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Full text of "Handbuch der klassischen Altertums-Wissenschaft in systematischer Darstellung, mit besonderer Rüksicht auf Geschichte und Methodik der einzelnen Disziplinen"

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HANDBUCH 

DER 

KLASSISCHEN 


ALTEKTUMS-WISSENSCHAFT 

in  systematischer  Darstellung 

mit  besonderer  Rücksicht  auf  Geschichte  und  Methodik  der  einzelnen 

Disziplinen. 


In  Verbindung  mit  Gymn.-Rektor  Dr.  Autenrleth  (Nürnberg),  Prof.  Dr.  Ad. 
Bauer  (Graz),  Prof.  Dr.  Blass  (Halle),  Prof.  Dr.  Brugrmann  (Leipzig),  Prof.  Dr. 
Busolt  (Kiel),  Geh.-Rat.  Dr.  v.  Christ  (München),  Prof.  Dr.  Gleditsch  (Berlin), 
Prof.  Dr.  0.  Gruppe  (Berlin),  Prof.  Dr.  Günther  (München),  Prof.  Dr.  Heerdegren 
(Erlangen),  Prof.  Dr.  Hommel  (München),  Prof.  Dr.  Hübner  (Berlin),  Priv.-Doz. 
Dr.  Judeich  (Marburg),  Prof.  Dr.  Jul.  Jung  (Prag),  Prof.  Dr.  Krumbaeher 
(München),  Prof.  Dr.  Larfeld  (Remscheid),  Dr.  Lollingr  t  (Athen),  Prof.  Dr. 
Niese  (Marburg),  Geh.  Regierungsrat  Prof.  Dr.  Nissen  (Bonn),  Prof.  Dr. 
Oberhummer  (München),  Priv.-Doz.  Dr.  Öhmiehen  (München),  Prof.  Dr. 
Pöhlmann  (Erlangen),  Gymn.-Dir.  Dr.  0.  Richter  (Berlin),  Prof.  Dr.  Schanz 
(Würzburg),  Geh.  Oberschulrat  Prof.  Dr.  Sehiller  (Giessen),  Gymn.-Dir. 
Schmalz  (Tauberbischofsheim),  Prof. Dr.  Sittl  (Würzburg),  Prof.  Dr.  F.  Stengrel 
(Berlin),  Prof.  Dr.  Stolz  (Innsbruck),  Priv.-Doz.  Dr.  Traube  (München),  Prof. 
Dr.  üngrer  (Würzburg),  Geh.-Rat Dr.  v.  ürllchs  f  (Würzburg),  Prof.  Dr.  Moritz 
Voigrt  (Leipzig),  Gymn.-Dir.  Dr.  Volkmann  f  (Jauer),  Prof.  Dr.  Windelband 
(Strassburg),  Prof.  Dr.  Wissowa  (Halle) 

henuisgegebeii  von 

Dr.  Iwan  von  Müller, 

ord.  Prof.  der  klassischen  Philologie  in  Mflnchen. 


Dritter  Band,  3.  Abteilung,  Erste  Hälfte. 

Grundriss  der  Geographie  von  Italien 

und  dem  Orbis  Bomanns 

von  Professor  Dr.  JuUus  Jung  (Prag). 


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MÜNCHEN  1897 

C.  H.  BECK'SCHE  VERLAGSBUCHHANDLUNG 
OSKAR  BECK. 


GRÜNDRISS 


DER 


GEOGRAPHIE  VON  ITALIEN 


UND  DEM 


ORBIS  BOMANUS 


Dr.  Julius  Jung, 

ord.  Profoflsor  der  alten  Geschichte  lu  Prag. 


Zweite  umgearbeitete  und  vermehrte  Auflage, 
Mit  alphabetischem  Register. 


MÜNCHEN  1897 

C.  H.  BECK'SCHE  VERLAGSBUCHHANDLUNG 

OSKAR  BECK. 


FOGG  ART  MUSEUM 

HARVARD  U-JIVERSITV 

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Alle  Rechte  Torbehalten 


C.  H.  Beck'scLc  Bucfadruckerel  In  NördÜDgen. 


Vorwort. 


In  den  neun  Jahren,  die  seit  dem  ersten  Erscheinen  dieses  „Grandrisses''  verflossen 
sind,  hat  die  geographische  und  topographische  Durchforschung  des  alten  Lftnderkreises 
bedeutende  Fortschritte  gemacht.  Für  Italien  wurde  das  Corpus  inscript.  Latinarum  zu 
Ende  geführt.  In  Afrika  von  den  Franzosen  die  Arbeit  energisch  fortgesetzt.  In  Germanien 
der  Limes  blossgelegt.  Auch  die  unteren  Bonanländer  und  das  Gebiet  am  Balkan  wurden 
uns  jährlich  vertsrauter.  Für  Asien  leisteten  amerikanische,  britische,  österreichische  Forscher 
Vorzügliches.     Aegypten  erwies  sich  als  eine  unerschöpfliche  Fundgrube. 

Es  war  mein  Bestreben,  in  dieser  zweiten  Auflage  den  gegenwärtigen  Stand  der 
Forschung  darzulegen,  freilich  auch  nicht  zu  verhehlen,  dass  ein  Abschluss  für  viele  wichtige 
Fragen,  z.  B.  die  Topographie  von  Alt-Karthago,  nicht  erreicht  ist. 

Prag,  Ende  1896. 

J.  J. 


Inhalts  -Verzeichnis. 


Seite 

1.  Italien. 

§     1.     Einleitung .  3 

§    2.    Physische  Geographie 14 

A.  ünteriUlien. 

§    3.    Bruttii 15 

§    4.    Lucania 19 

§    5.    Japygia  oder  Messapia  (Galabria)                     20 

§    6.    ApnUa 22 

§    7.    Gampania           .        ; 25 

B.  Mittelitalien. 

§    8.    Die  physischen  Verhältnisse  Latiums 30 

§    9.    Topographie  von  Latium 32 

§  10.    Rufculi 37 

§  11.    Volsci 3IS 

§  12.    Hemici 39 

§  13.    Aequi 4U 

§  14.    Sabini 41 

§  15.     Samnites            43 

§  16.    Hirpini 44 

§  17.    Frentani 4(3 

§  18.    Marsi,  Paeligni,  Marrucini,  Vestini            4G 

§  19.    Picenum 4« 

§  20.    ümbria 4U 

§  21.    Etmria 5-' 

C.  Gallia  cisalpina. 

§  22.    Allgemeines 58 

§  23.    Die  Völker  OberitaUens 58 

§  24.    Römische  Organisationen ö\) 

$  25.    Die  «Transpadana**  unter  den  Kaisem 61 

$  26.    Die  Alpenpässe .64 

g  27.    Organisation  der  Alpensprengel 65 

D.  Die  Inseln. 

$  28.    Sizilien,  Sardinien  und  Gorsika 67 

2.  Afrika. 

§  29.    Einleitung .70 

§  30.    Geographische  Gliederung 71 


Inhalts-Veneichnis.  yjj 

Seitp 

§  31.    Hydrographie 73 

§  32.    Ethnographie  von  Altafrika.    Die  Libyer 74 

§  33.    Die  phOnikische  Kolonisation  in  Nordafrika 76 

§  34.    Die  afiikanischen  Landschaften  nnter  rOmischer  Herrschaft           ...  78 

§  35.    Die  westlichen  (jetzt  sogen,  canarischen)  Inseln gl 

8.  HlBpanlen. 

§  36.    Die  Kenntnis  der  Alten  von  Spanien g4 

§  37.    Urographie  und  Hydrographie 87 

§  38.    Ethnographie           87 

§  39.    Politische  Organisation            88 

§  40.    Die  einzelnen  Provinzen 89 

A.  Lnsitanien 89 

B.  Die  provincia  ulterior 90 

C.  Hispania  citerior 91 

§  41.    Das  Itinerar 93 

§  42.     Die  Insehi 94 

4.  Der  gallische  Undersprengel. 

§  43.    Einleitendes 96 

§  44.    Die  Völkerschaften 97 

§  45.    Die  provincia  Narbonensis 99 

§  46.    Die  tres  Galliae 99 

6.  Ctermaiiieii. 

§  47.     Die  Römer  im  cisrhenanischen  Germanien 106 

§  48.     Die  Geographie  von  Germanien  hei  den  Griechen  und  Römern  109 

§  49.     Germania  um  das  Jahr  100  n.  Chr.  (Tacitus'  Germania)                 .  HO 

6.  Britannieii. 

§  50.     Lage  und  Verkehr 122 

§  51.     Die  römische  Okkupation 123 

§  52.     Sicherung  und  Befestigung  der  Provinz 124 

§  53.     Teilung  der  Provinz 125 

§  54.     Enge  Verbindung  mit  der  gallisch-germanischen  Küste          ....  125 

§  55.     Die  Völkerschaftsverhältnisse 125 

§  56.     Die  Städte               125 

7.  Die  Donanlandschafteii  (Illyrienni). 

§  57.     Begriff  des  Namens  Illyricum 127 

§  58.     Hydro-  und  Orographie            128 

§  59.     Ethnographie            129 

§  60.     Administrative  Einteilung 131 

§  61.     Römische  Okkupation                      132 

§  62.     Lagerstädte 134 

8.  Kleinasien. 

§  63.     Die  Römer  in  Asia.    Provinzialsprengel 139 

9.  Syrien  and  die  angrensenden  Landschaften. 

§  64.     Römische  Okkupation  und  Gründungen 144 

§  65.    Syrische  Dynastien  und  Landschaften 144 

§  66.    Grenzlandschaften            146 

§  67.    Allgemeiner  Kulturzustand 147 

§  68.    Itinerare 147 

10,  Ägypten. 

§  69.    Das  Nilthal 150 

§  70.    Der  obere  Nil 151 


V 1 1 1  I  nhalts- Verzeichnis . 

Seit« 

8  71.     Ethnographie            153 

§  72.     Das  eigentliche  Aegypten 154 

§  78.     Einteilung  des  Landes 154 

§  74.    Verwaltuiigsorganismus            156 

§  75.     Geographische  Übersicht 156 

§  76.    Das  rote  (erythraeische)  Meer 162 

§  77.     Alexandrias   Bedeutung    für   Aegypten    und    die    übrigen    Mittelmeerland- 

scliaften 163 

Alphabetisches  Begister ...  168 


tal 


A. 

Geographie 


von 


Italien  und  dem  Orbis  Bomanus 


Dr.  Julius  Jungf 

ord.  Profearor  der  alten  Oeacbichte  in  Prag. 


fiaadbnoh  der  klaas.  Altertumstriasenichaft.    in,  3.    2.  Aufl. 


Inhalt. 

1.  ItaUen. 

Eiuleitung. 

a)  ünteritalieo. 

b)  Mittelitalien. 

c)  QaUia  eUalpina. 

d)  Die  Inseln. 

2.  Afrika. 

3.  Hispanlen. 

4.  Gallien. 

5.  Oennanien. 

6.  Britannien. 

7.  lUyrionm  (einachliesBlich  der  Balkanländer). 

8.  Klelnaaien. 

9.  Syrien. 
10.  Ägypten. 


1.  Italien. 

1.  Einleitung.  Die  Appenninenhalbinsel  war  im  Altertum  zunächst 
keine  geographische  Individualität,  wie  denn  der  Name  Italien  ursprüng- 
lich nur  der  südwestlichen  Landzunge  zukam,  i)  sondern  vielmehr  eine 
von  den  das  Mittelmeer  beherrschenden  Seemächten  in  ihren  Interessen- 
kreis gezogene  Küstenlandschaft,  die  wohl  gar  als  Insel  oder  ein  Komplex 
von  Inseln  aufgefasst  wurde.  —  Die  afrikanischen  Phöniker,  die  in 
Karthago  ihren  Mittelpunkt  hatten,  bemächtigten  sich  des  westlichen  Teiles 
von  Sizilien  und  Sardiniens,  dessen  Hafen  Caralis  (Cagliari)  für  die  Herr- 
schaft der  Karthager  von  ausserordentlicher  Bedeutung  war.  Das  um- 
liegende Meer  hiess  damals  das  „sardische^,  da  die  Insel  Sardinien 
inmitten  des  phönikischen  (und  griechischen)  Kolonialgebietes  (Afrika,  Hi- 
spanien,  Gallien,  Italien)  gelegen  war.  Der  Name  »tyrrhenisches 
Meer"  datiert  von  der  Seeherrschaft  der  Etrusker.  —  Die  Römer  nannten 
dieses  Meer  nachher  „mare  inferum'^,  während  das  «ionische"  oder  „adria- 
tische*  Meer  bei  ihnen  „mare  superum"  hiess. 

Das  östliche  Sizilien  und  der  ganze  südliche  Teil  der  Halbinsel  hatte 
sich  seit  dem  8.  Jahrhundert  v.  Chr.  mit  griechischen  Gründungen  bedeckt, 
es  galt  als  ein  Teil  von  Hellas  (»;  nsydXv^  ^EXXdg  bei  Polyb.,  Graecia 
magna  oder  maior  bei  den  Lateinern),  dem  es  auch  in  klimatischer  Be- 
ziehung näher  steht. 

Im  mittleren  Teile  der  Halbinsel  spielten  im  sechsten  und  fünften 
Jahrhundert  v.  Chr.  die  Etrusker  als  Verbündete  der  Karthager,  im 
fünften  und  vierten  die  sabellischen  Stämme  als  wanderlustiges  Element, 
sodann  die  an  der  Spitze  Latiums  stehenden  Römer  als  Beherrscher  der 
Küste  zunächst  von  der  Tibermündung  bis  nach  Tarracina  herab  eine 
Holle,  bis  sie  nach  Überwältigung  der  Samniter  auch  die  südlichen  Teile 
der  Halbinsel  in  ihren  Machtbereich  zogen.  Die  nach  allen  Seiten  ex- 
ponierte Lage  derselben  führte  dann  die  Römer  aus  der  Defensive  auf 
die  Bahn  der  Weltherrschaft,  hinüber  nach  Sizüien  und  Sardinien,  nach 
Afrika,  nach  Hispanien,  nach  Gallien,  nach  dem  Orient,  sodass  von  Rom 
durch  ein  halbes  Jahrtausend  der  Impuls  für  sämtliche  Landschaften  rings 
um   das  Mittelmeer   {„mare  medüerraneum^   zuerst  bei  Solinus)   ausging. 


')  Vgl.  B.  Hbistbbbbbgk,  Üeber  den  Namen  Italien,  Freibarg  und  Tübingen  1881. 


4  A.  Geographie  von  Italien  und  dem  Orbia  Romanna. 

Italien  hatte  an  dieser  Herrschaftsstellung  Anteil  schon  bevor  die 
Italiker  den  Römern  gleichgestellt  waren  und  noch  mehr  nachher.  Italien 
trat  auch  wirtschaftlich  in  den  Mittelpunkt  des  von  ihm  beherrschten 
„Orbis*,  indem  die  Provinzen  Afrika  (Sizilien,  Sardinien)  und  Ägypten 
für  die  Getreideverpflegung  der  Hauptstadt  aufzukommen  hatten,  ebenso 
die  Bätica,  die  Narbonensis  u.  s.  w.  zu  Lieferungen  verpflichtet  waren, 
andererseits  die  Handelsthätigkeit  und  die  Produktion  in  den  Provinzen 
zu  Gunsten  des  Hauptlandes  unterbunden  wurde;  so  unter  der  Oligarchie 
durch  die  Etablierung  der  Handelsfreiheit  für  die  Italiker,  durch  die  Zer- 
störung der  rivalisierenden  Handelscentren  Carthago  und  Korinth,  ferner 
durch  Massregeln  z.  B.  zu  Gunsten  des  italischen  Weinexportes,  indem 
den  Transalpinem  verboten  wurde,  Reben  zu  pflanzen  (vgl.  Hehn,  Kultur- 
pflanzen' S.  75).  —  Nur  langsam  emanzipierten  sich  die  Provinzen,  bis 
mit  dem  Ende  der  römischen  Weltherrschaft  Italien  wieder  zum  Spiel- 
ball der  auswärtigen  Mächte  wurde. 

Qaellen. 

A.  Aus  der  Zeit  nach  der  Mitte  des  vierten  Jahrhunderts  v,  Chr. 
stammt  der  fälschlich  dem  Skylax  von  Karyanda  zugeschriebene  Periplus, 
welcher  auch  eine  Beschreibung  der  italischen  Küsten  enthält:  Anonymi 
vulgo  Scylacis  Caryandensis  periplum  maris  interni  cum  appendice  iterum 
recensuü  B.  Fabricius,  Lipsiae  1878.  Vgl.  G.  F.  Grotefend,  Zur  Geographie 
u.  Geschichte  von  Altitalien,  1.  Heft:  Älteste  Kunde  von  Italien  bis  zur  Römer- 
herrschaft. Mit  einer  Karte  von  Italien  nach  Skylax  von  Karyanda  (Hannover 
1840);   Berger,  Gesch.  der  wissenschaftl.  Erdkunde  der  Griechen  H,  79  f. 

B.  Für  die  Geographie  des  sich  mehr  und  mehr  ausdehnenden  römi- 
schen Machtbereiches  sind  von  Bedeutung  die  von  den  Römern  abge- 
schlossenen foedera. 

1.  Das  von  dem  Cos.  Sp.  Cassius  im  Jahre  493  v.  Chr.  abgeschlossene 
Bündnis  mit  den  vereinigten  latinischen  Städten.  Die  Liste  der  am  Bundes- 
opfer auf  dem  Albanerberg  beteiligten  populi  gibt  nach  alter  tralatizischer 
Überlieferung  Dionys  von  Halicamass  V,  61. 

2.  Die  Verträge  Roms  mit  den  Karthagern  aus  dem  Jahre  509  (?), 
348,  306  und  279  v.  Chr.  Bei  Polyb.  HI,  22.  24.  Der  erste  dieser  Ver- 
träge wird  von  Polybius  ins  erste  Jahr  der  römischen  Republik  versetzt, 
was  MoMMSEN  nicht  gelten  lässt.  Vgl.  neuerdings  Ed.  Meter,  Gescl^.  des 
Altertums  II  S.  708  und  813  f.  Die  Karthager  suchten  um  jene  Zeit  an 
der  Westküste  der  Halbinsel  festen  Fuss  zu  fassen  und  hatten  Handels- 
verträge mit  den  Etruskem  (Aristotel.  pol.  HI,  5);  im  Jahre  474  wurden 
die  Karthager  mit  den  Etruskem  von  den  Griechen  bei  Cumae  geschlagen. 
—  In  dem  Vertrag  mit  Rom  wird  den  Fremden  in  Libyen  und  Sardinien 
der  Abschluss  von  rechtsgültigen  Geschäften  unter  Vermittelung  eines 
vom  Staat  anerkannten  Notars  gestattet,  dagegen  die  afrikanische  Küste 
westlich  vom  »schönen  Vorgebirge*  (Cap  Farina  [?])  gesperrt.  In  den 
sizilischen  Besitzungen  Karthagos  ist  der  Verkehr  völlig  freigegeben. 

3.  Mit  den  Tarentinern:  jiiij  nXeTv  'Pcofimovg  nqoCio  AaxivCag  iac^ag. 
Appian.  Samn.  7. 


1.  ItaUen.    (§  1.)  5 

4.  Nach  Polyb.  11,  12  versprachen  die  besiegten  Illyrer  »nicht  mit 
mehr  als  zwei,  und  zwar  unbewaffneten  Fahrzeugen  über  Lissos  hinaus- 
zuschiffen."     (Was  allerdings  hauptsächlich  auf  die  Griechen  sich  bezog.) 

G.  Die  Nachrichten  von  den  Eoloniegrttndungen  der  Römer  und  ihren 
Strassenbauten.  —  Verzeichnisse  der  coloniae  c.  K.  und  der  coloniae  iuris 
LatinL  Vgl.  Mabqüabdt,  R.  Staatsverw.  I>  S.  38  ff.,  S.  49  ff.  Mommsek, 
Die  italischen  Kolonien  von  Sulla  bis  Vespasian.  In  , Hermes"  XVTII  (1883) 
S.  161 — 213.  —  Die  Schriften  der  römischen  Feldmesser,  herausgeg. 
und  erläutert  von  Blume,  Lachmann,  Rudorff,  Bd.  I  (1848),  Bd.  11  (1852); 
sie  enthalten  speziell  den  sog.  index  coloniarum,  eine  Kompilation  nicht 
nur  über  die  italischen  Kolonien  (mit  Ausnahme  der  nördlichen  Distrikte), 
sondern  über  die  Assignationen  überhaupt,  für  die  gute  Quellen  in  nicht 
immer  zuverlässiger  Weise  benutzt  sind.  Vgl.  Mommsen,  Feldmesser  11, 
S.  143—220. 

D.  Die  Berichte  über  die  in  Italien  geführten  Kriege,  namentlich 
den  Hannibalischen  Krieg,  wobei  die  Darstellung  des  Polybius  gegenüber 
Livius  hervorzuheben  ist.  Vgl.  0.  Seeck,  Der  Bericht  des  Livhis  über  den 
Winter  218/17.  «Hermes*  Vm  S.  152  ff.  Die  Feldzüge  Hannibals  sind 
viel  vom  militärischen  Standpunkt  aus  behandelt  worden;  zuletzt  von 
M.  E.  Hennebebt,  Histaire  d'Annibal,  Bd.  I—HI  (Paris  1870—1891).  Mit 
Kartenbeilagen.  Femer  die  Berichte  über  den  Sozialkrieg  (s.  unten),  bellum 
Mutinense,  bellum  Perusinum  (bei  Appian),  den  Krieg  des  Jahres  69  n. 
Chr.  (bei  Plutarch  und  Tacitus).  —  In  Bezug  auf  den  Schauplatz  der 
legendären  ältesten  römischen  Geschichte  mag  an  einen  Ausspruch  Moltkes 
(Wanderbuch  S.  21)  erinnert  werden:  „Selbst  dann  wenn  die  Forschung 
eine  Überlieferung  nur  noch  als  Fabel  gelten  lässt,  bezieht  sich  diese 
doch  meist  auf  eine  ganz  bestimmte  Örtlichkeit,  welche  der  ursprüngliche 
Erzähler  im  Auge  hatte.  —  Bomulus  selbst  und  Hercules  mögen  immer- 
hin blosse  Mythen  sein;  was  aber  von  ihnen  gedichtet  wurde,  ist  wirklich, 
soweit  es  sich  auf  den  Schauplatz  ihrer  Thaten  bezieht.  Eine  Erzählung 
kann  geschichtlich  unwahr  und  örtlich  vollkommen  genau  sein.**  ~  Geo- 
graphische Bedeutung  haben  auch  die  „Origines**  des  älteren  Gate 
(z.  B.  über  die  Keltenansiedlungen  in  Oberitalien,  wonach  wahrscheinlich 
Polybius  in  B.  II);  die  »Geographica*  des  Cornelius  Nepos,  die  der 
ältere  Plinius  öfter  citiert;  femer  die  „antiquitates  humanae"  des  M.  Te- 
rentius  Varro,  in  deren  11.  Buche,  wie  neuerdings  überzeugend  darge- 
than  worden  ist  (s.  unten),  die  Geographie  Italiens  behandelt  ward.  — 
Durch  Polybius  wurde  die  geographisch-historische  Methode,  wie  sie  auf 
hellenistischem  Boden  sich  entwickelt  hatte,  auf  die  Darstellung  der 
römischen  Geschichte  und  die  damit  verbundene  Schilderung  des  Schau- 
platzes derselben  zur  Anwendung  gebracht;  was  seine  Forsetzer  Posidonius 
und  Strabo  weiterführten.  Auch  bei  den  römischen  Autoren  wurde  es 
Sitte,  geographische  Einlagen  zu  machen;  so  z.  B.  bei  Sallust  im  „bellum 
Jugurthinum" ,  bei  Tacitus  u.  s.  w.  Gute  Schilderungen  von  Land  und 
Leuten  in  Italien  geben  einige  Dichter:  so  Vergilius  (z.  B.  Aeneid.  VH), 
Ovidius  (Metamorph,  und  Fast.),  Silius  Italiens  (Punica,  gut  kommentierte 
Ausgabe   von  Ruperti  1795),  woraus  ein  Auszug  aus  spätrömischer  Zeit 


Q  A.  Geographie  von  Italien  nnd  dem  Orbia  Romanna. 

unter  dem  Namen  des  Vibius  Sequester  gebt.  Vgl.  Teuffel,  Litteratur- 
gescbicbte  §  445.  6.  F.  Gbotefend,  Zur  Geograpbie  und  Gescbicbte  von 
Altitalien,  3.  Heft:  Der  Römer  älteste  Sagengescbicbte  von  Italien,  mit 
einer  Karte  von  Mittelitalien  nacb  Virgils  Aeneide  (Hannover  1840). 

E.  Die  Nacbricbten  über  die  Organisationen  der  Römer,  wonach 
neuere  kartographische  und  beschreibende  Darstellungen  versucht  sind.  Es 
kommen  in  Betracht: 

1.  Die  Italia  iributim  descripta,  woraus  die  Zuschreibung  der  einzelnen 
Landschaften  und  Orte  zu  den  römischen  Tribus  infolge  der  fortschreiten- 
den Erweiterung  des  Bürgerrechts  ersichtlich  gemacht  ist.  Die  Liste  der- 
selben, wie  sie  den  Alten  schon  zur  Verfügung  stand  (vgl.  Mabquardt, 
R.  Staatsverw.  P,  41),  hat  wiederherzustellen  unternommen  C.  L.  Grote- 
FEND,  Imperium  Romanum  tributim  descHptum,  Hannover  1863.  Eine 
brauchbare  Neubearbeitung    desselben   Gegenstandes  bietet  J.  W.  Kubi- 

-TSCHBK,  Imperium  Romanum  tributim  äiscriptum  (Prag,  Wien,  Leipzig  bei 
Tempsky  und  Freytag  1889).  Vgl.  auch  Kübitschek,  De  Romanarum 
tribuum  origine  ac  propagatione,  Wien  1882.  Mit  zwei  Karten:  „Italiae 
regiones  X  et  XI  et  Delmatiae  ora  tributim  discriptae"  und  „Hispaniae  pro- 
vinciae  tributim  discriptae*^. 

2.  Die  Organisation  der  unter  Roms  Hegemonie  stehenden  Bundes- 
genossen vor  dem  Sozialkrieg.  Vgl.  J.  Belogh,  Der  italische  Bund  unter 
Roms  Hegemonie.  Staatsrechtliche  und  statistische  Forschungen  (Leipzig 
1880).  Hiezu  zwei  Karten:  a)  Italia  ante  bellum  Marsicum,  mit  Unter- 
scheidung von  „ager  Romanus",  „coloniae  Latinae*^,  „civitates  foederatae". 
b)  Der  Ager  Romanus  218  a.  Ch.,  wo  auch  die  civitates  „sine  suffragio" 
eigens  notiert  sind.  —  Die  römischen  Censuszahlen  und  die  Bevölkerungs- 
verhältnisse der  einzelnen  Landschaften  behandelt  Beloch,  Die  Bevölke- 
rung der  griechisch-römischen  Welt  (Leipzig  1886). 

Von  besonderer  Wichtigkeit  ist  das  Verzeichnis  der  italischen  Wehr- 
fähigen aus  dem  Jahre  225  v.  Chr.,  das  nach  Fabius  Pictor  bei  Polyb. 
II,  24,  Diodor  und  den  Epitomatoren  des  Livius  erhalten  ist.  Hierüber 
handelt  eingehend  Mommsen,  Rom.  Forschungen  H,  382—406.  —  Über  die 
Komplexivbezeichnung  „Italici"  zugleich  für  die  Römer  und  für  die  itali- 
schen Bundesgenossen,  die  in  Afrika,  im  Orient  u.  s.  w.  sich  ansiedelten, 
vgl.  Mommsen  in  „Hermes*  XXI,  S.  415  f.,  Rom.  Staatsrecht  HI,  647  f.; 
KoBNEMANN,  De  civibus  Romanis  in  provinciis  imperii  consistentibus  (Diss. 
Berol.  1891)  p.  7  flf.  Hingegen  nannten  sich  im  Sozialkrieg  die  Insurgenten, 
wie  ihre  Schleuderbleie  beweisen  (vgl.  Zangemeisteb  in  Ephem.  epigraph.  VI 
p.  11)  selbst  vielmehr  Italif  im  Gegensatz  zu  den  Romani.  Auf  den 
Münzen  der  Aufständischen  findet  man  die  oskische  Form  „Viteliu[m]". 
Der  Krieg  selbst  hiess  bei  den  Griechen  der  „italische''. 

3.  Die  durch  den  Sozialkrieg  herbeigeführte  Organisation.  Vgl. 
Beloch,  Der  italische  Bund  S.  41  f.;  Mommsen,  Die  römische  Tribusein- 
teilung  nach  dem  marsischen  Krieg.  In  , Hermes**  XXH  S.  101—106; 
Rom.  Staatsrecht  IH,  179  f.;  Kübitschek,  Imp.  Rom.  trib.  discript.,  p.  265  f. 

4.  Die  Organisation  Italiens  durch  Augustus:  die  Einteilung  in 
elf  Regionen.    Vgl.  die  Übersicht  von  Mabquabdt,  Staatsverw.  I*,  S.  221  f. 


1.  Italien.    (§  1.)  7 

E.  Bobmann  in  den  «ArchaeoL  epigr.  Mitteilungen '^  XI,  120.  Augustus  hat 
die  neue  Einteilung  publiziert  in  Form  eines  Verzeichnisses,  das  die  Re- 
gionen mit  ihren  Bezirken  enthielt.  Dasselbe  ist  uns  im  wesentlichen  im 
betreffenden  Abschnitt  der  Darstellung  Italiens  in  des  Plinius  not.  hist. 
erhalten.  Regio  I,  Campania.  II,  Äpulia  et  Calabria.  III,  Bruttii  et  Lu- 
cania.  IV,  Samnium.  V,  Picenum,  F/,  Umbria.  VII,  Etruria  (Tuscia).  VIII, 
Aemilia,  IX,  Liguria.  X,  Venetia  et  Histria.  XI,  Transpadana.  Hiezu 
der  Stadtkreis  von  Rom.  Diese  Einteilung  nach  Regionen  erlangte  ad- 
ministrative Bedeutung  und  bildete  später  die  Grundlage  für  die  Ab- 
grenzung der  italischen  Gerichts-  und  Yerwaltungssprengel.  Die  alten 
Stammesgrenzen  blieben  dabei  im  grossen  und  ganzen  festgehalten,  wenn 
auch  Abrundungen  und  Erweiterungen  nicht  ausgeschlossen  waren.  Vgl. 
auch  BoRMANN  im  Marburger  Rektoratsprogramm  für  das  Jahr  1884. 
Diese  augustische  Einteilung  ist  im  Corp.  inscr.  Lat.  zu  Grunde  gelegt  ; 
auch  der  kartographischen  Darstellung. 

5.  Die  späteren  Organisationen  in  der  Eaiserzeit:  die  Strassen- 
bezirke  (von  denen  z.  B.  die  .Aemilia',  die  „Flaminia*^,  die  «Aurelia",  die 
«Valeria*  den  Landschaftsnamen  zogen);  die  Alimentarbezirke,  die  oft 
mit  den  Strassenbezirken  kombiniert  erscheinen;  die  Gerichtsbezirke,  wie 
sie  seit  dem  zweiten  Jahrhundert  nach  Regionen,  aber  auch  nach  den 
Strassenbezirken  abgeteilt  bestanden.  Siehe  auch  die  Provinzialkataloge 
von  297,  des  Polemius  Silvius,  der  not.  dignitat.;  ferner  des  Paulus  dia- 
Conus,  des  Procopius  von  Caesarea  (bei  denen  wichtige,  zum  Teil  tralati- 
zische  Angaben  erhalten  sind).  Vgl.  C.  Jüllian,  Les  transformations  poli- 
tiques  de  VItalie  sous  les  empereurs  romainsj  Paris  1883;  Mommsen  in  der 
Ephemeris  epigraphica  VII  p.  397  f.;  Cantabelli,  La  serie  dei  curaiori  ita- 
lici  delle  vie  durante  Vimpero  {Bulletino  comunale  di  Roma  1891);  derselbe, 
II  vicaruxto  di  Roma,  ebenda  1890 — 1894;  Domaszewski,  Cura  viarum  im 
„Eranos  Vindobonensis"  (1893)  S.  60  ff.;  0.  Fiebigeb,  De  classium  Italicarum 
historia  et  institutis,  Leipzig  1894.  Mit  kartographischer  Darstellung  der 
Häfen  von  Misenum  und  Ravenna,  sowie  der  Stationen  der  beiden  itali- 
schen Flotten,  von  denen  die  eine  im  Westen,  die  andere  im  Osten  die 
Seepolizei  übte. 

6.  Das  alle  anderen  ersetzende  und  bedingende  Hilfsmittel  für  die 
Geographie  des  alten  Italiens  ist  jetzt  im  Corpus  inscriptionum  Latinarum 
gegeben,  einschliesslich  der  hiefür  von  H.  Kiepebt  bearbeiteten  Karten. 
Bd.  IX  und  X  sind  bearbeitet  von  Th.  Mommsen  als  zweite  Auflage  der 
Inscr.  Regni  Neopolitani  (1852);  und  zwar  enthält  Band  IX  (1883):  In- 
scriptiones  Calabriae,  Apuliae,  Samnii,  Sabinorum,  Piceni.  Mit  vier  Karten- 
beilagen: a)  Viae  publicae  Italiae  mediae  et  inferioris.  Fines  regionutn 
Italiae  I—  VII  ab  Äugusto  imp.  constitufarum.  b)  Italiae  regio  IL  c)  Italiae 
regio  IV.  d)  Italiae  regio  V.  Bd.  X  (1883)  in  zwei  Abteilungen:  In- 
scriptiones  Bruttiorum,  Lucaniae,  Campaniae,  Sicüiae,  Sardiniae.  Mit  fünf 
Kartenbeilagen:  a)  Viae  publicae  Italiae  mediae  et  inferioris.  Fines 
regionum  Italiae  I — VII  ab  Augusto  imp.  constitutarum  (wie  Bd.  IX). 
b)  Italiae  regio  III.  c)  Italiae  regio  L  d)  Sicilia.  e)  Sardinia,  Corsica. 
—  Bd.  XIV,  bearbeitet  von  H.  Dessau  (1887),  behandelt  „Latium  anti- 


8  A.  Geographie  von  Italien  und  dem  Orbis  RomannB. 

quum",  —  Bd.  XI,  bearbeitet  von  E.  Bobmann  (in  zwei  Abteilungen  1888. 
1896):  Aemüiaj  Etruria,  ümbria.  —  Bd.  V  (in  zwei  Abteilungen),  be- 
arbeitet von  Th.  Momhsen,  Oberitalien  {Oallia  cisalpina);  nämlich  pars  1 
(1872):  regio  X.  Venetia  et  Histria;  pars  2  (1877):  regiones  IX  Liguria 
et  XI  Transpadana,    Mit  den  entsprechenden  Eartenbeilagen. 

F.  Antike  Kartographie.  Als  die  Römer  ihre  Weltherrschaft 
begründeten,  waren  ihre  geographischen  Kenntnisse  sehr  primitiver  Natur 
und  sind  darauf  manche  anfangliche  Misserfolge,  z.  B.  im  zweiten  Kriege 
gegen  Macedonien,  zurückzuführen.  Bald  aber  griffen  sie  die  Sache  zwar 
nicht  von  der  wissenschaftlichen  aber  doch  von  der  praktischen  Seite  mit 
grossem  Geschick  an.  Die  seit  Polybius  (vgl.  n,  14  f.)  von  den  griechi- 
schen Geographen  so  geschätzten  römischen  Messungen,  namentlich  auch 
in  den  seit  dem  zweiten  punischen  Kriege  okkupierten  Provinzen,  wurden 
unter  der  Monarchie  im  grossen  Stile  wieder  aufgenommen;  während  zur 
Zeit  der  Agonie  der  Republik  nur  in  einzelnen  Landschaften,  wie  Spanien 
und  Gallien,  ein  Fortschritt  erzielt  worden  war.  Vgl.  die  einleitenden 
Bemerkungen  in  L.  Schumachers  Programmabhandlung:  De  Tacito  Ger- 
maniae  geographo  (Berlin  1886)  und  über  den  Inhalt  von  Varros  geogra- 
phischen Schriften  die  unten  angeführten  Aufsätze.  In  dem  Buche  „de 
re  rmtica'^,  das  Varro  in  seinem  80.  Lebensjahre  (also  36  v.  Chr.)  abfasste, 
erwähnt  er  auch  eine  Karte  von  Italien,  die  an  der  Wand  des  Tellus- 
tempels  angebracht  war  {in  pariete  picta  Italia).  —  Nachdem  Julius  Caesar 
Alleinherrscher  geworden  war,  hatte  er  eine  Vermessung  des  ganzen 
Reiches  angeordnet;  und  diese  wurde  dann  unter  Augustus  wesentlich 
durch  M.  Agrippa  zu  Ende  geführt.  Seine  Karte,  welche  in  der  Form 
einer  Sphaera  zu  Rom  in  der  Säulenhalle  der  Polla  ihre  Aufstellung  fand, 
wurde  die  Quelle  und  das  Vorbild  aller  weiteren  kartographischen  Dar- 
stellungen, so  auch  der  als  Peutinger'sche  Tafel  bekannten  Strassenkarte 
und  der  Itinerarien.  Die  der  Karte  zu  Grunde  liegenden  Materialien 
(namentlich  die  Distanzen  der  Staatsstrassen  mit  Angabe  der  Stationen) 
Hess  Augustus  gesondert  zusammenstellen.  Es  ist  dies  die  als  Choro- 
graphia,  von  Strabo  auch  als  o  x^Q^YQ^^^^  zitierte  Quelle,  deren  Mass- 
angaben sowohl  bei  Strabo,  als  bei  Plinius,  bei  letzterem  mit  Berufung 
auf  Agrippas  Messungen,  zu  Grunde  gelegt  sind.  —  Von  Itinerarien 
kommen  noch  in  Betracht  (neben  der  Peutingerschen  Tafel  und  dem  Itin. 
Antonini  et  Hierosolomit.)  die  auf  einer  Inschrift  vom  Forum  Popüii  in 
Lucanien  für  die  „via  PopiUia"  von  Regium  nach  Capua  (Corp.  I,  551, 
X,  6950),  femer  die  von  Horaz  („iter  Brundisinum*^),  die  auf  den  bei 
Vicarello  in  Etrurien  gefundenen  Gefässen,  die  von  Venantius  Fortunatus  ver- 
zeichneten Routen;  für  die  Küstenfahrt  Rutilius  Namatianus  {„de  reditu  suo^) 
und  Procopius  von  Caesarea.  Für  das  Strassenwesen  die  Angaben  der 
Inschriften  und  Meilensteine,  aus  denen  Verwaltung  und  Benennung  der 
Strassen  ersichtlich  ist.  Dieselben  sind  im  Corp.  inscript.  Lot.  für  jede 
Landschaft  besonders  zusammengestellt.  —  Die  Kenntnis  namentlich  der 
Land-  und  Strassenkarten  drang  während  der  Kaiserzeit  in  immer  weitere 
Kreise.  Aus  Neros  Zeit  wissen  wir,  dass  Spezialkarten  vom  Kriegsschau- 
platz in  Armenien  eingesendet  wurden.    Plin.  n.  h.  VI,  40.     Domitian  liess 


1.  lUUen.    (§  1.)  9 

den  Metius  Pompusianus  hinrichten,  dessen  Horoskop  auf  spätere  Herr- 
schaft deuten  sollte  und  der  überdies  eine  Karte  der  Oekumene  besass. 
Vgl.  Bebgeb  IV  S.  99  f.  Plutarch,  Theseus  c.  1,  macht  gegenüber  seinem 
Gönner,  dem  Consularen  Q.  Sossius  Senecio,  die  Bemerkung,  dass  die  Geo- 
graphen alles,  was  ihrer  näheren  Kenntnis  entgeht,  auf  dem  äussersten 
Ende  ihrer  Karten  zusammendrängen  und  zuweilen  eine  Randbemerkung 
beifügen,  dass  alles,  was  darüber  hinaus  liege,  lediglich  aus  endlosen 
Sandwüsten  voll  wilder  Tiere  oder  unergründlichen  Moräste,  aus  scythischen 
Schneefeldern  oder  Eismeeren  bestehe.  —  Beim  Militär  bediente  man  sich 
fleissig  der  Karten,  bis  mit  dem  Verfalle  des  Reiches  auch  seine  Kom- 
munikationen verfielen  und  man  sich  wieder  mehr  auf  Führer  als  auf  die 
Karten  verlassen  musste.  Vgl.  den  Bericht  des  Theophylact.  VHI,  4  p.  320, 
ed.  Bonn,  über  einen  Feldzug  der  Byzantiner  gegen  die  Avaren  im  Jahre  601 
n.  Chr.,  wo  der  byzantinische  General  sich  auf  seiner  Karte  nicht  mehr 
auskannte  und  einen  112jährigen  Mann  als  Führer  acquirierte.  —  Vgl.  bei 
Procop.  b.  Goth.  I,  15:  Geographie  von  Italien.  Angabe  der  Distanzen 
nach  der  Karte  und  für  Märsche.  —  Über  das  „Itinerarium  a  Gadibus 
Romatn*^  auf  vier  Silbergefassen  von  Vicarello  (am  locus  Sabafinus)  vgl. 
Corp.  XI  p.  496  f.  Der  angezeigte  Weg  führt  aus  Gallien  über  Segusio 
nach  Augusta  Taurinorum,  von  da  über  Ticinum  und  Placentia  die  Via 
Aemilia  und  Flaminia  entlang  über  ümbrien  nach  Rom;  damals  die  be- 
quemste Route. 

Ausgabe  der  tabula  Peutingerana  von  E.  Dbsjabdins,  dann  von  E.  Mellbr  unter 
dem  (nicht  glücklich  gewählten)  Titel:  , Weltkarte  des  Castorius  genannt  die  Peutinger'sche 
Tafel*,  Ravensburg  1888.  Femer  des  Itinerarium  Antonini  Augusti  et  Hieroso- 
lymitanum  von  G.  Pabthey  und  M.  Pindbb.  Vgl.  W.  Eubitschbk,  Zur  Kritik  des  Itine- 
rarium Antonini,  in  »Wiener  Studien*  XIII  (1891)  S.  177—209;  0.  Cüntz,  Beiträge  zur  Text- 
kritik des  Itinerarium  Antonini,  ebenda  XV  (1893)  S.  260—298;  Derselbe,  Die  Grundlagen 
der  Peutingerschen  Tafel,  „Hermes*  XXIX  (1894)  S.  186  £f.;  Kubitschbk  und  Cuntz  be- 
reiten eine  Neuausgabe  vor.  —  Phiuppi  (Neue  Jahrbb.  f.  Philologie,  Bd.  147,  1893  S.  845  ff. 
gegen  Schwedeb,  ebenda  S.  485  ff.)  und  Cüntz  steUen  in  Abrede,  dass  eine  Abhängigkeit 
der  tabula  von  der  Agrippischen  Karte  bestehe.  Die  Entstehung  der  Tafel  setzt  Philippi 
in  die  2eit  von  130 — 150  n.  Chr.,  Cumtz  zwischen  130 — 176  (weü  das  im  letzteren  Jahre  von 
Kaiser  Marcus  Aurelius  an  der  Uebergangsstrasse  über  den  Taurus  gegründete  Faustino- 
polis  in  der  tabula  fehlt).  Mancherlei  Aenderungen,  die  im  3.  Jahrhundert  eintraten,  sind 
zu  verschiedenen  Zeiten  eingetragen  worden.  —  F.  Ritsohl,  Die  Vermessung  des  römischen 
Reiches  unter  Augustus,  die  Weltkarte  des  Agrippa  und  die  Kosmographie  des  sogenannten 
Aethicus.  Im  Rhein.  Mus.  1842  S.  481—528  (Opusc.  philol.  UI,  743—788).  —  K.  Müllen- 
BOFF,  Ueber  die  Weltkarte  und  Chorographie  des  Kaisers  Augustus,  Kiel  1856.  —  Der- 
selbe, Ueber  die  römische  Weltkarte,  in  „  Hermes  **  IX  S.  182  ff.  —  Beide  Abhandlungen 
wieder  abgedruckt  (mit  Verbesserungen)  in  der  «Deutschen  Altertumskunde"  III  S.  212  ff.; 
vgl.  hiezu  A.  v.  Gutscbmid,  Kleine  Schriften  V  (1894,  herausgeg.  von  F.  ROhl).  Derselbe 
handelt  ebenda  auch  «über  Ursprung  und  Abfassungszeit  der  Kosmographie  des  Ethicus**, 
sowie  «über  den  diafÄSQiafAos  tfjg  yrjg  und  andere  Bearbeitungen  der  mosaischen  Völker- 
tafel". —  D.  Dbtlefsbn,  Die  Weltkarte  des  M.  Agrippa  (Untersuchungen  zu  den  geogr. 
Büchern  des  Plinius  1),  Glückstadt  (Progr.  1884).  —  Pabtsch,  Die  Darstellung  Europas  in 
dem  geogr.  Werke  des  Agrippa,  Breslau  1875.  Behandelt  S.  36  —59  Italien  und  die  dazu 
gehörigen  Inseln.  —  F.  Philippi,  De  tabula  PetUingeriana,  Dias.  Bonn  1876;  derselbe.  Zur 
Rekonstruktion  der  Weltkarte  des  Agrippa.  Mit  ftlnf  autographi'erten  Kartenskizzen,  Mar- 
burg 1880.  —  £.  Schwedeb,  Beiträge  zur  Kritik  der  ChorogrM)hie  des  Augustus,  I.  Kiel 
1876,  n.  1878,  m.  1883.  Alle  drei  Teile  zusammen  1886.  Ueber  die  Chorographie  des 
Augustus  findet  man  auch  im  Corp.  insc.  Lat.  gelegentliche  Bemerk angen,  z.  B.  X  p.  471. 
Ueber  die  auf  für  seine  Zeit  veraltete  Vorlagen  zurückgehende  Darstellung  des  Mela,  vgl. 
Dbtlbfsbk  in  «Hermes"  XXI  S.  521  f.  —  £.  Schwbdeb,  Ueber  die  gemeinsame  Quelle  der 
geographischen  Darstellungen  des  Mela  und  des  Plinius.  ^Philologus"  1888  S.  276  ff.;  Der- 
selbe, Ueber  Weltkarte  und  Chorographie  des  K.  Augustus,  in  Fleckeisens  Jahrb.  1892, 


10  A.  Geographie  von  Italien  and  dem  Orbis  Bomanna. 

.Phüologus«  N.  F.  VIII  (1895).  Mommsen  .Hermes«  XVni  S.  161  flf.  0.  Cüntz,  De  Augustö 
Plinii  geographicorum  auctore,  Diss.  Bonnens.  1888.  Derselbe,  Agrippa  und  Augustus  als 
Quellenschriftsteller  des  Plinius,  17.  Suppl.  von  Fleckeisens  Jahrbb.  Vgl.  Detlefsbn  in  Bur- 
sians  Jahresb.  1893  S.  9.  —  G.  Zanoemeistbb,  Ueber  Orosius'  Erdbeschreibung,  in  Commentat. 
Mommsen.  (1877)  p.  715  ff.  —  W.  EusiTscHtiK,  ICritische  Beitrftge  zur  Kosmographie  des 
Julius  Honorius,  I.  Oberhollabrunn  1882,  Programmabhandlung.  II.  In  den  .Wiener  Stu- 
dien" VII  (1885)  S.  278—310.  Beigegeben  eine  kartographische  Darstellung:  „Orbis  ex 
mente  JuHi  Honorii**.  Die  Kosmographie  des  Julius  Honorius  fand  zu  Schuliwecken  Ver- 
wendung, enthält  aber  auch  originale  Nachrichten,  wie  fiber  die  Vermessung  des  Reiches 
durch  Julius  Cäsar.  —  Mommsen,  üeber  die  ünteritalien  betreffenden  Abschnitte  der  raven- 
natischen   Kosmographie.     In  den  Ber.  der  sächs.  Ges.  der  Wissensch.,  phil.-histor.  Gl.  1851 

5.  96  ff.    ScHWKDER,  Ueber  eine  Weltkarte  des  8.  Jahrhunderts,  .Hermes"  XXIV  S.  586  ff. 

6.  Marimelli,  La  geografia  e  i  padri  della  chiesa  (Roma  1882).  Ins  Deutsche  übersetzt 
von  Nbumann.  —  K.  Miller,  Mappae  mundi.  Die  ältesten  Weltkarten  herausgegeben  und 
erläutert,  Stuttgart  1895,  Heft  1:  Die  Weltkarte  des  Beatus  Rhenanus,  2.  Atlas  von  16  Licht- 
drucktafeln, 3.  Die  kleineren  Weltkarten  (billige  Ausgabe). 

Weitere  Litteratur  über  die  aus  dem  Ende  des  7.  Jahrhunderts  stammende  Kosmo- 
graphie des  Geographus  Ravennas  (ed.  PA^THBTet  Pinder,  Berlin  1860  mit  Karte  von 
Kiepert)  bei  Tettffel,  Gesch.  d.  r5m.  Litteratur  §  497,  4.  Hiezu  Kubitschek,  Der  Text  der 
Ravennatischen  Erdbeschreibung,  Hermes  XXII  S.  471  ff.;  Derselbe  ebenda  S.  465  ff.;  A.  v. 
GuTSCHMiD,  Das  Original  der  Ravennatischen  Kosmographie  (Kl.  Schriften  V).  —  E.  Sohwbder. 
üeber  die  Weltkarte  des  Kosmographen  von  Ravenna.  Versuch  einer  Rekonstruktion  der 
Karte.  Mit  zwei  Kartenskizzen,  Kiel  1886.  Vgl.  auch  K.  J.  Neumasn  in  «Hermes"  XXII 
S.  160.  —  Ueber  die  Darstellung  der  alten  Geographen  vergleiche  man:  G.  Huvrath, 
Die  Quellen  Strabos  im  sechsten  Buche,  Kassel  1876.  Im  übrigen  H.  Beboer,  Gesch.  der 
wissenschaftlichen  Erdkunde  der  Griechen  (vier  Abteilungen,  Leipzig  1887.  1889.  1891.  1893) 
III.  und  IV.  Reichliche  Litteratur  über  Strabo,  dessen  Darstellung  der  Appenninenhalbinsel 
klassisch  ist.  Ueber  die  Abfassungszeit  (unter  Tiberius;  abgeschlossen  nicht  vor  23  n.  Chr.) 
vgl.  Niese,  Beiträge  zur  Biographie  Strabos.  «Hermes"  XHI  S.  33  ff.  Mommsen,  Sitzungsber. 
der  Berl.  Akad.  1883  S.  114^  ff.  Strabo  schrieb  sein  Werk  in  Rom.  üeber  sein  Geburts- 
jahr (etwa  63  v.  Chr.)  Nibsb  im  Rhein.  Mus.  1883.  —  E.  Pais,  Straboniana.  ContribtUo 
allo  studio  delle  fonti  della  storia  e  delV  amministrazione  romana,  Torino  1886.  —  G.  M. 
Columba,  Gli  studi  geografici  nel  primo  secolo  deW  imperio  Romano,  Ricerche  su  Strabone, 
Mela  e  Plinio,  P.  /.  Le  dimensioni  della  terra  abitata,  Torino  1893  Palermo.  Vgl.  Beroer 
im  Litt.  Gentralbl.  1894  Nr.  53^.  Der  Verfasser  richtet  sein  Hauptaugenmerk  auf  die  Ent- 
femungszahlen,  die  für  die  ganze  Oekumene,  wie  für  deren  einzelnen  Teile  bei  den  Autoren 
angegeben  werden,  um  die  Abhängigkeitsverhältnisse  der  vorliegenden  Werke  von  ihren 
Quellen  klarzulegen,  ebenso  die  Arbeitsweise  der  einzelnen  Bearbeiter.  —  Andere  Arbeiten 
dieser  Art  verzeichnet  und  beurteilt  D.  Detlefsbn  im  Jahresber.  über  die  Geographie  von 
Mittel-  und  Oberitalien  etc.  (Bursians  Jahresber.  1893).  —  Ueber  die  aus  Varro  stammenden 
Nachrichten  vgl.  R.  Reitzewstein,  Die  geographischen  Bücher  Vairos,  in  «Hermes'*  XX 
S.  532  f.  —  Zu  Plinius  n.  h.  lU  und  dessen  Vorlagen  (speziell  eine  Küstenbeschreibung,  die 
wesentlich  auf  Varro  zurückgeht,  und  eine  Statistik  des  römischen  Reiches  aus  der  letzten 
Lebenszeit  des  Augustus)  vgl.  Dbtlbfsen  in  Commentat.  Mommsenianae  p.  32;  femer 
G.  Obhmichen,  Plimanische  Studien  zur  geographischen  und  kunsthistorischen  Litteratur, 
Erlangen  1880.  —  D.  Detlefsbk,  Vermutungen  über  Varros  Schrift  de  ora  maritima  (Unter- 
suchungen zu  den  geogr.  Büchern  des  Plinius  2).  In  «Hermes**  XXI,  240  ff.  —  Ueber  ein- 
zelne Teile  der  plinianischen  Darstellung  vgl.  man  Mommsens  an  ihrem  Orte  zitierten  Auf- 
sätze, zumal  in  ^Hermes"  XVI  S.  24  ff.;  XVH  S.  42  ff.;  XVIII  S.  189  ff.  (das  Verzeichnis  der 
italischen  Kolonien  bei  Plinius);  D.  Dbtlefsen  in  «Hermes'^  XXI  S.  517  f.  u.  525  ff.  —  Gl. 
Ptolemaei  geographia  ed.  Gh.  Müller,  VoL  I  pars  I  (Paris  1883).  Mit  reichhaltigen 
Anmerkungen.  Ueber  die  Darstellung  des  Ptolemäus  (um  150  n.  Chr.),  die  vielfach  älteren 
Vorlagen  folgt  und  falsche  Orientierungen  gibt,  ist  zu  den  einzelnen  Abschnitten  (Afrika, 
Donaulandschaften,  Asien,  Aegypten)  das  Niihere  bemerkt.  Kritik  von  Gluverius,  Kiepert, 
Mommsen,  Mülleühoff,  Tissot,  Domaszewski,  W.  Schwarz  (Rhein.  Mus.  1893).  Die  vierte 
Abteilung  von  H.  Bbbgers  Werk  behandelt  Polybius  und  seine  Nachfolger,  den  Marinus  von 
Tyrus  (Vorgänger  des  Ptolemäus),  dann  Ptolemäus  selbst.  —  Geographi  latini  minores. 
Collegit,  recensuit,  prolegomenis  instruxit  A.  Riese,  Heilbronnae  1878.  Vgl.  Mommsen  in 
«Hermes''  XVI,  636.  Femer  Mommsens  Ausgabe  des  Polemius  SUvius  in  den  „Antiquissimi 
auctores"  (der  Mon.  Germ,  hist.)  IX  p.  524  ff.  —  Ueber  den  aus  dem  5.  Jahrhundert  n.  Chr. 
stammenden  Gatalogus  provinciar.  It alias  (Paul,  diacon.  hist.  Langob.  H,  14 — 22) 
handelt,  mit  Rücksicht  auf  die  übrigen  Kataloge  dieser  Art,  Momiisen  im  Neuen  Archiv 
der  Ges.  für  ältere  deutsche  Geschichtskunde  V  (1880)  S.  84  ff.  Mit  Karte  von  H.  Kiepert: 
Die  Provinzen  von  Italien  nach  Paulus  diaconus.    Wichtig  für  die  Geographie  Italiens  ist 


t  lUUen.    (§  1.)  11 

die  Darstellung  des  Gotenkrieges  saec.  VI  bei  Procopius  von  Caesarea  (der  z.  B.  eine  be- 
rühmte Beschreibong  der  via  Appia  gibt)  und  seinem  Fortsetzer  Agathias.  Femer  fOr  den 
Ausgang  desselben  JahrhnnderfaB  H.  Gblzbb,  Georgii  Cyprii  descriptio  orbis  Romani,  Ac- 
cedit  Leonis  impercUoris  diatyposis  genuina  adhuc  inedita,  Leipzig  1890.  Mit  einer  Earten- 
beilage:  Exarchatus  Italiae  c,  annum  DC  p,  Chr.  n,  —  Hiezu  kommt  die  Einteilung  Italiens, 
wie  sie  in  den  Briefen  und  Dialogen  Gregors  d.  Gr.  vorliegt  und  wie  sie  offenbar  seit 
Justinian  durchgefOhrt  war.  Vgl.  Mommsbn,  Antiqu.  Auet.  1.  c.  p.  533.  —  Für  die  Folgezeit 
kommt  der  römische  „Über  pontificalis"  in  Betracht,  in  der  Ausgabe  von  Duchbsnb  (I  1888; 
II  1892),  wo  in  den  Anmerkungen  auch  der  topographische  Standpunkt  zu  seinem  Rechte 
kommt.  Für  das  Gebiet  von  Ravenna  der  Über  potUificalis  jener  Kirche  von  Agnellus 
{Script,  rer.  Langob.  in  den  Man.  Germ,  hist.)  und  die  Aufzeichnungen  über  ihre  Besitzungen. 
Vgl.  L.  M.  Habtmaivk,  Bemerkungen  zum  Cod.  Bavarus.  In  ,Mitt.  des  Instituts  f.  österr. 
Geschichtsforschung*  XI  361  ff.  Derselbe,  in  den  ,archllol.-epigraph.  Mitteilungen  aus 
Oesterreich-Ungam"  iVll  (1895)  S.  129.  Femer  ist  heranzuziehen  die  „historia  Lango- 
bardorum**  des  Paulus  diaconus  (Ausgabe  von  G.  Waitz  in  den  Script,  rer.  Langob.  mit 
zahlreichen  die  Topographie  Italiens  betreffenden  Anmerkungen).  —  Endlich  des  Konstantin 
Porphyrogenitus  Werk  „de  administrando  imperio**  und  „de  thematibus'* ,  die  wichtige  An- 
gaben ülMBr  die  Geographie  und  Topographie  Italiens  in  der  Zeit  des  Verfalls  enthalten.  — 
Für  das  südliche  Italien  berücksichtigt  auch  die  spätere  Zeit  Lbnormants  Grand-Grkce. 
Im  übrigen  vgl.  Bebistta,  De  Italia  tnedii  aevi  diasertatio  chorografica  in  Muratari  Rerum 
italicar.  acriptwres  X  p.  I — CCCXV.  Femer  A.  Rolando,  Geografia  poUtica  e  corografia 
deW  Italia  imperiale  nei  secoH  IX  e  X.  Im  Archivio  storico  italiano,  serie  4  tomo  5 
anno  1880  p.  281  ff.  Der  bedeutendste  Fortschritt  seit  100  Jahren  ist  geschehen  durch  die 
auf  Urkunden  basierten  Forschungen  zur  Reichs-  und  Rechtsgeschichte  Italiens  von  Jul. 
FicKBR  (Innsbrack  1868—1872). 

Die  meisten  dieser  Werke  sind  nicht  nur  für  Italien,  sondern  für  den  ganzen  ^  Orbis 
Romanus*  von  Bedeutung,  da  eben  Italien  die  Weltherrschaft  ausübte,  weitaus  den  grüssten 
Teil  der  Magistrate,  Beamten  und  Offiziere  stellte,  auch  die  Verkehrsanstalten  so  eingerichtet 
waren,  dass  in  Wahrheit  ,alle  Wege  nach  Rom  führten**.  Die  Litteratur  über  die  Postein- 
richtungen der  Kaiserzeit  vgl.  bei  Mabquardt,  Staatsverw.  I*  S.  559;  über  den  Verkehr  in 
der  damaligen  Zeit  im  allgemeinen  die  eingehende  Schilderung  bei  Fbibdlandbb,  Dar- 
stellungen aus  der  Sittengeschichte  Roms,  Bd.  IL  Den  militärischen  Transportdienst  nach 
den  östlichen  Provinzen  besorgte  die  Flotte  von  Ravenna,  den  für  die  Westküste  die  von 
Misenum  (cf.  Veobt.  4,  31).  —  Die  Annonarflotten  standen  in  ständigem  Verkehr  von  Afrika 
her  (über  Rhegium  und  Puteoli)  mit  Ostia.  —  Wir  sehen  Legionen  die  schwierigsten  Alpen- 
pässe zu  ungelegener  Jahreszeit  überschreiten,  so  einen  Teil  des  Vitellianischen  Heeres  im 
März  69  den  Grossen  Bemhard.  Ein  andermal  die  Pyrenäen,  um  am  Rhein  einzugreifen 
(vgl.  Plinius  panegyr.  14).  Oder  es  kamen  Tmppen  aus  Hispanien  und  Pannonien  nach 
Mauretanien,  um  gegen  unbotmässige  Wüstenst&nme  zu  kämpfen.  An  dem  Partherkriege 
des  L.  Verus  nahmen  Legionen  der  Rhein-  wie  der  Donauarmee  AnteiL  An  dem  Marko- 
mannenkriege Abteilungen  der  Orientlegionen  und  der  in  Numidien  stehenden  legio  III 
Augusta.  Nero  hatte  die  in  Britannien  bewährte  leg.  XIV gemina  nach  dem  Kaukasus  be- 
ordert. —  Die  Auxiliartmppen  wurden  ohnedies  meist  ferne  ihrer  Heimat  verwendet:  Cana- 
thener  in  Rätien,  Mauretanier  in  Dacien,  Dacier  in  Britannien  und  Kappadocien.  —  In  Mau- 
retanien stehende  syrische  Auxiliartmppen  erhielten  dort  Besuche  aus  der  Heimat.  Starb 
ein  Angehöriges  der  Familie,  so  trag  man  wohl  Sorge,  dass  es  in  der  Heimat  bestattet 
wurde.  Vgl.  Corp.  VHI  2772:  „Flaviae  Julioaae  coniitgi  M.  Servilius  Fortunatus,  a  milUiis 
(d.  h.  er  hat  alle  drei  oder  vier  Offizierstellen,  die  dem  Ritterrang  entsprachen,  bekleidet), 
qui  per  maria  et  terras  retülit  (d.  i.  nach  Afrika)  reliquias  coniugis  ex  provincia  Dada ". 
—  Also  eine  Verkehrsgemeinschaft  des  ^Orbis  Romanus",  wie  sie  vor  und  nachher  nicht 
wieder  bestanden  hat. 

G.  Die  für  die  Topographie  vielfach  wichtigen  Münzverhältnisse 
behandelt  Garrücci,  Monete  delV  Italia  antica;  wozu  die  Bemerkungen  von 
H.  Dressel  in  der  Numismat.  Zeitschrift  1886  S.  158  ff.  und  desselben 
Aufsatz:  Numismatische  Beiträge  aus  dem  Gräberfelde  von  Piedimonte 
d'Allife  (in  den  E.  Curtius  gewidmeten  historischen  und  philolog.  Auf- 
sätzen) zu  vergleichen  sind.  —  In  dem  „Dizionario  epigrafico  di  antichitä 
Romane'^  von  E.  de  Rüggiero  (Roma  1886  f.)  sind  die  geographischen 
Artikel  mit  Sorgfalt  gearbeitet.  Ebenso  in  der  Neubearbeitung  von 
Paülys  Real-Encyklopädie  (seit  1893).    Vgl.  auch  das  brauchbare  Werk 


12  A.  Geographie  von  Italien  nnd  dem  Orbis  Bomanns. 

von  W.  Smith,  Dictionart/  of  Greek  and  Roman  geography,  2  vol., 
London  1854. 

H.  Von  nicht  zu  unterschätzender  Bedeutung  sind  die  Ortsnamen. 
Man  vgl.  die  Schriften  von  FLEcmA,  Di  alcune  forme  de'  nomi  locali  delV 
Italia,  Torino  1871,  und  Nomi  locali  del  Neapolitano  derivati  dai  gentilicj 
Italici,  Torino  1874.  Die  Namen  auf  -ano  oder  -ana  gehen  auf  die  Besitz- 
bezeichnungen nach  Familien  zurück,  z.  B.  fundus  Fabianus;  praedia  An- 
niana;  daraus  sind  Dorf-  und  Stadtnamen  entstanden,  nachdem  die  grossen 
Besitzungen  der  Eaiserzeit  parzelliert  worden  waren.  Auch  die  genauen 
Lokalverzeichnungen  der  Alimentarstiftungen  geben  mancherlei  Aufschlüsse. 
Vgl.  MoMMSEN  in  „Hermes*  XIX,  393  flf.  —  Über  die  Entstehung  von  Ort- 
schaften längs  der  Siaatsstrassen,  wie  Forum  Appii,  Claudii,  Flaminii,  vgl. 
Corp.  insc.  Latinar.  I  p.  90.     Mommsen  in  R.  Forsch  11,  397. 

I.  Mit  Glück  sind  zur  Eonstatierung  der  alten  Yölkerschaftsgrenzen 
die  in  Italien  noch  jetzt  gesprochenen  Dialekte  herangezogen  worden. 
Die  letzteren  differieren,  wie  schon  Diez,  Etymol.  Wörterb.  *  Vorr.  XI  be- 
merkte, z.  B.  in  Oberitalien,  sowohl  von  den  übrigen  italischen,  als  auch 
in  den  einzelnen  Stadtbezii*ken.  Vgl.  Nissen,  Ital.  Landeskunde  I,  S.  469 
und  471,  wo  der  ligurische  Dialekt,  S.  474  f.,  479,  482,  wo  die  ober- 
italischen, gallisches  Gepräge  tragenden  Dialektgruppen  verwertet  sind. 
Vgl.  auch  Ch.  Schneller,  Die  romanischen  Volksmundarten  in  Südtirol, 
grammatikalisch  und  etymologisch  dargestellt.  Bd.  I  (1869).  Ein!,  (über 
die  Dialekte  Oberitaliens).  —  Für  Unteritalien  ist  Mommsens  „Die  unter- 
italischen Dialekte*  (Leipzig  1850)  nach  wie  vor  das  Hauptwerk.  Eine 
gute  Übersicht  über  ,die  Volksstämme  Italiens**  gibt  auch  En.  Meyeb, 
Geschichte  des  Altertums  11  S.  488  flf. 

K.  Wesentlich  gefördert  wird  das  Studium  der  alten  Geographie  durch 
die  neueren  verbesserten  Kartenaufnahmen.  Vor  allem  ist  hervorzuheben 
H.  KiEPEBTs  Spezialkarte  von  Mittelitalien  in  4  Bl. :  ,,Carta  geografica  ed 
archeologica  delV  Italia  centrale  ossia  antico  Lazio,  Campania,  Sannio  con 
parti  meridionali  della  Sahina  ed  Etruria  (ridotta  massimamente  dalle  carte 
nuovamente  levate  per  le  autorüä  militari  Italiane  e  publicate  nelle  scale  di 
1  :  25,000  e  1  :  50,000)    eseguita    sotto   la    direzione    di    Enrico   Kiepert. 

Berlino  presso  Diterico  Reimer,  1881,  Scale  nel  ,f 

iQÖUfOUO, 

In  dem  beigegebenen  „Vorbericht  über  die  benutzten  Quellen*  ist 
der  gegenwärtige  Stand  der  Kartographie  Italiens  (die  österreichischen, 
französischen,  italienischen  Generalstabsaufnahmen)  erörtert.  —  Die  näch- 
sten Umgebungen  der  Stadt  Rom  hat  1845—1846  H.  v.  Moltke  in  gröss- 
tem  Detail  aufgenommen;  vgl.  dessen  »Wanderbuch*  (handschriftliche  Auf- 
zeichnungen aus  dem  Reisetagebuche.  Zweite  Auflage,  Berlin  1879)  S.  3  S. 
—  Eine  wesentliche  Lücke  ist  ausgefüllt  worden  durch  die  im  Jahre  1862 
begonnene,  1878  zu  Ende  geführte  Neuvermessung  des  ehemaligen  König- 
reiches Neapel.  {Carte  delle  provincie  meridionali  alla  scala  deW  1  :  50,000. 
Instituto  topografico  militare  di  Firenze,  230  Halbbl.)  —  Über  den  gegen- 
wärtigen Stand  der  kartographischen  Darstellung  der  antiken  Länder  vgl. 
H.  Kieperts  Vorrede  zu  seinen  „Formae  orbis  antiqui^^  (Berlin  1894  flf.). 


1.  ItaUen.    (§  1.)  13 

L.  Moderne  Bearbeitungen.  An  der  Spitze  steht  Flavio  Biondo 
von  Forli  (1388 — 1453)  mit  seiner  „Italia  iUustrata*^,  die  bis  ins  vorige 
Jahrhundert  nachwirkte.  Dann  aber  die  „Italia  antiqua^^  (Lugd.  Batav. 
1624)  des  Leydener  Professors  Philipp  Clüver  (Cluverius)  aus  Danzig 
(geb.  1580,  gest.  am  31.  Dezember  1622);  ein  so  hervorragendes  Werk, 
dass  die  Bearbeiter  des  Corp.  inscript.  Latinar.  vielfach  an  dasselbe  an- 
knüpfen konnten.  Vgl.  J.  Partsch,  Philipp  Clüver,  der  Begründer  der 
historischen  Länderkunde.  Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  geographischen 
Wissenschaft.  (Geographische  Abhandlungen  herausgegeben  von  A.  Penck, 
V,  2)  Wien  1891.  Clüvers  Wanderungen  in  Italien  sind  kartographisch 
veranschaulicht.  Der  Reisegefährte  Clüvers  war  der  nachherige  Konver- 
tit, Gustos,  dann  Präfekt  der  vatikanischen  Bibliothek  und  Kanonikus  zu 
S.  Peter,  Lukas  Holste  oder  „Holstenius'^  (geb.  1596  in  Hamburg,  gest. 
in  Rom  1661),  der  „Ännotationes  in  Italiam  antiquam  Cluverii*^  (Romae 
1666)  mit  Benützung  von  dessen  Tagebüchern  und  auf  Grund  selbständiger 
Forschungen  in  den  entlegeneren  Gegenden  der  Hemiker,  Äquer,  Marser, 
Päligner,  Yestiner,  Sabiner,  Samniter  u.  s.  w.  hinterliess ;  er  hatte  nament- 
lich auch  über  die  römischen  Reichsstrassen  in  Italien  zu  handeln  ge- 
dacht (vgl.  Carp.  X  ind,  auctor.  p.  XLV).  —  Die  zum  Teil  vortreffliche 
und  noch  jetzt  brauchbare  Speziallitteratur  des  18.  Jahrhunderts  (z.  B. 
Colucci  Antichitä  Picene  u.  a.)  beruht  überall  auf  Clüver  und  Holste,  die 
weitergeführt  oder  rektifiziert  werden.  —  H.  Kieperts  Lehrbuch  der 
alten  Geographie  (Berlin  1878)  braucht  als  vorzüglichstes  Hilfsmittel  nur 
mit  emem  Worte  erwähnt  zu  werden;  S.  18  f.  bespricht  er  die  Werke 
über  alte  Geographie  von  Mannert,  Ukert,  Forbiger  und  die  modernen 
Kartenaufnahmen.  —  Die  neueren  Arbeiten  der  italienischen  Forscher 
werden  zu  den  einzelnen  Abschnitten  namhaft  gemacht  werden. 

Auch  die  physische  Geographie  hat  eingehende  Berücksichtigung  ge- 
funden in  der  «Italischen  Landeskunde'  von  H.  Nissen.  Band  I:  «Land 
und  Leute"  (Berlin  1883);  während  Niebuhrs  «Vorträge  über  alte  Länder- 
und Völkerkunde"  (herausgegeben  von  M.  Isleb,  Berlin  1851),  gegenwärtig 
zwar  in  dem  Detail  veraltet  sind,  aber  noch  immer  eine  schätzbare  Ge- 
samtansicht darbieten.  —  Über  die  Änderungen,  welche  Klima  und 
Pflanzenwelt  Italiens  im  Laufe  der  Zeit  durchgemacht  haben,  vgl.  man  das 
klassische  Werk  von  V.  Hehn,  Kulturpflanzen  und  Haustiere  in  ihrem 
Übergang  aus  Asien  nach  Griechenland  und  Italien  (1.  Aufl.  1870;  6.  Aufl. 
herausgegeben  von  0.  Schbadeb,  Berlin  1894).  Von  demselben  V.  Hehn 
haben  wir  ein  Buch  «Italien,  Ansichten  und  Streiflichter'  (Petersburg  1867. 
2.  Aufl.  Berlin  1879),  das  auch  auf  die  antiken  Verhältnisse  vielfach  ein- 
geht. Sonst  sind  aus  der  modernen  Reiselitteratur  noch  die  «Wander- 
jahre in  Italien*  von  F.  Gregore vius  (5  Bände,  Leipzig  1857—77;  wie- 
derholt aufgelegt)  hervorzuheben.  Seit  die  Franzosen  in  Tunis  stehen,  hat 
auch  das  Verständnis  des  Verhältnisses  von  Afrika  zu  Italien  Fortschritte 
gemacht  und  namentlich  eine  militärische  Litteratur  von  aktueller  Be- 
deutung hervorgerufen.  —  In  den  neueren  Reisehandbüchern  ist  die  alte 
Topographie  zum  Teil  von  bewährten  Fachleuten  bearbeitet,  z.  B.  in 
Baedekers  «Italien"  von  H.  Nissen  (der  darin  die  Beschreibung  von  Rom 


14  A.  Qeogpraphie  yon  Italien  and  dem  Orbia  Bomanna. 

und  Pompeji  geliefert  hat),  von  A.  Holm  (der  den  Teil  über  die  Insel 
Sicilien  revidierte  und  berichtigte,  auch  bei  der  Redaktion  der  Umgebungs- 
karten von  Syracus  und  Girgenti  mitwirkte,  während  H.  Eiepebt  die  dazu 
gehörige  Karte  Siciliens  zeichnete). 

2.  Physische  Geographie.  Italien  ist  eine  langgestreckte  verhält- 
nismässig schmale  Halbinsel,  welche  sich,  südlich  von  den  Alpen,  fast 
parallel  mit  der  gegenüberliegenden  Küste  der  illyrischen  Halbinsel,  von 
Nordwest  nach  Südost  ausdehnt  und  die,  wie  Griechenland  den  Peloponnes, 
so  ihrerseits  die  Insel  Sicilien  zur  Fortsetzung  hat.  Der  südliche  Teil  ist 
einerseits  Afrika,  andererseits  Griechenland  so  nahe  gerückt,  dass  der  aus- 
wärtige Verkehr,  zuerst  von  dieser  Seite  her  sich  entwickelte,  während 
die  anderen  Teile  der  Halbinsel  erst  im  Laufe  der  geschichtlichen  Ent- 
wicklung in  denselben  einbezogen  wurden;  was  für  die  sich  ändernde 
Weltstellung  der  einzelnen  Landschaften  von  Bedeutung  war. 

Die  Halbinsel  wird  in  ihrer  ganzen  Länge  durchzogen  vom  Appennin 
(mens  Apeninus;  Appenninus;  beide  Formen  schon  im  zweiten  Jahrhundert 
V.  Chr.  vorkommend),  der  zunächst  (von  den  Seealpen  bis  zur  Tiberquelle) 
eine  südöstliche  Richtung  verfolgt  und  auf  dieser  Strecke  lange  Zeit  die 
Grenze  gegen  das  Keltenland  zu  bildete.  Es  folgt  der  mittlere  Appennin 
von  der  Tiberquelle  bis  zu  der  des  Volturnus.  Darin  ist  die  höchste  Er- 
hebung des  Appennin  (über  2900  m)  und  das  Hochland  der  „Abruzzen'' 
eingeschlossen,  wo  der  Gran  Sasso  d'  Italia  und  die  Berge  der  Majella- 
gruppe  in  das  Land  der  Sabiner,  der  Marser,  der  Päligner  und  Vestiner 
hemiederschauen.  Die  letzteren  Gebiete  durchströmt  der  an  den  nörd- 
lichen Vorbergen  des  Gran  Sasso  entspringende  Aternus,  der  mächtigste 
unter  den  Flüssen  des  adriatischen  Küstengebietes.  Der  am  Südrand  des 
Fucinersees  entspringende  Sagrus  (Sangro)  bildet  die  Grenze  gegen  die 
eigentliche  Abruzzenlandschaft,  die  er  im  Bogen  umfliesst.  Es  folgen  auf 
der  Ostseite  die  kleinen  Flussgebiete  des  Trinius  (Trigno),  des  Tifernus 
(Biferno),  des  Frento  (Fortore);  während  nach  Westen  hin  der  Volturnus 
die  Abflüsse  vereinigt.  Man  sieht,  wie  das  Samniterland  nach  beiden  Küsten 
hin  gravitierte,  was  ja  in  der  historischen  Entwicklung  der  Halbinsel  zum 
Ausdruck  gekommen  ist.  Wie  im  Westen  nach  der  campanischen  Ebene, 
so  wurde  im  Südosten  nach  der  apulischen  ausgegriffen.  Dabei  war  man 
im  Stammland  schwer  anzugreifen,  das  bei  der  Zerrissenheit  des  Terrains 
überall  leicht  zu  verteidigende  Positionen  darbot,  so  dass  Niebuhr  mit 
Recht  als  Analogie  zu  den  Samniterkriegen  den  der  Tiroler  im  Jahre  1809 
heranzog.  Während  heute  diese  Berggegenden  völlig  verkarstet  sind, 
waren  sie  im  Altertum  bewaldet  und  bebaut;  was  auch  auf  die  Fluss- 
läufe einwirkte. 

Der  südliche  Teil  des  Appennin  geht  durch  Lucanien  bis  Sybaris. 
Ein  geologisch  völlig  selbständiges  Gebirgsglied  (Granit  und  Gneis)  durch- 
zieht Brettien,  streicht  dann  unter  dem  Meere  nach  Sizilien  hinüber,  wo 
es  als  nördliches  Küstengebige  auftaucht,  das  mit  dem  Lilybaeischen  Vor- 
gebirge endigt.  Ohne  Zusammenhang  mit  dem  Appennin  (wie  er  fälschlich 
auf  älteren  Karten  statuiert  war)  erhebt  sich  an  der  Ostküste  auch  der 
Mens  Garganus,  ein  massiges  Vorgebirge,  das  geologisch  ebenso  für 


1.  ItaUen.    (§§  2,  8.) 


15 


sich  steht  wie  das  niedrige  Kalkplateau  Apuliens,  das  mit  dem  japygischen 
Vorgebirge  zum  Meere  abfallt.  —  Nach  Osten,  zum  Adriameere,  fallt  der 
Appennin  steil  ab,  während  die  zahlreichen  Flüsse  nach  kurzem  aber 
reissendem  Laufe  sich  ins  Meer  ergiessen;  also  nur  geringer  Küstenent- 
wicklung Raum  geben.  Die  apulische  Ebene  im  Süden  hat  längere  Fluss- 
läufe, z.  B.  den  Aufidus,  aber  keine  guten  Hafenplätze ;  bessere  hat  Cala- 
brien,  welche  den  Verkehr  mit  Griechenland  vermitteln.  —  Im  Westen 
lagert  sich  dem  Zuge  des  Appennin  das  subappenninische  Hügelland  vor. 
Hier  en-eichen  die  Flüsse,  der  Arnus,  der  Tiberis,  der  Liris,  der 
Volturnus  erst  nach  längerem  Laufe  das  tyrrhenische  Meer  und  breiten 
sich  grossere  Ebenen  aus,  die  etrurische,  die  latinische,  die  kampanische. 
Auch  sind  zahlreichere  Häfen  vorhanden.  Dadurch  ist  der  Hauptteil  Ita- 
liens, der  der  herrschende  wurde,  dem  Westen  zugewandt,  wie  der  Haupt- 
teil Griechenlands  dem  Osten.  Die  drei  grossen  Inseln  schliessen  diese 
Westseite  ab.  —  Am  Golf  von  Neapel,  auf  dem  Festlande  sowohl,  wie 
auf  den  Inseln  (namentlich  Aenaria)  übt  der  Vulcanismus  seine  die  Land- 
schaft mannigfach  umgestaltende  Thätigkeit,  die  auch  in  Sizilien  und  auf 
den  diesem  vorliegenden  Inseln  (besonders  Lipara)  so  hervortritt,  dass  sie 
historische  Bedeutung  hat.^ 

Ich  verzichte  auf  ein  näheres  Eingehen,  indem  ich  auf  Nissbns  Italische  Landes- 
kunde, Bd.  1,  verweise.  Man  findet  dort  die  Behandlung  Italiens  hei  den  alten  Geographen 
gewürdigt,  das  Meer,  den  Appennin,  den  Vulkanismus,  die  Appenninflüsse,  die  Inseln  u.  s.  w. 
Vgl.  an<£  Th.  Fischer  in  der  , Länderkunde  von  Europa"  herausgegehen  von  A.  Eirghhoff 
II,  2  (1890  f.):  «Das  HalbinseUand  Italien**.  Woran  hier  nur  im  allgemeinen  eriimert  werden 
kann.  Uns  kommt  es  vor  allem  auf  die  historische  Topographie  der  einzelnen  Landschaften 
an.    (NissBiss  zweiter  Band  wird  die  Städtekunde  behandeln.) 

A.  ünteritalien. 

3.  BruttiL  Die  bedeutendste  Stadt  Grossgriechenlands  war  bis  ca.  500 
V.  Chr.  das  achäische  Sybaris,  das  über  vier  Stämme  des  Binnenlandes 
und  über  25  Städte,  darunter  Metapontum,  Posidonia,  Laus  von  Meer  zu 
Meer  gebot,  was  wegen  der  Exklusivität  der  im  Westmeer  mächtigen  Chal- 
kidier,  Karthager,  Tyrrhener  für  manche  Handelsbeziehungen,  z.  B.  der 
Milesier,  von  Wichtigkeit  gewesen  sein  wird.  —  Nachdem  Sybaris  von  den 
gleichfalls  achäischen  Krotoniaten  zerstört  worden  war,  gründeten  im  Jahre 
443  Griechen  verschiedener  Stämme  unter  der  Ägide  von  Athen  in  der 
Nähe  Thurii. 

Der  südliche  Teil  der  brettischen  Halbinsel,  die  Städte  Locri  und 
Rhegion,  gravitierten  nach  Sizilien,  in  dessen  Händel  sie  regelmässig  hinein- 
gezogen wurden.  Der  Gegensatz  der  Interessen  beider  Städte  fand  darin 
ihren  Ausdruck,  dass  sie  entgegengesetzte  Allianzen  eingingen;  wie  denn  zur 
Zeit  des  peloponnesischen  Krieges  Rhegion  zu  Athen  hielt,  Locri  den  Dorern 
sich  zuwandte.  Nach  der  Niederlage  Athens  eroberte  Dionysius  von  Syrakus 


*)  Die  ffir  das  alte  Italien  bezeugten 
Tolkanischen  Ausbrüche  sind  von  Nissek  a. 
a.0.  I  283  zusammengesteUt  Ein  Aetna- 
ansbmeh,  der  unter  den  prodigia  vor  der 
Entscheidung  bei  Actium  von  Dio  50,  8  er- 
wähnt wird,  wäre  hinzuzufügen.    Ueber  den 


Ausbruch  des  Vesuv  i.  J.  79  n.  Chr.  vgl. 
auch  Joseph,  antiqu.  XX,  6,  3.  Beschreibung 
des  Vesuv  und  Aetna  bei  Procop.  b.  Goth. 
4,  35.  Neuerdings  G.  Tropba,  VEtna  e  le 
sue  eruzioni  nelle  principali  fanti  greche  e 
Romane,   In  Bivista  di  storia  antica  I  (1895), 


16 


A.  Qeographie  yon  Italien  und  dem  Orbis  Romanna. 


Rhegion  und  Kroton;  ja  er  fasste  den  Plan,  vom  skylletischen  zum  hip- 
poniatischen  Busen  eine  Mauer  zu  ziehen,  um  das  dadurch  abgeschlossene 
Gebiet  füi*  immer  mit  Sizilien  zu  vereinigen.  —  Gleichzeitig  wurden  die 
achäischen  Städte  durch  die  Kämpfe  mit  den  Lukanem,  welchen  sich  die 
Urbevölkerung  des  inneren  Landes  verband,  sehr  heruntergebracht. 

Als  die  Römer  von  Kampanien  und  Apulien  aus  in  die  unteritalischen 
Verhältnisse  eingriffen,  paktierten  die  Griechenstädte  einzeln  mit  ihnen; 
wobei  die  Tarentiner  ganz  im  Geiste  der  althergebrachten  Seepolitik  sich 
ausbedangen,  dass  keine  Flotte  aus  dem  tyrrhenischen  Meer  über  das 
lacinische  Vorgebirge  bei  Kroton  (heute  capo  delle  colonne  oder  capo  di 
Nau,  nach  dem  hier  bestandenen  berühmten  Tempel  der  lacinischen  Hera 
so  benannt)  hinausfahren  sollte.  Als  diese  Bestimmung  von  den  Römern 
nicht  eingehalten  wurde,  kam  es  im  Jahre  283  v.  Chr.  zum  Kriege,  dessen 
Ausgang  die  künftige  Zugehörigkeit  auch  der  Küstenlandschaft  zu  Italien 
entschied.  Rhegion,  Locri,  Kroton  und  Thurii  traten  in  den  unter 
Roms  Führung  stehenden  Bund  ein. 

Die  Bruttier  (Brettier)  waren  ein  Zweig  der  (sabellischen)  Lukaner, 
der  sich  erst  nach  und  nach  selbständig  entwickelte.  Es  war  ihnen  gelungen, 
die  kleineren  griechischen  Orte  im  inneren  Lande  zu  okkupieren,  so  im  Jahre 
356  V.  Chr.  Terina  und  Hipponium  (das  spätere  Vibo),  und  ein  Ge- 
meinwesen zu  begründen,  als  dessen  Mittelpunkte  Consentia  (j.  Consenza) 
und  Petelia  (nordwärts  des  Flusses  Neaethus,  beim  heutigen  Strongoli) 
genannt  werden.  Von  Rom  wurden  sie  nach  dem  Ausgang  des  Pyrrhischen 
Krieges  unterworfen,  bei  welcher  Gelegenheit  sie  die  Hälfte  des  wald- 
reichen SilagebirgesO  abtreten  mussten,  das  dem  römischen  Staats- 
schatz seitdem  ein  ansehnliches  Erträgnis  abwarf  (vgl.  Dionys.  Halic.XX,  15). 

Roms  Politik  begünstigte  die  Griechen  gegen  die  Bruttier,  welche 
ihrerseits  gemeinsam  mit  den  Lukanem  ihre  Mannschaften  für  den  Heer- 
bann des  italischen  Bundes  stellten.  Dies  Verhältnis  befriedigte  die  Mehr- 
zahl der  Bruttier  nicht,  so  dass  zur  Zeit  des  Hannibalischen  Krieges  zwar 
Petelia  den  Puniern  bis  aufs  äusserste  widerstand,  Consentia  hingegen 
schon  nach  kurzer  Gegenwehr  kapitulierte  und  die  übrigen  Bruttier  sich 
sofort  gegen  Rom  erklärten;  in  der  Hoffnung,  jetzt  endlich  der  Griechen- 
städte Meister  zu  werden.  Diese  waren  seit  dem  Pyrrhischen  Kriege  so 
sehr  geschwächt,  dass  man  in  Kroton,  das  Alter  nicht  in  Anschlag  ge- 
bracht, nur  mehr  2000  Bürger  zählte;  ganze  Stadtteile  waren  unbewohnt 
(Liv.  XXni.  30,  XXIV.  3) ;  nur  die  reichen  Erträgnisse  des  Heraheiligtums 
am  lacinischen  Vorgebirge  hielten  die  Stadt  aufrecht.  Ebenso  menschen- 
arm war  Thurii  (Strab.  6,  1,  13).     Da  die  Griechenstädte  gleichfalls,  mit 


^)  Die  antike  und  die  moderne  Begren- 
zung des  Silagebirges  differieren.  Wahrend 
jetzt  das  Gebirge  nördlich  der  Landenge  von 
Tiriolo  den  Namen  Sila  fOhrt,  beschreibt  es 
Sirabo  bei  Locri.  —  Zu  den  stadtrOmischen 
Bauten  war  man  in  der  Eaiserzeit,  insofern 
man  sich  nicht  aus  dem  oberen  und  mitt- 
leren Appennin  (namentlich  im  QueUgebiet 
des    Tiber)    oder    den  Alpengegenden    ver- 


sorgen wollte,  für  grosse  Tragbalken  haupt- 
sächlich auf  die  Waldungen  Bruttiens  ange- 
wiesen. So  auch  P.  Gregor  d.  Gr.  bei  der 
Reparatur  der  Kirche  zu  St.  Peter  und  Paul. 
JB^stolae  IX,  124  f.;  ebenso  P.  Gregor  II 
(saec.  VIII)  zu  demselben  Zwecke  aflcUis  de 
Calabria  trabibus.  Lib,  pontif,  ed.  Duchesne 
I  p,  397. 


1.  lUlien.    (§  8.)  17 

Ausnahme  des  von  Sicilien  her  gedeckten  Rhegion,  mit  Hannibal  pak- 
tierten, wurde  die  Zerstörungswut  der  Bruttier  auch  diesmal  gezügelt. 
Eine  Strassenstation  {Annibcdi  in  der  tab,  Peuting.,  Änival  beim  Ravenn.) 
zwischen  Scolacium  und  Croton  bewahrte  die  Erinnerung  an  das  Lager 
Hannibals  in  dieser  Gegend. 

Nach  dem  Ausgange  des  Hannibalischen  Krieges  wurde  die  Landschaft 
einer  radikalen  Reorganisation  unterzogen.  Von  den  Griechenstädten  blieb 
Rhegion  im  Besjj;ze  einer  bevorrechteten  Stellung,  infolge  deren  es  seinen 
griechischen  Charakter  bis  in  die  Kaiserzeit  beibehielt;  Locri  erlangte  Ver- 
zeihung; nach  Kroton  und  Thurii  aber  wurden  Kolonien  ausgeführt  (194 
und  193  V.  Chr.);  in  erstere  Stadt  eine  Bürger-,  in  letztere  eine  latinische 
Kolonie,  die  den  Namen  Copia  erhielt.  —  Femer  wurden  Neugründungen, 
vorgenommen  in  Vibo  (bei  Montelione,  drei  römische  Meilen  vom  Meer,  mit 
einem  Hafen,  der  den  Namen  bewahrt  hat,  jetzt  Bivona),  das  mit  dem  Namen 
Valentia  latinische,  und  nordwärts  davon  in  Tempsa  (dem  Temesa 
der  Griechen),  das  Bürgerkolonie  wurde.  Endlich  erfolgte  in  der  Gracchani- 
schen  Periode  (122  v.  Chr.)  die  Ausführung  einer  Bürgerkolonie  nach 
Skylletion,  das  seitdem  als  „colonia  Mmervia  Scolacium^^  (jetzt  Squillace) 
erschemt.  Das  südlich  davon  an  der  Küste  gelegene  Kaulonia,  das  noch 
zur  Zeit  des  Hannibalischen  Krieges  von  Bedeutung  war  (lat.  Caulonea, 
beim  heutigen  Castelvetere),  nennt  Strabo  ganz  verödet.  Die  Bruttier 
aber  wurden  für  ihre  Haltung  im  punischen  Kriege  dauernd  bestraft,  in- 
dem sie  wie  unfreie  vom  Kriegsdienste  ausgeschlossen  blieben  und  ihre 
Mannschaft  den  in  die  Provinzen  gehenden  römischen  Magistraten  als 
Bedienung  beigegeben  wurde.  Das  als  treu  bewährte  Petelia  erhielt 
eine  bevorzugte  Stellung.  Auch  Consentia  erholte  sich  wieder;  im  nahen 
Flusse  Busentus,  der  in  den  Krathis  mündet,  fand  der  Gotenkönig 
Alarich  sein  Grab.  —  Ln  übrigen  blieb  der  ager  Bruttius  mit  der  Sila 
Domäne  ;  zu  letzterer  gehörte  vielleicht  auch  der  ager  Teuranus  (Tiriolo 
bei  Catanzaro),  der  im  Senatuskonsult  de  Bacchanalibus  erwähnt  wird.  Das 
Gebirge  bot  in  der  Folge  Räubern  und  entlaufenen  Sklaven  eine  Zufluchts- 
stätte dar;  um  so  mehr  als  sie  an  der  geknechteten  Bevölkerung  des 
Landes  einen  Rückhalt  hatten.  —  Die  Gegend  um  das  südliche  Vorgebirge 
Leucopetra,  das  die  Alten  für  das  Ende  der  Appenninen  erklärten  (jetzt 
Capo  deW  Armi)  kam  in  dem  Kampfe  gegen  Sex.  Pompeius  in  Betracht. 
Cicero  war  im  Jahre  44,  auf  dem  Wege  nach  Griechenland  begriffen,  hier 
durch  widrige  Winde  an  das  Land  getrieben  worden.  — -  Die  Küstenstädte, 
namentlich  Rhegion  und  Kroton,  behaupteten  ihre  maritime  Bedeutung, 
die  in  der  spätrömischen  Periode,  z.  B.  bei  Procop  (vgl.  bell.  Goth.  IV,  25  f. : 
Belagerung  Ej*otons  durch  die  Goten)  mehrfach  hervortritt.  Kroton  bil- 
dete für  die  Schiffahrt  von  Messina  nach  Tarent  eine  Station  (vgl.  df& 
Beschreibung  der  Fahrt  bei  Procop  1.  c.  HI  28  ff.) ;  ebenso  der  Hafen  von 
Thurii,  Ruscia  (heute  Rossano). 

Corp.  inscript.  LaHnar.  Bd.  X  p.  1 — 18.  Nissen,  Landesk.  I  536  f.  veranschlagt  das 
Gebiet  der  Brettier  in  seiner  weitesten  Ausdehnong  Mif  200 — 250  deutsche  Quadratmeilen. 
Hbistkbbkbgk,  Ueber  den  Namen  Italien,  stellt  die  ältesten  geographischen  Angaben  zu- 
sammen. Der  Sinns  Hipponiates  oder  Yibonensis  oder  auch  Terinaeus  hiess  früher  Nantj- 
rirof  xoXTiog  (heute  Golfo  dt  S.  Eufemia).  Bis  daher  soll  sich  nach  Antiochus  von  Syrakus 
XUndbueh  der  klUB.  AltertumawiBWiiachaft.    lU.  8.    2.  Aufl.  2 


18  A.  Geographie  yon  Italien  und  dem  Orbis  Bomanna. 

ursprCLnglich  «Italien'  erstreckt  haben.  Spftter  erweiterte  sich  diese  Bezeichnung  bis  zu 
der  vom  Lausflusse  nach  Metapontum  reichenden  Grenzlinie  und  verschob  sich  von  hier  end- 
lich noch  mehr  nach  Norden  (und  zwar  zunächst  bei  den  Griechen).  —  lieber  die  griechische 
Kolonisation  vgl.  £d.  Mkteb,  Gesch.  des  Altertums  11  S.  477  ff.  Locri,  eine  Gründung  der 
Lokrer  (beim  heutigen  Gerace),  erhielt  den  Beinamen  Epizephyrii  von  dem  Voi^ebi^e 
Zephyrion,  das  den  Hafen  nur  gegen  die  Westwinde  schützte  (jetzt  Gapo  Bruzzano);  viel- 
leicht bedeutet  der  Beiname  aber  die  «westlichen  Lokrer**  (Mannert).  —  Rhegium  (das 
heutige  Reggio)  ist  wiederholt  durch  feindliche  Mftchte  und  durch  Erdbeben  zerstört  worden, 
so  df»s  keine  Reste  des  Altertums  sich  erhalten  haben.  —  Fa.  Lbnobicakt,  La  Grand- 
Grhe,  Paysagea  et  histoire  (3  tomes,  Paris  1881 — 1884)  t.  1.  chap.  4:  De  Siris  ä  Syharis, 
chap.  5:  Syharis  et  ThurM.  chap.  6:  Rossano.  chap.  7:  Les  ville^  de  Phüoctite  {Petelia 
etc.).  diap.  8:  La  vaUie  du  Niaühos,  tom.  2,  eh.  9:  Croton  et  le  Pythagoriame.  chap.  10: 
Suite  de  Croton,  chap.  11:  L^e  temple  de  Hera  Lacinia,  chap.  12:  De  Cotrone  ä  Catanzaro, 
chap.  13:  Catanzaro.  chap.  14:  Squiüace.  —  Man  vgl.  über  Lbnormants  Werk  die  ein- 
gehende Analyse  der  beiden  ersten  Bände  von  A.  Holx  in  Bubsians  Jahresberichten  1881 
S.  111 — 181.  ,,Das  Werk  Lenormants  ist  höchst  anregend  und  vortrefflich  in  der  Schilde- 
rung der  Natur  und  der  modernen  Verhältnisse,  in  den  allgemeinen  historischen  Betrach- 
tungen und  in  der  Anwendung  der  Numismatik  auf  die  Geschichte  (hier  jedoch  mit  Aus- 
nahmen), endlich  in  der  Benutzung  und  Verarbeitung  der  neuesten  Forschungen  anderer.  — 
Die  historische  Geographie  hat  er  jedoch  nur  insoweit  gefördert,  als  er  die  Resultate  der 
Lokalforschung  mitteilt  und  gut  wiedergibt,  und  durch  eigene  Forschung  in  Betreff  der 
Stadt  Skylletion.  —  Trotz  alledem  muss  jeder,  der  sich  mit  der  Geschichte  und  Geographie 
von  Grossgriechenland  beschäftigt,  das  Werk  lesen. **  —  Ueber  die  Ergebnisse  der  von  Ga- 
vALLARi  seit  1879  auf  dem  Boden  des  alten  Sybaris  unternommenen  Ausgrabungen  vgl. 
die  Notizie  degli  scavi  di  antichitä,  communic.  alla  R.  Aecad.  dei  Lincei  p.  ord.  di  S.  E.  il 
miniatro  di  pubhl  instruzione,  Anno  1879  und  1880  (Roma  1880  und  1881).  Tafel  V  des 
Jahrganges  1879  gibt  eine  Karte  der  Gegend.  Vgl.  Holm  a.  a.  0.  S.  131  ff.  Neue  Aus- 
grabungen seit  1888. 

Die  Lage  des  alten  Svbaris  ist  erst  durch  Gavallari  festgestellt  worden,  indem  er 
die  bei  Strabo  erhaltene  Nachricht  berücksichtigte,  dass  die  Erotoniaten  Sybaris  dadurch 
zerstörten,  dass  sie  den  Fluss  Erathis  (heute  Crati)  über  die  Stadt  leiteten.  CavaUari  er- 
kannte, dass  der  Crati  in  dem  letzten  Teile  seines  Laufes,  ehe  er  sich  mit  dem  Coscile 
(Fluss  Sybaris  der  Alten)  vereinigt,  eine  durch  kleine  Bodenerhebungen  veranlasste  Zick- 
zacklinie bildet,  während  daneben  ein  Thal  bleibt,  das  als  Crati  veechio  bezeichnet  wird, 
und  sich  in  gerader  Linie  nach  Osten  hinzieht.  Gavallari  hat  hieraus  geschlossen,  dass 
der  Crati  veechio  den  Lauf  des  Erathis  zur  Zeit  der  Existenz  von  Svbaris,  die  Zickzack- 
linie aber  dessen  Ablenkung  durch  die  Erotoniaten  bezeichne,  um  letztere  herum  muss 
die  Stadt  Sybaris  gelegen  gewesen  sein.  —  Gavallari  hat  in  seiner  topographischen  Ab- 
huidlung  auch  die  Frage  erörtert,  wo  Thurii  lag,  und  auf  den  Fönte  del  Fico  nördlich 
vom  Timpone  grande  als  wahrscheinlich  identisch  mit  der  Quelle  Thuria,  nach  der  die 
Stadt  den  Namen  hatte,  hingewiesen.  Vgl.  Lbkobmakt  1.  c.  p.  317  ff.  Corp.  inscr.  Lat.  X 
p.  18.    Die  spärlichen  Ruinen  liegen  bei  Terranova. 

Die  Verwaltnngsbeamten  der  Landschaft  Brutto  (et  Lucania)  vgl.  in  Ruooieros  di- 
zionario  epigrafico  s.  v.  Bmttii.  Ueber  Bruttien  im  6.  Jahrhundert  n.  Ohr.  geben  (abgesehen 
von  Procopius)  die  Schriften  des  Qßssiodor  mannigfachen  Aufschluss.  Einige  Notizen  z.  B. 
über  Taurianum  als  Bischof  sitz  im  südlichen  Bruttium,  über  Tropea  (bei  Monteleone),  über 
,das  auf  Elosterboden  errichtete  castrum  ScilUiciuin**  (d.  L  Scolacium),  über  die  „massa 
Nicoterana^.  die  einen  eigenen  Bischof  hatte  (jetzt  Nicotera)  u.  s.  w.,  auch  in  den  Briefen 
Gregors  d.  Gr.  Vgl.  Mommsbn  in  seinen  «Ostgot  Studien*"  N.  Archiv  d.  Ges.  XIV  S.  494 
und  in  der  ,Zeits(£r.  f.  Sozial-  und  Wirtschaftsgeschichte"  I  (1893)  S.  45.  Die  „tnaasa  Tra- 
peiana"  Gorp.  X  8076.  Von  Scillacium  stammte  Gassiodor.  Es  ist  auf  einem  fast  unzu- 
gänglichen Felsen  gelegen,  gegenüber  dem  Mons  Moscius  (jetzt  Monte  Moscia),  an  dessen 
Fuss  Gassiodor  Fisdbbehälter  {vivaria)  besass;  danach  ist  wohl  das  EQoster  Vivarium,  wohin 
sich  Gassiodor  im  Alter  zurückzog,  benannt.  Vgl.  Mommsens  Einleitung  zu  der  Ausgabe 
der  ,Variae'  (in  den  Mon.  Germ,  bist.)  p.  VII  f.  üeber  die  kirchlichen  Organisationen  in 
byzantinischer  Zeit,  speziell  den  Metropolitansitz  Severiana  (seit  saec.  X  Santa  Severina), 
nordwestlich  von  Eroton,  vgl.  Büry,  History  of  the  later  Roman  empire  H  p.  446.  Dieses 
Severiana  geht  auf  ein  von  Hecataeus  (bei  Stephan.  Byz.)  als  oenotrische  Stadt  genanntes 
Siberene  zurück,  das  vielleicht  auch  unter  dem  von  Liv.  26,  39,  7  neben  Groton  erwähnten 
Sybaris  zu  verstehen  ist,  da  das  alte  Sybaris  bei  Livius  nur  als  Thurii  vorkommt  Auch 
in  der  Aufeählung  der  Orte  Unteritaliens,  bei  Plin.  N.  h.  14,  6,  wo  gute  Weine  wachsen: 
„Tarentina  et  Servitia  et  Consentiae  genita"  ist  schon  das  Servitia  (Servitiana)  in  Siberi- 
niana  emendiert  Vgl.  Glwbb,  Ital.  ant.  II  p.  1315.  —  Der  Name  Oenotria  erscheint  noch 
im  5.  Jahrhundert  v.  Ghr.  fib*  Lukanien  und  die  Brattii  gebraucht.    Vgl.  Nissbn,  It.  Landesk. 


1.  ItaUen.    (§  4.)  19 

1525.  üeber  die  hieher  gehörigen  Fragmente  des  Hecataens,  worin  zahlreiche  oenotrische 
Orte  genannt  sind,  ygl.  za  Besgbb,  Gesch.  d.  wissensch.  Erdk.  der  Griechen  I,  7  die  Aus- 
f&hnmgen  von  Diels  in  „Hermes*  XXII,  412  ff.  , Gerade  die  auffällige  Berficksichtigong 
des  europäischen  Westens  giht  den  yollgttltigsten  Beweis  der  Echtheit  der  Periegese*.  — 
Ffir  die  sp&tere  Zeit  ist  das  von  Timaeus  gesammelte  Material  yon  Bedeutung.  Vgl. 
Gkffken,  Timaios'  Geographie  des  Westens  (Philol.  Untersuchungen  Bd.  XIII,  1892),  hiezu 
Ed.  Mbyeb  a.  a.  O.  üeber  dessen  Verhftltnis  zu  seinem  Zeitgenossen  Ljkophron  vgl.  C.  v. 
floLznvGBB,  Lykophrons  Alexandra,  Griechisch  und  deutsch  mit  erklftrenden  Anmerkungen 
(Leipzig  1895).  In  der  Einleitung  und  dem  Kommentar  ist  die  ältere  Litteratur  über  die 
Geographica  des  Lvkophron  (saec.  III  a.  Gh.)  yerzeichnet  und  verwertet.  Der  Autor  stellt 
die  Grfindungsgeschichten  der  Städte  Grossgriechenlands  mit  lebhaftem  Lokalkolorit  dar. 
VgL  auch  G.  F.  Gbotbfbnd,  Zur  Geographie  und  Gesch.  von  Altitalien,  2.  Heft:  Der  Griechen 
älteste  Sagengeschichte  von  Italien,  mit  einer  Karte  von  Italien  nach  Lykophrons  Alexandra 
(Hannover  18140).  4.  Heft:  Italiens  Bevölkerungsgeschichte  bis  zur  Römerherrschaft,  mit 
einer  Karte  griechischer  Pflanzstädte  in  Unteritalien  und  Sizilien  (ebenda  1841).  —  Den 
von  Liv.  XXX,  19  genannten  Orten  Uffngum  (al.  Aufugum),  Hetriculum  (al.  Ocriculum),  Ar- 
gentanum,  Sipheum  (fd.  Lymphaeum)  entsprechen  die  heutigen  Fagnano,  Lattarico,  S.  Marco 
Argentaro,  Montalto.  So  Lehorxakt  Lc.  Ip.  230.  Glampetia  ist  nachher  Strassenstation. 
Besidiae,  roäter  Besidianum,  jetzt  Bisignano.  Vgl.  Glüvbb  1.  c.  II  p.  1285.  1317,  der  wegen 
der  Unsicherheit  der  Ueberlieferung  an  der  Festlegung  der  anderen  von  Livius  genannten 
Orte  verzweifelt.  —  Nach  dem  Hannibalischen  Krieg  iiai  das  Land  der  Bruttii  erst  wieder 
im  AufiBtande  der  Sklaven  und  Fechter  unter  Spartacus  hervor.  Zur  Zeit  der  Bfirgerkriege 
regten  der  Prätor  M.  Caelius  und  der  aus  der  Verbaimung  zurückgekehrte  T.  Annius  Milo 
das  Gebiet  der  Bruttii  und  speziell  von  Thurii  auf.  Letzterer  fand  bei  Cosa  „in  agro 
Thurino*'  (Caes.  b.  c.  IQ,  22)  seinen  Tod.  —  Dann  wird  die  Gegend  wieder  erwähnt  zu  An- 
fang des  5.  Jahrhunderts  n.  Chr.  als  Alarich  nach  der  Einnahme  Roms  gegen  Sizilien  zog 
und  unterwegs  bei  Consentia  starb  (410).  —  Im  5.  Jahrhundert  n.  Chr.  ist  auch  Cassia- 
num  (das  heutige  Cassano)  zu  Stadtrecht  gelangt.  —  Im  Verlaufe  der  byzantinischen  Zeit 
erlangte  das  Griechentum  wieder  das  Uebergewicht  in  dieser  Landschaft.  Squillacium  war 
im  6.  Jahrhundert  eine  lateinische,  im  10.  eine  griechisch  redende  Stadt.  Buby  1.  c.  p.  448. 
Bei  Constantin  Porphyrog.  de  themat,  c.  27  erscheint  dieses  „Calabrien''  als  zur  Statt- 
halterschaft Sizilien  gehörig  und  es  bereitete  sich  damals  der  Sprachgebrauch  vor  von  einem 
Sizilien  jenseits  und  einem  Sizilien  diesseits  des  Faro  oder  von  ,  beiden  Sicilien',  wie  er 
nachher  von  den  Normannen  gebraucht  ward. 

4.  Lucania.  Die  Landschaft  Lukanien  hatte  gegen  Kampanien  den 
unteren  Lauf  des  Silarus  (heute  Sele)  zur  Grenze,  während  die  Gegend 
am  oberen  Laufe  mit  Eburum  noch  zu  Lukanien  gehörte.  Oegen  Apulien 
bildete  der  Fluss  Bradanus  (heute  Bradano)  die  Grenze,  endlich  gegen 
die  Bruttii  die  Flüsse  Laus  (jetzt  Laino)  im  Westen,  Erathis  (jetzt 
Krati)  im  Osten.  Im  ganzen  umfasste  Lukanien  etwa  180  deutsche 
Quadratmeflen. 

