegen.
Viel kam auch hier auf die Abführung der stagnierenden Gewässer an. Die Gothenkriege
haben dadurch den grössten Schaden gestiftet, dass die nach Rom führenden Wasser-
leitungen zerstört wurden, wodurch die Zahl der sumpfigen Stellen sich vermehrte. Vgl.
ToMASSETTi im ^Archivio*' II p. 33 f.
9. Topographie von Latium. Während der südliche Teil der Ap-
penninenhalbinsel und die Inseln früh durch die seeherrschenden Nationen
des Ostens in den Weltverkehr einbezogen wurden, blieb das westliche
Mittelitalien, die latinische Landschaft, viel länger davon unberührt, da
hier den Fremden weder besondere Qeschäftsvoi-teile noch gute Häfen
oder Verbindungen mit dem Binnenlande sich darboten. — Der Schauplatz
der ältesten latinischen Geschichte lag am Fusse des Albanerberges, wo
längs dem Ufer des Albaner Sees Alba Longa (beim heutigen Palazzuolo?
oder vielmehr bei der Villa Barberini mit der Akropolis in Castel
Gandolfo) gegründet war, der alte Vorort des latinischen Bundes.
Auf dem Gipfel des die Landschaft beherrschenden Mons Albanus
(heute Monte Cavo) fanden beim Tempel des Jupiter Latiaris die gemein-
samen feriae Latinae statt, während die Versammlungen der Bundes«
glieder am Fusse des Berges beim lucus Ferentinae (in der Nähe des
heutigen Marino) abgehalten wurden. Nach der Zerstörung von Alba
Longa durch die Römer, welche von der Tradition schon in die frühere
Königszeit versetzt wird, wurden dessen „sacra" von Bovillae (an der
1. Italien. (§ Ö.) 33
via Äppia, bei U Frattochie) aus versehen. Die Funktionäre begegnen
als Attani'Longani'Bovülenses in den Inschriften. Eine sakrale Bedeutung
mit Rücksicht auf die „feriae Latinae" behielt bis ins dritte Jahrhundert
n. Chr. auch die altlatinische Gemeinde der Cabenses oder „Cabenses ex
monte Älbano", wovon der „Monte Cavo*' den Namen zog. Die „arx
Albana'' (Liv. YII, 24) wird mit der Akropolis der Gabenser identisch
(eben die eigentliche „Rocca") sein; eine strategisch wichtige Position, da
sie die via Latina und die via Appia beherrschte. Eine noch wohl er-
haltene mit Basalt gepflasterte Strasse führte auf den Berg hinauf, von
dem man die Aussicht über ganz Latium und darüber hinaus geniesst. —
Ostwärts sieht man den Algidus; das bei Horaz erwähnte Heiligtum der
Diana stand auf dem (891 m hohen) Gipfel des Monte Lariano, der viel-
leicht davon den Namen hat {„Ära Dianae"; doch könnte der Name auch
auf ein Besitztum der gens Arria, d. i. „Arrianum" gedeutet werden). —
Am Fusse des Berges, die via Latina deckend, das Kastell Algidum (noch
jetzt Cava di Aglio). Diese Position spielte erst in den Äquer-, dann in
den Gallierkämpfen, im Hannibalischen, dann wieder im Gothenkriege
eine Rolle. Der Berg flankiert die Strasse auch gegen Velitrae hin und
beherrscht weithin die Aussicht.
Aricia erhielt sich als die erste Station der via Appia von Rom
aus; am benachbarten See {lacus Nemorensis, heute lago di Nemi) befand
sich der Hain der Diana von Aricia (Nemus Dianae), der von der
Königszeit her, wie unter der Republik, so auch noch unter den Kaisern
als Kultusstätte hochgehalten ward (vgl. Tacit. ann. 12, 8). — Auf den
strategisch wichtigen Hügel bei „Due torri" verlegt man das Kastrum
Maecia, von dem eine der römischen Tribus benannt ist. — Südwärts,
von der via Appia später nicht berührt, Lanuvium, jetzt civita Lavigna,
Der heutige Ort entstand auf den Ruinen der Villa des Antoninus Pius,
des Tempels der Juno und des antiken Municipiums.
Sonst waren von den altlatinischen Ortschaften, welche die Über-
lieferung nennt, nicht wenige in historischer Zeit verschollen oder ganz
unbedeutende Dörfer: so Corioli (bei Monte Giove, anstossend an Aricia
und Lanuvium), Tellena, Gaenina u. a. Manche existierten (wie Caenina
und Alba) trotz Auflösung ihres Gemeindeverbandes sakralrechtlich fort.
Lavinium (Ruinen bei Pratica) wurde auf diese Weise mit Laurentum
(beim heutigen Tor Patemo, einem Gehöfte) vereinigt. Längs der Küste
prädominierte mehr und mehr Ostia. Erst in der Kaiserzeit, wo diese
Gegend Villen schmückten, darunter eine kaiserliche, bildete sich hier
eine neue Ortschaft Laurentum-Vicus Augustanus mit Municipalver-
fassung (bei Castel Porziano). — Das alte Gabii (beim heutigen Castig-
lione), an der via Praenestina östlich von Rom, war zu Strabos Zeit ein
verfallener Flecken; doch behielt es Munizipalverfassung.
Die an der via Appia wenige Stunden von der Hauptstadt gelegene
Gegend am Fuss des Albanerberges diente in der ciceronianischen und der
Kaiserzeit den römischen Grossen zur Villeggiatur; das heutige Albano
liegt auf der Stelle der Villen des Pompeius und der Kaiser und des
Lagers der leg. II Parthica, die Septimius Severus hieher in Garnison ge-
Handbneh der klaoB. AltertnnwwlMensoluA III, 8. 2. Aufl. 3
34 A. Geographie von Italien nnd dem Orbia Romanna.
geben hatte. Es erscheint in der spätrömischen Zeit als „civüas Alba-
nensis*^ oder Albanum und zog bald die Bedeutung, die früher Aricia
und Lanuvium gehabt hatten, an sich. Den Albaner Wein findet man bei
Horaz und bei Plinius dem Älteren lobend erwähnt. — Gastrimoenium,
unfern dem heutigen Marino, ursprünglich vielleicht ein von Rom ab-
hängiges Kastell (wie Ostia), in der Eaiserzeit Municipium.
Tusculum, auf einer Bergkuppe an der via Latina gelegen, war,
dem Namen nach zu schliessen, eine Gründung der Etrusker in der Zeit
ihrer Obmacht; mit der Aussicht auf Rom und auf das Meer (ober dem
heutigen Frascati, das erst nach der Zerstörung Tusculums im Mittel-
alter zu Bedeutung gelangte; ebenso Gastell Molara, wo im Altertum die
Station der via Latina „Roboraria'* gewesen war u. a.). Es bewahrte seine
munizipale Autonomie, auch nachdem es sich Rom angeschlossen hatte.
Am Ausgang der Republik und unter den Kaisern erfüllte sich die um-
liegende Landschaft mit Villen. Die des Cicero lag an der „aqua Crabra",
die Agrippa aus Rücksicht auf die Wasserrechte der Tusculaner nicht in
die römische Wasserleitung einbezog (beim heutigen Orottaferrata, im
Mittelalter Gryptaferrata; das um das Jahr 1000 n. Chr. von griechischen
Mönchen besiedelt und wohl auch benannt wurde). Die Annehmlichkeiten
des Landaufenthaltes in dieser Gegend findet man, wie bei Cicero, auch
bei Horaz u. a. gepriesen. — Wohl von einer Villa des M. Porcius Cato,
der aus Tusculum stammte, hat der heutige Monte Porzio den Namen.
In der Nähe der lacus BegUlus (jetzt ein ausgetrocknetes Becken bei prata
Porci, die auch von Porcius und nicht von „Schweinen* d. i. porci benannt
scheinen). Das altlatinische Städtchen Corbium setzt man bei Bocca
Priora an.
Vier Stunden nordöstlich von Tusculum lag gleichfalls auf einem
Berggipfel Praeneste, das im Jahre 380 von den Römern unterworfen
wurde, damals ein wichtiger Punkt, da er den Eingang ins Thal des To-
lerus beherrschte; später war Praeneste nochmals von Bedeutung, als der
jüngere Marius sich darin gegen Sulla verteidigte. In der augustischen
Zeit diente es als Sommeraufenthalt (vgl. Horat. od. in, 4, 22); es werden
dort ein Fortunatempel (auf dessen Ruinen das heutige Palestrina steht)
und ein Orakel {sortes Praenestinae, Cic. div. 11, 41) erwähnt. An den
alten Stadtmauern lassen sich die Bauarten der verschiedenen Zeiten
unterscheiden. Die Burg, 776 m über dem Meer erhaben, gewährt Aus-
sicht auf Rom und die Küste.
Am Austritt des Anio in die latinische Ebene lag Tibur, eine alte
Stadt, deren Gründung den Sikulem zugeschrieben wurde; im Jahre 380
von Rom unterworfen. In der ciceronianischen und kaiserlichen Periode
eine Villenstadt; unterhalb des Ortes die „vüla Hadriani". Der Katarakt
des Anio war schon im Altertum berühmt, ebenso das Bad von Albulae.
— Von Tibur aus führte eine Strasse den Anio aufwärts zu den Sitn-
bruini colles und nach Sublaqueum (heute Subiaco), von wo aus die
römischen Wasserleitungen „Aqua Marcia" und „Aqua Claudia" gespeist
wurden, in der Kaiserzeit gleichfalls ein beliebter Sommeraufenthalt.
1. Italien. (§ 9.) 35
Von Tibur nordwärts, mit Rom durch eine Strasse verbunden, lag
das alte Nomentum (jetzt Mentana). Labicum, von dem die via Labi-
cana den Namen schöpfte, nahe der Strassenstation ad Quintana^, die in
der Kaiserzeit mit Labicum zu einer Gemeinde verwuchs, zwischen dem
Monte Compatri, wo die arx Labicana lag, und dem in der Ebene situierten
Colonna. Ficulea {„väu8", vielleicht zum Unterschied von einer gleich-
namigen Ortschaft in Samnium) an der Strasse nach Nomentum bei Ce-
sarina. Anstossend an Fidenae war Grustumerium (bei Tor S. Giovanni),
einst zwischen Rom und den Sabinem streitig, später verschwunden „sine
vestigiis" (Plin.). Dagegen hatte eine der römischen Tribus vom ager
Cluduminus den Namen. In der Nähe auch die „süva malitiosa^ (Liv.
I, 30; Dionys. m, 33), an der Grenze des Sabinergebietes. Hier der
Schauplatz der ältesten sabinisch-römischen Kriege. — Caenina zwischen
der via Nomentana und der via Tiburtina in beherrschender Stellung (beim
heutigen Monte GentileP), nach der Sage die erste Eroberung des Königs
Bomulus.
Am Tiber war Fidenae (bei Villa Spada) der einzige Ort gewesen,
der mit Hilfe der Veienter den Römern längeren Wiederstand leistete;
es war nur eine deutsche Meile von Rom entfernt. Die Verbindung
zwischen Fidenae und Veii geht durch das vom Flüsschen Cremera
(jetzt fosso della Valchetta) durchströmte Thal, von wo aus die „gens
Fabia*^ den Krieg mit Veii führte. Unfern davon die „saxa rubra* (bei
Primaporta, wo von der „via Flaminia^ die „via Tiberina" sich abzweigte).
Eine kurze Strecke stromaufwärts von Fidenae ergiesst sich am
linken Ufer der durch die Katastrophe von 389 v. Chr. berühmt gewordene
Bach Allia in den Tiber (heute fos8o di Bettina).'
Wo die via Nomentana den Anio überschreitet, lag der „mons sacer";
zwischen pons Salarius und pons Nomentanus altrömische Befestigungen
um die Aniogrenze sicher zu stellen; an der Mündung des Anio das schon
von König Romulus eroberte Antemnae.
Vom Janiculum auslaufend zieht sich am rechten Tiberufer ein nie-
driger Hügelzug bis zur Mündung des Flusses. Zwischen diesen Hügeln
und dem Flusse lag, fünf Million westlich von Rom (an der „Feldstrasse''
oder via Campana) der Hain der Arvalbrüder, wodurch hier die älteste
Grenze des römischen Gebietes bezeichnet wird. Fünf Millien südlich von
Rom die fossae Cluüiae, die älteste Grenze des ager Romanus nach dieser
Seite zu.
Seit dem Beginne der sogen. „Weltherrschaft* änderte sich der
ganze Charakter der latinischen wie der umliegenden Landschaften. Das
alte Latium hatte einen tüchtigen Bauernstand hervorgebracht, der zahl-
reiche kleinere Centren besass. Dieser Bauernstand ward durch die ge-
änderten ökonomischen Verhältnisse vernichtet. Die Bevölkerung kon-
zentrierte sich in Rom, während die Landstädte nur noch für die Villeg-
giatur in Betracht kamen (vgl. Friedläkdebs Sittengesch. H ^ S. 95 ff.),
zum Teil völlig verfielen, was der topographischen Forschung manche
Schwierigkeit bereitet hat.
36 A. Geographie von Italien nnd dem Orbis RomaniiB.
Corp. inscript. Latinar. Bd. XIV (ed. H. Dessau 1887). AddUametUa in Eph. epigr.
VII p. 355 ff. Meilensteine von der Gabelung der tna Valeria und Sublacensis: Eph. epigr.
Vin p. 207 f. — W. Gell, The topography of Borne and Us vicinUy, London 1834, 2. Aufl.
1846. — A. Bobmann, Altlatinische Ghorographie und Städtegeschichte, Halle 1852. —
Westphal, Die römische Kampagne in topographischer und antiquarischer Hinsicht darge-
stellt, Berlin 1829. Nebst zwei Karten. — Nibbt, Analisi storico-topografico-antiquaria
della carta d^ dintami di Roma, Rom 1837, 3 B&nde. Auch eine secclnda ediziane (1848).
Früher das Hauptwerk, jetzt durch das Cotp. inscr. Latinar. und durch Tomassetti über-
holt und berichtigt. — Sonstige ältere Litteratur bei Sohweolse, Rom. Geschichte I, 195.
— MoMHSBN, Die untergegangenen Ortschaften in Latium (Plin. h. n. 3, 5, 68. 69), in .Her-
mes" XVn (1882) S. 42—58. — E. Dbsjabdins, Essai sur la topographie du Latium, Faiia
1854. Mit Plänen und einer Karte: Latii vetustissimi tabula. — H. v. Moltkb, , Wande-
rungen um Rom* (, Wanderbuch" S. 1 — 124). Gibt eine geologische Skizze und eine Wür-
digung der strategisch wichtigen Punkte: „mans sacer^, Cremera, „saxa rubra*'. —
O. RiCHTBB, Die Fabier am Cremera, in .Hermes" XVII, 425 ff. Vergl. Tokassbtti
Archivio VII p. 194 ff. — Ch. Hülsbn und P. Lindneb, Die Alliaschlacht, eine topographische
Studie, Rom 1890. Vgl. Tomassetti im „Archivio'* XV (1892) p. 171 ff. — W. Sombabt,
Die rOmische Kampagna, eine sozialökonomische Studie, Leipzig 1888 (im 8. Bande von
G. SoHXOLLEBS , Staats- und sozialwissenschaftl. Forschungen"). — G. Pinto, Roma, Vagro
romano e i centri abitabili. Seconda edizione aumentata, Roma 1882. Beigegeben ein
„saggio di una pianta dei centri abitc^ili deW agro romano**. Vom Standpunkte der neuer-
dings aufgeworfenen Ameliorationsfrage geschrieben. Näheres bei 0. Richteb, Topographie
von Rom. — Die Geschichte Ostias, die auf das engste mit der Roms verknüpft ist, behandelt
Dessau in Corp. XTV p. 1 ff. Ausgrabungen dmch La.nciani 1882. 1888. Die Ausführungen
DESSA.US über Lavinium und Laurentum p. 186 berichtigt Mommsen im BuU. deiV inst. areh.
1888 p. 77 f.; Rom. Staatsrecht III 579 f. Lavinium hörte im Jahre 338 v. Chr. auf, eine
politische Gemeinde zu sein, der ager wurde zum ager Laurens geschlagen, der Kult der
Venus von Lavinium wurde auf die Ardeaten, jener der Penaten auf Laurentum übertragen
und seither durch die als „Laurentes Lavinates" bezeichneten sakralen Würdenträger ver-
sehen, die ak nebengeordnete Kategorie zu den römischen Priestern treten; was auf die
Gestaltung der römischen Ursprungssage eingewirkt hat. — Ueber die Lage des alten Lau-
rentum handelt eingehend Tomassetti im Bullet, della commiss. comunale di Roma 1895
p. 132 ff.; ebenda über die Fusion der Städte Laurentum und Lavinium (Laurentes Lavinates
auch in munizipaler Beziehung) und die Lage von Lavinium, das der Hauptort blieb, wenn
auch alles in erster Linie nach Laurentum benannt wurde; auch die Sü-asse, die dahin
führte. Dieses Lauro-Lavinium wird von T. beschrieben; ebenso Laurentum- Vicus Augusti.
— Aus den Hafenanlagen des E[aisers Traianus erwuchs im Laufe der Zeit eine von Ostia
unabhängige Gemeinde „Portus" (jetzt Porto). Gegenwärtig ist der ganze Strand versandet
und verödet, während er im Altertum ein Lieblingsaufenihalt der reichen Römer war. —
Der Arvalenhain ist auf Kiepbbts „carta corografica et archeologica** durch ein Versehen
falsch lociert, nämlich bei einer anderen tnnea Ceccarelli, die etwa beim vierten Meilen-
steine der „via Campana** gelegen ist. Vgl. Hülsen in der Elphem. epigraphica VTII p. 342.
— Den grössten Fortschritt in neuerer Zeit bezeichnen die gewissenhaften Untersuchungen
von G. Tomassetti, Della campagna romana nel medio evo, die seit 1879 im „Archivio
della r. societä Romana di storia patria" (vol. II ff.) erscheinen und gegenwärtig (vol. X VH,
1894) noch nicht abgeschlossen sind. Der erste Teil dieser Studien fvoL H— VH incl.) ist
mit einigen Nachträgen 1884 auch als Buch ausgegeben. Es behanaelt die Ansiedlungen
längs der via Appia, Ardeatina, Aurelia, Gassia, Claudia, Flaminia. (Die Strassenzüge, die
von Rom auslaufen, sind in alphabetischer Ordnung behandelt) Die Fortsetzung in voL VIH
(1886 separat ausgegeben) beginnt mit der via Latina. der ältesten suburbicarischen, die
in der Kaiserzeit in eine „vetus** und eine „nova** zerfiel, ohne dass diese beiden Zweige
bisher hätten nachgewiesen werden können. Die Gegend am Fusse des Albanerberges
machte im Mittelalter eine interessante Geschichte durch. Aus den Villen der römischen
Grossen wurden Kastelle. — Ueber Alba Longa und sein Gebiet vgl. Tomassetti, Gastel
Savello. Im Bullet, comunale 1894 p. 1 ff. Das Gebiet von BoviUae ging in der späteren
Zeit in einen fundus Sulpicianus über, zu dem ein Sabellum gehörte, nach dem Gastel
Savello benannt ist. In der Vorzeit ein für die Albaner sirat^isch wichtiger Punkt. —
Ueber Lanuvium, dessen alte Mauern neuerdings neben zahlreichen anderen Antiquitäten
zu Tage kamen, vgl. die Monographie von Tokassbtti, Antichitä di Lanuvio (1882) und
seine Nachträge im „Archivio** VH p. 447 f. — Ueber die Umwandlung von Lab i cum im
10. Jahrhundert (bis dahin Bischofsitz) in ein »Castellum Columnae" vgl. „Archivio** II p, 30.
— Tibur ist (wie auch Nomentum) von Augustus nicht der ersten, sondern der vierten
Region zugeteilt worden und gehört in der späteren Zeit zur Provinz .Valeria". Ueber die
Grenzen des Tibnrtinischen Gebietes im Osten siehe unter Aequi. Bei Lunghezza (am
Anio abwärts von Tibur) setzen einige das alte Collatia an; ebenso bei Corcollo (zwischen
1. ItaUen. (§ 10.) 37
Tibnr und Gabii) der NameiiBfilmlichkeit halber das bei Dionysius und Plinius genannte
oppidum QuerquetnJanorum. Dessau verhält sich gegen diese Annahme skeptisch. — Fi-
denae und Gabii waren in Augustischer und späterer Zeit wegen der Geringf&gigkeit ihrer
Gemeinwesen bei yoUtdnenden "nteki ihrer Obrigkeit (ersteres hatte einen dictator und se-
natwt, letzteres wurde Bischofsitz) zum GespOtte herabgesunken, wie andererseits ülubrae
und Bovillae. — üeber die Gegend an der via Latina und der via Appia 4—5 Miglien
von Rom vgl. Tomassetti, Della Marrana di S, Giovanni e delle scoperte awenuUt a Roma-
vecehia. Im Bullet, camuncUe 1893 p. 65 ff. Es handelt sich um zwei suburbane Villen, die unter
der vulgären Bezeichnung Romavecchia gehen. Die Marrana di S, Giovanni ist der Bach,
der, aus der Gegend von Frascati kommend, bei Rom in den Tiber geht; wahrscheinlich
die aqua Crabra des Altertums, die für die Bewässerung der anliegenden Gegend von
grosser Bedeutung war. — Ueber Tusculum und seine Umgebung ist Archivio IX (1886)
p. 40 ff. Tmit Angabe der älteren Litteratur) gehandelt. Tomassbtti verzeichnet sämtliche
für das Altertum aus Schriftstellern und Inschriften bekannten (43) Villen und fixiert die
Standorte; das heutige Frascati steht auf dem Boden eines Lucullanums, sowie der Villen
des Galba und des Domitian; der Name des Ortes (zunächst „frascata^ saec. IX) ist von
den „fraschae*' d. L den «Gebfischen'' abgeleitet. Hieher übersiedelte die Bevölkerung aus
dem hochgelegenen Tusculum, das im Jahre 1191 als Sitz kaiserfreundlicher Feudalherren
durch die Römer zerstört wurde. Das „castrum montia Albani**, das den Grafen von Tus-
culum gehört hatte, wurde „Rocca di Papa^, die Zwingburg des Papstes gegen das zügel-
lose Rom. — Ueber die Gegend von Nemi vgl. Tomassetti, SiUoge epigrafica Laziale. Im
Museo it<üiano di antich. elass. U (1888) p. 480 ff. (neue Ausgrabungen beim Dianaheiligtum,
die in den folgenden Jahren fortgesetzt wurden und namentlich 1895 wichtige Resultate
erzielten). — Ueber den Algidus vgl. „Archivio^ IX p. 411 ff. Auf der Karte von Eiepebt
ist er noch in die Gegend von Rocca Priora gesetzt, wohin sich im Mittelalter die Bedeu-
tung von Algidum verzogen hatte; besonders auch in sakraler Hinsicht — L. c. vol. XI
(1888) ff. behandelt Toxassetti die via Nomentana und die Salaria (1892 separat ausge-
geben). Vol. XVH p. 69 ff. die „Vie Ostiense e Laurentina**, Man ersieht die Bedeutung
dieser Strassenzüge, die mit jener Roms gleichen Schritt hielt Die ältesten sind nach den
Ortschaften benannt, nach denen sie führten: so die Labicana, die Praenestina, die Latina,
die Tiburtina, die Portuensis, die Ardeatina, die Ostiensis, die Laurentina. Später wurden
die Strassen nach den Bauherren benannt: Appia, Flaminia u. s. w. Von der wechselnden
Bedeutung der Strassen hing die der von ihnen durchzogenen Territorien ab. — Mancherlei
Ergänzungen und Berichtigungen zu Dbssaus und Bobmanns Ausführungen ergeben sich
aus L. DüCHESNB, Ije aedi episcopali nelV antico ducato di Roma (im genannten „Archivio**
vol. XV, 1892); wie denn auch die Erforschung des ältesten Besitzstandes der römischen
Kirche, femer die Briefe Papst Gregors d. Gr. (um 600 n. Chr.) für die Topographie Mittel-
italiens überhaupt und Latiums insbesondere in der spätrömischen und damit oft genug
auch der vorhergehenden Zeit wichtige Daten liefern. Vgl. „Archivio*^ XVII p. 1 ff. und
Toxassbtti (pa8sim). So erfahren wir z. B. dass der Ort „Ad duos lauroa", drei Miglien
von Rom auf der via Labicana entfernt (bei Torre Pignattara), wo die Kaiser von Septimius
Severus bis auf Valentinian III oft residierten (auch das Grabmal der Mutter Constantins
Helena ist hier gefunden), zu grosser Opulenz gedieh, infolgedessen hieraus der Bischofs-
sitz Subaugusta erwuchs, der am Ausgang des fünften und am Beginne des sechsten Jahr-
hunderts in den Konzilsakten genannt erecheint — Man beachte, dass viele An-
gaben NiBBTS und der Karte von Kiepebt durch Toxassetti rektifiziert sind. —
Die Verödung der Kampagna von Rom in den Zeiten nach Constantin hängt mit den da-
maligen wirtschaftlichen Verhältnissen zusammen. Dazu kamen die Verheerungen der
Gotenzeit, worüber bei Procopius von Cäsarea das Nähere zu finden ist; später die Lango-
barden und Saracenen (darüber Paulus diaconus und der liber pontif. von Rom). Die
Wiedererhebung seit saec. Vlll hing mit den ökonomischen Bestrebungen der Päpste (die
mit den politischen Hand in Hand gingen) zusammen, worüber Tomassetti ebenfalls inter-
essantes Material beibringt.
10. Bntnli. Die Rutuler waren ein in der ältesten Zeit den La-
tinem feindlich gegenüber stehender populus, dessen Stadt (das sieben
Millien von Lavinium entfernte) Ardea war. Dieselbe wurde im Jahre
442 V. Chr. von den Römern erobert und als Kolonie Latium („Latium
adiedum") einverleibt.
Corp. inscript. Latinar, X, p. 675. Die „via Ardeatina** und Ardea selbst behandelt
Tokassbtti 1. c. n, 385 ff. UI, 135 ff. Bedeutende Reste der alten Stadtmauer von Ardea
Bind erhalten, da der Ort erst infolge der Angriffe der Araber, später wieder infolge der
Malaria verödete. Im 11. Jahrhundert erscheint er als easteUum Ardee,
38 ^» Qeographie von Italien and dem Orbis BomaniiB.
11. Volsci (OX<foi im Periplus des Skylax). Das Oebiet dieses
Stammes umfasste das Thal des Liris (mit Ausnahme des marsischen
Quellgebietes) und die sumpfige Ebene südlich von Latium und dem
Hernikerlande, gegen die zu die Volsker sich im fünften Jahrhundert
V. Chr. auszudehnen versuchten. In jener Ebene, dem ager Pomptinus
oder „terrüorium Suessanum" (wie es in der Kaiserzeit hiess), lag Suessa
Pometia. An der Küste die volskischen Hafenplätze: Antium (jetzt
Porto d' Anzio, oder auch kurzweg wieder Anzio), Circeii (Torre Paola
am Monte Gircello) und Tarracina oder Anxur; der letztere Name
gehörte der auf weithin glänzendem Kalkfelsen gelegenen Burg an, wäh-
rend die Bezeichnung Tarracina (heute Terracina) an die etruskische
Hegemonie erinnert. Alle drei Orte wurden nach Unterwerfung der
Volsker als römische Bürgerkolonien konstituiert (Circeii im Jahre 393,
Antium 338, Tarracina 329 v. Chr.). Seitdem erstreckte sich der Begriff
„Latium" bis nach Tarracina, indem zugleich die Orte des Binnenlandes
in die Rechtsstellung der Latiner {dves „sine suffragio") versetzt wurden.
Die alten Volsker zerfielen in mehrere „populi", die antiatischen,
die ecetranischen Volsker, die Privemates u. s. w. Das später nicht
mehr vorkommende Ecetra muss unfern von Ferentinum, dem Tolerus-
thal zu (bei Supino?), gelegen gewesen sein; Artena bei Monte Fortino?
Von anderen Orten treten hervor Atina, nahe der samnitischen
Grenze, über dem Thal des Flusses Melpa (heute Melfa), der in den Liris
mündet. Casinum (bei S. Oermano, Monte Casino), dessen Oebiet an der
samnitischen Grenze lag. Arpinum (jetzt Arpino), der Geburtsort Ciceros,
von der tribus Cornelia, wo an der Spitze des Gemeinwesens auch nach
dem Sozialkriege die althergebrachten drei Ädilen standen. In dem zum
Gebiete von Arpinum gehörigen Cereatae war C. Marius geboren, das da-
nach Cereatae Marianae (jetzt Casamare) genannt wurde und Stadtrecht
erhielt. Am Zusammenfluss des Fibrenus mit dem Liris (jetzt Isola del
Liri) hatte M. Cicero eine Villa; während das „Arcanum*^ seines Bruders
Quintus südlich davon (bei Rocca d' Arce) auf dem Wege nach Aquinum
gelegen war.
Sora, nördlich von Arpinum, am mittleren Liris gleichsam der Schlüssel
zu den Gegenden der Marser und Aequer und daher lange zwischen Samnitern
und Römern streitig, seit 303 v. Chr. als latinische Kolonie eingerichtet. Fre-
gellae am Liris (bei Ceprano), an der vom Hemikerlande her nach Campanien
führenden via Latina, dessen Einrichtung als latinische Kolonie im Jahre 328
V. Chr. das Signal zum E[riege mit den Samnitern gab. Es blieb auch in der
Folgezeit der begünstigte und durch Zuzüge aus den Nachbarlandschaften
volkreiche Stützpunkt der römischen Herrschaft in diesen Gegenden, und war
nach der Zerstörung Capuas vielleicht eine Zeitlang der zweite Ort Italiens;
als die Bundesgenossen über Benachteiligung zu klagen anfingen, stand es
an der Spitze der Opposition, die im Jahre 125 v. Chr. mit Waffengewalt
niedergeworfen wurde. An Stelle des zerstörten Fregellae kam das unfern
gelegene Fabrateria nova (bei S. Giovanni in Carico) empor. Fabra-
teria vetus (jetzt Ceccano) lag am Fluss Trerus (Tolerus). Frusino
(jetzt Frosinone) und Aquinum (jetzt Aquino), Stationen der via Latina.
1. Italien. (§§ 11, 12.) 39
Südlich der letzteren Interamna Lirenas Sucasina (Termini oder Terami
bei S. Giorgio), seit 312 v. Chr. latinische Kolonie. Privernum (jetzt
Pipemo vecchio), gegen das die Römer im Jahre 382 v. Chr. Setia (jetzt
Sezze) alsCKolonie einrichteten. Nördlich davon ülubrae (bei Sermo-
neta?), ein kleines Nest, über das Cicero und Horaz sich lustig machten.
Norba (jetzt Norma), Cora (jetzt Cori), Velitrae (jetzt Velletri),
wohlbefestigte auf Höhen gelegene und lange zwischen Volskern und La-
tinem streitige Orte, alle schon in der ältesten Periode der römischen
Geschichte erobert und zu latinischen Kolonien gemacht. Seit die via
Äppia gebaut war, zogen die Stationen Tres tabernae und Forum
Appii den Verkehr an sich. Nur Velitrae, das ein umfangreiches Gebiet
hatte, blieb von Bedeutung. Dazu gehörten die südlichen Vorberge des Algidus,
der in älterer Zeit auch von der Volskerseite her viel bestritten war.
An der via Äppia, Kampanien zu, lagen Fundi (jetzt Fondi) und
Formiae (früher Mola di Gaöta, jetzt Formia); in der Nähe des letzteren
der porttis Caietae (heute Gaeta).
Corp, inscript. Latinar, X, p. 498 ff. (wo Mommsen über „Latium adiectum** ausfOhr-
lich handelt). — Niebuhb, Vorträge über alte Lander- und Völkerkunde, S. 440--448. —
NiasBff, Landesk. I, 518 f. berechnet dfen weitesten Umfang des Volskergebietes auf 100
deutsche Quadratmeflen. — Ueber Ecetra und Artena vgl. Clwebius, Abbkbk, Nibbt; der
letztere hat Artena mit Monte Fortino ohne zwingende Gründe identifiziert Vgl. Corp. X
p. 591. — In der Zeit der Weltherrschaft war Antium ein frequentierter Sommerauf entiialt:
Giceros, vgl. ad Attic, IV, 8; dann der Kaiser, namentlich der ersten Dynastie; Gaius d. i.
.Cidigiila* war hier geboren, vergl. Sueton. Gai. 8, Nero weilte mit Vorliebe hier. Auch
befand sich hier ein bertihmter Fortunatempel. Vgl. Horat. od. I, 85. Die Küstengegend
sfldw&rts von Antium bis Astura war gut angebaut und mit Villen besetzt. An der Eüste
von Tarracina bis Gaieta gab es eine Reihe kaiserlicher praetoria, deren Verwaltung ein
pracuratar Fartnis Fundis Caietae ftthrte. Vgl. Hermes XV, 896 Anm. — Ausgrabungen
bei Gonca, dem alten Satricum (1896). — Die „Pontiae insuHae*' einst von den Römern
den Volskern entrissen und im Jahre 310 v. Clur. mit einer Kolonie besetzt, dienten in
der Kaiserzeit als Verbannungsort, zur Zeit der BarbareneinflÜle als Zufluchtsstätte. Die
Gruppe besteht aus den Inseln Pontia (Ponza), Sinonia (Zannone), Palmaria (Palma-
rola) nebst einzelnen Klippen. Vielleicht dass eine von diesen die „Eutnorfiana insula*^
ist, die bei Gregor, magn. eplae I 48 (ed. Ewald) erwähnt ist. — Fabrateria vetus, das noch
im 5. Jahrhundert im Besite seiner Munizipalverfassung erscheint, wird im 8. Jahrhundert
als eaeteUutn Ciecanense genannt. Vgl. liberpontif. ed Düohbske p. 44.4 und hiezu die Anm. p. 457.
12. Hemici. Die den sabellischen Stämmen zugezählten Hemiker
bewohnten^ die schöne Landschaft am Tolerus oder Trerus (jetzt Tolero
oder Sacco), durch welche die via Latina nach Kampanien führte, und
die nördlich darüber bis zu den Aequem und Marsern reichende Berg-
gegend. Anagnia (heute Anagni), auf der Höhe gelegen über dem
40 m. p. von Rom entfernten Ereuzungspunkte der via Labicana und der
via Praenestina war der Hauptort des „nomen Hernicum^, welches mehrere
„populi^ in sich fasste: die Bewohner von Verulae, Ferentinum, Ale-
trium, Capitulum, Treba. Alle diese auf den Höhen gelegenen Orte
sind mit Ringmauern und Thoren aus unregelmässigen Ealkblöcken ver-
sehen. Die von Anagnia sind nach Stil und Technik den römischen des
Servius TuUius an die Seite zu setzen. In Ferentinum (jetzt Ferentino)
lässt sich die alte Stadtmauer fast im ganzen Umkreis noch verfolgen,
ebenso in Aletrium, welches die besterhaltenen antiken Befestigungen auf-
weist. Eine Wasserleitung trieb das Wasser von der Thalsohle über
100 m hinauf zu Stadt und Burg.
40 A. Geographie Ton Italien nnd dem Orbis Romanas.
Die im Jahre 495 v. Chr. angelegte Kolonie Signia sicherte die Ver-
bindung Latiums mit dem verbündeten Hernikerlande. Anagnia wurde von
Signia (jetzt Segni) aus gesehen.
Corp. inscript. Latinar. X, p. 565 — 594. — Niebuhb, Vorträge über aHr Länder- und
Völkerkunde S. 437—439. — H. Wihnefbld, AntichUä di Älatri, Im Bidlet, archeoL 1889
p. 126 f. Der Ork liegt 15 km von Ferentino im Gebirge ; 8 km von Alatzi liegt Veroli,
das alte Vernlae. Capitulum Hemicum lag bei Piglio (zwischen Anagnia und Praeneste).
Treba, mit dem Beinamen Augusta, ist heute Trevi am Anio, dessen Quellgebiet zum
Hernikerlande gehörte (Disssau zieht es mit Sublaqueum zum Aequerland; aber das Bistum
von Treba Augusta ist später mit dem von Anagni vereinigt, die Gegend gravitierte dem-
nach dahin). Ebenso wird Afilae (jetzt Affile) noch auf Hemikerboden gelegen sein. —
üeber die Tribus der Hemikerorte, wonach nur Anagnia, Ferentinum, Aletrium dieselbe
tribtts Publüia hatten, die anderen Orte aber mit den Nachbarstädten im Aequer- und
Volskerlande in eüie tribus kamen, vgl. Eubitsohek 1. c. p. 22. — Der Flächeninhalt des
Hemikergebietes umfasste kaum 20 deutsche Quadratmeilen. In spätrOmischer Zeit (zuerst
bei Georgius Cyprius) tritt südlich von Ferentinum der Ort Patricum (jetzt Patrica, am
Monte Cacume) hervor. Vgl. Gelzbb 1. c. p. 92.
13. Aequi. Der Stamm der Aequer hatte die bergige Gegend
zwischen Tibur und dem lactis Fuctnus in Besitz, wo er ein Gemeinwesen
bildete. Südwärts vom oberen Aniothal reichte das Gebiet der Aequer
zeitweilig bis an den Algidus. Es umfasste im ganzen 45 deutsche Quadrat-
meilen. Nachdem die Aequer fast zweihundert Jahre lang den Römern
Widerstand geleistet hatten, wurden sie im Jahre 304 v. Chr. gänzlich
besiegt, ihr Gemeinwesen aufgelöst, ihr Landbesitz eingezogen und zur
Sicherung der hier durchgeführten Strasse (via Valeria), welche die Ver-
bindung Roms mit dem oberen Mittelitalien herstellte, zwei Kolonien lati-
nischen Rechtes begründet: im Jahre 304 v. Chr. Alba (mit dem Bei-
namen Fucens oder Fucentia, benannt nach dem latinischen Alba, nur
dass das Ethnicum Albenses statt Aibani gebildet wurde) und kurze Zeit
darauf (im Jahre 302 oder 298 v. Chr.) zur Sicherung des Gebirgsrückens,
der aus dem Thal des Anio in das des Tolenus (jetzigen Torano) führt,
Carsioli (bei Piano del Gavaliere, zwischen Arsoli und Carsoli); beide
mit einem umfangreichen Gebiet ausgestattet und während der Krisen
des Hannibalischen (ausser einiger Lässigkeit Albas gegen das Ende des-
selben), wie des Bundesgenossenkrieges den Römern treu. — Das übrige
Aequergebiet, den Fluss Himella abwärts, wurde später als Munizipium
der Aequiculi oder Aequiculani (Mittelpunkt Nersae, heute Nesce nel
Cicolano; daneben Clitemia, beim heutigen Capradosso, Grenzort gegen das
Sabinergebiet) zusammengefasst.
Corp. inscript, Latinar. IX, p. 370—395. Additamenta in Ephem, epigr. VIII. — Im
Westen gehörte ursprünglich die Gegend von Sublaqueum (jetzt Subiaco), wohin in der
.Kaiserzeit beim 36. Meilensteine der via Valeria die via Sublacensia abzweigte, noch zum
Gebiet der Aequer; später gravitierte sie zu Tibur (Tac. ann. 14, 22; vgl. jedoch Dessau
hiezu) und seit dem Bau der grossen Wasserleitungen zu Rom. Siehe oben. Den oberhalb
Varia (Vicovaro) auf sabin. Gebiete mündenden Digentia (jetzt Licenza) nennt Horatius
ep. 1, 18, 104; ebenda Mandela „rugoaus f rigor e pagus**. — Die hiesigen Seitenthäler und
die Höhenrücken (z. B. der Mens Aeflanus) waren im Altertum sehr frequent — Die tribus
Aniensis ist der Gegend bis Tibur eigentümlich. — Die Besitzregister der Klöster von Sub-
iaco, deren erstes im 6. Jahrb. von S. Benedict gestiftet ist, sind eine reiche Quelle für
die Topographie der umliegenden Gegend (Regesto Sublacense ed. P. Alliabdi e Dott. Lbvi,
Roma 1885). — - Die geographischen Verhaltnisse der übrigen Landsdiaft sind mit Heran-
ziehung der mittelalterlichen Geschichtsquellen musterhaft entwickelt in einem Aufsatze
von J. FicKEB Über ^Konradins Marsch zum palentinischen Felde''. In ,Mitt. d. Instituts f.
österr. Geschichtsforschung* U S. 515—550 (mit Kartenbeilage). Nachtrag von £. Sagküb,
1. Italien. (§§ 13, 14.) 41
Bist Zeitschr., N. F. 39. (1895) S. 93. A. Bvssok, Die Schlacht bei Alba zwischen Konradin
und Karl von Anjou 1268. In «Zeitschr. f. Geschichtswissenschaft'' 1890 S. 275 ff. — Alba
lag an der Grenze des Aequer- und Marserlandes und wnrde in der Eaiserzeit zu diesem
gerechnet, Carsioli zu den Aequem; die Aequiculi gravitierten zu den Sabinem. — Dabei
hatte Alba die trthus Fäbia, Carsioli die AnienHgf die Aequiculi die tribiM Claudia. — Die
Meilensteine zählen bis in die Nähe von Arsoli (das ebenso wie Carsoli, früher nach einem
hier gegründeten Kloster Celle di Carsoli genannt, aus den Ruinen des alten Carsioli ent-
standen ist) 38 m. p.; Carsioli lag zwischen dem 42. und 43. Meilenstein. Von Carsioli über
die Wasserscheide nach Alba sind 22 m. p.; 65 m. p. von Rom. Im 12. Jahrhundert wurde
das ganze Gebiet westlich von Marsien nach „Carzoli** (auch Vallis Carsoli, territorium
Carzulanum) genannt und innerhalb desselben die einzelnen Ortschaften Celle, Pereto, Ori-
cola, Rocca di Rotte und La Brugna unterschieden. Die „via Valeria*^ ging über Rio
IVeddo, während im Mittelalter der begangenere Weg über Arsoli führte, den jetzt die
Eisenbahn in starker Steigung zum 300 m über dem Thal des Anio liegenden aequischen
Hochland hinanklimmt. Das alte Carsioli (627 m über dem Meer) erscheint im Jfüu-e 1000
und noch im 13. Jahrhundert als stärker bewohnt, während Celle mit dem nahen Castellum
Sti. Angeli an Bedeutung gewinnt als Grenzort im sizilischen Königreich, von wo aus man,
wie zur Zeit der Aequerkriege, gegen Tibur und Rom vorrückt. — Alba Fucentina (jetzt
Albe) wurde von den Römern zu einer der stärksten Festungen Italiens gemacht Drei
Httgelknppen, auf deren nordöstlicher (1020 m über Meer) der jetzige Ort liegt, waren durch
eine gewaltige Mauer in polygonalem Stil verbunden und noch jede einzelne burgartig be-
festigt. Westlich davon im l^al des Imele oder Salto die fruchtbaren Campi Palentini,
umragt von hohen Bergen, von denen n. ö. der zweigipfelige Monte Yelino (2487 m) schon
von Rom aus sichtbar ist. — Bei Scurcola lag ein, nach der Zahl der hier gefundenen In-
schriften zu schliessen, ziemlich frequenter vicus des Territoriums von Alba; ebensolche
vici werden bei Avezzano, Magliano, Tagllacozzo u. s. w. anzunehmen sein. — Der Hirn eil a,
der am Nordrand des Fucinersees entspringt, führt an seinem Oberlaufe (im Gebiete von
Alba) noch den Namen Imele, während er später Salto heisst üeber Aenderungen im
Wasserlaufe vgl. Fiokbb a. a. 0. S. 546 f. — Der Toi onus (jetzt Turano) entspringt zwischen
den Quellen des Anio und des Uris, durchfliesst das Gebiet von Carsioli und strömt dann
durch das Sabinerland (Trebula Mutuesca, Reate) dem Avens (Yelino) zu. — Das Gebiet
der Aequiculani erscheint in den Urkunden des früheren Mittelalters als Cicolanum oder
Ceeolanum nordwärts vom „pagus Marsorum^, So in den Registerbücheiii von Subiaco
und von Farfa. Eine Farfenser Urkunde vom Jahre 877 n. Chr. hat die Fertigung „Actum
in Ecicuiis^. Reg. Farfens. III p. 28. Ebenda p. 27: „habitatores de massa cieulana^. Vgl.
Sackub a. a. 0. In den Schlachtberichten Karls von Anjou 1268 heisst es (mit franzö-
sischer Aussprache) Siculi oder Cicli
14. Sabini. Das Land der Sabini reichte, indem die Grenzen nur
im einzelnen verrückt wurden, vom Tiber und (früher vom Anio, später)
von Nomentum angefangen, bis zu den Picentern, in deren Gebiet die
„via Salaria" führte, und zu den Vestinern, zu denen der Aternus aus
dem sabinischen Amitemum hinunterfloss. Die Grenze gegen ümbrien zu
bildete eine Strecke lang der Fluss Nar (heute Nera). Im ganzen um-
fasste das Sabinergebiet 70 deutsche Quadratmeilen.
Die Sabini waren eine Eonföderation mehrerer Gemeinden, von denen
Cures (8. Maria d' Arci bei Correse am Fluss gleichen Namens bezeichnet
die „arx" dos antiken Ortes) einen gewissen Vorrang behauptete; daneben
kamen Reate, Nursia, Amitemum in Betracht (vgl. Liv. 28, 45, 19:
Nursini et Beatini et Amiternini Sabinusque omnis ager müites pollicüi sunt;
wo unter dem ager Sabinus das Gebiet von Cures gemeint ist). Später
werden z. B. als Strassenstationen auch andere Orte genannt: Interocreum
(jetzt Antrodoco) am Velinus im Gebiete von Reate; Eretum im Gebiete von
Cures, 18 Million von Rom, sowohl in der ältesten römischen Geschichte, wie
im Itiner. Anton, als Station der via Salaria genannt, gleichwohl spurlos
untergegangen; femer Forum novum (jetzt Vescovio bei Torri); am Ober-
lauf des Farfar oder Fabaris (Farfa), anstossend ans Aequergebiet, Trebula
Mutuesca (bei Monteleone). Im allgemeinen war und blieb das Sabinerland
42 A. Geographie von Italien and dem Orbis Bomanns.
ein Land der Bauern, die dorf weise wohnten; selbst ihre Munizipien
machten, wie Strabo hervorhebt, nichts weniger als einen stadtartigen
Eindruck. Auch Vergil und Ovid nennen das »kleine Cures* im Gegen-
satz zum „grossen Rom". Gleichwohl war das Gebiet von Cures ziemlich
ausgedehnt, der Ort selbst in der Kaiserzeit blühend. — Das Volk lebte
genügsam, weshalb die Überlieferung oder gelehrte Abstraktion hieher
die Aborigines versetzte; worüber Varro, selbst ein Reatiner, mancherlei
mitteilte, was Dionysius von Halicarnass in sein Werk aufnahm. In der
Gegend von Reate wurde die Esel- und Maultierzucht mit Erfolg be-
trieben.
Reate (beim heutigen Rieti) lag an der „via Salaria*', auf einer
Hochebene 419 m über Meer, wo die Flüsse Himella (heute Salto, nur
im Oberlauf noch Imele) und Tolenus (heute Turano) sich mit dem
Avens (heute Velino) vereinigen und abwärts vor der Mündung in den
Nar eine Reihe von Seen {locus Velini) bilden. Das Thal von Reate
ist durch Überschwemmungen gefährdet, da das mit starkem Ealkgehalt
gesättigte Wasser Tropfstein absetzt; infolgedessen der Abfluss ins Thal
des Nar von Zeit zu Zeit künstlich reguliert werden muss. Dies führte
bereits M'. Curius Dentatus durch, als nach der Besiegung der Sabiner
(im Jahre 290 v. Chr.) deren beste Ländereien von Rom konfisziert wurden ;
seitdem wurde das Gebiet von Reate wegen seiner Fruchtbarkeit gerühmt ;
doch gaben jene Flussregulierungen wiederholt zu Streitigkeiten zwischen
den Gemeinden Reate und Interamna Anlass. (Im Jahre 54 v. Chr. warben
die Reatiner sich Cicero zum Anwalt). In der Nähe von Reate lag der
See von Cutilia, „der Nabel Italiens*, mit dem Badeort Aquae Cuti-
liae (jetzt Paterno bei Cittaducale), den die flavischen Kaiser begünstigten.
Yespasian pflegte die Sommermonate auf dem Stammsitz seiner Familie bei
Falacrine am Oberlaufe des Avens im Gebiete von Reate zuzubringen.
Das Gebiet von Nursia (heute Norcia), im nördlichen Sabinerlande,
durchströmte der Fluss Cornia, der in den Nar mündet. Von hier
stammte Q. Sertorius imd Vespasians Mutter. Verbunden wurde dieses
in den Bergen abseits gelegene Munizipium mit dem übrigen Italien durch
eine Strasse nach Spoletium. Die Örtlichkeit auf der Höhe der Berg-
kette, die das Gebiet von Nursia von dem von Spoletium schied, hatte
noch zu Suetons Zeit ihren Namen nach der väterlichen Familie der
Vespasia Polla (wenn nicht nach ihr selbst), also entweder „locus Vespa-
siae^ oder „ Vespasiae" sc. tabernae (Suet. Vespas. c. 1). — Auch S. Bene-
dictus stammte von hier.
Amiternum, am Oberlaufe des Atemus (bei S. Vittorino, in der Nähe
von Aquila, 720 m über Meer), Vaterstadt des Sallustius, hochgelegen in
einer abgeschiedenen Gebirgsgegend, wo sich die ursprüngliche frugale
Lebensweise am längsten erhielt, daher der ürsitz der Sabiner von Cato
hieher versetzt wurde. In der Nähe Pitinum (Torre di Pitino) an der
Grenze der Sabiner und Vestiner.
Was die Organisation des Sabinergebietes angeht, so verschmolzen
die nach der Katastrophe des Jahres 290 v. Chr. von den Römern her
verpflanzten Volkselemente mit der enchorischen Bevölkerung, die zunächst
1. lUUen. (§ 15.) 43
das Passivbürgerrecht {sine suffragio), aber schon im Jahre 264 v. Chr.
das Vollbürgerrecht erhielt. Seit dem Jahre 239 v. Chr. blieb das Sa-
binerland der neugebildeten Tribus Quirina (deren Name mit Cures zu-
sanmienhängen sollte) zugewiesen, der wir später in allen sabinischen
Orten begegnen; mit Ausnahme von Cures, das zur tribus Sergia gehörte.
— Es war dies die in der Geschichte Mittelitaliens epochemachende Ver-
einigung der Römer (resp. Latiner) und der Sabiner zu einem Staatswesen,
die in der Tatiuslegende ihren Ausdruck fand. Bis auf den Sozialkrieg
sprachen in den sabinischen Orten praefecti des stadtrömischen Prätors
Recht, während nach dem Sozialkrieg die munizipale Organisation durch-
geführt wurde.
Corp. inscripU Latinar. EX (1883) p. 396—478. — Vgl. Mommskn, Die Tatiuslegende,
in .Hermes« XXI (1886) 8. 570—584. — Nibbuhb, Vorträjge über alte Länder- und Völker-
kunde S. 469 — 472. — Ueber das bei Yergilins und Silius Italicus erwfthnte Gas per ia
(bei Aspra?) vgl. Clüvbbiüs p. 676. Ueber fanam Vacunae (jetzt Bacugno an der via
S(üaria, zwischen Falacrine und forum Decii) ebenda; nach Falacrine selbst hat das Thal
im Mittelalter den Namen gefflhrt und hängt derselbe jetzt noch an dem der Kirche zu
S. Silvester (bei Cittareale). Vielleicht lagen in dieser Berggegend die anderen bei Dionvs.
1, 14 aufgezählten Orte. Vgl. Corp. IX p. 434. Foruli lag bei Sassa. Die Stationen der
das Sabinerland durchziehenden via Salaria sind behandelt Eph. epigr. U p. 203 f. Siehe
unten. Niccolö Pebsichetti, Viaggio archeologico sulla via Salaria nel eircondario di
CiUaducale coh appendice auVe antichUä dH dirUorni e tavola topografica, Roma, Torino,
Firenze 1893. — Üeber die Heimat von Vespasians Mutter vgl. Bobmann in den archftoL-
epigr. Mitteilungen XV S. 35 f. — Nach der Äugustischen Organisation gehörte das Sabiner-
gebiet mit den anderen Gebirgsstftmmen zur vierten Region. In den Provinzialkatalogen
des 5. Jahrhunderts erscheint es den Provinzen Nursia und Valeria zugeschrieben (in letzterer
lag Reate). Vgl. Moioisbn in den Mon. Germ. auct. ant. IX p. 533. — Für die historische
Topographie des südlichen Sabinergebietes, besonders der Gegend von Cures, sind die Be-
aitzBtandsregister des im Mittelalter hier blühenden langobardischen Klosters Faifa von der
gröBsten Bedeutung {Regesto di Farfa ed. Balzani e Gioboi, Roma 1880 ff.). Vgl. Tomassetti
im „Arehivio deUa societä Romana** XV (1892) p. 196 ff. Der „rivm Currisus** oder „flu-
viu8 Currensis**, das „castellum quod Currenae vocatur** bezeichnen Fluss und Ortschaft
Correse; Ard wd 1059 schon so genannt; die „via antiqua" ist die alte Salaria. Kloster
Farfa, durch eine Hügelreihe vom Tlial des Correse getrennt, lag am Nebenfluss des Tiberis,
der bei Ovid, Silius, in der tob. Peuting. als Farfar, bei Ver^. Aen. VQ 715 aber (vielleicht
des Metrums halber, wie Cluveb meint) als Fabaris genannt erscheint. — Tomassetti
stellt 1. c. XI p. 150 Anm. eine Monographie über das ganze Sabinergebiet in Aussicht.
15. Samnites. Von den Sabin! hatten sich eine Reihe von Stämmen
abgezweigt, die sich selbst als Safineis (d. i. Sabini, griechisch 2avvhat)
bezeichneten, ohne übrigens eine kompakte Nation zu bilden; sie zerfielen
in 4 oder 5 populi, die sich autonom regierten und selbst gegen einen
auswärtigen Feind nicht immer zusammenhielten. Doch unterschied man
zwei Gruppen, die in verschiedener Zeit und unter verschiedener Führung
sich abgezweigt hätten. Die samnitischen Stämme im engeren Sinne des
Wortes seien von einem Stier geführt worden, woher zwei Orte den Namen
Bovianum geschöpft haben; die Hirpiner durch einen Wolf (hirpus). Die
römische Politik hat nicht verfehlt diese Zweiteilung in ihrem Interesse
zu verwerten.
Eines der beiden Bovianum, das nachher als vetus von dem anderen
unterschieden wurde, wird als „caput Caracenorum Samnitium" bezeichnet.
Die Garaceni waren Grenznachbarn der Frentani, am Oberlauf der Flüsse
Sagrus (jetzt Sangro) und Trinius (jetzt Trigno). Ihr Bovianum lag im
Oebirge (jetzt Pietrahbondante bei Agnone); nur auf Saumwegen zugäng-
lich. Die Gewässer ringsum fliessen in den Trigno. Die Ruinen und der
44 A. Geographie von Italien und dem Orbis Romanos.
umstand, dass hier die meisten oskischen Inschriften aus Samnium ge-
funden sind, weisen darauf hin, dass dieser Ort der Mittelpunkt des eigen-
tiimlieh samnitischen Lebens gewesen ist.
Das andere Bovianum, beim heutigen Bojano am Fuss des Monte
Matese {Tifernus mons) gelegen, war „caput Pentrorum Samnüium.^ Die
Pentrer sassen am Oberlaufe des Flusses Tifernus (jetzt Biferno). Ihr
oppidum behielt, da die römische Strasse vorbeiführte, auch später Bedeu-
tung, wenngleich diese samnitischen Orte dem Strabo überhaupt nur Dörfer
zu sein schienen. Im Sozialkriege war dies Bovianum ein Stützpunkt der
Aufständischen, in der Eaiserzeit hiess es von der Besiedlung mit Soldaten
der leg. XI Claudia Bovianum TJndecimanorum. — Von anderen Orten sind
zu nennen: Telesia (am Fluss Calor, beim jetzigen ärmlichen Dorfe Te-
lese) und Fagifulae (beim heutigen S. Maria a Faifoli), die im Hanni-
balischen Kriege von Rom abfielen; Allifae und Saepinum, die in der
Zeit der Samniterkriege genannt werden, von denen aber namentlich das
letztere als Durchzugsstation der die Sommerweide beziehenden (s. oben
8. 22) Schafherden noch in der Kaiserzeit in Betracht kommt. Die
Ruinen von Saepinum bei dem heutigen Sepino, auf der Strasse, die von
Benevent in das Quellgebiet des Flusses Tamarus, heute Tammaro, und
von da nach Bovianum ündecimanorum führte; Allifae, dessen Name in
dem des heutigen Alife erhalten ist, lag unweit des linken Ufers des Vol-
tumus an der Strasse, welche von Benevent über Telesia nach Venaf-
rum ging, während von Allifae selbst eine solche nach Teanum und Min-
turnae sich abzweigte. — Aufidena (jetzt Alfidena), dessen Schwerpunkt
sich ostwärts verrückte, seit die römische Strasse von Benevent her über
den Sagrus (beim heutigen Castel di Sangro) führte. Diese ging der via
Valeria zu nach Sulmo im Paelignerlande über einen 1300 m hohen Pass
(jetzt Piano delle Cinquemiglia), der im Winter oft Monate lang ver-
schneit ist; selbst im Sommer kann es hier oben recht frisch sein. — Die
Verbindung des Sagrus- mit dem Volturnusthal deckte seit dem Jahre
263 V. Chr. die strategisch wichtige, auf einem isolierten Hügel gelegene
Kolonie Aesernia (jetzt Iseniia), die im Sozialkriege nach dem Verluste
von Corfinium der Hauptstützpunkt der Insurrektion war. Terventum
(jetzt Trivento) über dem Thal des Trinius, in abgelegener Gegend, aber
für samnitische Verhältnisse nicht unbedeutend. Aus Cluviae im Gebiete
der Caraceni stammte der Philosoph und Staatsmann Helvidius Priscus.
Corp. inscripL Latinar, IX, p. 205—262. Inschriftliche Nachträge zu Momhsbns
Unterital. Dialekten von Gorssen in der Ephem, epigr. II p. 153 ff. — PhyaiBche Geographie
bei Nissen, Ital. Landeskunde I S. 240 — 242. Ethnographie der sabellischen St&mme, ebenda
S. 528 f. Er schätzt das Gebiet der Samniter um die Mitte des 4. Jahrhunderts v. Chr. auf
250 — 300 deutsche Quadratmeüen; fOr das Jahr 225 v. Chr. auf etwa 160 deutsche Quadrat-
meilen. In der Augustischen Einteilung hatte es nur noch 60 — 70 deutsche Quadratmeilen.
— NiEBUHR, Länder- und Völkerkunde S. 479 — 489. — Nach dem Sozialkrieg wurden die
samnitischen Orte meist der trtbtis VoUinia zugeschrieben. Vgl. Eubitshbk, Imp, Rom,
irih. disc. p. 265. 272. 57 ff. — In den Gebieten von Saepinum, Bovianum, Aesernia finden
wir im 7. Jahrhundert n. Chr. Bi^j^garen angesiedelt. Paul, diacon. Y, 29.
16. Hirpini. Das Zentrum der Landschaft war in römischer Zeit
Beneventum (früher Maluentum, griechisch MaXoeig oder Malovg, von
den Römern des Omens wegen umgenannt; es sollte von Diomedes ge-
1. ItaUeu. (§ 16.) 45
gründet sein; den Fremden zeigte man unter anderen Antiquitäten die
Hauer des kaledonischen Ebers, welche der göttliche Meleager als Preis
für den Jagdzug erhalten hatte). Es lag am Zusammenflusse des Galor
mit dem Sabatus, elf Millien von Gaudium, in einer weiten, reich bewäs-
serten, fruchtbaren, rings von Hügeln umgebenen Thalfläche (ager oder
jxigus Beneventanus). Seit 268 v. Chr. eine Kolonie latinischen Rechtes,
wodurch Samnium im Zaum gehalten und die Verbindung mit Luceria
und Yenusia, den Stützpunkten der römischen Herrschaft in Unteritalien,
weiterhin auch mit dem Hafen von Brundisium gesichert wurde. Wich-
tige Station der via Appia, die bei Anlegung der Kolonie hieher ver-
längert wurde; auch der anderen über Aequum Tuticum nach Barium
und von hier nach Brundisium führenden Strasse, die K. Traian nach sich
benannte: für deren Instandsetzung wurde ihm in Benevent ein noch
stehender Ehrenbogen errichtet. Überhaupt das eigentliche Verkehrszen-
trum der umliegenden Landschaften. Auch sonst wurde Benevent stetig
begünstigt. Unter Augustus wurde das Gebiet von Gaudium zu Benevent
geschlagen; das 15 m. p. von Benevent an der via Appia gelegene Ae-
clanum (bei Mirabella), das im Bundesgenossenkriege eine Rolle gespielt
hatte, wurde „Quintodecimum" beigenannt; es war zugleich der Ausgangs-
punkt der nach Herdonia führenden via Aeclanensis. Auch das Gebiet
von Taurasia, welches im Jahre 180 v. Chr. unter dem Konsulate des P,
Cornelius Cethegus und des M. Baebius Tamphilus den hieherverpflanzten
Ligurem {Ligures Corneliani et Baebiant) angewiesen worden war, gehörte
unter K. Traian zu Benevent, wenngleich die Gemeinde der Baebiani
fortbestand, ebenso wie die der Caudiner. In der Nähe von Aeclanum
an der appischen Strasse ein kleiner See mit mephitischer Ausdünstung;
daneben ein Heiligtum der „(2ea Mefitis" mit der Höhle Ampsanctus, aus
welcher erstickende Dämpfe quollen, weshalb der Ort, wie alle ähnlichen,
mit der Unterwelt in Verbindung gebracht wurde (Verg. Aen. VH 563).
Von anderen Orten sind zu nennen Aquilonia an der appischen
Strasse zwischen Aeclanum und Yenusia; Compsa (heute Conza) nahe der
Inkanischen Grenze; Caudium (bei Montesarchio), in der Zeit der sam-
nitischen Unabhängigkeit der Vorort eines Gaues, zu dem die Gegend von
Benevent gehörte ; auch später noch zur Zeit des Föderatverhältnisses mit
Rom ist vom ^ager Caudinus" die Rede. Caudium gehörte mit Compsa
zu den Orten, die zu Hannibal übertraten. — Horaz erwähnt „Caudi cau"
ponae,'^ da die appische Strasse über die durch die Niederlage des Jahres
321 V. Chr. berühmten „furculae Caudinae'* hier durchführte.
Saticula (mutmasslich beim heutigen S. Agata de' Goti) im Sam-
niterkriege und im Hannibalischen Kriege genannt, seit 313 v. Chr. als
Kolonie eingerichtet, später verschollen. Trebia, nach Liv. 23, 14, 13
auf dem Wege, der nach Nola führte, gelegen, sonst unbekannt.
Ckirp inscr, Latinar, JX, ^. SS — 202. Mit einer Karte: Hirpinorum terrüorü pars
dupliei maiaris tahuULe modiäo descripta, — G. Gbasso, Studi di sioria atUica e de topo-
grafia storiea, Ariano 1893. Behandelt kontroverse Punkte der Topogr&fie des Hirpiner-
landes: über das bei Liv. X, 38 f. genannte Aquilonia, über Aequum Tuticum, die Strassen-
züge u. 8. w. Vgl. auch P. N. Flammia, Storia di Ariano (1894). — - Wo die „furculae
Caudinae" eigenUich gelegen waren, Iftsst sich nicht näher bestimmen. Die Beschreibung
46 A. Geographie von Italien nnd dem Orbis Romaans.
des Livius passt nicht f&r den Pass von Arpaja nach Montesarchio; ebensowenig fttr die
Gegend bei Forchia. Jedenfalls liat seit dem Altertum das Teirain mancherlei Verftnde-
rongen erlitten. Vgl. neuerdings E. Gocchia, I Romani alle forche Caudine, Napoli 1888.
— Das Hirpinergebiet ist erst infolge der Samniterkriege von den Römern für sich kon-
stituiert worden. Grosse territoriale Veränderungen erfolgten nach dem Sozial- und Bürger-
kriege durch Sulla; das eigentliche Hirpinergebiet wurde in fünf Teile aufgeteilt, die an
die Städte Aeclanum, AbelUnum (das erst später zu Campanien gezogen wurde), Aquilonia,
Compsa und Vescellia kamen. Vgl. Beloch, Ital. Bund S. 18. Weitere Veränderungen
brachte die Triumviralzeit, noch andere schlössen sich an die oben erwähnten Massregeln
des Augustus zu Gunsten von Benevent an. Nach der Ordnung Diocletians wurde das
Hirpinerland unter die Provinzen Campanien und Apulien aufgeteilt.
17. FrentanL Den flachhügeligen fruchtbaren Küstensaum am unteren
Tifernus, am unteren Trinius, am Sangrus nördlich bis hinauf nach Ortona
nahmen die Frentani ein, ein sabelliscber Stamm, der sich von der Gemein-
schaft der Samniten trennte und an den Kämpfen gegen Rom seit 319
V. Chr. nicht mehr teilnahm; daher die Landschaft von tiefergehenden
Veränderungen verschont blieb.
Von Orten sind zu nennen Larinum (jetzt Larino), südlich vom
Tifernus, der Mittelpunkt eines für sich stehenden Gaues; Buca, beim
heutigen Termoli, am Meer; Uscosium, zwischen Larinum und Buca;
Histonium (beim heutigen Yasto), hochgelegen mit der Aussicht auf die
Insulae Diomedeae, deren grösste Trimetus (daher die ganze Gruppe
heute Trimetiinseln genannt ist) in der Kaiserzeit als Detentionsort
diente. Anxanum (heute Lanciano), landeinwärts gelegen. Ortona,
hoch auf einem Vorgebirge, mit kleinem Hafen. Pagus Urbanus, im
Binnenlande am Fluss Aventinus. Juvanum in rauher abgelegener Berg-
gegend.
Corp. inscript. Latinar, IX, p. 263—281. Nissen, Landesk. I, 527 schätzt die Land-
schaft der Frentani in dem Umfange, den ihr noch Strabo gibt, auf 65—70 deutsche Qnadrat-
meilen. Augustus hat die Larinates zu Apulien geschlagen.
18. Marsi, Paeligni, Marrucini, Yestini. Vier verwandte sabel-
lische Stämme, in der Hochappenninlandschaft östlich vom Sabiner- und
Aequerlande. Die Marser am lacus Fucinus und dem Quellgebiete des
Liris mit dem Vororte Marruvium (Ruinen von S. Benedetto bei Pes-
cina) am genannten See, der wegen Verhinderung seines Abflusses die
Gegend zu versumpfen drohte. Daher unter K. Claudius ein Abzugskanal
nach dem Liristhai angelegt wurde, für jene Zeit ein grossartiges Werk,
das in unserem Jahrhundert (durch den Fürsten Torlonia) erneuert wurde.
— Das ursprünglich volskische Antinum (heute Civita d'Antino) am
oberen Liris, ferner Anxa (unbekannt wo) waren die beiden anderen
Orte der Marser, wonach man Marsi Maruvii, Marsi Antinates, Marsi An-
xates unterschied. Das Land wurde durch die via Valeria durchzogen,
die sich bei Gerfennia (jetzt Collarmele, 78 m. p. von Rom) gabelte; auf
der rechten Seite ging es nach Marruvium (85 m. p. von Rom), auf der
linken die Fortsetzung der Strasse über den 1016 m hoch gelegenen
Mens Imeus (jetzt Forca Carusa) nach Corfinium (94 m. p. von Rom).
Lucus Angitiae (jetzt Luco) und Supinum (jetzt Trasacco) waren Flecken
am südlichen Ufer des Fucinersees; ersterer war erwachsen neben dem
Heiligtum der schlangenwürgenden Göttin Angitia, wie denn die Marser
als Schlangenbändiger einen Ruf hatten.
t ItaUen. (§§ 17, 18.) 47
Das Land der Paeligner durchströmte der aus dem Yestinergebiete
herunterkommende Atemus, an dem der paelignische Vorort Gorfinium,
zur Zeit des Bundesgenossenkrieges die Hauptstadt des projektierten
Staates Italia, gelegen war; auf einer Hochebene 360 m über dem Meer,
im Mittelpunkte der am Aufstande hauptsächlich beteiligten Landschaften
(Ruinen von S. Pellino beim heutigen Pentima). Die via Valeria wurde
durch E. Claudius von Gorfinium bis zur Mündung des Atemus fort-
geführt (daher via Claudia Valeria genannt, mit Gerfennia als Ausgangs-
punkt). Südlich von Gorfinium lag Sulmo (heute Solmona), zuerst im
Hannibalischen Kriege genannt, dann als Geburtsort des Dichters Ovid,
der seiner Vaterstadt öfter gedenkt. Die „pagi" Superaequum (jetzt
Castelvecchio Subequo) und Interpromium (bei Torre dei Passeri) lagen
an der Mündung je eines Seitenthaies des Atemus; der „pagus'* Betifuli
sw. von Solmona (beim jetzigen Scanne).
Bei den Marrucini war Teate (mit dem Beisatz Marrucinorum,
um es von der apulischen Stadt dieses Namens zu unterscheiden, beim
heutigen Chieti) der Vorort. Bei den Vestini, die bis auf den Sozial-
krieg gleichfalls nur ein Gemeinwesen bildeten, werden Pinna (jetzt Gi-
vita di Penne), als der den Römern treu gebliebene Hauptort, femer Peltui-
num (jetzt S. Paolo a Peltuino bei Prata), Aveia (beim heutigen Fossa) ge-
nannt; im Qebiete von Peltuinum die abhängigen Orte Aufinum (dies-
seits der nach Pinna führenden Berge, daher Aufinates cismontani bei
Plinius, jetzt Ofena) und Furfo (S. Maria di Furfona bei Barisciano).
Die letztgenannten alle in der Nähe von Aquila, das seit dem 13. Jahr-
hundert n. Ghr. das Zentmm der Gegend ist. Aternum am Ausflusse
des Atemus, war der gemeinschaftliche Ankerplatz der Vestiner, Paeligner
und Marruciner, weniger für den Handel von Bedeutung, da der Hafen
hiezu nicht ausreichte, als für den Fischfang; davon hiess schon im 7.
Jahrhundert n. Ghr. die Stadt und der untere Lauf des Flusses Piscaria,
jetzt Pescara. — Der Atemus trennte Vestini und Marrucini. Aus dem
Lande der letzteren stammte G. Asinius Pollio.
Im allgemeinen lebten auch diese Stämme mehr dorfweise; tüchtige
Bauern, tapfere Soldaten, sei es, dass sie gegen, sei es, dass sie für Rom
kämpften.
üeber die Marsi: Corp. inscript. Latinar, EX, p. 346—369. Die Paeligni, ibid.
p. 286-314. Die Marrncini, ibid. p. 282—285. Die Vestini, ibid. p. 315—345. —
NisBUHB, Vorträge über alte Länder- und Völkerkunde S. 464; 475—479. Nissen schätzt
das Gebiet der Marser und Paeligner auf je 20, das der Vestini auf 35, das der Marrucini
auf etwa 10 deutsche QuadratmeUen. lieber die Austrocknung des Fucinersees (lago di
Celano, 660 m ttber Meer) vgl. das Werk: DessSchement du lac Fucino exhutie par le
prince TorUmta, Prieia historique et technique par MM, A. Bbissr et L. de Botbü, Rome
1876. Es wurde fttr die modernen Arbeiten zum Teil der alte Emissar verwendet. — Die
Eisenbahn folgt von Collarmele nicht dem Zuge der fortgesetzten via VaJeria, sondern geht ins
Thal des Giovenco, das im Altertum wohlbevölkert war, durchbricht durch Tunnels den
Monte Cniro nach Cocullo, dann den Monte Luparo, der die Thäler von Fucino und Solmona
scheidet; bei der Station Prezza über dem Thal des Sagittario lag im Altertum Layernae,
ein „pagus" der Sulmonenser. — Die Marser und Paeligner wurden nach dem Socialkriege
der tr{bu8 Sergia, die Marruciner der Amensis zugeschrieben. Vgl. Cicero in Vatin. 15, 36.
Hiezu Eubitschbe: 1. c. p. 51 ff., 265. Die Vestiner hatten die tribus Quirina 1. c. p. 60. —
Die Heimatangabe der Marser wird bemerkenswerterweise nach dem Namen der Landschaft,
nicht des Vorortes gebildet: {tribti) Sergia domo Marsia, Vgl. ArchäoL-epigr. Mitteil, aus
48 A. Geographie von Italien nnd dem Orbis Romanns.
Oesterreich-Üngam XVI S. 214. (Ebenso hatte jede der Yestinerstädte das Gognomen Ye-
stina oder Vestinum und wurde Teate mit Mamicini abwechselnd gebraucht.) Seit dem
vierten Jahrhundert ist das Land der Marser ein Teil der Provinz Yaleria. Gregor M. dial.
4, 24 spricht von einer provincia Marsarum in demselben Sinn; wie denn der kirchliche
Sprachgebrauch bis auf den heutigen Tag eine dioecesis Maraica kennt, das municipium
Marsi auch im Mittelalter (saec. VIII. EX. X) als Marsi oder Marsis oder als territorium
Marsicanum erscheint. Die Grenzen des Bistums Marsica verzeichnet eine päpstliche
Bestätigungsurkunde vom Jahre 1114 (bei Uohelli, Ital. sacra 1, 892); die Burgen der
Gegend ein aus der Zeit zwischen 1241 — 1246 stammendes offizielles Yerzeichnis bei
WimLELMANN, Acta imperii inedita I p. 780. — Papst Bonifatius in (608 — 615) war
nach dem liber pontif. (ed. Duchbske I p. 317) „natione Maraorum de civitate Valeria**.
Ygl. hiezu Cluvbb p. 783 und Mommsen, Auetor. antiquissimi (der Mon. Genn. hist.) EX
p. 533. — Im Paelignerlande wird seit dem 5. Jahrhundert der heute nicht mehr bestehende
Ort Yalva (Balba) am Atemus (also nahe beim alten Corfinium) als Bischofsitz neben Sulmo
genannt. Ygl. Archiv d. Ges. f. ältere deutsche Geschichtskunde, N. F. Y, S. 513. XY S. 187.
FiCKBR, Ital. Forsch. II 363; lY, 1. 7. 47. Die Gegend von Sulmo ist jetzt abgeholzt und
verkarstet; Ovid nennt sie ,kühl und wasserreich**. — Ueber Interpromium (an dem
Durchbruch des Atemus aus dem Land der Paeligner in das der Marmciner, wo Kaiser
Ludwig II im Jahre 873 das Kloster Gasauria grOndete), das einen pagus des Sulmonenser
oder des Teatiner Gebietes bildete, vgl. zu Corp. IX 3044. Der Fluss bahnt sich zwischen
der Majellagmppe (höchster Gipfel der Monte Aniaro über Solmona, 2795 m hoch) und dem
Gran Sasso den Weg zum adriatischen Meer. Yon Cerfennia bis Teate waren es 44 m. p.,
bis Atemum 54 m. p. — Ueber den Namen Pescara für Atemus und Atemum bei Paulus
diacanus, resp. in seiner nicht viel älteren Yorlage vgl. Momxsbn, Archiv d. Gesellsch. Y
5. 93. — An der Grenzscheide der Yestiner und Sabiner ist im Mittelalter durch Kaiser
Friedrich II die jetzt blühende Stadt Aquila degli Abmzzi begründet worden (740 m über
Meer). Südwärts davon lag die Strassenstation Furconium oder Furcona, die früh als
Bischofsitz erscheint, auch „civitas S. Maximi** nach dem hier verehrten Heiligen genannt,
später civita dt Bagno nach dem nahen Kastell Bagno (unweit von Aveia Yestina). Im
Jahre 1257 kam der Bischofsitz von Furcona (und Amitemum) nach Aquila.
19. Picenum. Den Landstrich östlich vom Apennin, südlich i^om
Flusse Aesis bis zum Gebiet der Vestini bewohnte der sabellische Stamm
der Picentini, deren Name vom heiligen Vogel des Mars, dem Specht
(picws), abgeleitet ist. Die Bewohner der südlichen gebirgigsten Landes-
teile Wessen speziell Praetuttii oder Praetuttiani, woraus des moderne
für das ganze zentrale Hochgebirge gebrauchte Name »Abruzzen" seinen
Ursprung genommen hat.
Die Küste hat einen einzigen, zuerst um 380 v. Chr., durch von
dem Tyrannen Dionysius vertriebene Syrakusaner in Stand gesetzten
Hafen, nämlich Ancona, unter den Römern der Ausgangspunkt der illy-
rischen Expeditionen (Liv. 41, 1), später für den Verkehr mit der Balkan-
halbinsel zu wachsender Bedeutung gelangt, namentlich seitdem Kaiser
Traian die Hafenanlagen erweitert hatte. Auf der Höhe über der Stadt
das Gasten. Südwärts von Ancona an der Küste lag Numana (jetzt
Umana), das erst in spätrömischer Zeit mehr hervortritt.
Von den Städten des Binnenlandes war Asculum Picenum (Ascoli)
am Flusse Truentus der Vorort der Picentiner, der im Bundesgenossen-
kriege eine lange Belagerung aushielt; seit derselben liegen im Flussbette
zahlreiche Schleuderbleie. An der Mündung des Truentus lag ein Castell
{castrum Truentinum).
Sonst sind zu erwähnen die im Laufe des dritten und zweiten Jahr-
hunderts V. Chr., wo der hiesige ager systematisch aufgeteilt wurde, als
Kolonien eingerichteten Orte: Auximum (heute Osimo, die erste Station
südlich Ancona) in einer festen, fast uneinnehmbaren Position mit der Aus-
sicht zum Meer auf der Höhe gelegen, in der späteren Kaiserzeit die erste
t ItoUen. (§§19, 20.) 49
Stadt Picenums (die alte Stadtmauer ist zum Teil erhalten); ferner Po-
tentia (S. Maria a Potenza) : Firmum (Fermo), der Stützpunkt der römi-
schen Herrschaft nach der Eroberung und gegenüber Asculum; Gastrum
novum (bei Giulia nuova) ; Hadria, heute Atri, die erste 289 v. Chr. ge-
gründete Kolonie am östlichen Meer, der Stammsitz der Vorfahren Kaiser
Hadrians. — Nordwestlich von letzterem Interamnia Praetuttiorum
(heute Teramo).
Die übrigen Orte, die gelegentlich erwähnt werden, haben ebenso wie
die unbedeutenden Küstenflüsse (Miscus, heute Musone; Tinna, heute Tenna;
Truentus, heute Tronto; Vomanus, heute Vomano) meist ihre Namen in
auch gegenwärtig bedeutungslosen Ortschaften erhalten: Gingulum (Cin-
goli), das nach Gaes. b. c. I, 15 Labienus gegründet hatte, Tolentinum
(Tolentino), Septempeda (S. Severino), Bicina (Recina), Pausulae (S.
Claudio de Posulano), Urbs Salvia (Urbisaglia), Gupra montana (Mas-
saccio), Gupra maritima (Givita di Marano), Falerio (Fallerone), u. a.
Doch sind einige dieser Orte, wie Urbs Salvia, in der Kaiserzeit zu
einer gewissen Blüte gediehen, die erst durch die Gothenkriege geknickt
wurde.
Corp, inscript. Latinar, IX, p. 479 — 577. Die mit Aufschrifk yereehenen Schleuder-
bleie von Asculum hat Zanobmbister in Ephetn. epigr, VI (1885) p. 5 ff. behandelt, zugleich
die Situation der Jahre 90 und 89 v. Chr. für Picenum geschildert — Nach Picenum Slhrte
aus dem Sabinerlande eine Strasse, die teils als Verlängerung, teils als Abzweigung der
via Salaria vermutlich von Amitemum aus in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr.
durch einen Konsul Caecilius Metellus nach dem mare superum — etwa an der Vomanus-
mflndung — geführt worden ist. Spuren einer alten Strasse sind im Thal des Vomano
vorhanden; ein Meilenstein mit dem Namen eines L. Caecilius Q. F. Metellus cos. ist bei
Sant Omero (zwischen Castrum novum imd Asculum) gefunden. Wonach Momksbns Kom-
mentar zu der im Jahre 1873 gefundenen Inschrift, welche die Verdingung von Reparaturen
dieser Strasse {via Caecüia) betrifft {Ephem. epigraphica U p. 198 ff.) durch Ch. Hülsen
{Instit, areheol, 1895) modifiziert ist. Erst später ging die Hauptstrasse nach Asculiun.
Vgl. G. Castblli, La via eonsolare Salaria Roma-Reate-Asctdum-Adriatieum con carta iti-
neraria del Piceno (Ascoli Pic. 1886). F. Cbrbotti, Per una ferrovia Roma-Ascoli-Adria-
tico, bespricht die historische Bedeutung dieses Verkehrsweges. — Der Name „castrum
Aprutium" erscheint zuerst in den Briefen Gregors d. Gr. vom Jahre 598 (IX, 71). — Ueber
die trtbus der picenischen Landschaft (Velina) vgl. Kubitschbe, De Romanarum tribuum
orig. ac propagat. S. 26. Imperium Rom, Mb. discr. p. 61 ff. Momxsbn in , Hermes**
XXU S. 105.
20. ümbria. Der Umfang von Umbrien war in der Vorzeit ein
viel ausgedehnterer nördlich bis an den Po reichender, während in der
historischen Zeit das umbrische Yolkselement von Etruskern, Kelten und
selbst von den verwandten sabellischen Stämmen unter beständigen Kämpfen
in engere Wohnsitze (etwa 100 deutsche Quadratmeilen) zurückgedrängt
erscheint. Umbrische Enklaven südlich vom Po kennt noch Strabo.
Unter Umbrien verstand man sohin einige Seitenthäler des Tiber-
stromes, welcher bis zu seinem Oberlaufe die (zeitweise von den Etrus-
kem überschrittene) Landesgrenze bildete; ferner an der östlichen (zum
Teil auch nördlichen) Abdachung des Appennin den oberen Teil der Thäler,
welche von den ins adriatische Meer sich ergiessenden Küstenflüsschen
gebildet werden; bis an die Gebiete der senonischen Gallier und der Pi-
centiner, von denen ersteres nach der Eroberung durch die Kömer (280
v. Chr.) zunächst zu Picenum, von Augustus aber zu Umbrien geschlagen
wurde,
BandbQob der JOrn, AlUriimwwkMniobAft. m, 8. 2, Aofl, i
50 A. Geographie von Italien und dem Orbis Bomanns.
Das Land war von einem italischen (den Sabellern und Latinern ver-
wandten) Stamm bewohnt, von dem namentlich aus der Gegend zwischen
Tiber und Appennin Denkmäler erhalten sind; es war gebirgig, doch frucht-
bar, die Seitenflüsse des Tiber schiffbar oder zur Flösserei geeignet. Die
Hauptverkehrsader bildete (seit 220 v. Chr.) die das Land von Süden
nach Norden durchziehende via Flaminia^ die Narnia, Garsulae (bei Ac-
quasparta) und Mevania (jetzt Bevagna) zwischen dem Fluss Glitumnus,
jetzt Clitunno, und dem Fluss Tinia (jetzt Topino) berührte, während in
der späteren Kaiserzeit der bevorzugte Strassenzug über Interamna und
Spoletium ging. Es war dies insofern von Bedeutung, als abgesehen von
den Festungen, auch manche Orte eben als Stationen der römischen
Strasse emporkamen, wie dies Strabo bezüglich der Flecken Forum Fla-
minii (nicht weit von Fulginium), Nuceria mit dem Beinamen Camel-
laria (jetzt Nocera Umbra), Forum Sempronii (bei Fossombrone, am
Metaurus) ausdrücklich anmerkt. Sonst werden an die 40 Ortschaften er-
wähnt, die fast alle ihre Namen bis auf den heutigen Tag bewahrt haben;
die Zersplitterung in zahlreiche kleine Qemeinden ist für die umbrische
Landschaft charakteristisch. Daher die Selbständigkeit des Stammes ohne
besondere Schwierigkeit von Rom kassiert werden konnte. Solche Oe-
meinden waren Ocriculum (heute Otricoli), an der südlichen Grenze;
Narnia (jetzt Nami), in fester Lage über dem Flusse Nar und nach
diesem von den Römern benannt, während es früher Nequinum hiess, im
Jahre 299 als latinische Kolonie eingerichtet; Interamna Nahars, die
Heimat des Tacitus (jetzt Temi), nahe der Mündung des Avens in den
Nar; Ameria (jetzt Amelia), alter umbrischer Ort, mit einer nach Cato
bis 1133 V. Chr. zurückreichenden Aera; an der via Amerina, die von
Castellum Amerinum (bei Orte, amTiber)nach Vettona(Bettona)führte. Spo-
letium (Spoleto), als römische Kolonie eingerichtet 241 v. Chr., seit der
Völkerwanderungsperiode wieder von Bedeutung. Westlich davon unweit
des Tiber Tuder (Todi), an der via Amerina, unter Augustus Kolonie.
Als Strassenstation wird der vicus Martis Tudertium (bei S. Maria in Pan-
tano) erwähnt. Fulginium oder Fulginiae (Foligno), das mit Forum
Flaminii zu einer Qemeinde verwuchs. Trebiae (Trevi); alle in einer
wohlbewässerten fruchtbaren Qegend. Asisium (Assisi), die Heimat des
Propertius; Iguvium (Gubbio), am Fusse des Appenninpasses la Schieggia,
auf dessen Höhe ein Tempel des Juppiter Appenninus gestanden zu haben
scheint, wo im Jahre 1444 die berühmten Bronzetafeln mit altumbrischer
und lateinischer Schrift gefunden worden sind. Die Stadt heisst darin
tota (d. i. civitas) Ijovina; sie blieb bis auf den Bundesgenossenkrieg civi-
tos foedercUa.
Hispellum (heute Spello); Arna, am linken Tiberufer, unfern von
Perugia (heute Civitella d'Ame), vielleicht identisch mit Ahama (Liv. 10,
25); Tifernum Tiberinum (Citta di Castello) und Tifernum Matau-
rense (S. Angelo in Vado); Urvinum Mataurense und Urvinum
Hortense (das letztere bei CoUemancio nahe Assisi; ersteres jetzt Ur-
bino). Sestinum (jetzt Sestino) im Quellgebiete des Pisaurus. Came-
rinum, die Stadt der Camertes, nahe der picenischen Grenze, heute Ca-
1. Italien. (§ 20.) 51
merino; Matilica (jetzt Matelica); Attidium (Attigio) und Tuficum (in
der Nähe von Fabriano); Tadina (jetzt Gualdo Tadino), ein schon aus
den Gallierkämpfen bekannter Ort, wo im Jahre 552 n. Chr. der Oothen-
könig Totila fiel. Sentinnm (bei Sassoferrato), wo im Jahre 296 v. Chr.
die Römer über Samniter, Umbrer, Gallier und Etrusker entscheidend
siegten. Sarsina, auch Sassina genannt, am Fluss Sapis (dem jetzigen
Savio; Sarsina heisst noch so) im Norden der Landschaft ist der Ge-
burtsort des Dichters Plautus. Im Jahre 266 von den Römern unter-
worfen, standen noch im Jahre 225 v. Chr. die Sarsinaten neben den
übrigen Umbrem als selbständige Bundesgenossen in der Heeresliste der
romisch-italischen Konföderation. Sie hatten starke Rindviehzucht.
Zur Zeit Strabos wurden, wie bemerkt, zu Umbrien auch die Städte
der ehemals gallischen Eüstenlandschaft gerechnet; Ariminum (jetzt Ri-
mini), 268 v. Chr. römische Kolonie, in einer festen Position, an der Mün-
dung des Flusses Ariminus, als Endstation der 220 v. Chr. angelegten
via Flafniniüj wie als Hafenort von Bedeutung; Sena Gallica (Sinigaglia),
289 V. Chr. römische Kolonie; ferner Aesis (heute Jesi), Ostra (bei
Montenuovo, jetzt Ostra vetere), Fanum Fortunae (Fano), Pisaurum
(Pesaro); Suasa (bei Castelleone), Pitinum Morgens (bei Acqualagna?)
und Pitinum Pisaurense (bei Macerata Feltria).
Von den Flüssen bildeten der Aesis (heute Esino) ober Ancona und
der Ruh i CO (jetzt Fiumicino) ober Ariminum zu verschiedenen Zeiten die
Grenze Italiens gegen das Keltenland ; i) der Metaurus (Metauro) ist aus
dem zweiten punischen Krieg durch die in der Nähe erfolgte Niederlage
Hasdrubals (207 v. Chr.) bekannt.
Corp. inseript, Latinar, Bd. XI Abteil. 2 (1896). Vgl. Eubitschbk, Itnper. Roman,
tributhn discript, p. 67 ff. BoBMAim 8. v. Ama, Asisiom, Camermum, Garsulae im Jüizio-
nario epigrafico Yon Ruggiebo. — Niebuhr, Vorträge über alte Länder- und Völkerkunde
S. 554—556. — Nissen, Italische Landeskundt I S. 502-508: ,Die ümbrer". — E. Bob-
KANN, Variete observeUionea de antiquUate Botnana (Ind. lection, Marburgena, semestris
aestivi 1883). Behandelt Verhältnisse yon Ariminum imd die Flaminische Slrasse zwischen
Namia und Nuceria. — Derselbe, Inschriften aus Umbrien. In „Archäol.-epigraph. Mitteil. "
XV S. 29 ff. üeber die beiden ürvinum vgl. Nissen, BulleL areheol, 1864 p. 241 ff. Ohne
Erfolg dagegen G. Mochi, QU Urbinati Metaurensi ed Ortensi ed ü terrUorio Balnense
nominato in diplami del medio evo, Cagli 1879, vgl. Btäh archeoL 1879 p. 97 ff. Seit Clu-
ybbiub hatte man Urvinnm Hortense mit Urbino identifiziert, das andere in der Nähe von
Cagli gesucht; wo man auch das „territarium Balnense*' in Kaiser Ottos Privileg für die
römische Kirche von 962 ansetzte. Dies lag aber vielmehr bei Bagno di Romania (am
oberen Savio). Vgl. P. Fabbe in dem imten citierten Aufsatze. — G. Mochi, Sopra gli
avanzi di antica cittä nel terrUorio di Cagli e di Acqtujtlagna, Fossombrone 1876. Der-
selbe, Storia di Cagli, Parte prima, Cagli 1878. Handelt über Cale (heute Cagli), eine
Station der via Flaminia (vgl. Dbtlefsen in Bübsians Jahresb. 1880 S. 103, 1881 S. 386).
Nordwärts von Cagli und Acqualagna der Furlopass mit einem von Vespasian hergestellten
Tunnel, im Altertum Petra pertusa oder intercisa genannt, vielleicht zum ager von
FcMTum Sempronii gehörig. Vgl. P. Montbochini, La strada Flaminia detta del Furlo daIV
Apennino aW Adriatico, Pesaro 1879. Beschreibt die Stationen und gibt eine Geschichte
der Strasse bis auf die Gegenwart. — Der bei Paul. diac. wiederholt (IV, 8 und 34) und
sonst in s^ätrömischer Zeit, auch in den Privilegien der röm. Kirche, erwähnte Ort Luceolis
lag beim jetzigen Doirfe Pontericcioli zwischen Cagli und Gubbio; damals, wo die Route
aber Forum Sempronii in den Händen der Langobarden war, bildete der Pass von Schieggia
die gewöhnliche Verbindungslinie zwischen Ravenna und Rom. Vgl. Ddchbsnb, lAb. pontif.
^) Im 3. und 2. Jahrhundert bildete das | vincia Ariminensia" . Vergl. im übrigen
Gebiet zwischen Aesis imd Rubico die ,^ro- ; imten § 24.
52 A. Qeographie von Italien und dem Orbis Bomanne.
I p. 313. — Tifernum Tiberinum, von Totila zerstört, erscheint nacbber unter der Be-
zeichnung Gastrum Felicitatis. Vgl. Fickbb, It. Forsch. II, 302. — Die Appenninengegend
im Quellgebiete der nach dem adriatischen Meer gehenden Flüsse Marecchia (im Altertum
Ariminus), Foglia (im Altertum Pisaurus), Metaurus (auch jetzt Metauro genannt) bildete
seit dem früheren Mittelalter einen wertvollen der römischen Kirche zinsbaren Wald- und
Latifundienbesitz (mit genauen Grenzangaben saec. Xm). Vgl. P. Fabrb, Ma^sa d'Arno
[beim alten Ama], Massa di Bagno [am Uebergang nach Sarsina], Massa Trabaria [mit
Sestinum]. Im „Arehitno della soc, Rom, di storia patria'^ XVII p. 5 ff. — Die mittel-
alterliche Topographie der Gegend von Fulginium, Spellum, Mevanea, Coccoronium (Monte-
falco bei Foligno) u. s. w. ersieht man aus einer Urkimde Friedrichs I vom Jahre 1177.
Bei FiCKBR, Ital. Forsch. IV p. 190; vgl. p. 274, 277. Die Grenzen des Komitates von
Asisium in Urkunde von 1160, ebenda p. 169 f. — Ueber das auf der Passhöhe zwischen
Fulginium und Gamerinum gelegene Plestia (jetzt Plstia bei Golfioritoj vgl. Nissen im Rhein.
Mus. 20 (1865) S. 218 ff.; v. Sickbl in den „Mitt. des Inst. f. österr. Geschichtsforschung*'
XII S. 389 ff. Bei dem kleinen See von Plestia erlitt im Jahre 217 G. Gentenius durch
Hannibal eine Niederlage (Appian. Hannib. 9 ff.). ~ Ueber die Schlacht im Jahre 207 v. Ghr.
vgl. Heknkbert, Histaire d*Hannibdl. III p. 303 ff. Hasdrubal war auf dem Vormarsche
gegen Sena Gallica begriffen, als er den Metaurus überschritt. Mommsek nennt die Schlacht
«bei Sena*^ vgl. Gorp. XI p. 922. — Die Bewohner von Fanum Fortunae bezeichnen sich als
Fanestres, ihre Stadt als cöUmia Fanestris; im 1. Jahrhundert als cohnia Julia, im 4. Jahr-
hundert n. Ghr. als Flavia Fanestris, Augustus und Gonstantin werden auf einem Ehren-
bogen genannt — Ueber die Tribusverh<nisse vgl. Beloch, Ital. Bund S. 56 f. Bormann
in Archäol.-epigr. Mitteil, aus Oesterr. X, 227 f. Kübitschbk 1. c. p. 68, 265. In Umbrien
überwog die tribtAS Clustumina. Die römischen Gründungen im gallischen Gebiet hatten
die tribus Pollia. In der früheren Eaiserzeit erscheint Umbrien zu der sakralen Fest-
genoBsenschaft Tusciens herangezogen, bis Kaiser Gonstantin eine solche für Umbrien ge-
sondert konstituierte mit dem Mittelpunkt in Hispellum (das gleichzeitig den Namen , Flavia
Gonstans* erhielt). Vgl. Arch.-epigr. Mitt. Xf, 113.
21. Etnuia. Der Begriflf Etrurien war in der Vorzeit, wo die Etrus-
ker zu Lande und zur See in Ober- und Mittelitalien dominierten, nicht
bloss über die von Etruskem bewohnten Landschaften, sondern auch über
die unter deren Hegemonie stehenden Stämme ausgedehnt: Latiner, Yolsker
u. s. w. (Vgl. Dionys. Halicarn. I, 29). Nach Norden hin reichte das Ge-
biet der Etrusker bis an die Alpen und selbst in diese hinein. Im Laufe
der historischen Zeit hingegen ist die Bezeichnung Etrurien auf immer
engere Grenzen beschränkt worden, indem im Norden Veneter, Ligurer
und Kelten, im Süden die Römer ihnen Terrain abgewannen. Das An-
denken an die etruskische Eulturperiode lebt dort nach infolge der Funde
mit etruskischem Alphabet, zum Teil auch in etruskischer Sprache ge-
schriebener Lischriften, etruskischen Gerätes u. s. w., zu Rom aber in
der Überlieferung, welche die Umwandlung Roms in die Grosstadt La-
tiums einer aus Etrurien gekommenen Dynastie zuschreibt.
Erst später sind in Rom wie in Etrurien selbst griechische Muster
rezipiert worden, während die altetruskische Kunst vielmehr ägyptisch-
phönikischen Einflüssen zugänglich gewesen war. Damit stimmt, dass die
Etrusker von griechischen Schriftstellern, wie Herodot und Hellanikos, als
aus Lydien stammend klassifiziert wurden. Den übrigen italischen Völker-
schaften : ümbrosabellern, Latinem u. s. w. standen sie, wenn auch nicht
ihre ünterthanen, stammfremd gegenüber.
Die den Etruskem eigentümliche Organisation bestand in einem
Zwölfstädtebund, der zu Zeiten loser, zu Zeiten, wo eine bedeutendere
Persönlichkeit in einer Stadt zur Geltung gekommen war, strammer zu-
sammenhielt.
3eit die etruskischen Städte Oberitaliens, wie Melpum (ungewiss,
1. Italien. (§ 21.) 53
wo nördlich vom Poj, Felsina (Bononia), Mantua, Spina, Atria, Ra-
venna den Kelten, Luca und Luna, ja selbst Pisae und Faesulae im
Thale des Amus, den Ligurern in die Hände gefallen waren oder nur als
vom Stammlande abgerissene Enklaven fortbestanden, zog sich die Qrenze
Etruriens südwärts der Amolinie zum Tiber hinüber, der dann in seinem
weiteren Laufe die Grenze gegen Umbrien wie gegen Latium bildete.
Rom beherrschte seit der Gründung von Ostia das Mündungsgebiet des
Flusses. — Luca und Luna (an der Macra) sind im Jahre 177 v. Chr.
römische Bürgerkolonien geworden, so zwar, dass der ager Lucensis nach-
her im Norden an den von Yeleia grenzte. Der ausgezeichnete Hafen
von Luna (mit portus Veneris), heute La Spezia, ward der Ausgangspunkt
der römischen Expeditionen nach Gallien und Hispanien. Pisae war
wichtig für die Unterwerfung der Ligurer; sein Hafen, portus Pisanus,
jetzt Livomo (welcher Name erst im 9. Jahrhundert n. Chr. vorkommt).
Die Gegend wurde bis auf Sulla noch nicht zu' Italien gerechnet, dessen
Grenzen hier damals mit jenen Etruriens zusammenfielen. Unter Augustus
wiu-de Etrurien nach Norden und Nordwesten hin erweitert. Die Mündung
des Arnus hat sich im Laufe der Zeit sehr geändert. — Faesulae wurde
von der in der Ebene gelegenen Station Floren tia überflügelt. Beide
Orte gehören gewissermassen zusammen. — Von hier führte eine Strasse
nach Pistoria (auchPistorium,Pistoriae,j. Pistoja), dem Ausgangspunkt von
Übergängen über den Appennin in der Richtung auf Mutina und auf Bononia;
hier wurde im J. 63 v. Chr. Catilina mit seinem Heere vernichtet. (Die Örtlich-
keit ist nicht näher bekannt). Ein Pass (la Futa 975 Meter) führt aus
der Gegend von Florenz nach Bologna, ein anderer (der Pass von S. Go-
denzo oder S. Benedetto) nach Forli. Doch ging die Hauptverbindung
durch das Mugello (Mucelli beim Contin. Marcellini ad a. 542. Procop. b.
Goth. IQ, 5) nach Faänza. Diese Pässe kamen gelegentlich der Barbaren-
einfalle am Anfang des 5. Jahrhunderts (Niederlage der von Radagaisus
geführten Gothen bei Faesulae im Jahre 405), dann zur Zeit der gothisch-
byzantinischen Kriege mehrfach zur Sprache.
Die nördlichsten Städte Etruriens in jenem engeren Sinne waren
Volaterrae (jetzt Volterra) und Arretium (jetzt Arezzo). Jenes, etrus-
kisch Velathri genannt, auf einer Höhe über dem Thal des Flusses Cae-
cina angelegt, 554 m über Meer, in weitem Umkreise mit „kyklopischen'^
Mauern befestigt, besass ein umfangreiches Gebiet, das südwärts bis in
die Gegend gegenüber der Insel Ilva (von den Griechen Aithalia genannt,
jetzt Elba) reichte. Hier lag die Hafenstadt Populonium oder Populonia
(etruökisch Pupluna), die gleich Volaterrae zur Zeit der Bürgerkriege von
Sulla ruiniert wurde. Das hoch und steil gelegene Populonium (2 Stunden
von Piombino) beherrschte das 12 Million entfernte Ilva, wo bedeutende
Eisengruben lagen, deren Erze aber wegen Holzmangels schon zur Zeit
des Strabo auf dem Festlande verarbeitet wurden. Die tabula Peutinger.
nennt auch „aquae Populoniae^; Rutilius Namatianus den Hafenort Fa-
lesia. — Der unmittelbare Strand von Volaterra hiess Vada Vola-
terrana, wo die Salinen lagen, deren Ausbeutung Rutilius Namatianus
beschreibt.
54 A. Geographie von Italien und dem Orbia BomanuB.
Arretium war am Oberlaufe des Arnus strategisch wichtig gelegen,
was sich sowohl im Hannibalischen als im Bürgerkriege Gäsars zeigte.
Seit 187 V. Chr. führte eine Ghausee von hier nach Bononia. Zu seinem
Gebiete gehörte Saena, bis es Augustus als Julische Kolonie konstituierte
(heute Siena).
Im mittleren Etrurien lag Yetulonia (auf den etruskischen Münzen:
Vati ; in der Nähe des heutigen Grosseto). Femer finden wir unweit der Küste
Rusellae (jetzt Boselle nordöstlich von Grosseto), in der alten Zeit, wie
der Umfang der erhaltenen Stadtmauern zeigt, eine Stadt von Bedeutung.
Saturnia, so benannt als römische Kolonie 183 v. Ghr. ; früher hiessen
die Einwohner Aurini, im „ager Caletranus^ ; Gosa (bei Orbetello) an der
Küste; in der Nähe der Mons Argentarius (636 m hoch) und der portus
Herculis; mit grossen polygonalen Mauern, im Jahre 273 v. Ghr. als lati-
nische Kolonie im Gebiete von Vulci gegründet. Nordwärts von Gosa
der Hafenort Telamo, wo im Jahre 225 v. Ghr. die Gallier besiegt wurden.
Suana mit etruskischen Gräbern, nahe bei Saturnia, später dieses über-
flügelnd. (Beide Orte circa 40 km landeinwärts von Orbetello). — Die
Flüsschen an der Küste hiessen Gaecina (heute Gecina), ümbro (heute
Ombrone), Albinia (Albegna), Marta (heute ebenso). Der alte Armenta
heisst jetzt Fiora.
Im Binnenlande: Gortona, eine alte wohlbefestigte Stadt (die Mauern
sind erhalten), auf der Höhe über dem Thal des Glanis, eines Seitenflusses
des Tiber (heute Ghiana). Ebenso liegt Perusia (jetzt Perugia), auf einer
dominierenden Höhe, 520 m über dem Meer, 400 m über dem Tiberthal.
Glusium (jetzt Ghiusi), im Thal des Glanis, die Stadt desPorsenna; süd-
westlich davon das Trachytgebirge des AmicUa, die höchste Erhebung der
Landschaft (1766 m). Yolsinii (etruskisch Velsuna), auf einem isolierten
Tuflfelsen gelegen, beim heutigen Orvieto, d. i. ürbs vetus; so genannt,
weil die Römer am See von Yolsinii eine neue Stadt dieses Namens grün-
deten, während die alte gleichwohl sich erhielt. Dazu kam später noch
ein dritter Ort Balneum regis (heute Bagnorea); femer Yisentium
(jetzt Bisenzio), im Westen des Sees; Ferentinum oder Ferentia und
Tuscania (im Süden desselben). Polimartium (jetzt Bomarzo). Sur-
rina nova (bei Yiterbo?). Blera (jetzt Bieda) an der „via Clodia^.
Forum Glodii (unweit von Bracciano) an der „via Clodia", Mittelpunkt
der „praefectura Glaudia Foroclodii**. — Forum Gassii (bei Yetralla) an
der „via (hssia".
Die Landschaft hat einige Seen aufzuweisen: den von Yolsinii, den
bei Glusium (palus Glusina), den Trasimenus (mit drei Inseln: maior,
minor und Pulvesis), an dessen nördlichem Ufer Hannibal im Jahre 217
die Römer schlug; den See von Sabate, der von der gleichnamigen früh
verschollenen etruskischen Stadt (bei Trevignano) benannt ist (jetzt lago
di Bracciano). Die Ufer dieser Seen, namentlich jenes von Yolsinii und
jenes von Sabate waren im Altertum in blühendem Zustande, während sie
im Mittelalter verödeten und die Malaria eine Yerlegung der Yerkehrs-
centren bewirkte. Im Osten des Sees von Sabate der lacus Alsietinus
(1. di Martignano); aus beiden führte seit K. Traian die „aqua Traiana'
t ItaUon. (§ 21.) 55
(vom P. Paul V. restauriert, daher j. Acqua Paola) nach dem über 50 km
entfernten Rom. — Am Nordufer des Sabatinersees die Aquae Apolli-
nares (bei Vicarello, d. i. »vicus Aurelii*), ein weither frequentierter
Badeort. Das Südufer des durch seine Aale berühmten Sees gehörte zu
Careiae (heute Galera). — Das heutige Bracciano hat seinen Namen von
Braccianum, d. h. Eigentum eines Braccius, im Gebiete von Forum
Clodii, des von den Römern hier begründeten Ortes. — An der Ostseite
des Sees von Sabate noch einige kleine Seen: der lacus Papirianus (1. di
Stracciacappa) und der jetzt ausgetrocknete von Vaccanae (heute Vaccano),
wo eine kaiserliche Vüla (des Septimius Severus und Caracalla) stand. —
Die Befestigungen der Städte sind aus Kalkstein, der hier ansteht,
während im südlichen Etrurien die vulkanischen Oesteinsarten, nament-
lich Tuff überwiegt. Nur die Erhebung des Soracte (691 m) ist gleich-
falls ein Kalkberg. — Der kleine lacus Vadimonis^ der als Schlachtort in
der älteren römischen Geschichte wiederholt genannt wird, femer der
lacus Ciminius (heute lago di Vico, nordwärts von Sutri) sind Kraterseen.
An letzteren stiess der saüus Ciminius an, der lange Zeit den geogra-
phischen Horizont der alten Römer nach Norden zu begrenzte. Vgl.
Liv. IX, 36.
Hier lag unweit des Tibers und der sabinischen Grenze Falerii (bei
Givita Gastellana), das von einem eigenen Volksstamm, den Falisci, be-
wohnt wurde. Nachdem die Falisker von den Römern besiegt waren,
verlegten sie ihren Sitz nach dem heutigen S. Maria di FaUari. Die
Römer legten im Jahre 383 v. Chr^ in Sutrium (an der via Cassia) und
Nepete (an der via Annia), heute Sutri und Nepi, Kolonien an. Aqua-
vivÄ, Strassenstation der „via Flaminia^ bei Ffderii, dessen Verkehr es
an sich zog. Herta (jetzt Orte) hatte in der Kaiserzeit municipale Orga-
nisation. Gapena, der Mittelpunkt der Capenates foederati, deren Gebiet
sich um den Soracte ausdehnte. In diesem lag der lucus Feroniae, ebenso
der „pagus Stellatinus'', von dem die tribus »Stellatina'' benannt ist.
«Fanum Voltumniae'' bei Scrofano (d. i. sacrum fanum). Aus diesen
sacralen Mittelpunkten entstanden Ortschaften, die wie „Lucusferoniae*'
in der Kaiserzeit Municipalrecht hatten. — Südwärts, der latinischen
Grenze zu, lag (bei Isola Famese) Veii, einö der grössten etrurischen
Städte, doppelt so gross wie Rom, von dem es nach längeren harten
Kämpfen im Jahre 396 v. Chr. bezwungen wurde. In der Kaiserzeit war
Veii wieder eine, wenn schon nicht bedeutende autonome Gemeinde. Die
eigentliche Nachfolgerin des alten Veii war Nepi geworden. Der Fall von Veii
hatte den von Gapena und Falerii nach sich gezogen. Die Römer richteten
damals 4 neue Tribus ein: Tromentina (nach einer Örtlichkeit im Vejen-
tanischen benannt), Sabatina (von Sabate), Stellatina, Arniensis, (nach
dem Fluss Arrone in Etrurien, dessen antiker Name unbekannt ist).
An der Küste Gaere, früher Agylla (jetzt Gervetri), eine umfang-
reiche Stadt mit ausgedehnten maritimen Verbindungen, die bis nach
Karthago und Griechenland reichten. Der griechische Stapelplatz war
der Hafen Pyrgoi (bei S. Severa), den karthagischen nannten die Römer
Punicum (bei Marinella). Diese legten in der Nähe die Seekolonie Gast-
56 A. Geographie von Italien und dem Orbis Bomanns.
rum novum an (bei Tenuta della Chiaruccia). Ein dritter Hafen war in
Alsium, während Centumcellae (heute Civita vecchia), im Gebiete von
Aquae Tauri, erst unter Traian eingerichtet wurde; es wurde später, da
die Tibermündung versandete, der eigentliche Hafenort für Rom. — Fre-
genae, südlich von Alsium, jetzt Torre Macarese, 245 v. Chr. von Rom
als Kolonie eingerichtet, zu Strabos Zeit ein unbedeutender Flecken. Lo-
rium (bei Castel di Guido) war der Lieblingsaufenthalt des K. Antoninus
Pius. In der Nähe Buxus (Boccea). Diese ganze an der „via Aurdia^ ge-
legene Gegend gravitierte Rom zu und war in der guten Eaiserzeit
blühend. — Zu Anfang des 5. Jahrhunderts klagt Rutilius Namatianus
über die Verödung der Küstenlandschaft. — In der Nähe von Caere sind
reiche etruskische Gräberfunde gemacht worden, darunter das Grabmal
der „Tarcnas,* d. i. Tarquinii, die der Stadt Rom Könige gegeben haben.
— Caere vertrug sich friedlich mit den Römern und behielt seine muni-
zipale Autonomie, die später als „caeritisches Recht ^ auch anderweitig
verliehen wurde. Tarquinii, beim heutigen Corneto (das jetzt wieder
offiziell Corneto Tarquinia genannt wird), nordwestlich von Caere, unweit
der Küste, wo an der Mündung der Marta der Hafen Graviscae lag,
von einem Mauerring umgeben, mit einer Nekropole. — Vulci (jetzt
Volci), nordwärts von Tarquinii, in unserem Jahrhundert ein reicher Fund-
ort etruskischer Vasen. Forum Aurelii, Station der vermutlich im
Jahre 242 vor Chr. angelegten via Aurelia (heute torre Aurelia bei
Marta).
Corp. inscript. Latinar, Bd. XI AbteU. 1 (1888). Das südliche Etnirien bis Satriam
gravitierte völlig nach Rom. Vgl. über die „via Aurelia^ und die „via Caasia" Tomassetti
1. c. III p. 143 flf. IV p. 217 flf.; über die „via Clodia*' und die „via Cassia*' IV p. 358 ff.
V p. 67 ff.; über Veii, Nepi, Sutrium ebenda p. 114 ff. 590 ff. Die Geschichte der Dispersion,
dann der Wiedervereinigung der Bevölkerungselemente in dieser Gegend während des
Mittelalters ist von Tomassbtti sehr instruktiv 'dargelegt. ,Isola Famese" (an der Stelle
der Burg des alten Veii) hat den Namen von der Lage zwischen zwei Bächen; im 16. Jahr-
hundert gelangte es in den Besitz der Familie Famese. — Vol. VII p. 183 ff. ist 1. c. das
Gebiet der „via Flaminia" beschrieben. Ueber Capena p. 218 ff. db Rossi, Annali delV
inst, 1883 p. 253 ff. Bullet, d' areheol, crist. IV, 2 (1883) p. 115 ff. Seit Galletti {Capena
tnunicipio de' Romani, Roma 1756) hatte man Capena nach Civitucola di Leprignano ver-
legt. So noch auf Kieperts Karte; trotzdem die Lokalardiaeologen aufmerksam machten,
dass der Name des Sees bei Civitucola einst lago die Ferone gelautet hätte. „Capenates
foederati** Messen die vereinigten Gemeinden Capena, Lncusferoniae (das später gesondert
konstituiert war, als „colonia Julia Felix^; berühmter Wallfahrtsort mit Messe u. s. w ),
eine dritte bei Nazzano, eine vierte vielleicht bei Morlupo, eine fünfte bei Civitella S. Paolo.
Die Gegend ist vulkanischen Erschütterungen ausgesetzt, infolge deren sich 1895 bei Lepri-
gnano ein kleiner See bildete. (Ich bemerke, dass Bobhank den Ausführungen von Rossi
und ToHASSBTTi nicht zustimmt ; er setzt Capena nach Civitucola und lucus Feroniae in die
Nähe von Nazzano). Im Mittelalter hiess die Gegend „territorium ColHnense" von der
hügeligen Gestaltung derselben; und während im Altertum auf dem Soracte der Kult des
Apollo Soranus gepflegt worden war, erstanden im Mittelalter auf ihm und neben ihm
mehrere Klöster, darunter das von S. Silvester in den Trümmern des alten Heiligtums. Man
geniesst vom Soracte, den Horaz (Carm. I, 9) und Vergil (Aen. XI, 785) verherrlicht haben,
eine Aussicht, die bis zum Centralappennin, den Volsker- und Albanerbergen, westlich zum
Meer, nördlich zum Ciminischen Wald reicht. Von den Hügeln Roms aus ist der Berg gut
zu sehen, zumal wenn er beschneit ist; am schönsten repräsentiert er sich aber von Nepi
und Civita Castellana aus. Bei Tomassbtti findet man das ganze Terrain eingehend be-
handelt und beschrieben. — Für die Topographie der Gegend von Clusium, Viterbo, Tosca-
nella und Corneto sind die Dokumente des EQosters S. Salvator am Monte Amiata von Be-
deutung. Vgl. „Archivio** cit. XVI, XVII. Tarquinii, in römischer Zeit ein Munizipium,
dann von den Saracenen zerstört, kommt im Jahre 809 noch vor „in Tarquinii, finibus
tnaritimia** . Später trat Corneto an seine Stelle, dessen Kastell der Bevölkerung besseren
1. ItaUen. (§21.) 57
Sehntz bot Ebenso sammelten sich die Bewohner von Cerveteri (Alt-Gaere) im 13. Jahr-
hundert auf den benachbarten Hftgeln von Ceri wieder. — Ueber die Tribusverhältnisse in
römischer Zeit vgl. Kubitsghsk, Imp, Rom. tribtU. discript. p. 79 — 92. Die Orte des Ligurer-
gebietes erhielten die tribus Galeria, — Monumenii antichi pubhlicati per cura della reafe
aecademia de* Lineei, Vol. IV (1895): AtUiehitä del territorio Falisco eeposte nel museo na-
zionale Romano a vitta Giulia illustrate da F. Barnabki e da G. F. Gahubkiki, A. Cozza
ed A. Pasqcti (mit Atlas). In der Gegend von Falerü und dem lago di Bracciano finden
sich auf den Höhen die Ueberreste sehr alter, später verlassener Orte, so bei Narce, auf
dem Monte San Angelo im Thal der Treja, aufwärts von Falerü. Vgl. Tomassbtti im
„Ärchimo^ 1. c. "VTI p. 424 f. — Auch die Untersuchungen von Duohbsnb (s. unter Latium)
gi-eifen in das sfldlicne Etrurien über. — K. 0. Müllbb, Die Etrusker; neu bearbeitet von
W. Dbbckb, Stuttg. 1877, 2 Bde. — Nibbuhb, Länder- und Völkerkunde, S. 528-554. —
NissBK, Ital. Landeskunde I S. 232 ff., 254 ff. und 493-502. Im „Mueeo civico*' in Bologna
bt der Befund der Nekropole von Felsina (umbrische, etruskische, gallische Gräber) vor-
züglich zur Anschauung gebracht. Ueber die bei Marzabotto (südwärts von Bologna) aus-
gegrabene Etniskerstadt vgl. Brizio, Una Pompei etrusca, Bologna 1887 imd Mon, dei
Lincei vol. I. Ed. Metbb, Geschichte des Altertums 11 S. 500 ff. 701 ff. behandelt die Anfänge
und die Herrschaft der Etrusker nach neuen Gesichtspunkten. — Ueber Hannibals Einbruch
in Etrurien v^^l. G. Faltin im «Hermes*' XX S. 71 ff. Wichtig für die Bedeutung der ein-
zelnen etmskischen Gemeinden imter der römischen Hegemonie sind die Angaben bei Liv.
XXVin, 45 über die Leistungen derselben gegen Ende des Hannibalischen Krieges 205
V. Chr. Populonia lieferte Eisen, Tarquinii Leinwand zu Segeln, Volaten*ae Schiffbau- und
Ansrflstungsgegenstände, auch Getreide, ebenso die Gaeriten, Arretium Schilde und Helme
und andere Eriegswerkzeuge; die Perusiner, Glusiner und Russellaner Tannenholz zum
bchiffbaa. — Im Bauwesen, besonders im Wasserbau haben die Etrusker Bewimderungs-
wertes geleistet. Ebenso war ihr Bergbau ergiebig. Eisen in vorzüglicher Güte lieferte
Elba, Kupfer das geologisch für sich stehende Gebirge bei Volterra und Massa Maritima.
Die indostriellen Erzeugnisse wurden weithin vertrieben ; während andererseits früh punische
und griechische Einflüsse sich geltend machten. Die Römer haben viel von ihnen gelernt.
— E. BoRif AVIV, Vari€ie obeervationes de antiquUate Romana {ind. lect. Marburg, aest. 1883).
Enthält p. lU— V Bemerkungen über Namen und Heimat des Arretiners G. (Gilnius) Mae-
cenas. — Ueber die 12 (in der Eaiserzeit 15) Städte der Etrusker vgl. Bobmann in den
Archaeol.-epigr.'Mitt. aus Oesterreich-Ungam XI S. 103 ff. Arretium und Glusium erscheinen
in der Eaiserzeit in drei imd zwei Gemeinden gespalten, daher die 15 Zahl an Stelle der
früheren 12. Es sind dies die altetruskischen Städte, die eine sakrale Festgenoesenschaft
bildeten; während sonst die Zahl der autonomen Gemeinden Etruriens etwa 50 betrug.
Ueber die Abgrenzung der Region Etrurien durch Augustus vgl. Bobmann a. a. 0. S. 119 ff.
Derselbe im Marburger Rektoratsprogramm für das Jahr 1884. — J. Falcbi, Ricerehe di
Vetulonia, Prato 1881. Derselbe, GH avanzi di Vettüonia sul Poggio di Colonna neVa
maremma Grossetana, Grosseto 1882. Gegenüber anderen Annahmen „beweist der Ver-
fasser aus mittelalterUchen Urkunden, dass jene Etniskerstadt auf dem Platz des jetzigen
Colonna, landeinwärts von Castiglione della Pescaja, 10 km vom Meere entfernt, auf einem
Hügel an der rechten Seite des unteren Laufes des Flusses Bruna lag, der in den lacus
Prile sich ergiesst** (vgl. Dbtlefsen in Bubsians Jahresber. 1881 S. 385). Ueber die neueren
Ausgrabungen in Vetulonia berichtet Falohi in den Notizie degli scavi 1887 und 1894.
Andere setzen Vetulonia nach Poggio Castiglione (bei Massa maritima). Vgl. G. Sobdini,
Vetulonia, studi e ricerche (Spoleto 1894), hiezu Bullet. delV inst, archeol. 1895 p. 79. Die
von MiLANi angenommene Verlegung der Stadt im 5. Jahrhundert v. Chr. wird motiviert
mit der verstärkten Konkurrenz von Rusellae und Populoninm in Bezug auf Seehandel und
Eisenindustrie. — Ueber Elba imd die benachbarten Inseln vgl. Nissen I 368 f. Die
Insel Planasia (jetzt Pianosa) bei Elba diente unter Augustus als Verbannungsort für
Agrippa Postumus. Das bewaldete Igilium (jetzt Giglio) nennt Rutilius Namatianus.
Ebenso Capraria (jetzt Capraia) und Urgo oder Gorgon (jetzt Gorgona). Am Ausgange
des Altertums führten Einsiedler und Mönche auf diesen Inseln ein faunenhaftes Dasein.
Eines von den kleineren Felseilanden wurde Mens Jesu-Christi (Gregor. M. eplae I, 49),
heute Monte Cristo genannt. Erst die Saracenen vertrieben imd verödeten hier alles. —
R. Mannel, Veränderungen der Oberfläche Italiens in geschichtlicher Zeit, 1. das Gebiet des
Arno (Halle 1887, Progr.). — Die Küstenlandschaft südwärts der Amomündung, die in
römischer Zeit die via Aurelia durchzog, ist jetzt vielfach versumpft und ungesund, während
im Altertum f&r Entwässerung durch Emissäre u. s. w. hinlänglich vorgesorgt war. Auch
blühte der Fischfang. Als Rutilius Namatianus im Jahre 416 n. Chr. an diesen Küsten hin-
fuhr, war der südliche Strich bis zum Monte Argentaro hin bereits verfiebert, Cosa ver-
lassen n. s. w. Die Thätigkeit der Flüsse hat seit dem Altertum das Festland auf Kosten
des Meeres um einige Quadratmeilen vergrössert. Vgl. die Anmerkungen (A. v. Reümonts)
in .Des Claudius Rutilius Namatianus Heimkehr übersetzt und erläutert von Itasius Lbm-
58
A. Geographie von Italien und dem Orbia Romaana.
NiAOUs'', (Berlin 1872), mit kartographischer Beilage. Rutilins Namatianas kam am ersten
Tage von dem Hafen des Claudius und des Traian an der Tibermündung vorbei an Alsium,
Pyrgi, Caere, Castrum bis Centumcellae, am zweiten nach dem Herculeshafen am Argen-
tarischen Vorgebirge, am dritten nach der Mttndung des Umbro, am vierten, an welchem
er bei Falesia ans Land stieg, nach dem Hafen von Populonia. Am Ainften legte er in
Yada an, am sechsten erreichte er den Hafen von Pisae. Von wo spftter die B^ise über
Luna fortgesetzt wurde. Die Inseln, die in der Dichtung erwähnt sind, sah der Reisende
nur vom Bord aus.
G. Oallia cisalpina.
22. Allgemeines. Der Name Italien erstreckte sich in geographi-
scher Hinsicht seit dem zweiten, in politischer seit dem ersten Jahrhundert
V. Chr. bis an die Alpen ; vorher stand, von etwa 400 v. Chr. angefangen,
das Land am Po und jenseits des Appennin viehnehr im schrolBPsten Gegen-
satz gegen die eigentlich italischen Stämme (inklusive der Etrusker); es
war Keltenland, Oallien, innerhalb dessen sich einige etruskische En-
klaven, wie z. B. Mantua, erhielten. Ostwärts der Etsch (Athesis) lei-
steten die Veneter den Kelten erfolgreichen Widerstand; an den Mün-
dungen des Po sind früh hellenische Handelsverbindungen angeknüpft
worden.
23. Die Völker Oberitaliens. 1. Die keltischen Stämme dies-
seits der Alpen. 1) Die Tauriner, ein keltisch-ligurisches Mischvolk,
hatten im heutigen Turin ihren Vorort; die Salasser sassen im Thal der
Dora Baltea, östlich von ihnen die Lepontii; die Libidi an der Sesia und
am Tessin; die Insubres, der bedeutendste Stamm, hatte in Mediolanum
seinen Mittelpunkt, die an die Veneter grenzenden Cenomani in Brixia
und Verona. Südlich vom Po in der Gegend von Casteggio die Änamari (?),
in der Aemilia die Boiij welche in dem etruskischen Felsina, später
Bononia umgenannt, ihr Zentrum hatten; diesen benachbart dem adria^
tischen Meer zu die Lingones und an diesem Meere selbst die Senones.
2. DieLigurer. Durch Sprache und Typus von den Kelten ver-
schieden waren die Ligurer, die an der Küste, in den Seealpen, aber auch
mit Kelten zusammen im Binnenlande wohnten. Die Ligurer sind gleich den
Iberern der Rest einer vor den Ariern im südwestlichen Europa sitzenden
Race, die zuletzt auf den schmalen Küstenstreif im südlichen Gallien und
nördlichen Italien sich beschränkt sah. Eine verwandte Bevölkerung scheint
Korsika gehabt zu haben, während in Sardinien Iberer sassen. — Die Li-
gurer gingen viel als Söldner ausser Landes, namentlich nach Karthago,
der Gegnerin von Massilia.
Die Römer kämpften 80 Jahre lang um den Pass am ligurischen
Meerbusen. Im Jahre 180 v. Chr. verpflanzten sie eine 47000 Köpfe
starke Abteilung aus dem Stamme der Apuaner nach Samnium. Vgl. oben
S. 45.
3. Die Veneter. Die Volksgrenze zwischen Kelten und Venetem
fiUlt mit den Grenzen der Stadtgebiete von Verona einerseits, von Vicetia
') Die Nachrichten über ihre Einwande-
rung sind erörtert bei 0. Hibschfeld, ,Ti-
magenea und die gallische Wandersage*,
Sitznngsber. der Berl. Akad. 1894 S. 331 ff.;
namentlich auch die Geographica der ver-
schiedenen Berichte. Im übrigen vgl. Müllen-
HOFF, Deutsche Altertumskunde Bd. II.
L ItaUon. (§§ 22-24.) 59
(Yicenza) und Ateste (Este) andererseits zusammen. Polybius 11, 17 be-
richtet hierüber: «Das Land zwischen den Genomanen und der Adria hatte
bereits ein anderes sehr altes Volk eingenommen. Sie werden Veneter
genannt, weichen in ihren Sitten und Ordnungen nur wenig von den Kelten
ab, sprechen aber eine verschiedenartige Sprache.'^ — Livius I, 1 setzt
die Einwanderung der Veneter (seiner Landsleute) mehrere Jahrhunderte
vor die Ankunft der Kelten. Sie lagen, wie die Denkmäler erweisen,
in der etruskischen Kulturzone. Die erhaltenen Eigennamen zeigen illy-
rischen Charakter, womit die Angabe Herodots, dass die Veneter illyrischer
Abkunft seien, zu vereinbaren wäre.
24. Römische Organisationen. Nachdem keltische Stämme wäh-
rend der entscheidenden Kämpfe zwischen den Römern und den Italikem
(einschliesslich der Etrusker) an der Seite der letzteren gekämpft hatten,
gingen die Römer energisch gegen Senoner und Boier vor. Ln Anschluss
an die ähnliche Massregel im „ager Picenus'' wurde im Jahre 282 durch
eine lex Flaminia der ganze „ager Qallicus^ südwärts des Po zur Auf-
teilung unter römische Bürger bestimmt, was die damalige Schilderhebung
der Kelten, wie auch ihre spätere Anteilnahme an Hannibals Unterneh-
mung erklärt. Erst im Jahre 191 v. Chr. wurde der letzte Widerstand
der Boier niedergeschlagen. Das Werk dieser Dezennien ist die Anlegung
von Cremona und Placentia, beide im Jahre 218 zum Schutze der Po-
grenze als latinische Kolonien konstituiert und sofort im Kampfe gegen
Hannibal erprobt; die starke Position an der Trebia vorwärts Placentia
musste von Hannibal erkämpft werden. — Nach dem Ausgange des
punisch-keltischen Krieges wurden Bononia (189), Mutina, Parma
(letztere beide im Jahre 183 als römische Kolonien) begründet. Die via
Ilatninia ward von Ariminum aus im Jahre 187 v. Chr. als via Aemilia
nach Placentia fortgesetzt, was so sehr einen Wendepunkt bildet, dass in
der Kaiserzeit, wo der Begriff „Galiia cisalpina^ in landschaftliche Lidivi-
dualitäten sich auflöste, dieser Teil als „Aemilia^ bezeichnet wurde. Wäh-
rend Cremona und Placentia als Qrenzfestungen von Bedeutung waren,
Cremona und sein Gebiet auch in den Kämpfen des Jahres 69 n. Chr.
mehrfach genannt erscheint, tritt die Gegend von Mutina im Frühjahr 43
V. Chr. hervor, Bononia, das zwischen den Flüssen Rhenus und Lavinius
gelegen war, zur Zeit des Abschlusses des Triumvirates (November 43).
Längs der Strasse kamen neben den genannten zahlreiche Orte empor:
Florentiola (heute Fiorenzuola), Fidentia (heute Borge San Donnino);
Forum Lepidi, später Regium Lepidum, Claterna, Forum Cornelii,
femer näher bei Ariminum Faventia (Faenza), Forum Livii (heute
Forli), Forum Popilii (Forlimpopoli) und Caesena (Cesena). Am Po:
Brixellum (jetzt Brescello) und südwärts der Mündung in durch die
Sümpfe gesicherter Lage Ravenna. Die Anfänge der letzteren Stadt,
wie auch die von Spina (an der südlichsten Mündung des Po, die danach
Spineticum ostium hiess), das in der römischen Zeit verfallen war, reichen
zurück in die Epoche der griechisch-tuscischen Rivalität an der Adria.
Die Römer machten Ravenna zur Kolonie; seit Augustus war es der
Haupthafen der römischen Kriegsflotte an der Ostküste Italiens. Der
60 A. Geographie Ton Italien nnd dem Orbis BomannB.
„praefectus classis praetoriae Ravennatensis** übte seit dem zweiten Jahr-
hundert die Jurisdiktion aus längs der Flaminia und in Picenum, während
Mannschaften der Flotte im dritten Jahrhundert auch in das Innere des
Landes, z. B. nach dem Furlopass, detachiert wurden, um dem überhand-
nehmenden Brigantaggio zu steuern. (Vgl. Mitt. des röm. Instituts 1886
S. 14). Im fünften Jahrhundert ist Ravenna Haupt- und Residenzstadt
der Kaiser, auch später noch der Sitz des Exarchen und selbst auf kirch-
lichem Gebiete eine Nebenbuhlerin von Rom. (Beschreibung von Ravenna
bei 0. Fiebiger, classium Halicar, historia. Studia Lipsiens. XV, 1894, p.
284 flf.). Zwischen Ravenna und seinem Hafen »Classis* der Stadtteil
Caesarea. Ausserhalb der Stadt an einer Abzweigung des Padus der Ort
Fossa Sconii (bei Jordanes Fossa Asconis). Drei Million südwestlich
von Ravenna der Campus Candiani. Am Meer Ficoclae (Cervia). In
der spätrömischen Periode finden wir den Städten der Aemüia Castelle vor-
gelegt, so Imola bei Forum Cornelii, die zum Teil die alten Ortsnamen
verdrängten. Hiegegen bildeten die Eüstenstädte Ariminum, Pisaurum,
Fanum, Senagallica, Ancona zur Zeit des Exarchats eine Pentapolis, die
unter einem eigenen Statthalter stand.
Das Strassennetz der transpadanischen Landschaft verzweigte
sich, seiner historischen Entstehung gemäss, von Placentia und Cremona
aus. Von Placentia aus ging eine Strasse über Laus Pompeia nach Me-
diolanum, die andere nach Ticinum und von hier zu den poeninischen,
graischen, cottischen Alpen. Von Cremona aus führte eine via Postumia
einerseits über Dertona nach Genua in Ligurien, anderseits nach Verona
und Mantua, von hier vielleicht noch bis Aquileia; so dass die ganze
Strasse das adriatische mit dem tyrrhenischen Meer verband. Später ist
dieses Strassennetz vei'vollständigt worden durch eine Abzweigung von
Dertona nach Vada {via Aemilia Scauri) , dann durch den Ausbau
der Strasse von Vada an den Varus, von wo sie weiter nach Qallien und
Hispanien führte {via Augusta). Mit Rom war die ligurische Küste durch
die über Luna verlängerte via Aurelia verbunden (durch M. Aemilius
Scaurus, 109 v. Chr., daher via Aemilia Scauri, die bis Vada Sabatia
(jetzt Vado) und dann nordwärts weiter ging).
Die „Gallia cisalpina** bildete bis auf Sulla eine unter dem militäri-
schen Kommando der Konsuln stehende Militärgrenze, seitdem einen eigenen
Statthaltersprengel. Erst der Aesis (bei Ancona), dann der Rubico (jetzt
Fiumicino bei Ariminum) auf der einen, der in das tuscische Meer sich
ergiessende Fluss Macra auf der anderen Seite, trennte das befriedete
Hauptland von dem militärisch regierten Bezirk.
Seit dem Sozialkriege erfreute sich die cispadanische Landschaft des
römischen Vollbürgerrechtes, während in der Transpadana die Städte lati-
nisches Recht bekamen, die ihnen „attribuierten* Gaue aber die Pere-
grinenqualität bewahrten. Bereits ging das Streben der Transpadaner
dahin, den Cispadanem gleichgestellt und Italien einverleibt zu werden.
Julius Cäsar nützte dies aus, indem er schon während seiner Statthalter-
1. Italien. (§ 25.)
61
Schaft die Transpadaner als zu Italien gehörig behandelte 0 und sofort
nach dem Staatsstreiche ihnen das Bürgerrecht verlieh (49 v. Chr.). Die
Vergebung der Gallia cisalpina als Provinz an D. Brutus kennzeichnet
die Reaktion, der gegenüber nach der Schlacht bfei Philippi (42 v. Chr.)
die Einverleibung der Landschaft in Italien erfolgte.
Augustus bildete daraus, indem er zugleich die östliche Grenze Ita-
liens über das istrische Küstenland bis an den tiefeinschneidenden Qolf
des Flusses Arsia und bis Pola vorschob, auch im Norden die Grenze
regulierte, drei Regionen; die zehnte: Venetia und Histria; die neunte:
Liguria ; die elfte : Transpadana. Das ehemalige cispadanische Gallien bil-
dete die achte Region.
Ueber die Aemilia vgl. Bormank in Corp. i. Lat. XI. Die Schilderung der Eftmpfe
gegen die ligarischen und gallischen Stämme bei Liv. gibt mancherlei topographisches
Detail, z. B. Flussnamen wie Scultenna (jetzt Panaro) u. s. w. Das „bellum MuHnense**
lieferte Nachrichten über die Gegend von Mutina. Forum Gallorum, wo damals eine
Schlacht geschlagen wurde, lag beim jetzigen Gastelfranco. Ueber die Gegend von Ra-
venna fliessen die lokalen und allgemeinen, die profanen und kirchlichen Quellen seit der
Erhebung zur Hauptstadt in reichlichem Masse (Annalen von Ravenna und liber ponti-
ficalis Ravenn,). In der Terraingestaltung an der Pomtlndung ist seit dem Altertum man-
ches geändert Damals war der südlichste Arm der wasserreichste und daher fttr die
Schiffahrt benutzt; später der mittlere (Yolanus oder "OXava genannt); erst seit 1152 grub
sich der Po die nördliche zur HauptmOndung aus. Vgl. Eibpbbt, Geogr. S. 391. Nissen,
Landesk. I S. 190 f. — Ueber die Pässe des Nordappennin Eiepebt ebenda S. 374; Nissen
S. 228 ff. Der bei Paul. diac. II, 18 und öfter genannte Mons Ferronianus (auch castrum
Feronianum VI, 49) ist die Landischaft Frignano zwischen Lucca und Modena. Vgl. Mommsen
im Arch. d. Gesellsch. V, 86. Düchbsne zum lib. pontif. I p. 413. Der Uebergang aus der
Gegend von Luna (den l<luss Macra aufwärts, tlber Pontremoli und auf der anderen Seite
Berceto) nach Parma, der 1014 m hohe in alter und mittlerer Zeit viel benutzte Appenninen-
pass la Cisa, heisst im 7. Jahrhundert n. Chr. und später «Mons Bardonis'^. Vgl. Fickeb,
Ital. Forschungen II 330. Sickbl, Das Privileg Ottos I fOr die röm. Kirche S. 135. Im
13. Jahrhundert wird der Pass von la Cisa als der einzige bezeichnet, der einem Heere den
Uebergang aus der Lombardei nach Tuscien gestatte; doch überschritten 1268 im April die
Truppen Eonradins, da Piacenza und Parma feindlich gesinnt waren, den Appennin in einem
denkwürdigen Gebirgsmarsch von Pavia auf Borge Taro, eine Reihe von Bergrücken über-
steigend und die Längsaxe der zahlreichen hier zur Poebene ziehenden Thäler durch-
kreuzend, bis man sich schliesslich am oberen Taro aufwärts wandte und den Hauptkamm
des Gebirges in der Richtung auf Yarese überstieg, um so das von Karl von Anjou be-
setzte Pontremoli zu umgehen. Vgl. Fickbb, Konradins Marsch zum palentinischen Felde
a. a. O. S. 537. — Die kaiserlichen Privilegien saec. XII. XIII fttr Garfignana, Pontremoli und
Sarzana (bei Fickbb, Ital. Forsch. IV, s. Index) nennen eine Reihe von Orts- und Berg-
namen. Sarzana (= Sergiana) zog die ganze Bedeutung des immer mehr verödenden Luna
an sich. — Ueber die Gewinnung dieser Pässe, von denen aus die Ligurer im Jahre 193
Placentia, 177 Mutina berannten, durch die Römer nach Unterwerfung und Verpflanzung
der ligurischen Stämme der Friniates (deren Name in Frignano erhalten ist), Apuani
u. s. w., vgl. Liv. XXXIX, 1 ff. Die Terrainschilderung daselbst ist sehr allgemein genalten
nnd die c. 2, dann XL c. 41 genannten Berge Ballista, Suismontium und Lotus oder Letum
lassen sich kaum identifizieren. Vgl. Cluvbb, Ital, antiqu. I, 77. Die Schwierigkeiten der
Passage zu ungünstiger Jahreszeit schildert Liv. XXI 58. Ueber des Konsuls Sempronius
Longus und Hannibals Uebergang über den Appennin im Frühjahr 217 (Hannibal in Ligures,
Sempronius Lucam concessit, 1. c. 59) vgl. G. Faltin im «Hermes* XX S. 73 ff.
25. Die »»Transpadana'' unter den Kaisern. Während vor Cäsar
die römische Kultur in der transpadanischen Landschaft (abgesehen von
^) Dies zeugt unter anderem der Spracb-
gebrauch Caesars in der Schrift „de hello
Gaüieo". Die cisalpinische Provinz wird
im Gegensatz zur jenseitigen geradezu als
jyltalien'' bezeichnet. Yergl. Mokksbk in
Corp. V p. 902. Der Varus galt als Grenz-
fluss im Westen, der Formio (an der istri-
schen Küste, sQdwftrts von Tergeste) im
Osten.
62 A. Qeographie Ton Italien und dem Orbüi Bomanns.
den Kolonien Aquileia und Eporedia) wenig tiefe Wurzeln gefasst
hatte, gedieh dieselbe in der Eaiserzeit hier der Art, dass Oberitalien zur
blühendsten Landschaft Italiens wurde.
An der istrischen* Küste waren im Jahre 34 v. Chr. die vortreflf liehen
Hafenplätze Tergeste und Pola (,,Pietas Julia") als Kolonien einge-
richtet worden. Aquileia wurde eine Handelsstadt ersten Ranges, wo
der Verkehr zwischen Italien und Illyricum sich konzentrierte. Alt in um
(bei Torcello), in den Lagunen gelegen, bedeutende Handelsstadt und Aus-
gangspunkt der nach der Donau führenden Strasse. Die Inselorte Qradus
wie yVenetia" erwuchsen seit der Zeit der Barbareneinfälle durch den Ruin
von Aquileia und Altinum zu grösserer Bedeutung.
Atria, die alte schon von Tuskem und Griechen begründete Stadt,
wovon seit dem vierten Jahrhundert v. Chr. das früher „ionische* Meer
benannt ward, war im Zurückgehen begriffen. Als mehr oder weniger
wohlhabende Landstädte im Venetianischen repräsentierten sich: Con-
cordia; Vicetia (heute Vicenza); Tarvisium (Treviso); Opitergium
(Oderzo); Acelum (Asolo); Ceneta (Ceneda); Belunum (Belluno); Fel-
tria (Feltre). Das nördlichste Municipium, das noch zu Italien gehörte,
war das in den Alpen an der Etsch gelegene Tridentum. Auch die
kamische Landschaft, wie alle keltischen ursprünglich nur dorfmässig an-
gebaut, erhielt städtische Mittelpunkte: Julium Carnicum (Zuglio) und
Forum Julii (wovon heute Friaul benannt ist; der Ort selbst heisst Ci-
vidale).
Verona, ein altes oppidum der Raeter und Euganeer, wurde erst
Munizip, unter Qallienus Kolonie und mit Festungsmauem gegen die nor-
dischen Barbaren versehen; eine der bedeutendsten Städte Oberitaliens,
für deren Bevölkerungsverhältnisse das erhaltene Amphitheater einen Mass-
stab bietet. Brixia, der frühere Vorort der Cenomanen, eine blühende
Oemeinde, die jedoch hinter Verona zurückstand. An den üfem des Garda-
sees {lacus Benacus), der zwischen beiden Städten aufgeteilt war, erhoben
sich Villen, die des Veronesers Catullus auf der Halbinsel Sirmio am Süd-
ende des Sees. In Arelica (beim heutigen Peschiera) hatte die Gilde
der veronesischen Benacusschiffer ihre Station. Der nördliche Teil des
Sees (mit Riva und Val di Ledro) gehörte zum Gebiete von Brixia.
Als die reichste Stadt der Cisalpina galt zur Zeit des Strabo Pata-
vium, wo das Wollwarengeschäft blühte: eine alte Gründung der Veneter,
die Heimat des Livius, des Asconius und des Thrasea Paetus, genossen die
Pataviner den Ruf grosser Frugalität. — Mantua, die Heimat des Ver-
gilius, blieb unbedeutend. Comum (Como), die Vaterstadt der Plinier,
am lacus Larius oder, wie er schon im dritten Jahrhundert heisst, lacus
Comacenus, hatte den Alpen zu ein umfangreiches Gebiet unter sich. Im
See die insula Comacina, die bewohnt und zur byzantinisch-longobardischen
Zeit wohlbefestigt war. Ebenso Bergomum (wie die Inschriften schreiben;
jetzt Bergamo). An den Seen {locus Clisius, der Luganersee; lacus Ver-
banuSj der Langensee) hatten die reichen Leute von Mediolanum ihre
Villen. Der lacus Eupilis (Plin. 3, 131) südlich vom heutigen Erba in
der Brianza. Modicia, das heutige Monza. — Im vierten Jahrhundert
Litauen. (§26.) 63
n. Chr. war Mediolanium (daneben die Form Mediolanum), die einstige
Hauptstadt der Insubrer, Residenz eines der Kaiser; seine Lehranstalten
von den jungen Leuten aus der ganzen Gisalpina frequentiert. Prächtige
Bauten schmückten die Stadt, die an Augusta Taurinorum, wie der
Yorort der Tauriner in der römischen Zeit hiess, anfangs eine Nebenbuh-
lerin gehabt, diese aber weit überholt hatte. Das heutige Turin, war fUr
den Verkehr mit Gallien über Segusio, heute Susa, nach den Alpes Got-
tiae günstig gelegen.
Ticinum, ein zentraler Punkt für ganz Oberitalien, kam in der
spätrömischen Zeit zu immer grösserer Bedeutung; der spätere Name
Papia (Pavia) hängt mit der Tribus Papiria, welcher Ticinum zuge-
schrieben war, zusammen. Placentia und Gremona wandelten sich in
Handelsstädte um. Südlich von Placentia lag Veleia, bekannt durch die
hier, d. i. bei Macinesso im Thal des Baches Ghero, gefundene Alimentär^
tafel. Zwischen Gremona und Mantua der aus dem Jahre 69 n. Ghr. be-
kannte Schlachtort Betriacum. Yercellae (Vercelli), femer Eporedia
(Jvrea), Augusta Praetoria (Aosta), im Gebiete der alten Salasser, pro-
fitierten von dem Verkehr über den grossen und kleinen Bernhard nach
Gallien. Novaria (Novara), auf der Strasse von Mediolanum nach Ver-
cellae. In der Nähe von Vercellae die raudischen Gefilde. Ln Vier-
kaiserjahre erscheinen Novaria und Vercellae als wohlbefestigte Muni-
zipien.
In der Landschaft Ligurien sind zu nennen: Aquae Statiellae
(heute Acqui); Alba Pompeia (jetzt Alba) und Laus Pompeia (Lodi
vecchio), beide nach Gn. Pompeius Strabo, dem Konsul des Jahres 89
V. Ghr., benannt; Hasta (Asti); Dertona (Tortona); östlich davon der
Ort Glastidium (Gasteggio), wo im Jahre 222 v. Ghr. Marcellus den
König Virdumarus überwand. Pollentia (jetzt Polenzo), wo im Jahre
403 Alarich und Stilicho sich schlugen. Augusta Bagiennorum (jetzt
Bene), nach der ligurischen Völkerschaft der Bagienni genannt, deren Ge-
biet bis zur Poquelle auf dem Mens Vesulus (jetzt Monte Viso) reichte.
Genua, der von Alters her blühende Hafen der ligurischen Küste, der
für den Verkehr Roms mit den Massalioten (später auch mit Spanien) als
Zwischenstation Wichtigkeit erlangte. Westwärts an der Küste oder un-
fern derselben die kleinen Munizipien Albingaunum (Albenga), Albin-
timilium (Ventimiglia), Nicaea (jetzt Nizza) und Monoecus (heute Mo-
naco); die beiden letzteren Orte gehörten übrigens als den Massalioten
unterthänig, trotz ihrer Lage im Osten des Varus in administrativer Be-
ziehung zur narbonensischen Provinz. Über Monoecus, auf der Höhe der
Seealpen, lag das „Tropaeum Alpium", das kolossale Denkmal zu Ehren
der Alpensiege des Augustus, in dessen Überreste das heutige Dorf Torbia
eingebaut ist.
Für die einzelnen Stadtgebiete geben die entsprechenden Kapitel von Corp. V, 1
und 2 Aufschlnss. För die Spezialtopograpbie sind wicntig: der Schiedsspruch der Minacier
zwischen der Stadt Genua und den ihr attribuierten Orten vom Jahre 118 v. Chr.
(Corp. I, 199 = V, 7749 = Wilmahns 872). Femer die Veleiater Alimentartafel, welche
das Gebiet von Yeleia, Libama, Placentia, Parma, Luca illustriert (Corp. XI, 1147 =
WiLHAHiis 2845). Beide Urkunden sind im Corp. mit eingehendem Kommentar versehen.
64 A. Geographie von Italien und dem Orbia Romanna.
Veleia hat man bükanntlich erst 1747 wieder entdeckt und ausgegraben. Die im vorigen
Jahrhundert vertretene Ansicht, dass Veleia durch einen Bergsturz verschüttet worden wäre,
hat sich als unbegründet herausgestellt, da vielmehr schon die alte ligurische Ansiedlung
der Veleiaten auf einer Schutthalde stuid. Aus dieser entwickelte sich das rOmische Mu-
nicipium, das bei Plinius und bei Phlegon (in dem Verzeichnis der Langlebigen) erwähnt
wird. Die letzte Inschrift stammt aus dem Jahre 276 n. Chr. — Man sieht, dass die
Thäler der Trebbia, wie der Bäche Nure oder Nadra, Chero u. s. w. nirgends für sich ge-
schlossene Gebiete gebildet haben, sondern die Grenzen der Municipien hier ineinander
übergingen.
26. Die Alpenpässe. 1. Die gallischen Pässe. Der Verkehr
zwischen den keltischen Stämmen diesseits und jenseits der Alpen wurde
durch die seit der ältesten Zeit begangenen westlichen Pässe vermittelt.
Polybius, der das Terrain behufs der Beurteilung von Hannibals Eriegs-
zug persönlich in Augenschein nahm, gibt vier Pässe an: den an der
Küste längs der Seealpen nach Oenua führenden; den durch das Gebiet
der Tauriner (Mt. Cenis); den durch das Gebiet der Salasser («per Alpes
Graias/ d. i. der Kl. Bernhard); den durch das Gebiet der Raeter. —
Den Weg über die Alpes Cottiae (Mt. Genfevre) rühmt sich Pompeius im
Jahre 77 v. Chr. wie ein anderer Hannibal eröffnet zu haben. Welchen
Pass letzterer benützte, lässt sich nicht ausmachen. Sämtliche Pässe
wurden von den Römern sofort auch zur Beförderung von Truppen ver-
wendet, wie von Pompeius der Mt. Genfevre, so von Cäsar während seiner
Statthalterschaft in Gallien der Kl. Bernhard ; im März des Jahres 69
n. Chr. überschritt ein Korps der Vitellianer den Gr. Bernhard. Nach der
Pazifikation der Alpen durch Augustus wurden über jeden dieser Pässe
Strassen geführt.
2. Die raetischen Pässe. Auch hier hat Augustus, mit Strabo
zu reden „nach Ausrottung der Räuber so viel an ihm lag die Strassen
hergestellt. Freilich war es nicht möglich, überall die Natur zu zwingen,
wo an der einen Seite des Weges steile Felswände aufsteigen, an der
anderen tiefe Abgründe gähnen, so dass ein geringer Fehltritt unvermeid-
liches Verderben durch den Sturz in bodenlose Schlünde mit sich bringt.
So schmal ist gelegentlich der Weg, dass Fussgänger und fremde Saum-
tiere vom Schwindel erfasst werden: die einheimischen Saumtiere tragen
Lasten sicher hinüber. Dies lässt sich indessen so wenig abstellen wie
das plötzliche Herabkommen von Lawinen, die eine ganze Gesellschaft
packen und in den Abgrund schleudern können.'' Solche Strassen führten,
wie die Meilensteine und Itinerarien darthun, über den Simplen, den St.
Bernhardin oder Vogelberg, den Splügen, den Septimer, den Julier. Das
Wormseijoch war eine alte Verkehrsstrasse zwischen den Camunni, die
zugleich im heutigen Veltlin sassen, und den Venostes, die im „tropaeum
Alpium** neben jenen aufgeführt werden. — Im heutigen Tirol führten
Reichsstrassen {„via Claudia Augusta^) über Reschenscheideck und über
den Brenner an die Donau.
3. Die illyrischen Pässe. Eine Strasse führte über die Plecken-
aJp (Mte. Croce), die seit den ältesten Zeiten begangen ward. Eine zweite
über Pontafel. Eine dritte („in Alpe Julia*) über das Okragebirge, das
jetzt der Birnbaumer Wald heisst.
1. It»li«n. (§§ 26, 27.)
65
27. Organisation der Alpensprengel. In den Alpenpässen waren
hauptsächlich zum Zwecke der Sicherung der wichtigen Verbindungslinien
eigene nach beiden Seiten des Oebirges hin sich erstreckende Präfekturen
errichtet: so für die Alpes marüimae (Hauptort Cemenelum, jetzt Cimella
oder Ciniiez), die Alpes Cottiae (Hauptort Segusio, jetzt Susa; daneben auf
der gallischen Seite Eburodunum, jetzt Embrun, das nachher Diocletian
zu den Alpes maritimae schlug), die Alpes Graiae, die Alpes Atredianae
(östlich der vorigen), die Alpes Poeninae, woran die von „VcdUs*' (d. i.
Kanton Wallis) sich anschloss. Analoge Institutionen, in Anlehnung an
die örtlichen Verhältnisse, finden wir bei den Norikem, Raetem u. s. w. ')
Die „praefecti" waren entweder Häuptlinge enchorischen Ursprungs
oder von der römischen Regierung hieher gesetzte Männer ritterlichen
Ranges.
Bei den Salassi war Augusta Praetoria (jetzt Aosta) als römisches
Zentrum begründet worden ; bei den Lepontii am Fusse des Simplen und
am oberen Tessin, deren Name in der val Leventina erhalten ist, nennt
Ptolemäus als Hauptort Oscela (das heutige Domo d'Ossola). Die übrigen
Stämme in den nach Süden sich öffnenden Alpenthälern waren ganz oder
(während der übrige ager kaiserl. Domanialgut ward) zum Teil als Pere-
grinen beziehungsweise Latini den nächstgelegenen Munizipien «attri-
buiert*; so die Bergalei (in Val Pregaglia) an Comum, die Trumplini
(in Val Trompia), die Camunni (in Val Camonica, aber auch darüber
hinaus im Veltlin), ferner die Sabin i (in Val Sabbia) an Brixia, die
Anauni (in Val di Non, zu deutsch „Nonsberg''), Sinduni, Tulliasses
an Tridentum. Im Osten war Julium Carnicum der Mittelpunkt der
Italien und Noricum verbindenden Thal er, Emona der nach Pannonien
führenden. An Tergeste waren die Carni und Catali attribuiert.
Auf dieser Seite erfuhr Italien später (unter Hadrian) noch eine Er-
weiterung bis nach Siscia hin; Emona wird seitdem als (für aus Pannonien
Kommende) erste in Italien gelegene Stadt aufgeführt.
Ueber die Pfisse und die Alpensprengel vgl. Corp, inscript, Latinar, Bd. V 1 und 2. Gute
Uebersicht von Dbtlbfsbn in Bubbians Jahresber. 1877 S. 291 ff. über Tb. 2. Die Tribusver-
hältnisse bebandelt Eubitschsk, De Rom, trihuum origine ae propagaiione, mit Beilegung
einer Karte: Italic^ regiones X et XI et Delmatiae ora tributim df scriptae. — Neuerdings
hat die „r. dep%üazione veneta di storia patria*' sich das Ziel gesetzt, die Topographie ihres
Gebietes in römischer Zeit genauer zu studieren ^articolarmente la vera posizione della
tia Postutnia e Claudia AUinate". Ebenso den Lauf der f>ia Popüia. Vgl. Niwvo Archivio
1) Darauf bezieht sich Strabos Aeusse-
rnng IV, 6, 4 (bei Erwfthnung der „Alpes
marüitnae*'): ini di tovs oQSiyovg nifAnetai
TK vnagx^ ^<^^ InnixtSy avSQüiy, xa&dneQ
xal in* aXXovs r<oy reXimg ßa^ßagtoy.
Die Grenzen dieser Sprengel wechselten
wiederholt. Die Gemeinden der Alpes Cot-
tiae verzeichnet der dem Augustns zu Se-
gosio (Susa) errichtete Ehrenbogen (Corp. V
72S1). Die auf dem „iropaeum Alpium'*
zuletzt anfgefOhrten 22 Gemeinden gehören
den Seealpen an. Die vier citfitcUes der
vaUis Poenina (Hauptort Octodumm, jetzt
Martigny) erscheinen erst mit dem raetischen
Ifandhnoh der klia. AlteriumswiMenicbaft. III, 8.
Provinzialsprengel, später mit dem graischen
kombiniert — Die Atrectianischen Alpen
sind nach Moucsbn identisch mit den Gra-
ischen oder Ceutronischen, welch letzteren
Namen, der von dem Stamme der Ceutrones
geschöpft ist, Plinius kennt (Hauptort Axima,
jetzt Aizme in der Tarantaise, später daneben
Darantasia, jetzt Moutiers). Im 4. Jahrhundert
wurden diese transalpinischen Gegenden zur
Dioecesis Galliarum geschlagen. Die Cotti-
Bchen Alpen hatten den Namen von Cottius,
wie der dortige StammftLrst hiess, die Atrec-
tianischen vielleicht ähnlich von einem
Atrectius.
2. Aufl^ 0
66 A. Geographie Ton Italien nnd dem Orbia Romanas.
Veneto 1894 p. 476. Auf dem dritten italienischen HistorikerkongresB 1885 schlag dieselbe
Deputation vor „studiare l'uniforme compilazione di un lavoro suila topografia deü* Italia
cUl' epoca Romana** \ cf. Ärchivio deJla soe, Romana YIII p. 605. — Nissen, Ital. Landes-
kunde I S. 136 ff.: Die Alpen; S. 174 ff.: Das Poland. Der Po und sein Wassergebiet waren
den alten Geographen sein: wohl bekannt. Er nimmt seinen Ursprung am Mons Yesulus
(M. Viso), fliesse aber eine Zeitlang unterirdisch, so dass er bei Forum Yibium gleichsam
nochmals entspringe (Plin.). Als Nebenflüsse des Po von der Appenninenseite sind bei Plin.
genannt der Jactus, Tanarus (Tanaro), Trebia (bei Placentia), Tams (Taro), Incia (jetzt
Enza), Gabellus oder Secia (jetzt Secchia), Scultenna (jetzt Panaro, am Oberlaufe noch der
alte Name), Rhenus (jetzt Keno). Von der Alpenseite: Stura, Orgus (Orco), zwei Duria
(Dora Riparia und Baltea), Sesites (Sesia), Ticinus (Ticino), Lambrus (Lambro), Addua (Adda),
Ollius (Oglio), Mincius (Mincio). Manche Flussläufe haben seit dem Altertum Aenderungen
erlitten, wie ja der Po selbst. — Ueber die tribus Pollia und die römische Namengebung
im -a^er Gallicua*' vergl. Borxann in ArchftoL-epigr. Mitteil, aus Oesterreich X, 227 f. —
D. Dbtlbfsen, Das Pomerium Roms und die Grenzen Italiens, in .Hermes' XXI 8. 497 bis
562. — Q. F. Ungbb, Der Eridanus in Yenetien (Abhandlungen der kgl. bayerischen Aka-
demie der Wissenschaften, philos.-philol. u. histor. Klasse 1879, Bd. II, 2, 261—304) führt
aus, dass der Name des Eridanus ursprünglich dem heutigen Bacchiglione zukam, der spftter
Meduacus minor genannt wurde; erhalten ist der Name in dem des Flüsschens Retrone,
das bei Yicenza in den BacchigUone fällt. Die Identifizierung des Eridanus mit dem Po
hat erst durch die alexandrinischen Dichter (Apollonius von Rihodus) Yerbreitnng gefunden
(vgl. H. Bbboeb, Gesch. d. wissenschaftl. Erdk. der Griechen I, 29 f.). — v. Gzoernio, Ueber
die in der Grafschaft Görz seit Römerzeiten vorgekonmienen Yerftnderungen der FlussUlufe.
Der Isonzo, der jüngste Fluss Europas. Mitteil, der k. k. geograph. Gesellschaft in Wien,
Bd. XIX, S. 49 — 54. In den alten Beschreibungen der Gegend von Aquileia, in der z. B. Plin.
3, 126 f. jedes Eüstenflüsschen nennt, kommt der Isonzo nicht vor, dafür wird der Timavus
von Geographen, Historikern und Dichtem als mächtiger, bis zu seinen sieben oder neun
Quellen schiffbarer Strom geschildert, während er heute nur ein paar unbedeutende Quellen
hat. Der Yerfasser webt nach, wie durch Naturereignisse solche Yeränderungen herbeige-
führt worden sind. Ygl. jedoch Nissen a. a. 0. S. 196 A. 2: der pons Soniii wird schon
235 n. Chr. erwähnt Corp. i. Lat, Y p. 75, 935 und damit sind alle Hvpothesen über die
späte Entstehung des Flusses u. s w. ninfällig. Wenn er von Plinius nicht erwähnt wird, so
deutet dies darauf hin, dass ihm ein Hafen fehlte. — Andere Flüsse: Meduacus (jetzt Brenta),
Plavis (Piave), Liquentia (Livenza), Tiliaventus (Tagliamento), Natiso (Natisone).
Ueber die Kondition der cisalpinen Landschaft und ihre auch nach 42 v. Chr.
noch länger bewahrte Sonderstellung vgl. man (neben Mabquardt, Staatsverw. P, S. 61 ff.)
bes.: MomcsEK, Edikt des Kaisers Claudius über das röm. Bürgerrecht der Anauner vom
Jahre 46 n. Chr. In «Hermes" lY S. 99 — 120. Ders., Ein zweites Bruchstück des rubri-
schen Gesetzes, in «Hermes* XYI S. 24—41. Ders. in I^hem, epigr, YH p. 397 f. — Ders.,
Die zwei Schlachten von Betriacum im Jahre 69 n. Chr., in «Heimes'^ Y S. 161 ff. Betria-
cum, beim heutigen Calvatone unweit der Mündung des Chiese in den Oglio, lag 22 Mig-
lien von Cremona an der nach Mantua führenden via Fostumia, Auf dem Schlachtfelde
bei Cremona ist der Schriftenkasten der leg, IV Macedoniea im Jahre 69 verloren und
neuerdings gefunden worden. Ygl. Notizie degli acavi 1887 und Mokicsen im Korrespondenzbl.
der westd. Zeitschr. 1888 S. 55. — Y. Db-Yit, 77 Lago Maggiore, Stresa e le isole Bor-
romee, Yol. I, Prato 1877. Gründliche Untersuchung über die alte Geographie dieser
Gegenden mit erfolgreicher Heranziehung der mittelalterlichen Quellen. Ygl. Dbtlbfsbn
in „Hermes" XXI S. 543. Hiezu J. Juno in den „Wiener Studien* XÜ (1890) S. 98 ff. —
Ueber die Alpenstrassen s. den Artikel „Alpes* im Dizionario epigrafico und in der neuen
Auflage von Paulys Realencyklopädie (von Pabtsoh).
Ueber die westlichen Alpenpässe: H. L. Wiokhah and J. A. Craxbr, ä disser»
tation on the passage of Hannihal over the Alps, 2. edition, London 1828 (vgl. Moucsbk,
Rom. Gesch. P, 583). Corp. inacript, Latinar, Y, 2 c. LXXfX. LXXX. Hiezu Dbtlefsen in
BüBsiAKS Jahresber. 1877 p. 296. Nissen a. a. 0. S. 155 f. — - F. Yallbntik, Les Alpes
Cottiennes et Grates, Paris 1884. Besprochen von F. Bebgee in v. Stbbls Hist. Zeitschr.
N. f. XYH p. HO ff. — F. Bbboeb, Die Heerstrassen des rOmischen Reiches (Berlin 1882
und 1883. Programmabhandlungen der Luisenstädtischen Gewerbeschule). Ygl. I, S. 20 be-
züglich der Strasse über den Kl. Bernhard. Der Pass, den Hannihal benützte, war schon
im Altertum kontrovers. „Für den grossen Bernhard entschied sich die vulgäre Tradition
der späteren Republik, für den kleinen Bernhard Coelius Antipater (um 120 v. Chr.), für
den Mont Gendvre Livius. Der älteste und kompetenteste Zeuge Polybius denkt an den
Mont Cenis" (Nissen). Yon den Neueren erklärten sich die englischen Forscher (auch
Mokiisen) für den kleinen Bernhard, C. Neumann (Das Zeitalter der punischen Kriege,
Breslau 1883, S. 294) für den Mont Gendvre, ebenso die Franzosen (YaJlentin) und Italiener
Litauen. (§28.) 67
(C. Promis), Nissnr fOr den MontCenis; da der erste Offensivstoss der Karthager die Tau-
riner traf, die anzugreifen für eine aus dem Thal von Aosta debouchierende Armee kaum
einen Sinn gehabt hfttte.
üeber die filteren ethnographischen und kulturellen Yerhftltnisse der
oberitalischen Landschaften vgl. man: W. Hblbig, Die Italiker in der Poebene, Bei-
träge mr altitalischen Kultur- und Kunstgeschichte I, Leipzig 1879. Mit einer , Karte der
oberitalischen Pfahldörfer'. — Th. Moiimsbn, Die nordetruskischen Alphabete, mit Münzen
und Inschriften, Mitteil, der antiqu. Ges. in Zürich, Bd. YIE (1853). — C. Pauli, Die In-
schriften des nordetruskischen Alphabets; mit sieben lithographischen Tafeln, Leipzig 1885.
— P. Obsi, La tapografia del Trentino aW epoca ramana, Rovereto 1880. Die Sh'assen,
die Pfisse, die Th&ler ortskundig behandelnd. A. B. Mbyeb, Gurina im Obergailthal (Kfimten).
Ergebnisse der im Auftrage der anthropologischen Gesellschaft zu Wien im Jahre 1884
vorgenommenen Ausgrabungen. Mit 14 Tafeln in Lichtdruck, Dresden 1885. — F. Stolz,
Die Urbevölkerung Tirols. Ein Beitrag zur Palftoethnologie von Tirol, 2. Aufl., Innsbruck
1892. F. V. WiESBB, Das Grabfeld von Welzelach (Beiträge zur AnÜiropologie, Ethnologie
und Urgeschichte von Tirol, Innsbr. 1894). — H. Maionica, Fundkarte von Aquileia. In den
«Xenia Austriaca" zu Ehren der Wiener Philologenversammlung (1893) I S. 275 ff. Ueber
die östlichen aus niyricum nach Italien fahrenden Pässe vergl. A. Müllner, Emona (Lai-
bach 1878).
D. Die Inseln.
28. Sizilien^ Sardinien und Gorsika. Nach dem siegreichen Aus-
gange des Kampfes um Sizilien benützten die Römer den Aufstand der
karthagischen Söldner, um auch Sardinien (und Corsica) in ihre Gewalt
zu bringen. Sizilien und Sardinien erlangten für die Yerproviantierung
Roms und Italiens bald die grösste Bedeutung. Doch wurden diese Inseln
nicht als zu Italien gehörig angesehen, sondern als „provinciae'' konsti-
tuiert, wobei die bisherigen Einrichtungen möglichst beibehalten wurden.
Der sizilische Sprengel z. B. zerfiel nachher in die früher punische Hälfte
mit Lilybaeum, und die syrakusanische mit Syrakus als Hauptstadt.
Obwohl nur einen Statthalter, so gab es doch zwei Quästoren für diese Pro-
vinz. Messana blieb eine „civitas foederata^ ^ wo man die oskische Sprache
gebrauchte. Im allgemeinen wurden von den Römern 68 Eommunalver-^
bände mit verschiedener Berechtigung als solche anerkannt. Von diesen
war im Binnenlande die bedeutendste Centuripae. Auch Panormus,
das heutige Palermo, tritt schon hervor. — Die Sizilien im Nordosten
und im Westen flankierenden Inselgruppen der «Aeoliae*^ (mit Lipara
als Mittelpunkt) und der «Aegates*" spielten in der Geschichte eine Rolle,
erstere als griechische, früh den Römern verbündete Ansiedlung mit krie-
gerisch-kommunistischer Verfassung, letztere als punisches Bollwerk, da-
her hier durch eine Seeschlacht der erste punische Krieg entschieden
wurde.
Erst unter Julius Caesar, der den sizilischen Städten das latinische
Recht verlieh, begann der Assimilierungsprozess auf Sizilien. M. An-
tonius gab ihnen gemäss der „acta Caesaris" die Civitaet. Es folgte die
Seeherrschaft des Sex. Pompeius, die sich auf Sizilien und Sardinien
stützte und tiefer gehende Spuren hinterlassen hat. Von hier aus wurden
die Küsten ünteritaliens angegriffen, gegen Afrika eine Verteidigungs-
steUung eingenommen und zu diesem Behufe Lilybaeum neu in Stand ge-
setzt; Sex. Pompeius hat aber auch Sizilien wirtschaftlich herunterge-
bracht, weil er die Sklaven in sein Heer und die Flotte einreihte. Nach
68 A. Geographie Ton Italien nnd dem Orbis Bomanns.
«einer Besiegung führte Caesar Octavianus 7 Militärkolonien hieher, unter
anderen nach Syrakus, Lilybaeum, Panormus. Zum sizilisehen Provinzial-
sprengel gehörten auch die Inseln Melite (heute Malta) und Gaudos
oder Qaulos (Öozzo). Diese gravitierten, wie auch Kossyra, jetzt Pan-
tellaria, zur Zeit der karthagischen Seeherrschaft nach Afrika, seit dem
Anfang des zweiten punischen Krieges nach Italien, resp. Sizilien. Phöni-
zische, griechische, lateinische Eulturelemente mischten sich hier; die
Vororte der Inseln erhielten das römische Munizipalrecht. Die Übergänge
zeigen sich auch auf den Münzen (mit phönizischen, griechischen, lateini-
schen Aufschriften) ; während die Sprache der Malteser ein Zweig der äl-
testen Gruppe der semitischen Sprachen gewesen und geblieben ist. —
Sardinien und Corsica hatten in der Eaiserzeit eine Ausnahmestellung:
ihre Verwaltung wechselte wiederholt zwischen Kaiser und Senat; sie
dienten als Deportationsorte; sie hatten eine Garnison, die teils aus Ein-
geborenen (resp. auch aus Ligurem) bestand, teils aus Elementen, die
man los sein wollte (unter K. Tiberius z. B. Juden aus Rom). Das Klima
Sardiniens galt für sehr ungesund. Hingegen muss der Reichtum an
Mineralien schon im Altertum Anziehung ausgeübt haben.
Die wichtigsten Punkte auf Sardinien waren die nach Süden sich
öffnenden Hafenstädte Caralis oder Garales (jetzt Cagliari), von den
Phöniziern angelegt, später römische Provinzialhauptstadt, und Sulci auf
der im Südwesten wie eine Halbinsel vorliegenden Insel; in der Nähe
Bitia und Nora. Femer Turris Libisonis (jetzt Porto Torres), das
mit Caralis durch eine Strasse verbunden war. Im Binnenlande, das erst
im Laufe der Kaiserzeit zugänglicher wurde, lag am Fluss Thyrsus Fo-
rum Traiani (beim heutigen Fordungianus). Cornus, Othoca und
Tharros; die Gräber bei letzterem sind die reichste Fundgrube von sar-
dinischen Altertümern. Die Namen von Neapolis und Olbia (bei Terra-
nova, die alten Stadtmauern sind noch auf weite Strecken hin zu ver-
folgen ; von hier eine Strasse nach Caralis) deuten auf griechische Koloni-
sation hin, ehe die Karthager dominierten und weitere Ansiedlungsver-
suche der Griechen (6. und 5. Jahrhundert v. Chr.) vereitelten. Auch die
bilinguen und trilinguen (d. i. punisch, griechisch, lateinisch abgefassten)
Inschriften, die auf Sardinien gefunden sind, zeigen, wie hier drei Kultur-
kreise sich kreuzten. Aus der phönizischen Zeit stammen zahlreiche
kleine fratzenhafte Götterbilder von Bronze. In noch früherer Zeit waren
auch die Etrusker hier. — Überdies erhielten sich neben den städtischen
Ansiedlungen der Fremden die barbarischen Gemeinden der Einheimi-
schen, die wiederholt rebellierten. Im Jahre 111 v. Chr. triumphierte M. Me-
tellus „ex Sardinia", nachdem er die Verhältnisse der Insel neu geordnet
hatte; die Feststellung der Grenzen zwischen den beiden benachbarten
Gemeinden der Patulcenser und der Gallilenser (wie es scheint, im
südöstlichen Teile der Insel) geht auf ihn zurück. Als unter K. Nero
ein Grenzstreit ausbrach, wurde auf diese Entscheidung des Metellus re-
kurriert. -— Später machten die „civitates Barbariae" und die Barbari-
ciani von sich reden, welch' letztere aus Afrika von den Vandalen ver-
trieben auf den Bergen bei Caralis sich festgesetzt hatten. Die ersteren
1. ItaUen. (§ 28.) 69
hatten das Bergland Sardiniens, dessen Mittelpunkt das heutige Nuoro
ist, inne.
Ähnliche Verhältnisse walteten auf Corsika ob, das für die Seevölker
zudem wegen seines Waldreichtums grosse Bedeutung hatte. Die Fest-
setzung der lonier von Phocaea bei Alalia (in römischer Zeit Aleria)
wurde, wie Herod. I, 165 ff. berichtet, im Jahre 537 v. Chr. durch die
vereinigte Macht der Etrusker und Karthager zu nichte gemacht. Cor-
sika blieb in den Händen der Etrusker, wie Sardinien in denen der Kar-
thager. Erst kurz vor dem Ausbruch der punisch-römischen Kriege
setzten sich die Karthager auf Corsika fest, von wo sie im Jahre 259
V. Chr. von den Römern vertrieben wurden. — Aleria ist in der bekannten
Grabschrift des L. Cornelius Scipio, Cos. 259 v. Chr., erwähnt; durch Sulla
wurde es Kolonie. Unter römischer Herrschaft bildete Corsika bis auf K.
Nero einen Teil der Provinz Sardinien; seit Nero unterstand es einem
eigenen procurator Augusti. — Ausser Aleria wurde an der Ostküste
Mariana (nach C. Marius genannt) als Kolonie konstituiert. — Von pere-
grinen Gemeinden kennen wir die Yanacini, die an das Gebiet von Ma-
riana angrenzten. — Wie auf Sardinien, so war auch auf Corsica in der
Kaiserzeit eine Abteilung der misenatischen Flotte stationiert. Der beste
Hafen im Osten war der portus Syracusanus, heute Golfo di Porto
vecchio.
Unter Diodetian wurden die drei grossen Inseln zu dem erweiterten
Italien gezählt, doch hat schon im fünften Jahrhundert die geschichtliche
Entwicklung derselben wieder eigene Wege eingeschlagen. Erst erneuerten
die Vandalen von Afrika aus die karthagische Seeherrschaft, dann kamen
die Byzantiner, die Sardinien und Corsika von Afrika aus regierten, die
Araber, die Sizilien losrissen, nachdem die Byzantiner es unter einen
eigenen „Prätor* gestellt hatten; dann die Normannen, die Sizilien und
Unteritalien unter ihrer Herrschaft vereinigten; im späteren Mittelalter
das Übergewicht der spanischen Halbinsel, das sich auch auf Sardinien
und Sizilien erstreckte. — Und gegenwärtig ist die maritime Deckung
dieser Inseln eine der Hauptsorgen des italienischen Einheitsstaates, der
im Mittelmeer nicht der herrschende ist. — Die Ostküste von Corsika ist
seit dem Mittelalter versumpft und verödet, eine Beute der Malaria.
Cluvbbius, Sicüia et Sardinia antiqua (1619). Yergl. Mokicsen in «Hermes* XV
S. 297 f. — Corp, inscript. Latinar. Bd. X, 2 p. 714—776: provincia Sicüia; p. 777—840:
propineia Sardinia; p. 838: Corsica insula. Mit Karten, tab. IV: Sizilia (Karton: Melita
und Graulos); tab. V: Sardinia, Corsica. — Die Additamenta zu Corp. X in Ephem. epigr,
Yin p. 166 ff., wo namentUch viele neugefundene Meilensteine aus Sardinien. — Üeber
die Yerhftltnisse Siziliens zur Zeit des Cicero und in der Kaiserzeit (Plinius) vgl. Marquardt,
Rom. Staatsverwaltung PS. 244 ff. J. Klein, Die Yerwaltungsbeamten der Provinzen des
römischen Reiches I (Bonn 1878). — Der Ort Triocala oder Tricala, durch die Belage-
rang im zweiten Sklavenkiiege 102 v. Chr. berühmt, If^ südlich von Caltabellotta (östlich
von Selinunt) auf der Bergspitze, die jetzt die Kirche von S. Maria a monte Yerglne ein-
nimmt. Es war in spfttrömischer Zeit Bischofsitz. — Ag^rion, der Geburtsort des Diodor,
auch von Cicero in den Yerrinen erwähnt, im Innern Siziliens, an der Strasse von Enna nach
Catana, bei S. Filippo d' Argirö, jetzt Agira genannt. Centuripae liegt steil über dem Thal
des Simeto bei Centorbi, das neuerdings auch wieder Centuripe genannt wird. Im übrigen s.
Hellen. Landeskunde. Ueber Sardinien vgl. Momiisen, Dekret des Prokonsuls von Sardinien L.
Helvios Agrippa vom Jahre 66 n. Chr., .Hermes" H S. 102 ff. Corp. X zu n. 7852. — A. Dblla
Mabxoba, Voyage de Sardaigne, Bd. 2: antiquUSs, Turin 1840. — G. Spano, Memoria sopra
70
A. Geographie von liftlien und dem Orbia Bomaniui.
i Nuraghi di Sardegna, GagWi 1867. Die „Nuraghi^ .(sardisch för muraglie, murazziy
d. i. Mauern) sind altertümliche Baudenkmäler wahrscheinlich sepulkraler Bestinunung, wie
sie ausserhalb Sardiniens nur noch auf den Balearen sich finden. — E. Pais, Due questUmi
relative aUa geografia antica della Sardegna, Torino 1878. — Derselbe, La Sardegna prima
del dominio romano, Roma 1881 (Abhandl. der Aec. dei Lineei CCLXXVIII). — Derselbe,
Storia della Sicilia e della magna Grecia (Torino e Palermo 1894). — E. Esp^randiku, In-
scriptions antigues de la Chrse, Bastia 1893. Vgl. die Besprechung von F. Hauo in der
Bert. phiL Wochenschr. 1894 S. 1292 ff. In den Briefen Gregors d. Gr. erscheinen neben
Aleria auch Saona u. a. Orte als Blschofsiize. — Albebt Mayb, Die antiken Mttnzen der
Inseln Malta, Gozzo und Pantellaria. Programm des E. Wilhelm-Gymnasiums in MQnchen
1894. (Yorarbeit zu einer Geschichte der maltesischen Inselgruppe.) — Pöhlmann, Gesch. des
antiken Kommunismus und Sozialismus (München 1893) benandelt auch S. 46—52 den
«griechischen Eommunistenstaat auf Lipara*^. Die Römer führten eine Kolonie her; Diodor
kannte die Insel genau, da er die hiesigen Thermen benutzte. — Ueber die Verwendung der
meisten dieser Inseln als Deportationsorte vgl. die Zusanmienstellung von L. M. HABTHAim, De
exüio apud Romanos, Dissert. Berol. 1887. — Nissen, Italische Landeskunde I S. 344—371 : Die
Inseln ; S. 353 ff.: Sardinien ; S. 362 ff.: Gorsica; S. 366 ff.: Kleinere Inseln. — Ueber die Ortsnamen
auf Sizilien am Ausgang der römischen Periode vgl. Holm in Bubsianb Jahresber. 1874 bis
1875 (in der Besprechung von Flbghias Nomi locali del Neapolitano) S. 83 f. Es war auch
auf Sizilien die ^ahl der Namen auf -anus nach Angabe der Itinerarien und der Briefe
Gregors d. Gr. keineswegs gering, da eben die BesitzverhAltnisse hier denselben Gang durch-
gemacht hatten, wie in Itidien. Erst die Eroberung durch die Araber hat diese Entwicke-
lung unterbrochen. — Die Annona der Stadt Rom hing am Ausgange der Kaiserzeit wieder
von Sizilien ab, wie die Briefe P. Gregors d. Gr. erweisen. Vgl. MomsEN in der Zeitschr. f.
Sozial- und Wirtschaftsgesch. I (1893) S. 51 f. 56. Das sizilische Kirchengut (ecclesiae Ro-
manae) scheint in 400 Konduktorenbezirke eingeteilt gewesen zu sein. Papst Gregor gab
die bisher durch Hirtenwirtschaft betriebene Pferdezucht auf.
2. Afrika.
29. Einleitung. Das Land im Westen von Ägypten wurde von den
Ägyptern nach einem dem Nilthal zunächst sitzenden Stamme, den Liuäta,
als Libu bezeichnet, welcher Name von den Griechen, speziell der Cyre-
naica, als Libyen beibehalten und alsbald auf das ganze Hinterland im
Westen von Ägypten erstreckt wurde.
Die Italiker gebrauchten die Bezeichnung Afrika für den im engeren
Sinne sogenannten Küstenstrich, der ihnen zuerst bekannt wurde und in
den Handelsverträgen näher präzisiert wird; wie denn auch gegenwärtig
noch (nach Tissot) ein Teil der Regentschaft Tunis den Namen Frikia
oder Ifrikia speziell führt.
Diese Küste fiel ins phönikische Kolonisationsgebiet und wurde ins-
besondere von den Karthagern zu Lande und zur See erforscht. Es er-
folgte, nachdem im Jahre 600 v. Chr. die Phöniker auf Befehl des ägyp-
tischen Königs Necho die Umschiffung Afrikas vollführt hatten (vgl.
Herodot. IV, 42), um das Jahr 510 v. Chr. die Expedition des karthagischen
Admirals Hanno nach der Westküste Afrikas bis jenseits des Krokodil-
fiusses, d. i. des Senegal. Sein Bericht ist uns in griechischer Übersetzung
erhalten.*)
Von den Griechen gaben die ersten geographischen Auseinander-
setzungen über Afirika (Hecataeus und) Herodot IV, 168 ff., welcher letztere
nXovq ttuy vniQ tds 'HgaxXäovg atijXas M^v-
TtiSy xrjg yrjg fjiBQtSy x. r. A. Bei C. Müller,
Geographi graeci minores Bd. I (Paris 1855)
p. 1—14. Vgl. C. Th. Fischer, Untersuchungen
auf dem Gebiete der alten Lftnder- und
Völkerkunde, 1. Heft: De Hannonis Cartha-
giniensis periplo, Leipzig 1893.
2. Afrika. (§§ 29, 30.) 71
seine Informationen in der Cyrenaica einholte. Vgl. R. Neumani^, Afrika
(mit Ausschluss des Nilgebietes) nach Herodot (1893). Die Stelle bei
Sallust. b. Jugurt. 17 — 19 ist einer Vorlage entnommen, welche aus der
Zeit der persischen Weltherrschaft stammt. Wie hier so wurde auch noch
von den späteren Afrikanern (z. B. von Augustinus) die Erde in eine west-
liche Hälfte (Europa und Afrika) und eine östliche (Asien) eingeteilt. Es
gab auch derartige kartographische Darstellungen.
Die Periode der römischen Weltherrschaft leitet Polybius ein, der den
letzten Vemichtungskampf gegen Karthago persönlich mitgemacht hat. In
des Livius Darstellung der afrikanischen Ereignisse zur Zeit der puni-
schen Kriege treten mehr die römischen Berichte hervor, die Polybius
kritisiert. Die abweichende numidische Tradition gibt Appian in den Li-
byca, sie geht möglicher Weise auf Juba U zurück.
SaUusts Darstellung des Jugurtinischen Krieges beruht vielfach auf der
Kenntnis von Land und Leuten, die er als Cäsarischer Statthalter von
Numidien erproben konnte. Wichtiger ist die Beschreibung des bellum
Africanum durch einen der Cäsarischen Offiziere; femer Vergils afrikanische
Studien, die in der Äneide verwertet sind. Man vgl. auch die schöne Schil-
derung Georgic. HI, 339—348. Der Darstellung des Krieges mit Tacfarinas
bei Tacitus (Ann. m, 73 flf., IV, 23 ff., cf, Eph. epigr. 11, 278 ff.) liegen die
amtlichen Berichte zu Gründe.
Die Behandlung Afrikas beim Geographen Ptolemaeus lässt sich mit
den Resultaten der modernen geographischen Forschung hinsichtlich der
astronomischen Bestimmungen u. s. w. oft nicht in Einklang bringen; daher
viele Identifizierungen bei Neueren, die sich auf Ptolemaeus stützen, sehr
unsicherer Natur sind (Urteil von Ch. Tissot). Es ist nemlich bei diesem
Autor „die ganze Provinz Afrika falsch orientiert, der wirkliche Norden
zum Westen, der wirkliche Osten zum Norden gemacht" (Kiepert). »Der
ganze Abschnitt bei Ptolemaeus ist in Namen und Zahlen ein bisher un-
entwirrbares Rätsel und für Einzelverwendung unbrauchbar* (Mommsen).
Hingegen sind die Angaben der Peutingerschen Tafel, soweit das
Itinerar nicht zerrüttet überliefert ist, sogar für die moderne Kartographie
noch von Nutzen (Kiepert).
Als Quellen für die Geographie Afrikas sind die zahlreichen einheimi-
schen Autoren der römischen Periode, Apuleius, Cyprianus, Optatus Mile-
vitanus, Augustinus, Victor Vitensis, femer die Kriegsberichte des sechsten
Jahrhunderts bei Corippus und Procopius zu nennen. Wichtig sind auch
die Verzeichnisse der Bischofsitze in den Konzilakten.
In den „Geographi latini minores^^ findet man Schilderungen von Land
und Leuten, nicht ohne dass die provinzialen Gegensätze dabei sich be-
merkbar gemacht hätten. „Perfidie'' sagte man den Afrikanern nicht bloss
in der Zeit der punisch-römischen Kriege nach, sondern noch 600 Jahre
später. Vgl. die Expositio totius mundi bei Riese, geogr. lat. minor, p. 123.
Salvianus, de gutem, dei VU, 57 ff. Das Wahrzeichen Afrikas auf Münzen
und Denkmälern war der Elephant.
30. Qeographische Qliedening. Das nördliche Afrika (im modernen
Sinne des Wortes) ist durchzogen von den zwei parallel laufenden Ketten
72 A. Geographie Ton Italien nnd dem Orbia Bomanna.
des Gebirges, das bei den alten Geographen (Polybius, Plinius, Ptolemaeus)
nur für die in Mauretanien liegenden Strecken den Namen des Atlas (des
, grossen'' und des „kleinen'') geführt hat, obwohl bei Strabo die Einheit
des ganzen Gebirgszuges von den Säulen des Herkules bis zu den Syrten
erkannt ist. Vielmehr werden die einzelnen weiter ostwärts gelegenen
Erhebungen des Gebirges mit Spezialnamen bezeichnet: Buzara, Audus,
Thammes, Cirna, Mampsarus, Mons Jovis, Yasaletus, Giglius, Thizibi, Zuc-
chabbarie. Bei Livius wird auch ein Mons bellus genannt, bei Victor Vi-
tensis der Mons Ziquensis; der Aurasius u. a. bei Procopius und Corippus.
Zwischen den beiden Gebirgsketten liegt Kulturland. Die südliche schliesst
dasselbe gegen die Wüsten Innerafrikas ab, daher die Eüstenlandschaft
auf den Verkehr mit den Mittelmeervölkem angewiesn ist. Letztere bildet
mit den südlichen Halbinseln und Küsten Europas eine in sich geschlossene
geographische Einheit.
Da im Altertum sich die Geschichte bis auf die Kaiserzeit hauptsäch-
lich im Becken des Mittelmeeres abspielte, nahm „Afrika" eine bedeutende,
zeitweise eine dominierende Stellung ein. Die Träger derselben waren aber
nicht die einheimischen Stämme, sondern die Kulturvölker, welche an der
afrikanischen Küste sich festgesetzt hatten: Phöniker, Griechen, Römer.
Durch Querzüge des Atlas ist Afrika (im weiteren Sinne des Wortes,
wie er schon der späteren Kaiserzeit geläufig war), in mehrere Landschaften
gegliedert; was auf die staatliche oder provinzielle Sonderstellung und
Organisation derselben von Einfluss gewesen ist.
Die Küste streicht von West nach Ost bis zum Cap Bon, d. i. dem
äxQan:7]Qiov xahiv der punisch-römischen Verträge, Promontorium Mercurii
der römischen' Autoren; hier nimmt die Küste eine südliche Richtung, in-
dem sie die weite flache Einbuchtung der sogenannten Syrten bildet,
deren Untiefen und gefährliche Brandung im Altertum verrufen waren.
Durch diese Einbuchtung ist ein Teil der Küste gegenüber Südeuropa, der
andere gegenüber Asien geöffnet, der Zugang auch in das Binnenland hier
leichter als anderswo.
An der nördlichen Spitze der Halbsinsel, welche das westliche Nord-
afrika infolge der Syrtenbuchtung bildet, lag die Hauptstadt Afrikas,
Karthago. Nie wieder hat seitdem die afrikanische Küste ein solches,
durch die Gunst einer unvergleichlichen geographischen Lage dominieren-
des Zentrum besessen. — Eine Beschreibung des punischen Karthago zur
Zeit seiner Zerstörung ist bei Appian, Libyca 95 und Orosius IV, 22 er-
halten: die Stadt, deren ältestes Quartier die Burg (Byrsa) bildete, lag
im Innern eines Meerbusens (sinus üticensü), dem grössten Teile nach
von dem tunesischen See und dem Meere umschlossen; durch einen 25
Stadien breiten Isthmus vom Kontinent getrennt. Die beiden Seehäfen,
einer für die Kauffahrteischiffe, der andere kleinere (Kothon) für die
Kriegsschiffe, lagen an einer ungefähr 300 Fuss breiten Landzunge, welche
von dem Isthmus westlich zwischen dem Meere und dem See hin auslief.
— Vgl. die Carte du Golfe de Carthage bei Tissot, g6ogr. I p. 164 und
den Plan de Carthage dressi d'aprh les levh de Falbe et de Daux, 1. c. p.
564. C.Torr, les ports de Carthage. Bhue archiol. 3, XXIV (1894) p. 34 ff.
2. Afrika. (§ 31.) 73
Ebenda p. 294 ff., dagegen 0. Meltzer, Jahrb. f. cl. Philologie 1894 S. 49
bis 68. (Zweifel, ob Beulä und Tissot die karthagischen Häfen auf ihren
Plänen richtig lociert haben). — Übrigens beruhte der Reichtum Kartha-
gos nicht nur auf dem Handel und Gewerbfleiss, sondern auch auf der
intensiv betriebenen Landwirtschaft; die Umgebung der Stadt war wie
ein Garten angebaut. Die Orte Tun es (jetzt Tunis) und Clupea (griech.
Aspis), letzterer am gleichnamigen oder auch Taphitis genannten Vorge-
birge, werden in den Angriffskriegen gegen Carthago wiederholt erwähnt.
Ueber das , schöne Vorgebirge', das im ältesten Vertrage zwischen Rom and Kar-
thago bei Pobrb. III, 22 genannt wird, ist unter den neueren Gelehrten keine Einigkeit er-
zielt. Nach rolyb. mflsste man an Cap Bon (d. i. Ras Addar) denken. Mbltzeb ist für
das Cap Farina (d. i. RAs Sidi Ali el Mekki), indem er die Bestimmungen des Vertrages
anders interpretiert wie Polybius; C. Th. Fischbb, De Hannonis periplo, teilt mit Ch.
Müller die Ansicht, dass dieses Gim an der Sttdküste Spaniens zu suchen sei. Vgl.
O. Mbltzkr in den Gommentationes Fleckeisenianae, Leipzig 1890 S. 259 ff. und jetzt auch
Gesch. d. Karthager II S. 521. — Ebenda über die topographischen Aufnahmen des Bodens
von Karthago seit G. Th. Falbe (dänischer Schiffskapitän und Generalkonsul in Tunis 1838),
N. Davis {Carthage and his remains, London 1861), Gh. £. Beul^ (fouilles ä Carthage, Paris
1860), Daux, Recherches sur Porigine et sur Vemplacement des emparia ph^niciens, Paris
1869. Weitere Litteratnr siehe unten. Die Forschung ist noch zu keinem Abschlüsse ge-
diehen, die Ortsbestimmungen z. B. von Düreau de la Malle, Recherches sur la topo-
graphie de Carthage (Paris 1835), die von den folgenden vielfach übemonmien wurden,
sind rein hypothetischer Natur. — Wiederholte Aufnahmen des ganzen Geländes von
, Afrika* durch französische Offiziere seit 1878, speziell auch der Gegend von Tunis-
Garthago.
31. Hydrographie. Diese ist erst durch die neuesten Arbeiten der
Franzosen (Tissot) in ein helleres Licht gestellt, nachdem sich die Identi-
fikationen der älteren Gelehrten vielfach als unhaltbar erwiesen haben.
Der Fluss Tusca^ der in römischer Zeit die Grenze zwischen Numidien und
der prokonsularischen Provinz bildete, ist der Oued el-Kebii*, der gegen-
über der Insel Tabarka mündet; der Culcul (auf der Peutingerschen Tafel
zwischen Hippo Diarrhytus und Thabraca), ist der heutige Oued Zouära.
Von den im Süden der nördlichen Gebirgskette liegenden Seen, in welche
sich die Gewässer verlaufen, wird der „lacus regius" von Tissot im Gegen-
satz zu anderen mit dem Sebkha de Djendeli identifiziert. Als der bei Pro-
copius (b. V. n, 19) vorkommende Fluss Abigas, bei Bagai, ist der Oued
bon-Boughal anzusehen; der Pagida, den Tacitus in der Erzählung vom
Kriege gegen Tacfarinas aufführt (Ann. m, 20), heisst gegenwärtig Oued
Tazzout; derselbe strömt an Lambaesis vorbei. — Als der Fluss Ardalio
zwischen Theveste und Ammaedera, an welchem nach Orosius VII, 36 im
Jahre 398 n. Chr. der Rebell Gildo geschlagen wurde, ist nicht, wie man
seit Mannert angenommen hatte, der Oued Chabro, sondern der Oued
Hal'dra anzusehen; was sich mit Hilfe der bisher zu Gebote stehenden
Karten (auch der Kieperts in Corp. insc. Lat. VIII) allerdings nicht fest-
stellen Hess. — Als den Muthul des Sallustius nimmt Tissot den Oued
Mellag, den Nebenfluss des Medjerda, an. — Das Flussystem des Bagra-
das, des heutigen Medjerda, ist durch Tissot genau durchforscht worden;
auch hier sind die Irrtümer einerseits des Ptolemäus, andererseits von
Mannert, die bis zuletzt nachwirkten, definitiv beseitigt; zugleich das Mün-
dungsgebiet des Bagradas, wie es bei Polybius und Caesar (Curios Expe-
dition) sich darstellt, und dessen Veränderungen durch ein sauber ge-
74 A. Geographie von It»li«n und dem Orbis RomannB.
arbeitetes Kärtchen veranschaulicht. — Den Namen des Flusses hält
Tissot nicht für phönikisch, sondern fiir libysch; man habe überhaupt mit
phönikischen Etymologieen viel Missbrauch getrieben und sich Übertrei-
bungen zu Schulden kommen lassen, da man von der Sprache der Berber
kaum etwas wusste.
32. Ethnographie von AltafHka. Die Libyer. In dem ganzen
ungeheuren Gebiet vom Westrande des Nilthaies zwischen dem mittel-
ländischen Meer und dem Südrande der grossen Wüste bis zum atlanti-
schen Ozean, erscheint im Norden des afrikanischen Kontinents von der
ersten geschichtlichen Kunde an eine Bevölkerung, die, wie Herodot er-
kannte und die ethnographisch-linguistischen Nachforschungen der Neueren
bestätigen, von den Nigritiem Innerafrikas scharf geschieden ist. Mit den
letzteren wird sie von Herodot als „autochthon*^ bezeichnet, im Gegen-
satze zu den phönikischen und griechischen Ansiedlungen. Diese Bevölke-
rung wohnt noch heute äort, trotzdem im Laufe der Zeit die Einwir-
kungen der ausländischen Beherrscher, der Ägypter (in den an das Nil-
land anstossenden Oasen), Griechen (in der Cyrenaica, die aber vom
Binnenlande zu sehr isoliert war^ um auf dasselbe einen bedeutenderen
Einfluss zu üben), Phöniker, Römer, zuletzt der Araber sich mannigfach
bemerkbar gemacht haben. In derselben Weise, wie nicht wenige Stämme
unter der phönikischen Herrschaft punische Sprache und Kultur ange-
nommen hatten, rezipierten sie später das arabische Idiom ; sie halten sich
für wirkliche Araber und wurden früher auch allgemein dafür gehalten.
Andere Stänmie an der Grenze Ägyptens (in der Oase „Ammonium''), im
Atlasgebirge, die „Tuareg'' in der grossen Wüste bewahrten ihre einhei-
mische Sprache mit geringer Beimischung bis auf den heutigen Tag.
Diese Bevölkerung war von altersher in viele Stämme gespalten, die
zum Teil (westlich vom Tritonsee) Ackerbau trieben oder doch in geschicht-
licher Zeit (unter Masinissa) dazu übergingen, zum Teil Nomaden waren
und blieben. Sie ist wohlgestaltet und von heller Hautfarbe; den alten
Ägyptern in einem noch nicht näher bestimmten Grade stammverwandt,
ist sie von den Semiten, trotz mancher Ähnlichkeiten, ethnisch unter-
schieden; ebenso von den nubischen oder Negerstämmen, sie gehört zur
„nordafrikanischen* (früher sog. chamitischen) Rasse. Von den Alten
wurde sie mit den Gesamtnamen der Libyer, der Gaetuler (nach einem
der mächtigsten Stämme), der Numider (vom griechischen No^ädsg, das
von den Römern wie ein Eigennamen rezipiert ward), der Mauren (Ver-
allgemeinerung der lokalen Bezeichnung der Mauretanier, die später nach
einer falschen Etymologie als „die Schwarzen** gedeutet wurde) bezeich-
net; die Römer nannten sie allgemein „barbari,** (woraus die arabischen
Eroberer „Berber** gemacht haben), oder auch „Afrikaner** kurzweg. Sie
selbst nennen sich Imouhag oder Amäzigh. Auf den alt-ägyptischen
Denkmälern erscheinen sie als Tamahu (später Tahennu); ein Name, der
bei den Berbern der Sahara noch gegenwärtig in der Form Tamahak als
Ethnikon der ganzen Rasse gebraucht wird.
Die einzelnen Stämme treten hervor in der alten Zeit, wo Herodot
ihrer Erwähnung thut, und beim Zusammenbruche der punischen, der
8. Afrika. (S 32.) 75
römischen, der vandalischen Herrschaft, den sie jedesmal beförderten und
für sich ausnutzten. In den Perioden der Eulturherrschaft wurden die
»Stamme* {„gentes^ oder „nationes^ sagten die Römer, wie denn das
Wort „Eabylen" dasselbe bedeutet) zurückgedrängt, im Zaum gehalten,
zu zivilisieren und namentlich auch zu Armeezwecken zu verwenden ge-
sucht. Da die „Stämme'' unter einander nie einig waren, vielfach mit
Erfolg. Gegen feindselige Stämme wurden in der römischen Zeit häufige
Expeditionen unternommen; die Inschriften berichten über mancherlei
Waffenthaten der römischen Generale, die denen der französischen in
unserem Jahrhundert zu vergleichen sind. Mitunter wurde ein ganzer
Stamm ausgerottet, um dem Kulturland Ruhe zu verschaffen. Anderseits
erscheinen Mauretanier in Dacien stationiert oder wir sehen sie (im 8.
Jahrhundert) zu den Kriegen gegen die Germanen herangezogen.
Als die römische Herrschaft in ihren Grundfesten erschüttert war,
erscheinen die libyschen Stämme auf der ganzen Linie von der ägyptischen
Grenze bis ans atlantische Meer in Aktion. Bei Ammianus Marcellinus
(saec. IV), bei Synesius von Cyrene (ca. 400 n. Chr.), bei Procopius von
Caesarea, bei Corippus (saec. VI) werden eine Reihe von Stämmen mit ihren
Spezialnamen genannt, ihre Lebensweise wird anschaulich beschrieben.
Manche Namen haben sich auch bis auf den heutigen Tag behauptet; so
der Name der Musulamii in demjenigen Teile ihrer einstigen Sitze, der in
der regio Beguensis (heute Hanschir el Begar) unfern der Grenze der pro-
konsularischen und der numidischen Provinz gelegen war, als „Msahel."
— Die Maxyes {Mä^vsg, Maxices), auf deren Boden Karthago erbaut
wurde, leben fort in dem Namen «Amäzigh,*' der als nationale Bezeich-
nung für «Berber'* sogar eine allgemeinere Bedeutung gewonnen hat.
In der Landschaft „Marmarica'' nennen die älteren griechischen Be-
richte die Adyrmachiden und Giligamen. In der Syrtenlandschaft die Na-
samonen, femer die Psyllen, Maken, Gindanen, Machlyer, Ausseer, welche
alle in der spätrömischen Periode unter einem neuen Gesamtnamen, Lan-
guentenses oder Aevad-ai (bei Procop.) oder Lewäta (bei den Arabern),
zusammengefasst werden. In »Kleinafrika,'* dem Kern des nachher kar-
thagischen Gebietes, sassen die Maxyer, die Byzanten (danach die Land-
schaft Byzakion genannt), die Zaueken (Ziquenses in spätrömischer Zeit;
nach ihnen die Landschaft Zeugitana bezeichnet). In „Numidien* schwangen
sich zur Zeit der punisch-römischen Kriege die Massylier und die Massae-
syler zu grosser Bedeutung empor. In der römischen Periode erscheinen
zum Teil auch hier andere Namen. Der jeweilig führende Stamm (Nasa-
monen, Gaetuler u. s. w.) scheint immer einer ganzen Gruppe seinen
Namen gegeben zu haben. Eine hervorragendere Rolle spielten auch die
im »Aurasianischen Gebirge" (jetzt Aures, dessen Identität mit dem „Mens
Audus'* des Ptolemäus von Ch. Tissot bestritten wird) sitzenden Stämme,
die sich inuner wieder unabhängig zu machen verstanden; dasselbe gilt
von den Stämmen im eigentlichen „Atlas" -Gebirge, gegen die von den
Römern (z. B. im Jahre 41 n. Chr. durch Suetonius Paulinus) zeitweilig
eine Razzia ausgeführt wurde.
76 A. Geographie Ton Italien und dem Orbia Bomanna.
83. Die phönikiBche Kolonisation in Nordafirika^ Während an
der Küste des östlichen Libyens, in der „Cyrenaica,* die griechische Kolo-
nisation sich festsetzte (saec. YII a. Ch.), wurde das Oebiet westlich von
der grossen Syrte, resp. den ^^Philaenischen Altären'' durch die Phöniker,
die den Griechen um ein halbes Jahrtausend in der Kolonisationsarbeit
hier zuvorgekommen waren, behauptet (saec. VI a. Ch.).
Die älteste Ansiedlung der Tyrier an der afrikanischen Küste war
Utika, am Ausfluss des Makar (des Bagradas der Römer, heute Medjerda)
auf einer zwei natürliche Häfen trennenden flachen, aber felsigen Halbinsel
gelegen, dessen Gründung 287 Jahre vor jener Karthagos (also um 1100
V. Chr.) angesetzt wird.
Schon vor der Periode der tyrischen Seemacht war an der grossen
Syrte von den Sidoniem die Stadt Leptis gegründet worden. Ebenso
rühmten sich Hippo Diarrhytus und Hadrumetum ihres höheren Alters
gegenüber Karthago. Diese Städte blieben in der Folgezeit die Rivalinnen
der jüngeren Stadt, Karthago (d. i. Neustadt), deren Gründung Menander
von Ephesus (bei Josephus) ins Jahr 826, Timaeus (bei Diodor) ins Jahr
814 setzt (Gründungssage der Stadt: die zerschnittene Rinderhaut scheint
der Etymologie des Wortes Byrsa ihre Entstehung zu verdanken).
Die Westphöniker, die sich selbst auch als „Kanaaniter" zu be-
zeichnen pflegten, hielten Jahrhunderte lang den Zusammenhang mit den
Städten des Mutterlandes aufrecht, zumal mit Tyrus, indem sie dem dor-
tigen Melkart zinsten ; sie nahmen an dessen Geschicken Anteil, indem sie
ihren Handelsbeziehungen zuliebe auch den erobernden Grossmächten des
Morgenlandes, zuletzt den Persem, Tribut zahlten und deren Politik (z. B.
des Grosskönigs Xerxes gegen die Griechen) einerseits unterstützten,
andererseits für sich ausnützten. — Karthago prägte seine Münzen nach
babylonisch-tyrischem Fuss, den es erst später mit der griechischen Wäh-
rung, wie sie auf Sizilien herrschte, in eine Gleichung brachte. Auch in
Afrika selbst ging die Machtentfaltung der phönikischen Kolonien langsam
und gleichsam schrittweise vor sich; man brachte den Eingeborenen gegen-
über sich (darin dem „perfiden* Albion vorangehend) mehr mit List und
durch Geld, wie durch Waffengewalt in den Besitz der gewünschten Posi-
tionen. Die Kolonien der Phöniker hatten von Haus aus nicht mili-
tärische, sondern nur merkantile Bedeutung. Gleichwohl verbreitete sich
das phönikische Bevölkerungselement auch nach dem Binnenlande, wo die
libysche Bevölkerung in den Kreis der phönikischen Zivilisation gezogen
wurde.
Je mehr das Mutterland sank, und je stärker die Griechen seit dem
erfolgreichen Widerstand gegen Persien auf die Phöniker drückten, desto
mächtiger und selbständiger erhob sich Karthago, das sein unmittelbar
untergebenes Gebiet (etwa zwei Drittel der heutigen Regentschaft Tunis)
von den Eingeborenen unterdess völlig emanzipiert und arrondiert hatte.
Dieses Gebiet war mit einer Demarkationslinie in Form von Gräben um-
zogen, den sog. ipoivixiisg Ta^Qoi, die im Frieden des Jahres 201 erwähnt
werden. Ebenso markierte der jüngere Scipio im Jahre 146 das zur pro-
vincia Africa gezogene Gebiet durch einen Graben, der noch in der Kaiser-
8. Afrika. (§ 33.) 77
zeit genannt wird. Vgl. Academ. des inscr. 1894 Febr. 23. — Die Politik
von Karthago gipfelte schliesslich darin, den Griechen gegenüber sämt-
liche Städte der Westphöniker in Afrika, Sizilien u. s. w. unter seinem
Schutz zugleich und seiner Herrschaft zu vereinigen; eine Politik, die,
mit Konsequenz und Thatkraft durchgeführt, Karthago (seit der Mitte des
5. Jahrhunderts v. Chr.) an die Spitze eines Föderativstaates der punischen
Städte brachte, dem sich anzuschliessen die widerstrebenden rücksichtslos
gezwungen wurden. Die libysche Bevölkerung, soweit sie sesshaft war,
wurde unterjocht, nur die „Nomaden* blieben ziemlich unabhängig. —
Von hier aus wurde die punische Präponderanz an den westafrikanischen,
italischen, gallischen, spanischen Küsten gegenüber den Griechen zur Gel-
tung gebracht, bis im 3. Jahrhundert v. Chr. Rom im Interesse der Un-
abhängigkeit Italiens den Kampf aufnahm und denselben nach mancherlei
Wechselfallen siegreich beendete, wodurch der Schwerpunkt der Mittel-
meerpolitik nach der Hauptstadt Italiens verlegt wurde; Karthago verlor
seine auswärtigen Besitzungen und „ Afrika*" wurde eine Dependenz von
Rom. — Erst im 5. Jahrhundert n. Chr. unter der Herrschaft der Yandalen
drückte Karthago und Afrika wieder auf die Küsten Italiens (nach der
Restauration regierten auch die Byzantiner von hier aus Sardinien und
Corsika).
Punische Städte. Die drei an der grossen Syrte gelegenen Städte :
Leptis, Oea und Sabratha wurden von den sikelischen Griechen als
eine „ Tripolis "^ zusammengefasst. Unter Kaiser Septimius Severus wurde
eine eigene Provinz Tripolitana begründet, auf deren Hauptstadt, Oea,
der Name Tripolis überging. An der kleinen Syrte lagen die phönikischen
Städte Tacape (jetzt Gäbes) undMeninx, letztere auf der gleichnamigen
Insel (von den Libyern und danach auch von den Römern Girba (jetzt
Djerba) genannt). Diese Städte an den Syrten wurden von den Griechen
als ,ra ifjinoQia'' („die Handelsplätze'') bezeichnet. Sie standen nie direkt
unter Karthago und wurden auch von den Römern nicht zum eigentlichen
Afrika {Africa propria, t] tdiwg xaXovusvri Ufpgixij) gerechnet; welche Be-
zeichnung sich vielmehr auf die politischen Grenzen des karthagischen
Staates zur Zeit seines Unterganges beschränkte. Damals zählte man
innerhalb dieses Gebietes 300 Städte, von denen zum Teil aus der römi-
schen Periode bedeutende Ruinen erhalten sind: so von Thysdrus, Cil-
lium, Sufes, Sufetula, Thugga (jetzt Dugga), Thibira, Thelepte,
oppidum Mataurense (jetzt Mater südlich von Bizerta), Uthina (jetzt
Oudna), Curubis (jetzt Kurba) u. s. w. „Auch die übrigen Küstenstädte
erweisen sich durch ihre Namen fast ausnahmslos als phönikische Grün-
dungen.*
Hippo regius (zum Unterschiede von Hippo Diarrhytus so genannt,
jetzt Bona) wurde durch Masinissa, Cirta (jetzt Constantine) durch Mi-
cipsa die Hauptstadt des mit dem Sturz der karthagischen Herrschaft
emporkommenden numidischen Reiches. Im Binnenlande auch dieser
Gegenden erhielt sich das punische Yolkselement in den Städten wie auf
dem Lande bis zum Ausgang der römischen Herrschaft.
Auch in der westlichsten Landschaft, Mauretania, die seit der 7er-
78 A. Geographie von Italien und dem Orbia Bomanna.
kleinerung Numidiens infolge des Jugurthinischen Krieges sich konsolidierte,
waren die Eüstenorte, wie Icosium (jetzt Algier), Tingis, Lixus, Car-
tenna, Sala, Rusazu, Rusippisir u. s. w., wie teils direkte Nach-
richten, teils die Namen bezeugen, Gründungen der Phöniker, d. h. wohl
speziell der Karthager.
34. Die afiikanischen Landschafben unter römischer Herrschaft.
Der Begriff der afrikanischen Landschaften för den ganzen Bereich von der
ägyptischen Grenze, resp. von der Cyrenaica bis zum atlantischen Ozean
steht in der Litteratur der römischen Periode, namentlich der christlichen
Zeit, fest. Die Organisation derselben zu römischen Provinzialsprengeln
ging nach und nach vor sich.
Zuerst wurde eine „Provinz Africa' gebildet nach der Zerstörung
Karthagos im Jahre 146 v. Chr.: sie umfasste das Land von dem Flusse
Tusca, an dessen Mündung Stadt und Insel Thabraca lagen, jetzt Oued
el-Kebir, bis südlich hinunter nach Thena am Meerbusen von Gabes. Das
von Masinissa okkupierte Gebiet wurde nach dessen Tode (148) seinen
drei Söhnen bestätigt, „deren Herrschaft an der Küste vom Flusse Tusca
bis zum Flusse Mulucha ging, sich tief nach Süden hin erstreckte und
im Osten bis nach Cyrene reichte. '^ Ortsnamen wie Aquae regiae, Zama
regia, Bulla regia u. s. w. bezeichnen die Grenze der Provinz zu.
Nach der Schlacht bei Thapsus (46 v. Chr.) wurde Numidien von
den Römern in Besitz genommen, als Provinz „Africa nova" ; dieselbe wurde
zwar (nach einigen Wechselfällen) im Jahre 25 v. Chr. mit der alten Pro-
vinz vereinigt und unter einen Prokonsul gestellt, jedoch erwuchs aus den
militärisch okkupierten Grenzdistrikten schliesslich doch wieder ein selb-
ständiger Verwaltungssprengel, der seit dem Ausgange des zweiten Jahr-
hunderts n. Chr. auch formell als eigene Provinz Numidien unter einem
kaiserlichen Legaten konstituiert erscheint. — In der prokonsularischen
Provinz finden wir eine Untereinteilung nach dioeceses oder Gerichtsspren-
geln, die unter den drei Legaten des Prokonsuls standen : in Karthago, in
Hippo Diarrhytus, der dritte vielleicht in Hadrumetum. Derjenige Teil
des alten Numidiens, der jetzt zur prokonsularischen Provinz gehörte,
wurde als Numidia proconsularis (oder inferior) von der Numidia consu-
laris (oder superior, auch Cirtensis, später Constantina) unterschieden.
Im Jahre 40 n. Chr. wurde das Königreich Mauretanien, wo bis-
her Jubas Nachkommen regiert hatten, eingezogen und daraus zwei Ver-
waltungssprengel, Mauretania Tingitana und Mauretania Caesariensis
gebildet, welche durch den Fluss Mulucha {MaXova bei Ptolemaeus), der
jetzt die Provinz Oran von Marocco trennt, geschieden waren. — Bemer-
kenswert ist noch, dass unter Caracalla die Tingitana mit der Baetica
vereinigt erscheint und ebenso unter Diocletian die Tingitanische Provinz
der dioecesis Hispaniarum einverleibt wurde; wie denn schon früher die
von Augustus an dieser Küste gegründeten Kolonien der Provinz Baetica
zugewiesen worden waren. Die frühere Mauretiana Caesariensis wurde
in zwei Sprengel zerlegt: Caesariensis und Sitifensis, letztere von
Sitifis (heute Setif) benannt.
8. Afrika. (§ 34.) 79
Die übrigen afrikanischen Provinzen waren seit Diocletian : 1. Nu-
midia. 2. Africa proconsularis oder Zeugitana (Hauptstadt Gar-
thago). 3. Byzacena (Hauptstadt Hadrumetum). 4. Tripolitana
(Hauptstadt Tacape). Übrigens erscheint neben der Numidia Gir-
tensis eine Numidia Militiana (der südliche Teil). Die Landschaften
von Mauretania Gaesariensis bis Tripolitana bildeten die dioecesis Africa.
Der militärische Wirkungskreis des Kommandierenden von Numidien er-
streckte sich über die südlichen Gegenden bis zum limes Tripolitanus
(diesen eingeschlossen).
Römische Gründungen. Bei der Okkupation des karthagischen
Gebietes im Jahre 146 behielten die sieben phönikischen Städte, welche
während des Krieges zu den Römern abgefallen waren, ihre Freiheit:
ütica, Hadrumetum, Thapsus, Leptis minor, Achulla, Usalis
und Theudalis. Die übrigen Orte wurden nach Kriegsrecht behandelt
und für den römischen Staat ein gewaltiger ctger publicus in Besitz ge-
nommen : dieser ging entweder durch Kauf an römische Spekulanten über
(wie schon in karthagischer Zeit bildeten sich später ausgedehnte Lati-
fundienwirtschaften, die teils in den Händen von Privaten, teils des Kai-
sers waren) oder er wurde vei-pachtet oder endlich er diente zur Aus-
stattung verarmter römischer Bürger, deren schon zur Zeit der Gracchi-
schen Bewegung 6000 viritim hier mit Land beteilt wurden. Eine noch-
malige tiefgreifende Umwälzung brachte dann der Bürgerkrieg zwischen
Caesar und der Senatspartei mit sich, indem die unterliegende Partei die
Kosten des Krieges tragen musste: Utica und Hadrumetum, seit einem
Jahrhundert die blühendsten Städte Afrikas und anticaesarisch, wurden
durch die von Caesar verfügte Wiederherstellung Karthagos neuerdings
um den Vorrang gebracht.
Unter der römischen Herrschaft traten eine Reihe von Städten, die
in punischer Zeit eine Rolle gespielt hatten, mehr und mehr in den Hinter-
grund, während andere zur Blüte kamen. So gründete Augustus die Ko-
lonie Julia Assuras (jetzt Zanfür), welche die Bedeutung der nächst-
gelegenen Orte an sich zog. Bulla regia ward von der benachbarten
Kolonie Simittu oder Simitthus (jetzt Schemtü) überflügelt. In der
nächsten Nähe von Theveste (jetzt Tebessa) am Saume der Wüste
wurden die Kolonien Ammaedara und Thelepte konstituiert; nament-
lich letztere gedieh zu grosser Volkszahl, doch wahrte sich auch Theveste
seine Bedeutung. Wir sehen, wie mitten im punischen Lande rönysche
Enklaven sich bilden, bis endlich im zweiten (unter Hadrian) und dritten
Jahrhundert (unter Septimius Severus und seiner Dynastie) der Verschmel-
zungsprozess der beiden Bevölkerungselemente in rascheren Gang kam;
infolgedessen eine eigentümliche römisch-afrikanische Kultur sich ent-
wickelte, die auch litterarisch bedeutende Leistungen hervorbrachte. Das
Zentrum dieser Entwickelung war das neugegründete Karthago, das zu
den volkreichsten Städten des ganzen Reiches gehörte.
Ein dichtes Strassennetz durchzog die afrikanischen Provinzen und
verband das Binnenland mit den Häfen, die Karawanenwege waren durch
grosse Steine markiert, die Mansionen dienten als Wasserstationen. Eine
80 ^« Geographie von Italien nnd dem Orbis Bomanus.
Hauptverkehrsader, die namentlich auch von militärischer Bedeutung war
und deshalb von Soldaten erbaut wurde, bildete die Strasse von Karthago
nach Theveste, von wo sie westlich nach dem Legionshauptquartier von
Lambaesis und zur mauretanischen Orenze, südöstlich nach Thelepte und
von hier nach Tacape, an der kleinen Syrte, führte. Im ersten Jahrhun-
dert, bevor die Leg. HI Augusta nach Lambaesis verlegt war, war The-
veste (im Osten des mens Aurasius, wie Lambaesis im Westen) das mili-
tärische Zentrum der afrikanischen Provinz. — Auch der überseeische
Verkehr gestaltete sich unter der römischen Herrschaft zu einem sehr
lebhaften. Die Interessen von Afrika und Italien waren durch das Insti-
tut der „Annona*' auf das innigste mit einander verwachsen; es kam der
Grundsatz zur Geltung, dass ein Exil nach Afrika keine Strafe wäre, wes-
halb den Verbannten untersagt wurde, Afrika zu ihrem Aufenthaltsorte
zu wählen. — Die Kolonisation machte beständige Fortschritte; nicht
wenige Orte, die von Plinius mit Stillschweigen übergangen sind, werden
von Ptolemaeus und den Itineraren als Kolonien bezeichnet. Bis in die
Wüste {„solüudines Äfricae'^ Tacit. ann. 2, 52) — z. B. auch nach Fezzän
(Phazania im Altertum) — sind zahlreiche römische Bauwerke gefunden
worden, welche unzweifelhaft einer dauernden Niederlassung ihren Ur-
sprung verdanken. Amphitheater kommen in jetzt ganz einsamen Gegenden
vor; das okkupierte Gebiet muss sich bis 100 Meilen in das innere Land
erstreckt haben.
Eine Eigentümlichkeit der Organisation Afrikas bestand darin, dass
neben den städtischen Territorien die grossen Latifundienherrschaften für
sich konstituiert waren und dass diese „fundi^ in der Geschichte der Pro-
vinz sehr hervortreten. Der »Possessor* oder sein Verwalter war zugleich
Ortsvorstand, die Marktgerechtigkeit wurde an ihn verliehen, manche
„fundi^ hatten in christlicher Zeit ihren eigenen Bischof. — Die kaiser-
lichen Domanialherrschaften waren gleichfalls sehr ausgedehnt; die Rechte
und Pflichten der „coloni" auf denselben wurden wiederholt durch kaiser-
liche Verordnungen reguliert. Vgl. über die kaiserlichen Domänen am
mittleren Bagradas, bei Vaga, Bulla regia, Simittu, Thubursicum Bure,
Uci maius, (saltus Burunitanus, Philomusianus u. s. w.). Ad. Schulten,
Die römischen Grundherrschaften (Leipzig 1896). Zum Behufe der Ver-
waltung wurden die einzelnen „tractus^ (z. B. von Hadrumetum, von The-
veste, von Hippo, von Carthago) unter eigene Prokuratoren gestellt.
Die Umwandlung der phönüs:ischen Hauptstädte: ausser Karthago von
Utica, Hadrumetum, Hippo Diarrhytus u. s. w. in Orte mit römischer Ver-
fassung lässt sich an der Hand der Lischriften näher verfolgen; doch
sprachen selbst die Bewohner von Leptis magna am Ausgang des zweiten
Jahrhunderts noch vorwiegend punisch, namentlich die Frauenspersonen.
Ein bilingue (d. i. neupunisch-lateinische) Lischrift aus der südlichen Tri-
politana nennt einen Mann mit doppeltem Namen (dem punischen neben
dem römischen); seine Eltern haben nur punische Bezeichnung, seine
Kinder nur römische. (Acad. des inscr. 1894 Juli). Von manchen Städten,
über welche die litterarische Überlieferung wenig oder nichts berichtet,
zeigen die Ruinen, dass sie in römischer Zeit bedeutend waren.
8. Afrika. (§ 35.) 81
In Numidien: Cirta (aach E. Constantin „Constantina^ genannt)
und die auf seinem Oebiet erwachsenen drei Kolonien: Rusicade, Chullu,
Mileu. Die erste Konstituierung dieses Gebietes nach römischer Art er-
folgte durch den römischen Ritter P. Sittius aus Nuceria in Kampanien,
dem Jul. Caesar dasselbe übergeben hatte und dieser benannte die ab-
hängigen Orte nach Namen der Heimat; also Mileu Sarnensis (nach
dem Samus), GhuUu Minervia, nach der in Sorrent verehrten Minerva
n. 8. w. Ein merkwürdiges Beispiel römischer Kolonisationsthätigkeit auf
numidisch-punischem Boden. — Cirta ward die zivile Hauptstadt von Nu-
midien; die militärische, im zweiten und dritten Jahrhundert bedeutendere,
war Lambaesis, das neben und aus dem Legionslager der legio III Au-
gusta erwachsen war. Auch das östlich von Lambaesis gelegene Thamu-
gadi (jetzt Timgad) ist uns aus seinen Ruinen genau bekannt: der Typus
einer afrikanischen Römerstadt mit Forum, Triumphbogen, Basilica, Theater,
Statuen u. s. w. Ebenso erstanden an den kleineren Garnisonsorten
römische Niederlassungen. Nach Westen hin (gegen die Grenze des heu-
tigen Marocco) nimmt der Romanismus eine mehr und mehr lokal-barba-
rische Färbung an.
Lfi Mauretanien: Tingitana zählte sieben Kolonien; drei von Au-
gustus begründete: Zilis, Babba, Banasa; K. Claudius gründete Tingi
(jetzt Tandja oder Tanger) und Lixus; aus späterer Zeit stammen Rus-
adder und Yolubilis. In der Caesariensis gehen acht (Militär-) Ko-
lonien auf Augustus zurück: Cartenna, Gunugi, Igilgili, Rusguniae,
Rnsazus, Saldae, Zuccabar, Tupusuctu. Von Claudius wurden Cae-
sarea und Oppidum novum als Kolonien konstituiert. Caesarea, das
phönikische Jol (jetzt Scherschel), dann Residenz König Jubas U. und seines
Nachfolgers, nahm unter römischer Herrschaft einen glänzenden Auf-
schwung. — Unter K. Nerva wurde Sitif is als „colonia Nerviana Augusta
Martialis teteranorum Sitif ensium^ konstituiert. Überdies wird noch eine
ganze Reihe von Kolonien und Munizipien, teils am Meere, teils im Innern
des Landes, namhaft gemacht. Die mauretanischen Landschaften er-
scheinen in der Schilderung der Kriege, die im vierten Jahrhundert dort
zu führen waren, bei Ammianus Marcellinus, als wohlbebaut und bevöl-
kert. Der ursprünglich militärische Charakter mancher Ansiedlung tritt
noch hervor.
35. Die westlichen (jetzt sog. canarischen) Inseln. Diese wur-
den von den Römern als Insulae Fortunatae bezeichnet, entsprechend
der älteren griechischen Benennung MaxuQfov vrjtfoi, die „vielleicht selbst
auf den tyrischen Stadtgott Makar (Melkart) zurückweist". Von Gades
aus wurde dahin ein lebhafter Verkehr unterhalten.
O. MKLT2BB, Geschichte der Karthager, Bd. I (Berlin 1879) enthftlt S. 41—89 ein
geographisches Kapitel üher .die Grandlagen der phönikischen Kolonisation in Nordafrika ".
S. 442 ff. Anm. 30 und 31 ist Herodots Bericht über Libyen kritisiert. Mbltzebs Buch ist
eingehend besprochen Ton A. t. Gütschmid in Flbckbisens Jahrb. 1880 S. 291 ff. Jetzt in
den Kl. Schriften K S. 81 ff. Der zweite Band von Meltzer erschien 1896. Er behandelt
neuerdings die geographischen Verhftltnisse von «Afrika'*, besonders nach den Studien „zur
Entwicklungsgeschichte der Küsten' und «KOstenstudien ans Nordafrika" von Th. Fischer
(in pBTXBXAinra Mitt. 1885 und 1887) und reproduziert danach die „Küstenlandschaft von
Karthago*. Zugleich ist Falbes „Plan du terrain et des ruines de Carthago** und eine
Budlnioh der klMS. AltertuDiwlaieiiBcbaft, m, 8. 2, Aufl. 6
g2 A. Geographie Ton Italien vnd dem Orbia Romanva.
, Skizze der Befestigiiiigeii Ton Earühago* (nach Tissot) beigegeben, S. 153 ff. dazu der
Text geliefert. — Vgl. auch J. Eball in Oesterr. GymnasialzeitBchriffc 1881 S. 548 ff. mit
Rücksicht auf Sallust. lug. c. 17 ff. — Ch. Tissot, La lAhye de Herodot, avec deux cartes. Im
Bulletin des Institut de Correapondance HellSnique, 1877, S. 261—273. — K. J. Neumann, Stra-
bons und Artemidors Erdkunde von Afrika, Leipzig 1884. Mit zwei Karten. (Von Teubner ange-
kündigt aber bisher nicht erschienen). — Albrecht Rosohbs, Ptolemaeus u. die Handelsstrassen
von Centralafrika, Gotha 1857. H. Sohlichteb, Ptolemy'a Topography of Eastern Equatorial
Africa, Proceed, R. Geog. Soc, 1891. — Corp. inscript. Latinar. Bd. VIII: Inseriptumes Africae,
coU. G. WiLMANns, pars 1 und 2, nach dem Tode von Wilmanns herausgegeben von Th.
MoMMSBN, 1881. Mit 3 Karten von Kiepert Der erste Teil des Supplementbandes in Verbindung
mit R. Gaonat von J. Schmidt bearbeitet, erschien 1891 ; der zweite 1894 (nach Schmidts Tode
von H. Dessau). Vgl. Ephem. epigr, V (1884) mit Karte von H. Kiepert; VII (1892) mit zwei
Kartenbeilagen von R. Kiepert: „Africa cum parte liumidiae*' und „pars viae publicae
Carthagine Thevestetn'^ , In den letzten Jahren, namentlich seit der französischen Okku-
pation der Regentschaft Tunis, sind über 10000 neue Inschriften zu Tage gekommen. —
Ch. Tissot, Geographie compar^e de la province Romaine d^Afrique, 2 Bde., Paris 1884,
1888. Der erste Band behandelt die physische Geographie, die ethnographischen Verhält-
nisse und die Topographie von Karthago; der zweite Band, nach dem Tode des Verfassers
von S. Reihach ediert, das römische Strassennetz und die politische Geographie der Pro-
vinz. Zahlreiche Karten und Zeichnungen sind beigegeben. Gh. Tissot war frtmzösischer
Diplomat und begann seine Studien über die Altertümer und die Topographie von Afrika
1852 als ]äl^ve-Konsul in Tunis, die er dann unermüdlich bis zu seinem Tode fortsetzte.
Vgl. über seine Arbeiten Mommsen in Corp. VlII, conspectus auctorum p. XXXI und den
Nekrolog von Reinach im »Jahresbericht über die Fortschritte der klassischen Altertums-
wissenschaft" 1884 rV S. 10 ff., femer „Fastes de la province Romaine d'Afrique par Ch.
TrssoT, publi^s d^aprh le manuscript original et prlcedSs d'une notice hiographique sur
Vauteur par S. Rbinach", Paris 1885. — Tissots 1863 erschienene Dissertation: De Tri-
tonide lacu (das Binnenseebecken im westlichen Hinterland der kleinen Syrte) bildet die
Grundlage des betreffenden Kapitels in der Geographie de VAfrique romaine I S. 100 bis
143. Von 1871 — 1876 war Tissot Envoyi extraordinaire et Ministre pUnipotentiaire in
Tanger, von wo aus er, der erste, die Mauretania Tingitana gründlich durchforschte; nament-
lich das römische Strassennetz in dieser Provinz. Damals schrieb er seine epochemachenden
„Recherches sur la Geographie comparie de la Mauretanie Tingitane^ (abgedruckt 1877 in
den Mimoires prSsentis par divers savants etrangers, /»*« sMe, tome IX). Im Bulletin de
la societe de Geographie de Paris veröffentlichte er: Itiniraire de Tanger ä Rabat; esquisse
d'une partie du royaume de F&s (Karte). Im Jahre 1879 unternahm er eine Forschungs-
reise nach dem Thal des Medjerda (Bagrada). Ueber dieses handelt sein Werk „Aude
sur le bassin du Bagrada et sur la voie romaine de Carthage ä Hippone par Bulla Regia*'
in „Mimoires des savants itrangers, Bd. EX, 2 Teile (1880). — ,Ohne Tissots freigebige
Mitteilung aller seiner unedierten topographischen und epigraphischen Schatze wären der
achte Band des Corpus inscript. Lat. und die hinzugefügte Kaj*te von Nordafrika schwer-
lich schon 1881 zu stände gekommen.* Im Jahre 1883 veröffentlichte Tissot eine Studie
Über den Feldzug Caesars in Afrika (la Campagne de Cisar en Afrique\ die in den zweiten
Band seines Hauptwerkes aufgenommen ist. In demselben Jahre wurde Tissot an die Spitze
der Commission archSoloatque de Tunisie gestellt, nachdem die französische Unterrichts-
verwaltung beschlossen hatte, die Erforschung der Altertümer hier in ähnlicher Weise zu
fordern, wie durch ihre Institute in Rom, AÜien und Kairo. Diese Kommission sollte sofort
die Ausgrabung des alten Karthago in die Hand nehmen. Tissot bezeichnete als Aufgabe:
die zwei oder drei Umfassungsmauern von Karthago, die Mauern der Bysra und die Thore
festzustellen; femer bis auf den punischen Grund und Boden zu graben. Mitten unter den
Vorbereitungen zur Herausgabe seines Hauptwerkes und zur Abreise nach Karthago starb
Tissot (am 2. Juli 1884). — Ueber den ibrfolg der Ausgrabungen auf dem Ruinen-
felde von Karthago durch S. Rrinach und £. Babelon von März bis Mai 1884 vgl.
Berliner philol. Wochenschrift 1884, Mai 17. Da die Ruinen Karthagos sich über 100 Hek-
taren erstrecken, so war es vor allem notwendig, zu erforschen, in welcher Tiefe unter der
jetzigen Fläche der punische Boden sich befinde. Zu diesem Zwecke wurden drei grosse
Gruben gemacht. „Die erste richtet sich von West gegen Ost mitten im Felde zwischen
der Byrsa und den alten punischen Häfen. Dieser Teil der Stadt war bekanntlich dicht
bevölkert und die Römer mussten sich während 6 Tagen von Haus zu Haus durchschlagen,
bis sie von den Häfen aus an den Fuss der Festung gelangen konnten. Zahlreiche Ueber-
reste von Häusern, Zisternen und Wasserleitungen verschiedener Art brachte die Ausgra-
bung zu Lichte. Spuren einer grossen Feuersbrunst sind in der Tiefe von 3 m fast überall
sichtbar. Der byzantinische, der römische und der jpunische Boden bilden übereinander
gleichsam drei Stockwerke, deren ein jedes interessante und charakteristische Funde ge-
2. AMka. (§85.) 83
liefert hat Die Gegenstände des christlichen Zeitalters sind natürlich am zahlreichsten.
Am interessantesten ist wohl die Gmhe seihst, die auf die Ueherreste Altkarthagos ein so
lebhaftes nnd unerwartetes Licht geworfen hat' — Eine zweite Grube, von Nord nach Sttd,
wurde auf dem Boden des forum tnarUimum (?) östlich Ton der ersten eröfinet Auch
hier fanden sich wohlerhaltene Zisternen, Treppen, Wasserleitungen, Wftnde archaischen
und neueren Stils. In der Tiefe von fast 12 m zeigte sich ein grosses urpunisches Grab,
dessen dreieckiger Eingang aus zwei kolossalen SteinblOcken besteht; ein ganz ähnliches
ist 1880 auf dem Hügel St Louis in gleicher Tiefe vom P. Delattre entdeckt worden. Ausser
Lampen und Terrakotten, insbesondere einer schön (bemalten Statuette des Hennes Erio-
phoroe, bot diese Grube eine ungeheuere Anzahl (gegen 450) punischer Votivsteine mit
Votiyinschriften an Baal und Tanit Viele dieser Inschriften waren zur Erbauung späterer
Mauerwerke gebraucht worden. — Die dritte Grube, nahe am Dorfe Doar-Schott, im west-
lichen Teil Karthagos, lieferte als Hauptfund eine kolossale Statue aus weissem Marmor.
— Die Ausgrabungen werden seitdem fortgesetzt, das Terrain ist günstig: der überaus
grösste Teil des Ruinenfeldes ist einfach mit Gerste bebaut und die vier elenden Dörfer
daselbst stehen weiter nicht im Wege. — Unterdessen hat die Entdeckung phönikischer
Gräber die älteste Ansiedlung der l^er an dieser Küste in ein neues Licht gestellt. Vgl.
Dslatthb im Bulletin epigraphique 1885 p. 83 ff., wo zugleich über die Topographie und
die späteren Schicksale der B^rsa gehandelt ist (Doch ist die Identifizierung des Hügels
St Louis mit der Byrsa fraghch geworden, seit man hier vielmehr die ältesten Begräbnis-
plätze gefunden hat Vgl. Mbltzbb H, 167). Auch die übrigen Quartiere der Stadt treten
mehr und mehr hervor. Dslattbb 1. c. 1884 und 1885 teUt die Inschriften nach ihren
Fundorten mit Bereits früher (1874 — 1876) hatten Ausgrabungen zu Karthago (und Utica)
stattgefunden und über 2000 punische Inschriften für das „Corpus inscriptionum Semiti-
earum" der Pariser Akademie zu Tage gefördert. Vgl. hierüber E. db Saiktb-Mabib, Mission
ä Carthage, Ein reich illustrierter Band, Paris 1884. Neuere Funde (1893) beziehen sich
auf das unter Caesar und Augustus neugegründete Garthago, das eine viel grössere Fläche
einnahm als das alte. (Bericht des P. Dblattbb an die AcudSmie des inseriptions 1893),
Mit der Entdeckung der das punische Karthago umgebenden Nekronolen (vgl. Dblattbb,
Les tombeaux puniques de Carthage, Lyon 1894) erscheinen zugleich die Grenzen dieser
älteren Stadt gegeben, gleichwie die römischen Nekropolen kundthun, welche Ausdehnung
das auf den Trümmern des punischen erbaute 'römische Karthago gewonnen hatte. Die
O^^chkeiten, wo die Punier ihre Toten beigesetzt haben, sind der Hügel St. Louis, dann
derjenige, auf dem das kleine Seminar steht, femer das Plateau des Odeon, die Umgebung
von Bordj-Djedid bei den grossen Reservoirs und schliesslich der Bezirk Douim^s. Diese
ausgedehnten punischen Friedhöfe bestimmen den Umkreis, innerhalb dessen sich die Durch-
forschung des Bodens nach Resten der von den alten Historikern erwähnten Tempel und
Paläste zu bewegen hat (Dblattbb 1895). Vgl. den Plan bei Tissot, den Boissier mit
folgender Anmerkung wiederholt: j,nous n*y avons indiqu4 que les loealitis sur lesqueües en
ginSr<U on s'aceorde. JEneore est on loin d'Hre assuri qWon ne se trompe pas.*^ — J.
Pabtsgb, Ausgabe des Johannis des Gorippus (saec. VI p. Gh.) fOr die Monumenta Germ,
historiea {Antiquissimi auetores, tom. HI, 2, 1880). Die Einleitung gibt über die in dem
Gedicht genannten libyschen Stänmie, namentlich über die Nomenklatur derselben bei Go-
rippus und bei Procopius (wofür die Lesungen von Wilh. Meyer benutzt sind) mannigfachen
Aufschluss. — G. BoissiiBB, VAlgSrie Romaine. Ouvrage couronniepar VAcadimie fran-
faise. Deuxihne Edition entikrement revue et considerahlement augmentie, 2 Teile, Paris
1883 (der Verfasser ein Schüler L. Renier's, wurde recteur de VAcadimie d* Alger und man
lernt aus seinem Buche, wie an Ort und Stelle das Studium betrieben wird. Verwertung
der neueren französischen Litteratnr, auch der geographischen). Die Erforschung der Mau-
retania Tingitana (Marocco) ist in den letzten Jahren durch H. db la Mabtibi^bb fortgesetzt
worden, worüber dessen Reiseberichte an die AcadSmie des inseriptions, 1889 — 1892, und
das unten citierte Werk von Gagnat zu vergleichen sind.
Zeitschriften: BüUetin trimestriel des antiquitis africaines, publik sous la
direetion de J. Poinssot et L. Dahaboht, Paris und Gran. Im Jahre 1882 gegründete Zeit-
schrift, in deren erstem Bande Gh. Tissot einen Teil seiner Fastes de la province consu-
laire d'Afrique publizierte. Femer sind darin enthalten (Fortsetzung in Bd. II): „Inserip-
tions inidites reeueiUies pendant un voyage exicuUe en 1882—1883'^ par M. J. Poinssot,
Mit einer ^ Carte d'une reconnaissance areh^logique dans la rigion centrale de la Tu-
nisie,'^ — Tom. H (1884) p. 5 ff. ein Aufsatz von Pallu db Lbssbbt, Ijcs assemhUes pro-
vindales et le cuUe provincial dans VAfrique Romaine (Jedes Heft dieser Zeitschrift gibt
eine «Ghronique" und ^Bibliographie' über AUes, was die afrikanische Altertumsforschung
angeht Karten sind beigegeben). — Eine andere in Betracht kommende Zeitschrift ist das
^Bulletin de eorrespondance Africaine^, Vgl. Ephem. epigr. VII p. IV. — Die Resultate
der französischen Forschung in Nordafrika fasst zusammen das Werk von R. Gagnat,
0*
84 A. Geographie Ton Italien nnd dem Orbis Bomaniui.
L'armie Romaine d'Afrique et Voccupation milUaire de VÄfrique sous les empereura.
(Paris 1892). Mit vielen EartenbeUagen, namentiich auch für Mauretanien. Femer: Atlas
archiohgique de la Tunisie, Mit Text von E. Babblon, R. Gagnat, S. Rbikaoh. Erste Liefe-
rung der „Description de VÄfrique du Nord''. (Paris 1892). 2. Lief. (1892). 3. Lief. (1895):
Das Gelände von Garthago. — Vgl. auch Gaonat, Lambhe {Guides en ÄlgMe ä Vusage
des touristes et arcMologues), Paris 1893. Bobswillwald et Gagnat, Timgad, une cUS
africaine sous Vempire Romaine. Mit Plänen und Zeichnungen dieser am Fnsse des Auresius
gelegenen Stadt (1898). — Im Jahre 1894 erforschte der Lieutenant H. Lecoy de la Marche
in der Tripolitana die alte Strasse zwischen Gigthis (Bou-Gftra) und Gidamus (Ghadames).
Er konstatierte dabei in Djebel Tlallet das Lager einerj detachierten Kohorte des numidi-
schen Heeres, welche den Hmes Iripolitanus zu verteidigen und zu überwachen hatte.
Weiter südlich in El-Amruni ein römisches Grabmal mit einer zweisprachigen (lateinischen
und neupunischen) Inschrift und mit Basreliefs aus der Geschichte des Orpheus. Vgl. Acad.
des inscr. 1894. — G. Boissibb, VÄfrique Romaine. Promenades archSologiques en Älgirie
et en Tunisie. Ävec quatre planes, Paris 1895. Schilderung von Land und Leuten, der
römischen Verwaltung, Timgad (mit Plan), der römisch-afrikanischen Litteratur und Givili-
sation durch den bekannten französischen Akademiker. Gewährt guten Ueberblick über
den gegenwärtigen Stand der Forschung. — Th. Mommsek, Bömische Gesch. V. Eap. 13:
Die afrikanischen Provinzen (mit Karte von Kiepert). J. Jüno, Die romanischen Land-
schaften des römischen Reiches (Material f&r die spätere römische Zeit). Moboelli, Africa
christiana. Bd. I— III (1816 f.). Die arabischen Geographen erwähnen noch die Römer-
städte, wie Oea, Tacape u. s. w.
Weitere Litteratur: Th. Mommsbn, «Zama*, in .Hermes* Bd. XX (1885) S. 144—156.
Durch zwei neuaufgefundene Inschriftsteine ist die Existenz von zwei Orten dieses Namens
konstatiert, «das eine östlicher bei Sidi-Amor-Djedtdi, in der Inschrift (Ephem. epigr. V
p. 280 n. 289) genannt eolonia Zamensis, das andere westlichere bei Djiam&a, in der In-
schrift (1. c. p. 649 n. 1473) genannt [eolonia] Augiusta) Zam(ensis) m[af]o[r], wo aber auch,
wie man sieht, m[»n]o[r] ergänzt weiden kann. Beide liegen an dem nördlichen Abhänge
des Gebirgsstockes, den der Silianafluss in seinem oberen Laufe teilt, von Hadrumetum
i'enes etwa 60, dieses etwa 100, beide von einander etwa 30 römische Meilen entfernt*.
)ie Entscheidungsschlacht, die dem zweiten punischen Krieg ein Ende machte, wird von
Mommsen nach dem westlicher gelegenen Zama versetzt. Dagegen tritt J. Schmidt im
Rhein. Museum 1889 S. 397 ff. für das östliche Zama ein. — Die Topographie Afrikas be-
reicherte überdies J. Schmidt (gest. 1894), der mit R. Gagnat die Weiterführung von Gorp.
insc. Lat. Bd. VII übernommen hatte, durch eine Reihe von Aufsätzen, die im Rhein. Mus.
erschienen sind. So 1889 S. 334 ff. „Zur politischen Geographie der afrikanischen Pro-
vinzen". 1890 S. 318 ff. „Die Zuverlässigkeit der Ortsbeschreibungen in Sallusts Jugurtha".
Wird bejaht mit Bezug auf Gafsa, Zama regia u. s. w. — Ueber aus dem Altertum erhaltene
Ortsnamen vgl. Wilmanns in Ephem. epigr. II, p. 271 f. Compte rendu de Vacad. des in-
Script. 1891 p. 292 f.: castellus Thigensium, jetzt Henchir Thaedgious. ^Cest le nom atUique
qui s^est eonserv^ sous cette forme aUerSe.^ Henchir oder vielmehr deutsch ausgesprochen
Hanschir ist die allgemeine Bezeichnung alter Stadtruinen. — Im übrigen Gorp. VIII passim.
— K. Th. R&okbbt, Nach Norda^ka. Nach seinem Tagebuch geschildert. Mit Illustra-
tionen und einer Kaai;e, Würzburg und Wien 1884. Dies Buch ist Philologen zu empfehlen,
da es von Land und Leuten gute Schilderungen entwirft, die Entfernungen und Zufahrt-
strassen (Sardinien, Sizilien, Malta) veranschaulicht, die antiken Stätten, z. B. Ejirthago
und seine Umgebung, beschreibt. In Bädekers „Unteritalien* findet man auch einen „Aus-
flug nach Tunis ** beschrieben. — Bei Biserta, dem alten Hippo Diarrhytus, haben die Fran-
zosen in den letzten Jahren einen Kriegshafen angelegt, was zu lehrreichen Erörterungen
über die Machtverhältnisse im Mittelmeer, namentiich bei den Italienern, Anlass gab. (Die
Häfen von Karthago und Utika sind gegenwärtig nicht mehr brauchbar. Utica liegt jetzt
zwei Stunden vom Meer weg.) Die Itoliener erweiterten dagegen ihre Flottenstationen in
Messina und Tarent. Vgl. A. Rogalla von Bibbbstein: „Biserta und Spezzia*, in „Die
Gegenwart" 1894 S. 355 ff.
3. Hispanien.
86. Die Kenntnis der Alten von Spanien. Schon früh wurden
die spanischen Küsten von den Phönikem befahren und kolonisiert; auf
einen alten Periplus gehen zum Teil die Angaben in des Avienus „Ora
maritima*^ zurück (vgl, Müllenhoff, Deutsche Altertumskunde I, S. 73 flF.,
hiezu Ed. Meyeb, Gesch. des Altertums 11 S. 686). Die südlichsten Küsten,
8. Hiflpanien. (§ 36.)
85
namentlich Oades, behielten noch unter römischer Herrschaft ihr phöni-
kisches Gepräge.
Den Phönikiern folgten seit dem siebenten Jahrhundert v. Chr. die
Griechen, deren Heldensage sich auch an spanische Örtlichkeiten fixierte
(vgl. Strabo HI, 2, 12 und 13).
Herodot (TV, 8. 152 cf. I, 163. Dünckeb, Gesch. des Altertums V,
517 f.) zeigt über Tartessus (an oder nahe der Mündung des Baetis;
der Landschaftsname Turdetania hängt damit zusammen) und Gadeira
nähere Kenntnis. — In der unter dem Namen des Hecataeus gehenden
yfjg ne^iodog (vgl. darüber H. Berger, Gesch. der wissenschaftlichen Erd-
kunde der Griechen I S. 7) sind eine Reihe spanischer Orts- und Yölker-
namen genannt. — Bei Pseudoskylax sind die Iberer, der Fluss Iber,
Gadeira und das Emporion der Massalioten erwähnt. — Iberien nord-
wärts des Iber gehörte in den Kultur- und Machtkreis der Massalioten,
von denen ausser Empor ion (Emporiae) auch Rhode, wenn nicht ge-
gründet, doch später okkupiert war. Saguntum, eine Pflanzstadt der
Zakynthier und der »Ardeaten",^) nahm eine Stellung für sich ein; wie
die übrigen Griechenstädte in diesem Teile des Mittelmeergebietes mit den
Phönikem, speziell mit den Karthagern rivalisierend. — Die anderen grie-
chischen Gründungen an der iberischen Küste, die wohl erwähnt werden,
sind früh zerstört worden oder verkommen.
Von Massilia aus erfolgte um das Jahr 300 die Entdeckungsfahrt
des Pytheas nach dem westlichen Ozean, wodurch für die geographische
Wissenschaft der Griechen die wichtigsten Daten gewonnen wurden: be-
züglich der Krümmung des südwestlichen Spaniens (gegenüber Afrika) nach
Norden zu, sowie der Vorgebirge im nordwestlichen Spanien; nicht ohne
dass die Zahlenangaben an einiger Übermässigkeit gelitten hätten. Doch
legten Eratosthenes und Hipparch die Angaben des Pytheas ihren Berech-
nungen zu Grunde (vgl. H. Berger, Die geographischen Fragmente des
Eratosthenes, Leipzig 1880. Derselbe, Die geographischen Fragmente des
Hipparch, Leipzig 1869). — Erst von dieser Zeit an wurde die Eigentüm-
lichkeit der europäischen Mittelmeerküsten, die in der Entwicklung dreier
grosser Halbinseln besteht, von den Geographen anerkannt.
Während des zweiten punischen Krieges setzten sich die Römer, seit
226 V. Chr. die Verbündeten von Saguntum, in Hispanien fest; doch ver-
gingen bis zur endgültigen Eroberung des Landes noch zweihundert Jahre.
Während dieser Kämpfe (gegen Viriatus, vor Numantia, unter Ser-
torius) erfuhr das geographische Wissen beständige Bereicherung, da die
Römer für ihre praktischen Zwecke Vermessungen vornahmen, die von
griechischen Gelehrten wissenschaftlich verarbeitet werden konnten. Es
0 Vgl, liv. XXI, 7. Die „Ardeaten«
werden als Rutuler gefassi, sind aber allem
Anschein nach identisch mit der spanischen
Völkerschaft der Arsenses (Arsesacen auf
den Münzen). Vgl. Zobbl de Zavoböniz in
Comment. Mommsen. p. 822. Estudio histo-
rico p. 168 ff. Saguntcun lag bei Murviedro;
durch Scipio Afncanus wieder hergestellt,
erscheint es in der Zeit des Augostns als
^municipium'^ , — Emporiae (jetzt Ampnrias)
hatte unter der römischen Herrschaft zu-
nächst eine griechische, eine spanische (der
Indigetes), eine römische Ansiedlung neben
einander, die erst in augusteischer Zeit ver-
schmolzen. Vgl. Liv. 34, 9.
86
A. Geographie von Italien nnd dem Orbis Bomaniu.
geschah dies durch Polybios, der die Beschwerden der Reise nach Spa-
nien nicht scheute (vgl. III, 59, 7 ; er machte im Gefolge des Scipio Aemi-
lianus den numantinischen Krieg mit), um seinen Werken eine tüchtige
geographische Unterlage zu verleihen, wie er dies von einem Historiker
forderte. Freilich schloss dies nicht aus, dass in den geographischen An-
gaben des Polybius sich auch grobe Verstösse finden; wie er denn den
Westen Spaniens ungebührlich in die Länge gezogen hat, die Position von
Sagunt nördlich und südlich des Ebro angegeben ist und auch in der Orien-
tierung der Lage von Karthago nova Fehler zu bemerken sind. — Li den-
selben Bahnen wie Polybius bewegten sich seine Fortsetzer Posidonius von
Rhodus (älterer Zeitgenosse des Cicero), der gleichfalls selbst nach Spanien
kam, und Strabo (63 v. Chr. bis 23 n. Chr.) in geogr. üb. III.
Von römischer Seite ist zuerst Varro (116—27 v. Chr.) als geogra-
phischer Schriftsteller über Hispanien aufgetreten, das er als Legat des
Pompejus persönlich kennen gelernt hatte. Es folgten die Reorganisation
Julius Caesars nach Beendigung des „spanischen' Krieges;^) dann die
grundlegende Thätigkeit der Augustischen Zeit, namentlich die Aufnahmen
des M. Vipsanius Agi*ippa. Auf diesen Vorgängern fussten die späteren
Bearbeiter, unter Gaius' und Claudius' Regierung Pomponius Mela (de
chorographia lib. U, 6 und 9; m, 1), der vielfach dem Eratosthenes ge-
folgt ist; zur Zeit der Flavier Plinius, Natur, bist. III, 2—4; IV, 20—23,
der den Varro ausgeschrieben hat. — Unter Vespasian erfolgte die Er-
teilung des „Latiums'^ an sämtliche bisher minder berechtigte Gemeinden
(daher die leges von Salpensa und Malaca). — Man vgl. auch des P. Annius
Florus „Virgilius orator an ^oeta^ (saec. 11 init.) p. 106 — 109 ed. Halm,
wo spanische Gegenden und Verhältnisse charakterisiert sind. — Orosius,
Hist. adv. paganos I, 2 ed. Zanoemeisteb (1882) enthält eine Chorographie,
über welche Müllenhoff, Weltkarte des Augustus (Kiel 1856) S. 13 flF.
und Partsch, Die Darstellung Europas in dem geogr. Werke des Agrippa
(Breslau 1875) S. 10—17 zu vergleichen sind. — Claudius Ptolemaeus
gibt in seiner geographia lib. U c. 4—6 die Angaben der offiziellen Reichs-
statistik des zweiten Jahrhunderts n. Chr. wieder. Reichhaltiger Kom-
mentar hiezu in der Ausgabe von Ch. Müller Vol. I (Paris, Didot, 1883)
p. 106—198.
Eine Schilderung von Land und Leuten (ausser bei Strabo) ist für
die spätere Zeit in der „Expositio totius mundi et gentium" bei Riese,
Geogr. lat. minor, p. 122 und in des Pacatus Panegyricus auf den aus
Spanien stammenden Kaiser Theodosius enthalten.
0 Vgl. hiezu Hübnbb's und Mommsbn's
Kommentar der „ lex cöloniae Juliae Gene-
Hvae" (Urso, heute Osuna). Ephem, epigrct-
phica II p. 119 ff.; m, 87 ff. „Zum BeUum
Hispaniense'* handelt Mommsen in , Hermes*
XXVin S. 607 ff. Der Schlachtort Munda
lag zwischen Ucubi und Urso (welcher Name
bei Plin. h. n. 3, 3, 12 in den Text zu kor-
rigieren ist), etwa am mittleren Laufe des
Flusses Singilis (Jenil). „Die Lokalforschnng
geht davon aus, dass von den zwei in der
Neuzeit Monda genannten Ortschaften, der
einen unweit der Küste westlich von Carteia
und derjenigen bei Ronda, die erstere sicher
nicht zutrifft, Und darin kann ihr nur bei-
getreten weiden, nicht aber in dem Köhler-
glauben, dass damit die zweite nicht minder
unmögliche Annahme möglich werde. Die
Stadt, zerstört nach der Schlacht, ist ver-
schollen, aber sicher im Singilisgebiet zu
suchen. **
8. Hispuüen. (§§ 37—38.) 87
37. Orographie und Hydrographie. Der die spanische Halbinsel
von Gallien trennende grosse Oebirgszug („ ebenso schrecklich, so hoch und
so schneereich wie die Alpen *" sagt Florus) führte von altersher den Namen
der Pyrenäen, der ursprünglich nur der östlichen Kette angehört zu haben
scheint, aber von den Griechen auch auf die hinterliegenden Teile erstreckt
worden ist; das kastilianische Scheidegebirge galt als Fortsetzung der Pyre-
näen. — Im Süden der Halbinsel hatten uns bekannte Spezialnamen der
llipula (heute Sierra Nevada); der Orospeda (Sierra de Segura), an welchen
im Westen der „SaUus Castulonensis^ und der Jfon« Afarianw« (Sierra Morena)
sich anschliesst; der Herminius (Sierra de Estrella). Im nördlichen Küsten-
gebirge (bei den Gantabrem) der Vindius oder Vinnins; der saUus Vas-
conum, d. i. der Ausläufer der Pyrenäen nach Westen längs des Ozeans; der
Idubeda mons (Sierra de Oca), vom Lande der Gantabrer bis ans Mittel-
meer u. a.
Von den Flüssen haben, mit Ausnahme derjenigen, welche im Mittel-
alter arabische Namen bekommen haben, wie der Baetis (Guadalquibir), die
meisten ihre alten Namen bewahrt: der Anas (seit den arabischen Zeiten
Guadiana, d. i. Wasser des Anas oder Anasstrom); der Tagus (span. Tajo,
portug. Tejo), von Gatull. 29, 19 als „amnis aurifer^ bezeichnet; der Durius
(span. Duero, portug. Douro); der Mnius (span. Mino, portug. Minho) ; der
Iberus (heute Ebro), der Sucro (Jucar), der Turis (Turfa, neben dem arabi-
schen Guadalaviar).
Reich war Spanien durch seine Bergwerke (hauptsächlich auf Silber),
ferner an Mineralquellen. Erstere lagen im südl. der Teile Halbinsel, im
Gebiet von Karthago nova, wo sie schon von den Puniem ausgebeutet
wurden, in der Kaiserzeit aber weniger einträglich waren (die Beschrei-
bung derselben durch den ortskundigen Posidonius liegt bei Strabo HI, 2,
8 vor); und in Lusitanien (wo über die Bearbeitung der Werke aus dem
zweiten Jahrhundert die im Jahre 1878 bei Aljustrel aufgefundene „lex
metalli Vipascensis^ ^ publiziert in Ephem. epigr. HI, 165 — 189 mit Kom-
mentar von Hubner und Mommsen, reichhaltige Aufschlüsse gewährt hat).
— Im Norden Lusitaniens wurde nach Posidonius (bei Strabo HI, 2, 9)
Zinn gewonnen; in der zwischen dem Anas- und dem Baetisthal sich hin-
ziehenden Bergkette, bei Sisapo (arab. Almaden, d. i. „Bergwerk**) Queck-
silber. Von Castulo, dem Mittelpunkt des Silber- und Bleigrubendistriktes,
wurde nach Sisapo eine Strasse geführt. — Die Mineralwässer (in Asturien,
Cantabrien u. s. w.) wurden zum Teil weithin versendet. Vgl. Hübneb,
Die Heilquelle von TJmeri (bei Santander). Archäol. Zeitung XXXI (1874)
S. 115 Taf. n.
38. Ethnographie. Der enchorische Volkstamm, dessen Reste und
(bekanntlich flexionslose) Sprache bis auf den heutigen Tag in Nordspanien
und Südfrankreich sich erhalten haben, die Basken (Eucaldunak), erfüllte
einstmals die ganze Pyrenäenhalbinsel; im Verlaufe der geschichtlichen
Entwicklung durch die Festsetzung fremder Elemente immer mehr einge-
engt: im Süden durch die phönikische, im Nordosten durch die gi-iechische
Kolonisation, im Binnenlande durch die keltische Einwanderung (im 4. Jahr-
hundert V. Chr.); noch unter der römischen Herrschaft wurde der Gegen-
88 A. Geographie von ItaUen vnd dem Orbis Romaniu.
satz des keltischen gegenüber dem einheimisch-iberischen Element ausge-
spielt. In der Eaiserzeit treten die Basken wenig hervor, wohl aber später
nach dem Zusammenbruche des Reiches während der Völkerwanderung»-
periode. Das übrige Spanien romanisierte sich verhältnismässig rasch,
zuerst die Landschaft im Süden und der östliche Küstenstrich mit den
balearischen Inseln (Strabo). Die zahlreichen Eoloniegründungen unter
Caesar und Augustus hatten dazu wesentlich beigetragen. Eine weitere
Etappe bezeichnet die Verleihung des latinischen Rechtes an sämtliche
spanische Gemeinden durch den Kaiser Yespasian im Jahre 74 n. Chr.
Damit wurde die nationale Sprache und die nationale Schrift im öffent-
lichen Verkehr durch die lateinische ersetzt, die Romanisierung hier
früher durchgeführt als in den Nachbarlandschaften Afrika und zum
Teil selbst Gallien. Die Zeiten der Republik hatten dem Werke der Kaiser
durch die Gründung von Städten wie Corduba, Italica u. a. bereits vor-
gearbeitet.
39. Politische Organisation. Als Phöniker, Griechen, Römer sich
auf der Pyrenäenhalbinsel festsetzten, waren die Eingeborenen in zahlreiche
Stämme geteilt. Jede der fremden Nationen suchte, wenn nicht alle, so
doch einen Teil derselben in ihre Interessensphäre zu ziehen; den Süden und
Südosten, sowie die Balearen (Gades, Karthago nova^), Mago) die Punier,
den Nordosten die Griechen, von wo (Tarraco) aus später auch deren
Bundesgenossen, die Römer, gegen den punischen Anteil vordrangen.
Jene Interessensphäre ist gekennzeichnet durch den Gebrauch des
einen oder des anderen Münzsystems, indem in den nachherigen Land-
schaften Baetica und Lusitanien, auch auf den Inseln der babylonisch-tyrische
Münzfuss und dessen verschiedene Modifikationen, in Rhode, Emporiae und
Sagunt hingegen der phokäische Münzfuss vorherrschte. Beide Systeme
wurden von den Einheimischen angenommen, die auch noch unter römischer
Herrschaft die Münzprägung in der nächstgelegenen Stadt auszuüben
pflegten; so im nordöstlichen Spanien die Cessetaner, die Indigetes,
die Laietani, die Celsitani, die Ilergetes; um Sagunt die Arsenses;
um Karthago nova die Sedetani oder Sethisenses; um Acci die
Igloetes.
Nachdem die Römer sich des karthagischen Herrschaftsgebietes in
Hispanien während des zweiten punischen Kriegers bemächtigt hatten, rich-
teten sie hier zwei Provinzen ein: nach ihrer Lage gegen Rom „citerior^
und „uüerior*^ genannt, beide durch den „saüus Castulonensis^ von einander
geschieden. Die Hauptstadt der ersteren blieb Karthago nova, bis es
von der colonia „Julia victrix triumphalis^ Tarraco in der Zeit des
Augustus überflügelt wurde. Die Hauptstadt der anderen Provinz war
Corduba. Ein dritter Sprengel, Lusitanien, tritt erst unter dem Pro-
konsulat des Pompeius hervor.
In der Folgezeit wechselte die Bedeutung der einzelnen spanischen
Landschaften, indem bald die Ebro-, bald die Baetisgegend, bald Lusitanien
') Vgl. über die Lage von Karthago nova H, Dboysbn, Zu Polybios, Rh. Mus. N. F.
XXX, 62 ff.
8. Hiapanieii. (g§ 89-40.) 89
den Vorrang hatte; was auf die Parteistellung zur Zeit der Bürgerkriege
unter Sertorius,^) Pompeius, Caesar eingewirkt haben muss, von uns aber
im Detail nicht erkannt werden kann.
Unter Augustus wurde die Unterwerfung von Spanien mit der Be-
siegung der Cantabrer (im Baskenland und der Provinz Santander) und
der Asturer (in den Provinzen Asturien und Leon) in einem achtjährigen
Krieg (26 — 18 v. Chr.) zum Abschluss gebracht, worauf durch Agrippa
die geographische und statistische Aufnahme des Landes und zwar (wie
ihre Resultate bei Plinius B. III vorliegen) nach 5 Rubriken erfolgte. Es
waren dies: 1. Die Summarien der drei Provinzen, enthaltend die Zahl
und die Namen ihrer juridischen Konvente, sowie die Zahl ihrer civitates,
dem Range nach in Klassen geordnet; d. h. die Kategorien der cives, Latini
und peregrini, die fQr die Rekrutierung sei es in die Legionen, sei es
in die Auxiliarkorps von praktischer Bedeutung waren, sind ausdrücklich
unterschieden. 2. Der Periplus der Provinzen. 3. Angaben über den Lauf
der Hauptflüsse. 4. Eine Aufzählung der gentes und regiones der Provinz.
5. Reihen von Städte- und Oemeindenamen klassenweise und meist alpha-
betisch geordnet. (Detlefsen, Comm. Momms. p. 29).
Die drei Yerwaltungssprengel, in welche Spanien seit jener Reorgani-
sation zerfiel, hatten in ihrer Abgrenzung anfangs noch Schwankungen
durchzumachen. 1. Lusitanien vom Anas bis zum Durius. Hiezu ge-
hörte in der früheren Zeit des Augustus auch noch Gallaecien und Asturien,
welche nachher aus militärischen Gründen zur Tarraconensis gezogen wurden.
2. Die Jenseitige* Provinz oder Baetica, von der Stadt Murgi am
Mittelmeer bis zum Flusse Anas. Da hier die städtische Organisation
vollständig durchgeführt war, verblieb die Baetica in der Verwaltung des
Senates. Wir haben gesehen, dass damit seit Caracalla die Tingitana
kombiniert erscheint. 3. Die »diesseitige** Provinz oder die , Tarra-
conensis**, welche nördlich des Gebirgsrückens von Castulo {saUus Castulo-
nensis) sich ausbreitete. Seit Caracalla ist die Landschaft Asturia und
Gallaecia, die Augustus dazugeschlagen hatte, wieder abgezweigt.
Die einzelnen Provinzen.
40. A. Lusitanien. Die Hauptstadt von Lusitanien war Augusta
Emerita, welches, von Augustus während seines Aufenthaltes in Spanien
als Yeteranenkolonie gegründet, bald eine der blühendsten Metropolen des
Reiches wurde. Zeuge davon sind ihre grossartigen Ruinen. Hier war
der Sitz des Landtages und der Behörden. — Die Provinz, welche in drei
conventus {Emerita, Fax Julia, Scallabis) geteilt war, hatte zur Zeit des
Augustus 5 Kolonien, ein municipiutn civium Bomanorum, 3 civitates mit ius
>) Auf den zwischen Serfcorins und Pom-
peiuB gefUhrten Krieg beziehen sich zwei
Kolumnen der (1886) von £. Hauler publi-
zierten neuanfgefundenen Palimpsestfrag-
mente zu Sallust's Historien. Die erste gibt
eine Probe von der Tapferkeit und Vater-
landsliebe der hispanischen Frauen; die an-
dere berichtet vom Abzug des pompeianischen
Heeres ins Land der Yasconen und dem
Nachrücken der Sertorius (75 v. Chr.). — üeber
Sallust's geographische Exkurse im allge-
meinen vgl. Mommsen in Hermes XVI S. 602 f.
Graniu8 Licinianus p. 42 Bonn sagt von
ihm: dcU in ceneum hca, mantes, flumina.
90 A. Geographie von Italien nnd dem Orbüi Bomaniu.
Lata und 36 dvitates stipendiariae. Pax Julia, im südlichen Teile der
Provinz, ist das heutige Beja. In seinem conventus lagen Myrtilis (jetzt
Mertola), Balsa (bei Tavira), Salacia (Alcacer do Sal), Ebora, offiziell
Liberalitas Julia (jetzt Evora); Ossonoba (beim heutigen Faro) u. a. —
Olisipo {^Felidtas Julia^), das heutige Lissabon, kam als Handelsstadt
und als Sommerresidenz des Statthalters zu immer grösserer Bedeutung.
— Scallabis (col. „praesidium Julium*') lag am Tagus (bei Santarem).
Der Stadt Conimbriga (bei Condeixa la velha) benachbart war Aeminium,
das heutige Coimbra. Die älteren Festungen Metellinum (Medellin), ge-
gründet durch Q. Caecilius Metellus Pius um 80 v. Chr., Norba, offiziell
col. Caesarina (bei Cäceres), vielleicht ursprünglich nach der gleichnamigen
Yolskerstadt benannt, hatten später geringere Bedeutung. Bei Turgalium
(Trujillo) zeigen die Denkmale der Römerzeit einen barbarischen Charakter.
Der Name der Igaeditani ist in Idanha erhalten. In der Nähe von
Alcantara (arab. Gründung) die berühmte Traiansbrücke über den Tagus,
erbaut auf Kosten der nächstinteressierten lusitanischen Gemeinden, die
Igaeditani an der Spitze, durch den Baumeister C. Julius Lacer. Die
Gegend im nördlichen Lusitanien, namentlich die bergige Landschaft
der Vettones, behielt die Gauverfassung und den enchorischen Eultur-
zustand am längsten bei. Hier lagen Salmantica (jetzt Salamanca),
Caesar obriga (bei Talavera de la Beina), Augustobriga (Talavera la
vieja). Berühmt war die Schafzucht, wofür die Gegend vorzüglich ge-
eignet war, während der Ackerbau zu spärliches Terrain fand.
B. Die „provincia ulterior*, mit der Hauptstadt Cor duba, zerfiel
nach der Augustischen Organisation in die 4 conventus von Gades, Cor-
duba, Astigi, Hispalis; sie enthielt 175 Städte (darunter 9 coUmiae^
10 municipia, 27 dvitates iuris LcUini, 6 liberae^ 3 foederatae, 120 stipen-
diariae), — Vor allem die südliche Landschaft hatte eine stattliche Reihe
von Yollbürgergemeinden aufzuweisen, deren Gründung zum Teil in die
Zeit der Republik zurückreicht (vgl. bell. Hispan. c. 7: ex coloniis quae
fuerunt in his regionibus): Corduba (Cordova), Hispalis (Sevilla), Italica
(bei Sevilla). Astigi, offiziell col. Augusta Firma genannt, lag (beim heutigen
Ecija) am Singilis. ücubi, offiziell colonia Ciaritas Julia (bei Espejo).
Tucci, col. Augusta Gemella (bei Martos). Sabora, ein municipium Ha-
vium, bekannt durch ein von Vespasian ihm verliehenes Privileg, als es
vom Berg in das Thal übersiedelte, bei Canete. Im Hochthale des Singilis,
entsprechend dem späteren Granada, die «Neustadt' Illiberis, dessen Name
in der benachbarten Sierra de Elvira erhalten ist. Sonst haben wenige
der kleineren Städte ihre Namen bewahrt, so Carmo (jetzt Carmona),
Ostippo (jetzt Estepa), Olaura (jetzt Lorilla), Anticaria (jetzt Ante-
quera). Igabrum (jetzt Cabra), Asido (Medina Sidonia). Ln conventus
GaditanuSy den punischen Süden der Baetica umfassend: Iluro (jetzt Alora),
Cartima (jetzt Cartama), Malaca (jetzt Malaga) u. a. Von den bei
Mola, Plinius, Ptolemaeus genannten Eüstenstädten sind mehrere noch
nicht nachgewiesen; ebenso viele Ruinen nicht identifiziert. Den Schlacht-
ort Baecula, der aus dem 2. punischen Krieg bekannt ist; hält man für
identisch mit Baylen. — Die Mehrzahl der Namen sind jetzt arabisch oder
8. Hispanien. (g 40.) 91
neuspanisch. Die Beziehungen der Baetica zu der gegenüberliegenden
mauretanischen Landschaft blieben in Krieg und Frieden sehr lebhafte.
Gades (jetzt Gadiz), wo sich das punische Element behauptete, gehörte
als „municipium Augustum^ zu den reichsten Städten des römischen Reiches,
wie die Baetica überhaupt zu den blühendsten Provinzen; der Handels-
verkehr mit Italien war ein sehr lebhafter.
G. «Hispania citerior'' hatte seit Augustus (statt des früheren
Karthago nova) das für den Landverkehr zwischen Rom und den militä-
risch besetzten nordspanischen Gegenden günstig gelegene Tarraco zur
Hauptstadt. Die Provinz zerfiel in drei Diözesen (Asturia et Gaüaecia;
Tarraconensis; die Diözese des Binnenlandes) und in sieben Gerichtssprengel
(conventus) mit den Hauptorten: Karthago nova, Tarraco, Gaesar-
augusta, Glunia; Lucus Augusti, Bracaraugusta und Asturica
Augusta. Die letzteren drei Orte lagen in Asturien, das von Anfang an
innerhalb der Provinz eine besondere Stellung einnehmend, im 3. Jahr-
hundert mit Gallaecien einen eigenen Statthalter bekam. Während das
heutige Asturien nur an den Nordabhängen des Gebirges sich ausdehnt,
sassen im Altertum asturische Stämme auch südwärts um Leon und
Astorga; danach wurden die „Augustani'' (von Asturica Augusta) und die
„trammontani^ unterschieden. Bezüglich letzterer findet sich als Heimats-
bezeichnung (Brambach 478): y, Astur transmontanus castel(lo) Intercatia^;
woraus wir ersehen, dass die Heimatsgemeinde nicht städtisch organisiert
war. — Diese Gegenden wurden bei der Aushebung zu den Auxiliar-
truppen stark herangezogen: sie stellten 5 Gehörten Bracaraugustani und
Lucenses, 6 Gehörten Astures. Auch in der übrigen Hispania citerior
können wir danach die Yölkerschaftsverhältnisse abschätzen: die Aravaker
stellten zwei cdae, die Gantabrer, Vasconen, VarduUer je zwei Gehörten;
während die Kontingente des südlichen Teils der Provinz schlechtweg als
«Hispani* (wenigstens eine ala und sechs Gehörten) dienten. Man sieht, dass
diese nordspanischen Distrikte einen ganz anderen Gharakter haben als die
südspanischen: hier alte Givilisation, dort enchorische Zustände, welche der
Givilisation nur langsam näher rücken. Im Süden erwachsen Dichter, hier
Soldaten. — Im Gonventus Bracaraugustanus nennen die Inschriften bar-
barische Götter- und Personennamen. In der Ruinenstätte von „Gitania*"
scheinen Bezeichnungen der Häuser oder vielmehr Hütten vorzukommen,
z. B. in der Inschrift: Coroneri Camali domus. Ausserdem fand man rohe
Gefässe mit unrömischen Namen. Manche Ortsnamen haben sich erhalten:
Tudae in Tuy am Minho, Bragantia in BragauQa, auch Flussnamen:
eine Göttin Nabia oder Navia lebt in dem Flusse Navea fort. Für diese
Landschaft warBracaraugusta (Braga) das Kultm*zentrum. Auch Aquae
Flaviae (Ghaves) kam zu Bedeutung. Beide heute zum Königreich Por-
tugal gehörig, das seinen Namen dem Hafen von Braga, dem portus
Cale, verdankt. — Der „conventus Lucensis^ entspricht im allgemeinen der
spanischen Provinz Gallaecien; Lucus Augusti, der Hauptort, dem heu-
tigen Lugo. Asturica Augusta, die Hauptstadt des „Gonventus Astu-
rum', ist das jetzige Astorga. — Die alten Gauverbände wurden erst nach
und nach in eine Reihe von städtischen Gebieten umgewandelt, wie au9
92 A. Geographie Ton Italien nnd dem Orbis Romaaiu.
den statistischen Angaben zu entnehmen. So gab es zur Zeit des Augustus
"(abgesehen von den Inseln) in dieser Provinz 293 selbständige »civi-
tates^; nämlich 179 städtische Gemeinden (unter denen 12 coloniae,
13 oppida civium Romanorum, 18 oppida mit im Latii, 1 urbs foederata,
135 civitates stipendiariae unterschieden werden), und 114 ländliche Ge-
meinden, welche keine Stadt hatten. — Bei Heimatsangaben steht neben
der Gemeinde wohl auch der „conventus" verzeichnet, z. B. Aquifiaviensis
ex conventu Bracaraugustano; in den Soldatenlisten verzichtete man viel-
fach auf die Angabe der Gemeinde, die dem Fernerstehenden eben ein
„spanisches Dorf*" war und begnügte sich mit der allgemeineren Bezeich-
nung, z. B. Astur. Im Lande selbst benannte man sich nach dem Stamme,
dem man angehörte, z. B. dem der Zoelae (Mittelpunkt bei Castro d' Avellos),
oder als Gigurrus (vom Stamme der Gigurrer, in dessen Gebiet das sonst
unbekannte oppidum Calubriga genannt wird). Manchmal wird auch das
Geschlecht angegeben, z. B. cives Orgnom{e$cus) ex gent{e) Pembelor{um).
— (Im die Mitte des zweiten Jahrhunderts zählte man in der Tarra-
conensis 275 selbständige dvitcUes, darunter nur mehr 27 nichtstädtische
Gemeinden.
Während die Städte italischer Ordnung in der Baetica und in Lusi-
tanien vorwiegend im Binnenlande sich finden, lagen sie in der Tarraco-
nensis überwiegend an oder unfern der Küste; so Karthago nova, Ilici
(jetzt Alcudia bei Elche), Valentia (jetzt Valencia), Dertosa (Tortosa),
Tarraco, Bar ein o (Barcellona). Im Binnenland tritt das von Augustus
gegründete Gaesaraugusta (Saragossa) hervor. Im „conventus Caesar-
augustanus" lagen Pompaelo d. i. Pompejopolis (Pampelona), Galagurris
(Calahorra), Turiaso (Tarazona), die col. Julia Celsa (jetzt Velilla),
Birbilis oder Bilbilis (Calatayud), Gomplutum (Alcala de Henares). —
Glunia (bei Corufla del Conde), die Hauptstadt des danach benannten
Conventus, wird unter Hadrian Kolonie genannt. Sonst sind die Namen
der alten Orte vielfach erhalten: Pallantia (jetzt Palencia), Segontia
(Siguenza), die Stadt der Arevaci, Uxama (Osma), die Stadt der Argaeli,
Termes oder Termentia (j. Tiermes), Tritium Magallum (Tricio), Segi-
samo (Sasamon), dessen ager nach einer Inschrift in der früheren Kaiser-
zeit an die „prata leg. III** grenzte, wie auf einer anderen Seite der ager
von Juliobriga (im Gebiete der Cantabrer). — Im „conventus Cartha-
giniensis*' lagen ausser den genannten Orten noch Avella (jetzt Avila);
Toi et um, auf einem schwer zugänglichen Felsvorsprung über dem Tagus,
früher der feste Mittelpunkt der Carpetani, später der Westgoten, während
die Gegend der jetzigen Hauptstadt Madrid an römischen Funden sehr
mager ist. Eine nahe gelegene Ruinenstätte, el despoblado de Meaques,
bewahrt den Namen der Station Miacum. Oretum (jetzt Oreto) gab
dem Stamme der Oretaner den Namen. In deren Gebiet auch Mentesa
Oretanorum (zum Unterschied von Mentesa Bastitanorum). Dann werden
in römischer Zeit dahier noch genannt: das municipium Laminium, die
colonia Libiosa, das municipium Hugo (bei Santisteban), das munici-
pium Baesucci, ferner Tugia (Toya la vieja), die colonia Salaria (beim
heutigen Ubeda la vieja), das municipium Aurgi (Jaen), die colonia Julia
8. mspuden. (§ 41.) 93
Gremella Acci (Guadix), das municipium Caesarinum Juvenale Castulo
(Cazlooa).
Von Bedeutung für die diesseitige Provinz war in der Eaiserzeit der
umstand, dass sie eine Garnison, anfangs von drei, seit Domitian von einer
Legion hatte. Die Bezirke, welche den einzelnen Legionen unterstanden,
waren territorial abgegrenzt, wie eine Reihe von 4 Grenzsteinen beweist,
welche die praia legionis IUI (Macedonicae) von dem Territorium von Julio-
briga nach Norden terminieren und ein Grenzstein, welcher den Legions-
bezirk von der Stadtfiur von Segisamo nach Süden abgrenzt. Vgl. Schulten,
Das Territorium legionis. In ,, Hermes' XXIX 485 f. und 513. Aus dem
Hauptquartier der legio VII gemina ist die Stadt Leon (von »legio") ent-
standen. Mit Rücksicht auf die Dislozierung der Truppen (hauptsächlich
um die nordwestlichen Distrikte im Zaum zu halten) wurde auch das
Strassennetz der Provinz umgebaut, so dass die Kommunikationen der
Eaiserzeit von denen, die Pompeius (im Kriege gegen Sertorius) und Caesar
(im „spanischen Kriege'*) für ihre Operationen benützt hatten, wesentlich
differieren. Die Küstenlandschaft bezeichnet Strabo als Tarraconensis
stogata'', da die Assimilierung an römisches Wesen hier frühzeitig eintrat.
41. Das Itinerar. Die Hauptverkehrsader, die den Süden der spani-
schen Landschaften mit dem Norden verband, führte von der Mündung des
Anas über Hispalis nach Emerita, von da nordwärts nach Salmantica und
Asturica Augusta; während sie hier östlich nach Caesaraugusta sich ver-
zweigte, waren die gallaecisch-asturischen Hauptstädte, zunächst Bracara
und Asturica, durch mehrere Linien mit einander verbunden. — Vom Ebro
führten Strassen nördlich nach den Pyrenäenpässen; die bedeutendste über
Pompaelo nach Burdigala, eine andere von Caesaraugusta nach Bene-
amum in Gallien.
Ein Strassenzug ging von Emerita durch das Innere Spaniens über
Caesarobriga, Toletum, Segontia nach Caesaraugusta, dem wichtigsten
Knotenpunkte des nordspanischen Verkehrs, von wo durch Nebenlinien
die Verbindung so\«ohl den Ebro aufwärts als auch, entweder direkt über
Celsa oder über Osca und Herda (am Fluss Sicoris, heute Segre), nach
Tarraco hergestellt war.
Längs der Küste des Mittelmeeres verband die älteste von den Römern
in dieser Provinz angelegte Strasse Karthago nova, Tarraco, Barcino und
Emporiae mit dem zu allen Zeiten meistbenutzten östlichen Pyrenäenpass
von Juncaria (La Junquera).
In der Baetica führte eine Strasse dem Meer entlang, eine andere
von Malaca nach den Haupstädten der Provinz, nach Hispalis und Corduba.
Von da gingen beide Züge weiter bis Emerita, dem grossen Emporium im
Südwesten.
Den Baetis entlang zog eine Strasse, auf der einen Seite von Cor-
duba über Astigi und Hispalis nach Gades, auf der anderen über Castulo
an die Küste nach Valentia und Karthago nova; die sog. „via Augusta**^
welche Caesar begonnen, Augustus und die folgenden Kaiser ausgebaut
hatten. Sie durchzog die alten Bergwerksdistrikte des südöstlichen
Spaniens.
94 A. Geographie von Italien und dem Orbis Bomanna.
Neben dem Itinerariiun AntoDini kommen die drei Silbergefäase (in Form von Meilen-
säulen), die 1852 bei Vicarello (am lago di Bracciano» s. oben) gefunden sind, in Betracht,
welche eine von S.W. nach N.O. gehende Hauptetrasse mit Stationen und Distanzen angeben
(Route Gades-Rom). Die Stationenverzeichnisse von Vicarello sind älter als das auf die
Zeit Diocletians zurückgehende Itinerarium Antonini; und zwar steht das Itinerar N. 3 dem
Itinerar. Anton, der Zeit nach am nächsten, N. 1 ist das älteste, N. 2 steht in der Mitte.
Vgl. Hbnzbn, Altertümer von Vicarello. Rh. Mus. N. F. X (1853) S. 20 fF. — Manche der
spanischen Römerstrassen sind bis in die neuere Zeit in Gebrauch geblieben, so die zwischen
Emerita und Salmantica als Silberstrasse (el camino de la plata) bezeichnete, die bis 1750
fast unversehrt erhalten war. — Die zahlreichsten Meilensäulen sind in der Tarraconensis
gefunden, zunächst an den von Bracara auslaufenden Strassen; dann an der «tno Äugusta"^.
Die neueren Spezialuntersuchungen über einzelne Strassenzweige verzeichnet HObneb im
Supplement zu Corp. 11. Doch bleibt auf diesem Gebiet noch viel zu thun übrig.
42. Die Inseln. Die der spanischen Ostküste vorgelagerten Inseln
werden von den älteren Griechen rvfiv/jaiai genannt, von den späteren
und von den Römern Baleares. Der Name beschränkt sich gewöhnlich auf
die zwei grösseren Inseln, von denen die eine als majore die andere als
minor (im sechsten Jahrhundert n. Chr. bei Procop: Maiorica, Minorica) be-
zeichnet wurde. Die Einwohner dienten in den karthagischen und später
auch in den römischen Heeren als Schleuderer.
Die Inseln wurden im 7. Jahrhundert v. Chr. von den Phönikem
besetzt, durch welche die dem Festlande zunächst gelegene mit einem vor-
trefflichen Hafen versehene den Namen Ebusus (griechisch HiTvoikfaa,
jetzt Ibiza), d. i. die Fichteninsel erhielt. An dieser Benennung parti-
zipierte auch die benachbarte „ Schlangeninsel ** Ophiusa.
In die Zeit der punischen Herrschaft weisen die Namen der auf
Minorica (heute Menorca) gelegenen Städte Jamo (jetzt Ciudadela) und
Mago (jetzt Mahon) zurück, die unter Vespasian als Municipien konsti-
tuiert und von Trajan mit einer Strasse verbunden wurden. Die auf
Maiorica (heute Mallorca) gelegenen Orte: Palma und Pollentia (Pol-
lenza), sind Kolonien, welche die Römer im Jahre 123 v. Chr. auf der
zum Räubemest gewordenen Insel mit bereits latinisierten Südspaniem
besiedelten. In der Nähe von Pollentia die Gemeinde Bocchori, bekannt
aus einem Patronatsdekret vom Jahre 6 n. Chr. — Nach der augustischen
Einteilung gehörten die Balearen zwar zur Tarraconensischen Provinz,
waren aber doch als eigener Bezirk derselben organisiert. Da sie als
Deportationsorte für hochgestellte Persönlichkeiten dienten, war auch ein
militärisches Detachement hier. In der nachdiocletianischen Zeit haben
die Inseln ihren eigenen Statthalter.
Corp, inseript, Latinar. Bd. II (1867) von E. Hübnbb (mit Karte von Kikprbt).
Hiezu HüBKBBS Reiseberichte aus dem Anfang der sechziger Jahre in den Monatsberichten
der Berliner Akademie und den Ännali delV instituto archeol. Ueber die antiquarischen
und epigraphischen Ergebnisse einer im Aug. 1886 ausgeführten Bereisung der balearischen
Inseln referierte Hübneb in der Berliner archAol. Gesellschaft 1886 November. — Nach-
trage zu Corp. n in Ephemeris ^r. I, 44-48, 182—186; IF, 233—249; III, 31—52, 109
bis 202; IV, 3—24. Jetzt vereinigt in dem Supplementband zu Coip. II (1892, mit Karten).
Ueber die kartographische Grundlage vgl. H. Kibfebt, FortMte orhU antiqui (1894); Karte
und Text. — E. Hübnbb, Inscriptiones Hispaniae christianae (Berlin 1871). Nachtrag hiezu
in Hübneb, Inscriptiones Britanniae christianae (1876). — E. Hübnbb, Tanraco und seine
Denkmäler, in Hermes I, 77 ff. (Bietet Beiträge zu einer ,| genauen, auf Ortskenntnis und
sorgfältige Interpretation gegrOndeten Behandlung der römischen FeldzQge in Spanien''.
„Die Kommentaina zum Livius, auch der neueste sorgfältige von Wbissenbobn, enthalten in
allem auf spanische Dinge bezüglichen, noch viele an sich sehr verzeihliche Irrtümer*). —
Derselbe, „Drei hispanische Völkerschaften", in .Hermes'' I, 337 ff. — E. Hübnbb, „Citania,
S. Hispanien. (§ 42.) 95
^tertOmer in Portugal'', Hermes XV, 49 ff. (gibt zugleich ein Yerzeiclmis der Arbeiten
portugiesischer Forscher). — Diese Aufsätze findet man jetzt vereinigt und vermehrt in
HüBKBRS Buch über die , Römische Herrschaft in Westeuropa" (Berlin 1890) S. 167 ff. —
Der Text der Natural, hist. des älteren Plinius für Hispamen ist in den letzten Jahren
mehrfach berichtigt worden, wofOr Hauo, Ber. über römische Epigraphik in Bukst ans
Jahresber. 1894 eine bequeme Zusammenstellung bietet. Ebenda ist über die zwischen
Hübner und DeÜefsen stnttige Abgrenzung der eonventus in dei Baetica referiert, wozu jetzt
EisPBRTS neueste Karte (Karton: conventtis iuridici in Hispania a Romanis congtituti) zu
vergleichen ist; wo aber auch Differenzen zu bemerken sind, z. B. wenn Urci zur Baetica
statt zur Tarraconensis gezogen erscheint, während Dbtlbfsbn bei Plinius an drei Stellen
statt ürcl vielmehr Murgi (bei Campo de Dalias) setzt, das von diesem Autor als „Baetiae
finis"* bezeichnet wird. (III, 8 cf. 6 und 17). Vgl. Hauo a. a. 0. S. 208. Auch sonst
bestehen über die Abgrenzung der Baetica von der Tarraconensis im einzelnen Zweifel.
Vgl. MoMMSKN in „Hermes* XVH S. 642. Die Angaben des Plinius und des Ptolemaeus
differieren. — Grundlegend sind die Arbeiten von D. Dbtlbfsbic über die Geographie der
Provinzen Baetica, Tarraconensis und Lusitania bei Plinius in Philologus XXX
(1870) 265—310; XXXII (1872) 600—668; XXXVI (1877) 111—128. Femer der Aufsatz
in den Commentationes philol. in honorem Mommseni p. 23 ff.: «Yarro, Agrippa und
Augustus als Quellenschriftsteller für die Geographie Spaniens*. (nScnöne, der
Hauptsache nach im Ergebnis zweifellos sichere Untersuchung DeÜefsen's über die Quellen-
schnftsteller des Plinius in der Geographie Spaniens.* Mommsbn in Hermes XYIH 198,
vgl. 203). — Von demselben, „Ueber die Weltkarte des M. Agrippa* (Glückstädter
Programm 1884) und als Fortsetzung: Vermutungen über Varro*s Schrift de ora mari-
tima* (Untersuchungen zu den geographischen Büchern des Plinius 2) in „Hermes* XXI
(1886) S. 240 — 265. — Vgl. hiezu auch R. Rbitzenstbik, Die geographischen Bücher Varro's,
in .Hermes* XX S. 514—551; bezüglich Spaniens S. 530 ff. 543 f. — R. Zimkbrmann,
Quibus auctoribus Strabo in Ubro tertio geographicorum conscribendo usus sit, quaeritur,
Pars prior (dissert. inaug,) Halts Saxonum, 1883. — £. Schwbdbb, Beiträge zur Kritik
der Chorographie des Augustus. Dritter Teil: Ueber die „Chorographie*, die römische Quelle
des Strabo und über die Provinzialstatistik in der Geographie des Plinius, Kiel 1883. —
J. Mabquardt, Rom. Staatsverwaltung P S. 251—260. — H. Kiepert, Lehrb. der alten
Geographie § 414 — 429; letzterer behandelt namentlich auch die ethnographischen Verhält-
nisse des Landes: die Iberer und die Kelten, sowie die Art und Weise von deren Siedelung.
Vgl. hierüber speziell Kibpbbt, Beitrag zur Ethnographie der iberischen Halbinsel, in
Monatsber. der Berliner Akad. 1864 (mit Karte). — Domaszbwski über die Organisation der
Hispania dterior. Rhein. Mus. 1890 S. 5 ff. — Th. Mommsbit, Die Konskriptionsordnung der
römischen Kaiserzeit, Hermes XIX (1884) 1—79, 211—234. Wichtig für das Verständnis
der praktischen Bedeutung, welche die Reichsstatistik hatte, wie sie bei den Geographen
namentlich für Spanien vorliegt. — Th. Mommsbut, Römische Geschichte, Bd. 5, Gap. 2:
Spanien. Mit Karte von Kibpert. — A. HIblbr, Die Nord- und Westküste Hispaniens.
Ein Beitrag zur Geschichte der antiken Geographie, (Programm) Leipzig 1886. Die Fehler
der antiken Geographen in der Zeichnung der West- und Nordküste erörternd. Polybius,
Mela und Ptolemaeus sind eingehend behandelt. — R. Schnbidbr, llerda. Ein Beitrag zur
römischen Kriegsgeschichte. Mit einer Karte von H. Kibpbbt, a) Uebersichtskarte für die
Kämpfe bei Lerida; b) Lerida und nächste Umgebung, Berlin 1886. Eine musterhafte
Untersuchung, mit Heranziehung der modernen militärischen und kartographischen litteratnr.
Eine Ansicht des heutigen Lerida ist beigegeben. Octogesa lag (nach Stoffel) beim heutigen
Flix. Vgl. KiBPBRTS „Formae'^f Text. — W. Judbioh, Caesar im Orient, Leipzig 1886.
Gibt 8. 191 ff. auch eine Schilderung der damaligen Situation in Südspanien, mit karto-
graphischer Skizze eines Teiles der Baetica.
Wichtig für die Topographie und Ethnographie Spaniens in der vorrömischen Zeit
sind (neben einigen vierzig iberischen Inschriften) die zahlreich erhaltenen Münzen mit
iberischer Legende; vermöge deren es möglich, sein wird ^von dem Werk der beiden älteren
Träger des berühmten Namens Scipio, Publius und Cneius, ein genaueres und richtigeres
Bild zu entwerfen, als bisher geschehen ist*. — Vgl. E. Hübneb, Monumenta linguae
Ihericae. Adiecta est tabula geographica (von H. Kibpbrt). Berlin 1893. — Bbrlanga,
Les monnaies puniques et tartessiennes delV Espagne in Comment, philolog. in honorem
Mommseni, p. 805 ff. — Zobbl db Zanoböniz, £^udio histMco de la Moneda antigua
Espdhola desde su origen hasta el Imperio Romano, Madrid 1878. Das Hauptwerk. (Einen
Aaszug daraus gab der Verfass. in den Monatsberichten der Berl. Akad. 1881, S. 806—822).
NomenÜich sind wichtige Resultate erzielt p. 73 ff. über die ^conquista de Espana por los
Cartagineses* überhaupt und die Herrschaft der Barkiden in Spanien insbesondere: „razon
histörica de la emision monetal de los Barkidas^, In Carthago nova schlugen Hamilcar
und seine Söhne auf eigene Faust Münzen. Hiezu p. 121 ff., wo die Gegenbestrebungen
96 A. Geographie von Italien und dem Orbis Bomanns.
der Römer auseinander gesetzt werden. Auch die Beziehungen der Karthager zu den spa-
nischen Eingeborenen, wie zu den griechischen Städten vor Ausbruch und während des
zweiten punischen Krieges erfahren neue Beleuchtung. Vgl. p. 89 ff. — Im übrigen bleibt
W. V. Huxboldt's „Präung der Untersuchungen über die ürbe wohner Spaniens vermittelst
der baskischen Sprache ** die grundlegende Arbeit. Es sind darin die iberischen Namen der
Berge und Flüsse, der Volker, Städte und Personen, die bei den alten Autoren vorkommen,
zusammengetragen und mit baskischen Etyma in Vergleich gebracht Neuerdings sind
dieselben Fragen von Phillips in den Sitzungsber. der Wiener Akad. 1870 — 1872 b^andelt
worden. — Von spanischen Publikationen kommen in Betracht die Schriften von Gean Bbr-
HUDBZ, namentlich dessen sumario de las antigüedadea Romanos gue hay en Espana, Madrid
1832, das auch Momhsrn in der Abhandlung über die leges von Salpensa und Malaca an-
führt, und die Memarias de la aeademia de la historia, dUe man bei Hübneb citiert findet.
Veher daa Werk Ästurias monumental, epigrdfica y diplomaHca^ datos para la historia
de la provincia por D. Ciriaco Miguel Vigil. Zwei Bände. Oviedo 1887, vgl. Hübhbb
in der „Deutschen Litteraturzeitnng" 1888 N. 20. Sonstige spanische Litteratur ist von
HObneb im Corp. i. Lat. wie auch in dem Werke »Römische Herrschaft*^ u. s. w. besprochen.
Ueber die Lage von Nnmantia (bei Sora) vgl. Corp. H suppl. p. 929.
4. Der gallische LändersprengeL
43. Einleitendes. Gallia ist der Name der Landschaften, in denen die
Völkerschaften der Gallier oder Kelten (oder Galater) sich sesshaft gemacht
hatten; diesseits der Alpen, jenseits der Alpen, in Kleinasien u. s. w. Im
engeren Sinne ist aber damit das Ländergebiet zwischen Alpen, Pyrenäen
und beiden Meeren gemeint, der Hauptsitz der keltischen Nation, von wo
aus sie nach Britannien, Spanien, den Donauländern, nach Italien u. s. w.
sich zu verbreiten unternahm.
Innerhalb dieses Länderbezirkes machten sich ethnographische Ver-
schiedenheiten bemerkbar, wonach die stark mit germanischen Elementen
versetzte Belgica im Norden, die Geltica in der Mitte, die iberische
Aquitania im Südwesten unterschieden wurden. Im Süden sassen
Ligurer.
Die erste Kenntnis dieser Verhältnisse kam den alten Kulturvölkern
zu durch die Vermittlung der Massilioten, deren Stadt um das Jahr 600
V. Chr. unfern der Rhonemündung von den Phokäern gegründet worden war.
Von hier aus wurden Handelsbeziehungen quer durch das Keltenland hin-
durch bis an das nördliche Meer angeknüpft; man lernte die Gestaltung
der westlichen Küste von Hispanien an (mit dem Vorsprung der Bretagne)
bis nach Britannien und Germanien hin kennen (Pytheas von Massilia im
4. Jahrhundert v. Chr., dessen Darstellung Eratosthenes zu Grunde legte) ;
ebenso die grossen, schiffbaren Ströme, die meistenteils ihre Namen bis
auf den heutigen Tag erhalten haben: so ßhodanos (Rhone), Druentia
(Durance), Isara (Isöre), Garumna (Garonne), Ligeris (Loire), Sequäna
(Seine), Samara (Somme), Rhenus (Rhein), Mosa (Maas), Scaldis (Scheide);
der von den Römern aJs Arar bezeichnete Fluss heisst Saöne von Sau-
conutty dem anderen vielleicht vorkeltischen Namen des Flusses, der nach
und nach wieder in Gebrauch kam und von Ammianus im 4. Jahrhundert
n.Chr. erwähnt wird. Matröna, die Marne; Icauna, dieYonne; Cora, jetzt
Cure, Nebenfluss der Yonne u. s. w.
Das innere Gallien ist charakterisiert durch das Vorherrschen ebener
und hügeliger, zum Anbau wohl geeigneter Landschaften; einzelne Berg-
rücken, wie der Cebenna (Cevennen) hatten die Bedeutung einer Völker-
4. Der gallisohe Lftndersptencrel. (§ 44.) 97
scheide (zwischen Kelten einer-, dem iberischen und ligurischen Element
andererseits). Neben dem Gebenna haben auch der Jura^ der Arduenna
(Ardennen), der Vosagus (Vogesen, franz. Vosges) ihre Namen bewahrt.
Im 2. Jahrhundert v. Chr. setzten sich die Römer fest, die eine Land-
verbindung mit Spanien anstrebten; sie richteten (122 v. Chr.) einen Ver-
waltungssprengel ein, der nachher im Gegensatz zur cisalpinen „Oallia
togata" wohl als „Oallia bracata*^ bezeichnet, für gewöhnlich aber nach
der hier (118 v. Chr.) gegründeten Kolonie Narbo Martins die „pro-
vincia Narbonensis" genannt wurde. Doch überwog das Gebiet der ver-
bündeten Griechenstadt Massilia das unmittelbar römische an Umfang
und Bedeutung; bis Julius Caesar zur Strafe für die feindselige Haltung
der Stadt während des Bürgerkrieges sie um den grössten Teil ihres Ge-
biets strafte und in demselben eine Reihe von Yeteranenkolonien anlegte.
Seitdem erlangte das römische Element in Südgallien das entschiedene
Übergewicht, während Massilia sich als griechische Enklave desselben bis
tief in das Mittelalter hinein erhielt.
Durch Julius Caesar wurde das innere Keltenland, die „Oallia comata",
bis an den Rhein annektiert; worauf Augustus (16 — 13 v. Chr.) die Or-
ganisierung dieser ausgedehnten Ländergebiete vornahm, in denen während
der folgenden Jahrhunderte die Bildung der kelto-romanischen Rasse sich
vollzog, die in ihren Tugenden und Schwächen bis auf den heutigen Tag
den Stammvätern ähnlich geblieben ist. Eigenschaften, die der alte Cato
in dem Satze charakterisiert hat: „Oallia duas res industriosissime per-
sequUur, rem müifarem et argute loqui,** Die gallo-römische Litteratur der
Kaiserzeit und selbst die Inschriften zeigen einen eigentümlich rhetorischen
Aufputz, in den besseren Erzeugnissen auch Esprit.
44. Die Völkerschaften, die Caesar unterwarf, sind von ihm ge-
schildert; wichtig ist der Bericht des Tacitus über die Ereignisse des Vier-
kaiserjahres; für die spätere Zeit Ammianus Marcellinus; zugleich lernt
man die Wandelungen der Organisation kennen. Häufig waren die „Attri-
buierungen** kleinerer Stämme an grössere, z. B. der Boii an die Aedui
schon durch Caesar (b. G. 7, 9), infolgedessen erstere bei Ptolemaeus nicht
genannt sind, während sie auf Inschriften bei Angabe der Herkunft z. B.
von Soldaten erwähnt werden. Das Gebiet der Hei votier ist bei Caesar
genau beschrieben. Es zerfiel in vier pagi, von denen jener der Tiguriner
der bedeutendste war. Über die von Caesar angegebenen Zahlen vgl.