Auch  diese  Landschaft  war  längs  der  Küsten  durch  die  Griechen 
okkupiert;  durch  das  sybaritische  Posidonia  am  Silarus;  Elea  (Hyele), 
eine  Gründung  der  Phokäer;  Pyxus  und  das  gleichfalls  sybaritische  Laus; 
ferner  am  tarentinischen  Busen  Metapontum,  eine  achäische  Gründung 
in  kornreicher  Gegend;  Heraklea,  im  Jahre  432  v.  Chr.  von  Tarentinern 
und  Thurinern  begründet,  mit  Siris  als  Hafenort. 

Alle  diese  Orte  hatten  seit  dem  fünften  Jahrhundert  von  den  sabel- 
lischen  Lukanem  zu  leiden,  die  schon  im  Jahre  435  v.  Chr.  bis  gegen 
Thurii  vordrangen.  Posidonia,  von  ihnen  Paestum  genannt,  und  Laus 
fielen  den  Lukanem  in  die  Hände.  Nur  Elea,  von  den  Römern  Velia 
gesprochen  und  geschrieben,  bewahrte  seinen  griechischen  Charakter,  nach- 
dem es  durch  einen  günstigen  Bundesvertrag  mit  Rom  seine  innere  Selb- 
ständigkeit gewahrt  hatte.  Auch  Heraklea  war  mit  seiner  neuen  Stellung 
zufrieden.  Hingegen  wurde  273  v.  Chr.  nach  Paestum  eine  latinische, 
später  (im  Jahre  194)  nach  Pyxus  (seitdem  Buxentum)  eine  Btirger- 

2* 


20  A.  Geographie  von  Italien  and  dem  Orbia  Bemanne. 

kolönie  ausgeführt.  Laus  ist  in  der  tabul.  Peuting.  als  Lavinium,  bei 
Paul.  diac.  beziehungsweise  in  dem  von  ihm  benutzten  Provinzialkatalog  als 
Lainus  (Laynus)  verzeichnet. 

Die  Lukaner  mussten  sich  nach  ihrer  Unterwerfung  zu  einem  Bündnis 
mit  Rom  bequemen,  dem  zufolge  sie  im  Kriegsfall  zum  italischen  Aufgebot 
ihre  Mannschaften  zu  stellen  hatten;  doch  zeigt  deren  verhältnismässig 
geringe  Anzahl,  kaum  die  Hälfte  dessen,  was  das  kleinere  Samnium  auf- 
stellte, dass  die  Kraft  des  Volkes  gebrochen  war.  Auch  scheinen  die  so- 
zialen Gegensätze,  wonach  ein  zahlreicher  Teil  der  Bevölkerung  neben  dem 
Adel  in  einem  helotenmässigen  Zustande  sich  befand,  die  Nation  geschwächt 
zu  haben.  Im  Hannibalischen  Kriege  stellten  sich  die  Lukaner,  wie  früher 
im  Pyrrhischen,  auf  die  Seite  der  Gegner  Roms. 

Von  den  Ortschaften  des  lukanischen  Binnenlandes  wird  Grumen- 

tum  (bei  Saponara),  am  Vereinigungspunkte  der  Flüsse  Aciris  (heute 

Agri)  und  Sciagra  öfter  erwähnt,  so  zur  Zeit  des  Hannibalischen,  dann 

des  Sozialkrieges,  später  als  Kolonie;  ferner  Potentia  (beim  h.  Potenza 

am  Basente),  wie  der  Name  erweist,  eine  römische  Gründung;   Blanda; 

Tegianum  (Diane);  Atina  (jetzt  Atena);  Forum  Popilii  (jetzt  PoUa  an 

der  via  Popülia);  Volcei;  Eburum  (Eboli). 

Corp.  inscript.  Latinar,  Bd.  X  p.  21—57.  —  Fb.  Lenobmant,  La  (xrand-Crrlce,  t  1 
eh.  2:  Metaponte.  eh.  3:  H^racUe  et  Siris.  Ueber  Siris  und  die  bei  Plinins  erwähnten 
Sirini  vgl.  auch  Bbloch  in  , Heimes'  XXIX  S.  604  ff.  Paestum,  berflhmt  durch  seine 
Tempel  und  Ruinen,  jetzt  in  sumpfiger  Heidelandschaft;  in  der  spfttrömischen  Zeit  finden 
wir  sttdwftrts  davon  me  Bischofstadt  Acropolis  (jetzt  Agi-opoli).  Als  im  9.  Jahrhundert 
die  Saracenen  Paestum  verheerten,  flohen  die  Einwohner  mit  ihrem  Bischöfe  auf  die  Höhen 
von  Capaccio  vecchio.  —  W.  Sohlbüning,  Velia  in  Lucanien,  Archäol.  Jahrb.  1889  S.  169  ff. 
Die  Stadt  lag  beim  heutigen  Gastellammare  della  Bruca.  —  Buxentum  beim  heutigen 
Folicastro  (naXatoxaatQoy  in  bvz.  Zeit)  am  darnach  benannten  Golfe.  Südlich  davon 
Blanda  (bei  Marasca).  —  Die  Kuinen  von  Grnmentum  (bei  Saponara)  sind  unbedeutend, 
doch  ist  es  eine  reiche  Fundstätte  von  Vasen,  Inschriften  und  geschnittenen  Steinen.  — 
Volcei,  das  im  Hannibalischen  Kriege  eine  Rolle  spielte  (Liv.  XXVil)  —  die  Bewohner 
heissen  Volceiani,  auch  Vulceiani,  Volcientes,  Volcentani  und  Vulcentani  —  lag  beim 
heutigen  Buccino,  an  dem  in  den  Silarus  mündenden  Tanager  (jetzt  Negro).  —  Mit  Volcei 
war  in  der  späteren  Zeit  das  gleichfalls  bei  Liv.  1.  c.  genannte  Numistro  (bei  Muro?)  zu 
einer  Gemeinde  vereinigt;  ebenso  Forum  Popilii  mit  Atina  und  dem  Castrum  Gonsilinum. 
Mehrere  bei  Plinius  aufgeführte  Gemeinden,  wie  die  Aprustani  und  Ursentini  sind 
völlig  unbekannter  Lage.  Vgl  Bbloch,  Ital.  Bund  S.  19.  —  Der  bei  Vergil  (Geo.  IH,  146  f.) 
erwähnte  Alburnus  ,grün  von  Steineichen'  ist  der  Monte  di  Postiglione,  der  südwärts 
längs  des  Silarus  und  des  Tanager  hinstreicht,  die  auch  beide  bei  Vergil  L  c.  vorkommen. 
Eburum,  mit  der  Aussicht  auf  den  Alburnus,  wird  von  Sallnst.  bist  3,  67  in  der  Geschichte 
des  Spartacus  genannt.  —  Die  lukanischen  Orte  wurden  nach  dem  Sozialkrieg  meist  der 
tribtis  Pomptina  zugeschrieben.  Eübitsohek  1.  c.  p.  265.  45  ff.  —  Im  Mittelalter,  seit  dem 
10.  Jahrhundert^  ist  Lukanien  entzweigeteilt  in  das  Gebiet  des  Fürstentums  Salemo  und  die 
byzantinische  „Basilicata'^  (benannt  nach  dem  Titel  des  byzantinischen  Statthalters).  VgL 
(GiAC.  Ra  Cioppi),  Staria  della  denominazione  di  Basilicata  per  Homunculm,  Roma  1874. 
(Derselbe),  Paralipomeni  della  staria  della  denominazione  di  Basilicata  per  Homuneulus, 
Roma  1874.  Giac.  Raocioppi,  Origini  storiehe  investigate  nei  nomi  geografici  della  Basifi- 
cata,  im  Archivio  storico  Napolitano  I  (1876)  p.  435  ff.  Hiezu  Holm  in  Bursians  Jahresber. 
1874—75  S.  84,  1877  S.  269  f.  ,Raccioppi  hat  Recht  zu  behaupten,  dass  keiner  der  heutigen 
Ortsnamen  ans  klassisch-griechischer  Zeit  herstamme,  und  dass  in  byzantinischer  Zeit  eine 
stärkere  Einwanderung  aus  der  Balkanhalbinsel  nach  Unteritalien  wahrscheinlich  ist,  als 
die  Geschichtsquellen  melden." 

5.  Japygia  oder  Messapia  (Calabria).  Über  Metapontum  hinaus 
begann  die  Landschaft  Japygia,  welche  von  den  Hellenen  auch  Messapia, 
von  den  Römern  aber  Calabria  genannt  wurde.    Die  Eingeborenen  be- 


1.  Italien.    (§  5.)  21 

zeichneten  den  Teil  um  das  Japygische  Vorgebirge  nach  den  Sallentinem, 
einen  zweiten  nach  den  Messapiem,  den  dritten  an  der  Ostküste  nach  den 
Kalabrern. 

An  der  messapischen  Küste  hatten  lakonische  Dorier  Tarentum 
(Taras)  begründet,  das  nach  der  Besiegung  des  Pyrrhus  im  Jahre  272  v.  Chr. 
in  ein  übrigens  immerhin  noch  günstiges  Förderatverhältnis  zu  Rom  treten 
musste.  Nachdem  die  Stadt  im  punischen  Kriege  zu  Hannibal  abgefallen 
war,  wurde  sie  bei  der  Wiedereinnahme  der  Plünderung  preisgegeben; 
im  Jahre  123  v.  Chr.  aber  als  „colonia  Neptunia"  konstituiert.  Diese  er- 
fahr in  der  Folgezeit  wiederholt  eine  Verstärkung,  so  unter  Pompeius, 
unter  Nero  (vgl.  Tac.  ann.  14,  27),  doch  ging  die  Stadt  mehr  und  mehr 
zurück,  so  dass  nur  der  umfang  der  Mauern  von  der  einstigen  Bedeutung 
zeugte. 

Dafür  kam  der  messapische  Hafenplatz  Brundisium  empor.  Der 
Name  (bei  den  Griechen  Brentesion)  bedeutet  „  Hirschkopf''  der  Gestalt 
des  Hafens  entsprechend,  welcher  in  zwei  Armen  die  Stadt  umfasst.  Von 
den  Römern  wurde  der  Ort  den  Sallentinern  entrissen  und  als  Ausgangs- 
punkt der  verlängerten  via  Appia  im  Jahre  245  v.  Chr.  zur  latinischen 
Kolonie  gemacht.  Während  des  Hannibalischen  Krieges  deckten  römische 
Truppen  von  hier  aus  die  Küste  gegen  die  Landungsversuche  der  Mace- 
donier;  wie  es  denn  seitdem  der  gewöhnliche  Ausgangspunkt  für  die  Fahrt 
nach  Dyrrhachium  an  der  illyrischen  Küste  und  weiterhin  für  den  ge- 
sammten  Orient  wurde. 

Eine  hervorragende  Rolle  spielte  die  Stadt  während  des  Bürgerkrieges 
im  Jahre  49  v.  Chr.,  als  die  Pompeianer  sich  hier  gegen  Caesar  vertei- 
digten.    (Ausführliche  Beschreibung  bei  Caesar  bell.  civ.  I.) 

Der  dritte  Hafen  an  der  calabrischen  Küste  Hydruntum  (auch 
Hudrentum,  griechisch  Hydrüs,  jetzt  Otranto),  gegenüber  dem  nur  50  m. 
p.  entfernten  ApoUonia,  gelangte  erst  in  der  spätrömischen  Zeit  zu  grösserer 
Bedeutung.  Callipolis,  eine  griechische  Gründung  im  Busen  von  Tarent 
(jetzt  Gallipoli),  wurde  von  den  Römern  in  Anxa  umgenannt,  ohne  dass 
dieser  Name  durchgedrungen  wäre. 

Von  den  älteren  Orten  der  Sallentiner  wurde  Lupiae  (in  spät- 
römischer Zeit  auch  Lippia,  das  heutige  Lecce)  Kolonie,  ohne  dass  der 
Hafen  vor  dessen  Restaurierung  durch  K.  Hadrian  eine  Bedeutung  gehabt 
hätte;  im  nahen  Rudiae  (beim  heute  unbedeutenden  Rugge)  ward  Ennius 
geboren;  weiter  erscheinen  im  Besitze  des  Munizipalrechtes  Valetium 
(Valese),  Uxentum  (Ugento),  Neretium  (Nardö)  und  an  der  via  Appia 
zwischen  Tarentum  und  Brundisium  Uria  (jetzt  Oria).  Manduria,  zwi- 
schen Tarentum  und  Hydruntum  an  einem  kleinen  See  gelegen,  wo  der 
spartanische  König  Archidamus  (338  v.  Chr.)  von  den  Messapiern  er- 
schlagen wurde;  auch  im  zweiten  punischen  Krieg  genannt.  Die  Südspitze 
der  Landschaft  bildete  das  Promontorium  -  Japygium  oder  Sallen- 
tinum,  auch  Leuca  (noch  heute  Capo  di  Leuca)  genannt,  gleich  dem 
nahen  Orte  (heute  S.  Maria  di  Leuca);  unfern  davon  auf  dem  Wege  nach 
Hydruntum  lag  auf  felsiger  Höhe  das  „castrum  Minervae*,  nach  Vergil 
der  Punkt  Italiens,  welchen  Aeneas  zuerst  erblickte.    Die  akrokeraunischen 


22  A.  Geographie  von  Italien  und  dem  Orbia  BomaniiB. 

Gebirge  an  der  gegenüberliegenden  Küste  sind  bei  gutem  Wetter  erkenn- 
bar. —  Die  Landschaft  bewahrte  in  der  römischen  Zeit  einen  halb  grie- 
chischen Charakter;  wie  andererseits  die  Berührungen  mit  der  illjrrischen 
Eüste  für  die  Geschicke  derselben  entscheidend  waren:  scheint  doch  die 
Sprache  der  alten  Messapier  mit  jener  der  heutigen  Albanesen  im  Zu- 
sammenhang zu  stehen. 

Corp.  inseript.  Latinar,  Bd.  IX  p.  1—24.  Fb.  LBNOSMAirr,  La  Orand-Grhee  t.  1, 
eh.  1:  Tarente.  t.  3:  la  Calabrie.  —  lieber  Tarent  vgl.  auch  A.  J.  Evans,  Reeent  discoveries 
of  Tarentine  terracoUas.  In  „The  Journal  of  Heüenic  studies**  VII,  1  (1886)  p.  1—50. 
Yoraosgeschickt  ist  eine  Rekonstruktion  des  Situationsplanes  der  alten  Stadt.  Das  heutige 
Tarent  liegt  an  der  Stelle  der  Acropolis  der  alten  Stadt,  während  diese  sich  auf  dem  Fest- 
land weit  nach  Südosten  erstreckte.  —  In  ethnographischer  Hinsicht  vgl.  nehen  Movvsen, 
Unterital.  Dialekte  S.  85,  97;  Rom.  Gesch.  I^  10  f.  noch  W.  Hblbio,  Ueher  die  Herkunft 
der  .Tapyger,  in  „Hermes*  XI,  256—290.  —  Dbbckb  im  Rhein.  Mus.  N.  F.  XXXVI,  576  ff. 
XXXVII,  373  ff.  XL,  133  ff.  —  L.  G.  db  Simbokb,  Note  Japygo-Messapiche,  Torino  1877. 
Vgl.  Bursians  Jahresber.  1877  S.  272  (mit  topographischen  Detailstudien  ttber  Rudiae,  Lupiae, 
Valetium  u.  s.  w.).  —  Nibsbn,  Ital.  Landeskunde  I,  543.  lieber  den  saltus  Garminianensis 
(heute  Garmignano  zwischen  Lecce  und  Nardö),  dem  sp&ter  ein  episcopus  Garmeiensis  ent- 
spricht, vgl.  MoMMSEW  im  „Neuen  Archiv  der  Ges.  f.  ältere  deuteche  Geschichtsk.*  XV  (1889) 
S.  187.  —  In  byzantinischer  Zeit  (saec.  IX)  ward  ii^olge  veränderter  Besitzverh&ltnisse  des 
Reiches  der  Name  Galabria  auf  die  südwestliche  Halbinsel,  bisher  Bruttü,  ttbertragen,  die 
ihn  jetzt  noch  fahrt.    Vgl.  Buby,  A  history  of  the  laier  Roman  Empire  H  p.  439. 

6.  Apulia.  Die  so  genannte  Landschaft  umfasste  die  Gebiete  der 
Daunier  (im  Nordwesten),  der  Peucetier  (im  Südosten)  und  der  Apuler 
im  engeren  Sinne  des  Wortes.  Infolge  des  Hannibaüschen  Krieges  wurden 
die  Verhältnisse  der  Landschaft  derart  umgestaltet,  dass  zur  Zeit  des 
Strabo  die  Abgrenzungen  dieser  Völkerschaften  nicht  mehr  zu  unterscheiden 
waren,  vielmehr  die  Daunier,  Peucetier,  Apuler  eine  und  dieselbe  Sprache 
redeten  und  insgesammt  als  Apuler  bezeichnet  wurden. 

Die  apulische  Landschaft  bildet  an  der  östlichen  Abdachung  der  sam- 
nitischen  Berge  eine  nur  durch  die  Erhebung  des  Oarganus  (monte  Gar- 
gano,  die  Spitze  1560  m  über  Meer)  unterbrochene  Küstenebene,  welche  von 
den  Flüssen  Frento,  Aquilo,  Cerbalus,  Aufidus  (heute  Fortore,  Colone,  Cer- 
varo,  Ofanto)  durchströmt  wird.  Der  Aufidus  ist  der  bedeutendste,  doch 
hat  auch  er  nur  zur  Regenzeit  viel  Wasser.  Ln  ganzen  ist  die  Gegend 
wasserarm,  da  der  Boden  aus  durchlässigem  Kreidekalk  besteht  und  bloss 
stellenweise  Thonlager  enthält.  Wo  Bewässerung  möglich  ist,  gibt  es 
treffliches  Kornland.  Sonst  bedeckt  sich  das  Land  erst  nach  der  Regen- 
zeit mit  ki*äftigem  Graswuchs,  was  zur  Schafzucht  im  grossen  Gelegenheit 
gibt.  Den  Sommer  und  Herbst  müssen  die  Heerden  in  den  Bergen  zu- 
bringen, wodurch  Apulien  in  ein  wirtschaftliches  Abhängigkeitsverhältnis 
zu  Samnium  geriet,  das  auf  die  politische  Haltung  der  Landschaft  nicht 
ohne  Einfluss  blieb.  Diese  Verhältnisse  waren  auch  in  der  Kaiserzeit  vor- 
handen, wie  ein  Dekret  aus  der  Zeit  des  Marc  Aurel  zeigt.  (Corp.  IX  2438  = 
Wilmans  ex.  2841.  Vgl.  ;,Hermes"  XV,  395).  Grosse  Flächen  der  Land- 
schaft werden  als  ^saltus'^  bezeichnet,  d.  h.  als  ausserhalb  der  municipalen 
Grenzen  für  sich  stehende  Weidebezirke,  wie  sie  in  Italien  sonst  nach 
der  Agrarreform  der  Gracchen  und  ihrer  Nachfolger  (vgl.  Corp.  I  551  = 
Wilm.  797)  kaum  noch  sich  erhalten  haben. 

Im  westlichen  Apulien,  welches  Plinius  mit  dem  Namen  Teani  Apuli 
bezeichnet,  lag  Teate,  später  kurzweg  Teanum  Apulmn  genannt  (Ruinen 


L  lUUen.    (§  6.)  23 

bei  Passo  di  Givitate).  Die  angesehensten  Städte  in  diesem  Teile  der  Land- 
schaft waren  aber  Arpi  (am  Flusse  Aquilo,  die  Ruinen  nördlich  vom  heu- 
tigen Foggia)  und  Ganusium  (am  Aufidus,  heute  Canosa),  zwischen  denen 
Apulien  zur  Zeit  der  Samniterkriege  geteilt  war;  Ganusiiun  stand  auf  Seite 
der  Samniter,  Arpi  auf  der  der  Römer.  —  Der  Aufidus  ist  in  seinem 
unteren  Laufe  schiffbar:  bei  Cannae,  wo  die  Römer  die  Niederlage  des 
Jahres  216  erlitten,  von  Ganusium  25  Stadien,  vom  Meer  90  Stadien 
(==:  16  km)  entfernt,  lag  der  Flusshafen  der  Ganusiner;  in  der  Nähe  der 
jycampus  Diomedis,*'  so  benannt  nach  dem  mythischen  Begründer  von  Ganu- 
sium. Diese  Stadt  blieb  damals  den  Römern  treu,  während  Arpi  ein 
Hauptquartier  der  Punier  wurde.  —  Auch  später  behielt  Ganusium,  so  als 
wichtige  Station  der  von  Benevent  nach  Brundisium  führenden  via  Traiana, 
seine  Bedeutung.  Im  vierten  Jahrhundert  n.  Ghr.  wurde  es  die  Hauptstadt 
von  Apulien  und  Galabrien. 

Als  Stapelplätze  von  Arpi  kamen  empor  die  durch  einen  Fluss  und 
Lagunen  (Scdapina  palus)  mit  einander  in  Verbindung  stehenden  Orte 
Sipontum  (griech.  Sipüs,  die  Ruinen  bei  S.  Maria  Maggiore  di  Siponto) 
und  Salapia  (Ruinen  Salpi).  Nach  dem  Hannibalischen  Kriege  wurden 
beide  Orte  von  Arpi  emanzipiert;  Sipontum  (beim  heutigen  Manfredonia), 
im  Jahre  194  als  römische  Kolonie  konstituiert.  Westlich  von  Arpi  lag 
Luceria  (jetzt  Lucera),  ursprünglich  eine  Stadt  der  Daunier,  die  aber  auch 
Diomedes  als  Gründer  verehrte;  auf  einer  Hochfläche,  die  nach  Ost  und 
Süd  sich  senkt,  nach  Nord  und  West  steil  abfallt.  Von  der  Burg  aus 
übersieht  man  die  ganze,  vom  Appennin  und  dem  massig  ins  Meer  vor- 
springenden Mons  Garganus  eingeschlossene  Ebene.  Luceria  wurde  im 
Jahre  314  v.  Ghr.  als  latinische  Kolonie  gegen  die  Samniter  gegründet 
und  mit  einem  umfangreichem  Gebiet  ausgestattet;  es  bewährte  sich  im 
Hannibalischen  Kriege  als  der  Stützpunkt  der  Römer  auf  dem  apulischen 
Kriegsschauplatz. 

Die  zweite  Gründung  der  Römer  war  das  im  Jahre  291  v.  Ghr.  als 
(latinische)  Kolonie  konstituierte  Venusia,  eine  Station  der  via  Appia. 
Als  Venusia  infolge  des  Sozialkrieges  das  Bürgerrecht  erlangte,  wurde  es 
der  tribtts  Horatia  zugeschrieben;  im  Jahre  65  erblickte  daselbst  Q.  Hora- 
tius  Flaccus  als  der  Sohn  eines  Freigelassenen  das  Licht  der  Welt,  in 
dessen  Gedichten  die  Heimat  oft  erwähnt  wird. 

Venusia  (jetzt  Venosa)  liegt  am  wasserarmen  Flüsschen  Daunus, 
das  dem  , weithintönenden  {vioUns  longe  sonäns)  Aufidus*  zuströmt;  über 
der  Landschaft  erhebt  sich  der  ^Apulische  Vultur,''  ein  umfangreiches 
Gebirge  (60  km),  dessen  höchster  Gipfel,  heute  ü  pizzuto  di  Melfi  (1329  m), 
ein  erloschener  Vulkan  mit  zwei  kleinen  tiefen  Kraterseen  ist.  An  der 
Südwestseite  das  hochgelegene  Aceruntia  (jetzt  Acerenza),  ein  kleines, 
aber  festes  Städtchen.  In  der  Nähe  Bantia,  wo  im  Jahre  208  v.  Ghr. 
der  Konsul  Marcellus  in  den  Hinterhalt  Hannibals  fiel  (heute  Banzi;  das 
in  der  Landesprache  abgefasste  Ortsstatut,  die  lex  Bantina,  ist  erhalten), 
und  die  „fetten  Fluren  des  niederen  Forentum^  (heute  Forenza).  Den 
von  Horaz  gepriesenen  Föns  Bandusiae  glaubt  man  bei  Palazzo  gefun- 
den zu  haben,  zwei  Stunden  östlich  von  Venosa,  wo  eine   starke  Quelle, 


24  A.  Geographie  von  Italien  und  dem  Orbis  Bomanns. 

jetzt  Fontana  grande,  entspringt.  Auch  Ausculum  (gewöhnlich  Asculum 
Apulupi  genannt,  heute  Ascoli  di  Satriano),  wo  Pyrrhus  die  Römer  schlug, 
ist  von  Horaz  andeutungsweise  („oppidulum"  sat.  1,  5,  86)  erwähnt;  ebenso 
Canusium,  Trevicum  (auf  dem  Wege  von  Benevent  nach  Canusium, 
bereits  im  Gebiet  der  Hirpiner  gelegen),  von  wo  aus  die  Berge  Apuliens  zuerst 
vor  Augen  treten.  —  In  Venusia  ist  ein  Amphitheater  erhalten,  ausser- 
dem sind  in  der  Nähe  jüdische  Katakomben  entdeckt  worden,  wie  denn 
auch  sonst  bekannt  ist,  dass  im  vierten  und  fünften  Jahrhundert  n.  Chr. 
viele  Juden  hier  lebten. 

Aecae  (jetzt  Troja)  und  Herdoniae  (Ardaneae  bei  Liv.  24,  20;  heute 
Ordona),  im  Hannibalischen  Kriege  genannt,  Stationen  der  via  »Traiana.* 
Südwärts  von  ersterem  das  gleichfalls  im  Hannibalischen  Kriege  erwähnte 
Vibinum  (heute  Bovine).  Bedeutendere  Strassenstationen  waren  in  der 
Folgezeit  Rubi  (jetzt  Ruvo),  Butuntum  (jetzt  Bitonto),  Caelia  (jetzt 
Ceglie  di  Bari),  endlich  an  der  Grenze  zwischen  Apulien  und  Calabrien  der 
Hafenplatz  Gnathia,  von  den  Römern  in  Egnatia  (die  zerstörte  Stadt 
bei  torre  di  Agnazzo  in  der  Nähe  von  Monopoli,  dem  alten  Minopolis)  um- 
genannt; „die  allgemeine  Einkehr  für  die  zu  Wasser  und  zu  Land  nach 
Barium  Reisenden,*  bemerkt  Strabo.  Der  Hafenplatz  Barium  (jetzt  Bari) 
lag  an  der  alten  Grenze  zwischen  Dauniern  und  Peucetiern.  Die  Land- 
schaft bewahrte  vielfach  ihr  halbgriechisches  Wesen,  so  dass  das  unreine 
Latein  seiner  Landsleute  (speziell  der  Canusiner)  für  Horaz  ein  Gegen- 
stand des  Spottes  war.  Ein  Nachklang  aus  der  früheren  Epoche,  wo  hier 
jedes  Nest  griechische  Münzen  geschlagen  hatte.  Selbst  die  lateinischen 
Inschriften  der  Gegend  weisen  Gräzismen  auf. 

Corp,  inscript.  Lot,  IX  p.  25 — 87.  —  Nibbuhb,  Voitrftge  über  alte  Länder-  und 
Völkerk.  S.  489—499.  —  Kiepert,  Lehrb.  der  alten  Geographie  §  388  f.  —  Nissen,  Itali- 
sche Landeskunde,  Bd.  I  8.  271  ttber  den  Vultur;  S.  337  f.  ttber  das  Thal  des  Aufidus,  die 
Küste  und  die  apulische  Ebene.  Der  Umfang  der  Landschaft  war  ein  wechselnder.  Nach 
der  heutigen  Einteilung  umfassen  die  drei  apidischen  Provinzen  402  deutsche  Quadratmeilen. 
Die  Yerwaltnngsbeamten,  die  auf  den  Inschriften  der  Kaiserzeit  für  Apulien  und  die  damit 
kombinierten  Sprengel  genannt  werden,  ebenso  die  Strassen,  sind  yerzeichnet  in  Ruooibbos 
dizioniario  epigrafico  s.  v.  Apulia.  —  Capxartin  db  Chaupy,  Dicouverte  de  Ja  maison  de 
campagne  d*  Hortice,  ouvrage  utile  pour  V  inteüigence  de  cet  auteur,  et  qui  dotine  occasion 
de  traiter  d'  une  suUe  conMd&rable  de  Heux  antigues  (Romae  1767 — 1769,  3  Bde.).  Für 
die  Topographie  der  bei  Horaz  erwähnten  Gegenden  noch  jetzt  massgebend  und  yon 
MoMKSBN  in  Corp,  inscript,  Latinar.  IX  und  X  verwertet.  Vgl.  Corp.  IX,  index  auctorum, 
p.  XXXIU.  MoHMSBN  in  den  Sitzungsberichten  der  preuss.  Akad.  1889,  S.  23  ff.  (Festvortrag, 
worin  die  Heimatsschilderungen  des  Horatius  kommentiert  sind).  Einen  Zusammenhang 
zwischen  der  tribus  Uoratia,  weldier  Venusia  zugeschrieben  war,  und  dem  Namen  des 
Dichters  Horatius  vermutete  G.  L.  Gbotefbnd,  Zeitschrift  fOr  d.  Altert. -Wiss.  1834  S.  182  ff. 
vgl.  1836  S.  942  und  G.  F.  Gbotefbnd,  Zur  Geographie  und  Geschichte  von  Altitalien,  5.  Heft 
(1842)  S.  47.  Es  wurde  darauf  hingewiesen,  dass  die  Freigelassenen  eines  Munizipinms 
ebenso  einen  Namen  anzunehmen  pflegten,  der  an  das  frühere  Abhängigkeitsverhältnis  er- 
innerte, wie  dies  bei  Freigelassenen  von  Privaten  der  Fall  war.  Einwendungen  dagegen 
bei  Hbnzbn,  Bull,  deW  inst,  arch.  1857  p.  31.  ~  In  der  byzantinischen  Zeit  hatte  der 
in  Barium  (Bari)  residierende  Statthalter  den  Titel  xaranayosj  daher  die  Bezeichnung  ,Ca- 
pitanata**.  Sonst  erlitt  die  topographische  Konfiguration  der  Landschaft  im  Laufe  der  Zeit 
manche  Veränderung.  Im  Jahre  663  n.  Chr.  wurde  Luceria  von  den  Byzantinern  zerstört. 
An  dem  Mons  Garganus  erhob  sich  schon  im  5.  Jahrhundert  (vgl.  Archiv  d.  G^.  V,  509) 
das  berühmte  Heiligtum  des  Erzengels  Michael,  von  wo  aus  die  Normannen  (saec.  XI)  das 
Land  zuerst  kennen  lernten.  Foggia  (von  „foveae**,  Gruben,  in  denen  Getreidevorräte  be- 
wahrt wurden),  jetzt  der  Mittelpunkt  der  apulischen  Ebene  (eine  Stunde  vom  alten  Arpi), 
kam  durch  den  Hohenstaufen  fViedrich  U  empor,  der  auch  Luceria  (als  Saracenenkolonie) 


1.  ItaUen.    (§  7.) 


25 


neu  begründete,  wie  sein  Sohn  Manfred  die  Stadt  Manfredonia,  3  Kilometer  yom  alten 
Sipontam,  das  wegen  seiner  Sumpfluffc  immer  mehr  heruntergekommen  war. 

7.  Campania.  Der  Name  kommt  von  Gapua,  wurde  jedoch  schon 
im  vierten  Jahrhundert  v.  Chr.  zunächst  von  den  Griechen  auf  die  ganze 
Landschaft  nördlich  von  der  Mündung  des  Silarus  und  dem  Vorgebirge 
der  Minerva  (westlich  vom  heutigen  Amalfi)  bis  an  die  Grenzen  Latiums 
übertragen.  Der  Grund  lag  darin,  dass  einerseits  Capua  früh  die  Füh- 
rung über  die  angrenzenden  Städte,  wie  Ate  IIa  und  Galatia,  an  sich 
gebracht  hatte,  daher  die  hauptsächlich  von  hier  ausgehenden  Söldner  kurz- 
weg als  die  Gampanischen  bezeichnet  wurden ;  anderseits,  dass  nachher  die 
übrigen  Städte  dieses  Gebietes,  namentlich  auch  Gumae,  zu  Born  in  ein  ähn- 
liches Verhältnis  wie  Gapua  traten.  Das  Gebiet  der  Aurunker  und  der 
Sidiciner  (nordwärts  des  Voltumus)  war  ursprünglich  nicht  einbegriffen, 
während  es  später  zu  Gampanien  gerechnet  wird.  —  Doch  unterscheidet 
Polybius  den  Kafinavog  vom  Kanvavog,  resp.  Kanvrjaiog ;  und  bei  genauerer 
Diktion  wurde  die  Unterscheidung  von  Gampanus  und  Gapuensis  auch  im 
Lateinischen  durchgeführt,  das  von  den  Griechen  gebildete  Wort  Gampa- 
nia  im  Lateinischen  rezipiert.  Umfasste  „ Gampanien^  zunächst  etwa  50 
deutsche  Quadratmeilen,  so  ist  später  die  politische  Bezeichnung  „Gampa- 
nien* eben  solchen  Veränderungen  unterlegen,  wie  etwa  der  Begriff  von 
Latium. 

Strabo  charakterisiert  diese  Landschaft  vortrefflich:  »Von  Sinuessa 
zieht  sich  längs  der  Küste  ein  grosser  Busen  bis  Misenum;  von  dort  ein 
zweiter,  viel  grösser  als  der  erste;  diesen,  welcher  von  Misenum  bis  zum 
Athenaeum  (d.  i.  das  Promontorium  Minervae  südlich  von  Sorrent)  sich 
hinzieht,  nennt  man  den  Krater.  Über  diesen  Ufern  liegt  ganz  Gampania, 
die  gesegnetste  aller  Ebenen.  Fruchtbare  Hügel  und  die  Berge  der  Sam- 
niter  und  Osker  umgeben  sie."  Hier  wachse  das  schönste  Getreide,  Öl 
und  der  beste  Wein:  Falemer,  Galener,  Surrentiner  u.  s.  w. 

Kein  Wunder,  dass  die  vorheiTschenden  Stämme  der  Halbinsel  sich 
der  Landschaft  zu  bemächtigen  gedachten:  die  Griechen  setzten  sich  an 
der  Küste  fest,  die  Etrusker,  Samniter,  Römer  nach  einander  im  Binnen- 
lande; der  entscheidende  Kampf  Roms  mit  den  Samnitem  entbrannte  um 
Eampanien. 

Die  Festsetzung  der  chalkidischen  Griechen  erfolgte,  bevor  noch  die 
Phoeniko-Karthager  diesen  Teil  des  tyrrhenischen  Meeres  okkupiert  hatten, 
zuerst  auf  der  Insel  Pythecusae,  dem  heutigen  Ischia.  Aber  infolge  der 
vulkanischen  Erschütterungen,  denen  die  Insel  ausgesetzt  war,  sahen  sich 
die  Ansiedler  genötigt,  nach  dem  gegenüberliegenden  Festland  auszuwan- 
dern, wo  sie  auf  hohem,  damals  gewiss  noch  fast  direkt  aus  dem  Meer 
sich  erhebenden  Felsen  die  Stadt  Gumae  (im  achten  Jahrhundert  v.  Ghr.? 
oder  schon  früher?)  begründeten,  i)    Da  die  ganze  Küstenlandschaft  vul- 


*)  Ischias  Yulkanische  Natur  zeigte  sich 
1883  neuerdings  durch  eine  grosse  Erschüt- 
terung  der  Insel,  wobei  über  2000  Men- 
schen verunglttckten.  Vgl.  darüber  ,  Aus- 
land* 1883  Nr.  34.  —  Der  Name  Ischia  tritt 


als  Iscla  zum  erstenmal  auf  erst  813  in  einem 
Briefe  Papst  Leo  ni  ao  Karl  d.  Gr.  „Es 
kann  wohl  kein  Zweifel  sein,  dass  er  von 
sianXeTy  abgeleitet  ist  mit  der  (im  Neapoli- 
tanischen)   gewöhnlichen    Lautverschiebung 


26 


A.  Geographie  von  Italien  und  dem  Orbis  BomaniiB. 


kanischer  Thätigkeit  ausgesetzt  ist,  fixierten  sich  hier  die  Sagen  von  dem 
unter  der  Erde  gefesselten  Riesen,  der  bis  an  den  Ätna  sich  erstrecke, 
aus  dessen  Schlünde  er  seinen  Grimm  aushauche;  hieher,  nach  den  »phle- 
graeischen*  Gefilden,  wurde  der  Eingang  in  die  Unterwelt  verlegt  (vgl. 
Vergils  Schilderung) ;  von  dem  l^icus  Ävemus  ging  die  Sage,  dass  die  über 
denselben  wegfliegenden  Vögel  betäubt  ins  Wasser  niederstürzten.  West- 
wärts, mit  dem  Meere  durch  einen  Kanal  verbunden,  der  See  Acherusia 
(jetzt  lago  del  Fusaro)^  eigentlich  eine  Strandlagune.  Charakteristisch  für 
die  Gegend  sind  die  kleinen  Kraterseen,  die  Schwefelquellen,  Solfataren. 

Infolge  der  wechselnden  vulkanischen  Thätigkeit  sind  seit  dem  Alter- 
tum nicht  unbedeutende  Änderungen  in  der  Gestaltung  des  Terrains  ein- 
getreten. Während  der  Berg  Epomeus  auf  Pythecusae  seine  Wirksamkeit 
fortsetzte  und  nochmals  im  Jahre  474  v.  Chr.  die  Syrakusaner  an  der  Be- 
siedelung  der  Insel  hinderte  —  auch  die  Insel  Prochyta  (Procida) 
sollte  nach  Plinius  dem  Älteren  durch  einen  ins  Meer  gestürzten  Berg  sich 
gebildet  haben,  was  aber  die  moderne  geologische  Forschung  abweist,  — 
galt  der  Vesuvius,  dessen  Abhänge  bewaldet  oder  bebaut  waren,  bis  zur 
Katastrophe  des  Jahres  79  n.  Chr.  für  erloschen.  Cumae  aber  war  durch 
den  locus  Avemus  und  den  locus  Lucrinus  mit  dem  Busen  von  Misenum 
direkt  verbunden,  ein  Zusammenhang,  der  erst  im  Jahre  1538  unter- 
brochen wurde,  als  sich  zwischen  den  beiden  Seen  der  ,, Monte  nuovo'^  bis 
zur  Höhe  von  130  m  emporhob. 

Cumae  blieb  jahrhundertelang  das  Kultur-  und  Handelszentrum  des 
nachmaligen  Kampaniens,  indem  es  jeden  Konkurrenten,  Karthager,  Etrusker, 
andere  Griechen,  von  dem  „cumaeischen*  Busen  ausschloss,  gegen  Angriffe 
von  der  Landseite  her  aber  durch  seine  feste  Lage  gesichert  war.  Von 
Cumae  aus  erfolgte  im  sechsten  Jahrhundert  die  Gründung  von  Neapel, 
das  nach  dem  Verfalle  der  , Altstadt'  Cumae  die  bedeutendste  Griechen- 
stadt an  dieser  Küste  wurde,  seinem  griechischen  Charakter  auch  am 
längsten  treu  blieb,  i)  Eine  feste  Stadt  von  der  See-  wie  von  der  Land- 
seite her.   Seit  326  v.  Chr.  civitas  foederata  und  zur  Stellung  von  Schiffen 


(pluB  =  chiü)/  Belogh,  Camp.  8.  206. 
Auch  „insula  maior*^  hiess  sie  bei  den  An- 
wohnern. 

0  Die  Existenz  einer  besonderen  Palaeo- 
polis,  welche  bei  Liv.  8,  22  ff.  erwähnt  wird, 
beruht  auf  der  Verwiming,  die  1.  c.  in  den 
Nachrichten  des  Livius  herrscht.  Vielleicht, 
dass  den  Sanmitem  gegenüber,  die  in  die 
Stadt  aufgenommen  waren,  die  griechischen 
Bürger  als  Palaeopoliten  sich  bezeichneten. 
Zwischen  Neapel  und  Dicaearchia  bietet  das 
Terrain  keinen  Raum  fOr  eine  besondere 
Stadt.  —  Die  Efiste  von  Puteoli  kennen  wir 
aus  Darstellungen  auf  Glasgefftssen,  beson- 
ders einem  bei  Odenira  inPortu^  gefundenen. 
Vgl.  Jordan,  Archäol.  Zeitung  1868,  S.  91, 
tab.  11.  Ebenso  Baiae.  Belöge  im  Vorbe- 
richt zu  seinem  Atlas  von  Campanien  S.  2  f. 
Text  S.  125  f.  Die  ganze  Gegend  hat  durch 
die  Th&tigkeit  der  rOmischen  Grossen  eine 


andere  Vedute  bekommen.  Wichtig  fOr  die 
Topographie  sind  auch  die  Silyae  des  Statins, 
der  aus  Neapel  stammte.  Vgl.  Mohhskn, 
Inschrift  des  Pollius  Felix,  »Hermes"  XVIII, 
158  ff.  Es  wird  das  Landhaus  epUimones 
(limon  bei  Statins)  und  der  emissarius  Paco- 
nianus  erwähnt  Ebenso  ist  der  Roman  des 
Petronius,  der  in  dieser  Gegend  spielt,  zu 
beachten.  Vgl.  Momksbn,  „Hermes'  XHI, 
106:  Trimalchios  Heimat  und  Grabschrift  o.  a. 
Auf  die  Erwähnungen  bei  Vergil,  Properz, 
Martial  (vgl.  FribdlIkdbb,  Sittengesch.  H) 
endlich  griechische  Sagen,  welche  an  diese 
Küsten  anknüpfen,  brauche  ich  nicht  näher 
einzugehen.  —  Die  Schilderung  des  Vesuv- 
ausbruches im  Jahre  79  durch  den  jüngeren 
Plinius  ist  für  den  ganzen  Golf  von  Wert. 
Der  Standpunkt  des  Zuschauers  war  Mi- 
senum. 


t  ItaUen.    (§  7.)  27 

an  den  römisch-italischen  Bund  verpflichtet.  Die  in  geraden  Linien  lau- 
fenden Strassen  des  heutigen  Napoli  entsprechen  denen  der  alten  Zeit, 
da  Neapel  seit  seiner  Gründung  nie  zerstört  worden  ist.  Der  Fluss  Sebe- 
thos,  an  dessen  Mündung  Neapel  liegt,  ward  als  Oott  verehrt.  Die  Insel 
im  Süden  der  Stadt,  welche  jetzt  das  Castel  ddV  Ovo  trägt,  hiess  Megaris, 
was  vielleicht  ursprünglich  eine  phönikische  Faktorei  (nachher  die  Palaeo- 
polis  ?)  bezeichnete;  in  römischer  Zeit  erhob  sich  hier  die  Villa  des  Lu- 
culi, die  als  y^castrum  LucuUanwn"  dem  Romulus  Augustulus  zum  Aufent- 
haltsort durch  Odovacar  angewiesen  wurde.  Es  war  im  Laufe  der  Zeit 
hier  eine  ganze  Vorstadt  erwachsen.  —  Die  heutige  Ghiaja  heisst  bei 
Gregor  dem  Grossen  (ep.  X,  61)  Plaja  (=  plaga).  Die  Höhe  im  Westen 
davon  hat  den  Namen  vom  Pausilipon  („Sorgenfrei'')  des  Vedius  Pollio, 
später  kaiserlicher  Besitz.  Der  Hügel  ward  durch  die  bekannte  Grotte 
(Crypta  Neapolitana)  durchbrochen,  wo  man  neuerdings  (1882)  eine 
römische  in  den  Tuff  gehauene  Wasserleitung  konstatiert  hat.  Weiter 
die  Insel  Nesis  (jetzt  Nisida),  einst  Besitz  des  M.  Brutus;  die  Euploea  (d.  i. 
die  Klippe  la  Gajola  an  der  Punta),  der  (jetzt  trocken  gelegte)  Kratersee 
Lage  di  Agnano  {^Icums  Annianus*^ ;  die  Annii  auch  sonst  in  der 
Gegend  nachweisbar);  der  weinberühmte  Mons  (Naurus  (Monte  Barbara). 
Dicaearchia,  ein  Emporium  von  Cumae,  das  aber  erst  durch  die  Römer 
Bedeutung  erhielt,  die  es  nach  dem  Hannibalischen  Kriege  im  Jahre  194 
V.  Chr.  unter  dem  Namen  Puteoli  (jetzt  Pozzuoli)  zur  Kolonie  machten;  es 
wurde  in  der  Kaiserzeit  ein  Handels-  und  Stapelplatz  ersten  Banges, 
namentlich  für  den  Verkehr  Italiens  mit  dem  Orient,  und  gewissermassen 
der  zweite  Hafen  Roms.  Im  Gebiete  von  Puteoli  lag  der  berühmte  und 
berüchtigte  Badeort  Baiae,  wo  sich  zur  Saison  (März,  April)  das  vor- 
nehme Rom,  auch  der  Kaiser  einzustellen  pflegte.  Den  locus  Avernus 
und  den  locus  LucrinuSj  die  früher  ihres  Fischreichtums  wegen  gerühmt 
waren,  hatte  M.  Agrippa  zur  Anlage  eines  Kriegshafens  („portus  Julius'') 
verwendet.  Später  wurde  Misenum  als  solcher  eingerichtet,  wo  seitdem 
die  für  das  Westmeer  bestimmte  Flotte  stationierte.  Aus  der  Flotten- 
station erwuchs  eine  Stadt,  die  vom  K.  Claudius  als  solche  konstituiert 
wurde,  während  der  „praefectus  clossis  praetorioe  Misenatensis'  nachher 
nicht  nur  in  militärischer  Beziehung,  sondern  auch  in  Verwaltungsange- 
legenheiten für  ganz  Kampanien  die  erste  Persönlichkeit  ward  (vgl.  Ephem. 
epigr.  Vn  p.  398).  —  Den  ,Mons  Misenus*,  das  weithin  sichtbare  Kap 
von  Misenum,  das  dem  Hafen  vorgelagert  ist,  feiert  Vergil,  Aen.  VI,  232. 
Hier  hatte  Marius  eine  Villa  angelegt,  die  nach  ihm  Luculi  besass,  später 
die  Kaiser:  Tiberius  ist  hier  gestorben.  —  Am  Lucriner  See  lag  die 
.Akademie^  Giceros;  wie  denn  dieser  See  im  Kurleben  von  Baiae  nach  wie 
vor  eine  Rolle  spielte  (daher  auch  ku^us  Baionus  genannt).  Als  Hadrian 
in  dem  »alten  Palast*"  (d.  i.  wohl  dem  von  Cäsar  erbauten)  zu  Baiae  ge- 
storben war,  wurde  er  in  der  ehemaligen  Villa  Ciceros  beigesetzt.  —  Die 
(früher  dem  Hortensius  gehörige)  Villa  in  Bauli  (gleichfalls  unweit  des 
Lucrinersees)  ist  bekannt  durch  die  hier  erfolgte  Ermordung  der  jüngeren 
Agrippina  durch  die  Mannschaften  des  Flottenpräfekten  von  Misenum. 
Unter   Nero  erreichte   der  Uebermut  in  Baiae  den  Gipfel;   wollte  doch 


28  A.  Geographie  von  Italien  nnd  dem  Orbis  Romanna. 

dieser  Kaiser  den  Lucrinersee  durch  einen  schiffbaren  Kanal  mit  dem 
Tiberflusse  verbinden,  zu  welchem  Behufe  die  am  lacus  Avemus  gelegenen 
Höhen  zu  untergraben  schon  begonnen  war.  Diese  und  andere  Entwürfe 
zur  Umgestaltung  der  Gegend  vereitelte  nur  Neros  Sturz.  Das  „stagnum 
Neronis'^  im  kaiserlichen  Palast  zu  Baiae,  die  Trümmer  jener  Bauten  am 
locus  Lucrinus  galten  noch  lange  als  Sehenswürdigkeiten.  Der  Lucrinus 
war  vom  Meere  durch  einen  Damm  getrennt,  über  den  die  y^via  Herculanea*^ 
führte;  denn  Hercules  sollte  diesen  Damm  aufgeschüttet  haben,  als  er  die 
Rinder  des  Geryones  heimtrieb  (Strabo).  Heute  ist  die  Strandlagune 
Maricello  der  dürftige  Rest  des  einst  so  berühmten  Sees. 

Die  Insel  Pithecusae  (, Affeninsel''),  auch  Aenaria  genannt,  mit 
dem  anstossenden  Prochyta  gehörte  seit  Mitte  des  5.  Jahrhunderts 
V.  Chr.  den  Neapolitanern,  die  den  vor  den  Erderschütterungen  Flüchtigen 
Zuflucht  gewährt  hatten,  ging  dann  an  die  Römer  verloren,  bis  Augustus 
sie  wieder  den  Neapolitanern  für  Capri  (die  „Eberinsel*)  abtrat.  —  Die 
westwärts  gelegene  Insel  Pandataria  (jetzt  Ventotene)  wurde  in  der 
Kaiserzeit  als  Detentionsort  für  hochgestellte  Personen,  namentlich  die 
Frauen  des  Herrscherhauses  verwendet. 

Auch  an  der  Ostseite  des  Golfes  von  Neapel,  sowie  im  Gebiete  süd- 
lich davon  sind  vielfache  Änderungen  eingetreten.  Zur  Zeit  des  Hanni- 
balischen  Krieges  war  Picentia  (heute  Vicenza,  auf  dem  Wege  von 
Salernum  nach  Eburum)  eine  Stadt,  welche  die  Bedeutung  hatte,  wie 
nachher  Salernum,  das  sich  entwickelte,  nachdem  Picentia  wegen  seines 
Abfalles  zum  Dorfe  herabgesetzt  worden  war.  Salernum  wurde  im  Jahre 
194  V.  Chr.  als  Bürgerkolonie  eingerichtet.  —  Sorrentum  besass  in 
seinem  Gebiete  einen  Tempel  der  Minerva,  den  Ulysses  gegründet  haben 
sollte,  auch  ein  Heiligtum  der  Sirenen,  ViUen,  gesunden  Wein.  —  Die 
durch  einen  drei  Million  breiten  Sund  vom  Festland  getrennte  Insel 
Capreae  (Capri)  wurde  durch  den  Aufenthalt  des  Tiberius  berühmt  (vgl. 
Tacit.  ann.  IV,  67;  Sueton.  Tib.  40).  —  Stabiae  war  wegen  seiner  vor- 
züglichen Milch  bekannt,  wovon  auch  der  „mons  lactarius"  (heute  Monte 
dilettere)  den  Namen  hatte;  das  alte  Her  culaneum  wurde  in  der  Eaiser- 
zeit  zur  Villeggiatur  benützt;  Pompei,  die  bedeutendste  der  durch  ihr 
unglückliches  Schicksal  berühmt  gewordenen  Städte,  früher  der  oskische 
Hafen  Kampaniens,  war  im  Bundesgenossenkriege  (gleich  Herculaneum) 
von  den  Römern  erobert,  darauf  von  Sulla  als  Kolonie  {cohnia  Veneria 
Cornelia  Pompeianorum)  eingerichtet  worden.  Sein  an  der  Mündung  des 
Samus  gelegener  Hafen  blieb  zugleich  das  Emporium  der  kampanischen 
Landstädte.  Von  diesen  war  Nuceria  am  Sarnus  (der  hier  göttlich  ver- 
ehrt wurde)  in  der  Zeit  der  römischen  Republik  als  Kreuzpunkt  mehrerer 
Strassen  gewissermassen  die  Hauptstadt  des  südlichen  Kampaniens.  Nola, 
das  sich  in  der  Krise  des  Hannibalischen  Krieges  als  treu  bewährt  hatte, 
bildete  im  Bundesgenossenkriege  einen  der  Stützpunkte  der  Insurgenten; 
unter  Augustus,  der  hier  starb,  wurde  es  als  „colonia  Augusia"  konstituiert. 
Von  Nola  östlich  lagen  Abella  (heute  Avella)  und  Abellinum  (bei 
Avellino),  das  letztere  früher  eine  Stadt  der  Hirpiner.  Ersteres  hatte  mit 
Nola  einen  Herculestempel  an  der  Grenze  ihrer  Gebiete  gemeinsam.    Be- 


t  ItaUen.    (§  7.)  29 

rühmt  war  die  abelliniscbe  Haselnuss  und  überhaupt  die  Obst-  und  Oarten- 
kultur  der  Gegend.  In  Nola  hatten  mehrere  römische  Grosse  ihre  Villen; 
auch  Yergilius  besass  hier  ein  Grundstück. 

Gapua  war  der  Hauptsitz  der  Osker  in  der  ganzen  Landschaft,  welche 
hier  verweichlichten  und  dadurch  in  Gegensatz  zu  den  kräftigen  Berg- 
stämmen ihrer  Nationalität  traten.  Der  Widerstand  der  Gapuaner  gegen 
die  Festsetzung  der  Römer  hatte  die  Einziehung  eines  bedeutenden  Teiles 
ihres  Gebietes  zur  Folge,  des  ager  Stellas  und  des  ager  Falernus  (beide 
nördlich  vom  Voltumus);  im  Jahre  296  v.  Chr.  wurden  die  an  der  Küste 
im  alten  Aurunkerland  gelegenen  Orte  Minturnae  und  Sinuessa  (Se- 
nuisa  auf  einer  alten  Inschrift)  als  Bürgerkolonien  eingerichtet;  eine 
römische  tribus  erhielt  den  Namen  Falerna.  Als  die  Gapuaner  dafür  im 
Hannibalischen  Kriege  von  Rom  abfielen,  wurde  nach  der  Wiedereroberung 
der  Stadt  der  ganze  ctger  Campanus,  soweit  er  nicht  Tempelgut  war,  zum 
ager  publicus  p.  R.  geschlagen,  die  römischen  Kolonien  Volturnum  (an 
der  Mündung  des  Flusses)  und  Liternum  angelegt  (191  v.  Ghr.),  Gapua 
selbst  der  Stadtverfassung  beraubt.  Nur  die  sakralen  Verbände,  wie  die 
Festgemeinschaft  zu  Ehren  der  Diana  am  Berge  Tifata,  wo  (bei  der  heu- 
tigen Kirche  S.  Angdo  in  Formis)  ein  berühmter  Tempel  und  Wallfahrts- 
ort stand,  blieben  erhalten,  bis  Julius  Gäsar  im  Jahre  59  v.  Ghr.  Gapua 
wieder  herstellte.  Die  Stadt  erlangte  bald  neue  Bedeutung,  wie  wir  den 
Nachrichten  des  von  hier  stammenden  Velleius  Paterculus  entnehmen;  in 
der  Kaiserzeit  ward  sie  eine  der  Metropolen  Italiens,  ihr  Amphitheater 
nach  dem  Kolosseum  in  Rom  das  geräumigste.  Die  „Laborini  campi" 
oder  „Laboriae^  genannte  Gegend  an  der  Strasse,  welche  von  Puteoli 
nach  Gapua  fühlte  (davon  die  „terra  di  Lavoro^),  galt  als  der  fruchtbarste 
Teil  Gampaniens.  —  Im  fünften  und  sechsten  Jahrhundert  n.  Ghr,  erscheint 
Gapua  als  tote  Stadt,  deren  Bevölkerung  den  weiten  Mauerumfang  nicht 
zu  füllen  vermochte.  Im  neunten  Jahrhundert  von  den  Sarazenen  zer- 
stört, erhob  sich  das  neue  Gapua  nicht  an  der  Stelle  des  alten  (jetzt 
S.  Maria  di  Capua  vetere),  sondern  eine  Stunde  davon  am  Volturnus,  wo 
der  Brückenkopf  Gapuas,  Gasilinum,  gestanden  hatte.  —  Atella 
(S.  Arpino  bei  Aversa)  teilte  zumeist  die  Schicksale  Gapuas.  Ebenso  Galati a 
(Le  Galazze),  an  der  via  Appia  zwischen  Gapua  und  Gaudium.  Acerrae 
(jetzt  Acerra),  auf  dem  Wege  nach  Neapel  am  Fluss  Glanius  (jetzt 
TAgno),  der  schon  im  Altertum  die  Gegend  versumpfte. 

Als  zweitbedeutendste  Stadt  in  der  Binnenlandschaft  nennt  Strabo 
das  Teanum  der  Sidiciner  (Teanum  Sidicinum),  jetzt  Teano,  das  bei  Be- 
ginn der  samnitisch-römischen  Verwickelungen  eine  Rolle  spielte,  dann 
von  den  Römern  gegenüber  Gapua  begünstigt  wurde.  Sein  ausgedehntes 
Gebiet  umfasste  in  der  vorrömischen  Zeit  vielleicht  noch  Yenafrum  (jetzt 
Yenafro).  —  Gales  (heute  Galvi),  eine  Stadt  der  Aurunker,  zwischen  dem 
grossen  latinischen  und  dem  zweiten  samnitischen  Kriege  (im  Jahre  334) 
als  Kolonie  eingerichtet,  war  während  des  Hannibalischen  Krieges  ein 
wichtiger  Stützpunkt  der  römischen  Aufstellung  in  Kampanien.  Des- 
gleichen das  in  der  vorrömischen  Zeit  schon  bedeutende  Suessula  (im 
Bosco  di  Acerra,  eine  halbe  Stunde  westlich  von  Gancello,  wo  die  «Castra 


30  A.  Geographie  Ton  Italien  und  dem  Orbia  BomaniiB. 

Claudiana''  angesetzt  werden),  das  einen  starken  Tagmarsch  südlich  lag 
und  den  Ausgang  des  caudinischen  Passes  beherrschte.  Die  via  Appia  be- 
rührte Suessula  nicht,  die  mutatio  Novae  war  ein  vicus  der  Stadt.  In  der 
Nähe  von  Suessa  Aurunca  (so  benannt  zum  Unterschiede  von  Suessa 
Pometia)  der  weinberühmte  „mons  Massicus^. 

J.  Bblooh,  Eampanien,  Topographie,  Geschichte  und  Leben  der  Umgebung  Neapels 
im  Altertum.  Nebst  einem  Atlas  yon  Eampanien  in  13  kolorierten  Karten  mit  beschrei- 
bendem Texte,  Berlin  1879.  Nach  einer  Einleitung,  welche  in  Kap.  1  Land  und  Volk,  in 
Kap.  2  eine  Uebersicht  der  Yerfassungszustände,  der  Grösse  der  Stadtgebiete,  der  Kunst- 
strassen und  Itinerarien  enthalt,  wird  Kampanien  in  drei  Bttchem  behimdelt,  deren  erstes 
die  Phlegraea,  das  zweite  das  Samothal  und  den  südl.  Golfrand,  das  dritte  die  kampaniscche 
Ebene  umfasst.  —  Die  Karten  stellen  dar:  1.  Campania,  2.  NeapoUs,  8.  PuteoU,  4.  Cumae, 
5.  Baiae,  6.  Misenum,  7.  Pythecnssae,  8.  Herculaneum,  9.  10.  Suirentum,  11.  Capreae, 
12.  Capna,  13.  Nola  (die  Behandlung  Pompeis  blieb  ausgeschlossen).  Das  Werk  Belochs, 
dessen  zweite  Auflage  (1890)  nur  Nachtrftge  gibt,  ist  wertvoll  namentlich  wegen  der  Ver- 
arbeitung einer  im  Auslande  kaum  zu  beschaffenden  topographischen  Lokallitteratur  (Ejepert). 
Eingehende  Besprechung  von  Holm  in  Bubsiaits  Jahresb.  1879  S.  312 — 321.  —  Die  Aende- 
rungen,  welche  die  römische  Herrschaft  herbeifOhrte,  waren  durchgreifender  Natur;  die 
Kolonie  Puteoli  überflügelte  die  benachbarten  griechischen  Orte,  von  denen  allerdings  Nea- 
polis  noch  im  3.  Jahrhundert  n.  Chr.  die  griechische  Geschftftssprache  gebrauchte,  während 
Cumae  als  römische  Kolonie  verkümmerte.  In  der  Kaiserzeit  riv^üsierte  Puteoli  mit  Capua. 
Das  römische  Luxusleben  an  der  Küste  verging  mit  der  Herrlichkeit  des  Reiches.  So 
schrumpfte  Puteoli  wieder  zusammen  auf  den  Hügel,  der  einst  Dicaearchia  getragen  hatte. 

Corpus  inscript.  Lot.  X  p.  58—497.  —  F.  v.  Duhn,  Grundzüge  einer  Geschichte  Kam- 
paniens  nach  Massgabe  der  neuesten  archäologischen  Entdeckungen.  In  „Verhandlungen 
der  34.  Vers,  deutscher  Philologen  und  Schulmänner  in  Trier*"  (1879),  Leipzig  1880,  S.  141 
bis  157.  Znsammenfassung  früherer  Aufsätze.  Für  die  historische  Geographie  Kampaniens 
massgebende  Gesichtspunkte  hervorhebend.  Zur  Kenntnis  der  vorrömischen  Zeit  liefern  die 
Gräberfunde  das  Material.  —  Ueber  das  Gebiet  der  Aurunker  vgl.  Nissen,  Ital.  Landeskunde 
I  519.  531.  Die  Geschichte  des  „ager  Campanus*^,  auch  des  „campus  Stellas"  ist  mit 
jener  der  italischen  Agrarfirage  auf  das  engste  verquickt;  die  Belege  sämtlich  in  Corp.  X 
p.  365  ff.;  Beloch  a.a.O.  S.  295  ff.  -—  In  der  Kaiserzeit  kamen  die  Villen,  welche  die 
römischen  Grossen  an  der  Kampanischen  Küste  um  Baiae,  Puteoli,  Misenum,  Neapel,  Sor* 
rent  besessen  hatten,  nach  und  nach  alle  in  kaiserlichen  Besitz;  sei  es  durch  Erbschaft, 
sei  es  durch  Konfiskation.  Ebenso  ging  Capri  in  den  kaiserlichen  Privatbesitz  Über,  der 
also  in  diesen  Gegenden  einen  stattlichen  Umfang  erreicht  haben  muss.  Auch  die  kam- 
panischen Tempel  besassen  bedeutende  Liegenschaften,  so  ausser  der  Diana  vom  Berge 
Tifata,  in  Neapel  die  Parthenope,  in  Sorrent  die  Minerva  u.  s.  w.  Die  Tempelgüter  der 
letzteren  lagen,  wie  es  scheint,  bei  Massa  Lubrense  (d.  i.  delubrense),  das  davon  den  Namen 
hat.  Ueber  «Massa''  als  technischen  Ausdruck,  der  später  für  die  Besitzungen  der  römischen 
Kirche  vielfach  gebraucht  wird,  vgl.  Ärchivio  della  aocietä  Romana  XVII  p.  6.  —  Auch  die 
Küstenlandschaft  des  nördlichen  Kampanien  befand  sich  während  der  Kaiserzeit  in  blühendem 
Zustande.  Sinuessa  ward  als  Kur-  und  Badeort  frequentiert.  Vgl.  Tacit.  Ann.  12,  66.  Erst 
die  allgemeinen  Ursachen  der  Entvölkerung,  dann  die  Saracenen  haben  diese  Orte  herunter-, 
und  weltentrückte  Positionen  wie  Amalfi,  das  saec.  VI  als  Castrum  und  Bischof  sitz  zuerst 
genannt  wird,  zu  Ehren  gebracht.  —  Der  Liris  heisst  jetzt  Garigliano,  wie  es  scheint,  nach 
der  „massa  Qarffüiana",  die  saec.  IV  im  römischen  liber  potUifieal.  (ed.  Duchbsne  I  p.  173 
cf.  p.  191)  vorkommt 

B.  Mittelitalien. 

8.  Die  physischen  Verhältnisse  Latituns.  Die  Ebene  im  Westen 
Centralitaliens,  das  sog.  Latium  (von  latus,  Seite,  nXazvg,  das  Plattland), 
bildete  in  der  sekundären  und  noch  zu  Anfang  der  tertiären  geologischen 
Periode  ein  Meerbett,  das  erst  nach  und  nach,  hauptsächlich  durch  pluto- 
nische  Wirkungen  in  Festland  umgewandelt  wurde. 

Den  Beweis  hiefOr  bietet  der  umstand,  dass  durch  die  ganze  Gampagna 
hin  die  ältere  Kalkformation  durch  vulkanische  Bildungen  (Lava,  Peperin, 
Tuff)  durchbrochen  ist.  Das  vorwiegende  Gestein  ist  der  Tuff,  dessen  beste 
Sorten  von  den  Alten  als  lapis  Albanus  und  Oabinus  bezeichnet  wurden. 


lltaliei.    (§8.)  31 

Jene  in  der  Vorzeit  wirkenden  Vulkane  haben  auf  die  Konfiguration 
der  Landschaft  merklich  eingewirkt.  Im  Gegensatz  zu  den  angrenzenden 
Sabiner-  und  Volskerbergen,  die  aus  Kalk  bestehen  und  durch  die  Schroff- 
heit der  Formen  sich  auszeichnen,  ist  die  in  der  Mitte  der  latinischen 
Ebene  sich  erhebende  vulkanische  Gruppe  des  Albanergebirges  durch  ihre 
kegelförmigen  Bildungen  charakterisiert.  In  der  Mitte  dieser  Gruppe 
liegt  954  m  über  dem  Meer  der  Mens  Albanus,  dem  ostwärts  die  Kette 
des  Algidus  vorgelagert  ist.  Die  Seen  am  Fusse  dieser  Erhebungen,  der 
Albaner  See,  der  lago  di  Nemi  u.  a.  sind  ehemalige  Krater.  Der  erstge- 
nannte wurde  mittelst  eines  durch  den  westlichen  Bergrücken  geführten 
Stollens  zu  Gunsten  der  Urbarmachung  des  Terrains  eingeschränkt.  An 
die  vulkanische  Thätigkeit  mahnten  sonst  in  historischer  Zeit  nur  einzelne 
Schwefelquellen,  wie  die  Aquae  Albulae  bei  Tibur. 

Auf  die  stürmische  plutonische  Thätigkeit  folgte  die  stetigere  neptu- 
nische, da  die  aus  den  Gebirgen  hervorbrechenden  Flüsse  mannigfache 
Ablagerungen  und  Niederschläge  (Travertin,  lapis  Tiburtinus)  verursachten; 
was  die  Terrainbildung  in  und  um  Rom  noch  in  historischer  Zeit  wesent- 
lichen Änderungen  unterwarf;  von  der  Königs-  bis  in  die  Kaiserzeit  hinein 
wurde  mit  diesen  natürlichen  Verhältnissen  gerungen:  der  Boden  durch 
Anlage  von  Abzugskanälen  entsumpft,  die  Überschwemmungsgefahr  durch 
Schutzbauten  abgewehrt,  durch  Aufschüttungen  neuer  Boden  gewonnen 
u.  s.  w.  Die  Geschichte  der  Stadt  Rom  ist  mit  diesen  Ameliorierungs- 
werken  auf  das  engste  verknüpft. 

Von  grosser  Bedeutung  war  es,  dass  der  Tiberfluss,  die  natürliche 
Verkehrsader  dieser  Gegenden,  an  der  Mündung  leicht  regulierbar  war 
und,  was  Dionys  von  Halicamass  besonders  hervorhebt,  keine  Sandbank 
bildete.  Hier  legte  Ancus  Marcius  den  Hafen  Roms  (Ostia)  an,  der  erst 
in  der  Kaiserzeit  dm*ch  Claudius  und  Traian  wesentliche  Änderungen  er- 
fuhr. Der  Besitz  der  Strommündung  und  des  nicht  nur  für  die  Latiner, 
sondern  auch  für  die  Sabiner  und  Etrusker  in  Betracht  kommenden  Ver- 
kehrsemporiums  an  dieser  hafenarmen  Küste  war  eines  der  Momente,  auf 
die  Roms  Grösse  sich  aufbaute.  Auch  wurde  von  Ostia  das  Salz  bezogen ; 
was  unter  den  primitiven  Verhältnissen  der  alten  Zeit  nicht  unwichtig 
war.  Die  von  Rom  nach  dem  Sabinerlande  führende  alte  Strasse  hatte 
den  Namen  „Salaria*,  da  Rom  nach  der  Besiegung  der  Veienter  für  diese 
Gegenden  den  Verkehr  mit  den  Salinen  am  Meer  monopolisierte. 

Im  Gegensatz  zum  Tiber,  dessen  Mündung  von  den  Römern  bis  zum 
Sturze  ihres  Reiches  die  gebührende  Sorgfalt  zu  Teil  wurde,  vermochten 
die  kleineren  Küstenflüsse  südwärts  sich  keinen  so  günstigen  Ausfluss  zu 
sichern;  infolgedessen  hier  Sumpf bildung  eintrat,  vielfach  im  Zusammen- 
hang mit  der  Ersetzung  der  kleinen  Eigentümer  durch  Grossgrundbesitzer. 
Trotzdem  im  Anschlüsse  an  den  Bau  der  Via  Appia  (812  v.  Chr.)  und 
seitdem  oft  eine  Regulierung  der  stagnierenden  Gewässer  Ufens,  Amisenus 
u.  8.  w.  versucht  wurde,  blieben  diese  „paludes  Pomptinae",  da  ein  richtiges 
Gefälle  nicht  hergestellt  werden  konnte,  als  lästige  Landplage  bestehen, 
die  infolge  der  Vernachlässigung  der  alten  Abzugsgräben  während  der 
spätrömischen  Periode  vollends  unleidlich  wurde.     Während   die  Ebene 


32  A.  Qeograplüe  Ton  Italien  und  dem  Orbie  RomannB. 

durch  die  aus  den  stagnierenden  Gewässern  aufsteigenden  Sumpfdünste 
erzeugten  Fieber  gefährdet  wurde,  war  man  an  den  Abhängen  der  Berge, 
und  selbst  bei  massiger  Erhebung  des  Bodens,  wie  sie  die  Hügel  Roms 
boten,  dagegen  gefeit.  Daher  denn  auch  die  ältesten  Ansiedlungen  in 
Latium  auf  der  Terrasse  am  Fusse  des  Albanerberges  gegründet  waren, 
während  Rom  jüngeren  Ursprungs  ist;  das  Terrain  daselbst  war  bewaldet 
oder  diente  als  Weide  für  die  Hirten,  die  aus  den  höheren  Gegenden 
herunterstiegen. 

Hingegen  für  eine  Grosstadtbildung  bot  das  Höhenterrain  keinen 
Raum;  hiezu  war  die  günstige  Lage  an  der  reichsten  Wasserader  Mittel- 
italiens, wie  sie  der  Tiber  repräsentierte,  erforderlich.  An  diese  neue 
Gründung,  Rom,  verloren  die  älteren  Höhenorte  Latiums  schon  in  der 
Eönigszeit  ihre  Selbständigkeit. 

Vgl.  die  Werke  yon  Nissbn,  Fisoheb,  Moltke,  die  anderweitig  citiert  sind.  Alt- 
latinm  nrnfasste  etwa  34  deutsche  Qaadraüneilen.  —  Ueber  die  Salzgewinnung  an  der 
Tibermündung  und  die  Bedeutung  der  «Via  Salana*^  vgl.  Laüoiani  im  Bullet,  eomunale  1888 
p.  83  ff.  ToMASSBTTi  im  Ärchivio  della  r.  aocietä  Romana  di  storia  patria  XI,  p.  151  f. 
Ueber  die  früheste  Besiedelnng  der  Gegend  am  Fusse  des  Albanerberges  haben  die  Aus- 
grabungen der  alten  Nekropole  im  Westen  des  Sees  (vom  Monte  Crescenzio  bis  über  Gastel 
Gandolfo)  einiges  Licht  verbreitet.  Vgl.  M.  S.  de  Rqssi  in  den  Annali  delV  inst,  archeol. 
1867  p.  36  ff.,  1871  p.  240  ff.  Aehnliche  Ueberreste  sind  am  Esquilin  in  Rom  gefunden. 
Ich  verweise  auf  die  Darstellung  von  Ed.  Mbyeb,  Gesch.  des  Altertums  11  S.  506  ff.  Die 
physischen  Bedingungen,  unter  denen  Rom  emporgekommen  ist,  findet  man  erörtert  bei 
K.  PöHLMABK,  Die  AiSänge  Roms  (Erlangen  1881)  und  natttrlich  in  jeder  eingehenderen  Dar- 
steUnng  der  römischen  Geschichte.  Vgl.  auch  W.  Hblbio,  Die  ItaUker  in  der  Poebene 
(Leipzig  1879)  S.  82  ff.  —  Die  kleinere  Tibermflndung  nannte  man  im  Mittelalter  foeem  mi- 
cinam,  woraus  der  Name  des  heutigen  Fiumicino  geschöpft  ist.  Vgl.  Archivio  cit,  11  p.  27 
n.  2.  —  Ueber  die  GesundheitsverhAltnisse  im  ager  Romanus  vgl.  Canceluebi,  Sopra  U  ta- 
rantiamo,  V  aria  di  Roma  e  della  sua  campagna,  wo  auch  reichliche  Litteratur  über  den- 
selben Gegenstand  mitgeteilt  ist  Die  gute  aria  imd  die  malaria  sind,  wie  in  alter  Zeit, 
so  noch  heute  auf  bestimmte  Punkte  verteilt,  die  oft  gar  nicht  so  weit  auseinander  liegen. 
Viel  kam  auch  hier  auf  die  Abführung  der  stagnierenden  Gewässer  an.  Die  Gothenkriege 
haben  dadurch  den  grössten  Schaden  gestiftet,  dass  die  nach  Rom  führenden  Wasser- 
leitungen zerstört  wurden,  wodurch  die  Zahl  der  sumpfigen  Stellen  sich  vermehrte.  Vgl. 
ToMASSETTi  im  ^Archivio*'  II  p.  33  f. 

9.  Topographie  von  Latium.  Während  der  südliche  Teil  der  Ap- 
penninenhalbinsel  und  die  Inseln  früh  durch  die  seeherrschenden  Nationen 
des  Ostens  in  den  Weltverkehr  einbezogen  wurden,  blieb  das  westliche 
Mittelitalien,  die  latinische  Landschaft,  viel  länger  davon  unberührt,  da 
hier  den  Fremden  weder  besondere  Qeschäftsvoi-teile  noch  gute  Häfen 
oder  Verbindungen  mit  dem  Binnenlande  sich  darboten.  —  Der  Schauplatz 
der  ältesten  latinischen  Geschichte  lag  am  Fusse  des  Albanerberges,  wo 
längs  dem  Ufer  des  Albaner  Sees  Alba  Longa  (beim  heutigen  Palazzuolo? 
oder  vielmehr  bei  der  Villa  Barberini  mit  der  Akropolis  in  Castel 
Gandolfo)  gegründet  war,  der  alte  Vorort  des  latinischen  Bundes. 

Auf  dem  Gipfel  des  die  Landschaft  beherrschenden  Mons  Albanus 
(heute  Monte  Cavo)  fanden  beim  Tempel  des  Jupiter  Latiaris  die  gemein- 
samen feriae  Latinae  statt,  während  die  Versammlungen  der  Bundes« 
glieder  am  Fusse  des  Berges  beim  lucus  Ferentinae  (in  der  Nähe  des 
heutigen  Marino)  abgehalten  wurden.  Nach  der  Zerstörung  von  Alba 
Longa  durch  die  Römer,  welche  von  der  Tradition  schon  in  die  frühere 
Königszeit  versetzt  wird,  wurden  dessen  „sacra"   von  Bovillae  (an  der 


1.  Italien.    (§  Ö.)  33 

via  Äppia,  bei  U  Frattochie)  aus  versehen.  Die  Funktionäre  begegnen 
als  Attani'Longani'Bovülenses  in  den  Inschriften.  Eine  sakrale  Bedeutung 
mit  Rücksicht  auf  die  „feriae  Latinae"  behielt  bis  ins  dritte  Jahrhundert 
n.  Chr.  auch  die  altlatinische  Gemeinde  der  Cabenses  oder  „Cabenses  ex 
monte  Älbano",  wovon  der  „Monte  Cavo*'  den  Namen  zog.  Die  „arx 
Albana''  (Liv.  YII,  24)  wird  mit  der  Akropolis  der  Gabenser  identisch 
(eben  die  eigentliche  „Rocca")  sein;  eine  strategisch  wichtige  Position,  da 
sie  die  via  Latina  und  die  via  Appia  beherrschte.  Eine  noch  wohl  er- 
haltene mit  Basalt  gepflasterte  Strasse  führte  auf  den  Berg  hinauf,  von 
dem  man  die  Aussicht  über  ganz  Latium  und  darüber  hinaus  geniesst.  — 
Ostwärts  sieht  man  den  Algidus;  das  bei  Horaz  erwähnte  Heiligtum  der 
Diana  stand  auf  dem  (891  m  hohen)  Gipfel  des  Monte  Lariano,  der  viel- 
leicht davon  den  Namen  hat  {„Ära  Dianae";  doch  könnte  der  Name  auch 
auf  ein  Besitztum  der  gens  Arria,  d.  i.  „Arrianum"  gedeutet  werden).  — 
Am  Fusse  des  Berges,  die  via  Latina  deckend,  das  Kastell  Algidum  (noch 
jetzt  Cava  di  Aglio).  Diese  Position  spielte  erst  in  den  Äquer-,  dann  in 
den  Gallierkämpfen,  im  Hannibalischen,  dann  wieder  im  Gothenkriege 
eine  Rolle.  Der  Berg  flankiert  die  Strasse  auch  gegen  Velitrae  hin  und 
beherrscht  weithin  die  Aussicht. 

Aricia  erhielt  sich  als  die  erste  Station  der  via  Appia  von  Rom 
aus;  am  benachbarten  See  {lacus  Nemorensis,  heute  lago  di  Nemi)  befand 
sich  der  Hain  der  Diana  von  Aricia  (Nemus  Dianae),  der  von  der 
Königszeit  her,  wie  unter  der  Republik,  so  auch  noch  unter  den  Kaisern 
als  Kultusstätte  hochgehalten  ward  (vgl.  Tacit.  ann.  12,  8).  —  Auf  den 
strategisch  wichtigen  Hügel  bei  „Due  torri"  verlegt  man  das  Kastrum 
Maecia,  von  dem  eine  der  römischen  Tribus  benannt  ist.  —  Südwärts, 
von  der  via  Appia  später  nicht  berührt,  Lanuvium,  jetzt  civita  Lavigna, 
Der  heutige  Ort  entstand  auf  den  Ruinen  der  Villa  des  Antoninus  Pius, 
des  Tempels  der  Juno  und  des  antiken  Municipiums. 

Sonst  waren  von  den  altlatinischen  Ortschaften,  welche  die  Über- 
lieferung nennt,  nicht  wenige  in  historischer  Zeit  verschollen  oder  ganz 
unbedeutende  Dörfer:  so  Corioli  (bei  Monte  Giove,  anstossend  an  Aricia 
und  Lanuvium),  Tellena,  Gaenina  u.  a.  Manche  existierten  (wie  Caenina 
und  Alba)  trotz  Auflösung  ihres  Gemeindeverbandes  sakralrechtlich  fort. 
Lavinium  (Ruinen  bei  Pratica)  wurde  auf  diese  Weise  mit  Laurentum 
(beim  heutigen  Tor  Patemo,  einem  Gehöfte)  vereinigt.  Längs  der  Küste 
prädominierte  mehr  und  mehr  Ostia.  Erst  in  der  Kaiserzeit,  wo  diese 
Gegend  Villen  schmückten,  darunter  eine  kaiserliche,  bildete  sich  hier 
eine  neue  Ortschaft  Laurentum-Vicus  Augustanus  mit  Municipalver- 
fassung  (bei  Castel  Porziano).  —  Das  alte  Gabii  (beim  heutigen  Castig- 
lione),  an  der  via  Praenestina  östlich  von  Rom,  war  zu  Strabos  Zeit  ein 
verfallener  Flecken;  doch  behielt  es  Munizipalverfassung. 

Die  an  der  via  Appia  wenige  Stunden  von  der  Hauptstadt  gelegene 
Gegend  am  Fuss  des  Albanerberges  diente  in  der  ciceronianischen  und  der 
Kaiserzeit  den  römischen  Grossen  zur  Villeggiatur;  das  heutige  Albano 
liegt  auf  der  Stelle  der  Villen  des  Pompeius  und  der  Kaiser  und  des 
Lagers  der  leg.  II  Parthica,  die  Septimius  Severus  hieher  in  Garnison  ge- 

Handbneh  der  klaoB.  AltertnnwwlMensoluA    III,  8.    2.  Aufl.  3 


34  A.  Geographie  von  Italien  nnd  dem  Orbia  Romanna. 

geben  hatte.  Es  erscheint  in  der  spätrömischen  Zeit  als  „civüas  Alba- 
nensis*^  oder  Albanum  und  zog  bald  die  Bedeutung,  die  früher  Aricia 
und  Lanuvium  gehabt  hatten,  an  sich.  Den  Albaner  Wein  findet  man  bei 
Horaz  und  bei  Plinius  dem  Älteren  lobend  erwähnt.  —  Gastrimoenium, 
unfern  dem  heutigen  Marino,  ursprünglich  vielleicht  ein  von  Rom  ab- 
hängiges Kastell  (wie  Ostia),  in  der  Eaiserzeit  Municipium. 

Tusculum,  auf  einer  Bergkuppe  an  der  via  Latina  gelegen,  war, 
dem  Namen  nach  zu  schliessen,  eine  Gründung  der  Etrusker  in  der  Zeit 
ihrer  Obmacht;  mit  der  Aussicht  auf  Rom  und  auf  das  Meer  (ober  dem 
heutigen  Frascati,  das  erst  nach  der  Zerstörung  Tusculums  im  Mittel- 
alter zu  Bedeutung  gelangte;  ebenso  Gastell  Molara,  wo  im  Altertum  die 
Station  der  via  Latina  „Roboraria'*  gewesen  war  u.  a.).  Es  bewahrte  seine 
munizipale  Autonomie,  auch  nachdem  es  sich  Rom  angeschlossen  hatte. 
Am  Ausgang  der  Republik  und  unter  den  Kaisern  erfüllte  sich  die  um- 
liegende Landschaft  mit  Villen.  Die  des  Cicero  lag  an  der  „aqua  Crabra", 
die  Agrippa  aus  Rücksicht  auf  die  Wasserrechte  der  Tusculaner  nicht  in 
die  römische  Wasserleitung  einbezog  (beim  heutigen  Orottaferrata,  im 
Mittelalter  Gryptaferrata;  das  um  das  Jahr  1000  n.  Chr.  von  griechischen 
Mönchen  besiedelt  und  wohl  auch  benannt  wurde).  Die  Annehmlichkeiten 
des  Landaufenthaltes  in  dieser  Gegend  findet  man,  wie  bei  Cicero,  auch 
bei  Horaz  u.  a.  gepriesen.  —  Wohl  von  einer  Villa  des  M.  Porcius  Cato, 
der  aus  Tusculum  stammte,  hat  der  heutige  Monte  Porzio  den  Namen. 
In  der  Nähe  der  lacus  BegUlus  (jetzt  ein  ausgetrocknetes  Becken  bei  prata 
Porci,  die  auch  von  Porcius  und  nicht  von  „Schweinen*  d.  i.  porci  benannt 
scheinen).  Das  altlatinische  Städtchen  Corbium  setzt  man  bei  Bocca 
Priora  an. 

Vier  Stunden  nordöstlich  von  Tusculum  lag  gleichfalls  auf  einem 
Berggipfel  Praeneste,  das  im  Jahre  380  von  den  Römern  unterworfen 
wurde,  damals  ein  wichtiger  Punkt,  da  er  den  Eingang  ins  Thal  des  To- 
lerus  beherrschte;  später  war  Praeneste  nochmals  von  Bedeutung,  als  der 
jüngere  Marius  sich  darin  gegen  Sulla  verteidigte.  In  der  augustischen 
Zeit  diente  es  als  Sommeraufenthalt  (vgl.  Horat.  od.  in,  4,  22);  es  werden 
dort  ein  Fortunatempel  (auf  dessen  Ruinen  das  heutige  Palestrina  steht) 
und  ein  Orakel  {sortes  Praenestinae,  Cic.  div.  11,  41)  erwähnt.  An  den 
alten  Stadtmauern  lassen  sich  die  Bauarten  der  verschiedenen  Zeiten 
unterscheiden.  Die  Burg,  776  m  über  dem  Meer  erhaben,  gewährt  Aus- 
sicht auf  Rom  und  die  Küste. 

Am  Austritt  des  Anio  in  die  latinische  Ebene  lag  Tibur,  eine  alte 
Stadt,  deren  Gründung  den  Sikulem  zugeschrieben  wurde;  im  Jahre  380 
von  Rom  unterworfen.  In  der  ciceronianischen  und  kaiserlichen  Periode 
eine  Villenstadt;  unterhalb  des  Ortes  die  „vüla  Hadriani".  Der  Katarakt 
des  Anio  war  schon  im  Altertum  berühmt,  ebenso  das  Bad  von  Albulae. 
—  Von  Tibur  aus  führte  eine  Strasse  den  Anio  aufwärts  zu  den  Sitn- 
bruini  colles  und  nach  Sublaqueum  (heute  Subiaco),  von  wo  aus  die 
römischen  Wasserleitungen  „Aqua  Marcia"  und  „Aqua  Claudia"  gespeist 
wurden,  in  der  Kaiserzeit  gleichfalls  ein  beliebter  Sommeraufenthalt. 


1.  Italien.  (§  9.)  35 

Von  Tibur  nordwärts,  mit  Rom  durch  eine  Strasse  verbunden,  lag 
das  alte  Nomentum  (jetzt  Mentana).  Labicum,  von  dem  die  via  Labi- 
cana  den  Namen  schöpfte,  nahe  der  Strassenstation  ad  Quintana^,  die  in 
der  Kaiserzeit  mit  Labicum  zu  einer  Gemeinde  verwuchs,  zwischen  dem 
Monte  Compatri,  wo  die  arx  Labicana  lag,  und  dem  in  der  Ebene  situierten 
Colonna.  Ficulea  {„väu8",  vielleicht  zum  Unterschied  von  einer  gleich- 
namigen Ortschaft  in  Samnium)  an  der  Strasse  nach  Nomentum  bei  Ce- 
sarina.  Anstossend  an  Fidenae  war  Grustumerium  (bei  Tor  S.  Giovanni), 
einst  zwischen  Rom  und  den  Sabinem  streitig,  später  verschwunden  „sine 
vestigiis"  (Plin.).  Dagegen  hatte  eine  der  römischen  Tribus  vom  ager 
Cluduminus  den  Namen.  In  der  Nähe  auch  die  „süva  malitiosa^  (Liv. 
I,  30;  Dionys.  m,  33),  an  der  Grenze  des  Sabinergebietes.  Hier  der 
Schauplatz  der  ältesten  sabinisch-römischen  Kriege.  —  Caenina  zwischen 
der  via  Nomentana  und  der  via  Tiburtina  in  beherrschender  Stellung  (beim 
heutigen  Monte  GentileP),  nach  der  Sage  die  erste  Eroberung  des  Königs 
Bomulus. 

Am  Tiber  war  Fidenae  (bei  Villa  Spada)  der  einzige  Ort  gewesen, 
der  mit  Hilfe  der  Veienter  den  Römern  längeren  Wiederstand  leistete; 
es  war  nur  eine  deutsche  Meile  von  Rom  entfernt.  Die  Verbindung 
zwischen  Fidenae  und  Veii  geht  durch  das  vom  Flüsschen  Cremera 
(jetzt  fosso  della  Valchetta)  durchströmte  Thal,  von  wo  aus  die  „gens 
Fabia*^  den  Krieg  mit  Veii  führte.  Unfern  davon  die  „saxa  rubra*  (bei 
Primaporta,  wo  von  der  „via  Flaminia^  die  „via  Tiberina"  sich  abzweigte). 

Eine  kurze  Strecke  stromaufwärts  von  Fidenae  ergiesst  sich  am 
linken  Ufer  der  durch  die  Katastrophe  von  389  v.  Chr.  berühmt  gewordene 
Bach  Allia  in  den  Tiber  (heute  fos8o  di  Bettina).' 

Wo  die  via  Nomentana  den  Anio  überschreitet,  lag  der  „mons  sacer"; 
zwischen  pons  Salarius  und  pons  Nomentanus  altrömische  Befestigungen 
um  die  Aniogrenze  sicher  zu  stellen;  an  der  Mündung  des  Anio  das  schon 
von  König  Romulus  eroberte  Antemnae. 

Vom  Janiculum  auslaufend  zieht  sich  am  rechten  Tiberufer  ein  nie- 
driger Hügelzug  bis  zur  Mündung  des  Flusses.  Zwischen  diesen  Hügeln 
und  dem  Flusse  lag,  fünf  Million  westlich  von  Rom  (an  der  „Feldstrasse'' 
oder  via  Campana)  der  Hain  der  Arvalbrüder,  wodurch  hier  die  älteste 
Grenze  des  römischen  Gebietes  bezeichnet  wird.  Fünf  Millien  südlich  von 
Rom  die  fossae  Cluüiae,  die  älteste  Grenze  des  ager  Romanus  nach  dieser 
Seite  zu. 

Seit  dem  Beginne  der  sogen.  „Weltherrschaft*  änderte  sich  der 
ganze  Charakter  der  latinischen  wie  der  umliegenden  Landschaften.  Das 
alte  Latium  hatte  einen  tüchtigen  Bauernstand  hervorgebracht,  der  zahl- 
reiche kleinere  Centren  besass.  Dieser  Bauernstand  ward  durch  die  ge- 
änderten ökonomischen  Verhältnisse  vernichtet.  Die  Bevölkerung  kon- 
zentrierte sich  in  Rom,  während  die  Landstädte  nur  noch  für  die  Villeg- 
giatur  in  Betracht  kamen  (vgl.  Friedläkdebs  Sittengesch.  H  ^  S.  95  ff.), 
zum  Teil  völlig  verfielen,  was  der  topographischen  Forschung  manche 
Schwierigkeit  bereitet  hat. 


36  A.  Geographie  von  Italien  nnd  dem  Orbis  RomaniiB. 

Corp.  inscript.  Latinar.  Bd.  XIV  (ed.  H.  Dessau  1887).  AddUametUa  in  Eph.  epigr. 
VII  p.  355  ff.  Meilensteine  von  der  Gabelung  der  tna  Valeria  und  Sublacensis:  Eph.  epigr. 
Vin  p.  207  f.  —  W.  Gell,  The  topography  of  Borne  and  Us  vicinUy,  London  1834,  2.  Aufl. 
1846.  —  A.  Bobmann,  Altlatinische  Ghorographie  und  Städtegeschichte,  Halle  1852.  — 
Westphal,  Die  römische  Kampagne  in  topographischer  und  antiquarischer  Hinsicht  darge- 
stellt, Berlin  1829.  Nebst  zwei  Karten.  —  Nibbt,  Analisi  storico-topografico-antiquaria 
della  carta  d^  dintami  di  Roma,  Rom  1837,  3  B&nde.  Auch  eine  secclnda  ediziane  (1848). 
Früher  das  Hauptwerk,  jetzt  durch  das  Cotp.  inscr.  Latinar.  und  durch  Tomassetti  über- 
holt und  berichtigt.  —  Sonstige  ältere  Litteratur  bei  Sohweolse,  Rom.  Geschichte  I,  195. 

—  MoMHSBN,  Die  untergegangenen  Ortschaften  in  Latium  (Plin.  h.  n.  3,  5,  68.  69),  in  .Her- 
mes" XVn  (1882)  S.  42—58.  —  E.  Dbsjabdins,  Essai  sur  la  topographie  du  Latium,  Faiia 
1854.  Mit  Plänen  und  einer  Karte:  Latii  vetustissimi  tabula.  —  H.  v.  Moltkb,  , Wande- 
rungen um  Rom*  (, Wanderbuch"  S.  1 — 124).  Gibt  eine  geologische  Skizze  und  eine  Wür- 
digung der  strategisch  wichtigen  Punkte:  „mans  sacer^,  Cremera,  „saxa  rubra*'.  — 
O.  RiCHTBB,  Die  Fabier  am  Cremera,  in  .Hermes"  XVII,  425  ff.  Vergl.  Tokassbtti 
Archivio  VII  p.  194  ff.  —  Ch.  Hülsbn  und  P.  Lindneb,  Die  Alliaschlacht,  eine  topographische 
Studie,  Rom  1890.  Vgl.  Tomassetti  im  „Archivio'*  XV  (1892)  p.  171  ff.  —  W.  Sombabt, 
Die  rOmische  Kampagna,  eine  sozialökonomische  Studie,  Leipzig  1888  (im  8.  Bande  von 
G.  SoHXOLLEBS  , Staats-  und  sozialwissenschaftl.  Forschungen").  —  G.  Pinto,  Roma,  Vagro 
romano  e  i  centri  abitabili.  Seconda  edizione  aumentata,  Roma  1882.  Beigegeben  ein 
„saggio  di  una  pianta  dei  centri  abitc^ili  deW  agro  romano**.  Vom  Standpunkte  der  neuer- 
dings aufgeworfenen  Ameliorationsfrage  geschrieben.  Näheres  bei  0.  Richteb,  Topographie 
von  Rom.  —  Die  Geschichte  Ostias,  die  auf  das  engste  mit  der  Roms  verknüpft  ist,  behandelt 
Dessau  in  Corp.  XTV  p.  1  ff.  Ausgrabungen  dmch  La.nciani  1882.  1888.  Die  Ausführungen 
DESSA.US  über  Lavinium  und  Laurentum  p.  186  berichtigt  Mommsen  im  BuU.  deiV  inst.  areh. 
1888  p.  77  f.;  Rom.  Staatsrecht  III  579  f.  Lavinium  hörte  im  Jahre  338  v.  Chr.  auf,  eine 
politische  Gemeinde  zu  sein,  der  ager  wurde  zum  ager  Laurens  geschlagen,  der  Kult  der 
Venus  von  Lavinium  wurde  auf  die  Ardeaten,  jener  der  Penaten  auf  Laurentum  übertragen 
und  seither  durch  die  als  „Laurentes  Lavinates"  bezeichneten  sakralen  Würdenträger  ver- 
sehen, die  ak  nebengeordnete  Kategorie  zu  den  römischen  Priestern  treten;  was  auf  die 
Gestaltung  der  römischen  Ursprungssage  eingewirkt  hat.  —  Ueber  die  Lage  des  alten  Lau- 
rentum handelt  eingehend  Tomassetti  im  Bullet,  della  commiss.  comunale  di  Roma  1895 
p.  132  ff.;  ebenda  über  die  Fusion  der  Städte  Laurentum  und  Lavinium  (Laurentes  Lavinates 
auch  in  munizipaler  Beziehung)  und  die  Lage  von  Lavinium,  das  der  Hauptort  blieb,  wenn 
auch  alles  in  erster  Linie  nach  Laurentum  benannt  wurde;  auch  die  Sü-asse,  die  dahin 
führte.    Dieses  Lauro-Lavinium  wird  von  T.  beschrieben;  ebenso  Laurentum- Vicus  Augusti. 

—  Aus  den  Hafenanlagen  des  E[aisers  Traianus  erwuchs  im  Laufe  der  Zeit  eine  von  Ostia 
unabhängige  Gemeinde  „Portus"  (jetzt  Porto).  Gegenwärtig  ist  der  ganze  Strand  versandet 
und  verödet,  während  er  im  Altertum  ein  Lieblingsaufenihalt  der  reichen  Römer  war.  — 
Der  Arvalenhain  ist  auf  Kiepbbts  „carta  corografica  et  archeologica**  durch  ein  Versehen 
falsch  lociert,  nämlich  bei  einer  anderen  tnnea  Ceccarelli,  die  etwa  beim  vierten  Meilen- 
steine der  „via  Campana**  gelegen  ist.    Vgl.  Hülsen  in  der  Elphem.  epigraphica  VTII  p.  342. 

—  Den  grössten  Fortschritt  in  neuerer  Zeit  bezeichnen  die  gewissenhaften  Untersuchungen 
von  G.  Tomassetti,  Della  campagna  romana  nel  medio  evo,  die  seit  1879  im  „Archivio 
della  r.  societä  Romana  di  storia  patria"  (vol.  II  ff.)  erscheinen  und  gegenwärtig  (vol.  X VH, 
1894)  noch  nicht  abgeschlossen  sind.  Der  erste  Teil  dieser  Studien  fvoL  H— VH  incl.)  ist 
mit  einigen  Nachträgen  1884  auch  als  Buch  ausgegeben.  Es  behanaelt  die  Ansiedlungen 
längs  der  via  Appia,  Ardeatina,  Aurelia,  Gassia,  Claudia,  Flaminia.  (Die  Strassenzüge,  die 
von  Rom  auslaufen,  sind  in  alphabetischer  Ordnung  behandelt)  Die  Fortsetzung  in  voL  VIH 
(1886  separat  ausgegeben)  beginnt  mit  der  via  Latina.  der  ältesten  suburbicarischen,  die 
in  der  Kaiserzeit  in  eine  „vetus**  und  eine  „nova**  zerfiel,  ohne  dass  diese  beiden  Zweige 
bisher  hätten  nachgewiesen  werden  können.  Die  Gegend  am  Fusse  des  Albanerberges 
machte  im  Mittelalter  eine  interessante  Geschichte  durch.  Aus  den  Villen  der  römischen 
Grossen  wurden  Kastelle.  —  Ueber  Alba  Longa  und  sein  Gebiet  vgl.  Tomassetti,  Gastel 
Savello.  Im  Bullet,  comunale  1894  p.  1  ff.  Das  Gebiet  von  BoviUae  ging  in  der  späteren 
Zeit  in  einen  fundus  Sulpicianus  über,  zu  dem  ein  Sabellum  gehörte,  nach  dem  Gastel 
Savello  benannt  ist.  In  der  Vorzeit  ein  für  die  Albaner  sirat^isch  wichtiger  Punkt.  — 
Ueber  Lanuvium,  dessen  alte  Mauern  neuerdings  neben  zahlreichen  anderen  Antiquitäten 
zu  Tage  kamen,  vgl.  die  Monographie  von  Tokassbtti,  Antichitä  di  Lanuvio  (1882)  und 
seine  Nachträge  im  „Archivio**  VH  p.  447  f.  —  Ueber  die  Umwandlung  von  Lab i cum  im 
10.  Jahrhundert  (bis  dahin  Bischofsitz)  in  ein  »Castellum  Columnae"  vgl.  „Archivio**  II  p,  30. 

—  Tibur  ist  (wie  auch  Nomentum)  von  Augustus  nicht  der  ersten,  sondern  der  vierten 
Region  zugeteilt  worden  und  gehört  in  der  späteren  Zeit  zur  Provinz  .Valeria".  Ueber  die 
Grenzen  des  Tibnrtinischen  Gebietes  im  Osten  siehe  unter  Aequi.  Bei  Lunghezza  (am 
Anio  abwärts  von  Tibur)  setzen  einige  das  alte  Collatia  an;  ebenso  bei  Corcollo  (zwischen 


1.  ItaUen.    (§  10.)  37 

Tibnr  und  Gabii)  der  NameiiBfilmlichkeit  halber  das  bei  Dionysius  und  Plinius  genannte 
oppidum  QuerquetnJanorum.  Dessau  verhält  sich  gegen  diese  Annahme  skeptisch.  —  Fi- 
denae  und  Gabii  waren  in  Augustischer  und  späterer  Zeit  wegen  der  Geringf&gigkeit  ihrer 
Gemeinwesen  bei  yoUtdnenden  "nteki  ihrer  Obrigkeit  (ersteres  hatte  einen  dictator  und  se- 
natwt,  letzteres  wurde  Bischofsitz)  zum  GespOtte  herabgesunken,  wie  andererseits  ülubrae 
und  Bovillae.  —  üeber  die  Gegend  an  der  via  Latina  und  der  via  Appia  4—5  Miglien 
von  Rom  vgl.  Tomassetti,  Della  Marrana  di  S,  Giovanni  e  delle  scoperte  awenuUt  a  Roma- 
vecehia.  Im  Bullet,  camuncUe  1893  p.  65  ff.  Es  handelt  sich  um  zwei  suburbane  Villen,  die  unter 
der  vulgären  Bezeichnung  Romavecchia  gehen.  Die  Marrana  di  S,  Giovanni  ist  der  Bach, 
der,  aus  der  Gegend  von  Frascati  kommend,  bei  Rom  in  den  Tiber  geht;  wahrscheinlich 
die  aqua  Crabra  des  Altertums,  die  für  die  Bewässerung  der  anliegenden  Gegend  von 
grosser  Bedeutung  war.  —  Ueber  Tusculum  und  seine  Umgebung  ist  Archivio  IX  (1886) 
p.  40  ff.  Tmit  Angabe  der  älteren  Litteratur)  gehandelt.  Tomassbtti  verzeichnet  sämtliche 
für  das  Altertum  aus  Schriftstellern  und  Inschriften  bekannten  (43)  Villen  und  fixiert  die 
Standorte;  das  heutige  Frascati  steht  auf  dem  Boden  eines  Lucullanums,  sowie  der  Villen 
des  Galba  und  des  Domitian;  der  Name  des  Ortes  (zunächst  „frascata^  saec.  IX)  ist  von 
den  „fraschae*'  d.  L  den  «Gebfischen''  abgeleitet.  Hieher  übersiedelte  die  Bevölkerung  aus 
dem  hochgelegenen  Tusculum,  das  im  Jahre  1191  als  Sitz  kaiserfreundlicher  Feudalherren 
durch  die  Römer  zerstört  wurde.  Das  „castrum  montia  Albani**,  das  den  Grafen  von  Tus- 
culum gehört  hatte,  wurde  „Rocca  di  Papa^,  die  Zwingburg  des  Papstes  gegen  das  zügel- 
lose Rom.  —  Ueber  die  Gegend  von  Nemi  vgl.  Tomassetti,  SiUoge  epigrafica  Laziale.  Im 
Museo  it<üiano  di  antich.  elass.  U  (1888)  p.  480  ff.  (neue  Ausgrabungen  beim  Dianaheiligtum, 
die  in  den  folgenden  Jahren  fortgesetzt  wurden  und  namentlich  1895  wichtige  Resultate 
erzielten).  —  Ueber  den  Algidus  vgl.  „Archivio^  IX  p.  411  ff.  Auf  der  Karte  von  Eiepebt 
ist  er  noch  in  die  Gegend  von  Rocca  Priora  gesetzt,  wohin  sich  im  Mittelalter  die  Bedeu- 
tung von  Algidum  verzogen  hatte;  besonders  auch  in  sakraler  Hinsicht  —  L.  c.  vol.  XI 
(1888)  ff.  behandelt  Toxassetti  die  via  Nomentana  und  die  Salaria  (1892  separat  ausge- 
geben). Vol.  XVH  p.  69  ff.  die  „Vie  Ostiense  e  Laurentina**,  Man  ersieht  die  Bedeutung 
dieser  Strassenzüge,  die  mit  jener  Roms  gleichen  Schritt  hielt  Die  ältesten  sind  nach  den 
Ortschaften  benannt,  nach  denen  sie  führten:  so  die  Labicana,  die  Praenestina,  die  Latina, 
die  Tiburtina,  die  Portuensis,  die  Ardeatina,  die  Ostiensis,  die  Laurentina.  Später  wurden 
die  Strassen  nach  den  Bauherren  benannt:  Appia,  Flaminia  u.  s.  w.  Von  der  wechselnden 
Bedeutung  der  Strassen  hing  die  der  von  ihnen  durchzogenen  Territorien  ab.  —  Mancherlei 
Ergänzungen  und  Berichtigungen  zu  Dbssaus  und  Bobmanns  Ausführungen  ergeben  sich 
aus  L.  DüCHESNB,  Ije  aedi  episcopali  nelV  antico  ducato  di  Roma  (im  genannten  „Archivio** 
vol.  XV,  1892);  wie  denn  auch  die  Erforschung  des  ältesten  Besitzstandes  der  römischen 
Kirche,  femer  die  Briefe  Papst  Gregors  d.  Gr.  (um  600  n.  Chr.)  für  die  Topographie  Mittel- 
italiens überhaupt  und  Latiums  insbesondere  in  der  spätrömischen  und  damit  oft  genug 
auch  der  vorhergehenden  Zeit  wichtige  Daten  liefern.  Vgl.  „Archivio*^  XVII  p.  1  ff.  und 
Toxassbtti  (pa8sim).  So  erfahren  wir  z.  B.  dass  der  Ort  „Ad  duos  lauroa",  drei  Miglien 
von  Rom  auf  der  via  Labicana  entfernt  (bei  Torre  Pignattara),  wo  die  Kaiser  von  Septimius 
Severus  bis  auf  Valentinian  III  oft  residierten  (auch  das  Grabmal  der  Mutter  Constantins 
Helena  ist  hier  gefunden),  zu  grosser  Opulenz  gedieh,  infolgedessen  hieraus  der  Bischofs- 
sitz Subaugusta  erwuchs,  der  am  Ausgang  des  fünften  und  am  Beginne  des  sechsten  Jahr- 
hunderts in  den  Konzilsakten  genannt  erecheint  —  Man  beachte,  dass  viele  An- 
gaben NiBBTS  und  der  Karte  von  Kiepebt  durch  Toxassetti  rektifiziert  sind.  — 
Die  Verödung  der  Kampagna  von  Rom  in  den  Zeiten  nach  Constantin  hängt  mit  den  da- 
maligen wirtschaftlichen  Verhältnissen  zusammen.  Dazu  kamen  die  Verheerungen  der 
Gotenzeit,  worüber  bei  Procopius  von  Cäsarea  das  Nähere  zu  finden  ist;  später  die  Lango- 
barden und  Saracenen  (darüber  Paulus  diaconus  und  der  liber  pontif.  von  Rom).  Die 
Wiedererhebung  seit  saec.  Vlll  hing  mit  den  ökonomischen  Bestrebungen  der  Päpste  (die 
mit  den  politischen  Hand  in  Hand  gingen)  zusammen,  worüber  Tomassetti  ebenfalls  inter- 
essantes Material  beibringt. 

10.  Bntnli.  Die  Rutuler  waren  ein  in  der  ältesten  Zeit  den  La- 
tinem  feindlich  gegenüber  stehender  populus,  dessen  Stadt  (das  sieben 
Millien  von  Lavinium  entfernte)  Ardea  war.  Dieselbe  wurde  im  Jahre 
442  V.  Chr.  von  den  Römern  erobert  und  als  Kolonie  Latium  („Latium 
adiedum")  einverleibt. 

Corp.  inscript.  Latinar,  X,  p.  675.  Die  „via  Ardeatina**  und  Ardea  selbst  behandelt 
Tokassbtti  1.  c.  n,  385  ff.  UI,  135  ff.  Bedeutende  Reste  der  alten  Stadtmauer  von  Ardea 
Bind  erhalten,  da  der  Ort  erst  infolge  der  Angriffe  der  Araber,  später  wieder  infolge  der 
Malaria  verödete.    Im  11.  Jahrhundert  erscheint  er  als  easteUum  Ardee, 


38  ^»  Qeographie  von  Italien  and  dem  Orbis  BomaniiB. 

11.  Volsci  (OX<foi  im  Periplus  des  Skylax).  Das  Oebiet  dieses 
Stammes  umfasste  das  Thal  des  Liris  (mit  Ausnahme  des  marsischen 
Quellgebietes)  und  die  sumpfige  Ebene  südlich  von  Latium  und  dem 
Hernikerlande,  gegen  die  zu  die  Volsker  sich  im  fünften  Jahrhundert 
V.  Chr.  auszudehnen  versuchten.  In  jener  Ebene,  dem  ager  Pomptinus 
oder  „terrüorium  Suessanum"  (wie  es  in  der  Kaiserzeit  hiess),  lag  Suessa 
Pometia.  An  der  Küste  die  volskischen  Hafenplätze:  Antium  (jetzt 
Porto  d'  Anzio,  oder  auch  kurzweg  wieder  Anzio),  Circeii  (Torre  Paola 
am  Monte  Gircello)  und  Tarracina  oder  Anxur;  der  letztere  Name 
gehörte  der  auf  weithin  glänzendem  Kalkfelsen  gelegenen  Burg  an,  wäh- 
rend die  Bezeichnung  Tarracina  (heute  Terracina)  an  die  etruskische 
Hegemonie  erinnert.  Alle  drei  Orte  wurden  nach  Unterwerfung  der 
Volsker  als  römische  Bürgerkolonien  konstituiert  (Circeii  im  Jahre  393, 
Antium  338,  Tarracina  329  v.  Chr.).  Seitdem  erstreckte  sich  der  Begriff 
„Latium"  bis  nach  Tarracina,  indem  zugleich  die  Orte  des  Binnenlandes 
in  die  Rechtsstellung  der  Latiner  {dves  „sine  suffragio")  versetzt  wurden. 