Beloch, Bevölkerung der griechisch-römischen Welt S. 450 flf. Jenseits
des Jura grenzten an die Helvetier die Sequaner (Hauptort Vesontio,
jetzt Besanfon). Diese waren die Feinde der Aeduer, von denen der Fluss
Arar sie schied; deren Hauptort war Bibrade (mont Beuvray), später Augu-
stodunum (Autun); sie selbst zu Caesars Zeit das angesehenste der kelti-
schen Völker und das erste, das sich den Römern anschloss. Die Allo-
broger grenzten im Norden an die Sequaner, gegen Westen an die Segu-
siaver, gegen Osten an die Helvetier, gegen Süden an die Vocontier und
die Cavares. Ihre Hauptstadt war Vienna, der Grenzort gegen die Hel-
vetier Genava (Genf) am lacus Lemanus (Genfer See). Ferner ist Cu-
laro zu erwähnen, das wie Genava im Laufe der Zeit zu einer selbständigen
Bamlbiich der kUn. AltertümawiMenachAft. m, 3. 2. Aufl. 7
98 A. Geographie von Italien und dem Orbis Romamifl.
civüas „Gratianopolis^ (Qrönoble) erwuchs. Savoyen bildete einen Gau des
Gebietes der Allobroger (pagus Savogninus^ bei Ammian und in der Not.
dign. Sapaudia). Ein römischer Prokurator hat im Alpenort Axima (Aime) in
Savoyen für die glückliche Erlösung aus dieser Einöde mile magnas arbores
gelobt. Corp. Xu, 103. — Östlich anstossend sassen die Nantuates, die
zu den vier Stämmen der Yallis Poenina (Wallis) gehörten, aber sich ge-
legentlich eine Gebietsschmälerung zu Gunsten ihrer Nachbarn gefallen
lassen mussten, wie z. B. Genava als selbständiges Stadtgebiet konstituiert
wurde. Die Arverni (Auvergne, Hauptort Nemossus, später Augustone-
metum genannt, jetzt Clermont) mit ihren Schutzverwandten stellten gegen
Caesar ebenso viele Mannschaften wie die Aeduer. Die Lingones, die
nördlich bis zu den Trevirern, südlich bis zu den Sequanem reichten,
hatten Andomantunum (Langres) zum Vorort. Die Remi (Reims), denen
zeitweilig die Suessiones (Soissons) zugeteilt waren, galten als der vor-
nehmste von den Römern begünstigte Stamm in der Belgica. Denn die
Rechtsstellung jedes einzelnen Stammes war bei der Unterwerfung von
Caesar gesondert festgesetzt worden, um kein gemeinschaftliches Inter-
esse aufkommen zu lassen, was Jahrhunderte lang nachgewirkt hat.
Als im Jahr 68 der dem keltischen Adel entstammende Statthalter Julius
Yindex die Gallier gegen Nero aufrief, schlössen sich die Lingones, die
Trevirer und die am Rhein sitzenden Stämme nicht an, ebensowenig Lugu-
dunum, das auf ehemaligem Allobrogerboden gegründet, einen dem be-
nachbarten Yienna entgegengesetzten Standpunkt vertrat. Während des
Yierkaiserjahres begünstigte jeder Prätendent verschiedene Interessen,
durch Steuernachlässe, Erteilung des latinischen Rechtes u. dgl. m. — Der
Verkehr längs der Meeresküste war seit alten Zeiten in den Händen der
seeherrschenden Nationen, erst der Phöniker, dann der Griechen. Die
Strasse von der Rhone zu den Pyrenäen legte Cn. Domitius Ahenobarbus
an, der Besieger der Arverner. Aber schon Hannibal war im Jahre 218
diesen Weg gezogen. Und ebenso hatte er und sein Bruder Hasdrubal
die Alpenstrassen (sei es nun die über den kleinen Bernhard oder die
über den Mont Genävre) eröffnet, die nachher von den Römern ausgebaut
wurden; namentlich die von Turin über den Mont Genövre nach Arles
führende, die Hauptader der Narbonensischen Provinz, die sich wieder
mehrfach verzweigte: ein Weg ging von Brian^on (Brigantio) über
Grenoble (Cularo) nach Vienne, ein anderer von Gap (Vapincum) durch das
Gebiet der Vocontii nach Valence (Valentia). Den Verkehr im Innern
der Provinz vermittelte die gleichfalls uralte Strasse längs der Rhone von
Arles nach Lyon. Das linke Rhoneufer wurde erst im 2. und 3. Jahr-
hundert n. Chr. mit einer zum Fluss parallel laufenden Strasse (bis Vienne)
versehen.
Vgl. Strabo, B. IV, bei dem Polybios, PoBidonins, Artemidor von Ephesas, Caesarea
Eommentarien und Timagenes verwertet sind. Dem Posidonius verdanken wir das Beste,
was wir von den älteren gallischen Zuständen wissen. Aach Cäsar hat ihn benutzt. —
Plinius n. h. lY, 106—109 gibt eine Liste ethnogi-aphischer Art, nicht administrativer; fOr
Aquitanien hat er 42, für die Lngudunensis 26, für die Belgica 82, im ganzen 100 Namen.
Hingegen zählt Ptolemaeus die 64 civitates der Augustischen Organisation auf. Ptole-
maeus, lib. II c. 7 ff. (ed. Ch. Müllbr, Paris 1884, vol. I, p. 198 ff.). Ahmiancs Mafcri-
UNüS; „De situ locorum Galliarum et de figuris moribusque hominum'^ (cf. Amm. XV, 9 ff.).
4. Dar gaUisohe L&nderaprengel. (g$ 45—46.) 99
— Ueber die Bezeichnung: GaJlia iogata, bracata, comata vgl. Ephem. epigr, VII p. 446 f.
AuB einer neogefundenen Inschrift der AngustiBchen Zeit ergibt sich mit Bestimmtheit, dass
die Aqnitania nicht zu Gallia comata gerechnet wm>de, sondern dass der Ausdruck (auch
offizieil) die nachherigen Provinzen Lugudunensis und Belgica bezeichnet.
45. Die provincia Narbonensis. Das Gebiet, das durch Julius
Caesar dem Reiche zugebracht war, wurde unter Augustus administrativ
von der provincia Narbonensis getrennt. Jenes, wo die keltische Gauver-
fassung überwog, wurde bei der Teilung der Provinzen zwischen Senat
und „princeps" unter kaiserliche Administration gestellt, die Narbonensis
hingegen im Jahre 22 v. Chr. dem Senat überlassen, nachdem hier die
städtische Organisation durch Caesar und Augustus (nur mit Ausnahme
zweier Enklaven, welche der Ingerenz des Statthalters entzogen waren)
völlig zur Durchführung gekommen war.
Neben der „civitas foederata^ Massilia kam die »verbündete" kel-
tische civüas der Vocontii (zwischen den Flüssen Is^re, Rhone, Durance
und den kottischen Alpen) in Betracht. Das übrige Gebiet war unter die
römischen Gründungen aufgeteilt: Narbo Martins, die im Jahre 118
V. Chr. konstituierte, im Jahre 45 v. Chr. verstärkte Kolonie; die von
Julius Caesar oder nachher von Octavianus angelegten (jene , Julia Patema*',
diese „Julia' beigenannten) Kolonien: Baeterrae (Böziers), Arelate
(Arles), Forum Julii (Fr^jus), Arausio (Orange); wozu eine Reihe zu-
nächst mit dem latinischen Recht beteilter Ortschaften kamen: Ne-
mausus, Cabellio, Antipolis (das übrigens bald zu Italien geschlagen
wurde) u. s. w. Auf Caesar, Augustus und die nächstfolgenden Kaiser
gehen auch die Kolonien Carcaso, Rei (Riez), Tolosa (Toulouse), Car-
pentoracte (Carpentras) , Augusta Tricastinorum (St. Paul-Trois-
Chateaux), Apta (Apt), Ruscino (Rousillon), Vienna (Vienne), Va-
lentia (Valence), Alba (Alps) und Aquae Sextiae (Aix) zurück.
Die alte »provincia* (daher Provence) machte einen von den „drei
Gallien'' ganz verschiedenen Entwickelungsgang durch, indem sie wie eine
Art Vorland von Italien behandelt wurde; es kommt die Heimatsbezeichnung
„natione Provincialis" vor. Nach der Diocletianischen Einteilung zerfiel
die nordwärts erweiterte Provinz in dieViennensis (nach der Hauptstadt
Vienne), eine Narbonensis I (Narbonne) und H (Aix), femer die gleich-
falls vergrösserten Alpes maritimae. Die „Dioecesis Viennensis"" um-
fasste die drei aquitanischen Provinzen mit, also im ganzen sieben
Sprengel.
46. Die ,,tres Ghdliae''. Das übrige Gebiet teilte Augustus (zwischen
16 und 13 V. Chr.) in drei Verwaltungssprengel. 1. Aquitanien. Diese
Provinz umfasste die von Stämmen eigentlich aquitanischer, beziehungsweise
iberischer Nationalität bewohnten Landesteile (zwischen den Pyrenäen,
dem Meer, der Garumna [Garonne] und dem Cebennagebirge [Cevennen])
und hiezu 14 gallische Völkerschaften, die zwischen Garumna und Liger
(Loire) wohnten. 2. Die provincia Lugdunensis, nach der Hauptstadt,
der im Jahre 43 v. Chr. auf den Viennensem abgenommenem Gebiete
durch L. Munatius Plauens begründeten römischen Kolonie Lugudunum,
benannt: der Landstrich zwischen Liger (Loire), Sequana (Seine) und
100 A. Geographie von Italien und dem Orbis &omanii8.
Arar (Saöne). 3. Belgica mit der Hauptstadt Durocortorum Remo-
rum (jetzt Reims), woneben die Stadt der Trevirer, Augusta Treverorum,
als Sitz des Prokurators des vereinigten Sprengeis: Belgica et duae Ger-
maniae die erste Rolle spielte. Die Belgica war dem Umfange nach die
grösste Provinz; im Westen begrenzt durch Sequana (Seine) und Arar
(Saöne), im Norden durch die Nordsee, im Osten durch den Rhenus
(Rhein) von seiner Mündung bis zum Bodensee (locus Venetus); ihr süd-
lichstes Gebiet umfasste den ganzen westlichen Teil der Schweiz, wo zwei
Kolonien, Colonia Julia Equestris oder Noviodunum (Nyon) und Augusta
Rauracorum (Äugst bei Basel, welches letztere in der spätrömischen Zeit
emporkam: »basilea**) unter Augustus (und zwar die letztere von L. Mu-
natius Plauens im Jahre 43 v. Chr.) bereits begründet waren. Der Vor-
ort der Öelvetier, Aventicum, den die Soldaten des Yitellius auf ihrem
Marsche nach den Alpenübergängen zerstört hatten (Tacit. bist. I), erhielt
von Yespasian latinisches Recht als „ colonia pia Flavia constans emerita
Helvetiorum**.
Diese „tres GaUiae^ bildeten, auch nachdem das anfänglich be-
standene Generalkommando nach der Abberufung des Germanicus im
Jahre 17 n. Chr. geteilt worden war, einen in sich geschlossenen Länder-
komplex mit dem Zentrum Lugudunum (Lyon), wo jährlich am 1. August
die Abgeordneten der von Augustus kreierten 60 (später 64) Steuer- und
Verwaltungsbezirke [civitates) zum Landtag, dem „concUium trium Gallia-
rum", zusammentraten. Die „Drei Gallien ** wai*en eine administrative
Einheit: mit gemeinsamem Eingangszoll (von 2Vs^/o9 der sog. quadragesima
Galliarum), einheitlicher Post- und Strassenverwaltung, seit Septimius
Severus auch mit nationaler Meilenzählung (nach leugae = 1500 römischen
Schritten), gemeinschaftlicher Finanzgebahrung über alle Einkünfte, nament-
lich auch aus den Bergwerken, die nicht direkt vom Staat okkupiert
waren. — An der Spitze dieser autonomen Verwaltung stand der jährlich
gewählte Oberpriester der Provinz, der „sacerdos ad templum Bomae et
Augusti ad confluentem Araris et Rhodani".^)
Der gesamte Verwaltungsapparat der gallischen Provinzen konzen-
trierte sich in Lyon: für das Postwesen, die Steuern und Zölle, die kaiser-
lichen Domänen, die Münze, die Bergwerke u. s. w. Zahlreiche Sklaven
und Freigelassene des Kaisers, die hier ihren Sitz hatten, sowie eine den
stadtrömischen Kohorten zugezählte Besatzungstruppe zeugten, dass Lugu-
dunum von vornherein als eine zweite Hauptstadt des Reiches im Westen
gedacht war.
Zugleich entwickelte sich Lugudunum, am Zusammenfluss zweier
schiffbarer Flüsse und im Mittelpunkt des von Augustus und Agrippa
geschaffenen gallischen Strassennetzes günstig gelegen, zu einem Handels-
M Der Ort, wo die ^ara Bomae et Au-
gusti gestanden, ebenso die Spuren eines
Amphitheaters wurden im Jahre 18*58 nahe der
heutigen Place des Terraux entdeckt. Dort
muss im Altertum (im Gegensatz zu jetzt)
der Zusammenfluss der beiden Ströme ge- , magister pagi.
wesen sein. Die Zunge der Halbinsel, anf
welcher der heilige Bezirk lag, wird als
„pagua Condate" oder „confluentes^ be-
zeichnet Er war von der städtischen Ge-
richtsbarkeit eximiert und stand unter einem
4. Dar gallische Länderaprengel. (§ 46.)
101
platz ersten Ranges.^) — Zu dem Gebiete der Stadt scheint auch (als
Enklave innerhalb der „provincia^) Valentia gehört zu haben.
Die 64 „civitates", deren Deputierte den Landtag zu Lugudunum be-
schickten, waren aus den 300—400*) Völkerschaftsbezirken Galliens ge-
bildet worden. Von diesen „civitates*^ entfielen auf Aquitanien 17, auf die
Lugdunensis 25, auf die Belgica 22. Aus den „civitates*^ ging der je-
weilige Oberpriester hervor, deren Liste Marqüardt, Eph. epigr. I p. 204 f.
zusammengestellt hat. Darunter findet man 1. aus der Lugdunensis:
mehrere Aedui (Autun), einen Camutinus (Chartres), einen Tricassinus
(Troyes), einen Senonius (Sens). 2. aus der Aquitania: mehrere Arverni
(Clermont), einen Cadurcus (Cahors), mehrere Lemovices, zwei {Revue
archiol, 1888 p. 397) aus Mediolanum Santonum (Saintes). 3. aus der
Belgica: einen Mediomatricus (Metz), einen Nervius (Bavay), einen Sequanus
(Besannen). — Im übrigen tritt die Bedeutung der einzelnen „civUates^
hauptsächlich aus der Liste der von ihnen gestellten auxilia hervor. Vgl.
MoMMSEN in der Ephem. epigr. V p. 170 ff. Die Aquitaner dienten als
„Aquitani*^ oder «Bituriges", die aus der Lugudunensis als „Galli^, wäh-
rend für die aus der Belgica, wo besonders stark rekrutiert wurde, über-
all die Sonderbezeichnung der zahlreichen germanischen oder belgischen
Stämme gebraucht wird. Auch unter den Praetorianem efscheinen im
dritten Jahrhundert namentlich Belgiker. Eine stadtrömische Liste des
Jahres 246 n. Chr. nennt civ(es) ex prov{incia) Belgica Aug{usta) Viroman-
duoru{m) milües. Vgl. Hülsen im Bullet, comunale 1893 p. 261 ff. Die-
selben bringen ihr Gelübde dar verschiedenen anderen Göttern „et omnibus
diis Patriensibus** . Über die in Britannien stationierten auxilia gallischer
Herkunft vgl. Hübner in „Hermes* XVI S. 560 ff. — Jede „civitas" hatte
einen Vorort als Mittelpunkt der Administration. Im Laufe der Zeit er-
folgte die Umwandlung der althergebrachten Qauverfassung, indem der
Vorort als „Stadt" anerkannt wurde, der das Gebiet der Völkerschaft
attribuiert war. Thatsächlich wurde, um die Herkunft einer Persönlich-
keit zu bezeichnen, entweder die „Stadf* genannt oder der Völkerschafts-
name; es war formell verschieden, kam aber auf das gleiche hinaus. —
Der Vorort verlor allmählig den Individualnamen und erhielt seine Be-
nennung von dem Distrikte; die letztere hat sich bis auf den heutigen
Tag erhalten. Avaricum, der Vorort der Bituriges, ist das jetzige
Bourges; Samarobriva, der Vorort der Ambiani, Amiens; Noviomagus, der
Vorort der Lexovii, Lisieux; Lutetia (keltisch Lukotitia) Parisiorum, ist jetzt
Paris (erst seit dem 4. Jahrhundert, wo Julianus Apostata hier sein Haupt-
quartier aufschlug, mehr hervortretend); Nemetocenna oder Nemetacum^ der
Vorort der Atrebates, ist jetzt Arras; Condevincum, der Vorort der Namnetes,
^) Ein Plan von Lugadnnum bei Bss-
JARDIK8, G^ogr. de Ja Gaule \U pl. 2. Als
römische Kolonie f&hrte Lngudnnum (keltisch
vRabenhfigel") den Namen „Copia'^; neben
dem durch cüe Gründnngslegende verherr-
lichten Raben erscheint im Wappen der
Stadt ein Ffillhom. Zu Ehren des hier ge-
borenen E. Claudius nannte sie sich: „colo-
nia Copia Claudia Äugusta Lugudunen-
sium**. Die Flusschiffahrt und der Wein-
handel florierten. Die zahlreichen Fremden
hatten ihren eigenen Friedhof.
«) Nach Jos. Flav. b. J. II, 16, 4 gab es
in Gallien 305 B^yrjy welche bei 1200 noXns
innehatten.
102 A. Geographie Ton Italien und dem Orbia Bomaniui.
Nantes; Condate, der Vorort der Redones, Renn es; Divodurum, der Vor-
ort der Mediomatrici, Metz u. s. w. — Im westlichen Teile von Gallien
sind aus den alten Volksnamen auch Landschaftsbezeichnungen entstanden;
aus Arvemi ward Auvergne, aus Pictavi Poitou, aus Lemovices Li-
mousin, aus Santones Saintonge, aus Andecavi Anjou, aus Turones
Touraine, aus Cenomani Maine, aus Aquitania Guienne, aus Vasconia
Gascogne u. s. w. (Marqüardt I* S. 269. Ausser der dort verzeichneten
Litteratur: Kiepert, Geogr. § 448. Bezüglich des Übergangs von der Gau-
verfassung zur städtischen: Mommsen in „Hermes" XIX, besonders S. 67.)
Die Zahl der „dvitates" erhöhte sich durch Separierungen, die all-
mählig vorgenommen wurden. Dann verschwand der Name der früheren
civitas ganz, es traten mehrere davon verschiedene Städtenamen an seine
Stelle ; oder wenn derselbe durch die Hauptstadt repräsentiert war, so er-
schienen daneben die anderen Bezeichnungen. So zweigten sich aus der
civitas Aeduorum die castra Cabillonense (Ghalons s. Saöne) und Matis-
conense (Mäcon) ab; aus den i^emi die Durocatalauni oder Gatalauni
(Ghalons s. Marne). Das Gebiet der Carnuti zerfiel in die Städte Gena-
bum, später Aureliani genannt (Orleans) und Autricum oder Car-
nutum (Ghartres). Die Morini teilten sich in die civitas Morinorum
und die Bononiensium, früher Gesoriacum (Boulogne). Die Senones in
die civitas Senonum (Sens) und die civitas Autissiodurum (Auxerre).
U. s. w.
Auf diese Weise zählte man im fünften Jahrhundert, wie die damals
aufgenommenen Städteverzeichnisse darthun, 115 — 125 civitates. Vgl. die
Notitia GaUiarum {„provinciis Gaüicanis decem quae civitates sint*^), zuletzt
mit umfassendem Apparat herausgegeben von Mommsen, Chronica minora
saec. IV, V, VI, VH {Mon. Germ. Auetores antiqu. IX) p. 552 ff. Hier ist
auch über die Änderungen in der Organisation der Provinzen vor und
seit Diocletian gehandelt. Die Aquitania erscheint seitdem geteilt in
eine Aquitania prima (Hauptstadt: civitas Biturigum, d. i. Bourges) und
secunda (Hauptstadt: Burdigala, d. i. Bordeaux), hiezu die Landschaft
Novempopulana, welche die kleinen iberisch-vaskischen Stämme umfasste,
die auch schon in der früheren Eaiserzeit eine Sonderstellung (z. B. einen
eigenen procurator) besessen hatten (Hauptstadt: civitas Elusatium, jetzt
Eauze). Diese Provinzen kamen zur Dioecesis Viennensis (siehe oben).
Die Lugdunensis umfasste vier Provinzen: I, H, HI, IV, mit den Haupt-
städten Lugudunum, Rotomagus (Ronen), civitas Turonum (Tours), civitas
Senonum (Sens), wovon die letzte Senonia zubenannt war. Belgica I
und n (Trier und Reims); Germania I und II (Mainz und Köln); der
südöstliche Teil der alten Belgica zwischen Saöne und Alpen, das Gebiet
der Sequaner und der Helvetier, ward als provincia „Maxima Sequa-
norum* konstituiert. Die Alpes Graiae et Poeninae bildeten die
zehnte der „gallicanischen* Provinzen.
Längs des Rheingrenze war im ersten Jahrhundert das stärkste
Korps der Reichsarmee (acht Legionen) stationiert, das unter Tiberius in
zwei Kommandos geteilt wurde {Germania superior mit Mainz, Germania
inferior mit Köln (seit Glaudius „colonia Agrippina") als Hauptquartier,
4. Dar gaUisohe Lftnderaprengel. (§ 46.) 103
Da die Korpskommandanten Legaten konsularischen Ranges waren, hatten
sie gegenüber dem bloss prätorischen Legaten der Provinz Belgica, zu
der in administrativer Beziehung die Germaniae gehörten, insofern der
„procurator^ allen drei Sprengein gemeinsam war, eine bevorzugte Stel-
lung. Andererseits verwahrte sich der Statthalter der Belgica gegen Ein-
griffe der Militärkommandanten in sein Verwaltungsgebiet. Infolge solcher
Kompetenzstreitigkeiten wurde unter der Regierung des Nero die Aus-
führung des grossartig geplanten Kanalsystems verhindert, das Saöne
und Mosel, d. h. das mittelländische Meer mit der Nordsee, in direkte
Verbindung setzen sollte. Vgl. Tac. Ann. 13, 53. Dadurch wären die
schwierigen Landtransporte erspart worden. Aus demselben Motive hatte
schon Drusus einen vom Rhein unterhalb der Abzweigung des Armes
Vacalus (Waal) nördlich zum See Flevo geführten Kanal, die fossa Dru-
siana, angelegt. Auch die Deichbauten am ünterrhein soll Drusus be-
gonnen haben, sie wurden 63 Jahre nach seinem Tode durch den Legaten
des unteren Heeres, Paulinus Pompeius, vollendet. Tac. 1. c.
a) lieber die Zeit der Eroberung durch Caesar: Napoleon III, Histoire de
Jvles Cisar, Paris 1865/66, Tome deuxünUy Ch/terre des Gaules. Mit einem AÜas, welcher
Caesars militärische Operationen in Gallien illustriert. — A. v. Gölbb, Caesars gallischer
Krieg und Teile seines Bürgerkrieges. Zweite durchgesehene imd ergänzte Auflage von
£. A. Y. Gölbb, Tübingen 1880, 2 Bände; hiezu: Uebersichtskarte zu Caesars gallischem
Krieg von Auo. v. Gölbb entworfen und mit erläuterndem Text begleitet von £. A. v.
Gölbb. Zweite verbesserte Auflage, Freiburg i. Br. und Tübingen 1884 (der erläuternde
Text besteht in einem geographischen Register zur Karte von Gallien; z. B. „Alesia (VII,
68 ff.), die Stadt, bei welcher der Kampf mit Yercingetorix sich entschied, ist nach den
Forschungen des Herzogs von Anmale, Gölers und Napoleons IQ. unzweifelhaft das heutige
Alise Ste. Reine auf dem Berge Auxois in Cöte d'or; während man es früher in Alaise-les-
Salins südlich von Besan^on erkennen wollte''. Gölers Ansetzungen wurden durch Napo-
leons Ausgrabungen vielfach bestätigt). — A. Milleb, Strabos Quellen über Gallien und
Britannien, Regensburg 1867 — 68. — H. Wilkens, Quaestionea de Strabonis <üiorumque
rerum GcUHcarum auctorum fontibus, Marpurgi Cattorum 1886. — Th. Momhsbn, Ain-
mians Geographica, in , Hermes '^ XVI, 602 ff. Benützung des unter Augustus lebenden
T^magenes, der wieder vielfach aus Posidonius geschöpft hat. Auch eigene Reiseerfahrungen
sind von Ammian mitgeteilt. Yergl. auch hiezu MoMUSBir in den „Äntiquisaimi auctores**
(der Man. Germ, hist.) IX p. 552 ff.
b) üeber die gallischen Provinzen in der Kaiserzeit (Narbonensis und
niGalliae): Im Corpus inscript Latinar. sind für die gallischen Inschriften Bd. XII u.
XIII bestimmt. Der (1887 erschienene) Bd. XII, bearbeitet von 0. Hieschfbld, enthält die
Denkmale der Narbonensis, Bd. XÜI die der „tres GaUiae" (Aquitania, Lugdunensis, Bel-
gica bearbeitet von 0. HiBScuFBLn) und der germanischen Grenzsprengel (bearbeitet von
K. Zakgemeisteb). Die Schweizer Inschriften sind auch im Corpus von Th. Mohmsen be-
handelt, als Neubearbeitung seiner „Inscriptiones confoederafionis Helveticae" (Zürich 1853).
— üeber die tribus der gallischen Städte vgl. Kübitschbk, Imp. Rom. trib. discript. p. 203 ff.
— J. Quichbbat, Milanges d* archiohgie et d* histoire. AntiquUis eeltiquea, Romaines et
GalUhromaines, mSmoires et fragments rhtnis et mis en ordre par Ä. Giry et A. Castan,
pricidSs d' une notice sur la vie et les travaux de J. Quicherat par R. de Lasteyrie et d*
une bibJiographie de ses oeuvres, Paris 1885. Wichtiges Werk, auch für die Zeit der
Caesarischen Kriege in Gallien, mit Kartenbeilagen. Ueber die Sequani vgl. Bullet, ipi-
graphique de la Gaule 1 p. 173 ff. — E. Desjabdins, Geographie historique et administrative
de la Gaule I. H. HI., Paris 1876, 1878, 1885 (vgl. hiezu Dbtlbfsbn in Bubsians Jahresb.
über die Fortschritte der klassischen Altertumswissenschaft 1876 S. 325 ff., 1877 S. 313 ff.).
Der erste Band von Desjabdims' Werk behandelt die physische Geographie, der zweite die
Zustände Galliens bei Ankunft der Römer, die Einrichtung der Narbonensischen Provinz,
die Feldzüge Caesars, die gallischen Völkerschaften mit Rücksicht auf die 64 civitates der
römischen Organisation, die sozialen und politischen Verhältnisse Galliens, die Kultur seiner
Bewohner; der dritte Band das Provinzial- und Munizipalsystem der Kaiserzeit („Organi-
sation de la conquHe: la province — la citS*^). Das Werk ist trotz mancher Mängel von
Bedeutung wegen der Verwertung der Lokallitteratur, besonders über in Frankreich populäre
104 A. Geographie von Italien und dem Orbis Bomanns.
geograpliische und ethnographische Kontroversen, z. B. bezüglich der Veränderungen im
Rhonedelta, an den Rheinmündungen, bezüglich der Lignrer. Wertvolle Eartenbeilagen,
nicht nur auf Gallien allein bezügliche; so im dritten Bande eine kartographische Darstel-
lung der Senats- und der kaiserlichen Provinzen; die Verteilung der Legionen unter Augustus;
von Gallien vor 27 v. Chr.; beim Tode des Augustus; nach der Beschreibung des Ptole-
maeus; nach dem Provinzialverzeichnis von 297 n. Chr.; nach der „Notitia dignitatuin^ um
das Jahr 395 n. Chr.; die prokuratorisch regierten Sprengel in den Alpen u. s. w. Ein
vierter Band sollte das römische Strassennetz und die Topographie im einzelnen behandeln;
begleitet von einer grossen Karte Galliens in 4 Blättern, welche mit Beihilfe von Lognon
bearbeitet ward. Unterdes ist Desjardins gestorben (1886); der 4. Band seines Werkes,
1893 als Torso erschienen, enthält „les sources de la topographie cotnparie" ; namentlich
mit Bezug auf das römische Strassennetz in Gallien. Lognon, der den Band herausgegeben
hat, will einen weiteren zur Ergänzung hinzufügen. — A. LoeNON, Geographie de la Gaule
au VI^ sücle, Paris 1878, mit Atlas (der Stoff ist nach den gallischen „civUatea" geordnet,
die Angaben des Gregor von Tours und der gleichzeitigen Autoren über jede einzelne Stadt
kritisch zusammengestellt, Karten beigegeben). — Von A. Lognok erscheint auch ein Atlas
historique de Ja France depuis Cisar jusqu* ä nos jours, Z»*« Hvraison (Paris 1884) ent-
hält 22 Tafeln, die drei ersten betreffen Gallien bei Caesars Ankunft; unter Caesar; um
das Jahr 400 n. Chr. — Duchbsne, Memoire sur Vorigine des diochses episcopaux dana V
ancienne Gaule (Bd. L der Mim. der Gesellschaft der Antiquaires). Lugudunum war schon
im 2. Jahrhundert Bistum; daneben erhob sich Arelate zur Hauptkirche in der „provineia** .
Toulouse, Vienne, Trier und Reims gehen auf die Mitte des 3. Jahrhunderts zurück; sechs,
nämlich Ronen, Bordeaux, Köln, Bourges, Paris, Sens aufs Ende des 3. Jahrhunderts. Vgl.
auch DucHESNB, Fastea ipiseopaux de Vancienne Gaule, I (1894): Provinces du Sud-Est.
Zwischen Arles und Vienne erwuchs eine heftige Rivalität. Für die alpinen Gegenden
bildeten Agaunum (S. Maurice im Thal der Rhone) und Nicaea (Nizza) den Ausgangspunkt
der Mission. — Th. Moxmsen, Der letzte Kampf der römischen Republik, in „Hermes* XIII
S. 90 ff. Schildert den Zustand Galliens zur Zeit der Schilderhebung des Vindex (68 n. Chr.).
— E. Hbbzoo, GaUiae Narhonensis provinciae historia, Lips. 1869. — A. Allmbb, Inscriptions
de Vienne^ 4 rolumes, Vienne 1875 f.; Bd. II p. 401 ff. ist die Geschichte der Stadt be-
handelt. Ueber die neuesten Ausgrabungen in Vienne vgl. Bullet, epigraphique 1882 p. 72 ff.
— 0. HiBSOBFELD, GalUscho Studien I, Sitznngsber. der Wiener Akad. 1883 S. 271 ff.: .die
cifHtates foederatae im Narbonensischen Gallien** (behandelt erschöpfend die Verhältnisse
von Massilia und der civitas Vocontiorum), Ders., Gallische Studien II, 1. c. 1884 S. 221 ff.:
„Gallische Inschriftenfälschungen". Ders., Gallische Studien III, 1. c. 1884 S. 239 ff. Ders.,
Ueber das römische Aquitanien, in den Sitzungsberichten der Berliner Akademie 1896. —
P. Castanibb, Histoire de la Provence dans V antiquiti depuis les temps qucUernaires
jusqu* au F« si^le aprh J.— C. I. La Provence prihistorique et protohisforique jusqu* au
VI- sihcle avant V hre chritienne. Ouvrage accompagnS d* une grande carte en cinq cou-
Jeurs, Paris et Marseille 1893. — R. Kbbvilbb, Artnorique et Bretagne . Recueil d* itudes
sur V archiologie, V histoire et la biographie hretonneSj publUes de 1873 d 1892. 3 vol.
Paris 1893. Der erste Band behandelt die Geschichte der Armorica (d. i. des Küstenlandes
zwischen Liger und Sequana) bis zur Einwanderung der Brittones in die heutige Bretagne
(saec. V). Daiomter: über die Veneter und Caesars Seeschlacht gegen sie; über kontroverse
Punkte in der alten Geographie der Armorica; sowie über das römische Strassennetz der-
selben. Vgl. Revue critique 1893 nov. 13. Der Verfasser ist ingenieur en chef des ponts
et chaussdes. — Ad. db Cbulbnbbb, Notice sur un diplome militaire de Traian trouv2 aux
environs de Likge (Eph. epigr. TV p. 500), Berlin 1881. Behandelt die Romanisation der
Umgegend von Lüttich. — Ch. Piot, Les pagi de la Belgique et leurs subdivisions pendant
Je moyen-äge. M^oire couronnS par V acadStnie royale de Belgique 1871. Extraii du
tonte XXXIX des MSmoires couronnis et des mSmoires des savants Strangers publids par
V acadimie royale des sciences^ des lettres et des heaux arts de Belgique 1874. Vgl. darüber
Mbnkb in der „Histor. Zeitschr.'' N. F. 3 S. 542 f. Die Namen einiger Stämme der Belgica
lebten als Gaunamen im Mittelalter fort. — A. db Boissibu, Inscriptions antiques de Lyon
reproduites d*aprh les monuments ou recueiUies dans les auteurs, Lyon 1846 ff. (die Re-
produktionen der Monumente sind meisterhaft). — 0. Hibschfeld, Lyon in der Römerzeit.
Vortrag gehalten zu Gunsten des Lesevereins der deutschen Studenten in Wien, Wien
1878. Derselbe, Beiträge zur Geschichte der Narbonensischen Provinz, Westd. Zeitschrift
1889. Die ^^oppida Latina** der Provinz erhielten den Titel i^Kolonie'*. Dagegen war
Narbo reine Kömerstadt. — Derselbe, Zur Geschichte des Christentums in Lugudunum
vor Constantin. Sitznngsber. d. Berl. Akad. 1895 S. 381 ff., wo man die neueren französischen
Arbeiten verwertet findet. — J. Kbomayeb, Die Militärkolonien Octavians und Caesars in
Gallia Narbonensis, „Hermes** ICXXl S. 1 ff. Ch. Robebt, Epigraphie gallo-romaine de la
Moselle, Paris I (1873) II (in Verbindung mit R. Cagnat, 1883). — F. Hbttnbb, Das römi-
sche Trier, Verhandlungen der deutschen Philologen versamml. in Trier (1879) S. 15—28. Eine
4« Der c^allisohe Lftaderspreiigel. (§ 46.) 105
iüchtige Arbeit Aber dies «deutsche Rom", sein Amphitheater, den Eaiserpalast, die „porta
nigra*' t welche letztere gegen E. Hübitbb (in Monatsber. der Berliner Akademie 1864) mit
Recht dem 4. Jahrhundert n. Chr. vindiziert wird. Hettner, Die römischen Steindenkmäler
des Provinzialmuseums zu Trier mit Ausschluss der Neumagener Monumente (Trier 1893).
— Sbtfpabth, Der römische Eaiserpalast in Trier, Westd. Zeitschr. XII (1893) p. Iff. Siehe
im übrigen die Litteratur zum Kapitel „Germanien'. — A. Michaelis, Das Felsrelief am
»pompösen* Brunnen bei Lemberg (Kanton Bitsch). Im Jahrb. der Ges. f. lothring. Gesch.
und Altertumskunde YII (1895) S. 128 ff. Mit kartographischer Beigabe über die Ver-
breitung des Silvanuskultus in Gallien und Germanien. — Ueber archaeol. Funde in Pens
Saravi (jetzt Saarburg in Lothringen) vgl. Korrespondenzbl. d. Westd. Zeitschr. XIV (1895)
S. 225 ff. — W. ViscHKR, Basel in der römischen Zeit, Kl. Schriften II S. 391—406. Ebenda
S. 441 ff. über die geschichtlich wichtigen Massenmünzfunde in der N&he von Basel, die
zur Zeit der Alemanneneinfälle in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts vergraben sein
müssen (vgl. über den neuesten Fund dieser Art den Anzeiger für schweizer. Altertums-
kunde 1884 S. 41 ff.). — J. J. Müller, Nyon zur Römerzeit, Mitteil, der antiquar. (^esellsch.
in Zürich XVIII S. 171-220. — C. Büesiaw, Aventicum Helvetiorum. Ebenda Bd. XVI. —
Th. Mommsbn, Die Schweiz in römischer Zeit (Mitteilungen der Züricher antiquarischen Ge-
sellschaft IX 1853; das Muster einer ProvinzialdarsteUung). — Th. Momiisek, Römische
Geschichte V, Kap. 3: Die gallischen Provinzen. Mit Karte von Kiepert. — F. Keller,
Die römischen Ansiedlungen in der Ostschweiz (Mitteilungen der Züricher antiquar. Gesell-
schaft XI, Xn («Grundlegende und in ihrer Gattung meisterhafte Arbeit *". Mommsen, , Hermes"
XVI, 491. 4). — Th. Mommsen, Schweizer Nachstudien, «Hermes* XVI S. 445 - 494. Die
Organisation von pagus u. civitas bei den Helvetiem auseinandergesetzt. Ueber die «Aquae
Helveticae*" (Baden an der Limmat) vgl. Korrespondenzbl. d. Westd. Zeitschr. 1889 S. 135 ff.
— WiRTBLBB, Ueber einen römischen Landweg am Walensee, mit sprachgeschichtlichen
Exkursen, Aarau 1894. Vgl. auch Mommsbn in „Hermes'' XIX S. 316 ff. «über die keltischen
pagi** im Anschluss an die Organisation der Galater in Kleinasien; für die Erkenntnis der
gallisch-germanischen staatlichen und ethnischen Organisationen sind durch diese Arbeiten
Mommseks (sowie Berges über den pcigus Carucum, Hibsohfelds über die Vocontier) ganz
neue Gesichtspunkte gewonnen.
Die französischen Zeitschriften: „Revue archiölogique" und „Bulletin epigraphlque**
(letztere 1881 — 1886) enthalten viele Materialien oder Aiäsätze über das römische Gallien.
Auch kartographische Skizzen sind beigegeben; vgl. BuIL epigr, 1883 planche IV: „Gallia
braeata, pars arientalis, ante Diocletiani aetatem** kartographisch dargestellt von F. Val-
lbntin. — 1885 p. 7 ff.: Inscriptions de la ralUe de V Huveaune (mit Karte) von C. Jüllian.
Dann sind zahlreiche Lokalvereine thätig, die auch Zeitschriften publizieren. Die Inschriften
von Bordeaux und Narbonne sind von Jullian und Lbbeoub herausgegeben, die von Lyon
neuerdings (nach Boissieu) von Allmbb und Dissabd. Die Sociiti philomatique Vosgienne
in Saint Di^ veröffentlicht seit 1876 ein Bulletin, vgl. Zanobmeisteb, Westd. Zeitschrift XI
(1892) S. 27. Ich verzeichne femer E. Ebpbbandieu, Epigraphie romaine du Poitou et de
fa Saintonge (Melle et Paris 1889). Vgl. „Hermes" XXII 547 Anm. 1. P. Lejay, InscHp-
tions antiques de la Cdte d^ Or (Paris 1889). Wenig bedeutende Inschriften. „Selbst in
Dijon sind wie in vielen Orten des nördlichen und westlichen Galliens vorherrschend nur
kurze Grabschriften gefunden worden, die ausser den gallischen Namen wenig Belehren-
des bieten. Eine Anzahl Widmungen an gallische Götter, einige Meilensteine, die merk-
würdigen Ziegel von Mirebeau (vgl. „Hermes" XIX S. 437 ff.), ein paar Soldatengrabsteine,
wenige Töpferstempel und mehrere Augenarztstempel" (Hübneb, Wocnenbchr. f. kl. Phil. 1891
Febr. 11). — V. J. Vaillant, Epigraphie de la Morinie, Boulogne-sur-Mer 1890. Ueber
diese ganze Lokallitteratur R. Cagnat in der Revue critique 1890 p. 108 f. J. Sacaze, In-
acriptions antiques des PyrSnies, Ävec un avant-propos de M, Albert Leb^gue, Toulouse 1892.
Bei R. Cagnat, ^ude historique sur les impöts indirects chez les Romains jusqu^
aux invasuyns des barbares (Paris 1882) findet man an kartographischen Beilagen:
1. Carte des stations du portoriunt entre VItalie et Vlllyricum. 2. Carte des stations du
portorium entre VItalie et les Graules, 3. Carte des circonscriptions de la vicesima here-
düatium,
Fttr die Ortsnamenforschung wichtig: H. d'Abbois de Jubainvillb, Recher ches
sur Vorigine de la propriitS fonciire et des noms des lieux habitis en France (PMode
ceüique et p4riode romaine) Paris 1890. Williams, Die französischen Ortsnamen keltischer
Abkunft, Strassburg 1891 (Dissert.). Vgl. d'Abbois de Jübainville in der Revue critique
1892 Oktob. 17. Ein Traktat „de nominibus Gallicis*' (saec. VIII) ist herausgegeben von
Mommsen, Auct. antiquiss. IX p. 613 f. EnthAlt die Erklärung keltischer Ortsnamen. Vgl.
H. ZiMMEB, Zeitschr. f. vgl. Sprachforschung N. F. XII S. 230 ff. — K. Zangemeistrr, Zur
Geographie des römischen Galliens und Germaniens nach tironischen Noten. N. Heidelberger
Jahrbücher H (1892) S. 1 ff.
106 A. Geographie Ton Italien und dem Orbis Eomanna.
5. Germanien.
47. Die Römer im cisrhenanischen GermaniexL Die von Caesar
gewonnene und mit germanischen Stämmen: Tribokern, Nemetern, Van-
gionen, Sueven u. s. w. besiedelte Rheingrenze wurde unter seinen Nach-
folgern durch Einrichtung weiterer fester Positionen gesichert; wie denn
L. Munatius Plauens im Jahre 48 Rauraca zur Kolonie machte, M. Yipsanius
Agrippa, der wiederholt (38—36, dann wieder 20 und 19 v. Chr.) das
gallische Kommando führte, die civitas Ubiorum, das nachmalige Köln
einrichtete; wahrscheinlich wurden schon damals auch die Stellungen von
Castra vetera und von Mogontiacum okkupiert.
Nachdem die in der Lippegegend sesshaften germanischen Stämme:
Sugambrer, üsipeter, Tencterer einen verheerenden Einfall nach Gallien
gemacht hatten {clades LolUana, 16 v. Chr.), schritt man zur Einverleibung
ihrer Gebiete und zur Verpflanzung der Bewohner; von da ab verfolgte
man konsequent den Plan, Germanien bis zur Elbe hin als Provinz einzu-
richten (Feldzüge des Drusus 13—9 v. Chr.; des Tiberius 8 v. Chr., des
Domitius Ahenobarbus 6 v. Chr. bis 2 n. Chr.). Thatsächlich ist dies Ziel
eine Zeitlang erreicht gewesen; das Land galt als pacifiziert, die Küste
ward bis zur Mündung der Elbe von römischen Schiffen befahren. ^) Aber
der Aufstand des Jahres 9 n. Chr. und die Niederlage des Yarus im
Teutoburgerwalde warf die Römer an den Rhein zurück; wenngleich
durch die Expeditionen des Germanicus der römischen Waffenehre Genüge
geschah.
Erst unter den flavischen Kaisem fand neuerdings eine planmässige
Überschreitung des Rheins und damit eine Erweiterung des römischen
Germaniens statt, ^) indem durch Vespasian im Jahre 74 n. Chr. die Strasse
von Argentoratum nach dem Schwarzwald (bis Sumelocenna) angelegt
wurde; während von Vindonissa aus die Position von Arae Flaviae (bei
Rottweil) durch die leg. XI occupiert wurde. — In die Folgezeit (wobei
der Chattenkrieg des Domitian, 83 n. Chr. die Epoche bezeichnet) fällt
die Erbauung der Rheinbrücke bei Mogontiacum durch Soldaten der leg.
Xini gem. Martia victrix, (die zur Zeit der Dakerkriege an die Donau
kam); es wurde das Gebiet zwischen Main und Taunus, sowie die Wet-
terau einverleibt (privilegierte Stellung der Mattiaci). Endlich wurde das
neugewonnene Gebiet durch einen Querwall {„limes^, was zunächst einen
„gesperrten Weg' bezeichnet) abgegrenzt; seitdem war das ganze süd-
westliche Deutschland römisches Unterthanengebiet. Vgl. Frontin. strate-
gem. 1, 3, 10: limüibus per CXX m. p. actis. Tac. Germ. c. 29; protulit"
que enim magnitudo populi Romani (Tacitus vermeidet den verfehmten
^) Dessen rOhmt sich Augastus selbst
im Mon. Ancyr. V, 11 f.: Germaniam — ad
östium Aüns flüm\ini8 pacam]. Femer V,
papu[l]i per legdtös amicitiam meatn et po-
puli Romani petierunt. Der Text ist durch
die Humann'sche Expedition sichergestellt.
14 ff.: Cla[8si8 mea per Oceanum] ab ösfio — Man vgl. auch Strabo VII, 1, 3.
Rhdni ad solis orientis regionem usque ad *) Es wurde dies von Bedeutung für
fi[ne8 Cimbroru]m namgavü, quo neque terra die Entwicklung der germanischen Provinzial-
neque mari quisquam Romanus ante id Sprengel. Yergl. die bei Mabqüabdt, Rom.
tempus adit, Cimbrique et Charydes et Sem- 1 Staatsverw. PS. 274 f. angeführte litterator.
nones et eiusdem tractüa alii Germdnörum
5. Oarmanian. (§ 47.)
107
Namen Domitians anzuführen, wie auch die Arae Flaviae den Indivi-
duakiamen nicht nennen) uüra Rhenum uüraque veteres terminos imperii
reverentiam. Für die „agri decumates^f wie sie möglicherweise nach dem
hier erhobenen Zehnten genannt werden, ') wurde von Domitian ein eigener
procurator bestellt, der in Sumelocen na (Rottenburg am Neckar) seinen
Sitz hatte. 2)
Der „limes", der unter Traian, Hadrian, Antoninus Pius weiter aus-
gestaltet wurde und vor allem die Grenze markieren sollte, ist in seinen
Rudimenten bis auf den heutigen Tag wahrzunehmen: „er beginnt süd-
westlich von Regensburg, südlich vom Einfluss der Altmühl (Alemona) in
die Donau bei Eelheim und schreitet der Hauptsache nach in stets west-
licher Richtung fort, in einer Bogenlinie von der Ausdehnung von etwa
23 deutschen Meilen. Bei Kipfenberg schneidet er die Altmühl und geht
über Weissenburg und Gunzenhausen, wo er seinen nördlichsten Punkt
erreicht, weiter im württembergischen Gebiet nördlich bei Aalen vorbei;
bei Lorch wendet er sich nordwärts". Hier an der Grenze der beiden
Provinzen Raetien und Obergermanien beginnt der zweite Abschnitt
der Grenzlinie mit jenem fast rechten Winkel, welchen der Wall bei
Lorch bildet. Dies ist die Strecke, welche nach Ammian. Marcell. XVHI,
2, 15 bereits im 4. Jahrhundert als „regio cui Capellatii vel Palas nonien
est'' bezeichnet wird. Hinter dem „limes^^ römische Befestigungen längs
des Neckar; dann im Odenwald, die nach dem Flüsschen Mümling sog.
Mümlingslinie, die aus einer Reihe einzelner Kastelle besteht. In der
Nähe des Odenwaldes muss das unter Traian erbaute Kastell gelegen
haben, dessen Ammian. Marcell. in der Schilderung von Julians Feldzug
gegen die Alamannen erwähnt; XVH, 1, 11: munimentum quod in Ahr
mannorum solo conditum Traianus suo nomine voluit appdlari.
Der dritte Abschnitt des Grenzwalls schlägt statt der südnörd-
lichen eine wesentlich westliche Richtung ein, biegt zum Teil sogar nach
Süden ein. Am südlichen Abhänge des Vogelsberges zwischen diesem
und dem Taunus hin, am nördlichen Abhang des grossen Feldberges zieht
sich die Linie zur Lahn, von da nordwärts nach Rheinbrohl gegenüber
dem Vinxtbach, welcher die Grenze von Ober- und üntergermanien bil-
dete. — Für Untergermanien genügte der Rhein als Grenze; das jensei-
tige Gebiet war streckenweise evakuiert und als Weideplatz von den Le-
gionen benützt.
^) „Decnmas hat eine Analogie in in-
fernas and aupernas". Mabqüabdt, Staats-
verw. T", 278. Mommsen, Rom. Gesch. V
138 A. 2 hegt gegen diese Erklärung Be-
denken: .weder ist es sprachlich erwiesen,
dass decutnas „zehentpfüchüg" heissen kann,
noch kennen wir derartige Mnrichtongen der
Kaiserzeit". Asbach in der Westd. Zeitschr.
y 372 spricht die Vermutong aus, dass das
Wort decumates ein technischer Ausdruck
der Feldmesskunst sei, die bekanntlich zahl-
reiche archaische Formen in ihrem Wort-
schatz bewahrt hat. Vgl. Ihm, Bonner Jahrb.
LXXXXrV (1893) S. 163.
*) 'EnlxQonog /oi^«? lovfisXoxeyyTjaiag
xai i^ncQXifxnaytjg heisst er in einer Inschrift
der bithjnischen Stadt Dusae. Vgl. Mommsen,
Eorrespondenzblatt 1886 S. 260. Hiezu Rom.
Staatsr. UI 830. Die Erwähnung des ager
translimitanus zeigt, dass die politische
Grenze des römischen Gebietes hier wie
anderswo mit der militärischen nicht zusam-
menfiel.
108 A. Geographie von Italien und dem Orbis Bomaniui.
Seit 1890 Tvird der germanische und der rfttische „Umes" in seinen einzelnen Teilen
auf Reichskosten von einer Kommission, an der Mommsen, Zangemeister, Ohlenschlager,
Popp, Gonrady u. a. beteiligt sind, einer systematischen CFntersuchung unterzogen. Ein
„Limesblatt**, das als Beigabe zu dem , Korrespondenzblatt der Westdeutschen Zeitschrift f.
Gesch. und Kunst" 1893 f. erscheint, verzeichnet die Ergebnisse. Vgl. Mohiisen, Die ein-
heitliche Limesforschung, Korrespondenzbl. 1890 S. 287 — 294. Zanobmbistbr, lieber den
gegenwärtigen Stand der Limesforschung, Westd. Zeitschr. IX (1890) S. 1 ff. — K. Popp.
Bericht über den Stand der Arbeiten am obergerm.-räti8chen Limes, Allgem. Zeitung 1894
Beilage, April 18 ff. Darin eine Schilderung der oro- und hydrographischen Verhältnisse.
Ebenso bei E. Kallee, Das rätisch-obergermanische Kriegstheater der Römer, Eine strate-
gische Studie, Stuttgart 1889 (mit Karte). Die ältere Litteratur fasst zusammen E. HÜbker,
Der römische Grenzwall in Deutschland, Bonner Jahrb. LXni (1878) S. 17 ff., mit Ueber-
sichtskarte des „limea*' von H. Kibpbbt. Vgl. ebenda LXIV (1878) S. 88—52. Ein ,1. Nach-
trag" in Bonner Jahrb. LXVI (1879) S. 13 ff. Vgl. ebenda LXXX (1885) S. 23—149,
LXXXVni (1889). Eine populäre Darstellung gibt £. Hübneb in seinem Buche »Römische
Herrschaft in Westeuropa* (Berlin 1890) S. 71—115. Vgl. auch Th. Hodgkin, The Pfahl-
graben, An essay totvards a deacription of the harrier of the Roman empire between the
Danübe and the Rhine, Newcastle-on-Tyne 1882 (mit mehreren Uebersichtskarten und Ab-
bildungen). Speziallitteratur: v. Cohausbn, Der römische Grenzwall in Deutschland,
militärische und technische Beschreibung desselben, mit 52 Foliotafeln Abbildungen (Wies-
baden 1884). Vgl. hiezu Mohmsbn, Ueber den oberrheinischen limea, „Westd. Zeitschr." IV
(1885) S. 43 — 50. Gohausens Werk, das eigentlich nur fOr die Strecke von Grosskrotzen-
burg bis Rheinbrohl Originales bietet, gab gleichwohl den Anstoss zur neueren Limes-
forschung. Der beigegebene Atlas enthält kartographische Uebersichten, Profile, Pläne von
Kastellen. — E. Hrbzoo, Die Vermessung des römischen Grenzwalls in seinem Lauf durch
WOi'ttemberg in ihren Resultaten dargestellt, Stuttgart 1880. — F. Ohlbnsohlaobr, Ueber
die römische Grenzmark in Bayern (Manchen 1887), mit 4 Kartentafeln. „ Seine Auf-
nahmen, in die Karten des neuesten topographischen Atlas von Bayern (Masstab 1 : 50000)
eingetragen, sind die vorzflglichsten, welche bisher überhaupt von irgend einem Teile des
römischen Limes gegeben worden sind*. (Hübneb). — H. Haupt, Der römische Grenzwall
in Deutschland nach den neueren Forscnungen, mit besonderer Beiücksichtigung Unter-
frankens (Würzburg 1885), gute Orientierung. G. Wolff und 0. Dahm, Der römische
Grenzwall bei Hanau mit den Kastellen bei Rückingen und Marköbel (Hanau 1885). Darin
ist die Strecke Grosskrotzenburg-Rückingen-Marköbel der Untersuchung unterzogen. Kritik
mancher Aufstellungen v. Gohausens, beigegeben 4 lithographische Tafeln mit Grundrissen
der Kastelle, sowie einer Karte der Strecke zwischen Main und Kinzig. Vgl. auch 0. Dahm,
Turm C am limes Grosskrotzenburg-Rückingen, Westd. Zeitschr. XII (1893) S. 157 fF. —
Nähere Aufschlüsse sind von der neuesten Limesforschung zu erwarten. Vergl. über den
lime8 am hohen Taunus A. Hahxeban in Westd. Zeitschr. VtH S. 287 fF. und neuerdings
.Limesblatt'* 1893 S. 98 ff.: ,Es haben sich kleine Schanzen oder Türme auf den Gipfeln
des Taunus gefunden, die vom Grenzwall durchsetzt und zum Teil für dessen Traciemng
massgebend gewesen sind**. Die erste Befestigung der Taunushöhe nahm schon Drusus vor.
Vgl. MoMMSEN, Rom. Gesch. V S. 30. — Beim heutigen Frankfurt a. M. hatten die Römer
schon im 1. Jahrhundert einen ständigen Wachposten (Funde von Ziegeln der Ug, XIV). —
Auffindung eines grösseren Kastells bei Ems, an der Vereinigung des Lahn- und Emsthales
durch Dahm (1894). — Ueber den Zweck des Limes ist man sich nicht ganz klar. Dr.
Eidam in Gunzenhausen, der den Limes in dieser Gegend durchforscht (vgl. Korrespondenz-
blatt 1893 S. 122 ff.), vertritt am zuversichtlichsten die Annahme, dass die Postenkette
längs des Limes vor allem der Signalgebung diente, da man von einem Posten immer
zum nächsten sehen kann. Andere Forscher, wie Dahm, halten an der vorwiegend militä-
rischen Bedeutung des limea fest. Vgl. Westd. Zeitschr. XII S. 162. Den Ausdruck „Pfahl*
stellt Zangemeister mit „vallum" zusammen. Die schnurgerade Richtung, die der Wall
über Berg und Thal nimmt, zeigt, dass wir es mit einer Demarkationslinie zu thun haben.
Die eigentliche Reichsgrenze ist durch ein vor dem Wall herlaufendes ausgesteintes Gräb-
chen markiert, auf das man erst in neuester Zeit am Taunus, dann auch anderwärts, nament-
lich in Rätien, aufmerksam wurde. Vgl. „Limesblatt'' n. 7, 8, 10, 11 (1894), Westdeutsche
Zeitschr. XIV (1895) S. 147 ff. Dahinter ein Wall mit Graben oder ein Steindamm, d. i.
die innere Linie des „Umes^^f der nicht eine Grenzlinie, sondern ein Grenzstreifen ist. --
Die Herstellung einer künstlichen Reichsgrenze dort wo keine natürliche war (vgl. vita
Hadriani 12: locis in quihus harbari non fluminibus, sed limitibus dividuntur) hatte den
Zweck, die Kontrolle des Grenzverkehrs zu ermöglichen, da dieser den Barbaren nur an
bestimmten Punkten gestattet war. Es war eine Ausnahme von der Regel, wenn die Her-
munduren bis nach Augusta Vindelicorum kommen durften. — Vielfach wurde jenseits des
Urne« ein Streifen unbewohnten Landes als neutrales Gebiet festgesetzt. Auch waren die
Zwischenstrecken der Grenzstrasse unwegsam gemacht, so unter Hadrian {vita 1. c): sUpt-
6. Qermazden. (§ 48.) 109
Hbu8 magnis in modum muralis aaepis funditua iactis atque conexis barbaros separavit.
Auf der mittelfr&nkischen Strecke des limea (bei MOnchsroÜi) hat man neuerdings (1894)
eine ganze Reihe dem limes parallel laufender festgerammter Föhrenpf&hle konstatiert (da-
her .Pfahlgraben' ?). Vgl. E. Popp, Der Palissadenzaun am rfttischen Limes, Westdeutsche
Zeitschr. Xm (1894) S. 219 ff. Ohlbnschlaoer, Der Name «Pfahl*' als Bezeichnung der
röm. Grenzlinie, N. Heidelb. Jahrb. Y (1895) S. 60 ff. Ueber die Art des Baues geben die
neuesten Untersuchungen (mit Heranziehung der Agrimensorenlitteratur) einigen Aufschluss,
vgl. Baumeister L. Jaoobi im «Limesblatt ** 1894 a. a. 0., hiezu Mommsen «Der Begriff des
Limes*, Westd. Zeitschr. XIII (1894) S. 1B4 ff. Der rätische und der obergermanische Limes
sind unabhängig voneinander ausgebaut; ersterer eine mit Mörtel aufgefUhrte Mauer, letz-
terer, «inzelne gemauerte Strecken abgerechnet, Wall und Graben, also das Werk provin-
zialer BanfOhrung. — Nach der Aufgebung des rechtsrheinischen und transdanubischen
fitnea in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts trat ein neues Limessystem an und hinter
den Grenzströmen in Kraft, worüber die Notit. dignit, zu vergleichen ist, welche die Stationen
angibt. Vgl. Moxxsen in «Hermes* XVI S. 487 ff. Aehnlich an der Donau z. B. in Moesien
(F. Kakitz).
Nach Abschluss der Arbeiten der Beichslimeskommission soU eine ausführliche Dar-
stellung über den obergermanisch-rätischen Limes gegeben werden; den natürlichen Ab-
schnitten desselben entsprechend in sieben Bänden. Die Abteilung A enthält eine Schil-
derung des Terrains, des Limeslaufes und der Lage der Kastelle, sowie eine Beschreibung
der Zwischenkastelle, Erdschanzen, Türme und der wichtigsten für den Limes in Betracht
kommenden Römerstrassen. Beigegeben ein umfassendes Kartenmaterial und Detaildar-
stellungen. — Die Abteilung B behandelt die Hauptkastelle. Die einzelnen Bände werden
folgende Strecken enthalten: I. Von Rheinbrohl bis zur Aar bei Langenschwal-
bach, KasteUe 1 — 7. U. Von der Aar bei Langenschwalbach bis Grosskrotzen-
burg, Kastelle 8—31. IH. Die Mainlinie von Grosskrotzenburg bis Miltenberg,
Kastelle 32 — 38. IV. Von Miltenberg bis in die Gegend von Lorch, Kastelle
39—45. V. Die Main-Neckarlinie, Kastelle 46—62. VL Von Lorch bis zur Alt-
mflhl bei Gunzenhausen, KasteUe 63 — 70. VH. Von der Altmühl bei Gunzen-
hausen bis Hienheim an der Donau, Kastelle 71— 77. — Die ersten Lieferungen sind
1894 und 1895 ausgegeben worden: «Der obergermanisch-rätische limea des Römerreiches.
Im Auftrage der Reichslimeskommission herausgegeben von den militärischen und archäo-
logischen Dirigenten 0. v. Sabwet und F. Hettnbb* (Heidelberg). Lieferung 1 be-
handelt die Kastelle von Butzbach, Murrhardt, Unterböbingen; Lieferung 2 das Kastell von
Osterburken. — Den gegenwärtigen Stand der Limesforschung skizzierte auf der 43. Ver-
sammlung deutscher Philologen und Schulmänner in Köln (1895) F. Hbttneb, Bericht
über die vom deutschen Reiche unternommene Erforschung des obergermanisch-rätischen
Limes (Trier 1895). K. Zangekbisteb, Der obergermanisch-rätische Hmea. N. Heidelberger
Jahrb. V (1895) S. 60 ff
48. Die Oeographie von Oermanien bei den (Oriechen und)
BOmem. Teils den Feldzügen unter Augustus und Tiberius, wo das ganze
innere Land durchzogen wurde, teils dem Observationsposten, der am Rhein,
später am „limes'^ bezogen war und längs dessen ein lebhafter Handels-
verkehr mit den , Barbaren' sich entwickelte, verdankt die zeitgenössische
geographische und ethnographische Forschung ihr Material.
Strabo hebt den Nutzen geographischer Kenntnisse unter anderem
hervor an «den Feldzügen gegen die Germanen und Kelten, indem die
Barbaren in unzugänglichen Sümpfen und Wäldern und Wüsteneien durch
die Orte selbst sich wehrend, das Nahe dem unwissenden Feinde als ent-
fernt vorspiegelten und die Zugänge, wie auch die Vorräte der Lebens-
mittel und alles übrige verborgen hielten" (I, 1, 17). An einer anderen
Stelle (I, 2, 1) betont Strabo die Fortschritte, welche die geographischen
Kenntnisse in der Gegenwart machten:« „Die Römer enthüllten uns die
westlichen Länder Europas alle bis zum Strom Albis, welcher Germanien
zwiefach teilt.* Danach Strabos Darstellung in B. VII.
Mit der Okkupation ging die militärische Aufnahme, die Abschätzung
der Entfernungen, die Verzeichnung der Völkerschaften, der Kommuni-
110
A. Geographie von Italien nnd dem Örbie fiomanna.
kationsmittel u. s. w. Hand in Hand. Vgl. Velleius Paterculus, der den
germanischen Krieg als praefectus alae unter Tiberius mitgemacht hatte
und ein grösseres Werk darüber beabsichtigte (cf. Vell. E, 96, 105, 115)
n, 106 : ad quadringentesimum müiarium a Rheno usque ad fluvium Älbitn,
qui Semnonum Hermundurorumque finis praeterfluü, Romanus cum signis
perductus exercüus.'^ Ebenso E, 109 über die Entfernung des Reiches
Marobods von den Alpen: „cum — initium dus finium haud multo plus
ducentis milibus passuum abesset J* Ferner Strabo VE, 1, 4: »Der Rhenos
ist vom Albis etwa 3000 Stadien entfernt, wenn man geradlaufende Wege
hat; jetzt aber muss man durch krumme und sumpfige Wege und Wäl-
der Kreiszüge machen." Vgl. auch Strabo VE, 2, 4, wo er von den
nördlichen Völkern Germaniens spricht: »bekannt aber sind nur die von
den Mündungen des Rhenos bis zum Albis wohnenden. Jene hingegen
jenseits des Albis, längs dem Ozean, sind uns durchaus unbekannt. Denn
weder wissen wir jemand der Älteren, welcher diese Küstenfahrt in die
östlichen Gegenden bis zur Mündung der kaspischen See machte [sie],
noch sind die Römer bisher in die Länder jenseits des Albis vorgedrungen;
ebensowenig aber hat sie jemand zu Lande durchwandert."
Auf dem Material, das so zusammengebracht war, und auf den Nach-
richten, die man persönlich am „limes^^ oder auf gelegentlichen Expedi-
tionen einziehen konnte, beruhen die Angaben des älteren Plinius, der in
Germanien gedient, auch eine Geschichte der Germanischen Kriege ge-
schrieben hat, in der Naturalis historia (B. IV u. a.). Zeit zu solchen
Studien über Land und Leute hatten intelligentere Offiziere in BüUe; be-
richtet doch Plinius selbst (N. h. X, 22, 27), dass manche Präfekten aller^
dings reglementswidrig ganze Gehörten von ihren Wachtplätzen aus-
schwärmen Hessen, um Gänse {„gantae^^) zu fangen, deren Federn in
Italien sehr geschätzt waren. Anderswo ging man fleissig auf die Jagd
nach wilden Tieren, an denen in den schwachbewohnten Grenzlandschaften
kein Mangel war; worüber z. B. Arrian berichtet. — Bei den Mattiakem
wurde zur Zeit des K. Claudius und dann später wieder auf Silber ge-
baut. 0
Dem Plinius folgte in der litterarischen Verarbeitung desselben Ma-
teriales — mit den nötigen Vermehrungen und in der „Germania" mit
zeitgemässer Tendenz — P. Cornelius Tacitus. Zur Zeit, da er schrieb,
wurde eben von Traian die durch Domitian inaugurierte Okkupations-
politik ihrem Abschluss entgegengeführt.
49. Oermanien um das Jahr 100 n. Chr. (Tacitus' Oermania).
Tacitus berücksichtigt in seiner Spezialschrift mehr die ethnographischen
als die geographischen Verhältnisse, für welche seine Darstellung der krie-
gerischen Expeditionen in den Annalen und Bistorien wichtiger ist. Im
allgemeinen wird das Land als mit Wäldern und Sümpfen erfüllt hinge-
^) Dahm hat neuerdings (1895) auf der
Höhe von Braubach — dem sog. Eönigstiel
— im Lahngebiet ein von den Römern be-
triebenes Bergwerk aufgefunden, mit dem
man die Nachricht bei Tacit. ann. Xl, 20 über
den Bergbau bei den Mattiakem in Verbin-
dung bringt. AUg. Zeitung 1895 Mai 8 Beil.
Im übrigen vgl. Forbig br in Paulys Real-
encykl. s. v. Mattiaci.
6. Oermanien. ($ 4d.)
111
stellt; nur einzelne Landschaften, wie die der Chatten und der Mattiaker,
seien verhältnismässig ergiebiger oder freundlicher. Von Bergen werden
der Taunus, der Abnoba, wo der Danuvius entspringt, und die sehr un-
bestimmt gehaltene Hercynia silva mit Namen angeführt; das Riesen-
gebirge heisst bei Dio ra Ovavdahxä o^iy; von Flüssen nennt Tacitus
ausser Rhenus und Danuvius noch Momus (Main), Luppia (Lippe), Amisia
(Ems), Visurgis (Werra und Weser), Adrana (Eder), Albis (Elbe).*) — Die
Bezeichnung , Germania" oder „Germaniae* ist wechselweise für das
römische (resp. anachronistich bloss das cisrhenanische) und das freie
Germanenland gebraucht; wie ähnlich „Gallia* oder „Galliae". (In einer
früheren Periode sassen Kelten auch in Deutschland, wie Orts- und Fluss-
namen selbst noch östlich der Weser erweisen. Vgl. Müllenhof, D. Alter-
tumsk. n, mit Karte: , Kelten und Germanen im 4. bis 1, Jahrhundert
V. Chr.* und , Keltische Namen östlich der Weser"). — Sehr allgemein
wird die Grenze der Germanen im Osten, den Sarmaten und Dakem zu,
durch 9 gegenseitige Furcht oder durch Berge" bestimmt. Im Süden wird
der Danuvius als Grenzstrom gegen Raetien bezeichnet, was er zu Taci-
tus' Zeit schon nicht mehr war. Im Norden der Ozean, d. h. einerseits
der «Oceanus Germanicus" (Nordsee), andererseits das „Mare Suebicum"
(Ostsee). Am Ufer des letzteren sassen ostwärts Stämme der Aist-en
(Aestii). Vgl. Müllenhoff 1. c. mit Karte: „Germanen, Aisten und Slawen
im 1. — 2. Jahrhundert n. Chr."
„Germanischer" Abkunft rühmten sich auch mehrere Stämme in der
Belgica: so die Tungri, Nervii, Sunuci, Baetasii, Menapii; ob-
wohl wir selbst im Bataverlande Ortschaften (Lugudunum, heute Leyden,
Batavodurum u. s. w.) keltisch benannt finden.^)
*) Die geographischen Positionen der
Quellen und Mündungen gibt Ptolemaeus an.
— üeber die Quellen der Elbe war man sich
nicht ganz klar, indem offenbar auch deren
Nebenflüsse in Betracht gezogen wurden.
Vgl. Dio 55, 1 ; ^et ix xtov Ovav&ahxtöv oQtSv.
Er berichtet 55, 10* über die Expedition,
die Domitius Ahenobarbus von Yindelicien
aus nach den von den Markomanen eben
geräumten Sitzen unternahm, indem er die
Hermunduren dorthin verpflanzte: xal xov
'AXßiay fAfjdeyog ol iyavtiovfjiiyov Siaßdg
tpiXiav rs rotg ixelvfi ßuQßd^ois fsvvi&sxo
xai ßtafiSy in* avrou rt^ Avyovaxf^ Id^vaato.
Cf. Tac. Ann. IV, 44 (elogium des Domitius) :
exereUu flumen Albim transcendit, langius
penetrata Germania, quam quisquam prio-
rum, eaaque ob res insignia triumphi adep-
tu8 est. — Tacit. Qerm. 41 : in Hermunduris
Albis oritur. Die hier genannte Elbe ist
vielleicht deren Nebenfluss, die Eger; vergl.
den Artikel «Albis" in Paulys Bealencyklo-
pädie. Andere nehmen die thüringische Saale
an; vgl. Eibchhoff, Thüringen doch Hermun-
darenland S. 29. — Ptolem. 11, 11 hingegen
identifiziert die Quellen der Elbe mit jenen
der Moldau. Vgl. Ch. Müllebs Anm. in Bd. I
p. 248 seiner Ausgabe.
^) In diesen Gegenden ist auch der
Name Germani zuerst gebraucht worden,
Tac. Germ. c. 2: Qermaniae vocahülum re-
cens et nuper additum, quoniam qui primi
Rhenum transgressi Gallos expulerint, ut
nunc Tungri j tunc Germani vocati sint.
Vgl. Caes. b. G. 2, 4: Condrusos, Eburones,
Caeroesos, Paemanos, qui uno nomine Ger-
mani appellantur, arhitrari ad XL millia.
Femer 6, 32: Segni Condrusique ex gente
numeroque Germanorum, qui sunt inter
Eburones Treverosque, — Bemerkenswert
ist die Kooperation dieser halbgermanischen
und germanischen Stämme im Aufstande des
Civilis; die batavischen Kohorten bildeten
den Kern desselben. Wie denn die Dar-
stellung in des Tacitus Historien für die Kennt-
nisnahme der einschlägigen Verhältnisse klas-
sisch ist. — Die genannten Stämme bildeten
die älteste germanische Völkerschichi auf
gaJlischem Boden; noch im Mittelalter haben
diese Gegenden ihr besonderes (germanisches)
Recht behauptet, was darauf zurückgehen
wird. Vgl. J. Picker, Unters, z. Erbenfolge
der ostgerm. Rechte II, 2 (1895) S. 409 ff.
Anm. III, 1 (1896), mit Karte.
112
A. Qeographie von Italieii und dem Orbis Eomaniu.
In einem loseren Abhängigkeitsverhältnis standen die germanischen
Stämme an und um die Rheinmündung: die Bataver, „welche die Insel
des Flusses Rhenus bewohnen''; die Friesen am lacus Flevo (Zuidersee),
die in „Gross"- und „ Klein "-Frisen zerfielen; *) südwärts davon die Ca-
ninefaten. Zu den Auxiliartruppen stellten diese Stämme starke Kon-
tingente.*)
Die am linken Rheinufer angesiedelten Stämme der Cugerni, übii
in Germania inferior, Yangiones, Nemetes, Triboci in Germania
superior bildeten gegen ihre Landsleute jenseits des Stromes eine „römische
Wacht am Rhein ** (Mommsen). - Auch die zwischen Rhenus und Taunus
sitzenden Mattiaci gravitierten, namentlich seit der Anlegung des
„limes", nach Rom; dasselbe war bei Tubanten, üsipiern, Teno-
teren vom Anfang des zweiten bis zur Mitte des dritten Jahrhunderts
der FaU.»)
Die östlichen Grenznachbam der Tencteren sind die mächtigen
Chatten; der Usipier die zwischen Lippe und Ems sitzenden Bructerer,
mit denen Drusus und Germanicus geschlagen hatte; sie sind seitdem
von den Chamavern und Angrivariern niedergeworfen, wenngleich
nicht vernichtet worden.^) Auch die Cherusker, deren Wohnplätze an
*) Tac. Genn. 34: maioribus minorilm8'
que Frisiis vocabulum ex modo virium, Aehn-
lich unterscheidet Ptolem. IT, 11, 7 »Grosß-*
und »Klein-Chauken" ; femer „Gross-" und
„ Elein-Bructerer ** .
^) Namentlich die Bataver: eine ala und
neun Kohorten zu je 1000 Mann. Vergl.
Mommsen in „Hermes* XIX S. 42 f. 213 f.
Ephem. epigr. V p. 178 ff. Ueber die ala
der Caninefaten vgl. «Hermes'* XTX 213, über
die Bataver und Ganinefates unter den
eqtiitea aingulares in Rom vgl. „Hermes" XVI
469. Die Bataver dienten später sogar in
den Legionen und als Praetorianer, wo sie
dann Ulpia Noviomagus (Nimwegen) als Hei-
mat angeben. „Hermes" ^TT 68. Namentlich
sind aber von Interesse die Stationen der
germanischen Truppenkörper in Britannien.
Vgl. Eph, q^r, 3 n. 103: Texand(ri) et Su-
fiic{i) vex(illarii) cohoritis) II Nerfdor{um),
„Damals mussten diese kleinen den Nervii
benachbarten Distrikte in einer nervischen
Eohoite relativ stark vertreten gewesen sein".
„Hermes" XIX, 233. Dann die Germ{ani) eives
Tuihanti cunei Frisiorum, worüber „Hermes"
XIX 232 f. gehandelt ist. Die cohors II
Tungrorum miliaria equitata c{ivium) Hati-
norum), ebenfalls in Britannien Corp. YH
879, 880, 882. „Hermes" XIX 74 A. üeber
die cohors üaipiorum per Germanias con-
scripta vgl. Tacit. Agric. 28; die auxUia der
Chauci Tac. ann. H 17. Eine cohors 1 Claudia
Sugambrorum (von Kaiser Claudius I ge-
bildet) „Hermes" XIX 43. — Unter den Auxi-
liartruppen sind überhaupt vertreten : Bataver,
Caninefaten, Nemeter, Nervier, Sugambrer,
Cugerni; Sunuker, Trevirer, Tungrer, Ubier,
Vangionen. Vgl. „Hermes" XIX 213 f. Unter
den equites singulares: Bataver, Caninefaten,
Frisaevonen, Marsacier. Auch die Städte
Noviomagus (Nimwegen), Claudia Ära (Köln),
Ulpia Traiana (bei Xanten) erscheinen unter
den Heimatsangaben. Vgl. „Hermes" XVI 459
A. 3. Ueber die germanischen Auxilia seit
Diocletian Mommsbn in „Hermes" XXTV 232 ff.
Ueber den Kult des Donar (Hercules) und
Wodan (Mercurius) bei den germanischen
Auxilia sowie den daraus hervorgegangen
equites singulares vgl. Zangbmbistsb in den
N. Heidelberger Jahrb. V (1895) S. 46 ff.
Ueber sonstige germanische Götter auch
DoMASZBWSKi, Die Religion des römischen
Heeres (TVier 1895) S. 45 ff.
^) Wie aus einer vereinzelten Notiz her-
vorgeht, die MüLLXNHOFF, Abh. d. Berl. Akad.
1862 S. 518 ff., vgl. Altertumsk. HI S. 311 ff.,
bespricht. Risse, Geogr. lat. minor, p. 129.
E. HüBNEB in Westd. Zeitschr. H (1883)
S. 393 ff. AsBACH, ebenda lU (1884) 8. 15.
*) Die Nachricht bei Tacit Germ. 33:
pulsi Bructeri ac penitus excisi stellt sich
als übertrieben heraus. Der jüngere PÜn.
ep. 2, 7 erwähnt eine römische Intervention
bei den Bructerem. Auch Ptolem. II, 11, 9
kennt sie, in zwei Teile, wie schon Strabo
bemerkt hatte, geschieden: BQovxxBqoi ol
jueiCovs auf dem östlichen Ufer der Ems,
B. ol fAMQol westlich bis zum Rhein. —
Aehnlich übertrieben ist bei Tacitus die Be-
merkung Ann. 12, 39, wonach die Sugambem
„excisi aut in Gallias traiecti forent"; denn
bei Ptol. erscheinen IvyafißQoi wieder an
der Südseite der Bructerer erwähnt.
5. Gennanien. (§ 49.)
113
beiden Uferseiten der Weser lagen, sind ihren Nachbarn im Süden, den
Chatten, erlegen; ihr Name verschwindet später aus der Geschichte.
Östlich von den Friesen sitzen die Chauken, zu denen der ältere
Plinius wahrscheinlich gelegentlich der Expedition des Corbulo im Jahre
47 n. Chr. gekommen ist.^) Diese Küstengegenden waren unter römischer
Botmässigkeit verblieben. Bis zu den Cimbern berühmten Angedenkens
reicht die Eunde.^) Aber die Fahrten auf der Nordsee hatte man auf-
gegeben; die Elbe, an der wie zu Marobods Zeiten auch jetzt noch die
mächtigen Semnonen und nördlich von ihnen die nicht zahlreichen, aber
tapferen Langobarden sassen, ist nur mehr ein geographischer Begriff.
Die Ostseeküste wurde des kostbaren Bernsteins halber besucht, aber
nicht westwärts her sondern von Carnuntum aus (Bericht über eine der-
artige Expedition bei Plinius h. n. 37, 3, 45. Er rechnet 600 Million bis an
die Bemsteinküste).
Die Hermunduren, nicht ein einzelnes Volk, sondern ein Völker-
bund, der vom Main bis zur mittleren Elbe reichte, stritten im Westen
mit den Chatten wegen der Nutzung der Salzquellen (Tac. ann. 13, 57).^)
Hingegen unterhalten sie mit den Bömem in Rätien, und zwar nicht
bloss am „limes", sondern ausnahmsweise auch im Binnenlande, zu Augusta
Vindelicorum, ^) Handelsverkehr. Die Marcomanen und Quaden (im
heutigen Böhmen, Mähren und dem Erzherzogtum Österreich nordwärts der
Donau) haben einheimische Könige, die aber unter römischem Einfluss
stehen. Vom Riesengebirge bis zur Weichsel sitzen, in viele Stämme ge-
teilt, die Lugier. Im Norden davon die Goten (innerhalb der grossen
Beugung der unteren Weichsel); daran am Meer bis zur Oder anschliessend
die Rugier (Insel Rügen) und Lemovier.
Von Schlesien nach Oberungam hinein finden wir an der Grenze
Germaniens Stämme, die teils (wie die Marsigni und Buri) den Sueben,
teils (wie die Cotini) den Kelten oder (wie die Osi) den Pannoniern
(Dlyriern) zugerechnet werden. 5)
0 Vgl, Tacit. ann. 11, 18. lieber den
Aufenthalt des Plinius im Lande der Chau-
ken: h. n. 16, 1, 2; cf. 22, 4, 8.
•) Vgl. J. F. Maboks, Die römischen
Flottenezpedition zum Eimbemlande und die
Heimat der Kimbern. In den Bonner Jahrb.
95 (1894).
*) Man sucht diese Salzquellen entweder
im Thal der Werra, die noch heute den
Grenzflnss zwischen Thüringen und Hessen
bildet und wo bei Salzungen Salinen sind;
andere denken an Eissingen, ebenfalls nahe
der hessischen Grenze.
*) Augusta Vindelicorom, vor Hadrian
eigentiich nur ein „forum*^, ist gleichwohl
unter der „spfendidissima Raetiae pravinciae
colonia" des Tacitos zu verstehen. Vergl.
Corp. inscr. Lot. HI p. 711. Der Statthalter
Rfttiens hatte hier seinen Sitz.
*) Die von Tac. Germ. 43 bei den Co-
tini erwähnten Eisenbergwerke scheinen am
Oberläufe der Gran {rgayorag bei Marc
Hamdbiich der klUB. AltertumawisBeiiBcluifl, ni, 8.
Aurel) sesshaffc gewesen zu sein (Suess in
MüLLENHOFF, Doutscho Altertomskundo H
S. 334 f.). Die Cotini werden auch in der
Zeit des Marcomanenkrieges genannt. Vgl.
Dio 71, 12. Hiezu A. Harnaok, Die QueUen
der Berichte übers Regenwunder im Feld-
zuge Marc Aureis gegen die Quaden. Berl.
Sitzungsber. 1894 S. 835 ff. Die den Cotini
entgegengesetzten römischen Festungen Bri-
getio und Carnuntum sind wie auch Vindo-
bona keltisch benannt; ebenso sassen in Pan-
nonia selbst keltische Stämme, mit denen
die Cotini also zusammengehören. Nach dem
Marcomanenkriege wurden sie zwischen Donau
und Drau angesiedelt, wie wir ans den PrÄ-
torianerlisten des 3. Jahrhunderts ersehen,
wo sie als cives Cotini ex provincia Pannonia
inferiore erscheinen. Sie haben ptumoni-
sche Namen, sind also der einheimischen
Bevölkerung assimiliert. Vgl. Hülsen im
Bu!l. comunale 1894 p. 203 ff. Ebenda
TOMASSBTTI 1895 p. 159 f. DOMASZEWSKI
2. Aufl. 8
114
A. Geographie von Italien nnd dem Orbie Romaniis.
Neben den in den Vordergrund tretenden Stämmen tauchen zahl-
reiche kleinere auf, welche häufig einem grösseren angegliedert und unter
seinem Namen mitverstanden sind. Dies gilt von den Fosen, die den
Cheruskern benachbart waren;*) von den Charuden, die Augustus (im
Mon. Ancyr. V, 17) nennt, dann wieder bei Ptolemäus (2, 11, 7) als unter-
halb der Cimbern sesshaft erscheinen. Auch der Stamm der Saxones an
der Mündung der Elbe und am cimbrischen Chersones wird erst bei Ptole-
mäus genannt. In einem ähnlichen sekundären Verhältnis mögen die in-
schriftlich erwähnten Tuihanti^) zu den Frisen gestanden haben.
Manche Stämme, welche bei Julius Caesar, bei Strabo, in Ta-
citus' Annalen und Historien, bei Plinius vorkommen, sind in der «0er-
mania" gar nicht oder mit dem Bemerken erwähnt, dass sie jetzt wenig
mehr zu bedeuten hätten.^) Von einigen kleineren Stämmen führt Tacitus
mit Absicht die Namen nicht auf, die seine Leser doch nicht interessieren
konnten.*)
Vielfach änderten sich auch die Namen,^) oder deren Bedeutung: die
Sueben,^) die Chauken, die Vandalen bezeichnen im ersten Jahrhundert
einen Komplex von Stämmen;^) später wird daraus eine Spezialbezeichnung.
in den „Serta Harteliana*' (1896) S. 8 ff.:
Der Völkerbund des Marcomanenkrieges. Die
Osi werden ausser bei Tac. 1. c. und c. 28
nur noch in der vita Marci des Capitolinus
c. 22 erwähnt
') Tac. Germ. 36: contermina gens, (td-
versarum verum ex aequo aocii sunt, cum in
secundis minores fuissent
') Die Tuihanti sind die Bewohner der
holländischen Landschaft Twente. Die Kon-
tinuität des Namens lässt sich verfolgen.
Laoomblet, Urkundenb. I n. 9: inpago North-
tuinti (a. 797). Ebenda n. 14 : in pago Norht-
tueanti (a. 799). Vgl. Bonner Jahrb. 83, 173 f.
J. FicKEB, Erbenfolge der ostgermanischen
Rechte II S. 5 hebt die grosse Mannigfaltig-
keit des friesischen Rechtes hervor, eben
auch mit Bezug auf die Landschaft Twente.
Im übrigen sind die Friesen in ihren alten
Stammsitzen verblieben und haben in ihrer
Isoliertheit zugleich die Stetigkeit ihrer Ent-
wicklung gewahrt, wie ausser ihnen fast nur
die skandinavischen Stämme (erst im Mittel-
alter schwärmten die „Normannen** und die
„Waräger* aus).
*) So die Sugambem. Bezüglich der
Cherusker Germ. 36: qui olim boni aequique
Cherusci, nunc inertes ac stulti vocantur:
Chattis victorihus fortuna in sapientiam ees-
Sit. Bezüglich der Gimbri Germ. 37 : parva
nunc civitas, sed gloria ingens. — Durch
freiwillige oder erzwungene Wanderungen
waren Aenderungen herbeigeführt worden;
so (abgesehen von den Cimbern) bezüglich
der Marser, Marcomanen, Langobarden, Her-
munduren, Ampsivarii, selbst der Frisen (Tac.
ann. Xm, 54 f.) u. a. Vgl. die Bemerkungen
von Strabo VII, 1, 3: xoivov cf* iijxly anaai
I roL^ ravr^ to negl tag fistaramäae^g ev/aagks
&ia trjy Xnortjra tov ßlov xal iftd to urj
yetogyeiy fAr}6k ^aarglCsty, dXX* iy xaXvßioig
oixsTy, i(pijfjieQoy ^/ovai naQaaxevijy,
*) Germ. 34: Angrivarios et Chamavos
a tergo Dulgubnii et Chasuarii cluduut
aXiaeque gentes Jiaud perinde memoratae.
Aehidiche Phrasen gebraucht Plin., indem
er sich weigert, die Namen aller alpinen
Stämme aufzuzählen : dafür gibt er den Wort-
laut des „tropaeum Alpium^. Vgl. unten
S. 130.
*) Ueber die Marsi, die er mit den Su-
gambem für identisch hält, vgl. Zbübs S. 86.
') Ueber die Sueben vgl. Zavgbkeistbb,
N. Heidelberger Jahrbücher HI (1893) S. 1 ff.
Femer .Limesblatt" N. 5 (1893) S. 184 f.
Eine nächst Lanchester (in der GrafiBchaft
Durham) gefundene Inschrift aus der Zeit
Gordians HI. nennt vex(iUarii) Sueborum
Lon{ . . . .? es steckt die römische Bezeich-
nung von Lanchester in diesem Beinamen).
— Ueber «die Sueben im Zusammenhange
der ältesten deutschen Vülkerbewegungen'
vgl. EossiNNA in der Westd. Zeitschrift IX
(1890) S. 199 ff. Ebenda Rissb S. 339 f.
^) Bezüglich der Chauken vgl. Plin. n.
h. IV, 99: „Chaucorum gentes", womit die
Ausführungen von Tac. Germ. 35 stimmen,
dass das Gebiet der Chauken bis zu den
Chatten gereicht habe: von den eigentlichen
Chauken konnte das nicht gesagt werden,
wohl aber von den angegliederten Stämmen.
Bezüglich der Sueben besonders Tac. Germ.
38; bezüglich der Vandalen Plin. 1. c:
Vandili quorum pars Burgondiones Varini
Charini Gutones. — Cf. Tac. Germ. 2: qui-
dam, ut in licentia vetustatis, pluris deo
6. Germuiien. (g 49.)
115
umgekehrt ist der Name Sachsen oder Goten, der früher einem einzelnen
Stamm zukam, seit dem dritten Jahrhundert für einen ganzen Komplex
von Stämmen gebraucht.
Bei Tacitus sind die Sitze nur im allgemeinen angegeben; für die
stabil gebliebenen gibt Ptolemäus 11, 11, indem er zugleich die Positionen
zahlreicher sonst unbekannter Örtlichkeiten im Barbarenlande mitteilt,
eine genauere Fixierung. Er bedient sich dabei einer aus der Zeit des
Augustus stammenden Vorlage, wie denn auch Tacitus' Bericht mehrfach
auf eine solche zurückweist (z. B. German. c. 1 : nuper cognitis quibusdam
gentibus ac regibus, quos bellum aperuit). Vgl. Müllenhoff, D. Altertumsk.
n 287. Wichtig sind die Nachrichten über den grossen Germanen- und
Sarmatenkrieg an der Donau unter den Kaisem Marc Aurel und Commo-
dus, weil sich damals eine grosse Verschiebung in der Richtung nach Süd-
ost anbahnte, welche die astingischen Vandalen nach dem Norden der
Provinz Dacien, die Goten an das schwarze Meer führte. Die Vorläufer
der Völkerwanderung des 4. Jahrhunderts. — Von Bedeutung sind die spät-
römischen Autoren: Ammianus, Procopius, Agathias, Jordanes. Femer
lassen antiquarische Funde oder Orts- und Flussnamen, die sich erhalten
haben, ^) endlich aus dem früheren Mittelalter stammende Nachrichten
Fixierungen der alten Stammsitze oder Orte zu.
Die Angrivarii erscheinen in den Eng er n wieder, westlich von
diesen hiess nach den alten Chamaven ein Gau „Hamaland'', ein
anderer südlich der Lippe nach den Bmcterem: Boractra; im Lüne-
burgischen erinnerte an die alten Sitze der Langobarden der Barden-
go we und der Flecken Bardon wie (Bardewic).
Ebenso entsprach auf dem linken Rheinufer der pagus Bedensis
der Landschaft der Baetasii, der pagus Gondrustius oder Condustrensis
(heute Condroz) jener der Condrusi; der pagus Carascus (zwischen dem
Bitgau und dem Eifelgau) dem inschriftlich bekannten Namen der Ca-
ruces^) u. s. w. Die Kontinuität der Entwickelung reichte auf beiden
Ufern des Stromes vielfach aus dem Altertum in das Mittelalter hin-
ein; was weiter zu verfolgen, einem anderen Forschungskreis zukommt.
üeber die rAmiBch-germanisohen Grenzsprengel: Brambaoh, Corpus inscrip-
tionum Rhenanarum, Elberfeld 1867. Bis zum Erscheinen der Neubearbeitung der In-
schriften der Provinzen Germaniae (von Zangekeistbb in Corp. inscr, Lot, XIU) zu be-
nutzen. Th. Moxmsen, Die germanische Politik des Augustus. In der Wochenschrift ^Im
ortos plurisque gentia appellationes, Marsoa
Gambrivios Suebos Vandilioa adfirmant, ea-
que vera et antiqua nomina.
') Im Kastell bei Neckarburken, wo die
sog. MOmlingslinie die etwa IVs Stunden
weiter südwestlich in den Neckar mtlndende
Elz schneidet, stationierte unter Antoninus Pius
ein n{umerus) Brit(tonum) Elani{ ?) ;
in dem legten Worte stockt wahrscheinlich
der alte Namen des Flüsschens Elz. Vgl.
.Limesblatf N. 3 (1893) Art. 27. - Anderer-
Seite ist aufmerksam zu machen, dass die
Lokalisierungen des Teuteburger Waldes (auf
den ,Osning*), des Taunus (auf die „Höhe*),
des Melibocus mit dem .Malchen *" bei Darm-
stedt durchaus modemer Natur sind und
bestenfalls aus der Humanistenzeit stammen.
Vgl. Zaugkmbistbb, Westd. Zeitechr. VI (1887)
S. 234 f.
') Mit denen nach Bbbok, Zur Gesch.
und Topogr. d. Rheinl. S. 111 f. die bei Tac.
h. IV, 70 erwähnten Caracates (Caeracates)
identisch wären. «Pagus Bedensis'' erklären
andere (gegen Bbbok) vielmehr als identisch
mit der rheinischen Ortechaft Bitburg. Da-
nach steckt die Göttin Beda in dem Namen.
Vgl. HüBKEB, Rom. Herrschaft in Westeuropa
S. 63. Für das Hamaland vgl. Th. Mbnkb,
Hist. Zeitschrift 38 S. 108.
8*
116 A. Geographie von Italien nnd dem Orbia Romanna.
neuen Reich* 1871 I S. 549 ff. — 0. Hibsohfbld, Die Verwaltung der Rheingrenze in den
ersten drei Jahrhunderten der römischen Kaiserzeit (in Comtnentat. philol. in honorem Th.
Mommseni 1877, p. 433 ff.); es ist hier zugleich die frühere Litteratur über diesen Gegen-
stand angeführt. — E. Rbutbb, Die Römer im Mattiakerlande, Wiesbaden 1884. — J. As-
BACH, Die Kaiser Domitian und Traian am Rhein (Westdeutsche Zeitschr. III [1884] S. 1 ff.).
— E. HObneb, Zu den Quellen der Rheinischen Altertumskunde (Westdeutsche Zeitschr. II
[1883] S. 393 ff. — Alex. Riese, Forschungen zur Geschichte der Rheinlande in der Römer-
zeit (Leipzig 1889). 'Vgl. die Rec. von J. A(sbach) im Korrespondenzbl. der Westdeutschen
Zeitschr. IX (1890) S. 94 ff. A. Riese, Das rheinische Germanien in der antiken Litteratur
(Leipzig 1892). Vgl. die Rec. von Ihm m den Bonner Jahrb. 1893 S. 160 ff., von G. Wolfp
in der Westd. Zeitschrift XI S. 181 ff. Riese gibt eine Sammlung aller Stellen der alten
Autoren, welche zur Aufklärung der Geschichte, der Geographie, der Topographie und des
Kulturzustandes der Rheinlande beitragen können. Die Inschriften ausgeschlossen. —
C. Medbeb, Aus der rheinischen Epigraphik des J. 1893. In den Bonner Jahrb. 95 (1894)
S. 185 ff. — H. Nissen, Rheinland in römischer Zeit, Bonner Jahrb. (1895). — J. Scekbidbb,
Die alten Heer- und Handelswege der Germanen, Römer und Franken im deutschen Reiche.
Eine Reihe von Heften; das sechste Düsseldorf 1888. — Th. Bebgk, Zur Geschichte und
Topographie der Rheinlande in römischer Zeit (mit einer Karte), Leipzig 1882. I. Caesars
Feldzug gegen die Usipeter und Tenkterer. II. Caesars Krieg gegen Ambiorix und die
Eburonen. III. Bemerkungen über römische Statthalter am Niederrhein. lY. Der Aufstand
des Antonius am Oberrhein im J. 89. V. Mainz und Vindonissa. VI. Der Vicus Ambi-
tarvius. YII. Der Grenzstein des pagus Carucum. VIII. Zum Streit über den Ort der Ära
Ubiorum. IX. Beiträge zur Untersuchung der Heerstrassen am Rhein. — J. ScEnrEiDBB,
Archäologische Karte des Regierungsbezirkes Aachen. Mit Text, enthaltend die Fundstellen
römischer Altertümer im Regierungsbezirk Aachen (Aachen 1893). — Für das Bataverland
und seine Altertümer vgl. man F. Kaüffxanks Abhandlung über die Dea Nehalennia (die
von den Römern mit der Isis identifiziert wurde) in den « Beiträgen zur Gesch. d. deutschen
Sprache* 1891 S. 210 ff. Für Friesland vgl. Korrespondenzbl. 1889 N. 1 über die erste auf
fnesischem Boden (beim Dorfe Beetgum nordwestl. von Leeuwarden) gefundene römische
Lapidarinschrift (saec. I), die der Göttin Hludana gewidmet ist von den „conductorea piS"
catus". — Westlich von Beetgum der lacus Flevo, welcher durch die fossa Drusiana mit
dem Rhein verbunden war. Hier das Kastell Ilevum (Tac. a. 4, 72. Ptol. ü, 11, 12). —
Spätere Naturereignisse haben die Gestaltung des Landes verändert; so sind die grossen
Meerbusen der Nordsee: Jahde, Dollart, Zuydersee erst in historischer Zeit entstanden.
Auch war die Kette der dortigen Küsteninsebi früher weniger als heute voneinander und
vom Festland gerissen. Vgl. auch Ph. Clüvbb, De tribuB Rheni alveis et ostiia (1611). —
A. Cbambalu, Die Stromveränderungen des Niederrheins seit der vorrömischen Zeit, Köln
1892. — Th. Mommsbn in „Hermes** XVI, 487 ff. Die „Schweizer Nachstudien* für Ober-
germanien in Betracht kommend.
üeber die rheinisohen Lagerstädte: vgl. im allgemeinen Mommsen in .Hermes*
Vn (1873) S. 299 ff. und Römische Geschichte Band 5. Hiezu £. Kobnbmaitn, De
civibus Bomanis in provinc, imperii consistentibus, Diss. Berol. 1891. Ad. Schulten, De
conventibus civium Romanorum, Dissert. Berol. 1892. Derselbe: Das terriiorium leaionis.
In „Hermes** XXIX (1894) S. 481 ff. (gute Erörterung, mit Litteraturangaben). v. Öoiias-
zEwsKi, Die Religion des römischen Heeres (Westd. Zeitschr. XIV, 1895).
I. Germania inferior.
1. Castra vetera (bei Xanten), später col. Traiana. VergL Mommsen „Hermes' VII
S. 305 f.: „Die städtische Ansiedlung unweit des Lagers, von der Tacitus bist. IV, 22 spricht,
ist ohne Zweifel die spätere colonia Traiana, die nach den Itinerarien von dem Legions-
lager eine römische Meile entfernt lag* (Einwendungen von Bergk und Schulten dagegen).
— Schmidt in den Bonner Jahrb. XXXI S. 80 ff. — v. Vbith, Vetera castra mit seinen
Umgebungen als Stützpunkt der römisch-germanischen Kriege im ersten Jahrhundert v. und
n. Chr. Mit 2 Karten, Berlin 1881. Seit Traian hatte die leg. XXX Ulpia ihr Hauptquartier
nahe bei Vetera, wo das Lager im Jahre 69 zerstört worden war. Vgl. Schulten in „ Her-
mes *" a. a. 0. 493 A. 2. Die „colonia Traiana** ist aus den candbae der leg. XXX Ulpia
hervorgegangen.
2. CivUas Ubiorum, später colonia Ära Agrippina (Köln). Die Bedeutung der Po-
sition hatte schon M. Vipsanius Agrippa erkannt, als er die römiach gesinnten Ubier,
die von ihren Stammgenossen hart veifolgt wurden, hier ansiedelte; doch ist die (latini-
sche?) Kolonie benannt nach dessen Enkelin, der hier geborenen Gemahlin des Kaisers
Claudius, Agrippina, unter deren Regierung sie als solche konstituiert wurde. Ueber die
RechtssteUung vgl. Mommsen in „Hermes'* XIX S. 70. — Düntzeb, Der Umfang des ältesten
römischen Kölns. In „Westdeutsche Zeitschrift* Bd. IV (1885), S. 23-42. — v. Veith,
Das römische Köln (Bonn 1895). Mit einem Stadtplan. — £. Hübneb, Die römische Rhein-
5. Germanieii. (§ 49.) 117
brocke von Köln. Westdeutsche Zeitschrift V (1886) S. 238—244. — F. Hbttwbb, Noch
einmal Kastell Deutz and die Brücke, ebenda S. 244—248. Polemik gegen Httbner. —
L. ScBWÖRBEL, Die rOmische Brücke zwischen Köln und Deutz, Korrespondenzblatt 1893
S. 49 ff. Den antiken Namen von Deutz (Divitia) ergab eine Inschrift aus Köln, Korre-
spondenzblatt 1889 S. 39 f. — Eine zusammenfassende Darstellung in der Festschrift der
43. Philologenversammlung: „Colonia Agrippinenais*' (Bonn 1895) von Sohültzb, Stbübr-
NAGBL, NissBN. Köln war die gewöhnliche Residenz des Statthalters von Grermania infer.
3. Bonn. Vgl. die «Uebersichts- und Fnndkarte von Bonn' in den Bonner Jahrb.
LXXXn (1886). Im übrigen Ad. Sohultbn in „ Hermes" a. a. 0. 494 f. 0. Schilling, De
legionibus Romanorum L Minervia et XXX, Ulpia (Dissert. Lipsiens. 1893) p. 52. Die
leg. I Minervia (seit Domitian) hatte ihr Hauptquartier in Bonn. Ihre übrigen Stationen
sind p. 54 verzeichnet; ebenso p. 57 f. die der anderen Legion von Niedergermanien; darunter
Gelduba (Oellep unweit Crefeld) und Notxiesium (eine halbe Stunde von Neuss), Orte, die
auch im Jahre 70 n. Chr. mehrfach genannt sind. Vgl. Tacit. histor. und Mommsbk, Rom.
Gresch. y S. 120 ff. lieber das Legionslager von Novaesium auch Schültbn in , Hermes''
a. a. 0. 495 A. 2. Zu munizipaler Blüte sind die hiesigen canahae nicht gediehen. — Äset-
burgium ist das heutige Asourg am linken Rheinufer (nicht Essenberg). Der Name ist
deutsch und bedeutet feste SchiffiBtation, von asc = Esche und bürg.
n. Germania superior.
1. Mogontiacum (Mainz). Jak. Bbckbb, Die römischen Inschriften und Steinskulp-
tnren der Stadt Mainz (Mainz 1875). Nachtrag hiezu von J. Kbllbb in Bd. III H. 2 der
Zeitschrift des Mainzer Altertnmsvereins (1883). — J. Brckbr, Zur Urgeschichte von Mainz,
Castel und Heddemheim (Bonner Jahrb. LXYH [1879] S. 1—20). — E. Hübnbr, Bonner
Jahrb. LXIV S. 39 — 46. — Th. Berok, Die Verfassung von Mainz in römischer Zeit (aus
seinem Nachlass). In Westdeutsche Zeitschrift f. Gesch. und Kunst I, 498—515. Gibt zu-
gleich eine Kritik der Aufstellungen von Mommsen über die Lagerstädte überhaupt an der
Hand der Mainzer Yerhftltnisse. — Momksbn über das caateüum Mattiacorum. Korrespon-
denzblatt 1889 S. 19 f. 50 f. — Mitteilungen über römische Funde in Heddemheim (Vorort
der eivitas Taunenaium). Herausgeg. vom Verein f. Gesch. und Altertumsk. zu Frankfurt
a. M. I (1894). — J. Grimm, Der römische Brückenkopf in Kastei bei Mainz und die dor-
tige Römerbrücke, Mainz 1882 (mit Plan und Zeichnungen). Resultate der Ausgrabungen.
Die Bleimedaille des Kaisers Maximian (bei Fröhnbr, Lea medaiUons de Vempire Romain,
Paris 1878 p. 278); dieser ist auf einer von Castellum nach Moguntiacum führenden Brücke
schreitend diurgestellt. — R. v. Pöllkitz, Die römische Rheinbrücke bei Mainz, ihr Ursprung
und ihre Konstruktion (Mainz 1884). Vergl. Histor. Zeitschrift N. F. 20 (1885) S. 320 f. —
Velke, Der Eigelstein in Mainz. In .Westdeutsche Zeitschrift» Bd. IV (1885). — Wichtig
för die rheinischen Denkmale überhaupt und für Mainz insbesondere sind die Publikationen
von L. LiKDBNSCHHiT, «Die Altertümer unserer heidnischen Vorzeit** (Mainz 1858 ff.) und
^Tracht und Bewaffnung des röm. Heeres während der Kaiserzeit* (Braunschweig 1882).
2. Argentoratum, Hauptquartier der leg. VIH Augusta. Vgl. Mommsbn in .Hermes"
VII S. 308. ScHULTBN in .Hermes* a. a. 0. 496. Wichtig ist die Litteratur über Julians
Feldzug gegen die Alemannen und die Schlacht bei Strassburg im Jahre 357 n. Chr. Vgl.
WiBOAND im 3. Heft der Beiträge zur Landes- und Volkskimde von Elsass-Lothringen; dann
NissBii und WiEOAND, Westd. Zeitschr. VI 319 ff. VH S. 63 ff. v. Bobribs im Jahresber. der
neaen Realschule zu Strassburg (1892). Hiezu über die Quellen .Hermes* XXVH S. 170 ff.
und gegen Wiroands Ausstellungen in der Zeitschr. f. Gesch. des Oberrheins VHI 134 bis
136, Replik in der Westd. Zeitschr. XH (1893) S. 242—255. — Der Name .Strassburg* be-
zeichnet den Ausgangspunkt der Strassen jener Gegend. — E. A. Hbbrbnschnbidbr, Römer-
kastell und Grafenschloss Horburg, mit Streiflichtem auf die römische und elsässische Ge-
schichte, Kolmar 1894. Gegen einzelne Aufstellungen Herrenschneiders vgl. R. Pfannen-
BGHXTD, Argeniovaria, oppidum Argentaria, castrum Argentariense und OUno. Zeitschrift f.
Gesch. des Oberrheins IX (1894) S. 497 ff.: Argentovaria sei nicht identisch mit oppidum
Argentaria (bei Ammian) imd castrum Argentariense (in der Not. Galliar.); es ist vielmehr
an der Stelle des bei Künheim gelegenen abgegangenen Ortes Oedenburg zu suchen; op-
pidum Argentaria und castrum Argentariense bezeichnen das Kaslell Horburg; Olino lag
wahrscheinlich gar nicht im Ober-Elsass. — Seit etwa 50 n. Chr. führte die römische Reichs-
strasse von Augusta Rauracomm (über Oedenburg) nach Argentoratum, welches letztere im
Jahre 74 n. Chr. zum erstenmale inschriftlich genannt erscheint. — Im Jahre 1895 wurde
bei Rumersheim im oberen Msass eine römische Niederlassung aufgedeckt, die dem im
Itin. Anton, erwfthnten Arialbinnum entsprechen könnte. — Naehbr, Die römischen Militftr-
strassen und Handelswege in der Schweiz und in Südwestdeutschland insbesondere in
Elsass-Lothringen, Strassburg 1887, 2. Aufl. 1888 nebst zwei Karten. — F. v. Apbl, Argen-
toratumy ein Beitrag zur Ortsgeschichte von Strassburg i. E., Berlin 1884. Gibt zugleich
ein Bild des Elsass in römischer Zeit, wofür femer zu vergleichen: A. Schrickbr, Aelteste
11g A. Geographie von Italien und dem Orbia Bomanoa.
Grenzen and Gaue im ELsase. Ein Beilrag zur Urgeschichte des Landes (mit Karte). In
Strassbnrger Stadien von E. Martin and Wiboand (1884). J. Sghhbidbb, BeiMge zar Ge-
schichte des römischen Befestigangswesens aaf der linken Rheinseite insbesondere der alten
Befestigungen in den Yogesen. Mit einem Plan der Hohenbnrg and der Heidenmaaer bei
Strassburg, TVier 1898. Zangembistbb, Römische AltertOmer aaf der Westseite der Yogesen.
Westd. Zeitschr. XI (1892) S. 27 ff. Ins Quellgebiet der Meorthe, Mosel and Saöne fällt
die Grenze zwischen den Lenci und Lingones und damit die Grenze zwischen der Belgica
and der Germania saperior. — Al. Schültb, Ueber Reste romanischer Bevölkerung in der
Ortenaa. Zeitschr. f. Gesch. des Oberrheins, N. F. lY (1889) 8. 300 ff. In einigen Öchwarz-
waldthftlem, in der Ortenaa, hart gegenüber von Strassbarg, zeigen verhültnismfissig zahl-
reiche romanische Orts- namentlich auch Flar- und Bergnamen von dem Fortleben roma-
nischer Bevölkerangsreste noch lange nach der alemanischen Einwanderung.
3. Vindonisaa, Th. Bbbgk, Mainz und Yindonissa, Bonner Jahrb. LYIII 8. 120 ff.;
wieder abgedruckt in «Zur Geschichte und Topographie der Rheinlande* (s. oben) 8. 72 ff.
Gegen eine Bemerkung von Mommskn in «Hermes" in 8. 119, wonach Yindonissa, nicht
Mainz, bis auf die flavier das Hauptquartier des obergermanischen Korps gewesen sei.
Yergl. auch Asbach in Westdeutsche Zeitechrift lU 8. 1 ff., wonach infolge der Unter-
nehmungen Kaisers Domitians Yindonissa in der Bedeutung gesunken, Moguntiacum aber
gestiegen sei. — H. Mbyeb, Geschichte der XL und XXI. Legion, Mitteilangen der antiquar.
Ges. in Zflrich YII (1852), ebenda XY 217. Mit einer instruktiven Karte der Militftrstationen.
Ygl. Mabqüabdt, Rom. Staatsverwaltung II ' 464 Anm. 7.
4. Rottweil. Ygl. Millbb, Die röm. Kastelle in Württemberg 8. 7 ff. Dieses Legions-
lager der leg. XI wurde wahrscheinlich unter Domitian eingerichtet und blieb bestehen bis
etwa auf Kaiser Hadrian.
Der Ursprang des mittelalterlichen Städtewesens ist insofern mit dem der
Römerzeit verknüpft, als vielfach die Lokalitftten dieselben sind. So bei Koblenz, Köln,
Mainz, Wiesbaden, Worms, Speier, Strassbarg, Bregenz, Kempten, Augsburg, Regensburg,
Passau u. s. w. Die älteste Befestigung des mittelalterlichen Koblenz ist das alte Römer-
kastell. Ygl. Zeitechr. der Savignvstiftang (German. Abteil.) 1891: M. Bab, Zur Entstehung
der Stadtgemeinde (eben Koblenz). * Ausgrabungen bei Ehrenbreitstein (1895) zeigten, dass
in römischer Zeit um das hiesige Kastell ein fOr den Grenzverkehr wichtiger Ort lag. —
Die munizipalen Institutionen des Mittelalters sind aus originaler Wurzel entsprossen. Ygl.
J. E. KuNTZE, Die deutschen Städtegrflndungen oder Römerstädte im Mittelalter, Leipzig
1891. Besprechung der einschlägigen litteratar von Ublibz in den „Mitteilangen des Last,
f. öflterr. Geschichtsforschung« 1894 f.
Der Kulturzustand der Rheinlande in römischer Zeit ist neuerdings in
einer Reihe von wertvollen Spezialarbeiten behandelt worden. Ygl. A. v. Gohausbit, Die
Altertfimer im Rheinlande, Wegweiser durchs Alte zum Neuen für Geistliche, Lehrer, Forst-
und Landwirte, Wiesbaden 1891, 80 Seiten Text mit 170 Abbildungen. In den Bonner
„Jahrbüchern des Yereins der Altertumsfreunde des Rheinlandes" ebenso in der «West-
deutschen Zeitechrift fttr Geschichte und Kunst* (redigiert von F. Hbttnbb in Trier und
Lampbecht in Bonn, jetzt J. Hansbn, 15 Jahrgänge bis 1896, dazu das „Korrespondenzblatt
der Westdeutschen Zeitschrift**, das zugleich als Organ zahlreicher Lokal vereine dient, sind
viele Materialien angesanunelt; die römischen Städte, KasteUe, Strassenzüge, Denkmale be-
schrieben. Die rheinischen Städte lassen teilweise bis auf den heutigen Tag die ursprüng-
liche quadratische oder oblonge Form der römischen Anlage erkennen: Köln, Bonn, Ander-
nach, Boppart (das römische Bontobrica, Bandobriga oder Bodobriga) u. a. Wichtige Aus-
grabungen des Obersten von Gohausen an der Saalburg bei Homburg, „einem der grössten
und besterhaltenen KasteUe*; man hält es „nicht ohne eine gewisse Wahrscheinlichkeit
fttr das von Drusus im Gebiete der Chatten errichtete und vielleicht Artaunum genannte
Kastell, dessen bei den alten Schriftstellern Erwähnung geschieht* (Hübnbb). — Femer
sind hervorzuheben die Arbeiten von F. Hettneb (über Trier s. oben unter Gallien). „Die
Neumagener Monumente* (mit einer Tafel). Aus dem Rhein. Museum f. PhiloL N. F. XXXYI
separat abgedrackt. Frankfurt a. M. 1881. — Ueber „die Neumagener Funde von 1884*
berichtet Hettnbb in der „Wesideutschen Zeitschritt* Bd. lY (1885). — Derselbe „Zur
Kultur von Germanien und Gallia belgica* (hiezu 2 Tafehi). Westd. Zeitschrift U (1883)
S. 1 ff. — Im allgemeinen: E. Hübnrb, Römische Herrschaft in Westeuropa 8. 116 ff. —
Wichtig für die landschaftliche Schilderung ist die „Mosella* des Ausonins. Neuerdings
wieder ins Deutsche übertragen von R. E. Ottmamn, Trier 1895. Nennung zahlreicher Ort-
schaften: Confluentes oder Confluentia (Goblenz), Bingum (Bingen) u. s. w. Ebenso bei
Ammianus Marcellinas u. A.
Ueber die agri deonmates (und die sftddeiitaoheii tranarhenamaohen Land-
sohaften): K. L. Roth, Die Yereinigung Schwabens mit dem röm. Reiche durch Domitianns
(Schweiz. Museum f. histor. Wiss. H). — Mommsbn, Koirespondenzbl. 1886 8. 260 über die
6. Germanien. (§ 49.) 119
Organisation der „agri decumates*'. — Momiisrn, Ber. der s&chs. Gesellsch. der WissenscL.
1852 S. 195 f. — Paulus, Die Alterfcttmer in Württemberg, Stuttgart 1877. — Paulus,
Archftol. Karte von Württemberg, 3. Aufl. 1875. — E. Hsbzoo, Die römischen Niederlassungen
auf württembergischem Boden (Vortrag auf der Tübinger Philologenvers. 1876). Bonner
Jahrb. LIX S. 48 ff. — E. Hebzoo und E. Eallbb, Ausgrabungen zu Rottenburg am Neckar.
— W. Abnold, Ueber den Anbau des Dekimiatenlandes (Westdeutsche Zeitschrift I, 1 ff.).
— 0. Ebllrr, Vicua Äurelii oder Oehringen zur Zeit der Römer, Bonn 1871. Ueber
den ineus Aurelianus, wie er richtig hiess, vgl Doxaszewski, Eorrespondenzblatt 1889
S. 46 ff., wo auch über die andern Stationen (explorationes) der Gegend gehandelt ist: die
explaratio Seiopensis (bei Miltenberg) n. s. w. — Bbaxbaoh, Baden unter römischer Herr-
schaft, Freiburg 1876. Ueber das Lager bei Aalen handelt E. Milleb in der Westdeutschen
Zeitschr. X (1891) S. 111 ff. Hiezu Ohlbnscblaoeb im Eorrespondenzblatt 1891 S. 299. —
E. Milleb. ,Die römischen Eastelle in Württemberg*^. Mit 2 Eartenskizzen und 18 Situations-
plänen, Stuttgart 1892. Manche Ortsnamen sind erhalten. Gegenüber dem Eastell von
Henningen mündet die Muit in den Neckar; hier nennt eine Inschrift die vicani Murrenses
u. s. w. — W. Nestle, Funde antiker Münzen im Eönigreich Württemberg, Stuttgart 1893.
— J. Yettbb, Ueber das römische Ansiedlungs- und Befestigungswesen, sowie über den
Ursprung der Städte und Burgen und die Einführung des Christentums im südwestlichen
Deutschland, Earlsruhe 1868. — E. v. Beokeb, Geschichte des badischen Landes zur Zeit
der Römer, 1. Heft» Earlsruhe 1876, rezensiert von F. Hauo in Bonner Jahrb. LXHI S. 195
bis 200. Zakgemeistbb, Zur Geschichte des Neckarlandes in röm. Zeit, N. Heidelb. Jahrb.
1893 S. 1 ff. Ueber die Massenfunde römischer Meilensteine bei Heidelberg, Altrip (in der
Gegend von Speier), Ladenburg (Lopodunum) vgl. F. Hauo in der Berl. philol. Wochenschr.
1884 S. 28 f. Wie die acht Heidelberger Steine, so sind auch die fünf Ladenburger (aus
der Zeit von 288—250 n. Chr.; gefunden 1884) errichtet von der civitas Ulpia äeptimia
Nemetum, während die Altriper von der colonia Nemetum (Speier) gesetzt sind. Zählung
nach Leugen. — Lopodunum war der Hauptort der Neckarsch waben („civitas Suebornm
Nicretum"), die im unteren Neckargebiet sassen. Das heutige Speier hat den Namen
vom Fluss an dem es liegt; der Name Worms kommt von Borbetomagus den die civitas
Yangionum auch führte. Das keltische Bevölkerungselement macht sich neben dem von
den Römern angesiedelten germanischen sehr bemerkbar. — A. Holland bb, Die Eriege der
Alamannen mit den Römern im 3. Jahrhundert n. Chr., Earlsruhe 1874 (die Bedeutung der
Strassenbauten in der Zeit des Septimius Severus u. s. w. für diese Gegenden dargelegt).
— E. Chbist, Gesammelte Aufsätze über das rheinische Germanien, topographisch, lingui-
stisch, ethnologisch. I. Die Bodensee- und oberrheinischen Gegenden. II. Die Lippe- und
Wesergegenden, Heidelberg 1886.
Ortsnamenforschung (wichtig für die Topographie). A. Baomeisteb, Aleman-
nische Wanderungen (1867). (Die Ortsnamen in den „ogH decumates" erklärt.) — W. Abnold,
Ansiedlungen und Wanderungen deutscher Stämme, Marburg 1876, S. 87 ff. Die Ortsnamen
längs des „limes^ behandelnd. Ein bedeutendes Buch. Ueber die Haltlosigkeit mancher
Resultate, «welche jedem Philologen von vornherein klar gewesen sein muss*, vergl.
W. ScHEBEB in „Jenaer Litteraturzeitnng* 1876 Artikel 418. Femer „Deutsche Litteratur-
zeitung'' 1885 Jan. 8. Auch die Limesforscher selbst verhalten sich in einzelnen Punkten
ablehnend, so Wolff, Eastell von Gross-Erotzenburg S. 7 ff. — E. Schumaoheb, Betrachtung
der Flurnamen am badischen Limes, N. Heidelb. Jahrbb. V, 182 f. — In Eiepebts Lehrbuch
der alten Geographie ist der Ortsnamenforschung die gebührende Beachtung geschenkt —
S. oben S. 115 Anm. 1.
üeber das freie Germuiieii und die Germanen: Ph. Clüveb, der Vater der
historischen Landeskunde, schrieb auch eine Germania antiqua (1616), die jetzt noch Wert
hat. — Germania antiqua. Comelii Taciti lihellum post M. Haupiium cum aliorum veterum
auctorum locis de Germania praecipuia ed, E. Mülle^hoffius, Berol. 1878. — E. Zeuss,
Die Deutschen und ihre Nachbarstämme, München 1837. Noch immer das Hauptwerk. —
L. V. Lbdebub, Das Land und Volk der Bructerer (1827). Im Gegensatz zu Zeuss, der zu
viele Wanderungen annahm, die Stabilität der Wohnsitze hervorhebend. Vgl. Waitz, Deutsche
Verfassungsgesch. H', 7. — E. Fbeihebb von Richthofen, Untersuchungen über friesische
Rechtsgeschichte, 3. T., Abschn. 1: ,Der Gau Einnem oder Eennemerland*. Mit einer
Earte des Gaues Eonnem (zwischen Sinefal oder Znin bei Brügge und Fli). Das alte Canine-
fatenland. — G. Holz, Beiträge zur deutschen Altertumskunde, 1. Heft: über die germa-
nische Yölkertafel des Ptolemaeus. Mit einer Tabelle. Halle a. S. 1894. — Bangebt,
äachsengrenze im Geb. der Trave (1893). — Die folgenden gründlichen Werke: H. Böttoeb,
DiOzesan- und Gaugrenzen Norddeutschlands zwischen Oder, Main, jenseits des Rheins, der
Nord- und Ostsee von Ort zu Ort schreitend festgestellt, nebst einer Gau- und einer die-
selbe begründenden Diözesankarte. Vier Abteilungen, Halle 1875—1876. Vgl. die ein-
gehende Eritik von Th. Mbnkb in der Hist. Zeitschr. Bd. 38 (1877) 8. 103—112. — H. Bött-
120 ^' Geographie von Italien und dem Orbis Bomanns.
OBB, Wohnsitze der Deutschen in dem von Tacitus in seiner Germania beschriebenen Lande,
aus den Originalquellen des Julius Caesar, Strabo, Velleius, Tacitus u. s. w. auf Grundlage
seiner Diözesan- und Gaugrenzen Norddeutschlands erwiesen, nebst einer Gau-, einer die-
selbe begründenden Diözesankarte und einer daraus entworfenen Völkerkarte, Stuttgart
1877. — E. MüLLBNHOFF, Doutsche Altertumskunde, Bd. I (1870) reicht nur bis zur Ent-
deckung der deutschen Nordseeküste und (nach einer kühnen Konjektur des Verfassers)
des ersten deutschen Volkes, der „Teutonen**, durch Pytheas von Massilia im 4. Jahrhundert
V. Chr. Vgl. die Besprechung von A. v. Gutsobxid, Kl. Schriften V. üeber den Inhalt der
folgenden Bände — das Werk wird infolge des vorzeitigen Todes von Müllenhoff (1884)
ein Torso bleiben — vgl. die Vorrede zu V, 1 (1884): „Der zweite Band wird von den
Nord- und Ostnachbam und dem ersten Vordringen der Germanen gegen West und Süd-
west handeln und damit ergeben, dass das Gebiet der Oder und der Elbe unterhalb des
Gebirges ihre älteste und eigentliche Heimat ist, in der sie zu einer „gena tantum sui
similis*^ erwuchsen. — Der dritte Band soll aus der Stellung und dem sprachlichen Ver-
hältnis der ältesten historisch bekannten Völker des mittleren Europas im Striche von den
Pyrenäen bis zum Kaukasus den Beweis führen, dass die Väter der Germanen nicht später
jene Wohnsitze eingenonmien haben können, als die urverwandten Stämme der Italiker und
der Griechen ihre Sitze in Italien und Griechenland, und auf Grund der Nachrichten der
Römer und Griechen darauf die Ausbreitung und Verzweigung der Germanen um den An-
fang unserer Zeitrechnung darlegen.* Band IV und V soll dann aus dem Zustande, welchen
jene Nachrichten uns vor Augen stellen, den Gang, welchen ihre älteste Entwicklung über-
haupt genommen hat, nach allen Seiten hin aufzeigen. Aus dem Nachlasse MOllekhofps
sind Band II (1887) und Band III (mit geänderter Disposition des Stoffes, 1892) herausge-
geben worden. Den Kommentar zur „Germania* soU Bd. IV bringen. Vgl. G. Kossinka
im Anzeiger f. deutsches Altertum und deutsche Litteratur XVI (1890) S. 1—60 (Besprechung
von MüLLEKHOFF Bd. n). — R. MucH, Deutsche Stammsitze. Ein Beitrag zur ältesten Ge-
schichte Deutschlands. Sonderabdmck aus den „Beiträgen zur Gesch. der deutschen Sprache
und Litteratur*, Bd. XVII (1892). Besprochen von Kossinva im „Anzeiger* 1894. Auch
die Recension von Mommsens fünften Band im citierten „Anzeiger* XIII (1887) S. 193 bis
210 durch Kossikna ist instruktiv. — lieber die Gruppierung der germanischen Stämme
nach den Resultaten der Rechtsvergleichung vgl. J. Fickeb, Die Erbenfolge der ostgerma-
nischen Rechte, Innsbruck 1891 f., im Gegensatz zur blossen Sprachvergleichung und der
bei Tac. Germ. 11 gegebenen Genealogie, auf die namentlich Müllenhoff und Schereb
(vgL Hist. Zeitschr. Bd. 37 S. 159 f.) das Hauptgewicht legten. — Th. Mommsen, Res gestae
ditn AugusH. Ex monumentis Ancyrano et ApoUoniensi iterum edidit, Berolini 1883. Darin
sind die Geographica über das Vordringen der Römer zu Land und zur See unter Augustus
erschöpfend kommentiert. Vgl. bes. p. 103 f. — Th. Mommsen, Die Oertlichkeit der Varus-
schlacht, Sitzungsberichte der Berliner Akademie 1885. S. 63 ff.; dann vermehrt in
einer Separatausgabe, Berlin 1885. Resultat: die Stätte, wo die Annee des Varus ihren
Untergang fand, ist das grosse Venner Moor nordöstlich von Osnabrück ; wie schon Justus
Moser angenommen hatte. Beweis sind vor allem die in diesen Gegenden gemachten
Funde römischer (hauptsächlich Gold- und Silber-)Münzen, namentlich die im Besitz des Erb-
landdrosten v. Bar ai^ Barenau befindlichen: sie gehören zum Nachlass der im Jahre 9
n. Chr. im Venner Moor zu Grunde gegangenen Ai-mee des Varus. Die hier gefundenen
Goldstücke, wovon ein Acker bei Kalkriese seit alter Zeit „die Goldstück* genannt wird,
sind sämtlich unter Augustus geprägt, auch die meisten Süberstücke unter der späteren
Republik und unter Augustus; von diesen ist der jüngste und von allen am zahlreichsten
vertretene Denar etwa zehn Jahre vor der Varusschlacht geprägt. Der „Teutoburgerwald*
ist danach nicht der nördlich die Münster'sche Ebene begrenzende Osning, wie bisher an-
genommen wurde, sondern die paraUel damit nördlich sich erstreckende, schmale, oben oft
felsige, noch jetzt stark bewaldete Bergkette, welche gegenüber der porta Westphalica mit
der steilen Margaretha-clus beginnt und unter dem Namen der Minden^schen Bergkette,
des Wiehengebirges (Süntel), der Lübbe'schen Berge, der Osterberge bis nach Bramsche
a. d. Hase sich erstreckt. Vgl. Mommsen, Römische Geschichte, Bd. 5, S. 43. Üeber die
Lage des während der früheren Germanenkriege öfter genannten Kastells Aliso (bei Dorf
Elsen an der oberen Lippe?) ebenda S. 31. — H. V eltmann, Funde von Römermünzen im
freien Germanien und die Oertlichkeit der Varusschlacht, Osnabrück 1886. Polemik eines
Lokalforschers gegen Mommsen. — H. Neuboüro, Die Oertlichkeit der Varusschlacht mit
einem vollständigen Verzeichnisse der im Fürstentum Lippe gefundenen römischen Münzen,
Detmold 1887. F. Böckeb, Damme als der mutmassliche Schauplatz der Varusschlacht,
sowie der Kämpfe bei den „pontea longi" im Jahre 15 und der Römer am Angrivarierwall
im Jahre 16, Köln 1887. — Zanoembistek, Zur Frage nach der Oertlichkeit der Varus-
schlacht. Westdeutsche Zeitschrift VI (1887) S. 234 ff. (die neueren Kontroversschriften be-
sprechend). — Edm. Mbyeb, Untersuchungen über die Schlacht im Teutoburger Walde,
Berlin 1893 (Kritik der betreffenden Forschungen). — R. Tieffenbaoh, Ueber die Oertlich-
6. GermanimL. (§49.) 121
keit der Varnsschlacht, Berlin 1894. — P. Höfbr, Der Feldzug des GennanicoB im Jahre
16 n. Chr., Gotha 1884. Zweite Auflage, Bemhurg und Leipzig 1885. Vgl. Moitmsek,
OerÜichkeit der Varusschlacht S. 15 Anm. 2. Aeusserung des Generalfeldmarschalls
V. Moltke an den Verfasser, der ihm die Abhandlung zugeschickt hatte: „Die Bedeutung
der in derselben niedergelegten kriegsgeschichtlichen Spezialforschungen und kritischen
Auseinandersetzungen scheint mir hauptsächlich darin begründet zu sein, dass in erster
Linie die TerrainYerhältnisse in sachgemftsser Weise sowohl unter taktischen als allgemein
militftrischen Gesichtspunkten, geprüft und gewürdigt werden. Ganz besonders gelungen
erscheint mir in dieser Beziehung die Darlegung, nach welcher das Schlachtfeld von Idista-
viso nicht auf dem rechten, sondern auf dem linken Weserufer zu suchen sei'. Vgl. hin-
gegen MoMMSBK, OerÜichkeit der Varusschlacht S. 13 Anm. 1. — F. Enoke, Die Eriegszüge
des Germanicus in Deutschland, mit 5 Earten, Berlin 1887. Ein Nachtrag 1889. Enokb
forschte nach den von Tacit. ann. I, 63 erwähnten „pontes longi*^: diese waren ein schmaler
Pfad zwischen ungeheueren Sümpfen, von L. Domitius Ahenobarbus erbaut. Diesen
Ejifippelweg, den der Unterfeldherr des Germanicus, Gaecina, im Jidire 15 n. Chr. benützte,
glaubt Enoke aufgefunden zu haben. Vgl. F. Enoke, Die römischen Moorbrücken in Deutsch-
land, Berlin 1895, mit 4 Earten. „Bei Diepholz (Landdrostei Hannover an der Hunte) und
nördlich von Dümmer entdeckte man nämlich zwei Dammwege mit ganz den gleichen Merk-
malen römischer Moorbrücken. An der einen Brücke sind die bisweilen mit Pflöcken fest-
genagelten Bohlen gewaltsam losgerissen worden, man fand sie beiderseits im Moore. Der
zweite Weg scheint von Caecina teilweise in Hast ausgebessert worden zu sein. Man
fand nämlich Schlägel zum Festnageln, die jedenfalls beim fluchtartigen Bückzug zurück-
gelassen wurden.* Die Schlacht im Teutoburger Walde verlegt Enoke in die Gegend von Iburg
und dem Habichtswalde bei Stift Leeden. Vgl. F. Enokb, Das Varuslager im Habichtswalde
bei Stift Leeden, Berlin 1896. — E. Dünzblmann, Das römische Strassennetz in Norddeutsch-
land. Mit 3 Earten. In Fleckeisens Jahrb. f. klass. PhiloL, XX. Supplementb. (1893). Eine
gänzlich verunglückte Arbeit. Vgl. G. Wolff in der Berl. pliil. Wochenschrift 1894 nr. 17.
C. ScHüCHHARDT, Drei Römerkastelle an der Hase. (Aus dem 16. Bande des histor. Vereines
in Osnabrück). VgL die Verhandlungen der Berliner archäoL Ges. 1892 Febr. 2, April 5.
Ausgrabungen im Ems- und Wesergebiet. Wittekindsburg bei Osnabrü k: die dortigen
Manerreste römisch. Etappenstrasse nach dem Rhein am nördlichen und südlichen Ufer
der Lippe. Bei Meppen (Mündung der Hase, Schiffbarwerden der Ems) drei Eastelle römi-
schen Ursprungs. Die Untersuchung ohne Voreingenonmienheit und mit grosser Sorgfalt
geführt, oDwohl es oft recht schwierig sei, bei den zahlreichen Landwehren Nordwest-
deutscMands Römisches und Nichtrömisches bestimmt zu unterscheiden. — A. Dbppb,
Eriegszüge des Tiberius in Deutschland 4 u. 5 n. Chr., Bielefeld 1887. Mit einer Earte des
Lagers bei Oerlinghausen. — Tb. Mommsen, Eine Inschrift des älteren Plinius. In „Hermes''
XIX, 644 — 648. Enthält S. 646 Bemerkungen über den Aufenthalt des Plinius in Germa-
nien. — Th. Moicmsen, Ueber die Germania des Tacitus. Festrede gehalten in der Berliner
Akademie am 21. Januar 1886. Mommsen nimmt die „ Germania ** für einen geographischen
Exkurs des Tacitus, der, ursprünglich für die « Historien ** bestimmt, wegen des grösseren
Umfanges als separate Schrift ediert wurde. — L. Schxjmacheb, De Tacito Germaniae geo-
grapho. Abhandlung zum Jahresbericht des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums zu Berlin 1886.
Der erste Teil einer Würdigung der geographischen Angaben des Tacitus: der Begriff Ger-
mania, die Grenzen des Landes, seine Gebirge und Flüsse. — W. Sohbrbb, „Mars
Thlngsns**, in Sitzungsberichten der Berliner Akademie 1884 S. 571 ff. Vergl. Mommsen in
^Hermes» XIX S. 232 ff. E. Hübner, Römische Herrschaft in Westeuropa S. 57 ff. Ueber
zwei in Britannien gefundene Weihinschriften zu Ehren des „Mars Thingsus*" (von
Thing, dem Versammlungsort der Germanen) und zweier weiblicher Gottheiten, „Alaesiagae**
genannt, mit den Individualbezeichnungen Beda und Fimmilena. Die Weihenden nennen
sich Tuihanti cive9 Germani ex cuneo Frisionum Severiani Alexandriani. Die germa-
nische Formation der „cuneV, die auch Tacitus erwtimt, behandelt Mommben a. a. 0. Siehe
oben. — J. N. Sadowski, Die Handelstrassen der Griechen und Römer durch das Fluss-
gebiet der Oder, Weichsel, des Dniepr, Niemen an die Gestade des baltischen Meeres.
Uebersetzt aus dem Polnischen von A. Eohn. Mit Vorrede und Einleitung des Ueber-
setzers, Jena 1877. — C. F. Wibebo, Der Einfluss der klassischen Völker auf den Norden
durch den Handelsverkehr. Aus dem Schwedischen von J. Mesdorf, Hamburg 1867. —
üeber Skandinavien liegt (abgesehen von dem, was bei Plinius, Tacitus, Ptolemaeus,
Procopius, Paulus diaconus steht) bei Jordanes „eine, wenn auch entstellte, doch
vollständige Beschreibung des Landes sogar aus dem Munde selbst eines norwegischen
Eönigs vor, wie sonst kaum von irgend einem Teile des alten Germaniens aus dem
Munde der Römer". Müllbnhoff, Deutsche Altertumsk. V, I, S. 61. Vergleiche auch
Bd. n S. 5 ff. mit der beigegebenen Earte von Eiepebt: „Finnen und Germanen in
Skandinavien". Im Index zur MoMMssN'schen Ausgabe des Jordanes (1883) p. 164
8. V. Ranii erkennt MüUenhoff als den Gewährsmann des Jordanes für die skandinavischen
122 A. Geographie von Italien und dem Orbia Bomaniia.
Verhältnisse (Getica c. 8 f.) den zu König Theoderich geflflchteten König Rodoulf. —
J. ÜND8BT, Inscrizioni latine ritrovate nella Scandinavia. Buüet. delV instit, archeoL 1883
p. 234 ff. Aus den Stempeln der Broncegef&sse die Provenienz bestimmt. In Skandinavien,
besonders auf der Insel Gotland sind tausende von römischen Münzen gefunden. — G. Kos-
sinn a, Ueber die vorgeschichtliche Ausbreitung der Germanen in Deutschland. Im Kor-
respondenzblatt der d. anthropol. Ges. 1895 S. 109 ff. (üeber die Ausbreitung der nordischen
Bronzekultur u. s. w.) — C. G. Laube, üeber den Fund von römischen Münzen in der Ur-
queUe zu Teplitz. „Mitteilungen des Vereins für Gesch. der Deutschen in Böhmen*, 1888,
S. 105 — 111. Nicht wenige römische Kupfermünzen aus dem ersten und zweiten Jahr-
hundert n. Chr. sind in der Urquelle zu Teplitz bei deren Abteufung im Jahre 1879, femer
1882 in der sogen. Riesenquelle zu Dux etwa 500 Bronzeschmucksachen in einem kupfernen
genieteten Kessel gefunden. Was von Interesse ist fOr die Klarlegung der Handels-
beziehungen, und damit der sich steigernden Kenntnis des Barbarenlandes. —
KiBCHHOFF, Thüringen doch Hermundurenland, Leipzig 1882. Ueber die Wohnsitze, deren
Grenzen, die Ursprünge der Elbe, über die zwischen den Chatten und den Hermunduren
streitigen Salzquellen u. s. w. Ueber letztere vgl. auch K. Th. v. Inama-Stbrkego, Zur
Verfassungsgeschichte der deutscheu Salinen im Mittelalter (Wien 1886, Sonderabdruck aus
den Sitzungsber. der kaiserl. Akad. Bd. 111). — A. Mbitzrn, Land und Leute der Saale-
gegend, Vortrag im (Berliner) Verein für Volkskunde 1891. Ueber die Wandemngs- und
Siedelungs Verhältnisse der deutschen Stämme bemerkenswerte Darlegungen bietend. Wobei
nebenher an die grösseren agrarhistorischen Werke und Abhandlungen von G. Havbsev,
G. Waitz, Mbitzen, Laupreoht u. a. erinnert werden soU, da sie allerdings auch für die
Geographie von Interesse sind. Eine zusammenfassende Darstellung gibt das gross ange-
legte Werk von A. Meitzbn, Siedelung und Agrarwesen der Westgermanen und Ost-
germanen, der Kelten, Römer, Finnen und Slawen, Berlin 1895, drei Bände Text mit zahl-
reichen Abbildungen und einem Atlas. — K. Müllbnboff, Die deutschen Völker an Nord-
und Ostsee in ältester Zeit (Nordalbingische Studien I, Kiel 1844). — K. MOllbnhoff. Ueber
den südöstlichen Winkel des alten Germaniens. Sitzungsber. der Berl. Akad. 1883 S. 871
bis 883. Hiezu Mokmsen, R. Gesch. V, 196 A. 1. — Ueber die Cugemi (Cubemi) vergl.
Höbner und Müllbnhoff in „Hermes* XÜ, 262 f., 272. — Die Geographica des Ammianus
Marcellinus behandeln Gabdthausen im 6 Supplementbande der FLECKBiSEN'schen Jahr-
bücher 1873 und Mommsbn in „Hermes'* XVI, 602 ff. (1881). — Th. Mommsen, Jordanis
Romana et Getica (Mon. Germ. hist. antiq. auct. V, 1), Berlin 1882. Im Prooemium sind
von Mommsen, im Index auch von MCllbnhoff die Geographica dieses Autors behandelt. —
J. Jung Geographisch-historisches bei Procopius von Caesarea. Wiener Studien V
[1883] S. 85 ff. Die Geographica der genannten Autoren beruhen vielfach auf älteren Vor-
lagen. — Vgl. endlich noch im allgemeinen Th. Mommsen, Rom. Geschichte Bd. V, Kap. 4:
„Das römische Germanien und die freien Germanen** (mit Karte von Kiepert).
6. Britannien.
60. Die grossen Inseln im Norden von Gallien wurden hauptsächlich
ihres Zinnreichtums wegen bereits von den Tartessiem und den Phöni-
ziern und zwar auf dem Seewege besucht; ihnen folgten die Griechen,
welche die für den Zwischenhandel wichtigen Scillyinseln als j^Zinninseln'
{KaaaiTSQideg^ bei Avienus: Oestrymnides) bezeichneten. Pytheas von
Massilia (um 300) unterscheidet BäQyiov (daraus Ivernia, Hibernia)
und "AXßiov, Als der Landverkehr von Massilia aus durch Gallien eröffnet
war, wurde letzteres nach den Bewohnern der Südküste, den Briten, mit
dem Namen Britannia bezeichnet.
Den Römern wurde der Zutritt durch die Expeditionen Julius
Caesars vom Jahre 55 (beU. GaU. IV, 20—36) und 54 v. Chr. (b. G. V,
5—23) eröffnet. Seitdem unterhielten sie Handelsbeziehungen dorthin
und übten politischen Einfluss auf die Häuptlinge aus, von denen ab und
zu die Intervention des Reiches in Anspruch genommen wurde. In Rom
war man daher unter Augustus und Tiberius über Britannien ziemlich
unterrichtet, wie die Darstellung des Strabo B. IV erweist; nur dass
6. Britonnien. (S§ 50, 51.) 123
sich eine althergebrachte irrige Eartenanschauung über die Lage Britan-
niens zu Hispanien und Germanien noch bei Tacitus und Ptolemäus
findet;^) was, wie es scheint, auch die ethnographische Taxierung der
einzelnen Stamme beeinflusste. Als Caesar bei den keltischen Eüsten-
stämmen des Südostens verweilte, hörte er, dass es im Innern Britan-
niens Völker gebe, die sich im Gegensatz hiezu als Urbewohner des Landes
ansähen (bell. OaU. V, 12). Bei Tacitus (Agric. 11) werden die Cale-
donier als Oermanen bezeichnet, die Silurer als Hiberer. Mit Un-
recht; wenn auch der physische Typus der nördlichen und der südlichen
Stämme abwich, jener mit dem germanischen, dieser mit dem iberischen
Ähnlichkeiten aufwies. Gute Bemerkungen über Britannien finden sich
bei luvenal, der als tribunus in einer Auxiliarcohorte hier Kriegsdienst
geleistet hatte. Bei ihm findet sich die alte echte Form luverna für Hi-
bernia 2, 159: arma quidem ultra littora luvernae promovitnus et modo
captas Orcadas ac minima contentos nocte Britannos.
Nachdem Kaiser Gaius durch seine beabsichtigte, aber nicht ausge-
führte Expedition das Reich kompromittiert hatte, wurde unter Claudius
im Jahre 43 zur Annexion, zunächst des südlichen Britanniens, geschritten.
Eilf Häuptlinge wurden botmässig gemacht, eine Provinz eingerichtet,
Camulodunum*) im Jahre 50 als römische Kolonie (Colchester) begründet
und eine Besatzung von vier Legionen herverlegt, deren Kommandierender
als Statthalter fungierte. Die Brittones oder Britanni (vgl. Mommsen in
der Ephem. epigr. V p. 177 f.) wurden in der Folge zu den Auxiliar-
truppen ungewöhnlich stark herangezogen und ihre Kontingente durch-
gehends auswärts (in Germanien, Raetien, Pannonien, Dacien u. s. w.)
verwendet.
61. Die Okkupation hatte zunächst nur die Südküste, und im Osten
das Gebiet an der Themse betroffen; die Insel Vectis (Wight) wird im
Eroberungskriege genannt; in Venta, dem Vorort der Belgae, in der
Mitte des südlichsten Teiles der Insel (heute Winchester), scheint zuerst
das Hauptquartier gewesen zu sein. Durch die Anlegung von befestigten
Punkten an der Küste und von Strassen sicherte man die Verbindung der
eroberten Landstriche mit Gallien und Germanien. Dann drang man
über Caleva (Silchester) vor und vollendete die Okkupation des ersten
Hauptabschnittes der Insel bis zur Linie zwischen den Ästuarien des
Thamesis und des Sabrina (Mündung der Themse und Bristolkanal).
Die Hauptmacht des Okkupationsheeres war in der Nähe von Camu-
lodunum und bei Isca (heute Caerleon, d. i. castra legionis in Wales)
konzentriert.
Der Ehrgeiz der folgenden Statthalter ging dahin, ganz Britannien
zu unterwerfen. Unter Suetonius Paulinus (59—61) wurde die Okku-
pationslinie weiter vorgeschoben, im Osten bis nach Lindum (Lincoln),
^) Auch die Lage von Hibemien wurde ' denselben Fehler.
irrig angegeben: Hü^ernia insula inter Bri- *) Man findet auf den Inschriften auch
tanniam et Hispaniam sita, sagt Orosius I, die Form Gamalodnnum. Die Tribus war
2, 39. Die Weltkarte des Rayennaten zeigt , die Claudia.
124 A. Geographie Ton Italien und dem Orbia Bomanna.
im Westen nach Deva (Chester d. i. castrum) an der nördlichen Grenze
des Gebietes der Silur er und der Ordoviker. Damit war der zweite
Hauptabschnitt der Insel, die ganze südliche Hälfte des heutigen Eng-
land, zur Provinz gebracht. Zugleich erfolgte die Fortsetzung der Ope-
rationen gegen das heutige Wales und die Okkupation der Insel Mona
(Anglesey). Gegenüber einem gefahrlichen Aufstand, den einige Dynasten
angezettelt hatten, wurde die Provinz, wenn auch mit grossen Verlusten,
behauptet.
Unter Agricola (78 — 85) ging man ernstlich an die Eroberung von
Schottland. Der strategische Schwerpunkt wurde infolge dessen nach dem
Norden verlegt, nach Eboracum im Lande der Brigantes (York). Die
römische Postenlinie, bestehend aus detachierten Abteilungen der vier bri-
tannischen Legionen, wurde zwischen Vedra- und Itunamündung (New-
castle-Carlisle) eingerichtet, an der schmälsten Stelle der Insel, wo
nachher der Hadrianswall erbaut ward. Selbst darüber hinaus schweiften
schon die Truppen des Agricola bis%zur Linie Clota-Bodotria (Glasgow-
Edinburgh), die erst Antoninus Pius endgiltig besetzte. Agricola drang nach
dem östlichen Schottland in bisher völlig unbekannte Gegenden vor, deren
topographische Details bei Tacitus (so der Berg Graupius, das Volk der
Borester, der Trucculensische Hafen) keine genaue Einsicht ermöglichen.
Caledonien wurde durch die römische Flotte umschifft, die Lage
der britischen Eilandsgruppe näher erkundet, die »Orcades* und die „ul-
tima Thule,** d. i. die heutigen Shetlandsinseln, gesehen; man dachte
schon daran, auch Irland zu gewinnen, das in den Handelsverkehr bereits
einbezogen war (Tac. Agric. 24: aditus portusque per commercia et nego-
tiatores cogniti), während bei inneren Zwistigkeiten stets einer der dortigen
„reguli" an den Römern seinen Rückhalt suchte; wie denn auch Agricola
zu einer Intervention dringend ersucht wurde (Tacit. 1. c). — Zugleich
ersehen wir aus der Schilderung von Agricola's Schwiegersohn wie die
innere Organisation der Provinz Fortschritte machte, gerade auch auf
dem Gebiete des Schulwesens. Juvenal, der kurze Zeit nach Agricola's
Abberufung Britannien kennen lernte, erwähnt (15, 111) die rhetorischen
Studien der äussersten Thule.
52. Zur Sicherung der Provinz, namentlich gegen die Brigantes,
die wiederholt rebellierten (ihre Castelle erwähnt luvenal 14, 196), Hess
Kaiser Hadrian die Linie vom Ituna Aestuarium {firih of Solway) zur
Mündung des Tyneflusses durch einen Grenzwall abschliessen (122 — 124
u. Chr.). Zwanzig Jahre später versetzte Kaiser Antoninus Pius noch
einmal die Grenze weiter nach Norden und legte auf der von Agricola
in Aussicht genommenen Linie Clota-Bodotria ein neues Erdwerk zur
Verteidigung der Provinz an. Septimius Severus aber ging auf den Ha-
drianswall zurück, den er renovierte und der seitdem von den Britten der
Wall des Severus genannt wurde. — An diesen Wällen, wo ein bedeu-
tender Teil des römischen Reichsheeres disloziert war, spielte sich, wie
in Germanien längs des „limes^\ ein bewegtes römisch-kosmopolitisches
Leben ab, in das die Inschriften Einblick gewähren. — Das Lager von
Deva besorgte nach wie vor den Grenzschutz gegen Wales und Irland.
6. Britftimien. (S§ 52—56.) 125
53. Kaiser Septimius Severus teilte danach im Jahre 197 n. Chr. die
Provinz, in der sich Separierungsgelüste bemerkbar machten, in zwei Statt-
haltersprengel, eine Brittania superior und eine Brütania inferior. Vgl. Dio
76, 12. 16. — Unter Diokletian wurde das Land in vier Provinzen ge-
teilt: Britannia I und II, Flavia Caesariensis und Maxima Cae-
sariensis; wozu im Jahre 369 durch Kaiser Valens als fünfte Provinz
Valentia (die Landschaft zwischen den zwei Wällen) gefügt wurde, ohne
dass die Grenzen der einzelnen Sprengel näher bekannt wären.
64. Im dritten Jahrhundert tritt die enge Verbindung Britanniens
und der gegenüberliegenden gallisch-germanischen Küste hervor; ein
grosser Teil der in Britannien stationierten Auxiliartruppen bestand aus
Germanen : Friesen, Bataver, Cugerner u. a. ; daneben erscheinen die An-
gehörigen gallischer Stämme: Lingones, Aquitani, Menapii u. s. w. Im
Jahre 285 erfolgte die Usurpation des Menapier's Carausus, des Komman-
dierenden der Reichsflotte in diesen Gewässern; infolge dessen die ge-
nannten Reichsteile durch ein Jahrzehent selbständig blieben. — In
den germanischen Grenzkriegen des vierten Jahrhunderts spielt die Ver-
proviantienmg der rheinischen Legionen durch britannisches Getreide
eine RoUe.
55. Die Völkerschaftsverhältnisse waren in mannigfachem Wechsel
begriffen. Im 3. und 4. Jahrhundert n. Chr. setzten sich die Nord-Iren
oder Scotten neben den kaledonischen Stämmen, die als Picten zusammen-
gefasst werden, fest. Die Süd-Iren kamen herüber nach Gornwales. — Im
vierten und fünften Jahrhundert endlich erfolgte der Einbruch der nörd-
lichen und westlichen Barbaren, der Picten und Scotten, dann die Fest-
setzung der Angeln und Sachsen, welche letzteren nach der Räumung
der Provinz durch die Reichstruppen (unter Stilicho), endgiltig seit Aetius,
Britannien mehr und mehr unter ihi*e Herrschaft brachten, nicht ohne
dass die westlichen Landesteile (das heutige Wales), trotzdem noch durch
Jahrhunderte sich als römische Provinz gefühlt und ihre Häuptlinge
römische Offizierstitel geführt hätten.
56. Zur Zeit der Eroberung durch die Römer war Britannien in
zahlreiche Stammfürstentümer geteilt, die auch unter römischer Herrschaft
noch Jahrzehnte lang und im Westen der Insel darüber hinaus fort-
bestanden. Doch wurden mit dem Vorschreiten der Okkupation überall
auch römische Kolonien angelegt und hauptsächlich mit Veteranen besie-
delt; wie denn Camulodunum im Jahre 61 geradezu als Waffenplatz er-
scheint, in dem die Veteranen zum Besatzungsdienst verpflichtet sind.
Andere Orte, wie Lonäinium, das bald die zweite Stadt der Provinz
war, wurden von römischen Kaufleuten bevölkert.
Von Kolonien sind zu nennen: Glevum (Gloucester) am Sa-
brina (Severn), im Osten Camulodunum {„colonia^^ kurzweg, Col-
chester). Deva (Chester, d.i. castrum, am Fluss Deva, Dee); Lindum
(Lindum colonia, Lincoln). Eboracum (York) am Avusfluss (Ouse), seit
dem zweiten Jahrhundert die Hauptstadt der Provinz und wiederholt Re-
sidenz von Kaisem. »Die in England sehr zahlreichen Ortsnamen auf
126 A« Geographie Ton Italien nnd dem Orbis AomaniiB.
-cester, -ehester, -castor, -caistor, auch -xeter (z. B. Exeter, Wroxeter),
sämtlich Korruptionen von castrum, deuten immer auf römische Nieder-
lassungen hin/ Neuerdings ist nächst Lanchester (unweit Durham) eine
hier stationiert gewesene Abteilung von „Suebi Lon/ inschriftlich nach-
gewiesen, wo in dem ;,Lon/ offenbar der alte Name von Lanchester
steckt. („Limesblatt^ 1893 n. 5). — Die britischen Königsstädte hin-
gegen werden als „Burgen" bezeichnet: so Durovernum (Canterbury)
als die »Burg der Cantii* u. a. Bemerkenswert ist, dass viele Flüsse in
den von den Römern unterworfenen Ländern ihre alteinheimischen Namen
einbüssten und dafür den einer Stadt angenommen haben, durch deren Ge-
biet sie fliessen, daher die vielen Colnes in England, benannt nach Orten,
die entweder wirklich Kolonien waren oder zwar nur Munizipien, die aber
im Volksmund auch als Kolonien bezeichnet wurden. (Evans in der Aca-
demy n, 1123). So liegt Colchester an einem Fluss, der Colne heisst.
Viroconium (Wroxeter), das »britische Pompei"; Rutupiae (Rich-
borough) an der Meerenge (luvend 4, 141 erwähnt die Austern von
Rutupiae); Verulamium (Old Verulam); Aquae Sulis, vielbesuchter
Badeort mit einem Tempel der Sulis Minerva; Durocornovium, (Ciren-
cester, westlich von Oxford) u. a., die Kiepert, Geographie S. 532 ver-
zeichnet.
Völkernamen: Silures und Demetae im heutigen Wales; Bri-
gantes im nördlichen Britannien; Galedonii und Maeatae („Picti'' ge-
nannt, weil sie sich tättowierten) im nördlichen Schottiand u. s. w.
Corp, inscript. Latinar. Bd. Vü: Inscriptiones BrUanniae ed. E. Hübvbb (mit Ein-
leitong: de provinciae Britannicte inscriptionibus, administratione, re militari) 1873 (hieza
Karte von Kiepert). „Additamenta" in Eph. epigr. III, IV, VII. Vgl. Haüo in Bubsiaks
Jahresb. 1894. Ueber die kartographische Grandlage von H. Kieperts Karte vgl. dessen
„Formae orbis anti^i*^ (1894): Karte und Text. —- John Collingwood Bruce, The Roman
Wall (1. Aufl. 1851, 3. Aufl. 1867) und Lapidarium SepietUrionale or a descriptUm of the
monuments of Roman rtUe in the north of England, Newcastle 1870 — 1875. Mit drei
Karten, drei Plänen, sechs Steindruck- und drei Kupfeitafeln, sowie zahlreichen in den Text
gedruckten Holzschnitten, die Inschriften und Skulpturen des nördlichen Britanniens dar-
stellend. — HüBNBR, «Eine römische Annexion" (Deutsche Rundschau Mai 1878 S. 221 bis
252). „Das römische Heer in Britannien* (Hermes XVI S. 518 ff.). Mit Karte. ,Die römi-
sche Herrschaft in Westeuropa' S. 3 ff. — Domaszrwski, Britannische Legionsinschriften,
Rhein. Museum 1893 S. 842 ff. handelt auch über die römischen Dislokationen im 1. Jahr-
hundert, aber die Teilungsgrenzen des Septimius Severus u. a. — üeber die geographischen
Nachrichten in Tacitus' Agricola vergl. L. Schumacher, De Tacito Germaniae geographo
(Berol. 1886) p. XI f. — üeber Juvenal vgl. E. Hübueb in der Wochenschr. f. klass. Philo-
logie 1889 N. 49— 51. — Mommsen, Römische Geschichte, Bd. 5, Kap. 5: Britannien (mit
Karte). — Inscriptiones BrUanniae Christianae ed. E. Hübner. Adiectae sunt tabulas geo-
graphica^ duae, Berlin 1876. Die Karten verzeichnen die Fundorte der Inschriften, meist
aus der Zeit vom 5. bis 8. Jahrhundert n. Chr. und aus Gegenden, welche in der Periode
der römischen Herrschaft nicht hervortreten. Für die Ortsnamenkunde von Bedeutung.
— H. Gaidoz, Notice sur les inscriptions latines de Virlande {Melanges publiSs par la section
historique et philologique de VScole des hautes Hudes pour le dixihme anniversaire de sa
fondation, Paris 1878, p. 121 — 186; wo auch über die Beziehungen Hibemiens zu Britannien
einiges bemerkt ist). Vgl. Kiepebt, Geogr. § 464. — üeber die Zusfttze zu Solinus, welche
auf einen Iren des 6. Jahrhunderts zurückgehen, vgl. Mommsek in seiner Ausgabe des So-
linus p. XLVII. 2. Auflage p. LXXXIX ff. und C. Hiezu H. Zimmeb, üeber die frühesten
Berührungen der Iren mit den Nordgermanen, Sitzungsberichte der Berl. Akad. 1891 S. 279 ff.
Diese Zusätze tragen der Erweiterung der geographischen Kenntnisse durch das auf den
Inseln sich ansiedelnde irische Anachoretentum Rechnung: in Bezug auf die Hebriden, die
Orkney's, die Shetlandsinseln (d. i. Thule). — Von H. Zikheb rühren noch andere vonttg-
liche Arbeiten her, die hier nur nebenbei erwähnt werden können; so sein „Nennius vindi-
7. Die DonanlandBohaften (Illyrioiim)« (g 57.) 127
catus, Ueber fintstehimg, Geschichte und Quellen der histaria Brittonum^ (Berlin 1893).
Die 28 civüates der Provinz Britannien kommen schon bei Gildas vor. — Femer „Bas
Mutterrecht der Picten und seine Bedeutung für die arische Altertumswissenschaft". Zeit-
schrift der Savignystiftung, Rom. Abteilung XV (1894) S. 209 ff. Die Picten bildeten nach
Zimmer die voransche (vorkeltische) Urbevölkerung Britanniens und Irlands. Sie wurde
spftter von den Kelten wohl sprachlich assimiliert, aber nicht in Bezug auf das Recht. So
erhielt sich das Mutterrecht und andere EigentOmlichkeiten, die den Alten (Caesar, Strabo,
Dio, Hieronymus, Zus&tze des Solinus) auffielen. — Ueber das Fortleben des römischen
Provinzialgefahles im heutigen Wales auch nach dem Zurückziehen der Reichstruppen vgl.
MoMMSEN in der Vorrede zu der Ausgabe des Gildas {Mon, Germ, hist., awt. antiquiss. XlII) und
neuerdings eine Inschrift des 5. oder 6. Jahrhunderts: „Memoria Voteporigia protictoris^
d. i. protectoris (zuerst veröffentlicht in der Archaeologia Cambrensis 1895 p. 303 ff.). — Ueber
die Darstellung Britanniens in der Not. dign. vgl. Mommsen „Hermes" XIX, 233 f. Dieselbe
legt die Verhfitnisse dar, nicht wie sie im Jahre 400, sondern vielmehr wie sie im Jahre
300 n. Chr. waren. Es sind darin die Namen der Stationen am Hadrianswall erhalten, wie
beim Geograph. Ravennas jene am Antoninswall. — Ueber Dicuil, den in Frankreich lebenden
irischen Astronomen und Geographen, der im Jahre 825 n. Chr. das geographische Wissen
der alten und der neuesten Zeit zusammenfasste, vergl. die Ausgabe von G. Pakthby, Di-
euili liber de mensura orbis terrae, Berlin 1870. Lbtroicnb, Recherches gdographiques
p. 136 ff. Dicuil hat nicht nur von den Faröem Kunde, sondern auch von Island. Seine
Schrift enthalt wichtige Nachrichten über die Vermessungen des römischen Reiches unter
Julius Caesar, vgl. Mabqüabdt, Staatsverw. IP, 209; femer im 5. Jahrhundert n. Chr.; hiezu
ist MoimsENS Abhandlung über den Geogr. Ravennas zu vergleichen.
7. Die Donaulandschaften (lUyricum).
(Dazu die Balkanländer.)
67. Begriff des Namens ülyricum. Illyricum nannten die Römer
das östliche Küstenland des adriatischen Meeres und dessen Hinterland bis
zu den thrakischen Stammen hin. Nachdem sie an jener Eüste kurz vor
Ausbruch des zweiten punischen Krieges, gerufen von den Griechen der
Insel Issa (jetzt Lissa) festen Fuss gefasst hatten, bildeten sie im Jahre
168 V. Chr. aus den Gebieten, die dem dortigen illyrischen Reiche im
engeren Sinne des Wortes (mit der Hauptstadt Scodra, dem heutigen
Scutari) abgenommen worden waren, eine eigene Provinz Illyricum; die
in öfteren Kämpfen mit den Landesbewohnern erweitert wurde.
unter Augustus verstand man unter Illyricum zunächst die alsbald
getrennten Verwaltungssprengel von Dalmatia (Illyricum superius) und
Pannonia (Illyricum inferius). Anderseits erstreckte sich der Begriff des
illyrischen Ländersprengels, der durch Zollschranken gegen den gallischen
Ländersprengel, sowie gegen Italien (und Makedonien) abgesperrt war,
nicht nur über Moesien, Dalmatien, Pannonien, sondern auch über Nori-
cum und Raetien. Als dann Dacien okkupiert wurde, behielt es seine
eigene ZoUinie bei, aber es begegnet doch auch ein procurator lllyrici
(d. i. des Illyrischen Zolles) per Moesiam inferiorem et Dacias tres. Corp.
in 6575 = suppl. 7127. — Seit den Organisationen des Diocletian und
Constantin ist der Begriff Illyricum ein noch ausgedehnterer, da die pan-
nonischen und dacischen (nach Aurelian's Organisation) Landschaften mit
Macedonien und dem ehemaligen Griechenland zur Präfektur Ülyricum zu-
sammengefasst wurden. (Vergl. die römischen Provinzialkataloge dieser
Zeit bei Seeck, Notitia dignitatum. Berlin 1876). So wird es erlaubt sein
auch hier diesen Begriff etwas vager zu nehmen.
128
A. Geographie von Italien und dem Orbis Aomaniis.
58. Hydro- und Orographie. Schon Herodot hatte gute Kunde von
der Donaumündung wie von den Nebenflüssen der Donau in ihrem untern
Laufe. Aber erst seit den Feldzügen Alexanders des Grossen (vgl. Ptole-
mäus bei Arrian I) und eines seiner Nachfolger, des Lysimachus, tritt
der Stromlauf von der Savemündung (Singidunum, bei Belgrad; Tauru-
num, bei Semlin) an, dann die Stromschnellen {xaTa^^dxzai bei den Grie-
chen, „scrofulae*' in römischer Zeit) mehr und mehr hervor. Letztere
sind schon von den Römern für Schiffahrtszwecke reguliert worden, i)
Die Feldzüge des Augustus eröffneten an der oberen Donau die Kenntnis
des Stromsystems. Die Flussnamen im Gebiete des Danuvius (bei den
Griechen nach der thrakischen Bezeichnung Istros, erst seit der römischen
Herrschaft auch Javovßiog, Aavovßig^ von den Anwohnern Javovßtjg ge-
nannt) blieben zum guten Teil erhalten.^) So am oberen Laufe: Aenus
(Inn), Licus (Lech), Reganus (Regen), Änisua (Enns); am mittleren Laufe:
Marus (March), Ärrabona (Raab), Grranua (Gran), Draus (Drau), Saus (Sau)
u. 8. w.; am unteren Laufe: Margus (heute Morava), Picnus (heute Pek),
Timacus (heute Timok), Almus (heute Lom), Cebrus oder Ciabrus (heute
Tzibritza), Oescus, (heute Isker), Utus (Wid), Asamus (Osem oder Osma),
Jatrus (Jantra). — Von den Nebenflüssen des oberen Saus oder Savus ist
die AdsaUuta (jetzt Saan) hervorzuheben; wie andere so sind auch diese
beiden Flüsse als Gottheiten verehrt worden.
In Dacien: ifam (später Marisos oder Marisia, jetzt Marosch), Alutus
(Alt); Pyretus (Prut); Hierasus oder Jerasus (Sereth).
Seen: lacus Venetus oder Brigantinus (Bodensee); locus Pdso (Plat-
tensee).
Gebirge: Die Alpen wurden seit Polybius erforscht; von den Römern
die Jochübergänge mit Kunststrassen versehen. Vgl. oben S. 64 f. Für
das Hochgebirge hatten die Römer keinen Sinn, daher die Namen der
höchsten Spitzen nicht überliefert sind. Doch vergleicht Arrian, der an
der Donau seinen Kriegsdienst begonnen hatte, die Höhe der Alpen mit
jener der Gebirge im Kaukasus (Peripl. 11, 5); ebenso wie er Inn und
Save mit den grossen Zuflüssen des Indus in Parallele stellt (Indic. 4, 15).
— Der vManhart' (westwärts von Wien) hat den Namen der Aoiva vlrj
(Ptolemäus) bewahrt.
Der Alpenname war schon im Altertum auch auf die heute soge-
nannten „Transilvanischen Alpen* übertragen; sie heissen in der tabula
Peutingerana „Alpes Bastarnicae/^ Das Hochland (^,Kaukaland^' bei Am-
mianus Marcellinus) von Dacien ist bei Jordanes in den Getica nach einer
Vorlage aus saec. 11 beschrieben. — Die Siebenbürger Berge werden auf
einer Inschrift (Henzen 5930) als »Caucasus* bezeichnet, daher der Aus-
0 Was alles gelegentlich der neuesten
Regulierung (1893) konstatiert wurde, nach-
dem bereits Marsigli zur Kenntnis dieser Ver-
hältnisse den Grund gelegt hatte. Die Strasse
längs der Donau ist von Tiberius gebaut,
von Domitian restauriert worden.
^) Einige kleinere Zuflüsse der Donau
lassen sich nicht mit Sicherheit identiflcieren;
den Cusus (bei Tacit. ann. 2, 63) erklärt
MoMMSEN, R. G. V 196 Anm. f&r den Gusen
bei Linz, während MOllbnhofp II 323 ihn
fßr die £ipel hiüt, Domaszbwski für die
Thaya. Der Duria scheint mit der Waag
identisch zu sein.
7. Die Donanlandsohaften (Illyrioiim). (§§ 58, 59.) 129
druck .Kaukaland" auch damit in Verbindung gebracht werden kann.
Einem auf der Balkanhalbinsel schreibenden Autor des sechsten Jahrhun-
derts n. Chr. sind diese Berge, der altionischen Ansicht entsprechend, das
die Sonne verbergende Gebirge des Nordens.») Die Karpaten erscheinen
unter diesem Namen {KaQnatrjg) zuerst bei Ptoleroäus zwischen Dacien
und dem Sarmatenlande verzeichnet.
In niyrien bildete der Scardus (heute Schar) die Hauptwasserscheide
gegen das aegeische Meer imd die Donau.
Die nördlich davon längs der dalmatischen Küste hinziehende Gebirgs-
kette wurde mit dem allgemeinen Namen „Alpes Dalmaticae^^ bezeichnet.
Unter den Flüssen dieses Gebietes sind hervorzuheben der Brilon (heute
Drin) und der Naro (heute Narenta), dann die dem Saus zuströmenden
Drinus (jetzt Drina), Basanius (jetzt Bosna), Urpanus (Verbas), Oeneus
(Unna), Kolapis (Kulpa). Der Haemus (Balkan) bildete die Grenze der
moesischen Provinzen gegen Thrakien.
Zahlreiche Bergwerke wurden vor den Römern ausgebeutet, dann
von diesen übernommen; so Goldgruben in Dalmatien (im heutigen Bos-
nien, dann in Nordalbanien, wo die Piruster sassen) und in Dacien, Eisen-
werke in Noricum und bei den Gotini an der oberen Gran, Silber-
werke in Dalmatien und Pannonien u. s. w. Die Salzwerke bei Hallstadt,
Reichenhall, in Siebenbürgen u. s. w. waren auch durch alle Zeiten in
Betrieb.
69. Ethnographie. Als die Römer mit den Alpen- und nordillyri-
schen Landschaften näher bekannt wurden, im zweiten Jahrhundert v. Chr.,
waren dieselben von zahlreichen Völkerschaften raetischer, keltischer,
illyrischer, thrakischer Nationalität bewohnt. Die Raeter (im heu-
tigen Tirol und Graubündten) werden von den Alten als Verwandte der
Etrusker oder Rasener, ihre Sprache als ein rauher Dialekt der etrus-
kischen bezeichnet. Von den Kelten werden die Raeter ausdrücklich
unterschieden. Vgl. Arrian. takt. 44. In der bayerischen Hochebene hin-
gegen sassen überall Kelten, ebenso in Noricum und darüber hinaus.
Diese Kelten waren im vierten Jahrhundert v. Chr. aus Gallien hieher
eingewandert und hatten, indem sie die früheren Bewohner teils in die
entlegeneren, namentlich bergigen Gegenden zurück drängten, die Herr-
schaft an sich genommen; teils hatten sie sich auch mit den früheren
Bewohnern vermischt und verschmolzen, wie es im nördlichen Dalmatien
und im nördlichen Pannonien der Fall war.
Das übrige Pannonien und Dalmatien hatten nach wie vor die Il-
lyrer inne, deren Nachkommen und Überbleibsel die heutigen Albanesen
sind, östlich von Pannonien und den Illyrern, in Siebenbürgen und den
angrenzenden Landschaften, sassen Stämme thrakischer Nationalität, wozu
die Daker und die Moeser zu zählen sind. Wie genau man auf römi-
^) Vgl. den irriOinlich mit GaesariuB von
Nazianz identifizierten Autor, der die Situation
der Grenzlandschaften am das Jahr 525 n.
Chr. herum schildert, Magna bibL patrum,
Paris 1654, tom. XI, p. 603, mit den Be-
merkungen MüLLBNHOFFS in Zeitschrift für
deutsches Altertum 1876 S. 82 f. (jetzt
Deutsche Altertumskunde U, 365 ff.)
Hftodbooh der Uaoi. Altertumsviaaenaobaft. ni, 8. 2. Aufl.
130 ^' Geographie Ton Italien und dem Orbis Romancui.
scher Seite auch die jenseits der Grenze sitzenden Stämme zu unter-
scheiden verstand, zeigt die auf einen Statthalter Moesiens aus dem Ge-
schlecht der Plautier sich beziehende Inschrift Corp. XIV 3608 = Tftt-
manns ex. 1145! Darin werden von ihm bekämpfte Barbaren aufgezählt u.z.
in geographischer Folge von Westen nach Osten: die Sarmaten in der
Theissebene; die dacischen Stämme nördlich von der unteren Donau; die
Bastarnen und Roxolanen in der Ebene von der Mündung der Donau
bis jenseits des Borysthenes (heute Dnjepr); zuletzt die Skythen, die
eben den taurischen Ghersones mit Krieg überzogen hatten. (Zeit des
Kaisers Nero).
Die einzelnen Stämme waren nach Gauverbänden gegliedert, die in
den raetischen und keltischen Landschaften als ,,€ivitas/^ in den thraki-
schen und illyrischen mit dem Lokalnamen („regW^) bezeichnet werden.
Die römischen Geographen, Strabo, Plinius, Ptolemäus, zählen die Gau-
namen auf, ohne dass sie im stände gewesen wären, die Lage der Gaue
genauer zu fixieren. Der Name einer raetischen Völkerschaft klang dem
Römer so fremd, wie nach modernem Ausdruck ein „böhmisches Dorf"
und selbst in den offiziellen Listen, wie z. B. beim Militär, pflegte man,
wenn die „dvitas^^ allzu barbarisch klang, gegen die sonstige Gewohnheit
kurzweg „naüone Raetus^^ zu verzeichnen. Plinius fand es am geratensten,
seiner Beschreibung das sogenannte „tropaeum Aljnum^' einzuverleiben,
d. h. die offizielle Inschrift an dem Denkmal oberhalb des heutigen Mo-
naco auf der Höhe der Seealpen, das zu Ehren der Unterwerfung der
Alpenvölker vom Senat und Volk der Römer dem Augustus errichtet
worden war.*) Darin werden die einzelnen Völkerschaften genannt: die
Isarken (am Eisak), die Venosten (im Vintschgau), die Breonen und
Genaunen (im Inn- und Wippthal) u. s. w. Bei den Vindelikern werden
die vier Stämme der Gonsuanetes, Rucinates, Licates, Gatenates
unterschieden.
Die Gaue in Noricum zählt Ptolemäus auf: die Sevaker (im heu-
tigen Pusterthal?), die Ambisontier (im Pinzgau), die Ambidravi (an
der oberen Drau), die Ambiliker (an der Geil), die Noriker im engeren
Siime des Wortes (um Noreia), ohne Zweifel die zahlreichste Abteilung,
da deren Name nachher die frühere Gesamtbezeichnung der Taurisker
(d. h. der »Bergbewohner*) verdrängt hat.
Am südlichen Abhang des Gebirges bis zum Meer hin sassen Carner
und Japyden, deren Gebiet teils nach der Eroberung zu Italien geschlagen
wurde, teils den Übergang zu DaJmatien bildete.
Auch dieses bewohnten zahlreiche Stämme, die mehrere Eidgenossen-
schaften mit einander bildeten; wie denn z. B. die Japyden und 14 Ge-
meinden der Liburner mit den eigentlichen Dalmatem in Verbindung
getreten waren und den gemeinsamen Landtag in Scardona beschickten.
Pannonien war, wie Raetien in zahlreiche Völkerschaften zer-
splittert, grössere und kleinere. SodieAzalii, die Boier, die, durch die
^) Vgl. Corp. inaer. Lat. V p. 904 ff. Für 1 ccdion Drosi' in Betracht Es nennt den
den Eroberungskrieg kommt auch das „Epi- | Fluss „Isarcns' d. i. der Eisak.
7. Die Donanlandsohafben (ßlytionm), (§ 60.) 131
Daker im ersten Jahrhundert v. Chr. bis zur Vernichtung geschlagen, sich
unter römischer Herrschaft wieder erholten; die Skor^disker, die aus
JUoesien nach dem unteren Pannonien verpflanzt worden waren; die Ara-
visker an der Donau unterhalb Aquincum ; die Jas er, die vom heutigen
Warasdin bis Daruvar wohnten; die B renk er, ein kriegerischer Stamm,
der unter den Auxiliartruppen des Reiches eine hervorragende Rolle spielte;
die Amantiner zwischen Save und Drau u. a. Durch den grossen
Germanen- und Sarmatenkrieg des E. Marcus wurden manche Verän-
derungen herbeigeführt, z. B. die Cotini von nordwärts der Donau auf
den Provinzialboden, in die Gegend von Cibalis und Mursa, verpflanzt (s.
oben S. 113). — Zwischen Donau und Theiss sass ein Zweig des sar-
matischen Volkes der Jazygen (^dCvysg MsTccvdatai^ d. i. »ausgewanderte*
Jazygen), denen der Pass durch Dacien nach dem östlich davon gelegenen
Sarmatien freigegeben ward.
60. Administrative Einteilung. Unter Augustus wurde als Grenze
des Reiches die Donau in Aussicht genommen und infolge dessen (15
V. Chr.) Raetien (samt Vindelicien) mit Waffengewalt unterworfen.
Diese Erwerbung wurde durch die Verstärkung der Kolonie Raurica,
fortan Augusta Rauracorum, und der Position am Nordabhange der Alpen,
wo Augusta Vindelicorum (Augsburg) begründet wurde, gesichert.
Das Jahr darauf ergab sich das .^regnum Noricum^^ den Römern.
Pannonien wurde in den Jahren 12 bis 10 v. Chr. okkupiert; das ge-
wonnene Terrain nach der Niederwerfung des grossen dalmatisch-pannoni-
schen Aufstandes (6-- 9 n. Chr.) endgültig organisiert, indem das bisherige
i^Illyricum'' in die zwei Statthalterschaften Pannen ia undDalmatia auf-
gelöst, Moesien unter einen eigenen Kommandanten gestellt wurde. Am
Ende des ersten und am Beginne des zweiten Jahrhunderts n. Chr. wurden
auch Moesien und Pannonien in je zwei Kommandanturen geteilt. Kaiser
Traian richtete Dacien als Provinz ein.
Die Abgrenzung der Provinzialsprengel erfolgte entweder mit Rück-
sicht auf die vorrömische Einteilung und die vorgefundenen ethnographischen
Verhältnisse, z. B. in Dacien; oder es war das Gegenteil der Fall, z. B.
in Raetien, wo der südliche, an der Etsch gelegene Landstrich, der raeti-
scher Nationalität war, zu Italien geschlagen, der andere mit dem keltischen
Vindelicien vereinigt wurde.
Bemerkenswert ist, dass die von der römischen Regierung festgesetzten
Provinzialgrenzen zum Teil, namentlich in der Abgrenzung der kirchlichen
Sprengel, bis auf die Umwälzungen unseres Jahrhunderts nachgewirkt
haben. Dies gilt für Raetien, wo die früheren Grenzen der Bistums-
sprengel von Chur und Saeben-Brixen zur Bestimmung der Grenzen Alt-
raetiens in Betracht kommen, sowohl nach Westen zu, als nach Süden
(wo bei Maia, heute Mais-Meran, der Tridentinische Sprengel anstiess), und
im Osten, wo der Zillerfluss, der im Mittelalter eine Gaugrenze und bis auf
den heutigen Tag die Grenze zwischen den Diözesen Brixen und Salzburg
bildet, einst Raetien von Noricum geschieden haben wird.
Auch sonst scheinen manche natürliche Abgrenzungen in das Alter-
tum hinaufzureichen; so erinnert, wenn in Eugipps „vita Severini" die
9*
X32 A. Geographie Ton Italien und dem Orbis Bomanns.
9 oberen '^ Städte Donaunoricums von den unteren unterschieden werden,
dies an die Scheidung von Ober- und Niederösterreich. Doch ist in diesen
Gegenden die Grenze von Noricum und Pannonien wiederholt verschoben
worden, wie denn die physische Beschaffenheit der Grenzgegend, z. B. in
Bezug auf die Pflanzenwelt, derartigen Verschiebungen gleichfalls unter-
legen zu sein scheint (A. Eebneb).
Die Grenze zwischen Ober- und Niedermoesien bildete der Fluss
Ciabrus. Das westliche Serbien gehörte noch zu Dalmatien, das also in
römischer Zeit sich tief in das Binnenland hin erstreckte. Im Süden ver-
zeichnet Ptolemäus die Stadtgebiete von Serdica (heute Sofia, slav. Sredec)
und von Pautalia (bei Küstendil) als bereits zu Thracien gehörig. — Nach
welchen Gesichtspunkten eine Zeitlang Dacien in ein oberes und ein
unteres geteilt war, ist nicht genau bekannt; in ersterem lag Sarmizege-
tusa; Dacia inferior dürfte die kleine Walachei gewesen sein. Seit Marc
Aurel zerfiel die Statthalterschaft Dacien in drei Yerwaltungsdistrikte,
den von Porolissum (im Norden der Provinz), von Apulum (im Ma-
roschthal), von Malve (wie es scheint in Rumänien an der Donau). —
Da in diesen Landschaften viel grössere ethnische Umwälzuugen vor
sich gegangen sind, konnte sich von den alten Einteilungen keine Tra-
dition erhalten.
61. Bömische Okkupation. Die Okkupation der Donaulandschaften
war aus Gründen der militärischen Notwendigkeit erfolgt, da der Wasser-
graben der Donau für die Herstellung einer sicheren Grenze von gi'össter
Bedeutung war. Diese Grenze wurde durch die längs des Flusses ent-
weder verteilten oder in den grossen Legionslagern konzentrierten Truppen
abgesperrt und bewacht. Die Legionslager waren die Mittelpunkte des
Verkehrs, indem die Strassen, die zu militärischen Zwecken angelegt wurden,
dorthin divergierten, um die Verbindung und die Verproviantierung aus
Italien zu sichern.
Erst im Binnenlande, ferner vom militärischen Leben und Treiben
der unmittelbaren Grenze, hatten die Eommunikationsanstalten eine erhöhte
Bedeutung auch für die zivile Entwicklung. Es entstanden Munizipien und
Kolonien, römischen oder (als Vorstufe hiezu) latinischen Rechtes, denen
die umliegenden Gaue »attribuiert" wurden. Die Kolonien des ersten
Jahrhunderts beruhten noch durchwegs auf der Deduktion von Veteranen,
die zum Besatzungsdienst verpflichtet waren ; während die Munizipien auf
friedlichem Wege, namentlich durch Handel und Verkehr, sich entwickelten.
Doch gab es auch Gegenden, z. B. in den Alpen, in denen die alte
Gauverfassung durch die ganze römische Zeit hin erhalten blieb; so
bei den Venosten und bei den Breonen im heutigen Graubündten
und Tirol.
In Raetien sind in der vordiokletianischen Zeit nur drei Städte
italischer Art zur Entwicklung gekommen: Augusta Vindelicorum
(Augsburg), dem Hadrian Stadtrecht verlieh; Campodunum (Kemp-
ten); Brigantium (Bregenz) am Bodensee. Daneben wäre Abudiacum
(heute Epfach) zu erwähnen; femer Pens Aeni, am Innübergang von
Noricum her u. s. w.
7. Die Donanlandsohaften (Illyricnm). (§ 61.) 183
In Noricum, das wie ein zugehöriges Vorland Italiens betrachtet
wurde, vollzog sich die Assimilation des einheimischen an das römische
Wesen viel rascher. Unter Kaiser Claudius erfolgte die Erteilung des
Munizipalrechtes (zunächst der Latinität?) an die Orte Virunum (bei
Klagenfurt), Aguontum (bei Lienz im oberen Drauthale), Teurnia (gleich-
falls an der Drau, bei Spital in Kärnten), Juvavum (Salzburg), Celeia
(Cilli in Steiermark), die, vereint mit dem benachbarten Savaria (Stein
am Anger), das später zu Pannonien geschlagen wurde, bei Plinius als
„municipia Claudia^ genannt werden. Am Chiemsee lag Bedaium. Im
zweiten Jahrhundert wurde Ovilava (Wels) als Kolonie gegründet und
einige kleinere Munizipien, wie Ceti um (bei St. Polten) weiter ostwärts.
Auch das Gebiet am Traunsee war bereits besiedelt.
In Pannonien lagen die Dinge vielfach ähnlich wie in Raetien; wie
hier die Berge, so hinderten dort die Steppen die Entfaltung von Städten
und somit überhaupt des römischen Wesens. Die grossen Ebenen im Innern
Ungarns blieben vorerst barbarisch, die Römer siedelten sich an dem Laufe
der Donau entlang, wo die Truppen stationiert waren und der Verkehr
durch die SchiflTbarkeit des Stromes sich erleichterte. Dichter sassen sie
auch an der norischen Grenze hin, wo die grosse Heerstrasse von Siscia
nach Carnuntum vorbeiführte.
Das städtische Leben entfaltete sich unter den fiavischen Kaisern,
von denen Neviodunum (bei Demovo in Krain), Siscia (Sissek), Scara-
bantia (Oedenburg), Sirmium (Mitrovic) Munizipalrecht erhielten.
In Dalmatien wurden von den fiavischen Kaisern zahlreiche Kon-
stituierungen von Munizipien vorgenommen, von denen Scardona das be-
deutendste war. Hiezu fünf Kolonien: Epidaurus, Narona, Salonae,
Aequum und Jader. — Salonae, eine „Julische" Gründung, war die
Hauptstadt der Provinz, der blühendste Ort an der ganzen Küste, von
der die illyrische Bevölkerung in das Binnenland zurückgedrängt war.
Die »Adria** war ein italischer See und die dalmatische Gegenküste mit
Italien in der lebhaftesten Fühlung. Ebenso gab es in das Binnenland
hinein gute Verbindungen, wie denn die Münzen von Dyrrhachium und
Apollonia bis nach Dacien hin gefunden werden und denselben Weg
später die römischen Münzen nahmen. Unter Tiberius und Claudius
wurden Strassen angelegt, die von Bumum, Salonae, Narona aus bis ans
östliche Ende der Provinz gingen. Eine Strasse führte von Lissus (Alessio
an der Adria) nach Naissus (Nis).
Auch das benachbarte Moesien romanisierte sich. Die älteste
Strasse längs der Donau im heutigen Serbien ist unter Tiberius erbaut,
unter Vespasian und Domitian restauriert. Traian setzte diese Bauten
fort und überbrückte (bei Turn-Severin) die Donau, was damals als ein
Meisterwerk der Baukunst galt. — Unter den Stämmen, aus denen die
Provinz sich zusammensetzte, treten die Moeser (der bedeutendste Stamm),
die TrebaDer (in Serbien), die Dardaner (südwärts davon; um Scupi) her-
vor. Die Einteilung ist auch hier nach „civitates^ und Regionen; daneben
die Städtegründungen der römischen Kaiser, sowohl an der Donau wie im
Binnenlande. Bis an den Balkan hin überwog überall das Itömertum.
134 A. Geographie tob Italien and dem Orbis Romanos.
Südwärts desselben übte das Griechentum seinen Einfiuss aus, das auch
an der Eüste in den altgriechischen Gründungen Istros (Eara-Arman),
Tomi (Gonstanza), Odessus (Varna), Mesembria u. a. dominierte; selbst
landeinwärts, z. B. in Nicopolis nordwärts des Haemus war das Grie-
chische das mächtigere, von den städtischen Behörden angewandte Idiom.
Ja der griechische Einfluss machte sich teilweise noch in Dacien be-
merkbar, wohin die römische Regierung zahlreiche Kolonisten aus allen
Teilen des Reiches, ausser aus Dalmatien namentlich aus Asien und
Syrien, gezogen hatte.
Hier war Sarmizegetusa (im Hatzeger Thale, beim heutigen Var-
hely oder Grediste), früher die Hauptstadt des dacischen Königs Decebalus,
durch Traian als (latinische?) Kolonie (Ulpia Traiana) konstituiert worden.
Sie blieb (neben dem Legionshauptquartier Apulum) die zivile Hauptstadt
der römischen Provinz Dacia, die hier bis 275 n. Chr. existierte. Sowohl
der heutige Yulkanpass, als der , eiserne Thorpass'* waren durch Strassen
zugänglich gemacht, die von Sarmizegetusa aus durch das Maroschthal
und nach dem Norden der Provinz sich verzweigten. Auch der Rothe-
turmpass bekam eine Strasse, welche längs der Aluta bis zu deren Mün-
dung führte und lebhaften Verkehr hatte. Im Südosten des heutigen
Siebenbürgens war der Ojtozpass, durch, den die Verbindung mit Olbia
und Tyras am Pontus Euxinus ging, durch ein Kastell gedeckt.
62. Lagerstädte. Von hervorragender Bedeutung wai*en in den
Donaulandschaften die Städte, die längs des Grenzstromes im Anschluss
an die Legionslager sich entwickelten: Castra Regina (Regensburg) in
Raetien, Lauriacum (Lorch) in Noricum, Poetovio (Pettau); Vindo-
bona (Wien), Carnuntum (Petronell bei Wien), Brigetio (in der Nähe
von Komom) in Oberpannonien; Aquincum in ünterpannonien ; ebenso
Acumincum (bei Slankamen); Taurunum (bei Semlin), Station der
„classis Pannonica^ ; Singidunum (Belgrad), Viminacium (bei Kostolac),
Ratiaria (bei Artscher), Oescus (an der Mündung des Isker), Novae
(bei Svistova), Dorostorus (Silistria), Troesmis (bei Iglitza am Beginne
des Donaudeltas) in Moesien. In Dacien machte die Ansiedlung um das
Lager von Apulum (beim heutigen Karlsburg in Siebenbürgen), dann Po-
taissa (beim heutigen Torda), dieselbe Entwicklung durch.
Da seit Kaiser Traian und namentlich seit Kaiser Marcus Aurelius
mehr als ein Drittel der römischen Reichsarmee in den illyrischen Provinzen
stationierte, hatte das ganze Wesen dieser Provinzen einen militärischen
Anstrich; von Septimius Severus an, der in Savaria oder in Carnuntum zum
Kaiser ausgerufen wurde, war niyricum die tonangebende Ländergruppe
des römischen Reiches. Niemals ist im Verlaufe der Geschichte, so wie
damals das ungeteilte politische Schwergewicht dieser Ländermasse nach
Osten und nach Westen zur Geltung gekommen.
Auf der Donau stationierten Flotillen, zu Lande waren Kastelle für
die dienstthuenden Kohorten angelegt. Ein Verzeichnis derselben gibt
die Schrift „de aedificiis" des Prokopius von Caesarea. — Nur in harten
Wintern, wenn der Strom fest gefroren war, bot sich den Grenzbarbaren
leichte Gelegenheit, die Linie zu durchbrechen und die süddanubischen
?• Die Donaiüandsohafteii (Illyrionm). (§ 62.)
135
Landschaften heimzuBuchen; worauf die anwohnenden römischen Illyrer
und „Bipenser" gefasst sein mussten.^)
Von den älteren Werken ist ausgezeichnet das eines im Zeitalter Eugens von Sa-
voyen als hochgestellter Offizier in der österreichischen Armee dienenden Bolognesers:
Alots Fbbd. Marsioli, Danubius Pannonico-Mysiciis ohservationibus geographicis, astro-
nomicis, hydrographicis, historicis, physicis perlustrcUus. Hagae Com. et Amstelodami 1726,
6 volL fol. Mit Karten und Abbildungen. (Sein reicher Nachlass in Bologna.) — Die frü-
heren Leistungen aufnehmend, die Grundlage für die späteren bildet die Bearbeitung des
die Donaulandschaften behandelnden Inschriftenbandes durch Th. Mommsen: Corpus inacript.
Lat, Bd. m in zwei Abteilungen, Berlin 1873. Nachträge hiezu in Ephemeris epigraphica,
Bd. n p. 287-482 u. Bd. IV p. 25-191. Jetzt vier .Supplementa* 1889—1894. Mit
Kartenbeilagen von H. Kiepert. Ueber die kartographische Grundlage vgl. H. Kibpbbt,
Formae arhis antiqui (1894): Karte und Text von filyricum et Thracia. — Gonzb (später
O. Benvdobf) und 0. Hibscbfbld (seit 1886 £. Bobhahn), ,Archäolog.-epigr. Mitteilungen
aus Oesterreich* (resp. neuerdings «Oesterreich- Ungarn'), erscheinend seit 1877. Bis 1896
neunzehn Bände, welche ein bedeutendes Material auch in geographischer Beziehung bieten.
Vgl. G. ScHUCBHARDT, Die römischen Grenzwälle in der Dobrudgea (mit Karte), Arch.-epigr.
Mitt. IX, 87 — 113. Derselbe, Wälle und Ghausseen im südlichen und Ostlichen Dacien.
Ebenda (mit Karte) S. 202—282. üeber die dacischen Strassenzüge vgl. auch eine Be-
merkung Kieperts, Sitzungsber. d. Berl. Akad. 1884 S. 52 Anm. 1. — K. Müllbnhoff, Donau,
Dunavu, Dunaj. In Zeitschrift für deutsches Altertum von STEnrnsYER VI II (1876) S. 26
bis 35. Jetzt wieder abgedruckt in der «Deutschen Altertumskunde '^ Bd. II. Enthält die
Nachweise über die Benennung des Stromes bei den verschiedenen Völkern des Altertums
bis auf die Goten und Slaven herab. Die richtige rOmische Form ist Danuvius, die auch
die Inschriffcen insgesamt aufweisen. — G. Zippbl, Die rOmische Herrschaft in lUyricum
bis auf Augustus, Leipzig 1877. Vgl. Mommsen in Ephem. epigr. IV, 516 fif. — J. Jung,
Römer und Romanen in den Donauländem, Innsbruck 1877 (1887 in zweiter Aufl.). Der-
selbe, üeber Rechtsstellung und Organisation der alpinen civUates in der rOm. Kaiserzeit,
^Wiener Studien" XII (1890) S. 98 ff. Derselbe, Zur Geschichte der Pässe Siebenbürgens,
,Mitt des Inst, für Osterr. (Geschichtsforschung *, Ergänzungsband IV (Innsbruck 1893). —
MoioisEK, Rom. Geschichte, Bd. V, Kap. 6: Die Donauländer und die Kriege an der Donau.
A. V. DoMAszBWSKi, Der Volkerbund des Marcomanenkrieges. In den ,Serta Harteliana'
(1896) S. 8 ff.
Die einzelnen Provinzen, üeber Rätien: P. G. Plaitta, Das alteRätien, Berlin
1882. Für die rOmische Periode weniger bietend, als für die romanische. — In Bayern
hat F. Ohlbnschlaobr eine kartographische Darstellung auch der römischen Fundorte
unternommen und eine Reihe wertvoller Spezialarbeiten geliefert Ueber den rätischen
limeSj der an den obergermanischen anschliesst, siehe oben. Die Grenzkastelle von Eining,
von Pftintz u. s. w. sind durch Ohlensohlaoer, H. Arnold, K. Popp untersucht und be-
schrieben. Vgl. femer Ohlbkschlaoer, „Bedaium und die Bedaiusinschriften'*. In Sitzungs-
berichten der bayer. Akad. 1883 S. 204 ff. „Die römischen Grenzlager zu Passau, Künzing,
Wischelburg und Straubing* (mit einer Tafel). Aus den Abhandlungen der bayer. Akad.
1884 besonders abgedruckt. ,Das rOmische Forum zu Kempten*. Zeitschrift des histor.
Vereins für Schwaben und Neuburg 1886. «Die Ergebnisse der rOmisch-archäologischen
Forschungen der letzten 25 Jahre in Bayern." Westd. Zeitschrift XII (1892) S. 1 ff. üeber
Noricum, das im Gegensatz zu Rätien schon nach lUvricum gravitierte, handelt Muchar,
Das rOmische Noricum (1825), Jabornegg-Altbnfbls, Kärntens römische Altertümer (1870).
Kleinere Museen in Salzburg, Linz, Klagenfurt, Graz, Cilli, Laibach, dazu die Publika-
tionen der Lokalvereine.
üeber Dalmatien: Ad. Bauer, Griechische Kolonien in Dalmatien, Roms erster
illyrischer Krieg. In den Archäol.-epigr. Mitt. XVIU (1895) S. 128 ff. Im 4. Jahrhundert
v. Chr. waren die Inseln Issa, Pharos (jetzt Lesina), Mellta (jetzt Meleda) und Koqxvqa
fAfXaivu (jetzt Curzola) von Griechen (aus Syrakus, Paros, Kmdos) besiedelt; ebenso auf
dem benachbarten FesÜande von Issa aus Tragurion (das heutige Trau). Dionysius von
Syrakus gründete Lissus (jetzt AlessioY. — H. Cons, Laprovince Romaine de Dalmatiej Paris
1882. Nicht von Bedeutung. — A. Maüsbr, Spalato und die römischen Monumente Dal-
matiens. — Die Restaurierung des Domes zu Spalato, zwei Vorträge, Wien 1883. — In
Spalato erscheint seit 1878 ein „Büttetino di archeologia e storia Dalmata". — Kubitschbk,
0 Am ausführlichsten berichtet hierüber
der unbekannte, fälschlich mit Gaesarius von
Nazianz identifizierte Autor saec. VI in
Bibl. maxima patrum, Paris 1654, tom. XI
p. 588.
136 A. Geographie von Italien und dem Orbis Bomanns.
Azinum. Arch.-epigr. Mitt. XVI S. 109 ff. — Endlich ist für die Erforschung des dalmatischen
Binnenlandes die Okkupation Bosniens und der Herzegowina durch Oesten-eich-üngam (seit
1878) von Wichtigkeit geworden. Die folgenden Publikationen sind mit Unterstützung der
B«ichsregierung, speziell des Reichsfinanzministers Eallay erschienen: «Wissenschaftliche
Mitteilungen aus Bosnien und der Herzegowina.* Herausgegeben vom bosnisch-herzegowi-
nischen Landesmuseum in Sarajewo. B«digiert von M. Hoebnbs, erster Band, Wien 1893.
„Römische Strassen in Bosnien und der Herzegowina ** von Ph. Ballip, herausgegeben vom
bosnisch-herzegowinischen Landesmuseum, L Teil mit 24 Abbildungen und 1 Ks^. Nebst
einem Anhang über die Inschriften von K. Patsch, Wien 1893. — Vgl. auch K. Patsch, Be-
richt über eine Reise in Bosnien, ArchftoL-epigr. Mitteil. XVI S. 75 ff. — Derselbe fiber die
Grenze zwischen Dalmatien und Pannonien (das noch auf bosnisches Gebiet sich erstreckte)
in den Mitt. des röm. Instit. 1894 S. 235 f. Die «Wissenschaftlichen Mitteilungen aus Bos-
nien und der Herzegowina *" Bd. III (1895) enthalten: «Römische Funde im Laövathale 1893,
2. T., Inschriften *, von K. Patsch, «Untersuchungen römischer Fundorte in der Herzego-
wina". Von F. FiALA und E. Patsoh. — F. Eanitz, Römische Studien in Serbien, mit 120
niustrationen, Inschriften und 1 Karte. Denkschriften der Wiener Akad. Bd. 41 (1892).
Sorgfältige Durchforschung des Donaulimes von der Save bis zum Timok (Eanitz hat auch
in seinen Werken über Donaubulgarien und Serbien die römischen Altertümer berücksichtigt).
Mancherlei römische Funde ergab neuerdings der Bau einer Eisenbahn von Sofia weg im
Thal des Isker. VgL «Die Iskerbahn", Allg. Zeitg. Beü. 1895 Okt. 7 f. — Für Pannonien
und Dacien besitzen wir eine Reihe wertvoller Arbeiten von Karl Tobma, die meist in
ungarischer Sprache geschrieben sind. Vgl. jedoch einige Berichte Tobmas in den Archäo-
logisch-epigraphischen Mitteilungen HI, 86—112: «Neue Inschriften aus Dacien". Ebenda
VI (1882) S. 97—145: «Inschriften aus Dacia, Moesia superior und Papnonia inferior*,
üeber frühere (ungarisch geschriebene) Arbeiten Tormas referiert E. Gooss im Archiv für
siebenbürgische Landeskunde XVI S. 20—27. — Der Abhandlung Tormas über den dacischen
limes {„A limea Dacicus felsö riaze, Budapest 1880) ist eine sehr instruktive Earte beige-
geben. Ebenso sind der Schrifl, welche lateinisch den Titel „AmphUheatri Aquincensis
pars aeptentrionalis {Belatio de e/fossionibus illic factis), auctore Carolo Torma^ führt,
deren Text aber in ungarischer Sprache abgefasst ist, Plftne und Abbildungen beigegeben.
— Der unter dem Präsidium des Grafen G4za Euun zu Deva in Siebenbürgen bestehende
archäologische Verein, der eine (in ungarischer Sprache geschriebene) Zeitschrift heraus-
gibt, auch ein kleines Museum unterhält, widmet sein*^ Aufmerksamkeit besonders den
Altertümern von Värhely (Sarmizegetusa) und Veczel (Micum oder Micia). Mit der sieben-
bürgischen Bergwerksgeschichte beschäftigt sich G. Teolas, der darüber eine Reihe von
Abhandlungen publiziert hat. Vgl. meine «Fasten der Provinz Dacien'', Innsbruck 1894.
Neuerdings untersuchte T^gläs den limes dacicus zwischen der Grossen Eokel und dem
Altfluss im nördlichen und östlichen Teil des Udvarhelyer Eomitats. Vgl. Ungarische Revue
1895 S. 216. Derselbe gab «Neue Beiträge zu den Felseninschriften an der unteren Donau*,
Ung. Revue, 1895 S. 1 ff. — Die Siebenbürger « Sachsen ** publizieren in ihren Gegenden
gefundene Inschriften durch das «Eorrespondenzblatt des Vereins für Sieben-
bürgische Landeskunde**. — E. Gooss, Untersuchungen über die Innerverhältnisse des
Traianischen Daciens. Im «Archiv des Vereins für siebenbürgische Landeskunde*. N. F. XII
(1874) S. 107—166. — Von demselben, Archäologische Analekten, Ebenda XI, 98—117 u.
XII, 167—175. Chronik der archäologischen Funde Siebenbürgens. Ebenda XIII (1876)
203 — 338. Skizzen zur vorrömischen Eulturgeschichte der mittleren Donaugegenden. Mit
15 Abbildungen. Ebenda XIII S. 407—537, XIV S. 47—175. — Von demselben, «Studien
zur Geographie und Geschichte des Traianischen Daciens*, Hermannstadt 1874 (Programm
des Schaessburger Gymnasiums). — Von demselben, «Die römische Lagerstadt Apulum in
Dacien**. Separatabdruck aus dem Schaessburger Gymnasialprogramm pro 1877/78. Alles
vortreffliche Arbeiten. — In Rumänien ist G. Tocilbscu mit der Sammlung und Edition
der im Lande gefundenen Inschriften beschäftigt; wie denn das Museum in Bukarest
namentlich aus Iglitza (dem alten Troesmis) und aus der Dobrudscha wertvolle Acqui-
sitionen besitzt. — G. Tocilbscü, Dacia inainte de Romani. Cu 38 stampe lithographiatef
4 Charte, d*in care 2 crotnoUthographiate, si 171 figuri in textu, Bucuresci 1880. —
G. TociLEScu, Inschriften aus der Dobrudscha. In Archäologisch-epigraph. Mitteilungen VI
(1882) S. 1 — 52. Aus der Dobrudscha (seit 1878 rumänisch) kamen in der letzten Zeit die
wichtigsten Funde zu Tage. Ueber das Siegesdenkmal {tropaeutn Traiani) von Adam
Elissi und die daselbst erwachsene Ortschaft vergl. Tocilbscu im Bull. delV inst, areheol.
1891 S. 151, Arch.epigr. Mitteil. XVII S. 103 ff. und das von Tocilbscu unter Mitwirkung
von 0. Benndorf und G. NiBMANif herausgegebene Prachtwerk: «Das Monument von Adam
Elissi {tropaeum Traianiy, Wien 1895. üeber dessen Darstellung auf Münzen von Tomis:
B. Pick, Arch.-epigr. Mitt. XV S. 18 f. — Dem Provinzialsprengel von Moesia inferior unter-
stand auch die Pentapolis griechischer Städte an der Eüste, sowie der taurische Cherso-
nesus (siehe darüber und über die griechischen Eüstenstädte am Pontus Euxinus über-
7. Die Donanlaadsohaften (Ulyrionm). (§ 62.) 137
hanpt die HelleniBche Landeskimde). üeber Tomi und seine Umgebung („loca feliei noti
adeunda viro'^ Oyid) vgl. Schuchhabdt in den Archäol.-epigr. Mitteilungen IX a. a. 0. Be-
reits unter Nero wird Moesien als eine Kornkammer für Rom und Italien erwähnt (Corp.
Xiy, 3608). — In der spfttrömiscben Zeit wurde die Landschaft militärisch als Vormauer
fttr Eonstantinopel eingerichtet.
üeber einzelne Städte liegen abgesehen von den bereits citierten Monographien
vor: Garnuntums Erforschung hat sich seit 1886 ein in Wien zusammengetretener ,Car-
nuntumverein'^ zur Aufgabe gemacht. Die Berichte hierüber findet man in den „archäo-
logisch-epigraphischen Mitteilungen aus Oesterreich*. Vgl. J. W. Eübitschek und S. Frank-
FDBTSB, Führer durch Camuntum, mit Plänen und Illustrationen, 3. Auflage, Wien 1894. —
üeber „Yindobona'* handelt Eubitschbk in den „Xenia Austriaca ** Abt- Klassische Philo-
logie und Archäologie (Festschrift zu Ehren der 42. Philologenvers, in Wien 1893). üeber
Poetovio (Legionshauptquartier unter den Julisch-Claudischen Kaisem) vgl. Premebstbin
in ArchäoL- 'pigr. Mitt. XY S. 122 ff. — Aquincum behandelte neuerdings Salamon. Vgl.
«ungarische Revue* 1886 8. 127 ff. V. KuzsnrsKV, Die Ausgrabungen zu Aquincum 1879
bis 1891. Mit 2 Beilagen und 48 Illustrationen. Budapest 1892. Das Nationalmuseum
in Pest ist reich an Denkmälern der römischen und der Völkerwanderungsperiode. — üeber
A pul um vgl. Gooss* Abhandlung. A. Csrrni (in ungarischer Sprache) in dem Jahrbuche
des historisch-archäologischen Vereins von Karlsburg (Gyula-Feh^rvär) (seit 1890). — üeber
Troesmis vgl. Renibb, Inscriptions de Troesmis (1865). — üeber Brigetio: Archäolog.-
epigraph. Mitteil, aus Oesterreich-Üngam X, 105 — 119. — üeber sämtliche «Lagerstädte*
an der Donau: Momhsbn, Hermes Bd. VII. Die ältere Litteratur (z. B. über O^abisu. s. w.)
findet man im Corpus inaer, Latinar. verzeichnet. Viel Material (neuerdings über Nevio-
dunum, Brigantium u. s. w.) enthalten auch die in Wien erscheinenden «Mitteilungen der
k. k. Zentralkommission zur Erhaltung der Baudenkmale*.
Für die Balkanländer haben wir eine Reihe vortrefflicher Schriften von K. J.
JjREÖEK zu verzeichnen: «Die Heerstrasse von Belgrad nach Konstantinopel und die Balkan-
pässe* (Prag 1879). «Die Handelsstrassen von Serbien und Bosnien, während des Mittel-
alters.* Aus den Abhandlungen der böhm. Ges. d. Wissensch. VI. Folge, 10. Band (Prag
1879). «Beiträge zur antiken Geographie und Epigraphik von Bulgarien und Rumelien".
Monatsber. d. Berl. Akad. 1881 S. 434—469. Eine Fortsetzung dieser «Beiträge* in Bd. X
(1886) S. 43 ff. und S. 129 ff. der Archäol.-epigraph. Mitt. aus Oesterreich-Üngam: «Archäol.
Fragmente aus Bulgarien". Es werden die Antiquitäten der Landschaften von Serdica,
Pantalia und Germania, sowie der umliegenden Bergthäler beschrieben, die Lage der alten
Orte festgestellt, die Ueberreste der Bergwerke, namentlich für die hessischen Distrikte,
verzeichnet. Beigegeben sind zwei Karten: eine «Üebersichtskarte der Umgebungen von
Sofia (Serdica) und Küstendil* (Pautalia) und «Das Pontusgebiet von Bulgarien und Ost-
rumelien*'. Derselbe, Das Fürstentum Bulgarien, Prag 1891. — Domaszbwski, Studien zur
Geschichte der Donauprovinzen, 1. Die Grenzen von Moesia superior und der Illyrische
Grenzzoll, Archäol.-epigr. Mitt. XIII S. 129 ff.; über die Verwaltung des Illyrischen Zolles
K. Patsch in den Mitt. des röm. Instituts 1893 S. 192 ff., vgl. Hülsen im BuU, communale
1893 p. 267. DoMASZEWSKi, Zur Geschichte der römischen Provinzialverwaltung, IV. Dacia.
»Rhein. Museum" 1893 S. 240 ff. — Eine hervorragende Autorität auf dem Gebiete der antiken
Geographie der Balkanländer ist Wilh. Tomasch ek, dessen Aufsätze (und wertvolle Re-
censionen) vielfach in Zeitschriften verstreut sind. Vgl. Tomaschbk, «üeber Rosalia und
Bromalia, nebst Bemerkungen über den thrakischen Volksstamm ". Sitzungsber. der Wien.
Akad. 1867. — «Zur Kunde der Haemushalbinsel. I. Topographische, archäologische und
ethnologische Miszellen.* Sitzungsber. der Wiener Akad. 1881. IL «Die Handelswege im
12. Jahrhundert nach den Erkundigungen des Arabers Idiisl**. Ebenda 1887 (auch letztere
Abhandlung für die alte Geographie von Bedeutung). — «Die Goten in Taurien", Wien
1881. Der erste Teil der ethnologischen Forschungen des Verfassers über Osteuropa und
Nordasien, auch für die Geographie der unteren Donauländer von Bedeutung. — «Die vor-
slavische Topographie der Bosna, Gma-gora und der angrenzenden Gebiete.** In den «Mit-
teilungen der geograph. Ges. in Wien, 1880, S. 497—528, S. 545—567. — «Die alten Thraker,
eine ethnologische Untersuchung**, I. üebersicht der Stänmie, II. Die Sprachreste, erste
Hälfte: Glossen verschiedener Art und Göttemamen, zweite Hälfte: Personen- und Orts-
namen. Sitzungsber. der Wiener Akad. 1893, 1894. Kleinere Aufsätze und Recensionen
passim seit 1867 in der «Zeitschr. f. d. österr. Gymnasien*. — Dardanien (nach der römi-
schen Bezeichnung) imd die angrenzenden Teile der gegen Ende des dritten Jahrhunderts
n. Chr. neuerrichteten Provinz Dacia mediterranea (die Gaue von Naissus und Remesiana)
sind untersucht und ausführlich beschrieben von A. J. Evans, Antiquarian researches in
Illyricum (parts I, H, IH and IV; fram the Archaeologia vol. XLVIII, XLIX, Westminster
1884, 1885). Mit mehreren wichtigen Karten namentlich im zweiten Band: 1) Sketch map
of Dardania and the southern part of Roman Dalmatia. 2) Sketch map shewing the Roman
and other aneient remains in the neighbourhood of Skopia (Scupi),
138 A. Geographie Ton Italien und dem Orbis Bomanns.
üeber Thracien, das anch unter den Römern zum griechischen Sprachgebiet ge-
hörte (Hauptstadt PhilippopoUs), siehe die Behandlung in der Hellenischen Landeskunde.
A. DuMONT, Inscriptions et monuments figuris de la Thrace in Archivea des missions scien-
tifiques et liUSraires, Paris 1876. Derselbe, MSlanges d'archiölogie et d'dpigraphie, rSunies
par Th, HomoIIe, Paris 1892. Archäol.-epigraph. Mitteilungen XV (1892) S. 91 ff., 204 ff.
MoMMSBK, Reges Thrctciae inde a Caesare dictatore. Eph. epigr, II p. 250 ff. Marquardt,
Rom. Staatsverwaltung P S. 312 ff. Ealopothakbs, De Thracia provincia Romana, Diss.
Berl. 1893. Mommsbn, Gordians Edikt von Skaptoparene, Zeitschr. der Savignystiftung, Rom.
Abt. (XII) 1892 S. 244 ff. Ueber die Stellung der Thraker unter den equUes singulares
vgl. Hbnzen im Bull, archeöl. 1885. — Im übrigen die oben dtierte Litteratur über Bul-
garien. Jire6bk behandelt in den «Archäol. Fragmenten" namentlich auch Germania, den
Geburtsort Belisars (beim heutigen Bupnica). Wichtig sind die Münzen der thracischen
Städte. Vgl. B. Pick, Beiträge zur griechischen Numismatik der Eaiserzeit, Numismat.
Zeitschr. 1891 S. 29 ff. Im ersten Jahrhundert war der Statthalter von Moesia inferior auch
mit dem Küstenschutz bis herab nach Byzanz betraut, das durch die Thracischen oder
Bosporanischen Unternehmungen des Statthalters immer berührt erscheint. Vgl. Tac.^ ann.
12, 68, hiezu Mohmsen, Eph. ep. II p. 259 n. 2. Die Zerstörung von Byzanz durch Septimius
Severus öffnete den Barbarenschwärmen den Bosporus (vgl. Dio); während die Erhebung
von Byzanz zur Reichshauptstadt sofort auch die Weltstellung der umliegenden Land-
schaften änderte. Ueber die welthistorische Lage der neuen Hauptstadt vergl. man die
klassischen Schilderungen von Hahmsr-Purgstall, Fallmbrayer, Moltkb (siehe Hellenische
Landeskunde). — Die neueren geogiaphischen Hilfsmittel sind gut verwertet in einer Studie
von W. JüDBioH, Die Schlacht bei Adrianopel (378 n. Chr.), Zeitschrift f. Geschichtswissen-
schaft VI 1891 S. 1 ff. — Bei Pliniua ist die Provincialeinteilung der früheren Kaiserzeit
zu ersehen, wie er denn für Thracien (mit Einrechnung von Moesia und Treballla) 50 Stra-
tegien verzeichnet. Ptolemaeus hat deren 14. Die Provinzialkataloge des 4. Jahrhunderts
ergeben die späteren Einteilungen. Der geographische Konnex der von Konstanünopel be-
herrschten Landschaften ist aus der Geschichtsdarstellung des Prokopius von Caesarea zu
ersehen. Provinzen und Städte verzeichnete im 6. Jahrhundert der Synecdemus des Hie-
rocles, wozu des Constantin Porphyrogenitus Schrift „de thematihus imperii Romani*' zu
vergleichen ist, da derselbe (saec. X p. Chr.) den Hierocles ausgeschrieben hat. Vgl. Hie-
roclis synecdemus, Äccedunt fragmenta apud Constantinum Porphyrogennetum servata et
nomina urbium mutata. Recensuit A. Burcehardt, Leipzig (Bibl. Teubner) 1893. — Ueber
Macedonien siehe die Hellenische Landeskunde; die Organisation unter den Römern be-
handelt KuBiTscHEK, Imp. Rom. trib. discr. p. 240 ff; Marquardt a. a. 0. 1' 316 ff., wo auch
die neuere Speziallitteratur angegeben ist. Hauptstadt der Provinz und Sitz des Prokonsuls
wurde Thessalonice. Von hier ging als die Hauptverkehrsader durch das Binnenland nach
Djnrhachium und ApoUonia am adriaüschen Meer die Via Egnatia. Deren Beschreibung
bei Strabo 7, 7, 4 (nach Polybius). Ueber Thessalonich und die Vi i Egnatia vgl. man die
beiden bei Lolling citierten Werke von G. L. Fr. Tafel, die sich auch auf die byzantinische
Zeit erstrecken, da wie an Byzanz so an Thessalonich Jahrhundertelang das Geschick des
Romaeerreiches in erster Linie geknüpft war. Die Via Egnatia setzte sich von Thessalonlch
bis Byzanz fort. Vergl. auch die Werke von Lbakb, Ami Boüä, Viquesnbl, Hochstbttbr
u. a. — Durch die von Saloniki ins Innere (nach Mitrowitza, seit 1894 auch längs der Via
Egnatia nach Monastir, nach Nisch) führenden Bahnen ist das z. B. in den makedonisch-
römischen Kriegen geschilderte Hinterland wieder mehr in den Gesichtskreis der Occiden-
talen gerückt worden. Vgl. C. von der Goltz, Ein Ausflug nach Macedonien, Besuch der
deutschen Eisenbahn von Salonik nach Monastir. Mit einer Originalkarte. (Berlin 1894),
worin auch die früheren Reisewerke citiert sind. Pella (nahe der Eisenbahnstation Top-
schin) bei Polybius und Livius beschrieben, später Kolonie, hat geringe Ueberreste hinter-
lassen. Das alte Beroea liegt bei der Bahnstation Karaferia. J. H. Mordthakn, Inschriften
aus Edessa (der älteren Hauptstadt Macedoniens, früher Aegae genannt, heute Wodena),
Mitt. des archäol. Inst, in Athen 1893 S. 415 ff. Ein macedonischer Meilenstein zählt iy
Boxegiag atd^ioi ixaroy; wozu Mordtmanv den bei Liv. 42 c. 53 erwähnten lactis Bagor-
rites heranzieht. — Das heutige Monastir (Bitolin), nach der späteren Einteilung im Mittel-
punkt der Landschaft Pelagonien gelegen, hiess im Altertum Heraclea, von wo die Strasse
nach der römischen Kolonie Stobi am Axius (jetzt Vardar) abzweigte. — Ueb :r Serrae
handelt 11. N. nanayetoQylov unter dem Titel: AI £€QQtti xal td ngonareue x. r. X. in der
Byzant. Zeitschr. HI (1894) p. 225 ff. Der Ausbau der Bahnlinie bis Durazzo oder Valona
(d. i. DjTrhachium und dem Hafen von Apollonia) wird die ,Via Egnatia" wieder in ihr
Recht einsetzen; der gleichfalls geplante Anschluss des Macedonischen an das Thrakische
Bahnnetz andere Gebiete erschliessen. — Die Schlachtfelder Macedoniens in der Zeit der
römischen Bürgerkriege sind von französischen Forschem untersucht. Vgl. Heüzbt-Daümet,
Mission arch^ologique de Mac^doine (1876). Hbuzey, Les Operations de Char dans la
Maeidoine (1886). Das Schlachtfeld von Philippi, sowie die Zugänge zu demselben schildert
8. EleinaBien. (§ 63.) 189
TorsEÜglich Appian Dach Asinius Pollio. (»Die Topographie dieser Gregendeu stadiert man
jetzt am besten an der Hand der österreichischen Genendstabskarte**, Mordtmann.) — üeber
die Provinz Achaia (Hauptstadt und Sitz des Prokonsuls: Eorinth) und über Epirus vergl.
Mabqdabdt a. a. O. S. 321 ff.; Eubitschek 1. c. p. 244 ff. und Mommsens Rom. Gesch. Y, 231 ff.
mit der Karte, welche die Gebiete der Föderatstftdte Athen u. s. w. aufweist.
8. Kleinasien.
63. Seit dem siegreichen Feldzuge gegen Antiochus d. Gr. (190 v.
Chr.) war Asien diesseits des Flusses Halys und des Tatiri^sgebirges den
Römern näher bekannt geworden: von dem Feldzuge, den der Konsul
Cn. Manlius Yolso im Jahre 189 gegen die vier Stämme der Galater unter-
nahm, besitzen wir eine genaue, allem Anschein nach auf Polybius als
Augenzeugen zurückgehende Schilderung in Liv. B. 38.
Weitere Fortschritte machten diese militärisch-geographischen Kennt-
nisse während der mithradatischen Kriege: infolge der grundlegenden Re-
organisation Asias durch Sulla (84 v. Chr.), der Expeditionen des Lucullus
und des Pompeius, die sich bis Armenien und darüber hinaus erstreckten ;
worüber in Plutarchs Leben des Lucullus, femer in dem pompeianischen
Quellenkreis, den Strabo ausgenützt hat, treffliche Berichte vorliegen.
Dasselbe gilt von den parthisch-armenischen Kriegen des Crassus und des
M. Antonius. Gleichfalls Quellen, die der Zeitgenosse dieser Ereignisse
Strabo (63 v. Chr. bis 23 n. Chr.), der aus der alten pontischen Königs-
stadt Amaseia am Iris (jetzt Teschil-Trmak, d. i. der „grüne Fluss*") stammte,
vollauf verwertet hat. Über den Partherzug des M. Antonius vgl. J. Kbo-
MATEB im „Hermes" XXXI S. 70 flf.
Über die Organisation der Provinzialsprengel vgl. Marquabdt, Rom.
Staatsverw. I * S. 333 flf. Die Begrenzung und Kombination derselben war
eine sehr wechselnde; wie z. B. in der früheren Zeit zur Provinz von
Cilicien auch Cyprus, sowie Lycien und Pamphylien gehörte, die später
besondere Provinzen bildeten. Im ersten Jahrhundert blieben Teile von
Cilicien unter eigenen Klientelfürsten bestehen ; der weitaus grössere Teil
des westlichen Ciliciens wird dabei als Kietis oder Land der Kieten zu-
sammengefasst. (Vgl. Archaeol.-epigr. Mitt. XVn S. 1 flf.). Unter Anto-
ninus Pius finden sich einmal Cilicien, Isaurien, Lykaonien unter einem
Statthalter vereinigt {Bullet, de corresp, hellenique IX, 5). Während im
vorderen Kleinasien keine Truppen liegen, ist bis auf Vespasian Gala tien
(mit der Hauptstadt Ancyra j. Angora) die Provinz, welcher der Grenz-
schutz gegen Armenien zufällt; nach Vespasian hat der Statthalter von
Kappadocien die militärische Direktion, infolgedessen ihm die früher
mit Galatien vereinigten Landschaften des Pontus Galaticus, Polemoniacus,
Cappadocicus, Lykaonien, Armenia minor und die Kaukasusküste untergeben
wurden; Galatien selbst ist zeitweilig mit Kappadocien, zeitweilig mit
Phrygien, Pisidien, Paphlagonien und Lykaonien kombiniert (vgl. Eph.
epigr. V p. 579 ad. n. 1345). In Ancyra standen Auxiliartruppen als Be-
satzung. — Ein wichtiges Ereignis war die Verlegung der Reichshaupt-
stadt nach Konstantinopel, als dessen Umland Bithynien (mit den
Städten Nicaea, Nicomedia u. a.) zu grosser Blüte gedieh. — Über
140
A. Geographie Ton Italien und dem Orbis Romanns.
das alte Foederativregiment in Earien vgl. Th. Schreiber, Bemerkungen
zur Gauverfassung Kariens. In der Festschrift zum Historikertage in
Leipzig 1894. — Über die Verbreitung des römischen Städtewesens in den
kleinasiatischen Landschaften vgl. Eubitschek, Imp. Rom. trib. discr. p.
247 flf. Auch im vierten Jahrhundert ging die Verleihung von römischen
Stadtrechten (z. B. an Tymandos, Orcistos) fort. — Anderseits lebten
altgriechische Institutionen in den Küstenstädten während der Kaiserzeit
fort: das xoivov der loner in Ephesus, die Verbindung von Phocaea mit
der Tochterstadt Massalia u. s. w. Vgl. Bull, de corresp. hell. XVII (1893)
p. 34 flf. — In Asia ist die Organisation nach Stadtgebieten längst voll-
endet, während sie in den inneren Landschaften, z. B. in Kappadocien
(Hauptstadt Mazaca, beigenannt Caesarea, j. Kaisarieh, am nördlichen
Fusse des vulkanischen Argaeus, j. Ardschiseh Dagh), sich erst nach und
nach vollzieht. Den Stand der Dinge im sechsten Jahrhundert n. Chr.
ersieht man aus der Reichsbeschreibung des Hierokles,') der nach Ram-
SAY und Gelzer eine kirchliche Notitia zu Grunde liegt. Der Name ^Klein-
asien*" wird erst von Späteren, wie Orosius und Konstantin Porphyroge-
nitus gebraucht; während im früheren Altertum der Halys (j. Kysil-Trmak,
d. i. „roter Fluss**) und der Taurus (mit Gipfelhöhen über 3000 m) eine
Völker- und Kulturscheide gebildet hatten.
Für die Bestimmung der Ortschaften des inneren Landes sind wir
auf die sich ergänzenden Angaben der tabula Peutingerana und des Pto-
lemaeus angewiesen, ohne dass der Erfolg der Untersuchung immer ge-
sichert wäre.
Für die Kaukasusküste besitzen wir den Bericht des Statthalters von
Kappadocien, Flavius Arrianus, über eine im Jahre 131/132 n. Chr.
unternommene Inspektionsreise.') Zum Schutze der SchiflTahrt im Pontus
Euxinus war unter den Kaisem eine Flottille von 40 SchiflPen und 3000
Mann Besatzung aufgestellt, deren Stationen in Perinth, Cyzicus und Trape-
zunt waren. Der Verkehr mit der Gegenküste {neQaxeia)^ (den Städten
der taurischen Halbinsel, Olbia, Tyras, Panticapaeon, Cherson u. s. w.)
war ein sehr lebhafter, wie denn unter Mithradates d. Gr. beide Küsten
auch staatlich vereinigt waren. Cherson (bei Sebastopol) war eine Gründung
des pontischen Heraklea. — Ebenso wichtig ist Arrians Schrift ix%a^i$
xav UXavwv. Wir lernen die Organisation der Provinz Kappadocien und
die Truppen kennen, deren Stationen dann wieder die Notit. dignitat.
verzeichnet. Das militärische Centrum war das Hauptquartier der leg. XH
fulminata, Melitene, von wo aus die Meilensteine in der Gegend jenseits
des Antitaurus zählen. Satala, Hauptquartier der leg. XV Apollinaris
') Der Synecdemos des Hierokles, ab-
gefasst 535 n. Chr., ist herausgegeben von
Parthey, Berlin 1866. Neuerdings besser
in der ,,Bibliotheca Teubneriana** (1893) von
A. BüRCKHARDT. — Vgl. ausser Ramsay auch
die Abhandlung von H. Gelzer: Ungedruckte
und wenig bekannte Bistümerverzeichnisse
der. orientalischen Kirche. , Byzantinische
Zeitechrift« I (1892) S. 245 ff. Vgl ebenda
I 358. Im übrigen Eruhbacher, Byzani
Litteraturgeschichte S. 160 ff.
*) £s ist dies der JIsQlnXovg nofxov
Ev^siyov in Arriani Nicomedien sis scripta
minora ed. iterum R. Hbrchbr (1885). Da-
ran schliessen sich mehrere spätere Periplua
des Pontus Euxinus an, vgl. Krumb ach ers
Bjzant. Litteraturgesch. S. 162 f. und Lol-
LiNOS Hellenische Landeskunde.
8« KleinaBien. (§ 68.) 141
(bei Sadagh). Dascusa (beim heutigen Penga am linken Ufer des Eara-su
oder westlichen Euphratarmes, in der Gegend, wo derselbe die westliche Rich-
tung verlässt, um südwärts die Gebirgszüge des Taurus zu durchbrechen).
Nach den Stationen am Pontus wie Pityus oder Sebastopolis wurde
man strafweise versetzt (vgl. Justinians ,,lex de dioecesi Aegyptiaca'' vom
Jahre 554 ed. Zachariae a Linoenthal. Leipzig 1891 p. 34 f.).
Aus der Militärstation in Phasis war eine ansehnliche Civilansied-
lung erwachsen; wie auch Melitene die Entwicklung der übrigen Lager-
Städte des Reiches durchmachte (Procop. de aed. 8, 4). — Die Stadt
Trapezunt und die Stämme der Kolcher, Rhiziani, sowie Armenia minor
stellten Zuzugsmannschaft; andere Stämme waren in ein Unterthänigkeits-
Verhältnis zum Reiche gebracht, so dass ihre Könige um die Investitur
nachsuchen müssen. — Die .portae Caspiae'* lagen hauptsächlich an
der Stelle, wo zwischen dem kaspischen Meer und den tabassaranischen
Bergen ein schmaler Landstreifen übrig bleibt (beim heutigen Derbent).
unter den „portae Gaucasicae'' hingegen ist die Darjalschlucht zu ver-
stehen. Vgl. C. Hahk, «Zwei Wochen im nördl. Daghestan*. ,Al)g. Zei-
tung* 1895 B. Aug. 25. — Spätere Autoren, wie Procopius von Caesarea
(cf. beU. Goth. H, 15 «F. und 29; IV, 1 flf.; de aedific. IH, 6 f.), knüpfen
an den Bericht des Arrian an, so dass jene Kaukasuslandschaften wohl
bekannt sind: die geographischen Kenntnisse erfuhren nach dieser Seite
hin eine fortschreitende Bereicherung.
Über die Geographie (Kastelle, Strassenstationen) und die ethno-
graphischen Verhältnisse daselbst (Ureinwohner, Griechen, Türken, Kurden,
Lazen, Armenier) vgl. H. Kiepert, Die Verbreitung der griechischen Sprache
im pontischen Küstengebirge (mit Karte), in Zeitschr. der Berl. Ges. f.
Erdkunde 1890 S. 817 ff. Wichtig sind auch die kirchlichen Quellen, die
Schriften der kappadocischen Kirchenväter, Bischofslisten, die Unterschriften
der Konzilien, Heiligenleben. Endlich ist das Studium der späteren byzan-
tinischen Autoren nicht ausser acht zu lassen, da hier die Kontinuität
der Entwicklung länger gewahrt blieb. Für die vorderasiatischen Land-
schaften bieten die Berichte aus dem Zeitalter der Kreuzzüge, für die
Küstenlandschaften speziell die venezianischen und genuesischen Akten
und Urkunden viel Material, was aber schon in ein anderes Forschungs^
gebiet überlenkt.
Neuerdings haben Reisen, zum grossen Teil solche, die speziell
archäologische Zwecke verfolgten, auch über die inneren Gegenden, über
Urographie und Hydrographie, reichlichere Aufklärung gebracht, wovon wir
Notiz nehmen. Eine wissenschaftliche Kontroverse hat praktische Be-
deutung erlangt, seit von der russischen Regierung der Plan verfolgt
wird, den Oxus (jetzt Amu-Darja), der gegenwärtig in den Aralsee mündet,
wieder mit dem kaspischen Meer zu verbinden, in das er sich in alten
Zeiten ergoss.
NiBSÄ, Strdboniana. In Rh. Mus. N. F. XXXVIII, S. 567 ff. Behandelt die Gesch.
der zn Strabos Zeit (a. 64 a. Ch. ff.) erfolgenden Organisationen in Pontus und Galatien. —
K. J. Nbdmank, üeber Strabos Quellen im 11. Buch. I. Kaukasien, Leipz. 1882. •— Derselbe,
Strabons Landeskunde von Eleinasien. In Flbckbisbns Jahrb. Supplem. XIII S. 319 ff. —
i)erB., .Zur Landeskunde u. Geschichte Eilikiens**, in Flkckbibknb Jahrb. 1883, S. 527 ff, —
142 A. Geographie ▼on Italien und dem Orbie Romanua.
Derselbe, Die Fahrt des Patrokles auf dem kaspischen Meere und der alte Lauf des Oxoa.
In «Hennes" XTX, 165 ff. — G. Perbot et £. GuillaümBi Exploration arefUologique de
la Galatie et la BUhynie, Paris 1862—1872. — G. Pbrrot, De Galatia provincia Romana,
Paris 1867. — F. Robiou, Histoire des Gaules d' Orient, Paris 1866. — Th. Mommsbn,
Die keltischen ^(^» (in Galatien), „Hermes' XIX S. 316 ff. Ueber die Galater im römischen
Heeresverbande vgl. ebenda S. 5 ff. (Sie spielten im Heer des Orients eine ähnliche Bolle
wie die Belgiker im Westen.) — Th. MommseNi Der Friede mit Antiochos und die Eriegs-
züge des Cn. Manlius Yolso, Rom. Forschungen H, 511 ff. Ueber die im Kriege gegen £e
Galater [189 a. Chr.] genannten Oertlichkeiten vergl. auch G. Hirscbfblds Festschrift der
Eönigsberger Universität fCU: den 50. Jahrestag des archäol. Instituts in Rom, Königsberg
1879. Neuerdings hat A. Körtb auf seinen Reisen längs der anatoKschen Bahn in Phry-
gien und Galatien auch den bei Livius beschriebenen Marsch des Manlius Yolso gegen die
Galater verfolgt, Dorjlaion, dann Gordion bei Jofy-Uejuk am Sangarios, besucht. Vergl.
Mitt. des athen. Instit. 1894. — Die pontischen Landschaften schildert nach den neueren
Forschungen Th. Rbinach, Mithradates Eupator, König von Pontus. Ina Deutsche über-
tragen von A. GoETZ, Leipzig 1895. — W. Judbich, Caesar im Orient, Leipzig 1885. —
Th. Momvsen, Rom. Geschichte, Bd. Y, Kap. 8: Kleinasien. Mit Karte von Kibpebt. —
Die lateinischen Inschriften des Orients sind enthalten in Corp, Uiseript, Latin, Bd. IE und
dessen Supplementen. Ueber die griechischen vergL H. Röhl in Borsians Jahresber. 1888
8. 1 ff. G. HiBSOHFBLD bemerkt gelegentlich, es müsse ein etwa gleiches Niveau an grie-
chisch gearteter Bildung und Lebensansprüchen in den ersten Jahrhunderten unserer Zeit-
rechnung auch im Innern Kleinasiens allmählich erreicht worden sein: denn allzu gleich-
massig sei der Stil und die Güte der zahlreichen antiken Stadtminen des Innern, welche
ihrer Hauptmasse nach eben jener Periode angehören. — G. Hibsohfbld, Bericht über die
Ergebnisse einer Bereisung von Paphlagonien. Sitzungsber. d. Berl. Akad. 1882, S. 1089 bis
1092. (Diese Reise war auf eine Durchforschung des alten Paphlagoniens und der an-
grenzenden Teile von Galatien und Pontus gerichtet: zwischen dem ParÜienius im Westen
und dem Thermodon im Osten; der Unterlauf des Haljs. Völlige Abgeschlossenheit des
Innern gegenüber dem Saum griechischer Kolonien.) — Humanns Bericht über die Reise
nach Anc^. Sitzungsber. d. Berl. Akad. 1882 S. 751 f. Humann hat seinem Berichte eine
topographische Skizze beigefügt, enthaltend den Weg von der Umgebung von Brussa (wo
sie sich an frühere Detailaufnahmen anschliesst) bis zum Uebergang über den Sakaria, ein
paar Tagreisen von Ancyra. Das Thal des Pursak, des antiken Tymbres, Nebenflusses des
Sangarins, femer ein bedeutender Teil dieses Hauptthaies selbst sind darin zum erstenmal
richtig zur Darstellung gebracht. (Jetzt führt bis Ancyra die Eisenbahn. Die Fortsetzung
nach Kaisarieh und Diarbekr einerseits, nach Kenia [Iconium] anderseits in Aussicht VgL
£. Naumann, Vom goldenen Hom zu den Quellen des Euphrat Reisebriefe, Tagebudiblätter
und Studien Über die asiatische Türkei und die anatolische Bahn, München 1893.) Neuer-
dings haben deutsche Offiziere den Lauf des Halys (Kysil-Trmak) aufgenommen (vergl.
„Globus* 1894 n. 8 und 12), während zugleich eine Genelralstabskarte von ganz Kleinasien
durch türkische oder in türkischen Diensten stehende Offiziere bearbeitet wird. (Vierfache
Yergrössemng der 15blätterigen KiBPBBT'schen Karte des westlichen fUeinasien im Mass-
stab 1 : 250000). — Ramsat, The historical geography of Asia minor, London 1890. Herausge-
geben von der Royal geographica! society. Mit vielen Kartenbeilagen. Nebst Stbsbrb
Publikationen die wichtigste Veröffentlichung der letzten Jahre; das Resultat von 10jährigen
Reisen ist darin niedergelegt. Es wird auf ein umfassenderes Werk Aussicht gemacht
Die antiken Itinerare und namentlich die Listen der Bischofssitze aus byzantinischer Zeit
sind voll ausgenützt; hingegen blieb die Nomenklatur der italienischen Seekarten, die Topo-
graphie der PUgerberichte, sowie die Angaben der arabischen Geographen meist unbeachtet
(Tomaschek). — Neuerdings hat D. G. Hogabth den oberen Euphrat (nördlich von Erzinjian)
und die römische Grenze aufwärts von Trapezunt durchforscht. Er war in Satala, in Ka-
macha (heute Kemakh; in byzantinischer Zeit eine wichtige Grenzfestung, ob von Ramsay
richtig mit Theodosiopolis identifiziert, ist fraglich); in Tephrike (heute Divrik); in der Ge-
gend von Melitene. Vgl. „Athenaeum** 1894 I p. 780, U p. 73. — Ramsat, The eities and
hishoprics of Phrygia, beeng an essay of the locaJ history of Phrygia from the earliest
times to the Turkish conquest. Vol. 1. The Lycos Valley and South- Western Phrygia,
Oxford 1895. — G. Hibsghfbld, Vorläufiger Bericht über eind Reise im südwestlichen
Kleinasien, Sitzungsber. d. Beriiner Akad. 1874 S. 710 ff.; 1875 S. 121 ff. (mit Karte); 1879
S. 299 ff. (mit Karte). (Der erste Bericht nmfasst eine Reise durch die alten kleinasiatischen
Landschaften Pamphylien, Pisidien, Phrygien und Karien. ,Der Weg hat die hohe Er-
hebung des Taurus, welche dem innem Hochplateau Kleinasiens an seiner südlichen Seite
vorgebaut ist, durchschnitten.* — Dem zweiten Bericht ist eine , Route im südlichen Klein-
asien" beigegeben. Ebenso im dritten: , archäologische Reiseroute im südwestlichen Klein-
asien", gez. von H. Kiepbbt.) — G. Hirschfbld, Wandlungen und Wanderungen in Klein-
asien. Deutsche Rundschau, 1880, Dezemberheft, S. 406 ff. — G. Hibsohfbld, Tavium,
S. Sleinasien. ($ 63.) 143
Sitznngsber. d. Berl. Akad. 1883, S. 1243 ff. Beigegeben eine Karte: „Das pontisch-galatisclie
Grenzgebiet'; znr Yergleichung die Darstellung der ptolemäischen Karte und der tab. Peu-
tinger. Die in Betracht kommenden römischen StrassenzOge sind eingehend studiert und
Tavium, der Vorort der Trocmischen Galater, nach dem heutigen Iskelib fixiert; vgl. jedoch
H. KiBFBBTS Gegenbemerkungen in Sitzungsber. d. Berl. Akad. 1884 S. 47 ff.; er identifiziert
mit Tavium das jetzige Nefezköi. — Das Innere Kleinasiens durchforschte der Amerikaner
I. R. iSiTLiKGTOM Stbbbbt, vou dem zwei Publikationen in den Papers of the Anierican
school of class. studies at Athens vorliegen. Vol. II: An epigraphieal jaumey in Asia
minor (1883—1884). Vol. III: The Wolfe expedition to Asia minor (Boston 1888). Es
sind dann über 1000 InschrifteUf weitaus die Mehrzahl vom 2. Jahrb. n. Chr. bis zum Aus>
gang des Altertums. Lateinische Inschriften aus den römischen Kolonien, Antiochia Pisi-
diae, Lystra u. s. w. (Karte von Kieprbt). — Auch die Reisen des Apostels Paulus, worftber
in der Apostelgeschichte zum Teil tagebuchartige Aufzeichnungen vorliegen (vgl. A. Gbbckb
im , Hermes* XXIK, 373 ff. „Der devtegos Xoyos des Lucas und die Apostelgeschichte*^), sind
durch Sterrets Forschungen erst recht kommentiert worden. — Die physische Geographie
hat von dieser Erschliessung Kleinasiens grossen Nutzen gezogen. Der höchste Berg in
Eleinasien ist der Argaeus, jotzt Ardschisch Dagh, 4200 m über dem Meer, 3000 m über
der Ebene, in der Caesarea (jetzt Kaisarieh) liegt. Er ist nicht sowohl ein Berg als eine
Berggruppe, eine Art Aetna mit vielen Kratern ringsum auf den Abhängen. Von demselben
überschaut man nördlich die Ebene, deren Fruchtbarkeit Strabo hervorhebt, auf den anderen
Seiten Gebirge sowie einzelne kleine Seen. (Ostwfirts die Kette des Antitaurus mit Gipfeln
über 3000 m.) Das Flussthal des Halys ist deutlich bemerkbar, der Fluss selbst nicht.
Die Vorstellung der Alten, dass man an hellen Tagen vom Argaeus sowol das schwarze
wie das mittelländische Meer sehen könne, ist ein Irrtum. — Quer durch Kleinasien zieht
sich eine Reihe erloschener Vulkane. Sie beginnt mit dem sog. „verbrannten Lande" („Ka-
takaumene") im westlichen Phrygien, das weit und breit mit Kratern übersät ist. Dann
kommt der Argaeus; dann in Mittelarmenien der Bingöl Dagh, der Sipan Dagh und Nimrud
Dagh am Wansee (dem Thospitis oder Arsissa der Griechen). Endlich der gewaltige 5150 m
hohe Ararat (welcher Name eigentlich das Land bedeutet, während der Berg bei den Ein-
heimischen vielmehr Masis heisst. Vgl. Kiepbbt, Geogr. S. 74 ff.). — Die österreichischen
Expeditionen unter Benndorf, Niemann, Luschan, Petersen explorierten die Küstenland-
Bchaften. Vgl. Bbrndobf und Nibmann, Reisen in Lykien und Karien (1884). Pbtebsen
und Luschan, Reisen in Lykien, Milyas und Kibyratis (1889). Seitdem ist von der Wiener
Akademie die archäologische Durchforschung von Kleinasien in ihr Programm aufgenommen
worden (1890). Zunächst Kilikien, das rauhe wie das ebene, sowie das Gebiet von Olba
(1892, 1893), dann Karien (1893). Vgl. E. Hula und E. Szakto, Bericht über eine Reise
in Karien. Sitzungsber. der Wiener Akad. 1894. R. Heberdet und E. Kaliuka, Bericht
über zwei Reisen im südwestlichen Kleinasien. Denkschriften der Wiener Akademie 1896.
(Mit kartographischer Skizze.) — Auch H. Kibpbbt, E. Fabbioius, Bubbsch haben neuer-
dings wieder einzelne Teile von Kleinasien (Lydien, Mysien, Troas, Karien) durchforscht.
Vgl. Sitzungsber. der BerL Akad. 1894 S. 899 ff. Mitteilungen des archäol. Inst, in Athen
1894 S. 102 ff. — E. Kuhn, Die städtische und bürgerliche Verfassung des römischen Reiches,
zweiter Teil, Leipzig 1865, S. 92 ff. E. Kuhn, Ueber die Entstehung der Städte der
Alten, Komenvenfassung und Synoikismus, Leipzig 1878, S. 862 ff. Beide Werke für die
Greschichte der inneren Entwickelungen von Bedeutung. — W. Tomaschbk, Zur historischen
Topographie von Kleinasien im Mittelalter, 1. Die Küstengebiete und die Wege der Kreuz-
fahrer (Sitzungsber. d. Wiener Akad. 1891). H. Kibpbbt, Ueber Pegolottis vorderasiatisches
Jtinerar, Sitzungsberichte der Berl. Akad. 1881 S. 901 ff. Mit 2 kartographischen Skizzen:
1. Handelsstrasse vom Mittelmeer nach Persien nach Francesco Balducci Pegolotti (ca 1340).
2. Aus der Erdkarte der Brüder Pizigani von Venedig (1367). G. L. Fb. Tafel und G. M.
l^OMAS, Urkunden zur älteren Handels- und Staatsgeschichte der Republik Venedig mit
besonderer Beziehung auf Byzanz und die Levante, Wien 1856 ff. — Tomaschbk a. a. O.
hat diese mittelalterlichen (ausserdem auch arab. und armen.) Materialien fleissig benutzt
und kündigt an, dass in einer folgenden Abhandlung die Resultate Ramsays einer Kritik
unterzogen werden sollen. C. Rittbbs Darstellung von Kleinasien (sowie auch der Euphrat-
Iftnder) und H. Kiepbbts Karten bilden überall die Grundlage. Vgl. H. Kibpbbts Text zu
„Asia provincia^ in seinen „Formae orbis antiqui'^ (1894). Kiepert verweist dabei auf eine
ausführliche Darstellung der Routen und Lokalaufnahmen, wie sie in seiner grossen Spezial-
karte des westlichen Kleinasiens zur Verwertung gelangt sind.
Kartographische Hilfsmittel. H. Kibpbbt, Carte gSnSrale des provinces euro^
pSennes et asiatiques de VEmpire Ottoman (sans V Arabie), 4 Blätter. Dritte völlig
neubearbeitete Ai^age, 1886. Karte von Kleinasien (in 6 Bl.), 1884. Vgl. W. Tokaschek
in der „Deutschen Litteraturzeitung' 1884 S. 1728. Spezialkarte vom westlichen Klein-
Mien (in 15 BL, Masstab 1 : 250000), 1890—1892. S. oben.
144 A. Oeographie toh Italien und dem Orbis ^manna.
9. Syrien und die angrenzenden Landschaften.
64. Die Okkupation Syriens im Jahre 64 v. Chr. erfolgte, nachdem
das Seleucidenreich vorher durch die Selbständigwerdung zahlreicher Ge-
biete, durch die Yorschubleistung dieser von Seiten der Römer, endlich
durch die Grossmachtpolitik Armeniens seiner Auflösung entgegengefiihrt
worden war. Die römische Verwaltung Hess, indem sie der politischen
und nationalen Zerrissenheit des Landes Rechnung trug, innerhalb des
Rahmens der Provinz eine grosse Anzahl von Kleinstaaten bestehen ; ähn-
lich, wie sich die englische Herrschaft in Indien etabliert hat.
Das griechische Idiom und die griechische Lebensführung herrschten
in den gebildeten Schichten der Bevölkerung (man denke an Lucian von
Samosata) und offiziell in den zahlreichen unter den Seleuciden empor-
gekommenen Städten (deren ältere Namen durch griechisch ähnlich klin-
gende oder der Herrscherfamilie entnommene Adiectiva ersetzt worden
waren); daneben erhielten sich die landesüblichen Idiome: das aramaeische
oder, wie die Römer sagten, ass^rrische, d.i. die alte Kultursprache, die
in der Achaemenidenzeit selbst in Ägypten und Kleinasien offiziell gebraucht
ward und auch unter den Römern auf den Denkmälern, z. B. in Palmyra
und im Nabatäerreich, erscheint, also über das eigentlich syrische Sprach-
gebiet hinaus; das arabische, d.i. die Volkssprache in den Landstrichen
östlich und südöstlich von Damaskus, also auch bei den Nabatäern. £ine
eigene Stellung nimmt überdies das jüdische und das phönikische
Volkselement ein.
Einige römische Gründungen, wie Berytus (»colonia Julia Augusta
felix") wo die berühmte Rechtsschule erstand, ferner Legeon, d. i. die
Lagerstadt Palästinas, bildeten Enklaven, in denen offizieU Lateinisch ge-
schrieben wurde. Über die als Kolonien konstituierten Orte vergl. man
Marquabdt, Staatsverwaltung PS. 392 flf.
Die römische Hauptstadt von Syrien war Antiochia, die dritte Stadt
im Reiche; es wird der grosse Umfang derselben, innerhalb deren auch
Äcker u. s. w. Platz fanden, hervorgehoben. Im übrigen vgl. man die
Schilderungen bei Ammianus und Procopius. — Neben Antiochia blieben
von Bedeutung die seleucidischen Gründungen: Seleucia (Pi^ria), die
Hafenstadt Antiochias; Laodicea, Beroea (einheimisch Haleb, griechisch
Chalybon, dann von den Makedoniern nach einer Stadt ihrer Heimat um-
genannt), Apamea u. s. w.
65. Syrische Dynastien und Landschaften. Die griechischen Städte,
deren Autonomie von der römischen Regierung anerkannt wurde, ver-
zeichnet Marquardt, Staatsverw. I * S. 394 f. Auf gleicher Stufe erhielten
sich die phönikischen Städte, wie Tyrus, Sidon, Byblus, Aradus,
Tripolis, Dora. Für die Kenntnis dieser Verhältnisse sind die Münzen
von Wichtigkeit. Die meisten Freistädte bedienten sich einer eigenen
Ära (woneben die Ära Seleucidarum sich forterhielt); vgl. U. Wilcken im
„Hermes** XXIX (1894) S. 436 flf.; die Dynasten setzten ihre Namen auf
die Münzen. Solcher Dynasten finden sich bis zum Ausgang des ersten
9. Syrien und die angrensenden Landeohafteii. (§§ 64, 65.) 145
Jahrhunderts n. Chr. zahlreiche, deren Sprengel von wechselnder Begren-
zung waren.
Commagene, dessen Hauptstadt Samosata am Euphrat das Haupt-
quartier einer Legion wurde. Sonst werden dieser Landschaft „quattuor
civitates" zugeschrieben, von denen Doliche als der Ausgangspunkt des
Dolichenuskultes besondere Erwähnung verdient. Vgl. Corp. IE suppl.
6712. — Die Gegend der Euphratübergänge heisst «regio Zeugma"" (Corp. IH
suppl. 11701) und gehörte zur sog. Syria Cyrrhestica. — Die Grenze von
Commagene und Cappadocien bildete der Fluss Chabina (Nebenfluss des
Eiachta-su, dieser selbst des Euphrat; heute Bölam-su), über den Soldaten
der leg. XVI flavia im Jahre 200 eine Brücke bauten (Corp. IH suppl.
6709, 6710).
Chalcis ad Libanum, in dem sog. „Coelesyrien''.^) Zu dessen Ge-
biet gehörte Heliopolis, das durch seinen Kult des Sonnengottes be-
rühmt wurde.
Abilene. Eine „Tetrarchie"" mit der Hauptstadt Ab ila Lysaniae,
in der Nähe von Damaskus (heute Soük ouädy Barada). Vgl. Ruggiero,
Dizionario epigrafico di antichitä Romane 8. v. Äbüeni.
Arethusa und Emesa. Im vierten Jahrhundert n. Chr. ist Emesa
die Hauptstadt des sog. libanensischen Phönikiens.
Damaskus. Von E. Julian das „Auge des ganzen Morgenlandes''
genannt, zeitweilig dem Nabatäerreich einverleibt, im übrigen ein wichtiger
Grenz- und Beobachtungsposten nach Osten hin.
Judaea. Die wechselnden Schicksale dieser Landschaft und der mit
derselben vereinigten Grenzstriche sind aus Flavius Josephus genau bekannt.
Vgl. die Zusammenstellung bei Mabquabdt I' S. 405 ff. Sitz des römi-
schen Prokurators war die von Herodes nach griechischem Muster um-
gebaute Hafenstadt Caesarea (nachher ^^colonia prima Flavia Augusta
Caesarea"), während Jerusalem bis zu seiner Zerstörung (im Jahre 70)
der sakrale Mittelpunkt des jüdischen Volkes blieb. K. Yespasian machte
Judaea zu einer durch Legionstruppen okkupierten Provinz. Emmaus,
später Nikopolis genannt, erhielt eine Yeteranenkolonie (Joseph. 7, 6, 6).
Bether, beim heutigen Bettir, in der Gegend von Jerusalem, das Centrum
des jüdischen Aufstandes unter Barcochebas, ward nach dessen Bewältigung
römische Militärstation, welche die Strasse von Jerusalem an das Mittel-
meer zu bewachen hatte, wie die Station Emmaus-Nikopolis jene nach
Jaffa. — Auf dem Boden von Jerusalem begründete E. Hadi*ian eine neue
mit Griechen bevölkerte Stadt, die colonia Aelia Capitolina. Die Provinz
hiess seitdem Syria Palaestina.
Palmyra. In einer wasserreichen Oase, am Ereuzpunkte der Strassen
gelegen, war Palmyra (Thadmor) ein grosser Handelsplatz mit griechischer
Gemeindeverfassung; erst neutral zwischen Rom und Parthien ; dann in die
') üeber Goele63nrien, .einen von Anfang
an seinem Gebranch nach wenig bestimmten
Namen unbekannter Herkunft', vgl. Nöldbkb
in „Hermes" X 8. 167 Anm. 1. Seit der
Zweiteilung der Provinz Syrien durch Septi-
BAQdbadi der kUat. Altertnmawiaaeiuchaft. lll, K 2. Aufl. 10
miua Severus hiess die eine Phoenice, die
andere Syria Goele (mit Antiochia als Haupt-
stadt). Vgl. E. Borkann, De Syria pro-
ffineia, Dissert. Berl. 1865.
146 A. Geographie ¥on Italien nnd dem Orbie BomaniiB.
römische Verteidigungslinie einbezogen; um die Mitte des 3. Jahrhunderts
Sitz einer selbständigen Herrschaft; hierauf im Jahre 273 durch Aurelian
zerstört; später wieder als Grenzfestung benützt. „Palmyra verdankt seinen
heutigen Inschriftenreichtum dem Umstände, dass es nach seiner Zerstörung
immer nur unbedeutend gewesen ist*' (Nöldeke). Prachtvolle Trümmer
bedecken die ganze Oase.
66. Ghrenzlandscliafben. Durch Augustus war die Euphratlinie mili-
tärisch besetzt und als Grenze des römischen Reiches fixiert worden, doch
reichte der römische Einfluss^ zeitweilig auch die direkte Herrschaft Roms,
darüber hinaus in die Landschaften, welche einst die Stärke des alt-persi-
schen Reiches ausgemacht hatten und wo die grossen wie die kleinen
Fürsten als Nachfolger der iranischen Grosskönige sich fühlten; wie dies
z. B. schon in Commagene der Fall war.
Armenia {maior im Gegensatz zu minor, welches zu Eappadocien
gezogen war) von der kappadocischen Grenze bis ans kaspische Meer. £in
Vasallenstaat, der zwischen Rom und Parthien stand, der Zankapfel zwischen
beiden ; durch Traian als Provinz eingerichtet, durch Hadrian aufgegeben.
Im fünften und sechsten Jahrhundert wurde wieder auch ein Teil Gross-
armeniens römisches Provinzialland.
Osrhoene, d. i. der östliche Teil von Mesopotamien mit der Haupt-
stadt Edessa, deren (aramäischer) Dialekt später die gemeinsame Schrift-
sprache der aramäischen Christenheit geworden ist (Nöldeke). Anthe-
musia, Stadt und Landschaft im Gebiete von Osrhoäne. Diese Land-
schaften standen unter römischem Einfluss, E. Traian kreierte eine (bis
zum persischen Meere sich erstreckende) Provinz Mesopotamien, inner-
halb deren aber Edessa Vasallenstaat blieb. Auf dem Traiansbogen in
Benevent ist der Kaiser dargestellt zwischen zwei Strömen stehend (auf
den Münzen ähnlich); der römisch gewordene Euphrat trägt eine Brücke,
während der Tigris sich frei ergiesst. — Septimius Severus machte Meso-
potamien neuerdings zur Provinz. Eine der hieher verlegten Legionen
hatte ihr Hauptquartier in Rhesaena. Das Nähere bei Marquabdt P,
435 «.
Adiabene, am oberen Tigris.
Hatra, in Mesopotamien, unter einem eigenen Fürsten.^
Atropatene, auch „Medien^ genannt, eigentlich nur der an Aimenien
anstossende nordwestliche Teil des medischen Hochlandes.
Das Part herreich, sonst der einzige ebenbürtige Gegner der römi-
schen Weltmacht, zeigte zu Zeiten ein sehr loses Gefüge, indem die zahl-
reichen Vasallenfürsten (ausser den genannten die von Elymais, Persis
u. s. w.) dem Könige der Parther nur gehorchten, wenn sie nicht anders
konnten. — Ktesiphon, die Winterresidenz, und das anstossende Seleucia
waren grosse Städte mit autonomer Verfassung nach griechischem Muster, wo
griechische, syrische, jüdische Volkselemente sich mischten und mit einander
rivalisierten. Politisch bildeten diese Griechenstädte, obwohl sie von den
parthischen Königen begünstigt wurden, einen keineswegs zuverlässigen
Faktor.
9. Syrien nnd die angremenden Landflohalten. (§§ 66—68.) 147
Der arabische Staat der Nabatäer, mit der Hauptstadt Petra,
wurde durch Traian als Provinz „Arabia'' dem römischen Reiche ein-
verleibt. Sitz des Statthalters wurde erst Petra, später Bostra. Das
letztere war Legionshauptquartier (Ptolem. 5, 17, 7: Boatga Aeyioav). Die
Grenzen der Provinz gegen Palästina und Syrien zu unterlagen mehrfachen
Veränderungen. — Der alte Handelsweg nach Indien führte durch die
arabische Wüste, womit der Seeweg durch das rote Meer rivalisierte.
Versuche, den letzteren auf Kosten des ersteren zu heben, seit Alexander
d. Gr., von den Römern erneuert; dann ersteren selbst in Hand zu be-
kommen.
In das eigentliche Arabien sind die Römer nur unter der Regierung
des Augustus eingedrungen, doch scheiterte die mit Hilfe des nabatäischen
Ministers Syllaeus ins Werk gesetzte Expedition an der unvorhergesehenen
Unwirtlichkeit der zwischenliegenden Landschaft. Das Nähere bei Momm-
SEN, Mon. Ancyr.* p. 105 flf. und in EuTiNGs'Berichten über seine Forschungs-
reisen in Arabien.
67. Allgemeiner Enltnrzustand. Über die arabisch-römischen
Grenzgegenden vgl. Ereher, Kulturgeschichte des Orients unter den Cha-
lifen I, 116: „Dieselben Beduinenstämme, welche sie noch immer be-
wohnen, hatten daselbst schon im Altertum, zum Teil sogar mit denselben
Stammnamen, ihre Weidebezirke und Ansiedlungen. In jenen Zeiten er-
streckte sich das Kulturland viel weiter gegen Osten, als in den späteren
Jahrhunderten. Wer die Grenzlandschaften der syrischen Wüste von Hims
herab gegen Bostra zu durchstreift, wird, wie dies neuestens Burton nach-
gewiesen hat, überall Spuren antiker Wohnstätten, Trümmer römischer
Grenzfesten, ehemalige Wasserbehälter und andere deutliche Anzeichen
früherer Menschenanhäufung an jetzt ganz verödeten Stätten finden. '^
Über das Verhältnis des Griechentums zum Syrertum äussert sich
NöLDEKE (in der Besprechung von Mommsens R. G. V) S. 3: „Syrien hat
unter den Römern eine grosse äussere Blüte gehabt, und zwar währte
dieselbe noch tief in die christliche Zeit hinein. Die Hellenisierung machte
grosse Fortschritte — aber nicht etwa in der Weise, dass sich griechische
Sprache oder gar wirklich griechisches Wesen erheblich ausgebreitet hätte,
sondern vielmehr so, dass europäische Technik und Lebensformen überhand
nahmen, dass einzelne occidentalische Kulturelemente im Denken und
Sprechen der Gebildeten mächtig wurden."
68. Itinerare. Ausser den offiziellen römischen Itineraren kommen
die schon mit dem 4. Jahrhundert beginnenden Palaestina betreffenden Pilger-
bücher in Betracht. Femer die Wegvermessung des parthischen Reiches
{ara&fAoi JJagd-ixol), welche Isidor von Charax (der von Agrippa zu
den Vermessungen im Orient verwendet wurde) zum Verfasser hat; es ist
ein Reiseführer für die Karawanenwege von Zeugma am Euphrat bis
Alexandria in Arachosien. Vgl. Nicolai, Gr. Litteraturgesch. H, 599.
Für Ariana (Iran) liegen der tabula Peutingerana Messungen aus der
früheren Seleucidenzeit zu Grunde, wo die Verbindung mit Indien noch
lebhaft unterhalten wurde ; damit sind die Angaben der arabischen Itinerare
zu vergleichen.
10*
148 A. Geographie Ton Italien und dem Orbis Bomanaa.
Im allgemeinen vgl. Mabquabdt, Rom. Staatsverw. V S. 892 Anm. 7. Eubitbchbk,
üeber die Pompeiusära in Syrien. Archäol.-epigr. Mitt. XIII S. 200 ff. — Mommbbn, Rom.
Geschichte Bd. V Eap. 9: Die Euphratgrenze und die Parther. Eap. 10: Syrien and das
Nabatäerland. Eap. 11: Jadäa und die Juden. (Mit Earte von Ejepbbt: Syrien und Meso-
potamien; ein Earton ist den Haur&ngegenden gewidmet) — Th. Nöldbkb, lieber Momm-
sens Darstellung der römischen Herrschaft und römischen Politik im Orient (Separatabdruck
aus der Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft Bd. 39), Leipzig 1885. —
Derselbe, ^AaovQiogy ZvQiog, ZvQog, In „ Hermes '^ Y, 448 ff. Der Name reichte immer
weiter als die syrische (aramaeische) Nationalität; von den Zeiten der , assyrischen** Welt-
herrschaft her. — Ueber die Provinz Mesopotamien vgl. Domaszewski „Wiener Stadien* IX
(1887) S. 297—299. Von grundlegender Bedeutung sind die Arbeiten von Waddikgton (Le
Bas et Waddingtonf voyage archiologique. Eocplication des inscriptions, t. IH) und von
VooüÄ {Syrie centrale . Architecture civile et religieuse du /«»" au VW sQcle, Paris 1865 ff.;
vgl. ,Die katholischen Missionen** 1894 S. 128 ff.; Inscriptions sitnitiques de la Syrie cen-
trale, 1868). — £. Rbnan, Mission de PhoenicU, Paris 1864. Mit Atlas. — Zahlreiche In-
schriften sind aus Palmyra und dem Nabatäerlande gewonnen worden, während aus
dem von allen Aenderungen der späteren Zeit berührten Antiochia wenig erhalten ist. —
Wichtige Aufschlüsse ergab das Denkmal des Eönigs Antiochus von Eommagene aut
dem Nemrud-dagh in Eurdistan. — H. v. Moltke, Briefe über Zustände und Begebenheiten
in der Türkei aus den Jahren 1885 — 1889. Zuerst 1841 herausgegeben, mit einem Vorwort
von G. RiTTBB. Sechste Auflage, eingeleitet und mit Anmerkungen versehen von G. Hibsch-
FBLD, Berlin 1898. Ein klassisches Werk, namentlich auch für die syrisch-mesopotamischen
Landschaften. Von Moltke rühren zugleich topographische Aufnahmen her (1838, publiziert
1844). — 0. PucHSTBiN, Bericht über eine Reise nach Eurdistan, Sitzungsber. d. Berl. Akad.
1888. S. 29 ff. Hiezu 2 Tafeln: 1. Vorläufige Skizze entworfen nach dem Reisetagebuche
von H. EiEPBRT. 2. Nemrud-dagh. — Jdbibn de la Gbaviebb, La flotUle de VEuphraie.
Aude de gSographie moderne et de Strategie antique. Ouvrage accompagni d'une carte
du cours de VEuphrate et du cours du Tigre, Paris 1892. (Im Anschluss an den Feldzug
des Eaisers Julian.)
Ueber die einzelnen Provinzen und Dynastien: Palästina, üeber Emmaus
und Bether vgl. Acad. des inscript. 1894 ianv. 19. Zanoembistbb in der .Zeitschrift des
deutschen Palästinavereins" 1890 S. 25 über Caesarea. — Von der citierten Zeitschrift
(herausgegeben von Guthe in Leipzig) liegen (bis 1896) 19 Bände vor, darin zahlreiche
Aufsätze geographischen Inhalts. Im übrigen ist die Palästinaforschung eine für sich
stehende Disziplin, die hier nicht näher ins Auge gefasst werden soll. Vgl. C. Wachs-
MUTH, Einl. in das Studium der alten Geschichte (1895) S. 452. — Th. Nöldekb, Die römi-
schen Provinzen Palästina salutaris und Arabia. In „Hermes" X S. 168 ff. -- P. de Rohpbk,
De Palaestina et Arabia provineiis Romanis quaestiones selectae, dissert. hist., Berolini 1885,
— J. Fb. Gamurbini, ä Hilarii tractatus de mysteriis et hymni et S. Silviae Aquitanae
peregrinatio ad loca sancta (inedita ex codice Arretino), Roma 1887; editio minor 1888.
Beschreibung einer Reise in das heilige Land im 4. Jahrhundert n. Chr. Hiezu Mommsbn in
Sitzungsber. der Beri. Akad. 1887 S. 857 ff.
üeber Palmyra und den Haurän: Mobitz, Zur antiken Topographie von Pal-
myrene, Abhandl. der Berliner Akademie 1889. — H. Dbssau, Der Steuertarif von Palmyra.
In , Hermes' XIX S. 486 — 583. — Lasabew, Palmyra, eine archäologische Untersuchung.
S. Petersburg 1884. In russischer Sprache. — J. G. Wetzstein, Reise in den beiden Tra-
chonen und um das Haurängebirge, in Neumanns Zeitschrift f. allg. Erdkunde, Berlin 1859,
1861. Ausgewählte griech. und lat. Inschriften gesammelt auf Reisen in den Trachonen
und um das Haurängebirge, Abhandl. der Berl. Akad. 1863. Ueber Ganatha, das zu den
römischen Auxiliarkohorten eine cohors CancUhenorum stellte, die (seit saec. H Mitte) am
raetischen limes (in Abusina) ihre Station hatte, vgl. Rhodbn 1. c. p. 10. Corp. HI p. 17.
Gblzbb, Georgii Cyprii descriptio orbis Romani p. 206 f. Dieses Ganatha, eine der Städte
der griechischen Decapolis am Fusse des Haurän, gehörte erst zur Provinz Judaea, dann
(seit 100 n. Chr.) zu Syria, seit Septimius Severus zu Arabia.
Ueber das freie Arabien, soweit es hier in Betracht kommt, siehe D. H. Müllebs
Artikel in der neuen Ausgabe von Paulys Realencyklopädie. Nachrichten südarabischer
Eaufleute über den Handelsweg durch die Wüste (Arab = Wüste) schon bei Herodot —
Periplus maris Erythraei. — Im übrigen wird der arabischen Halbinsel meist erst von Mo-
hammeds IZeit an mehr Aufmerksamkeit zugewendet, was wieder ein Forschungszweig für
sich ist. Ich verweise auf A. Spbbnoeb, Die alte Geographie Arabiens (1875) und die viel
neues Material bietenden Werke von £. Glaseb, namentlich die „Skizze der Geschichte und
Geographie Arabiens" (2 Bände). F. Hommbl, Gesch. der vorderasiat. Eulturvölker (Bd. III
dieses Handbuches). Eütino, Nabataeische Inschriften aus Arabien (1885). Der Periplus
maris Erythraei ist wichtig für die Geschichte von Altarabien, Axum u. b. w. Der Sabaeer-
9. Syrien und die angrenienden Landeoh&ften. (§ 68.) 149
könig Charibael, welcher nach dem Periplos ein Frennd der rGmischen Kaiser (von Tiberios
bis Nero) war, mnss etwa zwischen 80 und 70 n. Chr. regiert haben (Glaser). — Die Axu-
miten (Abessinier) hatten noch kanm zwei Jahrhunderte v. Chr. ein blühendes, wenn auch
kleines Reich im arabischen Weihrauchland, von wo sie nach Glaser erst kurz vor Christo
den Schwerpunkt ihres staatlichen Lebens nach Ostafrika verlegten. Ihre arabischen Ri-
valen waren die Himjaren, neben denen andere sttdarabische Reiche hervortreten, üeber
die arabische Westküste in der EaLserzeit Momksek, Rom. Gesch. V S. 602 ff. Vgl. auch
DüCHBSNE in den Milanges d*archiol, et d'hist. XVI p. 112 ff.
Üeber Armenien: H. Kiepert, üeber die Lage der armenischen Hauptstadt Tigra-
nokerta. Sitznngsber. der Berl. Akad. 1878 S. 164 ff. Mit zwei Exkursen: 1. Die Land-
schaffcsgrenzen des südlichen Armeniens nach einheimischen Quellen. 2. üeber die ptole-
mfiische Karte des südlichen Armeniens. Beigegeben ist eine Karte des , südwestlichen
Armeniens*. — Th. Mommsev und H. Kiepert, Die Lage von Tigranokerta. In , Hermes*
IX S. 129 ff. Mit Karte. — Nöldekb, üeber die Lage von Tigranokerta (Abhandl. d. Berl.
Akademie, 1880). Th. Reihach, Mithradates Eupator, König von Pontus (deutsch von Goetz,
Leipzig 1895). Mit Karte, behandelt auch die annenischen Verhältnisse. — H. Kiepert,
üeber den Gewinn für historische Geographie aus den neuesten topographischen Arbeiten
der Russen in Nordarmenien. Vgl. Si^ungsber. der Berl. Akad. 1882 8. 749. — H. Kie-
pert, üeber die Zeit der Abfassung des dem Moses von Chomi zugeschriebenen geogra-
phischen Kompendiums, Sitznngsber. der Berl. Akad. 1873 S. 599 ff. — E. Eoli, Feldzüge
m Armenien von 41 — 68 n. Chr. In M. Bödikger, Unters, zur römischen Kaisergeschichte,
Bd. I, Leipzig 1868 S. 267 — 862. — J. H. Mosdtmank, Lateinische Inschrift aus Armenien
(von 63 — 64 a. Ch.) mit «Bemerkungen zu der Inschrift des Corbulo aus Armenien* von
Tb. Mommsbn. In «Hermes' XY S. 289->296. — J. Olshaüsen, Die Elymäer am kaspischen
Meer bei Polybius und Ptolemaeus. In ^Hermes* XV S. 821 ff.
Erforschung des unteren Euphratlaufes durch Chesney (1830 — 1881, dann 1886),
um die Schiffbarkeit des Stromes bis in den arabischen Meerbusen zu erproben; des oberen
Euptatt durch H. v. Moltke (1888 und 1889); des Quellgebietes der beiden Ströme durch
J. WüifscH (1882, 1888). Vgl. H. Kiepert, Begleitworte zur Karte der Ruinenfelder von
Babylon, Berlin 1888 (Separatabdr. aus der Zeitschr. der Ges. für Erdkunde). — Archftolog.-
epigraph. Mitteilungen VIII S. 288 f. Wünsch in den Mitt. der geogr. Ges. in Wien 1891
8. 873 ff.: Der Beg Dagh und Malatia (mit Karte). Wünsch schlug (1882) eine andere
Route ein als Moltke (1888). — Das alte Malatia (Melitene) ist schon in den Keilschriften
erwAhnt, da die Assyrer Einfälle in Armenien machten. Siehe oben S. 140 ff. üeber das
Volkstum und die Ütteratur der Armenier verweise ich auf die Artikel Armenien in
Paulys Realencyklopädie; femer H. Gelzer, Die Anfänge der armenischen Kirche. In den
Ber. d. sfichs. Ges. d. Wissensch. 1895 S. 109 ff. Procopius von Caesarea, der die armeni-
schen Verhältnisse ausführlich behandelt, benützte das Geschichtswerk des Armeniers
Faustus von Byzanz (saec. IV Ende). Die armenische Kirche emanzipierte sich erst nach
und nach von der kappadokischen (Caesarea). — Üeber die iUtere Geschichte Armeniens
vgl. Ed. Metbb, Gesch. des Altertums I S. 295 ff.
üeber Persien und Ostasien: W. Tomaschek, Zur historischen Topographie von
Peraien I: Die Strassenzüge der tabula Peutingerana, Sitznngsber. d. Wien. Akad., Bd. 102
(1883). II (1884): Die Wege durch die persische Wüste. Der Transit ging vom Lande
der Serer (China) über Parthien an die römische Grenze. Vgl. auch A. v. Gutschkid in
Encycl. ßrit. s. v. »Persia". — G. Hoffxakn, Auszüge aus syrischen Akten persischer Mär-
tyrer übersetzt und durch Untersuchungen zur historischen Topographie erweitert, Leipzig
1880. Rec. von Nöldbke, Gott. Gel. Anz. 1880, Juli 14. — F. v. Schwarz, Alexander des
Grossen Feldzüge in Tnrkestan. Kommentar zu den Geschichtswerken des Flavius Arrianus
und Q. Curtius Rufus auf Grund vielj&hriger Reisen im russischen Tnrkestan und den an-
grenzenden Ländern. Mit 2 Tafeln, 6 Terrainaufnahmen und einer üebersichtskarte der
Feldzüge Alexanders, München 1898. Der Verfasser ist ein Bayer, der im Dienste der
russischen Regierung meteorologische und astronomisch-topographische Arbeiten ausführte.
Seine Schrift beschftftigt sich mit der Festlegung der von Alexander eingehaltenen Route
und der Identifikation der Oertlichkeiten. — F. Hirth, China and the Roman Orient: resear-
ehes inio their ancient and mediaeval relaiions as represented in old Chinese reeords. Shang-
hai and Hongkong, 1885, Leipzig und München bei G. Hirth. In China finden sich römische
Münzen von Tiberius an bis Aurelian. An der Hand chinesischer Quellen wird ein intimer
Handelsverkehr zwischen Ta-ts'in, d. h. den Ostprovinzen des römischen Kaiserreiches, und
China nachgewiesen. Vgl. Allg. Zeitung, Beil. 1886, Jan. 21. Femer H. Nissen, Der Ver-
kehr zwischen China und dem römischen Reich, Bonner Jahrbücher 95 (1894) S. 1 ff.
üeber Indien vgl. Düucker, Gesch. des Altertums HP Kap. 1, wo die Berichte des
Herodot, des Ktesias, dann der Genossen des Alexandres und Seleukos besprochen sind.
W. Tomaschek, Topographische E^lftuterung der KüstenfiJirt Nearchs vom Indus bis zum
150 A. Geographie von Italien and dem Orbia Bomanoa.
Enphrat. In den Sitzungsber. der Wiener Akademie Bd. 121 (1890). In Anians Scbrift
Über Indien ist ausser den wertvollen megasthenischen Notizen das Schiffstagebuch des
Nearch auszugsweise erhalten; es ist abgesehen von der Ettstenfahrt des Puniers Hanno
das älteste Pilotenbuch, das wir besitzen. Tomaschek gibt den Kommentar dazu auf Grund
der gegenwärtigen geographischen Kenntnisse. Die Geographen der römischen Periode:
Juba, Ptolemaeus, der Periplus maris Erythraei, der Geographus Ravennas, Kosmas Indiko-
pleustes sind herangezogen; die ältere Litteratur ist erschöpfend ausgenützt. — Im Monum.
Ancyr. c. 31 erwähnt Augustus Gesandtschaften der Könige von Indien. Vgl. Mommsbks
Kommentar p. 132 f., wo auch die Notizen der gleichzeitigen Dichter angeführt sind. —
Römische Münzen sind auf Ceylon und an der Westküste Vorderindiens gefunden. Seit
dem grossen Partherkriege unter den Kaisem Marcus Aurelius und L. Verus ward auch
die Seeverbindung mit China von Indien aus bewerkstelligt. Vgl. Pausanias VI, 26, 6 f.
10. Ägypten.
69. Das Nilthal. Unter Aigyptos verstanden die Griechen in der
ältesten Zeit (bis auf Hesiod), wir wissen nicht warum, den grossen Fluss,
dessen semitischer Name, Nil {NeTXog)^ durch phönikische Vermittlung erst
später von ihnen rezipiert ward. Vgl. die Auseinandersetzungen Pietsch-
MANNS s. V. Aigyptos in der Neubearbeitung von Paulys Real-Ency-
clopaedie.
Die Kenntnis des Nilthaies, dessen Ursprünge den Alten in ein my-
thisches Dunkel gehüllt waren, wurde zuerst gefördert durch die Feld-
züge, welche die Ägypter (schon unter der VI. Dynastie, im 29. Jahr-
hundert V. Chr.) tief nach Äthiopien hinein, südwärts hinauf bis zur
Somäliküste und bis in die Negerländer des Sudan unternahmen. Durch
diese Eroberungszüge wurde der Handel nach den Ländern am oberen Nil
eröffnet, dessen belebende Ader der Strom war.
Herodot, der selbst bis Elephantine gekommen ist, beschreibt 11, 29 ff.
den Oberlauf des Nil nach den Erkundigungen, die er eingeholt hatte.
Nachdem er den Weg von Elephantine über Tachompso nach Meroe und
von da bis zum Lande der Automolen (d. i. „Abessinien'^) beschrieben
hat, fährt er c. 31 folgendermassen fort: „So ist es mit Fahren und Gehen
ein Weg von vier Monaten, dass man den Lauf des Nil über Ägypten
hinaus noch kennt. So viel Monate nämUch ergeben sich, wenn man zu-
sammenrechnet, wie lange einer braucht, wenn er von Elephantine zu den
genannten Automolen reist. Sein Lauf geht aber von Abend und Sonnen-
untergang aus. Das weitere vermag Keiner sicher anzugeben, weil jenes
Land wüste ist vor Hitze.'' Im folgenden erzählt Herodot (nach Erkun-
digungen, welche cyrenäische Männer gelegentlich eines Besuches der Am-
monsoase beim doi*tigen Könige eingezogen hatten) von einer Entdeckungs-
reise, welche fünf Männer vom Stamm der Nasamonen ins Innere Afrikas
unternommen hätten. Sie wären auf langer Wanderung durch die Wüste
in eine fruchtreiche Oase und dann zu Sümpfen gekommen; von da aus
wären sie durch die Bewohner jenes Distriktes in ein von Zwergen be-
wohntes Land geführt worden,, an dessen Hauptstadt ein grosser Strom
vorüber floss, welcher kein anderer als der Nil gewesen sei. Herodot
pflichtet dieser Ansicht bei; „denn der Nil strömt aus Libyen her, so,
dass er Libyen mitten durchschneidet und, wie ich schliesse, indem ich
10. Aegypten. (§§ 69, 70.) 151
von Ersichtlichem das Unbekannte abnehme, unter dem gleichen Längen-
verhältnis von der Quelle an wie der Ister/
Die folgenden Autoren, und noch Diodor, Strabo, Plinius sind in ihrem
Wissen nicht viel weiter gekommen. Hingegen weiss Eratosthenes, dass
der Nil sich aus mehreren Zuflüssen bildet, die im Süden aus Seen ihr
Wasser empfangen; und Ptolemäus im zweiten Jahrhundert n. Chr. hat
noch genauere Kunde. Er versetzt^ wie dies die Entdeckungen unseres
Jahrhunderts als richtig erwiesen haben, die Nilquellen unter die Breite-
grade von Mevov&idg vfjaog, d. i. Madagaskar. „Das Mondgebirge —
Sslrjvrjg oQog — ist es nach ihm, dessen schmelzende Schneelager dort
zwei mächtige Quellseen füllen, die NsiXov X((.ivai, einen östlichen und
einen westlichen. Jeder dieser beiden Seen entsendet einen Quellfluss,
die beide sich dann zum Nil vereinigen, welcher in seinem nordest- und
nordwestwärts gerichteten Lauf zuerst auf seiner rechten Seite den aus
dem See Kolo@ (dürfte der heute Tzana genannte See in Abessynien sein)
kommenden Astapus (ber blaue Nil) aufnimmt, welcher sich 11^30' nörd-
licher Breite im Lande der Auxumiten mit dem Astaboras (heute Atbara)
vereinigt Nil und Astaboras vereinigen sich dann unfern Primis
major — ÜQifiig fisydlrj — und nun fliessen die von jetzt ab keinen Zu-
fluss mehr aufnehmenden Wasser des Nilstromes in näher angegebenen
Krümmungen bis Syene und von da bis zum Meere.* (Dümiohbn). — In
der tabula Peutingerana hingegen liegt eine Ansicht zu Grunde, die den
König Juba von Mauretanien als Gewährsmann hat. Vgl. Plin. N. h. V, 51.
Danach fliesst der Nil aus einem im Gebirge in der Nähe des Ozeans ge-
legenen See ab, welcher als ein der Maeotis ähnlicher Sumpf bezeichnet
wird und die Namen locus Nusapius und locus Nüodicus führt.
Die Erwähnung von einem Zwergvolke im Nilquellgebiete findet
sich nicht nur bei Herodot n, 32 (und Aristoteles bist, animal. Vin, 14, 2),
sondern schon auf altägyptischen Denkmälern und wird auch von Bericht-
erstattern nach Ptolemäus wiederholt; wie denn moderne Afrikareisende
(Schweinfurt, Emin Pascha, Stanley u. a.) diese „Zwerge'' in dem klein
gewachsenen Volk der Akka (auf dem Hochlande in der Nähe des Äqua-
tors) wieder gefunden haben.') Diese Pygmaeen, die als Jägerstämme
die Waldungen Gentralafrikas durchstreiften, dürften daselbst die ältesten
Ansiedler sein. Dann kommen die zahh-eichen Negerstämme (Bantu oder
Kaffem). Zuletzt die aus Asien eingewanderten „Hamiten'^. Vgl. 0. Bau-
mann, Durch Massailand zur Nilquelle (Berlin 1894).
70. Der obere Nil. Das Nilthal oberhalb der letzten Nilkata-
rakten, das bei den Griechen Äthiopien heisst, nannten die Ägypter (und
mit ihnen die Hebräer und Assyrer) Kesch oder Kusch. Die Südgrenze
der dauernden ägyptischen Besitzungen war (schon vor dem Jahre 2000
V. Chr.) bei Chemu (heute Semme, nahe dem späteren Phturi), von wo aus
die stromaufwärts sitzenden Negervölker zinsbar erhalten wurden. — um
1550 V. Chr. wurde durch Amenhotep 11. auch das südlichere Nah ata
*) Vgl. 0. Lenz, Historisches über die 1 dentscher Philol. und Schnlm&nner, Wien
sogen. Zwergvölker. Yerhandl. der 42. Vers. | 1893, S. 525 ff.
152
A. Geographie von Italien und dem Orbis Bomanos.
(Napata) erobert und befestigt. Durch die von der XXI. Dynastie (11.
Jahrhundert) aus Oberägypten vertriebenen Priesterkönige des Ammon-Ra,
welche sich hier (bei den »frommen Äthiopen* Homers) niederliessen, wurde
diese Provinz von Ägypten losgerissen und Sitz eines eigenen Reiches, von
wo her im 8. Jahrhundert die sogenannte äthiopische (XXY.) Dynastie
Ägypten selbst unterwarf und über ein halbes Jahrhundert (730 — 672
V. Chr.) beherrschte.
In der Zeit des Augustus regierte zu Nah ata, noch immer einer
grossen und blühenden Stadt, die Königin Kandake, welcher 45 Neger-
fürsten Tribut zahlten; 23 und 22 v. Chr. drang C. Petronius, der prae-
fectus Aegypti^ auf Befehl des Au^stus nach «Äthiopien' vor, um die
Königin wegen eines Einfalles in Ägypten zu bestrafen, und zerstörte
Nabata.0
Doch wurde die Grenze nicht über Premnis (nördlich von Nabata)
heruntergeschoben, wo die römische Grenz- imd Zollwache blieb bis in die
Zeiten Diokletians, der sie nach Elephantine zurückverlegte. — Eine Re-
kognoszierung, die in dem letzten Jahre des Nero eines geplanten Kriegs-
zuges halber bis Meroö hin vorgenommen wurde und von Plinius erwähnt
wird, erwies, dass die meisten Orte südlich der römischen Grenze in
Ruinen lagen. Von Nabata sind bedeutende Reste erhalten, verkleinerte
Nachbildungen der thebaischen Paläste und Tempel (zu Ehren des Ammon
imd Osiris, oder wie Herodot schreibt, des Zeus und Dionysos). Die
Stadt biess bei den Äthiopen Meru oder Merua (daher Meroe); dieser
Name ist später (nach Dunckeb von den vor der persischen Macht zurück-
weichenden Priestern) auf einen weiter südwärts liegenden Ort übertragen
worden.
Dieses zweite Meroe, bis wohin nach der Eroberung Ägyptens der
Perserkönig Kambyses seinen Zug erstrecken wollte, lag weiter stromauf-
») Monument Äncyran. V, 18—23:
ducti sunt [du6\ exercitüs eödetn fere tem-
pore in Aethiopiam et in Ar[a]biam . . .
In Aethiopiam usque ad oppidum Nabata
perventum est, cui proonma est Mero4
{jxiXQ^ 7rcA€(üf Naßdrtjg, ijng iojly iyyiata
MeQorj [sie]). Eine 1896 in Philae gefondene
dreisprachige Inschriffc des ersten praef,
Aegyptif C. Cornelius Gallns, berichtet, dass
derselbe (29 v. Chr.) in 15 Tagen einen Auf-
stand in der Thebais niedergeschlagen, yer-
schiedene Stftdte genommen („ V urbium ex-
pugnator: Borelse'loSy Copti, Ceramices, Dio-
spoltos Mec/[aleSy Opihieu**), aethiopische Ge-
sandte in rhilae empfangen und sein Heer
„uUra Nili catarhacten*^ gef&hrt habe, „in
quem locum neque popvlo Romano neque re-
gihus Aegypti [arma ante s]unt prolatcr . Vgl.
Sitzungsber. d. Berl. Akad. 1896 S. 469 ff.
Im ttbrigen Mommsens Kommentar zum Mon.
Anc. (2. Auflage, 1888) p. 106 ff. Strabo 17,
1, 54. Dio 54, 5. Plin. N. H. 6, 29, 181. Der
Name der Stadt lautet, wie Mommsen an-
merkt, bei Strabo und Ptolemaeus Napata,
bei Plinius Nepata, bei Dio Tavdnrjy bei
Stephanus Byzantius Na na rat, Ueber die
Rekognoscierung unter Nero (68 n. Chr.)
vgl. den Periplus maris Erythraei und danach
Plinius 6 § 104. Ueber den Namen Kandake,
den alle Königinnen Aethiopiens führten, vgl.
WiLCKBH in .Hermes" XXVHI S. 154 f.
Wilcken bezieht auch die , südlichste " aller la-
teinischen Inschriften, die von £1-Mesaurat
oberhalb von Mero6 (Corp. III 83) auf eine
Kandake. Die Oertlichkeiten (die Blemmyer,
Talmis, Primis, Taphis) werden auch ge-
nannt in der griechischen Inschrift des nubi-
schen Königs Silko. Vgl. darüber Lepsius in
„Hermes" X 129 ff. Die räuberischen Ein-
fälle der an der Südgrenze Aegyptens sitzen-
den Blemmyer waren gefürchtet. Diocletian
suchte teils durch einen ihnen bewilligten
Tribut, teils durch Abtretung des Distriktes
südlich von Philae an die Nobatae (Nubae)
die Grenze sicher zu stellen. Vgl. Procop.
b. Pers. I, 19. Die Inschrift des Silko zeigt,
dass auch die nubischen Fürsten mit den
Blemmyem Krieg führten. Vgl. Mommsen,
Rom. Gesch. V 596 f. Dughbsitb, Milanges
XVI (1896) p. 82 ff.
10. AegypUii. (§ 71.) 153
wärts, und wurde von den Alten für eine durch die Flüsse Astapus, Asta-
boras und den Nil gebildete Insel gehalten. Hier bestand der von ägyp-
tischen Priestern beherrschte Staat (mit der Hauptstadt desselben Namens)
bis ins 3. Jahrhundert v. Chr.; worauf sich ein einheimischer Fürst des-
selben bemächtigte. Ruinen von Tempeln und Palästen, Pyramiden,
Alleen von Sphinxen, Statuen ägyptischer Götter, alles in mehr entartetem
Eunststil und unbedeutender als in Nabata, haben sich beim heutigen
Begerauieh erhalten. — luvenal, der Oberägypten aus eigener Anschau-
ung kannte {quantum ipse notavi 15, 45), erwähnt (13, 163) die langen
Brüste der Frauen von Meroe. —
12 — 20 Tagereisen oberhalb Mero@, wo (nach Eratosthenes) auf einer
ähnlichen Insel wie Meroe flüchtige Ägypter sich niedergelassen hatten, die
sogenannten Sebritae oder Sembritae, sind gleichfalls Sphinxe und
andere Statuen ägyptischen Stiles gefunden.
Endlich hatte die ägyptische Kultur, als unter Psammetik die Krieger-
kaste (nach Herodot 240,000 Mann) aus Ägypten auswanderte (von Herodot
als , Automolen,* d. i. „Überläufer" bezeichnet), auch das Land Axum
(Aksüm), das heutige Abessinien, in ihren Bereich gezogen; in der im
oberen Hochthale des Astaboras gelegenen Hauptstadt gleichen Namens
bezeugen dies 55 Obelisken und andere dort gefundene Baureste ägyptischer
Art. — Übrigens hat hier vielleicht schon Jahrtausende v. Chr. auch die
Ansiedlung arabischer Stämme auf afrikanischem Boden begonnen. So
NöLDEKE, vgl. E. Glaser, Die Abessinier in Arabien und Afrika auf
Grund neuentdeckter Inschriften. München 1895.
71. Ethnographie. Die Ägypter, das im untern Nillande herr-
schende Volk, gehören dem nordafrikanischen Sprachstamm an, der mit
dem semitischen urverwandt ist; auch ein Teil der „Aethiopier'' am oberen
Nil und die Libyer an der ganzen Nordküste Afrikas ist damit verwandt.
Erst gegen die Vereinigung des weissen und blauen Nils hin begann das
Land der Neger, die von den Griechen gleichfalls „Aethiopier'^ genannt
wurden. Die ägyptischen Denkmale zeichnen daher einen Teil der Süd-
völker (auch die Ägypter) rot, den anderen schwarz. — Die Ägypter
müssen in das Nilland, aus Asien, eingewandert sein, wo sie durch Ver-
mischung mit der hier vorgefundenen dunkleren Rasse und im Laufe tau-
sendjähriger eigentümlicher Entwicklung einen von allen Nachbarvölkern
abweichenden Typus ausbildeten: die alten Berichterstatter heben ihre
dunklere Hautfarbe, die Länge und Magerkeit des Körpers hervor; die
Nachkommen dieser Easse, die (heutzutage arabisch redenden) Fellähen
(Bauern) sind überdies, wie die Ägypter der alten Monumente, charak-
terisiert durch die Länge der Hände und Füsse, dicke Lippen, lang-
geschlitzte Augen, spitze kurze Einnbärte, rotbräunliche Hautfarbe. Die
ßeligionsentwicklung, z. B. der Tierkult, die Sitte der Beschneidung, die
von hier aus sich verbreitete, scheint unter Einwirkung der afrikanischen
schwarzen Rasse vor sich gegangen zu sein.
Unter der Herrschaft der Griechen und Römer besassen die Ägypter
den Charakter einer durch lange despotische Behandlung demoralisierten
Rasse; sie galten als kriechend, als geneigt zu Lug und Trug, zu Bosheit
154 A. Öeographie von Italien and dem Orbia Bomanns.
und Zank und als besonders hartnäckig in ihrer Superstition. — Die Be-
völkerung des alten Ägyptens war eine sehr dichte; wie denn in der Zeit
des Vespasian (nach Josephus b. Jud. 11, 16, 4) 7 '/a Millionen kopfsteuer-
pflichtige Ägypter vorhanden waren. Die grosse Mehrzahl derselben be-
stand seit jeher aus an die Scholle gebundenen Fell&hen; während die Zahl
der eigentlichen Sklaven, wenigstens im Binnenlande, nicht sehr bedeutend
gewesen zu sein scheint.
72. Das eigentliche Ägypten. Als das eigentliche Ägypten be-
zeichneten die Alten, wie es auch heute noch der Fall ist, denjenigen Teil
des Nilthaies, der sich von den Katarakten bei Syene, zu beiden Seiten
des Flusses bis ans Mittelmeer erstreckt. Das Nilthal repräsentiert sich
hiebei bis in die Gegend, wo das alte Memphis stand, zwischen den rötlich
grauen Mauern der einfassenden Wüstengebirge als ein einförmiger schmaler
Streifen Landes, der jährlich von den Fluten des Stromes überschwemmt
und dadurch allein kulturfähig erhalten wird; wie denn auch die geistige
Kultur des Landes, sein Kalenderwesen, seine Mythologie, seine Wissen-
schaft, seine soziale Entwicklung, ja seine ganze Geschichte, durch diese
natürliche Beschaffenheit des Landes bedingt war (daher dcoQov tov noTafiov^
Herodot).
An der nördlichen Spitze des langen Thaies, unterhalb Memphis,
teilt sich der Strom in viele Arme oder Kanäle und es breitet sich dem-
gemäss das Thal in einer Länge von 20 deutschen Meilen zu einer nach
Norden zu immer breiter (schliesslich 40 deutsche Meilen) werdenden Ebene
aus. „Die Breite der Basis des Deltas zwischen Pelusion und Kanopus,
wie sie Herodot (11, 6. 9) zu 3600 Stadien angibt, ist zu gross. Diodor
(I, 34) und Strabon geben sie zu 1300 Stadien an, was der Wahrheit nahe
kommt** (Grote). Jene Ebene aber wurde von den Ägyptern „das Über-
schwemmungsland* (davon das griechische nTiiiiQiq\ von den Griechen aber
„das Delta** genannt.
Zu den Zeiten des Herodot mündete der Nil durch fünf natürliche
Mündungen, ausser den zwei künstlich gegrabenen. Der pelusische Arm
bildete die Ostgrenze Ägyptens, der kanopischedie Westgrenze; während
der sebenny tische Arm eine Fortsetzung des oberen Flusses in gerader
Linie war: von diesem zweigte sich der saitische und mendesische
Arm ab.
Diese sieben Mündungen, die im Altertum so wohl bekannt waren,
sind mit der neueren Gestaltung des Landes nicht in Übereinstimmung.
73. Einteilung des Landes. Ägypten war von alters her ;,mehr
nach Messschnur und Zirkel als nach historischen oder landschaftlichen
Individualitäten** in Gaue (griechisch vofioC) eingeteilt und hat diese Ein-
teilung auch in griechischer und römischer Zeit behalten. Die Angabe
des Gaues gehört auch in der römischen Zeit zur korrekten Heimats-
angabo eines Ägypters, insofern derselbe etwa auf der Flotte diente;
z. B. Corp. insc. Lat. X 8482: Egyptius Lycopolites. Ein Militärdiplom
(Xni), welches für die in Ägypten emeritierten Flottensoldaten au&gestellt
ist, gehörte einem Goptit(anus). Die Frau eines Flottensoldaten nennt
10. Aegypton. ($§ 72, 73.) 155
sich Corp. i. Lat. X 3635 : Taesis Aegyptia nomu Coptitupolis. Vgl. Momm-
SEN in ^Hermes*' XIX 33. Rom. Staatsrecht III 785. Zeitschr. der Savigny-
ßtiftung XIV (1893). Wenn einem Ägypter das römische Bürgerrecht
verliehen werden sollte, hatte er vorher Bürger von Alexandria zu werden,
da er einer städtisch geordneten Gemeinde angehören musste. — Die Zahl
und Abgrenzung der Gaue war zu verschiedenen Zeiten verschieden, wie
dies aus den Angaben von Herodot, Diodor, Strabo, Plinius, Ptolemaeus
und den Gaumünzen, femer aus den in verschiedenen Tempeln erhal-
tenen hieroglyphischen Listen hervorgeht. Die meisten der Listen geben
20 — 22 ober^yptische und ebensoviele unterägyptische Gaue an. Pto-
lemaeus und die Gaumünzen des zweiten Jahrhunderts n. Chr. nennen
47 Gaue.
Jeder Gau bildete eine Kommune, seine Hauptstadt war nur ein
Teil derselben; er hatte sein eigenes Zeichen, seine eigene Gottheit, seine
besonderen Feste, seine charakteristische landschaftliche Physiognomie, wie
denn die Seen, Kanäle, Häfen, heiligen Haine, die in demselben gelegen
waren, in den hieroglyphischen Inschriften hervorgehoben zu werden
pflegten.
Der Schauplatz der Geschichte Ägyptens wechselte in verschiedenen
Epochen: das alte ägyptische Reich hatte seinen Schwerpunkt in Mem-
phis; es kamen Zeiten der Zersplitterung, wo die Gaue autonom waren
und dem Auslande zinsten; die Vertreibung der ^jHyksos** und die Er-
hebung Ägyptens ging von Theben aus, das bis dahin der Vorort eines
Gaues gewesen war, jetzt aber zur Hauptstadt des ganzen Pharaonenreiches
heranwuchs.
Geographisch, wie auch hinsichtlich der Dialekte, die gesprochen
wurden, gliederte sich Ägypten in zwei oder drei Teile: in Oberägypten
oder die Thebais, in Mittelägypten oder die Heptanomis, und in das Delta.
In der altägyptischen Periode unterschied man nur das Delta oder Unter-
land und das Oberland (hebräisch Misraim und so auch in den anderen
semitischen Sprachen, türkisch Misir); erst in der römischen Periode (nach
Augustus) wurden die sechs nördlichen Gaue von Oberägypten zusammen
mit dem früher zu ünterägypten gerechneten memphitischen Gau zu einem
eigenen Verwaltungsgebiete, Heptanomis (von den sieben dazu gehörigen
Gauen oder Nomen) vereinigt und dazu noch die Landschaft von Arsinoe
am roten Meer (Arsinoitis) geschlagen.
Endlich ist hier noch Erwähnung zu thun der von der politischen
verschiedenen geographischen Einteilung Ägyptens in eine östliche und eine
westliche Hälfte. Man bezeichnete nämlich das ganze Land vom Nil bis
zum roten Meer mit dem allgemeinen Ausdruck ;, Arabien'', die Landschaft
auf dem entgegengesetzten Ufer des Nils als „Libyen''. Es entsprach dies
der alten geographischen Anschauung, welche den Nil als die Grenze von
Asien und Afrika auflfasste. — Auf dem Nil wurde zum Zwecke der Strom-
polizei und der Zolleinhebung eine eigene „potamophylacia" organisiert,
die aus der ptolemäischen Zeit in die römische übernommen wurde. An
den Grenzen der Epistrategien hatte sie Stationen. Vgl. W. Schwarz in
Fleckeisens Jahrb. 1891 S. 713—716: ,Die Potamophylada" . Es fanden
156
A. Geographie von Italien und dem Orbis Bomanna.
namentlich grosse Transporte von Getreide aus dem Innern des Landes
nach Alexandria statt; man denke auch an die wohlorganisierten Liefe-
rungen für die „annona^ der Stadt RomJ)
74. Verwalttuigsorganismus. An der Spitze der bureaukratisch
organisierten Verwaltung jedes Nomos stand ein (Xr^arijyog, der unter den
früheren Ptolemaeern militärische Befugnisse besessen hatte; der Name
blieb auch später, als eigene Militärchefs aufgestellt waren, und nach der
römischen Annexion, als der betreffende Würdenträger nur Polizeigewalt
und niedere Gerichtsbarkeit übte, die Aufsicht über die lokalen Behörden
(Toparchen, Nomarchen u. s. w.) zu führen, sowie die Eintreibung der
Steuern zu überwachen hatte. — Dem avgarrjYpQ übergeordnet war der
imCTQarrjYog, der einem der drei Hauptteile Ägyptens vorgesetzt war;
über diesem stand in römischer Zeit ein römischer Ritter als „Vizekönig",
der „praefectus Aegypti^.
Der hergebrachte nationale Verwaltungsorganismus {imxcoQioi agxovrec,
Strabo) bestand demnach unter der Fremdherrschaft wenigstens in den
unteren Instanzen (mit teilweise beschränktem Wirkungskreis) fort, während
bezüglich der oberen die jeweilige Änderung der Herrschaft gleichfalls Ver-
änderungen herbeiführte. Der Gegensatz zwischen Graeco-Ägyptem und
Ägyptern, der in der früheren Ptolemaeer-Zeit bestanden hatte, war unter
der römischen Herrschaft ziemlich ausgeglichen. — Unter den Strategen
erscheinen sowohl ägyptische Griechen, als Ägypter, die das römische
Bürgerrecht erlangt hatten; der Epistrateg musste römischer Ritter sein.
Das Militärwesen in Ägypten behielt manche Eigentümlichkeiten der ptole-
maeischen Periode bei. Doch war die lateinische Sprache die offizielle.
Seit der Constitutio Antonina des Caracalla machte die Verbreitung des
römischen Rechtes in Ägypten Fortschritte, wenn auch die Masse der
Ägypter davon ausgeschlossen blieb.
Die Unterabteilungen der Nomen hiessen lonaQxiai, die wieder in
xwfiai, Flecken, und ronoi, Distrikte zerfielen. Als Beamte erscheinen hier
die xoofiOYQaiiifxateTg und die roTroyQafifiarsTg,
75. Geographische Übersicht. A. Oberägypten. Im südlichsten
Gau lagen die Inseln Philae (ägypt. Pilak, d. i. „Insel Lak**) und Ele-
phantine; auf ersterer sind grossartige Tempelbauten aus altägyptischer,
griechischer, römischer Zeit erhalten, wie denn „die grosse Isis in Philae '',
die bis zum Ausgang des Heidentums von Ägyptern und Auswärtigen
eifrig verehrt wurde, auch über bedeutende Tempelgüter verfügte (vgl.
„Hermes** XXH, 1 ff.); namentlich gehörte ihr das sog. „Zwölfmeilenland**
{6ü)6€xd(fxoivog bei Ptolemaeus und in den Papyri vgl. „Hermes** XXIII
595 f.) südwärts von Syene bis Tachompso. Dieser Landstrich war nicht
als eigener Nomos eingerichtet, sondern stand unter Aufsicht des Strategen
von Ombos und Elephantine. Letzteres war ein Handelsplatz, wo nament-
0 Vgl. strabo, B. XVII, über den Zu-
stand von Aegypten nnd die Anordnungen
des Augustas daselbst. Wichtig war die
Annonarinstitation für Aegypten wie für
Rom. Plinius, N. H. XXXVm. Hiezu die
Angaben der Pa^ri, so eines aus dem Jahre
478 n. Chr., den W. v. Hartsl in den »Wiener
Studien* V, 1 ff. besprochen hat.
10. Aegypten. (fi§ 74, 75.) 157
lieh Elfenbein umgesetzt wurde. Hier befand sich auch das Nilmesser-
gebäude, ein Brunnenhaus, von wo die mit Spannung erwartete Meldung
über das Ergebnis der beobachteten Stromschwellung durch das ganze
Land ging. — Am östlichen Flussufer lag die Stadt Sun oder Syene
(arab. Assu&n), die in griechisch-römischer Zeit zu grösserer Bedeutung
gelangte, als Grenz- und Garnisonsort, wo des Handels wegen auch Mauren
und Inder sich einfanden. (Vgl. Juvenal. 6, 466; 11, 124). In den be-
nachbarten weltberühmten Steinbrüchen wurde der als Arbeitsmaterial
hochgeschätzte Granit gebrochen und durch ganz Ägypten versendet.
Vgl. Corp. III 75. — Nordwärts von Syene lag die Stadt Ombos (ägypt.
Nubi, „die Goldstadt*) mit bedeutenden (in der Ptolemaerzeit restaurier-
ten) Tempeln, wo ausser Horus auch der krokodilköpfige Sebak-Ra ver-
ehrt wurde.
Der Hauptort des nächsten oberägyptischen Gaues war Apollino-
polis maior oder superior (Edfu), wo die bedeutendsten Denkmäler aus
der Zeit der Erhebung gegen die Hyksos sich erhalten haben. In römi-
scher Zeit war hier das Hauptquartier der legio 11 Traiana. Der Ort
gegenüber auf dem rechten Nilufer, Contrapol lonospolis maior, war
Gamisonsort einer Auxiliarkohorte (Ephem. epigr. VU p. 457).