Die  alten  Volsker  zerfielen  in  mehrere  „populi",  die  antiatischen, 
die  ecetranischen  Volsker,  die  Privemates  u.  s.  w.  Das  später  nicht 
mehr  vorkommende  Ecetra  muss  unfern  von  Ferentinum,  dem  Tolerus- 
thal  zu  (bei  Supino?),  gelegen  gewesen  sein;  Artena  bei  Monte  Fortino? 

Von  anderen  Orten  treten  hervor  Atina,  nahe  der  samnitischen 
Grenze,  über  dem  Thal  des  Flusses  Melpa  (heute  Melfa),  der  in  den  Liris 
mündet.  Casinum  (bei  S.  Oermano,  Monte  Casino),  dessen  Oebiet  an  der 
samnitischen  Grenze  lag.  Arpinum  (jetzt  Arpino),  der  Geburtsort  Ciceros, 
von  der  tribus  Cornelia,  wo  an  der  Spitze  des  Gemeinwesens  auch  nach 
dem  Sozialkriege  die  althergebrachten  drei  Ädilen  standen.  In  dem  zum 
Gebiete  von  Arpinum  gehörigen  Cereatae  war  C.  Marius  geboren,  das  da- 
nach Cereatae  Marianae  (jetzt  Casamare)  genannt  wurde  und  Stadtrecht 
erhielt.  Am  Zusammenfluss  des  Fibrenus  mit  dem  Liris  (jetzt  Isola  del 
Liri)  hatte  M.  Cicero  eine  Villa;  während  das  „Arcanum*^  seines  Bruders 
Quintus  südlich  davon  (bei  Rocca  d'  Arce)  auf  dem  Wege  nach  Aquinum 
gelegen  war. 

Sora,  nördlich  von  Arpinum,  am  mittleren  Liris  gleichsam  der  Schlüssel 
zu  den  Gegenden  der  Marser  und  Aequer  und  daher  lange  zwischen  Samnitern 
und  Römern  streitig,  seit  303  v.  Chr.  als  latinische  Kolonie  eingerichtet.  Fre- 
gellae  am  Liris  (bei  Ceprano),  an  der  vom  Hemikerlande  her  nach  Campanien 
führenden  via  Latina,  dessen  Einrichtung  als  latinische  Kolonie  im  Jahre  328 
V.  Chr.  das  Signal  zum  E[riege  mit  den  Samnitern  gab.  Es  blieb  auch  in  der 
Folgezeit  der  begünstigte  und  durch  Zuzüge  aus  den  Nachbarlandschaften 
volkreiche  Stützpunkt  der  römischen  Herrschaft  in  diesen  Gegenden,  und  war 
nach  der  Zerstörung  Capuas  vielleicht  eine  Zeitlang  der  zweite  Ort  Italiens; 
als  die  Bundesgenossen  über  Benachteiligung  zu  klagen  anfingen,  stand  es 
an  der  Spitze  der  Opposition,  die  im  Jahre  125  v.  Chr.  mit  Waffengewalt 
niedergeworfen  wurde.  An  Stelle  des  zerstörten  Fregellae  kam  das  unfern 
gelegene  Fabrateria  nova  (bei  S.  Giovanni  in  Carico)  empor.  Fabra- 
teria vetus  (jetzt  Ceccano)  lag  am  Fluss  Trerus  (Tolerus).  Frusino 
(jetzt  Frosinone)  und  Aquinum  (jetzt  Aquino),  Stationen  der  via  Latina. 


1.  Italien.  (§§  11,  12.)  39 

Südlich  der  letzteren  Interamna  Lirenas  Sucasina  (Termini  oder  Terami 
bei  S.  Giorgio),  seit  312  v.  Chr.  latinische  Kolonie.  Privernum  (jetzt 
Pipemo  vecchio),  gegen  das  die  Römer  im  Jahre  382  v.  Chr.  Setia  (jetzt 
Sezze)  alsCKolonie  einrichteten.  Nördlich  davon  ülubrae  (bei  Sermo- 
neta?), ein  kleines  Nest,  über  das  Cicero  und  Horaz  sich  lustig  machten. 

Norba  (jetzt  Norma),  Cora  (jetzt  Cori),  Velitrae  (jetzt  Velletri), 
wohlbefestigte  auf  Höhen  gelegene  und  lange  zwischen  Volskern  und  La- 
tinem  streitige  Orte,  alle  schon  in  der  ältesten  Periode  der  römischen 
Geschichte  erobert  und  zu  latinischen  Kolonien  gemacht.  Seit  die  via 
Äppia  gebaut  war,  zogen  die  Stationen  Tres  tabernae  und  Forum 
Appii  den  Verkehr  an  sich.  Nur  Velitrae,  das  ein  umfangreiches  Gebiet 
hatte,  blieb  von  Bedeutung.  Dazu  gehörten  die  südlichen  Vorberge  des  Algidus, 
der  in  älterer  Zeit  auch  von  der  Volskerseite  her  viel  bestritten  war. 

An  der  via  Äppia,  Kampanien  zu,  lagen  Fundi  (jetzt  Fondi)  und 
Formiae  (früher  Mola  di  Gaöta,  jetzt  Formia);  in  der  Nähe  des  letzteren 
der  porttis  Caietae  (heute  Gaeta). 

Corp,  inscript.  Latinar,  X,  p.  498  ff.  (wo  Mommsen  über  „Latium  adiectum**  ausfOhr- 
lich  handelt).  —  Niebuhb,  Vorträge  über  alte  Lander-  und  Völkerkunde,  S.  440--448.  — 
NiasBff,  Landesk.  I,  518  f.  berechnet  dfen  weitesten  Umfang  des  Volskergebietes  auf  100 
deutsche  Quadratmeflen.  —  Ueber  Ecetra  und  Artena  vgl.  Clwebius,  Abbkbk,  Nibbt;  der 
letztere  hat  Artena  mit  Monte  Fortino  ohne  zwingende  Gründe  identifiziert  Vgl.  Corp.  X 
p.  591.  —  In  der  Zeit  der  Weltherrschaft  war  Antium  ein  frequentierter  Sommerauf entiialt: 
Giceros,  vgl.  ad  Attic,  IV,  8;  dann  der  Kaiser,  namentlich  der  ersten  Dynastie;  Gaius  d.  i. 
.Cidigiila*  war  hier  geboren,  vergl.  Sueton.  Gai.  8,  Nero  weilte  mit  Vorliebe  hier.  Auch 
befand  sich  hier  ein  bertihmter  Fortunatempel.  Vgl.  Horat.  od.  I,  85.  Die  Küstengegend 
sfldw&rts  von  Antium  bis  Astura  war  gut  angebaut  und  mit  Villen  besetzt.  An  der  Eüste 
von  Tarracina  bis  Gaieta  gab  es  eine  Reihe  kaiserlicher  praetoria,  deren  Verwaltung  ein 
pracuratar  Fartnis  Fundis  Caietae  ftthrte.  Vgl.  Hermes  XV,  896  Anm.  —  Ausgrabungen 
bei  Gonca,  dem  alten  Satricum  (1896).  —  Die  „Pontiae  insuHae*'  einst  von  den  Römern 
den  Volskern  entrissen  und  im  Jahre  310  v.  Clur.  mit  einer  Kolonie  besetzt,  dienten  in 
der  Kaiserzeit  als  Verbannungsort,  zur  Zeit  der  BarbareneinflÜle  als  Zufluchtsstätte.  Die 
Gruppe  besteht  aus  den  Inseln  Pontia  (Ponza),  Sinonia  (Zannone),  Palmaria  (Palma- 
rola)  nebst  einzelnen  Klippen.  Vielleicht  dass  eine  von  diesen  die  „Eutnorfiana  insula*^ 
ist,  die  bei  Gregor,  magn.  eplae  I  48  (ed.  Ewald)  erwähnt  ist.  —  Fabrateria  vetus,  das  noch 
im  5.  Jahrhundert  im  Besite  seiner  Munizipalverfassung  erscheint,  wird  im  8.  Jahrhundert 
als  eaeteUutn  Ciecanense  genannt.  Vgl.  liberpontif.  ed  Düohbske  p.  44.4  und  hiezu  die  Anm.  p.  457. 

12.  Hemici.  Die  den  sabellischen  Stämmen  zugezählten  Hemiker 
bewohnten^  die  schöne  Landschaft  am  Tolerus  oder  Trerus  (jetzt  Tolero 
oder  Sacco),  durch  welche  die  via  Latina  nach  Kampanien  führte,  und 
die  nördlich  darüber  bis  zu  den  Aequem  und  Marsern  reichende  Berg- 
gegend. Anagnia  (heute  Anagni),  auf  der  Höhe  gelegen  über  dem 
40  m.  p.  von  Rom  entfernten  Ereuzungspunkte  der  via  Labicana  und  der 
via  Praenestina  war  der  Hauptort  des  „nomen  Hernicum^,  welches  mehrere 
„populi^  in  sich  fasste:  die  Bewohner  von  Verulae,  Ferentinum,  Ale- 
trium,  Capitulum,  Treba.  Alle  diese  auf  den  Höhen  gelegenen  Orte 
sind  mit  Ringmauern  und  Thoren  aus  unregelmässigen  Ealkblöcken  ver- 
sehen. Die  von  Anagnia  sind  nach  Stil  und  Technik  den  römischen  des 
Servius  TuUius  an  die  Seite  zu  setzen.  In  Ferentinum  (jetzt  Ferentino) 
lässt  sich  die  alte  Stadtmauer  fast  im  ganzen  Umkreis  noch  verfolgen, 
ebenso  in  Aletrium,  welches  die  besterhaltenen  antiken  Befestigungen  auf- 
weist. Eine  Wasserleitung  trieb  das  Wasser  von  der  Thalsohle  über 
100  m  hinauf  zu  Stadt  und  Burg. 


40  A.  Geographie  Ton  Italien  nnd  dem  Orbis  Romanas. 

Die  im  Jahre  495  v.  Chr.  angelegte  Kolonie  Signia  sicherte  die  Ver- 
bindung Latiums  mit  dem  verbündeten  Hernikerlande.  Anagnia  wurde  von 
Signia  (jetzt  Segni)  aus  gesehen. 

Corp.  inscript.  Latinar.  X,  p.  565 — 594.  —  Niebuhb,  Vorträge  über  aHr  Länder-  und 
Völkerkunde  S.  437—439.  —  H.  Wihnefbld,  AntichUä  di  Älatri,  Im  Bidlet,  archeoL  1889 
p.  126  f.  Der  Ork  liegt  15  km  von  Ferentino  im  Gebirge ;  8  km  von  Alatzi  liegt  Veroli, 
das  alte  Vernlae.  Capitulum  Hemicum  lag  bei  Piglio  (zwischen  Anagnia  und  Praeneste). 
Treba,  mit  dem  Beinamen  Augusta,  ist  heute  Trevi  am  Anio,  dessen  Quellgebiet  zum 
Hernikerlande  gehörte  (Disssau  zieht  es  mit  Sublaqueum  zum  Aequerland;  aber  das  Bistum 
von  Treba  Augusta  ist  später  mit  dem  von  Anagni  vereinigt,  die  Gegend  gravitierte  dem- 
nach dahin).  Ebenso  wird  Afilae  (jetzt  Affile)  noch  auf  Hemikerboden  gelegen  sein.  — 
üeber  die  Tribus  der  Hemikerorte,  wonach  nur  Anagnia,  Ferentinum,  Aletrium  dieselbe 
tribtts  Publüia  hatten,  die  anderen  Orte  aber  mit  den  Nachbarstädten  im  Aequer-  und 
Volskerlande  in  eüie  tribus  kamen,  vgl.  Eubitsohek  1.  c.  p.  22.  —  Der  Flächeninhalt  des 
Hemikergebietes  umfasste  kaum  20  deutsche  Quadratmeilen.  In  spätrOmischer  Zeit  (zuerst 
bei  Georgius  Cyprius)  tritt  südlich  von  Ferentinum  der  Ort  Patricum  (jetzt  Patrica,  am 
Monte  Cacume)  hervor.    Vgl.  Gelzbb  1.  c.  p.  92. 

13.  Aequi.  Der  Stamm  der  Aequer  hatte  die  bergige  Gegend 
zwischen  Tibur  und  dem  lactis  Fuctnus  in  Besitz,  wo  er  ein  Gemeinwesen 
bildete.  Südwärts  vom  oberen  Aniothal  reichte  das  Gebiet  der  Aequer 
zeitweilig  bis  an  den  Algidus.  Es  umfasste  im  ganzen  45  deutsche  Quadrat- 
meilen. Nachdem  die  Aequer  fast  zweihundert  Jahre  lang  den  Römern 
Widerstand  geleistet  hatten,  wurden  sie  im  Jahre  304  v.  Chr.  gänzlich 
besiegt,  ihr  Gemeinwesen  aufgelöst,  ihr  Landbesitz  eingezogen  und  zur 
Sicherung  der  hier  durchgeführten  Strasse  (via  Valeria),  welche  die  Ver- 
bindung Roms  mit  dem  oberen  Mittelitalien  herstellte,  zwei  Kolonien  lati- 
nischen Rechtes  begründet:  im  Jahre  304  v.  Chr.  Alba  (mit  dem  Bei- 
namen Fucens  oder  Fucentia,  benannt  nach  dem  latinischen  Alba,  nur 
dass  das  Ethnicum  Albenses  statt  Aibani  gebildet  wurde)  und  kurze  Zeit 
darauf  (im  Jahre  302  oder  298  v.  Chr.)  zur  Sicherung  des  Gebirgsrückens, 
der  aus  dem  Thal  des  Anio  in  das  des  Tolenus  (jetzigen  Torano)  führt, 
Carsioli  (bei  Piano  del  Gavaliere,  zwischen  Arsoli  und  Carsoli);  beide 
mit  einem  umfangreichen  Gebiet  ausgestattet  und  während  der  Krisen 
des  Hannibalischen  (ausser  einiger  Lässigkeit  Albas  gegen  das  Ende  des- 
selben), wie  des  Bundesgenossenkrieges  den  Römern  treu.  —  Das  übrige 
Aequergebiet,  den  Fluss  Himella  abwärts,  wurde  später  als  Munizipium 
der  Aequiculi  oder  Aequiculani  (Mittelpunkt  Nersae,  heute  Nesce  nel 
Cicolano;  daneben  Clitemia,  beim  heutigen  Capradosso,  Grenzort  gegen  das 
Sabinergebiet)  zusammengefasst. 

Corp.  inscript,  Latinar.  IX,  p.  370—395.  Additamenta  in  Ephem,  epigr.  VIII.  —  Im 
Westen  gehörte  ursprünglich  die  Gegend  von  Sublaqueum  (jetzt  Subiaco),  wohin  in  der 
.Kaiserzeit  beim  36.  Meilensteine  der  via  Valeria  die  via  Sublacensia  abzweigte,  noch  zum 
Gebiet  der  Aequer;  später  gravitierte  sie  zu  Tibur  (Tac.  ann.  14,  22;  vgl.  jedoch  Dessau 
hiezu)  und  seit  dem  Bau  der  grossen  Wasserleitungen  zu  Rom.  Siehe  oben.  Den  oberhalb 
Varia  (Vicovaro)  auf  sabin.  Gebiete  mündenden  Digentia  (jetzt  Licenza)  nennt  Horatius 
ep.  1,  18,  104;  ebenda  Mandela  „rugoaus  f rigor e  pagus**.  —  Die  hiesigen  Seitenthäler  und 
die  Höhenrücken  (z.  B.  der  Mens  Aeflanus)  waren  im  Altertum  sehr  frequent  —  Die  tribus 
Aniensis  ist  der  Gegend  bis  Tibur  eigentümlich.  —  Die  Besitzregister  der  Klöster  von  Sub- 
iaco,  deren  erstes  im  6.  Jahrb.  von  S.  Benedict  gestiftet  ist,  sind  eine  reiche  Quelle  für 
die  Topographie  der  umliegenden  Gegend  (Regesto  Sublacense  ed.  P.  Alliabdi  e  Dott.  Lbvi, 
Roma  1885).  — -  Die  geographischen  Verhaltnisse  der  übrigen  Landsdiaft  sind  mit  Heran- 
ziehung der  mittelalterlichen  Geschichtsquellen  musterhaft  entwickelt  in  einem  Aufsatze 
von  J.  FicKEB  Über  ^Konradins  Marsch  zum  palentinischen  Felde''.  In  ,Mitt.  d.  Instituts  f. 
österr.  Geschichtsforschung*  U  S.  515—550  (mit  Kartenbeilage).    Nachtrag  von  £.  Sagküb, 


1.  Italien.    (§§  13,  14.)  41 

Bist  Zeitschr.,  N.  F.  39.  (1895)  S.  93.  A.  Bvssok,  Die  Schlacht  bei  Alba  zwischen  Konradin 
und  Karl  von  Anjou  1268.  In  «Zeitschr.  f.  Geschichtswissenschaft''  1890  S.  275  ff.  —  Alba 
lag  an  der  Grenze  des  Aequer-  und  Marserlandes  und  wnrde  in  der  Eaiserzeit  zu  diesem 
gerechnet,  Carsioli  zu  den  Aequem;  die  Aequiculi  gravitierten  zu  den  Sabinem.  —  Dabei 
hatte  Alba  die  trthus  Fäbia,  Carsioli  die  AnienHgf  die  Aequiculi  die  tribiM  Claudia.  —  Die 
Meilensteine  zählen  bis  in  die  Nähe  von  Arsoli  (das  ebenso  wie  Carsoli,  früher  nach  einem 
hier  gegründeten  Kloster  Celle  di  Carsoli  genannt,  aus  den  Ruinen  des  alten  Carsioli  ent- 
standen ist)  38  m.  p.;  Carsioli  lag  zwischen  dem  42.  und  43.  Meilenstein.  Von  Carsioli  über 
die  Wasserscheide  nach  Alba  sind  22  m.  p.;  65  m.  p.  von  Rom.  Im  12.  Jahrhundert  wurde 
das  ganze  Gebiet  westlich  von  Marsien  nach  „Carzoli**  (auch  Vallis  Carsoli,  territorium 
Carzulanum)  genannt  und  innerhalb  desselben  die  einzelnen  Ortschaften  Celle,  Pereto,  Ori- 
cola,  Rocca  di  Rotte  und  La  Brugna  unterschieden.  Die  „via  Valeria*^  ging  über  Rio 
IVeddo,  während  im  Mittelalter  der  begangenere  Weg  über  Arsoli  führte,  den  jetzt  die 
Eisenbahn  in  starker  Steigung  zum  300  m  über  dem  Thal  des  Anio  liegenden  aequischen 
Hochland  hinanklimmt.  Das  alte  Carsioli  (627  m  über  dem  Meer)  erscheint  im  Jfüu-e  1000 
und  noch  im  13.  Jahrhundert  als  stärker  bewohnt,  während  Celle  mit  dem  nahen  Castellum 
Sti.  Angeli  an  Bedeutung  gewinnt  als  Grenzort  im  sizilischen  Königreich,  von  wo  aus  man, 
wie  zur  Zeit  der  Aequerkriege,  gegen  Tibur  und  Rom  vorrückt.  —  Alba  Fucentina  (jetzt 
Albe)  wurde  von  den  Römern  zu  einer  der  stärksten  Festungen  Italiens  gemacht  Drei 
Httgelknppen,  auf  deren  nordöstlicher  (1020  m  über  Meer)  der  jetzige  Ort  liegt,  waren  durch 
eine  gewaltige  Mauer  in  polygonalem  Stil  verbunden  und  noch  jede  einzelne  burgartig  be- 
festigt. Westlich  davon  im  l^al  des  Imele  oder  Salto  die  fruchtbaren  Campi  Palentini, 
umragt  von  hohen  Bergen,  von  denen  n.  ö.  der  zweigipfelige  Monte  Yelino  (2487  m)  schon 
von  Rom  aus  sichtbar  ist.  —  Bei  Scurcola  lag  ein,  nach  der  Zahl  der  hier  gefundenen  In- 
schriften zu  schliessen,  ziemlich  frequenter  vicus  des  Territoriums  von  Alba;  ebensolche 
vici  werden  bei  Avezzano,  Magliano,  Tagllacozzo  u.  s.  w.  anzunehmen  sein.  —  Der  Hirn  eil  a, 
der  am  Nordrand  des  Fucinersees  entspringt,  führt  an  seinem  Oberlaufe  (im  Gebiete  von 
Alba)  noch  den  Namen  Imele,  während  er  später  Salto  heisst  üeber  Aenderungen  im 
Wasserlaufe  vgl.  Fiokbb  a.  a.  0.  S.  546  f.  —  Der  Toi  onus  (jetzt  Turano)  entspringt  zwischen 
den  Quellen  des  Anio  und  des  Uris,  durchfliesst  das  Gebiet  von  Carsioli  und  strömt  dann 
durch  das  Sabinerland  (Trebula  Mutuesca,  Reate)  dem  Avens  (Yelino)  zu.  —  Das  Gebiet 
der  Aequiculani  erscheint  in  den  Urkunden  des  früheren  Mittelalters  als  Cicolanum  oder 
Ceeolanum  nordwärts  vom  „pagus  Marsorum^,  So  in  den  Registerbücheiii  von  Subiaco 
und  von  Farfa.  Eine  Farfenser  Urkunde  vom  Jahre  877  n.  Chr.  hat  die  Fertigung  „Actum 
in  Ecicuiis^.  Reg.  Farfens.  III  p.  28.  Ebenda  p.  27:  „habitatores  de  massa  cieulana^.  Vgl. 
Sackub  a.  a.  0.  In  den  Schlachtberichten  Karls  von  Anjou  1268  heisst  es  (mit  franzö- 
sischer Aussprache)  Siculi  oder  Cicli 

14.  Sabini.  Das  Land  der  Sabini  reichte,  indem  die  Grenzen  nur 
im  einzelnen  verrückt  wurden,  vom  Tiber  und  (früher  vom  Anio,  später) 
von  Nomentum  angefangen,  bis  zu  den  Picentern,  in  deren  Gebiet  die 
„via  Salaria"  führte,  und  zu  den  Vestinern,  zu  denen  der  Aternus  aus 
dem  sabinischen  Amitemum  hinunterfloss.  Die  Grenze  gegen  ümbrien  zu 
bildete  eine  Strecke  lang  der  Fluss  Nar  (heute  Nera).  Im  ganzen  um- 
fasste  das  Sabinergebiet  70  deutsche  Quadratmeilen. 

Die  Sabini  waren  eine  Eonföderation  mehrerer  Gemeinden,  von  denen 
Cures  (8.  Maria  d'  Arci  bei  Correse  am  Fluss  gleichen  Namens  bezeichnet 
die  „arx"  dos  antiken  Ortes)  einen  gewissen  Vorrang  behauptete;  daneben 
kamen  Reate,  Nursia,  Amitemum  in  Betracht  (vgl.  Liv.  28,  45,  19: 
Nursini  et  Beatini  et  Amiternini  Sabinusque  omnis  ager  müites  pollicüi  sunt; 
wo  unter  dem  ager  Sabinus  das  Gebiet  von  Cures  gemeint  ist).  Später 
werden  z.  B.  als  Strassenstationen  auch  andere  Orte  genannt:  Interocreum 
(jetzt  Antrodoco)  am  Velinus  im  Gebiete  von  Reate;  Eretum  im  Gebiete  von 
Cures,  18  Million  von  Rom,  sowohl  in  der  ältesten  römischen  Geschichte,  wie 
im  Itiner.  Anton,  als  Station  der  via  Salaria  genannt,  gleichwohl  spurlos 
untergegangen;  femer  Forum  novum  (jetzt  Vescovio  bei  Torri);  am  Ober- 
lauf des  Farfar  oder  Fabaris  (Farfa),  anstossend  ans  Aequergebiet,  Trebula 
Mutuesca  (bei  Monteleone).    Im  allgemeinen  war  und  blieb  das  Sabinerland 


42  A.  Geographie  von  Italien  and  dem  Orbis  Bomanns. 

ein  Land  der  Bauern,  die  dorf weise  wohnten;  selbst  ihre  Munizipien 
machten,  wie  Strabo  hervorhebt,  nichts  weniger  als  einen  stadtartigen 
Eindruck.  Auch  Vergil  und  Ovid  nennen  das  »kleine  Cures*  im  Gegen- 
satz zum  „grossen  Rom".  Gleichwohl  war  das  Gebiet  von  Cures  ziemlich 
ausgedehnt,  der  Ort  selbst  in  der  Kaiserzeit  blühend.  —  Das  Volk  lebte 
genügsam,  weshalb  die  Überlieferung  oder  gelehrte  Abstraktion  hieher 
die  Aborigines  versetzte;  worüber  Varro,  selbst  ein  Reatiner,  mancherlei 
mitteilte,  was  Dionysius  von  Halicarnass  in  sein  Werk  aufnahm.  In  der 
Gegend  von  Reate  wurde  die  Esel-  und  Maultierzucht  mit  Erfolg  be- 
trieben. 

Reate  (beim  heutigen  Rieti)  lag  an  der  „via  Salaria*',  auf  einer 
Hochebene  419  m  über  Meer,  wo  die  Flüsse  Himella  (heute  Salto,  nur 
im  Oberlauf  noch  Imele)  und  Tolenus  (heute  Turano)  sich  mit  dem 
Avens  (heute  Velino)  vereinigen  und  abwärts  vor  der  Mündung  in  den 
Nar  eine  Reihe  von  Seen  {locus  Velini)  bilden.  Das  Thal  von  Reate 
ist  durch  Überschwemmungen  gefährdet,  da  das  mit  starkem  Ealkgehalt 
gesättigte  Wasser  Tropfstein  absetzt;  infolgedessen  der  Abfluss  ins  Thal 
des  Nar  von  Zeit  zu  Zeit  künstlich  reguliert  werden  muss.  Dies  führte 
bereits  M'.  Curius  Dentatus  durch,  als  nach  der  Besiegung  der  Sabiner 
(im  Jahre  290  v.  Chr.)  deren  beste  Ländereien  von  Rom  konfisziert  wurden ; 
seitdem  wurde  das  Gebiet  von  Reate  wegen  seiner  Fruchtbarkeit  gerühmt ; 
doch  gaben  jene  Flussregulierungen  wiederholt  zu  Streitigkeiten  zwischen 
den  Gemeinden  Reate  und  Interamna  Anlass.  (Im  Jahre  54  v.  Chr.  warben 
die  Reatiner  sich  Cicero  zum  Anwalt).  In  der  Nähe  von  Reate  lag  der 
See  von  Cutilia,  „der  Nabel  Italiens*,  mit  dem  Badeort  Aquae  Cuti- 
liae  (jetzt  Paterno  bei  Cittaducale),  den  die  flavischen  Kaiser  begünstigten. 
Yespasian  pflegte  die  Sommermonate  auf  dem  Stammsitz  seiner  Familie  bei 
Falacrine  am  Oberlaufe  des  Avens  im  Gebiete  von  Reate  zuzubringen. 

Das  Gebiet  von  Nursia  (heute  Norcia),  im  nördlichen  Sabinerlande, 
durchströmte  der  Fluss  Cornia,  der  in  den  Nar  mündet.  Von  hier 
stammte  Q.  Sertorius  imd  Vespasians  Mutter.  Verbunden  wurde  dieses 
in  den  Bergen  abseits  gelegene  Munizipium  mit  dem  übrigen  Italien  durch 
eine  Strasse  nach  Spoletium.  Die  Örtlichkeit  auf  der  Höhe  der  Berg- 
kette, die  das  Gebiet  von  Nursia  von  dem  von  Spoletium  schied,  hatte 
noch  zu  Suetons  Zeit  ihren  Namen  nach  der  väterlichen  Familie  der 
Vespasia  Polla  (wenn  nicht  nach  ihr  selbst),  also  entweder  „locus  Vespa- 
siae^  oder  „  Vespasiae"  sc.  tabernae  (Suet.  Vespas.  c.  1).  —  Auch  S.  Bene- 
dictus  stammte  von  hier. 

Amiternum,  am  Oberlaufe  des  Atemus  (bei  S.  Vittorino,  in  der  Nähe 
von  Aquila,  720  m  über  Meer),  Vaterstadt  des  Sallustius,  hochgelegen  in 
einer  abgeschiedenen  Gebirgsgegend,  wo  sich  die  ursprüngliche  frugale 
Lebensweise  am  längsten  erhielt,  daher  der  ürsitz  der  Sabiner  von  Cato 
hieher  versetzt  wurde.  In  der  Nähe  Pitinum  (Torre  di  Pitino)  an  der 
Grenze  der  Sabiner  und  Vestiner. 

Was  die  Organisation  des  Sabinergebietes  angeht,  so  verschmolzen 
die  nach  der  Katastrophe  des  Jahres  290  v.  Chr.  von  den  Römern  her 
verpflanzten  Volkselemente  mit  der  enchorischen  Bevölkerung,  die  zunächst 


1.  lUUen.    (§  15.)  43 

das  Passivbürgerrecht  {sine  suffragio),  aber  schon  im  Jahre  264  v.  Chr. 
das  Vollbürgerrecht  erhielt.  Seit  dem  Jahre  239  v.  Chr.  blieb  das  Sa- 
binerland  der  neugebildeten  Tribus  Quirina  (deren  Name  mit  Cures  zu- 
sanmienhängen  sollte)  zugewiesen,  der  wir  später  in  allen  sabinischen 
Orten  begegnen;  mit  Ausnahme  von  Cures,  das  zur  tribus  Sergia  gehörte. 
—  Es  war  dies  die  in  der  Geschichte  Mittelitaliens  epochemachende  Ver- 
einigung der  Römer  (resp.  Latiner)  und  der  Sabiner  zu  einem  Staatswesen, 
die  in  der  Tatiuslegende  ihren  Ausdruck  fand.  Bis  auf  den  Sozialkrieg 
sprachen  in  den  sabinischen  Orten  praefecti  des  stadtrömischen  Prätors 
Recht,  während  nach  dem  Sozialkrieg  die  munizipale  Organisation  durch- 
geführt wurde. 

Corp.  inscripU  Latinar.  EX  (1883)  p.  396—478.  —  Vgl.  Mommskn,  Die  Tatiuslegende, 
in  .Hermes«  XXI  (1886)  8.  570—584.  —  Nibbuhb,  Vorträjge  über  alte  Länder-  und  Völker- 
kunde S.  469 — 472.  —  Ueber  das  bei  Yergilins  und  Silius  Italicus  erwfthnte  Gas  per  ia 
(bei  Aspra?)  vgl.  Clüvbbiüs  p.  676.  Ueber  fanam  Vacunae  (jetzt  Bacugno  an  der  via 
S(üaria,  zwischen  Falacrine  und  forum  Decii)  ebenda;  nach  Falacrine  selbst  hat  das  Thal 
im  Mittelalter  den  Namen  gefflhrt  und  hängt  derselbe  jetzt  noch  an  dem  der  Kirche  zu 
S.  Silvester  (bei  Cittareale).  Vielleicht  lagen  in  dieser  Berggegend  die  anderen  bei  Dionvs. 
1,  14  aufgezählten  Orte.  Vgl.  Corp.  IX  p.  434.  Foruli  lag  bei  Sassa.  Die  Stationen  der 
das  Sabinerland  durchziehenden  via  Salaria  sind  behandelt  Eph.  epigr.  U  p.  203  f.  Siehe 
unten.  Niccolö  Pebsichetti,  Viaggio  archeologico  sulla  via  Salaria  nel  eircondario  di 
CiUaducale  coh  appendice  auVe  antichUä  dH  dirUorni  e  tavola  topografica,  Roma,  Torino, 
Firenze  1893.  —  Üeber  die  Heimat  von  Vespasians  Mutter  vgl.  Bobmann  in  den  archftoL- 
epigr.  Mitteilungen  XV  S.  35  f.  —  Nach  der  Äugustischen  Organisation  gehörte  das  Sabiner- 
gebiet  mit  den  anderen  Gebirgsstftmmen  zur  vierten  Region.  In  den  Provinzialkatalogen 
des  5.  Jahrhunderts  erscheint  es  den  Provinzen  Nursia  und  Valeria  zugeschrieben  (in  letzterer 
lag  Reate).  Vgl.  Moioisbn  in  den  Mon.  Germ.  auct.  ant.  IX  p.  533.  —  Für  die  historische 
Topographie  des  südlichen  Sabinergebietes,  besonders  der  Gegend  von  Cures,  sind  die  Be- 
aitzBtandsregister  des  im  Mittelalter  hier  blühenden  langobardischen  Klosters  Faifa  von  der 
gröBsten  Bedeutung  {Regesto  di  Farfa  ed.  Balzani  e  Gioboi,  Roma  1880  ff.).  Vgl.  Tomassetti 
im  „Arehivio  deUa  societä  Romana**  XV  (1892)  p.  196  ff.  Der  „rivm  Currisus**  oder  „flu- 
viu8  Currensis**,  das  „castellum  quod  Currenae  vocatur**  bezeichnen  Fluss  und  Ortschaft 
Correse;  Ard  wd  1059  schon  so  genannt;  die  „via  antiqua"  ist  die  alte  Salaria.  Kloster 
Farfa,  durch  eine  Hügelreihe  vom  Tlial  des  Correse  getrennt,  lag  am  Nebenfluss  des  Tiberis, 
der  bei  Ovid,  Silius,  in  der  tob.  Peuting.  als  Farfar,  bei  Ver^.  Aen.  VQ  715  aber  (vielleicht 
des  Metrums  halber,  wie  Cluveb  meint)  als  Fabaris  genannt  erscheint.  —  Tomassetti 
stellt  1.  c.  XI  p.  150  Anm.  eine  Monographie  über  das  ganze  Sabinergebiet  in  Aussicht. 

15.  Samnites.  Von  den  Sabin!  hatten  sich  eine  Reihe  von  Stämmen 
abgezweigt,  die  sich  selbst  als  Safineis  (d.  i.  Sabini,  griechisch  2avvhat) 
bezeichneten,  ohne  übrigens  eine  kompakte  Nation  zu  bilden;  sie  zerfielen 
in  4  oder  5  populi,  die  sich  autonom  regierten  und  selbst  gegen  einen 
auswärtigen  Feind  nicht  immer  zusammenhielten.  Doch  unterschied  man 
zwei  Gruppen,  die  in  verschiedener  Zeit  und  unter  verschiedener  Führung 
sich  abgezweigt  hätten.  Die  samnitischen  Stämme  im  engeren  Sinne  des 
Wortes  seien  von  einem  Stier  geführt  worden,  woher  zwei  Orte  den  Namen 
Bovianum  geschöpft  haben;  die  Hirpiner  durch  einen  Wolf  (hirpus).  Die 
römische  Politik  hat  nicht  verfehlt  diese  Zweiteilung  in  ihrem  Interesse 
zu  verwerten. 

Eines  der  beiden  Bovianum,  das  nachher  als  vetus  von  dem  anderen 
unterschieden  wurde,  wird  als  „caput  Caracenorum  Samnitium"  bezeichnet. 
Die  Garaceni  waren  Grenznachbarn  der  Frentani,  am  Oberlauf  der  Flüsse 
Sagrus  (jetzt  Sangro)  und  Trinius  (jetzt  Trigno).  Ihr  Bovianum  lag  im 
Oebirge  (jetzt  Pietrahbondante  bei  Agnone);  nur  auf  Saumwegen  zugäng- 
lich.   Die  Gewässer  ringsum  fliessen  in  den  Trigno.    Die  Ruinen  und  der 


44  A.  Geographie  von  Italien  und  dem  Orbis  Romanos. 

umstand,  dass  hier  die  meisten  oskischen  Inschriften  aus  Samnium  ge- 
funden sind,  weisen  darauf  hin,  dass  dieser  Ort  der  Mittelpunkt  des  eigen- 
tiimlieh  samnitischen  Lebens  gewesen  ist. 

Das  andere  Bovianum,  beim  heutigen  Bojano  am  Fuss  des  Monte 
Matese  {Tifernus  mons)  gelegen,  war  „caput  Pentrorum  Samnüium.^  Die 
Pentrer  sassen  am  Oberlaufe  des  Flusses  Tifernus  (jetzt  Biferno).  Ihr 
oppidum  behielt,  da  die  römische  Strasse  vorbeiführte,  auch  später  Bedeu- 
tung, wenngleich  diese  samnitischen  Orte  dem  Strabo  überhaupt  nur  Dörfer 
zu  sein  schienen.  Im  Sozialkriege  war  dies  Bovianum  ein  Stützpunkt  der 
Aufständischen,  in  der  Eaiserzeit  hiess  es  von  der  Besiedlung  mit  Soldaten 
der  leg.  XI  Claudia  Bovianum  TJndecimanorum.  —  Von  anderen  Orten  sind 
zu  nennen:  Telesia  (am  Fluss  Calor,  beim  jetzigen  ärmlichen  Dorfe  Te- 
lese)  und  Fagifulae  (beim  heutigen  S.  Maria  a  Faifoli),  die  im  Hanni- 
balischen  Kriege  von  Rom  abfielen;  Allifae  und  Saepinum,  die  in  der 
Zeit  der  Samniterkriege  genannt  werden,  von  denen  aber  namentlich  das 
letztere  als  Durchzugsstation  der  die  Sommerweide  beziehenden  (s.  oben 
8.  22)  Schafherden  noch  in  der  Kaiserzeit  in  Betracht  kommt.  Die 
Ruinen  von  Saepinum  bei  dem  heutigen  Sepino,  auf  der  Strasse,  die  von 
Benevent  in  das  Quellgebiet  des  Flusses  Tamarus,  heute  Tammaro,  und 
von  da  nach  Bovianum  ündecimanorum  führte;  Allifae,  dessen  Name  in 
dem  des  heutigen  Alife  erhalten  ist,  lag  unweit  des  linken  Ufers  des  Vol- 
tumus  an  der  Strasse,  welche  von  Benevent  über  Telesia  nach  Venaf- 
rum  ging,  während  von  Allifae  selbst  eine  solche  nach  Teanum  und  Min- 
turnae  sich  abzweigte.  —  Aufidena  (jetzt  Alfidena),  dessen  Schwerpunkt 
sich  ostwärts  verrückte,  seit  die  römische  Strasse  von  Benevent  her  über 
den  Sagrus  (beim  heutigen  Castel  di  Sangro)  führte.  Diese  ging  der  via 
Valeria  zu  nach  Sulmo  im  Paelignerlande  über  einen  1300  m  hohen  Pass 
(jetzt  Piano  delle  Cinquemiglia),  der  im  Winter  oft  Monate  lang  ver- 
schneit ist;  selbst  im  Sommer  kann  es  hier  oben  recht  frisch  sein.  —  Die 
Verbindung  des  Sagrus-  mit  dem  Volturnusthal  deckte  seit  dem  Jahre 
263  V.  Chr.  die  strategisch  wichtige,  auf  einem  isolierten  Hügel  gelegene 
Kolonie  Aesernia  (jetzt  Iseniia),  die  im  Sozialkriege  nach  dem  Verluste 
von  Corfinium  der  Hauptstützpunkt  der  Insurrektion  war.  Terventum 
(jetzt  Trivento)  über  dem  Thal  des  Trinius,  in  abgelegener  Gegend,  aber 
für  samnitische  Verhältnisse  nicht  unbedeutend.  Aus  Cluviae  im  Gebiete 
der  Caraceni  stammte   der  Philosoph  und  Staatsmann  Helvidius  Priscus. 

Corp.  inscripL  Latinar,  IX,  p.  205—262.  Inschriftliche  Nachträge  zu  Momhsbns 
Unterital.  Dialekten  von  Gorssen  in  der  Ephem,  epigr.  II  p.  153  ff.  —  PhyaiBche  Geographie 
bei  Nissen,  Ital.  Landeskunde  I  S.  240 — 242.  Ethnographie  der  sabellischen  St&mme,  ebenda 
S.  528  f.  Er  schätzt  das  Gebiet  der  Samniter  um  die  Mitte  des  4.  Jahrhunderts  v.  Chr.  auf 
250 — 300  deutsche  Quadratmeüen;  fOr  das  Jahr  225  v.  Chr.  auf  etwa  160  deutsche  Quadrat- 
meilen. In  der  Augustischen  Einteilung  hatte  es  nur  noch  60 — 70  deutsche  Quadratmeilen. 
—  NiEBUHR,  Länder-  und  Völkerkunde  S.  479 — 489.  —  Nach  dem  Sozialkrieg  wurden  die 
samnitischen  Orte  meist  der  trtbtis  VoUinia  zugeschrieben.  Vgl.  Eubitshbk,  Imp,  Rom, 
irih.  disc.  p.  265.  272.  57  ff.  —  In  den  Gebieten  von  Saepinum,  Bovianum,  Aesernia  finden 
wir  im  7.  Jahrhundert  n.  Chr.  Bi^j^garen  angesiedelt.    Paul,  diacon.  Y,  29. 

16.  Hirpini.  Das  Zentrum  der  Landschaft  war  in  römischer  Zeit 
Beneventum  (früher  Maluentum,  griechisch  MaXoeig  oder  Malovg,  von 
den  Römern  des  Omens  wegen  umgenannt;    es  sollte  von  Diomedes  ge- 


1.  ItaUeu.    (§  16.)  45 

gründet  sein;  den  Fremden  zeigte  man  unter  anderen  Antiquitäten  die 
Hauer  des  kaledonischen  Ebers,  welche  der  göttliche  Meleager  als  Preis 
für  den  Jagdzug  erhalten  hatte).  Es  lag  am  Zusammenflusse  des  Galor 
mit  dem  Sabatus,  elf  Millien  von  Gaudium,  in  einer  weiten,  reich  bewäs- 
serten, fruchtbaren,  rings  von  Hügeln  umgebenen  Thalfläche  (ager  oder 
jxigus  Beneventanus).  Seit  268  v.  Chr.  eine  Kolonie  latinischen  Rechtes, 
wodurch  Samnium  im  Zaum  gehalten  und  die  Verbindung  mit  Luceria 
und  Yenusia,  den  Stützpunkten  der  römischen  Herrschaft  in  Unteritalien, 
weiterhin  auch  mit  dem  Hafen  von  Brundisium  gesichert  wurde.  Wich- 
tige Station  der  via  Appia,  die  bei  Anlegung  der  Kolonie  hieher  ver- 
längert wurde;  auch  der  anderen  über  Aequum  Tuticum  nach  Barium 
und  von  hier  nach  Brundisium  führenden  Strasse,  die  K.  Traian  nach  sich 
benannte:  für  deren  Instandsetzung  wurde  ihm  in  Benevent  ein  noch 
stehender  Ehrenbogen  errichtet.  Überhaupt  das  eigentliche  Verkehrszen- 
trum  der  umliegenden  Landschaften.  Auch  sonst  wurde  Benevent  stetig 
begünstigt.  Unter  Augustus  wurde  das  Gebiet  von  Gaudium  zu  Benevent 
geschlagen;  das  15  m.  p.  von  Benevent  an  der  via  Appia  gelegene  Ae- 
clanum  (bei  Mirabella),  das  im  Bundesgenossenkriege  eine  Rolle  gespielt 
hatte,  wurde  „Quintodecimum"  beigenannt;  es  war  zugleich  der  Ausgangs- 
punkt der  nach  Herdonia  führenden  via  Aeclanensis.  Auch  das  Gebiet 
von  Taurasia,  welches  im  Jahre  180  v.  Chr.  unter  dem  Konsulate  des  P, 
Cornelius  Cethegus  und  des  M.  Baebius  Tamphilus  den  hieherverpflanzten 
Ligurem  {Ligures  Corneliani  et  Baebiant)  angewiesen  worden  war,  gehörte 
unter  K.  Traian  zu  Benevent,  wenngleich  die  Gemeinde  der  Baebiani 
fortbestand,  ebenso  wie  die  der  Caudiner.  In  der  Nähe  von  Aeclanum 
an  der  appischen  Strasse  ein  kleiner  See  mit  mephitischer  Ausdünstung; 
daneben  ein  Heiligtum  der  „(2ea  Mefitis"  mit  der  Höhle  Ampsanctus,  aus 
welcher  erstickende  Dämpfe  quollen,  weshalb  der  Ort,  wie  alle  ähnlichen, 
mit  der  Unterwelt  in  Verbindung  gebracht  wurde  (Verg.  Aen.  VH  563). 

Von  anderen  Orten  sind  zu  nennen  Aquilonia  an  der  appischen 
Strasse  zwischen  Aeclanum  und  Yenusia;  Compsa  (heute  Conza)  nahe  der 
Inkanischen  Grenze;  Caudium  (bei  Montesarchio),  in  der  Zeit  der  sam- 
nitischen  Unabhängigkeit  der  Vorort  eines  Gaues,  zu  dem  die  Gegend  von 
Benevent  gehörte ;  auch  später  noch  zur  Zeit  des  Föderatverhältnisses  mit 
Rom  ist  vom  ^ager  Caudinus"  die  Rede.  Caudium  gehörte  mit  Compsa 
zu  den  Orten,  die  zu  Hannibal  übertraten.  —  Horaz  erwähnt  „Caudi  cau" 
ponae,'^  da  die  appische  Strasse  über  die  durch  die  Niederlage  des  Jahres 
321  V.  Chr.  berühmten  „furculae  Caudinae'*  hier  durchführte. 

Saticula  (mutmasslich  beim  heutigen  S.  Agata  de'  Goti)  im  Sam- 
niterkriege  und  im  Hannibalischen  Kriege  genannt,  seit  313  v.  Chr.  als 
Kolonie  eingerichtet,  später  verschollen.  Trebia,  nach  Liv.  23,  14,  13 
auf  dem  Wege,  der  nach  Nola  führte,  gelegen,  sonst  unbekannt. 

Ckirp  inscr,  Latinar,  JX,  ^.  SS — 202.  Mit  einer  Karte:  Hirpinorum  terrüorü  pars 
dupliei  maiaris  tahuULe  modiäo  descripta,  —  G.  Gbasso,  Studi  di  sioria  atUica  e  de  topo- 
grafia  storiea,  Ariano  1893.  Behandelt  kontroverse  Punkte  der  Topogr&fie  des  Hirpiner- 
landes:  über  das  bei  Liv.  X,  38  f.  genannte  Aquilonia,  über  Aequum  Tuticum,  die  Strassen- 
züge  u.  8.  w.  Vgl.  auch  P.  N.  Flammia,  Storia  di  Ariano  (1894).  — -  Wo  die  „furculae 
Caudinae"  eigenUich  gelegen  waren,  Iftsst  sich  nicht  näher  bestimmen.    Die  Beschreibung 


46  A.  Geographie  von  Italien  nnd  dem  Orbis  Romaans. 

des  Livius  passt  nicht  f&r  den  Pass  von  Arpaja  nach  Montesarchio;  ebensowenig  fttr  die 
Gegend  bei  Forchia.  Jedenfalls  liat  seit  dem  Altertum  das  Teirain  mancherlei  Verftnde- 
rongen  erlitten.    Vgl.  neuerdings  E.  Gocchia,  I  Romani  alle  forche  Caudine,  Napoli  1888. 

—  Das  Hirpinergebiet  ist  erst  infolge  der  Samniterkriege  von  den  Römern  für  sich  kon- 
stituiert worden.  Grosse  territoriale  Veränderungen  erfolgten  nach  dem  Sozial-  und  Bürger- 
kriege durch  Sulla;  das  eigentliche  Hirpinergebiet  wurde  in  fünf  Teile  aufgeteilt,  die  an 
die  Städte  Aeclanum,  AbelUnum  (das  erst  später  zu  Campanien  gezogen  wurde),  Aquilonia, 
Compsa  und  Vescellia  kamen.  Vgl.  Beloch,  Ital.  Bund  S.  18.  Weitere  Veränderungen 
brachte  die  Triumviralzeit,  noch  andere  schlössen  sich  an  die  oben  erwähnten  Massregeln 
des  Augustus  zu  Gunsten  von  Benevent  an.  Nach  der  Ordnung  Diocletians  wurde  das 
Hirpinerland  unter  die  Provinzen  Campanien  und  Apulien  aufgeteilt. 

17.  FrentanL  Den  flachhügeligen  fruchtbaren  Küstensaum  am  unteren 
Tifernus,  am  unteren  Trinius,  am  Sangrus  nördlich  bis  hinauf  nach  Ortona 
nahmen  die  Frentani  ein,  ein  sabelliscber  Stamm,  der  sich  von  der  Gemein- 
schaft der  Samniten  trennte  und  an  den  Kämpfen  gegen  Rom  seit  319 
V.  Chr.  nicht  mehr  teilnahm;  daher  die  Landschaft  von  tiefergehenden 
Veränderungen  verschont  blieb. 

Von  Orten  sind  zu  nennen  Larinum  (jetzt  Larino),  südlich  vom 
Tifernus,  der  Mittelpunkt  eines  für  sich  stehenden  Gaues;  Buca,  beim 
heutigen  Termoli,  am  Meer;  Uscosium,  zwischen  Larinum  und  Buca; 
Histonium  (beim  heutigen  Yasto),  hochgelegen  mit  der  Aussicht  auf  die 
Insulae  Diomedeae,  deren  grösste  Trimetus  (daher  die  ganze  Gruppe 
heute  Trimetiinseln  genannt  ist)  in  der  Kaiserzeit  als  Detentionsort 
diente.  Anxanum  (heute  Lanciano),  landeinwärts  gelegen.  Ortona, 
hoch  auf  einem  Vorgebirge,  mit  kleinem  Hafen.  Pagus  Urbanus,  im 
Binnenlande  am  Fluss  Aventinus.  Juvanum  in  rauher  abgelegener  Berg- 
gegend. 

Corp.  inscript.  Latinar,  IX,  p.  263—281.  Nissen,  Landesk.  I,  527  schätzt  die  Land- 
schaft der  Frentani  in  dem  Umfange,  den  ihr  noch  Strabo  gibt,  auf  65—70  deutsche  Qnadrat- 
meilen.    Augustus  hat  die  Larinates  zu  Apulien  geschlagen. 

18.  Marsi,  Paeligni,  Marrucini,  Yestini.  Vier  verwandte  sabel- 
lische  Stämme,  in  der  Hochappenninlandschaft  östlich  vom  Sabiner-  und 
Aequerlande.  Die  Marser  am  lacus  Fucinus  und  dem  Quellgebiete  des 
Liris  mit  dem  Vororte  Marruvium  (Ruinen  von  S.  Benedetto  bei  Pes- 
cina)  am  genannten  See,  der  wegen  Verhinderung  seines  Abflusses  die 
Gegend  zu  versumpfen  drohte.  Daher  unter  K.  Claudius  ein  Abzugskanal 
nach  dem  Liristhai  angelegt  wurde,  für  jene  Zeit  ein  grossartiges  Werk, 
das  in  unserem  Jahrhundert  (durch  den  Fürsten  Torlonia)  erneuert  wurde. 

—  Das  ursprünglich  volskische  Antinum  (heute  Civita  d'Antino)  am 
oberen  Liris,  ferner  Anxa  (unbekannt  wo)  waren  die  beiden  anderen 
Orte  der  Marser,  wonach  man  Marsi  Maruvii,  Marsi  Antinates,  Marsi  An- 
xates  unterschied.  Das  Land  wurde  durch  die  via  Valeria  durchzogen, 
die  sich  bei  Gerfennia  (jetzt  Collarmele,  78  m.  p.  von  Rom)  gabelte;  auf 
der  rechten  Seite  ging  es  nach  Marruvium  (85  m.  p.  von  Rom),  auf  der 
linken  die  Fortsetzung  der  Strasse  über  den  1016  m  hoch  gelegenen 
Mens  Imeus  (jetzt  Forca  Carusa)  nach  Corfinium  (94  m.  p.  von  Rom). 
Lucus  Angitiae  (jetzt  Luco)  und  Supinum  (jetzt  Trasacco)  waren  Flecken 
am  südlichen  Ufer  des  Fucinersees;  ersterer  war  erwachsen  neben  dem 
Heiligtum  der  schlangenwürgenden  Göttin  Angitia,  wie  denn  die  Marser 
als  Schlangenbändiger  einen  Ruf  hatten. 


t  ItaUen.    (§§  17, 18.)  47 

Das  Land  der  Paeligner  durchströmte  der  aus  dem  Yestinergebiete 
herunterkommende  Atemus,  an  dem  der  paelignische  Vorort  Gorfinium, 
zur  Zeit  des  Bundesgenossenkrieges  die  Hauptstadt  des  projektierten 
Staates  Italia,  gelegen  war;  auf  einer  Hochebene  360  m  über  dem  Meer, 
im  Mittelpunkte  der  am  Aufstande  hauptsächlich  beteiligten  Landschaften 
(Ruinen  von  S.  Pellino  beim  heutigen  Pentima).  Die  via  Valeria  wurde 
durch  E.  Claudius  von  Gorfinium  bis  zur  Mündung  des  Atemus  fort- 
geführt (daher  via  Claudia  Valeria  genannt,  mit  Gerfennia  als  Ausgangs- 
punkt). Südlich  von  Gorfinium  lag  Sulmo  (heute  Solmona),  zuerst  im 
Hannibalischen  Kriege  genannt,  dann  als  Geburtsort  des  Dichters  Ovid, 
der  seiner  Vaterstadt  öfter  gedenkt.  Die  „pagi"  Superaequum  (jetzt 
Castelvecchio  Subequo)  und  Interpromium  (bei  Torre  dei  Passeri)  lagen 
an  der  Mündung  je  eines  Seitenthaies  des  Atemus;  der  „pagus'*  Betifuli 
sw.  von  Solmona  (beim  jetzigen  Scanne). 

Bei  den  Marrucini  war  Teate  (mit  dem  Beisatz  Marrucinorum, 
um  es  von  der  apulischen  Stadt  dieses  Namens  zu  unterscheiden,  beim 
heutigen  Chieti)  der  Vorort.  Bei  den  Vestini,  die  bis  auf  den  Sozial- 
krieg gleichfalls  nur  ein  Gemeinwesen  bildeten,  werden  Pinna  (jetzt  Gi- 
vita  di  Penne),  als  der  den  Römern  treu  gebliebene  Hauptort,  femer  Peltui- 
num  (jetzt  S.  Paolo  a  Peltuino  bei  Prata),  Aveia  (beim  heutigen  Fossa)  ge- 
nannt; im  Qebiete  von  Peltuinum  die  abhängigen  Orte  Aufinum  (dies- 
seits der  nach  Pinna  führenden  Berge,  daher  Aufinates  cismontani  bei 
Plinius,  jetzt  Ofena)  und  Furfo  (S.  Maria  di  Furfona  bei  Barisciano). 
Die  letztgenannten  alle  in  der  Nähe  von  Aquila,  das  seit  dem  13.  Jahr- 
hundert n.  Ghr.  das  Zentmm  der  Gegend  ist.  Aternum  am  Ausflusse 
des  Atemus,  war  der  gemeinschaftliche  Ankerplatz  der  Vestiner,  Paeligner 
und  Marruciner,  weniger  für  den  Handel  von  Bedeutung,  da  der  Hafen 
hiezu  nicht  ausreichte,  als  für  den  Fischfang;  davon  hiess  schon  im  7. 
Jahrhundert  n.  Ghr.  die  Stadt  und  der  untere  Lauf  des  Flusses  Piscaria, 
jetzt  Pescara.  —  Der  Atemus  trennte  Vestini  und  Marrucini.  Aus  dem 
Lande  der  letzteren  stammte  G.  Asinius  Pollio. 

Im  allgemeinen  lebten  auch  diese  Stämme  mehr  dorfweise;  tüchtige 

Bauern,  tapfere  Soldaten,  sei  es,  dass  sie  gegen,  sei  es,  dass  sie  für  Rom 

kämpften. 

üeber  die  Marsi:  Corp.  inscript.  Latinar,  EX,  p.  346—369.  Die  Paeligni,  ibid. 
p.  286-314.  Die  Marrncini,  ibid.  p.  282—285.  Die  Vestini,  ibid.  p.  315—345.  — 
NisBUHB,  Vorträge  über  alte  Länder-  und  Völkerkunde  S.  464;  475—479.  Nissen  schätzt 
das  Gebiet  der  Marser  und  Paeligner  auf  je  20,  das  der  Vestini  auf  35,  das  der  Marrucini 
auf  etwa  10  deutsche  QuadratmeUen.  lieber  die  Austrocknung  des  Fucinersees  (lago  di 
Celano,  660  m  ttber  Meer)  vgl.  das  Werk:  DessSchement  du  lac  Fucino  exhutie  par  le 
prince  TorUmta,  Prieia  historique  et  technique  par  MM,  A.  Bbissr  et  L.  de  Botbü,  Rome 
1876.  Es  wurde  fttr  die  modernen  Arbeiten  zum  Teil  der  alte  Emissar  verwendet.  —  Die 
Eisenbahn  folgt  von  Collarmele  nicht  dem  Zuge  der  fortgesetzten  via  VaJeria,  sondern  geht  ins 
Thal  des  Giovenco,  das  im  Altertum  wohlbevölkert  war,  durchbricht  durch  Tunnels  den 
Monte  Cniro  nach  Cocullo,  dann  den  Monte  Luparo,  der  die  Thäler  von  Fucino  und  Solmona 
scheidet;  bei  der  Station  Prezza  über  dem  Thal  des  Sagittario  lag  im  Altertum  Layernae, 
ein  „pagus"  der  Sulmonenser.  —  Die  Marser  und  Paeligner  wurden  nach  dem  Socialkriege 
der  tr{bu8  Sergia,  die  Marruciner  der  Amensis  zugeschrieben.  Vgl.  Cicero  in  Vatin.  15,  36. 
Hiezu  Eubitschbe:  1.  c.  p.  51  ff.,  265.  Die  Vestiner  hatten  die  tribus  Quirina  1.  c.  p.  60.  — 
Die  Heimatangabe  der  Marser  wird  bemerkenswerterweise  nach  dem  Namen  der  Landschaft, 
nicht  des  Vorortes  gebildet:   {tribti)  Sergia  domo  Marsia,    Vgl.  ArchäoL-epigr.  Mitteil,  aus 


48  A.  Geographie  von  Italien  nnd  dem  Orbis  Romanns. 

Oesterreich-Üngam  XVI  S.  214.  (Ebenso  hatte  jede  der  Yestinerstädte  das  Gognomen  Ye- 
stina  oder  Vestinum  und  wurde  Teate  mit  Mamicini  abwechselnd  gebraucht.)  Seit  dem 
vierten  Jahrhundert  ist  das  Land  der  Marser  ein  Teil  der  Provinz  Yaleria.  Gregor  M.  dial. 

4,  24  spricht  von  einer  provincia  Marsarum  in  demselben  Sinn;  wie  denn  der  kirchliche 
Sprachgebrauch  bis  auf  den  heutigen  Tag  eine  dioecesis  Maraica  kennt,  das  municipium 
Marsi  auch  im  Mittelalter  (saec.  VIII.  EX.  X)  als  Marsi  oder  Marsis  oder  als  territorium 
Marsicanum  erscheint.  Die  Grenzen  des  Bistums  Marsica  verzeichnet  eine  päpstliche 
Bestätigungsurkunde  vom  Jahre  1114  (bei  Uohelli,  Ital.  sacra  1,  892);  die  Burgen  der 
Gegend  ein  aus  der  Zeit  zwischen  1241 — 1246  stammendes  offizielles  Yerzeichnis  bei 
WimLELMANN,  Acta  imperii  inedita  I  p.  780.  —  Papst  Bonifatius  in  (608 — 615)  war 
nach  dem  liber  pontif.  (ed.  Duchbske  I  p.  317)  „natione  Maraorum  de  civitate  Valeria**. 
Ygl.  hiezu  Cluvbb  p.  783  und  Mommsen,  Auetor.  antiquissimi  (der  Mon.  Genn.  hist.)  EX 
p.  533.  —  Im  Paelignerlande  wird  seit  dem  5.  Jahrhundert  der  heute  nicht  mehr  bestehende 
Ort  Yalva  (Balba)  am  Atemus  (also  nahe  beim  alten  Corfinium)  als  Bischofsitz  neben  Sulmo 
genannt.  Ygl.  Archiv  d.  Ges.  f.  ältere  deutsche  Geschichtskunde,  N.  F.  Y,  S.  513.  XY  S.  187. 
FiCKBR,  Ital.  Forsch.  II  363;  lY,  1.  7.  47.  Die  Gegend  von  Sulmo  ist  jetzt  abgeholzt  und 
verkarstet;  Ovid  nennt  sie  ,kühl  und  wasserreich**.  —  Ueber  Interpromium  (an  dem 
Durchbruch  des  Atemus  aus  dem  Land  der  Paeligner  in  das  der  Marmciner,  wo  Kaiser 
Ludwig  II  im  Jahre  873  das  Kloster  Gasauria  grOndete),  das  einen  pagus  des  Sulmonenser 
oder  des  Teatiner  Gebietes  bildete,  vgl.  zu  Corp.  IX  3044.  Der  Fluss  bahnt  sich  zwischen 
der  Majellagmppe  (höchster  Gipfel  der  Monte  Aniaro  über  Solmona,  2795  m  hoch)  und  dem 
Gran  Sasso  den  Weg  zum  adriatischen  Meer.  Yon  Cerfennia  bis  Teate  waren  es  44  m.  p., 
bis  Atemum  54  m.  p.  —  Ueber  den  Namen  Pescara  für  Atemus  und  Atemum  bei  Paulus 
diacanus,  resp.  in  seiner  nicht  viel  älteren  Yorlage  vgl.  Momxsbn,  Archiv  d.  Gesellsch.  Y 

5.  93.  —  An  der  Grenzscheide  der  Yestiner  und  Sabiner  ist  im  Mittelalter  durch  Kaiser 
Friedrich  II  die  jetzt  blühende  Stadt  Aquila  degli  Abmzzi  begründet  worden  (740  m  über 
Meer).  Südwärts  davon  lag  die  Strassenstation  Furconium  oder  Furcona,  die  früh  als 
Bischofsitz  erscheint,  auch  „civitas  S.  Maximi**  nach  dem  hier  verehrten  Heiligen  genannt, 
später  civita  dt  Bagno  nach  dem  nahen  Kastell  Bagno  (unweit  von  Aveia  Yestina).  Im 
Jahre  1257  kam  der  Bischofsitz  von  Furcona  (und  Amitemum)  nach  Aquila. 

19.  Picenum.  Den  Landstrich  östlich  vom  Apennin,  südlich  i^om 
Flusse  Aesis  bis  zum  Gebiet  der  Vestini  bewohnte  der  sabellische  Stamm 
der  Picentini,  deren  Name  vom  heiligen  Vogel  des  Mars,  dem  Specht 
(picws),  abgeleitet  ist.  Die  Bewohner  der  südlichen  gebirgigsten  Landes- 
teile Wessen  speziell  Praetuttii  oder  Praetuttiani,  woraus  des  moderne 
für  das  ganze  zentrale  Hochgebirge  gebrauchte  Name  »Abruzzen"  seinen 
Ursprung  genommen  hat. 

Die  Küste  hat  einen  einzigen,  zuerst  um  380  v.  Chr.,  durch  von 
dem  Tyrannen  Dionysius  vertriebene  Syrakusaner  in  Stand  gesetzten 
Hafen,  nämlich  Ancona,  unter  den  Römern  der  Ausgangspunkt  der  illy- 
rischen Expeditionen  (Liv.  41,  1),  später  für  den  Verkehr  mit  der  Balkan- 
halbinsel zu  wachsender  Bedeutung  gelangt,  namentlich  seitdem  Kaiser 
Traian  die  Hafenanlagen  erweitert  hatte.  Auf  der  Höhe  über  der  Stadt 
das  Gasten.  Südwärts  von  Ancona  an  der  Küste  lag  Numana  (jetzt 
Umana),  das  erst  in  spätrömischer  Zeit  mehr  hervortritt. 

Von  den  Städten  des  Binnenlandes  war  Asculum  Picenum  (Ascoli) 
am  Flusse  Truentus  der  Vorort  der  Picentiner,  der  im  Bundesgenossen- 
kriege eine  lange  Belagerung  aushielt;  seit  derselben  liegen  im  Flussbette 
zahlreiche  Schleuderbleie.  An  der  Mündung  des  Truentus  lag  ein  Castell 
{castrum  Truentinum). 

Sonst  sind  zu  erwähnen  die  im  Laufe  des  dritten  und  zweiten  Jahr- 
hunderts V.  Chr.,  wo  der  hiesige  ager  systematisch  aufgeteilt  wurde,  als 
Kolonien  eingerichteten  Orte:  Auximum  (heute  Osimo,  die  erste  Station 
südlich  Ancona)  in  einer  festen,  fast  uneinnehmbaren  Position  mit  der  Aus- 
sicht zum  Meer  auf  der  Höhe  gelegen,  in  der  späteren  Kaiserzeit  die  erste 


t  ItoUen.    (§§19,  20.)  49 

Stadt  Picenums  (die  alte  Stadtmauer  ist  zum  Teil  erhalten);  ferner  Po- 
tentia  (S.  Maria  a  Potenza) :  Firmum  (Fermo),  der  Stützpunkt  der  römi- 
schen Herrschaft  nach  der  Eroberung  und  gegenüber  Asculum;  Gastrum 
novum  (bei  Giulia  nuova) ;  Hadria,  heute  Atri,  die  erste  289  v.  Chr.  ge- 
gründete Kolonie  am  östlichen  Meer,  der  Stammsitz  der  Vorfahren  Kaiser 
Hadrians.  —  Nordwestlich  von  letzterem  Interamnia  Praetuttiorum 
(heute  Teramo). 

Die  übrigen  Orte,  die  gelegentlich  erwähnt  werden,  haben  ebenso  wie 
die  unbedeutenden  Küstenflüsse  (Miscus,  heute  Musone;  Tinna,  heute  Tenna; 
Truentus,  heute  Tronto;  Vomanus,  heute  Vomano)  meist  ihre  Namen  in 
auch  gegenwärtig  bedeutungslosen  Ortschaften  erhalten:  Gingulum  (Cin- 
goli),  das  nach  Gaes.  b.  c.  I,  15  Labienus  gegründet  hatte,  Tolentinum 
(Tolentino),  Septempeda  (S.  Severino),  Bicina  (Recina),  Pausulae  (S. 
Claudio  de  Posulano),  Urbs  Salvia  (Urbisaglia),  Gupra  montana  (Mas- 
saccio),  Gupra  maritima  (Givita  di  Marano),  Falerio  (Fallerone),  u.  a. 
Doch  sind  einige  dieser  Orte,  wie  Urbs  Salvia,  in  der  Kaiserzeit  zu 
einer  gewissen  Blüte  gediehen,  die  erst  durch  die  Gothenkriege  geknickt 
wurde. 

Corp,  inscript.  Latinar,  IX,  p.  479 — 577.  Die  mit  Aufschrifk  yereehenen  Schleuder- 
bleie von  Asculum  hat  Zanobmbister  in  Ephetn.  epigr,  VI  (1885)  p.  5  ff.  behandelt,  zugleich 
die  Situation  der  Jahre  90  und  89  v.  Chr.  für  Picenum  geschildert  —  Nach  Picenum  Slhrte 
aus  dem  Sabinerlande  eine  Strasse,  die  teils  als  Verlängerung,  teils  als  Abzweigung  der 
via  Salaria  vermutlich  von  Amitemum  aus  in  der  zweiten  Hälfte  des  2.  Jahrhunderts  v.  Chr. 
durch  einen  Konsul  Caecilius  Metellus  nach  dem  mare  superum  —  etwa  an  der  Vomanus- 
mflndung  —  geführt  worden  ist.  Spuren  einer  alten  Strasse  sind  im  Thal  des  Vomano 
vorhanden;  ein  Meilenstein  mit  dem  Namen  eines  L.  Caecilius  Q.  F.  Metellus  cos.  ist  bei 
Sant  Omero  (zwischen  Castrum  novum  imd  Asculum)  gefunden.  Wonach  Momksbns  Kom- 
mentar zu  der  im  Jahre  1873  gefundenen  Inschrift,  welche  die  Verdingung  von  Reparaturen 
dieser  Strasse  {via  Caecüia)  betrifft  {Ephem.  epigraphica  U  p.  198  ff.)  durch  Ch.  Hülsen 
{Instit,  areheol,  1895)  modifiziert  ist.  Erst  später  ging  die  Hauptstrasse  nach  Asculiun. 
Vgl.  G.  Castblli,  La  via  eonsolare  Salaria  Roma-Reate-Asctdum-Adriatieum  con  carta  iti- 
neraria  del  Piceno  (Ascoli  Pic.  1886).  F.  Cbrbotti,  Per  una  ferrovia  Roma-Ascoli-Adria- 
tico,  bespricht  die  historische  Bedeutung  dieses  Verkehrsweges.  —  Der  Name  „castrum 
Aprutium"  erscheint  zuerst  in  den  Briefen  Gregors  d.  Gr.  vom  Jahre  598  (IX,  71).  —  Ueber 
die  trtbus  der  picenischen  Landschaft  (Velina)  vgl.  Kubitschbe,  De  Romanarum  tribuum 
orig.  ac  propagat.  S.  26.  Imperium  Rom,  Mb.  discr.  p.  61  ff.  Momxsbn  in  , Hermes** 
XXU  S.  105. 

20.  ümbria.  Der  Umfang  von  Umbrien  war  in  der  Vorzeit  ein 
viel  ausgedehnterer  nördlich  bis  an  den  Po  reichender,  während  in  der 
historischen  Zeit  das  umbrische  Yolkselement  von  Etruskern,  Kelten  und 
selbst  von  den  verwandten  sabellischen  Stämmen  unter  beständigen  Kämpfen 
in  engere  Wohnsitze  (etwa  100  deutsche  Quadratmeilen)  zurückgedrängt 
erscheint.    Umbrische  Enklaven  südlich  vom  Po  kennt  noch  Strabo. 

Unter  Umbrien  verstand  man  sohin  einige  Seitenthäler  des  Tiber- 
stromes, welcher  bis  zu  seinem  Oberlaufe  die  (zeitweise  von  den  Etrus- 
kem  überschrittene)  Landesgrenze  bildete;  ferner  an  der  östlichen  (zum 
Teil  auch  nördlichen)  Abdachung  des  Appennin  den  oberen  Teil  der  Thäler, 
welche  von  den  ins  adriatische  Meer  sich  ergiessenden  Küstenflüsschen 
gebildet  werden;  bis  an  die  Gebiete  der  senonischen  Gallier  und  der  Pi- 
centiner,  von  denen  ersteres  nach  der  Eroberung  durch  die  Kömer  (280 
v.  Chr.)  zunächst  zu  Picenum,  von  Augustus  aber  zu  Umbrien  geschlagen 
wurde, 

BandbQob  der  JOrn,  AlUriimwwkMniobAft.  m,  8.    2,  Aofl,  i 


50  A.  Geographie  von  Italien  und  dem  Orbis  Bomanns. 

Das  Land  war  von  einem  italischen  (den  Sabellern  und  Latinern  ver- 
wandten) Stamm  bewohnt,  von  dem  namentlich  aus  der  Gegend  zwischen 
Tiber  und  Appennin  Denkmäler  erhalten  sind;  es  war  gebirgig,  doch  frucht- 
bar, die  Seitenflüsse  des  Tiber  schiffbar  oder  zur  Flösserei  geeignet.  Die 
Hauptverkehrsader  bildete  (seit  220  v.  Chr.)  die  das  Land  von  Süden 
nach  Norden  durchziehende  via  Flaminia^  die  Narnia,  Garsulae  (bei  Ac- 
quasparta)  und  Mevania  (jetzt  Bevagna)  zwischen  dem  Fluss  Glitumnus, 
jetzt  Clitunno,  und  dem  Fluss  Tinia  (jetzt  Topino)  berührte,  während  in 
der  späteren  Kaiserzeit  der  bevorzugte  Strassenzug  über  Interamna  und 
Spoletium  ging.  Es  war  dies  insofern  von  Bedeutung,  als  abgesehen  von 
den  Festungen,  auch  manche  Orte  eben  als  Stationen  der  römischen 
Strasse  emporkamen,  wie  dies  Strabo  bezüglich  der  Flecken  Forum  Fla- 
minii  (nicht  weit  von  Fulginium),  Nuceria  mit  dem  Beinamen  Camel- 
laria (jetzt  Nocera  Umbra),  Forum  Sempronii  (bei  Fossombrone,  am 
Metaurus)  ausdrücklich  anmerkt.  Sonst  werden  an  die  40  Ortschaften  er- 
wähnt, die  fast  alle  ihre  Namen  bis  auf  den  heutigen  Tag  bewahrt  haben; 
die  Zersplitterung  in  zahlreiche  kleine  Qemeinden  ist  für  die  umbrische 
Landschaft  charakteristisch.  Daher  die  Selbständigkeit  des  Stammes  ohne 
besondere  Schwierigkeit  von  Rom  kassiert  werden  konnte.  Solche  Oe- 
meinden  waren  Ocriculum  (heute  Otricoli),  an  der  südlichen  Grenze; 
Narnia  (jetzt  Nami),  in  fester  Lage  über  dem  Flusse  Nar  und  nach 
diesem  von  den  Römern  benannt,  während  es  früher  Nequinum  hiess,  im 
Jahre  299  als  latinische  Kolonie  eingerichtet;  Interamna  Nahars,  die 
Heimat  des  Tacitus  (jetzt  Temi),  nahe  der  Mündung  des  Avens  in  den 
Nar;  Ameria  (jetzt  Amelia),  alter  umbrischer  Ort,  mit  einer  nach  Cato 
bis  1133  V.  Chr.  zurückreichenden  Aera;  an  der  via  Amerina,  die  von 
Castellum  Amerinum  (bei  Orte,  amTiber)nach  Vettona(Bettona)führte.  Spo- 
letium (Spoleto),  als  römische  Kolonie  eingerichtet  241  v.  Chr.,  seit  der 
Völkerwanderungsperiode  wieder  von  Bedeutung.  Westlich  davon  unweit 
des  Tiber  Tuder  (Todi),  an  der  via  Amerina,  unter  Augustus  Kolonie. 
Als  Strassenstation  wird  der  vicus  Martis  Tudertium  (bei  S.  Maria  in  Pan- 
tano)  erwähnt.  Fulginium  oder  Fulginiae  (Foligno),  das  mit  Forum 
Flaminii  zu  einer  Qemeinde  verwuchs.  Trebiae  (Trevi);  alle  in  einer 
wohlbewässerten  fruchtbaren  Qegend.  Asisium  (Assisi),  die  Heimat  des 
Propertius;  Iguvium  (Gubbio),  am  Fusse  des  Appenninpasses  la  Schieggia, 
auf  dessen  Höhe  ein  Tempel  des  Juppiter  Appenninus  gestanden  zu  haben 
scheint,  wo  im  Jahre  1444  die  berühmten  Bronzetafeln  mit  altumbrischer 
und  lateinischer  Schrift  gefunden  worden  sind.  Die  Stadt  heisst  darin 
tota  (d.  i.  civitas)  Ijovina;  sie  blieb  bis  auf  den  Bundesgenossenkrieg  civi- 
tos  foedercUa. 

Hispellum  (heute  Spello);  Arna,  am  linken  Tiberufer,  unfern  von 
Perugia  (heute  Civitella  d'Ame),  vielleicht  identisch  mit  Ahama  (Liv.  10, 
25);  Tifernum  Tiberinum  (Citta  di  Castello)  und  Tifernum  Matau- 
rense  (S.  Angelo  in  Vado);  Urvinum  Mataurense  und  Urvinum 
Hortense  (das  letztere  bei  CoUemancio  nahe  Assisi;  ersteres  jetzt  Ur- 
bino).  Sestinum  (jetzt  Sestino)  im  Quellgebiete  des  Pisaurus.  Came- 
rinum,  die  Stadt  der  Camertes,  nahe  der  picenischen  Grenze,  heute  Ca- 


1.  Italien.    (§  20.)  51 

merino;  Matilica  (jetzt  Matelica);  Attidium  (Attigio)  und  Tuficum  (in 
der  Nähe  von  Fabriano);  Tadina  (jetzt  Gualdo  Tadino),  ein  schon  aus 
den  Gallierkämpfen  bekannter  Ort,  wo  im  Jahre  552  n.  Chr.  der  Oothen- 
könig  Totila  fiel.  Sentinnm  (bei  Sassoferrato),  wo  im  Jahre  296  v.  Chr. 
die  Römer  über  Samniter,  Umbrer,  Gallier  und  Etrusker  entscheidend 
siegten.  Sarsina,  auch  Sassina  genannt,  am  Fluss  Sapis  (dem  jetzigen 
Savio;  Sarsina  heisst  noch  so)  im  Norden  der  Landschaft  ist  der  Ge- 
burtsort des  Dichters  Plautus.  Im  Jahre  266  von  den  Römern  unter- 
worfen, standen  noch  im  Jahre  225  v.  Chr.  die  Sarsinaten  neben  den 
übrigen  Umbrem  als  selbständige  Bundesgenossen  in  der  Heeresliste  der 
romisch-italischen  Konföderation.     Sie  hatten  starke  Rindviehzucht. 

Zur  Zeit  Strabos  wurden,  wie  bemerkt,  zu  Umbrien  auch  die  Städte 
der  ehemals  gallischen  Eüstenlandschaft  gerechnet;  Ariminum  (jetzt  Ri- 
mini),  268  v.  Chr.  römische  Kolonie,  in  einer  festen  Position,  an  der  Mün- 
dung des  Flusses  Ariminus,  als  Endstation  der  220  v.  Chr.  angelegten 
via  Flafniniüj  wie  als  Hafenort  von  Bedeutung;  Sena  Gallica  (Sinigaglia), 
289  V.  Chr.  römische  Kolonie;  ferner  Aesis  (heute  Jesi),  Ostra  (bei 
Montenuovo,  jetzt  Ostra  vetere),  Fanum  Fortunae  (Fano),  Pisaurum 
(Pesaro);  Suasa  (bei  Castelleone),  Pitinum  Morgens  (bei  Acqualagna?) 
und  Pitinum  Pisaurense  (bei  Macerata  Feltria). 

Von  den  Flüssen  bildeten  der  Aesis  (heute  Esino)  ober  Ancona  und 

der  Ruh i CO  (jetzt  Fiumicino)  ober  Ariminum  zu  verschiedenen  Zeiten  die 

Grenze  Italiens  gegen  das  Keltenland ;  i)  der  Metaurus  (Metauro)  ist  aus 

dem  zweiten  punischen  Krieg  durch  die  in  der  Nähe  erfolgte  Niederlage 

Hasdrubals  (207  v.  Chr.)  bekannt. 

Corp.  inseript,  Latinar,  Bd.  XI  Abteil.  2  (1896).  Vgl.  Eubitschbk,  Itnper.  Roman, 
tributhn  discript,  p.  67  ff.  BoBMAim  8.  v.  Ama,  Asisiom,  Camermum,  Garsulae  im  Jüizio- 
nario  epigrafico  Yon  Ruggiebo.  —  Niebuhr,  Vorträge  über  alte  Länder-  und  Völkerkunde 
S.  554—556.  —  Nissen,  Italische  Landeskundt  I  S.  502-508:  ,Die  ümbrer".  —  E.  Bob- 
KANN,  Variete  observeUionea  de  antiquUate  Botnana  (Ind.  lection,  Marburgena,  semestris 
aestivi  1883).  Behandelt  Verhältnisse  yon  Ariminum  imd  die  Flaminische  Slrasse  zwischen 
Namia  und  Nuceria.  —  Derselbe,  Inschriften  aus  Umbrien.  In  „Archäol.-epigraph.  Mitteil. " 
XV  S.  29  ff.  üeber  die  beiden  ürvinum  vgl.  Nissen,  BulleL  areheol,  1864  p.  241  ff.  Ohne 
Erfolg  dagegen  G.  Mochi,  QU  Urbinati  Metaurensi  ed  Ortensi  ed  ü  terrUorio  Balnense 
nominato  in  diplami  del  medio  evo,  Cagli  1879,  vgl.  Btäh  archeoL  1879  p.  97  ff.  Seit  Clu- 
ybbiub  hatte  man  Urvinnm  Hortense  mit  Urbino  identifiziert,  das  andere  in  der  Nähe  von 
Cagli  gesucht;  wo  man  auch  das  „territarium  Balnense*'  in  Kaiser  Ottos  Privileg  für  die 
römische  Kirche  von  962  ansetzte.  Dies  lag  aber  vielmehr  bei  Bagno  di  Romania  (am 
oberen  Savio).  Vgl.  P.  Fabbe  in  dem  imten  citierten  Aufsatze.  —  G.  Mochi,  Sopra  gli 
avanzi  di  antica  cittä  nel  terrUorio  di  Cagli  e  di  Acqtujtlagna,  Fossombrone  1876.  Der- 
selbe, Storia  di  Cagli,  Parte  prima,  Cagli  1878.  Handelt  über  Cale  (heute  Cagli),  eine 
Station  der  via  Flaminia  (vgl.  Dbtlefsen  in  Bübsians  Jahresb.  1880  S.  103,  1881  S.  386). 
Nordwärts  von  Cagli  und  Acqualagna  der  Furlopass  mit  einem  von  Vespasian  hergestellten 
Tunnel,  im  Altertum  Petra  pertusa  oder  intercisa  genannt,  vielleicht  zum  ager  von 
FcMTum  Sempronii  gehörig.  Vgl.  P.  Montbochini,  La  strada  Flaminia  detta  del  Furlo  daIV 
Apennino  aW  Adriatico,  Pesaro  1879.  Beschreibt  die  Stationen  und  gibt  eine  Geschichte 
der  Strasse  bis  auf  die  Gegenwart.  —  Der  bei  Paul.  diac.  wiederholt  (IV,  8  und  34)  und 
sonst  in  s^ätrömischer  Zeit,  auch  in  den  Privilegien  der  röm.  Kirche,  erwähnte  Ort  Luceolis 
lag  beim  jetzigen  Doirfe  Pontericcioli  zwischen  Cagli  und  Gubbio;  damals,  wo  die  Route 
aber  Forum  Sempronii  in  den  Händen  der  Langobarden  war,  bildete  der  Pass  von  Schieggia 
die  gewöhnliche  Verbindungslinie  zwischen  Ravenna  und  Rom.    Vgl.  Ddchbsnb,  lAb.  pontif. 


^)  Im  3.  und  2.  Jahrhundert  bildete  das  |  vincia    Ariminensia" .     Vergl.    im    übrigen 
Gebiet  zwischen  Aesis  imd  Rubico  die  ,^ro-  ;  imten  §  24. 


52  A.  Qeographie  von  Italien  und  dem  Orbis  Bomanne. 

I  p.  313.  —  Tifernum  Tiberinum,  von  Totila  zerstört,  erscheint  nacbber  unter  der  Be- 
zeichnung Gastrum  Felicitatis.  Vgl.  Fickbb,  It.  Forsch.  II,  302.  —  Die  Appenninengegend 
im  Quellgebiete  der  nach  dem  adriatischen  Meer  gehenden  Flüsse  Marecchia  (im  Altertum 
Ariminus),  Foglia  (im  Altertum  Pisaurus),  Metaurus  (auch  jetzt  Metauro  genannt)  bildete 
seit  dem  früheren  Mittelalter  einen  wertvollen  der  römischen  Kirche  zinsbaren  Wald-  und 
Latifundienbesitz  (mit  genauen  Grenzangaben  saec.  Xm).  Vgl.  P.  Fabrb,  Ma^sa  d'Arno 
[beim  alten  Ama],  Massa  di  Bagno  [am  Uebergang  nach  Sarsina],  Massa  Trabaria  [mit 
Sestinum].  Im  „Arehitno  della  soc,  Rom,  di  storia  patria'^  XVII  p.  5  ff.  —  Die  mittel- 
alterliche Topographie  der  Gegend  von  Fulginium,  Spellum,  Mevanea,  Coccoronium  (Monte- 
falco  bei  Foligno)  u.  s.  w.  ersieht  man  aus  einer  Urkimde  Friedrichs  I  vom  Jahre  1177. 
Bei  FiCKBR,  Ital.  Forsch.  IV  p.  190;  vgl.  p.  274,  277.  Die  Grenzen  des  Komitates  von 
Asisium  in  Urkunde  von  1160,  ebenda  p.  169  f.  —  Ueber  das  auf  der  Passhöhe  zwischen 
Fulginium  und  Gamerinum  gelegene  Plestia  (jetzt  Plstia  bei  Golfioritoj  vgl.  Nissen  im  Rhein. 
Mus.  20  (1865)  S.  218  ff.;  v.  Sickbl  in  den  „Mitt.  des  Inst.  f.  österr.  Geschichtsforschung*' 
XII  S.  389  ff.  Bei  dem  kleinen  See  von  Plestia  erlitt  im  Jahre  217  G.  Gentenius  durch 
Hannibal  eine  Niederlage  (Appian.  Hannib.  9  ff.).  ~  Ueber  die  Schlacht  im  Jahre  207  v.  Ghr. 
vgl.  Heknkbert,  Histaire  d*Hannibdl.  III  p.  303  ff.  Hasdrubal  war  auf  dem  Vormarsche 
gegen  Sena  Gallica  begriffen,  als  er  den  Metaurus  überschritt.  Mommsek  nennt  die  Schlacht 
«bei  Sena*^  vgl.  Gorp.  XI  p.  922.  —  Die  Bewohner  von  Fanum  Fortunae  bezeichnen  sich  als 
Fanestres,  ihre  Stadt  als  cöUmia  Fanestris;  im  1.  Jahrhundert  als  cohnia  Julia,  im  4.  Jahr- 
hundert n.  Ghr.  als  Flavia  Fanestris,  Augustus  und  Gonstantin  werden  auf  einem  Ehren- 
bogen genannt  —  Ueber  die  Tribusverh&ltnisse  vgl.  Beloch,  Ital.  Bund  S.  56  f.  Bormann 
in  Archäol.-epigr.  Mitteil,  aus  Oesterr.  X,  227  f.  Kübitschbk  1.  c.  p.  68,  265.  In  Umbrien 
überwog  die  tribtAS  Clustumina.  Die  römischen  Gründungen  im  gallischen  Gebiet  hatten 
die  tribus  Pollia.  In  der  früheren  Eaiserzeit  erscheint  Umbrien  zu  der  sakralen  Fest- 
genoBsenschaft  Tusciens  herangezogen,  bis  Kaiser  Gonstantin  eine  solche  für  Umbrien  ge- 
sondert konstituierte  mit  dem  Mittelpunkt  in  Hispellum  (das  gleichzeitig  den  Namen  , Flavia 
Gonstans*  erhielt).    Vgl.  Arch.-epigr.  Mitt.  Xf,  113. 

21.  Etnuia.  Der  Begriflf  Etrurien  war  in  der  Vorzeit,  wo  die  Etrus- 
ker  zu  Lande  und  zur  See  in  Ober-  und  Mittelitalien  dominierten,  nicht 
bloss  über  die  von  Etruskem  bewohnten  Landschaften,  sondern  auch  über 
die  unter  deren  Hegemonie  stehenden  Stämme  ausgedehnt:  Latiner,  Yolsker 
u.  s.  w.  (Vgl.  Dionys.  Halicarn.  I,  29).  Nach  Norden  hin  reichte  das  Ge- 
biet der  Etrusker  bis  an  die  Alpen  und  selbst  in  diese  hinein.  Im  Laufe 
der  historischen  Zeit  hingegen  ist  die  Bezeichnung  Etrurien  auf  immer 
engere  Grenzen  beschränkt  worden,  indem  im  Norden  Veneter,  Ligurer 
und  Kelten,  im  Süden  die  Römer  ihnen  Terrain  abgewannen.  Das  An- 
denken an  die  etruskische  Eulturperiode  lebt  dort  nach  infolge  der  Funde 
mit  etruskischem  Alphabet,  zum  Teil  auch  in  etruskischer  Sprache  ge- 
schriebener Lischriften,  etruskischen  Gerätes  u.  s.  w.,  zu  Rom  aber  in 
der  Überlieferung,  welche  die  Umwandlung  Roms  in  die  Grosstadt  La- 
tiums  einer  aus  Etrurien  gekommenen  Dynastie  zuschreibt. 

Erst  später  sind  in  Rom  wie  in  Etrurien  selbst  griechische  Muster 
rezipiert  worden,  während  die  altetruskische  Kunst  vielmehr  ägyptisch- 
phönikischen  Einflüssen  zugänglich  gewesen  war.  Damit  stimmt,  dass  die 
Etrusker  von  griechischen  Schriftstellern,  wie  Herodot  und  Hellanikos,  als 
aus  Lydien  stammend  klassifiziert  wurden.  Den  übrigen  italischen  Völker- 
schaften :  ümbrosabellern,  Latinem  u.  s.  w.  standen  sie,  wenn  auch  nicht 
ihre  ünterthanen,  stammfremd  gegenüber. 

Die  den  Etruskem  eigentümliche  Organisation  bestand  in  einem 
Zwölfstädtebund,  der  zu  Zeiten  loser,  zu  Zeiten,  wo  eine  bedeutendere 
Persönlichkeit  in  einer  Stadt  zur  Geltung  gekommen  war,  strammer  zu- 
sammenhielt. 

3eit  die  etruskischen  Städte  Oberitaliens,  wie  Melpum   (ungewiss, 


1.  Italien.    (§  21.)  53 

wo  nördlich  vom  Poj,  Felsina  (Bononia),  Mantua,  Spina,  Atria,  Ra- 
venna  den  Kelten,  Luca  und  Luna,  ja  selbst  Pisae  und  Faesulae  im 
Thale  des  Amus,  den  Ligurern  in  die  Hände  gefallen  waren  oder  nur  als 
vom  Stammlande  abgerissene  Enklaven  fortbestanden,  zog  sich  die  Qrenze 
Etruriens  südwärts  der  Amolinie  zum  Tiber  hinüber,  der  dann  in  seinem 
weiteren  Laufe  die  Grenze  gegen  Umbrien  wie  gegen  Latium  bildete. 
Rom  beherrschte  seit  der  Gründung  von  Ostia  das  Mündungsgebiet  des 
Flusses.  —  Luca  und  Luna  (an  der  Macra)  sind  im  Jahre  177  v.  Chr. 
römische  Bürgerkolonien  geworden,  so  zwar,  dass  der  ager  Lucensis  nach- 
her im  Norden  an  den  von  Yeleia  grenzte.  Der  ausgezeichnete  Hafen 
von  Luna  (mit  portus  Veneris),  heute  La  Spezia,  ward  der  Ausgangspunkt 
der  römischen  Expeditionen  nach  Gallien  und  Hispanien.  Pisae  war 
wichtig  für  die  Unterwerfung  der  Ligurer;  sein  Hafen,  portus  Pisanus, 
jetzt  Livomo  (welcher  Name  erst  im  9.  Jahrhundert  n.  Chr.  vorkommt). 
Die  Gegend  wurde  bis  auf  Sulla  noch  nicht  zu' Italien  gerechnet,  dessen 
Grenzen  hier  damals  mit  jenen  Etruriens  zusammenfielen.  Unter  Augustus 
wiu-de  Etrurien  nach  Norden  und  Nordwesten  hin  erweitert.  Die  Mündung 
des  Arnus  hat  sich  im  Laufe  der  Zeit  sehr  geändert.  —  Faesulae  wurde 
von  der  in  der  Ebene  gelegenen  Station  Floren tia  überflügelt.  Beide 
Orte  gehören  gewissermassen  zusammen.  —  Von  hier  führte  eine  Strasse 
nach  Pistoria  (auchPistorium,Pistoriae,j.  Pistoja),  dem  Ausgangspunkt  von 
Übergängen  über  den  Appennin  in  der  Richtung  auf  Mutina  und  auf  Bononia; 
hier  wurde  im  J.  63  v.  Chr.  Catilina  mit  seinem  Heere  vernichtet.  (Die  Örtlich- 
keit ist  nicht  näher  bekannt).  Ein  Pass  (la  Futa  975  Meter)  führt  aus 
der  Gegend  von  Florenz  nach  Bologna,  ein  anderer  (der  Pass  von  S.  Go- 
denzo  oder  S.  Benedetto)  nach  Forli.  Doch  ging  die  Hauptverbindung 
durch  das  Mugello  (Mucelli  beim  Contin.  Marcellini  ad  a.  542.  Procop.  b. 
Goth.  IQ,  5)  nach  Faänza.  Diese  Pässe  kamen  gelegentlich  der  Barbaren- 
einfalle am  Anfang  des  5.  Jahrhunderts  (Niederlage  der  von  Radagaisus 
geführten  Gothen  bei  Faesulae  im  Jahre  405),  dann  zur  Zeit  der  gothisch- 
byzantinischen  Kriege  mehrfach  zur  Sprache. 

Die  nördlichsten  Städte  Etruriens  in  jenem  engeren  Sinne  waren 
Volaterrae  (jetzt  Volterra)  und  Arretium  (jetzt  Arezzo).  Jenes,  etrus- 
kisch  Velathri  genannt,  auf  einer  Höhe  über  dem  Thal  des  Flusses  Cae- 
cina  angelegt,  554  m  über  Meer,  in  weitem  Umkreise  mit  „kyklopischen'^ 
Mauern  befestigt,  besass  ein  umfangreiches  Gebiet,  das  südwärts  bis  in 
die  Gegend  gegenüber  der  Insel  Ilva  (von  den  Griechen  Aithalia  genannt, 
jetzt  Elba)  reichte.  Hier  lag  die  Hafenstadt  Populonium  oder  Populonia 
(etruökisch  Pupluna),  die  gleich  Volaterrae  zur  Zeit  der  Bürgerkriege  von 
Sulla  ruiniert  wurde.  Das  hoch  und  steil  gelegene  Populonium  (2  Stunden 
von  Piombino)  beherrschte  das  12  Million  entfernte  Ilva,  wo  bedeutende 
Eisengruben  lagen,  deren  Erze  aber  wegen  Holzmangels  schon  zur  Zeit 
des  Strabo  auf  dem  Festlande  verarbeitet  wurden.  Die  tabula  Peutinger. 
nennt  auch  „aquae  Populoniae^;  Rutilius  Namatianus  den  Hafenort  Fa- 
lesia.  —  Der  unmittelbare  Strand  von  Volaterra  hiess  Vada  Vola- 
terrana,  wo  die  Salinen  lagen,  deren  Ausbeutung  Rutilius  Namatianus 
beschreibt. 


54  A.  Geographie  von  Italien  und  dem  Orbia  BomanuB. 

Arretium  war  am  Oberlaufe  des  Arnus  strategisch  wichtig  gelegen, 
was  sich  sowohl  im  Hannibalischen  als  im  Bürgerkriege  Gäsars  zeigte. 
Seit  187  V.  Chr.  führte  eine  Ghausee  von  hier  nach  Bononia.  Zu  seinem 
Gebiete  gehörte  Saena,  bis  es  Augustus  als  Julische  Kolonie  konstituierte 
(heute  Siena). 

Im  mittleren  Etrurien  lag  Yetulonia  (auf  den  etruskischen  Münzen: 
Vati ;  in  der  Nähe  des  heutigen  Grosseto).  Femer  finden  wir  unweit  der  Küste 
Rusellae  (jetzt  Boselle  nordöstlich  von  Grosseto),  in  der  alten  Zeit,  wie 
der  Umfang  der  erhaltenen  Stadtmauern  zeigt,  eine  Stadt  von  Bedeutung. 
Saturnia,  so  benannt  als  römische  Kolonie  183  v.  Ghr. ;  früher  hiessen 
die  Einwohner  Aurini,  im  „ager  Caletranus^ ;  Gosa  (bei  Orbetello)  an  der 
Küste;  in  der  Nähe  der  Mons  Argentarius  (636  m  hoch)  und  der  portus 
Herculis;  mit  grossen  polygonalen  Mauern,  im  Jahre  273  v.  Ghr.  als  lati- 
nische Kolonie  im  Gebiete  von  Vulci  gegründet.  Nordwärts  von  Gosa 
der  Hafenort  Telamo,  wo  im  Jahre  225  v.  Ghr.  die  Gallier  besiegt  wurden. 
Suana  mit  etruskischen  Gräbern,  nahe  bei  Saturnia,  später  dieses  über- 
flügelnd. (Beide  Orte  circa  40  km  landeinwärts  von  Orbetello).  —  Die 
Flüsschen  an  der  Küste  hiessen  Gaecina  (heute  Gecina),  ümbro  (heute 
Ombrone),  Albinia  (Albegna),  Marta  (heute  ebenso).  Der  alte  Armenta 
heisst  jetzt  Fiora. 

Im  Binnenlande:  Gortona,  eine  alte  wohlbefestigte  Stadt  (die  Mauern 
sind  erhalten),  auf  der  Höhe  über  dem  Thal  des  Glanis,  eines  Seitenflusses 
des  Tiber  (heute  Ghiana).  Ebenso  liegt  Perusia  (jetzt  Perugia),  auf  einer 
dominierenden  Höhe,  520  m  über  dem  Meer,  400  m  über  dem  Tiberthal. 
Glusium  (jetzt  Ghiusi),  im  Thal  des  Glanis,  die  Stadt  desPorsenna;  süd- 
westlich davon  das  Trachytgebirge  des  AmicUa,  die  höchste  Erhebung  der 
Landschaft  (1766  m).  Yolsinii  (etruskisch  Velsuna),  auf  einem  isolierten 
Tuflfelsen  gelegen,  beim  heutigen  Orvieto,  d.  i.  ürbs  vetus;  so  genannt, 
weil  die  Römer  am  See  von  Yolsinii  eine  neue  Stadt  dieses  Namens  grün- 
deten, während  die  alte  gleichwohl  sich  erhielt.  Dazu  kam  später  noch 
ein  dritter  Ort  Balneum  regis  (heute  Bagnorea);  femer  Yisentium 
(jetzt  Bisenzio),  im  Westen  des  Sees;  Ferentinum  oder  Ferentia  und 
Tuscania  (im  Süden  desselben).  Polimartium  (jetzt  Bomarzo).  Sur- 
rina nova  (bei  Yiterbo?).  Blera  (jetzt  Bieda)  an  der  „via  Clodia^. 
Forum  Glodii  (unweit  von  Bracciano)  an  der  „via  Clodia",  Mittelpunkt 
der  „praefectura  Glaudia  Foroclodii**.  —  Forum  Gassii  (bei  Yetralla)  an 
der  „via  (hssia". 

Die  Landschaft  hat  einige  Seen  aufzuweisen:  den  von  Yolsinii,  den 
bei  Glusium  (palus  Glusina),  den  Trasimenus  (mit  drei  Inseln:  maior, 
minor  und  Pulvesis),  an  dessen  nördlichem  Ufer  Hannibal  im  Jahre  217 
die  Römer  schlug;  den  See  von  Sabate,  der  von  der  gleichnamigen  früh 
verschollenen  etruskischen  Stadt  (bei  Trevignano)  benannt  ist  (jetzt  lago 
di  Bracciano).  Die  Ufer  dieser  Seen,  namentlich  jenes  von  Yolsinii  und 
jenes  von  Sabate  waren  im  Altertum  in  blühendem  Zustande,  während  sie 
im  Mittelalter  verödeten  und  die  Malaria  eine  Yerlegung  der  Yerkehrs- 
centren  bewirkte.  Im  Osten  des  Sees  von  Sabate  der  lacus  Alsietinus 
(1.  di  Martignano);  aus  beiden  führte  seit  K.  Traian  die  „aqua  Traiana' 


t  ItaUon.    (§  21.)  55 

(vom  P.  Paul  V.  restauriert,  daher  j.  Acqua  Paola)  nach  dem  über  50  km 
entfernten  Rom.  —  Am  Nordufer  des  Sabatinersees  die  Aquae  Apolli- 
nares  (bei  Vicarello,  d.  i.  »vicus  Aurelii*),  ein  weither  frequentierter 
Badeort.  Das  Südufer  des  durch  seine  Aale  berühmten  Sees  gehörte  zu 
Careiae  (heute  Galera).  —  Das  heutige  Bracciano  hat  seinen  Namen  von 
Braccianum,  d.  h.  Eigentum  eines  Braccius,  im  Gebiete  von  Forum 
Clodii,  des  von  den  Römern  hier  begründeten  Ortes.  —  An  der  Ostseite 
des  Sees  von  Sabate  noch  einige  kleine  Seen:  der  lacus  Papirianus  (1.  di 
Stracciacappa)  und  der  jetzt  ausgetrocknete  von  Vaccanae  (heute  Vaccano), 
wo  eine  kaiserliche  Vüla  (des  Septimius  Severus  und  Caracalla)  stand.  — 
Die  Befestigungen  der  Städte  sind  aus  Kalkstein,  der  hier  ansteht, 
während  im  südlichen  Etrurien  die  vulkanischen  Oesteinsarten,  nament- 
lich Tuff  überwiegt.  Nur  die  Erhebung  des  Soracte  (691  m)  ist  gleich- 
falls ein  Kalkberg.  —  Der  kleine  lacus  Vadimonis^  der  als  Schlachtort  in 
der  älteren  römischen  Geschichte  wiederholt  genannt  wird,  femer  der 
lacus  Ciminius  (heute  lago  di  Vico,  nordwärts  von  Sutri)  sind  Kraterseen. 
An  letzteren  stiess  der  saüus  Ciminius  an,  der  lange  Zeit  den  geogra- 
phischen Horizont  der  alten  Römer  nach  Norden  zu  begrenzte.  Vgl. 
Liv.  IX,  36. 

Hier  lag  unweit  des  Tibers  und  der  sabinischen  Grenze  Falerii  (bei 
Givita  Gastellana),  das  von  einem  eigenen  Volksstamm,  den  Falisci,  be- 
wohnt wurde.  Nachdem  die  Falisker  von  den  Römern  besiegt  waren, 
verlegten  sie  ihren  Sitz  nach  dem  heutigen  S.  Maria  di  FaUari.  Die 
Römer  legten  im  Jahre  383  v.  Chr^  in  Sutrium  (an  der  via  Cassia)  und 
Nepete  (an  der  via  Annia),  heute  Sutri  und  Nepi,  Kolonien  an.  Aqua- 
vivÄ,  Strassenstation  der  „via  Flaminia^  bei  Ffderii,  dessen  Verkehr  es 
an  sich  zog.  Herta  (jetzt  Orte)  hatte  in  der  Kaiserzeit  municipale  Orga- 
nisation. Gapena,  der  Mittelpunkt  der  Capenates  foederati,  deren  Gebiet 
sich  um  den  Soracte  ausdehnte.  In  diesem  lag  der  lucus  Feroniae,  ebenso 
der  „pagus  Stellatinus'',  von  dem  die  tribus  »Stellatina''  benannt  ist. 
«Fanum  Voltumniae''  bei  Scrofano  (d.  i.  sacrum  fanum).  Aus  diesen 
sacralen  Mittelpunkten  entstanden  Ortschaften,  die  wie  „Lucusferoniae*' 
in  der  Kaiserzeit  Municipalrecht  hatten.  —  Südwärts,  der  latinischen 
Grenze  zu,  lag  (bei  Isola  Famese)  Veii,  einö  der  grössten  etrurischen 
Städte,  doppelt  so  gross  wie  Rom,  von  dem  es  nach  längeren  harten 
Kämpfen  im  Jahre  396  v.  Chr.  bezwungen  wurde.  In  der  Kaiserzeit  war 
Veii  wieder  eine,  wenn  schon  nicht  bedeutende  autonome  Gemeinde.  Die 
eigentliche  Nachfolgerin  des  alten  Veii  war  Nepi  geworden.  Der  Fall  von  Veii 
hatte  den  von  Gapena  und  Falerii  nach  sich  gezogen.  Die  Römer  richteten 
damals  4  neue  Tribus  ein:  Tromentina  (nach  einer  Örtlichkeit  im  Vejen- 
tanischen  benannt),  Sabatina  (von  Sabate),  Stellatina,  Arniensis,  (nach 
dem  Fluss  Arrone  in  Etrurien,  dessen  antiker  Name  unbekannt  ist). 

An  der  Küste  Gaere,  früher  Agylla  (jetzt  Gervetri),  eine  umfang- 
reiche Stadt  mit  ausgedehnten  maritimen  Verbindungen,  die  bis  nach 
Karthago  und  Griechenland  reichten.  Der  griechische  Stapelplatz  war 
der  Hafen  Pyrgoi  (bei  S.  Severa),  den  karthagischen  nannten  die  Römer 
Punicum  (bei  Marinella).  Diese  legten  in  der  Nähe  die  Seekolonie  Gast- 


56  A.  Geographie  von  Italien  und  dem  Orbis  Bomanns. 

rum  novum  an  (bei  Tenuta  della  Chiaruccia).  Ein  dritter  Hafen  war  in 
Alsium,  während  Centumcellae  (heute  Civita  vecchia),  im  Gebiete  von 
Aquae  Tauri,  erst  unter  Traian  eingerichtet  wurde;  es  wurde  später,  da 
die  Tibermündung  versandete,  der  eigentliche  Hafenort  für  Rom.  —  Fre- 
genae,  südlich  von  Alsium,  jetzt  Torre  Macarese,  245  v.  Chr.  von  Rom 
als  Kolonie  eingerichtet,  zu  Strabos  Zeit  ein  unbedeutender  Flecken.  Lo- 
rium  (bei  Castel  di  Guido)  war  der  Lieblingsaufenthalt  des  K.  Antoninus 
Pius.  In  der  Nähe  Buxus  (Boccea).  Diese  ganze  an  der  „via  Aurdia^  ge- 
legene Gegend  gravitierte  Rom  zu  und  war  in  der  guten  Eaiserzeit 
blühend.  —  Zu  Anfang  des  5.  Jahrhunderts  klagt  Rutilius  Namatianus 
über  die  Verödung  der  Küstenlandschaft.  —  In  der  Nähe  von  Caere  sind 
reiche  etruskische  Gräberfunde  gemacht  worden,  darunter  das  Grabmal 
der  „Tarcnas,*  d.  i.  Tarquinii,  die  der  Stadt  Rom  Könige  gegeben  haben. 
—  Caere  vertrug  sich  friedlich  mit  den  Römern  und  behielt  seine  muni- 
zipale Autonomie,  die  später  als  „caeritisches  Recht ^  auch  anderweitig 
verliehen  wurde.  Tarquinii,  beim  heutigen  Corneto  (das  jetzt  wieder 
offiziell  Corneto  Tarquinia  genannt  wird),  nordwestlich  von  Caere,  unweit 
der  Küste,  wo  an  der  Mündung  der  Marta  der  Hafen  Graviscae  lag, 
von  einem  Mauerring  umgeben,  mit  einer  Nekropole.  —  Vulci  (jetzt 
Volci),  nordwärts  von  Tarquinii,  in  unserem  Jahrhundert  ein  reicher  Fund- 
ort etruskischer  Vasen.  Forum  Aurelii,  Station  der  vermutlich  im 
Jahre  242  vor  Chr.  angelegten  via  Aurelia  (heute  torre  Aurelia  bei 
Marta). 

Corp.  inscript.  Latinar,  Bd.  XI  AbteU.  1  (1888).  Das  südliche  Etnirien  bis  Satriam 
gravitierte  völlig  nach  Rom.  Vgl.  über  die  „via  Aurelia^  und  die  „via  Caasia"  Tomassetti 
1.  c.  III  p.  143  flf.  IV  p.  217  flf.;  über  die  „via  Clodia*'  und  die  „via  Cassia*'  IV  p.  358  ff. 
V  p.  67  ff.;  über  Veii,  Nepi,  Sutrium  ebenda  p.  114  ff.  590  ff.  Die  Geschichte  der  Dispersion, 
dann  der  Wiedervereinigung  der  Bevölkerungselemente  in  dieser  Gegend  während  des 
Mittelalters  ist  von  Tomassbtti  sehr  instruktiv  'dargelegt.  ,Isola  Famese"  (an  der  Stelle 
der  Burg  des  alten  Veii)  hat  den  Namen  von  der  Lage  zwischen  zwei  Bächen;  im  16.  Jahr- 
hundert gelangte  es  in  den  Besitz  der  Familie  Famese.  —  Vol.  VII  p.  183  ff.  ist  1.  c.  das 
Gebiet  der  „via  Flaminia"  beschrieben.  Ueber  Capena  p.  218  ff.  db  Rossi,  Annali  delV 
inst,  1883  p.  253  ff.  Bullet,  d'  areheol,  crist.  IV,  2  (1883)  p.  115  ff.  Seit  Galletti  {Capena 
tnunicipio  de'  Romani,  Roma  1756)  hatte  man  Capena  nach  Civitucola  di  Leprignano  ver- 
legt. So  noch  auf  Kieperts  Karte;  trotzdem  die  Lokalardiaeologen  aufmerksam  machten, 
dass  der  Name  des  Sees  bei  Civitucola  einst  lago  die  Ferone  gelautet  hätte.  „Capenates 
foederati**  Messen  die  vereinigten  Gemeinden  Capena,  Lncusferoniae  (das  später  gesondert 
konstituiert  war,  als  „colonia  Julia  Felix^;  berühmter  Wallfahrtsort  mit  Messe  u.  s.  w ), 
eine  dritte  bei  Nazzano,  eine  vierte  vielleicht  bei  Morlupo,  eine  fünfte  bei  Civitella  S.  Paolo. 
Die  Gegend  ist  vulkanischen  Erschütterungen  ausgesetzt,  infolge  deren  sich  1895  bei  Lepri- 
gnano ein  kleiner  See  bildete.  (Ich  bemerke,  dass  Bobhank  den  Ausführungen  von  Rossi 
und  ToHASSBTTi  nicht  zustimmt ;  er  setzt  Capena  nach  Civitucola  und  lucus  Feroniae  in  die 
Nähe  von  Nazzano).  Im  Mittelalter  hiess  die  Gegend  „territorium  ColHnense"  von  der 
hügeligen  Gestaltung  derselben;  und  während  im  Altertum  auf  dem  Soracte  der  Kult  des 
Apollo  Soranus  gepflegt  worden  war,  erstanden  im  Mittelalter  auf  ihm  und  neben  ihm 
mehrere  Klöster,  darunter  das  von  S.  Silvester  in  den  Trümmern  des  alten  Heiligtums.  Man 
geniesst  vom  Soracte,  den  Horaz  (Carm.  I,  9)  und  Vergil  (Aen.  XI,  785)  verherrlicht  haben, 
eine  Aussicht,  die  bis  zum  Centralappennin,  den  Volsker-  und  Albanerbergen,  westlich  zum 
Meer,  nördlich  zum  Ciminischen  Wald  reicht.  Von  den  Hügeln  Roms  aus  ist  der  Berg  gut 
zu  sehen,  zumal  wenn  er  beschneit  ist;  am  schönsten  repräsentiert  er  sich  aber  von  Nepi 
und  Civita  Castellana  aus.  Bei  Tomassbtti  findet  man  das  ganze  Terrain  eingehend  be- 
handelt und  beschrieben.  —  Für  die  Topographie  der  Gegend  von  Clusium,  Viterbo,  Tosca- 
nella  und  Corneto  sind  die  Dokumente  des  EQosters  S.  Salvator  am  Monte  Amiata  von  Be- 
deutung. Vgl.  „Archivio**  cit.  XVI,  XVII.  Tarquinii,  in  römischer  Zeit  ein  Munizipium, 
dann  von  den  Saracenen  zerstört,  kommt  im  Jahre  809  noch  vor  „in  Tarquinii,  finibus 
tnaritimia** .    Später  trat  Corneto  an  seine  Stelle,  dessen  Kastell  der  Bevölkerung  besseren 


1.  ItaUen.    (§21.)  57 

Sehntz  bot  Ebenso  sammelten  sich  die  Bewohner  von  Cerveteri  (Alt-Gaere)  im  13.  Jahr- 
hundert auf  den  benachbarten  Hftgeln  von  Ceri  wieder.  —  Ueber  die  Tribusverhältnisse  in 
römischer  Zeit  vgl.  Kubitsghsk,  Imp,  Rom.  tribtU.  discript.  p.  79 — 92.  Die  Orte  des  Ligurer- 
gebietes  erhielten  die  tribus  Galeria,  —  Monumenii  antichi  pubhlicati  per  cura  della  reafe 
aecademia  de*  Lineei,  Vol.  IV  (1895):  AtUiehitä  del  territorio  Falisco  eeposte  nel  museo  na- 
zionale  Romano  a  vitta  Giulia  illustrate  da  F.  Barnabki  e  da  G.  F.  Gahubkiki,  A.  Cozza 
ed  A.  Pasqcti  (mit  Atlas).  In  der  Gegend  von  Falerü  und  dem  lago  di  Bracciano  finden 
sich  auf  den  Höhen  die  Ueberreste  sehr  alter,  später  verlassener  Orte,  so  bei  Narce,  auf 
dem  Monte  San  Angelo  im  Thal  der  Treja,  aufwärts  von  Falerü.  Vgl.  Tomassbtti  im 
„Ärchimo^  1.  c.  "VTI  p.  424  f.  —  Auch  die  Untersuchungen  von  Duohbsnb  (s.  unter  Latium) 
gi-eifen  in  das  sfldlicne  Etrurien  über.  —  K.  0.  Müllbb,  Die  Etrusker;  neu  bearbeitet  von 
W.  Dbbckb,  Stuttg.  1877,  2  Bde.  —  Nibbuhb,  Länder-  und  Völkerkunde,  S.  528-554.  — 
NissBK,  Ital.  Landeskunde  I  S.  232  ff.,  254  ff.  und  493-502.  Im  „Mueeo  civico*'  in  Bologna 
bt  der  Befund  der  Nekropole  von  Felsina  (umbrische,  etruskische,  gallische  Gräber)  vor- 
züglich zur  Anschauung  gebracht.  Ueber  die  bei  Marzabotto  (südwärts  von  Bologna)  aus- 
gegrabene Etniskerstadt  vgl.  Brizio,  Una  Pompei  etrusca,  Bologna  1887  imd  Mon,  dei 
Lincei  vol.  I.  Ed.  Metbb,  Geschichte  des  Altertums  11  S.  500  ff.  701  ff.  behandelt  die  Anfänge 
und  die  Herrschaft  der  Etrusker  nach  neuen  Gesichtspunkten.  —  Ueber  Hannibals  Einbruch 
in  Etrurien  v^^l.  G.  Faltin  im  «Hermes*'  XX  S.  71  ff.  Wichtig  für  die  Bedeutung  der  ein- 
zelnen etmskischen  Gemeinden  imter  der  römischen  Hegemonie  sind  die  Angaben  bei  Liv. 
XXVin,  45  über  die  Leistungen  derselben  gegen  Ende  des  Hannibalischen  Krieges  205 
V.  Chr.  Populonia  lieferte  Eisen,  Tarquinii  Leinwand  zu  Segeln,  Volaten*ae  Schiffbau-  und 
Ansrflstungsgegenstände,  auch  Getreide,  ebenso  die  Gaeriten,  Arretium  Schilde  und  Helme 
und  andere  Eriegswerkzeuge;  die  Perusiner,  Glusiner  und  Russellaner  Tannenholz  zum 
bchiffbaa.  —  Im  Bauwesen,  besonders  im  Wasserbau  haben  die  Etrusker  Bewimderungs- 
wertes  geleistet.  Ebenso  war  ihr  Bergbau  ergiebig.  Eisen  in  vorzüglicher  Güte  lieferte 
Elba,  Kupfer  das  geologisch  für  sich  stehende  Gebirge  bei  Volterra  und  Massa  Maritima. 
Die  indostriellen  Erzeugnisse  wurden  weithin  vertrieben ;  während  andererseits  früh  punische 
und  griechische  Einflüsse  sich  geltend  machten.  Die  Römer  haben  viel  von  ihnen  gelernt. 
—  E.  BoRif  AVIV,  Vari€ie  obeervationes  de  antiquUate  Romana  {ind.  lect.  Marburg,  aest.  1883). 
Enthält  p.  lU— V  Bemerkungen  über  Namen  und  Heimat  des  Arretiners  G.  (Gilnius)  Mae- 
cenas.  —  Ueber  die  12  (in  der  Eaiserzeit  15)  Städte  der  Etrusker  vgl.  Bobmann  in  den 
Archaeol.-epigr.'Mitt.  aus  Oesterreich-Ungam  XI  S.  103  ff.  Arretium  und  Glusium  erscheinen 
in  der  Eaiserzeit  in  drei  imd  zwei  Gemeinden  gespalten,  daher  die  15  Zahl  an  Stelle  der 
früheren  12.  Es  sind  dies  die  altetruskischen  Städte,  die  eine  sakrale  Festgenoesenschaft 
bildeten;  während  sonst  die  Zahl  der  autonomen  Gemeinden  Etruriens  etwa  50  betrug. 
Ueber  die  Abgrenzung  der  Region  Etrurien  durch  Augustus  vgl.  Bobmann  a.  a.  0.  S.  119  ff. 
Derselbe  im  Marburger  Rektoratsprogramm  für  das  Jahr  1884.  —  J.  Falcbi,  Ricerehe  di 
Vetulonia,  Prato  1881.  Derselbe,  GH  avanzi  di  Vettüonia  sul  Poggio  di  Colonna  neVa 
maremma  Grossetana,  Grosseto  1882.  Gegenüber  anderen  Annahmen  „beweist  der  Ver- 
fasser aus  mittelalterUchen  Urkunden,  dass  jene  Etniskerstadt  auf  dem  Platz  des  jetzigen 
Colonna,  landeinwärts  von  Castiglione  della  Pescaja,  10  km  vom  Meere  entfernt,  auf  einem 
Hügel  an  der  rechten  Seite  des  unteren  Laufes  des  Flusses  Bruna  lag,  der  in  den  lacus 
Prile  sich  ergiesst**  (vgl.  Dbtlefsen  in  Bubsians  Jahresber.  1881  S.  385).  Ueber  die  neueren 
Ausgrabungen  in  Vetulonia  berichtet  Falohi  in  den  Notizie  degli  scavi  1887  und  1894. 
Andere  setzen  Vetulonia  nach  Poggio  Castiglione  (bei  Massa  maritima).  Vgl.  G.  Sobdini, 
Vetulonia,  studi  e  ricerche  (Spoleto  1894),  hiezu  Bullet.  delV  inst,  archeol.  1895  p.  79.  Die 
von  MiLANi  angenommene  Verlegung  der  Stadt  im  5.  Jahrhundert  v.  Chr.  wird  motiviert 
mit  der  verstärkten  Konkurrenz  von  Rusellae  und  Populoninm  in  Bezug  auf  Seehandel  und 
Eisenindustrie.  —  Ueber  Elba  imd  die  benachbarten  Inseln  vgl.  Nissen  I  368  f.  Die 
Insel  Planasia  (jetzt  Pianosa)  bei  Elba  diente  unter  Augustus  als  Verbannungsort  für 
Agrippa  Postumus.  Das  bewaldete  Igilium  (jetzt  Giglio)  nennt  Rutilius  Namatianus. 
Ebenso  Capraria  (jetzt  Capraia)  und  Urgo  oder  Gorgon  (jetzt  Gorgona).  Am  Ausgange 
des  Altertums  führten  Einsiedler  und  Mönche  auf  diesen  Inseln  ein  faunenhaftes  Dasein. 
Eines  von  den  kleineren  Felseilanden  wurde  Mens  Jesu-Christi  (Gregor.  M.  eplae  I,  49), 
heute  Monte  Cristo  genannt.  Erst  die  Saracenen  vertrieben  imd  verödeten  hier  alles.  — 
R.  Mannel,  Veränderungen  der  Oberfläche  Italiens  in  geschichtlicher  Zeit,  1.  das  Gebiet  des 
Arno  (Halle  1887,  Progr.).  —  Die  Küstenlandschaft  südwärts  der  Amomündung,  die  in 
römischer  Zeit  die  via  Aurelia  durchzog,  ist  jetzt  vielfach  versumpft  und  ungesund,  während 
im  Altertum  f&r  Entwässerung  durch  Emissäre  u.  s.  w.  hinlänglich  vorgesorgt  war.  Auch 
blühte  der  Fischfang.  Als  Rutilius  Namatianus  im  Jahre  416  n.  Chr.  an  diesen  Küsten  hin- 
fuhr, war  der  südliche  Strich  bis  zum  Monte  Argentaro  hin  bereits  verfiebert,  Cosa  ver- 
lassen n.  s.  w.  Die  Thätigkeit  der  Flüsse  hat  seit  dem  Altertum  das  Festland  auf  Kosten 
des  Meeres  um  einige  Quadratmeilen  vergrössert.  Vgl.  die  Anmerkungen  (A.  v.  Reümonts) 
in  .Des  Claudius  Rutilius  Namatianus  Heimkehr  übersetzt  und  erläutert  von  Itasius  Lbm- 


58 


A.  Geographie  von  Italien  und  dem  Orbia  Romaana. 


NiAOUs'',  (Berlin  1872),  mit  kartographischer  Beilage.  Rutilins  Namatianas  kam  am  ersten 
Tage  von  dem  Hafen  des  Claudius  und  des  Traian  an  der  Tibermündung  vorbei  an  Alsium, 
Pyrgi,  Caere,  Castrum  bis  Centumcellae,  am  zweiten  nach  dem  Herculeshafen  am  Argen- 
tarischen  Vorgebirge,  am  dritten  nach  der  Mttndung  des  Umbro,  am  vierten,  an  welchem 
er  bei  Falesia  ans  Land  stieg,  nach  dem  Hafen  von  Populonia.  Am  Ainften  legte  er  in 
Yada  an,  am  sechsten  erreichte  er  den  Hafen  von  Pisae.  Von  wo  spftter  die  B^ise  über 
Luna  fortgesetzt  wurde.  Die  Inseln,  die  in  der  Dichtung  erwähnt  sind,  sah  der  Reisende 
nur  vom  Bord  aus. 

G.  Oallia  cisalpina. 

22.  Allgemeines.  Der  Name  Italien  erstreckte  sich  in  geographi- 
scher Hinsicht  seit  dem  zweiten,  in  politischer  seit  dem  ersten  Jahrhundert 
V.  Chr.  bis  an  die  Alpen ;  vorher  stand,  von  etwa  400  v.  Chr.  angefangen, 
das  Land  am  Po  und  jenseits  des  Appennin  viehnehr  im  schrolBPsten  Gegen- 
satz gegen  die  eigentlich  italischen  Stämme  (inklusive  der  Etrusker);  es 
war  Keltenland,  Oallien,  innerhalb  dessen  sich  einige  etruskische  En- 
klaven, wie  z.  B.  Mantua,  erhielten.  Ostwärts  der  Etsch  (Athesis)  lei- 
steten die  Veneter  den  Kelten  erfolgreichen  Widerstand;  an  den  Mün- 
dungen des  Po  sind  früh  hellenische  Handelsverbindungen  angeknüpft 
worden. 

23.  Die  Völker  Oberitaliens.  1.  Die  keltischen  Stämme  dies- 
seits der  Alpen.  1)  Die  Tauriner,  ein  keltisch-ligurisches  Mischvolk, 
hatten  im  heutigen  Turin  ihren  Vorort;  die  Salasser  sassen  im  Thal  der 
Dora  Baltea,  östlich  von  ihnen  die  Lepontii;  die  Libidi  an  der  Sesia  und 
am  Tessin;  die  Insubres,  der  bedeutendste  Stamm,  hatte  in  Mediolanum 
seinen  Mittelpunkt,  die  an  die  Veneter  grenzenden  Cenomani  in  Brixia 
und  Verona.  Südlich  vom  Po  in  der  Gegend  von  Casteggio  die  Änamari  (?), 
in  der  Aemilia  die  Boiij  welche  in  dem  etruskischen  Felsina,  später 
Bononia  umgenannt,  ihr  Zentrum  hatten;  diesen  benachbart  dem  adria^ 
tischen  Meer  zu  die  Lingones  und  an  diesem  Meere  selbst  die  Senones. 

2.  DieLigurer.  Durch  Sprache  und  Typus  von  den  Kelten  ver- 
schieden waren  die  Ligurer,  die  an  der  Küste,  in  den  Seealpen,  aber  auch 
mit  Kelten  zusammen  im  Binnenlande  wohnten.  Die  Ligurer  sind  gleich  den 
Iberern  der  Rest  einer  vor  den  Ariern  im  südwestlichen  Europa  sitzenden 
Race,  die  zuletzt  auf  den  schmalen  Küstenstreif  im  südlichen  Gallien  und 
nördlichen  Italien  sich  beschränkt  sah.  Eine  verwandte  Bevölkerung  scheint 
Korsika  gehabt  zu  haben,  während  in  Sardinien  Iberer  sassen.  —  Die  Li- 
gurer gingen  viel  als  Söldner  ausser  Landes,  namentlich  nach  Karthago, 
der  Gegnerin  von  Massilia. 

Die  Römer  kämpften  80  Jahre  lang  um  den  Pass  am  ligurischen 
Meerbusen.  Im  Jahre  180  v.  Chr.  verpflanzten  sie  eine  47000  Köpfe 
starke  Abteilung  aus  dem  Stamme  der  Apuaner  nach  Samnium.  Vgl.  oben 
S.  45. 

3.  Die  Veneter.  Die  Volksgrenze  zwischen  Kelten  und  Venetem 
fiUlt  mit  den  Grenzen  der  Stadtgebiete  von  Verona  einerseits,  von  Vicetia 


')  Die  Nachrichten  über  ihre  Einwande- 
rung sind  erörtert  bei  0.  Hibschfeld,  ,Ti- 
magenea  und  die  gallische  Wandersage*, 
Sitznngsber.  der  Berl.  Akad.  1894  S.  331  ff.; 


namentlich  auch  die  Geographica  der  ver- 
schiedenen Berichte.  Im  übrigen  vgl.  Müllen- 
HOFF,  Deutsche  Altertumskunde  Bd.  II. 


L  ItaUon.   (§§  22-24.)  59 

(Yicenza)  und  Ateste  (Este)  andererseits  zusammen.  Polybius  11,  17  be- 
richtet hierüber:  «Das  Land  zwischen  den  Genomanen  und  der  Adria  hatte 
bereits  ein  anderes  sehr  altes  Volk  eingenommen.  Sie  werden  Veneter 
genannt,  weichen  in  ihren  Sitten  und  Ordnungen  nur  wenig  von  den  Kelten 
ab,  sprechen  aber  eine  verschiedenartige  Sprache.'^  —  Livius  I,  1  setzt 
die  Einwanderung  der  Veneter  (seiner  Landsleute)  mehrere  Jahrhunderte 
vor  die  Ankunft  der  Kelten.  Sie  lagen,  wie  die  Denkmäler  erweisen, 
in  der  etruskischen  Kulturzone.  Die  erhaltenen  Eigennamen  zeigen  illy- 
rischen Charakter,  womit  die  Angabe  Herodots,  dass  die  Veneter  illyrischer 
Abkunft  seien,  zu  vereinbaren  wäre. 

24.  Römische  Organisationen.  Nachdem  keltische  Stämme  wäh- 
rend der  entscheidenden  Kämpfe  zwischen  den  Römern  und  den  Italikem 
(einschliesslich  der  Etrusker)  an  der  Seite  der  letzteren  gekämpft  hatten, 
gingen  die  Römer  energisch  gegen  Senoner  und  Boier  vor.  Ln  Anschluss 
an  die  ähnliche  Massregel  im  „ager  Picenus''  wurde  im  Jahre  282  durch 
eine  lex  Flaminia  der  ganze  „ager  Qallicus^  südwärts  des  Po  zur  Auf- 
teilung unter  römische  Bürger  bestimmt,  was  die  damalige  Schilderhebung 
der  Kelten,  wie  auch  ihre  spätere  Anteilnahme  an  Hannibals  Unterneh- 
mung erklärt.  Erst  im  Jahre  191  v.  Chr.  wurde  der  letzte  Widerstand 
der  Boier  niedergeschlagen.  Das  Werk  dieser  Dezennien  ist  die  Anlegung 
von  Cremona  und  Placentia,  beide  im  Jahre  218  zum  Schutze  der  Po- 
grenze  als  latinische  Kolonien  konstituiert  und  sofort  im  Kampfe  gegen 
Hannibal  erprobt;  die  starke  Position  an  der  Trebia  vorwärts  Placentia 
musste  von  Hannibal  erkämpft  werden.  —  Nach  dem  Ausgange  des 
punisch-keltischen  Krieges  wurden  Bononia  (189),  Mutina,  Parma 
(letztere  beide  im  Jahre  183  als  römische  Kolonien)  begründet.  Die  via 
Ilatninia  ward  von  Ariminum  aus  im  Jahre  187  v.  Chr.  als  via  Aemilia 
nach  Placentia  fortgesetzt,  was  so  sehr  einen  Wendepunkt  bildet,  dass  in 
der  Kaiserzeit,  wo  der  Begriff  „Galiia  cisalpina^  in  landschaftliche  Lidivi- 
dualitäten  sich  auflöste,  dieser  Teil  als  „Aemilia^  bezeichnet  wurde.  Wäh- 
rend Cremona  und  Placentia  als  Qrenzfestungen  von  Bedeutung  waren, 
Cremona  und  sein  Gebiet  auch  in  den  Kämpfen  des  Jahres  69  n.  Chr. 
mehrfach  genannt  erscheint,  tritt  die  Gegend  von  Mutina  im  Frühjahr  43 
V.  Chr.  hervor,  Bononia,  das  zwischen  den  Flüssen  Rhenus  und  Lavinius 
gelegen  war,  zur  Zeit  des  Abschlusses  des  Triumvirates  (November  43). 
Längs  der  Strasse  kamen  neben  den  genannten  zahlreiche  Orte  empor: 
Florentiola  (heute  Fiorenzuola),  Fidentia  (heute  Borge  San  Donnino); 
Forum  Lepidi,  später  Regium  Lepidum,  Claterna,  Forum  Cornelii, 
femer  näher  bei  Ariminum  Faventia  (Faenza),  Forum  Livii  (heute 
Forli),  Forum  Popilii  (Forlimpopoli)  und  Caesena  (Cesena).  Am  Po: 
Brixellum  (jetzt  Brescello)  und  südwärts  der  Mündung  in  durch  die 
Sümpfe  gesicherter  Lage  Ravenna.  Die  Anfänge  der  letzteren  Stadt, 
wie  auch  die  von  Spina  (an  der  südlichsten  Mündung  des  Po,  die  danach 
Spineticum  ostium  hiess),  das  in  der  römischen  Zeit  verfallen  war,  reichen 
zurück  in  die  Epoche  der  griechisch-tuscischen  Rivalität  an  der  Adria. 
Die  Römer  machten  Ravenna  zur  Kolonie;  seit  Augustus  war  es  der 
Haupthafen   der  römischen  Kriegsflotte  an   der  Ostküste   Italiens.     Der 


60  A.  Geographie  Ton  Italien  nnd  dem  Orbis  BomannB. 

„praefectus  classis  praetoriae  Ravennatensis**  übte  seit  dem  zweiten  Jahr- 
hundert die  Jurisdiktion  aus  längs  der  Flaminia  und  in  Picenum,  während 
Mannschaften  der  Flotte  im  dritten  Jahrhundert  auch  in  das  Innere  des 
Landes,  z.  B.  nach  dem  Furlopass,  detachiert  wurden,  um  dem  überhand- 
nehmenden Brigantaggio  zu  steuern.  (Vgl.  Mitt.  des  röm.  Instituts  1886 
S.  14).  Im  fünften  Jahrhundert  ist  Ravenna  Haupt-  und  Residenzstadt 
der  Kaiser,  auch  später  noch  der  Sitz  des  Exarchen  und  selbst  auf  kirch- 
lichem Gebiete  eine  Nebenbuhlerin  von  Rom.  (Beschreibung  von  Ravenna 
bei  0.  Fiebiger,  classium  Halicar,  historia.  Studia  Lipsiens.  XV,  1894,  p. 
284  flf.).  Zwischen  Ravenna  und  seinem  Hafen  »Classis*  der  Stadtteil 
Caesarea.  Ausserhalb  der  Stadt  an  einer  Abzweigung  des  Padus  der  Ort 
Fossa  Sconii  (bei  Jordanes  Fossa  Asconis).  Drei  Million  südwestlich 
von  Ravenna  der  Campus  Candiani.  Am  Meer  Ficoclae  (Cervia).  In 
der  spätrömischen  Periode  finden  wir  den  Städten  der  Aemüia  Castelle  vor- 
gelegt, so  Imola  bei  Forum  Cornelii,  die  zum  Teil  die  alten  Ortsnamen 
verdrängten.  Hiegegen  bildeten  die  Eüstenstädte  Ariminum,  Pisaurum, 
Fanum,  Senagallica,  Ancona  zur  Zeit  des  Exarchats  eine  Pentapolis,  die 
unter  einem  eigenen  Statthalter  stand. 

Das  Strassennetz  der  transpadanischen  Landschaft  verzweigte 
sich,  seiner  historischen  Entstehung  gemäss,  von  Placentia  und  Cremona 
aus.  Von  Placentia  aus  ging  eine  Strasse  über  Laus  Pompeia  nach  Me- 
diolanum,  die  andere  nach  Ticinum  und  von  hier  zu  den  poeninischen, 
graischen,  cottischen  Alpen.  Von  Cremona  aus  führte  eine  via  Postumia 
einerseits  über  Dertona  nach  Genua  in  Ligurien,  anderseits  nach  Verona 
und  Mantua,  von  hier  vielleicht  noch  bis  Aquileia;  so  dass  die  ganze 
Strasse  das  adriatische  mit  dem  tyrrhenischen  Meer  verband.  Später  ist 
dieses  Strassennetz  vei'vollständigt  worden  durch  eine  Abzweigung  von 
Dertona  nach  Vada  {via  Aemilia  Scauri) ,  dann  durch  den  Ausbau 
der  Strasse  von  Vada  an  den  Varus,  von  wo  sie  weiter  nach  Qallien  und 
Hispanien  führte  {via  Augusta).  Mit  Rom  war  die  ligurische  Küste  durch 
die  über  Luna  verlängerte  via  Aurelia  verbunden  (durch  M.  Aemilius 
Scaurus,  109  v.  Chr.,  daher  via  Aemilia  Scauri,  die  bis  Vada  Sabatia 
(jetzt  Vado)  und  dann  nordwärts  weiter  ging). 

Die  „Gallia  cisalpina**  bildete  bis  auf  Sulla  eine  unter  dem  militäri- 
schen Kommando  der  Konsuln  stehende  Militärgrenze,  seitdem  einen  eigenen 
Statthaltersprengel.  Erst  der  Aesis  (bei  Ancona),  dann  der  Rubico  (jetzt 
Fiumicino  bei  Ariminum)  auf  der  einen,  der  in  das  tuscische  Meer  sich 
ergiessende  Fluss  Macra  auf  der  anderen  Seite,  trennte  das  befriedete 
Hauptland  von  dem  militärisch  regierten  Bezirk. 

Seit  dem  Sozialkriege  erfreute  sich  die  cispadanische  Landschaft  des 
römischen  Vollbürgerrechtes,  während  in  der  Transpadana  die  Städte  lati- 
nisches Recht  bekamen,  die  ihnen  „attribuierten*  Gaue  aber  die  Pere- 
grinenqualität  bewahrten.  Bereits  ging  das  Streben  der  Transpadaner 
dahin,  den  Cispadanem  gleichgestellt  und  Italien  einverleibt  zu  werden. 
Julius  Cäsar  nützte  dies  aus,  indem  er  schon  während  seiner  Statthalter- 


1.  Italien.    (§  25.) 


61 


Schaft  die  Transpadaner  als  zu  Italien  gehörig  behandelte  0  und  sofort 
nach  dem  Staatsstreiche  ihnen  das  Bürgerrecht  verlieh  (49  v.  Chr.).  Die 
Vergebung  der  Gallia  cisalpina  als  Provinz  an  D.  Brutus  kennzeichnet 
die  Reaktion,  der  gegenüber  nach  der  Schlacht  bfei  Philippi  (42  v.  Chr.) 
die  Einverleibung  der  Landschaft  in  Italien  erfolgte. 

Augustus  bildete  daraus,  indem  er  zugleich  die  östliche  Grenze  Ita- 
liens über  das  istrische  Küstenland  bis  an  den  tiefeinschneidenden  Qolf 
des  Flusses  Arsia  und  bis  Pola  vorschob,  auch  im  Norden  die  Grenze 
regulierte,  drei  Regionen;  die  zehnte:  Venetia  und  Histria;  die  neunte: 
Liguria ;  die  elfte :  Transpadana.  Das  ehemalige  cispadanische  Gallien  bil- 
dete die  achte  Region. 

Ueber  die  Aemilia  vgl.  Bormank  in  Corp.  i.  Lat.  XI.  Die  Schilderung  der  Eftmpfe 
gegen  die  ligarischen  und  gallischen  Stämme  bei  Liv.  gibt  mancherlei  topographisches 
Detail,  z.  B.  Flussnamen  wie  Scultenna  (jetzt  Panaro)  u.  s.  w.  Das  „bellum  MuHnense** 
lieferte  Nachrichten  über  die  Gegend  von  Mutina.  Forum  Gallorum,  wo  damals  eine 
Schlacht  geschlagen  wurde,  lag  beim  jetzigen  Gastelfranco.  Ueber  die  Gegend  von  Ra- 
venna  fliessen  die  lokalen  und  allgemeinen,  die  profanen  und  kirchlichen  Quellen  seit  der 
Erhebung  zur  Hauptstadt  in  reichlichem  Masse  (Annalen  von  Ravenna  und  liber  ponti- 
ficalis  Ravenn,).  In  der  Terraingestaltung  an  der  Pomtlndung  ist  seit  dem  Altertum  man- 
ches geändert  Damals  war  der  südlichste  Arm  der  wasserreichste  und  daher  fttr  die 
Schiffahrt  benutzt;  später  der  mittlere  (Yolanus  oder  "OXava  genannt);  erst  seit  1152  grub 
sich  der  Po  die  nördliche  zur  HauptmOndung  aus.  Vgl.  Eibpbbt,  Geogr.  S.  391.  Nissen, 
Landesk.  I  S.  190  f.  —  Ueber  die  Pässe  des  Nordappennin  Eiepebt  ebenda  S.  374;  Nissen 
S.  228  ff.  Der  bei  Paul.  diac.  II,  18  und  öfter  genannte  Mons  Ferronianus  (auch  castrum 
Feronianum  VI,  49)  ist  die  Landischaft  Frignano  zwischen  Lucca  und  Modena.  Vgl.  Mommsen 
im  Arch.  d.  Gesellsch.  V,  86.  Düchbsne  zum  lib.  pontif.  I  p.  413.  Der  Uebergang  aus  der 
Gegend  von  Luna  (den  l<luss  Macra  aufwärts,  tlber  Pontremoli  und  auf  der  anderen  Seite 
Berceto)  nach  Parma,  der  1014  m  hohe  in  alter  und  mittlerer  Zeit  viel  benutzte  Appenninen- 
pass  la  Cisa,  heisst  im  7.  Jahrhundert  n.  Chr.  und  später  «Mons  Bardonis'^.  Vgl.  Fickeb, 
Ital.  Forschungen  II  330.  Sickbl,  Das  Privileg  Ottos  I  fOr  die  röm.  Kirche  S.  135.  Im 
13.  Jahrhundert  wird  der  Pass  von  la  Cisa  als  der  einzige  bezeichnet,  der  einem  Heere  den 
Uebergang  aus  der  Lombardei  nach  Tuscien  gestatte;  doch  überschritten  1268  im  April  die 
Truppen  Eonradins,  da  Piacenza  und  Parma  feindlich  gesinnt  waren,  den  Appennin  in  einem 
denkwürdigen  Gebirgsmarsch  von  Pavia  auf  Borge  Taro,  eine  Reihe  von  Bergrücken  über- 
steigend und  die  Längsaxe  der  zahlreichen  hier  zur  Poebene  ziehenden  Thäler  durch- 
kreuzend, bis  man  sich  schliesslich  am  oberen  Taro  aufwärts  wandte  und  den  Hauptkamm 
des  Gebirges  in  der  Richtung  auf  Yarese  überstieg,  um  so  das  von  Karl  von  Anjou  be- 
setzte Pontremoli  zu  umgehen.  Vgl.  Fickbb,  Konradins  Marsch  zum  palentinischen  Felde 
a.  a.  O.  S.  537.  —  Die  kaiserlichen  Privilegien  saec.  XII.  XIII  fttr  Garfignana,  Pontremoli  und 
Sarzana  (bei  Fickbb,  Ital.  Forsch.  IV,  s.  Index)  nennen  eine  Reihe  von  Orts-  und  Berg- 
namen. Sarzana  (=  Sergiana)  zog  die  ganze  Bedeutung  des  immer  mehr  verödenden  Luna 
an  sich.  —  Ueber  die  Gewinnung  dieser  Pässe,  von  denen  aus  die  Ligurer  im  Jahre  193 
Placentia,  177  Mutina  berannten,  durch  die  Römer  nach  Unterwerfung  und  Verpflanzung 
der  ligurischen  Stämme  der  Friniates  (deren  Name  in  Frignano  erhalten  ist),  Apuani 
u.  s.  w.,  vgl.  Liv.  XXXIX,  1  ff.  Die  Terrainschilderung  daselbst  ist  sehr  allgemein  genalten 
nnd  die  c.  2,  dann  XL  c.  41  genannten  Berge  Ballista,  Suismontium  und  Lotus  oder  Letum 
lassen  sich  kaum  identifizieren.  Vgl.  Cluvbb,  Ital,  antiqu.  I,  77.  Die  Schwierigkeiten  der 
Passage  zu  ungünstiger  Jahreszeit  schildert  Liv.  XXI  58.  Ueber  des  Konsuls  Sempronius 
Longus  und  Hannibals  Uebergang  über  den  Appennin  im  Frühjahr  217  (Hannibal  in  Ligures, 
Sempronius  Lucam  concessit,  1.  c.  59)  vgl.  G.  Faltin  im  «Hermes*  XX  S.  73  ff. 

25.  Die  »»Transpadana''  unter  den  Kaisern.  Während  vor  Cäsar 
die  römische  Kultur  in  der  transpadanischen  Landschaft  (abgesehen  von 


^)  Dies  zeugt  unter  anderem  der  Spracb- 
gebrauch  Caesars  in  der  Schrift  „de  hello 
Gaüieo".  Die  cisalpinische  Provinz  wird 
im  Gegensatz  zur  jenseitigen  geradezu  als 
jyltalien''    bezeichnet.     Yergl.   Mokksbk   in 


Corp.  V  p.  902.  Der  Varus  galt  als  Grenz- 
fluss  im  Westen,  der  Formio  (an  der  istri- 
schen  Küste,  sQdwftrts  von  Tergeste)  im 
Osten. 


62  A.  Qeographie  Ton  Italien  und  dem  Orbüi  Bomanns. 

den  Kolonien  Aquileia  und  Eporedia)  wenig  tiefe  Wurzeln  gefasst 
hatte,  gedieh  dieselbe  in  der  Eaiserzeit  hier  der  Art,  dass  Oberitalien  zur 
blühendsten  Landschaft  Italiens  wurde. 

An  der  istrischen*  Küste  waren  im  Jahre  34  v.  Chr.  die  vortreflf liehen 
Hafenplätze  Tergeste  und  Pola  (,,Pietas  Julia")  als  Kolonien  einge- 
richtet worden.  Aquileia  wurde  eine  Handelsstadt  ersten  Ranges,  wo 
der  Verkehr  zwischen  Italien  und  Illyricum  sich  konzentrierte.  Alt  in  um 
(bei  Torcello),  in  den  Lagunen  gelegen,  bedeutende  Handelsstadt  und  Aus- 
gangspunkt der  nach  der  Donau  führenden  Strasse.  Die  Inselorte  Qradus 
wie  yVenetia"  erwuchsen  seit  der  Zeit  der  Barbareneinfälle  durch  den  Ruin 
von  Aquileia  und  Altinum  zu  grösserer  Bedeutung. 

Atria,  die  alte  schon  von  Tuskem  und  Griechen  begründete  Stadt, 
wovon  seit  dem  vierten  Jahrhundert  v.  Chr.  das  früher  „ionische*  Meer 
benannt  ward,  war  im  Zurückgehen  begriffen.  Als  mehr  oder  weniger 
wohlhabende  Landstädte  im  Venetianischen  repräsentierten  sich:  Con- 
cordia;  Vicetia  (heute  Vicenza);  Tarvisium  (Treviso);  Opitergium 
(Oderzo);  Acelum  (Asolo);  Ceneta  (Ceneda);  Belunum  (Belluno);  Fel- 
tria  (Feltre).  Das  nördlichste  Municipium,  das  noch  zu  Italien  gehörte, 
war  das  in  den  Alpen  an  der  Etsch  gelegene  Tridentum.  Auch  die 
kamische  Landschaft,  wie  alle  keltischen  ursprünglich  nur  dorfmässig  an- 
gebaut, erhielt  städtische  Mittelpunkte:  Julium  Carnicum  (Zuglio)  und 
Forum  Julii  (wovon  heute  Friaul  benannt  ist;  der  Ort  selbst  heisst  Ci- 
vidale). 

Verona,  ein  altes  oppidum  der  Raeter  und  Euganeer,  wurde  erst 
Munizip,  unter  Qallienus  Kolonie  und  mit  Festungsmauem  gegen  die  nor- 
dischen Barbaren  versehen;  eine  der  bedeutendsten  Städte  Oberitaliens, 
für  deren  Bevölkerungsverhältnisse  das  erhaltene  Amphitheater  einen  Mass- 
stab bietet.  Brixia,  der  frühere  Vorort  der  Cenomanen,  eine  blühende 
Oemeinde,  die  jedoch  hinter  Verona  zurückstand.  An  den  üfem  des  Garda- 
sees  {lacus  Benacus),  der  zwischen  beiden  Städten  aufgeteilt  war,  erhoben 
sich  Villen,  die  des  Veronesers  Catullus  auf  der  Halbinsel  Sirmio  am  Süd- 
ende des  Sees.  In  Arelica  (beim  heutigen  Peschiera)  hatte  die  Gilde 
der  veronesischen  Benacusschiffer  ihre  Station.  Der  nördliche  Teil  des 
Sees  (mit  Riva  und  Val  di  Ledro)  gehörte  zum  Gebiete  von  Brixia. 

Als  die  reichste  Stadt  der  Cisalpina  galt  zur  Zeit  des  Strabo  Pata- 
vium,  wo  das  Wollwarengeschäft  blühte:  eine  alte  Gründung  der  Veneter, 
die  Heimat  des  Livius,  des  Asconius  und  des  Thrasea  Paetus,  genossen  die 
Pataviner  den  Ruf  grosser  Frugalität.  —  Mantua,  die  Heimat  des  Ver- 
gilius,  blieb  unbedeutend.  Comum  (Como),  die  Vaterstadt  der  Plinier, 
am  lacus  Larius  oder,  wie  er  schon  im  dritten  Jahrhundert  heisst,  lacus 
Comacenus,  hatte  den  Alpen  zu  ein  umfangreiches  Gebiet  unter  sich.  Im 
See  die  insula  Comacina,  die  bewohnt  und  zur  byzantinisch-longobardischen 
Zeit  wohlbefestigt  war.  Ebenso  Bergomum  (wie  die  Inschriften  schreiben; 
jetzt  Bergamo).  An  den  Seen  {locus  Clisius,  der  Luganersee;  lacus  Ver- 
banuSj  der  Langensee)  hatten  die  reichen  Leute  von  Mediolanum  ihre 
Villen.  Der  lacus  Eupilis  (Plin.  3,  131)  südlich  vom  heutigen  Erba  in 
der  Brianza.    Modicia,   das   heutige  Monza.  —   Im  vierten  Jahrhundert 


Litauen.    (§26.)  63 

n.  Chr.  war  Mediolanium  (daneben  die  Form  Mediolanum),  die  einstige 
Hauptstadt  der  Insubrer,  Residenz  eines  der  Kaiser;  seine  Lehranstalten 
von  den  jungen  Leuten  aus  der  ganzen  Gisalpina  frequentiert.  Prächtige 
Bauten  schmückten  die  Stadt,  die  an  Augusta  Taurinorum,  wie  der 
Yorort  der  Tauriner  in  der  römischen  Zeit  hiess,  anfangs  eine  Nebenbuh- 
lerin gehabt,  diese  aber  weit  überholt  hatte.  Das  heutige  Turin,  war  fUr 
den  Verkehr  mit  Gallien  über  Segusio,  heute  Susa,  nach  den  Alpes  Got- 
tiae  günstig  gelegen. 

Ticinum,  ein  zentraler  Punkt  für  ganz  Oberitalien,  kam  in  der 
spätrömischen  Zeit  zu  immer  grösserer  Bedeutung;  der  spätere  Name 
Papia  (Pavia)  hängt  mit  der  Tribus  Papiria,  welcher  Ticinum  zuge- 
schrieben war,  zusammen.  Placentia  und  Gremona  wandelten  sich  in 
Handelsstädte  um.  Südlich  von  Placentia  lag  Veleia,  bekannt  durch  die 
hier,  d.  i.  bei  Macinesso  im  Thal  des  Baches  Ghero,  gefundene  Alimentär^ 
tafel.  Zwischen  Gremona  und  Mantua  der  aus  dem  Jahre  69  n.  Ghr.  be- 
kannte Schlachtort  Betriacum.  Yercellae  (Vercelli),  femer  Eporedia 
(Jvrea),  Augusta  Praetoria  (Aosta),  im  Gebiete  der  alten  Salasser,  pro- 
fitierten von  dem  Verkehr  über  den  grossen  und  kleinen  Bernhard  nach 
Gallien.  Novaria  (Novara),  auf  der  Strasse  von  Mediolanum  nach  Ver- 
cellae.  In  der  Nähe  von  Vercellae  die  raudischen  Gefilde.  Ln  Vier- 
kaiserjahre erscheinen  Novaria  und  Vercellae  als  wohlbefestigte  Muni- 
zipien. 

In  der  Landschaft  Ligurien  sind  zu  nennen:  Aquae  Statiellae 
(heute  Acqui);  Alba  Pompeia  (jetzt  Alba)  und  Laus  Pompeia  (Lodi 
vecchio),  beide  nach  Gn.  Pompeius  Strabo,  dem  Konsul  des  Jahres  89 
V.  Ghr.,  benannt;  Hasta  (Asti);  Dertona  (Tortona);  östlich  davon  der 
Ort  Glastidium  (Gasteggio),  wo  im  Jahre  222  v.  Ghr.  Marcellus  den 
König  Virdumarus  überwand.  Pollentia  (jetzt  Polenzo),  wo  im  Jahre 
403  Alarich  und  Stilicho  sich  schlugen.  Augusta  Bagiennorum  (jetzt 
Bene),  nach  der  ligurischen  Völkerschaft  der  Bagienni  genannt,  deren  Ge- 
biet bis  zur  Poquelle  auf  dem  Mens  Vesulus  (jetzt  Monte  Viso)  reichte. 
Genua,  der  von  Alters  her  blühende  Hafen  der  ligurischen  Küste,  der 
für  den  Verkehr  Roms  mit  den  Massalioten  (später  auch  mit  Spanien)  als 
Zwischenstation  Wichtigkeit  erlangte.  Westwärts  an  der  Küste  oder  un- 
fern derselben  die  kleinen  Munizipien  Albingaunum  (Albenga),  Albin- 
timilium  (Ventimiglia),  Nicaea  (jetzt  Nizza)  und  Monoecus  (heute  Mo- 
naco); die  beiden  letzteren  Orte  gehörten  übrigens  als  den  Massalioten 
unterthänig,  trotz  ihrer  Lage  im  Osten  des  Varus  in  administrativer  Be- 
ziehung zur  narbonensischen  Provinz.  Über  Monoecus,  auf  der  Höhe  der 
Seealpen,  lag  das  „Tropaeum  Alpium",  das  kolossale  Denkmal  zu  Ehren 
der  Alpensiege  des  Augustus,  in  dessen  Überreste  das  heutige  Dorf  Torbia 
eingebaut  ist. 

Für  die  einzelnen  Stadtgebiete  geben  die  entsprechenden  Kapitel  von  Corp.  V,  1 
und  2  Aufschlnss.  För  die  Spezialtopograpbie  sind  wicntig:  der  Schiedsspruch  der  Minacier 
zwischen  der  Stadt  Genua  und  den  ihr  attribuierten  Orten  vom  Jahre  118  v.  Chr. 
(Corp.  I,  199  =  V,  7749  =  Wilmahns  872).  Femer  die  Veleiater  Alimentartafel,  welche 
das  Gebiet  von  Yeleia,  Libama,  Placentia,  Parma,  Luca  illustriert  (Corp.  XI,  1147  = 
WiLHAHiis  2845).    Beide  Urkunden  sind  im  Corp.  mit  eingehendem  Kommentar  versehen. 


64  A.  Geographie  von  Italien  und  dem  Orbia  Romanna. 

Veleia  hat  man  bükanntlich  erst  1747  wieder  entdeckt  und  ausgegraben.  Die  im  vorigen 
Jahrhundert  vertretene  Ansicht,  dass  Veleia  durch  einen  Bergsturz  verschüttet  worden  wäre, 
hat  sich  als  unbegründet  herausgestellt,  da  vielmehr  schon  die  alte  ligurische  Ansiedlung 
der  Veleiaten  auf  einer  Schutthalde  stuid.  Aus  dieser  entwickelte  sich  das  rOmische  Mu- 
nicipium,  das  bei  Plinius  und  bei  Phlegon  (in  dem  Verzeichnis  der  Langlebigen)  erwähnt 
wird.  Die  letzte  Inschrift  stammt  aus  dem  Jahre  276  n.  Chr.  —  Man  sieht,  dass  die 
Thäler  der  Trebbia,  wie  der  Bäche  Nure  oder  Nadra,  Chero  u.  s.  w.  nirgends  für  sich  ge- 
schlossene Gebiete  gebildet  haben,  sondern  die  Grenzen  der  Municipien  hier  ineinander 
übergingen. 

26.  Die  Alpenpässe.  1.  Die  gallischen  Pässe.  Der  Verkehr 
zwischen  den  keltischen  Stämmen  diesseits  und  jenseits  der  Alpen  wurde 
durch  die  seit  der  ältesten  Zeit  begangenen  westlichen  Pässe  vermittelt. 
Polybius,  der  das  Terrain  behufs  der  Beurteilung  von  Hannibals  Eriegs- 
zug  persönlich  in  Augenschein  nahm,  gibt  vier  Pässe  an:  den  an  der 
Küste  längs  der  Seealpen  nach  Oenua  führenden;  den  durch  das  Gebiet 
der  Tauriner  (Mt.  Cenis);  den  durch  das  Gebiet  der  Salasser  («per  Alpes 
Graias/  d.  i.  der  Kl.  Bernhard);  den  durch  das  Gebiet  der  Raeter.  — 
Den  Weg  über  die  Alpes  Cottiae  (Mt.  Genfevre)  rühmt  sich  Pompeius  im 
Jahre  77  v.  Chr.  wie  ein  anderer  Hannibal  eröffnet  zu  haben.  Welchen 
Pass  letzterer  benützte,  lässt  sich  nicht  ausmachen.  Sämtliche  Pässe 
wurden  von  den  Römern  sofort  auch  zur  Beförderung  von  Truppen  ver- 
wendet, wie  von  Pompeius  der  Mt.  Genfevre,  so  von  Cäsar  während  seiner 
Statthalterschaft  in  Gallien  der  Kl.  Bernhard ;  im  März  des  Jahres  69 
n.  Chr.  überschritt  ein  Korps  der  Vitellianer  den  Gr.  Bernhard.  Nach  der 
Pazifikation  der  Alpen  durch  Augustus  wurden  über  jeden  dieser  Pässe 
Strassen  geführt. 

2.  Die  raetischen  Pässe.  Auch  hier  hat  Augustus,  mit  Strabo 
zu  reden  „nach  Ausrottung  der  Räuber  so  viel  an  ihm  lag  die  Strassen 
hergestellt.  Freilich  war  es  nicht  möglich,  überall  die  Natur  zu  zwingen, 
wo  an  der  einen  Seite  des  Weges  steile  Felswände  aufsteigen,  an  der 
anderen  tiefe  Abgründe  gähnen,  so  dass  ein  geringer  Fehltritt  unvermeid- 
liches Verderben  durch  den  Sturz  in  bodenlose  Schlünde  mit  sich  bringt. 
So  schmal  ist  gelegentlich  der  Weg,  dass  Fussgänger  und  fremde  Saum- 
tiere vom  Schwindel  erfasst  werden:  die  einheimischen  Saumtiere  tragen 
Lasten  sicher  hinüber.  Dies  lässt  sich  indessen  so  wenig  abstellen  wie 
das  plötzliche  Herabkommen  von  Lawinen,  die  eine  ganze  Gesellschaft 
packen  und  in  den  Abgrund  schleudern  können.''  Solche  Strassen  führten, 
wie  die  Meilensteine  und  Itinerarien  darthun,  über  den  Simplen,  den  St. 
Bernhardin  oder  Vogelberg,  den  Splügen,  den  Septimer,  den  Julier.  Das 
Wormseijoch  war  eine  alte  Verkehrsstrasse  zwischen  den  Camunni,  die 
zugleich  im  heutigen  Veltlin  sassen,  und  den  Venostes,  die  im  „tropaeum 
Alpium**  neben  jenen  aufgeführt  werden.  —  Im  heutigen  Tirol  führten 
Reichsstrassen  {„via  Claudia  Augusta^)  über  Reschenscheideck  und  über 
den  Brenner  an  die  Donau. 

3.  Die  illyrischen  Pässe.  Eine  Strasse  führte  über  die  Plecken- 
aJp  (Mte.  Croce),  die  seit  den  ältesten  Zeiten  begangen  ward.  Eine  zweite 
über  Pontafel.  Eine  dritte  („in  Alpe  Julia*)  über  das  Okragebirge,  das 
jetzt  der  Birnbaumer  Wald  heisst. 


1.  It»li«n.    (§§  26,  27.) 


65 


27.  Organisation  der  Alpensprengel.  In  den  Alpenpässen  waren 
hauptsächlich  zum  Zwecke  der  Sicherung  der  wichtigen  Verbindungslinien 
eigene  nach  beiden  Seiten  des  Oebirges  hin  sich  erstreckende  Präfekturen 
errichtet:  so  für  die  Alpes  marüimae  (Hauptort  Cemenelum,  jetzt  Cimella 
oder  Ciniiez),  die  Alpes  Cottiae  (Hauptort  Segusio,  jetzt  Susa;  daneben  auf 
der  gallischen  Seite  Eburodunum,  jetzt  Embrun,  das  nachher  Diocletian 
zu  den  Alpes  maritimae  schlug),  die  Alpes  Graiae,  die  Alpes  Atredianae 
(östlich  der  vorigen),  die  Alpes  Poeninae,  woran  die  von  „VcdUs*'  (d.  i. 
Kanton  Wallis)  sich  anschloss.  Analoge  Institutionen,  in  Anlehnung  an 
die  örtlichen  Verhältnisse,  finden  wir  bei  den  Norikem,  Raetem  u.  s.  w. ') 
Die  „praefecti"  waren  entweder  Häuptlinge  enchorischen  Ursprungs 
oder  von  der  römischen  Regierung  hieher  gesetzte  Männer  ritterlichen 
Ranges. 

Bei  den  Salassi  war  Augusta  Praetoria  (jetzt  Aosta)  als  römisches 
Zentrum  begründet  worden ;  bei  den  Lepontii  am  Fusse  des  Simplen  und 
am  oberen  Tessin,  deren  Name  in  der  val  Leventina  erhalten  ist,  nennt 
Ptolemäus  als  Hauptort  Oscela  (das  heutige  Domo  d'Ossola).  Die  übrigen 
Stämme  in  den  nach  Süden  sich  öffnenden  Alpenthälern  waren  ganz  oder 
(während  der  übrige  ager  kaiserl.  Domanialgut  ward)  zum  Teil  als  Pere- 
grinen  beziehungsweise  Latini  den  nächstgelegenen  Munizipien  «attri- 
buiert*;  so  die  Bergalei  (in  Val  Pregaglia)  an  Comum,  die  Trumplini 
(in  Val  Trompia),  die  Camunni  (in  Val  Camonica,  aber  auch  darüber 
hinaus  im  Veltlin),  ferner  die  Sabin i  (in  Val  Sabbia)  an  Brixia,  die 
Anauni  (in  Val  di  Non,  zu  deutsch  „Nonsberg''),  Sinduni,  Tulliasses 
an  Tridentum.  Im  Osten  war  Julium  Carnicum  der  Mittelpunkt  der 
Italien  und  Noricum  verbindenden  Thal  er,  Emona  der  nach  Pannonien 
führenden.  An  Tergeste  waren  die  Carni  und  Catali  attribuiert. 
Auf  dieser  Seite  erfuhr  Italien  später  (unter  Hadrian)  noch  eine  Er- 
weiterung bis  nach  Siscia  hin;  Emona  wird  seitdem  als  (für  aus  Pannonien 
Kommende)  erste  in  Italien  gelegene  Stadt  aufgeführt. 

Ueber  die  Pfisse  und  die  Alpensprengel  vgl.  Corp,  inscript,  Latinar,  Bd.  V  1  und  2.  Gute 
Uebersicht  von  Dbtlbfsbn  in  Bubbians  Jahresber.  1877  S.  291  ff.  über  Tb.  2.  Die  Tribusver- 
hältnisse  bebandelt  Eubitschsk,  De  Rom,  trihuum  origine  ae  propagaiione,  mit  Beilegung 
einer  Karte:  Italic^  regiones  X  et  XI  et  Delmatiae  ora  tributim  df scriptae.  —  Neuerdings 
hat  die  „r.  dep%üazione  veneta  di  storia  patria*'  sich  das  Ziel  gesetzt,  die  Topographie  ihres 
Gebietes  in  römischer  Zeit  genauer  zu  studieren  ^articolarmente  la  vera  posizione  della 
tia  Postutnia  e  Claudia  AUinate".    Ebenso  den  Lauf  der  f>ia  Popüia.    Vgl.  Niwvo  Archivio 


1)  Darauf  bezieht  sich  Strabos  Aeusse- 
rnng  IV,  6,  4  (bei  Erwfthnung  der  „Alpes 
marüitnae*'):  ini  di  tovs  oQSiyovg  nifAnetai 
TK  vnagx^  ^<^^  InnixtSy  avSQüiy,  xa&dneQ 
xal  in*  aXXovs  r<oy  reXimg  ßa^ßagtoy. 
Die  Grenzen  dieser  Sprengel  wechselten 
wiederholt.  Die  Gemeinden  der  Alpes  Cot- 
tiae verzeichnet  der  dem  Augustns  zu  Se- 
gosio  (Susa)  errichtete  Ehrenbogen  (Corp.  V 
72S1).  Die  auf  dem  „iropaeum  Alpium'* 
zuletzt  anfgefOhrten  22  Gemeinden  gehören 
den  Seealpen  an.  Die  vier  citfitcUes  der 
vaUis  Poenina  (Hauptort  Octodumm,  jetzt 
Martigny)  erscheinen  erst  mit  dem  raetischen 
Ifandhnoh  der  klia.  AlteriumswiMenicbaft.    III,  8. 


Provinzialsprengel,  später  mit  dem  graischen 
kombiniert  —  Die  Atrectianischen  Alpen 
sind  nach  Moucsbn  identisch  mit  den  Gra- 
ischen oder  Ceutronischen,  welch  letzteren 
Namen,  der  von  dem  Stamme  der  Ceutrones 
geschöpft  ist,  Plinius  kennt  (Hauptort  Axima, 
jetzt  Aizme  in  der  Tarantaise,  später  daneben 
Darantasia,  jetzt  Moutiers).  Im  4.  Jahrhundert 
wurden  diese  transalpinischen  Gegenden  zur 
Dioecesis  Galliarum  geschlagen.  Die  Cotti- 
Bchen  Alpen  hatten  den  Namen  von  Cottius, 
wie  der  dortige  StammftLrst  hiess,  die  Atrec- 
tianischen vielleicht  ähnlich  von  einem 
Atrectius. 
2.  Aufl^  0 


66  A.  Geographie  Ton  Italien  nnd  dem  Orbia  Romanas. 

Veneto  1894  p.  476.  Auf  dem  dritten  italienischen  HistorikerkongresB  1885  schlag  dieselbe 
Deputation  vor  „studiare  l'uniforme  compilazione  di  un  lavoro  suila  topografia  deü*  Italia 
cUl'  epoca  Romana**  \  cf.  Ärchivio  deJla  soe,  Romana  YIII  p.  605.  —  Nissen,  Ital.  Landes- 
kunde I  S.  136  ff.:  Die  Alpen;  S.  174  ff.:  Das  Poland.  Der  Po  und  sein  Wassergebiet  waren 
den  alten  Geographen  sein:  wohl  bekannt.  Er  nimmt  seinen  Ursprung  am  Mons  Yesulus 
(M.  Viso),  fliesse  aber  eine  Zeitlang  unterirdisch,  so  dass  er  bei  Forum  Yibium  gleichsam 
nochmals  entspringe  (Plin.).  Als  Nebenflüsse  des  Po  von  der  Appenninenseite  sind  bei  Plin. 
genannt  der  Jactus,  Tanarus  (Tanaro),  Trebia  (bei  Placentia),  Tams  (Taro),  Incia  (jetzt 
Enza),  Gabellus  oder  Secia  (jetzt  Secchia),  Scultenna  (jetzt  Panaro,  am  Oberlaufe  noch  der 
alte  Name),  Rhenus  (jetzt  Keno).  Von  der  Alpenseite:  Stura,  Orgus  (Orco),  zwei  Duria 
(Dora  Riparia  und  Baltea),  Sesites  (Sesia),  Ticinus  (Ticino),  Lambrus  (Lambro),  Addua  (Adda), 
Ollius  (Oglio),  Mincius  (Mincio).  Manche  Flussläufe  haben  seit  dem  Altertum  Aenderungen 
erlitten,  wie  ja  der  Po  selbst.  —  Ueber  die  tribus  Pollia  und  die  römische  Namengebung 
im  -a^er  Gallicua*'  vergl.  Borxann  in  ArchftoL-epigr.  Mitteil,  aus  Oesterreich  X,  227  f.  — 
D.  Dbtlbfsen,  Das  Pomerium  Roms  und  die  Grenzen  Italiens,  in  .Hermes'  XXI  8.  497  bis 
562.  —  Q.  F.  Ungbb,  Der  Eridanus  in  Yenetien  (Abhandlungen  der  kgl.  bayerischen  Aka- 
demie der  Wissenschaften,  philos.-philol.  u.  histor.  Klasse  1879,  Bd.  II,  2,  261—304)  führt 
aus,  dass  der  Name  des  Eridanus  ursprünglich  dem  heutigen  Bacchiglione  zukam,  der  spftter 
Meduacus  minor  genannt  wurde;  erhalten  ist  der  Name  in  dem  des  Flüsschens  Retrone, 
das  bei  Yicenza  in  den  BacchigUone  fällt.  Die  Identifizierung  des  Eridanus  mit  dem  Po 
hat  erst  durch  die  alexandrinischen  Dichter  (Apollonius  von  Rihodus)  Yerbreitnng  gefunden 
(vgl.  H.  Bbboeb,  Gesch.  d.  wissenschaftl.  Erdk.  der  Griechen  I,  29  f.).  —  v.  Gzoernio,  Ueber 
die  in  der  Grafschaft  Görz  seit  Römerzeiten  vorgekonmienen  Yerftnderungen  der  FlussUlufe. 
Der  Isonzo,  der  jüngste  Fluss  Europas.  Mitteil,  der  k.  k.  geograph.  Gesellschaft  in  Wien, 
Bd.  XIX,  S.  49 — 54.  In  den  alten  Beschreibungen  der  Gegend  von  Aquileia,  in  der  z.  B.  Plin. 
3,  126  f.  jedes  Eüstenflüsschen  nennt,  kommt  der  Isonzo  nicht  vor,  dafür  wird  der  Timavus 
von  Geographen,  Historikern  und  Dichtem  als  mächtiger,  bis  zu  seinen  sieben  oder  neun 
Quellen  schiffbarer  Strom  geschildert,  während  er  heute  nur  ein  paar  unbedeutende  Quellen 
hat.  Der  Yerfasser  webt  nach,  wie  durch  Naturereignisse  solche  Yeränderungen  herbeige- 
führt worden  sind.  Ygl.  jedoch  Nissen  a.  a.  0.  S.  196  A.  2:  der  pons  Soniii  wird  schon 
235  n.  Chr.  erwähnt  Corp.  i.  Lat,  Y  p.  75,  935  und  damit  sind  alle  Hvpothesen  über  die 
späte  Entstehung  des  Flusses  u.  s  w.  ninfällig.  Wenn  er  von  Plinius  nicht  erwähnt  wird,  so 
deutet  dies  darauf  hin,  dass  ihm  ein  Hafen  fehlte.  —  Andere  Flüsse:  Meduacus  (jetzt  Brenta), 
Plavis  (Piave),  Liquentia  (Livenza),  Tiliaventus  (Tagliamento),  Natiso  (Natisone). 

Ueber  die  Kondition  der  cisalpinen  Landschaft  und  ihre  auch  nach  42  v.  Chr. 
noch  länger  bewahrte  Sonderstellung  vgl.  man  (neben  Mabquardt,  Staatsverw.  P,  S.  61  ff.) 
bes.:  MomcsEK,  Edikt  des  Kaisers  Claudius  über  das  röm.  Bürgerrecht  der  Anauner  vom 
Jahre  46  n.  Chr.  In  «Hermes"  lY  S.  99 — 120.  Ders.,  Ein  zweites  Bruchstück  des  rubri- 
schen Gesetzes,  in  «Hermes*  XYI  S.  24—41.  Ders.  in  I^hem,  epigr,  YH  p.  397  f.  —  Ders., 
Die  zwei  Schlachten  von  Betriacum  im  Jahre  69  n.  Chr.,  in  «Heimes'^  Y  S.  161  ff.  Betria- 
cum,  beim  heutigen  Calvatone  unweit  der  Mündung  des  Chiese  in  den  Oglio,  lag  22  Mig- 
lien  von  Cremona  an  der  nach  Mantua  führenden  via  Fostumia,  Auf  dem  Schlachtfelde 
bei  Cremona  ist  der  Schriftenkasten  der  leg,  IV  Macedoniea  im  Jahre  69  verloren  und 
neuerdings  gefunden  worden.  Ygl.  Notizie  degli  acavi  1887  und  Mokicsen  im  Korrespondenzbl. 
der  westd.  Zeitschr.  1888  S.  55.  —  Y.  Db-Yit,  77  Lago  Maggiore,  Stresa  e  le  isole  Bor- 
romee,  Yol.  I,  Prato  1877.  Gründliche  Untersuchung  über  die  alte  Geographie  dieser 
Gegenden  mit  erfolgreicher  Heranziehung  der  mittelalterlichen  Quellen.  Ygl.  Dbtlbfsbn 
in  „Hermes"  XXI  S.  543.  Hiezu  J.  Juno  in  den  „Wiener  Studien*  XÜ  (1890)  S.  98  ff.  — 
Ueber  die  Alpenstrassen  s.  den  Artikel  „Alpes*  im  Dizionario  epigrafico  und  in  der  neuen 
Auflage  von  Paulys  Realencyklopädie  (von  Pabtsoh). 

Ueber  die  westlichen  Alpenpässe:  H.  L.  Wiokhah  and  J.  A.  Craxbr,  ä  disser» 
tation  on  the  passage  of  Hannihal  over  the  Alps,  2.  edition,  London  1828  (vgl.  Moucsbk, 
Rom.  Gesch.  P,  583).  Corp.  inacript,  Latinar,  Y,  2  c.  LXXfX.  LXXX.  Hiezu  Dbtlefsen  in 
BüBsiAKS  Jahresber.  1877  p.  296.  Nissen  a.  a.  0.  S.  155  f.  — -  F.  Yallbntik,  Les  Alpes 
Cottiennes  et  Grates,  Paris  1884.  Besprochen  von  F.  Bebgee  in  v.  Stbbls  Hist.  Zeitschr. 
N.  f.  XYH  p.  HO  ff.  —  F.  Bbboeb,  Die  Heerstrassen  des  rOmischen  Reiches  (Berlin  1882 
und  1883.  Programmabhandlungen  der  Luisenstädtischen  Gewerbeschule).  Ygl.  I,  S.  20  be- 
züglich der  Strasse  über  den  Kl.  Bernhard.  Der  Pass,  den  Hannihal  benützte,  war  schon 
im  Altertum  kontrovers.  „Für  den  grossen  Bernhard  entschied  sich  die  vulgäre  Tradition 
der  späteren  Republik,  für  den  kleinen  Bernhard  Coelius  Antipater  (um  120  v.  Chr.),  für 
den  Mont  Gendvre  Livius.  Der  älteste  und  kompetenteste  Zeuge  Polybius  denkt  an  den 
Mont  Cenis"  (Nissen).  Yon  den  Neueren  erklärten  sich  die  englischen  Forscher  (auch 
Mokiisen)  für  den  kleinen  Bernhard,  C.  Neumann  (Das  Zeitalter  der  punischen  Kriege, 
Breslau  1883,  S.  294)  für  den  Mont  Gendvre,  ebenso  die  Franzosen  (YaJlentin)  und  Italiener 


Litauen.    (§28.)  67 

(C.  Promis),  Nissnr  fOr  den  MontCenis;  da  der  erste  Offensivstoss  der  Karthager  die  Tau- 
riner  traf,  die  anzugreifen  für  eine  aus  dem  Thal  von  Aosta  debouchierende  Armee  kaum 
einen  Sinn  gehabt  hfttte. 

üeber  die  filteren  ethnographischen  und  kulturellen  Yerhftltnisse  der 
oberitalischen  Landschaften  vgl.  man:  W.  Hblbig,  Die  Italiker  in  der  Poebene,  Bei- 
träge mr  altitalischen  Kultur-  und  Kunstgeschichte  I,  Leipzig  1879.  Mit  einer  , Karte  der 
oberitalischen  Pfahldörfer'.  —  Th.  Moiimsbn,  Die  nordetruskischen  Alphabete,  mit  Münzen 
und  Inschriften,  Mitteil,  der  antiqu.  Ges.  in  Zürich,  Bd.  YIE  (1853).  —  C.  Pauli,  Die  In- 
schriften des  nordetruskischen  Alphabets;  mit  sieben  lithographischen  Tafeln,  Leipzig  1885. 
—  P.  Obsi,  La  tapografia  del  Trentino  aW  epoca  ramana,  Rovereto  1880.  Die  Sh'assen, 
die  Pfisse,  die  Th&ler  ortskundig  behandelnd.  A.  B.  Mbyeb,  Gurina  im  Obergailthal  (Kfimten). 
Ergebnisse  der  im  Auftrage  der  anthropologischen  Gesellschaft  zu  Wien  im  Jahre  1884 
vorgenommenen  Ausgrabungen.  Mit  14  Tafeln  in  Lichtdruck,  Dresden  1885.  —  F.  Stolz, 
Die  Urbevölkerung  Tirols.  Ein  Beitrag  zur  Palftoethnologie  von  Tirol,  2.  Aufl.,  Innsbruck 
1892.  F.  V.  WiESBB,  Das  Grabfeld  von  Welzelach  (Beiträge  zur  AnÜiropologie,  Ethnologie 
und  Urgeschichte  von  Tirol,  Innsbr.  1894).  —  H.  Maionica,  Fundkarte  von  Aquileia.  In  den 
«Xenia  Austriaca"  zu  Ehren  der  Wiener  Philologenversammlung  (1893)  I  S.  275  ff.  Ueber 
die  östlichen  aus  niyricum  nach  Italien  fahrenden  Pässe  vergl.  A.  Müllner,  Emona  (Lai- 
bach 1878). 

D.  Die  Inseln. 

28.  Sizilien^  Sardinien  und  Gorsika.  Nach  dem  siegreichen  Aus- 
gange des  Kampfes  um  Sizilien  benützten  die  Römer  den  Aufstand  der 
karthagischen  Söldner,  um  auch  Sardinien  (und  Corsica)  in  ihre  Gewalt 
zu  bringen.  Sizilien  und  Sardinien  erlangten  für  die  Yerproviantierung 
Roms  und  Italiens  bald  die  grösste  Bedeutung.  Doch  wurden  diese  Inseln 
nicht  als  zu  Italien  gehörig  angesehen,  sondern  als  „provinciae''  konsti- 
tuiert, wobei  die  bisherigen  Einrichtungen  möglichst  beibehalten  wurden. 
Der  sizilische  Sprengel  z.  B.  zerfiel  nachher  in  die  früher  punische  Hälfte 
mit  Lilybaeum,  und  die  syrakusanische  mit  Syrakus  als  Hauptstadt. 
Obwohl  nur  einen  Statthalter,  so  gab  es  doch  zwei  Quästoren  für  diese  Pro- 
vinz. Messana  blieb  eine  „civitas  foederata^ ^  wo  man  die  oskische  Sprache 
gebrauchte.  Im  allgemeinen  wurden  von  den  Römern  68  Eommunalver-^ 
bände  mit  verschiedener  Berechtigung  als  solche  anerkannt.  Von  diesen 
war  im  Binnenlande  die  bedeutendste  Centuripae.  Auch  Panormus, 
das  heutige  Palermo,  tritt  schon  hervor.  —  Die  Sizilien  im  Nordosten 
und  im  Westen  flankierenden  Inselgruppen  der  «Aeoliae*^  (mit  Lipara 
als  Mittelpunkt)  und  der  «Aegates*"  spielten  in  der  Geschichte  eine  Rolle, 
erstere  als  griechische,  früh  den  Römern  verbündete  Ansiedlung  mit  krie- 
gerisch-kommunistischer Verfassung,  letztere  als  punisches  Bollwerk,  da- 
her hier  durch  eine  Seeschlacht  der  erste  punische  Krieg  entschieden 
wurde. 

Erst  unter  Julius  Caesar,  der  den  sizilischen  Städten  das  latinische 
Recht  verlieh,  begann  der  Assimilierungsprozess  auf  Sizilien.  M.  An- 
tonius gab  ihnen  gemäss  der  „acta  Caesaris"  die  Civitaet.  Es  folgte  die 
Seeherrschaft  des  Sex.  Pompeius,  die  sich  auf  Sizilien  und  Sardinien 
stützte  und  tiefer  gehende  Spuren  hinterlassen  hat.  Von  hier  aus  wurden 
die  Küsten  ünteritaliens  angegriffen,  gegen  Afrika  eine  Verteidigungs- 
steUung  eingenommen  und  zu  diesem  Behufe  Lilybaeum  neu  in  Stand  ge- 
setzt; Sex.  Pompeius  hat  aber  auch  Sizilien  wirtschaftlich  herunterge- 
bracht, weil  er  die  Sklaven  in  sein  Heer  und  die  Flotte  einreihte.    Nach 


68  A.  Geographie  Ton  Italien  nnd  dem  Orbis  Bomanns. 

«einer  Besiegung  führte  Caesar  Octavianus  7  Militärkolonien  hieher,  unter 
anderen  nach  Syrakus,  Lilybaeum,  Panormus.  Zum  sizilisehen  Provinzial- 
sprengel  gehörten  auch  die  Inseln  Melite  (heute  Malta)  und  Gaudos 
oder  Qaulos  (Öozzo).  Diese  gravitierten,  wie  auch  Kossyra,  jetzt  Pan- 
tellaria,  zur  Zeit  der  karthagischen  Seeherrschaft  nach  Afrika,  seit  dem 
Anfang  des  zweiten  punischen  Krieges  nach  Italien,  resp.  Sizilien.  Phöni- 
zische,  griechische,  lateinische  Eulturelemente  mischten  sich  hier;  die 
Vororte  der  Inseln  erhielten  das  römische  Munizipalrecht.  Die  Übergänge 
zeigen  sich  auch  auf  den  Münzen  (mit  phönizischen,  griechischen,  lateini- 
schen Aufschriften) ;  während  die  Sprache  der  Malteser  ein  Zweig  der  äl- 
testen Gruppe  der  semitischen  Sprachen  gewesen  und  geblieben  ist.  — 
Sardinien  und  Corsica  hatten  in  der  Eaiserzeit  eine  Ausnahmestellung: 
ihre  Verwaltung  wechselte  wiederholt  zwischen  Kaiser  und  Senat;  sie 
dienten  als  Deportationsorte;  sie  hatten  eine  Garnison,  die  teils  aus  Ein- 
geborenen (resp.  auch  aus  Ligurem)  bestand,  teils  aus  Elementen,  die 
man  los  sein  wollte  (unter  K.  Tiberius  z.  B.  Juden  aus  Rom).  Das  Klima 
Sardiniens  galt  für  sehr  ungesund.  Hingegen  muss  der  Reichtum  an 
Mineralien  schon  im  Altertum  Anziehung  ausgeübt  haben. 

Die  wichtigsten  Punkte  auf  Sardinien  waren  die  nach  Süden  sich 
öffnenden  Hafenstädte  Caralis  oder  Garales  (jetzt  Cagliari),  von  den 
Phöniziern  angelegt,  später  römische  Provinzialhauptstadt,  und  Sulci  auf 
der  im  Südwesten  wie  eine  Halbinsel  vorliegenden  Insel;  in  der  Nähe 
Bitia  und  Nora.  Femer  Turris  Libisonis  (jetzt  Porto  Torres),  das 
mit  Caralis  durch  eine  Strasse  verbunden  war.  Im  Binnenlande,  das  erst 
im  Laufe  der  Kaiserzeit  zugänglicher  wurde,  lag  am  Fluss  Thyrsus  Fo- 
rum Traiani  (beim  heutigen  Fordungianus).  Cornus,  Othoca  und 
Tharros;  die  Gräber  bei  letzterem  sind  die  reichste  Fundgrube  von  sar- 
dinischen Altertümern.  Die  Namen  von  Neapolis  und  Olbia  (bei  Terra- 
nova,  die  alten  Stadtmauern  sind  noch  auf  weite  Strecken  hin  zu  ver- 
folgen ;  von  hier  eine  Strasse  nach  Caralis)  deuten  auf  griechische  Koloni- 
sation hin,  ehe  die  Karthager  dominierten  und  weitere  Ansiedlungsver- 
suche  der  Griechen  (6.  und  5.  Jahrhundert  v.  Chr.)  vereitelten.  Auch  die 
bilinguen  und  trilinguen  (d.  i.  punisch,  griechisch,  lateinisch  abgefassten) 
Inschriften,  die  auf  Sardinien  gefunden  sind,  zeigen,  wie  hier  drei  Kultur- 
kreise sich  kreuzten.  Aus  der  phönizischen  Zeit  stammen  zahlreiche 
kleine  fratzenhafte  Götterbilder  von  Bronze.  In  noch  früherer  Zeit  waren 
auch  die  Etrusker  hier.  —  Überdies  erhielten  sich  neben  den  städtischen 
Ansiedlungen  der  Fremden  die  barbarischen  Gemeinden  der  Einheimi- 
schen, die  wiederholt  rebellierten.  Im  Jahre  111  v.  Chr.  triumphierte  M.  Me- 
tellus  „ex  Sardinia",  nachdem  er  die  Verhältnisse  der  Insel  neu  geordnet 
hatte;  die  Feststellung  der  Grenzen  zwischen  den  beiden  benachbarten 
Gemeinden  der  Patulcenser  und  der  Gallilenser  (wie  es  scheint,  im 
südöstlichen  Teile  der  Insel)  geht  auf  ihn  zurück.  Als  unter  K.  Nero 
ein  Grenzstreit  ausbrach,  wurde  auf  diese  Entscheidung  des  Metellus  re- 
kurriert. -—  Später  machten  die  „civitates  Barbariae"  und  die  Barbari- 
ciani  von  sich  reden,  welch'  letztere  aus  Afrika  von  den  Vandalen  ver- 
trieben auf  den  Bergen  bei  Caralis  sich  festgesetzt  hatten.    Die  ersteren 


1.  ItaUen.    (§  28.)  69 

hatten  das  Bergland  Sardiniens,  dessen  Mittelpunkt  das  heutige  Nuoro 
ist,  inne. 

Ähnliche  Verhältnisse  walteten  auf  Corsika  ob,  das  für  die  Seevölker 
zudem  wegen  seines  Waldreichtums  grosse  Bedeutung  hatte.  Die  Fest- 
setzung der  lonier  von  Phocaea  bei  Alalia  (in  römischer  Zeit  Aleria) 
wurde,  wie  Herod.  I,  165  ff.  berichtet,  im  Jahre  537  v.  Chr.  durch  die 
vereinigte  Macht  der  Etrusker  und  Karthager  zu  nichte  gemacht.  Cor- 
sika blieb  in  den  Händen  der  Etrusker,  wie  Sardinien  in  denen  der  Kar- 
thager. Erst  kurz  vor  dem  Ausbruch  der  punisch-römischen  Kriege 
setzten  sich  die  Karthager  auf  Corsika  fest,  von  wo  sie  im  Jahre  259 
V.  Chr.  von  den  Römern  vertrieben  wurden.  —  Aleria  ist  in  der  bekannten 
Grabschrift  des  L.  Cornelius  Scipio,  Cos.  259  v.  Chr.,  erwähnt;  durch  Sulla 
wurde  es  Kolonie.  Unter  römischer  Herrschaft  bildete  Corsika  bis  auf  K. 
Nero  einen  Teil  der  Provinz  Sardinien;  seit  Nero  unterstand  es  einem 
eigenen  procurator  Augusti.  —  Ausser  Aleria  wurde  an  der  Ostküste 
Mariana  (nach  C.  Marius  genannt)  als  Kolonie  konstituiert.  —  Von  pere- 
grinen  Gemeinden  kennen  wir  die  Yanacini,  die  an  das  Gebiet  von  Ma- 
riana angrenzten.  —  Wie  auf  Sardinien,  so  war  auch  auf  Corsica  in  der 
Kaiserzeit  eine  Abteilung  der  misenatischen  Flotte  stationiert.  Der  beste 
Hafen  im  Osten  war  der  portus  Syracusanus,  heute  Golfo  di  Porto 
vecchio. 

Unter  Diodetian  wurden  die  drei  grossen  Inseln  zu  dem  erweiterten 
Italien  gezählt,  doch  hat  schon  im  fünften  Jahrhundert  die  geschichtliche 
Entwicklung  derselben  wieder  eigene  Wege  eingeschlagen.  Erst  erneuerten 
die  Vandalen  von  Afrika  aus  die  karthagische  Seeherrschaft,  dann  kamen 
die  Byzantiner,  die  Sardinien  und  Corsika  von  Afrika  aus  regierten,  die 
Araber,  die  Sizilien  losrissen,  nachdem  die  Byzantiner  es  unter  einen 
eigenen  „Prätor*  gestellt  hatten;  dann  die  Normannen,  die  Sizilien  und 
Unteritalien  unter  ihrer  Herrschaft  vereinigten;  im  späteren  Mittelalter 
das  Übergewicht  der  spanischen  Halbinsel,  das  sich  auch  auf  Sardinien 
und  Sizilien  erstreckte.  —  Und  gegenwärtig  ist  die  maritime  Deckung 
dieser  Inseln  eine  der  Hauptsorgen  des  italienischen  Einheitsstaates,  der 
im  Mittelmeer  nicht  der  herrschende  ist.  —  Die  Ostküste  von  Corsika  ist 
seit  dem  Mittelalter  versumpft  und  verödet,  eine  Beute  der  Malaria. 

Cluvbbius,  Sicüia  et  Sardinia  antiqua  (1619).  Yergl.  Mokicsen  in  «Hermes*  XV 
S.  297  f.  —  Corp,  inscript.  Latinar.  Bd.  X,  2  p.  714—776:  provincia  Sicüia;  p.  777—840: 
propineia  Sardinia;  p.  838:  Corsica  insula.  Mit  Karten,  tab.  IV:  Sizilia  (Karton:  Melita 
und  Graulos);  tab.  V:  Sardinia,  Corsica.  —  Die  Additamenta  zu  Corp.  X  in  Ephem.  epigr, 
Yin  p.  166  ff.,  wo  namentUch  viele  neugefundene  Meilensteine  aus  Sardinien.  —  Üeber 
die  Yerhftltnisse  Siziliens  zur  Zeit  des  Cicero  und  in  der  Kaiserzeit  (Plinius)  vgl.  Marquardt, 
Rom.  Staatsverwaltung  PS.  244  ff.  J.  Klein,  Die  Yerwaltungsbeamten  der  Provinzen  des 
römischen  Reiches  I  (Bonn  1878).  —  Der  Ort  Triocala  oder  Tricala,  durch  die  Belage- 
rang im  zweiten  Sklavenkiiege  102  v.  Chr.  berühmt,  If^  südlich  von  Caltabellotta  (östlich 
von  Selinunt)  auf  der  Bergspitze,  die  jetzt  die  Kirche  von  S.  Maria  a  monte  Yerglne  ein- 
nimmt. Es  war  in  spfttrömischer  Zeit  Bischofsitz.  —  Ag^rion,  der  Geburtsort  des  Diodor, 
auch  von  Cicero  in  den  Yerrinen  erwähnt,  im  Innern  Siziliens,  an  der  Strasse  von  Enna  nach 
Catana,  bei  S.  Filippo  d'  Argirö,  jetzt  Agira  genannt.  Centuripae  liegt  steil  über  dem  Thal 
des  Simeto  bei  Centorbi,  das  neuerdings  auch  wieder  Centuripe  genannt  wird.  Im  übrigen  s. 
Hellen.  Landeskunde.  Ueber  Sardinien  vgl.  Momiisen,  Dekret  des  Prokonsuls  von  Sardinien  L. 
Helvios  Agrippa  vom  Jahre  66  n.  Chr.,  .Hermes"  H  S.  102  ff.  Corp.  X  zu  n.  7852.  —  A.  Dblla 
Mabxoba,  Voyage  de  Sardaigne,  Bd.  2:  antiquUSs,  Turin  1840.  —  G.  Spano,  Memoria  sopra 


70 


A.  Geographie  von  liftlien  und  dem  Orbia  Bomaniui. 


i  Nuraghi  di  Sardegna,  GagWi  1867.  Die  „Nuraghi^  .(sardisch  för  muraglie,  murazziy 
d.  i.  Mauern)  sind  altertümliche  Baudenkmäler  wahrscheinlich  sepulkraler  Bestinunung,  wie 
sie  ausserhalb  Sardiniens  nur  noch  auf  den  Balearen  sich  finden.  —  E.  Pais,  Due  questUmi 
relative  aUa  geografia  antica  della  Sardegna,  Torino  1878.  —  Derselbe,  La  Sardegna  prima 
del  dominio  romano,  Roma  1881  (Abhandl.  der  Aec.  dei  Lineei  CCLXXVIII).  —  Derselbe, 
Storia  della  Sicilia  e  della  magna  Grecia  (Torino  e  Palermo  1894).  —  E.  Esp^randiku,  In- 
scriptions  antigues  de  la  Chrse,  Bastia  1893.  Vgl.  die  Besprechung  von  F.  Hauo  in  der 
Bert.  phiL  Wochenschr.  1894  S.  1292  ff.  In  den  Briefen  Gregors  d.  Gr.  erscheinen  neben 
Aleria  auch  Saona  u.  a.  Orte  als  Blschofsiize.  —  Albebt  Mayb,  Die  antiken  Mttnzen  der 
Inseln  Malta,  Gozzo  und  Pantellaria.  Programm  des  E.  Wilhelm-Gymnasiums  in  MQnchen 
1894.  (Yorarbeit  zu  einer  Geschichte  der  maltesischen  Inselgruppe.)  —  Pöhlmann,  Gesch.  des 
antiken  Kommunismus  und  Sozialismus  (München  1893)  benandelt  auch  S.  46—52  den 
«griechischen  Eommunistenstaat  auf  Lipara*^.  Die  Römer  führten  eine  Kolonie  her;  Diodor 
kannte  die  Insel  genau,  da  er  die  hiesigen  Thermen  benutzte.  —  Ueber  die  Verwendung  der 
meisten  dieser  Inseln  als  Deportationsorte  vgl.  die  Zusanmienstellung  von  L.  M.  HABTHAim,  De 
exüio  apud  Romanos,  Dissert.  Berol.  1887.  —  Nissen,  Italische  Landeskunde  I S.  344—371 :  Die 
Inseln ;  S.  353  ff.:  Sardinien ;  S.  362  ff.:  Gorsica;  S.  366  ff.:  Kleinere  Inseln.  —  Ueber  die  Ortsnamen 
auf  Sizilien  am  Ausgang  der  römischen  Periode  vgl.  Holm  in  Bubsianb  Jahresber.  1874  bis 
1875  (in  der  Besprechung  von  Flbghias  Nomi  locali  del  Neapolitano)  S.  83  f.  Es  war  auch 
auf  Sizilien  die  ^ahl  der  Namen  auf  -anus  nach  Angabe  der  Itinerarien  und  der  Briefe 
Gregors  d.  Gr.  keineswegs  gering,  da  eben  die  BesitzverhAltnisse  hier  denselben  Gang  durch- 
gemacht hatten,  wie  in  Itidien.  Erst  die  Eroberung  durch  die  Araber  hat  diese  Entwicke- 
lung  unterbrochen.  —  Die  Annona  der  Stadt  Rom  hing  am  Ausgange  der  Kaiserzeit  wieder 
von  Sizilien  ab,  wie  die  Briefe  P.  Gregors  d.  Gr.  erweisen.  Vgl.  MomsEN  in  der  Zeitschr.  f. 
Sozial-  und  Wirtschaftsgesch.  I  (1893)  S.  51  f.  56.  Das  sizilische  Kirchengut  (ecclesiae  Ro- 
manae)  scheint  in  400  Konduktorenbezirke  eingeteilt  gewesen  zu  sein.  Papst  Gregor  gab 
die  bisher  durch  Hirtenwirtschaft  betriebene  Pferdezucht  auf. 


2.  Afrika. 

29.  Einleitung.  Das  Land  im  Westen  von  Ägypten  wurde  von  den 
Ägyptern  nach  einem  dem  Nilthal  zunächst  sitzenden  Stamme,  den  Liuäta, 
als  Libu  bezeichnet,  welcher  Name  von  den  Griechen,  speziell  der  Cyre- 
naica,  als  Libyen  beibehalten  und  alsbald  auf  das  ganze  Hinterland  im 
Westen  von  Ägypten  erstreckt  wurde. 

Die  Italiker  gebrauchten  die  Bezeichnung  Afrika  für  den  im  engeren 
Sinne  sogenannten  Küstenstrich,  der  ihnen  zuerst  bekannt  wurde  und  in 
den  Handelsverträgen  näher  präzisiert  wird;  wie  denn  auch  gegenwärtig 
noch  (nach  Tissot)  ein  Teil  der  Regentschaft  Tunis  den  Namen  Frikia 
oder  Ifrikia  speziell  führt. 

Diese  Küste  fiel  ins  phönikische  Kolonisationsgebiet  und  wurde  ins- 
besondere von  den  Karthagern  zu  Lande  und  zur  See  erforscht.  Es  er- 
folgte, nachdem  im  Jahre  600  v.  Chr.  die  Phöniker  auf  Befehl  des  ägyp- 
tischen Königs  Necho  die  Umschiffung  Afrikas  vollführt  hatten  (vgl. 
Herodot.  IV,  42),  um  das  Jahr  510  v.  Chr.  die  Expedition  des  karthagischen 
Admirals  Hanno  nach  der  Westküste  Afrikas  bis  jenseits  des  Krokodil- 
fiusses,  d.  i.  des  Senegal.  Sein  Bericht  ist  uns  in  griechischer  Übersetzung 
erhalten.*) 

Von  den  Griechen  gaben  die  ersten  geographischen  Auseinander- 
setzungen über  Afirika  (Hecataeus  und)  Herodot  IV,  168  ff.,  welcher  letztere 


nXovq  ttuy  vniQ  tds  'HgaxXäovg  atijXas  M^v- 
TtiSy  xrjg  yrjg  fjiBQtSy  x.  r.  A.  Bei  C.  Müller, 
Geographi  graeci  minores  Bd.  I  (Paris  1855) 


p.  1—14.  Vgl.  C.  Th.  Fischer,  Untersuchungen 
auf  dem  Gebiete  der  alten  Lftnder-  und 
Völkerkunde,  1.  Heft:  De  Hannonis  Cartha- 
giniensis  periplo,  Leipzig  1893. 


2.  Afrika.    (§§  29,  30.)  71 

seine  Informationen  in  der  Cyrenaica  einholte.  Vgl.  R.  Neumani^,  Afrika 
(mit  Ausschluss  des  Nilgebietes)  nach  Herodot  (1893).  Die  Stelle  bei 
Sallust.  b.  Jugurt.  17 — 19  ist  einer  Vorlage  entnommen,  welche  aus  der 
Zeit  der  persischen  Weltherrschaft  stammt.  Wie  hier  so  wurde  auch  noch 
von  den  späteren  Afrikanern  (z.  B.  von  Augustinus)  die  Erde  in  eine  west- 
liche Hälfte  (Europa  und  Afrika)  und  eine  östliche  (Asien)  eingeteilt.  Es 
gab  auch  derartige  kartographische  Darstellungen. 

Die  Periode  der  römischen  Weltherrschaft  leitet  Polybius  ein,  der  den 
letzten  Vemichtungskampf  gegen  Karthago  persönlich  mitgemacht  hat.  In 
des  Livius  Darstellung  der  afrikanischen  Ereignisse  zur  Zeit  der  puni- 
schen  Kriege  treten  mehr  die  römischen  Berichte  hervor,  die  Polybius 
kritisiert.  Die  abweichende  numidische  Tradition  gibt  Appian  in  den  Li- 
byca,  sie  geht  möglicher  Weise  auf  Juba  U  zurück. 

SaUusts  Darstellung  des  Jugurtinischen  Krieges  beruht  vielfach  auf  der 
Kenntnis  von  Land  und  Leuten,  die  er  als  Cäsarischer  Statthalter  von 
Numidien  erproben  konnte.  Wichtiger  ist  die  Beschreibung  des  bellum 
Africanum  durch  einen  der  Cäsarischen  Offiziere;  femer  Vergils  afrikanische 
Studien,  die  in  der  Äneide  verwertet  sind.  Man  vgl.  auch  die  schöne  Schil- 
derung Georgic.  HI,  339—348.  Der  Darstellung  des  Krieges  mit  Tacfarinas 
bei  Tacitus  (Ann.  m,  73  flf.,  IV,  23  ff.,  cf,  Eph.  epigr.  11,  278  ff.)  liegen  die 
amtlichen  Berichte  zu  Gründe. 

Die  Behandlung  Afrikas  beim  Geographen  Ptolemaeus  lässt  sich  mit 
den  Resultaten  der  modernen  geographischen  Forschung  hinsichtlich  der 
astronomischen  Bestimmungen  u.  s.  w.  oft  nicht  in  Einklang  bringen;  daher 
viele  Identifizierungen  bei  Neueren,  die  sich  auf  Ptolemaeus  stützen,  sehr 
unsicherer  Natur  sind  (Urteil  von  Ch.  Tissot).  Es  ist  nemlich  bei  diesem 
Autor  „die  ganze  Provinz  Afrika  falsch  orientiert,  der  wirkliche  Norden 
zum  Westen,  der  wirkliche  Osten  zum  Norden  gemacht"  (Kiepert).  »Der 
ganze  Abschnitt  bei  Ptolemaeus  ist  in  Namen  und  Zahlen  ein  bisher  un- 
entwirrbares Rätsel  und  für  Einzelverwendung  unbrauchbar*  (Mommsen). 

Hingegen  sind  die  Angaben  der  Peutingerschen  Tafel,  soweit  das 
Itinerar  nicht  zerrüttet  überliefert  ist,  sogar  für  die  moderne  Kartographie 
noch  von  Nutzen  (Kiepert). 

Als  Quellen  für  die  Geographie  Afrikas  sind  die  zahlreichen  einheimi- 
schen Autoren  der  römischen  Periode,  Apuleius,  Cyprianus,  Optatus  Mile- 
vitanus,  Augustinus,  Victor  Vitensis,  femer  die  Kriegsberichte  des  sechsten 
Jahrhunderts  bei  Corippus  und  Procopius  zu  nennen.  Wichtig  sind  auch 
die  Verzeichnisse  der  Bischofsitze  in  den  Konzilakten. 

In  den  „Geographi  latini  minores^^  findet  man  Schilderungen  von  Land 
und  Leuten,  nicht  ohne  dass  die  provinzialen  Gegensätze  dabei  sich  be- 
merkbar gemacht  hätten.  „Perfidie''  sagte  man  den  Afrikanern  nicht  bloss 
in  der  Zeit  der  punisch-römischen  Kriege  nach,  sondern  noch  600  Jahre 
später.  Vgl.  die  Expositio  totius  mundi  bei  Riese,  geogr.  lat.  minor,  p.  123. 
Salvianus,  de  gutem,  dei  VU,  57  ff.  Das  Wahrzeichen  Afrikas  auf  Münzen 
und  Denkmälern  war  der  Elephant. 

30.  Qeographische  Qliedening.  Das  nördliche  Afrika  (im  modernen 
Sinne  des  Wortes)  ist  durchzogen  von  den  zwei  parallel  laufenden  Ketten 


72  A.  Geographie  Ton  Italien  nnd  dem  Orbia  Bomanna. 

des  Gebirges,  das  bei  den  alten  Geographen  (Polybius,  Plinius,  Ptolemaeus) 
nur  für  die  in  Mauretanien  liegenden  Strecken  den  Namen  des  Atlas  (des 
, grossen''  und  des  „kleinen'')  geführt  hat,  obwohl  bei  Strabo  die  Einheit 
des  ganzen  Gebirgszuges  von  den  Säulen  des  Herkules  bis  zu  den  Syrten 
erkannt  ist.  Vielmehr  werden  die  einzelnen  weiter  ostwärts  gelegenen 
Erhebungen  des  Gebirges  mit  Spezialnamen  bezeichnet:  Buzara,  Audus, 
Thammes,  Cirna,  Mampsarus,  Mons  Jovis,  Yasaletus,  Giglius,  Thizibi,  Zuc- 
chabbarie.  Bei  Livius  wird  auch  ein  Mons  bellus  genannt,  bei  Victor  Vi- 
tensis  der  Mons  Ziquensis;  der  Aurasius  u.  a.  bei  Procopius  und  Corippus. 
Zwischen  den  beiden  Gebirgsketten  liegt  Kulturland.  Die  südliche  schliesst 
dasselbe  gegen  die  Wüsten  Innerafrikas  ab,  daher  die  Eüstenlandschaft 
auf  den  Verkehr  mit  den  Mittelmeervölkem  angewiesn  ist.  Letztere  bildet 
mit  den  südlichen  Halbinseln  und  Küsten  Europas  eine  in  sich  geschlossene 
geographische  Einheit. 

Da  im  Altertum  sich  die  Geschichte  bis  auf  die  Kaiserzeit  hauptsäch- 
lich im  Becken  des  Mittelmeeres  abspielte,  nahm  „Afrika"  eine  bedeutende, 
zeitweise  eine  dominierende  Stellung  ein.  Die  Träger  derselben  waren  aber 
nicht  die  einheimischen  Stämme,  sondern  die  Kulturvölker,  welche  an  der 
afrikanischen  Küste  sich  festgesetzt  hatten:  Phöniker,  Griechen,  Römer. 

Durch  Querzüge  des  Atlas  ist  Afrika  (im  weiteren  Sinne  des  Wortes, 
wie  er  schon  der  späteren  Kaiserzeit  geläufig  war),  in  mehrere  Landschaften 
gegliedert;  was  auf  die  staatliche  oder  provinzielle  Sonderstellung  und 
Organisation  derselben  von  Einfluss  gewesen  ist. 

Die  Küste  streicht  von  West  nach  Ost  bis  zum  Cap  Bon,  d.  i.  dem 
äxQan:7]Qiov  xahiv  der  punisch-römischen  Verträge,  Promontorium  Mercurii 
der  römischen' Autoren;  hier  nimmt  die  Küste  eine  südliche  Richtung,  in- 
dem sie  die  weite  flache  Einbuchtung  der  sogenannten  Syrten  bildet, 
deren  Untiefen  und  gefährliche  Brandung  im  Altertum  verrufen  waren. 
Durch  diese  Einbuchtung  ist  ein  Teil  der  Küste  gegenüber  Südeuropa,  der 
andere  gegenüber  Asien  geöffnet,  der  Zugang  auch  in  das  Binnenland  hier 
leichter  als  anderswo. 

An  der  nördlichen  Spitze  der  Halbsinsel,  welche  das  westliche  Nord- 
afrika infolge  der  Syrtenbuchtung  bildet,  lag  die  Hauptstadt  Afrikas, 
Karthago.  Nie  wieder  hat  seitdem  die  afrikanische  Küste  ein  solches, 
durch  die  Gunst  einer  unvergleichlichen  geographischen  Lage  dominieren- 
des Zentrum  besessen.  —  Eine  Beschreibung  des  punischen  Karthago  zur 
Zeit  seiner  Zerstörung  ist  bei  Appian,  Libyca  95  und  Orosius  IV,  22  er- 
halten: die  Stadt,  deren  ältestes  Quartier  die  Burg  (Byrsa)  bildete,  lag 
im  Innern  eines  Meerbusens  (sinus  üticensü),  dem  grössten  Teile  nach 
von  dem  tunesischen  See  und  dem  Meere  umschlossen;  durch  einen  25 
Stadien  breiten  Isthmus  vom  Kontinent  getrennt.  Die  beiden  Seehäfen, 
einer  für  die  Kauffahrteischiffe,  der  andere  kleinere  (Kothon)  für  die 
Kriegsschiffe,  lagen  an  einer  ungefähr  300  Fuss  breiten  Landzunge,  welche 
von  dem  Isthmus  westlich  zwischen  dem  Meere  und  dem  See  hin  auslief. 
—  Vgl.  die  Carte  du  Golfe  de  Carthage  bei  Tissot,  g6ogr.  I  p.  164  und 
den  Plan  de  Carthage  dressi  d'aprh  les  levh  de  Falbe  et  de  Daux,  1.  c.  p. 
564.     C.Torr,  les  ports  de  Carthage.  Bhue  archiol.  3,  XXIV  (1894)  p.  34 ff. 


2.  Afrika.    (§  31.)  73 

Ebenda  p.  294  ff.,  dagegen  0.  Meltzer,  Jahrb.  f.  cl.  Philologie  1894  S.  49 
bis  68.  (Zweifel,  ob  Beulä  und  Tissot  die  karthagischen  Häfen  auf  ihren 
Plänen  richtig  lociert  haben).  —  Übrigens  beruhte  der  Reichtum  Kartha- 
gos nicht  nur  auf  dem  Handel  und  Gewerbfleiss,  sondern  auch  auf  der 
intensiv  betriebenen  Landwirtschaft;  die  Umgebung  der  Stadt  war  wie 
ein  Garten  angebaut.  Die  Orte  Tun  es  (jetzt  Tunis)  und  Clupea  (griech. 
Aspis),  letzterer  am  gleichnamigen  oder  auch  Taphitis  genannten  Vorge- 
birge, werden  in  den  Angriffskriegen  gegen  Carthago  wiederholt  erwähnt. 

Ueber  das  , schöne  Vorgebirge',  das  im  ältesten  Vertrage  zwischen  Rom  and  Kar- 
thago bei  Pobrb.  III,  22  genannt  wird,  ist  unter  den  neueren  Gelehrten  keine  Einigkeit  er- 
zielt. Nach  rolyb.  mflsste  man  an  Cap  Bon  (d.  i.  Ras  Addar)  denken.  Mbltzeb  ist  für 
das  Cap  Farina  (d.  i.  RAs  Sidi  Ali  el  Mekki),  indem  er  die  Bestimmungen  des  Vertrages 
anders  interpretiert  wie  Polybius;  C.  Th.  Fischbb,  De  Hannonis  periplo,  teilt  mit  Ch. 
Müller  die  Ansicht,  dass  dieses  Gim  an  der  Sttdküste  Spaniens  zu  suchen  sei.  Vgl. 
O.  Mbltzkr  in  den  Gommentationes  Fleckeisenianae,  Leipzig  1890  S.  259  ff.  und  jetzt  auch 


Gesch.  d.  Karthager  II  S.  521.  —  Ebenda  über  die  topographischen  Aufnahmen  des  Bodens 
von  Karthago  seit  G.  Th.  Falbe  (dänischer  Schiffskapitän  und  Generalkonsul  in  Tunis  1838), 
N.  Davis  {Carthage  and  his  remains,  London  1861),  Gh.  £.  Beul^  (fouilles  ä  Carthage,  Paris 
1860),  Daux,  Recherches  sur  Porigine  et  sur  Vemplacement  des  emparia  ph^niciens,  Paris 
1869.  Weitere  Litteratnr  siehe  unten.  Die  Forschung  ist  noch  zu  keinem  Abschlüsse  ge- 
diehen, die  Ortsbestimmungen  z.  B.  von  Düreau  de  la  Malle,  Recherches  sur  la  topo- 
graphie  de  Carthage  (Paris  1835),  die  von  den  folgenden  vielfach  übemonmien  wurden, 
sind  rein  hypothetischer  Natur.  —  Wiederholte  Aufnahmen  des  ganzen  Geländes  von 
, Afrika*  durch  französische  Offiziere  seit  1878,  speziell  auch  der  Gegend  von  Tunis- 
Garthago. 

31.  Hydrographie.  Diese  ist  erst  durch  die  neuesten  Arbeiten  der 
Franzosen  (Tissot)  in  ein  helleres  Licht  gestellt,  nachdem  sich  die  Identi- 
fikationen der  älteren  Gelehrten  vielfach  als  unhaltbar  erwiesen  haben. 
Der  Fluss  Tusca^  der  in  römischer  Zeit  die  Grenze  zwischen  Numidien  und 
der  prokonsularischen  Provinz  bildete,  ist  der  Oued  el-Kebii*,  der  gegen- 
über der  Insel  Tabarka  mündet;  der  Culcul  (auf  der  Peutingerschen  Tafel 
zwischen  Hippo  Diarrhytus  und  Thabraca),  ist  der  heutige  Oued  Zouära. 
Von  den  im  Süden  der  nördlichen  Gebirgskette  liegenden  Seen,  in  welche 
sich  die  Gewässer  verlaufen,  wird  der  „lacus  regius"  von  Tissot  im  Gegen- 
satz zu  anderen  mit  dem  Sebkha  de  Djendeli  identifiziert.  Als  der  bei  Pro- 
copius  (b.  V.  n,  19)  vorkommende  Fluss  Abigas,  bei  Bagai,  ist  der  Oued 
bon-Boughal  anzusehen;  der  Pagida,  den  Tacitus  in  der  Erzählung  vom 
Kriege  gegen  Tacfarinas  aufführt  (Ann.  m,  20),  heisst  gegenwärtig  Oued 
Tazzout;  derselbe  strömt  an  Lambaesis  vorbei.  —  Als  der  Fluss  Ardalio 
zwischen  Theveste  und  Ammaedera,  an  welchem  nach  Orosius  VII,  36  im 
Jahre  398  n.  Chr.  der  Rebell  Gildo  geschlagen  wurde,  ist  nicht,  wie  man 
seit  Mannert  angenommen  hatte,  der  Oued  Chabro,  sondern  der  Oued 
Hal'dra  anzusehen;  was  sich  mit  Hilfe  der  bisher  zu  Gebote  stehenden 
Karten  (auch  der  Kieperts  in  Corp.  insc.  Lat.  VIII)  allerdings  nicht  fest- 
stellen Hess.  —  Als  den  Muthul  des  Sallustius  nimmt  Tissot  den  Oued 
Mellag,  den  Nebenfluss  des  Medjerda,  an.  —  Das  Flussystem  des  Bagra- 
das,  des  heutigen  Medjerda,  ist  durch  Tissot  genau  durchforscht  worden; 
auch  hier  sind  die  Irrtümer  einerseits  des  Ptolemäus,  andererseits  von 
Mannert,  die  bis  zuletzt  nachwirkten,  definitiv  beseitigt;  zugleich  das  Mün- 
dungsgebiet des  Bagradas,  wie  es  bei  Polybius  und  Caesar  (Curios  Expe- 
dition)  sich   darstellt,    und  dessen  Veränderungen   durch  ein  sauber  ge- 


74  A.  Geographie  von  It»li«n  und  dem  Orbis  RomannB. 

arbeitetes  Kärtchen  veranschaulicht.  —  Den  Namen  des  Flusses  hält 
Tissot  nicht  für  phönikisch,  sondern  fiir  libysch;  man  habe  überhaupt  mit 
phönikischen  Etymologieen  viel  Missbrauch  getrieben  und  sich  Übertrei- 
bungen zu  Schulden  kommen  lassen,  da  man  von  der  Sprache  der  Berber 
kaum  etwas  wusste. 

32.  Ethnographie  von  AltafHka.  Die  Libyer.  In  dem  ganzen 
ungeheuren  Gebiet  vom  Westrande  des  Nilthaies  zwischen  dem  mittel- 
ländischen Meer  und  dem  Südrande  der  grossen  Wüste  bis  zum  atlanti- 
schen Ozean,  erscheint  im  Norden  des  afrikanischen  Kontinents  von  der 
ersten  geschichtlichen  Kunde  an  eine  Bevölkerung,  die,  wie  Herodot  er- 
kannte und  die  ethnographisch-linguistischen  Nachforschungen  der  Neueren 
bestätigen,  von  den  Nigritiem  Innerafrikas  scharf  geschieden  ist.  Mit  den 
letzteren  wird  sie  von  Herodot  als  „autochthon*^  bezeichnet,  im  Gegen- 
satze zu  den  phönikischen  und  griechischen  Ansiedlungen.  Diese  Bevölke- 
rung wohnt  noch  heute  äort,  trotzdem  im  Laufe  der  Zeit  die  Einwir- 
kungen der  ausländischen  Beherrscher,  der  Ägypter  (in  den  an  das  Nil- 
land anstossenden  Oasen),  Griechen  (in  der  Cyrenaica,  die  aber  vom 
Binnenlande  zu  sehr  isoliert  war^  um  auf  dasselbe  einen  bedeutenderen 
Einfluss  zu  üben),  Phöniker,  Römer,  zuletzt  der  Araber  sich  mannigfach 
bemerkbar  gemacht  haben.  In  derselben  Weise,  wie  nicht  wenige  Stämme 
unter  der  phönikischen  Herrschaft  punische  Sprache  und  Kultur  ange- 
nommen hatten,  rezipierten  sie  später  das  arabische  Idiom ;  sie  halten  sich 
für  wirkliche  Araber  und  wurden  früher  auch  allgemein  dafür  gehalten. 
Andere  Stänmie  an  der  Grenze  Ägyptens  (in  der  Oase  „Ammonium''),  im 
Atlasgebirge,  die  „Tuareg''  in  der  grossen  Wüste  bewahrten  ihre  einhei- 
mische Sprache  mit  geringer  Beimischung  bis  auf  den  heutigen  Tag. 

Diese  Bevölkerung  war  von  altersher  in  viele  Stämme  gespalten,  die 
zum  Teil  (westlich  vom  Tritonsee)  Ackerbau  trieben  oder  doch  in  geschicht- 
licher Zeit  (unter  Masinissa)  dazu  übergingen,  zum  Teil  Nomaden  waren 
und  blieben.  Sie  ist  wohlgestaltet  und  von  heller  Hautfarbe;  den  alten 
Ägyptern  in  einem  noch  nicht  näher  bestimmten  Grade  stammverwandt, 
ist  sie  von  den  Semiten,  trotz  mancher  Ähnlichkeiten,  ethnisch  unter- 
schieden; ebenso  von  den  nubischen  oder  Negerstämmen,  sie  gehört  zur 
„nordafrikanischen*  (früher  sog.  chamitischen)  Rasse.  Von  den  Alten 
wurde  sie  mit  den  Gesamtnamen  der  Libyer,  der  Gaetuler  (nach  einem 
der  mächtigsten  Stämme),  der  Numider  (vom  griechischen  No^ädsg,  das 
von  den  Römern  wie  ein  Eigennamen  rezipiert  ward),  der  Mauren  (Ver- 
allgemeinerung der  lokalen  Bezeichnung  der  Mauretanier,  die  später  nach 
einer  falschen  Etymologie  als  „die  Schwarzen**  gedeutet  wurde)  bezeich- 
net; die  Römer  nannten  sie  allgemein  „barbari,**  (woraus  die  arabischen 
Eroberer  „Berber**  gemacht  haben),  oder  auch  „Afrikaner**  kurzweg.  Sie 
selbst  nennen  sich  Imouhag  oder  Amäzigh.  Auf  den  alt-ägyptischen 
Denkmälern  erscheinen  sie  als  Tamahu  (später  Tahennu);  ein  Name,  der 
bei  den  Berbern  der  Sahara  noch  gegenwärtig  in  der  Form  Tamahak  als 
Ethnikon  der  ganzen  Rasse  gebraucht  wird. 