Der Hauptort des dritten Gaues war Necheb, das die Griechen
Eileithyia und die Römer Lucinae oppidum nannten, da sie die hier ver-
ehrte Gottheit mit ihrer geburtshelfenden Göttin identifizierten.
In dem vierten Gau wurde Gott Ammon verehrt, den die Griechen
sich als Zeus dachten, daher sie die Stadt, die unter ihren Titeln den der
„Ammonsstadt" führte, Diospolis benannten, oder Theben (nach Dümi-
CHEN von ägypt. »Ta-apiu**, d. i. ^die Stadt der Throne"), das hundert-
thorige, wie es bei Homer heisst; seine Ruinen schliessen die grossartigsten
Bauwerke des Altertums in sich, die einen Umfang von 2, mit der Gräber-
stadt (in den trockenen Höhlengängen des benachbarten westlichen Kalk-
gebirges) sogar 6 deutschen Meilen erfüllen. Die hiesigen Tempel, Paläste
und Gräber stammen hauptsächlich aus dem 17. — 14. Jahrhundert v. Chr.,
den Zeiten der XVEI., XIX. Dynastie (Ramesu H und HI; Amenhotep IH,
der Memnon der Griechen, von dessen 2 Kolossalstatuen allerlei gefabelt
ward). Damals war Theben die nicht nur am Jordan, sondern auch am
Euphrat und Tigris gefürchtete Metropole Ägyptens. Einige Bauten stammen
aus früherer (XI. und XU. Dynastie), wieder andere aus späterer Zeit
(dyn. XX.. XXL, XXTL, XXV., XXX.) Doch auch die Ptolemaeer bauten
hier, schon um die nationale Opposition, die sich von Zeit zu Zeit gegen
ihre Herrschaft in Oberägypten bemerkbar machte, dadurch lahmzulegen.
Dieselbe Politik befolgten die römischen Kaiser; so dass der berühmteste
aller thebanischen Tempel, der des Ammon, als Massstab für mehr als
zwei Jahrtausende ägyptischer Architektur und Geschichte gelten kann«
— Theben war unter römischer Herrschaft noch immer ein ansehnlicher
Ort; er kommt als Heimat von Soldaten in den alexandrinischen Legions-
listen vor.
In römischer Zeit war Theben auch durch seine Kunstindustrie be-
kannt. Um die Haupttempel, die in drei Gruppen verteilt sind, lagen damals
158 A. Geographie von Italien nnd dem Orbia Romanaa.
(wie jetzt die Dörfer Luqsor, Earnak, Medinet-Habu) die xwjua*, d. i. Stadt-
viertel oder vielmehr Unterabteilungen des Nomos, die durch weite garten-
bedeckte Räume getrennt waren. — Die einzelnen Tempelanlagen waren
durch Sphinxstrassen mit einander verbunden; die Stadt durch den Nil in
zwei Hälften geteilt. So wurde Theben ein Hauptziel der römischen
Touristen; Germanicus war im Jahre 19 n. Chr. dort und liess sich von
einem Priester die Hieroglyphenschrift erklären. Auch das berühmte
tönende Bild des Memnon besichtigte er, an dem zahlreiche Besucher ihre
Namen eingekritzelt haben. Vgl. Fbiedländeb, Sittengesch. H^ S. 146 f.
Corp. insc. Lat. EI p. 9flf. — In spätrömischer Zeit wird auf thebani-
schem Gebiet eine Stadt Maximianopolis erwähnt, wo eine Garnison
lag; diese Stadt wird aus einer jener xcifiat von , Theben" erwachsen sein.
Die Hauptstadt des fünften oberägyptischen Gaus war (nach der
gräzisierten Bezeichnung) Eoptos (hieroglyphisch Qebti, beim heutigen
Euft), an der östlichen Ausbiegung des Nil, wo seit ältester Zeit zwei der
nach dem roten Meere führenden, den Orienthandel vermittelnden Strassen
abzweigten. Schon unter den ersten uns bekannten Pharaonen bildete Koptos
den Schlüssel zum gesamten Verkehr Oberägyptens mit den Küsten des
roten Meeres. Und dasselbe war, wie die Denkmäler erweisen, später der
Fall auch unter persischer, griechischer, römischer Herrschaft. Vgl. Corp. i.
Lat. ni p. 9 und besonders suppl. p. 1209 ff. Auf einer im Jahre 1883
bei Koptos gefundenen Inschrift (wahrscheinlich aus der Zeit des Augustus)
werden die Truppenabteilungen angegeben, welche die östlichen Wüsten-
Strassen nach Berenice und Myos Hormos neu in stand gesetzt hatten:
lacci (d. i. Zisternen) aedificati et dedicati sunt ApoUonos Hydreuma — Com-
pasi — Berenicide — Myoa Hormü — (Mit Angabe des Datums). Qistram
(sie) aedificaverunt et refecerunt. Vgl. Mommsens Kommentar a. a. 0. Koptos
wurde bleibend als Militärstation eingerichtet, ebenso wie am „Mens Bere-
nicidis'' und am „Mens Claudianus", auch „Mons porphyrites" genannt,
(auf dem Wege nach Myos Hormos, heute Gebel Fatire), an welchen Orten
berühmte von verurteilten Verbrechern bearbeitete Steinbrüche lagen, je
ein Detachement von Auxiliartruppen stationierte. — Unfern von Koptos,
gelegentlich durch einen Unfall dieser Stadt gefördert, lag südwärts eine
andere der von den Griechen sog. „ApoUonstädte" (Apollinopolis parva),
nordwärts Kainepolis (, Neustadt, bei Herodot Neapolis), das von den
Griechen neu gegründet wurde.
Letztere Stadt lag im sechsten Gau; ihr gegenüber Tentyra (Den-
dera), mit einem schon im vierten Jahrtausend v. Chr. angelegten, unter
den Ptolemaeem erweiterten, im ersten Jahrhundert der römischen Kaiser-
zeit zur Vollendung gebrachten Tempel der Göttin Hathor.
Der siebente Gau hatte eine „Ammonsstadf*, von den Griechen und
B.ömern .Klein-Diospolis'' genannt zum Unterschied von Gross-Diospolis,
d. i. Theben.
Im achten Gau lag „Abydos'' (ägypt. Abtu), zur Zeit der XVI. bis
XVin. Dynastie neben Theben die bedeutendste Stadt Oberägyptens, mit einem
dem Andenken von Sethos I. und Ramses H. (der dyn. XIX) geweihten
Tempel {Mefivoveiov) und dem gefeierten Grabhügel des Osiris, zu dem die
10. Aegypton. (§ 75.)
159
alten Ägypter von weither Wallfahrten unternahmen; während die reicheren
Leute grossen Wert darauf legten, hier begraben zu werden. In der Nähe
von Abydos lag die uralte, später heruntergekommene Hauptstadt des
Gaues, Teni, nach der Überlieferung die Heimat des Königs Menes, der
die erste Einigung der ägyptischen Oaue zu einem Reiche zu stände ge-
bracht hatte. Neben Abydos gelangte Ptolemais-Hermiu (Psi-Ptulmis)
in der griechisch-römischen Zeit zu Bedeutung. Es lagen Steinbrüche in
der Nähe, deren Ausbeutung unter der Obhut einer Auxiliarkohorte er-
folgte (vgl. Ephem. epigr. VH p. 426 f.).
Im neunten Gau lag Ghemmis oder Panopolis, indem der Name des
Gottes Ghem mit Fan übersetzt wurde; aus ähnlichem Grunde hiess den
Griechen die Hauptstadt des zehnten Gaues Aphroditopolis.
Von den Städten der vier noch übrigen oberägyptischen Gaue sind
Antaeopolis (Horus ward mit dem Riesen Antaeus identifiziert) und
«Lycopolis" (mit Mumiengräbem des dem Gotte Anubis geheiligten Scha-
kals) bemerkenswert. Hieraconpolis war Station einer Auxiliarkohorte
(Corp. m, 22, add. 6626, cf. Notit. dign. 31, 58).
B. Mittelägypten. Die südlichste Stadt Mittelägyptens war Her-
mopolis {oppidum Mercurii), mit dem Beinamen magna, deren Trümmer-
reste über eine deutsche Meile im umfang haben; man verehrte hier als
Schutzgottheit den Thot, dem der Ibis und die Affen heilig waren; daher
Mumien dieser Tiere in den Höhlen des benachbarten Gebirges.
Nördlich davon, auf der anderen (östlichen) Seite des Nil gründete
Kaiser Hadrian im Jahre 130 n. Chr. über einer älteren Ortschaft, namens
Besä, die Stadt Antinoe oder Antinoopolis, die nach dem bekannten
Günstling Hadrians benannt wai*. ') — In Kynopolis (oppidum canum bei
Plinius) wurden die Hunde (als dem Gott Anubis heilig) verehrt; in Oxy-
rynchus Fische. — Die Gauhauptstadt Herakleopolis (magna) verdankt
ihren Namen der Identifizierung des hier verehrten Gottes Chnum-Ra mit
dem Herakles der Griechen.
Die Gegend um Herakleopolis und nordwärts davon spielt in den
kosmogonischen Mythen der Ägypter eine Rolle, was möglicherweise damit
zusammenhängt, dass in praehistorischer Zeit hier früher als im Delta sich
das Kulturleben entfaltete. Schon im dritten Jahrtausend v. Chr. wurde zur
Bewässerung des der Wüste abgerungenen Terrains, wie auch im Interesse
der nördlicher gelegenen Distrikte ein grosses Wasserreservoir angelegt,
das von den griechischen Berichterstattern infolge eines begreiflichen Miss-
verständnisses als „Moeris-See" bezeichnet wird (nach Dümichen ist der
Name aus »Mer-ur", d. i. „grosses Wasser** entstanden). Durch diese
Bewässerungsvorkehrungen ist im Altertum hier ein Kulturboden ersten
Ranges (jetzt noch nach einer gleichfalls ägyptischen Bezeichnung el Faijüm,
d. i. „Seeland'*, genannt) im Umfange von 40 QMeilen erzielt worden. Am
Ostufer des Sees lag das unter der XH. Dynastie erbaute Labyrinth
0 Vgl. DüBR, Bie Reisen des Kaisers
Hadrian, Wien 1881, S. 64. Hadrian liess
voLch. die Strasse von Antinoopolis nach Be-
renike am roten Meer in stand setzen und
schmttckte sie mit reichlichen Brunnen, Sta-
tionen, Kastellen.
160 A. Oeographie Toti Italien und dem Orbia Romanaa.
(nach Lepsiüs, der das Labyrinth in der Nähe der Pyramide von Hawara
entdeckt zu haben meinte, gebildet au8 dem ägypt. „Lopa-rohun'^, d. i.
«Tempel des Todes").
Die am „Moeris-See" gelegene Stadt (beim heutigen Medinet el Faijüm)
wurde von den Griechen Krocodilopolis genannt, da die Ägypter sie
als »Stadt des (Gottes) Sebak*" bezeichneten, dem das Krokodil heilig war.
Später nannte einer der Ptolemaeer nicht sowohl die Stadt als vielmehr
den ganzen Gau nach seiner Gemahlin ArsinoS (i; Kqoxodslkwv noXig tov
*Aq(Xivöitov vofiov oder rj t(Sv ^Q^ivoiTcSv noXtg, d. h. die Stadt der arsinoi-
tischen Gaubewohner). Die Arsinoä wurde (neben dem Krokodil) als Qau-
göttin verehrt. Es sind von dieser Stadt in neuester Zeit die Überreste
ihres Archivs — Tausende von Papyrusfetzen — aufgefunden und nach
Wien („Papyrus Erzherzog flainer"), Paris, Berlin u. a. 0. gebracht
worden, so dass der alte Ort eine Auferstehung feierte, die sich recht
wohl mit der von Pompeii vergleichen lässt.
In Aphroditopolis, auf der arabischen Seite des Nil, wurde die
Isis-Hathor als Liebesgöttin verehrt; »der Göttin zu Ehren wird eine weisse
Kuh unterhalten '', berichtet Strabo.
An der Scheide von Mittel- und ünterägypten (in den Zeiten des
nationalen Reiches zu letzterem gerechnet) lag Memphis, neben und nach
Theben, dem es jedoch an Grossartigkeit der Monumente nachsteht, die
Hauptstadt ganz Ägyptens, deren Gründung die Überlieferung dem König
Menes zuschreibt.
Memphis war noch unter griechischer und römischer Herrschaft nach
Alexandria die volkreichste Stadt des Landes. Die Ptolemaeer Hessen sich
hier krönen. Unter Augustus lag wie in Alexandria auch in Memphis
eine Legion (Strabo). Auch sonst erscheint Memphis der neuen Haupt-
stadt gleichgestellt. (Vgl. „Hermes'* XXVIH, 331 A. 2). In der Nähe
die berühmten Pyramidengruppen (beim heutigen Lischt, Saqqara, Abusir,
Zauiet-el-Arrian, Gizeh und Abu-Roasch), um dieselben herum zahlreiche
den Zeiten der ersten Dynastien angebörige Gräber. Um diese hochbe-
rühmten Denkmäler zu sehen, sind in römischer Zeit nicht wenige Reisende
hierher gekommen, die sich auch an den Pyramiden durch eingehauene
Inschriften verewigt haben. Vgl. Friedländer, Sittengesch. H"* S. 144 f.
— Von den Vorstädten Troia (so von den Griechen nach einem anklingen-
den ägyptischen Namen bezeichnet) und Babylon (von einer gewaltsam
herverpflanzten semitischen Kolonie so genannt?) erlangte die letztere im
Mittelalter selbständige Bedeutung, bis der Name der von den Arabern
hierselbst gegründeten Niederlassung (Kahira) für die Hauptstadt des
neuen Ägyptens durchdrang. — In dem memphitischen Gau (beim heutigen
Rubajjät) lag auch der „Hafenort" Kerke, was von einem Kanal wird ver-
standen werden müssen, der den Verkehr des »Seelandes'* mit dem Nil
vermittelte. (Hier sind die ägyptogriechischen Porträts gefunden, die durch
Th. Graf nach Europa kamen).
C. Unterägypten. Die Gaueinteilung ist für ünterägypten schwerer
zu rekonstruieren, auch die Lage der einzelnen Städte nicht so leicht fest-
zustellen, wie für Oberägypten, da dort weit mehr politische und ethnische
10. Aegypten. (§ 75.) 161
Veränderungen vor sich gegangen, viele Ruinen, von denen noch die arabi-
schen Schriftsteller des Mittelalters wussten, jetzt verschwunden sind.
Das Delta ist durch die Hauptarme des Nil in drei Teile geteilt, der
westliche (mit der Mündung von Kanopus) erstreckt sich bis zum Mareo-
tissee (ägypt. Merit), der mittlere, der mehrere Mündungen des Stromes
einschliesst, hat den Burlosee vor sich, der östliche (mit der Mündung von
Pelusium) den heutigen Menzalesee.
Im westlichen Teile des Delta lag der prosopitische Gau, dessen
Hauptstadt bei Ptolemaeus und den Späteren Nikiu (früher Prosopis) ge-
nannt wird. Femer lag hier Sa'is, die Residenz der letzten ägjrptischen
Dynastie vor der persischen Eroberung. Zum saitischen Qau gehörte
Naukratis (am bolbinitischen Nilarm), der Stapelplatz der Griechen im
6. Jahrhundert v. Chr., auch später von Bedeutung; Vaterstadt des Athe-
naeus. — Östlich davon Chois, das auch eine Zeitlang als Residenz
diente. Letopolis, südwärts von den beiden genannten, war eine der
Göttin Bast heilige Stadt; Apis, am Mareotissee, dem Apis heilig.
Im mittleren Delta lag Sebennytos (ägypt. Teb-nuter, d. i. „ Stadt
des hl. Kalbes"), bekannt als Sitz der aufständischen Fürsten in der per-
sischen Periode. Busiris, ägypt. Pa-usiri, d. i. Wohnung des Osiris (heute
Abu-sir). Bubastis, das Pibeset der Bibel, zm- Zeit Herodots die grösste
Stadt im Delta, wo die katzenköpfige Göttin Bast verehrt wurde.
Im östlichen Delta lagen die Städte Heliopolis (ägypt. Pe-ra, „Haus
der Sonne'* oder mit vulgärer Bezeichnung Anu, hebr. On); Tanis (die
Residenz der semitischen Eroberer, dann wieder unter der XXI. und XXHI.
Dynastie von Bedeutung); Pelusium (nach Dümichen infolge einer falschen
Etymologie des ägyptischen Namens Am so genannt von griechisch nr^Xog^
Morast, somit. Sin, neuarab. Tino; ein zweiter Name der Stadt war Romen,
koptisch Pe-remoun, welcher Name sich in dem der beiden Dörfer Fara-
mah und Rumanieh erhalten hat). In der Nähe der Berg Easios mit dem
Grabe des Pompeius. — Südwestlich lag die alte Hyksosfestung Avaris
(Hat-uar).
Die Oasen. Westlich vom Nilthale in der libyschen Wüste lagen
die grosse und die kleine Oase, die seit den Ptolemaeern zu Ägypten
im weiteren Sinne des Wortes gerechnet, auch in die Nomeneinteilung
einbezogen wurden; was unter der römischen Herrschaft bestehen blieb.
Die grosse oder Thebaische Oase (westlich von Abydos) hatte nach den
Urkunden der Eaiserzeit einen eigenen Strategen. Den Weg dahin schützten
eigene Wüstenwächter (6Q€oq>vlax€g oSov 'Oaffecog). Die kleine Oase ge-
hörte zur Heptanomis. — Nördlich davon die Oase, die jetzt Siwah heisst,
berühmt als Sitz des Ammonkultes, 12 Tagereisen westlich von Memphis
(Plin. n. h. V, 9). Sie gehörte zum Nomos Libya (Ptol. IV, 5).
Die Eanallandschaft. östlich von Pelusium, an der Landenge,
die »Bitterseen* {locus amari), Reste vorzeitlicher Meerbedeckung. Von
hier aus wurde im Altertum wiederholt der Versuch gemacht, eine Ver-
bindung des mittelländischen Meeres mit dem roten herzustellen ; so durch
Ramesu H (1394 — 1328), indem er vom östlichen Nilarm aus (durch das
Thal Wadi Tumilat, wahrscheinlich das Göschen der Bibel, griechisch Pha-
Handbach der klan. AltertanMWteeDiichan. III. 3. 2. Aufl. II
162 A. Geographie von Italien and dem Orbia Bomanns.
cusa) einen Kanal nach dem arabischen Golf hin anlegte, mit der Hafen-
stadt Ramesu, dem Heroopolis der Griechen. Der Kanal versandete
öfter, wurde aber, sobald eine energischere Regierungsperiode eintrat, immer
wiederhergestellt; so von Necho (um 600 v. Chr.), durch Darius I; Pto-
lemaeus I und 11; zuletzt durch Traian, seit welchem er den Namen Au-
gustus Amnis fUhrte und die umliegende Landschaft davon als die
Augustamnica bezeichnet wurde. Der Kanal mündete bei Arsinoe-Cleo-
patris, eine halbe Stunde von dem heutigen Suez, ins rote Meer.
Das eigentliche Libyen in seinem Verhältnis zu Ägypten.
Die westwärts von Ägypten gelegene libysche Küstenlandschaft (Pentapolis,
Gyrenaica) befand sich unter ägyptischer Botmässigkeit und bildete eine
Sekundogenitur der Ptolemaeer, bis es seit 74 v. Chr. römische Provinz
wurde. Augustus kombinierte dieselbe mit Greta zu einem Provinzial-
Sprengel, der also nach der griechischen Seite hin gravitieren sollte. Nach
der diocletianischen Einteilung wurde es nicht zum afrikanischen, sondern
zum ägyptischen Länderkomplex geschlagen. Die Städte Gyrene und
Barca (auch Barce, in spätrömiseher Zeit Baricis, die Einwohner Barcaei
oder Bariciani) haben als Bischofssitze bis zum Zusammenbruche des
römischen Reiches eine verhältnismässige Blüte sich bewahrt. Der Hafen
von Gyrene, ApoUonia, erhielt den Namen Sozopolis (jetzt Süza). Im
übrigen vgl. die Hellen. Landeskunde.
76. Das rote (erythraeische) Meer. Längs der Küste der sogen.
Troglodyten waren seit den ältesten Zeiten, wie die bis auf die VI. Dynastie
zurückreichenden Felsinschriften darthun, eine Reihe von Häfen angelegt.
Dieselben waren teils mittels Landstrassen durch die arabische Wüste
mit dem Nilthal in Verbindung gesetzt, teils als Stationen für die Schiff-
fahrt im nicht ohne Vorsicht zu befahrenden roten Meer eingerichtet. Die
Pharaonen haben in allen Blüteperioden des Reiches Handelsflotten auf
dem roten Meer zur Anknüpfung direkter Beziehungen mit dem afrika-
nischen Weihrauchland Punt^) entsandt.
Die Ptolemaeer restaurierten jene Häfen und gaben ihnen neue
Namen: Arsinoe, Myos-Hormos, Aennum, Leukos, Nechesia,Bere-
nice (von hier aus eine der Strassen nach Koptos am Nil); Soteronlimen,
Ptolemais Epitheras, das äthiopische Adulis, endlich Berenice mit
dem Beinamen Epideires. — Die Station Ptolemais Epitheras hatte ihren
Namen von Ptolemaeus H. Philadelphus (284 — 246), der Expeditionen zur
Erkundung der Küste und der Häfen aussandte; der Beiname Epitheras
war dem Ort gegeben nach den Elephantenjagden, die man von hier aus
im inneren Lande veranstaltete. Der Handel mit Elfenbein, Schildkröten,
Nashörnern, Spezereien war an dieser Küste von Bedeutung; dafür wurden
ägyptische Waren abgesetzt, Luxusartikel, Gewandstoffe, Werkzeugsgei*äte,
Waffen; auch Wein und Getreide.
*) Ueber die Lage von Punt vergl. W.
Max Müllbb, Asien und Europa nach alt-
ägyptischen DenkmAlern (1893j. Ueber den
Handel im alten Aegypten vgl. Ed. Mbybb,
Die wirtschaftliche Entwicklung des Alter-
tums, Jena 1895.
10. Aegypten. (§§ 76, 77.) 163
Die Schiffahrtsverbindung erstreckte sich an die arabische und äthio-
pische Küste, in den persischen Meerbusen, bis nach Indien; ein direkter
Handel nach dem letzteren Lande kam jedoch erst wieder unter römischer
Herrschaft zu stände.
B. Fabbioius, Der Periplus des eiythraeisclien Meeres von einem Unbekannten.
Griechisch und Deutsch mit kritischen und erklärenden Anmerkungen nebst voUstfindigem
Wörterverzeichnisse, Leipzig 1883. „Der Verfasser dieses, den praktischen Zwecken des
Kauftnanns und Schiffers dienenden Periplus schildert die Schiffahrt und die Handelsplätze
zunächst an der Ostküste Afrikas von Myos-Hormos bis nach Rhapta. Dann kehrt er zu-
rück zu seinem ersten Ausgangspunkte, fährt von Myos-Hormos ostwärts direkt über den
arabischen Meerbusen nach Leuke-Eome in Arabien und von da an schildert er die Fahrt
an der West- und Südküste Arabiens bis nach Vorderindiens Westküste, die er bis zum
Kap Eomorin verfolgt und ihr schliesslich über die Ostküste Vorderindiens noch einiges
hinzufügt Doch ist der letzte Teil der Schilderung der Fahrt an der Ostküste Afrikas
(von Opone, im Somälilande, südwärts) nach allen Anzeichen nur nach Mitteilungen ihm
befreundeter Seefahrer abgefasst, während die Notiz Über die direkten Fahrten von Ost-
afrika und Südarabien aus nach der Westküste Vorderindiens mit Benutzung der Monsuns
sein Eigentum ist.*^
Dieser Periplus stammt aus der römischen Zeit zwischen 56 und 71 n. Chr. Vgl.
£. Glasbb, Abfassungszeit und Autor des periplus maris Erithraei: „ Ausland '^ 1891 S. 45 f.
In dem Werk ist von einem Nabataeerkönig Malichas (d. i. Malchus III, 49 — 71 n. Chr.)
als von einem Zeitgenossen des Reisenden und von „Eaisem'' die Rede, unter welchen
bloss Claudius und Nero oder die ganze Reihe von Claudius bis Vespasian verstanden
werden kann. Plinius der Aeltere hat den Periplus benützt, dessen Verfasser ist vielleicht
der £[aufmann Basiles, den Plinius im Index unter seinen Autoren aufführt. — Eine neuer-
dings (1893) von Glaser eruierte Inschrift (vom Jahre 29 n. Chr.) erwähnt den aus dem
Periplus bekannten hadhramantischen Eönig Eleazos als Ili-'azz-Jallt (,Allg. Zeitung ** 1894
Beil. März 7). — In der Schrift von E. Glasbb, Die Abessinier in Arabien und Afrika (1895)
werden die Beziehungen des römischen und persischen Welthandels zu den Axumiten und
den arabischen Rivalen, den Himjaren, auseinandergesetzt. Ueber das Reich der Axumiten
in der Euserzeit vgl. Mommsen, Rom. Gesch. V, 598 f. Adulis (in der Bucht von Massaua)
war der Hafenplatz, während die Hauptstadt Axömis (Axum; in der heutigen Landschaft
Tigre lag. — Ueber eine Flottenexpedition, die unter Ptolemaeus H Philadelphus nach dem
persischen Meerbusen unternommen wurde, berichtet eine in Pithom-Heroopolis von der
Priesterschaft des Gottes Atum errichtete Hieroglyphenstele. Vgl. U. Eöhlbb in den
Sitzungsb. der Berliner Akad. 1895 S. 965 ff. — Ueber die Nachrichten des Eosmas Indiko-
pleustes vgl. Ebumbaghsbs Byzant. Litteraturgeschichte S. 157 f.
77. Alexandrias Bedeutung fttr Ägypten und die übrigen Mittel-
meerlandschaften. Die von Alexander d. Gr. (gegenüber der Insel Pharos)
unfern der Nilmündung von Kanopus begründete Hauptstadt, die vom
echten Ägypter immer als eine Art Ausland angesehen, übrigens nach wie
vor Rhakotis genannt wurde, erwuchs zu einem Bindeglied zwischen dem
Nilland und der übrigen alten Eulturwelt.
Die Politik der makedonischen Dynastie, die in erster Linie Alexandria
zu gute kam, gfng dahin, den Handel von jedem Hemmnis und wo möglich
auch von jeder Konkurrenz zu befreien. Daher im Westen gegenüber dem
seemächtigen Karthago eine romfreundliche Politik, während man im Osten
durch die Okkupation von Goelesyrien u. s. w. den Überlandhandel nach
Alexandria zu leiten unternahm; im aegeischen Meere wurden Stations-
plätze okkupiert, und die Schiffahrtshindernisse, die z. B. das exklusive
Byzanz im Bosporus bereitete, (unter Ptolemaeus IV.) im Bunde mit Rhodus
beseitigt. Die Zerstörung von Karthago und Korinth nützte nicht nur
dem römischen, sondern auch dem alexandrinischen Handel, der seitdem
vom schwarzen Meer bis nach Äthiopien, von Indien bis an die Säulen des
Herkules reichte und namentlich auch den italischen und stadtrömischeu
[g4 A. Geographie von Italien nnd dem Orbis Bomanaa.
Markt für sich gewann. Mehr noch war dies der Fall nach der Annexion
Ägyptens an das römische Reich. Die Verhältnisse des Landes und seiner
Hauptstadt (die gleich den anderen Griechenstädten: Naukratis, Ptolemais
in Oberägypten, Antinoö von der Oauverfassung eximiert war; daher als
Heimatsgemeinde in den röm. Militärlisten die Stadt angegeben ist: z. B.
Alexandrinus) blieben im wesentlichen unverändert; vielmehr haben die
ägyptischen und insbesondere die alexandrinischen Institutionen in Rom
als Muster gedient. Alexandria blieb Residenz des „praefedus (Alexandriae et)
Äegypti^ und Sitz der Centralbehörden: des iuridicus Alexandriae, des idiologus
Aegypti, des procurator ad dioecesin Alexandriae u. s. w. In der nächsten
Nähe der Stadt, in Nikopolis (beim heutigen Ramleh), war ein Legions-
lager eingerichtet. — Eine andere Vorstadt hiess Neapolis, wovon ein
procurator benannt wurde, der zugleich die Aufsicht über das Mausoleum
Alexanders d. Gr. zu führen hatte. Dann gab es ein eigenes Judenviertel
in Alexandria, wie denn die Schriften des Juden Philo eine wichtige Quelle
für die Topographie der Stadt bilden.
Anderseits verbreitete sich die griechische Bildung von Alexandria
aus stetig weiter stromaufwärts, so dass schliesslich öffentliche Biblio-
theken, welche auch die Werke der griechischen Klassiker enthielten,
selbst in kleineren Orten, wie ArsinoS (Faijüm) vorhanden waren.
F(ir ein Land wie Aegypten, das seit der persischen Herrschaft (und schon früher
seit dem Einfluss der Griechen) eine durchaus passive Rolle in der Geschichte gespielt hat,
muss die geographische Darlegung auf die eigentlich Ägyptische Periode zurückgreifen,
dann die Gründungen der hellenistischen Periode berücksichtigen, die von den römischen
Kaisern übernommen und fortgeführt wurden. Endlich muss auf die Einrichtungen der
Eaiserzeit Bezug genommen werden. Aegyptisches, griechisches, römisches Wesen lagen
gleich drei Schichten übereinander, wie man jetzt, bei Vertiefung der ftgyptologischen
Studien an der Hand der Papyri von El-Faijüm u. s. w. immer mehr erkennt. Dem ent-
sprechend auch die folgende Litteraturangabe. H. Bbuosch, Geographie des alten Aegyptens,
3 Bände, Leipzig 1857. — Derselbe, Dictionnaire g^ographique de Vancienne ^ypte, Leipz.
1876—1879. Diese Frucht dreissigjähriger Studien bespricht die geographischen Namen
der ägyptischen Denkmäler in alphabetischer Aufeinanderfolge. — Derselbe: „L* exode et
les monuments egyptiens**, mit einer Karte des alten Unterägyptens, Leipzig 1875. —
J. DüMiCHEN, Geographie des alten Aegyptens. (In dem Sammelwerke „Allgemeine Ge-
schichte in Einzeldarstellungen", herausgeg. von W. Oncken.) Berlin 1878 f. Enthält zwei
umfangreiche geographische Kapitel (mit Abbildungen und Litteratumach weisen S. 1—266).
1. Das Volk der alten Aegypter, ihr Land und dessen Erzeuger und Ernährer, der Nil.
2. Die alte geographische Einteilung des Landes. Mit von Dümichek entworfenen Karten:
1. Der Lauf des Nil von seinem Herauskommen aus den NeiXov Xifivai (Mwutan und Uke-
rewe) bis zu seiner Mündung ins Mittelmeer. (Althistorische Namen in Lapidarschrift). —
2. Karte des alten Aegypten (I. und IL oberäg. Gau, nach den Berichten der Denkmäler,
den Angaben der griechischen, römischen und koptischen Schriftsteller und mit Berück-
sichtigung der modernen arabischen Ortsnamen, denen ein altäg. zu Grunde liegt). ~
3. Situationsplan der drei Tempelbezirke in Kamak und Generalkarte von Theben. —
4. Das Assuäner Katarakten-Gebiet. 5. und 6. Karte des alten Aegypten, HI bis VIII
oberäg. Gau; IX bis XIV oberäg. Gau. 7. Das Delta. — Vgl. auch DDmicbbn, »Geo-
graphische Inschriften altägyptischer Denkmäler". In den Jahren 1863 — 1865 an Ort und
Stelle gesammelt und mit Erläuterungen herausgegeben, 2 Bände, Leipzig 1865. Femer
»Die Oasen der libyschen Wüste**. Ihre alten Namen und ihre Lage, ihre vorzüglichsten
Erzeugnisse und die in ihren Tempeln verehrten Gottheiten, Strassburg 1877. — A. Ma-
RiBTTE, Les listes gSographiques des Pyldnes de Karnak comprenant la Palestine, V Ethiopief
le pays des Somal, Leipzig 1875. Vergl. Bbügsch in Gott. gel. Anzeigen 1876, St. 1. —
A. Mariettb, Karnak, ^ude topographique et arch^ologique avec un appendice comprenant
les principaux textes hi^oglyphiques dScouverts ou rectieillis pendant Us fouilles ix^cuties
ä Karnak (Hauptwerk über Theben), Leipzig 1875. — Habris, HierogJyphical Standards
representing places in Egypt supposed to he nomes and toparchies, 1851. (Veröffentlichte
zum erstenmal einige der bis dahin fast unbeachtet gebliebenen geographischen Listen, die
10. Aegypten. (§ 77.) 165
einzelnen Figuren als Personifikationen der verschiedenen Gaue Aegyptens und deren Unter-
abteilnngen erklärend. Vgl. Dümiohbn, Geographie Aegyptens, S. 27 ff. Für die Behandlung
der Geographie Aegyptens war der untere Absatz der Tempelwände, auf etwa ein Meter
Höhe von der Basis ab bestimmt; während die ins Ausland unternommenen Feldzttge an
den Aussenmauem des Tempels, zumal an den durch ihre Höhe zu Eolossaldarstellungen
vorzüglich sich eignenden Wänden, dargestellt waren.) — Lbpsius, «lieber die mit den
Nomenlisten verbundenen geographischen Namenreihen **. In Zeitschrift ftb* ägypt. Sprache
1865. — J. DB Roüo^, Textes giographiquea du temple d* Edfou (in der „Revtte archSo-
logique*') und Monnaies des Nomes de V Agypte. In der „Revue numismatique** 1874. —
Maspero, Fragment d* un commentaire sur le second livre d* HSrodote. Im „Annuaire
de V associatUm pour V encouragement des Müdes grecques en France", 1876 — 1878. (üeber
die Physiognomie Aegyptens im 5. Jahrb. v. Chr., zur Zeit, da Herodot als wissbegieriger
Forscher dafi Nilland bereiste, und Aber Herodots Bericht selbst vgl. man auch H. Bbboeb,
Gesch. der wissenschafÜ. Erdkunde der Griech., Abt. I, S. 104 ff.) — A. Wiedbmann,
Geschichte Aegyptens von Psammetich I. bis auf Alexander d. Gr. nebst einer eingehenden
Kritik der QueUen zur ägyptischen Geschichte, Leipzig 1880. (Bespricht S. 13 f. die Listen
der eroberten Städte und Länder und eine Reihe anderer geographischer und ethnographi-
scher Monumente). — Robiou, Memoire sur V iconomie politique, V administratian et la
legislation de V J^gypie au temps des Lagides. Avec carte. Paris 1876. (Die Karte ver-
anschaulicht die administrative Topographie Unterägyptens in griechischer Zeit und die An-
siedlungen längs der Kttsten des roten Meeres.) — Jon. Gustav Droysen, De Lagidarum
regno PtoUmaeo VI Philometore rege, Droysens Doktordissertation, Berlin 1831, wieder ab-
gedruckt in dessen «Kleinen Schriften zur alten Geschichte" Bd. II, Leipzig 1894, und mit
Anmerkungen versehen von U. Wilcken. - W. Schwabz, Der Schoinos bei den Aegyptem,
Griechen und Römern. Eine metrologische und geogr. Untersuchung. In den «Berliner
Studien fttr kl. Philologie und Archäologie**, Berlin 1894. Derselbe, Zur Politik Ale-
xanders d. Gr. In Fleckeisens Jahrb. 1894 S. 179 ff. (ttber die Grtlndung von Alexandria
und Alexanders Einrichtungen in Aegypten). Derselbe, Der Geograph Claudius Ptolemaeus,
Rhein. Mus. 1893 S. 258 ff. Dessen Positionsbestimmungen für Aegypten analysiert. Der-
selbe, Eine Welthandelsstrasse. In Fleckeisens Jahrbüchern 1892 S. 635—653 (von Ale-
xandria nach Indien). Derselbe, Aethiopien (in handelspolitischer Beziehung), Rhein.
Mus. 1894. Derselbe, Der bubastische Nilarm, In Fleckeisens Jahrb. 1894. — J. Jukg,
Die römischen Yerwaltungsbeamten in Aegypten, „Wiener Studien '^ XIY (1892) S. 227 ff.
(Behandelt die „cursus honorum" der praefecti Aegypti, der Epistrategen u. s. w., um den
Zusammenhang Aegyptens mit dem übrigen Reiche darzulegen.) — U. Wilcken, Bemer-
kungen zur ägyptischen Strategie in der Kaiserzeit, „Hermes" XXVII S. 287 ff. (Ueber die
Ernennung der Strategen, d. i. der Vorsteher der Nomen, Liste der bekannten Strategen aus
Inschriften und Papyri). — 0. Hibschfeld, Die ägypt. Polizei der römischen Kaiserzeit nach
Papvrusurkunden, Berliner Sitzungsber. 1892 S. 815 ff. — P. Viereck, Urkunden aus dem
Archiv von Arsinoö, „Hermes" XXVII, 516 ff. (eine Reihe von Aktenstücken aus dem Stra-
tegenarchiv von ArsinoS). — Die Militärverhältnisse Aegyptens in römischer Zeit, welche
ftkr die Schonung der Eigentümlichkeiten des Landes charakteristisch sind, behandelte, aus-
gehend von den Legionarb'sten aus Koptos und Alexandria, Momusen in „Hermes" XIX
S. 1 ff., vgl. Corp. III suppl. n. 6580, 6627; in Bezug auf die Auxiliartnippen Ephem. epigr.
VII p. 456 ff.; femer (in Bezug auf die Militärdiplome) Corp. III suppl. p. 2007. Man er-
sieht, welchen Anteil die einheimische, resp. griechische Bevölkerung am Militärdienst hatte,
ebenso die Verbreitung des römischen Bürgerrechtes in Aegypten. — Lumbroso, V Egitto
al tempo dei Greei e dei Romani {Roma 1882, 2. Aufl. 1895). Enthält auch geograph. Aus-
einandersetzungen. So wird ein lange vermisster, von L. in Turin gefundener Bericht über
die von den Franzosen im Jahre 1800 ausgeführte Expedition von Siut nach dem roten
Meer mitgeteilt und daran eine geschichtliche Erörterung über die das Nilland umgebenden
Wüsten geknüpft. Beachtenswert sind die Bemerkungen über die ägyptischen Kanäle in
der Kaiserzeit S. 21 ff. Weiter sind die Strasse von Koptos nach Berenice und die süd-
lichen Grenzlandschaften Aegyptens behandelt (vgl. hierüber auch die „A 11g. Zeitung" 1893
Sept. Beil. N. 22.S ff.: „Altes und Neues über Koptos und Wadi Hamamät"), mehrere Kapitel der
Stadt Alexandria gewidmet. — W. Jüdeich, Caesar im Orient, Leipzig 1885 (auch das
„bellum Afexandrinum" mit Verwertung der neuesten topographischen Hilfsmittel behan-
delnd). Neboutsos-Bet, L' ancienne Alexandrie, ^tude archdologique et topographtquCj
Paris 1888. Mit einem Plan der Stadt. Weitere Litteratur verzeichnet Puchsteik s. v.
Alexandria in der Neubearbeitung von Paulys Realencyklopädie. Vgl. Ephem. epigr, VII
p. 448 ff. über die Wasserversorgung Alexandrias unter Augustus, wo auch eine Abhand-
lung PucHSTBiNS über die alexandrinischen Wasserleitungen angekündigt wird. — L. Mitteis,
Reichsrecht imd Volksrecht in den östlichen Provinzen des röm. Reiches, Leipzig 1891. —
E. Kühn, Die städtische und bürgerliche Verfassung des römischen Reiches bis auf die
166 A. Geographie Ton Italien nnd dem Orbis Bomanna.
Zeiten Justisians, Bd. II, Leiinig 1865, S. 80—91, 454—508: Der Zustand Aegyptens, ein
Gegenbild der römischen Munizipalverfassung. — Eibpbbt, Geogr. § 172 ff. — Mabquabdt,
Rom. ßtaatsverw. I * S. 488—456 (mit Angabe der Speziallitterator). — Mommsbh, Römische
Geschichte, Bd. V, Kap. 12 : Aegypten. Hiezu Nöldekbs Rezension im X?(;XTX. Bande der
Zeitschrift der deutschen morgenländischen Gesellschaft (1885). Für die sp&trömische Zeit
ist (ausser Ammianus, der Notit. dignitatutn und dem fiierocles) wichtig Georgii Cifprii de-
scriptio orbis Bomani, edid. H. Gelzbb, mit der Eartenbeilage: ÄegypH inferioris provinciae
secundum Georgii descriptionem. 1 : 2,500,000; mit reichlichem Kommentar. — S^ten-
BEBG, Chronique de Jean Mgue de Nilciou. Notices et extraita des manuscrits de la hihlio-
thkque nationale. T. XXIV, 1 (1883). Diese Chronik des 7. Jahrh. n. Chr. ist aus dem griechi-
schen ins arabische, aus dem arabischen ins äthiopische Übersetzt worden und so erhalten.
Sie ist auch f&r die Geographie von hervorragender Bedeutung. Nikiu, der Bischofsitz des
Verfassers, lag an der Strasse von Memphis nach Alexandrien, nach dem lün. Ant. von
dem ersteren 49, von dem letzteren 96 römische Meilen entfernt, an dem Ostufer des £a-
nopischen Nilannes (Armes von Rosette), auf einer von diesem, dem sebennytischen und
dem zuerst nach der Stromspaltung beide verbindenden Kanal gebildeten, von Herodot und
Thukydides unter dem Namen Prosopitis erwähnten Insel gelegen. Ptolemaeus bezeichnet
Nikiu als die Hauptstadt des prosopitischen Nomos. Vgl. QuATRSiiEas, Mimoires giogra-
phiques et historiques sur V ^ggpte, I p. 420 ff. Gelzbr, Georg. Cyprius p. 109 ff. üeber
die Nilm&ndungen im späteren Altertum, ebenda p. 133. Yergl. auck Pabthbt, Aegypten
beim Geographen von Ravenna, Abhandlungen der preuss. Akad. 1858. AiiiLiNBAU, La gio-
graphie de V Egypte ä V Spoque copte (1890). — G. D abesst, Les grandes mlles d' Egypte
ä V Spoque copte {Revue archiol, 3. t. XXV, 1894) stellt eine Reihe von Oertlichkeiten des
Deltas fest auf Grund zweier koptischer Verzeichnisse von Bistümern. Mit kartographischer
Skizze. — Die Schwierigkeiten, welche die Topographie des Deltas bietet, lassen sich, wie
schon Champollion und Quatrem^re erkannten, nur mit Hilfe der mittelalterlichen Quellen
bewältigen. Vgl. auch J. de Rovo6, La g^ographie ancienne de la Basse-Egypte (1890),
der sich gleichfalls auf eine koptische Bischofsliste stützt. — Garolvs a S. Paolo, Geo-
graphia sacra p. 254 ff. — Nachblüte des ägyptischen Volkstums saec. VI— X.
Eine neue Periode der ägyptischen Forschung, namentlich für die Zeit römischer
Herrschaft ist heraufgekonmien, seitdem Tausende von Papyr aus FailQm nach Wien
und Berlin gekommen sind. Vgl. J. Kababaoek, Der Papyrusfund von El-Faijüm, Denk-
schriften der Wiener Akademie Bd. XXXIÜ (1882). G. Ebbbs, Eine Gallerie antiker Por-
träts. Erster Bericht über eine jüngst entdeckte Denkmälergruppe, Berlin 1889. G. Wss-
SELT, Prolegomena ad papyr orum Graecorum novam colledionem edendam, Wien 1888.
Die darin besprochenen Papyri von El-Faijüm („Papyrus Erzherzog Rainer'*) sind für die
Kenntnis der Verwaltung Aegyptens in ptolemäischer und römischer Zeit von hervoiragender
Bedeutung. — C. Wessbly, Neue griechische Papyri aus This und Panopolis, «Wiener
Studien" VII (1885) S. 122—139 (er bemerkt, dass die mittelägvptischen und die oberägyp-
tischen Zustände in den Papvri als wesentlich gleichartig erscheinen). — W. v. Habtel,
Ueber die griech. Papyri Erzherzog Rainer. Vorti-ag gehalten in der Sitz, der Wiener Akad.
am 10. März 1886 (die Beschreibung, welche Strabo von den Bevölkerungs- und Produktions-
verhältnissen Aegyptens gibt, findet durch die Angaben der Papyri ihre Illustration; was
in diesem Vortrage des näheren ausgeführt ist). — U. Wilcken, Observationes ad historiam
Äegypti provinciae Bomanae depromptae e papyris graecis Berolinensibus ineditis, Berliner
Doktordissertation 1885. — Man vergl. auch die Aufsätze von Wilcken in , Hermes'* XIX,
290 ff.; XX, 430 ff.; XXI, 277 ff; XXH, 1 u. 142 ff.; XXIII, 592 ff., 629 ff; XXVUI, 230 ff.
Femer «Aktenstücke aus der kgl. Bank zu Theben" (Sitzungsber. der Berliner Akad. 1886).
Daran schliesst sich die Ausgabe der „Aegyptischen Urkunden aus den königlichen Museen
zu Berlin*" (Berlin 1892 ff., bis Ende 1895 zwei Bände) durch Wilcken, Viebeck u. a. unter
Leitung von Mokusen, der selbst einige dieser Urkunden eingehender konunentiert hat.
Vgl. «Zeitschrift der Savignystiftung« Rom. Abt. XII (1892) S. 284 ff. Ephemeris epigra-
phica VII (1892) p. 456 ff. Gbadenwitz, Ein Protokoll von Memphis aus Hadrianischer Zeit,
«Hermes'' XXVHI, 331 ff. Viebeok, Urkunden aus dem Archiv von Arsinoe vom Jahre 248
n. Chr. «Hennes* XXVU, 516 ff. Derselbe, Quittungen über Lieferung von Saatkorn,
«Hermes* XXX, 107 ff. Alle diese Arbeiten ergaben mancherlei Detail für die geographische
Forschung, zeigten aber auch, wie konservativ alle Verhältnisse des Landes waren. — Das-
selbe gilt von den Publikationen der Wiener Papyrusforscher (namentlich C. Wessblt,
Corpus Papyror, Baineri, Bd. 1, 1895. Der 2. Band, von Kball bearbeitet, enthält koptische
Urkunden). Ueber Arsino6 und seine Geschichte vgl. Wilcken, Zeitschrift der Gesellschaft
f. Erdkunde 1887 S. 26 ff. und zu J. G. Dboysens Kl. Schriften II S. 435. — Ueber die Aus-
übung der Gerichtsbarkelt in den verschiedenen Sprengein Aegyptens handelt eingehend
auch L. Mitteis, Zur Berliner Papyruspublikation, , Hermes' XXX S. 564 ff. — Der Index
zu Band I der Berl. Papyr. (1895) verzeichnet p. 376 f. „Geographisches*: Länder, Völker,
Gaue, Städte, Dörfer, Strassen, Plätze, öffentliche Gebäude, endlich die Demotika. — .Mit-
10. Aegypten. (§ 77.) 167
teilungen aus der Sammlung der Papyrus Erzherzog Rainer", Wien 1886 ff.
J. NiooLB, Les papyrus de Genhe, Vol. I (6en6ve 1896). Ein Teil der Fa:pyTUB von El-
Faij^m kam nach Genf.
In den letzten Jahren wurden hauptsächlich durch den „Egypt Exploration Fund**
in Unter&gypten völlig verschollene Städte, wie Pithom, Tanis, Naukratis, Buhastis aufge-
deckt. Darüber liegen (seit 1885) folgende Publikationen (vgl. Revtie critique 1889 April
22, 1893 Mai 15) vor:
1. E. Navillb, The störe eity of Pithom and the rouU of the Exodus. (London 1885.
Wichtig für die biblische Geographie).
2. FuNDEBS PsTBiB, lanis. 1^9 partie,
3. Plikdebs Pbtbie, Naukratis. l^e partie. (1886. Wichtige Aufechlttsse über die
griechischen Niederlassungen in Naukratis.)
4. Flindebs Pbtbie, Tanis. 2« partie. Nebesheh und Defenneh.
5. E. Naville, Goshen and the shrine of Saft-el-Henneh. (Für die biblische Geographie
von Bedeutung.)
6. E. A. Gabdnbb, Naukratis. Part IL WUh an appendix hy L. F. Gbiffith (1888).
7. E. Naville und Gbiffith, Hie city of Onias and the Mound of the Jew. (Biblische
Geographie.)
8. E. Naville, Buhastis. — Im Felsgebirge von Tell-Bastah, nahe der von Kairo nach
Ismailia führenden Bahn, hat Naville im Jahre 1887 die üeberreste des berühmten
Tempels von Buhastis ausgegraben und Tausende von einbalsamierten Katzen vor-
gefunden.
9. E. Naville, The festivaUhall of Osorkon II in the great temple of Buhastis (1892).
Flinders Petrie hat 1892 bei Teil el Amama ausgegraben. — Der zweite „Archaeo-
logical report*' des »Fund" (1892—1893) enthält eine archäologische Karte von Aeg^ten
in 5 Blättem.v Der „report*^ über die Jahre 1893—1894 ist (in London) 1895 erschienen.
— J. P. Mahaffy, The Flinders Petrie Papyri (I, 1891. 11, 1893) gibt nament-
lich Aufschlüsse über die makedonischen Soldaten und ihren Grundbesitz, wobei die
Verhältnisse der Ptolemaeerzeit an die von Herodot U 168 geschilderten erinnern. Yergl.
Wilckbn in den Göttinger gel. Anz. 1895 S. 130 ff. — Mimoires publids par les memhres
de 1a mission archSologique frangaise a Caire, wovon 1893 als Bd. XIII erschienen ist:
G. BiN^DiTE, Description et histoire de V tle de Philae. lieber die neuesten Untersuchungen
bei Assuftn, Elephantine u. s. w. vgl. Maspbbo, La premihre campagne de fouiUes de M. de
Morgan en iigypte. Compte rendu de V acad. des insc. 1893 (Mai) p. 155 ff. Die Resultate
kommen vor allem der ältesten Geschichte Aegyptens zu gute. Aber auch da darf man
nicht vergessen, dass z. B. dem Isistempel zu Philae die altiiergebrachten Privilegien sowol
von den Ptolemaeem, als von den römischen Kaisem immer wieder bestätigt wurden.
Eingehende Untersuchung der Bauten von Philae 1896; des Isistempels, des Nilmessers,
Auj^dung eines Augustustempels, der oben S. 152 Anm. erwähnten bischrift des Cornelius
Gallus u. s. w. Inschriften aus ptolemaeischer Zeit, Gnadenbeweise der Ptolemaeer für die
Priester von Elephantine, sind besprochen in den Mitt. des athen. Instituts 1895 S. 327 ff.
üeber die römische Besatzung von Syene vgl. Acad. des inscript. 1896 Januar— Februar.
Ueber die in der Kaiserzeit geprägten Nomosmünzen vgl. Pick in der Zeitschrift f. Numis-
matik XIV, 304 ff. Ueber die ägyptischen Pagarchen handelt Kababaoek in den „Mitteil,
aus d. Sammlung d. Pap^s Erzherzog Rainer* I S. 7 ff.
Ueber die Verbreitung des Christentums den Nil aufwärts von Alexandria aus nach
Nubien und Abessynien vgl. die Studie von L. Duohesnb „Les missions chritiennes au
sud de V Empire romain** in den „Milanges d'archSol. et d'histoire XVI (1896) p. 79 ff.,
mit geographisch wichtigen Notizen aus der spätrömischen Zeit.
Nachträgliche Bemerkungen.
Zu S. 9 f. Die Neuausgabe der römischen Itinerarien wird bei Teubner-Leipzig er-
scheinen unter dem Titel: Itineraria Romana. Ediderunt et commentariis instruxerunt
Otto Cuntz et Guilblmus Kubitschbk. Zwei Bände. Dieselben sollen ausser den in der
Parthey-Pinderschen Ausgabe vereinigten Wegbüchem auch den Routentext der Peutinger'-
schen Tafel und den Geographen von Ravenna, soweit er das Routennetz der von
ihm benutzten Karte wiederiiolt, enthalten.
Zu S. 25 Anm. Die hier nach Belooh gegebene Etymologie des Namens von Ischia
ist unrichtig. Nach Ascoli ist Iscla = insula. Vgl. Bbloch in den Ergänzungen und Nach-
trägen zur ersten Ausgabe seines .Kampanien'^ S. 468.
Alphabetisches Register.
Abella 28.
Abellmum 28, 46.
Abigas 73.
Abila Lysaniae 145.
Abilene 145.
Abnoba 111.
Aborigines 42.
Abruzzen (Aprutium) 14, 49.
Abudiacum 132.
Abydos 158.
Acci 88, 93.
Acelum 62.
Acerrae 29.
Acerantia 23.
Achaia 139.
Acbenisia 26.
Achulla 79.
Aciris 20.
Acropolis 20.
Acumincum 134.
Addoa 66.
Adiabene 146.
Adrana 111.
Adrianopcl 138.
Adriatisclies Meer 15, 59,
133
Adsaliiita 128.
AduUs 162, 163.
Aecae 24.
Aeclanum 45, 46.
Aedui 97, 101, 102.
Aegates 67.
Aegypten 150; Bevölkerongs-
zäl 154; Einteilung und
Verwaltung 154, 156; Strabo
156; JuvenaUs 153, 157;
Ptolemaeus 165.
Aemilia 9, 59.
Aeminium 90.
Aenaria 15, 25, 28, 167.
Aennum 162.
Aenus 128.
Aeolia insulae 67.
Aeqoi 13, 33, 39, 40.
Aequicnli oder Aequiculani 40.
Aequum 133.
Die Ziffern bedeaten die Seltenzahleo.
Aequum Tuticum 45.
Aesemia 44.
Aesis 48, 51, 60.
Aestii 111.
Aethiopia 152.
Aetna 15.
Afilae 40.
Africa, Bedeutung des Namens
70; geographische Gliede-
rung 71 f.; Gebirge 72;
Hydrographie 73 f.; pro-
consularis 79; Verhältnis
zu Italien 80; Ptolemaeus
71,73;solitudines80; Ethno-
graphische Verhältnisse 74.
Agaunum 104.
ager, Romanus 6, 32, 35, 36;
Bruttius 17; Teuranus 17;
Campanus 29, 30; Stellas
29, 30; Falemus 29; Lau-
rens 36; Pomptinus 38;
Beneventanus 45; »Sabinus
41; Picenus 48, 59; Cale-
tranus 54; Galliens 59, 66.
ager translimitanus 107.
agri decumates 107, 1 18 f.
Agrippa, Vermessungen im
Orient 8, 9, 10, 147; Auf-
nahmen in Spanien 86, 95.
Aguontum 133.
Agylla 55.
Agyrion 69.
Ahama 50.
Aithalia 53.
akrokeraunische Gebirge 21.
axQtoTiJQioy xttXov 72, 73.
Ahdia 69.
Alba Longa 32, 33, 36; Fu-
cens 40, 41; Pompeia 63;
mons Albanus 6 ; Albanum
34; lacus Albanus 31, 32;
arx Albana 33, 37.
I Albingaunum 63.
i Albinia 54.
Albintimilium 63.
I Albion 122.
Albis 106, 109, 111, 114.
Albulae 31, 34.
Albumus 20.
Alemona 107.
Aleria 69, 70.
Alesia 103.
Aletrium 39, 40.
Alexandria 163 f., 165.
Algidus 31, 33, 37, 39, 40;
Algidum 33.
Alimentarstiftungen 7, 12.
Aüso 120.
AUia 35, 36.
Allifae 44.
AUobroges 97.
Almus 128.
Alpen 14, 52; Alpis Julia 64;
Alpes Poeninae 66, 102;
Graiae 64 f., 102; Graiae
64 f., 102; Cotfciae 64, 66;
maritimae 58, 64, 65.
AlpenpäBse 11, 64, 65, 66.
Alsieünus lacus 54.
Alsium 56, 57.
Alünum 62, 65.
Alutus 128.
Amalfi 30.
Amantini 131.
Ambiani 101.
Ambidravi 130.
Ambilici 130.
Ambisontii 130.
Ameria 50.
Amisenus 31.
Amisia 111.
Amitemum 41, 42, 49.
Ammaedara 73, 79.
Ampsanctus 45.
Ampsivarii 114.
Anagnia 39, 40.
Anas 87, 89, 93.
Ananni 65, 66.
' Ancona 48, 60.
I Ancyra 139, 142.
' Andecavi 102.
Andomantunnm 98.
Alphabetisches Register.
169
Angrivarii 112, 114, 120.
Anio 34, 40, 41.
Anisus 128.
Annianaa lacus 27.
Antaeopolis 159.
Antemnae 35.
Anthemusia 146.
Anticaria 90.
Antinoopolis 159.
Antinum 46.
Antiochia 144; Pisidiae 143.
Antipolis 99.
Antitaarns 143.
Antimn 38, 39.
Anza 21, 46.
Anxanum 46.
Anxur 38.
ADamea 144.
Aphroditopolis 159, 160.
Apis 161.
Apollinopolis 157; maior (su-
perior), parva 158.
Apollonia 133.
Apollonos Hydreuma 158.
Appennin (Apennin) 14; Pässe
50, 53, 61.
Appenninenhalbinsel 3.
Aprastani 20.
Apta 99.
Apoani 45, 58, 61.
Apulia 14, 15, 22, 24.
Apulum 132, 134, 137.
Aqyae Albolae 31, 34; Popu-
loniae 53; Seztiae 99; Apol-
linares 55; Tauri 56; Sta-
tiellae 63; regiae 78; Fla-
viae 91, 92.
Aquaviva 55.
Aquileia 60, 62, 67.
Aqnilo 22, 23.
Aqoilonia 45, 46.
Aquincnm 134, 137.
Aquinum 38.
Aquitania 96, 99, 101, 102.
Arabia 147, 152, 185; Litte-
ratur 148.
Aradus 144.
Arae Flaviae 106, 107, 118.
Arar 96, 100.
Araosio 99.
Aravisci 131.
Ardalio 73.
Ardea 36, 37.
Ardeaten in Hispanien 85.
Ardnenna 97.
Arelate 98, 99, 104.
Arelica 62.
Arethnsa 145.
Arevaci 91, 92.
Argaeli 92.
Argaens 143.
Ai^entannm 19.
Argentaria 117.
Argentarios mons 54, 57.
Ai^entoratum 106, 117.
Argentovaria 117.
Analbinom 117.
Ariana (Irftn) 147.
Aricia 33.
Ariminos 51; Ariminum 51,
59, 60.
Armenia 143; (maior) 145;
minor 139, 141; Litteratur
8, 149.
Armenta 54.
Annorica 104.
Ama 50, 51, 52.
Amus 15, 53, 57.
Arpi 23.
Arpinnm 38.
Arrabona 128.
Arretium 53, 54, 57.
Arrianus 128, 149 (über Alpen
und Kaukasus).
Arsenses 85, 88.
Arsia 61.
Arsino« 162.
'jQtnyoXrtjy noXis 160, 165,
166.
Arsissa 143.
Artaunum 118.
Artena 38, 39.
Arvalenhain 35, 36.
Arvemi 98, 101, 102.
Asamus 128.
Asciburgium 117.
A Senium Apulum 24; Picenum
48, 49.
Asia 139, 140.
Asido 90.
Asisium 50, 51, 52.
Assuras 79.
Astaboras 151, 153.
Astigi 90, 93.
Astura 39.
Asturia 91 ; Asiures 89, 91,
92.
Asturica 91, 93.
Atella 25, 29.
Atemum 47, 48.
Atemus 14, 41, 47, 48.
Ateste 58.
Athenae 139.
Atina 20, 38.
Atlasgebirge 72, 75.
Atrebates 101.
Atria 53, 62.
Atropatene 146.
Attidium 51.
Audus mons 72, 75.
Aufidena 44.
Aufidus 15, 22, 23, 24.
Aufinum 47.
Augusta, Bagiennorum 63;
Emerita 89; Praetoria 63,
65; Rauracorum 100, 131;
Taurinomm 9, 63; Tricasti-
nomm 99; Trevirorum 100,
104 ; Vindelicorum 113,
131 f.; Viromanduorum 101.
Augustobriga 90.
Augustani 91.
Augustamnica 161.
Augustus anmis 161.
Augustus und seine Chrono-
graphie 8, 9, 10, 95.
Aurasius mons 74, 75.
Aurelia 7; vicus Aurelii 55;
vicus Aurelianus 119; Au-
reliani 102.
Aurgi 92.
Aurini 54.
Aurunci 25, 30.
Autissiodurum 102.
Automolen 150, 153.
Autricum 102.
Auziliartruppen 11; der III
Galliae 101 ; germanische
in Britannien 125.
Auximum 48.
Avaricum 101.
Avaris 161.
Aveia 47.
Avella 92.
Aventicum 100, 105.
Aventinus 46.
Avienus 84.
Azima 98.
Azum 149, lol, 153, 163.
Azalii 130.
Babba 81.
Babylon 160.
Baecula 90.
Baesucci 92.
Baetasii 111.
Baeterrae 99.
Baetica 4, 89, 90, 95.
Baetis 87, 93.
Bagienni 63.
Bagorrites lacus 138.
Bagradas 73 f., 80, 82.
Baiae 27, 30.
Balba 48.
Baleares 94.
Ballista mons 61.
Balneum regis 54.
Balsa 90.
Banausa 81.
Bantia 23.
Barbariciani 68.
Barca 162.
Barcino 92, 93.
Barium 24.
Basanius 129.
BasUea 100, 105.
Bastamae 130.
Bastitani 92.
Batavi 111, 112, 116; Batavo-
durum 111.
Bauli 27.
Bedaium 133.
Bedensis pagus 115.
I Beguensis regio 75.
170
AlphabeÜBches Register.
Belgae 123; Belgica 96, 99,
100, 104.
Belunum 62.
Benacns 62.
Beneamum 93.
Beneventum 44.
Berenice 162; mons Bereni-
cidis 158.
Bergalei 65.
Bergomum 62.
Beroea 138, 144.
Berytus 144.
Besidiae (Besidianum) 19.
Beiher 145.
Betriacum 63, 66.
Bibracte 97.
Bmgnm 118.
Birbilis (Bilbilis) 92.
Bithynia 139.
Bitia 68.
Bituriges 101, 102, 104.
Blanda 20.
Blera 54.
Blemmyes 152.
Bocchori 94.
Boditria 124.
Boii 59, 97, 130.
Bonna 117.
Bononia 53, 57, 59, 102.
Bontobrica 118.
Borbetomagofi 119.
Boresis 152.
Boresti 124.
Borysthenes 133.
Bostra 147.
Bovianum 43, 44 (vetus and
Undecimanorum).
Bovillae 32, 36, 37.
Bracara, Bracarangusta 91, 93,
94; Bracaraugustani 91.
Braccianum 55.
Bradanus 19.
Bragantia 91.
Breones 130, 132.
Breuci 131.
Brigantes 124.
Brigantio 98.
Brigantimn 132, 137.
Brigetio 113, 134, 137.
Britannia 122; sup^rior, in-
ferior 125; Juvenalis Aber
Britannien 123, 124, 126;
Geogr. Ravennas 123; Ju-
liuB Caesar 122; Strabo
122, 127; Tacitus 123, 124,
126; Ptolemaeus 123.
Brittones 104, 115, 123.
Brixia 58, 62, 65.
Bructeri 112, 115, 119.
Bmndisimn 21, 45.
Brottü 7, 14, 15, 16, 17, 18,
19.
Bnbastis 161, 167.
Bnca 46.
Bulla regia 79, 80.
Burdigala 102, 104, 105.
Burgundiones 114.
Buri 113.
Biimum 133.
Burunitanus saltos 80.
Busentos 17.
Bnsiris 161.
Butuntum 24.
Buzentiun 19.
Buxns 56.
Buzara mons 72.
Byblus 144.
Byrsa 72, 76, 83.
Byzacene 79.
Byzantes 75.
Byzantiam 138, 139, 143.
Cabellio 99.
Cabenses 33.
Gadurci 101.
Gaelia 24.
Caenina 33, 35, 54.
Caere 55, 56, 57.
Caeroesi 111.
Caesaraugusta 91, 92, 93.
Caesarea (bei Ravenna) 60;
in Mauretanien 81; in Pa-
laestina 145; in £[appa-
docien 140, 142, 143, 149.
Caesarobriga 93.
Cafsa 84.
Caieta 39.
Calabria 7, 19, 20, 22.
Calagurris 92.
Calatia 25, 29.
Cale 51.
Caledomi 123, 124, 126.
Cales 29.
Caleva 123.
Callipolis 21.
Calor 45.
Calubriga 92.
Cambodunum 132, 135.
Cameiinum 50, 51, 52; Ca-
mertes 50.
Campania 7, 25, 30.
Campus Diomedis 23; Can-
diani 60.
Camnlodunum 123, 125.
Camunni 64, 65.
Canatheni 11.
Caninefates 112, 119.
Cannae 23.
Cantabri 87, 89, 91.
Canusium 28, 24.
Capena 55, 56.
Capitulum 39, 40.
Capreae 28, 30.
Capua 25, 29, 30.
Caracates 115.
Caraceni 43, 44.
Caralis 3, 68.
Carascus pagus 115.
Carcaso 99.
Careiae 55.
Carminianensis saltus 22.
Carmo 90.
Cami 65, 130.
Camuntum 113, 133, 184,
137.
Camuti 102.
Camutini 101.
Camutum 102.
Carpentoracte 99.
Carsioli 40, 41.
CaiBulae 50, 51.
Cartenna 78, 81.
Cartima 90.
Caruces 115, 116.
Casilinum 29.
Casinum 38.
Cassianum 19.
Casperia 43.
castra Claudiana 29 f.
Castrimoenium 34.
Castrum novum 49, 55, 57;
Castra vetera 106, 116;
Regina 134.
Castram Truentinum 48.
Castulo 87, 89, 92.
Catalauni 102.
Cätali 65.
Catania 69.
Caucasus 128.
Caudium 45.
Caulonea 17.
Cavares 97.
Cebenna 96, 99.
Celeia 133.
Celsitani 88.
Cemenelum 65.
Cenabum 102.
Ceneta 62.
Cenomani 58, 102.
Centomcellae 56, 57.
Centuripae 67, 69.
Cerbalus 22.
Cereatae (Marianae) 38.
Cerfennia 46, 48.
Cessetani 88.
Chabina 145.
Cliamavi 112, 115.
Charini 114.
Charydes 106, 114.
Cbasuarii 114.
Cbatti 106, 112, 113.
Chauci 112, 121.
Cherson 140.
Cherusci 112, 114.
Chois 161.
Chullu 81.
Ciabrus 128, 132.
Cibalis 131.
Cidamus 84.
Cilicia 189; Litteratur 148.
Cimbri 106, 113.
Ciminius lacus 55.
Cingnlum 49.
Circeii 38.
Cirta 77, 78, 81.
Alphabetisches Register.
171
Citania 91, 94 f.
Clampetia 19.
Clania 54.
ClanioB 29.
Classis 60.
Clastidium 63.
Clateraa 59.
Clisius lacus 62.
Clitornia 40.
Clitiimnus 50.
Clota 124.
Clania 91, 92.
Clupea 73.
Clusium 54, 56, 57.
Cliistamina 35.
Cluviae 44.
Collatia 36.
Commagene 145, 148.
Complatmn 92.
Gompsa 45, 46.
Comum 62, 65; lacus Coma-
censis 62.
Concordia 62.
Condate 100, 102.
Condevincnm 101.
Condrusi 111.
Condrustius pagus 115.
Confluentes 100, 118.
Conimbriga 90.
Consentia 16, 17, 19.
Constantina 78.
CoDSuanetos 130.
Contrapollonospolis 157.
Cora 39, 96.
Corbium 34.
Corduba 88, 90, 93.
Corfininm 44, 47.
Corioli 33.
Comia 42.
Cornus 68.
Ck)r8ica 58, 67 f.
Cortona 54.
Cosa 54, 57.
Cotini 82, 113, 129, 131.
Crabra 34, 37.
Cremera 35, 36.
Cremona 59, 60, 63, 66.
Crustamerium 35.
Cugerni 112, 122.
Cularo 97.
Culcul 73.
Cumae 25, 26.
Cupra (maritima, montana) 49.
Cures 41, 42, 43.
Cmmbis 77.
Cnsus 128.
Cutilia 42.
Cypmß 139.
Cyrene 162; Cyrenaica 76.
C^zicus 140.
Dacia, Litteratur darttber 127,
131, 134, 136 f.
Daci 11, 111, 126, 130.
Dannvius 111, 128, 130.
Dardania, Litteratxir darüber
137.
Damascus 145.
Dascusa 141.
Daunia 22, 23, 24.
Damms 23.
Delmatia (Dalmatia) 65, 132,
133, 135.
Delta, des Nu 161.
Demetae 126.
Dertona 60, 63.
Dertosa 92.
Deva 124, 125.
Digentia 40.
Diomedeae insulae 46.
Diospolis 152, 157, 158.
Divitia 117.
Divodmimi 102.
Dodekaschoenus 156.
Doliche 145.
Dora 144.
Dorostormn 134.
Dorylaion 142.
Dravus (Draus) 128.
Diilon 129.
Drinus 129.
Dmentia 96.
Drusiana fossa 103, 116.
Dulgubnii 114.
Duria 66, 128.
Durius 86, 89.
Durocatalauni 102.
Durocomovium 126.
Durovemum 126.
Dusae 107. -
Dyrrhachium 133, 138.
Ebora 90.
Eboracum 124, 125.
Eburodunum 65.
Eburones 111.
Eburum 20.
Ebusus 94.
Ecetra 38, 39.
Edessa 138 ; in Osrhoäne
146.
Egnatia via 138.
Elant ....; (Elz) 115.
Elea 19, 20.
Elephantine 150, 156.
Elusatium civitas 102.
Elymais 146.
Emesa 145.
Emmaus 145.
Emona 65, 67.
Emporiae 85, 93.
Enna 69.
Ephesus 140.
Epidaums 133.
Epims 139.
Epomeus 26.
Eporedia 62, 63.
Eretum 41.
Eridanus 66.
Etruria 7, 8, 52, 57.
Etrusci 3, 31, 59.
Eumorfiana insula 39.
Euphrates 142; Uebergänge
145; Quellgebiet 149; Flo>
tiUe 148.
Eupilis 62.
Fabaris 43.
Fabrateria 38, 39.
Faesulae 53.
Fagifulae 44.
Falacrine 42, 43.
Falerii 55, 57.
Falerio 49.
Falesia 57.
Falisci 55.
Fanum Fortunae 51, 52, 60.
Farfar 41, 43.
Faustinopolis 9.
Faventia 59.
Felsina 53.
Feltria 62.
Ferentinum 39, 40; (Feren-
tia) 54.
Feroniae lucus 55, 56.
Feronianum castrum 61 ; Fer-
ronianus mons 61.
Fibrenus 38.
Ficoclae 60.
Ficulea 35.
Fidenae 35, 37.
Fidentia 59.
Firmum 49.
Flaminia 7.
Flevo lacus 103, 112, 116;
castellum Flevum 116.
Florentia 53.
Florentiola 59.
Forentum 23.
Formiae 39.
Formio 60.
Fortunatee insulae 81.
Foruli 43.
Forum Appii 12, 39; Aurelii
56; Cassü 54; Claudü 12
Clodii 54; Comelii 59, 60
Decü 43; Flaminii 12, 50
GaUorum 61; Julü 62, 99
Lepidi 59; Livii 59; novum
41; Popilü 8,20,59; Sem-
wonii 50, 51; Traiani 68;
Vibium 66.
Fosi 114.
Fossa Sconii 60.
Fregellae 38.
Fregenae 56.
Frentani 43, 46.
Freute 14, 22.
Friniates 61.
Frisaevones 112.
Frisii 114, 116; maiores, mi-
nores 112.
Frisiones 121.
172
Alphabetisches Register.
Frusino 38.
Fucinus lacns 40, 46, 47.
FulgiDinm (Fulginiae) 50, 52.
Pundi 39.
Farconium (Furcona) 49.
Furculae Caudinae 45 f.
Gabellas 66.
Gabii 37.
Gadeira 85.
Gades 81, 85, 90, 91.
Gaetuli 74.
Galati, Galatia 96, 139, 142.
Gallaecia 91.
Gallia, Galliae 111; Narbo-
nensis 104; togata 97, 99;
bracata 97, 99, 105 ; comata
97, 99; tres Galliae 100,
103 ; Littoratur über Caesars
gallischen Krieg 103 f.;
Strabo 103; Ammianus
Marcellinus 103 ; Gallia
cisalpina 8, 58, 60, 66; cis-
padana 61 ; transpadana
7, 8.
Gallilenses 68.
Gambriyü 115.
gantae, in Germanien 110.
Garganus 14, 22.
Garumna 96, 99.
Gaudos (Gaulos) 70.
Gelduba 117.
Genauni 130.
Genava 97, 98.
Genua 60, 63.
Germani, Name derselben 111 ;
älteste germanische Völker-
schicht auf gallischem Boden
111 Anm. 2; angeblich in
Britannien 123; germanische
Auxüia 112; Götter 112,
116, 121.
Germania, Geographie 109;
militärisch aufgenommen
109 f.; Germaniae 111;
Grenze der Germania sup.
gegen Belgica 118; Tacitus'
Germania 110 f., 115; die
Litteratur über dieselbe 120,
121; Vellelus Paterculus
1 10; Plinius d. Ä. inDeutech-
land 110, 113, 121; Ptole-
maeus 111, 115; Ammianus
Marcellinus 115, 122; Jor-
danes 115, 122; Procopins
von Caesarea 115, 122;
Agathias 115.
Germania (in Thracien) 138.
Gesoriacum 102.
Gigthis 84.
Gigurri 92.
Gindanes 75.
Glevum 125.
Gnathia 24.
Gordion 142.
Gorgon 57.
Goten 113, 115; in Taurien
137.
Gradus 62.
Graecia magna (major) 3.
Granua 113, 128.
Gratianopolis 98.
Graupias mons 123.
Graviscae 56.
Grumentum 20.
Gunugi 81.
Gutones 114, 115.
Hadria 49.
Hadrumetum 78, 80.
Haemus 129.
Halys 139, 140, 142, 143.
Haste 63.
Hatra 146.
Heliopolis 161.
HelvetU 97, 103, 105; pagi
der Helvetii 97, 105.
Heraclea 19; Heraclea Pon-
tica 140.
Herakleopolis 159.
Hercynia silva 111.
Herdoniae 24.
Herminius 87.
Hermopolis 159.
Hermunduri 113, 114, 122.
Hemici 39.
Heroonpolis 161, 163.
Hetriculum 19.
Hibemia 122, 123.
Hieraconpolis 159.
Hierasus 128.
Himella 41, 42.
Hippo Diarrhytus 73, 78, 80,
84; regius 77.
Hipponium 16, 17.
Hirpini 43, 44, 46.
Hispalis 90, 93.
Hispania 3, 84; citerior 95;
ulterior, Lusitania 88, 89;
Urographie und Hydrogra-
phie 87; Bergwerke 87;
Völkerstämme 88 ; Auxiliar-
truppen 91.
ffispellum 50, 52.
Histonium 46.
Histria 7, 8.
Horte 55.
Holzlieferungen, nach Rom 16.
Hydruntum 21.
Jactus 66.
Jader 133.
Jarno 94.
Janiculum 35.
Japydes 130.
Japygia 20, 22; Japygium
promonterium 21.
Jasi 131.
Jatrus 128.
Jazyges 131.
Iberer 58, 85, 95; angeblich
in Britannien 128.
Icauna 96.
Iconium 142.
Icosium 78.
Idisteviso 121.
Idubeda mons 87.
Jerusalem 145.
Igabrum 90.
Igügili 81.
Igilium 57.
Igloetes 88.
Iguvium 50.
Ilerda 93, 95.
Ilergetes 88.
Ilici 92.
lUpula 87.
niiberis 90.
niyricum 127, 128.
Ilugo 92.
Euro 90.
Ilva 53, 57.
Imeus mons 46.
Imola 60.
Incia 66.
Indien, Litteratur 149.
Indienhandel 163.
Indigetes 85, 88.
Insubres 58.
Interanma 42; (Lirenas Su-
casina) 39; (Nahars) 50;
Praetuttiorum 49.
Interocreum 41.
Interpromium 47, 48.
Jol 81.
Iris 139.
Isara 96.
Isarci 130.
Isauria 139.
Isca 123.
Issa 127.
Istros 128, 134.
Itelien, Name 3; Herrschafte-
stellung 4; tributim de-
scriptel; Organisation durch
Augustus 6 f.; ursprüngliche
Ausdehnung 8, 17 f.; Ein-
teilung um 600 n. Chr. 11.
Itelici (Iteli) 6, 47; IteUker
in der Poebene 67; Italica
in Hispanien 88, 90.
Itinerarien 8, 9, 93, 94, 147,
167.
Ituna 124.
Judaea 145; Juden 68.
Juliobriga 92, 93.
Julium Camicom 62, 65.
Juncaria 93.
Juvanum 46.
Juvema 123.
Ivemia 122.
Kainepolis 158.
Eamacha 142.
KaQndttjg 129.
Alphabetischee Register.
173
Karien, Litteratur darüber
142 f.
Karthago (Garthago), seine
Lage 72 f.; topographische
Ai]£iahine 73; Aasgrabnn-
gen 82 f.; Gründung 76;
Verträge mit Rom 4, 73;
Grenzen des Gebietes 76;
Seeherrschaft 77; Strasse
nach Theveste 80 ; Karthago
nova 87, 91, 92, 93.
Kaatfitegidss 122.
Katakamnene 143.
Kankaland 128.
Kelten, in Hispanien 87 f.,
95; in Oberitalien 5, 52, 53.
Kerke 160.
Kibyratis 143.
Kietis 139.
Kiükien , Litteratur darüber
143; s. Gilicia.
Kolapis 129.
Kolchis 141.
Koptos 152, 158, 165.
Korinih 4.
Kossyra 68, 70.
Krathis 17, 18, 19.
Krokodilopolis 160.
Kroton 16, 17, 18.
Labicmn 35, 36.
Laborini campi 29.
Lacinium Promontorium 16, 18.
Lagerstftdte der Donauland-
schaften 134.
Laietani 88.
Lambaesis 73, 80, 81, 84.
Lambrus 66.
Laminium 92.
Langobardi 113, 114, 115.
Langnentenses 75.
LanuTium 33, 36.
Laodicea 144.
Larinnm 46.
Latini, unter etruskischer He-
gemonie 52.
Latium 30, 32; antiquum 7;
adiectum 37, 38, 39.
Laurentum 33, 36.
Lauriacum 134.
Laus 15, 18, 19, 20; Pom-
peia 60, 63.
Lavemae 47.
Lavinium 33, 86.
Layinius 59.
Legeon 144.
Lemanus lacus 97.
Lemovices 101, 102.
LemoYÜ 118.
Lepontii 58, 65.
Leptis 76, 77, 80.
Letopolis 161.
Letus mens 61.
Leuca 21.
Leuci 118.
Lencopetra 17.
Leugae 100.
Leukos 162.
Lexovii 101.
Libicii 58.
Libiosa 92.
Libumi 130.
Libyen 70, 74 f , 155, 161,
162.
Licates 180.
Licus 128.
Liger 96, 99, 104.
Ligures 52, 53, 58, 68; Bae-
biani et Gomeliani 45.
Liguria 7, 8, 61.
Lilybaeum 15, 67.
Limes in Britannien 124 f.;
Litteratur 126 f.; in der
Dobrudgea 185; in Dacien
136; in Moesien 136; in
Raetien und Obergermanien
106 f.; Litteratur über den-
selben 108 f.
Lindum 128.
Lingones 58, 98, 118.
Lipara 67, 70.
Lippia 21, 22.
Liquentia 66.
Lins 15, 30, 38, 41, 46.
Lissus 5, 183.
Litemum 29.
Lixus 78, 81.
Locri 15, 16, 17, 18.
Lon . . . . ; (Lanchester) 1 14.
Londinium 125.
Lopodunum 119.
Lorium 56
Aovi^a vXtj 128.
Luca 58, 61.
Lucani 16, 20.
Lucania 7, 14, 18, 19.
Lucenses 91.
Luceria 23, 24, 45.
Lucinae oppidum 157.
Lucrinus lacus 26, 28.
Lucullanum castnim 27.
Lucus Angitiae 46; Augusti
91; Ferentinae 32.
Lugudunum 98, 99, 100 f., 102,
104, 111; provincia Lugu-
dunensis 99.
Lugii 118.
Luna 53, 60, 61.
Lupiae 21, 22.
Luppia 111.
Lusitania 87, 89 f.. 95.
Lutetia (Lukotitia) 101, 104.
Lycaonia 139.
Lycia, Litteratur 148.
Lycopolis 159.
Lystra 143.
Macedonia 188.
Machlyes 75.
Macra 58, 60, 61.
Maeatae 126.
Maecia 83.
Mago 88, 94.
Maia 131.
Maiorica 94.
Maken 75.
Malaca 90.
Malve 182.
Mandela 40.
Manduria 21.
Mantua 53, 58, 60, 62, 63, 66.
Marcomani 113, 114.
Mare, inferum 3; mediterra-
neum 3; superum 3; Sue-
blcnm 111.
Margus 128.
Mariana 68.
Marianus mens 87.
Marisus 128.
Marmarica 75.
Marrucini 46, 47.
Maixuvium 46.
Marsadi 112.
Marsi 13, 39, 46, 48; Mar-
sicum bellum 6, 28 ; natione
Marsorum 48; Marsi (in
Germanien) 114, 115.
Marsigni 113.
Marta 54, 56.
Marus 128.
Massa Lubrense 80; Gargi-
liana 80; Trabaria 52.
Massicus mens 30.
Massilia 58, 68, 85, 96, 97, 99,
104, 140; Pytheas 96, 122.
Maülica 51.
Matrona 96.
Mattiaci 106, 110, 112, 116;
castellum Mattiacorum 117.
Mauretania 77 f.; 81 f.
Mauretanier 11.
Mauri 74; in Dacien 75.
Maxyes 75.
Mazaca 140.
Mediolanium(Mediolanum) 58,
60, 62, 63 ; Mediolanum San-
tonum 101.
Mediomatrici 101, 102.
Meduacus 66.
Melibocus 115.
Melite 68, 70.
Melitene 140, 141, 142, 149.
Melpa 88.
Melpum 52.
Memphis 155, 160, 166.
Menapii 111.
Meninx 77.
Mentesa 92.
Meroe 150, 152.
Mesembria 134.
Mesopotamia 146, 148.
Messapia 20; Messapii 21, 22.
Messana 17, 67.
Metapontum 15, 18, 19, 20.
Metellinum 90.
174
AlphabetischeB Register.
Metanros 51, 52.
Mevania 50, 52.
Miacam 92.
Mileeder, HandeLsbeziehimgen
derselben 15.
Mileu 81.
MUyas 143.
Mincius 66.
Minervae castnim 21; Pro-
montorium 25.
Minorica 94.
Mintomae 29.
Miseniun 7, 11, 25, 26, 27,
30; Misenus mens 27.
Modicia 62.
Moenns 111.
Moeris 159, 160.
Moesi 129, 133.
Moesia 132, 133, 136 f.
Mogontiacum 102, 106, 116,
117, 118.
Mona 124.
Monoecus 63.
Morini 102.
Mosa 96.
Moscius mens 18.
Mosella 103, 118.
Mucelli 53.
Mulucha 78.
Munda 86.
Mnrgi 89, 95.
Murrenses vicani 119.
Mursa 131.
Musulamii 75.
Muthul 73.
Mutina 53, 59, 61.
Mutinense bellum 5.
Myos-Hormos 162, 163.
Myrtüis 90.
Nabataei 147, 148, 163.
Nabia 91.
Naissus 133.
Namnetes 101.
Nantuates 98.
Napata (Nabata) 152.
Nar 41, 50,
Narbo Martins 97, 99; Nar-
bonensis provincia, Littera-
tur 103.
Namia 50.
Naro 129.
Narona 133.
Nasamones 75.
Natiso 66.
Naukratis 161, 167.
Neaethus 16, 18.
Neapolis 15,26; auf Sardinien
Nechesia 162.
NemauBus 99.
Nemetes 112; colonia Neme-
tum 119.
Nemetocenna (Nemetacum)
101.
Nemus Dianae 33, 37 ; Nemo-
rensis lacus 33, 37.
Nepete 55, 56.
Neretium 21.
Nervü 101, 111, 112.
Neviodunum 133, 137.
Nicaea 63, 104, 139.
Nicomedia 139.
Nicopolis, ad Haemum 134;
in Palästina 145; bei Ale-
xandria in Aegypten 164.
Nicoterana massa 18.
Nikiu 161, 166.
Nilodicus lacus 151.
Nilus 150; seine Quellen 151,
166; Katarakten 152, 154;
Mündungen 154, 165 f.
Nobatae 152.
Nola 28, 30.
Nomen, in Aegypten 154 f.
Nomentum 35, 41.
Nora 68.
Norba 39; in Spanien 90.
Norici 130; Noricum 65, 133,
Litteratur 135.
Notitiae, kirchliche 140, 141;
dignitatum 140; Galliarum
102.
Novaesium 117.
Novaria 63.
Novempopulana 102.
Noviodunum 100, 105.
Noviomagus 101, 112.
Nubae 152.
Nubien 167.
Nuceria 28, 81; Camillaria 50.
Numana 48.
Numantia 85.
Numides 74.
Numidia 77, 79; Cirtensis79,
Militiana 79; proconsularis
78; consularis 78.
Numistro 20.
Nursia 41, 42, 43.
Nusapius lacus 151.
Oases 161, 166.
Oceanus Germanicus 111.
Ocriculum 50.
Octogesa 95.
Odessus 134.
Oea 77, 84.
Oeneus 129.
Oescus 128, 134.
Oestrymnides 122.
Olaura 90.
Olba 143.
Olbia 68, 134, 140.
Olisipo 90.
Ollius 66.
Ombos 156, 157.
Ophiusa 94.
Oppidum novum 81.
Ordovices 124.
Oretani 92.
Oretum 92.
Orgus 66.
Orospeda 87.
Ortona 46.
Ortsnamen 12, in Britannien
126, in Gallien 105, im
Schwarzwald 118; in den
agri decumates 119; auf Si-
cilien 70; in Africa 84; kel-
tische Ortsnamen östlich der
Weser 111.
Osca 93.
Oscela 65.
Osi 113, 114.
Osrho^ne 146.
Ossonoba 90.
Ostia 11, 31, 33, 36.
Ostippo 90.
Ostra 51.
Othoca 68.
Ovilaba 133.
Oxyrynchus 159.
Padus, Ursprung und Neben-
flüsse 63, 66; Mündung 58.
Paeligni 13, 14, 44, 46, 47.
Paemani 111.
Paestum 19, 20.
Pagida 73.
Pagus Urbanus 46.
Palaeopolis 26.
Pallantia 92.
Palma 94.
Palmaria 39
Palmyra 145, Litteratur 148.
Pamphylia 139.
Pandataria 28.
Pannonia 130, 131, 133.
Panopolis 159, 166.
Panormus 67.
Panticapaeum 140.
Paphlagonia 139; Litteratur
142.
Papirianus lacus 55.
Parisii 101.
Parma 59, 61.
Parthi 139, 146, 147.
Patricum 40.
Patulcenses 68.
Pausulae 49.
Pautalia 137.
Pax Julia 89, 99.
Pella 138.
Pelso lacus 128.
Pelusium 161.
Peltninum 47.
Pentri 44.
Perintlius 140.
Periplus maris Erythraei 148 f.,
150, 152, 163; Hannonis
70.
Persis 146, 149.
Perusia 54, 57.
Perusinum bellum 5.
Petelia 16, 17.
Alphabetisches Register.
175
Petra 147; pertasa 51, 60.
Peucetia 22, 24.
PhaaiB 141.
Philae 152, 156, 167.
Philipp! 138.
Phocaea 68, 96, 140.
Phoenice 148; Phoeniker in
Afrika 3, 72, 76 f., 81; in
Hispanien 84 f., 88.
Picentia 28.
Picenum 7, 48, 49; Picentes
41, 48.
Picnus 128.
Pictavi 102.
Picti 125, 126, 127.
Pinna 47.
Pimster 129.
Pisae 53, 57.
Pisanmm 51, 60.
Pisauras 52.
Pisidia 139.
Pistoiia (Pistoriae, PistoriamJ
53.
Pitinnm 42 ; Morgens 5 1 ; Pisaa-
rense 51.
Pityus 141.
Placentia 9, 59, 60, 61,
63.
Planasia 57.
Plavis 66.
Plestia 52; JlXsMxiyrj U/jivij
52.
Poetovio 134.
Pola 61, 62.
Polimartium 54.
Pollentia 63, 94.
Pompaelo 92.
Pompei 14, 28.
Pomptinae paludes 31.
Pens Aeni 132; Sontii 66;
pontes longi 120 f.
Pontiae insulae 39.
PontoB 142 ; Erudnus 134, 140;
Galaticus , Polemoniacus,
Cappadocicus 139.
Pontnsflotille 140.
Popnlonia 53, 57.
Porolissom 132.
Portae Cancasicae 141; Gas-
piae 141.
Porfcns Gale 91; Hercnlis 54,
57; Pisanns 53; Veneria
53.
Portos 36 ; via Portuensis 37.
Posidonia 15, 19.
Potaissa 134.
Potamophylacia 155.
Potentia 20, 49.
Praeneste 34; yia Praene-
stina 39.
Praetattü (Praetnttiani) 48.
Premnis 152.
Primis 152; maior 151.
Privemates 38.
Prochyta 26, 28.
Prosopis 161.
Provincia (Narbonensis) 97, 99 ;
natione Provincialis 99.
Ptolemais Epitheras 162.
Ptolemais-Hermiu 159.
Pünicum 55.
Puteoli 11, 26, 27, 30.
Pygmaeen Centralafrikas 151.
IV^naeen 11, 87, 96, 105;
Pyrgoi 55, 57.
Pythecusae 25, 28, 30.
Pyxus 19.
Quadi 113.
Quinquetolanonim oppidum
37.
Qnintanae 35.
Quintodecimom 45.
Baetia 113; Grenzen 131;
Litteratur 135; Raeti 129,
130.
Ratiaria 134.
Raudii campi 63.
Ranraca 126, 131.
Ravenna 7, 11, 53; Geograph
von Ravenna 10, 127, 150.
Reate 41, 42.
Redones 102.
Reganus 128.
Regillus lacus 34.
regio (Einteilung darnach)
130, 132.
Regium Lepidi 59.
Rei 99
Remi 98, 102, 104
Rhakotis 163.
Rhegion 11, 15, 16, 17, 18.
Rhenus 59, 66 (in Italien); 96,
100, 111.
Rhesaena 146.
Rhiciani 141.
Rhode 85.
Rhodanus 96, 100.
Ricina 49.
Ripenses, an der Donau
135.
Roboraria 34.
Rom 32.
Rotomagus 102, 104.
Roxolani 130.
Rubi 24.
Rubico 51, 60.
Rucinates 130.
Rudiae 21, 22.
Rugü 113.
Rusadder 81.
Rnscia 17.
Rusellae 54, 57.
Rusguniae 81.
Rusazus 78, 81.
Ruscino 99.
Rusicade 81.
Rusippisir 78.
Rutuli 37.
Rutupiae 126.
Sabatinus lacus 9, 54.
Sabatus 45.
Sabeller 3.
Sabini 13, 14, 41; (in val
Sabbia) 65.
Sabora 90.
Sabratha 77.
Sabrina 123.
Saena 54.
Saepinum 44.
Safineis 43.
Sagrus 14, 43, 44.
Saguntum 85.
SaXs 161.
Sala 78.
Salacia 90.
Salapia 23.
Salaria colonia 92.
Salassi 58, 64, 65.
Saldae 81.
Salemum 28.
Sallentini 21.
Salmantica 90, 94.
Salonae 133.
saltus Bumnitanus 80; Philo-
musianus 80.
Samara 96.
Samarobriva 101.
Samnites 3, 13, 14, 43.
Samnium 7, 22.
Samosata 145.
Sangarius 142.
Santones 102.
Saona 70.
Sardinien 3, 4, 7, 58, 67 f.,
84; Sardisches Meer 3.
Sarmatae 111, 115, 130.
Sarmizegetusa 134.
Samus 28, 81.
Sarsina (Sassina) 51, 52.
Satala 140, 142.
Saticula 45.
Satricum 39.
Satumia 54.
Sauconna 96.
Saus (Savus) 128.
Savaria 133.
Savogninus pagus 98.
Saxones 114, 115.
Scaldis 96.
ScaUabis 89, 90.
Scandinavia 121, 122.
Scaptoparene 138.
Scarabantia 133.
Scardona 130.
Scardus 129.
Sciagra 20.
Scodra 127.
Scolacium 17, 18.
Scordisci 131.
Scotti 125.
176
Alphabetisches Register.
Scrofalae, Stromschnellen in
der Donau 128.
Scultenna 61, 66.
Scupl 137.
Sebastopolis 141.
Sebennytos 161.
Sebethos 27.
Secia 66.
Sedetani 88.
Segisamo 92, 98.
Segni 111.
Segontia 92, 93.
Segusiavi 97.
Segosio 9, 65.
Seiopensis exploratio 119.
Seleucia 146; (Pieria) 144.
Sembritae 153.
Semnones 106, 113»
Senagallica 50, 52, 60.
Senones 102, 104.
Senonii 101.
Sentinum 51.
Septempeda 49.
Sequana 96, 99, 100, 104.
Sequani 97, 101 f.; Maxima
Seqnanonim 102.
Serdica 137.
Sergiana 61.
Serrhae 138.
Servitia (vina) 18.
Sesites 66.
Sestinum 50, 52.
Setia 39.
Sevaces 130.
Severiana 18.
Siberene 18.
SicüU 3, 4, 7, 14, 15, 17, 67,
84; diesseits des Faro 19.
Sicoris 93.
Sidlcini 25.
Sidon 144.
Signia 39.
Silagebirge 16, 17.
Silarus 19, 20.
SUnres 123, 124, 126.
Simbruini coUes 34.
Simitthu 79, 80.
Sinduni 65.
Singidunum 128, 134.
Singilis 86.
Sinonia 39.
Sinuessa 25, 29, 30.
Sipheum 19.
Sipontum 25.
Siris 18.
Sinniam 133.
Sisapo 87.
Siscia 133.
Sitifis 81.
SkyUetion 16, 17, 18.
Sontius 66.
Sora 38.
Soracte 55, 56.
Sorrentnm 28.
Soteron Urnen 162.
Sozopolis 162.
Spina 53, 59.
Spoletium 42, 50.
Stabiae 28.
Stellatmus pagus 55.
Stobi 138.
Stora 66.
Suana 54.
Suasa 51.
Subangusta 37.
Sublaqueom 84, 40.
Suebi 114, 115, 119; civitas
Sueborom Nicretum 119.
Suessa Änrunca 30; Pometia
38.
Suessiones 98.
Suessula 29 f.
Sufes 77.
Sufetula 77.
Sugambri 106, 112, 114.
Suismontium 61.
Sulmo 44, 47.
Sumelocenna 106, 107.
Sunuci 111, 112.
Snperaequum 47.
Supinum 46.
Surrina nova 54.
Sutrium 55, 56.
Sybaris 14, 15, 18.
Syene 156, 157.
Syracus 14, 15, 67; Syracu-
sanus portus (auf Corsica)
68.
Syria 144 ff.; Litteratur da-
rüber 148 f.; Syria Palae-
stina 145, 148; Gyrrhestica
145.
Syrtis minor 80.
Tacape 77, 80, 84.
Tachompso 156.
Tadina 51.
Tagus 87, 92.
Tamarus 44.
Tanager 20.
Tanarus 66.
Tanis 161.
Taphitis 73.
Tarentum 4, 16, 17, 18, 21,
22.
Tarquinii 56 f.
Tarracina 3, 38, 39.
Tarraco 88, 91, 92, 94.
Tarraconensis 89, 91, 94, 95;
Tarraconensis togata 93.
Tartessus 85.
Tarus 66.
Tarvisium 62.
Taunus 107, 111, 115, 141,
142; Taunensium civitas
117.
Taurianum 18.
Taurini 58, 64.
I Taurisci 130.
Taurunum 128, 134.
TauruB 9, 139, 140.
Tavium 142 f.
Teanum Apulum 22; Sidi-
cinum 29.
Teate 22; (Marrucinorum) 47,
48.
Tegianum 20
Telamo 54.
Telesia 44.
Tellena 33.
Temesa 17.
Tempsa 17.
Tencteri 106, 112, 116.
Teni 159.
Tephrike 142.
Tergeste 60, 61, 62, 65.
Terina 16, 17.
Termes (Termentia) 92.
Terventum 44.
Teumia 138.
Teutoburgiensis saltus 115:
Litteratur darüber 120 f.
Teutones 120.
Texandri 112.
Thabraca 73, 78.
Thamesis 123.
Thammes mens 72.
Thamugadi (Timgad) 84.
Thapsus 78, 79.
Tharros 68.
Theben (in Aegypten) 155,
164.
Thelepte 77, 79, 80.
Thena 78.
Theodosiopolis 142.
Thessalomce 138.
Theudalis 79.
Theveste 78, 79, 80.
Thibira 77.
Thigensium castellus 84.
Thizibi mens 72.
Thospitis 143.
Thraci 129, 137, 138.
Thubursicum Bure 80.
Thugga 77.
Thule 124, 126.
Thurü 15, 16, 17, 18, 19.
Thysdrus 77.
Tiberis 3, 14, 15, 16, 31, 32,
49, 50, 53, 56, 57.
Tibur 34, 36, 40.
Ticinum 9, 60, 61, 63.
Ticinus 66.
Tifata mons 29.
Tifemum, Tiberinum 50, 52;
Mataurense 50.
Tifemus 14, 44, 46.
Tigranokerta 149.
Tigurini 97.
Tiliaventus 66.
Timacus 128.
Timavus 66.
Tingi 78, 81.
l Tingitana 78. 81.
Alphabetisches Register.
177
Tinia 50.
Tolentinnm 49.
Tolenos 40, 41, 42.
Tolerus 34, 39.
Toletam 92.
Tolosa 99, 104.
Tomi 134, Litteratur 137.
Transmontani (Astores) 91.
Traospadana 8, 61.
IVapeznnt 140, 141, 142.
Trasimenus lacus 54.
Treba 39, 40.
Treballi 188; Treballia 188.
Trebia 45; 64, 66.
Trebiae 50.
Trerus 39.
Trestabernae 89.
Trevicum 24.
Treviri 98, 100, 102, 104,
111.
Triboci 112.
Tricassini 101.
Tridentum 62, 65.
Trimetus 46.
Trinius 14, 43, 44.
Triocala (Tricala) 69.
Tripolia 144.
Tripolitana 77, 79, 80; limes
IVipolitanus 84.
Tritium Magalliim 92.
Tritonis lacus 74, 82.
Troesmis 134; Litteratur 187.
Troia (Vorstadt von Memphis)
160.
Tropaeum Alpium 63, 64, 114,
180.
Tropea 18.
Trucculensis portus 124.
Tubantes 112.
Tucci 90.
Tudae 91.
Tader 50.
Tuficum 51.
Tugia 92.
Tuihanti 114, 121.
Tulliasses 65.
Txmes 72, 78.
Tungri 111, 112.
Tupusuctu dl.
Turdetania 85.
Turgalium 90.
Turiaso 92.
IMris 87.
l\irones 102.
Tunis Libisonis 68.
Tusc& 73, 78.
Tuscania 54.
Tiaaci& 7.
Tusculum 34, 37.
Tymandos 140.
Tymbres 142.
Tyras 134, 140.
Tyrrhener 15.
Tyrus 144.
XTbii 1 12, 1 1 6 ; civitas Ubiorum,
colonia Clandia ara Agrip-
pina 102, 104, 106, 112,
116 f.
Uci malus 80.
Ucubi 86, 90.
Ufens 31.
Uffugum 19.
Ulpia IVaiana, colonia 112.
Ulubrae 37, 39.
ümbria 7, 8, 9, 41, 49.
Umbro 54, 57.
Umbrosabeller 52.
Urnen 87.
Urbs Salvia 49.
ürbs vetus (Orvieto) 54.
Urci 95.
üria 21.
Urpanus 129.
Ursentini 20.
Urse 86.
Urvinum Mataurense 50, 51;
Hortense 50, 51.
Usalis 79.
Uscosium 46.
Usipü 106, 112, 116.
Uthina 77.
Utica 76, 79, 80, 83, 84; sinus
Uticensis 72.
Utus 128.
Uxama 92.
Uxentum 21.
Vacalus 103.
Vaccanae 55.
Yaeunae fanum 43.
VadaSabatia 60; Volaterrana
53.
Vadimonis lacus 55.
Vaga 80.
Valentia 17, 92, 93, 98, 99.
Valeria (Provinz) 36, 48;
civitas 48; via 7, 36, 40,
41.
Valetium 21, 22.
Vallis Poenina 65, 98.
Valva 48.
Vanacini 69.
Vandali 114.
Vandilü 115.
Vangiones 112; civitas Van-
gionum 119.
Vapincum 98.
Varia 40.
Vardulli 91.
Varini 114.
Varus 60, 61.
Vasaletus mens 72.
Vascones 87, 91.
Vectis 128.
Vedra 124.
Veii 55, 56.
Veleia 53, 63, 64.
Velia 19, 20.
Hftodbnch der klass. AltertomswiBsenachaft. III, 8. 2. Anfl.
Velinus 41; Velini lacus 42.
VeUtrae 38, 89.
Venafrum 29.
Venetia 7, 8, 61, 62; Veneti
52, 58. 59, 104; lacus Ve-
netus 100.
Venostes 64, 180, 132.
Venta 128.
Venusia 24, 45.
Verbanus lacus 62.
Vercellae 68.
Verona 58, 60, 62.
Verulae 39, 40.
Verulamium 126.
Vescellia 46.
Vestini 13, 14, 41, 46, 47.
Vesulus mens 66.
Vesuvius 15, 26.
Vettona 50.
Vetulonia 54, 57.
Via ; die von Rom auslaufenden
viae verzeichnet 86, 37;
Italische Strassenbezirke 7f .;
Latina 83, 34, 36, 87; No-
mentana 35, 37; Tiburtina
35, 37; Tiberina 35; Ma-
minia 7, 35, 36, 37; Appia
31, 38, 86, 87; Salaria 81,
32, 37,41,43; Praenestina
88, 37; Ostiensis 37; Lau-
rentina 87; Labicana 37;
Portuensis 37; Ardeatina
86, 87; Aureüa 7, 86, 57;
Cassia86; Claudia 36; Va^
leria 86, 46, 47; Sublacen-
sis 36; via Popillia 8;
Traiana 28; viae in der
Transpadana 60; via Aemi-
lia Scauri 60; Augusta 60;
in den afrikanischen Pro-
vinzen 79, 82; in Hispanien
93 f.; in der Armorica 104;
in Persien 149; durch die
Balkanlftnder 137; in Bos-
nien und der Herzegowina
136.
Vibinum 24.
Vibo 16, 17.
Vicetia 58, 62.
Vienna 97, 99, 104; provincia
Viennensis 99 ; dioecesis
Viennensis 99.
Viminacium 184.
Vindius 87.
Vindobona, Litteratur darüber
137.
Vindonissa 116, 118.
Vipascum 87.
Viroconium 126.
Virunum 138.
Visentium 54.
Visurgis 111.
Vocontü 97, 98, 99, 104.
VolanuB 61
Volaterrae 53, 57.
12
178
Alphabetisches Register.
Volcei 20.
Volsci 38 f., 52.
Volsinii 54.
Voltomniae fanum 55.
Voltummn 29; Volturnus 14,
15, 25, 29; Volturnusthal
44.
Volubilis 81.
I Yomanus 49.
, Vosagus 97, 118.
I Vulci 54, 56.
' Vultur 24.
Zama (regia) 78; maior, minor
84.
Zeugitana 75, 79.
1
Zeugma 147; regio 145.
Züia 81.
Ziquenses 75.
Ziquensis mons 72.
Zo«lae 92.
Zuccabar 81.
Zachabbari mons 72.
HANDBUCH
DER
KLASSISCHEN
ALTERTÜMS-WISSENSCHAIT
in systematischer Darstellung
mit besonderer Bficksicht auf Oeschichte und Methodik der einzelnen
Disziplinen.
In Verbindung mit Gymn.-Rektor Dr. Autenrieth f (Nürnberg), Prof. Dr. Ad.
Bauer (Graz), Prof.Dr.BIass (Halle), Prof. Dr. Brugrmann (Leipzig), Prof. Dr.
Busolt (Kiel), Prof. Dr. v. Christ (München), Prof. Dr.Leop. Cohn (Breslau),
Prof. H. Gleditsch (Berlin), Prof. Dr. 0. Gruppe (Berlin), Prof. Dr. Günther
(München), Gymn.-Rektor C. Hammer (Würzbmg), Prof. Dr. Heerdegen (Er-
langen), Prof. Dr. Hommel (München), Prof. Dr. Hübner f (Berlin), Prof. Dr.
Judeich (Erlangen), Prof. Dr. Jul. Jung (Prag), Prof. Dr. Krumbacher
(München), Prof. Dr. Larfeld (Remscheid); Dr. Lolling f (Athen), Prof. Dr.
Niese (Marbur|), Prof. Dr. Nissen (Bonn), Prof. Dr. Oberhummer (München),
Priv.-Doz. Dr. Ohmichen (München), Prof. Dr. Pöhlmann (München), Gymn.-
Dir. Dr. 0. Richter (Berlin), Prof. Dr. M. von Schanz (Würzburg), Prof. Dr.
Schiller (Leipzig), Gymn.-Dir. Schmalz (Rastatt), Prof. Dr. Sittl f (Würzburg),
Prof. Dr. F. Stengel (Berlin), Prof. Dr. Stolz (Innsbruck), Prof. Dr. Unger
(Würzburg), Prof. Dr. v. ürUchs f (Würzburg), Prof. Dr. Moritz Voigt
(Leipzig), Gymn.-Dir. Dr. Volkmann f (Jauer), Prof. Dr. Windelband
(Strassburg), Prof. Dr. Wissowa (Halle)
herausgegeben von
Dr. Iwan von Müller,
ord. Prof. der klafisischen Phüologie in München.
Dritter Band, Dritte Abteilung, Zweite Hälfte.
Topographie der Stadt Rom.
Zweite Auflage.
MÜNCHEN 1901
C. H. BECK'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG
OSKAR BECK.
TOPOGRAPHIE
DER
STADT ROM.
VON
PROF. DR. OTTO RICHTER,
KOL. OTHNABIALDIHKKTOB IN BEltUM.
ZWEITE VERMEHRTE UND VERBESSERTE AUFLAGE.
NEBST 32 ABBILDÜNOEtf, 18 TAFELN UND 2 PLÄNEN VON ROM.
MÜNCHEN 1901
C. H. BECK'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG
OSKAR BECK.
Alle Il«cbte vorbcbalteii.
G. U. Beck'sclie Bucbdruckcrci in Nürdlingen.
Vorwort.
Die Topographie der Stadt Rom erschien in erster Auflage im
Jahre 1889. Nachdem im Jahre 1895 die Herstellung einer neuen
Ausgabe notwendig geworden war, nahm ich diese 1896 nach einem
längeren Aufenthalt in Rom in Angriff. Dabei stellte sich heraus,
dass es nicht mit einem einfachen Neudruck gethan war, sondern dass
eine völlige Umarbeitung erforderlich sei. Die topographische Forschung
hatte in der Zwischenzeit so ausserordentlich an Ausdehnung gewonnen,
dass nur wenige Teile des Buches, wie z. B. die Einleitung, im wesent-
lichen unberiihrt bleiben konnten. Auch bedurfte eine Anzahl von
Kapiteln, die in der ersten Bearbeitung zu kurz gekommen waren,
wie der Osten Roms (Quirinal, Esquilin etc.), einer Erweiterung, so
dass das vorliegende Buch den doppelten Umfang der ersten Auf-
lage hat.
Der Druck begann im Jahre 1897 und zog sich mit mehreren
Unterbrechungen über vier Jahre hin. Als im Jahre 1899 die so
erfolgreichen Ausgrabungen auf dem Forum begannen, war das Kapitel
über das Römische Forum schon gedruckt; es ist deshalb am Schluss
des Buches ein Nachtrag gegeben, der die Resultate der Ausgrabungen
im Anschluss an dies Kapitel in ausführlicher Darstellung bringt.
Eine andere Erweiterung erfuhr das Buch durch die beigegebenen
Abbildungen. Während die erste Auflage ausser dem Plane von
Rom nur 3 Spezialpläne hatte, Abbildungen aber überhaupt nicht,
ist die vorliegende mit 32 Abbildungen und 18 Tafeln, darunter
10 Spezialplänen, und 2 Plänen von Rom, dem antiken und modernen
— letzterer nach dem von der Firma Karl Baedeker in Leipzig zur
VI Vorwort
Verfügung gestellten Plane aus Baedekers Italien in einem Bande —
ausgestattet.
Ganz besonderen Dank für freundliche Förderung meiner Arbeit
habe ich auszusprechen Herrn Chr. Hülsen in Kom, der mir
mehrere seiner Pläne zur Benutzung überliess (siehe das Verzeich-
nis) und den ersten Teil des Buches durchgesehen hat, demnächst
Herrn F. Brunswick in llom, dem ich seit Jahren fortlaufende
prompte Berichte über die Kömischen Ausgrabungen verdanke.
Berlin, den 19. Mai 1901.
Otto Richter.
Inhalt-
Solle
1. Einleitung 1—24
I. Quellen der römischen Topographie 1
A. Altertum 1
B. Mittelalter 13
IL Lttteratur 17
ni. Stadtpläne 23
2. Lage und Formation 24—30
3. Entwicklungsgeschichte der Stadt 30—72
4. ZerstOmngsgeschichte 72—76
5. Das Oentnun Roms 76—181
a) Das Forum 76
b) Die Eaiserfora 108
c) Der kapitolinische Hügel 116
d) Der Palatin 132
e) Sacra via und Velia 161
f) Circus Maximus 174
6. Die Stadtteile am Tiber 181 -283
a) Die Markte 181
b) Der Aventin 204
c) Die Vorstädte im Süden des Marsfeldes 211
d) Das Marsfeld 222
e) Die siebente Region (Via lata) 259
f) Trans Tiberim 268
7. Der Osten Roms 283—350
a) Quirinalis und Viminalis 2<S3
b) Der Esquilin . • 302
c) Der Caelius 334
d) Die Vorstadt der Via Appia 340
8. Die Gräber 350—354
9. Nachtrag zu p. 76— 107: Das Forum 355—370
Anhänge 371-395
I. Die konstantinische Regionsbeschreibung 371
11; Varro über die sieben Hügel Roms und die Argeerurkunde 391
IIL Beschreibung der Honorianischen Mauer 393
IV. Aus der Parabase des Flautinischen Gurculio 394
Register 396-411
Nachträge und Verbesserungen.
p. 4. Über die jQDget gefundenen Reste des Stadtplans berichtet Lanciani, Bull. com.
1899, p. 3 ff. und publiziert die wichtigsten daselbst auf Taf. HI. IV. In allemeuester
Zeit ist auf dem Forum ein Fragment gefunden, das einen Teil der Thermen des
Agrippa samt Rest der Inschrift enthält.
p. 23. Nachzutragen ist das neueste Buch von Lanciani : The destruction of ancient Rome,
New York 1899, ebenso auf
p. 24, dass die Forma ürbis von Lakoiani nunmehr vollständig vorliegt, 46 Tafeln mit
mehreren Indices ausgestattet.
p. 43, Anm. 3 ist statt Taf. 4 zu lesen: Taf. 5.
p. 56 ist im Texte des Monumentum Ancyranum eine Zeile ausgefallen; nach Zeile 6 des
Textes fehlt hinter den Worten Libertatis in Aventino: aedem Lamm in summa
Sacra via, aedem deum Penatium in Velia,
p 59, Zeile 6 ist neben Titus hinzuzufügen: und Trajan.
p. 61, Zeile 27 ist hinter Trajanus ein Fragezeichen hinzuzufügen.
p. 65. Der Pomeriumsstein e des Claudius steht, wie auch der Plan zeigt, nicht nördlich,
sondern östlich vom Monte Testaccio. Er beweist lediglich (vgl. p. 66) die Einbe-
ziehung des Avenüns in das Pomerium durch Claudius.
p. 68, Zeile 9 ist statt p. 44 zu lesen: p. 50.
p. 76, Zeile 8 ist statt Antoninssäule zu lesen: Marc-Aurelssänle.
p. 78, Zeile 7 von unten ist statt 121 zu lesen: 122.
p. 123, Anm. 2 ist zu eitleren: H. Degerino, Über etruskischen Tcmpelban. aus den Nach-
richten der k. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, Phil.- bist. Klasse 1897
Heft 2 p. 137 ff.
p. 134, Zeile 12 ist statt 3,46 zu lesen: 5,76.
p. 182, Zeile 5 von unten ist statt 103 zu lesen: 105.
p. 203. Zu den von Hülsen und Dressel gegebenen Erklärungen der Bronze des Anto-
ninns Pius nimmt Petersen in den Rom. Mitt. 1900 p. 852 ff. im wesentlichen in dem
von mir a. a. 0. vorgetragenen Sinne Stellung.
p. 204, Zeile 15 ist zu lesen: Pagus Aventinensis.
p. 225, Zeile 17 von unten ist zu lesen Lacus Fundani.
p. 241, Zeile 7 von unten ist statt Palazzo della Valle zu lesen Piazza della Valle.
p. 248, Zeile 14 von unten sind die beiden Wörter Notitia und Curiosum zu vertauschen.
p. 252, Zeile 21 von unten ist statt S. Maria in Lucina zu lesen: S. Lorenzo in Lncina.
Abbildungen.
1. (p. 81) Front der Rostra an der Westseite des Fomms, Rekonstroktion von 0. Richter,
gez. von F. 0. Schulze.
2. (p. 84) Reste des kapitolinischen Stadtplanes mit Darstellnng von Gebftuden des Forums,
nach Jordan, Forma urbis III, 19. 20. 22. 34 und Not. d. scavi 1882 Taf. XIV.
8. (p. 86) Der Eastortempel, Rekonstruktion von 0. Richter, gez. von Tognetti.
4. (p. 89) Der Vestatempel, Rekonstruktion von H. Jordan, gez. von F. 0. Schulze, aus
H. Jordan, Der Tempel der Vesta, Taf. IV.
5. (p. 91) Die Regia, Rekonstruktion von Chr. Hülsen., gez. von F. 0. Schulze, aus Jahrb.
des Inst. 1889, p. 228.
6. (p. 93) Der Tempel des Divus Julius, Rekonstruktion von 0. Richter, gez. von F. 0.
Schulze.
7. (p. 94) Ostfront des Forums (Tempel des Divus Augustus und Triumphbogen des
Augustus), gez. von P. Graef, nach Jahrb. d. Inst. 1889, p. 157.
8. (p. 111) Reste der Östlichen Exedra des Augustusforums, gez. von F. 0. Schulze, nach
Rom. Mitt. 1891, p. 96.
9. (p. 122) Das Gapitolium, Grundriss von 0. Richter.
10. (p. 138) Aedes Victoriae, Vorderansicht \ Rekonstruktion von Chr. HtQsen, gez. von
11. (p. 139) Aedes Victoriae, Längsdurchschnitt I Rauscher, ROm. Mitt. 1895, p. 21. 22.
12. (p. 152) Templum Augusti unter Caligula, Münze.
13. (p. 152) Templum Augusti unter Antoninus Pius, Münze.
14. (p. 157) Das Septizonium des Septimius Severus, Rekonstruktion von P. Graef, aus Chr.
Hülsen, Das Septizonium des Septimius Severus Taf. 4.
15. (p. 168) Grundriss des Colosseums nach Knapp.
16. (p. 169) Durchschnitt des Colosseums nach Knapp.
17. (p. 172) Haterierrelief aus dem Lateran.
18. (p. 173) Konstantinsbogen nach P. Narducci, Fognatura della citta di Roma, Taf. XIII.
19. (p. 193) Forum boarium, von 0. Richter.
20. (p. 196) Reste des Emporiums, Anlegestelle, Photographie.
21. (p. 201) Molo oberhalb des Pens Aelius, nach Bull. com. 1891 Taf. IV.
22. (p. 202) Grossbronze des Antoninus Pius mit Darstellung der Landung der heiligen
Schlange.
23. (p. 234) Grundriss des Pantheons, nach Adler, Das Pantheon.
24. (p. 235) Vorhalle des Pantheons, Photographie.
25. (p. 237) Fundamente der Vorhalle des Pantheons, nach Armanini (L. Beltrami, 11
PanÜieon, 1898 p. 73).
26. (p. 253) Solarium des Augustus, von 0. Richter.
27. (p. 254) Columna Antonini, Münze.
28. (p. 263) Form. Urb. VI 36: Saepta, Via lata und Statio cohortis I vigilum.
29. (p. 278) Moles Hadriani, Rekonstruktion von F. 0. Schulze, nach ROm. Mitt. 1891 p. 138.
30. (p. 279) Reste von der Bekleidung des Unterhaus der Moles Hadriani, nach Borgatti,
Castel Sant' Angelo Taf. 11.
31. (p. 355) Columbarium in der Vigna Codim', Photographie.
32. (p. 364) Cippus mit archaischer Inschrift vom Comitium, nach Comparetti, Iscrizione
arcaica del Foro Romano, 1900.
Tafeln.
1. (p. 5) Fragmente des Stadtplans, nach Jordan, Forma ürbis, YII, 37 and XIV, 86.
2. (p. 33) Das Templum der Falatinischen Stadt, entworfen von 0. Richter.
3. (p. 37) Das Septimontiam und die Vierregionenstadt, von 0. Richter.
4. (p. 41) Thoranlagen (Ferentino, Volteira, der Janustempel auf dem Forum).
5. (p. 43) Reste vom sogenannten Serviuswall am Centralbahnhof. Nach einer Photo-
graphie. Vgl. 0. Richter, Über antike Steinmetzzeichen 1885 Taf. I.
6. (p. 49) Servianische Stadt, von 0. Richter.
7. (p. 71) Aurelianische Mauer, nach Photographien.
8. (p. 82) Die Marmorbalustraden von der RednerbOhne auf dem Forum, nach Photo-
graphien.
9. (p. 97) Republikanisches Forum, mit Zugrundelegung eines Planes von Chr. Halsen.
10. (p. 107) Plan des Forums von G. Tognetti.
11. (p. 108) a) Eaiserfora, nach Chr. Halsen, Formae ürbis Romae IH. — b) Cloaca maxima,
nach Narducci, Antike Denkmäler I, Taf. 37.
12. (p. 133) Plan des Palatins. Mit Benutzung eines Planes von Middleton nach neuen Auf-
nahmen gez. von F. 0. Schulze.
13. (p. 135) Ausgrabungen an der Sad Westseite des Palatins, gez. von F. 0. Schulze und
G. Tognetti, vgl. Mon. dell* Ist. Vol. XII. Tav. VIII (1884).
14. (p. 238) Vorhalle und Inneres des Pantheons, nach Photographien.
15. (p. 819) Reste der Aqua Claudia und des Anio novus, nacA Photographien.
16. (p. 321) a) Porta Praenestina (P. Maggiore). — b) Reste der Neronischen Wasserleitung,
nach Photographien.
17. (p. 327) a) Thermae Titi et Traiani nach Lanciani. -— b) Thermae Antoninianae nach
Sergius Iwanoff.
18. (p. 363) Älteste Denkmäler des Comitiums. Nach Comparetti, Iscrizione arcaica del
Foro Romano 1900.
Pläne von Rom: 1. Plan des modernen Roms. Nach dem Plane in Bädekers Italien.
2. Plan des antiken Roms. Mit Benutzung von Kiepert und Halsen,
Formae Urbis Romae II, neu gezeichnet von O. Richter.
B.
Topographie
von
Rom
Dr. Otto Richter,
Königl. Oymnasialdlrektor und Profeasor in Berlin.
Handbuch der klasa. Altertumswiiiacniichaft. III, .S,B. 2. Aufl
1. Einleitung.
I. Quellen der römischen Topographie.
A. Altertum.
An der Spitze der aus dem Altertum erhaltenen amtlichen Doku-
mente über die Topographie der Stadt Rom stehen der kapitolinische Stadt-
plan und die konstantinische Regionsbeschreibung.
1. Der kapitolinische Stadtplan. Es sind dies die Reste eines
unter Severus und Caracalla angefertigten marmornen Planes der Stadt
Rom, der an der Nordwand des „templum sacrae urbis** *) angebracht und
öffentlich ausgestellt war. Dieses Gebäude (durch Felix IV. 526 — 30 in
die Kirche SS. Cosma e Damiano verwandelt, Plan von Rom No. 18) war
von Vespasian errichtet und enthielt seit der durch ihn angeordneten und
ausgeführten Vermessung der Stadt (Plin. N. H. III 66.67) das zensorische
Archiv, in dem die Katasterpläne etc. aufbewahrt wurden. Die Nordwand
desselben, welche an die marmorgetäfelte Area des ebenfalls von Vespasian
errichteten Templum Pacis stiess, schmückte, wie nicht zu bezweifeln, ein
Stadtplan. Im Jahre 191 brannte das Templum Pacis mit allen um-
liegenden Gebäuden ab, auch das Templum sacrae urbis wurde ein Raub der
Flammen. Severus stellte es wieder her, wie aus der Inschrift CIL. VI
935, *) die Vespasian als Erbauer und Severus als Wiederhersteller
nennt, und ausserdem aus dem heutigen Zustande des Gebäudes ersicht-
lich ist, welches neben dem Quaderbau des ersten Jahrhunderts die Ziegel-
konstruktion der Severischen Zeit aufweist; Severus veranlasste auch
eine neue Aufnahme der Stadt und die Erneuerung des Stadtplans an der
alten Stelle. Dieser Plan hat das Altertum überdauert und ist erst bei
dem späteren allgemeinen Verfalle der Stadt zu Grunde gegangen. 3)
') üeber das Templam sacrae urbis vgl.
Lancia MI, Degli antichi edifizi componenti
la chiesa dei SS. Cosma e Damiano. Bull,
com. 1882, p. 29 ff.
*) Vgl. Jordan, Forma urbis p. 8.
Urbis): Severi et [An\t(min% augg. nn, hervor;
Fr. 43 nennt die domtis Cilonis^ eines Günst-
lings des Kaisers Severus, Consul 204 (CIL.Yl
1408 f.). Von Gebäuden aus Severus' Zeit ist
auf Fr. 38 a das im Jahre 203 errichtete Septi-
') Dass der betreffende Plan aus der zonium zum Teil erhalten. Von Wichtigkeit
Zeit des Severus stammt, geht aus der In- 1 ist auch die Orthographie auf den Fragmenten
Bcluift auf Fragm. 37 u. 86 (Jobdan, Forma | (Jobdan, F. U. p. 7).
1*
4 B. Topographie von Born.
Die Reste dieses Planes sind unter Plus IV. (1559 — 1565) um
1563 *) von Antonio Dosi zu Füssen der Wand gefunden worden, an der er
einst befestigt war. Sie ist im ganzen wohl erhalten, man sieht noch jetzt
darin die Löcher für die zur Befestigung der Marmortafeln dienenden Eisen
und erkennt die Anordnung der in ihren Massen stark (von 0,70 bis
1,18 m Höhe und 1,70— 2,25 m Breite) ' schwankenden Tafeln (Abbildung
bei Jordan, Forma Urbis Taf. XXXV). Die Fragmente kamen in den Be-
sitz der Farnese und wurden in ihrem Palaste aufbewahrt. Entweder von
A. Dosi selbst oder auf Ursinus' (1529—1600) Veranlassung, jedenfalls bald
nach ihrer Auffindung, wurden von den hauptsächlichsten Stücken (92)
Zeichnungen gefertigt, die später einen Teil des Sammelbandes ausmachten,
der aus der ursinischen in die vatikanische Bibliothek gelangt ist und
dort unter Nr. 3439 aufbewahrt wird. Der Anfertiger der Zeichnungen
hat mit Glück mehrere der Fragmente zusammengesetzt. Bellori, der im
Jahre 1673 die erste Ausgabe der Fragmente machte, benutzte dazu in
erster Linie die vatikanischen Zeichnungen, da von den Steinen schon
damals eine Anzahl nicht mehr vorhanden war. Im Jahre 1742 wurden
die Fragmente aus dem farnesischen Palaste in das kapitolinische Museum
geschafft und dort an den Treppenwänden in der Anordnung der hello-
rischen Ausgabe auf zwanzig Tafeln angebracht. Dabei wurden diejenigen
Fragmente, welche schon Bellori nur aus den vatikanischen Zeichnungen
kannte, oder die noch nach ihm abhanden gekommen waren, nach seiner
Ausgabe ergänzt und sind durch einen Stern bezeichnet. Den zwanzig
Tafeln wurden noch sechs andere mit kleineren, von Bellori nicht be-
achteten Fragmentbrocken hinzugefügt. — Seitdem sind mehrere Funde
gemacht worden: Im Jahre 1867 wurden durch Tocco, ebenfalls zu Füssen
der Nordwand von SS. Cosma e Damiano, einige Fragmente gefunden,
darunter das die Porticus Liviae enthaltende; im Jahre 1882 ein die Ost-
seite des Castortempels mit der Inschrift enthaltendes, dies aber nicht
mehr an Ort und Stelle, sondern östlich vom Castortempel selbst, in eine
mittelalterliche Mauer eingebaut; ebenfalls /nicht mehr an Ort und Stelle
im Jahre 1884 und 1889 Fragmente bei den Ausgrabungen auf dem Forum.
Im Sommer 1888 fand man in dem hinter dem Palazzo Farnese am Tiber
gelegenen Garten beim Abbruch einer Mauer in dieselbe verbaut 188 Frag-
mente des Stadtplanes. Nur wenige davon sind gi'össer, die meisten sind
unansehnliche Brocken, sie können aber immerhin für die Zusammen-
setzung anderer Fragmente von Wichtigkeit werden. Im Jahre 1891
ordnete der Minister eine Ausgrabung an der Rückwand der Kirche
SS. Cosma e Damiano an; in einer mehrmonatlichen Ausgrabungsperiode
wurden aber nur wenige unbedeutende Stücke zu Tage gefördert. Die
Publikation der neuen Funde steht noch aus.')
Ausgaben : Bbllobi, Fragmenta vestigii veteris Romae ex lapidibus Farnesianis nunc
primum in lucem edita cum notis Jo. Petri Belloni 1678, wiederholt im 4. Bande des
Graeviusschen Thesauros antiquitatum Romanaram 1732. Ebenfalls im wesentlichen Wieder-
holongen der Bellorischen Ausgabe sind Piranksi, Antichitä Romane I, tab. II— IV 1756.
Xav. Canale, Ichnographia veteris Romae XX tabulis comprehensa cum notis Jo. Petri
0 Vgl. Mitteilungen des k. deutschen ! - ') Vgl. Mitteilungen des k. deutschen
archftol. Instituts 1890 S. 61 ff. 1 archftol. Instituts 1»91 S. 73. 74. 1892 S. 266.
Taf. 1.
Jordan, Forma Urbis XXIII, 173.
Jordan, Forma Urbis VII, 37 und XIV,
Fragmente des Stadtplans.
t Einleitimg. (§ 1.) 5
Bellorii. Accessemnt aliae YI tabalae ineditae cum Dotis 1764. Bei Ganina finden sich
die Fragmente am Rande seiner Pianta topografica di Roma 1832 and in anderen Büchern
und Abhandlungen reproduziert, Abbildungen einzelner Fragmente sind nicht selten. —
H. Jordan, Forma ürbis Romae regionum XJV, Berlin 1874 auf 37 Tafeln fol. nebst 70
Seiten Text. — Untersuchung über die Flanzeichnungen des Codex Vatic. 3439 von Tren-
ds lbnbubg, J disegni Vaticani della pianta Gapitolina, Ann. d. Inst. 1872, p. 66 ff. Bericht
über die von Tocco gefundenen Fragmente Ann. d. Inst. 1867, p. 408 ff. Sie sind abge-
druckt bei Jordan, Form. ürb. fr. 10—18. Das im Jahre 1882 gefundene ist publiziert Not.
d. scavi 1882, Taf. XIV; vgl. Jordan, Ricardo Lepsius . . gratulatur Institutum archaeologi-
cum Germanicum, Rom 1883, das im Jahre 1884 gefundene Not. d. scavi 1884, p. 423, dieses
und das im Jahre 1889 gefundene Mitt. d. Inst. 1891, Seite 74.
Die Wichtigkeit der wissenschaftlichen Benutzung der Planfragmente
ist seit Erscheinen der Jordan'schen Forma urbis unbestritten. Leider
wird das Studium an den Fragmenten selbst erschwert durch ihre Ein-
mauerung in die Treppenwände des kapitolinischen Museums, wodurch die
Ränder der Steine durch Verschmierung mit Kalk verdeckt sind. Die
mannigfachen, teils den ganzen Plan, teils einzelne Fragmente betreffenden
Fragen haben in neuester Zeit eine eingehende Behandlung, in erster
Linie durch Hülsen gefunden (vgl. namentlich Mitt. d. Inst. 1889, S. 25 f.,
1892, S. 316 und Bull. com. 1893, S. 130), eine endgültige Lösung, soweit
überhaupt möglich, ist aber erst nach Befreiung der Tafeln aus ihrer
modernen Einmauerung zu erwarten.
Der Massstab des Planes lässt sich mit den vorhandenen Mitteln
nicht mit Genauigkeit feststellen; die Versuche, ihn aus den Fragmenten
monumentaler Gebäude zu gewinnen, sind misslich, denn der Massstab
derselben schwankt, wie ein Vergleich mit noch erhaltenen Resten zeigt,
nicht unerheblich, selbst innerhalb eines und desselben Gebäudes. Der
Massstab scheint, wie schon Canina erkannte, 1 : 250 gewesen zu sein
(vgl. Hülsen in Bull. com. 1893 S. 131), aber er ist wohl kaum exakt fest-
gehalten. So weisen z. B. die Privathäuser (domus) auf Fragm. 173 und
191 der Forma urbis von Jordan (abgebildet auf Tafel 1) Grössenverhält-
nisse auf, die bei Annahme eines Massstabes von 1 : 250 keine rationalen
Zahlen ergeben, dagegen bei Annahme eines Massstabes von 1 : 300 auf
den römischen Actus (120 röm. Fuss) führen; die Frontbreite der drei
nebeneinander liegenden Häuser auf Fragm. 173 würde danach je einen
halben Actus betragen, was doch schwerlich auf Zufall beruht (vgl. meinen
Aufsatz Insula Hermes 1885, S. 94. 95). — Mit diesem Schwanken im
Massstabe harmoniert die Darstellung selbst. Trotz der Menge von
Einzelheiten, die er enthielt, war der Plan ungleich und stellenweise
flüchtig ausgeführt, Namen wareü monumentalen und öffentlichen Ge-
bäuden wohl durchgehend, Strassen und Plätzen nur vereinzelt beigefügt
(vgl. die grossen Fragmente 169, 170, 173, 179, 184, 188 u. a., auf denen
kein Name zu sehen ist).
Auch die Feststellung der Orientierung des Planes ist misslich.
Man kann wohl erkennen, dass der Plan im grossen und ganzen eine
Orientierung zwischen Süden und Osten hatte, aber es ist zweifelhaft, ob
der Zeichner des Planes überhaupt eine bis auf 45 ® genaue Orientierung
beabsichtigt oder erreicht hat (Hülsen, Rhein. Mus. XLIX S. 420 Anm. 1).
Ausschlaggebend müssten für die Feststellung der Orientierung solche Steine
sein, die bekannte und in den Resten noch vorhandene Gebäude darstellen,
6
B. Topographie von Born.
und an denen ausserdem noch die Stosskanten erhalten sind, die nur hori-
zontale oder vertikale Richtung gehabt haben können. Aber gerade die
Prüfung und Vergleichung solcher Steine hat abweichende Resultate ergeben.
Während aus den die porticus Liviae darstellenden Fragmenten geschlossen
werden musste, dass der Plan nach Südosten orientiert war, ergibt sich
aus den die Saepta Julia darstellenden Steinen eine Orientierung nach
Süden (oder Osten).
Alle diese Unregelmässigkeiten sind nur zu erklären, wenn man an-
nimmt, dass der Plan als Ganzes erheblich von der Wirklichkeit abwich.
Und das ist in der That wohl der Fall gewesen. Die Wand nämlich,
auf der der Plan befestigt war, ist etwa 13 m hoch und 20 m breit, d. h.
Höhe und Breite verhalten sich annähernd zu einander wie 2 zu 8. Das
Rom zur Zeit des Severus aber, das gleich dem zur Zeit des Plinius etwa
bis an die Linie der nachmaligen Aurelianischen Mauer zu rechnen ist,
erfordert zu seiner Darstellung annähernd ein Quadrat, die Ost-Westlinie
verhält sich zur Nord-Südlinie wie 11 zu 10, so dass also, einen einheit-
lichen Massstab vorausgesetzt, die Stadt auf dem gegebenen Raum nur
teilweise Platz gefunden hätte. £s ist aber wohl nicht zu bezweifeln,
dass auf diesem der öffentlichen Betrachtung gewidmeten Plane ganz
Rom dargestellt gewesen ist, und dass man zu diesem Zwecke Reduktionen
und Verschiebungen vorgenommen hat, deren Spuren sich noch erkennen
lassen. Wie man mit solchen öffentlich ausgestellten Plänen verfuhr, d. h.
wie man sie der Örtlichkeit, an der sie angebracht waren, anpasste, lehrt
die in der Porticus Polae angebrachte Weltkarte des Agrippa, von der die
Peutinger'sche Tafel eine Vorstellung geben mag.*)
So wenig die Fragmente im stände sind, uns über das Gesamtbild
der Stadt aufzuklären, so wichtig sind sie für die Erkenntnis von Einzel-
heiten, Häuser- und Strassenanlagen, Grösse der Privathäuser und der
Vici, Anlage der Tabernen etc. Auch wichtige topographische Fragen,
wie z. B. über die Benennung der Tempel am Forum, die Lage der Ge-
bäude auf dem Marsfeld, der porticus Liviae u. a. sind durch diese Frag-
mente entschieden worden.^)
2. Die konstantinische Regionsbeschreibung (vgl. L An-
hang) ist ein nach den vierzehn Regionen der Stadt geordnetes, mit
zwei systematischen Anhängen versehenes Verzeichnis der wichtigsten
Gebäude und Denkmäler Roms nebst statistischen Nachrichten. Dasselbe
') Ueber die Orientienuig des Planes
vgl. die ftlteren Arbeiten von Canika, Indi-
caidone topografica dl Roma antica p. 29;
H. Jobdan, Form. ürb. p. 13. Trendslbn-
BX7B0, Archftologiscbe Zeitung 1873, p. 14 ff.
N188BN, Jenaer Litteratorzeitang 1875, p. 756.
Beb ER, Ruinen Roms, p. 566. — Neuere
Arbeiten: Hülsen, Mitt. d. Inst. 1889, S. 78 f.
{porticus Liviae), Bull. com. 1893, S. 119 ff.
{Saepta), Rheinisches Museum XLIX S. 420
Anm. 2. Dissertazioni della pontificia Ac-
cademia Romana S. 268 nebst Anmerkung.
0. Richter, Die Älteste Wohnstätte des
römischen Volkes, Berlin 1891. Elteb, De
forma ürbis Romae deque orbis antiqui facie
diss. I u. H, Bonn 1891. Dazu die Bespre-
chungen von 0. Richter in den Göttinger
gelehrten Anzeigen 1892 n. 4 S. 153 ff. und
Hülsen, Top. Jahresbericht 1891 S. 267 ff.
'^) Vgl. O. RiGHTKB, Insula, Hermes XX,
p. 91 ff. Zusammensetzungen von Fragmenten:
Tbendelenburo, Archäologische Zeitung 1 876,
p. 52 f. Lanciani, Bull. com. 1885, p. 157 ff.
Tay. XXII, Gatti (und Lanciani), li portico
di Livia nella terza regione di Roma, BulL
com. 1886, p. 270 ff. Lanciani, I portici d.
reg. IX. Ann. d. Inst. 1883, p. 5 ff. Hülsen,
Mitt. d. Inst. 1892, S. 316 ff.
1. Einleitug. (§ 2.) 7
ist in zwei Redaktionen auf uns gekommen, die die Spuren der konstan-
tinischen Zeit tragen: 1. Die ältere Redaktion ohne Titel, von Neueren
gewöhnlich Notitia genannt, redigiert im Jahre 854 n. Chr. zusammen
mit der in demselben Jahre verfassten Welt- und Stadtchronik. Sie er-
gänzt die in ihrer Vorlage befindlichen Bauten Konstantins durch den in
eben diesem Jahre errichteten Equus Constantini, während sie zwei andere,
früher eriichtete, in ihrer Vorlage ebenfalls nicht enthaltene Bauten der
konstantinischen Zeit, den Triumphbogen am Kolosseum und den Rund-
tempel des Romulus, übergeht. — 2. Das Guriosum urbis Romae regio-
num XIV cum breviariis suis; es ist in oder nach 357 geschrieben, denn
es nennt im ersten Anhang den in diesem Jahre im Circus Maximus er-
richteten zweiten Obelisken, die oben erwähnten konstantinischen Bauten
dagegen sind nicht nachgetragen. Seine Abfassung mag daher nicht all-
zuweit von dem Jahre der Errichtung des Obelisken entfernt sein, doch
lässt sich freilich die Zeitgrenze abwärts nicht genau bestimmen. Aus
negativen Indizien, wie z. B. aus dem mit der Notitia gleichlautenden
Verzeichnisse der Brücken den Schluss zu ziehen, das Guriosum sei vor
Wiederherstellung und ümnennung des Pons Aurelius und Pens Probi
durch Valentinian in. und Theodosius II. (425—450) geschrieben, ist un-
sicher. So fehlt auch und zwar in beiden Redaktionen jegliche Er-
wähnung der Aurelianischen Mauer (erbaut 270 — 282, wiederhergestellt
403 von Honorius), während 37 Thore, entsprechend den 37 Thoren der
Zollgrenze der Vierzehnregionenstadt im Berichte über die Vespasianische
Stadtvermessung bei Plinius (N. H. III. 66) gezählt werden. Vielleicht
liegt dem statistischen Teile der Regionsbeschreibung eine ältere, auf
diokletianische Zeit zurückgehende (Hülsen, Rhein. Mus. XLEK S. 421
Anm. 1), in konstantinischer Zeit neubearbeitete Urkunde zu Grunde.
Bemerkenswert für diese Bearbeitung sowie für die auf uns gekommenen
Redaktionen derselben ist das absolute Fehlen christlicher Eultus-
stätten. Übrigens gibt das Guriosum die gemeinsame Vorlage getreuer
wieder als die Notitia; diese ist mehrfach durch erklärende oder ganz
neue Zusätze und durch Umstellungen verunstaltet. — Eine dritte,
durch den Cod. Laur. 89, 67 vertretene Redaktion ohne selbständigen
Wert ist dadurch entstanden, dass man Guriosum und Notitia zusammen-
gearbeitet hat.
Die Regionsbeschreibung zerfällt in drei Abschnitte. Der erste ent-
hält eine nach den 14 Regionen geordnete Aufzählung der wichtigsten
Bauwerke etc. der Stadt. Dieselbe beginnt in jeder Region mit dem Worte
continet und bringt die Namen im Akkusativ (z. B. Regio I Porta Capena
continet aedem Honoris et Virtutis, CJamencts, lacum Promähei etc.); man
bemerkt, dass die Namen von einem nach Süden oder Osten orientierten
Plane abgelesen sind, eine gewisse Reihenfolge ist neben Zusammen-
fassung gleichartiger Bauten nicht zu verkennen. Doch ist die zuerst
von Bunsen (Beschr. der Stadt Rom III, 1. 662) vertretene, neuerdings von
Lanciani (Bull. com. 1890, p. 115 flf.) wieder aufgenommene Ansicht, dass
die Regionsbeschreibung eine Orenzbeschreibung sei, irrig. Die Be-
schreibung umfasst offenbar {continet!) oder soll wenigstens alle innerhalb
8 B. Topographie Ton Born.
der einzelnen Regionen befindlichen Gebäude und Merkwürdigkeiten um-
fassen, und es werden wesentliche Dinge auch nicht vermisst, wie ein
Vergleich mit der der Beschreibung angehängten Zusammenfassung be-
weist. Dass die Beschreibung der vierten und achten Region, auf die
diese Ansicht sich namentlich stützt, sich zum Teil an der Grenze der
Region hält, kommt lediglich daher, dass die Sacra via, die Nova via und
das Forum, an denen die hauptsächlichsten Gebäude liegen, zugleich die
Regionsgrenze bilden. Auch bei andern Regionen ist es so; die Via lata
bildet die Grenze zwischen der VII. und IX. Region , die I. und XII. Region,
die XII. und XIIL, die IL und III., die III. und IV., die IV. und VI., die
VI. und VII. Region sind durch die grossen, nach den Thoren der Servia-
nischen Mauer und aus ihnen hinausführenden Strassen getrennt.') — Die
Beschreibung einer jeden Region schliesst mit der Angabe der Zahl der
in derselben befindlichen vici, aediculaßf vicomagistH (durchgehend 48),
cwrator^5 (durchgehend 2), insulae, domus, horrea, balnea, lacus und pistrina,
und einer Angabe der pedes, von denen indes nicht klar ist, ob damit
der Umfang der Region, ob Strassenlängen gemeint sind. Die Regionen
sind in unseren Urkunden mit Namen bezeichnet, die teils geographischer
Art sind, wie V Esquiliae, XIII Aventinus, XIV trans Tiberim, teils hervor-
ragenden Bauten oder Anlagen 'entnommen sind, wie in Isis et Serapis,
IV Templum Pacis, VIII Forum Romanum vel magnum, IX Circt^ Flamin
niuSf X Palatium, XI Oircus Maximus, zwei (VI Atta semita, VII Via lata)
sind nach den Hauptstrassen der Region benannt. Wo Gebäude als Be-
zeichnung der Region dienen, werden sie in der Beschreibung nicht noch
einmal aufgeführt. In der XI Region, Cürcus Maximus, ist gleich der
Überschrift hinzugefügt: qui capü loca CCCCLXXXV. Wann diese Namen
aufgekommen sind, ist unbekannt; sicher ist, dass ursprünglich und bis
ins 2. Jahrhundert hinein die Regionen nur gezählt wurden.
Der Beschreibung der Regionen folgen zwei Anhänge. Am Anfange
des ersten, der keine Überschrift hat, wird die Zahl der Bibliotheken (28)
und der Obelisken (5 oder 6) angegeben ; bei letzteren ist Grösse und Stand-
ort hinzugefügt (beide Aufzählungen gehören wahrscheinlich in den zweiten
Anhang). Dann folgt die namentliche Aufzählung von : pontes VIII, montes
VII, campi VIII, fora XI, basüicae X, thermae XI, aquae XVIIII und
viae XX Villi. Der zweite Anhang hat die Überschrift: horum breviarium
und gibt eine kui'ze Zusammenfassung der in den vierzehn Regionen be-
findlichen Bauwerke und Denkmäler, dann das statistische Material in der-
selben Reihenfolge wie am Ende der einzelnen Regionen, ausserdem aber
noch die Zahl der portae, lupanaria, latrinae publicae und mensae oleariae,
die in der Sonderaufzählung fehlen, endlich die Kasernen der in Rom gar-
nisonierenden Truppen, alles unzweifelhaft aus amtlichen Quellen geflossen.
Die in diesem Anhange befindlichen Gesamtzahlen stimmen nicht genau
mit der Summe der einzelnen Regionen; letztere sind, wie sich aus auf-
*) Vgl. zn dieser Frage Lanoiani, Ri- | ürbis Romae deque orbis antiqui fade diss.
cerche solle XIV regioni di Angnsto, Bnll. I et TT, Bonn 1891. — Hülsen im Rhein,
com. 1890 p. 115 ff. — Elteb, De forma | Mus. XLIX S. 416 ff.
1. Sinleitnng. (§ 3.) 9
fälligen Wiederholungen derselben Zahl ergibt, zum Teil verderbt. So
werden z. B. in der III. und IV. Region je 2757 insulae gezählt.
Notitia und Curiosmn sind jedes in mehreren Handschriften überliefert, stets in Ver-
bindung mit anderen Schriften. Verzeichnis derselben bei Jobdan, Top. II päg. 1 ff. — Die
Notitia ist nach dem Cod. Vindob. 8116 aus dem 15. Jahrb., Abschrift eines Codex des
9. Jahrb., von Mommsen, Chronograph von 354 in den Abhandlungen der sächs. Ges. d. W.
IL 549 ff. herausgegeben und behandelt Prbllbr, Die Regionen der Stadt Rom, 1846.
Jobdan im II. Bande seiner Topographie der Stadt Rom, p. 1—178, ausfOhrlicbe Behand-
lung. Ders. bringt in seiner Forma ürbis p. 47 ff. den Versuch einer Rekonstruktion des
Originals. — A. Klüomann, Die Anhftnge zu der Beschreibung der Regionen Roms, Hermes
XV p. 211 ff. — Spuren von Benutzung des Curiosums finden sich bei Polemius Silvius;
in dem L J. 448 herausgegebenen Kalender desselben ist eine daraus entlehnte enarratio
fabricarum urhis Romae eingeschaltet; angefügt sind Nachrichten über ku-chliche Topo-
graphie und ein Verzeichnis der sieben Wunder Roms (diesen Begriff kennt übrigens schon
Plinius N. H. XXXVI, 101 ff.). Vgl. Mommsbn, Abb. der sächs. Ges. der Wiss. III, 269 ff.,
Vm, 694 ff. und Monum. Germaniae, Chron. minora I p. 545 f. — Im wesentlichen eine
Wiederholung des Breviariums, jedoch mit Zusätzen, gibt Zachabias, Bischof von Armenien,
der unter Justinian eine Eirchengeschichte von Konstantin bis zum zwanzigsten Jahre Justi-
nians in syrischer Sprache schrieb. Das betreffende Stück ist von A. Mai in den Scriptores
veteree X praef. p. XIII ff. in lateinischer üebersetzung herausgegeben, nach ihm von
Sachau; abgedruckt bei Preller, Regionen p. 237 und bei Jordan, Topographie II p. 575 ff.
— J. GuiDi, II teste siriaco della descrizione di Roma nella storia attribuita a Zaccaria
im Bull. com. 1884, p. 218 ff. und: Di un nuovo manuscritto del Breviarium siriaco. Bull,
com. 1891, S. 61-69. — 0. Richtbb, Insula, Hermes XX p. 91 ff.
Seit dem Ende des 15. Jahrhunderts erscheint die Regionsbeschrei-
bung in völlig interpolierter Form. Urheber des interpolierten Textes ist
Pomponius Laetus, dem indessen nichts ferner lag, als damit eine
Fälschung zu begehen. Im Cod. Yat. 3394 und dem Cod. Marc. Lat. X
n. 195 besitzen wir noch seine Bearbeitung der Regionen; man bemerkt,
wie er im Laufe seiner Studien und veranlasst durch neue Inschriften-
funde topographische Notizen in dieselben eintrug, eine Thätigkeit, die
seine Schüler fortsetzten. Die Täuschung begann erst, als Janus Par-
rhasius (1503 oder 1504) diesen interpolierten Text unter dem Namen
eines gar nicht existierenden antiken Schriftstellers, des Publius Victor,
herausgab. Mit dem Guriosum hat den Namen des Sex. Rufus zuerst
Flavio Biondo (um 1450) in Verbindung gebracht; er fand dasselbe in
einer Handschrift vom Monte Cassino hinter dem Breviarium des Sex.
Rufus und erklärte ihn in seiner Roma instaurata I, 18 für den bis dahin
unbekannten Verfasser desselben. Diese beiden, völlig aus der Luft ge-
griffenen Schriftsteller sind dann von Panvinius, angeblich auf Grund
einer Handschrift des Antonius Augustinus in neuer, unerhört inter-
polierter Oestalt herausgegeben worden. In dieser Gestalt haben sie bis
in unser Jahrhundert hinein eine derartige Autorität besessen, dass man
die ursprüngliche Regionsbeschreibung für einen Auszug daraus hielt.
Emiliano Sarti deckte endlich den Betrug auf.
Ausser bei Prbllbb, Regionen p. 88 ff. und Jordan, Topographie II p. 291 ff. ist die
Geschichte der falschen Texte behandelt von de Rossi, Note di topografia Romana . . . . e
teste Pomponiano della notitia regionum urbis Romae, in den Studi e documenti di storia
e diritto 1882, p. 49 ff. — Vgl. de Rossi, Di un codice fiorentino deUe note Pomponiane di
topografia romana in den Studi di storia e diritto 1886, p. 129— 132. — G. Pellicioni, Emi-
liano Sarti p. 18. — Beschreibung der Stadt Rom I, p. 178 ff. — Abdruck der , Regionarier **
bei Ublichs, Codex topographicus.
8. Von anderen amtlichen Urkunden, die sich auf die Topographie
der Stadt beziehen, sind uns nur durch gelegentliche Erwähnungen Bruch-
10 B. Topographie toh Born.
stücke erhalten. Hervorzuheben sind: I. die Argeerurkunde (vgl.
IL Anhang). Teile derselben sind von Varro in seine Beschreibung der
Servianischen Stadt (LL. V 41—54) aufgenommen. Es war ein Verzeichnis
der in der Vierregionenstadt befindlichen 27 „Argeorum sctceUa*^ mit ge-
nauer Angabe des Ortes, wo sich dieselben befinden. Diese saceUa wurden
alljährig am 16./17. März in feierlicher Prozession besucht (Ovid. fast, m
791 itur ad Argeos) und dabei in die saceUa Strohpuppen gebracht; diese
verblieben dort bis zum 14. Mai; an diesem Tage wurden sie vom pons
sublicius in den Tiber geworfen. Diese Strohpuppen hiessen Argei. Diels
(Sibyllinische Blätter 44 Anm.) schliesst aus der Bezeichnung Argei mit
Recht, dass dieser Name, der nichts anderes ist als die lateinische Wiedergabe
von ^Agystoi^ nur auf dem Wege der griechischen Orakelpoesie, die ja mit
epischem Materiale wirtschafte, in den römischen Kult und von da in die
Sprache übergegangen sein könne. »Es hat**, sagt er a. a. 0. »irgendwann
(schwerlich vor dem 3. Jahrhundert) einen griechischen, vennutlich sibyl-
linischen Spruch gegeben, der in schwerer Kriegsnot, als ausserdem Vater
Tiber seinen Zorn gezeigt hatte (Stimmung wie bei Horaz lam satis),
Rettung verhiess, wenn 27 Feinde in den Strom gestürzt würden. In der
Orakelsprache dieser Zeit heisst der Römer Trojaner, der Nationalfeind
Argiver. . . . Mochte nun wirklich damals Eriegsnot mit Griechen sein (wie
etwa im tarentinischen oder im ersten punischen Kriege) oder ist Uqy^ioi^
lediglich der typische Ausdruck für Nationalfeinde, in beiden Fällen ist der
griechische Name, das griechische Orakel jung*. Mit dieser Zeitbestimmung
(3. Jahrh. v. Chr.) stimmt auch die Urkunde selbst überein, sie erwähnt
einerseits Bauten, die nicht lange vor oder in dieser Zeit erst entstanden
sind, wie die aedes Salutis, gegründet 304 v. Chr. und die aedes Quirini,
gegründet 293 v. Chr., andererseits weist die Beschreibung der Lage der
sacella in der regio Esquilina auf eine Zeit hin, in der diese Gegend Roms
noch wenig bebaut war. Für die von Diels a. a. 0. ausgesprochene Ver-
mutung, dass das Opfer der 27 Argei an die Stelle eines aus der Königs-
zeit stammenden Festes der 24 Kapellen getreten sei, fohlt der Beweis,
ebenso für die Behauptung, dass die Urkunde in einer späteren Redaktion
vorliege. — Varro hat diese Urkunde wegen der in ihr enthaltenen, zu
seiner Zeit schon abgekommenen Ortsbezeichnungen exzerpiert. Obgleich
er nur 12 von den 27 Ortsangaben bringt, so ist das Fragment doch für
die Erkenntnis der Vierregionenstadt von höchster Wichtigkeit. *) — II. Der
S. 1 erwähnte Bericht über die Stadtvermessung des Vespasian bei
Plinius N. H. III 66, 67 lautet: Urbem tres portas habentem Romulus reli-
quitf ut plurimas tradentibus credamus. Moenia urbis coUegere ambitu impe-
ratoribus censoribusque Vespasianis anno conditae DCCCXXVI m, p, XIIICC,
complexa montes Septem. Ipsa dividitur in regiones quattuordecim, compita
Lamm CCLXV, Eiusdem spatium mensura currente a müiario in capUe
H E. 0. MüLLBB, Böttdgers Archftologie | 0. Richter, Die älteste Wohnstätte des ro-
und Kunst 1, 1. 69 ff. — Ausführliche Behand- mischen Volkes, Berlin 1891. Dibls, Sibyl-
lung bei Jobdan, Topographie II p. 237 bis linische Blätter S. 43. G. Wissowa, Paulys
290. MoMKSBN, Rom. Staatsrecht III, 1, | Real-Encyklopädie Artikel Argei, wo auch
p. 122. Spbnobl, Phil. XXXn. 1873. S.92ff. < die ganze einschlägige litteratur zu finden ist
W. Stüdejcukd, Phü. N. F. IL 1889. S. 168 ff. ,
1 Einleitung. (§4.) H
Famani fori statuta ad singulas portas, quae sunt hodie numero XXXVII,
üa ut duodecim semel numerentur praetereanturque ex veteribus VII, quae
esse desierunt, efficU passuum per directum XXMDCCLXV. Ad extrema
rero tectorum cum castris praetoriis ab eodem miliario per vias omnium
vicorum mensura colligit paulo amplius XX m. p. Die vielfach und ohne
Erziel ung rechter Resultate besprochene Stelle ist neuerdings von Lan-
eiani und von Hülsen mit mehr Erfolg behandelt worden. Sie ist für
die Entwicklung der Stadt in dem Zeitraum zwischen Augustus und dem
Bau der Aurelianischen Mauern von Wichtigkeit.^)
Die grosse Fülle einzelner aus amtlichen Quellen geflossener Nach-
richten, wie z. B. die Beschreibung des Servianischen Walles bei Dionys
IX 68, wie desselben Angaben über die Masse des kapitolinischen Jupiter-
tempels lY 61 und die Beschreibung des palatinischen Pomeriums bei
Tacitus Ann. XII 24 kann hier nur angedeutet werden ; die ergiebigsten
Quellen für derartige Angaben sind natürlich Yarro und Festus (Yerrius
Flaccus), aus denen dann wieder die Kommentare des Servius zu Yirgil
und die Scholiasten zu Horaz schöpfen. Überhaupt bedarf es kaum der
Erwähnung und geht auch aus der nachfolgenden Darstellung hervor, dass
für die Topographie und die eng damit zusammenhängende Geschichte der
Sagen und Tempellegenden alle römischen Schriftsteller von den ältesten
an bis zu den spätesten, Dichter und Redner, Historiker und Gelehrte fast
ohne Ausnahme, die einen mehr, die andern weniger beisteuern.
4. Eine der wichtigsten Quellen für die römische Topographie sind
naturgemäss die Inschriften, sowohl wegen ihres Inhaltes als auch wegen
der Fundnotizen. In erster Hinsicht sind als besonders wichtig hervor-
zuheben: a) die Reste des römischen Kalenders mit seinen Angaben
über Festfeiem etc., zusammengestellt im I. Bande des Corpus inscriptionum
latinarum (2. Aufl. 1893). — b) Der Bericht des Augustus über seine
und seiner Zeitgenossen Bauten auf dem sog. Monumentum Ancyranum.^) —
c) Die sogenannte kapitolinische Basis. Ihr Fundort ist unbekannt,
Jucundus am Ende des 15. Jahrhunderts gedenkt zuerst ihrer, jetzt steht sie
auf dem ersten Treppenabsatze im Konservatorenpalaste. Sie ist im Jahre
136 n. Chr. dem Hadrian von den Yicomagistri von fünf Regionen de-
diziert. Die Dedikationsinschrift nimmt die vordere Seite ein, rechts und
links stehen die Dedikanten, rechts die erste, zehnte und dreizehnte
Region, links die zwölfte und vierzehnte. In jeder Region werden der
Kurator, der Denuntiator und die Namen der in derselben befindlichen
Yici samt den Yicomagistri genannt. Die Rückseite ist roh gelassen
(CIL. YI 975). Da die auf der Basis genannten fünf Regionen räumlich
zusammenliegen, so ist Prellers Yermutung (Regionen p. 246), die Dank-
sagung an den Kaiser beziehe sich auf eine sie insgesamt betreffende
Wohlthat, etwa hinsichtlich der Wasserversorgung, ansprechend. Der
') Fiale, Bella grandezza die Roma al | 1894 p. 275 ff. Hülsen, Der umfang der
tempo di Plinio 1833. Beschreibung d. Stadt | Stadt Rom zur Zeit des Plinius, Rom. Miti
Rom I, p. 192. Becker, Top. p. 185 ff. i 1897 S. 150 ff.
Pbbllkk, Regionen p. 74 f. Jordan, Top 11,
p. 86 ff. Lancia NT, Le mura di Aureliano e
di Probe, Bull com. 1892 p. 94 ff. Nissbn,
Die StadtgrOndung der Flavier, Rhein. Mus.
') MouifSKN, Res gestae divi Augusti ex
monumentis Ancyrano et Apolloniensi iterum
edidit Berlin 1883.
12
B. Topographie toh Bonu
topographische Wert der Inschriften der Basis liegt in der durch sie ge-
wonnenen Kenntnis der Yici von fQnf Regionen und in der Vergleichung
der Anzahl derselben im Jahre 136 mit der erheblich grösseren in der
Begionsbeschreibung. Pomponius Laetus hat diese Basis in erster Linie
zur Interpolierung der Regionsbeschreibung benutzt, i) — Zu den für die
Topographie bedeutsamen Inschriften gehören auch die Ziegelstempel,
häufig datierbar durch die darauf angegebenen Konsulate oder Personen
(Kaiser, kaiserliche Angehörige, Beamte etc.), im allgemeinen auch be-
stimmbar durch die Form des Stempels. Sie kommen in den beiden ersten
Jahrhunderten der Kaiserzeit bis Septimius Severus, dann wieder in dio-
cletianischer Zeit und später vor. Da durch sie eine absolute Zeitgrenze
gegeben wird, vor welcher die betreflfenden Ziegel nicht verbaut sein
können, so spielt der Fundort, speziell die Frage, ob sie in dem ursprüng-
lichen Mauerwerk oder in Ergänzungsbauten etc. gefunden sind, für die
Zeitbestimmung der betreflfenden Gebäude eine wichtige Rolle. Inwieweit
die Stempel zur Bestimmung einer Grenze brauchbar sind, nach welcher
die Steine nicht verbaut sein können, ist bisher nicht ausgemacht.^) — In
ähnlicher Weise sind 'die gestempelten bleiernen Wasserleitungs-
röhren verwendbar, die die Namen der Besitzer bieten, unter denen dann
auch historische Persönlichkeiten vorkommen. Jedoch bieten vereinzelte
Funde nur eine sehr unsichere Gewähr. Hülsen, Rhein. Mus. XLIX S. 384
sagt mit Recht: „Man muss sich hüten, aus Funden dieser Art zu viel
zu folgern. Nur wenn innerhalb eines Hauses eine mehrfach verzweigte,
mit demselben Stempel versehene Leitung gefunden ist, wird man aus
der Bleiröhreninschrift allein mit Sicherheit auf den Besitzer schliessen
dürfen; im übrigen war natürlich jede solche Zweigleitung nicht nur
intra parietes, sondern von dem Punkte an, wo sie von der öffentlichen
Leitung resp. dem castellum aquae abzweigt, also manchmal auf ziemlich
weite Strecken mit dem Besitzernamen gekennzeichnet; wo man solche
castella divisionis sicher oder mit Wahrscheinlichkeit ansetzt, sind dann
auch stets die Funde an gestempelten Röhren besonders dicht gesät.*')
— Bei weitem seltener und nur annähernd zur Zeitbestimmung zu ver-
wenden, aber für die Baugeschichte wichtig, sind die auf einigen Quader-
mauem in Rom vorhandenen Steinmetzzeichen.^)
^) Sammlung der stadtrömiBchen In-
schriften im VI. Bande des CIL. Additamenta
in der Ephemeris epigraphica Band IV und
fortwährende Nachträge der neuen Funde
in den Notizie degll scavi und dem Bullettino
comnnale.
'^) Marini G., Inscrizioni doliari, 1884
durch DE Rossi, con annotazioni di E. Dressbl
herausgegeben. H. Dressel, Alcune osser-
yazioni intomo ai belli dei mattoni urbani.
Bull. dell. Inst. 1885, p. 98 ff. ; und von dem-
selben: Untersuchungen über die Chrono-
logie der Ziegelstempel der Gens Domitia
1886. CIL. XV. Pars prior, Berlin 1891.
Inscriptiones ürbis Romae Latinae: Instru-
mentum domesticum ed. H. Drbssel enthält
die Sammlung der Ziegel Stempel. Massen-
I hafte Sammlungen von Ziegelstempeln in den
römischen Publikationen, da jede Ausgrabung
welche zu Tage fördert, die meisten freilich
nicht am ursprünglichen Orte. ~ Ueber
Heranziehung der Ziegelstempel zur Zeitbe-
stimmung der Gebäude, in aenen sie sich
finden, vgl. die Aufsätze von Jordan und
Lanciani, Bull. d. Inst. 1884 p. 88 ff. uod
p. 145 ff.
') Lanciani, Topografia di Roma antica;
i comentarii di Frontino intomo li acque e
gli aquedotti, silloge epigrafica aquaria, Roma
1880.
*) Bruzza, Iscrizioni dei marmi grezzi.
Ann. d. Inst. 1870, p. 106 ff. 0. Richter,
Ueber antike Steinmetzzeichen, 1885. Vgl.
die Abbildung der Serviusmauer unten.
1. Einleitimg. (§ 5—6.)
13
5. Endlich gehören zu den aus dem Altertum stammenden Quellen
der römischen Topographie die bildlichen Darstellungen auf Münzen und
Reliefs. Sie sind für Identifizierung und Rekonstruktion, gelegentlich
auch für Datierung von Bauwerken von Wichtigkeit. Von den Reliefs
sind die wichtigsten die auf dem Forum befindlichen Marmorbalustraden
mit Darstellungen des Forums, das Haterierrelief im Lateran mit Dar-
stellung eines Teiles der Sacra via, die Reliefs des Eonstantinsbogens, des
Bogens des Marc Aurel im Eonservatorenpalast u. a.^)
B. Mittelalter.
6. Das Einsiedler Itinerar (der Einsiedler Anonymus), Hand-
schrift des Klosters Einsiedeln aus dem Ende des 8. Jahrhunderts, enthält
eine Beschreibung von elf Wegen innerhalb der Stadt bis zu den Thoren
und zu den vor denselben liegenden Grabstätten zur Orientierung der
Pilger. Die Wege sind offenbar mit Benutzung eines Planes beschrieben ;
es werden hervorragende heilige und profane Gebäude und Denkmäler
aufgezählt, die rechts und links am Wege liegen. Als Beispiel geben wir
den ersten Weg:
A PORTA Sä PETRI VSQVE AD SCÄM LVCIAM IN ORTHEA
IN. D. Gircus flamineus IN. S. sei laurentii in damaso
Rotunda Theatrum pompei. cypresus
Thermae commodianae Sei laurentii. capitolium
forum traiani et columna eins Sei sergii. ubi umbilicü romae
Tiberis
Sei hadriani
Sei cyriaci
ARCUS SEVERI
Gavallus constantini
FORVM ROMANVM
Scä agatha ibi imagines SUBURA
pauli et sce Mariae
Thermae constantini
Sei vitalis in vico longo ubi caval opt.
Scae eufemiae in vico patricii
pudentiana in vico patricii
laurentii in formonso ubi ille assatus
est
Iterum p. suburä. thermae traiani
ad vincula
Der Beschreibung liegt nach de Rossi, Inscr. christ. II p. 9 f. ein im
6. oder 7. Jahrhundert verfasstes Original zu Grunde. Nach Lanciani
geht der Plan, von dem die Namen abgelesen sind, auf denselben zurück,
der der Notitia zu Grunde liegt. Im Gegensatz zur Regionsbeschreibung
sind unter den zahlreich erwähnten antiken Gebäuden Tempel so gut wie
gar nicht enthalten, aber das Itinerar gibt ein Bild von dem Zustande
Roms im 8. Jahrhundert, namentlich von dem Strassennetz, das im wesent-
lichen damals noch mit dem antiken übereinstimmte. Verbunden ist
*) Die Marmorbalustradeii sind u. a. bei
Jordan, Topographie I, 2. Taf IV zu p. 219
veröffentlicht, litteratar darüber in Bursians
JahreBberichten 1875, p. 725 ff. und Jordan,
Top. ], 2. p. 219 ff. Das Haterierrelief Mon.
d. Inst. V, 7. Eine Auswahl hierher gehö-
riger Münzen gibt Donaldson, Architectura
numismatica. Zusammenstellungen häufig, z.
B. in der Topogiaphie von Becker, bei Canina,
Edifizi etc.
14 B. Topographie von &onu
damit eine Sammlung stadtrömischer heidnischer und christlicher In-
schriften, die älteste, die es gibt (CIL. VI p. IX flf.), sicher beides von
demselben Verfasser. Hinter dem Itinerar steht eine Beschreibung der
Honorianischen Mauer.*) Dieselbe enthält von Thor zu Thor die Anzahl
der Türme, Zinnen, Fenster etc., jedoch fehlen Angaben über die Länge
der betreffenden Mauerstrecken (vgl. III. Anhang). Die Zählung der
Türme stimmt mit den noch erhaltenen im ganzen überein, nur auf der
Strecke von der Porta Appia bis zum Tiber, wo die Mauer stark zerstört
und zum Teil durch die Bastion des Sangallo ersetzt ist, stimmen die
Zahlen nicht mehr; ebenso an dem andern am Tiber gelegenen Stück
zwischen Pens Aelius und Porta Flaminia. Eine erhebliche AbweichuMg
findet auch zwischen P. Nomentana und Tiburtina statt. — Ein gleiches
Verzeichnis der Thore, wie der Einsiedler Anonymus, enthält auch Wil-
helm von Malmesbury, de numero portarum et sanctis Romae, nach de
Rossi Roma sott. I 146 zwischen 648 und 682 geschrieben. Dasselbe Ver-
zeichnis benutzte, wie es scheint, im 10. Jahrhundert der Mönch Bene-
dikt von Soracte in seiner Chronik (Jordan, Topogr. II p. 157), und im
12. Jahrhundert der Verfasser der Mirabilia. Bei letzterem findet sich
ein Artikel, „castella", der beim Einsiedler Anonymus fehlt. Was diese
castella gewesen sein mögen, ist unbekannt (vielleicht mittelalterliche
Festungsbauten und Türme innerhalb der Stadt?).
Litteratur: Haenel, Regionen der Stadt Rom in den Handschriften des Klosters
Einsiedeln, Jahn u. Seebode, Archiv für PhUologie und Pädagogik, V 1K87, S. 115—138.
MoMMSEN, Berichte der sächsischen Ges der Wiss. 1850, p. 288. — Jordan, Topographie II
S. 829 ff. CIL. VI 1, p. IX ff. — De Rossi, Fnscr. christ. II p. 1 ff. - Lanciani, L'itinerario di
Einsiedeln e Tordine di Benedetto Canonico in den Monumenti antichi vol. I 1891, S. 489 ff.,
anch separat erschienen. — Ahdnick der Handschrift o. a. bei Joboan, Topographie 11 S. 646 ff.
und bei Lanciani, bei letzterem nach neuer CoUation.
Die fortschreitende Änderung des Strassensystems ist erkennbar aus
dem Ordo Benedieti Canonici, geschrieben im 12. Jahrhundert (vgl.
Lanciani a. a. 0.). Während dem Einsiedler Itinerar aller Wahrscheinlichkeit
nach ein Plan aus dem 4. oder 5. Jahrhundert zu Grunde liegt, steht der
Ordo Benedieti schon ganz unter dem Einfluss der Mirabilia. Indessen
ist er wertvoll dadurch, dass er die Erhaltung gewisser Gebäude noch in
der Mitte des 12. Jahrhunderts bezeugt und andererseits die Zerstörung
solcher, die im Einsiedler Itinerar noch als erhalten verzeichnet werden.
7. Von einer im 12. Jahrhundert entstandenen Stadtbeschreibung
haben wir zwei Bearbeitungen: L die Mirabilia Romae, festgestellt um
1150. Sie enthält drei Bestandteile: 1. Eine klassen weise Aufzählung
antiker Denkmäler etc. de muro urbis, de portis, de miliaribus etc., da-
runter zwei Abschnitte christlicher Topographie a) haec sunt loca, quae
inveniuntur in passionibus sanctorum. b) de cimiteriis. — 2. fünf Legenden:
a) de visione Octaviani imperatoris et responsione Sibillae. b) Quare factus
est caballus marmoreus. c) Quare factus est equus qui dicitur Constaniini.
d) Quare factum sit Pantheon, e) Quare Octavianus vocatus sit Augustus et
*) Olympiodor (Geschichte der Jahre I Jordan, Top. II p. 174 f. vermutet, er sei
407—425) hei Photius p. 63, 27 nennt als i Erbauer derselhen gewesen.
Vermesser der Mauer den Geometer Ammon.
1. Einleitung. (§ 7.) 15
quare dicatur ecclesia S. Petri ad vincula. — 3. Beschreibung der Merk-
würdigkeiten der Stadt, vom Vatikan beginnend, in Trastevere endend.
Selbständig ist von diesen drei Teilen nur der letzte, die Periegese. Sie
gibt ein Bild vom Zustande Roms im 12. Jahrhundert. Der Verfasser
derselben bemüht sich darin u. a. nachzuweisen, welchen Göttern die in
Trümmern befindlichen Tempel ehemals geweiht waren. Der erste Teil,
sowie die zwischen diesen und dem letzten Teile eingeschobenen Legenden
sind entweder von dem Verfasser so vorgefunden, wie wir sie lesen, oder
nach älteren Vorlagen (Regionsbeschreibung) überarbeitet. Wert haben
diese Teile für die Topographie so gut wie gar nicht. — ü. Die aus der-
selben Quelle stammende jüngere Oraphia aureae urbis Romae schiebt
die Legenden mit Ausnahme von 5, welche dieser Bearbeitung fehlt, in
den zweiten Teil an passenden Stellen ein, dabei sind aber andere Stücke
aus den beti*efifenden Abschnitten verdrängt worden. Selbständig ist in
der Graphia auch das Kapitel „de palatiis" umgearbeitet. Auch sonst
unterscheidet sie sich von den Mirabilien durch zahlreiche kleine Aus-
lassungen und Änderungen in einzelnen Worten, auch durch Zusätze (vgl.
Jordan, Topogr. 11 p. 372). — Ein Jahrhundert später ist eine neue Be-
arbeitung der Mirabilien gemacht worden; die Zusätze dieser neuen Aus-
gabe sind ohne Wert und bekunden abnehmendes Verständnis für die
Überlieferung.*)
Aus der Oraphia schöpfte Martin von Troppau (Martinus Polonus)
im 13. Jahrhundert, der seiner Weltchronik eine Beschreibung Roms
vorausschickte, aus diesem wieder Fazio degli Uberti, Mitte des
14. Jahrhunderts, der in sein Gedicht »Dittamondo* eine Beschreibung
Roms einflocht (den dazu gehörigen Stadtplan hat de Rossi in seinen
Piante icnografiche herausgegeben) und Nicolaus Laurentii (Cola
di Rienzi) in seiner „descriptio urbis Romae eiusque excelletUiae" , die samt
der damit verbundenen Inschriftensammlung von Nie. Signorili in sein
auf Befehl Martins V. (1417—1437) verfasstes Buch: de iuribus et ex-
ceUentiis urbis Romae aufgenommen ist. Aus dieser Quelle schöpft end-
lich der sogenannte Anonymus Magliabecchianus (so genannt nach
dem Codex der Biblioteca Magliabecchiana in Florenz),, auf den zuerst
Preller aufmerksam gemacht hat. Der Verfasser dieser Compilation ist
unbekannt; er hat unter Johann XXIIL (1410—1415) geschrieben und hat
neben den Mii*abilien und der Regionsbeschreibung noch eine Anzahl von
Schriftstellern, Solin, Eutrop, Sueton, Festus und Cassiodor, sowie die In-
schriftensammlung des Cola di Rienzi benutzt. Die selbständigen Zu-
thaten (vgl. Jobdan, Topogr. 11 p. 399) sind gering.») — Eine auf den
>) üeber das Verhftltnis der beiden Re- 1 Roms von Nto. Muffel (1452), gedruckt in
censionen und die daraus abgeleiteten Dar- ' der Bibliothek des Stuttgarter litterarischen
Stellungen vgl. G. B. db Rossi, Roma sötte- i Vereins, Band 128, neu veröffentlicht von
Michaelis, Mitt. des Inst. 1888, S. 254-276
beruht auch zum Teil auf den Mirabilia (vgl.
Mitt. d. Inst. 1889, S. 230).
*) üeber das Verhältnis des Martinus
Polonus zu der Graphia vgl. de Rossi, Roma
sott. I, 158. Jordan, Top. II, p. 887 ff. Be-
arbeitung von Weiland m den Mon. Germ.
ranea I, 158. Ausgabe bei Parthet und bei
JoKDAN, Topographie II p. 605 ff. Bei dem-
selben a. a. 0. p. 357—586 kritische Er-
örterungen aber die Mirabilien. — F. Nichols,
Mirabilia ürbis Romae, The marvels of
Rome, or a picture of the golden City,
London u. Rom 1889. — Eine Beschreibung
16 B. Topographie tob Born.
Mirabilien beruhende arabische Beschreibung Roms hat J. Guidi, La de-
scrizione di Roma nei geografi Arabi, 1877 herausgegeben.
8. Unter die Quellen der Topographie sind auch die Handzeich-
nungen und Skizzenbücher italienischer Architekten, namentlich des
15. und 16. Jahrhunderts zu rechnen. In denselben befinden sich Dar-
stellungen (Pläne, Aufrisse und Details) von stadtrömischen Gebäuden, die
jetzt entweder gar nicht mehr oder nicht mehr in gleicher Vollständigkeit
der Erhaltung existieren, sowie Veduten vom Forum, Kapitel etc., die den
damaligen Zustand jener Stadtgegenden zeigen. Die Bibliotheken in Rom,
Neapel, Tmin, Florenz, Siena, Mailand etc. enthalten reiche Sammlungen;
eine Übersicht über alles Erhaltene gibt es noch nicht. Auch ausserhalb
Italiens gibt es derartige Sammlungen, z. B. in Berlin (Destailleur), Paris,
im Escurial, in England etc. — Vasari spricht schon von Handzeichnungen
des Brunelleschi und Cronaca; von letzterem finden sich welche in
Florenz (üfficien). Namentlich hervorzuheben sind die Handzeichnungen
von Francesco di Giorgio Martini (1439—1502, aus Siena, sein Leben
beschrieben von Promis 1841), Skizzenbuch in Turin; Giuliano da San-
gallo (1443—1517), Skizzenbücher und Handzeichnungen auf der Barberina
in Rom, in Florenz und Siena; Bramantino (Bartolomeo Suardi, in Rom
1499, 1503, 1513), Handzeichnungen auf der Ambrosiana in Mailand;
Baidassar e Peruzzi, Handzeichnungen und Skizzenbücher in Florenz
und Siena; ferner die beiden Antonio da Sangallo, Salvestro Pe-
ruzzi, Fra Giocondo, Battista da Sangallo, Aristotile da San-
gallo, Pirro Ligorio, Martin Heemskerk, Gio. Ant. Dosi, Palladio
(Zeichnungen in Vicenza und in England) u. a. Daneben gibt es eine
grosse Anzahl von Zeichnungen, deren Urheber unbekannt sind. Von be-
sonderem Interesse sind die Handzeichnungen des Codex Escorialensis
- II, 7, gemacht zwischen 1490 und 1510, d. h. vor den Bauten Julius' H.
und Leos X., sowie die Destailleur'sche Sammlung von 120 Blättern in der
Bibliothek des Kunst-Gewerbemuseums zu Berlin.
Eine Inhaltsangabe von Handzeichnongensammlungen des 16. Jahrh. gibt Ganina, Edifizi
1, 3 A. — A. Jahn, Die Sammlung der Handzeichnungen italienischer Architekten in der Galerie
der Üfficien in Florenz in Zahns Jahrb. 1869 p. 142 ff. — Febri, Indice geografico-analitico dei
disegni di architettura esistenti neUa R. Galleria degli Uffizi, Roma 1885. -- Von Martini ist eine
Zeichnung des Capitols im Bull. com. II i Taf. XVI L publiziert. — Bramantinos Mailänder
Zeichnungen sind publiziert von Giuseppe Mengen, Le rovine di Roma al principio del
secolo XVI, 1875 (80 Blatter); die Zeichnungen des B. Peruzzi sind benutzt von Serlio,
architettura 1. l— IV, 1559 -1562. Vgl. Albebti, Trattato dell' architettura, Borckhabd, Ge-
schichte der Ai'chitektur, und die Schriften von E Müntz, Les monuments antiques de Rome
a r^poque de la Renaissance. Revue arch. 1884, Mai— Juni, Juli— Aug. 1886, Nov. —Dez.
1887, Jan.— Febr.: Les antiquit^s de la ville de Rome au XIV, XV et XVI siöcles (topo-
graphie, monuments, coUections) d'aprös des documents nouveaux 1886. La tradition antique
au moyen-age, Journal des savants 1887, Jan. p 40—50, Mär? p. 317—323 mit Taf. 81 und
82. — üeber Heemskerk vgl. Michaelis im Jahrbuch des Instituts 1891, S. 125-172.
Ueber den Codex Escorialensis berichten Müntz, Rendiconti dei Lincei 1888, S. 71—73,
De Rossi, Mitt. des Inst. 1888, S. 94, Ficker, Mitt. d. Inst. 1888, S. 316 ff.; 1889, S. 73. —
Aus der Destailleur'schen Sammlung veröffentlichte P. Jessen Zeichnungen römischer Ruinen
Bd. 22. üeber überti Jordan, Top. 11 p. 388 ff. 1 p. XV u. XVI. — Der Anonymus Magliabec-
üeber Cola di Rienzi und Signorili vgl. de ' chianus ist herausgegeben von L. Mebcklin,
Rossi, Bull. d. Inst. 1871 p. 11—17 und CIL.VI, | Dorpat 1852. Vgl. Jobdan, Top. II p. 394 ff.
1. Sinleitimg. (§§ 8-10.) 17
in der Bibliothek des k. EonstgewerbemiiBeiims za Berlin. Aus der Anomia, Arch&ologiBche
Beiträge, Carl Robert dargebracht, Berlin 1890, S. lU— 123. Sorgf<ige Registrierang der
sehr zahlreichen Einzelerscheinungen auf diesem Gebiete in den topographischen Jtüires-
berichten von Hülsbv, Mitt d. Inst. 1889-1892.
9. Von nicht geringem Interesse, wenn auch weniger lehrreich, als
die Handzeichnungen einzelner Denkmäler etc. sind die piittelalterlichen
Veduten der ganzen Stadt. Von denselben ist die älteste bis jetzt be-
kannte die von Cimabue in der Oberkirche von S. Francesco in Assisi im
Jahre 1275 ausgeführte, die Zweitälteste auf einer boUa Ludwigs des Bayern
aus dem Jahre 1328. Diese Veduten haben alle dasselbe Schema: in der
Mittellinie das Pantheon, das Kapitol und das Kolosseum, vorn die Porta
del popolo, rechts die Engelsburg, die Meta Romuli und S. Pietro, links
S. Lorenzo in Lucina, die Trajanssäule, der Turm Innocenz' IIL und S. Gio-
vanni in Laterano. Eine Reihe solcher Pläne hat de Rossi in seinen
Plante icnografiche e prospettiche di Roma anteriori al secolo XVI
1879 publiziert und in demselben Werke zugleich eine Geschichte der
Darstellungen der Stadt gegeben. Seitdem sind neue Funde und Publikationen
mittelalterlicher Stadtpläne häufiger geworden.
Hauptwerk das oben genannte von de Rossi; es enthält den schon in Höflers
dentschen P&psten Band I publizierten vatikanischen Plan, den Plan zum Dittamondo des
Fazio degli Uberti, zwei Plftne aus Handschriften der Eosmographie des Ptolem&us, einen
Plan aus der Laurentiana (Codex Redianus), den Plan aus Hartmann Schede Is De temporibus
mundi, und den Mantuaner Plan. — Stkvensoii, Di una pianta di Borna dipinta da Taddeo
di Bartolo nella cappella interna del palazzo del comune di Siena a- 1413. Bull. com. 1881
p. 74 ff. nebst Taf. III, IV. — C. L. Visconti, üna pianta di Roma del secolo XIV, Bull,
com. 1885 p. 77 ff. nebst Taf. XVI. — F. Grbgorovius, Una pianta delineata da Leonardo
da Besozzo milanese. Memorie delF Accademia dei Lincei ser. III vol. XI p. 208 ff. mit
Tafel. — £. Müntz, Note sur un plan in^dit de Rome au commencement du XV siecle.
Rendiconti dell* Accad. dei Lincei I, 2 p. 27 f. — D. Gnoli, Di alcune piante topografiche
di Roma ignote o poco note. Bull. com. 1 885, p. 63 ff , Taf. IX -XV. — J. Strzygowski,
Cimabue und Rom. Funde und Forschungen zur Kunstgeschichte und zur Topographie der
Stadt Rom 1888. Vgl. Mitteilungen des Instituts 1887, p. 62 f. — de Rossi, Ansicht von Rom,
gezeichnet von M. Heemskerk, Antike Denkm&ler II, 12 und Panorama circolare di Roma
delineato nel 1534 da Martine Heemskerk. Bull, com 1891, pag. 380—340. — Hülsen, Di
una nuova pianta prospettica di Roma del secolo XV, Bull, com 1892 S. 88—47. Auf
S. 38 ff. gibt Hülsen ein Verzeichnis aller bis jetzt bekannt gewordenen Veduten der
Stadt Rom. — Michaelis, Römische Skizzenbttcher Märten van Heemskerks und anderer
nordischer Eflnstler, Jahrbuch des Instituts 1891 S. 125.
10. Zu erwähnen ist schliesslich, dass auch die christliche Topo-
graphie, z.B. in den bei Jordan, Top. II p. 664 flf., abgedruckten Urkunden,
die Geschichte der römischen Kirchen und die christliche Denkmäler-
forschung von hohem Nutzen für die antike Topographie sind. Auf das
einzelne kann hier nicht eingegangen werden, es soll nur auf diese Quelle
hingewiesen werden.*)
n. Litteratur.
(Aeltestes Verzeichnis bei Marti nblli, Roma ex ethnica sacra p. 406 ff.; ausfOhrliche
Beurteilung in der Beschreibung der Stadt Rom (von Bunsen) I, p. XIX — LVI und bei
Jobdan, Top. I, 1 p. 77 — 104. Kurze Charakteristik der Hauptwerke bei W. A. Becker,
De Romae veteris muris atque portis p. 2— 8, ausführliches aber kritikloses Verzeichnis bei
*) Wichtigstes der früheren Werke:
Martin KLLi, Roma ex ethnica sacra 1653. —
Papencobdt, Geschichte Roms im Mittel-
alter. — Greooroyius, Geschichte der Stadt
Rom im Mittelalter 1869—1872. — A. Graf,
HAndbuch der klmas. AltertumswimenBchaft. lU, S, B 2. Aufl,
Roma nella memoria e nelle imaginazioni
del medio evo 1883. — Armellimi, Le chiese
di Roma dal secolo IV al XIX. 2. Auil.
1891.
18 Topographie Ton Rom.
Ganika, Tndicazione p. 4—25, im wesentlichen wiederholt von Nabdüoci, Bibliografia topo-
grafica in der Monografia della cittä di Roma e della Campagna romana presentata all'
esposizione di Paiigi del 1878.)
II. Erste Periode (von Flavio Biondo bis zur ersten Ausgabe der
Marlianischen Topographie 1440 — 1534). Die gelehrte Behandlung der
römischen Topographie beginnt im 15. Jahrhundert. Das Wiederaufleben
der klassischen Studien, verbunden mit dem neuen Aufschwung, den nach
Beendigung des Schismas das Papsttum und damit die Entwicklung Roms
nahm, waren auch diesem Zweige der Wissenschaft förderlich. An die
Stelle der mittelalterlichen, kritiklos geglaubten Legenden, wie die Mira-
bilien sie boten, treten die Zeugnisse der antiken Schriftsteller. Die wissen-
schaftliche Grundlage der römischen Topographie für diese Zeit geschaffen
zu haben ist das Verdienst des Flavio Biondo, dessen in der Mitte des
Jahrhunderts erschienene Roma instaurata die erste auf den Schrift-
quellen beruhende Topographie ist. Mit Recht nennt Becker den Verfasser
huius scientiae quodammodo parentem. — Auf der von Biondo geschaffenen
Grundlage beruhen die sämtlichen in diese Periode gehörigen Arbeiten, die
von Poggio, Rucellai, Leo Battista Alberti, Pomponius Laetus,
Francesco degli Albertini, Andreas Fulvius und die erste Auflage
des Marliani von 1534. Unter diesen Männern haben Pomponius Laetus
und Albertini ganz besonders um die Vervollständigung des Materials aus
antiken Schriftstellern und auch aus Inschriften sich verdient gemacht.
Von letzterem stammt der erste Versuch einer Sammlung stadtrömischer
Inschriften. Bemerkenswert, wenn auch ohne Folgen geblieben, ist der
Plan Rafaels, im Verein mit A. Fulvius einen Plan der Stadt aufzunehmen
und systematische Ausgrabungen zu veranstalten.
Flavius Blondus ForliviensiB (1388— 1463>, De Roma instaurata libri Ilf, Papst
Eugen IV. (1431-1447) gewidmet, die erste datierte Ausgabe 1474, auch gedruckt in den
Opera bei Froben in Basel zusammen mit desselben ,De Roma iriumphante libri X' und
anderen Werken. Eine aus diesen Büchern noch im 15. Jahrhundert gemachte Epitome
«tutta di romana topografia** ist bis jetzt unediert; vgl. de Rossi, Note di topograna Ro-
mana etc. 1882 p. 51. Das Buch ist von Lucius Faunus 1548 ins Italienische übersetzt. —
PooGio (1380 — 1459), De fortunae varietate urbis Romae et de mina eiusdem descriptio. Von
demselben: Historiae de varia fortuna libri IV, erst 1723 in Paris erschienen, abgedruckt
in ürlichs Codex topographicus p. 235 ff. — B. Rucellai (1449—1514), De urbe Roma,
gedruckt bei Beccucci, Rerum italarum scriptores ab anno 1000 ad 1600. Florenz 1770,
II, p. 757 ff. Vgl. DB Rossi, Le piime raccolte p. 21 und 48, CIL. VI, 1, p. XLIIL —
Leo Battista Alberti, Descriptio urbis Romae (vgl. dr Rossi, Plante S. 181), neu heraus-
gegeben von Mancini in Leonis Baptistae Alberti opera inedita 1890, S. 86—46. — Unter
Pomponius Laetus (gest. 1498, vgl. oben p. 9) Namen geht die wertlose Arbeit eines seiner
Schüler: De Romanae urbis vetustate, voller Fehler gedruckt von Mazocchi (1510, 1515,
1523 j, jetzt von de Rossi aus dem Cod. Marcianus Lat. X, n. 195 fol. 25—31 herausgegeben
unter dem daselbst befindlichen Titel : Excerpia a Pompofiio, dum inter amhulandum cuidam
domino uHramontatw reliquias ac ruinös urbis ostenderet in den Note di topografia Romana
etc., Studi e documenti di storia e diritto 1882 p. 49 ff. — Frakcesco degli Albertini,
Opusculum de mirabilibus novae et vetetis urbis Romae, geschrieben 1509 (vgl. CIL. VI 1»
LXLVi), zuerst 1510 gedruckt, dann u. a. wiederholt 1523 in desselben Sammelwerk: De
ma prisca et nova varii auctores. Neu herausgegeben (aber nur die nova urbs) von
Schmarsow 1886. Seine Inschriftensammlung wird gewöhnlich unter dem Buchdmcker-
namen Mazochi citiert. Vgl. CIL. VI 1, p. XLVI. Andreas Fulvius, Antiquitates urbis
Romae 1527. Vgl. über ihn die Charakteristik in der Beschreibung der Stadt Rom I, p. XXIII.
— B. Marliani, Antiquae urbis Romae topographia 1534, von A. Fulvius abhftngig.
Zweite Periode. (Von Marlianis zweiter Ausgabe bis Alexander
Donatus 1544—1638). Charakteristisch ist für diese Periode neben dem
1 Binleitnng, (§ 11.) 19
Studiatn der klassischen Schriftsteller der Einfluss, den die zunehmende
Kenntnis der Monumente auf Auffassung und Darstellung ausübt. Archi-
tekten studieren dieselben und zeichnen sie, hin und wieder kommt Be-
nutzung einer früheren Zeichnung vor, wie z. B. bei Serlio, Veduten-
sammlungen sorgen für die Verbreitung der Kenntnisse und geben jetzt
häufig die einzige Kunde von untergegangenen Denkmälern. — Bahn-
brechend ist Marlianis zweite Ausgabe 1544, eine hervorragende selb-
ständige Leistung; er ist der erste, der die Darstellung durch Pläne und
Abbildungen erläutert. Von ihm abhängig sind die Topographien von
Lucius Faunus, 0. Fabricius, L. Mauro, Boissard und Panvinius.
Daran schliessen sich die architektonischen Untersuchungen über einzelne
Monumente, wie sie Gamucci und Pirro Ligorio geliefert haben. Von
eigentlichen Architekten beteiligen sich an der Förderung der Topographie
Serlio, Labacco und Palladio mit ihren Architektur werken ; treffliche
Vedutensammlungen geben Hieronymus Kock, Gio. Ant. Dosi (vgl. p. 2)
und Du Perac heraus; im Verlage des in Rom ansässigen Belgiers
Lafreri sowie seiner Nachfolger sind in der zweiten Hälfte des 16. Jahr-
hunderts zahlreiche Veduten, antike Statuen etc. erschienen, die sich
öfter in Sammlungen mit wechselnder Blätterzahl unter dem Titel »Spe-
culum Romanae magnificentiae*" finden. — Am Ende der Periode fasst
der Jesuit Alexander Donatus die Ergebnisse derselben in seiner 1638
erschienenen Roma vetus ac recens zusammen. Er zeichnet sich durch
Gelehrsamkeit und Urteil aus (Becker: vir diligentissimtis, veterum scriptorum
cognitione ceteros omnes facile superans, aliquotiens tarnen ad deteriora
declinans).
B. Mabliani, Antiquae urbis Romae topographia, 2. Aufl. 1544. — Lucius Fauitüs,
De antiquitaiibuB urbis Romae 1549 (auch italienisch erschienen). — G. Fabbicius aus
Chemnitz, Freund Marlianis, Roma, antiquitatum libri duo, Basel 1550. Vgl. ttber ihn
CIL. VI, 1, p. LI. — Lucio Maubo, Le antichitä della cittä di Roma 1556, zusammengedruckt
mit ALDBOAivpis Statue antiche. Vgl. Fba, Miscellanea T, p. CCVI ff., Miobablis, Arch.
Zeitung 34, 153, Jahrbach des Instituts 1890 S. 58 f. — J. J. Boissabd, Romanae urbis
topographia, Frankfurt a. Main. Er lebte ebenfalls um die Mitte des XVI. Jahrhunderts
in Rom. Herausgekommen ist seine Topographie aber erst 1597. In derselben be-
findet sich eine auf vier Tage verteilte Beschreibung der Merkwürdigkeiten der Stadt.
— 0. Panyinius, yergl. oben p. 9. Ueber seine schriftstellerische Thätigkeit und seine
ungedruckten Arbeiten CIL. VI, 1, p LI IL Antiquae urbis imago 1558. — B. Gamucci,
Libri quattro delle antichitä della citta di Roma 1565, mehrfach gedruckt, mit Illustrationen.
— PiBBO LiooBio, Ueber seine Schriftstellerei und seine zum grössten Teil ungedruckten
Schriften vgl. CIL. Vi, 1, p. LI f. Delle antichita di Roma, videlicet de* circi, teatri ed
anfiteatri, con le paradosse, quali confutano la commune opinione sopra vari luoghi della
cittä, 1553. Die «paradosse" erregten bei den Zeitgenossen lebhafte Entrüstung, sie sind
meist verfehlt. — S. Sbblio, Architettura libro I— IV, zuerst 1540, dann 1559—1662, davon
enth< das dritte Buch Darstellungen und Beschreibungen der Altertümer. Seine Arbeiten
sind auch schon vorher in Einzelausgaben erschienen. — A. Labacco, Libro appartenente
air architettura, nel quäl si figurano alcune notabili antichita di Roma, erste Ausgabe 1552.
— A. Palladio (von dem auch noch unpublizierte Handzeicimungen existieren) Libro IV
deir architettura, nel quäle si figurano tempi antichi, che sono in Roma 1570. Le terme
dei Romani, mehrfach herausgegeben. — Hiebon yhus Kock, Praecipua aliquot Romanae
antiquitatis ruinarum monumenta 1551 ; wiederholt in Scamozzis Discorsi sopra Tantichitä
di Roma 1583. — Gio. Ant. Dosi, Urbis Romae aedificiorum illustrium quae supersunt,
descripta a Jo. Batt. de Cavalleriis 1569. - du Pbrag, 1 vestigi delF antichita di Roma
1575 u, ö. — Aehnliche Vedutensammlungen gibt es noch mehrere, z. B. von Alö Gio-
VAKNOLi, Anfang des 17. Jahrhunderts, Exemplar auf der Berliner Bibliothek.
Dritte Periode (von Nardinis Roma antica 1666 bis auf Winckel-
mann). Beherrscht wird diese Periode durch das unheilvolle Beginnen
20 Topographie Ton Eom.
F. Nardinifl, die römische Topographie auf den gefälschten Regionariern
(vgl. p. 9) aufzubauen. „Nicht zuerst*, sagt H. Jordan in seiner vor-
trefflichen Kritik des Mannes Top. I, 1, p. 92, „aber am systematischsten
und folgerichtigsten hat er die falschen Texte des Regionsbuches zur
Grundlage seines phantasievollen Baues gemacht und mit Hilfe derselben,
unbekümmert um die einleuchtendsten Beweisführungen der klassischen
Topographen, ganze Stadtgegenden versetzt (Forum, Subura). Die vor
ihm und nach ihm mit Glück geübte Unkritik in der Benutzung alter und
mittelalterlicher Zeugnisse — das kühne Hantiereh mit verschriebenen,
verdruckten, missdeuteten und erfundenen Namen, das Vermischen aller
Zeiten und aller Grade der Glaubwürdigkeit und Unglaubwürdigkeit — bei
ihm zur Virtuosität ausgebildet, hat die unselbständigen Köpfe in einem
Grade verblendet, dass es des vereinten Anlaufs der tüchtigsten Forscher
unseres Jahrhunderts bedurft hat, um sein Gebäude über den Haufen zu
werfen.* Gleich energisch sprach sich schon Becker über ihn aus: Jam
vero paullo post Donatum exorta est atrox ac paene exitiabilis topographiae
Romanae calamitas, Famianus Nardini, homo natus ad confundenda pertur-
bandaque omnia. — Wissenschaftliche Leistungen sind in dieser Periode
so gut wie gar nicht zu verzeichnen, da die Arbeiten von Nardinis Nach-
folgern, wie die von Ficoroni und Venuti, die aus der Zahl jener un-
brauchbaren Machwerke allenfalls noch zu nennen wären, durchaus von
diesem abhängig sind. Schätzbares wird dagegen in dieser Zeit in ein-
zelnen grossen Monographien geleistet, wie von Fabretti über die Wasser-
leitungen, von Bianchini über den Caesarenpalast; auch die Veduten-
litteratur hat einige ihrer ausgezeichnetsten Vertreter in dieser Epoche,
namentlich Overbeke und vor allen den genialen Piranesi. — Am Ende
der Periode steht Winckelmann. Der Anstoss, den er zum Suchen
und zu historischer Betrachtung des Altertums gegeben hat, konnte nicht
ohne Bedeutung für die topographische Forschung bleiben, namentlich ist
sein Einfiuss auf Carlo Fea wichtig, den Begründer der neuen Zeit in
der topographischen Wissenschaft. Es ist bezeichnend, dass derselbe seine
Dissertazione suUe rovine di Roma zusammen mit der Übersetzung der
Winckelmann'schen Kunstgeschichte veröffentlicht.
Famiano Nabdiki, Roma antica 1666, letzte Ausgabe von Nibby 1818. — < Franc.
Ficoroni, Le vestigie e raritä di Roma antica ricercate e spiegate 1744. — R. Venuti,
Accurata e succinta desciizione topografica delle antichita di Roma 1763, von Fiale 1824
mit eigenen Anmerkungen herausgegeben. — Rafabl Fabretti, De aquis et aquaeductibus
veteris Romae 1680. — Bianchini, Palazzo de' Gesari 1738. — A. Desoodbtz, Les ^difices
antiques de Rome, dessin^s et mesur^s trds exactement 1682. — B. Overbeke, Reliquiae
antiquae urbis Romae 1707. — Giambattista Piranesi, Le antichita Romane 1756. 4 Bde.
Campo Marzo 1762. Magnificenza ed architettura dei Romani. Seine Werke umfassen
über zwanzig B&nde. Sein Sohn Francesco hat seine Arbeiten fortgesetzt. Neue, haupt-
sächlich für das Bedürfnis der Eunstindustrie bestimmte Ausgabe von P. Lanob, Oeuvres
choisies, Wien. — - Von Piranesi abhängig ist A. Uggeri, Joum^es pittoresques des ^difices
antiques, 1804—1837.
Vierte Periode (vom Beginn systematischer Ausgrabungen
durch Carlo Fea bis jetzt). Den Wahnvorstellungen von der Beschaffen-
heit des alten Roms, wie sie die vorige Periode hervorgebracht hatte,
konnte neben der Schaffung einer kritischen Grundlage nur durch syste-
matische Ausgrabungen ein Ende gemacht werden. Carlo Fea, der als
1. Binleitimg. (§ 11.)
21
Gommissario delle antichitä eine einflussreiche Stellung besass, leitet
diese neue Zeit durch seine mit umsieht und Geschick unternommenen
Ausgrabungen ein. Gross sind besonders seine Verdienste um die
Forumsfrage. In den Schriften des im Jahre 1829 gegründeten In-
stitutes für archäologische Korrespondenz, den Annali, den Monumenti,
und dem Bulletino dell' Institute entstanden Organe für die regelmässige
Publikation und Verwertung der neuen Entdeckungen.*) Seit 1861 leitete
Pietro Rosa die Aufdeckung des Palatins und des Forums, anfangs im
Auftrage Napoleons III., dann als Beamter des Königreichs Italien. Seine
Berichte, soweit überhaupt gedruckt, sind teils in den Schriften des In-
stituts, teils in der Relazione suUe scoperte archeologiche della cittä e
provincia di Roma 1873 niedergelegt. Seitdem ist den römischen Aus-
grabungen seitens der italienischen Regierung eine erhöhte Aufmerksam-
keit geschenkt worden. Neue Publikationsorgane entstanden unter Fio-
rellis Leitung in den ganz Italien umfassenden Notizie degli scavi
di antichitä communicate alla R. Accademia dei Lincei, seit 1876 jährlich
in 12 Heften erscheinend, und in dem auf die römischen Funde be-
schränkten BuUettino della commissione archeologica municipale (jetzt
comunale) di Roma, seit 1872 jährlich in 4 Heften erscheinend.
Die ersten topographischen Werke dieser Periode stehen noch unter
dem Einflüsse Nardinis, so die Arbeiten von Guattani, von A. Nibby,
der den Nardini noch einmal herausgibt, Stefano Piale, der eine Neu-
bearbeitung des Venuti liefert, und das verdienstliche Werk von C. Sachse.
Erst die Beschreibung der Stadt Rom 1830 — 1842 räumt unter dem
Einflüsse E. Sartis (vgl. p. 9) eiii für allemal mit den Nardinischen Hypo-
thesen auf, ohne indessen für die Topographie eine genügende kritische
Grundlage zu schaffen. Diese verdanken wir W. A. Becker, der in seiner
Topographie der Wissenschaft des 19. Jahrhunderts denselben Dienst
leistete, wie Flavio Biondo in seiner Roma instaurata dem fünfzehnten.
Ein Mangel dieses ausgezeichneten Buches liegt darin, dass es der Denk-
mälerforschung den Schriftquellen gegenüber eine zu untergeordnete Stel-
lung anwies. — W^s^^t'^^^h ^^^ ^^^ durch diese beiden Werke gewonnenen
Standpunkt gehen' zurück die Arbeiten von W. Gell, Canina, E. Braun,
H. Dyer, Reber und Reumont, dagegen ist H. Parkers Archeology
of Rome 1874 ff., abgesehen von einzelnen richtigen Beobachtungen, ein
beklagenswerter Rückschritt in unwissenschaftlichen Dilettantismus. —
An die Stelle der Becker'schen Topographie zu treten war H. Jordan,
Topographie der Stadt Rom im Altertum, bestimmt. Drei Bände sind er-
schieneU; doch ist das Werk, welches nach seiner breiten Veranlagung
noch vieljährige Arbeit erfordert hätte, durch den plötzlichen Tod des
Verfassers (1886) abgebrochen. Jordans Arbeit ist ausgezeichnet durch
Gelehrsamkeit und Fleiss, doch mangelt ihr sorgfältige Verarbeitung des
Stoffes, öfter auch Klarheit der topographischen Anschauung. — 0. Gil-
berts Geschichte und Topographie der Stadt Rom im Altertum; drei
0 Seit 1886 erscheinen Monmnenti und
AnnaH als Antike Denkmäler nnd Jahr-
buch in Berlin; das BuUettino erscheint in
Rom weiter als .Mitteilungen des Kaiser-
lich Deutschen Archäologischen In-
stituts, Römische Abteilung*.
22 Topographie toh Born.
Bände, 1883—1890, ist namentlich wegen des darin aufgespeicherten Citaten-
schatzes wertvoll. — Otto Richter, Rom, Kurze Topographie der Stadt, in
Baumeisters Denkmälern p. 1436—1535 nebst Plänen und Abbildungen.
Dieselbe bildet in wesentlichen Teilen die Grundlage der vorliegenden
Topographie, deren erste Auflage 1889 erschien.*) — Die hauptsächlichste
Förderung hat die Römische Topographie in den letzten Jahrzehnten durch
eine grosse Anzahl von Einzelforschungen erfahren, die namentlich in den
oben S. 21 genannten deutschen und italienischen Publikationsorganen er-
schienen. Hervorzuheben sind die Arbeiten von G. B. de Rossi, R. Lan-
ciani und Hülsen. Von Lanciani sind auch zwei zusammenfassende
Arbeiten erschienen: Ancient Rome in the light of modern discoveries,
London 1888 und Pagan and Christian Rome, London 1892, die aber
hinter seinen sonstigen Arbeiten zurückstehen. Sie dienen mehr dem Be-
dürfnis der englischen und amerikanischen Reisenden als der Wissen-
schaft. — Nicht minder fruchtbar ist die Neuzeit an Herstellung von
Abbildungen und Rekonstruktionsversuchen. Zu nennen ist die Yeduten-
sammlung von Rossini und der grossartige Versuch einer Rekonstruktion
der antiken Stadt durch den vortrefflichen Ganina. Leider haben seine
z. T. willkürlichen Annahmen manche falsche Vorstellung geschaffen.
— Auch der Architektur verdankt die neue Topographie vielfache För-
derung. Hervorzuheben sind die Werke von Valadier, Isabelle, Choisy
und Durm.
Gelegentliche Ansgrabungen and Berichte darüber gibt ee schon vor Fea. Der ge-
lehrte PoMPONius Laetus benutzte zuerst die Fundnotizen ausgegrabener Steine topographisch
(vgl. Jobdan, Sylloge inscr. fori Romani in der Ephemeris epigraphica 1876, p. 237 ff.). —
Flamivio Vacca bringt Fundberichte unter dem Titel: Memorie di varie antichitä trovate
in diversi luoghi della cittä di Roma nell' anno 1594, publiziert von Th. Schbeibbb
in den Berichten der Sachs. Gesellsch. d. Wiss. 1881, p. 43 ff. — Gassi ano dbl Pozzo, seine
Notizen über Ausgrabungen siehe bei J. Lühbboso, Notizie sulla vita di 0. d. P. 1875;
vgl. CIL. VI 1, p. LIX. — PiBTBO Sahti Babtoli, Memorie di varie escavazioni fatte in
Roma e nei luoghi suburbani 1741. — Auch R. Venuti bringt Berichte über die zu seiner
Zeit gemachten Funde in seiner Accurata e succinta descrizione topografica delle antichitä
di Roma 1763. — Cablo Fba. Ueber seine amtliche Stellung vgl. die Vorrede des zweiten
Bandes der Miscellanea (1836). Im ersten Bande (vollständiger "ntel: Miscellanea filologica,
critica, antiquaria 1790) sind auch die Ausgrabungsberichte von Vacca, Aldroandi, Ficoroni,
Bartoli und Winckelmann enthalten. Vgl. Nibby, Roma antica I, 484 ff. Von seinen
Schriften (das vollständige Verzeichnis derselben siehe bei Goppi, Genni biografici di Garlo
Fea) sind hervorzuheben: Bei diritti del principato sugli antichi monumenti di Roma 1816.
Notizie degli scavi nell' anfiteatro Flavio e nel foro Trajano con iscrizioni ivi trovate 1818.
Prodrome di nuove osservazioni e scoperte delle antichita di Roma 1816; Varieta di notizie
1820. Frammenti di fasti consolari e trionfali ultimamente scoperti nel foro Romano ed
altrove, 1820. Indicazione del foro Romano e sue adiacenze, 1829. — Gio. A. Guattani,
Roma descritta ed illustrata 1805. Monumenti antichi inediti, ovvero notizie sulle anti-
chita e belle arti di Roma, 1784—1805. Memorie enciclopediche Romane suUe belle arti
ed antichita, 1806—1810, 1816—1817. — A. Nibby, Ausgabe des Nardini 1818. Roma
neir anno 1838. Ausserdem viele Monographien, auch hat er das Itinerario von Mariano
Vasi neu bearbeitet. Ein völlig neues, freilich recht mittelmässiges Buch mit Verwendung
der Resultate der topographischen Forschung auch der letzten Jahre ist Nibby, Guida <S
Roma e suoi dintomi ossia Itinerario von Pobbva, Roma 1891. — Stefano Pialb, Neubearbeitung
des Venuti. Ausserdem eine grosse Anzahl von Dissertationen über röm. Topographie unter dem
Titel: Sopra alcuni monumenti di Roma antica 1820—1835 (Verzeichnis der wichtigsten bei
Ganiva, Indicazione topografica p. 21). Nibby und Piale sind ausgezeichnet durch ihre Kenntnis
der Denkmäler, ersterer auch durch seine Gelehrsamkeit. — G. Sachse, Geschichte und Be-
') Auf dieser Topographie beruht eine I mische Topographie wie von Genterwall,
Anzahl von populären Schriften über rö- I Miller u. a.
L Süüeitiixkg. (§ 12.)
23
Schreibung der alten Stadt Rom 1824. 1828. Fieissige und in einzelnen Punkten treffliche
Arbeit, doch war der Verfasser, ein Lüneburger Professor, der nie Rom gesehen hatte, nicht
im stände, sich von Nardinis Annahmen frei zu machen. — Beschreibung der Stadt Rom
von Platnbb, Bunsek, Gbrhard, Röstbll, fortgesetzt von Ubuohs 1830 — 1842. Kttrzere
Fassung in einem Bande von Platner und ürlichs 1843 (Ergänzung dazu ist der 1871 er-
schienene Codex topographicus von Urlichs). - W. A. Beckbr, Topographie der Stadt Rom
(1. Band des Handbuches der römischen Altertümer) 1843. Voraus ging dem Buche: De
Romae veteris muris atque portis 1842. Streitschriften zwischen ihm und den Heraus-
gebern der Beschreibung der Stadt Rom: Prellbrs Rezension der Becker'schen Topographie
in der Jenaer Litteraturzeitung 1844 Nr. 121 ff. Becker, Die römische Topographie in Rom,
eine Warnung 1844. Urlichs, Römische Topographie in Leipzig 1845. Becker, Zur römi-
schen Topographie, Antwort an Herrn Urlichs 1845. Urlichs, Römische Topographie in
Leipzig U, Antwort an Herrn Becker 1845 (vgl. Momhsbn, Ann. deir Inst. 1845 p. 314 ff.).
— * Pbbllbb, Die Regionen der Stadt Rom 1846. — L. Ganina, Indicazione topografica di
Roma antica 1831, brauchbar nur die 4. Aufl. 1850. — Gbll, Rome and its vicinity 2. Aufl.
1846. — £. Braun, Die Ruinen und Museen Roms 1854. — F. Rbber, Die Ruinen Romsund der
Campagna 1862, 2. Aufl. 1879. — Thomas H. Dybr, The city of Rome 1864, 2. Aufl. 1883. —
Reumokt, Gesch. der Stadt Rom I. — H. Jordan, Topogr. der Stadt Rom im Altertum. Der
n. Band, der zuerst erschien (1871), enthält Untersuchungen über die Beschreibung der
XrV Regionen und über die mittelalterlichen Stadtbeschreibungen nebst den dazu gehörigen
Urkunden. Der I. Band ist in zwei Abteilungen erschienen; die erste (1878) enthält die
Einleitung (1. die Trfimmer und ihre Deutung 2. die Ueberlieferung «S. die Forschung)
und den ereten, allgemeinen Teil (1. Lage, Boden, Klima 2. die Ältesten Ansiedlungen
3. die servianische Mauer 4. die tarquinischen Bauten und die servianische Stadt 5. die
Stadt der XIV Regionen 6. die aurelianische Mauer 7. Brücken-, Ufer- und Hafenbauteu,
Kloaken und Wasserleitung 8. der innere Ausbau). Die zweite Abteilung des I. Bandes
(1885) behandelt die Altstadt (1. der kapitolinische Burghügel 2. die Ueberreste des Forums
und der Sacra via 3. Geschichte des Forums, Comitiums und der Sacra via 4. die Plätze
und Märkte im Norden und Süden des Forums). — Noch sind zu erwähnen: Middleton,
Ancient Rome in 1885 und The remains of ancient Rome 1892. A. Schneider, Das alte
Rom 1896 (ein Hilfsmittel für Universitätsvorlesungen und Gymnasien), L. Borsari,
Topografia di Roma antica 1897 (unter den Manuali Hoepli erschienen, bequemes Taschen-
buch), Babdeker, Mittelitalien, das, seitdem Hülsen den topographischen Teil bearbeitet,
ein zuverlässiger und auf der Höhe der Wissenschaft stehender Führer ist. — L. Rossini,
Le antichitä di Roma, 1826 und Gli archi irionfali onorarii e funebii degli antichi Romani, Roma
1836. — L. Canina, Edifizi di Roma antica, Roma 1848—1856, 6 Bände. — Ganina, La
prima parte della Via Appia dalla porta Capena a Boville, Roma 1853, 2 Bände. — Va lädier,
Raccolta delle pin insigni fabbriche di Roma antica 1810 — 1826. -- Isabblle, Los ödifices
circulaires et les dömes 1855. ParallMe des salles rondes de Tltalie 1863. — Choisy, L'art
de bfttir chez les Romains 1873. — Durm, Handbuch der Architektur 11 (die Baukunst der
Etrusker, die Baukunst der Römer) 1885.
m. Stadtpläne.')
12. Der erste brauchbare Plan*) ist der von Leonardo Bufalini
1551, wertvolle Darstellung, Orientierung nach Osten. Bekannt sind drei
Exemplare, das eine unvollständig und falsch zusammengesetzt auf der
Barberina in Rom, das andere, eine unvollkommene Nachzeichnung, bis vor
kurzem im Kloster Madonna degli Angioli in Guneo, jetzt auch in Rom. Hier-
nach ist der Plan in der Originalgrösse publiziert: La pianta di Roma di
Leonardo Bufalini da un exemplare a penna giä conservato in Guneo, per
cura del Ministero della publica istruzione, 1879. Ein drittes Exemplar
befindet sich im British Museum. — Reduktionen des Planes von Nolli
1748, wiederholt u. a. bei v. Reumont, Geschichte Roms L — Pirro
Ligorio, Antiquae urbis imago, 12 grosse Blätter, M. Tramezinus 1561,
') Vgl. Jobdan, Topographie I, 1 p. 105 ff.
^) Von dem Projekt des Rafael und A.
FuLYiUB war oben p. 8 die Rede.. Eine
Euiiosität ist der Rekonstmktionayersach von
Calyus, Antiquae urbia Bomae dmulacrum
1582. Er macht Rom rund» und trfigt in
diesen Exeis die Regionen als Quadrate ein.
Vgl. Beschr. der Stadt Rom I, p. XXXV.
24 Topographie von Born.
wichtig für seine topographischen Ansichten. Ferner: Effigies antiquae
Romae ex vestigiis etc., Michael Tramezinus publ. 1553, Restaurations-
versuch. — G. B. Falda da Valduggia, Nuova pianta ed alzata della
cittä di Roma 1676, in zwölf Blättern, auch in kleinerer Ausgabe er-
schienen. Wichtig für die Kenntnis Roms im 17. Jahrhundert.
Gio. Batt. Nolli, Nuova pianta di Roma 1748 in 12 Blättern, der
erste Stadtplan, der auf exakten Messungen beruht. Gute Reduktion des
Planes in dem der Beschreibung Roms beigegebenen Plane von Stier und
Knapp. Von ihm ist abhängig der Plan von Piranesi in den Antichitä
romane I 1748, auf dem nur die antiken Reste dargestellt sind, von beiden
wieder der Plan von de Romanis in Nibbys Ausgabe des Nardini. —
Vgl. G. B. de Rossi, Note di ruderi e monumenti antichi prese da Nolli
nel delineare la pianta di Roma, conservate nel archivio Vaticano, in den
Studi di storia e diritto V 4 1883.
Pianta topografica della direzione generale del Genso, dritte
Auflage 1866 (1 : 4000). Auf dieser Aufnahma beruhen die Pläne von
Canina, Pianta topografica di Roma antica 1832 und 1850, die Reduktion des
Censusplanes von Melchior ri in seiner Guida metodica 1836 und der Plan
von Trojani, Pianta di Roma 1835, sowie der grosse Plan Caninas:
Parte media di Roma antica (1 : 1000) in den Edifizi II 1848. — Auch
den neueren Plänen von Letarouilly 1841, bei Becker 1843, Fornari
1864, Reber 1862, Kiepert etc. liegen keine neuen Aufnahmen zu Grunde.
Seit 1893 erscheint: R. Lanciani, Forma ürbis Romae, consilio et
auctoritate regiae academiae Lynceorum, das durch den Bericht Lancianis
in den Atli dell' acc. dei Lincei am 18. Juni 1876 angekündigte Karten-
werk, ein Plan Roms im Massstab 1 : 1000.' Bis jetzt sind 4 Lieferungen
zu je 6 Karten, ungefähr die Hälfte des Werkes erschienen. Der Plan
bringt die übereinander liegenden Bauschichten vom Altertum bis zur
Neuzeit zur Anschauung, die Resultate der Ausgrabungen sind darauf ver-
zeichnet. — Ein sehr nützliches Hilfsbuch ist: H. Kiepert et Ch. Hülsen,
Formae urbis Romae antiquae. Accedit nomenclator topographicus a Ch.
Hülsen compositus, Berlin 1896. Es enthält einen Plan des republikanischen
Roms, einen Plan Roms zur Kaiserzeit, beide 1 : 10000, und einen Plan
der Umgebung des Forums (pars media urbis quo statu fuit imperatorum
temporibus) 1 : 2500 und ein alphabetisches Verzeichnis aller stadt-
römischen Örtlichkeiten mit Hinzufügung der Testimonia veterum auctorum
und der Commentationes recentiorum zu jedem einzelnen Namen.
Schliesslich verdienen Erwähnung die betreffenden Blätter der ita-
lienischen Generalstabskarte (1 : 25000, Winterthurer Ausgabe 1 : 100000).
2. Lage und Formation.
13. Die Gampagna von Born. Rom liegt unter 41,43 ^^ nördlicher
Breite und 10,8 <> östlicher Länge am linken Ufer des Tiber, etwa im
Mittelpunkte der schmalen Küstenebene, welche den von Nordwest nach
Südost streichenden parallelen Zügen des Appennin südlich vorgelagert
ist. Die Breite dieser Ebene beträgt durchschnittlich 45 km; sie wird
8. Lage und Formation. (§ 13.) 25
im Norden durch die quergelagerten, nicht bedeutenden Höhenzüge des
ciminischen Waldes und des Tolfagebirges abgeschlossen, im Süden durch
die Yolskerberge (jetzt monti Lepini), die bei Terracina (Anxur) hart an das
Meer treten. Die Entfernung beider Gebirge von einander beträgt etwa
150 km, die Entfernung von Rom bis Terracina 95 km, bis zum Meere
25 km, ebensoviel etwa bis zum Fusse des Kalkgebirges der Appenninen.
Diese Ebene, die Qampagna di Roma, ist vulkanischen Ursprungs.
Vulkanische Kräfte hoben sie aus dem Meere, nachdem der aus pliozänem
Thon und Mergelsand geschichtete Meeresboden durch die Ausbrüche unter-
seeischer Vulkane mit einer durchschnittlich 30 — 40 m dicken Tuff schiebt
bedeckt worden war. Das zerstörte Aussehen und die gleichmässige La-
gerung dieses Gesteins zeigt, dass es durch Wasser abgelöscht wurde.
Es ist eine Mischung von Schlacke, Asche und Sand, hat graue, gelbe
oder röÜichbraune Farbe und zeigt sowohl in der Festigkeit als im Aus-
sehen grosse Mannigfaltigkeit. Jahrhundertelang haben die Römer zu
ihren monumentalen Bauten sich keines anderen Materials bedient. Nach-
dem die Ebene dem Wasser entstiegen war, bildete sich der Vulkan des
Albanergebirges, dessen Auswürfe sich über dem Tuff lagerten. Es sind
dies namentlich zwei Steinarten, die neben dem Tuff als Baumaterial ver-
wendet und wegen ihrer grösseren Festigkeit höher als dieser geschätzt
wurden, der Sperone, der lapis Oabinus der Alten, so genannt, weil sie
den Stein, aus dem übrigens im wesentlichen das ganze Albanergebirge
besteht, bei Gabii brachen, und der Peperin, auch im Altertum schon
wegen der massenhaft eingesprengten Stückchen von Lava und Kalk,
welche Pfefferkörnern gleichen, gelegentlich lapis piperinus^ gewöhnlich
aber lapis Albanus genannt. Derselbe Vulkan hat zwei Ströme von Lava
entsandt, deren Lauf quer über die Ebene bis in die Nähe von Rom hin
zu verfolgen ist; sie lieferten den Römern das Material zur Strassen-
pflasterung. — Wann die Thätigkeit des albanischen Vulkans aufgehört
hat, ist schwer zu bestimmen. Der öfters bei Livius aus der Zeit des
zweiten punischen Krieges und später (Buch 21 — 45) als „prodigiutn^ er-
wähnte Steinregen und andere Erscheinungen, wie Erdbeben, plötzlich
aufsprudelnde heisse Quellen etc. scheinen seine Thätigkeit auch in histo-
rischer Zeit zu beweisen, aber es fehlen direkte Zeugnisse über ein
solches Ereignis gänzlich. Sicher ist nur, dass die Abhänge des Gebirges
schon bewohnt waren, als sein letzter Ausbruch erfolgte. Denn man hat
zwischen Albano und Givitä Lavigna, also am südwestlichen Abhänge des
Gebirges, unter einer * 2 — 1 m dicken Peperinschicht eine Nekropole auf-
gedeckt. Wenn es wahr wäre, dass bei der Aufdeckung derselben inner-
halb der Peperinschicht auch Libralasse gefunden worden sind, so müsste
danach der letzte Ausbruch des Vulkans in das 4. oder 8. Jahrhundert
V. Chr. gesetzt werden, doch sind die Fundberichte nicht genügend be-
glaubigt. 0
Ihre charakteristische Gestalt erhielt die römische Campagna aber
erst durch die von den umlagernden Randgebirgen abfliessenden Wasser-
») Vgl. BuU. d. Inst. 1871 p. 34 flf., Ann. d. Inst. 1871 p. 239 flf.
26
Topographie Ton Rom.
massen. Sie haben den lockeren Tuff nach allen Seiten hin durchnagt und
zerklüftet und dadurch ein Terrain geschaffen, das kaum noch eine Ebene
zu nennen ist. Vier Fünftel besteht aus Hügeln, ein Fünftel ausThälern;
die Wände der Hügel fallen gewöhnlich steil ab, manchmal nach allen
Seiten, so dass sie völlig isoliert sind und grossen Würfeln gleichen; öfter
noch entstehen durch die typische Vereinigung zweier Wasserläufe jene
spitz- oder rechtwinkelig über den Thälern aufragenden Vorgebirge, die
nach hinten zu mit einer breiteren Hügelmasse zusammenhängen. Diese
und ähnliche Erscheinungen wiederholen sich mit grosser Regelmässigkeit
auf dem ganzen Gebiet. Die Erosionen sind im Süden niedriger, gross-
artiger und zu bedeutender Höhe anwachsend im Norden. Man sieht, die
Natur hat hier in grosser Fülle Formationen geschaffen, die zur Anlage
befestigter Städte einladen mussten. In der That haben wir uns in der
ältesten Zeit, bevor Rom den grossen Aufsaugungsprozess begann, der alles
Land ringsum verödete, die Gampagna dicht bedeckt mit jenen Städten zu
denken, deren zahlreiche Namen uns von Plinius (N. H. IE 68 f.) u. a. über-
liefert werden. Sie sind heutzutage fast ausnahmslos „sine vestigiis*' unter-
gegangen und waren es grösstenteils schon im Altertum; aber die Terrain-
formationen, welche einst vor Jahrtausenden zur Gründung von Hügel-
burgen einluden, sind nur wenig verändert wieder zu Tage getreten. Sie
belehren uns besser als alles andere über die Geringfügigkeit dieser ur-
ältesten Ansiedelungen. 1)
Am meisten hat zur Gestaltung und Gliederung dieses Gebietes der
Tiber beigetragen. Der Tiber {Tiberis, jetzt Tevere) entspringt im Ge-
biete von Arezzo (Arretium) in Etrurien,^) fliesst anfangs parallel dem
Appennin in südöstlicher Richtung längs des Randes der vulkanischen
Eüstenebene, umschreibt dann in grossem Bogen die einsam aufragende
Gebirgsmasse des Soracte und durchschneidet schliesslich, in breitem Thale
sich dahinwindend, die vulkanische Ebene von Rom. Die Breite des ur-
sprünglichen Flussbettes lässt noch jetzt erkennen, welche bedeutenden
Wassermassen sich einst hier dem Meere zugewälzt haben müssen. Seine
Ränder zeigen dieselben Erscheinungen, wie die der anderen Wasserläufe,
sie fallen steil ab; zahlreiche Querthäler mit meist unbedeutenden Flüss-
chen münden hinein und führen in steter Abwechselung jene oben er-
wähnten Bergformationen herbei, die den Tiberufern einen ganz einzig
dastehenden Reiz verleihen. An der Stelle, wo Rom liegt, verengt sich
das Flussbett dermassen, dass bei steigendem Zufluss von Wasser, wie er
nach den starken Regengüssen des Winters eintritt, das Wasser keinen
genügenden Abfluss hat und jahraus, jahrein mit Überschwemmung droht.
Aus dem Altertum haben wir Kunde von dreiundzwanzig grösseren Über-
schwemmungen, die oft tagelang Rom unter Wasser setzten.') Nach
*) 0. Sbbok, ÜrkimdenBtadien zur ältesten
römischen Geschichte. Rhein. Mus. XXXYII
p. 598 ff. Th. Mommsen, Die nntergegan-
genen Ortschaften im eigentlichen Latium
Hermes XVII p. 42 ff.
^) Heimat des Maecenas, daher der Tiber
von Horaz carm. I. 20, 1 in Bezug auf ihn
paternum flutnen genannt.
^) Zusammenstellung bei Nibsbn, Ita-
lische Landeskunde I p. 324. Die in der be-
kannten Ode des Horaz I, 2 vom Tiber ge-
brauchten Worte: ire deiecium monumenta
regia templctqtu Vestae bezeichnen den äus-
sersten Punkt, bis zu dem das Wasser des
2. Lage und Formation. (§ 13.)
27
vielen aussichtslosen und unausgeführt gebliebenen Projekten hat man
jetzt eine erhebliche Erweiterung und Regulieining des Flussbettes ausge-
führt. — 7 km oberhalb Roms nimmt der Tiber den Anio (jetzt Teve-
rone) auf, der aus dem Appennin von der Oegend des Fucinersees her-
kommend bei Tibur am Rande des Gebirges in fast 200 m hohen, pracht-
vollen Wasserfällen sich in die Ebene ergiesst und dann in scharf ein-
geschnittenem Bette von geringer Breite dem Tiber zueilt; die Thätig-
keit dieses Flusses ist für die Baugeschichte Roms von grosser Bedeutung
gewesen; die sedimentären Ablagerungen seiner Gewässer bilden am Fusse
des Hügels, auf dem Tibur (Tivoli) liegt, die unerschöpflichen Lager
jenes berühmten Kalksteines, des lapis Tiburtinus (Travertin), der im
2. Jahrhundert v. Chr. in Rom anfing bekannt zu werden. Er wurde zu-
nächst zur Herstellung von Denkmälern, Altären und einzelnen architek-
tonischen Gliedern verwendet, schon im letzten Jahrhundert der Republik
aber wurde er wegen seiner Festigkeit und seiner schönen Farbe das be-
liebteste Baumaterial und ist es bis auf den heutigen Tag geblieben.
Die Bedeutung des Tiber für Rom ist nicht zu allen Zeiten dieselbe
gewesen. Sie steht im engsten Zusammenhange mit der Entwickelung der
Stadt. In demselben Masse, wie die Stadt sich entwickelt, nimmt die Be-
deutung des Tiber für sie ab. Die Gründung Roms am Ufer des
grössten Stromes von Mittelitalien und die Aufnahme desselben in die
Befestigungslinie war bei der durchgehenden Tendenz der ältesten Stadt-
gründungen, ihre Festigkeit durch möglichste Unnahbarkeit zu erhöhen,
sicher eine politische That von hervorragender Bedeutung. 0 Dieser Lage
am Fluss ist es wohl in erster Linie zuzuschreiben, dass die Stadt schon
früh alle Nachbarstädte an Grösse und bald auch an Machtfülle übertraf;
bis in das 2. Jahrhundert v, Chr. war der Tiber recht eigentlich der
Lebensnerv für Rom. Er führte der Stadt aus dem Innern des Landes
Bauholz, Steine und Lebensmittel zu, der kurze Unterlauf aber bis zum
Meere wurde von Kriegs- und Kauffahrteischiffen befahren. Auch der
Personenverkehr kann damals nicht unbedeutend gewesen sein und hat
sich wohl am längsten gehalten, da seit dem 1. Jahrhundert v. Chr. die
Ufer oberhalb und unterhalb der Stadt sich dichter und immer dichter
mit ViDen besetzten.^) Schon zur Zeit des Augustus aber hören wir,
müssen grössere Fahrzeuge ihre Ladung auf der Rhode von Ostia löschen
und auf Flussfahrzeuge umladen. Dem Welthandel nun gar, wie er sich
seitdem gestaltete, war der Tiber, zumal bei der Unmöglichkeit, die an
seiner Mündung geschaffenen Hafenanlagen vor Versandung zu schützen,
nicht gewachsen, und so wurden die campanischen Häfen, namentlich
Puteoli mit der von dort nach Rom führenden Landstrasse die Träger
des Weltverkehrs. Heutzutage, wo die Mündung des Flusses so ver-
sandet ist, dass grössere Seeschiffe sich ihr nur auf 1200 m nähern können,
Flusses in das Innere der Stadt vordringen
kann, nftmlich bis an den Fass des Palatin.
') Vgl. G. HiBSCBFBLD, Zur Typologie
griechischer Ansiedinngen im Altertum (Fest-
gabe an Ernst OurüuB 1884) und 0. Richter,
Stadtanlage in Baumeisters Denkmälern des
klassischen Altertums ITI p. 1695 ff.
») Horaz, carm. II 3, 18. Ovid fast. VF
777 f.
28 Topographie von Rom.
ist der Verkehr auf dem Flusse nicht der Rede wert und beschränkt sich
auf die Fahrten zwischen Rom und dem kleinen Hafenort Fiumicino gegen-
über dem versandeten Ostia. Der eigentliche Hafen des modernen Roms
ist Civitavecchia, 60 km nördlich von der Mündung des Tiber gelegen,
für Puteoli ist Neapel eingetreten.
Der Wasserreichtum der römischen Campagna ist sehr bedeutend
und steht in keinem Verhältnisse zu dem Jahresmittel der Regenmenge,
das nur wenige Dezimeter beträgt. Aller Orten sprudeln lebendige Quellen
das ganze Jahr über in gleicher Stärke, während oft monatelang im Sommer
kein Tropfen Regen &llt. Auch diese Erscheinung hängt mit der vul-
kanischen Natur des Bodens zusammen. Die römische Campagna wird im
Norden und Süden von alten Kratern beherrscht, die jetzt zum Teil Seen
sind: der See von Bracciano {lacus Sabatinus)^ von Martignano {locus Äl-
sietinus), von Stracciacappa {Uicus Papirianus) im Norden, der Albanersee
(lacus Albanus) und der von Nemi {lacus Nemorensis) im Süden. Das
Wasser dieser Seen dringt in die durchlässigen Wände und in den Boden
der alten Krater ein und gelangt auf diese Weise in den unter der römi-
schen Campagna gelegenen Grund, dort ausgedehnte unterirdische Wasser-
reservoirs bildend. Dieser Prozess vollzieht sich unter dem starken, auf
mehrere Atmosphären zu schätzenden Druck der zum Teil sehr tiefen Seen,
es ist also kein Abfliessen, sondern in Wahrheit ein Einpressen des Wassers
in den römischen Untergrund. Der Druck ist so gross, dass die Hügel
der Campagna, wofern sie nicht aus ganz undurchlässigem Material be-
stehen, sämtlich davon durchsetzt sind, und wenn auch ein Teil dieser
Wassermassen in den Tiber und seine Nebenarme abfliesst, so bleibt doch,
aufgehalten durch undurchdringliche Schichten, genug Wasser zurück, das
keinen anderen Ausweg hat, als die Verdunstung durch die dünne pfianzen-
tragende Bodenschicht, welche die römischen Hügel bedeckt. Dieser Zu-
stand der römischen Campagna ist als die Hauptursache der in ihr herr-
schenden Malaria zu betrachten. Die Alten kannten denselben und haben
ihm durch ein Drainagesystem abgeholfen, dessen Spuren in der ganzen
Ausdehnung des römischen Gebietes zu Tage kommen. Es sind Gänge
(cuniculi) von durchschnittlich 1,50 m Höhe und 0,50 m Breite, jetzt von
den Sedimenten des abgeleiteten Wassers verstopft, sie fangen aber, wenn
sie gereinigt sind, häufig von selbst an zu fungieren. Sie durchkreuzen
die Hügel nach allen Seiten, öfter findet man mehrere Kanalnetze über-
einander, so z. B. im Aventin, wo sie unter Sta. Sabina in vier Etagen
liegen (Not. d. scavi 1893 p. 119), im Kapitel, Quirinal etc. Es ist ersicht-
lich, dass erst diese Drainage, wenn sie auch die Malaria nicht absolut
zu bannen im stände war, es ermöglichte, dass die jetzt so öde Campagna
das ganze Altertum hindurch dicht bevölkert und angebaut war. Dass
von derselben bei den Schriftstellern des Altertums nie die Rede ist,
zeigt, dass sie als etwas ganz Bekanntes, Gewöhnliches galt. Sicher
reicht sie in die Zeiten vor der römischen Herrschaft zurück. Die Fossa
Cluilia (Liv. H 39), die nach den dürftigen Nachrichten ein künstlicher
Wasserlauf war, welcher die Campagna von Nordost nach Südwest durch-
schnitt, scheint ein mit dieser Drainage in Verbindung stehender Sammel-
8. Lage und Formaüon. (§ U.) 29
graben gewesen zu sein, wenn anders man den Namen Cluilia richtig mit
duere — cloaca zusammenstellt.
Litteratur: Brocchi, Dello stato fisico del suolo di Roma, 1820. — Ponzi, Sullo stato
fiflico del suolo di Roma im Giomale Arcadico N. S. 9 p. 28 ff. ; Storia naturale del Lazio
N. S. 12 p. 104 ff. — Vom Rath in der Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft
1866 p. 487 ff. — M. Stefano de Rossi, Primo rapporto sugli studi e scoperte paleetnologiche
di Roma Ann. d. Inst. 1867, p. 5 ff. Secondo rapporto: Giomale Arcadico N. S. 58 p. 96 ff.
Nnove scoperte nella necropoL arcaica albana, Ann. d. Inst. 1871 p. 239 ff. — Giordano, Con-
dizioni topografiche e fisiche di Roma e Campagna Romana in der Monografia della cittä
di Roma e della Campagna Romjina presentata all' esposizione universale di Parigi 1878. —
Mantovani, Descnzione geologica deUa Campagna Uomana 1884. — Westphal, Die rö-
mische Kampagne, 1829. — Abrkbn, Mittelitalien vor den Zeiten röm. Herrschaft, 1843. —
H. Nissen, Italische Landeskunde I. 1883. — Pbbller, Rom und der Tiber, in den Abh.
der Bachs. Ges. d. Wiss. 1848 p. 181 ff., 1849, p. 134 ff. — Ponzi, Storia geologica del Tevere,
Giomide Arcadico N. 8. 18 p. 129 ff. — Aubbrt, Roma e Tinondazione del Tevere, ebenda-
selbst N. S. 66 p. 142 ff. (vgl. M. St. de Rossi in den Nuovi Lincei, 13. Aug. 1871). — Cane-
vABi, Cenni nulle condizioni altimetriche ed idrauliche del agro Romano in den Annali del
ministero di agricultura 1874. — Balestba, L'igiene nella campagna e cittä di Roma 1875. ~
Baccelli, La malaria di Roma in der Monografia della cittä di Roma 1875. — P. di Tucct,
Deir antico e presente stato della campagna di Roma in rapporto alla salubritä deir aria
e alla fertilitä del suolo 1878. — Tommabi-Cbudeli, Die Malaria von Rom und die alte Drai-
nage der römischen Hügel, 1882. Derselbe: La production naturelle de la malaria, Kopen-
hagen 1884 und: Alcune rifiessioni sul clima deir antica Roma, Mitt. d. Inst. 1887, S. 76
bis 89. — Lanoiani, Di alcune opere di risanamento delP agro Romano, eseguite dagli antichi;
Aec. dei Lincei, Giugno 1879. Derselbe: Sanitary conditions of ancient Rome in seinem
Buche: Ancient Rome in the light of recent discoveries 1888. — W. Nobth, Roman Fever,
London 1896.
14. Borns Bodengestaltung. Die sieben Hügel am linken Tiber-
ufer, auf denen Rom sich ausbreitete, bilden eine sehr glückliche Ver-
einigung der typischen Formationen der Campagna. Den natürlichen
Mittelpunkt bildet der ungefähr 300 m vom Tiber entfernte, in scharf ge-
zeichneten, ein unregelmässiges Viereck bildenden Formen sich erhebende
Mens Palatinus, der nur nach Norden zu in der niedrigeren Velia
eine Art Ausläufer hat, nach den übrigen Seiten aber steil abfällt. Ihn
umgeben im Süden der viel grössere, hart an den Tiber herantretende,
ebenfalls isolierte Aventinus, nach Nordwest der ursprünglich den süd-
lichsten Ausläufer des Quirinal bildende, dann aber durch einen tiefen
Einschnitt von ihm getrennte Capitolinus; im Norden und Nordosten
die vier an ihrer Wurzel im Osten sich vereinigenden und flach in ein
breiteres Plateau übergehenden Bergvorsprünge des Quirinalis, Vimi-
nalis, Gispius und Oppius, letztere beide zusammen mit dem dahinter
liegenden Plateau auch Esquilinus genannt; endlich im Südosten der
Caelius, von den eben genannten durch ein tiefes Thal getrennt, weiter
ostwärts aber ebenfalls mit dem daselbst sich ausbreitenden Plateau zu-
sammenhängend. Nördlich vom Quirinalis liegt der erst durch die letzte
Phase der Stadtentwickelung mit der Stadt vereinigte Gollis hortorum
(der Pincio).
Die Hügel sind von Natur niedrig und erscheinen jetzt dem Auge
noch niedriger dadurch, dass Schuttablagerungen die ehemals steilen Ab-
hänge in sanfte Abdachungen verwandelt und die Thäler erhöht haben.
Der höchste Punkt des Palatin liegt 43 m über dem Tiberspiegel, ') der
des Aventin (bei Sta. Sabina) 39 m, die beiden Kuppen des Kapitel 43 m,
*) Der Tiberapiegel liegt an der Ripetta 6,7 m ttber dem Meere.
30 Topographie Ton ftom.
die Einsattlung dazwischen 30 m, der Quirinal und Yiminal 48 m, der
Cispius (bei Sta. Maria Maggiore) 46 m, der Oppius (hinter den Titus-
thermen) 49 m, der Caelius (Villa Mattei) 43 m, endlich das Plateau, in
welchem Quirinal, Viminal und Esquilin sich vereinigen, im Durchschnitt
46 m. Etwas höher (50 m) ist der Pincio. Von der jetzigen Aufhöhung
des Bodens in den Thälern gibt den besten Begriff das zwischen Kapitol
und Palatin gelegene Forum. Das aufgedeckte Pflaster desselben (5, 1 m
über dem Tiber) und der heutige Boden (14,3 m über dem Tiber) haben
eine Niveaudifferenz von beinahe 10 m. An anderen Stellen, wie auf dem
Marsfeld und auf den Höhen der Hügel, ist die Aufschüttung bei weitem
geringer. Lediglich durch Verschüttung und Anhäufung von Trümmern
sind entstanden der Monte Giordaiio und der Monte Citorio (Mitt. d.
Inst. 1889 S. 41 ff.) im Marsfeld, ersterer 6, letzterer 9 m über dem
Durchschnittsniveau desselben sich erhebend; ebenso der ganz aus Scherben
bestehende 35 m hohe Monte Testaccio südlich vom Aventin. — Die
Terraingestaltung am rechten Tiberufer ist einfach. Hier begrenzen die
langgestreckten, fast genau die Richtung von Nord nach Süd einhaltende
Montes Vaticani, gewöhnlich Janiculum genannt, ^) den Horizont. Sie
erheben sich steil aus der Tiberebene und sind auch von dem dahinter
liegenden Bergland durch eine Einsenkung geschieden. Das Janiculum
überragt die Berge am linken Ufer um ein Bedeutendes. Seine höchste
Erhebung in der Nähe der Porta S. Pancrazio beträgt 77 m über dem
Tiberspiegel. An dieser Stelle springt vor die gerade Linie des Höhen-
zuges ein steil abfallender Fels bastionsartig hervor, jetzt von der Kirche
S. Pietro in Montorio (mittelalterlich in monte aureo) eingenommen. Diese
die Hügel Roms beherrschende Höhe konnte, wie wir sehen werden, nicht
ohne Einfluss auf die fortifikatorische Gestaltung der Stadt bleiben.
3. Entwicklungsgeschichte der Stadt
15. Die palatinische Stadt. Die Entwicklung Roms geht vom
Palatin aus. Dies von der Überlieferung einstimmig festgehaltene
Faktum hält auch vor der topographischen Forschung stand. Die Lage
des Palatin inmitten eines Kranzes von Hügeln und Bergvorsprüngen, die
nach ihm wie nach einem Zentrum zu gravitieren, ist ausserordentlich
günstig und einzig zur Stadtanlage geeignet. Denn eine kraftvolle Be-
hauptung dieser Stellung ermöglichte und forderte zugleich die Be-
herrschung der umliegenden Höhen und Hess ein eigenmächtiges Ein-
dringen fremder Ansiedler nicht zu. Wenn die Sage daher von einer
plötzlichen Besetzung des Quirinals durch Sabiner erzählt und von Kämpfen,
die damit endigen, dass die Eindringlinge gezwungen werden, sich der
) Elteb, Vaticanum, Rhein. Mub. 1891 ! feld gegenüberliegende Höhenzug, und
S. 112— 138. Das schwierige Verhältnis
zwischen den beiden Namen montes Vati-
cani und Janiculum namentlich in Bezug auf
die beiden Stellen Horaz, carm. I, 20, 8 Va-
ticani montis imago, womit der dem Mars-
Martials longum Janiculi iugum, womit die
Fortsetzung des Höhenzugs nördlich von
Rom gemeint ist, ist hier gut auseinander-
gesetzt. Das Nähere siehe bei TVans Ti-
berim.
8. EntwioklmigsgMohiohte der 8tadt. (fi 15.)
31
auf dem Palatin angesiedelten Gemeinde unterzuordnen, ^) so schildert sie
einen Vorgang, der vollen Glauben verdient.
Die besondere Stellung des Palatins wird denn auch durch den Namen
schon angedeutet. Die älteste Form desselben ist im Gegensatz zu der
adjektivischen Bezeichnung^) der anderen Höhen (collis Quirinalis, mons
Gaelius, Esquilinus etc.) das substantivische Palatium, also ein Stadi-
name. Die Grundzüge dieser Stadt können wir uns dank den Ausgrabungen
der letzten Jahrzehnte in einigen wesentlichen Punkten rekonstruieren.
Unter dem oberen Rande der West- und Südseite des Hügels sind auf-
liegend auf dem geglätteten und senkrecht abgeschrofften ^) Felsen die
nicht unbedeutenden Reste einer Tuflfquadermauer zum Vorschein ge-
kommen (t auf dem Palatinsplan), die nach Material, Fügung der Steine und
den darauf befindlichen Steinmetzzeichen mindestens ebenso alt ist, wie die
sogenannte Servianische Mauer.^) Dass diese Mauer den von allen Seiten
isolierten Hügel einst rings umgeben hat, ist unzweifelhaft. Spätestens im
1., vielleicht schon im 2. Jahrhundert v. Chr. war sie verfallen und
wurde der Demolierung preisgegeben. Steine, die sicher zu ihr ge-
hörten, finden wir auf und am Palatin in den Fundamenten anderer Ge-
bäude verbaut (Palatinsplan bei B); die stehengebliebenen Reste aber
wurden überbaut, namentlich findet sich an der Südwestseite des Berges,
von S. Teodoro bis gegenüber von Sta. Anastasia im Zuge der alten Quader-
mauer und von aussen an sie angelehnt, eine Mauer von einem altertüm-
lichen, noch ganz unregelmässigen und der Bindung durch horizontale
Schichten entbehrenden Quasiretikulat (l auf dem Palatinsplan). Sie
diente teils zur Befestigung des Hügelrandes, teils zur Substruktion für
darüber aufgeführte Gebäude und stammt aus dem 1. oder 2. Jahrhundert
V. Chv.^)
') Die Unterordnung tritt deutlich in
der nach König Titus Tatias Tode wieder-
hergestellten Alleinherrschaft des Romulus
hervor. Wären die Sabiner des Quirinals
die Obsiegenden und Bestimmenden gewesen,
so wOrde die Gründungssage doch wohl mit
diesen und nicht mit den Palatinsleuten an-
heben.
^) Eine scheinbare Ausnahme macht von
den linkstiberinischen Hügeln das Capito-
lium. Aber gerade diese Bezeichnung ist
spät; sie kann erst zu der Zeit aufgekom-
men sein, als der Berg wirklich das gewor-
den war, was sein Name bedeutet, der
Hauptberg. Auf dem rechten Tiberufer
begegnen wir dem Janiculum, was eben-
falls eine Stadtbezeichnnng ist. Aber hier
hat nie eine Stadt gelegen, sondern die Be-
zeichnung ist Ausdruck einer mythologischen
Vorstellung. Janus ist Sonnengott, und da
für Rom die Sonne Jahr aus Jahr ein hinter
dem Janiculum untergeht, hier also der
Sonnengott alle Abend sein Tagewerk be-
schliesst, so entwickelte sich hieraus die
Vorstellang einer Janusstadt, in die der Gott
zur Nachtzeit zurückkehrt gleich den Hirten,
die sich abends hinter den Mauern ihrer
festen Stadt bergen. Vgl. 0. Richtbh, Die
Befestigung des Janiculum p. 3 — 5.
^) Die Abschroffung ist noch heute
an der Westseite an mehreren Stellen er-
kennbar.
*) Demnach ist ja freilich kaum anzu-
nehmen, dass wir es hier mit Resten einer
Urbefestigung zu thun haben, aber jede andere
frühere Befestigung muss den gleichen Ver-
lauf gehabt haben, das liegt in der Natur
des Berges.
^) Ueber die Reste dieser Mauern vgl.
Lanciani, Ann. d. Inst. 187 1 p. 41 flf. und
Guida del Palatino p. 77 ff. H. Jordan,
Topographie I, 1 p. 172. Wbndt, Bull. d. Inst.
1882, p. 53 ff. 0. Richter, Ann. d. Inst. 1884
p. 189 ff. nebst Mon. XII tav. VlHa. üeber
die Steinmetzzeichen und das mutmassliche
Alter: 0. Ricutbr, Ueber antike Steinmetz-
zeichen p. 12 f. und 39 f. Die jüngere (Re-
tikulat-) Mauer ist zum Teil erst bei den
Ausgrabungen 1885 zum Vorschein ge-
kommen. Vgl. Not. degli Scavi 1886, p. 51.
30 Topographie yon ftom.
die Einsattlung dazwischen 30 m, der Quirinal und Viminal 48 m, der
Cispius (bei Sta. Maria Maggiore) 46 m, der Oppius (hinter den Titus-
thermen) 49 m, der Caelius (Villa Mattei) 43 m, endlich das Plateau, in
welchem Quirinal, Viminal und Esquilin sich vereinigen, im Durchschnitt
46 m. Etwas höher (50 m) ist der Pincio. Von der jetzigen Aufhöhung
des Bodens in den Thälern gibt den besten Begriff das zwischen Eapitol
und Palatin gelegene Forum. Das aufgedeckte Pflaster desselben (5, 1 m
über dem Tiber) und der heutige Boden (14,3 m über dem Tiber) haben
eine Niveaudiflferenz von beinahe 10 m. An anderen Stellen, wie auf dem
Marsfeld und auf den Höhen der Hügel, ist die Aufschüttung bei weitem
geringer. Lediglich durch Verschüttung und Anhäufung von Trümmern
sind entstanden der Monte Giordano und der Monte Citorio (Mitt. d.
Inst. 1889 S. 41 flf.) im Marsfeld, ersterer 6, letzterer 9 m über dem
Durchschnittsniveau desselben sich erhebend; ebenso der ganz aus Scherben
bestehende 35 m hohe Monte Testaccio südlich vom Aventin. — Die
Terraingestaltung am rechten Tiberufer ist einfach. Hier begrenzen die
langgestreckten, fast genau die Richtung von Nord nach Süd einhaltende
Montes Vaticani, gewöhnlich Janiculum genannt,*) den Horizont. Sie
erheben sich steil aus der Tiberebene und sind auch von dem dahinter
liegenden Bergland durch eine Einsenkung geschieden. Das Janiculum
überragt die Berge am linken Ufer um ein Bedeutendes. Seine höchste
Erhebung in der Nähe der Porta S. Pancrazio beträgt 77 m über dem
Tiberspiegel. An dieser Stelle springt vor die gerade Linie des Höhen-
zuges ein steil abfallender Fels bastionsartig hervor, jetzt von der Kirche
S. Pietro in Montorio (mittelalterlich in monte aureo) eingenommen. Diese
die Hügel Roms beherrschende Höhe konnte, wie wir sehen werden, nicht
ohne Einfluss auf die fortifikatorische Gestaltung der Stadt bleiben.
3. Entwicklungsgeschichte der Stadt
15. Die palatinische Stadt. Die Entwicklung Roms geht vom
Palatin aus. Dies von der Überlieferung einstimmig festgehaltene
Faktum hält auch vor der topographischen Forschung stand. Die Lage
des Palatin inmitten eines Kranzes von Hügeln und Bergvorsprüngen, die
nach ihm wie nach einem Zentrum zu gravitieren, ist ausserordentlich
günstig und einzig zur Stadtanlage geeignet. Denn eine kraftvolle Be-
hauptung dieser Stellung ermöglichte und forderte zugleich die Be-
herrschung der umliegenden Höhen und liess ein eigenmächtiges Ein-
dringen fremder Ansiedler nicht zu. Wenn die Sage daher von einer
plötzlichen Besetzung des Quirinals durch Sabiner erzählt und von Kämpfen,
die damit endigen, dass die Eindringlinge gezwungen werden, sich der
') Elter, Vaticannm, Rhein. Mus. 1891 1 feld gegenüberliegende Höhenzug, und
S. 112 — 138. Das schwierige Verhältnis | Martinis longum Janiculi iugunty womit die
zwischen den beiden Namen montes Vati-
cani und Janiculum namentlich in Bezug auf
die beiden Stellen Horaz, carm. I, 20, 8 Va-
ticani moniis imago, womit der dem Mars-
Fortsetzung des Höhenzugs nördlich von
Rom gemeint ist, ist hier gut auseinander-
gesetzt. Das Nähere siehe bei Trans Ti-
berim.
8. EntwioklmigsgMohiohte der 8tadt. (fi 15.)
31
auf dem Palatin angesiedelten Gemeinde unterzuordnen, *) so schildert sie
einen Vorgang, der vollen Glauben verdient.
Die besondere Stellung des Palatins wird denn auch durch den Namen
schon angedeutet. Die älteste Form desselben ist im Gegensatz zu der
adjektivischen Bezeichnung^) der anderen Höhen (collis Quirinalis, mons
Caelius, Esquilinus etc.) das substantivische Palatium, also ein Stadt-
name. Die Grundzüge dieser Stadt können wir uns dank den Ausgrabungen
der letzten Jahrzehnte in einigen wesentlichen Punkten rekonstruieren.
Unter dem oberen Rande der West- und Südseite des Hügels sind auf-
liegend auf dem geglätteten und senkrecht abgeschrofften ^) Felsen die
nicht unbedeutenden Reste einer Tuffquadermauer zum Vorschein ge-
kommen (i auf dem Palatinsplan), die nach Material, Fügung der Steine und
den darauf befindlichen Steinmetzzeichen mindestens ebenso alt ist, wie die
sogenannte Servianische Mauer.^) Dass diese Mauer den von allen Seiten
isolierten Hügel einst rings umgeben hat, ist unzweifelhaft. Spätestens im
1., vielleicht schon im 2. Jahrhundert v. Chr. war sie verfallen und
wurde der Demolierung preisgegeben. Steine, die sicher zu ihr ge-
hörten, finden wir auf und am Palatin in den Fundamenten anderer Ge-
bäude verbaut (Palatinsplan bei B); die stehengebliebenen Reste aber
wurden überbaut, namentlich findet sich an der Südwestseite des Berges,
von S. Teodoro bis gegenüber von Sta. Anastasia im Zuge der alten Quader-
mauer und von aussen an sie angelehnt, eine Mauer von einem altertüm-
lichen, noch ganz unregelmässigen und der Bindung durch horizontale
Schichten entbehrenden Quasiretikulat (l auf dem Palatinsplan). Sie
diente teils zur Befestigung des Hügelrandes, teils zur Substruktion für
darüber aufgeführte Gebäude und stammt aus dem 1. oder 2. Jahrhundert
V, Chr.«^)
') Die Unterordnung tritt deutlich in
der nach König Titus Tatins Tode wieder-
hergestellten Alleinherrschaft des Romulus
hervor. Wären die Sabiner des Quirinals
die Obsiegenden und Bestimmenden gewesen,
so würde die Gründungssage doch wohl mit
diesen und nicht mit den Palatinsleuten an-
heben.
*) Eine scheinbare Ausnahme macht von
den linkstiberinischen Hügeln das Capito-
lium. Aber gerade diese Bezeichnung ist
spät; sie kann erst zu der Zeit aufgekom-
men sein, als der Berg wirklich das gewor-
den war, was sein Name bedeutet, der
Hauptberg. Auf dem rechten Tiberufer
begegnen wir dem Janiculum, was eben-
falls eine Stadtbezeichnung ist. Aber hier
hat nie eine Stadt gelegen, sondern die Be-
zeichnung ist Ausdruck einer mythologischen
Vorstellung. Janus ist Sonnengott, und da
für Rom die Sonne Jahr aus Jahr ein hinter
dem Janiculum untergeht, hier also der
Sonnengott alle Abend sein Tagewerk be-
schliesst, so entwickelte sich hieraus die
Vorstellung einer Janusstadt, in die der Gott
zur Nachtzeit zurückkehrt gleich den Hirten,
die sich abends hinter den Mauern ihrer
festen Stadt bergen. Vgl. 0. Richter, Die
Befestigung des Janiculum p. 3 — 5.
^) Die Abschroffung ist noch heute
an der Westseite an mehreren Stellen er-
kennbar.
*) Demnach ist ja freilich kaum anzu-
nehmen, dass wir es hier mit Resten einer
Urbefestigung zu thun haben, aber jede andere
frühere Befestigung muss den gleichen Ver-
lauf gehabt haben, das liegt in der Natur
des Berges.
^} Ueber die Reste dieser Mauern vgl.
Lanctani, Ann. d. Inst. 1871 p. 41 ff. und
Guida del Palatino p. 77 ff. H. Jobdan,
Topographie I, 1 p. 172. W^bndt, Bull. d. Inst.
1882, p. 53 ff. 0. RiCHTKB, Ann. d. Inst. 1884
p. 189 ff. nebst Mon. XII tav. VÜIa. Ueber
die Steinmetzzeichen und das mutmassliche
Alter: 0. Ricutbr, Ueber antike Steinmetz-
zeichen p. 12 f. und 39 f. Die jüngere (Re-
tikulat-) Mauer ist zum Teil erst bei den
Ausgrabungen 1885 zum Vorschein ge-
kommen. Vgl. Not. degli Scavi 1886, p. 51.
32 Topographie von Rom.
Es hat sich ferner in der Überlieferung eine zuverlässige Nachrieht
über den Lauf des palatinischen Pomeriums erhalten, d. h. jener ürfurche,
welche bei Gründung der . Stadt um den Fuss des palatinischen Berges
gezogen wurde und bestimmt war, das Gebiet der „urbs" von dem des
„ager" zu trennen. Das Ziehen dieser Linie war nach etruskischem Ritus
der erste Akt jeder Stadtgründung. Varro beschreibt denselben (LL. V
143): oppida condebant in Latio Etrusco ritu ut muüa, id est iunctis bobus
tauro et vacca interiore aratro circumagebant sulcum. Hoc faciebant religionis
causa die anspicato, ut fossa et muro essent muniti, Terram unde exsculp-
serant fossam vocabant et introrsus iactam mumm: postea, qui fiebat
orbis, urbis principium, qui quod erat post murum postmerium dictum, eius-
que ^) auspicia urbana finiuntur. Die gewöhnliche Annahme, dass an Stelle
dieser Furche die Mauer und der Graben getreten seien, ist irrig und hat
zu verkehrter Auffassung des Begriffes „pomerium" geführt.*) Die Stelle lehrt
vielmehr, dass in der sakralen Sprache die Furche fossa, die ausgeworfene
Erde murus genannt wurde, damit die Siedler vom ersten Tage an, wenn
auch zunächst nur symbolisch „fossa et muro essent muniti^. Die Ver-
letzung der Heiligkeit dieses symbolischen Mauerringes und ihre Be-
strafung lehrt die Legende von Remus. Nachher, d. h. nachdem innerhalb
des solchergestalt ausgeschiedenen Gebietes die Stadt mit ihren Mauern
sich erhoben hatte, wurde diese Linie (urbis principium) durch Cippen
{lapides certis spatiis interiecti) kenntlich gemacht; sie bildete die Grenze
der städtischen Auspicien und war die unüberschreitbare Schranke für das
nur ausserhalb des von ihr umschlossenen Raumes wirksame militärische
Imperium. Als Templum inauguriert musste das aus dem ager ausge-
schiedene und umschriebene Gebiet ursprünglich eine quadratische Form
haben, während zumal bei bergigem Terrain, wie es in der ältesten Zeit
ausschliesslich zur Stadtanlage gewählt wurde, der Mauerring den Formen
des Terrains folgte; daher denn ursprünglich die beiden Linien wohl an-
einander gebunden waren, ohne doch in allen Punkten parallel zu sein.
Der Landstreifen zwischen der Pomeriumslinie und der Mauer, sowie ein
Streifen Landes innerhalb der Mauer wurden aus fortifikatorischen und
Verteidigungsgründen vom Anbau frei gehalten, wie Livius I, 44 bezeugt:
locus, quem id condendis urbibus quondam Etrusci, qua murum ducturi erant,
certis circa terminis iuaugurato consecrabant, ut neque interiore parte aedi-
ficia moenibus continuarentur . . . et extrinsecus puri aliquid ab humano
cultu pateret soli,'^)
Die Linie des palatinischen Pomeriums beschreibt Tacitus (Ann. XII,
24): sed , . , quod pomerium Romulus posuerit, noscere haud absurdum
reor, Igitur a foro boario, ubi aereum tauri simtdacrum aspicimus, quia id
genus animalium aratro subditur, sulcus designandi oppidi coeptus, ut magnam
Iferculis aram amplecteretur. Inde certis spatiis interiecti lapides per ima
montis Palatini ad aram Consi, mox curias veter es, tum ad saceUum
0 Jobdan schlägt Top. I, 1 p. 167 Amn. I Jobdan, Top. V S. 163 ff.
25 vor, statt des überlieferten eiusque: eoque \ *) Die oben vorgetragene Erklänmg der
zu lesen. 1 Varrosteile habe ich zuerst im Hermes XX
«) Vgl. MoMMSBN, Rom. Forsch. II S. 23 ff. | 1885 S. 428 f. gegeben.
8. EntwicklungBgesohJohte der Stadt. (§ 15.)
33
Larum; forumque Romanum et Capitolium non a Romulo, sed a Tito Tatio
additum urbi credidere. Von den hier genannten vier Eckpunkten des
Berges sind drei auch anderweit bezeugt; es entsprechen die Magna
Herculis ara (Ära maxima) der Südwest-, die Ära Consi der Südost-,
die Curiae veteres der Nordostecke des Berges. Das Sacellum Larum,
worunter wahrscheinlich das Sacellum Larum Praestüum gemeint ist, lag
demnach an der Nordwestecke, vermutlich an der auf dem alten Pome-
riumsstreifen angelegten Nova via.^) Von da ging die Linie per ima
montis Palatini zum Ausgangspunkt zurück. Auf dem nebenstehenden
Plane 2 (das Templum der palatinischen Stadt) ist der Palatin mit dem
ihn umgebenden Pomerium veranschaulicht. Es hatte, der Form des
Berges entsprechend, eine trapezförmige Gestalt. ')
Das Andenken dieses ältesten Pomeriums zu Füssen des Palatins
wurde durch die jährlich am 15. Febi-uar sich wiederholende Feier des
Luperealienfestes, das in einem Umlauf um die alte palatinische Stadt be-
stand, wachgehalten; Varro LL. VI 34: lupercis nudis lustratur antiquum
oppidum Palatinum gregibus humanis^) cinctum. Dieser Umlauf war
auch in den spätesten Zeiten trotz aller baulichen Veränderungen noch
möglich; im Osten begrenzte den Palatin die in dem Thale zwischen diesem
und dem Caelius nach der Porta Capena führende Strasse, im Süden das
Circusthal. An den beiden Seiten, wo das palatinische Pomerium bei der
Weiterentwicklung der Stadt zuerst aufgegeben wurde, im Norden und
im Westen, hatte man auf dem Pomeriumsstreifen eine den Palatin von
zwei Seiten umlaufende Strasse angelegt, die Nova via, nächst der Sacra
via die älteste Strasse Roms und darum so im Gegensatz zu ihr genannt
(vgl. Varro LL. VI 59). Die Ausgrabungen an der Nordseite des Palatins
haben einen Teil dieser Strasse zwischen dem Titusbogen und der Kirche
^) Ueber die Ara maxima vergl. de
RoBsi, Ann. dell' Ist. 1854 p. 28 ff., Atti
dell Acc. pontif. YI 242; über die A ra Consi
Bbckbb, Top. p. 408, Jobdan, Eph. epigr. III
p. 63, CIL. 1' p. 826; die Curiae veteres
sind auch durch den auf der kapit. Basis
enthaltenen vicus curiarum (Reg. X) bezeugt,
üeber das Sacellum Larum habe ich in
meiner Schrift: ,Die älteste Wohnstätte des
römischen Volkes, Berlin 1891' gehandelt.
Die gegen die Identifizierung des Taciteischen
Sacellum Larum mit der Ara Larum prae-
stüum von WissowA (Analecta romana topo-
graphica p. 19) geltend gemachten Gründe
sind nicht fiberzeugend. Wenn der Altar zu
Ovids Zeit (Fast. V 129 ff.) wie so viele andere
,templa deum' (vgl. R. g. divi Augusti und
Tac. ann. 11 49) verfallen war, so kann er
nichtsdestoweniger zu Tacitus' Zeit längst
wiederhergestellt sein. Die Forderung aber,
dass Tacitus, wenn er diesen Altar und nicht
die auf der Summa sacra via gelegene Aede8
Larum meinte, sie deutlich hätte unter-
scheiden müssen, ist gegenüber einem für
Römer schreibenden Römer nicht berechtigt.
Handbueh der klan. AltertiimswisseDschaft. ni, 3,
Dass Tacitus eine aedea nicht als sacellum
bezeichnen kann, und dass bei der Beschrei-
bung dieser Pomeriumslinie nur die vier Eck-
punkte in Betracht kommen können, liegt
doch wohl auf der Hand. Hülsen, der meiner
Erörterung zustimmt (Mitt. d. Inst. 1892
p. 293), veizeichnet auf Plan HI seiner
Formae urbis (Pars media urbis etc.) die
Ara richtig an dem Punkte, wo die Nova via
die Nordwestecke des Berges trifft.
0 Der in meiner Schrift: Die älteste
Wohnstätte des römischen Volkes, Berlin
189 1'* gemachte Versuch, das Pomerium der
palaÜDischen Stadt als Templum quadratisch
zu gestalten, hat sich als undurchführbar
herausgestellt.
**) Die Lesart gregibus humanis ist von
MoMMSEN CIL. I p. 364 in a regibus moenibus
geändert worden. Vgl. Hermes X, p. 49 und
Jordan, Top. I, 1 p. 162, Anm. 19. Der
Widerspruch Jordans gegen Mommsens Kon-
jektur ist durchaus zu billigen. So wenig
klar der Sinn der Stelle ist, so hat er doch
richtig erkannt, dass imter den greges hu-
mani die Luperci zu verstehen sind.
B. 2. Aufl. 3
34
B. Topographie von Rom.
S. Maria Liberatrice aufgedeckt (vgl. den Palatinsplan). Sie läuft längs
des Nordabhanges des Palatins parallel dem Rande desselben, biegt um
die Nordwestecke des Hügels und endigt, sich allmählich senkend, im
Velabrum an der Südwestecke des Hügels.
Von den Thoren des Palatiums (nach Plin. N. H. HI 66 urbem tres
portas habentem Romulus reliquitj ut pluHmas tradentibus credamus waren es
drei) ist das Hauptthor, bei Varro LL. V 164 porta Mugonia, sonst auch
vetus porta Palati genannt, an der Nordseite, wo der Hügelrücken
der Velia den natürlichen Aufgang zu dem durch eine hier von Süden
nach Norden gehende Einsenkung in zwei Kuppen gegliederten Palatin
bildet, gut genug bezeugt, und seine Lage im allgemeinen auch durch den
in seiner ursprünglichen Richtung noch erhaltenen Fahrweg, der auf den
Palatin führte (das auf demselben befindliche Pflaster ist ganz spät), be-
stimmt. Aber nachzuweisen ist es nicht mehrJ) Durch dieses Thor führte
die einzige fahrbare Strasse auf den Palatin. Das zweite Thor befand sich
an der Südseite des Hügels. Dort ist der zu ihm vom Circusthal empor-
führende, in den natürlichen Felsen gehauene Stufenweg unter späterem
Pflaster wieder zum Vorschein gekommen (-4* des Palatinsplanes). Die
diesen Weg flankierende Mauer sowie Mauerreste auf der Höhe des
Berges, aus regelmässigen Tuffquadem von teils 0,55, teils 0,59 m Höhe
erbaut, auf denen sich Steinmetzzeichen befinden, die im Charakter denen
der Servianischen Mauer gleichen, geben trotz aller Umgestaltung und
Zertrümmerung ein hinlänglich klares Bild des befestigten Aufganges. Der
Name des Thores ist nicht überliefert. Die Stufen sind die öfter er-
wähnten Scalae Caci.») Ein drittes Thor nennt Varro LL. V 16i:
Romanulam ab Roma dictam, quae habet gradus in nova via und Festus
p. 262: Porta Romana instituta est a Romulo infimo clivo Victoriae,
qui locus gradibus in quadram formatus est. Es lag auf der Westseite des
Hügels und war nur auf einem Stufenwege zugänglich, der in die Nova
via mündete. Das Thor selbst zwar nicht, wohl aber die vom Clivus
Victoriae zur Nova via herabführenden Stufen sind bei A (Palatinsplan;
jetzt wieder verschüttet) noch zum Teil erhalten. Dass das Thor infimo
clivo Victoriae stand, also etwa an der auf dem Palatinsplan mit A be-
zeichneten Stelle, zeigt, dass es in der Weise ältester Stadtanlagen einen
befestigten, am Hügelrande sich emporziehenden Thorweg unten ab-
schloss. Solche Thorgänge sind erhalten z. B. in Tiryns, und in der
Nähe Roms in Norba. Die Etymologie Romanula ab Roma ist, im Sinne
Varros verstanden, falsch; porta Romanula oder Romana heisst Flussthor
{Rumon Fluss; Roma Flussstadt), was der Lage desselben an der dem
Flusse zugewandten Westseite des Hügels entspricht.^) Es ist übrigens
') Ob einige Lagen ganz verwitterter
Tuffquadem, die vor der Front des Palatiums
zum Vorschein gekommen sind, etwa zu dem
inneren Thorgange gehört haben, ist nicht
klar.
«) Vgl. Ann. d. Inst. 1884 p. 189 ff. und
Mon. XU, tav. Vflla. Aus diesen Scalae
Caci sind bei Plutarch durch einen Schreib-
fehler ßa&fjLol xaXrjg dxtrjg geworden, ein
pulchrum lituSj das viel in den italienischen
Topographien spukt, aber nie existiert hat.
Vgl. Hülsen, Dissertazioni della Pontificia
Accademia 1896, p. 254 Anm. 1. Pauly-
WissowA m 1, 1165.
») J. GüiDi, Bull. com. 1881 p. 63 ff.
d. EntwioklniigsgMohioht« 4«r Stadt. (§ 15.)
35
zu beachten, dass die älteste Ansiedlung auf dem Palatin keine jRoma',
keine ,Flu88stadt^ war; sie liegt ebensowenig unmittelbar am Tiber, wie
z. B. das älteste Hamburg unmittelbar an der Elbe; dieses wurde viel-
mehr ein Stück von der Elbe entfernt am Ufer der Alster gegründet
und rückte erst im Laufe der Weiterentwicklung der Stadt bis an das
Ufer des grösseren Flusses vor. Im Westen und Süden war die Palatins-
stadt von zwei kleineren in den Tiber sich ergiessenden Bächen, der
Marana des Gircusthales und dem später kanalisierten und zur Cloaca
Maxima umgestalteten Bache umflossen. Die spätere Ausdehnung bis zum
Tiber ist vermutlich in ältester Zeit schon dadurch vorgezeichnet, dass
das nachmalige Forum boarium den Siedlern auf dem Palatin als Aussen*
markt (forum) diente. Von einer Brücke über den Tiber war damals noch
keine Rede.^)
Wir wissen also von dieser Stadt auf dem Palatin, die nach der ein
unregelmässiges Viereck bildenden Form des Hügels in der späteren
Überlieferung Roma quadrata heisst, genug, um wenigstens die äussere
Gestalt derselben zu rekonstruieren. Sie hatte einen Flächenraum von
etwa 10 ha, entsprach also in der Grösse ungefähr den zahlreichen An-
siedelungen in der römischen Campagna.
Die Römer haben dieser Wiege ihrer Macht stets eine ehrfurchts-
volle Achtung bewiesen. Hier war die Gründungssage lokalisiert, und
gewisse Heiligtümer, die sich auf den Gründer Romulus bezogen (sämtlich
späteren Ursprungs), wie die Gasa Romuli (nach Plutarch, Rom. 20, 4 bei
den scalae Caci), das Lupercal (ungewisser Lage, vermutlich am Westab-
hang), die heilige aus der Lanze des Stadtgründers entsprossene Cornel-
kirsche (gegenüber dem Aventin) und der Mundus, d. h. die Grube, die
bei der Stadtgründung die Dinge aufnahm „jwae solent boni ominis gratia
in urbe condenda adhiberi*' und die ebenfalls „Roma quadrata* genannt
wurde,*) wurden hier zum Teil bis in die späteste Zeit verehrt. Nichts-
destoweniger haben sich die Römer niemals eine klare Vorstellung vom
Palatium als einer in sich abgeschlossenen Stadt machen können. Der
Palatin bietet, wenn wir von den oben genannten Heiligtümern absehen,
die nur auf die Stadtgründung Bezug haben, nichts, woran die Geschichte
anknüpfen konnte. Alle die Punkte, ohne die ein Rom und eine römische
Geschichte für den Römer nicht denkbar erschienen, das Kapitel, das Co-
mitium, das Forum, die Sacra via, der Circus Maximus liegen ausserhalb
des Palatins; nicht minder liegen ausserhalb desselben die urältesten
Heiligtümer, die man am ersten dort suchen möchte, wo die Stadt ent-
>) Die froher lebhaft behandelte Frage,
ob die uTsprOngliche Ansiedliing auf dem
Palatin den ganzen Hügel umfasst habe, oder
nur den westlichen TeÜ bis zu der oben p. 34
erwfthnten Einsenkung, ist jetzt erledigt. Für
die zweifellose Ausdehnung der Ältesten Stadt
über den ganzen Hügel musste auch für
Topographen, denen die Anschauung abging,
die oben behandelte Tacitusstelle über, das
Pomerium ausschlaggebend sein. Mit Recht
zieht Hülsen in der beherzigenswerten An-
merkung 2 in den Rom. Mitt. 1896 p. 211
hierher die Stelle des Solinus 1, 18 \Roma
quadrata) incipit a siha, quae est in area
ApolUnis et ad supei'cilium scalarum Caci
habet terminutn, uhi tugurium fuit Faustuli,
wodurch die Diagonale über den Hügel von
NO. nach SW. beschrieben wird.
«) Fest. Müll. p. 258; Jordan, Forma
Urbis I, 1 nebst Anm.
8*
36 B. Topographie von Bom.
stand, wie der VestatempelfO ^^ Larenheiligtum etc. Von allen diesen
Punkten aber abzusehen war der römischen Überlieferung schlechterdings
unmöglich, das Bild des Servianischen Roms wirkte zu mächtig dazu. Wir
finden sie darum schon in die Geschichte des Romulus verwebt und wie
integrierende Teile der Stadt behandelt.*) Dies führte dann weiter zu
der Annahme, Romulus habe Eapitol und Palatin zu einer Stadt ver*
bunden. Damit war der erste Schritt zu der traditionellen Geschichte der
Stadterweiterung gethan, die die allmähliche Besiedlung und Heranziehung
der römischen Hügel an die Personen der Könige knüpfte, unbekümmert
darum, ob die auf dem Wege von der Palatinstadt bis zur Servianischen
Stadt angenommenen Zwischenformen überhaupt topographisch wahr-
scheinlich oder möglich sind. Sie überwucherte trotzdem den wahren
Vorgang derart, dass er in der Überlieferung bis auf wenige in ihrem
Werte nicht immer genügend gewürdigte Andeutungen verschwunden ist.
In der Entwicklung Roms unterscheiden wir folgende Hauptepochen:
die Palatinstadt, die Siebenhügelstadt (Septimen tium), die Vierregionenstadt,
die Servianische Stadt, die (offene) Stadt der vierzehn Regionen und die
Aurelianische Stadt.
Litteratur: Aeltere Schriften: Fiale, Della fondazione di Roma ood Del aecondo
recinto di Roma 1822. Von den überaus zahlreichen neueren, von der Gründung Roms
und der palatinischen Stadt handelnden Schriften kommen fOr die Topographie namentlich
in Betracht: POhlmanm, Die Anftnge Roms, 1881. J. Guidi, La fondazione di Roma, Bull,
com. 1881, p. 63 ff. Kritiklos ist Kuntze, Prolegomena zur Geschichte Roms, 1882. —
Ygl. noch F. Cäubb, De fabulis graecis ad Romam conditam pertinentibus, 1884. Nirse,
Die Sagen von der Gründung Roms. Historische Zeitschrift 1888 Nr. 3 p. 481—506.
Gilbert, Topographie I p. 36—160. A. Sohbeideb, Aus Roms Frtthzeit, Mitt. d. Inst. 1895
p. 160 ff.
16. Die Siebenhügelstadt (Septimontium). Ein nicht unbedeutender
Zeitraum muss vergangen sein, bis aus der Palatinstadt sich diese erheb-
lich umfangreichere Stadtform entwickelt hat. Die Stadt hat sich auf die
östlich und nordöstlich dem Palatium zunächst liegenden Höhen Esquilin und
Caelius ausgedehnt und umfasst das Gebiet von zwei Regionen der späteren
Vierregionenstadt, der Palatina und Esquilina, ganz, und von der Suburana
die Subura, die dem Palatin zunächst liegende Höhe des Caelius, die
später auch der Gaeliusregion den Namen gegeben hat. Das Andenken
an diese Siebenhügelstadt ist so gut wie ganz untergegangen. Festus
überliefert nach Antistius Labeo p. 348 die Namen der dazu gehörigen
Gemeinden (montes), aber unter dem Gesichtspunkte eines von diesen
') A. Schneider nimmt in seinem Auf- ; die Analyse des Serrianischen Roms kommen
Satze «Aus Roms Frühzeit", Mitt. d. Inst. \ wir doch nicht hinaus.
1895, p. 160 ff. für die Palatinsstadt ein ») Ein recht charakteristisches Beispiel
Heiligtum der Caca oberhalb der Scalae Caci dieser Anschauungsweise bietet Virgil, Aen.
als älteste Feuerstätte der römischen Ge- VI II 814 ff., der den König £vander, den
meinde an (vgl. Wissowa in Roschers Mythol.
Lexikon s y. Caca), die daneben liegende
casa Romuli sei die dazu gehörige Regia ge-
wesen (Königshaus und Staatsherd). Das
klingt ganz annehmbar, aber ich fürchte,
dass man durch die Aufstellung solcher sub-
tilen Vermutungen über den Urzustand Roms
die wirkliche Kenntnis nicht fördert, lieber
mythischen Vorläufer des Romulus, die Herr-
lichkeiten seiner Stadt seinem Gastfreunde
Aeneas zeigen lässt. £r führt ihn überhaupt
nicht auf den Palatin, sondern zu Stätten,
die erst im Servianischen Rom Bedeutung
gewannen; Forum und Kapitel spielen dabei
die Hauptrolle.
00
08
Eh
I
I
4>
S
§
a
CO
8. Entwioklimgsgesohiohte der Stadt. (§ 16.)
37
Hügeln gemeinsam begangenen Festes, des Septimen tium.^) An diesem
Feste nahmen folgende Gemeinden (montes) teil: Palatium, Velia, Ger-
malus (regio Palatina); Oppius, Cispius, Fagütal (regio Esquilina);
Subura (regio Suburana). Die meisten dieser montes, Palatium, V^elia,
Cermälus, Oppius und Cispius sind ihrer Lage nach bekannt; nur ver-
mutungsweise kann das Fagütal lokalisiert werden. Es nahm die west-
liche Spitze des südlichen Ausläufers des Esquilins, des Oppius ein. Der
Oppius selbst wird auf einer im Jahr 1887 bei den Trajansthermen ge-
fundenen Inschrift genannt. Sie lautet: mag{isfrei) et flamin{es) mon-
tan{orum) montis Oppi de pequnia mont{anorum) montis Oppi saceUum clau-
dend{uin) et coaequand(um) et arbores serundas coeraverunt.*) Dagegen
kann die in der Urkunde genannte Subura nicht die in historischer Zeit
so benannte Niederung zwischen Quirinal und Esquilin sein, da die Ur-
kunde überhaupt nur montes nennt. Topographische Gründe weisen
auf den Caelius hin, dessen eine Höhe, die westlichste gegenüber dem
Palatin, diesen Namen, oder wahrscheinlicher ursprünglich den Namen
Sucusa führte.')
Schon seit Niebuhr hat sich die Meinung Geltung verschafft, in
dieser Vereinigung eine verschollene Stadtform zu erkennen, von der allein
die Sacra übrig geblieben seien, wie von der alten palatinischen Stadt der
Umlauf der luperci. Daös diese Meinung das richtige trifft, erhellt aus
der auf dem Plane des Septimontiums (s. Tafel 3) gegebenen Rekonstruk-
tion, wie denn überhaupt die Frage, ob eine Vereinigung mehrerer Ge-
0 Festus p. 348b 24. Müller: SepH-
mantiOf ut ait Antistius Labeo, hisce mon-
tüma feriae: Palatio, cui sacrificium quod
fU, Palatuar dicitur, Veliae (villae cod.),
cui item sacrificium. Faguiali (Faguali cod.),
Suburae, Cermalo, Oppio Caelio monti, Cispio
mofUi. Vgl. auch p. 340 a 7 und p. 341.
In letzterer Stelle ist der Oppius umge-
stellt; die Reihenfolge lautet dort: Palatio,
Velia, Fagutali, Subura, Cermalo, Caelio
(vgl. WissowA, Septimontium und Subura,
aus der Satura Viadrina p. 13), Oppio et
Cispio. Die Ueberlieferung bietet leider eine
erhebliche Schwierigkeit, indem sie nicht
sieben, sondern acht montes aufführt. Ge-
wöhnlich streicht man den Caelius, weil er
p. 848 in die sicher zusammengehörigen Worte
Oppio monti Cispio monti störend einge-
schoben ist; freilich bringt Paul. Diac. p. 341
die richtige Reihenfolge Caelio Oppio et Cis-
pio. Eine andere Schwierigkeit ist, dass sich
unter den sieben „montes*^ die Subura be-
findet, die in histerischer Zeit nicht als
„mons** sondern als die Niederung zwischen
Quirinal, Yiminal und Esquilin bekannt ist.
Niebuhr wollte deshalb, um beide Schwierig-
keiten zugleich aus dem Wege zu räumen,
Subura streichen. Einen andern Weg schlug
Huschke ein, indem er empfahl, Suhurae in
Caelio zu lesen. Ihm folgt Wissowa in der
oben angeführten Schrift insofern, als er an-
nimmt, dass die in der Urkunde des Labeo
genannte Subura mit der in histerischer Zeit
so genannten Niederung nichto zu thun hat,
sondern eine der Höhen des Caelius war. «So
wird", sagt er p. 14 f., «denn der Caelius in
der That im Texte der Stelle des Antistius
Labeo gestanden haben, nur nicht als einer
der sieben montes des Septimontium, sondern
in einer Erklärung zu dem Namen Subura,
von welchem Labeo noch wusste, dass er
hier in anderer als der zu seiner Zeit ge-
läufigen Lokalisierung gebraucht war und
eine zum Caeliusbezirk gehörige Anhöhe be-
zeichnete.'' Man wird dieser Erklärung der
SteUe zustimmen können. Jedenfalls kann
ich mich mit Wissowas Ansetzimg der Su-
bura als Teiles des Caelius umsomehr ein-
verstanden erklären, als ich zu demselben
Resultet, allerdings ausgehend von der Ana-
lyse der Argeerurkunde, längst gekommen
war und dasselbe seit Jahren bei Gelegen-
heit der in Berlin veranstelteten archäo-
logischen Ferienkurse vorgetragen habe. In-
dessen ist als sicher anzunehmen, dass nicht,
wie von Wissowa angenommen wird, die ent-
ferntere Höhe von SS. Quattro Coronati, son-
dern der dem Palatin zunächstliegende Berg-
vorsprung des Caelius Sucusa hiess.
*) Vgl. Gatti, Bull. com. 1887 p. 156.
HÜLSBN, Mitt. 1889 p. 278.
«) Vgl. Wissowa a. a. 0. p. 18.
38
B. Topographie Yon Bom.
meinden eine Stadt gewesen sein kann, durch topographische An-
schauung zu entscheiden ist. Es ergibt sich daraus, dass die „montes*^
ein topographisch in sich abgeschlossenes Ganze bilden, wohl geeignet
zur Befestigung und Verteidigung. Weder von der Befestigung^) dieser
Stadt noch von ihren sonstigen Einrichtungen ist eine Spur geblieben, wir
wissen auch nicht, ob sie intra pomerium gelegen hat, können es nach
Analogie der ihr vorangehenden (Palatium) und folgenden (Vierregionen-
stadt) Stadtformen nur vermuten. Dagegen hat sich das Fest Septi-
montium (11. Dezember) bis in die Eaiserzeit hinein erhalten.^)
Litteratur: Zinzow, Das älteste Rom oder das Septimontium, Pyritz 1866. Momm-
SEN, Rom. Gesch. P p. 48. Ders., Rom. Staatsrecht III 1 p. 113 f Gilbbbt, Topographie I
p. 161 — 243. WissowA, Septimontimn mid Subura, Satara Viadrina 1896.
17. Die Yierregionenstadt. Sie entstand aus der Siebenhügelstadt
durch Hinzufügung der übrigen Höhen des Caelius (Caelius und Cerolien-
sis)') und des Viminalis und Quirinalis, die im Gegensatz zu den „montes^
stets „colles" genannt werden. Diese sämtlichen montes und coUes lagen
intra pomerium und waren in vier Regionen eingeteilt. Beide Einrich-
tungen haben die ganze Zeit der Republik über unverändert bestanden,
das Pomerium erfuhr erst durch Sulla die erste Erweiterung, die Regions-
einteilung ist erst von Augustus durch eine neue Einteilung in 14 Re-
gionen ersetzt worden. Ob gleichzeitig mit der Gründung der Vier-
regionenstadt auch der südliche Ausläufer des Quirinals, das in zwei fast
unzugängliche Kuppen gegliederte Kapitel, zur Stadt gezogen wurde, steht
nicht fest; von den vier Regionen scheint es ausgeschlossen zu sein, aber
es liegt intra pomerium. Topographische Gründe sprechen dafür, die Ein-
beziehung dieses Berges in den sicher einst vorhandenen Befestigungs-
ring der Vierregionenstadt als notwendig anzunehmen.
Die Kenntnis der Vierregionenstadt wird uns gleich der des Septi-
montiums durch die Nachrichten über eine von den beteiligten Gemeinden
begangene Festfeier übermittelt, das Sühnfest des Argeeropfers,
Varro LL. V 46—54. (Über das Alter und den Verlauf des Festes vgl.
p. 9 — 10, die Urkunde ist im 11. Anhang abgedruckt.)
Die vier Regionen sind I regio Suburana, 11 regio Esquilina, III
regio Collina, IV regio Palatina.*) Zur 1. Region gehören Caelius,
*) Ob ein bei Varro LL. V 48 erwähnter
murus terreuB {eidem regioni attributa Su-
bura quod 8ub muro terreo Carinarum ....
Subura Junius scribit ab eo, quod fuerü
8ub antiqua urbe, quoi testimonium potest
esse, quod ȟbest ei loco, qui terreus murus
vocatur) mit der Befestigung des Septimon-
tinms überhaupt etwas zu tiiun hat, ist
ebenso fraglich, wie der Gang dieser Be-
festigung. Ein Erdwall kann nicht eine am
oberen Bergrande herumlaufende Aufschüt-
tung (WissowA a. a. 0. p. 11) sein, das ist
schon aus statischen Gründen unmöglich,
ErdwftUe werden nur auf ebenem Terrain
zur Befestigung angewendet (vgl. 0. Richtbb,
Le fortificazioni d'Ardea. Ann. d. Ist. 1884
p. 90 Mon. d. Ist. XU 2). Das Natürlichste
w&re, anzunehmen, dieser murus terreus habe
sich quer über den Oppius gezogen und die
Carinae davon getrennt; es ist aber auch
möglich, dass so der steil abfallende Hügel-
rand bezeichnet wurde. Auch die Vermutung,
der Janus auf dem Forum (vgl. A. Schnbidbb,
Mitt. d. Inst. 1895 p. 172) sei ein Thor des
Septimontiums gewesen, entbehrt der Wahr-
scheinlichkeit.
*) Sueion. Domitian. 4. Vgl. Wissowa
a. a. 0. p. 1 ff.
•) Oder war Cerolienis (Cerolia) die
Niederung zwischen Caelius und Oppius?
*) Varro LL. V 56 hat die Reihenfolge
Suburana, Palatina, Esquilinaf Collina. Elteb,
De forma urbis Romae etc. 11. X führt die
Reihenfolge der Regionen sowie der Einzel-
namen darauf zurück, dass sie von einem
nach Süden orientierten Plan abgelesen seien.
8. Entwicklnngsgesohiohte d«r Stadt. (§ 17.) 39
Cerolieosis und Subura, zur 2. Oppius und Cispius, zur 3. Yiminalis und
Quirinalis, zur 4. Palatium, Germälus und Velia. Es sind also im wesent-
lichen dieselben Namen, die auch die Urkunde des Labeo über das Sep-
timontium enthält. Neu ist in der 1. Region der Ceroliensis, in der
2. Region nennt Labeo ausser dem Oppius und Gispius auch noch das
Fagütal, das übrigens auch in der Argeerurkunde, aber als Teil des Oppius,
nicht mehr selbständig, erscheint. Es heisst vom ersten Sacellum dieser
Region, es habe uls lucum fagutcUem gelegen.
Wichtig für die Topographie ist die Frage, wie aus den überlieferten
Einzelnamen die vier Regionen zu rekonstruieren sind. Einen Versuch
dazu hat Stüdemünd, Die Sacra Argeorum (Philologus N. F. I p. 168 — 177)
gemacht, indem er den Gedanken aussprach, die Vierregionenstadt sei
als tetnplum konstruiert gewesen. Sind nun freilich die durch seine Er-
örterung gewonnenen Resultate verfehlt (vgl. 0. Richter, Älteste Wohn-
stätte des römischen Volkes, p. 1 ff.), so bleibt doch als wertvolle Er-
rungenschaft dieser Darlegung bestehen, dass die vier Regionen sich in
einem Punkte berührten. Dass man zu diesem sicher nahe liegenden
Gedanken nicht schon längst gekommen war, daran hinderte vor allem
die Subura, die man, trotzdem sie in der Septimontiumsurkunde ausdrück-
lich als mons aufgeführt wird, mit der Niederung zwischen Quirinal und
Esquilin identifizieren zu müssen glaubte. Ich sehe umgekehrt in der Not-
wendigkeit, die Regionen so zu rekonstruieren, dass sie sich in einem
Punkte berühren, einen weiteren Beweis dafür, dass die Subura oder
besser Sucusa der beiden Urkunden nichts mit dem Suburathale zu thun
hat. Der auf dem Plane der Vierregionenstadt angenommene Treffpunkt
der vier Regionen ist ja freilich hypothetisch, aber viel anders kann er
nicht gelegen haben. Auch bei der nachmaligen Einteilung der Stadt in
14 Regionen trafen sich hier in der Nähe (Hülsen vermutet, bei der Meta
Sudans) vier, möglicherweise fünf Regionen.
Auf dem Plane der Vierregionenstadt (s. Tafel 3) sind von den
12 Sacella, deren Lage Varro beschreibt, 11 nach dem Plane I von Kiepert
und Hülsen eingetragen. Sie lassen sich alle, mit Ausnahme des fünften
der 2. Region {eis lucum Poetelium Esquiliis) bestimmen. Die Lage der
übrigen ergibt sich danach mit ziemlicher Gewissheit.
Ein eigentümlicher Zufall ist es, dass, während die Gesamtzahl der
Argeerkapellen 27 beträgt, von Varro in jeder Region höchstens das
sechste genannt wird, aber derselbe Zufall hat es ja auch gefügt, dass
Varro in keiner Region das zweite Sacellum erwähnt. Also ist kein
Grund vorhanden, auf das Schweigen Varros, wie geschehen, irgendwelche
Vermutungen, als habe es doch nur 24 Kapellen gegeben, zu bauen. Es
bleibt fraglich, wo die drei von Varro nicht erwähnten Kapellen unterzu-
bringen sind. Festus erwähnt p. 154 auf der Velia ein sacrarium sextum
et vicensimum, es ist aber nicht einmal sicher, ob es sich hier um eine
Argeerkapelle handelt.
Können wir uns so durch die Argeerurkunde ein Bild von der Aus-
dehnung des ältesten Roms machen, so tritt uns das Bild dieser Stadt noch
klarer vor Augen, wenn wir die sie umgebende Befestigungslinie topo-
40 B. Topographie von Born.
graphisch rekonstruieren. Sie begann an der Südwestecke des Kapitels
und ging an dem steil abfallenden Nordrande dieses Hügels und des
Quirinals entlang bis zu dem Punkte, wo dieser langgestreckte Hügel-
rücken in das ihm und dem Viminal gemeinschaftliche Hinterland über-
geht. Dort bog sie nach Süden um und schloss, von Thalspitze zu Thal-
spitze über die schmalen Wurzeln der Hügelrücken laufend, den Quirinal,
Viminal, Cispius und Oppius ein. Von der Südostecke des Oppius ging
sie in südlicher Richtung weiter auf den Caelius zu, gewann auf kürzestem
Wege den Südrand dieses Hügelrückens und folgte demselben in west-
licher Richtung bis zu der dem Gircusthal zunächst liegenden Ecke.
Von hier ging sie hinüber zum Palatin, folgte dem Südrande dieses Hügels
und ging von der Südwestspitze desselben weiter zum Kapitel, so dass
sowohl der Circus Maximus als auch der Rindermarkt {forum boarium) am
Tiber und das Flussufer selbst ausserhalb der Ringmauer lagen.
Welcher Art die Befestigung dieser Stadt gewesen ist, ist nicht fest-
zustellen, da wir nicht wissen, auf welcher Entwicklungsstufe damals sich
der etruskisch-latinische Steinbau befand.*)
Das Pomerium der Vierregionenstadt folgte der Befestigung im
ganzen Umkreise der Stadt und fiel an einer Stelle, am Südrande des
Palatins, noch mit dem „antiquissimum pomerium" (Tac. ann. XH 24) zu-
sammen. Dies Pomerium ist insofern von einschneidender Bedeutung ge-
worden, als es das letzte Pomerium ist, welches noch mit der Be-
festigung zusammenfällt, und seiner Aufgabe entsprechend auch faktisch
die äusserste Grenze des Stadtgebietes bildet. Von jetzt an gehen die
Entwicklung der Stadt und die des Pomeriums auseinandBr. Aus Gründen,
die uns unbekannt sind, ist an dem Pomerium der Vierregionenstadt bis
auf Sulla keine Erweiterung vorgenommen worden, während doch schon
die Servianische Mauer weit über dasselbe hinausgriflf.
Litteratur: C. 0. Müller in Böttigers Archäologie und Kunst I 1, 61 ff. — Mommsen,
Die römischen Tribus. - H. Jordan, Die Prozessionsordnung der Argeer, in der Topographie
der Stadt Rom II p. 237 ff. und 599 ff. Vgl. oben p. 10. — Mommsbn, Rom. Staatsrecht III 1
p. 122 ff. — Stüdbm(jnd, Die Sacra Argeorum (PhilologusN. F. I p. 168 — 177). — Otto Richtbr,
Die älteste Wohnstätte des römischen Volkes, Berlin 1891. — Wissowa, Argei (in Paulya
Realencyklopädie). — Hülsen, Zur Topographie des Quirinal, Rhein. Mus. XL[X p. 379 ff.
18. Die Servianische Stadt. So nennen wir die Stadtform, die,
in den Resten einer grossartigen Befestigung noch heute nach so vielen
Wandlungen erkennbar, das historische Rom der Republik bildet. Wir
nennen sie die Servianische, weil der Name dieses Königs, dem man zum
Danke für seine volksfreundliche Gesinnung zuzuschreiben pflegte, was
die Republik an hervorragenden Einrichtungen der Königszeit vorfand,
unter anderem auch mit dem Mauerring verknüpft ist.
Derselbe geht in drei Punkten über das vom Pomerium umschlossene
Gebiet der Vierregionenstadt hinaus. Erstens wurde im Osten an Stelle
der sicher unzulänglichen Befestigung, die in der primitiven Weise der-
artiger Anlagen sich hart an die Terraineinbuchtungen hielt, eine aus-
reichendere geschaffen, indem man im Norden mit der Befestigung des
*) üeber die Entwicklung des Steinbaos in Etmrien und Latium vgl. 0. Riohtbb, üeber
antike Steinmetzzeichen, p. 89 f.
Taf. 4.
; ■ "i
1
>
■■-'7
""T
\^^^^^^^ ^^-^^^^
AUJk^*
Porta S. Maria in Ferentino.
Aureus (Cohen P p. 287 N. 114). Orig. 19 mm. (Cohen I* p. 289 N. 141 ff.)
Der Janastempel auf dem Forum nach Neronischen Münzen.
Thor von Volterra.
Thoranlagen.
3. EntwioklnngsgMoliiohte der Stadt. (§ 18.)
41
Quirinalis bis an die Spitze des zwischen diesem und dem Pincio befind-
lichen Thaies vorrückte und von diesem Punkte aus quer über die Hoch-
ebene einen freistehenden Wallbau aufführte, der erst an dem südlichen
Rande der Einschnürung des Oppius den Hügelrand wieder berührte. Eine
Erinnerung an diese Herausschiebung der Befestigungslinie enthält die
Notiz des Livius I 44 über König Servius: augä Esquilias. — Zweitens
wurde im Süden der Aventin, der in bedrohlicher Weise vor den Mauern
der Stadt lag, in dieselbe hineingezogen. Damit hängt dann drittens zu-
sammen, dass auf der Strecke zwischen Aventin und Kapitel das Tiber-
ufer mit in die Befestigung aufgenommen wurde, ein Umstand, der nicht
zum wenigsten dazu beigetragen hat, die Machtstellung Roms zu ent-
wickeln. Das rechte Tiberufer trat zunächst nicht in den Kreis der
Stadt ein, ebensowenig die Tiberinsel. Eine einzige Brücke, der Pons
sublicius, vermittelte den Verkehr zu den am rechten Ufer gelegenen
Äckern. Sie führte unmittelbar ins Innere der Stadt und war darauf ein-
gerichtet, in jedem Momente abgeworfen zu werden. 0
Die Servianische Mauer war ein meisterhaft angelegtes Werk. Das
durch die Hineinziehung des Aventins in sich und nach aussen abgeschlossene
Terrain gestattete, die Mauer grösstenteils längs der steilen Bergabhänge
zu führen. Nur an wenigen kurzen Stellen stieg die Mauer ins Thal hinab,
nämlich an der Nordwestecke des Aventins und an der Südwestecke des
Kapitels, um das Tiberufer zu gewinnen, ferner zwischen Aventin und Caelius
und* zwischen Caelius und Esquilin. Zwischen Kapitel und Quirinal
musste man sogar erst durch einen künstlichen Einschnitt einen Ausweg
nach dem nördlich von der Stadt gelegenen Marsfelde herstellen. Denn
ursprünglich hing das Kapitel mit dem Quirinal zusammen und war nur
durch eine leichte Einsenkung von ihm unterschieden. Die alte Strasse,
welche bis auf Trajan die einzige direkte Verbindung zwischen Forum
und Marsfeld bildete, und deren Gang noch jetzt (Via di Marforio) erkenn-
bar ist, lief vor Trajans Regulierung in einem tiefen Terrain einschnitt;
dass derselbe künstlich war, lehren die an der Nordseite des Kapitels
befindlichen uralten, in historischer Zeit nicht mehr gebrauchten Stein-
brüche, die latomiae^)
Die Reste, welche von der Servianischen Mauer durch die Aus-
grabungen der letzten Jahrzehnte zum Vorschein gekommen sind, tragen,
wie sich bei einer Befestigung, die Jahrhunderte lang bestanden hat, nicht
') Ueber die Lage des Pons sublicins
und seine Untrennbarkeit von der Befesti-
gung 0. RiCHTBB, Die Befestigung des Ja-
niculum p. 14 ff. — Die Lage des Pons
sublicius und die Weiterentwicklung des
römischen Brückenbaues ist oft, aber nicht
mit Glück behandelt worden, namentlich hat
das MoMMSEN^sche Wort (Ber. der sächs.
Ges. d. Wiss. 1850 p. 320 flf.) von dem na-
türlichen Brückenpfeiler, der Insel, den sich
die Erbauer der ersten Brücke nicht hätten
entgehen lassen, der vorurteilsfreien Erwft-
gung Eintrag gethan (vgl. die Darstellung
bei Jobdan, Top. I, 1 p. 399 £f.) Hervorzu-
heben sind die Abhandlungen von Urlichs,
Sitzungsberichte der Münchner Akademie
1870 p.4o9ff., Wbcklkin, Hermes VI, p. I78ff.
und die Behandlung der Frage bei Gilbert,
Topographie II, p. 179 flF. Vgl. auch Mayer-
HÖFEB (die Brücken im alten Rom 1883 und
1884, Geschichtlich- topographische Studien
über das alte Rom 1887) und Lanciani, The
ruins and excavations of ancient Rome, 1897,
p. 16 flf.
*) Sie wurden in späterer Zeit auch als
Detentionsort von Geiseln gebraucht. Vgl.
Liv. XXXVII 3.