Die  einzelnen  Stämme  treten  hervor  in  der  alten  Zeit,  wo  Herodot 
ihrer  Erwähnung  thut,  und    beim  Zusammenbruche   der  punischen,   der 


8.  Afrika.    (S  32.)  75 

römischen,  der  vandalischen  Herrschaft,  den  sie  jedesmal  beförderten  und 
für  sich  ausnutzten.  In  den  Perioden  der  Eulturherrschaft  wurden  die 
»Stamme*  {„gentes^  oder  „nationes^  sagten  die  Römer,  wie  denn  das 
Wort  „Eabylen"  dasselbe  bedeutet)  zurückgedrängt,  im  Zaum  gehalten, 
zu  zivilisieren  und  namentlich  auch  zu  Armeezwecken  zu  verwenden  ge- 
sucht. Da  die  „Stämme''  unter  einander  nie  einig  waren,  vielfach  mit 
Erfolg.  Gegen  feindselige  Stämme  wurden  in  der  römischen  Zeit  häufige 
Expeditionen  unternommen;  die  Inschriften  berichten  über  mancherlei 
Waffenthaten  der  römischen  Generale,  die  denen  der  französischen  in 
unserem  Jahrhundert  zu  vergleichen  sind.  Mitunter  wurde  ein  ganzer 
Stamm  ausgerottet,  um  dem  Kulturland  Ruhe  zu  verschaffen.  Anderseits 
erscheinen  Mauretanier  in  Dacien  stationiert  oder  wir  sehen  sie  (im  8. 
Jahrhundert)  zu  den  Kriegen  gegen  die  Germanen  herangezogen. 

Als  die  römische  Herrschaft  in  ihren  Grundfesten  erschüttert  war, 
erscheinen  die  libyschen  Stämme  auf  der  ganzen  Linie  von  der  ägyptischen 
Grenze  bis  ans  atlantische  Meer  in  Aktion.  Bei  Ammianus  Marcellinus 
(saec.  IV),  bei  Synesius  von  Cyrene  (ca.  400  n.  Chr.),  bei  Procopius  von 
Caesarea,  bei  Corippus  (saec.  VI)  werden  eine  Reihe  von  Stämmen  mit  ihren 
Spezialnamen  genannt,  ihre  Lebensweise  wird  anschaulich  beschrieben. 
Manche  Namen  haben  sich  auch  bis  auf  den  heutigen  Tag  behauptet;  so 
der  Name  der  Musulamii  in  demjenigen  Teile  ihrer  einstigen  Sitze,  der  in 
der  regio  Beguensis  (heute  Hanschir  el  Begar)  unfern  der  Grenze  der  pro- 
konsularischen und  der  numidischen  Provinz  gelegen  war,  als  „Msahel." 
—  Die  Maxyes  {Mä^vsg,  Maxices),  auf  deren  Boden  Karthago  erbaut 
wurde,  leben  fort  in  dem  Namen  «Amäzigh,*'  der  als  nationale  Bezeich- 
nung für  «Berber'*  sogar  eine  allgemeinere  Bedeutung  gewonnen  hat. 

In  der  Landschaft  „Marmarica''  nennen  die  älteren  griechischen  Be- 
richte die  Adyrmachiden  und  Giligamen.  In  der  Syrtenlandschaft  die  Na- 
samonen,  femer  die  Psyllen,  Maken,  Gindanen,  Machlyer,  Ausseer,  welche 
alle  in  der  spätrömischen  Periode  unter  einem  neuen  Gesamtnamen,  Lan- 
guentenses  oder  Aevad-ai  (bei  Procop.)  oder  Lewäta  (bei  den  Arabern), 
zusammengefasst  werden.  In  »Kleinafrika,'*  dem  Kern  des  nachher  kar- 
thagischen Gebietes,  sassen  die  Maxyer,  die  Byzanten  (danach  die  Land- 
schaft Byzakion  genannt),  die  Zaueken  (Ziquenses  in  spätrömischer  Zeit; 
nach  ihnen  die  Landschaft  Zeugitana  bezeichnet).  In  „Numidien*  schwangen 
sich  zur  Zeit  der  punisch-römischen  Kriege  die  Massylier  und  die  Massae- 
syler  zu  grosser  Bedeutung  empor.  In  der  römischen  Periode  erscheinen 
zum  Teil  auch  hier  andere  Namen.  Der  jeweilig  führende  Stamm  (Nasa- 
monen,  Gaetuler  u.  s.  w.)  scheint  immer  einer  ganzen  Gruppe  seinen 
Namen  gegeben  zu  haben.  Eine  hervorragendere  Rolle  spielten  auch  die 
im  »Aurasianischen  Gebirge"  (jetzt  Aures,  dessen  Identität  mit  dem  „Mens 
Audus'*  des  Ptolemäus  von  Ch.  Tissot  bestritten  wird)  sitzenden  Stämme, 
die  sich  inuner  wieder  unabhängig  zu  machen  verstanden;  dasselbe  gilt 
von  den  Stämmen  im  eigentlichen  „Atlas" -Gebirge,  gegen  die  von  den 
Römern  (z.  B.  im  Jahre  41  n.  Chr.  durch  Suetonius  Paulinus)  zeitweilig 
eine  Razzia  ausgeführt  wurde. 


76  A.  Geographie  Ton  Italien  und  dem  Orbia  Bomanna. 

83.  Die  phönikiBche  Kolonisation  in  Nordafirika^  Während  an 
der  Küste  des  östlichen  Libyens,  in  der  „Cyrenaica,*  die  griechische  Kolo- 
nisation sich  festsetzte  (saec.  YII  a.  Ch.),  wurde  das  Oebiet  westlich  von 
der  grossen  Syrte,  resp.  den  ^^Philaenischen  Altären''  durch  die  Phöniker, 
die  den  Griechen  um  ein  halbes  Jahrtausend  in  der  Kolonisationsarbeit 
hier  zuvorgekommen  waren,  behauptet  (saec.  VI  a.  Ch.). 

Die  älteste  Ansiedlung  der  Tyrier  an  der  afrikanischen  Küste  war 
Utika,  am  Ausfluss  des  Makar  (des  Bagradas  der  Römer,  heute  Medjerda) 
auf  einer  zwei  natürliche  Häfen  trennenden  flachen,  aber  felsigen  Halbinsel 
gelegen,  dessen  Gründung  287  Jahre  vor  jener  Karthagos  (also  um  1100 
V.  Chr.)  angesetzt  wird. 

Schon  vor  der  Periode  der  tyrischen  Seemacht  war  an  der  grossen 
Syrte  von  den  Sidoniem  die  Stadt  Leptis  gegründet  worden.  Ebenso 
rühmten  sich  Hippo  Diarrhytus  und  Hadrumetum  ihres  höheren  Alters 
gegenüber  Karthago.  Diese  Städte  blieben  in  der  Folgezeit  die  Rivalinnen 
der  jüngeren  Stadt,  Karthago  (d.  i.  Neustadt),  deren  Gründung  Menander 
von  Ephesus  (bei  Josephus)  ins  Jahr  826,  Timaeus  (bei  Diodor)  ins  Jahr 
814  setzt  (Gründungssage  der  Stadt:  die  zerschnittene  Rinderhaut  scheint 
der  Etymologie  des  Wortes  Byrsa  ihre  Entstehung  zu  verdanken). 

Die  Westphöniker,  die  sich  selbst  auch  als  „Kanaaniter"  zu  be- 
zeichnen pflegten,  hielten  Jahrhunderte  lang  den  Zusammenhang  mit  den 
Städten  des  Mutterlandes  aufrecht,  zumal  mit  Tyrus,  indem  sie  dem  dor- 
tigen Melkart  zinsten ;  sie  nahmen  an  dessen  Geschicken  Anteil,  indem  sie 
ihren  Handelsbeziehungen  zuliebe  auch  den  erobernden  Grossmächten  des 
Morgenlandes,  zuletzt  den  Persem,  Tribut  zahlten  und  deren  Politik  (z.  B. 
des  Grosskönigs  Xerxes  gegen  die  Griechen)  einerseits  unterstützten, 
andererseits  für  sich  ausnützten.  —  Karthago  prägte  seine  Münzen  nach 
babylonisch-tyrischem  Fuss,  den  es  erst  später  mit  der  griechischen  Wäh- 
rung, wie  sie  auf  Sizilien  herrschte,  in  eine  Gleichung  brachte.  Auch  in 
Afrika  selbst  ging  die  Machtentfaltung  der  phönikischen  Kolonien  langsam 
und  gleichsam  schrittweise  vor  sich;  man  brachte  den  Eingeborenen  gegen- 
über sich  (darin  dem  „perfiden*  Albion  vorangehend)  mehr  mit  List  und 
durch  Geld,  wie  durch  Waffengewalt  in  den  Besitz  der  gewünschten  Posi- 
tionen. Die  Kolonien  der  Phöniker  hatten  von  Haus  aus  nicht  mili- 
tärische, sondern  nur  merkantile  Bedeutung.  Gleichwohl  verbreitete  sich 
das  phönikische  Bevölkerungselement  auch  nach  dem  Binnenlande,  wo  die 
libysche  Bevölkerung  in  den  Kreis  der  phönikischen  Zivilisation  gezogen 
wurde. 

Je  mehr  das  Mutterland  sank,  und  je  stärker  die  Griechen  seit  dem 
erfolgreichen  Widerstand  gegen  Persien  auf  die  Phöniker  drückten,  desto 
mächtiger  und  selbständiger  erhob  sich  Karthago,  das  sein  unmittelbar 
untergebenes  Gebiet  (etwa  zwei  Drittel  der  heutigen  Regentschaft  Tunis) 
von  den  Eingeborenen  unterdess  völlig  emanzipiert  und  arrondiert  hatte. 
Dieses  Gebiet  war  mit  einer  Demarkationslinie  in  Form  von  Gräben  um- 
zogen, den  sog.  ipoivixiisg  Ta^Qoi,  die  im  Frieden  des  Jahres  201  erwähnt 
werden.  Ebenso  markierte  der  jüngere  Scipio  im  Jahre  146  das  zur  pro- 
vincia  Africa  gezogene  Gebiet  durch  einen  Graben,  der  noch  in  der  Kaiser- 


8.  Afrika.    (§  33.)  77 

zeit  genannt  wird.  Vgl.  Academ.  des  inscr.  1894  Febr.  23.  —  Die  Politik 
von  Karthago  gipfelte  schliesslich  darin,  den  Griechen  gegenüber  sämt- 
liche Städte  der  Westphöniker  in  Afrika,  Sizilien  u.  s.  w.  unter  seinem 
Schutz  zugleich  und  seiner  Herrschaft  zu  vereinigen;  eine  Politik,  die, 
mit  Konsequenz  und  Thatkraft  durchgeführt,  Karthago  (seit  der  Mitte  des 
5.  Jahrhunderts  v.  Chr.)  an  die  Spitze  eines  Föderativstaates  der  punischen 
Städte  brachte,  dem  sich  anzuschliessen  die  widerstrebenden  rücksichtslos 
gezwungen  wurden.  Die  libysche  Bevölkerung,  soweit  sie  sesshaft  war, 
wurde  unterjocht,  nur  die  „Nomaden*  blieben  ziemlich  unabhängig.  — 
Von  hier  aus  wurde  die  punische  Präponderanz  an  den  westafrikanischen, 
italischen,  gallischen,  spanischen  Küsten  gegenüber  den  Griechen  zur  Gel- 
tung gebracht,  bis  im  3.  Jahrhundert  v.  Chr.  Rom  im  Interesse  der  Un- 
abhängigkeit Italiens  den  Kampf  aufnahm  und  denselben  nach  mancherlei 
Wechselfallen  siegreich  beendete,  wodurch  der  Schwerpunkt  der  Mittel- 
meerpolitik nach  der  Hauptstadt  Italiens  verlegt  wurde;  Karthago  verlor 
seine  auswärtigen  Besitzungen  und  „ Afrika*"  wurde  eine  Dependenz  von 
Rom.  —  Erst  im  5.  Jahrhundert  n.  Chr.  unter  der  Herrschaft  der  Yandalen 
drückte  Karthago  und  Afrika  wieder  auf  die  Küsten  Italiens  (nach  der 
Restauration  regierten  auch  die  Byzantiner  von  hier  aus  Sardinien  und 
Corsika). 

Punische  Städte.  Die  drei  an  der  grossen  Syrte  gelegenen  Städte : 
Leptis,  Oea  und  Sabratha  wurden  von  den  sikelischen  Griechen  als 
eine  „  Tripolis  "^  zusammengefasst.  Unter  Kaiser  Septimius  Severus  wurde 
eine  eigene  Provinz  Tripolitana  begründet,  auf  deren  Hauptstadt,  Oea, 
der  Name  Tripolis  überging.  An  der  kleinen  Syrte  lagen  die  phönikischen 
Städte  Tacape  (jetzt  Gäbes)  undMeninx,  letztere  auf  der  gleichnamigen 
Insel  (von  den  Libyern  und  danach  auch  von  den  Römern  Girba  (jetzt 
Djerba)  genannt).  Diese  Städte  an  den  Syrten  wurden  von  den  Griechen 
als  ,ra  ifjinoQia''  („die  Handelsplätze'')  bezeichnet.  Sie  standen  nie  direkt 
unter  Karthago  und  wurden  auch  von  den  Römern  nicht  zum  eigentlichen 
Afrika  {Africa  propria,  t]  tdiwg  xaXovusvri  Ufpgixij)  gerechnet;  welche  Be- 
zeichnung sich  vielmehr  auf  die  politischen  Grenzen  des  karthagischen 
Staates  zur  Zeit  seines  Unterganges  beschränkte.  Damals  zählte  man 
innerhalb  dieses  Gebietes  300  Städte,  von  denen  zum  Teil  aus  der  römi- 
schen Periode  bedeutende  Ruinen  erhalten  sind:  so  von  Thysdrus,  Cil- 
lium,  Sufes,  Sufetula,  Thugga  (jetzt  Dugga),  Thibira,  Thelepte, 
oppidum  Mataurense  (jetzt  Mater  südlich  von  Bizerta),  Uthina  (jetzt 
Oudna),  Curubis  (jetzt  Kurba)  u.  s.  w.  „Auch  die  übrigen  Küstenstädte 
erweisen  sich  durch  ihre  Namen  fast  ausnahmslos  als  phönikische  Grün- 
dungen.* 

Hippo  regius  (zum  Unterschiede  von  Hippo  Diarrhytus  so  genannt, 
jetzt  Bona)  wurde  durch  Masinissa,  Cirta  (jetzt  Constantine)  durch  Mi- 
cipsa  die  Hauptstadt  des  mit  dem  Sturz  der  karthagischen  Herrschaft 
emporkommenden  numidischen  Reiches.  Im  Binnenlande  auch  dieser 
Gegenden  erhielt  sich  das  punische  Yolkselement  in  den  Städten  wie  auf 
dem  Lande  bis  zum  Ausgang  der  römischen  Herrschaft. 

Auch  in  der  westlichsten  Landschaft,  Mauretania,  die  seit  der  7er- 


78  A.  Geographie  von  Italien  und  dem  Orbia  Bomanna. 

kleinerung  Numidiens  infolge  des  Jugurthinischen  Krieges  sich  konsolidierte, 
waren  die  Eüstenorte,  wie  Icosium  (jetzt  Algier),  Tingis,  Lixus,  Car- 
tenna,  Sala,  Rusazu,  Rusippisir  u.  s.  w.,  wie  teils  direkte  Nach- 
richten, teils  die  Namen  bezeugen,  Gründungen  der  Phöniker,  d.  h.  wohl 
speziell  der  Karthager. 

34.  Die  afiikanischen  Landschafben  unter  römischer  Herrschaft. 
Der  Begriff  der  afrikanischen  Landschaften  för  den  ganzen  Bereich  von  der 
ägyptischen  Grenze,  resp.  von  der  Cyrenaica  bis  zum  atlantischen  Ozean 
steht  in  der  Litteratur  der  römischen  Periode,  namentlich  der  christlichen 
Zeit,  fest.  Die  Organisation  derselben  zu  römischen  Provinzialsprengeln 
ging  nach  und  nach  vor  sich. 

Zuerst  wurde  eine  „Provinz  Africa'  gebildet  nach  der  Zerstörung 
Karthagos  im  Jahre  146  v.  Chr.:  sie  umfasste  das  Land  von  dem  Flusse 
Tusca,  an  dessen  Mündung  Stadt  und  Insel  Thabraca  lagen,  jetzt  Oued 
el-Kebir,  bis  südlich  hinunter  nach  Thena  am  Meerbusen  von  Gabes.  Das 
von  Masinissa  okkupierte  Gebiet  wurde  nach  dessen  Tode  (148)  seinen 
drei  Söhnen  bestätigt,  „deren  Herrschaft  an  der  Küste  vom  Flusse  Tusca 
bis  zum  Flusse  Mulucha  ging,  sich  tief  nach  Süden  hin  erstreckte  und 
im  Osten  bis  nach  Cyrene  reichte. '^  Ortsnamen  wie  Aquae  regiae,  Zama 
regia,  Bulla  regia  u.  s.  w.  bezeichnen  die  Grenze  der  Provinz  zu. 

Nach  der  Schlacht  bei  Thapsus  (46  v.  Chr.)  wurde  Numidien  von 
den  Römern  in  Besitz  genommen,  als  Provinz  „Africa  nova" ;  dieselbe  wurde 
zwar  (nach  einigen  Wechselfällen)  im  Jahre  25  v.  Chr.  mit  der  alten  Pro- 
vinz vereinigt  und  unter  einen  Prokonsul  gestellt,  jedoch  erwuchs  aus  den 
militärisch  okkupierten  Grenzdistrikten  schliesslich  doch  wieder  ein  selb- 
ständiger Verwaltungssprengel,  der  seit  dem  Ausgange  des  zweiten  Jahr- 
hunderts n.  Chr.  auch  formell  als  eigene  Provinz  Numidien  unter  einem 
kaiserlichen  Legaten  konstituiert  erscheint.  —  In  der  prokonsularischen 
Provinz  finden  wir  eine  Untereinteilung  nach  dioeceses  oder  Gerichtsspren- 
geln,  die  unter  den  drei  Legaten  des  Prokonsuls  standen :  in  Karthago,  in 
Hippo  Diarrhytus,  der  dritte  vielleicht  in  Hadrumetum.  Derjenige  Teil 
des  alten  Numidiens,  der  jetzt  zur  prokonsularischen  Provinz  gehörte, 
wurde  als  Numidia  proconsularis  (oder  inferior)  von  der  Numidia  consu- 
laris  (oder  superior,  auch  Cirtensis,  später  Constantina)  unterschieden. 

Im  Jahre  40  n.  Chr.  wurde  das  Königreich  Mauretanien,  wo  bis- 
her Jubas  Nachkommen  regiert  hatten,  eingezogen  und  daraus  zwei  Ver- 
waltungssprengel,  Mauretania  Tingitana  und  Mauretania  Caesariensis 
gebildet,  welche  durch  den  Fluss  Mulucha  {MaXova  bei  Ptolemaeus),  der 
jetzt  die  Provinz  Oran  von  Marocco  trennt,  geschieden  waren.  —  Bemer- 
kenswert ist  noch,  dass  unter  Caracalla  die  Tingitana  mit  der  Baetica 
vereinigt  erscheint  und  ebenso  unter  Diocletian  die  Tingitanische  Provinz 
der  dioecesis  Hispaniarum  einverleibt  wurde;  wie  denn  schon  früher  die 
von  Augustus  an  dieser  Küste  gegründeten  Kolonien  der  Provinz  Baetica 
zugewiesen  worden  waren.  Die  frühere  Mauretiana  Caesariensis  wurde 
in  zwei  Sprengel  zerlegt:  Caesariensis  und  Sitifensis,  letztere  von 
Sitifis  (heute  Setif)  benannt. 


8.  Afrika.    (§  34.)  79 

Die  übrigen  afrikanischen  Provinzen  waren  seit  Diocletian :  1.  Nu- 
midia.  2.  Africa  proconsularis  oder  Zeugitana  (Hauptstadt  Gar- 
thago).  3.  Byzacena  (Hauptstadt  Hadrumetum).  4.  Tripolitana 
(Hauptstadt  Tacape).  Übrigens  erscheint  neben  der  Numidia  Gir- 
tensis  eine  Numidia  Militiana  (der  südliche  Teil).  Die  Landschaften 
von  Mauretania  Gaesariensis  bis  Tripolitana  bildeten  die  dioecesis  Africa. 
Der  militärische  Wirkungskreis  des  Kommandierenden  von  Numidien  er- 
streckte sich  über  die  südlichen  Gegenden  bis  zum  limes  Tripolitanus 
(diesen  eingeschlossen). 

Römische  Gründungen.  Bei  der  Okkupation  des  karthagischen 
Gebietes  im  Jahre  146  behielten  die  sieben  phönikischen  Städte,  welche 
während  des  Krieges  zu  den  Römern  abgefallen  waren,  ihre  Freiheit: 
ütica,  Hadrumetum,  Thapsus,  Leptis  minor,  Achulla,  Usalis 
und  Theudalis.  Die  übrigen  Orte  wurden  nach  Kriegsrecht  behandelt 
und  für  den  römischen  Staat  ein  gewaltiger  ctger  publicus  in  Besitz  ge- 
nommen :  dieser  ging  entweder  durch  Kauf  an  römische  Spekulanten  über 
(wie  schon  in  karthagischer  Zeit  bildeten  sich  später  ausgedehnte  Lati- 
fundienwirtschaften, die  teils  in  den  Händen  von  Privaten,  teils  des  Kai- 
sers waren)  oder  er  wurde  vei-pachtet  oder  endlich  er  diente  zur  Aus- 
stattung verarmter  römischer  Bürger,  deren  schon  zur  Zeit  der  Gracchi- 
schen  Bewegung  6000  viritim  hier  mit  Land  beteilt  wurden.  Eine  noch- 
malige tiefgreifende  Umwälzung  brachte  dann  der  Bürgerkrieg  zwischen 
Caesar  und  der  Senatspartei  mit  sich,  indem  die  unterliegende  Partei  die 
Kosten  des  Krieges  tragen  musste:  Utica  und  Hadrumetum,  seit  einem 
Jahrhundert  die  blühendsten  Städte  Afrikas  und  anticaesarisch,  wurden 
durch  die  von  Caesar  verfügte  Wiederherstellung  Karthagos  neuerdings 
um  den  Vorrang  gebracht. 

Unter  der  römischen  Herrschaft  traten  eine  Reihe  von  Städten,  die 
in  punischer  Zeit  eine  Rolle  gespielt  hatten,  mehr  und  mehr  in  den  Hinter- 
grund, während  andere  zur  Blüte  kamen.  So  gründete  Augustus  die  Ko- 
lonie Julia  Assuras  (jetzt  Zanfür),  welche  die  Bedeutung  der  nächst- 
gelegenen Orte  an  sich  zog.  Bulla  regia  ward  von  der  benachbarten 
Kolonie  Simittu  oder  Simitthus  (jetzt  Schemtü)  überflügelt.  In  der 
nächsten  Nähe  von  Theveste  (jetzt  Tebessa)  am  Saume  der  Wüste 
wurden  die  Kolonien  Ammaedara  und  Thelepte  konstituiert;  nament- 
lich letztere  gedieh  zu  grosser  Volkszahl,  doch  wahrte  sich  auch  Theveste 
seine  Bedeutung.  Wir  sehen,  wie  mitten  im  punischen  Lande  rönysche 
Enklaven  sich  bilden,  bis  endlich  im  zweiten  (unter  Hadrian)  und  dritten 
Jahrhundert  (unter  Septimius  Severus  und  seiner  Dynastie)  der  Verschmel- 
zungsprozess  der  beiden  Bevölkerungselemente  in  rascheren  Gang  kam; 
infolgedessen  eine  eigentümliche  römisch-afrikanische  Kultur  sich  ent- 
wickelte, die  auch  litterarisch  bedeutende  Leistungen  hervorbrachte.  Das 
Zentrum  dieser  Entwickelung  war  das  neugegründete  Karthago,  das  zu 
den  volkreichsten  Städten  des  ganzen  Reiches  gehörte. 

Ein  dichtes  Strassennetz  durchzog  die  afrikanischen  Provinzen  und 
verband  das  Binnenland  mit  den  Häfen,  die  Karawanenwege  waren  durch 
grosse  Steine  markiert,  die  Mansionen  dienten  als  Wasserstationen.    Eine 


80  ^«  Geographie  von  Italien  nnd  dem  Orbis  Bomanus. 

Hauptverkehrsader,  die  namentlich  auch  von  militärischer  Bedeutung  war 
und  deshalb  von  Soldaten  erbaut  wurde,  bildete  die  Strasse  von  Karthago 
nach  Theveste,  von  wo  sie  westlich  nach  dem  Legionshauptquartier  von 
Lambaesis  und  zur  mauretanischen  Orenze,  südöstlich  nach  Thelepte  und 
von  hier  nach  Tacape,  an  der  kleinen  Syrte,  führte.  Im  ersten  Jahrhun- 
dert, bevor  die  Leg.  HI  Augusta  nach  Lambaesis  verlegt  war,  war  The- 
veste (im  Osten  des  mens  Aurasius,  wie  Lambaesis  im  Westen)  das  mili- 
tärische Zentrum  der  afrikanischen  Provinz.  —  Auch  der  überseeische 
Verkehr  gestaltete  sich  unter  der  römischen  Herrschaft  zu  einem  sehr 
lebhaften.  Die  Interessen  von  Afrika  und  Italien  waren  durch  das  Insti- 
tut der  „Annona*'  auf  das  innigste  mit  einander  verwachsen;  es  kam  der 
Grundsatz  zur  Geltung,  dass  ein  Exil  nach  Afrika  keine  Strafe  wäre,  wes- 
halb den  Verbannten  untersagt  wurde,  Afrika  zu  ihrem  Aufenthaltsorte 
zu  wählen.  —  Die  Kolonisation  machte  beständige  Fortschritte;  nicht 
wenige  Orte,  die  von  Plinius  mit  Stillschweigen  übergangen  sind,  werden 
von  Ptolemaeus  und  den  Itineraren  als  Kolonien  bezeichnet.  Bis  in  die 
Wüste  {„solüudines  Äfricae'^  Tacit.  ann.  2,  52)  —  z.  B.  auch  nach  Fezzän 
(Phazania  im  Altertum)  —  sind  zahlreiche  römische  Bauwerke  gefunden 
worden,  welche  unzweifelhaft  einer  dauernden  Niederlassung  ihren  Ur- 
sprung verdanken.  Amphitheater  kommen  in  jetzt  ganz  einsamen  Gegenden 
vor;  das  okkupierte  Gebiet  muss  sich  bis  100  Meilen  in  das  innere  Land 
erstreckt  haben. 

Eine  Eigentümlichkeit  der  Organisation  Afrikas  bestand  darin,  dass 
neben  den  städtischen  Territorien  die  grossen  Latifundienherrschaften  für 
sich  konstituiert  waren  und  dass  diese  „fundi^  in  der  Geschichte  der  Pro- 
vinz sehr  hervortreten.  Der  »Possessor*  oder  sein  Verwalter  war  zugleich 
Ortsvorstand,  die  Marktgerechtigkeit  wurde  an  ihn  verliehen,  manche 
„fundi^  hatten  in  christlicher  Zeit  ihren  eigenen  Bischof.  —  Die  kaiser- 
lichen Domanialherrschaften  waren  gleichfalls  sehr  ausgedehnt;  die  Rechte 
und  Pflichten  der  „coloni"  auf  denselben  wurden  wiederholt  durch  kaiser- 
liche Verordnungen  reguliert.  Vgl.  über  die  kaiserlichen  Domänen  am 
mittleren  Bagradas,  bei  Vaga,  Bulla  regia,  Simittu,  Thubursicum  Bure, 
Uci  maius,  (saltus  Burunitanus,  Philomusianus  u.  s.  w.).  Ad.  Schulten, 
Die  römischen  Grundherrschaften  (Leipzig  1896).  Zum  Behufe  der  Ver- 
waltung wurden  die  einzelnen  „tractus^  (z.  B.  von  Hadrumetum,  von  The- 
veste, von  Hippo,  von  Carthago)  unter  eigene  Prokuratoren  gestellt. 

Die  Umwandlung  der  phönüs:ischen  Hauptstädte:  ausser  Karthago  von 
Utica,  Hadrumetum,  Hippo  Diarrhytus  u.  s.  w.  in  Orte  mit  römischer  Ver- 
fassung lässt  sich  an  der  Hand  der  Lischriften  näher  verfolgen;  doch 
sprachen  selbst  die  Bewohner  von  Leptis  magna  am  Ausgang  des  zweiten 
Jahrhunderts  noch  vorwiegend  punisch,  namentlich  die  Frauenspersonen. 
Ein  bilingue  (d.  i.  neupunisch-lateinische)  Lischrift  aus  der  südlichen  Tri- 
politana  nennt  einen  Mann  mit  doppeltem  Namen  (dem  punischen  neben 
dem  römischen);  seine  Eltern  haben  nur  punische  Bezeichnung,  seine 
Kinder  nur  römische.  (Acad.  des  inscr.  1894  Juli).  Von  manchen  Städten, 
über  welche  die  litterarische  Überlieferung  wenig  oder  nichts  berichtet, 
zeigen  die  Ruinen,  dass  sie  in  römischer  Zeit  bedeutend  waren. 


8.  Afrika.    (§  35.)  81 

In  Numidien:  Cirta  (aach  E.  Constantin  „Constantina^  genannt) 
und  die  auf  seinem  Oebiet  erwachsenen  drei  Kolonien:  Rusicade,  Chullu, 
Mileu.  Die  erste  Konstituierung  dieses  Gebietes  nach  römischer  Art  er- 
folgte durch  den  römischen  Ritter  P.  Sittius  aus  Nuceria  in  Kampanien, 
dem  Jul.  Caesar  dasselbe  übergeben  hatte  und  dieser  benannte  die  ab- 
hängigen Orte  nach  Namen  der  Heimat;  also  Mileu  Sarnensis  (nach 
dem  Samus),  GhuUu  Minervia,  nach  der  in  Sorrent  verehrten  Minerva 
n.  8.  w.  Ein  merkwürdiges  Beispiel  römischer  Kolonisationsthätigkeit  auf 
numidisch-punischem  Boden.  —  Cirta  ward  die  zivile  Hauptstadt  von  Nu- 
midien;  die  militärische,  im  zweiten  und  dritten  Jahrhundert  bedeutendere, 
war  Lambaesis,  das  neben  und  aus  dem  Legionslager  der  legio  III  Au- 
gusta  erwachsen  war.  Auch  das  östlich  von  Lambaesis  gelegene  Thamu- 
gadi  (jetzt  Timgad)  ist  uns  aus  seinen  Ruinen  genau  bekannt:  der  Typus 
einer  afrikanischen  Römerstadt  mit  Forum,  Triumphbogen,  Basilica,  Theater, 
Statuen  u.  s.  w.  Ebenso  erstanden  an  den  kleineren  Garnisonsorten 
römische  Niederlassungen.  Nach  Westen  hin  (gegen  die  Grenze  des  heu- 
tigen Marocco)  nimmt  der  Romanismus  eine  mehr  und  mehr  lokal-barba- 
rische Färbung  an. 

Lfi  Mauretanien:  Tingitana  zählte  sieben  Kolonien;  drei  von  Au- 
gustus  begründete:  Zilis,  Babba,  Banasa;  K.  Claudius  gründete  Tingi 
(jetzt  Tandja  oder  Tanger)  und  Lixus;  aus  späterer  Zeit  stammen  Rus- 
adder  und  Yolubilis.  In  der  Caesariensis  gehen  acht  (Militär-)  Ko- 
lonien auf  Augustus  zurück:  Cartenna,  Gunugi,  Igilgili,  Rusguniae, 
Rnsazus,  Saldae,  Zuccabar,  Tupusuctu.  Von  Claudius  wurden  Cae- 
sarea und  Oppidum  novum  als  Kolonien  konstituiert.  Caesarea,  das 
phönikische  Jol  (jetzt  Scherschel),  dann  Residenz  König  Jubas  U.  und  seines 
Nachfolgers,  nahm  unter  römischer  Herrschaft  einen  glänzenden  Auf- 
schwung. —  Unter  K.  Nerva  wurde  Sitif is  als  „colonia  Nerviana  Augusta 
Martialis  teteranorum  Sitif ensium^  konstituiert.  Überdies  wird  noch  eine 
ganze  Reihe  von  Kolonien  und  Munizipien,  teils  am  Meere,  teils  im  Innern 
des  Landes,  namhaft  gemacht.  Die  mauretanischen  Landschaften  er- 
scheinen in  der  Schilderung  der  Kriege,  die  im  vierten  Jahrhundert  dort 
zu  führen  waren,  bei  Ammianus  Marcellinus,  als  wohlbebaut  und  bevöl- 
kert. Der  ursprünglich  militärische  Charakter  mancher  Ansiedlung  tritt 
noch  hervor. 

35.  Die  westlichen  (jetzt  sog.  canarischen)  Inseln.  Diese  wur- 
den von  den  Römern  als  Insulae  Fortunatae  bezeichnet,  entsprechend 
der  älteren  griechischen  Benennung  MaxuQfov  vrjtfoi,  die  „vielleicht  selbst 
auf  den  tyrischen  Stadtgott  Makar  (Melkart)  zurückweist".  Von  Gades 
aus  wurde  dahin  ein  lebhafter  Verkehr  unterhalten. 

O.  MKLT2BB,  Geschichte  der  Karthager,  Bd.  I  (Berlin  1879)  enthftlt  S.  41—89  ein 
geographisches  Kapitel  üher  .die  Grandlagen  der  phönikischen  Kolonisation  in  Nordafrika ". 
S.  442  ff.  Anm.  30  und  31  ist  Herodots  Bericht  über  Libyen  kritisiert.  Mbltzebs  Buch  ist 
eingehend  besprochen  Ton  A.  t.  Gütschmid  in  Flbckbisens  Jahrb.  1880  S.  291  ff.  Jetzt  in 
den  Kl.  Schriften  K  S.  81  ff.  Der  zweite  Band  von  Meltzer  erschien  1896.  Er  behandelt 
neuerdings  die  geographischen  Verhftltnisse  von  «Afrika'*,  besonders  nach  den  Studien  „zur 
Entwicklungsgeschichte  der  Küsten'  und  «KOstenstudien  ans  Nordafrika"  von  Th.  Fischer 
(in  pBTXBXAinra  Mitt.  1885  und  1887)  und  reproduziert  danach  die  „Küstenlandschaft  von 
Karthago*.  Zugleich  ist  Falbes  „Plan  du  terrain  et  des  ruines  de  Carthago**  und  eine 
Budlnioh  der  klMS.  AltertuDiwlaieiiBcbaft,    m,  8.    2,  Aufl.  6 


g2  A.  Geographie  Ton  Italien  vnd  dem  Orbia  Romanva. 

, Skizze  der  Befestigiiiigeii  Ton  Earühago*  (nach  Tissot)  beigegeben,  S.  153  ff.  dazu  der 
Text  geliefert.  —  Vgl.  auch  J.  Eball  in  Oesterr.  GymnasialzeitBchriffc  1881  S.  548  ff.  mit 
Rücksicht  auf  Sallust.  lug.  c.  17  ff.  —  Ch.  Tissot,  La  lAhye  de  Herodot,  avec  deux  cartes.  Im 
Bulletin  des  Institut  de  Correapondance  HellSnique,  1877,  S.  261—273.  —  K.  J.  Neumann,  Stra- 
bons  und  Artemidors  Erdkunde  von  Afrika,  Leipzig  1884.  Mit  zwei  Karten.  (Von  Teubner  ange- 
kündigt aber  bisher  nicht  erschienen).  —  Albrecht  Rosohbs,  Ptolemaeus  u.  die  Handelsstrassen 
von  Centralafrika,  Gotha  1857.  H.  Sohlichteb,  Ptolemy'a  Topography  of  Eastern  Equatorial 
Africa,  Proceed,  R.  Geog.  Soc,  1891.  —  Corp.  inscript.  Latinar.  Bd.  VIII:  Inseriptumes  Africae, 
coU.  G.  WiLMANns,  pars  1  und  2,  nach  dem  Tode  von  Wilmanns  herausgegeben  von  Th. 
MoMMSBN,  1881.  Mit  3  Karten  von  Kiepert  Der  erste  Teil  des  Supplementbandes  in  Verbindung 
mit  R.  Gaonat  von  J.  Schmidt  bearbeitet,  erschien  1891 ;  der  zweite  1894  (nach  Schmidts  Tode 
von  H.  Dessau).  Vgl.  Ephem.  epigr,  V  (1884)  mit  Karte  von  H.  Kiepert;  VII  (1892)  mit  zwei 
Kartenbeilagen  von  R.  Kiepert:  „Africa  cum  parte  liumidiae*'  und  „pars  viae  publicae 
Carthagine  Thevestetn'^ ,  In  den  letzten  Jahren,  namentlich  seit  der  französischen  Okku- 
pation der  Regentschaft  Tunis,  sind  über  10000  neue  Inschriften  zu  Tage  gekommen.  — 
Ch.  Tissot,  Geographie  compar^e  de  la  province  Romaine  d^Afrique,  2  Bde.,  Paris  1884, 
1888.  Der  erste  Band  behandelt  die  physische  Geographie,  die  ethnographischen  Verhält- 
nisse und  die  Topographie  von  Karthago;  der  zweite  Band,  nach  dem  Tode  des  Verfassers 
von  S.  Reihach  ediert,  das  römische  Strassennetz  und  die  politische  Geographie  der  Pro- 
vinz. Zahlreiche  Karten  und  Zeichnungen  sind  beigegeben.  Gh.  Tissot  war  frtmzösischer 
Diplomat  und  begann  seine  Studien  über  die  Altertümer  und  die  Topographie  von  Afrika 
1852  als  ]äl^ve-Konsul  in  Tunis,  die  er  dann  unermüdlich  bis  zu  seinem  Tode  fortsetzte. 
Vgl.  über  seine  Arbeiten  Mommsen  in  Corp.  VlII,  conspectus  auctorum  p.  XXXI  und  den 
Nekrolog  von  Reinach  im  »Jahresbericht  über  die  Fortschritte  der  klassischen  Altertums- 
wissenschaft" 1884  rV  S.  10  ff.,  femer  „Fastes  de  la  province  Romaine  d'Afrique  par  Ch. 
TrssoT,  publi^s  d^aprh  le  manuscript  original  et  prlcedSs  d'une  notice  hiographique  sur 
Vauteur  par  S.  Rbinach",  Paris  1885.  —  Tissots  1863  erschienene  Dissertation:  De  Tri- 
tonide  lacu  (das  Binnenseebecken  im  westlichen  Hinterland  der  kleinen  Syrte)  bildet  die 
Grundlage  des  betreffenden  Kapitels  in  der  Geographie  de  VAfrique  romaine  I  S.  100  bis 
143.  Von  1871 — 1876  war  Tissot  Envoyi  extraordinaire  et  Ministre  pUnipotentiaire  in 
Tanger,  von  wo  aus  er,  der  erste,  die  Mauretania  Tingitana  gründlich  durchforschte;  nament- 
lich das  römische  Strassennetz  in  dieser  Provinz.  Damals  schrieb  er  seine  epochemachenden 
„Recherches  sur  la  Geographie  comparie  de  la  Mauretanie  Tingitane^  (abgedruckt  1877  in 
den  Mimoires  prSsentis  par  divers  savants  etrangers,  /»*«  sMe,  tome  IX).  Im  Bulletin  de 
la  societe  de  Geographie  de  Paris  veröffentlichte  er:  Itiniraire  de  Tanger  ä  Rabat;  esquisse 
d'une  partie  du  royaume  de  F&s  (Karte).  Im  Jahre  1879  unternahm  er  eine  Forschungs- 
reise nach  dem  Thal  des  Medjerda  (Bagrada).  Ueber  dieses  handelt  sein  Werk  „Aude 
sur  le  bassin  du  Bagrada  et  sur  la  voie  romaine  de  Carthage  ä  Hippone  par  Bulla  Regia*' 
in  „Mimoires  des  savants  itrangers,  Bd.  EX,  2  Teile  (1880).  —  ,Ohne  Tissots  freigebige 
Mitteilung  aller  seiner  unedierten  topographischen  und  epigraphischen  Schatze  wären  der 
achte  Band  des  Corpus  inscript.  Lat.  und  die  hinzugefügte  Kaj*te  von  Nordafrika  schwer- 
lich schon  1881  zu  stände  gekommen.*  Im  Jahre  1883  veröffentlichte  Tissot  eine  Studie 
Über  den  Feldzug  Caesars  in  Afrika  (la  Campagne  de  Cisar  en  Afrique\  die  in  den  zweiten 
Band  seines  Hauptwerkes  aufgenommen  ist.  In  demselben  Jahre  wurde  Tissot  an  die  Spitze 
der  Commission  archSoloatque  de  Tunisie  gestellt,  nachdem  die  französische  Unterrichts- 
verwaltung beschlossen  hatte,  die  Erforschung  der  Altertümer  hier  in  ähnlicher  Weise  zu 
fordern,  wie  durch  ihre  Institute  in  Rom,  AÜien  und  Kairo.  Diese  Kommission  sollte  sofort 
die  Ausgrabung  des  alten  Karthago  in  die  Hand  nehmen.  Tissot  bezeichnete  als  Aufgabe: 
die  zwei  oder  drei  Umfassungsmauern  von  Karthago,  die  Mauern  der  Bysra  und  die  Thore 
festzustellen;  femer  bis  auf  den  punischen  Grund  und  Boden  zu  graben.  Mitten  unter  den 
Vorbereitungen  zur  Herausgabe  seines  Hauptwerkes  und  zur  Abreise  nach  Karthago  starb 
Tissot  (am  2.  Juli  1884).  —  Ueber  den  ibrfolg  der  Ausgrabungen  auf  dem  Ruinen- 
felde von  Karthago  durch  S.  Rrinach  und  £.  Babelon  von  März  bis  Mai  1884  vgl. 
Berliner  philol.  Wochenschrift  1884,  Mai  17.  Da  die  Ruinen  Karthagos  sich  über  100  Hek- 
taren erstrecken,  so  war  es  vor  allem  notwendig,  zu  erforschen,  in  welcher  Tiefe  unter  der 
jetzigen  Fläche  der  punische  Boden  sich  befinde.  Zu  diesem  Zwecke  wurden  drei  grosse 
Gruben  gemacht.  „Die  erste  richtet  sich  von  West  gegen  Ost  mitten  im  Felde  zwischen 
der  Byrsa  und  den  alten  punischen  Häfen.  Dieser  Teil  der  Stadt  war  bekanntlich  dicht 
bevölkert  und  die  Römer  mussten  sich  während  6  Tagen  von  Haus  zu  Haus  durchschlagen, 
bis  sie  von  den  Häfen  aus  an  den  Fuss  der  Festung  gelangen  konnten.  Zahlreiche  Ueber- 
reste  von  Häusern,  Zisternen  und  Wasserleitungen  verschiedener  Art  brachte  die  Ausgra- 
bung zu  Lichte.  Spuren  einer  grossen  Feuersbrunst  sind  in  der  Tiefe  von  3  m  fast  überall 
sichtbar.  Der  byzantinische,  der  römische  und  der  jpunische  Boden  bilden  übereinander 
gleichsam  drei  Stockwerke,  deren  ein  jedes  interessante  und  charakteristische  Funde  ge- 


2.  AMka.    (§85.)  83 

liefert  hat  Die  Gegenstände  des  christlichen  Zeitalters  sind  natürlich  am  zahlreichsten. 
Am  interessantesten  ist  wohl  die  Gmhe  seihst,  die  auf  die  Ueherreste  Altkarthagos  ein  so 
lebhaftes  nnd  unerwartetes  Licht  geworfen  hat'  —  Eine  zweite  Grube,  von  Nord  nach  Sttd, 
wurde  auf  dem  Boden  des  forum  tnarUimum  (?)  östlich  Ton  der  ersten  eröfinet  Auch 
hier  fanden  sich  wohlerhaltene  Zisternen,  Treppen,  Wasserleitungen,  Wftnde  archaischen 
und  neueren  Stils.  In  der  Tiefe  von  fast  12  m  zeigte  sich  ein  grosses  urpunisches  Grab, 
dessen  dreieckiger  Eingang  aus  zwei  kolossalen  SteinblOcken  besteht;  ein  ganz  ähnliches 
ist  1880  auf  dem  Hügel  St  Louis  in  gleicher  Tiefe  vom  P.  Delattre  entdeckt  worden.  Ausser 
Lampen  und  Terrakotten,  insbesondere  einer  schön  (bemalten  Statuette  des  Hennes  Erio- 
phoroe,  bot  diese  Grube  eine  ungeheuere  Anzahl  (gegen  450)  punischer  Votivsteine  mit 
Votiyinschriften  an  Baal  und  Tanit  Viele  dieser  Inschriften  waren  zur  Erbauung  späterer 
Mauerwerke  gebraucht  worden.  —  Die  dritte  Grube,  nahe  am  Dorfe  Doar-Schott,  im  west- 
lichen Teil  Karthagos,  lieferte  als  Hauptfund  eine  kolossale  Statue  aus  weissem  Marmor. 
—  Die  Ausgrabungen  werden  seitdem  fortgesetzt,  das  Terrain  ist  günstig:  der  überaus 
grösste  Teil  des  Ruinenfeldes  ist  einfach  mit  Gerste  bebaut  und  die  vier  elenden  Dörfer 
daselbst  stehen  weiter  nicht  im  Wege.  —  Unterdessen  hat  die  Entdeckung  phönikischer 
Gräber  die  älteste  Ansiedlung  der  l^er  an  dieser  Küste  in  ein  neues  Licht  gestellt.  Vgl. 
Dslatthb  im  Bulletin  epigraphique  1885  p.  83  ff.,  wo  zugleich  über  die  Topographie  und 
die  späteren  Schicksale  der  B^rsa  gehandelt  ist  (Doch  ist  die  Identifizierung  des  Hügels 
St  Louis  mit  der  Byrsa  fraghch  geworden,  seit  man  hier  vielmehr  die  ältesten  Begräbnis- 
plätze gefunden  hat  Vgl.  Mbltzbb  H,  167).  Auch  die  übrigen  Quartiere  der  Stadt  treten 
mehr  und  mehr  hervor.  Dslattbb  1.  c.  1884  und  1885  teUt  die  Inschriften  nach  ihren 
Fundorten  mit  Bereits  früher  (1874 — 1876)  hatten  Ausgrabungen  zu  Karthago  (und  Utica) 
stattgefunden  und  über  2000  punische  Inschriften  für  das  „Corpus  inscriptionum  Semiti- 
earum"  der  Pariser  Akademie  zu  Tage  gefördert.  Vgl.  hierüber  E.  db  Saiktb-Mabib,  Mission 
ä  Carthage,  Ein  reich  illustrierter  Band,  Paris  1884.  Neuere  Funde  (1893)  beziehen  sich 
auf  das  unter  Caesar  und  Augustus  neugegründete  Garthago,  das  eine  viel  grössere  Fläche 
einnahm  als  das  alte.  (Bericht  des  P.  Dblattbb  an  die  AcudSmie  des  inseriptions  1893), 
Mit  der  Entdeckung  der  das  punische  Karthago  umgebenden  Nekronolen  (vgl.  Dblattbb, 
Les  tombeaux  puniques  de  Carthage,  Lyon  1894)  erscheinen  zugleich  die  Grenzen  dieser 
älteren  Stadt  gegeben,  gleichwie  die  römischen  Nekropolen  kundthun,  welche  Ausdehnung 
das  auf  den  Trümmern  des  punischen  erbaute  'römische  Karthago  gewonnen  hatte.  Die 
O^^chkeiten,  wo  die  Punier  ihre  Toten  beigesetzt  haben,  sind  der  Hügel  St.  Louis,  dann 
derjenige,  auf  dem  das  kleine  Seminar  steht,  femer  das  Plateau  des  Odeon,  die  Umgebung 
von  Bordj-Djedid  bei  den  grossen  Reservoirs  und  schliesslich  der  Bezirk  Douim^s.  Diese 
ausgedehnten  punischen  Friedhöfe  bestimmen  den  Umkreis,  innerhalb  dessen  sich  die  Durch- 
forschung des  Bodens  nach  Resten  der  von  den  alten  Historikern  erwähnten  Tempel  und 
Paläste  zu  bewegen  hat  (Dblattbb  1895).  Vgl.  den  Plan  bei  Tissot,  den  Boissier  mit 
folgender  Anmerkung  wiederholt:  j,nous  n*y  avons  indiqu4  que  les  loealitis  sur  lesqueües  en 
ginSr<U  on  s'aceorde.  JEneore  est  on  loin  d'Hre  assuri  qWon  ne  se  trompe  pas.*^  —  J. 
Pabtsgb,  Ausgabe  des  Johannis  des  Gorippus  (saec.  VI  p.  Gh.)  fOr  die  Monumenta  Germ, 
historiea  {Antiquissimi  auetores,  tom.  HI,  2,  1880).  Die  Einleitung  gibt  über  die  in  dem 
Gedicht  genannten  libyschen  Stänmie,  namentlich  über  die  Nomenklatur  derselben  bei  Go- 
rippus und  bei  Procopius  (wofür  die  Lesungen  von  Wilh.  Meyer  benutzt  sind)  mannigfachen 
Aufschluss.  —  G.  BoissiiBB,  VAlgSrie  Romaine.  Ouvrage  couronniepar  VAcadimie  fran- 
faise.  Deuxihne  Edition  entikrement  revue  et  considerahlement  augmentie,  2  Teile,  Paris 
1883  (der  Verfasser  ein  Schüler  L.  Renier's,  wurde  recteur  de  VAcadimie  d* Alger  und  man 
lernt  aus  seinem  Buche,  wie  an  Ort  und  Stelle  das  Studium  betrieben  wird.  Verwertung 
der  neueren  französischen  Litteratnr,  auch  der  geographischen).  Die  Erforschung  der  Mau- 
retania  Tingitana  (Marocco)  ist  in  den  letzten  Jahren  durch  H.  db  la  Mabtibi^bb  fortgesetzt 
worden,  worüber  dessen  Reiseberichte  an  die  AcadSmie  des  inseriptions,  1889 — 1892,  und 
das  unten  citierte  Werk  von  Gagnat  zu  vergleichen  sind. 

Zeitschriften:  BüUetin  trimestriel  des  antiquitis  africaines,  publik  sous  la 
direetion  de  J.  Poinssot  et  L.  Dahaboht,  Paris  und  Gran.  Im  Jahre  1882  gegründete  Zeit- 
schrift, in  deren  erstem  Bande  Gh.  Tissot  einen  Teil  seiner  Fastes  de  la  province  consu- 
laire  d'Afrique  publizierte.  Femer  sind  darin  enthalten  (Fortsetzung  in  Bd.  II):  „Inserip- 
tions inidites  reeueiUies  pendant  un  voyage  exicuUe  en  1882—1883'^  par  M.  J.  Poinssot, 
Mit  einer  ^  Carte  d'une  reconnaissance  areh^logique  dans  la  rigion  centrale  de  la  Tu- 
nisie,'^  —  Tom.  H  (1884)  p.  5  ff.  ein  Aufsatz  von  Pallu  db  Lbssbbt,  Ijcs  assemhUes  pro- 
vindales  et  le  cuUe  provincial  dans  VAfrique  Romaine  (Jedes  Heft  dieser  Zeitschrift  gibt 
eine  «Ghronique"  und  ^Bibliographie'  über  AUes,  was  die  afrikanische  Altertumsforschung 
angeht  Karten  sind  beigegeben).  —  Eine  andere  in  Betracht  kommende  Zeitschrift  ist  das 
^Bulletin  de  eorrespondance  Africaine^,  Vgl.  Ephem.  epigr.  VII  p.  IV.  —  Die  Resultate 
der  französischen  Forschung  in  Nordafrika  fasst  zusammen  das  Werk   von  R.  Gagnat, 

0* 


84  A.  Geographie  Ton  Italien  nnd  dem  Orbis  Bomaniui. 

L'armie  Romaine  d'Afrique  et  Voccupation  milUaire  de  VÄfrique  sous  les  empereura. 
(Paris  1892).  Mit  vielen  EartenbeUagen,  namentiich  auch  für  Mauretanien.  Femer:  Atlas 
archiohgique  de  la  Tunisie,  Mit  Text  von  E.  Babblon,  R.  Gagnat,  S.  Rbikaoh.  Erste  Liefe- 
rung der  „Description  de  VÄfrique  du  Nord''.  (Paris  1892).  2.  Lief.  (1892).  3.  Lief.  (1895): 
Das  Gelände  von  Garthago.  —  Vgl.  auch  Gaonat,  Lambhe  {Guides  en  ÄlgMe  ä  Vusage 
des  touristes  et  arcMologues),  Paris  1893.  Bobswillwald  et  Gagnat,  Timgad,  une  cUS 
africaine  sous  Vempire  Romaine.  Mit  Plänen  und  Zeichnungen  dieser  am  Fnsse  des  Auresius 
gelegenen  Stadt  (1898).  —  Im  Jahre  1894  erforschte  der  Lieutenant  H.  Lecoy  de  la  Marche 
in  der  Tripolitana  die  alte  Strasse  zwischen  Gigthis  (Bou-Gftra)  und  Gidamus  (Ghadames). 
Er  konstatierte  dabei  in  Djebel  Tlallet  das  Lager  einerj  detachierten  Kohorte  des  numidi- 
schen  Heeres,  welche  den  Hmes  Iripolitanus  zu  verteidigen  und  zu  überwachen  hatte. 
Weiter  südlich  in  El-Amruni  ein  römisches  Grabmal  mit  einer  zweisprachigen  (lateinischen 
und  neupunischen)  Inschrift  und  mit  Basreliefs  aus  der  Geschichte  des  Orpheus.  Vgl.  Acad. 
des  inscr.  1894.  —  G.  Boissibb,  VÄfrique  Romaine.  Promenades  archSologiques  en  Älgirie 
et  en  Tunisie.  Ävec  quatre  planes,  Paris  1895.  Schilderung  von  Land  und  Leuten,  der 
römischen  Verwaltung,  Timgad  (mit  Plan),  der  römisch-afrikanischen  Litteratur  und  Givili- 
sation  durch  den  bekannten  französischen  Akademiker.  Gewährt  guten  Ueberblick  über 
den  gegenwärtigen  Stand  der  Forschung.  —  Th.  Mommsek,  Bömische  Gesch.  V.  Eap.  13: 
Die  afrikanischen  Provinzen  (mit  Karte  von  Kiepert).  J.  Jüno,  Die  romanischen  Land- 
schaften des  römischen  Reiches  (Material  f&r  die  spätere  römische  Zeit).  Moboelli,  Africa 
christiana.  Bd.  I— III  (1816  f.).  Die  arabischen  Geographen  erwähnen  noch  die  Römer- 
städte, wie  Oea,  Tacape  u.  s.  w. 

Weitere  Litteratur:  Th.  Mommsbn,  «Zama*,  in  .Hermes*  Bd.  XX  (1885)  S.  144—156. 
Durch  zwei  neuaufgefundene  Inschriftsteine  ist  die  Existenz  von  zwei  Orten  dieses  Namens 
konstatiert,  «das  eine  östlicher  bei  Sidi-Amor-Djedtdi,  in  der  Inschrift  (Ephem.  epigr.  V 
p.  280  n.  289)  genannt  eolonia  Zamensis,  das  andere  westlichere  bei  Djiam&a,  in  der  In- 
schrift (1.  c.  p.  649  n.  1473)  genannt  [eolonia]  Augiusta)  Zam(ensis)  m[af]o[r],  wo  aber  auch, 
wie  man  sieht,  m[»n]o[r]  ergänzt  weiden  kann.  Beide  liegen  an  dem  nördlichen  Abhänge 
des  Gebirgsstockes,   den  der  Silianafluss  in  seinem  oberen  Laufe  teilt,  von  Hadrumetum 

i'enes  etwa  60,  dieses  etwa  100,  beide  von  einander  etwa  30  römische  Meilen  entfernt*. 
)ie  Entscheidungsschlacht,  die  dem  zweiten  punischen  Krieg  ein  Ende  machte,  wird  von 
Mommsen  nach  dem  westlicher  gelegenen  Zama  versetzt.  Dagegen  tritt  J.  Schmidt  im 
Rhein.  Museum  1889  S.  397  ff.  für  das  östliche  Zama  ein.  —  Die  Topographie  Afrikas  be- 
reicherte überdies  J.  Schmidt  (gest.  1894),  der  mit  R.  Gagnat  die  Weiterführung  von  Gorp. 
insc.  Lat.  Bd.  VII  übernommen  hatte,  durch  eine  Reihe  von  Aufsätzen,  die  im  Rhein.  Mus. 
erschienen  sind.  So  1889  S.  334  ff.  „Zur  politischen  Geographie  der  afrikanischen  Pro- 
vinzen". 1890  S.  318  ff.  „Die  Zuverlässigkeit  der  Ortsbeschreibungen  in  Sallusts  Jugurtha". 
Wird  bejaht  mit  Bezug  auf  Gafsa,  Zama  regia  u.  s.  w.  —  Ueber  aus  dem  Altertum  erhaltene 
Ortsnamen  vgl.  Wilmanns  in  Ephem.  epigr.  II,  p.  271  f.  Compte  rendu  de  Vacad.  des  in- 
Script.  1891  p.  292  f.:  castellus  Thigensium,  jetzt  Henchir  Thaedgious.  ^Cest  le  nom  atUique 
qui  s^est  eonserv^  sous  cette  forme  aUerSe.^  Henchir  oder  vielmehr  deutsch  ausgesprochen 
Hanschir  ist  die  allgemeine  Bezeichnung  alter  Stadtruinen.  —  Im  übrigen  Gorp.  VIII  passim. 
—  K.  Th.  R&okbbt,  Nach  Norda^ka.  Nach  seinem  Tagebuch  geschildert.  Mit  Illustra- 
tionen und  einer  Kaai;e,  Würzburg  und  Wien  1884.  Dies  Buch  ist  Philologen  zu  empfehlen, 
da  es  von  Land  und  Leuten  gute  Schilderungen  entwirft,  die  Entfernungen  und  Zufahrt- 
strassen (Sardinien,  Sizilien,  Malta)  veranschaulicht,  die  antiken  Stätten,  z.  B.  Ejirthago 
und  seine  Umgebung,  beschreibt.  In  Bädekers  „Unteritalien*  findet  man  auch  einen  „Aus- 
flug nach  Tunis **  beschrieben.  —  Bei  Biserta,  dem  alten  Hippo  Diarrhytus,  haben  die  Fran- 
zosen in  den  letzten  Jahren  einen  Kriegshafen  angelegt,  was  zu  lehrreichen  Erörterungen 
über  die  Machtverhältnisse  im  Mittelmeer,  namentiich  bei  den  Italienern,  Anlass  gab.  (Die 
Häfen  von  Karthago  und  Utika  sind  gegenwärtig  nicht  mehr  brauchbar.  Utica  liegt  jetzt 
zwei  Stunden  vom  Meer  weg.)  Die  Itoliener  erweiterten  dagegen  ihre  Flottenstationen  in 
Messina  und  Tarent.  Vgl.  A.  Rogalla  von  Bibbbstein:  „Biserta  und  Spezzia*,  in  „Die 
Gegenwart"  1894  S.  355  ff. 

3.  Hispanien. 

86.  Die  Kenntnis  der  Alten  von  Spanien.  Schon  früh  wurden 
die  spanischen  Küsten  von  den  Phönikem  befahren  und  kolonisiert;  auf 
einen  alten  Periplus  gehen  zum  Teil  die  Angaben  in  des  Avienus  „Ora 
maritima*^  zurück  (vgl,  Müllenhoff,  Deutsche  Altertumskunde  I,  S.  73  flF., 
hiezu  Ed.  Meyeb,  Gesch.  des  Altertums  11  S.  686).  Die  südlichsten  Küsten, 


8.  Hiflpanien.    (§  36.) 


85 


namentlich  Oades,  behielten  noch  unter  römischer  Herrschaft  ihr  phöni- 
kisches  Gepräge. 

Den  Phönikiern  folgten  seit  dem  siebenten  Jahrhundert  v.  Chr.  die 
Griechen,  deren  Heldensage  sich  auch  an  spanische  Örtlichkeiten  fixierte 
(vgl.  Strabo  HI,  2,  12  und  13). 

Herodot  (TV,  8.  152  cf.  I,  163.  Dünckeb,  Gesch.  des  Altertums  V, 
517  f.)  zeigt  über  Tartessus  (an  oder  nahe  der  Mündung  des  Baetis; 
der  Landschaftsname  Turdetania  hängt  damit  zusammen)  und  Gadeira 
nähere  Kenntnis.  —  In  der  unter  dem  Namen  des  Hecataeus  gehenden 
yfjg  ne^iodog  (vgl.  darüber  H.  Berger,  Gesch.  der  wissenschaftlichen  Erd- 
kunde der  Griechen  I  S.  7)  sind  eine  Reihe  spanischer  Orts-  und  Yölker- 
namen  genannt.  —  Bei  Pseudoskylax  sind  die  Iberer,  der  Fluss  Iber, 
Gadeira  und  das  Emporion  der  Massalioten  erwähnt.  —  Iberien  nord- 
wärts des  Iber  gehörte  in  den  Kultur-  und  Machtkreis  der  Massalioten, 
von  denen  ausser  Empor ion  (Emporiae)  auch  Rhode,  wenn  nicht  ge- 
gründet, doch  später  okkupiert  war.  Saguntum,  eine  Pflanzstadt  der 
Zakynthier  und  der  »Ardeaten",^)  nahm  eine  Stellung  für  sich  ein;  wie 
die  übrigen  Griechenstädte  in  diesem  Teile  des  Mittelmeergebietes  mit  den 
Phönikem,  speziell  mit  den  Karthagern  rivalisierend.  —  Die  anderen  grie- 
chischen Gründungen  an  der  iberischen  Küste,  die  wohl  erwähnt  werden, 
sind  früh  zerstört  worden  oder  verkommen. 

Von  Massilia  aus  erfolgte  um  das  Jahr  300  die  Entdeckungsfahrt 
des  Pytheas  nach  dem  westlichen  Ozean,  wodurch  für  die  geographische 
Wissenschaft  der  Griechen  die  wichtigsten  Daten  gewonnen  wurden:  be- 
züglich der  Krümmung  des  südwestlichen  Spaniens  (gegenüber  Afrika)  nach 
Norden  zu,  sowie  der  Vorgebirge  im  nordwestlichen  Spanien;  nicht  ohne 
dass  die  Zahlenangaben  an  einiger  Übermässigkeit  gelitten  hätten.  Doch 
legten  Eratosthenes  und  Hipparch  die  Angaben  des  Pytheas  ihren  Berech- 
nungen zu  Grunde  (vgl.  H.  Berger,  Die  geographischen  Fragmente  des 
Eratosthenes,  Leipzig  1880.  Derselbe,  Die  geographischen  Fragmente  des 
Hipparch,  Leipzig  1869).  —  Erst  von  dieser  Zeit  an  wurde  die  Eigentüm- 
lichkeit der  europäischen  Mittelmeerküsten,  die  in  der  Entwicklung  dreier 
grosser  Halbinseln  besteht,  von  den  Geographen  anerkannt. 

Während  des  zweiten  punischen  Krieges  setzten  sich  die  Römer,  seit 
226  V.  Chr.  die  Verbündeten  von  Saguntum,  in  Hispanien  fest;  doch  ver- 
gingen bis  zur  endgültigen  Eroberung  des  Landes  noch  zweihundert  Jahre. 

Während  dieser  Kämpfe  (gegen  Viriatus,  vor  Numantia,  unter  Ser- 
torius)  erfuhr  das  geographische  Wissen  beständige  Bereicherung,  da  die 
Römer  für  ihre  praktischen  Zwecke  Vermessungen  vornahmen,  die  von 
griechischen  Gelehrten  wissenschaftlich  verarbeitet  werden  konnten.    Es 


0  Vgl,  liv.  XXI,  7.  Die  „Ardeaten« 
werden  als  Rutuler  gefassi,  sind  aber  allem 
Anschein  nach  identisch  mit  der  spanischen 
Völkerschaft  der  Arsenses  (Arsesacen  auf 
den  Münzen).  Vgl.  Zobbl  de  Zavoböniz  in 
Comment.  Mommsen.  p.  822.  Estudio  histo- 
rico  p.  168  ff.  Saguntcun  lag  bei  Murviedro; 
durch  Scipio   Afncanus  wieder  hergestellt, 


erscheint  es  in  der  Zeit  des  Augostns  als 
^municipium'^ ,  —  Emporiae  (jetzt  Ampnrias) 
hatte  unter  der  römischen  Herrschaft  zu- 
nächst eine  griechische,  eine  spanische  (der 
Indigetes),  eine  römische  Ansiedlung  neben 
einander,  die  erst  in  augusteischer  Zeit  ver- 
schmolzen.   Vgl.  Liv.  34,  9. 


86 


A.  Geographie  von  Italien  nnd  dem  Orbis  Bomaniu. 


geschah  dies  durch  Polybios,  der  die  Beschwerden  der  Reise  nach  Spa- 
nien nicht  scheute  (vgl.  III,  59,  7 ;  er  machte  im  Gefolge  des  Scipio  Aemi- 
lianus  den  numantinischen  Krieg  mit),  um  seinen  Werken  eine  tüchtige 
geographische  Unterlage  zu  verleihen,  wie  er  dies  von  einem  Historiker 
forderte.  Freilich  schloss  dies  nicht  aus,  dass  in  den  geographischen  An- 
gaben des  Polybius  sich  auch  grobe  Verstösse  finden;  wie  er  denn  den 
Westen  Spaniens  ungebührlich  in  die  Länge  gezogen  hat,  die  Position  von 
Sagunt  nördlich  und  südlich  des  Ebro  angegeben  ist  und  auch  in  der  Orien- 
tierung der  Lage  von  Karthago  nova  Fehler  zu  bemerken  sind.  —  Li  den- 
selben Bahnen  wie  Polybius  bewegten  sich  seine  Fortsetzer  Posidonius  von 
Rhodus  (älterer  Zeitgenosse  des  Cicero),  der  gleichfalls  selbst  nach  Spanien 
kam,  und  Strabo  (63  v.  Chr.  bis  23  n.  Chr.)  in  geogr.  üb.  III. 

Von  römischer  Seite  ist  zuerst  Varro  (116—27  v.  Chr.)  als  geogra- 
phischer Schriftsteller  über  Hispanien  aufgetreten,  das  er  als  Legat  des 
Pompejus  persönlich  kennen  gelernt  hatte.  Es  folgten  die  Reorganisation 
Julius  Caesars  nach  Beendigung  des  „spanischen'  Krieges;^)  dann  die 
grundlegende  Thätigkeit  der  Augustischen  Zeit,  namentlich  die  Aufnahmen 
des  M.  Vipsanius  Agi*ippa.  Auf  diesen  Vorgängern  fussten  die  späteren 
Bearbeiter,  unter  Gaius'  und  Claudius'  Regierung  Pomponius  Mela  (de 
chorographia  lib.  U,  6  und  9;  m,  1),  der  vielfach  dem  Eratosthenes  ge- 
folgt ist;  zur  Zeit  der  Flavier  Plinius,  Natur,  bist.  III,  2—4;  IV,  20—23, 
der  den  Varro  ausgeschrieben  hat.  —  Unter  Vespasian  erfolgte  die  Er- 
teilung des  „Latiums'^  an  sämtliche  bisher  minder  berechtigte  Gemeinden 
(daher  die  leges  von  Salpensa  und  Malaca).  —  Man  vgl.  auch  des  P.  Annius 
Florus  „Virgilius  orator  an  ^oeta^  (saec.  11  init.)  p.  106 — 109  ed.  Halm, 
wo  spanische  Gegenden  und  Verhältnisse  charakterisiert  sind.  —  Orosius, 
Hist.  adv.  paganos  I,  2  ed.  Zanoemeisteb  (1882)  enthält  eine  Chorographie, 
über  welche  Müllenhoff,  Weltkarte  des  Augustus  (Kiel  1856)  S.  13  flF. 
und  Partsch,  Die  Darstellung  Europas  in  dem  geogr.  Werke  des  Agrippa 
(Breslau  1875)  S.  10—17  zu  vergleichen  sind.  —  Claudius  Ptolemaeus 
gibt  in  seiner  geographia  lib.  U  c.  4—6  die  Angaben  der  offiziellen  Reichs- 
statistik des  zweiten  Jahrhunderts  n.  Chr.  wieder.  Reichhaltiger  Kom- 
mentar hiezu  in  der  Ausgabe  von  Ch.  Müller  Vol.  I  (Paris,  Didot,  1883) 
p.  106—198. 

Eine  Schilderung  von  Land  und  Leuten  (ausser  bei  Strabo)  ist  für 
die  spätere  Zeit  in  der  „Expositio  totius  mundi  et  gentium"  bei  Riese, 
Geogr.  lat.  minor,  p.  122  und  in  des  Pacatus  Panegyricus  auf  den  aus 
Spanien  stammenden  Kaiser  Theodosius  enthalten. 


0  Vgl.  hiezu  Hübnbb's  und  Mommsbn's 
Kommentar  der  „  lex  cöloniae  Juliae  Gene- 
Hvae"  (Urso,  heute  Osuna).  Ephem,  epigrct- 
phica  II  p.  119  ff.;  m,  87  ff.  „Zum  BeUum 
Hispaniense'*  handelt  Mommsen  in  , Hermes* 
XXVin  S.  607  ff.  Der  Schlachtort  Munda 
lag  zwischen  Ucubi  und  Urso  (welcher  Name 
bei  Plin.  h.  n.  3,  3,  12  in  den  Text  zu  kor- 
rigieren ist),  etwa  am  mittleren  Laufe  des 
Flusses  Singilis  (Jenil).  „Die  Lokalforschnng 
geht  davon  aus,   dass  von  den  zwei  in  der 


Neuzeit  Monda  genannten  Ortschaften,  der 
einen  unweit  der  Küste  westlich  von  Carteia 
und  derjenigen  bei  Ronda,  die  erstere  sicher 
nicht  zutrifft,  Und  darin  kann  ihr  nur  bei- 
getreten weiden,  nicht  aber  in  dem  Köhler- 
glauben, dass  damit  die  zweite  nicht  minder 
unmögliche  Annahme  möglich  werde.  Die 
Stadt,  zerstört  nach  der  Schlacht,  ist  ver- 
schollen, aber  sicher  im  Singilisgebiet  zu 
suchen.  ** 


8.  Hispuüen.    (§§  37—38.)  87 

37.  Orographie  und  Hydrographie.  Der  die  spanische  Halbinsel 
von  Gallien  trennende  grosse  Oebirgszug  („ ebenso  schrecklich,  so  hoch  und 
so  schneereich  wie  die  Alpen  *"  sagt  Florus)  führte  von  altersher  den  Namen 
der  Pyrenäen,  der  ursprünglich  nur  der  östlichen  Kette  angehört  zu  haben 
scheint,  aber  von  den  Griechen  auch  auf  die  hinterliegenden  Teile  erstreckt 
worden  ist;  das  kastilianische  Scheidegebirge  galt  als  Fortsetzung  der  Pyre- 
näen. —  Im  Süden  der  Halbinsel  hatten  uns  bekannte  Spezialnamen  der 
llipula  (heute  Sierra  Nevada);  der  Orospeda  (Sierra  de  Segura),  an  welchen 
im  Westen  der  „SaUus  Castulonensis^  und  der  Jfon«  Afarianw«  (Sierra  Morena) 
sich  anschliesst;  der  Herminius  (Sierra  de  Estrella).  Im  nördlichen  Küsten- 
gebirge (bei  den  Gantabrem)  der  Vindius  oder  Vinnins;  der  saUus  Vas- 
conum,  d.  i.  der  Ausläufer  der  Pyrenäen  nach  Westen  längs  des  Ozeans;  der 
Idubeda  mons  (Sierra  de  Oca),  vom  Lande  der  Gantabrer  bis  ans  Mittel- 
meer u.  a. 

Von  den  Flüssen  haben,  mit  Ausnahme  derjenigen,  welche  im  Mittel- 
alter arabische  Namen  bekommen  haben,  wie  der  Baetis  (Guadalquibir),  die 
meisten  ihre  alten  Namen  bewahrt:  der  Anas  (seit  den  arabischen  Zeiten 
Guadiana,  d.  i.  Wasser  des  Anas  oder  Anasstrom);  der  Tagus  (span.  Tajo, 
portug.  Tejo),  von  Gatull.  29,  19  als  „amnis  aurifer^  bezeichnet;  der  Durius 
(span.  Duero,  portug.  Douro);  der  Mnius  (span.  Mino,  portug.  Minho) ;  der 
Iberus  (heute  Ebro),  der  Sucro  (Jucar),  der  Turis  (Turfa,  neben  dem  arabi- 
schen Guadalaviar). 

Reich  war  Spanien  durch  seine  Bergwerke  (hauptsächlich  auf  Silber), 
ferner  an  Mineralquellen.  Erstere  lagen  im  südl.  der  Teile  Halbinsel,  im 
Gebiet  von  Karthago  nova,  wo  sie  schon  von  den  Puniem  ausgebeutet 
wurden,  in  der  Kaiserzeit  aber  weniger  einträglich  waren  (die  Beschrei- 
bung derselben  durch  den  ortskundigen  Posidonius  liegt  bei  Strabo  HI,  2, 
8  vor);  und  in  Lusitanien  (wo  über  die  Bearbeitung  der  Werke  aus  dem 
zweiten  Jahrhundert  die  im  Jahre  1878  bei  Aljustrel  aufgefundene  „lex 
metalli  Vipascensis^ ^  publiziert  in  Ephem.  epigr.  HI,  165 — 189  mit  Kom- 
mentar von  Hubner  und  Mommsen,  reichhaltige  Aufschlüsse  gewährt  hat). 
—  Im  Norden  Lusitaniens  wurde  nach  Posidonius  (bei  Strabo  HI,  2,  9) 
Zinn  gewonnen;  in  der  zwischen  dem  Anas-  und  dem  Baetisthal  sich  hin- 
ziehenden Bergkette,  bei  Sisapo  (arab.  Almaden,  d.  i.  „Bergwerk**)  Queck- 
silber. Von  Castulo,  dem  Mittelpunkt  des  Silber-  und  Bleigrubendistriktes, 
wurde  nach  Sisapo  eine  Strasse  geführt.  —  Die  Mineralwässer  (in  Asturien, 
Cantabrien  u.  s.  w.)  wurden  zum  Teil  weithin  versendet.  Vgl.  Hübneb, 
Die  Heilquelle  von  TJmeri  (bei  Santander).  Archäol.  Zeitung  XXXI  (1874) 
S.  115  Taf.  n. 

38.  Ethnographie.  Der  enchorische  Volkstamm,  dessen  Reste  und 
(bekanntlich  flexionslose)  Sprache  bis  auf  den  heutigen  Tag  in  Nordspanien 
und  Südfrankreich  sich  erhalten  haben,  die  Basken  (Eucaldunak),  erfüllte 
einstmals  die  ganze  Pyrenäenhalbinsel;  im  Verlaufe  der  geschichtlichen 
Entwicklung  durch  die  Festsetzung  fremder  Elemente  immer  mehr  einge- 
engt: im  Süden  durch  die  phönikische,  im  Nordosten  durch  die  gi-iechische 
Kolonisation,  im  Binnenlande  durch  die  keltische  Einwanderung  (im  4.  Jahr- 
hundert V.  Chr.);  noch  unter  der  römischen  Herrschaft  wurde  der  Gegen- 


88  A.  Geographie  von  ItaUen  vnd  dem  Orbis  Romaniu. 

satz  des  keltischen  gegenüber  dem  einheimisch-iberischen  Element  ausge- 
spielt. In  der  Eaiserzeit  treten  die  Basken  wenig  hervor,  wohl  aber  später 
nach  dem  Zusammenbruche  des  Reiches  während  der  Völkerwanderung»- 
periode.  Das  übrige  Spanien  romanisierte  sich  verhältnismässig  rasch, 
zuerst  die  Landschaft  im  Süden  und  der  östliche  Küstenstrich  mit  den 
balearischen  Inseln  (Strabo).  Die  zahlreichen  Eoloniegründungen  unter 
Caesar  und  Augustus  hatten  dazu  wesentlich  beigetragen.  Eine  weitere 
Etappe  bezeichnet  die  Verleihung  des  latinischen  Rechtes  an  sämtliche 
spanische  Gemeinden  durch  den  Kaiser  Yespasian  im  Jahre  74  n.  Chr. 
Damit  wurde  die  nationale  Sprache  und  die  nationale  Schrift  im  öffent- 
lichen Verkehr  durch  die  lateinische  ersetzt,  die  Romanisierung  hier 
früher  durchgeführt  als  in  den  Nachbarlandschaften  Afrika  und  zum 
Teil  selbst  Gallien.  Die  Zeiten  der  Republik  hatten  dem  Werke  der  Kaiser 
durch  die  Gründung  von  Städten  wie  Corduba,  Italica  u.  a.  bereits  vor- 
gearbeitet. 

39.  Politische  Organisation.  Als  Phöniker,  Griechen,  Römer  sich 
auf  der  Pyrenäenhalbinsel  festsetzten,  waren  die  Eingeborenen  in  zahlreiche 
Stämme  geteilt.  Jede  der  fremden  Nationen  suchte,  wenn  nicht  alle,  so 
doch  einen  Teil  derselben  in  ihre  Interessensphäre  zu  ziehen;  den  Süden  und 
Südosten,  sowie  die  Balearen  (Gades,  Karthago  nova^),  Mago)  die  Punier, 
den  Nordosten  die  Griechen,  von  wo  (Tarraco)  aus  später  auch  deren 
Bundesgenossen,  die  Römer,  gegen  den  punischen  Anteil  vordrangen. 

Jene  Interessensphäre  ist  gekennzeichnet  durch  den  Gebrauch  des 
einen  oder  des  anderen  Münzsystems,  indem  in  den  nachherigen  Land- 
schaften Baetica  und  Lusitanien,  auch  auf  den  Inseln  der  babylonisch-tyrische 
Münzfuss  und  dessen  verschiedene  Modifikationen,  in  Rhode,  Emporiae  und 
Sagunt  hingegen  der  phokäische  Münzfuss  vorherrschte.  Beide  Systeme 
wurden  von  den  Einheimischen  angenommen,  die  auch  noch  unter  römischer 
Herrschaft  die  Münzprägung  in  der  nächstgelegenen  Stadt  auszuüben 
pflegten;  so  im  nordöstlichen  Spanien  die  Cessetaner,  die  Indigetes, 
die  Laietani,  die  Celsitani,  die  Ilergetes;  um  Sagunt  die  Arsenses; 
um  Karthago  nova  die  Sedetani  oder  Sethisenses;  um  Acci  die 
Igloetes. 

Nachdem  die  Römer  sich  des  karthagischen  Herrschaftsgebietes  in 
Hispanien  während  des  zweiten  punischen  Kriegers  bemächtigt  hatten,  rich- 
teten sie  hier  zwei  Provinzen  ein:  nach  ihrer  Lage  gegen  Rom  „citerior^ 
und  „uüerior*^  genannt,  beide  durch  den  „saüus  Castulonensis^  von  einander 
geschieden.  Die  Hauptstadt  der  ersteren  blieb  Karthago  nova,  bis  es 
von  der  colonia  „Julia  victrix  triumphalis^  Tarraco  in  der  Zeit  des 
Augustus  überflügelt  wurde.  Die  Hauptstadt  der  anderen  Provinz  war 
Corduba.  Ein  dritter  Sprengel,  Lusitanien,  tritt  erst  unter  dem  Pro- 
konsulat des  Pompeius  hervor. 

In  der  Folgezeit  wechselte  die  Bedeutung  der  einzelnen  spanischen 
Landschaften,  indem  bald  die  Ebro-,  bald  die  Baetisgegend,  bald  Lusitanien 


')  Vgl.  über  die  Lage  von  Karthago  nova  H,  Dboysbn,  Zu  Polybios,  Rh.  Mus.  N.  F. 
XXX,  62  ff. 


8.  Hiapanieii.    (g§  89-40.)  89 

den  Vorrang  hatte;  was  auf  die  Parteistellung  zur  Zeit  der  Bürgerkriege 
unter  Sertorius,^)  Pompeius,  Caesar  eingewirkt  haben  muss,  von  uns  aber 
im  Detail  nicht  erkannt  werden  kann. 

Unter  Augustus  wurde  die  Unterwerfung  von  Spanien  mit  der  Be- 
siegung der  Cantabrer  (im  Baskenland  und  der  Provinz  Santander)  und 
der  Asturer  (in  den  Provinzen  Asturien  und  Leon)  in  einem  achtjährigen 
Krieg  (26 — 18  v.  Chr.)  zum  Abschluss  gebracht,  worauf  durch  Agrippa 
die  geographische  und  statistische  Aufnahme  des  Landes  und  zwar  (wie 
ihre  Resultate  bei  Plinius  B.  III  vorliegen)  nach  5  Rubriken  erfolgte.  Es 
waren  dies:  1.  Die  Summarien  der  drei  Provinzen,  enthaltend  die  Zahl 
und  die  Namen  ihrer  juridischen  Konvente,  sowie  die  Zahl  ihrer  civitates, 
dem  Range  nach  in  Klassen  geordnet;  d.  h.  die  Kategorien  der  cives,  Latini 
und  peregrini,  die  fQr  die  Rekrutierung  sei  es  in  die  Legionen,  sei  es 
in  die  Auxiliarkorps  von  praktischer  Bedeutung  waren,  sind  ausdrücklich 
unterschieden.  2.  Der  Periplus  der  Provinzen.  3.  Angaben  über  den  Lauf 
der  Hauptflüsse.  4.  Eine  Aufzählung  der  gentes  und  regiones  der  Provinz. 
5.  Reihen  von  Städte-  und  Oemeindenamen  klassenweise  und  meist  alpha- 
betisch geordnet.    (Detlefsen,  Comm.  Momms.  p.  29). 

Die  drei  Yerwaltungssprengel,  in  welche  Spanien  seit  jener  Reorgani- 
sation zerfiel,  hatten  in  ihrer  Abgrenzung  anfangs  noch  Schwankungen 
durchzumachen.  1.  Lusitanien  vom  Anas  bis  zum  Durius.  Hiezu  ge- 
hörte in  der  früheren  Zeit  des  Augustus  auch  noch  Gallaecien  und  Asturien, 
welche  nachher  aus  militärischen  Gründen  zur  Tarraconensis  gezogen  wurden. 
2.  Die  Jenseitige*  Provinz  oder  Baetica,  von  der  Stadt  Murgi  am 
Mittelmeer  bis  zum  Flusse  Anas.  Da  hier  die  städtische  Organisation 
vollständig  durchgeführt  war,  verblieb  die  Baetica  in  der  Verwaltung  des 
Senates.  Wir  haben  gesehen,  dass  damit  seit  Caracalla  die  Tingitana 
kombiniert  erscheint.  3.  Die  »diesseitige**  Provinz  oder  die  , Tarra- 
conensis**, welche  nördlich  des  Gebirgsrückens  von  Castulo  {saUus  Castulo- 
nensis)  sich  ausbreitete.  Seit  Caracalla  ist  die  Landschaft  Asturia  und 
Gallaecia,  die  Augustus  dazugeschlagen  hatte,  wieder  abgezweigt. 

Die  einzelnen  Provinzen. 

40.  A.  Lusitanien.  Die  Hauptstadt  von  Lusitanien  war  Augusta 
Emerita,  welches,  von  Augustus  während  seines  Aufenthaltes  in  Spanien 
als  Yeteranenkolonie  gegründet,  bald  eine  der  blühendsten  Metropolen  des 
Reiches  wurde.  Zeuge  davon  sind  ihre  grossartigen  Ruinen.  Hier  war 
der  Sitz  des  Landtages  und  der  Behörden.  —  Die  Provinz,  welche  in  drei 
conventus  {Emerita,  Fax  Julia,  Scallabis)  geteilt  war,  hatte  zur  Zeit  des 
Augustus  5  Kolonien,  ein  municipiutn  civium  Bomanorum,  3  civitates  mit  ius 


>)  Auf  den  zwischen  Serfcorins  und  Pom- 
peiuB  gefUhrten  Krieg  beziehen  sich  zwei 
Kolumnen  der  (1886)  von  £.  Hauler  publi- 
zierten neuanfgefundenen  Palimpsestfrag- 
mente  zu  Sallust's  Historien.  Die  erste  gibt 
eine  Probe  von  der  Tapferkeit  und  Vater- 
landsliebe der  hispanischen  Frauen;  die  an- 


dere berichtet  vom  Abzug  des  pompeianischen 
Heeres  ins  Land  der  Yasconen  und  dem 
Nachrücken  der  Sertorius  (75  v.  Chr.).  —  üeber 
Sallust's  geographische  Exkurse  im  allge- 
meinen vgl.  Mommsen  in  Hermes  XVI  S.  602  f. 
Graniu8  Licinianus  p.  42  Bonn  sagt  von 
ihm:  dcU  in  ceneum  hca,  mantes,  flumina. 


90  A.  Geographie  von  Italien  nnd  dem  Orbüi  Bomaniu. 

Lata  und  36  dvitates  stipendiariae.  Pax  Julia,  im  südlichen  Teile  der 
Provinz,  ist  das  heutige  Beja.  In  seinem  conventus  lagen  Myrtilis  (jetzt 
Mertola),  Balsa  (bei  Tavira),  Salacia  (Alcacer  do  Sal),  Ebora,  offiziell 
Liberalitas  Julia  (jetzt  Evora);  Ossonoba  (beim  heutigen  Faro)  u.  a.  — 
Olisipo  {^Felidtas  Julia^),  das  heutige  Lissabon,  kam  als  Handelsstadt 
und  als  Sommerresidenz  des  Statthalters  zu  immer  grösserer  Bedeutung. 
—  Scallabis  (col.  „praesidium  Julium*')  lag  am  Tagus  (bei  Santarem). 
Der  Stadt  Conimbriga  (bei  Condeixa  la  velha)  benachbart  war  Aeminium, 
das  heutige  Coimbra.  Die  älteren  Festungen  Metellinum  (Medellin),  ge- 
gründet durch  Q.  Caecilius  Metellus  Pius  um  80  v.  Chr.,  Norba,  offiziell 
col.  Caesarina  (bei  Cäceres),  vielleicht  ursprünglich  nach  der  gleichnamigen 
Yolskerstadt  benannt,  hatten  später  geringere  Bedeutung.  Bei  Turgalium 
(Trujillo)  zeigen  die  Denkmale  der  Römerzeit  einen  barbarischen  Charakter. 
Der  Name  der  Igaeditani  ist  in  Idanha  erhalten.  In  der  Nähe  von 
Alcantara  (arab.  Gründung)  die  berühmte  Traiansbrücke  über  den  Tagus, 
erbaut  auf  Kosten  der  nächstinteressierten  lusitanischen  Gemeinden,  die 
Igaeditani  an  der  Spitze,  durch  den  Baumeister  C.  Julius  Lacer.  Die 
Gegend  im  nördlichen  Lusitanien,  namentlich  die  bergige  Landschaft 
der  Vettones,  behielt  die  Gauverfassung  und  den  enchorischen  Eultur- 
zustand  am  längsten  bei.  Hier  lagen  Salmantica  (jetzt  Salamanca), 
Caesar obriga  (bei  Talavera  de  la  Beina),  Augustobriga  (Talavera  la 
vieja).  Berühmt  war  die  Schafzucht,  wofür  die  Gegend  vorzüglich  ge- 
eignet war,  während  der  Ackerbau  zu  spärliches  Terrain  fand. 

B.  Die  „provincia  ulterior*,  mit  der  Hauptstadt  Cor duba,  zerfiel 
nach  der  Augustischen  Organisation  in  die  4  conventus  von  Gades,  Cor- 
duba,  Astigi,  Hispalis;  sie  enthielt  175  Städte  (darunter  9  coUmiae^ 
10  municipia,  27  dvitates  iuris  LcUini,  6  liberae^  3  foederatae,  120  stipen- 
diariae), —  Vor  allem  die  südliche  Landschaft  hatte  eine  stattliche  Reihe 
von  Yollbürgergemeinden  aufzuweisen,  deren  Gründung  zum  Teil  in  die 
Zeit  der  Republik  zurückreicht  (vgl.  bell.  Hispan.  c.  7:  ex  coloniis  quae 
fuerunt  in  his  regionibus):  Corduba  (Cordova),  Hispalis  (Sevilla),  Italica 
(bei  Sevilla).  Astigi,  offiziell  col.  Augusta  Firma  genannt,  lag  (beim  heutigen 
Ecija)  am  Singilis.  ücubi,  offiziell  colonia  Ciaritas  Julia  (bei  Espejo). 
Tucci,  col.  Augusta  Gemella  (bei  Martos).  Sabora,  ein  municipium  Ha- 
vium,  bekannt  durch  ein  von  Vespasian  ihm  verliehenes  Privileg,  als  es 
vom  Berg  in  das  Thal  übersiedelte,  bei  Canete.  Im  Hochthale  des  Singilis, 
entsprechend  dem  späteren  Granada,  die  «Neustadt'  Illiberis,  dessen  Name 
in  der  benachbarten  Sierra  de  Elvira  erhalten  ist.  Sonst  haben  wenige 
der  kleineren  Städte  ihre  Namen  bewahrt,  so  Carmo  (jetzt  Carmona), 
Ostippo  (jetzt  Estepa),  Olaura  (jetzt  Lorilla),  Anticaria  (jetzt  Ante- 
quera).  Igabrum  (jetzt  Cabra),  Asido  (Medina  Sidonia).  Ln  conventus 
GaditanuSy  den  punischen  Süden  der  Baetica  umfassend:  Iluro  (jetzt  Alora), 
Cartima  (jetzt  Cartama),  Malaca  (jetzt  Malaga)  u.  a.  Von  den  bei 
Mola,  Plinius,  Ptolemaeus  genannten  Eüstenstädten  sind  mehrere  noch 
nicht  nachgewiesen;  ebenso  viele  Ruinen  nicht  identifiziert.  Den  Schlacht- 
ort Baecula,  der  aus  dem  2.  punischen  Krieg  bekannt  ist;  hält  man  für 
identisch  mit  Baylen.  —  Die  Mehrzahl  der  Namen  sind  jetzt  arabisch  oder 


8.  Hispanien.    (g  40.)  91 

neuspanisch.  Die  Beziehungen  der  Baetica  zu  der  gegenüberliegenden 
mauretanischen  Landschaft  blieben  in  Krieg  und  Frieden  sehr  lebhafte. 
Gades  (jetzt  Gadiz),  wo  sich  das  punische  Element  behauptete,  gehörte 
als  „municipium  Augustum^  zu  den  reichsten  Städten  des  römischen  Reiches, 
wie  die  Baetica  überhaupt  zu  den  blühendsten  Provinzen;  der  Handels- 
verkehr mit  Italien  war  ein  sehr  lebhafter. 

G.  «Hispania  citerior''  hatte  seit  Augustus  (statt  des  früheren 
Karthago  nova)  das  für  den  Landverkehr  zwischen  Rom  und  den  militä- 
risch besetzten  nordspanischen  Gegenden  günstig  gelegene  Tarraco  zur 
Hauptstadt.  Die  Provinz  zerfiel  in  drei  Diözesen  (Asturia  et  Gaüaecia; 
Tarraconensis;  die  Diözese  des  Binnenlandes)  und  in  sieben  Gerichtssprengel 
(conventus)  mit  den  Hauptorten:  Karthago  nova,  Tarraco,  Gaesar- 
augusta,  Glunia;  Lucus  Augusti,  Bracaraugusta  und  Asturica 
Augusta.  Die  letzteren  drei  Orte  lagen  in  Asturien,  das  von  Anfang  an 
innerhalb  der  Provinz  eine  besondere  Stellung  einnehmend,  im  3.  Jahr- 
hundert mit  Gallaecien  einen  eigenen  Statthalter  bekam.  Während  das 
heutige  Asturien  nur  an  den  Nordabhängen  des  Gebirges  sich  ausdehnt, 
sassen  im  Altertum  asturische  Stämme  auch  südwärts  um  Leon  und 
Astorga;  danach  wurden  die  „Augustani''  (von  Asturica  Augusta)  und  die 
„trammontani^  unterschieden.  Bezüglich  letzterer  findet  sich  als  Heimats- 
bezeichnung (Brambach  478):  y, Astur  transmontanus  castel(lo)  Intercatia^; 
woraus  wir  ersehen,  dass  die  Heimatsgemeinde  nicht  städtisch  organisiert 
war.  —  Diese  Gegenden  wurden  bei  der  Aushebung  zu  den  Auxiliar- 
truppen  stark  herangezogen:  sie  stellten  5  Gehörten  Bracaraugustani  und 
Lucenses,  6  Gehörten  Astures.  Auch  in  der  übrigen  Hispania  citerior 
können  wir  danach  die  Yölkerschaftsverhältnisse  abschätzen:  die  Aravaker 
stellten  zwei  cdae,  die  Gantabrer,  Vasconen,  VarduUer  je  zwei  Gehörten; 
während  die  Kontingente  des  südlichen  Teils  der  Provinz  schlechtweg  als 
«Hispani*  (wenigstens  eine  ala  und  sechs  Gehörten)  dienten.  Man  sieht,  dass 
diese  nordspanischen  Distrikte  einen  ganz  anderen  Gharakter  haben  als  die 
südspanischen:  hier  alte  Givilisation,  dort  enchorische  Zustände,  welche  der 
Givilisation  nur  langsam  näher  rücken.  Im  Süden  erwachsen  Dichter,  hier 
Soldaten.  —  Im  Gonventus  Bracaraugustanus  nennen  die  Inschriften  bar- 
barische Götter-  und  Personennamen.  In  der  Ruinenstätte  von  „Gitania*" 
scheinen  Bezeichnungen  der  Häuser  oder  vielmehr  Hütten  vorzukommen, 
z.  B.  in  der  Inschrift:  Coroneri  Camali  domus.  Ausserdem  fand  man  rohe 
Gefässe  mit  unrömischen  Namen.  Manche  Ortsnamen  haben  sich  erhalten: 
Tudae  in  Tuy  am  Minho,  Bragantia  in  BragauQa,  auch  Flussnamen: 
eine  Göttin  Nabia  oder  Navia  lebt  in  dem  Flusse  Navea  fort.  Für  diese 
Landschaft  warBracaraugusta  (Braga)  das  Kultm*zentrum.  Auch  Aquae 
Flaviae  (Ghaves)  kam  zu  Bedeutung.  Beide  heute  zum  Königreich  Por- 
tugal gehörig,  das  seinen  Namen  dem  Hafen  von  Braga,  dem  portus 
Cale,  verdankt.  —  Der  „conventus  Lucensis^  entspricht  im  allgemeinen  der 
spanischen  Provinz  Gallaecien;  Lucus  Augusti,  der  Hauptort,  dem  heu- 
tigen Lugo.  Asturica  Augusta,  die  Hauptstadt  des  „Gonventus  Astu- 
rum',  ist  das  jetzige  Astorga.  —  Die  alten  Gauverbände  wurden  erst  nach 
und  nach  in  eine  Reihe  von  städtischen  Gebieten  umgewandelt,  wie  au9 


92  A.  Geographie  Ton  Italien  nnd  dem  Orbis  Romaaiu. 

den  statistischen  Angaben  zu  entnehmen.  So  gab  es  zur  Zeit  des  Augustus 
"(abgesehen  von  den  Inseln)  in  dieser  Provinz  293  selbständige  »civi- 
tates^;  nämlich  179  städtische  Gemeinden  (unter  denen  12  coloniae, 
13  oppida  civium  Romanorum,  18  oppida  mit  im  Latii,  1  urbs  foederata, 
135  civitates  stipendiariae  unterschieden  werden),  und  114  ländliche  Ge- 
meinden, welche  keine  Stadt  hatten.  —  Bei  Heimatsangaben  steht  neben 
der  Gemeinde  wohl  auch  der  „conventus"  verzeichnet,  z.  B.  Aquifiaviensis 
ex  conventu  Bracaraugustano;  in  den  Soldatenlisten  verzichtete  man  viel- 
fach auf  die  Angabe  der  Gemeinde,  die  dem  Fernerstehenden  eben  ein 
„spanisches  Dorf*"  war  und  begnügte  sich  mit  der  allgemeineren  Bezeich- 
nung, z.  B.  Astur.  Im  Lande  selbst  benannte  man  sich  nach  dem  Stamme, 
dem  man  angehörte,  z.  B.  dem  der  Zoelae  (Mittelpunkt  bei  Castro  d'  Avellos), 
oder  als  Gigurrus  (vom  Stamme  der  Gigurrer,  in  dessen  Gebiet  das  sonst 
unbekannte  oppidum  Calubriga  genannt  wird).  Manchmal  wird  auch  das 
Geschlecht  angegeben,  z.  B.  cives  Orgnom{e$cus)  ex  gent{e)  Pembelor{um). 
—  (Im  die  Mitte  des  zweiten  Jahrhunderts  zählte  man  in  der  Tarra- 
conensis  275  selbständige  dvitcUes,  darunter  nur  mehr  27  nichtstädtische 
Gemeinden. 

Während  die  Städte  italischer  Ordnung  in  der  Baetica  und  in  Lusi- 
tanien  vorwiegend  im  Binnenlande  sich  finden,  lagen  sie  in  der  Tarraco- 
nensis  überwiegend  an  oder  unfern  der  Küste;  so  Karthago  nova,  Ilici 
(jetzt  Alcudia  bei  Elche),  Valentia  (jetzt  Valencia),  Dertosa  (Tortosa), 
Tarraco,  Bar  ein  o  (Barcellona).  Im  Binnenland  tritt  das  von  Augustus 
gegründete  Gaesaraugusta  (Saragossa)  hervor.  Im  „conventus  Caesar- 
augustanus"  lagen  Pompaelo  d.  i.  Pompejopolis  (Pampelona),  Galagurris 
(Calahorra),  Turiaso  (Tarazona),  die  col.  Julia  Celsa  (jetzt  Velilla), 
Birbilis  oder  Bilbilis  (Calatayud),  Gomplutum  (Alcala  de  Henares).  — 
Glunia  (bei  Corufla  del  Conde),  die  Hauptstadt  des  danach  benannten 
Conventus,  wird  unter  Hadrian  Kolonie  genannt.  Sonst  sind  die  Namen 
der  alten  Orte  vielfach  erhalten:  Pallantia  (jetzt  Palencia),  Segontia 
(Siguenza),  die  Stadt  der  Arevaci,  Uxama  (Osma),  die  Stadt  der  Argaeli, 
Termes  oder  Termentia  (j.  Tiermes),  Tritium  Magallum  (Tricio),  Segi- 
samo  (Sasamon),  dessen  ager  nach  einer  Inschrift  in  der  früheren  Kaiser- 
zeit an  die  „prata  leg.  III**  grenzte,  wie  auf  einer  anderen  Seite  der  ager 
von  Juliobriga  (im  Gebiete  der  Cantabrer).  —  Im  „conventus  Cartha- 
giniensis*'  lagen  ausser  den  genannten  Orten  noch  Avella  (jetzt  Avila); 
Toi  et  um,  auf  einem  schwer  zugänglichen  Felsvorsprung  über  dem  Tagus, 
früher  der  feste  Mittelpunkt  der  Carpetani,  später  der  Westgoten,  während 
die  Gegend  der  jetzigen  Hauptstadt  Madrid  an  römischen  Funden  sehr 
mager  ist.  Eine  nahe  gelegene  Ruinenstätte,  el  despoblado  de  Meaques, 
bewahrt  den  Namen  der  Station  Miacum.  Oretum  (jetzt  Oreto)  gab 
dem  Stamme  der  Oretaner  den  Namen.  In  deren  Gebiet  auch  Mentesa 
Oretanorum  (zum  Unterschied  von  Mentesa  Bastitanorum).  Dann  werden 
in  römischer  Zeit  dahier  noch  genannt:  das  municipium  Laminium,  die 
colonia  Libiosa,  das  municipium  Hugo  (bei  Santisteban),  das  munici- 
pium Baesucci,  ferner  Tugia  (Toya  la  vieja),  die  colonia  Salaria  (beim 
heutigen  Ubeda  la  vieja),  das  municipium  Aurgi  (Jaen),  die  colonia  Julia 


8.  mspuden.    (§  41.)  93 

Gremella  Acci  (Guadix),  das  municipium  Caesarinum  Juvenale  Castulo 
(Cazlooa). 

Von  Bedeutung  für  die  diesseitige  Provinz  war  in  der  Eaiserzeit  der 
umstand,  dass  sie  eine  Garnison,  anfangs  von  drei,  seit  Domitian  von  einer 
Legion  hatte.  Die  Bezirke,  welche  den  einzelnen  Legionen  unterstanden, 
waren  territorial  abgegrenzt,  wie  eine  Reihe  von  4  Grenzsteinen  beweist, 
welche  die  praia  legionis  IUI  (Macedonicae)  von  dem  Territorium  von  Julio- 
briga  nach  Norden  terminieren  und  ein  Grenzstein,  welcher  den  Legions- 
bezirk von  der  Stadtfiur  von  Segisamo  nach  Süden  abgrenzt.  Vgl.  Schulten, 
Das  Territorium  legionis.  In  ,,  Hermes'  XXIX  485  f.  und  513.  Aus  dem 
Hauptquartier  der  legio  VII  gemina  ist  die  Stadt  Leon  (von  »legio")  ent- 
standen. Mit  Rücksicht  auf  die  Dislozierung  der  Truppen  (hauptsächlich 
um  die  nordwestlichen  Distrikte  im  Zaum  zu  halten)  wurde  auch  das 
Strassennetz  der  Provinz  umgebaut,  so  dass  die  Kommunikationen  der 
Eaiserzeit  von  denen,  die  Pompeius  (im  Kriege  gegen  Sertorius)  und  Caesar 
(im  „spanischen  Kriege'*)  für  ihre  Operationen  benützt  hatten,  wesentlich 
differieren.  Die  Küstenlandschaft  bezeichnet  Strabo  als  Tarraconensis 
stogata'',  da  die  Assimilierung  an  römisches  Wesen  hier  frühzeitig  eintrat. 

41.  Das  Itinerar.  Die  Hauptverkehrsader,  die  den  Süden  der  spani- 
schen Landschaften  mit  dem  Norden  verband,  führte  von  der  Mündung  des 
Anas  über  Hispalis  nach  Emerita,  von  da  nordwärts  nach  Salmantica  und 
Asturica  Augusta;  während  sie  hier  östlich  nach  Caesaraugusta  sich  ver- 
zweigte, waren  die  gallaecisch-asturischen  Hauptstädte,  zunächst  Bracara 
und  Asturica,  durch  mehrere  Linien  mit  einander  verbunden.  —  Vom  Ebro 
führten  Strassen  nördlich  nach  den  Pyrenäenpässen;  die  bedeutendste  über 
Pompaelo  nach  Burdigala,  eine  andere  von  Caesaraugusta  nach  Bene- 
amum  in  Gallien. 

Ein  Strassenzug  ging  von  Emerita  durch  das  Innere  Spaniens  über 
Caesarobriga,  Toletum,  Segontia  nach  Caesaraugusta,  dem  wichtigsten 
Knotenpunkte  des  nordspanischen  Verkehrs,  von  wo  durch  Nebenlinien 
die  Verbindung  so\«ohl  den  Ebro  aufwärts  als  auch,  entweder  direkt  über 
Celsa  oder  über  Osca  und  Herda  (am  Fluss  Sicoris,  heute  Segre),  nach 
Tarraco  hergestellt  war. 

Längs  der  Küste  des  Mittelmeeres  verband  die  älteste  von  den  Römern 
in  dieser  Provinz  angelegte  Strasse  Karthago  nova,  Tarraco,  Barcino  und 
Emporiae  mit  dem  zu  allen  Zeiten  meistbenutzten  östlichen  Pyrenäenpass 
von  Juncaria  (La  Junquera). 

In  der  Baetica  führte  eine  Strasse  dem  Meer  entlang,  eine  andere 
von  Malaca  nach  den  Haupstädten  der  Provinz,  nach  Hispalis  und  Corduba. 
Von  da  gingen  beide  Züge  weiter  bis  Emerita,  dem  grossen  Emporium  im 
Südwesten. 

Den  Baetis  entlang  zog  eine  Strasse,  auf  der  einen  Seite  von  Cor- 
duba über  Astigi  und  Hispalis  nach  Gades,  auf  der  anderen  über  Castulo 
an  die  Küste  nach  Valentia  und  Karthago  nova;  die  sog.  „via  Augusta**^ 
welche  Caesar  begonnen,  Augustus  und  die  folgenden  Kaiser  ausgebaut 
hatten.  Sie  durchzog  die  alten  Bergwerksdistrikte  des  südöstlichen 
Spaniens. 


94  A.  Geographie  von  Italien  und  dem  Orbis  Bomanna. 

Neben  dem  Itinerariiun  AntoDini  kommen  die  drei  Silbergefäase  (in  Form  von  Meilen- 
säulen), die  1852  bei  Vicarello  (am  lago  di  Bracciano»  s.  oben)  gefunden  sind,  in  Betracht, 
welche  eine  von  S.W.  nach  N.O.  gehende  Hauptetrasse  mit  Stationen  und  Distanzen  angeben 
(Route  Gades-Rom).  Die  Stationenverzeichnisse  von  Vicarello  sind  älter  als  das  auf  die 
Zeit  Diocletians  zurückgehende  Itinerarium  Antonini;  und  zwar  steht  das  Itinerar  N.  3  dem 
Itinerar.  Anton,  der  Zeit  nach  am  nächsten,  N.  1  ist  das  älteste,  N.  2  steht  in  der  Mitte. 
Vgl.  Hbnzbn,  Altertümer  von  Vicarello.  Rh.  Mus.  N.  F.  X  (1853)  S.  20  fF.  —  Manche  der 
spanischen  Römerstrassen  sind  bis  in  die  neuere  Zeit  in  Gebrauch  geblieben,  so  die  zwischen 
Emerita  und  Salmantica  als  Silberstrasse  (el  camino  de  la  plata)  bezeichnete,  die  bis  1750 
fast  unversehrt  erhalten  war.  —  Die  zahlreichsten  Meilensäulen  sind  in  der  Tarraconensis 
gefunden,  zunächst  an  den  von  Bracara  auslaufenden  Strassen;  dann  an  der  «tno  Äugusta"^. 
Die  neueren  Spezialuntersuchungen  über  einzelne  Strassenzweige  verzeichnet  HObneb  im 
Supplement  zu  Corp.  11.    Doch  bleibt  auf  diesem  Gebiet  noch  viel  zu  thun  übrig. 

42.  Die  Inseln.  Die  der  spanischen  Ostküste  vorgelagerten  Inseln 
werden  von  den  älteren  Griechen  rvfiv/jaiai  genannt,  von  den  späteren 
und  von  den  Römern  Baleares.  Der  Name  beschränkt  sich  gewöhnlich  auf 
die  zwei  grösseren  Inseln,  von  denen  die  eine  als  majore  die  andere  als 
minor  (im  sechsten  Jahrhundert  n.  Chr.  bei  Procop:  Maiorica,  Minorica)  be- 
zeichnet wurde.  Die  Einwohner  dienten  in  den  karthagischen  und  später 
auch  in  den  römischen  Heeren  als  Schleuderer. 

Die  Inseln  wurden  im  7.  Jahrhundert  v.  Chr.  von  den  Phönikem 
besetzt,  durch  welche  die  dem  Festlande  zunächst  gelegene  mit  einem  vor- 
trefflichen Hafen  versehene  den  Namen  Ebusus  (griechisch  HiTvoikfaa, 
jetzt  Ibiza),  d.  i.  die  Fichteninsel  erhielt.  An  dieser  Benennung  parti- 
zipierte auch  die  benachbarte  „ Schlangeninsel **  Ophiusa. 

In  die  Zeit  der  punischen  Herrschaft  weisen  die  Namen  der  auf 
Minorica  (heute  Menorca)  gelegenen  Städte  Jamo  (jetzt  Ciudadela)  und 
Mago  (jetzt  Mahon)  zurück,  die  unter  Vespasian  als  Municipien  konsti- 
tuiert und  von  Trajan  mit  einer  Strasse  verbunden  wurden.  Die  auf 
Maiorica  (heute  Mallorca)  gelegenen  Orte:  Palma  und  Pollentia  (Pol- 
lenza),  sind  Kolonien,  welche  die  Römer  im  Jahre  123  v.  Chr.  auf  der 
zum  Räubemest  gewordenen  Insel  mit  bereits  latinisierten  Südspaniem 
besiedelten.  In  der  Nähe  von  Pollentia  die  Gemeinde  Bocchori,  bekannt 
aus  einem  Patronatsdekret  vom  Jahre  6  n.  Chr.  —  Nach  der  augustischen 
Einteilung  gehörten  die  Balearen  zwar  zur  Tarraconensischen  Provinz, 
waren  aber  doch  als  eigener  Bezirk  derselben  organisiert.  Da  sie  als 
Deportationsorte  für  hochgestellte  Persönlichkeiten  dienten,  war  auch  ein 
militärisches  Detachement  hier.  In  der  nachdiocletianischen  Zeit  haben 
die  Inseln  ihren  eigenen  Statthalter. 