42 B. Topographie Yon Bom.
anders erwarten lässt, ein verschiedenartiges Gepräge. Den Charakter
der Befestigung kann man am reinsten an den grossen Stücken Wall-
mauer auf dem Esquilin neben dem Bahnhof (s. Tafel 5) und auf Piazza
Fanti erkennen. Dagegen ist das zweitgrösste erhaltene Stück am Aventin
eine spätere Restauration; ebenso ist spätere Restauration die Befesti-
gung des Tiberufers; sie stammt wahrscheinlich aus dem 2. Jahrh. v. Chr.
Spuren einer älteren Befestigung sind bei der letzten Uferregulierung
zum Vorschein gekommen.
Die Art der Befestigung ist dieselbe, die man überall an den
alten Mauerringen in Italien wahrnimmt. Die Mauer setzte, wo der Berg
in massiger Steigung abfiel, ein Stück unterhalb der Höhe auf künstlicher
Einbettung auf und erhob sich nur mit einer Brustwehr über den Rand
des Berges (so noch am Aventin). Fiel der Fels steil ab, so wurde er
durch Abschroffung vollends senkrecht geschnitten und oben mit einer
Brustwehr versehen (so noch am Kapitel). In entsprechender Weise wurde
das Tiberufer behandelt; es wurde von unten aufgemauert und trug eine
Brustwehr. 1) Bedeutendere Werke verlangten nur die Stellen, an denen
sich die Mauer zum Thal hinab senkte und namentlich die Befestigung
im Osten, der esquilinische Wall. Welcher Art die ersteren gewesen
sind, ist nicht mehr nachzuweisen, da gerade dies die Stellen sind, an
denen bei Erweiterung der Stadt die Befestigung am vollständigsten ver-
schwinden musste, doch müssen es nach Analogie anderer noch erhaltener
Befestigungen (z. B. in Segni, Perugia, Pompei, Paestum) doppelte
Mauern gewesen sein, deren Zwischenraum ausgefüllt war, so dass eine
breite Zinne für die Verteidigung entstand. Besser sind wir über den
Wall durch die Ausgrabungen sowohl als auch durch die Beschreibung
des Dionysius (IX 68) unterrichtet. Es war eine Erdanschüttung von
mindestens 15 m Höhe und 1,3 km Länge, die von aussen mit einer 4 m
dicken Mauer bekleidet war, davQr ein Graben, dessen Breite Dionysius
auf mindestens 100 Fuss = 30 m angibt, seine Tiefe auf 30 Fuss = 9 m.
Auch nach der Stadt zu hat der Wall eine Bekleidung gehabt, doch ist
die Mauer, deren Reste sich an der betreffenden Stelle finden und die
sich durch angebaute Querriegel als Eontreescarpe desselben erweist,
nicht gleichzeitig mit der Aussenmauer.*) Als späterer Zusatz sind die
von Strabo erwähnten Türme zu betrachten, die in regelmässigen Ab-
ständen angebracht zur Verstärkung von Wall und Mauer dienen sollten.
Die Zeit, aus welcher die Servianische Mauer stammt, kannte Türme in
regelmässigen Abständen, wie die spätere römische Befestigungskunst sie
verwendete, nicht. Nach Analogie noch erhaltener, gleichzeitiger Befesti-
gungen müssen wir annehmen, dass auch an der Servianischen Ringmauer
Türme ursprünglich nur zur Flankierung der Thore und an besonders
^) Vgl. 0. RicHTEB, Befestigung des I teren Aurelianischen in mächtiger Höhe sich
Janiculum, p. 13. Wenn Livius II, 10 sagt: 1 fiber dem Uferrand erhoben; solche gab es
alia muriSf alia Tiberi obiecta videbantur I bei der Servianischen Befestigung freilich
ttUa und Dionys. V, 23: dteix^fftos ovoa ix 1 nicht. Vgl. Gilbert, Top. II p. 298, Anm. 3.
Tü)y nag« toy noiafioy (jLSQuiv, so denken | ') Vgl. Lanoiani, L'ara di Vermino,
sie natürlich an Mauern, die gleich der spä- , Bull. comm. 1876 p. 24 fif., 121 ff.
Taf. 5.
Reste yom sogenannten Serrioswall am Centralbahnhof.
d. EntwioklongsgMohiohte der Stadt. (§ 18.)
43
exponierten Stellen, namentlich an aus- und einspringenden Winkeln an-
gebracht waren. 0
Die Mauer war in regelmässigem Quaderbau errichtet. Verwendet
sind Quadern von Tuff, die in der Nähe an noch nachweisbaren Stellen
gebrochen sind und durchgehends die Höhe und Breite von 0,59 m =
2 römischen Fuss haben.*) Die Länge der Steine ist wechselnd, im Durch-
schnitt etwa 1,50 m. Die Quadern sind ohne Verwendung von Mörtel
übereinander geschichtet, lagenweise der Länge oder der Breite nach, so
dass die sehr sorgfältig behandelte Aussenseite ein regelmässiges Gewebe
von Kopf- und Langseiten zeigt (Läufer- und Bindersystem). Auf der
Kopfseite der 0,59 m hohen Steine finden sich Steinmetzzeichen; absicht-
lich aber sind beim Bau die Steine so gelegt, dass diese Zeichen nicht an
der Aussenseite erscheinen.') Meine Untersuchungen an dieser Wallmauer
haben zu dem Resultat geführt, dass sie weit jünger sein muss, als man
an der Hand der Überlieferung anzunehmen pflegt, dass sie namentlich
mit dem Könige Servius TuUius nichts zu thun haben kann. Die Haupt-
faktoren für dieses Resultat sind: 1. dass sie, verglichen mit den gleich-
artigen Bauwerken in Etrurien und Latium, zu den vollendetsten, also
auch zu den jüngsten gehört; 2. dass sie unter Anwendung des römischen
Fusses von 0,296 m gebaut ist, während man bis mindestens in das
4. Jahrhundert v. Chr. in Rom sich eines Fusses von 0,278 m bediente;^)
3. dass die auf den Quadern der Servianischen Mauer befindlichen Stein-
metzzeichen zum grössten Teil einem Alphabet mit quadratischer Buch-
stabenform entnommen sind, während man in ältester Zeit in Rom sich
einer spitzwinkligen linksläufigen Schrift bediente.^) Danach kann wenig-
stens die Wallmauer kaum noch ins 4. Jahrh. v. Chr. gerückt werden.^)
Es soll damit keineswegs geleugnet werden, dass in der Königszeit eine
entsprechende Befestigung existiert hat, aber wahrscheinlich hat der ur-
sprüngliche, aus der Königszeit stammende Wall gleich den Wällen von
Ardea überhaupt keine Steinbekleidung gehabt^) und ist erst im 4. Jahrh.
V. Chr. durch einen monumentalen Steinbau ersetzt worden.
Thore der Servianischen Stadt.
1. Porta Flumentana (unsicher). Erklärung des Namens bei Festus
: Flumentana porta Romae appellata, quod Tiberis partem ea fluxisse
MoMM 8RN, der römische und der italische Fuss,
Hermes XXI, 1886 p. 411 ff ; Dörpfbld, der
römische und der italische Fuss, Hermes XXII,
1887, p. 79 ff.; 0. Richter, der Kapitolinische
Juppitertempel und der italische Fuss, Her-
mes XXII, 1887, 17 ff.; NissBN, Griechische
und römische Metrologie, Handbuch der klas-
sischen Altertumswissenschaft I, p. 663 ff.
*) 0. Richter, Über antike Steinmetz-
zeichen p. 39 ff.
^) Die einzige Notiz aus jener Zeit über
eine Wiederherstellung, nicht den Bau von
Mauern steht Liv. VII 20, 9 : legianibua Romam
reductis reliquum anni muris iurribusque
reficiendis consumptum,
') Vgl. Ann. d. Inst. 1884, p. 99.
p. 89
*) Vgl. 0. RicBTBB, Über antike Stein-
metzzeichen p. 49.
') Am Aventin, wo flbrigens die Verwen-
dung von Kalkmörtel und dieRustica der Steine
zeigen, dass die Mauer restauriert worden ist,
finden sich in grosser Menge auch Steine von
0,55 m Höhe, also wahrscheinlich von früheren
Bauten hergenommen (vgl. Anm. 4).
*) Vgl. 0. RicHTBE, Über antike Steinmetz-
zeichen Taf. I = Taf. 4 (die Abbildungen
stellen die Innenseite des Walles am Bahn-
hof dar).
*) Über diese Frage vgl.: Dörppeld,
Metrologische Beitrftge IV, das italische
Masssystem, Mttteil. des deutschen archäo-
logischen Instituts in Athen X, 1885, p. 289 ff. ;
u
B. Topographie von Born.
affirmanL Sie wird mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht weit vom Flusse
zwischen diesem und dem Eapitol angenommen und führte zu dem am
Flussufer gelegenen Teile des Marsfeldes. Eine von vornehmen Leuten
bewohnte (Varro R. R. III 2. Cicero ad Att. VII 3, 9) Vorstadt „extra
portam Flumentanam^ wird bei Überschwemmungen (Liv. XXXV 9 u. 21)
mehrmals als der zunächst und am meisten betroffene Teil der Stadt
erwähnt. Vgl. Liv. VI 20. 12. CIL. VI 9208.
2. Porta Carmen talis am Südfusse des Kapitels, so genannt nach
einem Heiligtum der Carmenta (Solin. I 13, Dionys. I 32). Sie hatte zwei
Ausgänge und vermittelte den Verkehr zwischen dem Forum boarium und
dem Forum holitorium, ausserdem führte von diesem Thor der vicus Ju-
garius um den Südfuss des Kapitels auf das Forum. Ein nach Fest. p. 285
(Ep. p. 335, vgl. auch Serv. Aen. VIII 337) auf den Auszug der Fabier
durch dieses Thor (Liv. II 49) zurückzuführendes Omen haftete an dem
Thor: man pflegte sich zum Hinausgehen nur des linken Bogens zu be-
dienen (vgl Hermes XVH p. 427, Ovid fast. H 201 f. und die Erwäh-
nung bei Liv. XXIV 47, XXVII 37). Festus und Servius bezeugen in den
oben angeführten Stellen, dass das Thor nach der Fabierlegende auch
Porta scelerata genannt worden sei.
3. Porta Fontinalis (unsicher). Das am Nordfuss des Kapitels
gelegene Thor wurde früher flir die Porta Ratumena gehalten. Diese Be-
nennung beruhte auf Festus p. 274: Eatumena porta a nomine eius appd-
lata est, qui ludicro certamine quadrigis victor Etrusci generis iuvenis Veiis
consternatis equis excussus Bomae periit etc., und auf der unrichtigen Vor-
stellung, dass die Strasse von Veji nach Rom auch in den ältesten Zeiten
schon durch das nördlich vom Kapitel gelegene Thor führte. Vergl. Plinius
N. H. Vni 161, Solin. 45. 15. Beckeb, de Romae veteris muris atque
portis p. 70. Richtiger hat Hülsen, Rhein. Mus. 1894 p. 411 (Zur
Topographie des Quirinals) hierher die Porta Fontinalis gesetzt, die man
früher auf der Höhe des Quirinals (bei Monte Magnanapoli) annahm. Von
ihr ging eine Porticus zur Ära Martis. Liv. XXXV 10 (aedües) porticum
ab porta Fontinali ad Martis aram, qua in campum iter esset, perduxerunt
(Mitt. des Inst. 1889 p. 275). Durch das Thor führte die nächste Ver-
bindung zwischen dem Forum und dem Marsfelde. Vor dem Thore ist
noch erhalten das Orab des Bibulus.
4—6. Die drei Thore des Quirinalis: 4. die Porta San quäl is, so
genannt nach dem in der Nähe gelegenen Tempel des Semo Sancus.
Fest. 343.»)
5. Porta Salutaris, so genannt von dem in der Nähe gelegenen
Tempel der Salus. Fest. 326, 327. Die Stelle des Thores ist genau zu
bestimmen durch das Grabmal des Sempronius an dem von der Höhe
herabführenden Clivus Salutis. Vgl. Lanciani Bull. com. 1876 p. 126
CIL. VI 26152. Auf das Thor führte der Vicus Salutaris zu. Vgl.
Hülsen Rhein. Mus. 1894 p. 405.
») Vgl. Lahoiani im Bull. com. IV 1876,
p. 85 ff. aber die Entdeckungen an dieser
Stelle. Ein kleiner Thorbogen befindet sich
noch jetzt hier im Innern des Palazso An-
tonelli.
8. EntwicklimgBgMohiohte der BUdt. (§ 18.)
45
6. Porta Quirinalis, so genannt von dem in der Nähe gelegenen
Tempel des Quirinus. Auf Grund der von Ursinus willkürlich ergänzten
Stelle des Festus p. 254: Quirifnalis porta eadem quae et Collina dicebatur]
identifizierte man sie früher mit der Porta Collina. Wissowa hat jetzt
im Hermes XXVII p. 137 ff. nachgewiesen, dass sie ein besonderes Thor
gewesen ist. Erst durch diese Ansetzung wurde es ermöglicht, auch die
Thore 3 — 5 richtiger als bisher zu bestimmen.
7—9. Die drei Wallthore. Vgl. Strabo V 234, Dionys. IX 68, Ap-
pian b. c. I 58. 7. Porta Collina am Nordende des Walles. Die Reste
dieses Thores wurden beim Bau des Finai^zpalastes im Jahre 1872 auf-
gedeckt. Fortlaufende Berichte darüber in den Atti dei Lincei und dem
Bull. com. Vgl. namentlich den Bericht Lancianis Bull. com. 1876 p. 165 ff.
nebst Taf. XX. Das Thor ist eins der wichtigsten, da auf der von ihm
ausgehenden Via Salaria die von Norden kommenden Feinde gegen Rom
heranzogen. Vgl. 0. Richter, die Fabier am Cremera, Hermes XVII 1882
p. 436, Liv. II 11. Die Reste des Thores sind zerstört worden.
8. Porta Viminalis in der Mitte des Walles. Vgl. Festus 376,
epit. 163. Über die Aufdeckung des Thores berichtet Lanciani Bull. com.
1876, p. 168 ff. nebst Taf. XVIII. Über der zum Thore führenden Strasse
wurde ein Bogen des Gordianus errichtet; vgl. Lanciani Itin. Einsiedl.
p. 118.
9. Porta Esquilina am Südende des Walles, Liv. II 11. Censorin.
17, 8. Über die Ausgrabungen vgl. Lanciani, Bull. com. 1875, p. 191 nebst
Taf. XX. An der Stelle des Thores steht der Ehrenbogen des Gallienus.
10—11. Die Thore am Caelius. 10. Porta Caelemontana. Er-
wähnt Liv. XXXV 9 und Cic. in Pis. 55 und 61. Vermutungsweise an-
gesetzt. Vgl. GiLBEBTS Erörterung über die Lage II p. 291 Anm. 3 und
Lanciani, Itin. p. 536, Acque 154.
11. Porta Querquetulana. Plin. N. H. XVI 37, Fest. 260, 261.
Vermutungsweise angesetzt. Der Caelius hiess nach Tac. ann. IV 65 ur-
sprünglich von den Eichen, die ihn bedeckten, Querquetulanus.
12. Porta Capena. Das Thor ist eines der bekanntesten, es wird
oft genannt, da aus ihm die Via Appia hinausführte. Ovid. fast. VI 192.
Juv. ni 11 Mart. III 47. Nach Serv. Aen. VII 697 kommt der Name von
der vejentischen Kolonie Capena her (?). Das Thor selbst ist bei den im
Jahre 1867 durch Parker veranstalteten Ausgrabungen nicht aufgedeckt,
wohl aber der Mauerzug, in dem es am Abhang des Caelius stand (vgl.
den Plan).0
13—15. Die Thore am Aventin Naevia, Raudusculana, Laver-
nalis. Die Hauptstelle über sie ist Varro L. L. V 163: sequitur porta
Naevia, quod in nemoribus Naeviis; etiam loca, ubi ea, sie dida. Deinde
') Pabkbb deckte im Jahre 1867 die
Manerlinie und die Stelle des Thores auf
(Gori, Buonarotti 1872 p. 80 ff.)- Der be-
rühmte erste Meilenstein der Via Appia,
jetzt auf dem Eapitol, der in der Vigna Nari
vor Porta 8. Sebastiano an seinem ursprüng-
lichen Platze gefunden sein sollte, den daher
Canina, Jordan n. a. zur Berechnung der
Lage des Thores benutzt haben, stand weder
an der rechten Stelle noch stammt er nach-
weislich von der Via Appia. Vgl. Dessau,
Intomo la colonna miliaria del Campidoglio.
Bull. d. Inst. 1882, p. 121 ff.
46 B. Topographie von Rom.
Bauduscula{na) quod aerata fuit (vgl. Fest. epit. p. 275, Val. Max. V6, 3).
.... Hinc Lavernalis ab ara Lavemae^ quod ibi ara eius (vgl. Fest,
epit. p. 117). Nach Livius II 11 muss die Porta Naevia möglichst weit
nach Osten gelegen haben, da sie dort mit der Porta GoUina zusammen
genannt wird. Ausserdem wird der Vicus portae Naeviae zusammen mit
dem Vicus portae Raudusculanae auf der kapitolinischen Basis in der
12. Region genannt, so dass beide Thore mit Sicherheit auf der Osthälfte
des Aventin, demzufolge die Porta Lavernalis auf der Westhälfte anzu-
setzen sind.
16. Porta Trigemina am Fusse des Aventin zwischen diesem Berg
und dem Tiberufer, Hauptausgang nach den dort befindlichen Vorstädten.
Der Name ist nicht klar, da man nicht weiss, ob damit ein Thor mit
drei nebeneinander befindlichen Ausgängen oder ein Thor mit 2 Höfen
und 3 hintereinanderliegenden Thoren bezeichnet ist. Der sicher sehr
starke Verkehr durch dieses Thor macht das erstere, die Notwendigkeit
einer starken Befestigung an dieser Stelle das letztere wahrscheinlicher
(siehe unten). Vgl. E. Schulze, Arch. Zeit. N. F. I 1873 p. 9 flf., Taf. 58.
Das Thor wird häufig erwähnt. Vgl. Solin. I 8. Frontin. de aquis 5.
CIL. VI 9515, 9618, 9488. Über Ehrenbogen an dieser Stelle vgl. CLL. VI
1385, Jordan, Top. II p. 493 und 530.
Die Thore bestanden, wie die zahlreich in anderen italischen Städten
noch vorhandenen Anlagen, aus einem langen, oben offenen Thorwege,
der nach aussen und nach der Stadtseite durch starke gewölbte Thore
abgeschlossen war. Von der Aussenansicht gibt beispielsweise das Thor
von Volaterrae eine gute Vorstellung. Die an demselben angebrachten
Köpfe (wahrscheinlich eine symbolische Andeutung der Menschen, die man
in ältesten Zeiten lebend unter den Fundamenten einzugraben pflegte)
werden auch an den römischen Thoren nicht ganz gefehlt haben. Viel-
leicht hatte die Porta Elaudusculana ihren Namen von einem oder mehreren
solcher Bronzeköpfe. Zwei Eingänge sind nur bei der Porta Garmen-
talis nachgewiesen, und, da in erster Linie das Interesse der Befestigung
in Betracht kam, gewiss ursprünglich sehr selten. Eine derartige Er-
weiterung lässt wohl sicher auf eine jüngere Anlage schliessen. Sollten
bei der Porta Trigemina drei nebeneinander liegende Thore angenommen
werden müssen, so würde auch dies eine jüngere Anlage sein. Über-
haupt muss angenommen werden, dass gerade die Hauptverkehrsthore
(wie eben namentlich die Porta Carmentalis und die Porta Trigemina,
die nicht einmal den Angriffen etwaiger Feinde ausgesetzt waren, wie
die Thore im Osten) im Laufe der Zeit Erweiterungen erfahren haben.
Auch die Zahl der Thore war ursprünglich geringer. Stadtanlagen von
dem Alter des Servianischen Roms pflegen mit Thoranlagen sparsam zu
sein. Als sicher kann u. a. angenommen werden, dass die Aventinthore
nicht vor Besiedlung dieses Hügels angelegt worden sind.
Litteratur: Lakoiani, Sülle mura e porte di Servio, Ann. d. Inst. 1871 p. 40 ff.,
Mon. d. Inst. Villi tay. XXVII. Darauf fusst die Beschreibung bei Jobdan, Topographie
I, 1 p. 201 ff. Die seitdem bei Neubauten zum Vorschein gekommenen und demnftchst
zerstörten zahlreichen Reste sind teils in den Notizie d. scavi, teils im BuUettino comimale
beschrieben. Nachtrag zu Lanciani's Aufsatz von Borsart, Le mura e porte di Servio.
8. Entwicklnngsgeschlohte der SUdt. (§ 19.)
47
Bull. com. 1888 p. 12 ff. nebst Taf. 1 und 11. Erhalten sind nur wenige Stflcke, in erster
Linie bemerkenswert das auf Taf. 5 abgebildete am Bahnhof, femer auf Piazza Fanti, am
sogenannten Auditorium des Maecenas, in der Via nazionale beim Pal. Antonelli, am
Aventin, Eapitol und einige andere.
19. Das republikanische Rom. Die Servianische Mauer hat im
wesentlichen ein halbes Jahrtausend lang Form und Grenze der Stadt be-
stimmt. Dass dies so lange möglich war, ist kein Beweis für die gennge
Zunahme der Bevölkerung, die wenigstens seit den punischen Kriegen in
schnellem Steigen war, sondern ein Zeichen, dass dieser aus Erwägungen
rein fortifikatorischer Natur hervorgegangene und demnach vom Terrain
vorgeschriebene Mauerring zur Zeit seiner Anlage weit über die Grenzen
der bewohnten Zone hinausgriff, wie denn bekanntlich der Aventin damals
unbewohnt war. Überhaupt haben wir uns diesen weiten Raum in den
ersten Jahrhunderten nur schwach bevölkert vorzustellen, ja es war da-
mals von einem stadtgemässen Wohnen in unserem Sinne kaum die Rede.
Trotz der spärlichen Überlieferung haben sich davon immerhin einige
bezeichnende Andeutungen erhalten, wie z. B. die Erzählung von Yalerius
Poplicola, der um den Verdacht der Tyrannei zu vermeiden sein Haus
von der Höhe der Velia an den Fuss des Hügels verlegte, was doch vor-
aussetzt, dass dasselbe eine Art Festung war, die die Abhänge des Hügels
und diesen selbst beherrschte. Demnach müssen ehemals einzelne Höhen
in dem Besitze mächtiger Familien gewesen sein, was natürlich eine ge-
regelte Bebauung ausschliesst.*) — Ferner waren ganze Stadtteile, nament-
lich der Osten Roms bis in die historische Zeit hinein mit Hainen bedeckt
und deshalb so gut wie gar nicht bewohnt. Dafür ist, um nur ein Bei-
spiel anzuführen — die römischen Schriftsteller bieten sie in Menge — ,
die aus dem 3. Jahrb. v. Chr. stammende Argeerurkunde (vgl. p. 10) ein
wichtiger Beleg. In derselben wird die Lage der einzelnen Sacella mit
grosser Umständlichkeit beschrieben, z. B. apud aedem dei Fidi in delubro,
uH aeditimus habere solet oder circa Minervium, qua in Caelimontem itur^
in tabemola est Während nun in der Regio Suburana, in der CoUina und
Palatina diese Sacella fast durchweg nach Tempeln bestimmt werden, in
deren Nähe sie sich befinden, so hat in der Esquilina die Urkunde eine
ähnliche Bestimmung nur bei einem Sacellum; bei den andern nennt
sie keine Gebäude, sondern gibt eine unbestimmt lautende Orientierung
nach Hainen und den zwischen ihnen durchführenden Strassen: (1) eis
lucum Fagutalem, sinisfra via secundum merum est; (3) eis lucum Esqui-
linum, dexterior via in tabemola est; (4) ds lucum Esquilinum, via dexterior
in figulinis est; (5) eis lucum Poetelium. . . . • Noch am Ende der Republik
existierten wenigstens die Reste von Hainen, aber eingeengt durch pro-
fane Anlagen und in den meisten Fällen ohne Zweifel auf wenige Bäume
beschränkt. Die Kaiserzeit tilgte sie gänzlich, wenigstens kennt die Re-
gionsbeschreibung sie nicht mehr.
0 Es ist charakteristisch, dass gleiche
Verhältnisse im Mittelalter wiederkehren,
wo die Bevölkerung Roms hei weitem den
ummauerten Raum der Stadt nicht auszu-
im Stande war. Damals hatten die
Barone die Ruinen in feste Burgen ver-
wandelt und heherrschten unter unaufhör-
lichen Fehden den recht- und schutzlosen
Bürger.
48
B. Topographie von Rom.
Andrerseits ist die Bebauung der Stadt, lange ehe an eine vollständige
Besiedelung des von der Mauer eingeschlossenen Terrains zu denken war,
am Flusse über die Mauern hinübergegangen. Nichts beweist besser den
bedeutenden Einfluss, den der Tiber als doppelte Zufuhrstrasse aus dem
Innern des Landes und vom Meere her in republikanischer Zeit auf die
Blüte Roms gehabt hat, als die der Gesamtentwicklung der Stadt um
Jahrhunderte vorauseilende Ausgestaltung der am Flusse gelegenen Quar-
tiere. Die Strecke des Tiberufers, die die befestigte Stadt in den Mauer-
ring aufnehmen konnte, musste im Interesse der Sicherheit möglichst
klein sein. Sie beträgt etwa 300 m Länge, so dass neben und ausser
den hier befindlichen Navalia (vgl. Hülsen, Foro Boario, in den Disser-
tazioni della pontificia Accademia Romana 1896 p. 242 ff.) von den für
die Versorgung der Stadt mit Lebensmitteln etc. erforderlichen Märkten
nur das Forum boarium, der Viehmarkt, Platz innerhalb der Mauern
fand; der Gemüsemarkt, das Forum holitorium, lag flussaufwärts ausser-
halb der Mauern vor der Porta Carmentalis, der Stapelplatz für die vom
Meere heraufkommenden Waren, das Emporium, flussabwärts ausser-
halb der Porta Trigemina. Eine dichte Bevölkerung siedelte sich hier
zwischen Kapitol, Palatin und Aventin an und breitete sich, nicht ge-
hemmt durch den Zug der Servianischen Mauer, nach Norden und Süden
längs des Tiberufers aus. Der Bau der ersten Wasserleitung, der Aqua
Appia, im Jahre 312 v. Chr. durch den Censor Appius Claudius gilt
diesem Stadtteile; Frontin, de aquae ductibus urbis Romae 5: Incipit di-
stribui Appia imo Publicii clivo ad portam Trigeminam. Sehr bedeutend
muss namentlich die Vorstadt vor der Porta Carmentalis gewesen sein.
Sie hatte einen plebejischen Charakter, wie u. a. die hier auf den Flami-
nischen Wiesen erfolgte Anlage des Circus Flaminius beweist, der zur
Feier der plebejischen Spiele diente. Man darf annehmen, dass diese Vor-
stadt sich allmählich bis zu den oberen auf dem Marsfelde angelegten
Navalia ausdehnte. Über die Vorstadt „extra portam Flumentanam^
siehe S. 44. Nicht genau bestimmbar ist die ebenfalls hier gelegene
Vorstadt „in Aemiliania," ^)
Bietet demnach das älteste Rom ein Bild, das weit entfernt ist von
dem einer Stadt, die sich in systematischem Ausbau eines Strassennetzes
entwickelt hat, so sind doch ohne Zweifel die Grundlinien des späteren
Ausbaues, nämlich die von dem zwischen Kapitol und Palatin angelegten
Forum auslaufenden Strassen, alt und da sie sich der Terrainformation
anschliessen, auch durch grössere Brände und sonstige Umwälzungen, von
denen wir hören, niemals alteriert worden. Zu diesen gehört in erster
Linie die Sacra via, überhaupt die älteste Strasse Roms. In ihrer wei-
testen Ausdehnung begann sie bei dem östlich vom Colosseum gelegenen
Sacellum Streniae,*) überschritt die Velia an der noch jetzt durch den
Titusbogen gekennzeichneten Stelle (der summa sacra via) und senkte sich
zum Eingang des Forums hinab, der seit 121 v. Chr. durch den Fabier-
') Varro RR. 8, 2; Cicero ad Att. VH
3, 9; Liv. VI 20; Tac. ann. XV 40. Sueton.
Claudius 18; dazu Becker, Top. p. 643.
MoMMSEN, Rom. Forsch. II, p. 192.
«) Varro LL. V, 47.
Taf. 6.
SERVIANISCHE STADT
a X Xfiiruni WJti^in \\
8. Sntwioklnngsgesohiohie der Stadt. (§ 19.) 49
bogen bezeichnet war. Von hier erreichte ihre Fortsetzung, die südliche
Seite des Forums bUdend, die Wurzeln des Kapitels und stieg als Clivus
Gapitolinus in der natürlichen Einsenkung zwischen den beiden Gipfeln
des Berges, der Arx und dem Capitolium, empor. Dort gabelte sie
sich. Der eine, ältere Weg erreichte seinen Endpunkt auf der Arx, der
andre führte zum Capitolium, dem die südliche Kuppe einnehmenden
Tempel des Jupiter. Zu den ältesten Strassen gehörte auch die Nova
via, die, wie oben (p. 33) erwähnt, auf dem Oebiet des ältesten Pome-
riums angelegt war und die Wurzeln des Palatins von zwei Seiten um-
fasste. Es waren dies die beiden einzigen Strassen innerhalb der Stadt,
welche viae hiessen, während sonst dieser Name nur den von Rom aus-
gehenden Landstrassen eigen ist. Die übrigen Strassen hiessen entweder
vidj oder wenn sie auf die Hügel hinaufführten, clivi (c. Gapitolinus, c.
Suburanus ; vgl. Hülsen, Nomenclator p. 20). Weitere wichtige, in ihrem
Laufe zum Teil bis auf den heutigen Tag wenig veränderte Strassenzüge
waren der von der Sacra via auf den Palatin führende Clivus, ferner der
vom Forum zum Forum boarium hinabführende Vicus Tuscus und die
um die Wurzeln des Kapitels nach den Thoren (Carmentalis und Fontinalis)
führenden Strassen, der Clivus Argentarius und der Vicus Jugarius,
sowie die von der Nordseite des Forums empor zu den Thoren des esqui-
linischen Walles steigenden Strassen: die Alta semita, die über den
Rücken des Quirinals und der Vicus longus, der in dem Thale zwischen
Quirinal und Viminal empor zur Porta CoUina führte, ferner das Argiletum,
das in das Thal der Subura zwischen Esquilin und Viminal führte. Von
dieser gingen aus: der Vicus Patricius zur Porta Viminalis und der
Clivus Suburanus zur Porta Esquilina. Eine Fortsetzung der Sacra via
nach Osten ist die im Thale zwischen Esquilin und Caelius nach der
Porta Caelemontana führende Strasse. Von ihr zweigte sich eine quer
über den Caelius führende Strasse ab, die zur Porta Querquetulana führte.
Eine der wichtigsten Strassen zweigte sich von der Sacra via nach Süden
ab und lief zwischen Palatin und Caelius zur Porta Capena, wo die Via
Appia ihren Anfang nahm. An der Südostecke des Palatins zweigten
sich von ihr zwei Strassen ab, die eine ging zwischen Palatin und Aventin
durch das Circusthal zum Forum boarium, die andere führte nach Süden
über den Aventin, gabelte sich dort und führte zu der Porta Naevia und
Raudusculana. Auch vom Forum Boarium ausführte eine Strasse, der Vicus
Publicius auf den Aventin und zur Porta Raudusculana (vgl. Tafel 6).
Die Strassen waren schmal, im Durchschnitt 4 m breit; auch die
breitesten und frequen testen überschritten nicht die Breite von 6 bis 7 m.
Unter ihnen waren anfönglich die Sacra via und die Nova via die ein-
zigen mit Pflaster versehenen. Erst vom 3. Jahrhundert v. Chr. an erhalten
allmählich die Hauptstrassen Pflaster (vgl. Jordan, Top. I 1 p. 522). Mit
diesem Zustand der Strassen, namentlich mit der Enge, hängt es zusam-
men, dass, wenige Ausnahmen abgerechnet, das Fahren innerhalb der
Stadt verboten war (vgl. Jordan, Top. II p. 513).
Die Häuserquartiere hatten zumal in ältester Zeit einen eigenartigen
Charakter dadurch, dass nach einem Gesetze, welches die zwölf Tafeln
Handbuch der Uass. AltertamswimenBchaft. III, 3, B 2. Aufl. 4
50 B. Topographie Ton Born.
enthielten, die einzelnen Häuser (insulae) von einander durch einen vor-
geschriebenen ambÜMs getrennt waren, eine Bauweise, die erst ganz all-
mählich in Wegfall gekommen ist. Dann gliederten sich Gruppen von
Häusern zu vici zusammen, die ein in sich geschlossenes Ganze bildeten
und ursprünglich durch Thore abgesperrt werden konnten, daher auch
nach Varro LL. V 159 zur Zeit der Punischen Kriege im Vicus Africus
Geiseln detiniert wurden. Der Name des Vicus umfasste offenbar die
Hauptstrasse sammt den Nebengassen {angiportus, semita, pergula Durch-
gang) ; eine besondere Behörde hatten sie in den magistri vicorum. Religiöser
Mittelpunkt der Vici waren die auf den compüa (Kreuzwegen) befindlichen
Larenkapellen; als Hauptsammelpunkt der ,,vicini*^ waren die Gompita u. a.
auch die Stätten volkstümlicher Belustigungen, der ludi compüaliciL^)
Von den erhaltenen Strassennamen (das Verzeichnis in Hülsens
Nomenciator weist allein hundert vici auf)^) sind eine Anzahl sicher
republikanischen Ursprungs. Von diesen sind mehrere nach Handwerken
genannt, wie der clivus argentarius, der vicus frumentarius (Bas. Gapit.
reg. XIH), lorarius (CiL. VI. 9796), materiaHus (Bas. Capit. reg. XEI),
sandalianus (Sueton. Aug. 57. Gell. XVHI 4, 1. CIL. VI 448. 761) etc.,
andere nach den Namen plebejischer Geschlechter, die entweder in diesen
Gassen gewohnt haben, oder es sind die Namen plebejischer Beamten, die
den Bau der Strassen ausführten. Varro LL. V 158: Clivos Publicius ab
aedilibus plebei Publicis, qui cum publice aedificarunt, Simili de causa
Pullius et Cosconius, quod ab his viocuris dicuntur aedificati; vgl. Pestus
238. Frontin de aq. 5. Noch andere führen ihre Namen von historischen
oder lokalen Beziehungen, wie der vicus loreti (Bas. Capit. XIII) und der
vicus Piscinae publicae (Bas. Cap. XII).
So wenig wir im einzelnen über die Entwicklung des republika-
nischen Roms unterrichtet sind, so lassen sich doch gewisse Abschnitte
deutlich erkennen. Ein solcher Abschnitt tritt am Ende des 4. Jahr-
hunderts V. Chr. ein. Drei grosse, sicher epochemachende Werke werden
in dieser Zeit geschaffen, die steinerne Ringmauer (vgl. oben p. 48), die
erste Wasserleitung, aqua Appia, und die erste Heerstrasse, via Appia.
Es ist als sicher anzunehmen, dass uns nur die hervorragendsten und
originellsten Bauten dieser Zeit bekannt sind, dass aber eine umfassende,
in neuen Ideen sich bewegende Bauthätigkeit damals aufkam.
Wichtiger ist der Abschnitt, der mit der Beendigung der make-
donischen Kriege in der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr. anhebt.
Auch diese Zeit ragt durch die Schaffung bisher in Rom nicht bekannter
Profanbauten hervor. Damals wird die erste Basilica von Cato (184)
gebaut, der bald andere folgten, die Fulvia (179) und die Sempronia (170).
Über die behördliche Thätigkeit für die Bedürfnisse der Stadt berichtet
Livius XL 51 aus dem Jahre 179 und XLI 27 aus dem Jahre 174. Diese
') Vgl. Etssenhabdt, Epistula urbica I vorwiegend Strassennamen meine, wenn sie
1879; Prellbr, Mythologie II» p. 109 ff.; 0.
Richter, Insula, Hermes XX, 1885 p. 91 ff.
^) Lanciasi, Bull. com. 1890 p. 125 ff. ist
der Ansicht, dass die Regionsbeschreibung
Denkmftler oder Gebftude anführe, dass z. B.
mit Camenas gemeint sei vicus Game-
narum, mit Vestam vicus Vestae et^
8. SntwioklnngsgMohioht« der Stadt. (§ 19.) 51
erstreckte sich zunächst auf eine durchgehende Pflasterung der Strassen,
von denen die auf das Eapitol führende auch mit einer Porticus versehen
wurde, deren Fundamente sich zum Teil noch erhalten haben. Sie erstreckte
sich femer auf die Wiederherstellung und den Ausbau des Kloakensystems.
Die Cloaca maxima, der Überlieferung nach von den Tarquiniern zur
Entwässerung des ursprünglich sumpfigen Forums angelegt, im Altertum
der Sammler aller von den römischen Hügeln abfliessenden Wasser, er-
hielt damals im wesentlichen die noch jetzt bestehende Gestalt. Der Lauf
der Cloaca zeigt, dass sie ein kanalisierter natürlicher Wasserlauf ist.
Eine ganz gleichartig gebaute Kloake, die der Entwässerung der Vor-
stadt vor der Porta Carmentalis diente und aus der Nähe des Circus
Flaminius zum Tiber geht, stammt ebenfalls aus jener Zeit.^)
Besondere Aufmerksamkeit aber wurde der Tiberseite geschenkt, da
wohl zu keiner Zeit die Leistungsfähigkeit dieser Wasserstrasse mit den
Bedürfnissen der Stadt mehr in Einklang stand wie damals. Von ein-
schneidender Wichtigkeit war, dass man hier die Abgeschlossenheit auf-
gab und zur Entlastung der auf sofortigen Abbruch berechneten, aber für
den Verkehr unzulänglichen Holzbrücke den Fluss mit einer steinernen
Brücke überspannte. Diese wurde im Jahre 179 v. Chr. oberhalb des
Pens Sublicius, den abzutragen religiöse Bedenken verboten, angelegt
(Pens Aemilius, der nachmalige, jetzt auch abgetragene Ponte rotte). Zu-
erst begnügte man sich mit steinernen Pfeilern, über die Holzbalken ge-
legt wurden, im Jahre 142 v. Chr. wurde sie ganz aus Stein erbaut. Um
den dadurch geschaffenen stehenden Übergang militärisch zu sichern,
wurde auf dem Janiculum eine Festung angelegt, ein Aussenf ort, das
erst durch den Aurelianischen Mauerbau im 3. Jahrhundert n. Chr. mit
der Stadt am linken Ufer durch Mauern verbunden wurde (0. Richter,
Die Befestigung des Janiculum. Berlin 1882). Gleichzeitig mit dem Pens
Aemilius wurde ein zum Janiculum führender Viadukt angelegt, dessen
Reste, Fundamente von Tuff blocken, im Jahre 1889 aufgedeckt worden sind
(Bull. com. 1889 p. 495 flf., 1890 p. 8 flf., p. 57 flf., Rom. Mitt. 1891 p. 146).
Die Quadern sind ohne Mörtel und sehr genau gefugt; die Strasse hat eine
Breite von 20 Fuss römisch. Frühestens um dieselbe Zeit wurde ein zweiter
Übergang über den Tiber geschaffen, der direkt von der volkreichen Vorstadt
vor der Porta Carmentalis über die Insel hinweg führte. Die Insel selbst
war schon seit dem Jahre 292 v. Chr., wo daselbst ein Äskulapheiligtum
gegründet wurde, durch eine Holzbrücke mit dem linken Tiberufer ver-
bunden. Jetzt, nach Anlage der Festung auf dem Janiculum, verband
man sie auch mit dem rechten Ufer, zunächst durch eine Holzbrücke. Im
Jahre 62 v. Chr. wurde dann die erstere durch eine steinerne Brücke er-
setzt, den Pens Fabricius, nicht lange danach auch die andere durch
den Pons Cestius.*) — Von Wichtigkeit war endlich die VervoUständi-
') Vgl. F. Narducoi, Fognatara della
cittb di Roma sulla sinisixa del Tevere 1884.
Roma sotterranea; Ülustrazione della Cloaca
massima 1885; 0. Richtkr, Cloaca maxima
in Rom. Alte Denkmäler, I Taf. 37; Hülsen,
Rom. Mitt. 1891, p. 86; R. Lakciawi, La p. 41 Anm. 1
4
cloaca massima. Bull. com. 1890, p. 95 ff.
nebst Taf. VH, VIU.
*) Vgl. 0. Richter, Die Befestigung des
Janiculnm, Berlin 1882. Die weiteren Stellen
über die Entwicklung des Brückenbaus vgl.
52
B. Topographie von Rom,
gung der Wasserleitungen, indem zu den beiden bis dahin vorhandenen,
der Aqua Appia aus dem Jahre 312 v. Chr. und dem für den Esquilin
bestimmten Anio vetus aus dem Jahre 272 v. Chr., eine dritte, die Aqua
Mareia für das Kapitel, begonnen durch Q. Marcius Rex im Jahre 144
V. Chr., und eine vierte, die Aqua Tepula, die ebenfalls bis zum Kapitel
geführt wurde, im Jahr 125 v. Chr. traten, i)
Die Bevölkerung Roms nahm im Laufe des 2. und 1. Jahrhunderts der-
artig zu, dass zur Zeit Sullas der Umkreis der Servianischen Mauer völlig
bebaut war. Seit jener Zeit strebt die Stadt nach allen Seiten über die
Mauer hinaus, und diese selbst beginnt allmählich in den an sie sich an-
lehnenden Häusern zu verschwinden. Dionysius bezeugt für seine Zeit,
dass die Mauer nur noch schwer aufzufinden war, der esquilinische Wall
aber war zum Spaziergange geworden (Hör. sat. I, 8. 15). Die Stadt bot
in diesem Stadium der Entwicklung keinen schönen Anblick. Rasch auf-
geschossen und planlos entwickelt, zeigte sie ein unerfreuliches Gewirr
von engen Strassen und Gassen.^) Auch die öffentlichen Gebäude waren
unansehnlich, die Tempel niedrig, in tuskanischem Stile erbaut, das Material
Tuff mit Stucküberzug, nur einzelne Bauglieder aus Travertin. Dazwischen
erhoben sich als Vorboten einer neuen Zeit vereinzelte Paläste {domus)^
meist auf dem Palatin und in dem Quartier vor der Porta Flumentana,
die mit kostbaren, aus Griechenland herbeigeschafften Säulen geschmückt
waren, aber wohl mehr einen prunkvollen als künstlerisch bedeutenden
Eindruck machten. Erst seit Sullas Zeit beginnt Rom sich mit gross-
artigen öffentlichen Gebäuden zu schmücken; hervorragend und zum Teil
bis jetzt erhalten sind das Tabularium, das die ganze Westseite des
Forums einnahm, und die Bauten des Pompejus auf dem Marsfelde. Haupt-
schmuck der Stadt waren die Zeugnisse ruhmvoller Kriegsthaten in zahl-
reichen Statuen und Siegesdenkmälern, welche Strassen und Tempel
schmückten, im übrigen aber war sie als ganzes hässlich; selbst ein Patriot
wie Cicero urteilt wegwerfend über die Armseligkeit des Baumaterials de
divin. H 47, 99: in latere aut in cemento, ex quibus urbs effecta est und die
Unschönheit ihres Aussehens de lege agr. H 35, 96: Bomam in montibus
positam et convallibus, cenaculis sublatam atque suspensam, non optimis viis,
angustissimis semüis prae sua Capua planissimo in loco explicata ac prae Ulis
semitis irridebunt atque contetnnent Die periodisch sich wiederholenden
Überschwemmungen des Tiber richteten bei dem schlechten Material, aus
dem die Häuser gebaut waren, stets grosse Verwüstungen in den dem
Flusse zunächst gelegenen Quartieren an; nicht geringerer Gefahr war die
Stadt durch häufige Brände ausgesetzt, die nur allzu günstigen Boden
fanden. Von sieben grösseren Bränden, die sämtlich in den Quartieren
am Tiber und um das Forum ausbrachen und gewöhnlich mehrere Tage
') Litterator über die römischen Wasser-
leitungen: Fabrbtti, De aquis et aquaeduc-
tibus veteris Romae 1680; Cassio, Corso delle
acque antiche etc. 1756; Lanciani, I com-
mentarii di Frontino intomo le acque e gli
acquedotti. Atti dei Lincei 1880. Seitdem
sind noch weitere £ntdeckangen, namentlich
auf dem Esquilin gemacht worden, worflber
in den Not. degli scavi und im Bull. com.
berichtet ist.
*^) Über Verbot des Fahrens in der Stadt
sowie die Strassenreinigung vgl. Nissen im
Rhein. Mus. 1894 p. 287.
8. BntwioklnngsgMohiohte der Stadt. (§ 20.)
53
dauerten, wissen wirJ) Und über alledem lagerte sich das Elend, welches
ein dreissigjähriger Bürgerkrieg bringen musste; Augustus berichtet im
Monumentum Ancyranum, er habe nicht weniger als zweiundachtzig
Tempel, die in Verfall gewesen seien, wieder hergestellt.')
20. Die Stadt der yierzehn Regionen. Das Zeitalter des Augustus
brachte für Rom eine neue Epoche. Die Stadt war längst eine offene
geworden, ohne doch, soviel wir wissen, eine neue Einteilung erhalten zu
haben. Augustus vollzog die Eingemeindung der Vorstädte und teilte die
ganze Stadt im Jahre 7 v. Chr. in vierzehn Regionen (Suet. Aug. 30,
Dio Cass. LV 8). Namen hatten die Regionen ursprünglich nicht, sondern
wurden gleich den Teilen der Vierregionenstadt mit Zahlen bezeichnet;
so unter anderm bei Frontin 79 und Suet. Domit. 1; so auch auf der
kapitolinischen Basis und vielfach auf Inschriften. Die' Namen sind wohl
erst allmählich entstanden und zum Teil aus volkstümlichen Bezeichnungen
hervorgegangen.
Die Einteilung war folgende:') I {PoHa Capena) umfasste das Thal
zwischen Palatin und Gaelius und den ausserhalb der Servianischen Mauer
vor der Porta Capena zwischen dem Caelius und dem Aventin gelegenen
Terrainabschnitt, das Oebiet der Via Appia bis südlich zum Almo, II {Caeli-
montium) den Caelius, III {Isis et Serapis) den Oppius und das Thal zwi-
schen Caelius und Oppius, IV {Templum Pacis) den Cispius, die Subura
und die Sacra via, V (Esquüiae), das östlich vom Servianischen Wall ge-
legene Hochplateau des Esquilin, VI {Atta Semita) den Viminalis, Quirinalis
und das Thal zwischen Quirinalis und dem Pincio nebst dem östlichen
Teil dieses Hügels, VH {Via Lata) und IX {Circus Flaminius) das Feld
zwischen der Grenze der VI. Region, dem Kapitel und dem Tiber; die
') ZasammeDstellnng bei Jordan, To-
pogr. I 1 p. 482, Anm. 2. Zu denselben
gehört die Einäscherung Roms durch die
Gallier (Liv. V 41. 42) nicht. Die erheb-
lichen Zweifel an dieser Katastrophe sind
▼on Tboürst (Jahrb. f&r klass. Philologie
11. Supplementband p. 164 ff.) ausführlich
behandelt.
*) Umfassende Wiederherstellungen Rö-
mischer Tempel sind auch in der Folge nicht
selten. Auffallender Weise ist schon unter
Tiberius wieder eine nötig, vgl. Tac. ann.
II 49. Yespasian heisst auf der Inschrift
CIL. Vr 1, 934 restüutor (ledium sacrarum,
von Hadrian sagt Spartian 19: sacnu aedes
plurimas cansecravit. Die letzte grossartige
Wiederherstellung unter Severus und den
Seinigen bezeugen die noch an den Gebäuden
erhaltenen Inschriften CIL. VI 1. 1031 ff.
Vgl. Spartian, Severus 23; Dio Cassius Epit.
LXXVi, 16.
^) Die hauptsächlichen die Einteilung
Roms in die 14 Regionen behandelnden
Schriften siehe p. 8 Anm. 1. Lanuiani fahrt
in der dort angeführten Schrift: Ricerche
suUe XIY regioni nrbane Bull. com. 1890
p. 1 15 ff. die auch von mir in der ersten Auflage
ausgesprochene und in meinem Plane dar-
gestellte Ansicht, dass die Grenzen der Re-
gionen durch die grossen zu den Thoren füh-
renden Strassen und den Gang der Servius-
mauer gebildet werden, nfther aus. Einen
wesentlichen Eortschritt in der Feststellung
der Regionsgrenzen machte Hülsen, Mitt. d.
Inst. 1891 p. 308 ff. durch den Nachweis,
dass der Viminal nicht zur vierten,
sondern zur sechsten Region gehört habe,
und Rhein. Mus. XLIX p. 422 durch den
Nachweis, dass die sechste Region nicht
mit der Serviusmauer abgeschnitten habe,
sondern sich bedeutend über diese erstreckt
habe. Für den ersten Punkt ist beweisend
die Lage der in der VI. Region genannten
Gallinae albae, die an der SQdspitze des
Yiminals zu suchen sind, fOr den zweiten
Punkt die Lage der in der VI. Region ge-
nannten Sallustischen Gürten imd des Tem-
pels der Flora ausserhalb der Servianischen
Mauer. Sonach bekommen die IV., VI. und
VII. Region wesentlich andere Grenzen. Ich
folge in der Ansetzung dieser sowie der
ersten Region, die sich vermutlich bis an
den Eonstantinsbogen erstreckte, Httlsen.
54
B. Topographie von Bom.
Scheide zwischen den beiden Regionen machte die Via lata, VIII (Forum
Romanum vel magnum) das Kapitel und die Fora, X [Palatium) den Palatin,
XI (Circus Maximtis) den Circus Maximus und die Niederung am Tiber
zwischen Kapitel, Palatin und Aventin, XII {Piscina publica) die östliche
Höhe des Aventin, XIU (Aventinus) die westliche Höhe des Aventin und
die Ebene am Tiber (Mens Testaceus), XIV (Trans Tiberim) das Gebiet
auf dem rechten Ufer des Tiber (Trastevere).
Wie weit die an der Peripherie liegenden Regionen sich nach aussen
zur Zeit des Augustus erstreckten, ist nicht mehr nachzuweisen. Unsere
Kenntnis von der Ausdehnung der Regionen geht nicht über die Neuordnung
des Vespasian (Plinius N. H. IH 65 — 67) hinaus. Es ist anzunehmen, dass
zwischen Augustus und Vespasian eine nicht unerhebliche Entwicklung liegt.
Auch würde Plinius die Neuordnung und Vermessung des Vespasian nicht
so betont haben, wenn die damals neu vermessene Stadt nicht einen anderen
Umfang gehabt hätte als zur Zeit des Augustus, man müsste denn annehmen,
dass die Vermessung des Vespasian überhaupt die erste war. Dass die
St^dtgrenze zur Zeit des Augustus durch eine Zollmauer bezeichnet
wurde, wird durch die p. 60 darzulegende Neuordnung des Vespasian
wahrscheinlich. — Eine noch nachweisbare Verschiebung der Grenzen der
Vni. und IX. Region trat durch die Anlage des Forum Traiani ein.
Innerhalb der Regionen war der Polizeidienst so geordnet, dass auf
die vierzehn Regionen sieben Gehörtes vigilum kamen, die in ebensoviel
Kasernen und 14 excubitoria lagerten. Von ersteren sind inschriftlich be-
zeugt (vgl. den Plan von Rom): die I. in der siebenten Region, die II. in
der fünften Region, die UI. in der sechsten Region, >) die IV. in der
zwölften Region, die V. in der zweiten Region; die VI. lag nach der
Notitia in der achten, die VII. in der vierzehnten Region. Ausser der ü.
liegen die nachweisbaren Kasernen in der unmittelbaren Nähe der Servia-
nischen Mauer. Dies und die mit den Zahlen der Regionen nicht über-
einstimmende Bezifferung lässt darauf schliessen, dass Augustus seine
neue Einrichtung an eine früher vorhandene uns nicht bekannte anschloss,
wie denn wohl nicht anzunehmen ist, dass Rom vor Augustus polizeilicher
Einrichtungen überhaupt entbehrt habe.^) Die naturgemässe Verbindung je
zweier Regionen zu einem Polizeibezirk ergibt die Zusammenlegung von
IX und Vn, VI und IV, V und HI, H und I, XH und XIH, VIII und X,
XI und XIV. 3)
M Vgl. über üire Lage bei der Porta
Virninalis Hülsen im Rhein. Mos. XLIX p. 41 7
Anm. 1 und p. 421.
>) Vgl. MoKMSBN, Staatsrecht II 611 ttber
die V viri eis Tiberim.
*) Schwierigkeit bereitet ein inschrift-
liches Zeugnis (CIL. VI 1. 3052), nach dem
die vierzehnte und nennte Region verbunden
gewesen zu sein scheinen. In einem Graf-
fito des Excubitoriums der 7. Kohorte in
Trastevere (XIY. Reg.) wird nämlich termis
Ner(oniani8) erwähnt, also der Dienst bei
den Thermen des Nero in der IX. Region.
Wahrscheinlich handelt es sich hier aber um
eine Verlegung der Truppen; die Zusammen-
gehörigkeit von IX und XIV ist widersinnig.
Denn dann mÜsste die siebente, die sonst
nur an Regionen stöSAt, in denen sich Ko-
horten befanden (VIII und VI), für sich,
und daf&r XI, XII und XIII unter einer
Kohorte, der vierten, vereinigt gewesen sein.
Dies ist aber bei der sicher nicht zufälligen
Zahl von sieben Kohorten fOr vierzehn Re-
gionen kaum glaublich. Ausserdem liegt die
erste Kohorte hart an der Grenze der sie-
benten und neunten Region, diente aJso
sicher f&r diese beiden. Litteratur: G.
B. DB Rossi, Le stazioni delle sette coorti
8. EtttwioklimgBgeBchiohie der Stadt. (§ 20.)
55
Unterabteilungen der Regionen waren die Yici. Augustus belebte
den Kultus der Lares compitales neu, indem er den beiden Laren den
Genius Augusti hinzufügte.^) Als Beamte fungierten anfangs vier
Magistri für jeden Yicus,^) zur Zeit Konstantins hat jede Region ohne
Rücksicht auf die stark schwankenden Zahlen der Yici 48 Magistri und
2 Guratores.') Mit dieser wesentlich aus polizeilichen Gründen getroffenen
Einrichtung, die im Jahre 8 v. Chr. ins Leben getreten ist, hängt, wenn
nicht organisch, so doch notwendig die in sehr umfassender Weise be-
thätigte Fürsorge des Augustus für Kloaken und Wasserleitungen zu*
sammen. Erstere wurden durch Agrippa einer gründlichen Reinigung und
Wiederherstellung unterzogen, die Wasserleitungen wurden vermehrt. Zu
den vier vorhandenen Leitungen kamen unter Augustus die Aqua Julia
(33 V. Chr.), die mit der Tepula und Marcia an dem Tempel der Spes
vetus zusammentraf und in ihrem letzten Teile auf denselben Bögen über
den Esquilin der Stadt zugeführt wurde, die Aqua Yirgo (19 v. Chr.),
die für das Marsfeld bestimmt war,^) und die Alsietina (2 v. Chr.) am
rechten Tiberufer, bestimmt zur Speisung einer hier angelegten Naumachie.
Gleiche Sorgfalt widmete Augustus der Reinigung des Flussbettes und der
Instandhaltung seiner Ufer,'^) in allen diesen Unternehmungen unterstützt
durch das grossartige Talent seines Kriegsgenossen und Schwiegersohnes
Agrippa.
Auch baugeschichtlich begann damals für Rom eine neue Zeit. Im
Yordergrund stand die schon von Caesar angebahnte würdige Ausschmückung
des Forums. Der Neubau der Curie und der Basilica Julia, der Umbau
des Castor- und Concordientempels, das am Ostende des Marktes errichtete
Heroon des Divus Julius und endlich die durch die Yerlegung der Redner-
bühne bewirkte Yereinigung von Comitium und Forum zu einem Platze
schufen dieses Zentrum des Yerkehrs in würdiger Weise um und gaben
ihm ein völlig neues, prächtiges, in sich abgeschlossenes Gepräge. Ein
zweiter Gedanke zur Yerschönerung der inneren Stadt war ebenfalls von
Caesar durch die Gründung des Forum Julium im Norden des grossen
dei vigfli nella cittä dl Roma. Ann, d. Inst.
1858 p. 265 ff. 891 f. Das inschriftliche
Material CIL. VI 1. 2959—8090.
») Prblleb, Mythol. IP p. 113, Suet.
Aug. 81.
*) So die Yici der kapitoUmschen Basis,
Jobdan, Top. II, p. 585 ff.
") Heber die im Laufe der Jahrhmiderte
wechselnde Anzahl der vici, domus und in-
sulae vgl. Lanoiani, Bull. com. 1890 p. 121 ff.,
sowie ttber den Wechsel in der Bedeutung
des Wortes insula vgl. Richter, Insula,
Hermes XX p. 91 ff.
*) Gatti, Degli avanzi dell' acquedotto
Vergine. Bull. com. XVI, 1888 p. 61 ff.
') Schon in republikanischer Zeit war
ein durch Terminationscippen bezeichneter
Streifen zu beiden Seiten des Flusses frei-
gelassen. Die frühesten der wieder zum
Vorschein gekommenen Steine stammen von
der Termiuation der Censoren M. Valerius
Messalla und P. Servilius Isauricus aus dem
Jahre 54 v. Chr.; die unter Augustus vor-
genommene Termination im Jahre 8 ▼. Chr.
haben die Konsuln Asinius Gallus und C.
Marcius Censorinus (curatores ripaf*um, qui
primi fuerunt) ausgeftlhrt. Es folgen Ter-
minationen oder Wiederherstellungen froherer
Terminationen durch Augustus selbst, dann
durch Tiberius (Tac. ann. I 76), Claudius,
Vespasian, Trajan, Hadrian, Antoninus Pius,
M. Aurelius und L. Verus, Diocletian und
Maximian; die Steine sind auf beiden Ufern
vom Pons Molvius bis ttber den sttdlichsten
Punkt der Aurelianischen Mauer hinaus zu
verfolgen; sie haben verschiedene Abstände,
die auf den Steinen selbst angegeben sind.
Vgl. CIL. VI, 1284—1242 nebst p. 266.
Nachträge in den Not. d. scavi. R5m. Mitt.
1891 p. 130, 1892 p. 328, 1893 p. 819, wo
auch das System der Bezifferung zuerst
erörtert ist.
56 B. Topographie von Rom.
Forums angebahnt worden. Seine Anlage war der Beginn der allmählichen
gänzlichen Niederlegung der unschönen und engen Quartiere, welche die
Verbindung zwischen dem Forum und dem Marsfelde unterbrachen.
Augustus that einen Schritt in dieser Richtung weiter durch die Grün-
dung seines Forums mit dem Tempel des Mars Ultor, und begann zu-
gleich mit seiner Bauthätigkeit in die engen Quartiere am Tiber einzu-
dringen, indem er vor der Porta Carmentalis das Theater des Marcellus
baute. Auch auf dem Marsfelde selbst hatte Caesar mit dem Bau seiner
Saepta eine neue Zeit eingeleitet. Jetzt errichtete hier Agrippa, der
gleich anderen Orossen der Umgebung des Augustus von diesem zu reger
Bauthätigkeit veranlasst wurde, die erste Thermenanlage und in Ver-
bindung mit ihr das Pantheon. Noch manche andere Anlagen hierselbst
verdanken ihm ihre Erstehung, auch verband er das Marsfeld mit dem
rechtstiberinischen Gebiet durch den nachmals wieder abgetragenen Pens
Agrippae, dessen Spuren oberhalb des Ponte Sisto zum Vorschein ge-
kommen sind. Ein neues Gebiet grossartiger monumentaler Bauten er-
öffnete Augustus endlich dadurch, dass er seinen Wohnsitz auf dem
Palatin nahm. Er baute hier das Palatium, die kaiserliche Residenz
(vgl. den Palatinsplan), und daneben den Tempel des Apollo, seines Schutz-
gottes. Den besten Überblick über Augustus umfassende Bauten gibt er
selbst im Monumentum Ancyranum (Mommsen, Res gestae D. A. cap. 19—21):
Curiam et continens ei chalcidicum, templumque ApoUinis in Palatio cum
porticibus, aedem divi Juli, lupercal, porticutn ad circum Flaminium, quam
sum appellari passus ex nomine eius qui priorem eodem in solo fecerat
Odaviam, pulvinar ad circum maximum, aedes in Capitolio Jovis feretri et
Jovis tonantis, aedem Quirini, aedes Minervae et Junonis reginae et Jovis
Libertatis in Aventino, aedem Juventatis, aedem Matris Magnae in Palatio
fed. Capitolium et Pompeium theatrum utrumque opus impensa grandi
refeci sine ulla inscriptione nominis mei. Rivos aquarum compluribus lods
vetustate labenies refeci, et aquam quae Marcia appeUatur duplicavi fönte
novo in rivum eius inmisso. Forum Julium et basilicam, quae fuit inter
aedem Castoris et aedem Saturni, coepta profligataque opera a patre meo
perfeci et eandem basilicam consumptam incendio ampliato eius solo sub titulo
nominis filiorum meorum incohavi et, si vivus non perfecissem, perfid ab
heredibus iussi. Duo et octoginta templa deum in urbe consul sextum ex
decreto senatus refeci, nullo praetermisso quod eo tempore refid debebat.
Consul septimum viam Flaminiam ab urbe Ariminum fed et pontes omnes
praeter Mulvium et Minudum, In privato solo Martis Ultoris templum
forumque Augustum ex manibiis feci. Theatrum ad aedem ApoUinis in solo
magna ex parte a privatis empto fed, quod sub nomine M. Marcelli generi
md esset.
Nicht minder wichtig als die grossartige monumentale Bauthätig-
keit, welche Augustus und seine Zeitgenossen entfalteten, ist für den
Charakter Roms die vollständige Wandlung der Bauweise. Der Auf-
schwung, der in dieser Hinsicht sich schon nach Beendigung der punischen
und makedonischen Kriege geltend gemacht hatte, bestand lediglich darin,
dass man Häuser und Strassen mit den Beutestücken jener Kriege schmückte.
8. EntwioklimgsgMohiohte der Stadt. (§ 20.) 57
Wo in jener Zeit von Marmorsäulen etc. die Rede ist, handelt es sich
um geraubte, fertig nach Rom gebrachte Werkstücke, die wohl oder übel
an Häusern und Tempeln verwendet wurden. Je mehr das Oriechentum
in Rom Wurzel fasste, um so grossartiger und künstlerischer wurden die
Paläste der vornehmen Römer, und schon zu Ciceros Zeit sehen wir grie-
chische Künstler in Rom beschäftigt. Ein durchgreifender Umschwung
im Charakter der Baukunst kann aber nur durch den Wechsel des Ma-
terials herbeigeführt werden; dieser Umschwung bahnte sich im letzten
Jahrhundert vor Augustus an und vollzog sich während seiner fünfzig*
jährigen Regierung. Augustus hat es selbst ausgesprochen, dass er Rom
als eine Ziegelstadt vorgefunden, als eine Marmorstadt hinterlassen habe
(Suet. Aug. 28). In der That baute er vorwiegend mit Marmor, wobei
der damals neu entdeckte weisse Lunensische (Carrara) Marmor die Haupt-
rolle spielte. Die reiche und vornehme Welt Roms ahmte diesem Bei-
spiele nach. Gleichzeitige Schriftsteller, namentlich Horaz, schildern an-
schaulich dieses Jagen und Streben, einander durch die Pracht von Palästen
und Villen zu überbieten. 0 Eine nicht geringere Rolle spielte der Tra-
vertin, jener leuchtende, dem Marmor zunächst stehende Kalkstein (vgl.
p. 27). Das Theater des Marcellus war das erste grosse Bauwerk, das
ganz damit erbaut war. Auch wurde es in jener Zeit zuerst üblich, in
den eleganteren Quartieren die Fassaden mit Travertin auszustatten. Die
allmählich sich steigernde Verwendung desselben, anfangs nur zu Denk-
mälern und den künstlerisch gestalteten Baugliedern von Qebäuden, die
im übrigen in geringerem Materiale aufgeführt waren, dann erst zur Ver-
kleidung ganzer Fassaden gebraucht, erinnert lebhaft an die Stellung, die
der Sandstein in der Baugeschichte Berlins einnimmt. Im 18. Jahrhundert
ausschliesslich als Material für Kunstwerke dienend, ist er jetzt selbst
bei Privathäusem ein nicht ungewöhnlicher Schmuck der Fassade. Um
wie viel günstiger musste, nachdem die Anregung einmal gegeben, dieser
Prozess in Rom sich vollziehen bei der Fülle von Material, die dort dem
Baumeister sich darbot! Neben der Errichtung von Prachtbauten ent-
faltete die Privatbauspekulation, gefördert durch das rapide Anwachsen
der Bevölkerung und die dadurch bedingte Eingemeindung der Vorstädte,
eine bedeutende, nicht immer segensreiche Thätigkeit, wie wir denn die
hauptstädtische Polizei in stetem Kampfe gegen die unsolide und lebens-
gefährliche Bauspekulation sehen, welche möglichst vorteilhaft zu bauen
sich bemühte. Es gelang ihr auch, die Höhe der Häuser, die mit der
Unsolidität des Materials in gar keinem Verhältnisse stand, allmählich
zu beschränken, und namentlich seitdem eine Reihe furchtbarer Brände
die gänzliche Schutzlosigkeit der Stadt gegen solche Ereignisse dargethan
hatte, die Gemeingefährlichkeit der herrschenden Bauweise zu mindern.^)
') Über die Fülle der in Rom zur Yer- 1 Rezension in der Berliner philologischen
Wendung gekommenen Marmorarten vgl. ' Wochenschrift 1886 N. 36 p. 1110 ff. über
CoBSi, Pietre antiche, Roma 1845. Pullen, ' die Privatbanten, Wohnweise, Baumaterial
Handbook of ancient Roman marbles, Lan-
ciANi, Ruins and excavations p. 623.
'*) PöHLXAKN, Die Übervölkerung der
antiken Grossstftdte 1884 p. 89 ff. nebst der
etc. ist zu vergleichen 0. Richter, Insula
in Hermes 1885, p. 91 ff. Attilo dbi Marchi,
Ricerche intomo alle ,insulae' o case di pi-
gione di Roma antica, Milano 1891. Choisy,
58 B. Topographie von Bom.
21. Rom in der Eaiserzeit. So grossartig der Aufschwung war,
den Rom zur Zeit des Augustus nahm, so ist derselbe doch nur der Aus-
gangspunkt einer bis ins Ungemessene gesteigerten Bauthätigkeit, die im
Laufe der nächsten Jahrhunderte Rom in fast allen seinen Teilen umge-
stalten sollte.
Caesars Pläne waren vom Forum ausgegangen. Sie zogen das nörd-
lich davon zwischen Forum und Marsfeld liegende Quartier, das Marsfeld
selbst und das Gebiet am Fluss zwischen Kapitel und Tiberinsel in ihren
Bereich. Augustus' und seiner Zeitgenossen Wirksamkeit bewegte sich
in denselben Bahnen, sie griff aber schon hinüber auf den Palatin. Mit
Caligula beginnt Ungeheuerlichkeit an die Stelle besonnener Entwicke-
lung zu treten: er stellt eine Verbindung des Palatiums mit dem Castor-
tempel am Markte und mit dem Tempel des Jupiter auf dem Kapitel her,
Ideen, welche ihren Urheber nicht überdauert haben. Weit einschneidender
waren die Unternehmungen Neros. Unter seiner Regierung, am 19. bis
27. Juli des Jahres 64 n. Chr. wütete der grosse Brand in Rom, den
Tac. ann. XY, 38 eine cktdes . . . omnibus quae huic urbi per violentiam
ignium acciderunt gravior atgue atrocior nennt. Er beschreibt den Oang
des Feuers folgendermassen: Initium in ed parte drei ortum, quae Palatino
Caelioque montibus contigua est, tibi per iabernas, quibus id mercimonium
ineratf flamma alüur, simul coeptus ignis et statim validus ac venia cüus
longitudinem drei eorripuit Neque enim dotnus munimentia saeptae vel
templa muria dncta aut quid aliud moros interiacebat. Impetu pervagatum
ineendium plana primum, deinde in edita adsurgens et rursus inferiora popu-
lando, anteiit remedia velodtate mali et obnoxia urbe artis Uineribus hucque
et illue ftexis atque enormibus vieis, qualis vetus Roma fuü . . . 39. Eo in
tempore Nero Antii agens non ante in urbem regressus est, quam domui
dus qua Palatium et Maecenatis hortos eontinuaverat, ignis appropinquaret,
Neque tarnen sisti potuit, quin et Palatium et domus et cuncta dreum hau-
rirentur. ... 40. Sexto demum die apud imas Esquüias finis incendio
factus, prorutis per immensum aedificiis, ut continuae violentiae campus et
velut vacuum caelum occurreret. Necdum posüus metus, et rediit haud levius
rursum grassatus ignis patulis magis urbis locis, eoque strages hominum
minor: delubra deum et porticus amoenitati dicatae latius proddere. Es
gingen durch diesen Brand ziemlich vollständig zu Grunde die elfte, zehnte
und vierte Region, allein unberührt blieben die vierzehnte, fünfte und
auch wohl die sechste. Die übrigen wurden mehr oder weniger betroffen. ^)
Nero hatte schon vor diesem Brande, der das Zentrum Roms in Asche
legte, den Plan gefasst und ins Werk gesetzt, das Palatium mit den
Oärten des Maecenas auf dem Esquilin, die durch Erbschaft in kaiser-
lichen Besitz gelangt waren, zu verbinden {domui eius, qua Palatium et
Maeeenatis hortos continuaverat). Der Brand gab ihm Gelegenheit, diesen
Plan in ausschweifendster Weise durchzuführen. Aber die .domus aurea^
L'art de bfttir chez leg Romains 1873. Durk,
Baukunst der Römer. Die Middletonschen
Bficher (p. 23) sind mit der grOssten Vorsicht
zu gebrauchen. Vgl. die Besprechung Hülskns
Rom. Mitt. 1892 p. 265 ff.
1) Vgl. Gilbert, Topographie III p. 34 ff.
Hülsen, Denkmftler des Neronischen Brandes.
Rom. Mitt. 1894 p. 94 ff.
8. EntwioklnngsgesohiQhte dor Stadt. (§ 21.) 59
überdauerte den Urheber nicht, doch wurde das Terrain nicht wieder
durch Strassenzüge bedeckt. Yespasian gründete auf dem freigewor-
denen Gebiet das Templum Pacis mit dem Templum sacrae urbis (vgl.
p. 1) und legte im Mittelpunkt der ganzen Anlage, in der Niederung
zwischen Palatin, Velia, Caelius und Esquilin an der Stelle eines dort
ausgegrabenen Teiches sein Amphitheater (das Colosseum) an, Titus baute
auf den Trümmern des goldenen Hauses am Abhänge des Esquilin seine
Thermen, Hadrian endlich errichtete auf der Velia an der Stelle des
Atriums des goldenen Hauses den Doppeltempel der Venus und Roma.
Der Neronische Brand blieb auch sonst nicht ohne Folgen für Rom. Tacitus
berichtet Ann. XV 43, dass zur Verhütung weiteren Brandschadens auf
Neros Veranlassung längs der Häuserreihen steinerne Säulengänge errichtet
wurden. 0 Die Fragmente des kapitolinischen Stadtplanes zeigen, dass eine
80 nützliche Massregel auch in der Folgezeit in Kraft blieb. Die Strassen
wurden breiter angelegt, durch eine neue Bauordnung wurde der unsoliden
Bauart gesteuert, namentlich wurde die Unsitte der gemeinsamen Zwischen-
wände, der Holzbau und die übermässige Höhe der Häuser beschränkt
und dagegen der solide Bau aus den heimischen Steinen auch für Privat-
bauten gefördert. Indessen traten für die Stadt, über die bald hinterher
der Bürgerkrieg vom Jahre 69 hereinbrach, der neues Elend, vor allem
die Zerstörung des Capitoliums, mit sich führte, erst unter Vespasian
ruhigere Verhältnisse ein.
Vespasian ist in Bezug auf den Wiederaufbau Roms ein zweiter
Augustus, die Inschrift CIL. VI 934 feiert ihn als conservator caeHmo-
niarum publicarum et restitutor aedium sacrarum, und in gleichem Sinne
preisen ihn die Schriftsteller, allen voran Plinius. Hervorragend war in
dieser Beziehung die im Jahr 70 vorgenommene Grundsteinlegung des
durch die Vitellianer zerstörten Capitoliums (Tac. bist. IV 53). Die Censur,
die Vespasian mit seinem Sohne Titus im Jahre 73 n. Chr. bekleidete,
bezeichnet den Abschluss des von ihm unternommenen Werkes, der resti-
tutio urbis. Aus diesem Jahre bringt Plinius III 65—67 den berühmten,
leider in manchen Punkten für uns so wenig verständlichen Bericht über
die Stadtvermessung; wir ersehen aus ihm, dass mit der Vermessung der
Stadt die Festsetzung einer neuen Zolllinie verbunden wurde, die wahr-
scheinlich durch die mannigfachen Umwälzungen nach Augustus not-
wendig geworden war. Grenzsteine dieser Linie, sämtlich aus der Zeit
des Commodus, aber der Inschrift nach sich als Erneuerung älterer Steine
darstellend, sind noch erhalten (CIL. VI 1016 a, b, c und Eph. epigr. IV
787); bis auf einen liegen sie in unmittelbarer Nähe der Aurelianischen
Mauer. Man macht sich am besten ein Bild von dieser Zoll- und Grenz-
linie der 14 Regionen, wenn man sie mit dem Gang der Aurelianischen
Mauer vergleicht. Danach ging die Regionsgrenze 1. im Norden ein Stück
über die Mauer, die hier die hohen Substruktionen der Gärten des Mens
Pincius in ihre Linie einbezog, hinaus, während die VH. Region sich noch
^) Vgl. Pkellbr, Regionen p. 85. Gleiche Säulengänge finden sich noch jetzt in
vielen italieniechen Städten, z. B. Bologna.
60
B. Topographie von Born.
auf das zu Füssen des Pincio liegende Gebiet (Villa Borghese) erstreckte.
2. Im Osten schloss die Zolllinie den östlichsten Teil der Stadt mit den
Castra praetoria und dem Campus Viminalis sub aggere aus, ging aber
im äussersten Osten der Stadt zwischen der Porta Praenestina und Porta
Asinaria über die Mauer heraus, die hier aus fortifikatorischen Gründen
ältere Anlagen durchschneidet (vgl. Erman und Hülsen, Rom. Mitt. 1896
p. 113 ff.). Endlich 3. erstreckte sich die I. Region nach Südosten bis an
den Almo. Überhaupt nicht zu bestimmen sind die Grenzen der XIY. Re-
gion (trans Tiberim); jedenfalls deckte sie sich mit dem von der Mauer
eingeschlossenen Teile nicht. Den Umfang der Yierzehnregionenstadt gibt
Plinius auf 19,523 m an (gegen 18,837 m Länge der Aurelianischen Mauer).
Diese von Vespasian neugeschaffene Zolllinie musste, wenn sie ihren Zweck
erfüllen wollte, neben den obenerwähnten Grenzsteinen durch irgend eine
Schutzmauer bezeichnet sein; und dass eine solche Mauer auf dieser Linie
wirklich existiert hat, bezeugt die Angabe des Plinius a. a. 0., dass das
Rom des Vespasian 37 Thore gehabt habe {quae sunt hodie numero
XXXVII).^) Diese Mauer, wie sie nun auch beschaffen gewesen sein
mag, war jedenfalls keine Befestigungsmauer. Lanciani charakterisiert
die Anlage gut mit den Worten: Fra due uffici successivi (an den Thoren!)
saranno statt eretti steccati, o muri, o cancelli, quando ü suolo o le fab-
briche non davano alfro mezzo efficace di difesa. Man darf schliessen,
dass auch die Yierzehnregionenstadt des Augustus von einer solchen Zoll-
mauer umgeben war (vgl. p. 54).
Bedeutende Umgestaltungen der inneren Stadt führte die Zeit Tra-
jans herbei. Der Caesarische Gedanke, das Forum durch Niederlegung
der nördlich davon befindlichen Quartiere in Verbindung mit dem Mars-
felde zu setzen, erhielt durch ihn die grossartigste Vollendung. An der
Ausführung desselben war eigentlich unablässig gearbeitet worden. Auf
das Forum des Augustus war das Templum Pacis unter Vespasian ge-
folgt, dann das Forum Transitorium des Nerva. Ein weiteres Fortschreiten
nach dem Marsfelde zu verhinderte der das Eapitol und den Quirinal
verbindende Höhenzug. Trajan entschloss sich zu seiner vollständigen
Niederlegung. Er stellte eine breite und bequeme Verbindung mit dem
Marsfelde her und schuf auf dem gewonnenen Baugrunde sein Forum,
das alle anderen durch Pracht und Ausdehnung übertraf und noch Jahr-
hunderte später als der Glanzpunkt der Stadt gepriesen wurde.
Von hoher Bedeutung für die Baugeschichte Roms wurde die Re-
gierung des Hadrian. Zu keiner Zeit ist in Rom soviel gebaut worden,
wie damals. Das ersehen wir aus den in ganz überwiegender Menge an
den meisten der noch jetzt erhaltenen Bauten zum Vorschein gekommenen
0 Vgl. Lanciani, Le rnura di Anreliano
e di Probo. Bull. com. 1892 p. 88. Hölsbn,
Der Umfang der Stadt Rom zur Zeit des
Plinius. Rom. Mitt. 1887 p. 150—153. Es
ist nicht leicht zu verstehen, — und Lan-
ciani hat in seiner Darlegung dem Rechnung
getragen -- dass diese Zolllinie 37 Thore
gehabt haben soll, w&hrend die Servianische
und die Aarelianische Mauer nur 16 Thore
gehabt haben, entsprechend den yon Rom
auslaufenden Strassen ; aber die Zahl scheint
jedenfalls nicht verdorben zu sein, da sie
in der Konstantinischen Regionsbeschreibung
wiederkehrt. Auch die neuesten Unter-
suchungen haben leider keine ausreichende
Aufklftmng über die Pliniusstelle gebracht
8. Sntwioklimgsgesohichta der Stadt. (§ 21.)
61
Hadrianischen Ziegelstempeln. Freilich handelte es sich in vielen Fällen
wohl nur um zeitgemässe Umbauten und Wiederherstellungen, wie z. B.
am Palatium, den Gebäuden des Forums und des Marsfeldes, in erster
Linie des Pantheons. Von Neubauten, die für die topographische Ge-
staltung Roms von Bedeutung waren, hat Hadrian zwei geschaffen, das
Mausoleum am rechten Tiberufer (die Moles Hadriani, heutige Engels-
burg) mit dem über den Fluss gerade auf dasselbe zuführenden Pens
Aelius und den schon erwähnten Doppeltempel der Venus und Roma auf
der Velia. Letzterer ist für die Topographie auch insofern von Wichtig-
keit geworden, als er die Veranlassung bot, das zwischen ihm und dem
Forum gelegene Terrain, die Sacra via und die an dieselbe anstossenden
Gebäude zu regulieren und nach der Front jenes Tempels zu orientieren.
Diese Regulierung ist nach dem Brande unter Commodus, der diesen
ganzen Teil der Stadt in Asche legte (191 n. Chr.), von Septimius Severus
ausgeführt worden.
Die Zeit des Septimius Severus stand der Hadrianischen an Bau-
thätigkeit nur wenig nach, vornehmlich waren er und die Seinen gross
als Wiederhersteller älterer Gebäude; vielfach begegnen ihre Namen in
dieser Eigenschaft. Aber auch an eigenen Schöpfungen war diese Zeit
nicht arm. Severus fügte an das von Augustus' Nachfolgern, namentlich
von den Flaviern und Hadrian umgebaute und erweiterte Palatium einen
Neubau an der Südostecke des Berges und errichtete ebendaselbst in der
Axe der Via Appia das Septizonium, einen dekorativen Prachtbau, der
bestimmt war, zum Augenpunkt für die auf der Via Appia von Süden
Heraufkommenden zu dienen. Diese Strasse war schon von früheren Kai-
sern bevorzugt worden, mehrere Triumphbogen, von denen einer zunächst
der Porta Appia (Bogen des Trajanus, gewöhnlich Bogen des Drusus ge-
nannt) noch erhalten ist, überspannten sie. Severus hat ihrer architek-
tonischen Ausschmückung und Hineinziehung in den monumental ange-
legten Teil Roms besondere Sorgfalt zugewendet. Er legte u. a. hier
Thermen an; diese wurden aber weit übertroffen durch die Thermenanlage
seines Sohnes Caracalla, deren staunenswerte Überreste noch heute in
beredter Weise das riesenhafte Wollen und Können jener Zeit darthun.
Neue, durchgreifende Richtungen der monumentalen Bauthätigkeit
sind nach Severus nicht mehr eingeschlagen worden, obgleich spätere
Kaiser selbst bei kürzerer Regierungszeit es an Bestrebungen nicht fehlen
Hessen, das Herrschervorrecht, seinen Namen durch Monumentalbauten
auf die Nachwelt zu bringen, auszuüben. Wirklich hervorragend sind nur
noch die Bauten des Diocletian, Maxentius und Konstantin, die den
Kreis der vom grossen Forum ausgehenden Pläne abschlössen, nämlich die
im Norden der Sacra via errichtete Basilica des Konstantin und die Thermen
des Diocletian auf dem Viminalis und des Konstantin auf dem Quirinalis. ^
^) Fttr die sinkende Schaffenskraft der
damaligen Zeit ist es bemerkenswert, dass
man zur Herstellung des Konstantinsbogen
am Colosseum Reliefs eines Trajansmonu-
mentes verwendete, eine übrigens damals
nicht mehr neue Praxis. Schon das Septizo-
nium ist nach Gamucci (vgl. Hülsen, Septizo-
nium p. 12) aus Werkstücken, die von anderen
Gebäuden genommen sind, erbaut.
62
B. Topographie von Born.
Charakteristisch für das kaiserliche Rom sind die zahlreichen und
bedeutenden Thermenanlagen; sie dienten ebensowohl zum Baden als
zu schattigem und angenehmem Aufenthalt des Volkes und nahmen diesen
wichtigen Zwecken entsprechend einen ausserordentlichen Raum in An-
spruch. Die Regionsbeschreibung zählt elf solcher Anlagen auf, die sämt-
lich nachweisbar sind, die des Agrippa, des Titus, des Trajan, des
Sura, des Commodus, des Septimius Severus, des Antoninus Ca-
racalla, des Alexander Severus, des Decius, des Diocletian und
des Konstantin. In Verbindung damit steht die grossartige Vermehrung
der Wasserleitungen. Schon zu Augustus' Zeiten gab es, wie wir sahen
(p. 55), sieben, nämlich: Aqua Appia, Anio vetus, Aqua Marcia,
Tepula, Julia, Virgo und Alsietina (oder Augusta), unter Konstantin
war ihre Zahl bis auf neunzehn gestiegen. Die wichtigsten davon sind
die von Caligula und Claudius erbauten Leitungen des Anio novus und
der Aqua Claudia, deren wundervolle Bogenreihen noch heute ein Haupt-
schmuck Roms und der Campagna sind, beide aus den Sabinerbergen bei
Subiaco. Trajan leitete sodann die Aqua Traiana aus dem lacus Saba-
tinus (See von Bracciano) in Etrurien. Sie war für das transtiberinische
Gebiet bestimmt und ist seit Paul V. wieder in Gebrauch (Aqua Paola
auf dem Janiculum). Von Septimius Severus stammt die Aqua Severiana
zur Speisung seiner Thermen, von Alexander Severus die Aqua Alexan-
drina; ebenfalls zur Speisung seiner Thermen auf dem Marsfelde. Die
übrigen in der Notitia aufgeführten Leitungen sind zumeist Zweigleitungen,
einige (Ciminia, Aurelia, Damnata) überhaupt nicht mehr nachzuweisen.
Heutzutage besitzt Rom ausser der für Trastevere bestimmten Aqua Paola
drei Leitungen: die Aqua Marcia, die Virgo und die Feiice, letztere von
Sixtus V. erbaut. Für die Verteilung des Wassers in der Stadt dienten
nach Frontin (Anfang des 2. Jahrh. n. Chr.) 247 castella divisionis. Von
diesen aus wurden die insulae, domus, lacus und balnea gespeist.*)
In grossartiger Weise war auch das Kloakensystem ausgebildet. Die
wichtigsten Anlagen waren ausser der Cloaca Maxima die das Marsfeld
entwässernden Systeme, darunter das älteste die der Cloaca Maxima
(2. Jahrh. v. Chr.) gleichzeitige Kloake des Circus Flaminius (jetzt chiavi-
cone deir Olmo) und die Anlagen zur Entwässerung des Colosseums.*)
Ähnlichen Zwecken, wie die Thermenanlagen, nämlich dem Volke
schattigen Aufenthalt und bequeme Verbindung zu gewähren, dienten
die zahlreichen Portiken, die fast überall in der Stadt, namentlich aber
in der VII. und IX. Region, nach und nach entstanden. An diesem Netze
von schattigen Gängen wurde bis in die letzte Zeit der römischen Herr-
lichkeit gearbeitet; noch die Kaiser Valentinian, Gratian und Theodosius
legen in der IX. Region die Porficus maximae an und vervollständigen
») Frontin, de aquae ductibus urbis Ro-
mae über cap. 79—86 nebst dem Eominentar
Lanciani's p. 577 if. Vgl. oben S. 52. Mar-
CHBTTi, Sülle acqae di Roma antiche e mo-
derne 1887.
*) Ausführliche Darstellung von P. Nar-
Dücci, Sulla fognatura della citta di Roma,
descrizione lecnica, Roma 1889. — 0. Richter,
Cloaca maidma in Rom. Alte Denkmäler, I,
Taf. 37, 1889. - R. Lanciani, la cloaca
massima, Bull. com. 1890, p. 93 ff. - Über
das Alter der Cloaca Maxima und die Kloake
des Circus Flaminius ygl. p. 51 und den
Aufsatz von 0. Richtbr (siehe oben).
8. EntwioklnngsgMohiohte der Stadt. (§ 21.) 63
damit die glänzende Reihe der aus verschiedenen Zeiten stammenden
Portiken des Marsfeldes, die vom Pons Aelius beginnend bis zur Por-
ticus der Octavia, von da über das Forum holitorium und Forum boarium
sich erstreckten, ihre Fortsetzung in der Porticus Fabaria zwischen Aventin
und Tiber fanden und bei den Horrea der XIII. Region endigten. Wie
sehr die Portiken als ein Bedürfnis für die Stadt empfunden wurden, zeigt
u. A. Hör. carm. 11 15.0
Zu den Bauten, die bestimmt waren, den öffentlichen Verkehr zu
fördern, dienten neben den zahlreichen Fora undCampi auch die Basiliken,
von denen uns fünfzehn namentlich bekannt sind. Die grosse Zahl aller
dieser gleichartigen Zwecken dienenden Anlagen wirft ein grelles Licht
auf die Lebensweise der Römer. Die in den insulae zusammengepferchten
Einwohner entbehrten aller Bequemlichkeit im Hause; dies bot ihnen
nicht mehr als die Werkstatt und die Schlafstelle. Nur die Bewohner
der domus führten auch zu Hause ein menschenwürdiges Dasein.
Nicht allein die monumentalen Bauten aber gaben Rom den gross-
artigen Charakter, der diese Stadt über alle anderen der Welt erhob,
sondern auch der künstlerische Schmuck, der die Strassen und Plätze
füllte. Die Regionsbeschreibung zählt 22 „equi magni^, 80 goldene,
74 elfenbeinerne Götterbilder und 36 marmorne Bogen auf, und auch diese
Zahlen scheinen noch gering gegenüber den zeitweise in der Stadt befind-
lichen Bildwerken. Allein dem Augustus waren achtzig silberne Statuen
errichtet worden; er Hess sie einschmelzen und Weihgeschenke für den
Tempel des Apollo daraus anfertigen (Mon. Ancyr. 24). Andere Bildsäulen
errichtete Augustus aus Geschenken, die ihm das Volk darbrachte, überall
in der Stadt. Sueton. Aug. 57 (strenam)^ ex qua summa pretiosissima
deorum simulacra mercatus vicatim dedicabat, ut Apollinem Sandaliarium et
Jovem Tragoedum aliaque. Auch unter anderen Kaisern, wie unter Nero
und Domitian, wurde die Stadt vorübergehend von Kaiserbildern über-
schwemmt. Die grösste Fülle von Bildwerken sammelte sich auf dem
grossen Forum, namentlich an und auf der Rednerbühne, auf der Area
das Capitoliums, auf den Kaiserfora und in den Portiken des Marsfeldes.
Neben den Statuen begannen seit Augustus die ägyptischen Obelisken
und Sphinxe, dann die Kolosse und Ehrensäulen die Physiognomie der
Stadt zu beeinflussen. — Nicht minder bedeutend waren die Samm-
lungen griechischer Kunstwerke, die in öffentlichen Gebäuden unter-
gebracht waren. Marcellus, der Eroberer von Syrakus, hatte das erste
Beispiel hierfür gegeben, indem er die Hauptstücke der sicilischen Beute
in und um die Tempel des Honos und der Virtus aufstellte. Seit
Augustus entstehen in mehreren Tempeln, namentlich in dem der Con-
cordia, in der Curia, den Basiliken, auf den Kaiserfora und später auch
in den Thermen wahre Museen,*) in denen neben Marmorwerken und
Gemälden auch Sammlungen geschnittener Steine und kostbarer Hand-
0 DE Rossi, Le horrea sotto TAventino.
Annali d. Tat. 1885, p. 225. Gatti, Bull. com.
1885, p. 210 ff. Steybnsok, Römische Quar-
taLsschrift 1893, p. 23. Hulsbn, Foro Boario,
Diss. d. Pontif. Accad. Romana 1896, p. 246 ff.
*) Jacobt, Grandzüge einer Museogra-
phie der Stadt Rom zur Zeit des Kaisers
Augnstas 1884.
64
B. Topographie von Born.
Schriften nicht fehlten ; achtundzwanzig Bibliotheken allein zählt die Regions-
beschreibung. Staunende Schilderungen der Schönheiten Roms, wie z. B.
die von Strabo (V 3. 8) und bei Ammianus Marcellinus (XVI 10. 13 flf.)
bezeugen lebendig den Eindruck, den die Stadt machte, die Berichte über
die unaufhörlichen, massenhaften Beraubungen in der Zeit der Barbaren-
überschwemmung, die erst nach Jahrhundecten im stände sind, den Reich-
tum zu bewältigen, lassen die Fülle von Kunstwerken mehr ahnen als
begreifen.
Es liegt nahe, bei eineiQ^ Überblick über die Entwicklung der Stadt
auch einen Blick auf die Einwohnerzahl derselben zu werfen. Seit langer
Zeit ist man diese interessante Frage mit den verschiedensten Mitteln zu
lösen bemüht gewesen, und dabei zu den weitauseinandergehendsten Resul-
taten gelangt, zumal sich damit die falschen Vorstellungen von einer fabel-
haften Grösse Roms verbanden (p. 66 Anm. 2). Die Resultate schwanken
zwischen 500,000 und mehreren Millionen. Mit grosser Besonnenheit hat
Pöhlmann in seiner Abhandlung über die Überbevölkerung der antiken
Grossstädte p. 21 ff. dargethan, dass es nicht wohl möglich ist, Roms Ein-
wohnerzahl sicher zu bestimmen; bei der Unzulänglichkeit der antiken
Statistik fehlen die notwendigsten Voraussetzungen dazu.
Litteratur: Pöhlmann, Die Überyölkening der antiken Grossstädte 1884. Bbloch,
Die Bevölkening der griechisch-römischen Welt p. 392 fif. Er kommt zu dem Resultate,
dass Rom in den ersten drei Jahrhunderten der Kaiserzeit etwa 800,000 Einwohner gez&hlt
hat, und dass die Bevölkerung in dieser Zeit nur wenig geschwankt habe.
Vgl. die Controverse zwischen Seeck und Bbloch in Hildebrands Jahrbuch ffir National-
ökonomie und Statistik 3. F. XITI 1897. — Vgl. Lanciani, Roma antica e Londra modema.
Nuova Antologia 1883 (Marzo 15). — Über die Verwaltung Roms: 0. Hirschfbld, Unter-
suchungen auf dem Gebiete der römischen Yerwaltungsgeschichte 1876. Gbbhabdt, Studien
über das Yerpflegungswesen von Rom und Eonstantinopel 1881.
22. Pomeriumserweiterungen. Es ist eine auffallende Erscheinung,
aber auch eine gesicherte Thatsache, dass die ideale Grenze des Stadtr
templums, das Pomerium der alten Vierregionenstadt, bis auf Sulla unver-
ändert geblieben ist. Sulla war der erste, der, wie Oellius XIII 14 sagt:
proferendi pomerii tUulum quaesivit. Wir kennen seine Linie nicht, aber
offenbar schob er es, abgesehen vom Aventin, der aus nicht hinreichend
aufgeklärten Gründen bis auf Claudius ausserhalb des Pomeriums blieb,
überall über die bebauten und bewohnten Quartiere der Stadt hinaus, was
denn auch Varro LL. V 143 bezeugt, indem er sagt, dass zu seiner Zeit
die Pomeriumssteine circa Romam et Ariciam^) gestanden haben. Die
Nachfolger Sullas in der Ausübung dieses ;, Königsrechtes** der Hinaus-
schiebung des Pomeriums haben dasselbe nicht willkürlich in Anspruch
genommen, sondern stets auf Grund der „aucti populi Romani fines". Denn
es galt das Prinzip, dass nur der das Pomerium Rom erweitern dürfe,
der die fines j^opuli Romani, d. h. die staatsrechtliche Grenze Italiens (nach
den Alpen zu) erweitert habe. Es sind dies, und dieselben nennen auch die
Überlieferung oder inschriftliche Zeugnisse als Erweiterer des Pomeriums:
Sulla, Caesar, Claudius, Yespasian, Titus und Hadrian.')
0 Jordan, Die Könige im alten Italien
p. 46.
^) Diese ganze Frage ist behandelt von
Dbtlbfsbn, Das Pomerium Roms und die
Grenzen Italiens, Hermes 1886 p. 497 ff.
8. Sntwioklimgsgesoliiohta der Stadt. (§ 22.) 65
Da nirgends über den Lauf dieser verschiedenen Pomeriumslinien
etwas überliefert wird, so sind wir hinsichtlich der topographischen Seite
dieser Frage auf die noch existierenden und an ihrem ursprünglichen
Standort befindlichen Terminationscippen angewiesen. Es sind dies Steine
von drei verschiedenen Terminationen :
1. Von der Termination des Claudius vier Steine») (CIL. VI 1. 1231):
a) gefunden im Marsfeld bei S. Lucia della Chivica, jetzt eingemauert
in Via di S. Lucia N. 146;
c) in der Vigna Nari an der Porta Salara, wiederaufgefunden im
Mai 1885;
d) unweit der Porta Metrovia, nicht an der ursprünglichen Stelle
gefunden, aber auch wohl nicht weither verschleppt. Er trägt nach
Ficoroni, bolla d'oro 11 p. 67 die Zahl XV, was in Rücksicht auf den
nur 1500 m entfernten Stein e mit der Zahl VIII von Wichtigkeit ist
(sonst wird XXXV überliefert); jetzt in der Galleria lapidaria des Vatican;
e) nördlich vom Monte Testaccio, am 30. November 1885 an der
ursprünglichen Stelle gefunden. Er hat die Zahl VIII. Die obere horizontale
Fläche trägt das Wort Pomerium (wie auch von a bezeugt).*)
2. Von der Termination des Titus und Vespasianus zwei Steine
(CIL. VII. 1232):
b) ausserhalb der porta Pinciana gefunden (nach Sangallo). Er hat
die Zahl XXXI;
f) nicht weit von der Porta Ostiensis innerhalb der Aurelianischen
Mauer, 60 m von e entfernt. Er hat die Zahl XLVII und auf der anderen
Seite P. CCCXLVII. Neuerdings wieder aufgefunden. 5)
Auf beiden Arten heisst es übereinstimmend: auctis papuli Romani
finibus pomerium ampliavit terminavitque.
3. Von der Termination des Hadrian zwei Steine (CIL. VI 1, 1233):
g) an der ursprünglichen Stelle unter dem Hause Piazza Sforza
N. 18, 80 m von a entfernt; er trägt die Zahl V; auf der andern Seite
P. CCCCLXXX;
h) bei S. Stefano del Cacco, ebenfalls an der ursprünglichen Stelle,
neuerdings wieder gefunden, eingemauert in einem Gange neben der Kirche
S. Stefano del Cacco, merkwüidigerweise kein Travertincippus, sondern
eine dicke Platte aus CipoUino.
Auf diesen heisst es: ex s. c. coUegium augurum terminos
pomerii restituendos curavit, von einer Erweiterung melden sie also nichts.
Es ergibt sich daraus, dass das eigentliche Marsfeld noch unter
Hadrian {g. h,) ausserhalb des Pomeriums gelegen hat. Nach Hadrian aber
folgt bis auf die zweifelhafte Pomeriumserweiterung Aurelians (Vopiscus,
Aurelian 21) keine Vorschiebung mehr. Das Marsfeld scheint also über-
haupt nie ins Pomerium hineingezogen zu sein. Zu Vespasians Zeit liegt
sogar die Porticus Octaviae noch ausserhalb desselben. Damals sammelte
sich hier das Heer zum Triumph, ehe es die Stadt betrat, d. h. die Po-
») Vgl. den Plan von Rom. 1 cio. Not. degli Scavi 1885, p. 475.
) Lauciami, Tennine del mont© Testac- | ») Vgl. Not. d. Scavi 1886, p. 232.
Bandbaoh der kloM. AltertumswiaMusobAA. lU, 8 B. 2. Aufl. 5
66
B. Topographie Ton Born.
meriumslinie überschritt. Möglich, dass man eben zu solchen Zwecken
das Marsfeld ausserhalb der Stadtgrenze Hess. Auch die Rücksicht auf
die hier befindlichen Grabstätten, namentlich das Mausoleum des Augustus,
mag mitgewirkt haben (Jordak, Top. I 1, p. 171). Auf den anderen
Seiten der Stadt war die Bebauung und mit ihr die Pomeriumslinie schon
im 1. Jahrhundert n. Chr. bis ungefähr an die Zolllinie und die Linie
der nachmaligen Aurelianischen Mauer vorgerückt. Im Norden liegt ein
Stein des Claudius und einer des Vespasian dicht an derselben. Im Süden
ist ebenfalls ein Stein des Vespasian dicht an der Mauer gefanden
worden (/). Dagegen steht ein Claudischer Stein (e) nördlich vom Monte
Testaccio. Die Ebene südlich davon war damals also noch von der
Stadt ausgeschlossen. Erst die Termination des Vespasian ging, wie
der Standort des Steines bei Porta Ostiensis <f) zeigt, an dieser Stelle über
die Termination des Claudius hinüber und schloss auch die Ebene des
Testaccio ein.
Die Zählung der Steine bietet grosse Schwierigkeiten. Die Termi-
nation des Claudius begann im Süden der Stadt (e mit Nr. VIII am
Monte Testaccio, Nr. XV, wie es scheint, an der F. Metrovia), die des
Hadrian auf dem Marsfelde {g = Nr. V). Die Zahl der Steine steht
bei keiner der Terminationen fest, ebensowenig die Abstände der einzelnen
Steine von einander. Jedenfalls waren sie nicht gleich. Der Hadrianische
Stein g gibt als Entfernung des nächsten 480 Fuss = 4 (ictus an; der
Vespasianische f 347, zwischen b und f aber, Nr. 31 und 47 der Ves-
pasianischen Vermessung, liegt fast die ganze Peripherie der Stadt. Über-
haupt ist es gar nicht möglich, dass die Abstände gleich waren, da durch
diese Steine nicht, wie bei den Wasserleitungen, eine schon vorhandene
Linie terminiert wurde, sondern die Steine selbst erst diese Linie bil-
deten, ihre Entfernungen also durch die Biegungen des Pomeriums bedingt
waren. Sie mussten das eine Mal eng beieinander stehen, und konnten
andrerseits, wenn die Linie ein gutes Stück geradeaus lief, weit aus-
einander rücken. Der Abstand ist also ein wechselnder gewesen, auch
gab es wohl neben den mit Zahlen versehenen Steinen solche ohne
Zahlen.
Litteratur: Hülsek, Das Pomeriam Roms in der Kaiserzeit. Hennes XX[T, p. 615 ff.
23. Die Aurelianische Mauer. Am Ende des 3. Jahrh. n. Chr. ist
Rom von neuem in eine befestigte Stadt verwandelt worden. Begonnen
hat den Bau der Ringmauer der Kaiser Aurelianus (270— 275), vollendet
Kaiser Probus (276—282). Kaum anderthalb Jahrhunderte später, unter
Honorius (403) wurde sie wieder hergestellt,^ wie die Inschriften über
drei Thoren (der Tiburtina, Praenestina und Portuensis, CIL. VI 1, 1188—
1190, die über der P. Portuensis nicht mehr erhalten) bezeugen. Trotz
vielfacher Zerstörungen — schon durch Totila ging ein grosser Teil zu
Grunde und wurde von Belisar wieder hergestellt — ist dies im wesent-
lichen diejenige Mauer, die heute noch Rom umschliesst. *) Nur auf dem
0 Claudian, de sexto consulatu Honorii
V. 629.
*) Nichtsdestoweniger ist dies bestritten
worden, z. B. von Nibby. Man fabelte von
einer Mauer von 50 Milien Lftnge, ein Mass,
dem gegenüber die erhaltene Maner von
8. EntwioUiugsgMöhioliU der SUdt. (§ 23.)
67
rechten Tiberufer ist die Stadt durch die Anfügung der Civitas Leonina
(Leo IV. 847—855) und die diese und das Janiculum umschliessenden
Festungsanlagen erweitert worden.
Der Gang der Mauer ist durch verschiedene Rücksichten bedingt
worden. Im wesentlichen bestimmend dafür ist die oben besprochene
Zollgrenze gewesen, so dass nun auf dem linken Ufer Zollgrenze, Befesti-
gungsmauer und Pomerium fast zusammenfielen. Es ist anzunehmen, dass
die Mauer nach Möglichkeit ausser den continentia aedificia auch die ex-
spatiantia tecta einschloss und nur die extrema iectorum draussen liess. Nur
am rechten Tiberufer begnügte man sich damit, das Aussenfort des Jani-
culum durch zwei zum Tiber hinabführende Mauern mit der linkstiberi-
nischen Befestigung in Verbindung zu setzen. Im einzelnen aber sind
fortifikatorische Erwägungen leitend. Man lehnte sich an schon vor-
handene Werke an; so zog man die langen Pfeilerreihen der über den
Esquilin gehenden Wasserleitungen, der Marcia und Claudia, ebenso das
ausserhalb des Pomeriums gelegene befestigte Prätorianerlager in die Ring-
mauer hinein; im Norden benutzte man die Substruktionen des Pincio,
im Osten das Amphitheatrum castrense. Das Tiberufer, das in sehr be-
deutender Ausdehnung in die Enceinte aufgenommen wurde, erhielt eine
auf der Höhe des Ufers aufsetzende Mauer.
Die unglaubliche Schnelligkeit, mit der der Bau ausgeführt wurde,
ist daraus zu erklären, dass etwa ein Drittel der Mauerlinie ältere Bau-
werke (Wasserleitungen, Substruktionen) benutzt, ferner daraus, dass die
Zone, auf der sie sich erhob, nicht erst expropriiert werden musste,
sondern durch ihre frühere Bestimmung als Zollgrenze schon bereit lag.
Aber man baute auch eilig. Charakteristisch dafür ist, dass in dem
Mauerzuge südlich von der Porta Tiburtina (jetzt S. Lorenzo) in die Stadt-
mauer die 28 m lange Mauer eines Nymphäums mit Nischen eingebaut
ist, aus denen man nicht einmal die Statuen fortgenommen hat.^) Bei
der Tracierung der Mauerlinie ist man übrigens nicht selten auf Grab-
mäler gestossen, die römischer Sitte gemäss längs der Landstrassen er-
richtet waren. Man hat dieselben nicht zerstört, sondern in die Mauer,
resp. die Thortürme eingeschlossen.*) Die Erd- und Steinmassen, die beim
Legen der Fundamente ausgehoben wurden, schüttete man im Innern gegen
die Mauer, so dass das Terrain ausserhalb und innerhalb verschiedenes
Niveau bekam.')
kaum 12 Milien Lftnge zu unbedeutend er-
schien. Vgl. Jobdan, Topogr. I 1 p. 343 ff.
II p. 176 ff. — Litteratur: Nibby, Le
mnra di Roma disegnate da Sir W. Gell.
1820. — PiALB, Delle mura Anreliane 1833.
Beschreibung der Stadt Rom I, 644 ff. —
C. QuABBKGHi, Le mura di Roma, 1880. —
BoBGATTi, Le mura di Roma, Rivista d'arti-
gleiia e genio 1890 IL
0 Bull. com. 1889 p. 541, 1892 p. 105.
s) Entdeckungen yon eingebauten Grä-
bern haben sich beim Abtragen von Thor-
türmen öfter ergeben. So ist an der Porta
Maggiore das bertthmte Grab des Bäckers
Eurysaces zum Vorschein gekonmien. Wich-
tige Ausbeute und Belehrung über den Bau
der Mauer hat namentlich die Abtragung der
Türme an der Porta Flaminia ergeben. Vgl.
BulL com. 1877 p. 184 ff., 1880 p. 169 ff.,
1881 p. 174 ff. Das bekannteste, in die Mauer
eingeschlossene Grabmal ist die Pyramide
des Cestius neben der Porta Ostiensis.
^) Die Worte der Inschriften des Macrobius
Longinianus CIL. VII 188— 1190 egestis im-
mensis ruderibus, die zum Andenken an die
Wiederherstellung des Honorius auf die Thore
5*
68 B. Topographie von Born.
Von besonderem Interesse ist die Art und Weise, wie man bei der
neuen Befestigungsanlage die Flussübergänge sicherte. Ehemals hatte
die Festung auf dem Janiculum als Brückenkopf für den Pons Aemilius
und die Inselbrücken gedient (vgl. p. 51). Jetzt schlössen die vom Jani-
culum zum Fluss hinabführenden Mauern gerade den Teil des Flusslaufes
ein, auf dem sich die Brücken befanden. Es waren dies der Pons sub-
licius, Aemilius, Fabricius und Cestius, sämtlich noch aus der Zeit der
Republik stammend, und ausserdem der vermutlich nach Abbruch des Pons
Agrippae (p. 44) am Anfang des 3. Jahrh. n. Chr. erbaute, vom Mars-
felde aus nach den Anlagen des transtiberinischen Oebietes führende Pons
Aurelius. Der Vollender der neuen Ringmauer, der Kaiser Probus, fügte
diesen vier Übergängen einen fünften hinzu, den Pons Probi. Es ist
dies wahrscheinlich die Brücke, deren Trümmer in der Nähe des Aventins
sich befinden. Ausser diesen nunmehr innerhalb der Stadt befindlichen
Brücken gab es, wenn man von dem weit vor der Stadt liegenden Pons
Mulvius absieht, nur noch eine Brücke, den zum Mausoleum des Hadrian
führenden und das Marsfeld mit dem vatikanischen Gebiete in Verbindung
setzenden Pons Aelius. Dieselbe war hinlänglich durch das einerstarken
Bastion gleichende Orabmal geschützt. In späterer Zeit hat man zu
weiterer Sicherung dieses Flussüberganges das Grabmal durch Parallel-
mauem, die zum Ufer hinabführten, an die linkstiberinische Befestigung
angeschlossen. — Unterhalb des Pons Aelius endlich finden sich die
Trümmer einer antiken Brücke, die, wenn sie nicht schon früher (viel-
leicht beim Bau des Pons Aelius) zerstört worden ist, spätestens bei Her-
stellung der Aurelianischen Mauer, mit der sie nicht zu vereinen war,
demoliert wurde und seitdem in Verfall geriet. Sie stellte ehemals die
direkte Verbindung zwischen dem Marsfelde und den Anlagen des Cali-
gula im vatikanischen Gebiete her; im Mittelalter heissen die Trümmer
Pons Neronianus. In der Konstantinischen Beschreibung fehlt sie; dort
werden nur die oben besprochenen, freilich in unrichtiger Reihenfolge,
aufgezählt, nämlich: Aelius, Aemilius, Aurelius, Molvius, Sublicius, Fabri-
cius, Cestius und Probi. Die Geschichte der Brücken ist folgende:^)
Pons Aelius, auch Pons Hadriani, dann Pons S. Petri, jetzt Ponte
S. Angelo. Die neuesten, bei Gelegenheit der Tiberregulierung vorge-
nommenen Untersuchungen haben die Anlage dieser ursprünglich acht-
bogigen Brücke freigelegt. Vgl. Bobsabi, Delle recente scoperte relative
al ponte Elio etc. Not. d. scavi. 1892, p. 411. flf. Lanciani, Ponte S. Angelo,
Bull. com. 1893, p. 14 flf. Hülsen, Rom. Mitt. 1893, p. 321.
Pons Agrippae, erst 1887 durch die Inschrift eines Terminalsteins
des Tiberufers {ripam cippis positis terminaverunt a trigario ad pontem
Agrippae) bekannt geworden. Die Trümmer sind dann 100 m oberhalb
von Ponte Sisto gefunden worden. Sie wurde vermutlich bei einer mit
gesetzt worden sind, bedeuten, dass, um an j der Aussenseite abgrub, und die Fundamente
bestimmten Stellen, bei den Castra praetoria j freilegte, anstatt die Mauer selbst zu erhöhen,
und zwischen Porta Praenestina und Tibur- < ') Litteratur über die Brücken siehe
tina, die Mauer zu erhöhen, man das Terrain . p. 41 Anm. 1.
8. Entwiokliugsgesohiohte der Stodt. (§ 23.) 69
dem Bau des Pons Aurelius verbundenen Strassenregulierung abgetragen
(Bobsabi, Bull. com. 1888, p. 92 ff., Hülsen, Rom. Mitt. 1889 p. 285 ff.).
Pons Aurelius, erbaut 3 Jahrb. n. Chr., von Valentinian P) wieder-
hergestellt, Volksname Pons Antonini, jetzt Ponte Sisto.
Pons Fabrieius, erbaut 62 v. Chr., im Mittelalter Pons Judaeorum,
jetzt Ponte de' quattro capi (vgl. p. 51, CIL. VI 1305).
Pons Cestius, erbaut zu Caesars Zeit, nach der Restauration im
4. Jahrhundert Pons Gratiani, und so auch im Mittelalter; jetzt Ponte
5. Bartolomeo (vgl. p. 51, CIL. VI 1175, 1176. Symmachus pan. in Gra-
tian. 6).
Pons Aemilius, erbaut 179—141 v. Chr., volkstümlicher Name Pons
lapideus, weil die erste steinerne Brücke, daraus Pons Lepidi, im Mittel-
alter Pons maior, Pons senatorum, Pons S. Mariae, zuletzt Ponte rotte,
jetzt abgebrochen (vgl. p. 51).
Pons sublicius, aus religiösen Gründen das ganze Altertum hindurch
erhalten, verschwindet im Mittelalter (vgl. p. 51).
Pons Probi, später nach seinem Wiederhersteller Pons marmoreus
Theodosii, dann Pons in ripa Romaea, jetzt zerstört.
Pons Mulvius, jetzt Ponte Molle, führt 3 Miglien nördlich von der
Porta del popolo (Porta Flaminia) über den Tiber.
Die Mauer hat nach Lanciani's Messung eine Länge von 18837,50 m
(Bull. com. 1892, p. 87 ff.), der Landstreifen, auf dem sie steht, ist 19 m
breit, davon kommen 9 m auf die innere, 10 m auf die äussere Ring-
strasse. Die Mauer ist ein Ziegelbau; ihre Höhe beträgt 16 m, die Dicke
etwa 3,80 m, doch ist sie nur in ihrem unteren Teile massiv. Im oberen
Teile gliedert sich die Dicke der Mauer in eine Aussenmauer, deren
Stärke 1,28 m, also etwa ein Drittel des Ganzen beträgt; die beiden
anderen Drittel nehmen 1,33 m dicke und 2,93 m im Lichten von ein-
ander entfernte, durch Tonnengewölbe miteinander verbundene Strebe-
pfeiler ein. Diese Pfeiler sind dann selbst wieder von 3,85 m hohen und
1,18 m breiten Bogenöffnungen unterbrochen, so dass innerhalb der Mauer
ein fortlaufender Gang entsteht. Neben der Ersparnis an Material, die
durch diese Bauart erreicht wurde, diente der so geschaffene Gang auch
den Zwecken der Verteidigung. Denn zwischen je zwei Strebepfeilern ist
in der Aussenmauer eine 1,18 m breite, nach aussen auf 0,385 m sich ver-
engende Schiesscharte (fenestra) angebracht. Auf den Tonnengewölben
des Ganges ruhte eine Zinne von der Breite der Gesamtstärke der Mauer
3,80 m. Sie war nach aussen durch eine Brustwehr geschützt, in der
sich zahlreiche Scharten {propugndcula) befanden. Von letzteren ist nichts
erhalten. In ziemlich regelmässigen Abständen (nach je 5—6 Strebe-
pfeilern) wird die Mauer durch quadratische Türme unterbrochen, die nach
innen zu mit der Mauer in derselben Flucht liegen, nach aussen stark
vorspringen und auch in der Höhe die Mauer um ein Beträchtliches über-
ragen. Auch in diesen Türmen waren Schiessscharten; ausserdem ent-
hielten sie die zu den Zinnen emporführenden Treppen. Man kann die
') Vgl. Ephem. epigr. IV 799, 800. Not. d. scavi 1892 p. 50, 234.
70
B. Topographie von Bom.
Türme, die übrigens samt und sonders umbauten erfahren haben, noch
heute im ganzen Umkreis der Mauer verfolgen. Sie fehlten nur an der
jetzt verschwundenen Befestigungsmauer des linken Tiberufers ; dieser Teil
der Mauer war überhaupt niedriger und mit geringer Sorgfalt gebaut,
da der Fluss mit seinem steilen Ufer an und für sich schon zur Abwehr
genügte. ^) Einen Graben erhielt die Mauer vorübergehend durch Belisar.
Die Thore der Aurelianischen Mauer hatten der Mehrzahl nach nur
einen Durchgang. Sie waren gewölbt und von runden Türmen flankiert,
ihre Anlage war natürlich durch das damals völlig ausgebildete Strassen-
system bedingt. Es sind:
1. Porta Flaminia (jetzt ersetzt durch die moderne Porta del
popolo) für die Via Flaminia (Via lata, der heutige Gorso).
2. Porta Pinciana, vielfach erwähnt bei Procop, bell. Goth. Sie war
ursprünglich kein Thor, sondern eine Nebenpforte (posterula), wie Lan-
ciani Bull. com. 1892, p. 102 aus dem Grundriss nachgewiesen hat, und
wurde erst später (von Honorius?) zu einem Thore erweitert und umge-
baut, jetzt geschlossen; über dem Bogen ein griechisches Kreuz. Das
Thor rührt in seiner jetzigen Gestalt von Belisar her, zum Bau sind
ältere Gräber verwendet worden. Not. d. scavi 1888, p. 60, Bull. com.
1888, p. 41.
8. Porta Salaria (jetzt Porta Salara) für die aus der alten Porta
Gollina hinausführende Via Salaria.
4. Porta Nomentana, für die ebenfalls aus der Porta Gollina
hinausführende Via Nomentana. Sie ist geschlossen und neuerdings fast
gänzlich verbaut. Dafür ist durch Pius IV. die Porta Pia geöflfnet worden.
Neben derselben eine Thoröfhung an der Stelle der am 20. Sept. 1870
bei Eroberung der Stadt gelegten Bresche.
5. Südlich vom Prätorianerlager ein jetzt geschlossenes, antikes
Thor, welches die alte Beschreibung des Einsiedler [tinerars nicht mit
aufzählt. Es entspricht genau der Porta Viminalis in der Servianischen
Mauer. Auch Reste der auf dasselbe zuführenden Strasse sind aufgedeckt
worden.
6. Porta Tiburtina (jetzt Porta S. Lorenzo nach der vor dem Thore
gelegenen Basilica des heiligen Laurentius). Sie ist an einen Bogen der
Marcia, Tepula und Julia angebaut. Dieser ist stark verschüttet, erscheint
daher sehr niedrig. Dagegen steht das Thor, welches die den Kaisem
Honorius und Arcadius wegen der Wiederherstellung der Mauer gewidmete
Inschrift (GIL. VI 1. 1188) trägt, auf dem Verschüttungsboden. Aus dem
Thor lief die von der Servianischen Porta Esquilina kommende Via
Tiburtina.
7. Porta Praen es tina (jetzt Porta Maggiore), zweithorig. Zwischen
beiden Durchgängen stand ein halbrunder Turm, nach dessen Abbruch
*) Vgl. die Beschreibung Procops Goth.
II 9, der ausdrücklich sagt, dass die Mauer
am Tiber nvgyaty igij/noy navTanaai ge-
wesen sei. Die 25 Tflrme, welche die An-
siedler Beschreibung von ihrem Anfang beim
Pens Aurelius bis zur Porta Flaminia rechnet,
kommen teils auf die Befestigung des Pens
Aurelius und Aelius, hauptsächlich aber auf
die Strecke vom Tiber bis zur Porta Flaminia.
Taf. 7.
I. Aurelianische Mauer: Aussenseite.
2. Aurelianische Hauer: Innenseite.
8. EntwiokliuigBgeMliiohte der SUdt. (§ 23.) 71
das Grabdenkmal des Bäckers M. Yergilius Eurysaces aus dem 1. Jahr-
hundert V. Chr. zum Vorschein kam. Die Gestalt desselben zeigt, dass
es im Scheitelpunkt zweier divergierender Strassen stand. Über dem
Thore lagen die Leitungskanäle der Aqua Claudia und des Anio novus mit
den Inschriften des Claudius, Yespasian und Titus CIL VI 1256—1258.
Aus dem Thore führte die von der Porta Esquilina kommende Via Prae-
nestina, von der sich unmittelbar vor dem Thore die Via Labicana abzweigte.
8. Porta Asinaria (jetzt geschlossen), einthorig mit zwei runden
Türmen für die Via Asinaria. Dafür ist daneben im Jahre 1574 die Porta
S. Giovanni, so genannt nach der innerhalb des Thores befindlichen Basilica
S. Giovanni in Laterano, geöffnet.
9. Porta Metrovia (je^^t geschlossen). Zu ihr führte eine vom
Caelius konmiende Strasse.
10. Porta Latina (jetzt geschlossen), für die Via Latina, ebenfalls
einthorig mit runden Türmen.
11. Porta Appia (jetzt Porta S. Sebastiane nach der vor dem Thore
liegenden Basilica des h. Sebastian), für die aus der Porta Capena aus-
laufende Via Appia, von der sich die Via Latina noch innerhalb der
Aurelianischen Mauer abzweigte, ebenfalls einthorig mit halbrunden Türmen
auf quadratischem unterbau. Im Innern des Thores befindet sich der so-
genannte Arcus Drusi.
12. Porta Ardeatina, existiert nicht mehr, da an dieser Stelle die
Bastion Sangallos an Stelle der Aurelianischen Mauer getreten ist. Das in
der Beschreibung der Honorianischen Mauer fehlende, also frühzeitig ge-
schlossene Thor ist aus einer Zeichnung Sangallos von Hülsen, Rom. Mitt.
1894, p. 320 ff. nachgewiesen worden.
13. Porta Ostiensis (jetzt Porta S. Paolo nach der vor dem Thore
liegenden Basilica des hl. Paulus). Das Thor nahm die Strassen von drei
Servianischen Thoren, der Trigemina, Lavemalis und Raudusculana auf.
Die wichtigste Strasse war der aus der Porta Raudusculana kommende Yicus
Piscinae publicae. Nach ihm sind die Pyramide des Cestius, sowie die
übrigen Gräber orientiert. Die von der Porta Trigemina kommende
Strasse traf mit diesem Yicus südlich von der nachmaligen Porta Ostiensis
der Aurelianischen Mauer zusammen, so dass hier, wenn man die Strassen
nicht umlegen wollte, neben einander, getrennt durch die Pyramide des
Cestius, zwei Thore erforderlich waren. Das Thor über dem Vicus pis-
cinae publicae wurde durch Honorius wiederhergestellt, zugleich wurde
das zweite, eine Posterula, vermauert und eine neue Verbindung beider
Strassen innerhalb der Mauer geschaffen. Lanciaki, Itin. Eins. p. 80 f.
Auf dem rechten Tiberufer befand sich
14. Porta Portuensis nicht weit vom Flusse, zweithorig, mit der
gleichen Inschrift wie Porta Praenestina und Porta Tiburtina. Aus ihr
lief die Via Portuensis, von dieser die Via Campana aus, so genannt
nach dem an der Mündung des Tiber gelegenen Campus Salinarum. Jetzt
ist es verschwunden (abgerissen 1643), dafür weiter stromaufwärts in der
modernen Befestigung die Porta Portese.
15. Porta Aurelia auf der Höhe des Janiculum, für die über den
72 B. Topographie von Rom.
Pons Aemilius kommende Via Aurelia, jetzt ersetzt durch die Porta S.
Pancrazio.
16. Obgleich die Beschreibung der Honorianischen Mauer zwischen
der Porta Aurelia und dem Tiber kein Thor weiter nennt, so ist es doch
höchst unwahrscheinlich, dass die Mauer an der Stelle der Porta Sep-
timiana (Vita Severi 19), die erst in den Mirabilien wieder genannt
wird, keinen Ausgang gehabt haben soll. Die Mauer durchschnitt das
stark bewohnte Transtiberim, dessen Bewohner doch nicht gezwungen
sein konnten, immer die Porta Aurelia auf der Höhe des Janiculum zu
benutzen.
17. Endlich gab es noch am linken Ufer. ein Thor für den Pons
Aelius. Der Name steht nicht fest, Prokop nennt es Porta Aurelia
(B. Goth. I 19, 23, 28), aber schon am Ende des 4. Jahrhunderts heisst es
Porta S. Petri (so auch in der Beschreibung der Honorianischen Mauer
aus dem Jahre 403). Damals wurde auch das Mausoleum des Hadrian
in ein starkes Yerteidigungswerk umgewandelt und durch Mauern, die
zum Flusse hinabführten, mit der Befestigung am linken Ufer in Ver-
bindung gesetzt. Nach der Beschreibung hiess das Aussenwerk Hadria-
neum, das in seiner westlichen Mauer befindliche Thor Porta Cornelia,
als Ausgangspunkt der Via Cornelia, vgl. Jobdan, Top. I 1, 376 f. und II
p. 166 oder Porta S. Petri in Hadrianeo (Inschrift de Rossi, Inscr. 2, 99
u. 7). Es hat bis in das 16. Jahrhundert bestanden. — Ausserdem befanden
sich auf der Strecke am Flusse zwischen der Porta Flaminia und dem Pons
Agrippae fünf Pförtchen {posternae in der Einsiedler Beschreibung), die
in Friedenszeiten den Verkehr mit dem Flusse ermöglichten.^)
4. Zerstörungsgeschichte.
24. Die Baugeschichte des antiken Roms schliesst mit Konstantin
ab. Die Verlegung der kaiserlichen Residenz nach der neu gegründeten
Hauptstadt im Osten und die gleichzeitige Anerkennung des Christen-
tums gebieten den Hauptrichtungen, in denen sie sich bis dahin so
grossartig entwickelt hatte, jähen Stillstand. Jedoch tritt an die Stelle
der Weiterentwicklung keineswegs unmittelbar die Zerstörung, selbst nicht
der heidnischen Tempel. Im Laufe des 4. und 5. Jahrhunderts bleiben
sie erhalten, werden auch gelegentlich wiederhergestellt, ebenso profane
Gebäude, wie z. B. die Eonstantinsthermen; das Aufstellen von Statuen
aber und Ehrendenkmälem, namentlich auf dem Forum, wird fortgesetzt
(CIL VI 1651—1672). Unter Theodorich im 6. Jahrhundert entfaltete
sich sogar noch einmal eine rege Bauthätigkeit, die sich, wie es scheint,
nicht einmal an vorhandenem Material vergriff; das zeigen die Ziegel-
stempel aus dieser Zeit. Neue Werke wurden freilich nicht mehr ge-
schaffen, es handelte sich um Wiederherstellung, vornehmlich der Stadt-
mauern (Cassiodor Var. II 34), der Kloaken (a. a. 0. III 30), der Wasser-
0 C. CoBVisiBBi, Delle posternle tdberine 1 lense. Archivio di storia patria 1878, p. 73 ff.,
tra la porta Flaminia ed il ponte Gianico- { 137 ff. Bursian, Jahresbericht XV, p. 410.
4. ZerBtOrnngageBohlohte. (§ 24.) 73
leitimgeii (a. 0. HI, 53), der Theater (a. 0. IV, 51), auch der Thermen,
wie die in den Caracallathermen gefundenen Ziegelstempel beweisen;
sicher haben in dieser Hinsicht Theodorich und die Seinen den Anforde-
rungen ihrer Zeit vollauf entsprochen. Liessen sie doch selbst Marmor
aus Griechenland zur Ausbesserung von Roms Denkmälern kommen. ■)
Im 5. Jahrhundert wurde Rom zweimal erobert und geplündert, 410
durch Alarich und 455 durch Geiserich; diese Plünderungen erstreckten
sich aber ausschliesslich auf Kunstwerke, namentlich auf goldene, silberne,
erzene. Seitdem ist in dieser Hinsicht kein Halten mehr; die Plünderungen
und Räubereien dauern fort, und nicht etwa allein Barbaren beteiligten sich
daran ; schon Stilicho raubte die Bronzethüren des Kapitoliums, Konstans H.
(641 — 665) die vergoldeten Rosse auf dem Triumphbogen im Circus Maximus;
derselbe nahm auch den von Geiserich übrig gelassenen Rest der vergoldeten
Dachziegel des Kapitoliums fort und beraubte das Pantheon seines Dach-
schmuckes. Schliesslich, etwa im 9. Jahrhundert, ist aller derartiger Schmuck
an metallenen Kunstwerken etc. verschwunden. Unversehrt war allein die
beim Lateran stehende (jetzt auf dem Kapitolsplatz befindliche) Reiterstatue
des Kaisers Marcus Aurelius geblieben. Sie rettete der Glaube, es sei ein
Bild Konstantin's; anderes ist durch Zufall gerettet worden und in Rö-
mische und andere Museen gewandert, noch neuerdings sind bei Regulie-
rung der Via Nazionale an der Stelle der Konstantinsthermen einige ganz
bedeutende Funde von Bronzestatuen gemacht worden.')
Einen wirklichen Abschnitt macht die Einnahme und Zerstörung
Roms durch die Goten unter Totila im Jahre 546. Es war dies ein Schlag,
von dem die Stadt sich nicht wieder erholte. Von diesem Ereignis datiert
der unaufhaltsam sich vollziehende Niedergang der Civilisation und die
Verödung der Stadt. ^) Seit jener Zeit denkt man nicht mehr an Erhaltung
oder gar Wiederaufbau des Zerstörten, mit der einen Ausnahme, dass in
die für ihre frühere Bestimmung unbrauchbar gewordenen Gebäude, so-
wohl Tempel (Rotunde des D. Romulus, Pantheon) als auch Profanbauten
(Basilica Julia), sich gelegentlich christliche Kirchen einnisteten. Aber
die Regel ist dies nicht, namentlich vermied man, christliche Kirchen in
heidnische Tempel zu legen.*) Viel häufiger wurden die in Verfall geratenen
Gebäude ihrer Säulen und sonstigen Marmorzierraten beraubt, um damit
die aller Orten entstehenden Kirchengebäude zu schmücken. Wir können
den Urhebern dieser Zerstörungen nur dankbar sein, da hierdurch viel
wertvolles antikes Material der Vernichtung entzogen wurde. Die bei
weitem grösste Masse von Marmor, Säulen sowohl als Wandbekleidungen
') S. Beschreibung der Stadt Rom I,
p. 237.
*) Jobdan, Top. I, 1 p. 62, Amn. 89.
Not. d. Scavi 1885, p. 42 und p. 223.
*) DB Rossi ilnscr. christ. I, 516 f.) bringt
mit dieser Katastrophe und ihren schreck-
lichen Folgen das Aufhören christlicher Grab-
schziften in Verbindung.
*) Über Verwandlung von Tempeln in
Jobdan, Top. I, 1 p. 64, Anm. 41. Duohbsne,
Notes sur la topographie de Rome au moyen-
ftge. 11. M^langes de T^cole Fran^aise de
Rome 1887 p. 241. Die alten christlichen
Biakonien wurden gewöhnlich in öffentlichen
Gebftuden errichtet, aber man vermied mit
Absicht die heidnischen Enltstätten. In den
wenigen Beispielen, in denen christliche Kir-
chen in heidnischen Tempeln errichtet sind,
Kirchen, die bei weitem seltener ist, als vermied man, die Cella selbst zu benutzen,
früher angenommen, vgl. die Stellen bei ! man begnügte sich mit den äusseren Portiken.
74
B. Topographie von Born.
und Fussböden, namentlich aber Götterbilder und Statuen, wanderte in
die Kalköfen, deren Spuren noch an mehreren Punkten des antiken
Bodens nachgewiesen worden sind. In dem berühmten Briefe Rafaels an
Leo X. heisst es: »Wie viel Kalk ist nicht aus Statuen und anderen
antiken Zierraten gebrannt worden! Denn ich dürfte mich zu sagen er-
kühnen, dass dieses ganze neue Rom, das wir jetzt sehen, in seiner ganzen
Grösse und Schönheit, in seinem Schmuck mit Palästen, Kirchen und
anderen Gebäuden, wie es vor uns liegt, durchaus mit Kalk von antiken
Marmoren gebaut worden sei/ *) Trotzdem muss man über den über-
wältigenden Reichtum an Skulpturwerken staunen, der in den Römischen
Museen, namentlich im Vatikan, dem Beschauer entgegentritt, und ist
doch nur ein kärglicher Rest der alten Herrlichkeit!
Nach den edlen Metallen und den Marmorwerken kamen schliesslich
die Gebäude selbst an die Reihe. Die hauptsächlichsten Gründe der Ver-
nichtung derselben waren folgende: In den Fehden des Mittelalters wurden
die bedeutenderen antiken Gebäude in Festungen verwandelt und dadurch
einem unzweifelhaften Untergänge geweiht. Als solche Festungen werden
erwähnt: Das Septizonium am Palatin, das Colosseum, der Triumph-
bogen des Titus, der zwischen beiden liegende Tempel der Venus und
Roma, der Constantinsbogen, der Gircus Maximus. Aus diesen Gebäuden
hatten im 12. Jahrhundert die Frangipani eine umfassende Festung ge-
bildet. In gleicher Weise und wahrscheinlich zur selben Zeit hatten die
Orsini das Grabmal des Hadrian und das Theater des Pompeius in Fest-
ungen umgewandelt, die Colon na das Mausoleum des Augustus und die
Thermen des Konstantin, die Savelli das Theater des Marcellus. — Eine
teilweise Zerstörung dieser Festungen fand schon zur Zeit Arnolds von
Brescia (1155) statt. Auf dieselbe beziehen sich Petrarca's Worte: „Siehe
Roms Überreste, das Bild ehemaliger Grösse! Weder Zeit noch Barbaren
konnten sich dieser erstaunlichen Zerstörung rühmen: sie geschah durch
ihre eigenen Bürger, durch die Erlauchtesten ihrer Söhne; und deine
Vorfahren haben mit dem Mauerbrecher gethan, was der punische Held
mit dem Schwerte nicht ausrichten konnte.* *) Viel durchgreifender aber
war die Zerstörung, deren der Senator Brancaleone von Bologna im
Jahre 1257 sich rühmte. Lediglich um die Macht des Adels zu brechen,
Hess er 140 Adelstürme auf einmal schleifen.^) Dazwischen fehlte es
nicht an kriegerischen Stürmen, die Roms zertrümmerte Herrlichkeit
auch von aussen noch bedrohten. Bemerkenswert sind die Eroberun-
gen der Stadt durch Heinrich IV. und durch Robert Guiscard im Jahre
1084. Bei letzterer namentlich gingen die Gebäude auf dem Marsfeld
und die ganze Gegend zwischen dem Lateran und dem Colosseum zu
Grunde. Die Verwüstung und Öde des Gaelius und Aventin, der man
>) Beschreibung der Stadt Rom I, p. 268.
Über die Ealköfen: Gregorovios HI, 566.
Nachgewiesen auf dem Forum Bull. d. Inst.
1871, p. 244 f., auf dem Esquilin, Bull. com.
II, 1874 p. 215, im Tempel der Venus und
Roma, NiB^Y, Roma ant. II 730, im Atrium
Vestae. Not. d. scavi 1883, p. 485. Im
Mittelalter hiess eine Gegend auf dem Mars-
felde calcarium. Jord. Top. II, p. 439 nebst
Nachtrag p. XVn.
') Beschreibung der Stadt Rom I, p. 246.
3) Gregorovius V, 307.
4. SSemiöniiigagMoliiohta. (§ 24.)
75
erst jetzt wieder zu steuern beginnt, scheinen aus jener Zeit zu stammen.
Zu diesen Zerstörungen 'durch Menschenhand kamen elementare Ereignisse,
wie die Pest von 1348, die Boccaccio beschrieben, und das Erdbeben von
1349, das Petrarca geschildert hat. ^) Das ihrige that auch die furchtbare
Verwahrlosung, die während des Aufenthaltes der Päpste in Avignon
(1309—1377) Platz griff und das nach der Heimkehr entstehende 30Jährige
Schisma. — Nicht minder wirksam, ja in gewisser Beziehung noch durch-
greifender, war die friedliche Zerstörung antiker Bauwerke, die jenen ge-
waltsamen Katastrophen folgte. Durch dieselben waren die antiken Bau-
werke, wenn sie nicht ganz untergegangen waren, in einen Zustand der
Trümmerhaftigkeit geraten, der weder ihre Verwendung zu baulichen Zwecken
mehr gestattete, noch die Möglichkeit, sie wiederherzustellen. Das XV. Jahr-
hundert fing von neuem an zu bauen und fand in den Ruinen die ergiebig-
sten Steinbrüche. Die päpstliche Curie nutzte dieselben aus, indem sie
sie verpachtete oder auch selbst zu ihren Bauten verwendete. So sind
das Mausoleum des Hadrian und das Colosseum in Ruinen verwandelt.
Aus Werkstücken des letztern sind die schönsten Paläste des modernen
Roms, die Cancelleria, die Pal. Farnese und Venezia erbaut worden. Auch
das Forum ist erst in jener Zeit in seinen kläglichen Zustand versetzt
worden.^) Allmähliche Schuttanhäufungen, die Folge dieser Zerstörungen,
fingen an, die Thäler wie die Höhen zu bedecken. »Der capitolinische
Hügel*, sagt Poggio, »der Schauplatz so vieler Triumphe, auf dem sich
die Burg des alten Rom, der bewunderungswürdige Tempel Jupiters und
andere prächtige Gebäude erhoben, war mit Weingärten bedeckt: und von
Werken des Altertums erschien auf ihm nichts mehr, als die Trümmer
des Tabulariums, auf denen schon damals der Palast des Senators errichtet
war. Das Forum, auf dem einst sich Senat und Volk versammelte, um
Rom und der Welt Gesetze zu geben, war mit Küchengewächsen bepflanzt,
und diente Schweinen und Büffeln zum Aufenthalt ^) Selbst das neue
Leben, welches damals in Rom seinen Anfang nahm, führte neue Zer-
störungen herbei. So wurde bei dem Einzüge Karl's V. eine Triumph-
strasse hergestellt, die durch die Triumphbogen des Titus und Septimius
Severus quer über das Forum ging. Bei dieser Gelegenheit wurden ausser
modernen Bauten, die auf dem Schuttboden des Forums errichtet waren,
auch die über demselben noch hervorragenden Reste antiker Gebäude etc.
entfernt.*) Die Neugestaltung des Kapitels durch Michelangelo vernichtete
seine alte Gestalt vollständig. Ausserordentlich verderblich waren end-
lich für die antiken Reste die Regulierungen und Neubauten Sixtus V.
(1585 — 1590), der ohne Interesse für das Altertum um so grösseres Inter-
*) Be8clireibimgderSiadtRoinI,p.251ff.,
Stbvbnsov, Bull. com. 1881, p. 74 ff.
^) Über Nachgrabungen auf dem Forum
nach Marmor vgl. Gregoroviua Y\l 559.
über PachtkoniTdcte der Curie Bull. d. Inst.
1867, 191 ff. MüNTZ, in der Revue archeol.
1876, Sept. p. 174 f. Jobdan, Sylloge inscr.
fori Romani in der Ephem. epigr. 1876, p. 237.
Cbbasoli, Ud e regolamenti per gli scavi di
antichitä in Roma nei secoli XV e XVI.
Stndi 6 docum. di storia e dirittoXVIII (1897)
p. 133 — 1 50. L ANciANi, Ruins and excayations.
') Charakteristisch für die Öde, die hier
im Mittelalter herrschte, sind die damals auf-
kommenden Bezeichnungen Monte Caprino
für das Eapitol und Campo Vaccine für das
Forum.
<) GüAzzo, Historie 1546, p. 195.
76 B. Topographie von Born.
esse für eine zweckmässige Regulierung und Neugestaltung Roms hatte;
er ist der Zerstörer des Septizoniums ; auch die anderen Ruinen Roms
galten ihm nur als Fundgruben von Baumaterial; demgemäss hat er
seinem Architekten Fontana mehrere Anweisungen über Zerstörungen
antiker Bauwerke gegeben, die zum Olück nicht ausgeführt worden sind.
Andrerseits hat er sich um die Aufrichtung der antiken Obelisken (nament-
lich um den vor S. Pietro) und um Freilegung und Restaurierung der
Trajans- und Antoninssäule unvergängliche Verdienste erworben. Auch
andere Päpste schätzten ihre Baupläne und ihren Nachruhm höher als
die Antike. So riss Paul V. (1605— 1621) die ansehnlichen Überbleibsel
des Nervaforums ein, um damit die Aqua Paola auf dem Janiculum zu
erbauen.
Grössere Verluste sind seit jener Zeit nicht mehr zu beklagen; aber
die unmerkliche und deshalb um so gefährlichere Zerstörung im kleinen
hat bis in das 18. Jahrhundert fortgedauert. Dann erst dachte man daran,
ein Gebäude, wie das Colosseum, durch Stützbauten vor gänzlichem Ver-
falle zu schützen. Die neue Zeit, die mit Winckelmann und Fea anhub,
schaffte hierin gänzlichen Wandel. Systematische Ausgrabungen fördern
seitdem das noch Vorhandene an das Tageslicht, und das zunehmende
Interesse der Römer an den herrlichen Denkmälern ihrer stolzen Ver-
gangenheit (namentlich seit 1870) zeigt sich in der sorgfältigen Erhaltung
derselben. Seit Anfang der achtziger Jahre unseres Jahrhunderts ist Rom,
wie die anderen Grossstädte der Jetztzeit, ein Gegenstand der Bauspeku-
lation geworden. Dieselbe wird durch das dringende, unabweisbare Be-
dürfnis der Enge und Winklichkeit der inneren Stadt abzuhelfen, ge-
fördert. Ausserdem verlangt das schnelle Anwachsen der Bevölkerung
die Anlage neuer Quartiere, und so bedeckt sich denn der bis vor wenigen
Jahren noch so einsame Osten Roms (der Esquilin), die Ebene des Monte
Testaccio und das rechtstiberinische Gebiet östlich und nördlich vom
Vatikan und der Engelsburg (die Prati di Castello) mit langen Strassen-
zügen. Manches Gebäude, manche Villa, die dem Römer und dem rom-
besuchenden Fremdling lieb war und von dem Bilde der Stadt unzertrenn-
lich erschien, ist auf diese Weise verschwunden, und der Wortkampf um
die Zerstörung Roms*) hat eine Zeitlang heftig getobt; für die Topo*
graphie der alten Stadt aber hat das mit der Regulierung und den Neu-
bauten verbundene Durchforschen des Bodens reiche Ausbeute geliefert.')
5. Das Zentrum Roms.
a. Das Forum.
26. Das Forum (seit Gründung der Kaiserfora auch Forum
Rom an um oder Forum magnum genannt) erstreckte sich vom Ost-
n
H. Gbimm, Die Vernichtung Roms. , 1886, Beilage Nr. 80. Derselbe: Schluss des
Ein Brief. Deutsche Rundschau 1886, Heft 6.
Derselbe: La distruzione di Roma, Ii'irenze
1886. — Gregoroyius, Offener Brief an den
Präsidenten der Akademie der schönen Künste
von S. Lnca in Rom. Allgemeine Zeitung
Briefwechsels mit dem Präsidenten der Aka-
demie von S. Luca in Rom. Allgemeine Zei-
tung 1886, Beilage Nr. 124.
^) Diese Seite der Regulierungen ist her-
vorgehoben in dem von mir auf der GM^rlitser
6. Dm Zentram Borns. (§ 25.) 77
abhänge des Kapitols bis zur Nordwestecke des Palatins in der Längs-
richtung von Nordwest nach Südost. Nördlich stiess an dasselbe das
Comitium, ein kleiner ursprünglich zum Zwecke der Abstimmungen ein-
gehegter Platz (daher Cic. de r. p. 11, 17. 31: saepsit . . . comitium)^ auf
dem sich die Curie erhob und der gegen das Forum durch die Redner-
bühne abgeschlossen war. Die beiden Plätze stiessen nicht rechtwinkelig
aneinander; man erkennt, dass sie keine einheitliche Anlage sind. In der
That war das Gomitium schon Jahrhunderte lang der für die Comitien
sowie für die Rechtsprechung bestimmte Platz, während noch das daran
stossende Forum, auf beiden Seiten von Verkaufsbuden umgeben, dem
Handel und Wandel, der Abhaltung von Spielen und dem Müssiggang
diente.') Ei'st im 2. Jahrb. v. Chr. war die Bevölkerung Roms derartig
angewachsen, dass das Comitium weder für die Versammlungen der Ge-
meinde noch für die Rechtsprechung ausreichte. Damals siedelte das
öffentliche Leben zum grössten Teil auf das Forum über. Forum und
Comitium werden, wenn auch zunächst nicht topographisch, so doch be-
grifflich zu einer Einheit, und auch die topographische Einheit wurde,
soweit möglich, dadurch hergestellt, dass man im Jahre 42 v. Chr. die
alte, auf der Grenze von beiden Plätzen gelegene Rednerbühne abbrach
und an das westliche Ende des Marktes verlegte, und zugleich den Platz
des Comitiums durch Vorrücken der Curie nach dem Forum zu ver-
kleinerte. Zur Zeit des Tacitus (Agricola cap. 2) erscheint „comitium
et forum*^ als ein einheitlicher topographischer Begriff.
Die Topographie des Forums, welche Jahrhunderte lang allein auf
schwankenden Schriftstellernotizen und der unsicheren Deutung der über
dem Schuttboden des Campo Vaccine hervorragenden Säulen aufgebaut
war, fusst jetzt, nachdem dasselbe mit Ausnahme der Nordseite freigelegt
ist, auf einer geschlossenen Reihe fester Punkte, durch welche seine Grund-
züge bestimmt sind. Es sind folgende (vgl. den Plan des Forums): Die
Westseite des Forums wird nach dem Kapitel zu durch die Substruk-
tionsmauer des Tabulariums abgeschlossen. An dieselbe lehnen sich, ihre
Front dem Forum zukehrend, der Tempel der Concordia, der Tempel
des Divus Vespasianus und die Porticus Deorum Consentium,
letztere in den stumpfen Winkel eingebaut, den das Tabularium mit der
Substruktion des Clivus Capitolinus bildet. Östlich davon liegt der Tempel
des Saturnus, mit der Front nach Norden; er bildet die Südwestecke
des Forums. Gegenüber an der Nordwestecke des Forums liegt der Carcer.
Alle diese Gebäude stehen, erhöht über der Area des Forums, noch auf
dem Abhänge des kapitolinischen Hügels. Dieser ist nach dem Forum
zu durch eine Substruktionsmauer abgeschlossen, an welche die breite
Bühne der Rostra angebaut ist. Nördlich von denselben steht der Triumph -
Philologenversammlnng 1889 (abgedrackt in zetta), Verona (Signoria und Piazza d'Erbe),
den Verhandlongen) gehaltenen Vortrage: Mailand (Bomplatz und Mercato) etc. In
Die moderne Zerstörung Roms
^) Solche Doppelplfttze waren im Alter-
tum nicht selten und existieren auch jetzt
noch, so z. B. in Venedig (Piazza und Piaz-
den meisten F&llen lässt sich die ursprüng-
liche Scheidung in einen Platz fOr die
städtischen Angelegenheiten und einen für
den freien Verkehr noch nachweisen.
78 B. Topograph!« Ton Eom.
bogen des Septimius Severus. — Die Südseite des Forums wird durch
die Sacra via gebildet. An derselben liegen die Basilica Julia und
der Tempel des Gastor. Mit seiner Südostecke berührt das Forum den
heiligen Bezirk der Vesta; der Rundtempel derselben liegt an der Ecke
selbst; dahinter nach Osten zu, zwischen der Sacra via und dem Abhänge
des Palatins, liegt das Vestalenhaus. — Die Ostseite des Forums bildet
die Regia, an der Nordostecke liegt der Tempel des D. Antoninus und
der D. Faustina. Vor der Regia erhebt sich auf hohem unterbau das
Heroon des Divus Julius mit den davorgelegten Rostra Julia; südlich
daran gelehnt der Bogen des Augustus. — Die Nordseite des Forums
ist nicht ausgegraben, doch ist sicher, dass die Kirche S. Adriane die
alte Curie ist, und die danebenstehende Kirche Sta. Martina an Stelle
des ehemaligen Secretarium Senatus sich erhebt. Zwischen S. Adriano
und dem Faustinatempel lag die Basilica Aemilia.
Nachweise: Die Tempel der Concor dia, des Saturnns und des Gastor, sowie
die Basilica Julia sind auf Resten des Eapitolinischen Stadtplanes enthalten und mit
Beischriften versehen (Jobdam, Forma Urhis III, 20. 22. 23 nnd Not. d. scavi 1882
Taf. XIY); der Tempel des D. Vespasianus ist durch die Inschrift, die der Anonymus
Yon Einsiedeln noch darauf las (CIL. VI, p. XII, n. 35 >, identifiziert. Die Porticus
Deorum Consentinm, der Triumphhogen des Severus und der Tempel der Faustina
sind mit Inschriften versehen (CIL. VI, I. 102, 1033 und 1005). Das Vestalenhaus und
der Tempel der Vesta sind durch Inschriften und Statuenfunde (R. Lanciaki, L'atrio di
Vesta 1884), alle übrigen oben genannten Gebäude endlich entweder durch die Beschrei-
bungen antiker Schriftsteller oder durch den Befund der Reste gesichert
26. Auch die Geschichte dieser Oebäude, sowie die der Örtlich-
keiten, auf denen sie errichtet sind, ist uns bekannt.
1. Der Concordientempel. Der Platz, auf dem dieser Tempel
steht, ist eine der ältesten Kultusstätten Roms, die Area Volcani, so
genannt von dem ursprünglich einzigen hier befindlichen Heiligtume, dem
Altare des Volcanus (Inschrift Volcano aus dem Jahre 9 v. Chr. bei S.
Adriano gefunden CIL. VI 1. 457). Sie nahm den nach dem Forum und
Comitium abfallenden, etwa 5 m über denselben sich erhebenden Abhang
der Wurzeln des Kapitels ein, und war vermutlich vor Regulierung des
niedriger gelegenen und Überschwemmungen ausgesetzten Gomitiums der
Versammlungsort des Senates, und vor Errichtung der Rednerbühne der
Ort, von dem herab man zum Volke sprach (Dionys. 1150; VI 67; VU 17;
XI 39). Noch in historischer Zeit befindet sich hier das Senaculum
(Varro LL. V 156), ein Sammelplatz für den Senat, über dessen Be-
schaffenheit nichts weiter feststeht. — Der Überlieferung nach baute hier
zuerst Camillus einen Tempel der Concordia (Plut. Cam. 42. Ovid. Fast.
I, 641). Der Platz, auf dem derselbe errichtet wurde, hiess fortan Area
Goncordiae. Noch weiter wurde der Raum des Volcanals beschränkt,
als C. Opimius im Jahre 121 den Concordientempel bedeutender wieder
aufbaute und daneben eine Basilica errichtete, d. h. einen Hallenbau zur
Erweiterung und Bequemlichkeit des Marktverkehrs, wie sie seit M. Por-
cius Cato in Rom üblich geworden waren (vgl. p. 50). Diese Basilica ist
samt dem Tempel des Opimius bei dem grossartigen Neubau des Concor-
dientempels im Jahre 10 n. Chr. verschwunden. Derselbe wurde von Ti-
berius mit grosser Pracht ausgeführt und von ihm unter seinem und seines
6. Dm ZMiirmn Roms. ($ 26.)
79
Bruders Drusus Namen als aedea Concordiae Augustae (Kai. unter dem 16. Jan.)
dediziert (Suet. Tib. 20). Die vom Einsiedler Anonymus, der den Tempel
im 8. Jahrh. noch sah, darauf gelesene, undatierbare Inschrift (CIL. VI,
1, 89: S. P. Q. B. aedem Concordiae vetusiate coüapsam in meliorem fadem
opere et cuUu splendidiore restituit) spricht von einer Restauration; einen
Umbau hat er wahrscheinlich nicht wieder erfahren. Der eigentümliche
Grundriss mit der quergelegten Gella und dem nur die halbe Breite der-
selben einnehmenden Pronaos, den die Ruine und in Übereinstimmung
damit der Stadtplan zeigt (vgl. den Forumsplan), ist augenscheinlich durch
die Enge des Raumes bedingt. Die Cella diente mehrfach zu Senats-
sitzungen, unter anderm hielt hier Cicero die vierte catilinarische Rede;
eine Menge wertvoller Eunstschätze, Statuen, Oemälde, geschnittene
Steine etc., deren Fülle sie zu einem wahren Museum machte (vgl. p. 63),
war darin aufgestellt (Plin. N. H. XXXIV, 73. 80. 89; XXXVII, 4 u. a.).
Von dem Oberbau ist an Ort und Stelle nichts mehr erhalten, auf dem
im Jahre 1817 aufgedeckten Unterbau fand sich ein kostbares Marmor-
paviment, das jetzt nur noch in kümmerlichen Resten vorhanden ist. —
Auf der Area Concordiae befand sich auch eine Aedicula Concordiae, von
dem kurulischen Aedilen Cn. Flavius im Jahre 304 v. Chr. errichtet. Nach
Plinius N. H. XXXIII, 19 war es eine erzene Kapelle und stand auf der
Graecostasis, quae tunc supra comitium erat.^)
2. Der Vespasianstempel {Aedes D. Vespasiani), Er wurde
zu Ehren des Vespasian und Titus im Jahre 80 n. Chr. errichtet. Von
ihm stehen ausser dem Unterbau noch die Basis in der Cella, auf der die
Bilder der beiden Kaiser ihren Platz hatten, und drei korinthische Säulen
mit darüberliegendem Gebälk, auf demselben der Rest der von dem Ein-
siedler Anonymus gelesenen Inschrift von einer unter Severus und Cara-
calla stattgefundenen Restauration (CIL. VI 1. 938 Divo Vespasiano Au-
gusto S, P. Q. B. Imp. Caess. Severus et Antoninus Pii Felic. Augg. restituer.
Erhalten ist das Wort ESTITVER).*) Der Tempel war sehr klein und
ist recht unglücklich und gewaltsam zwischen den Concordientempel, die
Wand des Tabulariums und den Clivus Capitolinus eingeklemmt. Dass
vor seiner Erbauung hier ein freier Platz war, geht daraus hervor, dass
gerade an dieser Stelle ein Eingang zum Tabularium sich befand, der
durch die Anlage des Tempels verbaut wurde. — In dem noch verblei-
benden schiefwinkeligen Raum zwischen dem Tempel, dem Tabularium
und dem Clivus Capitolinus wurde auf einer künstlich hergestellten Platt-
form, die in ihren Substruktionen sieben kleine, lichtlose Räume von un-
gewisser Bestimmung enthält (neuere Topographen bezeichnen sie fälsch-
lich als schola Xantha), die Porticus Deorum Consentium mit zwölf
vergoldeten Götterbildern errichtet. Sie lehnt sich, einen stumpfen Winkel
bildend, an die Wand des Tabulariums und die Substruktion des Clivus
») Vgl. Liviufl IX 46. Aust, De aedibua
saariB populi Romani, p. 10. — Ein auf der
Graecostasifl (siehe unten) der Luna vielleicht
in einer eigenen Aedicula zu bringendes
Opfer erwähnt der Kalender unter dem 24.
August (Lunae in graecostaai).
*) Über den Zustand der Ruine bei ihrer
Ausgrabung i. J. 1810 vgl. Lanciani, Ruins
and excavations p. 291. Toubnon, Etudes
statistiques sur Rome II p. 266.
80
B. Topographie Ton Rom.
Capitolinus. An letztere sind ebenfalls mehrere Kammern angebaut. Die
Halle ist 1834 aufgedeckt und in Trümmern gefunden, neuerdings wieder
aufgerichtet worden. Wann diese Götterbilder hier zuerst aufgestellt
worden sind, ist unbekannt. Die auf dem Architrav befindliche Inschrift
(CIL. VI 1, 102) bezeugt eine Restauration der Porticus aus dem Jahre
367 n. Chr. durch Vettius Praetextatus. 0
Litteratur: Pial£, Degli antichi tempi di Veepasiano e della Ooncordia, 1821.
Grifi, Dissertatione circa gli Consenti e loro portico sul clivo Gapitolino. 1858. Über die
Bedeutung dieser 12 GMter vgl. Prbllbb, Rom. Myth. 1\ p. 68 ff.
3. Der Saturnstempel {Aedes Saturni). Die erste Gründung dieses
Tempels geht der Tradition zufolge in die ältesten Zeiten der Republik
zurück (Liv. II 21; Dionys. VI 1; Kalender vom 17. Dezember, Satur-
nalien). Zur Zeit des Augustus wurde er (42 v. Chr.) von Munatius Plauens
neu gebaut (CIL. VI 1, 1316; X 6087; Suet. Aug. 29). Der noch erhaltene
Unterbau mit seiner Verkleidung von Travertinquadern gehört aller Wahr-
scheinlichkeit nach diesem Neubau an. Vom Oberbau, einem jonischen
Prostylos Hexastylos, stehen acht Säulen der Vorhalle, darüber das Ge-
bälk mit der Inschrift, die von einer Restauration nach einem Brande
spricht (CIL. VI 1, 937: Senatus populusque Romanus incendio consump-
tum restituü). Diese Restauration muss aus ziemlich später Zeit sein, die
Säulen sind ungleich, teils aus grauem, teils aus rotem Granit, bei
dreien von den Säulen sind die Trommeln falsch aufeinander gesetzt,
auch die Basen sind verschieden. Die sehr eigentümliche Treppe (vgl.
den Plan des Forums und das Fragment des kapitolinischen Planes F. U.
ni, 20) ist jedenfalls durch die Enge des Raumes und durch die Rück-
sicht auf den um den Tempel sich emporwindenden Clivus Capitolinus
bedingt. In dem Tempel befand sich das anfangs unter der Aufsicht der
Quästoren, dann unter besonderen praefecti aerarii stehende A er avium
Saturni und ist darin bis zum Untergang des Reiches geblieben. Auch
von einer Area Saturni hören wir, die hinter dem Tempel nach Süden
zu sich erstreckt haben muss. Man darf annehmen, dass in derselben
Richtung weitere, für die Verwaltung des Aerariums nofwendige Bau-
lichkeiten sich befanden (CIL. VI 1, 1265). Vermutlich standen auf dieser
Area an dem sie begrenzenden Vicus Jugarius die Altäre der Ops und
Ceres (Kai. 10. August).
4. Der Carcer. Er lag über dem Forum am Fusse des Kapitels
(Liv. I 33 : media urbe foro imminens) und bestand aus dem unterirdischen
Tullianum, einem alten Brunnenhause, und dem darübergebauten Ge-
fängnis (Varro LL. V 151). Die Anlage desselben ist sehr alt, wenigstens
reicht das Brunnenhaus in die älteste Zeit des Steinbaus zurück, das Ge-
wölbe ist durch horizontal geschichtete, überkragende Steinquadern ge-
bildet. 2) Der darüber gebaute Carcer, aus einer Reihe von Kammern be-
0 Über Praetextatas vgl. Lanoiani, Rains
and excavations p. 294 f. Er war ein Haupt-
verteidiger des Heidentums. Sein Palast
wurde 1591 auf dem Esqullin beim Bogen
des Gallienus entdeckt, seine Gärten nicht
weit davon 1817.
^) Hier fanden u. a. Jugurtha und die
Gatilinarier ihren Tod. Die mittelalterliche
Sage macht aus dem Carcer das Gefängnis
der Apostel Petras und Paulus und lässt die
Quelle des Tullianums durch des ersteren
Wort in wunderbarer Weise entstehen.
5. Das Zentrum Borna, a. Das Fonun. (§ 26.)
81
stellend, von denen jetzt nur noch der gerade über dem TuUianum be-
findliche, mit einem Tonnengewölbe gedeckte Raum zugänglich ist, wurde
unter dem (unbestimmbaren) Konsulate des C. Vibius Rufinus und M. Coc-
ceius Nerva restauriert, wie die noch an dem Gebäude befindliche In-
schrift (CIL. VI 1. 1589) besagt. Die Gestalt des Oberbaues war, da er
zwischen zwei spitzwinkelig sich treffenden Strassen lag, trapezförmig.
Eine nicht mehr nachweisbare, von dem höher gelegenen Carcer nach der
Strasse herabfiihrende Treppe hiess scalae Gemoniae. Sie wird in der
Kaiserzeit öfters als der Platz bezeichnet, auf den die Leichen der Hin-
gerichteten geworfen wurden. Vgl.Tac. ann. III 14,V 9,VI 25; bist. III 74, 85.
Im Mittelalter erst taucht für den Carcer der Name Custodia Mamertini
auf; am Ausgang desselben wurde das Gefängnis in eine Kirche S. Petri
in carcere verwandelt und im 16. Jahrhundert über demselben die Kirche
S. Giuseppe dei Falegnami erbaut. — In der Nähe des Carcers „in lau-
tumiis*', also am Nordabhang des Kapitels (vgl. oben p. 41) befand sich
ein zweites Gefängnis, das namentlich als Detentionsort für Geiseln etc.
diente.
9 M 8
^oMIl^^
I — 1
/f»MH«AL
Abb. 1. Front der Bostr» an der Westseite des Forums.
5. Die Rostra. Die ursprüngliche Rednerbühne lag auf der Grenze
des Comitiums und des Forums, gegenüber der Curie. Sie war ein hoher
und langer Suggestus mit doppelter Front nach dem Comitium und dem
Forum zu. Die Zeit ihrer Errichtung ist nicht bekannt. Im Jahre 338
V. Chr. schmückte sie C. Maenius, der Besieger der Antiaten, mit den
Schnäbeln der eroberten antiatischen Schiffe, daher ihr Name: Rostra
(Varro LL. V 155; Plin. N. H. XXXIV 20; Liv. VHI 14, 12). Die Bühne
diente nicht nur zum Reden, sondern auch zur Aufstellung ehrenvoller
Denkmäler der Grösse des römischen Volkes. Hier war z. B. das Zwölf-
tafelgesetz aufgestellt, der Bündnisvertrag mit den Latinern, die Columna
rostrata des Duilius und zahlreiche Statuen verdienter Männer, wie der
Buidbuob der klaat. Altertnmswissensdiaft. m, 8,B 2. Anfl 6
82
B. Topographie Ton Born.
in Fidenae im Jahre 438 v. Chr. ermordeten Gesandten (Cicero Phil.
IX 2, 4; Liv. IV 17; Plin. N. H. XXXIV 23), des Camillus (Liv. VOI 13;
Plin. N. H. XXXIV 23), des Gesandten Octavius (Plin. N. H. XXIV 25),
des Sulla (Cicero Phil. IX 6, 13; Dio Cassius XLII 18, XLm49; Appian
b. c. I 97), des Pompeius (Dio Cassius XLU 18, XLIH 49; Velleius H 61),
des Caesar (Velleius U 61). Einen Antrag auf Errichtung einer Bildsäule
des Bechtsgelehrten Ser. Sulpicius Rufus stellt Cicero Phil. IX 7, 16 mit
den Worten: senatui placere Ser. Sulpido statuam pedestrem aheneam in rostris
ex huius ordinis sententia statui,^) Die Bühne war als Templum inaugu-
riert, daher auch gelegentlich kurzweg so bezeichnet (Liv. II 56, III 17,
Vm 14; Cicero de imp. Cn. Pompei 70). In den Strassenkämpfen des letzten
Jahrhunderts v. Chr. spielt sie eine wichtige Rolle (vgl. z. B. Cic. Phil.
XIV 15). Auf Caesars Veranlassung wurde sie (vgl. p. 55) abgebrochen
und zum Teil unter Verwendung des alten Materials an der Westseite
des Forums wieder aufgebaut. Jedoch ist diese Verlegung erst nach
seinem und, wie man aus negativen Gründen schliessen muss, auch erst
nach Ciceros Tode, also frühestens 42 v. Chr., von Antonius ausgeführt
worden (Dio Cassius XLIII 49). Die neue Bühne wurde an die Substruk-
tionsmauer angebaut, welche die Area Concordiae und den Clivus Capito-
linus gegen die tiefer liegende Area des Forums architektonisch abschloss,
und war ein 3 m hoher, 24 m breiter und 10 m tiefer Suggestus, der von
der Area Concordiae her erstiegen wurde. Die ausserordentliche Grösse
der Bühne erklärt sich daraus, dass auch sie zur Aufstellung von Ehren-
denkmälern verdienter Bürger bestimmt war. Zu diesem Zwecke ist sie,
wie in der Nähe gefundene Inschriften bezeugen, bis in die spätesten
Zeiten des Reiches') benutzt worden, und man muss daher annehmen,
dass, wie es vom Capitolium bezeugt ist, auch von ihr von Zeit zu Zeit
die älteren Denkmäler entfernt wurden. Die Front der Bühne (Abb. 1)
war mit zwei Reihen von Schiffsschnäbeln (im ganzen 39) geschmückt,
deren Zapfenlöcher zum Teil noch in den erhaltenen Resten der Mauer
erkennbar sind. — Unter Hadrian wurde sie prachtvoll restauriert. Er-
halten sind von dieser Restauration einige Reste der Bekleidung und zwei
Balustraden (Taf. 8). Diese stehen jetzt auf der Area des Forums, wo sie im
Jahre 1872 mit Gusswerk überwölbt und verbaut aufgefunden wurden.
Die Zugehörigkeit dieser Balustraden zu den Rostra ist von mir Jahrb.
des Instituts 1889 p. 1 flf. wahrscheinlich gemacht worden. Sie zierten
entweder den Aufgang oder die nördliche und südliche Schmalseite der
Bühne. In späterer Zeit, jedenfalls nach Errichtung des Severusbogens,
wurden die Rostra umgebaut, indem ihre Tiefe um ein Drittel verringert
wurde, und sie einen neuen Aufgang durch eine an ihrer Hinterseite zur
Area des Forums hinabführende Treppe erhielten. Zugleich erhielt die
Area Concordiae einen neuen, halbrunden, prächtigen Abschluss, der als
^) üeber die auf und an der Redner-
bfihne befindlichen Statuen etc., die zum Teü
bei Verlegung derselben mit auf die neue
Bühne hinüberwanderten , vgl. F. Jacobi,
Grundzüge einer Mnseographie der Stadt Rom
zur Zeit des Kaisers Augustus 1884, p. 52 ff.
') Bemerkenswert sind namentilich zwei
noch jetzt existierende Basen von Statuen
des Stilicho CIL. VI 1, 1730. 1731.
Taf. 8.
Triumphbogen Curia
(Janus?)
Rostra
Argileium
Baaniea Acmilia
a) Darstellung der Nordseite des Forums.
Hartyas
Iklartyaa
JanuB.
Basilica Julia Aed. Satnrni. A(d. Vespaalanl
(Cllvus CapitoÜDUB)
Rofltra
b) Darstellung der Südseite des Forums.
c) Rückseite der Balustraden. Darstellung der Suovetaurilia.
Die Marmorbalostraden von der Rednerbühne auf dem Forum.
6. Dm Zentrum Roms, a. Das Fonun. (§ 26.) 83
architektonisches Mittelglied zweier hier befindlicher Denkmäler, des von
Augustus errichteten Miliarium aureum und des als Pendant dazu von
Constantin erbauten ümbilicus Romae (von letzterem stehen die Fun-
damente noch) diente. 0 In einer noch späteren Zeit wurde die Bühne,
die zuletzt ausschliesslich zur Aufstellung von Ehrendenkmälern diente,
durch seitliche Anbauten verlängert. Eine ganz späte Restauration, aus
dem Jahre 472 n. Chr., durch den Stadtpräfekten Junius Valentinus hat
Hülsen, Rom. Mitt. 1895 p. 58 f. nachzuweisen gesucht. Es existieren von
dieser Wiederherstellung, wie es scheint, noch die Bruchstücke des Simses
der Fassade mit Resten einer Inschrift. Bei den Rostra (an ihrer Nord-
seite) standen die Statuen der drei Sibyllen, die tria fata, welche im
Mittelalter dem Platze den Namen gegeben haben. Auch bei der alten
Rednerbühne sollen nach Plinius N. H. XXXIY 22 schon seit Tar quin ins
Priscus Statuen der di*ei Sibyllen gestanden haben. Nachher waren sie
verschwunden und wurden von Augustus wieder hergestellt. Später
hiess die Gegend ,ad palmam' (vgl. de Rossi, Bull. com. 1889 p. 363 f.) von
der mit einer Siegespalme geschmückten Statue des Claudius Gothicus. Eben-
falls bei den Rostra stand eine Aedicula des Genius Populi Romani, in
der Regionsbeschreibung neben den Rostra erwähnt (Kai. zum 9. Okt.).
Litteratur: H. Jobdan, E. Fabbicius, Memoria soi Rostri del Foro Romano. Ann.
d. Inst. 1883, p. 23 ff. nebst Mon. d. Inst. XI, 49. — F. M. Nichols, Notizie dei Rostri del
Foro Romano, 1885. — 0. Richtbb, Scavi ai Rostri del Foro Romano, .Bull. d. Inst 1884,
p. 113 ff. Derselbe: Rekonstruktion und Geschichte der römischen Rednerbahne 1884. Der-
selbe: Die Römische Rednerbtthne, Jahrb. des Inst. 1889. 1 — 17 mit Rekonstruktionen. —
HüLSBH, Rom. Mitt. 1889, p. 238 ff. — Ueber die im Jahre 1872 auf dem Forum entdeckten
Marmorbalustraden, die yon hohem Werte für die Topographie sind, da sie die beiden Lang-
seiten des Forums darstellen, vgl. H. Jobdan, Bursians Jahresberichte 1875, p. 725 ff.;
daselbst findet sich auch die Litteratur darüber. Von den nachher erschienenen Schriften
sind hervorzuheben: 0. Mabuccht, Dei due bassirilievi del Foro Romano, in den Studi in
Italia 1880, p. 678 ff. und Bull. d. Inst. 1881, p. 11 f., p. 53 f. — E. Bobman», Variae
observationes de antiquitate Romana, Marburger Progranmi 1883. — Prtbbsbn, Die Relief-
schranken auf dem Ribmischen Forum, Rom. Mitt. 1898 p. 326.
6. Der Severusbogen. Er wurde im Jahre 203 dem Septimius
Severus, Caracalla und Geta zu Ehren errichtet. Des letztern Name ist,
offenbar nach seiner Ermordung 212, ausgemeisselt, dafür sind die auf
Severus und Caracalla bezüglichen Worte optimis fortissimisque principibus
eingesetzt, vgl. CIL. VI 1, 1033. Der Bogen hat drei Durchgänge (vgl. den
Forumsplan Taf. 10), von denen die beiden seitlichen Stufen haben, die von
der niedriger gelegenen Area des Forums auf die höher gelegene Area
Concordiae führen. Durch den mittleren Durchgang führt jetzt in starker
Steigung eine aus der letzten Zeit des Altertums stammende Päaster-
strasse; es ist indessen sicher, dass auch der mittlere ursprünglich auf
Stufen erstiegen wurde. — Es ist möglich, dass an der Stelle dieses Bogens
schon früher ein anderer, kleinerer Bogen stand, der den Eingang zur
Area des Forums von der Nordwestecke her bildete xind das Pendant zu
dem Tiberiusbogen bildete; auf den Marmorbalustraden sieht man nörd-
^) Vom Miliarium aureum, dem goldenen
Meilenzeiger, sind ein Säulenstumpf und ein
Stück der Basis wieder aufgefunden worden.
Die Strassen wurden auch nach seiner Er-
richtung von den Thoren der Serviusmauer
gezählt.
84
B. Topographie Ton Rom.
lieh von der Rednerbühne ein einbogiges Eingangsthor. Wahrscheinlich
war die Rednerbühne gleich dem ihr gegenüberliegenden Tempel des Divus
Julius (mit den Rostra Julia) von zwei Triumphbogen flankiert. Der Un-
geschmack der Zeit des Severus zeigt sich durch nichts besser, als durch
die Errichtung dieses ungeheuren Bogens, der die symmetrische Anlage
der Westseite des Forums zerstörte und die Front des Concordientempels
verdeckte.*)
7. Die Basilica Julia. Sie wurde 54 v. Chr. durch Julius Caesar
begonnen;^) im Jahre 46 noch unfertig dediziert und nach seinem Tode
von Augustus vollendet. Sehr bald nachher brannte sie ab und wurde
nun von neuem und grösser aufgebaut (Mon. Anc. IV 13). Die Vergrösse-
rung scheint eine Erweiterung nach dem Castortempel zu gewesen zu sein;
sie ist hier, wie der Plan zeigt, über die grosse Kloake fortgebaut. Dieser
Abb. 2. Beete des kapitolInlBchen Stadtplanes mtt Dantellung von Oeb&uden de« Fomms.
letzte Bau wurde von Augustus erst wenige Monate vor seinem Tode de-
diziert, und zwar, während er sie anfönglich unter dem Namen seiner Söhne
Gaius und Lucius weihen wollte,') als Basilica Julia (Suet. Aug. 29). Über
die weitere Geschichte des Baues sind wir so gut wie gar nicht unter-
richtet. Es fanden sich in demselben Ziegelstempel aus der Zeit der An-
tonine und Diocletians. Erhalten ist fast nur der Unterbau mit den Treppen-
anlagen. Er senkt sich in diagonaler Richtung nach dem Castortempel
zu (Lanciani, Ruins and excavations p. 277). Auf den Stufen sind tabulae
lusoriae eingekratzt. Vgl. Hülsen, Rom. Mitt. 1896 p. 227 ff. Die Reste
des Oberbaues sind früher ausgegraben und von Bramante zum Bau des
*) Der Bogen ist sehr oft abgebildet,
namentlich bei Rossim, Archi trionfali Taf.
50—59. Die Reliefs stellen Scenen aus den
Eftmpfen gegen Araber, Parther u. s. w. dar.
*) Avd den Beginn des Baus bezieht sich
Cic. ad Attic. XIV 16 PauUus in media foro
basilicam tarn paene texerat iisdem antiquis
columnis, illam autem, quam loeavit,
facit magnificentissimam.
'J Vgl. die Stelle aus dem Mon. Ancyr.
auf p. 56. Sueton Aug. 29 sagt geradezu:
Quaedam etiam opera mb nomine dlieno
fecit ut porticum basUicamque Oai et Lud,
5. Das Zentmin Borns, a. Das Forum. (§ 26.)
85
Palastes Giraud-Torlonia auf der Piazza Scossacavalli verwendet worden.
Nur am westlichen Ende, in welches im Mittelalter die Kirche S. Maria
de foro, später S. M. de Cannapara genannt, eingebaut worden ist, sind noch
einige Pfeiler erhalten.^) — Die Basilica bestand aus einem Mittelraum von
82 X 16 m Grösse, in dem die Reste eines kostbaren Paviments von Oiallo
antico, Africano etc. erhalten sind, und zwei denselben allseitig umlaufenden
Portiken. Die Gesamtlänge beträgt 101 m, die Tiefe 49 m. Man nimmt
an, dass sie zwei Stockwerke gehabt habe und überdacht gewesen sei.
Die auf der Area des Forums befindliche Marmorbalustrade (Taf. 8 b) gibt
ein Bild von der Fassade (nur den unteren Stock). Sie war auf allen Seiten
von Strassen umgeben; an die Hinterseite sind Tabernen angebaut. In
die Nordostecke des Gebäudes ist der auf Travertinquadem ruhende Back-
steinkem einer Basis eingebaut (2,50 X 3 m die Grundfläche, 2 m die
Höhe), deren Bestimmung unbekannt ist; möglicherweise ist sie die wenig-
stens noch zu Augustus' Zeit existierende Pila Horatia (Liv. I 26), die von
Dionys. III 22 sehr unbestimmt als rj ywvima atvilq r] vfjg häqag naardiog
aqxovacc iv ayoQ^ bezeichnet wird. An der Südwestecke der Basilica, in
dem Yicus Jugarius, befand sich ein Brunnen, der Lacus Servilius; der-
selbe ist auch bei den letzten Ausgrabungen nicht zum Vorschein ge-
kommen. Im Jahre 377 hat Probianus, Stadtpräfekt unter Valentinian, Va-
lens und Gratian, die Basilica wieder hergestellt und von neuem mit Statuen
geschmückt, Eph. epigr. in 277. — Ein so ungeheures Bauwerk, welches
an Flächenraum der Area des Forums selbst nur wenig nachstand, musste
natürlich alle Spuren des früheren Zustandes dieser südlichen Langseite
des Forums tilgen, wie in gleicher Weise die ihr gegenüberliegende Basilica
Aemilia den der Nordseite. Aus den Überlieferungen der Schriftsteller wissen
wir, dass beide Langseiten des Forums früher von Tabernen eingenommen
waren (vgl. Taf. 9). Ursprünglich waren diese Tabernen Fleischerscharren,
später, nachdem im Norden des Forums 179 v. Chr. das Macellum errichtet
war, hausten darin namentlich Goldschmiede und Wechsler, daher auch
tabemae argentariae genannt. Durch G. Maenius, den Sieger über die La-
tiner, der das Forum, soweit das Können und der Geschmack seiner Zeit
(4. Jahrh. v. Chr.) es erlaubte, geschmückt hat, wurden über denselben
Galerien oder Balkone angelegt, von denen das Volk den auf dem Forum
stattfindenden Gladiatorenspielen zuschaute. Diese Balkone nannte man
nach ihrem ErhsLuer Maeniana.^) Die Tabernen der nördlichen Seite brannten
im Jahre 210 v. Chr. (Liv. XXVI 27, 2) ab und hiessen nach ihrer Wieder-
herstellung die novae, die der Südseite die veteres. Im Jahre 170 errichtete
Sempronius Gracchus hinter den Tabernae veteres eine Basilica, die Basi-
lica Sempronia (Liv. XLIV 16, 10), nachdem schon zehn Jahre vorher
*) Die Kirche wurde 1881 aufgefunden
und zerstört. Vgl. Lanciani, La basilica
Giulia BuU. com. 1891, p. 229 flF. Auf S. 244
seines Buches Ruins and excavations gibt
derselbe ein anschauliches Bild yon den Zer-
störungen, die die Basilica erlitten hat. —
Mazzanti, Archivio stör, dell' arte 1896 p. 164.
') Auch von den Rostra aus schauten
besonders dazu Berechtigte den Spielen zu.
Cic. Phil. IX 7, 16. — Zum Andenken an
Maenius' Siege über die Latiner wurde im
Jahre 338 v. Chr. die oft erwähnte Columna
Maenia errichtet; sie stand in der Nähe des
Carcers und trug vermutlich eine Reiter-
statue. Vgl. Dbtlbfsbn, De arte Rom. ant.
U, p. 17. — Vgl Amm. Marc. XVU, 9, 10.
86
B. Topographie von Rom.
Fulvius Nobilior hinter den novae eine errichtet hatte. Aber die Basiliken
konnten erst dann zu voller Geltung und zu- wirklicher Erfüllung ihres
Zweckes kommen, wenn sie unmittelbar an den Markt stiessen, dessen
Geschäfte sie zum Teil aufzunehmen bestimmt waren, und so verschwinden
denn durch den Neubau der Aemilia und Julia die Tabemen. Wie schon
die Schlächter vom Markte hatten weichen müssen, so siedelten jetzt die
Ai'gentarii auf die Sacra via und die sonst in das Forum einmündenden
Gassen über, zum Teil in die Basiliken selbst. Nummularii de basilica
Julia werden erwähnt CIL. 9709. 9711. 9712.i)
5^^^
- . ^- ^ - j-i
Abb. 8. Der Castortempel.
8. Der Castortempel (Aedes Castorum oder Castoris). Der Über-
lieferung nach (Liv. II 42; Ovid. fast. I 706; Kai. vom 27. Januar nebst
Mommsens Anmerkung zu CIL. I* p. 385) ist er im Jahre 484 v. Chr. zum
Andenken an die Hilfe gegründet, welche die Dioskuren den Römern in
der Schlacht am See Regillus gebracht hatten. Er ist mehrmals erneuert
worden, das erste Mal im Jahre 117 v. Chr. durch L. Caecilius Metellus
Dalmaticus, der nach Cicero pro Scauro 46 auch neue Götterbilder für
denselben anfertigen Hess.*) Dieser Tempel war aller Wahrscheinlichkeit
^) In der Basilica Julia hielt u. a. das
Gentumviralgericht seine Sitzungen ab. PHn.
ep. V 9, II 14, VI 33; Mart. VI 38.
') Vielfache Mfinzdarstellungen der re-
publikanischen Zeit zeigen die beiden Dios-
kuren als jugendliche Reiter mit Mantel und
Lanze. Inwiefern dieselben der Darstellung
im Tempel entsprechen, wissen wir nicht.
In republikanischer Zeit stand vor dem Tem-
pel die Statue des Q. Marcius Tremulus. Vgl.
5. Daa Zentnun Boms. a. Das Forum. (§ 26.) 87
nach in tuskanischem Stil erbaut, die Säulen von Tuff, mit Stucküberzug
(eolumnae dealbatc^ Cic. in Verr. I 145). An diesem Tempel nahm Verres
die bei Cicero Verr. I 133 ff. besprochene Restauration vor, die darin be-
stand, dass die Säulen gerade gestellt wurden {ad perpendiculum exactae),
Cic. a. a. 0. 145: omnes illae eolumnae, guas dealbatas (neu abgeputzt) videtis,
machina apposita nulla impensa deiectae eisdemque lapidibus repositae sunt
Nach § 154 waren es vier Säulen. Obgleich Cicero glauben machen will,
dass die Säulen ganz gerade gestanden hätten, so ist doch als höchst
wahrscheinlich anzunehmen, dass es sich hier nicht um einen reinen Ver-
wand gehandelt hat. Meine am Castortempel im Jahre 1896 vorgenom-
menen Untersuchungen^) haben gezeigt, dass der Stylobat des Tempels von
SO. nach NW. hängt. Eine entsprechende Neigung von SW, nach NO.
hat Lanciani bei der Basilica Julia konstatiert (Ruins and excavations p. 277,
oben p. 84). — Das zweite Mal wurde er unter der Regierung des Augustus
(6 n. Chr.) durch Tiberius wiederhergestellt, der ihn gleich dem Concordien-
tempel unter seinem und seines Bruders Drusus Namen dedizierte (Suet.
Tib. 20). Unter Caligula (Suet, Cal. 22) wurde er vorübergehend mit dem
Palatium in Verbindung gesetzt. Dass er hinterher noch einmal eine
Erneuerung durch Hadrian erfahren hat, ist als sicher anzunehmen. —
Der Neubau des Tiberius war dem Tempel des Metellus an Grösse gleich.
Von letzterem stammt auch die noch erhaltene Ousswerkmasse, von dem
des Tiberius ist ein Stück des Mosaikbodens der Cella erhalten, während
der darüber gelegte Marmorboden des letzten (hadrianischen) Restau-
rationsbaus völlig verschwunden ist. Von diesem stehen ausser einem
Teile der Bekleidung des Unterbaues noch die drei berühmten korinthi-
schen Säulen mit darüber liegendem Gebälk. Die oben erwähnten Unter-
suchungen haben ergeben, dass dem Tempel eine breite, wahrscheinlich
mit Schiffsschnäbeln geschmückte Bühne vorgelegt war, auf die man durch
seitliche Treppen gelangte (Abb. 3). Von der Höhe dieser Bühne führte dann
erst eine breite Treppe zum Tempel empor. Offenbar diente dieser Vorbau
als Rednerbühne. Es ist anzunehmen, dass auch der Tempel des Metellus
schon eine gleiche Vorrichtung hatte. Nicht selten werden Reden er-
wähnt, die pro aede Castoris gehalten wurden; man nahm früher an, die
Redner hätten von der Treppe aus gesprochen, aber das ist an und für
sich wenig wahrscheinlich, namentlich aber zeigen die Schilderungen von
Unruhen, in denen der Castortempel eine Rolle spielt (vgl. 0. Richteb,
Rekonstr. u. Gesch. der Römischen Rednerbühne p. 46 ff.), dass die breite
Treppe nicht zum Forum hinabführte, sondern auf eine Plattform, die
durch Verrammlung der schmalen Seitentreppen gleich den Rostra in eine
Art Festung verwandelt werden konnte (Cicero p. Sest. 34, de domo 54).
Auch zu Senatsversammlungen wurde der Tempel benutzt: CIL. I 217 sub
aede Castoris; Cic. in Verr. I 129: in aede Castoris . . . quo saepe numero
senatus convocatur. Noch in ganz später Zeit ist dies der Fall: Vita
Maximin. 16, Vita- Valeriani 5 (1). — Im Castortempel befand sich
Cicero Phü. VI 5, 13; Liyius IX 43, 22; Plin. \ ») Vgl. Jahrbuch d. k. d. archäologischen
N.H. XXXTV 23; Mommskn, Römisches Münz- | Instituts 1898, p. 87 flF.
wesen p. 548 Nr. 152 und p. 549 Anm. 263. |
88
B. Topographie Ton Rom.
auch ein Aichungsamt und ein Depot des kaiserlichen Fiskus. i) Meine
Untersuchungen an der Ruine haben ergeben, dass an den beiden Lang-
seiten des Unterbaus (die Hinterseite ist nicht ausgegraben) sich zwischen
je zwei Säulen Gemächer, im ganzen auf jeder Seite elf, befanden, die
nach aussen sich öffneten und mit Bronzethüren abgeschlossen wurden.
Dies waren die Räume zur Unterbringung der genannten und ähn-
licher Geschäftsstellen (Cicero pro Quinctio 4, 17; Schol. zu Juvenal XIV,
261 ed. Jahn, p. 374). — Hinter dem Castortempel befand sich der
Lacus luturnae, ein Brunnenbassin, in welchem sich die vom Palatin
kommenden Wasser sammelten. Hier sollten die Dioskuren, als sie
die Nachricht vom Siege am See Regillus brachten, ihre Rosse getränkt
haben. Es ist schon deshalb wahrscheinlich, dass auf den Treppenwangen
des Tempels die Originale der beiden jetzt auf der Eapitolsbalustrade
stehenden Dioskuren gestanden haben. Sie führen ihre Rosse am Zügel,
sind also dargestellt, wie sie sie zur Tränke zum Lacus luturnae führen.
Der Lacus luturnae hat im Mittelalter noch existiert. — Li unmittelbarer
Nähe des Gastortempels, aber nicht mehr am Forum, errichtete Domitian
einen Tempel (oder eine Kapelle?) der Minerva, der auch in der Regions-
beschreibung genannt wird. Seine Lage ist unsicher, auch von seinem Schick-
sale wissen wir so gut wie nichts (vgl. Bull. d. Inst. 1845 p. 127).
9. Der heilige Bezirk der Vesta umfasste den an der Ostseite
des Forums gelegenen Gebäudekomplex des Vestatempels, des Vestalen-
hauses und der Regia. Ursprünglich gehörten dazu auch noch die Amts-
wohnung des Pontifex Maximus und der Hain der Vestalen, doch sind
dieselben spätestens bei der Regulierung des Terrains nach dem Brande
unter Commodus (191 n. Chr.) verschwunden. Dieser heilige Bezirk ist
von allen Seiten von Strassen begrenzt, im Norden von der Sacra via,
im Osten von dem Vicus Vestae, im Süden von der Nova via, im Westen
stösst er an die Area des Forums. Er war von einer besonderen Mauer
umgeben, deren Reste nach dem Forum und nach der Sacra via zu noch
vorhanden sind und die alte Orientierung haben, die nach dem Brande
von 191 n. Chr. verschwand; dieselbe Orientierung haben auch die Reste
des zwischen Regia, Vestatempel und Vestalenhaus liegenden Pflasters.
a) Der Vestatempel {Aedes Vestae) ist eine der ältesten Kultus-
stätten Roms, deren Entstehungszeit nicht nachzuweisen ist, doch wird
ausdrücklich erwähnt, er habe ausserhalb des palatinischen Pomeriums ge-
standen (Dionys. H 65). Die Sage nennt König Numa als seinen Erbauer
(Dionys. II 66; Ovid. Trist. IH 1, 29). Auch wann dieser Rundtempel (Ovid.
fast. VI 296 ; Fest. p. 262) zuerst in monumentalem Steinbau aufgeführt
wurde, ist unbekannt. >) Er ist mehrfach durch Brand zerstört worden,
241 (Ovid. fast. VI 437 «.; Liv. epit. 19) und 210 v. Chr., dann im Nero-
») Vgl. Jobdan, Top. I 2 p. 374 Amn. 83.
— Hülsen, Rom. Mitt. 1889, p. 244. — Mar-
QUABDT II, p. 66. — HiBSOHFBTD, ünter-
Buchimgen zur ROm. Yerwaltaiigs-Greschichte
p. 3f.
>) Serv. ad Aen. VII 153: niH in au-
guato loco consilium senatus habere non po-
terat: unde tetnplum Vestae non fuit augurio
consecratum, ne illttc conveniret senatits, ubi
erant virgines; natn haec fuerat regia Nu-
mae Pompilii: ad atrium autem Vestae con-
veniebat, quod a templo remotum fuerat.
5. Das Zentrum Roms. . a. Das Forum. (§ 26.)
89
nischen Brande (Tac. ann. XV 41), zuletzt in dem grossen Brande unter
Commodus im Jahre 191 n. Chr. Hergestellt wurde er damals von Julia
Domna, deren Münzen den Tempel zeigen (Cohen, Julia Domna 205, 208).
Der Tempel wurde 394 von Theodosius geschlossen. Erhalten ist jetzt
nur noch die sehr zerstörte Gusswerkmasse des Stereobaten und der An-
satz der nach Osten gehenden Treppe, ausserdem eine Anzahl von Oebälk-
resten, die eine ziemlich sichere Rekonstruktion gestatten. Er war ein ge-
wölbter Peripteros mit 20 Säulen von 18 — 19 m Durchmesser, unter der
Öffnung des Daches stand der Altar mit dem ewigen Feuer; ein Kultus-
bild hat er nach Ovid. fast. VI 295 ff. nicht enthalten, doch befand sich
darin u. a. das Palladium, das mehrmals erwähnt wird. Beim Einbruch
Abb. 4. Der Veetatempel.
der Gallier wurde es an dem Doliola genannten Orte (Varro LL.V 157) ver-
graben, während die Vestalinnen nach Caere flüchteten. Bei dem Brand von
241 rettete der Pontifex Maximus Caecilius Metellus die sacra, Ovid. fast.
VI 433 ff. ; Plin. N. H. Vü 141 ; Val. Max. I 4, 4. Die Rekonstruktionsversuche
sind zahlreich. Hervorzuheben sind die von Jordan (vgl. Abb. 4) und Auer
in den unten angeführten Schriften. — Über antike Abbildungen vgl.
Hülsen, Rom. Mitt. 1892 p. 285 und 1893 p. 286.
b) Das Vestalenhaus {Atrium, Vestae, auch Atrium regium). Es
ist im Jahre 1883 aufgedeckt worden. Den Hauptraum desselben bildet
ein Peristyl (gewöhnlich Atrium genannt) von mächtigen Dimensionen (67
zu 24 m), in welchem eine Anzahl Statuen von Virgines Vestales maximae
90 B. Topographie Ton Rom.
nebst Ehrenbasen gefunden sind. An dasselbe scfaliesst sich nach Osten
zu das Atrium (gewöhnlich Tablinum genannt) an, umgeben von sechs
Kammern für die Jungfrauen, darin Reste kostbarer Marmorarten. Die
südliche Langseite des Peristyls ist von einer Reihe von Gemächern ein-
genommen, deren Bestimmung zum Teil durch die darin gefundenen Gerät-
schaften und Vorrichtungen noch zu erkennen ist. Auch die Nord- und West-
seite des Peristyls ist von Gemächern eingefasst, über dem östlichen und süd-
lichen Teil des Gebäudes sind die Reste eines zweiten Stockwerkes mit Bade-
zimmern etc. vorhanden (Grundriss auf Taf. 9). Eine von dem Wiener Archi-
tekten H. Au er vorgenommene Analyse des Gebäudes hat ergeben, dass das-
selbe aus vier verschiedenen Bauperioden stammt. Der älteste Teil (aller-
dings auch wohl kaum über das 1. Jahrhundert v. Chr. hinaufreichend) ist
der östliche, das Atrium; dass gerade dieser älteste Teil am weitesten von
dem Tempel entfernt ist, zeigt, dass zwischen beiden Gebäuden der in
republikanischer Zeit öfter erwähnte, dann spurlos verschwundene Hain
der Yestalen gelegen hat. An diesen ältesten Teil grenzte das Amtshaus
des Pontifex Maximus (Dio Cass. LIV 27 ofiotoixog raig otxijtretnv avzmv fv).
Als Augustus im Jahre 12 v. Chr. an Stelle des Lepidus Pontifex Maximus
wurde, überliess er dies Haus nach Dio Cass. a. a. 0. den vestalischen Jung-
frauen. Bei einem späteren Umbau scheint es niedergerissen, und dem-
nächst ein einheitliches Gebäude hergestellt zu sein. Reste eines aus
republikanischer Zeit stammenden Palastes liegen unter den nördlich das
Peristyl abschliessenden Bauten und erstrecken sich bis an die Sacra via.
In diesen jetzt wieder zum Vorschein gekommenen Fundamenten die Reste
jenes alten Amtshauses zu sehen, ist um so mehr angezeigt, da sie die-
selbe Orientierung haben, wie die Regia und der Vestatempel. Die wich-
tigste Erweiterung erfuhr das Vestalenhaus unter Hadrian; die Mauern
der südlichen Langseite enthalten Ziegelstempel aus jener Zeit in grosser
Anzahl. Die letzte Gestaltung erhielt es nach dem Brande des Jahres 191
durch Julia Domna (s. oben); die in dem Peristyl gefundenen Inschriften
und Statuen reichen mit ganz geringen Ausnahmen ebenfalls nur bis auf
diese Zeit. — Das Vestalenhaus muss in seiner letzten Gestaltung ein un-
gesunder Aufenthalt gewesen sein. Die Lage ist sehr ungünstig; der
Boden des Atriums liegt 30 Fuss unter der Nova via, über der sich zu
ganz ausserordentlicher Höhe die Eaiserpaläste erhoben, so dass die Sonne
kaum in diese Räume drang. Um die Feuchtigkeit abzuhalten, sind nach der
Nova via doppelte Mauern mit Zwischenräumen errichtet. In den Wänden
finden sich Heizvorrichtungen. — Der Eingang des Hauses liegt zunächst
dem Vestatempel; unmittelbar neben dem Eingange befindet sich eine Aedi-
cula der Vesta, deren noch vorhandene, eine Wiederherstellung bezeugende
Inschrift aus Trajanischer Zeit stammt (vgl. Jordan a. a. 0. p. 27).
Litteratur: R. Lakciani, L' atrio di Vesta, Con appendice del CJomm. Gio. Bat-
tista de Rossi in den Notizie degli scavi, Dezember 1883. — C. Mars, Vesta e Vestali,
1883. — H. Jobdan, Der Tempel der Vesta und das Haus der Vestalinnen, 1886. — H. Aubr,
Der Tempel der Vesta und das Haus der Vestalinnen am Forum Romanum, Denkschriften
der Wiener Akademie 1888, p. 209 if. — Lanciavi, Ruins and excavations p. 228 ff. Auf
S. 232 ff. gibt Lanciani ein Verzeichnis der angelsächsischen Münzen, die 1883 bei den Aus-
grabungen im Vestalenhause gefunden wurden. — Hülsen, Rom. Mitt. 1889 p. 245 ff., 1891
p. 91, 1892 p. 287.
5. Dm Zeninun Roms. a. Das Fomm. (§ 26.)
91
c) Die Regia. Ihre Gründung geht gleich der des Vestatempels in
die älteste Zeit, der Sage nach auf den König Numa zurück, der in ihr
gewohnt haben soll (Solin. I 21; Ovid Trist. III 1, 30 haecfuit antiqui regia
parva Numae); daher bei Tac. ann. XV 41: Numaeque regia u. a. Stellen
mehr.^) Festusp. 278 leitet den Namen von dem Rex sacrorum ab: Serv.
Aen. VIII 363 dotnus enim, in qua pontifex habitat, regia dicitur, quod in
ea rex sacrificulus habitare consuesset.^) In republikanischer Zeit dient sie
als Amtshaus des Pontifex Maximus. Es befanden sich in ihr mehrere
Sacraria, wie namentlich das des Mars, der Aufbewahrungsort jener hei-
ligen Lanzen, deren Bewegung als Prodigium galt, sowie der ancüia, der
heiligen Schilde, ferner ein Sacrarium der Ops (Varro LL. VI 21), im
Kalender unter dem 19. Dezember Opi ad forum genannt. Sie bildete die
Abb. 5. Die Begi«.
Ostseite des Forums, daher es auch von der Verbrennung der Leiche
Caesars bei App. b. civ. II 148 heisst, sie sei vor der Regia {ivt^a t6 ndXai
"^Piofiafoig iaxl ßaaiXeiov) verbrannt worden. — Die Regia ist mehrfach
durch Brand zerstört worden, über den Brand von 148 v. Chr. vgl. Ob-
sequens 19; als sie im Jahre 36 v.Chr. abgebrannt war, wurde sie durch
Cn. Domitius Calvinus prachtvoll wieder aufgebaut (Dio Cass. XL VIII 42);
als besonderer Schmuck des Einganges werden bei Plinius N. H. XXXTV 48
^) Bei Horaz carm. I 2, 15 in poetischer
Umschreibung monumenta regis, vgl. p. 26
Anm. 3.
*) Anders Varro LL. V47: sacra (via)
appellanda est a regia ad dorn um regis sacri-
ficuH,
92 B. Topographie von Rom.
zwei Karyatiden erwähnt; die Fundamente und spärliche Reste der Mauern
dieses Neubaues sind jüngst aufgedeckt worden ; seine Aussenwände waren
von Marmorblöcken. Auf denselben waren die Eonsular- und Triumphal-
fasten, deren Beste, ebenfalls auf Marmorblöcken eingegraben, sich zwi-
schen dem Gastortempel und dem Faustinentempel zerstreut gefunden
haben, angebracht. Augustus überliess nach Dio Cass.^ LIY 27 die Regia
den Yestalinnen, insiSrj öfioroixog ratg olxi]a€aiv avzwv i;v. Amtslokal des
Pontifex Maximus ist sie aber noch zur Zeit Domitians (Plin. epist. IV 11:
reliquos pontifices non in regiam sed in Albanam viUam convocavit). Auch
ein Fragment des kapitolinischen Stadtplans (Form. IT. III 21) enthält den
Namen rJEGIA. Es scheint, als ob sie weder vom Neronischen Brande
(Tac. ann. XV 41) noch von dem grossen Brande unter Gommodus im Jahre
191 n. Chr. allzu stark berührt worden ist. Hülsen (Jahrb. d. Inst. 1889
p. 228 ff.) hat eine Rekonstruktion der Regia auf Grund der noch existie-
renden Reste versucht. Ob das von ihm konstruierte Gebäude die ganze
Regia darstellt, oder nur einen Teil, steht dahin. Jedenfalls veranschau-
licht sie in ansprechender Weise die Anbringung der Fasten auf den
Aussenwänden des Gebäudes (vgl. Abb. 5). Über die Fasten vgl. CIL. I*
p. 1 ff. nebst Taf. 1. Sie befinden sich jetzt auf dem Kapitel.
Litteratar: F. M. Nichols, La Regia, Mitteilungen des Instituts I 1886, p. 94—98.
— H. Jordan, Gii edifizi antichi fra il tempio di Faustina e 1' atrio di Vesta. Mitt. d.
Inst. I, 1886, p. 99—111. — F. M. Nichols, The Regia, the Atrium Vestae and the Fasti
Capitolini 1887. - Hülsen, Die Regia, Jahrb. d. Inst. 1889 p. 228 flF.
10. Der Tempel des Antoninus und der Faustina. Er wurde von
Antoninus seiner Gattin Faustina zu Ehren erbaut (141 n. Chr.), nach seinem
Tode 161 n. Chr. wurde er ihm mitgeweiht und die Inschrift CIL. VI 1, 1005
(Divo Antonino et divae Faustinae ex S. C.) entsprechend erweitert. Was für
Gebäude ehemals hier gestanden haben, ist unbekannt. In ihn ist im 7. oder
8. Jahrhundert n. Chr. die Kirche S. Lorenzo in Miranda eingebaut, die ehemals
mit Statuen geschmückte Vorhalle (sechssäulig, CipoUinsäulen) nebst Treppe
steht noch (Grundriss s. Taf. 9 und IIA). Über die Geschichte des Tempels
im Mittelalter und der Neuzeit vgl. Lanciani, Ruins and excavations
p. 218 ff. -— Zwischen dem Tempel und der Regia, den Eingang zum Forum
bildend, stand der Fabierbogen (Fornix Fabianus). Er war im Jahre
121 V. Chr. von Q. Fabius Maximus zum Andenken an seinen Sieg über
die AUobroger errichtet. Teile der Inschrift (CIL. VI 1, 1303. 1304) und
einige möglicherweise dazu gehörige Stücke der Wölbung sind wieder-
gefunden. Gesichert ist seine Lage durch die Bezeichnung, er habe zwi-
schen Faustina- und Vestatempel gestanden, die Fundamente sind aber
nicht gefunden. Er wird öfters erwähnt, so namentlich von Cicero pro
Plancio 7, 17, in Verrem act. I 7, 19, de oratore II 267. Der Bogen trug
eine, wie es scheint, bedeutende Anzahl von Statuen von Fabiern (CIL. I*
p. 198). Wiederhergestellt wurde er 56 v. Chr. von dem Enkel des Er-
bauers (vgl. Cic. in Vat. 11, 28).
Litteratur: Momksbn, Sul fomice Fabiano, Ann. d. Inst. 1858, p. 173 ff. — de Rossi,
Deir arco Fabiano nel foro, Ann. d. Inst. 1859, p. 307 ff.
11. Die Aedes Divi Juli. Sie wurde durch Augustus an der Stelle
des Forums errichtet, wo die Leiche seines Adoptivvaters verbrannt worden
8. Das Zentram Borns, a. Das Fomm. (§ 26.)
93
war, d. h. vor der Front der Regia (App. b. c. II 148) und der an dieser
Stelle von Caesar errichteten Rednerbühne. ^) Bei den letzten von mir ver-
anstalteten Ausgrabungen (1888) kamen Fundamente eines Baues zum Vor-
schein, der vor En^ichtung des Tempels des D. Julius hier stand ; wahrschein-
lich gehören sie jener Rednerbühne an.^) Der Tempel erhob sich auf einem
hohen unterbau, dem die Rostra Julia, eine mit einer halbrunden Nische
in der Mitte versehene Bühne, vorgelegt sind. Die Nische diente vermutlich
bei den von diesen Rostra aus gehaltenen laudationes zur Aufbahrung des
Leichnams,^) die geradlinigen Fronten zu beiden Seiten der Nische waren
mit den in der Schlacht von Actium erbeuteten Schiffsschnäbeln geschmückt
Abb. 6. Der Tempel des DiYHB Jalius.
(Dio LI 19.). Seitlich angebrachte Treppen führten auf die Bühne und von
da weiter zu dem hochliegenden Tempel, einem sechssäuligen Pyknostylos
(Vitruv III 2, 2), die Anlage war also ähnlich der des Castortempels. Die
von mir im Jahre 1888 angestellten Untersuchungen haben die Rekon-
struktion Abb. 6 mit Sicherheit ergeben. Vgl. die Münzdarstellungen
Cohen, Hadrian 416 — 419, 1388. Der Tempel wurde am 18. August des
Jahres 29 v. Chr., drei Tage nach dem aktischen Triumphe, dediziert. Aus
den ihn darstellenden Hadrianischen Münzen (s. oben) ergibt sich, dass
er von Hadrian restauriert worden ist. Zu beiden Seiten*) des Tempels
») Vgl. 0. Richter, Rednerbühne 1884,
p. 52 ff.
') Vgl. 0. Richter, Antike Denkmäler
I, Taf. 27, 28.
*) Vgl. 0. Richter, Die Augustusbauten
auf dem Forom Romanum, Jahrbuch des In-
stituts 1889, p. 145 f.
*) Es ist nur einer von diesen Bogen,
der südliche, nachgewiesen. Aber die Ana-
logie des Tempels des Mars ültor mit den
94
B. Topographie von Rom.
standen Triumphbogen (Abb. 7); der südliche, zwischen diesem und dem
Gastortempel, war dreibogig. Seine sehr gut erhaltenen Fundamente sind
von mir im Frühjahr 1888 aufgedeckt worden. Sie gehörten dem dem Au-
gustus zum Andenken an die Zurückgabe der parthischen Feldzeichen vom
Senat und Volk im Jahre 19 v. Chr. errichteten Ehrenbogen (Veroneser
Scholien zu Virg. Aen. YU 603j an. Beste der Architektur, sowie Münz-
abbildungen gestatten eine ziemlich sichere Rekonstruktion. Der vermut-
lich nördlich vom Tempel gelegene Bogen ist wegen Verschüttung der
Nordseite des Forums bisher nicht aufgedeckt, doch sind die noch im
16. Jahrhundert über dem Schuttboden hervorragenden Reste desselben
wahrscheinlich auf der von Hülsen veröffentlichten Vedute des Forums von
Heemskerk (Bull. com. 1888, Taf. VII) und auf der von Müntz mitgeteilten
Vedute des Forums aus dem Escurial (Mitt. d. Inst. 1888 p. 94, 95, 98) dar-
gestellt. Es war dies der zum Andenken an die Schlacht von Actium
29 V. Chr. errichtete Bogen (CIL. VI 1, 873).
Litteratur: H. Jordan, Der Tempel des D. Julius, Hermes IX p. 342 ff. — O.
Richter, Antike Denkmäler I, Taf. 27, 28. — Ders., Die Augustusbauten auf dem Forum
Romanum, Jahrbuch des Instituts 1889, p. 146 ff.
Abb. 7. Ostfront dei Fonuns (Tempel dM Divas Julius und Triumphbogen des Augustus).
12. Die Curie {Curia oder Curia Hostilia). Ihr Bau geht der
Überlieferung nach auf TuUus Hostilius zurück (Varro LL! V 155). Um-
gebaut wurde sie und zugleich vergrössert (Cic. de fin. V 2) durch Sulla,
bei welcher Gelegenheit eine Anzahl von älteren Kunstwerken etc., die
in und vor derselben, sowie in und bei der davor stehenden Rednerbühne
sich befanden, entfernt wurde. Diese Curie brannte im Jahre 52 v. Chr.
durch die Schuld der Anhänger des Clodius nieder (Cic. pro Mil. 33) und
beiden Bögen des Gennanicus und Drusus, | worden ist, zumal beim Fehlen des Bogens
sowie der Rostra am Westende des Forums, | an der Nordostseite des Forums dieses nur
die ebenfalls von zwei Triumphbogen flau- | an dreien seiner vier Ecken ein Eingangs-
kiert waren, legen die Vermutung nahe, dasa 1 thor gehabt hätte. Vgl. Jahrb. des Inst. 1889,
diese Form der Anlage auch hier angewandt I p. 153 ff.
5. Das Zentrum Roms. a. Das Fornm. (§ 26.) 95
wurde bald darauf durch Faustus Sulla, den Sohn des Diktators, wieder-
hergestellt (Dio Cass. XL 49). Caesar liess sie abreissen und zunächst einen
Tempel der Felicitas an ihrer Stelle errichten. Kurz vor seinem Tode
begann er dann den Bau der neuen Curie, die von Augustus vollendet
und als „Curia Julia" im Jahre 29 dediziert wurde. Die Identität dieser
Curie mit S. Adriane ist sicher.*) Sie wurde durch Domitian, noch später
nach einem Brande unter Carinus durch Diocletian, dessen Bau zum Teil
erhalten ist, wieder hergestellt. In der Curie befand sich u. a. eine gol-
dene Victoria mit einem Altar davor, um dessen Wegräumung zur Zeit
des Übergangs des Heidentums ins Christentum heftige Kämpfe geführt
wurden. Verbunden war mit der Curie das „Chalcidicum", später Atrium
Minervae genannt, das Secretarium senatus, welches man in der neben
S. Adriane gelegenen Kirche Sta. Martina wiedergefunden hat. Die jetzt
beide Kirchen trennende Via Bonella ist späteren Ursprungs (Taf. IIA).
Litieratur: Ubliohs, De curia Julia, Nuov. Mem. 1865, p. 77 ff. — Lanciani, L* aula
e gli uffizi del senato Romano, Atti dei Lincei XI 3 ff. Die darin publizierten Zeichnungen
von Giuliano da Sangallo dem Jttngeren und Peruzzi yeranschaulichen den Znstand der
beiden Gebftude vor Anlage der Via Bonella (Siztus Vj. Vgl. Bdbsian's Jahresbericht
1883, p. 467.
13. Die Basilica Aemilia. Ihre Lage unter dem bis jetzt nicht
ausgegrabenen Terrain zwischen S. Adriane und dem Faustinatempel ist
sicher (mutmasslicher Qrundriss Taf. 9 und IIA). Ihr Bau wurde im
Jahre 179 v. Chr. ven den Censoren Fulvius und Aemilius beschlossen
und sodann hinter den „argentariae novae"^ den die Nordseite des
Marktes damals begrenzenden Tabernen, ausgeführt. Sie hiess anfangs
Basilica Fulvia oder Aemilia et Fulvia, der Konsul des Jahres 78 v. Chr.,
M. Aemilius Lepidus stellte darin eherne Schilde mit den Bildern seiner
Ahnen auf (Plin. N. H. XXXV 13). Im Jahre 54 v. Chr. wurde sie durch
L. Aemilius Paulus (vgl. die Bezeichnung b. Pauli bei Stat. Silv. I, 1. 30)
mit dem Gelde Cäsars umgebaut und nach Entfernung der Tabernen
bis an das Forum vorgerückt (Appian b. c. II 26; Dio Cass. XLIX 42).
Seit dieser Zeit hiess sie Basilica Aemilia. 34 v. Chr. wurde sie aber-
mals umgebaut, brannte im Jahre 14 v. Chr. ab und wurde dem Namen
nach von einem Aemilius, in Wii-klichkeit aber von Augustus wieder auf-
gebaut (Dio Cass. LIV 24). Erst durch ihn erhielt sie ihre prachtvolle Aus-
stattung mit Säulen von phrygischem Marmor. Erwähnt wird sie bei Tac.
ann. Hl 72, wo Lepidus bittet, ut basilicam Pauli, Äemüia monumenta, propria
pecunia firmaret ornaräque und zur Zeit Domitians bei Statins I 1, 30 ff.
Möglicherweise stand noch im 15. Jahrhundert ein Teil aufrecht.
Litteratur: Chr. Hülsen, Sopra an edifizio antico presse S. Adriano, Ann. d. Inst.
1884, p. 323 ff.; Rom. Mitt. 1889 p. 242 nnd 1893 p. 281, der sich namentlich um die Re-
konstroktion des Gebäudes auf Grund älterer Zeichnungen verdient gemacht hat.
14. Zu diesen Bauten kommen noch eine kleine Kapelle der Fau-
stina, deren Reste vermutlich zwischen dem Concordia- und Vespasians-
tempel erhalten sind (CIL. VI 1019; vgl. Hülsen, Rom. Mitt. 1893 p. 284);
ferner die Schola Xanthi, ein kleines Amtsgebäude für scribae und prae-
eones, das in der Nähe der Rostra gelegen haben muss, und von dem im
^) Lanciani, L'itin. d'Einsiedlen p. 58.
96 B. Topographie Ton Rom.
16. Jahrhundert ein marmornes Epistyl gefunden wurde, dessen Inschriften
(CIL. VI 103) besagen, dass diese Schola von G. Avillius Licinius Trosius
erbaut und von Bebryx Drusianus und A. Fabius Xanthus wiederhergestellt
und mit einer Victoria Augusta, ehernen Sesseln und sieben silbernen
Götterbildern verziert worden sei (vgl. Hülsen, Rom. Mitt. 1888 p. 208 ff.).
27. Die noch nachweisbaren, das Forum umgebenden oder auf dem-
selben errichteten Gebäude sind also zeitlich folgendermassen zu ordnen:
a) Aus der Zeit der Republik stammen: der Carcer und die Tempel der
Concordia, des Saturn, des Castor, der Vesta und die Regia. Von diesen hat
nur der Carcer in dem noch jetzt existierenden Tullianum einen Teil des ur-
sprünglichen Baus bewahrt, die übrigen Gebäude sind sämtlich umgebaut.
b) Aus der Zeit des Augustus stammen die Curia, die Aedes Divi
Juli mit dem daneben stehenden Arcus Augusti, die Basilica Julia und
Aemilia und die Rostra. Ferner wurden damals umgebaut und erhielten
im wesentlichen die noch jetzt erkennbare Gestalt die Tempel der Concordia,
des Saturn und des Castor.
c) Nach Augustus sind hinzugekommen der Vespasianstempel (80
n. Chr.), der Faustinentempel (141 n. Chr.) und die Kapelle der Faustina,
die Porticus deorum consentium und die Schola Xanthi (Zeit unsicher),
endlich der Bogen des Severus (203 n. Chr.).
Es ergibt sich demnach, dass wir das Forum im wesentlichen in der
ihm von Augustus gegebenen Gestaltung noch jetzt vor uns haben. Was nach
Augustus hinzugekommen ist, konnte wohl den Gesamteindruck alterieren,
wie namentlich die unten noch zu erwähnenden auf der Area errichteten
Ehrendenkmäler, aber an den Grundlinien des Forums ist seit Augustus nichts
geändert worden. Es ist freilich nicht anzunehmen, dass darum die Forums-
bauten nun für alle Zeiten unverändert gestanden haben; von den Rostra
z. B. wurde oben eine ganze Reihe aufeinander folgender Umbauten nach-
gewiesen, von denen eine der wichtigsten aus der Zeit des Hadrian stammt;
eine gleichzeitige Restauration des mit einer Rednerbühne versehenen Tem-
pels des Divus Julius ist ebenfalls nachgewiesen ; dass Hadrian sich aber mit
der Wiederherstellung einzelner Gebäude des Forums begnügt haben sollte,
ist nicht anzunehmen; zu den opera ubique infinita, von denen die Vita
Hadriani 19 spricht, wird auch die Wiederherstellung des Forums und
seiner Gebäude zu rechnen sein.^) Da die Gebäude aus der Zeit des Au-
gustus, von allen durch Brandschaden etc. verursachten Zerstörungen ab-
gesehen, doch nicht die Jahrhunderte hindurch ohne Erneuerung gestanden
haben können, so wird man gut thun, für sie die Möglichkeit einer Er-
neuerung durch Hadrian in erster Linie ins Auge zu fassen. Leider ver-
lässt uns hier die Überlieferung gänzlich und auch genaue Untersuchungen
der Reste führen nicht immer zu sichern oder annähernden Resultaten.
Im allgemeinen kann als Grundsatz aufgestellt werden, dass an keinem
römischen Gebäude aus der ersten Kaiserzeit die grossen Restaurationen
^) Mit Stückwerk hat sich Hadrian jeden- ' sultat ergeben, dass dieser allgemein auf
falls nicht abgegeben. So haben z. B. die ! Agrippa zurackgefElhrte Bau durchaas hadria-
neuesten, an anderer Stelle zu behandelnden | nisch ist.
Pantheonsforschungen das Überraschende Re- .
S. Das Zentrum Borna, a. Das Forum. (§§ 27. 28.) 97
des Hadrian und Septimius Severus spurlos vorüber gegangen sind. — Auch
viel spätere Restaurationen einzelner Gebäude, wie des Saturnteropels und
der Curie, sind vorgenommen worden und auf Brände und andere Ereig-
nisse zurückzuführen. Aber nicht nur diese Restaurationsbauten, auch die
unter c angeführten Bauten zeigen, dass zu keiner Zeit des Altertums
das Interesse an der Weiterentwicklung des Forums geruht hat.
28. Das Comitium (vgl. Taf. 9). Die Rekonstruktion dieses ehemaligen
Zentrums Roms gehört zu den schwierigsten Problemen der römischen Topo-
graphie. Die beiden Hauptgebäude dieses Platzes, die Curie und die Rostra,
sind abgetragen und an anderer Stelle neu aufgebaut worden, wodurch die
Grundlinien des Platzes völlig verwischt wmden; die Schriftstellerüber-
lieferung hat sich in diesem wie in so manchem anderen Punkte so un-
bestimmt, zum TeU so irreführend erwiesen, dass man nicht nur über die
Lage des Comitiums, sondern selbst über die Frage, ob es ein selbstän-
diger Platz neben dem Forum war, oder was es sonst gewesen ist, lange
im Dunkel tappte. Erst die grundlegenden, übrigens sämtlich vor Frei-
legung des Forums geschriebenen Arbeiten von Momms£n, De comitio Ro-
mano (Ann. d. Inst. 1845 p. 288 flf.), Detlefsen (ebendaselbst 1860 p. 128 flf.),
Urlichs (Verb, der Heidelberger Philologenversammlung 1865 p. 53 flf.),
Bbecheb, Die Lage des Comitiums und der Curia Hostilia im Verhältnis
zum Forum (Progr. Berlin 1870), haben die Lösung der Frage angebahnt,
die jetzt in dem Aufsatz von Hüxsen, Das Comitium und seine Denkmäler in
der republikanischen Zeit (Rom. Mitt. 1893 p. 79 flf.) mit Glück versucht ist.
Das einzige Gebäude, welches noch aus der Zeit der Republik un-
verändert geblieben, ist der Carcer. Die unregelmässige Form dieses Ge-
bäudes rührt davon her, dass es an der Ecke zweier spitzwinklig sich
treflfender Strassen oder Plätze lag. Die Südseite hat dieselbe Orientierung
wie der Tempel der Concordia; es ist anzunehmen, dass die Ostseite die
Orientierung des Comitiums hat, über dem er lag. Hiermit steht im Ein-
klang, dass die südlich an das Forum Julium sich anschliessenden Ta-
bernen eine unregelmässige, aber zu der Front des Carcers etwa einen
rechten Winkel bildende Linie zeigen, die nur davon herkommen kann, dass
ihrer regelmässigen Ausbildung ein Gebäude im Wege stand, das auch
nach Niederlegung der Gebäude des Comitiums und nach dem Neubau
der Curie bestehen blieb. Dies kann wohl nur der an Stelle der alten
Curie errichtete Tempel der Felicitas sein. Nun ist ferner bemerkenswert,
dass die Ostfront des Carcers fast direkt von Norden nach Süden geht,
sie weicht nur um 3^/8 Grad vom Meridian ab. Die alte Curie aber war
aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls nach Süden orientiert, wie aus
der Stelle des Plinius N. H. VII 212 sich ergibt, wonach von der Curie
(entweder vom Eingang oder vom Dache) aus der Mittagsstand der Sonne
beobachtet wurde. Nimmt man dazu, dass die Ausdehnung des Comitiums
nach Osten durch das Argiletum und die Cloaca maxima, die zur Zeit
der Anlegung des Comitiums noch ein oflfener Wasserlauf war ^) und nach
^) Daher ob in der Parabase des Gurculio 1 ibi ostentatores meru Den Text der Parabase
y,^lQ\iei&ai: inmedio{foro)propter canalem \ siehe lY. Anhang, die Cloaca m. Taf. IIB.
Handbuch der klass. Alteriumswiasenfichaft. III, 3, \i. 2. Aufl. 7
98
B. Topographie von Bom.
Süden zu durch die Nordgrenze des Forums bestimmt ist, so ergibt sich,
dass das Comitium ein nach den vier Himmelsgegenden orientiertes Tem-
plum war; an der Südseite lagen neben einander die Rostra (vgl. p. 81),
und rechts davon, von der Curie aus gesehen, die Graecostasis, der den
fremden Gesandten angewiesene Platz (vgl. p. 79). Varro LL. V 155: sub
dextra huius a comitio locus substrucfus, ubi nationum subsisterent legati, qui
ad senatum essent missi. Is Graecostasis appellatus a parte ut muüa.^) Ober-
halb der Graecostasis lag das Senaculum. Varro a. a. 0. Senaculum supra
Graecostasim, ubi aedis et basilica Opimia. Senaculum vocatum, ubi senatus
aut ubi seniores consisterent. Danach scheint das Senaculum der über dem
Comitium aufragende Abhang des Kapitels vor der Aedes Concordiae und
der Basilica Opimia gewesen zu sein, so dass das auf dem Comitium ver-
sammelte Volk ausser dem auf den Rostra befindlichen Redner die fremden
Gesandten und den Senat vor sich hatte. Ein locus subsiructus, wie die
Graecostasis war, scheint demnach das an und für sich hoch gelegene
Senaculum nicht gewesen zu sein.
Die Curie lag an der Nordseite des Comitiums mit der Front nach
Süden. Über ihre ursprüngliche Gestaltung wissen wir nichts, namentlich
darüber nichts, ob sie schon gleich der Caesarischen mit einem Secretarium
senatus und entsprechenden Nebenräumen verbunden war. Faustus Sulla
scheint sie beim Umbau auch vergrössert zu haben, da er die Statuen
des Pythagor^s und Alcibiades, die sich bis dahin in cornibus curiae (Plin.
N. H. XXXIV 26; zu dem Ausdruck vgl. Tac. ann. I 75) befunden hatten,
entfernte. In unmittelbarer Nähe der Curie erbaute Cato die erste Ba-
silica, die Basilica Porcia. Ihre Lage wird ziemlich genau bestimmt durch
Livius XXXIX 44: Cato atria duo Maenianum et Titi$im in lautumiis et
quattuor tabemas in publicum emit basilicamque ibi fecit, quae Porcia appel-
lata est und Ascon. ad Milon. p. 29: quo igne et ipsa curia conflagravit, et
item Porda basilica, quae ei erat iuncta, ambusta est. Die Lage der Lau-
tumiae nördlich vom Carcer am Fusse des Kapitels (vgl. p. 41) ist be-
kannt; die quattuor tabernae werden wir uns am Comitium selbst zu
denken haben, das doch wohl, wie auch ursprünglich das Forum, von
Tabemen umgeben war. Aber über eine allgemeine Ansetzung der Ba-
silica in möglichst unmittelbarer Nähe der Curie — denn das heisst
iunda — und jedenfalls mit der Front nach dem Comitium kommen wir
nicht hinaus. — In der Nähe der Basilica Porcia befanden sich die Sub-
sellia tribunorum. Plutarch Cato min. 5 i; d^ xaXovfiävrj IIoQxia ßaaiXixt]
TifArjTixov r]V dväd-tjfxa rov naXaiov Kdeviavog. Elcod-oveg ovv ixet xpij/ior/f«*»'
Ol drjixoQXOi xal xiovog Totg dig>Qoig sfinodcov €ivai doxovvTog iy^coifav vg>€3L€tv
avvov ^' ix^xacTtjcai. Die hier genannte Säule ist die columna Maenia,*)
^) Ueber den Verbleib der Graecostasis
in späterer Zeit steht nichts fest. Vielleicht
wurde sie bei Neuregulierung des Comitiums
und Verlegung der Rednerbühne ebenfalls
verlegt. Der Name, aber nicht die Abbildung
ist auf einem Fragment des Kapitolinischen
Planes erhalten (F. U. III 19). Vgl. O.Rich-
TEB, Gesch. und Rekonstr. der Römischen
Rednerbühne p. 40—42. Vita Anton. Pii 9, 2:
Graecostadium po8t incendium restUutum, Da-
nach scheint die Graecostasis ein immerhin
nicht unbedeutender Bau, vielleicht fthnlich
der Rednerbühne, gewesen zu sein.
*) Vgl. oben p. 84 und Detlefsbn, De
comitio Romano, Ann. d. Inst. 1860 p. 144.
6. Dm Zentrom Borns, a. Das Forum. (§ 28.)
99
von der es bei Pseudoascon. zur Div. in Gaecil. 16 p. 120 Or. heisst: MoB"
nius cum domum suam venderet Catoni et Flacco censoribus, ut ibi basüica
aedificaretur^ exceperat sibi ius unius columnae, supra quam tectum proiceret
ex provolantibus tabulatis, unde ipse et posteri eius spectare munus gladia-
torium possent^ quod etiamtum in foro dabatur. Die Nachricht ist höchst
unwahrscheinlich, zumal Plin. N. H. XXXIV 20 die Columna Maenia unter
den ältesten Ehrensäulen in der Stadt aufzählt; diese sei C, Maenio, qui
devicerat priscos Latinos, also 338 v. Chr. errichtet; sie hat aber insofern
topographischen Wert, als die auch durch Plutarch bezeugte Stellung der
Säule in der Nähe der Basilica Porcia dadurch erklärt werden soll (vgl.
Cicero pro Sestio 8, 18 und 58, 124). Die Beziehung zu dem ganz in
der Nähe gelegenen Carcer geht aus Pseudoasconius zu Div. in Caec. 16
p. 121 Or. hervor, wo es heisst: fures et servi nequam, qui apud triumviroa
capitales apud columnam Maeniam puniri söhnt. In direkter Beziehung
zum Carcer wird die Columna Maenia auch in der schon oben erwähnten
Stelle bei Plin. N. H. YII 212 über die Beobachtung des Sonnenstandes
gesetzt. Es heisst dort: (accensus consulum) a columna Maenia ad car-
cerem inclinato sidere supremam pronuntiavit, sed hoc serenis tantum diebus
usque ad primum Punicum bellum.^) — An der Aussenseite der Curie war
die Tabula Valeria angebracht. Plin. N. H. XXXV 22: Dignatio autem
praecipua Romae increvU, ut existimo, a M. Valerio Maximo Messala, qui prin-
ceps tabulam pictam proelii, quo Carthaginienses et Hieronem in Sicilia vicerat,
proposuit in latere Curiae Hostiliae anno ab urbe condita CCCCLXXXX.
Da Cicero in Vatin. 9, 21 sie noch erwähnt, so muss sie den sullanischen
Umbau überdauert haben.*) Durch die Tabula Valeria wird mehrere Male
der Ort, an dem die Tribunen sich aufhielten, bezeichnet, so z. B. in der
oben angeführten Stelle Ciceros: cum tu consulem in vincula duceres et ab
tabula Valeria coUegae tui mitti iuberent. Aus allen diesen Stellen ergibt
sich ein enger topographischer Zusammenhang zwischen der Curie, der
Tabula Valeria, der Basilica Porcia, der Columna Maenia^ dem Carcer und
den Subsellia tribunorum.^)
Auf dem Comitium stand vor der Curie zur Zeit des Augustus und
noch länger, der heilige Feigenbaum, der in wunderbarer Weise
*) H Olsen hat diese vielgeplagte Stelle
noch einmal einer Besprechung unterworfen
Rom. Mitt. 1898 p. 90 f. Er meint, Plinius
habe seine Quelle nachlässig exzerpiert, da
die euprema nicht in gleicher Weise astro-
nomisch festliege, wie der tneridies^ also
nicht das ganze Jahr hindurch durch die-
selben Fixpunkte bestimmt werden könne.
Auch der Begriff der suprema steht nicht
fest. Mit dem occmus solis ist sie nicht
gleich zu setzen, denn von ihm war in der
Pliniusstelle schon vorher die Rede. Viel-
mehr zeigt der Zusatz sed hoc serenis tan-
tum diebus, dass die suprema eintrat, wäh-
rend die Sonne noch hoch am Himmel stand.
Die Verschiedenheit von occasus solis und
suprema lehrt auch Varro LL. VI 5.
') Üeber Schwierigkeiten, die bei dieser
Ansicht entstehen, vgl. HOlsen, Mitt. d. Inst.
1893 p. 93.
') Das Geschichtchen bei Sueton, Divus
Julius 77: Idque factum eius tanto intolera-
bilius est visum, quod ipse triumphanti et
subsellia tribunicia praetervehenti sibi unum
e collegio Pontium Aquilam non adsurrexisse
adeo indignatus sit, ut proclamaverit Repete
ergo a me, Aquila, rem publicam tribunus
ist freilich bei dieser Lage der Tribunensitze
nicht gut zu erklären. Jordan bemerkt Top.
I 2 p. 307 Anm. 136 richtig: Die Triumphe
Cäsars fallen in die Jahre 708-710, d. h.
in die Zeit, als man mit der Umsiedlung der
Rostra und dem Neubau der Curie beschäf-
tigt war. Wer möchte sagen, wo damals
während des Triumphzuges die subsellia
standen?
100 B- Topographie von Born.
durch den Augur Attas Navius vom Palatin auf das Gomitium versetzt
worden war. Er wurde, wenn er, wie z. B. im Jahre 58 n. Chr.
(Tac. ann. XIII 58), verdorrte, durch einen andern ersetzt (Plin. N. fl.
XV 77). In der Nähe {nXrfliov Trjg tegag avxfjg Dionys. III 71) stand
die Statue des Attus Navius, im Jahre 52 v. Chr. beim Brande der
Curie untergegangen (Plin, N. H. XXXIV 21), und ein Puteal, d. h.
die einer Brunneneinfassung ähnliche Umfriedigung einer durch den Blitz
getroffenen Stelle. Hier sollten der Wetzstein und das Schermesser
des Attus Navius vergraben sein (Cic. de div. I 17, 33; Dionys. a. a. 0.).
Daselbst befand sich auch das Bild der säugenden Wölfin^) (Liv. X 23,
Plin. N. H. XV 77). Noch von anderen Altertümern auf dem Comi-
tium hören wir; doch sind dieselben teils beim Neubau der Curie durch
Sulla schon entfernt worden, teils sind sie bei der Neugestaltung des
Comitiums verschwunden. Dahin gehören die Statuen des Horatius Codes
(Liv. n 10, Dionys. V 25), des Hermodorus (Plin. N. H. XXXIV 26), des
Pythagoras und Alkibiades, femer ein schwarzer Stein und ein steinerner
Löwe, von welchen ersterer für das Grab des Romulus, letzterer für das
des Faustulus gehalten wurde.
29. Die Area des Forums. Die travertingetäfelte Area des Forums
ist, wie sie jetzt zu Tage liegt, im Süden wie im Norden von Strassen
begrenzt und ausserdem von einer parallel der Front des Caesartempels
laufenden Strasse durchschnitten. Dies ist nicht der ursprüngliche Zustand.
Ursprünglich, d. h. bis zu dem Zeitpunkte, wo Augustus den Tempel des
Divus Julius auf die Area des Forums setzte, lief nur eine Fahrstrasse über
dasselbe, die die Area an der Südseite begrenzende Sacra via. Sie trat
zwischen der Regia und dem Faustinatempel durch den Fabierbogen auf
das Forum und lief längs der Fronten der Regia, des Castortempels und
der Basilica Julia auf den Saturnstempel zu. Von hier begann sie als
Clivus Capitolinus in Windungen zum Capitolium emporzusteigen. Es ist
sicher, dass dieser Zustand schon bei Anlegung des Caesartempels ge-
ändert wurde, indem man die heilige Strasse, die unmittelbar nach ihi*em
Eintritt in das Forum durch den Fabierbogen sich im rechten Winkel
nach Süden wendete, bei der Anlage des Caesartempels überbaute und
dafür die jetzt parallel mit der Front dieses Tempels die Aiea des Forums
durchschneidende Strasse anlegte, also die Area des Forums erheblich ver-
kleinerte. Dafür spricht auch, dass zwischen dem Caesartempel und der
Regia kein hinreichender Raum für eine Strasse ist. Die dort noch nach-
weisbare Umfassungsmauer des Vestatemenos tritt mit ihrer Nordwest-
ecke ziemlich dicht an die Südostecke des Caesartempels. Späteren
Ursprungs ist die die Forumsarea im Norden begrenzende Strasse, so
wie sie jetzt zu Tage liegt. Denn es ist sicher, dass das Comitium un-
mittelbar, nicht getrennt durch eine Strasse, an das Forum stiess, viel-
mehr stand in republikanischer Zeit auf der Grenze beider der lange
Suggestus der Rednerbühne (vgl. p. 81). Es ist ferner sicher, dass zur
^) Vgl. Ublichs, De lupa ahenea Capito- 1 De arte Rom. ant. II p. 5 ff. Stbtbnson, Ann.
lina,Rhein.Miis.N.F.lV,p.ol9ff. Detlefsen, | d. Inst. 1877, p. 375.
5. Das Zentrum Borna, a. Das Forum. (§ 29.) 101
Zeit des Augustus die Area des Forums breiter war, als sie jetzt ist. Als
man nämlich die neue Rednerbühne mit ihrer 24 m = 80 römische Fuss
betragenden Front an der westlichen Schmalseite des Marktes errichtete,
hat man sie ohne Zweifel so angelegt, dass sie in der Mitte zwischen
dem Süd- und Nordrande der Area lag. Jetzt aber ist sie vom Südrande
14 m, vom Nordrande kaum 7 m entfernt. Die Area ist also im Norden
gerade um die Breite der Strasse verschmälert worden. Dagegen ist an-
zunehmen, dass vor der Basilica Aemilia eine Strasse herlief. Die wich-
tige, zwischen der Curie und der Basilica Aemilia aufs Forum mündende
Strasse, das Argiletum, musste füglich mit der Sacra via in Verbindung
stehen. Diese Verbindung ergab sich naturgemäss durch die angegebene
Strasse, die von dem Endpunkt des Argiletums bis zum Fabierbogen ging.
Über dieser Strasse stand der von uns an der Nordseite der Aedes Divi
Juli angenommene Augustusbogen. Wegen der Benennung dieser Strasse
als .Tanusstrasse s. unten p. 106 f. — Das Pflaster von Travertinplatten,
welches jetzt noch auf der Area des Forums liegt, stammt natürlich aus
der spätesten Zeit des Altertums. Merkwürdig und nicht erklärt ist eine
darauf eingeritzte, geradlinige Figur von grossen Dimensionen. Vgl. den
Plan. An mehreren Stellen sieht man auch Reste älterer Pflasterungen,
so z. B. beim Caesartempel, unter demselben liegen; doch ist die Niveau-
dififerenz nicht erheblich. Längs der die Area einsäumenden Strassen liegen
erhöhte Bordschwellen (crepidines), in denen sich in Abständen von 2 — 3
röm. Fuss (0,60—0,80 m) quadratische Löcher befinden, wie sie sich auch
in Pompei gefunden haben. Sie dienten entweder zum Aufrichten von
Schranken oder von Stangen, an denen Velarien befestigt wurden. Plin.
N. H. XIX 23, 24 Caesar dictator totum forum Romanum intexit .... Deinde
et sine ludis Marcellus .... velis forum adumbravü. Das Lavapflaster der
über das Forum laufenden Strassen ist erst nach der Aufdeckung durch
teilweise Neupflasterung in den heutigen Zustand versetzt. — Über die
Niveauverhältnisse des Forums vgl. Jokdan Top. I, 2 p. 166 flf. Danach
liegt der niedrigste Punkt beim Castortempel, nach Osten und Westen
steigt das Niveau. Übrigens bezeichnet auch die das Forum westlich vom
Castortempel schneidende Cloaca maxima (vgl. den Forumsplan Taf. 10 und
Taf. IIB) die niedrigste Stelle zwischen Kapitel und Palatin. Die Länge
der Area des Forums betrug, gerechnet von der Substruktionsmauer, an
welche die Rednerbühne angebaut ist, bis zur Front der Regia 154 m, die
Breite bei den Rostra (nach der obigen Berechnung 14 + 24 + 14 m) 52 m.
Ob die Area ein Rechteck gebildet hat, ist vor Freilegung der Nordseite
nicht endgültig zu entscheiden; doch scheint es nicht so, da die Redner-
bühne sonst wohl mit dem Südrande der Area einen rechten Winkel bilden
würde. Auch ist die von dem Südrande der Area abweichende Orientie-
rung des Caesartempels, des Augustusbogens und des umgebenden Pflasters
(womit die Orientierung des Faustinatempels übereinstimmt) wohl durch
die uns bis jetzt unbekannte Nordlinie des Forums bedingt. Durch die
Anlage der Strasse vor der Front des Caesartempels ist die Area in der
Länge bis auf 100 m verkleinert worden, durch die Anlage der Nord-
strasse in der Breite bis auf 45 m.
102
B. Topographie von Born.
80. Bauten auf der Area. Von den auf der Area des Forums er-
richteten Oebäuden ist das wichtigste der Janustempel, ein kleines,
gerade nur für die Aufnahme des zweigesichtigen, nach Ost und West
schauenden Janusbildes, des Janus Geminus,^) ausreichendes Heiligtum.
Nach einer Abbildung aus der Zeit des Nero (Cohen, Nero Taf. XI N. 153.
161. 178. 183) bestand er aus zwei durch Seitenwände verbundenen Bogen,
deren Öffnungen nach Ost und West gerichtet waren, hatte also die Form
eines antiken Stadtthores, daher er auch von der Sage als solches behandelt
und von Varro (LL. V 165) unter den innerhalb der Stadt befindlichen ehe-
maligen Thoren aufgeführt wird (vgl. p. 38 Anm. 1 und Taf. 5b). Unzweifel-
haft war er uralt und hat nachweislich bis in die sinkende Zeit des Beiches
bestanden. Noch Prokop (Goth. I 25) erwähnt und beschreibt ihn. Er wird
auch belli portae genannt, weil durch das Öffnen der Thorflügel der Krieg,
durch ihr Schliessen der Friede angezeigt wurde, ein Gebrauch, dessen
Entstehung und Sinn nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden kann. Ge-
schlossen wurde er zum erstenmal unter der Regierung des Numa, zum
zweitenmal nach Beendigung des ersten punischen Krieges im Jahre 235.
Augustus schloss ihn dreimal, zuerst nach der Schlacht bei Actium im
Jahre 30 v. Chr.,^) dann nach Beendigung des Gantabrerkrieges im Jahre
25 v. Chr., endlich (wahrscheinlich) nach Beendigung der germanischen
Kriege des Drusus und Tiberius im Jahre 1 v. Chr. (vgl. Res gestae D. A.
ed. MoMMSBN^ p. 50, 51). Auch Nero u. a. schloss ihn. — Die leider nicht
allzu bestimmt lautenden Nachrichten über seine Lage geben an, dass er
am Forum an der Stelle gestanden habe, wo das.Argiletum, die von der
Subura herkommende, durch die Anlage der Kaiserfora aber in ihrem
unteren Teile verschwundene Strasse, in dasselbe einmündete (Liv. I 19, 2
ad infimum Argüetum, Mart. X 28, 3 ff.), also zwischen der Curie und der
Basilica Aemilia. Nach anderen Nachrichten stand er vor der Curie
(Prokop Goth. I 25), oder vor der Thür der Curie (Dio Cass. LXXIII 13).
Andrerseits heisst es bei Ovid. Fast. I 258, er habe auf der Grenze zweier
Fora (also zwischen dem grossen und dem Forum Julium) gestanden. Im
allgemeinen ist seine Lage an der Nordseite des Forums bei der Curie
dadurch bestimmt. 3) .
An der Stelle, wo die grosse Kloake in die Area des Forums ein-
trat, stand ein Heiligtum der Venus Cloacina (Liv. III 48, Plin. N. H.
XV 119). Darstellung auf einer Münze aus dem Jahre 49 v. Chr. (Cohen,
Mon. de la r^p. Taf. XXIX, Mussidia 5. 6). Das Cloacinae sacrum wird
in der Parabase des Curculio v. 471 erwähnt (vgl. Hülsen, Rom. Mitt. 1893
p. 284).
Mitten auf der Area des Forums befand sich der Lacus Curtius.
») über das Göfcterbüd Plinius N. H.
XXXIV 33 und Prokop. Goth. I 25. Danach
war es 4,7 m hoch. Vgl. Dbtlefsen, De arte
Rom. ant. I p. 21.
') Liv. I 19. Bis deinde post Numae
regnum clausus fuity semel T. Manlio con-
sule post Punicum primum perfectum bellum,
iterum, jMod nostrae (utati dii dederunt ut
videremus, post beUum Actiaeum ab Impera-
tor e Caesar e Augusto pace terra marique parta,
') Vgl. Chr. Hülsen, Sopra un edifizio
antico giä esistente presso la chiesa di S.
Adriano al foro Romano. Ann. d. Inst. 1885,
p. 323 ff., wo diese Frage ausfOhrlich behan-
delt ist.
5. Das Zentrnm Roma. a. Daa Forum. (§ 30.) 103
Die di*eifache Überlieferung über die Entstehung des Namens, von dem
Ritter Curtius, der sich in den plötzlich entstandenen Erdspalt stürzt
(Liv. VII 6), von dem Sabiner Curtius, der sich dorthin vor dem an-
drängenden Romulus zurückgezogen hatte (Liv. I 13, Dionys. 11 42), und
dem Konsul Curtius, der den vom Blitze getroffenen Ort eingehegt habe,
steht bei Varro LL. V 148 — 150. Zur Zeit des Augustus war er nichts
anderes als ein trockenes Puteal. Damals pflegten die Römer in dasselbe
alljährlich eine Geldspende „ex voto*" für das Wohlergehen des Augustus
zu werfen (Suet. Aug. 57). Aber es muss an dessen Stelle ehedem ein
Brunnen gewesen sein (Ovid. Fast. VI 403), denn das bedeutet lacus. Wann
er zugeschüttet wurde, ist nicht bekannt. Neben diesem Lacus Curtius
wurde im Jahre 69 n. Chr. Oalba ermordet (Tac. bist. 1 41, Suet. Galba 20). —
Ebenfalls auf der Area des Forums standen einst nebeneinander ein Feigen-
baum, ein Ölbaum und ein Weinstock. Ein von denselben beschatteter
Altar war bei den letzten Oladiatorenspielen, welche Caesar gab, entfernt
worden (PUn. N. H. XV 78).
Ein drittes Puteal, ebenfalls an einer vom Blitze getroffenen Stelle
errichtet, war das Puteal Libonis (bei Cicero pro Sestio 18 einfach Pu-
teal), auch Scribonianum genannt (Fest. p. 333)^), zwischen dem Castor-
und Vestatempel. Noch zur Zeit des Augustus befand sich in der Nähe
desselben das prätorische Tribunal, welches ursprünglich auf dem
Comitium gewesen war (Liv. XXVII 50) und im 2. Jahrb. Vi Chr. hierher
verlegt wurde. Die genauere Stelle desselben ist nicht mehr zu ermitteln,
ebensowenig können wir die Stelle angeben, wo die Statue des Marsyas
gestanden hat. Dieselbe war noch bis mindestens in die Zeiten Hadrians
auf dem Forum. Auf den Rostrabalustraden (vgl. Taf. 8) ist sie unter einem
Feigenbaum stehend an dem den Rostra gegenüberliegenden Ende des
Marktes dargestellt.') Die topographische Zusammengehörigkeit des Tri-
bunal, des Puteal Libonis und des Marsyas ist sicher. Ersteres wird oft
genug durch die beiden andern bezeichnet, so z. B. von Horaz sat. I 6, 120,
wo er sein Erscheinen vor Gericht zum Zwecke einer Bürgschaft mit den
Worten: obeundus Marsya ausdrückt; ferner ep. I 19, 8 und sat. II 6, 35,
wo das Puteal Libonis in gleicher Weise als Bezeichnung der Qerichts-
stätte dient; damals scheinen hier namentlich oder ausschliesslich CivU-
prozesse verhandelt worden zu sein. Für die zahlreichen Schwurgerichts-
verhandlungen müssen an verschiedenen Stellen des Forums Tribunale er-
richtet worden sein. Eins davon, das Tribunal Aurelium, wird von Cicero
pro Sestio 34, in Pisonem 11, de domo 54 erwähnt; in gleicher Bedeutung
nennt er pro Cluentio 93 die gradus Aurelii, die zu dem Tribunal füh-
renden Stufen. Von allen diesen Tribunalen ist selbstverständlich keine
Spur mehr auf dem Forum zu finden. Seit Erbauung der grossen Basi-
^) Der Steinring neben dem Gastortempel,
den noch Jobdan, Top. I, 2. 403 für dieses
Puteal hielt, hat sich bei den von mir im
März und April 1888 angestellten Ansgra-
möglicherweise vom Augustosbogen stammen,
herausgestellt.
2) Vgl. Jordan, Marsyas auf dem Forum
in Rom, 1883; Petersen, Die Relief schranken
bungen als ein auf dem modernen Aus- l auf dem Römischen Forum, Rom. Mitt. 1898,
grabungsschutt liegender Bau aus Steinen, die | p. 326.
104 B. Topographie von Born.
liken und noch mehr seit Anlage der Eaiserfora hört die Rechtsprechung
auf dem Markte auf.
31. Ehrendenkmäler auf der Area. Eine Hauptgattung von Bauten
auf der Area bilden die Ehrendenkmäler. Schon oben p. 81 waren die
bei den Rostra befindlichen Denkmäler etc. aufgeführt; in gleicherweise
waren auch andere Teile der Area, namentlich die Ränder der die Area
begrenzenden Strassen, der Sacra via und der nach Errichtung des Severus-
bogens angelegten Nordstrasse mit zahlreichen Säulen, Statuen etc. ge-
schmückt. Nur selten freilich und zufällig erfahren wir durch die Schrift-
steller von bestimmten Statuen. So wissen wir z. B. durch Cicero Phil.
VI 13 von Statuen des L. Antonius und des Q. Tremulus, letztere vor dem
Tempel des Castor (Plin. N. H. XXXIV 23; p. 86 Anm. 2). Die noch er-
haltenen Reste gehören fast alle der letzten Zeit des Reiches an. Auch von
den datierbaren Inschriften geht kaum ein Viertel über die Zeit der 4^*"
tonine hinaus, i) Nichtsdestoweniger ist die Sitte, Statuen um das Forum
herum zu setzen, schon in republikanischer Zeit nachweisbar. Hier ist
offenbar jedes Jahrhundert der Feind des vorangegangenen gewesen und
die Beute des folgenden geworden, und namentlich hat man wohl in der
Kaiserzeit aus politischen wie aus künstlerischen Gründen erst die repu-
blikanischen, dann die Denkmäler früherer Kaisergeschlechter allmählich
vom Forum entfernt. Einen ganz neuen Schmuck erhielt die Stadt und
mit ihr auch das Forum noch einmal in der allerletzten Zeit des Alter-
tums. Als im Jahre 394 n. Chr. die heidnischen Tempel für immer ge-
schlossen wurden, wanderten die Statuen der Götter von ihren Altären
in die öffentlichen Gebäude und auf die Plätze. De Rossi, Bull. Christ.
1865 p. 5, Bull. com. 1874 p. 174. CIL. VI 1, 1651—72. — Erhalten sind
von Ehrendenkmälem: 1. Sieben grosse Backstein postamente in Würfelform
längs der Front der Basilica Julia, die nach Ausweis von Ziegelstempeln
aus der Zeit Diocletians stammen. Sie waren ehedem mit Marmor be-
kleidet und bestimmt, Ehrensäulen zu tragen, von denen Fragmente sich
noch in der Nähe der Basen befinden. — 2. Die Phokassäule mitten auf
der Area des Forums. Nach der Inschrift CIL. VI, 1. 1200 ist sie im Jahre
608 n. Chr. zu Ehren des oströmischen Kaisers Phokas errichtet, doch ist
viel wahrscheinlicher, dass die Säule schon vorher stand und nur die
Bildsäule des Kaisers darauf gesetzt wurde. Das sie umgebende Stufen-
postament ist aus altem, schon anderwärts gebrauchtem Material her-
gerichtet und mag zur Zeit des Phokas erst aufgeführt sein.*) — 8. Reste
von Ehrendenkmälern aus ganz später Zeit befinden sich auch am Nord-
rande des Forums, darunter die beiden ursprünglich zu der Rednerbübne
gehörigen Marmorbalustraden, die in der rohen Weise der spätesten Zeit
des Altertums zum Bau einer Ehrenbasis verwendet waren,») fem er Denk-
mäler aus der Zeit des Stilicho, schon aus alten Werkstücken hergestellt,
Ehrendenkmal für Honorius und Arcadius wegen des Sieges über den
*) Vgl. H. JoRDAH, Sylloge inscr. fori | Archaeologia LU (1890) p. 183 ff. Hülsen,
Rom. Eph. epigr. 1877 p. 237 ff. \ Rom. Mitt. 1891 p. 88 ff.
«) Vgl. F. M. NiCHOLs, lieber das Alter «) 0. Richtkb, Rednerbflline, 1884, p. 62.
der Säule, in den Mitt. d. Inst. 1888 p. 99 und |
S. Das Zentrum Yon Rom. a. Das Forum. (§ 31.) 105
afrikanischen Rebellen Oildo (398 n. Chr.) u. a. Vgl. Hülsen, Rom. Mitt.
1895 p. 52. — 4. In der Mitte der Area steht der Gusskern einer niedrigen
Basis, die offenbar bestimmt war, ein Reiterstandbild zu tragen, auch
diese aus späterer Zeit; sie ist ohne weitere Fundamentierung auf das
Travertinpflaster des Forums aufgesetzt, steht aber vermutlich an der-
selben Stelle, wo schon die Statue des Domitian (Stat. silv. I 1. 29) ge-
standen hat. Lanciani (Itiner. Eins. p. 21) vermutet, dass hier die Statue
Gonstantins gestanden haben könne.
Ein ganz besonderes Gepräge gaben dem Römischen Forum die auf
demselben errichteten Triumphbögen. Als ältestes Eingangsthor von
Osten her haben wir oben (p. 92) den Fabierbogen kennen gelernt. Seit
Beendigung der grossen von Cäsar angebahnten Umgestaltung des Forums
waren in symmetrischer Weise die vier Ecken des Marktes mit Triumph-
bögen besetzt (p. 91 Anm. 4). Zu beiden Seiten der Rednerbühne standen
die Bogen des Tiberius und (vermutlich) des Drusus (vgl. 0. Richter, Die
Augustusbauten auf dem Forum Romanum, Jahrb. d. Inst. 1889 p. 160).
Der Bogen des Drusus ist durch den Severusbogen (vgl. p. 83) verdrängt
worden, von dem Bogen des Tiberius, welcher nach Tacitus ann. II 41
neben dem Tempel des Saturn ob recepta signa cum Varo omissa ductu
Germanici, auspiciis Tiberii errichtet wurde, sind dürftige Reste früher an
der Nordwestecke der Basilica Julia zum Vorschein gekommen; auch In-
schriftfragmente, die zu dem Bogen gehören mögen, sind in der Nähe
gefunden (CIL. VI 1. 906 nebst add.).^) Gegenüber zu beiden Seiten der
Aedes Di vi Juli standen die beiden Augustusbögen (p. 91).
Neben den Triumphbögen erscheinen die Janusbögen.
Auf das Forum mündeten, abgesehen von der Sacra via und dem
Clivus Capitolinus, sechs Strassen: Von Süden her: 1. Zwischen Satum-
tempel und Basilica Julia der Vicus Jugarius, dessen Name nach Festus
290 epit. p. 104 von einem an der Strasse befindlichen Altar der Juno Juga
„quam putabant matrimonia iungere" herkommt, vielleicht aber mit Nibby
(For. Rom. p. 103) von iugum herzuleiten ist.*) — 2. Der Vicus Tuscus
zwischen Basilica Julia und Castortempel. Nach Liv. II 14 kommt der
Name von den Etruskern her, die nach dem verunglückten Zug Porsinas
gegen Aricia nach Rom geflohen waren und hier angesiedelt wurden,
nach Varro LL. V 46 (Tac. ann. IV 65) von den mit Celes Vibenna dem
Romulus gegen Titus Tatius zu Hilfe gekommenen Etruskern (Fest. p. 355).
Er war eine Hauptverkehrsstrasse und wird dem entsprechend oft er-
wähnt. Das den Vicus bevölkernde Publikum war nicht gut. In der Para-
base des Curculio heisst es v. 482: in Tusco vico ibi sunt homines qui ipsi
sese venditant und Horaz sat. II 3, 228 spricht yon der Tusci iurba impia
vici. — 3. Ein vom Palatin herkommender, zwischen Castortempel und
Vestatempel ins Forum mündender Treppenweg. — Von Norden her:
4. Die von der Porta Fontinalis herkommende Strasse (Clivus argen-
0Vgl.MoMM8RN,Re8gestaeDiviAugU8ti«, 1 Liv. XXIV 47, XXVn 37, XXX 21. Jordan
p. 128. übersetzt den Namen mit ,Jochmacher8trasse'
^) Die Strasse wird oft genannt, z. B. | Top. I 2 p. 468.
106
B. Topographie von Rom.
tarius)!) zwischen Concordiatempel und Curie. — 5. Zwischen der Curie
und Basilica Aemilia das Argiletum. Über die Ableitung des Na^
mens vgl. Varro LL. V 157 und Serv. ad Aen. VIII 346. Gleich dem
Vicus Tuscus war er eine Hauptverkehrsstrasse (p. 49), in der u. a. auch
Buchläden sich befanden (Mart. 13, 1; 117, 9). Unweit der Mündung der
Strasse in das Forum stand der Janustempel (vgl. p. 101 f.). Durch Domi-
tian und Nerva wurde die Strasse in das Forum Transitorium umgestal-
tet. 2) — 6. muss eine Strasse auch zwischen Basilica Aemilia und Faustina-
tempel auf das Forum geführt haben, ihr Name ist unbekannt.
Diese Strassen waren, wenn nicht alle, so doch der Mehrzahl nach,
bei ihrer Einmündung ins Forum von Janusbögen überspannt. Zu Tage
gekommen ist freilich nur einer, nämlich der Best des den Vicus Jugarius
überspannenden Bogens, der übrigens ein später Bau ist. Aber z. B. die
Abbildungen des Forums auf den Rostrabalustraden zeigen die auf dasselbe
mündenden Strassen von Bogen überspannt (vgl. Taf. 8). Andrerseits ist
sicher, dass der Vicus Tuscus bei seiner Einmündung ins Forum nicht von
einem Janus überspannt war. Der Stylobat des Castortempels mit seinen
Kammern (vgl. p. 87 f.) sowie der Stufenbau der Basilica Julia liessen ein
solches Bauwerk nicht zu. — Genannt wird ein Janus primus (aller-
dings unsicher, ob vom Forum; vgl. Henzen, Comm. in hon. Mommseni
p. 642), CIL. VI 2, 12816: Äufidius . . , ab Jano primo, häufiger der Janus
medius, weil er als Mittelpunkt des Geldverkehres eine Berühmtheit
hatte. Die Frage, wo dieser Janus medius zu suchen sei, ist noch immer
eine offene. Die ihn erwähnenden Stellen bezeichnen ihn als Mittelpunkt
des Geldverkehrs, als die römische Börse. Cic. de oflf. II 87: De coüocanda
pecunia commodius a quibusdam optimis viris ad Janum medium sedentibus
disputatur. Cic. Phil. VI 15 Sed illa statua palmaris, de qua, d meliora tem-
pora essent, non possem sine risu dicere: ,L, Antonio a Jano medio patrono^.
Itane? Janus medius in L. Äntoni clientela est? Quis unquam in illo Jano
inventus est, qui L, Antonio mille nummum ferret expensum ? Hör. sat. II
3, 18 postquam omnis res mea Janum ad medium fra^ta est Der Janus
medius mag zu einer früheren Zeit Ort des Geldwechsels etc. gewesen
sein. Dass aber die Börsengeschäfte einer Stadt wie Rom zu der Zeit,
aus der diese Stellen stammen — zweite Hälfte des letzten Jahrhunderts
V. Chr. — , nicht in einem Janus abgemacht werden konnten, ist selbst-
verständlich. Damals muss also der Janus medius der Gegend den Namen
gegeben haben, ihr Wahrzeichen geworden sein. Dies zeigt auch Hör. Ep. I
1,54:
0 cives, cives, quaerenda pecunia primum est,
virtus po8t numtnos, Haec Janus summus ah imo
prodocet,
woraus Bentley zu der Stelle geschlossen hat, dass Horaz eine Janus-
strasse bezeichne und dass die Bezeichnung medius sich ebenso wie die
Bezeichnungen summus und imus auf diese Strasse beziehe, von einem
*) VgLOrdo Benedicti bei Lanciani p. 119.
Mirabüia 24. Der Name kommt im Alter-
nicht vor.
') Vgl. Lakciaki, La cloaca massima^BuIl.
com. 1890 p. 100 ff.
FORUM f
10 1 o
<^^ie
Zum Handbuch, d.lcla^s. Alierluiaawissenachaft 111,3. 2.Aufl.
1 AediculcL FaustUiae
2 Verbautes Thor des TdbuZariujns
3 FortUus
4 JajULshogerv
5 Schwur'%es PflcLster
6 Springbnuvnjen/
7 SacetUuiv Veneris ClocuincLB
8 Fiutdjort der Inschrift des CCcuesar
9 ^TYl/
10 LcLOis JuUtrruve
C.H.Beck'sclie Verlagsbuchli
! OM AN U M
t:er
TBf&l W
et rUiJtu/mrn
I4f Sa>craj*tu.m Uarüs f^t
md!ung in München
6. Das Zeotrnm tob Born. a. Das Forum. (§ 31.) 107
Janusbogen sei keine Rede. Lanciani, der ihm beistimmt (Bull. com. 1890
p. 100) hält die vor der Basilica Aemilia hinlaufende Strasse (nach ihm
ist es dieselbe, die jetzt zu Tage liegt und durch den Severusbogen geht,
vgl. aber oben p. 100) für diese Janusstrasse, den Namen leitet er von
dem an ihr liegenden Janustempel ab. Indessen sind die Cicerostellen,
die doch für den Janus medius allein in Betracht kommen, derartig, dass
man zugeben muss, Cicero spricht von einem Janus (namentlich Phil. VI 15
in illo Jano) und nicht von einer Strasse. So wenig man also aus der
Horazstelle einen Janus summus und imus konstruieren darf, so unleugbar
erscheint mir die Existenz eines Janus medius auf dem Forum, wie schon
Jordan, Top. I 2 p. 216 richtig erkannt hat. Aus dem Namen nun, der auf
die Mitte des Forums deutet, wie aus der Notiz des Porphyrie zu Horaz,
sat. II 3, 18: quia omnes ad Janum in basilica stabant feneratores, ergibt
sich als Stelle dieses Janus der Punkt, wo das Argiletum (vgl. p. 106) in
das Forum mündete, also zwischen der Curie und der Basilica Aemilia.
Dass der Name Janus medius auch noch in der Kaiserzeit vorkommt
(CIL. VI 5845, 10027), würde nur beweisen, dass der Name auf das nach
Umwandlung des Argiletums in das Forum Nervae an Stelle dieses Bo-
gens entstandene prachtvolle Eingangsthor übergegangen ist, im übrigen
aber die Qegend ihren Charakter als ,Börse' behalten hat. Vielleicht darf
damit in Verbindung gebracht werden, dass Domitian auf diesem Forum
ein Heiligtum des aus Falerii stammenden vierköpfigen Janus aufstellte.
Auf diese Weise stand das untere Argiletum gänzlich unter dem Schutze
des Janus: nicht weit von seiner Einmündung auf das Forum der Janus-
tempel (Janus Geminus), über dem Ausgang selbst der Janus medius und
weiter hinauf der Janus quadrifrons. — Nicht von diesem Janus ist
bei Horaz Ep. I 20, 1
Vertumnutn Janumque, liber, spectare videria
die Rede, sondern von einem nicht weiter bekannten, in unmittelbarer
Nähe des Vertumnus, also im Vicus Tuscus hinter dem Castortempel be-
findlichen. Der Vertumnus (Cic. in Verr. I 154, Liv. XLIV 16, Varro LL.
V 46, Propert. IV 2) stand dort, wie es scheint, an der von einem Janus-
bogen überspannten lebhaften Kreuzung des Vicus Tuscus mit der hinter
dem Castortempel und der Basilica Aemih'a herlaufenden Strasse.
Litteratur: A. Garistie, Plan et coupe d'une partie du Forum Romain, 1829. —
Gig. Angklini ed. A. Pba, II foro Romano, la sacra via, il clivo Capitolino dal 1809—1837. —
L. Ganina, Del foro romano e sne adjacenze, 1834 und 1845. — Tocco, Ripristinazione
del foro romano, 1850. — Ravioli e Montiboli, II foro romano, 1852. — Üütert, Le
forum Romain et les forums de Jules G^sar etc., 1876. — H. Jordan, Sylloge inscriptionum
fori Romani, in der.Ephem. epigr. 1876 (III), p. 237 ff. — H. Jordan, Gapitol, Forum und
Sacra via in Rom, 1881. — 0. Mabügchi, ü foro Romano, in den Studi in Italia, 1883.
Von demselben: Description du forum romain et guido pour le visiter, 1885. — 0. Richter,
Die Augustusbauten auf dem Forum Romanum, Jahrb. d. Inst. 1889, p. 137 ff. — Ghb. Hülsen,
Forum Romanum, Roma 1892. — Lew und Lügkbnbach, Das Forum Romanum der Eaiser-
zeit, München und Leipzig 1895. — H. Thi^denat, Le Forum Romain et les forums Im-
p^riaux, Paris 1898. — Lanciani, The ruins and excavations of ancient Rome 1898, p. 234 ff. —
üeber die Lage des Gomitiums: Th. Mommsen, De comitio romano etc., Ann. d. Inst. 1845,
p. 288 ff. — Detlbfsbn, De comitio, Ann. d. Inst. 1860, p. 128 ff. — Rbber, Guria Hostilia,
1858. — Brecher, Die Lage des Gomitiums etc., 1870. — Hülsen, Das Gomitium und seine
Denkmftler in der republikanischen Zeit, Rom. Mitt. 1893, p. 79 ff.
108 B. Topographie von Rom.
b. Die Kaiserfora.
(Vgl. Taf. IIA.)
32. Nördlich vom Forum zwischen Kapitol und Quirinal bis an die
Linie der Servianischen Mauer und noch ein Stück über sie hinaus be-
fand sich noch in der Zeit, wo Cäsar seine ersten Pläne wegen Um-
gestaltung und Verschönerung Roms in Angriff nahm, einer der eng-
gebautesten und bevölkertsten Stadtteile, der wie alle nahe dem Forum
gelegenen Quartiere eine gesuchte Geschäftsgegend war. Öffentliche An-
lagen gab es hier so gut wie gar nicht. Als Qrenze, bis zu welcher
Cäsar seine zur Erweiterung des Forums bestimmten Anlagen ausdehnen
wollte, wird bei Cic. ad Att. IV 16, 14 das Atrium Libertatis genannt:
Itaque Caesaris amici — me dico et Oppium, dirumparis licet — in monu-
mentutn iüud, quod tu tollere laudibus solebas, ut forum laxaremus et usque
ad atrium Libertatis explicaremus, contempsimus sescenties HS» Qemeint ist
mit der Erweiterung des Forums die Anlage des Forum Julium. Damit
ist nun freilich nicht gesagt, dass schon durch diese Anlage die projek-
tierte Ausdehnung bis zum Atrium Libertatis erreicht worden ist, zumal
Cicero zunächst nur von einem Plane spricht. Vielmehr geht aus Tac.
bist. I 31 und Suet. Galba 20 hervor, dass das Atrium ziemlich entfernt
vom grossen Forum gewesen sein muss. Bei der Katastrophe des Galba
werden Soldaten, die im Atrium Libertatis lagen, herbeigeholt, aber sie
kommen zu spät, um die Ermordung des Kaisers auf dem Forum zu
hindern : in auxüium advolaverunt, sed serius itinere devio per ignorantiam
locorum retardati.
Das Atrium 1) Libertatis war das Amtslokal und Archiv der Cen-
soren. Es heisst von ihnen Liv. XLIII 16 : censores extemplo in atrium
Libertatis escenderunt, et ibi signatis tabellis publicis clausoque tabulario et
dimissis servis publicis negarunt se prius quicquam publici negotii gesturos
quam iudicium populi de se factum esset^) Wann es gegründet ist, wissen
wir nicht, der Stiftungstag war nach Ovid Fast. IV 624 der 13. April.
In dem Atrium muss sich ein Heiligtum der Libertas befunden haben,
zur Kennzeichnung eines Hauptteiles der censorischen Geschäfte, der Fest-
stellung der Bürgerliste und der damit verbundenen Scheidung von Freien
und Unfreien, Liv. XLV 15. Auch wird es als ein Ort genannt, in wel-
chem gewisse Gesetze angeheftet wurden, Fest. p. 241. Gran. Licin. ed.
Bonn. p. 15. Im zweiten punischen Kriege werden darin Geiseln auf-
bewahrt (Liv. XXV 7), nach Cic. pro Mil. 59 Sklaven gefoltert. Nach Fest.
p. 141 brannte es am Anfang des 2. Jahrhunderts v. Chr. ab. Eine pracht-
volle Wiederherstellung erfuhr es zur Zeit des Augustus durch Asinius
PoUio (Suet. Aug. 29). Dieser gründete in dem Atrium die erste Biblio-
thek: primum autem Romae bibliothecas publicavit PoUio graecas simul at-
que latinas additis auctorum imagifiibus in atrio, quod de manubiis magni-
ficentissimum instruxerat (Isid. Orig. 6, 3, vgl. Ovid Trist. HI 1, 71. Plin,
*) üeber die Bedeutung von atrium vgl. 1 ^) Vgl. Liv. XXV 7, XXXIV 44, Fest
Jobdan, Forma urbis p. 28 ff. | p. 241.
A PLAN DER
Zum Sandbudv der Idass.J^lteitianswisMnschaft 01,3. 2. Aufl.
C H.Becldsdie \erlagsbi
KAISERFORA.
Tattt.
Ühandhing mlCimchen.
G«o|;EAnst.vli9äi^nBr t, Dcbes, Leipzig .
6. Das Zentrum Borns, b. Die Eaiserfora. (§§ 32. BS.) 109
N. H. Vn 115, XXXV 10, XXXVI 24). — Wie lange das Atrium Liber-
tatis bestanden hat, ist nicht bekannt. Nach dem Tod Galbas wird es
nicht mehr genannt. Dagegen ist im 6. Jahrhundert n. Chr. der Name
für einen Teil der Curie gebräuchlich, i)
Ein zweites öffentliches Gebäude in diesem Quartier war das nicht
weit vom Forum gelegene Macellum, ein Zentralmarkt, der 179 v. Chr.
durch Fulvius Nobilior (Liv. XL 51) unter Benutzung des hier seit langer
Zeit befindlichen Forum piscatorium (Liv. XXVI 27) errichtet wurde.
Der Überlieferung nach wurde es an einem Platze erbaut, der durch Ab-
reissen von Häusern verurteilter Verbrecher gewonnen war (Fest. p. 125,
Varro L. L. V 147). Wie lange dasselbe bestanden hat, ist nicht bekannt;
da aber unter Augustus das Macellum Liviae auf dem Esquilin angelegt
worden ist, so darf man annehmen, dass es schon durch die Anlage des
Augustusforums verdrängt wurde. — Durchschnitten wurde dieses Quartier
von einer Hauptstrasse, dem von der Subura herkommenden und in die
Nordseite des Forums zwischen Curie und Basilica Aemilia einmündenden
Argiletum (vgl. p. 106). Auch diese Strasse fiel in den Bereich der
Kaiserfora; sie wurde später in das Forum des Nerva (Forum transito-
rium) verwandelt. Nach dem Kapitel zu machte die Grenze die vom Forum
nach dem Marsfeld führende Strasse, wahrscheinlich Clivus Argentarius
genannt,^) heute Salita di Marforio (so genannt von der Statue eines Fluss-
gottes, die hier neben Sta. Martina stand, jetzt im kapitolinischen Museum; 3)
ihr Niveau liegt nicht bedeutend über dem antiken Pflaster. An dem-
selben lag die Basilica Argentaria, die aus der Regionsbeschreibung
Notitia R. VIH bekannt ist und zwischen der VI cohors vigilum und dem
templum Concordiae aufgeführt wird.*)
33. Das Forum Julium (Forum Gaesaris). Die Schwierigkeit,
das Terrain für das Forum zu gewinnen, das schliesslich keineswegs
die Ausdehnung erhalten hat, die Cäsar ihm zu geben wünschte, wird
noch ganz besonders von Plinius hervorgehoben, der den Kaufpreis für
den Grund und Boden, 100 Millionen Sesterzen, für ungeheuer hält.^)
Die oben p. 94 besprochene Vorschiebung der Curie nach dem Forum
zu, sowie die neue Orientierung, die dieselbe erhielt, sind im wesent-
lichen auf denselben Grund, nämlich Raum für die Anlage des Fo-
rums zu gewinnen, zurückzuführen. Die Lage des Forums, von dem
heute nur noch ein Überbleibsel der Umfassungsmauer, nämlich wenige
Bogen nebst den darauf ruhenden Quadermauern von Albanerstein mit
Imposten von Travertin in dem Hofe des Hauses Via delle Marmorelle
1) Vgl. MoMüSEN, Hermes XXIU p. 631 ff.;
HüLSBN, Rom. Mitt. 1889 p. 240 f.; CIL. VI
10025, vgl. VI 470; Bull. com. 1889 p. 362 f.
Mit dem Atrium Libertatis scheint, wenn auch
nicht topographisch, so doch amtlich verbun-
den gewesen die Aedes Nympharum, in
der nach Gic. pro Milone 78 und pro Gaelio 78
die den cen8us populi Romani enthaltenden
iahvlae publicae aufbewahrt wurden.
«) Vgl. S. 106 Anm. 1.
') Gakoujjbbi, Notizie delle due famose
Statue di Marforio e Pasquino, 1789. Der
Name Marforio kommt vermutlich von Martis
forum, der späteren Bezeichnung des forum
Augustum, her, v^. Jobdan, Top. ü p. 213 f.
^) BuNSBN, Les forums de Rome, Ann.
d. Inst. 1836, p. 207 ff., 1857, p. 1; Mon. U,
33. 34.
») N. H. XXXVI 103: Pyramides regum
tniramur, cum solum tantum foro exstruendo
HS. M Caesar dictator emerit. Suet. Gaes. 26.
HO
B. Topographie Ton Rom.
Nr. 29 zu sehen sind, ist nur im allgemeinen zu bestimmen nach der
Curie (S. Adriane), an die es anstösst, nach der Notiz, dass ein auf dem
Yolcanal stehender Lotosbaum seine Wurzeln bis in das Forum hinein-
getrieben habe (Plin. N. H. XVI 236), und durch sein Verhältnis zu dem
nördlich daran stossenden Augustusforum. Der Bau begann um das Jahr
54, im Jahre 46 wurde es noch unvollendet von Cäsar dediziert und
nach dessen Tode von Augustus vollendet. Den Mittelpunkt des Forums,
dessen Gestalt rechteckig war, bildete der in der Schlacht bei Pharsalus
gelobte Tempel der Venus Genetrix, der Stammutter des Julischen
Geschlechts, ein Pyknostylos (Vitruv. III 2, 2) von Marmor, dessen Reste
im 16. Jahrhundert aufgefunden und von Palladio gesehen und beschrieben
wurden. Stiftungstag war der 26. September 46, vgl. CIL. P p. 330. Vor
dem Tempel stand eine erzene Reiterstatue Cäsars mit dem merkwürdigen,
von Plin. N. H. VIII 155 und Suet. Caes. 61 beschriebenen Rosse.^) Im
Tempel war das Bildnis der Venus von Arkesilaos (Plin. N. H. XXV 156).
Noch eine andere Statue Cäsars (Plin. N. H. XXXIV 18) befand sich auf
demselben, sowie andere Kunstwerke. Hervorzuheben ist die vergoldete
Bronzestatue der Kleopatra (Appian b. c. II 102. Dio Cassius LI 22), zwei
Gemälde des Timomachus aus Byzanz, Aiax und Medea,^) und mehrere
Gemmensammlungen (Plin. N. H. XXXVII 11). — Ausdrücklich wird er-
wähnt, dass dieses Forum nicht als Marktplatz und zum Handel dienen
sollte, sondern als Ort der Erholung und des würdigen Ergehens.^) Von
seinen weiteren Schicksalen ist wenig bekannt, unter Diocletian wurde
es durch Brand beschädigt und gleichzeitig mit der ebenfalls beschädigten
Curie wiederhergestellt.
34. Das Forum Augustum. Wie Cäsar in der Schlacht bei Phar-
salus der Venus Genetrix, so hatte Octavian bei Philippi dem Mars ültor
einen Tempel gelobt. Das Gelübde kam erst spät, dann aber in gross-
artiger Weise zur Ausführung, indem dieser Tempel der Mittelpunkt einer
neuen Forumsanlage, des Forum Augustum, wurde. Nach Suet. Aug. 29
war dasselbe wegen der Zunahme der Rechtsuchenden*) nötig geworden.
Auch für dieses Forum konnte der Bauplatz nur mit grossen Schwierig-
keiten und ungeheuren Kosten erworben werden, auch dieses erhielt
wegen derselben nicht die projektierte Grösse, wie Suet. Aug. 56 bezeugt:
forum angustius fecU, non ausus extorquere possessoribus proximas domos.
Die noch erhaltene unregelmässige Linie der Nordmauer des Forums ist
ein redendes Zeugnis für diese Schwierigkeiten und für die Zurückhaltung
des Kaisers. Der Tempel, ein achtsäuliger Peripteros, lehnte sich an die-
selbe. Das Bild darin stellte Mars und Venus dar (Ovid. Trist. U 295).
Vor ihm dehnte sich die trotz der Beschränkung ansehnliche Area des
*) Vgl. W. H. RoscHBB Jon., lieber die
Reiterstatae Julius Cäsars auf dem Forum
Julium etc., Ber. d. sächs. Ges. d.Wiss. 1891,
p. 96 flf.
») Vgl. Brunn, Künstlergeschichte U,
p. 276 ff.
•) App. b. c. II 102; ayoQttv . . ., ov ttov
tavlfovy a'AA' im TiQa^süi avyioyttay if aXX^Xovg
xa&d xal Uigaatq tjy rt^ ayoQa ^ijTovaiy 17
f4aySdyovai t« 6lxaia,
*) Hotninum et iudiciorum midtitudo,
quae videbatur non sufficientibus duobus
etiam tertio indigere.
6. Das Zentrum Borns, b. Die Eaiserfora. (§ 34.)
111
Forums aus; sie war rechteckig mit zwei halbrunden Exedren an der
Ost- und Westseite. In dieselben waren zwei Säulengänge eingebaut, in
welchen Augustus die Statuen römischer Feldherren und Mehrer des Reiches
bis auf seine Zeit im Triumphalgewande mit den von ihren Thaten berich-
tenden Ruhmesinschriften (elogia) aufstellte (Suet. Aug. 31; Dio LY 10;
Vita Alex. 28; Ovid. Fast. V 561 flf.), ferner Aeneas und seine Nachkommen,
die gesamten Vorfahren des Julischen Geschlechtes. Augustus selbst stand
in dieser Reihe nicht, doch wurden auf Senatsbeschluss ihm zu Ehren
hier Quadrigen aufgestellt (Mon. Ancyr. VI 26) mit der Unterschrift pater
patriae, welcher Name ihm im Jahre der Einweihung des Forums bei-
gelegt wurde. Nach Velleius II 39 müssen unter diesen Quadrigen auch
Verzeichnisse von den Thaten des Augustus angebracht gewesen sein. —
Die Herstellung der Statuen
muss sich durch Jahrzehnte
gezogen haben, liegen doch
zwischen der Qelobung des
Tempels und der endlichen
Einweihung des Forums volle
40 Jahre. Wider Augustus'
Wunsch (Macrob. II 4, 9) dau-
erte der Bau des Forums so
lange, erst am 1. August des
Jahres 2 v. Chr. wurde es dedi-
ziert (MoMHSEN, Res gestae D.
A.* p. 126, Spiele zu seiner Er-
öffnung Dio Cass. LV 10). Es
ist daher anzunehmen, dassdie
Worte des Horaz IV 8, 13 in-
cisa notis marmora publwis, per
quae spirüus et vita redit bonis
post mortem ducibus sich auf
diese Anlage beziehen, ob-
gleich er schon 8 v. Chr., also
6 Jahre vor Vollendung des
Forums, gestorben ist. Ein
Teil dieser elogia war längst
bekannt, die sehr erfolgreichen Ausgrabungen von 1888 — 90 haben Neues
ans Tageslicht gefördert. Berichte darüber ausser im Bull. com. von Hülsen
in den Rom. Mitt. 1889 p. 247 flf. und 1891 p. 94 flf. Das ganze Mateiial ist
zusammengestellt CIL. P p. 186 flf. Abb. 8 stellt den blossgelegten Rest
der östlichen Exedra dar.
Der Tempel diente u. a. auch als Aufbewahrungsort für die von den
Parthern im Jahr 20 v. Chr. zurückgegebenen Feldzeichen (Mon. Ancyr.
V 42). Die Übergabe ist dargestellt auf dem Panzer der Augustusstatue
von Primaporta.
Auch sonst war das Forum wie der Tempel mit Kunstschätzen aller
Art geschmückt (Plin. N. H. XXXV 93); namentlich berühmt war eine
Abb. 8. Beete der öntlichen Exedra des Augiutusforums.
112
B. Topographie Ton Born.
Elfenbeinstatue der Athena Alea ^) aus dem 6. Jahrhundert v. Chr., eine
Elfenbeinstatue des Apollo (Plin. N. H. VII 183), Gemälde des Apelles etc.*)
Bei Plinius XXXVI 102 wird es unter den bedeutendsten Bauwerken Roms
aufgezählt.
Das Forum diente in erster Linie zu Gerichtssitzungen.') Um seine
Bedeutung zu erhöhen, bestimmte Augustus, dass der Einweihungstag all-
jährlich durch Spiele gefeiert werden sollte. Hier sollten ferner die Mit-
glieder des Kaiserhauses die toga virilis anlegen, von hier sollten die
Magistrate in die Provinzen abgehen, hier sollten die Beschlüsse über
Gewährung von Triumphen gefasst werden, in dem Tempel sollten die
Triumphalinsignien niedergelegt werden, hier endlich sollten siegreiche
Feldherren ihren Lohn durch eherne Statuen empfangen (Dio LV 10; Suet.
Aug. 29; Tac. Ann. ÜI 18, IV 15, XIII 8). Unter der Regierung des Tibe-
rius wurden auf diesem Forum zu beiden Seiten des Tempels zwei Triumph-
bogen zu Ehren des Drusus und Germanicus errichtet (Tac. Ann. II 64).*)
Die weitere Entwicklung der Kaiserfora, speziell des Trajansforums,
scheint ihm viel von seiner Bedeutung genommen zu haben, obgleich
Trajan selbst hier noch Recht sprach (Dio Cass. LXVDI 10); unter Hadrian
wurde es restauriert (VitaHadr. 19). Im Mittelalter, spätestens im 10. Jahr-
hundert, wurde in den Tempel die Kirche des heiligen Basilius eingebaut.
Die Anlage der Via Bonella, die das Forum seit dem 16. Jahrhundert in
seiner Länge durchschneidet, hat seine Verschüttung und Zerstörung voll-
endet; der Boden des Forums liegt mehr als 6 m unter dem heutigen
Strassenniveau. Die nördliche Umfassungsmauer, die in sehr bedeutenden
Resten erhalten ist, erweckt sowohl durch die wundervolle Technik, Peperin-
quadern mit Travertinimposten, im Läufer- und Bindersystem geschichtet
und mit Holzdübeln verklammert, als auch durch die Höhe Bewunderung.
Dieselbe betrug ursprünglich 36 m und diente dazu, das Forum vor Feuers-
gefahr zu schützen, die von dem nördlich daranstossenden , eng und
schlechtgebauten Stadtteile drohte (Tac. Ann. XV 38), und auch um den
Ausblick auf die umliegenden hässlichen Quartiere abzuschliessen.'^) Von
dem Tempel selbst ist ein Stück der Cellamauer, Tuff mit Marmor be-
kleidet, und drei korinthische Säulen besten Stils, wahrscheinlich der
Restauration des Hadrian angehörig, vom östlichen Umgang erhalten.
Neben demselben ist in der Umfassungsmauer der Durchgangsbogen er-
halten (jetzt Arco de' Pantani genannt), der das Forum mit dem nördlich
gelegenen Stadtteile verband.
Litteratar: Pialb, Del tempio di Marte Ultore e dei tre fori di Cesare, d'Augusto
e di Nerva, 1834. — L. Bobsabi, 11 foro di Angusto ed U tempio di Marte Ultore, 1884. —
CIL. P p. 186 ff.
^) Vgl. OvERBBCK, Griechische Plastik 1,
p. 116 n. Anin.
') Eine Zusammenstellang sämtlicher
Kunstwerke findet sich hei Borsabi, II foro
d'Augusto, 1884, p. 14 ff.
*) üeher eine Mansio Salionun Palatino-
ram, die sich im Tempel hefand, vgl. CIL.
VI 2158 und Suet. Claud. 33 nehst Bobsari
a. 0. p. 13 f. Ehendaselhst vgl. üher ein im
Tempel befindliches Depositum von Normal-
gewichten, gleich dem heim Castortempel
(p. 88).
^) In gleicher Weise waren auch der
Cftsartempel und die RednerbOhne auf dem
grossen Forum von zwei Triumphbögen flan-
kiert. Vgl. oben p. 83 f. und 93 f.
^) In ähnlicher Weise sind in neuerer
2^it in Rom der Petersplatz durch Bemini
und die Piazza del popolo durch Valadier ab-
geschlossen worden.
6. Bas Zentrnm Borns, b. Die Kaiaerfora. (§§ .^5. ^6.) 113
36. Das Templnm Pacis. Eine den Fora des Caesar und Augustus
durchaus gleiche Anlage war das von Yespasian gegründete Templum
Pacis (Suet. Vesp. 9). Dasselbe lag östlich vom Forum des Augustus
hinter der Basilica Aemilia, hatte auch dieselbe Orientierung wie dieses und
das Forum Julium, schloss sich aber nicht unmittelbar an das Augustus-
forum an, sondern war von demselben durch das Argiletum, die Hauptstrasse
jenes ganzen Quartiers (vgl. p. 106), welche überdies die Grenzlinie der 8. und
4. Region war, getrennt. Verbaut konnte dieselbe nicht werden, der Ge-
danke aber, sie zu einem Durchgangsforum zu gestalten, den nachher
Domitian ausführte, schien damals entweder noch nicht zur Reife gediehen
zu sein oder war mit der grossartigen Anlage, die Yespasian plante, nicht
vereinbar. — Das Templum Pacis, von dem bei dem jetzigen Zustand des
Terrains, das wie vor der Gründung jener Eaiseranlage wieder mit einem
Netz enger Strassen überzogen ist, kaum noch Spuren existieren, wurde
von Yespasian nach dem Siege über Judäa gegründet und im Jahre 75
vollendet (Dio Cass. LXVI 15; Joseph. Bell. Jud. VII 5, 7). Plinius (N. H.
XXXVl 102) rechnet es neben dem Augustusforum unter die schönsten
Werke, die jemals der Erdkreis gesehen habe. Der Tempel war namentlich
reich an Kunstwerken (Plin. N. H. XXXIV 84), Yespasian brachte hierher
die berühmtesten der von Nero in seiner doinus aurea aufgestellten, auch
befanden sich hier die goldenen Schätze aus dem Tempel zu Jerusalem
(Jos. a. a. 0.). Verbunden war damit eine Bibliothek. — An die Südost-
seite des Forums stiess das mit dem Templum Pacis zugleich gebaute
Templum sacrae urbis, jetzt S. S. Gosma e Damiano (vgl. p. 3). Am
Ende des 3. Jahrhunderts wurde an die südliche Schmalseite dieses Ge-
bäudes, welches der Sacra via bis auf 25 m sich nähert, eine Rotunde
von ca. 17 m Durchmesser angebaut und dieser eine Porticus vorgelegt,
welche nach der Linie der Sacra via orientiert ist, der Tempel des
Romulus, des Sohnes des Maxentius, später dem Konstantin geweiht.
Die Inschrift mit der Weihung an diesen existierte noch im 16. Jahr-
hundert (CIL. VI 1147). Die Rotunde und zum Teil auch die Porticus
sind erhalten, auch die autike Bronzethür, die in erstere führt. — Unter
Caracalla brannte das Templum Pacis ab. Wie lange das von Septimius
Severus wiederhergestellte Templum Pacis (vgl. p. 3) bestanden hat, ist
nicht bekannt. Ammian. Marcell. XVI 10, 14 nennt das „forumf^ Pacis,
wie es in der späteren Zeit allgemein heisst (auch forum Vespasiani,
Symmach. ep. X 78 Pareus), noch unter den Prachtbauten Roms; Procop.
Goth. IV 21 rühmt den Reichtum an Eunstschätzen auf dem Forum,
während der Tempel selbst zu seiner Zeit schon in Trümmern gelegen
zu haben scheint. Er sagt von ihm: xsqavvoßXrfvog ysvoiievoq ix naXaiov
xetrai.
36. Das Forum Nervae. Auf dem schmalen Streifen zwischen dem
Forum Augustum und dem Templum Pacis, auf dem das vom grossen Forum
kommende Argiletum zur Subura führte, legte Domitian (vor dem Jahre
86, vgl. Martial. I 2, 8; Suet. Dom. 5) ein neues Forum an, das den Haupt-
zweck hatte, die Anlagen seines Vaters mit denen des Augustus unter
gleichzeitiger Wahrung der Verkehrsinteressen zu verbinden. So entstand
Handbuch der Ua«. AltertamBwiasenachaft. m, 8, B. 2. Aufl. 8
114 S* Topographie tob Born.
das Forum transitorium, das an Breite nur 35 — 40 m bei dreifacher
Länge hatte, also mehr eine Prachtstrasse war als ein Forum. Es enthielt
zwei Bauten: den Tempel der Minerva, einen korinthischen Prostylos
Hexastylos, der mit seiner Hinterwand an die nördliche Schmalseite des
Forums gelehnt war (Plan des Tempels erhalten Forma Urbis XVII 116),
und davor, an einem nicht mehr bestimmbaren Platze, das vierthorige
Heiligtum des vierköpfigen Janus. Das darin befindliche Götterbild
stammte nach Serv. Aen. VH 607 aus Falerii, war also uralt. Die Um-
fassungsmauer des Forums war ausserordentlich prachtvoll; sie war mit
korinthischen Säulen geschmückt, darüber lief ein mit Reliefs verziertes
Gebälk, das eine Attica trug; die Reliefs hatten Beziehung auf Minerva,
die Beschützerin des gewerblichen Lebens. Zwischen je zwei Säulen war
an der Attika das Reliefbild einer Gottheit (an dem erhaltenen Stück das
der Minerva) angebracht (vgl. über dasselbe Ann. d. Inst. 1877, p. 5 ff. nebst
Monum. X, 40— 41a und Petersen, Rom. Mitt. 1889, p. 88). Der Hauptaus-
gang nach Norden lag an der Ostseite des Tempels, ein kleinerer an der
Westseite desselben. Nach dem grossen Forum zu hatte es an Stelle des
früher hier das Argiletum abschliessenden Janus medius (vgl. p. 107) einen
entsprechenden Abschluss. Domitian vollendete das Forum nicht, erst
Nerva hat Tempel und Forum im Jahre 97 (CIL. VI. 31213) dediziert,
daher es auch seinen Namen trägt (CIL. VI 1, 953). -— Andere von den
Schriftstellern für dies Forum gebrauchte Namen sind: tramitorium (so
die Notitia R. IV, die daneben R. VIII auch den Namen Forum Nervae hat),
pervium (Victor Caes, 12), Palladium (Martial I 2, 8). Einen neuen Schmuck
erhielt das Forum durch Alexander Severus, der daselbst Eolossalstatuen
vergötterter Kaiser „vel pedestres nudas vel equestres . . . omnibtts cum
titulis et columnis aereis^ quae gestorum ordinem continerenif' Lampr.
Alex. 28) aufstellte. Das Forum ist das ganze Mittelalter hindurch in be-
deutenden Resten erhalten geblieben. Noch 1606 standen Reste vom Tempel
mit der Inschrift und von der Umfassungsmauer. Abbildungen von den-
selben sind häufig, die Dupeiracsche aus den Vestigi del' antichitä di*
Roma ist im 3. Bande der Beschreibung der Stadt Rom reproduziert.
Paul V. Hess die herrlichen Reste abbrechen und verwendete den Marmor
zum Bau der Aqua Paola auf dem Janiculum. Der Platz selbst wurde
überbaut. Jetzt stehen nur noch zwei korinthische Säulen von der öst-
lichen Umfassungsmauer mit Gebälk und Attika, eingebaut in das Eckhaus
der Via Alessandrina und Croce bianca, genannt le Colonnacce.
37. Das Forum Traiani. Um dies grösste und prachtvollste aller
Fora herstellen zu können, liess Trajan den sich nordwestlich vom Cäsar-
und Augustusforum zum Kapitel erstreckenden Ausläufer des Quirinals ab-
tragen. Die Inschrift an der Basis der Trajanssäule aus dem Jahre 113
n. Chr. (CIL. VI 1, 960) gibt Rechenschaft davon mit den Worten: Senatus
populusque Romanus Imp. Caesar i divi Nervae f» Nervae Traiano, Aug.
Germ, Dacko Pontif. Maximo trib. poL XVII. imp. VL cos. VI. p. p. ad
dedarandum. quantae, aUitudinis. mons. et. locus, tantis. operibus. sit. egestus^
d. h. um zu zeigen, bis zu welcher Höhe der Berg und der Platz für so
gewaltige Bauten abgetragen wurde. Damit stimmt die Angabe des Dio
6. Das Zantnim Borna, b. Die Kaiaerfora. (§ 87.) 115
Cass. LXVni 16: navxoq yaq tov xwqiov ixefvov OQeivov ovrog xaräaxaipe
toffovTov, wfov 0 Ttiiav ävtax^t xai tijv ayoqcev ix tovtov neSivrjv xctretTxevaifev,
Trajan Hess das Forum durch den Baumeister ApoUodorus von Damaskus
erbauen (Dio Cass. LXTX 4), der in Abweichung von den früheren Foren,
die im wesentlichen aus einem Tempel mit umgebendem Temenos bestanden,
eine kompliziertere Anlage schuf. Der Mittelpunkt derselben war die
Area, ein quadratischer Hof von über 126 m Seite. Auf dieselbe führte
vom Augustusforum her ein 117 n. Chr. errichteter Triumphbogen, oft auf
Münzen dargestellt (Cohen, Trajan 167). Rechts und links für den
durch diesen Bogen Eintretenden war die Area mit Säulenhallen ge-
schmückt. Hinter denselben öffneten sich zwei grosse halbkreisförmige
Nischen, umgeben von zweistöckigen Gebäuden, von denen die nach dem
Quirinal zu gelegene noch vortrefflich erhalten und zum Teil freigelegt
ist. Es ist ein Ziegelbau mit Travertinbekleidung. Reihen von Räumen
ungewisser Bestimmung, die sich sämtlich nach dem Innern der Nische
öfhen, liegen in zwei Stockwerken übereinander. Die Fassade besteht aus
giebeltragenden dorischen Pilastern. Auch von der Südwestnische haben
sich geringe Reste erhalten. In der Mitte der Area stand die Reiter-
statue Trajans. An der Nordwestseite war das Forum durch die Basilica
ülpia begrenzt, von der seit Anfang dieses Jahrhunderts ein Teil frei-
gelegt worden ist. Sie bestand wie die Basilica Julia aus einem grossen
Mittelsaale, den eine doppelte Säulenhalle allseitig umlief, übertraf die-
selbe aber an Grösse; ausserdem hatte sie wenigstens an einer, wahr-
scheinlich aber an jeder der beiden Schmalseiten eine Apsid. Der kapi-
tolinische Stadtplan bietet HI, 25 und 26 die Abbildung des nördlichen
Teiles der Basilica samt der nach dem Quirinal gelegenen Apsis. Die-
selbe war, wie die darin befindliche Inschrift beweist, der Libertas ge-
heiligt. Ob sie topographischen Zusammenhang mit dem Atrium Libertatis
hatte, ist nicht bekannt. Sidon. Apollin. H 532 erwähnt die auf dem Forum
stattfindenden Manumissionen.^) Die Reste der Basilica, so spärlich sie
sind, zeigen doch, welche Pracht von Marmor und Granitarten hier ent-
faltet war, selbst die Stufen sind von Giallo antico; die äusseren Säulen
waren von Granit. Hinter der Basilica war ein zweiter, kleinerer Platz,
auf dem die noch jetzt erhaltene Trajanssäule stand. An den beiden
Seiten nach Nordost und Südwest wurde er von zwei Gebäuden begrenzt,
in denen sich die Bibliotheca Ulpia (Dio Cass. LXVUI 16) befand. Nach
Nordwest zu wurde er durch den von Hadrian erbauten Tempel des
D. Traianus und der Plotina abgeschlossen. — Die Säule ist aus Cy-
lindern von parischem Marmor (Jahrb. d. Inst. 1896 p. 8) errichtet und
ohne die Basis 100 Fuss hoch ; 185 Stufen führen im Innern in die Höhe.
Der Schaft ist von einem mit Reliefs geschmückten Bande umwunden
(daher columna coclis in der Regionsbeschreibung), auf welchem die Kriege
Trajans gegen Decebalus 101—103 und 107—108 n. Chr. in trefflicher,
selbst in Kleinigkeiten genauer Ausführung dargestellt sind. Durch Sem-
») Vgl. p. 104 f. und MoMMSBN, Daa Atrium Libertatb, Hennes 1888, p. 681 ff. Bull,
com. 1889, p. 362 f.
8*
116 B. Topographie Ton Bom.
pers Untersuchungen sind auch Farbenspuren auf den Reliefs nachgewiesen
worden (vgl. Bull. d. Inst. 1833 p. 92, 1836 p. 39). Auf der Säule stand
die Statue Trajans, im Innern der Basis war nach Dio Cass. LXIX 2 die
Orabkammer, in der Trajans Asche in einer goldenen Urne beigesetzt
worden ist, was freilich mit der Inschrift (s. oben) nicht stimmt; auch
ist ein Grabgewölbe nicht vorhanden. Gipsabgüsse der Reliefs befinden
sich im Lateran. — Von den Bibliotheken wissen wir nichts, als dass sie
in der Nähe des Trajanstempels gestanden haben (Gell. XI 17, 1) und dass
nach Vopisc. Prob. 2 die Bücher später nach den Thermen des Diocletian
gebracht worden sind, dagegen sind von dem Tempel Reste gefunden wor-
den, darunter ein Fragment der Weihinschrift (CIL. VI 1, 966 cf. add.), von
der die Vita Hadriani 19 sagt: cum opera ubique infinita fecisset, nunquam
ipse nisi in Traiani patris templo nomen suum scripsU. — Die Pracht des
Trajansforums, von der wir uns nach den Resten nur eine unvollkommene
Vorstellung machen können, spiegelt sich in den Schilderungen der an-
tiken Schriftsteller wieder (z. B. Gell. XIII 24, 1 : in fastigiis fori Traiani
simulacra sunt sita circum undique inaurata equorum atque signorum mili-
tarium, subscriptumque est: ex manubiis), namentlich aber in der staunen-
den Bewunderung des Kaisers Gonstantius bei Ammian. XVI 10, 15. Von
der Bedeutung des Forums, das bald die früheren gleichartigen Anlagen
in den Schatten stellte, zeugten die zahlreichen Standbilder berühmter
Männer, die hier ihren Platz fanden. Die erhaltenen Basen mit In-
schriften erstrecken sich vom 2. bis ins 5. Jahrhundert.^) Auch Staats-
aktionen, die hier vorgenommen wurden, werden mehrfach erwähnt (Vit.
Hadr. 7 nebst CIL. VI 1, 967; Vit. Aurel. 39 u. a.). Die Plünderungen
des 6. Jahrhunderts haben natürlich dies Prachtforum vor allem getroffen.
Die kostbaren Materialien benutzte man zum Bau christlicher Kirchen.
Sixtus V setzte auf die Säule die Statue des Apostels Petrus.
Litteratar: Richter und Gbifi, II ristauro del foro Trajano, 1889. — Fabrbtti, De
columna Trajana, 1690 (CIL. VI 1, p. LXI). - Fröhnbr, La colonne Trajane, 1874. —
Lbsüeür, La basilique UlpienDe, restauration ex^cut^ en 1823, Paris 1881. — Cichorius,
Die Reb'efs der Trajans-Säale, 1896.
c. Der kapitolinische Hügel.
38. Der kapitolinische Hügel (jetzt Campidoglio) ist von allen
Hügeln Roms der kleinste. Er misst in seiner längsten Erstreckung von
Südwest nach Nordost etwa 450 m und ein Drittel davon in die Breite.
Gegliedert ist er in zwei Kuppen, nördlich die Arx, südlich das Gapi-
tolium, und die dazwischen liegende Einsattlung. Derselben ist nach
dem Forum zu eine schmale Stufe vorgelagert (die Area Volcani, vgl.
oben p. 78), vermittelst deren der einzige Fahrweg des Kapitels, der
Clivus Capitolinus, in mehreren Windungen den Berg erklimmt. Die
Steigung dieses Clivus beginnt beim Tiberiusbogen an der Ecke der Ba-
silica Julia. Er windet sich um den Saturnstempel und geht längs der
Westseite desselben und weiter über ihn hinaus etwa 70 m in gerader
Richtung fort. Dann macht er eine Wendung in spitzem Winkel und geht
>) Vgl. Jordan, Top. I, 2, p. 465 f.
5. Das Zentnun Borns, o. Der kapitolinische Httgel. (§ 38.)
117
in schräger Richtung auf den Hügel zu, auf der Ostseite durch eine künst-
liche Substruktion gestützt, dieselbe, welche die Hinterwand der Porticus
Deorum Consentium bildet (vgl. p. 79) ; wo diese Substruktion die Ecke des
Tabulariums trifft, wendet er sich in stumpfem Winkel nach Nordwesten
und gelangt in dieser Richtung auf die Einsattlung nicht weit vom Fusse
der südlichen der beiden Kuppen. Die Länge des Clivus vom Tiberius-
bogen bis zur Höhe der Einsattlung misst 200 m, die Steigung beträgt,
da das Forum am Tiberiusbogen 12 m, die Einsattlung des Kapitels 37 m
über dem Tiber ist, 25 m, also 1 : 8, eine nicht unbedeutende, für der-
artige Strassen aber auch nicht ungewöhnliche. Spuren des Pflasters sind
auf dem unteren Teile des Clivus überall vorhanden, namentlich ein noch
jetzt musterhaft gefügtes Stück vor der Front des Satumstempels. Der
obere Teil ist durch den modernen Weg und die ihn südlich einfassenden
Häuser umgestaltet, doch ist hier ein die antike Strasse entwässernder
Kanal zu Tage gekommen, dessen Steigungswinkel entsprechend dem des
Clivus stärker war als der der heutigen Strasse (vgl. Bull. d. Inst. 1882
p. 227, sowie Hermes 1883 p. 618). Auch Fundamente der die Strasse
begleitenden Porticus sind im April 1888 für kurze Zeit zum Vorschein
gekommen. — An der Stelle etwa, wo der Clivus hinter dem Satums-
tempel im spitzen Winkel umbog, muss in ihn ein Angiportus gemündet
haben, der mit einer Thür, der Porta Stercoraria, verschlossen und
dazu bestimmt war, den alljährlich am 15. Juni aus dem Yestatempel fort-
geschafften Unrat aufzunehmen.^) Gestützt auf die Worte des Clemens
Protr. IV 51, dass die Römer rrjv rvxr/v , . , slg rov xotvqwvcc dvä&rjxav^ hat
man fälschlich angenommen, dass hier ein Tempel der Fortuna gelegen
habe (vgl. Becker, Top. p. 405).
Das Kapitel erscheint, soweit unsere historische Kenntnis reicht, als
die rings befestigte, unzugängliche Burg der Servianischen Stadt. Das be-
zeugt die Geschichte der gallischen Invasion, ferner Cicero r. p. H 6. 11,
der auch die, sei es natürliche, sei es künstliche Steilheit der Abhänge
hervorhebt. Reste künstlicher Glättung des Felsens sind an mehreren
Stellen erhalten, am unverkennbarsten an der Nordwestseite bei Tor de'
Specchi (Ann. d. Inst. 1871 p. 49). Von der künstlichen Befestigung durch
Mauern sind mehrfach Reste bei den Arbeiten für das Viktor Emanuel-
Denkmal zum Vorschein gekommen (vgl. die Berichte in den Not. d. scavi
1889 ff.; Hülsen, Rom. Mitt. 1890 p. 254 f.). Sonst ist wenig davon er-
halten (Bull. com. I p. 138), namentlich ist von den Substruktionen, die zur
Befestigung der kapitolinischen Höhe erforderlich waren (Liv. XXX VHI 28),
die aber doch nicht ganz den steilen Fels vor Abbröckelung schützen
konnten (Liv. XXXV 21), nichts mehr vorhanden. An den Abhängen der
Einsattlung ist sie durch die Errichtung des Tabulariums schon im Alter-
tum verdrängt worden; nach dem Marsfelde zu wich sie den hier ent-
stehenden modemen Aufgängen. Ebensowenig ist von dem Thor etwas
erhalten, durch das der Clivus in die Befestigung eintrat. — unlösbare
*) Fest. 344 b: stercus ex aede Vestae
XVIL Kai, Jtd, defertur in angiportum
medium fere clivi Capitolim, qui locus clau-
ditur parta stercoraria, unter dem stercus
hat man wohl Asche, HobcreBte nnd Rosa zu
denken.
118 B. Topographie yon Born.
Schwierigkeiten macht die in der Überlieferung auftauchende Porta
Pandana, die ehemals Porta Saturnia geheissen haben soll (Solin.