Corp,  inseript,  Latinar.  Bd.  II  (1867)  von  E.  Hübnbb  (mit  Karte  von  Kikprbt). 
Hiezu  HüBKBBS  Reiseberichte  aus  dem  Anfang  der  sechziger  Jahre  in  den  Monatsberichten 
der  Berliner  Akademie  und  den  Ännali  delV  instituto  archeol.  Ueber  die  antiquarischen 
und  epigraphischen  Ergebnisse  einer  im  Aug.  1886  ausgeführten  Bereisung  der  balearischen 
Inseln  referierte  Hübneb  in  der  Berliner  archAol.  Gesellschaft  1886  November.  —  Nach- 
trage zu  Corp.  n  in  Ephemeris  ^r.  I,  44-48,  182—186;  IF,  233—249;  III,  31—52,  109 
bis  202;  IV,  3—24.  Jetzt  vereinigt  in  dem  Supplementband  zu  Coip.  II  (1892,  mit  Karten). 
Ueber  die  kartographische  Grundlage  vgl.  H.  Kibfebt,  FortMte  orhU  antiqui  (1894);  Karte 
und  Text.  —  E.  Hübnbb,  Inscriptiones  Hispaniae  christianae  (Berlin  1871).  Nachtrag  hiezu 
in  Hübneb,  Inscriptiones  Britanniae  christianae  (1876).  —  E.  Hübnbb,  Tanraco  und  seine 
Denkmäler,  in  Hermes  I,  77  ff.  (Bietet  Beiträge  zu  einer  ,| genauen,  auf  Ortskenntnis  und 
sorgfältige  Interpretation  gegrOndeten  Behandlung  der  römischen  FeldzQge  in  Spanien''. 
„Die  Kommentaina  zum  Livius,  auch  der  neueste  sorgfältige  von  Wbissenbobn,  enthalten  in 
allem  auf  spanische  Dinge  bezüglichen,  noch  viele  an  sich  sehr  verzeihliche  Irrtümer*).  — 
Derselbe,  „Drei  hispanische  Völkerschaften",  in  .Hermes''  I,  337  ff.  —  E.  Hübnbb,  „Citania, 


S.  Hispanien.    (§  42.)  95 

^tertOmer  in  Portugal'',  Hermes  XV,  49  ff.  (gibt  zugleich  ein  Yerzeiclmis  der  Arbeiten 
portugiesischer  Forscher).  —  Diese  Aufsätze  findet  man  jetzt  vereinigt  und  vermehrt  in 
HüBKBRS  Buch  über  die  ,  Römische  Herrschaft  in  Westeuropa"  (Berlin  1890)  S.  167  ff.  — 
Der  Text  der  Natural,  hist.  des  älteren  Plinius  für  Hispamen  ist  in  den  letzten  Jahren 
mehrfach  berichtigt  worden,  wofOr  Hauo,  Ber.  über  römische  Epigraphik  in  Bukst  ans 
Jahresber.  1894  eine  bequeme  Zusammenstellung  bietet.  Ebenda  ist  über  die  zwischen 
Hübner  und  DeÜefsen  stnttige  Abgrenzung  der  eonventus  in  dei  Baetica  referiert,  wozu  jetzt 
EisPBRTS  neueste  Karte  (Karton:  conventtis  iuridici  in  Hispania  a  Romanis  congtituti)  zu 
vergleichen  ist;  wo  aber  auch  Differenzen  zu  bemerken  sind,  z.  B.  wenn  Urci  zur  Baetica 
statt  zur  Tarraconensis  gezogen  erscheint,  während  Dbtlbfsbn  bei  Plinius  an  drei  Stellen 
statt  ürcl  vielmehr  Murgi  (bei  Campo  de  Dalias)  setzt,  das  von  diesem  Autor  als  „Baetiae 
finis"*  bezeichnet  wird.  (III,  8  cf.  6  und  17).  Vgl.  Hauo  a.  a.  0.  S.  208.  Auch  sonst 
bestehen  über  die  Abgrenzung  der  Baetica  von  der  Tarraconensis  im  einzelnen  Zweifel. 
Vgl.  MoMMSKN  in  „Hermes*  XVH  S.  642.  Die  Angaben  des  Plinius  und  des  Ptolemaeus 
differieren.  —  Grundlegend  sind  die  Arbeiten  von  D.  Dbtlbfsbic  über  die  Geographie  der 
Provinzen  Baetica,  Tarraconensis  und  Lusitania  bei  Plinius  in  Philologus  XXX 
(1870)  265—310;  XXXII  (1872)  600—668;  XXXVI  (1877)  111—128.  Femer  der  Aufsatz 
in  den  Commentationes  philol.  in  honorem  Mommseni  p.  23  ff.:  «Yarro,  Agrippa  und 
Augustus  als  Quellenschriftsteller  für  die  Geographie  Spaniens*.  (nScnöne,  der 
Hauptsache  nach  im  Ergebnis  zweifellos  sichere  Untersuchung  DeÜefsen's  über  die  Quellen- 
schnftsteller  des  Plinius  in  der  Geographie  Spaniens.*  Mommsbn  in  Hermes  XYIH  198, 
vgl.  203).  —  Von  demselben,  „Ueber  die  Weltkarte  des  M.  Agrippa*  (Glückstädter 
Programm  1884)  und  als  Fortsetzung:  Vermutungen  über  Varro*s  Schrift  de  ora  mari- 
tima* (Untersuchungen  zu  den  geographischen  Büchern  des  Plinius  2)  in  „Hermes*  XXI 
(1886)  S.  240 — 265.  —  Vgl.  hiezu  auch  R.  Rbitzenstbik,  Die  geographischen  Bücher  Varro's, 
in  .Hermes*  XX  S.  514—551;  bezüglich  Spaniens  S.  530  ff.  543  f.  —  R.  Zimkbrmann, 
Quibus  auctoribus  Strabo  in  Ubro  tertio  geographicorum  conscribendo  usus  sit,  quaeritur, 
Pars  prior  (dissert.  inaug,)  Halts  Saxonum,  1883.  —  £.  Schwbdbb,  Beiträge  zur  Kritik 
der  Chorographie  des  Augustus.  Dritter  Teil:  Ueber  die  „Chorographie*,  die  römische  Quelle 
des  Strabo  und  über  die  Provinzialstatistik  in  der  Geographie  des  Plinius,  Kiel  1883.  — 
J.  Mabquardt,  Rom.  Staatsverwaltung  P  S.  251—260.  —  H.  Kiepert,  Lehrb.  der  alten 
Geographie  §  414 — 429;  letzterer  behandelt  namentlich  auch  die  ethnographischen  Verhält- 
nisse des  Landes:  die  Iberer  und  die  Kelten,  sowie  die  Art  und  Weise  von  deren  Siedelung. 
Vgl.  hierüber  speziell  Kibpbbt,  Beitrag  zur  Ethnographie  der  iberischen  Halbinsel,  in 
Monatsber.  der  Berliner  Akad.  1864  (mit  Karte).  —  Domaszbwski  über  die  Organisation  der 
Hispania  dterior.  Rhein.  Mus.  1890  S.  5  ff.  —  Th.  Mommsbit,  Die  Konskriptionsordnung  der 
römischen  Kaiserzeit,  Hermes  XIX  (1884)  1—79,  211—234.  Wichtig  für  das  Verständnis 
der  praktischen  Bedeutung,  welche  die  Reichsstatistik  hatte,  wie  sie  bei  den  Geographen 
namentlich  für  Spanien  vorliegt.  —  Th.  Mommsbut,  Römische  Geschichte,  Bd.  5,  Gap.  2: 
Spanien.  Mit  Karte  von  Kibpert.  —  A.  HIblbr,  Die  Nord-  und  Westküste  Hispaniens. 
Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  antiken  Geographie,  (Programm)  Leipzig  1886.  Die  Fehler 
der  antiken  Geographen  in  der  Zeichnung  der  West-  und  Nordküste  erörternd.  Polybius, 
Mela  und  Ptolemaeus  sind  eingehend  behandelt.  —  R.  Schnbidbr,  llerda.  Ein  Beitrag  zur 
römischen  Kriegsgeschichte.  Mit  einer  Karte  von  H.  Kibpbbt,  a)  Uebersichtskarte  für  die 
Kämpfe  bei  Lerida;  b)  Lerida  und  nächste  Umgebung,  Berlin  1886.  Eine  musterhafte 
Untersuchung,  mit  Heranziehung  der  modernen  militärischen  und  kartographischen  litteratnr. 
Eine  Ansicht  des  heutigen  Lerida  ist  beigegeben.  Octogesa  lag  (nach  Stoffel)  beim  heutigen 
Flix.  Vgl.  KiBPBRTS  „Formae'^f  Text.  —  W.  Judbioh,  Caesar  im  Orient,  Leipzig  1886. 
Gibt  8.  191  ff.  auch  eine  Schilderung  der  damaligen  Situation  in  Südspanien,  mit  karto- 
graphischer Skizze  eines  Teiles  der  Baetica. 

Wichtig  für  die  Topographie  und  Ethnographie  Spaniens  in  der  vorrömischen  Zeit 
sind  (neben  einigen  vierzig  iberischen  Inschriften)  die  zahlreich  erhaltenen  Münzen  mit 
iberischer  Legende;  vermöge  deren  es  möglich,  sein  wird  ^von  dem  Werk  der  beiden  älteren 
Träger  des  berühmten  Namens  Scipio,  Publius  und  Cneius,  ein  genaueres  und  richtigeres 
Bild  zu  entwerfen,  als  bisher  geschehen  ist*.  —  Vgl.  E.  Hübneb,  Monumenta  linguae 
Ihericae.  Adiecta  est  tabula  geographica  (von  H.  Kibpbrt).  Berlin  1893.  —  Bbrlanga, 
Les  monnaies  puniques  et  tartessiennes  delV  Espagne  in  Comment,  philolog.  in  honorem 
Mommseni,  p.  805  ff.  —  Zobbl  db  Zanoböniz,  £^udio  histMco  de  la  Moneda  antigua 
Espdhola  desde  su  origen  hasta  el  Imperio  Romano,  Madrid  1878.  Das  Hauptwerk.  (Einen 
Aaszug  daraus  gab  der  Verfass.  in  den  Monatsberichten  der  Berl.  Akad.  1881,  S.  806—822). 
NomenÜich  sind  wichtige  Resultate  erzielt  p.  73  ff.  über  die  ^conquista  de  Espana  por  los 
Cartagineses*  überhaupt  und  die  Herrschaft  der  Barkiden  in  Spanien  insbesondere:  „razon 
histörica  de  la  emision  monetal  de  los  Barkidas^,  In  Carthago  nova  schlugen  Hamilcar 
und  seine  Söhne   auf  eigene  Faust  Münzen.    Hiezu  p.  121  ff.,  wo   die  Gegenbestrebungen 


96  A.  Geographie  von  Italien  und  dem  Orbis  Bomanns. 

der  Römer  auseinander  gesetzt  werden.  Auch  die  Beziehungen  der  Karthager  zu  den  spa- 
nischen Eingeborenen,  wie  zu  den  griechischen  Städten  vor  Ausbruch  und  während  des 
zweiten  punischen  Krieges  erfahren  neue  Beleuchtung.  Vgl.  p.  89  ff.  —  Im  übrigen  bleibt 
W.  V.  Huxboldt's  „Präung  der  Untersuchungen  über  die  ürbe wohner  Spaniens  vermittelst 
der  baskischen  Sprache  **  die  grundlegende  Arbeit.  Es  sind  darin  die  iberischen  Namen  der 
Berge  und  Flüsse,  der  Volker,  Städte  und  Personen,  die  bei  den  alten  Autoren  vorkommen, 
zusammengetragen  und  mit  baskischen  Etyma  in  Vergleich  gebracht  Neuerdings  sind 
dieselben  Fragen  von  Phillips  in  den  Sitzungsber.  der  Wiener  Akad.  1870 — 1872  b^andelt 
worden.  —  Von  spanischen  Publikationen  kommen  in  Betracht  die  Schriften  von  Gean  Bbr- 
HUDBZ,  namentlich  dessen  sumario  de  las  antigüedadea  Romanos  gue  hay  en  Espana,  Madrid 
1832,  das  auch  Momhsrn  in  der  Abhandlung  über  die  leges  von  Salpensa  und  Malaca  an- 
führt, und  die  Memarias  de  la  aeademia  de  la  historia,  dUe  man  bei  Hübneb  citiert  findet. 
Veher  daa  Werk  Ästurias  monumental,  epigrdfica  y  diplomaHca^  datos  para  la  historia 
de  la  provincia  por  D.  Ciriaco  Miguel  Vigil.  Zwei  Bände.  Oviedo  1887,  vgl.  Hübhbb 
in  der  „Deutschen  Litteraturzeitnng"  1888  N.  20.  Sonstige  spanische  Litteratur  ist  von 
HObneb  im  Corp.  i.  Lat.  wie  auch  in  dem  Werke  »Römische  Herrschaft*^  u.  s.  w.  besprochen. 
Ueber  die  Lage  von  Nnmantia  (bei  Sora)  vgl.  Corp.  H  suppl.  p.  929. 

4.  Der  gallische  LändersprengeL 

43.  Einleitendes.  Gallia  ist  der  Name  der  Landschaften,  in  denen  die 
Völkerschaften  der  Gallier  oder  Kelten  (oder  Galater)  sich  sesshaft  gemacht 
hatten;  diesseits  der  Alpen,  jenseits  der  Alpen,  in  Kleinasien  u.  s.  w.  Im 
engeren  Sinne  ist  aber  damit  das  Ländergebiet  zwischen  Alpen,  Pyrenäen 
und  beiden  Meeren  gemeint,  der  Hauptsitz  der  keltischen  Nation,  von  wo 
aus  sie  nach  Britannien,  Spanien,  den  Donauländern,  nach  Italien  u.  s.  w. 
sich  zu  verbreiten  unternahm. 

Innerhalb  dieses  Länderbezirkes  machten  sich  ethnographische  Ver- 
schiedenheiten bemerkbar,  wonach  die  stark  mit  germanischen  Elementen 
versetzte  Belgica  im  Norden,  die  Geltica  in  der  Mitte,  die  iberische 
Aquitania  im  Südwesten  unterschieden  wurden.  Im  Süden  sassen 
Ligurer. 

Die  erste  Kenntnis  dieser  Verhältnisse  kam  den  alten  Kulturvölkern 
zu  durch  die  Vermittlung  der  Massilioten,  deren  Stadt  um  das  Jahr  600 
V.  Chr.  unfern  der  Rhonemündung  von  den  Phokäern  gegründet  worden  war. 
Von  hier  aus  wurden  Handelsbeziehungen  quer  durch  das  Keltenland  hin- 
durch bis  an  das  nördliche  Meer  angeknüpft;  man  lernte  die  Gestaltung 
der  westlichen  Küste  von  Hispanien  an  (mit  dem  Vorsprung  der  Bretagne) 
bis  nach  Britannien  und  Germanien  hin  kennen  (Pytheas  von  Massilia  im 
4.  Jahrhundert  v.  Chr.,  dessen  Darstellung  Eratosthenes  zu  Grunde  legte) ; 
ebenso  die  grossen,  schiffbaren  Ströme,  die  meistenteils  ihre  Namen  bis 
auf  den  heutigen  Tag  erhalten  haben:  so  ßhodanos  (Rhone),  Druentia 
(Durance),  Isara  (Isöre),  Garumna  (Garonne),  Ligeris  (Loire),  Sequäna 
(Seine),  Samara  (Somme),  Rhenus  (Rhein),  Mosa  (Maas),  Scaldis  (Scheide); 
der  von  den  Römern  aJs  Arar  bezeichnete  Fluss  heisst  Saöne  von  Sau- 
conutty  dem  anderen  vielleicht  vorkeltischen  Namen  des  Flusses,  der  nach 
und  nach  wieder  in  Gebrauch  kam  und  von  Ammianus  im  4.  Jahrhundert 
n.Chr.  erwähnt  wird.  Matröna,  die  Marne;  Icauna,  dieYonne;  Cora,  jetzt 
Cure,  Nebenfluss  der  Yonne  u.  s.  w. 

Das  innere  Gallien  ist  charakterisiert  durch  das  Vorherrschen  ebener 
und  hügeliger,  zum  Anbau  wohl  geeigneter  Landschaften;  einzelne  Berg- 
rücken, wie  der  Cebenna  (Cevennen)  hatten   die  Bedeutung  einer  Völker- 


4.  Der  gallisohe  Lftndersptencrel.    (§  44.)  97 

scheide  (zwischen  Kelten  einer-,  dem  iberischen  und  ligurischen  Element 
andererseits).  Neben  dem  Gebenna  haben  auch  der  Jura^  der  Arduenna 
(Ardennen),   der  Vosagus  (Vogesen,  franz.  Vosges)  ihre  Namen  bewahrt. 

Im  2.  Jahrhundert  v.  Chr.  setzten  sich  die  Römer  fest,  die  eine  Land- 
verbindung  mit  Spanien  anstrebten;  sie  richteten  (122  v.  Chr.)  einen  Ver- 
waltungssprengel ein,  der  nachher  im  Gegensatz  zur  cisalpinen  „Oallia 
togata"  wohl  als  „Oallia  bracata*^  bezeichnet,  für  gewöhnlich  aber  nach 
der  hier  (118  v.  Chr.)  gegründeten  Kolonie  Narbo  Martins  die  „pro- 
vincia  Narbonensis"  genannt  wurde.  Doch  überwog  das  Gebiet  der  ver- 
bündeten Griechenstadt  Massilia  das  unmittelbar  römische  an  Umfang 
und  Bedeutung;  bis  Julius  Caesar  zur  Strafe  für  die  feindselige  Haltung 
der  Stadt  während  des  Bürgerkrieges  sie  um  den  grössten  Teil  ihres  Ge- 
biets strafte  und  in  demselben  eine  Reihe  von  Yeteranenkolonien  anlegte. 
Seitdem  erlangte  das  römische  Element  in  Südgallien  das  entschiedene 
Übergewicht,  während  Massilia  sich  als  griechische  Enklave  desselben  bis 
tief  in  das  Mittelalter  hinein  erhielt. 

Durch  Julius  Caesar  wurde  das  innere  Keltenland,  die  „Oallia  comata", 
bis  an  den  Rhein  annektiert;  worauf  Augustus  (16 — 13  v.  Chr.)  die  Or- 
ganisierung dieser  ausgedehnten  Ländergebiete  vornahm,  in  denen  während 
der  folgenden  Jahrhunderte  die  Bildung  der  kelto-romanischen  Rasse  sich 
vollzog,  die  in  ihren  Tugenden  und  Schwächen  bis  auf  den  heutigen  Tag 
den  Stammvätern  ähnlich  geblieben  ist.  Eigenschaften,  die  der  alte  Cato 
in  dem  Satze  charakterisiert  hat:  „Oallia  duas  res  industriosissime  per- 
sequUur,  rem  müifarem  et  argute  loqui,**  Die  gallo-römische  Litteratur  der 
Kaiserzeit  und  selbst  die  Inschriften  zeigen  einen  eigentümlich  rhetorischen 
Aufputz,  in  den  besseren  Erzeugnissen  auch  Esprit. 

44.  Die  Völkerschaften,  die  Caesar  unterwarf,  sind  von  ihm  ge- 
schildert; wichtig  ist  der  Bericht  des  Tacitus  über  die  Ereignisse  des  Vier- 
kaiserjahres;  für  die  spätere  Zeit  Ammianus  Marcellinus;  zugleich  lernt 
man  die  Wandelungen  der  Organisation  kennen.  Häufig  waren  die  „Attri- 
buierungen**  kleinerer  Stämme  an  grössere,  z.  B.  der  Boii  an  die  Aedui 
schon  durch  Caesar  (b.  G.  7,  9),  infolgedessen  erstere  bei  Ptolemaeus  nicht 
genannt  sind,  während  sie  auf  Inschriften  bei  Angabe  der  Herkunft  z.  B. 
von  Soldaten  erwähnt  werden.  Das  Gebiet  der  Hei  votier  ist  bei  Caesar 
genau  beschrieben.  Es  zerfiel  in  vier  pagi,  von  denen  jener  der  Tiguriner 
der  bedeutendste  war.  Über  die  von  Caesar  angegebenen  Zahlen  vgl. 
Beloch,  Bevölkerung  der  griechisch-römischen  Welt  S.  450  flf.  Jenseits 
des  Jura  grenzten  an  die  Helvetier  die  Sequaner  (Hauptort  Vesontio, 
jetzt  Besanfon).  Diese  waren  die  Feinde  der  Aeduer,  von  denen  der  Fluss 
Arar  sie  schied;  deren  Hauptort  war  Bibrade  (mont  Beuvray),  später  Augu- 
stodunum  (Autun);  sie  selbst  zu  Caesars  Zeit  das  angesehenste  der  kelti- 
schen Völker  und  das  erste,  das  sich  den  Römern  anschloss.  Die  Allo- 
broger  grenzten  im  Norden  an  die  Sequaner,  gegen  Westen  an  die  Segu- 
siaver,  gegen  Osten  an  die  Helvetier,  gegen  Süden  an  die  Vocontier  und 
die  Cavares.  Ihre  Hauptstadt  war  Vienna,  der  Grenzort  gegen  die  Hel- 
vetier Genava  (Genf)  am  lacus  Lemanus  (Genfer  See).  Ferner  ist  Cu- 
laro  zu  erwähnen,  das  wie  Genava  im  Laufe  der  Zeit  zu  einer  selbständigen 

Bamlbiich  der  kUn.  AltertümawiMenachAft.    m,  3.    2.  Aufl.  7 


98  A.  Geographie  von  Italien  und  dem  Orbis  Romamifl. 

civüas  „Gratianopolis^  (Qrönoble)  erwuchs.  Savoyen  bildete  einen  Gau  des 
Gebietes  der  Allobroger  (pagus  Savogninus^  bei  Ammian  und  in  der  Not. 
dign.  Sapaudia).  Ein  römischer  Prokurator  hat  im  Alpenort  Axima  (Aime)  in 
Savoyen  für  die  glückliche  Erlösung  aus  dieser  Einöde  mile  magnas  arbores 
gelobt.  Corp.  Xu,  103.  —  Östlich  anstossend  sassen  die  Nantuates,  die 
zu  den  vier  Stämmen  der  Yallis  Poenina  (Wallis)  gehörten,  aber  sich  ge- 
legentlich eine  Gebietsschmälerung  zu  Gunsten  ihrer  Nachbarn  gefallen 
lassen  mussten,  wie  z.  B.  Genava  als  selbständiges  Stadtgebiet  konstituiert 
wurde.  Die  Arverni  (Auvergne,  Hauptort  Nemossus,  später  Augustone- 
metum  genannt,  jetzt  Clermont)  mit  ihren  Schutzverwandten  stellten  gegen 
Caesar  ebenso  viele  Mannschaften  wie  die  Aeduer.  Die  Lingones,  die 
nördlich  bis  zu  den  Trevirern,  südlich  bis  zu  den  Sequanem  reichten, 
hatten  Andomantunum  (Langres)  zum  Vorort.  Die  Remi  (Reims),  denen 
zeitweilig  die  Suessiones  (Soissons)  zugeteilt  waren,  galten  als  der  vor- 
nehmste von  den  Römern  begünstigte  Stamm  in  der  Belgica.  Denn  die 
Rechtsstellung  jedes  einzelnen  Stammes  war  bei  der  Unterwerfung  von 
Caesar  gesondert  festgesetzt  worden,  um  kein  gemeinschaftliches  Inter- 
esse aufkommen  zu  lassen,  was  Jahrhunderte  lang  nachgewirkt  hat. 
Als  im  Jahr  68  der  dem  keltischen  Adel  entstammende  Statthalter  Julius 
Yindex  die  Gallier  gegen  Nero  aufrief,  schlössen  sich  die  Lingones,  die 
Trevirer  und  die  am  Rhein  sitzenden  Stämme  nicht  an,  ebensowenig  Lugu- 
dunum,  das  auf  ehemaligem  Allobrogerboden  gegründet,  einen  dem  be- 
nachbarten Yienna  entgegengesetzten  Standpunkt  vertrat.  Während  des 
Yierkaiserjahres  begünstigte  jeder  Prätendent  verschiedene  Interessen, 
durch  Steuernachlässe,  Erteilung  des  latinischen  Rechtes  u.  dgl.  m.  —  Der 
Verkehr  längs  der  Meeresküste  war  seit  alten  Zeiten  in  den  Händen  der 
seeherrschenden  Nationen,  erst  der  Phöniker,  dann  der  Griechen.  Die 
Strasse  von  der  Rhone  zu  den  Pyrenäen  legte  Cn.  Domitius  Ahenobarbus 
an,  der  Besieger  der  Arverner.  Aber  schon  Hannibal  war  im  Jahre  218 
diesen  Weg  gezogen.  Und  ebenso  hatte  er  und  sein  Bruder  Hasdrubal 
die  Alpenstrassen  (sei  es  nun  die  über  den  kleinen  Bernhard  oder  die 
über  den  Mont  Genävre)  eröffnet,  die  nachher  von  den  Römern  ausgebaut 
wurden;  namentlich  die  von  Turin  über  den  Mont  Genövre  nach  Arles 
führende,  die  Hauptader  der  Narbonensischen  Provinz,  die  sich  wieder 
mehrfach  verzweigte:  ein  Weg  ging  von  Brian^on  (Brigantio)  über 
Grenoble  (Cularo)  nach  Vienne,  ein  anderer  von  Gap  (Vapincum)  durch  das 
Gebiet  der  Vocontii  nach  Valence  (Valentia).  Den  Verkehr  im  Innern 
der  Provinz  vermittelte  die  gleichfalls  uralte  Strasse  längs  der  Rhone  von 
Arles  nach  Lyon.  Das  linke  Rhoneufer  wurde  erst  im  2.  und  3.  Jahr- 
hundert n.  Chr.  mit  einer  zum  Fluss  parallel  laufenden  Strasse  (bis  Vienne) 
versehen. 

Vgl.  Strabo,  B.  IV,  bei  dem  Polybios,  PoBidonins,  Artemidor  von  Ephesas,  Caesarea 
Eommentarien  und  Timagenes  verwertet  sind.  Dem  Posidonius  verdanken  wir  das  Beste, 
was  wir  von  den  älteren  gallischen  Zuständen  wissen.  Aach  Cäsar  hat  ihn  benutzt.  — 
Plinius  n.  h.  lY,  106—109  gibt  eine  Liste  ethnogi-aphischer  Art,  nicht  administrativer;  fOr 
Aquitanien  hat  er  42,  für  die  Lngudunensis  26,  für  die  Belgica  82,  im  ganzen  100  Namen. 
Hingegen  zählt  Ptolemaeus  die  64  civitates  der  Augustischen  Organisation  auf.  Ptole- 
maeus,  lib.  II  c.  7  ff.  (ed.  Ch.  Müllbr,  Paris  1884,  vol.  I,  p.  198  ff.).  Ahmiancs  Mafcri- 
UNüS;  „De  situ  locorum  Galliarum  et  de  figuris  moribusque  hominum'^  (cf.  Amm.  XV,  9  ff.). 


4.  Dar  gaUisohe  L&nderaprengel.    (g$  45—46.)  99 

—  Ueber  die  Bezeichnung:  GaJlia  iogata,  bracata,  comata  vgl.  Ephem.  epigr,  VII  p.  446  f. 
AuB  einer  neogefundenen  Inschrift  der  AngustiBchen  Zeit  ergibt  sich  mit  Bestimmtheit,  dass 
die  Aqnitania  nicht  zu  Gallia  comata  gerechnet  wm>de,  sondern  dass  der  Ausdruck  (auch 
offizieil)  die  nachherigen  Provinzen  Lugudunensis  und  Belgica  bezeichnet. 

45.  Die  provincia  Narbonensis.  Das  Gebiet,  das  durch  Julius 
Caesar  dem  Reiche  zugebracht  war,  wurde  unter  Augustus  administrativ 
von  der  provincia  Narbonensis  getrennt.  Jenes,  wo  die  keltische  Gauver- 
fassung überwog,  wurde  bei  der  Teilung  der  Provinzen  zwischen  Senat 
und  „princeps"  unter  kaiserliche  Administration  gestellt,  die  Narbonensis 
hingegen  im  Jahre  22  v.  Chr.  dem  Senat  überlassen,  nachdem  hier  die 
städtische  Organisation  durch  Caesar  und  Augustus  (nur  mit  Ausnahme 
zweier  Enklaven,  welche  der  Ingerenz  des  Statthalters  entzogen  waren) 
völlig  zur  Durchführung  gekommen  war. 

Neben  der  „civitas  foederata^  Massilia  kam  die  »verbündete"  kel- 
tische civüas  der  Vocontii  (zwischen  den  Flüssen  Is^re,  Rhone,  Durance 
und  den  kottischen  Alpen)  in  Betracht.  Das  übrige  Gebiet  war  unter  die 
römischen  Gründungen  aufgeteilt:  Narbo  Martins,  die  im  Jahre  118 
V.  Chr.  konstituierte,  im  Jahre  45  v.  Chr.  verstärkte  Kolonie;  die  von 
Julius  Caesar  oder  nachher  von  Octavianus  angelegten  (jene  ,  Julia  Patema*', 
diese  „Julia'  beigenannten)  Kolonien:  Baeterrae  (Böziers),  Arelate 
(Arles),  Forum  Julii  (Fr^jus),  Arausio  (Orange);  wozu  eine  Reihe  zu- 
nächst mit  dem  latinischen  Recht  beteilter  Ortschaften  kamen:  Ne- 
mausus,  Cabellio,  Antipolis  (das  übrigens  bald  zu  Italien  geschlagen 
wurde)  u.  s.  w.  Auf  Caesar,  Augustus  und  die  nächstfolgenden  Kaiser 
gehen  auch  die  Kolonien  Carcaso,  Rei  (Riez),  Tolosa  (Toulouse),  Car- 
pentoracte  (Carpentras) ,  Augusta  Tricastinorum  (St.  Paul-Trois- 
Chateaux),  Apta  (Apt),  Ruscino  (Rousillon),  Vienna  (Vienne),  Va- 
lentia  (Valence),  Alba  (Alps)  und  Aquae  Sextiae  (Aix)  zurück. 

Die  alte  »provincia*  (daher  Provence)  machte  einen  von  den  „drei 
Gallien''  ganz  verschiedenen  Entwickelungsgang  durch,  indem  sie  wie  eine 
Art  Vorland  von  Italien  behandelt  wurde;  es  kommt  die  Heimatsbezeichnung 
„natione  Provincialis"  vor.  Nach  der  Diocletianischen  Einteilung  zerfiel 
die  nordwärts  erweiterte  Provinz  in  dieViennensis  (nach  der  Hauptstadt 
Vienne),  eine  Narbonensis  I  (Narbonne)  und  H  (Aix),  femer  die  gleich- 
falls vergrösserten  Alpes  maritimae.  Die  „Dioecesis  Viennensis""  um- 
fasste  die  drei  aquitanischen  Provinzen  mit,  also  im  ganzen  sieben 
Sprengel. 

46.  Die  ,,tres  Ghdliae''.  Das  übrige  Gebiet  teilte  Augustus  (zwischen 
16  und  13  V.  Chr.)  in  drei  Verwaltungssprengel.  1.  Aquitanien.  Diese 
Provinz  umfasste  die  von  Stämmen  eigentlich  aquitanischer,  beziehungsweise 
iberischer  Nationalität  bewohnten  Landesteile  (zwischen  den  Pyrenäen, 
dem  Meer,  der  Garumna  [Garonne]  und  dem  Cebennagebirge  [Cevennen]) 
und  hiezu  14  gallische  Völkerschaften,  die  zwischen  Garumna  und  Liger 
(Loire)  wohnten.  2.  Die  provincia  Lugdunensis,  nach  der  Hauptstadt, 
der  im  Jahre  43  v.  Chr.  auf  den  Viennensem  abgenommenem  Gebiete 
durch  L.  Munatius  Plauens  begründeten  römischen  Kolonie  Lugudunum, 
benannt:    der   Landstrich   zwischen   Liger   (Loire),    Sequana    (Seine)    und 


100  A.  Geographie  von  Italien  und  dem  Orbis  &omanii8. 

Arar  (Saöne).  3.  Belgica  mit  der  Hauptstadt  Durocortorum  Remo- 
rum  (jetzt  Reims),  woneben  die  Stadt  der  Trevirer,  Augusta  Treverorum, 
als  Sitz  des  Prokurators  des  vereinigten  Sprengeis:  Belgica  et  duae  Ger- 
maniae  die  erste  Rolle  spielte.  Die  Belgica  war  dem  Umfange  nach  die 
grösste  Provinz;  im  Westen  begrenzt  durch  Sequana  (Seine)  und  Arar 
(Saöne),  im  Norden  durch  die  Nordsee,  im  Osten  durch  den  Rhenus 
(Rhein)  von  seiner  Mündung  bis  zum  Bodensee  (locus  Venetus);  ihr  süd- 
lichstes Gebiet  umfasste  den  ganzen  westlichen  Teil  der  Schweiz,  wo  zwei 
Kolonien,  Colonia  Julia  Equestris  oder  Noviodunum  (Nyon)  und  Augusta 
Rauracorum  (Äugst  bei  Basel,  welches  letztere  in  der  spätrömischen  Zeit 
emporkam:  »basilea**)  unter  Augustus  (und  zwar  die  letztere  von  L.  Mu- 
natius  Plauens  im  Jahre  43  v.  Chr.)  bereits  begründet  waren.  Der  Vor- 
ort der  Öelvetier,  Aventicum,  den  die  Soldaten  des  Yitellius  auf  ihrem 
Marsche  nach  den  Alpenübergängen  zerstört  hatten  (Tacit.  bist.  I),  erhielt 
von  Yespasian  latinisches  Recht  als  „ colonia  pia  Flavia  constans  emerita 
Helvetiorum**. 

Diese  „tres  GaUiae^  bildeten,  auch  nachdem  das  anfänglich  be- 
standene Generalkommando  nach  der  Abberufung  des  Germanicus  im 
Jahre  17  n.  Chr.  geteilt  worden  war,  einen  in  sich  geschlossenen  Länder- 
komplex mit  dem  Zentrum  Lugudunum  (Lyon),  wo  jährlich  am  1.  August 
die  Abgeordneten  der  von  Augustus  kreierten  60  (später  64)  Steuer-  und 
Verwaltungsbezirke  [civitates)  zum  Landtag,  dem  „concUium  trium  Gallia- 
rum",  zusammentraten.  Die  „Drei  Gallien **  wai*en  eine  administrative 
Einheit:  mit  gemeinsamem  Eingangszoll  (von  2Vs^/o9  der  sog.  quadragesima 
Galliarum),  einheitlicher  Post-  und  Strassenverwaltung,  seit  Septimius 
Severus  auch  mit  nationaler  Meilenzählung  (nach  leugae  =  1500  römischen 
Schritten),  gemeinschaftlicher  Finanzgebahrung  über  alle  Einkünfte,  nament- 
lich auch  aus  den  Bergwerken,  die  nicht  direkt  vom  Staat  okkupiert 
waren.  —  An  der  Spitze  dieser  autonomen  Verwaltung  stand  der  jährlich 
gewählte  Oberpriester  der  Provinz,  der  „sacerdos  ad  templum  Bomae  et 
Augusti  ad  confluentem  Araris  et  Rhodani".^) 

Der  gesamte  Verwaltungsapparat  der  gallischen  Provinzen  konzen- 
trierte sich  in  Lyon:  für  das  Postwesen,  die  Steuern  und  Zölle,  die  kaiser- 
lichen Domänen,  die  Münze,  die  Bergwerke  u.  s.  w.  Zahlreiche  Sklaven 
und  Freigelassene  des  Kaisers,  die  hier  ihren  Sitz  hatten,  sowie  eine  den 
stadtrömischen  Kohorten  zugezählte  Besatzungstruppe  zeugten,  dass  Lugu- 
dunum von  vornherein  als  eine  zweite  Hauptstadt  des  Reiches  im  Westen 
gedacht  war. 

Zugleich  entwickelte  sich  Lugudunum,  am  Zusammenfluss  zweier 
schiffbarer  Flüsse  und  im  Mittelpunkt  des  von  Augustus  und  Agrippa 
geschaffenen  gallischen  Strassennetzes  günstig  gelegen,  zu  einem  Handels- 


M  Der  Ort,  wo  die  ^ara  Bomae  et  Au- 
gusti  gestanden,  ebenso  die  Spuren  eines 
Amphitheaters  wurden  im  Jahre  18*58  nahe  der 
heutigen  Place  des  Terraux  entdeckt.  Dort 
muss  im  Altertum  (im  Gegensatz  zu  jetzt) 


der  Zusammenfluss  der  beiden  Ströme   ge-  ,  magister  pagi. 


wesen  sein.  Die  Zunge  der  Halbinsel,  anf 
welcher  der  heilige  Bezirk  lag,  wird  als 
„pagua  Condate"  oder  „confluentes^  be- 
zeichnet Er  war  von  der  städtischen  Ge- 
richtsbarkeit eximiert  und  stand  unter  einem 


4.  Dar  gallische  Länderaprengel.    (§  46.) 


101 


platz  ersten  Ranges.^)  —  Zu  dem  Gebiete  der  Stadt  scheint  auch  (als 
Enklave  innerhalb  der  „provincia^)  Valentia  gehört  zu  haben. 

Die  64  „civitates",  deren  Deputierte  den  Landtag  zu  Lugudunum  be- 
schickten, waren  aus  den  300—400*)  Völkerschaftsbezirken  Galliens  ge- 
bildet worden.  Von  diesen  „civitates*^  entfielen  auf  Aquitanien  17,  auf  die 
Lugdunensis  25,  auf  die  Belgica  22.  Aus  den  „civitates*^  ging  der  je- 
weilige Oberpriester  hervor,  deren  Liste  Marqüardt,  Eph.  epigr.  I  p.  204  f. 
zusammengestellt  hat.  Darunter  findet  man  1.  aus  der  Lugdunensis: 
mehrere  Aedui  (Autun),  einen  Camutinus  (Chartres),  einen  Tricassinus 
(Troyes),  einen  Senonius  (Sens).  2.  aus  der  Aquitania:  mehrere  Arverni 
(Clermont),  einen  Cadurcus  (Cahors),  mehrere  Lemovices,  zwei  {Revue 
archiol,  1888  p.  397)  aus  Mediolanum  Santonum  (Saintes).  3.  aus  der 
Belgica:  einen  Mediomatricus  (Metz),  einen  Nervius  (Bavay),  einen  Sequanus 
(Besannen).  —  Im  übrigen  tritt  die  Bedeutung  der  einzelnen  „civUates^ 
hauptsächlich  aus  der  Liste  der  von  ihnen  gestellten  auxilia  hervor.  Vgl. 
MoMMSEN  in  der  Ephem.  epigr.  V  p.  170  ff.  Die  Aquitaner  dienten  als 
„Aquitani*^  oder  «Bituriges",  die  aus  der  Lugudunensis  als  „Galli^,  wäh- 
rend für  die  aus  der  Belgica,  wo  besonders  stark  rekrutiert  wurde,  über- 
all die  Sonderbezeichnung  der  zahlreichen  germanischen  oder  belgischen 
Stämme  gebraucht  wird.  Auch  unter  den  Praetorianem  efscheinen  im 
dritten  Jahrhundert  namentlich  Belgiker.  Eine  stadtrömische  Liste  des 
Jahres  246  n.  Chr.  nennt  civ(es)  ex  prov{incia)  Belgica  Aug{usta)  Viroman- 
duoru{m)  milües.  Vgl.  Hülsen  im  Bullet,  comunale  1893  p.  261  ff.  Die- 
selben bringen  ihr  Gelübde  dar  verschiedenen  anderen  Göttern  „et  omnibus 
diis  Patriensibus** .  Über  die  in  Britannien  stationierten  auxilia  gallischer 
Herkunft  vgl.  Hübner  in  „Hermes*  XVI  S.  560  ff.  —  Jede  „civitas"  hatte 
einen  Vorort  als  Mittelpunkt  der  Administration.  Im  Laufe  der  Zeit  er- 
folgte die  Umwandlung  der  althergebrachten  Qauverfassung,  indem  der 
Vorort  als  „Stadt"  anerkannt  wurde,  der  das  Gebiet  der  Völkerschaft 
attribuiert  war.  Thatsächlich  wurde,  um  die  Herkunft  einer  Persönlich- 
keit zu  bezeichnen,  entweder  die  „Stadf*  genannt  oder  der  Völkerschafts- 
name; es  war  formell  verschieden,  kam  aber  auf  das  gleiche  hinaus.  — 
Der  Vorort  verlor  allmählig  den  Individualnamen  und  erhielt  seine  Be- 
nennung von  dem  Distrikte;  die  letztere  hat  sich  bis  auf  den  heutigen 
Tag  erhalten.  Avaricum,  der  Vorort  der  Bituriges,  ist  das  jetzige 
Bourges;  Samarobriva,  der  Vorort  der  Ambiani,  Amiens;  Noviomagus,  der 
Vorort  der  Lexovii,  Lisieux;  Lutetia  (keltisch  Lukotitia)  Parisiorum,  ist  jetzt 
Paris  (erst  seit  dem  4.  Jahrhundert,  wo  Julianus  Apostata  hier  sein  Haupt- 
quartier aufschlug,  mehr  hervortretend);  Nemetocenna  oder  Nemetacum^  der 
Vorort  der  Atrebates,  ist  jetzt  Arras;  Condevincum,  der  Vorort  der  Namnetes, 


^)  Ein  Plan  von  Lugadnnum  bei  Bss- 
JARDIK8,  G^ogr.  de  Ja  Gaule  \U  pl.  2.  Als 
römische  Kolonie  f&hrte  Lngudnnum  (keltisch 
vRabenhfigel")  den  Namen  „Copia'^;  neben 
dem  durch  cüe  Gründnngslegende  verherr- 
lichten Raben  erscheint  im  Wappen  der 
Stadt  ein  Ffillhom.  Zu  Ehren  des  hier  ge- 
borenen E.  Claudius  nannte  sie  sich:    „colo- 


nia  Copia  Claudia  Äugusta  Lugudunen- 
sium**.  Die  Flusschiffahrt  und  der  Wein- 
handel florierten.  Die  zahlreichen  Fremden 
hatten  ihren  eigenen  Friedhof. 

«)  Nach  Jos.  Flav.  b.  J.  II,  16,  4  gab  es 
in  Gallien  305  B^yrjy  welche  bei  1200  noXns 
innehatten. 


102  A.  Geographie  Ton  Italien  und  dem  Orbia  Bomaniui. 

Nantes;  Condate,  der  Vorort  der  Redones,  Renn  es;  Divodurum,  der  Vor- 
ort der  Mediomatrici,  Metz  u.  s.  w.  —  Im  westlichen  Teile  von  Gallien 
sind  aus  den  alten  Volksnamen  auch  Landschaftsbezeichnungen  entstanden; 
aus  Arvemi  ward  Auvergne,  aus  Pictavi  Poitou,  aus  Lemovices  Li- 
mousin,  aus  Santones  Saintonge,  aus  Andecavi  Anjou,  aus  Turones 
Touraine,  aus  Cenomani  Maine,  aus  Aquitania  Guienne,  aus  Vasconia 
Gascogne  u.  s.  w.  (Marqüardt  I*  S.  269.  Ausser  der  dort  verzeichneten 
Litteratur:  Kiepert,  Geogr.  §  448.  Bezüglich  des  Übergangs  von  der  Gau- 
verfassung zur  städtischen:  Mommsen  in  „Hermes"  XIX,  besonders  S.  67.) 

Die  Zahl  der  „dvitates"  erhöhte  sich  durch  Separierungen,  die  all- 
mählig  vorgenommen  wurden.  Dann  verschwand  der  Name  der  früheren 
civitas  ganz,  es  traten  mehrere  davon  verschiedene  Städtenamen  an  seine 
Stelle ;  oder  wenn  derselbe  durch  die  Hauptstadt  repräsentiert  war,  so  er- 
schienen daneben  die  anderen  Bezeichnungen.  So  zweigten  sich  aus  der 
civitas  Aeduorum  die  castra  Cabillonense  (Ghalons  s.  Saöne)  und  Matis- 
conense  (Mäcon)  ab;  aus  den  i^emi  die  Durocatalauni  oder  Gatalauni 
(Ghalons  s.  Marne).  Das  Gebiet  der  Carnuti  zerfiel  in  die  Städte  Gena- 
bum,  später  Aureliani  genannt  (Orleans)  und  Autricum  oder  Car- 
nutum  (Ghartres).  Die  Morini  teilten  sich  in  die  civitas  Morinorum 
und  die  Bononiensium,  früher  Gesoriacum  (Boulogne).  Die  Senones  in 
die  civitas  Senonum  (Sens)  und  die  civitas  Autissiodurum  (Auxerre). 
U.  s.  w. 

Auf  diese  Weise  zählte  man  im  fünften  Jahrhundert,  wie  die  damals 
aufgenommenen  Städteverzeichnisse  darthun,  115 — 125  civitates.  Vgl.  die 
Notitia  GaUiarum  {„provinciis  Gaüicanis  decem  quae  civitates  sint*^),  zuletzt 
mit  umfassendem  Apparat  herausgegeben  von  Mommsen,  Chronica  minora 
saec.  IV,  V,  VI,  VH  {Mon.  Germ.  Auetores  antiqu.  IX)  p.  552  ff.  Hier  ist 
auch  über  die  Änderungen  in  der  Organisation  der  Provinzen  vor  und 
seit  Diocletian  gehandelt.  Die  Aquitania  erscheint  seitdem  geteilt  in 
eine  Aquitania  prima  (Hauptstadt:  civitas  Biturigum,  d.  i.  Bourges)  und 
secunda  (Hauptstadt:  Burdigala,  d.  i.  Bordeaux),  hiezu  die  Landschaft 
Novempopulana,  welche  die  kleinen  iberisch-vaskischen  Stämme  umfasste, 
die  auch  schon  in  der  früheren  Eaiserzeit  eine  Sonderstellung  (z.  B.  einen 
eigenen  procurator)  besessen  hatten  (Hauptstadt:  civitas  Elusatium,  jetzt 
Eauze).  Diese  Provinzen  kamen  zur  Dioecesis  Viennensis  (siehe  oben). 
Die  Lugdunensis  umfasste  vier  Provinzen:  I,  H,  HI,  IV,  mit  den  Haupt- 
städten Lugudunum,  Rotomagus  (Ronen),  civitas  Turonum  (Tours),  civitas 
Senonum  (Sens),  wovon  die  letzte  Senonia  zubenannt  war.  Belgica  I 
und  n  (Trier  und  Reims);  Germania  I  und  II  (Mainz  und  Köln);  der 
südöstliche  Teil  der  alten  Belgica  zwischen  Saöne  und  Alpen,  das  Gebiet 
der  Sequaner  und  der  Helvetier,  ward  als  provincia  „Maxima  Sequa- 
norum*  konstituiert.  Die  Alpes  Graiae  et  Poeninae  bildeten  die 
zehnte  der  „gallicanischen*  Provinzen. 

Längs  des  Rheingrenze  war  im  ersten  Jahrhundert  das  stärkste 
Korps  der  Reichsarmee  (acht  Legionen)  stationiert,  das  unter  Tiberius  in 
zwei  Kommandos  geteilt  wurde  {Germania  superior  mit  Mainz,  Germania 
inferior  mit  Köln   (seit  Glaudius   „colonia  Agrippina")  als  Hauptquartier, 


4.  Dar  gaUisohe  Lftnderaprengel.    (§  46.)  103 

Da  die  Korpskommandanten  Legaten  konsularischen  Ranges  waren,  hatten 
sie  gegenüber  dem  bloss  prätorischen  Legaten  der  Provinz  Belgica,  zu 
der  in  administrativer  Beziehung  die  Germaniae  gehörten,  insofern  der 
„procurator^  allen  drei  Sprengein  gemeinsam  war,  eine  bevorzugte  Stel- 
lung. Andererseits  verwahrte  sich  der  Statthalter  der  Belgica  gegen  Ein- 
griffe der  Militärkommandanten  in  sein  Verwaltungsgebiet.  Infolge  solcher 
Kompetenzstreitigkeiten  wurde  unter  der  Regierung  des  Nero  die  Aus- 
führung des  grossartig  geplanten  Kanalsystems  verhindert,  das  Saöne 
und  Mosel,  d.  h.  das  mittelländische  Meer  mit  der  Nordsee,  in  direkte 
Verbindung  setzen  sollte.  Vgl.  Tac.  Ann.  13,  53.  Dadurch  wären  die 
schwierigen  Landtransporte  erspart  worden.  Aus  demselben  Motive  hatte 
schon  Drusus  einen  vom  Rhein  unterhalb  der  Abzweigung  des  Armes 
Vacalus  (Waal)  nördlich  zum  See  Flevo  geführten  Kanal,  die  fossa  Dru- 
siana,  angelegt.  Auch  die  Deichbauten  am  ünterrhein  soll  Drusus  be- 
gonnen haben,  sie  wurden  63  Jahre  nach  seinem  Tode  durch  den  Legaten 
des  unteren  Heeres,  Paulinus  Pompeius,  vollendet.     Tac.  1.  c. 

a)  lieber  die  Zeit  der  Eroberung  durch  Caesar:  Napoleon  III,  Histoire  de 
Jvles  Cisar,  Paris  1865/66,  Tome  deuxünUy  Ch/terre  des  Gaules.  Mit  einem  AÜas,  welcher 
Caesars  militärische  Operationen  in  Gallien  illustriert.  —  A.  v.  Gölbb,  Caesars  gallischer 
Krieg  und  Teile  seines  Bürgerkrieges.  Zweite  durchgesehene  imd  ergänzte  Auflage  von 
£.  A.  Y.  Gölbb,  Tübingen  1880,  2  Bände;  hiezu:  Uebersichtskarte  zu  Caesars  gallischem 
Krieg  von  Auo.  v.  Gölbb  entworfen  und  mit  erläuterndem  Text  begleitet  von  £.  A.  v. 
Gölbb.  Zweite  verbesserte  Auflage,  Freiburg  i.  Br.  und  Tübingen  1884  (der  erläuternde 
Text  besteht  in  einem  geographischen  Register  zur  Karte  von  Gallien;  z.  B.  „Alesia  (VII, 
68  ff.),  die  Stadt,  bei  welcher  der  Kampf  mit  Yercingetorix  sich  entschied,  ist  nach  den 
Forschungen  des  Herzogs  von  Anmale,  Gölers  und  Napoleons  IQ.  unzweifelhaft  das  heutige 
Alise  Ste.  Reine  auf  dem  Berge  Auxois  in  Cöte  d'or;  während  man  es  früher  in  Alaise-les- 
Salins  südlich  von  Besan^on  erkennen  wollte''.  Gölers  Ansetzungen  wurden  durch  Napo- 
leons Ausgrabungen  vielfach  bestätigt).  —  A.  Milleb,  Strabos  Quellen  über  Gallien  und 
Britannien,  Regensburg  1867 — 68.  —  H.  Wilkens,  Quaestionea  de  Strabonis  <üiorumque 
rerum  GcUHcarum  auctorum  fontibus,  Marpurgi  Cattorum  1886.  —  Th.  Momhsbn,  Ain- 
mians  Geographica,  in  ,  Hermes '^  XVI,  602  ff.  Benützung  des  unter  Augustus  lebenden 
T^magenes,  der  wieder  vielfach  aus  Posidonius  geschöpft  hat.  Auch  eigene  Reiseerfahrungen 
sind  von  Ammian  mitgeteilt.  Yergl.  auch  hiezu  MoMUSBir  in  den  „Äntiquisaimi  auctores** 
(der  Man.  Germ,  hist.)  IX  p.  552  ff. 

b)  üeber  die  gallischen  Provinzen  in  der  Kaiserzeit  (Narbonensis  und 
niGalliae):  Im  Corpus  inscript  Latinar.  sind  für  die  gallischen  Inschriften  Bd.  XII  u. 
XIII  bestimmt.  Der  (1887  erschienene)  Bd.  XII,  bearbeitet  von  0.  Hieschfbld,  enthält  die 
Denkmale  der  Narbonensis,  Bd.  XÜI  die  der  „tres  GaUiae"  (Aquitania,  Lugdunensis,  Bel- 
gica bearbeitet  von  0.  HiBScuFBLn)  und  der  germanischen  Grenzsprengel  (bearbeitet  von 
K.  Zakgemeisteb).  Die  Schweizer  Inschriften  sind  auch  im  Corpus  von  Th.  Mohmsen  be- 
handelt, als  Neubearbeitung  seiner  „Inscriptiones  confoederafionis  Helveticae"  (Zürich  1853). 

—  üeber  die  tribus  der  gallischen  Städte  vgl.  Kübitschbk,  Imp.  Rom.  trib.  discript.  p.  203  ff. 

—  J.  Quichbbat,  Milanges  d*  archiohgie  et  d*  histoire.  AntiquUis  eeltiquea,  Romaines  et 
GalUhromaines,  mSmoires  et  fragments  rhtnis  et  mis  en  ordre  par  Ä.  Giry  et  A.  Castan, 
pricidSs  d'  une  notice  sur  la  vie  et  les  travaux  de  J.  Quicherat  par  R.  de  Lasteyrie  et  d* 
une  bibJiographie  de  ses  oeuvres,  Paris  1885.  Wichtiges  Werk,  auch  für  die  Zeit  der 
Caesarischen  Kriege  in  Gallien,  mit  Kartenbeilagen.  Ueber  die  Sequani  vgl.  Bullet,  ipi- 
graphique  de  la  Gaule  1  p.  173  ff.  —  E.  Desjabdins,  Geographie  historique  et  administrative 
de  la  Gaule  I.  H.  HI.,  Paris  1876,  1878,  1885  (vgl.  hiezu  Dbtlbfsbn  in  Bubsians  Jahresb. 
über  die  Fortschritte  der  klassischen  Altertumswissenschaft  1876  S.  325  ff.,  1877  S.  313  ff.). 
Der  erste  Band  von  Desjabdims'  Werk  behandelt  die  physische  Geographie,  der  zweite  die 
Zustände  Galliens  bei  Ankunft  der  Römer,  die  Einrichtung  der  Narbonensischen  Provinz, 
die  Feldzüge  Caesars,  die  gallischen  Völkerschaften  mit  Rücksicht  auf  die  64  civitates  der 
römischen  Organisation,  die  sozialen  und  politischen  Verhältnisse  Galliens,  die  Kultur  seiner 
Bewohner;  der  dritte  Band  das  Provinzial-  und  Munizipalsystem  der  Kaiserzeit  („Organi- 
sation de  la  conquHe:  la  province  —  la  citS*^).  Das  Werk  ist  trotz  mancher  Mängel  von 
Bedeutung  wegen  der  Verwertung  der  Lokallitteratur,  besonders  über  in  Frankreich  populäre 


104  A.  Geographie  von  Italien  und  dem  Orbis  Bomanns. 

geograpliische  und  ethnographische  Kontroversen,  z.  B.  bezüglich  der  Veränderungen  im 
Rhonedelta,  an  den  Rheinmündungen,  bezüglich  der  Lignrer.  Wertvolle  Eartenbeilagen, 
nicht  nur  auf  Gallien  allein  bezügliche;  so  im  dritten  Bande  eine  kartographische  Darstel- 
lung der  Senats-  und  der  kaiserlichen  Provinzen;  die  Verteilung  der  Legionen  unter  Augustus; 
von  Gallien  vor  27  v.  Chr.;  beim  Tode  des  Augustus;  nach  der  Beschreibung  des  Ptole- 
maeus;  nach  dem  Provinzialverzeichnis  von  297  n.  Chr.;  nach  der  „Notitia  dignitatuin^  um 
das  Jahr  395  n.  Chr.;  die  prokuratorisch  regierten  Sprengel  in  den  Alpen  u.  s.  w.  Ein 
vierter  Band  sollte  das  römische  Strassennetz  und  die  Topographie  im  einzelnen  behandeln; 
begleitet  von  einer  grossen  Karte  Galliens  in  4  Blättern,  welche  mit  Beihilfe  von  Lognon 
bearbeitet  ward.  Unterdes  ist  Desjardins  gestorben  (1886);  der  4.  Band  seines  Werkes, 
1893  als  Torso  erschienen,  enthält  „les  sources  de  la  topographie  cotnparie" ;  namentlich 
mit  Bezug  auf  das  römische  Strassennetz  in  Gallien.  Lognon,  der  den  Band  herausgegeben 
hat,  will  einen  weiteren  zur  Ergänzung  hinzufügen.  —  A.  LoeNON,  Geographie  de  la  Gaule 
au  VI^  sücle,  Paris  1878,  mit  Atlas  (der  Stoff  ist  nach  den  gallischen  „civUatea"  geordnet, 
die  Angaben  des  Gregor  von  Tours  und  der  gleichzeitigen  Autoren  über  jede  einzelne  Stadt 
kritisch  zusammengestellt,  Karten  beigegeben).  —  Von  A.  Lognok  erscheint  auch  ein  Atlas 
historique  de  Ja  France  depuis  Cisar  jusqu*  ä  nos  jours,  Z»*«  Hvraison  (Paris  1884)  ent- 
hält 22  Tafeln,  die  drei  ersten  betreffen  Gallien  bei  Caesars  Ankunft;  unter  Caesar;  um 
das  Jahr  400  n.  Chr.  —  Duchbsne,  Memoire  sur  Vorigine  des  diochses  episcopaux  dana  V 
ancienne  Gaule  (Bd.  L  der  Mim.  der  Gesellschaft  der  Antiquaires).  Lugudunum  war  schon 
im  2.  Jahrhundert  Bistum;  daneben  erhob  sich  Arelate  zur  Hauptkirche  in  der  „provineia** . 
Toulouse,  Vienne,  Trier  und  Reims  gehen  auf  die  Mitte  des  3.  Jahrhunderts  zurück;  sechs, 
nämlich  Ronen,  Bordeaux,  Köln,  Bourges,  Paris,  Sens  aufs  Ende  des  3.  Jahrhunderts.  Vgl. 
auch  DucHESNB,  Fastea  ipiseopaux  de  Vancienne  Gaule,  I  (1894):  Provinces  du  Sud-Est. 
Zwischen  Arles  und  Vienne  erwuchs  eine  heftige  Rivalität.  Für  die  alpinen  Gegenden 
bildeten  Agaunum  (S.  Maurice  im  Thal  der  Rhone)  und  Nicaea  (Nizza)  den  Ausgangspunkt 
der  Mission.  —  Th.  Moxmsen,  Der  letzte  Kampf  der  römischen  Republik,  in  „Hermes*  XIII 
S.  90  ff.    Schildert  den  Zustand  Galliens  zur  Zeit  der  Schilderhebung  des  Vindex  (68  n.  Chr.). 

—  E.  Hbbzoo,  GaUiae  Narhonensis  provinciae  historia,  Lips.  1869.  —  A.  Allmbb,  Inscriptions 
de  Vienne^  4  rolumes,  Vienne  1875  f.;  Bd.  II  p.  401  ff.  ist  die  Geschichte  der  Stadt  be- 
handelt.   Ueber  die  neuesten  Ausgrabungen  in  Vienne  vgl.  Bullet,  epigraphique  1882  p.  72  ff. 

—  0.  HiBSOBFELD,  GalUscho  Studien  I,  Sitznngsber.  der  Wiener  Akad.  1883  S.  271  ff.:  .die 
cifHtates  foederatae  im  Narbonensischen  Gallien**  (behandelt  erschöpfend  die  Verhältnisse 
von  Massilia  und  der  civitas  Vocontiorum),  Ders.,  Gallische  Studien  II,  1.  c.  1884  S.  221  ff.: 
„Gallische  Inschriftenfälschungen".  Ders.,  Gallische  Studien  III,  1.  c.  1884  S.  239  ff.  Ders., 
Ueber  das  römische  Aquitanien,  in  den  Sitzungsberichten  der  Berliner  Akademie  1896.  — 
P.  Castanibb,  Histoire  de  la  Provence  dans  V  antiquiti  depuis  les  temps  qucUernaires 
jusqu*  au  F«  si^le  aprh  J.— C.  I.  La  Provence  prihistorique  et  protohisforique  jusqu*  au 
VI-  sihcle  avant  V  hre  chritienne.  Ouvrage  accompagnS  d*  une  grande  carte  en  cinq  cou- 
Jeurs,  Paris  et  Marseille  1893.  —  R.  Kbbvilbb,  Artnorique  et  Bretagne  .  Recueil  d*  itudes 
sur  V  archiologie,  V  histoire  et  la  biographie  hretonneSj  publUes  de  1873  d  1892.  3  vol. 
Paris  1893.  Der  erste  Band  behandelt  die  Geschichte  der  Armorica  (d.  i.  des  Küstenlandes 
zwischen  Liger  und  Sequana)  bis  zur  Einwanderung  der  Brittones  in  die  heutige  Bretagne 
(saec.  V).  Daiomter:  über  die  Veneter  und  Caesars  Seeschlacht  gegen  sie;  über  kontroverse 
Punkte  in  der  alten  Geographie  der  Armorica;  sowie  über  das  römische  Strassennetz  der- 
selben. Vgl.  Revue  critique  1893  nov.  13.  Der  Verfasser  ist  ingenieur  en  chef  des  ponts 
et  chaussdes.  —  Ad.  db  Cbulbnbbb,  Notice  sur  un  diplome  militaire  de  Traian  trouv2  aux 
environs  de  Likge  (Eph.  epigr.  TV  p.  500),  Berlin  1881.  Behandelt  die  Romanisation  der 
Umgegend  von  Lüttich.  —  Ch.  Piot,  Les  pagi  de  la  Belgique  et  leurs  subdivisions  pendant 
Je  moyen-äge.  M^oire  couronnS  par  V  acadStnie  royale  de  Belgique  1871.  Extraii  du 
tonte  XXXIX  des  MSmoires  couronnis  et  des  mSmoires  des  savants  Strangers  publids  par 
V  acadimie  royale  des  sciences^  des  lettres  et  des  heaux  arts  de  Belgique  1874.  Vgl.  darüber 
Mbnkb  in  der  „Histor.  Zeitschr.''  N.  F.  3  S.  542  f.  Die  Namen  einiger  Stämme  der  Belgica 
lebten  als  Gaunamen  im  Mittelalter  fort.  —  A.  db  Boissibu,  Inscriptions  antiques  de  Lyon 
reproduites  d*aprh  les  monuments  ou  recueiUies  dans  les  auteurs,  Lyon  1846  ff.  (die  Re- 
produktionen der  Monumente  sind  meisterhaft).  —  0.  Hibschfeld,  Lyon  in  der  Römerzeit. 
Vortrag  gehalten  zu  Gunsten  des  Lesevereins  der  deutschen  Studenten  in  Wien,  Wien 
1878.  Derselbe,  Beiträge  zur  Geschichte  der  Narbonensischen  Provinz,  Westd.  Zeitschrift 
1889.  Die  ^^oppida  Latina**  der  Provinz  erhielten  den  Titel  i^Kolonie'*.  Dagegen  war 
Narbo  reine  Kömerstadt.  —  Derselbe,  Zur  Geschichte  des  Christentums  in  Lugudunum 
vor  Constantin.  Sitznngsber.  d.  Berl.  Akad.  1895  S.  381  ff.,  wo  man  die  neueren  französischen 
Arbeiten  verwertet  findet.  —  J.  Kbomayeb,  Die  Militärkolonien  Octavians  und  Caesars  in 
Gallia  Narbonensis,  „Hermes**  ICXXl  S.  1  ff.  Ch.  Robebt,  Epigraphie  gallo-romaine  de  la 
Moselle,  Paris  I  (1873)  II  (in  Verbindung  mit  R.  Cagnat,  1883).  —  F.  Hbttnbb,  Das  römi- 
sche Trier,  Verhandlungen  der  deutschen  Philologen versamml.  in  Trier  (1879)  S.  15—28.  Eine 


4«  Der  c^allisohe  Lftaderspreiigel.    (§  46.)  105 

iüchtige  Arbeit  Aber  dies  «deutsche  Rom",  sein  Amphitheater,  den  Eaiserpalast,  die  „porta 
nigra*' t  welche  letztere  gegen  E.  Hübitbb  (in  Monatsber.  der  Berliner  Akademie  1864)  mit 
Recht  dem  4.  Jahrhundert  n.  Chr.  vindiziert  wird.  Hettner,  Die  römischen  Steindenkmäler 
des  Provinzialmuseums  zu  Trier  mit  Ausschluss   der  Neumagener  Monumente  (Trier  1893). 

—  Sbtfpabth,  Der  römische  Eaiserpalast  in  Trier,  Westd.  Zeitschr.  XII  (1893)  p.  Iff.  Siehe 
im  übrigen  die  Litteratur  zum  Kapitel  „Germanien'.  —  A.  Michaelis,  Das  Felsrelief  am 
»pompösen*  Brunnen  bei  Lemberg  (Kanton  Bitsch).  Im  Jahrb.  der  Ges.  f.  lothring.  Gesch. 
und  Altertumskunde  YII  (1895)  S.  128  ff.  Mit  kartographischer  Beigabe  über  die  Ver- 
breitung des  Silvanuskultus  in  Gallien  und  Germanien.  —  Ueber  archaeol.  Funde  in  Pens 
Saravi  (jetzt  Saarburg  in  Lothringen)  vgl.  Korrespondenzbl.  d.  Westd.  Zeitschr.  XIV  (1895) 
S.  225  ff.  —  W.  ViscHKR,  Basel  in  der  römischen  Zeit,  Kl.  Schriften  II  S.  391—406.  Ebenda 
S.  441  ff.  über  die  geschichtlich  wichtigen  Massenmünzfunde  in  der  N&he  von  Basel,  die 
zur  Zeit  der  Alemanneneinfälle  in  der  zweiten  Hälfte  des  3.  Jahrhunderts  vergraben  sein 
müssen  (vgl.  über  den  neuesten  Fund  dieser  Art  den  Anzeiger  für  schweizer.  Altertums- 
kunde 1884  S.  41  ff.).  —  J.  J.  Müller,  Nyon  zur  Römerzeit,  Mitteil,  der  antiquar.  (^esellsch. 
in  Zürich  XVIII  S.  171-220.  —  C.  Büesiaw,  Aventicum  Helvetiorum.  Ebenda  Bd.  XVI.  — 
Th.  Mommsbn,  Die  Schweiz  in  römischer  Zeit  (Mitteilungen  der  Züricher  antiquarischen  Ge- 
sellschaft IX  1853;  das  Muster  einer  ProvinzialdarsteUung).  —  Th.  Momiisek,  Römische 
Geschichte  V,  Kap.  3:  Die  gallischen  Provinzen.  Mit  Karte  von  Kiepert.  —  F.  Keller, 
Die  römischen  Ansiedlungen  in  der  Ostschweiz  (Mitteilungen  der  Züricher  antiquar.  Gesell- 
schaft XI,  Xn  («Grundlegende  und  in  ihrer  Gattung  meisterhafte  Arbeit *".  Mommsen,  , Hermes" 
XVI,  491.  4).  —  Th.  Mommsen,  Schweizer  Nachstudien,  «Hermes*  XVI  S.  445  -  494.  Die 
Organisation  von  pagus  u.  civitas  bei  den  Helvetiem  auseinandergesetzt.  Ueber  die  «Aquae 
Helveticae*"  (Baden  an  der  Limmat)  vgl.  Korrespondenzbl.  d.  Westd.  Zeitschr.  1889  S.  135  ff. 

—  WiRTBLBB,  Ueber  einen  römischen  Landweg  am  Walensee,  mit  sprachgeschichtlichen 
Exkursen,  Aarau  1894.  Vgl.  auch  Mommsbn  in  „Hermes''  XIX  S.  316  ff.  «über  die  keltischen 
pagi**  im  Anschluss  an  die  Organisation  der  Galater  in  Kleinasien;  für  die  Erkenntnis  der 
gallisch-germanischen  staatlichen  und  ethnischen  Organisationen  sind  durch  diese  Arbeiten 
Mommseks  (sowie  Berges  über  den  pcigus  Carucum,  Hibsohfelds  über  die  Vocontier)  ganz 
neue  Gesichtspunkte  gewonnen. 

Die  französischen  Zeitschriften:  „Revue  archiölogique"  und  „Bulletin  epigraphlque** 
(letztere  1881 — 1886)  enthalten  viele  Materialien  oder  Aiäsätze  über  das  römische  Gallien. 
Auch  kartographische  Skizzen  sind  beigegeben;  vgl.  BuIL  epigr,  1883  planche  IV:  „Gallia 
braeata,  pars  arientalis,  ante  Diocletiani  aetatem**  kartographisch  dargestellt  von  F.  Val- 
lbntin.  —  1885  p.  7  ff.:  Inscriptions  de  la  ralUe  de  V  Huveaune  (mit  Karte)  von  C.  Jüllian. 
Dann  sind  zahlreiche  Lokalvereine  thätig,  die  auch  Zeitschriften  publizieren.  Die  Inschriften 
von  Bordeaux  und  Narbonne  sind  von  Jullian  und  Lbbeoub  herausgegeben,  die  von  Lyon 
neuerdings  (nach  Boissieu)  von  Allmbb  und  Dissabd.  Die  Sociiti  philomatique  Vosgienne 
in  Saint  Di^  veröffentlicht  seit  1876  ein  Bulletin,  vgl.  Zanobmeisteb,  Westd.  Zeitschrift  XI 
(1892)  S.  27.  Ich  verzeichne  femer  E.  Ebpbbandieu,  Epigraphie  romaine  du  Poitou  et  de 
fa  Saintonge  (Melle  et  Paris  1889).  Vgl.  „Hermes"  XXII  547  Anm.  1.  P.  Lejay,  InscHp- 
tions  antiques  de  la  Cdte  d^  Or  (Paris  1889).  Wenig  bedeutende  Inschriften.  „Selbst  in 
Dijon  sind  wie  in  vielen  Orten  des  nördlichen  und  westlichen  Galliens  vorherrschend  nur 
kurze  Grabschriften  gefunden  worden,  die  ausser  den  gallischen  Namen  wenig  Belehren- 
des bieten.  Eine  Anzahl  Widmungen  an  gallische  Götter,  einige  Meilensteine,  die  merk- 
würdigen Ziegel  von  Mirebeau  (vgl.  „Hermes"  XIX  S.  437  ff.),  ein  paar  Soldatengrabsteine, 
wenige  Töpferstempel  und  mehrere  Augenarztstempel"  (Hübneb,  Wocnenbchr.  f.  kl.  Phil.  1891 
Febr.  11).  —  V.  J.  Vaillant,  Epigraphie  de  la  Morinie,  Boulogne-sur-Mer  1890.  Ueber 
diese  ganze  Lokallitteratur  R.  Cagnat  in  der  Revue  critique  1890  p.  108  f.  J.  Sacaze,  In- 
acriptions  antiques  des  PyrSnies,  Ävec  un  avant-propos  de  M,  Albert  Leb^gue,  Toulouse  1892. 

Bei  R.  Cagnat,  ^ude  historique  sur  les  impöts  indirects  chez  les  Romains  jusqu^ 
aux  invasuyns  des  barbares  (Paris  1882)  findet  man  an  kartographischen  Beilagen: 
1.  Carte  des  stations  du  portoriunt  entre  VItalie  et  Vlllyricum.  2.  Carte  des  stations  du 
portorium  entre  VItalie  et  les  Graules,  3.  Carte  des  circonscriptions  de  la  vicesima  here- 
düatium, 

Fttr  die  Ortsnamenforschung  wichtig:  H.  d'Abbois  de  Jubainvillb,  Recher ches 
sur  Vorigine  de  la  propriitS  fonciire  et  des  noms  des  lieux  habitis  en  France  (PMode 
ceüique  et  p4riode  romaine)  Paris  1890.  Williams,  Die  französischen  Ortsnamen  keltischer 
Abkunft,  Strassburg  1891  (Dissert.).  Vgl.  d'Abbois  de  Jübainville  in  der  Revue  critique 
1892  Oktob.  17.  Ein  Traktat  „de  nominibus  Gallicis*'  (saec.  VIII)  ist  herausgegeben  von 
Mommsen,  Auct.  antiquiss.  IX  p.  613  f.  EnthAlt  die  Erklärung  keltischer  Ortsnamen.  Vgl. 
H.  ZiMMEB,  Zeitschr.  f.  vgl.  Sprachforschung  N.  F.  XII  S.  230  ff.  —  K.  Zangemeistrr,  Zur 
Geographie  des  römischen  Galliens  und  Germaniens  nach  tironischen  Noten.  N.  Heidelberger 
Jahrbücher  H  (1892)  S.  1  ff. 


106  A.  Geographie  Ton  Italien  und  dem  Orbis  Eomanna. 

5.  Germanien. 

47.  Die  Römer  im  cisrhenanischen  GermaniexL  Die  von  Caesar 
gewonnene  und  mit  germanischen  Stämmen:  Tribokern,  Nemetern,  Van- 
gionen,  Sueven  u.  s.  w.  besiedelte  Rheingrenze  wurde  unter  seinen  Nach- 
folgern durch  Einrichtung  weiterer  fester  Positionen  gesichert;  wie  denn 
L.  Munatius  Plauens  im  Jahre  48  Rauraca  zur  Kolonie  machte,  M.  Yipsanius 
Agrippa,  der  wiederholt  (38—36,  dann  wieder  20  und  19  v.  Chr.)  das 
gallische  Kommando  führte,  die  civitas  Ubiorum,  das  nachmalige  Köln 
einrichtete;  wahrscheinlich  wurden  schon  damals  auch  die  Stellungen  von 
Castra  vetera  und  von  Mogontiacum  okkupiert. 

Nachdem  die  in  der  Lippegegend  sesshaften  germanischen  Stämme: 
Sugambrer,  üsipeter,  Tencterer  einen  verheerenden  Einfall  nach  Gallien 
gemacht  hatten  {clades  LolUana,  16  v.  Chr.),  schritt  man  zur  Einverleibung 
ihrer  Gebiete  und  zur  Verpflanzung  der  Bewohner;  von  da  ab  verfolgte 
man  konsequent  den  Plan,  Germanien  bis  zur  Elbe  hin  als  Provinz  einzu- 
richten (Feldzüge  des  Drusus  13—9  v.  Chr.;  des  Tiberius  8  v.  Chr.,  des 
Domitius  Ahenobarbus  6  v.  Chr.  bis  2  n.  Chr.).  Thatsächlich  ist  dies  Ziel 
eine  Zeitlang  erreicht  gewesen;  das  Land  galt  als  pacifiziert,  die  Küste 
ward  bis  zur  Mündung  der  Elbe  von  römischen  Schiffen  befahren.  ^)  Aber 
der  Aufstand  des  Jahres  9  n.  Chr.  und  die  Niederlage  des  Yarus  im 
Teutoburgerwalde  warf  die  Römer  an  den  Rhein  zurück;  wenngleich 
durch  die  Expeditionen  des  Germanicus  der  römischen  Waffenehre  Genüge 
geschah. 

Erst  unter  den  flavischen  Kaisem  fand  neuerdings  eine  planmässige 
Überschreitung  des  Rheins  und  damit  eine  Erweiterung  des  römischen 
Germaniens  statt, ^)  indem  durch  Vespasian  im  Jahre  74  n.  Chr.  die  Strasse 
von  Argentoratum  nach  dem  Schwarzwald  (bis  Sumelocenna)  angelegt 
wurde;  während  von  Vindonissa  aus  die  Position  von  Arae  Flaviae  (bei 
Rottweil)  durch  die  leg.  XI  occupiert  wurde.  —  In  die  Folgezeit  (wobei 
der  Chattenkrieg  des  Domitian,  83  n.  Chr.  die  Epoche  bezeichnet)  fällt 
die  Erbauung  der  Rheinbrücke  bei  Mogontiacum  durch  Soldaten  der  leg. 
Xini  gem.  Martia  victrix,  (die  zur  Zeit  der  Dakerkriege  an  die  Donau 
kam);  es  wurde  das  Gebiet  zwischen  Main  und  Taunus,  sowie  die  Wet- 
terau  einverleibt  (privilegierte  Stellung  der  Mattiaci).  Endlich  wurde  das 
neugewonnene  Gebiet  durch  einen  Querwall  {„limes^,  was  zunächst  einen 
„gesperrten  Weg'  bezeichnet)  abgegrenzt;  seitdem  war  das  ganze  süd- 
westliche Deutschland  römisches  Unterthanengebiet.  Vgl.  Frontin.  strate- 
gem.  1,  3,  10:  limüibus  per  CXX  m.  p.  actis.  Tac.  Germ.  c.  29;  protulit" 
que  enim  magnitudo  populi   Romani   (Tacitus  vermeidet  den    verfehmten 


^)  Dessen  rOhmt  sich  Augastus  selbst 
im  Mon.  Ancyr.  V,  11  f.:  Germaniam  —  ad 
östium  Aüns  flüm\ini8  pacam].     Femer  V, 


papu[l]i  per  legdtös  amicitiam  meatn  et  po- 
puli Romani  petierunt.  Der  Text  ist  durch 
die   Humann'sche  Expedition   sichergestellt. 


14  ff.:    Cla[8si8  mea  per  Oceanum]  ab  ösfio  —  Man  vgl.  auch  Strabo  VII,  1,  3. 

Rhdni  ad  solis  orientis  regionem  usque  ad  *)  Es   wurde   dies  von  Bedeutung  für 

fi[ne8  Cimbroru]m  namgavü,  quo  neque  terra  die  Entwicklung  der  germanischen  Provinzial- 

neque    mari    quisquam    Romanus    ante    id  Sprengel.    Yergl.  die  bei  Mabqüabdt,   Rom. 

tempus  adit,  Cimbrique  et  Charydes  et  Sem-  1   Staatsverw.  PS.  274  f.  angeführte  litterator. 
nones  et  eiusdem  tractüa  alii  Germdnörum 


5.  Oarmanian.    (§  47.) 


107 


Namen  Domitians  anzuführen,  wie  auch  die  Arae  Flaviae  den  Indivi- 
duakiamen  nicht  nennen)  uüra  Rhenum  uüraque  veteres  terminos  imperii 
reverentiam.  Für  die  „agri  decumates^f  wie  sie  möglicherweise  nach  dem 
hier  erhobenen  Zehnten  genannt  werden, ')  wurde  von  Domitian  ein  eigener 
procurator  bestellt,  der  in  Sumelocen na  (Rottenburg  am  Neckar)  seinen 
Sitz  hatte.  2) 

Der  „limes",  der  unter  Traian,  Hadrian,  Antoninus  Pius  weiter  aus- 
gestaltet wurde  und  vor  allem  die  Grenze  markieren  sollte,  ist  in  seinen 
Rudimenten  bis  auf  den  heutigen  Tag  wahrzunehmen:  „er  beginnt  süd- 
westlich von  Regensburg,  südlich  vom  Einfluss  der  Altmühl  (Alemona)  in 
die  Donau  bei  Eelheim  und  schreitet  der  Hauptsache  nach  in  stets  west- 
licher Richtung  fort,  in  einer  Bogenlinie  von  der  Ausdehnung  von  etwa 
23  deutschen  Meilen.  Bei  Kipfenberg  schneidet  er  die  Altmühl  und  geht 
über  Weissenburg  und  Gunzenhausen,  wo  er  seinen  nördlichsten  Punkt 
erreicht,  weiter  im  württembergischen  Gebiet  nördlich  bei  Aalen  vorbei; 
bei  Lorch  wendet  er  sich  nordwärts".  Hier  an  der  Grenze  der  beiden 
Provinzen  Raetien  und  Obergermanien  beginnt  der  zweite  Abschnitt 
der  Grenzlinie  mit  jenem  fast  rechten  Winkel,  welchen  der  Wall  bei 
Lorch  bildet.  Dies  ist  die  Strecke,  welche  nach  Ammian.  Marcell.  XVHI, 
2,  15  bereits  im  4.  Jahrhundert  als  „regio  cui  Capellatii  vel  Palas  nonien 
est''  bezeichnet  wird.  Hinter  dem  „limes^^  römische  Befestigungen  längs 
des  Neckar;  dann  im  Odenwald,  die  nach  dem  Flüsschen  Mümling  sog. 
Mümlingslinie,  die  aus  einer  Reihe  einzelner  Kastelle  besteht.  In  der 
Nähe  des  Odenwaldes  muss  das  unter  Traian  erbaute  Kastell  gelegen 
haben,  dessen  Ammian.  Marcell.  in  der  Schilderung  von  Julians  Feldzug 
gegen  die  Alamannen  erwähnt;  XVH,  1,  11:  munimentum  quod  in  Ahr 
mannorum  solo  conditum  Traianus  suo  nomine  voluit  appdlari. 

Der  dritte  Abschnitt  des  Grenzwalls  schlägt  statt  der  südnörd- 
lichen eine  wesentlich  westliche  Richtung  ein,  biegt  zum  Teil  sogar  nach 
Süden  ein.  Am  südlichen  Abhänge  des  Vogelsberges  zwischen  diesem 
und  dem  Taunus  hin,  am  nördlichen  Abhang  des  grossen  Feldberges  zieht 
sich  die  Linie  zur  Lahn,  von  da  nordwärts  nach  Rheinbrohl  gegenüber 
dem  Vinxtbach,  welcher  die  Grenze  von  Ober-  und  üntergermanien  bil- 
dete. —  Für  Untergermanien  genügte  der  Rhein  als  Grenze;  das  jensei- 
tige Gebiet  war  streckenweise  evakuiert  und  als  Weideplatz  von  den  Le- 
gionen benützt. 


^)  „Decnmas  hat  eine  Analogie  in  in- 
fernas  and  aupernas".  Mabqüabdt,  Staats- 
verw.  T",  278.  Mommsen,  Rom.  Gesch.  V 
138  A.  2  hegt  gegen  diese  Erklärung  Be- 
denken: .weder  ist  es  sprachlich  erwiesen, 
dass  decutnas  „zehentpfüchüg"  heissen  kann, 
noch  kennen  wir  derartige  Mnrichtongen  der 
Kaiserzeit".  Asbach  in  der  Westd.  Zeitschr. 
y  372  spricht  die  Vermutong  aus,  dass  das 
Wort  decumates  ein  technischer  Ausdruck 
der  Feldmesskunst  sei,  die  bekanntlich  zahl- 
reiche archaische  Formen  in  ihrem  Wort- 


schatz bewahrt  hat.    Vgl.  Ihm,  Bonner  Jahrb. 
LXXXXrV  (1893)  S.  163. 

*)  'EnlxQonog  /oi^«?  lovfisXoxeyyTjaiag 
xai  i^ncQXifxnaytjg  heisst  er  in  einer  Inschrift 
der  bithjnischen  Stadt  Dusae.  Vgl.  Mommsen, 
Eorrespondenzblatt  1886  S.  260.  Hiezu  Rom. 
Staatsr.  UI  830.  Die  Erwähnung  des  ager 
translimitanus  zeigt,  dass  die  politische 
Grenze  des  römischen  Gebietes  hier  wie 
anderswo  mit  der  militärischen  nicht  zusam- 
menfiel. 


108  A.  Geographie  von  Italien  und  dem  Orbis  Bomaniui. 

Seit  1890  Tvird  der  germanische  und  der  rfttische  „Umes"  in  seinen  einzelnen  Teilen 
auf  Reichskosten  von  einer  Kommission,  an  der  Mommsen,  Zangemeister,  Ohlenschlager, 
Popp,  Gonrady  u.  a.  beteiligt  sind,  einer  systematischen  CFntersuchung  unterzogen.  Ein 
„Limesblatt**,  das  als  Beigabe  zu  dem  , Korrespondenzblatt  der  Westdeutschen  Zeitschrift  f. 
Gesch.  und  Kunst"  1893  f.  erscheint,  verzeichnet  die  Ergebnisse.  Vgl.  Mohiisen,  Die  ein- 
heitliche Limesforschung,  Korrespondenzbl.  1890  S.  287 — 294.  Zanobmbistbr,  lieber  den 
gegenwärtigen  Stand  der  Limesforschung,  Westd.  Zeitschr.  IX  (1890)  S.  1  ff.  —  K.  Popp. 
Bericht  über  den  Stand  der  Arbeiten  am  obergerm.-räti8chen  Limes,  Allgem.  Zeitung  1894 
Beilage,  April  18  ff.  Darin  eine  Schilderung  der  oro-  und  hydrographischen  Verhältnisse. 
Ebenso  bei  E.  Kallee,  Das  rätisch-obergermanische  Kriegstheater  der  Römer,  Eine  strate- 
gische Studie,  Stuttgart  1889  (mit  Karte).  Die  ältere  Litteratur  fasst  zusammen  E.  HÜbker, 
Der  römische  Grenzwall  in  Deutschland,  Bonner  Jahrb.  LXni  (1878)  S.  17  ff.,  mit  Ueber- 
sichtskarte  des  „limea*'  von  H.  Kibpbbt.  Vgl.  ebenda  LXIV  (1878)  S.  88—52.  Ein  ,1.  Nach- 
trag" in  Bonner  Jahrb.  LXVI  (1879)  S.  13  ff.  Vgl.  ebenda  LXXX  (1885)  S.  23—149, 
LXXXVni  (1889).  Eine  populäre  Darstellung  gibt  £.  Hübneb  in  seinem  Buche  »Römische 
Herrschaft  in  Westeuropa*  (Berlin  1890)  S.  71—115.  Vgl.  auch  Th.  Hodgkin,  The  Pfahl- 
graben,  An  essay  totvards  a  deacription  of  the  harrier  of  the  Roman  empire  between  the 
Danübe  and  the  Rhine,  Newcastle-on-Tyne  1882  (mit  mehreren  Uebersichtskarten  und  Ab- 
bildungen). Speziallitteratur:  v.  Cohausbn,  Der  römische  Grenzwall  in  Deutschland, 
militärische  und  technische  Beschreibung  desselben,  mit  52  Foliotafeln  Abbildungen  (Wies- 
baden 1884).  Vgl.  hiezu  Mohmsbn,  Ueber  den  oberrheinischen  limea,  „Westd.  Zeitschr."  IV 
(1885)  S.  43 — 50.  Gohausens  Werk,  das  eigentlich  nur  fOr  die  Strecke  von  Grosskrotzen- 
burg  bis  Rheinbrohl  Originales  bietet,  gab  gleichwohl  den  Anstoss  zur  neueren  Limes- 
forschung. Der  beigegebene  Atlas  enthält  kartographische  Uebersichten,  Profile,  Pläne  von 
Kastellen.  —  E.  Hrbzoo,  Die  Vermessung  des  römischen  Grenzwalls  in  seinem  Lauf  durch 
WOi'ttemberg  in  ihren  Resultaten  dargestellt,  Stuttgart  1880.  —  F.  Ohlbnsohlaobr,  Ueber 
die  römische  Grenzmark  in  Bayern  (Manchen  1887),  mit  4  Kartentafeln.  „  Seine  Auf- 
nahmen, in  die  Karten  des  neuesten  topographischen  Atlas  von  Bayern  (Masstab  1  :  50000) 
eingetragen,  sind  die  vorzflglichsten,  welche  bisher  überhaupt  von  irgend  einem  Teile  des 
römischen  Limes  gegeben  worden  sind*.  (Hübneb).  —  H.  Haupt,  Der  römische  Grenzwall 
in  Deutschland  nach  den  neueren  Forscnungen,  mit  besonderer  Beiücksichtigung  Unter- 
frankens (Würzburg  1885),  gute  Orientierung.  G.  Wolff  und  0.  Dahm,  Der  römische 
Grenzwall  bei  Hanau  mit  den  Kastellen  bei  Rückingen  und  Marköbel  (Hanau  1885).  Darin 
ist  die  Strecke  Grosskrotzenburg-Rückingen-Marköbel  der  Untersuchung  unterzogen.  Kritik 
mancher  Aufstellungen  v.  Gohausens,  beigegeben  4  lithographische  Tafeln  mit  Grundrissen 
der  Kastelle,  sowie  einer  Karte  der  Strecke  zwischen  Main  und  Kinzig.  Vgl.  auch  0.  Dahm, 
Turm  C  am  limes  Grosskrotzenburg-Rückingen,  Westd.  Zeitschr.  XII  (1893)  S.  157  fF.  — 
Nähere  Aufschlüsse  sind  von  der  neuesten  Limesforschung  zu  erwarten.  Vergl.  über  den 
lime8  am  hohen  Taunus  A.  Hahxeban  in  Westd.  Zeitschr.  VtH  S.  287  fF.  und  neuerdings 
.Limesblatt'*  1893  S.  98  ff.:  ,Es  haben  sich  kleine  Schanzen  oder  Türme  auf  den  Gipfeln 
des  Taunus  gefunden,  die  vom  Grenzwall  durchsetzt  und  zum  Teil  für  dessen  Traciemng 
massgebend  gewesen  sind**.  Die  erste  Befestigung  der  Taunushöhe  nahm  schon  Drusus  vor. 
Vgl.  MoMMSEN,  Rom.  Gesch.  V  S.  30.  —  Beim  heutigen  Frankfurt  a.  M.  hatten  die  Römer 
schon  im  1.  Jahrhundert  einen  ständigen  Wachposten  (Funde  von  Ziegeln  der  Ug,  XIV).  — 
Auffindung  eines  grösseren  Kastells  bei  Ems,  an  der  Vereinigung  des  Lahn-  und  Emsthales 
durch  Dahm  (1894).  —  Ueber  den  Zweck  des  Limes  ist  man  sich  nicht  ganz  klar.  Dr. 
Eidam  in  Gunzenhausen,  der  den  Limes  in  dieser  Gegend  durchforscht  (vgl.  Korrespondenz- 
blatt 1893  S.  122  ff.),  vertritt  am  zuversichtlichsten  die  Annahme,  dass  die  Postenkette 
längs  des  Limes  vor  allem  der  Signalgebung  diente,  da  man  von  einem  Posten  immer 
zum  nächsten  sehen  kann.  Andere  Forscher,  wie  Dahm,  halten  an  der  vorwiegend  militä- 
rischen Bedeutung  des  limea  fest.  Vgl.  Westd.  Zeitschr.  XII  S.  162.  Den  Ausdruck  „Pfahl* 
stellt  Zangemeister  mit  „vallum"  zusammen.  Die  schnurgerade  Richtung,  die  der  Wall 
über  Berg  und  Thal  nimmt,  zeigt,  dass  wir  es  mit  einer  Demarkationslinie  zu  thun  haben. 
Die  eigentliche  Reichsgrenze  ist  durch  ein  vor  dem  Wall  herlaufendes  ausgesteintes  Gräb- 
chen  markiert,  auf  das  man  erst  in  neuester  Zeit  am  Taunus,  dann  auch  anderwärts,  nament- 
lich in  Rätien,  aufmerksam  wurde.  Vgl.  „Limesblatt''  n.  7,  8,  10,  11  (1894),  Westdeutsche 
Zeitschr.  XIV  (1895)  S.  147  ff.  Dahinter  ein  Wall  mit  Graben  oder  ein  Steindamm,  d.  i. 
die  innere  Linie  des  „Umes^^f  der  nicht  eine  Grenzlinie,  sondern  ein  Grenzstreifen  ist.  -- 
Die  Herstellung  einer  künstlichen  Reichsgrenze  dort  wo  keine  natürliche  war  (vgl.  vita 
Hadriani  12:  locis  in  quihus  harbari  non  fluminibus,  sed  limitibus  dividuntur)  hatte  den 
Zweck,  die  Kontrolle  des  Grenzverkehrs  zu  ermöglichen,  da  dieser  den  Barbaren  nur  an 
bestimmten  Punkten  gestattet  war.  Es  war  eine  Ausnahme  von  der  Regel,  wenn  die  Her- 
munduren bis  nach  Augusta  Vindelicorum  kommen  durften.  —  Vielfach  wurde  jenseits  des 
Urne«  ein  Streifen  unbewohnten  Landes  als  neutrales  Gebiet  festgesetzt.  Auch  waren  die 
Zwischenstrecken  der  Grenzstrasse  unwegsam  gemacht,  so  unter  Hadrian  {vita  1.  c):  sUpt- 


6.  Qermazden.    (§  48.)  109 

Hbu8  magnis  in  modum  muralis  aaepis  funditua  iactis  atque  conexis  barbaros  separavit. 
Auf  der  mittelfr&nkischen  Strecke  des  limea  (bei  MOnchsroÜi)  hat  man  neuerdings  (1894) 
eine  ganze  Reihe  dem  limes  parallel  laufender  festgerammter  Föhrenpf&hle  konstatiert  (da- 
her .Pfahlgraben'  ?).  Vgl.  E.  Popp,  Der  Palissadenzaun  am  rfttischen  Limes,  Westdeutsche 
Zeitschr.  Xm  (1894)  S.  219  ff.  Ohlbnschlaoer,  Der  Name  «Pfahl*'  als  Bezeichnung  der 
röm.  Grenzlinie,  N.  Heidelb.  Jahrb.  Y  (1895)  S.  60  ff.  Ueber  die  Art  des  Baues  geben  die 
neuesten  Untersuchungen  (mit  Heranziehung  der  Agrimensorenlitteratur)  einigen  Aufschluss, 
vgl.  Baumeister  L.  Jaoobi  im  «Limesblatt **  1894  a.  a.  0.,  hiezu  Mommsen  «Der  Begriff  des 
Limes*,  Westd.  Zeitschr.  XIII  (1894)  S.  1B4  ff.  Der  rätische  und  der  obergermanische  Limes 
sind  unabhängig  voneinander  ausgebaut;  ersterer  eine  mit  Mörtel  aufgefUhrte  Mauer,  letz- 
terer, «inzelne  gemauerte  Strecken  abgerechnet,  Wall  und  Graben,  also  das  Werk  provin- 
zialer  BanfOhrung.  —  Nach  der  Aufgebung  des  rechtsrheinischen  und  transdanubischen 
fitnea  in  der  zweiten  Hälfte  des  3.  Jahrhunderts  trat  ein  neues  Limessystem  an  und  hinter 
den  Grenzströmen  in  Kraft,  worüber  die  Notit.  dignit,  zu  vergleichen  ist,  welche  die  Stationen 
angibt.  Vgl.  Moxxsen  in  «Hermes*  XVI  S.  487  ff.  Aehnlich  an  der  Donau  z.  B.  in  Moesien 
(F.  Kakitz). 

Nach  Abschluss  der  Arbeiten  der  Beichslimeskommission  soU  eine  ausführliche  Dar- 
stellung über  den  obergermanisch-rätischen  Limes  gegeben  werden;  den  natürlichen  Ab- 
schnitten desselben  entsprechend  in  sieben  Bänden.  Die  Abteilung  A  enthält  eine  Schil- 
derung des  Terrains,  des  Limeslaufes  und  der  Lage  der  Kastelle,  sowie  eine  Beschreibung 
der  Zwischenkastelle,  Erdschanzen,  Türme  und  der  wichtigsten  für  den  Limes  in  Betracht 
kommenden  Römerstrassen.  Beigegeben  ein  umfassendes  Kartenmaterial  und  Detaildar- 
stellungen. —  Die  Abteilung  B  behandelt  die  Hauptkastelle.  Die  einzelnen  Bände  werden 
folgende  Strecken  enthalten:  I.  Von  Rheinbrohl  bis  zur  Aar  bei  Langenschwal- 
bach,  KasteUe  1 — 7.  U.  Von  der  Aar  bei  Langenschwalbach  bis  Grosskrotzen- 
burg,  Kastelle  8—31.  IH.  Die  Mainlinie  von  Grosskrotzenburg  bis  Miltenberg, 
Kastelle  32 — 38.  IV.  Von  Miltenberg  bis  in  die  Gegend  von  Lorch,  Kastelle 
39—45.  V.  Die  Main-Neckarlinie,  Kastelle  46—62.  VL  Von  Lorch  bis  zur  Alt- 
mflhl  bei  Gunzenhausen,  KasteUe  63 — 70.  VH.  Von  der  Altmühl  bei  Gunzen- 
hausen  bis  Hienheim  an  der  Donau,  Kastelle  71— 77.  —  Die  ersten  Lieferungen  sind 
1894  und  1895  ausgegeben  worden:  «Der  obergermanisch-rätische  limea  des  Römerreiches. 
Im  Auftrage  der  Reichslimeskommission  herausgegeben  von  den  militärischen  und  archäo- 
logischen Dirigenten  0.  v.  Sabwet  und  F.  Hettnbb*  (Heidelberg).  Lieferung  1  be- 
handelt die  Kastelle  von  Butzbach,  Murrhardt,  Unterböbingen;  Lieferung  2  das  Kastell  von 
Osterburken.  —  Den  gegenwärtigen  Stand  der  Limesforschung  skizzierte  auf  der  43.  Ver- 
sammlung deutscher  Philologen  und  Schulmänner  in  Köln  (1895)  F.  Hbttneb,  Bericht 
über  die  vom  deutschen  Reiche  unternommene  Erforschung  des  obergermanisch-rätischen 
Limes  (Trier  1895).  K.  Zangekbisteb,  Der  obergermanisch-rätische  Hmea.  N.  Heidelberger 
Jahrb.  V  (1895)  S.  60  ff 

48.  Die  Oeographie  von  Oermanien  bei  den  (Oriechen  und) 
BOmem.  Teils  den  Feldzügen  unter  Augustus  und  Tiberius,  wo  das  ganze 
innere  Land  durchzogen  wurde,  teils  dem  Observationsposten,  der  am  Rhein, 
später  am  „limes'^  bezogen  war  und  längs  dessen  ein  lebhafter  Handels- 
verkehr mit  den  , Barbaren'  sich  entwickelte,  verdankt  die  zeitgenössische 
geographische  und  ethnographische  Forschung  ihr  Material. 

Strabo  hebt  den  Nutzen  geographischer  Kenntnisse  unter  anderem 
hervor  an  «den  Feldzügen  gegen  die  Germanen  und  Kelten,  indem  die 
Barbaren  in  unzugänglichen  Sümpfen  und  Wäldern  und  Wüsteneien  durch 
die  Orte  selbst  sich  wehrend,  das  Nahe  dem  unwissenden  Feinde  als  ent- 
fernt vorspiegelten  und  die  Zugänge,  wie  auch  die  Vorräte  der  Lebens- 
mittel und  alles  übrige  verborgen  hielten"  (I,  1,  17).  An  einer  anderen 
Stelle  (I,  2,  1)  betont  Strabo  die  Fortschritte,  welche  die  geographischen 
Kenntnisse  in  der  Gegenwart  machten:«  „Die  Römer  enthüllten  uns  die 
westlichen  Länder  Europas  alle  bis  zum  Strom  Albis,  welcher  Germanien 
zwiefach  teilt.*     Danach  Strabos  Darstellung  in  B.  VII. 

Mit  der  Okkupation  ging  die  militärische  Aufnahme,  die  Abschätzung 
der  Entfernungen,   die   Verzeichnung  der  Völkerschaften,  der  Kommuni- 


110 


A.  Geographie  von  Italien  nnd  dem  Örbie  fiomanna. 


kationsmittel  u.  s.  w.  Hand  in  Hand.  Vgl.  Velleius  Paterculus,  der  den 
germanischen  Krieg  als  praefectus  alae  unter  Tiberius  mitgemacht  hatte 
und  ein  grösseres  Werk  darüber  beabsichtigte  (cf.  Vell.  E,  96,  105,  115) 
n,  106 :  ad  quadringentesimum  müiarium  a  Rheno  usque  ad  fluvium  Älbitn, 
qui  Semnonum  Hermundurorumque  finis  praeterfluü,  Romanus  cum  signis 
perductus  exercüus.'^  Ebenso  E,  109  über  die  Entfernung  des  Reiches 
Marobods  von  den  Alpen:  „cum  —  initium  dus  finium  haud  multo  plus 
ducentis  milibus  passuum  abesset J*  Ferner  Strabo  VE,  1,  4:  »Der  Rhenos 
ist  vom  Albis  etwa  3000  Stadien  entfernt,  wenn  man  geradlaufende  Wege 
hat;  jetzt  aber  muss  man  durch  krumme  und  sumpfige  Wege  und  Wäl- 
der Kreiszüge  machen."  Vgl.  auch  Strabo  VE,  2,  4,  wo  er  von  den 
nördlichen  Völkern  Germaniens  spricht:  »bekannt  aber  sind  nur  die  von 
den  Mündungen  des  Rhenos  bis  zum  Albis  wohnenden.  Jene  hingegen 
jenseits  des  Albis,  längs  dem  Ozean,  sind  uns  durchaus  unbekannt.  Denn 
weder  wissen  wir  jemand  der  Älteren,  welcher  diese  Küstenfahrt  in  die 
östlichen  Gegenden  bis  zur  Mündung  der  kaspischen  See  machte  [sie], 
noch  sind  die  Römer  bisher  in  die  Länder  jenseits  des  Albis  vorgedrungen; 
ebensowenig  aber  hat  sie  jemand  zu  Lande  durchwandert." 

Auf  dem  Material,  das  so  zusammengebracht  war,  und  auf  den  Nach- 
richten, die  man  persönlich  am  „limes^^  oder  auf  gelegentlichen  Expedi- 
tionen einziehen  konnte,  beruhen  die  Angaben  des  älteren  Plinius,  der  in 
Germanien  gedient,  auch  eine  Geschichte  der  Germanischen  Kriege  ge- 
schrieben hat,  in  der  Naturalis  historia  (B.  IV  u.  a.).  Zeit  zu  solchen 
Studien  über  Land  und  Leute  hatten  intelligentere  Offiziere  in  BüUe;  be- 
richtet doch  Plinius  selbst  (N.  h.  X,  22,  27),  dass  manche  Präfekten  aller^ 
dings  reglementswidrig  ganze  Gehörten  von  ihren  Wachtplätzen  aus- 
schwärmen Hessen,  um  Gänse  {„gantae^^)  zu  fangen,  deren  Federn  in 
Italien  sehr  geschätzt  waren.  Anderswo  ging  man  fleissig  auf  die  Jagd 
nach  wilden  Tieren,  an  denen  in  den  schwachbewohnten  Grenzlandschaften 
kein  Mangel  war;  worüber  z.  B.  Arrian  berichtet.  —  Bei  den  Mattiakem 
wurde  zur  Zeit  des  K.  Claudius  und  dann  später  wieder  auf  Silber  ge- 
baut. 0 

Dem  Plinius  folgte  in  der  litterarischen  Verarbeitung  desselben  Ma- 
teriales  —  mit  den  nötigen  Vermehrungen  und  in  der  „Germania"  mit 
zeitgemässer  Tendenz  —  P.  Cornelius  Tacitus.  Zur  Zeit,  da  er  schrieb, 
wurde  eben  von  Traian  die  durch  Domitian  inaugurierte  Okkupations- 
politik ihrem  Abschluss  entgegengeführt. 

49.  Oermanien  um  das  Jahr  100  n.  Chr.    (Tacitus'  Oermania). 

Tacitus  berücksichtigt  in  seiner  Spezialschrift  mehr  die  ethnographischen 
als  die  geographischen  Verhältnisse,  für  welche  seine  Darstellung  der  krie- 
gerischen Expeditionen  in  den  Annalen  und  Bistorien  wichtiger  ist.  Im 
allgemeinen  wird  das  Land  als  mit  Wäldern  und  Sümpfen  erfüllt  hinge- 


^)  Dahm  hat  neuerdings  (1895)  auf  der 
Höhe  von  Braubach  —  dem  sog.  Eönigstiel 
—  im  Lahngebiet  ein  von  den  Römern  be- 
triebenes Bergwerk  aufgefunden,  mit  dem 
man  die  Nachricht  bei  Tacit.  ann.  Xl,  20  über 


den  Bergbau  bei  den  Mattiakem  in  Verbin- 
dung bringt.  AUg.  Zeitung  1895  Mai  8  Beil. 
Im  übrigen  vgl.  Forbig br  in  Paulys  Real- 
encykl.  s.  v.  Mattiaci. 


6.  Oermanien.    ($  4d.) 


111 


stellt;  nur  einzelne  Landschaften,  wie  die  der  Chatten  und  der  Mattiaker, 
seien  verhältnismässig  ergiebiger  oder  freundlicher.  Von  Bergen  werden 
der  Taunus,  der  Abnoba,  wo  der  Danuvius  entspringt,  und  die  sehr  un- 
bestimmt gehaltene  Hercynia  silva  mit  Namen  angeführt;  das  Riesen- 
gebirge heisst  bei  Dio  ra  Ovavdahxä  o^iy;  von  Flüssen  nennt  Tacitus 
ausser  Rhenus  und  Danuvius  noch  Momus  (Main),  Luppia  (Lippe),  Amisia 
(Ems),  Visurgis  (Werra  und  Weser),  Adrana  (Eder),  Albis  (Elbe).*)  —  Die 
Bezeichnung  , Germania"  oder  „Germaniae*  ist  wechselweise  für  das 
römische  (resp.  anachronistich  bloss  das  cisrhenanische)  und  das  freie 
Germanenland  gebraucht;  wie  ähnlich  „Gallia*  oder  „Galliae".  (In  einer 
früheren  Periode  sassen  Kelten  auch  in  Deutschland,  wie  Orts-  und  Fluss- 
namen selbst  noch  östlich  der  Weser  erweisen.  Vgl.  Müllenhof,  D.  Alter- 
tumsk.  n,  mit  Karte:  , Kelten  und  Germanen  im  4.  bis  1,  Jahrhundert 
V.  Chr.*  und  , Keltische  Namen  östlich  der  Weser").  —  Sehr  allgemein 
wird  die  Grenze  der  Germanen  im  Osten,  den  Sarmaten  und  Dakem  zu, 
durch  9 gegenseitige  Furcht  oder  durch  Berge"  bestimmt.  Im  Süden  wird 
der  Danuvius  als  Grenzstrom  gegen  Raetien  bezeichnet,  was  er  zu  Taci- 
tus' Zeit  schon  nicht  mehr  war.  Im  Norden  der  Ozean,  d.  h.  einerseits 
der  «Oceanus  Germanicus"  (Nordsee),  andererseits  das  „Mare  Suebicum" 
(Ostsee).  Am  Ufer  des  letzteren  sassen  ostwärts  Stämme  der  Aist-en 
(Aestii).  Vgl.  Müllenhoff  1.  c.  mit  Karte:  „Germanen,  Aisten  und  Slawen 
im  1. — 2.  Jahrhundert  n.  Chr." 

„Germanischer"  Abkunft  rühmten  sich  auch  mehrere  Stämme  in  der 
Belgica:  so  die  Tungri,  Nervii,  Sunuci,  Baetasii,  Menapii;  ob- 
wohl wir  selbst  im  Bataverlande  Ortschaften  (Lugudunum,  heute  Leyden, 
Batavodurum  u.  s.  w.)  keltisch  benannt  finden.^) 


*)  Die  geographischen  Positionen  der 
Quellen  und  Mündungen  gibt  Ptolemaeus  an. 
—  üeber  die  Quellen  der  Elbe  war  man  sich 
nicht  ganz  klar,  indem  offenbar  auch  deren 
Nebenflüsse  in  Betracht  gezogen  wurden. 
Vgl.  Dio  55, 1 ;  ^et  ix  xtov  Ovav&ahxtöv  oQtSv. 
Er  berichtet  55,  10*  über  die  Expedition, 
die  Domitius  Ahenobarbus  von  Yindelicien 
aus  nach  den  von  den  Markomanen  eben 
geräumten  Sitzen  unternahm,  indem  er  die 
Hermunduren  dorthin  verpflanzte:  xal  xov 
'AXßiay  fAfjdeyog  ol  iyavtiovfjiiyov  Siaßdg 
tpiXiav  rs  rotg  ixelvfi  ßuQßd^ois  fsvvi&sxo 
xai  ßtafiSy  in*  avrou  rt^  Avyovaxf^  Id^vaato. 
Cf.  Tac.  Ann.  IV,  44  (elogium  des  Domitius) : 
exereUu  flumen  Albim  transcendit,  langius 
penetrata  Germania,  quam  quisquam  prio- 
rum,  eaaque  ob  res  insignia  triumphi  adep- 
tu8  est.  —  Tacit.  Qerm.  41 :  in  Hermunduris 
Albis  oritur.  Die  hier  genannte  Elbe  ist 
vielleicht  deren  Nebenfluss,  die  Eger;  vergl. 
den  Artikel  «Albis"  in  Paulys  Bealencyklo- 
pädie.  Andere  nehmen  die  thüringische  Saale 
an;  vgl.  Eibchhoff,  Thüringen  doch  Hermun- 
darenland  S.  29.  —  Ptolem.  11,  11  hingegen 
identifiziert  die  Quellen  der  Elbe  mit  jenen 
der  Moldau.  Vgl.  Ch.  Müllebs  Anm.  in  Bd.  I 


p.  248  seiner  Ausgabe. 