113), und die Varro L. L. V 42 als Beweis für die Existenz einer auf dem
Eapitol gelegenen Stadt Saturnia gilt, eine Pforte oder ein Thor, das
nach Fest. epit. p. 220 stets offen gehalten werden musste und nach
Polyaen. Strat. VIII 25, 1 im nävqag änQwsßaxov angelegt war. Dies Thor
soll auch Ap. Herdonius bei seinem Überfall benutzt haben (Dionys. X 14,
der es mit der Porta Carmentalis verwechselt). Hülsen setzt es, Jobdan
I 1, 122 f. folgend, in den Formae urbis Romae antiquae III über dem
Saxum Tarpeium an, wo ein Thor nur den Zweck haben könnte, die zum
Tode verurteilten Verbrecher auf den Richtplatz hinauszuführen.
Dieser Befestigungsring schloss zwei andere Befestigungsringe ein,
die Arx und das Gapitolium. Ihre Mauern deckten sich, soweit sie
die Hügelränder berührten, mit der äusseren Befestigung; gegen die
zwischen ihnen liegende Einsattlung waren sie durch besondere Mauern
abgeschlossen. Noch als die Servianische Mauer schon überbaut war, und
auch durch den Bau des Tabulariums das Eapitol als Ganzes entfestigt
war, bestehen diese Sonderbefestigungen. Daher kommt es, dass statt
eines Qesamtnamens für den Hügel der Doppelname Arx et Capüoliutn bei
den Schriftstellern des 1. Jahrh. v. Chr. gewöhnlich ist (Dionys. VIII 22;
Cicero pro Rab. 35 ; Liv. XXVI 10). Sie erscheinen den Zeitgenossen des
Cicero und Augustus als zwei über dem Forum aufragende Burgen, die
gesichert durch feste Mauern die höchsten Heiligtümer des römischen
Volkes bergen. Aber schon rüttelte der Friede an ihnen; in der Mitte
des 1. Jahrhunderts sind die Abhänge nach der Einsattlung zu dicht mit
Häusern besetzt und im Jahre 69 n. Chr. bietet in dem Kampfe der
Vitellianer gegen die Anhänger des Vespasian nur noch das Capitolium
Schutz und Möglichkeit der Verteidigung. — Von den Befestigungen der
Arx sind bei den letzten Ausgrabungen Reste (Quadern) zum Vorschein
gekommen, auch von der des Capitoliums sind mehrere Reste erhalten;
über dem Nordwestabhang der Kuppe bei Tor de' Specchi und nach der
Einsattlung zu (vgl. Hermes 1883 p. 112 flf. und 618 f.; Hülsen, Zur Topo-
graphie des Kapitels, Festschrift für H. Kiepert p. 215). Auf beide Burgen
führten Wege von der Einsattlung aus, und zwar war in allerältester Zeit
derjenige Weg, der auf die Arx führte, der wichtigere (Varro L. L. V 47).
Das änderte sich, als auf der südlichen Kuppe der Tempel des höchsten
Jupiter gegründet ward. Seitdem ist dieser Tempel der Endpunkt des
zu ihm führenden Clivus Capitolinus. Auf welche Weise die beiden Wege,
der eine die Höhe der Arx, der andere die Front und den Eingang des
Tempels erreicht haben mögen, ist nicht leicht zu sagen, da alle Spuren
verschwunden sind. Es ist möglich, dass auf die Arx von der Einsatt-
lung her ein Stufenweg führte, wie auch noch heute die an der Stelle
derselben befindliche Kirche S. Maria in Araceli nicht anders erstiegen
wird; auf das Capitolium aber führte ein Fahrweg. Die Beschränktheit
des Terrains — die Kuppe erhebt sich 12 m über der Einsattlung —
gestattet kaum eine andere Annahme, als dass der Weg, der etwa beim
Aufgang zum jetzigen Bogen des Vignola durch ein Thor in die Befesti-
5. Das Zentrum Bonm. o. Der kapitolinUiohe Hügel. (§ 38—39.) 119
gang des Gapitoliums eintrat (die primae Capüolinae arcis fores Tac. hist.
m 71), allmählich ansteigend in langer Schleife um den Tempel bis zu
der vor der Front des Tempels befindlichen Area geführt hat, so dass
z. B. der Triumphzug erst den Tempel umfuhr, bevor er vor seiner Front
anlangte. 1) Im Jahre 174 v. Chr. erhielt der Glivus ein Lavapflaster und
eine vom Tempel des Saturn bis zum Gapitolium reichende Porticus an
der für den Emporsteigenden rechten Seite (Liv. XLI 27), die demnach
in erster Linie zu Verteidigungszwecken angelegt war. In der That spielt
sie eine wichtige Rolle beim Sturm der Vitellianer, indem von ihrem
Dache aus mit Erfolg auf die Anrückenden geschossen wird (Tac. hist.
in 71). Auch von Ehrenbogen war der Glivus überspannt. Genannt wird
ein im Jahre 190 v. Ghr. durch Scipio errichteter „fornix" in Capitolio
adversus viam, qim in Gapitolium escenditur (Liv. XXXYII 3). Ganz unbe-
stimmt lautet Tacitus' (Ann. XV 18) Angabe (62 n. Ghr.): ai Bornas tropaea
de Parthis arcusque medio Capitolini montis sistebatur. Auf der einen
Rostrabalustrade (vgl. Taf. 8 b) erscheint der Glivus Gapitolinus von einem
Bogen überspannt.^)
Ausser dem Fahrwege gab es noch andere Zugänge zum Gapitolium.
Der eine, ein Stufenweg, führte unmittelbar vom Thale empor, und zwar
an der Südostseite des Berges, wo sich der neuerdings blossgelegte tar-
pejische Felsen (Märchen von der Tarpeia, nach welcher der Berg ge-
nannt sein soll, Liv. 111) befand (gegenüber der Kirche della Gonsolazione),
ein steiler Abhang, von dem Meineidige, Hochverräter und andere Schul-
dige hinabgestürzt wurden. Dieser Weg hiess die Gentum gradus (Tac.
hist. m 71). Ob über demselben der bei Orosius V 9 erwähnte Fern ix
Galpurnius gestanden hat, oder über welchen Stufen sonst — die Worte
lauten: Gracchus (fugit) per gradus, qui sunt super Calpurnium fornicem — ,
ist nicht zu entscheiden. — Auch zur Arx führte ein Stufenweg zwischen
dem Tempel der Goncordia und dem Garcer in die Höhe. Derselbe be-
rührte die Einsattlung, wie die anschauliche Erzählung bei Dio Gass. LVIH 5
(vgl. Hermes 1883 p. 125 f.) zeigt. Aus derselben geht auch hervor,
dass von diesem Stufenwege sich beim Garcer die Scalae Gemoniae ab-
zweigten, jene Treppe, auf welche die hingerichteten Verbrecher geworfen
wurden (vgl. p. 81).
39. Die Arx. Es gibt wenige Punkte im alten Rom, deren Topo-
graphie so im Dunkel liegt, wie die der Arx. Schon im Altertum fliessen
') Hülsen nimmt nach Formae urbis I Befestigang von selbst darbot. Solche Gründe
Romae antiqnae m an, dass der Clivns von aber, wie der von Rütbb, Das Kapitel, Hal-
der Einsattlung aus sich zurückgewendet und berstädter Programm 1898 p. 22, der sich für
ausserhalb der Befestigung längs der Ost- die Hülsen'sche Annahme entscheidet, «weil
liehen und südlichen Seite der Substmktion
des Gapitoliums emporsteigend den Eingang
in der Mitte der Südseite gerade gegenüber
der Front des Tempels erreicht habe. Es ist
nicht gerade wahrscheinlich, dass man in so
künstlicher Weise einen Zugang zum Gapi-
tolium geschaffen haben sollte, während sich
die Weiterführung des Glivus auf dem Ab-
hang der Kuppe des Berges innerhalb der
nur ein der Tempelfront gegenüber liegender
Eingang einen wirklich erhabenen Eindruck
mache'', besagen nichts. Auf der Akropolis
wendet der Parthenon den fast 10 m tiefer
liegenden Propyläen die Rückseite zu, und
steht auch nicht in synmietrischer Beziehung
zu ihnen.
') Vgl. 0. RicHTSB, Glivus Gapitolinus.
* Hermes XVIH p. 104 ff., 616 ff.
120 B. Topographie von Born.
die Nachrichten über sie spärlich, da das Capitolium mit seiner grossen
Fülle von Tempeln sie überstrahlte. Im Mittelalter wurde sie durch den
Bau der Kirche und des Klosters Araceli und die Anlage der zu ihnen
führenden Aufgänge gänzlich umgestaltet. Erst in der letzten Zeit sind
am Südostabhange eine Anzahl Mauerreste zu Tage gekommen, die in die
älteste Zeit des Quaderbaues zurückreichen und zum Teil in der Kaiser-
zeit mit Gusswerk überbaut sind. Sie lassen aber keine gewisse Deutung
zu, namentlich ist eine Identifizierung derselben mit einem der auf der
Arx ehemals befindlichen Heiligtümer schwierig. Klar zu erkennen ist
nur, dass der Abhang des Berges auf eine Substruktionsmauer gestützt
war und dass die auf der dadurch geschaffenen Area vorhandenen Trümmer
zwei verschiedenen Bauten angehören. Möglicherweise ist auf einem Frag-
mente des Stadtplans (F. ü. Taf. XVII 114) ein Teil dieses Abhanges dar-
gestellt. — Auf der Arx befand sich das Auguraculum, d. h. der Ort,
wo die Augurn ihre Auspicien anstellten.^) Derselbe war ein freier, mit
Gras bewachsener Platz, der ungehinderten (Cic. de off. III 66) Ausblick
über die östliche Hälfte des Himmelstemplums gestattete. Zur Beobach-
tung desselben nahm der Augur auf einem Steine Platz, der wahrschein-
lich von einer Hütte (Vitruv. II 1, 6) überdacht war. Das weitere Ritual
lehrt die Inauguration des Königs Numa (Liv. I 18). Dieser Beobachtungs-
platz auf der Arx gehört zu den nachweisbar ältesten Einrichtungen der
Stadt; das Fetialenrecht knüpft an denselben an, indem ein von dort ent-
nommenes Qrasbüschel bei Kriegserklärungen eine Rolle spielte (Liv. I 24);
auch die heilige Strasse in ihrer weitesten Erstreckung, „qua sacra quot-
quot mensibus feruntur in arcem et per quam augures ex arce profecti solent
inaugurare" (Varro L. L. V 47), endete ursprünglich hier. Wahrscheinlich
lag unterhalb des Auguraculums am Abhang des Berges der von Marina
erbaute Tempel des Honos und der Virtus. Aus Cic. pro Sestio 116
erfahren wir, dass in ihm der Senat über Ciceros Zurückberufung ver-
handelte, er muss also in unmittelbarer Nähe des Forums gelegen haben.
Über seine Errichtung sagt Festus 344b: summissiorem aliis aedem Honoris
et Virtutis C. Marius feoU, ne, si forte officeret auspiciis publicis, augures eam
demoliri cogerent. Danach scheint angenommen werden zu müssen, dass
er unterhalb des Auguraculums auf dem nach Südosten gelegenen Ab-
hänge der Arx lag. Vgl. CIL. I* p. 194.
Eine Besatzung hat die Arx zu keiner Zeit gehabt, dagegen trat
hier, wie überhaupt in der Stadt, jedesmal der Kriegszustand ein, wenn
das Volk, d. h. die gesamte kriegsföhige Mannschaft, zu den Comitien auf
das Marsfeld vor die Stadt entboten wurde. Da hierdurch die Stadt von
Verteidigern entblösst war, so hätte eigentlich in ältester Zeit, wo über
den Tiber nur der Pens Sublicius führte und das Janiculum noch nicht
befestigt war, die Brücke abgebrochen werden müssen; um dies zu ver-
meiden, wurde bestimmt, dass während der Dauer der Comitien jedesmal
ein TeU der waffenfähigen Mannschaft das Janiculum besetzen (Dio Cass.
^) Fest. epit. p. 18: auguracutum ap- 1 quod ibi augures auspicarentur. Vgl. Varro
pelhbant antiqui quam nos arcem dicimus, \ L L. VII 8.
5. Das Zentrnm Borna, c. Der kapitolinisohe Httgel. (§ 40.)
121
XXXVn 28), und zum Zeichen des Kriegszustandes auf der Arx das
vexiUum russi coloris aufgezogen werden sollte (Liv. XXXTX 15). Die
Fahne diente dazu, die Verbindung zwischen dem Marsfeld und dem Jani-
culum herzustellen. Die Besatzung des Janiculum musste auf ihrem Platze
verharren, bis die Fahne hinabgezogen wurde, während andrerseits die auf
der Arx aufgehisste Fahne für die Comitien auf dem Marsfelde bedeutete,
dass das Janiculum besetzt sei. Auch später wurde diese Sitte noch fest-
gehalten, so dass die Centuriatcomitien nur stattfinden durften, so lange
auf der Arx die Kriegsfahne wehte, i) — Von Tempeln auf der Arx wer-
den nur zwei genannt, die der Juno Moneta und der Concordia. Der
erstere wurde der Sage nach von Gamillus im Kriege gegen die Aurunker
gelobt (Liv. VII 28) und an der Stelle erbaut, wo das Haus des M. Manlius
Capitolinus gestanden hatte, des bekannten Retters des Kapitels vor dem
gallischen Überfall, der hinterher als Hochverräter hingerichtet wurde
(Liv. VI 20). Nach Ovid. Fast. VI 183 lag der Tempel in summa arce, er
würde also die Stelle der Kirche S. Maria in Araceli eingenommen haben
(Ovid. Fast. I 638). Dedikationstag war der I.Juni (CIL. I« p. 319, Macrob.
Sat. I 12, 30). Den Namen Moneta soll Juno erhalten haben, weil bei
einem Erdbeben aus dem Tempel die mahnende Stimme ertönte: „ut sue
plena procuratio fieret*' (Cic. de div. I 101). Mit dem Tempel war die Münz-
stätte verbunden (Liv. VI 20; Mommsen, Rom. Münzw. p. 301), offenbar um
dieselbe an einem möglichst sicheren Orte zu haben. Von den weiteren
Schicksalen des Tempels wissen wir nichts. — Der Concordientempel
auf der Burg wird nur beiläufig erwähnt. L. Manlius hatte ihn im Jahre
218 gelobt, im folgenden Jahre wurde er erbaut (Liv. XXH 33 und XXIII 21).
Der Pränestinische Kalender hat unter dem 5. Februar Concordiae in arce
(CIL. P p. 309).
40. Das Capitolium. Den höchsten Punkt dieser rings ummauerten
(vgl. p. 114), durch gewaltige und vielbewunderte Substruktionen (Liv. VI
4, 12, XXXVm 28, 3, Plin. N. H. XXXVI 104) gestützten, an den Rän-
dern durch Aufschüttung (gleich der Akropolis) eingeebneten Kuppe, die
etwa die Hälfte des Flächenraums der Akropolis misst, nimmt der Ju-
pitertempel ein. Der Name „ Capitolium'', dessen Entstehung die Alten
durch ein Wunder zu erklären versuchten (Varro L. L. V 41), war offen-
bar ursprünglich der Name der südlichen Hügelkuppe; er ging dann
auf den wichtigsten Punkt derselben, den Jupitertempel, über und wurde
für diesen abwechselnd mit der Bezeichnung aedes Jovis optimi maximi
gebraucht.*) — Der lange, zu den interessantesten Kapiteln der römischen
Topographie gehörende Streit, ob der Tempel hier oder auf der nördlichen
Kuppe des Berges zu suchen sei, ist durch die Auffindung der Fundamente
und die nun endlich genügende Identifizierung derselben mit der Beschrei-
bung des Tempels bei Dionys erledigt. Die Fundamente liegen unter dem
Palast und Garten Caffarelli. Sie sind 1865 und 1876 teilweise zum Vor-
^) Vgl. 0. RiCBTBs, Die Befestigung des
Janicolnm, Berlin 1882.
') Gerade so ging der Name Palatium,
der ebenfalls an dem Berge haftete, auf das
Hans tlber, welches Angnstos auf demselben
baute, und wurde so in der Folgezeit stehende
Bezeichnung der kaiserlichen Residenz.
122
B. Topographie von Born.
BcheiD gekommen, aber wieder zugeschüttet. Über der Erde befindet sieh
nur eine den Garten des Palastes im Osten begrenzende Mauer, die aber
ebenfalls noch zum Unterbau des Tempels gehörte.^) Der Tempel bildete
ein dem Quadrat sich näherndes Rechteck, dessen Längsachse 24^ östlich
von der Nord-Süd-Linie abweicht. Die kürzere Seite desselben, die allein
hat sicher gemessen werden können,*) beträgt 52,50 m oder 177,40 rö-
mische Fuss. Dionys, IV 61 gibt jede Seite »lyyecira« auf 200 Fuss an,
und den Unterschied zwischen der längeren und kürzeren auf beinahe
15 Fuss {ovd' oX(ov 7i6v%€Ha(d€xa nodciv). Danach würde also die längere
Seite etwa 191—192 Fuss betragen haben.») Der Palazzo Caflfarelli ftUt
mit seiner Vorderfront etwa mit der nördlichen Kante des Stylobaten
zusammen. Doch ist er auffallenderweise schief auf den Stylobaten auf-
gesetzt, geht auch mit seiner Westseite, die besonders fundamentiert ist,
über denselben hinaus. Die noch nördlich von dem Palazzo zum Vorschein
gekommenen Reste, nament-
lich die über dem schroffen
Abhang bei Tor de' Specchi,
gehören nicht mehr zum
Tempel, sondern zu der Be-
festigung des Hügels. Die
Ausgrabungen des Jahres
1876 haben ferner ergeben,
dass der Stylobat, soweit er-
kennbar, keine kompakte
Masse bildet, sondern aus
parallelen Streifen besteht,
von denen die allein allen-
falls messbaren äusseren
5,60 m breit sind. Diese
Streifen dienten als Funda-
mente für die Säulenreihen.
Der Unterbau ist tief in die
Oberfläche des Felsens ein-
gebettet (bis zu 7 m) und be-
steht aus flachen, 30 bis 32 cm hohen Quadern aus Tuff, die am Kapitol
selbst gebrochen zu sein scheinen. Sie sind ohne Mörtel geschichtet. Auf
der einzigen über dem heutigen Boden hervorragenden Mauer liegt ein
Stück Betonwerk; wenn man annimmt, dass dasselbe zum Fussboden des
Pronaos gehört hat, so hat der Stylobat eine Höhe von 4—5 m gehabt.
Der Tempel war dreizellig und hatte in der Front sechs Säulen.
Da nach der sogleich zu gebenden Geschichte des Tempels fest-
steht, dass die aufgefundenen Fundamente dieselben sind, die bei Grün-
dung des Tempels unter den Tarquiniern gelegt wurden, so ist die Mög-
1
r
m^pm^
g
i
1
i
S i
1
I
g
fi
1
m
m
m
1
s
m
m
m
m
g
s 1
i=
m
m
_Ä
9. Das CapltoUnm. Onmdrias.
') Ausfnhrlichste Beschreibang bei Job- I ') Vgl. 0. Richter, Der kapitolinische
DAN, Top. I* p. 64 flf. Vgl. Ann. d. Inat 1876 i Jupitertempel und der italische Fuss, Hermes
p. 145 ff. Mon. d. Inst. X. Taf. XXXa. | 1887, p. 17 ff. Diesse Masse erhöhen sich noch
^) Vgl. Hermes XVUI p. 21. , etwas durch die Hinzurechnung der Bekleidung.
5. Das Zentmm Borna, o. Der kapitoliniaohe Hügel. (§ 40.) 123
lichkeit geboten, die Masse, nach denen die ersten Baumeister den Tempel
errichteten, festzustellen. Es ist nach den Untersuchungen von Dörpfeld
(Hermes XYIII p. 617) und den dazu gegebenen Nachträgen von Mommsen
(Hermes XXI p. 411) und mir (Hermes XXH p. 17 flf.) nicht mehr zu be-
zweifeln, dass der Tarquinische Tempel nach einem älteren Fuss, dem
italischen, von 0,278 m Länge gebaut ist (während der spätere römisch-
griechische 0,296 m betrug). Wenn man sich also über die Masseinheit
klar werden will, nach der der Tempel gebaut wurde, so muss man die
zuverlässig bekannten Masse in den italischen Fuss umrechnen. Das einzig
wirklich zuverlässige Mass ist aber die Länge der kürzeren Seite von
52,50 m = 188,85 ital. Fuss. Zu dieser Länge käme noch die Dicke der
Verkleidung hinzu, aber sie kann unberücksichtigt bleiben, da doch wohl
angenommen werden darf, dass die Säulen auf den Tufffundamenten ruhten
und mindestens um die Breite der Verkleidung (die ohnehin unbestimm-
bar ist) vom Bande des Stylobaten abstanden (vgl. Abb. 9). Es würde sich
demnach folgende Rechnung ergeben. Die Dicke der Säulenbasis beträgt
rund 8 Fuss.^) Wenn man auf jeder Seite eine halbe Säulenbreite ab-
rechnet, so bleiben für die 5 Interkolumnien rund 180 Fuss. Nach Vitruv
soll nun das Verhältnis, in dem die Breiten der Gellen zu einander stehen,
4 : 3 sein. Wenn man ferner annimmt, dass der äussere Säulenumgang
die Breite des mittleren Interkolunmiums gehabt hat,') so dass sich in
der Front 3 Interkolumnien zu 4 und 2 Interkolumnien zu 3 Masseinheiten
befanden, im ganzen also 18 Masseinheiten auf 180 Fuss kamen, so be-
trägt die Masseinheit 10 Fuss. Dann messen die grösseren Interkolum-
nien 40, die kleineren 30 Fuss, und die Masse der Front sind folgende:
4 + 40 + 30 + 40 + 30 + 40 + 4 = 188 Fuss.
Die der (längeren) Seitenfront (2 grössere und 4 kleinere Interkolumnien,
vermehrt um eine halbe Säulenbreite)
4 + 40 + 30 + 30 + 30 + 30 + 40 = 204 Fuss.
Der unterschied zwischen der grösseren und kleineren Seite würde
also 16 italische Fuss, d. h. rund 15 römisch-griechische Fuss betragen,
sich also der Angabe des Dionys bis auf ein Minimum nähern. Es braucht
nur angenommen zu werden, dass die Verkleidung der Langsoiten ein
wenig stärker war als die der Hinterseite, so ergibt sich der Unterschied
von , nicht ganz" 15 Fuss. Der Bau hatte also die einfachsten, durch 10
zu teilenden Masse, das Cellahaus mit seinen drei Gellen war 100 (30 4*
40 -t- 30 zu 40 i 30 -\- 30) Fuss im Quadrat, der Tempel war also ein
richtiger Hekatompedos. — Die Rekonstruktion des Tempels (Abb. 9) ist
auf Qrund dieser Ergebnisse gemacht.
Die Überlieferung schreibt Anlage und Bau des Tempels den Tar-
quiniern zu (Cic. de rep. H 36; Liv. I 38; Tac. bist. III 72), setzt seine Voll-
endung aber in das erste Jahr der Republik: der Konsul Horatius dedi-
ziert ihn an den Iden des September im Jahre 509 (Liv. II 8). Zahl-
0 Fast genau diese Grösse hat der unter { ') Diese nach Analogie des Tempels von
den Trümmern des Tempels gefundene Rest i Falerii angenommene Anordnung ist auch
einer Säulenbasis. Vgl. Jobdan, Top. 1 2 p. 72 von Hülsen (Formae urbis Romas III) schon
Anm. 69. | acceptiert
124
B. Topographie yon Born.
reiche Legenden verherrlichten den Ursprung dieses berühmtesten aller
römischen Tempel. Topographisch wichtig ist darunter die Notiz, dass
die Kuppe des Capitoliums schon vor Gründung desselben eine Anzahl von
„sacella"^) getragen habe, die zum Zweck des Tempelbaues exauguriert
werden mussten. Nur Terminus, heisst es, liess sich nicht verdrängen
(Liv. I 55 u. a.), und sein Sacellum musste daher in den Tempel ein-
geschlossen werden (Serv. Aen. IX 446; Ovid. Fast. 11 569 flf.). Spätere
pragmatisierende Legenden fügen auch noch die Juventas und den Mars
hinzu (Dionys. III 69 ; Augustin. de civ. dei IV 23, 3). Die drei Gellen waren
für Jupiter (in der Mitte), Minerva (zur Rechten, Liv. VII 3, 5), Juno (zur
Linken) bestimmt. Die Cella des Jupiter diente auch zu Senatssitzungen;
namentlich wurde, wie aus zahlreichen Stellen des Livius u. a. ersichtlich,
die erste feierliche Sitzung am Anfang des Jahres hier abgehalten. Ausser-
dem fanden hier die Sitzungen statt, in denen über Krieg beraten wurde.')
Das Material, aus dem der Tarquinische Tempel aufgeführt war, ist
unzweifelhaft der lokale Tuflf gewesen, wie er auch in den Fundamenten
verwendet ist. Die in denselben befindlichen Kellerräume, die vermutlich
nur vom Innern des Tempelhauses aus zugänglich waren, dienten zur Auf-
bewahrung heiliger Gegenstände, wie das direkt Dionys. IV 62 von den
Sibyllinischen Büchern bezeugt. — Das Kultusbild in der Cella des Ju-
piter ») stammte der Sage nach aus Etrurien (Plin. N. H. XXXV 157; Ovid.
Fast. I 201 f.) und war thönern. Ebenfalls thönern waren die Darstellungen
des Giebelfeldes und die Bildwerke, welche auf dem Giebel standen, in
der Mitte Jupiter auf einer Quadriga (Plin. N. H. XXVIII 16; Wunder-
geschichte Flut. Popl. 13; Fest. p. 274b). Das Antlitz des Jupiterbildes in
der Cella wurde mit Minium (Mennige) rot gefärbt; der Körper war mit
einer mit Palmenzweigen und Viktorien geschmückten Tunika und einer
purpurnen, goldgestickten Toga bekleidet. Es ist dies die Kleidung,
welche die Triumphatoren am Tage des Triumphes, dessen Ziel das Capi-
tolium war, anzulegen pflegten.*)
In und an dem Tempel häuften sich durch die glücklichen Ausgänge
so vieler siegreicher Kriege die von Triumphatoren und auswärtigen Herr-
schern gestifteten Beutestücke und Weihgeschenke derartig, dass im Jahre
179 V. Chr. der Tempel von ihnen gesäubert werden musste. Damals er-
hielten die Wände und Säulen auch einen neuen Stucküberzug.*) Nach
Beendigung des dritten punischen Krieges wurde das Deckengebälk des
Tempels (laquearia, Plin. N. H. XXXIII 57) vergoldet und das Tempel-
*) Dionys UI 69 sagt: noXXol yag ijaay
iy avrtp ßwuol d-emy re xal daifiöytay oUyoy
dnixoyjsg akXrjXtoy.
') Appian Fun. 75 x6 Kanextuhovy ovneq
Blüi&aat nsQt noXifiov axoneiy.
•) Vgl. WissowA in den Neuen Jahr-
büchern von Ilberg und Richter I p. 161.
^) Der Tnumphzng begann im Marsfeld
vor der Porta triumphalis. Er nahm seinen
Weg dnrch den Circus Flaminius, betrat
durch die Porta Carmentalis die eigentliche
Stadt, zog durch den Vicus Jugarius aufs
Forum, von da durch den Vicus Tuscus und
das Velabrum in den Circus Mazimus ein,
weiter um den Palatin herum zur heiligen
Strasse und über das Forum und den Olivus
Capitolinus bis zum Tempel.
*) Liv. XL 51: Lepidua . . . aedem Jovis
in Capitolio columnasque circa poliendas albo
locavit: et ab his columnis, quae incommode
opposita pid^antur signa amovit clipeaque
de columnis et signa militaria adfixä omnis
generia dempsit.
5. Das Zentrum Roms. o. Der kapitolinisohe Hügel. ($ 40.)
125
haus erhielt einen Mosaikfussboden (Plin. N. H. XXXVI 185). So stand
der Tempel bis zum Jahre 83 v. Chr., als er, man weiss nicht auf welche
Weise, ein Raub der Flammen wurde (Cic. Cat. III 9). Der Brand hat
ihn bis auf die Fundamente zerstört; selbst die in den Kellerräumen
aufbewahrten Sibyllinischen Bücher verbrannten (Dio Fragm. 106, 3
Bekk.). Dagegen blieben unversehrt die unmittelbar vor dem Eingang
zum Tempel befindlichen Statuen der römischen Könige und des Brutus
(Appian b. c. I 16). Auch der Tempelschatz wurde gerettet und von
C. Marius dem Sohne nach Präneste gebracht (Plin. N, H. XXXm 16).
Sulla begann den Wiederaufbau (Tac. bist. UI 72 u. a.) und liess dazu die
Säulen vom Olympieion in Athen nach Rom bringen (Plin. N. H. XXXVI 45),
aber er starb darüber fort. Erst im Jahre 69 wurde der Tempel von
Q. Lutatius Catulus (Liv. ep. XCVIII; Cic. in Verr. IV 69) dediziert. Er
war genau so wieder aufgebaut worden, wie der alte gewesen war, und
unterschied sich von diesem nur, wie Dionys. IV 61 sagt, durch die grössere
Pracht der Ausführung. Auch die Säulen waren wiederum dorisch, wie
die Abbildung auf dem Denar des Petillius Capitolinus (Cohen, Monn. de la
r^p. T. XXX, Pet. 1. 2) aus dem Jahre 43 v. Chr. zeigt, waren also auch
wohl nicht die von Sulla für den Tempel bestimmten. Sie waren aber
höher als die alten (Val. Max. IV 4, 11). Nach Vollendung des Tempels
stellte sich heraus, dass der unterbau zu niedrig war und in keinem Ver-
hältnis zu der Höhe des Oberbaus stand. Catulus wollte, um diesem Übel-
stande abzuhelfen, die Area des Tempels niedriger legen, doch hinderten
dies die Favisae.*)
Von welchem Material (Travertin?) dieser Neubau war, wissen wir
nicht. Das Dach wurde von hölzernen Adlern getragen (Tac. bist. III 71)
und war mit vergoldeter Bronze gedeckt (Plin. N. H. XXXIII 57). An
Stelle des thönernen Jupiterbildes war ein griechisches Kunstwerk von
Gold und Elfenbein getreten, von ApoUonios nach dem Vorbilde des
Olympischen Zeus angefertigt.^) Von dem Giebelbilde gibt der oben-
genannte Denar eine Vorstellung. Er zeigt in der Mitte desselben eine
auf Schilden thronende Roma. Dieselbe Münze zeigt auf der Spitze des
Giebels Jupiter auf einer Quadriga, an den Ecken Adler. Auch im Vesti-
bulum standen Quadrigen (Tac. bist. I 86). — Auch dieser Tempel füllte
sich mit Weihgeschenken und Kostbarkeiten; durch feierliche Gesandt-
schaft nach Erythrae wurden die Sibyllinischen Bücher wiedergewonnen
und am alten Orte geborgen (Lactant. de ira dei XXII 6). Einer Wieder-
herstellung bedurfte er zur Zeit des Augustus, wahrscheinlich 28 v. Chr.;
sie kann nicht unbedeutend gewesen sein, da er davon Mon. Anc. IV 9
sagt: impensa grandi refeci sine uUa inscriptione nominis mei.
Im Jahre 69 n. Chr. ging der Tempel bei dem Sturme der Vitellianer
wiederum in Flammen auf; ausführliche Schilderung des Sturmes und des
Brandes gibt Tac. bist. III 71. Wo die dort erwähnten, ziemlich dicht an
') Gell, n 10: Cellos quasdam et ciater-
naSy qtioe in area sub terra essent, ttbi repani
soleretU siffna vetera, quae ex eo templo eoU
lapsa essent, et dlia quaedam religiosa e donis
cansecratis.
') Vgl. Bbunv, Kttnstlergesch. I, p. 543;
OvBBBBOK, Griech. Plast. 11, p. 375.
126 fi- Topographie yon ftom.
den Tempel herantretenden porticus, die den Brand zum Tempel fort-
pfUtnzten, sich befanden, ist nicht mehr genau zu bestimmen. Sie lagen
in Capitolio nach der Seite des lucus asyli hin. — Im Jahre 70 begann der
Neubau durch Vespasian. Auf Mahnung der Haruspices wurde der Schutt
des abgebrannten Tempels in die Sümpfe (in pcdudes) gefahren und der
neue Tempel isdem vestigiis (Tac. bist. TV 53) aufgebaut. Die einzige Än-
derung, die man sich erlaubte, war die grössere Höhe des Baus. Noch in
demselben Jahre wurde in feierlicher Weise die Grundsteinlegung be-
gangen. Wann dieser Tempel, der nach der Bronze des Vespasian und
Titus (Cohen, Vesp. 409; Tit. 270. 271) ein korinthischer Hexastylos war,
dediziert wurde, wissen wir nicht. ^) Er brannte im Jahre 80 abermals ab,
wurde aber sofort wieder aufgebaut und von Domitian im Jahre 82 dedi-
ziert (Dio LXVI 24; Suet. Dom. 8). Der neue Tempel war ebenfalls ein
korinthischer Hexastylos, er hatte Säulen von pentelischem Marmor und
vereinigte in jeder Hinsicht alles in sich, was Kunst und Prachtliebe jener
Zeit zu schaffen vermochten.*) Spätere Brände haben ihn vorübergehend
beschädigt, aber nicht wieder vernichtet, er hat das Altertum über-
dauert. Seit dem 5. Jahrhundert n. Chr. begann man, ihn zu plündern.
Stilicho raubte die vergoldeten Bronzethüren (Zosimus V 38, p. 302 Bekk.),
Geiserich einen Teil der vergoldeten Bronzeplatten des Daches (Proc. Vand.
I 5), und so ging er teils durch Plünderungen,^) teils durch die Fehden
des Mittelalters allmählich zu Grunde.^) Selbst seine Fundamente blieben
nicht intakt, da die in dem Berge befindlichen Steinbrüche, zum Teil von
oben her, einzustürzen begannen. Steine vom Tempel sind tief im Innern
des Berges unter Schutt und Geröll gefunden worden. In einer der
Höhlen fand man die Spuren eines Mithräums. Als die Caffarellis im
16. Jahrhundert ihren Palast hierher bauten, benutzten sie die Funda-
mente, aber in so eigentümlicher Weise (der Palast weicht etwa 8^ von
denselben ab und geht mit seiner Nordwestecke darüber hinaus, vgl. p. 118),
dass man sieht, dieselben müssen schon damals in einem Übeln Zustande
gewesen sein.
Vor dem Jupitertempel lag die Area (Gell. H 10, 1, Liv. I 15),
deren ursprüngliche Grösse und Gestalt nicht mehr nachweisbar ist. Sie
scheint durch die gleich zu erwähnenden Bauten immer mehr eingeengt
zu sein. Ein im Jahre 1896 aufgedeckter Unterbau liegt so nahe der
Front des Tempels (vgl. Hülsen, Zur Top. des Kapitels, Tafel), dass der
*) Vgl. MoMMSKN, Res gestae D. A.« p. 128.
*) Abbüdiingen auf dem Relief des Con-
servaiorenpalastes (Mon. d. Inst. V 36) und
auf Silbermünzen Domitians (Cohbv, Dom. I
69. 71). Ersteres zeigt den Tempel yiersäniig,
gibt aber eine besonders gute Darstellung
des Giebelfeldes. Vgl. Baumeister, Denkmäler
p. 765. Hülsen, Osservazioni sull' archi-
tettura del tempio di Giove Capitolino, in den
Mitt. d. Inst. 1888 p. 150 ff. und Rom. Mitt.
1890 p. 252 ff. AüDOLLENT, Dessin in^dit d'un
fronton du temple de Jupiter Capitolin, M^-
langes d*Ecole fran^aise de Rome IX 1889,
p. 120 ff.
') Vgl. MoxxsBN, Ghron. min. 1, 336 zum
Jahre 571. — De Rossi, Bull, christ. 1867,
p. 22.
*) Ueber die noch nachweisbaren Kunst-
werke etc., die innerhalb des Tempels sich
befanden, zum grossen Teil Weihgeschenke
yon Siegern und unterworfenen Völkern und
Fürsten von ausserordentlicher Kostbarkeit,
vgl. Jacobi, Museographie p. 96 ff.
*) Vgl. Bull. d. Inst. 1882 p. 227 ff.; Her-
mes 1883 p. 616 und den Schupmann'schen
Plan in den Mon. X, Taf. XXXa.
5. Das Zentmm fioms. o. Der kapüolinisohe fiügel. ($ 40.)
127
Raum dadurch äusserst beengt erscheint. In der Mitte derselben stand
die Ära, an der sowohl die grossen Staatsopfer am Anfange des Jahres,
bei Triumphen u. s. w. dargebracht wurden, als auch die von einzelnen.
Namentlich opferten hier die jungen Römer nach Anlegung der Toga
virilis (Serv. zu Verg. Ecl. 4, 50). Auf der Area feierte das Collegium
Capitolinorum seine Spiele, auch Versammlungen wurden dort gehalten,
wie z. B. die der Tribus zum Zwecke der Aushebungen, und Volksversamm-
lungen, wie jene berühmte, die zur Katastrophe des Ti. Gracchus führte
(Appian b. c. I 16). Unter der Area befanden sich die schon erwähnten
»Favisae'', unterirdische Kammern, in welchen man altes Tempelgerät
aufbewahrte. Sie müssen stollenartig in den Felsen getrieben gewesen sein
und können nicht gut einen anderen Eingang gehabt haben, als von den
Kellern des Tempels aus. — Von Gebäuden standen auf der Area die
Aedes thensarum (CIL. III p. 845 n. II, p. 1963 n. XVI), in welcher die
Götterwagen und der sonstige Apparat für die Prozessionen aufbewahrt
wurden, die Curia calabra, vor der an den Kaienden jedes Monats von
dem Pontifex minor der Eintritt der Nonen verkündigt wurde (Praen.
Kai. I.Jan.: Varro LL. VI, 27 Macr. I 15, 10), und unmittelbar daneben
eine Casa Romuli (Conen Narr. 48, Vitr. II 1, 5), endlich das Häuschen
des Thürhüters, in welchem verborgen Domitian sich beim Sturme der
Vitellianer rettete, i) Zum Dank dafür setzte er an dessen Stelle erst ein
Sacellum des Jupiter Conservator und einen Altar, dann, nachdem
er zur Regierung gekommen war, einen Tempel des Jupiter Custos
(Tacitus bist. III 74, Suet. Dom. 5). — Zahlreich waren die Götterbilder
und die Standbilder berühmter Männer. Unter ersteren ist das hervor-
ragendste ein Bild des Jupiter (Dio Cass. XXXVII 9). Als dasselbe im
Jahre 65 v. Chr. vom Blitze getroffen worden war, wurde es auf Anord-
nung der Haruspices durch ein grösseres, auf einer Säule stehendes er-
setzt und contra atque antea fuerat (Cic. in Cat. III 20) mit dem Antlitz
nach Osten gewendet, damit es das Forum und Comitium anschaue. Er-
wähnt werden ferner u. a. ein Jupiter Africus, „Simulacra* des
Hercules, des Liber, der Nemesis, des Bonus Eventus und der Bona
Fortuna, doch erschöpfen die zufälligen Erwähnungen die Sache bei
weitem nicht. Mit Recht sagt wohl Serv. zu Aen. U 319: in Capüolio ....
deorum omnium simulacra colebantur.^)
unter den Standbildern berühmter Männer befanden sich die der
römischen Könige und daneben das des Brutus; sie standen vor der Thür
des Tempels. Bei ihnen wurde Ti. Gracchus erschlagen, neben ihnen erhielt
Caesar eine Statue.^) Femer befand sich auf der Area die Statue des
') Nicht klar ist, was das bei PolybioB
IQ 26 erwähnte und auf der kapitolinischen
Area befindliche dyoQtiyofAtav lameToy ge-
wesen ist, and ob es identisch mit dem nur
einmal bei Liv. XXIV 10 erwähnten Atrium
publicum in Capitolio oder mit der Aedes
thensarum war. Daselbst befanden sich die
Normalmasse. Vgl. Jobdan, Top. I 2 p. 59 ff.
«) Vgl. Jobdan, Top. I 2 p. 46.
^) unter den Statuen der Könige befand
sich auch die des Titus Tatius, es waren
lüso im ganzen acht. Vgl. Plin. N. H. XXXIV
22. 23, y^^TTT 9. 10. üeber diese Statuen,
wie überhaupt über die älteren Bildwerke
Roms vgl. Detlrfsbns Abhandlung De arte
Romanorum antiquissima, zwei Glückstadter
Programme, 1867 und 1868.
128
B. Topographie von Aoni.
Q. Marcius Rex, des Erbauers der Aqua Marcia, die das Kapitel mit
Wasser versorgte, die des Q. Fabius Maximus, des L. Scipio, während
des älteren Africanus „imago" in der Cella des Jupiter stand, des L. Gae-
cilius Metellus, eines M. Aemilius Lepidus, des T. Seius und des
Augustus.O Auch Trophäen befanden sich hier, wie die von Caesar wieder
aufgestellten des Marius (Plut. Caesar 6).*) Bis zur Zeit des Augustus
war die Menge der Statuen derartig angewachsen, dass dieser, um Raum
zu gewinnen, sie zum Teil auf das Marsfeld schaffte und dort von neuem
aufstellen liess (Sueton Calig. 34). Nach dieser Zeit wissen wir von meh-
reren Kaisern, die hier ihre Statuen aufstellen liesen; so Domitian (Sueton
Dom. 18), Trajan (Plin. Pan. 52) u. a. Auch Altäre befanden sich hier,
z. B. eine Ära gentis Juliae.
Der Jupitertempel nahm, wie auf der Akropolis der Parthenon, die
höchste Stelle des Berges ein; von künstlichen Substruktionen getragen,
überragte er die ihn umgebenden Gebäude. Zu seinen Füssen, aber noch
in Capüolio, d. h. innerhalb der das Capitolium umschliessenden Mauer,
entstand eine Anzahl von Göttertempeln. Als ältester gilt der des Jupiter
Feretrius, der Sage nach schon von Romulus gestiftet, welcher hier die
ersten Spolia opima aufhängte (Liv. 1 10). Das jedenfalls uralte Tempel-
chen, dessen längste Seite nach Dionys. II 34 weniger als 15 Fuss (etwa 4 m)
mass, stand noch zur Zeit des Augustus. Derselbe las darin auf einem
linnenen Koller die Weihinschrift des A. Cornelius Cossus, der hier die
Spolia opima des Tolumnius aufgehängt hatte (Liv. IV 20). Auf Mahnung
des Atticus stellte er ihn her.^) Zu den ältesten gehört ferner der Tempel
der Fides, der Sage nach von Numa gegründet (Liv. I 21, vgl. Cicero de
nat. deor. II 61), von M. Aemilius Scaurus wiederhergestellt. Er war gross
und übertraf nächst dem Jupitertempel alle anderen auf dem Kapitel be-
findlichen Heiligtümer an Bedeutung. Selbst für eine Senatssitzung bot
er genügend Raum.^) Bei demselben standen die Tropaea Germa-
nici.^) — Kleinere Heiligtümer waren die dicht nebeneinander liegenden
Tempel der Mens (Cic. de nat. deor. II 61) und der Venus Erycina, bei
Suet. 7 Venus Capitolina, CIL. P p. 331 unter dem 9. Oktober Venus
Victrix genannt, beide nach der Schlacht am Trasimenischen See gelobt,
ersterer von T. Otacilius, letzterer von Q. Fabius Maximus. ^) Den Tempel
') Vgl. Jacobt, Museographie p. 79 ff.
*) Em anschauliches Bild von der Menge
der Bildwerke etx;. auf dem Tempelhof giht
Ciceros Schilderung von dem grossen Un-
wetter des Jahres 65 (in Cat. 111 19): cum
et simulacra deorutn immortalium depulsa
sunt et statuae veterum haminum deiectae et
legum aera liquefactn, tactus est etiam ille,
qui hanc urbem condidit, Romulus , quem in-
auratum in CapitoHo parvum atque lactentem,
uberibus lupinis inhiantem, fuisse meministis.
Die Vernichtung der Gruppe wird auch Cic.
de div. I 12 und II 20. 45 erw&hnt.
') Vgl. MoMMSEN, Römische Forschungen
II p. 286 ff. Die Herstellung fand vermut-
lich im Jahre 31 v. Chr. statt. Com. Nepos,
Att. 20. Mon. Ancyr. IV 5.
«) Cic. de off. in 29, 104 sagt von ihm:
Qui ius igitur iurandum violat, is Fidem
violat, quam in Capitolio vicinam lovis
optimi maximiy ut in Catonis oratione est,
maiores nostri esse voluerunt, was nicht wört-
lich als Wandnachbarin zu verstehen ist;
vielmehr lag der Tempel niedriger, wie aus
Appian b. civ. I 16 hervorgeht (vgl. Hermes
1882 p. 115 f. Die dort ausgesprochene An-
sicht, er habe ausserhalb des Capitoliums ge-
legen, ist danach zu modifizieren). Moxmsbv,
CIL. ms. p. 2034; Hülsen, Zur Topographie
des Kapitels p. 210 f.
*) Vgl. Jobdan, Top. I 2 p. 56 Anm. 59.
«) Vgl. Liv. XXU 10, XXIII 81: utraque
5. Das Zentrum Borns, o. Der kapitolinieche Hügel. (§ 40.) 129
der Mens in Capitolio erwähnt auch der Kalender zum 8. Juni (CIL P
p. 319). Vereinzelt ist die Nachricht, dass der Kaiser Marcus der Evsq-
fBcia ein Sacellum bv %<p Kan€%foXi(Q geweiht habe (Dio LXXI 34). Topo-
graphisch gar nicht verwendbar sind die sehr zweifelhaften Nachrichten
über einen Tempel der Fortuna, der auf dem Kapitol gestanden haben
soll.*) Ein Tempel der Ops „in Capitolio*^ wird zuerst Liv. XXXIX 22
erwähnt.*) Restaurirt wurde er nach Plin. N. H. XI 174 durch L. Me-
tellus zwischen 123 und 114 v. Chr. Derselbe Tempel wird in den Arval-
akten (CIL. VI p. 507) erwähnt ; in ihm kamen am 7. Dezember 80 n. Chr.
die Sacerdotes ad vota nuncupanda ad restitutionem et dedicationem Ca-
pitoli zusammen. Bei demselben stand eine Statue des älteren Afri-
canus. Alle übrigen Nennungen des Tempels der Ops, ohne den Zu-
satz in Capitolio^ namentlich die zahlreichen Erwähnungen bei Cicero
(Phil, n 93; ad Attic. VI 1, 17; XIV 14, 5; XVI 14, 3), dass Caesar seinen
Schatz ad Opis niedergelegt habe, müssen sich ebenfalls auf diesen
Tempel beziehen.^) — Augustus hat auf dem Kapitol zwei Tempel erbaut :
im Jahre 20 v. Chr. den des Mars Ultor (Mon. Anc. IV 5), einen Rund-
tempel, abgebildet auf Münzen des Jahres (bei Cohen Aug. 189 £f.). Nach
Dio LIV 8 wollte er in ihm ein Seitenstück zu dem Jupiter Feretrius
schaffen, um darin die Parthischen Feldzeichen aufzustellen, doch wurden
dieselben nach Vollendung seines Forums dorthin gebracht (vgl. p. 111).
Der zweite Tempel war der des Jupiter Tonans; Augustus erbaute ihn
nach Sueton Aug. 29 zum Dank für die Befreiung aus Lebensgefahr, als
in dem Feldzuge gegen die Cantabrer der Blitz bei einem nächtlichen
Zuge seine Sänfte getroffen und den voranleuchtenden Diener getötet hatte.
Der Tempel wurde am 1. Sept. 22 dediziert (Mon. Ancyr. IV 3).*) — Von
allen diesen Tempeln ist nur wenig zum Vorschein gekommen. Südlich
vom grossen Tempel, wo jetzt das deutsche Hospital steht, existiert noch
ein Stück Quadermauer, das durch Material, Grösse der Steine etc. den
Besten des grossen Tempels gleicht, im Jahre 1896 wurde bei Anlage der
neuen Strasse auf dem Kapitol unterhalb des Konservatorenpalastes der
Qusskern eines Tempelstylobaten aufgedeckt, die Bestimjnung ist ganz
ungewiss (vgl. p. 126).
Auf dem Capitolium waren die bronzenen Tafeln mit den Staats-
verträgen, die das römische Volk über Bündnis und Freundschaft mit an-
Marmorquadern), sowie die Statuen in und
bei dem Tempel (Plin. N. H. XXXIV 78. 79)
zogen Bewunderer und Andächtige in Scharen
herbei. Auch Augustus besuchte ihn oft; als
er einst des Nachts träumte, der kapitoli-
nische Jupiter beklage sich, dass ihm die Ver-
ehrer entzogen würden, antwortete er, dass
der Tonans nur sein Thürhüter sein solle, und
zum Zeichen dessen schmückte er das Dach
mit Klingeln (Suet. Aug. 91). Erwähnt wird
er bei Claudian XXVIII 44 ff.: iuvat infra
tecta Tonantis cemere Tarpeia pendentes
rupe Gigantaa Caelatasque fores medüsque
volantia signa nubibus etc. Er muss also hart
am Rande des Berges gestanden haben.
in Capitolio Mt, canali uno discretae; vgl.
Mkbkbl zu Ovid. Fast. VI 241.
') Vgl. Bbckeb, Topographie p. 404.
') Unter den Prodigien des Jahres 186
y. Chr. heisst es dort: ctedes Opis in Capi"
tolio de caelo iaeta erat. Mommsbn, CIL. P
p. 327 zweifelt, ob hier nicht mit Obsequens
Jofna zu lesen ist.
') Vgl. H. Jobdan, De sacris quibusdam
in hemerologio fratrum Arvalium commemo-
ratis. Eph. epigr. 1874 p. 229 ff. Derselbe:
De sacris Opis aedibusque Opis et Satumi.
Eph. epigr. 1876 p. 57 ff. Hülsbk, Rom. Mitt.
1892 p. 292. CIL. P p. 327.
*) Die grosse Pracht, mit der der Tempel
erbaut war (nach Plin. N. H. XXXVI 50 von
Handbuch der klMB. Altertumswissenschaft. III, 8, B. 2. Aufl. 9
130
B. Topographie yon Born.
deren Staaten geschlossen hatte, öffentlich ausgehängt (Sueton, Yesp. 8),
desgleichen die Militärdiplome bis zum Jahre 90 n. Chr. Die erhaltenen
Inschriften resp. Berichte nennen als Aufstellungsort entweder einfach das
Gapitolium oder genauer den kapitolinischen Jupitertempel oder Gebäude etc.,
die sich auf der Area befanden.^) Namentlich scheinen die Statuenbasen
zum Anheften der Tafeln gedient zu haben. Denn bei dem Gewitter des
Jahres 65 v. Chr., bei dem so viele simulacra deorum und statuae veterum
hominum vom Blitze getroffen wurden, werden auch legum aera liquefacta.
Bei dem Brande des Tempels im Jahre 69 n. Chr. sind nach Sueton, Yesp. 8
dreitausend solcher Tafeln mit zu Grunde gegangen (vgl. Dio XLV 17).
41. Die Einsattlung zwischen Arz und Capitolium hat, wie sich
bei der Fundamentierung der Statue des Marc Aurel herausstellte, im Alter-
tum ungefähr dasselbe Niveau gehabt wie jetzt. Der Sage zufolge soll
hier Romulus ein Asyl eingerichtet haben. Zu Livius' Zeit war es um-
mauert {saeptus Liv. I 8), um den Missbrauch zu verhüten (Dio XLYII 19).
Auch ein Tempel hat daselbst gestanden (Dionys. 11 15), der des Ve-
iovis „inter duos lucos^, der nach Ovid Fast. III 429 ff. ein jugendlicher
Jupiter war und statt der Blitze ein Bündel Pfeile hielt; neben ihm stand
eine Ziege. >) Der Tempel hatte nach Vitruv IV 7, 4 ein ungewöhnliches
Schema, er lässt sich aber nicht darüber aus. Nach den beiden Hainen,
zwischen denen er lag, wird auch die ganze Einsattlung inter duos lucos
genannt. Vereinzelt ist Tacitus' Ausdruck bist. HI 71 luctts asyli.^)
42. Der kapitolinische Hügel ist unbeschadet seines fortifikatorischen
und sakralen Charakters mit Privathäusern bebaut gewesen. Es gab nach
Liv. V 50 ein im Jahre 380 v. Chr. gestiftetes coUegium ex iis, qui in Capi-
tolio atque arce habüarent Sie feierten ihre Spiele, wie wir oben sahen,
auf der Area des Capitoliums. An den Verrat des Manlius, dessen Haus
geschleift wurde, knüpfte sich der Volksschluss, dass kein Patrizier mehr
auf der Arx oder dem Capitolium wohnen sollte (vgl. p. 117). Grössere
Strecken Landes an den Ostabhängen des Kapitels besass bis zum Jahre 93
V. Chr. die Priesterschaft. In diesem Jahre wurden sie inopia cogente (Oro-
sius V 18) verkauft und jedenfalls bebaut. Die Entfestigung des Hügels,
die eben zu jener Zeit begonnen haben mag, gab neue Gelegenheit zu
Privatbauten, im Jahre 69 n. Chr. ist die ganze Kuppe des Capitoliums bis
an die Mauern der Tempelarea heran mit Häusern bedeckt. Vgl. Tac. bist.
^) Die Bezeichnungen, denen stets in
Capitolio vorausgeht (vgl. Hülsen, Zur To-
pographie des Kapitols p. 213) sind folgende:
ad latus 9%ni9t(rufn) aedis thensarum eX'
trinsecus; post aedem Iovis o. m. in basi
Q, Marci Regia pr(aetori8) ; ad (aram), in
podio arae gentis Jtiliae laiere dextro; ante
8ig(num) Liberi patris und öfters in ver-
s<äiedenen Wendungen die ara gentis Juliae;
introeuntibtia ad sinistram in muro inter
duoa arctts; in basi Iovis Africi; in bcisi co-
lumnae parte posteriore, quae est secundum
lovem Äfricwn; in tribunali Caesarum Ves-
pasiani et T. Domitiani; post thesariutn ve-
terem; aedis Fidei pcpuli Romani parte
dexteriore; post aedem Fidei popuii Romani
in muro; post tropaea Germaniei in tri-
bunali, quae sunt ad aedem Fidei p, R.
und ähnliche; intra ianuam Opis ad latus
dextrum. — Von Antonius heiseit es bei Cic.
Phil, n 92 und Y 12, dass seine Verordnungen
,Joto Capitolio" angeheftet wurden. Üeber
Weihinschriften auf dem Eapitol Hülsen, Rom.
Mitt. 1890 p. 252 f.
') Ueber die Bedeutung der Attribute und
den Gott selbst vgl. Pbbllbb, Mythol. P
p. 265; Jacobi, Museographie p. 75.
*) Vgl. Jobdan, Comm. in hon. Momma.
p. 361.
6. Das Zentrum Borns, o. Der kapitolinisohe Hügel. (§§ 41—42.) 131
in 71. Ähnlich war die Arx bebaut; hier sind auch in der Umgebung der
Kirche Araceli vielfach Beste von Retikulat- und Ziegelmauern gefunden
worden. Auch die Einsattlung (heute der Eapitolsplatz), ist damals sicher
grossenteils bebaut gewesen. Frei blieben nur die steilen Abhänge, wie
namentlich der grösste Teil der Nordseite und an der Südostseite der
Tarpeische Fels. Dagegen wurde der nach dem Forum zu liegende Ab-
hang der Einsattlung durch ein monumentales Oebäude ausgefüllt, das Ta-
bularium. Dasselbe ruht nach dem Forum zu auf einer 71 m langen und
ca. 11 m hohen Substruktionsmauer, die auf der Area Volcani aufsetzend
die ganze Seite des Berges zwischen Arx und Capitolium verkleidet. Auf
derselben, im Niveau der Einsattlung, erhebt sich eine gewölbte Halle,
jetzt verbaut, aber noch deutlich erkennbar. Sie war nach dem Forum zu
offen und durch Pfeiler und dorische Halbsäulen gestützt; erhalten sind
elf Bogen. Die Breite der Halle beträgt 5 m, die Höhe 10 m. Hinter
derselben lag ein Gebäude, das sowohl von ersterer aus, als auch vom
Forum her zugänglich war. Ein in der Substruktion befindliches Thor
mit einer unter der Vorhalle fort direkt in das Gebäude emporsteigenden
Treppe ist durch den Bau des Yespasianstempels versetzt worden (vgl.
p. 79). — Die Bestimmung der Ausdehnung des Gebäudes nach Nordwest
ist dadurch sehr erschwert, dass über seinen Trümmern von Michelangelo
der Palazzo Senatorio erbaut ist. Auch die Nordseite ist durch die von
Bonifazius YHI. angebauten Türme umgestaltet. Die trapezförmige Gestalt
des Gebäudes rührt daher, dass es den Raum zwischen dem Glivus Capi-
tolinus und dem an der Seite der Arx emporführenden Stufenwege voll-
ständig ausfüllt. Es besteht in allen seinen Teilen aus Quadern von
2 Fuss röm. Höhe und ziemlich gleichmässiger Länge, die mit Mörtel ver-
bunden sind. Die Technik zeigt hohe Vollendung; das Material ist ver-
schieden. Die Aussenmauern sind von Sperone, die Fassade der Pfeiler-
halle besteht aus Peperin, die Basen und Kapitelle der Halbsäulen, sowie
die Imposten der Bogen aus Travertin; alle Innenmauern, soweit dies zu
erkennen ist, da im Mittelalter hier ein Salzmagazin war und das Salz
die Oberfläche der Steine stark zerfressen hat, aus Tuff. Die in dem Ge-
bäude gefundenen Inschriften (CIL. VI 1313. 1314) sagen, dass Q. Lutatius
Catulus (derselbe, der im Jahre 69 das Capitolium dedizierte) substrudionem
et tabularium gebaut habe (vgl. CIL. VI 916 ^ 31201). Auffallenderweise
wird ein »Tabularium" bei Schriftstellern des Altertums niemals erwähnt.^)
Litteratur: J. Ryoquivs, De Gapitolio Romano commentarius, 1696. — Pbbllbb, Zur
Geschichte und Topographie des Römischen Gapitols. Philologns 1846, p. 46 ff. — Abbkbn, Mittel-
italien vor den Zeiten Römischer Herrschaft, p. 221 ff. — Ueber die Ausgrabungen: Häuser,
Mon. deU. Inst, VTH, tav. XXIII, 2. — P. Rosa, Ann. d. Inst. 1865, p. 382. — Lakoiani, Bull,
com. 1875, p. 165 ff, tav. XYI— XVIH, 1876, p. 31 ff. — Jobdan, Ann. d. Inst. 1876,
p. 145 ff., Mon. d. Inst. X, tav. XXX». — H. Dbbssbi, Scavi sul Campidoglio, Bull. d. Inst.
1882, p. 225 ff. — 0. Richtbb, Clivus Capitolinus, Hermes 1888, p. 104 ff., p. 616 ff.; 1884,
p. 322 ff. — 0. Richtbb, Der kapitolinische Jupitertempel und der italische Fuss. Hermes
1887, p. 17 ff. — L. Holzapfel, Der kapit. Jupitertempel, Hermes 1888, p. 477 ff. —
Dboebino, Ueber etrusldschen Tempelbau. Nachr. der k. Gesellschaft der Wissenschaften
zu Göttingen. 1897, p. 137 ff. — HOlsbk, Zur Topographie des Kapitels, Berlin 1898 (Fest-
schrift ftlr A. Kiepert p. 209 ff.). — Hülsbn, Bilder aus der Geschichte des Kapitels, Rom
1899. — Caniha, Sülle recenti discoperte fatte nel grande edifizio Capitolino, cognito col
*) Vgl. Jobdan, Top. I 2, p. 135 ff.
132 B. Topographie yon Rom*
nome di Tfibulario, Ann. d. Inst. 1851, p. 268 ff., Mon. Y, tav. XXXI. — Mokxbbn, II 8up>
posto tabnlarium in Roma, Ann. d. Inst. 1858, p. 206 ff. — Jordan, II iabulario Gapitolino,
Ann. d. Inst. 1866, p. 66 ff.
d. Der Falatin.
43. Die Topographie des Palatins bietet ganz besondere Schwierig-
keiten. Der Plan (Taf. 12) zeigt ja freilich auf den ersten Blick, dass ein
grosser Teil des Berges ausgegraben und das Ten*ain in grösserem Umfang
als anderwärts in Rom von späterer Bebauung freigehalten ist, aber die
Ausgrabungen sind fast nirgends so in die Tiefe gehend, dass man behaupten
könnte, es läge alles zu Tage, was aus dem Altertum übrig geblieben.
Namentlich gilt dies von den Rändern des Berges, die noch tief im Schutt
stecken, mit Ausnahme allein des Nordrandes, der wenigstens zum Teil
(hinter dem Yestalenhause und zwischen dem Titus- und Eonstantinsbogen)
freigelegt ist; so liegt z.B. die Rundkirche S. Teodoro hoch über dem Niveau
des Vicus Tuscus, vgl. Lanciani, Ruins and excavations p. 127. Aber auch
auf der Höhe des Berges sind, selbst abgesehen von den noch nicht zur
Ausgrabung freigegebenen Terrains der Villa Mills, des Klosters S. Bona-
ventura, S. Sebastiane und der Yigna Barberini, die Ausgrabungen keines-
wegs genügend ausgeführt. Namentlich das jetzt einem freien Platze
gleichende Terrain nördlich von der Domus Augustana ist noch undurch-
forscht; eine vor der Front des Palastes im Jahre 1896 begonnene Aus-
grabung wurde zwar der Unergiebigkeit wegen aufgegeben, Hess aber
doch erkennen, dass hier kein von Gebäuden völlig freier Platz war. Un-
genügend ausgegraben ist auch die Südwestecke des Berges und der
weite, noch jetzt von den farnesianischen Qärten bedeckte Innenraum
der Domus Tiberiana, so dass trotz so vieler zu Tage liegender Reste der
Vermutung noch ein weiter Spielraum bleibt.
Eine zweite Schwierigkeit ist die Unsicherheit der Identifizierung
der noch erhaltenen Bauwerke mit der Überlieferung. Ausser den über
den ganzen Palatin von Norden nach Süden sich hinziehenden kaiserlichen
Palastbauten, die als solche ohne weiteres, aber auch nur im ganzen er-
kennbar sind, kann kein Gebäude des Palatins sicher bestimmt werden,
vielmehr beruhen sämtliche Benennungen ohne Ausnahme auf Kombi-
nationen. Diese Kombinationen werden bei der Bestimmung der Tempel
um so unsicherer, als auf dem Palatin sich nachweislich mehr Tempel
befanden, als bei den Ausgrabungen zum Vorschein gekommen sind, also
von einigen angenommen werden muss, dass sie vollständig verschwunden
sind; oder ihre Fundamente erst bei etwaigen weiteren Ausgrabungen zum
Vorschein kommen werden. ^
44. Älteste Bauten und Heiligtümer. Über die palatinische Stadt,
d. h. die älteste nachweisbare Stadtform auf stadtrömischem Gebiete, ist
schon im § 15 (Entwicklungsgeschichte der Stadt p. 30—36) gehandelt.
Daselbst ist die Befestigung des Hügels und die Linie des palatinischen
Pomeriums, sowie der Begriff des Pomeriums erläutert (p. 32—34), ferner
die an den Ecken des palatinischen Pomeriums stehenden Heiligtümer,
die Ära Maxima, die Ära Consi, die Curiae veteres und das Sacellum Lamm
0 s s Kaott
Hetec
2fijcht cuisffegrabenes öder
überbautes Jhrat/i.
Erldäning der Buchstaben,
auf dem Plane.
A.Jlesie eines Tttppenaufgtmges
(Torta SonumulaJ.
^AtterSiufenmifyang (Scalae CääX
B. Bauteit aus dem ZJahrh, r. Chr.
C. Tempely der Viciariw
D. Ort des Ibmpds des JupUer Stator
E. Tempetruiiie, (larentempeW.
F. Tempel der 2iaffna. Miter
G. TeH des Kodserpalastes
YL lättelnlterUcIv iiberbmiie lundn^
niente
J. Altar aus republikamsdier Zeii,
VJTiifnut des TBbertus Claudius Nero <^)
L . itdmassUcJie Lage d^Aedea ApoUtnis
VOLSidtsimctionen aus dem Snde desl.
and der ersten Mäte d. 2JaIn9LTiXhr.
P. JkMnitianisi9ier Anbau derDonutsAu
B- Grosse üjxdra.. ^ ^^'
S. Bauten des Septzmius Seeerus.
T. Pädagogüan für kaisertiche. Tagen.
ü. Domus Getotiana
a. unterirdischer Gang <Cryf}tof)orticus).
b. Offenli^endes Raidament d.Rdataans.
c Badrianische Anbauten des Fülatiums.
d. Jnliker Steinbruch.
€re.X/rspriingUchp^ Grenze der dieBamus
KberiaruL IragendenSiibstructitmerv.
f. Barticus aus dem t od. 2.Jahrh. v. Chr
g. Uralte in den Tuaürlichen Felsen ge^
hauene Bauten.
h. Wohnhäuser, an die alte Palaüns,
Tnauer angelehnt.
7*. Beste, der äüestm Befestigungen.
7, Mauer von (^msireixkulat aus dem
L oder 2. Jahrh. v: Chr
m. Fundort der Tnsduiften. der
Vietoria^ .
n. Luperaü'.
o.Lacus Jiitnrruie
SLttu SiUldDuIilL i]n= kÜLsh. AlDäniimswis.s«<liA<:h3iL|j).3. 2,Auf1
Taf . 12
H^BeddEKhe VeriagaliurhhgTidhmg in Mimcheit.
Googra^AnauatTWa^ner fcDebos L€«^xig.
6. Da« Zentrnm Borns, d. Der Palatin. (§§ 48^14.) 133
praestitum erwähnt, desgleichen die Thore der palatinischen Stadt (p. 34),
von denen zwei mit Namen überliefert sind: die Porta Mugonia, auch Vetus
porta PoXatii genannt, die jedenfalls noch zur Zeit des Augustus existierte
(vgl. Ovid Trist. III 1 v. 31: inde petens dextram ,Porta eaV ait ^ista
Palati etc.) und die Porta Romanula ,infimo clivo Vidoriae^, endlich die
Aufgänge zum Palatin, die von Norden, von der Velia her auf den Berg
führende Fahrstrasse, die an der Südseite noch nachweisbaren Scalae Caci
und der Clivus Victoriae, von dem jedenfalls feststeht, dass er auf der
Westseite die Höhe des Berges erklomm.
Von den ebendort p. 35 kurz angeführten, auf die Gründungssage
bezüglichen Heiligtümern und heiligen Stätten wird als ältestes das Luper-
cal betrachtet, jene Höhle, bei welcher Bomulus und Bemus einst von
der Wölfin gesäugt sein sollen. Es lag am Abhänge des Germälus, also
an der Südwestecke des Hügels, nach Dionys. I 79 an dem nach dem
Circus führenden Wege (Taf. 12 w). Augustus führt es (Mon. Anc. IV 2)
unter seinen Bauten auf; was er daran erneut hat, ist nicht bekannt,
Dionys. I 32 bestätigt, dass zu seiner Zeit „avfiTtsTtoXKffis'vcov %^ vefiävsi
T(ov TxäQi^ xfüQiwv^*' die alte Beschaffenheit des Ortes nicht mehr zu er-
gründen {ivgeUacTog) gewesen sei. Ehemals sollte ein Feigenbaum, die
ficua ruminalis, die Grotte beschattet haben, doch war derselbe durch ein
von dem Augur Attus Navius unter König Tarquinius gethanes Wunder
auf das Comitium versetzt worden; in der That hat er wohl nie an einem
anderen Orte gestanden als auf dem Comitium, wie auch Tac. Ann. XHl 58
bestätigt.^) Über den Versuch des Censors Cassius, hier ein Theater zu
errichten, vgl. Vell. I, 15. Das Lupercal wird noch in der Regions-
beschreibung aufgeführt.
2. Auf der Höhe des Germalus lag ein gleich ehrwürdiges Heiligtum,
die Casa Romuli (vgl. Seneca Dial. XII 9. 3), wahrscheinlich identisch mit
der Aedes Romuli im Argeerfragment. Dionysius I 79 bezeichnet ihre Lage
als an der dem Circus zugewendeten Seite des Hügels, Solin I 18 das
damit wohl identische Tugurium Faustuli (ibi Bomulus mansüavit) als ober-
halb der Scalae Caci gelegen (p. 34). An dieser Stelle befindet sich in
der That eine Anzahl von Ruinen scheinbar sehr altertümlicher Natur,
hergestellt aus grossen Tuffquadern, die zum Teil Steinmetzzeichen haben,
wie die sogenannte Servianische Mauer (vgl. p. 43), doch reichen die-
selben, wie ich Ann. d. Inst. 1884 p. 189 ff. gezeigt habe, keinesfalls über
das zweite Jahrhundert hinaus, denn sie sind aus dem Material der der
Demolierung preisgegebenen alten Ringmauer hergestellt. Zu dieser Ring-
mauer gehören (vgl. Taf. 13) die Reste der 2,50 m breiten Mauer, die bei D zu
Tage liegt, und oberhalb der mit Ä bezeichnete Bau, vielleicht die Grund-
mauern der Thoranlage, durch welche der Stufenweg £, die Scalae Caci,
in die Befestigung eintrat. Alle anderen Reste von Quaderbauten in
dieser Gegend, E, F, 6r, H, sind aus den Steinen der alten Befestigungs-
mauer hergestellt. Ihr junger Ursprung ergibt sich daraus, dass E in
ziemlich roher Weise auf den Ausläufer der zu dem Tempel L gehörigen
0 Vgl. MoifxsEN, Rom. Forsch. II, 11, Anm. 27.
134
B. Topographie von Born.
Treppenanlage J gesetzt ist, die vielleicht aus dem 3. Jahrhundert v. Chr.
stammt, die Mauern F, Q aber auf verhältnismässig junger Schuttschicht
ruhen. Es fanden sich in derselben Yasenscherben aus dem 1. bis 2. Jahr-
hundert V. Chr. Auch die Mauern H und Ä, die mit diesen in Verbin-
dung stehen, erwiesen sich als jüngeren Datums, da sie auf die schon
demolierte Befestigungsmauer aufgesetzt sind. Neueren Datums sind auch
die nördlich von Ä sich erstreckenden Bauten. Dafür brachten die im
Jahre 1896 an dieser Stelle vorgenommenen Ausgrabungen den Beweis.
Bei Z sind die Reste einer kreisrunden, nach oben konisch sich ver-
jüngenden Cisteme aus kleinen Quadern aufgedeckt. Diese Gisterne,
die auf dem Grunde einen Durchmesser von 2,80 m und eine Höhe von
3,46 m hatte, ist zerstört und zur Hälfte abgetragen, um für die Funda-
mente des betreffenden Baus Raum zu gewinnen. Als älteste und ur-
sprüngliche Bauten sind demnach an dieser Stelle des Palatins zu be-
trachten: 1. die Befestigungsmauer (D) mit der Thoranlage (^), 2. die
Gisterne {Z) und 3. der Tempel L mit seiner stattlichen Stufenanlage Jf.
Alle übrigen hier befindlichen Quaderbauten sind späteren Ursprungs.^)
Wie die jetzt ein äusserst unklares Bild darbietenden Mauern E FG H zu
rekonstruieren sind, ist nicht zu ergründen, klar ist aber, dass die nörd-
lich von der Thoranlage Ä befindlichen Mauern wohl als Fundamente
eines Tempels gedient haben können. Muss man, wie es geschieht und
nach Angabe der Schriftsteller auch kaum anders geschehen kann, hierher
die Gasa Romuli {ad supercüium scalarum Caci) legen, so würde der
Kultus derselben nicht über das 2. Jahrhundert hinausreichen.*) Eine
weitere Frage ist, wie man sich die Gasa Romuli vorzustellen hat. Die
Hütte war hölzern und strohgedeckt, hat also mit diesen Steinbauten
nichts zu thun. Es ist anzunehmen, dass etwa die Quaderreste zwischen
A und Z die Fundamente der in dem Argeerfragmente genannten
und von der Gasa Romuli wohl nicht zu trennenden Aedes Romuli
sind, und dass innerhalb dieser Aedes sich die Gasa befand, etwa wie die
Gasa Santa (das Geburtshaus der Jungfrau Maria) sich im Innern des
Domes von Loreto befindet. s) Dass die Regionsbeschreibung die Gasa
und nicht die Aedes Romuli aufzählt, erklärt sich aus der grösseren
Wichtigkeit jener. Auch in Loreto spricht man nur von der Gasa, ohne
des Domes zu gedenken. — Bei der Aedes Romuli befand sich die fünfte
Argeerkapelle (vgl. Anhang 11) und nicht weit davon die heilige Gornel-
kirsche, die aus einer von Romulus hierher zum Zeichen der Besitz-
ergreifung vom Aventin aus geschleuderten Lanze entsprossen sein sollte.
Zur Zeit des Galigula ging sie ein (Plut. Rom. 20).
^) üeber die weiteren Aendenmgen des
Terrains, namentlich über die Yorschiebung
des Httgelrandes dnrch Substroktionen and
die Verwandlung der Scalae Caci in eine
Pflasterstrasse vgl. Ann. d. Inst. 1884, p. 198 f.
') Das ftlteste Denkmal, welches die
Zwillingslegende überliefert (Mon. d. Lost. XI,
Taf. ni, 1), scheint dem 3. Jahrh. v. Chr.
anzugehören. Vgl. Pbelleb, Mytii. IP, p. 347
Anm. 3; Jobdan, Römische Könige p. 23 und 24.
') Es ist nicht ausgeschlossen, dass die
Gasa Romuli auf dem Kapitel (vgl. p. 127) sich
ebenfaUs innerhalb des Tempels befand;
die Bezeichnungen Conen narr. 48 ^i^ t^ Jiog
Ugi^ und Yitruv II 1, 5 in CkipUolio lassen
diese Möglichkeit offen. Befanden sich doch
in dem Tempel auch sonst noch Sacella, die
des Terminus, der Juventas und des Mars
(vgl. p. 124).
Taf. 13.
Ansgrabangen an der Sfid-West-Ecke des Palatms.
6. Das Zentroin Borna, d. Der Palatin. (§ 45.)
135
3. An einer nicht mehr nachweisbaren Stelle befand sich die Curia
Saliorum, das Amtshaus der palatinischen Salier. Ob in diesem Ge-
bäude oder in der Regia (vgl. p. 91) die heiligen Schilde, die ancilia, auf-
bewahrt wurden, ist zweifelhaft. Denn einerseits heisst es, das ancüe
^^dunexäg^\ nach welchem Numa die elf anderen anfertigen liess, sei in
die Regia, die Wohnung Numas gefallen, andrerseits sagt Dionys. 11, 70
von den Saliern: „oov iv naXaxiff xeTtat xd hqd^^A) In der Regions-
beschreibung wird diese Curie nicht aufgeführt, dagegen kennt sie Curiam
veterem, offenbar dasselbe Gebäude, welches bei Tac. Ann. XU 24 Curiae
veteres heisst und als Nordostecke der palatinischen Stadt genannt wird
(vgl. p. 33). Ob sie mit der Curia Saliorum etwas zu thun hat, ist un-
bekannt. Die kapitolinische Basis nennt einen Vicus curiarum, der in
dieselbe Gegend zu setzen ist, wie die Curiae veteres.
45. Die Tempel der Victoria und der Magna Mater. 1. Von den
auf dem Palatin befindlichen Tempeln hielt die Tradition fUr den ältesten
den der Victoria; er sollte sogar älter als die Romulische Stadt und von
den Arkadern gegründet sein (Dionys. I 32). Dagegen berichtet Livius
X 33 aus dem Jahre 294 v. Chr., dass L. Postumius aedem Victoriae, quam
aedUis curulis ex muUaticia pecunia faciendam curaverat, dedicavit. Der
Tempel wird selten erwähnt, namentlich ist von einem umbau oder einer
Wiederherstellung desselben nirgends die Rede. Vom Jahre 205 bis 191 barg
er das aus Pessinus angelangte Idol der Magna Mater (Liv. XXIX 14;
CIL. I« p. 314, 4. April). Im Jahre 193 erbaute M. Porcius Cato daneben
{prope aedem Victoriae) eine Aedicula der Victoria Virgo (Liv. XXXV 9).
Seitdem haben wir keine Nachrichten über ihn, es sei denn, dass die
Victoria Germaniciana der Regionsbeschreibung auf ihn zu beziehen ist,
doch scheint dies eher der Name eines nach einer Bildsäule benannten
Vicus zu sein.
2. Ebenfalls aus republikanischer Zeit stammt der Tempel der Magna
Mater. Auf Anraten der Sibyllinischen Bücher war das Idol der Magna
Mater Idaea im Jahre 205 aus Pessinus nach Rom gebracht worden;
es fand bis zur Vollendung eines eigenen Tempels eine vorläufige
Unterkunft im Tempel der Victoria. Der im Jahre 204 begonnene
Tempel (Liv. XXIX 37) wurde im Jahre 191 v. Chr. vollendet und von
M. Junius Brutus (Liv. XXXVI 36) dediziert. Er ist zweimal abgebrannt;
im Jahre 111 v. Chr., worauf ihn ein Metellus (Jul. Obs. 99. Ovid fast. IV
348) und im Jahre 1 n. Chr., worauf ihn Augustus wiederherstellte. Die
Herstellung durch Augustus muss ein völliger Neubau gewesen sein, das
Mon. Ancyr. zählt ihn unter den von ihm neu gebauten Tempehi auf mit
den Worten aedem Matris Magnae in Palatio feci. Zugleich mit der Über-
bringung des Idols auf den Palatin wurden die Megalesia (Spiele nament-
lich scenischer Art) eingerichtet und seit Vollendung des Tempels der
Magna Mater vor diesem gefeiert. Cic. de harusp. resp. 12, 24: nam quid ego
^) Gegen die Aufbewahrung auf dem
Palatin spricht vornehmlich die Notiz Ciceros
de divin. I 17, 30 (vgl. Valerins Maximus 1
8, 11), dass bei dem Brande der Curie der
in derselben aufbewahrte Angumstab ({»fMu«)
des Romulus nicht mit verbrannt sei, ohne
dass der Ancilia Erwähnung geschieht. Vgl.
über die ganze Frage Mabqtjabdt VI 427 ff.
136 B. Topographie von Born.
de Ulis ludis loquar, quos in Palatio nostri maiores ante templum in ipso
Matris Magnae conspectu Megalesibus fieri ceUbrarique voluerunt • . . . quibus
ludis primum ante popuK consessum senatui locum P. Africanus üerum consul
nie maior dedit .... quorum religio tanta est, ut ex uUimis terris arcessita
in hoc urbe consederit, qui uni ludi ne verbo quidetn appeUantur Latino, ut
vocabulo ipso et adpetita religio externa et Matris Magnae nomine suscepta
declaretur. Bei der Einweihung des Tempels kam unter anderem der
Pseudolus des Plautus zur Aufführung.^)
3. Über die Lage dieser beiden Tempel steht folgendes fest:
a) Der Clivus Victoriae, dessen Benennung von der Aedes Vic-
toriae abgeleitet wird, erklomm den Palatin von der Westseite, man wird
den Tempel also auf dieser Seite des Berges zu suchen haben. Der Clivus
ging von der Porta Romanula aus (vgl. p. 34), über seinen weiteren Lauf
steht aber nichts fest, ausser dass er von dem ziemlich tief liegenden
Thor bis auf die Höhe des Berges geführt haben muss. Gewöhnlich wird
der von S. Teodoro sich in massiger Steigung am Abhang entlangziehende,
an der Nordwestecke des Berges in die Substruktionen der Eaiserpaläste
eintretende und sich am Nordrande des Berges fortsetzende Weg als
Clivus Victoriae bezeichnet; Lanciani hat das den Namen des Clivus ent-
haltende Fragment des Stadtplanes auf Taf. 29 seiner Forma urbis so ein-
getragen, dass der Clivus des Fragmentes sich mit dem unteren Teile des
betreffenden Weges deckt, doch bestätigen die noch vorhandenen Reste
diese Identifizierung keineswegs. Der ursprüngliche Lauf des Clivus wird
wohl überhaupt nicht festzustellen sein. Die riesigen Substruktionen der
Eaiserzeit haben den Abhang derartig umgestaltet, dass es vergebliche
Mühe wäre, den Zustand etwa zur Zeit, wo der Tempel der Victoria
gebaut wurde, ergründen zu wollen. Nun sind unterhalb dieser Sub-
struktionen, etwa an der mit m bezeichneten Stelle, in den zwanziger
Jahren des vorigen Jahrhunderts durch Bianchini (vgl. Pal. dei Cesari p. 236)
Inschriftreste gefunden, die sich auf die Victoria und einen Bau des
Augustus beziehen (CIL. VI 3783). Lanciani (Bull. com. 1883, p. 208) hat
diesen Fund zuerst bei Besprechung der Lage des Tempels herangezogen,
ohne dass er zu einem anderen Resultat gekommen wäre, als dass er an-
nimmt; der Tempel habe da gelegen, wo der Clivus die höchste Stelle des
Berges erreichte (nella parte piu alta del clivo), Hülsen (Rom. Mitt. 1895
p. 23 ff.) hält den Fundort der Inschriftreste, also das untere Ende des
Clivus auch für den Standort des Tempels, obgleich die Inschriften
zu dem Tempel selbst jedenfalls nicht gehören, sondern zu zwei ver-
schiedenen kleineren Bauten (Altar oder Kapelle). Bianchini sagt des-
halb nur : fragmenta inscriptionum Victoriae dicatarum et epistylia
nomine Augusti signata videntur clivum Victoriae indicare. Ich halte die
HüLSEN'sche Ansetzung nicht für glücklich. Wie schon Beckeb richtig
bemerkte, wird der von der Porta Romanula ausgehende Clivus Victoriae
nicht von einem am unteren Ende hart neben dem Thore gelegenen Tempel
oder Heiligtum seinen Namen haben, sondern gleich dem Clivus Capito-
^) Vgl. Pbelleb-Jobdait, Römische Mythologie II p. 56 f.
6. Das Zentrum Roma. d. Der Palatin. (§ 45.) 137
linus, Givus Salutis u. a. von dem am oberen Ende gelegenen Tempel. Auch
halte ich es für ganz unwahrscheinlich, dass der alte Tempel der Victoria
anderswo als wirklich auf dem Palatin, d. h. auf der Höhe des Berges
gelegen haben soll (Liv. XXXV 9 aedem Victoriae, quae est in Palatio),
und dies sagt ja auch Dionys I 32 ausdrücklich: im ii %fi xoQvtpfj rov
Xoifov t6 rrjg Nixtjg zäfisvog i^sXovreg, Hier war der natürliche Platz für
eine Tempelanlage in PalatiOj während gar nicht abzusehen ist, wie über-
haupt zwischen der Porta Romanula und dem Abhang des Berges ein nur
einigermassen ansehnlicher Tempel Platz finden konnte. Wahrscheinlich
sind die oben erwähnten Inschriftreste von der Höhe herabgestürzt und lag
der Tempel oberhalb des Fundortes. Ich halte es für die Bestimmung
der Lage des Tempels auch nicht für gleichgültig, dass das Idol der
Magna Mater gerade in dem Tempel der Victoria bis zur Vollendung des
eigenen Tempels aufbewahrt wurde. Man hätte ja das Idol vielleicht in
jedem beliebigen Tempel der Stadt unterbringen können, aber da man
es überhaupt gleich auf den Palatin brachte, wo der Tempel errichtet
werden sollte, so wird man es auch wohl in einen dem Bauplatz zu-
nächst liegenden Tempel gebracht haben, so dass meines Erachtens die
Lage des Tempels der Victoria von dem der Magna Mater nicht wohl zu
trennen ist.
b) Für die Lage des Tempels der Magna Mater gibt es folgende
Zeugnisse: Oberhalb der Scalae Caci haben sich zwei inschriftliche Monu-
mente gefunden, eine Basis für eine Statue (CIL. VI 3702) und der Rest
einer Marmortafel mit einer Dedikationsinschrift (CIL. VI 1040),^) die beide
unzweifelhaft auf den Kult der Magna Mater Bezug nehmen, ausserdem
der Torso einer thronenden weiblichen Statue, die mit grosser Wahrschein-
lichkeit auf die Magna Mater gedeutet ist. Eine weite Verschleppung dieser
Reste ist nicht anzunehmen. Die Annahme, dass der Tempel der Magna
Mater an dieser Seite des Palatins gelegen habe, wird durch Martial VII 73
bestätigt. Es geht nach der ansprechenden Erklärung, die Hülsen (Rhein.
Mus. 1894, p. 409) den Versen gegeben hat, daraus hervor, dass der Tempel
der Magna Mater auf dem Palatin vom Aventin aus gesehen werden konnte.
Hierauf gestützt nun hat Hülsen die Vermutung von Visconti und Lanciani
(Guida del Palatino p. 135), dass die auf Tafel 12 mit C bezeichnete
Ruine der Tempel der Magna Mater sei, zur seinen gemacht und eine
Rekonstruktion des Tempels in seinen Untersuchungen über die Topo-
graphie des Palatins (Rom. Mitt. 1895 p. 3 fif.) gegeben. Diese Rekon-
struktion konnte um so vollkommener werden, als in der nächsten Umgebung
der Ruine noch eine grosse Menge von Werkstücken lagert, die offen-
bar zum Oberbau des Tempels gehört haben, sämtlich aus Peperin. Die
Grundbauten wie das Material des Oberbaues verwiesen den Tempel in eine
sehr frühe Zeit, das Mauerwerk der ersteren ähnelt dem unterhalb des
Tempels zur Verstärkung der alten Stützmauer (vgl. p. 31) verwendeten
Quasiretikulat ; gleiches Mauerwerk findet sich auch in den Portiken
*) Vgl. CIL. VI 496 u. 513, die wahrscheinlich auch hier in der Gegend gefunden
Bind, und Not. d. scav. 1896, p. 186.
138
B. Topographie von Rom.
(Taf. 12 f, Taf. 13 F) verwendet, welche eine vor der Front des Tempels
laufende, auch erst in jener Zeit, bei Gelegenheit der Demolierung der
alten Befestigungsmauer, angelegte Strasse begrenzen (Ann. d. Inst. 1884
p. 187 ff.). Er ist sicherlich der älteste von allen erhaltenen Tempeln Roms.
Daher schliesst auch Hülsen a. a. 0. p. 22 seine Erörterungen über den
Tempel mit den Worten: »Wir haben offenbar in ihm — und zwar ohne
so eingreifende und umwandelnde Umbauten, wie ihn der Jupiter Capi-
tolinus, der Castor- und Vesta-Tempel u. s. w. erlitten haben — den Tempel
vor uns, den die Censoren M. Livius Salinator und C. Claudius Nero im
Jahre 204 v. Chr. in Auftrag gaben, und den M. Junius Brutus 13 Jahre
später dedizierte.** — Dies Resultat der HüLSEN'schen Beweisführung
ist aber unannehmbar. Denn der Tempel der Magna Mater wird, wie
schon oben p. 135 erwähnt, im Mon. Ancyr. unter den von Augustus neu
gebauten aufgezählt. Dass Augustus nicht mit Peperin gebaut hat,
bedarf keiner Erörterung, dass sein Neubau — denn um einen solchen
handelt es sich^) — , der
überdies nach einem
Brand erfolgte, überhaupt
keine Spuren zurückge-
lassen haben soll, während
die Reste des Baues aus
dem Jahre 191 noch heute
in reichlichen Trümmern
nachweisbar sind, ist im-
möglich. Dagegen ist
durch HüLSENS verdienst-
volle Rekonstruktion(Abb.
10 u. 11) noch wahrschein-
licher geworden, dass die
Tempelruine C, wie ich
schon in der ersten Auflage angenommen hatte, dem Tempel der
Victoria angehört. Gerade dieser Tempel ist unseres Wissens niemals
restauriert worden, es liegt also die höchste Wahrscheinlichkeit vor, dass
er bis ans Ende des Reiches die alte republikanische Form beibehalten
hat. Unterhalb dieses Tempels haben sich auch jene oben erwähnten In-
schriftenreste gefunden. Hülsen's Ansicht über die Lage des Tempels
der Magna Mater an dieser Seite des Palatins ist darum keineswegs hin-
fallig, vielmehr haben wir wahrscheinlich in der der Ruine C zunächst-
Abb. 10. Aedes Viotoriae» Yorderaiulcht.
^) Angastas unterscheidet im Mon. Ancyr.
genau zwischen feci (neugebant), refeci (aus-
gebessert, wiederhergestellt) und perfeci (von
andern angefangene Bauten vollendet). Auch
sind die mit feci bezeichneten Bauten, so-
weit wir von ihnen überhaupt wissen, sämt-
lich Neubauten: die Curie, der Apollotempel
auf dem Palatin, die Aedes Divi Juli am
Forum, die Tempel des Jupiter Feretrius und
Jupiter Tonans auf dem Eapitol, das Forum
Augustum mit dem Tempel des Mars Ultor
und das MarceUustheater. Bei der von ihm
unter diesen Bauten aufgezählten Porticus
Octavia heisst es: ex nomine eiua, qui prio-
rem (i, e. porticum) eodem in solo fecercU, auch
dies war also ein völliger Neubau. Von den
von Hülsen nicht sehr glücklich zum Ver-
gleich angeführten Bauten gehört das Capito-
lium unter diejenigen, von denen Augustus
sagt: refeci, den Castor- und Yestatempel
nennt er überhaupt nicht.
6. Das Zentrum Borna, d. Dar Palaün. (§ 46.)
139
liegenden Ruine F^ die bis jetzt ohne allen Grund für den Tempel des
Jupiter Victor oder nach Lanciani des Jupiter Propugnator gehalten
worden ist, den Tempel der Magna Mater zu erkennen. Die oben er-
wähnten Statuen- und Inschriftenreste sind zwischen den beiden Ruinen
C und F gefunden, können also der einen so gut zugezählt werden wie
der andern, und zum Aventin haben beide Tempel die gleiche Lage.
Auch andere Gründe sprechen für die Ruine F. Die Fundamente stammen
aus republikanischer Zeit, bei und auf denselben ist aber eine Anzahl von
Werkstücken aus rötlichem Granit gefunden, dessen Verwendung wohl
eher zum Tempel einer orientalischen Gottheit als zu anderen passen
dürfte. — Von besonderer Wichtigkeit für diese Frage ist aber die Um-
gebung der beiden Tempel. Wie oben erwähnt, wurden vor dem Tempel
der Magna Mater die Megalesia abgehalten {ante templum, in ipso Matris
Magnae conspectu). Nun tritt aber die Treppenanlage des Tempels C
namentlich im Südwesten ganz dicht an den Hügelrand heran, der in
republikanischer Zeit sich nicht über den Punkt H (Taf. 13 = /^ Taf. 12)
erstreckte. Alles, was
südlich davon liegt,
ruht auf künstlichen
Substruktionen, wie
Ann. d. Inst. 1884
p. 198 ff. auseinander-
gesetzt ist. Also eine
Abhaltung von Spie-
len, an denen der
Senatus populusque
Romanus teilnahm,
war hier zu allen
Zeiten unmöglich, zu-
mal der Raum vor dem Tempel im 2. Jahrhundert v. Chr. verbaut worden
ist (vgl. p. 134). Dagegen befindet sich vor und zu Seiten der Ruine F
ein freier zum Teil in eine künstliche Plattform umgestalteter Platz, deren
Fundamente noch existieren. Hier war genügender Raum zur Abhaltung
dieser Spiele.
Aus der Lage des Victoriatempels ergibt sich nun, dass der Clivus
Victoriae, der möglicherweise ja auch ursprünglich im Anfang denselben
Lauf hatte, wie die heute so genannte Strasse, in seinem weiteren Ver-
laufe in Windungen gleich dem Clivus Capitolinus die Höhe des Berges
erklomm und einst beim Tempel der Victoria endete. Der ganze Ober-
lauf des Weges muss bei Anlage der Substruktionen der Domus Tiberiana
geändert sein.
46. Der Tempel des Jupiter Stator. Er lag neben dem Titusbogen
zwischen der Sacra via (Plut. Cic. 16) und der Nova via (Liv. I 41, 4) an
der auf Taf. 12 mit D bezeichneten Stelle, d. h. ausserhalb der alten
palatinischen Stadt und des Pomeriums, dessen Linie im Norden des
Berges durch die Nova via bezeichnet wird (vgl. p. 33) und am Beginn
des Aufganges zum Palatin, der noch zu Augustus' Zeit durch die Porta
Abb. 11. Aedea Tactoriae, Längadürcfaflclmitt.
X40 ^* Topographie von Rom.
MugoniE; das alte Palatinsthor, bezeichnet war (Ovid. Trist. III 1, 31.
Fast. VI 793, wonach der Stiftungstag des Tempels der 27. Juni war). Die
Gründung des Tempels wird auf Romulus zurückgeführt, der ihn (Liv. 1 12),
als er in der Schlacht gegen die Sabiner bis an die betreffende Stelle
zurückgedrängt war, dem Jupiter gelobte, wenn dieser die Feinde von
der Palatinsstadt abhalten würde. Diese Erzählung wiederholt sich bei
der Neugründung des Tempels im Jahre 294 v. Chr. durch den von den
Samniten bedrängten Konsul Postumius (Liv. X 36. 11 inter haec consul
manus ad caelum attoUens voce clara, üa ut exaudiretur, templum lovi Statori
vovet, si constitisset a fuga Romana acies; ib. 37, 15: inque ea pugna lovis
Statoris aedem votam, ut Romulus ante voverat. Sed fanum tantum, id est
locus templo effatus, sacratus fuerat. — Die Lage des Tempels, der bis auf
die Fundamente verschwunden zu sein scheint, ist ausführlich von mir be-
handelt im Hermes 1887 p. 425. Von dem Tempel gibt es eine Abbildung auf
dem Haterierrelief im Lateran (Mon. d. Inst. V 7 = Abb. 17 p. 172), auf dem
an der Sacra via befindliche Bauten dargestellt sind. Er war danach sechs-
säulig. In diesen Tempel berief Cicero den Senat nach Entdeckung derCatili-
narischen Verschwörung und hielt hier die erste seiner Reden in Catilinam
(Cic. Cat. 1 11 und 33, 11 12). Die Worte am Anfang der ersten Rede: hie
munitissimus habendi senatus locus lassen darauf schliessen, dass Cicero
wegen der hohen, gesicherten Lage auf der Summa sacra via den Senat
gerade hier an jenem kritischen Tage versammelt hat. Das an der-
selben Stelle erwähnte nocturnum praesidium Palati wird sich eben-
falls auf diesen Tempel beziehen. Ob er auch sonst zu Senats-
sitzungen benutzt wurde, ist nicht bekannt. — Gegenüber dem Tempel
an der Sacra via stand in republikanischer Zeit eine weibliche Reiter-
statue, die für ein Bild der Cloelia (Liv. 11 13; Dionys. V 35; vgl.
Seneca, Diel. VI 16, 2) oder der Valeria (Plin. N. H. XXXIV 29) ge-
halten wurde.
47. Die übrigen auf dem Palatin befindlichen Tempel und Heilig-
tümer — abgesehen von den im Zusammenhang mit den Kaiserpalästen
zu behandelnden Tempeln des Apollo, der Vesta und des Augustus — sind
topographisch nicht nachweisbar. Es sind dies: 1. ein Tempel des Jupiter
Victor, in der Regionsbeschreibung aufgeführt. Es scheint, dass man
Liv. X 29 : Fabius Maximus (in der Schlacht bei Sentinum 295) ipse aed^m
lovi Victori spoliaque hostium cum vovisset auf ihn beziehen darf (vgl.
Livius X 42). Nach Ovid Fast. IV 621 war der Stiftungstag der 13. April
(occupat Äprilis idus cognomine Victor Jupiter). Bemerkenswert ist, dass
die Gründung dieses Tempels mit dem der Victoria (294 v. Chr.) fast
gleichzeitig ist. — 2. Ein Tempel des Jupiter Propugnator. In diesem
versammelte sich ein Priesterkollegium, wie aus den Inschriften CIL. VI
2004—2009 hervorgeht. Der Tempel ist sonst unbekannt, Lanciani identi-
fiziert ihn neuerdings auf seiner Forma urbis Blatt 29 mit Taf. 12 F
(Magna Mater). — 3. Das Auguratorium, genannt in der Regions-
beschreibung, sonst unbekannt. Über verschiedene Versuche, es zu lokali-
sieren, vgl. Visconti-Lanciani, Guida del Palatino p. 134 f. und Nissen,
Templum p. 180. 212. — 4. Ein Sacellum deae Viriplacae (Val. Max.
5. Das Zentrum Roms. d. Der Palatin. (§ 47.) 141
n 1, 6: quotiens vero inter virum et uxorem aliquid iurgi intercesserat, in
sacellum deae Viriplaccte, quod est in Palatio, veniebant). — 5. Ein Templum
Lunae Noctilucae, bekannt aus Varro LL. V 68: Luna quod sola lucet
noctu itaque ea dida Noctüuca in Palatio: nam ibi noctu lucet templum. —
6. Ein Templum Bacchi und ein Tholus Gybeles; beide werden zusammen
genannt beiMartiall 70, 9 f.: flecte vias hac qua madidi sunt tecta Lyaei
et Cybeles picto stat Corybante tholus und müssen da gestanden haben,
wo der Palatinische Clivus sich von der Sacra via abzweigte. Von ersterem
wissen wir weiter nichts; auf letzteren könnte sich die Stelle Dio Cass.
XL VI 83 (tö tr^q fir/rgog twv S'ScSv ayccXfia t6 iv x^ HaXariip ov, uQoq yccQ
TOI xdq xov r^Xiov dvaxoXdg nQOXBQOV ßXärtcov, ngcg dvCfidg and xavTOfxävov
fi€X€<fxQdg>r]) beziehen, wenn nicht etwa ein, vielleicht beim Tempel der
Magna Mater, frei stehendes Bild der Göttermutter gemeint ist. Die von
Martial beschriebene Lage eines Heiligtums der Magna Mater wird an-
scheinend durch das Haterierrelief (Abb. 17 p. 172) bestätigt, auf dem
die Magna Mater innerhalb eines Bogens auf hoher Treppe erscheint.
Ich habe diese Darstellung früher auf den grossen palatinischen
Tempel der Magna Mater bezogen (Hermes 1885 p. 418 ff.) und des-
halb diesen Tempel mit der an der Sacra via östlich vom Titusbogen
liegenden Ruine (Taf. 12 E) identifiziert, konnte aber dem Widerspruch
Gilberts (Philologus 1886 p. 449 ff.) gegenüber meine Behauptung
nicht aufrecht erhalten. Hülsen hat (Rom. Mitt. 1895 p. 25 ff.) die An-
sicht, dass auf dem Haterierrelief der bei Martial erwähnte Tholus
Cybeles angedeutet sei, ausführlich erörtert. Ganz klar ist die Sache
immer noch nicht. Es ist nicht abzusehen, wie ein Sacellum oder
eine Aedicula der Cybele zu einer so auffallend hohen Treppe, wie sie
das Relief andeutet (13 Stufen), kommen soll; ebensowenig, wie ein an-
scheinend so unbedeutendes Heiligtum dazu kommen soll, auf dem Ha-
terierrelief neben den bedeutendsten Bauten der Sacra via Berücksichtigung
zu finden. — 7. Der Sonnentempel des Elagabal. Es heisst von diesem
in der Vita Hei. 1: dei Heliogabali, cui templum Romae in eo loco con-
stituit, in quo prius aedes Orci (völlig unbekannt) fuit; und 3: Helio-
gabalum in Palatino monte iuxta aedes imperatorias consecravit eique templum
fecit, studens et Matris typum et Vestae ignem et Palladium et ancüia et
omnia Romanis veneranda in illud transferre templum. Die Lage des Tem-
pels scheint durch die Worte: iuxta aedes imperatorias näher bestimmt
und könnte eventuell auf die Ruine F passen, die hart an den kaiserlichen
Palast anstösst,^) aber sie ist jedenfalls älter als die Domus Augustana,
und ausserdem ist es im höchsten Grade wahrscheinlich, dass der
Elagabalsdienst den Kaiser nicht lange überdauert hat. Der Tempel
selbst ist, wie aus einer von Führer, Rom. Mitt. 1892 p. 158, angeführten
Stelle der Passio S. Philippi Episcopi Heracleae hervorgeht, durch
Feuer untergegangen, wann, steht nicht fest. Die Regionsbeschreibung
weiss von dem Sonnentempel nichts. Es wäre also müssig, seine Stätte
suchen zu wollen. — 8. Ein Tempel der Juno Sospita, bekannt aus Ovid
*) So von mir in der ersten Anflage beurteilt.
142 S« Topographie von Born.
Fast, n 55 principio mensis Phrygiae eontermina Matri Sospüa delubris dicitur
aucta novis. Danach hat er also in der Nähe des Tempels der Magna
Mater gelegen, war aber, wie die folgenden Verse andeuten, zu Ovids Zeit
schon nicht mehr vorhanden. — 9. Ein Sacellum Yeneris erwähnt Die
Cassius LXXIY 3: Ug>QoSiai.ov xard t6 Ualanov. — 10. Ein Fanum (oder
eine Ära) Febris, wie sie sich an verschiedenen Stellen der Stadt befanden,
erwähnt Cic. de nat. deor. m 63, de legg. 11 28, Plin. N. H. 11 16. Bei
Yalerius Maximus 11 5, 6 heisst es: Febrem autem ad minus noeendum
tetnplis colebantj quorum adhuc unum in Pcdatio etc. — 11. Der Altar des
Aius Loquens, den Gellius XYI 17 erwähnt: Aius deus appeUatus araque
ei statuta est, quae est in infima nova via, quod eo in loco divinitus vox edita
erat. Cicero erzählt de divinatione I 45, 101: non muUo ante urbem cap-
tam exaudita vox est a luco Vestae, qui a Palatii radice in novam viam
devexus est (vgl. p. 90), ut muri et portal reficerentur; futurum esse, nisi
provisum esset, ut Borna caperetur, Quod neglectum tum, cum caveri poterat,
post acceptam illam maximam cladem expiatum est; ara enim Aio Loquenti,
quam saeptam videmus, exadversus eum locum consecrata est. Mohhsen
CIL. I p. 623 = YI 110 meint, dass der altertümliche, um das Jahr 100
V. Chr. errichtete und jetzt an der Südwestecke des Palatins bei J befind-
liche Altar mit der Inschrift: Sei deo sei deivae sac. C. Sextius C. f. CaJr
vinus pr. de senati sententia restituit eine Erneuerung dieses Altars sei.
Der ursprüngliche Standort dieses Altars ist unbekannt, er steht jetzt auf
einer hohen Schuttschicht, etwa 12 m über dem antiken Boden. Ygl.
Lanciani in den Rom. Mitt. 1894 p. 33. — 12. Mehrere Heiligtümer der
Fortuna: Ein Heiligtum oder eine Statue der Fortuna respiciens, nach
der der auf der kapitolinischen Basis befindliche Yicus Fortunae respicientis
seinen Namen hat. Über die Bedeutung des Namens vgl. Dio Cass. XLH 26.
Ferner ein Tempel der Fortuna huiusce diei. Ihn erwähnt Plinius N. H.
XXXI Y 54 bei Gelegenheit der Aufzählung der Werke des Phidias: fecü
et diduchum et aliam Minervam, quam Romae Paulus Aemilius ad aedem
Fortunae Huiusce diei dicavit und XXXIY 60: fuit et alius Pythagoras Sa-
miuSt initio pictor, cuius signa ad aedem Fortunae huiusce diei Septem
nuda et senis unum laudata sunt. Seine Zusammengehörigkeit mit dem
Palatin geht aus der Erwähnung des Yicus huiusque diei in der X. Region
auf der kapitolinischen Basis hervor. Nach der Aufstellung dieser Kunst-
werke in und bei dem Tempel zu urteilen, kann er nicht unbedeutend
gewesen sein. Welches Heiligtum der Fortuna Plutarch meint, wenn er
De fort. Rom. 10 sagt: IdCag rvxtjg Icqov eauv iv naXatUf^ steht dahin. —
13. Ein Tempel der Fides auf dem Palatin wird Festus p. 269 erwähnt:
Ascani filiam nomine Bomam .... primam omnium consecrasse in Pcdatio
Fidei templum, in quo monte postea cum conderetur urbs, visam esse iustam
vocabuli Romae causam eam, quae prior eundem locum dedicavisset Fidei.
Der Tempel ist weiter nicht bekannt.
48. Privathiäuser. Der Palatin gehörte in republikanischer Zeit zu
den von der vornehmen Welt, namentlich von Staatsmännern bevorzugten
Stadtgegenden. Hier wohnte unter anderen M. Fulvius Flaccus, der
Genosse des C. Gracchus. Sein Haus wurde nach seinem Tode nieder-
5. Dm Ztntnun Borns. cU Der Palatin. (§ 48.)
148
gerissen; 9 nachdem der Platz eine Zeit lang wttst gelegen hatte, errichtete
Q. Lutatius Gatulus, der Sieger über die Cimbern, der ebenfalls auf
dem Palatin sein Haus hatte (Plin. N. H. XVII 2, Sueton, de granmi. 17),
daselbst eine Porticus (Gic. de domo 88, 102 und 43, 114). Neben dieser
Porticus lag auch Giceros Haus. Erbaut war dasselbe von M. Livius
Drusus, es ging dann in den Besitz des M. Grassus über, von dem es
Gicero kaufte. Nach seiner Verbannung wurde es von Glodius nieder^
gerissen; den Hauptteil des Platzes behielt er für sich und vergrösserte
dadurch sein von Q. Seins gekauftes Haus, einen kleinen Teil des Platzes
zog er zur Porticus Gatuli hinzu, stellte dieselbe wieder her und dedizierte
sie von neuem unter seinem Namen; den Rest weihte er der Libertas
(Hauptquelle ist Gicero de domo). Nach Giceros Zurückberufung wurde
sein Haus auf Staatskosten wiederhergestellt, nach seiner Ermordung ging
es in den Besitz des Gensorinus, dann in den des Statilius Sisenna
über (Vell. H 14). Es scheint nach Plut. Gic. 22 über dem Forum gelegen
zu haben. Auf dem Palatin wohnte auch L. Grassus, dessen Haus wegen
seiner Pracht berühmt war, namentlich ist hervorzuheben, dass im Atrium
die ersten Säulen aus hymettischem Marmor waren (Plin. XVH 6, XXXVI 7);
berühmt waren auch die das Haus umgebenden Bäume; sie brannten unter
Nero ab, bis in diese Zeit also muss das Haus bestanden haben (Plin. N.
H. XVH 5). Femer wohnten hier M. Scaurus, dessen Haus ebenfalls
durch seine Pracht berühmt war (vgl. Ascon. in Scaur. 27, Plin. H. N.
XXXVI 6 über die Säulen im Atrium). Nach Plin. N. H. XVH 5 lag es
in der Nähe des Hauses des Grassus (vgl. Gic. de off. I 138). Femer G.
Licinius Galvus, Hortensius (Suet. Aug. 72), Milo, P. Sulla,')
Q. Gicero, der Triumvir Antonius und nach dessen Tode in seinem
Hause Agrippa und Messala (Dio Gass. LIU 27). Ein Teil dieser
Häuser wird noch in der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Ghr.
genannt, wie die des Scaurus, Grassus und Gatulus, ein grosser Teil
der Privatbauten auf dem Palatin ist indessen wohl im neronischen Brande
untergegangen und nicht wieder aufgebaut. Im Jahre 85/86 n. Ghr. wird
bei Martial I 80 das Haus des G. Julius Proculus erwähnt und seine
Lage ziemlich genau beschrieben. Es lag gleich links (proünus a laeva)
für den, der von der Sacra via den Palatin hinanstieg, auf der Höhe
(heute Vigna Barberini). — In die kaiserlichen Palastbauten wurde die
Domus Gelotiana aufgenommen; sie wird erwähnt Sueton. Gal. 18:
commisü et subüos (circenses), cum e Gelotiana apparatum drei prospicientem
paud ex proximis Maenianis postulassent, hat also über dem Gircus ge-
legen (Taf . 12 U). CIL. VI 8663 nennt sie als kaiserlichen Besitz. — Erhalten
ist bei K ein Privathaus, von dem man anzunehmen pflegt, es sei das
Haus des Tiberius Glaudius Nero, des Vaters des Kaisers Tiberius
») Ein ähnlicher Fall wird Liv. Vm 19
(Cic. de domo 101) von M. Vitruvius Vac-
ctts berichtet, dessen Haus auf dem Palatin
wegen seines Verrates i. J. 331 y. Chr. ge-
schleift wurde. Die Stelle hat sich wenig-
stens bis auf Giceros Zeit als Vacci prata
erhalten.
») Cic. ad Attic. IV 3, 3 nam Milonis
domutn, eam, quae est in Germdlo pr, Idus
Novembr. expugnare et incendere Ua concUua
est, ut palam hora guinta cum scutis homines
eductis gladiis, alios cum accensis facihus
adduxerU; ipse damum P. Süll ae pro castris
sibi ad eam impugnationem sumpserat.
144
B. Topographie von Born.
und Gemahls der Li via (nach Suet. Tib. 5 ist Tiberius auf dem Palatin
geboren), gewöhnlich Haus der Livia genannt. Jedenfalls stammt der
Bau in seinen Grundmauern noch aus republikanischer Zeit. Das Tablinum
und die anliegenden Alae enthalten ausgezeichnete Wandgemälde (A. Mau,
Gesch. der Wandmalerei 167—174, 196—205). Ebendaselbst hat man
Bleiröhren mit Inschriften gefunden, aus denen hervorgeht, dass das
Haus im 1. Jahrhundert n. Chr. in kaiserlichem Besitz war. Für die kom-
plizierten Niveauverhältnisse des Palatins ist das Haus sehr interessant:
man steigt auf einer überwölbten Treppe in die Räume hinab. Das
Haus hängt wahrscheinlich mit den südlich davon gelegenen Bauten, die,
trotzdem sie bis auf die Fundamente zerstört sind, doch noch die Dis-
position der einzelnen Räume erkennen lassen (Taf. 12 K^), zusammen;
die die beiden Teile des Hauses trennende Strasse war, wie man noch
erkennen kann, überwölbt. — Reste von Privathäusem finden sich auf dem
Palatin an verschiedenen Stellen^ namentlich fast überall an den Rändern
des Berges bis zu den die Regionsgrenzen bildenden Strassen,^) aber der
Raum, den sie einnehmen, ist doch nur spärlich, so dass die oft aus-
gesprochene Vorstellung, die Kaiserbauten hätten allmählich alle Privat-
bauten auf dem Palatin verdrängt, angesichts der Ruinen wohl erklärlich
ist. Dass dem aber keineswegs so war und nur unsere unzulängliche
Kenntnis des Terrains (vgl. oben p. 132) diese Vorstellung begünstigt, geht
aus der Regionsbeschreibung hervor, die zu einer Zeit, wo die Palastbauten
der Kaiser auf dem Palatin längst abgeschlossen waren, in der zehnten
Region 88 domus^) und 2640 insulae aufzählt; die Unterbringung der
letzteren bereitet selbst bei der von mir Hermes 1885 p. 91 ff. entwickelten
Erklärung der konstantinischen instdae als kleiner Wohnungskomplexe, von
denen erst mehrere ein Gebäude ausmachten, Schwierigkeiten. Immerhin
ist die Entwicklung des Palatins auch auf dem Gebiete der Privatthätig-
keit eine ausserordentliche zu nennen: die Regionsbeschreibung zählt 20
Vici auf, während die kapitolinische Basis nur 6 in der X. Region kennt.
49. Die Bauten des Augustus. 1. Die Domus Augustana.
Augustus ist auf dem Palatin geboren, nach Suet. Aug. 5 „regione Palati
ad capita bubula'*, was vermutlich der Name eines Vicus war. Nach Serv.
Aen. Vni261: Augusfum, qui natus estcuriis veteribus haben die Gapita bubula
an der Nordostecke des Hügels gelegen. Nach seinem Tode wurde daselbst
ein Sacrarium gestiftet (Sueton Aug. 5). Später wohnte er nach Suet. 72
„iuxta Romanutn forum supra scalas anularias in domo, quae Calvi oratoris
fuerat; postea in Palatio, sed nihilo minus aedibus modicis Hortensianis, et
neque Icurüate neque cuUu conspicuis, ut in quibus porticus breves essent AI-
banarum columnarum, et sine marmore uUo aut insigni pavimento conclavia.
Nach seiner Rückkehr aus dem Kriege gegen Sex. Pompeius vergrösserte
er seinen Besitz auf dem Palatin. Voll. Paterc. H 81: victor deinde Caesar
reversus in urbem contractas emptionibus complures domos per procuratores,
*) üeber ein bei dem Pädagogium (Taf.
12 T) gefondenes Privathaiis mit Fresken,
vielleicht aus der Zeit der Antonine, vgl.
Rom. Mitt. 1894, p. 289 ff.
*) Das einzige mit Namen (in der Notitia,
nicht im Curiosum) anf geführte Haus, die
Domns Dionis, ist sonst nicht bekannt.
6. Das Zentrum Borns, d. Der Palatin. (§ 49.)
145
quo laxior fieret ipsius, publids se usibus destinare professua est. Als dann
der Blitz in das Haus einschlug, weihte er den vom Gotte in dieser Weise
bezeichneten Teil seines Besitztums dem Apollo und begann hier den
berühmten Tempel des Apollo Palatinus zu bauen. Suet. Aug. 29: Templum
Apollinis in ea parte Palatinae domus excitavit, quam fulmine ictam desiderari
a deo haruspices pronuntiarunt; addidit porticus cum bibliotheca Latina Grae-
caque, quo loco iam senior saepe etiam senatum habuit decuriasque iudicum
recognovit (vgl. Dio Cass. XLIX 15). Im Mon. Ancyr. heist es: templum
ApoUinis in solo magnam partem emto feci. Später muss der Palast ab-
gebrannt sein: Suet. Aug. 57: in restitutionem Palatinae domus incendio ab-
sumptae veterani, decuriae, triius atque etiam singillatim e cetero genere hominum
libentes ac pro facuüate quisque pecunias contulerunt. Nachdem Augustus
im Jahre 12 v. Chr. an Stelle des Lepidus Pontifez Maximus geworden
war, erklärte er, um als solcher in einem Staatsgebäude zu wohnen, einen
Teil seines Hauses zum Staatsgut. Vgl. Dio Cassius LIY 27 fiägog ri z^g
iavTov, oTi Tov aqxibQBwv iv xoiv^ ndvxwg olxeTv exQfjv, sSrjfiocFievaev. Zu-
gleich errichtete er in diesem Teile seines Palastes eine AediculaVestae.
Daher Ovid. Fast. IV 949 vom Hause des Augustus: Phoebus habet partem,
Vestae pars altera cessit, quod superest Ulis, tertius ipse tenet und Met.
XV 864 Vestaque^) Caesareos inter sacrata penates. Vgl. Trist. I 1. 69 flf.
Nach einem abermaligen Brande erklärte er sein ganzes Haus zum Staats-
gut. Dio Cass. LV 12: 6 3^ Avyovarog Tr]v olxiav ävoixodofATjaag sdr^fio^
atwae näaav, sXte Srj Sid ttjv awräkeiav rrjv naqä tov dr^iov 6t yevofiävvjV,
€iT€ xai OT* dqxi^QBwg rjv, iv iv roTg ISioig äfjta xai iv xoXg xoivoig (Hxoitj. —
Vor der Thür der Domus Augustana standen Lorbeerbäume; über ihr
hingen Eichenkränze: Ovid Trist. HI 1. 36, Fast. 1614, IV 953. Met. 1562 f.
Über die Lage der Domus Augustana gehen die Meinungen ausein-
ander. Lanciani, Guida del Palatino p. 36 und in anderen Schriften, auch
Forma urbis Taf. 29 sucht sie') in den am Südrande des Palatins über
dem Circus Maximus im Jahre 1774 von Rancoureil entdeckten Resten
(Taf. 12 P). Dass der Palast aber nicht an der Seite nach dem
Circus Maximus zu lag, geht ganz klar aus Sueton. Aug. 45 hervor: ipse
(Augustus) circenses ex amicorum fere libertorumque cenaculis spedabat,
interdum ex pulvinari, et quidem cum coniuge ac liberis sedens. Danach
muss also diese Seite des Palatins damals noch mit Privathäusern bebaut
gewesen sein. 3) Andererseits beweist die Lage in der Mitte des Hügels,
nach der Sacra via zu, also dort, wo noch jetzt die Ruinen des Palatiums
emporragen, Ovid Trist. IH 1, 31, wo geschildert wird, dass man von der
Summa sacra via (vom Tempel des Jupiter Stator und der Porta Mugonia
aus) die Front des Augustuspalastes erblickte (vgl. Tac. Hist. HI 68).
Wenn man also auch den Ort nachweisen kann, an dem das Haus
stand, so ist doch von diesem ursprünglichen Bau des Augustus, der kaum
») Vgl. CIL. P p. 317. Lanoiani, BuU.
com. 1888, p. 198 ff. versucht den Nachweis
zu fahren, dass zur Zeit der Renaissance
Reste dieser Aedicula zu Tage gekommen
sind; er wird widerlegt von Hülsrn, Der
angebliche Tempel der Vesta. Rom. Mitt.
1895, p. 28 ff.
') Eine wirkliche Begründung fehlt.
') Auch Caligula sah den Spielen im
Circus von einem ursprünglichen Privathause,
der später von den Kaisem erworbenen Do-
mus Gelotiana aus zu. Vgl. oben p. 143.
HsDdbnch der klaas. AltortamawiaMDSchAlt. III, 8, B. 2. Aufl.
10
146
B. Topographie tob Born.
den Neronischen Brand überdauert haben dürfte, schwerlich etwas anderes
noch erhalten ausser Resten von Orundmauem, i) dagegen hat der Name
Domus Augustana in der Folgezeit eine erweiterte Bedeutung gewonnen,
indem man den Gesamtkomplex der Bauten, die von der Mitte des Hügels
ausgehend sich allmählich nach Süden zu bis an die Hügelränder und
über diese hinaus erstreckten, als Erneuerungen und Erweiterungen des
ursprünglichen Augustushauses auffasste und diesen Namen beibehielt.
Amtliche Urkunden bis ins vierte Jahrhundert bezeichnen den kaiserlichen
Palast als Domus Augustana, so die Inschriften CHi. VI 8640—8646, 8649
—8651 und die Inschriften auf den Wasserröhren bei Lanciaki, Acque
p. 446 N. 153 u. 154.«)
2. Der Apollotempel. Der Bau dieses in unmittelbarer Verbin-
dung mit der Domus Augustana stehenden und als Teil der Domus er-
richteten Tempels (Ovid Fast. IV 951, Suet. Aug. 29) wurde schon nach
Beendigung des sizilischen Feldzuges gegen Sex. Pompeius, 86 v. Chr., in
Aussicht genommen (Vell. II 81), kam aber erst nach der Schlacht bei
Actium zur Ausführung.^) Er wurde am 9. Oktober 28 v. Chr. (CIL. I*
p. 331, Dio Cass. LIII 1) eingeweiht. Die Einweihungsfeier verherrlicht
Properz lU 29, der zugleich eine Beschreibung des Tempels und seiner
Umgebung bringt; an diese Feier knüpft an Horaz I 31: Quid dedicatum
poscit Apollinem vates?
Der Tempel war ganz aus Quadern von weissem, lunensischen
Marmor erbaut (Serv. Aen. VHI 720: in templo Apollinis in PakUio de solido
marmore effedo, quod adlatum fuerat de portu Lunae, vgl. Ovid Trist. III 1, 60),
und dies ist wohl der Hauptgrund, dass er so gänzlich untergegangen ist,
dass nichts davon wieder zum Vorschein gekommen ist (vgl. Gatti, Nuovi
scavi dello stadio Palatino Mon. ant. V. 1895 p. 67). Auch über seine
Form steht nichts fest. Lanciani, Bull. com. 1883 p. 195 meint ohne
weitere Gründe, er sei ,quasi certamente^ achtsäulig gewesen.*) Nach
Vitruvin3, 4 war er diastylus,^) d.h. die Interkolumnien waren gleich
drei Säulendurchmessern. Da in dem Tempel auch Senatsversammlungen
abgehalten worden sind (Suet. Aug. 29, Tac. Ann. II 37 ; Dio Cass.
LVni 9), so muss er wenigstens die Grösse der Curia oder des Concordia-
tempels gehabt haben, die, wie auch andere Tempel, zu ähnlichem Zwecke
1) Da aus der Zeit des Augustus Ziegel-
stempel nicht bekannt sind, so versagt hier
dieses Mittel der Zeitbestimmung.
») Vgl. Josephus Ant. Jud. XIX 1, 15:
66ovg Sh exiqag ^^Q^^^^^S nitQ^aity Big xijy
Fe^fjiayixov fAhv oixiav xov Vatov naxQog, ov
xoxe ayjjQfjxeaay^ avvrjufAivtiv de ixsivtjy dut
x6 £y x6 ßaffiXeioy ov en^ oixodofiiaig exttaxov
T(6y iy xp iqyBfAovi<^ yeyoyoxtüy d<jxtj9iy ano
fiEQOvg oyofiaxi xtiy oixodo/nijaau^ytüpf rj xal
XI fABQüiy oixij<rs(os aQ^ayxioy xrjy incjyvfiiay
7iaQaax£o9m, Das Haus des Germanicus
wird nur an dieser Stelle genannt.
') lieber Augustus' Verhältnis zum Kult
des Apollo vgl. Pascal, H culto di Apollo in
Roma nel secolo di Augusto, Bull. com. 1894
p. 53 ff. und in desselben Studi di antichita
e mitologia, p. 43 flP. Vgl. Prop. V 1, 3 Navali
stant Sacra Palatia Phoebo.
^) H. Drbssbl (Nummi Augusti et Domi-
tiani ad ludos saeculares pertinentes. Eph.
epigr. VIII p. 313) hält fOr möglich, dass die
Münze Cohen, Domitian Nr. 85 (bei Dressbl
Taf. I, 7) sich auf das Opfer des dritten Tages
der ludi saeculares bezieht, das vor dem
Tempel des Apollo stattfand. Dann wfirde
der auf derselben dargestellte Tempel mit
sechs korinthischen Säulen eine Darstellung
des Apollotempels sein.
^) lieber die Frage, ob die Stelle des
Vitruv sich auf diesen Tempel oder den vor
der Porta Garmentalis gelegenen bezieht, vgl.
MoMXSBN, Eph. epigr., VIII p. 259 und Pascal,
Bull. com. 1893, p. 55.
5. Das Zentrum Borna, d. Der Palatin. (§ 49.) 147
dienten. Die Pracht des Tempels und seine Kunstwerke werden viel-
fach erwähnt und gerühmt (Serv. Aen. VIII 720; Plin. N. H. XXXIV 14.
XXXVI 24; Juvenal VII 37; Sueton. Aug. 52). Unter anderem befand
sich darin eine Daktyliothek (Plin. N., H. XXXVU 11). Als Tempel-
bild diente ein zitherspielender Apollo, zu seinen Seiten Latona und
Diana (Plin. N. H. XXXVI 24, 25, 32); auch die Statuen der neun Musen
waren in der Cella (Juv. VII 37) aufgestellt. Unter der Statue des Gottes
befanden sich in einem unterirdischen Gewahrsam die sibyllinischen
Bücher (Suet. Aug. 31); die Thüren waren von Elfenbein und mit
Reliefs geschmückt: Vertreibung der Gallier von Delphi und der Tod
der Niobiden (Propert. HI 31 v. 12 flf.; Plin. N. H. XXXVI 28); der Giebel
enthielt Bildwerke des Bupalus und Athenis (Plin. N. H. XXXVI 13)
und war bekrönt durch den Sonnenwagen (Prep. 1. c). Vor dem Tempel
stand die bronzene Kolossalstatue des aktischen Apollo, davor der Altar
und um ihn: steterant armenta Myronis^ quattuor artifices, vivida signa,
boves (Propert. III 31, 7). Den Tempelhof, die area ApoUiniSj^) umgab eine
Porticus, deren Säulen von Giallo antico (poenis digesta columnis Propert.)
waren. In den Interkolumnien standen die Statuen der fünfzig Danaiden
(Ovid Trist. HI 1, 61), contra eas $tib divo (SchoL Pers. II 56) ebensoviel
Reiterstatuen der Söhne des Aegyptus. In enger Verbindung mit den Portiken
stand die Bibliothek^) lateinischer und griechischer Bücher (Suet. Aug. 29;
Dio Gass. LIII 1). Berühmt scheint namentlich die Sammlung juristischer
Werke gewesen zu sein. Bei Juvenal I 128 heisst Apollo iuris peritus,
wozu der Scholiast anmerkt: bibliothecam iuris civilis et liberalium studiorum
in templo Apollinis Palatini dedicavit Augustus. Hauptschmuck der Biblio-
thek war der Koloss von Bronze, der Augustus selbst unter der Gestalt
des Apollo darstellte. Schol. Cruq. zu Horaz Ep. I 3, 17 : Caesar sibi in
bibliotheca statuam posuerat ad habitum et staturam Apollinis, Danach darf
man bei Plin. N. H. XXXIV 43: factitavit colossos et Italia; videmus certe
Tuscanicum Apollinem in bibliotheca templi Augusti quinquaginta pedum a
pollice etc. wohl die Worte templi Augusti auf den von Augustus erbauten
Apollotempel deuten. Auch die bei Tac. Ann.II37 und 83 erwähnten Medaillons
von berühmten Rednern (37. oratores 83. auctores eloquentiae) befanden sich
in der Bibliothek; vergl. Plinius' Bemerkung N. H. XXXV 9 über die Sitte,
die Bibliotheken mit den Bildnissen berühmter Schriftsteller zu schmücken.
Bei Tacitus erblickt Hortalus das Bild des Hortensius filiis ante Urnen
curiae adstantibus, cum in Palatio senatus haberetur, wobei an Suet. 29 zu
denken ist, der erzählt, dass Augustus als alter Mann oft in der Biblio-
thek Senatssitzungen abhielt (vgl. p. 145).
Den Eingang zu dem von den Portiken umschlossenen Hofe bildete
ein Triumphbogen, wie man mit Lanciani (Bull. com. 1883 p. 190) aus
Plinius N. H. XXXVI 36 schliessen darf. Es heisst dort: ex honore ap-
^) Acta lud. saec. Severiana II 23 (Eph.
epigr. Vm p. 283): in area aedis Apollinis.
Uhi cum adscendissent in tribunal, suffimenta
dederunt,
') Möglicherweise befand sich die Biblio- {
ihek in einem Gebäude, das in Absisform sich
an die Portiken anschloss, ähnlich den
Absiden auf dem Augustusforum oder der
Curia Pompei bei der Porticus Pompeia.
10*
148 B. Topographie von Born.
paret in magna auctoritate habitum Lysiae opus, quod in Palatio super arcum
divus Augustus honori Octavi patris sui dicavit in aedicula columnis adornata,
id est quadriga currusque et ApoUo ac Diana ex uno lapide.
Auf der Area Apollinis befand sich ein bemerkenswertes Denkmal,
der mundus der palatinischen Stadt, auch Borna quadrata genannt. Fest,
p. 258: Quadrata Koma in Palatio ante templum Apollinis dicitur, ubi re-
posita sunt, quae solent boni ominis gratia in urbe condenda adhiberi, quin
saxo munitus est initio in speciem quadratam (vgl. oben p, 35). Die Fort-
existenz der Roma quadrata als Bauwerk ergibt sich aus den Commentaria
ludorum saecularium septimorum aus dem Jahre 204 n. Chr. Dort wird
(Eph. epigr. VIII p. 283, 12) ein tribunal ad Komam quadratam erwähnt. *)
Ein zweites Zeugnis aus derselben Zeit, das Fragment des severianischen
Stadtplanes Form. urb. I 1, das nach Becker p. 107 den mundus dar-
stellen soll, ist sehr zweifelhaft. Vgl. Jordan, F. ü. p. 57. Ausserdem
befand sich auf der Area Apollinis nach Solin I 18 eine silva (vgl. p. 35
Anm. 1).
Der Apollotempel hat stets eine grosse Verehrung genossen. Augustus
selbst sorgte dafür, dass er auch den berühmtesten Tempeln ebenbürtig
würde, indem er die im Jahre 17 v. Chr. gefeierten Säcularspiele in Rück-
sicht auf den Kult des Palatinischen Apollo änderte, und den Gott
und seinen Tempel zum Mittelpunkt der Hauptfeier am dritten Tage
machte. Die gleiche Wichtigkeit blieb ihm auch in Zukunft, wie aus den
Eommentarien der siebenten Säcularspiele unter Septimius Severus hervor-
geht.^) Auch sonst wird der Tempel erwähnt. Vor dem Apollotempel
war Galba mit einem Opfer beschäftigt, als die Empörung Othos gegen
ihn ausbrach (Tac. Hist. I 27). Der Neronische Brand hat ihm wenig ge-
schadet, im Brande unter Commodus wurde ein Teil der Bibliothek ver-
nichtet. Im Jahre 363 n. Chr. ging er durch Brand zu Grunde (Amm.
Marc. XXIII 3, 3).
So befriedigend unsere Kenntnis von dem Tempel fast in jeder
anderen Hinsicht ist, so ungenügend sind die Nachrichten über seine Lage.
Die Ausgrabungen haben so gut wie nichts zu Tage gefördert. Er-
wähnenswert ist nur, was Flaminio Vacca Mem. 77 berichtet, dass in der
Vigna Ronconi (quäle b inclusa nelle rovine del pallazzo maggiore) sich
etwa 20 Marmortorsi gefunden haben ,tuUi dt Amazzoni, poco maggiori
del naturale, Bianchini hat zuerst die Vermutung geäussert, es handle
sich hier nicht um Amazonen, sondern um die in den Portiken des Apollo-
tempels aufgestellten Danaiden, eine an sich bestechende Ansicht, die viele
Anhänger gefunden hat, aber die Vigna Ronconi, die man früher in der
Villa Mills suchte, nahm den Hippodromus (vgl. Taf. 12) und das an-
*) Hülsen, ROm. Mitt. 1896 p. 202, ver- 1 ist unerfindlich. Schwerlich würde man doch
legt die Roma quadrata, den Mundus, von I beispielshalber einen Altar, von dem es hiesse,
dem es doch ausdrücklich heisst, er habe
ante templum Apollinis gelegen, ausser-
halb der von Portiken umgebenen AreaApol-
linis. Mit welchem Recht dann der Mundus
überhaupt noch mit dem Tempel in topo-
graphische Verbindung gebracht werden kann, ]
er habe ante aedem Martis ültoris gestanden,
ausserhalb des Augustusforums suchen.
^) Th. Mommskn, Commentaria ludorum
saecularium quintorum et septimorum. Eph.
epigr. VIII p. 225 -309.
6. Das Zentrom Borns, d. Der Palatin. (§ 49.)
149
stossende Gebiet bis zur Vigna di S. Sebastiane ein, wo der Tempel un-
möglich gelegen haben kann, ^) so dass man es hier doch wohl mit Statuen
zu thun hat, die zur Dekoration des Hippodromus gehörten.
Ist es 80 freilich nicht möglich, die Lage des Tempels auf Grund
topographischer Funde zu bestimmen, so können dafür doch wenigstens
folgende Gesichtspunkte als massgebend aufgestellt werden: 1. Aus den
oben angefahrten Stellen über Augustus' Bauthätigkeit auf dem Palatin
ergibt sich, dass die Domus Augustana und der Tempel des Apollo^)
einen in sich zusammenhängenden Baukomplex gebildet haben. Die von
Augustus zum Zweck seines Palastbaus zusammengekauften Grundstücke
haben als Bauplatz sicher ein geschlossenes Ganze gebildet, und ein Teil
dieses Bauterrains wurde dann für den Tempel bestimmt. 2. Ein Blick
auf den Palatinsplan lehrt, dass sämtliche kaiserlichen Bauten bis in die
späteste Zeit ein und dieselbe Orientierung haben, offenbar die ursprüng-
liche Orientierung des von Augustus errichteten Hauses. Es muss daher
angenommen werden, dass auch der Apollotempel diese Orientierung
gehabt hat. 3. Rechnet man dazu, dass nach Ovid Trist. III 1 man von
der Summa sacra via die Domus Augustana sieht, den Tempel des Apollo
aber erst, nachdem man jene passiert hat, so ist der bis jetzt noch
nicht ausgegrabene nördliche Teil der Villa Mills der gegebene Platz
für den Tempel. Hierher, d. h. in die Mitte des Hügels, weist auch der
Umstand, dass auf der Area Apollinis der Mundus sich befand, den man
wohl mit Recht im Mittelpunkt des vom Templum umschlossenen Stadt-
gebietes, im Schnittpunkt von Cardo und Decumanus sucht. Plut. Rom. 11
sagt nach Schilderung des Mundus: sha waneq xvxXov xevTQtff neQuyQaipev
ty]v nohv.^)
eine solche Anlage in dem eventuell dis-
poniblen Raum der Villa Mills keinen Platz
finden könne, und dass Lanciani und ich
die Erörterung dieser Kardinalfrage leichter
Hand beiseite gelassen hätten. Er setzt daher
die Area Apollinis auf die Höhe von S. Seba-
stiano und füllt diese ganz damit aus. Diese
Ansetzung ist nicht glücklich. Denn 1) steht
auf diese Weise der Tempel des Apollo in
gar keinem räumlichen Zusammenhang mit
der Domus Augustana, zu der er doch ge-
hört; 2) weicht er in der Orientierung von
derselben ab; 3) bleibt die Bibliothek, die
HüLSKN unter S. Bonaventura ansetzt, die
aber doch sicher in engster Verbindung mit
den Portiken der Area gestanden hat, völlig
ausserhalb der Area und ist nicht nach den
Portiken, sondern nach der Domus Augustana
orientiert — Was aber die Raumfrage auf
dem Gebiet der Villa MiUs anbetrifft, so ist
ja freilich im Süden wie im Osten Mauer-
werk zu Tage gekommen, das sicher nicht
zu dem Tempel oder den Portiken gehört
und das Terrain erheblich eingeengt hat,
aber der noch „disponible" Platz ist doch
immerhin noch so gross wie die Area des
Forums, so dass selbst wenn er noch etwas
verkleinert werden müsste, doch kein Be-
') Hülsen, Untersuchungen zur Topo-
graphie des Palatins. Rom. Mitt. 1896, p. 207 ff.
') Und auch die Aedicula Vestae.
») Hülsen, Rom. Mitt. 1896, p. 202 meint,
es sei kein Verlass auf die Genauigkeit von
Plutarchs Angaben, weil er den Mundus
der Romulischen Stadt auf dem Comitium
ansetze. Dies ist ja allerdings ganz ver-
kehrt, aber man kann doch wohl eine rich-
tige Definition des mundus geben, ohne
topographisch damit etwas anfangen zu kön-
nen. - Hülsen kommt in seinem Aufsatz:
Der Tempel des Apollo Palatinus, Rom. Mitt.
1896, p. 198—212 über die Lage desselben
zu ganz abweichenden Ansichten. Er stellt
eine Berechnung an über die Grösse der
Area Apollinis, die ihn dazu führt, auf seiner
Forma Urbis III einen Tempel zu rekon-
struieren, der alle uns bekannten Tempel
der X., Vlll.und IV. Region mit Ausnahme des
Capitoliums und des Doppeltempels der Venus
und Roma an Grösse weit übertrifft, und der
Area eine Grösse zu geben, die alle Kaiser-
fora, mit alleiniger Ausnahme des Trajans-
forums hinter sich lässt (die nur probe-
weise entworfene Skizze auf S. 200 des
oben citierten Aufsatzes hat etwas geringere
Masse). Hülsen ist nun der Meinung, dass
150
B. Topographie Ton Born.
50. Die Bauten des Tiberius und Caligula. 1. Die Domus Ti-
ber ia na. Über die Lage der Domus Tiberiana gibt unzweideutige
Nachricht die Notiz, dass Yitellius dem Sturme auf das Kapitel beim
Schmause in der Domus Tiberiana sitzend zugeschaut habe (Sueton,
Vit. 15). Dies weist auf die auf Taf. 12 als Domus Tiberiana be-
zeichnete, von Grundmauern und Unterbauten getragene und nach der
Nova via zu auf ungeheuren Substruktionen ruhende Area hin, die jetzt
von dem Reste der Farnesischen Gärten eingenommen wird.*) Auf die-
selbe Stelle weist auch der Umstand, dass sich im amtlichen Sprach-
gebrauch bis in das vierte Jahrhundert hinein die Bezeichnungen Domus
Augustana und Domus Tiberiana als gesonderter Teile der kaiserlichen
Residenz erhalten haben. Wenn z. B. die Notitia Reg. X aufzählt: domum
Augustianam et Tiberianam^ so fasst sie damit die Gesamtheit der Kaiser-
bauten zusammen,^) lehrt aber, dass diese zwei von einander getrennte
Paläste umfassen. Nun bestehen in der That die kaiserlichen Palastbauten
aus zwei gesonderten Baukomplexen, die unmöglich als ein Palast be-
trachtet werden können, der Domus Augustana und dem an der Nord-
ecke des Palatins gelegenen, in seinem Hauptteile ein Rechteck bildenden
Bau mit gleicher Orientierung wie die Domus Augustaua, der durch einen
unterirdischen Gang (Taf. 12 a) mit dieser in Verbindung steht, sonst aber
architektonisch ein in sich abgeschlossenes, von dieser vöUig getrenntes
Ganze bildet.
Danach ist unzweifelhaft, dass dieser Palast als Domus Tiberiana zu
bezeichnen ist. Die Domus Tiberiana wird in den amtlichen Urkunden
CIL. VI 8653—8655 erwähnt. Sie wird femer erwähnt bei der Empörung
des Otho Tac. Hist. I 27. Galba opfert vor dem Apollotempel. Der an
dem Opfer teilnehmende Otho bekommt die Nachricht, dass alles zum
Ausbruch des Aufstandes bereit sei: Otho . . . innixus liberto per Tibe-
rianam domum in Velabrum .... pergit, was ebenfalls auf die oben
denken vorliegt, den Tempel zwischen der
Domus Augustana und dem Hippodromus
anzusetzen. Jedenfalls ist es sicher, bei einer
Lokalisierung und Rekonstruktion des Tem-
pels mit diesem Raum zu rechnen, resp. von
ihm auszugehen. — Eine Hauptstütze seiner
Ansicht sieht Hülsen in der bekannten Stelle
Solinus I 18 (Roma quadrata) incipit a süva
quae est in arm ÄpoUinis et ad supercilium
scalarum Caci habet terminum, übt tugurium
fuit Fatistuli. Er nimmt an, dass hier die
Diagonale des Berges beschrieben wird, und
das würde ja allerdings die ailva an die
NO.Ecke des Berges auf die Hohe von S.
Sebastiane verweisen. Indessen kann diese
Stelle gegenüber den andern gewichtigen
Gründen um so weniger in die Wagschale
fallen, als das Supercilium scalarum Caci
kein Eckpunkt des Hügels ist, man also
nicht weiss, wie weit Solinus oder sein Ge-
währsmann am andern Ende der Linie von
der Richtung der Diagonale abgewichen ist.
Nicht unbedenklich ist mir die Bezeichnung
in Silva, quae est in area A.; soll ein Teil
der Area Apollinis ausserhalb der Roma
quadrata gelegen haben? Vgl. p. 35 Anm. 1 .
^) Zur Orientierung wird es erspriesslich
sein, die Namen der auf dem Palatin vor
Beginn der grossen Ausgrabungen dieses
Jahrhunderts (vgl. p. 20 f.) befindlichen und
durch die Ausgrabungen ganz oder teilweise
beseitigten Vignen etc. hier zu nennen. Die
Famesischen Gärten erstreckten sich über
den ganzen nordwestlichen Teil des Palatin
(Domus Tiberiana et Augustana); den süd-
westlichen Teil (Tempel der Victoria und
Umgegend) nahm die Vigna Nussiner ein,
die Südostecke (Bauten des Sevenis) die
Vigna del collegio Inglese.
*) Daneben kommt Öfters als Ausdruck
fOr die Kaiserresidenz die Bezeichnung Pa-
latium vor, so in der Notitia selbst (Ueber
Schrift der X. Region), femer bei den Schrift-
stellern, z. B. Tac. Ann. II 37 cum in Palatio
senatus haberetur, Hist. HI, 68. CIL VI,
8656—61 steht dafür domus Palatinarum
Vgl. Josephus, b. J. 19, 1, 15.
5. Das Zentrun Roms. d. Der Palatin. (§ 50.)
151
angenommene Lage der Ddmus Tiberiana passt (Plut. Galba 24: Sid tijq
TlßsQiov xaXovßsvrjg oixtag xaraßccg ißadi^ev slg dyoQcev), Wenn dieselbe
Sache bei Sueton Otho 6 erzählt wird mit den Worten: proripuüque se
postica parte Palati ad constitutum, so ist mit postica p, P. natürlich nicht
die domus Tiberiana bezeichnet, sondern Sueton erzählt die Sache eben
anders, er erwähnt auch nicht das Velabrum und das Forum. Nach Gell. XIII
20, 1 und Vita Probi 2 befand sich in der Domus Tiberiana eine Biblio-
thek. Von Antoninus Pius heisst es (Vita 10), er habe dort gewohnt,
von Verus, er sei dort erzogen worden (Vita 2, vgl. 6).
Wie viel von der jetzt noch erkennbaren Gestaltung des Palastes
von Tiberius selbst stammt, ist schwer zu sagen. Die in dem Mauerwerk
befindlichen Ziegelstempel beginnen mit den Flaviern (Not. d. scavi 1896
p. 162) und reichen bis in die Zeit Hadrians. Die Anlage der Räume
und Mauern zeigt, dass die Substruktionen erst allmählich ihre völlige
Ausdehnung bekamen (vgl. if, JV, 0). Auf der Linie e — e z. B. sind die
Pilaster angebaut und bedecken einen oben laufenden Fries. Jenseits der
überbauten Strasse bis an die Nova via ist das Mauerwerk hadrianisch,
die diese Strasse überspannenden Bogen sind gar erst aus dem 3. Jahr-
hundert n. Chr.; weiter nach Osten bei N charakterisiert sich der spätere
Ansatz durch die veränderte Orientieining der Räume; hier reichen die
Ziegelstempel von Trajan bis ans Ende des 2. Jahrhunderts. Von dem
Oberbau des Palastes ist nichts erhalten, die nach der Nova via sich
öffnenden Räume sind schwerlich den kaiserlichen Gemächern zuzurechnen.
2. Die Aedes Divi Augusti. Tiberius begann nach Sueton Tib. 47
einen Tempel des Divus Augustus,*) aber erst Caligula (Suet. Cal. 21)
vollendete ihn.*) Der Kaiser Claudius fügte dem Bilde des Divus Augustus
das der Li via hinzu (Dio Cass. LX 5; vgl. Sueton Glaud. 11), daher CIL
VI 4222 ein aeditus templi divi Augusti et divae Augustae, quod est in Pa-
latium genannt wird. Derselbe Tempel wird in den Acta fratrum Arvalium
(CIL VI 2023—2119) des ersten Jahrhunderts n. Chr. templum novum
(auch mit dem Zusätze in Palatio) oder templum divi Augusti novum^)
genannt. Die erste Erwähnung des Tempels in den Arvalakten stammt
aus dem Jahre 38 n. Chr., was mit der Dedikation durch Caligula stimmt.
Vor dem Tempel wird dem Divus Augustus geopfert, seit Claudius auch
der Diva Augusta. Später treten hinzu Drusilla seit 38, Divus Claudius
seit 59, Diva Claudia virgo und Diva Poppaea Sabina seit 66. Es
werden also auch die Statuen dieser Divi gleich der der Livia in dem
Tempel aufgestellt worden sein.-^) Zuletzt wird das Templum novum in
diesen Akten im Jahre 69 n. Chr. (3. Jan.) genannt. Kunstwerke darin
beschreibt Plin. N. H. XXXV 131 und XII 94. Nicht lange danach ging
der Tempel durch Feuer zu Grunde (Plin. N. H. XII 94), und wurde
>) Dagegen sagt Plin. XII, 94 in Palati
iempJOy quod fecerat divo Äugusto coniunx
Augusta, Vgl. Dio Cass. LVI, 46.
*) Nach Tac. Ann. VI, 45 hat Tiberius
den Tempel zwar vollendet, aber nicht de-
diciert. Vgl. Dio Cass. LIX, 7.
') Wohl im Gegensatz zu dem oben
p. 144 erwähnten Sacrarium.
*) Im Hinblick darauf, wie es scheint,
hat Lanciani Forma urbis 29 den Tempel
des Augustus mit Nischen an den Wftnden
ergänzt. Vgl. Lanciani, The ruins and ex-
cavations of ancient Rome, p. 122 ff.
152
B. Topographie Ton Born.
von Domitian wieder aufgebaut. Martial nennt IV 53 im Jahre 88 n. Chr.
wieder das Templum novum. Die mit dem Tempel verbundene Bibliothek
(Suet. Tib. 74) seheint nach Mart. XII 3 (101 n. Chr.) bei einem aber-
maligen Brande des Tempels Domitian entfernt, Trajan zurückgebracht zu
haben. ^) Unter Antoninus Pius wurde (ob nach einem Brande?) das
Templum Augusti wiederhergestellt, wovon die Münze Cohen* Antoninus
797—810 aus den Jahren 158—160 (vgl. Abb. 13) zeugt. Auf den gleich
zu erörternden Militärdiplomen kehrt der Name bis zum Jahre 298 wieder.
Die Regionsbeschreibung nennt den Tempel nicht.
Von dem Tempel gibt es zwei Abbildungen, auf einer Münze des
Caligula (Cohen*, Caligula 9 — 11, Abb. 12) und auf der oben erwähnten
des Antoninus Pius. Die beiden Darstellungen sind völlig verschieden.
Die Münze des Caligula zeigt einen sechssäuligen Tempel mit ionischen
Säulen, die des Antoninus Pius einen achtsäuligen mit korinthischen
Säulen. Die Restitution unter Antoninus oder schon die unter den
Flaviern war demnach ein völliger Neubau mit veränderten Dispositionen.
Abb. 12. Templum Augusti unter Caligula.
Abb. 18. Templum Auguati unter Antoninus Plna.
Zwei sehr schwierige Fragen knüpfen sich an diesen Tempel, zu-
nächst über seine Lage. Der Tempel hat in Pcdatio gelegen. Eine nähere
Bestimmung gibt Suet. Cal. 22 {Caligula) super templum Divi Augusti ponte
transmisso Palatium Capitoliumque coniunxU, Danach scheint der Tempel
nicht auf der Höhe, sondern am Abhang des Berges nach dem Kapitel zu
gelegen zu haben. Der Spielraum ist hier an und für sich ziemlich er-
heblich, da die Domus Tiberiana, von der aus die Brücke nach dem
Capitolium geschlagen sein dürfte, diesem gegenüber eine Front von
mehr als 130 m hat. Indessen scheint der Tempel der Nordecke des
Palastes zunächst gelegen zu haben. Militärdiplome aus den Jahren 90^)
bis 298 (CIL m p. 843 flf. Eph. epigr. H 460, IV 185. 502, V 652) auf
ehernen Tafeln sind angeheftet Romae in muro post templum divi Augusti
ad Minervam; ein Minervaheiligtum befand sich aber beim Eastortempel
(vgl. p. 88). Man pflegt daher gewöhnlich die ihrer Lage nach passende,
am Westrande des Palatins hinter dem Eastortempel stehende Ruine G
für den Augustustempel zu halten, obgleich sie einem Tempel absolut nicht
*) Vgl. 0. Hirschfeld bei Fbiedländer,
Martial II p. 222.
') Bis zum Jabre 90 wurden die Diplome
auf dem Capitolium aufgehängt. Vgl. p. 130.
5. Das Zenimm Borns, d« Der Palatin. (§ 50.) 153
gleicht. Sie hat ungewöhnlich starke Mauern; man erkennt innerhalb des
von drei Seiten durch dieselben eingeschlossenen Raumes an den Wänden
die Spuren von Trägern für Balkenlagen, der Raum scheint also in mehrere
Stockwerke geteilt gewesen zu sein. Die Hinterwand setzt sich nach Süden
zu über die anstossende Seitenwand fort; es muss sich also ein gleich-
artiger und, wie die Trägeransätze an der äusseren Wand der südlichen
Seitenmauer zeigen, ebenfalls in mehrere Stockwerke geteilter Raum an-
geschlossen haben. In dem untersten noch fast ganz im Schutte steckenden
Geschosse sind die Wände durch Nischen gegliedert,^) darüber sind die
Wände glatt. Die Deutung des Gebäudes ist sehr schwierig, nur dass
von einem Tempel wohl keine Rede sein kann. So lange nicht durch
gründliche Ausgrabungen (Niederlegung von S. Maria Liberatrice) diese
Ecke des Palatins freigelegt ist, wird schwerlich Licht in die Frage nach
der Lage des Templum Augusti kommen.
Die zweite Frage betrifft das in den Arvalakten zur Zeit des Anto-
ninus Pius (CIL VI 2087) und des Elagabal (CIL VI 2104) erwähnte tem-
plum divorum in Palatio. Die von Gilbert III p. 131 behauptete Identität
dieses Tempels mit dem Templum Augusti ist immerhin zweifelhaft, da
der Name templum Augusti, wie oben erwähnt, keineswegs verschwindet,
80 dass wir eine Doppelbezeichnung eines und desselben Tempels an-
nehmen müssten. Andererseits ist freilich nicht zu sagen, welcher andere
Tempel das Templum divorum in Palatio sein könnte. Sueton Galba 1
sagt: novissimo Neronis anno tada de caelo Caesar um aede capita omnibus
simul statuis deciderunt, Augusti etiam sceptrum e manibus excussum est.
Hier ist freilich nicht vom Palatin die Rede, aber welcher andere Tempel
ausser dem des Augustus gemeint sein könnte, ist auch hier nicht klar. Die
Frage ist mit den uns zu Gebote stehenden Mitteln nicht endgültig zu lösen.
3. Caligulas Bauten. Die Idee, das Palatium mit dem Capitolium
zu verbinden (vgl. oben p. 58) und die zwischen beiden liegenden öffent-
lichen Gebäude möglichst in den Bereich des Palatiums, speziell der
Domus Tiberiana zu ziehen, scheint den Kaiser Caligula völlig beherrscht
zu haben. Sueton. Cal. 22 heisst es: Partem Palatii ad forum usque pro-
movit, atque aede Castoris et Pollucis in vestibulum transfigurafa consistens
saepe inter fratres deos medium adorandum se adeuntibus exhibebat. Ob
dies promovere so zu verstehen ist, dass er etwa die erste Anlage des bis
an die Nova via sich erstreckenden Teiles der Domus Tiberiana, der oben
als späterer Zusatz erkannt wurde, gemacht hat, oder ob er auch hier
nur einen phantastischen Brückenbau aufgeführt hat, der nachher abge-
rissen wurde, geht aus den Worten nicht hervor. Auch die Basilica
Julia zog er in den Bereich seiner Bauten. Suet. Cal. 37: quin et nummos
non mediocri-s summae e fastigio basilicae Juliae per aliquot dies sparsit in
plebem. Es scheint, als ob die Basilica Julia gleich dem Augustustempel
als Stützpunkt für die Brücke nach dem Kapitel gedient habe. Schliess-
lich legte er, um dem Jupiter näher zu sein, auf der Area Capitolina
') Vgl. die Rekonstruktion Lancianis, Form. urb. 29 (vgl. p. 151 Anm. 4).
154 B. Topographie von Born.
die Fundamente zu einem neuen Palast (Suet. Cal. 22), der aber nicht
gebaut wurde. Mit Recht sagt Plinius N. H. XXXVI 111: bis vidimus
urbem totam cingi domibus principum Gai et Neronis.
51. Oeschichte des Palatiums. Die Gründung des kaiserlichen
Wohnhauses auf dem Palatin ist gleich anderen Schöpfungen des Augustus
epochemachend geworden. Bis in das 3. Jahrhundert n. Chr. blieb der
Palatin Residenz der Kaiser und hat auch in späteren Zeiten bis ins Mittel-
alter hinein vor allen kaiserlichen Residenzen seinen Vorrang bewahrt.^)
Der Palast hat von Augustus bis Alexander Severus viele Um- und An-
bauten erfahren. Die ins Ungeheuere gehenden Bauten Neros haben
zwar die Umgestaltung der zwischen Palatin und Esquilin liegenden Stadt-
teile angebahnt, auf dem Palatin selbst aber keine Spuren hinterlassen.
Seine erste Unternehmung, die Anlage, durch die er den Palatin und die
ehemals Maecenas gehörigen, dann kaiserlichen Gärten auf dem Esquilin
in Verbindung setzte, die dotnus transüoria, ging in Flammen auf (Suet. Nero
31, 38 ; Tac. Ann. XV 39). Viel bedeutender — vgl. Plinius N. H. XXXIII 54 :
et quota pars ea fuit aureae domus ambieniis urbem — war die nach dem
grossen Brande entstehende domus aurea. Von der Grösse gibt Tac.
Ann. XV 42 eine Vorstellung; innerhalb der Anlage befanden sich nach ihm
arva et stagna et in modum solitudinum hinc silvae inde aperta spatia et
prospectus. Eine ausführliche Schilderung gibt Suet. Nero 31. In dem
an der Stelle des Tempels der Venus und Roma befindlichen Vestibulum
stand der 120 Fuss hohe Koloss; tanta laxitas^ ut porticus triplices miliaricis
haberet; item stagnum maris instar (an der Stelle des späteren Amphi-
theaters), circumsaeptum aedificiis ad urbium speciem; rura insuper arvis
atque vinetis et pascuis silvisque varia^ cum muUitudine omnis generis pecudum
ac ferarum. In ceteris partibus cuncta auro lita, distincta gemmis unionum-
que conchis erant; cenationes laqueatae tabulis eburneis versatilibus ut flores,
fistulatis ut unguenta desuper spargerentur ; praecipua cenationum rotunda,
quae perpetuo diebus ac noctibus vice mundi circumageretur ; balineae marinis
et albulis fluentes aquis — kurz, ein Feenpalast, über den Nero selbst
sagte: se qua^i hominem tandem habitare coepisse. Kunstgegenstände, die
Nero in diesem Hause anhäufte, bei Plin. N. H. XXXIV 84 und XXXV 120.
— Die Anlage war noch nicht vollendet, als die Katastrophe über Nero
hereinbrach. Otho (Suet. 7) setzte den Bau fort und auch Vitellius
plante nach Dio Cass. LV 4 eine Erweiterung. Erst die Flavier gaben
die Anlage auf, indem sie sie in ihrem Sinne umgestalteten, freilich nicht
sofort und in allen Punkten. Denn Titus wohnte noch in dem auf dem
Esquilin befindlichen Teil der Domus aurea. Nach Plinius N. H. XXXVI
37 befand sich die auf dem Esquilin gefundene Laokoongruppe in Tili
imperatoris domo, - Den veränderten Zustand des von der Domus aurea
eingenommenen Gebietes nach der Umwandlung durch die Flavier (im
Jahre 80 n. Chr.) schildert Martial. Spect. 2.
Unter den Flaviern (Domitian) erhob sieh die Domus Augustana
zu ganz ausserordentlicher Pracht. Plutarch (Popl. 15), Martial (VIII 36,
*) Den Kaisern folgten die Päpste. Johann VIT. im 8. Jahrhundert war der letzte
Papst, der auf dem Palatin gewohnt hat.
5. Das Zentrum Borns, d. Der Palatin. (§ 51.)
155
XII 15), Statins (IV, 2, 18) sprechen mit Bewunderung von der Erhaben-
heit und künstlerischen Ausstattung des domitianischen Palastes, ohne
indessen eine Beschreibung seines Umfanges etc. zu bringen. Die be-
deutenden Ruinen des Palastes (vgl. Taf. 12) lassen die Disposition der
stattlichen Räume genau erkennen und die Reste kostbarer Marmorarten,
die hier gefunden sind, bestätigen die Beschreibungen antiker Schrift-
steller. Es darf ferner als sicher angenommen werden, dass Domitian es
war, der den Palast nach dem Circus zu erweiterte und die auf dem Ge-
biete der heutigen Villa Mills aufgedeckten Teile des Palastes (Taf.
12 P) anlegte.^) In Verbindung mit dieser Neugestaltung und Erwei-
terung der kaiserlichen Residenz steht auch die Anlage des sogenannten
Stadiums, eines grossen, rechteckigen, nur an der Südseite mit einer flach
gekrümmten Mauer abgeschlossenen freien Raumes, der aber wohl richtiger
als der Hippodromus, d. h. der Garten der kaiserlichen Residenz^) zu
betrachten ist. Hier sowohl wie in den anstossenden Teilen des Palastes
haben sich Ziegelstempel und Wasserleitungsröhren aus Domitians Zeit
gefunden. Der Hippodromus ist durch Thüren von der Domus Augustana
aus zugänglich. Ursprünglich war der Garten nur von den glatten Mauern
umgeben, in denen sich Ziegelstempel aus dem Ende des ersten Jahr-
hunderts gefunden haben. Als einziger Schmuck dienten ausser den An-
pflanzungen, von denen man sich aus Plin. Ep. V 6, 32 ff. eine Vorstellung
machen kann, Statuen. Die Reste von Amazonenstatuen, die hier ge-
funden wurden, sind schon oben p. 148 erwähnt. Über weitere Funde
berichten die Not. d. scavi 1879 und 1893. Erst später wird der Garten
durch Bauten verändert. Die grosse Exedra (R) ist, nach den Ziegel-
stempeln zu schliessen, unter Hadrian in der noch heute erkennbaren
Form zur Ausführung gekommen, die den ganzen Garten umlaufende
Porticus erst unter Septimius Severus. In ganz später Zeit wurde der
Garten noch weiter seiner Bestimmung entzogen, indem in den südlichen
Teil eine ellipsenförmige Mauer eingebaut wurde, die aller Wahrschein-
lichkeit nach die Umfassungsmauer eines Vivariums, d. h. eines Tier-
zwingers war.^)
Im domitianischen Palaste befand sich auch eine avXr] ^AdtinSog, Sie
wird erwähnt von Philostratus (Td tg rdv Tvaväa ^AnoXiMviov VII 32).
Apollonius wird ig td ßaaiXsia geführt und trifft Domitian, der gerade
mit einem Opfer für Minerva beschäftigt ist iv aiXf^ 'Addvidog; dazu wird
die Bemerkung gemacht: r^ de aiXf^ dvO-äwv hed'tjksi xijnoig, ovg 'ASoividi
>) Hülsen (Rom. Mitt. 1889 p. 186 f.)
erkennt in den beiden Fragmenten des Stadt-
planes Form. Urb. 144 und 168 die Dar-
stellung dieses Teiles des Palastes.
') Diese Bezeichnung fttr Garten scheint
in jener Zeit ganz gewöhnlich gewesen zu
sein. Vgl. Plinius Epist. V 6, 32.
') H. Deolanb, Le palais des C^sars au
Mont Palatin. Gazette arch^ologique 1888,
p. 124 ff., 145 ff., 211 ff. versucht eine Re-
konstruktion des Palastes» Derselbe handelt
in den M^langes de FEcole fran^aise 1889
p. 184 ff. über das Palatinische Stadium,
dessen Anlage und Entwicklung (Umbauten).
Dasselbe behandelt auch Stubm, Das kaiser-
liche Stadium auf dem Palatin 1888 (Pro-
gramm des königl. bayer. Gymnasiums zu
Warzburg) und Marx, Das sogenannte Stadium
auf dem Palatin. Jahrb. des Arch. Inst. 1895,
p. 129 ff. — Gatti, Nuovi scavi dello stadio
Palatino in den Monumenti antichi V 1895
P. 16-83.
156
B. Topographie von Rom.
'A(favQioi noiovvttti vnhq ogyiav ofiwQofpiovg avtovg (pvrsvovTeg.^) Obgleich
Philostratus hier unzweifelhaft von einem besonders benannten Räume
innerhalb des domitianischen Palastes spricht (wie in ähnlicher Weise in
der Vita Pertinacis 11 ein Raum des Palastes als Jovis cenatio bezeichnet
wird und bei Suet. Claud. 10 eine diaeta als Hermaeum vgl. CIL VI 8663
u. 9949), wird seit Nibby, Rom. ant. II p. 450 irrtümlich angenommen,
dass diese „Gärten des Adonis" ein von der Domus Augustana getrennter
grosser Bau- und Gartenkomplez gewesen seien, der die ganze Ostseite
des Palatins (S. Sebastiane, S. Bonaventura, Vigna Barberini) eingenommen
hätte. Das Fragment Form. urb. X 44, das zum Beweis dafür herange-
zogen wird, stellt eine ausgedehnte Anlage von mindestens 110 X 90 m
Grösse dar, darunter steht in grossen Buchstaben ADONAEA; es ist ganz
unerklärlich, wie und wo dieses Bauwerk, das wahrscheinlich nicht einmal
die Adonaea, sondern einen an diese anstossenden Bau darstellt, auf dem
Palatin Platz gefunden haben sollte.«)
Der Pracht des domitianischen Palastes entsprach die Menge von
Kunstwerken und Kostbarkeiten, die darin aufgehäuft war. Sie war so
gross, dass Trajan (nach Mart. XII 15) einen Teil davon Tempeln, nament-
lich dem Capitolium, überwies. Die Liberalität der Nachfolger Domitians
zeigte sich darin, dass Nerva (Plin. Pan. 47) über den Palast die Inschrift
Pvblicae aedes setzte.')
Von der Thätigkeit der folgenden Kaiser bis auf Septimius Severus
schweigt zwar die Überlieferung, doch sprechen dafür die Ziegelstempel.
Wir sahen schon oben p. 151, dass die Substruktionen der Domus Tibe-
riana an der Nova via nach und nach in den Zeiten der Flavier, des
Trajan und Hadrian und später noch aufgeführt sind. Die Domus
Augustana zeigt ebenfalls Spuren erheblicher Umbauten aus dieser Zeit.
Während in den Mauern des Palastes, die möglicherweise zum Teil noch
auf Augustus zurückgehen, sich keine Spur von Stempeln gefunden hat,
zeigen die Anbauten bei c, durch welche eine ehemals diese Seite ab-
schliessende Säulenportikus verbaut worden ist, hadrianische Stempel in
^) „Eine besondere Rolle bei allen Adonis-
festen scheinen die sogenannten Adonis-
gärtchen {xtjnoi *j4dt6vfdog) gespielt zu haben,
d. h. Blumentöpfe mit allerlei künstlich
getriebenen Pflanzen (Blumen, Getreide, Fen-
chel und Lattich), welche ebenso schnell, wie
sie gewachsen waren, auch wieder verwelkten,
das deutliche Symbol der rasch aufblühenden
und rasch wieder verwelkenden Vegetation
der schönen Jahreszeit/ Röscher, Myth.
Lex. I p. 74 und E. Lovatblli, Giardini di
Adonide.
') Die Inschrift Adonaea steht abge-
wendet von dem auf dem Fragment darge-
stellten Gebäude, während sonst die In-
schriften, wenn sie nicht innerhalb des Ge-
bäudes angebracht sind, durchgängig den
Gebäuden, zu denen sie gehören, zugewandt
sind, vgl. Abbildung 2 auf p. 84 und 0. Richter,
Römische Rednerbühne p. 41. Ausserdem
aber stehen von den ungewöhnlich grossen
Buchstaben — nur die Inschrift des
Circus Maximus hat grössere Buch-
staben, einige wenige Gebäude, wie
die Saepta Julia, ähnlich grosse! —
nur drei unter dem Gebäude, die anderen
ragen weit darüber hinaus. Ich glaube, dass
die Adonaea, die, nach dieser Inschrift zu
urteilen, ein sehr grosser Komplex von min-
destens 150 m Ausdehnung, d. h. so lang
wie das römische Forum, gewesen sein
müssen, nichts mit der im domitianischen
Palaste befindlichen aiJXij *A6(avidog zu thun
haben, sondern dass uns der Stadtplan hier
eine anderweit nicht bekannte Anlage, sei
es in der XIV. oder einer von den Regionen,
in denen die Entfaltung derartiger Anlagen
möglich war, aufbewahrt hat.
') Ueber eine gleiche Massregel des
Augustus vgl. p. 144.
6. Das Zentnim Borna, d. Der PalAtin. (§ 51.)
157
grossen Massen, so dass also die endgiltige Gestaltung der Domus Augu-
stana, wie so vieler anderer römischer Bauten, dem Hadrian zuzuschreiben
ist. Nach Vita Gommodi 12 hat es den Anschein, als habe Commodus
einen neuen Palast auf dem Palatin erbaut {in domo Palafina Commodiana),
aber dies ist sicher nur eine vorübergehende Bezeichnung der Domus
■^^H
1
r.
•...«!
1»*
■
-1
1
^itf^«Bni«4to
^«^^
Abb. 14. Das Septizoniiun des Beptimins Severus. Bekonstrnktion von P. (it^fS,
Augustana, wie Commodus auch die Stadt Rom eine colonia Commodiana
(Vita 8) und das römische Volk populus Commodianus nannte.
In den sehr komplizierten Bauten, die sich östlich an die Domus
Augustana anschliessen, finden sich hadrianische Stempel und spätere bis
zu Septimius Severus. Schon oben p. 155 wurde festgestellt, dass die
grosse Exedra des Hippodromus samt den Anbauten nach Osten zu in der
noch jetzt erkennbaren Form von Hadrian stammt, und dass von Se-
158
B. Topographie yon Rom.
verus die zweigeschossige Portikus herrührt, die den Hippodromus im Innern
rings umläuft. Von demselben Kaiser stammen ferner die nach der Südostecke
des Berges sich erstreckenden ungeheueren Bauten (Taf. 12 S); das ergibt
sich aus der Natur des Ziegelwerks. Severus leitete auch die Aqua Claudia
in diesen Teil des Palatiums. Endlich baute er an der Südostecke des
Palatins im Anschluss an seinen Palast das Septizonium (Abb. 14),
einen dreistöckigen Hallenbau, der mit der Front nach der Via Appia
gerichtet war. Er war 31 m hoch, ungefähr 100 m lang, aber nur 17 m
tief und schloss an der Rückseite mit einer glatten Wand ab; der Bau
war demnach im wesentlichen dekorativ und dazu bestimmt, den Prospekt
der Schnurgraden Via Appia in glänzender Weise abzuschliessen.^) Auch
war es der Wille des aus Afrika stammenden Herrschers „ut ex Africa
venientibus suum opus occurreret^ (Vita Severi 24). Es heisst, dass er ur-
sprünglich durch den Bau einen neuen Zugang zum Palatium habe
schaffen wollen, dass aber in seiner Abwesenheit der Stadtpräfekt in der
mittleren Nische der grossen Front des Kaisers Statue aufgestellt habe.
Wahrscheinlich ist die Front auch durch Wasserkünste verziert gewesen.*)
Ein Teil des Grundrisses findet sich auf einem Fragment des kapitolinischen
Planes (F. U. VIII 38). Reste des Septizoniums haben bis auf Sixtus V.
gestanden, doch muss es schon im 8. Jahrhundert zerstört gewesen sein,
denn der Einsiedler Anonymus hat nur einen Teil der Inschrift (CIL VI
1032) aufbewahrt. 8) — Von Bauten späterer Kaiser auf dem Palatin ist wenig
bekannt, es ist auch wohl wenig mehr ausgeführt worden. Wenn es von
Elagabal (vgl. p. 140) heisst, er habe ein öffentliches Bad in aedibus aulicis
eingerichtet (Vita 8), so ist das kein Neubau gewesen. Dagegen scheinen
ein selbständiger Bau die von Alexander Severus zu Ehren seiner
Mutter Julia Mammaea geschaffenen „Diaetae** gewesen zu sein, die
Vita Alex. 26 erwähnt {diaetas nominis Mathmaeae, quas imperitum volgus
hodie ,ad Mammamf vocat). Von demselben Kaiser heisst es, er habe mit
dem nach ihm genannten opus Alexandrinum die Strassen des Palatin ge-
pflastert. Vita 25: Alexandrinum opus marmoHs de duobus marmoribus,
hoc eM porfyretico et Lacedaemonio, primus instituU, in Pcdatio plateis ex-
ornatis hoc genere marmorandi etc. In der Folgezeit erlischt das Inter-
esse der Kaiser am Palatin, doch hat Maxentius hier nach dem Chron.
von 354 noch Thermen (wo? ist nicht zu sagen) gebaut und aus Glaudian
XXVIII 35 ff. ecce Palatino crevit reverentia monti exsultatque habitante deo
etc. ergibt sich, dass Honorius hier wieder residiert hat. Auch finden
sich daselbst Stempel des Theodorich, der gleich Odoaker das Palatium
^) Aehnlich dem Maximilianeum in Mün-
chen. Der Name Septizonium ist noch nicht
genügend erklärt; möglich, dass er von den
sieben Streifen der Front des Gebäudes —
Unterbau und drei Säulenreihen mit drei
darüber liegenden Gesimsen — herrührt. Vgl.
WöLFUN, Archiv für lat. Lexikographie VII
p. 272.
') Wie Palazzo Poli durch die Fontana
Trevi.
^) Vgl. Ch. Hülsen, Das Septizonium des
Septimius Severus, Berlin 1886. — Stevenson,
II Settizonio e la distribnzione dei suoi avanzi
etc. Bull. com. 1888 p. 269 ff. Vgl. Rom.
Mitt. 1889, p. 258 f. Auch auf dem Esquilin
gab es ein Septizonium, Sueton. Tit. 2, des-
gleichen in Karthago (Bull. com. 1889 p. 361),
und Lambessa (Revue arch<Jol. 1898 I
p. 368 ff.).
6. Das Zentrnm Roms. d. Der Palatin. (§ 52.) 159
bewohnte. Damals scheint aach das sog. Stadium noch den oben er-
wähnten letzten Umbau erfahren zu haben. Vgl. oben p. 155.0
Als ein Anhängsel der Kaiserpaläste darf man das auf Taf. 12
mit T bezeichnete Gebäude betrachten. In demselben haben sich eine
Anzahl Graffiti^) gefunden, welche beweisen, dass sich hier ein Päda-
gogium für kaiserliche Pagen befand, z. B. Corinthus exit de pedagogio,
Marianus Afer exit de pedagogio, daneben Inschriften wie: labora aselle
quomodo ego laboravi et proderit tibi,^) und das berühmte Spottkruzifix. ^)
— Was das Pentapylum, welches nur aus der Regionsbeschreibung
bekannt ist, für eine Art Bau war, ist nicht bekannt, auch nicht, wohin
es zu setzen ist.
52. Die Area Palatina. Auf dem Palatin befand sich, vermutlich
zwischen der nördlichen Front der Domus Augustana und der Sacra via,
die bei Qellius XX 1, 1 erwähnte area Palatina: ad eum forte in area Palatina,
cum salutationem Caesaris opperiremur, philosophus Favorinus accessit. Bei
Josephus, Ant. Jud. XIX 3, 2 heisst sie €VQvx(oqi(f tov IlaXatiov, auch in
der Notitia reg. X (nicht im Curiosum) wird sie erwähnt.^) Weder die
genaue Lage, noch die Ausdehnung dieser Area ist bekannt, da die Aus-
grabungen an dieser Stelle durchaus ungenügend ausgeführt sind, vgl. oben
p. 132. Es liegen hier Reste von alten Bauten, die aber so verfallen sind,
dass man sich kein Bild von ihnen machen kann. In dieser Qegend wurde
im Jahre 1862 eine Peperinstele mit dem Elogium des Fertor Erresius
rex Aequeicolus is preimus ins fetiale paravit (CIL I* p. 202 Nr. XLI)
gefunden, ferner (angeblich) Weihinschriften (CIL VI 21 Anabestas, 487
Marspiter, 566 Remureine). In den Fundamenten der mit H bezeichneten,
durch mittelalterliches Festungswerk überbauten Ruine haben sich die
Reste eines Quaderbaues gefunden, darunter mehrere Inschriftsteine, auf
denen sich die Worte PiLOCR|A"E und DIOCL befinden. Welchem Bau
die Steine angehören, ist unbekannt.
Nicht nur die Grenzen des Palatins, sondern auch die Niveauver-
hältnisse sind durch die kaiserlichen Bauten verändert worden. Von der
zwischen der östlichen (Vigna Barberini,«) Villa Mills) und westlichen
^) lieber die Beraubung des Palatiums ' ^) CIL VI 1177 wird ein Forum Pala-
durch Narses vgl. Hülsen, Bilder aus der ; tinum erwfthnt.
Geschichte des Kapitels, p. 22 nebst Anm. 7.
«) Bull. d. Ist. 1863 p. 72, 1867 p. 113.
Bull. com. 1898 p. 248 ff., 1894 p. 89 ff.
•j Gatti, Caput Africae, Ann. d. Inst.
1881, p. 191 ff. meint, dass das Gebäude kein
Pädagogium, sondern eine Pagenwohnung ge-
wesen sei, und dass die Pagen aus dem Pä-
dagogium im Caput Africae am Caelius hier-
her übersiedelt seien. Er übersieht, dass
") Ueber diese Hohe imd was sich dort
befand, wissen wir am allerwenigsten, daher
sie auch der Vermutung von jeher den wei-
testen Spielraum geboten hat Dass die
Höhe durch eine einzige Anlage ausgefüllt
gewesen ist (Adonaea Nibby, Aedes ApoUini»
Hülsen), wurde schon oben als wenig
glaublich dargestellt, auch die nicht zu
verkennende Gleichartigkeit der an der
man solche Inschriften wie die oben ange- Westseite über dem Clivus Palatinus sich
führten nur an einem Orte anbringt, den
man verlässt, nicht an einem, den man eben
betritt.
^) Visconti und Lanciani, Guida del
Palatino p. 83. — Kraus, Das Spottkruzifix
vom Palatin. — Wünsch, Sethianische Ver-
fluchungstafeln.
erhebenden Substruktion der Höhe ist
nur natürlich und der Grossartigkeit der
palatinischen Anlagen entsprechend. Bei der
Fülle von Bauten, deren Existenz auf dem
Palatin nachgewiesen, deren Lage aber un-
bekannt ist, kommt man sicher nicht in
Verlegenheit! Bis jetzt konnte nur nachge-
160 B. Topocpraphie yon Bom.
(Domus Tiberiana) Hälfte einst existierenden Einsenkung ist wenig mehr
zu bemerken, namentlich ist das Niveau der zwischen den beiden ge-
nannten Erhebungen liegenden Domus Augustana von diesen nicht ver-
schieden. Jedoch befinden sich unter der Domus Augustana noch jetzt zu-
gängliche Bauten (zwei mit Stuck und Malerei verzierte Räume), die in die
Fundamente der kaiserlichen Bauten aufgenommen sind. Es ist nicht unmög-
lich, dass diese vielleicht der Zeit des Augustus angehörigen Bauten Teile der
ursprünglichen Domus Augustana sind, die nach dem Neronischen Brande,
der, wie alle grossen Brände, eine bedeutende Erhöhung des Terrains mit
sich brachte, in die Fundamente des von Domitian errichteten Neubaus
aufgenommen worden sind. Bei b sieht man Reste einer ausserordentlich
starken Quadermauer offen liegen, die entweder zu den Fundamenten des
Palatiums gehört, oder wahrscheinlich einem Bau zuzuweisen ist, der den
kaiserlichen Bauten und der allgemeinen Erhöhung des Niveaus hat
weichen müssen. Das sog. Haus der Livia (vgl. oben p. 14*3) zeigt noch
das ursprüngliche Niveau. Auch an Unterminierungen fehlte es dem
Palatin nicht. Bei d ist ein (wahrscheinlich) antiker Steinbruch zu Tage
getreten. Höhlen, die von den Sandgräbem des 16. Jahrhunderts her-
rühren, haben sich an mehreren Stellen gefunden, so namentlich unter
dem Stylobaten der Aedes Magnae Matris {F).
Litteraiar: Bianchiki, Del palazzo dei Cesari, 1788. — P. Rosa, Scavi del Pala-
tioo, Ann. d. Inst. 1865, p. 346 ff. nebst Mon. VIU, tav. XXIII 1. — Jobdan, Die Kaiser-
palfiste in Rom, 1868. — Lanciani und Visconti, Guida del Palatino, 1878. — Lahciani.
n ,Palazzo maggiore* nei secoli XVI— XVIII. Rom. Mitt. 1894 p. 3—36. — Hülsen, Unter-
suchungen zur Topographie des Palatin. Rom. Mitt. 1895 p. 8 ff. und 252 ff. 1896 p. 193 ff.
— Hülsen, Zur Sorrentiner Basis, Rom. Mitt. 1894, p. 238 ff. — Gio. B. de Rossi, Piante
icnografiche p. 134 ff. — Lanciani, U tempio di Apolline Palatino. II tempio della Vittoria.
Bull. com. 1883, p. 185 ff. Derselbe, Sulla topografia del clivo della Vittoria, Not. d. scaW
1886, p. 51 f. und Di im frammento della pianta marmorea Severiana rapfvesentante U
clivo della Vittoria ed il vico Tusco. Bull. com. 1885, p. 157 ff. — 0. Richter, Die
Tempel der Magna Mater und des Jupiter Stator in Rom. Hermes 1885, p. 407 ff. —
0. Gilbert, Der Tempel der Magna Mater in Rom, Philologus 1886, p. 449 ff. — Hülsbn,
Das Septizonium des Septimius Severus 1886. — J. Stubm, Das kaiserliche Stadium auf
dem Palatin 1888. — Marx, Das sogenannte Stadium auf dem Palatin, Jahrb. des Arch.
Inst. 1895 p. 129 ff. — Gatti, Nuovi scavi dello stadio Palatino, Mon. ant. V 1895,
p. 16-83.
e) Sacra via und Velia.
53. Heiligtümer. Die Sacra via, deren Lauf vom Saeellum
Streniae bis aufs Kapitel p. 48 beschrieben ist, führte ihren Namen
vorzugsweise auf der Strecke von der Höhe der Velia {summa sacra
via) bis zum Eingange des Forums, oder, wie Festus p. 293 sagt, a regia
ad domum regis sacrificuli, welche letztere auf der Höhe der Velia ge-
legen haben muss, aber nicht weiter nachweisbar ist.^) Der Name der
Strasse, den die Sage von dem daselbst zwischen Romulus und Titus
wiesen werden, dass hier das Haus des { mit den Worten: huius sacrae tnae pars
C. Julias Proculus lag (p. 143), das weitere | haec sola volgo nota, quae est a foro eunti
müssen wir yon dereinstigen Ausgrabungen '; primore clivo, womit der Anstieg der Velia
erwarten, die sicher eine Menge lieber- | bis zur Höhe des Titusbogens bezeichnet
raschungen bringen werden (vgl. p. 132). wird; so auch bei Hör. carm. IV 2, 35 und
*) Varro LL V 47 meint dieselbe ^St^ecke i Mart. I 70, 5.
6. Das Zentnun Roms. e. Sacra via und Velia. (§ 53—54.) 161
Tatius geschlossenen Bündnis ableitet (Dionys. 11 46; Fest. p. 290),^)
rührt vielmehr, wie auch Festus a. a. 0. andeutet, von den an ihr ge-
legenen Heiligtümern her, dem Vestatempel und dem der Laren und
Penaten. Von dem ersten existiert noch der Qusskern des Unterhaus
(vgl. p. 88 f.), die beiden anderen kann man nur vermutungsweise be-
stimmen. — Der Penatentempel lag auf der Velia (Solin. I 22 in Velia,
iibi postea deum PencUiutn aedes facta est, vgl. Liv. XLV 16 und Varro
LL. V 54 die Argeerurkunde) und zwar nach Dionys. I 68 nicht fern vom
Markte xazd rt^v inl Kaqivaq (psQovaav imrofiov odov; dies würde mit der
gewöhnlichen Annahme, dass die dem Templum ürbis vorgebaute Ro-
tunde des Divus Romulus (p. 113) seine Stelle einnehme, stimmen. Dass
der Tempel nur klein war, geht aus der Stelle des Dionys hervor. Von
Augustus wurde er wiederhergestellt (Mon. Anc. IV 7 aedem deum Penatium
in Velia [fecij). — Die Aedes Larum stand auf der Summa sacra via
(Solin. 1 23), d. h. in unmittelbarer Nähe des Titusbogens. Dort hat sich (nach
Ursinus in ipso fere Palatini montis in forum descensu die Inschrift CIL
VI 456 Laribus publicis sacrum gefunden.') Auch ihn nennt Augustus
unter den von ihm neu gebauten (Mon. Anc. FV 7 aedem Larum in summa
Sacra via [feci]). Gilbert, Top. III 424 hat die ansprechende Vermutung
geäussert, dass die hart an der Ostseite des Titusbogens an der Sacra via
liegende Tempehiiine (Taf. 12 £), die im Mittelalter die Torre Gartularia
trug, diesem Tempel angehörte.*) Ovid Fast. VI 791 wird der Tempel ge-
nannt und gleich darauf der auf der andern Seite des Anstiegs westlich
vom Titusbogen gelegene Tempel des Jupiter Stator. Bei dem Tempel
lag nach Plinius N. H. II 16 ein Fanum Orbonae, vgl. Cicero de nat.
deor. III 63.
64. Profanbauten. 1. Aus der ältesten Zeit werden Velia und Sacra
via mehrfach als Wohnstätten hervorragender Männer bezeichnet. Auf der
Velia befand sich, abgesehen von der sagenhaften Wohnung des Tullus
Hostilius (Cic. de rep. II 53; Varro ap. Non. 531, Solin I 22) die domus
Valeriorum. Die Nachrichten darüber lauten sehr abweichend. Nach der
gewöhnlichen Überlieferung, die Liv. II 7 vertritt, lag das Haus des Valerius
Poplicola in summa Velia. Da es dem Volke dieser Lage wegen eine gefähr-
liche Zwingburg erschien, habe Poplicola es abgerissen und infra Veliam, ubi
nunc Vicae Potae^) est, infimo clivo wieder aufgebaut. Cicero dagegen sagt de
har. resp. 8, 16: P. Valerio pro maximis in rem publicam beneficiis data domus
est in Velia publice. Eine in Bezug auf die Person und den Ort abweichende
') ServiuB Aen. VIII 641: huius autem
facti in aaera via signa stant, Romulus a
parte Palatii, Tatius venientibus a rostris.
Vgl. Gilbert, Topographie und Geschichte der
Stadt Rom, I p. 24 f.
*) MoMMSEN, Res gestae Divi Augnsti*
p. 82 meint, die Basis habe mit dem Tempel
nichts zu thun, indessen ist doch auch die
ganz gleichartige Basis CIL VI 457 mit der
mschnft Volcano auf dem Volcanal gefanden.
Vgl. p. 78.
*) Hermes XX p. 407 ff. habe ich diesen
Tempel behandelt, ihn aber f&lschlich fOr
den der Magna mater gehalten. Zwischen
dem Tempel, der seine Langseite der Sacra
yia zuwendet und der Sacra via lief eine
Porticus, auf der andern Seite des Tempels,
zwischen diesem und den an die Substruktionen
des Palatins angebauten Häusern, ein die
Nova via fortsetzender Stufenweg. Lanoiani
(Form. urb. 29) nimmt diese Ruine jetzt fOr
den Tempel des Jupiter Stator in Anspruch,
wenig wahrscheinlicb, vgl. p. 139.
^) Ueber die Bedeutung dieser Göttin,
einer Victoria, vgl. Cic. de legg. II 28. Pkbllbr,
R. M.« II p. 245.
Handboeh der klam. AltertamswiBaenachaft. III. 3, B. 2. Aufl. 1 1
162
B. Topographie yon Rom.
Ansicht überliefert aus Valerius Antias Asconius in Pison. 52: Vaierto
Maximo (dem Bruder des Poplicola, vgl. CIL P p. 190), ut Antias tradiditf
inter alias honores domus quoque publice aedificata est in PalcUio, cuius exitus,
quo magis insignis esset, in publicum versus declinaretur, hoc est, extra privatum
aperiretur. Varronem autem tradere, M. Valerio (einem anderen Bruder
des Poplicola), quia Sabinos vicerat, aedes in Palatio tributas (woraus Gilbebt,
Top. I p. 106 folgert, dass die Yelia identisch sei mit der Osthälfte des
Palatins). Plinius N. H. XXXVI 112 schreibt die Ehre dem P. Valerius
Poplicola und seinem Bruder Marcus zu. Jedenfalls steht fest, dass die
Valerier von Alters her ein Haus an der Velia hatten; auch ein Grab an
der Velia hatte das Geschlecht (Plut. Qu. Rom. 79; Popl. 23; Cic. de legg.
II 23, 58; Dionys. V 48) nach der von Serv. Aen. V 64, VI 152 erwähnten
Sitte der Vorfahren, dass die Römer ihre Toten in suis domibus be-
statteten, i) In dem berühmten Elogium des M.' Valerius CIL I* p. 189
ist von dieser Ehrung keine Rede, wohl aber von der Anweisung eines
Platzes für ihn und seine Vorfahren im Circus {ad Murciae).
Auf der Velia lag auch das Haus des Cn. Domitius Calvinus,
durch welches nach Fest. 154 das uralte Heiligtum des Mutunus Tutunus')
verdrängt wurde. Daselbst lag auch das auf p. 39 behandelte sacrarium
sextum et vicensimum,^)
2. Auch die Sacra via erscheint seit den ältesten Zeiten dicht be-
wohnt. In dem sicher sehr alten Kampfe um das Haupt des Oktober-
rosses streiten miteinander die Suburenses und Sacravienses, die
Anwohner zweier Hauptstrassen Roms.*) Der Sage nach sollen hier
auch zwei Könige gewohnt haben (abgesehen von Numa, als dessen
Haus die Regia bezeichnet wird), nämlich Ancus Marcius (Solin I 22)
und Tarquinius Superbus (Plin. N. H. XXXIV 13). Beide wohnten
in summa sacra via, des letzteren Wohnung ad Statoris wird bei Livius
I 41 und Plin. N. H. XXXIV 13 ihrer Lage nach genau beschrieben. In
republikanischer Zeit und auch noch später befanden sich hier Häuser
vornehmer Römer, wie das des P. Scipio Nasica, cui (nach Pompon.
Dig. I 2, 2, 37) etiam publice domus in sacra via data est, quo facilius
consuli posset. In den Arvalakten wird unter dem 11. Dezember 59
(CIL VI 1 p. 487) die Domus Domitiana in sacra via genannt, die
sicher lange Zeit im Besitz dieser berühmten Familie gewesen ist.
Gelegentlich werden genannt bei Cic. ad Att. IV 3, 3 die Domus
^) Danach dürfte ans Festos p. 262
Romanam portam vulgus appellat ubi ex
epistylio defluU aqua. Qui locus ab antiquis
appellari aolitus est siatuae Cinciae quod in
eo fuit sepulcrum familiae auf ein an dieser
übrigens nicht lokalisierbaren Stelle befind-
liches Haus der Cincier geschlossen werden.
^ Ueber diese Gottheit vgl. Gilbert,
Top. I p. 156 ff. Prelleb, Myth. II « p. 218.
*) Fest. 154: Mutini Tutini saceUum
fuit in Velia, adver sum mutum Must ellin um
in angiportUy de quo aris sublatis balnearia
sunt facta domo Cn. Domiti Calvini, cum
mansisset ab urbe condita ad principatum
Äugusti Caesaris inviolatum etc.
*) Festus p. 178: October equus appeUa-
tur, qui in campo Martio mense Oct. im-
molatur quotannis Marti, bigarum victricum
dexterior. De cuius capite non levis eon-
tentio solebat esse inter Suburanenses et
Sacravienses, ut hi in regiae pariete, Uli
ad turrim Mamiliam id figerent; Husdemque
coda tanta celeritate perfertur in regiam,
ut ex ea sanguis destillet in focum partid-
pandae rei divinae gratia.
6. Das Zentrum Roms. e. Baora Tia nnd Velia. (§ 54.) 168
Tetti Damionis und von Sallust, Hist. fragm. II 45 Maur. die Domus
Octavii.
3. Aber weder die heiligen Qebäude, noch die Häuser vornehmer Fa-
milien haben der Sacra via den Charakter gegeben, vielmehr ist die Strasse
schon zu Cäsars Zeit ausgesprochen Qeschäftsstrasse, und nimmt in der
Folgezeit immer mehr den Charakter eines grossstädtischen Bazars an.^)
Von den Waren, die hier feilgehalten wurden, geben die Schriftsteller
und Inschriften Kunde. Blumen und Obst, Gold- und Galanteriewaren
scheinen hier namentlich zum Verkauf gekommen zu sein (Ovid. A. a. II
265 f., Amor. I 8, 100, Propert. II 24, 14). Aus den Inschriften lernen
wir zahlreiche Arten von Arbeitern aus dem Juweliergewerbe de sacra
via kennen, CIL VI 9207 einen aurifex, 9221 einen caelator, 9239 einen
cavator (Steinschneider), 9418 und 19 fUdurarii (i. e. auri et argenti monetae),
9435 einen gemarius (Juwelier), 9545—9549 margaritarii (Perlenhändler).
Ferner werden genannt 1974, 9795 unguentarius und pigmentarius (Salben-
händler, Droguist), 9283 ein coronarUis (Eranzbihder), 9935 ein tibiarit^
(Flötenfabrikant), 9662 ein negotiator. Die Häuser und Magazine dieser
Händler, Fabrikanten und Künstler (dass auch unsauberer Erwerb hier
sich breit machte, lehrt die Leda e sacra via bei Martial II 63) nahmen
ursprünglich beide Seiten der Sacra via vom Forum (Fabierbogen) bis zur
Summa sacra via und von dort bis zum Thale des Colosseums ein, aber
die Tempel- und Prachtbauten, die allmählich die ganze Nordseite der
Strasse bedeckten, der Faustinentempel (p. 92), das Templum sacrae
urbis mit der Rotunde des D. Romulus (p. 113); die Basilica Constan-
tini (p. 164) und der Tempel der Venus und Roma (p. 166) beschränkten den
Handelsverkehr schliesslich auf die Südseite, an der übrigens nur die Strecke
vom Forum bis zur Summa sacra via ausgiebigeren Raum zur Entwicklung
geschäftlichen Lebens gewährte. Im Jahre 191 legte unter Commodus
ein verheerender Brand diesen ganzen zwischen der Höhe der Velia und
dem Forum, der Nova via und dem Templum Pacis gelegenen Stadtteil
in Asche und zerstörte zugleich den Vestatempel und das Vestalenhaus
(vgl. p. 90). Die Ausgrabungen der letzten Jahrzehnte haben das Gebiet
südlich der Sacra via wohl im wesentlichen so zu Tage gefördert, wie es
damals nach dem Brande neu reguliert wurde, und ausserdem in einer
darunter liegenden Schicht von Gebäuderesten den vorher gewesenen Zu-
stand aufgedeckt. Aus der Orientierung der in dieser unteren Schicht
liegenden Fundamente ergibt sich, dass die Sacra via, die nach der letzten
Regulierung des Terrains vom Tempel des Divus Julius an geradlinig die
Höhe der sehr stark eingeebneten Velia empor auf den Eingang des
Tempels der Venus und Roma zu führte und von da im rechten Winkel
abbiegend die Summa sacra via erreichte, ehemals, als der zu erklimmende
Abhang noch steiler *) war, in längerer Schleife zum höchsten Punkte (beim
^) Es ist dies das Schicksal aller im
Zentrnm des Verkehrs liegenden Strassen.
Die Strasse runter den Linden', sowie die
Friedrichs- und Leipziger-Strasse in Berlin
-waren nrsprttnglich rahige, vornehme Strassen,
haben sich aber im Laufe der letzten 50
Jahre zu Geschäftsstrassen um- und aus-
gestaltet.
') Vor der Eonstantinsbasilika und dem
Tempel der Faustina lag doppeltes Pflaster
11*
164 B« Topographie yon Rom.
Titusbogen) emporführte. Wann diese Neuregulierung zuerst gemacht
wurde, steht zwar nicht fest, aber die durch die Erbauung des Tempels
des Divus Julius bedingte Verlegung der Sacra via vor die Westfront
dieses Tempels (vgl. p. 100) machte die Fortsetzung der Strasse, die
ursprünglich am Vestatempel vorbeiführte, an der Nordseite des Tempels
des D. Julius nötig. Jedenfalls erreichte der von der Velia herabkommende
Fahrweg seit jener Zeit das Forum an der Nordostecke dieses Tempels;
der ältere am Vestatempel vorbei auf das Forum führende Weg war
nicht mehr fahi-bar, wie man aus den vor dem Kastortempel zum
Niveau der Area des Forums hinabführenden Stufen ersieht. 0 Die de-
finitive Regulierung der Strasse vom Tempel des Divus Julius bis zur
Summa sacra via, wie wir sie noch jetzt vor uns sehen, scheint in erster
Linie durch die Errichtung des Tempels der Venus und Roma bedingt ge-
wesen zu sein. Als dann im Jahre 191 der ganze westliche Abhang der
Velia abgebrannt war, baute man dies gewerbliche Viertel offenbar nach
einem einheitlichen Plane wieder auf; eine längs der Sacra via sich hin-
ziehende Porticus ist in erheblichen Resten ihrer Fundamente wieder zum
Vorschein gekommen. Lanciani (Not. d. scavi 1883 p. 228) ist der Mei-
nung, dass das ganze Terrain zwischen dem Vestalenhaus, der Sacra via,
dem Tempel der Venus und Roma und der Nova via durch ein einziges
grosses Geschäftshaus, die Porticus Margaritaria, bedeckt worden sei, und
hat den Qrundplan dieser Porticus auf Tafel 29 seiner Forma Urbis ein-
gezeichnet. Diese schon von H. Jobdan (Top. I 2 p. 288) bekämpfte Mei-
nung stützt sich darauf, dass mehrfach in Inschriften margaritarii de sacra
via genannt werden (s. o.), und auf die Notitia, die in der VM. Region
porticum margaritariam anführt, aber freilich an einer Stelle, die seine
Lage zweifelhaft lässt.
Von den gewerblichen Anlagen, die ursprünglich auch die Nordseite
der Sacra via einnahmen, haben wir wenigstens eine Nachricht. Der
Chronograph von 354 erwähnt, dass Domitian hier horrea piperataria er-
baut habe: hoc imp. multae operae publicae fabricatae sunt: horrea
piperataria, ubi modo est basilica Constantiniana, et horrea Vespasiani. Es
scheint, dass diese horrea und wohl mit ihnen das ganze Quartier unter
Gommodus 191 abbrannten. Bei Dio Gass. LXXn 24 heisst es: nvg
T€ Tag ceTVO&rjxag tcov tb Alyvmmv xal töji' ^ÄQaßiwv ifo^tiaiv insvsf-
ixaro. Es ist anzunehmen, dass sie wieder aufgebaut wurden und das
Ten^ain, das der alten Bestimmung zunächst erhalten blieb, in gleicher
Weise wie die Südseite der Sacra via reguliert wurde.
55. Die Basilica Constantiniana. Maxentius begann hier, möglicher-
weise nach einem grossen Brande — nach dem Chron. von 354 brannte unter
seiner Regierung das Templum Romae ab — , den Bau seiner Basilica,') die
übereinander. Not. d. scavi 1876, p. 54; | lOy^ivicinumCasiaracanaetransitnsVesicie
1878 p. 341. Das obere Pflaster ist bei den , virgineamque doinum\ inde sacro veneranda
Ausgrabungen 1899 entfernt. < petes padcUia clivo.
*) Aber es blieb der gewöhnliche Weg, *) Victor Caes. 40, 26: cuncta apera,
den der Fussgänger nahm. Bei Horaz. Sat. quae magnifica constnixerat, basüicam ....
I 9 Ibam forte via sacra heisst es y. 35: 1 Bei der Ausgrabung der Umgebung der
ventum erat ad Vestae und bei Martial I , Basilica sind Reste jener alten horrea, an
6. Das Zentrum Roms. e. Baora yia und Yelia.
i 55-56.)
165
wegen der Kühnheit der Konstruktion zu den bedeutendsten Werken des
Altertums gehört. Sie hat drei Schiffe von 80 m Länge, das mittlere ist 25 m,
die beiden Seitenschiffe sind 16 m breit. Alle drei sind überwölbt, die Wöl-
bungen ruhen auf den Aussenwänden und vier im Innern sich erhebenden
kolossalen Pfeilern. Die Front der Basilica war nach Osten gerichtet. Hier
lag dem dreischiffigen Raum eine 8 m breite Vorhalle vor, aus welcher in
das Innere der Basilica fünf Thüren führten. An der entgegengesetzten Schmal-
seite endigte das Mittelschiff in eine halbrunde Apsis. Der Untergang des
Maxentius verzögerte die Vollendung des Baues. Konstantin, der ihn be-
endigte (oder ein späterer Wiederhersteller), hat der Basilica einen
anderen Eingang von der Sacra via aus gegeben und diesem gegenüber
an der nördlichen Seiten wand eine zweite Apsis angelegt (vgl. Taf. IIa).
Erhalten ist das nördliche Seitenschiff in sehr bedeutenden Besten, nament-
lich sind die Wölbungen, die den Baumeistern der Renaissance beim Bau
von S. Pietro zum Muster dienten, mit der Cassettierung gut erhalten;
andere riesige Stücke liegen am Boden. In einem derselben, welches im
Jahre 1828 herabgefallen war, fand man eine Münze des Maxentius im
Mörtel, i) Von der einstigen Pracht des Baus kann man sich nur schwer
eine Vorstellung machen. Die letzte Säule aus dem Innern der Basilica
hat Sixtus V. bei Sta. Maria Maggiore aufgestellt.
56. Der Tempel der Venus und Roma. Die Umgestaltung des
östlichen Teiles der Sacra via ging von dem Neronischen Brande
aus, der unter anderm das ganze Gebiet von der Höhe der Velia bis
zum Sacellum Streniae (vgl. p. 48) in Asche legte. Nero zog denselben
in den Bereich seines Palastes, der Domus aurea ') und erbaute an
deren Stelle die Basilica errichtet wurde,
zum VorBchein gekommen. Not. d. scavi
1878 p. 133f., 1879 p. 312 f.
') Der Fund dieser Mttnze war ein letzter
Beweis dafür, dass das vielbewunderte Ge-
bäude die Basilica sei, die in der Notitia
rV Region als Constantiniana, im Cnriosum
als nova bezeichnet wird. Die iüteren Topo-
graphen bis auf Fea haben sie fOr die Ruine
des Templum Pacis gehalten. Nachdem sich
zuerst Piranesi gegen diese Ansicht ausge-
sprochen hatte, führte Nibby, Foro Romano
p. 189 ff. den Beweis, dass die Ruine der
Basilica Gonstantiniana angehören müsse,
nach ihm Ganina, Ind. top. di Roma aiitica,
p. 124, Edif. II tab. 129—132. Vgl. Rbbeb,
Ruinen Roms p. 392 ff.; Lanciani, Mon. dei
Lincei 1 551. Die Frage ist endgültig ent-
schieden. — Ueber Destailleur'sche Zeich-
nungen, die die Eonstantinsbasüika behandeln,
vgl. Lanciani in den M^langes de Tl^cole
francaise XI p. 161 ff.
') Es ist nicht leicht, sich von der
Domus aurea eine klare Vorstellung zu
machen. Auf dem Palatin selbst hat die
Bauthätigkeit Neros gar keine Spuren hinter-
lassen. Dass die Velia, das Thal des Golos-
seums und der Esquilin bis zu den Gfirten
des Maecenas in den Bereich der ,Domus'
gezogen wurden, ist bekannt. Aber die An-
lage glich mehr dem, was die Römer unter
einer Villa verstanden, als einem Palaste.
Die kurze aber charakteristische Schilde-
rung bei Tac. Ann. XV 42 betont diesen
Gharakter als das Neue an der Neronischen
Anlage: domum in qua haudperinde genimae
et aurum miraculo erant, solita pridem et
luxu volgata, quam arva et stagna et in
modum solitudinutn kinc silvae inde aperta
spatia et prospectus (vgl. oben p. 154). Dass
Nero etwa die in diesen Bereich faJlenden
Strassen gesperrt haben sollte, ist sicher
nicht anzunehmen, da gerade in der Niederung
zwischen Palatin, Gaelius, Esquilin (bei der
Meta Sudans, wo auch die Grenzen von fünf
Regionen zusammenstossen) der Hauptknoten-
punkt der wichtigsten Verkehrsadern des alten
Rom ist. Wie er nichtsdestoweniger einen
Zusammenhang der einzelnen Teile der An-
lage ermö^icht hat (durch Viadukte? durch
Brücken?), ist jetzt nicht mehr zu beurteilen.
Wir können nur einzelne der hervorragenden
Bauten nachweisen. Wieviel von diesen
Bauten schon vor dem Brande aufgeführt
oder geplant worden ist, als Nero die domihs
transitoria baute, die wenigstens in ihrer
weiten Erstreckung vom Palatin bis zu
den Gärten des Maecenas auf dem Esquilin
166 B. Topographie yon Rom.
der Stelle, die jetzt der Unterbau des Hadrianischen Venus- und
Romatempels einnimmt, das Atrium seines goldenen Hauses. Von
der Pracht dieses Baues wird viel Rühmens gemacht (Plin. N. H. XXXIV
84 und XXXV 120, Sueton Nero 31), von seiner Gestalt aber wissen
wir wenig. Im Vestibulum stand der Golossus Neronis, eine nach
Plinius XXXIV 45 etwa 31,5 m hohe Bildsäule des Kaisers, von Zenodoros
verfertigt. Sie hat unfern der Summa sacra via gestanden (Mart. 1 70, 7)
und blieb erhalten, während das Gebäude selbst zu Grunde ging. Vespasian
verwandelte den Golossus in eine Statue des Sol (Martial. Spect. 2, 1, 1 70, 6,
Sueton Vesp. 18). Dem Plane Hadrians, hier den Tempel der Venus und
Roma anzulegen, stand er im Wege und wurde mit grossen Veranstal-
tungen (Vita Hadr. 19) an den Platz versetzt, wo noch jetzt die Reste
seiner Basis zu sehen sind (Plan von Rom No. 28). Vorübergehend wurde
er durch Gommodus in einen Herkules mit des Kaisers eigenen Zügen ver-
wandelt (Vita Gonmiodi 17), in der Regionsbeschreibung aber wird er
wieder als Sol aufgeführt (vgl. GIL P p. 319, 6. Juni).
Der Tempel der Venus und Roma, auch Templum Urbis ge-
nannt, wurde von Hadrian im Jahre 135 (Gassiod. Ghron. 195) oder 132 (Hieron.)
nach seinen eigenen Plänen erbaut. Über den Tag der Einweihung Athen. VIU
63 p. 361 und Nissen, Templum p. 200 ff. Es war ein zehnsäuliger Doppel-
tempel, dessen halbrunde Apsiden mit ihren Rückseiten aneinanderstiessen,
so dass die beiden Eingänge nach Osten und Westen lagen (Vgl. Pru-
dentius c. Symm. I 214). Die ungünstige Beurteilung des Baus sowie der
unverhältnismässig grossen Bildsäulen der Venus und Roma (Dio Gassius
LXIX 4) kostete dem berühmten Baumeister Apollodorus das Leben. Um-
geben war der auf das kostbarste ausgestattete Tempel mit einer doppelten
Porticus von Granitsäulen. Die zahlreichen Münzen von Antoninus Pius,
die den Tempel darstellen (Gehen 698—703, 1074—1076), teils mit der
Inschrift Bomae aeternae, teils mit Veneri Felici, bezeugen eine Restauration
unter diesem Kaiser, wo nicht die endgültige Vollendung. Reliefdarstel-
lung der Front Matz v. Dühn, Bildwerke Nr. 3519. Vgl. Petersen, Rom.
Mitt. 1895 p. 248. Über Bildwerke, die in dem Tempel aufgestellt waren,
vgl. Tyr. trig. 32, Dio Gass. LXXI 31. — Unter Maxentius wurde er nach einem
Brande wiederhergestellt (Ghron. v. 354; vgl. Jordan, Top. 11 p. 6). Er-
halten sind ausser dem Unterbau die beiden Apsiden nebst einem Teile
der Seitenmauern und Reste von Granitsäulen der Porticus. Die west-
liche Apsis ist in die Kirche Sta. Francesca Romana eingebaut, die öst-
liche liegt frei. Gleichzeitig mit dem Bau der Substruktionen des Tempels
hat eine Regulierung der Sacra via zwischen dem Titusbogen und dem
Golosseum stattgefunden, und eine Verbreiterung durch einen von der
Summa sacra via zum Thale des Golosseums zwischen der Fahrstrasse und
der DomuB aurea nichts nachgab, ist iinbe- I caise XI p. 161 ff. besprochenen Destailleurachen
kannt - üeber die Ausdehnung vgl. Mar- , Zeichnungen. Vgl. Rom. Mitt. 1892 p.
tial, Spect. 2; PHn. N. H. XXXII l 54; Sueton
Nero 31. Aufschlüsse über die Ausdehnung
der Neronischen Bauten auf der Velia geben
die Yon Lanciani, M^langes de V Ecole fnui-
Hülsen hat auf p. 291 nach diesen Zeich-
nungen einen Plan der vermutlich zur domus
aurea gehörigen Bauten entworfen, und sie
auch in Formae urbis UI aufgenommen.
6. Das Zentnun Borns, e. Baora via und Yelia. (§ 57.) 167
den Substruktionen hinabführenden Stufenweg. i) Reste früherer Gebäude
sind in die Substruktionen des Tempels aufgenommen und an der Ostseite
noch sichtbar.
Der Tempelbau Hadrians darf wohl in eine Reihe mit den kaiser-
lichen Forabauten gestellt werden, sowohl was die Anlage selbst anbe-
triflFt, ein Tempel inmitten eines von Portiken umgebenen Hofes, als auch
in Hinsicht auf die Gottheiten, denen er geweiht war. Die kaiserlichen
Fora verherrlichten vornehmlich die Gottheiten, die in besonderem Ver-
hältnis zur Grösse Roms stehen, und so schliesst sich dem Caesarforum
mit dem Tempel der Venus Genetrix, dem Augustusforum mit dem Mars-
tempel und dem Friedenstempel passend dieser Doppeltempel der Venus
und Roma an. Freilich stand derselbe räumlich ausser Verbindung mit
den Eaiserfora und ist auch nie in einen unmittelbaren Zusammenhang
mit ihnen gesetzt worden; aber die Lücke, die in der vom Marsfelde bis
zum Fusse des Esquilin sich fortsetzenden Reihe von Monumentalanlagen
zwischen ihm und dem Templum Pacis blieb, ist noch im 3. Jahrhundert
n. Chr. durch die von Maxentius begonnene, durch Konstantin vollendete
und nach ihm benannte Basilica ausgefüllt worden (vgl. oben p. 164).
57. Das Amphitheatrum Flavium. 1. In dem Thale zwischen
Velia, Esquilin und Caelius legte Nero nach dem grossen Brande ein
„stagnum maris instar, circumsaeptum aedificiis ad urbium specitm" (Suet.
Nero 31) an. Vespasian, dem samt seinen Söhnen die Aufgabe zuge-
fallen war, die grossen Bauten Neros in gemeinnützigem Sinne umzu-
gestalten, liess an der Stelle dieses Teiches das grosse Amphitheater,
Amphitheatrum Flavium,*) seit dem Mittelalter Colosseum ge-
nannt, entstehen, einen Bau, der in der ganzen Welt seines gleichen
nicht hat und nach Beckers (Topogr. p. 682) treffenden Worten „wenn
irgend etwas der römischen Grösse wahrhaft entsprechend genannt werden
kann". Vespasian vollendete das Theater nicht, erst unter Titus (Suet. 7)
im Jahre 80 wurde es vollendet*) und zu seiner Einweihung hunderttägige
Spiele gegeben (Dio Cass. LXVI 25), aber auch Doraitian,*) (Nerva? CIL VI
Add. 32254 f.) und Trajan bauten noch daran. Restaurationen erfolgten unter
Antoninus Pius,^) dann nachdem unter Macrinus (Dio Cass. LXXVIII 25) der
Blitz den oberen, wahrscheinlich hölzernen Teil zerstört hatte, durch Elagabal
(Vita Hei. 17) und Alexander Severus (Vita Alex. 24). Zum zweitenmal
zerstörte ein durch den Blitz hervorgerufener Brand den oberen Teil
unter Decius (Hieron. p. 181). Unter Theodosius II und Valentinianus HI
im Jahre 442, ^) sowie zwischen 467 und 472 wurde es durch heftige Erd-
1) Vgl. Hermes 1884 p. 407 flp.
*) Sueton. Vespasian 9: {fecit) amphi-
theatrum urbe media, ut destinasse com-
pererat Augustum. Vgl. Aur. Vict. Caes.
Perioden nachzuweisen, macht Dreobb, Das
flavische Amphitheater in seiner ersten Ge-
stalt, Allgemeine Bauzeitung 1896, Heft 2.
*) Chronogr. a. 354 p. 146 M: amphi-
9, 7; Chronogr. a. 354 p. 146 M. hie prior i theatrum usque ad clipea.
tribus gradibus amphitheatrum dedicavit. , ^) Vita Pii 8 : itistauratum amphi-
') Chronogr. a. 354 p. 146M: hie amphi- theatrum.
theatrum a tribus gradibus patris sui duos \ «) CIL. VI 1763 harenam amphi-
adiecit. Einen auf das Haterierrelief (Abb. 17) theatri a novo una cum podio et portis pos-
gestützten Versuch, die verschiedenen Bau- | ticis, sed et reparatis spectaculi gradibus
168
6. Topographie yon Rom.
beben beschädigt.^) Am Anfang des 5. Jahrhunderts hob Honorius die
Fechterspiele, im 6. Theodorich die Tierkämpfe auf. Im Mittelalter diente
es römischen Grossen, unter anderen den Frangipani (vgl. p. 74) und Anni-
baldi als Festung. Im 14. Jahrhundert begann die Zerstörung des Ge-
bäudes; zum Bau des Palazzo Venezia, der Cancelleria und des Palazzo
Farnese sind hier die Steine entnommen. Clemens X. (1670— 1676) legte
in dem verfallenden Gebäude eine Salpeterfabrik an; erst seit Benedict XIV.
(1740—1758) hat man die trotz aller Zerstörung immer noch über-
wältigenden Reste durch Aufiführung zweckmässiger Bauten vor weiterem
Verfall geschützt. *)
%fMtt
Abb. 15. OrnndriBB des Golotsenms.
2. Aus der ausserordentlich interessanten Baubeschreibung dieses
einzig dastehenden Gebäudes, die in der Beschreibung der Stadt Rom
III 1, 319 fif., bei Reber, Canina, Taylor u. a. gegeben ist, sind in erster
Linie die Masse hervorzuheben. Das Gebäude bildet eine Ellipse, deren
äusserer Umfang 524 m beträgt, die Längsachse beträgt 188 m, die Quer-
achse 156 m. Die ebenfalls eine Ellipse bildende Arena misst 86 und
(restituit). Vgl. de Rossi, Ann. dell. Ist.
1849 p. 338.
1) CIL VI p. 860 N. 100.
^) Das Nähere siehe bei Babucke, Ge-
schichte des Kolosseums, KOnigsbei-g i. Pr.
1899 (Programm des altstadtischen Gym-
nasiums).
6. Das Zentmm Roms. e. Sacra via und Yelia. (§ 57.)
169
54 m im Durchmesser, i) Die Höhe beträgt 48,50 m. Das Theater hatte
vier Stockwerke, die in der Fassade zum Ausdruck kommen. Das untere
Stockwerk wird nach aussen von einer Arkadenreihe von Travertin ge-
bildet, die Pfeiler sind 2,40 m breit und 2,70 m tief, die Bogenweite be-
trägt 4,20 m, die Höhe 7,05 m. An die Pfeiler lehnen sich dorische Halb-
säulen. Über den achtzig Bogen, die als Eingänge dienten, standen
die Nummern 1 — 76 (die vier nicht für das Publikum bestimmten Haupt-
eingänge an den Endpunkten der Achsen hatten keine Nummern); erhalten
sind Nummer XXIU bis LHH nebst dem Haupteingang nach dem Esquilin
mmj ^-yj V V y >' y >^^
Abb. 16. DurchBcbnltt des ColosBeums.
hin. Das zweite und dritte Geschoss hat Arkaden gleicher Art, 6,45 m
resp. 6,40 m hoch, mit einer Brüstung von 1 m Höhe versehen. Die
Halbsäulen, die sich an die Pfeiler lehnen, sind im zweiten Geschoss
ionischer, im dritten Geschoss korinthischer Ordnung. Das vierte Stock-
werk zeigt eine durch flache Pilaster korinthischer Ordnung gegliederte
Mauer, die über jedem zweiten Bogen der unteren Stockwerke von Fenstern
durchbrochen ist, die abwechselnd in der Attika (zur Erhellung des Kor-
ridors) und in der oberen Wand angebracht sind. Über der oberen Fenster-
reihe springen aus der Wand Konsole hervor, zwischen je zwei Pilastem
1) Nach den Messimgen bei Nissen, Rh. Mus. XLIX p. 297, betragen die Achsen
genau 187,770 m, 155,638 m, 85,756 m, 53,624 m.
170 B. Topographie yon Rom.
drei, zum Tragen der Masten bestimmt, an denen das zum Schutze gegen
Sonne und Regen dienende Velarium befestigt war. Im Umkreis des
Amphitheaters ist eine Anzahl von aufrechtstehenden, ein Travertinpflaster
von 17,5 m Breite begrenzenden Cippen erhalten, die, nach den Ein-
schnitten und Löchern, in denen ehemals eiserne Krammen gesessen
haben, zu urteilen, vielleicht durch Einfügung von Holzbalken zur Ab-
sperrung des Theaters dienten. Mit den Eingängen korrespondieren
sie nicht.
Durch die 76 Eingänge des Erdgeschosses gelangte man in zwei
gewölbte, das ganze Gebäude umlaufende Korridore und von da zu den
Treppen. Von den vier anderen Eingängen führte die an dem Nordende
der kleinen Achse nach dem Esquilin zu gelegene, die mit einem be-
sonderen Portal versehen war, zu der die unteren Sitzreihen, das
Podium, unterbrechenden Loge für den Kaiser (pulvinar); am anderen
Ende der Achse, nach dem Caelius zu, ist dieselbe Einrichtung nachzu-
weisen. Wenn die eine Loge für den Kaiser da war, so dürfte die
andere für den Stadtpräfekten oder den die Spiele leitenden Beamten be-
stimmt gewesen sein. Die beiden Eingänge an den Enden der langen
Achse führten direkt in die Arena. Das Innere des Theaters ist jetzt
stark zerstört, man sieht fast nur noch die Stützmauern für die Sitz-
reihen (gradus). Diese selbst sind bis auf verhältnismässig wenige Marmor-
blöcke verschwunden. Von Wichtigkeit sind die noch erhaltenen Reste
von Inschriften, aus denen hervorgeht, dass bevorrechtigten Ständen etc.
besondere Sitze angewiesen waren.i) Die besondere Einteilung des Zu-
schauerraumes ergibt sich aus dem unter Fig. 15 und 16 beigefügten
Grund- und Aufriss. Die maeniana,^) die, nach den 16 Treppen, die
aus den Hallen des Erdgeschosses emporführten, in ebensoviele cunei
geteilt waren, trugen die Sitzreihen, das oberste maenianum überdachte
eine Porticus. — Die Regionsbeschreibung gibt an, das Gebäude habe
87 000 Plätze gehabt (amphitheatrum, quod capü loca LXXXVII).
Diese Zahl wird in dem unten in Anm. 1 citierten HüLSENscben
Aufsatze besprochen; Hülsen hat die lineare Ausdehnung sämmtlicher
Sitzreihen gemessen = 68,750 römische Fuss, wonach, auf die Person
IV2 Fuss = 0,44 m gerechnet, 40 bis 45 tausend Personen auf den
Sitzreihen Platz fanden. Die auf der Porticus des obersten Stockwerkes
stehenden Zuschauer mit eingerechnet kann man 50 000 Zuschauer
als das Maximum annehmen. Da wir wissen, dass Kollegien, Kor-
porationen etc. von Seiten der Behörden nicht eine Anzahl von Plätzen
im modernen Sinne, sondern ein genau nach Füssen und Zollen abge-
messener Platz zugeteilt wurde, und die römische Statistik wohl nur mit
^) Lanciani, Iscrizioni delF anfiteatro ' von einem primum Maenianum, einem
Flavio. Bull. com. 1880, p. 211—282. Hülsen,
11 posto degli arvali nel Colosseo etc. Bull,
com. 1894 p. 812-324. CIL VI Addite-
menta.
*) Die Arvalurkunde vom Jahre 80 n.
Chr. (vgl. den Aufsatz von Hülsen) spricht
secundum Maenianum, das in zwei Teile,
ein inferius und superius zerfiel, und dem
summum Maenianum in ligneis, — Ueber
die Unsicherheit der Rekonstruktion vgl. Rom.
Mitt. 1897 p. 834.
6. Das Zentmm Roms. e. Sacra via und Velia. (§ 58.) 171
diesen Grössen sich befasst hat, so ist jedenfalls eine Gleichsetzung des
Begriffes loca mit Personen keineswegs selbstverständlich.^)
Unter der Arena haben sich, jetzt zum Teil aufgedeckt (vgl. Abb. 15
p. 168), elliptische Grundmauern gefunden, verbunden von geraden, der
grösseren Achse parallelen Mauern. Die Bedeutung dieser Bauten ist nicht
klar, ein Teil davon diente wohl zur Trockenlegung des Platzes und zur
Wasserableitung. Von hier führte ein von Commodus erbauter unter-
irdischer Gang in Räume unter dem Tempel des D. Claudius auf dem
Gaelius.
3. Das Amphitheater war in einem vom Caelius bis zum Esquilin
reichenden Halbkreise von Gebäuden umgeben, die den Zwecken der Spiele
dienten. Von ihnen werden in der n. Region aufgeführt der Ludus
matutinu8(CILVI352.10172)undGallicus(CILV19470),dasSpoliarium,
Samiarium und Armamentarium (CIL VI 10164); in der HI. Region der
Ludus magnus (CIL VI 1645. 7659. 10164—10170) und Dacicus und
das Suinmum choragium. — Die ludi waren Gladiatorenschulen, von
Domitian erbaut (Chron. v. 354 unter Dom.); erhalten ist auf einem Stadt-
planfragment (F. ü. I 3) ein Teil des l. magnus. Spoliarium wird als der
Ort erklärt, an den die getöteten Gladiatoren hingeworfen wurden, samia-
rium ist die Waffenschmiede (vgl. Jordan, Top. 11 p. 18), armamentarium
die Rüstkammer (vgl. Preller, Reg. p. 121 f.), summum choragium endlich
das scenische Ausstattungsgebäude für die Aufführungen im Amphitheater
(Preller a. a. 0. p. 126, vgl. Hirschfeld, Verwaltungsgeschichte p. 184).
Ein danach benannter Vicus ist zum Teil F. U. II 7 erhalten. Vielleicht
gehörte z\\ diesem Kreise von Gebäuden auch eine bei S. Pietro in Vincoli
auf dem Oppius nachgewiesene Athletenschule (Not. d. scavi 1884, p. 67);
auch die lupanaria der II. Reg. lagen wohl hier in der Nähe.
Zwischen dem Amphitheater und dem Venus- und Romatempel be-
findet sich der Backsteinkern eines grossen Springbrunnens, der vermut-
lich zur selben Zeit errichtet wurde wie das Colosseum. Eine Leitung,
die von der Hauptleitung auf dem Caelius sich abzweigte, führte zu ihm ;
nach den auf den Röhren befindlichen Inschriften (Lancla.ni, Syll. aqu. 1 — 8)
stammt sie von Domitian. Aus der konischen Form des Brunnens geht
hervor, dass derselbe die in der Regionsbeschreibung genannte Meta
Sudans ist. Der Chron. von 354 nennt Domitian als den Erbauer. Vgl.
Seneca epp. 6, 4; Cohen, Titus 163. 184.
68. Triumphbogen. Die Sacra via war von mehreren Triumphbogen
überspannt, von denen der Fabierbogen schon oben p. 92 besprochen ist. Ausser-
dem standen über dieser Strasse noch unseres Wissens zwei Bogen: 1. Bei
dem Sacellum Streniae am östlichen Ende der Strasse hinter dem Colos-
seum stand ein Bogen mit drei Durchgängen, uns nur bekannt durch das
Haterierrelief im Lateran, auf welchem Gebäude der Sacra via dargestellt
sind. Auf der Attica des Bogens steht Arcus ad Isis, was jedenfalls
^) Das ergibt sich auch ans Liv. 1 35 loca ' Schaubühnen im Circus Maximus die Rede
divisa patrihus equitibusque etc., wo von den ist. Vgl. p. 175. 178.
172
B. Topographie von Bom.
I
5
nicht der eigentliche Name, sondern
eine volkstiunliche Bezeichnung ist.^)
— 2. Der noch erhaltene Titus-
bogen auf der Summa sacra via.
Er ist einthorig und von den er-
haltenen wie der älteste, so der
kleinste. Errichtet wurde er, wie
die Inschrift CIL VI 945 sagt, dem
Kaiser Titus zu Ehren, aber, wie
aus der Bezeichnung divus hervor-
geht, erst nach seinem Tode. Da-
rauf weist auch das innerhalb des
Bogens befindliche nördliche Relief,
das die Apotheose des Kaisers dar-
stellt. Martial I 70 nennt den Bogen
bei der Beschreibung der Summa
Sacra via nicht, wie derselbe über-
haupt auffallenderweise bei Schrift-
stellern nie erwähnt wird. Das im
Innern des Thorganges an der Süd-
seite angebrachte Relief stellt den
Triumphzug des Titus nach der
Zerstörung von Jerusalem dar.
Von dem unter den Beutestücken
des Jehovatempels dargestellten
siebenarmigen Leuchter heisst der
Bogen im Mittelalter arcus septem
lucernarum. Eine Zeitlang war er
in die Befestigungsanlagen derFrangi-
pani eingebaut; jetzt steht er frei,
ist aber, namentlich nach dem Forum
zu, stark restauriert.*)
Bei der Meta Sudans mündet
in die Sacra via die von der
Porta Capena kommende Strasse.
Über dem Punkte, wo die Strassen
sich treffen, am Eingang zu dem
») Vgl. Brunn, Ann. d. Inst. 1849 p. 392 ff.;
Mon. V 7; Benndorf und Schönb, Lateran
p. 235 ff.; Gilbert, Top. III p. 193 f. hält
ihn f(lr ein altes Stadtthor, was nach so
viel Bränden und Strassenerweiterongen kaum
möglich ist.
«) Das Haterierrelief (vgl. Abb. 17) hat
einen urciis in summa sacra via, der in der
Architektur von dem Titusbogen nicht un-
erheblich abweicht. Man wird doch aber
schwerlich zwei Bogen in summa sacra via
annehmen können.
5. Das Zentnun Borna, e. Sacra via und Velia. (§ 58.)
173
Thale zwischen Palatin und Caelius, wurde nach dem Siege des Kon-
stantin über Maxentius (315 n. Chr.) der Konstantinsbogen errichtet,
nach der auf beiden Fronten befindlichen Inschrift CIL VI 1139 quod
instinctu divinüatis mentis magnitudine cum exercitu suo tarn de tyranno
quam de omni eins factione uno tempore iusfis rempublicam ultus est armis.
Abb. 18. EoiistsDtinsbogeD.
Der Bogen istMreithorig und sehr gut erhalten. Neben den geistlosen
Reliefs der konstantinischen Zeit (darunter eins, welches die Rostra dar-
stellt) enthält der Bogen eine Anzahl von Reliefs, Statuen gefangener
Dacier und Architekturstticke aus Trajanischer und Antoninischer Zeit
von hohem Kunstwerte. Nach Petersens Analyse (Mitt. des Rom. Inst.
1889 p. 314 ff.) haben von den sicher als trajanisch zu bezeichnenden die
174 B. Topographie Ton Rom.
im Hauptdurchgang und an der oberen Attika befindlichen Reliefs (Eampf-
und Einzugsscenen), die man früher einem Trajansbogen zuteilte, einem
anderen Gebäude angehört. Dagegen scheinen die runden Reliefs von
einem Bogen zu stammen. In Antoninischer Zeit sind die an der Attika
angebrachten Reliefs (AUokution, Opfer etc.) entstanden. Neuere Nach*
grabungen haben gezeigt, dass in der auf den Bogen zuführenden Strasse
drei Pflasterungen übereinander liegen (vgl. Abb. 18), und dass der Bogen
keine Passage für Fuhrwerk gestattete, sondern gleich dem Severusbogen
auf Stufen erstiegen wurde.
Ausser mit Triumphbogen war die Sacra via auch mit anderen Denk-
mälern, Statuen und Weihgeschenken geschmückt, von denen sich geringe
Spuren und Reste noch erhalten haben. Die Überlieferung nennt die
Statuen der Cloelia (p. 140) und des Romulus und Titus Tatius
(p. 160 Anm. 2), die an der heiligen Strasse standen.
Litterat ar: Nibbt, Del foro Romano, della via sacra, dell* anfiteatro Flavio 1819. —
Jobdan, Gapitol, Forom und Sacra via in Rom 1882. — G. Fontaka, L*anfiteatro Flavio
descritto ed illostrato, 1725. — Ganina, Edif. IV Tab. 164—177. — Lakciani, Iscrizioni
doli' anfiteatro Flavio, Ball. com. 1880, p. 211 ff. — Hülsen, n posto degli Arvali nel
Go]o88eo, Ball. com. 1894, p. 812 ff. — G. Fba, La basilica di Gostantino, sbandita dalla
via Sacra, 1819. — Nibbt, Del tempio della Face e della basilica di Gostantino, 1819.
f. Cireus Maximus.
59. Der GircuB. Das etwa 600 m lange und 150 m breite Thal
zwischen Palatin und Aventin lag bis zur Gründung der Servianischen
Mauer ausserhalb der Stadt und unmittelbar vor den Thoren sowohl des
Palatiums (p. 30 ff.) als auch des Septimontiums (p. 36 flf.) und der Vier-
regionenstadt (p. 38 ff.). Dieser günstigen Lage wegen und wegen der
langgestreckten Form zwischen zwei Bergabhängen hat es von ältester Zeit
an als öffentlicher Spielplatz gedient, wie wir dergleichen mehrfach bei alt-
italischen Städten unmittelbar vor der Stadt finden, z. B. in Alatri (CIL I
1166). Erst durch die Befestigung des Aventins ist auch dieses Thal in das
Innere der Stadt gezogen, ohne dass darum der Platz der öffentlichen
Spiele verlegt wurde. Im Gegenteil entstand hier aus den primitiven Ver-
anstaltungen der ältesten Zeit allmählich der Cireus Maximus.
Der Name des Thaies war nach Varro LL. V 154 ad Murcim, nach
Livius I 33 ad Murciae von einem hier in intumo circo befindlichen Altar
der Murcia, unter welcher Gottheit man Venus verstand (vgl. Fest. ep. p. 148).
Bei Servius zu Aen. VIII 636 und Claudian de laud. Stilich. 11 404 heisst es
vallis Murcia. Der Name wird von älteren Etymologen mit murtea oder myrtea
zusammengebracht und angenommen, das Thal sei ehemals mit Myrten-
gebüsch bedeckt gewesen. In ältester Zeit war es sumpfig, durch das-
selbe fliesst ein Bach dem Tiber zu, die Marranna. Auch die vom
Colosseum herkommende Kloake geht durch dies Thal und vereinigt sich
am Nordwestausgange desselben mit der Cloaca maxima, — Die Sage
setzt die Existenz des Cireus Maximus schon in die Zeit des Romulus.
Doch ist in ältester Zeit hier überhaupt keine circusartige Einrichtung
gewesen, sondern nur etwa nach dem Muster der Inschrift des L. Beti-
lienus Varus von Alatri CIL I 1166 ein „campus, ubi ludutW bei dem an
5. Das Zentrum Roms. f. GiroM Hazimns. (§ 59.) 175
der Südostecke des Palatins befindlichen Altar des Consus, der als Gott
der Erde und des Ackerbaues verehrt wurde. Der Altar war gewöhnlich
in der Erde verborgen, und nur bei den alljährlich dreimal statt-
findenden Festlichkeiten, von denen das Hauptfest am 21. August mit
Wagen- und Pferderennen gefeiert wurde, deckte man ihn auf. Später
war er in den Circus eingeschlossen und befand sich nach TertuU. de spect. 5
ad primcts metas.
Die ersten organisierten Einrichtungen, die den Tarquiniern zuge-
schrieben werden, sollen darin bestanden haben, dass jeder der dreissig
Kurien Plätze zugewiesen wurden, auf denen es ihnen gestattet war,
Schaubühnen für die Dauer der Spiele zu errichten. Liv. I 35 : loca divisa
patribus equüibusque, ubi spectacula sibi quisque facerent, fori appeUati, vgl.
c. 56; Dionys. DI 68.
Von feststehenden Einrichtungen für die Spiele oder auch nur für
die Sicherung des sumpfigen und Überschwemmungen ausgesetzten Thaies
war Jahrhunderte lang nicht die Rede. So erzählt Livius YII 2, dass im
Jahre 363 v. Chr. eine Überschwemmung des Tiber die im Circus gefeierten
Spiele unterbrochen hätte und bringt VIII 20 als besondere Notiz aus
dem Jahre 329 v. Chr.: carceres eo anno in circo primum statuti. Wie
damals die carceres, d. h. die Schranken, von denen die Wagen aus-
liefen, beschaffen waren, ist nicht bekannt. Später bestanden sie aus einem
Mauerbau (Varro LL. V 153 ad muri speciem pinnis turribusque) mit mehreren
Thoren, vermutlich zwölf (die dttodecim portae der Regionsbeschreibung).
Festus epit. 184 nennt sie (wie Varro a. a. 0.) deshalb Oppidum: oppidum
dicitur et locus in circo, unde quadrigae emittuntur. Die Anlage einer Spina war
jedenfalls vor Eanalisierung und Bedeckung der Marranna nicht möglich.
Die grosse Zeit am Anfange des 2. Jahrhunderts v. Chr. (vgl. p. 50) machte
sich auch in der Ausgestaltung des Circus geltend. Hören wir auch noch
nichts von Bauten für die Bequemlichkeit der Zuschauer, so doch von
Ausschmückungen, die uns zeigen, dass nicht mehr wie früher der Circus
nur zur Zeit der Spiele sein festliches Gewand anzog, sondern allmählich
stehenden Schmuck bekam. So errichtete 196 v. Chr. L. Stertinius (Liv.
XXXIII 27) unter mehreren Bogen, fornices, auch einen im Circus maximus,
und schmückte sie mit vergoldeten Statuen {his fornicibus signa aurata
imposuit); andere Bildsäulen werden Liv. XXXIX 7 und XL 2 erwähnt, und
in der berühmten Censur des Jahres 174 wendete sich die behördliche
Thätigkeit auch dem Circus maximus zu. Aus der sehr verdorbenen Stelle
des Livius XLI 27 geht wenigstens soviel hervor, dass damals die Carceres
und die Metae erneuert und caveae ferreae (Käfige für die zu den vena-
tiones gebrauchten wilden Tiere) gemacht wurden, und Ovaria, Gerüste zum
Zählen der Umläufe, wozu man sich der Holzeier bediente.
Von einem wirklichen Bau des Circus erfahren wir erst unter
Caesar (Suet. Caes. 39). Er legte zum Schutze der Zuschauer den Euripus,
einen 3 m breiten Wassergraben an den beiden Langseiten und der den Car-
ceres gegenüberliegenden Schmalseite an.^ Nach Dionys (III 68) hatte dieser
^) PluiiusN.H.yiI[21erz&hlt,da88Pom- 1 20 Elefanten habe kämpfen lassen. Diese
peius in seinem zweiten Konsulate 17 oder { hätten plötzlich versucht, auszubrechen non
176 ^« Topographie Ton Born.
Circus drei Stockwerke von Zuschauerplätzen übereinander, von denen aber
nur das unterste steinern war. Die Carceres und die Metae waren von TuflF
und Holz (Suet. Claud. 21). Agrippa stellte nach Dio Cass. XLIX 43 im Circus
ein Gerüst von Delphinen auf: Käv x^ tnnodQo^tf OipaXXofiävovg Tovg
avd^Qomovg ne^i tov twv diavkwv aqi^^ov o^cov xovq t€ deX^Tvaq xal rd
ff^osidrj drjfxiovQYrjfÄata xaT£<mj<raTO, oTKog rfi' amcov cd Ttsqiodoi twv nsQi-
ÖQoiifüv aTiodsixvvonviicti. Auch dies Gertist diente gleich den Ovaria dem-
nach zur Zählung der Umläufe. — Wie seit Augustus (Suet. Aug. 44) für
alle öffentlichen Schauspiele bestimmte Vorschriften über die Verteilung
der Plätze bestanden, scheinen auch für den Circus Maximus derartige
Einrichtungen getroffen worden zu sein. Nach Dio Cass. LV 22, 4 haben
seit dem Jahre 5 v. Chr. Senatoren und Ritter ihre besonderen Sitze ge-
habt. In Widerspruch damit berichtet ebenderselbe LX 7, 4, dass erst
Claudius den Senatoren bestimmte Sitze angewiesen habe, die sie auch
in Zukunft behielten (Suet. Claud. 21). Endlich heisst es von Nero Tac.
Ann. XV 32 : equüum Romanorum locos sedüihus plebis anteposuit apud circum,
namque ad eatn diem indiscreti inibant (vgl. Suet. Nero 11). Nach Plin.
N. H. Vni 21 gewann er Raum für diese Sitze, indem er den von Caesar
angelegten Euripus zuschütten liess. Volle Klarheit ist in diese einander
widersprechenden Angaben nicht zu bringen.
Die nach aussen sich öffnenden Hallen des untersten Stockwerkes
nebst den darüber liegenden Wohnräumen waren vermietet und erfüllt
von sauberen und unsauberen Gewerbetreibenden beiderlei Geschlechts
(Hör. sat. I 6, 113; Juvenal 6, 588; Cic. pro Mil. 24, 65, de div. I 132, Vita
Elag. 26). Die Peuergefahrlichkeit dieser Tabemen ist nebst der Holz-
konstruktion der oberen Stockwerke wie für den Circus selbst, so für die
Umgegend mehrmals verhängnisvoll geworden. Der erste Brand traf den
Circus im Jahre 31 v. Chr. Augustus stellte ihn wieder her und erbaute
nach Mon. Anc. IV 4 das Pulvinar ad Circum Maximum, von dem aus
er manchmal den Circusspielen zuschaute, ') und errichtete auf der Spina
den ägyptischen Obelisken, der jetzt auf der Piazza del popolo steht.
Abermals brannte vom Circus der nach dem Aventin zu liegende Teil
nebst einem Teile des Aventins im Jahre 35 n. Chr. ab (Tac. Ann. VI 51)
und wurde von Claudius mit besonderer Pracht wiederhergestellt. Die
Carceres, bis dahin von Tuffstein, wurden jetzt von Marmor erbaut, die
bisher hölzernen Metae von vergoldeter Bronze gefertigt. Am Circus
Maximus brach auch der Neronische Brand aus (Tac. ann. XV 38). Er
muss unmittelbar darauf wieder hergestellt sein, denn vier Jahre später hielt
Nero durch denselben seinen Triumph (Dio Cass. LXIII 20, Suet. Nero 25).
Abermals brannte er unter Domitian ab und wurde von ihm mit dem
Material einer Naumachie wieder aufgebaut. Nach Sueton Dom. 5, der
sine vexatione popuH, circumdatis clatistris
ferreis. Deshalb habe der Diktator Cäsar,
der bei seinen Trinmphalspielen dem Volke
ein gleiches Schauspiel bieten wollte, den
Enripns angelegt {euripis harenam circum-
fortgeräumt inque earutn locum hina caHra
exadversum constituta erant. Damals und
auch schon früher muss die Marranna &ber-
deckt gewesen sein.
^) Er schaute auch nach Suet. Aug. 45
dedit). Zum Zweck dieser Spiele, die Sueton i ex amicorum fere libertarumque eenaculia den
D. Jnl. 39 beschreibt, wurden auch die Metae , Spielen zu. Vgl. oben p. 145.
5. Bas Zentrum Rom«, f. Oiroiui Hazimiui. (§ 59.) 177
über den Brand berichtet, brannten beide Seiten ab {deustis utrimque late-
fibus); jedenfalls wurde die südliche Schmalseite verschont, denn der in
derselben im Jahre 81 errichtete Triumphbogen des Titus und Vespasianus
hat den Brand überdauert.
Unsere Kenntnis von der Qestalt des Circus beginnt erst mit dem
Neubau des Trajan (Plin. Paneg. 51; Dio Cass. LXVIII 7), der zwischen
100 und 104 n. Chr. gemacht ist; von da an bis zum 4. Jahrhundert erscheint
der Circus auf Münzbildem und Reliefs. Auf denselben ist, übereinstimmend
mit den Resten des kapitolinischen Stadtplans (F. U.Vni), die südliche Schmal-
seite von einem dreithorigen Triumphbogen durchbrochen. Dies ist der
in der mittelalterlichen Stadtbeschreibung der Mirabilia Romae genannte
„in Circo arcus Titi et Vespasiani^. Die Inschrift desselben hat der Ano-
nymus von Einsiedeln abgeschrieben. Danach ist der Bogen vom S. P. Q. R.
81 n. Chr. den Kaisem Vespasian und Titus wegen Unterwerfung der
Juden und Zerstörung Jerusalems gesetzt (CIL VI 944); er hat ver-
mutlich bis ins 13. Jahrhundert bestanden. In der Mitte des Circus zeigen
die Münzbilder die Spina, darauf unter anderem auch den Obelisken des
Augustus, die Magna Mater (TertuU. de spect. 8, Not. reg. XI), einen Altar
und ein Postament mit drei Gestalten, vielleicht nach Plin. N. H. XYIII 8
die Seia, die Segesta und eine dritte, quam nominare sub tecto religio est
(nach Tertullian a. a. 0. die Tutilina); ausserdem Victorien auf Säulen.
Weiter bemerkt man auf ihnen in der südöstlichen Ecke der Arena einen
viersäuligen Tempel, wohl das Heiligtum der Venus Murcia. Über den
Carceres befindet sich ein Qebäude mit einem Giebel, das vermutlich für
die den Spielen versitzenden Beamten bestimmt war. >) — Der Bau des Trajan
ist, wenn auch erweitert und verschönt, im wesentlichen erhalten ge-
blieben. Die Münzbilder des Caracalla wenigstens (Cohen ^ Carac. 286)
zeigen genau dieselbe Darstellung des Circus wie die des Trajan (vgl.
Chron. von 354, p. 147 M.). Der riesige Aufbau, der zu den vielen
tausenden von Sitzplätzen nötig war, und der bis in die späteste Zeit
die obersten Galerien aus Holz zu bauen nötigte, hatte mehrere schreck-
liche Einstürze im Gefolge. So kamen unter Antoninus Pius (Chron. v.
354, p. 146 M; Vita Pii 9) bei der Feier der ludi Apollhiares durch
einen solchen Einsturz 1112 Menschen, unter Diokletian und Maximian
(Chron. v. 354 p. 148 M) gar 13,000 Menschen ums Leben. Philippus
Arabs feierte 247 n. Chr. das tausendjährige Bestehen der Stadt durch
Circusspiele (Cohen« V 138, 12. 13; PriedlXnder, Abh. der Berl. Akad. 1873,
p. 67 ff.); die Vita Probi 19 berichtet von einer grossen Venatio, die der
Kaiser im Circus, und einem Tier- und Gladiatorenkampf, den er am Tage
darauf im Amphitheater gab. Die letzte Ausschmückung des Circus wird
dem Constantin zugeschrieben (Aur. Vict. Caes. 40, 27). Constantius
errichtete 857 aber noch auf der Spina den grossen Obelisken, der jetzt
vor dem Lateran steht. Noch aus dem 6. Jahrhundert hören wir von
Spielen, die darin gehalten wurden (Cassiodor. Yar. lU 51); die letzten
Spiele gab Totila 549 (Procop. bell. Goth.III 37); im Mittelalter ging er all-
') Vergl. JoBDAW, Forma Urbis Taf XXX Vf, 2d.
Buidbaob der klus. Altertam8wiiM«uMvhaft. lU. 3, B. 2. Aud. 12
178
B. Topographie ▼on Bom.
mählich zu Grande. Im 8. Jahrhundert stand noch die Aussenwand der
Ostseite: porticus (a Septem viis) usqtCe S. Anastasiam (Anon. Eins.) und der
(noch im 18. Jahrhundert vorhandene) Bogen des Titus und Vespasianus
(Jordan, Top. 11 p. 637).
Die heute noch vorhandenen Reste des Gircus Maximua sind
äusserst dürftig, es sind lediglich Substruktionen und Reste von dem
Pflaster der den Gircus umgebenden Strassen, die aber immerhin dazu dienen
können, ein Urteil über die Grössenverhältnisse des Gircus zu bekommen ;
ein anderes, aber wegen der Unsicherheit des Massstabes nur unzuläng-
liches Mittel dazu sind die Reste des Stadtplans (Jordan, F. U. Taf. VIQ).
Dionys. III 68 gibt die Länge des Gircus auf 3Va Stadien, die Breite auf
4 Plethren, den Umfang auf 8 Stadien an. Anders Plinius XXXYI 102:
Circum maximum a Caesare dictatore eoctructum longitudine stcuiiorum trium,
latitudine unius, sed cum (zedificiis iugerum quaternum, ad sedem CCL, eine
Stelle, die zu den erheblichsten Bedenken Anlass gibt. Das von ihm an-
gegebene Verhältnis von Länge zu Breite gleich 3 zu 1 kann nicht richtig
sein, und die darauf folgenden Worte kann nur verstehen, . wer ihnen Ge-
walt anthut.^) Da die von Dionysius angegebene Länge des Gircus mit
der aus den Resten zu konstatierenden übereinstimmt (Hülsen berechnet
sie Pauly, Real-Encyklopädie p. 2578 auf 635 m, und 3V« Stadien sind
620,5 m), so hat eine Entwicklung des Gircus in die Länge seit Augustus
überhaupt nicht stattgefunden.^) Dagegen zeigt die Angabe des Dionysius,
dass der Gircus 4 Plethra = 118,28 m breit gewesen sei, während seine
Reste eine Breite von etwa 150 m aufweisen, dass die Entwicklung im
Laufe der Jahrhunderte in der Vermehrung der Sitzreihen, also Verbrei-
terung und Erhöhung der die Arena umgebenden Bauten, vielleicht auch
der Arena selbst, bestanden hat. Wenn Trojan nach Dio Gass. LXVlil 7
{inäyqaxfße) T(p InnodqofjUQ^ o%^ i^aqxovvxa airov t^ t£v "^P^/iaiiov dijfnp
inoirfisv^ so ist seine Bauthätigkeit jedenfalls in dieser Richtung zu suchen.
Dionysius gibt an derselben Stelle an, der Gircus habe 150,000
Menschen gefasst {nevTexaldexa fivqiadag äv^Qcinwv). Es ist nicht ausge-
schlossen, dass die Zahl etwas zu hoch, jedenfalls abgerundet ist, aber es
liegt kein Orund vor, einem Manne, dessen Zahlenangaben sich anderwärts
(bei den Massen des Gapitoliums und dem Servianischen Wall) als zu-
treffend erwiesen haben, soweit zu misstrauen, dass man annimmt (wie
Hülsen, Pauly p. 2575, thut), zu seiner Zeit habe der Gircus höchstens
55—60,000 Menschen gefasst. Wenn die 385,000 loca, die die Regions-
beschreibung bringt, keine Personenzahl, sondern die Länge der Sitzreihen
in Füssen sind, wie Hülsen, Bull. com. 1894 p. 321 meines Erachtens
richtig nachgewiesen hat, so fasste damals der Gircus gegen 200,000
*) Vgl. JoRDAH, F. ü. p. 21 und die dort
geschilderten Versache, die Zahlen des Pli-
nius zu interpretieren und zu emendieren.
Es gibt nichts Verfehlteres, als eine Stelle,
die Zahlen enthält, so lange za behandeln,
bis die Zahlen, die man als die richtigen
erkannt zu haben glaubt, sich einstellen.
^) Die Angabe des Tansanias über die
Vergrösserung des Gircus durch Trajan, V
12, 4 olxoSofÄtjfÄa ig l'nmoy S^ofiovs n^atj-
xoy xttl is dvo CTadio»y fÄrjxog, kann also
jedenfalls auf die Verlängerung der Bahn
sich nicht beziehen. Ueberdies hat seit den
Flaviem der Bogen des T^tus und Vespasian
die nie verrttckte südliche Grenze angegeben.
5. Bm Zeninm Borns, f. OiroiM Maximns. (§ 60.) 179
Menschen, es würden also im Laufe der Eaiserzeit seit Dionysius die Sitze
um rund 50,000 vermehrt sein, was bei der Entwicklung des Gircus ledig-
lich in die Breite und Höhe das Äusserste ist, was anzunehmen sein dürfte.
Unter den Darstellungen des Gircus sind die wichtigsten die Münz-
bilder (vgl. Pbiedländbb, Abh. der Berliner Akad. 1873 p. 67 flf.). Unter
den Sarkophagdarstellungen, die in zweiter Linie in Betracht kommen,
ist hervorzuheben das Relief von Foligno, vgl. Zangemeister^ Ann. d. Inst.
1870 p. 232 ff. Tav. d'agg. L. Jf., woselbst auch ein Verzeichnis anderer
Abbildungen sich findet. — Das fast gänzliche Verschwinden des Gircus
Maximus fordert unwillkürlich den Vergleich mit dem immerhin doch so
viel kleineren flavischen Amphitheater heraus, von dem nach so schonungs-
losen Zerstörungen noch so ungeheuere Reste vorhanden sind. Abgesehen
von den oberen, aus Holz bestehenden Stockwerken, die natürlich ohne
grosse Anstrengung zu Orunde gingen, muss auch der ganze übrige Bau
vergänglicherer Natur gewesen sein, als die unvergänglichen Mauern und
Pfeiler jenes Wunderbaus.
60. Tempel. Eine Übersicht über die im Gircus verehrten Gott-
heiten gibt TertuUian, de spect. 8: Circus Soli principaliter consecratur,
cuius aedes media spatio et effigies de fastigio aedis emicat Ova
honori Ca stör um adscribunt delphines Neptuno vomunt, columnae
Sessiaa a sementatUmibus, Messias a messibus, Tutulinas a tutdis fructuum
sustinent; ante hos tres arae trinis deis parent, Magnis, Potentibus, Va-
lentibus: eosdem Samathracas eanstimant. Obelisci enormitas .... Soli prO"
stüuta .... Frigebat daemonum concüium sine sua Matre Magna: ea itaque
illic praesidet Euripo. Consus, ut diximus, apud metas sub terra dditescit
Murcias. Hos quoque idolum fecü: Murciam enim deam amoris volunt, cui
in iUa parte aedem voverunt. Den hier genannten Gottheiten, unter denen
eine auffallende Anzahl von Beschützern der Landwirtschaft ist, wird man
auch den nur aus der Regionsbeschreibung bekannten Jupiter Arborator,
offenbar einen die Baumzucht beschützenden Jupiter, anschliessen dürfen.
Schwierigkeit hat den Erklärem von all diesen Tempeln etc. der des Sol
gemacht, nach der Regionsbeschreibung ein Templum Solis et Lunae. Nach
TertuUian lag der Tempel unzweifelhaft innerhalb des Gircus. Dagegen sagt
Tac. Ann. XV 74 : grates deis decernuntur, propriusque honos Soli, cui est vetus
aedes apud circum. Aber der Tempel kann sowohl den Worten des Ter-
tuUian als dem Sinne der ganzen Stelle nach nirgends anders als inner-
halb des Gircus gesucht werden. Hülsen meint, Diss. d. Pontif. Accad.
Rom. 1896 p. 267, der Tempel habe ursprünglich beim Gircus gelegen
{accanto al Circo) und sei durch die Vergrösserung des Gircus in diesen
einbezogen. Aber eine so künstliche Erklärung ist kaum nötig, vielmehr
hat Tacitus wohl apud circum in dem Sinne von in circo gebraucht, wie
er Ann. I 5 apud Nolam statt Nolae^ I 64 apud paludes statt in paludibus
und XV 32 apud ciroum statt in circo sagt. — Auf die in demselben
Tempel verehrte Luna geht TertuUian, de spect. 9: de iugo vero qua-
drigas Soli, bigas Lunae sanxerunt. Vgl. Gassiodor. Var. III 51. Nach
Joa. Lydus de mens. I 12 befand sich innerhalb des Gircus auch eine Ära
Lunae.
12*
180
B. Topographie tob Rom.
Ausserhalb des Circus, aber ad circum maodmum lagen:
1. Die Aedes Cereris, Liberi et Liberae. Dionys sagt VI 94
von diesem Tempel og iativ inl %oXg TäQfiatrtv tov (iBy(a%ov %Av Innod^iimv
vnhq avrdg tdQVfiävog tag a^äastg^ d. h. er lag am westlichen Ende des
Circus über den Carceres, auf dem nach dem Aventin zu ansteigenden
Terrain; genaueres ergibt sich aus Tacitus Ann. 11 49: {Tiberius) aedes
. . dedicavü . . Libero Liberaeque et Cereri iuxta (d. h. dicht am) circum
maximum, . . eodemque in loco aedem Florae ab Lucio ei Marco Publiciis
aedilibus constitutam. Es ist nicht zu bezweifeln, dass der Tempel der Flora
(Stiftungstag am 28. April, vgl. Ovid Fast. IV 945) am Anfang des vom Forum
boarium herkonmienden, von denselben Ädilen gebauten Clivus Pnblicius
lag, an demselben Wege, unweit der Südwestecke der Carceres lag auch
der Cerestempel (Abb. 19 auf p. 193). Vitruv nennt ihn 1113,5 zusammen
mit der Aedes Herculis Pompeiani ad circum maximum, ebenso Plin.
XXXY 154.9 Der Überlieferung nach war der Tempel von dem Dik-
tator A. Postumius im Jahre 496 v. Chr. gelobt (Dionys. VI 17) und drei
Jahre darauf von dem Konsul Sp. Cassius dediziert worden (Dionys. VI 94). >)
Er war aräostyl (Vitruv III 3, 5) und in tuskanischer Weise erbaut. Jedoch
berichtet Plinius a. a. 0., dass die griechischen Künstler Damophilus und
Gorgasus ihn mit plastischen Bildwerken und Malereien geschmückt hätten,
während vorher in Rom alles tuskanisch gewesen sei. Im Jahre 31 v. Chr.
brannte er ab (Dio Cass. L. 10). Augustus begann den Wiederanfban,
doch wurde er erst im Jahre 17 n. Chr. durch Tiberius eingeweiht (Tac.
Ann. II 49). Der Tempel war als Amtslokal der Aediles plebis von höch-
ster politischer Wichtigkeit; dort wurden die Urkunden der Plebs und die
Senatsbeschlüsse niedergelegt (Liv. III 55: ut senatua consuUa in aedem
Cereris ad aediles plebis deferrentur). Dass er auch als religiöser Mittelpunkt
der Plebs gegolten hat, ergibt sich daraus, dass die Aedilen die von ihnen
eingenommenen Strafgelder (Dionys. VI 89; Liv. III 55) dazu verwendeten,
den Tempel mit Statuen und Weihgeschenken zu schmücken (Liv. X 23;
XXVII 6, 36; XXXm 25). — 2. Der Tempel des Merkur. Er ist nach
Liv. n 21 (vgl. 27) im Jahre 495 v. Chr. dediziert worden und lag auf dem
Abhänge des Aventins über dem Circus (Ovid Fast. V 669), nach Appul.
Metam. VI 8 „retro Murtias metas". Vielleicht ist er auf einer Münze des
Marc. Aurel, der ihn restaurierte, abgebildet, er war ein Rundtempel.') —
3. Der Tempel der Venus, 295 v. Chr. geweiht „prope circum** Liv. X
31, vgl. XXIX 37 und Fest. p. 265; Kalender zum 19. August nebst CIL I<
p. 325. — 4. Der Tempel des Summanus (CIL I«, p. 320 unter 20. Juni),
der nach Ovid Fast. VI 731 zur Zeit des Pyrrhus wiederhergestellt worden
^) HüLSBH, Diss. della poniif. accademia
Romana 1896 p. 238, kommt, gesfc&lKt auf
Liv. XL 2 und Appian, bell. dv. I 78
zu dem Schluas, den Tempel ziemlich weit
ab vom Circus (vgl. die dem Aufsatz bei-
gegebene Planskizze) den Aventin hinanfzu-
rUcken. Beide Stellen handeln von Prodigien,
bei denen die fVage, was möglich, was nicht
möglich ist, schwer beantwortet werden kann.
*) Vel. bei Gilbbbt, II p. 243 Anm. 1
die Zweifel an der Ueberlieferung betreffs
der Gelobnng durch Postumius. Das Jahr der
Dedikation ist das Jahr der seeesaio i»
montem siurum und der Einrichtung des
Tribunats.
') Ueber die fftlschlichen Angaben, Reste
des Tempels seien am Aventin gefunden, vgL
HüLSBV, Rom. Mitt. 1894 p. 96.
6. Bie Stadtteile »m Tiber, a. Die Harkte. (§§ 61, 62.) 181
war. — 5. Der Tempel der Juventas (vgl. Dionys. IV 5), dediziert durch
L. Licinius LucuUub 193 v. Chr. (Liv. XXXVI 36 in circo maximo). Er
wurde durch Augustus neu gebaut (Mon. Ancyr. IV 8) und brannte nach
Dio Gassius LIV 19 im Jahre 16 v. Chr. ab. Über seine Herstellung ist
nichts bekannt, aber er existierte zu Plinius' Zeit noch. Die beiden Tempel
des Summanus und der Juventas müssen nach Plin. N. H. XXIX 57 nahe
bei einander gelegen haben. — 6. Bei Tac. Ann. XV 74 wird die Stiftung
eines Tempels der Salus für die Rettung Neros erwähnt. — 7. Lediglich
aus der Notitia ist bekannt die Aedes Ditis patris in der XI. Region;
es ist möglich, aber nicht sicher, dass sie ebenfalls ad drcum maximum
gelegen hat. — Erhalten ist von allen diesen Tempeln nichts.
6. Die Stadtteile am Tiber,
a. Die Märkte.
61. Zwischen dem Forum, Palatin, Circus Maximus, Aventin und
dem Südostabhange des Eapitols lag am Tiber ein Viertel, dessen hohe
Wichtigkeit und Unentbehrlichkeit für den gewerblichen und Handelsver-
kehr sich zu allen Zeiten gleich geblieben ist. Die unmittelbare Nähe
des Tiber, die Lage zwischen zwei sehr frequenten Thoren, der Carmen-
talis und der Trigemina, die es zum natürlichen Endpunkt der vom Meere
und aus dem Innern des Landes kommenden Landstrassen machte, sowie
die Nähe des grossen Forums gaben und erhielten ihm seine Bedeutung.
Es lagen hier, umgeben von engen, winkligen Gassen zwei Märkte neben-
einander, das Velabrum und das Forum boarium, ein dritter, mit den-
selben wenn auch nicht topographisch, so doch sachlich ein Ganzes bildend,
das Forum holitorium, lag ausserhalb der Porta Carmentalis. Ausser-
halb der Porta Trigemina schlössen sich zunächst die Salinen an, dann
südlich vom Aventin die grossen Niederlagen der zur See ankommenden
Waren, die Horrea.
62. Das Velabrum. 1. Die Lage und die Grenze dieses Platzes im
Osten ist durch die Angabe Varros LL V 43 bestimmt, wonach die den
Palatin im Norden und zum Teil im Westen umlaufende Nova via (vgl.
p. 33) in das Velabrum mündete. Demnach reichte es bis an den Fuss
des Palatins. Damit stimmt, dass der Vicus Tuscus mit dem Velabrum
zusammen als Verbindungsweg zwischen dem Forum und dem Circus ge-
nannt wird. Die Südgrenze ist durch die Kirche S. Giorgio in Velabro
bestimmt, die sicher noch auf dem Velabrum gelegen hat. Sie lag aber
hart an der Grenze desselben, denn ihre Südwestecke ist an ein kleines, mit
roh gearbeiteten Reliefs bedecktes Marmorthor, den Argentarierbogen,
angebaut, den nach der Inschrift CIL VI 1035 die argentarii et negotiantes
boarii huius loci qui invehent dem Septimius Severus und den Seinigen zu
Ehren im Jahre 204 n. Chr. errichtet haben, der also demnach schon am
Forum boarium lag (Abb. 19). Es ist wahrscheinlich, dass der in unmittelbarer
Nähe dieses Bogens stehende sogenannte Janus quadrifrons, ein durch
vier von einem Kreuzgewölbe überdachte starke Pfeiler gebildetes Bauwerk,')
>) Die nAhere BeBchreibang bei Jobdah, Top. I 2 p. 471.
Ig2 ^* Topographie yon Born.
das Eingangsthor zwischen Velabrum und Forum boarium gebildet hat.
Der Bogen wird in der Überlieferung des Altertums nicht genannt, die
gewöhnliche Ansicht ist, er sei mit dem in der Regionsbeschreibung in
der XI. Region genannten arcus Constantini identisch. Die Bauart wider-
spricht dem nicht. Eine genauere Bestimmung der Grenzen des Vela-
brums nach Norden und Westen ist nicht möglich.
Über die älteste Beschaffenheit des Ortes berichtet die Überlieferung,
hier sei ein Sumpf gewesen. Nach Varro LL. V 44 soll auch der Name,
den er a vehendo ableitet, damit zusammenhängen: Velabrum a vehendo.
Velaturam facere etiam nunc dicuntur, qui id mercede faciunt. Merces ....
huic vecturae, qui ratibua transibant, quadrans. Ab eo Ludlius scripsit qua-
drantis ratiti. Diese Vorstellung von der ursprünglichen Beschaffenheit des
Platzes ist im Altertum allgemein. So sagt Propert. ¥9,5: qua Vdabra
$uo stagnabant flumine; Tibull. 115, 33: at qua Velabri regio patet, ire solehai
exiguus pulsa per vada Unter aqua; Ovid Fast. VI 405 f.: qua Vdabra
söhnt in circum ducere pompös, nil praeter salices cassaque canna fuü. Der
in den beiden letzten Stellen gebrauchte Plural Velabra findet seine Er-
läuterung durch Varro LL. V156: ab his palus fuit in minore Vdabro, a
quo quod ibi vehebantur lintribus, Velabrum, ut ülud maius, de quo supra
dictum est, wonach man ein grösseres und ein kleineres Velabrum unter-
schied. Eine Lokalisierung der beiden Plätze ist ebenso unmöglich, wie
die Erklärung des Namens schwierig. Unter Verwerfung der Varronischen
Etymologie zieht Jobdan, Fest. ep. 77 evelatum eventüatum, unde velabra,
quibus frumenta ventüantur zur Erklärung heran und fasst Velabrum als
Schwinge oder Mulde, Nissen, Tempi, p. 84 bringt den Namen mit velües
zusammen.
Aus der geschichtlichen Überlieferung kennen wir das Velabrum und
die in dasselbe einmündenden Strassen als ein reges Handels- und Ge-
werbsquartier. Es werden erwähnt: ölhändler (Plaut. Capt. 489), Wein-
händler (CIL VI 9671), ein negotiator penoris et vinorum (CIL VI 9993),
Käsehändler (Martial XI 52, 10 und XIU 22), überhaupt geht die Feü-
bietung sämtlicher Esswaren aus Horaz Sat. n 3, 229 hervor: cum Velabro
omne macellum mane domum veniant Nach der Parabase des Plautinischen
Curculio findet man im Velabrum vel pistorem vd lanium vel haruspicem.
Auch ein argentarius de Velabro wird CIL VI 9184 genannt, und CIL VI
9259 ein puer clavarius. Macrobius I 10, 15 nennt das Velabrum den
locus celeberrimus urbis, was auf die Lebhaftigkeit des Verkehrs sich be-
ziehen wird. Ein CoUegium Velabrensium wird CIL VI 467 genannt.
Zu den Strassen, die geschäftlich in engster Verbindung mit dem
Velabrum standen, gehört in erster Linie der Vicus Tuscus, der dieses
mit dem Forum verband; die Gewerbe, die in ihm ausgeübt wurden,
dürften im ganzen dieselben gewesen sein, namentlich aber diente die
Strasse auch unsauberem Gesindel zum Aufenthalt (vgl. oben p. 103). Da-
neben finden wir im Vicus Tuscus, freilich auf der dem Forum zunächst
liegenden Strecke, die berühmte Buchhandlung der Sosii (p. 107), der Ver^
leger des Horaz.
Velabrum und Vicus Tuscus werden auch als Teile des Weges
6. Bie Stadtteile am Tiber, a. Die Harkte. (§ 62.)
183
genannt, auf dem die Pompae vom Capitolium zum Circus sich bewegten;
Ovid Fast. VI 405: qua Vdabra söhnt in circum ducere pompös; vgl. Cicero
in Verr. I 59, 154; Plut. Romul. 5. Auch die Triumphzüge nahmen diesen
Weg (vgl. oben p. 124 Anm. 4).
2. Auf dem Yelabrum befanden sich nur wenige Heiligtümer. An dem
Punkte, wo die Nova via in dasselbe einmündete (Yarro LL. VI 24 in
VdabrOf qua in novam viam exitur), befand sich ein Sacellum (Yarro sagt
sepulcrum)^) der Acca Larentia, bei dem alljährlich am 23. Dezember
die Larentalia gefeiert wurden. Über das Fest, sowie über die sehr merk-
würdige Geschichte der Acca Larentia vgl. CIL I^ p. 338. Yarro bezeichnet
den Ort als extra urbem antiquam .... non longe a porta Bomanula liegend.
Nicht weit davon lag nach Yarro LL. Y 164 ein Sacellum Yolupiae,
nach den Pränestiner Fasten ebenfalls eine ara: portam Romanulam ....
quae höhet gradus in novo via ad Volupiae sacellum. Auf dem Altar der
Yolupia stand eine Statue der Diva Angerona, der alljährlich am 21. De-
zember in der sonst nicht bekannten^) Curia Acculeia (Yarro LL. YI 33)
die Divalia gefeiert wurden. Über die Angerona sagt Plinius N. H. III 65:
(Bomae) nomen alterum dicere [nisi^ arcanis caerimoniarum nefas habetur; ....
non cUienum videtur inserere hoc loco exemplum religionis ontiquae ob hoc
maxume süentium institutae; namque diva Angerona .... ore obligato obsigna-
toque simulacrum habet. Ygl. Solin. I 4 — 6, Macrob. I 10, 7. Über das
Fest etc. vgl. CIL P p. 337 f. Momksen deutet es a. a. 0. auf das mit
dem kürzesten Tage von neuem beginnende Heraufführen der Sonne. ^) —
Über ein in der Oegend gefundenes Mithraeum vgl. Bull. com. 1892 p. 226 ff.
Der einzige Tempel des Yelabrums war die von Lucullus erbaute
Aedes Felicitatis (Strabo YIII 6, 23). Yor derselben brach Cäsar, als
er auf dem Triumphzuge des Jahres 46 v. Chr. über das Yelabrum fuhr,
die Achse des Triumphwagens (Suet. Caes. 37; Dio Cass. XLIII 21: na^'
avTtp tf) tvxaCfff), Die Lage des Tempels ist unbekannt. Yor dem Tempel
standen die Statuen der Thespiaden von Praxiteles, von denen Cicero (in
Yerr.IY2) sagt: Mummius cum Thespiadas, quoe ad aedem Felicitatis sunt....
tolUret etc. (Plin. N. H. XXXYI 39). Ygl. die Anekdote über die Weihung
dieser Statuen bei Strabo a. a. 0. Sie gingen in dem Brande unter Claudius
zu Gründe (Plin. N. H. XXXIY 69). In demselben Brande wurde auch eine
Yenus des Praxiteles, die ebenfalls vor dem Tempel der Felicitas stand,
vernichtet.
Am Yelabrum, und zwar wohl hart am Palatin, hat möglicherweise
das in der Regionsbeschreibung YIII. Reg. genannte Atrium Caci ge-
legen. Endlich stand auf diesem Markte der in der YIII. Region^) er-
wähnte Brunnen: aquam cernentem^) quatuor scaros sub aede. Denn CIL
*) Nach Cicero ad Brut. I 15, 8 war es
eine ara Lareniiae , ., ., cuius vaa patUifiees
ad aram in Velahro sacrifieium facere soletis.
*) GiLBBBT, Top. I p. 57 halt sie för
identiiBch mit dem SaceDnm Yolnpiae.
') Ygl. MoMXSBK, Römische Forschmigen
n Iff.
*) Bie Grenze der YIII. nnd XL Region
lief ttber das Yelabrom; dieses selbst wird
in der XI. Region aufgezählt.
») Vgl. JoBDAH, Top. II 19, der statt
cementem ferventem schreiben will, und
HüLSBK, Rom. MiU. 1896 p. 228, der dafOr
pendentem vorschlftgt und diese Aqua mit
184
B. Topographie Toa Rom.
VI 9671 (vgl. oben) wird ein negotiaior pmoris et vinorum de Velabro a
Illlscaris genannt.
63. Das Forum boarium. Orenzen. Die Orenze bildete nach Osten
das Velabnim, als Eingangsthor ist hier der Janas Quadrifrons zu betrachten.
Im Südosten stiess es an die lange Frontmauer der Carceres des Circus,
die duodecim portae (vgl. oben p. 175), im Westen reichte es bis an
den Tiber (Abb. 19 auf p. 198). Daher Ovid Fast. VI 427 f. sagt:
pantibus et magno iuncta est ceteberritna drco
area, quae posito de bove nomen habet.
unter den Brücken sind der Pens sublicius und der Pens Aemilins (p. 69)
zu verstehen, die in geringem Abstände von einander über den Tiber auf
das Forum führten. Die Nordgrenze ist nicht genau zu bestinunen, waluv
scheinlich wurde sie von der auf den Pons Aemilius zu führenden Strasse
gebildet.^) Zwischen dieser und der Serviusmauer lag ein vermutlich sehr
eng gebautes Quartier. — Südlich von der Kirche S. Maria in Gosmedin,
zwischen dieser und der Behausung der Schwestern von S. Vincenzo de'
Paoli ist im Jahre 1896 ein in die Zeit des Tiberius (vgl. CIL VI 1267 a)
gehöriger Gippus gefunden worden, auf dem es heisst (CIL VI 31574):
curatores locorum publicorum iudicandorum ex $. c. ex private in publicum
redigerunt. Da hier das Forum nicht genannt ist, so ist zweifelhaft, ob der
Fundort des Gippus einen Punkt der Area desselben bezeichnet, dagegen
ist ein Gippus mit ähnlich lautender Inschrift aus der Zeit des Glaudius
nördlich von S. Maria in Gosmedin sicher auf der Area des Forums gefunden.
Auf diesem (GIL VI 919) heisst es: censores loca a püis et columnis^ quae
a privatis possidebantur, causa cognüa ex forma in publicum restituerunt. Der
erstere Gippus liegt nicht weit von der Südecke der Garceres, darüber
hinaus nach Süden wird das Forum sich schwerlich ausgedehnt haben.
Das Terrain südlich davon bis zur Serviusmauer (Porta Trigemina) war
dicht bebaut. Der Brand des Jahres 213, über den Livius XXIV 47 be-
richtet, vernichtete {solo aequata) alles zwischen den ausserhalb der Porta
Trigemina gelegenen Salinen und der Porta Garmentalis und wütete
auch jenseits der Porta Garmentalis. Die Fortpflanzung des Brandes über
dieses ganze Gebiet wurde dadm*ch ermöglicht; dass d^s Forum Boarium
gleich dem grossen Forum rings von Tabemen umgeben war, und
Häuserreihen^) sich auch zwischen dem Forum und dem Tiberufer hin-
zogen. Das geht aus dem Berichte des Livius XXXV 40 über einen
zweiten grossen Brand vom Jahre 192 hervor: incendio a foro Boario orto
diem nodemque aedificia in Tiberim versa arsere tabemaeque omnes cum
magni pretii mercibus conflagraverunt»
den Aqnae pensUes identifiziert, die bei Bar-
TOU, Vestigia vet. Romae dargesteUt sind,
reproduziert bei Hülsen a. a. 0.
^) Danach würde Ovid in den oben
zitierten Versen die Diagonale des Platzes
(von NW nach SO) beschreiben.
')In den das Forum umgebenden Hftusem
werden sich Ausspannungen, Tabemen, Nieder-
lagen, Schankwirtschaften etc. befunden haben.
Von der Höhe den HäuBer schon im 8. Jahih.
y. Chr. zeugt das Prodigium bei Liv. XXI 62«
dass hier ein Ochse bis ins dritte Stockwerk
gestiegen sei, und wild gemacht durch das
Greschrei der Einwohner, sich von dort hinab-
gestürzt habe.
6. Die Stadtteile am Tiber, a. Die Ifärkte. ($§ 68, 64.) 185
64. Beste des Forum boarinm. Von den in der Umgebung und auf
der Area des Forums einst befindlichen Gebäuden sind noch jetzt zwei Tempel-
ruinen erhalten: 1. Nicht weit vom Tiber an der Stelle, wo der Pens sublicius
gewesen sein muss, ein Rundtempel von weissem Marmor (jetzt Sta. Maria
de! Sole). Auf einer runden, rings von Stufen umgebenen Basis von 16,70 m
Durchmesser erhebt sich eine Gella von 10 m Durchmesser mit hoher Eingangs-
thür und Fenstern zu beiden Seiten derselben, am Rande der Substruktion
eine Säulenportikus. Der Tempel, der in seiner letzten Gestaltung etwa
aus dem 2. Jahrh. n. Chr. stammen mag, ist ziemlich gut erhalten, es
fehlt das Dach und eine von den zwanzig korinthischen Säulen. — 2. Etwas
nördlich davon liegt, mit der Front nach der auf den Pens Aemilius zu
führenden Strasse gerichtet, ein kleiner viersäuliger Pseudoperipteros, aus
TufFquadern errichtet und ehemals mit Stuck überzogen, also wahrschein-
lich ein Bau noch aus republikanischer Zeit; die Länge beträgt 20, die
Breite 12 m. Die darin jetzt befindliche Kirche heisst Sta. Maria Egiziaca.
Eine Benennung der beiden Tempel ist nur durch Kombination möglich.
Auch von andern Gebäuden sind bei der Regulierung des Tiberufers
Reste zum Vorschein gekommen. Die Notizie d. scavi 1885 p. 527 berichten
darüber, dass in südöstlicher Richtung von dem oben beschriebenen Rund--
tempel, also sicher auf der Area des Forums, die Reste eines uralten
Baues gefunden worden sind, Tuffquadern, die einem Paviment von Peperin-
quadem als Fundament dienen, das Ganze etwa 2,20 m unter dem heutigen
Niveau. Weitere Reste von Quaderbauten zeigten sich, als man zum Zweck
der Anlage der Ufermauer und einer neuen Brücke an Stelle des abge-
brochenen Ponte rotte 1888 die Gewölbe des Ausflusses der Cloaca
maxima freigelegt hatte, ebenfalls in bedeutender Tiefe unter dem
heutigen Niveau. Die Bestimmung dieser Reste ist nicht möglich. ^ Er-*
heblich waren namentlich die Entdeckungen, die man bei den zu gleichem
Zwecke vorgenommenen Ausgrabungen im Jahre 1892 machte (Bull. com.
1892 p. 261). Wenige Meter von der Südseite von S. Maria in Cosmedin,
am Kreuzungspunkt der Via della Greca und der Via della Salara wurde
die Kloake entdeckt, die das Gircusthal und das Colosseum entwässert
(BuD. com. 1892 Taf. XV 1). Auf der kurzen Strecke bis zum Tiber, in
den sie etwa 50 m unterhalb der Cloaca maxima mündet, nimmt sie zwei
Zuflüsse auf, kleinere Kloaken, die nach Lanciani's Ansicht (Bull. com. 1892
p. 282) zur Entwässerung der ,zona stradale ad duodecim portas* und des
Glivus Publicius dienten. Alle drei Kloaken sind aus ältester Zeit, sie sind
aus Tuffquadem aufgeführt und wahrscheinlich älter als der Brand des
Jahres 213 v. Chr. Zwischen den beiden Zuflüssen kamen die ebenfalls
uralten Quaderfundamente eines (unbestimmbaren) rechtwinkligen Gebäudes
zum Vorschein. In der über diesen ältesten Resten gelegenen Schicht fand
man Reste von Häusern und Strassen mit einer veränderten Orientierung,
die möglicherweise nach einem der das Forum verheerenden Brände an-
genommen worden ist.
^) Vgl. 0. RioBTKB, Cloaca maxima in Rom, in den antiken Denkm&lern 1889 p. 27
fig. m.
186 B. Topographie yon Rom.
Von grosser Wichtigkeit für die Kenntnis der Reste des Forum
boarium war die Untersuchung, der 0. B. Oiovenale die Basilika von
S. Maria in Gosmedin unterworfen hat. (Annuario dell' associazione artistica
fra i cultori di architettura V 1895). Dabei hat sich herausgestellt, dass
im Gegensatz zu der gewöhnlichen Ansicht, dass die Kirche auf den Besten
eines antiken Tempels sich erhebe, zwei ganz verschiedene Oebäude darin
eingebaut sind, ein älterer Tempel aus grossen TuffblOcken und eine westlich
davon sich erhebende Porticus aus später Kaiserzeit. Die ursprüngliche
Kirche war in diese Porticus eingebaut, erst im 8. Jahrhundert vergrOsserte
Papst Hadrian I sie nach Niederreissung des gänzlich verfallenen und den
Einsturz drohenden Tempels. Von der Porticus stammen die in die Yorder-
und die Seitenwände eingebauten Säulen. Sie sind von roher Arbeit, so
dass sie frühestens in das 4. Jahrb. n. Chr. zu setzen sind. Auffallend ist,
dass sie nicht auf dem antiken Niveau, sondern etwa 2 m höher auf
dem Niveau der in ihrer letzten Gestaltung aus dem 12. Jahrhundert
stammenden Kirche stehen. Giovenale rekonstruiert aus diesen Überresten
eine von drei Seiten von Säulen umgebene und an der Hinterseite von
einer Ziegelmauer geschlossene Halle, deren Front 30 m, deren Seiten 15 m
messen, und hält es für möglich, dass die Säulen nicht direkt auf dem
Paviment der Halle aufsetzten, sondern auf einer mindestens 2 m hohen
Umfassungsmauer. Mit Recht hebt Hülsen 0 hervor, dass die Schwierig-
keit, einen so bedeutenden und von so schwachen Stützen, wie die
Säulen sind, umfriedigten Raum zu überdachen, ohne dass auch im Innern
Stützen waren, nicht gering ist. Wozu dies in seiner Struktur immerhin
merkwürdige Gebäude gedient hat, ist schwer zu sagen. Giovenale hält
a. a. 0. es für zugehörig zu der hier befindlichen Statio annonae. G. B.
DE Rossi hat in den Ann. d. Ist. 1885 p. 223 (vgl. Bull. com. 1889 p. 358 ff.)
nachgewiesen, dass diese ganze Gegend unter dem Aventin von Gebäuden
eingenommen war, die den Zwecken der annona urMs dienten, und dass
in dem später schola Grraeca genannten Ort sich die statio annonae
mit ihren Verwaltungsgebäuden befand. Nun ist gerade vor S. Maria
in Gosmedin eine dem Konstantin von einem Praefectus annonae ge-
widmete Basis gefunden worden (CIL VI 1151), so dass Giovenales
Deutung dieser Porticus sehr wahrscheinlich ist. Über hier liegende
Horrea p. 198.
65. Das Forum boarium ist der ursprünglich vor der Stadt liegende
Rindermarkt, als dessen Wahrzeichen seit dem 3. Jahrb. v. Chr. der bronzene
Stier galt, der nach Plin. N. H. XXXIV 10 aus Aegina stammte. Durch die
Servianische Befestigung wurde es gleich dem öffentlichen Spielplatze in die
Stadt hineingezogen, gleich diesem (und dem Aventin) blieb es aber bis
auf Claudius ausserhalb des Pomeriums, so dass es möglich war, hier auf
Anraten der Sibyllinischen Bücher mehrere Male Menschenopfer in der
Gestalt zu bringen, dass ein Gallier und eine Gallierin, ein Grieche und
eine Griechin lebendig begraben wurden, z. B. nach der Schlacht bei Cannae
(Liv. XXII 57). Dies geschah noch im 1. Jahrb. n. Chr. (Plin. N. H. XXVIH
») a. a. 0. p. 235.
6. Di« BtadtteU« am Tiber, a. Di« Märkte. (§§ 65, 66.) 187
12). Erst das Hineinziehen des Forums in das Pomeritun scheint diesen
Opfern, wenigstens an dieser Stelle, ein Ende gemacht zu haben. — ,Ad
cluacam maximam, ubi non licet despuere* (Varro L. L. V 157), also in
der Nähe der mitten über das Forum gehenden Cloaca maxima be-
fanden sich auch die Doliola: eorum duae tradUae historiae, quod alii
inesse aiunt ossa eadaverum, alii Numae Pompüii religiosa quaedam post
mortem eins infossa. Nach Festus epit. p. 69 (vgl. Livius V 40) sollten
beim Einbruch der Gallier hier die sacra der Stadt vergraben sein. Neuere
Funde haben indessen gelehrt, dass es wohl einer der Orte war, an denen
man unterirdischen Göttern Weihgeschenke in Thongefössen zu vergraben
pflegte.^ — Ob dagegen die bei Varro a. a. 0. genannten Busta Gallica
(locus ad busta GaUica quod Borna recuperata GaUorum ossa qui possederunt
urbem ibi coacervata ac consepta) hier zu suchen sind, ist fraglich. Nach
Livius XXTT 14 (vgl. V 40) lagen sie media in urbe.^)
Auf das Forum Boarium gelangte man vom grossen Forum her ver-
mittelst des Vicus lugarius (p. 49) und des Vicus Tuscus (p. 182), vom Palatin
vermittelst des Glivus V ictoriae (p. 1S6) und der Nova via über dasVelabrum;
vom Gircusthale her kam die Strasse, welche die direkte Verbindung mit
der Porta Gapena (und Porta Appia) bildete, vom Aventin der Glivus
Publicius, bei der Porta Trigemina und der Porta Garmentalis mündeten
die von Ostia und über das Marsfeld kommenden Landstrassen, am Tiber-
ufer endlich die vom jenseitigen Ufer über die Brücken führenden Strassen.
Demnach muss der Zusammenfluss von Menschen, sowohl solcher, die hier
Handel trieben, als auch solcher, die es nur zu passieren hatten, femer
die Ansammlung von Vieh und Fuhrwerk zu allen Tagesstunden ganz
ausserordentlich gewesen sein. Bezeichnend dafür ist, dass der Pens
sublicius vor anderen Orten der Stadt als Standquartier der Bettler ge-
nannt wird (Seneca, de vita beata 25). Übrigens wurden hier auch die
ersten Gladiatorenspiele gegeben. Val. Max. 11 4, 7 : gladiatorium munus
primum Romae datum est in foro boario App, Claudio Q. Fulvio consulibus,
66. Heiligtümer des Forum boarium. 1. Als ältestes Heiligtum galt
die Ära maxima. Der Sage nach war sie von Hercules (Ovid Fast. I 581)
oder von Evander dem Herkules zu Ehren gestiftet (Tac. Ann. XV 41) und
bildete die Südwestecke des Palatinischen Pomeriums (vgl. p. 33). Neben
der Ära stand das oben erwähnte aereum tauri simulacrum (Tac. Ann.
XII 24) aus Aegina. Der Dienst an diesem Altare sollte der Sage nach
von Herkules selbst den Potitiem (GIL VI 313) übertragen sein, später
brachte der Praetor urbanus das Opfer: Varro L. L. VI 54 quod praetor
urbis quotannis facit, quom Herculi immolat publice iuvencam. Aus den
Inschriften GIL VI 312—319 ergibt sich, dass diese Opfer bis in das
4. Jahrh. n. Ghr. bestanden haben. ^)
») Vgl. BnU. d. Inst. 1879 p. 76 ff.
^) Vgl. Bbokbr, Topographie p. 485.
') Fftr die an der Ära Maxima zu brin-
den Zehnten von den jenem abgenommenen
Rindem. In gleicher Weise brachten in
ältester Zeit, wo die Eriegabeute im wesent-
genden Opfer ist das erste hier von Her- , liehen aus Vieh bestand» die siegreichen
kules selbst dargebrachte vorbildlich. Nach \ Feldherren hier den Zehnten derselben dem
der Erlegung des Unholdes Gacus opfert er ; Hercules Victor dar und bewirteten das Volk
i88
B. Toppgraphie yon Ron».
2. Unmittelbar neben der Ära maxima stand der Bundtempel des
Hercules Invictus (Kai. 12. Aug. CIL P p. 324) oder (selten) Victor,
meist in foro boario, aber auch ad circum maocimum, wie z. B. in den
Fasten, bezeichnet. Nach Tac. Ann. XV 41 war er gleichzeitig mit der
Ära gestiftet (Solin. 1 10). Die älteste Erwähnung der asdes rotunda findet
sich bei LiviusX23.^) Aemilius Paulus, der Sieger von Pydna (168 v«
Chr.), stellte ihn wieder her; auf seine Veranlassung malte ihn der Dichter
Pacuvius aus (Plin. N. H. XXXV 19), daher der Tempel auch Aedes
Herculis Aemiliana genannt wurde.') Im Neronischen Brande ging
er in Flammen auf. In oder bei dem Tempel stand eine uralte
Bildsäule des Herkules „qui triumphalis vocatur atque per triumphos
vestüur habitu triumphali** (Plin. N. H. XXXIV 33), denn an dem Tempel
kamen die Triumphzüge vorbei. Sie sollte von Evander geweiht sein.
Das Fundament und zahlreiche Beste dieses Tempels sind unter Sixtus IV
(1471 — 1484) in der Nähe der Kirche Sta. Maria in Cosmedin gefunden
worden, darunter der jetzt im kapitolinischen Museum befindliche Herkules
von Goldbronze aus der Zeit des Commodus und eine Anzahl von Dedi-
kationsinschriften an den Hercules Invictus (CIL VI 312—319). Der
Tempel wird auch bei Festus p. 242 und bei Plinius N. H. X 79 (Solin. I 10)
erwähnt.
Die Bestimmung der Lage der beiden Herkules-Heiligtümer ist der
Eardinalpunkt der Topographie des Forum boarium. Nach de Rossi, in
seiner berühmten Abhandlung über die Ära maxima, Mon. d. Inst. 1854,
p. 28 ff. lag der Bundtempel des Jupiter Invictus hinter der Kirche S. Maria
in Cosmedin. Diese Meinung gründet sich namentlich auf die Worte des
Pomponius Laetus,^) bei dem es heisst: post muros scholae Graecae
statim non longe fuU templum Herculis in foro boario rotundum cum muUis
antiquitatum vestigiis, et dirutum tempore Xisti IV, Non longe ab hoc templo
versus Äventinum montem fuit aUerum templum, appeUatum Ära maxima;
super haec templa orientem versus Circus est maximus. Mit dieser Angabe
stimmt die F. Albebtinis (f. 33 ed. 1523): templum Herculis Victoris in
foro boario erat rotundum, in quo loco repeHum fuit simulacrum Herculis
(AÜien. V 65; ly 38). Diese Siegesschmäuse
hörten auf, als die JEriege grössere Ans-
dehnung annahmen, doch blieb die Sitte,
dass die ans dem Kriege znrfickkehrenden
Soldaten dem Gotte ein Geschenk darbrachten.
Dagegen ging der Gebrauch, dem Gotte den
Zehnten des Gewinnes oder des Besitzes dar-
zubringen, auf Privatleute, namentlich auf
Handeltreibende über. Die Sitte, den Zehnten
aus der Beute zu opfern, lebte vorObergehend
durch L. Mummius wieder auf. Vgl. de Rossi,
Ann. d. Inst. 1854, p. 28 ff. und Mokusen im
CIL I 149 ff.
^) Nicht hierher zu beziehen ist Macr.
Sat. ÜI, 6, 11: Marcus Odaviue Herrenus
(ygl. ib. in 12, 7) prima adulescentia tibicen
postquam arti suae diffisus est, instituit
mercaiuratn, et bene re gesta deeimam
Herctdi profanamt, Fostea cum tumgans
hoc idem ageret, a praedonibus circum-
vtntus fortissime repugnavk et vietor reoes-
Sit. Hunc in somnis HercuUs docuÜ sua
opera servatum, Cui Octapitts impetrato
a magistratibus loco aedem sacratfit et
Signum, Vietoremque incisis liUeris ap-
peUavit. Da Herrenus nach Macr. a. a. O.
de sacris Saliaribus Tiburtium geschrieben
hat, worin auch von den Salii Herculi in-
stüuti die Rede ist, scheint sich die Enfih-
lung auf Tibur zu beziehen (CIL XIV, 367),
') Die Aemiliana aedes Herculis stellte
Scaliger aus den verdorbenen Worten des
FestuB p. 242 ubi famüiana aedisset HercuUs
durch Konjektur her. Vgl. ElCgmakv, Arch.
Zeit. 1877 p. 85. Rosoher, Lex. p. 2909.
*) De Bossi, Note di topografia Romana
raccolte dalla bocca di Pomponio Leto, in den
Studi e documenti di stoiia e dixitto 1882
p. 495 ff.
6. DU BtadtUiU an Tib«r. a. Di« M&rkU. (§ 66.)
189
deauraium tempore Sixti IV post ecclesiam S, Mariae in Cosmedin^ ut
apparet in epüaphiis, non hnge a quo erat ara maxima. — So bestimmt
cUese Angaben lauten, so ist das post muros scholae Qrciecae und post eo
desiam wohl kaum so aufzufassen, dass wir den Tempel zwischen der
Kirche und den Garceres des Gircus zu suchen haben, zumal bei Pomponius
Laetus, worauf Hülsen ^) mit Recht aufmerksam macht, die Beschreibung
von Süden nach Norden fortschreitet, die Worte statim post m. s. O. sich
also auf die Nordseite der Kirche beziehen. Dagegen kann man aus der
Beschreibung ziemlich sicher schliessen, dass beide Heiligtümer, Tempel
und Ara, vor der Front des Gircus gestanden haben, ersterer mehr nörd-
lich, letztere südlich ,versus Aventinum montem^ wohl in gleicher Linie
mit dem in die Hinterseite von S. Maria in Gosmedin eingebauten Tempel,
und nicht weit von der Front der Garceres und den Eingängen zum Gircus.
Das ergibt sich auch aus den übrigen Beschreibungen der Lage des Tem-
pels, wie von B. Peruzzi, nach dem die Reste des Tempels gefunden wurden
avanti al circomassimo in capo cd burdeletto al foro boario^) und von
A. FuLVros, der sagt: in foro Boario adhuc exstat quota pars rotunditcUis
inter proxima nunc postribula^) iuxta Circum maximum. Dieselbe Auf-
fassung von der Lage dieser Heiligtümer findet sich auch bei Gittadini
(vgl. GIL VI 2215), der zu der Inschrift des Aedituus P. Vettius Philologus
anmerkt: in basi lapidis Tiburtini effossa a. 1590 in Foro Boario inter aedem
rotundam et aedem 8. Mariae scholae Chraecae, ubi erat ara maxima
Herculis victoris (vgl. Abb. 19). Übrigens heisst der Tempel im Kalender
(GIL I' p. 217 und 325) Hercules invictus ad circum maximum.
3. Aus der Lage der beiden Herkules-Heiligtümer vor der Front
des Gircus dürfte sich mit grosser Wahrscheinlichkeit ergeben, dass auch
der dritte hier gelegene, in die Kirche S. Maria in Gosmedin verbaute
Tempel ein Herkules-Heiligtum gewesen ist, die Aedes Herculis Pom-
peiani;^) in den beiden Stellen, wo sie erwähnt wird, bei Vitruv IH 2, 5
und bei Plinius XXXIV 57 wird sie als ad circum maximum gelegen be-
zeichnet. Der noch vorhandene Rest von Quadern spricht für republika-
nischen Ursprung. Vitruv a. a. 0. beschreibt die Gestalt des Tempels und
Plinius a. a. 0. erwähnt unter Myrons Werken eine Herkulesstatue in dem
Tempel.
Die drei Herkules-Heiligtümer standen also an dem Südostrande des
Forum Boarium nebeneinander vor dem Gircus Maximus, überragt von der
hohen Mauer der Garceres. Ein viertes Herkules-Heiligtum, um dies hier
gleich anzuschliessen, stand südlich vom Forum boarium bei der Porta
Trigemina, erwähnt in den Fasten zum 13. August: Herculi invido ad
portam Trigeminam (GIL I« p. 217 und 325). Macrob. HI 6, 10: Varro Divi-
«j.
Dissert. della poniif. accademia 1896
*) Ligorio gibt die Entfenrang des Tem-
pels von dem ^gange des Circas Maximus
auf 20 Fnss an. Vgl. Hülssk a. a. 0. p. 243
Anm. 1 und Lanoiahi, Bull. com. 1882 p. 81
*) Prostibula mttssen nach Flavio Biondo,
Roma instaur. II 58 damals Qber die Gegend
zwischen Eapitol, Tiber nnd Aventin ver-
breitet gewesen sein.
*) Als Yermatong bat dies schon Gilbert
ni p. 434 ansgesprodien.
190
B. Topographie von Born.
narum libro quarto victorem HerctUem putat dictum, quod omne genus ani-
malium vicerit. Romae autem Victoris Herculis aedes duae sunt, una cid
portam THgeminamy altera in foro boario (dieselbe Stelle aus Varro citiert
Serv. Aen. VIH 363). Über die genauere Lage des Tempels steht nichts fest.
4. Bei der Aedes rotunda Herculis Invicti befand sich das Sacellum
Pudicitiae Patriciae (Liv. X 28 und Pest. p. 242).i) Über das S. P.
Plebeiae im Vicus longus siehe den Quirinal.
5. Auf der Nordseite des Forum boarium standen nebeneinander die
beiden Tempel der Fortuna und der Mater Matuta. Ihre Zusammen-
gehörigkeit zeigt sich in dem gemeinschaftlichen Ursprung: beide sollen
vom Könige Servius gegründet sein (Dionys. IV 27; Ovid Fast. VI 481); der
letztere soll durch Gamillus umgebaut sein; auch der Dedikationstag (der
11. Juni) ist beiden gemein. Über das von zwei Togen verhüllte Bild im
Tempel der Fortuna, von dem man schwankte, ob es Fortuna oder den
König Servius TuUius darstellte, vgl. Plin. VIII 194 und die unten Anm. 1
angeführte Schrift von Wissowa. Die Feuersbrunst vom Jahre 213 v. Chr. ver-
nichtete beide Tempel und den der Spes am Forum holitorium (Liv. XXIV
47 ; XXV 7). Ihre Herstellung im folgenden Jahre berichtet Livius XXV 7.
Im Jahre 196 v. Chr. wurden vor den beiden Tempeln zwei Bogen (fomices
Liv. XXXm 27) mit vergoldeten Bildsäulen errichtet. Da dieselben nicht
ohne weiteres vor die Tempel gesetzt sein werden, so darf man wohl an-
nehmen, dass diese entweder jeder für sich auf einer rings umschlossenen
Area standen oder beide auf einer gemeinschaftlichen, und dass auf diese die
Bogen führten. Wahrscheinlich ist der eine von diesen beiden Tempeln
in dem oben (p. 185) beschriebenen Pseudoperipteros (S. Maria Egiziaca)
erhalten; den andern hätten wir uns in gleicher Weise ergänzt zu denken.
Die Tempel würden danach mit der Front nicht nach dem Forum, sondern
nach der das Forum im Norden begrenzenden, auf den Pens Aemilius zu-
führenden Strasse zu gelegen haben. Die als Eingangsthor zu der Area
dienenden fomices wären also auch an dieser Strasse zu suchen. Über
derselben Strasse stand dicht beim Pens Aemilius ein Ehrenbogen, dessen
von SiGNOBiLi erhaltene Inschrift (CIL VI 878) auf eine Wiederherstellung
der Brücke durch Augustus geht. Der Bogen wird vom Anonymus Maglia-
becchianus erwähnt bei de Rossi, Le prime raccolte p. 57: arcus trium-
phalis marmoreus in platea pontis sanctae Mariae, quipons senatorutn vocatur:
fuit factus cuidam Äugusto pontifici maximo ex senatus consuUo propter
multa quae ipse restauraverat in urbe et ponte senatorum anteposito, ut me-
moria eins adhuc appareat in epitaphio,
6. Nicht weit vom Pens Aemilius stand der Tempel des Portunus,
{Portuno ad' pontem Aemilium. Kai. zum 17. Aug.). Varro LL. VI 19:
PortuncUia dicta a Portuno, quoi eo die aedes in portu Tiberino facta et
feriae institutae. Nissen, Templum 221 glaubt diesen Tempel aus Gründen
^) Wissowa, Aoalecta Romana topo-
^raphica 1897, p. 5 ff , Iftngnet die Existens
eines solchen SaceUum und will das aos-
drttcklich als neben der Aedes rotunda oder der
Aedes Aemiliana befindlich bezeichnete Signum
Pudicitiae mit dem Simulacrum Fortunae im
Tempel der Fortuna an der andern Seite des
Forum Boarium identifizieren. Die Beweis-
fOhrnng ist nicht ttberzeugend. Vgl. die ein
selbständiges SaceUum voraussetzende Er-
zählung Liv. X 23.
6. Di« SUditeU« am Tlb«r. a. DU Märkte. (§ 67.)
191
der Orientierung mit Sta. Maria Egiziaca identifizieren zu mOssen; Hülsen
schlftgt vor, den Bundtempel von S. Maria del Sole dafür in Anspruch zu
nehmen. Sicheres lässt sich darüber nicht sagen. Ein Portunium wird
auch erwähnt bei Fronte I 6, 14: coranae alia dignitate sunt in Portunio
cum a coranariis veniunt, alia cum a sacerdotibus in templo porriguntur, hier
müssen also Blumenhändler ihre Stände gehabt haben. Ebendaselbst,
am Tiber, befand sich ein Fischmarkt, nach Varro LL. V 146: secundum
Tiberim ad lunium Forum piscarium vocant Jordan, Top. II p. 257 schlägt
vor, für das sicher verdorbene Junium Portunium zu lesen, was viel für
sich hat. — Der Fischfang war an diesem Teile der Uferstrecke jedenfalls
lebhaft, die lupi, die Meerbarben, welche flussaufwärts gekommen und
inter duos pontesj d. h. zwischen dem Sublicius und dem Aemilius ^) gefangen
waren, wurden von Feinschmeckern höher als die am Ausfluss des Tibers
ins Meer gefangenen geschätzt (Hör. sat. H 2, 31 ff.; Macrob. H 12). — Es
ist übrigens bemerkenswert, dass von allen diesen auf dem Forum
boarium befindlichen Heiligtümern in der Regionsbeschreibung kein
einziges genannt wird, auch das Forum selbst nicht, während das Velabrum
erwähnt wird.*)
67. Umgebung des Forum boarium. Im Jahre 1895 ist auf dem Forum
boarium, in der Nähe von S. Maria del Sole das Fragment einer Marmor-
basis mit der Inschrift . . o . olivarius . opus . Scopae . minoris gefunden
worden (Not. d. scavi 1895 p. 459), also unzweifelhaft zugehörig zu dem in
der Beschreibung der XL Region (Cur. und Not.) aufgeführten Hercules Oliva-
rius,^) der, wie Becker, Top. p. 493 richtig erkannte, seinen Namen davon hatte,
dass er an einem Orte stand, an dem Ol verkauft wurde. Da indessen die
Inschrift in eine moderne Mauer verbaut war, so ist sie sicher verschleppt,
wenn auch wohl nicht weit her, ihre Zugehörigkeit zum Forum boarium
ist aber jedenfalls zweifelhaft. Ihre Aufnahme in die Regionsbeschreibung
dürfte sie dem Umstand verdanken, dass sie einem Yicus den Namen gab.
Dasselbe gilt von dem ebenfalls in der XI. Region genannten Apollo
caelispex. Beide Vici sind wohl südlich vom Forum boarium zwischen
diesem und der Porta Trigemina zu suchen. Von den Strassen, die
nördlich des Forum boarium bis an die Linie der Servianischen
Mauer und bis zum Forum Romanum sich befanden, nennt die Regions-
beschreibung (Vin. Region) den Vicus unguentarius und den Ele-
phantus herbarius, der so aufzufassen ist, wie der Hercules Oli*
varius: er hat einem Vicus den Namen gegeben und hat selbst seinen
Namen von dem Handelsartikel, der in der Strasse vertrieben wurde.
Wahrscheinlich ist hier auch die Porticus margaritaria zu suchen
(vgl. oben p. 164). Die bedeutendste Strasse des Quartiers war der
schon p. 105 erwähnte Vicus Jugarius. Er kam vom Forum her
*) Oder bei der Tiberinsel, die im ge-
wöhnlichen Sprachgehranch ,inter duospotUea'
hieas. Vgl. Jobdan, Form. nrh. IX 42.
') HüLBBN a. a. 0. p. 268 wiU statt des
in der Notiiia flherlieferten Fartunium, was
gewöhnlich mit dem Tempel der FeUcitas
am Velahrum (bei Dio Cass. XLIII 21 Tv-
Xator genannt) identifiziert wird, Portunium
lesen
») HüLSiH a. a. 0. p. 261 ergänzt den
Anfang der Inschrift: Hercules volgo oder
cognamento Olivarius.
192 B. Topograph!« tob Born.
zwischen dem Tempel des Saturn und der Basilica Julia, und ging am
Fusse des Kapitels entlang (so dass nach Livius XXXV 21 ein Felsblock
vom Kapitel in diese Strasse fiel) bis zur Porta Carmentalis und auch wohl
weiter zur Porta Flumentana. Über den Namen vgl. p. 105, über die in
der Strasse hinter dem Satumtempel befindlichen Altäre der Ops und der
Ceres p. 80. Ein eques Romanus in vico Jugario wird CIL VI 1632 ge-
nannt. Eine platzartige Erweiterung des Vicus war das zwischen ihm
und dem Kapitel gelegene Aequimelium. Liv. XXXVIII 28: substrue-
tionem super Aequimelium in Capitolio locaverunt. Den Namen des
Platzes leiten Varro LL. V 157 und Liv. IV 16 fälschlich von der aequata
Meli domus, Cicero de dem. 38, 101 davon ab: quia ülud (die Niederreissung
des Hauses) aequum ctccidisse populus Somanus Maelio iudicavit.^) Dionys.
XII 4 beschreibt den Platz mit den Worten: ovtog 6 tonog Sri xal elg ifik
f]v iv noXXatg ratg näqi^ olxiaig fiovog av€ifiävog ^frjfiog. Auf dem Platze
scheinen Opfertiere feil gestanden zu haben. Cicero de div. 11 39: ait,
cum in Aequimelium misimus, qui adferat agnum, quefn immolemus, is mihi
agnus affertur, qui habet exta accommodata, et ad eum agnum non casu, sed
duce deo servus deducüur? Das Aequimelium wurde in dem grossen, oben
p. 184 erwähnten Brande vom Jahre 192 v. Chr. samt dem vicus Jugarius
mit verwüstet.
68. Das Fonun holitoriunL Ziemlich bestimmte Vorstellung kann man
sich von der Ausdehnung und den Grenzen des Forum holitorium, des Gemüse-
marktes, machen. Es war der am meisten nach Norden vorgeschobene Markt
und lag ausserhalb der Servianischen Mauer. Er deckte sich zum Teil mit der
heutigen Piazza Montanara, reichte aber weiter nach Süden als diese. Dort
liegen unter der Kirche S. Nicola in Carcere (Abb. 19) neben einander die Reste
dreier Tempel,') die mit grosser Wahrscheinlichkeit mit Tempeln, die als
in foro holitorio gelegen bekannt sind, identifiziert werden. Damit wäre
die Westgrenze des Forums gegeben; im Osten ging es bis an den Fuss
des Kapitels, im Süden bis in die Nähe der Servianischen Mauer. Auf
diesem so umgrenzten Gebiete ist ein bedeutendes Stück der Traventin-
täfelung der Area gefunden worden, von S. Nicola in Carcere nördlich
bis zum Ende der Piazza Montanara reichend, wo das Pflaster an einer
Mauer von Peperinquadem endigt, in einer Ausdehnung von mehr als 90 m,
so dass abo auch die Nordgrenze ungefähr feststeht. Auf gleichem Niveau
ist die nach Süden durch die Servianische Mauer bis zum Forum
boarium führende Strasse in erheblicher Länge aufgedeckt worden.») —
Varro LL. V 146 sagt von dem Forum: hoc erat antiquum MaceUum, ubi
olerum copia. Nachdem er an dieser Stelle die Hauptmärkte, neben dem
Holitorium das Boarium, das Piscarium und das Forum Cuppedinis auf-
gezählt hat, sagt er § 147 haec omnia posteaquam contracta in unum locum
quae ad victum pertinebant et aedificatus locus^ appeUatum MaceUum. Dass
durch die Anlage dieses Macelluhis die genannten Fora ihrer Bestimmung
') lieber die ganz Ungewisse Denbing I ^) Vgl. Lakciavi, Bull. com. 1875 p. 178.
des Namens vgl. Jordan, Top. l 1, 195. | Eine alte Darstellung des Forums siehe bei
*) Vgl. Cahina, Ann. 1850, 347 ff.; Mon. I Bbllori, Fragm. Test, yeteris Romae n. L
V;Tav. XXIV. l
6. Die Stadtteile am Tiber, a. Die Märkte. (§ 68.)
193
entfremdet sein soUen, ist um so weniger anzunehmen, als das genannte
il^^i'""' 8^"^°^«* 179 V. Chr., durch den Bau des Augustusforums ver-
drängt und durch das Macellum Liviae auf dem Esquilin ersetzt wurde
was doch schwerlich als Ersatz für die am Tiber befindlichen Märkte
dienen konnte (vgl. p. 109).
Auf oder an dem Forum holitorium befanden sich folgende Heilig-
tümer: 1. der Tempel der Spes. Er war von M. Atilius Calatinus im
ersten punischen Kriege erbaut (Tac. Ann. II 49; Cic. de leg. H 11) und wurde
von den Bränden, die diese Gegend verwüsteten, öfters vernichtet; im Jahre
Abb. 19. Fonun boarimn.
•Öii V% Chr. brannte er zugleich mit den am Forum boarium gelegenen
^änb^eln der Fortuna und Mater Matuta ab und wurde im folgenden Jahre
Sfv^eder aufgebaut (vgl. p. 190). Von einem späteren Brande einer vadg
dXnldoq im Jahre 31 v. Chr. berichtet Dio Cass. L 10. Nach Tac. Ann.
n 49 wurde er im Jahre 17 n. Chr. von Germanicus wiederhergestellt. —
2. Der Tempel der Pietas. Er wurde im Jahre 191 v. Chr. von M.'
Acilius Glabrio in der Schlacht bei Thermopylae gelobt und zehn Jahre
später von seinem Sohne dediziert (Liv. XL 34). Der Sohn setzte in diesen
Tempel eine statua aurata, quae prima omnium in Italia statua aurata est,
patris Olabrionis (Val. Max. II 5, 1). Über den Ursprung des Namens er-
Huidbucli der klaa. AltertmotwiMeiMcbaft. m, S, B. 2. Aul.
13
194 B. Topographie von Born.
zählt Festus 209: Pietati aedetn consecratam ab Acüio aiunt eo loco, quo
quondam mulier habitaverU, quae patrem suum inclusum carcere mammis suis
dam aluerit (ähnlich Plin. VII 121, nur dass es sich hier um Mutter und
Tochter handelt). Der Tempel hat nur bis zu Gäsars Zeit gestanden, er
musste samt anderen Gebäuden der Anlage des Marcellustheaters weichen
(vgl. Plin. Vn 121; Dio Cass. XXXXTII 49). — 3. Der Tempel des Janus,
im Kalender zum 17. August und 18. Oktober (CIL I« p. 325 und 337)
Janus ad theatrum Marcelli^) genannt. Nach Tac. Ann. II 49 wurde er
von C. Duilius im 3. Jahrhundert v. Chr. erbaut. Er spielt schon in
der Fabierlegende eine Rolle; vgl. Festus p. 285: religioni est quibusdum
porta Carmmtali egredi^) et in aede Jani, quae est extra eam^ senatum
haberi, quod ea egressi sex et trecenti Fabit apud Cremeram omnes interfedi
sunt, cum in aede Jani S, C. factum esset, uti proficiscerentur. Nach
Tacitus a. a. 0. wurde er 17 n. Chr. von Tiberius wiederhergestellt. Ob
sich Plin. XXXVI 28 Janus pater in suo templo dicatus ab Äugusto auf
diesen Tempel bezieht, steht nicht fest. — 4. Der Tempel der Juno
Sospita. Er ist nach Liv. XXXII 30 im Jahre 197 v. Chr. von C. Cor-
nelius Cethegus in der Schlacht gegen die Insubrer gelobt worden, Liv.
XXXIV 53 heisst es aus dem Jahre 193 v. Chr. aedes eo anno aliquot de-
dicatae sunt: una Junonis Matutae in foro holitorio, vota hcataque qua-
driennio ante a C. Comelio consule Oallico bello. Hier ist sicher derselbe
Tempel gemeint, Matutae muss verschrieben sein. Die Wiederherstellung
des Tempels memoria nostra, d. h. zur Zeit des Marserkrieges, auf Grund
eines wunderbaren Traumes erwähnt Cic. de div. I 2 und 44.
Die Bestimmung der Lage dieser Tempel, namentlich ihre etwaige
Identifizierung mit den Tempeln unter S. Nicola in carcere ist nicht leicht.
Der Tempel der Pietas ist durch das Marcellustheater verdrängt, kommt
also hierfür nicht in Betracht. Der Tempel der Spes ist zugleich mit
den Tempeln der Fortuna und Mater Matuta abgebrannt; hätte er mit
dem Janus- und Junotempel zusammen gelegen, so wären diese wohl kaum
verschont worden. Dass der Tempel der Spes allein gelegen hat, scheint auch
aus Liv. XL 51 hervorzugehen; dort wird eine porticus post Spei a Tiber i
ad aedem Apollinis Medici erwähnt. Für den Tempel des Janus ad theatrum
Marcelli würde die Lage von S. Nicola gut passen. Mögen wir nun also
in einem derselben den Tempel der Spes erkennen oder annehmen, dass
unter ihnen sich die Tempel des Janus und der Juno befunden haben,
jedenfalls sind uns einer oder mehrere von diesen Tempeln nicht bekannt.
69. Vor Porta Trigemina. 1. Die Horrea, Die grossartigen gewerb-
lichen und kaufmännischen Anlagen vor der Porta Trigemina, die in der
Eaiserzeit nicht nur den schmalen Ufersaum längs des Aventins einnahmen,
sondern sich über die südlich davon gelegene Ebene bis an die nach-
malige Aurelianische Mauer erstreckten, haben ganz allmählich erst, vom
Thore ausgehend, sich entwickelt. Die ältesten aller Anlagen sind die
») IrrtHmlich Senr. Aen. VII 607 unter
Zusammenwerfong dieses Tempels mit dem
auf dem Forum (oben p. 102) circa imum
Ärgiletum iuxta theatrum MareeUi.
*) Hierüber eiehe oben p. 44.
6. Die StadtteUe am Tiber, a. Die Mftrkte. (§ 69.) 195
Salinae, das unmittelbar vor dem Thor gelegene Salzlager. Die Ge-
winnung des Salzes auf den Salzwiesen am Ausfluss des Tiber (Liv. I 33,
Plin.N.H.XXXI,89) und seine Überführung in das Innere des Landes scheint
die erste Kulturmission Roms gewesen zu sein. Das Salz kam zu Schiff den
Fluss herauf und wurde in Magazinen vor der Porta Trigemina gelagert.
Von hier ging der Transport zu Lande weiter. Die bei der Porta Collina
beginnende Via Salaria hat davon ihren Namen, i) Die Magazine vor der
Porta Trigemina haben das ganze Altertum und Mittelalter hindurch be-
standen; noch heute heisst der Ort: «Salara vecchia'. Am Abhänge des
Aventins über der Porta Trigemina war die Fabel von Gacus lokalisiert
(Solin. I 8). Dort stand ein Altar des Jupiter Inventor,') der Sage
nach von Hercules errichtet. Nicht weit davon stand, nach Dionys. I 32
Tfjg TQidvfiov TTvXfjg ov nqoaoi, ein Altar des E van der.
Lange Zeit mag das Salz der wichtigste Handelsartikel geblieben
sein, der vor der Porta Trigemina lagerte. Beim weiteren Anwachsen
Roms beginnt das Getreide eine Rolle zu spielen. Als ältestes Wahr-
zeichen dieses Handels galt das vor der Porta Trigemina befindliche Denk-
mal des L. Minucius Augurinus (Konsul 458, Decemvir 450 v. Chr.),
abgebildet auf Münzen (MommseN; Rom. Münzw. p. 550, Anm. 265). Es soll
ihm im Jahre 439 v. Chr. vom Volke zum Danke für seine Qetreidever-
waltung errichtet sein. Plin. N. H. XXXIV 21 nennt es unter den columnae,
sicuti C. Maenio, qui devicerat priscos Latinos . . (auf dem Comitium,
vgl. p. 99), item C, Duilio, qui primus navalem triumphum egit de Poenis (260
V. Chr. bei der Rednerbühne CIL VI 1300, vgl. p. 81), quae est etiam nunc
in foro, item L. Minucio praefecto annonae extra portam Trigeminam unciaria
stipe conlata. Plin. XVIH 15 heisst es: statua ei extra portam Trigeminam
a populo stipe conlata statuta est, vgl. Dionys. XH 4; sie stellte den L. Minu-
cius mit einem Getreidemasse dar.*) — Als dann im 3. Jahrh. v. Chr. Roms
überseeische Beziehungen begannen, wurde diese Vorstadt der Sitz eines
lebhaften Handelsverkehrs. Im Jahre 193 v. Chr. wurde von den Aedilen
M. Aemilius Lepidus und L. Aemilius Paulus das Emporium^) angelegt,
und von der Porta Trigemina bis an dasselbe die Porticus Aemilia ge-
führt (Liv. XXXV 10). Die ursprüngliche Anlage scheint primitiver Art
gewesen zu sein; erst nach 20 Jahren (174 v. Chr.) wurden die unent-
behrlichsten Einrichtungen eines solchen Stapelplatzes, Pflasterung, Stufen
zum Tiber etc. hergestellt. Auch die Porticus Aemilia wurde damals schon
erneut, Liv. XLI 27 : extra portam Trigeminam emporium lapide straverunt
stipitibusque saepserunt et porticum Aemiliam reficiendam curarunt gradibusque
ascensum ah Tiberi in emporium fecerunt. Die Wichtigkeit des Emporiums
wuchs von Jahr zu Jahr; Hauptgegenstand der Einfuhr war und blieb
das Getreide; daneben bildeten öl und Wein, auch Holz wichtige Handels-
^) FestuB ep. p. 327: quia per eam Sa-
bini 8<ü a mari deferehant.
') Solin. 1 7: aram Hercules, quam vaverat
9i amissas boves repperisset, punito Caco
patri Inventori dieavit. Bei Dionys. I 32
Zsvg EvQimog,
') Nach. Liv. lY 16 wurde hier zu seinem
Andenken ein vergoldeter Stier aufgestellt,
nach Fest. p. 122 und 147 gab es eine porta
Minucia und dabei ein sacelhim oder eine ara
Mmudi.
*) YgLJoBDAK, Form.ürb.p.44. Bruzza,
Ann. d. Inst. 1870 p. 106, Bull. d. hist. 1892,
p. 134.
13*
196
B. Topographie von Rom.
artikel; im Jahre 192 v. Chr. wurde nach Liv. XXXV 41 eine porticus extra
portam Trigeminam inter lignarios angelegt; dazu kam seit der Zeit des
Augustus auch Marmor, der in grossen Massen von allen Enden der Welt
eingeführt wurde. Ansehnliche Reste dieses Lagers sind längs des Ufers
gefunden (daher Marmorata genannt).*) Entsprechend dem zunehmenden
Verkehr sind die Grenzen des Emporiums allmählich erweitert worden;
Abb. 20. Beste des Emporinrns. Anlegestelle.
die Überbleibsel der grossen Umfassungsmauer sind zuerst von Fabbetti
(De aquis et aquaeductibus III 11, Taf. IV), dann von Piranesi (Ant. Rom.
IV, Taf. XLVni) publiziert worden und bis in die neueste Zeit vorhanden
') Am Alisgang des Altertums schlugen
hier iSteinmetzen ihre Werkstatt auf, um
den Marmor aus den schon verödeten Ge-
bäuden zu verarbeiten. Ueber Aufdeckung
einer solchen Steinmetzwerkstatt vgl. La.k-
CIA5I, Officina marmoraiia della regione XIII.
Bull. com. 1891, p. 23 ff.
6. Die Stadtteile am Tiber, a. Die Märkte. (§ 69.) 197
gewesen. Bei den Regulierungen des Terrains seit 1883 ist das Emporium
noch einmal in seiner ganzen Ausdehnung aufgedeckt worden; man hat
die Area desselben ohne jegliche Pflasterung und gänzlich ausgegraben
gefunden (Not. d. scavi 1886 p. 22, Bull. com. 1886 p. 37 f.). Längs seiner
mehr als 600 m langen Uferlinie fand man Stufen zum Flusse hinabgehend.
Das in der Uferwand angebrachte Bild einer Amphora zeigt, dass die ver-
schiedenen Waren (Getreide, Wein, Ol) ihre bestimmten Ausladeplätze
hatten, die zum Teil nach den Ländern benannt sein mochten, aus denen
die Waren kamen J) Durchbohrte Steine dienten zum Anbinden der Schiffe
(Abb. 20). Übrigens sind die Uferverschalungen nur zum kleineren Teil
aus Quadern, bei weitem der grossere besteht aus Ziegelmauern. ^) Reste
eines Landungsplatzes weiter flussabwärts, vielleicht für grössere Lasten
(Obelisken) haben sich ebenfalls gefunden, vgl. Bull. com. 1898 p. 275.
In der Umgebung des Emporiums müssen schon gleichzeitig mit dessen
Gründung Niederlagen für die einlaufenden Waren angelegt worden sein,
anfangs klein und dem noch unausgebildeten Bedürfnisse entsprechend,
aber seitdem Getreide in grossen Massen von Staatswegen anfing verteilt
zu werden, und die Yerproviantierung der Hauptstadt zum wichtigsten
Zweige der Verwaltung wurde, bedurfte man grösserer Kornmagazine; in
gleichem Verhältnisse stieg der Konsum des Weines und Öles. So ent-
standen hier jene grossen Horrea, die allmählich die ganze Ebene unter
dem Aventin bedeckten. Ihre erste Anlage ist, wie so vieles Bedeutende
in Rom, an den Namen eines der grossen Geschlechter geknüpft,*) der
Sulpicier. Dasselbe besass mindestens seit dem 2. Jahrh. v. Chr. in un-
mittelbarer Nähe des Emporiums grosse Strecken Landes, die Praedia
Galbiana; der Konsul des Jahres 144 (oder 108?) v. Chr., Ser. Sulpicius
Galba, ist hier bestattet. Das Grabmal ist neuerdings wieder aufgefunden
worden (Bull. d. Inst. 1886 p. 62). Wann die Horrea dieser Familie, die
Horrea Galbae oder Galbiana, angelegt sind, steht nicht fest, doch
existierten sie zur Zeit des Augustus als kaiserliches Besitztum.'*) Im
Laufe der Zeit scheinen sie sehr erhebliche Vergrösserungen erfahren zu
haben, auch jenes Grab fand sich eingebaut und sorgföltig geschützt inner-
halb derselben. Vom Kaiser Galba heisst es im Chronographen von 354:
domum suam deposint et horrea Galbae instUtiit, was doch wohl nur von
einem Vergrösserungsbau zu verstehen ist. Im 3. Jahrh. n. Chr. waren sie
nach Porphyrie zu Hör. carm. IV 12, 18 vino et oleo et similibus aliis refeiia.
Wir können hinzufügen, dass auch Marmor hier lagerte. Eine reiche Aus-
beute von Inschriften s) klärt uns über die rechtlichen Verhältnisse, sowie
über die Verwaltung dieser grossen Speicher auf, die immer die wichtigsten
*) Vgl. Lanciaki, Athenftuxn 1887 p. 868 f. 1 ragdus, einem Skiaren des Augustus, der
') Vgl. Prellbr, Der Tiber, in den Ber. I Bona Dea Galbilla errichtete Weihinschrift
der Bachs. Ges. der Wiss. 1848 p. 137 ff. iEph. epigr. IV 723 a). In derselben heissen
') Appias Claudius und M. Porcius Cato sie mit dem üblicheren Namen horrea GaU
p. 50; die Aemilier p. 51. hiana (daneben existieren auch die Bezeich-
*) Vgl. Bull. com. 1885 p. 51 ff. Horaz nungen -Äorrea Galbana oder Galbae).
erwähnt sie carm. IV 12, 18 und nennt sie i ») CIL VI 236. 338. 8680. 9801. 30855
horrea Sulpicia; desgleichen eine von Zma- (Eph. epigr. IV 723 a).
198
6. Topographie von Rom.
geblieben sind, weil sie den Zwecken der „annona publica" dienten. >) Sie
haben bis tief in das Mittelalter bestanden; die ansehnlichen Trümmer
galten im 12. Jahrhundert als das Schloss eines Königs Galbin (Jord.
Top. II 68).
In den achtziger Jahren ist die Ebene unter dem Aventin, die jetzt
von neuem bebaut wird (vgl. p. 76), Gegenstand umfassender Ausgrabungen
gewesen. Bei denselben sind die alten Strassenztige wieder zum Vor-
schein gekommen, und es hat sich herausgestellt, dass das ganze weite
Gebiet vollständig mit Speichern bedeckt gewesen ist;*) die erste kirch-
liche Region, die aus der XII. und XIII. augustischen Region bestand,
hiess nach ihnen Orrea. Unter den fast unübersehbaren Resten derselben
haben sich auch noch Teile von den einst hier gelagerten Waren ge-
funden, namentlich Marmor, dann hart an der Ostmauer des Emporiums
ein Lager von Elfenbein, südlich davon ein Lager von Meeressand zum
Sägen und von Bimstein zum Polieren des Marmors u. a. m.^)
Überliefert sind im ganzen die Namen von 14 Horrea;*)
1. Galbae (= Galbana oder Galbiana), identisch mit denSulpicia (s. oben).
2. Vespasiani, im Ghron. von 354 unter Domitianus (vgl. p. 164).
3. Nervae, CIL VI 8681, gefunden in agro inter vias Appiam et OsHensem
circa 2 m ab urbe sito prope aedem appeliatam della Nunziatella,
ubi rudera aedificiorum antiquorum multaque dolia praegrandia per
ordines disposita Guidius effodienda curavit: unde ibi horrea Nervae
fuisse probabile.
4. Caesaris, CIL VI 4240.
5. Agrippiana et Germaniciana, Notit. Reg. VIII; CIL VI 9972, 10026.
6. Aniciana, Notit. Reg. XIII.
7. Leoniana, CIL VI 237.
8. Lolliana, Form. Urb. fr. 51; CIL VI 4226, 4239.
9. Petroniana, CIL VI 3971.
10. Postumiana, vgl. Marini, Iscr. dol. 279.
11. Seiana, CIL VI 238, 9471.
12. Sempronia, Fest. p. 290: Sempronia horrea qui locus dicitur, in eo fuerunt
lege Oracchi ad custodiam frumenti publici.
13. Q. Tinei Sacerdotis, vgl. Marini, Iscr. dol. 279.
14. Volusiana, CIL VI 9973.
Von diesen Horrea lagen die Agrippiana und Germaniciana ver-
mutlich am Forum boarium in der Nähe der Stätio annonae (vgl. p. 186), die
Aniciana werden in der Regionsbeschreibung mit den Galbiana zusammen
genannt, lagen also sicher nicht weit davon; die Horrea des Nerva lagen
*) Die Form der Horrea, grosse von Ge-
bftuden eingeschlossene Höfe, stellt das Frag-
ment des kapitolinischen Planes Forma Urbis
XXXVI 8 dar.
') Vgl. DE Rossi, Le horrea sotto TAven-
tino, Ann. de Inst. 1885 p. 223.
») Vgl. Not. d. Bcavi 1885 p. 224 und 251.
*) Nicht einbegriffen sind die Horrea
chartaria Not. Reg. IV, candelaria Form. Urb.
fr. 53, piperataria Ghron. von 354, von Do-
mitian an der Stelle der späteren Basilica
Constantiniana erbaut (vgl. p. 164). Aosser
Betracht bleiben auch die horrea, von denen
es in der Vita Alexandri Severi 39 heisat:
horrea in omnibus regianibus ptiblica fecit,
ad quae eonferrent bona ii, qui priratas
cutdodias non haberent, und die zu denen ge-
hören, die in der Regionsbeschreibung zahlen-
massig registriert werden. Vgl. Anhang I.
6. Die Stadtteile am Tiber, a. Die Märkte. (§ 69.)
199
ebenfalls in der Nähe, zwischen der Via Ostiensis und der Via Appia,
und auch die Horrea Vespasiani und Petroniana dürften hier gelegen
und Teile der HoiTea Gaesaris^) gebildet haben. Die Lolliana sind
auf einem Fragment des Stadtplans (F. U. XI 51) dargestellt. Danach
haben sie am Tiber gelegen. Obgleich dadurch ihre Lage nur annähernd
bestimmt ist, so ist für so umfassende Anlagen, wie diese der Abbildung
nach waren, nur die Ebene unter dem Aventin (oder das gegenüberliegende
Ufer) anzunehmen. Vermutlich sind sie von dem Konsul des Jahi*es 22 v. Chr.
(Hör. ep. I 20, 28) gegründet. Auch von den anderen, topographisch nicht
bestimmbaren, mögen noch manche hier gelegen haben. Die ältesten waren
jedenfalls die Sempronia.
Von anderen dem Charakter des Quartiers entsprechenden Örtlich-
keiten werden genannt: eine Porticus fabaria (Notit. Reg. XIII), ein
Vicus frumentarius (Kap. Bas. Reg. XIII; CIL VI 814), ein Amtsgebäude,
in welchem das ansarium, d. h. der Eingangszoll für die den Tiber
heraufkommenden Waren erhoben wurde (CIL VI 8594), femer das Forum
pistorum (Notit. Reg. XIII; Aur. Vict. Caes. 13).*) Von den sicher in dieser
Vorstadt nicht fehlenden sonstigen Handelszweigen sind durch Inschriften
Fabriken von Lampen ad portam Trigetninam beglaubigt.')
2. Eine sehr merkwürdige Erscheinung ist inmitten dieses Quartiers
der Mens testaceus (Monte Testaccio), ein aus den Scherben von Thon-
krügen entstandener 85 m hoher Hügel von bedeutendem Umfange, der
nach Ausweis der auf den Scherben befindlichen Stempel und Graffiti in
einer langen Reihe von Jahren seit Beginn der Eaiserzeit ganz allmäh-
lich zu dieser erstaunlichen Höhe angewachsen ist. Die datierbaren In-
schriften beginnen in der Mitte des 2. Jahrhunderts und gehen bis
zum Jahre 251. Es ist kein Zweifel, dass diese ungeheuren Scherben-
massen von den Gefässen herrühren, in denen die überseeischen
Waren anlangten. Namentlich ist es Spanien, in erster Linie die frucht-
bare Provinz Baetica, und Africa, deren Handelsverkehr mit Rom in
diesen Inschriften sich wiederspiegelt, während z. B. Spuren griechischer
Handelsartikel gar nicht gefunden sind. Die grosse Menge der hier
befindlichen Thongefasse erklärt sich daraus, dass auch das Getreide
in solchen versandt zu werden pflegte. Im Innern des Berges befindet
sich, wie durch Ausgrabungen festgestellt ist, ein Grab; es ist nicht ab-
sichtlich, sondern durch Nachstürzen der in seiner Nähe aufgehäuften
Scherben verschüttet worden. Auch die ganze Umgegend des Monte
Testaccio ist fusshoch mit Scherben bedeckt, und zwar befinden sich
diese innerhalb der Mauern zerstörter Horrea, so dass man annehmen
muss, dass in späteren Jahrhunderten die hier liegenden Magazine ver-
ödeten. Doch ist diese Verödung nicht auf einmal gekommen, wie eben-
falls aus den Stempeln etc. geschlossen werden kann.^) Im Mittelalter
^) Gatti, Bull. com. 1885 p. 112: le horrea
Cnesaria ist der Meinung, dass auch noch
andere, in den kaiserlichen Besitz Uherge-
gangene Horrea, wie z.B. die Seiana, Lol-
liana, Leoniana ihnen zuzuweisen seien.
') Vgl. Marquardt, Privatlehen II p. 400.
«) Drbssel, Ann. d. Inst. 1878 p. 186.
*) Es ist zu bemerken, dass ähnliche
Scherbenberge auch sonst existieren, z. B.
in Tarent, Alexandria und Cairo. Vgl. auch
den Abschnitt Trans Tiherim.
200 B. Topographie von Boiii.
muss man hie und da auf den Scherben die Namen von Spanien, Africa
u. a. gelesen haben. Daraus entstand der Volksglaube, dass in den 6e-
fässen die Tribute enthalten gewesen seien, welche die römischen Pro-
vinzen nach Rom geschickt hätten.
2. Die Häfen und die Navalia. Die Konzentrierung des Grosshandels
und des überseeischen Verkehrs Roms am Tiberufer erforderte die Anlage
sicherer Anlegestellen. Auf der kurzen Strecke des befestigten Tiberufers
von der Porta Trigemina bis zur Porta Flumentana war die Errichtung von
Anlegestellen unthunlich, da sie die Sicherheit der Stadt gefährdet haben
würde. Die erste Anlegestelle entstand vielmehr hart unter den Mauern
der Stadt vor Porta Trigemina. Dort befanden sich seit den ältesten
Zeiten die Salinae, in denen das den Tiber heraufkommende 8alz gelagert
wurde (p. 194), dort also ist der erste Hafen Roms zu suchen. Die spätere
Entwicklung zeigt, dass von diesem Punkte an flussabwäfts erst der
schmale Ufersaum zwischen Fluss und Aventin, dann die breite Ebene
südlich vom Aventin dem Verkehr dienstbar gemacht und schliess-
lich in dem Emporium ein für die damaligen Verhältnisse ausreichender
Handelshafen geschaffen wurde.
Auch vor der Porta Flumentana, deren Name schon zeigt, dass sie
zum Flusse hinabführte, müssen Anlegestellen gewesen sein, sowohl für
die Fischer, die ihr Gewerbe auf dem Fluss betrieben (p. 190), als auch
für die den Fluss herabkommenden Waren (p. 48). Auch weiter fluss-
Aufwärts gab es auf dem Marsfeld Häfen (Anlegestellen). Besonders
interessant ist ein etwa 160 m oberhalb des Pens Aelius in den Tiber
schräg hineingebauter Molo, der höchst wahrscheinlich zum Ausladen von
Marmor diente, der in den zahlreich im nördlichen Teile des Marsfeldes
vorhandenen Bildhauerwerkstätten verarbeitet wurde. Vgl. LAKoiAia, Bull,
com. 1891 p. 26 flf. Den Unterbau des Molo bildet eine 66 m breite, von
einer fast 5 m starken Mauer von Gusswerk eingefasste Aufschüttung von
Steinen, Sand etc. Der darauf ruhende 14 m breite Molo besteht aus
11 Lagen von Tuffquadern (Abb. 21). Er dürfte aus Augustischer Zeit
stammen, in der die massenhafte Einfuhr unbearbeiteten Marmors begann.
Vgl. Bull. com. 1891 p. 45 flf. Über den stromaufwärts gelegenen Portus
vinarius vgl. unten. Ziegelniederlagen waren die nicht zu lokalisierenden
Portus Licini CIL XV 408, Cassiodor, Variae I 25, P. Parrae CIL XV
409—412, P. Corneli Not. d. scavi 1892 p. 347.
Auch die Navalia befanden sich ausserhalb der Porta Flumentana
auf dem Marsfeld. Ihre Lage daselbst steht fest durch Liv. III 26:
L, Quinctius trans Tiberim, contra eum ipsum locum, ubi nunc navalia
sunt, quaüuor iugerum colebat agrum, quae prata Quinctia vocatitur und
Plin. N. H. XVIII 20: aranti quattuor sua iugera in Vaticano, quae
prata Quinctia appellantur. Man war früher geneigt, darauf hin die Navalia
möglichst nach dem heutigen Vatikanischen Gebiete hin, also so weit wie
möglich nördlich anzusetzen, aber seitdem Elteb in seinem ,Vaticanum\
Rhein. Mus. XL VI p. 112 flf. erwiesen hat, dass die Bezeichnung mens Vati-
canus ursprünglich auch den Höhenzug des Janiculum umfasste, ist die
Ansetzung möglichst nahe der Stadt, am Ende der Vorstadt eoctra portam
6. Die Stadtteüe am Tiber, a. Die Hftrkte. (§ 69.)
201
Humentanam, also in der Nähe des heutigen Palazzo Farnese, so gilt wie
gesichert.
Im Gegensatz zu dem Handelshafen, dem Emporium, sind die Navalia
die Staatsdocks und das Arsenal. Aus den nicht zu häufigen Erwähnungen
ist zu entnehmen, dass hier eroberte Schiffe und Staatsschiffe unterge-
bracht wurden. Liv. VIII 14 erzählt, dass im Jahre 338 v. Chr. naves
Antiatium paHim in tifvalia Rofnae subductae. Aus dem Jahre 167 v. Chr.
heisst es bei demselben XLV 35: Paulus ipse post dies paucos regia nave
ingentis magnitudinis, quam sexdecim versus retnorum agebant .... adverso
Tiberi ad urbem est subvectus und ib. 42: naves regiae captae de Mace-
Abb. 21. Holo oberhalb des Pons Aeliiv.
donibus invisitatae ante magnitudinis in campo Martio subductae sunt, Füi'
jene regia navis scheint sogar ein besonderes, befestigtes Dock gebaut zu
sein. Polybius XXXVI 3 erzählt, dass etwa 20 Jahre später, beim Be-
ginn des 3. punischen Krieges, die karthagischen Geiseln naQaxoi.ua d^ei^sg
dafpaXwg €tg ttjv '^PcifiTjV avvexXsiCx^rjtxav ofiov navxBq elg t6 Tpjg ixxaiSs-
xTjQovg v€(6qiov. — Dass die Navalia ferner der Landungsplatz für die
Staatsschiffe war, geht aus der Erzählung des Plutarch Cato min. 39 von
der Rückkehr des jüngeren Cato aus Cypern hervor. Die Behörden er-
warten ihn (wo, ist nicht gesagt: tcov vnaxiov xal twv atQaxr^ywv
TiaQovTüDv, also entweder an der Porta Trigemina oder an der Porta
Flumentana), dXXa §o&i\) zr^r ox^rjv naQs^sXavvwv sm vewg i^rjQovg
202 B« Topographie von Bom.
ßaaiXixrjg ovx avrjxs tiqotsqov r] xa&oQfitaai tov aroXov stg %6 v€(6qiov. Das-
selbe Ziel, die Navalia, hat offenbar auch das Schiff, welches im Jahr
291 V. Chr. auf Geheiss der Sibyllinischen Bücher die heilige Schlange
des Aesculap von Epidaurus nach Rom brachte. Aurel. Vict. de vir. ill. 22
(anguis) cum adverso Tiberi subveheretur, in proximam insulam desüuit: ubi
templum ei constitutum, das heisst, dass sie beim Vorbeifahren bei der Insel
vom Schiffe springt und zur Insel hinüberschwimmt.*) Eine anschauliche Dar-
stellung des Vorganges gibt die Bronze des AntoninusPius (Abb. 22): im Hinter-
grunde die Insel, links das Staatsschiff mit zwei Ruderreihen übereinander,
das in voller Fahrt eine durch zwei Bogen angedeutete Brücke, den
Pens Aemilius, passiert, auf dem Vorderteil die Schlange, die sich an-
schickt, sich vom Schiff zu schwingen, und im Vordergrunde der Tiberis,
dem ankommenden Schiffe die Hand entgegenstreckend.
Ob mit den Navalia auch Schiffswerfte verbunden waren, ist zweifel-
haft. Merkwürdig hierfür ist Serv. ad. Aen. XI 326 : texamus quidam ^texa-
mu8^ proprie dictum tradunt, quia loca in quibus naves fiunt, graece vav-
nrjyia, latine textrina dici: Ennius dicit: ideni
Campus habet textrinum navibus longis: naimlia
enim non esse vavTirjta, sed vecoQta. Aber es
bleibt immer ungewiss, ob mit dem campus
das Marsfeld gemeint ist. Jedenfalls ist nie
die Rede davon, dass hier Schiffe oder Flotten
gebaut worden sind.
Wann die Navalia angelegt sind, steht
nicht fest. Zur Zeit der Besiegung der Antiaten
existierten sie schon. In der Mitte des 2. Jahr-
hunderts V. Chr. wurden sie, wie wir aus Cicero
Abb. 22. Münze de» Antoniims Pias, de orat. I 14, 62 wisscu, durch dou griechischen
Baumeister Hermodorus neugestaltet, aber kein
Zeichen spricht dafür, dass sie etwa nach dieser Zeit für die Entwicklung
der römischen Flotte von Bedeutung gewesen wären. Plin. N. H. XXXVI 40
wird erwähnt, dass wilde Tiere aus Africa dort in Käfigen sich befunden
hätten, offenbar nur vorübergehend. Aus dem alten Arsenal scheint im
Laufe der Zeit ein Museum geworden zu sein, zumal seitdem durch Er-
richtung der Aurelianischen Mauer die Navalia vom Tiber abgeschnitten
waren. So nennt sie noch einmal Prokop, Goth. IV 22 als ev /Ascr] %r> niXft
gelegen. Er sah in ihnen das Schiff, mit dem Aeneas nach Italien ge-
kommen sein sollte.
Zweimal ausserdem werden die Navalia erwähnt: im Jahre
179 V. Chr. baute der Censor Fulvius (Liv. XL 51) eine Porticus ^post
navalia^; Fest. ep. p. 179 erwähnt eine Navalis porta a vicinia nava-
lium dicta (p. 178: [navalis porta, item navalis] regio, videftur utraque
a vicinia navalium itja appellafta esse]). Ein Eingangsthor zu den
*) Liv. Epit. XI berichtet einfach: eoque \ der Pointe: (anguis) in ripam Tiberis egresMs
(i. e. angue) in insulam Tiberis egresso und ' legatis in insulam tranavit.
Val. Max. I 9, 2, offenbar mit Verkennung |
6. Die Sudtteile am Tiber, a. Die Märkte.
(§ 69.)
203
Navalia kann so nicht bezeichnet werden ; möglicherweise führte ein
in der Vorstadt extra portam Flumentanam nicht weit von den Navalia
befindlicher Janus diese Bezeichnung. Als ein ungelöstes Ratsei
muss auch nach der neuesten Untersuchung Hülsen's das Fragment
des Stadtplans Form. urb. XIII 61 mit der Inschrift NAVALEMFER
gelten. 1)
Litteratur: Ueber dieHorrea: Stevenson, Bull. d. Inst. 1880 p. 98; Hbnzbn, Bali,
d. iDBt. 1885 p. 138, Rom. Mitt 1886 p. 42; Gatti, Bull. com. 1885 p. 118, Rom. Mitt. 1886
p. 65 S,; DB Rossi, Abu. d. Inst. 1885 p. 223; Lanciani, Not. d. scavi 1885 p. 156, 475, 527;
Ancient Rome p. 248. — üeber den Monte Testaccio: H. Deessel, Ricerche sul Monte
Testaccio, Ann. d. Inst. 1878 p. 118 ff. und CIL XV p. 491—657.
>) Hülsen hat in der auf p. 189 Anm. 1
angeführten verdienstlichen Abhandlung über
das Forum boarium zu begründen versucht,
dass es ausser den Navalia auf dem Marsfeld
noch ein Navale inferius (so liest er
nach Pbeller u. a. die Inschrift) zwischen
dem Forum boarium und der Porta Trigemina
gegeben habe. Auf dem Plane ist dies Na-
vale ein ziemlich unbedeutendes, innerhalb
der Uferlinie gelegenes Rechteck von 80
zu 50 m. Seine Beweisführung stützt sich
im wesentlichen auf folgende Punkte :
1) Livius XL 51 : M. Fulviu» locavit ....
porticum extra portam Trigeminam et aliam
po8t navalia et ad fanutn Herculis et
pcst Spei ad Tiberitn aedetn ApolHnis
tnedici liest er et aliam post navalia
ad fanum Herculis, identifiziert
fanum Herculis mit der aedes rotunda
H, am Forum boarium und schliesst daraus
auf die Lage eines navale inferius bei
demselben. Abgesehen von der Bedenklich-
keit der Textftnderung ist zweifelhaft, ob
Livius unter navalia hier etwas anderes ge-
meint haben kann, als er sonst darunter ver-
steht, jedenfalls musste er in einer topo-
graphischen Notiz ein etwa gemeintes navale
inferius mit dem richtigen Namen bezeichnen.
— 2. Sollen die schon oben erwähnten Worte
des Prokop, bell. Goth.IV22 retogoixoy nonjcd-
ficvoi ol PiOfxmoi iy [xicj^ jp noXsi naga
tijy rov TißsQt^og ox^tjy zwar vorzüglich auf
das Forum boarium passen, aber nicht zu ver-
einigen sein mit einer Lage bei Pal&zzo Far-
nese, der in extremo Campo Martio gelegen
sei. Hierbei scheint doch den grossen Zeit-
räumen, die in Betracht kommen, nicht Rech-
nung getragen zu sein. Prokop schrieb im
6. Jahrhundert nach Christus, fast 300 Jahre
nach Errichtung der Aurelianischen Mauer,
die, wie oben erwähnt, auch die Navalia ein-
schloss. Ob bei ihm h fd^ajj xfi noXsi etwas
anderes heisseil kann, als innerhalb der Aure-
lianischen Mauer? Das Rom des Procop ver-
hielt sich zu dem Servianischen etwa wie das
heutige Berlin zu dem des grossen Kur-
fürsten. Sollte deshalb jemand darauf kom-
men, zu behaupten, das in der Leipziger
Strasse befindliche Hauptpostamt liege nicht
iy fiian rß ttoAc«? — 3. Nimmt er die Stelle
des Plutarch über die Rückkehr des jüngeren
Cato aus Gypem für das Navale inferius in
Anspruch, indem er annimmt, die Magistrate
seien ihm bis zum £mporinm entgegenge-
kommen, und dort sei er an ihnen vorbei-
gefahren. Aber Becker p. 160 macht mit
Recht darauf aufmerksam, dass man nach
alter Sitte dem Zurückkehrenden bis an die
Grenze der Stadt, also hier bis an das Thor
eni^egenkam (Plut. Fab. 18). — 4. Auf der
Bronze des Antoninus Pius glaubt nun Hülsen
schliesslich eine Darstellung des Navale in-
ferius erkennen zu sollen. Die beiden Bogen
könnten keine Brücke darstellen, da sie von
beiden Seiten isoliert seien und die Andeu-
tung einer Verbindung mit dem Lande fehle.
£r hält sie deshalb für eine Darstellung der
Navalia, indem er sich darauf beruft, dass
auf den Münzen Hadrians mit dem Hafen
von Ostia die ysaigoixoi bogenförmige Ein-
gänge haben ,simüe ad un lungo ponte%
d. h. also, er hält die Münzdarstellung wegen
ihrer Aehnlichkeit mit einer Brücke nicht
für eine Brücke, sondern für ein Navale.
Und soll dies mitten im Tiber gelegen haben,
trotz dem Plane? — Offenbar hat der
Künstler sich nicht um das Ufer ge-
kümmert. Entscheidend ist das Schiff. Dies
befindet sich noch in voller Fahrt und
nicht in einem yeoigoixog, die Ruder sind
in Thätigkeit, und auf dem Verdeck, gei-ade
unter dem Brückenbogen zum Vorschein kom-
mend, sieht man den Steuermann oder den,
der den Ruderern den Takt angibt H. Dressel
(Zeitschr. f. Numismatik 1899 p. 82), der im
wesentlichen Hülsen beistimmt, meint, auch
die Insel sei auf der Münze nicht dargestellt,
sondern der Aventin. — Ich muss nach alledem
meinen beim ersten Lesen der HöLSSN^schen
Schrift empfangenen und auf p. 48 wieder-
gegebenen Eindruck modifizieren. Vgl. noch
über eine Darstellung des Tiberufers auf einem
esquilinischen Wandgemälde Hülsen, Rom.
Mitteil. 1896, p. 213 ff.
204 B. Topographie von Bom.
b. Der Aventin.
70. Der Aventin iat durch ein ziemlich tief eingeschnittenes Thal
in zwei Hälften geteilt, so dass Zweifel darüber entstanden sind, ob die
östliche Hälfte mit zu diesem Berge zu rechnen sei, zumal dieselbe durch
die Augustische Einteilung zur XH. Region (Piscina publica) kam, während
die westliche der XIH. Region den Namen Aventinus gegeben hat.^) Jedoch
haben die Remuria und die Aedes bonae deae subsaxanae, die die Regions-
beschreibung in der XIL Region aufführt, sicher auf dem Aventin gelegen.
Über die Herkunft des Namens gab es keine sichere Tradition. Varro
Jj. L. V 43 bringt eine ganze Reihe von Erklärungen: Aventinum aliquot de
pausis dicunt, Naevius ab avibus, quod eo se ab Tiberi ferrent aves, alii ab
rege Aventitio Älbano, quod ibi sit sepultus, alii Aventinum ab adventu ho-
piinum, quod commune Latinorum ibi Dianae templum sit constitutum. Ego
niaxime puto ab adventu, nam olim paludibus mons erat ab 9'eliquis disclusus.
Vgl. Liv. I 3, Virgil. Aen. VII 657 nebst dem Kommentar des Servius, Fest,
p. 19, dazu Jordan, Top. l* p. 182. CIL XIV 2105 nennt den Pagus
Aventinus.
Nicht geringe Schwierigkeit bereitet die Frage, warum bei den mit
Sulla beginnenden Pomeriumserweiterungen, die den Zweck hatten, den
Oang dieser Linie mit der zunehmenden Ausdehnung der Stadt in Über-
einstimmung zu setzen, der Aventin lange Zeit nicht berücksichtigt und
erst durch Kaiser Claudius in das Pomeiium eingeschlossen wurde. Auch
hierüber fehlt es an einer sicheren Tradition aus dem Altertum. Dagegen
fehlt es nicht an weit auseinandergehenden Erklärungsversuchen aus alter
und neuer Zeit. Gell. XHI 14 führt als Ansicht des Messala an: quod in
eo monte Remus urbis condendae gratia auspicaverü avesque inritas habuerii
superatusque in auspicio a Romulo sü, Idcirco, inquit, omnes, qui pomeriutn
protulerunt, montem istum excluserunt, quasi avibus obscenis ominosum. Aus
der Natur des Pomeriums scheint in der That gefolgert werden zu können,
dass religiöse Bedenken diese Ausschliessung veranlassten.
Der Aventin, der ursprünglich nur aus fortifikatorischen Oründen in
den Servianischen Mauerring aufgenommen worden ist (vgl. p. 41), gehört
zu den Teilen der Stadt, die am längsten unbewohnt waren. Noch im
3. Jahrhundert der Stadt ist er Staatseigentum und zum grössten Teil
bewaldet. So schildert ihn Dionys. in 43 und X 31. Es war eine wesent-
liche Errungenschaft der Plebs, dass durch die Lex Icilia 455 v. Chr. (Liv.
ni 31; Dionys. X 32) der Berg, soweit er nicht in festen Händen und
Tempeleigentum war, derselben zur Bebauung übergeben wurde. Er ist
denn auch in Zukunft vorwiegend von der Plebs bewohnt gewesen. Schon
vor seiner Besiedlung war er, vermutlich gleich den anderen Hügeln
durch eine Sonderbefestigung geschützt,*) öfters das Ziel plebejischer
0 Zweigipflige Hflgel sind eine in der ' Aventins gibt Dionys. III 43 auf oxxtaxai&cxd
.römischen Campagna nnd selbst unter den ' nov araditoy xi^y negifÄergoy, X 31 auf ovx
.stadtrömischen Bergen nicht ungewöhnliche I iXdrrtoy rj ^dSexa axa^iüiv xrjv negi/iÄetQoy an.
Bildung. Namentlich bemerkenswert ist die ■ ') Vgl. auch die Schüderung bei Liv.
[Zweiteilung beim Kapitel (vgl. p. 116) und | XXVI 10.
Palatin (vgl. p. 159). Den umfang des |
6. Die Stadtteile am Tiber, b. Der Aventin. (§§ 70—71.) 205
Secessionen; im Jahre 121 besetzten ihn die Anhänger des C. Gracchus
und versuchten sich hier in dem gleich dem Gapitolium ummauerten
Tempelbezirke der Diana zu halten. 0
Auch auf diesen Berg führte, wie auf das Kapitel und den Palatin,
eine fahrbare Strasse, der Clivus Publicius. Derselbe wurde im Jahre
237 V. Chr. von den Aedilen L. und M. Publicius Malleolus (Varro
L. L. V 158; Festus p. 238; Ovid Fast. V 294) gebaut und mit Pflaster ver-
sehen. Er begann an der Südwestecke des Gircus Maximus^) beim Forum
boarium (vgl. p. 180; Liv. XXVII 37) und hatte seinen Höhepunkt ver--
mutlich an dem Hauptheiligtum des Berges, dem Tempel der Diana. An
dem Clivus lagen mehrere Tempel, so beim Beginn des Anstiegs die
Tempel der Flora und der Ceres (vgl. p. 80); 203 v. Chr. brannte der Clivus
ab (Liv. XXX 26). Er muss damals eine eng bebaute Strasse gewesen sein. —
Auf die östliche Hälfte des Berges führte vermutlich der nur in der Regions-
beschreibung (Xn. Region) genannte Clivus Delphini. Im übrigen wurde
der Aventin, der namentlich nach dem Tiber zu steil abfällt, gleich dem
Kapitel und dem Palatin auf Treppen erstiegen; genannt werden in der
Itegionsbeschreibung Reg. XUI die Scalae Cassi. — Der Name der zwi-
schen den beiden Höhen des Aventins zur Porta Baudusculana führenden
Strasse steht nicht fest. Nach Lanciani, Bull. com. 1891 p. 211 ist sie
im ersten Teile als Vicus Piscinae publicae, im zweiten Teile als
Vicus portae Raudusculanae zu bezeichnen. — Genannt wird noch
ein Clivus oder Vicus Triarii auf der Kap. Bas. XII. Vgl. Bull. com. 1887
p. 290. Wo die porticus in Aventinum extra p. Trigeminam (Liv. XLI 27)
zu suchen ist, steht dahin.
Die Ausgrabungen, die auf diesem Berge gemacht worden, sind ziem-r
lieh geringfügiger Natur und nur in einer Beziehung von Bedeutung, näm-r
lieh in betreff des Ganges der Servianischen Mauer, von der an verschie-?
denen Stellen der West- und Südseite des Berges erhebliche Reste zum
Vorschein gekommen sind, namentlich das p. 42 erwähnte 20 Lagen hohe
Stück in der ehemaligen Villa Maccarani (Torlonia), jetzt frei an der neuen
über den Aventin führenden Strasse liegend; daneben sind einige unbe-
stimmbare Gebäudereste und Strassenspuren aufgedeckt worden, von den
topographisch interessanten Punkten aber ist bis jetzt nur wenig kon-
statiert worden, so dass die Beschreibung sich auf die von Schriftstellern
und durch Inschriften überlieferten Thatsachen beschränken muss.
71. Heiligtümer und Tempel. 1. Gleich dem Palatin hatte der
Aventin mehrere Heiligtümer aufzuweisen, die in die älteste sagenhafte
Zeit zurückreichen. Dazu gehören die am Abhänge bei der Porta Tri-^
gemina befindlichen Stätten der Cacuslegende (vgl. p. 194). Auf dem Berge
selbst und zwar auf dem höchsten Punkte der östlichen Erhebung bei
S. Balbina befanden sich die Remuria, der Ort, an dem Remus vor Gründung
der Stadt die Anspielen eingeholt haben soll (Dionys. 1 85 ff.; Plutarch Rom. 9).
Der Ort hiess nach Ovid Fast. V 150 Saxum: est moles nativa loco, res nomina
>) Vgl. MoMMSEN, Rom. Geschichte I etc. 5 von der Aqua Appia: incipit distribui
p. 123. Appia imo Puhlicii clivo ad porfam Trige-
') Ungenau Fbontim, De aquae ductibua , minatn.
206
B. Topograph!« von Born.
fecit: appellant Saxum, pars bona montis ea est. Huic Remus instüerat frustra etc.
Bei Festus p. 276 heiest es: sed et locus in summ o Aventino Remoria dicitur,
ubi Remus de urbe condenda fuerat auspicatus. Erwähnt wird das Saxum
auch bei Cicero pro domo 53, 136: cum Licinia, virgo Vestalis summo hco
nata, .... aram et aediculam et pulvinar sub Saxo dedicasset etc. Wie man
sich die Beschaffenheit der Remuria zu denken hat (möglicherweise gleich
dem Auguraculum auf der Arx p. 120) steht nicht fest. *) Unterhalb des saxum,
leniter acclivi iugo, befand sich die Aedes Bonae Deae Subsaxanae
(Notit. Reg. XU), die nach Ovid. Fast. V 155 von einer Vestalin Claudia
an den Kaienden des Mai dediziert worden war; Augustus' Gemahlin Li via
stellte den Tempel wieder her, Hadrian hat ihn nach den Worten der
Vita 19: fecit et sui nominis pontem et sepulchrum iuxta Tiberim et aedem
Bonae Deae neu gebaut. Über die Bedeutung der Göttin vgl. Macrob. 112, 21.*)
Bei S. Balbina befand sich auch ein Mithräum CIL VI 742.
2. Auf dem Aventin befand sich ehemals das Loretum; dort
sollte der von den Laurentern erschlagene Titus Tatius begraben
sein. So Varro L. L. V 152, doch bringt derselbe auch die Ableitung ab
Silva laurea quod ea ibi excisa et aedificaUis vicus. Die Bebauung des
Ortes mit Strassen bezeugt auch Dionys. III 43. Die kapitolinische Basis
nennt einen Vicus Loreti maioris und einen Vicus Loreti minoris.
Im ersteren lag ein Tempel des Vertumnus, erwähnt im Kalender zum
13. Aug.: Vortumno in loreto maiorCy CIL I* p. 325. Den Tempel nennt
auch Fest. p. 209: picta quae nunc toga dicitur, purpurea ante vocitata est,
eaque erat sine pictura. eius rei argumentum est pidura in aede Vortumni
et Consi, quarum in altera M, Fulvius Flaccus, in altera L. Papirius Cursor
triumphantes ita picti sunt Es ist anzunehmen, dass die beiden Triumpha-
toren auch die Gründer der Tempel sind. Demnach war der Tempel des
Vertumnus von M. Fulvius Flaccus im Jahre 264 nach dem Kriege gegen
Volsinii, woher der Gott stammte (Prep. V 2, 3 nee paenitet inier prodia
Volsinios deseruisse focos), erbaut. — Der mit ihm zusammen genannte
Tempel des Consus, gegründet 272 v. Chr. von L. Papirius Cursor, lag
ebenfalls auf dem Aventin, Kalender unter dem 12. Dezember: Conso in
Aventino y unter dem 21. August: Conso in Aventino sacrificium^^) ob aber
in der Nähe des anderen, ist nicht bekannt.
3. Auf der Höhe der westlichen Hälfte des Berges lag das Armi-
lustrium (Notit. Reg. XIII), ein Platz, auf dem am 19. Oktober das gleich-
namige Fest gefeiert wurde (Varro L. L. VT 22; Fest. ep. p. 19), über
dessen Beschaffenheit nichts tiberliefert ist.*) Aus dem Jahre 207 v. Chr.
») Vgl. MoMUBBy, Die Remuslegende.
Hermes XYI 16.
•) Beckeb, Top. 454, Top. in Rom II 59.
ÜBUOHs, Top. in Leipzig p. 73. Gilbbht, Top.
n 206 flf. in 445 Anm. 1, Koscher, Lexikon
p. 789 ff
') H. Jobdan, De Vortumni et Consi
aedibos Aventinensibus, Königsberg 1879.
AusT, De aedibos sacris populi Romani p. 15
CIL 1« p. 836. 326.
«) Varro, L.L.V 153 bringt eine Erklä-
rung des Wortes: armüustrum <$b ambitu
lustri, die die Vermutung, dass hier anibi-
lustrum zu lesen ist, nahe legt Die folgen-
den, schwer verständlichen Worte haben im
Verein mit anderen Erwägungen (es ist
darin von einem Circus Metinus die Rede)
GiLBBBT, Top. I p. 131 f. veranlasst, armi-
luatrum fOr den älteren Namen des Circus
Maximus zu halten.
6. Die Stadtteüe am Tiber, b. Der Aventin. (§ 71.) 207
berichtet Livius XXVII 37, dass es auf diesen Platz Steine geregnet habe.
Auch dieser Ort wird (Plut. Rom. 23) als Grabstätte des Titus Tatius ge-
nannt. Später wurde der Platz entweder ganz oder zum Teil verbaut.
Die kapitolinische Basis Reg. XIU nennt einen Vicus Armilustri; der-
selbe wird erwähnt CIL VI 802, 31069. Er lag östlich von S. Alessio.
Vgl. Lanciaui, Bull. d. Inst. 1870 p. 88 (unten p. 208 f. Anm. 4).
4. Das Hauptheiligtum des Berges war der Tempel der Diana. Nach
Martial VI 64, 12 lag er auf der Seite über dem Circus, also da, wo der Clivus
Publicius die Höhe des Berges erreichte, unweit von Sta. Prisca. Dieselbe
Lage ergibt sich aus VII 73 (vgl. p. 137). Der Überlieferung nach war er
von Servius TuUius aus Beiträgen des latinischen Städtebundes erbaut und
galt als Bundesheiligtum (Festus p. 343; Liv. 1 45; Aur. Vict. de vir. illustr. 7).
In demselben befanden sich unter anderem das Foedus Latinum und die
Lex Icilia (Dionys. IV 26; X 32) auf Erztafeln aufgezeichnet. Aus den
Worten des Dionys über ersteres (IV 26: avrr] diä^uivsv i; axiqXri fisxQi
TTfi ifitjg f-hxiag iv Tip %'^g Ugtäfiiiog t€Q(7} xsifiävrj) muss geschlossen werden,
dass der Tempel bis in die Zeit des Augustus von Bränden etc. verschont
geblieben ist. unter diesem wurde er nach Suet. Aug. 29 durch L. Corni-
ficius umgebaut. Das Fragment des Stadtplans F. ü. I 2 soll nach
Lanciani, Bull, com. 1891 p. 216 ausser dem Tempel der Minerva den der
Diana darstellen, die Inschrift sei zu ergänzen: Aedes Dianas Cornificia.
Die Ergänzung ist wegen der Stellung der Buchstaben (vgl. p. 156
Anm. 2) ansprechend. Martial VII 73, 1 und XII 18, 3 nennt nach
diesem Tempel den Aventin collis Dianae. Eine wichtige politische
Rolle spielte der Tempel, der nach Fest. p. 343 (servorum dies festus
vulgo existimatur Idus Aug., quod eo die Ser, Tullius, natus servus, aedetn
Dianae dedicaverit in Aventino) ein Zufluchtsort der Sklaven war, im
Aufstand des C. Gracchus. Oros. V 12: Flaccus duobus filiis armatis
cinctus comitante etiam Graccho togato brevemque gladium sub sinistra occul-
tante quamvis et praeconem frustra praemississet, qui servos ad libertatem
vocaret, Dianium tanquam arcem occupavit, vgl. Appian b. c. I 26;
Plut. C. Gracchus 16. Zu neuer Bedeutung gelangte er durch Augustus
dadurch; dass der Diana bei der Säkularfeier neben dem Apollo Palatinus
die Hauptfeier des dritten Tages galt. Vgl. Acta lud. saecul. Aug. 10. Eph.
epigr. Vffl p. 227.
5. Die Tempel der Juno Regina, der Minerva und des Jupiter
Libertas. — a. Die Gründung des Tempels der Juno Regina wird auf
Camillus zurückgeführt, der nach Liv. V 22 nach der Eroberung von Veji
das Holzbild {^oavov Dionys. XTTT 3) der Göttin aus ihrem Tempel in Veji
nach Rom brachte und in einem von ihm auf dem Aventin erbauten
Tempel aufstellte (integramque in Aventinum, aeternam sedem suam, quo
Vota Romani didatoris vocaverant, perlatam, ubi templum ei postea idem qui
voverat Camillus dedicavit). Die Lage des Tempels in der XIH. Region
ergibt sich aus Liv. XXVII 37, der eine sich zu ihm bewegende Procession
beschreibt: a porta (Carmentali) Jugario vico in forum venere. In foro
pompa constitü .... inde vico Tusco Velabroque per Boarium forum in clivum
Publidum atque aedem Junonis Reginae perredum. Im Jahre 218 v. Chr.
208 B* Topographie von Born.
widmeten die Römischen Frauen der Juno ein ehernes Standbild (Liv.
XXI 62). Der Tempel ist nach Mon. Ancyr. IV 6 von Augustus neu gebaut
(feci vgl. p. 138 Anm. 1). Er wird ausserdem genannt CIL VI 364. 365. —
b. Schon im zweiten punischen Kriege existierte der Tempel der Minerva.
Festus p. 333 berichtet über ihn: cum Livius Ändronicus hello Funico secundo
scripsisset Carmen, quod a virginibus est cantatum, quia prosperius respublica
populi Romani geri coepta est, publice attributa est in Aventino aedes Mnervae^
4n qua liceret scribis histrionibusque consistere ac dona ponere in honoretn
Livi, quia is et scribebat fabulas et agebat. Seit dieser Zeit hatten die
scribae und histriones, die in Livius Ändronicus den Stifter ihrer Zunft
verehrten, hier ihr Amtslokal. *) Als Stiftungstag geben die Pränestiner
Fasten den 19. März an: Ärtificum dies, quod [Minervae] aedis in Aventino
eo die est [dedicata]. Dasselbe sagt Festus p. 257. Vgl. CIL P p. 312 und
Ovid. Fast. III 809. Derselbe sagt VI 722 vom 19. Juni (in den Fasten
Minervae in Aventino) coepit Aventino Pallas in arce coli. Mommsen, CIL I*
p. 320 will diese Worte auf die Gründung eines Altars beziehen, Aust,
De aed. sacr. p. 42 auf die Keugründung durch Augustus, der nach dem
Mon. Ancyr. IV 6 auch diesen Tempel wiederhergestellt hat. Die Sache
ist nicht völlig klar. Der Tempel war sechssäulig; er ist dargestellt
auf der Form. Urb. fr. 2 und müsste, wenn die oben angeführte Ver-
mutung Lanciani's (p. 207) richtig wäre, nicht weit vom Tempel der Diana
gelegen haben. Diese Lage wird durch Orosius V 12 bestätigt, wonach
Gracchus, aus dem Dianeum vertrieben, sich zunächst in den Tempel der
Minerva zurückzog. In der Regionsbeschreibung werden beide Tempel
zusammen genannt: templum Dianae et Minervae. — c. Nur im Monumentum
Ancyranum und zwar in Verbindung mit den beiden eben behandelten Tem-
peln wird genannt der Tempel des Jupiter Libertas: aedes Minervae et
Junonis reginae et Jovis Libertatis in Aventino .... feci. Es scheint kein Zufall
zu sein, dass die kapitolinische Göttertrias sich hier auf dem Aventin (wie
auch auf dem Quirinal) befand, freilich nicht wie dort in einem Tempel
vereinigt, sondern in drei vermutlich nebeneinander liegenden Tempeln.*)
Ihre topographische Zusammengehörigkeit und damit ihre Lage in der
Nähe des Tempels der Diana oberhalb oder am Clivus Publicius (p. 203)
geht auch aus der Aufzählung im Monumentum Ancyranum hervor.
6. Das einzige Heiligtum, das man der Lage nach mit Sicherheit glaubt
bestimmen zu können, ist das des Jupiter Dolichenus,^) eines aus der
Stadt Doliche in Syrien nach Rom übertragenen Gottes (Pbeller, Myth.
11^ 404 flf.), in der Notitia unter dem Namen Dolocenum aufgeführt. Eis
lag bei S. Alessio; dort ist eine Anzahl auf den Kultus des Gottes hfy-
züglicher Inschriften gefunden worden (CIL VI 366, 406—413).*)
') Vgl. Pbbllbb, Rom. Myth. P p. 291 f. | bezüglichen InschHiPleki VtiÄ Bsquüiii, der
!1 lA' l^^^^^y ^P^- «Pi«'- 1 P- 287. Name Dolocenum hat nicht» toit dem Namen
1 Z^' I^J^ciANi, Bull. com. 1893 p. 5 ff. ! des GotteB m thun, sondern soll, aus dolium
'^ * * uud cenutn ssusammengesetzt, eine Bezeich-
nung für den Mons testaceus sein. Unter
S. Alessio sind Gebändereste gefunden, die
in der untersten Schicht aus republikanischer
Zeit stammen, während der Kult des Boli^
j » ^A, ±JAa\Ji./kak, XJUll. UUIU. X090 p. O U.
*) Zu ganz abweichenden Resultaten aber
diesen Tempel kommt Luoabi, IL Dolocenum
della Xm regione, Bull. com. 1893 p. 228
bis 243. Nach ihm stammen die bei 8. Ales-
sio gefundenen, auf den Jupiter Dolichenus
6. Die Stadtteile am Tiber, b. Der Aventin. (§ 72.)
209
7. Der Tempel der Luna. Er lag an der nördlichsten Spitze des
Aventin oberhalb der Porta Trigemina. Das ergibt sich aus der Schil-
derung der Flucht des C. Gracchus bei Aur. Vict. de viris illustr. 65:
armata famüia Äventinum occupavit. Tibi ah Opimio victuSf dum a templo
Lunae desiliit, talum int07'8Ü, et Pomponio amico apud portam Trigeminam,
P. Laetorio in ponte sublicio persequentibus resistente, in lucum Furrinae
pervenit. Da er nach OrosiusY 12 sich in dem Tempel der Diana ver-
schanzt hatte (siehe oben p. 207), so ging nach Eroberung desselben
durch die auf dem Clivus Publicius anrückenden Feinde seine Flucht
über den Tempel der Luna den steilen Abhang zur Porta Trigemina
hinab und über den zunächst zu erreichenden Pens sublicius. Nach Orosius
a. a. 0. wich Gracchus vom Tempel der Diana zunächst in den wahr-
scheinlich dicht daneben liegenden (siehe oben) der Minerva, während
die beiden Flaccus ihren Tod finden: cum per aedem Lunae in privatam
domum desüuissent foresque obiecissent, rescisso craticio pariete confossi sunt.
Mit dieser Lage des Tempels vereinigt sich auch das Prodigium des Jahres
182 V. Chr., in welchem nach Livius XL 2 ein Sturm forem ex aede Lunae
quae in Aventino est raptam tulit et in posticis parietibus Cereris templi adfixit.
Der Thürflügel ist den steilen Abhang hinabgerollt. -— Der Tempel war nach
Tac. Ann. XV 41 von Servius TuUius gegründet und wurde im Neronischen
Brande zerstört. Nach Vitruv. V 5, 8 stellte bei diesem Tempel Mummius
Schallgefässe aus dem Theater von Eorinth de manubiis auf. Stiftungstag
war der 31. März: Ovid. Fast. HI 883 f., CIL I« p. 314.
8. Ausserdem werden noch von Heiligtümern auf dem Aventin ge-
nannt: a. ein Tempel der Libertas (Fest. ep. p. 121), der von Ti. Sem-
pronius Gracchus, dem Vater des Siegers von Benevent, gegründet war. Der
Sohn Hess im Jahre 214 v. Chr. den Tempel mit einem Gemälde schmücken,
das sich auf jenen Sieg bezog (Liv. XXIV 16). — b. eine Ära Jovis Elicii,
deren Gründung von Liv. I 20 auf Numa zurückgeführt wird, erwähnt
Ovid. Fast. III 328 und Varro L. L. VI 95. Der missglückte Versuch, die
von Numa vorgeschriebenen Opfer an diesem Altare zu bringen, kostete
nach Liv. I 31 dem Könige TuUus Hostilius das Leben. — c. eine Ära
incendii Neroniani, wie sie vermutlich in allen Regionen aufgestellt
waren: CIL VI 826, Rom. Mitt. 1894 p. 94 flf. — d. ein Sacellum Silvani
bei S. Saba. Vgl. CIL VI 673 und Eph. epigr. IV p. 268 Nr. 755.
72. Profanbauten. Der oben (p. 204) erwähnte plebejische Charakter
des Berges macht es erklärlich, dass wir nur wenige Privatbauten und
Wohnungen bekannter Männer hier finden. Aus der Überlieferung sind
folgende bekannt: 1. Nach Hieronymus ad Euseb. a. Abr. 1777*) wohnte
der Dichter Q. Ennius „in monte Aventino parco admodum sumptu con-
tentus et unius ancülae ministerio". — 2. Nach der Regionsbeschreibung
chenns erst im 2. Jahrb. n. Chr. in Rom ein-
gefOhrt ist. An der Stelle dieser Kirche habe
vielmehr entweder das Armilustrium (das
der Verfasser trotz Livins XXVII 57 fOr ein
Gebftnde zu halten scheint) gelegen oder das
Hans der Cornelii Repentini, deren Name
sich aof einer bei S. Alessio gefundenen
Wasserrohre gefanden hat etc. Das Haus
soll dann durch Erbschaft in den Besitz der
Potiti gekonunen sein.
*) vgl. Sneton y. Rbiffebsohbio p. 24.
Handbnch der kUM. AltertnmawlBMiuMhan. ni, 8, B. S. Aufl.
14
210
B. Topographie von Born.
lagen hier die Privata Traiani, das Haus, in dem Trajan wohnte, ehe
er Kaiser wurde. — 3. Neben dem Tempel der Diana (Mart.VI 64, 13
laudat Aventinae vidnus Sura Dianae) lag das Haus des Licinius Sura,
des intimen Freundes des Trajan (vgl. Dio Cass. LXVDI 15). Dieser er-
baute auf dem Aventin Bäder {bainea oder thennae), von denen ein Teil
auf Form. Urb. Taf. IX fragm. 41 mit der Inschrift BAL. SVRAE dar-
gestellt ist. Die Reste glaubte Gakina, Roma ant. p. 533 unter S. Prisca
gefunden zu haben (vgl. Lanciani im Bull. com. 1878 p. 253). Nach Aur.
Vict. Epit. 13 soll sie nicht Sura, sondern Trajan diesem zu Ehren gebaut
haben: hie ob honorem Surae, cuius studio itnperium arripuerat, lavacra con-
didit — 4. Zusammen mit den Thermen des Sura nennt die Regions-
beschreibung die Thermae Decianae. Im Chron. von 354 heisst es unter
Decius: hoc imperatore thermae Commodianae dedicatae sunt, wofür vermut-
lich Decianae zu lesen ist. Der Name findet sich auf dem Halsband
eines Sklaven, wo er zugleich mit dem auf dem Aventin befindlichen Hause
des Potitus genannt wird: fugitibus so revoca me in Aventino in domu
Potiti V. c. ad Decianas (vgl. Bull. com. 1887 p. 366 und 1893 p. 240). Den
Bau der Thermen bezeugt auch Eutrop. TX 4. Sie lagen vielleicht bei
S. Alessio. Vgl. p. 208 Anm. 2, Jordan, Top. H p. 104. — 5. Die Pri-
vata Hadriani nennt die Regionsbeschreibung Reg. XII, sie werden auch
erwähnt Vita M. Aurelii 5. Visconti, Bull. d. Inst. 1859 p. 15 sucht sie bei
S. Balbina. Hülsen setzt sie auf seiner Forma ürbis H südlich von S. Saba
an. — 6. Die Domus Cilonis, erwähnt in der Notitia Reg. XH, darge-
stellt zum Teil auf Form. Urb. fragm. 43. Cilo war ein unter Septimius
Severus und Garacalla angesehener Mann. Von Septimius heisst es Aur.
Vict. Epit. 20: in amicos inimicosque pariter vehemens (?); quippe qui Laie-
ranuMj Cilonem, Anutinum, Bassum ceterosque alios ditaret, aedibus quoque
memoratu dignis^ quarum praecipuas videmus, Parthorum quae dicuntur ac
Laterani. Im Jahre 1859 fand man eine Wasserröhre mit der Inschrift
(L. F.) ABI. CHILONIS. PRAEF. VRB. bei S. Balbina und glaubt, das
Haus hier suchen zu sollen.*) — 7. Die Domus Cornificiae wird Reg. XII
in der Notitia erwähnt. Die Frage, ob sie auf dem Fragment der Forma
UrbisI2 dargestellt ist, erledigt sich durch das oben p. 207 Gesagte. — 8. Über
die Domus Maximi Mart. VII 73; vgl. p. 137. — 9. Tac. Hist. DI 70 sagt
Sabinus zu Vitellius: cur enim e rostris fratris domum, imminentem foro et
irritandis hominum oculis, quam Aventinum et penates uxoris petisset?
Bekannt ist über diese Häuser weiter nichts. — 10. Die Mappa aurea,
Notit. Reg. Xin, lag über dem Circus (mappa ist das Tuch, mit dem das
Zeichen zum Beginn der Spiele gegeben wurde) und war vielleicht
der Name eines auf diesen zuführenden Vicus. Erwähnt wird dieser
auch auf einem Sklavenhalsband (Bull. com. 1887 p. 265): tene me et reboca
me Aproniano Palatino ad mappa aurea in Aventino quia fugi. — 11. Sicher
eine Strassenbezeichnung ist Platanonis Notit. Reg. XHI, wozu vicus
>) Visconti, BuU. d. Inst. 1859 p. 164.
Lavciaki, Silloge Nr. 167, ders. Avanzi
della domus Cilonis nella regione XII-- XIIT
di Roma, Not. d. scavi 1884 p.
XV 7448.
— CIL
a. Die Stadtteile am Tiber, c. Die Vorstädte im Süden des Marefeldee. (§ 73.) 211
zu ergänzen ist. Dasselbe vermutet Jordan, Top. II p. 38 betreffs der
nymphea tria der Begionsbeschreibung; er will dafür nymphas tres
lesen.
c. Die Vorstädte im Süden des Harsfeldes.
73. unter Marsfeld (Campus Martins) im weitesten 8inne bat man
das Feld zu verstehen, das im Osten von den Hügeln Roms: dem Kapitol,
dem Quirinal und dem Pincio, auf der anderen Seite von dem weit nach
Westen ausbuchtenden Tiber eingeschlossen ist. Ursprünglich war es
ganz von städtischem Anbau frei, die Sage verlegt hierher die Äcker
der Tarquinier (Juv. VI 524 f. superbi . . . regis agrum) und nimmt an,
dass es nach ihrer Vertreibung dem Mars geweiht sei (Liv. II 5; Plut.
Popl. 8; Dionys. V 13; Schol. zu Juv. II 132; vgl. Servius Aen. IX 272).
In historischer Zeit sehen wir das Gebiet des Marsfeldes erheblich
eingeschränkt. Teils finden wir grosse Strecken im Privatbesitz, wie die
Prata Flaminia (Liv. III 54: quem nunc drcum Flaminium appellant, 63; ubi
nunc aedes Apollmis est Bei Varro LL. V 154 heissen sie Flaminius campus)
vor dem Garmentalischen Thor, teils entstehen längs der zu den Thoren
der Stadt hinausführenden Strassen Vorstädte, die sich immer weiter
hinausschieben, wie die extra portam Flumentanam; sie dehnte sich
nach dem Flussufer und an diesem entlang bis zu den Navalia (vgl. p. 199)
aus. Die niedrigere Lage am Flusse bezeugen mehrfache Nachrichten,
dass bei Überschwemmungen, welche die „plana urbis^ trafen, vornehmlich
die Vorstadt extra portam Flumentanam getroffen worden sei. Erwähnt
wird bei Livius VI 20 ein extra portam Ilumentanam gelegener Lucus
Petelinus, in dem bei dem Prozess gegen Manlius sich die Centurien
versammelten; nach Liv. Vn41 wird in demselben Haine über einen Militär-
aufstand verhandelt. Seine Lage ist fraglich (vgl. Mommsen, R. F. U 192).
Besser sind wir orientiert über das Aesculetum, einen in der Nähe
des Tiber gelegenen Hain, den Varro LL. V 152 nennt, und über den
Plin. N. H. XVI 37 berichtet: Q. Hortensius dictator cum plebes secessisset in
Janiculum, legem in Aesculeto tulit, ut quod ea iussisset, omnes Quirites
teneret. Offenbar hängt damit der Vicus Aescleti = Aesculeti zusammen, der
auf einer an Ort und Stelle, in der Via Arenula unweit des modernen
Ponte Garibaldi gefundenen Aia genannt wird (Rom. Mitt. 1889 p. 263 ff.).
Wahrscheinlich vor der Porta Fontinalis lag die Vorstadt Aemi-
liana. Diese und die extra p. Fl. werden von Varro R. R. IH 2 genannt:
nam quod extra urbem est aedificium, nihilo magis ideo est viUa quam eorum
aedifida, qui KaUtant extra portam Flumentanam aut in Aemüianis, Die Stellen;
in denen sonst noch die Aemiliana genannt werden, geben über ihre Lage
kaum genügenden Aufschluss. Sueton. Claud. 18 heisst es: cum Äemüiana
pertinacius arderent, in diribitorio (p. 232) duabus noctibus mansit, was zu der
angenommenen Lage vor der Porta Fontinalis passt. Nach Tac. Ann. XV 40
brach der Neronische Brand, nachdem er sechs Tage gewütet hatte, aber-
mals praediis Tigellini Äemilianis aus; die Schilderung der Ausbreitung
dieses zweiten Brandes: patulis magis urbis locis, eoque strages hominum
14*
212
B. Topographie von Bom.
minor: delubra deum et porticus amoenitati dicatae latius proddere weisen
auf die Nähe des Marsfeldes hin.
Vor der Porta Carmentalis war durch die Anlage des Forum
holitorium (p. 192) schon früh ein Ausgangs- und Mittelpunkt städtischer
Ansiedlung geboten; enge Quartiere mit einer plebejischen ^ von Gewerbe
und Kleinhandel lebenden Bevölkerung entstanden hier eins neben dem
andern und gaben der Gegend den winkligen, schmutzigen Charakter, der
ihr durch so viele Wandlungen der Geschichte bis zum heutigen Tage
geblieben ist.
74. Circus Flaminius. 1. Einen besonderen Aufschwung nahm
diese Gegend, als auf den Prata Flaminia im Jahre 221 v. Chr. der
Circus Flaminius errichtet wurde. Liv. ep. XX: C Flaminius censor (der
unglückliche, in der Schlacht am Trasimenischen See gefallene Feldherr)
viam Flaminiam muniü et circum Flaminium exstruxit (Fest. ep. p. 89). Er
diente zur Abhaltung der ludi plebei (Yal. Max. I 7, 4) und der ludi Taurii,
nach Fest. p. 351 instituti dis inferis; vgl. Varro LL. V 154. Auch Ver-
sammlungen (contiones) fanden hier statt (Cic. ad Att. I 14, pro Sestio 38,
p. red. in sen. 13 u. 17, Liv. XXVH 21). Nach Dio Cassius LV 2 hielt
Augustus im Jahre 9 v. Chr. seinem Stiefsohn Drusus im Circus Flaminius
die Leichenrede, während Tiberius auf dem Forum redete. Die Reste des
Circus sind sehr dürftig, ^) auf Form. Urb. fr. 27 findet sich ein Teil der Inschrift.
Die in der Not. Reg. IX erwähnten Stabula lY factionum,^) in
denen die Rosse für die Circusspiele standen, lagen auf dem Marsfeld in
der Nähe des Circus Flaminius; sie dienten aber auch für den Circus
Maximus, in dessen Nähe von Ställen nichts bekannt ist. Nach der
Notitia waren es acht, nach dem Curiosum sechs «tabula. Nach Tac.
Hist. II 94 wurden unt^r Vitellius neue Stabula errichtet. Die allein
nachweisbaren Stabula factionis prasinae lagen bei der Kirche
S. Lorenzo in Damaso, die den Beinamen in prasino führte. Daselbst ist
die Inschrift CIL VI 10058 und in der Nähe eine Wasserleitungsröhre ge-
funden (CIL XV 7254), die die Factio prasina erwähnen. Von Caligula,
dessen Vorliebe für diese Factio gross war (Dio Cass. LIX 14), heisst
es Suet. 55: prasinae factioni ita addictus et deditus, ut cenaret in stabulo
assidue et maneret.
Neben dem Circus Flaminius befanden sich die bei Cicero pro Roscio 7,18
erwähnten Balneae Pallacinae und der gleichnamige Vicus.») CIL VI
9713 wird ein nummularius de circo Maminio genannt.
2. Aedes Apollinis. Der Circus war nicht das erste Bauwerk, welches
auf den Prata Flaminia errichtet wurde. Schon zur Zeit der Dezemvirn, als
sich die ersten Häuserreihen vor die Porta Carmentalis schoben, befand sich
an der zum Marsfeld führenden Strasse ein Apollinisches Heiligtum,
0 A. FuLYiüs, De nrbis antiquitate p. 294.
*) In der Regel rannten vier Wagen
um die Wette, die von vier factianes ge-
stellt wurden. Sie trugen Abzeichen und
Farben: weiss (albatä), rot {russea), blau
(veneta), grOn (prasina); die beiden letzteren
kamen erst bei Beginn der Eaiseneit auf,
Domitian fügte yorftbergehend eine goldene
(aurata) und purpurne {purp%irea, Martud
XIV 50) hinzu, sie gingen aber bald wieder
ein. In späterer Zeit sind die Ordnen und
die Blauen die Hauptfaktionen. YgL Fbied-
LÄNDBB, Sittengeschichte 11 p. 808 ff.
•) Vgl. JoBDA», Hermes II 76.
6. Die Stadtteile am Tiber, e. Die Vorstädte im Süden des Marafeldes. (§ 74.) 213
ein Hain^ oder ein Altar. Liv. III 63 berichtet aus dem Jahre 449 v. Chr.:
consules, ne criminationi locus esset, in prata Flaminia, ubi nunc a^des
Apollinis est — iam tum Apollinare appellabant — avocavere senatum. Der Bau
eines Tempels des Apollo an dieser Stelle wurde nach Liv. lY 25 im
Jahre 433 v. Chr. bei Gelegenheit einer Pest pro valetudine populi gelobt
(daher ihn auch Liv. XL 51 Apollo medicus nennt) und im Jahre 429
(Liv. IV 29) vollendet. Der Konsul Cn. Julius dedizierte ihn. Nach
Asconius in or. in toga Candida 115 war dies der einzige Apollotempel,
den es vor dem Bau des Palatinischen Tempels (p. 146) in Rom gegeben
hat. Er lag nach seiner Beschreibung ea^ra portam Carmentalem inter
forum holitorium et circum Ilaminium. Diese Angabe ist durch die Aus-
grabungen bestätigt worden. Reste des Tempels sind bei Piazza Campi-
telli unweit des Marcellustheaters entdeckt worden.^) Von diesem heisst
es denn auch im Mon. Ancyr. IV 22: theatrum ad aedem Apollinis in solo
magna ex parte a privatis empto feci, und dieselbe Bestimmung kehrt im
Kalender wieder: CIL I* p. 339 (die incerto) Apollini Latonae ad theatrum
Marcelli. — Eine Restauration des Tempels scheint durch C. Sosius, den
Konsul des Jahres 32 v. Chr., der zur Zeit des Triumvirates Präfekt von
Syrien und Cilicien war, stattgefunden zu haben. (Eine andere, viel spätere
Restauration, 356—359 n. Chr., scheint sich aus CIL VI 45 zu ergeben.)
Auf diesen Tempel bezieht sich Plin. N. H. XIII 53: Cedrinus est Romae
in delubro ApoUo Sosianus Seleuda advectus und XXXVI 28 haesitatio est in
templo Apollinis Sosiani, Niobae liberos morientes Scopas an Praxiteles fecerit.
In dem Tempel befanden sich nach Plin. N. H. XXXVI 34 ausser Apollo
auch Statuen der Latona, der Diana und der Musen; die Verehrung der
Latona geht auch aus CIL V p. 339 hervor. Die bekannte Niobegruppe
scheint den Giebel geschmückt zu haben. ^) Bilder im Tempel erwähnt
Plin. N. H. XXXV 99. — Der extra pomerium gelegene Tempel ist am
bekanntesten durch zahlreiche Berichte über Senatssitzungen, die hier ab-
gehalten wurden. So im Jahre 194 v. Chr. für die Gesandten des Tyrannen
Nabis (Liv. XXXIV 43), 189 v. Chr. für den einen Triumph nachsuchenden
L. Aemilius Regillus (Liv. XXXVII 58), 187 v. Chr. aus gleichem Grunde
für M. Fulvius (Liv. XXXIX 4), 176 v. Chr. für die Gesandten des in
• Sardinien weilenden Ti. Sempronius (Liv. XLI 17). Cic. ad Q. fr. 11 3 erzählt
aus dem Jahre 56 v. Chr. : a. d. VII Id. Febr. senatus ad Apollinis fuit, ut
Pompeius adesset ... a. d. VI id. Febr. ad Apollinis senatus consultum
factum est.
Aus der Zeit Sullas erzählt Cicero in tog. cand. (Ascon. p. 115) quod
Caput (i. e. M. Marii) etiam tunc plenum animae et spiritus ad Sullam usque
0 Pbbllbb, Myth. I» p. 303.
») Lanoiani im BuU. d. Ist. 1878 p. 218
berichtet darüber: Nei sottefranei delV al-
bergo detto della Catena, precisamente in
qt^lla gdüeria che drconda ü pozzo del
cortüe, ho ritrovato, sotto la guida del eh.
p. Corrado, il hasamento di un tempio, co-
struito di opera qundrata perfettissima, la
cui posizione collima si hene con quella in-
dicata pel tempio di ApoUo, che non v' ha
luogo a porne in dfibbio Videntitä. An der
selben Stelle wurde im Dezember 1892 etwa
2,50 m nnter dem heutigen Boden ein mit
Lorbeerzweigen geschmückter Marmorblock
gefunden (Pascal, Stndi d* antichitä e mito-
logia p. 11). Ueber die Lage vgl. auch noch
Liv. XXVn 37 und Dio Cass. fragm. 50, 1.
*) Ygl. Pascal, Studi di antichita e
mitologia. II piü antico tempio di Apollo a
Roma p. 13 f. und BuU. com. 1893 p. 46 ff.
214 B. Topographie von Born.
a Janiculo ad aedem Apollinis manibus ipse suis detulü (Catüina). Dieselbe
Geschichte erzählt Plutarch Sulla 32 (mit dem Fehler, dass er den Tempel
ans Forum versetzt) und fügt hinzu: ry d^ TteQiQQavtrjQÜ^ tov UnoXXwvog
iyyvg ovTi nqogeXd-wv anevCifjaxo rag x**I?"?« Dieses „lavacrum** wird sonst
nicht genannt. — Die zu Ehren des Gottes eingesetzten ludi ApoUinares
wurden, soweit sie circensischer Natur waren, anfangs im Circus Maximus,
dann im Circus Flaminius gefeiert. Auf den scenischen Teil dieser Spiele
muss sich die Notiz des Livius XL, 51 aus dem Jahre 179 v. Chr. be-
ziehen: Lepidus . . . theatrum et proscmium ad ApoUinis locavit.
3. Aedes Bellonae. Nicht minder alt war der Tempel der Bellen a,
in den Fasten 3. Juni Bellonae in circo Flaminio genannt. Schon Appius Claudius
Regillensis, Konsul im Jahre 495 v. Chr., soll die Bilder seiner Vorfahren
in einem doch wohl von ihm erbauten Tempel der Bellona aufgestellt haben
(Plin. N. H. XXXV 12). Dem widerspricht freilich die Nachricht bei
Liv. X 19, dass Appius Claudius Caecus im Jahre 296 v. Chr. in der
Schlacht gegen die Etrusker einen Tempel der Bellona gelobt habe, und
dass Ovid Fast. VI 203 ihn als Erbauer desselben nennt. Da beide
Gründungen aber an den Namen eines Claudiers geknüpft sind, so mag
die zweite ein grossartigerer Neubau an Stelle eines älteren, unbedeutenderen
Heiligtums gewesen sein. Der Tempel lag, wie der des Apollo, ausserhalb
des Pomeriums und diente zu Senatssitzungen, in welchen die aus dem
Kriege zurückkehrenden Feldherren Rechenschaft vor dem Senate ablegten
und sich um die Ehre des Triumphes bewarben und die, da sie cum imperio
waren, das Pomerium nicht überschreiten durften, ohne dessen und damit
auch der Aussicht auf den Triumph verlustig zu gehen. Dies wird be-
richtet aus dem Jahre 211 v. Chr. von dem aus Sicilien zurückkehrenden
Marcellus (Liv. XXVI 21), aus dem Jahre 206 v, Chr. von Scipio nach
seiner Rückkehr aus Spanien (Liv. XXVIII 38), aus dem Jahre 200 v. Chr.
von L. Furius (Liv. XXXI 47), aus dem Jahre 197 v. Chr. von den Konsuln
C. Cornelius und Q. Minucius (Liv. XXXTTT 22), aus dem Jahre 191 v. Chr.
von P. Cornelius (Liv. XXX VI 39), 178 v. Chr. von den aus Spanien zurück-
kehrenden Konsuln Ti. Sempronius Gracchus und L. Postumius Albinus (Liv.
XLI6), 173 V. Chr. von M. Popillius nach Besiegung der Ligurer (Liv. XLII 9),
172 V. Chr. vom Prätor C. Cicereius nach dem Kriege in Corsica (Liv. XLII 21)
u. a. Vgl. noch Liv. XXVIII 9 und Plut. Sulla 7. Hauptsächlich aber
diente der Tempel zu Senatssitzungen, die fremden Gesandten, die eben-
falls die Stadt nicht betreten durften, anberaumt wurden. Dies wird be-
richtet von den karthagischen Gesandten, die im Jahre 203 v. Chr.
(Liv. XXX 21) und 201 v. Chr. (Liv. XXX 40) des Friedens wegen nach
Rom kamen, ferner von den Gesandten des Königs Philipp im Jahre 197
V. Chr. (Liv. XXXUI 24) und des Perseus im Jahre 171 v. Chr. (Liv. XLII 36).
Festus p. 347 hebt dies ganz besonders hervor: tertium (senaculum) citra
aedem Bellonae^ in quo exterarum nationum legatis, quos in urbem admittere
nolebant, senatus dabatur.^)
*) Erwähnt wird der Tempel noch Plut. Cicero 18 und Dio Cass. XLII 26.
6. Die Btadtteile am Tiber, o. Die Voretädte im Bflden des Marefeldes. (§ 74.) 215
Neben dem Tempel lag eine kleine Area, die einst ein gefangener
Soldat des E^rrhus hatte kaufen müssen, und die als ausländisches Gebiet
galt (Serv. ad Aen. IX 52). Darauf stand die Golumna bellica (Fest,
ep. p. 33), vermutlich das Sinnbild eines Grenzpfeilers. Über diese schleuderte
der Fetial vor Beginn eines auswärtigen Krieges seine Lanze gleichsam
in Feindesland (Ovid Fast. VI 205 ff.). Diesen Gebrauch übte noch Augustus
vor dem Eriege gegen Cleopatra (Dio Cassius L 4) und M. Aurelius im
Jahre 178 n. Chr. (Dio Cass. LXXI 33).
Über die Lage des Tempels der Bellona ist nichts Bestimmtes über-
liefert, indessen ist sie ziemlich sicher festzustellen. CIL VI 490, 2232
und 2233 wird eine aedes Bellonae Pulvinensis genannt, die Mommsen
CIL VI 490 für den sonst schlechthin Aedes Bellonae genannten Tempel
hält. Er leitet den Namen von dem Pulvinar ab, das es beim Circus
Flaminius ebenso wie beim Circus Maximus gegeben habe (p. 176); der
Tempel sei so genannt, weil er dicht bei dem Pulvinar gelegen habe.
Von diesem können wir annehmen, dass es jedenfalls nicht an der Ost-
seite des Circus lag, wo sich die Carceres befanden. Damit stimmt überein,
dass Ovid. Fast. VI 205 von dem Tempel sagt, dass er am summus circus
gelegen habe, an der anderen Seite habe der Tempel des Hercules
Custos gelegen (209 altera pars Circi Custode sub Hercule tuta est). Es ist
aber sicher, dass dieser Tempel des „Wächters* am Eingang (vgl. den
Jupiter Custos auf dem Eapitol p. 127) d. h. vor den Carceres lag. Auch
beim Circus Maximus liegen die Herkulesheiligtümer vor den Carceres
(p. 187 ff.). Demnach lag der Tempel der Bellona und mit ihm das Pulvinar
an der Rundung der Westseite.
4. Der Tempel des Herkules ist nach Ovid a.a. 0. von Sulla dediziert,
aber die enge Beziehung des Herkules zum Circus (vgl. Vitruv. I 7, 1) und
der auf dieses Verhältnis sich beziehende Beiname Custos machen die Grün-
dung des Tempels nicht lange nach der Errichtung des Circus wahrscheinlich.
Liv. XXXVIH 35 berichtet aus dem Jahre 189 v. Chr.: eo anno in aede
Herculis Signum dei ipsius ex decemvirorum responso (positum). Die Be-
ziehung auf diesen Tempel des Herkules ergiebt sich aus den Worten ex
decemvirorum responso; denn nach Ovid a. a. 0. hat Herkules auch das Amt
als custos durch die sibyllinischen Bücher erhalten. ^ Danach ist der
Tempel vor dem Jahre 189 gegründet worden. Der Kalender nennt als
Gründungstage den 4. Juni und den 12. August (CIL I« p. 319 u. 324).«)
5. Noch mehrere Tempel werden als in circo Flaminio oder ad
circum Flaminium liegend genannt, deren Kenntnis wir lediglich gelegent-
lichen Erwähnungen bei Schriftstellern oder in den Fasten verdanken;
topographisch nachweisbar sind sie nicht: 1. Eine Aedes Pietatis ad circum
Flaminium, nicht zu verwechseln mit der einst am Forum holitorium ge-
legenen (p. 193). Jul. Obs. 114 aedes Pietatis in circo Flaminio clausa f ul-
mine icta. CIL I« p. 335. 1. Dec. vgl. Preller. Myth. 2« p. 263. — 2. Mit ihm
*) Elügmann, Gomm. in honorem Momm-
seni p. 266 ff.
^) AusT, De aedibus sacris p. 28 bezieht
das erste Datum auf die Snllamsche Restan-
ration, das zweite auf eine sonst nicht be-
kannte WiederhersteUnng des Tempels unter
Augustus.
216 B. Topographie von Born.
zusammen wird im Kalender, 1. Dec, eine Aedes Neptuni genannt,
auch erwähnt CIL VI 8423 aedituo aedis Neptuni quae est in circo FJaminio
(vgl. Liv. XXVni 11). Nach Plin. XXXVI 26, der ihn als ddubrum be-
zeichnet, ist er von Cn. Domitius gegründet. In ihm befand sich ein
Hauptwerk des Skopas: Neptunus ipse et Thetis atque Achilles , Nereide
supra delphinos et cete aut hippocampos sedentes, item Tritones chorusque
Phorci et pistrices ac muUa alia marina.^) — 3. Tempel der Diana und der
Juno Regina, nach Liv. XL 52 von M. Aemilius Lepidus im Jahre 179
v. Chr. dediziert: quae hello Ligustino ante annos octo vovisset; indessen ist
bei Liv. XXXIX 2, wo diese Gelobung vom Jahre 187 erzählt wird, nur
vom Tempel der Juno Regina die Rede. — 4. Vermutlich auch eine Aedes
Fortunae equestris, nach Jul. Obsequens 75 in circo Flaminio, nach
Vitruv. ni 3, 2 ad theatrum lapideum, d. h. Pompei, also an der Qrenze des
Marsfeldes gelegen. Sie war nach Liv. XL 40 u. 44, XLII 10 von Q. Fulvius
Flaccus im Jahre 180 v. Chr. gelobt und im Jahre 173 v. Chr. dediziert worden.
Er hatte zu diesem Bau den Tempel der Juno Lacinia in Bruttiis geplündert,
musste aber die entwendeten Materialien, marmorne Dachziegel, wieder
zurückgeben (Liv. XLII 3. Val. Max. I 1, 20). Der Tempel existierte nach
Tac. Ann. III 71 zur Zeit des Tiberius nicht mehr, denn als die römischen
Ritter ein Geschenk, das sie pro valetudine Augustae der Equestris Fortuna
gelobt hatten, in einen Tempel derselben niederlegen wollten, fand man
keinen in Rom : repertum est aedem esse apud Antium, quae sie nuncuparetur . . .
ita donum apud Antium statuitur. Die Nachbarschaft des Tempels mit dem
der Juno Regina (Nr. 3) ergiebt sich aus Jul. Obs. 75, der von einer
Portikus zwischen beiden Tempeln spricht. — 5. Eine Aedes Martis,
nach Com. Nep. ap. Priscian. VIII 17 in circo Flaminio architectata ab
Hermodoro Salaminio. Sie war nach Plin. XXXVI 26 von Brutus Callaecus
(Konsul 138 v. Chr.) erbaut; in dem Tempel befand sich eine sitzende
Eolossalstatue des Mars und eine Venus von Skopas. — 6. Die Aedes
Volcani, genannt im Kai. zum 23. Aug. Volcano in circo Flaminio. Den-
selben Tempel meint offenbar auch Livius XXIV 10 mit der Bezeichnung
in campo. Es ist daraus mit Recht geschlossen worden^ dass der Tempel
auf der Grenze zwischen dem Circus Flaminius und dem Marsfelde lag.')
Neben diesem Tempel stellte Verres vergoldete Reiterstatuen auf, die er
in Sicilien geraubt hatte. Cic. Verr. II 150 und 167. 8) Die Gründung des
Volkantempels ausserhalb der Stadt hat nach Vitruv. I 7, 1 den Zweck
gehabt: (ut) Volcani vi e moenibus religionibus et sacrificiis evocata ab timore
incendiorum aedificia videantur liberari (vgl. Plut. qu. Rom. 47).*) Circen-
sische Spiele zu Ehren des Volkan scheinen nach den Münzen mit Mars
ultor et Volkanus uüor (Eckhel 6, 96) zugleich mit den Spielen für Mars
im Jahre 20 n. Chr. signis a Parthis receptis eingesetzt zu sein. Der Kaiser
') YespignaDi im Bull. com. 1873,
p. 212fif. glaubte Reste eines dieser Tempel
gefunden zu haben; er hielt ihn fOr den der
Fortuna equestris (unter Nr. 4). Nach Brunn
gehört aber der Poseidonfries in der Glyptothek
in München zu dem von Vespignam rekon-
struierten Tempel; danach würde derselbe
der Nep tun Stempel sein. Vgl. auch Bursiaks
Jahresbericht 1875, p. 787 ff. Der Tempel dea
Neptun lag demnach nordwestlich von Circus
Flaminius.
>) Vgl MoMMSBN CIL I* p. 326.
^) Vgl. Jordan, Ephem. epigr. I p. 230.
*) Vgl. von DuHV m den Neuen Heidel-
berger Jahrbüchern 1899 p. 116 ff.
6. Die StadtteUe am Tiber, o. Die Yorstftdte im Süden des Marsfeldes. (§ 75.) 217
Macrinus hob sie 217 n. Chr. auf, musste sie aber wieder einführen, nach-
dem der Brand des Amphitheaters (vgl. p. 167) gerade am Tage der
Volkanalien ausgebrochen war. — 7. In der Nähe des Tempels des Volkan
scheint der Tempel der Nymphen gelegen zu haben. Vgl. Mommsen
CIL I* p. 326 (p. 109, Anm. 1). — 8. Eine Aedes Castoris in circo
Flaminio, erwähntbeiVitruv.IVS, 4 und im Eal.zum 13. Aug. Castori Pollud
in Circo Ilaminio. Über den Tempel fehlt jede weitere Nachricht.
75. Portiken. 1. Die Porticus Minuciae. Nördlich vom Forum
holitorium lag seit alter Zeit die Aedes Larum permarinorum, ge-
gründet im Jahre 179 v. Chr. von L. Aemilius Regillus, der sie neun Jahre
vorher navali proelio adversus praefectos regis Antiochi gelobt hatte (Liv.
XL 52. Macrob. Sat. I 10, 10). Dieser Tempel wird im Kalender 22. Dezbr.
(CIL I* p. 338) bezeichnet als in porticu Mnucia gelegen. Die Portikus
ist geraume Zeit später, 109 v.Chr., gegründet. Voll. 11 8: per eadem
tempora clarus eins Minucii, qui porticus, quae hodieque celebres sunt, molitus
est, ex Scordiscis triutnphus fuit. Danach waren es zwei Portiken; auch
die Notitia Reg. IX führt Minucias duas veterem et frumentariam auf. Von
diesen ist die Minucia vetus nach dem Chron. von 354 von Domitian wieder-
hergestellt worden. In Minucia befand sich nach Vita Commodi 16 ein
Herculis signum ah&neum. Nach dem Eal. 4. Juni wurden an diesem Tage
ludi in Minicia gegeben. Das Verhältnis der beiden Portiken zu einander
ist schwer zu erklären, namentlich die Bezeichnung der einen als vetus, da
nach dem ausdrücklichen Zeugnis des Velleius beide von demselben Manne
und zur selben Zeit gebaut sind. Dagegen ist sicher, dass der Name für
die andre frumentaria später ist. Erst seit Claudius und von da bis ins
dritte Jahrhundert fanden in dieser Portikus die Frumentationen statt,
d. h. die Verteilung der Marken {tesserae), auf welche die Empfänger das
Oetreide aus den öffentlichen Eornmagazinen erhielten. Seit Septimius
Severus erscheint ein curator aquarum et Miniciae; seit jener Zeit scheint
die Porticus Minucia auch als Bureau der Verwaltung der Wasserleitungen
gedient zu haben, der Name frumentaria aber bleibt. Die Lage dieser
Portiken, die sonst nirgends beschrieben oder angedeutet wird (Macrob. a. a. 0.
sagt ungenau, die Aedes Larum permarinorum habe in campo Martio ge-
legen), ergiebt sich nur vermutungsweise aus der Aufzählung in der Notitia.
2. Die Porticus Octaviae. Velleius I, 11 erzählt, dass Q. Cae-
cilius Metellus Macedonicus die beiden Tempel, die nachmals von der
Porticus Octaviae umschlossen waren, mit Portiken umgeben habe. Er
fügt hinzu, diese Tempel hätten keine Dedikationsinschrift gehabt, und
damit stimmt die von Plinius XXXVI 42 überlieferte Geschichte, dass
Saura und Batrachus, die Erbauer dieser Tempel, vergeblich gehofft hätten,
ihre Namen auf die Tempel setzen zu dürfen, und dann, um sich zu ver-
ewigen, eine Eidechse und einen Frosch in columnarum spiris angebracht
hätten. Die Erzählung ist wahrscheinlich aus gewissen an den Säulen befind-
lichen Tierbildern herausgesponnen, und als notwendiger Bestandteil der-
selben die mehr als wunderliche Vorstellung darin aufgenommen, die
0 Vgl. HiBSOHFELD; Untersachuiigen auf 1 geschichte p. 184 a. 166, MomiBBN, Staats-
dem Gebiete der Römischen Yerwaltongs- | recht IT * p. 1058 f.
218 B. Topographie von Bom.
Tempel hätten der Dedikationsinschrift entbehrt. Wer sie gebaut hat,
wissen wir freilich nicht, jedoch steht fest, dass es ein Tempel des
Jupiter und einer der Juno war. Plinius nennt sie XXXVI 35 beide
mit diesen Namen. Vitruv. III 2, 5 bezeichnet ersteren genauer als in por-
ticu Metelli (aedes) Jovis Statoris Hermodori, Diesen selben Tempel meint
Varro bei Macrob. III 4, 2 : in circo Flaminio Jovis Statoris, Dass der in
die Portikus eingeschlossene Tempel der Juno nicht etwa identisch ist mit
dem auf p. 216 unter No. 3 erwähnten, geht aus Obs. 75 hervor.^) Diese
beiden Tempel umgab Metellus mit Portiken und hat sie ohne Zweifel
auch umgebaut. Von dem Tempel des Jupiter wird dies ausdrücklich be-
stätigt. Es heisst Velleius I 11: hie idem primus omnium Romae aed-em ex
marmore in iis ipsis monumentis molitus vel magnificentiae vel luxuriae prin-
ceps fuit. n 1, 2 führt derselbe die Portiken des Metellus unter den ersten
Beispielen der publica magnificentia auf. Es heisst weiter bei Yell. I 11,
dass er als grössten Schmuck der Portiken eine turma statuarum equestrium,
quae frontem aedium spectant aus Macedonien dorthin schaffen liess. Von
Kunstwerken, die sich hier sonst noch befanden, wird Plin. N. H. XXXIV 31
eine sitzende Statue der Cornelia, der Mutter der Gracchen, genannt.^) In-
wieweit die von Plinius N. H. XXXV 139, XXXVI 15, 24 u. 35 aufgezählten
Kunstwerke in den Portiken oder den Tempeln schon von Metellus aufgestellt
sind, oder erst von Augustus oder in der Zwischenzeit, lässt sich schwer
entscheiden. — Sueton führt bei den Werken, die Augustus unter dem
Namen anderer, nepotum scilicet et uxoHs sororisque errichtet hat, die
Porticus Octaviae auf, die an die Stelle der Porticus Metelli trat. Be-
gonnen wurde dieser Bau frühestens nach Beendigung des Dalmaterkrieges
33 V. Chr. (Dio Cass. XLIX 43), aber Vitruv, der sein Werk um das
Jahr 14 v. Chr. geschrieben hat,^) kennt nur die Porticus Metelli, nicht
aber die P. Octaviae. Der umbau muss demzufolge später stattgefunden
haben. Mit der Porticus war eine Bibliothek verbunden, nach Plutarch
Marc. 30 (vgl. Ovid A. a. I 69) von Octavia zum Andenken des früh ver-
storbenen Marcellus gegründet. Diese Bibliothek erwähnt Sueton de ill.
gramm. 21 u. Ovid Trist, ffl 1, 69; vgl. CIL VI 2347, 4431, 4432, 4433, 4435,
wo eine bibl. graeca und latina genannt werden. Bei Plinius N. H. XXXV 114
ist sie als schola in Octaviae porticu (XXXVI 22 in Octaviae scholis, vgl.
ib. 29) bezeichnet. Ob damit die bei Plinius N. H. XXXVI 28 erwähnte
Curia Octaviae identisch ist, ist unbekannt; die Bibliothek oder diese
Curie ist jedenfalls der Raum, in dem der Senat sich unter Tiberius (bei
Dio Cass. LV 8) 6id t6 ^J« tov mofj^rjQiov avto (to ^OxTaovsiov) etvm ver-
sammelte, wie auch in der Bibliothek des Palatinischen Apollotempels
Senatssitzungen abgehalten wurden (p. 147). Die Bibliothek ging samt
den Portiken in dem grossen Brande unter Titus vollständig zu Orunde
^) Ueber den gemeinsamen Ursprung der | Ergo et in Junonis aede cultus est qui Joris
beiden Tempel vgl. Plinius N. H. XXXVI 43: esse debuit.
in Jovis aede ex iis pictuara cultusque reliquus '') Pbllegbini, I tempi di Giove e di
omnis femineis argumentis constat ; erat enim Gionone nei portici di Metiello e di Ottavia.
facta Junoni, sed, cwm inferrentur signa, 1 Ann. d. Inst. 1868 p. 152 ff.
jiermutasse geruli traduntur, et id religione ' *) Teuffbl, Litt. Gesch. I^ p. 622.
custodituni, velut ipsis diis sedein ita partitis. \
6. Die Stadtteile am Tiber, o. Die Yorst&dte im Süden des Marsfeldes. (§ 75.) 219
(Dio Cass. LXVI 24), diese wurden aber wieder aufgebaut. Die Form,
ürb. fr. 33 stellt die beiden Tempel mit der Portikus dar. Erhalten ist der
Haupteingang bei der Kirche S. Angelo in Pescaria; er trägt die Dedikations-
inschrift des Septimius Severus und Garacalla, die den Bau im Jahre 203
n. Chr. nach einer Feuersbrunst wiederherstellten (CIL VI 1034). Durch
den Abbruch des Ohetto sind die Reste zum Teil freigelegt worden.^)
3. Die Porticus Philippi. Dicht neben der Porticus Octaviae lag,
wie das Stadtplanfragment Form. Urb. fr. 33 zeigt, die Aedes Herculis
Musarum, errichtet von dem kunstliebenden Fulvius Nobilior, dem Be-
schützer des Ennius. Serv. ad Aen. I 8 berichtet über die Gründung: His
(i. e. Musis) Numa aediculam aheneam brevem fecerat, quam postea de caelo
tactam et in aede Honoris et Virtutis conlocatam Fulvius Nobilior in aedem
Herculis transtulU, unde aedes Herculis et Musarum appeUatur, Die Gründung
des Herkulestempels durch Fulvius bezeugt auch Eumenius, pro restaur.
schol. 7 : aedem Herculis Musarum in circo Flaminio Hie Nobilior ex pecunia
censoria fecit. Indessen ist er wohl kaum in seiner Censur, sondern nach
seinem Triumph über die Ätoler im Jahre 189 v. Chr. erbaut. Der
Gründungstag ist nach Ovid. Fast. VI 797 ff. der 30. Juni. Derselbe
Eumenius a. a. 0. erzählt, er habe die Statuen der neun Musen aus
Ambrakia fortgeführt und in diesem Tempel aufgestellt (Plin. N. H. XXXV 66).
Ausserdem stand in dem Tempel eine Statue des zitherspielenden Herkules.
Ovid a. a. 0. : annuit Aleides increpuitque lyram. Eine der Basen jener aus
Ambrakia geraubten Statuen mit der Inschrift: M. Folvius M. f. Ser. n.
Nobilior cos. Ambracia cepit ist erhalten.*) Der Tempel wird auch erwähnt
bei Cic. pro Arch. poet. 11, 27 und bei Macrob. I 12, 16. Letzterer er-
zählt, Fulvius habe in dem Tempel auch Fasten aufgestellt.
Diesen Tempel hat nach Suet. Aug. 29 L. Marcius Philippus, der
Stiefvater des Augustus, neu gebaut und mit einer Säulenhalle umgeben,
die als Porticus Philippi mehrfach erwähnt wird. Ausgrabungen auf der
Piazza Mattei haben mehrere Reste zu Tage gefördert.'^) Von Kunst-
werken in der Porticus Philippi (nicht in dem Tempel des Fulvius) er-
wähnt Plinius N. H. XXXV 66 eine Helena des Zeuxis und ib. 144 ein
bellum Iliacum pluribus tabulis, Ovid A. a. lU 168 erwähnt die Porticus
Philippi als den Ort, an dem die römischen Damen falsche Haare kauften
(venire videmus Herculis ante oculos virgineumque chorum). Vgl. Mart. V
49, 9 ff. Über mögliche Reste der Portikus vgl. Bull. com. 1890 p. 67,
Lanciani, Itin. Eins. p. 78.
4. Die Porticus Octavia. Sie war nach Fest. p. 178 von Cn. Octavius
nach seinem Triumphe über den König Perseus erbaut, also im Jahre 167
V. Chr. Vgl. auch Voll. II 1. Nach ihnen lag die Portikus beim Theater des
Pompeius, Festus sagt theatro Pompei proximam, dagegen das Mon. Ancyr.
ad circum Flaminium^ und ebenso Plin. N. H. XXXIV 13, so dass anzu-
nehmen ist, sie habe zwischen den beiden Gebäuden auf der Grenze des
'•) Vgl. Gatti, Scoperta dei portici di
Ottavia. Bull. com. 1888, p. 182 ff.
«) Vgl. De Ro88I, Bull. d. Ist. 1869 p. 1 ff.
Klügmann, Hercules Mnsanun in den Gomm.
philol. in hon. Mommseni p. 262
Jahresbericht 1878 p. 412.
3) P. Rosa, Relazione p. 75
ff., BUBSIAN,
220 B* Topographie Ton Rom.
Campus Martius gelegen. Plinius N. H. XXXTV 13 erzählt, diese Portikus
sei auch Corinthia genannt worden a capitulis aereis columnarum, sie war
also wohl das erste Beispiel eines mit korinthischen Säulen aufgeführten
Baues. Augustus stellte sie wieder her. Er sagt darüber Mon. Ancyr. IV 2 :
Porticum ad circum Flaminium, quam sum appellari passus ex nomine eins,
qui priorem eodem in solo fecerat Odaviam (feci). Der Neubau erfolgte
nach dem Kriege gegen die Dalmater im Jahre 33 v. Chr. (Dio Gass.
XLIX 43). Nach Appian Illyr. 28 stellte Augustus darin die von
den Dalmatern zurückgegebenen römischen Feldzeichen auf. Aus den
Worten des Plinius a. a. 0. : invenio et a Cn. Octavio, qui de Perseo rege
navalem triumphum egit, fadam porticum duplicem etc. ist nicht auf den
Untergang der Portikus vor seiner Zeit zu schliessen, wie Becker Top.
p. 617 thut, sondern auf die Oründlichkeit des Neubaus des Augustus.
76. Die Theater. Die mit Caesar und Augustus anhebende Zeit
der grossen baulichen Umwälzungen hat sich, wie man sieht, ganz vornehm-
lich auch auf diese Vorstadt erstreckt. Die Idee, das Forum mit dem Mars-
felde in eine würdige, durch monumentale Bauten vermittelte Verbindung
zu setzen, welche auf der Nordseite des Kapitels durch die Anlage der
allmählich sich zwischen diesem und dem Quirinal vorschiebenden Kaiser-
fora seiner Verwirklichung entgegengeführt ward, wurde hier im Süden
des Kapitels durch die planvolle Wiederherstellung oder Neuerrichtung
dieser längs der von der P. Carmentalis ausgehenden Hauptstrasse liegenden
Portiken, die dann auf dem Marsfelde ihre Fortsetzung finden sollten, in
glanzvoller Weise verwirklicht. In demselben Sinne wichtig und jene
Oegend ganz bedeutend umgestaltende Bauten waren die Theater des Mar-
cellus und des Baibus.
1. Theatrum Mar cell i. Der Bau des Theaters wurde schon durch
Julius Caesar geplant (Dio Cass. XLIII 49 : nQoxaxeßdXero fxh' ovx i^exälsas rfc),
aber erst Augustus hat ihn nach dem Mon. Ancyr. in solo magna ex parte
a privatis empto in Angriff genommen und vollendet (Suet. Aug. 29). Der
Platz, auf dem das Theater errichtet wurde, war in der That dicht bebaut.
Dass die Aedes Pietatis dem Bau hat weichen müssen, ist schon oben (p. 198)
erwähnt. Dio Cass. a. a. 0. spricht von Häusern und Tempeln, die zu dem
Zwecke heruntergerissen wurden. Augustus dedizierte es unter dem Namen
und zu Ehren seines im Jahre 23 v. Chr. gestorbenen Schwiegersohnes Marcellus
im Jahre 11 v. Chr. am 4. Mai (Plin. N. H. Vlfl 65. Nach Dio Cass. LIV26
ist es im Jahre 13 dediziert). In den Acta lud. saec. Aug. (Eph. epigi-.
Vni p. 233) heisst es das theatrum^ quod est in drco Maminio, in denen
des Severus (a. a. 0. p. 285) wird Marcelli poriicus, die unzweifelhaft zum
Theater gehörte, erwähnt. Die Scena des Theaters ist nach Suet. Vesp. 19
von Vespasian wieder hergestellt worden, ferner heisst es in der Vita des
Alexander Severus 44, dass dieser es habe wiederherstellen wollen. Im
Curiosum Reg. IX wird es mit dem Zusatz aufgeführt, dass es 20 500 loca
gehabt habe. CaristieO nimmt an, es habe Raum für 14 600 Menschen
0 Hülsen in der p. 170 Anm. 1 citierien Abhandlong p. 320.
6. Die Stadtteile am Tiber, o. Die Yoretädte im Süden des Marsfeldes. (§ 76.) 221
gehabt. — CIL VI 9868 nennt einen sagarius a theatro Marcelli, Bull. com.
1886 p. 159 einen coactor a theatro Marcelliano.
Von dein Theater sind noch jetzt ansehnliche, wegen ihrer Schönheit
durch alle Jahrhunderte berühmte und nachgeahmte Reste der äusseren
Umfassungsmauern der Gavea in der Nähe der Piazza Montanara erhalten.
Die unteren, jetzt halb verschütteten Arkaden sind mit dorischen Halb-
säulen, das zweite Stockwerk mit ionischen, die oberste Wand mit
korinthischen Pfeilern geschmückt. Abbildungen etc. sind sehr häufig. Vgl.
Valadier, Fabbr. di Roma IV, Canina, Edif. IV 159—163. Die Ähnlichkeit
der Konstruktion mit der des Amphitheatrum Flavium ist nicht zu verkennen,
auch das Material, Travertin, ist dasselbe. Die Zerstörung des Theaters
muss schon im vierten Jahrhundert n. Chr. begonnen haben, im Pens Gestius
hat Symmachus unter Gratian 365 — 370 Travertinblöcke aus den dorischen
Arkaden des Theaters verbaut. Vgl. Not. d. scavi 1886 p. 159. Ob man
unter diesen umständen die nach dem Anon. Eins. 12 im Theater des
Marcellus gefundene Inschrift Petronius Maximus V. C. praef. urbi curavit
aus dem Jahre 421 auf eine Restauration desselben beziehen darf, ist sehr
zweifelhaft. Im Mittelalter gehörte es zu den befestigten Punkten der Stadt
(p. 74). Nach dem Tode Gregors VII wurde es zu einer Festung durch
die Pierleoni umgestaltet, seit dem 15. Jahrhundert war es im Besitz der
Savelli, seit dem 18. Jahrhundert ist es nach Aussterben derselben im
Besitze der Orsini. Der Palazzo Orsini ist in die Ruinen eingebaut.
— Der Stadtplan enthält auf Fragm. 28 eine Darstellung der Scena des
Theaters. 1)
2. Theatrum Balbi. Die Erbauung eines Theaters durch L. Cor-
nelius Baibus wird Suet. Aug. 29 erwähnt. Dio Cass. LIV 25 berichtet, es
sei im Jahre 13 v. Chr. vollendet und eingeweiht worden, gerade als
Augustus aus Germanien zurückkehrte. Derselbe erzählt, dass bei der
Einweihung des Theaters der Tiber so hoch gestanden habe, dass man nur
mit Kähnen hineingelangen konnte. Von seiner Ausschmückung erzählt
Plin. N. H. XXXVI 60, dass Baibus darin vier Onyxsäulen aufgestellt habe,
die grosses Staunen erregten. In der Feuersbrunst unter Titus im Jahre
80 n. Chr. wurde es ganz oder teilweise zerstört (Dio Cass. LXVI 24), aber
wieder aufgebaut. Die Notitia Reg. IX nennt es zusammen mit den
Theatern des Pompeius und des Marcellus mit der Angabe: capü loca XI DX,
woraus Hülsen a. a. 0. auf Platz für 7—8000 Zuschauer schliesst. Im
Mittelalter scheint es den Namen theatrum Antonini geführt zu haben. ^^j
Auf seinen Trümmern bauten sich die Cenci an, daher die Ruinen Monte
dei Cenci hiessen. Reste des Theaters sah noch Piranesi in einem
Keller bei der Kirche S. Tommaso ai Cenci; darnach und nach Zeichnungen
von Sangallo kann man die Lage des Theaters feststellen. Die Scena ging
parallel der Via del Pianto, die Rundung der Cavea war dem Tiber zu-
gewendet. Hinter der Scena befand sich die Crypta Balbi; gewöhnlich
werden mit crypta unterirdische Oänge bezeichnet, wie die Cryptoporticus
^) Ueber eine einst an dieses Fragment 1 Streitfrage vgl. Jobdav, Form. Urb. p.
geknflpfte, jetzt gegenstandslos gewordene | *) Vgl. JonvAS, Top. II 436.
222 B. Topographie von Born.
auf dem Palatin (p. 150); diese aber war eine jedenfalls über der Erde
gelegene Portikus, die ihren Namen wohl der besonderen Konstruktion
verdankte, die das Licht mehr als bei anderen Portiken ausschloss. Sie
hatte, wie aus den Resten, die noch im 16. Jahrhundert existierten und
von Handwerkern bewohnt waren, hervorgeht, eine Ausdehnung von 148,50
zu 44,55 m. B. Perruzzi hat den Plan aufgenommen, desgleichen Palladio;
Form. Urb. XVII 115 stellt danach einen Teil der Crypta dar.')
Der Platz um das Theater war mit Fontainen geschmückt, ein
Becken aus schwarzem und weissem Qranit, 22 m im umfang, wurde
1750 auf der Piazza Cairoli entdeckt und kam in die Villa Albani, ein
zweites wurde ebendaselbst 1887 entdeckt und ist in den Anlagen der
Piazza Cairoli aufgestellt. Hier wurde auch die Statue des sitzenden
Mars, jetzt in der Villa Ludovisi, gefunden.
d. Das Harsfeld.
77. Mitten durch die von dem Tiber und den Hügeln Roms ein-
geschlossene Ebene führte, genau in der Linie des heutigen Gorso, die
von der Porta Fontinalis ausgehende Via Flaminia, in ihrem südlichen
Teile bis zum Austritt aus den bebauten Teilen des Feldes Via lata ge-
nannt. Sie teilte die Ebene in zwei der Grösse nach verschiedene Hälften.
Ursprünglich bildeten beide zusammen den Campus Martius (p. 211), und die
auf beiden Seiten der Strasse liegenden Bauten des Agrippa zeigen, dass
die Via lata auch keineswegs eine Grenzscheide bildete, jedoch war sie seit
der Regionseinteilung des Augustus die Grenze zwischen der siebenten
(Via lata) und der neunten Region (Circus Flaminius), und die Bezeichnung
Campus Martius ist lediglich auf die westlich von der Via lata liegende
Ebene beschränkt. Dieser Campus Martius also, im Süden an die Vor-
stadt des Circus Flaminius grenzend, im Osten begrenzt von der Via lata,
im Norden und Westen sich bis an den Tiber erstreckend, zerfiel seiner
Bestimmung nach in zwei Teile. Der eine diente für gymnastische Übungen
aller Art, der andere für die Volksversammlungen, die comüia centuriata;
der erstere nahm den nördlichen Teil des Feldes längs des Tiber ein,
der andere lag südlich davon der Stadt zunächst. Auch die Grenze zwischen
den beiden Teilen des Marsfeldes ist bekannt; unter dem Palazzo Serlupi-
Crescenzi in der Via del Seminario hat sich nicht weit vom Pantheon ein
Travertincippus gefunden mit der Inschrift: id quod intra cippos ad camp.
versus soll est Caesar August, redemptum a private publicavit (CIL VI 874).
Hier also befand sich zu Augustus Zeit die Grenze der beiden Teile.
Später trennte sie die p. 249 beschriebene Strasse. Ihr Verhältnis
könnte man mit dem zwischen Comitium und Forum in der ältesten
Zeit vergleichen (vgl. p. 77). Auch hier grenzen zwei Plätze aneinander,
von denen der eine dem freien Verkehr des Volkes, der andere staat-
lichen Handlimgen gewidmet war. Seit Caesar tritt dieser Unterschied
auch äusserlich hervor. Während der zu gymnastischen Übungen
bestimmte Teil des Marsfeldes naturgemäss von Bauten frei blieb.
*) NiBBT, Rom. ant. II p. 591 ff. — Lakciani, Ruins and excavations p. 497 f.
6. Die Stadtteile am Tiber, d. Das Marsfeld.
I 77, 78.)
223
und nur die Ring- und Spielplätze sich verschönerten und mit Statuen
und Bildwerken schmückten, bedeckte sich jener andere ursprünglich für
Staatsgeschäfte bestimmte mit monumentalen Bauten. So schildert Sti^abo
V 3, 8 p. 236 voller Bewunderung das Marsfeld. Er sagt nach der Über-
setzung Prellers (Reg. 158): ^»Bewunderungswürdig ist die Ausdehnung
dieses Feldes, welches auch für Wagenrennen und Reiterübungen hin-
reichenden Platz gewährt, trotz der grossen Menge derjenigen, welche
sich im Ball- und Reifenspiel und in der Palästra üben. Dazu die umher
aufgestellten Kunstwerke, der das ganze Jahr hindurch grünende Rasen,
und jenseits des Stromes der Kranz der Hügel, welche sich bis an den
Fluss mit bühnenartiger Wirkung herumziehen, ein Schauspiel, von dem
man nicht wegfinden kann. Und nahe bei diesem Felde ist noch
ein anderes Feld, und rings im Kreise liegen eine Menge Prachthallen
und Lustpflanzungen und drei Theater und das Amphitheater und kostbare
Tempel, einer an dem andern, so dass die übrige Stadt nur wie ein An-
hang zu diesem Teile erscheint. Deshalb hat man auch diesen Raum für
den würdigsten gehalten, um darauf Denkmäler der ausgezeichnetsten
Männer und Frauen zu errichten. **
78. Ältester Zustand. 1. Die Ära Martis. In der Mitte des dem Mars
geweihten Feldes i) stand die Ära Martis (Liv. XL 45, Fest. p. 189). Ihre
Lage ist nicht bekannt. Lanciani setzt sie, allerdings zweifelnd, beim Pan-
theon an. Die Nachricht des Livius XXXV 10, im Jahre 193 v. Chr. hätten die
Censoren eine Portikus geführt aporta Fontinali (vgl. p. 44) ad Martis aram,
qua in campum Her esset, widerspricht dieser Auffassung nicht, verträgt sich
aber auch mit anderen Ansetzungen, dagegen ist wichtig für die Lan-
cianische Annahme, dass die der Sage nach (Fest. ep. p. 81) von Romulus
zu Ehren des Mars eingesetzten Equiria, ein Wagenrennen (Varro LL.
VI 13), nach Ovid Fast. U 860 offenbar in der Nähe der Ära Martis abgehalten
wurden; es heisst dort: Equiria . . ., qnae deiis in campo prospicit ipse suo.
Die Schilderung des Campus aber, auf dem die Equiria abgehalten wurden,
weist auf den nördlichen Teil des Marsfeldes an den Tiber; vgl. Ovid
Fast, ni 519: altera gramineo spedabis Equiria campo, quetn Tiberis ciirvis
in latus urget aquis. Die Equiria wurden am 14. März abgehalten.
Vgl. CIL I* p. 311. Im Zusammenhange damit wird berichtet, dass auch
auf dem Caelius sich ein Campus Martialis befand: Martialis campvs
in Caelio monte didtur, quod in eo Equiria solebant fieri, si quando aquae
Tiberis campum Martium occupassent (Fest. ep. p. 131). Vgl. Ovid Fast. III
519 ff., QiLBEBT Top. n p. 97. Von den Equirien hat wahrscheinlich
die Kirche S. Maria in Aquiro, nordöstlich vom Pantheon gelegen, ihren
Namen. — An der Ära Martis wurde ferner am 15. Oktober ein mit den
Equiria in gewissem Zusammenhange stehendes^) Wagenrennen abgehalten
und in Verbindung damit das uralte Opfer des Oktoberrosses gebracht.
Geopfert wurde nach Festus p. 178 (vgl. p. 162, Anm. 4) das Handpferd
0 Bei Gellins YII 7, 4 wird als anderer
Name fQv das Feld Campus Tiberinas
angefahrt, vgl. Plin. XXXIV 25.
p. 9.
*) Vgl. WissowA, De feriis anni Romani
224 S* Topographie Ton Rom.
des siegreichen Zweigespanns, und der Schwanz desselben mit solcher
Schnelligkeit in die Regia gebracht, dass das Blut noch auf den Altar
tropfte. Um das Haupt aber stritten sich die Bewohner der Subura und
der Sacra via; gewannen es die ersteren, so hefteten sie es an den
„Mamilierturm", die letzteren an die Wand der Regia (p. 91 f.). Da die
Regia an den Sacra via lag, so ist die turris Mamüia in der Subura zu
suchen; dies sagt auch Fest. ep. p. 131: Mamüia turris intra Suburae^)
regionem a Mamilio nomen accepit.
Bei der Ära Martis oder in der Nähe befanden sich die Giconiae
nixae. Der Kalender (CIL I* p. 332) hat unter dem 15. Oktober: equus
ad nixas fit, womit das oben erwähnte Oktoberrennen gemeint ist; die
Notitia zählt auf: Campum Martium, Trigarium, Ciconias nixas, Pantheum,
Es scheint, dass die Gegend bei und nördlich von der Ära Mai*tis diesen
Namen gehabt habe, jedenfalls von einem dort befindlichen Bildwerke.
Ob und wie damit die CIL VI 1785 als Lagerstätten für Weine genannten
Ciconiae zusammenhängen, ist schwer zu entscheiden (vgl. p. 264 Anm. 2).
An dem nördlichen, den Wettrennen etc. vorbehaltenen Teile des Marsfeldes
lag auch unweit des Tibers und wohl unweit der Stabula factionis prasinae
(vgl. p. 212) das Trigarium, der xonoq onov Vnnoi yviivd^ovrai. Ein im
Jahre 1887 (CIL VI 31545, Bull. com. 1887 p. 306) am Tiber hinter der
Kirche S. Biagio (Via Giulia) gefundener Terminationscippus enthält die In-
schrift : curatores riparum et alvei Tiberis ripam dppis positis terminaverunt a
trigario ad pontem Agrippae (vgl. p. 68), womit freilich nur die Lage am
Tiber oberhalb des Pons Agrippa erwiesen wird. Plinius XXXVII 202
spricht von „trigaria" als einer verbreiteten Einrichtung: ne equos quidetn
in trigariis ullos vernaculis praeferunt. Das Trigarium der IX. Region wird
noch in der Regionsbeschreibung erwähnt.
2. Das Tarentum. Durch einen uralten Dienst des Dis und der Pro-
serpina ist berühmt das Tarentum (oder Terentum). Es heisst, dass dort
einst Feuer aus der Erde geschlagen sei, weshalb dieser Teil des Marsfeldes
auch Campus ignifer genannt wurde. In uralter Zeit wurde hier den Göttern
der Unterwelt, dem Dis Pater und der Proserpina, ein Altar gegründet,
der 20 Fuss unter der Erde verborgen war, und die Ludi saeculares
eingerichtet (vgl. Valer. Max. 11 4, 5, Fest. p. 329, 350, Liv. epit. IL, Ovid
Fast. I 501, Martial IV 1, 8, X 63, 3, Serv. ad Aen. Vm 63). Augustus ver-
band bei den von ihm im Jahre 17 v. Chr. gefeierten fünften Säkular-
spielen die Feier der Unterirdischen mit der der kapitolinischen Qottheiten
und des Apollo und der Diana. Über diese Feier, sowie über die Säkular-
spiele überhaupt und über die Stelle des Tarentums, über die früher Un-
klarheit herrschte, sind wir jetzt auf das vollständigste aufgeklärt durch
die Reste der Inschriften mit den Commentaria ludorum saecularium quin^
torum (Augustus) et septimorum (Septimius Severus), die an Ort und Stelle
beim Palazzo Sforza Cesarini in dem nordwestlichen Teile des Marsfeldes,
^) Wie weit die auf p. 37 entwickelte
ursprüngliche Bedeutung des Namens Stibura
= SuoMa fOr die Lokalisierung des Turmes
scheiden, aber es ist wahrscheinlich, dass er
auf oder am Gaelius lag. Vgl. Gilbbbt II
46. 94. Inschriftlich a iurre Mamüia
von Bedeutung ist, lässt sich nicht ent- Bull. com. 1888 p. 398.
6. Die StadtieUe am Tiber, d. Das Marsfeld. (§ 78.) 225
unweit des oben erwähnten Terminationscippus im Jahre 1890 u. 91 ge-
funden wurden. Sie befinden sich jetzt im Museum der Diokletiansthermen.
Aber die Lage des Taren tums ist auch noch von anderer Seite ge-
sichert. In geringer Entfernung von dem Fundorte der Inschriften sind schon
vor Entdeckung derselben beim Bau der Kloake für den Corso Vittorio
Emanuele die Reste einer Ära von ausserordentlichen Dimensionen
5 m unter dem modernen Niveau gefunden worden, unzweifelhaft, wie
der Herausgeber Lanciani, Monum. dei Lincei I 540 ff. sofort aussprach,
die Ära Ditis et Proserpinae in Toronto (vgl. die oben angeführten
Stellen).
Litteratar: Ausgabe Mommbbn, Commentaria ludonim saecularinm quintonim et
septimomm. Ephem. epigr. VIII p. 225 ff. Dazu H. Dbbssel, Nummi Augasti et DomitiaDi
ad ludos saecnlares pertmentes. Ephem. epigr. YIII p. 810 ff. — Wissowa, Sftkularfeier des
Augustne, Marburg 1894. — Pinza, Sopra rorigine dei ludi Tarentini o saeculares. Bull,
com. 1896 p. 191.
3. Wasserläufe. In ältester Zeit war das Marsfeld von mehreren in
den Tiber sich ergiessenden Wasserläufen durchzogen, die bei der fort-
schreitenden Bebauung und der damit Hand in Hand gehenden Kanalisierung
verschwunden sind. Genannt wird in erster Linie die Petronia amnis (vgl.
Taf. 6). Sie bildete nach Festus p. 250 die Grenze der Stadt nach dem Mars-
felde zu: Petronia amnis est in Tiber im perfluens, quam magistratus auspicato
transeuntf cum in campo quid agere volunt, sie muss also an der südlichen Grenze
des Campus geflossen sein. Die Quelle dieses Baches hiess Cati fons,
nach Pest. ep. p. 45 : Cati fons, ex quo aqua Petronia in Tiberim fluit, dictus,
quod in agro cuiusdam fuerit Cati, und diese Quelle ist am Westrande
des Quirinals zu suchen. >) Bei S. Silvestro a Monte Gavallo auf dem
Quirinal, an der ursprünglichen Stelle, ist die Inschrift CIL VI 1297:
L. Cornelio L. f. Bullae lelici dictatori vicus Lad Fund, gefunden; dieser
Lacus Fundanus kehrt wieder in den Glossae Placidi p. 29 ed. Deuerl.:
Catialem collem, ubi nunc lacus Fundani [fundit* mscr.) est dictus a Cati
cuiusdam loco. Noch heute finden sich an dieser Stelle des Westrandes
des Quirinals starke Quellen, namentlich die Quelle im Hofe des Quirinal-
palastes, die Aqua di S. Feiice (vgl. Lanciani, Acque p. 24), deren Lauf
in der Richtung über die Piazza Yenezia bis zum Ghiavicone dell' Olmo
(Narducci, Fognatura p. 34) noch zu verfolgen ist.
Ein zweiter Bach führte die vom Pincio und Quirinal abfliessenden
Wasser durch das Thal, das später von den Sallustischen Gärten ein-
genommen wurde, dem Tiber zu. Über die noch heute dort nachweis-
baren Wasseradern etc. vgl. Lanciani, Acque p. 16 f. Welche Richtung
der unterlauf dieses Baches gehabt hat, ist nicht mehr nachzuweisen,
doch ist nicht unwahrscheinlich, dass dieser oder die Petronia amnis oder
beide zusammen vor ihrem Einfluss in den Tiber die auf dem Marsfeld
gelegene Palus Capreae (oder Caprae) bildeten. Bei diesem Sumpfe
soll der Sage nach Romulus bei Vornahme einer öifentlichen Handlung
(Liv. I 16: cum ad exercitum recensendum contionem in campo ad Caprae
0 Hülsen, Rhein. Mus. XLIX p. 401 f. 1 Quirinal entspringende Wasserlanf, der aber
Lanciani, Acqa. p. 15 f., meint dagegen, Pe- ' ffXr die Angabe des Festas (s. o.) viel za nOrd-
tronia amnis sei der zwischen Ilncio und ; lieh liegt.
Qandhiirfa der klam. AltArinmnwlMiPniirhRn. III, 8» B. 2. Aufl. 15
226 B* Topographie Ton Born.
paludem haberet, Ovid. Fast. 11 492: forte tuis illic, Bomtde, iura dabo»,
Flor. I 1, 16: cum contionem haberet, Aur. Vict. de vir. ill. 2: cum ad Caprae
paludefn exercitum lustraret) der Erde entrückt sein: Sol. I 20 apud Caprae
paludem nonis Quinctilibus apparere desiit. Nach Fest. ep. p. 65 wäre der
eigentliche Name der Örtlichkeit Capralia gewesen: capralia appdlatur
ager, qui vulgo ad caprae paludes did seiet. Die Stelle des Sumpfes ist
nicht mehr nachweisbar. 0
4. Villa publica. Auf dem Marsfeld befand sich bis in die letzte Zeit
der Bepublik nur ein einziges Gebäude, die Villa publica (vgl. Taf. 6), ein von
einer starken Mauer eingehegtes Gehöft mit einem Hause in der Mitte, das
zum Aufenthalt der Beamten während der Abhaltung des Gensus und der
Truppenaushebungen (Varro RR. III 2) diente. Auch Gesandte fremder
Völker, sowie die aus dem Kriege zurückkehrenden Feldherren, denen
in dem nicht weit entfernten Tempel der Bellona (p. 214) Senats-
sitzungen anberaumt wurden, fanden hier Wohnung. Erbaut war sie
im Jahre 435 v. Chr. (Liv. IV 22), im Jahre 194 wurde sie re-
stauriert (Liv. XXXIV 44). Ihre Lage an der Grenze der Flaminischen
Vorstadt ist durch den Ausdruck des Varro a. a. 0., sie habe in campo
Martio extreme gelegen, und durch die Nähe des Tempels der Bellona ge-
sichert, denn als Sulla das berüchtigte Blutbad in der Villa publica an-
richtete (Liv. ep. LXXXVra, Val. Max. IX 2, 1, Strabo V 4, 11 p. 249, Flor. H
9, 24), hörte der im Tempel der Bellona versammelte Senat das Geschrei
der Sterbenden. Auch Plutarch Sulla 30, der erzählt, das Blutbad habe
nagä rov InnoÖQopiov stattgefunden, meint wohl die Vüla publica. — Unmittel-
bar daran sich anschliessend lagen die Saepta, ein eingehegter Raum, wegen
der Ähnlichkeit mit einer Schafhürde auch Ovile genannt, der zur Ab-
stimmung in den Centuriatkomitien diente. Serv. Virg. Ecl. I, 33: saepta
proprie sunt loca in campo Martio inclusa tahulatis, in quibus stans populus
Romanus suffragia ferre consueverat, sed quoniam haec saepta similia sunt
ovilibus, duo haec invicem pro se ponuntur (Lucan II 197, Juven. VI 529).*)
5. Neben der Villa publica befand sich die Porta triumphalis,
ein auf der Grenze der Vorstadt des Circus Flaminius und des Mars-
feldes stehender Bogen (vgl. Taf. 6), der aus der Zeit der Republik stammte,
bekannt als der Punkt, bei dem der Triumphzug, nachdem er sich
zuvor auf dem Marsfelde geordnet hatte, begann (Gic. in Pison. 23).')
Als eine besondere Ehre für Augustus wurde beschlossen, dass seine
Leiche durch dies Thor getragen werden sollte (Tac. ann. I 8, Sueton.
) £ine ganz abweichende Meinung, die 1 kannt. Lanciavi, Acqae Taf. 11 1 nennt den
Palns Caprae habe am 2. Meilenstein der
Via Nomentana gelegen, wo im Martyr.
Hieronym. ein Ort ad Caprae genannt wird,
siehe bei de Rossi, Bnll. com. 1888 p. 244 ff.
y. DvHV, Neue Heidelberger Jahrbücher 1899
p. 116. — Andere Bäche auf römischem Boden
natürlichen Wasserabfluss zwischen Qoirinali
Viminal und Esquilin Spinon, den zwischen
Caelins and Aventin Nodinas.
*) Üeber die Art der Abstimmung Tgl.
Liv. XXVI 22.
*) Die Lage der Porta tiiumphalis geht
werden noch bei Cicero, de nat. deor. III 52 ge- ! ziemlich sicher aus Joseph. Bell. Jud. YII 5, 4
nannt: in augurum precatione Tiberinum, ' hervor. Sie lag danach dicht bei der Villa
Spinonem, Almonem, Nodinum, <ilia propin- | publica, zwischen dieser, dem Isistempel un^
quonim fluminum notntna videmus. Davon ist { dem Cürcus Flaminius. Ueber die Annahme
der Alm o in der I. Region zu suchen (vgl. da- i einer Porticus triumphi vgl. G. B. ns
selbst), Spinon und Nodinus sind sonst unbe- , Rossi, Bull. com. 1889 p. 355 f.
6. Die SUdtteUe am Tiber, d. Das Manfeld. (§ 79.) 227
August. 100, Dio Cass. LVI 42). Nach Josephus, B. Jud. VII 5, 4
befanden sich an demselben Altäre gewisser Gottheiten, denen bei Beginn
des Triumphes geopfert wurde. Domitian erbaute nach seinem Einzüge
in Rom 93 n. Chr. über der Strasse, die durch die Porta triumphalis führte,
einen Triumphbogen. ^) Wie lange dieser Bogen gestanden hat, ist nicht be*
kannt; es ist möglich, dass er bei der nach Domitians Tode vorgenommenen
teilweisen Zerstörung seiner Triumphbogen (Dio Cass. LXVIII 1) ver-
schwand. Neben dem Bogen gründete er einen Tempel der Fortuna
Redux (vgl. Martial Yin 65). Der Tempel wird noch bei Glaudian, de
sexto cons. Honorii 1 erwähnt. Über einen Bogen des Tiber ins heisst
es Suet. Glaud. 11: Tiberio marmoreum arcum iuxta Pompei theatrum, de-
cretum quidem olim a senatu verum omissum, peregit. Es wäre nicht un-
denkbar, dass auch dieser Bogen über der Triumphalstrasse errichtet
worden ist, aber genaueres steht darüber nicht fest, der Bogen wird nur
an der einen Stelle erwähnt.
Der südliche TeU des Marsfeldes.
79. Das Theater des Pompeius. 1. Der erste, der auf dem Mars-
felde baute, war Pompeius. Er errichtete daselbst das erste steinerne
Theater, während die früheren Theaterbauten von Holz ausgeführt und,
wie selbst das mit unerhöi-ter Verschwendung^) erbaute des Scaurus, nur
von vorübergehender Dauer waren. Noch im Jahre 150 v. Chr. wurde
von einem Patrioten wie P. Cornelius Nasica ein stehendes Theater für
unnützlich und sittengefährlich erachtet.') Auch der Bau des Pompeius
erfuhr noch Tadel (Tac. Ann. XIV 20). Pompeius errichtete es 55 v. Chr.
in seinem zweiten Konsulate und gab zu seiner Einweihung prächtige
Spiele. Über die Gründung berichten Ascon. in Pison. 1, Vell. U 48, Gell.
X 1, 6, Plut. Pomp. 52, Dio Cass. XXXIX 38. Nach Plut. Pomp. 40 baute
sich Pompeius hier auch ein prächtiges Wohnhaus. — Das Theater hiess im
Volksmunde theatrum lapideum oder marmoreum (so auch im Kai. zum
12. Aug.), auch nachdem die Theater des Baibus und Marcellus schon er-
richtet waren, die weder dieselbe Grösse hatten, noch je die gleiche Be-
deutung erlangt haben. Das Theater des Pompeius blieb immer das erste.
So erzählt Tac. Ann. XIII 54 von dem Besuche Frisischer Gesandter da-
0 Nach der von Sueton Domit. 18 be-
zeugten Sucht dieses Kaisers, flbendl Triumph-
bogen zu errichten, ist die Annahme, er habe
auch hier einen errichtet, nfther liegend, als
die von anderen bevorzugte, er habe die
Poita triumphalis prachtvoll wiederherge-
stellt.
») Plin. N. H. XXXVI 114 f.: in aedaUate
hie 8ua fecU opus maximum omnium quae
umqu>am fuert humana manu facta, non
temporaria mora verum etiam aeternitatis
destinatione, Theatrum hoc fuity scena ei
triplex in altitudinem CCCLX columnarum
in ea civUaie, quae sex Hymettias non tulerat
sineprobrocifns amplissimi, Ima pars scenae
e marmore fuit, media e vitro, inaudito eiiam
postea gener e luoniriae, summa e tabulis \ Scipio restitere. Vgl. p. 133.
15
inauratis, columnae, ut diocimus, imae duode-
quadragenum pedum, Signa a^ea inter
columnas, ut indicavimus, fuerunt Jii nu-
mero, cavea ipsa cepit hominum lxxx,
cum Pompeiani theatri totiens multiplicata
urbe tantoque maiot'e popuio sufficiat large
XL sedere.
') Liv. ep.. XLVin Cum locatum a cen-
soribus theatrum exstrueretur, P. Cornelio
Nasica auctore tanquam inutüe et nociturum
publicis moribus ex Senat us consülto de-
structum est, populusque aliquamdiu stans
ludos spectavit. Ein anderes Beispiel Vell.
115: Cassius censor a Lupercali in Palatiutn
versus theatrum facere instituü, cui in eo
moliendo eximia civitatis severitas et consul
228
B. Topographie von Born.
selbst im Jahre 58 n. Chr., quo magnitudinem populi viserentj und Dio
Gass. LXIII 6 berichtet aus dem Jahre 66 n. Chr. von dem Besuche des
Tiridates in Rom, bei welcher Gelegenheit Nero ro ^satQov (Suet.
Nero 13), also offenbar das des Pompeius, vergolden liess: ovx oti tj
axTjVTj aXXd xai rj nsQitpäQeia avrov haaa ^vSo&ev ixexQvawvo, xcu taXhz
o(Sa iarjei XQva^ ixsxoaiirfco , . , . tcc y€ fxrjv naQanttdafAtxra %d dvd %ov
diqog diaxax^svTa^ onoag tov rjhor dnsqvxoi^ dXovQyd ijr, xai iv fiiatp avtäv
aQfxa iXavviov o Näqwv dviffrixto, nsQi^ 3h dcTegeg xQvaot inäi^cfinov» Vgl.
Plin. N. H. XXXni 54. Über die Grösse des Theaters sind die Angaben
verschieden. Nach PUn. N. H. XXXVI 115 hatte es Raum für 40000 Zu-
schauer, die Notitia gibt nur 17 580 an. Hülsen berechnet unter Ver-
werfung der Angaben des Plinius die Zuhörerzahl auf 9—10000 Personen
(Bull. com. 1894 p. 321).
2. Auf der Höhe des Theaters errichtete Pompeius einen Tempel der
Venus Victrix. Es heisst, er habe den Tadel der Censoren wegen seines
Baus gefürchtet und deshalb den Tempel so gebaut, dass die Sitzreihen des
Theaters als die zu ihm emporführenden Treppen gelten konnten. Tertullian
de spect. 10: Pompeius . . . cum ülam arcem omnium turpitudinum exstruxissd,
veritus quandoque memoriae suae censoriam animadversionem, Veneris aedem
superposuit, et ad dedicationem edicto populum vocans non theatrum, sed
Veneris templum nuncupavit; cui subiecimus, inquit, gradus spectaculorum.
Gellius X, I 6—8, der dieselbe Geschichte erwähnt, berichtet nach Varro
und Tiro, dass der Tempel und mit ihm das Theater im dritten Kon-
sulate des Pompeius dediziert sei, nicht im zweiten, in dem das Theater
vollendet und eingeweiht wurde. Dem Tempel der Venus folgten andere,
in den Fast. Amit. heisst es unter dem 12. Aug. : Veneri victrici^ Honori,
Virtuti, Felicitati in theatro marmoreo,^)
3. Das Theater hat mannigfache Geschicke durchgemacht. Augustus
stellte es (ob nach einem Brande? Nach Dio Cass. L 8 wirft ein Sturm
32 V. Chr. vixYjq äyakfia dno trjg tov ^edtgov (fxrjv^g) gleichzeitig mit dem
Capitolium impensa grandi (Mon. Ancyr. IV 9) wieder her; näheres ist
darüber nicht bekannt. Unter Tiberius (Tac. Ann. III 72, VI 45, Vell. U 130,
Suet. Tib. 47) brannte es ab, der Kaiser unternahm für die Nachkommen
des Pompeius die Wiederherstellung, die aber erst unter Caligula (Suet.
Cal. 21) beendet wurde; Claudius dedizierte es von neuem (Suet. Claud. 21,
Dio Cass. LX 6). Noch mehrmals ist es hinterher abgebrannt oder doch
durch Brand beschädigt; so unter Titus im Jahre 80 (Dio Cass. LXVI 24),
Septimius Severus (CIL VI 1031? VIII 1439), 249 n. Chr. unter Phüippus
Arabs und unter Carinus (Chron. v. 354). Unter Diokletian wurde die
Scena Pompei hergestellt; eine Herstellung unter Honorius und Arcadius
meldet CIL VI 1191.») Das Theater ist bis in die letzte Zeit des Alter-
tums erhalten geblieben, Ammian. XVI 10, 14 zählt es unter den decora
urbis aäe^'nae auf.
») Tiro bei Gellius a. a. 0. spricht von
einem Tempel der Victoria, was sicher auf
Verwechslung mit der Venus Victrix beruht
*) lieber weitere Inachrifien, die sich
auf diese Restauration beziehen, Tgl. Hülbbv»
Bull. com. 1899 p. 251 ff.
6. Die SUdtteile am Tiber, d. Das Manfeld. (§ 79.) 229
4. Verbunden war mit dem Theater die Porticus Pompeia. Sie
schloss sich an die Scena des Theaters an und umgab einen grossen
rechteckigen Hof.*) Die Hallen waren ein beliebter Spaziergang. Quid
mim loci natura afferre polest, ut in porticu Pompei potius quam in
campo ambulemus? sagt Cicero de fato 4, 8; Ovid A. a. HI 387: at licet et
prodest Pompeias ire per umbras, Catull 55, 6: in Magni simul ambulatione
femellas omnes, amice, prendi. Nach Propert. H 32, 11 waren die Hallen
durch Vorhänge (aulaea Attalica) geschlossen. Kunstwerke darin nennt
Plin. N. H. XXXV 114. Aus den Worten Martials H 14, 10: illinc Pompei
dona nemusque duplex darf man mit Beckür p. 614 schliessen, dass von
den Portiken umschlossen im Innenhof sich eine doppelte Platanen-
pflanzung befand. Eine Restauration der Portikus ist gleich der des
Theaters unter Arcadius und Honorius 418 u. 420 n. Chr. gemacht. Vgl.
CIL VI 1193, 1676. In einer Exedra der Portiken stand die Bildsäule des
Pompeius. Es ist dies der als Curia Pompei berühmt gewordene Raum,
in dem Caesar ermordet wurde. Der Ort wird natürlich oft erwähnt: Cic. de
div. II 9, 23 in curia Pompeia ante ipsius Pompei simulacrum. Liv. epit. CXVI :
in Pompei curia. Ascon. in Milon. § 67: cum senatus in porticu Pompei
haberetur. Vgl. Dio Cass. XLIV 16 u. 52, Plut. Brut. 14, Caes. 66, Appian
b. c. II 115. Augustus liess sie als locus sceleratus vermauern und stellte
die Bildsäule des Pompeius „contra theatri eius regiam marmoreo Jano . . .
transUüam e curia , in qua C. Caesar fuerat occisus" (Suet. Aug. 31) auf.
unter regia ist die Hauptthür zu verstehen, welche von der Scena in den
Säulengang führte, und an dieser Stelle zeigt auch das Fragment des
kapitolinischen Stadtplans (F. U. IV 30a) einen Bogen. Von Diokletian
ist die Porticus Pompeia gänzlich umgebaut und neu als Porticus Jovia
und P. Herculea dediziert worden (Chron. von 354). Die darauf
bezüglichen Inschriften (CIL VI 255, 256) sind innerhalb der Porticus
Pompei gefunden worden. — Wohl nicht zu trennen von den Portiken
des Theaters des Pompeius ist die Porticus ad Nationes, von der es
bei Serv. Aen. VIII 721 heisst: Porticum enim Augustus fecerat, in qua
simulacra omnium gentium conlocaverat, quae porticus appellabatur Ad
Nationes. Dieselbe Porticus wird auch bei Plinius XXXVI 41 erwähnt:
quattuordecim nationes quae sunt circa Pompeium, d. h. beim Theater des
Pompeius; und so heisst es auch bei Suet. Nero 46: a simulacris gentium,
ad Pompei theatrum dedicatarum, so dass man zweifeln kann, ob nicht
ein Teil der Portiken des Theaters hier gemeint ist. Augustus hat
das Theater des Pompeius wieder hergestellt, und es ist nicht un-
möglich, dass auch die an dasselbe sich anschliessenden Portiken eine
Restauration erfuhren und mit den genannten Statuen geschmückt wurden. >)
5. Östlich von der Porticus Pompeia bei der Kirche S. Nicolö ai
*) Vitruv. V 9, 1 post scenam porticus \ des Marsfeldes mit Statuen schmttckte, geht
sunt caniftituendae uti cum imbres repentini • aus Sueton. Cal. 84 hervor, wo von den
ludos interpellaverint, habeat populus quo statuaa virorum illustrium ab Augusto ex
86 redpiat ex theatro . . . uti sunt poHicua Capitolina area propttr angustias in campum
Pompeianae, . Martium conlatas die Rede ist. üeber die
^) Dass Augustus überhaupt die Portiken grosse Menge der das Marsfeld erflülenden
230 B. Topographie Ton Rom.
Cesarini befindet sich im Hofe des Klosters S. Nicolö ai Cesarini ein
Peripteral-Rundtempel, und ein anderer rechtwinkliger Peripteros hat
in der Nähe bis zum Ende des 15. Jahrhunderts eidstiert. Beide Tempel
sind, wie durch einen Vergleich mit einer Zeichnung Antonio da SangaUos
sich ergab, 0 dargestellt auf Forma Urbis XVI 110 zugleich mit dem öst-
lichen Abschluss der Portikus. Welche Tempel hier gelegen haben, ist
nicht bekannt. — CIL VI 9404 nennt eine schola fabrorum soliarium baxiarium
siib tkeatro Pompeiano.
6. Neben der P. Pompei lag nach dem Marsfelde zu eine zweite
Halle, das Hekatostylon, erwähnt bei Martial II 14, 9 inde petU
centum pendentia tecta columnis und III 19, 1 proxima centenis ostenditur
ursa columnis^ ferner bei Hieronymus; auf dem Fragment des Stadtplans
Forma ürb. fr. 31 findet sich der Name. Reste, die aller Wahrschein-
lichkeit nach zu dieser hundertsäuligen Halle gehören, haben sich bei
den Regulierungen und Ausgrabungen des Jahres 1884 in der Richtung
des Corso Vittorio Emanuele zwischen der Piazza del Oesü und der Via
dei Ginnasi gefunden. Zu dieser Halle müssen auch die grossen Blöcke
gehört haben, die um 1541 dort ausgegraben wurden. Auf eine späte
Restauration des Hekatostylon, etwa in der Zeit des Honorius und
Arcadius, in der auch die anderen Pompeiusbauten wiederhergestellt
wurden, bezieht de Rossi die Inschrift CIL VI p. XXVII ä.*)
80. Die Saepta. 1. Seit Caesar begann sich das Marsfeld mit einer
Reihe von Prachtgebäuden zu bedecken, die ihres Gleichen nicht gehabt
haben. Er selbst hatte die weitgehendsten Pläne. Nach einer Notiz Ciceros
(ad Att. Xin 33) ging er damit um, den Tiber in ein neues Bett hart
am Fusse der Montes Vaticani zu leiten, das Marsfeld zu bebauen und in
dem «Campus Vaticanus'* ein neues Marsfeld zu schaffen, doch ist nichts
davon zur Ausführung gekommen.') Dagegen begann er den Bau der
marmornen Saepta, welche an Stelle des einfachen Ovile för die Ab-
stimmung der Centurien dienen sollten; sie umfassten zugleich die Villa
publica, die seit jener Zeit nicht mehr genannt wird. Nach dem von
Cicero (ad Att. IV 16, 14) erwähnten ursprünglichen Plane sollten sie ein
Platz von miüe passm Umfang werden, von mächtigen Portiken um-
schlossen. Caesar erlebte die Vollendung des Baues nicht; Lepidus, der
Triumvir, setzte ihn fort, Agrippa vollendete ihn und gab ihm den Namen
Saepta Julia. Die Dedikation erfolgte 27 v. Chr. (Dio Cass. Lffl 23). — Es
ist sicher, dass in dem siebenundzwanzigjährigen Zeitraum von dem Briefe
Ciceros bis zur Dedikation durch Agrippa der Bauplan der Saepta nicht
unwesentliche Änderungen erlitten hat. Die Abnahme der Bedeutung
der Komitien, die unter Augustus begann und schon bei Antritt der
Stataen vgl. auch die oben p. 223 ange- ' Ueber die Ansgrabmigen von 1884 v^. Not
f&hrlen Worte des Strabo. de scavi 1884 p. 103.
■) Ueber diese beiden Tempel und ihre ') Die Anlage der Hort i Gaesaris trans
Identifiiiening mit dem Fragmente XYI 110 Tiberim, die nachmals durch Gaeaais Teeta-
des Stadtplanes vgl. Lakciani, I portici della ment in den Besita des Rftmischen Volkes
regione IX. Ann. d. Ist 1883 p. 5 ff. kamen, scheint in diesem Sinne gemacht n
^\ Ds Rossi, Miscellanea etc. Bull. com. sein.
1893 p. 189 ff. Vgl. Bull. com. 1893 p. 6.
6. Die Stadtteile am Tiber, d. Das Marsfeld. (§ 80.) 231
Regierung des Tiberius zur Übertragung der Wahlen an den Senat führte,
(Tac. Ann. 1 15), mag dazu der Hauptgrund gewesen sein. Jedenfalls ist
der ursprünglich für die Saepta bestimmt gewesene Raum zum grossen
Teil durch Agrippa für seine Thermen und vorher schon durch das Iseum
und andere Bauten in Anspruch genommen worden. Nachweisbar ist
eine den Namen der Saepta Julia tragende Porticus längs der Via Flaminia
von 1500 röm. Fuss Länge und 200 Fuss Breite, (440 zu 60 m), von
der an mehreren Punkten Reste gefunden sind. Die nördliche Grenze
dieser Portikus ist durch Frontin 22: arcus aquae Virginis finiuntur in
Campo Martio secundum frontem saeptorum und die noch existierenden
Bogen jener Wasserleitung bestimmt; die am weitesten südlich reichenden
Reste sind unter dem Palazzo Venezia gefunden, sie reichten mit ihrem
Westrande genau bis zur östlichen Grenze der Basilica S.Marco. 0 Bedeutende
Reste existieren noch unter der Kirche S. Maria in via lata und dem Palazzo
Doria.)') Von grosser Wichtigkeit für die Rekonstruktion sind die Fragmente
des Stadtplans Form. Urb. fr. 84—36, die einen nicht unerheblichen Teil der
Saepta mit der Inschrift und einen grossen Komplex von Bauten, der auf der
anderen Seite der Via lata in der VIT. Region lag, darstellen.*) — So un-
bezweifelt, wie die Zugehörigkeit dieser Portikus zu den Saepta der Zeit
des Septimius Severus und auch wohl zu den ursprünglichen ist, wie sich
aus der gleichartigen, ebenfalls von Agrippa erbauten Porticus Polae in
der VII. Region ergiebt, so unbekannt sind wir mit der Ausdehnung
und der Gestaltung der ursprünglichen Anlage des Agrippa. Was wir
davon wissen, lässt einen ganz anderen Bau vermuten. Nach Dio Gass.
LIII 23 waren die Saepta von Lepidus croaTg ntqi^ . . . cvvfpxodofArjfieva
und wurden von Agrippa nXa^l hd-ivaig xai ^wyqaffriiiaayv ausgeschmückt;
nach den Säkularakten (Ephem. epigr. VIII p. 248) versammelte sich hier*)
im Jahre 17 v. Chr. der Senat (in saeptis), Caligula gab daselbst Gladia-
torenspiele (Suet. Gal. 18), ebenso Claudius (Suet. Claud. 21): gladiatorium
munus iustum et legitimum in saeptis; ibidem extraordinarium et breve
dierumque paucorum etc., und Nero ein gymyiicum (Suet. Ner. 12). Caligula
veranstaltete hier sogar eine Naumachie näv to xuyQhv ixaXvo dioQv^aq xai
vdaxog nXriQwaaq (Dio Cass. LIX 10). Diese Verwendung der Saepta setzt
natürlich einen ganz anderen Raum und Bau voraus, als eine Portikus,
sie hörte aber mit dem grossen Brande unter Titus auf (Dio Cass.
LXVI 24), der auch die Saepta vernichtete. Hinterher erscheinen die
Saepta als ein grosser Bazar, in dem namentlich Luxuswaren feil-
geboten wurden (Martial n 14, 57, IX 59, X 80). Sie müssen also unter
Domitian einen völlig umgestaltenden Neubau erfahren haben. Ein zweiter
') Auf der Piazza S. Marco lag im
4. Jahrhundert n. Chr. ein vornehmes Privat-
haus, die Domus Turciorum, vgl. CIL VI
von Hülsen, Bull. com. 1893 p. 12 ff. Die
Stärke der Pfeiler deutet darauf hin, dass
die Halle ein zweites Stockwerk trug.
1772, 1773. *) Aus Dio Cass. LVI 1 («tio ßvfiajog)
0 Eine auf neuen Untersuchungen he-
rahende Zusammenstellung sämtlicher Reste
siehe hei HOlsbn, I saepta ed il Dirihitorinm,
Bull. com. 1893 p. 9 ff .
*) Neueste Behandlung der Fragmente
hat man schliessen wollen, es habe hier
EostrfA gegeben, aber es handelt sich, wie
auch Sueton, Tib. 17 bestätigt, um ein tri-
bunai.
232
B, Topographie von Rom.
Neubau wird in der Vita Hadriani 19 erwähnt, wo die Saepta neben den
übrigen von Hadrian erneuten Bauten des Agrippa, dem Pantheon, der
Basilica Neptuni und dem Lavacrum Agrippae genannt werden. Ob sie
nach Hadrian noch als Bazar gedient haben, ist nicht bekannt. Die
letzte Erwähnung findet sich in der Vita Alexandri Severi 26: basilicam
Alexandrinam instUuerat inter campum Martium et saepta Ägrippiana.
In der Regionsbeschreibung werden die Saepta nicht mehr genannt,
obgleich die grosse Portikus an der Via lata, wie die noch erhaltenen
Reste beweisen, fortexistierte. Dagegen nennt sie neben der Porticus
Argonautarum eine Porticus Meleagri, die sonst nirgends genannt wird. 0
Dass die Portikus der Saepta ebenso mit Bildern und Bildwerken ge-
schmückt waren, wie andere Portiken, die davon ihren Namen erhielten,
z. B. die P. Europae, Argonautarum, ad Nationes, wissen wir. So sagt
Plin, N. H. XXXVI 29: nee minor quaestio est in saeptis, Olympum et Fana,
Chironem cum Achille qui fecerint. Es ist also wohl denkbar, dass die
Saepta im 3. Jährhundert n. Chr. von einem hervorragenden Bildwerke den
Namen Porticus Meleagri erhielten, der die alte Benennung verdrängte.
2. In der Nähe des Nordendes der Saepta, nach Ovid Fast. I 464: hie
ubi Virginea camptis oUtur aqua, muss der von Lutatius Gatulus gegründete
Tempel der Juturna gelegen haben (Serv. Aen. XII 139). Er wird er-
wähnt bei Cicero pro Gluentio 36, 101, wo von vergoldeten Statuen die Rede
ist, die bei ihm aufgestellt wurden. Über die Bedeutung der Göttin vgl.
MoMMSEN CIL P p. 326.3)
3. In Verbindung mit dem der Saepta begann Agrippa den Bau des
Diribitoriums, eines grossen, zur Sonderung der Stimmen und Fest-
stellung des Resultats der in den Saepta veranstalteten Eomitien be-
stimmten Gebäudes. Es wurde nach seinem Tode 8 v. Chr. von
Augustus geweiht (Dio Cass. LV 8). Dass es ein von den Saepta
getrennter Bau war, geht, abgesehen von der verschiedenen Entstehungs-
zeit, aus der Aufzählung der im Brande unter Titus untergegangenen
Bauten bei Dio Cass. LXVI 24 hervor, wo es neben den Saepta und
zwischen dem Pantheon und dem Theater des Baibus aufgeführt wird.
Seine Lage an der Stadtseite des Marsfeldes wird durch Suetons (Claud. 18)
Worte: Claudius cum Aemüiana pertinacius arderent, in Diribitorio duabus
noctibus mansit angedeutet. Über die mutmassliche Lage der Aemiliana
vgl. p. 211. Schwieriger ist die Frage nach seiner baulichen Beschaffen-
heit. Plin. N. H. XXXVI 102 zählt das tectum Diribüori ab AgHppa facti
(nicht das Diribitorium selbst!) zu den bedeutendsten Werken, doch war
') Martial II 14 z&hlt alB Hanptspazier-
gänge des CampiiB Martäas auf: die Porticus
Europae (Lage unbekannt), die Saepta, die P.
Argonautarum, das Iseum, das Hecatostylon,
die Porticus Pompeia.
') üeber die Namensform der Göttin be-
merkt MoMMSEH a. a. 0. mit Hinweis auf eine
im Vatikan befindliche, im Bull. d. Ist. 1871
p. 137 publizierte Inschrift, die die Diu tur na
nennt: Potuerunt idem dudum docere nos
phüologi, cum aptid Ciceronem in Cluentiana
36, 101 in libris ornntbits sü cid DitUumae.
Item in Flori libro Palatino 1, 28 legi apud
Diuttimae lacum testor de visu, cum in
varia lectione Jahnii mei eam scripturam
typographi ohscurarint. — Dass auf dem
Marsfelde (unbekannt wo) auch die Feronia
verehrt wurde, lehrt der Eilender (CIL I'
p. 335). Ein ihr im Jahre 217 v. Chr. von
den Libertinen dargebrachtes Greschenk wird
Liv. XXn 1 erwähnt.
6. Die Stadtteile *m Tiber, d. Daa MareMd. (§ 81.) 283
68 ZU seiner Zeit schon zerstört, denn er sagt N. H. XYI 201 : fuü memoria
nostra et in particibus Saeptorum (trabs e larice) a M. Agrippa relicta, aeque
miraculi causa ^ quae Diribitorio superfuerat (100 Fuss lang). Agrippa
scheint hier also den Versuch gemacht zu haben, einen Raum, wie er
sonst wegen seiner Grösse nicht eingedeckt zu werden pflegte, mit einem
Dache zu versehen. Dio Cass. LV 8 nennt es olxog fiäyiarog r&v ndnfne
ixiav 6qo^7]v axovxfov. Das ungeheure Dach, das offenbar einen einzigen
Raum überspannend ohne innere Stützen sich hielt, bestand noch zur Zeit
Galigulas, der nach Dio Cass. LIX 7 bei allzu grosser Hitze, also des
Daches wegen, das Diribitorium als Theater benutzte. Das Dach stürzte
ein und konnte nicht wieder aufgebaut werden, man liess aber das Ge-
bäude ohne Dach weiter bestehen. Unter Titus brannte es ab und man
würde aus der . mangelnden Verwendbarkeit des Gebäudes zu seinem
ursprünglichen Zweck, sowie daraus, dass es in dem Verzeichnis der von
Hadrian hergestellten Bauten des Agrippa fehlt, unzweifelhaft schliessen,
dass es nicht wieder aufgebaut wurde, wenn nicht Dio Cass. LV 8 von
ihm wie von einem noch existierenden spräche. Er sagt: r^v dl olxog
^eyiatog %wv nwnote (xiav o^o^rjv axm^xwv ' vvv ydq drjy ndffrfi ttjg (fteyrjg
avTOV xav^aiQe&edrrjg^ ort ovx rjivrtjd'r] avx>ig (fvaTrjvai^ a%avrig cffttv (ist es
offen). — Auch über die Gestalt wissen wir nichts, nicht einmal, ob es
rechteckig oder rund (mit einem Zeltdach von hundertfüssigen Balken?)
war; auf letzteres liesse etwa die Notiz über Caligula schliessen. i)
81. Das Pantheon. 1. Geschichte. Das Pantheon wurde von
Agrippa erbaut und in seinem dritten Konsulate, 27 v. Chr., geweiht. Über
den Bau und die Bedeutung des Namens berichtet Dio Cass. LIII 27: rd te
ndv^siov (ovofAaiffAävov i^eväXecev ' ngogayogevezai Sl ovtoj td%a ixhv tni
noXXäv d-eSv eixovag iv roTg dydXnaai^ %t^ %6 xov ^Aqeog xal t(p riyg ^AipQodi^
trjg^ SXaßev, dg S' iyci i'o/if'^o), oti x^oloeiSlg ov t(j^3 ovQUVfp nqogtoixBV.
eßovXr^x^rj filv ovv 6 'Ayqinnag xai %ov Avyovarov ivxavx^a iSgiaat, ttjv ts
toi tqyov emxXrjaiv avttp dovvai • fijj de^ajtuvov dl avtov /nrjdbTfQOv exet
[aIv tov ngoreQOV Kaiaaqog^ iv ik t(^ ngordo} vov re Avyovotov xai eavvov
dvdQidvrag iaxrfiev. Danach befanden sich in dem Tempel ausser anderen
Götterstatuen die des Divus Julius, des Mars und der Venus (welche nach
Macrob. III 17, 18 mit einer Perle der Kleopatra geschmückt war), in der
Vorhalle die des Augustus und des Agrippa. Über die anderen hier auf-
gestellten Götterbilder steht nichts fest, doch war der Tempel ohne Zweifel
der Verherrlichung des julischen Geschlechtes gewidmet, und der hier ver-
sammelte Götterkreis wohl diesem Zwecke entsprechend gestaltet. Über
künstlerische Ausschmückung des Baus berichtet Plin. N. H. XXXVI 38:
Ägrippae Pantheum decoravit Diogenes Atheniensis, in columnis templi eius
Caryatides probantur inter pauca operum, sicut in fastigio posita signa, sed
propter altitudine^n loci minus celebrata. Die Ansicht, dass die im
Braccio nuovo befindliche Karyatide, sowie eine früher im P. Giustiniani,
jetzt in Kopenhagen befindliche jener ganz ähnliche aus dem Pantheon
') Ueber das Weiterleben des Namens ' das Diribitorium sei kein besonderer Bau, son-
im Mittelalter vgl. Hülsen (Bull. com. 1893 i dem das obere Stockwerk der Saepta Julia
p. 23 ff ), der daselbst auch die Meinung vertritt, , gewesen.
234
B. Topographie yon Rom.
stamme, ist verfehlt. Einmal ist der Kunst wert dieser Bildwerke
nicht gross genug, um Plinius' Bewunderung zu erklären, andererseits
haben die von Plinius erwähnten schwerlich die Brände unter Titus und
Trajan überstanden. Vgl. Helbig, Führer I * p. 2. — Von der weiteren Ge-
schichte des Pantheons wird überliefert, dass es im Brande unter Titus
zerstört (Dio Cass. LXVI 24) und von Domitian wieder hergestellt wurde
(Chron. v. 354). Zum zweitenmale zerstörte es der Blitz unter Trajan (Oros.
7, 12: Pantheon Somae f ulmine concrematum, bei Hieron. 164 submersum);
die Herstellung erfolgte durch Hadrian. Nach Dio Cass. LXIX 7 sprach
dieser im Pantheon gelegentlich Recht. Die letzte Restauration, von
der wir wissen, ist die unter Septimius Severus im Jahre 202. Auf dem
Architrav der Vorhalle unter der Inschrift des Agrippa (CIL VI 896
Abb. 23. Grundriis des Pantheons.
M, Agrippa L, f, consul tertium fecit) steht in kleinen schwer leslichen
Lettern die diese Restauration meldende Inschrift (Pantheum vetustate cor-
ruptum cum omni cultu resiituerunt). Erwähnt wird es auch in der be-
geisterten Schilderung Roms bei Ammianus XVI 10, 14 mit den Worten:
Pantheum veliit regionem teretem speciosa celsitudine fornicatam, — Im
Pantheon versammelten sich am 12. Jan. des Jahres 59 v. Chr. die Arval-
brtider. Vgl. CIL VI 2041.
2. Das Gebäude. Das Pantheon ist noch erhalten. Es besteht, wie der
Plan (Abb. 28) zeigt, aus drei Teilen. Diese sind: 1. Die mit einer kassettierten
halbkugligen Kuppel überdachte Rotunde, die durch 7 Nischen gegliedert ist,
zu denen als achte der Eingang hinzukommt. Die diesem gegenüber liegende
Hauptnische, sowie die mittleren rechts und links vom Eingang sind halbrund,
die anderen rechteckig. Das sie abschliessende Gebälk wird von korinthischen
6. Die SUdtteile am Tiber, d. Das Marsfeld. (§ 81.)
235
Säulen getragen. Die Rotunde empfängt ihr Licht durch eine einzige in dem
Scheitel der Kuppel angebrachte kreisrunde Öffnung (vgl. Taf. 14). 2. Der
Vorbau, in welchem sich zwei nach aussen öffnende Nischen befinden, und
3. Eine auf 16 Granitsäulen ruhende Vorhalle mit den oben erwähnten In-
schriften am Architrav. Der Vorbau hängt organisch mit der Rotunde zu-
sammen, er ist mit dieser gleichzeitig in Ziegelbau aufgeführt. Die säulen-
getragene Vorhalle dagegen ist ohne organische Verbindung und ohne Rück-
sicht auf die Architektur der Rotunde und des Vorbaus vor diesen gesetzt,
ihr Oebälk schneidet mitten zwischen die Gesimse des Hauptbaus hinein und
läuft sich an der
Mauer der Rotunde
tot (Abb. 24). Da
die Rotunde mit
dem Vorbau allein
ohne die Vorhalle zu
keiner Zeit bestan-
den haben dürfte,
80 ist die wahr-
scheinlichste An-
nahme, dass die Zu-
fügung der Portikus
während des Baus
beschlossen und
nachträglich ausge-
führt worden ist.
Masse des Ge-
bäudes: der innere
Durchmesser der
Rotunde beträgt
43,50 m, also an-
nähernd 150 Fuss
röm. (44,40 m).
Ebensoviel beträgt
die Höbe bis zu der
etwa 9 m (=30 röm.
Fuss) im Durch-
messer betragenden
Lichtöffnung der
halbkugligen Kuppel, die Höhe des Tambours ist gleich der Höhe der
Kuppel, also 75 röm. Fuss. Die Dicke der Mauern beträgt 6,20 m (=
21 röm. Fuss). Der Vorbau hat eine Tiefe von 7,40 m (= 25 röm. Fuss),
die Vorhalle von 13,60 m (= 46 röm. Fuss). Ihre Breite beträgt 34 m
(= 114 röm. Fuss). Die Höhe der Granitsäulen ist 12,5 m (= 42^4 röm.
Fuss).
Durch die von dem Franzosen Chedanne angeregten, von der italieni-
schen Regierung in den Jahren 1892 und 1893 unternommenen Nach-
forschungen und Ausgrabungen haben sich folgende wichtige Resultate
Abb. 24. Vorhalle des PantheoDS.
236
B. Topographie Ton Rom.
für die Baugeschichte des Pantheons ergeben: 1. Für die Kenntnis der
Konstruktion der Kuppel war bis jetzt massgebend Pibanesi, Raccolta di
tempi antichi U; das von ihm überlieferte System von Entlastungsbogen,
Rippen und Strebebogen in der Kuppel stand aber im Widerspruch mit einer
Zeichnung A. da Sangallos des Jüngeren in den Uffizien zu Florenz (Nr. 78),
die über den Entlastungsbogen der Einbettung der Kuppel anstatt der bei
Pibanesi von da an bis zu der runden Lichtöffnung aufsteigenden Strebebogen
etc. horizontal gelagerte, in gewissen Abständen sich wiederholende Schichten
von grossen zweifüssigen Ziegeln zeigt. Die neuesten Untersuchungen,
die völlige Gewissheit über den Bau des Tambours und der Kuppel bis
in die Mitte der zweiten Kassettenreihe gebracht haben, bestätigen Piba-
NEsis Angaben nur zum Teil, stehen aber im Einklang mit der Zeichnung
Sangallos. Über die Konstruktion des oberen Teiles der Kuppel sind wir
nach wie vor im Dunkeln, i) Die Untersuchungen an der Attika haben
auch die Konstruktion der über den Nischen befindlichen Hohlräume
klargelegt. Danach sind diese auch vor der gänzlichen Vermauerung
stets geschlossen gewesen, vermutlich durch Gitter.*). — 2. Die Unter-
suchung der in dem Bau zum Vorschein gekommenen Ziegelstempel
hat ergeben, dass der ganze Bau, Rotunde nebst Vorbau, nicht von
Agrippa, sondern von Hadrian stammt. Die betreffenden Stempel
(Sammlung u. a. Rom. Mitt. 1893 p. 312 ff., CIL XV 276. 362. 811 b.c.
1406. 1406 K 649 u. a.) sind solchen Stellen entnommen, bei denen an
eine nachträgliche Einfügung zum Zwecke der Restauration nicht zu
denken ist, den Entlastungsbogen über dem Nischengebälk und im
Kuppelansatz, und in den unteren Teilen des Tambours. Das Vor-
handensein hadrianischer Stempel im Pantheon war schon Pibakesi und
Fea bekannt, man legte aber kein hinreichendes Gewicht auf diese
mit der Tradition und mit der Inschrift in Widerspruch stehende Beob-
achtung. Auch Dressel, der die Ziegel inschriften des Pantheon gesammelt
hat (Bull. d. Inst. 1885 p. 89. CIL XV p. 9), drang mit seiner bestimmt
ausgesprochenen Ansicht: muros huius aedificii nee primos esse nee aäate
Agrippae exstructos, sed saeculo altera refectos vel ceHe novo opere latericio
indudos nicht durch. Der erste, der ohne Umschweif (1890) die Ajisicht
aussprach, dass die ganze Rotunde ein hadrianischer Neubau sei, war der
österreichische Architekt H. Dell. Jetzt, nach der gründlichen Unter-
suchung des ganzen Gebäudes, ist an dem Faktum nicht mehr zu zweifeln.
Übrigens sind auch die Mauern, die die Verbindung des Pantheons mit
den südlich davon gelegenen Thermen des Agrippa vermitteln, aus hadri-
anischer Zeit. — 3. Die an das neue Ergebnis sich naturgemäss an-
schliessende Frage nach dem Bau des Agrippa veranlasste die italienische
Regierung zu Nachforschungen unter dem Boden der Botunde. Es ergab
sich, dass in einer Tiefe von 2,15 m unter dem jetzigen Fussboden ein
') Einen auf die Zeichnung Sangallos ge-
stützten Vorschlag macht Hülsen, Rom. Mitt.
1893 p. 309.
') Die Unhaltbarkeit der geistreichen
Vermutung Adlers (Das Pantheon zu Rom.
Winckelmannsprogramm Berlin 1871), dass
die Nischen offen gewesen seien und fiber den
S&ulen die von Plinius a. a. 0. als in columnis
templi befindlichen Karyatiden gestanden
hätten, ist damit, wenigstens fUr den jetzt
noch existierenden Bau, widerlegt.
6. Die StadtteUe am Tiber, d. Daa Marsfeld. (§ 81.)
237
zweiter Fussboden liegt, von dessen Marmorbekleidung sich nicht nur die
Einbettungen in dem aus Tuff brocken und Kalk hergestellten 0,27—0,30 m
(= 1 röm. Fuss) starken Paviment, sondern auch noch Reste von Pavona-
zetto und Oiallo antico gefunden haben. Reste oder Spuren eines Ober-
baus sind nicht gefunden worden, dagegen konnte konstatiert werden,
dass der bis an die Mauer des Tambours zu verfolgende Fussboden
dort abgeschnitten worden ist, um für die Fundamentierung der Rotunde
Platz zu gewinnen. Diese ruht auf einem Ringe von Gusswerk, der
im Innern 70 cm, im Äussern nur 15 cm stärker ist als die Mauer
des Oberbaus. Von aussen umgibt ihn aber noch ein Ring aus Retikulat-
mauerwerk. Das ungeheure Gewicht des Neubaus scheint der Grund
dafür zu sein, dass der ältere Fussboden aus seiner horizontalen
Lage gewichen ist. Er ist in der Mitte am höchsten und senkt sich
nach den Rändern zu. Dies Paviment ist offenbar ein Rest der hier
vor dem Bau des Hadrian befindlichen Anlage. Ob es zu einem Gebäude
gehörte oder ein freier
Platz war, ist nicht
auszumachen, da Spu-
ren von Mauern nicht
gefunden sind. Ebenso-
wenig ist auszumachen,
ob wir hier schon das
Pflaster des Agrippa
erreicht haben, oder
nicht vielmehr ein
späteres, etwa des Do-
mitian. Denn bei den
unter diesem Paviment
fortgesetzten Nach-
grabungen kanien 1 m tiefer die Spuren eines dritten Pavimentes zum
Vorschein. Zwischen beiden fanden sich Fragmente von bemalten Archi-
tekturstücken und ein unbekannter, rechteckiger Ziegelstempel, den
Dressel etwa in den Anfang des 1. Jahrhunderts setzt (Röm. Mitt. 1893
p. 317). — 4. Von höchster Wichtigkeit waren die Ausgrabungen unter
und in der Umgebung der Vorhalle (Abb. 25). Bei der Aufdeckung der
Fundamente zeigte sich, dass Rotunde und Vorbau auf einem gemeinsamen
Fundamente ruhen, dagegen die Fundamente der Vorhalle erst später ge-
legt sind.i) Die Fundamente der acht Säulen an den Seiten und im Innern
der Halle ruhen auf vier Streifen von Gusswerk (Kasten, cassoni), die bis
in die Fundamente des Vorbaus und der Rotunde vorgeschoben sind; da-
gegen die acht Säulen der Front ruhen auf einer Travertinmauer, die sich
als Teil der Umfassungsmauer eines vor Bau der Vorhalle hier befind-
lichen rechtwinkligen Baus auswies. Die längere Seite dieses Baus,
dessen kleinere Achse genau in der Achse des Pantheons liegt, geht auf
beiden Seiten über die Vorhalle soweit hinaus, dass noch Raum für je
Abb. 25. Fundamente der Vorballe des Pantheons.
') Vgl. L. Bbltbami, II Pantheon 1898 pag. 45 Fig. XUI.
238 B. Topographie von Rom.
eine Säule, also im ganzen ffir 10 Säulen vorhanden ist; ihre Länge be-
trägt 43,76 m. (= 148 röm. Fuss), also fast genau soviel, wie der innere
Durchmesser der Rotunde. Die kleinere Seite, von der erhebliche Reste
an der Westseite der Vorhalle erhalten sind, ist 19,82 m (= 67 röm. Fuss)
lang. Auch die zweite Langseite konnte verfolgt werden. Es scheint,
als ob das Oebäude kein einfaches Rechteck war; 11,25 m von der Süd-
westecke biegt die Mauer nach Süden um, so dass, dieselbe ümbiegung auf
der anderen (Südo8t-)Seite vorausgesetzt, sich an den rechteckigen Bau von
43,76 X 19»82 m ein ebenfalls rechteckiger Vorbau, mit der längeren Seite
von 21,26 m (= 73 röm. Fuss) anschloss, sich also eine Bauform ergab, wie
sie am Tempel der Concordia am Forum (p. 78 f.) wiederkehrt. Ob wir
in diesem Oebäude das Pantheon des Agrippa zu erkennen haben, ist eine
sehr schwierige Frage, namentlich wegen der Niveauverhältnisse ; 0
jedenfalls ist die Vorhalle, die mit dem Bau des Hadrian auf dem-
selben Niveau liegt, als Anbau an diesen und später als dieser ent-
standen. Die Inschrift, die den Bau in Agrippas Zeit setzt, macht
keine erhebliche Schwierigkeit. Wir wissen, dass Hadrian niemals aaf
die von ihm errichteten Bauten den eigenen Namen setzte, ja es heisst
Vita Hadriani 19 bei der Wiederherstellung früherer Bauten, unter denen
auch das Pantheon aufgezählt wird, ausdrücklich : eaqueomniapropriisaudarum
nominibus consecravü. Es sind also zwei Möglichkeiten vorhanden, entweder,
dass die Vorhalle gleich der Rotunde von Orund auf von Hadrian neu erbaut
und die ursprüngliche Inschrift des Pantheons des Agrippa wiederholt
wurde, oder dass, wie u. a. Lanciani meint, die Vorhalle im wesentlichen
aus Bestandteilen des älteren Baus hergestellt wurde. Für letzteres spricht,
dass nach den Untersuchungen Dells und Chedannes im Innern der
Rotunde sowohl wie an der Vorhalle (Giebel) Werkstücke, die zu einem
älteren Bau gehörten, verwendet worden sind. Es wäre also auch mög-
lich, dass die die Inschrift tragenden Balken dazu gehörten.^) — Die Vor-
halle war mit Tonnengewölben gedeckt und mit einer Dachkonstruktion
von vergoldeten Erzbalken versehen. Urban VIII (ein Barberini) deckte
sie im Jahre 1625 ab, um das Metall, 450^251 Pfund, zur Fabrikation von
80 Kanonen zu verwenden, die auf der Engelsburg aufgestellt wurden.')
Die Meinung, dass auch der Baldachin über dem Grabe des heiligen Peb-ua
in der Peterskirche von diesem Metall hergestellt wurde, ist irrig; das
') Dass das Pantheon des Agrippa eine filteren Bans in dem Nenbau Hadrians adop-
ganz andere Konstruktion gehabt haben
mnss» als das des Hadrian, geht n. a. ans
den Bränden hervor, durch die jenes zer-
stört wurde, während dieses absolut gegen
Feuersgefahr geschützt ist. In der That ist
nach Hadrian von Bränden des Pantheons
nicht mehr die Rede. Auch die bekannte
Pliniusstelle (N. H. XXXVI 88), in der von
den Karyatiden die Rede ist und wo es heisst:
sictit in fastigio posita signa, sed propter
altüudinem loci minus celebrata, scheint ein
anderes Tempelschema vor Augen zu haben
Indessen müssen doch gewisse Elemente des { berini.
tiert worden sein, so z. B. die beiden Nischen
zu Seiten der Eingangsthttr, die doch offen-
bar zur Aufnahme der Statuen des Angustos
und Agrippa dienten.
*) Nie"
*) Nicht zu diesen WerkstQcken ge-
hören die nnkannellierten Granitsftulen, die
eher dem Geschmacks der trajanisch-hadri-
anischen als dem der augustischen Zeit ent-
sprechen.
*) Die Entrüstung der Römer daiftber
drückte sich in dem geflügelten Worte ans:
Quod non fccerunt barbari, fecerunt Bar-
Taf. 14.
Das Pantheon des Hadrian: Vorhalle.
Das Pantheon des Hadrian: Inneres.
6. Die SUdtteüe am Tiber, d. Daa Marafeld. (§ 82.) 239
Metall dazu wurde aus Venedig bezogen. Die Bronzethür, die in die
Rotunde fQhrt, ist nicht antik, sondern zur Zeit Pius IV umgegossen.')
Die Restauration des Pantheons, die Septimius Severus an dem Ge-
bäude, das die Inschrift CIL VI 896 vetustate corruptum nennt, vornahm,
betraf wohl in erster Linie die Ausschmückung des Innern, jene pracht-
volle Marmorinkrustation, deren Reste noch bis in das vorige Jahrhundert
existierten, dann aber auf Befehl Benedikts XIV im Jahre 1747 abgenommen
und durch die jetzige wertlose Dekoration ersetzt wurden. Seit 609 n. Chr.
(Bonifatius IV) ist das Pantheon in die Kirche S. Maria ad martyres ver-
wandelt, nachdem ganze Wagenladungen von Gebeinen der Märtyrer aus
den Katakomben hierher übergeführt waren. Constans II beraubte das
Dach der Rotunde der vergoldeten Bronzeziegel, Papst Gregor III (731—741)
Hess es neu mit Blei decken. Im Mittelalter fiel das Gebäude der Ver-
wahrlosung anheim, namentlich ist die äussere Bekleidung der Rotunde
(Stuck und Marmor) gänzlich verschwunden, die Vorhalle wurde durch
Anbau von Buden etc. entstellt, ihre Ostseite fiel in Trümmer. Zu ihrer
Herstellung liess Alexander VII im Jahre 1662 zwei auf Piazza S. Luigi
de Francesi gefundene, also aus den Thermae Alexandrianae stammende
Säulen von rötlichem Granit aufrichten. Vorübergehende Änderungen an dem
Gebäude waren die Errichtung (unbekannt, wann?) eines Glockenturmes
hinter dem Giebel der Vorhalle, und nach dessen Zerstörung der beiden
geschmacklosen Glockentürmchen, die Urban VIII durch Beniini errichten
liess und die erst in neuester Zeit wieder entfernt worden sind. Seit den
achtziger Jahren ist das Pantheon von allen Anbauten befreit.
3. Vor dem Pantheon befand sich ein mit Portiken aus grauem Granit
umgebener freier Platz. Sowohl von der Umfassungsmauer wie von den
Säulen und dem Travertinpflaster sind Reste erhalten. Die Area lag nicht
unerheblich niedriger, als das jetzige Terrain. Ursprünglich stieg man
auf fünf Stufen von der Vorhalle des Pantheons zu dem Platz hinab. An
der Nordseite führte ein Triumphbogen auf diese Area. Er war mit
Reliefs geschmückt, welche die Provinzen und Nationen des römischen
Reiches, einen Kaiser um Beistand anflehend, darstellten. Im Mittelalter
hiess er deshalb Arcus Pietatis; wie er im Altertum hiess, ist unbe-
kannt.
Litteratur: Adlbb, Das Pantheon in Rom, Winckelmannaprogramm Berlin 1871.
— L. Bbltbami, Notizie d. scavi 1892 p. 88—90. — R. Lakoiani, La controversia snl
Pantheon, Bull. com. 1892 p. 150—159. — E. Güillaümb, Le Pantheon d' Agrippa, Revue
des deux mondes 1892, p. 562—581. — F. Bonoioamnint, II Pantheon di Agripi>a, Nuova
Antologia 1892 p. 88—101. — A. Mioharlis, Das Pantheon nach den Ergebnissen der
neuesten Untersuchungen, Preussische Jahrbücher 1893 p. 208—224. — 0. Richter,
Das Pantheon, Archäologischer Anzeiger 1893 p. 1—5. — Dbll^ Zeitschrift für bildende
Kunst 1893 p. 273—278 und Verhandlungen der 42. Versammlung deutscher Philologen
und Schulmänner in Wien, 1893, p. 343—348. — L. Bbltbami, II Pantheon, Relazione delle
indagini eseguiti dal R. Ministero delia Pubblica Istmzione negli anni 1892 — 93 coi rilievi
e disegni dell' Architetto Pier Olinto Abmanini, Milano 1898. — Eboli, Raccolta generale
delle iscrizioni del Pantheon, 1895. — GkykOllbb, Documents in^dits sur les thermes d'
Agrippa, le PanÜieon et les thermes de Diocletien. — H. Dbessel, Mattoni timbrati nel
Pantheon di Agrippa, Bull. d. Ist. 1885 p. 69 ff.
82. Die Thermen des Agrippa. 1. Gleichzeitig mit dem Pantheon
erbaute Agrippa südlich von diesem seine Thermen, die ersten, die Rom
^) Vgl. Lanciani, Ruins and ezcavations p. 484 ff.
240 B. Topogr*phie von Rom.
gesehen hat. Er nannte sie ursprünglich Laconicum. Über diesen Namen
berichtet Dio Cass. Lin 27 *Ayqinnaq — to nvQiarrjQiov vi Aaxtovixw xcne^
(fxevaae ' Aaxiüvixov yccq %6 yvfivdaiov^ eneidr^neQ oi AaxBiaiiiovioi yvfi^
vovCx^aC T€ iv r<j" rite XQ^'^'V *^* ^'na aifxeiv fidhtna idoxow^ insxaksae.
Derselbe hebt LIV 29 hervor, dass die Bäder in ihnen umsonst gewesen
seien. Über die innere Ausschmückung durch Bilder etc. berichtet Plinias
N. H. XXXV 26 und XXXVI 189. Derselbe erzählt N. H. XXXIV 62, dass
vor den Thermen des Agrippa der Apoxyomenos des Lysippus gestanden
habe. Sie wurden im Jahre 25 v. Chr. dediziert, die Bäder aber wurden
erst seit 19 v. Chr. in Gebrauch genommen, als die zu diesem Zwecke
bestimmte Aqua Virgo fertig war. Diese Leitung wurde von Agrippa
aus dem Ager Lucullanus im Gebiete von CoUatia in der Nähe des 8. Meilen-
steins der Via CoUatina nach Rom geführt. Über den Namen erzählt
Frontin 10: Virgo appeUaia est, quod quaerentibus aquam müüibus puella rir-
guncula venas quasdam monstravü, quas secuti qui foderant ingentem aquae
modum invenerunt. Aedicula fonti apposita hanc originem pictura ostendü.
Die Leitung, die ihre Piscina in den Horti LucuUani auf dem Pincio hat
(Frontin 22), ist noch heute in Thätigkeit. — Die Thermen gingen in
dem grossen Brande unter Titus zu Grunde, wurden aber wiederhergestellt
(Dio Casfi. LXVI 24), Martial erwähnt sie mehrmals kurz (IE 20, 15 und 36, 6).
Unter Hadrian wurden sie ebenfalls restauriert; die Vita Hadriani zahlt sie
c. 19 als lavacrum Agrippae unter seinen Bauten auf. Eine letzte Wieder-
herstellung erfuhren sie nach CIL VI 1165 (vetustate labefadas) unter Con-
stantius und Constans im Jahr 844/45 n. Chr. Erwähnt werden sie CIL
VI 9797. Die Regionsbeschreibung führt sie als thermas Agrippianas auf.*)
Die Reste der Thermen sind zum Teil noch hinter dem Pantheon
erhalten, der Plan des ganzen ist uns, soweit im 16. Jahrhundert erhalten,
bekannt durch eine Zeichnung Peruzzis in der Oallerie der ITffizien, auf die
zuerst Lanciani, Not. d. scavi 1882 p. 851 aufmerksam gemacht hat.^) Die
noch erhaltenen Reste an der Hinterseite des Pantheons sind im Jahre
1881 frei gelegt. Lanciani, der den Arbeiten beiwohnte, hat in seinen
Relazioni (Not. degli scavi 1881 p. 276 flf. und 1882 p. 340 flf.) in aus-
führlicher Weise über Rekonstruktion und Benennung der Räume ge-
handelt. Zum Teil erhalten ist ein rechteckiger Saal von 45 X 19 n*
Grösse. In seiner längeren Seite, dem Pantheon zunächst, befindet sich eine
halbrunde Tribüne von grosser Ausdehnung; in den kleineren Seiten waren
Zugänge und gegenüber der Nische in der andern Längswand eine Thür,
die diesen Saal mit den anderen Räumen der Thermen in Verbindung
setzte. Ansehnliche Architekturreste gestatteten auch eine Wiederher-
stellung der inneren Dekoration. Die Wände waren durch 16 Nischen
für Statuen gegliedert; gefunden sind die Reste von vier Säulen von rotem
') Auffallend ist, dass der Anonymus { hftlt es trotz der Bezeichnung als Agrippianae
von Einsiedeln in unmittelbarer N&he des [ in der Regionsbeschreibnng für mö^cn, dass
Pantheons T h e r mae Com modianae nennt, | Commodus die Thermen des Agrippa er-
die die Notitia nicht kennt, dagegen nennt | weitert oder restauriert habe,
sie Commodianae in der I. Region. Es liegt , ') Nach ihm behandelt von Gbtxüllbb,
hier vermutlich eine Verwechslung mit den ' Documents in^dits sur les thermes d* Agrippa
Agrippianae vor. Lamciani, Itan. Eins. p. 19 | etc. 1883.
6. Die SUdtteile *m Tiber, d. Das Marsfeld. (§ 82.) 241
Oranit, vier Säulen von Pavonazetto, und einem kostbaren Friese. Die
Schwäche der Mauern zeigt, dass dieser Raum ursprünglich des Daches
entbehrte oder mit einem Holzdach versehen war. Auf dem Paviment
aber hat man die Reste eingestürzter Wölbungen gefunden. Es scheint
sich daraus zu ergeben, dass die zwischen diesem Thermensaal und der
Rotunde des Pantheon in der Achse des letzteren befindlichen Quermauern,
die nach den Ziegelstempeln unter Hadrian errichtet sind, die Mauern
zum Zwecke der Überwölbung verstärken sollten. Aus derselben Zeit
stammt auch die grosse Nische, so dass Hadrian die Thermen einer, wie es
scheint, durchgreifenden Umgestaltung unterzogen hat.^)
2. Bei Tacitus Ann. XV 37 wird ein Stagnum Agrippae erwähnt.
Es heisst dort: (Nero) in stagno Agrippae fabricatus est rotem, cui super-
positum convivium navium aliarum tractu moveretur. Dieses Stagnum nennt
auch Strabo XHI p. 590. Er erzählt, dass Agrippa ein Bildwerk des Ly-
sippos ^v T^ aXasi T<jp fieua^v rijg Xifxvrjg xal rov svqinov aufgestellt habe.
Die Erwähnung des Euripus weist auf die unmittelbare Nähe der Thermen
hin. Denn nach Frontin. Aq. 84 wurde von der Aqua Virgo, die in erster
Linie für die Thermen des Agrippa bestimmt war, auch ein Euripus (ein
Kanal) gespeist. Das aXcog sind sicher die auch bei Dio Cass. LIV 29
zusammen mit den Thermen erwähnten Horti {xfinoi) Agrippae (bei Tac.
a. a. 0. heisst es von dem Stagnum: quantum iuxta nemoris et circumiecta
tecta consonare cantu), so dass wohl an der topogi*aphischen Zusammen-
gehörigkeit der Thermen, des Stagnum, der Horti und des von der Aqua
Virgo gespeisten Euripus kaum gezweifelt werden kann. Bei Ovid ex
ponto I 8, 87 f. wird das Marsfeld, wie es scheint in Hinblick auf diese An-
lage, charakterisiert mit den Worten: gramina nunc campi pulchros spec-
tantis in hortos, stagnaque et euripi Virgineusque liquor. Sie müssen einen
ganz bedeutenden Raum eingenommen haben und dürften sich westlich
von den Thermen bis in die Gegend von S. Andrea della Valle erstreckt
haben. Nach Lanciani, Not. d. scavi 1881 p. 281 sind auf diesem Gebiete
Reste zum Vorschein gekommen, die zu dieser Anlage gehören könnten.
Die ganze Anlage wurde im Westen abgeschlossen durch eine grosse
Säulenhalle, die Porticus Eventus Boni. Es heisst bei Amm. Marc.
XXIX 6, 19 von den unter Valentinianus, Valens und Gratianus im Jahre 874
n. Chr. durch den Präfekten Claudius ausgeführten Bauten: Instauravit
vetera plurima, Inter qxiae porticum exdtavit ingentem lavacro Agrippae conti-
guam, Eventus boni cognominatam ea re, quod huius nominis prope visitur
templum. Auf der westlichen Seite des von den Anlagen des Agrippa
eingenommenen Terrains vom Palazzo della Valle an nach Norden zu haben
sich zu den verschiedensten Zeiten und in gleicher Tiefe fünf Kapitelle
von ganz ausserordentlicher Grösse nebst anderen Architekturteilen ge-
funden, zerstreut über einen Raum von etwa 100 m, die kaum zu etwas
anderem gehört haben können, als zu einer ungeheuren Säulenhalle. Vgl.
Lanciani, II portico Eventus Boni nel campo Marzo. Bull. com. 1891 p. 224 ff.;
dort wird auch eine Vermutung über die Lage der Aedes Eventus Boni
*) L. Bbltramt, II PanÜheon p. 61 ff.
Handbuch der klasA. AltertauMwissenschaft. III. 8, B. 2. Aafl. 16
242 B. Topographie von Bom*
wieder aufgenommen, die einst E. Sabti (Arch. S. B. IX p. 476) vorgetragen
hatte, dass sie nämlich an Stelle der Kirche S. Maria in Monterone, wo er^
hebliche Reste von Peperinmauern, die einem antiken Tempel angehörten,
im Jahre 1846 gefunden worden sind, gelegen habe. Über den Bonos
Eventus = dya^og daifKov, ursprünglich eine ländliche Gottheit (Plin. N. H.
XXXIV 77 und XXXYI 28), dann allgemeiner aufgefasst und auf Münzen
oft im Hinblick auf den glücklichen Ausgang von Reisen u. s. w. der Kaiser
genannt, vgl. Preller, Mythol. IP p. 257 f.
83. Die Basilica Neptun!. Nördlich von den Saepta, zunächst diesen
und der Via lata erbaute Agrippa im Jahre 25 v. Chr. die Basilica Neptuni
(rrjv (fzodv ttjv tov JIotTeiäävog Dio Cass. LIII 27, bei demselben LXVI 24
JloffeiSciv^ov genannt) zur Erinnerung an die Seesiege bei Actium und über
Sex. Pompeius. Die Area, auf der die Basilica lag, war von der 108 m
langen und 98 m breiten Porticus Argonautarum umgeben, so genannt
nach den darin befindlichen Gemälden und von Martial II 14, 6 (Aesonides
= Jason), UI 20, 11. XI 1, 12 {primae dominus levis carinae) als beliebter
Spaziergang und Aufenthaltsort Müssiger erwähnt. Die ganze Anlage hat
demnach wesentlich denselben Charakter gehabt, wie die kaiserlichen
Forumsbauten. Gleich anderen Bauten des Marsfeldes wurde die Anlage
durch den Brand unter Titus zerstört, dann vermutlich wieder aufgebaut
und unter Hadrian erneuert. Von der Basilica existieren noch ansehn-
liche Beste, ein Teil der nördlichen Umfassungsmauer und elf korinthische
Säulen des Umgangs aus hadrianischer Zeit, eingebaut in ein Gebäude,
das seit Innocenz II als Dogana di terra (Zollamt) diente, jetzt als Börse
benutzt wird. Die Ergänzung der Basilica ist zweifelhaft, Lanciaki ver-
vollständigt die Reste zu einem Tempelgebäude mit acht Säulen in der
Front und fünfzehn an den Seiten. Die Regionsbeschreibung nennt die Basilica
Neptuni^) und die Porticus Argonautarum getrennt. — Von besonderem Inter-
esse ist die Ausschmückung der Basilica. An der Substruktion, auf
der die Säulen des Umgangs ruhten (jetzt unter dem Strassenniveau
verborgen), befanden sich Relief darstellungen: unter den Säulen Dar-
stellungen der römischen Provinzen, in den Interkolumnien Trophäen.
Die ersten Reste dieser Skulpturen wurden unter Paul III (1534 bis
1549) ausgegraben, vier Provinzen und zwei Trophäen, sie kamen erst
in den Palazzo Farnese, dann mit Ausnahme einer sehr stark ver-
stümmelten Provinz nach Neapel; unter Innocenz X (1644—55) wurden
zwei Provinzen in die Villa Doria Pamfili gebracht. Weitere Provinzen^
die unter Alexander VII (1655—67) entdeckt wurden, kamen in den
Palazzo Chigi. Im Jahre 1878 wurden auf Piazza di Pietra sechs
Reliefs gefunden, die zum Fussboden der jetzt zerstörten kleinen Kirche
S. Stefano del Trullo verwendet gewesen waren, 1883 zwei weitere Stücie
auf demselben Platz, so dass im ganzen die Darstellungen von sechszehn
Provinzen und sechs Trophäen gefunden sind. Vier einstmals in der Vor-
halle des Pantheons aufgestellte Provinzen sind verloren gegangen. — Von
0 In der Notitia aus Versehen ausgefalleD. Vgl. Jordan, Top. 11 p. 40 ff. und
Hülsen, Rom. MiU. 1899 p 152.
6. Die SUdtteüe am Tiber, d. Dm Marafeld. (§§ 83-85.)
243
der Porticus Argonautarum ist ein Teil der UmfassungBmauer im Norden
der Basilica gefunden.
Litteratnr: Lanoiahi, Bull. com. 1878 p. 10 ff. (vgl. dazu HOlsbn, Rom. Mitt. 1889
p. 61 Anm. 3), 1882 p. 210, 1883 p. 14. Not. d. Bcavi 1879 p. 68, 267, 314; 1880 p. 228.
1883 p. 81. Ann. d. Ist. 1883 p. 9. — H. Lucas, Die Reliefs der Neptansbasilika i ^
Jahrb. d. Arch. Inst. 1900 p. 1 ff. — Rekonstniktion auf Lavcianis Forma Urbis 15.
84. Das Amphitheatrum Statilii Tauri. Im Jahre 29 v. Chr. erbaute
ein anderer Zeitgenosse des Augustus, Statilius Taurus, im Marsfelde das
erste steinerne Amphitheater (Suet. Aug. 29. Tac. Ann. III 72). Dio Cass.
LI 23 berichtet darüber: rov d^ dij Kaiaaqoq %6 Tätaqrov iu vnatevovtog
6 TavQog 6 Srarihog ^äaTQOv xi iv %^ ägeifp nsditp xvvijyetixov li&ivov xal
i^snoirjfts %oXq iavrov täketfi xal xaS^isQiotfev onkofiaxiff. Das Theater war
Privatbesitz der Familie (CIL VI 6227, 6228) und scheint nicht sehr gross
gewesen zu sein, obgleich es Strabo V 3, 8 unter den Prachtbauten des Mars-
feldes aufzählt (p. 223). Aber schon Caligula verachtete es (Dio Cass. LIX 10),
nachdem er anfänglich darin Spiele gegeben hatte. Im neronischen Brande
ging es zu Grunde (Dio Cass. LXII 18) und wurde nicht wieder aufgebaut.
An seiner Statt errichtete Nero (apud camptim Martis Tac. Ann. XÜI 31.
Sueton Nero 12) ein hölzernes Amphitheater, dessen Dimensionen grosses
Aufsehen erregt zu haben scheinen. Auch dieses Theater ist verschwunden.
— Wo das Theater des Statilius Taurus gelegen hat, ist unbekannt;
PiBANESi glaubte, die Trümmer lägen unter dem Monte Citorio begraben,
was aber durch die dort konstatierten Bauten widerlegt ist (vgl. p. 254
Anm. 3); neuerdings hat Langiani (Ruins and excavations p. 369) die
Meinung geäussert, der westlich vom Stadium gelegene Monte Giordano,
ebenfalls ein künstlicher durch Aufhäufung von Schutt entstandener Hügel,
bedecke die Reste des Theaters, aber es ist doch wohl anzunehmen, dass
ein schon im 1. Jahrhundert abgebranntes Theater sehr bald bis auf die
letzten Spuren beseitigt worden ist.
85. Iseum et Serapenm. Unter diesem Namen zählt die Regions-
beschreibung in der IX. Region die auf dem Marsfelde zwischen dem
Pantheon und der Portikus der Saepta seit Augustus Zeit existierende
grosse Tempelanlage auf, die der Isis und dem Serapis geweiht war.
Nach Dio Cass. XL VII 15 beschlossen im Jahre 43 v. Chr. die Triumvirn
den Bau eines Tempels dieser Gottheiten {vedv r^y ts SagdmSi xai tfj
"itridi €ifjr^^{<ravto)^) Der Tempel wird mehrfach erwähnt, so bei Ovid,
*) Dass hier kein anderer gemeint sein
wird, als der auf dem Gampns Martins (Apul.
Met. XI 26 Isis Campensis)^ ergiebt sich
daraus, dass Dio Cass. LIII 2 von Augustus
noch aus dem Jahre 28 v. Chr. berichtet:
xal Ter fjiiy (i^ti ra Aiyvnxia ovx iasdi^aro
staio rov ntafiriqiöv (ygl. Dio Cass. LIY 6).
Offenbar war die Ursache dieser Tempel-
grtLndung das Eindringen des Isiskultus in
Rom, gegen den man anfangs einen wie es
scheint vergeblichen Kampf geführt hatte.
Im Jahre 58 v. Chr. wurde der Kult der Isis
auf dem Kapitel untersagt, und die dort be-
findlichen Altfire zerstört, gleiche Verbote
erfolgten im Jahre 52 v. Chr. (Dio Cass. XL
47 . . . nBqi TS toy ZaQaniv xal nsQi Jtjy
^Iciy \fnj(pia&^y .... tovg ydg raovg avxtoy,
ovg idiif xiyhg hisnoirjyxo, xa&sXsiy xfj ßovXß
Mo^ey. ov ynQ dij xovq ^sovc xovxovg ini
noXv iyouifftty, xai öxe ys xal iieyixrjcay
Wut s xal drjfAoaiff avxovg aeßsff&aiy e|(ü xov
nwfirjQlov atpag Idgtiffayxo), und im Jahre 50
y. Chr. Bei letzterem handelt es sich ebenfalls
um die Zerstörung von Heiligtümern (Istdis
et Serapis fana. Valer. Max. I 3, 4), und da
keiner der Arbeiter an diese Hand zu legen
wagte, legte der Konsul L. Aemilius Paulus
seine Toga praetezta ab, ergriff selbst die
16*
244
B. Topographie voa Rom.
A. a. I 77 und Amor. H 13, 7, Juvenal VI 527 flf. und IX 22, lauter
Stellen, aus denen hervorgeht, dass er ein Sammelpunkt der Liber-
tinen war. Bei Juvenal VI 529 wird seiner Lage mit den Worten: aedetn
Isidis, antiquo quae proxima surgü ovili (p. 226) gedacht, unter Tiberius
wurde wegen eines Falles schändlicher Kuppelei der Isispriester, den Jo-
sephus, Antiqu. XVIII 8, 4 erzählt, der Tempel zerstört und das Bild der
Isis in den Tiber geworfen (vgl. Tac. Ann. II 85 ; Suet. Tib. 36). Indessen
muss der Tempel bald wieder aufgebaut worden sein (Suet. Otho 12). In
der Nacht vor dem Triumphe über Judaea verweilten nach Josephus bell. Jud.
Vn 5, 4 Vespasian und Titus beim Isistempel {tov atQatmxixov naqi &vQag
ovTog ov rdv av(o ßaffiXsicov äXXa nlrjifiov tov tijg ^'itfidog tcQOV — ixsT yaq
ävsnavovxo Ttjg vvxrig ixeivrjg 6t avTOXQOTOQcg — ) und wurden am folgenden
Morgen vom Senat etc. bei der Porticus Octaviae (vgl. p. 217 f.) erwartet
In dem Brande unter Titus (Dio Cass. LXVI 24) wurde auch to ScQaneiov
xai t6 *Ic€Xov eingeäschert, aber von Domitian (Eutrop. VE 23) wieder her-
gestellt. Martial II 14, 7 erwähnt es unter den besuchtesten Örtlichkeiten
des Marsfeldes. Spätere Restaurationen werden erwähnt in der Vita
Alexandri Severi 26: Isium et Serapeum decenter ornavit additis signis Deliacis
et Omnibus mysticis und vom Chronographen von 354 aus der Zeit des
Diocletianus und Maximianus.
Die Lage des Iseum ist durch die unzähligen Reste, die auf dem Ge-
biete zwischen S. Stefano del Cacco und S. Maria sopra Minerva gefunden
worden sind, genau genug bestimmt, auch von der Gestalt des Heiligtums,
das am ersten dem langgestreckten Forum transitorium (p. 113 f.) verglichen
werden darf, kann man sich durch die bei den Ausgrabungen zu Tage ge-
kommenen Reste ein Bild machen. Propyläen mit dem Eingangsthor, vor
dem zwei Obelisken standen, führten von Norden her in den auf den Tempel
zugehenden Dromos; der Tempel sowie die Bildwerke des Dromos waren
ganz aus ägyptischen Materialien, die von Domitian wiederhergestellte
Umfassungsmauer in griechisch-römischem Stile gleich der des Forum
transitorium geschmückt. Über die hier gefundenen ägyptischen Kunstwerke,
die sich meist in Rom befinden, ist zu bemerken : Jm Jahre 1374 wurde
der erste Obelisk unter der Apsis der Kirche S. Maria sopra Minerva
entdeckt, er steht jetzt vor dem Pantheon; vielleicht wurde zur selben
Zeit der in der Villa Mattei auf dem Caelius stehende Obelisk gefunden.
1435 kamen unter Eugen IV die jetzt im Vatikan befindlichen Löwen
des Königs Nectanebus I zum Vorschein, i) Vermutlich unter Leo X wurden
Axt und that den ersten Hieb {securim ar-
ripuit templique eins foribus inflixit). Die
Grdndung des Tempels auf dem Mars-
felde sollte zunächst dem Eindringen des
Kultus innerhalb des Pomeriums steuern.
Als aber der Kultus, der Anfangs nur unter
dem niederen Volke verbreitet war, auch bei
den Vornehmen Anklang und Anhänger fand,
da gab es kein Halten mehr. Im Jahre
69 Y. Chr. war der Kultus auf dem Kapitol
schon wieder heimisch; beim Sturme des-
selben durch die YitelUaner rettete sich Do-
mitian nach Tac. Hist. HI 74 lineo amictu
turbcte sacricolarum immixtus, nach Suet
Dom. 1 : Isiaci cdatus habitu interque saeri-
fictUos vanae stipergtitionis. Seit den Flayien
nahm Isis von der inneren Stadt Besitz,
an vielen Orten entstanden Heiligtflmer, und
schliesslich erhielt sogar die m. Region von
dem dort befindlichen Tempel der Isis den
Namen (Isis et Serapisy. Vgl. Pbbllbb,
Myth.lP p. 378 ff.
') Ueber die Wanderungen dieser LSwen
vgl. Marucchi, Bull. coro. 1890 p. 321, der
6. Die StadtUüe am Tiber, d. Das Marafeld. (§ 86.)
245
die kolossalen Gestalten zweier liegender Flussgötter, des Tiber and des
Nil ausgegraben, jedenfalls hat er sie in den Vatikan gebracht, 1803 wurden
beide nach Paris geschleppt, der Tiber ist noch daselbst, der Nil zurückgegeben.
1556 wurde die liegende Statue des Oceanus entdeckt, jetzt in Neapel.
1799 wurde der Isisaltar, jetzt auf dem Kapitel (CIL VI 844), gefunden,
unbekannt sind die Funddaten der Obelisken zu Urbino, der Villa Albani
und auf der Piazza Minerva. 1858 wurden bei S. Maria sopra Minerva
eine Sphinx aus grauem Granit und eine Säule des Tempels mit Reliefs,
jetzt im kapitolinischen Museum, gefunden. 1883 endlich wurde der jetzt
vor dem Bahnhof stehende Obelisk ^) ausgegraben. Ein Teil der Anlage mit
der Bezeichnung Serapeum ist auf Forma Urbis fr. 32 erhalten. Rekon-
struktion bei Lanciani, Form. Urbis 15 und 21.
Litteratnr: L. Gahina, 11 iempio d* leide nella regione IX, fra i eepti e le terme
d' Agrippa, Ann. d. Inst. 1852, p. 348 ff. — Lanciani, L' Iseom efc Serapeum della regione IX,
Bull. com. 1883 p. 83 ff; Bull. com. 1887 p. 377. — Marucchi, Gli obelischi egiziani dl Roma,
Bull. com. 1896, p. 88 ff., p. 129 ff., p. 250 ff., 1897 p. 196 ff. - Ders., Gli obelischi egi-
ziani di Roma, Edizione liyeduta ed ampliata e preceduta da una lettera del prof. E.
SoBiAPABBLLi, Roma 1898.
86. Tbermae Neronianae (et Alexandrianae). In dem Jahre, in
dem der grosse Brand stattfand, 64 n. Chr., legte Nero nicht weit von
den Thermen des Agrippa seine Thermen, das zweite Bauwerk der Art in
Rom, an. Die Gründung wird kurz erwähnt von Sueton Nero 12. Bei
Aurel. Yict. Epit. 5 werden sie als lavacrum bezeichnet. Statins, Silv. I
5, 62 und Martial loben diese Thermen wegen ihrer hervorragenden Schön-
heit. Letzterer fragt VII 34, 5 quid Nerone peius? quid thermis melius JVe-
ronianis? Ausserdem erwähnt er sie II 48, 8, III 25 und XII 83, 5. Über
die Erwähnung der thermae Neronianae auf der in der XIY. Region ge-
fundenen Inschrift CIL VI 3052 vgl. oben p. 54 Anm. 3. Erwähnt scheinen
sie auch CIL VI 8676 {thermar. N . . .) zu sein, ausserdem CIL VI 9797.
Neros Thermen wurden von Alexander Severus gänzlich umgebaut
und erweitert, so dass wir von der ursprünglichen Ausgestaltung nichts
wissen. In der Vita Alexandri 25 heisst es: Opera veterum principum in-
stauravit; ipse nova muUa constüuit, in his thermas nominis sui iuxta eas,
quae Neronianae fuerunt, aqua inducta, quae Älexandriana (vgl. p. 62) nunc
dicitur. Nemus thermis suis de privatis aedibus suis, quas emerat, dirutis
aedificiis fecit (vgl. Cassiodor 194). Auch der Name des Nero verschwand
seit der Zeit, die Regionsbeschreibung kennt in der IX. Region neben
den thermae Agrippianae nur die Alexandrianae. — Die Stelle, auf der
die Thermen einst gestanden haben, zwischen der Piazza del Pantheon
und der Piazza Madama, ist stets ein Fundort^) von kostbarem Marmor etc.
gewesen, namentlich sind hier bei der Kirche S. Luigi dei Francesi die
schon oben p. 239 erwähnten Säulen von rotem Oranit gefunden worden,
die Alexander VII zur Wiederherstellung der Ostseite der Portikus des
Pantheons verwendete, ferner Kapitelle mit Victorien an Stelle der
der Meinmig ist, sie h&tten von Anfang an
vor dem Pantheon gestanden, was HOlseit,
Rom. Mitt. 1891 p. 125 mit Recht bezweifelt.
') Ueber diese und die anderen Rö-
mischen Obelisken siehe das Nähere im An-
hang I.
') Ueber die Ausgrabungen berichtet
Lanciani, Not. d. scavi 1881 p. 270 ff., 1882
p. 412 f. Tab. XXI, 1888 p. 81 u. 180.
246
B. Topographie yon Rom.
Voluten, Bassins für Fontainen, 6,70 m im Durchmesser aus einem
einzigen Blocke von Granit auf Piazza S. Eustachio u. a. m. Den auf
Grund von Mauerresten rekonstruierten Plan siehe bei Lanciaki, Forma
Urb. 15.1)
87. Die Bauten Domitians. Die Thätigkeit Domitians erstreckte
sich zunächst auf die Wiederherstellung der im Brande unter Titus zer-
störten Gebäude, dann aber errichtete er mehrere Neubauten auf dem Mar&-
felde, das Stadium, ein Odeum und den Tempel der Minerva Chalcidica.
1. Das Stadium. Griechische Spiele waren mindestens seit dem
1. Jahrhundert v. Chr. in Rom heimisch. Caesar veranstaltete welche stadio
ad tempus exstructo regione Martii campi (Suet. Caes. 39), ebenso Augustus
ctadiov Tivog iv ri») !4߀iV») TTfJiVfi ^vXivov xaxacxevacd-evxog (Dio Gass. LIII 1).
Von Nero heisst es, er habe zugleich mit seinen Thermen auch ein Gym-
nasium gebaut und im Jahre 60 n. Chr. dediziert (Tac. Ann. XIV 47, vgl.
Suet. Nero 12). Aurelius Victor Epit. 5 nennt es amphitheatrum. Dio Cass.
LXI 21 erzählt darüber: dywva TrevraeTrjQixov xaTe<frij<faTo NsQciveia avrav
ovofidtfag xal in' avT(i) xal vo yv^ivcifSiov (iJxoSofjirjifev. Von welchem Ma-
terial der neronische Bau war, steht nicht fest, aber er muss prachtvoll
gewesen sein. Philostrat. vit. Apoll. IV 42 rühmt ihn mit den Worten:
YVfxvdmov iihv i^enoir^d^rj ry NäQtavi S-avfxa(Xi(6raTov täv ixet. Nach
Tac. Ann. XV 22 wurde es 62 n. Chr. vom Blitz getroffen und brannte
ab. Von dem Wiederaufbau ist nicht ausdrücklich die Rede, aber unter
den Bauten des Domitian wird bei Sueton 5 (vgl. Eutrop. VII 23 und den
Chronogr. von 354) ein Stadium genannt, also jedenfalls ein steinerner,
monumentaler Bau. Es wird auch erwähnt bei Martial III 68, 3. Unter Trajan
scheint es nach Dio Cass. LXIX 4 von Apollodor neu gebaut zu sein. Es
wird femer erwähnt in der Vita Elagabali 26 und ist zweifellos dasselbe,
von dem es in der Vita Alexandri Severi 24 heisst: vectigal . . . sumptibus
publicis ad instaurationem . . . stadii deputavit.^) In dem Stadium wurden,
als im Jahre 217 n. Chr. unter Macrinus der Blitz das Amphitheater zum
Teil zerstört hatte (vgl. p. 167), eine Reihe von Jahren auch Gladiatoren-
spiele gegeben. Dio Cass. LXXVIII 25 oO^sv i; &€a twv fiovofiaxifüv ev tm
atadi(p im noXXd ivrj ireläff&r]. Ammianus Marc. XVI 10, 14 nennt das
Stadium unter den Hauptzierden der Stadt. Im Mittelalter ist das Gebäude
unter dem Namen Circus Alexandrinus bekannt.
Es ist wohl nicht zweifelhaft, dass die sich zeitlich folgenden Stadiums-
bauten des Caesar, Augustus, 3) Nero und Domitian alle an derselben Stelle
*) Von einer Basilica Alexandrina,
deren Bau Alexander Se venia unternahm,
heisst es in seiner Vita 26: Basilicam Ale-
xandrinam instituerat inter campum Mar-
tium et saepta Ägrippiana in lato pedum
centum, in longo pedum mille, ita ut tota
columnia pender et. Qttam efficere non potuit,
morte praeventus. Von einer Vollendung
dieses Baues, der nach seinen Massen eher
den Portiken als den Basiliken zuzurechnen
wäre, ist nirgends die Rede, wie sie über-
haupt nicht weiter erwfthnt wird, so dass
man zweifeln kann, ob sie überhaupt zur
Ausführung gekommen ist Vgl. Lanciaki,
Ann. d. Ist. 1883 p. 78.
^) Die Stelle lautet vollstftndig: ad in-
staurationem theatri, drei, amphi-
theatri , stadii, deptUavit, unter dem
Theatrum ist wohl das des Pompeios, unter
dem Circus der Circus Maximas zu ver-
stehen.
*) Auf der Piazza S. ApoUinare nSrd-
lich von der Piazza Navona, haben sich zwei
Marmorpiedistale mit Erwähnungen von
Yotivspielen aus den Jahren 13 u. 7 ▼. Cbr,
gefunden (CIL VI 385 u. 386), beide pro
6. Die StadtteUe am Tiber, d. Dae Marefeld. (§§ 87—88.)
247
gelegen haben, nämlich dort, wo jetzt die Piazza Navona ist, die die
Form des Stadiums bis auf den heutigen Tag bewahrt hat, daher auch Circo
Agonale {Campus Agonie) genannt, unter den sie umgebenden Oebäuden,
namentlich der Kirche S. Agnese, wo sie noch zugänglich sind, hat man die
Reste von Substruktionen gefunden. Die Regionsbeschreibung gibt die
Orösse des Stadiums auf 30088 loca an, eine genauere Bestimmung der Per-
sonen, die es zu fassen imstande war, ist nicht möglich.^)
2. Das Odeum. Unter den Bauten Domitians wird auch das Odeum
genannt, so bei Sueton Domit. 5, in der Notitia IX. Region mit dem Zu-
satz capü loca XIDC (11600), und im Chronographen von 854. Es ist
wahrscheinlich, dass die Gründung durch die von Domitian eingesetzten
kapitolinischen Spiele veranlasst war. Suet. Domit. 4: Instituit et quinquen-
nale certamen Capüolino Jovi triplex musicum, equestre, gymnicum . . .
certabant enim et prosa oratione Graece Latineque, ac praeter citharoedos
chorocüharistae quoque et pstlodtharistc^; in stadio vero cursu etiam
virgines; danach dürften die drei Arten der Spiele in drei verschiedenen
Gebäuden, dem Odeum, dem Circus und dem Stadium stattgefunden haben.
Über seine Lage innerhalb der IX. Region wissen wir nichts. Dass es in
der Nähe des Stadiums gelegen habe, ist nur Vermutung. Bis in die
späteste Zeit hat es nur ein Odeum in Rom gegeben, darum wird sich
die Notiz des Dio Cass. LXIX 4 tov d' ^AnoXXodwqov xov aqxixäntova top rijv
dyoQttvxalro ^dstov tots yviivaaiov %d xov Tqaiavov notr^(ice%a xaxa"
axsvaaavxa to fi^v nqcoxov iqivyddevasv, insita dh xal änsxxeivs auf einen
Neubau des Odeums und des Stadiums (yv/Ävaaiov wie LXI 21) durch
Trajan beziehen. Es kann in der Stelle füglich auch nur von stadtbekannten
Gebäuden die Rede sein. Ammian. Marc. XVI 10, 14 nennt es neben dem
Stadium unter den hervorragendsten Bauwerken der Stadt.
3. Die Aedes Minervae Chalcidicae wird im Chronographen
von 354 unter den Bauten Domitians aufgeführt. In den Mirabilien 22
(Jordan II. p. 631) wird auch ihre Lage angegeben: iuxta Pantheon templum
Minervae Chalcidie mit dem Zusatz in der zweiten Bearbeitung : ubi adhuc
apparent columnae marmoreae. Unter anderm soll hier die im Vatikan be-
findliche Statue der Giustinianischen Minerva gefunden sein (vgl. Heibig,
Führer I* Nr. 52). Die Kirche S. Maria sopra Minerva, die jetzt dort neben
dem Pantheon liegt, hat von dem Tempel den Namen. Die Kirche ist
aber nicht auf den Grundmauern des Tempels errichtet, sondern sie stösst
mit ihrer nördlichen Langseite an die Hinterseite des von Süden nach
Norden orientierten Tempels. Die Bedeutung des Beinamens Chalcidica
ist nicht aufgeklärt.
88. Die Bauten Hadrians. 1. Ganz ausserordentlich gross ist,
wie wir oben sahen, die Bauthätigkeit Hadrians auf dem Campus
Martins gewesen. Die Bauten Agrippas haben, wie es scheint, alle
durch ihn einen Umbau, resp. Neubau erfahren. Die Vita Hadriani 19
reditu imperatoris Divi f. Augusti. Die
aus dem Jahre 13 beziehen sich auf Augustos'
Rückkehr ans Spanien und Gallien, weswegen
auch die Ära Pacis Augustae gestiftet wurde.
Lanciahi, Ruins and excavations p. 499
schliesst aus dem Fundorte der Steine, dass
die Spiele im Stadium stattgefunden haben.
») Vgl. Hülsen, Bull. com. 1894 p. 828 f.
248 B* Topographie yon Ron.
nennt das Pantheon, die Saepta, die Basilica Neptuni und das Lavacrum
Agrippae, deren Erneuerung durch Hadrian auch sonst nachgewiesen
ist. Nicht bekannt ist, ob in Trajans oder in Hadrians Zeit die beiden
Basiliken zu setzen sind, die nach Matidia, der Schwiegermutter
Hadrians und Marciana, der Schwester Trajans benannt sind. Die
Regionsbeschreibung nennt sie nebeneinander; sie werden ausserdem bei
Polemius Silvius 545 genannt, sonst wissen wir nichts von ihnen. Auf
Grund einer nach Donatus beim Pantheon (non longe a Pantheo Agrippae.
Rom. ant. ed. 1638 p. 292) gefundenen Bleiröhre (partem ingentis fistulae
plumbeae) mit der Inschrift templo Matidiae (CIL XV 7248) hält Lanciaüi
die Basilica für einen mit einer Portikus umgebenen Tempel und ist
ausserdem der Meinung, dass aus der Lesart der Notitia : bdsüicam Mati-
dies et Marcianes zu schliessen sei, dies sei nur eine Basilica gewesen,
nicht zwei, und teilt dieser die Reste von CipoUinsäulen zu, die sich unter
der zwischen dem Pantheon und der Basilica Neptuni gelegenen Gasa degli
Orfani gefunden haben sollen. Doch ist dies alles sehr unsicher. An der
Richtigkeit der Donatischen Lesung wird nicht zu zweifeln sein, aber die
Annahme, dass beide Basiliken nur eine gewesen seien, widerspricht der
Aufzählung in dem Anhange der Regionsbeschreibung, der sie unter den
zehn Basiliken als zwei besondere aufführt. Auch die Darstellung der
Rest« bei Langiani ist ungenau. Es befindet sich an der angegebenen
Stelle eine Reihe von CipoUinsäulen, aber nicht wo sie Lanciani angibt,
sondern westlich davon vom Yicolo della Spada d'Orlando sich bis zum
Palazzo della confratemitä del Rosario erstreckend. Nördlich davon unter
der an der Piazza Capranica gelegenen Casa Giannini wurde 1745 die
Existenz einer traventingetäfelten Area konstatiert. Man kann demnach
nur vermuten, dass hier, also zwischen Pantheon und Basilica Neptuni
die beiden Basiliken gelegen haben. Indessen lassen die Reste keine ge-
wisse Deutung zu.^)
2. Mit grösserer Sicherheit kann in diese Gegend das im Curiosum
(nicht in der Notitia) genannte Hadrianeum, sonst Templum Hadriani
genannt, gesetzt werden. Denn in den Mirabilia (Jordan Top. II. p. 630)
heisst es: iuxta S. Salvatorem ante S, Mariam in Aquiro templum Divi Adriani
et arcus Pieiati^. Die Kirche S. Maria in Aquiro (vgl. p. 233) existiert noch ;
sie bildet die Ostseite der Piazza Capranica; über den Arcus Pietatis vor
dem Pantheon s. oben p. 239.^) — Der Tempel wurde von Antoninus Pius
errichtet (Vita Ant. 8, Vita Yeri 3), nachdem dieser beim Senat durch-
gesetzt hatte, dass Hadrian Divus genannt wurde (Vita Hadriani 27 : nee
appellatus esset divus, nisi Antoninus rogasset). Eine Darstellung des Tempels
befindet sich auf der Münze Eckhel D. N. VII 22 aus dem Jahre 151 n. Chr.
Danach war der Tempel achtsäulig.^j
3. An die Hadriansbauten des Marsfeldes schliesst man am besten
das hadrianische Athen ae um an, von dessen Lage absolut nichts be-
') Vgl. Langiani, La basilica Matidies
efc Marcianes dei cataloghi, Bull. com. 1883
p. 5 ff. Die Richtigstolluiig der Lancianischen
Templum Matidiae bei Piazza Capranica,
Rom. Mitt. 1899 p. 141 ff.
') Vgl. BüBSABi, Ball. com. 1885 p. 92.
Ansetzungen bei Hülsen, Das angebliche , ') Vgl. Lanciani, Bull. com. 1883 p. 12.
6. Die SUdtioüe am Tiber, d. Das Marefeld. (§§89-90.) 249
kannt ist, das aber in Ermanglung eines topographischen Fixierungs-
punktes am ersten da vermutet werden dürfte, wo Hadrian am meisten
gebaut hat. Aur. Vict. Caes. 14 sagt: (Hadrianus) ibi (t. e, Bomae) Grae^
corum more, seu Pompilii Numae, caerimonias, leges, gymnasia, dodoresque
curare occoepit; adeo quidem, ut etiam ludum ingenuarum artium, quod
Äthenaeum vocant, constüueret; das Gebäude wird auch genannt in der Vita
Pertinacis 11 processionem, quam ad Äthenaeum paraverat, ut audiret
poetas, Vita Alex. Sev. 35 ad Äthenaeum audiendorum et Graecorum et
LcUinorum rhetorum vel poetarum causa frequenter processit, und Vita Gor-
dian. 3 in Äthenaeo controversias declamavit. Die amphitheatralische An-
ordnung der Sitze geht aus Sidon. Apoll. IX 14 hervor. Die Vermutung,
dass dieses Äthenaeum auf dem Kapitel sich befunden (Prelleb, Reg.
p. 170) und mit der dort befindlichen Bibliothek, deren Existenz nicht
bezweifelt werden kann (vgl. Anhang I), die aber topographisch nicht zu
bestimmen ist, in Zusammenhang gestanden habe, ist durch nichts zu be-
weisen. Vgl. Jordan, Top. I 2 p. 61.
Der nördliche Teil des Marsfeldes.
89. Nördlich von den Bauten des Agrippa, Nero, Domitian und
Hadrian läuft eine Strasse, die von der Via lata sich südlich der heutigen
Piazza Golonna abzweigend in der Richtung von Osten nach Westen bis
an den Tiber geht (bei LANCiANiForm. ürb. 14 als Via recta bezeichnet). Das
antike Pflaster derselben ist bei den Ausgrabungen fast in ihrer ganzen Aus-
dehnung zum Vorschein gekommen. Diese Strasse bildete in der Kaiserzeit
die Grenze zwischen dem mit Monumentalbauten geschmückten südlichen und
dem nördlich davon liegenden, der Benutzung des Publikums zu Spiel, Leibes-
übung und Erholung überlassenen Teile des Marsfeldes (vgl. p. 222 f.). Es
stand mit dieser Bestimmung nicht im Widerspruch, dass Augustus am nörd-
lichsten Ende des Feldes am Tiber die Grabstätte seiner Familie, das
Mausoleum, errichtete, das mit seinem grossen öffentlichen Park die
auf dem Marsfelde befindlichen Spaziergänge nach Norden abschloss; dass
ferner am Rande des Feldes neben der Via lata die Ära Pacis Augustae
gebaut wurde, und Augustus nicht weit davon das Solarium errichtete.
Aber das Beispiel war einmal gegeben, und so entstanden, nachdem
Hadrian mit seinen Bauten bis an die Grenze dieses Teiles des Marsfeldes
vorgerückt war, in der Zeit der Antonine hier monumentale Anlagen,
deren Mittelpunkte die Säulen des Antoninus und des Marcus Aurelius
bildeten, die aber doch bei ihrem verhältnismässig geringen Umfange und
ihrer Lage am Rande des Feldes längs und in der Nähe der Via lata
den Zweck desselben nicht sonderlich beeinträchtigten.
90. DieAngastusbanteiL I.Mausoleum Augusti. Es war mindestens
seit dem 1. Jahrhundert v. Chr. Sitte geworden, dass hervorragenden Per-
sönlichkeiten die Ehre der Bestattung auf dem Marsfelde zu teil wurde.
Dass dazu aber ein besonderer Beschluss gehörte, ergibt sich aus Dio
Gass. XXXIX 64, wo sich Domitius der Bestattung der Tochter Caesars
auf dem Marsfelde, allerdings vergeblich mit der Begründung wider-
setzt OTt ovx ofsdaq iv %(ji teq^ roTKr) avev xivoq xpr^iffdfiaTog x^amoiTo,
250 B. Topographie yon Rom.
Im Jahre 37 v. Chr. ereignete es sich sogar, dass der Senat die Gebeine des
vom Volke auf dem Campus beigesetzten M. Oppius wieder entfernen liess,
und zwar, wie es hiess, auf den Befehl der Pontifices, da es sich nicht
zieme, dass er «V t^7 Icq^) X^Q^V bestattet sei (Dio Cass. XLVIII 53
xatncQ noXkovg äXXovg iv avtf) xai nqoxsqov xcci fistd ravta &dtpaaa). —
Es wurde hier der Diktator Sulla (Liv. epit. XC, Appian b. c. 1 107) begraben;
nach Dio Cass. LXXVII 13 liess Caracalla sein Grabmal aufsuchen und
wiederherstellen. Ferner lag hier Caesars Tochter, die Frau des Pompeius
(Liv. epit. CVI, Suet. Caes. 84) ; auch Caesars Gebeine wurden nach seiner
Verbrennung auf dem Forum hier beigesetzt: Dio Cass. XLrV51: rd ydg
wnd avtov Ol i^sXev&SQOi nQoaveiXovro xal ig t6 naxQ^ov fivrjfietov xaväd-evro^
woraus hervorgeht, dass das Julische Geschlecht hier ein Sepulcrum hatte.
Ausserdem fanden auf Beschluss des Senates Hirtius und Pansa (Liv. epit.
CXIX) hier ihre Buhestätte. *) Eine Grabstätte hatte hier Agrippa, er wurde
aber, als er im Jahre 12 v. Chr. starb, von Augustus in seinem Mau-
soleum beigesetzt (Dio Cass. LIV 28). — Im Jahre 28 v. Chr. errichtete
Augustus im Norden des Marsfeldes zwischen Tiber und Via Flaminia
(Suet. Aug. 100) die kaiserliche Grabstätte, gewöhnlich Mausoleum (Tac.
Ann. ni 9 tumulus Caesarum, XVI 6 tumulus Juliorum) genannt. Es
war ein Rundbau von weissem Marmor von 88 m Durchmesser ; darüber
waren pyramidenförmig aufgebaute, mit Bäumen bepflanzte Terrassen an-
gelegt, die Spitze krönte die eherne Statue des Augustus. Am Eingange,
der von Süden her in den zur Aufnahme der Grabkammer bestimmten
Unterbau führte, waren die Bronzetafeln mit der durch ihre Kopie in
Ancyra als Monumentum Ancyranum (Res gestae Divi Augusti) bekannten
Inschrift angebracht (Sueton. Aug. 101). Davor standen, ungewiss seit
wann, aber jedenfalls erst seit Augustus' Tode errichtet, die beiden Obe-
lisken, die jetzt bei Sta. Maria Maggiore auf dem Esquilin und auf dem
Quirinalsplatze stehen (vgl. Anhang I). An das Grabmal schlössen sich nach
Norden und Osten zu weitläufige Parkanlagen, in denen sich das TJstrinum,
die Verbrennungsstätte befand, ebenfalls von weissem Marmor und mit
einer ehernen Umfassungsmauer versehen (Strabo V. 3, 8). — In diesem
Grabmal sind nachweislich bestattet: Schon vor Augustus Marcellus, der
Neffe und Schwiegersohn des Augustus (Dio Cass. LIII 30), Agrippa (s. o.),
Drusüs (Dio Cass. LV 2, Suet. Claud. 1), Lucius und Gaius Caesar (CIL VI 884,
Dio Cass. LXXVIII 27. Es folgten Augustus (Suet. Aug. 100, Dio Cass.
LVI 42), Germanicus (Tac. Ann. III 4), Livia (Dio Cass. LVIII 2), Tiberius
(Suet. Tib. 75, Cal. 15), Agrippina die Ältere*) und ihre Kinder (Suet. Cal.
15, CIL VI 886—891, Dio Cass. LIX 3) ausser dem Kaiser Gaius Caligula,
der in den Lamischen Gärten auf dem Esquilin bestattet worden ist,
Tiberius, Sohn des Drusus (CIL VI 892)»); ferner Claudius (Dio Cass. LX
') Ob die auf dem Marafelde, jedeofalls
aber nicht an der ursprünglichen Stelle ge-
fundene Inschrift: ex 8. c. L. Vihio, C. f. Pasae
Caetranian. cos. (Bull. com. 1899 p. 280) mit
der Begräbnisstätte der Konsuln etwas zu
thun hat, ist nicht sicher.
*) Die Aschenume der Agrippina befindet
sich im Conservatorenpalast; sie ist ,9upem€
excavata* im Mittelalter als Getreidemasa
gebraucht worden.
') Doch vergleiche über diese 0. Husch-
FELD, Die kaiserlichen Grabstätten in Rom,
Abh. der Berl. Akademie 1886 p. 1149 ff.
6. Die StadtieUe un Tiber, d. Das Marsfeld. (§ 90.) 251
35), sein Sohn BritanDicus, Poppaea Sabina, die Gemahlin des Nero
(Tac. Ann. XVI 6) — Nero selbst ist in dem Familiengrabe der Domitier
auf dem Pincio bestattet (Säet. Nero 50) — , Vespasian, Titus und seine
Tochter Julia, doch sind die Gebeine der drei letzten im Jahre 94 n. Chr.
in das von Domitian auf dem Quirinal errichtete Templum gentis Flaviae
überführt worden. Zuletzt fand hier Nerva seine Ruhestätte (Aur.
Yict. Epit. 12). Die Inschriften des Mausoleums sind CIL VI 884 bis
895 gesammelt. Aus dem Jahre 138 n. Chr. heisst es bei Dio Cass.
LXIX 23 : TO yaQ %ov AvyovtfTov inenXrjQioxo^ xai oixix' ovdslg iv avr^ häd-rj,
infolge wovon Hadrian sein Mausoleum erbaute. — Das Mausoleum des
Augustus war im Mittelalter zu einer Festung der Colonna geworden,
die 1167 zerstört, aber 1241 wieder in Verteidigungszustand versetzt
wurde. 1354 wurde Cola di Bienzi hier verbrannt. In der Mitte des
15. Jahrh. begann man hier Ausgrabungen etc., die zu fast völliger Ver-
nichtung der Reste führten; es kamen dabei Inschriften etc. und der
Obelisk von S. Maria Maggiore zu Tage. Um 1550 verwandelten die Sode-
rini die Ruine in einen mit Statuen geschmückten hängenden Garten.
Das Gebäude ist jetzt fast ganz zerstört, seine Grundmauern sind verbaut,
zuletzt hatte sich ein Circus darin etabliert.^)
Die Lage und die Überreste desUstrinums wurden im Jahre 1777
bei einer Ausschachtung zur Fundamentierung eines Hauses bei S. Carlo al
Corso entdeckt. Ausser einer Alabasterurne fanden sich mehrere Piedi-
stalle, auf denen es heisst : hie crematus est neben anderen, auf denen steht
hie süus est Vgl. CIL VI 888—893. — Über die Gestalt des Ustrinums
vgl. p. 255 das üstrinum Antoninorum.
2. Die Ära Pacis Augustae. Über die Errichtung dieses pracht-
vollen Altarbaues berichtet Augustus selbst (Res gestae Divi Augusti
II 37): cum ex Hispania Galliaque rebus in his provinciis prospere gestis
Romam redii TL Nerone P. Quinctilio consulibus aram Pacis Augustae
senatus pro reditu meo consecrari censuit ad campum Martium, in qua inagi-
stratus et sacerdotes et virgines Vestales anniversarium sacrificium facere iussü.
Die Gründung des Altars fand statt am 4. Juli 13 v. Chr. (feriae ex senatus
consultOj quod eo die ara Pacis Augustae in campo Martio constituta est
Nerone et Varo coss. Fast. Amit.), aber die Dedikation am 30. Januar 9 v.
Chr. (Fast. Praen.). Das Datum der Dedikation wird auch durch Ovid.
Fast. I 709 und durch die Acta Arv. aus dem Jahre 38 n. Chr. überliefert.
Auf die Vorgeschichte der Errichtung des Altars bezieht sich Dio Cass.
LIV 25, wo es heisst, dass der Senat einen Altar des Augustus in der
Curie habe errichten wollen, Augustus dies aber abgelehnt habe. Den
weiteren Beschluss der Errichtung eines Altars auf dem Marsfelde über-
geht er.
Die Reste dieses Altars, ausgezeichnete Relief darstellungen, sind zu
verschiedenen Zeiten, vor 1550, im Jahre 1568 und 1859 an der Stelle,
wo der Altar stand, unter dem Palazzo Fiano am Corso zum Vorschein
gekommen, ein letztes Stück im Jahre 1899 (Not. d. scavi p. 50). Die herr-
*) Dokumente ttber die Zeratörang veröffenilicht Gbraboli, Bull. com. 1895 p. 301 ff.
252 B. Topographie von Rom.
liehen Reste sind leider nicht nur allein in Rom zerstreut, sondern auch
nach Florenz und Paris sind Teile davon gekommen. Es ist ein grosses
Verdienst v. Dühns, in diesen Resten die Überreste der Ära Pacis Augustae
erkannt zu haben. Derselbe hat auch eine Rekonstruktion des Altars
versucht, nach ihm Lanciani (Forma Urbis 15 und 8) und Petebsen.
Litteratur: F. von Duhn, Sopra alcnni bassirilievi che omavano an monnmento
piibl. Romano all' epoca di AuguBto, Annali d. Istitnto 1881, p. 302 ff. Monum. Taf. XZXIY
bis XXXVI. — Petersen, L* Ära Pacis Augustae, Rom. Mitt. 1894 p. 171 ff.
3. Das Solarium des Augustus. Augustus hatte zwei Obelisken
nach Rom schaffen lassen, den einen, 85^/4 Fuss hoch, vom König Pse-
metnepserphreus, stellte er im Circus maximus auf (vgl. p. 146), den an-
dern, 9 Fuss kleineren, vom Könige Sesothis, auf dem Marsfelde. Plin.
N. H. XIXVI 71, 72, der hierüber berichtet, sagt von letzterem: ei, qui est
in campo, divus Augustus addidit mirabilem usum ad deprehendendus solis um-
bras dierumque ac noctium ita magnitudines, strato lapide ad longitudinem
obelisci, cui par fieret umbra brumae confectae die sexta hora paulatimque per
regulas, quae sunt ex aere inclusae, singulis diebus decresceret ac rursus au-
gesceret, digna cognüu res, ingenio Facundi Novi mathsmatici, Is apici aura-
tam püam addidit, cuius vertice umbra colligeretur in se ipsam, alias enor-
miter iaculante apice, ratione, ut ferunt, a capite hominis inteUecta. Die
Basis, auf der der Obelisk errichtet wurde, enthielt auf zwei Seiten die
Inschrift CIL VI 702 (gleichlautend mit der auf dem Obelisken im Circus
CIL VI 701): Imp, Caesar . divi . f. Augustus . pontifex . maximus . imp. XIL
008. XL trib. pot, XIV. (d. h. 10 v. Chr.) Aegypto . in . potestatem . populi
Romani . redacta . Soli . donum . dedit. Wie lange der Obelisk gestanden
haben mag, ist nicht bekannt. Unter Julius II. (1503—1513) wurde beim
Durchgraben des Bodens hinter der Kirche S. Maria in Lucina die Basis
und auch der herabgestürzte Obelisk selbst zum Teil blosgelegt. Die Be-
sitzer der umliegenden Häuser hatten beim Anlegen von Weinkellern rings
um den Obelisken herum ein Paviment gefunden und darin eingelassen
bronzene Bilder des Tierkreises {invenisse varia signa caelestia ex aere ar-
tificio mirabili, quae in pavimento circa gnomonem kunc erant); das Paviment,
das als Sonnenuhr diente, muss sich sehr weit nach Norden ausgedehnt
haben, denn der Schatten des Obelisken, der mit Basis und Ball etwa
85 Fuss gemessen hat, beträgt Mittags am kürzesten Tage 187 Fuss,
und hat, wenn der Obelisk auch noch die Stunden von 6 Uhr Morgens
bis 6 Uhr Abends anzeigen sollte, eine sehr bedeutende Ausdehnung
nach Osten und Westen gehabt. Das alles liegt nun unter Häusern und
Strassen begraben. Da Julius IL nicht dazu kam, die Basis wieder auf-
zustellen, wurde alles wieder verschüttet. 1748 wurde die Basis abermals
entdeckt, und 1792 unter Pius VI wurden Basis und Obelisk auf der Piazza
Monte Citorio von neuem aufgestellt.
Die untenstehende Zeichnung (Abb. 26) zeigt den Entwurf eines
solchen Solariums. Es sind: 0 der Obelisk mit dem umgebenden
Paviment; AB der Weg, den der Schatten des Obelisken am 21. Juni,
dem längsten Tage, beschreibt, Deklination der Sonne -j- 23 V«^; CD der
Weg, den der Schatten des Obelisken am 21. Dezember, dem kürzesten
6. Die StadtteUe am Tiber, d. Das Marefeld. (§ 91.)
253
Tage, beschreibt, Deklination der Sonne — 23V'8 ^; E F Weg etc. am
21. März und 23. September, den Tagen der Tag- und Nachtgleiche, De-
klination der Sonne 0 ®. — Ausser diesen drei Haupt-Hyperbeln sind noch
eingezeichnet: OH, Weg etc. am 16. April und 27. August, Deklination
der Sonne + 10®; IK Weg etc. am 8. März und 6. Oktober, Deklination
der Sonne — 5®; LM Weg etc. am 8. Februar und 3. November, Dekli-
nation der Sonne — 15®.
Abb. 26. Solarium des Angustiu.
91. Die Antoninsbauten. 1. Zur Gruppe der Antoninsbauten gehörten
nachweislich folgende Denkmäler: 1) dieColumnaAntoniniPii und das
Ustrinum Antoninorum unter dem jetzigen Monte Gitorio. Die topo-
graphische Zusammengehörigkeit dieser beiden etwa 24 m. von einander
entfernten Bauten ergab sich aus der von Bianchiki konstatierten Thatsache,
dass sie die gleiche Orientierung haben und auf dem gleichen Niveau
stehen. Ausserdem stellt die dem Ustrinum zugewandte Hauptseite der
Säulenbasis die Apotheose des Kaisers Antoninus und der Faustina dar,
so dass der Zusammenhang zwischen der Säule und dem Ustrinum nicht
zu verkennen ist. Es ist möglich, dass beide zusammen von einer
Portikus umschlossen waren, deren Reste im Jahre 1777 bei Ausgrabungen
auf der Piazza Monte Gitorio zum Vorschein gekommen sind, ') mit gleicher
Orientierung wie Säule und Ustrinum und etwa 20 m südlich von letzterem.
2) Die Golumna Marci Aurelii (auf der Piazza Golonna), die Aedes Divi
Antonini (M. Aurelii) und ein Häuschen für den procuratorcolumnaecentenariae
*) Fba, Iniegritä del Pantheon, p. 3.
254 B* Topographie von Rom.
Divi Marci. Es ist wahrscheinlich, dass auch diese Bauten architektonisch
und topographisch ein Ganzes bildeten. Vermutlich stand die Marc Aureis-
Säule gleich der Trajanssäule, deren Nachahmung sie ist, inmitten eines
von Portiken umgebenen Hofes, dessen Hintergrund nach Westen der dem
Kaiser gewidmete Tempel einnahm, so dass er seine Front der Via lata
zukehrte, wie auch der Eingang der Säule dieser Strasse zugekehrt war.
Sichere Spuren des Tempels sind nicht zum Vorschein gekommen.*)
An derselben Seite lag auch das Häuschen des Prokurators der Säule
Adrastus. Die auf den Bau desselben bezüglichen Inschriften CIL VI 1585*
und 1585^ sind im Jahre 1777 auf der Piazza Monte Citorio gefunden.
2. Die Columna Antonini Pii. Das Jahr der Errichtung der Säule
ist nicht bekannt. Die Inschrift lautet (CIL VI 1004) Divo . Äntonino . Aug.
Pia . Antoninus . Augustus . et . Verus . Augustus . filii. Die aus weissem Mar-
mor bestehende Basis hat auf drei Seiten Reliefs, die Hauptseite mit der
Apotheose des Kaisers und der Kaiserin war dem Ustrinum zugewandt,
die Hinterseite enthält die Inschrift. Die Säule bestand aus einem Schaft
von rotem Granit, auf der Spitze stand die Bronzestatue des Kaisers. Die
Münzen (Abb. 27) stellen die Säule umgeben von
einem Gitter dar.*) Über die weitere Geschichte der
Säule im Altertum wissen wir nichts. Im Mittelalter
ragte der Stumpf der Säule etwa 6 m aus einem aus
Schutt künstlich entstandenen Hügel hervor, dem
Mons Citatorius (Monte Citorio), auf dem sich seit
Anfang des 18. Jahrhunderts die Curia Innocenziana
(jetzt Parlamentsgebäude) erhebt.') In den Jahren
Abb. 27. ooiumna AntoniQi. 1703 Und 1704 wurdo die Säule blosgelegt und die
Basis entdeckt. Da die Säule an dem ursprünglichen
Platze wegen der tiefen Verschüttung nicht bleiben konnte ^ so beschloss
man, sie zum Schmuck der Fontana Trevi zu verwenden, ein Plan, der
sich nachher als unthunlich herausstellte. Der erste Versuch, sie zu heben,
missglückte, nach Jahresfrist (1705) wurde er mit Erfolg wiederholt und
die Säule auf der Piazza Monte Citorio niedergelegt. Hier blieb sie bis
zum Jahre 1764 liegen und wurde in diesem Jahre durch einen Brand
derartig beschädigt, dass an eine Aufstellung nicht mehr zu denken war.
Man verwendete den Granit zur Ausbesserung des grossen Obelisken (p. 252).
Das Postament kam in den Vatikan und steht dort im Giardino della Pigna.
») Vgl. über Reste unter den Gebäuden
des Monte Citorio Middleton, Ancient Rome
p. 385.
'*) Oder soll damit das vor der Säule
stehende von einem Gitter umgebene Ustri-
num dargestellt werden?
•) Ueber den Mons Citatorius oder Ac-
ceptorius hatte man früher die verkehrtesten
Vorstellungen. Die einen hielten ihn für
einen natürlichen Hügel, die andern richtiger
für einen künstlichen, erklärten seine Ent-
Fundamenten der Casa dei P. F. Miflsionari,
80 Fuss unter dem jetzigen Niveau, Reste
von runden Sitzen {avanzi di alcuni sedili
circolari) gefunden seien, hierher das Amphi-
theater des Statilius Taurus verlegte, und
Canina ein von ihm erdachtes Stadium für
die Equiria. Im Mittelalter hatte man die
Vorstellung, der Mons Citatorius stehe im
Zusammenhang mit den Eomitien auf dem
Marsfelde, und die aus dem Schutt hervor-
ragende Granitsäule, die columna citcitoria.
stehung aber in willkürlicher Weise. Hervor- 1 habe zum Anheften behördlicher Bekannt-
zuheben ist, dass Piranesi (Ant. Rom. I 10) I machungen gedient,
auf Grund einer Nachricht, dass in den |
6. Die StftdtteUe am Tiber, d. Das Marafeld. (§ 91.) 255
Litterafcur: HOlbbn, Antichitä di Monte Gitorio. 1. La colonna del Divo Pio, Rom.
Mitt. 1889, p. 42-48.
3. Das üstrinum Antoninorum. Diese Yerbrennungsstätte wird
bei keinem Schriftsteller erwähnt und war völlig unbekannt. Bei den oben
erwähnten Ausgrabungen des Jahres 1703 entdeckte man die Reste in
grosser Ausdehnung, und der berühmte Architekt Fb. Bianghini machte
sich über die Funde genaue Aufzeichnungen als Vorbereitung zu einem
besonderen Werke über die Altertümer von Monte Citorio. Dies Werk ist nie
vollendet worden, aber Entwürfe dazu sind vorhanden samt den Zeichnungen
und Notizen, die Bianchini sich während der Ausgrabungen gemacht
hat. Der von ihm projektierte Titel des Werkes lautete : De clivo Citorio
sive aggere Campi Martii et de columnis veterum memorabilibtis libri duo.
In prior e agitur: De aggere seu tumulo (clivo) Campi Martii, quem vulgo
Citorium appellant: de ustrino Caesarum ac de columna Äntonini cognomento
Pii, inde nuper exfrada etc. Diese Handschrift Bianchiki's blieb unbekannt,
Hülsen hat sie neuerdings in Verona (cod. Ver. 356) aufgefunden und soweit
erforderlich publiziert. Die Aufzeichnungen und Skizzen Bianchinis sind völlig
ausreichend, um das Gebäude zu rekonstruieren. Es ist von quadratischer
Form und besteht aus drei konzentrischen Umfassungsmauern von Traver-
tin; die innerste ist 60 Fuss im Quadrat, zwischen ihr und der zweiten
Umfassungsmauer, die 104 Fuss im Quadrat misst, ist ein Zwischenraum
im Lichten von 15 Fuss; die äusserste Umfassung hat denselben Abstand
von 15 Fuss von der zweiten und ist 140 Fuss im Quadrat, diese äusserste
Mauer aber ist ein 7t€Qiq)Qayfia, bestehend aus einem Sockel, auf dem Tra-
vertinpfeiler sich erheben, die man sich durch eiserne Qitter verbunden
zu denken hat. Die beiden äusseren Mauern haben nach Süden zu Ein-
gänge. Obgleich inschriftliche Funde nicht gemacht worden sind, so kann
doch über die Bedeutung der Anlage kein Zweifel sein; Strabos Bericht
über das Üstrinum beim Mausoleum des Augustus (V 3, 8 p. 236) hat sicher
ein ganz ähnlich konstruiertes, wenn auch vielleicht rundes Gebäude vor
Augen {xal ovrog Xi&ov Xevxov xvxX(() fi^v neqixBi^evov ix^^ (XiörjQovv negi-
<PQay/Äa), Die Anordnung des Ganzen dürfte so zu denken sein, dass die
innere Umfassung den Scheiterhaufen enthielt, die zweite dazu bestimmt
war, die Hitze abzuhalten, die dritte aber, um das Ganze gegen das Publikum
abzuschliessen.
Lifcteratur: Hülsbn, Antichitä di Monte Citorio. 2. Edifizio antico scoperto nel 1703
sotto la casa deUa Missione, Rom. Mitt. 1889 p. 48—64.
4. Die Columna Marci Aurelii. Die Säule ist eine Nachahmung
der Trajanssäule, eine Columna cochlis (Not. Reg IX. columnam coclidem
altam pedes CLXXV s. gradus intus habet CCTII fenestras LVI)^ die auf
einem Reliefstreifen von 21 Windungen die Kriege des Marc Aurel gegen
Daker, Markomanen und Jazygen in den Jahren 172—175 n. Chr. darstellt.
Die Reliefs waren, wie die der Trajanssäule, ursprünglich bemalt. Sie ist,
wie aus Aur. Vict. Caes. 16 und Epit. 16 sich ergiebt, nach dem Tode des
Kaisers errichtet. CIL VI 1585^ heisst sie columna centenaria Divi Marci,
1585» (Divorum) Marci et Faustinae. Das Jahr der Errichtung ist nicht be-
kannt; es steht nur fest, dass sie im Jahre 193 schon vollendet war; aus diesem
Jahre stammt der Antrag des kaiserlichen Freigelassenen Adrastus, des
256 ^' Topographie von Rom.
Procurator columnae D. M., sich hinter der Säule statt seiner Hütte ein
festes Haus bauen zu dürfen (s. oben p. 254). Die Säule ist aus lunensischem
Marmor, im Innern führen 203 Stufen in die Höhe. Der einst mit Reliefs
geschmückte, jetzt zum Teil in der Erde steckende Sockel hatte eine ganz
ausserordentliche Höhe; der noch über dem Boden sichtbare Teil hat die
Höhe des Sockels der Trajanssäule. Auf der Säule standen, wie aus (HL
VI. 1585 hervorzugehen scheint, die Statuen des Marc Aurel und der Fau-
stina. — Im Mittelalter wurde neben der Säule die Kirche S. Andrea
erbaut. Die augenscheinliche Beschädigung der Westseite der Säule durch
Feuer könnte, wenn nicht mit dem Untergang des Templum D. Antonini,
so mit dem dieser Kirche, die im 16. Jahrhundert nicht mehr existierte,
in Zusammenhang gebracht werden. Andere Beschädigungen der Säule
scheinen durch Erdbeben hervorgebracht zu sein. Durch Sixtus Y. wurde
sie im Jahre 1589 in den heutigen Zustand gesetzt; an Stelle der
abgem eisselten Reliefs erhielt der Sockel eine neue schmucklose Be-
kleidung, deren Material zum Teil von den Resten des Septizoniums ge-
nommen wurde. Da der nach Osten zu gerichtete Eingang verschüttet
war, wurde ein neuer nach der Südseite angelegt. An Stelle der längst
verschwundenen Statuen des Marc Aurel und der Faustina wurde eine
Statue des Apostels Paulus auf die Säule {ab omni impietate expurgatam
heisst es in der Sockelinschrift Sixtus Y.) gesetzt. Die Säule hiess bis in
die neueste Zeit allgemein Golumna Antonina. unter diesem Titel ist
auch die erste Publikation von Pietro di Sante Bartoli erschienen.
Litteratnr: £. Pbtbrsbn, A. ton Domaszewbki, Q. Galdebini, Die Marcnssftale aaf
Piazza Colonna in Rom, 1896.
92. Strassen. Die beiden Männer, die am meisten auf dem Marsfelde
gebaut haben, Agrippa und Hadrian, haben die weite Ebene auch durch
Anlage neuer Strassen dem Verkehr erschlossen; davon zeugt die Anlage
des Pens Agrippae und des Pons Aelius. Vor allem wichtig war die auf
den Pons Aelius zuführende Strasse, die direkte Fortsetzung der die Vor-
stadt des Gircus Flaminius durchschneidenden. ^) Sie wurde neben der Via
lata zur bedeutendsten Verkehrsader des ausgedehnten Feldes. Der
bei der wachsenden Besiedlung des transtiberinischen Gebiets stets zu-
nehmenden Bedeutung der Strasse entsprach es, dass sie unter Gratian,
Valentinian und Theodosius ') mit Säulengängen, den Porticus maximae,
geschmückt wurde. Sie erstreckten sich von der Brücke bis zum Theater des
Pompeius, möglicherweise auch noch weiter, und waren unmittelbar vor der
älischen Brücke von dem Arcus Qratiani, Valentiniani et Theodosii über-
spannt. Der jetzt verschwundene Bogen wird in den Mirabilien (Jordak, Top.
II p. 608) und im Ordo Benedicti (Lanciani Itin. Eins. p. 91) erwähnt. Die
Inschrift CIL VI 1184 lautet: Gratianus Valentinianus et Theodosius
arciim ad concludendum opus omne particuum maximarum .... fieri ornarique
iusserunt. Der Bogen ist vermutlich 1503 zerstört worden. Über Reste
>) Ueber die Möglichkeit, dass schon
Nero diese Strasse in ihrem unteren TeUe
anlegte nnd bis zu einer von ihm erbauten
auch für das Marsfeld und den Tiber ergiebt
sich aus der Wiederherstellung des wahr-
scheinlich von Caracalla (Jobdak, Top. V
Brücke führte, vgl. p. 68. p. 417) erbauten Pons Aurelius durch Valen-
*) Die Fürsorge der späteren Kaiser i tinian I (p. 69).
6. Die Stadtteile am Tiber, d. Das Marefeld. (§§ 92-93.) 257
der Portiken etc., die durch Ausgrabungen zum Vorschein gekommen sind,
vgl. Lanciani, Ann. d. Ist. 1883, p. 2.^) Ob über derselben Strasse der
Bogen stand, den jedenfalls nicht weit vom Pens Aelius die Kaiser Ar-
cadius, Honorius und Theodosius zu Ehren des Sieges des Stilicho
über Badagais im Jahre 405 n. Chr. errichtet haben, und dessen Inschrift
der Einsiedler Anonymus als in arcu inttis Romae (im Gegensatz zu den
vorher aufgezeichneten Inschriften von S. Peter) befindlich aufbewahrt hat,
ist nicht klar. Das natürlichste wäre anzunehmen, dass er am Zugang
zu einer Brücke stand, wie wohl überhaupt anzunehmen ist, dass an allen
Brücken Triumphbogen standen. So wissen wir es vom Pens Aemilius
(p. 190), vom Pens Yalentinianus und Aelius. Die einzige Brücke, an deren
Zugang dieser Bogen errichtet sein könnte, der P. Neronianus, kommt aber
nicht in Betracht, da er lange vor der Zeit des Arcadius und Honorius abge-
brochen war (p. 68). Es ist andrerseits nicht ausgeschlossen, dass der Bogen
ebenfalls über der auf den Pens Aelius zu führenden Strasse und nicht
allzuweit von dem des Qratian etc. stand. Die Häufung mehrerer Bogen
ist ja auch abgesehen von der Sacra via, über der unfern von einander
der Fabierbogen und ein Bogen des Augustus gestanden haben, namentlich
auf bedeutenden Strassen nicht selten, so auf der Via Appia und der Via
lata. Möglicherweise stand der Bogen über der Kreuzung der Porticus ma-
ximae mit der quer über das Marsfeld von Osten nach Westen laufenden
Strasse (p. 249), also etwa 60 m. von dem des Oratian entfernt.
Nicht genau zu bestimmen ist der Gang einer Via tecta auf dem
Campus Martins. Sie wird zweimal bei Martial genannt (IH 5, 5. VIH 75, 2),
einmal in Verbindung mit der Via Flaminia, doch ergibt sich daraus nicht,
ob sie dieser parallel lief oder in sie einmündete. Bestimmter lautet die
Angabe bei Seneca, 1. de morte Claudii 13, wo es heisst, Claudius wäre,
nachdem ihn Talthybios per campum Martium geschleppt hätte, inter Ti-
berim et viam tectam zur Unterwelt hinabgestiegen. Die Stelle ist stets
und wohl mit Recht mit dem Tarentum (vgl. p. 224) in Verbindung ge-
bracht worden, dessen Lage zwischen dem Tiber und der auf den Pens
Aelius resp. Pons Neronianus zuführenden Strasse jetzt feststeht. Ob also
diese Strasse schon vor Anlage der Porticus maximae einmal überdeckt
gewesen ist? Die Sache bleibt immerhin zweifelhaft, denn der von Martial
Vni 75, 2 angedeutete Zusammenhang mit der Via Flaminia fehlt dieser
Strasse. Übrigens nennt schon Liv. XXH 36 aus dem Jahre 216 v. Chr.
eine via fomicata quae ad Campum erat.
93. Bauten unbekannter Lage. 1. Nicht überliefert ist die
Lage der Porticus. Europae, die ihren Namen, wie die der Argo-
nauten, des Meleager etc., von einem Bildwerke hatte (Mart. II 14, 15).
Sie gehörte mit zu den beliebtesten SpaziiBrgängen des Marsfeldes;
Martial, dem allein wir die Kunde von ihrer Existenz verdanken, erwähnt
n 14, 15 die Europes tepidae buxeta und sagt HI 20, 12 ff. delicatae sole
rursus Europae inter tepentes post meridiem buxos sedet. Ihre ungefähre Lage
ergiebt sich aus H 14. Dort wird geschildert, wie der Schmarotzer
») Vgl. Jobdan, Top. II p.413. Bull. com. 1893 p. 14 flF.
Handbuch der klMs. AltertmaBWiflsenflchaft. lU. 8. B. 2. Aufl. 17
258
B. Topographie von Born.
Selias auf dem ganzen Marsfeld umherläuft und alle Sammelplätze der
Müssiggänger aufsucht, um jemand zu finden, der ihn zu Mittag einlade.
Die dort eingehaltene Reihenfolge ist diese: Porticus Europae, Saepta,
Iseum, Hecatostylon, porticus Pompeia, also durchaus topographisch.
Dann folgen die noch Mart. I 59, 3 genannten, topographisch nicht zu
fixierenden Bäder des Qryllus und Lupus, letzteres, wahrscheinlich
von einem Gemälde, Aeolia genannt, des Faustus und Fortunatus;
dann die Thermen, und schliesslich kehrt er zur Porticus Europae zurück.
Darnach muss diese nördlich von den Saepta gelegen haben. Damit stimmt
11120,11, wo die Porticus Argonautarum und Europae (merkwürdiger
Weise fehlt erstere in der ausführlichen Aufzählung 11 14) und XI 1, 11,
wo die Portiken des Pompeius, der Europa und der Argonauten zusammen
genannt werden.
2. Nicht sicher erklärt ist das in der Regionsbeschreibung mit
Di verum bezeichnete Gebäude. Am nächsten liegt es, an eine Portikus
zu denken , denn Eutrop. Brev. VII 23 berichtet von Domitian : Romae
quoque muUa opera fecit, in his Capüolium et Forum transUorium, Divorum
porticus, Isium ac Serapium et Stadium, während der Chronograph von 354
wie die Regionsbeschreibung unter den Werken Domitians Divorum
ohne diesen Zusatz nennt. Die Portikus oder was es sonst gewesen sein
mag,i) wird nirgends weiter erwähnt.
3. Topographisch nicht verwendbar sind die Notizen über eine Nau-
machie, die Caesar im Marsfelde gebaut hat. Dio Cass. XLin 23 be-
richtet darüber aus dem Jahre 46 v. Chr.: xal räXog vavfiaxiav . . , iv t^
i]7i€iQ(fi inoltjasv, x^Q^O'^ Y^Q ^^ ^^ '^V '^?^<V ^^^^V ^oiXdvag vdcoQ ts ig avvo
iaijxs xal vavg ifSxiyayev, Hier wurde, wie Appian b. c. II 102 berichtet,
bei den zu Ehren von Caesars Triumph veranstalteten Spielen ein
grosses Seegefecht aufgeführt. Es kämpften Zweiruderer, Dreiruderer und
Vierruderer der tyrischen und ägyptischen Flotte miteinander. Nach
Appian betrug die Zahl der Ruderer 4000, der Kämpfenden 2000, die Nau-
machie muss also eine erhebliche Ausdehnung gehabt haben. Im Jahre
43 V. Chr. wurde sie wieder zugeschüttet (Dio Cass. XLV 17). Sueton.
Caes. 39 bezeichnet als Ort die Codeta minor, die sonst nicht bekannt
ist, während ein Campus Codetanus in der XIV. Region genannt wird.
Da der Name nach Fest. p. 58 von einer Pflanze herkommt {quod in eo
virgulta nascuntur ad caudarum equinarum similitudinem), so wird man wohl
annehmen dürfen, dass auf eine gewisse Strecke beide Ufer des Tiber mit
dieser Pflanze bedeckt waren, die campi also am Tiber zu suchen sind,
und die Codeta minor demnach in dem nördlichen oder nordwestlichen
Teile des Marsfeldes. Caesar soU auch den nie zur Ausführung ge-
kommenen Plan gehabt haben, an Stelle der Naumachie einen Tempel
des Mars quantum nusquam esset, zu errichten. — Der besseren Übersicht
wegen stelle ich hier kurz die Nachrichten über die übrigen Naumachien
zusammen, die der Mehrzahl nach nur vorübergehenden Bestand hatten:
OBoBSABf, Biill.com. 1885 p. 88 ff. spricht wesen. Selbst fOr das Pantheon ist der
die Meinung auS; Divorum sei eine andere Name in Anspruch genommen worden.
Bezeichnung fOr das Mausoleum Augusti ge-
6. Die Stadtteile am Tiber, e. Die siebente Begion (Via lata). (§ 94.) 259
1. die Naumachie des Augustus am rechten Tiberufer, im südlichen Teil
der XIV. Region (vgl. p. 276). Sie wurde bis mindestens in die Zeit des
Titus noch benutzt, bestand aber noch länger. — 2. Caligula richtete die
Saepta zu einer Naumachie ein (vgl. p. 231); warum er die Augustische
nicht benutzte, ist nicht bekannt. — 3. Nero benutzte zwar die Augustische
Naumachie (Dio Cass. LXI 20), aber es heisst von ihm auch Suet. 27:
naumachia praeclusa vel Martio campo vel circo Maxime; das erstere be-
zieht sich vielleicht auf die von Caligula in den Saepta eingerichtete Nau-
machie. — 4. Domitian baute eine neue Naumachie auf dem rechten Ufer
des Tiber. Auch diese Naumachie ging zu Grunde; aus den Steinen wurde
der Circus Maximus nach einem Brande ausgebaut (vgl. p. 277). — 5. End-
lich heisst es, dass Philippus Arabs zur Feier des tausendjährigen Be-
stehens Roms eine Naumachie gebaut habe: exstructo trans Tiberim lacu
(Aur. Vict. Caes. 28).
4. Von sonst unbekannten Orten werden in der IX. Region genannt:
eine Insula Felicles, wahrscheinlich ein Strassenname, und ein Lacus
Cunicli, ein von dem Bildwerk, wie öfters, benannter Brunnen, der eben-
falls einer Strasse den Namen gegeben hat, bekannt durch eine von de
Rossi, Bull, crist. 1871 p. 75 publizierte Inschrift {de regione nona a lacu
Cunicli).
6) Die siebente Region (Via lata).
94. Sie umfasste den östlich von der Via lata gelegenen Teil der
Ebene, reichte im Süden bis an die Servianische Mauer und dehnte sich
nach Norden zu allmählich über das Oebiet des Pincio aus; schon zur Zeit
des Vespasian ist, wie aus dem Pomeriumstein h vor der Porta Pinciana hervor-
geht, die nachmalige Zolllinie (vgl. p. 59) und Linie der Aurelianischen Mauer
erreicht. Nicht zu der Region gehörte das den Pincio und den Quirinal
trennende Thal, in dem die in der Regionsbeschreibung bei der VI. Region
aufgeführten Sallustischen Qärten lagen. Die westliche Grenze der Region
bildete die mit zu derselben gerechnete Via lata. Da die Region, soweit
sie die Ebene umfasst, die natürliche und nur durch künstliche Einteilung
abgetrennte Fortsetzung des Campus Martins und der IX. Region bildet,
so ist es natürlich, dass die monumentale Bauthätigkeit in derselben
sich an die Bauten des Marsfeldes anschliesst. Dies gilt namentlich von
den Bauten des Agrippa, die noch vor Einführung der Regionseinteilung
geplant 0 und zum Teil ausgeführt sind, und deren Zusammenhang mit den
Bauten westlich von der Via lata schon durch die völlige Gleichartigkeit der
Porticus Saeptorum auf der Westseite der Via lata und der sie nach Norden
zu fortsetzenden Porticus Vipsania auf der Ostseite derselben erwiesen
wird. Der hier angelegte Campus Agrippae scheint das Centrum zu sein,
um das sich die hauptsächlichsten Monumentalbauten und Anlagen der
Region gruppierten, und die die Regionsbeschreibung alle zusammen nennt:
campum Agrippae, templum Solls et castra, porticum Gh/psiani (= Vipsania) et
ConstaniinL Im Übrigen ist die Topographie dieser Region dunkel. Die Notitia
führt neben wenigen bekannten oder auch sonst genannten: cohortem I. vigi-
>) Die Regionseinteilung trat 7 v. Chr. in Kraft, 12 y. Chr. starb Agrippa.
17*
260
B. Topographie Ton Born«
lum, arcutn novum und forum suarium, eine überwiegende Anzahl von Na-
men auf, die sonst nirgends wieder vorkommen und zum Teil kaum erklärt
werden können. Es sind dies: lacum Ganymedis, nympheum Jovis,^) aediculam
caprariam, ^) templa duo nova Spei et Fortunae (im Guriosum ausgelassen), ^)
equos Tiridatis regia Armeniorum, hortos Largianos, mansuetas, lapidem
pertusum. Dagegen scheint die Region ziemlich dicht bebaut gewesen zu sein,
es werden in ihr 3535 insulae und 120 domus gezahlt, doch dürfte sieh
auch abgesehen von den zum Campus Agrippae gehörigen Anlagen und
dem wohl ganz von Gartenanlagen bedeckten Pincio {coUis horiorum) die
städtische Bebauung bis ins 3. Jahrhundert n. Chr. nur über die süd-
liche Hälfte der Region erstreckt haben, denn von Gordianus heisst es
Vita 32 : instüuerat porticum in campo Martio sub colle*^) pedum miUe, üa ut
ab altera parte aequa miUe pedum porticus fieret, atque inter eas pariter pateret
spatium pedum quingentorum. Es folgt eine ausführliche Beschreibung der
geplanten Anlage, die auch eine Basilica enthalten sollte; daran sollten
sich Thermen anschliessen ; aber, fügt der Biograph hinzu: haec omnia
nunc privatorum et possessionibus et hortis et aedificiis occupata sunt. Es blieb
also bei dem Plane, wie auch noch ausdrücklich hinzugefügt wird, Gordianus
habe ausser einigen Nympheen und balneae keine Werke hinterlassen.
95. Die Via lata. 1. Die stadtgemässe Bebauung der östlichen
Seite der Via lata vom Thore bis etwa zur Kreuzung der Strasse mit der
Aqua Virgo ergiebt sich sowohl aus dem Fragment des Stadtplans Form.
Urb. VI 36 (Abb. 28) als auch aus zwei Inschriften , Erkennungstafeln
flüchtiger Sklaven (vgl. oben p. 210), auf denen es heisst: revoca me in
Via lata ad FUzvium d. m. (Gobi, Inscr. Etr. I. p. 263 n. 49) und reboca
me in Bia lata ad Oemellinu medicu (Doni, p. 104, 172).5) Weiter nach
Norden ist die Strasse von Privatbauten frei geblieben. Gallienus plante
(Vita 18) als Fortsetzung der die Strasse begleitenden Portiken etc. nach
Norden eine Porticus Flaminia usque ad pontem Molvium et ipse paraverat
ducere, aber sie ist gleich den Plänen des Gordianus nicht zur Ausführung
gekommen. Die Gräber der Eaiserzeit an der Via Flaminia beginnen
etwa an der heutigen Piazza del Popolo und sind längs der Strasse nach
Norden zu verfolgen.«)
2. Über der Via lata standen mehrere Triumphbogen. 1. Ein Bogen
beim Beginn der Strasse an Stelle des alten Stadtthors der Servianischen
>) Vgl Borsabi, Bull. com. 1887 p. 145.
«) Vgl. Jobdan, Top. II p. 102; Gilbbbt,
Top. III p. 877.
*) Jobdan vermutet Top. II p. 7, sie seien
von Diokletian gebaut, weU die Notitia auch
den Bogen des Diokletian ttber der Yia Lata
als Arcus novus bezeichne.
*) Mit dem eollis kann hier schwerlich
ein anderer als der coUis Jiortorum (Pincio)
gemeint sein, der den Campus Martins im
Osten abschloss; für gewöhnlich ist ja unter
eollis ohne weitere Bezeichnung der eollis
Qiiirinalis zu verstehen.
^) Vgl. G. B. DB Rossi, Miscellanea, Bull,
com. 1887 p. 291.
^) üeber diese Gräber siehe den betref-
fenden Abschnitt. Gräber aus republikamscher
Zeit haben sich vor der Porta FontinaHs ge-
funden, darunter das schon p. 44 erwähnte des
Bibulus aus der letzten ^it der Republik
mit der noch an der ursprünglichen Stelle
befindlichen Inschrift CIL I 685: C. FopUcio
C. f. BibtUo aed. pl. Jumoris virtutisque
caussa seruttus consulto poptdigue iussu
locus monutnento quo ipse postereique eius
inferrentur publice datus est. Das Grab
ist auch bei der Neureguliemng der
Strassen, die das Denkmal fttr Victor Erna-
nuel erforderte, erhalten geblieben.
6. Die Stadtteile am Tiber, e. Die siebente Region (Via lata). (§ 95.) 261
Mauer. Wer ihn errichtet hat, ist unbekannt, im Mittelalter heisst er
Arcus raanus carneae (Lanciani, Itin. Eins. p. 118). — 2. Der Arcus
novus des Diokletian bei der Kirche S. Maria in Via lata, wahrscheinlich
ihm und dem Maximinian zu Ehren im Jahre 801 n. Chr. errichtet. Er
wurde von Innocenz VIII. (1484 — 1492) zerstört. Von dem Bogen stammt
wahrscheinlich das jetzt in der Villa Mediei befindliche Relief Matz-
DüHN No. 3525. Über seine Auffindung berichtet Marliani, Topogr. ed.
1534 p. 136: prope aedem S. Mariae viae latae nunc multa eruuntur marmora,
in quibus trophaea triumphalesque imagines vidi, cum hac inscriptione: votis
X et XX, qualem esse in arcu Constantini dictum est supra. — 3. Arcus
Claudii, ein monumental gestalteter Strassenbogen der Aqua Virgo,
errichtet zum Andenken an den Sieg über die Britanner (CIL VI 920 f.)
im Jahre 51/52 n. Chr. Ein zweiter Strassenbogen derselben Leitung
mit der Inschrift CIL VI 1252 existiert noch in dem Gärtchen des
Hauses Via del Nazareno 14.^) Danach stammt der Bogen wie die
Wiederherstellung der ganzen Leitung aus dem Jahre 46 n. Chr. und
rührt von Claudius her. Im 8. Jahrhundert n. Chr. hiess die Leitung
von dem Trivium (Fontana Trevi) bis zu ihrem Ende bei den Saepta*)
Forma Virginis fracta; dieser Teil lag damals schon in Trümmern und
die Wiederherstellungsarbeiten haben bis auf den heutigen Tag immer
nur den Teil bis zur Fontana Trevi betroffen. Aus dem Einsiedler Itinerar
scheint sich zu ergeben, dass auch der die Via Flaminia überspannende
Bogen des Claudius schon im 8. Jahrhundert in Trümmern lag.^) — 4. Der
Arco di Portogallo. An der Stelle, wo die moderne Via della Vite in
die Via lata mündet, unmittelbar neben der Ära Pacis, stand bis zum
Jahre 1662 ein antiker Triumphbogen.^) Den mittelalterlichen Namen
hatte er von der Nachbarschaft der Wohnung des portugiesischen Ge-
sandten im Palazzo Ottoboni (Fiano). Unter Alexander VII. wurde er
zum Zweck der Verbreiterung des Corso abgerissen, die Reliefs, das eine
die Apotheose einer Kaiserin, das andere den einen Beschluss verkünden*
den Kaiser darstellend, wurden in den Konservatorenpalast gebracht.
Wem der Bogen gewidmet war, ist streitig; Lanciani hält ihn für ein
Ehrendenkmal des Antoninus Pius, da er in der von den Antoninen be-
bauten Zone des Marsfeldes liege, Helbig aus stilistischen Gründen
für einen Bogen des Hadrian, beider Urteil stützt sich auf die Be-
urteilung der noch erhaltenen Reliefs. Nach Berichten von Augen-
zeugen, die den Bogen gesehen haben und beschreiben, war er gleich
dem Bogen des Konstantin aus den Spolien anderer Bauwerke er-
richtet, und zwar jedenfalls in der Zeit der Dekadenz, lange nach Kon-
stantin. Im Mittelalter führte er unter anderen auch den Namen ad tres
facciclas oder trofoli. Der Name hängt wahrscheinlich mit einer einst-
mals in der Nähe des Bogens stehenden Säule zusammen, an deren
0 Vgl. Lanciahi, Itm. Eins. p. 23. 24. ( •) Vgl. Lanciani. Itin. Eins. p. 36.
») Oder viehnehr darüber hinaua bis | *) Im Jahre 1561 hat Vignola nach
Palazzo Serlapi; bis dahin ist sie za ver- 1 diesem Bogen die Porta del Fopolo gebaut,
folgen. I
262 B. Topographie von Rom.
Schaft drei weibliche Gestalten in Belief sich befinden, worüber zu ver-
gleichen Lanciani Bull. com. 1896 p. 239 flf., der diese Säule auf Taf. XIV
veröffentlicht hat. Bei einer im Jahre 1740 gelegentlich des Baus eines
neuen Flügels des Palazzo Fiano veranstalteten Ausgrabung kam das Fun-
dament des östlichen Pfeilers des Bogens zum Vorschein (Venuti, Roma
antica ed. Fiale II p. 82). Der Pfeiler hatte eine Breite von 7,98X3,34 m,
das Pflaster lag 2,34 m unter dem heutigen.
Litteratur: Lanoiani, L'arco di Portogallo, Ball. com. 1891, p. 18 ff. nnd 1896 p. 239 ff.
— Hülsen, Rom. Mitt. 1898 p. 304. — Helbio, Führer I« p. 380 f.
96. Die Bauten des Agrippa. Der Mittelpunkt dieser Bauten war
der Campus Agrippae, ein geräumiges, mit Portiken umgebenes Feld, das
wohl ähnlichen Zwecken diente, wie das Marsfeld. Es war, wie aus
Martial I 108 hervorgeht, mit Lorbeerhainen geschmückt. Agrippa selbst
hat die Vollendung der Anlage nicht mehr erlebt, Augustus hat nach Die
Cass. LY 8 es zugleich mit dem von Agrippa erbauten Diribitorium (vgl.
p. 232) eingeweiht. Die Ausdehnung des Feldes ist nicht bekannt, zum
mindesten reichte es im Süden und Osten bis an die Bogenreihen der
Aqua Virgo, wenigstens sind auf diesem ganzen Oebiet Spuren von Bauten
aus den ersten Jahrhunderten der Eaiserzeit nicht vorhanden,^) im Westen
bis an die Via Flaminia und im Norden bis zur heutigen Via S. Claudio;
die in dieser Richtung laufende antike Strasse ist neuerdings aufgefunden
(BuU. com. 1892 p. 277). An der Via Flaminia war der Campus von der
Porticus Vipsania begrenzt, auch P. Polae von der Erbauerin Vipsania
Pola, Agrippas Schwester, genannt. Über diese Halle sagt Dio Cass.
L V 8 : rj d^ iv z^ neiiffi atod^ rjv ij n&Xa rj äieliprj airov t] xal Tovg dQOfiovg
diaxocfiTJcaifa inoisi^ oifdänfo i^eiQyaato^ d. h. zur Zeit, als Augustus den
Campus einweihte. Nach Plin. III 17 (Augustus) porticum ex destinatione
et commentariis M. Agrippae a sorore eins incohatam peregü ist auch diese
von Augustus dediziert worden. Die Reste dieser Portikus sind längs der Via
lata gegenüber der Piazza Colonna (Marc Aurels-Säule) und weiter nördlich
gefunden worden; sie hatte dieselben Dimensionen und dieselbe Konstruktion
wie die Portikus der Saepta (vgl. p. 231 und Abb. 28). Nach Süden zu reichte
sie bis an die Bogenreihe der Aqua Virgo (Mart. IV 18), bildete also gewisser-
massen die Fortsetzung der Saepta-Portikus, die nördlich bis an die Aqua
Virgo reichte. Nach Plin. III 17 war in der Porticus Polae die Weltkarte
des Agrippa ausgestellt. Die von Dio Cassius a. a. 0. genannten dQOfjtoi
(Laufbahnen, Spaziergänge) befanden sich auf dem Campus Agrippae neben
der Bogenreihe der Aqua Virgo; sie werden erwähnt von Martial VII 32:
curris niveas tantum prope Virginis undas.^) — In der Regionsbeschreibung
wird mit der Porticus Vipsania die Porticus Constantini verbunden
{Porticum Oypsiani et Constantini)^ ob man indessen von dieser Zusammen-
fassung auf topographische Zusammengehörigkeit schliessen kann, ist
fraglich. Die Portikus wird sonst nicht erwähnt, G. B. de Rossi erinnert
*) Ueber einen Mauerrest an der Ost- 1 Form. Urbis 16.
Seite der Kirche S. Maria in Xenodochio, der | ^) Der ganze Komplex dieser Anlagen
aus der letzten Zeit des Altertums stammt, scheint gemeint zu sein, wenn Tac. Ann.
vgl. Bull. com. 1892 p. 278 und Lakciani, | XY 39 von den Monumenta Agrippae spricht.
6. Die Stadtteile am Tiber, e. Die siebente Region (Via lata).
96-97.) 263
daran, dass die Basilica de' SS. Apostoli im Süden der Region einst B. Gon-
stantiniana gebeissen habe (Borsari Bull. com. 1887 p. 146), jedoch
ist es auch möglich, dass diese Bezeichnung andere Gründe hat; das
Einsiedler Itinerar freilich verzeichnet zwischen S. Marcello (am Corso)
und SS. Apostoli eine Portikus, aber hier lag ein durch Form. Urb. VI 36
seiner Disposition nach bekanntes sehr umfangreiches Gebäude (vgl. Abb. 28),
innerhalb dessen auch die Basilica SS. Apostoli liegt. Nach den hier bei
Palazzo Muti an der Piazza SS. Apostoli gefundenen Inschriften war es
die Kaserne für die erste Kohorte der Vigües (CIL VI 233, 1056, 1092),
Reste des Gebäudes sind ebenfalls zum Vorschein gekommen, i) Es ist
nicht unwahrscheinlich, dass jene im Itinerar genannte Portikus in Wirk-
lichkeit ein Teil der grossen Peristyle wai\ die die Höfe dieser Statio
umgaben. Die Kirche S. Marcello liegt an der Nordwestecke derselben.^)
Die Porticus Gonstantini verlegt Lanciani hinter die Statio vigilum, zwischen
diese und den Abhang des Quirinals (Form. Urb. 22. Itin. Eins. p. 37).
Abb. 28. Form. Urb. VI 86. Saepta, Via lata und Statio cobortia I ylgilum.
97. Templum Solis. In der Regionsbeschreibung werden aufgezählt
campum Agrippae, templum Solis et castra, porticum Gypsiani et Constantini,
im Chronographen von 354 heisst es über Aurelian: hie muro urbem
cinxit, templum Solis et castra in campo Agrippae dedicavit, genium populi
Romani aureum in rostra posuit. Danach ist der topographische Zusammen-
hang zwischen dem Campus Agrippae, den Castra und dem Templum
Solis wohl unzweifelhaft. — Unter den Castra sind die Castra urbana
zu verstehen. Über ihre Lage innerhalb des Campus Agrippae ist nichts
bekannt, einen Fingerzeig giebt nur die durch Tacitus Hist. I 31 und Plu-
tarch Galba 25 überlieferte Nachricht, dass zu Galbas Zeit, damals, wie es
scheint, nur vorübergehend, schon Truppen in der Porticus Vipsania
kaserniert worden seien. Diese Cohortes urbanae standen nun im An-
fang des vierten Jahrhunderts in einem dienstlichen Zusammenhang mit
') Vgl. G. B. DE Rossi, Ann. d. Ist. 1858,
p. 279 ff.; Lahoiani, Itin. Eins. p. 38 ff.
*) Üeber das bei S. Marcello liegende,
nur ans einer mittelalterlichen Urkunde, dem
Liber pontificalis I p. 164 (Duchbsne) be-
kannte Catabulnm, die grossen Stallungen
fOr die Öffentlichen Posten, vgl. Lanciani,
Itin. Eins. p. 37 ff. Es hat möglicherweise
in geringer Entfernung von S. Marcello nach
Norden zu an der Via lata gelegen. Vgl.
Rom. Mitt. 1896 p. 321.
264
B. Topographie von Rom.
dem in der VII. Region genannten Forum suarium. Es heisst CIL
VI 1156a, dass Fl. Ursacius tribunus cohortium urbanarum X, XI et XII et
fori suarii gewesen sei. Für die Lage dieses Forums ist dadurch leider
nichts Genaueres gewonnen. Auch über die Lage des von Aurelian erbauten
Templum Solis ist weiter nichts überliefert. Im Anfange der Vita
Aurelians heisst es freilich, dass Vopiscus mit dem Stadtpräfekten Junius
Tiberianus vom Palatium bis zu den Horti Variani fahrend beim Sonnen-
tempel vorbeigekommen sei, aber die Notiz ist leider unbrauchbar, da die
Lage der Horti Variani unbekannt ist. An mehreren Stellen der Vita ist von
dem Tempel die Rede, und die Pracht seiner Ausstattung wird mehrfach hervor-
gehoben (namentlich 28, 39, vgl. Aur. Vict. Caes. 35, Eutrop. IX 15) ; c. 35 heisst
es: templum 'Solis fundavit et porticibus roboravit. In diesen Portiken lagerte
nach Vita 48 fiskalischer Wein : in porticibus templi Solis fiscalia vina ponuntur,
non gratuita populo eroganda sed pretio. Unter seinem Nachfolger Tacitus
setzte der Senat Aurelian im Sonnentempel eine silberne Bildsäule (Vita
Tac. 9). — Der nördlich vom Campus Agrippae liegende Teil der Region ist
mehrfach von Ausgrabungen berührt worden; es hat sich dabei folgendes er-
geben: 1. In der Nähe von S. Silvestro, zwischen dem Corso im Westen, der
ViaS. Claudio im Süden und der Via Frattina im Norden, die sämtlich antiken
Strassen entsprechen, sind eine grosse Menge von Granitsäulen und Architektur-
stücken und Reste von Mauern aus Peperinquadern gefunden worden, die an-
scheinend sämtlich zu einer und derselben ausgedehnten Anlage gehörten J)
Angeblich auf demselben Gebiete hat sich im Jahre 1765 in occasione d'un
edificio delle monache di S. Silvestro in Capite die Inschrift CIL VI, 1785
gefunden, die einen Tarif für Weinküfer etc. und für die Träger enthält,
qui de ciconiis -) ad templum cupas referre consueverunt. Da in den Portiken
des Templum Solis fiskalische Weine lagerten (s. o.), so bezieht Urlichs und
mit ihm Hülsen das templum der Inschrift auf dieses, und sieht in der In-
schrift den Beweis, dass der Sonnentempel hier, nördlich vom Campus
Agrippae, gelegen hat. Indessen es fehlt der Nachweis, dass die Inschrift
wirklich hier gefunden ist; denn wo das edificio der Mönche von S. Silvestro,
die sehr ausgedehnte Besitzungen in Rom hatten, gelegen hat, ergiebt sich
aus der Fundnotiz nicht; auch ist es eine willkürliche Annahme, dass der
Fundort der Inschrift den Standort gerade des Tempels anzeige. Von
den in dem Tarif genannten Arbeitern etc. hatte nur ein kleiner Teil, die
falancarii (Lastträger), mit der Überführung des Weines nach dem templum
zu thun, alle andern waren lediglich bei den Ciconiae mit der Übernahme etc.
des Weines und den Gefässen beschäftigt. Die Inschrift war also aller
Wahrscheinlichkeit nach bei den Ciconiae, nicht bei dem Templum ange-
0 Vgl. Lanciakti, Bull. com. 1894 p. 287
bis 291.
*) Die Ciconiae (vgl. p. 224) können
wohl nirgends anders gesucht werden, als
am Tiberufer beim Marsfeld, wo sich ver-
mutlich auch der Portus vinarius he-
fand. GEL VI 9189 und 9190 nennen co-
actores de portu vinario, 9181 u. 9182
argentarn de foro vinario. WaJirscheinlich
gehören der Portus und das Forum zu-
sammen. Dass es zwei Portus vinaiii ge-
geben habe, einen fOr die aus dem Innern
des Landes kommenden hier, den andern für
die überseeischen Weine beim Emporium,
wie Lanoiani, Bull. com. 1894 p. 299 Anm. 1
f&r möglich hftlt, möchte ich des Wortlautes
der Inschriften wegen, der nur einen Portos
vinarius voraussetzt, nicht annehmen.
6. Die Stadtteüe am Tiber, e. Die siebente Region (Via lata). (§ 98.) 265
heftet. Ist die Inschrift nicht beweiskräftig, so spricht anderes geradezu
gegen die Lage des Sonnentempels an dieser SteUe, namentlich die Archi-
tekturreste selbst, die wahrscheinlich der Zeit der Flavier angehören
(Bull. com. 1895 p. 94 ff.), ferner eine von Lanciani, Bull. com. 1894
Taf. Xn — XIV publizierte Zeichnung von Palladio, zwei miteinander ver-
bundene Portiken, oder wie dieser sie nennt, Gärten, die beim Arco
di Portogallo hart an der Via Plaminia lagen, also gerade das Terrain
einnahmen, um das es sich handelt. Die Mauern standen noch im
Anfang des 16. Jahrhunderts in ansehnlichen Resten, sind aber jetzt,
soweit noch vorhanden, verbaut. Damit würde auch die Möglichkeit, hier
den Sonnentempel anzusetzen, stark verringert. *) Lanciani ist geneigt,
die in der VII. Region aufgeführten Horti Largiani hierher zu verlegen.
Wo der Tempel gelegen hat, ist schwer zu sagen; wahrscheinlich aber
hat er in engerem Zusammenhang mit dem Campus Agrippae gestanden,
als die URLicus-HüLSEN'sche Ansetzung (siehe dessen Forma Urbis II) an-
nimmt. Der Chron. von 354 sagt ja geradezu, er habe in campo
Agrippae gelegen. — 2. Östlich von dieser Anlage ist in den Funda-
menten der Kirche S. Johannis in Capite (S. Giovannino) der Rest eines
antiken Gebäudes aus Quadern von Travertin erhalten, die Nordwest-
ecke eines grossen Raumes; die erhaltenen Seiten sind 6 und 10 m
lang. Daselbst sind auch Reste von Granitsäulen gefunden. Die ur-
sprüngliche Bestimmung des Gebäudes ist nicht mehr festzustellen, im
4. Jahrhundert n. Chr. befand es sich im Besitz einer dem Mithrasdienst
ergebenen Familie und enthielt ein Sacrarium des Mithras. Die In-
schriften CIL VI 749 — 754 sind hier oder in der Nähe (754 unter dem
Palazzo Marignoli am Corso) gefunden worden. ») — 3. Nördlich von
der unter No. 1 beschriebenen Area hat hart am Corso der Architekt
Lovatti im Jahre 1794 die Fundamente der Portikus eines massig grossen
achtsäuligen Tempels entdeckt, der mit der Front nach der Via lata lag;
die Säulen, von denen Reste gefunden sind, waren von rotem Granit, Treppe,
Säulenbasen und Kapitelle von Marmor; auct ein Teil der Cellamauer
ist gefunden worden. ») Was für ein Tempel dies war, ist unbekannt.
Litteratur über das Templum Solia: ürliohb, Rom. Mit*. 1888 p. 98. —
Hülsen, Rhein. Mus. XLIX p. 393 f. — Lanciani, Di un frammento inedito della plant» di
Roma antica riferibile alla regione VII, Bull. com. 1894 p. 285 ff. — Hülsen, II tempio del
Sole nella regione VII di Roma, Bull. com. 1895 p. 39 ff. — Lanciani, Bull. com. 1895
p. 94 ff.
98. Der CoUis hortorum. 1. Dieser zur VII. Region gehörige Höhen-
zug, seit Ausgang des Altertums auch Pincio genannt, hat diesen Namen
0 HthiSEN bestreitet diese Ansicht, sieht
vielmehr in den Portiken die des Sonnen-
tempels, und zieht zur Vergleichung den
Plan des Tempels von Heliopolis heran,
nach dem der rOmische gebaut sein soll.
Der Tempel selbst, von dem Palladios Zeich-
nung keine Andeutung hat, soU nördlich an
die grosse Portikus gestossen sein, die dort
von Palladio gezeichnete geschlossene und
mit Nischen verzierte Seite sei ein der Sym-
metrie wegen gemachter Zusatz Palladios.
Mit Recht weist Lanciani dies zurück; dass
diese Seite so existiert habe, wie sie Palladio
gezeichnet hat, sehe man schon an den bei-
geschriebenen Massen, die ausserdem noch
von denen der Langseiten verschieden sind.
«) Bull. com. 1894, p. 293 ff.
») Bull. com. 1894 p. 292 f.
266 B. Topographie von Rom.
von der Gens Pincia (CIL VI 1754), die hier eine Domus (Cassiod. Var. EU 10)
besass und in deren Besitz der Berg im 4. Jahrhundert n. Chr. war.^)
Im Mittelalter war hier das auf dem Plane von Bufalini verzeichnete
Palatium Pincianum. In ihm wohnte Belisar während der Belagerung
Roms durch die Ooten (Prokop. Goth. 11 9). Der Hügel ist niemals stadt-
gemäss bebaut gewesen, sondern war ein Lieblingsaufenthalt reicher Leute,
die der gesunden Luft und herrlichen Lage wegen hier ihre Gärten und
Villen anlegten.
2. Die ersten Gärten der Art waren die des Lucullus. Ihre Lage
im Süden des Pincio ist bestimmt durch die Notiz Frontin 22 über die
Aqua Virgo (vgl. p. 240). Sie waren durch die Fülle griechischer Kunst-
werke ausgezeichnet, die in ihnen aufgestellt waren. Vermutlich gehörten
zu den hier befindlichen Statuen die kapitolinische Venus und der Schleifer
in den Ufficien in Florenz. Nach mannichfachem Besitzwechsel gelangten
diese Gärten unter Claudius in die Hände des Valerius Asiaticus, der sie
prächtig ausschmückte und dadurch die Habgier der Messalina reizte (Tac.
Ann. XI 1). Diese bereitete dem Besitzer den Untergang, um sich ihrer
zu bemächtigen, und hier fand sie ihren Tod auf Befehl des Claudius (Tac.
Ann. XI 32, 37). So wurden die Gärten kaiserliches Besitztum (Plut. Luc. 39).
— Auch die Familie der Domitier hatte hier im Norden des Hügels Gärten.
In ihnen befand sich das Grabmal der Familie, in dem auch Nero bei-
gesetzt wurde (Suet. Nero 50, vgl. p. 251). — Ferner waren hier wahr-
scheinlich die Horti Pompei (Plut. Pomp. 44 CIL VI 6299); mehrmals
werden sie bei Asconius ausdrücklich als horti superiores bezeichnet, so in
Milon. 37: plerumque non domi suae, sed inhortis manebat, idque ipsum in
Huperioribus , wahrscheinlich im Gegensatz zu den Gärten beim Theater
und dem Hause, das Pompejus sich dabei erbaut hatte (vgl. p. 227).