^)  In  diesen  Gegenden  ist  auch  der 
Name  Germani  zuerst  gebraucht  worden, 
Tac.  Germ.  c.  2:  Qermaniae  vocahülum  re- 
cens  et  nuper  additum,  quoniam  qui  primi 
Rhenum  transgressi  Gallos  expulerint,  ut 
nunc  Tungri  j  tunc  Germani  vocati  sint. 
Vgl.  Caes.  b.  G.  2,  4:  Condrusos,  Eburones, 
Caeroesos,  Paemanos,  qui  uno  nomine  Ger- 
mani appellantur,  arhitrari  ad  XL  millia. 
Femer  6,  32:  Segni  Condrusique  ex  gente 
numeroque  Germanorum,  qui  sunt  inter 
Eburones  Treverosque,  —  Bemerkenswert 
ist  die  Kooperation  dieser  halbgermanischen 
und  germanischen  Stämme  im  Aufstande  des 
Civilis;  die  batavischen  Kohorten  bildeten 
den  Kern  desselben.  Wie  denn  die  Dar- 
stellung in  des  Tacitus  Historien  für  die  Kennt- 
nisnahme der  einschlägigen  Verhältnisse  klas- 
sisch ist.  —  Die  genannten  Stämme  bildeten 
die  älteste  germanische  Völkerschichi  auf 
gaJlischem  Boden;  noch  im  Mittelalter  haben 
diese  Gegenden  ihr  besonderes  (germanisches) 
Recht  behauptet,  was  darauf  zurückgehen 
wird.  Vgl.  J.  Picker,  Unters,  z.  Erbenfolge 
der  ostgerm.  Rechte  II,  2  (1895)  S.  409  ff. 
Anm.  III,  1  (1896),  mit  Karte. 


112 


A.  Qeographie  von  Italieii  und  dem  Orbis  Eomaniu. 


In  einem  loseren  Abhängigkeitsverhältnis  standen  die  germanischen 
Stämme  an  und  um  die  Rheinmündung:  die  Bataver,  „welche  die  Insel 
des  Flusses  Rhenus  bewohnen'';  die  Friesen  am  lacus  Flevo  (Zuidersee), 
die  in  „Gross"-  und  „ Klein "-Frisen  zerfielen;  *)  südwärts  davon  die  Ca- 
ninefaten.  Zu  den  Auxiliartruppen  stellten  diese  Stämme  starke  Kon- 
tingente.*) 

Die  am  linken  Rheinufer  angesiedelten  Stämme  der  Cugerni,  übii 
in  Germania  inferior,  Yangiones,  Nemetes,  Triboci  in  Germania 
superior  bildeten  gegen  ihre  Landsleute  jenseits  des  Stromes  eine  „römische 
Wacht  am  Rhein  **  (Mommsen).  -  Auch  die  zwischen  Rhenus  und  Taunus 
sitzenden  Mattiaci  gravitierten,  namentlich  seit  der  Anlegung  des 
„limes",  nach  Rom;  dasselbe  war  bei  Tubanten,  üsipiern,  Teno- 
teren  vom  Anfang  des  zweiten  bis  zur  Mitte  des  dritten  Jahrhunderts 
der  FaU.») 

Die  östlichen  Grenznachbam  der  Tencteren  sind  die  mächtigen 
Chatten;  der  Usipier  die  zwischen  Lippe  und  Ems  sitzenden  Bructerer, 
mit  denen  Drusus  und  Germanicus  geschlagen  hatte;  sie  sind  seitdem 
von  den  Chamavern  und  Angrivariern  niedergeworfen,  wenngleich 
nicht  vernichtet  worden.^)    Auch  die  Cherusker,  deren  Wohnplätze  an 


*)  Tac.  Genn.  34:  maioribus  minorilm8' 
que  Frisiis  vocabulum  ex  modo  virium,  Aehn- 
lich  unterscheidet  Ptolem.  IT,  11,  7  »Grosß-* 
und  »Klein-Chauken" ;  femer  „Gross-"  und 
„  Elein-Bructerer  ** . 

^)  Namentlich  die  Bataver:  eine  ala  und 
neun  Kohorten  zu  je  1000  Mann.  Vergl. 
Mommsen  in  „Hermes*  XIX  S.  42  f.  213  f. 
Ephem.  epigr.  V  p.  178  ff.  Ueber  die  ala 
der  Caninefaten  vgl.  «Hermes'*  XTX  213,  über 
die  Bataver  und  Ganinefates  unter  den 
eqtiitea  aingulares  in  Rom  vgl.  „Hermes"  XVI 
469.  Die  Bataver  dienten  später  sogar  in 
den  Legionen  und  als  Praetorianer,  wo  sie 
dann  Ulpia  Noviomagus  (Nimwegen)  als  Hei- 
mat angeben.  „Hermes"  ^TT  68.  Namentlich 
sind  aber  von  Interesse  die  Stationen  der 
germanischen  Truppenkörper  in  Britannien. 
Vgl.  Eph,  q^r,  3  n.  103:  Texand(ri)  et  Su- 
fiic{i)  vex(illarii)  cohoritis)  II  Nerfdor{um), 
„Damals  mussten  diese  kleinen  den  Nervii 
benachbarten  Distrikte  in  einer  nervischen 
Eohoite  relativ  stark  vertreten  gewesen  sein". 
„Hermes"  XIX,  233.  Dann  die  Germ{ani)  eives 
Tuihanti  cunei  Frisiorum,  worüber  „Hermes" 
XIX  232  f.  gehandelt  ist.  Die  cohors  II 
Tungrorum  miliaria  equitata  c{ivium)  Hati- 
norum),  ebenfalls  in  Britannien  Corp.  YH 
879,  880,  882.  „Hermes"  XIX  74  A.  üeber 
die  cohors  üaipiorum  per  Germanias  con- 
scripta  vgl.  Tacit.  Agric.  28;  die  auxUia  der 
Chauci  Tac.  ann.  H  17.  Eine  cohors  1  Claudia 
Sugambrorum  (von  Kaiser  Claudius  I  ge- 
bildet) „Hermes"  XIX  43.  —  Unter  den  Auxi- 
liartruppen sind  überhaupt  vertreten :  Bataver, 
Caninefaten,  Nemeter,  Nervier,  Sugambrer, 
Cugerni;  Sunuker,  Trevirer,  Tungrer,  Ubier, 


Vangionen.  Vgl.  „Hermes"  XIX  213  f.  Unter 
den  equites  singulares:  Bataver,  Caninefaten, 
Frisaevonen,  Marsacier.  Auch  die  Städte 
Noviomagus  (Nimwegen),  Claudia  Ära  (Köln), 
Ulpia  Traiana  (bei  Xanten)  erscheinen  unter 
den  Heimatsangaben.  Vgl.  „Hermes"  XVI  459 

A.  3.  Ueber  die  germanischen  Auxilia  seit 
Diocletian  Mommsbn  in  „Hermes"  XXTV  232  ff. 
Ueber  den  Kult  des  Donar  (Hercules)  und 
Wodan  (Mercurius)  bei  den  germanischen 
Auxilia  sowie  den  daraus  hervorgegangen 
equites  singulares  vgl.  Zangbmbistsb  in  den 
N.  Heidelberger  Jahrb.  V  (1895)  S.  46  ff. 
Ueber  sonstige  germanische  Götter  auch 
DoMASZBWSKi,  Die  Religion  des  römischen 
Heeres  (TVier  1895)  S.  45  ff. 

^)  Wie  aus  einer  vereinzelten  Notiz  her- 
vorgeht, die  MüLLXNHOFF,  Abh.  d.  Berl.  Akad. 
1862  S.  518  ff.,  vgl.  Altertumsk.  HI  S.  311  ff., 
bespricht.  Risse,  Geogr.  lat.  minor,  p.  129. 
E.  HüBNEB  in  Westd.  Zeitschr.  H  (1883) 
S.  393  ff.    AsBACH,  ebenda  lU  (1884)  8.  15. 

*)  Die  Nachricht  bei  Tacit  Germ.  33: 
pulsi  Bructeri  ac  penitus  excisi  stellt  sich 
als  übertrieben  heraus.  Der  jüngere  PÜn. 
ep.  2,  7  erwähnt  eine  römische  Intervention 
bei  den  Bructerem.  Auch  Ptolem.  II,  11,  9 
kennt  sie,  in  zwei  Teile,  wie  schon  Strabo 
bemerkt  hatte,  geschieden:  BQovxxBqoi  ol 
jueiCovs  auf  dem  östlichen  Ufer   der  Ems, 

B.  ol  fAMQol  westlich  bis  zum  Rhein.  — 
Aehnlich  übertrieben  ist  bei  Tacitus  die  Be- 
merkung Ann.  12,  39,  wonach  die  Sugambem 
„excisi  aut  in  Gallias  traiecti  forent";  denn 
bei  Ptol.  erscheinen  IvyafißQoi  wieder  an 
der  Südseite  der  Bructerer  erwähnt. 


5.  Gennanien.    (§  49.) 


113 


beiden  Uferseiten  der  Weser  lagen,  sind  ihren  Nachbarn  im  Süden,  den 
Chatten,  erlegen;  ihr  Name  verschwindet  später  aus  der  Geschichte. 

Östlich  von  den  Friesen  sitzen  die  Chauken,  zu  denen  der  ältere 
Plinius  wahrscheinlich  gelegentlich  der  Expedition  des  Corbulo  im  Jahre 
47  n.  Chr.  gekommen  ist.^)  Diese  Küstengegenden  waren  unter  römischer 
Botmässigkeit  verblieben.  Bis  zu  den  Cimbern  berühmten  Angedenkens 
reicht  die  Eunde.^)  Aber  die  Fahrten  auf  der  Nordsee  hatte  man  auf- 
gegeben; die  Elbe,  an  der  wie  zu  Marobods  Zeiten  auch  jetzt  noch  die 
mächtigen  Semnonen  und  nördlich  von  ihnen  die  nicht  zahlreichen,  aber 
tapferen  Langobarden  sassen,  ist  nur  mehr  ein  geographischer  Begriff. 
Die  Ostseeküste  wurde  des  kostbaren  Bernsteins  halber  besucht,  aber 
nicht  westwärts  her  sondern  von  Carnuntum  aus  (Bericht  über  eine  der- 
artige Expedition  bei  Plinius  h.  n.  37,  3,  45.  Er  rechnet  600  Million  bis  an 
die  Bemsteinküste). 

Die  Hermunduren,  nicht  ein  einzelnes  Volk,  sondern  ein  Völker- 
bund, der  vom  Main  bis  zur  mittleren  Elbe  reichte,  stritten  im  Westen 
mit  den  Chatten  wegen  der  Nutzung  der  Salzquellen  (Tac.  ann.  13,  57).^) 
Hingegen  unterhalten  sie  mit  den  Bömem  in  Rätien,  und  zwar  nicht 
bloss  am  „limes",  sondern  ausnahmsweise  auch  im  Binnenlande,  zu  Augusta 
Vindelicorum, ^)  Handelsverkehr.  Die  Marcomanen  und  Quaden  (im 
heutigen  Böhmen,  Mähren  und  dem  Erzherzogtum  Österreich  nordwärts  der 
Donau)  haben  einheimische  Könige,  die  aber  unter  römischem  Einfluss 
stehen.  Vom  Riesengebirge  bis  zur  Weichsel  sitzen,  in  viele  Stämme  ge- 
teilt, die  Lugier.  Im  Norden  davon  die  Goten  (innerhalb  der  grossen 
Beugung  der  unteren  Weichsel);  daran  am  Meer  bis  zur  Oder  anschliessend 
die  Rugier  (Insel  Rügen)  und  Lemovier. 

Von  Schlesien  nach  Oberungam  hinein  finden  wir  an  der  Grenze 
Germaniens  Stämme,  die  teils  (wie  die  Marsigni  und  Buri)  den  Sueben, 
teils  (wie  die  Cotini)  den  Kelten  oder  (wie  die  Osi)  den  Pannoniern 
(Dlyriern)  zugerechnet  werden.  5) 


0  Vgl,  Tacit.  ann.  11,  18.  lieber  den 
Aufenthalt  des  Plinius  im  Lande  der  Chau- 
ken: h.  n.  16, 1, 2;  cf.  22, 4, 8. 

•)  Vgl.  J.  F.  Maboks,  Die  römischen 
Flottenezpedition  zum  Eimbemlande  und  die 
Heimat  der  Kimbern.  In  den  Bonner  Jahrb. 
95  (1894). 

*)  Man  sucht  diese  Salzquellen  entweder 
im  Thal  der  Werra,  die  noch  heute  den 
Grenzflnss  zwischen  Thüringen  und  Hessen 
bildet  und  wo  bei  Salzungen  Salinen  sind; 
andere  denken  an  Eissingen,  ebenfalls  nahe 
der  hessischen  Grenze. 

*)  Augusta  Vindelicorom,  vor  Hadrian 
eigentiich  nur  ein  „forum*^,  ist  gleichwohl 
unter  der  „spfendidissima  Raetiae  pravinciae 
colonia"  des  Tacitos  zu  verstehen.  Vergl. 
Corp.  inscr.  Lot.  HI  p.  711.  Der  Statthalter 
Rfttiens  hatte  hier  seinen  Sitz. 

*)  Die  von  Tac.  Germ.  43  bei  den  Co- 
tini erwähnten  Eisenbergwerke  scheinen  am 
Oberläufe  der  Gran  {rgayorag  bei  Marc 
Hamdbiich  der  klUB.  AltertumawisBeiiBcluifl,    ni,  8. 


Aurel)  sesshaffc  gewesen  zu  sein  (Suess  in 
MüLLENHOFF,  Doutscho  Altertomskundo  H 
S.  334  f.).  Die  Cotini  werden  auch  in  der 
Zeit  des  Marcomanenkrieges  genannt.  Vgl. 
Dio  71,  12.  Hiezu  A.  Harnaok,  Die  QueUen 
der  Berichte  übers  Regenwunder  im  Feld- 
zuge Marc  Aureis  gegen  die  Quaden.  Berl. 
Sitzungsber.  1894  S.  835  ff.  Die  den  Cotini 
entgegengesetzten  römischen  Festungen  Bri- 
getio  und  Carnuntum  sind  wie  auch  Vindo- 
bona  keltisch  benannt;  ebenso  sassen  in  Pan- 
nonia  selbst  keltische  Stämme,  mit  denen 
die  Cotini  also  zusammengehören.  Nach  dem 
Marcomanenkriege  wurden  sie  zwischen  Donau 
und  Drau  angesiedelt,  wie  wir  ans  den  PrÄ- 
torianerlisten  des  3.  Jahrhunderts  ersehen, 
wo  sie  als  cives  Cotini  ex  provincia  Pannonia 
inferiore  erscheinen.  Sie  haben  ptumoni- 
sche  Namen,  sind  also  der  einheimischen 
Bevölkerung  assimiliert.  Vgl.  Hülsen  im 
Bu!l.  comunale    1894   p.   203   ff.      Ebenda 

TOMASSBTTI     1895     p.    159    f.        DOMASZEWSKI 
2.  Aufl.  8 


114 


A.  Geographie  von  Italien  nnd  dem  Orbie  Romaniis. 


Neben  den  in  den  Vordergrund  tretenden  Stämmen  tauchen  zahl- 
reiche kleinere  auf,  welche  häufig  einem  grösseren  angegliedert  und  unter 
seinem  Namen  mitverstanden  sind.  Dies  gilt  von  den  Fosen,  die  den 
Cheruskern  benachbart  waren;*)  von  den  Charuden,  die  Augustus  (im 
Mon.  Ancyr.  V,  17)  nennt,  dann  wieder  bei  Ptolemäus  (2,  11,  7)  als  unter- 
halb der  Cimbern  sesshaft  erscheinen.  Auch  der  Stamm  der  Saxones  an 
der  Mündung  der  Elbe  und  am  cimbrischen  Chersones  wird  erst  bei  Ptole- 
mäus genannt.  In  einem  ähnlichen  sekundären  Verhältnis  mögen  die  in- 
schriftlich erwähnten  Tuihanti^)  zu  den  Frisen  gestanden  haben. 

Manche  Stämme,  welche  bei  Julius  Caesar,  bei  Strabo,  in  Ta- 
citus'  Annalen  und  Historien,  bei  Plinius  vorkommen,  sind  in  der  «0er- 
mania"  gar  nicht  oder  mit  dem  Bemerken  erwähnt,  dass  sie  jetzt  wenig 
mehr  zu  bedeuten  hätten.^)  Von  einigen  kleineren  Stämmen  führt  Tacitus 
mit  Absicht  die  Namen  nicht  auf,  die  seine  Leser  doch  nicht  interessieren 
konnten.*) 

Vielfach  änderten  sich  auch  die  Namen,^)  oder  deren  Bedeutung:  die 
Sueben,^)  die  Chauken,  die  Vandalen  bezeichnen  im  ersten  Jahrhundert 
einen  Komplex  von  Stämmen;^)  später  wird  daraus  eine  Spezialbezeichnung. 


in  den  „Serta  Harteliana*'  (1896)  S.  8  ff.: 
Der  Völkerbund  des  Marcomanenkrieges.  Die 
Osi  werden  ausser  bei  Tac.  1.  c.  und  c.  28 
nur  noch  in  der  vita  Marci  des  Capitolinus 
c.  22  erwähnt 

')  Tac.  Germ.  36:  contermina  gens,  (td- 
versarum  verum  ex  aequo  aocii  sunt,  cum  in 
secundis  minores  fuissent 

')  Die  Tuihanti  sind  die  Bewohner  der 
holländischen  Landschaft  Twente.  Die  Kon- 
tinuität des  Namens  lässt  sich  verfolgen. 
Laoomblet,  Urkundenb.  I  n.  9:  inpago  North- 
tuinti  (a.  797).  Ebenda  n.  14 :  in  pago  Norht- 
tueanti  (a.  799).  Vgl.  Bonner  Jahrb.  83, 173  f. 
J.  FicKEB,  Erbenfolge  der  ostgermanischen 
Rechte  II  S.  5  hebt  die  grosse  Mannigfaltig- 
keit des  friesischen  Rechtes  hervor,  eben 
auch  mit  Bezug  auf  die  Landschaft  Twente. 
Im  übrigen  sind  die  Friesen  in  ihren  alten 
Stammsitzen  verblieben  und  haben  in  ihrer 
Isoliertheit  zugleich  die  Stetigkeit  ihrer  Ent- 
wicklung gewahrt,  wie  ausser  ihnen  fast  nur 
die  skandinavischen  Stämme  (erst  im  Mittel- 
alter schwärmten  die  „Normannen**  und  die 
„Waräger*  aus). 

*)  So  die  Sugambem.  Bezüglich  der 
Cherusker  Germ.  36:  qui  olim  boni  aequique 
Cherusci,  nunc  inertes  ac  stulti  vocantur: 
Chattis  victorihus  fortuna  in  sapientiam  ees- 
Sit.  Bezüglich  der  Gimbri  Germ.  37 :  parva 
nunc  civitas,  sed  gloria  ingens.  —  Durch 
freiwillige  oder  erzwungene  Wanderungen 
waren  Aenderungen  herbeigeführt  worden; 
so  (abgesehen  von  den  Cimbern)  bezüglich 
der  Marser,  Marcomanen,  Langobarden,  Her- 
munduren, Ampsivarii,  selbst  der  Frisen  (Tac. 
ann.  Xm,  54  f.)  u.  a.  Vgl.  die  Bemerkungen 
von  Strabo  VII,  1,  3:    xoivov  cf*  iijxly  anaai 


I  roL^  ravr^  to  negl  tag  fistaramäae^g  ev/aagks 
&ia  trjy  Xnortjra  tov  ßlov  xal  iftd  to  urj 
yetogyeiy  fAr}6k  ^aarglCsty,  dXX*  iy  xaXvßioig 
oixsTy,  i(pijfjieQoy  ^/ovai  naQaaxevijy, 

*)  Germ.  34:  Angrivarios  et  Chamavos 
a  tergo  Dulgubnii  et  Chasuarii  cluduut 
aXiaeque  gentes  Jiaud  perinde  memoratae. 
Aehidiche  Phrasen  gebraucht  Plin.,  indem 
er  sich  weigert,  die  Namen  aller  alpinen 
Stämme  aufzuzählen :  dafür  gibt  er  den  Wort- 
laut des  „tropaeum  Alpium^.  Vgl.  unten 
S.  130. 

*)  Ueber  die  Marsi,  die  er  mit  den  Su- 
gambem für  identisch  hält,  vgl.  Zbübs  S.  86. 

')  Ueber  die  Sueben  vgl.  Zavgbkeistbb, 
N.  Heidelberger  Jahrbücher  HI  (1893)  S.  1  ff. 
Femer  .Limesblatt"  N.  5  (1893)  S.  184  f. 
Eine  nächst  Lanchester  (in  der  GrafiBchaft 
Durham)  gefundene  Inschrift  aus  der  Zeit 
Gordians  HI.  nennt  vex(iUarii)  Sueborum 
Lon{  .  .  .  .?  es  steckt  die  römische  Bezeich- 
nung von  Lanchester  in  diesem  Beinamen). 
—  Ueber  «die  Sueben  im  Zusammenhange 
der  ältesten  deutschen  Vülkerbewegungen' 
vgl.  EossiNNA  in  der  Westd.  Zeitschrift  IX 
(1890)  S.  199  ff.    Ebenda  Rissb  S.  339  f. 

^)  Bezüglich  der  Chauken  vgl.  Plin.  n. 
h.  IV,  99:  „Chaucorum  gentes",  womit  die 
Ausführungen  von  Tac.  Germ.  35  stimmen, 
dass  das  Gebiet  der  Chauken  bis  zu  den 
Chatten  gereicht  habe:  von  den  eigentlichen 
Chauken  konnte  das  nicht  gesagt  werden, 
wohl  aber  von  den  angegliederten  Stämmen. 
Bezüglich  der  Sueben  besonders  Tac.  Germ. 
38;  bezüglich  der  Vandalen  Plin.  1.  c: 
Vandili  quorum  pars  Burgondiones  Varini 
Charini  Gutones.  —  Cf.  Tac.  Germ.  2:  qui- 
dam,   ut    in   licentia    vetustatis,  pluris   deo 


6.  Germuiien.    (g  49.) 


115 


umgekehrt  ist  der  Name  Sachsen  oder  Goten,  der  früher  einem  einzelnen 
Stamm  zukam,  seit  dem  dritten  Jahrhundert  für  einen  ganzen  Komplex 
von  Stämmen  gebraucht. 

Bei  Tacitus  sind  die  Sitze  nur  im  allgemeinen  angegeben;  für  die 
stabil  gebliebenen  gibt  Ptolemäus  11,  11,  indem  er  zugleich  die  Positionen 
zahlreicher  sonst  unbekannter  Örtlichkeiten  im  Barbarenlande  mitteilt, 
eine  genauere  Fixierung.  Er  bedient  sich  dabei  einer  aus  der  Zeit  des 
Augustus  stammenden  Vorlage,  wie  denn  auch  Tacitus'  Bericht  mehrfach 
auf  eine  solche  zurückweist  (z.  B.  German.  c.  1 :  nuper  cognitis  quibusdam 
gentibus  ac  regibus,  quos  bellum  aperuit).  Vgl.  Müllenhoff,  D.  Altertumsk. 
n  287.  Wichtig  sind  die  Nachrichten  über  den  grossen  Germanen-  und 
Sarmatenkrieg  an  der  Donau  unter  den  Kaisem  Marc  Aurel  und  Commo- 
dus,  weil  sich  damals  eine  grosse  Verschiebung  in  der  Richtung  nach  Süd- 
ost anbahnte,  welche  die  astingischen  Vandalen  nach  dem  Norden  der 
Provinz  Dacien,  die  Goten  an  das  schwarze  Meer  führte.  Die  Vorläufer 
der  Völkerwanderung  des  4.  Jahrhunderts.  —  Von  Bedeutung  sind  die  spät- 
römischen Autoren:  Ammianus,  Procopius,  Agathias,  Jordanes.  Femer 
lassen  antiquarische  Funde  oder  Orts-  und  Flussnamen,  die  sich  erhalten 
haben,  ^)  endlich  aus  dem  früheren  Mittelalter  stammende  Nachrichten 
Fixierungen  der  alten  Stammsitze  oder  Orte  zu. 

Die  Angrivarii  erscheinen  in  den  Eng  er  n  wieder,  westlich  von 
diesen  hiess  nach  den  alten  Chamaven  ein  Gau  „Hamaland'',  ein 
anderer  südlich  der  Lippe  nach  den  Bmcterem:  Boractra;  im  Lüne- 
burgischen erinnerte  an  die  alten  Sitze  der  Langobarden  der  Barden- 
go we  und  der  Flecken  Bardon  wie  (Bardewic). 

Ebenso  entsprach  auf  dem  linken  Rheinufer  der  pagus  Bedensis 
der  Landschaft  der  Baetasii,  der  pagus  Gondrustius  oder  Condustrensis 
(heute  Condroz)  jener  der  Condrusi;  der  pagus  Carascus  (zwischen  dem 
Bitgau  und  dem  Eifelgau)  dem  inschriftlich  bekannten  Namen  der  Ca- 
ruces^)  u.  s.  w.  Die  Kontinuität  der  Entwickelung  reichte  auf  beiden 
Ufern  des  Stromes  vielfach  aus  dem  Altertum  in  das  Mittelalter  hin- 
ein;  was  weiter  zu  verfolgen,    einem   anderen  Forschungskreis  zukommt. 

üeber  die  rAmiBch-germanisohen  Grenzsprengel:  Brambaoh,  Corpus  inscrip- 
tionum  Rhenanarum,  Elberfeld  1867.  Bis  zum  Erscheinen  der  Neubearbeitung  der  In- 
schriften der  Provinzen  Germaniae  (von  Zangekeistbb  in  Corp.  inscr,  Lot,  XIU)  zu  be- 
nutzen.   Th.  Moxmsen,  Die  germanische  Politik  des  Augustus.    In  der  Wochenschrift  ^Im 


ortos  plurisque  gentia  appellationes,  Marsoa 
Gambrivios  Suebos  Vandilioa  adfirmant,  ea- 
que  vera  et  antiqua  nomina. 

')  Im  Kastell  bei  Neckarburken,  wo  die 
sog.  MOmlingslinie  die  etwa  IVs  Stunden 
weiter  südwestlich  in  den  Neckar  mtlndende 
Elz  schneidet,  stationierte  unter  Antoninus  Pius 

ein    n{umerus)   Brit(tonum)    Elani{ ?) ; 

in  dem  legten  Worte  stockt  wahrscheinlich 
der  alte  Namen  des  Flüsschens  Elz.  Vgl. 
.Limesblatf  N.  3  (1893)  Art.  27.  -  Anderer- 
Seite  ist  aufmerksam  zu  machen,  dass  die 
Lokalisierungen  des  Teuteburger  Waldes  (auf 
den  ,Osning*),  des  Taunus  (auf  die  „Höhe*), 
des  Melibocus  mit  dem  .Malchen  *"  bei  Darm- 


stedt  durchaus  modemer  Natur  sind  und 
bestenfalls  aus  der  Humanistenzeit  stammen. 
Vgl.  Zaugkmbistbb,  Westd.  Zeitechr.  VI  (1887) 
S.  234  f. 

')  Mit  denen  nach  Bbbok,  Zur  Gesch. 
und  Topogr.  d.  Rheinl.  S.  111  f.  die  bei  Tac. 
h.  IV,  70  erwähnten  Caracates  (Caeracates) 
identisch  wären.  «Pagus  Bedensis''  erklären 
andere  (gegen  Bbbok)  vielmehr  als  identisch 
mit  der  rheinischen  Ortechaft  Bitburg.  Da- 
nach steckt  die  Göttin  Beda  in  dem  Namen. 
Vgl.  HüBKEB,  Rom.  Herrschaft  in  Westeuropa 
S.  63.  Für  das  Hamaland  vgl.  Th.  Mbnkb, 
Hist.  Zeitschrift  38  S.  108. 


8* 


116  A.  Geographie  von  Italien  nnd  dem  Orbia  Romanna. 

neuen  Reich*  1871  I  S.  549  ff.  —  0.  Hibsohfbld,  Die  Verwaltung  der  Rheingrenze  in  den 
ersten  drei  Jahrhunderten  der  römischen  Kaiserzeit  (in  Comtnentat.  philol.  in  honorem  Th. 
Mommseni  1877,  p.  433  ff.);  es  ist  hier  zugleich  die  frühere  Litteratur  über  diesen  Gegen- 
stand angeführt.  —  E.  Rbutbb,  Die  Römer  im  Mattiakerlande,  Wiesbaden  1884.  —  J.  As- 
BACH,  Die  Kaiser  Domitian  und  Traian  am  Rhein  (Westdeutsche  Zeitschr.  III  [1884]  S.  1  ff.). 

—  E.  HObneb,  Zu  den  Quellen  der  Rheinischen  Altertumskunde  (Westdeutsche  Zeitschr.  II 
[1883]  S.  393  ff.  —  Alex.  Riese,  Forschungen  zur  Geschichte  der  Rheinlande  in  der  Römer- 
zeit (Leipzig  1889).  'Vgl.  die  Rec.  von  J.  A(sbach)  im  Korrespondenzbl.  der  Westdeutschen 
Zeitschr.  IX  (1890)  S.  94  ff.  A.  Riese,  Das  rheinische  Germanien  in  der  antiken  Litteratur 
(Leipzig  1892).  Vgl.  die  Rec.  von  Ihm  m  den  Bonner  Jahrb.  1893  S.  160  ff.,  von  G.  Wolfp 
in  der  Westd.  Zeitschrift  XI  S.  181  ff.  Riese  gibt  eine  Sammlung  aller  Stellen  der  alten 
Autoren,  welche  zur  Aufklärung  der  Geschichte,  der  Geographie,  der  Topographie  und  des 
Kulturzustandes  der  Rheinlande  beitragen  können.  Die  Inschriften  ausgeschlossen.  — 
C.  Medbeb,  Aus  der  rheinischen  Epigraphik  des  J.  1893.  In  den  Bonner  Jahrb.  95  (1894) 
S.  185  ff.  —  H.  Nissen,  Rheinland  in  römischer  Zeit,  Bonner  Jahrb.  (1895).  —  J.  Scekbidbb, 
Die  alten  Heer-  und  Handelswege  der  Germanen,  Römer  und  Franken  im  deutschen  Reiche. 
Eine  Reihe  von  Heften;  das  sechste  Düsseldorf  1888.  —  Th.  Bebgk,  Zur  Geschichte  und 
Topographie  der  Rheinlande  in  römischer  Zeit  (mit  einer  Karte),  Leipzig  1882.  I.  Caesars 
Feldzug  gegen  die  Usipeter  und  Tenkterer.  II.  Caesars  Krieg  gegen  Ambiorix  und  die 
Eburonen.  III.  Bemerkungen  über  römische  Statthalter  am  Niederrhein.  lY.  Der  Aufstand 
des  Antonius  am  Oberrhein  im  J.  89.  V.  Mainz  und  Vindonissa.  VI.  Der  Vicus  Ambi- 
tarvius.  YII.  Der  Grenzstein  des  pagus  Carucum.  VIII.  Zum  Streit  über  den  Ort  der  Ära 
Ubiorum.  IX.  Beiträge  zur  Untersuchung  der  Heerstrassen  am  Rhein.  —  J.  ScEnrEiDBB, 
Archäologische  Karte  des  Regierungsbezirkes  Aachen.  Mit  Text,  enthaltend  die  Fundstellen 
römischer  Altertümer  im  Regierungsbezirk  Aachen  (Aachen  1893).  —  Für  das  Bataverland 
und  seine  Altertümer  vgl.  man  F.  Kaüffxanks  Abhandlung  über  die  Dea  Nehalennia  (die 
von  den  Römern  mit  der  Isis  identifiziert  wurde)  in  den  « Beiträgen  zur  Gesch.  d.  deutschen 
Sprache*  1891  S.  210  ff.  Für  Friesland  vgl.  Korrespondenzbl.  1889  N.  1  über  die  erste  auf 
fnesischem  Boden  (beim  Dorfe  Beetgum  nordwestl.  von  Leeuwarden)  gefundene  römische 
Lapidarinschrift  (saec.  I),  die  der  Göttin  Hludana  gewidmet  ist  von  den  „conductorea  piS" 
catus".  —  Westlich  von  Beetgum  der  lacus  Flevo,  welcher  durch  die  fossa  Drusiana  mit 
dem  Rhein  verbunden  war.  Hier  das  Kastell  Ilevum  (Tac.  a.  4,  72.  Ptol.  ü,  11,  12).  — 
Spätere  Naturereignisse  haben  die  Gestaltung  des  Landes  verändert;  so  sind  die  grossen 
Meerbusen  der  Nordsee:  Jahde,  Dollart,  Zuydersee  erst  in  historischer  Zeit  entstanden. 
Auch  war  die  Kette  der  dortigen  Küsteninsebi  früher  weniger  als  heute  voneinander  und 
vom  Festland  gerissen.  Vgl.  auch  Ph.  Clüvbb,  De  tribuB  Rheni  alveis  et  ostiia  (1611).  — 
A.  Cbambalu,  Die  Stromveränderungen  des  Niederrheins  seit  der  vorrömischen  Zeit,  Köln 
1892.  —  Th.  Mommsbn  in  „Hermes**  XVI,  487  ff.  Die  „Schweizer  Nachstudien*  für  Ober- 
germanien in  Betracht  kommend. 

üeber  die  rheinisohen  Lagerstädte:  vgl.  im  allgemeinen  Mommsen  in  .Hermes* 
Vn  (1873)  S.  299  ff.  und  Römische  Geschichte  Band  5.  Hiezu  £.  Kobnbmaitn,  De 
civibus  Bomanis  in  provinc,  imperii  consistentibus,  Diss.  Berol.  1891.  Ad.  Schulten,  De 
conventibus  civium  Romanorum,  Dissert.  Berol.  1892.  Derselbe:  Das  terriiorium  leaionis. 
In  „Hermes**  XXIX  (1894)  S.  481  ff.  (gute  Erörterung,  mit  Litteraturangaben).  v.  Öoiias- 
zEwsKi,  Die  Religion  des  römischen  Heeres  (Westd.  Zeitschr.  XIV,  1895). 

I.  Germania  inferior. 

1.  Castra  vetera  (bei  Xanten),  später  col.  Traiana.  VergL  Mommsen  „Hermes'  VII 
S.  305  f.:  „Die  städtische  Ansiedlung  unweit  des  Lagers,  von  der  Tacitus  bist.  IV,  22  spricht, 
ist  ohne  Zweifel  die  spätere  colonia  Traiana,  die  nach  den  Itinerarien  von  dem  Legions- 
lager eine  römische  Meile  entfernt  lag*  (Einwendungen  von  Bergk  und  Schulten  dagegen). 

—  Schmidt  in  den  Bonner  Jahrb.  XXXI  S.  80  ff.  —  v.  Vbith,  Vetera  castra  mit  seinen 
Umgebungen  als  Stützpunkt  der  römisch-germanischen  Kriege  im  ersten  Jahrhundert  v.  und 
n.  Chr.  Mit  2  Karten,  Berlin  1881.  Seit  Traian  hatte  die  leg.  XXX  Ulpia  ihr  Hauptquartier 
nahe  bei  Vetera,  wo  das  Lager  im  Jahre  69  zerstört  worden  war.  Vgl.  Schulten  in  „ Her- 
mes *"  a.  a.  0.  493  A.  2.  Die  „colonia  Traiana**  ist  aus  den  candbae  der  leg.  XXX  Ulpia 
hervorgegangen. 

2.  CivUas  Ubiorum,  später  colonia  Ära  Agrippina  (Köln).  Die  Bedeutung  der  Po- 
sition hatte  schon  M.  Vipsanius  Agrippa  erkannt,  als  er  die  römiach  gesinnten  Ubier, 
die  von  ihren  Stammgenossen  hart  veifolgt  wurden,  hier  ansiedelte;  doch  ist  die  (latini- 
sche?) Kolonie  benannt  nach  dessen  Enkelin,  der  hier  geborenen  Gemahlin  des  Kaisers 
Claudius,  Agrippina,  unter  deren  Regierung  sie  als  solche  konstituiert  wurde.  Ueber  die 
RechtssteUung  vgl.  Mommsen  in  „Hermes'*  XIX  S.  70.  —  Düntzeb,  Der  Umfang  des  ältesten 
römischen  Kölns.  In  „Westdeutsche  Zeitschrift*  Bd.  IV  (1885),  S.  23-42.  —  v.  Veith, 
Das  römische  Köln  (Bonn  1895).    Mit  einem  Stadtplan.  —  £.  Hübneb,  Die  römische  Rhein- 


5.  Germanieii.    (§  49.)  117 

brocke  von  Köln.  Westdeutsche  Zeitschrift  V  (1886)  S.  238—244.  —  F.  Hbttwbb,  Noch 
einmal  Kastell  Deutz  and  die  Brücke,  ebenda  S.  244—248.  Polemik  gegen  Httbner.  — 
L.  ScBWÖRBEL,  Die  rOmische  Brücke  zwischen  Köln  und  Deutz,  Korrespondenzblatt  1893 
S.  49  ff.  Den  antiken  Namen  von  Deutz  (Divitia)  ergab  eine  Inschrift  aus  Köln,  Korre- 
spondenzblatt 1889  S.  39  f.  —  Eine  zusammenfassende  Darstellung  in  der  Festschrift  der 
43.  Philologenversammlung:  „Colonia  Agrippinenais*'  (Bonn  1895)  von  Sohültzb,  Stbübr- 
NAGBL,  NissBN.    Köln  war  die  gewöhnliche  Residenz  des  Statthalters  von  Grermania  infer. 

3.  Bonn.  Vgl.  die  «Uebersichts-  und  Fnndkarte  von  Bonn'  in  den  Bonner  Jahrb. 
LXXXn  (1886).  Im  übrigen  Ad.  Sohultbn  in  „ Hermes"  a.  a.  0.  494  f.  0.  Schilling,  De 
legionibus  Romanorum  L  Minervia  et  XXX,  Ulpia  (Dissert.  Lipsiens.  1893)  p.  52.  Die 
leg.  I  Minervia  (seit  Domitian)  hatte  ihr  Hauptquartier  in  Bonn.  Ihre  übrigen  Stationen 
sind  p.  54  verzeichnet;  ebenso  p.  57  f.  die  der  anderen  Legion  von  Niedergermanien;  darunter 
Gelduba  (Oellep  unweit  Crefeld)  und  Notxiesium  (eine  halbe  Stunde  von  Neuss),  Orte,  die 
auch  im  Jahre  70  n.  Chr.  mehrfach  genannt  sind.  Vgl.  Tacit.  histor.  und  Mommsbk,  Rom. 
Gresch.  y  S.  120  ff.  lieber  das  Legionslager  von  Novaesium  auch  Schültbn  in  , Hermes'' 
a.  a.  0.  495  A.  2.  Zu  munizipaler  Blüte  sind  die  hiesigen  canahae  nicht  gediehen.  —  Äset- 
burgium  ist  das  heutige  Asourg  am  linken  Rheinufer  (nicht  Essenberg).  Der  Name  ist 
deutsch  und  bedeutet  feste  SchiffiBtation,  von  asc  =  Esche  und  bürg. 

n.  Germania  superior. 

1.  Mogontiacum  (Mainz).  Jak.  Bbckbb,  Die  römischen  Inschriften  und  Steinskulp- 
tnren  der  Stadt  Mainz  (Mainz  1875).  Nachtrag  hiezu  von  J.  Kbllbb  in  Bd.  III  H.  2  der 
Zeitschrift  des  Mainzer  Altertnmsvereins  (1883).  —  J.  Brckbr,  Zur  Urgeschichte  von  Mainz, 
Castel  und  Heddemheim  (Bonner  Jahrb.  LXYH  [1879]  S.  1—20).  —  E.  Hübnbr,  Bonner 
Jahrb.  LXIV  S.  39 — 46.  —  Th.  Berok,  Die  Verfassung  von  Mainz  in  römischer  Zeit  (aus 
seinem  Nachlass).  In  Westdeutsche  Zeitschrift  f.  Gesch.  und  Kunst  I,  498—515.  Gibt  zu- 
gleich eine  Kritik  der  Aufstellungen  von  Mommsen  über  die  Lagerstädte  überhaupt  an  der 
Hand  der  Mainzer  Yerhftltnisse.  —  Momksbn  über  das  caateüum  Mattiacorum.  Korrespon- 
denzblatt 1889  S.  19  f.  50  f.  —  Mitteilungen  über  römische  Funde  in  Heddemheim  (Vorort 
der  eivitas  Taunenaium).  Herausgeg.  vom  Verein  f.  Gesch.  und  Altertumsk.  zu  Frankfurt 
a.  M.  I  (1894).  —  J.  Grimm,  Der  römische  Brückenkopf  in  Kastei  bei  Mainz  und  die  dor- 
tige Römerbrücke,  Mainz  1882  (mit  Plan  und  Zeichnungen).  Resultate  der  Ausgrabungen. 
Die  Bleimedaille  des  Kaisers  Maximian  (bei  Fröhnbr,  Lea  medaiUons  de  Vempire  Romain, 
Paris  1878  p.  278);  dieser  ist  auf  einer  von  Castellum  nach  Moguntiacum  führenden  Brücke 
schreitend  diurgestellt.  —  R.  v.  Pöllkitz,  Die  römische  Rheinbrücke  bei  Mainz,  ihr  Ursprung 
und  ihre  Konstruktion  (Mainz  1884).  Vergl.  Histor.  Zeitschrift  N.  F.  20  (1885)  S.  320  f.  — 
Velke,  Der  Eigelstein  in  Mainz.  In  .Westdeutsche  Zeitschrift»  Bd.  IV  (1885).  —  Wichtig 
för  die  rheinischen  Denkmale  überhaupt  und  für  Mainz  insbesondere  sind  die  Publikationen 
von  L.  LiKDBNSCHHiT,  «Die  Altertümer  unserer  heidnischen  Vorzeit**  (Mainz  1858  ff.)  und 
^Tracht  und  Bewaffnung  des  röm.  Heeres  während  der  Kaiserzeit*  (Braunschweig  1882). 

2.  Argentoratum,  Hauptquartier  der  leg.  VIH  Augusta.  Vgl.  Mommsbn  in  .Hermes" 
VII  S.  308.  ScHULTBN  in  .Hermes*  a.  a.  0.  496.  Wichtig  ist  die  Litteratur  über  Julians 
Feldzug  gegen  die  Alemannen  und  die  Schlacht  bei  Strassburg  im  Jahre  357  n.  Chr.  Vgl. 
WiBOAND  im  3.  Heft  der  Beiträge  zur  Landes-  und  Volkskimde  von  Elsass-Lothringen;  dann 
NissBii  und  WiEOAND,  Westd.  Zeitschr.  VI  319  ff.  VH  S.  63  ff.  v.  Bobribs  im  Jahresber.  der 
neaen  Realschule  zu  Strassburg  (1892).  Hiezu  über  die  Quellen  .Hermes*  XXVH  S.  170  ff. 
und  gegen  Wiroands  Ausstellungen  in  der  Zeitschr.  f.  Gesch.  des  Oberrheins  VHI  134  bis 
136,  Replik  in  der  Westd.  Zeitschr.  XH  (1893)  S.  242—255.  —  Der  Name  .Strassburg*  be- 
zeichnet den  Ausgangspunkt  der  Strassen  jener  Gegend.  —  E.  A.  Hbbrbnschnbidbr,  Römer- 
kastell und  Grafenschloss  Horburg,  mit  Streiflichtem  auf  die  römische  und  elsässische  Ge- 
schichte, Kolmar  1894.  Gegen  einzelne  Aufstellungen  Herrenschneiders  vgl.  R.  Pfannen- 
BGHXTD,  Argeniovaria,  oppidum  Argentaria,  castrum  Argentariense  und  OUno.  Zeitschrift  f. 
Gesch.  des  Oberrheins  IX  (1894)  S.  497  ff.:  Argentovaria  sei  nicht  identisch  mit  oppidum 
Argentaria  (bei  Ammian)  imd  castrum  Argentariense  (in  der  Not.  Galliar.);  es  ist  vielmehr 
an  der  Stelle  des  bei  Künheim  gelegenen  abgegangenen  Ortes  Oedenburg  zu  suchen;  op- 
pidum Argentaria  und  castrum  Argentariense  bezeichnen  das  Kaslell  Horburg;  Olino  lag 
wahrscheinlich  gar  nicht  im  Ober-Elsass.  —  Seit  etwa  50  n.  Chr.  führte  die  römische  Reichs- 
strasse von  Augusta  Rauracomm  (über  Oedenburg)  nach  Argentoratum,  welches  letztere  im 
Jahre  74  n.  Chr.  zum  erstenmale  inschriftlich  genannt  erscheint.  —  Im  Jahre  1895  wurde 
bei  Rumersheim  im  oberen  Msass  eine  römische  Niederlassung  aufgedeckt,  die  dem  im 
Itin.  Anton,  erwfthnten  Arialbinnum  entsprechen  könnte.  —  Naehbr,  Die  römischen  Militftr- 
strassen  und  Handelswege  in  der  Schweiz  und  in  Südwestdeutschland  insbesondere  in 
Elsass-Lothringen,  Strassburg  1887,  2.  Aufl.  1888  nebst  zwei  Karten.  —  F.  v.  Apbl,  Argen- 
toratumy  ein  Beitrag  zur  Ortsgeschichte  von  Strassburg  i.  E.,  Berlin  1884.  Gibt  zugleich 
ein  Bild  des  Elsass  in  römischer  Zeit,  wofür  femer  zu  vergleichen:  A.  Schrickbr,  Aelteste 


11g  A.  Geographie  von  Italien  und  dem  Orbia  Bomanoa. 

Grenzen  and  Gaue  im  ELsase.  Ein  Beilrag  zur  Urgeschichte  des  Landes  (mit  Karte).  In 
Strassbnrger  Stadien  von  E.  Martin  and  Wiboand  (1884).  J.  Sghhbidbb,  BeiMge  zar  Ge- 
schichte des  römischen  Befestigangswesens  aaf  der  linken  Rheinseite  insbesondere  der  alten 
Befestigungen  in  den  Yogesen.  Mit  einem  Plan  der  Hohenbnrg  and  der  Heidenmaaer  bei 
Strassburg,  TVier  1898.  Zangembistbb,  Römische  AltertOmer  aaf  der  Westseite  der  Yogesen. 
Westd.  Zeitschr.  XI  (1892)  S.  27  ff.  Ins  Quellgebiet  der  Meorthe,  Mosel  and  Saöne  fällt 
die  Grenze  zwischen  den  Lenci  und  Lingones  und  damit  die  Grenze  zwischen  der  Belgica 
and  der  Germania  saperior.  —  Al.  Schültb,  Ueber  Reste  romanischer  Bevölkerung  in  der 
Ortenaa.  Zeitschr.  f.  Gesch.  des  Oberrheins,  N.  F.  lY  (1889)  8.  300  ff.  In  einigen  Öchwarz- 
waldthftlem,  in  der  Ortenaa,  hart  gegenüber  von  Strassbarg,  zeigen  verhültnismfissig  zahl- 
reiche romanische  Orts-  namentlich  auch  Flar-  und  Bergnamen  von  dem  Fortleben  roma- 
nischer Bevölkerangsreste  noch  lange  nach  der  alemanischen  Einwanderung. 

3.  Vindonisaa,  Th.  Bbbgk,  Mainz  und  Yindonissa,  Bonner  Jahrb.  LYIII  8.  120  ff.; 
wieder  abgedruckt  in  «Zur  Geschichte  und  Topographie  der  Rheinlande*  (s.  oben)  8.  72  ff. 
Gegen  eine  Bemerkung  von  Mommskn  in  «Hermes"  in  8.  119,  wonach  Yindonissa,  nicht 
Mainz,  bis  auf  die  flavier  das  Hauptquartier  des  obergermanischen  Korps  gewesen  sei. 
Yergl.  auch  Asbach  in  Westdeutsche  Zeitechrift  lU  8.  1  ff.,  wonach  infolge  der  Unter- 
nehmungen Kaisers  Domitians  Yindonissa  in  der  Bedeutung  gesunken,  Moguntiacum  aber 
gestiegen  sei.  —  H.  Mbyeb,  Geschichte  der  XL  und  XXI.  Legion,  Mitteilangen  der  antiquar. 
Ges.  in  Zflrich  YII  (1852),  ebenda  XY  217.  Mit  einer  instruktiven  Karte  der  Militftrstationen. 
Ygl.  Mabqüabdt,  Rom.  Staatsverwaltung  II '  464  Anm.  7. 

4.  Rottweil.  Ygl.  Millbb,  Die  röm.  Kastelle  in  Württemberg  8.  7  ff.  Dieses  Legions- 
lager der  leg.  XI  wurde  wahrscheinlich  unter  Domitian  eingerichtet  und  blieb  bestehen  bis 
etwa  auf  Kaiser  Hadrian. 

Der  Ursprang  des  mittelalterlichen  Städtewesens  ist  insofern  mit  dem  der 
Römerzeit  verknüpft,  als  vielfach  die  Lokalitftten  dieselben  sind.  So  bei  Koblenz,  Köln, 
Mainz,  Wiesbaden,  Worms,  Speier,  Strassbarg,  Bregenz,  Kempten,  Augsburg,  Regensburg, 
Passau  u.  s.  w.  Die  älteste  Befestigung  des  mittelalterlichen  Koblenz  ist  das  alte  Römer- 
kastell. Ygl.  Zeitechr.  der  Savignvstiftang  (German.  Abteil.)  1891:  M.  Bab,  Zur  Entstehung 
der  Stadtgemeinde  (eben  Koblenz).  *  Ausgrabungen  bei  Ehrenbreitstein  (1895)  zeigten,  dass 
in  römischer  Zeit  um  das  hiesige  Kastell  ein  fOr  den  Grenzverkehr  wichtiger  Ort  lag.  — 
Die  munizipalen  Institutionen  des  Mittelalters  sind  aus  originaler  Wurzel  entsprossen.  Ygl. 
J.  E.  KuNTZE,  Die  deutschen  Städtegrflndungen  oder  Römerstädte  im  Mittelalter,  Leipzig 
1891.  Besprechung  der  einschlägigen  litteratar  von  Ublibz  in  den  „Mitteilangen  des  Last, 
f.  öflterr.  Geschichtsforschung«  1894  f. 

Der  Kulturzustand  der  Rheinlande  in  römischer  Zeit  ist  neuerdings  in 
einer  Reihe  von  wertvollen  Spezialarbeiten  behandelt  worden.  Ygl.  A.  v.  Gohausbit,  Die 
Altertfimer  im  Rheinlande,  Wegweiser  durchs  Alte  zum  Neuen  für  Geistliche,  Lehrer,  Forst- 
und  Landwirte,  Wiesbaden  1891,  80  Seiten  Text  mit  170  Abbildungen.  In  den  Bonner 
„Jahrbüchern  des  Yereins  der  Altertumsfreunde  des  Rheinlandes"  ebenso  in  der  «West- 
deutschen Zeitechrift  fttr  Geschichte  und  Kunst*  (redigiert  von  F.  Hbttnbb  in  Trier  und 
Lampbecht  in  Bonn,  jetzt  J.  Hansbn,  15  Jahrgänge  bis  1896,  dazu  das  „Korrespondenzblatt 
der  Westdeutschen  Zeitschrift**,  das  zugleich  als  Organ  zahlreicher  Lokal  vereine  dient,  sind 
viele  Materialien  angesanunelt;  die  römischen  Städte,  KasteUe,  Strassenzüge,  Denkmale  be- 
schrieben. Die  rheinischen  Städte  lassen  teilweise  bis  auf  den  heutigen  Tag  die  ursprüng- 
liche quadratische  oder  oblonge  Form  der  römischen  Anlage  erkennen:  Köln,  Bonn,  Ander- 
nach, Boppart  (das  römische  Bontobrica,  Bandobriga  oder  Bodobriga)  u.  a.  Wichtige  Aus- 
grabungen des  Obersten  von  Gohausen  an  der  Saalburg  bei  Homburg,  „einem  der  grössten 
und  besterhaltenen  KasteUe*;  man  hält  es  „nicht  ohne  eine  gewisse  Wahrscheinlichkeit 
fttr  das  von  Drusus  im  Gebiete  der  Chatten  errichtete  und  vielleicht  Artaunum  genannte 
Kastell,  dessen  bei  den  alten  Schriftstellern  Erwähnung  geschieht*  (Hübnbb).  —  Femer 
sind  hervorzuheben  die  Arbeiten  von  F.  Hettneb  (über  Trier  s.  oben  unter  Gallien).  „Die 
Neumagener  Monumente*  (mit  einer  Tafel).  Aus  dem  Rhein.  Museum  f.  PhiloL  N.  F.  XXXYI 
separat  abgedrackt.  Frankfurt  a.  M.  1881.  —  Ueber  „die  Neumagener  Funde  von  1884* 
berichtet  Hettnbb  in  der  „Wesideutschen  Zeitschritt*  Bd.  lY  (1885).  —  Derselbe  „Zur 
Kultur  von  Germanien  und  Gallia  belgica*  (hiezu  2  Tafehi).  Westd.  Zeitschrift  U  (1883) 
S.  1  ff.  —  Im  allgemeinen:  E.  Hübnrb,  Römische  Herrschaft  in  Westeuropa  8.  116  ff.  — 
Wichtig  für  die  landschaftliche  Schilderung  ist  die  „Mosella*  des  Ausonins.  Neuerdings 
wieder  ins  Deutsche  übertragen  von  R.  E.  Ottmamn,  Trier  1895.  Nennung  zahlreicher  Ort- 
schaften: Confluentes  oder  Confluentia  (Goblenz),  Bingum  (Bingen)  u.  s.  w.  Ebenso  bei 
Ammianus  Marcellinas  u.  A. 

Ueber  die  agri  deonmates  (und  die  sftddeiitaoheii  tranarhenamaohen  Land- 
sohaften):  K.  L.  Roth,  Die  Yereinigung  Schwabens  mit  dem  röm.  Reiche  durch  Domitianns 
(Schweiz.  Museum  f.  histor.  Wiss.  H).  —  Mommsbn,  Koirespondenzbl.  1886  8.  260  über  die 


6.  Germanien.    (§  49.)  119 

Organisation  der  „agri  decumates*'.  —  Momiisrn,  Ber.  der  s&chs.  Gesellsch.  der  WissenscL. 
1852  S.  195  f.  —  Paulus,  Die  Alterfcttmer  in  Württemberg,  Stuttgart  1877.  —  Paulus, 
Archftol.  Karte  von  Württemberg,  3.  Aufl.  1875.  —  E.  Hsbzoo,  Die  römischen  Niederlassungen 
auf  württembergischem  Boden  (Vortrag  auf  der  Tübinger  Philologenvers.  1876).  Bonner 
Jahrb.  LIX  S.  48  ff.  —  E.  Hebzoo  und  E.  Eallbb,  Ausgrabungen  zu  Rottenburg  am  Neckar. 

—  W.  Abnold,  Ueber  den  Anbau  des  Dekimiatenlandes  (Westdeutsche  Zeitschrift  I,  1  ff.). 

—  0.  Ebllrr,  Vicua  Äurelii  oder  Oehringen  zur  Zeit  der  Römer,  Bonn  1871.  Ueber 
den  ineus  Aurelianus,  wie  er  richtig  hiess,  vgl  Doxaszewski,  Eorrespondenzblatt  1889 
S.  46  ff.,  wo  auch  über  die  andern  Stationen  (explorationes)  der  Gegend  gehandelt  ist:  die 
explaratio  Seiopensis  (bei  Miltenberg)  n.  s.  w.  —  Bbaxbaoh,  Baden  unter  römischer  Herr- 
schaft, Freiburg  1876.  Ueber  das  Lager  bei  Aalen  handelt  E.  Milleb  in  der  Westdeutschen 
Zeitschr.  X  (1891)  S.  111  ff.  Hiezu  Ohlbnscblaoeb  im  Eorrespondenzblatt  1891  S.  299.  — 
E.  Milleb.  ,Die  römischen  Eastelle  in  Württemberg*^.  Mit  2  Eartenskizzen  und  18  Situations- 
plänen, Stuttgart  1892.  Manche  Ortsnamen  sind  erhalten.  Gegenüber  dem  Eastell  von 
Henningen  mündet  die  Muit  in  den  Neckar;  hier  nennt  eine  Inschrift  die  vicani  Murrenses 
u.  s.  w.  —  W.  Nestle,  Funde  antiker  Münzen  im  Eönigreich  Württemberg,  Stuttgart  1893. 

—  J.  Yettbb,  Ueber  das  römische  Ansiedlungs-  und  Befestigungswesen,  sowie  über  den 
Ursprung  der  Städte  und  Burgen  und  die  Einführung  des  Christentums  im  südwestlichen 
Deutschland,  Earlsruhe  1868.  —  E.  v.  Beokeb,  Geschichte  des  badischen  Landes  zur  Zeit 
der  Römer,  1.  Heft»  Earlsruhe  1876,  rezensiert  von  F.  Hauo  in  Bonner  Jahrb.  LXHI  S.  195 
bis  200.  Zakgemeistbb,  Zur  Geschichte  des  Neckarlandes  in  röm.  Zeit,  N.  Heidelb.  Jahrb. 
1893  S.  1  ff.  Ueber  die  Massenfunde  römischer  Meilensteine  bei  Heidelberg,  Altrip  (in  der 
Gegend  von  Speier),  Ladenburg  (Lopodunum)  vgl.  F.  Hauo  in  der  Berl.  philol.  Wochenschr. 
1884  S.  28  f.  Wie  die  acht  Heidelberger  Steine,  so  sind  auch  die  fünf  Ladenburger  (aus 
der  Zeit  von  288—250  n.  Chr.;  gefunden  1884)  errichtet  von  der  civitas  Ulpia  äeptimia 
Nemetum,  während  die  Altriper  von  der  colonia  Nemetum  (Speier)  gesetzt  sind.  Zählung 
nach  Leugen.  —  Lopodunum  war  der  Hauptort  der  Neckarsch waben  („civitas  Suebornm 
Nicretum"),  die  im  unteren  Neckargebiet  sassen.  Das  heutige  Speier  hat  den  Namen 
vom  Fluss  an  dem  es  liegt;  der  Name  Worms  kommt  von  Borbetomagus  den  die  civitas 
Yangionum  auch  führte.  Das  keltische  Bevölkerungselement  macht  sich  neben  dem  von 
den  Römern  angesiedelten  germanischen  sehr  bemerkbar.  —  A.  Holland bb,  Die  Eriege  der 
Alamannen  mit  den  Römern  im  3.  Jahrhundert  n.  Chr.,  Earlsruhe  1874  (die  Bedeutung  der 
Strassenbauten  in   der  Zeit  des  Septimius  Severus  u.  s.  w.  für  diese  Gegenden  dargelegt). 

—  E.  Chbist,  Gesammelte  Aufsätze  über  das  rheinische  Germanien,  topographisch,  lingui- 
stisch, ethnologisch.  I.  Die  Bodensee-  und  oberrheinischen  Gegenden.  II.  Die  Lippe-  und 
Wesergegenden,  Heidelberg  1886. 

Ortsnamenforschung  (wichtig  für  die  Topographie).  A.  Baomeisteb,  Aleman- 
nische Wanderungen  (1867).  (Die  Ortsnamen  in  den  „ogH  decumates"  erklärt.)  —  W.  Abnold, 
Ansiedlungen  und  Wanderungen  deutscher  Stämme,  Marburg  1876,  S.  87  ff.  Die  Ortsnamen 
längs  des  „limes^  behandelnd.  Ein  bedeutendes  Buch.  Ueber  die  Haltlosigkeit  mancher 
Resultate,  «welche  jedem  Philologen  von  vornherein  klar  gewesen  sein  muss*,  vergl. 
W.  ScHEBEB  in  „Jenaer  Litteraturzeitnng*  1876  Artikel  418.  Femer  „Deutsche  Litteratur- 
zeitung''  1885  Jan.  8.  Auch  die  Limesforscher  selbst  verhalten  sich  in  einzelnen  Punkten 
ablehnend,  so  Wolff,  Eastell  von  Gross-Erotzenburg  S.  7  ff.  —  E.  Schumaoheb,  Betrachtung 
der  Flurnamen  am  badischen  Limes,  N.  Heidelb.  Jahrbb.  V,  182  f.  —  In  Eiepebts  Lehrbuch 
der  alten  Geographie  ist  der  Ortsnamenforschung  die  gebührende  Beachtung  geschenkt  — 
S.  oben  S.  115  Anm.  1. 

üeber  das  freie  Germuiieii  und  die  Germanen:  Ph.  Clüveb,  der  Vater  der 
historischen  Landeskunde,  schrieb  auch  eine  Germania  antiqua  (1616),  die  jetzt  noch  Wert 
hat.  —  Germania  antiqua.  Comelii  Taciti  lihellum  post  M.  Haupiium  cum  aliorum  veterum 
auctorum  locis  de  Germania  praecipuia  ed,  E.  Mülle^hoffius,  Berol.  1878.  —  E.  Zeuss, 
Die  Deutschen  und  ihre  Nachbarstämme,  München  1837.  Noch  immer  das  Hauptwerk.  — 
L.  V.  Lbdebub,  Das  Land  und  Volk  der  Bructerer  (1827).  Im  Gegensatz  zu  Zeuss,  der  zu 
viele  Wanderungen  annahm,  die  Stabilität  der  Wohnsitze  hervorhebend.  Vgl.  Waitz,  Deutsche 
Verfassungsgesch.  H',  7.  —  E.  Fbeihebb  von  Richthofen,  Untersuchungen  über  friesische 
Rechtsgeschichte,  3.  T.,  Abschn.  1:  ,Der  Gau  Einnem  oder  Eennemerland*.  Mit  einer 
Earte  des  Gaues  Eonnem  (zwischen  Sinefal  oder  Znin  bei  Brügge  und  Fli).  Das  alte  Canine- 
fatenland.  —  G.  Holz,  Beiträge  zur  deutschen  Altertumskunde,  1.  Heft:  über  die  germa- 
nische Yölkertafel  des  Ptolemaeus.  Mit  einer  Tabelle.  Halle  a.  S.  1894.  —  Bangebt, 
äachsengrenze  im  Geb.  der  Trave  (1893).  —  Die  folgenden  gründlichen  Werke:  H.  Böttoeb, 
DiOzesan-  und  Gaugrenzen  Norddeutschlands  zwischen  Oder,  Main,  jenseits  des  Rheins,  der 
Nord-  und  Ostsee  von  Ort  zu  Ort  schreitend  festgestellt,  nebst  einer  Gau-  und  einer  die- 
selbe begründenden  Diözesankarte.  Vier  Abteilungen,  Halle  1875—1876.  Vgl.  die  ein- 
gehende Eritik  von  Th.  Mbnkb  in  der  Hist.  Zeitschr.  Bd.  38  (1877)  8.  103—112.  —  H.  Bött- 


120  ^'  Geographie  von  Italien  und  dem  Orbis  Bomanns. 

OBB,  Wohnsitze  der  Deutschen  in  dem  von  Tacitus  in  seiner  Germania  beschriebenen  Lande, 
aus  den  Originalquellen  des  Julius  Caesar,  Strabo,  Velleius,  Tacitus  u.  s.  w.  auf  Grundlage 
seiner  Diözesan-  und  Gaugrenzen  Norddeutschlands  erwiesen,  nebst  einer  Gau-,  einer  die- 
selbe begründenden  Diözesankarte  und  einer  daraus  entworfenen  Völkerkarte,  Stuttgart 
1877.  —  E.  MüLLBNHOFF,  Doutsche  Altertumskunde,  Bd.  I  (1870)  reicht  nur  bis  zur  Ent- 
deckung der  deutschen  Nordseeküste  und  (nach  einer  kühnen  Konjektur  des  Verfassers) 
des  ersten  deutschen  Volkes,  der  „Teutonen**,  durch  Pytheas  von  Massilia  im  4.  Jahrhundert 
V.  Chr.  Vgl.  die  Besprechung  von  A.  v.  Gutsobxid,  Kl.  Schriften  V.  üeber  den  Inhalt  der 
folgenden  Bände  —  das  Werk  wird  infolge  des  vorzeitigen  Todes  von  Müllenhoff  (1884) 
ein  Torso  bleiben  —  vgl.  die  Vorrede  zu  V,  1  (1884):  „Der  zweite  Band  wird  von  den 
Nord-  und  Ostnachbam  und  dem  ersten  Vordringen  der  Germanen  gegen  West  und  Süd- 
west handeln  und  damit  ergeben,  dass  das  Gebiet  der  Oder  und  der  Elbe  unterhalb  des 
Gebirges  ihre  älteste  und  eigentliche  Heimat  ist,  in  der  sie  zu  einer  „gena  tantum  sui 
similis*^  erwuchsen.  —  Der  dritte  Band  soll  aus  der  Stellung  und  dem  sprachlichen  Ver- 
hältnis der  ältesten  historisch  bekannten  Völker  des  mittleren  Europas  im  Striche  von  den 
Pyrenäen  bis  zum  Kaukasus  den  Beweis  führen,  dass  die  Väter  der  Germanen  nicht  später 
jene  Wohnsitze  eingenonmien  haben  können,  als  die  urverwandten  Stämme  der  Italiker  und 
der  Griechen  ihre  Sitze  in  Italien  und  Griechenland,  und  auf  Grund  der  Nachrichten  der 
Römer  und  Griechen  darauf  die  Ausbreitung  und  Verzweigung  der  Germanen  um  den  An- 
fang unserer  Zeitrechnung  darlegen.*  Band  IV  und  V  soll  dann  aus  dem  Zustande,  welchen 
jene  Nachrichten  uns  vor  Augen  stellen,  den  Gang,  welchen  ihre  älteste  Entwicklung  über- 
haupt genommen  hat,  nach  allen  Seiten  hin  aufzeigen.  Aus  dem  Nachlasse  MOllekhofps 
sind  Band  II  (1887)  und  Band  III  (mit  geänderter  Disposition  des  Stoffes,  1892)  herausge- 
geben worden.  Den  Kommentar  zur  „Germania*  soU  Bd.  IV  bringen.  Vgl.  G.  Kossinka 
im  Anzeiger  f.  deutsches  Altertum  und  deutsche  Litteratur  XVI  (1890)  S.  1—60  (Besprechung 
von  MüLLEKHOFF  Bd.  n).  —  R.  MucH,  Deutsche  Stammsitze.  Ein  Beitrag  zur  ältesten  Ge- 
schichte Deutschlands.  Sonderabdmck  aus  den  „Beiträgen  zur  Gesch.  der  deutschen  Sprache 
und  Litteratur*,  Bd.  XVII  (1892).  Besprochen  von  Kossinva  im  „Anzeiger*  1894.  Auch 
die  Recension  von  Mommsens  fünften  Band  im  citierten  „Anzeiger*  XIII  (1887)  S.  193  bis 
210  durch  Kossikna  ist  instruktiv.  —  lieber  die  Gruppierung  der  germanischen  Stämme 
nach  den  Resultaten  der  Rechtsvergleichung  vgl.  J.  Fickeb,  Die  Erbenfolge  der  ostgerma- 
nischen Rechte,  Innsbruck  1891  f.,  im  Gegensatz  zur  blossen  Sprachvergleichung  und  der 
bei  Tac.  Germ.  11  gegebenen  Genealogie,  auf  die  namentlich  Müllenhoff  und  Schereb 
(vgL  Hist.  Zeitschr.  Bd.  37  S.  159  f.)  das  Hauptgewicht  legten.  —  Th.  Mommsen,  Res  gestae 
ditn  AugusH.  Ex  monumentis  Ancyrano  et  ApoUoniensi  iterum  edidit,  Berolini  1883.  Darin 
sind  die  Geographica  über  das  Vordringen  der  Römer  zu  Land  und  zur  See  unter  Augustus 
erschöpfend  kommentiert.  Vgl.  bes.  p.  103  f.  —  Th.  Mommsen,  Die  Oertlichkeit  der  Varus- 
schlacht, Sitzungsberichte  der  Berliner  Akademie  1885.  S.  63  ff.;  dann  vermehrt  in 
einer  Separatausgabe,  Berlin  1885.  Resultat:  die  Stätte,  wo  die  Annee  des  Varus  ihren 
Untergang  fand,  ist  das  grosse  Venner  Moor  nordöstlich  von  Osnabrück ;  wie  schon  Justus 
Moser  angenommen  hatte.  Beweis  sind  vor  allem  die  in  diesen  Gegenden  gemachten 
Funde  römischer  (hauptsächlich  Gold-  und  Silber-)Münzen,  namentlich  die  im  Besitz  des  Erb- 
landdrosten  v.  Bar  ai^  Barenau  befindlichen:  sie  gehören  zum  Nachlass  der  im  Jahre  9 
n.  Chr.  im  Venner  Moor  zu  Grunde  gegangenen  Ai-mee  des  Varus.  Die  hier  gefundenen 
Goldstücke,  wovon  ein  Acker  bei  Kalkriese  seit  alter  Zeit  „die  Goldstück*  genannt  wird, 
sind  sämtlich  unter  Augustus  geprägt,  auch  die  meisten  Süberstücke  unter  der  späteren 
Republik  und  unter  Augustus;  von  diesen  ist  der  jüngste  und  von  allen  am  zahlreichsten 
vertretene  Denar  etwa  zehn  Jahre  vor  der  Varusschlacht  geprägt.  Der  „Teutoburgerwald* 
ist  danach  nicht  der  nördlich  die  Münster'sche  Ebene  begrenzende  Osning,  wie  bisher  an- 
genommen wurde,  sondern  die  paraUel  damit  nördlich  sich  erstreckende,  schmale,  oben  oft 
felsige,  noch  jetzt  stark  bewaldete  Bergkette,  welche  gegenüber  der  porta  Westphalica  mit 
der  steilen  Margaretha-clus  beginnt  und  unter  dem  Namen  der  Minden^schen  Bergkette, 
des  Wiehengebirges  (Süntel),  der  Lübbe'schen  Berge,  der  Osterberge  bis  nach  Bramsche 
a.  d.  Hase  sich  erstreckt.  Vgl.  Mommsen,  Römische  Geschichte,  Bd.  5,  S.  43.  Üeber  die 
Lage  des  während  der  früheren  Germanenkriege  öfter  genannten  Kastells  Aliso  (bei  Dorf 
Elsen  an  der  oberen  Lippe?)  ebenda  S.  31.  —  H.  V eltmann,  Funde  von  Römermünzen  im 
freien  Germanien  und  die  Oertlichkeit  der  Varusschlacht,  Osnabrück  1886.  Polemik  eines 
Lokalforschers  gegen  Mommsen.  —  H.  Neuboüro,  Die  Oertlichkeit  der  Varusschlacht  mit 
einem  vollständigen  Verzeichnisse  der  im  Fürstentum  Lippe  gefundenen  römischen  Münzen, 
Detmold  1887.  F.  Böckeb,  Damme  als  der  mutmassliche  Schauplatz  der  Varusschlacht, 
sowie  der  Kämpfe  bei  den  „pontea  longi"  im  Jahre  15  und  der  Römer  am  Angrivarierwall 
im  Jahre  16,  Köln  1887.  —  Zanoembistek,  Zur  Frage  nach  der  Oertlichkeit  der  Varus- 
schlacht. Westdeutsche  Zeitschrift  VI  (1887)  S.  234  ff.  (die  neueren  Kontroversschriften  be- 
sprechend). —  Edm.  Mbyeb,  Untersuchungen  über  die  Schlacht  im  Teutoburger  Walde, 
Berlin  1893  (Kritik  der  betreffenden  Forschungen).  —  R.  Tieffenbaoh,  Ueber  die  Oertlich- 


6.  GermanimL.    (§49.)  121 

keit  der  Varnsschlacht,  Berlin  1894.  —  P.  Höfbr,  Der  Feldzug  des  GennanicoB  im  Jahre 
16  n.  Chr.,  Gotha  1884.  Zweite  Auflage,  Bemhurg  und  Leipzig  1885.  Vgl.  Moitmsek, 
OerÜichkeit  der  Varusschlacht  S.  15  Anm.  2.  Aeusserung  des  Generalfeldmarschalls 
V.  Moltke  an  den  Verfasser,  der  ihm  die  Abhandlung  zugeschickt  hatte:  „Die  Bedeutung 
der  in  derselben  niedergelegten  kriegsgeschichtlichen  Spezialforschungen  und  kritischen 
Auseinandersetzungen  scheint  mir  hauptsächlich  darin  begründet  zu  sein,  dass  in  erster 
Linie  die  TerrainYerhältnisse  in  sachgemftsser  Weise  sowohl  unter  taktischen  als  allgemein 
militftrischen  Gesichtspunkten,  geprüft  und  gewürdigt  werden.  Ganz  besonders  gelungen 
erscheint  mir  in  dieser  Beziehung  die  Darlegung,  nach  welcher  das  Schlachtfeld  von  Idista- 
viso  nicht  auf  dem  rechten,  sondern  auf  dem  linken  Weserufer  zu  suchen  sei'.  Vgl.  hin- 
gegen MoMMSBK,  OerÜichkeit  der  Varusschlacht  S.  13  Anm.  1.  —  F.  Enoke,  Die  Eriegszüge 
des  Germanicus  in  Deutschland,  mit  5  Earten,  Berlin  1887.  Ein  Nachtrag  1889.  Enokb 
forschte  nach  den  von  Tacit.  ann.  I,  63  erwähnten  „pontes  longi*^:  diese  waren  ein  schmaler 
Pfad  zwischen  ungeheueren  Sümpfen,  von  L.  Domitius  Ahenobarbus  erbaut.  Diesen 
Ejifippelweg,  den  der  Unterfeldherr  des  Germanicus,  Gaecina,  im  Jidire  15  n.  Chr.  benützte, 
glaubt  Enoke  aufgefunden  zu  haben.  Vgl.  F.  Enoke,  Die  römischen  Moorbrücken  in  Deutsch- 
land, Berlin  1895,  mit  4  Earten.  „Bei  Diepholz  (Landdrostei  Hannover  an  der  Hunte)  und 
nördlich  von  Dümmer  entdeckte  man  nämlich  zwei  Dammwege  mit  ganz  den  gleichen  Merk- 
malen römischer  Moorbrücken.  An  der  einen  Brücke  sind  die  bisweilen  mit  Pflöcken  fest- 
genagelten Bohlen  gewaltsam  losgerissen  worden,  man  fand  sie  beiderseits  im  Moore.  Der 
zweite  Weg  scheint  von  Caecina  teilweise  in  Hast  ausgebessert  worden  zu  sein.  Man 
fand  nämlich  Schlägel  zum  Festnageln,  die  jedenfalls  beim  fluchtartigen  Bückzug  zurück- 
gelassen wurden.*  Die  Schlacht  im  Teutoburger  Walde  verlegt  Enoke  in  die  Gegend  von  Iburg 
und  dem  Habichtswalde  bei  Stift  Leeden.  Vgl.  F.  Enokb,  Das  Varuslager  im  Habichtswalde 
bei  Stift  Leeden,  Berlin  1896.  —  E.  Dünzblmann,  Das  römische  Strassennetz  in  Norddeutsch- 
land. Mit  3  Earten.  In  Fleckeisens  Jahrb.  f.  klass.  PhiloL,  XX.  Supplementb.  (1893).  Eine 
gänzlich  verunglückte  Arbeit.  Vgl.  G.  Wolff  in  der  Berl.  pliil.  Wochenschrift  1894  nr.  17. 
C.  ScHüCHHARDT,  Drei  Römerkastelle  an  der  Hase.  (Aus  dem  16.  Bande  des  histor.  Vereines 
in  Osnabrück).  VgL  die  Verhandlungen  der  Berliner  archäoL  Ges.  1892  Febr.  2,  April  5. 
Ausgrabungen  im  Ems-  und  Wesergebiet.  Wittekindsburg  bei  Osnabrü  k:  die  dortigen 
Manerreste  römisch.  Etappenstrasse  nach  dem  Rhein  am  nördlichen  und  südlichen  Ufer 
der  Lippe.  Bei  Meppen  (Mündung  der  Hase,  Schiffbarwerden  der  Ems)  drei  Eastelle  römi- 
schen Ursprungs.  Die  Untersuchung  ohne  Voreingenonmienheit  und  mit  grosser  Sorgfalt 
geführt,  oDwohl  es  oft  recht  schwierig  sei,  bei  den  zahlreichen  Landwehren  Nordwest- 
deutscMands  Römisches  und  Nichtrömisches  bestimmt  zu  unterscheiden.  —  A.  Dbppb, 
Eriegszüge  des  Tiberius  in  Deutschland  4  u.  5  n.  Chr.,  Bielefeld  1887.  Mit  einer  Earte  des 
Lagers  bei  Oerlinghausen.  —  Tb.  Mommsen,  Eine  Inschrift  des  älteren  Plinius.  In  „Hermes'' 
XIX,  644 — 648.  Enthält  S.  646  Bemerkungen  über  den  Aufenthalt  des  Plinius  in  Germa- 
nien. —  Th.  Moicmsen,  Ueber  die  Germania  des  Tacitus.  Festrede  gehalten  in  der  Berliner 
Akademie  am  21.  Januar  1886.  Mommsen  nimmt  die  „  Germania  **  für  einen  geographischen 
Exkurs  des  Tacitus,  der,  ursprünglich  für  die  « Historien  **  bestimmt,  wegen  des  grösseren 
Umfanges  als  separate  Schrift  ediert  wurde.  —  L.  Schxjmacheb,  De  Tacito  Germaniae  geo- 
grapho.  Abhandlung  zum  Jahresbericht  des  Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums  zu  Berlin  1886. 
Der  erste  Teil  einer  Würdigung  der  geographischen  Angaben  des  Tacitus:  der  Begriff  Ger- 
mania, die  Grenzen  des  Landes,  seine  Gebirge  und  Flüsse.  —  W.  Sohbrbb,  „Mars 
Thlngsns**,  in  Sitzungsberichten  der  Berliner  Akademie  1884  S.  571  ff.  Vergl.  Mommsen  in 
^Hermes»  XIX  S.  232  ff.  E.  Hübner,  Römische  Herrschaft  in  Westeuropa  S.  57  ff.  Ueber 
zwei  in  Britannien  gefundene  Weihinschriften  zu  Ehren  des  „Mars  Thingsus*"  (von 
Thing,  dem  Versammlungsort  der  Germanen)  und  zweier  weiblicher  Gottheiten,  „Alaesiagae** 
genannt,  mit  den  Individualbezeichnungen  Beda  und  Fimmilena.  Die  Weihenden  nennen 
sich  Tuihanti  cive9  Germani  ex  cuneo  Frisionum  Severiani  Alexandriani.  Die  germa- 
nische Formation  der  „cuneV,  die  auch  Tacitus  erwtimt,  behandelt  Mommben  a.  a.  0.  Siehe 
oben.  —  J.  N.  Sadowski,  Die  Handelstrassen  der  Griechen  und  Römer  durch  das  Fluss- 
gebiet der  Oder,  Weichsel,  des  Dniepr,  Niemen  an  die  Gestade  des  baltischen  Meeres. 
Uebersetzt  aus  dem  Polnischen  von  A.  Eohn.  Mit  Vorrede  und  Einleitung  des  Ueber- 
setzers,  Jena  1877.  —  C.  F.  Wibebo,  Der  Einfluss  der  klassischen  Völker  auf  den  Norden 
durch  den  Handelsverkehr.  Aus  dem  Schwedischen  von  J.  Mesdorf,  Hamburg  1867.  — 
üeber  Skandinavien  liegt  (abgesehen  von  dem,  was  bei  Plinius,  Tacitus,  Ptolemaeus, 
Procopius,  Paulus  diaconus  steht)  bei  Jordanes  „eine,  wenn  auch  entstellte,  doch 
vollständige  Beschreibung  des  Landes  sogar  aus  dem  Munde  selbst  eines  norwegischen 
Eönigs  vor,  wie  sonst  kaum  von  irgend  einem  Teile  des  alten  Germaniens  aus  dem 
Munde  der  Römer".  Müllbnhoff,  Deutsche  Altertumsk.  V,  I,  S.  61.  Vergleiche  auch 
Bd.  n  S.  5  ff.  mit  der  beigegebenen  Earte  von  Eiepebt:  „Finnen  und  Germanen  in 
Skandinavien".  Im  Index  zur  MoMMssN'schen  Ausgabe  des  Jordanes  (1883)  p.  164 
8.  V.  Ranii  erkennt  MüUenhoff  als  den  Gewährsmann  des  Jordanes  für  die  skandinavischen 


122  A.  Geographie  von  Italien  und  dem  Orbia  Bomaniia. 

Verhältnisse  (Getica  c.  8  f.)  den  zu  König  Theoderich  geflflchteten  König  Rodoulf.  — 
J.  ÜND8BT,  Inscrizioni  latine  ritrovate  nella  Scandinavia.  Buüet.  delV  instit,  archeoL  1883 
p.  234  ff.  Aus  den  Stempeln  der  Broncegef&sse  die  Provenienz  bestimmt.  In  Skandinavien, 
besonders  auf  der  Insel  Gotland  sind  tausende  von  römischen  Münzen  gefunden.  —  G.  Kos- 
sinn a,  Ueber  die  vorgeschichtliche  Ausbreitung  der  Germanen  in  Deutschland.  Im  Kor- 
respondenzblatt der  d.  anthropol.  Ges.  1895  S.  109  ff.  (üeber  die  Ausbreitung  der  nordischen 
Bronzekultur  u.  s.  w.)  —  C.  G.  Laube,  üeber  den  Fund  von  römischen  Münzen  in  der  Ur- 
queUe  zu  Teplitz.  „Mitteilungen  des  Vereins  für  Gesch.  der  Deutschen  in  Böhmen*,  1888, 
S.  105  —  111.  Nicht  wenige  römische  Kupfermünzen  aus  dem  ersten  und  zweiten  Jahr- 
hundert n.  Chr.  sind  in  der  Urquelle  zu  Teplitz  bei  deren  Abteufung  im  Jahre  1879,  femer 
1882  in  der  sogen.  Riesenquelle  zu  Dux  etwa  500  Bronzeschmucksachen  in  einem  kupfernen 
genieteten  Kessel  gefunden.  Was  von  Interesse  ist  fOr  die  Klarlegung  der  Handels- 
beziehungen, und  damit  der  sich  steigernden  Kenntnis  des  Barbarenlandes.  — 
KiBCHHOFF,  Thüringen  doch  Hermundurenland,  Leipzig  1882.  Ueber  die  Wohnsitze,  deren 
Grenzen,  die  Ursprünge  der  Elbe,  über  die  zwischen  den  Chatten  und  den  Hermunduren 
streitigen  Salzquellen  u.  s.  w.  Ueber  letztere  vgl.  auch  K.  Th.  v.  Inama-Stbrkego,  Zur 
Verfassungsgeschichte  der  deutscheu  Salinen  im  Mittelalter  (Wien  1886,  Sonderabdruck  aus 
den  Sitzungsber.  der  kaiserl.  Akad.  Bd.  111).  —  A.  Mbitzrn,  Land  und  Leute  der  Saale- 
gegend, Vortrag  im  (Berliner)  Verein  für  Volkskunde  1891.  Ueber  die  Wandemngs-  und 
Siedelungs Verhältnisse  der  deutschen  Stämme  bemerkenswerte  Darlegungen  bietend.  Wobei 
nebenher  an  die  grösseren  agrarhistorischen  Werke  und  Abhandlungen  von  G.  Havbsev, 
G.  Waitz,  Mbitzen,  Laupreoht  u.  a.  erinnert  werden  soU,  da  sie  allerdings  auch  für  die 
Geographie  von  Interesse  sind.  Eine  zusammenfassende  Darstellung  gibt  das  gross  ange- 
legte Werk  von  A.  Meitzbn,  Siedelung  und  Agrarwesen  der  Westgermanen  und  Ost- 
germanen, der  Kelten,  Römer,  Finnen  und  Slawen,  Berlin  1895,  drei  Bände  Text  mit  zahl- 
reichen Abbildungen  und  einem  Atlas.  —  K.  Müllbnboff,  Die  deutschen  Völker  an  Nord- 
und  Ostsee  in  ältester  Zeit  (Nordalbingische  Studien  I,  Kiel  1844).  —  K.  MOllbnhoff.  Ueber 
den  südöstlichen  Winkel  des  alten  Germaniens.  Sitzungsber.  der  Berl.  Akad.  1883  S.  871 
bis  883.  Hiezu  Mokmsen,  R.  Gesch.  V,  196  A.  1.  —  Ueber  die  Cugemi  (Cubemi)  vergl. 
Höbner  und  Müllbnhoff  in  „Hermes*  XÜ,  262  f.,  272.  —  Die  Geographica  des  Ammianus 
Marcellinus  behandeln  Gabdthausen  im  6  Supplementbande  der  FLECKBiSEN'schen  Jahr- 
bücher 1873  und  Mommsbn  in  „Hermes'*  XVI,  602  ff.  (1881).  —  Th.  Mommsen,  Jordanis 
Romana  et  Getica  (Mon.  Germ.  hist.  antiq.  auct.  V,  1),  Berlin  1882.  Im  Prooemium  sind 
von  Mommsen,  im  Index  auch  von  MCllbnhoff  die  Geographica  dieses  Autors  behandelt.  — 
J.  Jung  Geographisch-historisches  bei  Procopius  von  Caesarea.  Wiener  Studien  V 
[1883]  S.  85  ff.  Die  Geographica  der  genannten  Autoren  beruhen  vielfach  auf  älteren  Vor- 
lagen. —  Vgl.  endlich  noch  im  allgemeinen  Th.  Mommsen,  Rom.  Geschichte  Bd.  V,  Kap.  4: 
„Das  römische  Germanien  und  die  freien  Germanen**  (mit  Karte  von  Kiepert). 

6.  Britannien. 

60.  Die  grossen  Inseln  im  Norden  von  Gallien  wurden  hauptsächlich 
ihres  Zinnreichtums  wegen  bereits  von  den  Tartessiem  und  den  Phöni- 
ziern und  zwar  auf  dem  Seewege  besucht;  ihnen  folgten  die  Griechen, 
welche  die  für  den  Zwischenhandel  wichtigen  Scillyinseln  als  j^Zinninseln' 
{KaaaiTSQideg^  bei  Avienus:  Oestrymnides)  bezeichneten.  Pytheas  von 
Massilia  (um  300)  unterscheidet  BäQyiov  (daraus  Ivernia,  Hibernia) 
und  "AXßiov,  Als  der  Landverkehr  von  Massilia  aus  durch  Gallien  eröffnet 
war,  wurde  letzteres  nach  den  Bewohnern  der  Südküste,  den  Briten,  mit 
dem  Namen  Britannia  bezeichnet. 

Den  Römern  wurde  der  Zutritt  durch  die  Expeditionen  Julius 
Caesars  vom  Jahre  55  (beU.  GaU.  IV,  20—36)  und  54  v.  Chr.  (b.  G.  V, 
5—23)  eröffnet.  Seitdem  unterhielten  sie  Handelsbeziehungen  dorthin 
und  übten  politischen  Einfluss  auf  die  Häuptlinge  aus,  von  denen  ab  und 
zu  die  Intervention  des  Reiches  in  Anspruch  genommen  wurde.  In  Rom 
war  man  daher  unter  Augustus  und  Tiberius  über  Britannien  ziemlich 
unterrichtet,  wie  die  Darstellung  des  Strabo  B.  IV  erweist;  nur  dass 


6.  Britonnien.    (S§  50,  51.)  123 

sich  eine  althergebrachte  irrige  Eartenanschauung  über  die  Lage  Britan- 
niens zu  Hispanien  und  Germanien  noch  bei  Tacitus  und  Ptolemäus 
findet;^)  was,  wie  es  scheint,  auch  die  ethnographische  Taxierung  der 
einzelnen  Stamme  beeinflusste.  Als  Caesar  bei  den  keltischen  Eüsten- 
stämmen  des  Südostens  verweilte,  hörte  er,  dass  es  im  Innern  Britan- 
niens Völker  gebe,  die  sich  im  Gegensatz  hiezu  als  Urbewohner  des  Landes 
ansähen  (bell.  OaU.  V,  12).  Bei  Tacitus  (Agric.  11)  werden  die  Cale- 
donier  als  Oermanen  bezeichnet,  die  Silurer  als  Hiberer.  Mit  Un- 
recht; wenn  auch  der  physische  Typus  der  nördlichen  und  der  südlichen 
Stämme  abwich,  jener  mit  dem  germanischen,  dieser  mit  dem  iberischen 
Ähnlichkeiten  aufwies.  Gute  Bemerkungen  über  Britannien  finden  sich 
bei  luvenal,  der  als  tribunus  in  einer  Auxiliarcohorte  hier  Kriegsdienst 
geleistet  hatte.  Bei  ihm  findet  sich  die  alte  echte  Form  luverna  für  Hi- 
bernia  2,  159:  arma  quidem  ultra  littora  luvernae  promovitnus  et  modo 
captas  Orcadas  ac  minima  contentos  nocte  Britannos. 

Nachdem  Kaiser  Gaius  durch  seine  beabsichtigte,  aber  nicht  ausge- 
führte Expedition  das  Reich  kompromittiert  hatte,  wurde  unter  Claudius 
im  Jahre  43  zur  Annexion,  zunächst  des  südlichen  Britanniens,  geschritten. 
Eilf  Häuptlinge  wurden  botmässig  gemacht,  eine  Provinz  eingerichtet, 
Camulodunum*)  im  Jahre  50  als  römische  Kolonie  (Colchester)  begründet 
und  eine  Besatzung  von  vier  Legionen  herverlegt,  deren  Kommandierender 
als  Statthalter  fungierte.  Die  Brittones  oder  Britanni  (vgl.  Mommsen  in 
der  Ephem.  epigr.  V  p.  177  f.)  wurden  in  der  Folge  zu  den  Auxiliar- 
truppen  ungewöhnlich  stark  herangezogen  und  ihre  Kontingente  durch- 
gehends  auswärts  (in  Germanien,  Raetien,  Pannonien,  Dacien  u.  s.  w.) 
verwendet. 

61.  Die  Okkupation  hatte  zunächst  nur  die  Südküste,  und  im  Osten 
das  Gebiet  an  der  Themse  betroffen;  die  Insel  Vectis  (Wight)  wird  im 
Eroberungskriege  genannt;  in  Venta,  dem  Vorort  der  Belgae,  in  der 
Mitte  des  südlichsten  Teiles  der  Insel  (heute  Winchester),  scheint  zuerst 
das  Hauptquartier  gewesen  zu  sein.  Durch  die  Anlegung  von  befestigten 
Punkten  an  der  Küste  und  von  Strassen  sicherte  man  die  Verbindung  der 
eroberten  Landstriche  mit  Gallien  und  Germanien.  Dann  drang  man 
über  Caleva  (Silchester)  vor  und  vollendete  die  Okkupation  des  ersten 
Hauptabschnittes  der  Insel  bis  zur  Linie  zwischen  den  Ästuarien  des 
Thamesis  und  des  Sabrina  (Mündung  der  Themse  und  Bristolkanal). 
Die  Hauptmacht  des  Okkupationsheeres  war  in  der  Nähe  von  Camu- 
lodunum  und  bei  Isca  (heute  Caerleon,  d.  i.  castra  legionis  in  Wales) 
konzentriert. 

Der  Ehrgeiz  der  folgenden  Statthalter  ging  dahin,  ganz  Britannien 
zu  unterwerfen.  Unter  Suetonius  Paulinus  (59—61)  wurde  die  Okku- 
pationslinie weiter  vorgeschoben,  im   Osten   bis  nach  Lindum  (Lincoln), 

^)  Auch  die  Lage  von  Hibemien  wurde  '   denselben  Fehler. 

irrig  angegeben:  Hü^ernia  insula  inter  Bri-  *)  Man  findet  auf  den  Inschriften  auch 

tanniam  et  Hispaniam  sita,  sagt  Orosius  I,  die  Form  Gamalodnnum.     Die  Tribus  war 

2,  39.    Die  Weltkarte  des  Rayennaten  zeigt  ,  die  Claudia. 


124  A.  Geographie  Ton  Italien  und  dem  Orbia  Bomanna. 

im  Westen  nach  Deva  (Chester  d.  i.  castrum)  an  der  nördlichen  Grenze 
des  Gebietes  der  Silur  er  und  der  Ordoviker.  Damit  war  der  zweite 
Hauptabschnitt  der  Insel,  die  ganze  südliche  Hälfte  des  heutigen  Eng- 
land, zur  Provinz  gebracht.  Zugleich  erfolgte  die  Fortsetzung  der  Ope- 
rationen gegen  das  heutige  Wales  und  die  Okkupation  der  Insel  Mona 
(Anglesey).  Gegenüber  einem  gefahrlichen  Aufstand,  den  einige  Dynasten 
angezettelt  hatten,  wurde  die  Provinz,  wenn  auch  mit  grossen  Verlusten, 
behauptet. 

Unter  Agricola  (78 — 85)  ging  man  ernstlich  an  die  Eroberung  von 
Schottland.  Der  strategische  Schwerpunkt  wurde  infolge  dessen  nach  dem 
Norden  verlegt,  nach  Eboracum  im  Lande  der  Brigantes  (York).  Die 
römische  Postenlinie,  bestehend  aus  detachierten  Abteilungen  der  vier  bri- 
tannischen Legionen,  wurde  zwischen  Vedra-  und  Itunamündung  (New- 
castle-Carlisle)  eingerichtet,  an  der  schmälsten  Stelle  der  Insel,  wo 
nachher  der  Hadrianswall  erbaut  ward.  Selbst  darüber  hinaus  schweiften 
schon  die  Truppen  des  Agricola  bis%zur  Linie  Clota-Bodotria  (Glasgow- 
Edinburgh),  die  erst  Antoninus  Pius  endgiltig  besetzte.  Agricola  drang  nach 
dem  östlichen  Schottland  in  bisher  völlig  unbekannte  Gegenden  vor,  deren 
topographische  Details  bei  Tacitus  (so  der  Berg  Graupius,  das  Volk  der 
Borester,  der  Trucculensische  Hafen)  keine  genaue  Einsicht  ermöglichen. 

Caledonien  wurde  durch  die  römische  Flotte  umschifft,  die  Lage 
der  britischen  Eilandsgruppe  näher  erkundet,  die  »Orcades*  und  die  „ul- 
tima Thule,**  d.  i.  die  heutigen  Shetlandsinseln,  gesehen;  man  dachte 
schon  daran,  auch  Irland  zu  gewinnen,  das  in  den  Handelsverkehr  bereits 
einbezogen  war  (Tac.  Agric.  24:  aditus  portusque  per  commercia  et  nego- 
tiatores  cogniti),  während  bei  inneren  Zwistigkeiten  stets  einer  der  dortigen 
„reguli"  an  den  Römern  seinen  Rückhalt  suchte;  wie  denn  auch  Agricola 
zu  einer  Intervention  dringend  ersucht  wurde  (Tacit.  1.  c).  —  Zugleich 
ersehen  wir  aus  der  Schilderung  von  Agricola's  Schwiegersohn  wie  die 
innere  Organisation  der  Provinz  Fortschritte  machte,  gerade  auch  auf 
dem  Gebiete  des  Schulwesens.  Juvenal,  der  kurze  Zeit  nach  Agricola's 
Abberufung  Britannien  kennen  lernte,  erwähnt  (15,  111)  die  rhetorischen 
Studien  der  äussersten  Thule. 

52.  Zur  Sicherung  der  Provinz,  namentlich  gegen  die  Brigantes, 
die  wiederholt  rebellierten  (ihre  Castelle  erwähnt  luvenal  14,  196),  Hess 
Kaiser  Hadrian  die  Linie  vom  Ituna  Aestuarium  {firih  of  Solway)  zur 
Mündung  des  Tyneflusses  durch  einen  Grenzwall  abschliessen  (122 — 124 
u.  Chr.).  Zwanzig  Jahre  später  versetzte  Kaiser  Antoninus  Pius  noch 
einmal  die  Grenze  weiter  nach  Norden  und  legte  auf  der  von  Agricola 
in  Aussicht  genommenen  Linie  Clota-Bodotria  ein  neues  Erdwerk  zur 
Verteidigung  der  Provinz  an.  Septimius  Severus  aber  ging  auf  den  Ha- 
drianswall zurück,  den  er  renovierte  und  der  seitdem  von  den  Britten  der 
Wall  des  Severus  genannt  wurde.  —  An  diesen  Wällen,  wo  ein  bedeu- 
tender Teil  des  römischen  Reichsheeres  disloziert  war,  spielte  sich,  wie 
in  Germanien  längs  des  „limes^\  ein  bewegtes  römisch-kosmopolitisches 
Leben  ab,  in  das  die  Inschriften  Einblick  gewähren.  —  Das  Lager  von 
Deva  besorgte  nach  wie  vor  den  Grenzschutz  gegen  Wales  und  Irland. 


6.  Britftimien.    (S§  52—56.)  125 

53.  Kaiser  Septimius  Severus  teilte  danach  im  Jahre  197  n.  Chr.  die 
Provinz,  in  der  sich  Separierungsgelüste  bemerkbar  machten,  in  zwei  Statt- 
haltersprengel, eine  Brittania  superior  und  eine  Brütania  inferior.  Vgl.  Dio 
76,  12.  16.  —  Unter  Diokletian  wurde  das  Land  in  vier  Provinzen  ge- 
teilt: Britannia  I  und  II,  Flavia  Caesariensis  und  Maxima  Cae- 
sariensis;  wozu  im  Jahre  369  durch  Kaiser  Valens  als  fünfte  Provinz 
Valentia  (die  Landschaft  zwischen  den  zwei  Wällen)  gefügt  wurde,  ohne 
dass  die  Grenzen  der  einzelnen  Sprengel  näher  bekannt  wären. 

64.  Im  dritten  Jahrhundert  tritt  die  enge  Verbindung  Britanniens 
und  der  gegenüberliegenden  gallisch-germanischen  Küste  hervor;  ein 
grosser  Teil  der  in  Britannien  stationierten  Auxiliartruppen  bestand  aus 
Germanen :  Friesen,  Bataver,  Cugerner  u.  a. ;  daneben  erscheinen  die  An- 
gehörigen gallischer  Stämme:  Lingones,  Aquitani,  Menapii  u.  s.  w.  Im 
Jahre  285  erfolgte  die  Usurpation  des  Menapier's  Carausus,  des  Komman- 
dierenden der  Reichsflotte  in  diesen  Gewässern;  infolge  dessen  die  ge- 
nannten Reichsteile  durch  ein  Jahrzehent  selbständig  blieben.  —  In 
den  germanischen  Grenzkriegen  des  vierten  Jahrhunderts  spielt  die  Ver- 
proviantienmg  der  rheinischen  Legionen  durch  britannisches  Getreide 
eine  RoUe. 

55.  Die  Völkerschaftsverhältnisse  waren  in  mannigfachem  Wechsel 
begriffen.  Im  3.  und  4.  Jahrhundert  n.  Chr.  setzten  sich  die  Nord-Iren 
oder  Scotten  neben  den  kaledonischen  Stämmen,  die  als  Picten  zusammen- 
gefasst  werden,  fest.  Die  Süd-Iren  kamen  herüber  nach  Gornwales.  —  Im 
vierten  und  fünften  Jahrhundert  endlich  erfolgte  der  Einbruch  der  nörd- 
lichen und  westlichen  Barbaren,  der  Picten  und  Scotten,  dann  die  Fest- 
setzung der  Angeln  und  Sachsen,  welche  letzteren  nach  der  Räumung 
der  Provinz  durch  die  Reichstruppen  (unter  Stilicho),  endgiltig  seit  Aetius, 
Britannien  mehr  und  mehr  unter  ihi*e  Herrschaft  brachten,  nicht  ohne 
dass  die  westlichen  Landesteile  (das  heutige  Wales),  trotzdem  noch  durch 
Jahrhunderte  sich  als  römische  Provinz  gefühlt  und  ihre  Häuptlinge 
römische  Offizierstitel  geführt  hätten. 

56.  Zur  Zeit  der  Eroberung  durch  die  Römer  war  Britannien  in 
zahlreiche  Stammfürstentümer  geteilt,  die  auch  unter  römischer  Herrschaft 
noch  Jahrzehnte  lang  und  im  Westen  der  Insel  darüber  hinaus  fort- 
bestanden. Doch  wurden  mit  dem  Vorschreiten  der  Okkupation  überall 
auch  römische  Kolonien  angelegt  und  hauptsächlich  mit  Veteranen  besie- 
delt; wie  denn  Camulodunum  im  Jahre  61  geradezu  als  Waffenplatz  er- 
scheint, in  dem  die  Veteranen  zum  Besatzungsdienst  verpflichtet  sind. 
Andere  Orte,  wie  Lonäinium,  das  bald  die  zweite  Stadt  der  Provinz 
war,  wurden  von  römischen  Kaufleuten  bevölkert. 

Von  Kolonien  sind  zu  nennen:  Glevum  (Gloucester)  am  Sa- 
brina (Severn),  im  Osten  Camulodunum  {„colonia^^  kurzweg,  Col- 
chester).  Deva  (Chester,  d.i.  castrum,  am  Fluss  Deva,  Dee);  Lindum 
(Lindum  colonia,  Lincoln).  Eboracum  (York)  am  Avusfluss  (Ouse),  seit 
dem  zweiten  Jahrhundert  die  Hauptstadt  der  Provinz  und  wiederholt  Re- 
sidenz von  Kaisem.     »Die  in  England  sehr  zahlreichen  Ortsnamen  auf 


126  A«  Geographie  Ton  Italien  nnd  dem  Orbis  AomaniiB. 

-cester,  -ehester,  -castor,  -caistor,  auch  -xeter  (z.  B.  Exeter,  Wroxeter), 
sämtlich  Korruptionen  von  castrum,  deuten  immer  auf  römische  Nieder- 
lassungen hin/  Neuerdings  ist  nächst  Lanchester  (unweit  Durham)  eine 
hier  stationiert  gewesene  Abteilung  von  „Suebi  Lon/  inschriftlich  nach- 
gewiesen, wo  in  dem  ;,Lon/  offenbar  der  alte  Name  von  Lanchester 
steckt.  („Limesblatt^  1893  n.  5).  —  Die  britischen  Königsstädte  hin- 
gegen werden  als  „Burgen"  bezeichnet:  so  Durovernum  (Canterbury) 
als  die  »Burg  der  Cantii*  u.  a.  Bemerkenswert  ist,  dass  viele  Flüsse  in 
den  von  den  Römern  unterworfenen  Ländern  ihre  alteinheimischen  Namen 
einbüssten  und  dafür  den  einer  Stadt  angenommen  haben,  durch  deren  Ge- 
biet sie  fliessen,  daher  die  vielen  Colnes  in  England,  benannt  nach  Orten, 
die  entweder  wirklich  Kolonien  waren  oder  zwar  nur  Munizipien,  die  aber 
im  Volksmund  auch  als  Kolonien  bezeichnet  wurden.  (Evans  in  der  Aca- 
demy  n,  1123).    So  liegt  Colchester  an  einem  Fluss,  der  Colne  heisst. 

Viroconium  (Wroxeter),  das  »britische  Pompei";  Rutupiae  (Rich- 
borough)  an  der  Meerenge  (luvend  4,  141  erwähnt  die  Austern  von 
Rutupiae);  Verulamium  (Old  Verulam);  Aquae  Sulis,  vielbesuchter 
Badeort  mit  einem  Tempel  der  Sulis  Minerva;  Durocornovium,  (Ciren- 
cester,  westlich  von  Oxford)  u.  a.,  die  Kiepert,  Geographie  S.  532  ver- 
zeichnet. 

Völkernamen:  Silures  und  Demetae  im  heutigen  Wales;  Bri- 
gantes  im  nördlichen  Britannien;  Galedonii  und  Maeatae  („Picti''  ge- 
nannt, weil  sie  sich  tättowierten)  im  nördlichen  Schottiand  u.  s.  w. 

Corp,  inscript.  Latinar.  Bd.  Vü:  Inscriptiones  BrUanniae  ed.  E.  Hübvbb  (mit  Ein- 
leitong:  de  provinciae  Britannicte  inscriptionibus,  administratione,  re  militari)  1873  (hieza 
Karte  von  Kiepert).  „Additamenta"  in  Eph.  epigr.  III,  IV,  VII.  Vgl.  Haüo  in  Bubsiaks 
Jahresb.  1894.  Ueber  die  kartographische  Grandlage  von  H.  Kieperts  Karte  vgl.  dessen 
„Formae  orbis  anti^i*^  (1894):  Karte  und  Text.  —-  John  Collingwood  Bruce,  The  Roman 
Wall  (1.  Aufl.  1851,  3.  Aufl.  1867)  und  Lapidarium  SepietUrionale  or  a  descriptUm  of  the 
monuments  of  Roman  rtUe  in  the  north  of  England,  Newcastle  1870 — 1875.  Mit  drei 
Karten,  drei  Plänen,  sechs  Steindruck-  und  drei  Kupfeitafeln,  sowie  zahlreichen  in  den  Text 
gedruckten  Holzschnitten,  die  Inschriften  und  Skulpturen  des  nördlichen  Britanniens  dar- 
stellend. —  HüBNBR,  «Eine  römische  Annexion"  (Deutsche  Rundschau  Mai  1878  S.  221  bis 
252).  „Das  römische  Heer  in  Britannien*  (Hermes  XVI  S.  518  ff.).  Mit  Karte.  ,Die  römi- 
sche Herrschaft  in  Westeuropa'  S.  3  ff.  —  Domaszrwski,  Britannische  Legionsinschriften, 
Rhein.  Museum  1893  S.  842  ff.  handelt  auch  über  die  römischen  Dislokationen  im  1.  Jahr- 
hundert, aber  die  Teilungsgrenzen  des  Septimius  Severus  u.  a.  —  üeber  die  geographischen 
Nachrichten  in  Tacitus'  Agricola  vergl.  L.  Schumacher,  De  Tacito  Germaniae  geographo 
(Berol.  1886)  p.  XI  f.  —  üeber  Juvenal  vgl.  E.  Hübueb  in  der  Wochenschr.  f.  klass.  Philo- 
logie  1889  N.  49— 51.  —  Mommsen,  Römische  Geschichte,  Bd.  5,  Kap.  5:  Britannien  (mit 
Karte).  —  Inscriptiones  BrUanniae  Christianae  ed.  E.  Hübner.  Adiectae  sunt  tabulas  geo- 
graphica^ duae,  Berlin  1876.  Die  Karten  verzeichnen  die  Fundorte  der  Inschriften,  meist 
aus  der  Zeit  vom  5.  bis  8.  Jahrhundert  n.  Chr.  und  aus  Gegenden,  welche  in  der  Periode 
der  römischen  Herrschaft  nicht  hervortreten.  Für  die  Ortsnamenkunde  von  Bedeutung. 
—  H.  Gaidoz,  Notice  sur  les  inscriptions  latines  de  Virlande  {Melanges  publiSs  par  la  section 
historique  et  philologique  de  VScole  des  hautes  Hudes  pour  le  dixihme  anniversaire  de  sa 
fondation,  Paris  1878,  p.  121  — 186;  wo  auch  über  die  Beziehungen  Hibemiens  zu  Britannien 
einiges  bemerkt  ist).  Vgl.  Kiepebt,  Geogr.  §  464.  —  üeber  die  Zusfttze  zu  Solinus,  welche 
auf  einen  Iren  des  6.  Jahrhunderts  zurückgehen,  vgl.  Mommsek  in  seiner  Ausgabe  des  So- 
linus p.  XLVII.  2.  Auflage  p.  LXXXIX  ff.  und  C.  Hiezu  H.  Zimmeb,  üeber  die  frühesten 
Berührungen  der  Iren  mit  den  Nordgermanen,  Sitzungsberichte  der  Berl.  Akad.  1891  S.  279  ff. 
Diese  Zusätze  tragen  der  Erweiterung  der  geographischen  Kenntnisse  durch  das  auf  den 
Inseln  sich  ansiedelnde  irische  Anachoretentum  Rechnung:  in  Bezug  auf  die  Hebriden,  die 
Orkney's,  die  Shetlandsinseln  (d.  i.  Thule).  —  Von  H.  Zikheb  rühren  noch  andere  vonttg- 
liche  Arbeiten  her,  die  hier  nur  nebenbei  erwähnt  werden  können;  so  sein  „Nennius  vindi- 


7.  Die  DonanlandBohaften  (Illyrioiim)«    (g  57.)  127 

catus,  Ueber  fintstehimg,  Geschichte  und  Quellen  der  histaria  Brittonum^  (Berlin  1893). 
Die  28  civüates  der  Provinz  Britannien  kommen  schon  bei  Gildas  vor.  —  Femer  „Bas 
Mutterrecht  der  Picten  und  seine  Bedeutung  für  die  arische  Altertumswissenschaft".  Zeit- 
schrift der  Savignystiftung,  Rom.  Abteilung  XV  (1894)  S.  209  ff.  Die  Picten  bildeten  nach 
Zimmer  die  voransche  (vorkeltische)  Urbevölkerung  Britanniens  und  Irlands.  Sie  wurde 
spftter  von  den  Kelten  wohl  sprachlich  assimiliert,  aber  nicht  in  Bezug  auf  das  Recht.  So 
erhielt  sich  das  Mutterrecht  und  andere  EigentOmlichkeiten,  die  den  Alten  (Caesar,  Strabo, 
Dio,  Hieronymus,  Zus&tze  des  Solinus)  auffielen.  —  Ueber  das  Fortleben  des  römischen 
Provinzialgefahles  im  heutigen  Wales  auch  nach  dem  Zurückziehen  der  Reichstruppen  vgl. 
MoMMSEN  in  der  Vorrede  zu  der  Ausgabe  des  Gildas  {Mon,  Germ,  hist.,  awt.  antiquiss.  XlII)  und 
neuerdings  eine  Inschrift  des  5.  oder  6.  Jahrhunderts:  „Memoria  Voteporigia  protictoris^ 
d.  i.  protectoris  (zuerst  veröffentlicht  in  der  Archaeologia  Cambrensis  1895  p.  303  ff.).  —  Ueber 
die  Darstellung  Britanniens  in  der  Not.  dign.  vgl.  Mommsen  „Hermes"  XIX,  233  f.  Dieselbe 
legt  die  Verhfitnisse  dar,  nicht  wie  sie  im  Jahre  400,  sondern  vielmehr  wie  sie  im  Jahre 
300  n.  Chr.  waren.  Es  sind  darin  die  Namen  der  Stationen  am  Hadrianswall  erhalten,  wie 
beim  Geograph.  Ravennas  jene  am  Antoninswall.  —  Ueber  Dicuil,  den  in  Frankreich  lebenden 
irischen  Astronomen  und  Geographen,  der  im  Jahre  825  n.  Chr.  das  geographische  Wissen 
der  alten  und  der  neuesten  Zeit  zusammenfasste,  vergl.  die  Ausgabe  von  G.  Pakthby,  Di- 
euili  liber  de  mensura  orbis  terrae,  Berlin  1870.  Lbtroicnb,  Recherches  gdographiques 
p.  136  ff.  Dicuil  hat  nicht  nur  von  den  Faröem  Kunde,  sondern  auch  von  Island.  Seine 
Schrift  enthalt  wichtige  Nachrichten  über  die  Vermessungen  des  römischen  Reiches  unter 
Julius  Caesar,  vgl.  Mabqüabdt,  Staatsverw.  IP,  209;  femer  im  5.  Jahrhundert  n.  Chr.;  hiezu 
ist  MoimsENS  Abhandlung  über  den  Geogr.  Ravennas  zu  vergleichen. 