Nach Pompejus' Tode kamen sie in den Besitz des Antonius (Cic. Phil. H 27, 67),
dann in kaiserlichen. — Im Norden des Hügels, die heutige Passeggiata
und den nördlichen Teil der Villa Medici einnehmend, lagen die Horti
Aciliorum. Die auf diesem Gebiete gemachten Funde hat Lanciani Bull.
com. 1891 p. 132 fF. zusammengestellt und besprochen. Ein auf dem Ge-
biete dieser Gärten liegendes Sacellum Silvani nennt die Inschrift
CIL VI 623 (vgl. Bull. d. Inst. 1868, p. 119). Südlich davon war noch im
16. Jahrhundert ein antiker Rundbau erhalten, der auf dem Plane von
Bufalini verzeichnet ist und nach Lanciani (Itin. Eins. p. 25) ein
Nymphaeum war; im Mittelalter wurde er Tempio del Sole genannt. Nicht
weit davon, nach dem westlichen Hügelrande zu, befand sich eine halbkreis-
förmige Exedra, von der noch Reste unter dem Kloster Sacro Cuore bei
Trinitä de' Monti existieren. Offenbar haben wir es hier mit den Resten
einer grossartigen Villa zu thun, die durch eine Treppenanlage mit dem
Marsfelde in Verbindung stand. — Auch eine Domus Postumiorum auf
dem Pincio ist durch Inschriftfunde bekannt geworden, vgl. Hülsen Rhein.
Mus. XLIX p. 390 Anm. 1.
») Vgl. Rom. Mitt. 1889 p. 269.
6. Die Stadtteile am Tiber, e. Die siebente Region (Via lata). (§ 98.) 267
3. Bei der Demolierung der Villa Ludovisi sind viele Reste ausgedehnter
Anlagen aus der Eaiserzeit zum Vorschein gekommen, die hier liegenden
Villen angehörten (Not. d. scavi. 1885 p. 223, 250, 341; 1886 p. 122). Hier
befand sich auch ein mehrfach inschriftlich bezeugtes Sacellum Silvani
(CIL VI 583, 640. Vgl. Bull. com. 1887 p. 223, 1888 p. 402), ferner eine auf die
Porta Pinciana zuführende Portikus (Rom. Mitt. 1889 p. 270, wo auch über
andere Funde in der Nähe berichtet wird). Eine ausserhalb der Porta
gefundene Inschrift (CIL VI 9626) erwähnt eine anscheinend dort befindliche
Statio annonae. Ebendaselbst scheint inschriftlich (CIL VI 766) ein
Vicus Minervii gesichert.
4. Obgleich durch die Augustische Regionseinteilung der VI. Region
zugewiesen, stehen doch in inniger Verbindung mit den Gartenanlagen des
Pincio die das Thal zwischen diesem und dem Quirinal ausfüllenden und
sich auch noch auf den Pincio selbst erstreckenden Horti Sallustiani
(CIL VI 8670 flf. u. 9005). Sie waren von dem berühmten Geschichtsschreiber
Sallust von den Schätzen angelegt, die er in Numidien erpresst hatte
(Dio Cass. XLin 9, Ps. Cicero Resp. in Sali. 7, 19). Das Jahi* der Anlage ist
nicht bekannt; wenn man den Worten der Resp.: hortos pretiosissimosj villam
Tiburti, C. Caesaris reliquaa possessiones paraveris trauen darf, so dürften
sie erst nach Caesars Ermordung entstanden sein. Ob der Kern dieser
Gärten eine Anlage Caesars war, ist zweifelhaft. Die allein bei Jul. Obse-
quens 131 unter dem Jahre 17 v. Chr. genannten Horti Caesaris ad
portam Collinam {turris hortorum Caesaris ad portam Collinam de caelo
tada) haben augenscheinlich mit diesen Gärten nichts zu thun. Sie gingen
später in kaiserlichen Besitz über, doch ist nicht überliefert, wann?
Im Jahre 20 n. Chr., wo Sallusts von ihm adoptierter Grossneffe starb
(Tac. Ann. III 30), waren sie sicher noch im Besitz der Familie. Unter
Nero (Tac. Ann. XIQ 47) erscheinen sie schon in kaiserlichem Besitz,
Vespasian (Dio Cass. LXVI 10) pflegte mit Vorliebe hier zu wohnen, Nerva
(Chron. v. 354) ist hier gestorben. Aurelian (Vita 49) wohnte hier oder
in den Gärten der Domitia lieber als im Palatium.
Die Gärten müssen eine sehr bedeutende Ausdehnung gehabt haben ;
sie erstreckten sich auf der einen Seite bis in die Nähe der Porta Salaria
(Prok. Vand. I 2), auf der andern bis in die Nähe der Porta CoUina und
auf den Nordabhang des Quirinal (Tac. Eist. III 82), und nach Westen zu
über das Thal bis in die Nähe der Via Flaminia (Tac. Ann. XIII 47). Sie
waren, wenn nicht von allen Seiten, jedenfalls an der Ostseite von einer
so starken Mauer umgeben, dass hier im Jahre 69 n. Chr. die Vitellianer
sich gegen die Truppen Vespasians eine Zeitlang erfolgreich halten
konnten.^) Wahrscheinlich folgt die Aurelianische Mauer der Ostgrenze
») Tac. Eist, m 82. Die SteUe lautet
folgendermassen : Temptavit tarnen Antonius
rocatas ad conttonem legiones mitigare, ut
Cfistris iuxta pontem Molvium positis postera
die urbem ingrederentur . . . Tripertito agmine
pars, ut adstiterat, Flaminia via, pars iuxta
ripam Tiberis incessit; tertium agmen per
Salariam CoUinae portae propinquäbat
Plebs invectis equitibus fusa; miles Vitel-
lianus trinis et ipse praesidiis occurrit.
Proelia ante urbem multa et varia, sed Fla-
vianis consilio ducum praestantibus saepius
prospera, Fi tantum conflictati sunt, qui
in partem sinistram urbis ad SaUu-
stianos hortos per angusta et luMca viarum
flexerant, Superstantes maceriis hortorum
Vitelliani ad serum usque diem saxis püis-
que subeuntes arcebant, donec ab equitibus,
268 B. Topographie von Rom.
dieser Gärten. Prächtige Bauten, deren Reste zum Teil bis in die neueste
Zeit erhalten waren, schmückten sie. Dies sowie die Bodengestaltung
haben im Mittelalter, in dem die Gegend Salustricum oder Salustium
hiess, die Veranlassung zu willkürlichen Benennungen gegeben. Weder
ein Forum noch einen Circus oder Thermae Sallusti hat es gegeben.
Dagegen ist ein Tempel der Venus hortorum Sallustianorum
durch mehrere Inschriften (CIL VI 122; Eph. epigr. IV No. 869; Bull,
com. 1885, p. 162) gesichert. Lanciani glaubt in einem mit prächtigen
Marmorarten geschmückten Rundbau in der Vigna des Gabriele Vacca bei
Porta Salara (Fl. Vacca, Mem. 58) diesen Tempel wiederfinden zu sollen,
doch dürfte der Bau eher ein Nymphäum oder eine Badeanlage gewesen
sein, wofür auch die Leitungsröhren etc., die daselbst gefunden sind,
sprechen.^) Ebensowenig ist die Identifizierung des an der P. Collina ge-
legenen Tempels der Venus Erycina mit dem gefundenen, über 300 m von dem
Thore entfernten Gebäude gerechtfertigt. Ein ähnliches Nymphäum hat noch
bis zu den letzten Regulierungen in der Villa Spithöver gestanden, ist aber
jetzt verschüttet (Lanciani Form. Urb. 10). Zahlreiche Funde von Architektur-
resten, Statuen, namentlich auch ägyptischen, geben ein Bild von der Pracht
der Ausschmückung. Von hier stammt auch der Obelisk, der jetzt auf dem
Pincio vor der Kirche S. Trinitä de' Monti steht. Die in den Gärten befind-
liche kaiserliche Residenz wird nicht selten in den Märtyrerakten erwähnt
(Jordan Top. II p. 124). Auf den zur Wasserversorgung dieser Gärten
dienenden Röhren hat man die Namen des Nero, des Alexander Severus
und des Valentinian gefunden (Lanciani, Sylloge No. 87 — 94, CIL XV
7249, 7250, 7259). Von der Grossartigkeit der kaiserlichen Anlagen
und zugleich von der Grösse der Gärten giebt die Anlage einer Riesen-
portikus des Aurelian in denselben ein Bild. Vita Aurel. 49 heisst
es : miliare?isem . . . porticum in hortis Sallusti ornavit, in qua quotidie et
equos et se fatigabat. Eine Porticus von 1000 Passus, ja selbst von
1000 Fuss Ausdehnung will schon etwas heissen, selbst wenn wir uns
diese Summe nicht als Längenausdehnung (was ganz unmöglich wäre),
sondern als Umfang denken, und es ist nicht leicht, sie selbst auf diesem
grossen Terrain unterzubringen.^)
f. Trans Tiberim.
99. Janiculum und Vaticanum. 1. Der ursprüngliche Name des
ganzen Gebietes am rechten Tiberufer, südlich bis nach dem Meere, nördlich
bis über den Anio und westlich bis an die alte Vejentische Feldmark sich
erstreckend, war Ager Vaticanus, so wahrscheinlich genannt von einer
qui porta Collina inruperant, circumveni-
rentur. Die Lage des in drei Sftulen an-
greifenden Heeres ist klar geschildert, mit
den Worten; qui in partem sinistram . . .
flexerant, sind dieselben gemeint, die oben
als tertium agmen bezeichnet werden. Sie
bildeten den linken FlQgel, das überträgt
Tacitns auf die Stadt und sagt, sie greifen
die linke Seite der Stadt an. Beckeb, Top.
und damit verfehlte Deutung.
*) Lanciani, La Venus hortorum Sallu-
stianorum, BuU. com. 1888 p. 3 ff., dazu
HüiSBN, Rom. Mitt. 1889 p. 270 ff.
*) Lanciani, Form. Urb. 10 und mit ihm
Hülsen, Form. urb. II legt diese Porticus, die
bei ihm kaum 200 passus misst, auf den Qui-
rinal hart an den Yicus portae Gollinae, ge-
wiss für die Zwecke, die Aurelian bei der
585 giebt den Worten eine allzu künstliche | Anlage verfolgte, kein geeigneter Platz.
6. Die StadtteUe am Tiber, f. Trana Tiberim. (§ 99.) .
269
verschollenen Stadt, die schon Niebuhr als Yaticum oder Vatica bezeichnet
hat. Plin, N. H. UI 53 f. : Tiberis . . . Etruriam ah Umbris ac Sabinis, mox
citra XVI p. urbis Veientem agrum a Crustumino, dein Fidenatem Latinumque
a VeUicano dirimens ...etc. 0 Der bedeutendste, den Ager Yaticanus parallel
dem Tiber von Norden nach Süden durchziehende Höhenzug war das
Janiculum, die alte Janusstadt.^) Der Name erstreckte sich nicht nur
über das heutige Oianicolo, d. h. die Höhe gegenüber dem Aventin und
dem Marsfeld, sondern auch auf dessen nördliche Fortsetzung , die im
Mittelalter den Namen Monte Male, seit Sixtus lY Monte Mario (von
Mario Mellini, dem Besitzer der Yilla Meilini auf der Höhe des Berges)
führte.*) Martial spricht von diesem nördlichen Teile, wenn er lY 64 die
Juli iugera pauca Martialis beschreibt, die longo Janiculi iugo recumbunt.
Andrerseits nennt Cicero das Janiculum von dem ager, den es durch-
zieht, montes Vaticani. Er spricht ad Att. XIII 33, 4 von dem Plane
Caesars, den Tiber von der milvischen Brücke aus am Fuss des Jani-
culum entlang zu leiten, und auf diese Weise an Stelle des zu be-
bauenden Campus Martins einen Campus Yaticanus zu schaffen (a ponte
Mulvio Tiberim duci secundum montes Vaticanos, campum Martium co-
aedificari, iUum autem campum Vaticanum fieri quasi Martium campum).
Dieser Bezeichnung entspricht auch die Umschreibung des Namens
Janiculum durch Mens Yaticanus bei Horaz carm. I 20 : dcUus in
theatro (gemeint ist das Theater des Pompeius) cum tibi plausus^ care
Maecenas eques, ut paterni fluminis ripae simul et iocosa redderet laudes
tibi Vaticani montis imago und bei Juvenal YI 343 Vaticani fragiles de
monte patellas. Diese Umnennung war um so verständlicher, als an der
Ebene zwischen dem Tiber und dem Janiculum noch von altersher der
Name Yaticanum haftete, daher auch Cicero a. a. 0. für das neue
Marsfeld gleich den Namen Campus Yaticanus als die naturgemässe Be-
zeichnung in Bereitschaft hat. So sagt Plin. XYIII 20: aranti quattuor sua
iugera in Vaticano, quae prata Quinctia appellantur, Cincinnato viator attulit
dictaturam, und diese Stelle bezeichnet Livius HI 26 genau, indem er sagt,
die prata Quinctia hätten contra eum ipsum locum ubi nunc navalia sunt
gelegen (vgl. p. 200).
2. Ein Wechsel in der Bedeutung des Namens Yaticanum ergab
sich erst allmählich, seitdem der Kaiser Caligula in dem zu solchem
0 Vgl. Cic. de leg. agr. H, 35, 96. Ein
anschauliches BUd von der Ausdehnung des
Gehietes gieht Liv. X 26 alii duo exercitus
haud procul urbe Etruriae oppoaiti, wnus
in Falisco, alter in Vaticano agro. — Gel-
lius heginnt das 7. Kapitel des XIX. Buches
mit den Worten: in agro Vaticano JuUim
Paulus poeta, vir honus et rerum litterarum-
que veterum impense doctuSy herediolum
tenure possidebat. Eo saepe nos ad sese
vocabat et . . . invitäbat, Atque ita molli
quodam tempestatis autumnae die cum ad
eum cenassemus . . . rediremusque in urbem
8ole iam fere ocdduo etc. Wie dieses jedenfidls
nicht in nftchster Nfthe von Rom gelegene
Landgut werden noch andere gelegentlich
erwähnt. Der im Ager Yaticanus wachsende
Wein wird als gering bezeichnet (Mart. I 18,
VI 92, X 45, XII 48, 14).
>) Vgl. 0. BioHTBB, Die Befestigung des
Janiculum.
') Die Zusammengehörigkeit der beiden
Hälften ist unzweifelhaft; das Valle d'Infemo,
durch welches der heutige Monte Vaticano
von der Hügelkette getrennt wird, und
diese selbst tief eingeschnitten erscheint,
ist nicht natürlich, sondern erst durch den
Abbau des Töpferthones, der hier, wie an
anderen Orten des Höhenzuges gewonnen
wurde, entstanden. Vgl. Lanoiani, Bull,
com. 1892 p. 288.
270
B. Topographie von Rom.
Zwecke ganz besonders geeigneten Thale des Janiculum (clausuni volle
Vaticana spatium Tac. Ann. XIV 14) an Stelle der heutigen Peterskirche
seinen Circus anlegte. Plinius N. H. XXXVI 74 und XVI 201 nennt ihn
Circus Vaticanus, bei Sueton Claud. 21 heisst es von Claudius: circenses
frequenter etiam in Vaticano commisü. Es scheint, dass der ganze Kom-
plex der hier um den Circus entstandenen Bauten den Namen Vaticanum
erhielt. Dieser Name ging dann auf das Grab und die Basilika des heil.
Petrus über.^ Einen Mfons Vaticanus als Eigennamen hat es im Alter-
tum nicht gegeben.^) Allerdings erscheint der Vaticanus in dem merk-
würdigen Verzeichnis der VII montes im 1. Anhang zur Regionsbeschrei-
bung: Caelius, Aventinus, Tarpeius, Palatinus, Esquäinus, Vaticanus, Jani-
culensis. Aber der, der die beiden rechtstiberinischen Namen in das Ver-
zeichnis aufnahm, hat sicher auf eigne Hand wie aus dem überlieferten
Janiculum mens Janiculensis, so aus Vaticanum mons Vaticanus
gemacht; die richtigen Namen Janiculum und Vaticanum stehen zudem
in der Regionsbeschreibung selbst.
3. Welchen Teil dieses Gebietes Augustus in seine vierzehnte Region
aufgenommen hat, ist nicht mehr festzustellen; die Aurelianische Be-
festigung schloss nur einen Teil der Region durch Mauern an die links-
tiberinische Befestigung an; das Regionsverzeichnis nennt als Teile der
XIV. Region Janiculum und Vaticanum, als südlichsten Punkt den am
ersten Meilenstein (von der Porta Portuensis aus) auf der Via Portuensis
gelegenen Tempel der Fors Fortuna, im Norden geht sie bis zu den
Gärten der Domitia, die sich nördlich und östlich vom Mausoleum des
Hadrian erstreckten. Vom Pomerium war, soweit bekannt, das rechte
Tiber uf er ausgeschlossen . «)
Litteratur: 0. Richter, Die Befestigang des Janiculnin, Berlin 1882. — Eltbb,
Vaticanum, Rhein. Mus. XLYI 1891 p. 112 ff.
100. Ältester Charakter. 1. Das rechtstiberinische Gebiet, nament-
lich das Janiculum und die zwischen ihm und dem Tiber gegenüber dem
Forum boarium und dem Marsfelde bis zum heutigen Vatikan sich aus-
breitende Ebene, das eigentliche Trastevere, gehört zu den ältesten Be-
standteilen des Ager Romanus. An die älteste Phase der römischen Ge-
schichte erinnert die Bezeichnung RipaVeientana für das rechte Ufer des
Tiber, die sich auf einem Terminationscippus (p. 55 Anm. 5) des Vespasian
gefunden hat.^) Zu den hier befindlichen Äckern führte anfangs allein
(Bull. com. 1899 p. 270) glaubt auf Gnmd
dieses Fundes eine Pomeriumslinie in Tra-
steyere konstruieren zu soUen.
*) Bull. com. 1887 p. 15 nebst Rom. Mitt
1889 p. 286 f. — Statins, Silv. IV 4, 4 flF. : atque
uhi Romulecis velox penetraverta arces, con-
tinuo dextras flavi pete Thybridis orcis,
Lydia qua penitus stagnum navale (die
Naumachie) coercet ripa suhurhanisque
vadum praetexitur Jhortis. Die Lydia ripa
ist das etruskische Ufer, und dieses Ufer ist
wohl auch Horaz 1 2, 6: vidimvia flavum Ti-
herim retortis litore Etrusco violenter
undis ire deiectum monumenta regis templa-
que Vestae gemeint; der Ausdruck lüus f&r
') Im Mittelalter haftet an der ganzen
Gegend der Name Neros, so heisst z. B. die
Ebene am Tiber bei Prokop. Goth. II 1
Neronisches Feld.
') Verdächtig ist der Vaticanus collis
bei Fest ep. p. 379, quod eo potüus sit po-
piUus Romantta vatum reaponso expulsis
Etruscis,
*) In S. Gecilia in Trastevere sind die
Trümmer eines Pomeriumssteines von der
Termination des Vespasian gefunden worden.
Die Herkunft des Steines ist dunkel; von
der Ausdehnung des Pomeriums auf das
rechte Tibemfer ist bisher nichts bekannt.
Der Herausgeber des Steines, 0. Mabuochi
6. Die Stadtteile am Tiber, f. Trane Tiberim. (§ 100.)
271
der Pens sublicius (vgl. p. 41). Wahrscheinlich schon bei seiner Anlage,
d. h. bei Gründung des Servianischen Mauerringes, und nicht erst bei
Anlage der ersten steinernen Brücke (p. 51) hat man, um einen sicheren
Stützpunkt für die Brücke zu schaflfen, auch das rechte \rf er aufgemauert;
neuere Ausgrabungen haben gegenüber dem Forum boarium die ansehn-
lichen Reste einer uralten Aufmauerung des Flussufers zum Vorschein
gebracht, deren Quaderbau in allen Stücken dem der Servianischen Mauer
gleicht.^) — Bis in das 2. Jahrh. v. Chr. mag diesem Gebiete (hier war
auch der pagus Janiculensis CIL VI 2219, 2220) zum Teil der ländliche
Charakter geblieben sein, ja noch zur Zeit des Augustus werden die vier
Morgen grossen Prata Quinctia, welche einst Cincinnatus eigen-
händig bestellt haben sollte, Jrans Tiberim contra eum ipsum locum,
ubi nunc navalia sunt*^ (vgl. p. 200), als vorhanden erwähnt, ebenso die
Mucia prata, die Mucius Scaevola als Lohn für seine bekannte Helden-
that vom römischen Volke erhielt (Liv. II 1 3, Dionys. V 35); von Livius XL 29
wird der Acker des L. Petillius „sub Janiculo'^ erwähnt. In demselben
wurden 181 v. Chr. zwei steinerne Särge gefunden, welche nach der Auf-
schrift die Leiche des Numa Pompilius und seine Bücher enthalten sollten;
der eine war leer, in altera duo fasces candelis involuti septenos habuere
libros non integros modo sed recentmima specie. Sie wurden nachher als
gottlos auf dem Comitium verbrannt. Die Beschreibung, welche Livius
von diesen arcae sepulcrales gibt, erinnert an die auf dem Esquilin zum
Vorschein gekommenen (vgl. daselbst). Auf diesem Acker befand sich auch
ein Altar des Föns oder Fontus, des Sohnes des Janus; Cic. de legg. II 22, 56
sagt, Numa sei nicht fern von dem Altare dieses Gottes bestattet worden
(vgl. Preller, Myth. P, p. 176). Ein Delubrum Fontis wird auch von Cicero,
de nat. deor. 11120, 52 erwähnt. Aus ältester Zeit stammt ferner der Lucus
Furrinae, genannt nach einer Göttin, deren Bedeutung verschollen ist.
Schon Varro L. L. VI 19 sagt von ihr: nunc vix nomen notum paucis. In
diesen Hain flüchtete sich der jüngere Gracchus vom Aventin her über
den Tiber (vgl. p. 209) und fand hier seinen Tod. (Aur. Vict. de vir. ill.
65, CIL 12 p. 323 25. Juli; vgl. Cicero ad Qu. frat. III 1, 2, 4.) Eine topo-
graphische Fixierung ist nicht möglich.
2. Auf Numa wird der Tempel der Fors Fortuna am ersten
Meilenstein der Portuensischen Strasse zurückgeführt. Varro L. L. VI 17:
dies Fortis Fortunae appellatur ab Servio Tullio rege, quod is fanum Fortis
Fortunae secundum Tiberim extra urbem Romam dedicavit Junio mense. Im
Kalender zum 24. Juni heisst es: Forti Fortunae trans Tiberim ad mil-
liariufn primum et sextum. Über letzteren, der beim Haine der Arvalen
stand und auf den sich CIL VI 167—169 beziehen, sagt Ovid Fast. VI 783
serva quia TuUius ortus constituit dubiae templa propinqua deae; auf den
ersteren beziehen sich Plutarch de fort. Rom. 5, Dionys. IV 27 und Donat
ripa ist nicht befremdlich. Vgl. Vergil, Aen.
ni 389: cum tibi soUicito aecreti ad fluminis
undam litoreis ingens inventa sub ilici-
bu8 SU8 und VIII 83 viridique in liiore,
ebenfalls vom Tiber gesagt.
») Vgl. Not. d. scavi 1880 p. 226 und
468. Es ist deshalb natürlich nicht an eine
uralte Befestigung auf dem rechten Ufer zu
denken, sondern die Anlage einer Brücke er-
fordert stets die Aufmauerung beider Ufer.
272 B. Topographie von Born.
zu Terenz Phorm. V 6, 1. Prodigien in der Aedes Fortis Fortunae berichten
aus dem Jahre 209 v. Chr. Liv. XXVII 11, und Dio Cass. XLII 26 aus
dem Jahre 47 v. Chr. Neben diesem Tempel (wahrscheinlich! denn die
Möglichkeit, dass es neben dem Tempel am sechsten Meilenstein war, ist
nicht auszuschliessen) hat im Jahre 293 v. Chr. der Konsul Carvilius
einen zweiten Tempel gegründet, vgl. Liv. X 46: reliquo aere aedem Foriis
Fortunae de manubiis faciendam locavit prope aedem eius deae ab rege Servio
Tullio dedicatam, von dem weiter keine Rede ist, dagegen berichtet Tac.
Ann. II 41 von der Gründung einer aedes Fortis Fortunae Tiberim iuxta
in hortis, quos Caesar dictator populo Romano legaverat im Jahre 17 n. Chr.,
also neben der am ersten Meilenstein liegenden Servianischen. 0 Die Gründung
dieses neuen Tempels in den Oärten Caesars bezeugt auch Plut. Brut. 20.
Über einen Fund kleiner Bronzen, der hier in der Gegend gemacht worden
ist, männliche Figuren teils mit archaischem Apollotypus, teils mit dem
Pileus, möglicherweise Votive, die Sklaven, deren Schutzgöttin die Fors
Fortuna war, der Göttin geweiht haben, etwa zum Dank für die Frei-
lassung, vgl. Rom. Mitt. 1889 p. 290f. CIL VI 9493 nennt einen Vicus
Fortis Fortunae, der möglicherweise hierher gehört.
3. Nördlich von dem Tempel der Fors Fortuna an der Via Portuensis,
kaum 400 m entfernt von der antiken Porta Portuensis (1200 m vor Porta
Portese) hat man beim Bau der Bahnstation von Trastevere ausser anderen
Resten antiker Bauten ein kleines in den Tuff gehauenes Heiligtum ge-
funden, das nach den Bildwerken etc. dem Herkules geweiht war. Der
Gott ist in einem Falle als beim Mahle gelagert dargestellt. Damit stimmt
die Aufzählung in der Regionsbeschreibung überein; dort werden genannt:
statuam Valerianam, caput Gorgonis, Herculem cubantem, sicher Namen von
Vici, wie denn ein Vicus statuae Valerianae auf der Kapitolinischen
Basis genannt wird.^) Demnach dürfte das Herkulesheiligtum einem in
die Via Portuensis einmündenden Vicus den Namen gegeben haben. ^)
4. Ein altes Heiligtum, dessen genaue Lage nicht zu bestimmen ist,
war das Sacellum Corniscarum, von dem es bei Festus ep. p. 64 heisst:
Corniscarum divarum locus erat trans Tiberim comicibus dicatus, quod in
Junonis tutela esse putabantur. Eine alte Inschrift, CIL VT 96, deva^ Corniscas
sacrum auf einem Travertincippus ist unterhalb S. Pietro in Montorio ge-
funden.
101. 1. Seitdem das gewerbliche Leben am linken Ufer des Tiber sich
auszubreiten begann (p. 181 ff.), bevölkerte sich auch das rechte Ufer mit
solchen Gewerbtreibenden, die durch ihr Geschäft auf den Fluss angewiesen
waren, namentlich Fischern und Gerbern. Die ersteren brachten es zu
einer besonderen Bedeutung; alljährlich wurden hier im Juni Piscatorii
ludi gefeiert (Fest. p. 210, 238). Von der Wichtigkeit der letzteren aber
zeugt das auch in der Regionsbeschreibung aufgeführte Gerberquartier
\) MoMMSEN CIL P p. 320 sagt in Be-
zug hierauf: plane ex consuetudine Rotnana,
ibi ubi pritnum numen coli coeptum esset,
eidem posiea dedicata templa alia statui.
2) Auf der Inschrift Bull. com. 1891
p. 842 werden die StcUuavalerienses genannt.
») Vgl. Not. d. scavi. 1889 p. 192 f. n.
243 £r. und Borsabi, Bull. com. 1890 p. 9
6. Die Stadtteile am Tiber, t Trans Tiberim. (§ 101.) 273
(Juv. 14, 202; Mart. VI 93, 4), die Coraria.*) In grosser Anzahl befanden
sich hier auch Töpferwerkstätten; das Janiculum lieferte und liefert
noch heute eine Menge Töpferthon, und zahlreiche Töpferwerkstätten be-
finden sich noch jetzt in der Nähe des Ospizio di S. Michele; sie haben
traditionell Jahrhunderte hindurch hier ihren Sitz gehabt. Bei Juvenal
(s. 0.) werden die patellae de monte Vaticano erwähnt, bei Plinius N. H.
XXXV 163 heisst es: Vüellius in principatu suo X HS condidit patinam, cui
faciendae fornax in campis exaedificata erat, quoniam eo pervenit luxuria,
ut etiam fictilia pluris constent quam murrina, womit wohl nichts anderes
bezeichnet sein kann, als die Ebene am rechten Ufer des Tiber. Dass
das VaUe d'Infemo beim Vatikan ein durch Ausbeutung des Thonlagers
künstlich entstandener Einschnitt ist, wurde schon oben erwähnt, des-
gleichen sind die tiefen Thaleinschnitte von Gelsomino, Fomaci, Vicolo delle
Cave und Balduina künstlich entstanden oder erweitert. An den Bergen
haftet der Name Monti della creta.*) Von andern hier heimischen Ge-
werben zeugt eine bei der Piazza S. Gallisto gefundene Inschrift (Not. d.
scavi 1887 p. 17); sie enthält das Statut eines Handwerker-Kollegiums
eborariorum et citriariorum, von Elfenbeinarbeitern und Kunsttischlern. 3)
— Übrigens standen die hier liegenden Quartiere in geringem Ansehen
und zogen, wie das ja überall das Los solcher am Flusse gelegenen Vor-
städte ist, den ärmlichsten Handel an sich. Das scheint so durch die
Jahrhunderte geblieben zu sein. Amm. Marc. XXVII 3, 6 erzählt vom Lam-
padius: accitos a Vaticano quosdam egentes opibus ditaverat magnis. Juden
wohnten seit Augustus in grosser Anzahl hier.
2. Auch an dem grossen Wandel, den Rom durch die Anknüpfung über-
seeischer Handelsverbindungen durchgemacht hat, nahm das rechte Ufer teil.
Gegenüber den Ausladeplätzen undMagazinen unter dem Aventin (vgl.p. 194ff.)
bedeckte sich nach und nach auch hier das Ufer bis zum Pens Aemilius
mit Speichern. Dieselben eigentümlichen Erscheinungen, die man am
linken Ufer wahrgenommen hat, jene kolossalen Ablagerungen von Scherben,
wiederholen sich hier; die Kirche S. Francesco a Ripa steht ganz auf
Scherben (Ann. d. Inst. 1878 p. 186). Jordan hat auf Taf. XXXVII seiner
Forma Urbis versuchsweise Frgm. 169 hierher gelegt. Nach de Rossi, Bull,
com. 1889 p. 359 lagen auch hier am rechten Ufer gegenüber den links-
tiberinischen Horrea ebenfalls Horrea, die «ur Statio annonae (vgl. p. 186)
gehörten. Übrigens beschränkten sich diese Anlagen nicht auf jenen Teil
des Ufers. Bei der Regulierung der Prati di Castello, d. h. der nördlich
und östlich vom Vatikan und der Engelsburg gelegenen Ebene am Tiber
hat sich herausgestellt, dass die kleinen dort befindlichen Erhöhungen
künstlich sind und gleich dem Monte Testaccio (p. 199) aus Scherben be-
stehen. Auch hier also, gegenüber dem Marsfelde, lagen Magazine (Not. d.
*) Vgl. DB Rossi im BuU. d. Inst 1871
p. 16l ff. Vielleicht ist Septimiana, was in
der Regionsbeschreibmig dahinter steht, mit
coraria zu verbinden, besondere Anlagen des
Septimins Severns, die seinen Namen ge-
tragen haben könnten, sind in Trasteyere
nicht bekannt.
») Vgl. Lanciani, Bull. com. 1892 p. 288,
Elter, Rhein. Mus. 1891, p. 125.
») Vgl. Martial U 43, 9 mit der Anm.
von FriedlXndeb. — Bull. com. 1887 p. 4 ff.,
Rom. Mitt. 1889 p. 288 f.
Handbuch der klaas. AltertmnflwlBBeiiBcfaaft. III, 8, B. 2. Aufl. 18
274
B. Topographie von Born.
scavi 1884, p. 392). Aus alledem erklärt sich, dass die Zunahme der Be-
völkerung im Laufe der Jahrhunderte hier besonders stark war. Zahl-
reiche Beste von Häusern sind zum Vorschein gekommen, so ungefähr
500 m von dem Mausoleum des Hadrian die Reste einer Gruppe von Ge-
bäuden, die, nach dem Mauerwerk zu schliessen, aus der Zeit Neros
stammen (Not. d. scavi 1886, p. 22). Auch die unmittelbare Umgebung
der im vatikanischen Gebiet befindlichen kaiserlichen Gärten war zuletzt
dicht mit Strassen bedeckt (vgl. Prokop Goth. II 1). Dicht standen auch die
Häuserquartiere in Trastevere, wo bei den letzten Regulierungen überall
Reste von Strassenzügen gefunden sind; namentlich ergiebig sind die Ent-
deckungen auf dem Gebiet der Villa Farnesina gewesen; dort sind ttber^
dies Reste gewerblicher Anlagen entdeckt worden, nach einer Inschrift
aus dem Jahre 102 n. Chr. die Cellae vinariae nova et Ar-
runtiana. ^) Die Inschrift fand sich unter Scherben grosser Wein-
gefässe. Ebendaselbst wurden grosse Eellerräume aufgedeckt, darüber
ein säulengeschmückter Hof. An diesen stiess ein Wohngebäude mit
trefflichen, wohlerhaltenen Wandgemälden,^) und eine mit einer Portikus
geschmückte Strasse; südlich von der Aurelianischen Mauer an der über
den Pons Agrippae führenden Strasse ist das Grab des C. Sulpicius Plato-
rinus (Not. d. scavi 1880 p. 127 ff. Taf. IV) gefunden worden. — Nicht
minder dicht mit Strassen besetzt war zweifellos auch das später von der
Aurelianischen Mauer eingeschlossene Gebiet an der Tiberausbuchtung gegen-
über dem Forum boarium (vgl. p. 51), wo sich die Häuser in der späteren
Eaiserzeit bis an den Fuss des Janiculum gezogen haben müssen. Im
1. Jahrhundert n. Chr. lag hier noch die ein grosses Areal einnehmende
Naumachie des Augustus und das Nemus Caesarum (p. 276). Symmachus
besass hier im 4. Jahrhundert n. Chr. ein Haus (Amm. Marc. XXVII 8. 4).
Hier befand sich, wie sich aus den bei Sta. Cecilia gefundenen Inschriften
CIL VI 65—67, 75 ergiebt, ein Sacellum Bonae deae. Die Inschrift 67
besagt, dass Cladus Bonae deae restitutae simulacrum in tutelam insulae
Bolüfii posuit Diese Insula Bolani muss also dicht daneben gestanden
haben. Nicht weit davon, in der Nähe der vom Pons Aemilius in west-
licher Richtung nach dem Janiculum führenden Strasse, ist das Excubi-
torium cohortis VH. vigilum gefunden worden. Es wurde im Jahre
1866 bei S. Crisogono entdeckt und in diesem und den folgenden Jahren
ausgegraben; 3) erhalten sind eine Aedicula mit Wandmalereien und mehrere
Räume, deren Wände mit Graffiti, d. h. mit Inschriften, die von den darin
kasernierten Soldaten eingeki'atzt wurden, bedeckt sind; vgl. CIL VI 2998
bis 3091, darunter ist die p. 54 Anm. 3 besprochene Inschrift 3052, in der ein
Centurio der VH. Kohorte sich bezeichnet mit termis Neron. Die fast über-
all auf den Inschriften wiederkehrenden Worte sebaciaria oder sebacia fecit,
seba<:iariu$ leitet Henzen Ann. d. Ist. 1874 p, 122 von sebum (Talg), sebaceus
») Not. degH scavi 1878 p. 66. 1879
p. 15. 40. 68, 1880 Taf. IV, 1884 p. 288 CIL
VI 8826.
') Publiziert von Mau, Montun. XI, Taf.
XLIV— XLVni; Xn Taf. V— VIH. XVH-,
XXXIV. Sie befinden sich jetzt im Museum
der Diokletiansthermen.
») Vgl. Bull. d. Inst. 1867 p. 8 ff. Hbnzbh,
Ann. d. Ist. 1874 p. lU ff.
6. Die StadtteUe am Tiber, f. Trans Tiberim. ($ 102.) 275
(Talglicht) ab; es wird al»o der Dienst der Feuerwächter bezeichnet,
speziell der Fackelträger.
3. In Trastevere lagen auch die Gastra lecticariorum (Sänften-
träger). Von den die Ucticarii nennenden Inschriften (CIL VI 8872 — 8876) ist
Nr. 8872 in der Kirche der h. Caecilie in Trastevere 0 und 8874 in S. Cri-
sogono daselbst gefunden, also in der Gegend, in der auch das Excubi-
torium der VII. Kohorte liegt. Am Fusse des Janiculum bei S. Maria
in Trastevere scheinen die im Breviarium der Regionsbeschreibung ge-
nannten Castra Ravennatium (Flottensoldaten) gelegen zu haben. Die
Mirab. 10 sagen: in transtiberim templum Ravennatium effundens oleum, ubi
est S. Maria. Im Mittelalter hatte die Gegend den Namen Urbs Raven-
natium; die Grabsteine der Ravennates CIL VI 3148—8162 sind, soweit
nachweisbar, in der Villa Pamfili auf der Höhe des Berges gefunden. 3)
Dort befand sich auch der CIL 7803 genannte Clivus Rutarius, der von
der Via Aurelia sich abzweigte.
103. Das rechtstiberinische Gebiet hat auch noch in anderer Hin-
sicht eine Entwicklung erfahren. Die prächtige Lage jener Höhenzüge in
unmittelbarer Nähe der Stadt und vom städtischen Gebiete doch wieder
durch den Fluss getrennt, konnte nicht verfehlen, die Römer zur Anlage
von Gärten und Villen anzulocken. Dass auch die Alten keineswegs un-
empfindlich für den prachtvollen Ausblick waren, den man von der Höhe
der Berge hat, und dass namentlich der Anblick der Herrlichkeiten Roms
von dem langen Rücken des Janiculum aus zu den gepriesenen Schön-
heiten gehörte, ersehen wir aus Martials oben p. 269 citierten Versen, in
denen die daselbst gelegenen „pauca iugera^ des Julius Martialis mit den
Gärten der Hesperiden verglichen werden. Polemius Silvius nennt das
Janiculum unter den sieben Wundern Roms. Auch Villen am Tiber
werden namentlich im 1. Jahrhundert v. und n. Chr. öfters erwähnt.
Von der Clodia sagt Cicero pro Caelio 15, 36, sie habe Gärten am
Tiber gegenüber dem Marsfelde gehabt. Die Mehrzahl dieser Villen am
Tiber (Horaz H 3, 18 vülaque flavus quam Tiberis lavit; vgl. p. 27) hat wohl
ober- und unterhalb Roms gelegen, indessen ist die ganze Gegend des
späteren Borgo von den Hügeln bis zum Ufer des Tiber, die erst durch
die Neronische und Älische Brücke dem Verkehr erschlossen ward, einst mit
Gärten etc. bedeckt gewesen. Genannt werden die Horti Aboniani CIL VI 671,
die Gärten des Drusus, Cassius und Lamia, des Silius und Scapula bei
Cic. ad Attic. XII 21, 2. 23, 3. 25, 2 und den folgenden Briefen. Cicero hatte
die Absicht, von diesen Gärten welche anzukaufen und zu einer Villa umzu-
gestalten. Auch die Gärten der Clodia hatte er für diesen Zweck in Be-
tracht gezogen. Es werden ferner genannt: Gärten des Galba an der Via
Aurelia, Suet. Galb. 20, Tac. Hist. 149, Horti Getae (Notitia), Horti M. Reguli,
0 unter S. Gecilia sind die Reste eines
republikanischen Gebäudes gefunden worden,
das in der ersten Kaiseneit erneuert worden
ist. Not. d. scavi 1900 p. 12 flf.
'') Innerhalb derselben Villa haben siel
auch mehrere Golumbarien gefunden. Be-
Schreibung sowie die dort gesammelten In-
schriften siehe CIL VI 7784—7844. Ueber
weitere l\inde von Golumbarien in der XIV.
ist. Not. d. scavi 1900 p. 12 flf. 1 Region etc. vgl. Lanoiami, Not. d. scavi 1885
Innerhalb derselben Villa haben dch p. 477.
18*
276
B. Topographie von Rom.
von denen Plin. Epp. IV 2, 5 sagt: tenet se Irans Tiberim in hortis, in quibus
latissimum solum porticibus immensis, ripam statuis suis occupavit,
103. Kaiserliche Anlagen. 1. Im Süden der Region, in der Näfae
des ersten Meilensteines der Via Gampana, lagen, wie schon oben er-
wähnt, die Horti Caesaris, innerhalb deren der Tempel der Fors
Fortuna lag (vgl. p. 271). Abgesehen davon, dass sie in Bezug auf die
Lage dieses Tempels öfters erwähnt werden, sind sie namentlich dadurch
berühmt geworden, dass sie Caesar in seinem Testamente dem Volke zum
Eigentum überliess (Dio Cass. XLI V 35, Cicero Phil. II 42, 109, Sueton Caes. 83).
Von den Gärten ist später nicht mehr die Rede; durch inschriftliche
Funde ist festgestellt worden, dass sich in ihnen Eultusstätten orien-
talischer Lichtgötter befanden. i) Daneben lagen die Gärten des Antonius,
CIL VI 1990, 1991; vgl. Dio Cass. XLVII 40.
2. Nicht zu verwechseln mit den Horti Caesaris ist das Nemus
Caesarum, das Augustus zugleich mit seiner Naumachie anlegte (vgl.
p. 259). Es heisst Mon. Ancyr. IV 43: navalis proeli spedaculum poptdo dedi
Irans Tiberim, in quo loeo nunc nemus est Caesarum, cavato solo^) in longi-
tudinem miUe et octingentos pedes, in latitudinem mille et ducenti. Dieser Hain
wird von Sueton Tib. 72 erwähnt. Er erzählt, Tiberius sei den Tiber hinauf-
gefahren usque ad proximos naumachiae hortos. Von demselben spricht
auch Tacitus Ann. XIV 15 aus Neros Zeit: exstructaque apud nemus, quod
navali stagno circumposuit Augustus, cofiventicula et cauponae et posita veno
irritamenta luxui.^) Die Naumachie (vgl. Tac. Ann. XH 56) erstreckte sich
von S. Cosimato über S. Francesco a Ripa zum Janiculum, eine grosse Ellipse
von 532,80 zu 355,20 m (1800 zu 1200 Fuss). Bartoli Mem. 59 berichtet
über einen Fund von dem Paviment, das zu ihr gehörte; auf demselben war
ein ungeheurer Neptun, 14 Fuss gross, dargestellt. Im Jahre 1873 ist in
derselben Gegend beim Bau eines Hauses wieder ein Teil des Pavimentes in
einer Tiefe von 8 m gefunden worden. Die Präzinktionen der Naumachie
waren von Travertin; auch hiervon sind einige Reste, ferner Büsten und
Reliefs gefunden worden (Bartoli Mem. 60, 61). Zur Speisung dieser
Naumachie legte Augustus die Aqua Alsietina, auch Augusta genannt,
an. Sie kam aus dem Lacus Alsietinus (p. 28) vom 15. Meilensteine der
Via Claudia, ihr Wasser war schlecht und wurde nur im Notfall zum
Trinken benutzt, dagegen diente es zur Bewässerung der Gärten etc.
(Frontin. 11). Unter Nero (Sueton Nero 12; Dio Cass. LXI 20) und
Titus (Dio Cass. LXVI 25) wurde die Naumachie noch benutzt. Sueton.
Tit. 7 spricht von ihr schon als von der veteri naumachia, Statins Silv.
IV 4, 7 (geschrieben 95 n. Chr.) erwähnt sie noch. Später scheint sie verfallen
zu sein, zur Zeit des Alexander Severus gab es nur noch Spuren von ihr
(Dio Cass. LV 10). Bei Plin. XVI 190 und 200 wird ein Pens naumachiarius
erwähnt, der unter Tiberius abbrannte, und zu dessen Wiederherstellung
Lärchenbäume aus Rätien herbeigeschafft wurden, worunter sich ein
^\ Vgl. Bobsari, Del gruppo di edifizi
sacri al Sole nell' area degli orti di Cesare,
BaU. com. 1887 p. 90 £P.
*) Fast genau derselben Worte bedient
sich Sueton Aug. 48: item navale proelium,
circa Tiberim cavato solo, in quo nunc
Caesarum nemiM est
•) Vgl. Rom. Mitt 1889 p. 289.
6. Die Stadtteile am Tiber, f. Trana Tiberim. (§ 103.) 277
Balken von 120 Fuss Länge und 2 Fuss Dicke befand, nach Plinius der
längste Balken, der jemals in Rom gesehen wurde, noch 20 Fuss länger
als der Balken vom Dach des Diribitoriums (vgl. p. 233). Tiberius Hess
ihn auf dem Pons naumachiarius ausstellen, und er blieb da bis zu
Neros Zeit. Es ist wahrscheinlich, dass dieser Pons die sehr grosse
und nicht zu übersehende Naumachie überbrückte. — Domitian baute
eine neue Naumachie, die indessen wieder eingerissen wurde (Dio
Cass. LXVII 8, Suet. Dom. 5); mit dem Material wurde der durch
Brand beschädigte Gircus Maximus wieder aufgebaut (vgl. p. 176); ihre
Lage ist ebensowenig wie die der von Philippus Ärabs zur Feier des
tausendjährigen Bestehens der Stadt angelegten (Aurel. Vict. Caes. 28
exstructo trans Tiberim lacu) genau zu bestimmen. Die Regionsbeschreibung
zählt fünf Naumachien, zwei davon sind jedenfalls nicht einmal dem
Namen nach bekannt. Im Mittelalter hiess die Gegend zwischen S. Pietro
und der Engelsburg Regio naumachiae (Acta S. Sebastiani p. 640, vgl.
Jordan, Top. II, p. 328, 430) wonach sich die Lage einer oder mehrerer
der Naumachien wenigstens annähernd bestimmt.
3. An der Stelle, wo heute S. Pietro in Vaticano liegt, befanden sich
im Anfang des ersten Jahrhunderts n. Chr. die Oärten der Agrippina. Sie
reichten bis zum Flusse und waren dort durch eine Portikus abgeschlossen
(Seneca de ira III 18 heisst es von Caligula: in xysto maternorum hortorum,
qui porticum a ripa separat). Direkt auf sie zu führte vom Marsfelde der
Pons Neronianus (vgl. p. 68); er ist im Zusammenhang mit den Anlagen
im Vatikanischen Gebiet entstanden. Von Agrippina gingen diese Gärten
in den Besitz des Gaius Caligula, ihres Sohnes, über; dieser baute in
ihnen einen Circus (Dio Cass. LIX 14, Sueton Cal. 54) und errichtete auf
der Spina desselben den berühmten Obelisken aus Heliopolis, der jetzt
vor S. Pietro steht. ^) Von Claudius heisst es Suet. 21: circenses frequenter
etiam in Vaticano commisit, Nero aber liebte ihn ganz besonders, er übte
sich hier zuerst allein und zeigte dann seine Künste vor dem Volke (Suet.
Nero 22, Tac. Ann. XIV 14). Es ist dies auch der Circus, der durch die
Martern der Christen (Tac. Ann. XV 44) eine schauerliche. Berühmtheit
erlangt hat. Plinius N. H. XXXVI 74 nennt ihn Circus Gai et Neronis, im
Mittelalter heisst er Palatium Neronis. Die alte Basilica S. Petri
war mit ihrer Südseite auf seine Nordseite aufgesetzt. Prokop Goth.
II 1 erzählt, dass der Neronische Circus im Jahre 537 gänzlich von
Häusern und engen Gässchen eingebaut war. — Für gewöhnlich identifiziert
man mit diesem Circus das Gaianum der Regionsbeschreibung (ein
raiavov nennt auch Dio Cass. LIX 14). Indessen nimmt Lanciani (Bull,
com. 1896 p. 248) wohl nicht mit Unrecht daran Anstoss, dass damals
die Nordseite des Circus schon zum Fundament der Basilika von S. Peter
geworden, also der Circus selbst nicht mehr als solcher existierte.
Dazu kommt, dass später der Name Gaianum dem sogenannten Circus
des Hadrian in den Prati di Castello, nördlich vom Mausoleum des Hadrian,
beigelegt wird (p. 281). Die Sache ist also soweit dunkel, dass man
*) Vgl. Anhang I die Obelisken.
278
B. Topographie von Born.
nicht für sicher annehmen darf, dass Gaianum gleichbedeutend mit
Gircus Gai ist. — Nicht weit von dem Gircus des Galigula ist eine Anzahl
von Inschriften gefunden, die sich auf Taurobolien beziehen (GIL VI497 — 504,
512); sie sind sämtlich datierbar und reichen von 305^890 n. Ghr. Hier
war also eine Hauptstätte des Dienstes und ein Tempel der Magna
Mater. In der Regionsbeschreibung wird er unter dem Namen Fri-
gianum (Phrygianum) neben dem Oaianum erwähnt. Die Berühmtheit
dieser Eultstätte phrygischer Gottheiten ergiebt sich daraus, dass in einer
in Lyon gefundenen Inschrift aus dem Jahre 160 n. Ghr. (Orelli 2322)
dort die Stätte gleicher Kulte Vaticanum genannt wurde.
4. Nero verband mit den Gärten seiner Mutter Agrippina die, wie es
scheint, unmittelbar daranstossenden Gärten der Domitia, der Schwester
Abb. 29. Moles Hadrlanl.
seines Vaters. Sie blieben seitdem kaiserliches Besitztum, und Aurelian
z. B. wohnte mit Vorliebe hier (Vita 49: magis placebat in hortis Sallusti
vel in Domitiae vivere). Die Lage der Gärten der Domitia ist im allge-
meinen dadurch bestimmt, dass das Mausoleum des Hadrian darin lag.
In der Vita Antonini Pii 5 heisst es von ihnen: Hadriano apud Baias
mortuo reliquias eins Bomam pervexlt sancte ac reverenter atque in hortis
Domitiae collocavü. Nähere Bestimmungen ihrer Ausdehnung haben sieh
bei den Fundamentierungsarbeiten für den in den ehemaligen Prati di
Gastello errichteten Justizpalast ergeben. Die Grenzlinie der Horti Do-
mitiae liegt etwa in der Achse des neuen Gebäudes. Von hier aus west-
lich haben sich grossartige Anlagen in Retikulatwerk und Reste kostbarer
Marmorarten gefunden, während nach Osten zu die Spuren schlechter
Bauten aus späterer Zeit zum Vorschein gekommen sind. Bemerkenswert
6. Die StadtieUe am Tiber, f. Trans Tiberim. (§ 108.)
279
für den Charakter der Gegend ist, dass auf dem Terrain der Prati di
Castello sich keine Reste von städtischer Bebauung (Strassen, Mietshäuser,
Kloaken) gefunden haben J)
5. In den Gärten der Domitia errichtete Hadrian sein berühmtes
Mausoleum, die Moles Hadriani (Vita Hadr. 19 vgl. p. 251). Es bestand
aus einem mächtigen quadratischen Unterbau von 84 m Seite und einem
sich darüber erhebenden cylindrischen Hauptbaü von 64 m Durchmesser,
in dem sich die Grabkammer befand. Dieser Bau wurde durch eine hohe
Basis mit der Eolossalstatue des Hadrian, vermutlich auf einer Quadriga
(vgl. Abb. 29), abgeschlossen. Die früher namentlich durch die Rekon-
struktion von Ganina verbreitete Annahme, dass auf dem erhaltenen Rund-
bau noch ein zweiter Rundbau von kleinerem Durchmesser gestanden
hätte, ist durch die verdienstvollen Untersuchungen Borgattis jetzt
widerlegt.*) Über die Architektur des jetzt ganz verbauten quadra-
Abb. 80. Beste yon der Bekleidung des ünterbans der Molee Hadriani.
tischen Unterbaus sind wir durch Zeichnungen des 15. und 16. Jahr-
hunderts gut unterrichtet (vgl. Abb. 30). Der Rundbau, dem ebenfalls
die äussere Architektur völlig fehlt, war wahrscheinlich durch Pilaster,
wenn nicht durch Säulen gegliedert, auf denen oberhalb des Simses
Statuen standen. Ähnlich war die Bekleidung des Sockels, der die be-
krönende Quadriga trug. Ein zusammen mit einem Kolossalkopf des
Antoninus Pius im Castel S. Angelo gefundener Kolossalkopf Hadrians,
jetzt befindlich in der Rotunde des Vatikans (Helbig P Nr. 305), hat
sicher, wie auch ersterer, zum Schmucke des Mausoleums gehört. Hadrian
begann den Bau sechs Jahre vor seinem Tode, aber erst Antoninus Pius
vollendete ihn im Jahre 139 und brachte die Leiche Hadrians, die vor-
') Vgl. Lanoiani, Bull. com. 1889 p. 173 flf.,
der zugleich über den Fund zweier antiker
Sarkophage berichtet. Ueber einen weiteren
Sarkophagfnnd wird berichtet Bull. com.
1889 p. 445. Die Gr&berfunde in dieser
Gegend zeigen, dass diese Gegend schon
ausserhalb der Regionsgrenzen lag. Vgl.
Borsabi, Bull. com. 1890 p. 8 ff.
«) BoBGATTi, Castel S. Angelo in Roma,
Storia e descrizione, Roma 1890, mit reichem
Illustrationsmaterial, Not. d. scavi 1892
p. 422 ff., BuU. com. 1893 p. 22 ff.
280
B. Topographio von Born.
läufig in Giceros Puteolanum beigesetzt worden war, hierher (Vita Anton.
Pii 6). Derselbe barg darin auch die Leichen der schon vor Hadrian ge-
storbenen Sabina und des Aelius Caesar. Die das Andenken des Hadrian
und der Sabina verewigende Inschrift war über dem Eingang angebracht,
die übrigen an der Aussen wand (CIL VI 984— 995). 0 In diesem Mau-
soleum sind von Hadrian an vermutlich alle Kaiser und Mitglieder der
kaiserlichen Familien bis auf Septimius Severus und seine Söhne bestattet
worden. Von Severus bezeugt es Dio Cass. LXXVI 15, von Garacalla die
Vita Macrini 5: corpus Antonini Bomam remisit sepulchris maiorum in-
ferendum, und Dio Cass. LXXVHI 9, von Geta Dio Cass. LXXVHI 24. Nur
Didius Julianus (Vita c. 8) ist in dem Grabmal des Salvius Julianus,
seines Grossvaters, an der Via Labicana beigesetzt.^) Durch seine gün-
stige Lage und den Anschluss an die Aurelianische Mauer (vgl. p. 72)
wurde das Mausoleum schliesslich Hauptfestung der Stadt. Im Jahre 537
n. Chr. versuchten die Goten unter Vitiges es zu stürmen, aber die Be-
lagerten trieben sie zurück, indem sie die Statuen des Denkmals auf sie
hinabstürzten. Eine zweite Belagerung machte es im Jahre 546 durch, damals
musste es Narses dem Totila übergeben. Als im Jahre 590 eine Pest in
Rom wütete, soll Papst Gregor dem Grossen bei einer Prozession der
Erzengel Michael, sein Schwert in die Scheide steckend, über dem Mau-
soleum erschienen sein. Bonifatius IV. (608—615) errichtete zum An-
denken daran auf der Höhe desselben eine Kapelle des heil. Michael
(S. Angelo inter nubes); später trat an ihre Stelle die Statue des Erz-
engels; seitdem heisst das Mausoleum Castel S. Angelo (Engelsburg).
Vielfach umgebaut ist das riesige Grabmal, wenn auch allen Schmuckes
entblösst, im Innern und Äussern doch noch in seinen Grundzügen er-
halten.
6. Dass in der Nähe des Mausoleums noch andere Grabmäler
standen, sieht man aus der u. a. von L. Faunus, Ant. di Roma V 12 erhaltenen
Nachricht, dass zwischen S. Pietro und Engelsburg eine grosse Pyramide
stand, die Alexander VI. (1492 — 1503) behufs Regulierung und Ver-
schönerung des Weges abgerissen hat. Das Mittelalter machte sie teils zu
einem Grabmal des Romulus, teils zu dem des Scipio Africanus (Jord.H
p. 405). Diese Pyramide des Romulus findet sich namentlich häufig abgebildet
teils auf Stadtbildern, teils auf Darstellungen der Kreuzigung des
h. Petrus. Nicht minder bekannt oder seltener dargestellt ist ein zweites
Grabmal in Form eines Obelisken, im Mittelalter Obeliscus Neronis
genannt, das nicht weit davon lag und jetzt ebenfalls verschwunden ist.
Nach den Funden und Fundnotizen scheinen sowohl an der Strasse, die vom
Pens Aelius in direkt westlicher Richtung den Borge durchlief (Via
Cornelia?), als auch an der von ihr nach Nordwesten sich ab-
zweigenden und den Monte Mario emporführenden antiken Strasse, die
mindestens seit dem 4. Jahrhundert n. Chr. (Regionsbeschreibung) den
Namen Via triumphalis führte, zahlreiche Grabmäler gestanden zu
') Vgl. Abb. 29 und R5m. Mitt. 1891
p. U2.
^) Nftheres siehe bei 0.. Hirschfeld,
Die kaiserlichen Grabstfttten in Rom, Sitznngs-
berichte der Berliner Akad. 1886, p. 1149 fi.
6. Bio Stadtteile am Tiber, f. Trans Tiberim. (§ 108.)
281
haben. Auch unter dem Belvedere des Vatikan haben sich Gräber ge-
funden. »)
7. Nördlich vom Mausoleum des Hadrian haben sich die Beste eines
Circus gefunden (Beschr. der Stadt Rom 11 1. 17 flf., de Rossi, Piante
p. 65), dessen Anlegung durch Hadrian wegen seiner Lage und der Münzen
dieses Kaisers (Cohen 162. 163) mit der Umschrift ann. DCCCLXXIIIl
not. urb. p. cir, con. (lagernde Figur mit Rad und Meta), wahrscheinlich
ist. Es ist dies der Circus, den Prokop. Goth. II 1 im Auge hat, wenn
er ihn auch nicht namentlich nennt. ^) Über die Bezeichnung des Circus
als Gaianum vgl. p. 277.
8. Die Aqua Traiana (CIL VI 1260), von Trajan aus dem Lacus
Sabatinus bis zum Janiculum geführt (Cohen Traj. 20 — 25) und in erster
Linie für das transtiberinische Gebiet angelegt, endigte auf dem Janiculum
in einem grossen Wasserwerk.^) Von hier stürzte sich das Wasser mit
starkem Geflllle herab und trieb Mühlen. Prokop. Goth. I 19 sagt von
ihnen, sie beständen ix naXaiov^ es ist also wohl möglich, dass sie schon von
Trajan angelegt worden sind. Im Jahre 537 n. Chr. wurden sie bei der
Zerstörung der Wasserleitungen durch die Goten unbrauchbar gemacht. Da-
mals legte Belisar die schwimmenden Mühlen im Tiber an, die bis in die
neueste Zeit beim Ponte Sisto existiert haben. Eine Zweigleitung der Traiana
ging nach Norden zu und ist bis nach S. Onofria hin zu verfolgen. Durch
Paul V. (1605— -1621) wurde die Leitung wiederhergestellt, zur Errich-
tung der Aqua Paola wurden die Reste des Nervaforums verwendet (p. 114).
9. Von Anlagen des Septimius Severus in dieser Region, mit denen
auch ohne Zweifel die in der Regionsbeschreibung genannten, nach Lanciani
Form. ürb. 27 am Fusse des Janiculum gelegenen Horti Getae zusammen-
hängen, spricht die Vita Severi 19: (exstant) eiusdemque etiam balneae (über-
liefert ianuae)^) in Travstiberina regione ad portam nominis sui. Die un-
gefähre Lage wird durch den ehemaligen Namen des südlichen Anfangs
der Lungara, der dem Tiber parallel laufenden Strasse, il Settignano, und
den eines (späteren) Thores in der Aurelianischen Mauer bezeichnet, der
Porta Septimiana.5) Alexander VI. (1492 — 1503) hat es a fundamentis
wiederhergestellt.
10. Topographisch nicht nachweisbar sind die in der Regionsbeschrei-
bung genannten Balinea Ampelidis, Prisci et Dianae, ebensowenig
der Campus Bruttianus, dem der Vicus Bruttianus auf der kapito-
linischen Basis entspricht. Über den Campus .Codetanus vgl. p. 258.
Das Einsiedler Itinerar nennt in der transtiberinischen Region M i c a
aurea, auch genannt auf einer bei S. Cosimato gefundenen Inschrift,
wahrscheinlich kein Gebäude wie das auf dem Caelius (vgl. p. 339),
sondern der Name einer Gegend (Strasse?) unmittelbar unter dem Jani-
culum. Die Bezeichnung ging später auf zwei Kirchen: SS. Cosmas et
*) Vgl. Lanciani, Itin. Eins. p. 93 flf. mianae Zangembisteb, Rhein. Mus. XXXIX
*) üeber Darstellungen der Reste auf p. 635.
mittelalterlichen Stadtbildern vgl. de Rossi, *) Vgl. Becker p. 213 und Jordan,
Piante Tav. 1—4. Top. I 1 p. 373. Wie und ob dieses Thor
*) Vgl. Lanciani, Acque p. 162 flf. mit der in der Vita 19 genannten porta
*) halneae Becker, Top. p. 213. Septu nominis mi zusammenhangt, ist nicht klar.
282
B. Topographie von Born.
Damianus in mica aurea und S. Johannes in mica aurea über. Was der
Name, der auch Personenname ist, bedeutet, ist nur vermutungsweise zu
bestimmen. 0
Über ein Heiligtum des Jupiter Dolichenus in der XIY. Region
siehe CIL VI 415.«)
gr. Die Tiberinsel.
104. Die Tiberinsel hat trotz ihrer günstigen Lage, die sie nach
unseren Begriffen zum natürlichen Stützpunkt eines Überganges über den
Tiber machen musste, fast fünf Jahrhunderte nach der Gründung Roms
unbewohnt und unbenutzt gelegen. Von der Servianischen Befestigung
blieb sie ausgeschlossen, da es im Wesen derselben lag, eine möglichst
kurze Strecke des Ufers in sich aufzunehmen (vgl. p. 41), und auch
die am Südpunkte des Kapitels dem Flusse nahetretende Mauer nicht
anders als auf dem kürzesten Wege zum Ufer geführt werden konnte.
Zudem hätte die Insel, wenn sie zur Stadt gezogen werden sollte, einer
besonderen Befestigung bedurft. Die Rücksicht auf die Verbindung der
beiden Ufer aber lag der damaligen Zeit fern; nicht bequemen Anschluss
an dasselbe zu suchen, sondern möglichst vollkommenen Abschluss
gegen dasselbe war ihr Prinzip, welches auch in der auf sofortigen Ab-
bruch eingerichteten Holzbrücke erkennbar ist. Wie so ganz ausserhalb
des Gesichtskreises der Stadt die Insel lag, spiegelt sich in der eigentüm-
lichen Sage wieder, dass sie erst nach Vertreibung der Tarquinier durch
das diesen gehörige, von dem Volke in den Fluss geworfene Getreide ent-
standen sei.^)
Im Jahre 291 v. Chr. wurde auf der Insel der Tempel des griechi-
schen Aesculapius gegründet. Infolge einer Pest war im Jahre 293
nach Epidaurus gesendet worden, um das Bild des Gottes zu holen (Liv.
X 47). Statt desselben brachten die Gesandten die heilige Schlange (in
quo ipsum numen esse constabat Liv. epit. XI, Plin. N. H. XXIX 72), welche
ihnen freiwillig gefolgt war. Als das zurückkehrende Schiff auf dem
Wege zu den Navalia an der Insel vorbeifuhr, schlich die Schlange auf
dieselbe und wählte sich selbst den Platz zum Heiligtum (Pbelleb, Myth.
n' 242 ff., vgl. p. 200). Der Tempel wurde an der Stelle gegründet, wo
sich jetzt die Kirche S. Bartolommeo befindet (CIL VI 7, 12; Ovid Fast.
I 291 f.; Fest. ep. p. 110; Val. Max. I 8, 2), und die ganze Insel, welche
ungefähr eine Länge von 300 m hat, als Temenos desselben konsekriert.
Sueton Glaud. 25 heisst es: cum quidam aegra et adfecta mancipia in
insulam taedio medendi exponerent, omnes qui exponerentur liberos esse sanxü,
nee redire in dicionem domini, si convaluissent Wann zuerst der Gedanke
entstanden ist, der durch die Gründung des Tempels notwendig gewordenen
Aufmauerung des Ufers die Gestalt eines Schiffes zu geben, wozu frei-
lich die Form der Insel ebenso wie die Legende einlud, ist unbekannt;
die noch jetzt an der Ostecke erhaltenen Reste sind von Travertin und
*) Vgl. Lanciami, Itin. Eins. p. 50; Gatti,
Della mica aurea nel Trastevere, BuU. com.
1889 p. 392; Hülsen, Rom. Mitt. 1891 p. 148.
2) Bull. d. Inst. 1861 p. 179.
8) Liv. II 5; Dionys. V 13; Plut. PopL 8.
7. Der Osten Ronui. a. QuirinaUs und Virninalis. (§§ 104-105.) 283
stammen wohl aus derselben Zeit wie die erste steinerne Inselbrücke, der
Pens Fabricius (vgl. p. 51). Auch der Tempel selbst wurde um dieselbe
Zeit wiederhergestellt (Varro L. L. Vn 57 „huiusce modi equites pictos vidi
in Äesculapii aede veter e*'), Gründungstag war der 1. Januar. ^
Neben das Signum des Gottes wurde das des Arztes des Augustus
gesetzt, der diesen von schwerer Krankheit geheilt hatte (guet. Aug. 59).
— Auf der Insel stand eine Bildsäule Cäsars, Tac. Hist. I 86 erzählt
unter den Prodigien des Jahres 69 n. Chr.: statuam divi Juli in insula
Tiberini amnis sereno et immoto die ab occidente in orientem conversam.
Neben diesem Tempel entstanden: 1. Ein Tempel des Faunus, im
Jahre 195 v. Chr. „ex pecunia muüaticia*^ gelobt (Liv. XXXm 42) und 193
V. Chr. dediziert (Liv. XXXIV 53), von Vitruv HI 2. 3 als „aedes Jovis et
Fauni*" bezeichnet. Dedikationstag war der 13. Februar (Ovid. Fast. 11
193). — 2. Ein Tempel des Veiovis, gleich dem Aeskulapheiligtum am
1. Januar dediziert (Ovid. Fast. I 293). Er war im Jahre 200 v. Chr. von
L. Furius Purpureo gelobt (Liv. ^XXT 21) und wurde 194 v. Chr. dediziert
(Liv. XXXIV 53; vgl. XXXV 41 und CIL I» p. 305). — 3. Auch dem Ti-
berin us wurde auf der Insel am 8. Dezember ein Opfer gebracht (CIL I*
p. 336); endlich hatte 4. Semo Sancus (Dius Fidius) hier einen Altar
(CIL VI 567), auf Grund dessen, wie es scheint, im Mittelalter der Glaube
entstanden ist, die Römer hätten den Simon Magus verehrt; vgl. Justinus
Martyr. Apol. I c. 26 p. 59 ed. Paris, und TertuUian, Apol. 13. Die Lage
aller dieser Heiligtümer ist unbekannt. — Mit vulgärem Namen hiess die
Insel in der Eaiserzeit „inier duos pontes*'; so sagt Plut. Popl. 8: xaXettai,
Sb (fcovfj TTJ AccTivwv fiäat] Svotv ye<pvQwVj der überdies berichtet, ausser
Tempeln wären auf ihr nsQinaToi gewesen. Der Name kommt auch auf
Form. Urb. 1X42 vor und hat sich lange erhalten; die Kirche S. Barto-
lommeo wird gelegentlich so bezeichnet (vgl. auch p. 191). — Bekannt ist
durch Bas. Kap. Reg. XIV, CIL VI 451 und 821 ein auf der Insel befind-
licher Vicus Censori.
7. Der Osten Roms,
a. Quirinalis und Vlminalls.
106. Die Hügel. Die sechste Region umfasst (vgl. p. 53): den
Viminal, den Quirinal und das nördlich von diesem liegende, von Quirinal
und Pincio gebildete Thal, in dem die Horti Sallustiani sich ausbreiteten
(p. 267 f.) nebst dem östlichsten Teile des Pincio. Die Nordgrenze der
Region steht nicht fest, vermutlich wurde sie von einer auf die Porta
Salaria zuführenden Strasse gebildet, die Büdgi^enze bildete der Vicus
Patricius, der als Fortsetzung des Argiletums in dem Thale zwischen
Viminal und Cispius zm- Porta Viminalis im Servianischen Wall führte,
und dessen Verlängerung die Aurelianische Mauer an dem südlich vom
Praetorianerlager befindlichen, nachmals geschlossenen Thore traf. Im
*) Dass es schon vor Gründung dieses | wie über die Tempel auf der Insel überhaupt
Tempels in Rom ein Heiligtum des Aeskulap | vgl. Jordan in den Comm. in hon. Mommseni
irgendwo y,extra urbein" gegeben hat, geht 1 p. 359.
aus Plin. N. H. XXIX 16 hervor. Hierüber, |
284 B, Topographie von Born.
Westen wurde sie von den zur YIII. Region gehörigen Kaiserfora und
weiter nördlich von dem nach dem Marsfelde (YII. Region) ab-
fallenden Westabhange des Quirinals begrenzt. Die Zugehörigkeit der
Sallustischen Gärten zur Region ergiebt sich aus der Regionsbeschrei-
bung, ebenso die des Viminal; denn die sicher unweit der Südspitze
dieses Hügels gelegenen Oallinae albae werden in der VI. Region auf-
geführt.
Die älteste Kunde von der Topographie des Quirinals giebt die
Argeerurkunde (Anhang lY); nach ihr war die langgestreckte Bergzunge
des Quirinalis in der Ausdehnung, wie sie in die Vierregionenstadt (vgl.
p. 38 ff.) aufgenommen war, in vier besondere coUes geteilt, den Qui-
rinalis, Salutaris, Mucialis und Latiaris. Aus derselben Urkunde er-
fahren wir, dass auf dem Quirinalis die Aedes Quirini, auf dem Salutiiris
die Aedes Salutis, auf dem Mucialis die Aedes Dii Fidii und auf
dem Latiaris sich ein Auguraculum befand. Eine Bestätigung geben
die Nachrichten des Festus über die Thore der Servianischen Stadt,
ep. p. 255: Quirinalis porta dicta, sive quod ea in collem Quirinalem itur, seu
quod proxime eam est Quirini saceUum; p. 327: Salutaris porta ^) appellaia
est ab aede Salutis, quae ei proxima fuit; p. 345 : Sanqualis porta appellatur
proxima aedi Sand (= Dii Fidii), Über die Lage dieser Sonderhügel
kann kein Zweifel sein: die Argeerprozession betrat, vom Viminal kommend,
den Quirinal von Osten her beim GoUis Quirinalis und verliess ihn an der
Südspitze, dem Collis Latiaris. Sie sind jetzt topographisch nicht mehr zu
scheiden, nur die vier Aufgänge von der Ebene her sind noch deutlich
markiert und durch die über ihnen angelegten Thore nachweisbar. Auf
den Collis Quirinalis und Salutaris führten Strassen durch die gleichnamigen
Thore, auf den Mucialis durch die Porta Sanqualis, und auf den Latiaris,
der ehemals auch das Gebiet des Forum Traiani einnahm (vgl. p. 114 ff.),
gelangte man von der Porta Fontinalis aus (p. 44). Die Namen des
Salutaris, Mucialis und Latiaris sind nur aus der Argeerurkunde bekannt
und in historischer Zeit anscheinend kaum noch in Gebrauch gewesen, der
Name Quirinalis dagegen ist Gesamtname für den ganzen Hügel und das
östlich davon bis an die Servianische Mauer und weiter sich erstreckende
Hügelplateau geworden.
106. Strassen. Über den Rücken des Quirinals lief schnurgerade,
der heutigen Via Yenti Settembre entsprechend, die Hauptstrasse der
VL Region, die Alta semita, nach der die Region genannt wurde. Eine
zweite Hauptstrasse, der Vicus longus, lief in dem Thal zwischen
Quirinal und Viminal und traf in spitzem Winkel mit ersterer, vermutlich
etwa 200 m vor der Porta Collina, zusammen. Das letzte Stück der beiden
Strassen bis zur Porta Collina scheint den Namen Vicus portae CoUinae
geführt zu haben. Bei Errichtung der Diokletiansthermen, die den ganzen
Raum zwischen der Porta Collina und der Porta Viminalis einnahmen, ist
vermutlich das letzte Ende des Vicus longus eingezogen und überbaut worden.
') üeber das aus der letzten Zeit der | vor der Porta Salutaris vgl. Bull. com. 1876
Republik stammende Grab der Sempronier | p. 126 Taf. II.
7. Der Osten Bonui. a. Qnirinalis und Virninalis. (§§ 106—107.) 285
Eine Hauptstrasse muss auch über den Rücken des Yiminal gelaufen sein ;
sie hiess wenigstens in ihrem oberen Teile Vicus coUis Virninalis
(CIL VI 2227, 2228), an der Porta Virninalis traf sie mit dem Vicus Patricius
zusammen. Von allen diesen Strassen sind Reste aufgedeckt worden; sie
hatten im wesentlichen die gleiche Richtung von SW. nach NO. und
führten aus dem Innern der Stadt zu den Thoren der Servianischen Mauer
empor und von diesen weiter zu den Thoren der Aurelianischen. Auch
die zwischen diesen Hauptadern laufenden Strassen sind im wesentlichen
zu rekonstruieren. Vom westlichen Ende der Alta Semita (auf dem Quirinals-
platz) führte im Zuge der heutigen Via delQuirinale eine Strasse nach Süden.
Dies war der Vicus Laci Fundani (vgl. p. 225). Eine in dieser Strasse
bei der Kirche S. Silvestro a Monte Cavallo offenbar an der ursprüng-
lichen Stelle gefundene Traventinbasis (CIL VI 1297) nennt ihn: L, Comelio
L. F. SuUae Felici Dictatori vicus Lad Fund. Der Vicus wird noch zwei-
mal genannt, und dadurch die Identifizierung mit der Via del Quirinale be-
stätigt. Bei Tac. Hist. III 69 wird erzählt, dass am 15. Dezember 69 n.
Chr. sich auf die Kunde von der Abdankung des Vitellius die Partei-
gänger des Vespasian im Hause des Flavius Sabinus auf dem Quirinal
an der Alta Semita (p. 299) versammelten und bei dem Versuche, das
Forum zu gewinnen, circa lacum Fundani descendentibus ihnen die Vitel-
lianer entgegentraten, wobei ein modicum proelium, das für die Vitellianer
günstig ist, entsteht. Ausserdem wird der Lacus Fundani in den Olossae
Placidi p. 29 ed. Deuerl. genannt: Catialem collem, ubi nunc lacus Fundani
est, dictus a Cati cuiusdam loco (vgl. p. 225), und CIL VI 9854 ein redemptor
a laco Fundani, Hierher gehört auch der CIL VI 311 und Vita Tac. 17
genannte Hercules Fundanius. Mehrere Querstrassen verbanden die
Alta Semita und den Vicus longus, der Clivus Salutis (p. 289) und die
Strasse ad malutn Funicum (p. 299). Den Vicus Insteius oder Insteianus
nennt die Argeerurkunde auf dem Collis Latiaris, er wird noch einmal er-
wähnt bei Liv. XXIV 10 et in vico Insteio fontem sub terra tanta vi aquarum
fluxisse, ut serias doliaque, quae in eo loco erant, provoluta velut itnpetus
torrentis tulerit. Wenn man dies Prodigium mit der Bemerkung des
Festus ep. 85: Fontinalia, fontium sacra, unde et Romae Fontinalis porta
(daneben eine Aedes Fontis, vgl. Aust Nr. 39) zusammenhält, so scheint
der Vicus Insteianus, der in Wirklichkeit ein Clivus war, denn die Argeer-
urkunde sagt: in vico Insteiano summo, in der Nähe der Porta Fontinalis
(vgl. p. 44) sich befunden, resp. zu dieser hinabgeführt zu haben und
durch die Anlage des Trajansforums verschwunden zu sein. Unsicher
ist die Bestimmung eines Clivus Mamuri oder Vicus Mamuri, der
übrigens nur in mittelalterlichen Urkunden vorkommt. Die Regions-
beschreibung nennt zwischen dem Capitolium antiquum und dem Templum
Dei Quirini die Statua Mamuri, was immerhin der Name einer antiken
Strasse gewesen sein kann (vicus statuae Mamuri), etwa zwischen der
Alta Semita und dem Vicus longus; der Lib. pont. führt auch noch ein
templum Mamuri an.
107. Tempelbauten. 1. Die Aedes Quirini. Der Kult des Quirinus
auf dem nach ihm genannten Hügel — der frühere Name soll Agonus
286
B. Topographie von Born.
oder Agonius gewesen sein (Fest. p. 254, ep. p. 10, Dionys. n 37, Cic. de
legg. 1 1) — ist sicher sehr alt. Die Überlieferung schreibt dem Könige
Numa die Konsekrierung des Romulus zu (Dionys. 11 68), nach Solin I 21
soll Numa anfangs auf dem Quirinal gewohnt haben. Das älteste Heilig-
tum des Quirinus scheint das unmittelbar an der Porta Quirinalis gelegene
zu sein; es heisst bei Festus p. 254, das Thor habe seinen Namen davon,
weil proxime eam ein Quirini saceUum sich befunden habe. Dasselbe scheint
Varro LL. V 51 zu meinen, wenn er sagt: Collis Quirinalis, (quod ibi)
Quirini fanum.^)
Die Gründung einer Aedes Quirini wird von Livius X 46 aus dem Jahre
293 V. Chr. berichtet. Der Konsul L. Papirius Cursor dedizierte ihn in
Erfüllimg eines Gelübdes, das sein Vater, der Diktator, gethan hatte, und
schmückte ihn aus der Samnitischen Beute. Plin. VII 213 erzählt, dass
er neben dem Tempel das erste solarium horologium aufgestellt habe.*)
Ob aber dieser Papirianische Tempel der erste Quirinustempel war, der
dort errichtet wurde, ist zweifelhaft. Liv. IV 21 erzählt, dass im Jahre 435
V. Chr. im Tempel des Quirinus eine Senatssitzung gehalten worden sei. Man
wird Jordan Top. 11 p. 267 zustimmen müssen, dass diese im Zusanmienhang
mit den Ki'iegen gegen Fidenae') erwähnte Senatssitzung nicht ausreicht,
um darum eine Aedes Quirini vor der des Papirius anzunehmen, aber die
Wahrscheinlichkeit ist dafür, dass der Tempel weit älter war als die an-
gebliche Neugründung durch Papirius. Der Gründungstag des Tempels
war der 17. Februar, der Tag der Quirinalia (CIL I« p. 310). Ovid Fast.
II 511 bemerkt zu dem Tage: tetnpla deo fiunt. Im Jahre 206 v. Chr.
wurde der Tempel vom Blitze getroffen (Liv. XXVÜI 11), im Jahre 49
V. Chr. brannte er ab, der von Dio Cass. XLI 14 unter den Prodigien des
Jahres aufgezählte Brand äscherte aXXa ts xal tov tov Kvqivov vaov ein
(xatäipksSev). Die drei Jahre später erfolgte Aufstellung einer Statue
Caesars in dem Tempel mit der Aufschrift ^«y ärixi^tp (Dio Cass. XLIII
45) zeigt, dass er sofort wieder hergestellt wurde. Augustus unternahm
einen völligen Neubau, der im Jahre 16 v. Chr. vollendet war (Dio Cass.
LIV 19). Nach Vitruv III 2, 7 war der Tempel in dorischem Stil erbaut,
0 Wahrscheinlich gehört hierher auch
PüiiiiiB XV 120 f.: inter antiquissima namque
delubra habetur Quirini, hoc est ipaius
Ramuli. In eo sacrae fuere myrti duae
ante aedem ipsam per longum tempus, altera
Patricia appellatüf cUtera pleheia, Patricia
tnultis annia praevaluit exuberans ac laeta,
Quamdiu senatus quoque floruit, illa ingens,
pleheia retorrida ac aqualida. Quae post-
quam evaluit flavescente patricia, a Marsico
hello languida auctoritas patrum facta est
acpaulatim in sterilitatem emarcuit maiestas.
Die von Wissowa, Hermes XXVI p. 139 ver-
tretene Ansicht, dass dieses ,alte Heiligtum
an der porta Quirinalis mit der späteren
aedes Quirini identisch, d. h. durch dieselhe
ersetzt worden sei' ist schon topographisch
unhalthar. Wir kennen die Lage der Porta,
den Qang der Alta Semita und den der Servia-
nischen Mauer. Ein Blick auf den Plan von Rom
(vgl. auch Lanciani, Form. ürh. 16) zeigt,
dass es unmöglich ist, einen Tempel von den
Dimensionen, die er nachher unter Augustus
annahm — und dessen Identifizierung mit dem
des Papirius wird doch Wissowa nicht auf-
gehen wollen — zwischen Strasse und Mauer
proxime eam, also unmittelbar am Thore zu
plazieren.
') Er fügt hinzu: a Fdbio Vestdle pro-
ditur. Sed neque facti horologi rationem
vel artificem significiat nee wnde transUxhim
Sit aut apud quem scriptum id invenerit. Ueber
andere Sonnenuhren vgl. p. 99 und 252 f. und
Varro LL VI 4.
*) üeber das Unsichere und UnhiBtorische
dieser Kämpfe vgl. Nirbuhr II p. 512 ff.;
0. Richter, Hermes XVH p. 429 ff.
7. Der Osten Borna, a. Qnirinalis und Viminalis. (§ 107.
287
ein dipteros octctstylos et pronao et postico und hatte rings herum eine
doppelte Säulenreihe. 0 Dio Gass. a. a. 0. giebt die Gesamtzahl der Säulen
auf 76 an, soviel wie Augustus' Lebensjahre betrugen. Er hatte darnach
in den Fronten acht, an den Seiten fünfzehn Säulen (Rekonstruktion bei
Lanciani, Form. Urb. 16). Der Tempel war nach Martial XI 1, 9 mit einer
Portikus umgeben, die als Aufenthaltsort von Müssiggängern denen des
Pompeius (p. 229), der Europa (p. 257) und der Argonauten (p. 242) nicht
nachstand. Der Oründungstag dieses neuen Tempels war der 29. Juni
(CIL I> p. 820). Auffallend ist, dass die Fasten beide Gründungstage ent-
halten, ebenso wie Ovid, der Fast. VI 796 zum 29. Juni bemerkt: data
sunt trabeae templa, Quirine, ttiae.^)
Wegen der Lage dieses wichtigsten Tempels des Quirinals ist man
bis in die neueste Zeit ziemlich allgemein der Ansicht gewesen, er sei
südlich von der Alta Semita bei S. Andrea oder bei der Kirche S. Vitale
am Vicus longus anzusetzen. Lancianis Verdienst (Bull. com. 1889
p. 336—339, p. 379—391) ist es, den Beweis geführt zu haben, dass der
ganze Stadtteil zwischen dem Vicus longus und der Alta Semita derartig
mit anderen Bauten, teils öffentlichen, teils privaten, erfüllt war, dass die
Möglichkeit, hier den Quirinustempel zu lokalisieren, ausgeschlossen ist.
Zu dem negativen kam der positive Beweis. Innerhalb der Quirinals-
gärten, nördlich von der Alta Semita, haben sich zwei archaische In-
schriften gefunden (CIL VI 475, 565), die nirgends anders als im oder
beim Tempel des Quirinus ihren Platz gehabt haben können. Er setzt
ihn deshalb nördlich der Alta Semita an, was immerhin noch einen ge-
wissen Spielraum lässt.
Neben dem Quirinustempel befand sich nach Quint. Inst. erat. 1 7, 12
ein Pulvinar Solls {in pulvinari Solis, qui colitur iuxta aedem Quirini,
vgl. Fast, zum 9. Aug.). Wahrscheinlich befand es sich dort, wo Papirius
das Solarium (s. oben) aufgestellt hatte. — Eine Strasse in der Nähe des
Tempels, die nach diesem benannt war, bezeugen die in der Bassus-
Inschrift Bull. com. 1891 p. 357 genannten Quinnenses,
2. Auf dem Quirinal befand sich auch das Capitolium vetus (oder
antiquum), nach Varro LL. V 158 so genannt, quod ibi sacellum Jovis,
Junonis, Minervae, et id antiquius quam aedis quae in Capitolio facta.^)
Drei Inschriften, die Überreste von Widmungen der Gemeinden Kleinasiens
an das Römische Volk, die sowohl auf dem Capitolium als auch auf dem
Capitolium vetus aufgestellt waren, haben sich, zwei beim Bau des Palazzo
Barberini, CIL VI 373, 374, letztere im Jahre 1637 n. Chr., eine im Jahre
1887 nördlich davon im Garten des Klosters S. Maria della Concezione (Bull,
com. 1887 p. 251) gefunden. Da beide Fundorte ausserhalb der Servia-
nischen Mauer liegen, so sind die Inschriften verschleppt, indessen wird
man den den Fundorten zunächst liegenden östlichen Teil des Quirinals
^) Vgl. Jacobi, Museographie p. 24.
^) Ueber die doppelten Grflndungstage
hat sich eine lebhafte Kontroverse entsponnen.
Vgl. Jordan, Ephem. epigr. I p. 238 f.; Wis-
sowA, Der Tempel des Qniiinus in Rom,
Herm. XXVI p. 187 £P. und Analecta Romana
topographica, Halle 1897 p. 13 flf.; Mommsbm
CIL I* p. 310 (vgl. Res gestae D. Augusti
IV 6), dessen Ansicht wir folgen.
') Ueber die gleiche Trias auf dem
Aventin vgj. p. 208.
288 B. Topographie von Born.
(soweit dieser einst zur Vierregionenstadt gehörte, vgl. Taf. 3) für das
Capitolium vetus in Anspruch nehmen dürfen. Lanciani, Form.Urb. 16 setzt
es dorthin an die Stelle einer bis auf TJrban VIII (1623—1644) im Qui-
rinalsgarten befindlichen, seitdem abgetragenen Anhöhe an der äussersten
Nordostecke des Quirinals. Eine im Jahre 1626 auf dem Quirinal ge-
fundene archaische Weiheinschrift an den Jupiter Victor hat möglicher-
weise auf dem Capitolium vetus gestanden (Bull. com. 1878 p. 226). Das
Heiligtum hat bis an das Ende des Reiches existiert, noch die Regions-
beschreibung nennt es.
3. Mit dem Capitolium vetus und dem Tempel des Quirinus hängen
topographisch die Aedes Florae und die Officinae minii zusanunen.
Von ersterer heisst es bei Varro LL. V 158: clivus proximtis a Flora
SUSU8 versus Capitolium vetus, d. h. vom Tempel der Flora führte ein Clivus
zum Capitolium vetus empor. Dies bestätigt Martial, der uns zugleich
den Namen dieser Strasse überliefert, wenn er V22,3 f. sagt: sed Tiburtinae
sunt proximus accola piiae, qua videt antiquum rustica Flora Jovem, Da der
gewiss uralte Tempel der Flora (über eine Restauration im 4. Jahrh. n. Chr.
vgl. Bull. com. 1893 p. 181) innerhalb der Servianischen Mauer gelegen
hat, so wird der Clivus, an dessen unterem Ende dieser Tempel stand,
von der Alta Semita nicht weit von der Porta Quirinalis abgebogen und
zum Capitolium vetus emporgestiegen sein. Der Tempel der Flora lag
demnach gleich dem Tempel des Quirinus an der Nordseite der Alta
Semita. Dies aber wird direkt durch Vitruvs Nachricht über die Lage
der officinae minii bestätigt. Er sagt VII 9, 4 : officinae nunc traiectae swit
ideo Romam, quod id genus venae postea est inventum Hispaniae regionibuSj e
quibus metallis glaebae portantur et per publicanos Romae curantur. Eae
autem officinae sunt inter aedem Florae et Quirini. Sie lagen also ebenfalls
an der Nordseite der Alta Semita zwischen den beiden nicht allzuweit
von einander entfernten Tempeln, i) wo sie auch Lanciani Form. Urb. 16
ansetzt. Er beruft sich dabei auf Flam. Vacca, Mem. 37, nach dem in dieser
Gegend zwischen Resten stattlicher Bauten {fabbriche nobüissime) moüe
fabbriche povere, che piuttosto tenevano di stufe plebee zur Zeit Sixtus V zum
Vorschein gekommen sind. — Beim Tempel der Flora war eine Örtlich-
keit, vermutlich eine Strasse ad to{n)sores, bekannt durch die Inschrift
auf der Bulla eines flüchtigen Sklaven (Rom. Mitt. 1891 p. 341): reduc me
ad Flora ad tosores. Vgl. de Rossi, Bull. com. 1893 p. 187 flf.
4. Die Aedes Salutis (Dedikationstag der 5. Aug., Fast, und Cic.
ad Att. IV 1) wurde 306 v. Chr. gelobt und 303 v. Chr. von C. Junius
Bubulcus dediziert (Liv. IX 43, XI); es ist aber so gut wie sicher,
dass die Göttin schon vorher auf dem Quirinal, resp. auf dem Collis
Salutaris, der nach der Salus benannt ist, ein Heiligtum hatte. In dem
Tempel befanden sich eine dem M. Porcius Cato vom Volke gesetzte
0 HüLSENS Bedenken (Rhein. Mos. XLIX sein kann, die Lage auf der Hohe des Qui-
p. 407) wegen der Ansiedlang einer so übel-
riechenden und gesundheiteschfidlichen In-
dustrie an einer so bedeutenden Strasse
kann ich nicht teilen, da, wenn überhaupt
von hygienischer Rücksichtnahme die Rede
rinals doch wohl der von Hülsen vorge-
schlagenen im Thale vorzuziehen sein dürfte.
Das Wasser aber, das er auf dem .Scheitel
dieses wasserlosen Hügels" venniasi, wurde
doch reichlich durch Leitungswasser ersetzt.
7. Der Osten Borna, a. Qairinalis und Viminalis. (§ 107.) 289
Bildsäule (Plut. Cat. mai. 19) und vergoldete Statuen (signa inauratq),
welche A. Postumius Albinus im Jahre 180 v. Chr. weihte (Liv. XL
37). Im Jahre 206 v. Chr. wurde er gleich dem Tempel des Quirinus
vom Blitz getroffen. Seine Hauptberühmtheit verdankte er den Gemälden,
mit denen Fabius Pictor ihn geschmückt hatte. Diese erhielten sich
bis ins Zeitalter des Plinius; unter Claudius gingen sie durch Feuer zu
gründe (Plin. N. H. XXXV 19, Val. Max. VH! 14, 6). 0 Dass der Tempel
hinterher wieder aufgebaut wurde, ergibt sich aus der Erwähnung in der
Regionsbeschreibung.
Über die Lage der Aedes Salutis, von der keinerlei Reste zum Vor-
schein gekommen sind, gibt indirektes Zeugnis eine unter dem Monastero
delle Sagramentate nicht weit von der Via della Consulta gefundene In-
schrift, in der von der Aedicula im Vicus Salutis (oder Salutaris)')
die Rede ist. Es muss dies eine Strasse sein, die von dem in der Tiefe
laufenden Vicus longus zur Alta Semita empor*) und von da zur Porta
Salutaris führte; es ist anzunehmen, dass der Tempel nördlich von
der Alta Semita nicht weit von dem Thore und auch nicht allzuweit von
der Aedes Quirini lag. Denn die bestimmten Angaben über das Wohn-
haus des T. Pomponius Atticus (Cic. ad Att. IV 1, 4 und XII 45, 3) lehren,
dass dieses beiden Tempeln in gleicher Weise benachbart war. Es ist mög-
lich, dass ein weiterer Beweis von der Nachbarschaft beider Tempel in einer
Notiz der Argeerurkunde gegeben ist. Es heisst dort beim 4. Sacrarium
des Quirinals: collis Salutaris quarticeps, adversum eat Apolinar, eis aedem
Salutis, Nach Bunsens Vorgang nimmt man allgemein an, dass statt des
auf dem Quirinal nicht denkbaren Apolinar zu setzen ist pulvinar, und
damit das Pulvinar Solis gemeint ist, das demnach zwischen den beiden
Tempeln, in deren Nähe es aufgeführt wird, gelegen hat, die Tempel
selbst aber können nicht weit auseinander gelegen haben.
5. Das Heiligtum des Semo Sancus oder Dius Fidius*) wurde für
eins der ältesten gehalten und auf Titus Tatius zurückgeführt (Tertull. ad
nat. II 9). Auch Ovid Fast. VI 217 f. sagt: hunc igitur veteres donarunt aede
^) C. L. Visconti, lln* antichissima pittura | läge des Giardino pubbllco südlich von der
delle tombe Esqniline, Bull. com. 1889, , Via Venti Settembre, also zwischen Alta
p. 340 fp., Taf. XL XII veröffentlicht und be- | Semita und Vicus longus, kam Pflaster 18 m
unter dem jetzigen Niveau zum Vorschein,
spricht ein Kriegsscenen darsteUendes Ge
mälde und meint, es kOnnte dies eine
Nachbildung von den Gemfllden des Fabius
Pictor im Salustempel sein. Kblbio, Führer
I ^ p. 421 setzt diese Wandmalereien in die
letzte Hälfte des dritten oder in das zweite
Jahrhundert v. Chr. Fabius Pictor hat nach
Plinius N. H. XXXV 19 den Tempel im Jahre
304 V. Chr., also 100 Jahre früher, ausgemalt.
*) Bei Symmachus V 54, 2 wird ein
Clivus Salutis genannt, der möglicherweise
init dem Vicus identisch ist. Es ist aber
diov Möglichkeit offen zu halten, dass der
vom Marsfeld zum Thor emporführende Clivus,
an dem das Grab der Sempronier lag (vgl.
p. 44 und 284), so hiess.
'') Die Einebnung des Südrandes des
Quirinals ist ganz bedeutend. Bei der An-
Hiindbnch der klam. AltertumfiwlBseuschaft. in. 3, B. 2. Aufl. 19
Vgl. Bull. com. 1890 p. 1 1. Die bei Juvenal
2, 132 f. genannte Vallis Quirini {officium
cras primo sole mihi j^eragendum in volle
Quirini) dürfte hier in der Einsenkung zwi-
schen Quirinal und Viminal zu suchen sein.
Freilich lässt sich bei der Vereinzelung der
Erwähnung die Vorstellung einer bestimmten
Lokalität damit nicht verbinden. Die Schollen
zu der Stelle sagen: in volle colle Quirini,
ad invidiam dicit in volle. Bentley zu
Horaz carm. I 2, 46 schreibt in colle Quirini,
doch sehe ich keinen Grund, an der Existenz
einer Vallis Quirini zu zweifeln. Vgl. auch
Jordan, Top. II p. 195.
*) lieber die Bedeutung des Gottea
vgl. WissowA bei Röscher I p. 1189 f.
290 B« Topographie Yon Born.
Sabini inque Quirinali constituere iugo. Unter anderen Reliquien wurde
darin auch die Urkunde über das Bündnis aufbewahrt, welches Tarquinius
Priscus mit Gabii schloss (Dionys IV 58), und die Dionys gleich der im
Tempel der Diana auf dem Aventin befindlichen (IV 26, vgl. p. 207) noch sab.
Auf diese Urkunde spielt Horaz Ep. U 1. 25 mit den Worten foedera regum
vel Gabiis vel cum rigidis aequata Sabinis an. Femer stand darin eine
Erzstatue der Tanaquil (Fest. p. 238, 241, Plut. Quaest. Rom. 30). Auch
Rocken und Spindel der Tanaquil sollen bis zur Zeit Yarro's dort existiert
haben (Plin. N. H. Vlll 194). Im Widerspruch dazu steht die Angabe des
Dionysius IX 60, dass die Weihung des vom Könige Tarquinius Superbus
erbauten Tempels erst nach Vertreibung der Könige im Jahre 466 v. Chr.
von Sp. Postumius Regillensis vorgenommen sei. Als Gründungstag geben
Ovid a. a. 0. und die Fasten den 5. Juni an. Es handelt sich bei diesen
Nachrichten wahrscheinlich um zwei sich zeitlich folgende Heiligtümer
(vgl. oben den Quirinustempel). Inschriftenfunde, die im Jahre 1580 im
Garten des Klosters S. Silvestro a Monte Cavallo (CIL VI 568) und 1887 fast an
derselben Stelle (Bull. com. 1887 p. 8) gemacht sind, weisen mit Sicher-
heit auf S. Silvestro als den Standort des Tempels. Ob diese Stelle, die
etwa 120 m von der Porta Sanqualis entfernt ist, zu Fest. ep. 345: San-
qualis porta appellatur proxima aedi Sand passt, ist zweifelhaft. Nicht zu
vereinen mit den übrigen Nachrichten ist Livius VIII 20: bona Semoni Sanco
censuerunt consecranda, quodque aeris ex eis redactum est, ex eo ahenei orbes
facti positi in sacello Sangus adversus aedem Quirini, Der letzte Zusatz
sieht doch aus, als solle durch ihn diese Kapelle von dem allgemeiner
bekannten Tempel unterschieden werden. — Der Tempel bestand, wie die
oben angeführten Inschriften beweisen, noch in der Kaiserzeit.
6. Auf dem CoUis Latiaris nennt die Argeerurkunde ein Augura-
culum, das ähnlich dem auf der Arx (p. 120) eingerichtet gewesen sein
wird, das aber sonst nicht erwähnt wird. Es verdient hervorgehoben zu
werden, dass genau wie auf dem dreiteiligen Kapitel, so auch auf dem
vierteiligen Quirinal an den beiden äusseren Teilen des Hügels sich je ein
Capitolium und ein Auguratorium befand. Auguracula befanden sich ausser-
dem noch auf dem Palatin (vgl. p. 140) und auf dem Aventin (Remuria
p. 205). In historischer Zeit hat nur das auf der Arx gelegene Be-
deutung.
7. Ein älteres Heiligtum lag am Vicus longus, das Sacellum Pudicitiae
plebeiae. Die Entstehung desselben erzählt Liv. X 23 zum Jahre 296
V. Chr. Virginia, die Tochter des Aulus, aus patrizischem Geschlecht, aber
mit dem plebejischen Konsul L. Volumnius verheiratet, wurde deswegen
von den Patrizierfrauen von der Teilnahme an den Opfern im Heiligtum
der Pudicitia patricia auf dem Forum boarium (vgl. p. 190) ausgeschlossen.
In Folge davon gründete sie im Vicus longus, wo sie wohnte, eine Ära
der Pudicitia plebeia {ex parte aedium quod satis esset loci modico sacello
exclusit aramque ibi posuit). In derselben Strasse stand nach Plutarch,
de fort. Rom. 10 ein Altar der Tvxr] evekmg und vielleicht die CIL VI 9673
und 10023 genannte Statua Planci.
8. So reichlich ausgestattet der Quirinal mit Heiligtümern aus der
7. Der Osten Borna, a. Qnirinalis und Virninalia. (§ 107.) 291
ältesten Zeit ist, so leer erscheint für unsere Kenntnis die kleinere Berg-
zunge des Viminal. Weder die Überlieferung noch die Ausgrabungen
haben in dieser Hinsicht viel zum Vorschein gebracht. Ein sicher sehr
altes Heiligtum war die Ära Jovis Viminii bei der Porta Viminalis
(Fest. p. 376). Varro LL. V 51 nennt sie bei Besprechung der Argeerurkunde.
9. Durch die Verschiebung der Verteidigungslinie der Servianischen
Mauer wurde das den Quirinal und den Viminal verbindende, nach Süden zu
mit dem Esquilin zusammenhängende Hochplateau zur Stadt gezogen. Von
älteren, republikanischen Bauten auf diesem später fast ganz durch die Dio-
kletiansthermen umgestalteten und eingenommenen Qebiet sind drei Tempel
der Fortuna in der Nähe der Porta CoUina bekannt, von denen die
Gegend oder eine Strasse (Lanciani, Form. Urb. 10) den Namen ad tres For-
tunas erhalten hat. Vitruv IH 2, 2 sagt, vom Antentempel sprechend: huius
exemplar erü ad tres Fortunas ex tribus quae est proxime portam CoUinam
(Crinagoras anth. app. 4,40 = 48 Rubensohn: ysnovsg ov tq^dtfal fiovvov
Tvxcei inqenov slvai),^) Die drei Tempel verzeichnen die Fasten: 1. Am
5. Apr. Foriunae publicae citeriori in colle (Ovid Fast. IV 375 f.); 2. Am
25. Mai: FoHunae publicae populi Romani Quiritium in colle Quirinali (Ovid
Fast. V729), in den Fast. Venusin.: Fortuna^ primigeniae in coUe; 3. Am
13. Nov.: Foriunae primigeniae in colle. Nur über einen dieser Tempel,
den der Fortuna primigenia sind weitere Nachrichten erhalten. Nach
Livius XXIX 36 wurde er im Jahre 204 v. Chr. von P. Sempronius Sophus
gelobt und zehn Jahre später von Q. Marcius Ralla dediziert (Liv. XXXIV 53).
Aus dem Jahre 169 v. Chr. werden Prodigien bei diesem Tempel erwähnt
(Liv. XLIII 13, wonach bei dem Tempel das Haus des T. Marcius
Figulus lag). Die Inschrift CIL VI 3681, die die Fortuna primigenia nennt,
gehört hierher, wohl auch CIL VI 3679, die ausserhalb des Serviuswalles
bei der Porta Viminalis inmitten von Häuserresten gefunden ist. Welcher
Tempel Dio Cass. XLII 26 mit t^^g Tvxriq tf.q dr]fjLo<fiag xaXoviiäwfi gemeint
ist, ist nicht klar, da zwei von den drei Tempeln als Fortuna publica
bezeichnet werden. Ebenso wenig ist ersichtlich, welchen Tempel Vitruv
beschreibt. Grundriss und Lage desselben unweit der Porta Collina sind
nachgewiesen (Lanciani, Form. Urb. 10), von den andern ist auch nicht
die Lage bekannt.
10. Vor der Porta Collina befand sich eine Aedes Veneris Erycinae,
nach Ovid Fast. IV 871 Collinae proxima portae, Rem. am. 549 prope Col-
linam portam, nach Livius XXX 38 extra p. C. Nach Livius XL 34 ist sie
im Jahre 184 v. Chr. im Ligurischen Kriege von L. Porcius gelobt und im
Jahre 181 dediziert. Stiftungstag war der 23. April, der Tag der Vinalia
(vgl. CIL I« p. 316). Auf die Gründung ausserhalb der Mauer ist zu beziehen
Vitruv I 7, 1: extra murum Veneris . . . fana ideo collocari, uti non insuescat
in urbe adulescentibus seu matribus famüiarum veneria libido. Nach Ovid
Fast. IV 865 wurde die Venus Erucina als Venus vulgaris von den öffent-
lichen Dirnen gefeiert (vgl. Strabo VI 2, 5 über die in dem Stammheilig-
1) Vgl. H. Jobdan, Archftol. Zeitung 1871, p. 78.
19*
292 B. Topographie Yon Rom.
tum auf dem Eryx befindlichen Hierodulen).^) Nach Strabo VI 2, 5 war
der Tempel mit einer ansehnlichen Portikus (aroav nsQixeifievrjv ä^ioloyov)
umgeben. Livius XXX 38 berichtet, dass bei diesem Tempel 202 v. Chr.
die ApoUinarischen Spiele gefeiert wurden, da eine Tiberüberschwemmung
den Gircus unter Wasser gesetzt hatte, ein offenbarer Anachronismus,
da nach ihm der Tempel erst 18 Jahre später gegründet wurde. Im Jahre
82 V. Chr. lagerte Sulla hier: avzog d' insix&eig äd'Q6(p z^ azQcn^ naqd
taXq KoXXlvaiq nvXaiq nsqi iietfrjfißqlav iCTQaionädevasv ä/i^i t6 r^g 'A^qo-
SiTTjg icQov (Appian. b. c. I 93).
11. Ebenfalls vor der Porta Collina . befand sich ein Tempel des
Hon OS. Cic. de legg. II 23, 58: nostis extra poriam Collinam aedem Honoris;
aram in eo loco fuisse memoriae proditum est; ad eam cum lamina esset
inventa et in ea scriptum lamina: ,Honoris', ea causa fuit, ut aedis haec de-
dicaretur. Er fügt noch hinzu, dass wegen der Erbauung des Tempels
viele Gräber, die sich dort befunden hätten, entfernt worden wären. Den
genaueren Standort des Tempels, 35 m entfernt vom Agger Servii, an
der Stelle, wo die Via Salaria und Via Nomentana vor der Porta Collina
sich voneinander abzweigen, bezeichnet die dort im Jahre 1873 gefundene
Inschrift CIL VI 3692: M. Bicoleio V. l, Honore, donom. dedet, merito.
12. Zur Zeit Hannibals lag vor der Porta Collina eine Aedes
Herculis. Livius erzählt XXVI 10, dass im Jahre 211 v. Chr. Fulvius
Flaccus sein Lager ausserhalb des Walles zwischen der Porta Collina und
Esquilina aufgeschlagen habe.') Unterdessen schlug Hannibal sein Lager
am Anio, etwa drei Miglien von der Stadt entfernt auf, also etwa bei
Ponte Salaro oder Ponte Nomentano {mons sacer), und machte von dort
mit 2000 Reitern einen Rekognoscierungsritt auf der Via Salaria ad
portam Collinam usque ad Herculis templum, um Mauern und Lage der
Stadt aus möglichster Nähe zu betrachten. Wieweit von dem Thor
der Tempel entfernt war, geht aus der Stelle nicht hervor, aber allzu
nahe kann er nicht gelegen haben. Ebensowenig ergiebt sich die Lage
aus der Herkules-Inschrift Eph. epigr. IV Nr. 734, deren Herkunft zweifel-
haft ist.^) Möglicherweise bezieht sich auf diesen Tempel CIL VI 284.
13. Bei der Porta Collina und zwar, wie ausdrücklich hervorgehoben
wird, innerhalb der Stadt befand sich der Campus sceleratus, die
Stätte, an der die der ünkeuschheit überführten Vestalen lebend begraben
wurden. Über die Anlage dieses Platzes innerhalb der Stadt sagt Serv.
ad Aen. XI 206: imperatores et virgines Vestae quia legibus non tenentur,
in civitate habent sepulchra, Denique etiam nocentes virgines Vestae, quia
*) üeber einen Versuch, das Eultbild 1 et sepulcra et cavas undique vias ad pug-
des Tempels nachzuweisen (Petersen, Aphro- | nandum futuroa rati.
dite, IU)m. Mitt. 1892, p. 82 ff.) siehe Helbio,
Führern« p. 118 ff.
^) Den damaligen Znstand des Terrains
ausserhalb des Walles schildert Livius XXYI
10 bei dieser Gelegenheit anschaulich: con-
faules transfugas Numidarum, qui tum in
Aventino ad mille et ducenti erant, media
vrbe transire Esquilias iusserunt, ntdlos
ajHiores inter convalles tectaque Iwrtorum
') Vgl. Bossi, Di un tempio di Ercole
Tutano o Rediculo sulla via Appia, Roma
1890 (auch Studi e documenti di storia e
diritto XI p. 67 ff.). Er versucht unter Ab-
änderung der Liviusstelle das an der Via
Appia gelegene sogenannte Heiligtum des
Dens Redicnlus hiermit zu identifizieren. Der
Versuch ist missglUckt (vgl. auch ROm. Mitt.
1891 p. 114).
7. Der Osten Borns, a. Qnirinalis und Virninalis. (§ 108.)
293
legibus non tenentur, licet vivae, tarnen intra urbem in campo scelerato ob-
ruebantur (Fest. p. 333). Liv. VIII 15 bezeichnet den Ort als: ad portam
Collinam iuxta viam stratam. Vgl. Dionys. II 67. III 67 und Plut. Numa 10.
Letztere Stellen beschäftigen sich namentlich mit dem Ceremoniell des
Begräbnisses.
14. Ausserhalb der Porta Viminalis lag nach Festus ep. p. 163 ein
Sacellum Deae Neniae, das sonst nicht erwähnt wird. — Bei Nieder-
legung der Reste des Walles hat sich zwischen F. Collina und P. Vimi-
nalis eine wohl erhaltene Ära mit der Inschrift: Vermine A. Postumius
A. f. A. n. Albi duovir lege Plaetoria gefunden. Sie stammt aus dem
1. Jahrhundert v. Chr. Der Verminus ist sonst unbekannt, er gehört
wohl zu den Indigitamenten-Qöttem, der Name ist von vermis abzuleiten,
er ist also einer der Dei agrestes, der gegen die den Pflanzungen schäd-
lichen Insekten etc. angerufen wurde. Vgl. Bull. com. 1876 p. 24 flf. Über
Altäre gleicher Form, zu denen auch der auf dem Palatin (p. 142) gehört,
siehe Bull. com. 1898 p. 164.
108. Bauten der Eaiserzeit. 1. Der einzige Tempel der VI. Region, der
unseres Wissens in der Kaiserzeit entstanden ist, ist der Tempel des Ser apis.
Er wird in der Regionsbeschreibung gleich zu Anfang der Aufzählung ge-
nannt (templum Salutis et Serapis). Der Rest einer grossen monumentalen
Inschrift, die den Serapis Deus nennt, ist, in den Fussboden von S. Agata
in Subura verbaut, im vorigen Jahrhundert abgeschrieben worden, jetzt
aber verschwunden (CIL VI 570). Aus der Inschrift ergiebt sich, wie
Pbeller, Reg. p. 123 f., 134 erkannte, Caracalla als Erbauer des Tempels.
Auch andere inschriftliche Dokumente von der Verehrung des Serapis auf
dem Quirinal sind gefunden worden (CIL VI 573, Kaibel 161. 1024), aber,
wenn auch alle in der Nähe der Südspitze des Quirinals, doch so ent-
fernt von einander, dass der Standort des Tempels aus ihnen nicht ab-
zuleiten ist. Vermutungsweise hat Hülsen, Rhein. Mus. XLIX p. 396 den
im Mittelalter als Torre mesa, Frontispizio di Nerone oder Torre di
Mecenate 0 bekannten Tempelresten im Giardino Colonna den Namen
templum Serapis beigelegt. Am westlichen Hügelrande des Quirinals lag näm-
lich oberhalb einer stattlichen Treppenanlage, ') die von dem circa 20 m
tiefer gelegenen Marsfelde auf die Höhe führte, dieser Treppe aber den
Rücken kehrend ein sehr ansehnlicher Tempel, von dem noch bis ins
17. Jahrhundert die eine Ecke aufrecht stand.') Plan der Treppenanlage
und des Tempels bei Lanciani, Form. ürb. 16. Ältere Topographen halten
diesen Tempel für den Sonnentempel, dessen Lage indessen in der VH. Region
innerhalb des Campus Agrippae gesichert ist (p. 264). Die einleuchtende
Beweisführung Beckers p. 587 ff. hat die Vorstellung, dass hier der
Sonnentempel gelegen habe, nicht zerstören können. Noch Lanciaki
*) Beschreib. Roms III 2, 388.
*) Die Reste sind noch im Giardino
Colonna zu sehen, sie sind seinerzeit ge-
plündert, um die Treppe zur Kirche Araceli
auf dem Eapitol herzustellen. Lanciakt, der
die Rainen fttr die Reste des Sonnentempels
h<, meint, dass in den Gewölben der Treppe
sich das beim Sonnentempel erwähnte Wein-
lager (p. 264) befanden habe.
*) Vgl. u. a. LANCiAifT, n panorama di
Roma, delineato da Antonio van den Wyn-
gaerde, Bull. com. 1895 p. 81 flf., Taf. VI—XHI.
294 B. Topographie von Born.
Form. Urb. 16 hält daran fest.*) Aber einen Beweis, dass hier der Tempel
des Serapis gelegen habe, giebt es ebensowenig.
2. An der Südseite der Alta Semita, westlich von der Kirche
S. Andrea, sind die Reste einer von Domitian erbauten Ära incendii
Neronis zum Vorschein gekommen, d. h. eines von den Altären, bei
denen alljährlich am 23. August incendiorum arcendorum causa geopfert
werden sollte. Schon um 1645 war beim Bau der Kirche S. Andrea die darauf
bezügliche Inschrift (CIL VI 826) gefunden worden. 2) Sie lautet: Haec
area intra hatte definüionem cipporutn clausa veribus, et ara quae est inferius
dedicata est ab Imp. Caesare Domitiano Äug, Germanico, ex voto suscepto,
quod diu erat neglectum nee reddüuw incendiorum arcendorum causa, quando
urbs per novem dies arsit Neronianis temporibus ... hac lege . . . ut prae-
tor, cui haec regio sorte obvenerü, sacrum f<mat, aliusve quis magistratus
Volcanalibus X Kai. Septembres omnibus annis ... Im Jahre 1889 ent^
deckte man die Travertinarea mit dem Altare selbst. Sie lag hart am
Stidrande der Alta semita, deren Pflaster 1,83 m unter dem der Via Venti
Settembre zum Vorschein kam. Drei Stufen führten zu dem mit Traventin-
platten von 2 römischen Fuss Breite gepflasterten Platz herab. Dieser
Platz war mit Travertincippen von 1,40 m Höhe und 0,80 X 0,55 m
Grundfläche eingefriedigt, die 2,50 m im Lichten von einander abstanden.
Zwei dieser Cippi sind noch vollständig erhalten, ein dritter teilweise. In
einer Entfernung von 2,75 m von der Reihe der Cippi erhob sich der
Altar auf einem Unterbau von zwei Stufen. Der Altar selbst war 1,26 m
hoch und hatte Breiten- und Längendimensionen von 3,25 und 6,25 m.
Alles war aus Travertinblöcken hergestellt, die mit Marmor verkleidet
waren.
Litteratnr. Lanciani, Ara delF incendio Neroniano, scoperta presse la chiesa di
S. Andrea al Quirinale, Bull. com. 1889 p. 331 ff. und 379 ff. nebst Taf. X. — Hülsen, Rom.
Mitt. 1894 p. 94 ff.
3. Von der grössten Bedeutung für die Umgestaltung des Quirinals
waren die ungeheuren Thermenbauten des Diokletian und des Konstantin.
Die Thermae Diocletianae, die grösste aller derartigen Anlagen,
ohne die Exedren etc. einen Flächenraum von 356 X 316 m bedeckend,
werden nur selten erwähnt. In der Vita tyr. trig. 21 heisst es von einer
Bildsäule und Viergespannen, die dem Piso errichtet waren: statua eius
videtur^ quadrigae autem, quae decretae fuerant, quasi transferendae alibi
positae sunt nee adhuc redditae. Nam in his locis fuerunt, in quibus thermae
*) Der Streit, der sich darüber zwischen
Hülsen (Rhein. Mus. XLIX p. 392 ff., Bull,
com. 1895 p. 39 ff.) und Lanciani (BuU. com.
1894 p. 285 ff. und 1895 p. 81 ff.) erhoben
hat, hat namentlich durch neu publizierte
Zeichnungen mannigfache AufklSrung ge-
bracht, ist aber in der Hauptsache nicht
iiber Beckers Darlegung hinaus gekommen.
Hülsen ist ebensowenig der Beweis der ge-
nauen Lage des Sonnentempels in der YII.
Region geglückt, wie Lanciani der Beweis
seiner Lage auf dem Quirinal.
*) Wie viele derartige Altäre in Rom
aufgestellt gewesen sind, darüber giebt es
keine üeberlieferung. Konstatiert sind im
ganzen drei Exemplare der Inschrift (Rom.
Mitt. 1894 p. 94 ff.). Da die Altäre incen
diorum arcendorum causa errichtet worden
sind, und an ihnen alljährlich dem Yolkanus
ein Opfer gebracht wurde, so ist naturgemäss,
dass sie über die ganze Stadt verbreitet
waren und in jeder Region sich einer be-
fand. Das sagt auch die oben angeführt«
Inschrift, wenn sie von dem Prätor, cui haec
regio sorte ohvenerü, redet, üeber die Ara
incendii Neroniani auf dem Aventin vgl.
p. 209.
7. Der Osten Born«, a. Qairinalis und Virninalis. (§ 108.)
295
Diocletianae sunt exaedificatae, tarn aeterni nominis quam sacrati; der Ver-
fasser der Vita Probi 2 erzählt, dass zu seiner Zeit die Bibliotheea Ulpia
(p. 116) in den Diokletiansthermen gewesen sei, der Chronograph von 354 nennt
sie, ebenso die Regionsbeschreibung. Innerhalb der Thermen selbst hat
sich die Dedikationsinschrift gefunden (CIL VI 1130), aus der sich ergiebt,
dass die Thermen nach der Abdikation des Diokletian und Maximian und
vor dem Tode des Constantius, also 305 bis 306 dediziert worden sind;^)
die Inschrift spricht auch von der Menge der Häuser, die zur Gewinnung
des Bauplatzes angekauft werden mussten.') Auch CIL VI 1131, worin von
ihrer Wiederherstellung oder Vollendung die Rede ist, ist innerhalb der
Thermen gefunden. — Je spärlicher die Nachrichten sind, um so bedeutender
sind die Reste, die eine vollständige Klarheit über den ganzen Bau-
komplex gewähren und mehrfache ausgezeichnete Behandlung gefunden
haben.') Der Eingang war von der Ostseite her, die grosse Exedra im
Westen, jetzt von der Via Nazionale durchbrochen, scheint ein Schau-
gebäude gewesen zu sein, welcher Art, ist nicht klar. Von den drei
Haupträumen, dem Frigidarium, Tepidarium und Caldarium, ist der mittlere
nebst einem zwischen diesem und dem Caldarium befindlichen Euppelraum
von Michelangelo in die Kirche S. Maria degli Angeli verwandelt. In die
Ostseite der Thermen wurde, ebenfalls von Michelangelo, ein Karthäuser-
kloster eingebaut, das jetzt das Museum der Diokletiansthermen enthält.
Hier sind die wichtigsten Römischen Ausgrabungsfunde seit 1870 zusammen-
gebracht.
Südlich von den Thermen lag die Piscina, der Wasserbehälter für
die Bäder, ein wegen seiner Lage zwischen zwei divergierenden Strassen
trapezförmig gestaltetes Reservoir, das eine Länge von 91 m und eine
Breite von durchschnittlich 16 m hatte. Vier Fuss starke Pfeiler trugen
die sie bedeckenden -Volten, gespeist wurde sie durch die Aqua Marcia.
Im Mittelalter nannte das Volk sie Botte di Termini. Bis in die Mitte
des 18. Jahrhunderts war sie wohlerhalten, im Jahre 1742 wurde sie
zerstört, beim Bau des Centralbahnhofes im Jahre 1860 stand noch ein
grosser Teil der Umfassungsmauern, im Jahre 1876 verschwanden die
letzten Spuren.*) — An der Nordostecke der Thermen lag die Piscina
aquarum Marciae Tepulae Juliae (p. 318); sie ist bei der Fundamen-
tierung für das Finanzministerium zum Vorschein gekommen, vgl. Lanciani,
Acque p. 95 und Taf. VI 1. — Nicht weit von der Nordwestecke der
Thermen bei der Kirche S. Susanna hat ein Sacellum Silvani gelegen,
CIL VI 635, ein zweites in der Nähe der Südwestseite, CIL VI 3714.
Auch ein Mithräum lag bei S. Susanna, vgl. CIL VI 728 und 3724.
0 Th. Mommsek, Topographische Ana-
lekten, Arch. Zeit 1846 p. 225 ff.
*) Von diesen Bauten ist im Laufe der
Ausgrabungen nur wenig zum Vorschein ge-
kommen; vgl. Lanciani, Form. ürb. 10 und
17, Bull. com. 1887 p. 181 ff. Die Existenz
des Hauses der Cornelia L. F. Volusi Sa-
iurnini P. (L. Volusins Satuminus war Con-
Bul. suff. i. Jahre 3 n. Chr. und Praefectns
urbi 42 - 56 n. Chr.) ist innerhalb der grossen
Exedra bei Piazza di Termini durch £e Auf-
findung von 10 Exemplaren von Wasser-
röhren mit ihrem Namen nachgewiesen (CIL
XV 7441).
') Letzte Behandlung von Paulin, Re-
stauration des thermes de Diocletien, Paris
1890. Vgl. HüLSEM, Rom. Mitt. 1892, p. 308 ff.
*) Lakoiani, Acque p. 96.
296
B. Topographie Yon Rom.
4. Sehr wenig bietet die Überlieferung über die Thermae Con-
stantinianae. Aurel. Vict. Caes. 40 sagt von Konstantin: a quo . . .
ad lavandum institutum opus ceteris haud multo dispar, die Regions-
beschreibung zählt sie mit auf und CIL VI 1750 giebt Nachricht von
einer zeitlich nicht zu bestimmenden Wiederherstellung der dem Ver-
fall sich nähernden Thermen (longa incuria ei abolendae civilis vel potius
feralis cladis vastafione vehementer afflidas ,,. ab exiremo vindicavit occasu)
durch den Stadtpräfekten Petronius Perpenna. Die Reste dieser Thermen
haben noch bis zum Anfang des 17. Jahrhunderts gestanden, sind
dann aber zerstört worden, um dem Palazzo Rospigliosi Platz zu
machen. Unsere Kenntnis der Thermen beruht auf den von Palladio
(t. XIV ed. Vicenza 1797) und Serlio (Architettura 1. HI p. 92) aufge-
nommenen Plänen. Reste sind bei der Anlage der Via Nazionale und
der dadurch bedingten Umgestaltung der Südspitze des Quirinals noch
einmal zum Vorschein gekommen, um für immer zu verschwinden. Auch
diese Thermen sind gleich denen des Diokletian auf einer künstlich her-
gestellten Area errichtet, auch hier hat man Reste von Häusern zum
Teil mit hadrianischen Ziegelstempeln, meist aber in das 3. Jahrhundert
gehörend gefunden, die der neuen Anlage haben weichen müssen. Aber
die im Vergleich mit den Thermen des Diokletian geringere Ausdehnung
und die von allen übrigen Thermen abweichende Anlage in der Ver-
teilung der Räume 0 ist eine Folge der Beschränktheit und Unregel-
mässigkeit des zur Verfügung stehenden Bauterrains, das, zwischen
dem Vicus longus, der Alta Semita, dem Vicus Salutaris und dem
Vicus Laci Fundani liegend, eine längliche Form mit spitzen und
stumpfen Winkeln zeigte. Aus diesen Thermen stammen die beiden be-
rühmten Rossebändiger, die jetzt auf dem Quirinalsplatze stehen, und
vermutlich der Herkules-Torso vom Belvedere, der in der ersten Hälfte
des 15. Jahrhunderts im Palazzo Colonna bei SS. Apostoli gestanden
hat.*) Bei den Ausgrabungen zur Fundamentierung des neuen Teatro
Drammatico am Westfuss des Quirinals in den Jahren 1884 und 1885
sind schöne Bronzestatuen von Faustkämpfern etc. gefunden worden,
die aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls aus den Konstantinsthermen
stammen. Ausführlichen Bericht über diese Entdeckungen nebst Ab-
bildungen siehe bei Lanciani, Ancient Rome p. 297 ff. Auch drei Sta-
tuen, zwei des Constantinus Aug. und eine des Constantinus Caes.,
stammen aus den Thermen (CIL VI 1148— 1150); die eine (Constantinus
Aug.) befindet sich jetzt in der Vorhalle der Basilica Lateranensis, die
beiden andern (Constantinus Aug. und Constantinus Caes.) auf der Balu-
strade des Kapitolsplatzes. Nicht weit von der Südostecke der Thermen,
auf dem Gebiete der Banca dltalia, sind mehrere Weihungen an Sil-
vanus gefunden worden. Hier lag also eine Aedicula Silvani. Vgl.
Bull. com. 1887 p. 102 und Lanciani, Form. Urb. 22. Auch ein
') Vgl. Lanciani, Form. Urb. 16 und 22
und die Erörterung Hülsens im Rhein. Mus.
XLIX p. 389 ff.
«) Vgl. Hülsen, Rhein. Mus. XLIX p. 428,
Zusatz.
7. Der Osten Borns, a. Qnirinalis und Yiminalis. (§ 108.) 297
Mi th räum lag in der Nähe; vgl. CIL VI 726, 737 und Ephem. epigr. IV
762 und 866.
5. Im äussersten Nordosten der Region wurden unter Tiberius (Suet.
Tib. 37) die Castra Praetoria angelegt, um darin die Prätorianer-
kohorten, die vorher in der Stadt zerstreut waren, zusammenzuziehen
(Tac. Ann. IV 2). Nach Schol. Juven. 10, 95 war Sejan der Veranlasser
dieser Massregel. Ihre Lage zwar nicht ausserhalb der Stadt, aber jen-
seits der Grenze der bewohnten Stadtteile bezeichnet Plinius N. H. HI 67,
wenn er von der äussersten Peripherie der Stadt sagt: ad extrema vero
tectorum cum casfris praetoriis. Als Nero fliehend die Stadt verliess, hörte
er von der Via Nomentana aus, die nördlich in einer Entfernung von
etwa 100—200 m an dem Lager vorbeigeht, ex proximis castris clamorem
militum et sibi adversa et Galbae prospera ominantium (Suet. Nero 48). Das
Lager war nach dem allgemein bekannten Schema erbaut, und dieses ist
noch in den Hauptlinien erkennbar. Es bildet ein Rechteck von 440
X 380 m und war stark befestigt. Bei der Eroberung des Lagers durch
die Soldaten des Vespasian im Jahre 69 n. Chr. (Tac. Hist. IQ 84) werden
die turres, die propugnacula und die portae erwähnt. Das Lager spielte in
der Geschichte der Römischen Kaiser oft eine Rolle, die um so wichtiger
ward, je grösser der Einfluss der Soldaten auf die Wahl der Imperatoren
wurde (vgl. z. B. Vita Caracallae 3 und Chron. v. 354). Aurelian zog das
Lager in die neue Stadtbefestigung hinein, Konstantin entfestigte es da-
durch, dass er die dasselbe nach der Stadtseite zu abschliessende Mauer
niederreissen liess (Zosim. II 17). Die Ausgrabungen ^ haben zahlreiche
Reste namentlich von Wasserröhren zum Vorschein gebracht; aus der
Sammlung der auf ihnen befindlichen Inschriften (Lanciani, Syll. 103 bis
127 und CIL XV 7237 bis 7244) ergeben sich als Kaiser, die für die Wasser-
versorgung des Lagers thätig gewesen sind: Marc Aurel, Septimius Severus
und Caracalla, Macrinus und Diadumenianus. Innerhalb des Lagers stand
bei der Porta praetoria ein Arcus Gordiani, und in der Nähe der Porta
principalis sinistra eine Ära Fortunae restitutricis.*) CIL VI 2256
wird ein antistes sacerd. temp. Martis, castror. pr. genannt, CIL VI 9277 ein
conditarius de castris pra . . ., CIL VI 9992 ein vinariarius in castris pr.
Auf dem Raum zwischen dem Lager und der Serviusmauer haben sich,
einige Altäre und Kapellen abgerechnet, Spuren von Bauten so gut wie
gar nicht gefunden. Man wird darum nicht fehlgehen, wenn man hier-
her das Exerzierfeld der Prätorianer und vielleicht auch anderer in der
Stadt kasernierter Kohorten {urbanae p. 263) annimmt. Auf dem Felde
stand auf ummauerter Area ein Tempelchen, 10 X 16 ni gross, dessen
Fundamente im Jahre 1873 ausgegraben wurden, und in dessen Nähe
man Widmungsinschriften der Prätorianer gefunden hat. Nördlich davon
stand eine von denselben gewidmete Aedicula, aufgedeckt 1877 — 78. Dieses
Feld, das sich über einen bedeutenden Teil der VI. und auch der V.
Region erstreckte, scheint der Campus Viminalis sub aggere gewesen
zu sein, den die Regionsbeschreibung in der V. Region nennt. Seine Lage
«) Rosa, Relazione, p. 43 flF. | *) Bnll. com. 1888 p. 109.
298 S* Topographie yon Born.
beim Servianischen Wall zwischen diesem und den Castra Praetoria ist durch
die Benennung sub aggere gesichert.^)
Südlich vom Prätorianerlager und ausserhalb der Aurelianischen Mauer
befand sich das Vivarium, ein Zwinger für wilde Tiere (Prokop. Goth. I
22. 23). Es wird in der aus dem Jahre 241 n. Chr. stammenden Inschrift
CIL VI 130 genannt und war ein grosser rechteckiger ummauerter Raum,
der vom Prätorianerlager durch die aus der Porta chiusa (vgl. p. 70) heraus-
führende Strasse getrennt war. Näheres ist unbekannt. Es wird im
Mittelalter häufig unter dem Namen Vivariolum erwähnt. Die letzten
Beste sind seit 1876 verschwunden. Den Plan siehe bei Lanciani, Form,
ürb. 11.
6. In unmittelbarer Nähe der Porta Viminalis, innerhalb des Walles
lag wahrscheinlich die Statio der III. Kohorte der Vigiles. Bei der Nord-
ostecke der Diokletiansthermen ist die Inschrift CIL VI 3761 gefunden,
die von einem Praefectus vigilum dem Kaiser Septimius Severus gesetzt
worden ist. Über einen daselbst errichteten Arcus Gordiani vgl. p. 45.
109. Privathänser* Die Durchgrabung fast der ganzen Oberfläche
des Quirinals in den letzten Jahrzehnten hat eine grosse Menge von
Häuserresten zu Tage gefördert, von denen ein nicht unerheblicher
Teil durch die gleichzeitig gefundenen Wasserleitungsröhren,') gelegent-
lich auch durch andere Inschriften, benannt werden konnte. Auch
die Freilegung des Walles hat zur Aufdeckung zahlreicher Wohnhäuser
geführt, die nach Zuschüttung des Grabens unmittelbar an die äussere
Wallmauer angebaut waren, die summoeniana des Martial, genannt z. B.
I 34, ni 82, XI 61, XII 32, in denen recht viele lupanaria gewesen zu
sein scheinen. Die Nähe des Prätorianerlagers ist sicher nicht ohne
Einfluss auf diese Entwickelung gewesen, die durch die nachmalige
Anlage der Diokletiansthermen kaum gehemmt sein wird. Anders
war das Bild innerhalb der Mauer, eine grosse Anzahl von namhaften
Männern hatte auf dem Quirinal Häuser. Von historischen Persönlich-
keiten haben hier gewohnt: 1. T. Pomponius Atticus. Die Nähe seines
Hauses am Salus- und Quirinustempel, die Cicero öfters hervorhebt (ad
Att. IV 1, 4, XII 45, de legg. I 1, 3) ist schon oben p. 289 besprochen
worden. Nach Cornelius Nepos, vita Attici 13 hatte er sein Haus, domum
in colle Tampilanam, von seinem Oheim geerbt; es war alt und einfach,
aber anmutig durch seinen Garten, und Atticus liess es wie es war, nisi
81 quid (commutare) vetustate coactus est Nun haben die Ausgrabungen
zwischen dem Vicus longus und der Alta Semita in der Nähe von
S. Andrea (in vinea cardinalis Sadoleti nunc Uberti Ubaldini CIL VI 1492) *)
eine Inschrift zu Tage gefördert, ein Dekret der Stadt Ferentinum vom Jahre
101 n. Chr., einen Curator alimentorum T. Pomponius Bassus betreffend,
) Vgl. über sub aggere de Rossi, Afcto nutzbar sind; vgl. p. 12
di donazione di fondi urbani alla chiesa di San ; ') Vgl. Lanciani, Bull. com. 1889 p. 379 ff.
Donato in Arezzo rogato in Roma l'anno
1051, im Arch. della Roc. Komana di storia
patria 1889, p. 199 ff., Rom. Mitt. 1891 p. 113.
^) Soweit diese fttr diesen Zweck be-
Es sind hier die topographischen Verhältnisse
des Quirinals, auch namentlich in Betreff
der Besitzverhältnisse im Mittelalter, dar-
gelegt.
7. Der Osten Roma. a. Qnirinalis nnd Virninalis. (§ 109.)
299
aus der die Lage des Hauses dieses Mannes sich an eben dieser Stelle,
wo auch das Haus des Atticus gelegen haben muss, ergiebt. Ältere Topo-
graphen bezeichnen daher auch die Stelle als domus Pomponii AUki; doch
steht nicht fest, ob dieser Pomponius Bassus mit Pomponius Atticus irgend
welchen verwandtschaftlichen Zusammenhang hat. Das von Cornelius Nepos
als baufällig geschilderte Haus des Atticus wird diesen schwerlich überdauert
haben. — 2. Der Dichter Martialis kam im Jahre 64 n. Chr. aus Bilbilis
in Spanien nach Rom und blieb daselbst bis zum Jahre 98. Es scheint,
als habe er die ganze Zeit über auf dem Quirinal gewohnt, und zwar,
soweit unsere Kunde reicht, in zwei Wohnungen. Epigr. I 108 sagt er
im Jahre 85/86 : At mea Vipsanias spectant cenacula laurus, f actus in hac ego
sunt tarn regione senex. In dem aus demselben Jahre stammenden Epigramm
I 117 nennt er auch den Namen der Strasse: ad Pirum. Er hatte damals
eine Mietswohnung und zwar eine sehr hoch gelegene; er sagt: scalis habüo
tribus, sed aüis. Ihre Lage ist unbekannt, und kaum aus dem Blick bis
zu den Lorbeerbüschen des Campus Agrippae (vgl. p. 262) zu erschliessen.
Da das Haus sehr hoch war, und er darin sehr hoch wohnte, so konnte
er von vielen Punkten des Rückens des Quirinals aus eine Aussicht auf die
Bäume des Campus Agrippae haben. Hinterher, mindestens seit dem Jahre
89 (Y 22, 3), besass er ein eigenes Haus, dessen Besitzes er sich öfters rühmt
(IX 18 u. 97, X 58). Es lag, wie schon oben (p. 288) dargelegt ist, in
. der vom Floratempel zum Capitolium antiquum führenden Strasse. Die
Nähe des Floratempels wird noch einmal VI 27 hervorgehoben, die des
Tempels und der Portikus des Quirinus X 11 vicinosque tibi, sancte
Quirine, lares und XI 1 vicini pete porticum Quirini, Zweimal erwähnt
Martial (XI 52, 4 und XIY 60) die Balnea Stephani, die in der Nähe
seines Hauses gelegen haben müssen (scia quam sint Stephani balnea iuncta
mihi). — 3. Yespasian besass ein Haus auf dem Quirinal in der Strasse
ad malum punicum. In diesem Hause wurde Domitian geboren, domo quam
postea in templum gentis Flaviae convertü (Suet. Dom. 1). Dieses Tempi um
gentis Flaviae, von Sueton noch mehrmals (Dom. 5, 15, 17) er-
wähnt, war das Mausoleum des Flavischen Geschlechtes (Mart. IX 1 und 3,
Stat. silv. IV 3, 18 f.). Die Leiche des ursprünglich im Mausoleum des
Augustus beigesetzten Yespasian ist zweifellos hierher übergeführt
worden, denn nach Martial IX 34, der Jupiter sagen lässt: Gnosia vos
. . . nobis monumenta dedistis; cernite quam plus sit Caesaris esse patrem
ist das Qrabmal in erster Linie für ihn erbaut worden. Auch die Ge-
beine des Titus und seiner Tochter Julia wurden hierher gebracht,
ebenso Domitians Asche nach anfänglicher Beisetzung auf seinem Landgut
an der Yia Latina. Später schweigt die Überlieferung vollständig von diesem
Mausoleum, aber noch die Regionsbeschreibung nennt gentem Flaviam. Über
die Lage des Templum gentis Flaviae giebt es kein direktes Zeugnis. >)
Indessen hat sich bei der gründlichen Durchforschung des Terrains wenig-
0 Die früher allgemeine Annahme, das
Maasoleom habe an der Stelle des jetzigen
Finanzministeriams dicht bei der ehemaligen
Porta Collina gelegen, weil dort ein Eolossal-
kopf Vespasians gefanden worden ist, ist
durch die ümgrabung des Terrains, das
sich als völlig von Privatbanten bedeckt
herausgestellt hat, hinfällig geworden.
300
B. Topographie yon Born.
stens das eine herausgestellt, dass auf dem ganzen, südlich von der Alta
Semita gelegenen Gebiete nur das westlich von der modernen Strasse
Quattro fontane gelegene frei von Privatbauten gewesen ist. Lanciant
hat deshalb auf seiner Form. Urb. 16 das Templum hierher gesetzt. Diese
Annahme wird durch ein inschriftliches Zeugnis bestätigt. In der Vigna
des Kardinals Sadoleto, die nach den sorgfältigen Untersuchungen Lancianis
(Bull. com. 1889 p. 379 flf.) eben dieses Terrain zwischen Via Quattro fontane
und S. Andrea umfasste, hat sich im Jahre 1521 ein Gippus gefunden mit
der Inschrift: inter duos parietes ambitus privatus Flavi Sabini {CIL VI
29788). Dass die beiden Häuser des Flavius Yespasianus und Flavius
Sabinus bei einander gelegen haben, ist sehr wahrscheinlich. Über die in
letzterem am 15. Dezember 69 n. Chr. stattgefundene Versammlung der An-
hänger des Vespasian (Tac. Hist. in 69) und den von hier aus über die
Alta Semita und den Vicus Laci Fundani sich vorwärts bewegenden
Marsch seiner Anhänger nach dem Forum vgl. p. 285. Es dürfte demnach
die Strasse ad malum punicum, wie sie auch Lanciani, Form. Urb. 16 an-
setzt, in der Nähe der heutigen Via Quattro fontane die Verbindung
zwischen Alta Semita und Vicus longus gebildet haben.
110. Ausser diesen historisch bedeutsamen Häusern ist durch die
Ausgrabungen noch eine grosse Menge von Häusern vornehmer Persön-
lichkeiten nachgewiesen. Topographisch sicher lokalisiert sind folgende:
1. Auf der für den Bau des Kriegsministeriums bestimmten zwischen der
Alta Semita und dem Vicus longus unweit der Nordwestecke der Diokletians-
thermen gelegenen Area: a) das Haus des Q. Valerius Vegetus, der
im Jahre 91 n. Chr. Consul suffectus war. Bedeutende Reste des Hauses
sind zum Vorschein gekommen, eine Wasserröhre mit der Inschrift
Q. Valeri Vegeti ist hier schon 1641 gefunden worden (CIL XV 7558). 0
b) Das Haus der Numii, von dem ebenfalls bedeutende Reste zum Vor-
schein gekommen sind; drei bedeutsame Inschriften sind hier gefunden,
eine vermutlich aus dem 3. Jahrhundert stammende Widmungstafel für
M. Nummius Attidianus Tuscus, der ein Amt in Afrika bekleidet haben
muss (gefunden 1877), eine im Jahre 1884 gefundene Dedikationsinschrift
an Maximianus und Constantius aus den Jahren 293 und 305, und eine
Ehrenbasis für M. Nummius Albinus Triturrius (gefunden 1629) aus der
Mitte des vierten Jahrhunderts (CIL VI 1748). Das Haus ist also Jahr-
hunderte lang in der Hand derselben Familie gewesen. — c) Die Domus
Vulcaci Rufini, konstatiert durch eine im Jahre 1883 entdeckte, noch
an der ursprünglichen Stelle befindliche Ehrenbasis für Vulcacius Rufinus,
gewidmet von den Einwohnern von Ravenna. Die Inschrift schliesst mit
den Worten: Eavennates monumentum perennis memoriae in vestibulo domus
statuali veneratione dicaverunt. Sie stammt aus der Mitte des 4. Jahr-
hunderts. Über Vulcacius Rufinus, der Oheim des Kaisers Julianus war,
0 Lanciani spricht Ball. com. 1889 p. 382
n. 387 die Yermutiuig aus, dass Martial mit
diesem Manne, der gleich ihm Spanier und
ein Yalerier war, verwandt gewesen sein
könne und vielleicht bei ihm, oder in un-
mittelbarer Nähe gewohnt habe. Dies würde
mit allem, was wir von Martials Wohnungen
wissen, nicht stimmen, auch ist es auffallend,
dass unter solchen Umständen Martial diesen
Gönner niemals nennt.
7. Der Osten Borns, a. Quirinalis nnd Yiminalis. (§ 110.) 301
vgl. Amm. Mareen. XIV 11. 27, XVI 8. 13, XXI 12. 24, XXVH 7. 2. In
demselben Buche 11, 1 berichtet er aus dem Jahre 368 den Tod dieses
angesehenen Mannes. *)
2. An der Alta Semita sind ausserdem Reste von Häusern
zwischen der Porta Collina und den Diokletiansthermen nachgewiesen, die
durch Inschriften auf Bleiröhren als die des Haterius Latronianus (CIL
XV 7467), M. Laelius Fulbius Maximus, vielleicht des Konsuls des Jahres
227 n. Chr. (CIL XV 7483), und des Flavius Vedius Antoninus (CIL XV
7456) bestinmit sind. An der Nordseite der Alta Semita, auf dem Gebiete der
ehemaligen Villa Barberini lag der Palast des Alfenius Ceionius Julianus
Camenius, Praefectus urbi im Jahre 333 n. Chr. Von zwei Statuen, die ihm
von seinen Beamten ,in domo sub aere' gesetzt worden sind (CIL VI 1675,
Bull. com. 1884 p. 43), sind die Basen an Ort und Stelle gefunden worden.
— An der Südseite der Alta Semita, in der Nähe der Kirche S. Andrea
a Monte Cavallo, nicht weit von der Ära incendii Neronis, ist eine Marmor-
basis gefunden worden, die dem Betitius Perpetuus Arzygius, einem
hohen Beamten unter Konstantin, gewidmet ist (Not. d. scavi 1888 p. 493);
er scheint hier sein Haus gehabt zu haben. Nördlich von der Alta Semita,
unter dem Quirinalspalast, lag das Haus des Appius Claudius Martialis
(CIL XV 7427) und des Appius Süvius Junius SUvinus (CIL XV 7539).
3. Am Vicus longus lagen (ausser dem unter Ic genannten Palaste
des Vulcacius Rufinus) die Domus Aemiliae Paullinae Asiaticae, durch
Wasserleitungsröhren (CIL XV 7380) nachgewiesen, um die Mitte des
2. Jahrhunderts; ferner die Domus T. Aelii Naevii Antonii Severi. Zwei
Inschriften, die diesen Mann nennen (CIL VI 1332. 9147), sind im Jahre
1663 in hortis abbatis SantareUi gefunden. Im Jahre 1881 ist eine Marmor-
tafel mit griechischer Inschrift (Kaibel, IGI. 1071) an derselben Stelle
unter dem Palazzo Hüfer (westlich vom Ausstellungspalast) gefunden
worden, dessen Lage demnach wohl mit der der genannten Gärten iden-
tisch ist. — Unter dem Palazzo Campanara (bei der Banca d' Italia) ist
ein Bronzekopf nebst Bronzeinschrift des L. Cornelius Pusio gefunden
worden,, der demnach hier seinen Palast hatte (Rom. Mitt. 1892 p. 197 flf.).
— Südlich vom Vicus longus ist durch Inschriften auf Wasserleitungs-
röhren das Haus der Cornelia Tauri f. T. Axi (CIL XV 7440) nachge-
wiesen.
4. Ausserordentlich reichhaltig ist die Ausbeute von Namen, die auf
Bleiröhren in der Gegend der Konstantinsthermen und beim Bau des
Teatro drammatico und der Banca d' Italia zum Vorschein gekommen
sind. Indessen abgesehen davon, dass nicht immer sicher ist, ob die be-
treffenden Röhren auch genau die Stelle anzeigen, an der das Haus ge-
legen hat, ist die grosse Mehrzahl ohne besonderes historisches Interesse.
Hervorgehoben zu werden verdient das Haus des Narcissus Aug. lib.
ab epistulis, des bekannten Freigelassenen des Kaisers Claudius (CIL
XV 7500) beim Teatro drammatico, und des T. Avidius Quietus, viel-
1) Ueber diese auf dem Gebiete des I archeologiche awennte per la costruzione
Eriegsminisieriiuns aufgedeckten Häuser be- | del palazzo del ministero della guerra, Bull,
richtet ausführlich Capannabi, Delle scoperte | com. 1885, p. 8 ff. mit Tav. 1 u. ü.
302
B. Topographie von Born.
leicht des Legaten Domitians (CIL XV 7400 und VI 3828), des Julius
Pompeius Rusonianus (CIL XV 7475) und des Lampadius (Amm. Marc.
XXVII 3, 8). Die vollständige Sammlung aller dieser fistulae aquariae, die
Lanciani zuerst in seinen Acque gegeben hatte, ist jetzt im CIL XV
7235—7913 enthalten. Die nachweisbaren Häuser hat Lanciani hier wie
in den übrigen Regionen in seine Forma Urbis eingetragen. Der allge-
meine Überblick lehrt, dass der Quirinal in der Eaiserzeit, namentlich
vom 3. Jahrhundert an, als Wohnort von vornehmen Familien bevorzugt
wurde.
5. Auch auf dem Viminal kann es an bedeutenden Privathäusem
nicht gefehlt haben. Als hervorragend schön erwähnt Plin. N. H. XVTI 2
das Haus des C. Aquilius, eines Römischen Ritters, das im 1. Jahr-
hundert V. Chr. in Viminali stand und die berühmten Häuser des Crassus
und Catulus in Schatten stellte. — Ergebnisreich sind namentlich die Aus-
grabungen am Ostrande des Viminals gewesen, wo früher und neuer-
dings mannigfache Reste bedeutender Anlagen zum Vorschein gekommen
sind. Ganz besonderes Interesse nimmt ein etwa 14 m im Durchmesser
haltender Rundbau in Anspruch, der inmitten einer grossen, von Portiken
geschmückten Umfassungsmauer liegt, das Qanze vermutlich zum Gai-ten
einer grossen Palastanlage gehörig. Eine mittelalterliche Quelle nennt die
Ruinen Palatium Deciorum. Wahrscheinlich ist der Rundbau derselbe,
in dem die Statuen des Posidippus und Menander gefunden worden sind.
Auch andere hervorragende Skulpturen sind in der Nähe gefunden worden.*)
111. Die Regionsbeschreibung VI. Reg. nennt nun noch drei Örtlich-
keiten : decem tabernas, gallinas albas und aream Candidi. Von diesen ist nur
die Lage der zweiten, der Oallinae albae sicher zu bestimmen. Nach den
mittelalterlichen Kirchenverzeichnissen hat eine Ecclesia Sancti Sixti in
Gallinariis (Armellini, Chiese p. 52) oder S. Sixti in Gallina Alba (Armel-
lini p. 62) bei S. Lorenzo in Panisperna auf der Südspitze des Viminalis
gelegen, wodurch die Zugehörigkeit dieses Hügels zur VI. Region er-
wiesen wird.*) Demnach sind auch die in der Regionsbeschreibung neben den
Gallinae albae genannten Decem tabernae, die man nach einer in volle
D. Ägathae aedi subieda gefundenen Inschrift bisher auf dem Quirinal ge-
sucht hat, wohl vielmehr auf der anderen Seite des Thals auf dem Vi-
minal anzusetzen.^) Von der Area Candidi weiss man nichts, als was die
Regionsbeschreibung lehrt, dass sie ebenfalls in der Nähe der Gallinae
albae, also auf dem Viminalis gelegen hat. — Unbekannt ist die Lage
des von Elagabal (Vita 4) in Quirinali gestifteten Senaculum mulierum.
Vgl. Vita Aureliani 49.
b. Der Esquilln.
112. Der Esquilin*) gliedert sich in drei Teile, die beiden Berg-
vorsprünge Cispius und Oppius (vgl. p. 37) und das jenseits der ehe-
*) Vgl. Lanciani, II cosidetto palazzo
di Decio buI Viminale, Ball. com. 1891 p. 311 ff.
und Form. ürb. 23.
«) Vgl. HüLSBN, Rom. Mitt. 1892 p. 307 f.
») Vgl. Jordan, Top. II p. 122.
*) Ueber die Bedeutung des Namens, der
sicher von ex und colere abzuleiten ist (Aussen-
Stadt, Vorstadt), sagt Varro LL. V49: diu
hos scripserunt ab excuhiis regis dict<xs, cdii
ah eo quod aesaUis consitae a rege Tidlio
7. Der Osten Borne, b. Der EsquiUn. (§§ 111—113.)
303
maligen Servianischen Mauer sich ausdehnende esquilinische Feld. Nach
der Augustischen Regionseinteilung war dies Gebiet in drei Regionen
verteilt. Der Cispius gehörte zur IV. Region, die sich im Südwesten bis
an den Nordrand des Forums und des Palatins erstreckte; ihre Nord-
grenze bildete das Argiletum und der von diesem ausgehende Vicus Pa-
tricius, die Südgrenze die um den Fuss des M. Oppius sich hinziehende
Strasse, die in den auf die Porta Esquilina zuführenden Clivus Suburanus
einmündete. Dies war zugleich die West- und Nordgrenze der III. Region,
die das Flavische Amphitheater einschloss. Ihre Südgrenze bildete die ge-
rade Strasse, die vom Colosseum ausgehend bei der P. Caelemontana die
Servianische Mauer traf. Nach Osten zu wurden beide Regionen durch
die der Servianischen Mauer parallel laufenden Strassen begrenzt. Jenseits
bildete, das Esquilinische Feld, der Campus Esquilinus, die Y. Region;
sie reichte im Osten allmählich bis an die Aurelianische Mauer, die sie an
dem am weitesten vorspringenden Teile zwischen dem Amphitheatrum
castrense und der Porta Labicana sogar überschritt; im Norden bis an die
p. 283 erwähnte Strasse, die von der P. Viminalis ausgehend die Aure-
lianische Mauer südlich vom Prätorianerlager traf, im Süden bis an die
die Porta Caelemontana und Porta Asinaria verbindende Strasse.
113. Ältester Zustand. Über die älteste, vor die Zeiten der Ser-
vianischen Stadt hinaufreichende Geschichte des Esquilinischen
Feldes {Campus Esquüinus Cic. Phil. IX 7, 17, Suet. Claud. 25) haben
die Entdeckungen der letzten Jahrzehnte überraschende Aufschlüsse
gegeben. Für die Topographie ist namentlich von Wichtigkeit die Ent-
deckung archaischer Begräbnisstätten zwischen der Umfassungsmauer der
Vierregionenstadt und dem Servianischen Wall (vgl. Taf. 3), ja unter
letzterem und über ihn hinausgehend; 0 6s sind Grabkammern, die in den
Tuflf des Bodens eingearbeitet sind (pozzi). Das Gebiet dieser archaischen
Nekropolis erstreckt sich von Sta. Maria Maggiore über die Via Merulana,
die Via del Statute und S. Martine ai monti, Piazza Yittorio Emmanuele,
S. Eusebio, Via Goito bis zum Finanzministerium und der ehemaligen
Villa Spithöver, dehnt sich also auch über den Quirinal, d. h. über den
ganzen Osten Roms aus. Hand in Hand damit geht die Entdeckung ur-
alter Ansiedlungen auf dem Esquilin ; die in denselben gefundenen Werk-
zeuge, Gerätschaften etc. von Kupfer und Bronze, Gefässe von schwärz-
lichem Thon, noch ohne Drehscheibe gefertigt, gleichen den auf dem
Monte Cavi unter der letzten Lavaschicht entdeckten.*) — Über den
ältesten Gräbern, die gewöhnlich 4 — 5 m tief im TufFboden gefunden
worden sind, lag eine zweite Schicht, etwa 1—2 m tief, ebenfalls noch
in den Boden eingegraben, steinerne Aschenkisten und Sarkophage ent-
haltend. Diese Gräber haben sich in grosser Anzahl zunächst ausserhalb
easent Hute origini magis cancmunt loci
vicini, quod ibi lucus dicitur facutalis et
Larum Querquetulanum sacellum et liUMS
Mefitis et Junonis Lucinae, quorum angusti
fines. Ueber den L. Fagutalis siehe p. 37
u. 39, den Tempel der Jano Lucina unten
p. 323, den Lucus Mefitis p. 305 Anm. 3; das
Sacellum Larum Querquetulanum wird
nur hier genannt, seine Lage ist unbekannt.
*) Man erkennt an dem allmähliclien
Zurückweichen der Grabstätten nach Osten zu
die zunehmende Erweiterung der Stadt.
*) M. St. de Rossi in den Ann. d. Inst.
1867, p. 32 «F., vgl. p. 25.
304 B. Topographie yon Born.
des Serviuswalles gefunden. — Eine dritte, wiederum spätere Art von
Qräbem besteht aus Grabkammern, deren Quadern von Capellaecio, einer
bröcklichen Tuffart, sind, sie haben Bewurf und Bemalung. Sehr wichtig sind
die in grossen Mengen hier gefundenen Kunstgegenstande. Hervorzuheben
sind namentlich kleine figurengeschmückte Altäre von Terracotta, Lampen,
Vasen, diese vor allem wichtig wegen der darauf befindlichen Buchstaben-
zeichen und Inschriften, u. a. Es liegt auf der Hand, dass die chronologische
Bestimmung dieser Funde, die H. D&essel mit so grossem Geschick unter-
nommen hat, für die Geschichte des Esquilins und Roms selbst von hoher
Wichtigkeit ist.') Dass in diesen Gräbern in erster Linie jene „puticuW wieder
zum Vorschein gekommen sind, die Begräbnisplätze des ärmeren Volkes, die
wir aus der Überlieferung schon kannten, ergiebt sich aus der Form der
Gräber (putei). Nach Varro, LL. V 25 heissen extra oppida a puteis puti-^
culi, quod ibi in puteis obruebantur homines, nisi potius, ut Äelius scribit,
puticulae, quod putescebant ibi cadavera proiecta, qui locus puUicus ultra
Esquilias. Beide Ansichten bringt auch Fest. ep. p. 216; die Scholien zu
Horaz Sat. I 8, 10 leiten puticuli ebenfalls von putei ab und fügen hinzu
hie etiam erant publicas ustrinae. Dass hier namentlich auch Sklaven be-
stattet wurden, lehrt die angeführte Stelle des Horaz:
huc prius angustis eiecta cadavera ceüis
conservus tili portanda locabat in arca;
hoc miserae pUhi stabat commune sepulcrum ....
miüe pedes in fronte, trecentos cippus in ayrum
hie dahat, heredes monumentum ne sequeretur.
Auch die Richtstätte befand sich hier. Noch Tac. Ann. TL 32 erzählt :
in P, Marcium consules extra portam EsquiUnam, cum claasicum canere ius-
sissent, more prisco advertere und Suet. Claud. 25 : civitatem Romanam usur-
pantes in cantpo Esquilino securi percussit; an vielen Stellen, wo von Hin-
richtungen die Bede ist, wird, ohne den Namen zu nennen, auf einen
bestimmten Platz ante portam Esquilinam hingedeutet, so z. B. Plautus, Mit.
glor. n 4, 6 : tibi esse pereundum extra portam, dispessis manibus patibulum
quom habebis. In der Eaiserzeit wird die Lage dieses Richtplatzes be-
stimmt durch die Lage des Sessorium, eines Gebäudes, das mit den
Hinrichtungen in Verbindung genannt wird; so z.B. beim Schol. Cruq. zu
Horaz Epod. 5, 100: Esquilina porta Romae dicitur ad Sessorium, ubi
certus erat locus sepulcrorum ad corpora pauperum aut scderatorum viliumque
comburenda aut canibus proicienda (vgl. zu Sat. I 8, 11); in den Excerpta
Valesia 69 (Eyssenhardt, Amm. Marc. p. 541) heisst es geradezu: in palatio,
quod appellatur Sessorium, caput eius amputari praecepü. Demnach ist auch
Flut. Galba 24 iggiipav^ tj tovq vno t(ov Kaiadqwv xoXa^ofiävovq \^avatovan\
( d^ tonoq 2rj<TTäQTiov xaXshai mit Becker p. 556 SsaacoQiov zu lesen. Über
die Lage des Sessoriums ist kein Zweifel, da die Basilica S. Croce in Gern-
salemme nach Anast. Vita Silvestri 95 in palatio Sessoriano gebaut ist, sie
führt auch den Namen Basilica Sessoriana. Die nördlich von der Kirche
gelegene, gewöhnlich Nymphaeum Alexandri genannte Ruine dürfte des-
') Unter Benutzmig der esquilinischen | geschrieben aber Le civiltä primitiye del
nicht nur, sondern überhaupt der ältesten i Lazio.
Funde hat Pinza, . Bull. com. 1898, p. 53 ff. |
7. Der Osten Aoms. b. Der Esquilin. (§ 113.) 305
halb ein Teil des Sessoriums gewesen sein. Der Name selbst ist nicht
erklärt.*)
Indessen war auf dem Esquilin nicht nur der Begräbnisplatz für die
misera plebs, vielmehr ergiebt sich aus Cicero Phil. IX 7, 17, dass auch
die vornehmsten Männer hier bestattet wurden; er beantragt an der Stelle:
uti locum sepulcro in campo Esquilino C, Pansa consul, seu quo in loco vide-
bitur, pedes triginta quoquo versus adsignet, quo Ser. Sulpicius inferatur etc.
Nach Suetons Vita sind auch Maecenas und Horaz hier extremis Esquiliis
nebeneinander bestattet. Unter den spärlich hier gefundenen Inschriften
befinden sich hin und wieder Namen von Leuten aus besserem Stande
(Ann. d. Inst. 1880 p. 316 flf.). — Verehrt wurde hier die Venus Libitina,
die von Hör. carm. III 30, 7 schlechthin als Göttin des Todes oder des Be-
gräbnisses bezeichnet wird (vgl. Liv. XL 19 pestilentia . . . tanta erat, ut
Libitina tunc vix sufficeret und XLI 21 ne liberorum quidem funeribus
Libitina sufficiebat), in einem ihr geheiligten Haine, dem Lucus
Libitinae. Nach Dionys. IV 15 hatte schon Servius Tullius eine
Abgabe für die Toten, das lucar Libitinae festgesetzt, das der Göttin,
d. h. den mit der Bestattung der Leichen betrauten und in ihrem
Haine stationierten libitinarii zu gute kam. In späterer Zeit war mit
dem Lucus Libitinae ein grosses Bestattungsgeschäft, das auch wohl
kurzweg als Libitina bezeichnet wird, verbunden (Plut. Quaest. Rom. 23;
CIL VI 9974 wird ein vestiarius ab luco Lubitina genannt). 2) Bei der Porta
Esquilina ist ein Senatsbeschluss gefunden (CIL VI 3823), der sich auf ein
vermutlich an der Grenze des Gräberfeldes gelegenes Sacellum des hier
vor dem Thore befindlichen Pagus montanus bezieht. Es wird darin ge-
boten, an dem geweihten Platz weder „stercus terramve intra ea loca fecisse
coniecisseve" noch „ustrinatn facere^ (vgl. Mommsen zu der Inschrift). Ein
Dekret ähnlichen Inhaltes von einem Prätor Sentius (vielleicht dem Konsul
des Jahres 19 v. Chr.) ist vor der Porta Viminalis gefunden worden (Bull,
com. 1882, p. 159). Es sieht danach so aus, als ob die zur Beerdigung etc.
bestimmte Zone zwischen diesen beiden Thoren, resp. zwischen den aus
ihnen auslaufenden Strassen lag. Zur Zeit des Augustus schon war die
Nähe dieses Feldes an den bewohnten Stadtteilen unerträglich geworden, ä)
der allgemeine Begräbnisplatz wurde zugeschüttet und bebaut. Vgl. Horaz
Sat. I 8, 14 nunc licet Esquiliis habitare salubribus atque aggere in aprico
spatiarij quo modo tristes albis informem spectabant ossibus agrum. Auf dem
Hauptteile des frei gewordenen Terrains entstanden die Gärten des
Maecenas (p. 313). Die Erinnerung an den früheren Zustand spiegelt sich
u. a. in Horaz' Bezeichnung atras Esquüias Sat. II 6, 32 wieder.
Litteratnr: Im allgemeinen ist auf die Berichte in den Not. d. scavi und im Bull,
com. zu verweisen. Bei der vollstftndigen Umgestaltung, die der Esquilin in den letzten Jahr-
') Vgl. Lavciani, Itin. Eins. p. 58 flf.; Fest. p. 351 ad vicum Patricium versus, in
Becker, Top. 556 f. qua regione est aedis Mefitis) auf dem
') Vgl. Marquabdt, Handbuch YIII 1 Gispius und die Altäre der Mala Fortuna
p. 371 f. (Gic. de nat. deor. III 25, 68, de legg. II 11,
») An den ursprünglichen Zustand jenes 28, Plin. N. H. II 16) und der Febris hier
Feldes erinnern vielleicht der Lucus Mefitis und in stimme vico Longo (Yal. Max. II 5. 6).
mit einer Aedes Mefitis (Yarro LL. V 49;
Handbuch der kUM. AltertamswiaflenscbAft. III. 8, B. 2. Aufl. 20
306 ^* Topographie von Rom.
zehnten durchgemacht hat, waren die Entdeckungen h&ufig. Hervorzuheben iat der Bericht von
Lauciani im Bull. com. 1874 p. 46 ff.; M. St. de Bossi, Tombe arcaiche deüa villa SpithGver,
Bull. d. Inat. 1885, p. 72 ff.; Derselbe: Necroj>oli arcaica romana e parte di essa scoperta
presse S. Martine ai Monti. BuU. com. 1885, p. 89 ff. Die Esquilinischen Entdeckungen
sind unter anderen von Helbig, Die Italiker in der Poebene, verwertet. — H. Dbbssbl, La
supellettile dell* antichissima necropoli Esquilina. Ann. d Inst. 1879, p. 253 ff., 1880,
p. 265 ff., 1882, p. 5 ff.
114. Strassen und Aufgänge zum Esquilin. Drei Strassenzüge
sind es, die vom Forum und der Sacra via ausgehend die Verbindung des
Mittelpunktes der Stadt mit dem hochgelegenen Osten vermittelten. Der
wichtigste hat seinen Ausgangspunkt an der Nordseite des Forums im Argi-
letum, das in seinem unteren Teile durch Domitian und Nerva in das
Forum transitorium umgestaltet war (p. 106 und 113 f.), sich vom
Nordende dieses Forums in östlicher Richtung fortsetzt und dann in
die Subura einmündet, die Hauptstrasse der zwischen den Abhängen des
Quirinal, Viminal, Cispius und Oppius befindlichen gleichnamigen
Niederung. Sie verläuft im wesentlichen westöstlich und steigt im
Thale zwischen Cispius und Oppius als Clivus Suburanus in
die Höhe und über die Hochebene bis zur Porta Esquilina. Vor dem
Thore gabelt sie sich in zwei Strassen, die Via Tiburtina und die Via
Praenestina, die zu den gleichnamigen Thoren in der Aurelianischen Mauer
führten. Von der Subura zweigte sich, nicht weit von ihrem Anfang
beim Argiletum, der schon mehrmals erwähnte, zwischen Cispius und
Viminalis emporsteigende und die Grenze zwischen der IV. und VI. Region
bildende Vicus Patricius ab. Von allen diesen Strassen ist in ihrer
ganzen Ausdehnung das Pflaster zum Vorschein gekommen. — Zwei andere
Hauptverbindungsstrassen gingen von dem Ostende der Sacra via aus, die
eine führte über die Carinen und den Oppius auf das Hochplateau der
Esquilien (Liv. XXVI 10), die andere ist die vom Colosseum aus in dem
Thal zwischen Oppius und Caelius zur Porta Caelemontana und weiter zur
Porta Asinaria führende Strasse, die oben p. 303 als südliche Grenze der
III. und V. Region schon erwähnt wurde. Auch von dieser Strasse ist das
Pflaster in grosser Ausdehnung zu Tage gekommen, während von dem
Pflaster der auf den Oppius führenden Strassen am Abhang einige Spuren,
auf der Höhe nichts erhalten ist.
Natürlich fehlte es nicht an Querstrassen, die diese Hauptadem ver-
banden, und manche Piasterreste sind zum Vorechein gekommen. Nament-
lich wurde die Verbindung der Thore des Esquilinischen Walles unter-
einander durch Parallelstrassen hergestellt, die innerhalb wie ausserhalb
des Walles liefen. Sie sind an vielen Stellen wiedergefunden, und über-
all fand man, wie auf dem Quirinal (vgl. p. 298), an den Wall Häuser an-
gebaut und den Graben zugeschüttet. Die Ausfüllung desselben erfolgte
z. T. durch leere Amphoren, um den neugewonnenen Boden vor Feuchtig-
keit zu schützen. Kolossale Mengen davon, neben und über einander
geschichtet, sind an mehreren Stellen des Grabens aufgedeckt und
bieten durch die darauf befindlichen Inschriften noch besonderes Interesse.
Sie stammen aus der Zeit von der Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. bis
zur Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr., in dieser Zeit muss also der Graben
7. Der Osten Roms. b. Der Esqnilin. (§§ 114—115.) 307
zugeschüttet sein.^) — Zwischen dem Servianischen Wall und der Aure-
lianischen Mauer lief quer über das ganze esquilinische Feld in der Rieh-*
tung von Süden nach Norden, vom Caelius an bis in die Nähe der Porta Es-
quilina ohne Unterbrechung zu verfolgen und im Laufe der Jahrhunderte
mehrfach bei Ausgrabungen und Strassenregulierungen zu Tage gekommen,
eine antike Strasse, deren Pflaster etwa 5 — 6 m unter dem Schuttboden
entdeckt worden ist. Ihr antiker Name ist unbekannt, im Mittelalter
(seit Gregor d. Grossen 590—604) wird auf dem Esquilin eine Domus
Merulana genannt, nach der die Strasse den Namen Via Merulana be-
kommen hat.^) Sie muss von grosser Wichtigkeit gewesen sein, da sie
eine Hauptverbindung zwischen den grossen über den Esquilin führenden
Landstrassen herstellte.
115. Einzelne Strassen. 1. Das Argiletum. Ausser den
p. 106 schon genannten Buchhändlerläden des Atrectus und Secundus
erwähnt Martial II 17, 3, dass hier Schuhmacher in grosser Anzahl ihre
Tabernen hatten: Argique letum multus obsidet sutor, wie denn überhaupt
Argiletum und Subura samt ihren Nebenstrassen vielleicht das lebhafteste
Quartier des Kleinhandels im antiken Rom waren. Eine Nebenstrasse
des Argiletum (oder der Subura) und gleichen Charakters wie diese war
der VicuB Sandaliarius,') in dem der von Augustus (Sueton Aug. 57)
errichtete, zu den statuae vicatim dicatae (p. 63) gehörige Apollo Sanda-
liarius stand. Es scheint, als ob man von dem Namen (Jordan, Top. I 2
p. 452 übersetzt Vicus Sandaliarius mit Sohlenmacherstrasse) auf eine be-
sondere Ausbreitung des Schuhmacherhandwerks auch in dieser Strasse
schliessen dürfte. Die Inschrift auf einer den Laribus Augustis im Jahre
2 V. Chr. geweihten Ära CIL VI 448 nennt die magistri vici Sanda-
Hart (vgl. Bull.com. 1877 p. 162 f.). Auch in dieser Strasse werden
Buchhändler genannt, so heisst es bei Gellius XYUI 4, 1 : in Sandaliario
forte apud librarios fuimus. In dieser Strasse befand sich ein Sacellum
Statae Fortunae. Eine dieser Gottheit von den Magistri vici Sandaliari
im Jahre 12 n. Chr. gesetzte Inschrift existiert noch (CIL VI 761). Das
Sacellum wird sonst nicht erwähnt. — Ganz zweifelhaft ist die Lage des
Atrium sutorium. Es wird erwähnt bei Varro LL. VI 14 und bei Fest,
p. 352, beidemal in derselben Beziehung, nämlich dass das Tubilustrium
(Fast. Praen. zum 23. März CIL I« p. 313) darin gefeiert wurde. Aus
den Stellen geht aber weder hervor, welchen Zusammenhang das Atrium
mit dieser Feier gehabt hat, noch wo es gelegen haben kann. Jordan
Top. I 2 p. 452 ist geneigt, in Hinblick darauf, dass die Schuhmacher-
zunft in der Gegend des Argiletums und der Subura offenbar ihren
Hauptsitz gehabt hat, es hier anzusetzen, und, da es nach Augustus
nicht mehr erwähnt wird, die Frage aufzuwerfen, ob es nicht an Stelle
des späteren Forum Nervae zu suchen sei.^) Ebenfalls in jene Gegend
') Drbssel, Di an grande deposito di
anfore etc., Bull. com. 1879 p. 36 ff., 65 ff.,
194 ff. CIL. XV p. 657 ff.
') Ueber die Geschichte der Strasse etc.
vgl. Lamoiaki, Ttin. Eins. p. 100 f.
*) Pflasterreste einer Nebenstrasse des
Argiletums siehe bei Lanciani, Form. ürb. 22.
*) Vgl. MoHHSEN, Archftol. Zeitung 1847,
p. 109. Jordan, Hermes IV p. 232. Pbblleb,
MyÜiol.I« p. 294.
20»
308
B. Topographie von Rom«
scheint die in der lY. Region genannte Porticus absidata zu setzen zu
sein. Die noch jetzt existierende, im Jahre 1889 ausgegrabene halbkreis-
förmige Mauer, die zwischen der Nordostecke des Forum Nervae und der
Südostecke des Forum Augusti sich an die Aussen wand der beiden Fora
lehnt und nach Osten zu sich öflfnet, dürfte den Hintergrund der Portikus
gebildet haben. Die Beschreibung im Ordo Benedicti (vgl. Lanciani Itin.
Eins. p. 96 fif.) nennt die Portikus und weist genau hierher, i) Nicht
weit davon nach Südosten zu stand ein aus dem Anfang des 12. Jahi^
hunderts stammender Turm, Tor dei Conti, in dessen Fundamente zwei
starke, antike Quadermauern, parallel in einem Abstände von 9 m laufend,
eingebaut waren. Die Mauerreste sind ungefähr 2 m stark und haben
eine Länge von circa 12 m; die Orientierung ist die der Kaiserfora. Von
welchem Gebäude sie stammen, ist unbekannt.
2. Die Subura (über ihren Verlauf siehe oben p. 306). An der Stelle,
wo die Ausläufer von Viminal und Esquilin sich am nächsten treten und
das Terrain sich allmählich zu heben beginnt, haben wir vermutlich die
primae fauces des Martial II 17, 1 zu suchen. Nach seinen Worten:
tonstrix Suburae faucibus sedet primisj cruenta pendent qua flagdla tortorum
Argique letum multus obsidet sutor scheint die von ihm so genannte Stelle
sich in der Nähe des Argiletums befunden zu haben. Vermutlich meint
er XII 3, 9 mit prima Subura dieselbe Stelle. Von hier aus stieg die
Strasse zu ziemlicher Höhe bergan (Mart. X 19, 4, V 22, 5 alta Suburani
vincenda est semita clivi). Wo sie die Höhe erreichte, stand der Lacus
Orphei, ein theaterförmiges Halbrund mit Stufen, auf der Höhe
Orpheus, umgeben von wilden Tieren und Vögeln (Mart. X 19, 6 flf.).
Die Lage dieses Lacus ist sehr unsicher, die Regionsbeschreibung führt
ihn in der V. Region an, er muss also ausserhalb der Linie der ehe-
maligen Servianischen Mauer gelegen haben. Die Bassus-Inschrift Bull. com.
1891 p. 342 flf. nennt ausser den Suburenses auch die Orfienses, die Bewohner
einer in der Nähe dieses Brunnens befindlichen Strasse. Lanciani identi-
fiziert ihn, wenn auch zweifelnd, auf Form. ürb. 24 mit den hier noch
heute in Trümmern befindlichen Trofei di Mario. — Die Subura gilt als
der Hauptpunkt des Volks Verkehrs im alten Rom, und alle Schilderungen
und Erwähnungen dieser Strasse, die namentlich bei Juvenal und Martial
häufig sind, geben das Bild einer von einer handeltreibenden Menge, von
geschäftigen und müssigen Menschen erfüllten Stadtgegend. Martial nennt
sie XII 18, 2: clamosa, Juvenal 11, 51: fervens. Bei Juvenal, der 10, 155
Hannibal sagen lässt: actum . . . nihil est, nisi Poeno müite portal frangimus
et media. vexiUum pono Subura, gilt die Subura als Mittelpunkt der Stadt,
und 3, 5 flf. als die für die Unbequemlichkeiten und Gefahren der Gross^
Stadt, Brände, Hauseinstürze etc. typische Strasse. Dazu kam der Strassen-
schmutz und die die Strasse verengenden Lastwagen (Mart. V 22, 5 f.),
denen man nur mit Lebensgefahr ausweichen konnte. — Ausser den schon
erwähnten Schuhmachern lernen wir durch Inschriften eine Anzahl von
*) Wenn auf Lancianis Form. ürb. 22
in der Absis der Name Porticus absidata,
den Lanciani selbst dafür festgestellt hat,
fehlt, 80 beraht dies anf einem Versehen. Das
in der lY. Reg. daneben genannte Anrenm
bucinum dürfte der Name einer Strasse sein.
7. Der Osten Borns, b. Der Bsqailin. (§ 115.)
309
Gewerbetreibenden kennen: CIL VI 1953 einen praeco, 9284 einen crepidarius,
9399 einen ferrarius, 9491 einen lanarius, 9526 einen lintearius, Bull. com.
1887 p. 163 einen inpiliarius^) Martial erwähnt ferner X 94 Obsthändler,
n 17 Barbiere, und schildert VII 31, dass man in der Subura alles haben
kann, namentlich jede Art von Lebensmitteln, wie sie dem reichen Manne
sein Gutsverwalter in die Stadt schickt. Juvenal nennt 11, 137 einen
Lehrer der Vorschneidekunst Trypherus, der seinen Laden in der Subura
hatte. Ein ganz besonderer Charakter aber wurde der Subura gegeben durch
den hier wohl noch stärker als in vielen anderen Teilen Roms auftretenden
Verkehr von famae non nitnium bonae puellae, wie sie Martial VI 66 nennt.
Es scheint hier so von Alters her gewesen zu sein. Livius III 13 berichtet
aus dem Jahre 461 v. Chr. über iuventutem grassantem in Subura. Horaz
Ep. 5, 58 erwähnt sie in gleichem Sinne; die lebhaftesten Schilderungen
dieses Verkehrs giebt Martial VI 66, IX 37, XI 61 und 78. Nichtsdesto-
weniger finden wir doch in dieser Strasse auch die Häuser vornehmer
Leute. So hat nach Sueton Caes. 46 Julius Caesar hier gewohnt, bis er
als Pontifex Maximus das Amtshaus bezog; mehr als 150 Jahre später,
im Jahre 101 n. Chr., wohnte hier der Konsul dieses Jahres, Stella
(Mart. Xn 3, 10). Indessen sind die Häuserreste, die längs der Subura
zum Vorschein gekommen sind, nur gering. An der Nordseite des Clivus
Suburanus, möglicherweise an dem Kreuzungspunkt dieses und eines
einmündenden Vicus, ist eins von den zahlreich in Rom vorhandenen
Kompitalheiligtümern aufgedeckt worden. Der Altar ist aus grossen
Travertinblöcken hergestellt. Neben dem Altar steht auf einem breiten
Unterbau, zu dem Stufen emporführen, eine Marmorbasis mit einer In-
schrift aus dem Jahre 10 v. Chr., wonach darauf die Statue des
Merkur stand. Sie war eine von den von Augustus vicatim dicatae
(p. 63), es heisst in der Inschrift: ex stipe quam populus Romanus K,
Januariis apsenti ei contulit. Gleiche Statuen sind die im Jahre 9 v. Chr.
dem Volcanus am Volcanal (p. 78) und 4 v. Chr. den Lares publici an
der Summa sacra via (p. 161) gesetzten (CIL VI 457, 456). Suet. Aug. 57
erwähnt als solche Statuen noch den Apollo Sandaliarius (p. 307) und den
Jupiter Tragoedus. Die Inschrift CIL VI 458 aus dem Jahre 8 v. Chr. ist
gleichlautend mit der oben citierten, aber der Name des Gottes fehlt.')
3. Südlich von der Subura, zwischen dieser und dem Forum lagen in
altrepublikanischer Zeit zwei Märkte, das Forum Cuppedinis und das
Forum piscatorium (vgl.p. 109). Varro LL. V 146 erwähnt ersteres mit der
richtigen Etymologie a cuppedio, d. h. von den Leckerbissen, Delikatessen,
0 In der Inschriffc CIL. VI 9526 heisst
es von dem lintearius: in Sebura maiore
ad nimfa. Was unter der Subura maior zu
denken ist, steht nicht fest, Lanoiaki be-
zeichnet den niedrigst gelegenen Teil der
Strasse so.
^) Vgl. Gatti, Bull. com. 1888 p. 221.
Die sehr weitgehenden Kombinationen, die
er an diesen Fund knüpft, namentlich, dass
hier das sechste Argeersacellum der IL Re-
gion gefanden sei, sind schwerlich richtig.
Auch die an und für sich hübsche Ver-
mutung, dass der hier gefundene Merkur der
in GILVI 9714 erwähnte Mercurius sobrius
sei, und der Vicus der von Fest. p. 297 ge-
nannte Sobrius vicus (quod in eo Mercurio
lade, non rino, solitum sit supplicari) sei,
muss dahin gestellt bleiben. Vgl. auch Bull,
com. 1893 p. 26.
310 B. Topographie von Rom.
die hier verkauft wurden, ohne eine falsche {forum Cupidinis a cupidUate)
zu übergehen. 0 Die Händler mit diesen Waren, die cuppedinarii werden
bei Terenz, Eunuch, v. 256 unter den übrigen Händlern des Macellums aufge-
zählt. DasForum piscatorium wird bei Livius XX VI 2 7 und XL 51 erwähnt;
es wird unter den Bauten genannt, die im Jahre 210 v. Chr. circa forum
abbrannten und im Jahre 179 wieder aufgebaut wurden. Der Aufbau
durch M. Fulvius war zugleich eine Erweiterung, die vermutlich auch das
Forum Cuppedinis umfasste; er errichtete forum piscatorium circumdatis
tabernis, quas vendidit in privatum. Seitdem die Schlächter, die ursprünglich
ihre Scharren auf dem grossen Forum gehabt hatten, hierher übergesiedelt
waren, war neben diesem Namen auch die Bezeichnung Mac ellum, Schlacht-
haus aufgekommen (Plaut. Aul. v. 373, Pseud. v. 168), daher denn auch bei
Livius XXVII 11 in dem Beschluss, die im Jahre 210 abgebrannten Gebäude
wieder aufzurichten, statt forufn piscatorium von ihm macellum gesagt wird.*)
Allgemein üblich wurde diese Bezeichnung, wie es scheint, nach dem Wieder-
aufbau durch Fulvius Nobilior im Jahre 179 und der damit verbundenen Er-
weiterung. Varro LL V 147 sagt davon nach Aufzählung anderer Märkte (vgl.
p. 192): haec omnia posteaquam contracta in unum locum quae ad victum
pertinebant et aedificatus locus, appellatum Macellum,^) Über die Bauart des
Macellums ist nur bekannt, dass es von Tabernen umgeben war und dass
in der Mitte sich der Tholus befand (Varro ap. Non. p. 448). Die fauces
macelli, was doch wohl nichts anderes sein kann, als der Eingang, werden
Cic. in Verr. III 62, 145 und pro Quinctio 6, 25 erwähnt. Nach letzterer
Stelle lagen dabei die Atria Licinia, vermutlich ein Raum für Auktionen ;
vgl. Cic. pro Quinctio 4, 12. Von der Lage des Macellums wissen wir Ge-
naueres ebenfalls nicht. Aus den Worten Varros LL V 152 inter sacram viam
et macellum editum ergiebt sich wegen der zweifelhaften Bedeutung von
editum nichts. Varro nennt an der Stelle zwischen der Sacra via und dem
Macellum eine Strasse Corneta {quae abscisae loco reliquerunt nomen). —
Alle diese Örtlichkeiten sind im Laufe des 1. Jahrhunderts der Kaiser-
zeit verschwunden, der Bau des Forum Pacis, das da liegt, wo das alte
Macellum gelegen haben muss, hat alle Spuren davon getilgt. Es ist später
keine Rede mehr von ihm.
4. Der VicusCuprius (Etymologie nach Varro LL V 159 vicus Ciprius
a Cipro, quod ibi Sabini cives additi consederunt^ qui a bono omine id ap-
pellarunt) nam ciprum sabine bonum) ging vom östlichen Teil der Sacra via
im Colosseumsthal, wo bei der Meta Sudans von Alters her ein Kreuzungs-
punkt mehrerer Strassen war, nach Norden, lief in sanfter Steigung
über den Bergvorsprung der Carinen und endigte vermutlich in der Subura.
Wo er seinen höchsten Punkt erreichte (Liv. I 48 ad summtim Cuprium
vicum), kreuzte ihn der ebenfalls von der Sacra via östlich vom Forum
Pacis abbiegende Clivus Orbius (bei Liv. a. a. 0. und Solin, I 25 Urbius
') Andere Etymologien siehe bei Fest,
p. 48 und in den Scholien des Donatus zu
Terenz Eun. v. 256.
ebenfalls eine besondere Bezeichnung fOr
diesen Markt.
') Falsche Etymologien des Namex»
") Das bei Plautus Pseudol. v. 790 ff. er- siehe bei Donatus a. a. 0. und bei Varro
wähnte Forum coquinum ist vermutlich a. a. 0.
7. Der Osten Borns, b. Der Eequilin. (§ 115.)
311
genannt, ungewisser Deutung, vgl. Fest. p. 182), der direkt zur Höhe des
Oppius emporführte. Die Ausgrabungen haben das wohlerhaltene Pflaster
zweier sich kreuzender Strassen zum Vorschein gebracht, von denen die eine
von der Nordwestecke der Basilica des Konstantin bis zur Höhe des Esquilins
auf Piazza S. Pietro in Vincoli zu verfolgen war, die andere vom Colosseum
her über den Bergabhang nach Norden bis zum Argiletum läuft (Lanciani,
Form. Urb. 22, 29). Es ist möglich, dass hier diese beiden Strassen wieder
zum Vorschein gekommen sind. Wo diese sich kreuzten, stand ein
Heiligtum der Diana, das sonst nicht erwähnt wird und das nach
Livius Ausdruck ubi Dianeum nuper fuit zu seiner Zeit nicht mehr
existierte. Dort spielte nach Liv. I 48 und Dionys. IV 39 die Sage von
der Ermordung des Königs Servius TuUius, von dem es bei Solin. I 25
heisst, dass er supra clivum Urbium gewohnt habe. Er wurde, als er
vom Forum kommend über die Sacra via und den Vicus Cuprius nach
Hause zurückkehren wollte, an der Ecke des Vicus Cuprius und Clivus Orbius
getötet. Hier fuhr seine Tochter TuUia über den quer über dem Clivus
Orbius liegenden Leichnam fort, wovon die Strasse den Namen Vicus
Sceleratus bekam. — Eine zweite Strasse bog ebenfalls vom Vicus Cuprius
weiter südlich an der Südwestseite des Berges nach Osten ab und wird
mehrmals als Hauptaufgang zum Esquilin genannt.*) Diesen Weg nimmt
Liv. XXVI 10 Fulvius Flaccus, von dem es heisst: porta Capena cum exer-
cüu Romano ingressus media urbe per Carinas Esquilias contendit. In dieser
Strasse, und zwar über einem Kreuzwege befand sich das Tigillum
sororium, ein aus Holzbalken hergestelltes Janusthor, an welches sich
die Sage von der Bestrafung des Schwestermörders Horatius knüpfte. Eine
Beschreibung der Strasse giebt Dionys. III 22 : ^err* S' iv rr^ öT^vw/r/p rfr;
(fägovTi otno KaQivrjg xdio) ToTg ini %dv Kvttqiov iqxoiiävoiq atsvonnov (vgl.
Liv. I 26, Aur. Vict. de vir. ill. 4). Es nennen den Ort die Arvalf asten
1. Okt.: tigiUo soroHo ad compUum Äcüi. Letzteres wird noch einmal Plin.
N. H. XXIX 12 erwähnt. Er erzählt dort, dass dem ersten Arzte, der nach
Rom kam (219 v. Chr.), dem Archagathus, das Recht der Quirlten gegeben sei
et iabernam in compito Acüio emptam ob id publice.^) Bei dem Tigillum standen
zwei Altäre der Juno Sororia und des Janus Curiatius, an denen von Alters
her Sühnopfer gebracht wurden (Fest. p. 297, ep. p. 307). Über diese
Altäre und die an ihnen gebrachten Opfer heisst es in den Schol. Bob. ad
Cic. pro Milone 3 p. 277 Orell.: constitutis duabus aris Jano Curiatio et Jiinoni
Sororiae superque eas iniecto tigillo Horatius sub iugum tradudus est, Id
expiamentum memoriae servatum ad hunc usque diem tigillum sororium ap-
pellatur. Es scheint, dass das hier dargebrachte Opfer dem Tigillum selbst
gegolten habe. Vgl. CIL I'' p. 330. — Ein dritter, von Norden, von der
Subura her auf den Oppius führender Zugang, der Clivus Pullius, wird
bei Solin. I 26 erwähnt: Tarquinius Superbus habUavit supra clivum Pullium
ad Fagutalem, wonach sich die Lage bestimmt. Der Name stammt nach
») Vgl. Not d. Bcavi 1884 p. 396.
*) Lanoiani, Ricerche suUe XIV regioni
urbane Bull. com. 1890 p. 128 ist der An-
sicht, dass das in der Regionsbeschreibung
genannte tigillum sororium nicht das Thor
sei, sondern der Name der Strasse, in der
es stand oder einmal gestanden hatte.
312 B. Topographie von Born.
Varro LL V 158 von dem Namen des Erbauers (oder Herstellers). Der
Name der Clivurnpullenses ist auf der Bassus-Inschrift Bull. com. 1891
p. 842 ff. erhalten. Reste des Weges sind nicht aufgefunden (vgl. Taf. 6).
5. Der Vicus Patricius hatte nach Festus' ep. 221 sehr fragwürdiger
Erklärung seinen Namen davon, dass auf Geheiss des Königs Servius
Tullius hier die Patricier wohnten, ut, si quid molirentur adversus ipsum,
ex locis superioribus opprimerentur. Martial VII 73 nennt in dieser Strasse
92 n. Chr. das Haus des Maximus, und X 68 das der Hetäre Laelia im
Jahre 98 n. Chr., CIL VI 1775 nennt den Praef. praetorio und Stadtpräfekten
Valerius Messalla (um die Wende des 4. und 5. Jahrhunderts n. Chr.),
der den Vicus Patricius durch Bauten verschönte,^) im Mittelalter
heissen die Kirchen S. Eufemia und S. Pudenziana in vico Patricü,
wodurch die Lage der Strasse genau bestimmt ist. Im unteren Teil ist
auch das Pflaster neben der Via urbana wieder zum Vorschein ge-
kommen. An der Strasse stand ein bei Plutarch (Quaest. Rom. 3) er-
wähntes Heiligtum der Diana und auch wohl der in der Regionsbeschrei-
bung genannte Tempel der Isis patricia. Ein unbedeutendes Stück
des Clivus ist auf einem Fragment des Stadtplanes (Form. Urb. II 9)
erhalten. Etwas abseits von der Südseite des Vicus Patricius lagen
im 4. Jahrhundert n. Chr. die Bäder des Naeratius Cerialis, des
Konsuls des Jahres 358 n. Chr. Viele Funde von Skulpturresten, zum
Teil von hohem Werte, sind hier unweit der Kirche S. Maria Maggiore
im Jahre 1873 gemacht, darunter befand sich eine Basis mit Inschrift, in
der Naeratius Cerialis als Gründer von Bädern genannt wird. Die Mauer-
reste, die ebendaselbst aufgedeckt sind, reichen nicht hin, um sich
ein Bild von der ganzen Anlage zu machen, doch geht aus einer
anderen Inschrift, die mit den Bädern nichts zu thun hat, her-
vor, dass die Naeratii hier auch ihren Palast hatten. Vgl. CIL VI
1744, Bull. com. 1874 p. 84 flF. — Zur selben Zeit, in der 2. Hälfte des
4. Jahrhunderts, bezeichnete man den südlich von den Bädern des Naeratius
gelegenen Teil des Esquilin, auf dem u. a. die Kirche S. Maria Maggiore
liegt, mit dem Namen Sicininum. So nennt der Lib. pontif. I p. 171
ein Haus mit Bad in Sicinini regione und I p. 233 eine Domus Gavdi in
Sicininum^ und die vom Papst erbaute Basilica (S. Maria Maggiore) heisst
Basilica Sicinini oder einfach Sicininum. Der Name Cicinenses findet
sich auf der Bassus-Inschrift (Bull. com. 1891 p. 342 ff.). Vgl. Bull. com.
1899 p. 230 flf.
6. Unsicherer Lage ist der CIL VI 801 genannte Vicus Sabuci
{Mag, reg, III vic. Sabuci), Die Inschrift, Rest eines Stylobaten, ist an
der Via Merulana bei der Umfassungsmauer des Gartens von S. Martine
ai Monti, möglicherweise am ursprünglichen Orte gefunden. Lanciaki
setzt in seiner Form. Urb. 23 den Vicus an der beschriebenen Stelle an. —
Aller Anhalt fehlt für die Ansetzung des nach Varro LL V 159 Esquiliis befind-
lichen Vicus Africus, so genannt, quod ibi obsides ex Africa hello Punico
dicuntur custoditi, eine Notiz, aus der wir ersehen, dass die Vici durch Thore
') G B. DE Rossi, Bull. arch. crist. 1867 p. 57.
7. Der Osten Roms. b. Der Esquilln. (§ 116.) 313
abgesperrt werden konnten. Ein Vicus Jovis Fagutalis wird durch
eine Inschrift aus dem Jahre 109 n. Chr. (CIL VI 452) bezeugt; er ist
beim Fagutal (vgl. Taf. 3) zu suchen. Ebenfalls in die IIL Region ge-
hört der p. 171 schon genannte Vicus summi choragi. Auf einer jen-
seits der Stadtgrenze vor der Porta Tiburtina gefundenen Inschrift (Bull,
com. 1890 p. 335) ist ein bis dahin nicht bekannter Clivus Bassilli ge-
nannt, der nach der auf der Inschrift gegebenen Beschreibung eine von
der Via Tiburtina sich zur Linken abzweigende Seitenstrasse war. Ein
Sklavenhalsband (Bull. com. 1887 p. 289) nennt eine Area Macari in der
V. Region.
116. Qärten. 1. Die erste grössere Gartenanlage auf dem Esquilin
machte Maecenas auf dem alten Begräbnisplatze zwischen der Porta
Viminalis und Esquilina (Scholien zu Hör. sat. I 8, 7 und 14; vgl.
p. 305). Ein wahrscheinlich zu derselben gehöriges Gebäude, gewöhnlich
Auditorium des Maecenas genannt, ist daselbst in verhältnismässig
gutem Zustande erhalten (vgl. Bull. com. 1874, p. 137). Es ist ein
rechtwinkliger Saal mit gewölbter Decke (von dieser ist nur der Ansatz
erhalten), der an der einen Schmalseite eine halbrunde, theaterartig mit
sieben Sitzreihen versehene Exedra hat. In den Nischen der Langseiten
befinden sich Darstellungen von Gartenanlagen. Das Mauerwerk ist Opus
reticulatum aus Tuffsteinen ohne Ziegel. Spuren reicher Ausschmückung
haben sich erhalten. Merkwürdig ist die Anlage des Gebäudes, indem es
einerseits so tief lag, dass man zum Eingang hinabsteigen musste, andrer-
seits die Wallmauer durchbrach, die bei der Aufdeckung noch in grösseren
Resten als jetzt zu beiden Seiten erhalten war. Über die Bestimmung des
Gebäudes ist man nicht einig. Dass es weder ein Auditorium, noch ein
Theater ist, liegt auf der Hand. A. Mau (Bull. d. Inst. 1875, p. 89)
hält es, allerdings zweifelnd, für ein Gewächshaus. Von den weiteren
Bauten des Maecenas, der „turris Maecenatiana" , jener „moles propinqua
nubibus arduis^, deren Aussicht über die Stadt und die Campagna Horaz
carm. III 29, 6 ff. preist, ist nichts erhalten, ebenso wenig von dem
Schwimmbassin {xoXvfAßr^&Qa &€qiiov viarog), das er nach Dio Cass. LV 7
hier errichtet haben soll. Die Gärten wurden nach Maecenas Tode durch
Erbschaft Eigentum des Augustus; Tiberius hat hier nach seiner Rückkehr
aus Rhodos gewohnt (Suet. Tib. 15). Durch die Anlage der Domus aurea
(p. 154 und 165) verband Nero sie mit den Palatinischen Bauten; vgl. Tac.
Ann. XV 39 domui eins, qua Palatium et Maecenatis hortos continuaverat; von
der Höhe der „turris Maecenatiana" sollte er (Suet. Nero 38) dem Brande Roms
zugeschaut haben. Nicht weit davon (Philo Jud. nsQi aQSTm' II p. 597 Mang.)
lagen die Gärten des Lamia, möglicherweise von dem bei Horaz carm.
I 26, III 17 gefeierten Aelius Lamia angelegt, ausgezeichnet durch die
grosse Menge hervorragender Kunstwerke, die hier gefunden sind; auch
sie waren kaiserliches Eigentum geworden und Lieblingsaufenthalt des
Kaisers Caligula; er ist nach Suet. Cal. 59 in ihnen begraben worden
(p. 250). Auf dem Gebiete der Lamischen Gärten befand sich auch ein
Mithräum (CIL VI 3730). Reste hydraulischer Anlagen in den Gärten
des Maecenas, die Tiberius gemacht hat (Lanciani, Syll. aqu. 30 CIL
314 B. Topographie von Born.
XV 7266), auch Röhren, die von der Wasserversorgung der Lamischen
Gärten stammen, sind aufgefunden worden. Verbunden mit den Lamischen
Gärten waren die Horti Maiani (Plinius N. H. XXXV 51). Es befand sich
daselbst ein Eolossalgemälde des Nero, das in einem Brande, der den besten
Teil der Gärten zerstörte, unterging. Sie werden ausserdem noch genannt
CIL VI 6152, 8668 (procurator hortorum Maianorum et Lamianorum)^ 8669
(vilicus hortorum Maianorum).
2. Ausser diesen Gärten ist noch eine grosse Anzahl anderer bekannt,
die sich in einem breiten Gürtel über den ganzen Esquilin zogen. Es
sind dies in der Reihenfolge von Nordwesten nach Südosten: 1. die Horti
Lolliani, auf der Grenze der VI. und IV. Region. An der Nordwestecke
des Gentralbahnhofs, unweit der Diokletiansthermen, wurden Grenzsteine
der Gärten der Lollia (Lollia Paullina, Plin. N. H. IX 117), die nachher im
Besitze des Kaisers Claudius waren, aufgefunden (Bull. com. 1888 p. 220).
Auch Reste von Kunstwerken kamen zum Vorschein. — 2. Die Horti
Tauriani, dem Statilius Taurus gehörig und Grund seines Todes, da
Agrippina nach ihnen lüstern war (Tac. Ann. XH 59), und die Horti
Calliclani sind ebenfalls durch Grenzsteine (cippi hi finiunt hortos Calyclanos
et Taurianos, Bull. com. 1874 p. 57, 1875 p. 153) unweit der Porta Esquilina
nachgewiesen und scheinen sich ausserhalb des Servianischen Walles bis
gegen die Porta Tiburtina hingezogen zu haben. Von einem Statilius
Taurus scheint auch das hier in der Gegend gelegene Forum Tauri, das
in der Passio SS. Fausti et Pigmenii (Catal. codic. hagiographicorum lati-
norum etc. I p. 520 flf.) erwähnt wird, gegründet zu sein. Im Mittelalter
hiess die ganze Gegend Regio caput Tauri, wie de Rossi Bull. com.
1890 p. 283 meint, von den auf den Namen des Gründers anspielenden
Bukranien, die den Fries der Bauten des Forums schmückten, über den
Namen Porta Taurina, der der Porta Tiburtina aus gleichem Anlass ge-
geben wurde, vgl. Urlichs, Cod. topogr. p. 115, 127 flf., 150. Neben den Horti
Tauriani lagen die durch Wasserleitungsröhren bezeugten Gärten des
Vettius Praetextatus (vgl. p. 80 Anm. 1), die Horti Vettiani (Lanciani,
Syll. aqu. 52, CIL XV 7563); vielleicht hängen mit ihnen die CIL VI 6281 ge-
nannten Horti Scatoniani zusammen; ein Zweig der Vettier führte den Bei-
namen Scato. — 3. Die Gärten desEpaphroditus, des Pallas (des bekannten
Freigelassenen des Claudius) und des Torquatus sind bekannt durch ihre
Erwähnungen bei Frontin 5. 19. 20. 68, die Pallantiani auch durch die
Regionsbeschreibung Reg. V. Danach lagen die Horti Epaphroditiani
nördlich von der Via Praenestina zwischen der Porta Esquilina und der
Praenestina in der Nähe der Aurelianischen Mauer, die Pallantiani eben-
daselbst weiter nach Norden und nach der Porta Tiburtina zu, die Tor-
quatiani können nur vermutungsweise südlich von der Via Praenestina
angesetzt werden, haben aber in der Nähe der Porta Praenestina ge-
legen (Frontin 5).i) In dieselbe Gegend (nach Lanciani neben die Horti
Epaphroditiani) sind auch die Horti Liciniani zu setzen.*) Die Reste
*) Das Nähere über diese drei Garten- 1 ') Lanciani, Bull. com. 1874 p. 55. Vgl.
anlagen siehe hei Lanciani, Acque p. 36 f. | 1887 p. 161. Itin. Eins. p. 58 Anm. 5.
7. Der Osten Borns, b. Der Eequilin. (§ 116.) 315
mehrerer Nymphäen, die in dieser Gegend gefunden worden sind, dürften
zu diesen Gärten gehören, darunter auch das fälschlich unter dem Namen
Minerva Medica bekannte. — 4. Ganz im Südosten, in dem weit aus-
springenden Winkel, den die Aurelianische Mauer beim Amphitheatrum
castrense macht, lag eine grossartige Gartenanlage, die die neben dem
Amphitheater liegenden Bauten umfasste, aber noch über die Aure-
lianische Mauer hinaus sich erstreckte. Bei den neuesten Ausgrabungen
ist festgestellt, dass diese Bauten sich in gleicher Orientierung jenseits
der Aurelianischen Mauer fortsetzten, und Mauern, die die Verbindung der
beiden Gruppen bilden, von der Befestigung durchschnitten wurden.^) Ob
nach Errichtung der Mauer noch eine Verbindung zwischen beiden Teilen
der Anlage vorhanden war, ist wegen teilweiser Erneuerung der Mauer
an dieser Stelle nicht mehr festzustellen. Diese grandiose Anlage wird
gewöhnlich dem Elagabal zugeschrieben und nach dessen Vatersnamen
Varius Horti Variani genannt. Es ist aber sehr zweifelhaft, ob in der
kurzen Zeit seiner Regierung dieser Kaiser eine derartige Anlage schaffen
konnte, so dass der Name, wenn er überhaupt richtig ist, eher auf seinen
Vater zurückzuführen ist. Übrigens werden die Gärten, die Elagabal
bevorzugte, in der Vita 13 als Horti Spei veteris bezeichnet (da-
selbst lag auch der von Herodian V 6, 6 erwähnte Tempel des Elagabal),
und diesen Namen nimmt Lanciani, Form. Urb. 32 neben ersterem
für diese Anlage an. — Auf dem Teile der Anlage, der ausserhalb der
Aurelianischen Mauer liegt, wird von älteren Topographen ein Circus
angenommen, von dem angeblich Reste existiert haben sollen, einmal
Circus navale, auch Circus Aureliani genannt. Ob ein solcher Circus
hier wirklich existiert hat, ist problematisch, ein Hauptgrund für seine
Annahme scheint der hier gefundene, in mehrere Stücke gebrochene
ägyptische Obelisk zu sein, der 1633 von seinem Fundort vor Porta
Maggiore in den Pal. Barberini, von da unter Clemens XIV (1769
bis 1775) in den Vatikan gekommen war und seit 1822 auf dem Pincio
steht. Nach der neuesten Lesung der Hieroglyphen-Inschrift stand der
Obelisk aber sicher nicht in einem Circus, sondern stammte von dem
Grabe des Antinous, das an der Stelle, wo er gefunden wurde, ge-
wesen sein muss. Es heisst in der Inschrift: „Antinous, . . . welcher ruht
in dieser Stätte, die im Grenzfelde der Herrin des Genusses, Rom liegt" etc.
Zwei Obelisken kennen wir auch als Zierde beim Eingang des Mausoleum
Augusti (vgl. p. 250). Ob aber in dem Grabe der Leichnam des Antinous
selbst gelegen hat, ist gegenüber dem direkten Zeugnis des Epiphanius
''AyxvQüDtoq c. 108, wonach er in Antinupolis beigesetzt war, sehr zweifelhaft.
Jedenfalls befand sich hier am äussersten östlichen Ende der V. Region
ein, wie es scheint, grossartiges Monument für den Liebling Hadrians.^)
3. Die meisten Erwähnungen der Gartenanlagen des Esquilin stammen
aus der früheren Kaiserzeit; es ist daher nicht ausgemacht, wie lange sie
bestanden haben. Dass sie im grossen und ganzen kein anderes Los gehabt
') LAyciANT, Jtin. Eins. p. 59. 1 und Hülsen, Das Grab des Antinous, Rom.
>} Vgl. £bhan, Der Obelisk des Antinous, I Mitt. 1896 p. 118—130.
816 B. Topographie von Rom.
haben werden, wie die früheren Haine, und allmählich, wenigstens soweit
sie Privatbesitz blieben, eingeengt wurden und verschwanden, ist als
gewiss anzunehmen, denn es sind kaum Stellen auf dem Esquilin gefunden
worden, die ganz frei von Strassenanlagen wären.
117. Wasserleitungen. Der hochgelegene Osten Roms war der
natürliche Sammelpunkt der Römischen Wasserleitungen. Innerhalb der nach-
maligen Porta Praenestina, jetzigen Porta Maggiore (Taf. 16, 1), lag der Ad
spemveterem genannte Ort, an dem nicht weniger als acht Wasserleitungen
in das Römische Stadtgebiet eintraten und sich von da in das Innere der
Stadt verteilten. Der Ort wird ausser bei Frontin (5, 19, 20, 21, 65)
auch auf einer Inschrift erwähnt, die sich auf einem im Jahre 1871 nicht
weit von der Porta Praenestina in einem Grabe gefundenen Thongefasse
befindet: Tychici sutoris a sperrt vetere.^) Der Ort hat seinen Namen höchst
wahrscheinlich von einem Tempel der Spes erhalten, der Dionys. IX 24
und Liv. II 51 erwähnt wird, und zu dem die älteste aus der Porta
Esquilina auslaufende Landstrasse, die Via Gabina, die spätere Praenestina-
Labicana, führte, der übrigens aber unbekannt ist. Hier traten in das
Stadtgebiet ein:
1. Die Aqua Appia (312 v. Chr.). Sie war unterirdisch; nach
Frontin 5 verband sich mit ihr ad Spem veterem in confinio hortorum Tor-
quatianorum et Epaphroditianorum (so liest Lanciani) ein ramus Augustae ab
Augusto in supplementum eins additus, imposito cognomine respondenti Gemeh
larum (vgl. Front. 65). Die Leitung wendete sich von hier nach Südwesten
und trat südlich vom Caelius zu Tage, wo sie auf einer Strecke von 60 Passus
dicht bei der Porta Capena innerhalb der Servianischen Mauer das Thal
auf Bogen (opere arcuato) überschritt. Von da ging sie durch den Aventin,
wo ihre Reste in der Nähe der auf die Porta Raudusculana zuführenden
Strasse aufgedeckt worden sind, und hatte ihr Verteilungskastell hno Publicii
clivo ad portam Trigeminam (p. 205, Anm. 2). Beide Leitungen, sowohl die
Aqua Appia, wie die Augusts, kamen aus der Gegend der Via Prae-
nestina, die erstere zwischen dem 7. und 8. Meilenstein aus dem Ager
Luculianus, die zweite aus der Gegend des 6. Meilensteins.
2. Der Anio vetus (272 v. Chr.), aus dem Anio oberhalb Tibur,
43 Miglien von Rom; kurz vor Tibur zweigt sich von ihm eine für diese
Stadt bestimmte Leitung ab. Auch diese Leitung ist unterirdisch. Von
der Spes vetus an geht sie in nordwestlicher Richtung auf den Serviani-
schen Wall zu, den sie etwa 260 m südlich von der Porta Viminalis trifft.
Innerhalb des Walles wendet sie sich nach Süden und erreicht nach 200 m
die Piscina, von der aus sie sich in die Stadt verteilt. Von Agrippa
wurde sie gleich der Aqua Appia und der Marcia wiederhergestellt, die
Frontin 9 als damals paene dilapsos bezeichnet. Zwischen dem ersten und
zweiten Meilenstein geht von ihr eine Zweigleitung ab, der Specus
Octavianus, der bis zur Porta Latina zu verfolgen ist. Von da soll er nach
Frontin 21 in regionem Viae novae ad hortos Asinianos, unde per iUum trac-
tum distribuitur, gegangen sein. Da die bekannte Via nova bei den Cara-
*) Rosa, Relazione, 1873 p. 19. Ephem. epigr. I p. 218.
7. Der Osten Borne, b. Der Eaqnilin. (§ 117.)
317
callathermen erst von Garacalla angelegt worden ist (Vita 9, vgl. p. 341),
so ist unerfindlich, welche Strasse der über 100 Jahre vorher schreibende
Frontin meint; der Endpunkt der Leitung sowie die Horti Asiniani sind
demnach nicht zu lokalisieren.^)
3. Die Aqua Marcia, Tepula, Julia. Im Jahre 144 v. Chr. be-
kam der Prätor Q. Marcius Rex den Auftrag, die Appia und den Anio wieder-
herzustellen und eine dritte Wasserleitung zu bauen (Plin.N. H. XXXVI 121),
Diese Leitung, die Aqua Marcia, kommt aus dem quellenreichen Ge-
biet am oberen Anio zwischen der Via Valeria und der Via Sublacensis,
nach Frontin 3 Miglien vom 36. Meilenstein der Valeria und 200 Schritt
vom 38. Meilenstein der Sublacensis entfernt. Die Verdoppelung der Zu-
flüsse der Marcia erwähnt Augustus im Mon. Ancyr. IV, 11 {aquam quae
Marcia appeUatur duplicavi fönte novo in rivum eins immisso). Dasselbe
bestätigt die über der Porta Tiburtina befindliche Inschrift CIL VI 1244.
Frontin 7 schildert das Becken, in dem die Zuflüsse der Marcia sich
sammelten, als einen Teich von intensiv grüner Farbe (cohre perviridi).
Das Wasser war sehr kalt. Nero wagte es nach Tac. Ann. XIV 22 darin
zu baden und zog sich eine gefahrliche Krankheit zu. Eine Erneuerung,
wohl mehr der Leitung als der Zuflüsse, ist die Herstellung aus dem
Jahre 79 n. Chr.; vgl. CIL VI 1246 rivom aquae Marciae vetustate dilapsum refecit
et aquam quae in usu esse desierat, reduxit. Lanciani, Acque p. 72 führt
die Notwendigkeit dieser Wiederherstellung auf eine Überschwemmung
im Quellgebiet zurück. Eine Vermehrung der Quellen fand unter Cara-
calla im Jahre 212 n. Chr. statt. Auf der Inschrift über der Porta Tibur-
tina (CIL VI 1245) heisst es: aquam Marciam variis casibus impeditam pur-
gato fönte excisis et perforatis montibus restituta forma adquisito etiam fönte
novo Antoniniano in sacram urbem suam perducendam curavit. Das Wasser
war vortrefflich und das beliebteste Trinkwasser Roms (Vitruv VIU 3, 1 ;
Plin. XXXI 41; Frontin 91, 92). Die nach Frontin 7 mehr als 60 Miglien
lange Leitung ist etwa 54 Miglien unterirdisch. Auf Bogen über-
schreitet sie mehrere Flussläufe im Gebirge, geht durch das Gebiet von
Tibur und gelangt ungefähr vom 6.-7. Meilenstein der Via Latina an,
wo sie sich mit der Aqua Tepula und Julia traf, auf denselben Bogen-
reihen wie diese zur Porta Praenestina ad Spem veterem (CIL VI 1246 — 51).
Die Aqua Tepula wurde im Jahre 125 v. Chr. gebaut; ihre nicht
sehr reichlichen Zuflüsse stammen von den Abhängen des Albanergebirges,
etwa 2 Miglien südlich vom 10. Meilenstein der Via Latina; die ziemlich
hohe Temperatur des Wassers hat ihr den Namen der Lauwarmen ver-
schafft. Aus derselben Gegend, aber mehrere Miglien aufwärts aus der
Nähe von Grottaferrata im Albanergebirge, leitete Agrippa in seiner Aedi-
lität im Jahre 33 v. Chr. die Aqua Julia. Im Gegensatz zur Tepula
hatte sie reichliche Quellen und kaltes Wasser. Durch eine teilweise
Vermischung der beiden Leitungen führte man eine Ausgleichung in der
^) LANOimi, Acque p. 53 ff. nimmt an,
die Leitung endigte bei den Caracallatliermen
und habe auf dem Arcus Drusi, den er an
der Stelle annimmt, wo Via Appia und Latina
sich trennen, die Strasse überschritten.
318 B* Topographie von Rom.
Temperatur herbei. Von dem Bogenbau des gemeinsamen Laufes der drei
Wasserleitungen in drei Kanälen, zu oberst die Julia, dann die Tepula,
zu Unterst die Marcia, sind noch Reste vorhanden; die von Sixtus V neu
erbaute Acqua Feiice ruht zum Teil auf ihnen. Von der Porta Praenestina
anfangend sind sie bis zur Porta Tiburtina (auf dieser die oben erwähnten
Inschriften CIL 1244—46 über die Wiederherstellungen des Augustus,
Caracalla und Titus) in die Aurelianische Mauer aufgenommen, von da an
gingen sie innerhalb der Mauer in nordwestlicher Richtung und endeten an
der Nordecke der Diokletiansthermen (p. 294). Ein Zweig der Julia ging von
der Porta Tiburtina zu dem als Trofei di Mario bekannten Prachtbrunnen. —
Die Marcia wurde auf das Kapitel geleitet; hier stand auch die Bildsäule des
Erbauers Q. Marcius Rex. Durch eine besondere südlich von der Porta
Tiburtina sich von ihr abzweigende Leitung, den Rivus Herculaneus,
wurden Caelius und Aventinus mit Wasser versorgt (auch die Julia lieferte
nach Frontin von der Spes vetus aus Wasser für den Caelius). Der
Rivus Herculaneus ging über die Porta Capena fort nach dem Aventin
hinüber, daher das Thor bei Juvenal 3, 11 madida Capena genannt wird (der
arcus stiUans ante septemsolium des Einsiedler Itinerars). Nach An-
lage der Aqua Claudia verfiel die Cälische und Aventinische Leitung,
Frontin 76: {Caelius et Aventinus) priusquam Claudia per duceretur, utebantur
Marcia et Julia. Sed postquam Nero . . . Claudiam . . . usque ad templum
Divi Claudii perduxit, priores non ampliatae sed omissae sunt. EJs
heisst dann (Frontin 87), dass wegen dieser Vernachlässigung der
älteren Leitungen der Aventin und Caelius Not litten, so oft eine Aus-
besserung an der Claudia vorgenommen werden musste, bis Trajan die
alten Leitungen wiederherstellte: in primis Marcia reddita ampliore opere
a Caelio in Ävenfinum usque perducitur. Es ist möglich, dass einer der
Strassenbogen, auf denen die Leitung das Thal zwischen Caelius und
Aventin überschritt, der in der Regionsbeschreibung genannte Arcus
Divi Traiani ist. Ob zu dem Rivus Herculaneus die beiden Bogen des
Dolabella und Silanus auf den Caelius und des Lentulus und Crispinus
beim Forum boarium *) gehören, ist unsicher. Ersterer, noch erhalten, stammt
aus dem Jahre 10 n. Chr., letzterer, nur durch Beschreibung bekannt, aus
dem Jahre 2 n. Chr. Sie müssen völlig gleich gewesen sein, auch die In-
schriften (CIL VI 1384, 1385) sind gleichlautend und beziehen sich trotz der
zeitlichen Verschiedenheit oflFenbar auf eine und dieselbe Anlage, die wohl
nichts anderes als eine Wasserleitung gewesen sein kann. Biondo, Roma
inst. I 18 bezeugt überdies von dem Bogen des Lentulus, er habe nicht
allein gestanden, sondern sei Teil einer Bogenreihe gewesen. — Von
der Aqua Marcia zweigte sich auch eine Leitung ab, die als besondere
Wasserleitung unter dem Namen Aqua Antoniniana in der Regions-
beschreibung, aufgeführt wird. Es ist dies die Leitung, welche die nach CIL
VI 1245 von Caracalla acquisito fönte novo Antoniniano in die Aqua
Marcia hineingeleiteten Wassermassen der Hauptleitung wieder zum 6e-
0 üeber deD Standort dieses Bogens { Kirche S. Maria in Cosmedin nach dem
vgl. CIL vi 1385. Er stand nach den "dort | Aventin su.
zusammengestellten Notizen südlich von der
Taf. 15.
Aqua Claudia und Anio novus.
J
*N
^
^fll
f a,ji
t T*^-^
E
^^^^
^
^m
11
1
'^^T'
^
1
ll
UM
■ C^^
y
li
?|
1~ i
^^^^
H
1 PI
Ifl
1 ^ ^
^1
bU
V - ■
^
'^rr^n^H
^'HiS
F Fi
iW
H
l^
^J
gn^H
LJm
■H
38
qV
1
1
i
^^^^K/^^^H
1
■
Aqaa Claadia and Anio novns.
7. Der Osten Borns, b. Der Esqailin. (§ 117.)
319
brauch seiner Thermen entzog.*) Wegen gänzlicher Zerstörung der
Hauptleitung an der betreffenden Stelle ist schwer zu bestimmen, wo sie
sich abzweigte, doch scheint der Punkt ungefähr 3Va Kilometer von der
Porta Praenestina, in der Nähe der Porta Furba, eines Strassenbogens
der Aqua Feiice, zu suchen zu sein. Spuren der Leitung sind zu ver-
schiedenen Zeiten gefunden. Sie überschreitet die Via Appia auf dem
gewöhnlich fälschlich Arcus Drusi genannten Strassenbogen innerhalb
der Porta Appia (S. Sebastiane), von dieser nur wenige Schritte, von der
Porta Capena eine Miglie entfernt. Von hier ist die Leitung, die auf
Bogen, von denen eine Anzahl noch in der Nähe der Via Appia erhalten
ist, weitergeführt wurde, bis zur Südwestseite der Thermen, wo sich die
Piscina befand, zu verfolgen. Das Einsiedler Itinerar nennt diese Leitung,
die er ganz genau bezeichnet, Forma Jovia {inde ad portam Appiam, ibi
forma lovia quae venit de Marsia [= Marcia^ et currit usque ad ripam.
Danach ist die Leitung von Diokletian wiederhergestellt worden, aber nicht
sie allein, sondern offenbar die Aqua Marcia mit allen ihren Zweigleitungen
(vgl. Lanciani, Acque p. 106, 107).
4. Die Aqua Claudia und der Anio novus. Nach Frontin 13 be-
gann Caligula im zweiten Jahre seiner Regierung, 38 n. Chr., den Bau der
beiden Wasserleitungen, die erst unter Claudius im Jahre 52 n. Chr. voll-
endet und am I.August dieses Jahres dediziert wurden. Die Aqua Claudia
kam aus dem grossen Quellgebiet an der Via Sublacensis, aus dem auch
die Aqua Marcia kam, aus zwei Quellen in der Gegend des 38. Meilen-
steins, dem Föns Caeruleus undCurtius: ex fontibus duobus amplissimis et speci-
osis, Caerulo, qui a similitudine appellatus est, et Curtio (Front. 14). Eine dritte
Quelle, der Föns Albudinus, diente sowohl dieser Leitung, als auch der Marcia,
quotiens opus est. Frontin gibt die Länge der Leitung auf 46 406 Passus,
dagegen die Inschrift auf der Porta Maggiore CIL VI 1256 auf 45 000 an.
Etwa 10000 Passus läuft die Leitung oberirdisch auf Bogen {opus arcua-
tum), der Rest ist unterirdisch. Obgleich der Bau vierzehn Jahre in An-
spruch genommen hat, scheint er doch nicht mit der nötigen Sorg-
falt ausgeführt zu sein, denn kaum 20 Jahre später, im Jahre 71 n. Chr.,
stellte Vespasian aquas Curtiam et Caeruleam perdudas a divo Claudio et
postea intermissas dilapsasque per annos novem wieder her (CIL VI 1257),
und nach abermals zehn Jahren, 81 n. Chr., musste Titus grosse Wiederher-
stellungsarbeiten im Quellgebiete unternehmen: cum a capite aquarum a
solo vetustate dilapsae essent, nova forma reducendas curavü (CIL VI 1258).
Mit der Anlage des Anio novus ging man soweit den Fluss hinauf, wie
irgend thunlich. Er wurde beim 42. Meilenstein in Simbruino, d. h. dicht
bei Subiaco {Sublaqueum)*) am linken Ufer aus dem Fluss abgeleitet;
gleich am Anfang ging das Wasser, um sich von Schlamm etc. zu reinigen,
durch eine Piscina limaria. Ausserdem wurde eine in der Gegend der
Zuflüsse der Aqua Claudia entspringende Quelle, der Rivus Herculaneus
^) Einen ähnlichen Ureprong mag die
nur in der Region sbeBchreibung genannte
Aqua Severiana, die wohl zu den Thermen
des Severus führte, gehabt haben.
*) Tac. Ann. XI 13 (Claudius) fontes
aqitarum Simhruinis coUibus dedtictos urbi
intiUit. Ann. XIV 22 Simbruina stagna in
Villa, cui Sublaqueum nomen est.
320 B. Topographie you Born.
über den Fluss und in den Anio novus geleitet. Nichts desto weniger
blieb das Wasser trübe, bis Trajan ein Mittel fand, der Leitung klares
Wasser zuzuführen. Nero hatte in seiner Villa Sublaquensis drei Teiche
angelegt, die aus dem Anio oberhalb Subiaco, wo das in Felsbetten laufende
Wasser klarer war, als unterhalb Subiaco, gespeist wurden. Trajan
schnitt den Anio novus ganz vom Flusse ab und leitete das Wasser
dieser Teiche, das nach Frontin 93 an Schönheit dem der Marcia nichts
nachgab, es aber an Fülle übertraf, in ihn hinein. Die Länge der
Leitung betrug 58 700 Passus, davon liefen 9400 auf Bogen, das übrige
war unterirdisch. — Die Aqua Claudia und der Anio novus gingen
beide das Aniothal entlang, die erstere auf dem rechten, der andere auf
dem linken Ufer. Bei Vicovaro ( Varia) überschritt die Aqua Claudia den
Fluss auf einem hohen Yiadukt, so dass jetzt beide Leitungen (gleich der
Aqua Marcia und dem Anio vetus) auf dem linken Ufer nebeneinander
herliefen. Reste der beiden Leitungen sind an vielen Stellen im Gebirge
erhalten, namentlich imposant sind die Bogen, auf denen der Anio novus
läuft. Vom 7. Meilenstein an vereinigen sich die beiden Leitungen und
laufen auf hohen Bogen bis zu ihrem Endpunkt post hortos Paüantianos^
der Anio novus über der Aqua Claudia. Von dieser berühmten Bogenreihe
sind grosse Strecken noch erhalten. Sie sind zum grössten Teil aus Peperin-
quadern gebaut mit etwas Tuff dazwischen (vgl. Taf. 15). Man bemerkt an
ihnen Restaurationen in Ziegeln aus Severianischer Zeit, und spätere, sehr
schlechte aus dem 4. Jahrhundert und aus der Zeit Theodorichs. Die Pfeiler
haben eine Dicke von 3,705 X 3,50 m und stehen durchschnittlich 5,48 m
von einander ab. Die Höhe der Pfeiler beträgt 16,85 m, mit den Bogen
und den Leitungskanälen erreicht der Bau eine Qesamthöhe von mehr als
27 m. Die Quadern haben zum Teil eine bedeutende Grösse, z. B. 2,51 X
0,86 X0,62m.^) Im 6. Jahrh. wurden die langen Reihen der Aquädukte
von den Goten zerstört. Es ist indessen sicher, dass diese nicht mehr an
ihnen zerstört haben, als dazu gehörte, Rom das Wasser abzuschneiden.
Die stellenweis totale Zerstörung der langen Reihen ging von den Be-
sitzern in der Campagna aus, die hier billiges und bequem zu erreichen-
des Baumaterial fanden, auch haben sich die Architekten des Papstes
Sixtus V hier gütlich gethan. — Die Leitung ist bei dem am weitesten
nach Osten ausspringenden Winkel der Aurelianischen Mauer zwischen
S. Croce in Gerusalemme und der Porta Maggiore in die Stadtbefestigung
aufgenommen, die noch jetzt wohlerhaltenen Pfeiler stehen im Innern, so
dass die Leitung von aussen nicht sichtbar ist. Auf der zweithorigen
Porta Maggiore überschreitet sie die Via Praenestina-Labicana, verlässt
dann die Mauer und erreicht nach kurzem Laufe ihr Verteilungskastell
250 m nordwestlich vom Thor. Noch ehe die Leitung die Porta Maggiore
erreicht, zweigen sich von ihr die Arcus Caelemontani ab, die fast in
ihrer ganzen Länge von mehr als 2000 m noch erhalten sind. Sie gehen
hinüber nach dem Caelius und sind bis auf den dem Golosseum gegenüber-
liegenden Vorsprung des Berges, auf dem später das Templum Divi
^) Die Messangen sind an dem schönen I Fiscale genommen. Vgl. Lanciahi Acqae
Stück zwischen Roma vecchia und Torre | p. 147.
Taf. 16.
I. Porta Praenestina (P. Maggiore).
2. Reste der Neronischen Wasserleitung.
7. Der Osten Born«, b. Der Esquilin« (§ 117.) 321
Claudii errichtet wurde, zu verfolgen. Sie sind von Nero gebaut
worden, offenbar zu dem Zwecke, das stagnum des goldenen Hauses
(p. 165) mit Wasser zu versorgen; das Wasser stürzte in breitem Falle
von der Höhe des Berges in die Tiefe. Diese Neronische Leitung ist
von dem vollendetsten Ziegelbau, den es auf Römischem Boden gibt.
Die Pfeiler sind 2,30 X 2,10 m stark, und erheben sich bis zu 16 m, die
Bogen sind im Lichten 7,75 m breit. Im Jahre 201 haben Severus und
Garacalla nach CUj VI 1259 (gefunden an der Leitung beim Lateran) arcus
Caelemontanos plurifatiam vetustate conlapsos et conruptos a solo wieder her-
gestellt. Ihre Thätigkeit ist noch wahrzunehmen; sie haben jeden Pfeiler
durch Anbauten auf beiden Seiten bis auf 4,60 m verstärkt und dadurch die
lichte Öffnung von 7,75 m auf 5,45 m vermindert (Taf. 16, 2). Überall, wo die
Arcus Gaelemontani Strassen überschritten, waren sie besonders ausge-
schmückt. Man kennt mindestens sechs solcher Übergänge, zwei davon
in der Nähe der Porta Maggiore, der dritte ist der im Mittelalter als
Arco di Basile {arcus lohannis Basüidis) bekannte Bogen, der die vom
Golosseum zum Lateran führende Strasse dicht vor ihrer Einmündung in
die Via Merulana überspannte, zwei sind nicht weit von S. Stefano rotondo,
und der sechste ist der Bogen des Dolabella und Silanus, der schon vor-
her als Übergangsbogen einer Wasserleitung gedient hatte (vgl. p. 318).
Es scheint, dass die oben erwähnte Inschrift mindestens an dreien dieser
Strassenübergänge angebracht war; an dem Übergang zunächst Porta Maggiore
sieht mau noch die Vertiefung im Ziegelwerk, in der die Inschrifttafel
sass. Für die Kenntnis des Strassensystems im Osten Roms sind diese
Strassenbogen von grosser Wichtigkeit. — Nach Neros Tode und nach
Zerstörung resp. Umbau seines goldenen Hauses wurde die Neronische
Leitung teils für die Bewohner des Gaelius nutzbar gemacht, teils wurden
Fortsetzungen derselben auf den Aventin und den Palatin hinübergeführt.
Die Aventinische Leitung zweigte sich auf der Piazza della Navicella ab.
Wie sie das Thal der Porta Capena überschritt, ist unbekannt, sie endete
bei S. Prisca. Von der Leitung auf den Palatin sind noch Reste von
Bogenleitungen aus der Zeit des Severus in dem Thal zwischen Caelius
und Palatin vorhanden, die offenbar zur Versorgung des Severianischen
Palastes mit Wasser dienten, aber die Hinüberleitung hat schon zur Zeit
der Flavier stattgefunden, nach den Resten zu schliessen gleichzeitig mit der
Erbauung des aus Flavischer Zeit stammenden Hippodromus (vgl. Taf. 12).
5. Die Aqua Alexandrina, erbaut von Alexander Severus (222
bis 235 n. Chr.), erwähnt die Vita Alex. 25: opera veterum prineipum
instauravit, ipse nova multa constituit, in his thermas nominis sui iuxta
eas, quae Neronianae fuerunt, aqua inducta, quae Älexandriana nunc
dicitur. Das Verdienst, diese Wasserleitung entdeckt und nachgewiesen
zu haben, gebührt Fabretti (de aquis p. 50 ff.). Ihr Sammelgebiet befindet
sich etwa 17 km von der Porta Praenestina entfernt im Gebiete des alten
Labicum, zwischen den Hügeln von Sassobello und Montefalcone, dem
Quellgebiete des Flüsschens Osa, das nach Norden fliessend sich in den
Anio ergiesst. Es ist dasselbe Gebiet, zum Teil auch wohl dieselben
Quellen, die jetzt die von Sixtus V. angelegte Aqua Feiice speisen. Die
Handbuch der klaas. AltertmnHWlflBeiMchalt. UI, 8, B. 2. Aufl. 21
322
B. Topographie Yon Born.
Leitung ist in zahlreichen Resten bis zur Vigna Certosa, 8 km vor der
Porta Maggiore, erhalten, von da an ist ihr Lauf unsicher. Sie war so
niedrig angelegt, dass nach dem ziemlich regelmässigen Falle von ihrem
Ursprung an sie die Porta Maggiore 3,18 m unter der gegenwärtigen Sohle der-
selben erreicht haben muss. Aus diesem Niveauverhältnis ergibt sich, dass
der grosse Prachtbrunnen, der unter dem Namen der Trofei di Mario be-
kannt ist, nicht von der beinahe 19 m niedrigeren Aqua Alexandrina ge-
speist worden ist, sondern vielmehr von der Aqua Julia, deren Niveau
bei der Porta Maggiore 0,289 m über dem Boden des Kanals liegt, der ihn
mit Wasser versorgte. Die bekannte Ruine, die übrigens kein Wasser-
kastell ist, denn bei den die ganze Gegend umfassenden Nachgrabungen
in den Jahren 1873 — 1877 ist keine Spur von Röhrenleitungen gefunden,
wie sie sonst von Kastellen auszugehen pflegen, sondern ein grosser, im
Scheitelpunkt zweier spitzwinklig sich treffender Strassen errichteter mono-
mentaler Brunnen, dessen Wasser vermutlich in ein niedriger gelegenes Kastell
abfloss, ist so genannt, weil in den Nischen derselben die erst von Sixtus Y
im Jahre 1587 von ihrem ursprünglichen Standort entfernten, jetzt auf der
Balustrade des Kapitolsplatzes aufgestellten Trophäen sich befanden. Ihre
Zurückführung auf Marius und die Benennung des Gebäudes als CUmbrum
in den Mirabilien etc., an der das Mittelalter festhielt, ist grundlos; aber
sie ist wohl älter als die Mirabilien und vermutlich von wirklichen Marius-
trophäen, die sich auf dem Esquilin befanden, aber zu Grunde gegangen sind,
auf diese übergesprungen. Die erhaltenen Trophäen stammen nach ihrem Stile
wie nach der am Fusse der einen von ihnen erhaltenen Inschrift aus der Zeit
des Domitian. Der Bau selbst aber ist jedenfalls noch später. Das Mauer-
werk weist auf die Zeit des Septimius Severus und könnte eventuell auch
in die Zeit des Alexander Severus gesetzt werden. In einem Ableitungs-
kanal des Baues haben sich freilich Ziegelstempel aus Hadrians Zeit ge-
funden, aber ein späterer Restaurationsbau kann sehr wohl sich eines
älteren Kanals bedient haben. Dass aber Alexander Severus diesen Brunnen
wenn nicht erbaut, so doch restauriert hat, geht aus Münzen aus seinem
zweiten Konsulate hervor, auf denen er dargestellt ist. Man sieht darauf
die Trophäen in denselben Nischen, aus denen sie Sixtus V hat entfernen
lassen. 1) Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass dieser Brunnen das in
der Regionsbeschreibung genannte Nymphaeum Divi Alexandri war.
Freilich kommen dafür noch zwei andere Nymphäen in Betracht, die
'Minerva Medica', so genannt, weil die Regionsbeschreibung einen Tempel
der Minerva Medica nennt, und bei der Ruine angeblich die Statue der
Minerva Giustiniani gefunden ist, die sich jetzt im Braccio nuovo des
Vatikan befindet,"^) ein zehneckiger Kuppelbau aus später Zeit, der jeden-
falls ein Nymphäum gewesen ist und in den Gärten des Esquilin lag, und
das von Fl. Vacca in der Villa Altieri südlich von der Via Praenestina-
') Ueber eine Inschrift, die möglicher-
weise mit dem Bau zusammenhängen könnte,
aber aas noch späterer Zeit stammt, vgl.
Rom. Mitt. 1899 p. 255 ff.
*) Hblbio, Führer P p. 30 ff. Im Mittel-
alier hiess die Ruine Terme di Galluccio,
später le Galluzze, was man fiüschlich
mit einer Basilica oder Porticus Gai et
Lud in Verbindung gebracht hat (vgl. p. 84
Anm. 3).
7. Der Osten Roms. b. Der Esqmlin. (§§ 118—119.) 323
Labicana aufgedeckte Nymphäum, in dessen einer Nische eine Yenusstatue
stand. Für letzteres würde sprechen, dass die Niveauverhältnisse an-
zunehmen gestatten, dass es von der Aqua Alexandrina gespeist wurde.
Litteratur: R. Lanoiami, I commentarii di Frontmo intorno le acque e gli aque-
dotti. Silloge epigrafica aquaria, Memoria dell' accademia dei Lincei IV p. 215— 614 mit
9 Tafeln, auch separat mit besonderer Seitenzahl 1 — 399 erschienen. Die neueste Sammlung
der im zweiten Teil der Ajrbeit enthaltenen Inschriften der Fistolae aquariae befindet sich
in dem von H. Dbbssbl herausgegebenen CIL XV p. 906 ff., 7235 -7918.
118. Bauten auf dem Cispins. Der älteste Tempel des Esquilin
und zugleich der einzige auf dem Gispius, von dem wir Kunde haben,
ist die in der Argeerurkunde genannte Aedes Junonis Lucina e.
Es heisst dort, das sechste Sacrarium der Regio Esquilina habe apud
aedem Junonis Lucinae, ubi aeditimus habere solet gestanden. Die Stelle
des Tempels auf der Westspitze des Mens Gispius (vgl. Tafel 3 und
p. 39 ff.) ist danach sicher. An Ort und Stelle oder jedenfalls nicht
weit davon ist die Inschrift GIL VI 358 gefunden, die von einer im
Jahre 41 v. Ghr. vorgenommenen Herstellung oder Wiederherstellung
eines murus Junoni Lucinae. zeugt (Eckhel 7, 99). Reste des Tempels
existieren nicht; es müsste denn sein, dass eine von Gatti, Bull. com.
1889 p. 40 publizierte Inschrift richtig als auf ein Weihgeschenk an
die Juno bezüglich gedeutet wird. Er war nach Plin. N. H. XVI 235
im Jahre 375 v. Ghr. in einem dichten Haine gegründet, der sich nach
Ovid. Fast. II 435 fif. von der Spitze des Berges in das Thal hinabzog
und in dem ein uralter von Plinius auf das Alter von 500 Jahren ge-
schätzter Lotosbaum stand; vgl. Varro LL V 49. Der Gründungstag des
von Frauen gestifteten Tempels (Ovid. Fast. III 247 f.; Fest. ep. p. 147)
war der 1. März. An diesem Tage wurden hier die Matronalia gefeiert (GIL
P p. 310), auf die Horaz in seiner bekannten Ode lU 8 Martiis caelebs
quid agam Kalendis anspielt. Der Tempel scheint bis zum Ausgang des
Altertums bestanden zu haben.
119. Bauten auf dem Oppius. 1. Die Aedes Telluris. Sie lag
auf dem äussersten Westabhang des Mens Oppius, den Carinae, nach
Dionys. VHI 79 xard trjv inl Kagiraq ifäqovaav oiov. Die Lage in
Carinis ergiebt sich auch aus Sueton de ill. gramm. 15, wo es von
Lenaeus, dem Freigelassenen des Pompeius, heisst: docuit in Carinis ad
Telluris. Über die Gründung des Tempels im Jahre 270 v. Ghr. durch
P. Sempronius Sophus berichtet Florus Ep. I 14 aus dem Kriege gegen die
Picenter: domiti ergo Picentes et caput gentis Asculum Sempronio duce, qui
tremente inter proelium campo Tellurem deam promissa aede placavü. Ob
dieser Tempel der erste an der Stätte gebaute war, ist zu bezweifeln.
Nach Gicero de domo 38, 101 wurde er an der Stelle des niedergerissenen
Hauses des Hochverräters Sp. Gassius (485 v. Ghr.) erbaut: domus . . .
eversa . . . atque in eo loco aedes posüa Telluris (ebenso Val. Max. VI 3, 1).
Nach Dionys. VIII 79 und Liv. II 41 lag die Area, auf der das Haus gestanden
hatte, vor dem Tempel der Tellus (xai fie'xQ'^ tovie arehai 6 xonoq av%}^c
ai&Qiog i^(o rov r€(6 %r-g Ff^g, ea est area ante Telluris aedem) und war
der mit der Tellus verwandten Geres gewidmet worden. Nach Dionys
wurden dort eherne Bildsäulen zu Ehren der Demeter errichtet, bei Livius
21*
324 B. Topographie Yon Born.
wird das ganze Besitztum der Geres gewidmet und ein Signum gemacht
mit der Aufschrift: ex Casaia familia daium. Die gemeinsame Verehrung der
Tellus und der Geres in Carinis ergibt sich auch aus den Praenestiner Fasten
zum 18. Dezember (GIL I^ p. 336 f.). 0 ^^^ Auffassung, dass die Area des
Hauses des Gassius zu der Area des Tellustempels hinzugezogen worden ist,
teilt Plinius N. H. XXXIV 30. Nach ihm müsste der Tempel der Tellus
überhaupt älter als Sp. Gassius gewesen sein. Es ist bei ihm die Rede von
einer Statue, quam apud aedem Telluris statuisset sibi Sp. Gassius, qui
regnum adfectaverat, und die im Jahre 158 v. Ghr. eingeschmolzen wurde.
Erwähnt wird der Tempel von Plutarch Sulla 9 in den Kämpfen zwischen
Sulla und Marius.
Eine Restauration des Tempels scheint Q. Gicero, des Redners Bruder,
der eine Zeit lang neben dem Tempel wohnte,^) vorgenommen zu haben. Nach
Gicero de har. resp. 14, 31 dürfte Quintus dabei sein eigenes Besitztum auf
Kosten der Tempelarea vergrössert und das auf derselben befindliche
magmentarium Telluris verbaut haben {nunc sanctissimam partem ac sedem
maximae religionis private dicunt vestibulo contineri). Cicero selbst setzte
vor den Tempel eine Statue seines Bruders, vgl. ad Q. fratr. HI 1, 14 (aus
dem Jahre 54 v. Ghr.). Vielleicht lagen in der Nähe des Tempels die in
der Notitia Reg. IV neben ihm genannten Horrea chartaria. Gleichfalls
in Carinis und nicht weit vom Tempel der Tellus lag das Haus des Pom-
peius (Sueton de ill. gramm. 15, Tiber. 15). Nach Gic. Phil. 1128,68 und
Vita Qord. 3 war es mit Schiffschnäbeln geschmückt, die also aus dem See-
räuberkriege stammten. Glodius drohte (Gic. de har. resp. 23, 49) velle se in
Carinis aedificare alteram porticum, quae Palatio responderet, d. h. er wolle des
Pompeius Haus ebenso niederreissen wie das des Cicero (p. 143). Nach dem
Tode des Pompeius ging es in den Besitz des Antonius über, worauf der
Witz des Sextus Pompeius geht, der bei Misenum Antonius und Caesar
auf seinem Schiffe zu Gaste hatte und nach Voll. II 77 äusserte: in carinis
suis se cenam dare (vgl. Dio Cass. XL VIII 38, Aur. Vict. de vir. ill. 84). Die
Nähe des Hauses am Tellustempel war auch der Grund, dass Antonius hierher
den Senat berief (Appian. b. c. II 126; Dio Cass. XLIV 22; Gic. Phil. 1 13, 31).
Später ist das Haus in kaiserlichen Besitz übergegangen, Tiberius wohnt«
hier (Suet. Tib. 15) eine Zeitlang nach seiner Rückkehr aus Rhodos, bevor
er in die ruhiger gelegenen Gärten des Maecenas übersiedelte. Im 3. Jahr-
hundert n. Chr. war es im Besitz der Familie der Gordiane. Die Vita
Gordiani 3 beschreibt ein darin befindliches Kolossalgemälde, welches die
^) Elter, Fonna urbis I p. 9 ist aaf | der beiden Tempel mit dem 13. Dezember
Grund des Stadtplanfragmentes Form. ürb. 1 6, i stimmt. Die üeberlieferong weiss Ton einem
welches zwei parallel nebeneinanderliegende, I Tempel der Ceres nichts, in Tellure ist aber
offenbar gleichartige Tempel mit den beiden 1 der Name eines Yicns {Tellurenses in der
im rechten Winkel zu einander stehenden Bassus-Inschrift); die Inschrift hat ihrer
Inschriften: in Tellure und aedes zeigt, ge- I Stellung nach mit den Tempeln nichts za
neigt anzunehmen, dass hier die Tempel der
TeUus und der Ceres dargestellt sind, also
Doppeltempel, wie die des Jupiter und der
Juno in der Porticus Octaviae oder die des
Honos und der Virtus vor der Porta Capena,
thun.
^) Cicero ad Quint. fratr. 11 3, 7. Damus
tibi ad Iticuin Pisonis Liciniana (unbe-
kannter Lage) conducta est; . . . tuam in
Carinis mundi habitatores Lamiae con-
da die von ihm angenommene Orientierung { duxerunt.
7. Der Osten Borns, b. Der EequUin. (g 119.) 325
Tiere darstellte, die Gordianus zu seinen Spielen hatte nach Rom kommen
lassen. ^) — Die genaue Lage der Aedes Telluris und der mit ihr zusammen-
hängenden Gebäude ist nicht bekannt. Es steht nur im allgemeinen fest,
dass sie nicht weit von der Eirche S. Pietro in Vincoli gelegen hat. Die von
Lanciani, der früher glaubte, sie hätte unter Tor dei Conti (p. 308) gelegen,
im Bull. com. 1892 p. 33 ff. für ihre Lage angeführten Gründe, erstens
eine um 1550 gemachte Ausgrabung bei der Eirche S. Andrea in Portogallo
an der Via del Colosseo und dann der Name der Eirche S. Salvatore in
Tellure, die bei S. Pietro in Vincoli gelegen haben soll, sind beide wenig
stichhaltig, da der Bericht über die Funde bei der Ausgrabung lediglich
auf dem Zeugnisse Ligorio's beruht, und der Beiname jener Eirche vor
dem 16. Jahrhundert nicht nachweisbar ist.
2. Die Praefectura urbana. Über Zeit der Gründung etc. dieses
Amtslokals und Archivs der Stadtpräfekten sind wir sehr unvollkommen
unterrichtet. Die Entstehung der Stadtpräfektur als stehender Einrichtung
stammt aus der Zeit des Tiberius. über ihre allmähliche Entwicklung
siehe Mohhsen, Staatsrecht II ^ p. 1059 ff. Über die Lage der Praefectura
Urbis geben lediglich die Funde von Inschriften Eunde. Danach lag sie
unweit des Tempels der Tellus oberhalb desselben zwischen den Trajans-
thermen und der Eirche S. Pietro in Vincoli, genauer auf dem von den
Strassen S. Pietro in Vincoli, della Polveriera, del Colosseo und dell' Agnello
umgrenzten Terrain. Zunächt wurden hier in den Jahren 1589 und 1873 an
derselben Stelle, 'nella crocevia di s. Pietro in vincula dl colisio', also sicher am
ursprünglichen Orte, mehrere Marmorbasen gefunden (CIL VI 1656 a.b.c;
vgl. 1166, 3791), denen möglicherweise andere von Präfekten errichtete
Ehrenbasen, deren Fundort nicht bekannt ist, zuzuzählen sind; es er-
giebt sich daraus, dass hier im 4. Jahrhundert n. Chr. von den Stadt-
präfekten den Eaisern Ehrendenkmäler gesetzt worden sind. Es ist
ferner hier gefunden das Edikt des Turcius Apronianus aus dem Jahre
363/64 über den Verkauf von Schlachtvieh (CIL VI 1770) und die Frag-
mente von Edikten des Stadtpräfekten Tarracius Bassus, von denen andere
Stücke in der Basilica Julia, zu deren Ausbesserung sie verwendet worden
waren, gefunden wurden. Sie enthalten die Namen vinariorum, qui sibi
pecuniam contra disciplinam Bomanam vindicare consueverantJ) Diese Edikte,
Marmorkopien der im Archiv der Präfektur befindlichen Aktenstücke,
waren in einer Portikus aufgehängt. Möglicherweise ist das dieselbe
Portikus, die in der Inschrift von Skaptoparene (Athen. Mitt. 1891 p. 267 ff.)
erwähnt wird; das kaiserliche Reskript auf die Bittschrift war in porticu
thermarum Traianarum angeschlagen, was dann bedeuten müsste: ,bei den
Trajansthermen'. — Ein Verzeichnis der einzelnen Teile der Präfektur giebt
eine auf demselben Terrain unweit der Trajansthermen in zwei Stücken
zu verschiedenen Zeiten gefundene Inschrift (Bull. com. 1882 p. 161; 1892
0 Cicero Farad. VI 3, 50: M\ Manüiua ' 1891 p;849 ff. behandelten Fragmente sind
patrum nostrorum memoria . . . hdbuit • . . | topographisch von Interesse, da den Namen
ftediculas in Carinis et fundum in Läbicano; der Bestraften auch die Wohnungen beige-
no8 igitur divitiores, qui plura habemiM ? fttgt sind, und sie nach den Strassen ge-
^) Die von Gatti, Bull. com. 1891 p. 342 ff. nannt werden, darunter befinden sich auch
herausgegebenen und von Hülsen, Bull. com. die oben p. 824 erwähnten Tellurenses.
326 B. Topographie von Born.
p. 30 flf.). Sie nennt: porticum scriniis Tellurensis secretarii tribunalibvs
adhaerentem. Die scrinia waren das Archiv; so heisst es in der Vita
Aureliani 9 von einem Briefe des Valerianus: quam ego ex scriniis
praefecturae urbanae protuli; das secretarium war das eigentliche Amts-
gebäude und die tribunalia waren der Saal, in dem der Präfekt seine
Jurisdiktion ausübte. Die Bezeichnung des Amtshauses als TeUurense
zeigt, dass es an der Strasse in TeUure {TeUurenses Bull. com. 1891
p. 344) lag.
Litteratur: Mommsbn, Staatsrecht II' p. 1059 ff. Lanciahi, Gli edifidi della pre-
fettura Romana fra la Teilare e le terme di Tito e di Trajano, Bull. com. 1892 p. 19 ff.
3. Die Porticus Liviae. Am Nordrand des Oppius lag am Clivus
Suburanus das Haus des Vedius Pollio, berühmt durch seine Pracht und
seine Ausdehnung. Ovid. Fast. VI 640 nennt es eine immensa domus und
schildert es mit den Worten: urbis opus domus una fuü spcUiumque tene-
bat, quo brevius muris oppida multa tenent. Vedius PoUio war durch seinen
ungeheuren Reichtum, seine Verschwendungssucht und Grausamkeit stadt-
bekannt (vgl. die Erzählung bei Dio Gass. LIV 23), er vermachte in seinem
prahlerischen Testamente u. a. dem Augustus sein Haus auf dem Oppius.
Augustus liess es niederreissen, nach Ovid a. a. 0., weil sein Luxus schäd-
lich wirkte, nach Dio Gass. a. a. 0., um das Andenken des Mannes zu tilgen,
und errichtete auf dem so gewonnenen Baugrunde die Porticus Liviae
(Suet. Aug. 29). Die Erbauung der Porticus wird von Dio Gassius unter dem
Jahre 15 v. Ghr. bei Gelegenheit des Todes des Vedius PoUio erzählt, er
fügt aber hinzu tovto fih' ovv vateQov enoh^tre, dediziert wurde das T€fjLävi<rfia
t6 Aioviov im Jahre 7 v. Ghr. (Dio Gass. LV 8). Nach Ovid Fast. VI 637 f.
stand mit der Porticus Liviae eine von Livia gegründete Aedes Goncordiae
in Verbindung, Stiftungstag am 11. Juni. Fragment 9 u. 10 des Kapitoli-
nischen Stadtplanes geben ein hinreichend deutliches Bild der Portikus; sie
bestand aus einer 115 X 75 m (Massstab des Stadtplans 1 : 250 angenommen)
grossen rings ummauerten Area mit abwechselnd rechteckigen und halbrunden
Nischen, umgeben von einer doppelten Säulenreihe. An der nördlichen
Schmalseite führte vom Glivus Suburanus her eine über 20 m breite Treppe
in das Innere, wie es scheint, der einzige Eingang. In der Mitte scheint
ein Wasserbassin gewesen zu sein, der Tempel der Goncordia aber be-
findet sich innerhalb der Portikus nicht. Die Lage der Portikus an der
angegebenen Stelle ist verbürgt durch die Entdeckung Lancianis (Bull,
com. 1886 p. 272), dass das Fragment 109, welches einen Teil der Trajans-
thermen darstellt, die ihrer Lage nach bekannt sind, zugleich auch einen
Teil der einen Schmalseite der Porticus Liviae enthält, also mit Fragm.
9 und 10 zusammengehört. — Die Portikus wird mehrmals erwähnt, bei
Ovid A. a. I 71 und bei Strabo V 3, 8 als beliebter und prachtvoll aus-
gestatteter Spaziergang. Plinius N. H. XIV 11 erwähnt einen wunderbaren
W^einstock daselbst, welcher subdiales ambulationes umbrosis pergulis opacat,
eadem duodenis musti amphoris fecunda. Nach Dio Gass. LXVIII 10 sprach
Trajan hier Recht.
4. Thermae Titi et Traiani. Über die Gründung der Thermen
des Titus wird von Sueton Tit. 7 berichtet: Amphitheatro dicato thermisque
Taf. 17.
[■
■i THERMAE TITl i --^K// / / j ^/ ///l'
I ^ I Y-v^^muß^
■"'INI.'
"^TTTT
Thennae Titi et Traiani
1
Thennae Antoninianae.
7. Der Osten Borns, b. Der Esqailin. (§ 119.) 327
iuxta celeriter exstructia munus edidü apparatissimum. Die Spiele werden
bei Dio Gass. LXVI 25 beschrieben (p. 167). Die schnelle Errichtung
der Thermen auf dem Gebiete des goldenen Hauses erwähnt auch Martial
Spect. 2, 7 : hie ubi miramur velocia munera thermas, ahstulerat miseris
tecta superbus ager. Derselbe erwähnt sie noch einmal III 20, 15 unter
den beliebten Aufenthaltsorten. — Die Titusthermen haben ein eigentüm-
liches Schicksal gehabt. Trotz der ausdrücklichen Zeugnisse, die diese
Thermen von den Trajansthermen unterscheiden — der Chron. v. 354 und
die Notitia Reg. III nennen thermas TUianas et Traianas, und CIL VI 9797 in
der Inschrift des Ursus Togatus wird aufgezählt: thermis Traianis, thermis
Agrippae et Titi, multum et Neronis — hat man diese beiden Anlagen bis
in die allerneueste Zeit für eine und dieselbe Anlage gehalten. Erst Lan-
ciANi, der noch im Itin. Eins. p. 53 die Identität beider behauptete, hat
das wahre Verhältnis aufgedeckt, dass am Südrande des Oppius, gegenüber
dem Colosseum zwei von einander getrennte Thermenanlagen sich befanden.
Palladio hat eine Zeichnung von Thermen hinterlassen (Sammlung De-
vonshireV) mit der Unterschrift: Queste terme sono per mezo el Colixeo et
sono molto ruinate. Der Plan ist wiedergegeben bei Lanciani, Form. Urb.
30. Diese gegenüber dem Colosseum befindlichen Thermen müssen auf einer
bedeutenden Höhe gelegen haben, denn der Plan zeigt eine ausserordent-
lich hohe Treppe, die von der Tiefe zu ihnen hinaufführte. Es kann also
für ihre Lage nur der Oppius in Betracht kommen, und zwar der Teil
westlich von den noch existierenden Resten der Trajansthermen. Nun
hat aber Palladio an der Nordostecke ausserhalb der Thermen noch
Bauten mit aufgenommen, die er für die Piscina seiner Thermen gehalten
hat, die aber in Wirklichkeit die Südwestecke der Trajansthermen sind,
so dass über die genaue . Lage der auf seiner Zeichnung dargestellten
Bauten westlich von den Trajansthermen kein Zweifel besteht. Schliess-
lich sind auch bei den neuesten Ausgrabungen Reste einer mit der Zeich-
nung Palladios übereinstimmenden Absis, sowie Reste des grandiosen
Treppenaufgangs gefunden worden. Dass wir hier die Reste der Thermen
des Titus vor uns haben, dürfte keinem Zweifel mehr unterliegen. Sie
sind jetzt bis auf wenige wieder verschüttete oder unzugängliche Reste
verschwunden. Von Wichtigkeit war auch die Aufdeckung einer Portikus
am Fusse des Oppius, deren Pilaster in Massen etc. dem unteren Stock-
werke des Colosseums entsprechen, und die offenbar aus dem ersten Jahr-
hundert n. Chr. stammt, also wohl gleichzeitig dem Colosseum ist. Ihr un-
mittelbarer Zusammenhang mit den Thermen ist indessen fraglich, da-
gegen steht fest, dass die grosse Area des Colosseums allseitig von
Gebäuden umgeben war, denen vermutlich zu grösserem Schmuck und in
Ausführung der Neronischen Vorschrift (p. 59) Portiken vorgelegt waren.
Die aufgedeckten Portiken sind später zu anderem Zweck umgebaut worden,
zuletzt lag hier ein christlicher Begräbnisplatz.*) — Diese schnell auf-
geführte Badeanlage war erheblich kleiner als alle anderen Thermen, sie
mass 115 X HOm, während z. B. die daneben liegenden Trajansthermen
') Vgl. Lanciani, Form. ürb. 29 und BuU. com. 1895 p. 110 ff. und 117 ff.
328
B. Topographie von Bom.
ohne die runden Ausbauten 280 X 210 m massen. Das Terrain, auf dem
Titus seine Thermen errichtete, gehörte, wie aus den oben angeführten
Worten Martials sich ergiebt, zum goldenen Hause. Da man aber damals
noch nicht an eine grundsätzliche Vernichtung des ganzen Komplexes
dachte, vielmehr Titus selbst hier noch wohnte, so erbaute er sie unter
Schonung des östlich davon gelegenen Palastes und mit derselben Orien-
tierung wie diesen. Es ist wahrscheinlich, dass das Terrain, auf dem sich
die Thermen erhoben, überhaupt nicht von Gebäuden eingenommen war;
so ist wohl der superbus ager Martials zu erklären, der an Suetons Be-
schreibung: rura insuper, arvis atque vinetis et puscuis silvisque varia er-
innert (vgl. p. 165).') Ganz anders verfuhr schon Trajan mit seinen
Thermen, die unter Zerstörung der Domus aurea errichtet sind. Um den
nötigen Raum für diese sehr grosse Anlage zu gewinnen, wurden die
Thermen in einem um 25 Grad abweichenden Winkel schief über die nun-
mehr als Fundamente dienenden Reste des Neronischen Palastes gebaut.
Nachdem sie bis zum Ende des 18. Jahrhunderts in wesentlichen
Resten bestanden haben, sind sie jetzt mit geringen Ausnahmen bis auf
die Fundamente zerstört. Am besten erhalten ist ein Teil des Neroniscben
Baues, in dem noch eine Anzahl von Zimmern mit schönen Malereien sich
befindet, die von Raffael und Giovanni da XTdine bei Ausmalung der
Loggien des Vatikans als Muster benutzt worden sind.*) Der Plan der
Thermen ist bekannt durch eine Aufnahme Palladios und durch zwei an-
scheinend sehr exakt gezeichnete Blätter der Sammlung Destailleur in
Berlin; Einzelheiten bestätigen die spärlichen noch vorhandenen Reste des
Oberbaues und Fragment 109 des Kapitolinischen Stadtplanes, das die
Nordostseite der Thermen enthält. Hülsen bringt in den Rom. Mitt. 1892
p. 303 eine Skizze von dem Inhalt der Destailleur'schen Zeichnungen, Lanciaki
den Plan auf seiner Forma Urbis 28 u. 30 (Taf. 17, 1). Die Trajansthermen
werden von Pausanias V 12, 4 mit den Worten d^tokoyoiraTa SaTi koi^rgd
inüirvfia avToP erwähnt, nach Dio Cass. LXIX 4 sind sie von ApoUodorus
erbaut. Erwähnungen der Thermen finden sich mehrfach auf Inschriften:
CIL VI 1670 (Basis des Julius Felix Gampanianus aus dem Jahre 205) ad
augendam thermarutn Traianarum gratiam; 8677 wird ein exactor thermamm
Traianarum und 8678 ein adiutor ih, Tr, genannt. Die Bassus-Inschrift
Bull. com. 1891 p. 357 nennt Traianenses, die Einwohner einer bei den
Thermen befindlichen Strasse. Die Ziegelstempel in den Mauern sind durch-
weg trajan isch. Diokletian stellte in den Trajansthermen eine Bildsäule
des Aesculapius auf (Gomm. in hon. Mohmseni p. 356). — Merkwürdig ist,
dass im Chronographen von 354 unter den Werken Domitians thermcts
*) Za den Wunderdingen, die Nero in
•einer Domus aurea errichtete, und ttber
deren Verbleib nichts bekannt ist, gehört
auch die Ton Plinius XXXVI 163 erwfthnte
Aedes Fortunae Seiani. Sie war ganz
▼on dem durchscheinenden Steine Phengites
erbaut, quare etiam foribus opertis interdiu
clarüas ibi diuma erat. Die Fortuna selbst
war im Besitz des Seianus gewesen (daher
der Name) und sollte aus der Zeit des Servios
Tullius stammen (Dio Cass. LVm 7). Ueber
ihre Herkunft vgl.WissowA, Analecta Romana
topographica p. 9. Er ist der Meinung, die
Statue stammte aus dem Tempel der Fortuna
am Forum boarium (vgl. p. 190).
') Ant. DB RoKANis, Ls antiche camere
Esquiline, dette volgarmente Tenne di Tito,
1822.
• 7. Der Osten Borns, b. Der Esqnilin. (§ 119.) 329
TUianas et Traianas(l) aufgezählt werden. Dass Domitian die Thermen des
Titus vollendet oder verschönt hat, ist nicht unwahrscheinlich, der Zusatz
et Traianas kann nur auf Gedankenlosigkeit beruhen. — Östlich von den
Trajansthermen sind noch jetzt neun schmale gewölbte Räume vorhanden,
die parallel neben einander liegen und unter sich verbunden sind, ge-
wöhnlich genannt Le capocce oder Sette sah. Es ist offenbar eine Piscina,
und zwar die Piscina domus aureae, da sie nach dieser und nicht nach
den Thermen orientiert ist. In der Nähe sind Häuserreste gefunden, in
einem eine Inschrift, die eine Insula Vitaliana nennt, so genannt nach
dem Erbauer oder Besitzer (Bull. com. 1895 p. 129). Andere Häuser sind
bei den Titusthermen aufgedeckt, darunter das Haus mit den Bellorischen
Wandgemälden (vgl. p. 193 Anm. 3), und in der Nähe ein anderes mit
grosser Aula; vgl.LANCiANi, Form.Urb. 30; Bull.com. 1895 p. 176 und 180;
Hülsen, Di una pittura antica ritrovata suir Esquilino nel 1668; Rom.
Mitt. 1896 p. 213 flf.
5. In der Vigna der Canonici von S. Pietro in Vincoli ist seit dem
16. Jahrhundert eine Anzahl von Athleteninschriften gefunden worden
(CIL VI 10153, 10154; Kaibel, IGI 1102-1110), in denen eines Versamm-
lungslokales und Archivs der ^vatixti avvodog xayv neql vov ^HqaxXsa dd-lr^"
Tü)v Erwähnung gethan wird. Ricci, der die Inschriften und die topo-
graphische Seite der Frage einer ausführlichen Besprechung unterzogen
hat (Bull. com. 1891 p. 185 flf.), und mit ihm Lanciani, Form. Urb. 23 sind
der Meinung, diese *Curia athletarum* in einem an die Nordostseite der
Trajansthermen sich anlehnenden basilikaartigen Raum zu suchen, der die
Orientierung des Neronischen Baues hat. Dieser Raum sei den Athleten
von Antoninus Pius überwiesen worden. Ein Beweis für diese Ansetzung
ist nicht erbracht (vgl. p. 171).
6. Südlich von den Trajansthermen, oder, wie der Fundbericht lautet
(CIL VI 1091): fuori deUa parte semidrcolare deUe Terme di Tito wurde eine
aus dem Jahre 240 n. Chr. stammende Inschrift gefunden, in der die nach
der Regionsbeschreibung in der HI. Region befindlichen Castra Mise-
natium erwähnt werden; der Fundort der Inschrift (Henzen, Ann, d. Ist.
1862 p. 64) bestimmt auch die Lage der Castra. Auf dieselbe Stelle weisen
die Worte der Inschrift Kaibel IGI 956 B 15: naqu rag TiTiavdg Saw iv
Toig xdcTQoig^ wo wohl auch die Castra Misenatium zu verstehen sind. Das
Fragment I 5 der Forma Urbis enthält die Worte cASTBA MISEnaTIVM
und darüber (d. h. südlich davon): in zwei Zeilen IICAL (vielleicht basilica
L...?) MENTARIA, was als armamentaria zu ergänzen ist. Ein Arm a-
mentarium nennt die Regionsbeschreibung aber in der zweiten Region;
es ist die Waffenschmiede, die gleich dem mit ihr zusammen genannten
Spoliarium und Samiarium (vgl. p. 171) in die Nähe des Amphitheaters
gehört, so dass wir also auch danach die Castra Misenatium an der Süd- '
grenze der dritten Region anzusetzen hätten; indessen ist es zweifelhaft,
ob hier dies oder nicht vielmehr ein mit den Castra Misenatium zusammen-
hängendes Armamentarium zu verstehen ist. Jedenfalls gab es hier mehrere:
CIL VI 10164 nennt ein armamentarium ludi magni, — östlich schliessen sich
an die Castra Misenatium, an der Nordseite der die dritte und zweite Region
330 B« Topographie von Born.
trennenden Strasse, deren Pflaster in ihrer ganzen Ausdehnung zum Vor-
schein gekommen ist, die schon auf p. 171 zusammengestellten Bauten
an, das Summum choragium, das auf einer inter thermas Tüi et
S, dementem gefundenen Inschrift (CIL VI 776) genannt zu sein scheint,
ferner zwei Gladiatorenschulen, der nicht zu lokalisierende, lediglich aus
der Regionsbeschreibung bekannte Ludus Dacicus und der Ludus
magnus, von dessen Gestalt Form. Urb. I 4 ein anschauliches Bild giebt.
Seine Lage bleibt immerhin unsicher.
7. In derselben Gegend hat auch die Moneta, die kaiserliche Münze,
gelegen. Mehrere mit Inschriften versehene Basen, die nicht weit von
S. demente, offenbar am ursprünglichen Orte gefunden sind, nennen die
Möneta oder Moneta Caesaris sowie Münzbeamte; vgl. CIL VI 42 — 44, 791,
1647. Von dem Gebäude ist keine Spur zum Vorschein gekommen. Die
Bassus-Inschrift Bull. com. 1891 p. 343 nennt Monetarii, wohl die Bewohner
einer nach der Moneta genannten Strasse.
"8. Der Tempel der Isis. Dieser Tempel, der der dritten Region
. den Namen gegeben hat {Isis et Serapis), muss sehr bedeutend gewesen sein.
Seine Lage wird nur ungefähr dadurch bestimmt, dass über der Fort-
setzung der Sacra via östlich vom Colosseum, also über der Strasse, die
zwischen Oppius und Caelius zur Stadt hinaus führte, ein Triumphbogen
stand, der auf dem Haterierrelief (vgl. p. 172) als Arcus ctd Isis bezeichnet
wird. Ausgrabungen, die nördlich von der Strasse in der ersten Hälfte
des 17. Jahrhunderts gemacht worden sind, haben Grundzüge eines ägyp-
tischen Tempels zum Vorschein gebracht (eingetragen auf Lanciani's
Forma ürbis 30). 0 Ein auf dies Heiligtum bezüglicher interessanter Fund
ist im Jahre 1886 gemacht worden. Beim Niederreissen einer mittelalter-
lichen, aus antiken Stücken gebauten Mauer in der Nähe der Kirche S.
Pietro e Marcellino fand man eine grössere Anzahl von Skulpturresten, die
offenbar aus diesem Heiligtum stammen, darunter einen Serapiskopf und
fünf Isisköpfe (Bull. com. 1887 p. 132 ff.); in derselben Gegend fand man
eine Inschrift, die auf die Isis Bezug hat (Bull. com. 1889 p. 37 f.). Sie
lautet: Isidi Lydiae educatrici valvas cum Anubi et ara Mucianus Aug. lib.
proc. Gleich dem Heiligtum auf dem Marsfeld (vgl. p. 243 ff.) war auch
dieses zugleich dem Serapis geweiht.
9. Zwischen dem Tempel und den Trajansthermen ist die auf p. 37 an-
geführte Inschrift gefunden worden, die die magistri et flamines montanorum
montis Oppii erwähnt. 2) Nicht genau bestimmbar ist die Lage eines Tem-
pels der Bellona Rufilia, in CIL VI 2234 ab Isis Serapis bezeichnet, also
jedenfalls der dritten Region angehörig.
120. Bauten in der V. Region. 1. Tempel. Aus republikanischer
Zeit stammt der Tempel der Minerva medica, dessen Reste im Jahre
1887 unweit der Via Merulana entdeckt worden sind, nachdem man den
Namen so lange fälschlich dem Nymphäum des Alexander (vgl. p. 322.)
') Babtoli bei Fba, Miscell. filol. p. 222 I figure del qucde furono fatte disegnare doRa
n. 2. Dietro SS. Pietro e Marcellino fu | gloriosa memoria del. cav.Cassiano del Poac.
trovato fiel cavarsi un tefnpio egizio, le < ») Vgl. Bull. com. 1887 p. 156 ff.
7. Der Osten Ronui. b. Der Esqnilin. (§ 120.) 331
gegeben hatte. In einem unterirdischen Räume des Tempels hat man
hunderte von Weihgeschenken aus Terrakotta gefunden, menschliche
Figuren, Köpfe, Hände, Füsse und andere Teile des Körpers, ferner Vögel,
Vierfüssler, Vasen u. a. m.; auf einer Vasenscherbe fand man die dem
Schriftcharakter nach aus letzter republikanischer Zeit stammende Inschrift
weJNERVA ;D0N0 . J)E[det.
Sonst ist von Tempelbauten in der V. Region nur sehr wenig bekannt.
Die Regionsbeschreibung nennt einen Hercules Sullanus, wahrschein-
lich einen von Sulla nach dem auf dem Esquiün über Marius erfochtenen
Siege geweihten Tempel. Pbelleb, Reg. p. 132 bringt damit die in der
Nähe des oben genannten Nymphäums gefundene Inschrift CIL VI 330 :
Herculi victori in Verbindung. — Ein Heiligtum, ähnlich dem auf dem
Exerzierfelde vor dem Prätorianerlager (vgl. p. 297), vielleicht dem Mars
und Hercules gewidmet (CIL VI 2819), befand sich auf dem Esquilin,
was aus zahlreichen bei S. Eusebio und auf Piazza Manfrede Fanti ge-
fundenen Widmungen von Soldaten, meist Thrakern, an ihre heimischen
Qötter aus dem 3. Jahrh. n. Chr. hervorgeht.*) Denn erst seit Severus
reki*utierten sich die Prätorianer aus den Provinzen. Mommsen, CIL VI p. 720
meint, die betreffende Kapelle sei ein zumal für die Thraker errichtetes
Heiligtum gewesen, damit sie des Kultes ihrer Götter nicht entbehrten.
In der Nähe dieses Heiligtums haben sich auch Inschriften gefunden, die
auf einen Kult des Jupiter Dolichenus schliessen lassen (CIL VI 3698,
3699; vgl. p. 208). — An verschiedenen Stellen in der Nähe der Via
Praenestina sind die auf die Statio cohortis II. vigilum bezüglichen
Inschriften CIL VI 414 und 1059 gefunden.
Litteratar: Gatti, Terrecotte votive della Minerva Medica, ificrizione dei flamineB
montis Oppii etc., Bull. com. 1887, p. 154 ff. — Visconti, Le exvoto del tempio di Minerva
Medica suIl' Esquilino, Bull. com. 1887, p. 192 ff. — Weitere Funde von Votivgegenständen
sind 1894 an derselben Stelle gemacht.
2. Die Regionsbeschreibung nennt in der V. Region das Amphi-
theatrum castrense, offenbar das bei Sta. Croce noch jetzt erhaltene und
in die Aurelianische Mauer aufgenommene (p. 67). Es war ausser dem
Amphitheatrum Flavium das einzige ständige, allerdings erheblich kleiner
als dieses (p. 168 f.). Die Achsen betragen 88,5 zu 78 m. Erhalten sind
zwei Stockwerke der äusseren Umfassungsmauer von ausgezeichnetem
Backsteinrohbau, Arkaden mit korinthischen Halbsäulen. Ein drittes Stock-
werk hat bis zum 16. Jahrh. bestanden ; vgl. die bei Lanciani, Ruins and
excavations p. 386 publizierte Zeichnung Palladios. Bei einer Ausgrabung
der Arena im Jahre 1740 sind nach Ficoboni, Roma antica p. 121 Reste von
Knochen grosser Tiere gefunden (ossa di grossi animali). Wann das
Theater gebaut ist, steht nicht fest, aber es muss spätestens unter Septi-
mius Severus oder Caracalla errichtet sein. Ob die gewöhnliche Annahme,
es sei für die Prätorianer bestimmt gewesen, woraus weiter die Annahme
sich ergab, es sei gleich den Castra praetoria schon unter Tiberius ge-
baut, richtig ist, steht dahin.
>) Vgl. CIL VI 2385. 2388. 2390—2894. 2797—2860. 3901-3904. Bull. com. 1893
p. 261 ff. 1894 p. 101 ff. p. 225 ff.
332 ^« Topographie Ton Born.
3. Noch in später Zeit hat der Esquilin eine letzte Thermenanlage
bekommen, die Thermae Helena e. Nach einer in der Nähe von S. Croce
innerhalb der Villa Conti gefundenen Inschrift hat die Mutter des Kaisers
Konstantin thermas incendio destructas wieder hergestellt (CIL VI 1136).
Geringe Reste nebst der Piscina sind aufgefunden worden; ygl..bei Lanciani,
Form. Urb. 31, 32 und Bull. com. 1896 p. 238 den Plan aus Palladio's Tenne,
Tav. XVn.
4. Auch einen öffentlichen Marktplatz hatte der Esquilin, das ausser-
halb der Porta Esquilina gelegene Forum Esquilinum. Seit der Mitte
des 3. Jahrh. n. Chr. führte auf dasselbe von der Stadt her der an Stelle der
alten Porta Esquilina getretene Arcus Oallieni (CIL VI 1106). Hier
kamen nach Appian b. c. I 58 Sulla und Marius zusammen (nsQi zr^v Alcxv-
Xeiov äyogav). Eine vor Porta Maggiore gefundene Inschrift (CIL VI 2223)
nennt einen Mag. vici a foro Esquüino, zwei Inschriften (CIL VI 9179,
9180) nennen argentarii a foro Esquilina, Die grosse Bedeutung dieses
Marktes für den Verkehr im Osten von Rom ergiebt sich daraus, dass
hier von Augustus das Macellum Liviae gebaut wurde (vgl. p. 109).
Eine vom Einsiedler Anonymus an Ort und Stelle gelesene, verstümmelt
noch in Trastevere erhaltene Inschrift CIL VI 1178 aus der Zeit der
Kaiser Valentinianus, Valens und Oratianus sagt, dass die Kaiser potiicum
areasque . . . macello Liviae ad ornatum urbis suae addi dedicarique iussertint,
sie spricht also von einer Ausschmückung und Erweiterung des Macellum s
Noch fast 100 Jahre später nennt eine bei S. Vito dicht beim Gallienus-
bogen ausserhalb der Servianischen Mauer gelesene Inschrift aus dem
Jahre 450 n. Chr. (CIL VI 1662) den Fl. Eurycles Epityncanus als cmdUor
huius fori. Forum und Macellum müssen also bis in die späteste Zeit des
Altertums bestanden haben.») Die hier 1871 — 74 angestellten Aus-
grabungen haben einen von Portiken und Kaufläden umgebenen Markt-
platz zu Tage gefördert, dessen Mauerwerk aus Trajans Zeit stammte.
Die Reste sind eingetragen auf Lanciani's Form. ürb. 23. Nördlich vom
Macellum Liviae lag ein Mithräum, vermutlich in den anstossenden
Gärten, die Inschrift CIL VI 3722 ist bei S. Eusebio gefunden.
5. Ganz im Süden der Region, in der Nähe des Lateran, wurden bei
Anlage der Via Tasso die Castra equitum singularium, der Kaiser-
lichen Leibwache, wieder aufgefunden. Diese Truppe hat jedenfalls zur
Zeit Trajans existiert, möglicherweise geht ihre Einrichtung auf Do-
mitian zurück. Durch die Aufdeckung dieser Castra ist zu den schon vor-
handenen zahlreichen Inschriften von Equites singulares eine grosse An-
zahl neuer gekommen. Von den Arcus Caelemontani (vgl. p. 320) ging
eine Leitung aus, welche diese Kaserne mit Wasser versorgte. Das
Breviarium der Regionsbeschreibung nennt castra equitum singulariorum II,
von einer zweiten Kaserne ist nichts bekannt; Inschriften CIL VI 31138
bis 31187.
Litteratar über die Eqnites singnlares. Hbmzbn, Iscriziom recentemente
scoperte degli equites singulares, Ann. d. Inst. 1850, p. 5 ff. 1855, p. 235 ff. — Mommsex,
^) Auch im Mittelalter noch hat sich der Name Macellum Livianum erhalten, vgl
Lakciani, Itin. Eins. p. 99.
7. Der Osten Borna, b. Der Eeqailm. (§ 121.) 333
Hermes XVI, p. 458 ff. und in dem Eorrespondenzblatt der Westdentschen Zeitschrift 1886,
p. 50 ff. and p. 123 ff. — Lanciani, Gli allogiamenti degli equites singulares, Bull. com.
1885, p. 137 ff. Vgl. Not. d. scavi 1886, p. 12 ff. und p. 49 f.; 1887, p. 139; 1891 p. 126 ff.
— Mabuochi, II culto delle divinit^ peregrine nelle nuoye iscrizioni degli eqaiti singolari.
Bull. com. 1886, p. 124 ff. ~ Hülsen, Rom. Mitt. 1889 p. 279. 1892 p. 800.
121. Privathänser. 1. Der älteste und wichtigste Fund von Privat-
häusern wurde am Nordwestabhange des Cispius, in Via Graziosa 68 ge-
macht, i) Dort wurde in den Jahren 1847—1850 ein Privathaus aufgedeckt,
an dessen Wänden sich die berühmten Odysseelandschaften befanden (jetzt
im Vatikan, publiziert von Woebmann, Die antiken Odysseelandschaften
vom Esquilinischen Hügel). Ein gleich interessanter Fund ist 1884 bei
S. Martine ai monti gemacht; dort kamen die Reste eines vornehmen
Privathauses zum Vorschein, das auf älteren Fundamenten steht, selbst
aber in konstantinischer Zeit gebaut ist. In demselben befand sich ein
vollständig erhaltenes Lararium in Form einer Aedicula. Es war ursprüng-
lich mit Marmor inkrustiert, die Volte war rot gemalt, der Stuck bunt,
in der Hauptnische im Hintergrund stand eine Statue der Fortuna-Isis,
in kleineren zur Seite die Larenbilder. Neben dieser Aedicula führte eine
Treppe von 16 Stufen zu einem Mithräum hinab, einer kleinen quadrati-
schen Cella mit dem Relief des stiertötenden Mithras an der Wand. Das-
selbe liegt innerhalb des älteren Baues, dessen Wände von Retikulat sind.
— Von einer anderen, prächtig mit Malereien und Mosaiken geschmückten
Larenkapelle, die jedenfalls zu einem vornehmen Hause gehörte, das
am Nordabhang des Cispius lag, ist eine anonyme Zeichnung aus dem
Jahre 1613 (von Gbimaldi, Cod. Barb. p. 285) vorhanden, die Langiani
im Bull. com. 1891 p. 305 flf. (Taf. XH. XIII) veröffentlicht hat. In der
Gegend haben sich viele Reste grossartiger Privatgebäude gefunden, aber
von dem Lararium selbst keine Spur.
Litteratnr: Visconti, Del larario e del mitreo, scoperti neu' Esquilino presso la
chiesa di S. Martine ai Monti, Bull. com. 1885 p. 27 ff. — Lanciani, Larario della via dello
Statute, Not. d. scavi 1885 p. 67 and 154 f. Beiträge dazu von Mabuochi in der Nuoya
Antologia No. 19.
2. Die Regionsbeschreibung nennt in der UI. Region die Domus Brutii
Praesentis (cos. U a. 180 n. Chr.). Überhaupt ist eine nicht unerhebliche
Zahl von Privathäusem aus Schriftstellern bekannt. Von namhaften
Männern (ausser den schon p. 324 genannten) wohnten hier: Pedo Albi-
novanus (Martial X 19, 10) in der Nähe des Lacus Orphei; Plinius der
Jüngere (Ep. IH 21), Properz (UI 23, 23), Virgil (Donat. Vit. Verg. 6:
habuitque domum Romae in Esquiliis iuxta hortos Maecenatis) und der Gram-
matiker Antonius Gripho in Caesars Hause in der Subura (Suet. de
gramm. 7). Auf den Carinae wohnte auch der Kaiser Balbinus (Vita Maximi
et Balbini 16).
3. Ausserdem ist bei den Ausgrabungen eine grosse Menge von Häuser-
resten zum Vorschein gekommen, die zum grössten Teil nicht zu benennen
sind. Von ganz besonderer Bedeutung scheint das noch aus republikani-
scher Zeit stammende, vielleicht monumentale Gebäude (Quaderbau) zu
') Ueber die vielfachen Reste von Privat- | Scavi per Tapertura della via Graziosa nel
häusem in der Via Graziosa vgl. Lanoiani, | 1884, Bull. com. 1896 p. 159 £
834 ^* Topographie von Rom.
sein, auf dem die Kirche S. demente errichtet ist. Ebendaselbst ist auch
ein Mithräum gefunden worden, vgl. CIL VI 748 und de Rossi, Bull.
crist. 1870, p. 825 flf. Andrerseits sind durch Inschriftenfunde Namen von
Männern bekannt geworden, die ihre Häuser auf dem Esquilin hatten. Auf
Lancianis Forma Urb. Taf. 23, 24 und 30 ist eine grössere Anzahl von
ihnen eingetragen. Sicher zu bestimmen sind die Domus T. Flavi Tiberiani
innerhalb des Serviuswalles, etwa 200 m nördlich von der Porta Esquilina;
dort wurde innerhalb der Reste eines antiken Hauses die Wasserleitungs-
röhre CIL XV 7453 (Anfang des 2. Jahrhunderts n. Chr.) gefunden ; die
Domus Vettii Agorii Praetextati et Fabiae Paulinae in der Gegend der Horti
Calliclani et Tauriani durch CIL XV 7563. Auf der Stelle, wo ehemals
die Aurea domus lag, befand sich im 5. Jahrhundert n. Chr. die Domus
Petronii Maximi, vgl. CIL VI 1197, 1198. Andere Ansetzungen sind un-
sicher.
4. Durch Inschriftenfunde (CIL VI 127, 266—268) sind innerhalb des
Serviuswalles an der Via Mazzini die Castra Fontanorum nachgewiesen.
In der Nähe derselben, auf dem Gebiet des Ospedale di S. Antonio, wo
ehemals die jetzt abgerissene Kirche S. Andrea stand, lag die von Junius
Bassus, dem Konsul des Jahres 317 n. Chr., erbaute Basilika, ein grosser
achteckiger Saal mit halbrunder Absis, ausgezeichnet durch prachtvolle
Mosaiken und Bilder, deren Beste, zum Teil erhalten, zum Teil bekannt
durch eine Zeichnung Sangallo's Bull. com. 1893 Tav. H — V publiziert sind.
Vgl. DE Rossi, Bull, crist. 1871 p. 5 flf. und Marucchi, Bull. com. 1893 p. 89 flf.
— Unbekannter Lage ist die in der Regionsbeschreibung Reg. HI genannte
Schola quaestorum et caplatorum (vgl. Pbelleb, Regionen p. 126),
desgleichen das Sueton Tit. 2 genannte Septizonium (vgl. p. 158).
e. Der Caellus.
122. Der Caelins ist eine langgestreckte Bergzunge, die an ihrer Ost-
seite beim Lateran, wo sie vielleicht durch künstliche Aufschüttung^) mit
dem Plateau des Esquilin zusammenhängt, ziemlich schmal ist, nach Westen
zu aber, sich immer mehr verbreiternd, in zwei Kuppen gliedert, von denen
die eine, gegenüber dem Oppius, jetzt die Kirche SS. Quattro Coronati,
die andere, gegenüber dem Palatin, die Kirche SS. Giovanni e Paolo und
den auf antiken Fundamenten ruhenden Garten der Passionisten trägt.
Erstere, in ältester Zeit Ceroliensis oder vielleicht Cerolia*) genannt
(vgl. p. 39), führte später den Namen Caeliolus (Varro LL V 46). Dass
diese Gliederung auch dem gewöhnlichen Sprachgebrauche nicht fremd
war, geht aus Cic. de har. resp. 15, 32 hervor, der den Caeliolus (in
Caeliculo) nennt, und Mart. XII 18, 6, der von dem maior Cadius et minor
spricht. — Als älteren Namen des Hügels nennt Tacitus Ann. IV 65 Quer-
quetulanus, quod talis süvae frequens fecundusque erat. Er bringt an der-
selben Stelle auch die Ableitung von dem Etrusker Caeles Vibenna, der sich
hier niedergelassen haben sollte. Der gewöhnliche Name des Hügels scheint
Caelimons (so auf dem Relief Bull. com. 1887 Taf. XIX: Genio Cadimontis
>) Vgl. Beachreibung der Stadt Rom III 1. p. 478.
') W188OWA, Septimontiam und Sabnra, ans der Satara Yiadrina, p. 18.
7. Der Osten Borns, o. Der CaeUiis.
122—123.)
335
vgl. p. 337) oder Caelemontium (so auch in der Regionsbeschreibung) ge-
wesen zu sein. Auch eine Strasse hiess so, ferner gab es die Porta Caele-
montana und den Campus Caelemontanus.^) Tacitus Ann. IV 64 berichtet
ferner, dass der Senat beschlossen habe, ihn zu Ehren des Tiberius
„Augustus" zu nennen, qnando cunctig circum flagrantibus sola Tiberii
effigies süa in domo Junii senatoris inviolata mansisset
Der Caelius war im Süden und Osten von der Servianischen Mauer
umschlossen, aber auch an den übrigen Seiten befestigt, und bildete gleich den
anderen Hügeln Roms einstmals eine Burg für sich. Auf der dem Palatin
gegenüberliegenden Seite hat sich unter S. Qregorio noch ein Stück dieser
alten Befestigung erhalten, das in der Bauart ganz der alten, sogenannten
Servianischen Quadermauer entspricht (Ann. d. Inst. 1871 p. 47). Nach der
Seite der Via Appia zu ist der Hügel gänzlich von Mauern aus kaiser-
licher Zeit substruiert, die offenbar an die Stelle der alten Befestigung
getreten sind. Ebenso ist auf dem Palatin die alte Quadermauer von
Substruktionsmauem überbaut worden (p. 31).
123. Strassen: Von drei Seiten her führten Aufgänge auf den
Caelius: 1. Von Westen der Ciivus Scauri, im Altertum nicht, öfters aber
im Mittelalter genannt. Er entspricht wahrscheinlich der noch jetzt
zwischen den Kirchen SS. Giovanni e Paolo und S. Gregorio von der
Westseite emporführenden Strasse. Seinen Namen verdankt er einem
Scaurus, der ihn pflastern Hess, das antike Pflaster ist noch vorhanden. Er
zweigte sich von der zwischen Caelius und Palatin zur Porta Capena führenden
Strasse, der heutigen Via S. Gregorio ab. Das antike Kloakensystem in
letzterer ist gut erhalten wiedergefunden worden. Es liegen hier nicht weniger
als drei Pflasterungen übereinander: die älteste liegt 13,43 m über dem
Tiber, darunter die Kloake (10, 49 m über dem Tiber); dann das Pflaster,
auf dem der Konstantinsbogen steht, 18,63 m, endlich das heutige, 21,52 m
über dem Tiber. Die Aufhöhung seit der Zeit der Republik beträgt 7,09 m,
steht also der Aufhöhung im Forumsthale (etwa 10 m, p. 30) nur wenig
nach (vgl. p. 173 Abb. 18). — 2. Mit Sicherheit kann die von Norden her auf
den Berg führende Strasse nachgewiesen werden, sie stieg in dem Einschnitt
zwischen Caelius und Caeliolus empor und hiess Vicus Capitis Africae;
dieser ging bis zur Höhe des Berges bei der Kirche S. Stefano rotondo, die im
Mittelalter „in capite Äfricae'' hiess, und ist identisch mit der alten Via della
Navicella. Auch hier ist das Pflaster bei den letzten Ausgrabungen in grosser
Ausdehnung zu Tage gekommen, zu seiten der Strasse auch Reste der Servius-
mauer. Seinen Namen hatte er offenbar von einem Bildwerke, das in der
Strasse stand, wie Caput Qorgonis in der XIV. Region (vgl. p. 272). In der
Strasse lag ein Pädagogium für kaiserliche Freigelassene, die zum Dienste des
kaiserlichen Hauses bestimmt waren, und das zur Unterscheidung anderer
gleicher Institute (vgl. das Pädagogium auf dem Palatin p. 159) a capite
Africae genannt wurde; so CIL VI 8982 — 8987 paedagogi puerorum a capite
AfricaeJ) Eine zweite Strasse auf dieser Seite des Hügels, Tabernola,
') Vgl. Jobdan, Top. U p. 259 f. Ver- gleichbedeutendinitC7at*iiww, halten möchte,
fehlt ist Eltebs Annahme (De forma ürbis ') Anders Gatti, Caput Africae, Ann. d.
I 18), der Caelemontium fOr einen Palast Ist. 1882 p. 191 ff.; vgl. p. 159 Anm. 3.
336 S* Topographie Ton Rom.
nimmt Lanciani, Form. Urb. 30 nach Varro LL V 47 an, wo es von der
vierten Argeerkapelle der I. Region heisst: circa Minervium, qua in
Caelio monte itur, in tabernola est Diese Strasse müsste sich vom Gaelias
herunter in das Thal und hinüber auf den Oppius gezogen haben, denn auch
von der dritten Argeerkapelle der U. Region heisst es Varro LL Y 50: eis lucum
Esquilinum dexterior via, in tabernola est. — 3. Einen Aufgang von Süden her
setzt das hier befindliche Stadtthor der Servianischen Mauer, die Porta
Querquetulana, voraus. Diese drei Strassen vereinigten sich etwas öst-
lich von dem Bogen des Dolabella und Silanus (p. 318); von dort lief nach
Osten eine Hauptstrasse über den Rücken des Hügels, die sich in der
Nähe des Arco di Basile (p. 321) mit der Via Merulana (p. 307) und
der im Thale zwischen Gaelius und Oppius emporsteigenden Strasse vereinigte.
— 4. Die direkte Verbindung nach Süden zu mit der Via Appia wurde durch
eine ziemlich gerade Strasse hergestellt, die von dieser sich beim Arcus Drusi
(p. 319) abzweigte und quer über den Gaelius bis zum Lateran ging.
Welche von den Strassen den Namen Caelemontium geführt hat, ist
nicht festzustellen. Der Name kommt als Strassenbezeichnung zweimal
vor, einmal auf dem Halsband eines flüchtigen Sklaven (de Rossi, Bull, crist.
1874 p. 41): revoca me in Celimontio ad domum Elpidii, dann in der In-
schrift des Tarracius Bassus Bull. com. 1891 p. 342 ff. als Bezeichnung der
Bewohner, Caelernontienses. Dieselbe Inschrift nennt, offenbar auch als Be-
wohner einer Strasse, die Decennenses, ein Name, der unzweifelhaft von dem
ausserdem nur durch mittelalterliche Quellen bekannten Decennium oder
Decenniae sich herleitet, womit das im Mittelalter sumpfige Thal der Marrana
im Süden des Caelius bei der Aurelianischen Mauer bezeichnet wird (Bull,
com. 1891 p. 355). Möglicherweise hat an dieser Seite des Gaelius auch der
auf einer aus dem Jahre 160 n. Chr. stammenden Inschrift (GIL VI 162)
genannte Föns Lollianus gelegen. Der östliche Teil des Caelius, ausser-
halb der Servianischen Mauer, ist wenigstens bis zur Zeit des Augustus
noch freies Feld gewesen. Es war dies der CIL VI 9475 genannte Campus
Caelemontanus, der nach Festus ep. p. 131 auch Campus Martialis
hiess, weil damals hier die Equiria gefeiert wurden, wenn der Campus Martins
überschwemmt war (vgl. p. 223). Strassennamen sind die in der Regions-
beschreibung aufgezählten Antrum Cyclopis (p. 342) und Arbor sancta.
124. Tempel. Sehr gering ist die Anzahl der auf dem Caelius be-
findlichen Heiligtümer: 1. Das uralte Heiligtum der Minerva Capta, der Ge-
fangenen, da die Bildsäule aus Falerii nach Rom gebracht war (Ovid Fast.
III 835 ff., Pbeller, Myth. P p. 292 Anm. 2). Es lag am Abhänge des Berges,
nach Ovid a. a. 0. : Caelius ex dito qua tnons descendü in aequum, hie ubi non plana
est, sed prope plana via est. Gemeint ist der nördliche Abhang gegenüber dem
Oppius und dem dort liegenden Isisheiligtum. Auf dem Haterierrelief
(p. 172 Abb. 17) ist in den Arcus ad Isis die Statue der Minerva gesetzt.
In der Argeerurkunde (Varro LL V 47) heisst das Heiligtum Miner vi um.
— 2. Nicht minder alt war das Heiligtum der Dea Garna. Die Bedeutung
der Gottheit und Gründungszeit des Tempels überliefert Macrob. Sat I
12, 31: putaveru7it Junium mensem a Junio Bruto, qui primm Somae consul
factus est, nominatum, quod hoc mense id est Kalendis Juniis pulse Tar-
7. Der Osten Borns, o. Der CaeUns. (§§ 124—125.)
337
quinio sacrum Camae deae in Caelio monte voti reus fecerit. Hanc deam
vitalibus humanis praeesse credunt (Ovid Fast. VI 101). — 3. Auf dem
Gaeliolus stand ein ,inaximum et sanctissimum Dianae saceUum', welches
nach Cicero de har. resp. 15, 22 durch L. Calpurnius Piso, den Konsul des
Jahres 58 v. Chr., aufgehoben wurde. — 4. Eine auf dem Caelius in
der Nähe des Lateran, aber nicht an der ursprünglichen Stelle ge-
fundene, sondern als Baustein benutzte Tafel aus dem Jahre 145
V. Chr. (CIL VI 331) enthält eine Inschrift, nach der L. Mümmius nach seiner
Rückkehr aus Achaia einen im Kriege gelobten Tempel nebst Bildsäule
des Hercules Victor errichtet habe. Ob derselbe aber auf dem Caelius
gestanden hat, ist ganz ungewiss. — 5. Auf einem in der Nähe der Diokletians-
thermen gefundenen Relief sind dargestellt und durch Unterschriften be-
zeichnet Hercules Julianus, Jupiter Caelius und Genius Caeli-
montis. Über die Heiligtümer (oder simulacra?) der beiden Götter, die
jedenfalls auf dem Caelius zu suchen sind, ist nichts bekannt (Bull. com. 1887
p. 314 ff.). — 6. Der bedeutendste Bau auf dem Caelius war das Templum
Divi Claudi, im Curiosum Claudium genannt.^) Agrippina begann
den Bau eines Tempels des göttlichen Claudius auf dem dem Colos-
seum gegenüberliegenden Vorsprung, der jetzt den Garten der Passionisten
trägt. Er lag innerhalb einer ungeheuren Porticus (wie der Tempel des
Apollo Palatinus u. a.); vgl. Mart. Spect. 2,9 und Jordan, Forma Urb. p. 33.
Nero zerstörte ihn prope funditus (Suet. Vesp. 9), weil er an dessen Stelle als
Endpunkt seiner Wasserleitung (vgl. p. 320 f.) eine grossartige Wasserkunst
schaffen wollte (Front. 20, 76). Vespasian stellte den Tempel wieder
her, Hess aber das Nymphäum bestehen, dessen Reste, eine aus vielen
Nischen gebildete Front, noch jetzt existieren.*) Von dem Tempel selbst
ist nichts erhalten; möglicherweise ist aber ein Teil der Anlage auf dem
Stadtplanfragment Form. Urb. X 45 mit der Inschrift Äquaeductium er-
halten. — 7. Das in der Vita Tyr. trig. 25 genannte Iseum Metellinum
auf dem Caelius ist sonst nicht bekannt.^)
125« Auf dem Caelius befanden sich zwei Kasernen: 1. Die Castra
peregrina (Amm. Marc. XVI 12, 66), in denen die Peregrini, d. h. eine
aus nichtitalischen Soldaten bestehende, möglicherweise durch Septimius
Severus als Oegengewicht gegen die Prätorianer eingerichtete Truppe
(Pbelleb, Reg. p. 99), kaserniert waren. Innerhalb des Lagers befand
sich ein Tempel (oder auch eine Kapelle, vgl. Hermes 1879 p. 570) des
Jupiter Redux, der von den Soldaten „pro salute et reditu" des Ale-
xander Severus und der Mammaea errichtet worden war: Die auf diesen
und das Lager bezüglichen Inschriften (CIL VI 231, 354, 428) haben sich
vor der Kirche Sta. Maria in Domnica gefunden. Innerhalb des Lagers
sind mehrere marmorne Schiffe gefunden worden, vermutlich Weihgeschenke.
n Wahrscheinlich Acc. yon Claadius,
wie Cererem in der XL, gentetn Flaviam in
der VJ. Region u. s. w.
«) Ob CIL VI 1728 a und b (vgl. Bull,
com. 1887 p. 883 S.), die von der Wieder-
herstellung eines Nymphäums durch den
Stadtpräfekten Flavius Philippus reden, hier-
her zu ziehen sind, ist zweifelhaft, üeber
die Konstruktion der Anlage vgl. Beschreibung
der Stadt Rom III 1 p. 474. Not. d. scavi
1880 p. 463, Lanoiani, Aoqae p. 159.
«) Vgl. CIL VI 354, Mirab. 26 (Jobdan II
p. 516).
HAndbuoh der Uim. AltertnuunrlHenaohaft. in, 8, B. 2. Anfl.
338
B. Topographie von Born.
Eins davon stand bis zur Zeit Leo's X. vor der Kirche und hat dem Platze
della Navicella den Namen gegeben. Das jetzt dort aufgestellte Schiff ist
die Kopie des zertrümmerten Originals. — 2. Südlich davon, auf dem
Gebiet der jetzigen Villa Mattei, befand sich die Statio cohortis V. vigilum.
Die darauf bezüglichen Inschriften (CIL VI 221, 222, 1057, 1058) sind an
Ort und Stelle gefunden worden.
126. Nach der Regionsbeschreibung befand sich in der IL Region
auch das Macellum magnum, dessen Erbauung Dio Cass. LXI 18 unter
dem Jahre 59 n. Chr. erzählt (vgl. Cohen Nero 126—130). Es wird er-
wähnt CIL VI 1648, 9183. Neuerdings hat Lanciani zu hoher Wahr-
scheinlichkeit gebracht, dass die Rundkirche S. Stefano rotondo auf der
Stelle eines antiken, zu profanem Gebrauch bestimmten Gebäudes steht,
das aller Wahrscheinlichkeit nach der Tholus Macelli war (Itin. Eins,
p. 71 flf.).
127. Privathänser. Der Caelius ist dicht bewohnt gewesen, wie unter
anderm die an seiner Nordseite vorgenommenen Ausgrabungen be-
wiesen haben, bei denen monumentale Bauten gar nicht, dagegen Mengen
von Resten von Privathäusern zu Tage gekommen sind; namentlich sind
die Ausgrabungen in der Villa Casali (Ospedale militare) bedeutend gewesen
(Not. d. scavi 1885 p. 66). Übrigens ist das antike Strassennetz, wie
schon die oben gegebene Beschreibung der Hauptstrassen zeigt, auf dem
Caelius leichter zu erkennen als anderswo, die modernen Strassen auf dem
unbebauten Teil des Berges entsprechen durchaus den antiken (vgl. p. 821).
In der Kaiserzeit war der Caelius ein beliebter Wohnort vornehmer Männer
(Martial. XII 18, 4), was durch die Nähe des Palatins hinreichend erklärt
wird, sowie durch den Umstand, dass dieser zur Zeit der Republik von
der Nobilität bevorzugte Hügel (vgl. p. 142 f.) mehr und mehr von kaiser-
lichen Bauten eingenommen wurde. >) Schon oben p. 335 war die Domus
Junii senatoris aus der Zeit des Tiberius erwähnt; berühmt waren namentlich:
1. Das wegen seiner Pracht von Plinius N. H. XXXVI 48 erwähnte Haus
des Mamurra, des durch CatuU gegeisselten Anhängers Caesars: in seinem
Hause soll zuerst die Marmorinkrustation der Wandflächen angewendet
worden sein. — 2. Die Aedes Vectilianae (in der Notitia d, Victüiana
genannt), ein Palast, in dem Commodus die letzten Tage seines Lebens
zugebracht hat und in welchem er ermordet wurde (Vita Commodi 16;
Pertin. 5). — 3. Die Domus Lateranorum (Juv. 10, 17 egregiae Laterano-
rum aedes), die unter Nero kaiserliches Besitztum wurde (Tac. Ann. XV
49, 60), unter Sisptimius Severus noch einmal vorübergehend in den Besitz
eines Lateranus kam (Aurel. Vict. Epit. 20; vgl. Lanciani, Itin. Eins. p. 70
und 102) und dann unter Konstantin Residenz und im Mittelalter Haupt-
sitz der Päpste wurde. Die Reste des alten Palastes sind unter der
heutigen Kirche S. Giovanni in Laterano gefunden worden, und zwar
7,50 m tief unter deren Niveau; dort liegen Backsteinmauem mit Ziegel-
^) DasB auch Bchon zur Zeit der Republik
auf dem Cälius bedeutende Privathäuser
standen, zeigt Yal. MazimusYIII 2, 1, wonach
Claudius Centumalus daselbst ein so
hohes Haus baute, dass die Augnm die Ab-
tragung des oberen Teiles verlangten, weil er
sie in ihrer Himmelsbeobachtong störte (Cic
de off. III 16, 66).
7. Der Osten Borns, o. Der Oaelins.
126—127.)
339
stempeln des Jahres 123 n. Chr., und 13 m tief Retikulatmauern. Auch
Wasserröhren mit der Aufschrift Sexti Laterani und Sextiorum TarqucUi
et Laterani aus dem 2. Jahrhundert sind hier gefunden.') Hier stand
bis zum Jahre 1538 die Statue Marc Aureis nahe dem dort jetzt er-
richteten Obelisken. Marc Aurel ist auf dem Gaelius (Vita Marci 1) ge-
boren und daselbst auch im Hause seines Grossvaters Annius Veras er-
zogen. Seit der 2. Hälfte des 10. Jahrhunderts mindestens hielt man
diese Statue für die des ersten christlichen Kaisers Konstantin. — 4. Neben
dem Haus der Laterani stand das Haus der Pisones, nach Gic. in Pis. 61:
ad po7iam Caelemontanam, vgl. CIL XV 7513; die Freundschaft der beiden
Familien wird Tac. Ann. XV 49 angedeutet. — 5. Domitian scheint sich
hier ein kleines Lustschloss erbaut zu haben, die Mica aurea; Cassiodor
und Hieronymus erwähnen es unter seinen Bauten, auch die Regions-
beschreibung nennt es. — 6. Das Haus des berühmten Redners Qu.
Aurelius Symmachus scheint in der ehemaligen Villa Casali, wo jetzt
das Militärhospital steht, gestanden zu haben. Dort ist gefunden CIL VI
1699 (vgl. Symm. Ep. IH 12, 88, VH 18, 19). — 7. Bekannt ist femer
teils durch Inschriften, teils durch Funde von Wasserröhren die
Domus C. Stertinii Xenophontis, der bei Plinius N. H. XXIX 7 als Arzt des
Claudius genannt wird. Vgl. CIL VI 8905, Bull. com. 1886 p. 104 und
CIL XV 7544. — 8. Im 3. und 4. Jahrhundert hatten die Valerier unweit
des Macellum magnum (S. Stefano rotondo, vgl. p. 338) ein Haus, das bei
Beginn des 5. Jahrhunderts durch Alarichs Truppen ein Raub der Flammen
wurde.*) Ein sehr seltener Fund an Inschriften auf Bronzetafeln (CIL VI
1684—1694) wurde hier bei den Ausgrabungen in den Jahren 1554 und
1561 gemacht. Die Inschriften hafteten noch an den Säulen des Atriums
(Bull. com. 1890 p. 288 flf.).*) — 9. Nur aus Funden von Wasserröhren sind
bekannt die Domus Elpidii (de Rossi, Bull, crist. 1874 p. 41), M. Opelli
Macrini und Diadumeniani (CIL XV 7505), und L. Vagelli (CIL XV 7555);
aus einzelnen Erwähnungen die inter duos lucos contra Isium MeteUinum ge-
legene Domus Tetricoram (Vita Tyr. trig. 25, p. 337), des Philippus, ver-
mutlich des Kaisers (aus der Regionsbeschreibung), des Virius Nicomachus
Flavianus (CIL VI 1782) u. a. — 10. Die interessanteste Entdeckung in
dieser Hinsicht war, dass unter S. Giovanni e Paolo am Clivus Scauri
ein antikes Haus aufgefunden wurde, das jetzt völlig ausgegraben ist.
Das Haus war dreistöckig, der unterste Stock war 6 m, die oberen je
4 m hoch. Ein Teil der Fassade ist noch erhalten. Plan bei Lanciani,
ausführliche Beschreibung bei S. Germano di S. Stanislao, La casa celi-
montana dei SS. Martiri Giovanni e Paolo. Roma 1894.*) — 11. In der Villa
0 Steybnbon, Scoperte di antichi edifizi
al Laterano, Ann. d. Inst. 1877, p. 332 ff. Tav.
d' agg. R. S. T. — RoHAUT db Flbuby, Le
Lateran an moyen-&ge 1877. Vgl. Bcjbbiav,
Jahresbericht XV 1878 p. 411. CIL XV 7586.
*) Interessant ist die Notiz Aber dies
sehr kostbar ausgestattete Hans in den Ana-
lecta Bolland. VIII p. 16 ff.: domum,
quam (Valerii) in urbe Borna habebant,
venumdare volentes, ad tarn magnum et
mirabüe opus accedere nemo ausua fuit.,..
Nach der Einnahme Roms durch Alarich
domus ab hostium parte dissipata pro nihüo
venumdata est quasi incensa,
*) G. B. DB Rossi, Studi e documenti di
storia e diritto 1886, p. 235, Bull, di Archeol.
crist. 1868 p. 35, 1886 p. 25.
*) Eine Insula Cuminiana auf dem
Gaelius erwähnen die Acta S. Pancrazii; vgl.
Bull. com. 1895 p. 180 Anm. 1.
340 B. Topographie von Rom«
Casali, unweit der Domus Stertinii Xenophontis hat man im Jahre 1889
den Rest eines Gebäudes entdeckt, in dessen Fussboden ein merkwürdiges
Mosaikbild eingelassen war mit der Inschrift intrantibus hie deos propäios
et basilicae Hüarianae, Es war also der Vorraum der Basilica Hilariana.
Eine zweite, noch an ursprünglicher Stelle befindliche Inschrift auf einer
Marmorbasis enthält eine Widmung an M'. Poblicius Hilarus, einen marga^
ritarius, von dem Kollegium der dendrophori Matris Deum Magnae, deren
quinquennalis perpetuus er war; sie setzten ihm, quod cumulata omni erga
se betiignüate meruisset, eine Statue, die Inschrift stammt aus dem
2. Jahrhundert n. Chr. Derselbe Hilarus in gleicher Beziehung zu den
Dendrophoren wird auch CIL VI 641 genannt. Vgl. Bull. com. 1890 p. 18 ff.
d. Die Vorstadt der Via Appia.
128« Strassen. 1. Ausserhalb der Porta Capena hatte sich zu
beiden Seiten der Via Appia schon zur Zeit des Augustus eine so be-
deutende Vorstadt entwickelt, dass sie in der Begionseinteilung den
Hauptbestandteil von zwei Regionen bildete, der ersten (Porta Capena)
und der zwölften (Piscina publica); erstere erstreckte sich innerhalb der
Servianischen Mauer bis zum Colosseumsthal, letztere umfasste auch noch
die östliche Hälfte des Aventins. Die Grenze zwischen beiden Regionen
bildete die Via Appia, wie die Via lata die zwischen der siebenten und
neunten Region. Für die Ausdehnung der ersten Region kommt in
Betracht, dass der auf der kapitolinischen Basis Reg. I verzeichnete
Vicus trium ararum innerhalb der Porta Capena, in dem Thal
zwischen Palatin und Caelius gelegen zu haben scheint. Auf der Piazza
S. Gregorio, vermutlich am ursprünglichen Standort, ist eine Basis ge-
funden worden mit der Inschrift (CIL VI 453): Laribus Äug. aed. Reg. I
vico trium ararum. Sicherer noch ist die Ansetzung des ebenfalls auf
der kapitolinischen Basis Reg. I verzeichneten Vicus Fabricii.
Das mit ihm zusammenhängende Compitum Fabricii wird bei
Festus p. 174 erwähnt. Es heisst dort: novae curiae proximae com-
pitum Fabricium aedificatae sunt, quod parum amplae erant veteres a
Romulo factae, ubi is populum et sacra in partis triginta distribuerd,
ut in is ea sacra curarent, quae cum ex veieribus in nov<zs evocarefitur,
Septem curiarum per religiones evocari non potuerunt. Die Curiae veteres
und der Vicus curiarum haben an der Nordostecke des Palatins in
der X. Region gelegen (p. 33). Das neue Gebäude beim Compitum
Fabricii der I. Region dürfte nicht weit davon gelegen haben, jeden-
falls nicht ausserhalb der Porta Capena. Sind demnach diese beiden Vici
der ersten Region mit Sicherheit innerhalb der P. Capena nachzuweisen,
so wird sich die erste Region im Thale zwischen Palatin und Caelius bis
zur Meta sudans erstreckt haben, wo sie mit der zweiten, dritten, achten
und zehnten Region zusammentraf. Die Grenzen der Region auf dieser
Strecke bildete im Westen die Strasse, die vom Eonstantinsbogen zur
Porta Capena führte, im Osten der Abhang des Caelius.
2. Die Via Appia lief im Altertum etwas nördlicher als die heutige
Strasse. Die Porta Capena, aus der sie hinausführte, lag nicht in der
7. Der Osten Roms. d. Die Vorstadt der Via Appia. (§ 128.) 341
Ebene, sondern am Abhänge des Caelius. Ihre Lage ist durch die von
dem Engländer Parker im Jahre 1867 nachgewiesene Mauerlinie ge-
sichert; die Zweifel, welche man über die Richtigkeit des Nachweises
hegte, weil der erste Meilenstein der Via Appia vor der Porta S. Seba-
stiane in der Yigna Nari etwa 100 m zu südlich aufgefunden ist, sind
gehoben durch den von Dessau (Bull. d. Inst. 1882, p. 121 ff. vgl. p. 45,
Anm. 1) geführten Nachweis, dass sich dieser Meilenstein weder an seiner
Stelle befand, noch nachweislich ein Meilenstein der Appischen Strasse war.
Die Annahme, dass von der Porta Capena an die Via Appia die
Grenze zwischen der ersteti und zwölften Region bildete, begegnet einer
kleinen Schwierigkeit. Die kapitolinische Basis nennt in der ersten
Region den Vicus Sulpicius. Von den Thermen des Caracalla aber, die
in der zwölften Region liegen, und deren Lage südlich von der Via
Appia, etwa 100 m von dieser entfernt, bekannt ist, heisst es Vita Elag.
17: lavacrum in vico Sulpicio, quod Äntoninus Severi filius coeperat. Das
scheint doch nichts anderes heissen zu können, als dass die Thermen mit
der Eingangsseite im Vicus Sulpicius gelegen haben. Die Bezeichnung
ist um so auffallender, als Caracalla gerade dort eine neue Strasse ange-
legt hat. Es heisst Vita 9: idem Viam novam munivit, quae est sub eins
thermis, Antoninianis scilicet, qua pulchrius inter Romanas plateas non facile
quicquam invenias, und Aur. Vict. Gaes. 21 über dieselbe Sache: aucta urbs
magno accessu Viae novae. Diese Strasse muss an der Hauptfront der
Thermen entlang gegangen sein, also gerade da, wo man den Vicus Sul-
picius, der doch auch augenscheinlich durch die neue Strasse nicht ver-
drängt wurde, ansetzen möchte. Es ist demnach anzunehmen, dass die
Thermen nicht mit ihrer Front im Vicus Sulpicius gelegen haben,
sondern dass dieser auf den Eingang der Thermen zuführte, und das
scheint sich aus der Überlieferung auch zu ergeben. Die kapitolinische
Basis führt einen Vicus Sulpicius citerior und ulterior an, Bezeichnungen,
die sich nur auf die grössere und geringere Entfernung von der Stadt
beziehen können. Danach waren beide Vici Querstrassen der Via Appia
und liefen von der I. in die XII. Region hinüber. Einer dieser Vici
führte auf den Eingang der Caracallathermen zu und stellte die Haupt-
verbindung zwischen diesen und der Via Appia her, woraus sich der Aus-
druck der Vita Elag., die Thermen hätten in vico Sulpicio gelegen, hin-
reichend erklärt. Dass dies wahrscheinlich der Vicus Sulpicius citerior
war, ergiebt sich aus folgender Betrachtung. Unter Augustus wurde
nach Sueton Claud. 1 dem Drusus zu Ehren über der Via Appia ein
Triumphbogen errichtet {marmoreum arcum cum tropaeis via Appia). Der
Bogen ist jetzt verschwunden und sein Standpunkt nicht bekannt, indessen
wird mit grosser Wahrscheinlichkeit angenommen, dass er die Via Appia
vor Abzweigung der Via Latina überspannte, eine Stellung, die an die der
Porta Maggiore erinnert (p. 320) und zugleich darauf hinweist, dass die
Wahl des Standortes keine beliebige war, sondern dass er, wie Langiani
Acque p. 55 hervorhebt, an der Grenze der bebauten Zone errichtet
worden ist, also damals das Eingangsthor Roms von Süden her war.
Wahrscheinlich bezeichnete der Bogen auch die älteste, augustische Regions-
342 B. Topographie Ton Born.
grenze. Der Bogen stand unfern der Südostecke der CaracaUathermen.
So wird in Bezug auf diese Grenze der nördlich von ihr auf den Eing^ang
der Thermen zuführende Vicus Sulpicius als citerior, ein südlich davon
die Strasse kreuzender als ulterior bezeichnet worden sein.
3. Noch andere Strassen kreuzten die Via Appia, resp. mündeten in
sie. Es werden in der ersten Region genannt: 1. der Vicus Honoris et
Virtutis, zunächst der Porta Capena, so genannt von den Tempeln des
Honos und der Virtus, die nicht weit vom Thore entfernt lagen (p. 347).
Es folgte der Vicus Camenarum, genannt nach der vor der Porta
Capena im Thale der Egeria befindlichen Grotte der Camenen, dann der
Vicus Sulpicius citerior, der Vicus Drusianus, der offenbar beim
Bogen des Drusus in die Via Appia mündete, und der Vicus Sulpicius
ulterior. CIL VI 2226 wird ein magister vici ab Cyclopis region. pH. faber
argentarius genannt, woraus man auf einen Vicus Cyclopis schliessen
kann; in der II. Region gab es ein Antrum Cyclopis (Not.); es liegt nahe,
einen Zusammenhang zwischen beiden Örtlichkeiten anzunehmen (p. 336).
4. Von den Strassen, die in der XII. Region teils durch die kapitolinische
Basis, teils durch die Regionsbeschreibung namentlich bekannt sind, sind
topographisch zu fixieren: der Vicus piscinae publicae, von dem die
Region den Namen hatte, und der Vicus portae Raudusculanae
(p. 205), der Vicus portae Naeviae (p. 46), femer die oben genannte
Via nova. Von den übrigen ist die Lage unbekannt. Der Vicus Fortunae
mammosae hatte seinen Namen wohl von einem Bilde der ephesischen
Diana (vgl. Pbelleb, Reg. p. 196), das hier aufgestellt war, ebenso wird
die Isis Athenodoria^) zu erklären sein, und sicher von Bildwerken
haben ihren Namen der Vicus Veneris almae (genannt werden auf der
Bassus-Inschr. Bull. com. 1891 p. 357 Venerenses), Dianae und Silani
salientis. Weitere Strassennamen sind der Vicus Fortunae obsequentis
und vitrarius in der L, und der Vicus laci tecti und Victoris in der
XII. Region. Zu lokalisieren ist von diesen keiner.
129. Andere örtlichkeiten. 1. Ausserhalb der Porta Capena befand
sich einst der Hain der Egeria und in ihm die Grotte der Camenen, aus
der der Quell der Camenen hervorsprudelte. Liv. I 21 lucus erat, quemmedium
ex opaco specu fons perenni rigabat aqua, quo quia se persaepe Numa sine
arbitris velut ad congressum deae inferebat, Camenis eum locum sacravit,
quod earum ibi concüia cum coniuge sua Egeria essent. Vgl. Frontin 4.
Nach den überlieferten Angaben lag der Ort nicht weit vom Thor,
links von der Via Appia, deren Qeräusch bis dorthin drang, in einem
Thale; die als Nymphäum dienende Höhle war künstlich, der lebende
Fels in der für uns erkennbaren Zeit mit Marmor bekleidet. Juvenal
3, 13 flf. beklagt diesen Prunk: quanto praesentius esset numen aqua^, viridi
si margine cluderet undas herba nee ingenuum violarent marmora tofum.
Numa hatte hier, wie es heisst, den Camenen auch ein Tempelchen er-
richtet, nach Serv. Aen. I 8 eine aedicula ahenea brevis, quam postea de caelo
M Förster, Jahib. d. Inst. 1891 p. 195 f. hält die Isis fOr ein Werk des rhodischen
EOnstlers Athenodoros.
7. Der Osten Roms. d. Die Vorstadt der Via Appia. (§ 129.)
343
tactatn et in aede Honoris et Virtutis conlocatam Fulvius Nobüior in aedem Herculis
transtidit, unde aedes Herculis et Musarum appellatur (vgl. p. 229). An seine
Stelle oder daneben trat eine wirkliche Aedes; nach Plinius N. H. XXXIV
19 stellte in dieser der Dichter Accius sein Bild ,maxima forma statuam, cum
brevis admodum fuisset^ auf. Juvenal nennt a. a. 0. delubra Camenarum. Der-
selbe bezeugt in den angeführten Versen, dass zu seiner Zeit bettelhaftes
Judenvolk hier sein Wesen trieb. Indessen blieb das Heiligtum erhalten,
noch die Regionsbeschreibung nennt Gammas,^) Dieser heilige Bezirk lag
am Fusse des Caelius ausserhalb der Servianischen Mauer in dem Thale,
durch welches heute die Strassen Via delle Mole di S. Sisto') und della
Ferratella gehen. Die reich fliessende Quelle befindet sich noch jetzt bei
der Villa Fonseca. Die mittelalterliche Tradition sah in derselben ein
heilkräftiges Wasser.') Eine in der Nähe befindliche Quelle ist möglicher-
weise der bei Frontin 4 genannte Föns Apollinis; mit demselben hängt wohl
das Fragment des Stadtplans Form. ürb. I 1 zusammen, welches ein kleines
quadratisches Monument darstellt, eine Fontana oder ein Puteal, mit der
Beischrift a]REA APOQlinis, entsprechend der Area Apollinis et
Splenis*) der Regionsbeschreibung. Eine dritte hier vor dem Thore be-
findliche Quelle war die Aqua Mercurii (Ovid Fast. V 673: est aqua
Mercurii portae vicina Capenae) ; sie ist ebenfalls am Abhänge des Caelius
in der heutigen Villa Mattei wiedergefunden ; ihr Wasser fliesst in künst-
lichem Kanal durch das Circusthal und ergiesst sich in der Nähe des
Janus Quadrifrons in die Gloaca maxima. Dicht bei der P. Gapena befand
sich auch ein Denkmal — nach Livius I 26 ein sepulcrum constructum saxo
quadrato — der Horatia, der von ihrem Bruder angeblich s) an dieser
Stelle ermordeten Braut eines der Curiatier, ein Ereignis, an das auch die
auf dem Forum befindlichen Pila Horatia (p. 85), das in der III. Region
befindliche Tigillum sororium (p. 311) und der bei Martial III 47 erwähnte
sacer campus Horatiorum, wo der Kampf stattgefunden hatte, erinnert.
2. Auf der anderen, westlichen Seite der Via Appia lag zwischen der
Servianischen Mauer und der Stelle, die später die Thermen des Caracalla
einnahmen, die Piscina publica, ein Teich, wie man ihn vor den Thoren
fast aller italischen Städte findet, zum Waschen und anderen Verrichtungen
(nach Festus p. 213 auch ad quam et natatum et exercitationis alioqui
causa veniebat populus) dienend. Sie war wohl ebenso alt wie die
Servianische Stadt. Im Jahre 215 v. Chr. schlugen nach Liv. XXIII 32
die Prätoren, quorum iuris dictio erat, ihre Tribunale bei der Piscina
publica auf. In demselben Jahre ordneten die Konsuln, nach Livius
0 Vgl. Ausdrücke wie Claudium U. Reg.,
Vestam VIII. Reg., Cererem XL Beg. u. a.
>) Die Via deUe Mole di S. Sisto ent-
spricht dem antiken Vicns Camenarnm.
') Vgl. Lanouni, Acque p. 12. 13.
*) Splenis scheint» wieMoMMSBN meint,
durch Dittographie aus Apollinis entst^anden
zu sein. Vgl. Jordan, Top. II p. 23. Eine
völlig befriedigende Erkl&rung fOr das Wort
giebt es nicht.
') Die traditionelle Eizählung verlegt
die That des Horatius vor die Porta Capena,
ein Thor der Servianischen Stadt, trotzdem
es sich um die Zeit des Tullus Hostilius
handelt. Natürlich fehlt es nicht an Ge-
lehrten, die dies ganz in der Ordnung finden
und auch jener froheren Stadtentwicklungs-
phase eine Porta Capena vindizieren, oder die
überhaupt keinen Anstoss daran nehmen.
Die oben p. 35 f. erörterte Unfähigkeit der
Römer, sidi ein vorservianisches Rom vor-
zustellen, gehört auch hierher.
344 B. Topograplüe von Rom.
a. a. 0. an, dass die Senatoren, quotiens in senatum vocassent, sich ad
portam Capenarn versammeln sollten. Der Orund beider Massregeln ist
unbekannt. Mit letzterer stinunt Festus p. 347, der neben den Senaculs
beim Tempel der Goncordia (p. 78) und dem der Bellona (p. 214) ein Sens-
culum ad portam Gapenam erwähnt.M Die genauere Lage desselben
steht nicht fest. — Cicero erwähnt die Piscina noch £p. ad Qu. fratr. m
7, 1 bei Schilderung einer Überschwemmung, durch welche die ganze Vor-
stadt bis zur Piscina publica unter Wasser gesetzt wurde. Aber schon
im 1. Jahrhundert v. Chr. war sie verschwunden (Festus p. 213 pisänae
publicae hodieque nomen manet, ipsa non exstat), so dass es selbst zweifel-
haft ist, ob Cicero in der angeführten Stelle die Piscina selbst oder nur
die danach benannte Gegend oder Strasse vor Augen hat. Der Name ist
nach Verschwinden des Teiches erhalten geblieben, namentlich durch den
wichtigen Vicus Piscinae publicae (vgl. p. 205), der auch schlechtr
hin Piscina publica genannt wurde (Amm. Marc. XVII 4, 14); der Name
ist schliesslich Bezeichnung der zwölften Region geworden. CIL VI 167
werden lanii piscinenses genannt, die also in dieser Strasse ihr Gewerbe
trieben.
3. Ganz im Süden der zwölften Region lag die Vinea publica, westlich
von der Via Ardeatina und noch ausserhalb der Linie der nachmaligen
Aurelianischen Mauer. Sie wird CIL VI 933 in einer aus dem Jahre 75
n. Chr. stammenden Inschrift erwähnt, in der es heisst, dass der Kaiser
Vespasian locum viniae publicae occupatum a privatis per coUegium ponti-
ficum restituü. Nach Lioorio ist der gi*osse Cippus, auf dem die Inschrift
stand, an der Via Ardeatina, ubi divergit ab Appia, gefunden. Diese topo-
graphisch unklare Fundnotiz wurde zunächst für eine Fälschung gebalten,
indessen hat sie ihre Bestätigung durch Sangallo gefunden, der beim Bau
der neuen Bastion an Stelle der ehemaligen Porta Ardeatina (p. 71) den
Cippus gesehen hat. Die Vinea publica wird sonst nicht erwähnt. In der-
selben Gegend haben vielleicht die in kaiserlichem Besitz befindlichen Horti
Serviliani gelegen. Sie werden Tac. Ann. XV 55 als Aufenthaltsort des
Nero, Hist. III 38 als der des Vitellius genannt. Nach Suet. Nero 47 hatte
hier Nero den letzten Aufenthalt vor seiner Flucht auf die Villa des
Phaon, wo er seinen Tod fand. Aus den Worten: transiü in hortos Servi-
lianos, ubi praemissis liberiorum fidissimis Ostiam dd classem praeparandam
tribunos centurionesque praetorii de fugae societäte temptavit könnte man
schliessen, dass die Gärten zwischen dem Palatium und Ostia an der Via
Ostiensis gelegen haben; jedoch ist die Sache unsicher. Plinius N. H.
XXXVI 23, 25 und 36 nennt eine Anzahl hervorragender Kunstwerke, die
sich in diesen Gärten befanden, darunter von Praxiteles eine Flora, einen
Triptolemus und eine Ceres. Erwähnt werden Beamte dieser Gärten CIL
VI 8673 und 8674.
4. In der ersten Region werden ausser der schon oben genannten Area
Apollinis (et Splenis) noch mehrere Areae genannt, die Area Calles,
carruces, pannaria und in der zwölften die Area radicaria. Diese
») Vgl. MoMMSBN, Staatsrecht III 2 p. 913.
7. Der Osten Soms. d. Die Vorstadt der Via Appia. (§ 130.) 345
letzte, unbekannter Bedeutung, ist auf einem Fragmente des Stadtplanes
(Form. ürb. I 3) dargestellt, welches ausserdem noch den Namen des in der
I. Region aufgeführten Mutatorium Caesaris (Gebäude, dessen Zweck
nicht klar ist, vgl. Pbelleb Reg. p. 114 f.) enthält, und dazwischen ein
Stück der die beiden Regionen trennenden Via Appia. Die Anfangsbuch-
staben des Namens VI sind auf dem Fragment ebenfalls erhalten. Man sieht
auf demselben, dass die Area radicaria eine platzartige Erweiterung der
Via Appia, ein „Largo** nach Neapolitanischem Sprachgebrauch, und etwa
doppelt so breit wie diese war (vgl. p. 192 das Aequimelium, eine Er-
weiterung des Vicus Jugarius). Eine gleiche Erweiterung der Landstrasse
war ohne Zweifel die Area carruces, der Standort der carrucae d. h.
der Reisewagen (vgl. Vita Alex. Sev. 43), die erst beim Thore bestiegen
wurden, da es nicht gestattet war, bei Tage innerhalb der Stadt zu
fahren. Der Platz lag anscheinend in nächster Nähe des Heiligtums der
Camenen; vgl. Martial 11 6, 16; Juvenal 3, 12 ff. — unbekannt ist die
Lage der Area Calles (?) und der Area pannaria (vielleicht Tuchplatz?),
auch des in der zwölften Region genannten Campus lanatarius oder
lanarius (vielleicht Wollmarkt?). Die beiden letzteren Namen führen auf
die Vermutung, dass hier zu beiden Seiten der Via Appia Plätze waren,
auf denen die Bauern der Römischen Gampagna ihre Handelsgeschäfte
machten. Auch einen Brunnen erwähnt die Regionsbeschreibung, den
Lacus Promethei, so von einem Bildwerke genannt, wie der Lacus
Orphei in der V. Region (p. 308) u. a. Vermutlich hat der Lacus auch einer
Strasse den Namen gegeben.
130. Tempel. 1. Der älteste Tempel in dieser Vorstadt war der des
Mars. Er lag mehr als eine römische Meile vor der Porta Capena an der
linken Seite der Via Appia, noch ausserhalb der Linie der späteren
Aurelianischen Mauer auf einer Anhöhe am Almo, dem heutigen Aqua-
taccio, der etwa einen halben Kilometer südlich von der Porta Appia die
Via Appia schneidet. Die Anhöhe wurde nach dem Tempel Clivus Martis
genannt; die 310 v. Chr. angelegte Via Appia überschritt ihn; später
wurde er zur bequemen Führung der Strasse eingeebnet; vgl. CIL VI
1270 S. P. Q, R. clivom Martis pecunia publica in planitiam redigendtim
curavit. Marmorreste, die in jener Gegend in der Vigna Nari gefunden
sind, glaubte Canina dem Tempel, der das Altertum überdauert hat, ^) zu-
schreiben zu sollen. — Wann und von wem der Tempel gegründet worden
ist, davon haben wir keine Kunde, der Stiftungstag war nach Ovid. Fast.
VI 191 der 1. Juni. Die älteste Nachricht über ihn stammt aus dem
Jahre 296 v. Chr.; damals wurde nach Liv. X 23, 12 eine semüa saxo
quadrato a Capena porta ad Martis angelegt, die über hundert Jahre später,
189 V. Chr., durch einen neuen Weg ersetzt wurde. Liv. XXXVIII 28 heisst
es: viam silice sternendam a porta Capena ad Maiiis locaverunt. In späterer
Zeit wurde dieser Weg mit einer Säulenhalle versehen, die Ovid Fast.
VI 192 als Via tecta bezeichnet (eine gleichnamige Strasse auf dem
^) In den Acta S. Sizti (BoUand. Act. heisst es: duxerunt (S. Sixtum) in clivum
Sanct. Angusti II p. 141 ed. Antverp. 1735) ; Martisante templum et ibidem decoUatus est.
346 B. Topographie von Bom.
Marsfelde siehe p. 257). Ihre Anlegung erinnert an die Säulenhalle, die an
der entgegengesetzten Seite der Stadt a porta Fontinali zur Ära des Mars auf
dem Marsfelde angelegt wurde (vgl. p. 223). Aus der Zeit des Hannibalischen
Krieges, 211 v. Chr., stammt die vor der Porta Gapena gefundene Inschrift
CIL VI 474 Martei M, Claudius M. f. consol dedü, nach der Marcellus, der so
viele Statuen etc. bei den Tempeln des Honos und der Virtus aufgestellt
hat, auch dem Mars Geschenke weihte. Hierher gehört auch wohl
CIL VI 473 Mavortei, Unter den Prodigien des Jahres 217 v. Chr. erwähnt
Livius XXII 1, dass das Signum Martis an der Appischen Strasse geschwitzt
habe. Von Dionysius VI 13 wird der Tempel als Ausgangspunkt des jähr-
lich stattfindenden Aufzuges der Ritter genannt, im Jahre 44 lagert hier
iv zfl) Tov "AQ۟)g tcQfp der junge Caesar, der von Campanien kommt; von
hier wird er von seinen Anhängern nach Rom und auf die Rednerbühne
des Kastortempels (vgl. p. 87) geführt (Appian. b. c. HI 41). Cicero ad
Quintum fr. III 7 nennt den Tempel, resp. das nach ihm genannte um-
liegende Gebiet bei der Schilderung der schon oben erwähnten Über^
schwemmung. Die Worte lauten : Romae et maocime Appia ad Martis mira
aUuvies: Crassipedis ambulatio ablata, horti, *) tabernae plurimae; magna tis
aquae usque ad pisdnam publicam. Vom Dichter Terentius heisst es bei
Sueton p. 294 (Roth), er habe ein Gartengrundstück via Appia ad Martis
vülam (?) besessen.
Neben dem Tempel lag der walzenförmige Lapis manalis, von dem
Festus ep. p. 128 sagt: manalem vocabant lapidem etiam petram quandam^
quae erat extra portam Capenam iuxta aedem Martis, quam cum propter
nimiam sicdtatem in urbem pertraherent, insequebatur pluvia statim, eumque,
quod aquas manaret, manalem lapidem dixere. Vgl. Fest. ep. p. 2: aquaeli"
dum didtur, cum aqua pluvialis remediis quibusdam elidtur, ut quofidamj
si creditur, manali lapide in urbem ducto,
2. Über ein in der Nähe des Tempels befindliches Heiligtum des
Aeskulap und der Hygiea heisst es CIL VI 10234: (Salvia) donum dedit
collegio Aesculapi et Hygiae locum aedicula cum pergula et Signum mar-
moreum Aesculapi et solarium tectum iundum, in quo populus coUegi supra
scripti epuletur, quod est via Appia. ad Martis intra müliarium primum ä
secundum ab urbe euntibus parte laeva etc.
3. Nicht weit vom Tempel des Mars, zwischen diesem und dem
Grabmal der Scipionen (p. 353) muss der von L. Cornelius Scipio (Kons.
259 V. Chr., Cens. 260 v. Chr.) nach Besiegung der Korsen gegründete
Tempel der Tempestates gelegen haben. Die Grabschrift des Erbauers
CIL VI 1287 giebt davon Zeugnis: hec cepit Corsica Aleriaque urbe dedä
tempestatebus aide meretod. Als Gründungstag giebt Ovid Fast. VI 193 den
1. Juni, den gleichen, wie ihn der Marstempel hatte, an. Die Notitia, die
allein die aedes Tempestatis nennt (das Curiosum lässt sie aus), fügt auch
noch eine aedes Minervae hinzu, die ebenfalls beim Marstempel gelegen
') Die Horti Crassipedis werden 1 cenavit apud me in mei generi Crassipedis
noch einmal erwähnt von Gic. ad fam. I 9, 20: | hortis.
7. Der Osten Some. d. Die Vorstadt der Via Appia. (§ 130.) 347
haben muss (die Worte lauten in der Not.: aedem Martis et Minervae
et Tempestatis, flumen Almanis); wir wissen sonst nichts von ihm.
4. Im Flamen Almonis, das die Notitia als südlichsten Punkt der
Region erwähnt (ob damit der Fluss selbst, eine Bildsäule des Flussgottes
oder eine danach ihren Namen führende Strasse gemeint ist, steht freilich
nicht fest), wurde alljährlich das Bild der Magna Mater gebadet. Als das
Bild im Jahre 175 v. Chr. aus Phrygien nach Rom kam, wurde es, bevor
es in die Stadt geschafft wurde, hier gewaschen (Ovid. Fast. IV 337 ff.).
Es läge nahe, die alljährliche Feier als eine Wiederholung dieser Cere-
monie anzusehen, indessen stimmen die Daten nicht. Das Datum des
Eintrittes der Magna Mater in Rom ist der 4. April (Liv. XXIX 14), der
Tag des jährlichen Bades der 27. März. Dies Datum nennt Ammian. Marc.
XXUI 3, 7 und es findet sich auch auf der auf dem Palatin gefundenen,
im Jahre 175 v. Chr. dedizierten Basis (p. 137). Vgl. CIL V p. 314.
5. Nicht weit von der Porta Capena standen die Tempel des Honos
und der Virtus. Marcellus hatte einen Tempel Honori et Virtuti in der
Schlacht bei Clastidium gelobt und dachte sein Versprechen zu lösen, indem
er ,den vor der Porta Capena von Q. Fabius Verrucosus im Jahre 234 ge-
gründeten Tempel des Honos (Cic. de nat. deor. II 23, 61) deh beiden Gott-
heiten widmete. Aber die Pontifices hinderten dies: negabant unam cellam
duobus rede dedicari (Liv. XXVII 25; Val. Max. I 1, 8; Plut. Marc. 28);
darum renovierte er den Tempel des Honos und baute unmittelbar daneben
den der Virtus. Trotz der Eile, mit der der Bau gefördert wurde, er-
lebte Marcellus die Vollendung nicht (Liv. a. a. 0.). Beide Tempel
dienten zur Aufstellung der in Syrakus erbeuteten Eunstschätze und
waren wegen derselben hochberühmt (Liv. XXV 40; CIL I 530; Cic.
Verr. IV 54, 121; Plut. Marc. 21). Zu Livius' Zeit war der giösste Teil
derselben aber schon verschwunden. Die Tempel nennt zwar nicht, aber
bezeichnet Cic. ad Att. IV 1: cum venissem ad portam Capenam, gradus
templorum ab infima plebe completi erant. Vespasian hat die Tempel wieder-
hergestellt (Plin. XXXV 120); der Tempel des Honos wird (gleich dem
des Mars) von Aurel. Vict. vir. ill. 32 in einer nicht unanfechtbaren Stelle
(vgl. Becker, Top. p. 511 Anm. 1073) als Ausgangspunkt des Zuges der
Ritter genannt. — Die Regionsbeschreibung nennt aedem Honoris et
Virtutis (= aedes Plur., wie aedem Martis et Minervae et Tempestatis).
6. Neben den Tempeln des Honos und der Virtus errichtete der Senat
im Jahre 19 v. Chr. zu Ehren des Augustus, der nach Ordnung der Ver-
hältnisse in Sicilien, Griechenland, Asien und Syrien nach Rom zurück-
gekehrt war (Dio Cass. LIV 10), eine Ära Fortunae reducis. Der
Stiftungstag, der 15. Dezember, wurde als Augustalia alljährlich gefeiert.
Vgl. CIL I« p. 332 und Mommsen, R. g.« p. 46. Auf diese Ära beziehen
sich die Münzen Cohen, Aug. 102—108 mit der Umschrift Fortunae reduci
Caesari Augusto S. P. Q. B.
7. In der Nähe von S. Cesareo an der Via Appia, wo sich die Via
Latina von dieser abzweigt, sind mehrere Inschriften gefunden worden,
aus denen hervorgeht, dass hier ein Heiligtum der Terra Mater sich
befand; vgl. CIL VI 771. 772.
348 B. Topographie von Rom.
131. Thermenbauten. 1. Thermae Gommodi. unter Cominodas
errichtete dessen mächtiger Günstling Eleander^ ein ,lavacrum', das den
Namen des Commodus trug. So berichtet die Vita Comm. 17: opera eius
praeter lavacrum, quod Cleander nomine ipsius fecerat, nulla exstant (vgl.
Herodian I 12, 4). Den Bau erwähnt auch der Chron. v. 354: hoc imp,
thermae Commodianae dedicatae sunt, und nach ihm Hieronymus. Die Re-
gionsbeschreibung nennt sie in der ersten Region, dagegen führt sie der
Anon. Eins, in der neunten Region neben dem Pantheon auf. Vermutlich
irrt der Anonymus, aber da die Thermen spurlos verschwunden sind, so
ist ein Beweis dafür nicht zu erbringen.
2. Thermae Severi. Nicht besser unterrichtet sind wir über die
von Septimius Severus nach der Vita Sev. 19 errichteten und nach der
Regionsbeschreibung in der ersten Region befindlichen Thermen. Auch
der Chron. v. 354 sagt: hoc imp. Septizonium et thermae Severianae dedicatae
sunt, und so auch Hieronymus. Auch eine Aqua Severiana, die doch
kaum von diesen Thermen zu trennen sein dürfte, wird in der Notitia ge-
nannt (vgl. p. 819 Anm. 1). Aber Thermen und Leitung sind für uns
spurlos verschwunden.
3. Thermae Antoninianae. Der Bau der Thermen des Caracallä
(über ihre Lage in der XII. Region, den Vicus Sulpicius und die Via nova
siehe p. 841) wird Vita Sev. 21 und Carac. 9 erwähnt, an ersterer Stelle
werden sie als magnificentissimae bezeichnet (Chron. v. 354, Eutrop VIII 20).
Caracallä dedizierte sie zwar, aber erst Elagabal und Alexander Severus
vollendeten sie. Es heisst dainlber Vita Elag. 17: et lavacrum quidem
Antoninus Caracallus dedicaverat et lavando et populum admiUendo, sed
porticus defuerant, quae postea ab hoc subditivo Antonino exstructae sunt, ab
Älexandro perfectae, und Vita Alex. 25 : Antonini Caracalli thermas additis
porticibus perfecü et ornavit. Unter Aurelian brannten die Portiken ab;
der Chron. von 354 berichtet darüber: porticus thermarum Antoniniarum
arserunt et fabricatum est. Dass auch später noch den Thermen die Für-
sorge der Kaiser zugewandt war, ergiebt sich aus CIL VI 1170 — 1173
und aus Ziegelstempeln der Zeit Theodorichs. — Von den Thermen sind
bis auf den heutigen Tag jene staunenswerten Reste erhalten, die zu den
grössten Sehenswürdigkeiten Roms gehören. Sie bieten in ihrer Ge-
samtheit einen einzig dastehenden Einblick sowohl in die Kunstziele
und das Können, wie in das Leben jener Zeit. Von der damaligen
Kunstrichtung geben die bei Gelegenheit der von den Farnese veran-
stalteten Ausgrabungen gefundenen Kolossalwerke, namentlich der Farne-
sische Stier und der Farnesische Herkules in Neapel, sowie das Gladiatoren-
relief im Lateran ein lebendiges Bild. Die Disposition der Räume einer
Thermenanlage ist hier allein mühelos und klar zu erkennen (vgl. Taf. 17, 2).
Die sicher zu benennenden Haupträume, das Frigidarium (Schwimmbassin),
das Tepidarium und der Rundbau des Caldariums mit ihren Nebenräumen
nehmen die Mitte des Baus ein, auf dem rechten und linken Flügel grup-
pieren sich weitere Nebenräume um die beiden riesigen Palästren. Das
») Über Kleander vgl. Gatti, Bull. com. 1887 p. 323 f.
7. Der Osten Roma. d. Die Vorstadt der Via Appia.
131-132.)
349
Thermengebäude war von den oben erwähnten Portiken umgeben, die
ausserdem einen grossen Hof oder Garten einschlössen, und in die noch
eine grosse Anzahl anderer Räume, an der Westseite sogar eine Art
Stadium eingebaut war. Die ganze Anlage war annähernd ein Quadrat
von circa 300 m Seite. Über die die Thermen speisende Leitung siehe
p. 318 f.
Litteratur: Bloubt, Restauration des Thermes d'Antonin Caracalla, Paris 1823. —
Caiona, Edif. IV Tab. 207—214. — S. A. Iwanopf, Architektonische Studien, Heft HI,
heraosgegeben vom kaiserlich deutschen archäologischen Institut, 1898.
4. Von den in der I. und XII. Region wie in allen übrigen zahlreich
vorhandenen Balneae sind durch die Regionsbeschreibung namentlich bekannt
in der I. Region die Balinea Abascantis, Mamertini, Bolani, Antio-
chiani, Torquati, Vespasiani, in der XU. Region ist ein Balneum
Scriboniolum bekannt durch eine Bulla mit der Inschrift: Hüarionis so
tene me et revoca me quia fugi de r. XII a baln, Scriboniolum Honte (Bull,
com. 1887 p. 286). Über ein antikes Nymphäum in derselben Region
vgl. Rom. Mitt. 1894 p. 332 f.
132. Andere Bauten. 1. Neben den Caracallathermen nennt die
Regionsbeschreibung in der XII. Region die Septem domos Parthorum,
nach Aur. Vict. Epit. 20 gehörten sie zu den zahlreichen von Septimius
Severus erbauten Häusern (vgl. p. 210). Ob sie hier in der Nähe, oder
auf dem Aventin gelegen haben, ist nicht bekannt. Bezeichnend für die
Gegend zwischen Aventin und Caelius ist, dass wir von Privathäusern
hervorragender Männer in dieser Gegend keine Kunde haben.
2. Die Regionsbeschreibung nennt in der I. Region ausser dem schon
oben p. 319 genannten Arcus Drusi und dem Arcus Traiani (p. 318) auch
noch einen Arcus Yeri. Er ist so völlig verschwunden, dass man auch
seinen Standort nicht bezeichnen kann. Das Wahrscheinlichste ist, dass er
über der Via Appia stand, die auch als Via triumphalis diente. Augustus
zog hier im Jahre 19 v. Chr. von Asien kommend in Rom ein (p. 347),
und Nero hielt im Jahre 68 hier seinen Triumphzug (Dio Cass. LXIII 20).
Die Mirabilien 5^ 3 (Jordan II p. 608 f.) haben : foris porta Appia ad templum
Martis arcus triumphalis, womit möglicherweise der Arcus Veri ge-
meint ist.
3. Die Bauthätigkeit vor der Porta Capena hörte nicht bei der
Regionsgrenze auf. Auch abgesehen von den im nächsten Abschnitt zu
behandelnden Grabmonumenten setzten sich die Bauten an der Via Appia,
meist villenartige Anlagen, weiter als an den übrigen Landstrassen in
die Campagna hinein fort. Der Kaiser Maxentius errichtete hier zur
Linken der Via Appia, etwa zwei Miglien ausserhalb der Porta Appia
einen Circus, wie der Chron. von 354 sagt ad Catecumbas.^) Die Reste
zweier gleichlautender Inschriften, die innerhalb und ausserhalb der Ein-
gangsthür angebracht waren (die Fragmente der einen sind verloren ge-
gangen, die der andern sind in dem Circus selbst eingemauert), lehren.
0 Das nicht genügend erklärte Wort
haftet an dieser Stelle der Via Appia. Es
hat den Namen fttr die hier zuerst wieder
entdeckten christlichen Grabstätten, die Ka-
takomben, abgegeben.
350 B* Topographie von Bom.
dass der Circus von Maxentius zu Ehren seines 309 n. Chr. verstorbenen
Sohnes, des Divus Bomulus nobilissimae memoriae vir, im Jahre 311 n. Chr.
errichtet worden ist (CIL VI 1138). Die Reste des Circus sind ansehn-
lich. Er war 482 m lang und 79 m breit und fasste etwa 18000 Zu-
schauer. Der oder einer der auf der Spina des Circus errichteten Obelisken
war ursprünglich dem Domitian gewidmet. Er steht jetzt auf Piazza
Navona (vgl. p. 363).
8. Die Gräber.
133. In der Darstellung der Römischen Topographie sind mehrfach
Qräber behandelt worden, die wie alle Römischen Grabstätten ursprünglich
ausserhalb der Stadt lagen, aber durch die fortschreitende Entwicklung in
dieselbe einbezogen worden sind. Es sind dies, abgesehen von den auf die
erste Phase der Geschichte bezüglichen Gräbern des Romulus, des Faustulas
(p. 100), Titus Tatius (p. 206. 207) der Acca Larentia (p. 183), des Numa
(p. 271) etc.: 1. Die ältesten Qräber auf dem Esquilin und Quirinal in der
Zone zwischen der Yierregionenstadt und dem sogenannten Servianischen
Wall, unter diesem und über ihn hinaus (p. 303 ff.). — 2. Die vor den
Thoren der ehemaligen Servianischen Mauer liegenden Gräber, z. B. des
Bibulus (p. 44 und 260 Anm. 6), des Galba (p. 197), der Sempronii
(p. 44 und 284 Anm. 1). — 3. Die auf dem Campus Martins bej&ndlichen
Gräber des Sulla, der Julier, des Hirtius und Pansa, des Agrippa etc.
(p. 249 f.). — 4. Die Kaisergräber: das Mausoleum des Augustus (p. 249 ff.)
und des Hadrian (p. 279 ff.), das Flavische auf dem Quirinal (p. 299),
das Sepulcrum Domitiorum auf dem Pincio (p. 266). — 5. Einzelne Gräber,
wie die des Maecenas und Horaz extremis EsquUiis (p. 305), des C. Sul-
picius Platorinus in, Trastevere (p. 274) und das sogenannte Grab des
Romulus und des Scipio im Vaticanum (p. 280), die Gräber der Raven-
nates in der Villa Pamfili, die ebendaselbst und sonst in der XIV. Region
vorhandenen Kolumbarien (p. 275) u. a. — Es erübrigt, die an den grossen
Landstrassen und den Thoren der Stadt gelegenen Gräber und Grabstätten
in ihren Hauptzügen zusammen zu stellen.
1. Porta Flamini a. Noch innerhalb des Thores, südlich von der
Piazza del popolo, sind 1874 zu beiden Seiten des Corso (Via Flaminia)«
wo heute die Kirchen S. Maria de Miracoli und S. Maria in Montesanto
stehen, starke Fundamente von Quadermauern noch aus republikanischer
Zeit entdeckt, die wahrscheinlich Gräberanlagen zuzuweisen sind. Lanciani
Form. Urb. 1 bezeichnet das östlich von der Strasse gelegene Fundament
als Mausoleum, das westliche als ,La Meta*. Dass in die Türme der
Porta Flaminia Grabmonumente eingebaut waren, wurde schon p. 67 Anm. 2
erwähnt. Nach den bei Abbruch derselben gefundenen Inschriften befanden
sich hier vor dem Thore u. a. das Grab des L. Nonius Asprenas, des Kon-
suls des Jahres 29 n. Chr. (Eph. epigr. IV 818, Prosop. Imp. Rom. 11
p. 410), die Gräber der Gens Gallonia (Eph. epigr. IV 822) aus dem 3. Jahr-
hundert n. Chr. u. a. m.
2. Porta Pinciana. Innerhalb des Thores, 5 — 600 m davon entfernt,
ist auf dem Pincio an der Via Salaria vetus im Jahre 1616 ein grosses
8. Die Or&ber. (§ 188.) 351
marmornes Grabmal aufgedeckt worden. Auf dem Marmorfries las man
in grossen Buchstaben die Inschrift Octaviai M. F. Appi. Sie ist, wie das
Grab selbst, zerstört und nur abschriftlich bekannt (CIL VI 23380), aber
der Fundort steht fest.
3. Porta Salaria. Innerhalb des Thores, zwischen diesem und der
Porta CoUina, ist in der ehemaligen Villa Buonaparte 1884 und 1885 das
Monumentum Calpurniorum aufgedeckt mit Inschriften des C. Calpur-
nius Crassus Frugi Licinianus, getötet unter Hadrian (Vita Hadr. 5), und
anderen Mitgliedern der Familie des Konsuls von 27 n. Chr., M. Licinius
Crassus Frugi (Bull. com. 1885 p. 101 ff., Prosop. Imp. Rom. I p. 276). —
Zwischen der Via Salaria und Pinciana ausserhalb der Aurelianischen Mauer
ist eine grosse Nekropole aus der letzten Zeit der Republik und den
ersten Zeiten des Kaiserreichs aufgedeckt worden. In der daselbst gelegenen
Vigna Nari wurden schon im 18. Jahrhundert die Gräber der Freigelassenen
und Sklaven der Vigelii und Octavii (CIL VI 7845— 7942) und anderer vor-
nehmer Geschlechter aufgedeckt, eine Grabstätte, die von der Zeit des Augustus
bis ins 2. Jahrhundert n. Chr. in Gebrauch war. An derselben Strasse in der
Vigna del Cinque fand sich das Columbarium der Freigelassenen der Caninii
aus der Zeit des Augustus (CIL VI 7987—7996), weiter ein zeitlich nicht mehr
bestimmbares in der Villa Amici (CIL VI 7997 — 8011). Zahlreiche Inschriften,
die in den Vignen vor der Porta Salaria zum Vorschein gekommen sind
(CIL VI 2421 flf.), beweisen, dass hier der Begräbnisplatz der Prätorianer
war. Zu erwähnen ist auch das hier im Jahre 1885 aufgedeckte grosse
Rundgrab des Lucilius. Bei allen weiteren Ausgrabungen in dieser Gegend
sind Grabkammern (Columbarien), Urnen und zahlreiche Inschriften gefunden.
Namentlich reich war die Ausbeute an Gräberfunden, als hier in den
achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts ein neues vorstädtisches Quartier
angelegt wurde. Aus den etwa tausend Inschriften, die bei dieser Gelegen-
heit zu Tage kamen, ersah man, dass hier Columbarien der Freigelassenen
und Sklaven der Antonii, Appulei, Clodii, Cornelii, Fabii, Manutii, Oppii,
Sallustiij Sempronii, Terentii, Valerii, Vitruvii und vieler anderen Familien
sich befanden. Besonders bemerkenswert war eine Gruppe von Inschriften,
die sich auf die Curatores der Tribus Pollia bezog und eine andere der
Wagenlenker und sonstiger Angehöriger der Factio prasina (p. 212). Auch
später noch, im Jahre 1897; sind in dieser Gegend Reste von Gräbern
von Freigelassenen der Livinei, Octavii, Vergüii, ferner von Soldaten der
Römischen Garnison und Beamten mannigfacher Art zum Vorschein ge-
kommen. Alle diese Gräber waren nach der Via Salaria orientiert und
fast durchgehend in Retikulatbau ausgeführt. Ausgrabungsberichte in den
Not. d. scavi 1886—1900 an vielen Stellen. Vgl. Bull. com. 1886 p. 401 flf.,
1897 p. 57 flf., 276 flf., 1899 p. 63 flf., 152 flf., 263 flf., Rom. Mitt. 1891 p. 124.
4. Porta Nomentana. In einen der Thortürme ist das an der Via
Nomentana gelegene Grabmal des Q. Haterius (CIL VI 1426) eingebaut.
Es hatte die Form einer Ära; dieser Haterius ist vielleicht derselbe, der
Tac Ann. I 13 (Suet. Tib. 27) erwähnt wird. Er starb 26 n. Chr. fast
neunzigjährig (vgl. Prosop. Imp. Rom. n p. 126). — Vor dem Thore sind
unter anderen Gräbern die Columbarien der Aelii und Domitii gefunden.
352
B. Topographie von Rom.
Auch an der zu dem geschlossenen Thor südlich vom Pratorianerlager
hinausführenden Strasse ist 1890 ein grosses Grabmal aufgedeckt.
5. Porta Tiburtina. Innerhalb wie ausserhalb des Thores sind
grosse Mengen von Gräbern aufgedeckt, u. a. lag hier dicht vor dem Thore
das Grab des M. Antonius Asclepiades, des Freigelassenen des Pailas
(CIL VI 11965), und der Begräbnisplatz der Freigelassenen der Antonia
Drusi (Prosop. Imp. Rom. I p. 106). — Weiter hinaus {via Tiburtina intra
primum lapidem Plin. Ep. VII 29) hatte der vielgenannte Pallas, der Frei-
gelassene des Claudius, der unter Nero im Jahre 62 n. Chr. seinen Tod
fand (Prosop. Imp. Rom. HI p. 7 f.), sein Grabmal. Plin. a. a. 0. beschreibt
die Lage und überliefert die Inschrift: huic senatus ob fidem pietatemque
erga patronos ornamenta praetoria decrevU et sestertium centies guinquagies,
cuiiis honore contentus fuiU
6. Via Praenestina und Labicana. Zur Linkender Via Praenestina,
innerhalb der Aurelianischen Mauer, wurde im Jahre 1733 das aus drei
Columbarien bestehende Grab der Arruntii aufgefunden, geschmückt mit
Bildern und Mosaiken. Es gehörte wahrscheinlich dem L. Arruntius L. f.,
Konsul 6 n. Chr., mit der Regulierung des Tiber beauftragt 15 n. Chr.
(Tac. Ann. I 76), gestorben 37 n. Chr. (Tac. Ann. VI 53, 54). Die darin
gefundenen Inschriften siehe CIL VI 5931—5960. — Dicht daneben war
schon 1731 ein anderes Columbarium aus der Zeit des Augustus entdeckt
worden (CIL VI 5887 — 5930). Neue Funde kamen in derselben Gegend
in den Jahren 1871—1877 zum Vorschein, sieben Columbarien aus der Zeit
des Augustus (CIL VI 5961— 6148). Nahe dem Thore liegt das Grab der
Statilii unmittelbar an der Strasse (CIL VI 6213—6594). Dasselbe war
bis in die Zeit des Claudius im Gebrauch, unter diesem Kaiser wurde
Statilius Taurus, Konsul 44 n. Chr., durch Agrippina zum Selbstmord ge-
zwungen (Tac. Ann. XU 59), und die Güter der Familie konfisziert. Dazu
gehörten die ehemaligen Gärten des Pompeius (vgl. p. 266). Über die
Familie der Statuier, denen Rom auch ein Amphitheater verdankte
(p. 243), vgl. CIL VI p. 994 f. Daneben befindet sich ein zweites Statilier-
Columbarium, welches nach Mommsens Vermutung (CIL VI p. 1011) an-
gelegt wurde, nachdem der aus dieser Familie stammenden Messalina die
väterlichen Güter zurückgegeben waren (CIL VI 6595 — 6640). Auch
andere Columbarien sind hier in der Nähe gefunden worden (CIL VI
6641 bis 6790). Eines von diesen Columbarien war ganz besonders durch
die darin befindlichen Wandgemälde (jetzt in den Diokletiansthermen,
Saal XIII) ausgezeichnet. Sie stammen aus dem Ende der Republik oder
dem Anfang der Kaiserzeit, und bilden einen Cyklus, der sich auf die
Sagen von der Gründung der drei Städte Lavinium, Alba longa und Rom
bezieht.!) Der Plan des ganzen Gräberkomplexes bei der Porta Prae-
nestina befindet sich im CIL VI p. 982.*) — Vor dem Thore, in dem
0 Vgl. Hblbio, Führer ü» p. 257 ff. Rom.
Mitt. 1899 p. 216.
') Wie in dieser Gegend die Schichten
übereinander liegen, sieht man aus dem Be-
richt Not. d. scavi 1880 p. 30. Nicht weit
von dem Statiliergrab fand man Grftber ans
republikanischer Zeit, darüber andere ans dem
1. Jahrh. n. Chr., das ganze war dann yon
Mauern, Ean&len und Substruktionen aus
dem 3. Jahrhundert durchschnitten.
8. Die Qr&ber. (§ 133.) 353
Scheitelpunkte der beiden Strassen, der Labicana und Praenestina, steht
das sowohl durch die Form (ein Backofen) als auch durch ^ie Reliefs be-
merkenswerte Grab des Bäckers Eurysaces (Taf. 16, 1). Es stammt aus der
letzten Zeit der Republik (CIL VI 1958). Auch ausserhalb des Thores hat man
Columbarienfunde gemacht (CIL VI 6791 — 6814). Drei Miglien vor der
Porta Praenestina ist im Jahre 1848 an der Via Labicana eine An-
zahl von Skulpturen gefunden, die aus einem Grabe stammten, das nach
zwei an derselben Stelle gefundenen^Inschriften einem Zweige der Haterier
gehörte. Von den Reliefs hat namentlich das auf p. 172 Abb. 17 abge-
druckte, einen Teil der Gebäude der Sacra via darstellende, Bedeutung
für die Topographie. Die Reliefs stammen aus dem 2. Jahrh. n. Chr. Vgl.
Helbig, Führer I^ p. 462. Weiter hinaus am 5. Meilenstein der Via
Labicana war der Kaiser Didius Julianus bestattet, nach der Vita 8 : corpus
eins a Severo uxori Manliae Scantillae ac filiae ad sepulturam est reddüum
et in proavi monumenta translatum miliario quinto via Labicana (vgl. p. 280).
7. Via Appia und Latina. Von Niederlassungen und Anbau war
an der Via Appia Jahrhunderte lang keine Rede, dagegen haben schon
früh die grossen Toten der edelsten Römischen Geschlechter hier ihre
letzte Ruhestätte gefunden. Cicero nennt in einer berühmten Stelle
(Tuscul. I 7, 13) den Calatinus, die Scipionen, Servilier und Meteller, die
hier bestattet seien. Weniges ist erhalten, von allen Grabstätten ist die
älteste die der Scipionen. Zwei dazu gehörige Inschriften wurden am
Anfang des 17. Jahrhunderts gefunden, 1780 ist das Grab selbst entdeckt
worden. Es besteht aus zwei übereinanderliegenden Teilen, von denen
der obere zu Grunde gegangen ist. Der untere ist durch eingezogene
moderne Pfeiler verunstaltet, existiert aber noch zum grössten Teil. Der
noch erhaltene, von einem unregelmässigen Bogen gebildete Eingang war
nicht nach der Via Appia, sondern nach einer Querstrasse zwischen dieser
und der Via Latina gelegen. In dem Grabe fand man eine Anzahl von
Sarkophagen, von denen der merkwürdigste der aus einem Steine (Peperin)
gehauene des Scipio Barbatus ist (der grosse Africanus war hier nicht
begraben). Die auf den Sarkophagen befindlichen Inschriften, ehrwürdige
Denkmäler der ältesten Römischen Litteratur (CIL 1 29—39), befinden sich
jetzt im Vatikan. Sie bestätigen u. a. die Nachricht Ciceros (de legg. 11
22, 57), dass von den Leichen der patrizischen Cornelier vor Sulla keine
verbrannt sei. Nach Liv. XXXVIII 56 befanden sich in diesem Grabmal
auch drei Statuen, die des P. und L. Scipio und des Dichters Ennius.
Man fand in demselben ausser den Sarkophagen mehrere Köpfe von
Statuen und einen Ring. Bei der Aufdeckung des Grabmales ist in ruch-
loser Weise verfahren worden. Mommsen, der den vollständigen Bericht
darüber, wie über alles Hierhergehörige (CIL I p. 11 ff.) bringt, sagt
sarcophagis suis Scipiones extractos, cineres sparsos, tüulos arcasque museo
Vaticano illata esse notum est.
An der Via Appia soll auch die Grabstätte des Septimius Severus
und der Seinen gelegen haben. In der Vita Getiae 7 heisst es von
diesem: illafusque est maiorurn sepnicro, hoc est Severi, quod est in Appia
via euntibus ad portam dextra specie Septizodii exsfrucftim, quod sibi
Haoilbiicb der kiMs. AltertanMWimenfichaft. III. 3, B. 2. Aufl. 23
354
B. Topoin^phie ron Rom.
äle vivus ornaverat Indessen ist gegenüber den bestimmten Nachrichten,
dass Severus und seine Söhne im Mausoleum Hadriani beigesetzt worden
sind, nicht zu bezweifeln, dass hier ein Irrtum vorliegt, der auf der Vor-
stellung beruht, dass das an der Südostecke des Palatino gelegene Sepü-
zonium (p. 158) zum Grabmal der Familie bestimmt gewesen sei.*)
Aus späterer Zeit stammt eine Anzahl von teilweise durch Malereien
und Stuck verzierten Columbarien. 1. In der Vigna Codini innerhalb
der Porta Appia mehrere Columbarien mit reicher Inschriftenausbeute CIL
YI 4418—5538. 5679—5886 (Abb. 31). Sie stammen aus dem ersten Jahr-
Abb. 81. Colambarimn In der Ylgnt Codini.
hundert n. Chr. und gehören zum Teil der „familia* des kaiserlichen Hauses
an, darunter ein 1847 aufgedecktes Monumentum der Mai*cella, der Nicht«
des Augustus. Dazu kommt ein an der Porta Latina im Jahre 1831 auf-
gedecktes Columbarium, ebenfalls aus dem Anfange des 1. Jahrh. n. Chr.
CIL VI 5539—5678. — 2. Ausserhalb der Mauer, an der linken Seite der
Via Appia zwischen dem ersten und zweiten Meilenstein, lag das 1726 auf-
gedeckte Columbarium der Freigelassenen und Sklaven der Livia, der
Gemahlin des Augustus, CIL VI 3926—4326. — 3. Columbarien haben sich
hier überall in der Gegend längs der Via Appia und Latina und zwischen
M Vgl. HiRSCB^BLl), Die kaisetlicheti Grabstätten in Rom.
Akad. d. Wiss. zu Berlin 1886 p. 1161 f.
Sitzungsbericht der
9. Nachtrag zu p. 76—107: Das Forum. 355
beiden gefunden (vgl. die Inschriftensammlungen CIL VI 6815 — 7783).
Bemerkenswert ist namentlich der im Jahre 1732 in der Vigna Cesario
gemachte Fund einer grossen Anzahl von Graburnen mit Inschriften aus
republikanischer Zeit (CIL VI 8211—8397). Zwischen dem zweiten und
dritten Meilenstein der Via Appia befand sich die Grabstätte der Misenen-
sischen Soldaten (CIL VI 3092—3147).
Die Einzelgräber, die sich bis an den Fuss des Albanergebirgs in
meilenlanger Reihe längs der Via Appia und Latina (hier zwei durch
Stuckreliefs besonders schön gezierte) hinziehen, sind sehr schwer zu
bestimmen, das meiste beruht auf Kombination. Sichere Namen sind die
des Jasdius Domitianus (CIL VI 1428) und des Abascantus (CIL VI 8598,
8599). Das berühmteste und fast allein gesicherte ist das der Caecilia
Q. Cretici f. Metella Crassi, der Tochter des Metellus Creticus und Frau
des Crassus, des Sohnes des Triumvirn, weltbekannt als bedeutendstes
Denkmal der Römischen Campagna.
8. ViaOstiensis. Südwestlich von der Porta Ostiensis ist in die Mauer
die Pyramide des Cestius so aufgenommen, dass die der Via Ostiensis zuge-
wandte Ostseite ausserhalb, die Westseite innerhalb der Mauer sich be-
findet. Auf beiden Seiten steht die Inschrift: C, Cestius L. f. Pob, Epulo.
pr, tr.pl. VII vir. epulonum, darunter auf der Ostseite: opus apsolutum ex
testammto diebus CCCXXX arbitratu Ponti P. f. Cla. Melae heredis et
Pothi l. (CIL VI 1374). Es ist vermutlich derselbe Cestius, der bei Cic.
Phil, in 10, 26 erwähnt wird; er ist vor 12 v. Chr. gestorben. — Vor dem
Thore ist an der Via Ostiensis eine ähnliche Nekropolis, wie an der Via
Salaria, aufgedeckt. Zahlreiche Gräber, ebenfalls von Freigelassenen und
Sklaven Römischer Geschlechter, sind hier gefunden, zum grossen Teil
Columbarien, aber auch Reste von Sarkophagen und Skeletten, alles sehr
zerstört. Vgl. Bull. com. 1897 p. 310 ff. Einen gleichen Begräbnisplatz
hat man auch vor der Porta Portuensis aufgedeckt; vgl. Bull. com.
1898 p. 61 fif.
9. Nachtrag zu p. 76— 107: Das Forum.
Das Kapitel über das Römische Forum war bereits gedruckt, als
(am Schluss des Jahres 1898) unter dem Ministerium Baccelli Ausgrabungen
eingeleitet wurden, die umfassender und vor allem gründlicher waren,
als alle vorhergehenden. Sie haben eine Reihe wichtiger Entdeckungen
gezeitigt, die zum Teil ganz Neues brachten, zum Teil über bekannte
Punkte neue Aufklärung. Das wichtigste Unternehmen war die Frei-
legung der Nordseite des Forums, die bis dahin unter einer fast 10 m
dicken Schuttschicht lag; sie führte zur Aufdeckung der Reste der Ba-
silica Aemilia, zur Freilegung der Front der Curie (S. Adriane) und der
Area des Comitiums. Von Bedeutung war auch der Abbruch der
Kirche S. Maria Liberatrice; ausser der Freilegung der darunter befind-
lichen Bauten bot sie die Möglichkeit, den Stylobaten des Kastortempels
völlig zu isolieren und die Verbindung zwischen Forum und Palatin auf-
zudecken. Die Abräumung des Schuttes führte ausserdem zur Entdeckung
23*
356
B. Topographie von Rom.
des an dieser Stelle vermuteten Teiches und Heiligtums der Jutuma.
Nach und nach wurden dann die meisten Gebäude zwischen dem Tabu-
larium und dem Titusbogen in den Bereich der Ausgrabungen gezogen.
Ich bringe die neuen Entdeckungen in der Reihenfolge, wie die Gebäude
oben p. 76—107 behandelt worden sind. Quelle sind ausser eigenen Be-
obachtungen die Berichte des Architekten Boni in den Not. d. scavi,
sowie die Aufsätze von Lakgiani, Gatti und D. Yagliebi im BuU. com.
seit 1899.
(p. 81 ff.) Die Bostra. Hinter den Rostra, hart an dem um den Saturn-
tempel sich windenden Clivus Capitolinus und mit der Oberseite tiefer als das
Niveau dieses Weges liegend ist eine kleine Portikus zum Vorschein ge-
kommen, bestehend aus acht nebeneinander liegenden Kammern ; die erste
und zweite zunächst dem Saturntempel ist, wie es scheint, um für die Funda-
mente des Tiberiusbogens Raum zu schaffen, zerstört worden. Die
andern sechs sind gut erhalten, sie sind fast quadratisch, 1,50 m breit und
hoch und 1,30 m tief, die Decke ist flach, während die Eingänge Bogenform
haben. Die Zwischenwände sind etwa 0,60 m stark. Der Boden der Kammern
ist mit Ziegeln gepflastert, ebenso die Area davor. Der Bau besteht aus
Opus incertum, die Bögen aus Peperin, alles innen und aussen mit Stuck
überzogen und gut erhalten. Eine gewisse Ähnlichkeit dieser kleinen Ar-
kaden mit der Münze des LoUius Palikanus hat den Leiter der Aus-
grabungen Boni auf den Gedanken gebracht, in diesem Bauwerk die von
Caesar vom Comitium auf das Forum versetzten Rostra zu erkennen. In
den Zellen sollen die Schiffsschnäbel oder vielmehr ganze Schiffsvorderteile
gesessen haben. Die bekannten Rostra neben dem Severusbogen seien
erst von den Flaviern gegründet. Dagegen ist folgendes zu bemerken:
1) Das Bauwerk steht mit der Hinterseite hart am Clivus Capitolinus,
kann also unmöglich eine Plattform von der erforderlichen Grösse getragen
haben; denn selbst eine Plattform von nur 5 m Tiefe würde den Weg ge-
sperrt haben. Ausserdem läuft 8 — 4 m hinter der Arkadenreihe eine den
Clivus entwässernde Kloake, deren Scheitel höher liegt, als eine etwa auf
den Arkaden anzunehmende Plattform. 2) Weder im Innern der Zellen noch
an der Frontseite der Pfeiler sind irgend welche Spuren vorhanden, dass da-
selbst Schiffsschnäbel gesessen haben; ebensowenig zeigen die Deckplatten,
die alt zu sein scheinen, Spuren einer Balustrade. 3) Die Münze des Palikanus
mag eine Rednerbühne darstellen oder nicht, ^) sie hat jedenfalls nichts mit
der Caesarischen zu thun, die frühestens im Jahre 42 v. Chr. (vgl. p. 82) de-
diziert wurde, während die Münze wahrscheinlich im Jahre 45 v. Chr. geprägt
ist. 4) Von einer abermaligen Verlegung der Rednerbühne nach Caesar ist
nichts bekannt, vielmehr sagt Dio Cassius a. a. 0. von der Caesarischen
») Die Münze (Cohen Cons. T. XXV
LoUia 2) stellt die Frontseite eines an-
scheinend halbkreisförmigen niedrigen Bans
dar, gegliedert durch fttnf auf Pfeilern ruhende
Bogen, von denen drei mit Schiffsschnäbeln
geschmückt sind. Darauf ruht eine Platt-
form, auf der ein Subsellium steht, darüber
steht der Name Palikanus. Was ein Sub-
sellium auf der Rednerbühne soll, ist Qne^
findlich; da Q. Lollius Palikanus ein be-
kannter YolksfÜhrer und 71 v. Chr. Tribus
war, so liegt es nahe, an die Snbsellia tri-
bunorum zu denken, leider aber wissen wir
von ihrer Beschaffenheit nichts Genaueres
(vgl. p. 99 und Val. Max. II 2, 7).
9. Nachtrag sn p. 76—107: Das Forum. 357
Rednerbühne: rd ßrjfia iv (xäcfff nov TtQOTeQovrrjg ayoqäq ov ig rov vvv ronov
avexwqiox^i]. — Welchen Zweck der Bau gehabt hat, ist zweifelhaft. Am
ersten möchte man an eine Substruktion des Clivus Capitolinus denken, denn
auch in die weiter oben hinter der Porticus Deorum consentium (p. 79. 80)
befindlichen Substruktionen desselben Weges sind Kammern eingdassen.
Wären die Kammern nicht gar so niedrig, so möchte man an die Schola
Xantha (vgl. p. 95 f.) denken. Die Ausgrabungen südlich davon haben die
Fundamente des Bogens des Tiberius zum Vorschein gebracht; sie messen
9 zu 6 m, der Bogen war einthorig, und stand weiter nach den Bostra
zu, als man bisher annahm. Die sich auch auf die Nordwestecke der
Basilica Julia erstreckenden Ausgrabungen haben ältere Stufen blosgelegt.
Betreffs der grossen Rostra haben Bonis Beobachtungen nichts Neues
gebracht. Die einzig erkennbare und nachweisbare Restauration ist die-
jenige, zu der die Marmorbalustraden, deren von mir zuerst ausgesprochene
Zugehörigkeit zur Rednerbühne') jetzt allgemein anerkannt ist, gehören,
also die Zeit Hadrians. Auch der letzte Umbau der Rostra, den Boni ent-
deckt zu haben glaubt und den er als Rostra Vandalica bezeichnet, ist schon
vor zwölf Jahren von mir konstatiert und beschrieben. Es heisst Jahrb. d.
Inst. 1889 p. 7 darüber (vgl. oben p. 83): „An die Nordseite der Rednerbühne
ist . . . zu einer Zeit, die nicht näher zu bestimmen ist, ein Ziegelbau ange-
setzt, der gewöhnlich als „Basis'' bezeichnet wird. Er besteht aus vier
flach überwölbten Wänden von erheblicher Dicke. Dass dieser Ziegelbau
einst eine Verkleidung gehabt hat, die mit der der Rednerbühne im wesent-
lichen übereinstimmte, war schon aus dem Ablauf ersichtlich; aber es ist
bisher noch nicht bemerkt worden, dass auch dieser Anbau Schiffsschnäbel
getragen hat, denn genau in denselben Abständen wie in der Tuffquader-
wand lassen sich in der Ziegelwand einige jener Zapfenlöcher beobachten,
die durch die ganze Wand hindurchgehen und von hinten noch deutlicher
wahrnehmbar sind, als an der durch spätere Restaurationen stark alterierten
Frontseite. Diese Basis ist also in Wirklichkeit ein 16 Fuss langer Yer-
längerungsbau der Rostra, durch welchen die Reihe der Schiffsschnäbel
um acht weitere verlängert wurde." Auf eine zu den Rostra gehörige
Inschrift aus der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts, vielleicht aus dem
Jahre 472 n. Chr., die sich auf eine Restauration dieses Bauwerks bezieht,
hat dann Hülsen aufmerksam gemacht (vgl. p. 83). Ob aber die Inschrift
und der Anbau gleichzeitig sind, steht dahin.
(p. 89.) Der Vestatempel. Die noch erhaltenen Fundamente
sind genauer als bisher untersucht worden (Not. d. scavi 1900 Mai). Sie
bestehen aus mehreren Schichten von Gusswerk mit einer Bekleidung von
Tuffblöcken, die aus verschiedenen Zeiten stammen, aber auch die unterste
Schicht geht nicht über die Kaiserzeit hinauf. Die oberste Schicht aus gelb-
lichen Tuffbrocken (die anderen sind aus rotbraunem Tuff), die von der
darunterliegenden durch eine schmale Schicht von Marmorsplittern getrennt
ist und bisher allgemein für mittelalterlich gehalten wurde, stammt ebenfalls
^) 0, RicHTBB, Rekonstruktion und Geschichte der ROmuichen Rednerbtklme. p. 57 ff.
358 ^* Topographie von Born.
aus dem Altertum und gehört wahrscheinlich zu der Wiederherstellung nach
dem Brande von 191 n. Chr. Neu ist, dass in der Mitte des Gusskerns ein
durch alle diese Schichten bis auf die Thonerde, in die das Fundament ein-
gebettet ist, durchgehender viereckiger Schacht sich befindet, der durch den
Fussboden des Tempels zugänglich war. Die Seitenwände, nur zum Teil noch
erhalten, sind zum Teil aus Opus incertum hergestellt, zum Teil aus Gusswerk.
Der Grundriss ist unregelmässig, die vier Seiten sind annähernd jede 2,50 m
lang, aber keine der andern gleich (2,50; 2,47; 2,45; 2,30). Über den
Zweck und die Bedeutung des Raums steht nichts fest. An eine favisa
zu denken, wie sie beim Capitolium überliefert sind (p. 125 Anm. 2), uii
reponi solerent signa vetera, quae ex eo templo coUapsa essent, et alia quae-
dam religiosa e donis consecratiSj liegt nahe. Die Masse des Tempelober-
baues, die BoNi aus den Besten erschliesst, sind dieselben,- wie sie schon
Jobdan und Schulze gefunden hatten, auch deren Rekonstruktion ent-
spricht im wesentlichen den neuesten Funden, nur war der unterbau der
Wiederherstellung der Julia Domna um die oben erwähnte Schicht höher.
Einen Beitrag zur Geschichte des Vestatempels hat H. Dressel
in der Zeitschrift för Numismatik 1899, p. 20 fiF. gegeben. Auf Bronzemünzen
mit Divus Augustus (Cohen, Aug. 250. 251) befindet sich ein Rundtempel mit
kanellierten Säulen und kegelförmigem Dache, dessen Bekrönung eine kleine,
den linken Arm auf ein Scepter stützende Figur bildet. Zu beiden Seiten des
Tempels steht je ein hohes viereckiges Postament, von denen das eine einen
Stier, das andere einen Widder trägt; beide Tiere sind im Profil darge-
stellt und einander zugekehrt. Diese Darstellung, die früher ziemlich all-
gemein auf einen zu Ehren des Augustus errichteten Tempel bezogen
wurde, kombiniert Dbessel mit der Darstellung auf der Sorrentiner Basis
(vgl. Rom. Mitt. 1889, Taf. X) und einem Relief in Palermo (vgl. Rom. Mitt.
1894, Taf. VI), auf denen religiöse Handlungen vor dem Tempel der Vesta
dargestellt sind; auf beiden finden sich die Postamente mit Stier und
Widder in Verbindung mit dem Tempel wie auf der Augustusmünze. Er
schliesst daraus, dass auch auf der Augustusmünze der Vestatempel dar-
gestellt ist, und weiter, dass Augustus eine Wiederherstellung desselben
unternommen habe, die erst durch Tiberius zu Ende geführt sei. Trotz des
Schweigens der Überlieferung, namentlich auch des Monumentum Ancy-
ranum, über einen solchen Bau ist eine Erneuerung des Vestatempels
durch Augustus wahrscheinlich, da fast alle Bauten des Forums von ihm
selbst oder zu seiner Zeit erneuert worden sind, namentlich die den Vesta-
tempel umgebenden Gebäude, die Tempel des Eastor und des Divus Julius
und die Regia. Die auf den Postamenten stehenden Tiere dürften Weih-
geschenke sein.
(p. 88.) Lacus Juturnae. An der Ostseite des Eastortempels
ist der Lacus Juturnae zum Vorschein gekommen, ein rechteckiges Bassin,
dessen noch erkennbare Anlage bis in republikanische Zeit zurückgeht,
aber in der Kaiserzeit erneut ist (Tuff mit Marmorbekleidung). Das Quell-
wasser, zu dessen Aufnahme es diente, sprudelt noch jetzt klar und frisch.
Das Becken hat die Orientierung des Eastortempels, von dem es etwa 8 m
entfernt ist. Südlich von dem Lacus kam ferner eine Gruppe von Bauten
9. Naobtrag m p. 76—107: Das Foram.
359
zum Vorschein, die auf die Juturna sich beziehen, zunächst ein marmornes
Puteal mit der aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. stammenden Inschrift auf
der dem Lacus zugewendeten Seite: M. Barbaiius Pollio aed, cur. Jutumai
sacrum. rest. puteal. *) Die Oberfläche der Eranzleiste hat dieselbe Inschrift
ohne die beiden letzten Worte. Der Brunnen war bei der Auffindung voll
von Erde, gemischt mit Amphorenresten. — Vor dem Puteal fand sich
ein etwa aus dem 2. — 3. Jahrhundert stammender Altar, auf dessen Vorder-
seite eine bekleidete weibliche Gestalt dargestellt ist, die einem neben ihr
stehenden, mit Lanze und Schild ausgerüsteten Manne die linke Hand ent-
gegenstreckt (Juturna und Turnus?), an den Seiten des Altars die Patera
und das Praefericulum. — Südlich vom Puteal steht eine Aedicula, 1,82 m
zu 1,93 m gross, Mauerwerk von Ziegeln mit Marmorbekleidung, von der
noch mehrere Reste vorhanden sind. Untär den herumliegenden Architektur-
resten ^) fand sich ein Stück vom Epistil der Frontseite, mit Vertiefungen
für die Bronzebuchstaben der Inschrift: Jutumai sa . . . Die Aedicula ist
nicht völlig rechtwinklig, im Innern ist dies dadurch ausgeglichen, dass
die Hinterwand eine runde Nische bildet, in der wohl die Statue der
Göttin stand.
Die Niederlegung der Kirche S. Maria Liberatrice ist in erster Linie
der mittelalterlichen Topographie zu gute gekommen, unter dem dazu ge-
hörigen Garten ist, eingebaut in den Kaiserpalast, eine alte Basilica mit Wand-
gemälden zum Vorschein gekommen, deren Existenz übrigens durch frühere
Ausgrabungen schon bekannt war; in ihr fand sich eine Inschrift, aus der
hervorgeht, dass dies die Kirche S. Maria antiqua war. Damit ist ein
interessanter Streit, der über die Lage derselben geführt worden ist, end-
gültig entschieden. Vgl. den Aufsatz Lancianis (der diese Kirche stets
hier gesucht und in seiner Forma ürbis den Namen schon an der richtigen
Stelle eingetragen hat) im Bull. com. 1900 p. 299 ff.
(p. 91 f.) Die Regia. Es war schon auf p. 92 der Zweifel ausge-
sprochen worden, ob die von Hülsen versuchte Rekonstruktion die ganze
Regia darstellt. Nachdem jetzt die Fundamente frei gelegt sind, zeigt sich
die Berechtigung dieses Zweifels. Die Regia bildete ein Trapez, in dessen
kleinster nach Osten liegender Seite der Eingang war, von dem wie von
der Treppe noch deutliche Reste vorhanden sind. Die Westseite tritt bis
auf 2 m an die Hinterwand des Heroon des Divus Julius heran. Hier war
das Amtshaus der Kalatores pontificum et flaminum angebaut; der eben-
falls trapezförmige Raum, in dem auch die betreffende Inschrift (Kalatjorea.
pontificutn . et . flaminum verbaut gefunden ist, bewahrt noch Reste des
schwarzweissen Mosaikpflasters. Die Nordseite der Regia an der Sacra via
wurde, bei Abtragung des mittelalterlichen Strassenpflasters und Abräumung
des Schuttes bis auf das Niveau des antiken Pflasters, zwischen Regia und
Faustinatempel konstatirt. Drei Stufen, die längs der Mauer der Regia
^) Das letzte Wort in carattere meno
accurato del rimanente deUa iscrizione scheint
später hinzugefügt zu sein.
') Die bei der Ausgrabung sonst zum
Vorschein gekommenen Architektur- und
Skulpturreste sind wohl zum Teil im Mittel-
sJter hierher transportiert worden. Aus In-
schriftresten hat man geschlossen, dass sich
hier eine Statio aquarum befand.
360 B* Topographie von Born.
einherliefen, und auf der anderen Seite der Strasse drei Stufen der Treppe
des Faustina-Tempels kamen dabei zum Vorschein. — Die Beste selbst
gehören in verschiedene Perioden. Die Marmorfragmente etc. stammen
zum Hauptteil von der Wiederherstellung durch Domitius Calvinus, teil-
weise auch wohl von der Wiederherstellung nach dem Brand unter Com-
modus. Darunter liegen die aus Tuffquadern bestehenden Reste des re-
publikanischen Baues; namentlich gehört dazu die südliche Umfassungs-
mauer, die parallel der alten Umfassungsmauer des Vestalenhauses läuft.
Spuren dieser Tuffkonstruktion sind auch auf der Westseite gefunden.
Im Innern des Gebäudes ist ein bedeutender Teil des alten, aus der Zeit der
Republik stammenden Paviments gefunden, aus Tuffsteinen bestehend; auf
demselben erhebt sich das Fundament eines kleines Rundbaus, vielleicht
des Sacrariums des Mars. NördKch davon ist ein ebenfalls aus Toff-
quadern bestehender in die Erde eingebauter tholusartiger Bau erhalten,
dessen Durchmesser 3,09 m, dessen Tiefe 4,86 m beträgt. Er hat in seinem
unteren Teile cylindrische Form, im oberen verjüngt er sich in Euppel-
form; die Innenwand ist verputzt, gleich der der Gisteme auf dem Palatin
(p. 134). — Ausserdem ist, ebenfalls aus republikanischer Zeit stammend,
in der Nähe der Nordwestecke ein Brunnen gefunden worden, 0,69 m
im Durchmesser und 14,13 m tief. Ein anderer Brunnen aus republika-
nischer Zeit ist zwischen der südlichen Aussenmauer der Regia und der
Umfassungsmauer des Yestatemenos aufgedeckt, 0,71 m im Durchmesser
und etwa 5 m tief, ebenfalls aus Tuffquadern erbaut.
(p. 92.) Der Tempel des Antoninus und der Faustina. Die
Entfernung des mittelalterlich-modernen Pflasters zwischen dem Tempel
und der Regia und die Abräumung des Schuttes bis auf das antike Niveau
haben die Treppe des Tempels frei gelegt. Es kamen, wie oben er-
wähnt, drei weitere Stufen des Tempels zum Vorschein und gegenüber
drei Stufen der Regia. Es zeigte sich ferner, dass die Treppe des Tempels
spät überbaut war. Die betreffenden Teile sind entfernt worden. Nicht
weit davon, in der Nähe des Romulustempels, hat man drei zum Fabiei^
bogen gehörige Bogensteine gefunden, den Standort des Bogens selbst bat
man auch jetzt noch nicht entdeckt.
(p. 92 f.) Die Aedes Divi Juli. Die auf p. 93 ausgesprochene An-
sicht, dass die halbrunde Nische in der Front der Rostra Julia vermutlich
bei den von diesen Rostra aus gehaltenen laudationes zur Aufbahrung des
Leichnams diente, ist hinfällig geworden. Im Innern der Nische ist der Back-
steinkern eines runden Altars gefunden, damit also Jobdans Frage (Top.
I 2 p. 409): Hatte in der Nische die Ära gestanden? bejaht. Die Aus-
grabungen an der Rückfront des Tempels haben die schon Jahrb. 1889
p. 146 von mir besprochenen Fundamente zum Vorschein gebracht; da-
nach scheint es doch, dass die a. a. 0. besprochene, an die beiden Lang-
seiten des Tempels angelegte Terrasse auch die Rückseite umlief. — Einige
Aixhitekturreste sind auf dem Gebiete der Basilica Aemilia gefunden worden.
(p, 93 f.) Der Arcus Augusti, Mehrere Reste vom Oberbau dieses
Triumphbogens sind zum Vorschein gekommen. Dagegen sind sichere
Spuren des an der Nordseite des Tempels vermuteten Bogens nicht ge-
9. Naohirag eu p. 76-107: Das Forum. 361
funden worden. Der auf den Veduten von Heemskerk und aus dem £scurial
dargestellte Bogen (vgl. p. 94), den auch de Rossi für den Rest eines Triumph-
bogens (Fabier- oder Augustusbogen) gehalten hat, hat sich als ein mittel-
alterlicher Bau erwiesen (Bull. com. 1899 p. 194 f.). Die Freilegung der Reste
der Basilica Aemilia zeigt überdies, dass hier ein Bogen von der Ausdehnung
des südlichen mit drei Durchgängen nicht gestanden haben kann, die von
mir angenommene symmetrische Ausgestaltung der Ostseite des Forums
(Jahrb. d. Inst. 1889 p. 157, vgl. Abb. 7 auf p. 94) ist also nicht bestätigt
worden. Indessen ist die Frage, ob hier irgend ein Bogen gestanden hat,
noch keineswegs abgethan. An der betreffenden Stelle liegt ein Haufen
von mehreren Schichten von Architekturresten, zum Teil zur Basilica
Aemilia gehörig, zum Teil wohl hierhergeschleppt. Zu oberst liegt eine
auf mehreren Marmorblöcken eingehauene Inschrift, die, nach Lage und
Bruch der Steine zu urteilen, noch so daliegt, wie sie von der Höhe des
Bauwerkes, zu dem sie gehörte, herabgestürzt ist. Die Inschrift lautet:
L. Caesari Augusti f. Divi n. principi iuventutis cos. desig. cum esset ann,
nat XIIIL aug. senatus. Die sofort ausgesprochene Meinung, dass hier
die bei Sueton Aug. 29 erwähnte Porticus Gai et Luci {quaedam etiam
opera sub nomine alieno, nepotum scüicet et uxoris sororisque fecit, ut porti-
cum basilicamque Gai et Ltici etc.) zu suchen sei, ist sicher falsch, denn
diese Porticus basilicaque Gai et Luci ist nichts anderes als das bekannte,
nachher als Basilica Julia dedizierte, an der Südseite des Forums errich-
tete Gebäude. Jedenfalls sass die Inschrift an der Wand eines hier stehenden
Gebäudes, denn die Hinterseite der Steine ist unbehauen. Sie könnte also,
wie auch Langiani zugiebt, an der Attica eines Bogens gesessen haben.
Auf die Enkelsöhne des Augustus beziehen sich auch zwei Basen, die wahr-
scheinlich in der Nähe des Caesartempels gestanden haben. Die eine,
CIL VI 3748, gefunden zwischen der Nordostecke der Basilica Julia und
dem Caesartempel, neuerdings ergänzt durch ein in dem Schutt der Sacra
via zwischen Faustinentempel' und Tempel des Romulus gefundenes Stück,
bezieht sich auf C. Caesar, die andere, CIL VI 901, nach einer Vigna bei den
Caracallathermen verschleppt und ebenfalls durch ein im Schutt der Sacra
via gefundenes Stück zu ergänzen, auf L. Caesar. Es wird durch diese
Basen sowohl wie durch die Monumentalinschrift ein neuer Beweis für
die im Jahrb. d. Inst. 1889 p. 158 ff. von mir erörterte Thatsache ge-
liefert, dass die Ostseite des Forums von Augustus zu einem Denkmale
seiner Monarchie umgeschaffen wurde.
(p. 95.) Die Basilica Aemilia. Die Freilegung der Basilica
ist, wie der Plan zeigt, nicht vollständig, aber doch soweit gediehen, dass
man sich eine Vorstellung von Ausdehnung . und Gestaltung des Baues
machen kann. Die Basilica nimmt fast den ganzen Raum zwischen dem
Argiletum und dem Faustinentempel ein. Mehrere Stufen führten von der
Strasse ad Janum (p. 107) auf einen mit Marmorplatten gepflasterten, vor
der Front der Basilica herlaufenden Trottoirstreifen, und weitere drei Stufen
in eine 14— 15 m breite Portikus, die in der Front durch 16 Pfeiler im
Abstände von 6 — 7 m getragen und nach hinten zu durch eine Tuffmauer
abgeschlossen war. Von dieser Mauer gingen, den 16 Pfeilern entsprechend.
362 B. Topographie von Born.
auf diese zu eben so viele Querwände von ca. 7 m Länge aus, so dass
der ganze Raum in eine Reihe von Tabernen und eine davor laufende
Halle von ca. 7 m Breite und 85 m Länge gegliedert war. Jenseits der
Tuflfmauer lag die grosse dreischiffige Halle der Basüica; aus den ver-
schiedenen Massen der daselbst gefundenen Säulenreste von afrikanischem
Marmor ergibt sich, dass sie zwei Säulenstellungen übereinander hatte.
Die Tuflfmauer selbst, die ursprünglich auf den Bau des Jahres 14 v. Chr.
zurückgehen mag, stammt in ihrer jetzigen geflickten und auf die Hälfte der
Stärke reduzierten Gestalt vielleicht aus dem Ende des 3. Jahrhunderts n.Chr.
Eine Verbindung der Tabernen mit dem Innern der Basüica ist ursprüng-
lich gewiss nicht vorhanden gewesen, doch sind die Spuren einer Tbür,
die aber sicher nicht als Eingangsthür zur Basilica gelten kann, konstatiert.
Über die Ausgestaltung der Ost- und Westseite, an der wir die Ein- und
Ausgänge der Basüica zu suchen haben, steht nichts sicheres fest. Die
von Hülsen (vgl. p. 95) behandelten Zeichnungen des Cinquecento mit
Skizzen eines Gebäudes, das an der Westseite der Basilica gestanden
hat, haben zu einer noch nicht geschlichteten Gontroverse zwischen ihm
und Lanciani Anlass gegeben. Die grössere Wahrscheinlichkeit ist dafür,
dass die auf den Zeichnungen dargestellten Reste Teüe der Westfa^ade
der Basilica darstellen, trotzdem das Gebäude, dem sie entstammen sollen,
als edifizio quadro bezeichnet wird. An den am Ausgang des Argiletums
stehenden Tempel des Janus ist nicht zu denken. Dies ebenso be-
rühmte, wie äusserlich unbedeutende Tempelchen (vgl. p. 102 und die Abb.
auf Taf . 4), war gewiss längst verschwunden. Jedenfalls haben die stattlichen
Reste jener Zeichnungen nichts mit ihm zu thun, auch die Ausgrabungen
haben in dieser Hinsicht nichts ergeben. — Die Pfeüerportikus ist, wahr-
scheinlich im 5. Jahrhundert n. Chr., noch einer durchgreifenden Umge-
staltung unterzogen worden. Die Pfeiler sind abgetragen worden und
durch eine Reihe von Säulen ersetzt, die erheblich enger standen als jene,
anstatt der 16 Püaster 23 Säulen. Viele Basen und Teüe der Säulen
sind noch vorhanden. Welchen Zweck dieser gewaltsame Umbau, der sich
auch auf die Tabernen erstreckte, gehabt hat, ist schwer zu sagen. Jeden-
falls steht die Basilica Aemilia unter den Gebäuden des Forums in der Hin-
sicht einzig da, dass sie in einer durch die Umbauten der späteren Jahr-
hunderte vöUig alterierten Gestalt wieder zu Tage getreten ist. Die be-
kannte Streitfrage über die Herkunft der 24 Säulen von Pavonazetto in
S. Paolo fuori le mura, von denen Fba behauptet hatte, sie stammten aus
der Basüica Aemilia, andere, sie stammten vom Mausoleum Hadriani (Rom.
Mitt. 1888 p. 95, 1889 p. 242), hat durch die Ausgrabungen nur insofern
eine Förderung erfahren, als Säulen von Pavonazetto auf der Trümmer-
stätte nicht gefunden sind. Andererseits sind aber in dem bis «jetzt aus-
gegrabenen Teüe auch keine Standspuren für diese 1,19 m im Durchmesser
starken Säulen gefunden (vgl. Lanciani im Bull. com. 1899 p. 178 ff.,
1900 p. 4).
Hart an den zur Basilica emporführenden Stufen ist ein rundes,
nach Westen zu rechteckiges marmornes Basament von ca. 2 m
Durchmesser zum Vorschein gekommen, vielleicht das Fundament des
Taf. 18.
'.Jt.jflM.iim^
\'
Älteste Denkmäler des Comitiums.
(Die punktierten Linien auf dem Plan bezeichnen das über den Denkmälern liegende
Pflaster von Nero antico und dessen Einfassung durch Travertinplatten.)
9. Nachtrag an p. 76—107: Das Forun. 363
Sacellum der Venus Cloacina, das hier gelegen haben muss (vgl.
p. 102).
(p. 97 flf.) Das Comitium. Von allergrösster Wichtigkeit sind die
Ausgrabungen für die Kenntnis des Comitiums geworden. Die Entfernung
der 9 m hohen Schuttschicht vor der Front der Curie (S. Adriane), sowie
die Abtragung der durch den Bogen des Septimius Severus führenden
Pflasterstrasse, die keineswegs mittelalterlich war, sondern nach den dar-
unter gefundenen Gegenständen aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts
stammte (vgl. Not. d. scavi 1900 p. 810), haben zu einer Beihe überraschen-
der Entdeckungen geführt. Hatte man schon an anderen Stellen des
Forums das Übereinanderliegen mehrerer Pflasterungen konstatieren können,
wie z. B. vor dem Tempel des Divus Julius, so gelang es hier, vier zeit-
lich aufeinanderfolgende Schichten aufzudecken. Zu oberst liegt das Tra-
vertinpflaster des Mittelalters, wie es bis zum 11. Jahrhundert offen ge-
legen hat, darunter das Pflaster der späteren Kaiserzeit, und in gleicher
Höhe das Pflaster, das vermutlich bei Neuordnung des Comitiums durch
Caesar gelegt wurde, von lunensischem Marmor, darunter das Pflaster
des republikanischen Comitiums. Das letztere, aus ausgezeichnet gefügten
Traventinplatten bestehend, weicht von den anderen in der Orientierung
ab. Während jene nach der Curie orientiert sind, hat dieses eine un-
gefähre Orientierung von Nord nach Süd, bestätigt also die auf p. 97 f.
dargelegte Ansicht von der Lage des vorcaesarischen Comitiums. Die
Untersuchung des Bodens hat bei diesem Pflaster nicht Halt gemacht,
sondern sich auch auf die darunter liegenden Schichten erstreckt. Boni
hat noch etwa zwanzig verschiedene Schichten konstatiert, die nach und
nach über dem natürlichen Boden durch künstliche Aufschüttung ent-
standen sind, und von denen mehrere Reste von Gefässen, Ziegeln etc.
enthalten, in der untersten fand sich ein Stück eines italischen Gefässes
aus der sogenannten lazialischen Periode (Typus Villanova) mit eingeritzten
geometrischen Ornamenten. Die Gesamttiefe dieser Schichten beträgt
4,04 m. Ihre Prüfung lässt uns eine Vorstellung von der langen Entwick-
lung gewinnen, die dieser Boden durchgemacht hat, bevor er in dem
Pflaster des republikanischen Comitiums, das doch wohl über das 2. Jahr-
hundert (Catonische Zeit, vgl. p. 50 f.) nicht hinaufreichen dürfte, sozusagen
in die Phase der monumentalen Entwicklung eintrat.
Von grösserer Wichtigkeit noch waren die Entdeckungen, die man
bei Abräumung der durch den Severusbogen führenden Pflasterstrasse
machte. In geringer Tiefe unter diesem Pflaster, in gleichem Niveau mit
dem jüngsten kaiserlichen Forumspflaster kam eine ein unregelmässiges
Viereck von etwa 3 zu 4 m Grösse bildende, mit schwarzem Marmor {nero
antico) nicht gerade sehr sorgfaltig gepflasterte Area zum Vorschein, die
an der Südseite und den anliegenden Teilen der West- und Ostseite mit
aufrecht stehenden, roh aneinander gefügten Travertinplatten eingefasst
war. Der Mittelpunkt dieses Pflasters ist 29,50 m von der Curie und
19,50 m vom Bogen des Septimius Severus entfernt. Bei der Fortsetzung
der Ausgrabungen stiess man etwa 1,40 m unter diesem Pflaster und 0,80 m
niedriger liegend als das republikanische Travertinpflaster des Comitiums auf
364
B. Topographie von Born.
ein älteres Pflaster desselben, das aus einer festgestampften Schicht von Tuff-
brocken bestand. Auf diesem Pflaster fand man eine Gruppe von Monumenten,
sämtlich aus Tuff und offenbar von hohem Alter (vgl. Taf. 18) : 1. Einen recht-
eckigen Sockel und auf diesem zwei parallel nebeneinander stehende 0,290 m
hohe Basen, jede 2,662 m lang und 1,3m breit. Im von einander entfernt,
mit der vorderen Schmalseite nach Norden zu gerichtet. An der hinteren
Seite, nach Süden zu, sind sie durch einen gleich hohen Tuffstreifen von
0,435 m Breite verbunden. In dem Zwischenraum zwischen den Basen
liegt ein ebenfalls 0,290 m hoher, 0,52 breiter und 0,725 langer Tuff block.
Auf den Basen sind noch die Reste eines altertümlichen Ablaufs erhalten.
Von dem aber, was sie einst getragen haben, ist jede Spur verschwunden.
Reste eines Baues von gleicher Orientierung sind hinter diesem Denkmal
zum Vorschein gekommen, — 2. Westlich von dieser Gruppe, von ihr um
30** abweichend und ziemlich genau nach Norden orientiert, liegen die
Reste eines anderen Bauwerks, d^s in der Front mehrere Stufen hat und,
soweit erkennbar, aus zwei Teilen besteht, zunächst den Basen ein drei-
eckiger Stufenbau, daran sich an-
schliessend ein rechteckiger, beide Teile
mit gemeinsamer Front. Auf der
obersten (dritten) Stufe des dreieckigen
Baues zunächst den Basen steht der
Stumpf einer konischen Säule aus
gelblichem Tuff, die den Bau nach
dieser Seite hin wirkungsvoll abschloss,
so dass zu vermuten ist, dass auch
nach Osten zu das Bauwerk einst in
gleicher Weise endigte. Hinter dem
Stumpf steht, in den Stufenbau ein-
gelassen, ein Cippus von dunklerem
Tuff, mit einer altertümlichen Inschrift
bedeckt, deren Verständnis, von einzelnen wenigen Worten abgesehen,
leider dadurch so gut wie unmöglich gemacht ist, dass der Cippus in
einer Höhe von 61 cm Höhe abgehauen ist, und von der in einem verti-
kalen Bustrophedon geschriebenen Inschrift nur halbe oder noch weniger
als halbe Zeilen ohne Zusammenhang erhalten sind.^) Sämtliche hier
Abb. 32. Cippus mit arohalBcher iDschrift vom
Gomitiom.
^) Die Inschrift ist zuerst behandelt
worden in den Not. d. scavi 1899 p. 171 ff.
in den über die Ausgrabung an den Minister
erstatteten Berichten von L. Ceci (auch be-
sonders erschienen unter dem Titel: Stele
con iscrizione latina arcaica scoperta nel
Foro Romano). Cecis in grosser Eile und mit
nicht geringem Selbstvertrauen aufgestellte
Ergänzung und Erklärung der Inschrift ist
ein reines Phantasiestück. Der von be-
sonneneren Gelehrten, namentlich von Hülsen
dagegen erhobene Einspruch hat zu einer
Zeitungspolemik geführt, die einen um so
unerquicklicheren Charakter annahm, als
Ceci die Sache auf politisches Gebiet hinüber-
spielte und sich in den heftigsten Angriffen
auf deutsche Wissenschaft und deutsche Ge-
lehrte erging. Dies hat nicht hindern können,
dass alle späteren Erklärer der Inschrift,
Italiener wie Deutsche, Cecis Erklärung ein-
mütig abgelehnt haben. — Weitere Erklärungs-
versuche bringen u. a. : Pais, Nuova Anto-
logia 1899; Enmann, Die neuentdeckte archa-
ische Inschrift des Römischen Forums, Bull,
de TAcad. Imperiale des sciences de St
Petersbourg, V. Serie, Band XI Nr. 5 (De-
zember 1899); CoMPARETTi, Iscrizione arcaica
del Foro Romano, Firenze-Roma 1900. — Die
gründliche Verschiedenheit aller dieser Er-
klärungsversuche voneinander ist der beste
9. Nachtrag ni p. 76—107: Das Forum.
365
liegende Bauten sind ersichtlich absichtlich bis zu einer bestimmten Höhe
entweder abgetragen oder wie der Cippus gewaltsam verstümmelt, und
der Boden bis zur Höhe der Abtragung aufgefüllt, zuerst mit einer etwa
einen halben Meter starken Schicht von Flusskies, darüber mit einer
0,40 m starken Schicht von Asche, in der allerlei Reste aus dem 6. bis
1. Jahrhundert v. Chr., Idole von Bronze und Elfenbein, Vasenscherben,
Knochen von Opfertieren etc. sich befanden. Oberhalb der von diesen beiden
Schichten verschütteten Denkmäler lagen bis zu dem schwarzen Pflaster
weitere Schichten von Tuff- und Travertinbrocken etc., in denen sich auch
Splitter von Nero antico gefunden haben. Das diese Schichten abschliessende
Pflaster von Nero antico ist nicht vollständig rechteckig und hat eine von
den darunter liegenden Denkmälern abweichende Orientierung (vgl. Taf. 18).
Die Deutung dieser Denkmalsgruppe ist nicht leicht. Klar ist, dass
die Tuffbauten auf einem Paviment liegen, das einst, und zwar lange vor
der Zeit, in der das fast einen Meter höher liegende republikanische Comitiums-
pflaster von Travertin gelegt wurde, das Niveau des Comitiums bildete, und
dass die Zerstörung resp. Abtragung dieser Bauten durch die Erhöhung des
Niveaus erforderlich wurde. Der zur Aufhöhung des Bodens verwendete
Kies, sowie die darüber liegende Schicht sind von anders woher hierher
gebracht worden, können also für die Zeit der Zerstörung direkt keine
Beweise liefern. ») Offenbar lagen die hier aufgedeckten Gebäude auf der
Grenze zwischen Forum und Comitium, welches sich demnach in aller-
ältester Zeit erheblich weiter nach Süden erstreckte, als nach der Bekon-
struktion Taf. 9 angenommen worden ist. Bemerkenswert ist die ver-
schiedene Orientierung der beiden Bauten: während der westlich gelegene
die Süd-Nord-Orientierung hat, die aus anderen Gründen für das Comitium
angenommen (p. 97 f.) und durch das neugefundene Comitiumspflaster be-
stätigt worden ist, weichen die östlich liegenden Basen etc. um 30^ nach
Osten ab. — Wir wissen nun aus Schriftstellernotizen, dass auf der Grenze
von Forum und Comitium die älteste Rednerbühne lag;*) wir werden also
diese in erster Linie hier suchen, zumal eine Notiz in den Scholien des
Cruquius zu Horaz Epod. 16, 13 sagt: Plerumque aiunt in rostris Bomulum
sepultum fuisse et in memoriam huius rei leones duos ibi fuisse, sicut hodieque
in sepulcris videmus, cUque inde esse ut pro rostris mortui laudarentur, und
die beiden neu aufgefundenen Postamente unzweifelhaft sehr geeignet sind,
schreitende oder ruhende Löwen zu tragen. Die Nachricht geht offenbar
auf Varro zurück, wie denn Porph. zu der Stelle sagt: nam Varro post
rostra fuisse sepultum Bomulum dicit. Andererseits nennt Dionys. I 87
Beweis, dass der kümmerliche Rest allen
Versnchen, ihm sein Geheimnis zu entreissen,
spottet.
^) Sayignoni, der die in dieser Schicht
gefundenen Stücke geprüft hat (Not. d. scavi
1900 p. 143 f.), sagt auf p. 145: In conclu-
siotie abbiamo una suppeUetiile, la cui erono-
logia varia dal VI secölo (e per qualche
caao farse anche dal VII) al secolo I a. Cr,;
peraltro i gruppi pih ahhondanti sono il piü
antico e ü piü recente. luiti i descritti og-
getti furono trovaii canfusi insieme nello
Strato di cenere e carboni, non giä strati-
ficati a seconda deUe hro diverse epoche;
siecht 8% tratta evidentemente di un materiah,
non giä proprio di un deposito formatoai a
mano a mano, ma ü trasportato da altra
parte e tutto in una volia ad uso di riem-
pimento,
*) O. RicBTEB, Rekonstruktion nnd Ge-
schichte der römischen Rednerhflhne p. 42 ff.
366 B« Topographie von Born.
vov Xäovxa tov id^tvov, og ixsno f^g äyoqotg zffi x&v ^Pioiiaitav iv ry xga-
%ia%((f XiOQiff naQcc roVg ifißakoig als das Grab des Faustulus, und Pest. p. 177:
niger lapis in comüio locum funestum significcU, ut aii, Romuli morti desti-
natum, sed non usu ob(venit, ut ibi aepeliretur, sed FauJsttUum nutri
(dum) . . . ^). Die zerstörte, resp. abgetragene Denkmalsgruppe ist anscheinend
an derselben Stelle nicht wieder aufgebaut worden, sondern der Boden über
den Resten wurde planiert und wahrscheinlich auch gepflastert. Auch
dies würde die Annahme, dass wir es hier mit der Rednerbühne und ihrer
Umgebung zu thun haben, begünstigen, da diese bei der Neuregulierung
des Comitiums durch Caesar von ihrem ursprünglichen Standort an die
Westseite des Forums verlegt wurde (vgl. p. 82). Auch dass man zur
Auffüllung des Terrains an dieser Stelle jene p. 365 Anm. 1 geschilderte
Opferschicht, deren jüngste ausschlaggebende Bestandteile aus dem
1. Jahrhundert v. Chr. stammen, verwendet hat, könnte mit der Ex-
augurierung des Templums der Rednerbühne zusammenhängen; aber
so einfach diese Kombination klingt, sicher erscheint sie nicht, da
die betreffenden Bauten nicht in der Höhe des Caesarischen Pflasters, son-
dern tiefer, etwa in der des republikanischen, abgetragen sind. Es ist
nicht ausgeschlossen, dass die Schriftsteller des 1. Jahrhunderts, die von
den Denkmälern des Comitiums sprechen, die jetzt zum Vorschein ge-
kommenen, möglicherweise seit Legung des ersten Pflasters des Comitiums
schon verdeckten überhaupt nicht kannten, sondern dass ihre Bemerkungen
sich auf andere, oberhalb dieses Pflasters errichtete und jetzt verschwundene
Denkmäler beziehen.') — Das über dieser Stelle befindliche schwarze
Marmorpflaster hat mit der Yerschüttung nichts zu thun. Ehe dies gelegt
wurde, müssen Jahrhunderte vergangen sein, der Boden war schon weiter
erhöht (vgl. Not. d. scavi 1900 p. 338); es liegt in demselben Niveau mit
dem spätesten kaiserlichen Pflaster, auch ist es nach der Diokletianischen
Curie orientiert. Die Herstellung dieses Pflasters, das doch wohl als eine
nicht eben sehr gelungene, in der Grösse jedenfalls stark übertriebene
Nachahmung des von Festus als Grab des Romulus bezeichneten niger lapis
betrachtet werden darf, muss in einer Zeit erfolgt sein, die die Traditionen
der ältesten Römischen Geschichte wieder aufleben Hess. Ich glaube, dass
hier Hülsen (Archäol. Anzeiger 1900 p. 3 f.) das Richtige gesehen hat,
indem er Maxentius, den grossen Verehrer der Gründungszeit Roms, als
Urheber annahm. Auf dem Comitium hat sich nämlich eine zwar nicht
mehr an der ursprünglichen Stelle befindliche, aber sicher vom Comitium
stammende Basis 3) gefunden mit der Inschrift: Marti invido patri et aetemae
urbis suae conditoribus dominus noster Imp. Maxentius p. f. invictus Aug. Sie
trägt das Datum des 21. April, des Gründungstages Roms, und zeigt, dass
') DetlefseNi De arte Romanorum anti-
quissima III 1.
') Nach anderen Erklären! sollen die
Zerstörungen an diesen Denkmälern schon
auf die Gallische Katastrophe zurückzuführen
sein, wogegen ausser vielem andern die syste-
matische Niederlegong derselben spricht
') Die Basis war ursprünglich von den
Quinquennalen und Dekurionen der fahrt
tignarii (einem Kaiser?) dediziert. Vgl. Gatti
im Bull. com. 1899 p. 213 ff.
9. Nachtrag sa p. 76 — 107: Das Forum.
367
Maxentius der Ausschmückung des Gomitiums als der Stätte der ältesten
Oeschichte Roms sein besonderes Interesse zugewandt hat.^
Die Ostgrenze des Gomitiums wird durch drei Basen bezeichnet, von
denen die eine dem Kaiser Constantius dediziert ist, auf den andern fehlt
die Frontseite mit der Inschrift. Neben diesen Basen ist zwischen dem
schlechten mittelalterlichen Pflaster ein Rest des Travertinpflasters der
späteren Kaiserzeit zum Vorschein gekommen, weiter nach der Curie zu in
grossen Resten das auf gleichem Niveau liegende Marmorpflaster der
Kaiserzeit aus regelmässigen 1,00 X li75 m grossen und 0,15 m dicken
Platten aufgedeckt. Drei in einer Linie parallel mit der Front der Curie
auf diesen Platten wahrnehmbare 0,75 m im Quadrat messende, 0,01 m
tiefe Einmeisselungen zeigen die Standorte von Statuenbasen. Über mehrere
Basen, die vom Comitium stammen, aber etwa im 6. Jahrhundert ver-
baut worden sind, siehe Bull. com. 1900 p. 220 ff. Nach dem Forum zu
endigt dies Pflaster in einem 0,42 m breiten Kanäle; jenseits desselben
beginnt das rohe Pflaster des Mittelalters, das etwa 20 Centimeter höher
liegt als das Marmorpflaster und wahrscheinlich eben wegen dieses Niveau-
unterschiedes die Anlage des Kanales zur Ableitung des Wassers veran-
lasste. Ober diesem Kanäle, teils auf dem Marmor-, teils auf dem mittel-
alterlichen Travertinpflaster liegt ein kreisrundes flaches Becken von 5,26 m
Durchmesser, das einst eine Granitschale trug (eine scdiens, vgl. p. 388).
Die Lage des Beckens über dem Kanal und dem mittelalterlichen
Pflaster zeigt, dass es erst spät, frühestens im 4. Jahrhundert hier an-
gelegt oder hierher geschafft wurde, denn die Travertinsteine, aus denen
es besteht, verraten eine viel bessere Arbeit als die des 4. Jahr-
hunderts.^) Längs des Abzugskanals nach der Curie zu liegen Travertin-
steine mit Einschnitten, an denen man sieht, dass der der Curie zunächst
liegende Teil des Comitiums durch ein Gitter oder eine ähnliche Vor-
richtung abgeschlossen war. Östlich von der Stätte des schwarzen
Pflasters ist die Standspur einer grossen Basis wahrnehmbar. Spuren, die auf
das Denkmal führen könnten, das hier gestanden hat, sind nicht gefunden.
Die Standspur hat etwa die Grösse der am Südrande der Forumsarea
stehenden Basen. — Endlich hat sich unterhalb des republikanischen Pflasters
eine grössere Anzahl von Schachten gefunden, bis jetzt ungefähr zwanzig;
sie sind meistens von rechteckigem Grundriss, waren mit Erde gefüllt
und sind durch das republikanische Pflaster verdeckt worden. Wozu sie
gedient haben, ist fraglich, vielleicht waren es ähnliche Gruben, wie die
auf p. 187 erwähnten Doliola. Spärliche Reste von Amphoren und anderen
Gefässen haben sich darin gefunden.
Die Freilegung des Comitiums hat auch die Front der Diokletianischen
Curie von den den unteren Teil bedeckenden Schuttmassen befreit. Vor
der Frontmauer des Gebäudes lag das Fundament der Treppenanlage
von Gusswerk; die Eingangsthür aus Diokletians Zeit war mit Trümmern
^) Das Nähere über Maxentius vgl. bei
Hülsen a. a. 0. und in dem angeführten
Aufsatz von Oatti.
') üeber die Schicksale der auf diesem
Becken aufgerichteten Schale, die möglicher-
weise dieselbe ist, die jetzt vor dem QuiriniJ-
palaste steht, vgl. LANCiAin, Le fontane del
Comizio, Bull. com. 1900 p. 13 ff.
368 B. Topographie von Born.
von Säulen von Porphyr und weissem Marmor, mit Stücken von Peperin
und Travertin, Inschriftenresten, Skulpturresten und Marmorbrocken jeg-
licher Art vermauert, wahrscheinlich nicht vor dem 11. Jahrhundert (Nor-
mannenzeit), in dem ein neuer Eingang in der Höhe der bis damals auf
4,85 m angewachsenen Schuttschicht geschaffen wurde, von dessen
Schwelle noch Reste im Mauerwerk sitzen. Im Innern der antiken Thür
liegt noch ein Rest des Paviments von buntem Maimor. Auch ganz ge-
ringe Reste der äusseren Marmorbekleidung der Gm*ie haben sich erhalten.
Im Mittelalter ist der Ort als Begräbnisplatz benutzt. Man fand nicht
nur mehrere Sarkophage, sondern auch in die Ousskemmasse der Treppe
Gräben hineingetrieben, die mit Gebeinen gefüllt waren, und in der Wand
der Curie selbst Loculi^ in denen noch Leichen lagen.
(p. 100.) Die Area des Forums. Wie oben schon (p. 363) beim
Gomitium erörtert ist, stammt das letzte Pflaster des Forums nicht, wie
früher angenommen, aus der letzten Zeit des Altertums, sondern aus dem
Mittelalter. Vor dem Tempel des Divus Julius und dem Kastortempel sind
Reste des antiken Pflasters erhalten. Vor ersterem sieht man über dem
älteren Pflaster das mittelalterliche liegen, und ninmit die durch die Neu-
pflasterung bedingte Erhöhung des Niveaus wahr. Dass die Area kein Recht-
eck bildete, ist nun nach Aufdeckung der Basilica Aemilia sicher; die am
Westende des Platzes liegenden Rostra bilden weder mit dem Süd- noch
mit dem Nordrande einen rechten Winkel. Die am Forum stehenden Ge-
bäude sind verschieden orientiert, haben aber gruppenweise die gleiche
Richtung; so haben der Tempel des Divus Julius, der Augustusbogen
imd die Basilica Aemilia die gleiche Richtung und zwar dieselbe wie
der Goncordiatempel und der Yespasianstempel (Saturntempel). Ebenfalls eine
gleiche Richtung haben die Basilica Julia, der Kastortempel, der östlich
sich anschliessende Neubau des Vestalenhauses und die gesamten östlich
davon liegenden Bauten bis zum Titusbogen und die Eonstantinsbasilica.
Eine abweichende Orientierung haben der Tempel der Vesta und die Regia.
Es ist die Orientierung der älteren noch unter den darüberliegenden Neu-
bauten des 3. Jahrhunderts nachweisbaren Bauten. Die Curie und das
Templum urbis haben die Orientierung der Kaiserfora, dagegen der
letzterem vorgelegte Romulustempel hat wiederum die Orientierung der
gleichzeitigen Konstantinsbasilica. Mit keinem anderen Bau des Forums
teilt die Rednerbühne ihre Orientierung.
Wichtig waren die Ausgrabungen auch für die Kenntnis des Kloaken-
systems in den das Forum umgebenden Strassen. Besonders ist hervor-
zuheben, dass vor der Front des Saturntempels nach Abtragung von
modernem, an den Stylobaten des Tempels angebauten Mauerwerk der
Rest einer grossen gewölbten Kloake zum Vorschein kam, die unter der
jetzt vöUig verschwundenen Treppe des Saturntempels herlief. Sie ist
sehr alt, konstruiert aus kleinen Blöcken von Peperin, die nördliche Wand
scheint ursprünglich zu einem noch älteren Bauwerk gehört zu haben.
Ihrer Richtung nach zu urteilen, ergoss sie sich in die Kloake, die in der
Richtung von Norden nach Süden am Fuss des Kapitels entlang gehend
durch den Vicus Jugarius entweder die Cloaca maxima oder direkt den
9. Naobtrag su p. 76—107: Das Forum. 369
Tiber erreichte. Diese Kloake ist neuerdings in der Via della Consolazione
(Vicus Jugarius) wiederaufgefunden.
Eine andere Kloake, ebenfalls aus republikanischer Zeit (2. Jahr-
hundert V. Chr.) stammend, ist unter der Basilica Aemilia aufgefunden.
Sie ist in monumentaler Weise gebaut, der untere Teil aus Travertin-
quadem, der obere aus Tuff. Es ist möglich, dass sie vor Regelung der
Nordseite des Forums durch den Basilikenbau die von der Subura her^
kommenden Wasser in die Cloaca maxima leitete. Seitdem nahm
die Kloake den Weg von der Subura her durch das Argiletum (vgl.
Taf. IIb).
Eine dritte grosse Kloake hat man unter der Sacra via zwischen
dem Tempel der Faustina und der Regia aufgefunden, die gut erhaltenen
Wände sind von Tuff-Retikulat. Auch das Entwässerungssystem im V estalen-
hause, das wegen der ungesunden Lage dieses Baus (vgl. p. 90) von be-
sonderer Wichtigkeit war, ist bei den neuen Ausgrabungen aufgedeckt
worden.
(p. 163.) Sacra via. Das unförmliche Pflaster der Strasse vom Tempel
der Faustina an bis zur Höhe der Velia ist entfernt worden; die Lava-
polygone waren durch den Gebrauch abgerundet, mehrfach umgelegt, was
sich an den nach verschiedenen Richtungen gehenden Wagenspuren zeigte.
Es hatte die jetzige Form erst in neuerer Zeit erhalten, und war in jeder
Hinsicht wertlos. Zwei Meter darunter hat man eine Strasse von ausser-
ordentlich gut gefügtem Pflaster gefunden, die aber schon im Altertum
durch Auf höhung des Terrains verdeckt worden ist, denn sie biegt vor der
Basilica des Konstantin nach Süden und verschwindet unter den dort liegenden
Häusern. Es ist dies die Strasse, deren Lauf aus der Orientierung der
in einer unteren Schicht liegenden Fundamente schon p. 163 gemutmasst
wurde. Wann die oberste Häuserschicht entstanden und damit der Strasse
eine neue Richtung gegeben ist, wurde ebendaselbst besprochen. Es
war bis dahin ziemlich allgemein angenommen, dass, nachdem der Brand
unter Commodus im Jahre 191 n. Chr. den ganzen zwischen dem Forum
und der Velia liegenden Stadtteil in Asche gelegt hatte, man ihn nach
einem einheitlichen Plan wiederaufbaute, bei dem die Orientierung des
Hadrianischen Tempels der Venus und Roma zur Richtschnur genommen
worden sei. Indessen scheint es jetzt geboten anzunehmen, dass diese
Neuregulierung nach einem Brande am Ende des 3. Jahrhunderts, ent-
weder dem unter Carinus im Jahre 283 n. Chr., oder einem unter Maxentius
(vgl. p. 164) stattgefunden hat. Es heisst nämlich von der von diesem
erbauten Basilica im Chronographen von 354 von Domitian: horrea pipe-
rataria, ubi modo est bcisilica Constantiniana. Die Reste dieser Horrea (vgl.
p. 164 Anm. 2) sind bekannt, sie liegen zum Teil unter der Basilica, zum
Teil vor der Front derselben an der nunmehr zu Tage liegenden Sacra
via, deren stark abweichende Orientierung sie haben. Aus den Worten
des Chronographen muss geschlossen werden, dass diese Horrea bis zur
Erbauung der Basilica bestanden haben, und erst diesem Bau gewichen
sind. Vor ihrer Entfernung war aber eine Verlegung der Strasse nicht
möglich. Die Regulierung der Strasse und damit die des ganzen
Handbuoh der Uub. AltertTunswüsenschaft in, 8, B. 2. Aufl. 24
370 B. Topographie Ton Born.
Terrains nach einheitlichem Plane ist also in diASeit des Maxentius zu
setzen. Die Strasse wurde geradlinig und bekam statt 5 m eine Breite
von 23 m. — Bei der Abtragung des modernen Weges hat man in ver-
schiedenen Niveaus vor der Front der Basüica Reste von Pflasterungen
entdeckt, die vom Ende des 3. Jahrhunderts anfangend bei immer wach-
sender Aufhöhung des Bodens gelegt wurden.
Das ganze, nach Langiani von der Porticus margaritaria bedeckte
Quartier zwischen der Basilica und der Nova via ist von neuem ausge-
graben, nachdem es vor mehreren Jahren zum Teil wieder verschüttet
worden war. Es haben sich dabei bis jetzt keine Spuren von dem west-
lich vom Titusbogen angenommenen Tempel des Jupiter Stator ge-
funden (vgl. p. 139 f.).
Anhänge.
I. Die konstantinische Regionsbeschreibung.
(Der Text iat der der Notitia. Die in Klammem stehenden Worte fehlen im Curiosam.
Alle sonstigen Abweichungen des Curiosnms sind in Anmerknngen zugefügt.)
Regio L Porta Capena. Continet: aedem Honoris etVirtutis, Camenas
(et) lacum Promethei, balineum Torquati (et Vespasiani), therm%s Severianas
et Commodianas, aream Apollinis et Splenis (et Calles), vicum vitrarium,
aream pannariam, mutatorium Gaesaris, balineum (Bolani ^) et) Mamertini,
aream carruces, (balineum Abascanti et Antiochiani,) aedem Martis (et
Minervae et Tempestatis), flumen Almonis, arcum divi Veri (Parthici) et
(divi) Traiani et Drusi.
Vici X, aediculae*) X, vicomagistri^) XLVIII, curatores*) II, insulae
m.CCL, domos CXX, horrea XVI, balinea») LXXXVI, lacos LXXX(VI)I,
pistrina XX.
Continet pedes Xn.CCX(Vra)I s.
Region. Caelemontium. Continet: templum Claudii,<^) macellum
magnum, lupanarios, antrum') Cyclopis, cohortem») V. vigilum, castra
peregrina, caput Africae, arborem sanctam,^) domum Philippi,
Yictiliana, ludum matutinum et Oallicum,^^) spoliarium, samiarium, (arma-
mentarium,) micam auream.
Vici VII, aediculae VII, vicomagistii XLVIII, curatores 11, insulae
ilLDC, domos CXXVII, horrea XXVH, balinea LXXXV, lacos LXV,
pistrina XV.
Continet pedes XII.CC.
Regio m. Isis et Serapis. Continet: monetam, amphitheatrum qui
capit loca LXXXV^II, ludum matutinum^') (et Dacicum), Domum Brutti
*) Cur.: Abascantis.
*) Das Guriosum kOrzt entweder ab aed.
oder schreibt aus aedem oder a e d e s , bringt
auch die folgenden Worte unter falscher Auf-
lösung der Abkürzungen.
') Im Cur. abgekürzt vicomag. oder
vicomagn. oder vicomagnum.
*) Cur.dafOrcuratoriaodercuratorie,
curationes.
^) Cur. stets balnea.
') Cur.: Claudium.
') Cur.: atrium.
^) Cur. schreibt hier und Überall co-
hortes.
') Reihenfolge im Cur.: caput Africes,
arborem sanctam, castra peregrinn.
Cur.: Dacicum.
Cur.: magnum.
24*
"i
372 B. Topographie von Born.
Praesentis, summum choragum, lacum pastorum, scholam quaestorum et
caplatorum, thermas Titianas et Traianas, porticum Liviae,^) castra
Misenatium.^)
_ Vici XII, aediculae Xu, vicomagistri XLVIII, curatores n, insulae
ILDCCLVn, domos (C)LX, horrea XVII, ») balinea LXXX, lacos LXV, pi-
strina XVI.
Continet pedes XII.CCCL.
Begio lY. Templum Pacis. Continet: porticum absidatam, (aream
Volcani,) aureum^) bucinum, ApoUinem sandaliarium, templam Telluris,
(horrea chartaria,) tigillam sororium, colossum altum pedes dl s. habet
in capite radia (numero) VII singula pedum XXII s., metam sudantem,
templam Romae (et Veneris), aedem Jovis (Statoris), viam sacram, basi-
licam Gonstantinianam, templum Faustinae, basilicam Pauli, ^)
forum transitorium, Suburam, balineum Dafnidis.
Vici Vni, aediculae VIII, vicomagistri XLVTII, curatores II, insulae
ii.DCCLVII, domos LXXXVHI, horrea XVIII, balinea LX(X)V, lacos
LXX(VII)I, pistrina XV.
Continet pedes XIII.
Begio «V. Esquiliae. Continet: lacum Orphei, macellum Liviani,
nympheum (divi) Alexandri, cohortem 11. vigilum, Herculem Sullanum,
hortos Pallantianos,^) amphitheatrum castrensem, campum Viminalem
subager, Minervam medicam, Isidem patriciam.'')
Vici XV, aediculae XV, vicomagistri XLVTII, curatores 11, insulae
ÜLDCCCL, domos CLXXX, horrea XXH, balinea LXXV, lacos LXXIIH,
pistrina XV.
Continet pedes XV.DC.
Begio VI. Alta semita. Continet: templum Salutis^) et Serapis,
templum Florae,^) Capitolium antiquum, ^<^) statuam Mamuri, templum
dei Quirini, (malum punicum,) hortos Sallustianos, gentem Flaviam, thermas
Diocletianas (et Constantinianas), (castra praetoria,) X tabernas, gallinas
albas, (aream Candidi), cohortem III. vigilum.**)
Vici XVII, aediculae XVII, vicomagistri XLVIII, (curatores 11, insulae
m.CCCCra, domos CXLVI, horrea XVHI,) balinea LXXV, lacos LXXHI,
pistrina XVI.
Continet pedes XV.DCC.
Begio Vn. Via lata. Continet: lacum Ganymedis, cohortem I. vigi-
lum, arcum novum, nympheum Jovis, aediculam caprariam, campum Agrippae,
templum Solis et castra, porticum Oypsiani et Constantini, (templa duo
M Cur.: Libies.
^) Cur.: Misenantium.
>) Cur.: XVni.
*) Cur.: aura.
^) Reihenfolge im Cur.: basilicam
novam et Paulii templum Faustinae.
^) Cur. in umgekehrter Reihenfolge; es
schreibt: hortos Pallatianum, Herculem
Syllanum.
') Cur.: Insidem patricium.
^) Cur.: Salusti.
•) Cur.: Floram.
*°) Im Cur. folgt hier thermas Con-
stantinianas; es Ifisst dafOr unten et Con-
stantinianas fort.
*') Reihenfolge im Cur.: cohort. III vi-
gilum, X tabernas, gallinas albas.
Anhänge. L Die konstantmisohe Begionsbesohreibung. 373
nova Spei et Fortunae,) equum^) Tiridatis regis Armeniorum , forum
suarium, (hortos Largianos), mansuetas, lapidem pertusum.
Vici XV, aediculae XV, vicomagistri XLVHI, curatores 11, insulae
in.DCCCV, domos CXX, horrea XXV, balinea LXXV, lacos LXXVI,
pistrina XV.*)
Continet pedes XV.DCC.8)
Begio Vni. Forum Bomannm (vel) magnnm. Continet: rostra^) UI,
Genium populi Romani (aureum et equum Constantini), senatum, atrium
Minervae, forum Caesaris, Augusti, Nervae, Traiani, templum (divi)
Traiani et columnam coclidem altam pedes CXXVn(I) s. gradus intus
habet CLXXX(V) fenestras XLV, cohortem VI. vigilum, basilicam argen-
tariam, templum Concordiae, (umbilicum Romae, templum)^) Saturni et
Vespasiani et Titi, Capitolium, miliarium aureum,^) basilicam Juliam, templum
Castorum,^) Vestam, horrea (Germaniciana et) Agrippiana, aquam cementem
IUI scaros sub aede,^) atrium Caci, (vicum iugarium et unguentarium,
Graecostadium,) porticum margaritarium, elefantum herbarium.
Vici XXXIV, aediculae XXXIV, vicomagistri XLVIII, curatores II,
insulae m.CCCCLXXX, domos CXXX, horrea XVIII, balinea LXXXV,»)
lacos CXX, pistrina XX.
Continet pedes Xin.LXVn.io)
Begio ESI. Circus Flaminius. Continet: stabula (numero) Iin factio-
num Vni, *9> (aedes), porticum Philippi, Minucias") (duas) veterem et frumen-
tariam, cryptam Balbi, theatra in inprimis Balbi qui capit loca XI.DX,
Pompei capit loca XVn.DLXXX, Marcelli capit loca XXD, odium capit
loca X(I)DC, Stadium capit loca XXX.LXXXVffl, campum Martium, tri-
garium, ciconias nixas, pantheum, basilicam ^^) Matidies (et) Marcianes,
templum (divi) Antonini et columnam coclidem altam pedes CLXXV s.
gradus intus habet CCIII fenestras LVI, (Hadrianeum,) thermas Alexan-
drianas et Agrippianas, porticum argonautarum et Meleagri, Iseum et
Serapeum,!*) Di verum, insulam Felicles.
Vici XXXV, aediculae XXXV, vicomagistri XLVUI, curatores II, in-
sulae n.DCCLXXVn, domos CXL, horrea XXV, balinea LXin, lacos CXX,
pistrina XX.
Continet pedes XXXILD.
Regio X. Palatiom. Continet: casam Romuli, aedem Matris deum
et ApoUinis Ramnusi, pentapylum, domum Augustianam et Tiberianam,
auguratorium, (aream Palatinam,) aedem Jovis (Victoris, domum Dionis),
*) Gar.: equos.
«) Cur.: XVL
») Cur.: Xm.CCC.
*) Cur.: rostras.
^) Das Curiosum schiebt et ein.
') Im Curiosum folgen hier vicum
iugarium, Graecostadium, die in der
Noiitia erst weiter unten stehen.
') Das Curiosum schiebt hinter Casto-
mm et Minervae ein.
^) Cur.: eadem.
») Cur.: LXXXVI.
»0) Cur.: Xini.LXVII.
«») Cur.: VI.
'') Cur.: Minuciam.
**) Hinter basilicam schiebt das Curio-
sum Neptuni ein.
*^) Das Curiosum hat hinter Serapeum
noch Minervam chalcidicam.
374
B. Topographie von Bom.
curiam veterem, Fortanam respicientem, septizonium divi Severi, Victoriam
Germanicianam, lupercam.
Yici XX, aediculae XX, vicomagistri XLVIII, caratores II, insulae
ILDCXLII,') domos LXXXIX, horrea XLVHI, balinea XLIUI, lacos LXXXIX,«)
pistrina XX.
Continet pedes XI.DX.
Begio XI. Circus Mazimiis (qui capit loca CGGGLXXXV). Continet:
templum Solis et Lunae, aedem Matris deum et Jovis (arboratoris),
duodecim portas, templum Mercarii, (aedem Ditis patris,) Cererem,')
portam trigeminam, ApoUinem caelispicem, Herculem olivarium, Velabrum,
(Fortunium,) arcum (divi) Gonstantini.
_ Vici XIX, aediculae XIX,*) vicomagistri XLVIII, curatores 11, insulae
ri.D(G), domos LXXXIX,») horrea XVI, balinea XV, lacos XX, pistrina XVL
Gontinet pedes XI.D.
Begio XTT. Piscina publica. Gontinet: aream radicariam, viam
novam, Fortunam mammosam, Isidem Athenodoriam, aedem Bonae deae
subsaxanae, clivum Delfini, thermas Antoninianas, septem domos Parthorum,
campum lanatarium, domum Gilonis, cohortem Uli. vigilum, domum Comi-
ficiae, privata Hadriani.
_ Vici XVII, aediculae XVII, vicomagistri XLVHI, curatores 11, insulae
n.GGGGLXXXVII, domos GXIII, horrea XXVU, balinea LXffl, lacos LXXX(I),
pistrina XX. ß)
Gontinet pedes XII.
Begio Xin. Aventinus. Gontinet: armilustrium, templum Dianae
et Minervae, nymfea tria, thermas Surae et Decianas, Dolocenum, (privata
Traiani,) mappam auream, platanonis, horrea Galbae et Aniciana, porticum
fabarium, scalas'') Gassi, forum pistorium.^)
Vici XVII, aediculae XVII,") vicomagistri XLVIII, curatores II, insulae
n.GGGGLXXXVII, domos GXXX, horrea XXXV, balinea LXIIÜ, ^o) lacos
LXXXLIII,!!) pistrina XX.
Gontinet pedes XVni.
Begio XTTII. Trans Tiberim. Gontinet: Gaianum et Frigianum,
Vaticanum, naumachias V, hortos Domities, balineum Ampelidis
(Prisci) et Dianae, molinas, Janiculum, statuam Valerianam, cohor-
tem VII. vigilum, Caput Gorgonis, Fortis Fortunae, coraria
Septimiana, Herculem cubantem,^^) campum BruttianumetGodetanum,
hortos Getae, castra lecticariorum.
») Cur.:
Cur.:
ILDCCXLn.
XC.
^) Das Cariosum hat die Reihenfolge:
Lunae et templum Mercurii, aedem
Matris deum et Jovis, Cererem, XII
portas.
*) Cur. beidemal: XXF.
*) Cur.: LXXXVIIT.
•) Cur.: XXV.
') Cur.: scalam.
^) Cur. hat pistorum, wie auch der
Anhang.
») Cur. beidemal: XVIII.
»«) Cur.: XLIIII.
>0 Cur.: Lxxxvinr.
'^) Das Curiosnm mit mehrfach ver-
ftnderter Reihenfolge und einem Zusatz eu
Herculem cubantem: naumachias V et
Anh&nge. I. Die konstantüÜBohe Begionsbesohreibang.
375
Vici LXXVni, aediculae LXXVIII, vicomagistri XLVIII, curatores II,
insulae IIII.CCCCV, domos CL, horrea XXII, balinea LXXXVI, lacosCLXXX,
pistrina XXIIII.
Continet pedes XXXni.(CCCLXXXVIII).
Bibüothecae (N.) XXVIII.
Obelisei YJ) In circo maximo unas altus pedes LXXXYIII s.;^)
in Vaticano unus altus pedes LXXV; in campo Martio unus altus pedes
LXXII s.; in mausuleo Augusti duo singuli pedum XLII. s.
Pontes Vni. Aelius, Aemilius, Aurelius, Mulvius, sublicius, Fabricius,
Cestius et Probi.
Montes VU. Gaelius, Aventinus, Tarpeius, Palatinus, Esquilinus,
Vaticanus, ^) Janiculensis.
Campi Yill. Yiminalis, Agrippae, Martius, codetanus, Octavius,
pecuarius, lanatarius,^) Bruttianus.
Fora XI. Bomanum magnum, Gaesaris, Augusti, Nervae, Traiani,
Ahenobarbi, boarium, (suarium,) pistorum, Qallorum et Busticorum.
Basilicae X. Julia, Ulpia, Pauli, vestilia, Neptuni, Matidiae, Mar-
cianae, vascellaria, floscellaria, Constantiniana.
Thermae XI. Traianae, Titianae, Agrippianae, Surae, Commo-
dianae, Severianae, Antoninianae, Alexandrianae, (Decianae,) Dio-
cletianae, Constantinianae.^}
Aquae Xvilll. Traiana, Annia, Attica, Claudia, Marcia,^) Her-
culea. Caerulea, Julia, Augustea, Appia, Alsietina,^) Ciminia, Aurelia,
Damnata, Yirgo, Tepula, Severiana, Antoniniana, Alexandriana.
Viae XXVTTTL Traiana, Appia, Latina, Labicana, Praene-
stina, Tiburtina, Nomentana, Salaria, Flaminia, Aemilia, Clodia,
Yaleria, Aurelia, Campana, Ostiensis, Portuensis, Janiculensis, Lau-
rentina, Ardeatina, Setina, Tiberina, Quintia, Cassia, Gallica, Cornelia,
triumphalis, Patinaria, Asinaria, Ciminia.
Herum breviarium.
Capitolia 11, circi 11, amphitheatra 11, colossi 11, columnae coclides II,
maeelli II, theatra III, ludi IUI, naumachiae Y, nymfoa XY, equi magni
XXn, dei aurei LXXX, eburnei LXXYII,®) arci marmorei XXX YI, portae
XXX YII, vici CCCCXXIII(I), aedes CCCCXXin(I), vicomagistri DCLXXH,
curatores XXYIII, insulae per totam urbem (n.) XLYI.DCII, domos MDCCXC,
Vaticanum, hortos Domities, Jani-
culnm, molinas, balineum Ampelidis
et Dianes, cohort. YII vigilum, sta-
tuam Yalerianam, capnt Gorgonis,
Herculem aub terram medium cu-
bantem, suh quem plurimum auri
po8%tu8 est, Fortis Fortunae, cora-
riam Septimianam.
») Cur.: VI.
') Das Curiosnm hat dafttr: duo minor
habet pedes LXXXYII s., maior habet
pedes CXXII s.
*) Das Coriosmn schiebt et ein.
*) Das Curiosmn schiebt et ein.
^) Reihenfolge im Cnriosum: Commo-
dianae, Antoninianae, Syranae,
Agrippianae, Alezandrinae, Diocle-
tianae, Constantinianae, Severianae.
*) Ooriosum in umgekehrter Reihen-
folge.
^) Hinter Alsietina steht im Coriosum:
aetina.
») Cur. LXXIin.
376
B. Topographie von Born.
horrea CCXC, balinea DCCCLVI, lacos^ MCCCLH, pistrina CCLIV, lupa-
naria XLV,*) latrinae publicae^) CXLEII, cohortee praetoriae X, urbanae IV,
vigilum Vn, quorum excubitoria XTTTI, vexilla communia 11, castra equi-
tum singulariorum 11, peregrinorum , Misenatium, Bavennatiam,
tabellariorum, lecticariorum, victimariorum, silicariorum.^)
Mensae oleariae per totam urbem (n.) II.CCC.
In der Notitia allein finden sich also folgende ÖrÜichkeiten:
Beg. I. balineum Yespasiani, area Galles, balineum Bolani, balineum
Antioehiani, aedes Minervae et Tempestatis.
Bog. 11. ludus Galliens, armamentarium.
Bog. m. ludus matutinus, ludus Dacicus (im Cur. in der 11. Region).
Beg. lY. area Yolcani, horrea chartaria.
Beg. VL malum Punicum, castra praetoria, area Gandidi.
Beg. vn. templa duo nova Spei et Fortunae, horti Largiani.
Beg« Vni. equus Constantini, umbilicus Bomae, horrea Qermaniciana,
vicus unguentarius.
Beg. ESI. aedes (? möglicherweise die in der Porticus Philippi
eingeschlossenen Tempel), Hadrianeum.
Beg. X. area Palatina, domus Dionis.
Beg. XI. aedes Ditis patris, Fortunium.
Beg. Xlll. privata Traiani.
Beg XIV. balineum Prisci.
Im Curiosum allein finden sich folgende Örtlichkeiten:
Beg. n. ludus Dacicus (fehlt dagegen in der III. Region, wo ihn
die Notitia hat).
Beg. m. ludus magnus.
Beg. Vni. templum Minervae.
Beg. IX. basilica Neptuni, Minerva Chalcidica.
Bemerkungen zu dem Anhang und dem Breviarium der Regions-
beschreibung.
1. Bibliothecae XXVTQ. Von den 28 Bibliotheken sind uns nur
acht namentlich bekannt: 1. Die Bibliothek im Atrium Libertatis (vgl.
p. 108 f.). — 2. Die von Augustus im Tempel des Palatinischen Apollo
gegründete lateinische und griechische Bibliothek (vgl. p.*147). — 3. Die
Bibliothek in der Domus Tiberiana auf dem Palatin (vgl. p. 151). —
4. Die Bibliothek im Tempel des Augustus auf dem Palatin (vgl. p. 152).
— 5. Die Bibliotheken in der Porticus Octaviae (vgl. p. 218). — 6. Die
Bibliothek im Templum Pacis (vgl. p. 113). Sie wird erwähnt bei Gell.
') Das Curiosum fügt hinzu: quod est
putea.
*) Cur.: XLVI.
") Das Curiosum fQgt hinzu: quod est
sicessos.
*) Reihenfolge im Curiosum: Raven-
nantium, lecticariorum, silicarioram,
Misenantium, tabellariorum, victi-
mariorum.
Anhänge. I. Die konstantinisohe RegionabeBchreibiing.
377
V 21, 9. XVI 8, 2. Noch die Vita tyr. trig. 31 nennt sie. — 7. Die
Bibliotheca Ulpia auf dem Trajansforum (vgl. p. 115 u. 116). — 8. Die
Bibliotheca Gapitolina. Sie wird von Hieron. Chron. unter Gommodus
und bei Orosius VII 16 erwähnt. Wer sie gegründet hat, ist nicht be-
kannt, auch nicht, wo sie untergebracht war, vielleicht in den Portiken
(p. 126). — Andere Bibliotheken sind zwar namentlich nicht bekannt,
aber es ist als sicher anzunehmen, dass mit den Thermen, Portiken und
Theatern regelmässig auch öffentliche Bibliotheken verbunden waren. ^
2. Obelisci V. Die in dem Verzeichnis aufgeführten Obelisken sind
sämtlich bekannt und noch jetzt erhalten:
1. Der von Augustus im Gircus Maximus errichtete Obelisk aus
Heliopolis, der jetzt auf der Piazza del popolo steht (vgl. p. 176). — 2. Der
von Galigula in seinem Gircus in Vaticano errichtete Obelisk, der jetzt
vor S. Pietro steht (vgl. p. 277). Er ist der einzige von allen Obelisken Roms,
der nicht umgestürzt ist. Sixtus V liess ihn im Jahre 1586 durch den
Architekten Fontana von seinem Standort auf den Platz vor der Basilica
S. Pietro bringen und dort aufrichten, ein Ereignis, das das grösste Auf-
sehen in der ganzen gebildeten Welt erregte.^) Die Basis trägt auf beiden
Seiten die Inschrift Divo Caesari Divi Julii f. Augusto TL Caesari Divi
Augusti /". Augusto sacrum (CIL VI 882), der Obelisk selbst hat keine In-
schriften. — 3. Der von Augustus auf dem Marsfelde als Solarium er-
richtete, jetzt auf Piazza Monte Gitorio (vgl. p. 252). — 4. und 5. die beiden
Obelisken, die einst vor dem Mausoleum des Augustus standen und
jetzt bei S. Maria Maggiore auf dem Esquilin und auf dem Quirinalsplatze
stehen (vgl. p. 250). Wann sie vor dem Mausoleum errichtet wurden, ist
nicht bekannt, jedenfalls geschah es aber noch im 1. Jahrhundert n. Ghr.,
solange das Mausoleum in Gebrauch blieb (vgl. p. 251). Plinius N. H.
XXXVI 70—74, der von den Obelisken in Rom spricht, nennt nur die
unter 1—3 besprochenen des Augustus und Galigula. — Diesen fünf
Obelisken fügt das Guriosum den fast drei Jahrhunderte später, im Jahre
357 n. Ghr. auf der Spina des Gircus Maximus durch Gonstantius er-
richteten Obelisken zu, der jetzt vor dem Lateran steht (vgl. p. 177). Er ist
der älteste (15. Jahrhundert v. Ghr.) und grösste (32 m) aller Römischen
Obelisken und stand in Theben vor dem Tempel des Ammon. Schon
Augustus hatte die Absicht gehabt, ihn nach Rom zu schaffen, nach
Ammian. Marc. XVII 4, 12 aber ihn unberührt gelassen, difficultate magni-
tudinis terrüus nee contrectare ausus est nee movere, Gonstantin entschloss
sich, ihn nach Rom zu transportieren, aber erst unter Gonstantius gelangte
er dorthin. Zu seinem Transport wurde ein besonderes Schiff gebaut,
das von 300 Ruderern bedient wurde. Er wurde den Tiber hinauf ge-
fahren bis zum Vicus Alexandri, drei Meilen vor der Stadt, hier wurde
^) Vgl. Lanciani, Ancient Rome in the
light of recent discoveries 1888, p. 178 ff.
^) Gleiches Aufsehen erregte schon im
alten Rom die UeberfÜhrung des Obelisken.
Plin. N. H. XVI 201 sagt darüber: Abtes ad-
mircUionis prctecipuae visa est in nave quae
ex Aegypto Gai principis iussu obeliscum
in Vaticano circa stattUum quattuorque
truncos lapidis eiusdem ad sustinendum cum
adduxit, Qtui nave nihü admircibilius visum
in mari certnm est.
378
B. Topographie von Born.
er gelandet und auf Holzschleifen die Via Ostiensis eatlang durch die
Porta Ostiensis und den Vicus piscinae publicae bis in den Gircus trans-
portiert. Die Aufrichtung des Obelisken beschreibt Ammian a. a. 0. Auf
den vier Seiten der Basis, auf der er aufgestellt wurde, waren Inschriften
zu Ehren des Gonstantius angebracht, deren Text erhalten ist (CIL VI
1163), während die Basis selbst bis auf geringfügige Reste zerstört ist.
Wann der Obelisk umgestürzt ist, wissen wir nicht. Er lag unter dem
Schutt, der die Arena des Gircus bedeckte, bis zum Jahre 1587. Sixtus V
Hess ihn durch Fontana 1588 vor S. Giovanni in Laterano aufrichten.
Das Verzeichnis erschöpft nun freilich die Zahl der bis jetzt in
Rom gefundenen und von neuem wieder aufgestellten nicht. Es sind
folgende:
1. Der Obelisk von Piazza Navona. Er ist aus der Zeit Domi-
tians, dessen Name darauf zu lesen ist, und stammt wahrscheinlich aus
dem Iseum auf dem Marsfelde (vgl. p. 244). Im 4. Jahrhundert n. Chr.
wurde er von seinem ursprünglichen Platze entfernt und auf der Spina
des Gircus des Maxentius (p. 349 f.) aufgestellt. Umgestürzt und in zwei
Stücke gebrochen sah ihn dort Poggio, Innocenz V Hess ihn im Jahre 1651
auf seinem jetzigen Standort aufrichten.
2. u. 3. Ebenfalls aus dem Iseum, wie aus den Fundorten hervor-
geht (vgl. p. 244 f.), stammen die beiden Obelisken vor dem Pantheon
und vor dem Gentralbahnhof.^ Sie sind ziemlich gleicher Grösse
(etwa 6 m) und stammen aus der Zeit Ramses' II. Wer sie nach Rom
gebracht hat, ist nicht bekannt.
4. Der Obelisk der Villa Mattei auf dem Gaelius. Der Obelisk,
nur im oberen Teile erhalten, im unteren ergänzt, stammt auch aus der
Zeit Ramses' II und aus Hdiopolis. Wann er nach Rom gebracht wurde,
oder wo er gestanden hat, ist nicht bekannt; wahrscheinlich kommt er,
wie die vorhergehenden, ebenfalls aus dem Iseum. Am Ausgang des
Mittelalters stand er auf dem Kapitel vor der Kirche Araceli bei der zum
Bogen des Septimius Severus führenden Treppe. Die von Hülsen, Bull,
com. 1888 Taf. X und XI veröffentlichten Heemskerkschen Veduten zeigen
ihn an dieser Stelle, daneben eine Palme. Im Jahre 1582 wurde er von
der Kommune Rom an Giriaco Mattei verkauft, der ihn in seiner Villa
auf dem Gaelius aufstellen Uess.
5. Der Obelisk vor S. Maria sopra Minerva. Er stammt aus
Sais, 6. Jahrhundert v. Ghr. Er gehört wohl auch zu der Zahl der kleinen
Obelisken, die aus dem Iseum stammen, wenigstens wurde er hier im
Jahre 1665 gefunden und 1667 unter Alexander VIII durch Bemini an
seinem jetzigen Platz errichtet.
6. Der Obelisk vor Trinitä de' Monti auf dem Pincio. Er stammt
aus Römischer Zeit und ist mit einer Nachahmung der Inschrift des
Augustischen Obelisken im Gircus bedeckt. Es ist dies der von Ammian.
Marc. XVII 4, 16 erwähnte Obelisk aus den Sallustischen Gärten. Inner-
^) Dieser erst 1883 auf dem Gebiete des
Iseums ausgegrabene Obelisk ist als Denk-
mal fOr die in Afrika im Kampfe bei Do-
gali 1887 gefallenen italienischen Soldat^
eriichtet.
Anh&nge. I. Die konstaniinisohe Begionsbesohreibang.
379
halb dieser wurde er aufgefanden und durch Clemens XII im Jahre 1733
zunächst nach dem Lateran gebracht, wo er aufgestellt werden sollte,
dann an die jetzige Stelle. Er ist 18 m hoch.
7. Der Obelisk vom Pincio. Er stammt aus Hadrianischer Zeit
und ist der p. 315 erwähnte Obelisk aus der Villa Saccocci vor der Porta
Praenestina, der beim Qrabe des Antinous stand, ürban YIII liess ihn
im Jahre 1633 in den Palazzo Barberini bringen, in der Absicht, ihn
dort aufzustellen, unter Clemens XIV (1769—1775) kam er in den
Qiardino della Pigna im Vatikan, 1822 liess ihn Pius VU auf dem Pincio
errichten.
Von diesen Obelisken stammen demnach Nr. 1 — 5 zum Teil sicher,
zum Teil höchst wahrscheinlich aus dem Iseum, Nr. 6 aus den Sallustischen
Gärten und Nr. 7 aus einer an der Peripherie der Stadt gelegenen kaiser-
lichen Gartenanlage, sie sind also sämtlich nicht in demselben Sinne
als öffentliche Bauwerke zu betrachten, wie die in der Begionsbeschreibung
aufgeführten, woraus sich ihre Übergehung erklärt. Vgl. Jordan, Top. II
p. 186.
Litteratur: Zobga, De origine et usu obeliscomm. — 0. Mabücohi, Gli obelischi
egiziani di Roma, Edizione riveduta ed ampliata e preceduta da una lettera del Prof.
E. Schiaparelli, Roma 1898.
3. Pontes VIII. Die Brücken sind in einer Reihenfolge aufgezählt,
die, wie man allein schon an der Stellung des Pens Mulvius sieht, gänz-
lich verworren ist; trotzdem hat sie für die Ansetzung des Pens sublicius
herhalten müssen (p. 41 Anm. 1).^} Von den aus dem Altertum bekannten
fehlen der Pens Agrippae und der Pens Neronianus (vgl. p. 68).
4. Montes Vll. Im Verzeichnis der „Berge'' fehlen von den links-
tiberinischen der Quirinalis und Viminalis (streng genommen auch der
Pincio). Dass diese beiden der Siebenzahl zuliebe fortgelassen sind, die
man, wie es scheint, unter allen Umständen festhalten und zugleich das
rechtstiberinische Gebiet an der Zahl der sieben Berge beteiligen wollte,
liegt auf der Hand; weniger ersichtlich ist, warum gerade diese beiden.
MoMMSEN meint, sie seien als „coUea"' (p. 38) nicht mit unter den „montes*'
aufgezählt. Ob man aber zur Zeit der Abfassung dieser Urkunde noch
derartige Unterscheidungen kannte oder berücksichtigte, ist zu bezweifeln
*) Za welchen halBbrecheriBchen Eimst-
stttcken der Wunsch, der gedankenlosen An-
ordnung dieses Verzeichnisses doch noch
irgendwelche Bedeutung beizulegen, ver-
fahren kann, zeigt Jordan, Top. I 1 p. 423.
Dort heisst es: .Die Spuren der Ursprung-
liehen Ordnung treten unverkennbar her-
vor; von den sicher widersprechenden ist der
p. Molmus höchst wahrscheinlich ursprüng-
lich als ausserhalb der Stadt liegend nicht
mit aufgeführt gewesen, ist also wohl sicher
nachgetragen. N&hme die zweite Stelle statt
des Aemüiiis der ganz fehlende Neronianus
ein, so würden mit Ausnahme des suhlicius
alle übrigen in richtiger Reihenfolge stehen,
denn p. Probt für Ponte rotte zu halten,
ist erlaubt In diesem Sachverh<-
nis scheint mir ein Hinweis auf die Ent-
stehung der Verwirrung des Verzeichnisses
zu liegen; der an falscher Stelle einge-
schobene Name Aemüius ist der ftltere des
nach seinem Wiederhersteller benannten |>on8
Probi, welcher Name in der Volkssprache
nie Eingang gefunden hat. Das sonst an-
stössige Vorkommen eines Dopneinamens in
dem Verzeichnisse erklftrt sich also wohl
daher, dass in der amtlichen Liste, welche
dem ersten Herausgeber vorlag, der Nero-
nianus noch stand, der Herausgeber ihn als
nicht mehr existierend strich und ihm, um
die Zahl festzuhalten, den Äemilit^ sub-
stituierte."
380 B. Topographie von Born.
(vgl. Jordan, Top. II p. 205). Über den Vaticanus und Janiculensis vgl.
p. 270).
5. Campi VIII. Unbekannt davon und auch nicht in der Begions-
beschreibung aufgeführt ist der Campus Octavius; der Campus pecuarius
fehlt ebenfalls in der Regionsbeschreibung, aber er ist inschriftlich be-
zeugt. CIL VI 9660 nennt einen negotiator campi pecuari. Über den
C. Viminalis vgl. p. 297, den C. Agrippae p. 262, den C. Martins p. 222 fif.,
den C. codetanus p. 258, den C. lanatarius oder lanarius p. 345, den G. Brut-
tianus p. 281. — Ausser diesen sind aber noch andere Campi bekannt:
1. Der C. Caelemontanus, identisch mit den C. Martialis, auf dem Caelius,
vgl. p. 223 und p. 336. — 2. Der C. Esquüinus, vgl. p. 303 flf. — 3. Der
C. Flaminius, vgl. p. 211. — 4. Ein Campus Jovis wird in der Vita Pesc. 12
erwähnt: domus eins hodie Romae visüur in catnpo Jovis, quae appdlatur
Pescennina. Die Lage ist unbekannt; ob ein Zusammenhang mit dem in
der Vn. Region genannten nympheum Jovis besteht, ist nicht zu sagen.
— 6. Der Campus sceleratus vgl. p. 292. — Der CIL VI 9226 genannte
Campus boarius dürfte gleichbedeutend mit Forum boarium sein; vgl,
p. 184 ff.
6. Fora XI. Unbekannt sind von den hier genannten elf Fora
das Forum Ahenobarbi und die Fora Gallorum und rusticorum.
Vom Forum pistorum wissen wir nur, dass es in der XIII. Region lag,
also vermutlich vor der Porta Trigemina (p. 199). Über das F. Romanum
vgl. p. 76 ff. und p. 355 ff., das F. Caesaris vgl. p. 109, das F. Augusti vgl.
p. 110, das F. Nervae vgl. p. 113, das F. Traiani vgl. p. 114 ff. und das
F. boarium (das im Anhang, aber nicht in der Regionsbeschreibung genannt
ist) vgl. p. 184 ff. Über die Lage des Forum suarium in der VH. Region
vgl. p. 264. — Ausserdem sind aber noch eine Anzahl anderer Fora bekannt,
die auch topographisch nachweisbar sind: 1. Das F. Esquilinum, vgl.
p. 332. — 2. Das F. holitorium, vgl. p. 192 ff. — 3. Das F. Pacis (oder
Vespasiani), vgl. p. 113. — 4. Über das F. vinarium vgl. p. 264 Anm. 2.
— Unbekannter Lage ist das durch Polem. Silv. 545, Cod. Theod. XTTT
5, 29 bekannte Forum Aproniani. Natürlich fehlen in dem Verzeichnis
das schon früh verschwundene Forum Cuppedinis und das F. piscarium
(piscatorium); vgl. p. 309 f. und p. 109.
7. Basilicae X. Unbekannt sind der Lage nach von den genannten
die Basilica vestilia, vascellaria und floscellaria, offenbar Kauf-
hallen, die von den darin feilgebotenen Waren benannt waren. |Die Lage
der andern steht fest: Über die B. Julia vgl. p. 84 und 357, B. Ulpia vgl.
p. 115, B. Pauli (Aemilia) vgl. p. 95 und 361 f., B. Neptuni vgl. p. 242, die
B. Matidiae und die B. Marcianae vgl. p. 248, B. Constantiniana vgl. p. 164 f.
— Von den ausserdem noch bekannten fehlen zunächst die einst in der
Nähe des Forums gelegenen, schon frühzeitig verschwundenen: die B. Fulvia,
vgl. p. 95, die B. Opimia, vgl. p. 78, die B. Porcia, vgl. p. 98, die B. Sem-
pronia, vgl. p. 85 und die in der Notitia Reg. VIII aufgeführte B. argen-
taria, deren Lage an dem Clivus Argentarius (vgl.p. 105) wahrscheinlich ist')
0 Vgl. über diese Lage, sowie über die 1 tarius genannte Insnla argentaria
im Ordo Bendd. 80 neben dem Clivus argen- | Gilbert III p. 229 Amn. 1.
Anhänge. I. Die konatanünisehe BegionsbeBohreibong. 381
Ausserdem werden noch genannt eine B. Alexandrina, die möglicherweise
nie vollendet wurde, vgl. p. 246 Anm. 1, eine B. Antoniarum CIL VI 5536,
eine B. Glaudii bei Polem. Silv. 545 und ebendaselbst eine B. Hostilia,
bei Polem. Silv. an Stelle der im Regionsverzeichnis genannten vestüia
genannt (Jobdak, Top. II p. 216), sämtlich ihrer Lage nach unbekannt. —
Über eine auf dem Gaelius befindliche Basilica Hilariana vgl. p. 340.
8. Thermae XI. Die hier aufgezählten Thermen kommen sämtlich
auch in der ßegionsbeschreibung vor und sind ihrer Lage nach mehr
oder weniger genau bekannt: T. Traianae vgl. p. 326 ff., T. Titianae
p. 326 ff., T. Agrippianae p. 239, T. Surae und T. Decianae p. 210, T. Com-
modianae p. 210 und 348, T. Severianae p. 348, T. Antoninianae p. 348 f.,
T. Alexandrianae p. 245, T. Diocletianae p. 294, T. Constantinianae p. 296.
— Es fehlen naturgemäss die Thermae Neronianae (p. 245), an deren
Stelle die Alexandrianae traten. Ausserdem werden noch genannt und
wegen ihrer Pracht von Martial VI 42 und Statins silv. I 5 gerühmt
Thermae Etrusci, unbekannter Lage, ferner werden erwähnt die
Th. Maxentii auf dem Palatin, vgl. p. 158, und die Thermae Helenae,
vgl. p. 332.
9. Aquae XVTTTT. Die Aufzählung der Wasserleitungen ist weder
chronologisch noch topographisch in Ordnung; Haupt- und Nebenleitungen
gehen durcheinander. Bemerkenswert ist, dass das Verzeichnis zwei der
Hauptleitungen, den Anio vetus (vgl. p. 316) und den Anio novus (vgl.
V. 319) nicht enthält, weshalb schon Fabbetti und nach ihm Mommsen die
eine oder beide in den Worten Annia, Attka, die sonst ganz unbekannt
sind, gesucht haben. Unter Herculea dürfte der Rivus Herculaneus, die
Zweigleitung der Aqua Marcia (vgl. p. 318) zu verstehen sein. Andere
bekannte Zweigleitungen, wie der Specus Octavianus (vgl. p. 316) und die
Forma Jovia (vgl. p. 319) fehlen. Über die Aqua Traiana vgl. p. 281,
Claudia p. 319, Marcia p. 317, Julia p. 317 f., Appia p. 316, Alsietina (auch
Augusta genannt) p. 276, Virgo p. 240, Tepula p. 317, Severiana p. 319
Anm. 1 und p. 348, Antoniniana p. 318, Alexandrina p. 321. — Die in dem
Verzeichnis neben der Alsietina, die auch Augusta heisst, genannte Augustea
kann wohl kaum dieselbe sein. Möglicherweise ist damit die Verstärkung der
Appia und Marcia gemeint (vgl. p. 316 und 317. Front. 12); die Caerulea
dürfte die Zweigleitung der Claudia sein. Beide haben ja freilich mit der
Stadt Rom selbst nichts zu thun, aber dasselbe gilt auch von der Mehr-
zahl der Viae im folgenden Abschnitt. — Unbekannt sind die Ciminia,
Aurelia und Damnata. Nicht im Verzeichnis erhalten, aber anderweitig
bekannt sind ausser den schon oben erwähnten Leitungen dieDotraciana
und Drusia durch Polemius Silvius 545. 546, und die conclusa auf
dem Esquilin inschriftlich (Bull. com. 1880, 55). Ebenfalls inschriftlich
bezeugt ist eine Aqua Pinciana (Lanciani, Syllog. 93, CIL XV 7259). —
Dieser Abschnitt und der folgende über die Viae sind unerfreuliche Kom-
pilationen, von denen Lanciani, Acque p. 156 mit Recht sagt: Vargomento
h divenuto ora di cosl poca importanza, il testo di quei ,laterculi aqvarum^
cosl corrotto, che nan vale la pena di occuparsene piü a lungo.
10. Viae XXVmi. Die Reihenfolge der von den Thoren der Stadt
382 B. Topographie von Born.
anslaufenden Strassen (in dem Verzeichnis gesperrt gedruckt) geht augen-
scheinlich auf ein die Strassen in topographischer Anordnung aufführendes
Verzeichnis zurück. Aber die V. Portuensis und V. Ostiensis sind ver-
tauscht, die Asinaria steht ausser der Reihe und die aus der P. Metrovia
und P. Pinciana auslaufenden Strassen fehlen. Dazwischen sind teils
Nebenstrassen, teils Fortsetzungen eingeschoben: Die Traiana ist ver-
mutlich eine Abzweigung der Flaminia, die Aemilia die Fortsetzung der
Flaminia von Ariminum aus, die Glodia zweigt sich von der Gassia in der
Nähe von Veji ab; die Cassia selbst zweigt sich beim Pens Mulvius von
der Flaminia ab. Die Valeria ist die Fortsetzung der Tiburtina über
Tibur hinaus, die Campana zweigt sich von der Portuensis ab, die
Janiculensis ist unbekannt, sie führte jedenfalls über das Janiculum, die
Laurentina zweigt sich von der Ostiensis ab und führt nach Laurentam,
die Setina zweigt sich von der Appia bei Trepontium ab und fuhrt
hinauf nach Setia im Volskergebirge. Die Tiberina zweigt sich bei
Saxa rubra (Prima porta) von der Flaminia ab, die Quintia war die Fort-
setzung der Salaria. Die öallica ist die Fortsetzung der Aurelia über
Genua hinaus, die Cornelia und triumphalis gingen vom Pens Aelius
aus, die Patinaria war eine Verbindungsstrasse zwischen der Nomentana
und Salaria, die Ciminia zweigte sich von der Cassia ab.
Es gehören demnach zur Flaminia die Traiana, Aemilia, Gassia,
Clodia, Ciminia und Tiberina; zur Tiburtina die Valeria, zur Portu-
ensis die Campana, zur Ostiensis die Laurentina, zur Appia die
Setina, zur Salaria die Quintia und Patinaria und zur Aurelia die
Gallica.
Litteratnr über die Viae: Wbstphal, Die römische Kampagne, 1829. — Nibbt,
Annalisi III, p. 492 ff. — F. Rosa, Dell' antica via Lavinate, Ann. d. Ina! 1859, p. 189 ff. —
DB Rossi, Roma sotterranea I. — Jobdan, Top. II p. 230 ff.
Horum breviariam.
1. Capitolia U. Gemeint sind das auf dem Capitolinus (p. 121 ff.)
und das „alte" auf dem Quirinal (p. 287).
2. Circi 11. Es müssen der Circus Maximus (p. 174 ff.) und der Circus
Flaminius (p. 212) gemeint sein. Weder der auch in der Regions-
beschreibung erwähnte Circus des Caligula (p. 277), noch der beim Mau-
soleum des Hadrian (p. 281), noch der des Maxentius (p. 349) sind mit-
gezählt.
3. Amphitheatra ü. Das Amphitheatrum Flavium (p. 167 ff.) und
das Amphitheatrum castrense (p. 331).
4. Colossi duo, der des Nero (p. 166), den auch die ßegions-
beschreibung aufführt, und vermutlich der des Augustus (p. 147).
5. Columnae coclides H, die des Traian (p. 115 f.) und des Marcus
Aurelius (p. 255 f.).
6. Macella ü, das der Livia auf dem Esquilin (p. 109 und 332)
und das Macellum magnum auf dem Caelius (p. 338).
Anhänge. I. Die konstantiniathe Begionsbeeohreibang. 383
7. Theatra m, die des Marcellus (p. 220) und Baibus (p. 221} in
der Flaminischen Vorstadt und das Theater des Pompeius auf dem Mars-
felde (p. 227 flf.).
8. Ludi rV. Sie lagen sämtlich (ludus matutinus, Galliens, magnus
und Dacicus), beim Amphitheatrum Flavium (p. 171).
9. Nanmachiae V. Vgl. über dieselben p. 258 f. und 276 f. — Die
Aufzählung der dem Vergnügen dienenden Bauten ist auch abgesehen
von den fehlenden Circi nicht vollständig. So fehlen z. B. das Stadium
(p. 246) und das Odeum (p. 247) des Marsfeldes.
10. Von den nun folgenden Artikeln können wir die nymphaea
(Quellgebäude, wie z. B. das von der Camenenquelle p. 342 oder von
Wasserleitungen gespeiste, wie das Nymphaeum Alexandri in der V. Region,
p. 322) XV, equi magni XXII, dei aurei LXXX, eburnei LXXVII im
einzelnen nicht nachweisen. In der Regionsbeschreibung werden fünf
Nymphaea genannt, das n. Alexandri in der V., das n. Jovis in der VII.
und nymphea tria in der XIU. Region (vgl. p. 211), zwei (drei) Equi
magni, der equus (oder equi) Tiridatis in der VII. und der equus Con-
stantini in der VIII. Region (vgl. p. 7).
11. Arci marmorei XXXVI. Von diesen 36 Bogen nennt die Re-
gionsbeschreibung nur fünf, nämlich in der I. Region die Bogen des
L. Veras (p. 349), Traianus (p. 318) und Drusus (p. 319), in der VII. den
Arcus novus (p. 261) und in der XI. Region den Arcus Gonstantini, der
gewöhnlich mit dem am Forum boarium stehenden Janus quadrifrons
identificiert wird (p. 181 f.). Aber wir kennen eine weit grössere An-
zahl, von denen ein Teil noch erhalten ist.
Auf dem Forum standen ein Bogen des Augustus, von dem die Funda-
mente und Teile vom Oberbau noch existieren (p. 94 und 360 f.), vielleicht
auch noch ein zweiter; ein Bogen desTiberius, von dem die Fundamente und
Inschriftreste noch vorhanden sind (p. 105 und p. 356 f.), und der noch er-
haltene Bogen des Septimius Severus (p. 83). Über einen möglicherweise
durch ihn verdrängten kleineren Bogen siehe ebendaselbst. Über der Sacra
via standen der Fabierbogen (p. 92 und 360), der noch erhaltene Titusbogen
(p. 172) und der Arcus ad Isis (p. 171); zur Seite der Sacra via, an der
Nordostecke des Palatins, der ebenfalls noch erhaltene Eonstantinsbogen
(p. 173 f.). Auf dem Augustusforum standen zwei Bogen des Drusus
und Qermanicus (p. 112), am Eingange zur Area des Trajansforum ein
Trajansbogen (p. 115). Auf dem Kapitel standen ein Fornix Calpurnius
und vermutlich auch ein Bogen des Nero (p. 119); auf dem Palatin
ein auf die Area des Apollotempels führender Bogen (p. 147 f.), im
Circus Maximus ein Bogen des Titus und Vespasianus (p. 177), auf
der Grenze des Velabrum und des Forum Boarium neben dem Janus
quadrifrons der Argentarierbogen (p. 181), zwei Fornices vor den Tem-
peln der Fortuna und der Mater Matuta und ein Ehrenbogen des Augustus
beim Pens Aemilius (p. 190). Auf dem Marsfelde standen die Porta
triumphalis (p. 226) und über der durch dieselbe führenden Triumphal-
strasse vermutlich die Bogen des Tiberius und Domitian (p. 227); ein
Bogen vor dem Pantheon (p. 239), zwei Triumphbogen über der zum
384
B. Topographie von Born.
Pons Aelius führenden Strasse, der Bogen des Gratianus, Yalentinianus
und Theodosius und der Bogen des Arcadius, Honorius und Theodosios
(p. 256 f.). Über der Via lata standen vier Triumphbogen: am Anfang
im Süden der im Mittelalter so genannte Arcus manus cameae, der Arcus
novus (Diocletiani), von dem Reliefs noch erhalten sind, der Arcus Clandii
und der sogenannte Arco di Portogallo, von dem ebenfalls Reliefs etc.
erhalten sind (p. 261). In der XIY. Region ist bekannt ein Bogen
des Septimius Severus (p. 72 und 281), auf dem Esquilin ein Bogen des
Gallienus an Stelle der P. Esquilina (p. 332) und einer des Gordianus an Stelle
der P. Viminalis (p. 45) und im Prätorianerlager (p. 297). — Dazu kommen
noch Bogen, deren Standort nicht feststeht. Ziemlich unbestimmt lautet die
Nachricht Tac. Ann. II, 83 über einen Bogen zu Ehren des Germanicus:
arcus additi Romae et apud ripam Rheni et in monte Suriae Ämano, Der auf
dem Augustusforum errichtete war schon Tac. Ann. 11, 64 erwähnt (s. o.).
Nicht sicher nachzuweisen ist auch der Standort eines Ehrendenkmals,
vermutlich eines Bogens des Marcus Aurelius, zu dem drei Reliefs ge-
hören, die in der Kirche S. Martina am Forum gefunden und jetzt auf
dem Treppenflur des Eonservatorenpalastes eingemauert sind (Helbig,
Führer I« p. 377), und die Inschrift CIL VI 1014, die von einem im Jahre
176 n. Chr. zum Andenken an den Sieg des M. Aurelius über die Ger-
manen und Sarmaten errichteten Triumphbogen stammt. Der Einsiedler
Anonymus, der die Inschrift aufbewahrt hat, bemerkt dazu in Capüolio.
Dagegen kommt in Betracht, dass im Ordo Romanus (Mabillon, Mus.
Ital. n p. 143) am Fusse des Kapitels über der Einmündung des Clivus
Argentarius (p. 105) in das Forum, also neben S. Martina, wo die Reliefs
gefunden wurden, ein Bogen erwähnt wird. Vgl. Beschr. d. Stadt Rom
III, 2 p. 119. An dieser Stelle zeigen schon die Marmorbalustraden vom
Forum (vgl. Taf. 8) einen Bogen, vielleicht einen Janusbogen; der Ehren-
bogen des M. Aurelius würde dann an dessen Stelle getreten sein. —
Ausserdem ist noch eine grössere Anzahl von monumentalen Strassen-
übergangen von Wasserleitungen bekannt, wie der Arcus Claudii in der
YII. Region (p. 261), der Bogen des Dolabella und Silanus und andere auf
dem Caelius, und der Bogen des Lentulus und Crispinus auf dem Forum
boarium (p. 318). Auch ohne diese und die oben als zweifelhaft be-
zeichneten kennen wir etwa 86 marmorne Bogen. Da aber doch wohl kaum
anzunehmen ist, dass wir alle in Rom errichteten Bogen kennen, so ist
nicht festzustellen, welche 36 Bogen das Verzeichnis meint. Von mehreren
der erwähnten Bogen steht auch nicht fest, ob sie noch im 4. Jahrhundert
n. Chr. existiert haben.
12. Portae XXXVn. Wegen dieser mit der Angabe des Plinius über
die Vespasianische Stadtvermessung übereinstimmenden Zahl vgl. p. 60.
Über die Thore der Palatinischen Stadt vgl. p. 34, das Janusthor am Forum,
bei Varro LL. V 165 Porta Janualis genannt, p. 102 und 362;») die Thore
') Ueber die Lautolae, eine bei diesem
Janusthor einstmals aufsprudelnde Quelle, vgl.
Varro LL V 156: lautolae a lavando, quod
ibi ad Janum Geminum aquae caUlae fue-
runt Nach Macrobius I 9. 18, der übrigens
das Thor am Fuss des Yiminal ansetzt, er-
eignete sich dies in der höchsten Not des
Sabinerkrieges unter König Romulus.
Axihftnge. L Die konstantinuiohe Begionabesohreilnmg. 385
der Servianischen Stadt p. 43 ff., die der Aurelianisehen Mauer p. 70 ff.,
über die P. triumphalis, die in Wirklichkeit ein Bogen auf dem Marsfelde
war, p. 226, die P. Minucia p. 195 Anm. 3.
Aus älterer Zeit werden ausserdem noch folgende Thore genannt:
1. Porta Catularia bei Fest. ep. 45: Catularia porta Romae dida est, quia
non longe ah ea ad placandum caniculae sidus frugibus inimicum rufae canes
immolabantur, ut fruges flavescentes ad maturitatem perducerentur. Mohhsen,
CIL P p. 317, nimmt an, sie sei beim Kapitel oder beim Quirinal zu
suchen. Ein Stadtthor war sie jedenfalls nicht. — 2. Porta Gollatina,
erwähnt von Fest. ep. 37: Collatia oppidum fuit prope Romam, eo quod
ibi opes aliarum civitatum fuerint coUatae, a qua porta Romae Collatina
dida est. Die Notiz ist verdächtig; jedenfalls war die P. Collatina kein
Stadtthor, vgl. Becker, Top. p. 179, ebensowenig wie die beiden folgenden.
— 3. Porta Fenestella, erwähnt bei Ovid Fast. VI 578 und von ihm
und Plutarch Quaest. Rom. 36 mit dem Liebesverkehr zwischen dem Könige
Servius TuUius und der Fortuna in Verbindung gebracht. — 4. Porta
piacularis, genannt bei Fest. p. 213: Piacularis porta appellatur (propter
aliqua piacula, quae ibidem fiebant, vel), ut ait CloatiuSf cum ex sacro per
aliquem piaculo solvitur, ut aliqua piandi propitiandique causa immolantur,
13. Viel CCCCXXin. Die bedeutendste Sammlung von Römischen
Strassennamen enthält die Kapitolinische Basis (vgl. p. 11). Sie zählt
folgende Namen auf: I. Region: Vicus Camenarum, Drusianus, Sulpici
ulteriori^, Sulpici citerioris, Fortunae obsequenti^, pulverarius, Honon^*
et Virtutw, trium ararum, Fabrici. — X. Region: Vicus Padi, curiarum,
Fortunae respicientw, salutaris, Apollinis, huiusque diei. -— XIII. Region:
Vicus Fidii, frumentarms, ti*ium i?trum, Caeseti, Yaleri, laci miliari,
Fortunati, capitis canteri, Larum alitum, novus, lorett minoris, armilustri,
columnae ligneae, materiarius, mundiciei, loreti maioris, Fortunae dubiae. —
Xn. Region: Vicus Veneris almae, piscinae publicae, Dianae, .... ceios,
triari, Siloni salientis, laci tecti, Fortunae mammosae, compiti pastoris,
portae Rudusculanae, portae Naeviae, Victoris. — XIIII. Region: Vicus
Censori, Qemini, rostratae, Longi Aquilae, Statae Siccianae, Quadrati,
Raciliani minoris, Raciliani maioris, Januclensis, Brutianus, larum putealium,
statuae Valerianae, salutaris, Pauli, . . . . i publici, lue . . . ., pacrai . . . .,
laci restiti^ti. Saufei, Sergi, Ploti, Tiberini.
Soweit die Namen topographisch zu fixieren sind, sind sie an der
gehörigen Stelle behandelt. Die überwiegende Anzahl dieser 66 Vici
kommt ausschliesslich in diesem Verzeichnis vor; nur 6 werden auch ander-
weitig genannt: in der Xm. Region der Vicus armilustri (vgl. p. 207),
der Vicus frumentarius (vgl. p. 199) und die Vici loreti maioris und
minoris (vgl. p. 206) ; in der XIV. Region kommen der V. Longi Aquilae
und der V. statuae Valerianae auch auf der Inschrift des Tarracius
Bassus vor.
Eine zweite aus dem Altertum stammende Sammlung von 30—40
Strassennamen bietet die Inschrift der Tarracius Bassus (vgl. S. 325). In
dieser Urkunde werden nicht die Strassen, sondern die Einwohner ge-
Handbuoli der Ubob. AltertumswiaBeiMohan. m, 8, B. 2. Anfl. 25
386 B. Topographie von Boiii.
nannt, z. B. statt des Clivus Pullius die ClivumpuUenses. Erhalten sind
folgende Namen: Aquilenses (V. Longi Aquilae XIY. Reg.), Caeli-
montienses (Caelemontium Beg. 11, p. 336), Gamellenses, CamarteDses, a
Caput porticus, Cicinenses (Sicininum Reg. III p. 312), deCircum, Clivum-
puUenses (Clivus Pullius Reg. HI p. 312), Decennenses (Decennium
Reg. II p. 336), Epictetenses, Isiaci (Reg. in? p. 330), ad iacum longum,
Macellenses (Macellum, magnum Reg. II p. 338 oder Liviae Reg. Y p. 332),
Monetarii (Moneta Reg. III p. 330), Noenses de ara Matidiae, ad nymfeum
Alexandri (Reg. V p. 322), Orf ienses (lacus Orphei Reg. Y p. 308), Paria-
nenses, Quirinenses (aedes Quirini Reg. YI p. 287), Statuavalerienses
(Yicus statuae Yalerianae Reg. XIY p. 272), Suburenses (Subura Reg. IV
p. 308), Tascogenses, de teglatu, Traianenses (Thermae Traiani Reg. in
p. 328), Tellurenses (Aedes Telluris Reg. III p. 324), Yenerenses (Yicus
Yeneris almae Reg. XII p. 342), Yicocorvenses. — Noch einige andere
Namen dieser Urkunde sind entweder nur durch zweifelhafte Ergänzung
verständlich oder völlig verstümmelt. Die Namen, die oben keinen Zusatz
haben, sind sonst unbekannt.
Aus gelegentlichen Erwähnungen bei Schriftstellern und auf In-
schriften sind mehrere Strassennamen bekannt, die topographisch nicht
bestimmbar sind. Yarro LL. Y 158 nennt einen Yicus Cosconius: simili
de causa Pullius et Cosconius, quod ab his viocuris dicuntur aedificati; bei
Cicero ad Attic. YU 3, 6 heisst es: sed quid est, quod ei vici Luccei sitd ad^
dicti, CIL YI 9796 werden pigmentarii vici lorarii genannt, 9871 ein Yicus
Licinianus, 7542 ein Yicus Fanni, 9492 ein Yicus Caeseris (viel-
leicht CaesarisP), 2235 ein Yicus Bellonae, der möglicherweise beim
Tempel der Bellona (p. 214) zu suchen ist. — CIL YI 4476 und 9971
nennen ein Compitum alliarium. In beiden Inschriften werden vestiarii
a compito alliario genannt. — Den Yici sind auch wohl einige Örtlich-
keiten zuzuzählen, die nicht als solche bezeichnet werden : Gellius II 3, 5
spricht von einem Exemplar des zweiten Buches der Aeneis emptum in
sigillariis, CIL YI 9178 wird ein argentarius ab sex aris und 9884 eine
sarcinatrix ab sex aris genannt. Bei Cicero in Catil. I 4, 8 und pro Sulla
18, 52 wird das Haus des M. Laeca inter falcarios genannt; zweifel-
hafter ist, ob in der Argeerurkunde Yarro LL. Y 50 in figlinis und bei
Livius XXXY41 porticum exfra portam Trigeminam inter lignarios fecerunt
(vgl. p. 196) Strassennamen gemeint sind. — Ein Curiosum ist der Yicus
turarius; er ist eine lediglich bei den Scholiasten des Horaz zu Ep.
I 20, 1 und bei Ps. Ascon. p. 200 Or. vorkommende Namensform für den
Yicus Tuscus (p. 105).
14. Über die Zahlen der vici, aedes, vicomagistri, curatores,
insulae, domus, horrea, balinea, lacus und pistrina, sowie über
die nur im Breviarium, nicht in der Regionsbeschreibung aufgeführten
lupanaria, latrinae publicae und mensae oleariae vgl. p. 8 f. unter
insulae verstand man ursprünglich rings von Gassen umgebene Miets-
häuser. Allmählich entwickelte der Begriff sich in der Richtung, dass man
in konstantinischer Zeit darunter Komplexe von vermietbaren Wohnungen
resp. Wohnräumen verstand, von denen für gewöhnlich erst mehrere zu-
Anhänge. I. Die konBiantinisohe Begionsbesohreibnng. 387
sammen ein Haus ausmachten.^) Mit Namen bekannt sind die Ins.
Felicles Reg. IX (p. 259), Ins. Bolani Reg. XIV (p. 374), Ins. Vitaliana
Reg. III (p. 329), Ins. Sertoriana, Ins. Cuminiana Reg. II (p. 339); vgl.
Bull. com. 1895, p. 129 f. — Domus sind Privathäuser, auch Paläste. Die
Regionsbeschreibung nennt nur wenige: Dom. Philippi et Victilianam in
der II., Dom. Brutti Praesentis in der III., Dom. Augustianam et Tiberianam
und Dom. Dionis in der X., die Septem domus Parthorum, die Dom. Cilonis,
die Dom. Comificiae und die Privata Hadriani in der XII., die Privata
Traiani in der XIII. Region. Sie sind in grosser Anzahl fast in allen
Regionen nachgewiesen. Unbekannt ist die Lage der bei Cic. ad Q. fratr.
III 3, 7 erwähnten domus Liciniana ad lucum Pisonis (vgl. p. 324 Anm. 2)
sowie der von Gellius X 15, 7 und Fest. p. 89 genannten domus Flaminiae
(=z flaminis Dialis).
15. Horrea GXG. Es sind öffentliche Speicher gemeint, in erster
Linie jene grossen Magazine am Tiber, in denen die zur See angekom-
menen Waren, namentlich das Oetreide, lagerten; vgl. p. 197 ff. Femer
müssen in der ganzen Stadt Horrea verteilt gewesen sein, bei denen die
einzelnen Tribus ihr Getreide empfingen. Ausser den Horrea für das
Getreide gab es noch andere, über deren Bestimmung es in der Vita
Alexandri Severi 39 heisst: horrea in omnibus regionibus publica fecü, ad
quae conferrent bona ei, qui privatas custodias non haberent (vgl. p. 198
Anm. 4). Es scheint, als ob erst Alexander Severus diese Einrichtung ge-
troffen habe. Bei Paul. Dig. I 15, 3, 2 ist von ihr als einer allgemeinen die
Rede: in horreis, ubi homines pretiosissimam partem fortunarum.suärum re-
ponunt Inschriften von horrearii CIL VI 9460—9471. Pläne von Horrea in der
Forma Urbis (vgl. p. 198 Anm. 1), Abbildungen auf einem Esquilinischen
Wandgemälde Rom. Mitt. 1896, Taf. IV, V (vgl. p. 203 Anm. 1). — Nicht
hierher gehören die privaten Horrea, wie sie gelegentlich als Teile von
Häusern und Wohnungen erwähnt werden.
16. Balinea DGGCLVI. Agrippa, der Gründer der ersten Thermen
(p. 239), hat auch zuerst balinea (balnea), öffentliche Badestuben, ein-
gerichtet. Plin. N. H. XXXVI 121 heisst es: adicü ipse aedilüatis suae
commemoratione .... gratuita praebüa balinea CLXX, quae nunc Romae ad
infinitum auxere numerum. Dann heisst es Vita Alexandri Severi 39: balnea
omnibus regionibus addidit, quae forte non habebant. Von Gordianus heisst
es Vita 32: opera Gordiani Romae nulla exstant, praeter quaedam nymfia et
balneas, sed balneae privatis hominibus fuerunt et ab eo in usum privatum
exomatae sunt. — Von diesen Bädern nennt die Regionsbeschreibung in
der I. Region die Balnea Torquati, Vespasiani, Bolani, Mamertini, Abascanti,
Antiochiani, in der IV. Region das Balneum Dafnidis (nach Schol. Juven.
7, 233 auch B. Phoebi genannt) und in der XIV. Region die B. Ampelidis,
Prisci und Dianae. Anderweitig sind noch bekannt im Marsfelde die Bäder
des Gryllus, Lupus, Paustus und Portunatus (vgl. p. 258), in der Nähe des
Circus Flaminius die B. Pallacinae (vgl. p. 212), das B. Stephani auf dem
Quirinal (vgl. p. 299), die B. Naeratii Cerialis auf dem Esquilin (vgl. p. 312),
') 0. RiCBTBB, Insnlii, im Hermes 1885, p. 91 ff. und Mabchi, Ricerche iniorno alle
Insnlae etc. 1891.
25»
388
B. Topographie von Born.
das B. Scriboniolum in der XII. Region (vgl. p. 349) und die Balneae
Severi in Trastevere (vgl. p. 281). — Unbekannt ist die Lage folgender
Bäder: das B. Caesaris und B. Gotini, beide bekannt aus der Forma
ürbis fr. 49 u. 52, das B. Charini, Mart. VII 34, das B. Tuccae, Mart
1X75, das B. Crispini, Pers. 5, 126, das B. Plautini, Vita Elag. 8, das
B. Polycleti, Porph. zu Horaz Art. poet. v. 32: Äemilii Lepidi ludus
gladiatonus fuit, quod nunc Polycleti balineum est Auch wo das Bad des
bekannten Sophonius Tigellinus, der Praefectus praetorio unter Nero
war, erwähnt bei Mart. III 20, 16 (impudici balnea TigeUini), gelegen hat,
ist nicht bekannt. Auf Inschriften werden genannt das B. Verulanum
CIL VI 182, das B. Claudianum CIL VI 29767; der Anonymus von Ein-
siedeln hat als inscbriftlich bezeugt erhalten das B. Juliorum Akariorum
(CIL VI 29764) und das B. Mercurii; vgl. Lanciani, Itin. Eins. p. 76. Hier
ist auch das inschriftlich bezeugte Lavacrum Agrippinae zu nennen;
vgl. Hülsen, Rom. Mitt. 1891 p. 80 Anm. 1. — Von den 856 Bädern sind
also nur 39 mit Namen bekannt, jedenfalls die bedeutendsten; die Bäder
werden der überwiegenden Mehrzahl nach keine besondere Benennung
gehabt haben. — Inschriftlich bezeugt sind balneatores CIL VI 6243, 7601,
8742, 9102, 9216, 9217; a balineis Augusti CIL VI 8512, ein praeposüus
balneariorum domus Äug, CIL XI 8642.
17. LaeuB MGGCLII. Die locus waren Brunnenbassins verschiedener
Grösse, die über die ganze Stadt verteilt waren und von den Wasser-
leitungen gespeist wurden. Auch hiermit hat Agrippa den Anfang gemacht;
nach Plin. N. H. XXXVI, 121 legte er 700 locus, ausserdem 500 salienfes
an. Die Lacus — und mit ihnen auch wohl die Salientes — haben
sich dann bei der allmählichen Zunahme der Wasserleitungen ent-
sprechend vermehrt, bis sie die in dem Breviarium angegebene stattliche
Zahl erreichten. Eine Saliens ist auf dem Comitium zum Vorschein gekommen ;
vgl. p. 366 f. Mit Namen bekannt sind nur wenige. Genannt werden
in der Regionsbeschreibung der L. Promethei in der I., der L. pastorum
in der HI., der L. Orphei (p. 308) in der V. und der L. Oanymedis
(p. 260) in der VII. Region. Ausserdem kennen wir noch die Lacus am
Forum, den L. Servilius (p. 85), den L. Juturnae (p. 88 und p. 358 f.) und den
L. Curtius (p. 102 f.), den L. cunicli in der IX. Region (p. 259), den Lacus
Fundani auf dem Quirinal (p. 285), aus CIL VI 9664 den L. Aretis sub
aede Fortunoe und die von der Kapitolinischen Basis durch Namen von
Vici bekannten L. miliarius (Reg. XHI), L. restitutus (Reg. XIV) und
L. tectus (Reg. XH). Aus der Bassus-Inschrift Bull. com. 1891 p. 356
ist der L. longus bekannt. — Als bedeutendere Wasserkünste sind hier-
her zu rechnen die Meta Sudans (p. 171) und die Aqua cernens, ^)
quattuor scaros sub aede, in der VIH. Region (p. 183). Hierher gehört auch
wohl der bei Plut. de fort. Rom. 10 erwähnte Föns muscosus und der
CIL 164. 165 genannte Föns Scaurianus. Bei ersterem lag ein weiter
') Die Emendierungsversuche (aquam
ferventem, aquam pendentem) siehe auf p. 183
Anm. 5. Ich glaube eher, dass cemens aus
cernua verschrieben ist. Aquacernua, kopf-
über stfirzendes Wasser, dürfte eine gute Be-
zeichnung für einen Springbrunnen oder eine
ähnliche Wasserkunst sein.
Anhänge. I. Die konetaniiniBohe Begionebesohreibang. 389
auch nicht bekanntes Sacellum Fortunae Virginis, vgl. Plut. Quaest.
Rom. 74.
18. Pistrina CGLIV. Öffentliche Bäckereien müssen in Zusammen-
hang mit der Getreideverteilung stets bestanden haben, da die grosse
Anzahl mittelloser Qetreideempfanger sicherlich nur in den seltensten Fällen
eine eigene Backgelegenheit hatte. Seit Aurelian wurde an Stelle des
Getreides Brot verteilt, welches in jenen 254 Bäckereien gebacken wurde.
Ähnliche Bewandtnis hatte es mit den Mensae oleariae IICCC, da schon
seit Septimius Severus auch Öl verteilt wurde. ^
19. Von den am Schlüsse aufgeführten Castra sind topographisch
nicht nachzuweisen die der Tabellarii (CIL VI 9051— 9052 und 9915— 9918),
Victimarii (Opferknechte) (CIL VI 9087—9088 und 9982) und Silicarii
(Steinklopfer). Die Cohortes praetoriae X lagen im Prätorianerlager (p. 297);
die C. urbanae IV in der Vn. Region (p. 263); die Castra equitum singu-
lariorum 11 und peregrina, erstere in der Regionsbeschreibung nicht
erwähnt, siehe p. 332 und p. 837 ; die C. Misenatium befanden sich in der
III. Region (p. 329), die Lage der in der Regionsbeschreibung nicht er-
wähnten C. Ravennatium in der XIV. Region scheint gesichert (p. 275).
Die vexilla communia II werden sonst nicht erwähnt. Über Castra Fonta-
norum vgl. p. 334. — Von den Kasernen der Vigiles (vgl. p. 54) lässt
sich der grössere Teil bestimmt nachweisen, nämlich die der ersten Ko-
horte in der VII. Region (vgl. p. 263), die der zweiten in der V. Region
(vgl. p. 331), die der dritten in der VI. Region (vgl. p. 298), die der
fünften in der 11. Region auf dem Caelius (vgl. p. 338) und das Excu-
bitorium der siebenten Cohorte in der XIV. Region (vgl. p. 274). Die
Lage der vierten Cohorte in der XII. Region auf dem Aventin ist durch
die bei der Kirche S. Saba gefundene Inschrift CIL VI, 219 bekannt (vgl.
CIL VI 220, 643, 1055 und de Rossi, Ann. d. Ist. 1858 p. 285 flf.). Nur
von der sechsten Kohorte steht lediglich fest, dass sie innerhalb der
Vni. Region kaserniert war, der genaue Ort der Kaserne ist unbekannt.
Unbekannter Lage und nur durch gelegentliche litterarische oder
inschriftliche Erwähnung bekannt sind ausser den bisher besprochenen
noch folgende Örtlichkeiten etc.
1. Eine Ära Augusti, die dem Augustus von Tiberius geweiht
wurde, erwähnen die Pränestiner Pasten zum 17. Januar. Vgl. CIL I*
p. 308. Auch die Errichtung anderer Altäre (Clementiae, Amicitiae)
wird Tac. Ann. IV 74 erwähnt. In den Arvalakten werden eine Ära
Providentiae (vgl. CIL VI p. 474 anni incerti) und eine Ära gentis
Juliae (vgl. das. p. 476 anni incerti) genannt; in denselben Akten 25. Mai
38 n. Chr. steht sub diu in ara. Die Lage aller dieser Altäre ist unbe-
kannt.
2. Eine Domus pulverata (wohl auch Strassenname) wird auf
einem in der IX. Region, nicht weit vom Theater des Balbus gefundenen
*) Vgl. HiBscHFELD, Römischo Verwaltongsgeschichte, p. 138.
390 B. Topographie von Born.
Sklavenhalsband genannt: serviis sunt domni mei scholastici v, sp,, tene me, ne
fugiam de domo pulverata. Vgl. de Rossi, Bull. com. 1892 p. 11 flf.; Hülsen,
Rom. Mitt. 1893, p. 260.
3. Eine Anzahl von Oartenanlagen: die Horti Ali Filetiani CIL
VI 9240, möglicherweise auf dem Esquilin, die Horti Atticiani CIL
VI 8667, die Horti Pomponii Tac. Ann. VI 3, die Horti Peduceani
Bull. com. 1885 p. 89 und die Horti Titiani, CIL VI 8675; über Horti
Gommodiani heisst es Vita Pesc. 6: hunc in Commodianis hortis in porticu
curva pidutn . . . videtnus.
4. DerLucus Deae Satrianae CILVI114 und der Lucus Semeies
CIL VI 9897.
5. Ein Nymphaeum Plavi Philippi CIL VI 1728; vgl. Gatti, Bull.
com. 1887 p. 333 f.
6. Eine Porticus Crep ... aus CIL VI 675, 30810; auf dem Bello-
rischen Wandgemälde von Bauten am Tiberufer (p. 329) ist eine Porticus
Neptuni dargestellt; femer gab es eine Porticus Pallantiana GEL
VI 9719 und eine Porticus Severi, die nach Vita Sev. 21 und Carac. 9
ihm zu Ehren von Caracalla errichtet war: reliquit et porticum patris nomine,
quae gesta iUius contineret et triumphos et bella.
7. Mehrere Sacella der Fortuna, sämtlich durch Plutarch bekannt,
Fortunae änoTQonmag, Fortunae brevis, Fortunae obsequentis, Fortunae
Virginis, Fortunae virilis, Tvxrjg v^svrqlaq Quaest. Rom. 74 und de fort.
Rom. 10, und ein Templum Fortunae respicientis {Tvxriq ijuctge^po-
fievrjg), letzteres auf dem Esquilin gelegen.
8. Eine Scala mediana; vgl. CIL VI 9683, wohl ein Strassen-
name.
9. Ein Heiligtum der dementia Caesaris, vgl. Dio Cass. XLIV 6;
Voll. Paterc. II 56; Plin. N. H. H 14. VII 93. Über den Beschluss, einen
Tempel der Concordia nova (Ofiovoia xanni;) zu errichten, berichtet Dio
Cassius XLIV 4 aus dem Jahre 44 v. Chr. Ob und in welcher Weise
dieser Beschluss ausgeführt wurde, ist nicht bekannt. Ebenso steht es
mit dem auch von Dio Cassius XLIH 44 aus dem Jahre 46 berichteten
Beschluss, eine Aedes Libertatis zu errichten. — Tac. Ann. XV 28
nennt ein Templum Fecunditatis, das auf Anordnung des Senates
wegen der Entbindung der Poppaea Sabina errichtet wurde; eine Aedes
Fortunae Tullianae wird CIL VI 8706, ein Aedituus der Isis Pelagia
CIL VI 8707 genannt, CIL VI 8710 wird ein Aedituus Veneris Felicis
genannt. Einen Tempel des Hercules Fundanus nennt Porph. zu Horaz
Ep. I 1, 4; über den Hercules Fundanius vgl. p. 285. Bei Obsequens 37
(97) wird eine Aedes Veneris Verticordiae genannt, nach Servius Aen. ,
VIH 636 gab es beim Circus ein Fanum Veneris Verticordiae (p. 180), an
zwei anderen Stellen, Val. Max. VHI 15, 12 und Ovid Fast. IV 133 flf., ist
nur von dem Simulacrum Veneris Verticordiae die Rede. Die Lage ist
jedenfalls unsicher. Ganz unbekannt ist die Lage des bei Florus 1 15, 20
genannten Tempel der Pal es (vgl. TibuU II 5, 28) und die eines Tempels
der Horta, von dem es bei Plutarch, Quaest. Rom. 46 heisst, dass er
Anhänge. II. Varro über die sieben Hflgel Borne und die Argeenurknnde. 391
stets geöflfnet gewesen sei. — CIL I« p. 339 {die incerto) hat: Pelicitati
in campo Martio.
10. In den Säkularakten wird ein Ort auf dem Kapitel mit ad ÄtaUam
bezeichnet. Bedeutung und Lage sind unbekannt.
IL Varro über die sieben Hügel Roms und die Argeer-
urkiinde.
(LL. V 41-54 ed. Spengel.)
41. 7. Ubi nunc est Roma Septimontium nominatum ab tot montibus
quos postea urbs muris comprehendit, e quis Capitolinus dictus, quod
hie, cum fundamenta foderentur aedis Jovis, caput humanum dicitur
inventum. hie mons ante Tarpeius dictus a virgine Vestale Tarpeia,
quae ibi ab Savinis necata armis et sepulta, cuius nominis moni-
mentum relictum, quod etiam nunc eins rupes Tarpeium appellatur
42. saxum. Hunc antea montem Saturnium appellatum prodiderunt et
ab eo late Saturniam terram, ut etiam Ennius appellat. antiquum
oppidum in hoc fuisse Saturniam scribitur. eins vestigia etiam nunc
manent tria, quod Saturni fanum in faucibus, quod Saturnia porta
quam lunius scribit ibi, quam nunc vocant Pandanam, quod post
aedem Saturni in aedificiorum legibus privatis parietes postici Mui'i
43. sunt scripti. Aventinum aliquot de causis dicunt. Naevius ab
avibus quod eo se ab Tiberi ferrent aves, alii ab rege Aventino
Albano, quod [iti} sit sepultus, alii Aventinum ab adventu hominum,
quod conmiune Latinorum ibi Dianae templum sit constitutum. Ego
maxime puto [quod] ab advectu; nam olim paludibus mons erat ab
reliquis disclusus. itaque eo ex urbe advehebantur ratibus, cuius
vestigia, quod ea qua vectwai, dicitur velabrum, et unde escendebant
44. ad infimam novam viam, locus sacellum Velabrum. Velabrum a
vehendo. Velaturam facere etiam nunc dicuntur qui id mercede
faciunt. Merces [dicitur a merendo et aere] huic vecturae qui
ratibus transibant quadrans. ab eo Lucilius scripsit quadrantis
ratiti.
45. 8. Reliqua urbis loca olim discreta, cum Argeorum sacraria
Septem et viginti in [quattuor] partis urbis sunt disposita. Argeos
dictos putant a principibus, qui cum Ercule Argivo venerunt Romam
et in Saturnia subsederunt. e quis prima scripta est regio Suburana,
46. secunda Esquilina, tertia Collina, quarta Palatina. In Suburanae
regionis parte princeps est Caelius mons a Cele Vibenna, Tusco duce
nobili, qui cum sua manu dicitur Romulo venisse auxilio contra
Tatium regem, hinc post Celis obitum quod nimis munita loca tenerent
neque sine suspicione essent, deducti dicuntur in planum. Ab eis
dictus vicus Tuscus, et ideo ibi Vortumnum stare quod is deus
Etruriae princeps; de Caelianis qui a suspicione liberi essent, tra-
392 ^« Topographie von Rom.
47. ductos in eum locum qui vocatur Caeliolus. Cum Caelio coniunctum
Carinae et inter eas quem locum Ceroniensem appellatum apparet,
quod primae regionis quartum sacrarium scriptum sie est:
CEROLIENSIS QUARTICEPS CIRCA MINERVIUM QUA
IN CAELIO MONTE ITÜR IN TABERNOLA EST.
Ceroliensis a carinarum iunctu dictus; Carinae postea Cerionia,
quod hinc oritur caput sacrae viae ab Streniae sacello quae pertinet
in arcem, qua sacra quotquot mensibus feruntur in arcem et per
quam augures ex arce profecti solent inaugurare. Huius sacrae
viae pars haec sola volgo nota, quae est a foro eunti primore clivo.
48 Eidem regioni adtributa Subura quod sub muro terreo Carinarum;
in eo est Argeorum sacellum sextum. Subura lunius scribit ab eo,
quod fuerit sub antiqua urbe; cui testimonium potest esse, quod
subest ei loco qui terreus murus vocatur. Sed [ego a] pago potius
Succusano dictam puto. Succusanus nunc scribitur tertia littera
C, non B. Pagus Succusanus quod succurrit Carinis. Secundae
49 regionis Esquiliae. alii has scripserunt ab excubiis regis dictas, alii
ab eo quod aescul/tö consiJtAe a rege Tullio essent. Huic origini
magis concinunt loci vicini, quod ibi lucus dicitur facutalis et Lamm
Querquetulanum sacellum et lucus Mefitis et lunonis Lucinae, quorum
50 angusti fines. non mirum; iam diu enim late BYSxitisLjisa est. Esquiliae
duo montes habiti, quod pars Cespeus mens suo antiquo nomine etiam
nunc in sacris appellatur. In sacris Argeorum scriptum sie est:
OPPIÜS MONS PRJNCEPS ESQUILIS OÜLS LÜCÜM FACU-
TALEM SINISTRA QUAE SECÜNDUM MOERUM EST.
OPPIUS MONS TERTICEPS CIS LÜCUM ESQUILINUM
DEXTERIOR VIA IN TABERNOLA EST.
OPPIÜS MONS QUARTICEPS CIS LUCUM ESQUILINUM
VL^M DEXTERIOREM IN FIGLINIS EST.
CESPIUS MONS QUINTICEPS CIS LUCUM POETELIUM
ESQUILHS EST.
CESPIUS MONS SEXTICEPS APUD AEDEM lUNONIS
LUCINAE UBI AEDITUMUS HABERE SOLET.
51 Tertiae regionis coUes quinque ab deorum fanis appellati, e quis no-
biles duo. Collis Yiminalis a love Viminio quod ibi arae. sunt qui,
quod ibi vimineta fuerint. Collis Quirinalis; Quirini fanum. sunt
qui a Quiritibus, qui cum Tatio Curibus venerunt Romam, quod ibi
52 habuerint castra. quod vocabulum coniunctarum regionum nomina
obliteravit. dictos enim collis pluris apparet ex Argeorum sacrificüs,
in quibus scriptum sie est:
COLLIS QUIRINALIS TERTICEPS CIS AEDEM QUIRINI.
COLLIS SALUTARIS QUARTICEPS ADVERSUM APOL-
LINAR CIS AEDEM SALUTIS.
Anhänge. III. Beschreibung der Honorianischen Maaer. 393
COLLIS MÜCIALIS QÜINTICEPS APUD AEDEM DEI FIDEI
IN DELÜBRO UBI AEDITUMUS HABERE SOLET.
COLLIS LATL/^IS SEXTICEPS IN VICO INSTELANO
SÜMMO APUD AURACÜLUM AEDIPICIUM SOLÜM EST.
Horum deorum arae, a quibus cognomina habent, in eius regionis
53 partibus sunt. Quartae regionis Palatium, quod Pallantes cum Evandro
venerunt, qui et Palatini; [alii quod PalatiniJ aborigines ex agro
Reatino, qui appellatur Palatium, ibi consederunt; sed hoc alii a
Palantio uxore Latini putarunt. eundem hunc locum a pecore dictum
54 putant quidam; itaque Naevius Balatium appellat. Huic Cermalum
et Velias coniunxerunt, quod in hac regione scriptum est:
GERMALENSE QÜINTICEPS APUD AEDEM ROMULI
et
VELIENSE SEXTICEPS IN VELLÄ. APUD AEDEM DEUM
PENATIUM.
Germalum a germanis Romulo et Remo, quod ad ficum rumi-
nalem, et ii ibi inventi, quo aqua hiberna Tiberis eos detulerat in
alveolo expositos. Yeliae unde essent plures accepi causas, in quis
quod ibi pastores Palatini ex ovibus ante tonsuram inventam vollere
lanam sint soliti, a quo Yellera dicuntur.
III. Beschreibimg der Honorianischen Mauer.
(Einsiedler Itinerar.)
1. A porta sei Petri cum ipsa porta usque portam Flamineam:
turres XYI, propugnacula DCCLXXXII, posternas III, neces-
sariae DU, fenestrae maiores forinsecus CVII, minores LXVI.
2. A porta Flaminea cum ipsa porta usque ad portam Pincianam
clausam: ^ _
turres XXVilll, propugn. DCXLIIH, necess. IE, fenest. maiores
forins. LXXV, minores CXVII.
3. A porta Pinciana ^lausa cum ipsa porta usque ad portam Salariam:
turrs^XXn, ppg. CCXLVI, necess. XVII, fenest. maior. forins. CC,
minor. CLX.
4. A porta Salaria cum ipsa porta usque Numentanam: _
tuiT. X, ppg. CXCVini, nee. II, fen. maior. forins. LXXI,
min. LXV.
5. A porta Numentana cum ipsa porta usque Tiburtinam: _
turn LVn, ppg. DCCCVI, nee. II, fenest maior. forins^ CCXIIII,
min. CC.
6. A porta Tiburtina cum ipsa porta usque ad Praenestinam: _ _
turr.XVini, ppg. cum porta Praenestina CCCII, necess. I, fen. maior.
forins! LXXX, minon CVIII.
394 B. Topographie von Rom.
7. A porta Praenestina usque ad_Asinariam:_
turr,_XXVI, ppg. Dlin, nee. VI, fenst. maior. forins. CLXXX,
minor. CL.
8. A porta Asinaria usque Metroviam: _ _ _
turr. XX, ppg. CGGXLII, nee. Uli, fenest. maior. forins. GXXX,
minor. CLXXX.
9. A porta Metrovia usque Latinam: _ _ _
turr. XX, ppg. CCXCnil, nee. XVII, fen. maior. forins. C, minor.
CLXXXm.
10. A porta Latina usque ad Appiam: _ _ _ _
turr.Xn, ppg. CLXXIin, necess. VI, fen. maior. forins. LXXX
minor. LXXXV.
11. A porta Appia usque ad Ostensem: _ _ _
tuiT. XLVIin, ppg. DCXV, nee. XXHU, fen. maior. forins. CCCXXX,
minor. CCLXXXIIII.
12. A porta Ostense ad_Tiberim: _ _ _
tuiT. XXXV, ppg. DCCXXXIII, nee. XVII, fenest. maior, forins.
CXXXVm, minor. CCXI.
13. A flumine Tyberi usque ad portam Portensem:
turr. nil, ppg. LVIin, fenest. maior. forins. X, minor. XV.
14. A porta Portensi usque Aureliam: ^
tuiT. XXVIIII, ppg. CCCC, necess. II, fen. maior. forins. CXXXVII,
^ min. CLXIII.
15. A porta Aurelia usque Tiberim: ^ ^ _
turr. XXnn, ppg. CCCXXVII, necess. XI, fen. maior. forins. CLX,
min. CXXXI.
16. A flumine Tiberi usque ad portam sei Petoi: _ _
turr. Villi, ppg. CCCCLXXXVmi, fen. maior. forins. XXI et
minor. VII, posternae II.
17. Porta SCI Petri.
18. In Hadrianio sunt:
turres VI, ppg. CLXIIII, fenest. maior. forins. XIIII, min. XVIIII.
Sunt simul:
turres CCCLXXXm, propugnaeula VII.XX., posternae V, neces-
sariae CXVI, fen. maior. forins. n.LXVI ***.
IV. Aus der Parabase des Plautinischen Curculio.
(v. 470-484.)
470. Qui periurum conuenire uolt hominem, ito in comitium:^)
Qui mendacem et gloriosum, aput Cloaeinae saerum.^)
Ditis damnosos maritos sub basiliea^) quaerito.
Ibidem erunt scorta exoleta quique stipulari solent:
Sumbolarum eonlatores aput forum pisearium.^)
*) p. 97 flf. I ») Basilica Porcia p. 98.
«) p. 102. I *) p. 809.
Anhänge. IV. Au« der Parabose des Plantinischen Guronlio. 395
475. In foro infumo boni homines atque dites ambulant:
In medio propter canalem*) ibi ostentatores meri.
Gonfidentes garrulique et maleuoli supra lacum,^)
Qui alteri de nihilo audacter dicunt contumeliam
Et qui ipsi sat habent quod in se possit uere dicier.
480. Sub ueteribus^) ibi sunt qui dant quique aecipiunt faenore.
Pone aedem Gastoris ^) ibi sunt subito quibus credas male.
In Tusco uico^) ibi sunt homines qui ipsi sese uenditant.
In Yelabro^) uel pistorem uel lanium uel haruspicem
Yel qui ipsi uortant uel qui aliis ut uorsentur praehibeant.
*) Gloaca mazima p. 51.
2) Lacos Curtius p. 102 f.
^) Tabernae veteres p. 85.
*) p. 86 ff.
>) p. 105 und 182.
«) p. 181 ff.
Register.
(DJe Ziffern bedeuten die Seitensahlen, die knaniw gedruokten Mamen lind nicht antik.)
Acqua Feiice 318 f.
Adonaea 155 f.
Aedes, siehe Tempel.
Aedes Romuli 380.
— thensamm 127.
Aedicula Aesculapii et Hygieae 345.
— Gamenarum 342 f.
— capraria 260.
— Goncordiae 79.
— Faostinae 95.
— Genii popoli Romani 83.
-— Jutumae 359.
— Silvani bei den EoDstantinsthermen
296.
— Vestae 90.
— Vestae im Palatiam 145.
— Yictoriae Yirgim's 135.
Aemiliana 211. 232.
— Vorstadt in Aemilianis 48. 211.
Aeolia (= balnenm Lupi) 258.
Aeqoimelium 192. 345.
Aerariom Saturni 80.
Aesculetum 211.
Ager LucullanuB 316.
— L. Petillii sub Janiculo 271.
— Romanus, Gampagna von Rom 24 ff.
— Vaticanus 268 f.
Agrippa, Bauten auf dem Marsfeld 56. 230 ff. ;
in der VII. Region 263 ff.
Aichungsamt im Eastortempel 88.
Alarich, Plünderung Roms 73.
Almo 226. 347.
Alta Semita 49. 284 ff. 296. 298. 300.
Ambitus 50.
Amphitheatrum castrense 67. 303. 315. 331.
— Flavium 167 ff. 177. 303.
— Neronis 243.
— Statilü Tauri 243.
Angiportus 50.
Auio 27.
— novus 62. 319.
— vetus 52. 71. 316. 317.
Ansarium 199.
Ansiedlungen, filteste, auf dem Esquilin 303.
Antrum Gyclopis 342.
Apolinar auf dem Quirinal(?) 289. 379.
Apollinare (Hain oder Altar) auf den Prata
Flaminia 213.
Aqua Alexandrina 62. 321 f.
— Alsietina (Augusta) 55. 276.
— Antoniniana 318.
— Appia 48. 50. 52. 316.
— Augusta 316. 317. 381.
— Caerulea 319. 381.
— cemens 183. 388.
— Claudia 62. 67. 71. 318. 319 f.
— conclusa 381.
— Curtia 319.
— Dotraciana 381.
— Drusia 381.
— Julia 55. 70. 317 f.
— Marcia 52. 67. 70. 316. 317 f. 381.
— Mercurii 343.
— Pinciana 381.
— Severiana 62. 319. 348.
— Tepula 52. 70. 317 f.
— Traiana 62. 281.
— Virgo 55. 231. 240. 241. 262. 266.
Aquae 316 ff. 381.
Aquae Gemellae 816.
Ära Aii Loquentis 142.
— Amicitiae 389.
— Augusti 389.
— in Capitolio 127.
— Carmentis 44.
— Gereris im Vicus Jugarius 80. 192.
— Clementiae 389.
— Gonsi 32. 33. 132. 175.
— Ditis et Proserpinae in Tarento 225.
— E^andri vor Porta Trigömina 195.
— Febris in Esquilino 305.
— Febris in summo Vico Longo 305.
— Fontis (Ponti) 271.
— Fortunae reducis 347.
— Fortunae restitutricis 297.
— Tvxtjg BviXmdog 290.
— auf dem Forum 103.
— gentis Juliae 128. 389.
— Jani Guriati 311.
— incendii Neronis auf dem Aventin 209.
Begister.
397
Ära iDcendii Neronis auf dem Quirinal 294.
301.
— Jimonis Sororiae 311.
— Jovis in Gapitolio 127.
— Jovis Elicii auf dem Aventin 209.
— Jovis Invenioris am Aventin 195.
— Jovis Viminii 291.
— Jutumae 359.
— Lamm Augustorum in vico Sandaliario
307.
— Lavernae 46.
— Lunae in circo maximo 179.
— Malae Foitunae 305.
— Martis 44. 223.
— maxima 32. 33. 132. 187.
— Minucii 195.
— Opis im Yicns Jugarins 80. 192.
~ Pacis Augnstae 247. 249. 251 f. 261.
— Providentiae 389.
— Semonis Sanci 283.
Arae auf dem Quirinal 393.
— Isidis auf dem Eapitol 243 f.
Arco di BasUe 321. 336.
— de' Pantani 112.
— di Portogallo 261.
Arcus Arcadü, Honorii et Theodosii 257.
— argentariorum 181.
— Augusti auf dem Forum 94. 257. 360 f.
— Augusti beim Pons Aemilius 190.
— M. Aurelii 384.
— in Gapitolio 119.
— Claudii (zwei) 261.
— Constantini 7. 74. 132. 173. 335.
— DolabeUae et Silani 318. 821. 336.
— Domitiani auf dem Marsfeld 227.
— Drusi in der I. Region 61. 71. 317.
319. 341 f.
— Drusi auf dem Forum (?) 105.
— Drusi auf dem Augustusforum 112.
— Fabiorum 48. 257. 360.
— Gallieni 45. 332.
— Germanici 384.
— Germanici auf dem Augustusforum 1 1 2
— Gordiani in den Castra praetoria 297.
— Gordiani bei der Porta Yiminalis 45.
— Gratiani, Yalentiniani et Theodosii 256.
— ad Isis 171. 330. 336.
— Lentuli et Grispini 318.
— manus corneae 261.
— novus (Diocletiani) 260. 261.
— Pietatis 239.
— Septem lucemarum (= Titi) 172.
~ Septimii Severi 75. 83 f. 363.
— atülana ante Septemsolium 318.
— in summa sacra via 172.
— Tiberii auf dem Forum 105. 116. 356 f.
— Tiberii iuxta Pompei theatrum 227.
— Titi 33. 48. 74. 75. 182. 189. 161.
172.
— Titi et Yespasiani in circo 177.
— l'raiani auf dem Trajansfomm 115.
— Di vi Traiani in der 1. Region 61. 71.
318.
— Yen 349.
Arcus, Zusammenstellung 383 f.
Arcus Gaelemontani (Neroniani) 320 f. 332.
Ardea, WäUe 43.
Area Apollinis 35. 147. 343 ff.
— GaUes 344 f.
— Gandidi 302.
— Gapitolina 126 f. 130. 153. 229.
— carruces 344 f.
— Gereris 323.
— Goncordiae 78. 79. 82.
— Fori 100 f. 368 f.
— Macari 313.
— Palatina 159.
— pannaria 344 f.
— radicaria 344 f.
— Satumi 80.
— Splenis 843 f.
— Yolcani 78. 116. 131.
Argeerurkunde 10. 391.
Argei 38 ff.
ArgUetum 49. 97. 106. 109. 113. 283. 803.
306. 307. 308. 368.
Armamentarium in der II. Region 171. 329.
Armamentarium Ludi Magni 329.
Armilustrium 206.
Arz 49. 116; Befestigung und Aufgänge 118;
Bauten auf der Arx, Kriegszustand
119 ff. 392.
Arx et Gapitolium 118.
Asylum 180.
ad Atallam auf dem Eapitol 391.
Athenaeum 248.
Atria Licinia 310.
Atrium Gaci 183.
— Libertatis 108 f. 115.
— Maenianum 98.
— sutorium 307.
— Titium 98.
— Yestae (regium) 89 f. 132.
Auditorium Maecenatis 313.
Auguraculum auf dem Eapitol 120.
— auf dem Quirinal 284. 290. 893.
Auguratorium auf dem Palatin 140. 290.
Augustus, Bauten auf dem Forum 96.
— Bauten auf dem Palatin 144 ff.
Augustus, Name fOr den Gaelius 335.
Aurelianische Mauer 66 ff.; Gang derselben
67; Sicherung der Flussflbergftnge 68;
Bauart 69; Thore 70 ff.
Aureum bucinum (= vicus a. b.) 308.
Ausgrabungen (neueste) auf dem Forum 355 ff.
Aventinus 29. 30. 41. 292; Drainage 28; Ple-
beischer Gharakter 204; Zugänge 205;
Aelteste HeiligtOmer 205 ff.; Tempel
207 f.; Profanbauten 209 ff.
B.
Balatium = Palatium 380.
Balnea = balinea (allgemeines) 387.
— Naeratii Gerialis 812.
— Stephani 299.
— Surae 210.
Balneae Pallacinae 212.
— Severi in der XIV. Region 281.
Balneum Abascantis 349.
— Ampelidis 281.
398
Begi8t«r.
Balneum, Antiochiani 349.
— ßolani 349.
— Gaesaris 388.
— Charini 388.
— Glandianum 388.
- Cotini 388.
— Crispini 388.
— Dianae 281.
— Fausti 258.
— Foitunati 258.
— GirUi 258.
— Juliorum Akariorum 388.
— Lupi 258.
~ Mamertini 349.
— Mercurii 388.
— Plautini 388.
— Polycleti 388.
— Prisci 281.
~ ScriboDiolum 349.
- Sophonii Tigellini 388.
— Torquati 349.
— Tuccae 388.
— Venilanum 388.
— Vespasiani 349.
Balustraden der Rostra vom Forum 82. 104.
357.
Basilica Aemilia 86. 355. 361 f.
— Alexandrina 232. 246.
— Antoniarum 381.
— argentaria 105. 109. 380.
— Claudii 381.
— Constantiniana (nova) 164 f. 369 f.
— ConsUntiniana (VII. Reg.) 263.
— floscellaria 380.
— Fulvia 50. 85. 95.
— Gai et Luci 322. 361.
— Hilariana 340.
— HoBtUia 381.
— Julia 84 f. 116. 325. 357. 368.
— Marcianae 248.
— Matidiae 248.
— Neptuni 232. 242.
— Opimia 78. 98.
— Pauli (= Aemilia) 95.
— Porcia 50. 98. 394.
~ Sempronia 50. 85.
— ülpia 115.
— vascellaria 380.
— vestilia 380.
Basilicae 380 f.
Basis des L. und des G. Gaesar 361.
— Gapitolina 11 f. 370.
~ Gonstantii auf dem Gomitium 367.
— Domitiani 103.
-- Maxentii auf dem Gomitium 366.
Baumaterial und Bauweise 19. 52. 56 f. 72 ff.
Bibliotheca Gapitolina 377.
— Ülpia auf dem Trajansforum 115 f.
295. 377.
Bibliothek im Atrium Libertatis 108. 376.
— in der Domus Tiberiana 151. 376.
— in der Porticus Octaviae 152. 218.
376.
— im Tempel des Apollo auf dem Palatin
147. 2]ß. 376.
Bibliothek im Tempel des Angustna auf
dem Palatin 152. 376.
— im Templum Pacis 113. 376 f.
Bibliotheken, Zusammenstellung 376 f.
Botte di Termini 295.
Buchhändler 106. 182. 307.
Busta Qallica 187.
C.
Gaelemontium 335. 336 ; GaelemontieDaea
386.
Gaeliculus 334.
Gaelimons 378.
Gaeliolus 384. 392.
Gaeliu8 29. 30. 33. 36. 38; Befestigung 335;
Strassen und Aufgänge 335 f. ; Tempel
336; Kasernen 337.
Gaelius maior et minor 334.
Gaesar, Bauthätigkeit 55 f. 58. 108 ff. 230.
Galigulas Bauten (sein Palast) 58. 153 f.
Gampagna von Rom 24 ff.
Gampi 380.
Campo Vaecino 75.
Gampus Agrippae 259. 262 f. 299.
— boarius 380.
- Bruttianus 281.
— Gaelemontanus 335. 336. 380.
— Godetanus 258. 281.
— Esquilinus 303.
— Flaminius 211.
— ignifer 224.
— Jovis 380.
— lanatarius 345.
^ Martialis in Gaelio 223. 336.
— Martins 211. 222 ff. 336.
— NeronianoB 270.
— Octavius 380.
— pecuarius 880.
— sacer Horatiorum 843.
— salinarum 71.
— sceleratus 292.
— - Tiberinus (= Martins) 223.
— Vaticanus 230. 269.
— Viminalis sub aggere 297.
Ganalis (= cloaca maxima) 395.
Gapita babula 144.
Gapitolium 31. 33. 35. 38. 49. 116 f. 118.
121 ff. 228. 287.
Gapitolium antiquum (vetos) auf dem Qniri-
nal 285. 287 f. 299.
Le eapocce 329.
Gapralia 226.
Garcer 80 f. 97. 99.
Garceres 175. 176. 184. 189.
Garinae 36. 161. 311. 323 f. 392.
Gasa Romuli auf dem Gapitolium 127. 134.
— auf dem Palatin 35. 36. 138. 184.
Castel S, Angelo (Engelsburg) 280.
Gastella divisionis 62.
Gastra equitum singularium 332.
— Fontanorum 834.
— lecticariorum 275.
— Misenatium 329.
— peregrina 337.
— praetoria 67. 68. 297 f. 303. 831.
Register.
399
Castra Ravennatium 275.
— silicariorum 389.
— tabellaiionim 389.
— urbana 239. 263.
— victimarioram 389.
Catabulum 263.
Cati fons 225.
Cellae vinariae Dova et Arruntiana 274.
Cenatio Jovis im Palati um 156.
Centam gradus 119.
Cerionia 392.
CermaluB 37. 183. 393.
Cerolia 334.
Ceroliensis 38. 39. 334. 892.
Ceroniensis (= Ceroliensis) 392.
Chalcidicnm (secretarium senatns = atriam
Minervae) 95.
Ciconiae 264.
Ciconiae nixae 224.
Cimbrum 322.
Circus Alezandrinns 246.
— Caligulae 277. 377.
— Flaminius 48. 51. 124. 211. 212. 226.
— Gai et Neronis 277.
— Hadriani 277. 281.
— Maxentii ad Catecuinbas 349. 378.
— Maximus 33. 35. 40. 74. 124. 162.
174 flf. 277. 377. 378.
— Metinua 206.
— Vaticanus 270.
Cisterne auf dem Palatin 134. 360.
Ciritas Leonina 67.
Ciritavecchia 28.
Cliv^us argentarius 49. 50. 105 f. 109. 369.
— Bassüli 313.
— Capitolinus 49. 79. 82. 100. 116 f.
118 f. 124. 356 f.
— Gosconius 50.
— Delphini 205.
— Mamuri 285.
— Maitis 345.
— Orbius (ürbius) 310 f.
— Orfei 308.
— Palatinus 141.
— pilae Tiburtinae 288.
- Publicius48. 180. 185. 187. 205. 209.
316.
— Pullius 50. 311.
— Rntarius 275.
— Salutis 44. 285. 289.
— Scauri 335.
— Suburanus 49. 303. 306. 308 f. 326.
— Triarii 205.
-- Victoriae 34. 133. 136. 139. 187.
Cloaca Maxima 35. 51. 97. 185. 187. 368.
Codeta minor in campo Martio 258.
Cohors I vigilum 259. 263. 389.
— II vigilum 331. 389.
— ra vigilum 298 389.
— IV vigilum 389.
~ V vigilum 338. 389.
— VI vigilum 389.
— VII vigilum (excubitorium) 274. 389.
Cohortea vigilum, Kasernen und excubitoria
54.
CoUegium Capitolinorum 127.
Colles 3H. 379.
Collis Agonus oder Agonius (= Quirinalis)
285 f.
— Catialis 285.
— Dianae (= Aventin) 207.
— hortorum (Pincio) 29. 260. 265—267.
— Latinris 284. 285. 290. 392.
— Mucialis 284 392.
— QuirinaUs 29. 30. 38. 39. 225. 260.
283 £f. 379. 392; Drainage 28.
— Salutaris 284. 392.
— Vaticanus 270.
-< Viminalis 29. 30. 38. 89. 283 ff. 379.
392
Colosseum' 74. 75. 76. 167 ff. 327.
Colossus Neronis 154. 166.
Columbarien vor der Porta Salaria 351.
— an der Via Appia (Vigna Codini und
Vigna Cesario) und Latina 354 f.
— an der P. Ostiensis und Portuensis 355.
— an der Via Praenestina 352.
— in der Villa Pamfili 275.
Columna Antonini 249. 253 f.
— bellica 215.
— cUatoria 254.
— Duilia 195.
— Maenia 85. 98 f. 195.
— Marci Aurelii 76. 249. 253 f. 255 f.
— Phocae 104.
— rostrata 81.
— Traiani 76. 114. 115 f.
Comitium 35. 77. 97 ff. 133. 271. 355. 363 ff.
394.
Compita, ludi compitalicii 50.
Compitum Acilli 311.
— alliarium 386.
— Fabricii 340.
Coraria (Septimiana) 273.
Comelkirschenbaum auf dem Palatin 134.
Cometa 310.
Crypta Balbi 221.
Ciyptoporticus auf dem Palatin 221.
Cuniculi 28.
Curia 146. 355. 362 ff. 367 f.
— Acculeia 183.
— athletarum 329.
— calabra 127.
— Hostilia 94 ff. 98.
— Julia 95.
— Octaviae 218.
— Pompei 229.
— Saliorum 135.
Curiae novae 340.
— veteres 32. 33. 132. 135 144. 340.
Custodia Mamertini (= Carcer).
Decem tabemae 302.
Decennium 336.
Delubrum Fontis 271.
Diaetae Alexandri Severi 158.
Diribitorium 211. 232 f. 277.
Divorum 258.
400
Register.
Doliola 89. 187. 367.
Dolocenum 208.
Domitian, BauUi&tigkeit 154 ff. 246 f.
Domns aaf dem kapitolinischen Stadtplan 5;
HftoBerqaartiere etc. 49 f.; Bedentong
387.
— anter S. demente 344.
— unter S. Giovanni e Paolo aof dem
Caelios 339.
— bei den Titosthermen 329.
Domus T. Aelii Naevii Antonii Severi 301.
— Aemiliae Panllinae Asiaticae 301.
— Agrippae 143.
— Alfenü Ceionii Julian! Camenii 301.
— Anci Marcii 162.
— Antonii 143.
— C. Aquilii 302.
— Augustana 132. 144 ff. 160.
— aurea 58 f. 154. 165 f. 313. 328.
— Q. Aupelii Symmachi 339.
— T. Avidii Quieti 301.
— Balbini 333.
— Betitii Perpetui Arzygü 301.
— Bnittii Praesentis 333.
— Gaesaris in Subura 309. 333.
— Sp. Cassii 323.
— Catuli 302.
— Galvi oratoris 144.
— Gensorini 143.
— Cilonis 3. 210.
— Ginciorum 162.
— Glandii Gentumali 338.
— T. ülaudü Neronis 143 f.
— App. Glaudii Martialis 101.
— Glaudii in Sicininum 312.
— Glodii 143.
— Gomeliae L. f. Yolusi Satumini 295.
— Gomeliae Tauri f. T. Axi 301.
— L. Gomelii Puaionis 301.
— Gomificiae 210.
— M. Grassi 143.
— L. Grassi 143. 302.
— Diadumeniani 339.
— Dionis 144.
— Domitiana 162.
— Gn. Domitii Galvini 162.
— Q. Ennii 209.
— Elpidii 339.
- Flaminiae 387.
— Flavii Sabini 285. 300.
— T. Flavi Tiberiani 334.
— Flavii Vedii Antonini 301.
— M. Fulvii Flacci 142.
— Gelotiana 148. 145.
— Germanici 146.
— Haterii Latroniani 301.
— Hortensii 143. 144.
— Juli Pompei Rusoniani 302.
— G. Julii Proculi 143.
— Junii senatoris auf dem Gaelius 335.
338.
— Laeliae 312.
— M. Laelii Folbii Maximi 301.
— Lampadii 302.
-— Lateranorum 338.
Domns Liciniana 324.
— G. licinii Galvi 143.
— Licinii Surae 210.
— liviae 144. 160.
— M. Livii Dmsi 143.
— Q. Lutatü Gatuli 143.
— Mamurrae 338.
— Manii Manilii 325.
— M. Manlii Gapitolini 121.
— T. Marcii Figuli 291.
— Martialis 299.
— Maximi auf dem Aventin 137. 21
— Maximi im Yicus Patricius 312.
— Merulana 307.
— Messallae 143.
— Milonis 143.
— Naeratii 312.
— Narcissi Augusti 1. ab epistulis 3<
— Numiorum 300.
— Octavii 162.
— M. Opelli Macrini 339.
— Palatma Gommodiana 157.
— Pedonis Albinovani 333.
— Pescennina 380.
— Petronii Maximi 334.
— Pbilippi 389.
— Pinciana 266.
— Pisonum 339.
— Plinii minoris 333.
— Pompei in Garinis 324.
— Pompei beim Theater des Pomp
227.
— T. Pomponii Attici 289. 298. 299.
~ T. Pomponii Bassi 298 f.
— Postumiorum 266.
— Potiti 210.
— Propertii 333.
— pulverata 389 f.
— regia sacrificuli 160.
— M. Scauri 143.
— P. Scipionis Nasicae 162.
— Q. Seü 143.
— Septem Parthorum 349.
— Servii Tnllii supra clivum Urbium
— Appii Silvii Junii Silvini 301.
— Statilü Sisennae 143.
— Stellae 303.
— G. Stertinii Xenophontis 339.
— P. Sullae 143.
— Symmachi 274.
— Tampilana in colle 298.
— Tarquinii Superbi 162.
— Tetricorum 330. 339.
— Tetti Damionis 162.
— Tiberiana 132. 150 f. 152. 153. 1
— transitoria 154. 165 f.
— M. Tullii Giceronis 143.
— Q. Tullii Giceronis 143. 324.
— TuDi Hostilü 161.
— Turdorum 231.
— L. Vagelli 339.
— Q. Valerii Vegeti 300.
— Valeriorum 161. 339.
— Vectiliana 338.
— Vedii Pollionis 320.
BegiBt«r.
401
Domas Yergilii 333.
— Yespasiani 219.
— Yettii Agorii Praetextati et Fabiae
Paulinae J34.
— Viru .Nicomachi Flaviani 339.
— M. VitTuvii Vacci 143.
— Vulcaci Rufini 300.
Drainage der Römischen Hügel (cnniculi) 28.
Ehrendenkm&ler auf der Area des Fomms
104 ff.
Einsattlung zwischen Arx und Gapitolium
inter duos lucos 130 f.
Einsiedler Itinerar 11 f.
Elephantus herbarius 191.
Emporium 48. 195 ff. 200.
Equi Tiridatis 260.
Equiria 228.
Equus GonstanUni 7.
Esquiliae 392.
Esquilin 302—334.
Euripus bei den Thermae Agrippae 241.
Ezcubitorium cohortis VII. vigilum 274.
F.
Faguial 37. 39. 311. 313.
inter falcarios 386.
Fana Isidis et Serapis 243.
Fan um Febris auf dem Palatin 142.
— Orbonae 161.
— Quirini 392.
— Satumi (= Aedes Satumi) 391.
— Veneria Verticordiae 375.
Fasti consulares 91 f.
Favisae im Gapitolium 125. 127; favisa im
Vestatempel 358.
Feigenbaum auf dem Forum 99 f. 103.
Ficus ruminalis 133. 393.
in figlinis 386. 392.
Fiumicino 28.
Flavier, Bauten auf dem Palatium 154 ff.
Flumen Almonis 347.
Föns Albudinus 319.
— Antoninianus 317.
— ApoUinis 343.
— Gaeruleus 319.
— Gamenarum 342.
— Cati 225.
— Gurtius 319.
— Lollianus 336.
— muscosus 388.
— Scaurianus 388.
Fora, Zusammenstellung 380.
Forma Jovia 319.
— Virginia fracta 261.
Fomices auf dem Forum boarium 190.
Fornix in Gapitolio 119.
— Galpumius 119.
— in circo maximö 175.
— Fabianus = Arcus Fabiomm 91.
— beim Pons Aemilius 190.
Fortunium 191.
Handbuch der Uaas. Altertomswisseoschan. III, 3, B. 2. Anfl.
Forum (magnum oder Romanum) 30. 33. 35.
48. 75. 76 ff. 124. 355 ff.; Neuordnung
durch Augustos 55. 361.
— Ahenobarbi 380.
— Aproniani 380.
— Augustum 56. 110 ff.
— boaiium 32. 35. 40. 48. 184 ff. 192.
290
— Gaesaris 55. 97. 109 f.
— coquinum 310.
— cuppedinis 192. 309 f.
— Esquilinum 332.
— Gallomm 380.
~ holitorium 48. 192 ff. 212.
— Julium (= Gaesaris) 55. 97. 109 f.
— Martis 109.
— Nervae 76. 113 f. 281. 307.
— Pacis 113. 310.
— Palatinum 159.
— Palladium (= Nervae) 114.
— pervium (= Nervae) 114.
— piscatorium (piscarium) 109. 191. 192.
309 f. 394.
— pistorum 199. 380.
— rusticorum 380.
— suarium 260. 264.
— Tauri 314.
— Traiani 60. 114 ff. 284.
— transitorium (= Nervae) 106. 109.
114. 244.
— Vespasiani (= Pacis) 113.
— vinarium 264.
Fossa Gluilia 28.
Frontispizio di Nerane 293.
O.
Gaianum 277. 281.
Gallinae albae 284. 302.
Le Gälluzze 322.
Geiserich, Plünderung Roms 73.
Genius populi Romani 83.
Gradus Aurelii 103.
— centum 119.
Graecostasis 79. 98.
H.
Die Häfen 200 ff.
Hadrian, Bauthftügkeit 60 f. 156 ff. 247 ff.
Hadrianeum auf dem Marsfeld 248.
Hadrianeum (= Mausoleum Hadriani) 72.
Handzeichnungen und Skizzenbttcher 16.
Häuschen des Thttrhttters auf dem Kapitel
127.
Hecatostylon 230. 258.
Hermaeum 156.
Hippodromus (sog. Stadium) auf dem Palatin
155. 321.
Honorianische Mauer 393 ff.
Horrea 194—199.
— allgemeines 387.
— am rechten Tiberufer 273.
— Agrippiana 198.
— Aniciana 198.
— Gaesaris 198.
— candelaria 198.
26
402
Register.
Horrea chartaria 198. 324.
— Galbae, Galbana, Galbiana 197. 198.
— Germaniciana 198.
— Leoniana 198.
— Lolliana 198.
— Nervae 198.
— Petroniana 198.
— piperataria 164. 198. 369.
— Postamiana 198.
— Seiana 198.
— Semproniana 198.
— Sulpicia 197.
— Q. Tinei Sacerdotis 198.
— Vespasiani 164. 198.
— Volusiana 198.
Horti Aboniani 275.
— Aciliomm 266.
— Agrippae 241.
— Agrippinae 277.
— Ali Filetani 390.
— Aotonii 276.
— Asiniani 316 f.
— Atticiani 390.
— Caesaris in der XIY. Region 230. 272.
276.
— Caesaris ad portam Collinam 267.
— Calliclani 314. 334.
— Cassii 275.
— Clodiae 275.
— Commodiani 390.
— Grasaipedis 345.
— Domitiae 267. 270. 278.
— Domitii 266.
— Drusi 275.
— Epaphroditiani 314. 316.
— Galbae 275.
— Getae 275. 281.
— Lamiae auf dem Esqoilin 313.
— Lamiae in der XIV. Region 275.
— liargiani 260. 265.
— Liciniani 314.
— Lolliani 314.
— LucuUani 240. 266.
— Maeccnatis 154. 165. 305. 313. 324.
333.
— Maiani 314.
— Pallantiani 314. 320.
— Pednceani 390.
-- Pompei (superiores) 266.
— Pomponii 390.
— Reguli 275.
— Sallustiani 267. 278. 283. 378 f.
— Scapnlae 275.
— Scatoniani 314.
— Serviliani 344.
— Sili 275.
— Spei veteris 315.
— Tauriani 314. 334.
— Terentii poetae 346.
— Titiani 390.
— Torquatiani 314. 316.
— Variani 264. 315.
— Vetüani 314. ^
Janiculom 30. 31. 67. 68. 120 f. 200. 269.
270. 274. 275. 281.
Janicnlnm (Befestigung) 51.
Janas auf dem Forum 38.
— medius 106.
— primus 106.
— auf dem Nervaforum 114.
— im Vicus Tnscus 107.
— quadrifrons 181. 184.
Janusbogen am Forum 106.
Janussiaiusse 101. 106 f.
Insula, Bedeutung 386.
Insula argentaria 365.
— Bolani 274.
— Cuminiana 339.
— Felicles 259.
— Sertoriana 387.
— Tiberina 202. 282 f.
— Vitaliana 329.
Iseum 231. 243 ff.
Iseum Metellinum auf dem Gaelins 337. 339.
Kaiserfora 108 ff.
Ealatores pontificum et flaminum (Amtshaus)
359.
Kalkgruben 74.
Kapitolinische Bads 11,
Kapitolinischer Stadtplan 3 ff.
Kloaken am Forum 368 f.
Kloake unter der Basilica Aemilia 368.
Konstantin, Bauthfttigkeit 61. 164. 296.
L.
Laconicum (= Thermae Agrippae) 240.
Lacus 8; allgemeines 888.
— Albanus 28.
— Alsietinus (MaHignano) 28. 276.
— Aretis sub aede Fortunae 388.
— cunicU 259.
— Gurtius 102 f. 395.
— Fundani 225. 285.
— Ganymedis 260.
— Jutumae 88. 358 f.
— longus 888.
— miliarius 388.
— Nemorensis {Nemi) 28.
— Grphei 308. 333.
— Papirianus (Straceiacappa) 28.
— paatorum 388.
— Promethei 845.
— restitutus 388.
— Sabatinus {Bracciano) 28. 281.
— Servilius 85.
— tectus 888.
Lapis Albanus 25.
— Gabinus {Sperone) 25, \
— manalis 845.
— niger bei den Rostra 365 f.
— pertusus 260.
— piperinus (= Albanus) 25.
— Tiburtinus (Travertin) 27. 57.
Register.
403
Lararien auf dem Esquilin 333.
Latomiae 41.
Laatolae 384.
Laatamiae 81. 98.
Lava 25.
Lavacram Agrippae (= Thermae Agrippae)
232. 240.
— Agrippinae 388.
— Apollinifl 213 f.
inter llgnarios 386.
Litteratur 17 ff.
LitiiB Etrascum 270.
Loretam 206.
Lotosbaom auf dem Volcanal 110.
lucos, inter duos 130.
Lucus Arvalium 271.
— asyli 126. 130.
— Deae Satrianae 390.
— Egeriae 342.
— Esquilinus 47. 392.
— fagutalis 39. 47. 303. 392.
— Furrinae 209. 271.
— Junonis Lucinae 303. 323. 392.
— Libitinae 305.
— Mefitia 303. 305. 392.
— Petelinus 211.
— Poetelius 39. 47. 392.
— Pisonis 324.
— Semeies 390.
— virginum Vestalium 90.
Ludi Apollinares 214. 292.
— piscatorii 272.
— plebei 212.
— saeculares 224.
— Taurii 212.
Ludus Aemilii Lepidi 373.
— Dacicus 171. 330.
— Gallicus 171.
— magnus 171. 330.
— matutinuB 171.
Lunensischer Marmor 57.
Lupanaria fll. Region) 171.
Lupanaria (Quirinal) 298.
Lupercal 35. 133.
Macellum (am Forum) 192. 310.
— antiquum (= forum holitorium) 192.
— Liviae 109. 193. 382.
— magnum 338.
Maeniana 85.
Magmentarium Telluris 324.
Malaria 28.
Mansio Saliorum Palatinorum im Tempel des
Mars ültor 112.
Mansuetae 260.
Mappa aurea 210.
Marana des Circusthales 35.
Marforio 109.
S. Maria antiqua (Liberatrice) 355. 359.
Marmorata 196.
Marsfeld 30. 222 ff.
Marsyas auf dem Forum 103.
Mausoleum Augusti 66. 74; (tumulus Cae-
sarum, tumulus Juliorum) 249 fi.
Mausoleum gentis Flaviae 299.
— Hadriani 74. 75. 270. 274. 277. 362.
Mazentius, Bauthätigkeit 61. 366.
Mensae oleariae 389.
Meta Sudans 39. 171. 340. 388.
Mica aurea auf dem Caelius 281. 339.
— in der XIV. Region 281.
Miliarium anreum 83.
Minervium auf dem Caelius 47. 336. 392.
Mirabilia Romae 14 ff.
Mithrftum auf dem Cispius 333.
— bei S. demente 384.
— bei den DiokletiansÜiermen 295.
— in den Horti Lamiae 318.
— im Kapitel 126.
— bei den Eonstantinsthermen 297.
— beim Macellum Liviae 332.
— in der VIL Region 265.
— im Velabrum 183.
Moles Hadriani (= Mausoleum Hadriani) 278.
279.
Molo oberhalb des Pens Aelius 200 f.
Moneta auf der Arx 121.
— bei S. demente 330.
Monumenta Agrippae 262.
— Calpurniörum 351.
Monumentum Ancyranum 19. 56.
— Marcellae 354.
Mens Albanus, Nekropole 25.
— Augustus (= Caelius) 335.
— Aventinus 391.
— Caelius 334—340. 391 f.
— Capitolinus 75. 116 ff. 391; Drainage
28. 29.
— Cispius 29. 30. 37. 39. 283. 302. 303.
305. 323. 392.
— citatorius {Citorio) oder acceptorius
254.
— Esquilinus 29. 30. 36. 41.
— Janicnlensis 270.
— Malus (Marius) 269.
— Oppius 29. 30. 37. 39. 302. 323—380.
392.
— Palatinus 30 ff. 132 ff.
— Pincius = coUis hortorum 265 ff.
— Querquetulanus (— Caelius) 45. 334.
— sacer 292.
— Satumius 391.
— Tarpeius 391.
— Testaceus 199 f.
— Vaticanus 270.
Montes Vaticani 30. 230. 269.
Montani montis Oppii 37.
Monte Caprino 75.
— dei Cenci 221.
— CUorio 30. 252. 377.
— Giordano 30. 243.
— Mario 280.
— Testaccio 30. 66.
Montes 379 f.
Monti della creta 273.
Montario (mens aureus) 30.
Mucia prata 271.
Mühlen am Janicnlum 281.
— im Tiber 281.
26*
404
Begiater.
Mondiis der palatmischen Stadt 85. 148.
ad Murciae 162.
Mama terrens Carinamin 38. 892.
Mutatorium Caesaris 345.
Naumachia AngoBti 259. 274. 276 f.
— Caesaria in campo Maiüo 258.
— Caligolae in den Saepta 231. 259.
— Domitiani 259. 277.
— Neronis 259.
— Philippi Arabis 259. 277.
Navale inferius 208.
Navalia 48. 200. 211. 271. 282.
Nemus Gaesarum 274. 276.
Nero, Baathätigkeit 58. 154. 165 f.
Neronischer Brand 58.
Nodinus 226.
Normalgewichte, Depositum im Tempel des
Mars Ultor 112; im Kastortempel 88.
Nova via 33. 34. 49. 88. 139. 181. 183. 187.
391.
Nymphea tria 211.
Nymphäen in den Horti Sallastiani 268.
Nymphaeum Divi Alexandri 304. 330.
— Flavi Philippi 390.
— Jovis 260. 380.
— in der XII. Region 349.
Obelisk des Augustus im Circus Maximus
(Piazza del Popolo) 7. 176. 177. 877.
— des Augustus auf dem Marsfeld (Piazza
Monte Citorio) 252. 377.
— des Galigula im Circus in Vaticano
(vor der Basilica S. Petri) 277. 377.
— des Constantius im Circus Maximus
(Lateran) 177. 377.
— des Domitian aus dem Iseum und dem
Circus des Maxentius (Piazza Navona)
244. 349. 378.
— des Hadrian (Pincio) 315. 364.
— aus den Horti Sallusti (Trinitä de'
Monti) 268. 378.
— aus dem Iseum (S. Maria sopra
Minerva) 378.
— ans dem Iseum (?) in der Villa Mattei,
im Mittelalter vor der Kirche Araceli
auf dem Kapitel 378.
— des Nero 280.
Obelisken aus dem Iseum (Pantheon und
Centralbahnhof) 244. 378.
— vor dem Mausoleum des Augustus
(S. Maiia Maggiore und Piazza del
Quirinalej 250. 377.
October equus 223 f.
Odeum Domitiani 247.
Odysseelandschaften vom Esquilin 333.
Ofticinae minii 288.
Ibaum auf dem Forum 103.
Olympieion in Athen 125.
Orientierung der Gebäude auf und am Forum
368.
Ostia 27 f.
Ovile (= Saepta) 226. 230. 244.
Paedagogium puerorum a capite A&icae
335.
— auf dem Palatin 159.
Pagus Aventinensis 204.
— Janiculensis 271.
— Sncusanus 392.
Palatin 29. 33. 124. 132 ff.
Palatiniache Stadt 30 ff.
Palatium 31. 37. 39. 313. 393.
— Residenz des Augustus 56.
— Deciorum 302.
— Neronis in Vaticano 277.
— Pincianum 266.
— Sessorianum 304.
ad palmam 83.
Palus Capreae (Caprae) 225.
Pantheon 224. 232. 233- 239.
Fasquino 109.
Pavonazetto, Sftulen davon in S. Paolo fbori
le mura 362.
Pentapylum 159.
Feperin = lapis Albanus 25.
pergula 50.
Petronia amnis 225.
Pflaster, übereinander liegende Schichten auf
dem Comitium und Forum 363.
Pflasterung der Strassen 49.
Phrygianum 278.
Pila Horatia 85. 343.
Pincio 29. 30. 67. 260. 283.
Piscina aquarum Marciae Tepulae Juliae 295.
— domus aureae 329.
— publica 204. 343. 346.
— thermanim Diocletiani 295.
Pistrina 389.
Pomerium, palatinisches 11. 32. 33. 132.
Pomeriumserweiterungen 64 ff.
Pompeius, Bauthätigkeit auf dem Marsfeld
227 ff.
Pens Aelius 68. 70. 256. 257. 275. 280.
— Aemilius 51. 68. 69. 72. 184. 185.
190. 191. 202. 257. 271. 273.
— Agrippae 56. 68. 224. 256. 274.
— Aurelius 7. 68. 69. 70. 256.
— Cestius 51. 68. 69. 221.
— FabriciuB 51. 68. 69. 283.
— Gratiani (= Cestius) 69.
— Judaeorum (= Fabricius) 69.
— lapideus (= Aemilius) 69.
— Lepidi (= Aemilius) 69.
— maior (= Aemilius) 69.
— marraoreus Theodosii (= Probi) 69.
— Mulvius 68. 69. 367.
— naumachiarius 276 f.
— Neronianus 68. 257. 275. 277.
— Probi 7. 68. 69.
— in ripa Romaea (= Probi) 69.
— senatorum (= Aemilius) 69.
— sublicius 41. 68. 69. 209. 120. 184.
185. 191. 282. 379.
— Valentinianus 257.
Pontes 379.
— inter duos 191. 283.
Register.
405
Porta Appia 71. 187.
— Ardeatina 71.
~ Asinaria 71. 303.
— Aurelia auf dem Janiculum 71.
— Anrelia am Pons Aelius (= Porta
S, PetH),
— Gaelemontana 45. 303. 335.
— Capena 33. 45. 71. 187. 316. 318.
340 f.
— CarmentaUs 44. 46. 48. 118. 124. 184.
187. 212.
— Catularia 385.
— CoUatia 385.
— Collina 45. 70. 284. 291 flf.
— Cornelia 72.
— Esquilina 45. 70. 292. 303. 305.
~ Fenestella 385.
— Flaminia 67. 69. 70.
— FlomentaDa 43; Vorstadt extra portam
Flumentanam 44. 48. 211.
— Fontinalis 44. 211. 222. 284.
— Furba 319.
— Janaalis (Janus Geminus) 102. 362.
384.
— Latina 71.
— Lavemalis 46.
— Maggiore 67. 319 ff.
— Monrovia 71.
— Minucia 195.
— Mngonia (= vetus porta Palatii) 34.
133. 140. 145.
— Naevia 45.
— Navalis 202.
— Nomentana 70.
— Ostiensis 67. 71.
— Pandana 118. 391.
— Pia 70.
— piacularis 385.
— Pinciana 70. 267.
— Portuensis 66. 71. 270.
— Praenestina 66. 68. 70.
— Querquetolana 45. 336.
— Quirinalis 45. 284. 286. 288.
— Ratomena 44.
— Raadoscnlana 4^. 71.
— Romannla (Romana) 34. 133. 136. 183.
— Salaria 70. 283.
— Salutaris 44. 284.
— Sanqualis 44. 284. 290.
— Satumia (= Pandana) 118. 391.
— scelerata (= Carmentalis) 44.
— Septimiana 72. 281.
— stercoraria 117.
— Taurina = Tibmiima 314.
— Tiburtina 66. 67. 68. 70. 316. 318.
— Trigemina 46. 48. 71. 184. 187. 209.
— triumphalis 124. 226.
- vetus Palatii 133.
— Viminalis 45. 70. 283. 284. 293. 303.
305.
Portae duodecim 184. 185.
— Palatii 34.
— urbis Aurelianae 70 ff.
— urbis Servianae 43 ff.
Porticus absidata 308.
P 0 r t i c u s Aemilia zwischen Porta Trigemina
und Emporium 195.
— Argonautarum 242. 258. 287.
— Aureliani in hortis Sallusti 268.
— in Aventinum extra portam Trigemi-
nam 205.
— Boni Eventus 241.
— CatuH 143.
— am Clivus Gapitolinus 119.
— Gonstantini 259. 262.
— Corinthia (= Octavia) 220.
— Deorum consentium 79. 117. 357.
— Europae 257 f. 287.
— fabaria 199.
— Flaminia 260.
— Gai et Lud 361.
— Gordiani in der VII. Region 260.
— Gypsiani (= Vipsania) 259. 262.
— Herculea 229.
— Jovia 229.
— auf dem Kapitol 126. 377.
— Liviae 6. 326.
— Marcelli 220.
— margaritaria 164. 191. 370.
— Meleagri 232.
— Metelli 217 f.
— ad nationes 229.
— post navalia 202.
— Neptuni 390.
— Octavia 219.
— Oeteviae 65. 217. 244.
— Pallantiana 390.
— Philippi 219.
— Polae 6. 231. 262.
— Pompeia 229. 258. 287. 299.
— von der Porta Fontinalis zur Ära
Martis 44. 223.
— bei der Porta Pinciana 267.
— extra portam Trigeminam inter ligna-
rios 196.
— längs der Sacra via 164.
— Saeptorum 231. 259. 262.
— Severi 390.
— post Spei am F. holitorium 194.
— templi Solis 264.
— therm arum Traianarum 325.
— Vipsania 259. 262.
Porticus maximae 256. 257.
— Minuciae (vetus et frumentaria) 217.
— triumphi 226.
Portiken, üebersicht 62 f.
Portunium 191.
Portus Comeli 200.
— Licinii 200.
— Parrae 200.
— vinarius 200. 264.
Posterulae 72.
Praedia Galbiana 197.
— Tigellini Aemilianis 211.
Praefectivra urbana 325.
Prata Flaminia 211.
— Quinctia 200. 269. 271.
— Vacci 143.
Privata Hadriani 210.
— Traiani 210.
406
Register.
Pulvinar Amphitheatri Flavii 170.
— beim Gircus Flaminiiis 215.
— ad Gircuin Maximum 175.
— Solis aaf dem Quirinalis 287. 289.
Puteal auf dem Gomitium 100.
— Jutumae 359.
— Libonis (Scribonianum) 103.
Puticuli 304.
Pyramide dos Gestiiis 67. 71.
— in Trastevere 280.
R.
Regia 26. 91 f. 93. 135. 160. 162. 359 f.
Regia theatri Pompei 229.
Regio Gaput Tauri 314.
— Gollina 38 f. 391.
— Esquilina 36. 37. 38 f. 391.
— naumachiae 277.
— Palatina 36. 37. 38 f. 391.
— Suburana 36. 37. 38 f. 391 f.
Regionsbeschreibung, Eonstantinische 6 ff.
371 ff.
Regionseinteilung des Augustos 53 ff.
Remuria 204. 205. 290.
Richtstfttte ante portam Esquilinam 304.
Ripa Lydia 270.
Veieniana 270.
Rivus Herculaneos 319. 381.
— Herculaneus der Aqua Marcia 318.
Rom, ftlteste Bebauung der Stadt 47; die
Stadt seit dem 2. Jahrb. v. Ghr. 50;
im 1 . Jahrh. v. Ghr. 52 ; Entwicklung
seit Augustus 53 ff.; Einwohnerzahl
64; Verfall Roms 73 f.; Brief Rafaels
darüber 74; Zerstörung der Römischen
Ruinen durch die Päpste 75.
Roma quadrata 35. 148.
Rostra, ältere 81 f.; neue 82 f. 98. 356 f.
365 f.; Denkmäler auf d. R. 82.
— am Eastortempel 87.
— Julia 93.
— angebliche, in den Saepta 231.
Rotunde des D. Romulns 7. 161.
Rupes Tarpeia 391.
S.
Sacella Argeorum 10. 17 f. 378 ff.
— auf dem Eapitol 124.
Sacellum (sepulcrum) Accae Larentiae 183.
— Bonae Deae 274.
— Garmentae 44.
— Glementiae Gaesaris 375.
— Gomiscarum 272.
— Deae Gamae in Gaelio 336,
— Deae Nemae 293.
— Deae Viriplacae 140.
— Dianae in Gaelio 337.
— Dianae in vico patricio 312.
— EvsQyeoiag auf dem Eapitol 129.
— Fortnnae ((noxqonaiag 390.
— Fortunae brevis 390.
— Fortunae i^evrQtas 390.
— Fortunae obsequentis 390.
— Fortunae Virginis 389 390.
Sacellum Fortunae virilis 390.
— Herculis cubantis 272.
— Jovis Gonservatoris 127.
— JoviSi Junonis, Minervae auf dem
Quirinal 287.
~ Juventatis auf dem Eapitol 124.
— Larum praestitum 32. 33. 132.
— Larum Querquetulanum 303. 392.
— Libertatis in Pidatio 143.
— Martis auf dem Eapitol 124.
— Martis et Herculis auf dem Esqaüin
331.
— Minervae captae 336.
— Minucii 195.
— Mutuni Tutuni 162.
— pagi montani 305.
— Pudicitiae patriciae 190. 290.
— Pudicitiae plebeiae 290.
— Quirini 284. 286.
— Sangus (= Semonis Sanci) 290.
— Silvani auf dem Aventin 209.
— Silvani in hortis Aciliorum 266.
— Silvani (zwei) bei den Diokletiaas-
thermen 295.
— Silvani auf dem Pincio 267.
— Statae Fortunae 307.
— Streniae 48. 165. 392.
— Terrae Matris 347.
— Termini auf dem Eapitol 124.
— Yeneris Gloacinae 102. 362 f. 394.
~ Yeneris auf dem Palaün 142.
— Vicae Potae 161.
— Volupiae 183.
Sacrarium D. Augusti 144. 151.
— Martis in der Regia 91. 360.
— Opis in der Regia 91.
- XXVI auf der Velia 39.
Sacra via 33. 35. 88. 100. 120. 124. 139.
140. 141. 145; Lauf 48 f. 160 ff.;
Name 160 f.; Bauten an derselben
160 ff.; Triumphbogen 171 ff. 224. 257.
369 f. 392; Summa sacra via 161.
162.
Sacravienses 162.
Saepta Agrippiana (= Julia) 232.
— Julia 6. 230 ff. 226. 258.
Salientes (Springbrunnen) 388.
— auf dem Gomitium 367 f.
Salinae vor Porta Trigemina 184. 195. 200.
Salusiricum, Salustium 268.
Samiarium 171. 329.
Satumia (antiquum oppidum) 391.
Saxum auf dem Aventin 205.
— Tarpeium 118. 119. 131. 391.
Scala mediana 390.
Scalae anulariae 144.
— Gaci 34. 35. 86. 133. 137.
— Gassi 205.
— Gemoniae 81. 119.
Schola fabrorum soliarium baziarium sab
theatro Pompeiano 230.
— Graeca 186.
— in Octaviae porticu 218.
— quaestomm et caplatomm 334.
— Xantiia 49. 95 f. 357.
Begiater.
407
SeDaculum am Comitium 78. 98.
— citra aedem Bellonae 214.
— ad poitam Gapenam 318.
— mulienim 302.
Septimiana 273.
Septimiiis Sevenis, Baathfttigkeit 61. 155.
156 f.
Septimontiiim (Siebenhilgelstadt) 36 ff. 891.
Septizonium 3. 74. 76. 158. 256.
Sepulcra 350—354.
— antiqaissima auf dem esquilinlschen
Felde 303 ff.
— miter dem Belvedere des Vatikan 281.
— vor der Porta Collina 292.
— vor der Porta Ostiensis 354.
— vor der Porta Portuensis 354.
— in den Prati di Gastello (XIV. Reg.)
279.
— an der Yia Appia und Latina 353 f.
Sepulcrum Antinoi 315. 379.
— AiTuntiorum 352.
— Bibuli 44. 260.
— Gaeciliae Metellae 354.
— Galpomiorum 351.
— (Pyramide) Gestii 354.
— Didü Joliani an der Via Labicana 353.
— Domitiorom 266.
— Eurysacis 67. 71. 353.
— Faustnli auf dem Gomitiam 100. 366.
— Flaviomm 299.
— Galbae 197.
— gentis Galloniae 350.
~ Q. Haterii an der Via Nomentana 351.
— Hateriomm an der Via Labicana 353.
— Horatiae an der Porta Gapena 343.
— Q. Horatii Flacci 805.
— Joliorum in campo Martio 250.
— Lucilii 351.
— Maecenatis 305.
— Marcellae 354.
— militum Misenensium 354.
— L. Nonii Asprenatis 350.
— Octaviae M. F. Appi 351.
— mraetorianorom 351.
— Kavennatlum in der Villa Pamfili 275.
— Romuli anf dem Gomitium 100. 365.
— Romuli in der XIV. Region 280.
— Salvii Juliani an der Via Labicana
280.
— Scipionum 353.
— ScipioniB Africani in der XIV. Region
280.
— Semproniorum 44. 284. 289.
— Septmiii Severi 353.
— C. Sulpicii Piatorini 274.
— Statiliorum 352.
Servianische Stadt 40 ff.; Thore 43 ff.; An-
lage der Thore 46; Alter der Servia-
nischen Mauer 43.
Servianischer Wall 11. 31. 34. 41 ff.
Sessorium 304.
Sette aale 329.
Sex arae 386.
Sibyllen (tria fata) bei den Rostra 83; Sibyl-
linische Bacher 125. 147.
Sieininum 312; (Gicinenses 386).
Sigillaria 386.
Signum Gereris 324.
Simulacra auf dem Eapitol 127.
— im GircuB Mazimus 179.
— vicatim dedicata 63. 307.
Simulacrum aereum tauri auf dem Forum
boarium 186. 187.
— Aesculapii in thermis Traianis 328.
— Apollinis caelispicis 191.
— Apollinis Sandaliarii 63. 307. 309.
— Fortunae respicientis 142.
— Herculis Fundanii 285.
— Herculis olivarii 191.
— Herculis trinmphalis 188.
— Jovis in Gapitolio 127.
— • Jovis Africi 127.
— Jovis tragoedi 63. 309.
— Larum pubUcorum 309.
— Mercurii sobrü 309.
— Veneris Verticordiae 390.
— Vertumni im Vicus Tuscus 107. 391.
— Volcani 78. 309.
Skizzenbacher 16.
Solarium des Augustus 249. 252 f.
— horologium beim Tempel des Quirinus
286.
Sonnenuhren 99. 252. 286.
Specus Octavianus 316.
ad Spem veterem 316.
Sperone = lapis Gabinus 25.
Spino 226.
Spoliarium 171. 329.
Stabula IV factionum 212.
— factionis prasinae 212.
Stadia des Gaesar, Augustus und Nero auf
dem Marsfelde 246. 247.
Stadium Domitiani in campo Martio 246. 247.
Stadtplan, Eapitolimscher 1 ff.
Stadtpläne 23 f.
Stadtvermessung des Vespasian 10 f.
Stagnum Agrippae 241.
— domus aureae 165. 321.
— Neronis 167.
Statio annonae am Forum boarium 186.
273.
— ausserhalb der Porta Pinciana 267.
Statio aquarum 359.
Statua Sp. Gassii 324.
— Gloeliae (Valeriae) 140. 174.
— Domitiani auf dem Forum 105.
— Mamuri 285.
— Marci Aurelii 339.
— Marsvae auf dem Forum 103.
— L. Mmucii Augurini vor P. Trigemina
195.
— Pisonis 294.
— Planci 290.
Statuae Ginciae 162.
— Romuli et Titi Tatii auf der Sacra via
160. 174.
Statuen auf dem Eapitol 127 f. 129.
— der Römischen Könige und des Brutus
auf dem Eapitol ,125. 127.
— auf dem Marsfelde 128.
408
Begister.
Steinmetzzeichen 11.
Subsellia tribunorum 99. 356.
Subnra 36. 38. 39. 49. 113. 162. 224. 306.
308 f. 368. 892.
— niAior 309.
Sncnsa 87. 39. 224.
Sommoeniana 218.
Summum choraginm 171. 330.
Tabernae argentariae novae 85. 95.
— veteres 395.
Tabemen am Forum (novae und veteres) 85.
Tabemola (Strasse?) 47. 335 f.
Tabula Valeria 99.
Tabularium 52. 75. 131.
Tarentum 224 f. 257.
Tempi um (aedes) Aesculapii extra urbem
283.
— Aesculapii in insula 282.
— Divi Antonini (M. Aureli) 253.
— Antonini et Faustinae 91. 359. 360.
— ApoUinis auf dem Palatin 145. 146 ff.
213. 337.
— Apollinis vor der porta Flaminia 211.
212 f.
— Divi Augnsti 151 ff. 358.
— Bacchi 141.
— Bellonae (Pulvinensis) 214. 226.
— Bellonae Rufiliae 330.
— Bonae Deae Subsaxanae 204. 206.
— Gamenarum 343.
— Castorum (Castoris) 4. 86 ff. 395.
— Castoris in circo Flaminio 217.
— Cereris, Liberi, Liberae 180. 205. 209.
— Divi Claudii 320 f. 837.
— Concordiae in arce 121.
-- Concordiae am Forum 78 f. 98. 146.
— Concordiae novae 390.
— Concordiae in der Porticus Liviae 326.
— Consi auf dem Aventin 206.
— Dei Rediculi 292.
— Dianae auf dem Aventin 207. 391.
— Dianae in circo Flaminio 216.
— Dianae auf dem Esquilin (Dianeum)
311.
— Dil Fidii auf dem Quirinal 47. 284.
289 f. 393.
— Ditis patris 181.
— Divorum in Palatio 153.
— Elagabalis auf dem Esquilin 315.
— Eventus Boni 241.
— Fauni in insula 283.
— Fecunditatis 390.
— Felicitatis auf dem Comitium 95. 97.
— Felicitatis in theatro marmoreo 228.
— Felicitatis auf dem Velabrum 183. 191.
— Feroniae auf dem Marsfelde 232.
— Fidei auf dem Capitolium 128.
— Fidei auf dem Palatin 142.
— Florae beim Circus Maximus 180. 205.
— Florae auf dem Quirinal 288. 299.
— Fontis bei der Porta Fontinalis 285.
— Fortis Fortunae am 1. Meilenstein der
Via Portuensis 271 f. 276.
Tempi um Fortis Fortunae am 6. Meilenstnn
— der Via Portuensis 271 f.
— Fortunae auf dem Forum boariam
190. 193. 328.
— Fortunae auf dem Eapitol 129.
— Fortunae Equestris in circo Flaminio
216.
— Fortunae huiusque diei 142.
— Fortunae primigeniae in coUe 291.
— Fortunae publicae citerioris in coUe
291.
— Fortunae publicae populi Roman i Qni-
ritium in colle Quuinali 291.
— Fortunae reducis 227.
— Fortunae respicientis 390.
— Fortunae Seiani 328.
— Fortunae Tullianae 390.
— novum Fortunae in der VU. Region
260.
— gentis Flaviae 299.
— Hadriani 248.
— Herculis vor der P. Collina 292.
— Herculis Aemiliana 188. 203.
— Herculis Custodis beim Circus Flaminios
215.
— Herculis Fundani 390, vgl. p. 285.
— Herculis Invicti (Victoris) auf dem
Forum boarium 188.
— Herculis Invicti ad portam Trigemi-
nam 189.
— Herculis Musarnm 219. 343.
— Herculis Pompeiani 189.
— Herculis Sullani auf dem Esqoilin
331.
— Herculis Victoris 337.
— Honoris vor der Porta Collina 292.
— Honoris in theatro marmoreo 228.
— Honoris et templum Yirtutis vor der
Porta Capena 68. 848. 347.
— Honoris et Yirtutis auf dem Eapitol
120.
— Hortae 390.
— Jani auf dem Forum 102. 362.
— Jani auf dem Forum Nervae 114.
— Jani ad theatrum Marcelli 194.
— Isidis in der 111. Region 280. 244.
~ Isidis Campensis (Iseum et Serapeom)
auf dem Marsfelde 226. 243-245. 378.
~ Isidis Pel^ae 390.
— Isidis Patriciae 312.
— Divi Juli 84. 92 ff. 164. 360.
— Junonis in porticu Octaviae 218.
— Junonis Lucinae 323. 392.
— Junonis Matutae (?) 194.
— Junonis Monetae 121.
— Junonis Reginae auf dem Aventin 207.
— Junonis Reginae in circo Flaminio
216.
— Junonis Sospitae am Forum holitoriom
194.
— Junonis Sospitae auf dem Palatin 141.
— Jovis Arboratoris 179.
— Jovis Capitolini (Capitolium) 121 ff.
391.
— Jovis Custodis 127.
Register.
409
T e mpl um Jovis Dolicheni in der XIY. Region
282.
— Jovis Dolicheni anf dem Aventin 208.
— Jovis Dolicheni auf dem Esquilin 331.
— Jovis Feretrii 128.
— Jovis Libertatis auf dem Aventin 208.
— Jovis Propugnatoris 139. 141.
— Jovis Reducis 337.
— Jovis Statoris am Palatin 139. 145.
161. 162. 370.
— Jovis Statoris in porticu Octaviae218.
— Jovis Tonantis 129.
— Jovis Victoris 139. 140.
— Juturnae (Diutumae) aof dem Marsfeld
232.
— Juventatis in circo mazimo 181.
— Larum 33. 36. 161.
— Larum permarinorum 217.
— Libertatis 390.
— Libertatis in Aventino 209.
— Lunae auf dem Aventin 209.
— Lunae Noctilucae auf dem Palatin 141.
— Mamuri 285.
— Magnae Matris 135 ff. 190.
— Martis in circo Flaminio 216.
— Martis vor der Porta Capena 345 ff.
— Martis Ultoris auf dem Forum Augusti
5 f. 110.
— Martis Ultoris auf dem Eapitol 129.
— Matris Matutae am Forum boarium
190. 193.
— Matidiae (?) 248.
— Mefitis 305.
— Menüs in Gapitolio 128. 129.
— Mercurii beim Circus Maximus 180.
— Minervae in der I. Region 346 f.
— Minervae auf dem Aventin 208. 209.
— (aedicula?) Minervae beim Eastortempel
88.
— Minervae auf dem Nervaforum 114.
— Minervae Chalcidicae 247.
— Minervae Medicae 330.
— Neptuni in circo Flaminio 216.
— novum (= D. Augusti) 151 f.
— Nympharum in circo Flaminio 109.
217.
— Opis in Gapitolio 129.
— Orci 141.
— Pacis 3. 113.
— Palis 390.
— Deum Penatium 161. 393.
— Pietatis ad circum Flaminium 215.
— Pietatis am Forum holitorium 193. 220.
— Portuni 190 ff.
— Quirini 10. 45. 284. 285 ff. 298. 299.
392.
— Romuli auf dem Palatin 133. 134.
393.
— Divi Romuli, filü Mazentii 113.
— Sacrae urbis 3. 113. 161. 166.
— Salutis 10. 44. 284. 288 f. 298. 392.
— Salutis beim Circus Maximus 181.
— Satumi 80. 116. 378.
— Semonis Sanci (Dii Fidii) 44. 289 f.
— Serapis in der VI. Region 293 f.
Templum Solls in der VII. Region 259. 263 f.
293.
— Solls et Lunae im Circus Maximns 179.
— Solis Heliogabali auf dem Palatin 141.
— Spei auf dem Esquilin 316.
— Spei am Forum holitorium 190. 193.
— Spei novum in der VII. Region 260.
— Spei veteris 55.
— Summani beim Circus Maximus 180.
— Telluris 323 ff.
— Tempestatum 346.
— D. Traiani et Plotinae 115.
— Veiovis in insnla 283.
— Veiovis inter duos lucos 130.
— Vener is beim Circus Maximus 180.
— Veneris CapitoÜnae (= Erycinae) 128.
— Veneris Erycinae vor der Porta Collina
268. 291.
— Veneris FeUcis 390.
— Veneris Genetricis 110.
— Veneris hortorum Sallustianorum 268.
— Veneris Murciae im Circus Maximus
177.
— Veneris Verticordiae 390.
— Veneris Victricis (= Erycinae) auf
dem Eapitol 128.
— Veneris Victricis in theatro Pompei
228.
— Veneris et Romae 74. 164. 165 ff.
— Vertumni auf dem Aventin 206.
— D. Vespasiani 79. 131.
— Vestae 26. 36. 88 f. 161. 857 f.
— Victoriae auf dem Palatin 135 ff.
— Victoriae (?) in theatro Pompei 228.
— Victoriae Germanicianae 135.
— Virtutis in theatro marmoreo 228.
— Volcani in circo Flaminio 216.
Templum gentis Flaviae 299.
Theatrum Antonini (mittelalt. = th. Balbi)
221.
— Balbi 221.
' Cassi ad Lupercal 133. 227.
— lapideum oder marmoreum (= Pom-
pei) 227.
— MarceUi 56. 57. 74. 194. 213. 220 f.
— Pompei 74. 219. 227 f.
— Scauri 227.
— et proscenium ad Apollinis 214.
Theoderich, Bauthfttigkeit 72.
Thermae Agrippae 231. 239 ff.
— Alexandrianae 239. 245. 321.
— Antoninianae = Caracallae.
— Caracallae 317. 341. 348 f.
— Commodianae 240. 348.
— Constantini 74. 296.
— Decianae 210.
— Diocletiani 284. 294 f.
— Etrusci 381.
-> Helenae 332.
— Maxentii 158.
— Neronianae 54. 245. 274.
— Severi 348.
— Surae 210.
— Titi 30. 326 ff.
I — Traiani 37. 325. 327 ff.
410
Begister.
Terme di GaUuccio 322.
Thennenanlagen 62. 381.
Tholus Gybeles 141.
Thore der Aurelianischen Stadt 70 ff.
— der Servianischen Stadt 43 ff.
Tiber, Lauf und Ueberschwemmungen 26 ff.;
Caesars Pläne zur Tiberregulierong 230.
trans Tiberim = Trastevere 268—282.
Tiberinsel 41.
Tiberinas, Opfer in insula, vgl. p. 226. 283.
Tibur 27.
Tigillum sororium 311. 343.
Töpferwerkstätten am Janiculum 273.
Tor dei Conti 308. 325.
Torre di Mecenate 293.
— meaa 293.
Totila, Zerstomng Roms 72.
Trajan, Bauthätigkeit 60.
Tria fata 83.
Tribunal Aurelium 103.
— prfttorisches 103.
Trigarium 68. 224.
Triumphzug 124.
Trivium (Fontana Trevi) 261.
Trofei di Mario 318. 322.
Tropaea Grermanici 128.
— Marii auf dem Eapitol 128.
Tubilustrium 807.
Tuff 25.
Tugurium Faustuli 35. 133.
Tullianum 80.
Tumulus Caesarum (Juliorum) 249 ff.
Turris Maecenatiana 813.
— MamiUa 162. 224.
U.
Umbilicus Romae 83.
Urb8 Ravennatium 275.
Ustrinum Antoninorum 255.
— beim Mausoleum Augusti 250.
Yallis Gamenarum 342.
— Murcia (ad Murcim, ad Murciae) 174.
— Quirini 289.
— Vaticana 270.
Vaticanum 200. 269. 270. 273.
Vaticum (Vatica) 269.
Veduten der Stadt Rom 17.
Velabrum 34. 124. 181 ff. 391. 395.
Velia 29. 34. 87. 133. 160 ff.
Veliae = Velia 393.
Vespasiani restitutio urbis 59 f.
Vexilla communia IL 389.
Via Aemilia 382.
— Appia 45. 50. 71. 257. 340 ff
— Ardeatina 71. 344.
— Asinaria 71.
— Aurelia 72. 275.
— Campana 71. 382.
— Cassia 382.
Ciminia 382.
Claudia 276.
Clodia 382.
Cornelia 72. 280. 382.
Via
Flaminia 70. 212. 222. 231.
fomicata (ad Campum) 257.
Gabina 316.
Gallica 382.
Janiculensis 882. "
Labicana 71. 306.
lata 222. 257. 260 ff.
Latina 71. 299. 341.
Laurentina 382.
Merulana 307. 336.
Nomentana 70.
nova 316. 841.
Ostiensis 378.
Patinaria 382.
Portuensis 270.
Praenestina 71. 316. 818.
Quintia 382.
Salaria 45. 70. 195. 292.
Setina 382.
tecta auf dem Marsfelde 257.
tecta vor Porta Capena 345.
Tiberina 882.
Tiburtina 70. 306.
Traiana 382.
292. 297.
342.
— Valena
Viae, Zusammenstellung 381 f.
Vici 50. 385 ff.; NeueinrichtuDg durch
Augustus 55.
— auf der Inschrift des Tarracius Bassos
385 f.
— auf der kapitolinischen Basis 385.
Vicus Aescleti 211.
— Africus 312.
— Alexandri 377.
— antri Cyclopis 336.
— Apollinis (auf dem Palatin) 385.
— Apollinis caelispicis 191.
— arboris sanctae 336.
— Armilustri 207.
— aurei bucini 808.
— Bellonae 386.
— Bruttianus 281.
— Caeseris 386.
— Caeseti 385.
— Camenarum 342.
— ad capita babula 144.
— capitis Africae 335.
— capitis canteri 885.
— capitis Gorgonis 272.
— Censori 283.
— (Cicinenses) 886.
— colUs Viminalis 285.
— columnae ligneae 385.
— compiti pastoris 385.
— Cosconius 386.
— Cuprius 810.
— cunarum 33. 135. 340.
— Cyclopis 342.
— (Decennenses) 336.
— Dianas 842.
— Drosianus 842.
— Elephanti herbarii 191.
— Fabricii 340,
— Fanni 386.
Register.
411
VicuB Fidii 885.
— Fortis Fortimae 271.
— Fortanae dabiac 385.
— Fortimae mammosae 342.
— Fortanae obseqaentis 342.
— Fortanae respicientis 142.
— Fortanati 385.
— frumentarios 50. 199.
-- Gemini 385.
— Hercalis cabantis 272.
— Hercalis olivarii 191.
— Honoris et Virtatis 342.
— hoiasque diei 142.
— Janaclensis 385.
— ad Janam 107. 361.
— Insteias (Insteianos) 285. 393.
— Isidis Athenodoriae 342.
— Jugarias 44. 49. 80. 85. 105. 124. 187.
191 f.; Kloake darin 369.
— Jovis fagutalis 313.
— laci Fundani 225. 285. 296. 300.
-7 laci longi 386.
— laci miliari 385.
— laci restitati 385.
— laci tecti 342.
— Lamm alitam 385.
— Lamm pateaUam 385.
— Licinianas 386.
— Longi Aqailae 385 f.
— longns 49. 284. 287. 289. 290. 296.
298. 300.
— lorarias 50. 386.
— loreti 50.
— loreti maioris 206.
— loreti minoris 206.
— Laccei 386.
— ad malam panicnm 285. 299. 300.
— Mamari 285.
— materiarias 50.
— Minervii 267.
— Monetee 330.
— mondiciei 385.
— novuB 385.
— Padi 385.
— Pallacinae 212.
— Patricias 49. 283. 284. 285. 303. 305
306. 312.
— PauU 385.
— ad pimm 299.
— Piscinae pablicae 50. 71. 205. 342.
344. 378.
— Platanonis 210.
— Ploti 385.
— portae Collinae 284.
— pörtae Naeviae 46. 342.
— portae Raaduscalanae 46. 205. 342.
— Publicias 49. 50.
— Pallias 386.
— palverarias 385.
— Qaadrati 385.
— Qairini (Qairinenses) 287.
Vicus Raciliani minoris and maioris 385.
— rostratae 385.
— Sabaci 312.
— Salataris (Salatis) aaf dem Quirinal
. 44. 289. 296.
— salataris XIV. Reg. 385.
— sandaliarias 50. 307.
— Saufei 385.
— sceleratas 311.
— Sergi 385.
— Silani salientis 342.
— sobrias 309.
— Statae Siccianae 385.
— stataae Valerianae (Stataavalerienses)
272.
— Salpicius citerior et alterior 341 f.
— sammi choragii 171. 313.
— in tabemola 335 f.
— in Tellare 324. 326.
— Tiberini 385.
— ad tonsores 288.
— thermamm Traianaram 328.
— ad tres Fortanas 291.
— triarii 205.
— triam aramm 340.
— triam viram 385.
-- tararias (= Tascas) 386.
— Tascas 49. 105. 106. 124. 181. 182 f.
187. 391. 395.
— angaentarios 191.
— Valeri (?) 385.
— Venoris almae 342. 371.
— Vestae 88.
— Victoris 342.
— yitrarios 342.
Vierregionenstadt 36. 38 ff.
Vierzehn Regionen-Stadt 53 ff.
Villa Farnesina 274.
Villa Mari^is 345.
— publica 226.
Villen am Tiber 273.
Vinea publica 344.
Vivariolum 298.
Vivarium bei den Castro praetoria 298.
— auf dem Palatin 155.
Volcanal (Area Volcani) 78.
Vorstadt in Aemilianis 44. 211.
~ extra portam Capenam 340 ff.
— extra portam Garmentalem 48. 192.
211 f.
— extra portam Flumentanam 44. 211.
— extra portam Trigeminam 48. 194 ff.
W.
Wasserleitungsröhren 11.
Weinstock auf dem Foram 103.
Wölfin auf dem Gomiüum 100.
— auf dem Kapitel 128.
Z.
Ziegelstempel 11.
V .
Ji ;_ j_Ä
[3 >%! >:eC
^T5tsE?^;,
1
£rkläinm^ der ZalHen auf
di?m Plan
*^'%
'LArciiS Sadrinrä
^.Arats nemts
^. Arcus trumtis
^Tabidoiium
^.Aßä^^ (hncordiae
7. Aedes Vespasianl
üJh Arrii^^ Sepämii i'ßFWT
u. Ch/ia
i2.£asUiaL Juäa
13 Bastlica Aemiliof
lB,L{i£2is Juinmae
Iß. Arvus ÄugtistL
i.t Aedes Divi JuU fRümithiS
lÄ . TempIvTnSojcTiae (Irbis und Rc/tufide^ des
Z^-^iedes BAntarnjü pt-D Fäxistbme^
Z Y ■ Airimn- Vestne'
ZZ.A^dB^ Javis Stfttoris
25 ApdesLanini
2fi. Än^s Cofistmdmi'
2lJteia Sudans
2» (biüssiisyeronzs
20. Aedes ^ci&rifie
Sö.Dümtisliviae
31. AedesMüffnaeJifalris
2 2 Cßlumna. Thuani
33. Aedes Vp/ieris Gene^ic^ auf dan- F. Jsüüort:
LI
^'N
C.H. Beck'sche Verlagsbnchhandliing (Oskar Beck) in Münclien.
Handbuch
der
klassischen
Altertums -Wissenschaft
in systematischer Darstellnng
mit besonderer Rücksicht auf Geschichte und Methodik der einzehien
Disziplinen.
Herausgegeben yon
Geheimrat Dr. Iwan von Müller,
ord. Prof. der klassischen Philologie in München.
•••
Inhalt der einzelnen Bände:
^Erster Band: Einleitende und Hilfsdisziplinen. Zweite sehr vermehrte, teil-
weise völlig neubearbeitete Auflage. Mit alphab. Register. 57 Bog.
Lex.-8o. Preis geh. 15 ^Ä; geb. 17 Jk
A. Gnmdlegimg n. Geschichte der Philologie, v. Geheimrat Dr. v. Urlichs (Wfirzbnrg).
B. Hermeneutik und S^ritik, von Professor Dr. Blass (Kiel).
C. Pal&ographie (mü 6 lithographierten Schrifttafeln), Bnchwesen und Handschriften-
kimde, von demselben.
D. Griechiache Epigraphik (mit einer Sehr ifttafel), v. Oberl. Dr. Lar f el d (Remscheid).
E. Bömiache Epigraphik, von Prof. Dr. E. Hflbner (Berlin).
F. Chronologie, von Prof. Dr. ünger (Wfirzbnrg).
G. Metrologie, von Prof. Dr. Nissen (Bonn).
^Zweiter Band, Erste Abtlg.: Orieohlsche Grammatik. (Lautlehre, Stamm-
bildungs- und Flexionslehre und Syntax) von Prof. Dr. Karl Brug-
mann (Leipzig). Dritte Auflage. Mit einem Anhang über Griechische
Lexikographie von Prof. Dr. Leopold Gohn (Breslau). Mit Wort- und
Sachregister. 41 Bog. Lex.-S^. Geh. 12 Jk; geb. 14 Jk
'^'Zweiter Band, Zweite Abtlg.: Lateinische Grammatik. (Laut- und
Formenlehre, Syntax und Stilistik) von Prof. Dr. Friedrich Stolz
(Innsbruck) und Gymnasialdirektor J. H. Schmalz (Rastatt). Dritte Auflage.
Mit einem Anhang über Lateinische Lexikographie von Prof. Dr.
Ferdinand Heerdegen (Erlangen). 37 Bog. Lex.-S^. Geh. Il6/Ä;geb. 13e^
'^'Z weiter Band, Dritte Abtlg.: Rhetorik von Dr. Richard Yolkmaun, weiL
Gymn.-Direktor in Jauer. Neubearbeitet von Gymn.-Rektor E. Ham mer (Würzburg)
und Metrik nebst einem Anhang über die Musik der Griechen von
Prof. Hugo Gleditsch (Berlin). Dritte Auflage. 22 Bog. Lex.-8o. Geh.
8 c^ 80 ^; geb. 10 c^ 60 ^
Dritter Band, Erste Abtlg.: Grandriss der Geographie und Geschichte
des alten Orients, von Prof. Dr. Homme l (München). [2. Aufl. erscheint im J. 1902].
Dritter Band, Zweite Abtlg., 1. Hälfte: Grandriss der Geographie von
Griechenland und den griechischen Kolonien. Neubearbeitet von P^f.
Dr. Eugen Oberhummer (München). [2. Aufl. erscheint im J. 1902.]
Dritter Band, Zweite Abtlg., 2. Hälfte: Topographie von Athen, von
Dr. Walter Judeich (Erlangen). [2. Aufl. erscheint im J. 1902.]
^Dritter Band, Dritte Abtlg., 1. Hälfte: Gnmdriss der Geographie von Italien
nnd dem Orbis Romanns, von Prof. Dr. Jul. Jung (Prag). Zweite umgear-
beitete u. vermehrte Aufl. Mit alph. Register. 12 Bog. Geh. 3Jk 50^
Dritter Band, Dritte Abtlg., 2. Hälfte: TopographlederStadtRom, von Gymn'-
Dir. Prof. Dr. Otto Richter (Berlin). Zweite vermehrte u. verbesserte Auflage.
26 Bog. Lex.-8o. Mit 32 Abbildungen, 18 Tafeln u. 2 Plänen des antiken
und des modernen Rom. Geh. 15 eJi g^ In Halbfranz gebundene Exem-
plare der vollständigen III. Abteilung des HI. Bandes — Geographie von Italien
und Topographie der Stadt Rom — sind zum Preise von 20 e^50 ^ zu beziehen.
'^'Dritter Band, Vierte Abteilung: Grnndriss der griecUsclien Geschichte
nebst Quellenkunde, von Prof. Dr. Robert Pohl mann (Erlangen). Zweite
völlig umgearbeiteteAuflage. 17 Bog. Oeh. 5 e^ In Halbfranz geb. %Jih^ö^
^Dritter Band, Fünfte Abteilung: Orandriss der römischen Geschichte
nebst Quellenkunde, von Prof. Dr. Benedictus Niese (Marburg). Zweite
umgearbeitete Auflage. 17 Bog. Geh. 5 e^ In Halbfranz geb. 6 e^ 50 ^
^Vierter Band, Erste Abteilung, 1. Hälfte: Die Griechiscken Staats-
nnd Rechtsaltertümer, von Prof. Dr. 6. Busolt (Kiel). Zweite umgearbeitde
Auflage. Mit Register. 24 Bog. Geh. 6JLb0^.la Halbfranz geb. 8 A
♦Vierter Band, Erste Abteilung, 2. Hälfte: Die Griechischen Privatalter-
tümer von Prof. Dr. iw. v. Müller (München). Die griechischen Eriegsalter-
tümer von Prof. Dr. Ad. Bauer (Graz). Mitll Tafeln. Mit Register. Zweite
umgearbeiteteAuflage. 32V2Bog. Geh. 8^504 In Halbfranz 10^30^
^Vierter Band, Zweite Abteilung: Die Römischen Staats-, Rechts- nnd
Kriegsaltertumer von Prof. Dr. Schiller (Leipzig). Mit 3 Tafeln. Die
Römischen Privatalterttlmer und römische Enltnrgeschichte von Prof. Dr.
Mor. Voigt (Leipzig). Zweite umgearbeitete Auflage. Mit Registern.
301/« Bog. Lex.-8o. Geh. 8 c^ In Halbfranz geb. 9 o« 80 i^
^Fünfter Band, Erste Abteilung: Geschichte der alten Philosophie, von
Prof. Dr. Windelband (Strassburg) nebst einem Anhang über die Ge-
schichte der Mathematik und Naturwisssenschaften im Altertum,
von Prof. Dr. Siegmund Günther (München). Zweite sorgfältig durch-
gesehene Auflage. 20 Bog. Lex.-S^. Geh. 5 ^ 50 ^.; geb. 7 ^ 20 A
* Fünfter Band, Zweite Abteilung: Griechische Mythologie und Religions-
geschichte. Von Dr. 0. Gruppe , Prof. in Berlin. Erste Hälfte. 24 Bog. Lex.-8*.
Geh. 7 eJi [Die zweite H&lfte erscheint in Kürze.]
'''Fünfter Band, Dritte Abteilung: Griechische Eultnsaltertfimer. Von
Prof. Dr. Paul Stengel (Berlin). Zweite vermehrte und verbesserte Auflagt
Mit 5 Tafeln. 15 Bog. Geh. 5 Ji; geb. 6 c^ 50 ^
Fünfter Band, Vierte Abteilung: Römische Religion und Sakralalter-
tumer, von Prof. Dr. WisBowa (Halle). [Erscheint in Kürze.]
Sechster Band: Archäologie der Kunst, mit einem Anhang über Numismatik
von Prof. Dr. Sittl (Würzburg). Geh. 16 Jk 50 ^.; geb. 18 Ui 50 -^
[Der zur Archäologie der Kunst gehörige Atlas, über 1000 Abbild, auf 65 Tafeln ent-
haltend, kostet kart. 13 o^ 50 ^; in Halbfranzband 17 Jk 50 ^]
'^'SiebenterBand: GriechisclieLitteratnrgeschiclite, von Prof. Dr. v. Christ (Müb-
chen). DriUe neubearbeitete Auflage. Mit Register. 60 Bog. Nebst
28 Abbüd. Geh. 16 .A 50 ^; geb. 18 ufe 50 ^
^Achter Band: Geschichte der römischen Litteratnr, von Prof. Dr. M. Scham
(Würzburg). *j[. Teü: Die römische Litteratnr in der Zeit der Republit
Mit alphab. Register. 2. Auflage. 28 Bog. Lex.-8o. Geh. 7^50A:
geb. 9 Ji *2. Teil, erste Hälfte: Die augnstische Zeit. Mit alphab. Sach-
register. 2. Auflage. 24 Bog. Lex.-8<^. Geh. 7 Ji; in Halbfranz geb.
8 c/* 50 ^. *2. Teil, zweite Hälfte: Vom Tode des Augnstns bis zurEe-
giernng Hadrians. Mit alphab. Sachregister. 2. Auflage. 27 Bog.
Lex.-8o. Geh. 7 c^ 50 ^.; in Halbfranzbd. 9 Ji 3. Teü: Die römisdie
Litteratnr von Hadrian bis anf Gonstantin (324 n. Gh.). 27 ^/s Bog.
Lex.-8o. Geh. 7 .^ 50 ^; geb. 9 .^ [Der vierte Schluss-Teü erscheint in Bälde.]
'^'N^eunter Band, 1. Abtlg.: Geschichte der byzantinischen Litteratnr von
Justinian bis zum Ende des oströmischen Reiches (527 — U53)
von Prof. Dr. Karl Krumbacher (München). Zweite Auflage bearbeitet
unter Mitwirkung von Prof. Dr. A. Ehrbar d (Würzburg) und Prof. Dr. H. Gelier
(Jena). 75»,4 Bog. Lex.-8<>. Geh. 24 tÄ; in Halbfranzband geb. 26 UK 50 ^
Neunter Band, 2. Abtlg.: Geschichte der römischen Litteratnr im Mittelalter.
[Erscheint baldmöglichst.]
In 2. bezw. 8. Auflage erschienen stad die mit * bezeichneten Bünde und Abteilungen, nämlich:
Band I. H. HI, 8, m, 4. m, 5. IV, 1, i. IV, 1, i. IV, 2. V, 1. V, 8. VIL VIE, 1. VIIL2,i.i
IX, 1. Jeder Band ist auch einzeln zu haben.
C. H. Beck'scheVerlagsbnchhandlnng (Oskar Beck) in München.
Handbuch
der
Erziehnngs- und Unterrichtslehre
für höhere Schulen.
In Verbindung mit den Herren Arendt (Leipzig), Brunner (München),
Dettweiler (Dannstadt), Fries (Halle), Glauning (Nürnberg), Günther
(München), Jaeger (Köln), Kiessling (Hamburg), Kirchhoff (Halle),
Kotelmann (Hamburg), Loew (Berlin), Hatthaei (Kiel), Matthias (Koblenz),
Hünch (Berlin), Plew (Strassburg), Schimmelpfeng (Ilfeld), Simon (Strass-
bürg), Toischer (Prag), Wendt (Karlsruhe), Wickenhagen (Rendsburg),
Zange (Erfurt), Ziegler (Strassburg) u. a.
herausgegeben von
Dr. A, Baumeister,
Das Werk liegt nun Tollstfindig vor in 4 Bänden, Lex.-8°, von denen der erste
und zweite in 2 selbständige Abteilungen zerfallen. :==
Erster Band, 1. Abteilung:
A. Geschichte der Pädagogik mit besonderer Berücksichtigung des höheren
Unterrichtswesens von Dr. Theobald Ziegler, ord. Professor an der
Universität Strassburg. Nebst allgemeiner Einleitung vom Herausgeber.
27 Bog. Geh. 6 Jk 50 J^ In Halbfranz geb. 8 Jk
Erster Band, 2. Abteilung*):
B. Die Einrichtung und Verwaltung des höheren Schulwesens in den
Kulturländern von Europa und in Nordameril^a, in Verbindung mit
zahlreichen Mitarbeitern unter Redaktion des Herausgebers. 57 Bog.
Geh. 16 cA In Halbfranz geb. 18 Ji
Zweiter Band, 1. Abteilung:
A. Theoretische Pädagogik und allgemeine Didaktik von Dr. Wendelin
Toischer, Professor am I. deutschen Gymnasium in Prag.
B. Die Vorbildung der Lehrer für das Lehramt von Dr. Wilhelm Fries ,
Direktor der Francke'schen Stiftungen in Halle.
Geheftet 7 Jk bO ^ In Halbfranz geb. 9 Jk
B^ Die beiden Unterabteilungen A und B: Toischer, Theoretische Pädagogik
und allgemeine Didaktik, und Fries, Die Vorbildung der Lehrer für das
Lehramt, sind auch gesondert zu haben ik ^ JL geheftet.
Zweiter Band, 2. Abteilung:
G. Praktische Pädagogik für höhere Lehranstalten von Dr. Adolf
Matthias, Provinzial-Schulrat in Koblenz. Nebst Anhang: 1) über
die Intematserziehung von Dr. Gustav Schimmelpfeng, Direktor
an der k. Klosterschule zu Ilfeld, 2) über die Schulgesundheitspflege
von Dr. phil. u. med. Ludwig Kotelmann, Augenarzt in Hamburg
und Redakteur der Zeitschrift für Schulgesundheitspflege. Mit zahl-
*) Es Stehen auch folgende Sonderanagaben der Unterrichtsorganiaation In den einzelnen Staaten
ZOT Terfagong: Prentsen (2 .41 20 J^), Bayern (1 .41 20 ^). Saobsen (60 4), Württemberg (60 4), Baden (80 4),
HeaBen (40 ^), Mecklenburg (50 Jf,), ElaaM-Lothringeo (80 J^), Oesterrelch (2 Jk 40 4), Ungarn (l .41 50 J^),
Schweiz (50 J^), Dänemark (60 J^), Korwegen (60 J^), Frankreich (1 Jk 80 J^), Belgien nnd Luxemburg (80 <^),
Portugal (1 Jk 40 S), Italien (60 J^), Bustland (70 J^), Vereinigte Staaten von Nord-Amerika (1 Jk), Canadiaoher
Bund (60 <^), Niederlande (80 4.), Griechenland (60 J^), Schweden (60 4), Spanien (60 4), Grossbrltannlen (4 Jk),
Band III, 2. Äbtlg.
' 13 Bog. Geh. 4 Jt
I
l
reichen Abbildungen. 25 ^/s Bog. Preis geh. 7 ^; in Halbfranz
geb. 8 Jk 50^
Dritter l^nd.
Didaktik und Methodik der einzelne^n Lehrfächer. Erste Hälfte.*)
I. Protestantische Religionslehre von DOriedrichZange,^ Band in, 4. AbÜg.
Direktor des Realgymnasiums in Erfurt. / 18 Bog. Geh. 5 e4^ 50^
IL Katholische Religionslehre von Joh. Nep. Brunner. Reli-) Band IIT, 5. AbÜg.
gionslehrer an der kgl. Luitpold-Ereisrealschule in München./4V8Bog.Geh. Ie4I20^
III. Lateinisch von Dr. Peter Dettweiler, Oberschalrat |
in Darmstadt. I Band in. 1. Abtlg.
VIII. Geschichte von Dr. Oskar Jäger , Geheimrat und Direktor | 24 Bog. Geh. 6J^bO^
des Friedrich-Wilhelmsgymnasiums in Köln. |
IV. Griechisch von Dr. Peter Dettweiler, Oberschulrat in^ Band III, 6. Abtlg.
Darmstadt. (6 Bog. Geh. 1 e4: 80 ^
V. Französisch von Dr. Wilhelm Mttnch, Geh. Regierungsrat
und Universitätsprofessor in Berlin.
VI. Englisch von Dr. Friedrich Glauning, Professor und
Stadtschulrat in Nürnberg.
VII. Deutsch von Dr. Gustav Wendt, Geheimrat und Direktor i Band III, 3. Abtlg.
des Gymnasiums in Karlsruhe. } 10 Bog. Greh. 3 »€
Band III komplet. Preis geh. 22 Jü; in Halbfranz geb. 24t JH hO ^
Ylerter Band.
Didaktik und Methodik der einzelne^ Lehrfächer. Zweite Hälfte^)
IX. Rechnen und Mathematik von Dr. Max Simon, Pro-
fessor am Lyceum in Strassburg.
X. Physik von Dr. Eiessling, Professor an der Gelehrten-
schule des Johanneums in Hamburg.
XI. Mathematische Geographie von Dr. Sigmund Günther,
Professor am Polytechnikum in München.
XII. Erdkunde von Djr. Alfred Kirchhoff, ord. Professor der
Erdkunde an der Universität Halle.
XIII. Natarbeschreibnng von Dr. E. Loe w, Professor am k. Real-
gymnasium in Berlin.
XIV. Chemie von Dr. Rudolf Arendt, Professor an der öffent-
lichen Handelslehranstalt in Leipzig.
XV. Zeichnen von Dr. Adelbert Matthaei, Professor an der
Universität Kiel.
XVI. Gesang von Dr. Johannes Plew, Oberlehrer am Lyceum
in Strassburg.
XVII. Turnen und Jngendspiele von Oberlehrer Hermanni Band IV, 5. Abtlg.
Wickenhagen in Rendsburg. /6 Bog. Geh. 1 e^ 80 ^
Band IV komplet. Preis geh. 14 «^ 80 ^; in Halbfranz geb. 16 «^ 80 ^
Band IV, 1. AbÜg.
12VaBog. Geh. 4 Jt
Band IV, 2. AbÜg.
7'/s Bog. mit 2 Karten.
Geh. 2JkbO^
Band IV, 3. AbÜg.
^11 Bog. Geh. 3^50 <^
Band IV, 4. AbÜg.
9Vs Bog. Geh. 3 Jü
*) Ausser der Band- und Abteilungsanegabe der «Didaktik und Methodik der einzelnen Ijobr-
f&cher* stehen von den einseinen F&chern anoh folgende S«sd«i«asgab«B snr Verfügung:
Zang€y Didaktik und Methodik des epangeliteken Religiomunterricktt, Oek. 5 Jk 50 J^ Geh. 6 Jk SO 4.
Brunner, Didaktik und Methodik der katholieehen Religionalehre, Geh. i Jk 20 4.
Dettweiler, Didaktik und Metkodik de» lateinischen Unterricht». Geh. 5 Jk 50 4
Dettweiler, Didaktik und Methodik de» grieehieehen ünierrichi». Geh. i Jk 80 4
0»kar Jäger, DidakHk und Methodik de» Ge»ekickt»unterricht». Geh. 3 Jk
Manch II. Glauning, Didaktik und Methodik de» frant6»i»chen u. engliecken VnterrichU. Geh. *JkSC4
Wendt, DidakHk und Methodik de» deutachen üntornchu. Geh. 3 Jk 50 4
Simon u. Kie»»ling, Didaktik und Methodik de» VnterrichU in Rechnen, Matkematik und Phyeik
Geh. 4 Jk 50 4
Günther u. Kirchhoff, Didaktik und Metkodik de» üntorrickU in der matkematiecken Geographie
und in der Erdkunde. Gek. 3 Jk
Loeu>, Didaktik und Methodik de» VnternchU in der Naturheechreibung, Geh. 2 Jk 20 4
Arendt, Didaktik und Methodik de» Vnterrickt» in der Chemie. Geh. i Jk 80 4
Mattkaei, DidakHkuna Methodik de» Zeickenunterricht». Geh. 2 Jk
Plew, Didaktik und Metkodik de» Getangunterrickt». Gek. i Jk 20 4
Wickenhagen, DidakHk und Metkodik de» Turnunterricht». Geh. 2 Jk
I
, J^^
-^ V ^
s x
/■:?Y)]ife-
^^ V
''^i -:.
, ' ivir-'i
■;:M)^'
s '
V^-s.
si^;,-
r\ }''^ •«'(
rf 'f
•^IW
ff'
i^iHi Ah
ft ■
.
t, :
3 204^
\ Q3A
^ 948 1