7.  Die  Donaulandschaften  (lUyricum). 

(Dazu  die  Balkanländer.) 

67.  Begriff  des  Namens  ülyricum.  Illyricum  nannten  die  Römer 
das  östliche  Küstenland  des  adriatischen  Meeres  und  dessen  Hinterland  bis 
zu  den  thrakischen  Stammen  hin.  Nachdem  sie  an  jener  Eüste  kurz  vor 
Ausbruch  des  zweiten  punischen  Krieges,  gerufen  von  den  Griechen  der 
Insel  Issa  (jetzt  Lissa)  festen  Fuss  gefasst  hatten,  bildeten  sie  im  Jahre 
168  V.  Chr.  aus  den  Gebieten,  die  dem  dortigen  illyrischen  Reiche  im 
engeren  Sinne  des  Wortes  (mit  der  Hauptstadt  Scodra,  dem  heutigen 
Scutari)  abgenommen  worden  waren,  eine  eigene  Provinz  Illyricum;  die 
in  öfteren  Kämpfen  mit  den  Landesbewohnern  erweitert  wurde. 

unter  Augustus  verstand  man  unter  Illyricum  zunächst  die  alsbald 
getrennten  Verwaltungssprengel  von  Dalmatia  (Illyricum  superius)  und 
Pannonia  (Illyricum  inferius).  Anderseits  erstreckte  sich  der  Begriff  des 
illyrischen  Ländersprengels,  der  durch  Zollschranken  gegen  den  gallischen 
Ländersprengel,  sowie  gegen  Italien  (und  Makedonien)  abgesperrt  war, 
nicht  nur  über  Moesien,  Dalmatien,  Pannonien,  sondern  auch  über  Nori- 
cum  und  Raetien.  Als  dann  Dacien  okkupiert  wurde,  behielt  es  seine 
eigene  ZoUinie  bei,  aber  es  begegnet  doch  auch  ein  procurator  lllyrici 
(d.  i.  des  Illyrischen  Zolles)  per  Moesiam  inferiorem  et  Dacias  tres.  Corp. 
in  6575  =  suppl.  7127.  —  Seit  den  Organisationen  des  Diocletian  und 
Constantin  ist  der  Begriff  Illyricum  ein  noch  ausgedehnterer,  da  die  pan- 
nonischen  und  dacischen  (nach  Aurelian's  Organisation)  Landschaften  mit 
Macedonien  und  dem  ehemaligen  Griechenland  zur  Präfektur  Ülyricum  zu- 
sammengefasst  wurden.  (Vergl.  die  römischen  Provinzialkataloge  dieser 
Zeit  bei  Seeck,  Notitia  dignitatum.  Berlin  1876).  So  wird  es  erlaubt  sein 
auch  hier  diesen  Begriff  etwas  vager  zu  nehmen. 


128 


A.  Geographie  von  Italien  und  dem  Orbis  Aomaniis. 


58.  Hydro-  und  Orographie.  Schon  Herodot  hatte  gute  Kunde  von 
der  Donaumündung  wie  von  den  Nebenflüssen  der  Donau  in  ihrem  untern 
Laufe.  Aber  erst  seit  den  Feldzügen  Alexanders  des  Grossen  (vgl.  Ptole- 
mäus  bei  Arrian  I)  und  eines  seiner  Nachfolger,  des  Lysimachus,  tritt 
der  Stromlauf  von  der  Savemündung  (Singidunum,  bei  Belgrad;  Tauru- 
num,  bei  Semlin)  an,  dann  die  Stromschnellen  {xaTa^^dxzai  bei  den  Grie- 
chen, „scrofulae*'  in  römischer  Zeit)  mehr  und  mehr  hervor.  Letztere 
sind  schon  von  den  Römern  für  Schiffahrtszwecke  reguliert  worden,  i) 
Die  Feldzüge  des  Augustus  eröffneten  an  der  oberen  Donau  die  Kenntnis 
des  Stromsystems.  Die  Flussnamen  im  Gebiete  des  Danuvius  (bei  den 
Griechen  nach  der  thrakischen  Bezeichnung  Istros,  erst  seit  der  römischen 
Herrschaft  auch  Javovßiog,  Aavovßig^  von  den  Anwohnern  Javovßtjg  ge- 
nannt) blieben  zum  guten  Teil  erhalten.^)  So  am  oberen  Laufe:  Aenus 
(Inn),  Licus  (Lech),  Reganus  (Regen),  Änisua  (Enns);  am  mittleren  Laufe: 
Marus  (March),  Ärrabona  (Raab),  Grranua  (Gran),  Draus  (Drau),  Saus  (Sau) 
u.  8.  w.;  am  unteren  Laufe:  Margus  (heute  Morava),  Picnus  (heute  Pek), 
Timacus  (heute  Timok),  Almus  (heute  Lom),  Cebrus  oder  Ciabrus  (heute 
Tzibritza),  Oescus,  (heute  Isker),  Utus  (Wid),  Asamus  (Osem  oder  Osma), 
Jatrus  (Jantra).  —  Von  den  Nebenflüssen  des  oberen  Saus  oder  Savus  ist 
die  AdsaUuta  (jetzt  Saan)  hervorzuheben;  wie  andere  so  sind  auch  diese 
beiden  Flüsse  als  Gottheiten  verehrt  worden. 

In  Dacien:  ifam  (später  Marisos  oder  Marisia,  jetzt  Marosch),  Alutus 
(Alt);  Pyretus  (Prut);  Hierasus  oder  Jerasus  (Sereth). 

Seen:  lacus  Venetus  oder  Brigantinus  (Bodensee);  locus  Pdso  (Plat- 
tensee). 

Gebirge:  Die  Alpen  wurden  seit  Polybius  erforscht;  von  den  Römern 
die  Jochübergänge  mit  Kunststrassen  versehen.  Vgl.  oben  S.  64  f.  Für 
das  Hochgebirge  hatten  die  Römer  keinen  Sinn,  daher  die  Namen  der 
höchsten  Spitzen  nicht  überliefert  sind.  Doch  vergleicht  Arrian,  der  an 
der  Donau  seinen  Kriegsdienst  begonnen  hatte,  die  Höhe  der  Alpen  mit 
jener  der  Gebirge  im  Kaukasus  (Peripl.  11,  5);  ebenso  wie  er  Inn  und 
Save  mit  den  grossen  Zuflüssen  des  Indus  in  Parallele  stellt  (Indic.  4,  15). 
—  Der  vManhart'  (westwärts  von  Wien)  hat  den  Namen  der  Aoiva  vlrj 
(Ptolemäus)  bewahrt. 

Der  Alpenname  war  schon  im  Altertum  auch  auf  die  heute  soge- 
nannten „Transilvanischen  Alpen*  übertragen;  sie  heissen  in  der  tabula 
Peutingerana  „Alpes  Bastarnicae/^  Das  Hochland  (^,Kaukaland^'  bei  Am- 
mianus  Marcellinus)  von  Dacien  ist  bei  Jordanes  in  den  Getica  nach  einer 
Vorlage  aus  saec.  11  beschrieben.  —  Die  Siebenbürger  Berge  werden  auf 
einer  Inschrift  (Henzen  5930)  als  »Caucasus*  bezeichnet,   daher  der  Aus- 


0  Was  alles  gelegentlich  der  neuesten 
Regulierung  (1893)  konstatiert  wurde,  nach- 
dem bereits  Marsigli  zur  Kenntnis  dieser  Ver- 
hältnisse den  Grund  gelegt  hatte.  Die  Strasse 
längs  der  Donau  ist  von  Tiberius  gebaut, 
von  Domitian  restauriert  worden. 

^)  Einige  kleinere  Zuflüsse  der  Donau 


lassen  sich  nicht  mit  Sicherheit  identiflcieren; 
den  Cusus  (bei  Tacit.  ann.  2,  63)  erklärt 
MoMMSEN,  R.  G.  V  196  Anm.  f&r  den  Gusen 
bei  Linz,  während  MOllbnhofp  II  323  ihn 
fßr  die  £ipel  hiüt,  Domaszbwski  für  die 
Thaya.  Der  Duria  scheint  mit  der  Waag 
identisch  zu  sein. 


7.  Die  Donanlandsohaften  (Illyrioiim).    (§§  58,  59.)  129 

druck  .Kaukaland"  auch  damit  in  Verbindung  gebracht  werden  kann. 
Einem  auf  der  Balkanhalbinsel  schreibenden  Autor  des  sechsten  Jahrhun- 
derts n.  Chr.  sind  diese  Berge,  der  altionischen  Ansicht  entsprechend,  das 
die  Sonne  verbergende  Gebirge  des  Nordens.»)  Die  Karpaten  erscheinen 
unter  diesem  Namen  {KaQnatrjg)  zuerst  bei  Ptoleroäus  zwischen  Dacien 
und  dem  Sarmatenlande  verzeichnet. 

In  niyrien  bildete  der  Scardus  (heute  Schar)  die  Hauptwasserscheide 
gegen  das  aegeische  Meer  imd  die  Donau. 

Die  nördlich  davon  längs  der  dalmatischen  Küste  hinziehende  Gebirgs- 
kette wurde  mit  dem  allgemeinen  Namen  „Alpes  Dalmaticae^^  bezeichnet. 
Unter  den  Flüssen  dieses  Gebietes  sind  hervorzuheben  der  Brilon  (heute 
Drin)  und  der  Naro  (heute  Narenta),  dann  die  dem  Saus  zuströmenden 
Drinus  (jetzt  Drina),  Basanius  (jetzt  Bosna),  Urpanus  (Verbas),  Oeneus 
(Unna),  Kolapis  (Kulpa).  Der  Haemus  (Balkan)  bildete  die  Grenze  der 
moesischen  Provinzen  gegen  Thrakien. 

Zahlreiche  Bergwerke  wurden  vor  den  Römern  ausgebeutet,  dann 
von  diesen  übernommen;  so  Goldgruben  in  Dalmatien  (im  heutigen  Bos- 
nien, dann  in  Nordalbanien,  wo  die  Piruster  sassen)  und  in  Dacien,  Eisen- 
werke in  Noricum  und  bei  den  Gotini  an  der  oberen  Gran,  Silber- 
werke in  Dalmatien  und  Pannonien  u.  s.  w.  Die  Salzwerke  bei  Hallstadt, 
Reichenhall,  in  Siebenbürgen  u.  s.  w.  waren  auch  durch  alle  Zeiten  in 
Betrieb. 

69.  Ethnographie.  Als  die  Römer  mit  den  Alpen-  und  nordillyri- 
schen  Landschaften  näher  bekannt  wurden,  im  zweiten  Jahrhundert  v.  Chr., 
waren  dieselben  von  zahlreichen  Völkerschaften  raetischer,  keltischer, 
illyrischer,  thrakischer  Nationalität  bewohnt.  Die  Raeter  (im  heu- 
tigen Tirol  und  Graubündten)  werden  von  den  Alten  als  Verwandte  der 
Etrusker  oder  Rasener,  ihre  Sprache  als  ein  rauher  Dialekt  der  etrus- 
kischen  bezeichnet.  Von  den  Kelten  werden  die  Raeter  ausdrücklich 
unterschieden.  Vgl.  Arrian.  takt.  44.  In  der  bayerischen  Hochebene  hin- 
gegen sassen  überall  Kelten,  ebenso  in  Noricum  und  darüber  hinaus. 
Diese  Kelten  waren  im  vierten  Jahrhundert  v.  Chr.  aus  Gallien  hieher 
eingewandert  und  hatten,  indem  sie  die  früheren  Bewohner  teils  in  die 
entlegeneren,  namentlich  bergigen  Gegenden  zurück  drängten,  die  Herr- 
schaft an  sich  genommen;  teils  hatten  sie  sich  auch  mit  den  früheren 
Bewohnern  vermischt  und  verschmolzen,  wie  es  im  nördlichen  Dalmatien 
und  im  nördlichen  Pannonien  der  Fall  war. 

Das  übrige  Pannonien  und  Dalmatien  hatten  nach  wie  vor  die  Il- 
lyrer inne,  deren  Nachkommen  und  Überbleibsel  die  heutigen  Albanesen 
sind,  östlich  von  Pannonien  und  den  Illyrern,  in  Siebenbürgen  und  den 
angrenzenden  Landschaften,  sassen  Stämme  thrakischer  Nationalität,  wozu 
die  Daker  und  die  Moeser  zu  zählen  sind.    Wie  genau  man  auf  römi- 


^)  Vgl.  den  irriOinlich  mit  GaesariuB  von 
Nazianz  identifizierten  Autor,  der  die  Situation 
der  Grenzlandschaften  am  das  Jahr  525  n. 
Chr.  herum  schildert,   Magna  bibL  patrum, 


Paris  1654,  tom.  XI,  p.  603,  mit  den  Be- 
merkungen MüLLBNHOFFS  in  Zeitschrift  für 
deutsches  Altertum  1876  S.  82  f.  (jetzt 
Deutsche  Altertumskunde  U,  365  ff.) 


Hftodbooh  der  Uaoi.  Altertumsviaaenaobaft.    ni,  8.    2.  Aufl. 


130  ^'  Geographie  Ton  Italien  und  dem  Orbis  Romancui. 

scher  Seite  auch  die  jenseits  der  Grenze  sitzenden  Stämme  zu  unter- 
scheiden verstand,  zeigt  die  auf  einen  Statthalter  Moesiens  aus  dem  Ge- 
schlecht der  Plautier  sich  beziehende  Inschrift  Corp.  XIV  3608  =  Tftt- 
manns  ex.  1145!  Darin  werden  von  ihm  bekämpfte  Barbaren  aufgezählt  u.z. 
in  geographischer  Folge  von  Westen  nach  Osten:  die  Sarmaten  in  der 
Theissebene;  die  dacischen  Stämme  nördlich  von  der  unteren  Donau;  die 
Bastarnen  und  Roxolanen  in  der  Ebene  von  der  Mündung  der  Donau 
bis  jenseits  des  Borysthenes  (heute  Dnjepr);  zuletzt  die  Skythen,  die 
eben  den  taurischen  Ghersones  mit  Krieg  überzogen  hatten.  (Zeit  des 
Kaisers  Nero). 

Die  einzelnen  Stämme  waren  nach  Gauverbänden  gegliedert,  die  in 
den  raetischen  und  keltischen  Landschaften  als  ,,€ivitas/^  in  den  thraki- 
schen  und  illyrischen  mit  dem  Lokalnamen  („regW^)  bezeichnet  werden. 
Die  römischen  Geographen,  Strabo,  Plinius,  Ptolemäus,  zählen  die  Gau- 
namen auf,  ohne  dass  sie  im  stände  gewesen  wären,  die  Lage  der  Gaue 
genauer  zu  fixieren.  Der  Name  einer  raetischen  Völkerschaft  klang  dem 
Römer  so  fremd,  wie  nach  modernem  Ausdruck  ein  „böhmisches  Dorf" 
und  selbst  in  den  offiziellen  Listen,  wie  z.  B.  beim  Militär,  pflegte  man, 
wenn  die  „dvitas^^  allzu  barbarisch  klang,  gegen  die  sonstige  Gewohnheit 
kurzweg  „naüone  Raetus^^  zu  verzeichnen.  Plinius  fand  es  am  geratensten, 
seiner  Beschreibung  das  sogenannte  „tropaeum  Aljnum^'  einzuverleiben, 
d.  h.  die  offizielle  Inschrift  an  dem  Denkmal  oberhalb  des  heutigen  Mo- 
naco auf  der  Höhe  der  Seealpen,  das  zu  Ehren  der  Unterwerfung  der 
Alpenvölker  vom  Senat  und  Volk  der  Römer  dem  Augustus  errichtet 
worden  war.*)  Darin  werden  die  einzelnen  Völkerschaften  genannt:  die 
Isarken  (am  Eisak),  die  Venosten  (im  Vintschgau),  die  Breonen  und 
Genaunen  (im  Inn-  und  Wippthal)  u.  s.  w.  Bei  den  Vindelikern  werden 
die  vier  Stämme  der  Gonsuanetes,  Rucinates,  Licates,  Gatenates 
unterschieden. 

Die  Gaue  in  Noricum  zählt  Ptolemäus  auf:  die  Sevaker  (im  heu- 
tigen Pusterthal?),  die  Ambisontier  (im  Pinzgau),  die  Ambidravi  (an 
der  oberen  Drau),  die  Ambiliker  (an  der  Geil),  die  Noriker  im  engeren 
Siime  des  Wortes  (um  Noreia),  ohne  Zweifel  die  zahlreichste  Abteilung, 
da  deren  Name  nachher  die  frühere  Gesamtbezeichnung  der  Taurisker 
(d.  h.  der  »Bergbewohner*)  verdrängt  hat. 

Am  südlichen  Abhang  des  Gebirges  bis  zum  Meer  hin  sassen  Carner 
und  Japyden,  deren  Gebiet  teils  nach  der  Eroberung  zu  Italien  geschlagen 
wurde,  teils  den  Übergang  zu  DaJmatien  bildete. 

Auch  dieses  bewohnten  zahlreiche  Stämme,  die  mehrere  Eidgenossen- 
schaften mit  einander  bildeten;  wie  denn  z.  B.  die  Japyden  und  14  Ge- 
meinden der  Liburner  mit  den  eigentlichen  Dalmatem  in  Verbindung 
getreten  waren  und  den  gemeinsamen  Landtag  in  Scardona  beschickten. 

Pannonien  war,  wie  Raetien  in  zahlreiche  Völkerschaften  zer- 
splittert, grössere  und  kleinere.   SodieAzalii,  die  Boier,  die,  durch  die 


^)  Vgl.  Corp.  inaer.  Lat.  V  p.  904  ff.  Für  1  ccdion  Drosi'   in  Betracht     Es  nennt  den 
den  Eroberungskrieg  kommt  auch  das  „Epi-  |  Fluss  „Isarcns'  d.  i.  der  Eisak. 


7.  Die  Donanlandsohafben  (ßlytionm),    (§  60.)  131 

Daker  im  ersten  Jahrhundert  v.  Chr.  bis  zur  Vernichtung  geschlagen,  sich 
unter  römischer  Herrschaft  wieder  erholten;  die  Skor^disker,  die  aus 
JUoesien  nach  dem  unteren  Pannonien  verpflanzt  worden  waren;  die  Ara- 
visker  an  der  Donau  unterhalb  Aquincum ;  die  Jas  er,  die  vom  heutigen 
Warasdin  bis  Daruvar  wohnten;  die  B  renk  er,  ein  kriegerischer  Stamm, 
der  unter  den  Auxiliartruppen  des  Reiches  eine  hervorragende  Rolle  spielte; 
die  Amantiner  zwischen  Save  und  Drau  u.  a.  Durch  den  grossen 
Germanen-  und  Sarmatenkrieg  des  E.  Marcus  wurden  manche  Verän- 
derungen herbeigeführt,  z.  B.  die  Cotini  von  nordwärts  der  Donau  auf 
den  Provinzialboden,  in  die  Gegend  von  Cibalis  und  Mursa,  verpflanzt  (s. 
oben  S.  113).  —  Zwischen  Donau  und  Theiss  sass  ein  Zweig  des  sar- 
matischen  Volkes  der  Jazygen  (^dCvysg  MsTccvdatai^  d.  i.  »ausgewanderte* 
Jazygen),  denen  der  Pass  durch  Dacien  nach  dem  östlich  davon  gelegenen 
Sarmatien  freigegeben  ward. 

60.  Administrative  Einteilung.  Unter  Augustus  wurde  als  Grenze 
des  Reiches  die  Donau  in  Aussicht  genommen  und  infolge  dessen  (15 
V.  Chr.)  Raetien  (samt  Vindelicien)  mit  Waffengewalt  unterworfen. 
Diese  Erwerbung  wurde  durch  die  Verstärkung  der  Kolonie  Raurica, 
fortan  Augusta  Rauracorum,  und  der  Position  am  Nordabhange  der  Alpen, 
wo  Augusta  Vindelicorum  (Augsburg)  begründet  wurde,  gesichert. 

Das  Jahr  darauf  ergab  sich  das  .^regnum  Noricum^^  den  Römern. 
Pannonien  wurde  in  den  Jahren  12  bis  10  v.  Chr.  okkupiert;  das  ge- 
wonnene Terrain  nach  der  Niederwerfung  des  grossen  dalmatisch-pannoni- 
schen  Aufstandes  (6-- 9  n.  Chr.)  endgültig  organisiert,  indem  das  bisherige 
i^Illyricum''  in  die  zwei  Statthalterschaften  Pannen ia  undDalmatia  auf- 
gelöst, Moesien  unter  einen  eigenen  Kommandanten  gestellt  wurde.  Am 
Ende  des  ersten  und  am  Beginne  des  zweiten  Jahrhunderts  n.  Chr.  wurden 
auch  Moesien  und  Pannonien  in  je  zwei  Kommandanturen  geteilt.  Kaiser 
Traian  richtete  Dacien  als  Provinz  ein. 

Die  Abgrenzung  der  Provinzialsprengel  erfolgte  entweder  mit  Rück- 
sicht auf  die  vorrömische  Einteilung  und  die  vorgefundenen  ethnographischen 
Verhältnisse,  z.  B.  in  Dacien;  oder  es  war  das  Gegenteil  der  Fall,  z.  B. 
in  Raetien,  wo  der  südliche,  an  der  Etsch  gelegene  Landstrich,  der  raeti- 
scher  Nationalität  war,  zu  Italien  geschlagen,  der  andere  mit  dem  keltischen 
Vindelicien  vereinigt  wurde. 

Bemerkenswert  ist,  dass  die  von  der  römischen  Regierung  festgesetzten 
Provinzialgrenzen  zum  Teil,  namentlich  in  der  Abgrenzung  der  kirchlichen 
Sprengel,  bis  auf  die  Umwälzungen  unseres  Jahrhunderts  nachgewirkt 
haben.  Dies  gilt  für  Raetien,  wo  die  früheren  Grenzen  der  Bistums- 
sprengel von  Chur  und  Saeben-Brixen  zur  Bestimmung  der  Grenzen  Alt- 
raetiens  in  Betracht  kommen,  sowohl  nach  Westen  zu,  als  nach  Süden 
(wo  bei  Maia,  heute  Mais-Meran,  der  Tridentinische  Sprengel  anstiess),  und 
im  Osten,  wo  der  Zillerfluss,  der  im  Mittelalter  eine  Gaugrenze  und  bis  auf 
den  heutigen  Tag  die  Grenze  zwischen  den  Diözesen  Brixen  und  Salzburg 
bildet,  einst  Raetien  von  Noricum  geschieden  haben  wird. 

Auch  sonst  scheinen  manche  natürliche  Abgrenzungen  in  das  Alter- 
tum hinaufzureichen;    so  erinnert,  wenn  in  Eugipps  „vita  Severini"   die 

9* 


X32  A.  Geographie  Ton  Italien  und  dem  Orbis  Bomanns. 

9  oberen '^  Städte  Donaunoricums  von  den  unteren  unterschieden  werden, 
dies  an  die  Scheidung  von  Ober-  und  Niederösterreich.  Doch  ist  in  diesen 
Gegenden  die  Grenze  von  Noricum  und  Pannonien  wiederholt  verschoben 
worden,  wie  denn  die  physische  Beschaffenheit  der  Grenzgegend,  z.  B.  in 
Bezug  auf  die  Pflanzenwelt,  derartigen  Verschiebungen  gleichfalls  unter- 
legen zu  sein  scheint  (A.  Eebneb). 

Die  Grenze  zwischen  Ober-  und  Niedermoesien  bildete  der  Fluss 
Ciabrus.  Das  westliche  Serbien  gehörte  noch  zu  Dalmatien,  das  also  in 
römischer  Zeit  sich  tief  in  das  Binnenland  hin  erstreckte.  Im  Süden  ver- 
zeichnet Ptolemäus  die  Stadtgebiete  von  Serdica  (heute  Sofia,  slav.  Sredec) 
und  von  Pautalia  (bei  Küstendil)  als  bereits  zu  Thracien  gehörig.  —  Nach 
welchen  Gesichtspunkten  eine  Zeitlang  Dacien  in  ein  oberes  und  ein 
unteres  geteilt  war,  ist  nicht  genau  bekannt;  in  ersterem  lag  Sarmizege- 
tusa;  Dacia  inferior  dürfte  die  kleine  Walachei  gewesen  sein.  Seit  Marc 
Aurel  zerfiel  die  Statthalterschaft  Dacien  in  drei  Yerwaltungsdistrikte, 
den  von  Porolissum  (im  Norden  der  Provinz),  von  Apulum  (im  Ma- 
roschthal),  von  Malve  (wie  es  scheint  in  Rumänien  an  der  Donau).  — 
Da  in  diesen  Landschaften  viel  grössere  ethnische  Umwälzuugen  vor 
sich  gegangen  sind,  konnte  sich  von  den  alten  Einteilungen  keine  Tra- 
dition erhalten. 

61.  Bömische  Okkupation.  Die  Okkupation  der  Donaulandschaften 
war  aus  Gründen  der  militärischen  Notwendigkeit  erfolgt,  da  der  Wasser- 
graben der  Donau  für  die  Herstellung  einer  sicheren  Grenze  von  gi'össter 
Bedeutung  war.  Diese  Grenze  wurde  durch  die  längs  des  Flusses  ent- 
weder verteilten  oder  in  den  grossen  Legionslagern  konzentrierten  Truppen 
abgesperrt  und  bewacht.  Die  Legionslager  waren  die  Mittelpunkte  des 
Verkehrs,  indem  die  Strassen,  die  zu  militärischen  Zwecken  angelegt  wurden, 
dorthin  divergierten,  um  die  Verbindung  und  die  Verproviantierung  aus 
Italien  zu  sichern. 

Erst  im  Binnenlande,  ferner  vom  militärischen  Leben  und  Treiben 
der  unmittelbaren  Grenze,  hatten  die  Eommunikationsanstalten  eine  erhöhte 
Bedeutung  auch  für  die  zivile  Entwicklung.  Es  entstanden  Munizipien  und 
Kolonien,  römischen  oder  (als  Vorstufe  hiezu)  latinischen  Rechtes,  denen 
die  umliegenden  Gaue  »attribuiert"  wurden.  Die  Kolonien  des  ersten 
Jahrhunderts  beruhten  noch  durchwegs  auf  der  Deduktion  von  Veteranen, 
die  zum  Besatzungsdienst  verpflichtet  waren ;  während  die  Munizipien  auf 
friedlichem  Wege,  namentlich  durch  Handel  und  Verkehr,  sich  entwickelten. 
Doch  gab  es  auch  Gegenden,  z.  B.  in  den  Alpen,  in  denen  die  alte 
Gauverfassung  durch  die  ganze  römische  Zeit  hin  erhalten  blieb;  so 
bei  den  Venosten  und  bei  den  Breonen  im  heutigen  Graubündten 
und  Tirol. 

In  Raetien  sind  in  der  vordiokletianischen  Zeit  nur  drei  Städte 
italischer  Art  zur  Entwicklung  gekommen:  Augusta  Vindelicorum 
(Augsburg),  dem  Hadrian  Stadtrecht  verlieh;  Campodunum  (Kemp- 
ten); Brigantium  (Bregenz)  am  Bodensee.  Daneben  wäre  Abudiacum 
(heute  Epfach)  zu  erwähnen;  femer  Pens  Aeni,  am  Innübergang  von 
Noricum  her  u.  s.  w. 


7.  Die  Donanlandsohaften  (Illyricnm).    (§  61.)  183 

In  Noricum,  das  wie  ein  zugehöriges  Vorland  Italiens  betrachtet 
wurde,  vollzog  sich  die  Assimilation  des  einheimischen  an  das  römische 
Wesen  viel  rascher.  Unter  Kaiser  Claudius  erfolgte  die  Erteilung  des 
Munizipalrechtes  (zunächst  der  Latinität?)  an  die  Orte  Virunum  (bei 
Klagenfurt),  Aguontum  (bei  Lienz  im  oberen  Drauthale),  Teurnia  (gleich- 
falls an  der  Drau,  bei  Spital  in  Kärnten),  Juvavum  (Salzburg),  Celeia 
(Cilli  in  Steiermark),  die,  vereint  mit  dem  benachbarten  Savaria  (Stein 
am  Anger),  das  später  zu  Pannonien  geschlagen  wurde,  bei  Plinius  als 
„municipia  Claudia^  genannt  werden.  Am  Chiemsee  lag  Bedaium.  Im 
zweiten  Jahrhundert  wurde  Ovilava  (Wels)  als  Kolonie  gegründet  und 
einige  kleinere  Munizipien,  wie  Ceti  um  (bei  St.  Polten)  weiter  ostwärts. 
Auch  das  Gebiet  am  Traunsee  war  bereits  besiedelt. 

In  Pannonien  lagen  die  Dinge  vielfach  ähnlich  wie  in  Raetien;  wie 
hier  die  Berge,  so  hinderten  dort  die  Steppen  die  Entfaltung  von  Städten 
und  somit  überhaupt  des  römischen  Wesens.  Die  grossen  Ebenen  im  Innern 
Ungarns  blieben  vorerst  barbarisch,  die  Römer  siedelten  sich  an  dem  Laufe 
der  Donau  entlang,  wo  die  Truppen  stationiert  waren  und  der  Verkehr 
durch  die  SchiflTbarkeit  des  Stromes  sich  erleichterte.  Dichter  sassen  sie 
auch  an  der  norischen  Grenze  hin,  wo  die  grosse  Heerstrasse  von  Siscia 
nach  Carnuntum  vorbeiführte. 

Das  städtische  Leben  entfaltete  sich  unter  den  fiavischen  Kaisern, 
von  denen  Neviodunum  (bei  Demovo  in  Krain),  Siscia  (Sissek),  Scara- 
bantia  (Oedenburg),  Sirmium  (Mitrovic)  Munizipalrecht  erhielten. 

In  Dalmatien  wurden  von  den  fiavischen  Kaisern  zahlreiche  Kon- 
stituierungen von  Munizipien  vorgenommen,  von  denen  Scardona  das  be- 
deutendste war.  Hiezu  fünf  Kolonien:  Epidaurus,  Narona,  Salonae, 
Aequum  und  Jader.  —  Salonae,  eine  „Julische"  Gründung,  war  die 
Hauptstadt  der  Provinz,  der  blühendste  Ort  an  der  ganzen  Küste,  von 
der  die  illyrische  Bevölkerung  in  das  Binnenland  zurückgedrängt  war. 
Die  »Adria**  war  ein  italischer  See  und  die  dalmatische  Gegenküste  mit 
Italien  in  der  lebhaftesten  Fühlung.  Ebenso  gab  es  in  das  Binnenland 
hinein  gute  Verbindungen,  wie  denn  die  Münzen  von  Dyrrhachium  und 
Apollonia  bis  nach  Dacien  hin  gefunden  werden  und  denselben  Weg 
später  die  römischen  Münzen  nahmen.  Unter  Tiberius  und  Claudius 
wurden  Strassen  angelegt,  die  von  Bumum,  Salonae,  Narona  aus  bis  ans 
östliche  Ende  der  Provinz  gingen.  Eine  Strasse  führte  von  Lissus  (Alessio 
an  der  Adria)  nach  Naissus  (Nis). 

Auch  das  benachbarte  Moesien  romanisierte  sich.  Die  älteste 
Strasse  längs  der  Donau  im  heutigen  Serbien  ist  unter  Tiberius  erbaut, 
unter  Vespasian  und  Domitian  restauriert.  Traian  setzte  diese  Bauten 
fort  und  überbrückte  (bei  Turn-Severin)  die  Donau,  was  damals  als  ein 
Meisterwerk  der  Baukunst  galt.  —  Unter  den  Stämmen,  aus  denen  die 
Provinz  sich  zusammensetzte,  treten  die  Moeser  (der  bedeutendste  Stamm), 
die  TrebaDer  (in  Serbien),  die  Dardaner  (südwärts  davon;  um  Scupi)  her- 
vor. Die  Einteilung  ist  auch  hier  nach  „civitates^  und  Regionen;  daneben 
die  Städtegründungen  der  römischen  Kaiser,  sowohl  an  der  Donau  wie  im 
Binnenlande.    Bis  an    den  Balkan   hin  überwog  überall  das   Itömertum. 


134  A.  Geographie  tob  Italien  and  dem  Orbis  Romanos. 

Südwärts  desselben  übte  das  Griechentum  seinen  Einfiuss  aus,  das  auch 
an  der  Eüste  in  den  altgriechischen  Gründungen  Istros  (Eara-Arman), 
Tomi  (Gonstanza),  Odessus  (Varna),  Mesembria  u.  a.  dominierte;  selbst 
landeinwärts,  z.  B.  in  Nicopolis  nordwärts  des  Haemus  war  das  Grie- 
chische das  mächtigere,  von  den  städtischen  Behörden  angewandte  Idiom. 
Ja  der  griechische  Einfluss  machte  sich  teilweise  noch  in  Dacien  be- 
merkbar, wohin  die  römische  Regierung  zahlreiche  Kolonisten  aus  allen 
Teilen  des  Reiches,  ausser  aus  Dalmatien  namentlich  aus  Asien  und 
Syrien,  gezogen  hatte. 

Hier  war  Sarmizegetusa  (im  Hatzeger  Thale,  beim  heutigen  Var- 
hely  oder  Grediste),  früher  die  Hauptstadt  des  dacischen  Königs  Decebalus, 
durch  Traian  als  (latinische?)  Kolonie  (Ulpia  Traiana)  konstituiert  worden. 
Sie  blieb  (neben  dem  Legionshauptquartier  Apulum)  die  zivile  Hauptstadt 
der  römischen  Provinz  Dacia,  die  hier  bis  275  n.  Chr.  existierte.  Sowohl 
der  heutige  Yulkanpass,  als  der  ,  eiserne  Thorpass'*  waren  durch  Strassen 
zugänglich  gemacht,  die  von  Sarmizegetusa  aus  durch  das  Maroschthal 
und  nach  dem  Norden  der  Provinz  sich  verzweigten.  Auch  der  Rothe- 
turmpass  bekam  eine  Strasse,  welche  längs  der  Aluta  bis  zu  deren  Mün- 
dung führte  und  lebhaften  Verkehr  hatte.  Im  Südosten  des  heutigen 
Siebenbürgens  war  der  Ojtozpass,  durch,  den  die  Verbindung  mit  Olbia 
und  Tyras  am  Pontus  Euxinus  ging,  durch  ein  Kastell  gedeckt. 

62.  Lagerstädte.  Von  hervorragender  Bedeutung  wai*en  in  den 
Donaulandschaften  die  Städte,  die  längs  des  Grenzstromes  im  Anschluss 
an  die  Legionslager  sich  entwickelten:  Castra  Regina  (Regensburg)  in 
Raetien,  Lauriacum  (Lorch)  in  Noricum,  Poetovio  (Pettau);  Vindo- 
bona  (Wien),  Carnuntum  (Petronell  bei  Wien),  Brigetio  (in  der  Nähe 
von  Komom)  in  Oberpannonien;  Aquincum  in  ünterpannonien ;  ebenso 
Acumincum  (bei  Slankamen);  Taurunum  (bei  Semlin),  Station  der 
„classis  Pannonica^ ;  Singidunum  (Belgrad),  Viminacium  (bei  Kostolac), 
Ratiaria  (bei  Artscher),  Oescus  (an  der  Mündung  des  Isker),  Novae 
(bei  Svistova),  Dorostorus  (Silistria),  Troesmis  (bei  Iglitza  am  Beginne 
des  Donaudeltas)  in  Moesien.  In  Dacien  machte  die  Ansiedlung  um  das 
Lager  von  Apulum  (beim  heutigen  Karlsburg  in  Siebenbürgen),  dann  Po- 
taissa  (beim  heutigen  Torda),  dieselbe  Entwicklung  durch. 

Da  seit  Kaiser  Traian  und  namentlich  seit  Kaiser  Marcus  Aurelius 
mehr  als  ein  Drittel  der  römischen  Reichsarmee  in  den  illyrischen  Provinzen 
stationierte,  hatte  das  ganze  Wesen  dieser  Provinzen  einen  militärischen 
Anstrich;  von  Septimius  Severus  an,  der  in  Savaria  oder  in  Carnuntum  zum 
Kaiser  ausgerufen  wurde,  war  niyricum  die  tonangebende  Ländergruppe 
des  römischen  Reiches.  Niemals  ist  im  Verlaufe  der  Geschichte,  so  wie 
damals  das  ungeteilte  politische  Schwergewicht  dieser  Ländermasse  nach 
Osten  und  nach  Westen  zur  Geltung  gekommen. 

Auf  der  Donau  stationierten  Flotillen,  zu  Lande  waren  Kastelle  für 
die  dienstthuenden  Kohorten  angelegt.  Ein  Verzeichnis  derselben  gibt 
die  Schrift  „de  aedificiis"  des  Prokopius  von  Caesarea.  —  Nur  in  harten 
Wintern,  wenn  der  Strom  fest  gefroren  war,  bot  sich  den  Grenzbarbaren 
leichte  Gelegenheit,  die  Linie  zu  durchbrechen   und   die  süddanubischen 


?•  Die  Donaiüandsohafteii  (Illyrionm).    (§  62.) 


135 


Landschaften  heimzuBuchen;    worauf  die  anwohnenden  römischen  Illyrer 
und  „Bipenser"  gefasst  sein  mussten.^) 

Von  den  älteren  Werken  ist  ausgezeichnet  das  eines  im  Zeitalter  Eugens  von  Sa- 
voyen  als  hochgestellter  Offizier  in  der  österreichischen  Armee  dienenden  Bolognesers: 
Alots  Fbbd.  Marsioli,  Danubius  Pannonico-Mysiciis  ohservationibus  geographicis,  astro- 
nomicis,  hydrographicis,  historicis,  physicis  perlustrcUus.  Hagae  Com.  et  Amstelodami  1726, 
6  volL  fol.  Mit  Karten  und  Abbildungen.  (Sein  reicher  Nachlass  in  Bologna.)  —  Die  frü- 
heren Leistungen  aufnehmend,  die  Grundlage  für  die  späteren  bildet  die  Bearbeitung  des 
die  Donaulandschaften  behandelnden  Inschriftenbandes  durch  Th.  Mommsen:  Corpus  inacript. 
Lat,  Bd.  m  in  zwei  Abteilungen,  Berlin  1873.  Nachträge  hiezu  in  Ephemeris  epigraphica, 
Bd.  n  p.  287-482  u.  Bd.  IV  p.  25-191.  Jetzt  vier  .Supplementa*  1889—1894.  Mit 
Kartenbeilagen  von  H.  Kiepert.  Ueber  die  kartographische  Grundlage  vgl.  H.  Kibpbbt, 
Formae  arhis  antiqui  (1894):  Karte  und  Text  von  filyricum  et  Thracia.  —  Gonzb  (später 
O.  Benvdobf)  und  0.  Hibscbfbld  (seit  1886  £.  Bobhahn),  ,Archäolog.-epigr.  Mitteilungen 
aus  Oesterreich*  (resp.  neuerdings  «Oesterreich- Ungarn'),  erscheinend  seit  1877.  Bis  1896 
neunzehn  Bände,  welche  ein  bedeutendes  Material  auch  in  geographischer  Beziehung  bieten. 
Vgl.  G.  ScHUCBHARDT,  Die  römischen  Grenzwälle  in  der  Dobrudgea  (mit  Karte),  Arch.-epigr. 
Mitt.  IX,  87 — 113.  Derselbe,  Wälle  und  Ghausseen  im  südlichen  und  Ostlichen  Dacien. 
Ebenda  (mit  Karte)  S.  202—282.  üeber  die  dacischen  Strassenzüge  vgl.  auch  eine  Be- 
merkung Kieperts,  Sitzungsber.  d.  Berl.  Akad.  1884  S.  52  Anm.  1.  —  K.  Müllbnhoff,  Donau, 
Dunavu,  Dunaj.  In  Zeitschrift  für  deutsches  Altertum  von  STEnrnsYER  VI  II  (1876)  S.  26 
bis  35.  Jetzt  wieder  abgedruckt  in  der  «Deutschen  Altertumskunde '^  Bd.  II.  Enthält  die 
Nachweise  über  die  Benennung  des  Stromes  bei  den  verschiedenen  Völkern  des  Altertums 
bis  auf  die  Goten  und  Slaven  herab.  Die  richtige  rOmische  Form  ist  Danuvius,  die  auch 
die  Inschriffcen  insgesamt  aufweisen.  —  G.  Zippbl,  Die  rOmische  Herrschaft  in  lUyricum 
bis  auf  Augustus,  Leipzig  1877.  Vgl.  Mommsen  in  Ephem.  epigr.  IV,  516  fif.  —  J.  Jung, 
Römer  und  Romanen  in  den  Donauländem,  Innsbruck  1877  (1887  in  zweiter  Aufl.).  Der- 
selbe, üeber  Rechtsstellung  und  Organisation  der  alpinen  civUates  in  der  rOm.  Kaiserzeit, 
^Wiener  Studien"  XII  (1890)  S.  98  ff.  Derselbe,  Zur  Geschichte  der  Pässe  Siebenbürgens, 
,Mitt  des  Inst,  für  Osterr.  (Geschichtsforschung *,  Ergänzungsband  IV  (Innsbruck  1893).  — 
MoioisEK,  Rom.  Geschichte,  Bd.  V,  Kap.  6:  Die  Donauländer  und  die  Kriege  an  der  Donau. 
A.  V.  DoMAszBWSKi,  Der  Volkerbund  des  Marcomanenkrieges.  In  den  ,Serta  Harteliana' 
(1896)  S.  8  ff. 

Die  einzelnen  Provinzen,  üeber  Rätien:  P.  G.  Plaitta,  Das  alteRätien,  Berlin 
1882.  Für  die  rOmische  Periode  weniger  bietend,  als  für  die  romanische.  —  In  Bayern 
hat  F.  Ohlbnschlaobr  eine  kartographische  Darstellung  auch  der  römischen  Fundorte 
unternommen  und  eine  Reihe  wertvoller  Spezialarbeiten  geliefert  Ueber  den  rätischen 
limeSj  der  an  den  obergermanischen  anschliesst,  siehe  oben.  Die  Grenzkastelle  von  Eining, 
von  Pftintz  u.  s.  w.  sind  durch  Ohlensohlaoer,  H.  Arnold,  K.  Popp  untersucht  und  be- 
schrieben. Vgl.  femer  Ohlbkschlaoer,  „Bedaium  und  die  Bedaiusinschriften'*.  In  Sitzungs- 
berichten der  bayer.  Akad.  1883  S.  204  ff.  „Die  römischen  Grenzlager  zu  Passau,  Künzing, 
Wischelburg  und  Straubing*  (mit  einer  Tafel).  Aus  den  Abhandlungen  der  bayer.  Akad. 
1884  besonders  abgedruckt.  ,Das  rOmische  Forum  zu  Kempten*.  Zeitschrift  des  histor. 
Vereins  für  Schwaben  und  Neuburg  1886.  «Die  Ergebnisse  der  rOmisch-archäologischen 
Forschungen  der  letzten  25  Jahre  in  Bayern."  Westd.  Zeitschrift  XII  (1892)  S.  1  ff.  üeber 
Noricum,  das  im  Gegensatz  zu  Rätien  schon  nach  lUvricum  gravitierte,  handelt  Muchar, 
Das  rOmische  Noricum  (1825),  Jabornegg-Altbnfbls,  Kärntens  römische  Altertümer  (1870). 
Kleinere  Museen  in  Salzburg,  Linz,  Klagenfurt,  Graz,  Cilli,  Laibach,  dazu  die  Publika- 
tionen der  Lokalvereine. 

üeber  Dalmatien:  Ad.  Bauer,  Griechische  Kolonien  in  Dalmatien,  Roms  erster 
illyrischer  Krieg.  In  den  Archäol.-epigr.  Mitt.  XVIU  (1895)  S.  128  ff.  Im  4.  Jahrhundert 
v.  Chr.  waren  die  Inseln  Issa,  Pharos  (jetzt  Lesina),  Mellta  (jetzt  Meleda)  und  Koqxvqa 
fAfXaivu  (jetzt  Curzola)  von  Griechen  (aus  Syrakus,  Paros,  Kmdos)  besiedelt;  ebenso  auf 
dem  benachbarten  FesÜande  von  Issa  aus  Tragurion  (das  heutige  Trau).  Dionysius  von 
Syrakus  gründete  Lissus  (jetzt  AlessioY.  —  H.  Cons,  Laprovince  Romaine  de  Dalmatiej  Paris 
1882.  Nicht  von  Bedeutung.  —  A.  Maüsbr,  Spalato  und  die  römischen  Monumente  Dal- 
matiens.  —  Die  Restaurierung  des  Domes  zu  Spalato,  zwei  Vorträge,  Wien  1883.  —  In 
Spalato  erscheint  seit  1878  ein  „Büttetino  di  archeologia  e  storia  Dalmata".  —  Kubitschbk, 


0  Am  ausführlichsten  berichtet  hierüber 
der  unbekannte,  fälschlich  mit  Gaesarius  von 
Nazianz    identifizierte   Autor    saec.    VI    in 


Bibl.  maxima  patrum,  Paris  1654,  tom.  XI 
p.  588. 


136  A.  Geographie  von  Italien  und  dem  Orbis  Bomanns. 

Azinum.  Arch.-epigr.  Mitt.  XVI  S.  109  ff.  —  Endlich  ist  für  die  Erforschung  des  dalmatischen 
Binnenlandes  die  Okkupation  Bosniens  und  der  Herzegowina  durch  Oesten-eich-üngam  (seit 
1878)  von  Wichtigkeit  geworden.  Die  folgenden  Publikationen  sind  mit  Unterstützung  der 
B«ichsregierung,  speziell  des  Reichsfinanzministers  Eallay  erschienen:  «Wissenschaftliche 
Mitteilungen  aus  Bosnien  und  der  Herzegowina.*  Herausgegeben  vom  bosnisch-herzegowi- 
nischen  Landesmuseum  in  Sarajewo.  B«digiert  von  M.  Hoebnbs,  erster  Band,  Wien  1893. 
„Römische  Strassen  in  Bosnien  und  der  Herzegowina **  von  Ph.  Ballip,  herausgegeben  vom 
bosnisch-herzegowinischen  Landesmuseum,  L  Teil  mit  24  Abbildungen  und  1  Ks^.  Nebst 
einem  Anhang  über  die  Inschriften  von  K.  Patsch,  Wien  1893.  —  Vgl.  auch  K.  Patsch,  Be- 
richt über  eine  Reise  in  Bosnien,  ArchftoL-epigr.  Mitteil.  XVI  S.  75  ff.  —  Derselbe  fiber  die 
Grenze  zwischen  Dalmatien  und  Pannonien  (das  noch  auf  bosnisches  Gebiet  sich  erstreckte) 
in  den  Mitt.  des  röm.  Instit.  1894  S.  235  f.  Die  «Wissenschaftlichen  Mitteilungen  aus  Bos- 
nien und  der  Herzegowina *"  Bd.  III  (1895)  enthalten:  «Römische  Funde  im  Laövathale  1893, 
2.  T.,  Inschriften *,  von  K.  Patsch,  «Untersuchungen  römischer  Fundorte  in  der  Herzego- 
wina". Von  F.  FiALA  und  E.  Patsoh.  —  F.  Eanitz,  Römische  Studien  in  Serbien,  mit  120 
niustrationen,  Inschriften  und  1  Karte.  Denkschriften  der  Wiener  Akad.  Bd.  41  (1892). 
Sorgfältige  Durchforschung  des  Donaulimes  von  der  Save  bis  zum  Timok  (Eanitz  hat  auch 
in  seinen  Werken  über  Donaubulgarien  und  Serbien  die  römischen  Altertümer  berücksichtigt). 
Mancherlei  römische  Funde  ergab  neuerdings  der  Bau  einer  Eisenbahn  von  Sofia  weg  im 
Thal  des  Isker.  VgL  «Die  Iskerbahn",  Allg.  Zeitg.  Beü.  1895  Okt.  7  f.  —  Für  Pannonien 
und  Dacien  besitzen  wir  eine  Reihe  wertvoller  Arbeiten  von  Karl  Tobma,  die  meist  in 
ungarischer  Sprache  geschrieben  sind.  Vgl.  jedoch  einige  Berichte  Tobmas  in  den  Archäo- 
logisch-epigraphischen Mitteilungen  HI,  86—112:  «Neue  Inschriften  aus  Dacien".  Ebenda 
VI  (1882)  S.  97—145:  «Inschriften  aus  Dacia,  Moesia  superior  und  Papnonia  inferior*, 
üeber  frühere  (ungarisch  geschriebene)  Arbeiten  Tormas  referiert  E.  Gooss  im  Archiv  für 
siebenbürgische  Landeskunde  XVI  S.  20—27.  —  Der  Abhandlung  Tormas  über  den  dacischen 
limes  {„A  limea  Dacicus  felsö  riaze,  Budapest  1880)  ist  eine  sehr  instruktive  Earte  beige- 
geben. Ebenso  sind  der  Schrifl,  welche  lateinisch  den  Titel  „AmphUheatri  Aquincensis 
pars  aeptentrionalis  {Belatio  de  e/fossionibus  illic  factis),  auctore  Carolo  Torma^  führt, 
deren  Text  aber  in  ungarischer  Sprache  abgefasst  ist,  Plftne  und  Abbildungen  beigegeben. 
—  Der  unter  dem  Präsidium  des  Grafen  G4za  Euun  zu  Deva  in  Siebenbürgen  bestehende 
archäologische  Verein,  der  eine  (in  ungarischer  Sprache  geschriebene)  Zeitschrift  heraus- 
gibt, auch  ein  kleines  Museum  unterhält,  widmet  sein*^  Aufmerksamkeit  besonders  den 
Altertümern  von  Värhely  (Sarmizegetusa)  und  Veczel  (Micum  oder  Micia).  Mit  der  sieben- 
bürgischen  Bergwerksgeschichte  beschäftigt  sich  G.  Teolas,  der  darüber  eine  Reihe  von 
Abhandlungen  publiziert  hat.  Vgl.  meine  «Fasten  der  Provinz  Dacien'',  Innsbruck  1894. 
Neuerdings  untersuchte  T^gläs  den  limes  dacicus  zwischen  der  Grossen  Eokel  und  dem 
Altfluss  im  nördlichen  und  östlichen  Teil  des  Udvarhelyer  Eomitats.  Vgl.  Ungarische  Revue 
1895  S.  216.  Derselbe  gab  «Neue  Beiträge  zu  den  Felseninschriften  an  der  unteren  Donau*, 
Ung.  Revue,  1895  S.  1  ff.  —  Die  Siebenbürger  « Sachsen  **  publizieren  in  ihren  Gegenden 
gefundene  Inschriften  durch  das  «Eorrespondenzblatt  des  Vereins  für  Sieben- 
bürgische  Landeskunde**.  —  E.  Gooss,  Untersuchungen  über  die  Innerverhältnisse  des 
Traianischen  Daciens.  Im  «Archiv  des  Vereins  für  siebenbürgische  Landeskunde*.  N.  F.  XII 
(1874)  S.  107—166.  —  Von  demselben,  Archäologische  Analekten,  Ebenda  XI,  98—117  u. 
XII,  167—175.  Chronik  der  archäologischen  Funde  Siebenbürgens.  Ebenda  XIII  (1876) 
203 — 338.  Skizzen  zur  vorrömischen  Eulturgeschichte  der  mittleren  Donaugegenden.  Mit 
15  Abbildungen.  Ebenda  XIII  S.  407—537,  XIV  S.  47—175.  —  Von  demselben,  «Studien 
zur  Geographie  und  Geschichte  des  Traianischen  Daciens*,  Hermannstadt  1874  (Programm 
des  Schaessburger  Gymnasiums).  —  Von  demselben,  «Die  römische  Lagerstadt  Apulum  in 
Dacien**.  Separatabdruck  aus  dem  Schaessburger  Gymnasialprogramm  pro  1877/78.  Alles 
vortreffliche  Arbeiten.  —  In  Rumänien  ist  G.  Tocilbscu  mit  der  Sammlung  und  Edition 
der  im  Lande  gefundenen  Inschriften  beschäftigt;  wie  denn  das  Museum  in  Bukarest 
namentlich  aus  Iglitza  (dem  alten  Troesmis)  und  aus  der  Dobrudscha  wertvolle  Acqui- 
sitionen  besitzt.  —  G.  Tocilbscü,  Dacia  inainte  de  Romani.  Cu  38  stampe  lithographiatef 
4  Charte,  d*in  care  2  crotnoUthographiate,  si  171  figuri  in  textu,  Bucuresci  1880.  — 
G.  TociLEScu,  Inschriften  aus  der  Dobrudscha.  In  Archäologisch-epigraph.  Mitteilungen  VI 
(1882)  S.  1 — 52.  Aus  der  Dobrudscha  (seit  1878  rumänisch)  kamen  in  der  letzten  Zeit  die 
wichtigsten  Funde  zu  Tage.  Ueber  das  Siegesdenkmal  {tropaeutn  Traiani)  von  Adam 
Elissi  und  die  daselbst  erwachsene  Ortschaft  vergl.  Tocilbscu  im  Bull.  delV  inst,  areheol. 
1891  S.  151,  Arch.epigr.  Mitteil.  XVII  S.  103  ff.  und  das  von  Tocilbscu  unter  Mitwirkung 
von  0.  Benndorf  und  G.  NiBMANif  herausgegebene  Prachtwerk:  «Das  Monument  von  Adam 
Elissi  {tropaeum  Traianiy,  Wien  1895.  üeber  dessen  Darstellung  auf  Münzen  von  Tomis: 
B.  Pick,  Arch.-epigr.  Mitt.  XV  S.  18  f.  —  Dem  Provinzialsprengel  von  Moesia  inferior  unter- 
stand auch  die  Pentapolis  griechischer  Städte  an  der  Eüste,  sowie  der  taurische  Cherso- 
nesus  (siehe  darüber  und  über  die  griechischen  Eüstenstädte  am  Pontus  Euxinus  über- 


7.  Die  Donanlaadsohaften  (Ulyrionm).    (§  62.)  137 

hanpt  die  HelleniBche  Landeskimde).  üeber  Tomi  und  seine  Umgebung  („loca  feliei  noti 
adeunda  viro'^  Oyid)  vgl.  Schuchhabdt  in  den  Archäol.-epigr.  Mitteilungen  IX  a.  a.  0.  Be- 
reits unter  Nero  wird  Moesien  als  eine  Kornkammer  für  Rom  und  Italien  erwähnt  (Corp. 
Xiy,  3608).  —  In  der  spfttrömiscben  Zeit  wurde  die  Landschaft  militärisch  als  Vormauer 
fttr  Eonstantinopel  eingerichtet. 

üeber  einzelne  Städte  liegen  abgesehen  von  den  bereits  citierten  Monographien 
vor:  Garnuntums  Erforschung  hat  sich  seit  1886  ein  in  Wien  zusammengetretener  ,Car- 
nuntumverein'^  zur  Aufgabe  gemacht.  Die  Berichte  hierüber  findet  man  in  den  „archäo- 
logisch-epigraphischen Mitteilungen  aus  Oesterreich*.  Vgl.  J.  W.  Eübitschek  und  S.  Frank- 
FDBTSB,  Führer  durch  Camuntum,  mit  Plänen  und  Illustrationen,  3.  Auflage,  Wien  1894.  — 
üeber  „Yindobona'*  handelt  Eubitschbk  in  den  „Xenia  Austriaca **  Abt- Klassische  Philo- 
logie und  Archäologie  (Festschrift  zu  Ehren  der  42.  Philologenvers,  in  Wien  1893).  üeber 
Poetovio  (Legionshauptquartier  unter  den  Julisch-Claudischen  Kaisem)  vgl.  Premebstbin 
in  ArchäoL- 'pigr.  Mitt.  XY  S.  122  ff.  —  Aquincum  behandelte  neuerdings  Salamon.  Vgl. 
«ungarische  Revue*  1886  8.  127  ff.  V.  KuzsnrsKV,  Die  Ausgrabungen  zu  Aquincum  1879 
bis  1891.  Mit  2  Beilagen  und  48  Illustrationen.  Budapest  1892.  Das  Nationalmuseum 
in  Pest  ist  reich  an  Denkmälern  der  römischen  und  der  Völkerwanderungsperiode.  —  üeber 
A  pul  um  vgl.  Gooss*  Abhandlung.  A.  Csrrni  (in  ungarischer  Sprache)  in  dem  Jahrbuche 
des  historisch-archäologischen  Vereins  von  Karlsburg  (Gyula-Feh^rvär)  (seit  1890).  —  üeber 
Troesmis  vgl.  Renibb,  Inscriptions  de  Troesmis  (1865).  —  üeber  Brigetio:  Archäolog.- 
epigraph.  Mitteil,  aus  Oesterreich-Üngam  X,  105 — 119.  —  üeber  sämtliche  «Lagerstädte* 
an  der  Donau:  Momhsbn,  Hermes  Bd.  VII.  Die  ältere  Litteratur  (z.  B.  über  O^abisu.  s.  w.) 
findet  man  im  Corpus  inaer,  Latinar.  verzeichnet.  Viel  Material  (neuerdings  über  Nevio- 
dunum,  Brigantium  u.  s.  w.)  enthalten  auch  die  in  Wien  erscheinenden  «Mitteilungen  der 
k.  k.  Zentralkommission  zur  Erhaltung  der  Baudenkmale*. 

Für  die  Balkanländer  haben  wir  eine  Reihe  vortrefflicher  Schriften  von  K.  J. 
JjREÖEK  zu  verzeichnen:  «Die  Heerstrasse  von  Belgrad  nach  Konstantinopel  und  die  Balkan- 
pässe* (Prag  1879).  «Die  Handelsstrassen  von  Serbien  und  Bosnien,  während  des  Mittel- 
alters.* Aus  den  Abhandlungen  der  böhm.  Ges.  d.  Wissensch.  VI.  Folge,  10.  Band  (Prag 
1879).  «Beiträge  zur  antiken  Geographie  und  Epigraphik  von  Bulgarien  und  Rumelien". 
Monatsber.  d.  Berl.  Akad.  1881  S.  434—469.  Eine  Fortsetzung  dieser  «Beiträge*  in  Bd.  X 
(1886)  S.  43  ff.  und  S.  129  ff.  der  Archäol.-epigraph.  Mitt.  aus  Oesterreich-Üngam:  «Archäol. 
Fragmente  aus  Bulgarien".  Es  werden  die  Antiquitäten  der  Landschaften  von  Serdica, 
Pantalia  und  Germania,  sowie  der  umliegenden  Bergthäler  beschrieben,  die  Lage  der  alten 
Orte  festgestellt,  die  Ueberreste  der  Bergwerke,  namentlich  für  die  hessischen  Distrikte, 
verzeichnet.  Beigegeben  sind  zwei  Karten:  eine  «Üebersichtskarte  der  Umgebungen  von 
Sofia  (Serdica)  und  Küstendil*  (Pautalia)  und  «Das  Pontusgebiet  von  Bulgarien  und  Ost- 
rumelien*'.  Derselbe,  Das  Fürstentum  Bulgarien,  Prag  1891.  —  Domaszbwski,  Studien  zur 
Geschichte  der  Donauprovinzen,  1.  Die  Grenzen  von  Moesia  superior  und  der  Illyrische 
Grenzzoll,  Archäol.-epigr.  Mitt.  XIII  S.  129  ff.;  über  die  Verwaltung  des  Illyrischen  Zolles 
K.  Patsch  in  den  Mitt.  des  röm.  Instituts  1893  S.  192  ff.,  vgl.  Hülsen  im  BuU,  communale 
1893  p.  267.  DoMASZEWSKi,  Zur  Geschichte  der  römischen  Provinzialverwaltung,  IV.  Dacia. 
»Rhein.  Museum"  1893  S.  240  ff.  —  Eine  hervorragende  Autorität  auf  dem  Gebiete  der  antiken 
Geographie  der  Balkanländer  ist  Wilh.  Tomasch ek,  dessen  Aufsätze  (und  wertvolle  Re- 
censionen)  vielfach  in  Zeitschriften  verstreut  sind.  Vgl.  Tomaschbk,  «üeber  Rosalia  und 
Bromalia,  nebst  Bemerkungen  über  den  thrakischen  Volksstamm ".  Sitzungsber.  der  Wien. 
Akad.  1867.  —  «Zur  Kunde  der  Haemushalbinsel.  I.  Topographische,  archäologische  und 
ethnologische  Miszellen.*  Sitzungsber.  der  Wiener  Akad.  1881.  IL  «Die  Handelswege  im 
12.  Jahrhundert  nach  den  Erkundigungen  des  Arabers  Idiisl**.  Ebenda  1887  (auch  letztere 
Abhandlung  für  die  alte  Geographie  von  Bedeutung).  —  «Die  Goten  in  Taurien",  Wien 
1881.  Der  erste  Teil  der  ethnologischen  Forschungen  des  Verfassers  über  Osteuropa  und 
Nordasien,  auch  für  die  Geographie  der  unteren  Donauländer  von  Bedeutung.  —  «Die  vor- 
slavische  Topographie  der  Bosna,  Gma-gora  und  der  angrenzenden  Gebiete.**  In  den  «Mit- 
teilungen der  geograph.  Ges.  in  Wien,  1880,  S.  497—528,  S.  545—567.  —  «Die  alten  Thraker, 
eine  ethnologische  Untersuchung**,  I.  üebersicht  der  Stänmie,  II.  Die  Sprachreste,  erste 
Hälfte:  Glossen  verschiedener  Art  und  Göttemamen,  zweite  Hälfte:  Personen-  und  Orts- 
namen. Sitzungsber.  der  Wiener  Akad.  1893,  1894.  Kleinere  Aufsätze  und  Recensionen 
passim  seit  1867  in  der  «Zeitschr.  f.  d.  österr.  Gymnasien*.  —  Dardanien  (nach  der  römi- 
schen Bezeichnung)  imd  die  angrenzenden  Teile  der  gegen  Ende  des  dritten  Jahrhunderts 
n.  Chr.  neuerrichteten  Provinz  Dacia  mediterranea  (die  Gaue  von  Naissus  und  Remesiana) 
sind  untersucht  und  ausführlich  beschrieben  von  A.  J.  Evans,  Antiquarian  researches  in 
Illyricum  (parts  I,  H,  IH  and  IV;  fram  the  Archaeologia  vol.  XLVIII,  XLIX,  Westminster 
1884,  1885).  Mit  mehreren  wichtigen  Karten  namentlich  im  zweiten  Band:  1)  Sketch  map 
of  Dardania  and  the  southern  part  of  Roman  Dalmatia.  2)  Sketch  map  shewing  the  Roman 
and  other  aneient  remains  in  the  neighbourhood  of  Skopia  (Scupi), 


138  A.  Geographie  Ton  Italien  und  dem  Orbis  Bomanns. 

üeber  Thracien,  das  anch  unter  den  Römern  zum  griechischen  Sprachgebiet  ge- 
hörte (Hauptstadt  PhilippopoUs),  siehe  die  Behandlung  in  der  Hellenischen  Landeskunde. 
A.  DuMONT,  Inscriptions  et  monuments  figuris  de  la  Thrace  in  Archivea  des  missions  scien- 
tifiques  et  liUSraires,  Paris  1876.  Derselbe,  MSlanges  d'archiölogie  et  d'dpigraphie,  rSunies 
par  Th,  HomoIIe,  Paris  1892.  Archäol.-epigraph.  Mitteilungen  XV  (1892)  S.  91  ff.,  204  ff. 
MoMMSBK,  Reges  Thrctciae  inde  a  Caesare  dictatore.  Eph.  epigr,  II  p.  250  ff.  Marquardt, 
Rom.  Staatsverwaltung  P  S.  312  ff.  Ealopothakbs,  De  Thracia  provincia  Romana,  Diss. 
Berl.  1893.  Mommsbn,  Gordians  Edikt  von  Skaptoparene,  Zeitschr.  der  Savignystiftung,  Rom. 
Abt.  (XII)  1892  S.  244  ff.  Ueber  die  Stellung  der  Thraker  unter  den  equUes  singulares 
vgl.  Hbnzen  im  Bull,  archeöl.  1885.  —  Im  übrigen  die  oben  dtierte  Litteratur  über  Bul- 
garien. Jire6bk  behandelt  in  den  «Archäol.  Fragmenten"  namentlich  auch  Germania,  den 
Geburtsort  Belisars  (beim  heutigen  Bupnica).  Wichtig  sind  die  Münzen  der  thracischen 
Städte.  Vgl.  B.  Pick,  Beiträge  zur  griechischen  Numismatik  der  Eaiserzeit,  Numismat. 
Zeitschr.  1891  S.  29  ff.  Im  ersten  Jahrhundert  war  der  Statthalter  von  Moesia  inferior  auch 
mit  dem  Küstenschutz  bis  herab  nach  Byzanz  betraut,  das  durch  die  Thracischen  oder 
Bosporanischen  Unternehmungen  des  Statthalters  immer  berührt  erscheint.  Vgl.  Tac.^  ann. 
12,  68,  hiezu  Mohmsen,  Eph.  ep.  II  p.  259  n.  2.  Die  Zerstörung  von  Byzanz  durch  Septimius 
Severus  öffnete  den  Barbarenschwärmen  den  Bosporus  (vgl.  Dio);  während  die  Erhebung 
von  Byzanz  zur  Reichshauptstadt  sofort  auch  die  Weltstellung  der  umliegenden  Land- 
schaften änderte.  Ueber  die  welthistorische  Lage  der  neuen  Hauptstadt  vergl.  man  die 
klassischen  Schilderungen  von  Hahmsr-Purgstall,  Fallmbrayer,  Moltkb  (siehe  Hellenische 
Landeskunde).  —  Die  neueren  geogiaphischen  Hilfsmittel  sind  gut  verwertet  in  einer  Studie 
von  W.  JüDBioH,  Die  Schlacht  bei  Adrianopel  (378  n.  Chr.),  Zeitschrift  f.  Geschichtswissen- 
schaft VI  1891  S.  1  ff.  —  Bei  Pliniua  ist  die  Provincialeinteilung  der  früheren  Kaiserzeit 
zu  ersehen,  wie  er  denn  für  Thracien  (mit  Einrechnung  von  Moesia  und  Treballla)  50  Stra- 
tegien verzeichnet.  Ptolemaeus  hat  deren  14.  Die  Provinzialkataloge  des  4.  Jahrhunderts 
ergeben  die  späteren  Einteilungen.  Der  geographische  Konnex  der  von  Konstanünopel  be- 
herrschten Landschaften  ist  aus  der  Geschichtsdarstellung  des  Prokopius  von  Caesarea  zu 
ersehen.  Provinzen  und  Städte  verzeichnete  im  6.  Jahrhundert  der  Synecdemus  des  Hie- 
rocles,  wozu  des  Constantin  Porphyrogenitus  Schrift  „de  thematihus  imperii  Romani*'  zu 
vergleichen  ist,  da  derselbe  (saec.  X  p.  Chr.)  den  Hierocles  ausgeschrieben  hat.  Vgl.  Hie- 
roclis  synecdemus,  Äccedunt  fragmenta  apud  Constantinum  Porphyrogennetum  servata  et 
nomina  urbium  mutata.  Recensuit  A.  Burcehardt,  Leipzig  (Bibl.  Teubner)  1893.  —  Ueber 
Macedonien  siehe  die  Hellenische  Landeskunde;  die  Organisation  unter  den  Römern  be- 
handelt KuBiTscHEK,  Imp.  Rom.  trib.  discr.  p.  240  ff;  Marquardt  a.  a.  0. 1'  316  ff.,  wo  auch 
die  neuere  Speziallitteratur  angegeben  ist.  Hauptstadt  der  Provinz  und  Sitz  des  Prokonsuls 
wurde  Thessalonice.  Von  hier  ging  als  die  Hauptverkehrsader  durch  das  Binnenland  nach 
Djnrhachium  und  ApoUonia  am  adriaüschen  Meer  die  Via  Egnatia.  Deren  Beschreibung 
bei  Strabo  7,  7,  4  (nach  Polybius).  Ueber  Thessalonich  und  die  Vi  i  Egnatia  vgl.  man  die 
beiden  bei  Lolling  citierten  Werke  von  G.  L.  Fr.  Tafel,  die  sich  auch  auf  die  byzantinische 
Zeit  erstrecken,  da  wie  an  Byzanz  so  an  Thessalonich  Jahrhundertelang  das  Geschick  des 
Romaeerreiches  in  erster  Linie  geknüpft  war.  Die  Via  Egnatia  setzte  sich  von  Thessalonlch 
bis  Byzanz  fort.  Vergl.  auch  die  Werke  von  Lbakb,  Ami  Boüä,  Viquesnbl,  Hochstbttbr 
u.  a.  —  Durch  die  von  Saloniki  ins  Innere  (nach  Mitrowitza,  seit  1894  auch  längs  der  Via 
Egnatia  nach  Monastir,  nach  Nisch)  führenden  Bahnen  ist  das  z.  B.  in  den  makedonisch- 
römischen Kriegen  geschilderte  Hinterland  wieder  mehr  in  den  Gesichtskreis  der  Occiden- 
talen  gerückt  worden.  Vgl.  C.  von  der  Goltz,  Ein  Ausflug  nach  Macedonien,  Besuch  der 
deutschen  Eisenbahn  von  Salonik  nach  Monastir.  Mit  einer  Originalkarte.  (Berlin  1894), 
worin  auch  die  früheren  Reisewerke  citiert  sind.  Pella  (nahe  der  Eisenbahnstation  Top- 
schin)  bei  Polybius  und  Livius  beschrieben,  später  Kolonie,  hat  geringe  Ueberreste  hinter- 
lassen. Das  alte  Beroea  liegt  bei  der  Bahnstation  Karaferia.  J.  H.  Mordthakn,  Inschriften 
aus  Edessa  (der  älteren  Hauptstadt  Macedoniens,  früher  Aegae  genannt,  heute  Wodena), 
Mitt.  des  archäol.  Inst,  in  Athen  1893  S.  415  ff.  Ein  macedonischer  Meilenstein  zählt  iy 
Boxegiag  atd^ioi  ixaroy;  wozu  Mordtmanv  den  bei  Liv.  42  c.  53  erwähnten  lactis  Bagor- 
rites  heranzieht.  —  Das  heutige  Monastir  (Bitolin),  nach  der  späteren  Einteilung  im  Mittel- 
punkt der  Landschaft  Pelagonien  gelegen,  hiess  im  Altertum  Heraclea,  von  wo  die  Strasse 
nach  der  römischen  Kolonie  Stobi  am  Axius  (jetzt  Vardar)  abzweigte.  —  Ueb  :r  Serrae 
handelt  11.  N.  nanayetoQylov  unter  dem  Titel:  AI  £€QQtti  xal  td  ngonareue  x.  r.  X.  in  der 
Byzant.  Zeitschr.  HI  (1894)  p.  225  ff.  Der  Ausbau  der  Bahnlinie  bis  Durazzo  oder  Valona 
(d.  i.  DjTrhachium  und  dem  Hafen  von  Apollonia)  wird  die  ,Via  Egnatia"  wieder  in  ihr 
Recht  einsetzen;  der  gleichfalls  geplante  Anschluss  des  Macedonischen  an  das  Thrakische 
Bahnnetz  andere  Gebiete  erschliessen.  —  Die  Schlachtfelder  Macedoniens  in  der  Zeit  der 
römischen  Bürgerkriege  sind  von  französischen  Forschem  untersucht.  Vgl.  Heüzbt-Daümet, 
Mission  arch^ologique  de  Mac^doine  (1876).  Hbuzey,  Les  Operations  de  Char  dans  la 
Maeidoine  (1886).    Das  Schlachtfeld  von  Philippi,  sowie  die  Zugänge  zu  demselben  schildert 


8.  EleinaBien.    (§  63.)  189 

TorsEÜglich  Appian  Dach  Asinius  Pollio.  (»Die  Topographie  dieser  Gregendeu  stadiert  man 
jetzt  am  besten  an  der  Hand  der  österreichischen  Genendstabskarte**,  Mordtmann.)  —  üeber 
die  Provinz  Achaia  (Hauptstadt  und  Sitz  des  Prokonsuls:  Eorinth)  und  über  Epirus  vergl. 
Mabqdabdt  a.  a.  O.  S.  321  ff.;  Eubitschek  1.  c.  p.  244  ff.  und  Mommsens  Rom.  Gesch.  Y,  231  ff. 
mit  der  Karte,  welche  die  Gebiete  der  Föderatstftdte  Athen  u.  s.  w.  aufweist. 

8.  Kleinasien. 

63.  Seit  dem  siegreichen  Feldzuge  gegen  Antiochus  d.  Gr.  (190  v. 
Chr.)  war  Asien  diesseits  des  Flusses  Halys  und  des  Tatiri^sgebirges  den 
Römern  näher  bekannt  geworden:  von  dem  Feldzuge,  den  der  Konsul 
Cn.  Manlius  Yolso  im  Jahre  189  gegen  die  vier  Stämme  der  Galater  unter- 
nahm, besitzen  wir  eine  genaue,  allem  Anschein  nach  auf  Polybius  als 
Augenzeugen  zurückgehende  Schilderung  in  Liv.  B.  38. 

Weitere  Fortschritte  machten  diese  militärisch-geographischen  Kennt- 
nisse während  der  mithradatischen  Kriege:  infolge  der  grundlegenden  Re- 
organisation Asias  durch  Sulla  (84  v.  Chr.),  der  Expeditionen  des  Lucullus 
und  des  Pompeius,  die  sich  bis  Armenien  und  darüber  hinaus  erstreckten ; 
worüber  in  Plutarchs  Leben  des  Lucullus,  femer  in  dem  pompeianischen 
Quellenkreis,  den  Strabo  ausgenützt  hat,  treffliche  Berichte  vorliegen. 
Dasselbe  gilt  von  den  parthisch-armenischen  Kriegen  des  Crassus  und  des 
M.  Antonius.  Gleichfalls  Quellen,  die  der  Zeitgenosse  dieser  Ereignisse 
Strabo  (63  v.  Chr.  bis  23  n.  Chr.),  der  aus  der  alten  pontischen  Königs- 
stadt Amaseia  am  Iris  (jetzt  Teschil-Trmak,  d.  i.  der  „grüne  Fluss*")  stammte, 
vollauf  verwertet  hat.  Über  den  Partherzug  des  M.  Antonius  vgl.  J.  Kbo- 
MATEB  im  „Hermes"  XXXI  S.  70  flf. 

Über  die  Organisation  der  Provinzialsprengel  vgl.  Marquabdt,  Rom. 
Staatsverw.  I  *  S.  333  flf.  Die  Begrenzung  und  Kombination  derselben  war 
eine  sehr  wechselnde;  wie  z.  B.  in  der  früheren  Zeit  zur  Provinz  von 
Cilicien  auch  Cyprus,  sowie  Lycien  und  Pamphylien  gehörte,  die  später 
besondere  Provinzen  bildeten.  Im  ersten  Jahrhundert  blieben  Teile  von 
Cilicien  unter  eigenen  Klientelfürsten  bestehen ;  der  weitaus  grössere  Teil 
des  westlichen  Ciliciens  wird  dabei  als  Kietis  oder  Land  der  Kieten  zu- 
sammengefasst.  (Vgl.  Archaeol.-epigr.  Mitt.  XVn  S.  1  flf.).  Unter  Anto- 
ninus  Pius  finden  sich  einmal  Cilicien,  Isaurien,  Lykaonien  unter  einem 
Statthalter  vereinigt  {Bullet,  de  corresp,  hellenique  IX,  5).  Während  im 
vorderen  Kleinasien  keine  Truppen  liegen,  ist  bis  auf  Vespasian  Gala tien 
(mit  der  Hauptstadt  Ancyra  j.  Angora)  die  Provinz,  welcher  der  Grenz- 
schutz gegen  Armenien  zufällt;  nach  Vespasian  hat  der  Statthalter  von 
Kappadocien  die  militärische  Direktion,  infolgedessen  ihm  die  früher 
mit  Galatien  vereinigten  Landschaften  des  Pontus  Galaticus,  Polemoniacus, 
Cappadocicus,  Lykaonien,  Armenia  minor  und  die  Kaukasusküste  untergeben 
wurden;  Galatien  selbst  ist  zeitweilig  mit  Kappadocien,  zeitweilig  mit 
Phrygien,  Pisidien,  Paphlagonien  und  Lykaonien  kombiniert  (vgl.  Eph. 
epigr.  V  p.  579  ad.  n.  1345).  In  Ancyra  standen  Auxiliartruppen  als  Be- 
satzung. —  Ein  wichtiges  Ereignis  war  die  Verlegung  der  Reichshaupt- 
stadt nach  Konstantinopel,  als  dessen  Umland  Bithynien  (mit  den 
Städten  Nicaea,  Nicomedia  u.  a.)   zu  grosser  Blüte  gedieh.   —  Über 


140 


A.  Geographie  Ton  Italien  und  dem  Orbis  Romanns. 


das  alte  Foederativregiment  in  Earien  vgl.  Th.  Schreiber,  Bemerkungen 
zur  Gauverfassung  Kariens.  In  der  Festschrift  zum  Historikertage  in 
Leipzig  1894.  —  Über  die  Verbreitung  des  römischen  Städtewesens  in  den 
kleinasiatischen  Landschaften  vgl.  Eubitschek,  Imp.  Rom.  trib.  discr.  p. 
247  flf.  Auch  im  vierten  Jahrhundert  ging  die  Verleihung  von  römischen 
Stadtrechten  (z.  B.  an  Tymandos,  Orcistos)  fort.  —  Anderseits  lebten 
altgriechische  Institutionen  in  den  Küstenstädten  während  der  Kaiserzeit 
fort:  das  xoivov  der  loner  in  Ephesus,  die  Verbindung  von  Phocaea  mit 
der  Tochterstadt  Massalia  u.  s.  w.  Vgl.  Bull,  de  corresp.  hell.  XVII  (1893) 
p.  34  flf.  —  In  Asia  ist  die  Organisation  nach  Stadtgebieten  längst  voll- 
endet, während  sie  in  den  inneren  Landschaften,  z.  B.  in  Kappadocien 
(Hauptstadt  Mazaca,  beigenannt  Caesarea,  j.  Kaisarieh,  am  nördlichen 
Fusse  des  vulkanischen  Argaeus,  j.  Ardschiseh  Dagh),  sich  erst  nach  und 
nach  vollzieht.  Den  Stand  der  Dinge  im  sechsten  Jahrhundert  n.  Chr. 
ersieht  man  aus  der  Reichsbeschreibung  des  Hierokles,')  der  nach  Ram- 
SAY  und  Gelzer  eine  kirchliche  Notitia  zu  Grunde  liegt.  Der  Name  ^Klein- 
asien*"  wird  erst  von  Späteren,  wie  Orosius  und  Konstantin  Porphyroge- 
nitus  gebraucht;  während  im  früheren  Altertum  der  Halys  (j.  Kysil-Trmak, 
d.  i.  „roter  Fluss**)  und  der  Taurus  (mit  Gipfelhöhen  über  3000  m)  eine 
Völker-  und  Kulturscheide  gebildet  hatten. 

Für  die  Bestimmung  der  Ortschaften  des  inneren  Landes  sind  wir 
auf  die  sich  ergänzenden  Angaben  der  tabula  Peutingerana  und  des  Pto- 
lemaeus  angewiesen,  ohne  dass  der  Erfolg  der  Untersuchung  immer  ge- 
sichert wäre. 

Für  die  Kaukasusküste  besitzen  wir  den  Bericht  des  Statthalters  von 
Kappadocien,  Flavius  Arrianus,  über  eine  im  Jahre  131/132  n.  Chr. 
unternommene  Inspektionsreise.')  Zum  Schutze  der  SchiflTahrt  im  Pontus 
Euxinus  war  unter  den  Kaisem  eine  Flottille  von  40  SchiflPen  und  3000 
Mann  Besatzung  aufgestellt,  deren  Stationen  in  Perinth,  Cyzicus  und  Trape- 
zunt  waren.  Der  Verkehr  mit  der  Gegenküste  {neQaxeia)^  (den  Städten 
der  taurischen  Halbinsel,  Olbia,  Tyras,  Panticapaeon,  Cherson  u.  s.  w.) 
war  ein  sehr  lebhafter,  wie  denn  unter  Mithradates  d.  Gr.  beide  Küsten 
auch  staatlich  vereinigt  waren.  Cherson  (bei  Sebastopol)  war  eine  Gründung 
des  pontischen  Heraklea.  —  Ebenso  wichtig  ist  Arrians  Schrift  ix%a^i$ 
xav  UXavwv.  Wir  lernen  die  Organisation  der  Provinz  Kappadocien  und 
die  Truppen  kennen,  deren  Stationen  dann  wieder  die  Notit.  dignitat. 
verzeichnet.  Das  militärische  Centrum  war  das  Hauptquartier  der  leg.  XH 
fulminata,  Melitene,  von  wo  aus  die  Meilensteine  in  der  Gegend  jenseits 
des  Antitaurus  zählen.     Satala,  Hauptquartier  der  leg.  XV  Apollinaris 


')  Der  Synecdemos  des  Hierokles,  ab- 
gefasst  535  n.  Chr.,  ist  herausgegeben  von 
Parthey,  Berlin  1866.  Neuerdings  besser 
in  der  ,,Bibliotheca  Teubneriana**  (1893)  von 
A.  BüRCKHARDT.  —  Vgl.  ausser  Ramsay  auch 
die  Abhandlung  von  H.  Gelzer:  Ungedruckte 
und  wenig  bekannte  Bistümerverzeichnisse 
der.  orientalischen  Kirche.  , Byzantinische 
Zeitechrift«  I  (1892)  S.  245  ff.    Vgl  ebenda 


I  358.     Im   übrigen   Eruhbacher,   Byzani 
Litteraturgeschichte  S.  160  ff. 

*)  £s  ist  dies  der  JIsQlnXovg  nofxov 
Ev^siyov  in  Arriani  Nicomedien sis  scripta 
minora  ed.  iterum  R.  Hbrchbr  (1885).  Da- 
ran schliessen  sich  mehrere  spätere  Periplua 
des  Pontus  Euxinus  an,  vgl.  Krumb  ach  ers 
Bjzant.  Litteraturgesch.  S.  162  f.  und  Lol- 
LiNOS  Hellenische  Landeskunde. 


8«  KleinaBien.   (§  68.)  141 

(bei  Sadagh).  Dascusa  (beim  heutigen  Penga  am  linken  Ufer  des  Eara-su 
oder  westlichen  Euphratarmes,  in  der  Gegend,  wo  derselbe  die  westliche  Rich- 
tung verlässt,  um  südwärts  die  Gebirgszüge  des  Taurus  zu  durchbrechen). 
Nach  den  Stationen  am  Pontus  wie  Pityus  oder  Sebastopolis  wurde 
man  strafweise  versetzt  (vgl.  Justinians  ,,lex  de  dioecesi  Aegyptiaca''  vom 
Jahre  554  ed.  Zachariae  a  Linoenthal.  Leipzig  1891  p.  34  f.). 

Aus  der  Militärstation  in  Phasis  war  eine  ansehnliche  Civilansied- 
lung  erwachsen;  wie  auch  Melitene  die  Entwicklung  der  übrigen  Lager- 
Städte  des  Reiches  durchmachte  (Procop.  de  aed.  8,  4).  —  Die  Stadt 
Trapezunt  und  die  Stämme  der  Kolcher,  Rhiziani,  sowie  Armenia  minor 
stellten  Zuzugsmannschaft;  andere  Stämme  waren  in  ein  Unterthänigkeits- 
Verhältnis  zum  Reiche  gebracht,  so  dass  ihre  Könige  um  die  Investitur 
nachsuchen  müssen.  —  Die  .portae  Caspiae'*  lagen  hauptsächlich  an 
der  Stelle,  wo  zwischen  dem  kaspischen  Meer  und  den  tabassaranischen 
Bergen  ein  schmaler  Landstreifen  übrig  bleibt  (beim  heutigen  Derbent). 
unter  den  „portae  Gaucasicae''  hingegen  ist  die  Darjalschlucht  zu  ver- 
stehen. Vgl.  C.  Hahk,  «Zwei  Wochen  im  nördl.  Daghestan*.  ,Al)g.  Zei- 
tung* 1895  B.  Aug.  25.  —  Spätere  Autoren,  wie  Procopius  von  Caesarea 
(cf.  beU.  Goth.  H,  15  «F.  und  29;  IV,  1  flf.;  de  aedific.  IH,  6  f.),  knüpfen 
an  den  Bericht  des  Arrian  an,  so  dass  jene  Kaukasuslandschaften  wohl 
bekannt  sind:  die  geographischen  Kenntnisse  erfuhren  nach  dieser  Seite 
hin  eine  fortschreitende  Bereicherung. 

Über  die  Geographie  (Kastelle,  Strassenstationen)  und  die  ethno- 
graphischen Verhältnisse  daselbst  (Ureinwohner,  Griechen,  Türken,  Kurden, 
Lazen,  Armenier)  vgl.  H.  Kiepert,  Die  Verbreitung  der  griechischen  Sprache 
im  pontischen  Küstengebirge  (mit  Karte),  in  Zeitschr.  der  Berl.  Ges.  f. 
Erdkunde  1890  S.  817  ff.  Wichtig  sind  auch  die  kirchlichen  Quellen,  die 
Schriften  der  kappadocischen  Kirchenväter,  Bischofslisten,  die  Unterschriften 
der  Konzilien,  Heiligenleben.  Endlich  ist  das  Studium  der  späteren  byzan- 
tinischen Autoren  nicht  ausser  acht  zu  lassen,  da  hier  die  Kontinuität 
der  Entwicklung  länger  gewahrt  blieb.  Für  die  vorderasiatischen  Land- 
schaften bieten  die  Berichte  aus  dem  Zeitalter  der  Kreuzzüge,  für  die 
Küstenlandschaften  speziell  die  venezianischen  und  genuesischen  Akten 
und  Urkunden  viel  Material,  was  aber  schon  in  ein  anderes  Forschungs^ 
gebiet  überlenkt. 

Neuerdings  haben  Reisen,  zum  grossen  Teil  solche,  die  speziell 
archäologische  Zwecke  verfolgten,  auch  über  die  inneren  Gegenden,  über 
Urographie  und  Hydrographie,  reichlichere  Aufklärung  gebracht,  wovon  wir 
Notiz  nehmen.  Eine  wissenschaftliche  Kontroverse  hat  praktische  Be- 
deutung erlangt,  seit  von  der  russischen  Regierung  der  Plan  verfolgt 
wird,  den  Oxus  (jetzt  Amu-Darja),  der  gegenwärtig  in  den  Aralsee  mündet, 
wieder  mit  dem  kaspischen  Meer  zu  verbinden,  in  das  er  sich  in  alten 
Zeiten  ergoss. 

NiBSÄ,  Strdboniana.  In  Rh.  Mus.  N.  F.  XXXVIII,  S.  567  ff.  Behandelt  die  Gesch. 
der  zn  Strabos  Zeit  (a.  64  a.  Ch.  ff.)  erfolgenden  Organisationen  in  Pontus  und  Galatien.  — 
K.  J.  Nbdmank,  üeber  Strabos  Quellen  im  11.  Buch.  I.  Kaukasien,  Leipz.  1882.  •—  Derselbe, 
Strabons  Landeskunde  von  Eleinasien.  In  Flbckbisbns  Jahrb.  Supplem.  XIII  S.  319  ff.  — 
i)erB.,  .Zur  Landeskunde  u.  Geschichte  Eilikiens**,  in  Flkckbibknb  Jahrb.  1883,  S.  527  ff,  — 


142  A.  Geographie  ▼on  Italien  und  dem  Orbie  Romanua. 

Derselbe,  Die  Fahrt  des  Patrokles  auf  dem  kaspischen  Meere  und  der  alte  Lauf  des  Oxoa. 
In  «Hennes"  XTX,  165  ff.  —  G.  Perbot  et  £.  GuillaümBi  Exploration  arefUologique  de 
la  Galatie  et  la  BUhynie,  Paris  1862—1872.  —  G.  Pbrrot,  De  Galatia  provincia  Romana, 
Paris  1867.  —  F.  Robiou,  Histoire  des  Gaules  d'  Orient,  Paris  1866.  —  Th.  Mommsbn, 
Die  keltischen  ^(^»  (in  Galatien),  „Hermes'  XIX  S.  316  ff.  Ueber  die  Galater  im  römischen 
Heeresverbande  vgl.  ebenda  S.  5  ff.  (Sie  spielten  im  Heer  des  Orients  eine  ähnliche  Bolle 
wie  die  Belgiker  im  Westen.)  —  Th.  MommseNi  Der  Friede  mit  Antiochos  und  die  Eriegs- 
züge  des  Cn.  Manlius  Yolso,  Rom.  Forschungen  H,  511  ff.  Ueber  die  im  Kriege  gegen  £e 
Galater  [189  a.  Chr.]  genannten  Oertlichkeiten  vergl.  auch  G.  Hirscbfblds  Festschrift  der 
Eönigsberger  Universität  fCU:  den  50.  Jahrestag  des  archäol.  Instituts  in  Rom,  Königsberg 
1879.  Neuerdings  hat  A.  Körtb  auf  seinen  Reisen  längs  der  anatoKschen  Bahn  in  Phry- 
gien  und  Galatien  auch  den  bei  Livius  beschriebenen  Marsch  des  Manlius  Yolso  gegen  die 
Galater  verfolgt,  Dorjlaion,  dann  Gordion  bei  Jofy-Uejuk  am  Sangarios,  besucht.  Vergl. 
Mitt.  des  athen.  Instit.  1894.  —  Die  pontischen  Landschaften  schildert  nach  den  neueren 
Forschungen  Th.  Rbinach,  Mithradates  Eupator,  König  von  Pontus.  Ina  Deutsche  über- 
tragen von  A.  GoETZ,  Leipzig  1895.  —  W.  Judbich,  Caesar  im  Orient,  Leipzig  1885.  — 
Th.  Momvsen,  Rom.  Geschichte,  Bd.  Y,  Kap.  8:  Kleinasien.  Mit  Karte  von  Kibpebt.  — 
Die  lateinischen  Inschriften  des  Orients  sind  enthalten  in  Corp,  Uiseript,  Latin,  Bd.  IE  und 
dessen  Supplementen.  Ueber  die  griechischen  vergL  H.  Röhl  in  Borsians  Jahresber.  1888 
8.  1  ff.  G.  HiBSOHFBLD  bemerkt  gelegentlich,  es  müsse  ein  etwa  gleiches  Niveau  an  grie- 
chisch gearteter  Bildung  und  Lebensansprüchen  in  den  ersten  Jahrhunderten  unserer  Zeit- 
rechnung auch  im  Innern  Kleinasiens  allmählich  erreicht  worden  sein:  denn  allzu  gleich- 
massig  sei  der  Stil  und  die  Güte  der  zahlreichen  antiken  Stadtminen  des  Innern,  welche 
ihrer  Hauptmasse  nach  eben  jener  Periode  angehören.  —  G.  Hibsohfbld,  Bericht  über  die 
Ergebnisse  einer  Bereisung  von  Paphlagonien.  Sitzungsber.  d.  Berl.  Akad.  1882,  S.  1089  bis 
1092.  (Diese  Reise  war  auf  eine  Durchforschung  des  alten  Paphlagoniens  und  der  an- 
grenzenden Teile  von  Galatien  und  Pontus  gerichtet:  zwischen  dem  ParÜienius  im  Westen 
und  dem  Thermodon  im  Osten;  der  Unterlauf  des  Haljs.  Völlige  Abgeschlossenheit  des 
Innern  gegenüber  dem  Saum  griechischer  Kolonien.)  —  Humanns  Bericht  über  die  Reise 
nach  Anc^.  Sitzungsber.  d.  Berl.  Akad.  1882  S.  751  f.  Humann  hat  seinem  Berichte  eine 
topographische  Skizze  beigefügt,  enthaltend  den  Weg  von  der  Umgebung  von  Brussa  (wo 
sie  sich  an  frühere  Detailaufnahmen  anschliesst)  bis  zum  Uebergang  über  den  Sakaria,  ein 
paar  Tagreisen  von  Ancyra.  Das  Thal  des  Pursak,  des  antiken  Tymbres,  Nebenflusses  des 
Sangarins,  femer  ein  bedeutender  Teil  dieses  Hauptthaies  selbst  sind  darin  zum  erstenmal 
richtig  zur  Darstellung  gebracht.  (Jetzt  führt  bis  Ancyra  die  Eisenbahn.  Die  Fortsetzung 
nach  Kaisarieh  und  Diarbekr  einerseits,  nach  Kenia  [Iconium]  anderseits  in  Aussicht  VgL 
£.  Naumann,  Vom  goldenen  Hom  zu  den  Quellen  des  Euphrat  Reisebriefe,  Tagebudiblätter 
und  Studien  Über  die  asiatische  Türkei  und  die  anatolische  Bahn,  München  1893.)  Neuer- 
dings haben  deutsche  Offiziere  den  Lauf  des  Halys  (Kysil-Trmak)  aufgenommen  (vergl. 
„Globus*  1894  n.  8  und  12),  während  zugleich  eine  Genelralstabskarte  von  ganz  Kleinasien 
durch  türkische  oder  in  türkischen  Diensten  stehende  Offiziere  bearbeitet  wird.  (Vierfache 
Yergrössemng  der  15blätterigen  KiBPBBT'schen  Karte  des  westlichen  fUeinasien  im  Mass- 
stab 1  :  250000).  —  Ramsat,  The  historical  geography  of  Asia  minor,  London  1890.  Herausge- 
geben von  der  Royal  geographica!  society.  Mit  vielen  Kartenbeilagen.  Nebst  Stbsbrb 
Publikationen  die  wichtigste  Veröffentlichung  der  letzten  Jahre;  das  Resultat  von  10jährigen 
Reisen  ist  darin  niedergelegt.  Es  wird  auf  ein  umfassenderes  Werk  Aussicht  gemacht 
Die  antiken  Itinerare  und  namentlich  die  Listen  der  Bischofssitze  aus  byzantinischer  Zeit 
sind  voll  ausgenützt;  hingegen  blieb  die  Nomenklatur  der  italienischen  Seekarten,  die  Topo- 
graphie der  PUgerberichte,  sowie  die  Angaben  der  arabischen  Geographen  meist  unbeachtet 
(Tomaschek).  —  Neuerdings  hat  D.  G.  Hogabth  den  oberen  Euphrat  (nördlich  von  Erzinjian) 
und  die  römische  Grenze  aufwärts  von  Trapezunt  durchforscht.  Er  war  in  Satala,  in  Ka- 
macha  (heute  Kemakh;  in  byzantinischer  Zeit  eine  wichtige  Grenzfestung,  ob  von  Ramsay 
richtig  mit  Theodosiopolis  identifiziert,  ist  fraglich);  in  Tephrike  (heute  Divrik);  in  der  Ge- 
gend von  Melitene.  Vgl.  „Athenaeum**  1894  I  p.  780,  U  p.  73.  —  Ramsat,  The  eities  and 
hishoprics  of  Phrygia,  beeng  an  essay  of  the  locaJ  history  of  Phrygia  from  the  earliest 
times  to  the  Turkish  conquest.  Vol.  1.  The  Lycos  Valley  and  South- Western  Phrygia, 
Oxford  1895.  —  G.  Hibsghfbld,  Vorläufiger  Bericht  über  eind  Reise  im  südwestlichen 
Kleinasien,  Sitzungsber.  d.  Beriiner  Akad.  1874  S.  710  ff.;  1875  S.  121  ff.  (mit  Karte);  1879 
S.  299  ff.  (mit  Karte).  (Der  erste  Bericht  nmfasst  eine  Reise  durch  die  alten  kleinasiatischen 
Landschaften  Pamphylien,  Pisidien,  Phrygien  und  Karien.  ,Der  Weg  hat  die  hohe  Er- 
hebung des  Taurus,  welche  dem  innem  Hochplateau  Kleinasiens  an  seiner  südlichen  Seite 
vorgebaut  ist,  durchschnitten.*  —  Dem  zweiten  Bericht  ist  eine  , Route  im  südlichen  Klein- 
asien" beigegeben.  Ebenso  im  dritten:  , archäologische  Reiseroute  im  südwestlichen  Klein- 
asien", gez.  von  H.  Kiepbbt.)  —  G.  Hirschfbld,  Wandlungen  und  Wanderungen  in  Klein- 
asien.    Deutsche  Rundschau,   1880,   Dezemberheft,  S.  406  ff.   —   G.  Hibsohfbld,  Tavium, 


S.  Sleinasien.    ($  63.)  143 

Sitznngsber.  d.  Berl.  Akad.  1883,  S.  1243  ff.  Beigegeben  eine  Karte:  „Das  pontisch-galatisclie 
Grenzgebiet';  znr  Yergleichung  die  Darstellung  der  ptolemäischen  Karte  und  der  tab.  Peu- 
tinger.  Die  in  Betracht  kommenden  römischen  StrassenzOge  sind  eingehend  studiert  und 
Tavium,  der  Vorort  der  Trocmischen  Galater,  nach  dem  heutigen  Iskelib  fixiert;  vgl.  jedoch 
H.  KiBFBBTS  Gegenbemerkungen  in  Sitzungsber.  d.  Berl.  Akad.  1884  S.  47  ff.;  er  identifiziert 
mit  Tavium  das  jetzige  Nefezköi.  —  Das  Innere  Kleinasiens  durchforschte  der  Amerikaner 
I.  R.  iSiTLiKGTOM  Stbbbbt,  vou  dem  zwei  Publikationen  in  den  Papers  of  the  Anierican 
school  of  class.  studies  at  Athens  vorliegen.  Vol.  II:  An  epigraphieal  jaumey  in  Asia 
minor  (1883—1884).  Vol.  III:  The  Wolfe  expedition  to  Asia  minor  (Boston  1888).  Es 
sind  dann  über  1000  InschrifteUf  weitaus  die  Mehrzahl  vom  2.  Jahrb.  n.  Chr.  bis  zum  Aus> 
gang  des  Altertums.  Lateinische  Inschriften  aus  den  römischen  Kolonien,  Antiochia  Pisi- 
diae,  Lystra  u.  s.  w.  (Karte  von  Kieprbt).  —  Auch  die  Reisen  des  Apostels  Paulus,  worftber 
in  der  Apostelgeschichte  zum  Teil  tagebuchartige  Aufzeichnungen  vorliegen  (vgl.  A.  Gbbckb 
im  , Hermes*  XXIK,  373  ff.  „Der  devtegos  Xoyos  des  Lucas  und  die  Apostelgeschichte*^),  sind 
durch  Sterrets  Forschungen  erst  recht  kommentiert  worden.  —  Die  physische  Geographie 
hat  von  dieser  Erschliessung  Kleinasiens  grossen  Nutzen  gezogen.  Der  höchste  Berg  in 
Eleinasien  ist  der  Argaeus,  jotzt  Ardschisch  Dagh,  4200  m  über  dem  Meer,  3000  m  über 
der  Ebene,  in  der  Caesarea  (jetzt  Kaisarieh)  liegt.  Er  ist  nicht  sowohl  ein  Berg  als  eine 
Berggruppe,  eine  Art  Aetna  mit  vielen  Kratern  ringsum  auf  den  Abhängen.  Von  demselben 
überschaut  man  nördlich  die  Ebene,  deren  Fruchtbarkeit  Strabo  hervorhebt,  auf  den  anderen 
Seiten  Gebirge  sowie  einzelne  kleine  Seen.  (Ostwfirts  die  Kette  des  Antitaurus  mit  Gipfeln 
über  3000  m.)  Das  Flussthal  des  Halys  ist  deutlich  bemerkbar,  der  Fluss  selbst  nicht. 
Die  Vorstellung  der  Alten,  dass  man  an  hellen  Tagen  vom  Argaeus  sowol  das  schwarze 
wie  das  mittelländische  Meer  sehen  könne,  ist  ein  Irrtum.  —  Quer  durch  Kleinasien  zieht 
sich  eine  Reihe  erloschener  Vulkane.  Sie  beginnt  mit  dem  sog.  „verbrannten  Lande"  („Ka- 
takaumene")  im  westlichen  Phrygien,  das  weit  und  breit  mit  Kratern  übersät  ist.  Dann 
kommt  der  Argaeus;  dann  in  Mittelarmenien  der  Bingöl  Dagh,  der  Sipan  Dagh  und  Nimrud 
Dagh  am  Wansee  (dem  Thospitis  oder  Arsissa  der  Griechen).  Endlich  der  gewaltige  5150  m 
hohe  Ararat  (welcher  Name  eigentlich  das  Land  bedeutet,  während  der  Berg  bei  den  Ein- 
heimischen vielmehr  Masis  heisst.  Vgl.  Kiepbbt,  Geogr.  S.  74  ff.).  —  Die  österreichischen 
Expeditionen  unter  Benndorf,  Niemann,  Luschan,  Petersen  explorierten  die  Küstenland- 
Bchaften.  Vgl.  Bbrndobf  und  Nibmann,  Reisen  in  Lykien  und  Karien  (1884).  Pbtebsen 
und  Luschan,  Reisen  in  Lykien,  Milyas  und  Kibyratis  (1889).  Seitdem  ist  von  der  Wiener 
Akademie  die  archäologische  Durchforschung  von  Kleinasien  in  ihr  Programm  aufgenommen 
worden  (1890).  Zunächst  Kilikien,  das  rauhe  wie  das  ebene,  sowie  das  Gebiet  von  Olba 
(1892,  1893),  dann  Karien  (1893).  Vgl.  E.  Hula  und  E.  Szakto,  Bericht  über  eine  Reise 
in  Karien.  Sitzungsber.  der  Wiener  Akad.  1894.  R.  Heberdet  und  E.  Kaliuka,  Bericht 
über  zwei  Reisen  im  südwestlichen  Kleinasien.  Denkschriften  der  Wiener  Akademie  1896. 
(Mit  kartographischer  Skizze.)  —  Auch  H.  Kibpbbt,  E.  Fabbioius,  Bubbsch  haben  neuer- 
dings wieder  einzelne  Teile  von  Kleinasien  (Lydien,  Mysien,  Troas,  Karien)  durchforscht. 
Vgl.  Sitzungsber.  der  BerL  Akad.  1894  S.  899  ff.  Mitteilungen  des  archäol.  Inst,  in  Athen 
1894  S.  102  ff.  —  E.  Kuhn,  Die  städtische  und  bürgerliche  Verfassung  des  römischen  Reiches, 
zweiter  Teil,  Leipzig  1865,  S.  92  ff.  E.  Kuhn,  Ueber  die  Entstehung  der  Städte  der 
Alten,  Komenvenfassung  und  Synoikismus,  Leipzig  1878,  S.  862  ff.  Beide  Werke  für  die 
Greschichte  der  inneren  Entwickelungen  von  Bedeutung.  —  W.  Tomaschbk,  Zur  historischen 
Topographie  von  Kleinasien  im  Mittelalter,  1.  Die  Küstengebiete  und  die  Wege  der  Kreuz- 
fahrer (Sitzungsber.  d.  Wiener  Akad.  1891).  H.  Kibpbbt,  Ueber  Pegolottis  vorderasiatisches 
Jtinerar,  Sitzungsberichte  der  Berl.  Akad.  1881  S.  901  ff.    Mit  2  kartographischen  Skizzen: 

1.  Handelsstrasse  vom  Mittelmeer  nach  Persien  nach  Francesco  Balducci  Pegolotti  (ca  1340). 

2.  Aus  der  Erdkarte  der  Brüder  Pizigani  von  Venedig  (1367).  G.  L.  Fb.  Tafel  und  G.  M. 
l^OMAS,  Urkunden  zur  älteren  Handels-  und  Staatsgeschichte  der  Republik  Venedig  mit 
besonderer  Beziehung  auf  Byzanz  und  die  Levante,  Wien  1856  ff.  —  Tomaschbk  a.  a.  O. 
hat  diese  mittelalterlichen  (ausserdem  auch  arab.  und  armen.)  Materialien  fleissig  benutzt 
und  kündigt  an,  dass  in  einer  folgenden  Abhandlung  die  Resultate  Ramsays  einer  Kritik 
unterzogen  werden  sollen.  C.  Rittbbs  Darstellung  von  Kleinasien  (sowie  auch  der  Euphrat- 
Iftnder)  und  H.  Kiepbbts  Karten  bilden  überall  die  Grundlage.  Vgl.  H.  Kibpbbts  Text  zu 
„Asia  provincia^  in  seinen  „Formae  orbis  antiqui'^  (1894).  Kiepert  verweist  dabei  auf  eine 
ausführliche  Darstellung  der  Routen  und  Lokalaufnahmen,  wie  sie  in  seiner  grossen  Spezial- 
karte  des  westlichen  Kleinasiens  zur  Verwertung  gelangt  sind. 

Kartographische  Hilfsmittel.  H.  Kibpbbt,  Carte  gSnSrale  des  provinces  euro^ 
pSennes  et  asiatiques  de  VEmpire  Ottoman  (sans  V  Arabie),  4  Blätter.  Dritte  völlig 
neubearbeitete  Ai^age,  1886.  Karte  von  Kleinasien  (in  6  Bl.),  1884.  Vgl.  W.  Tokaschek 
in  der  „Deutschen  Litteraturzeitung'  1884  S.  1728.  Spezialkarte  vom  westlichen  Klein- 
Mien  (in  15  BL,  Masstab  1 :  250000),  1890—1892.    S.  oben. 


144  A.  Oeographie  toh  Italien  und  dem  Orbis  ^manna. 

9.  Syrien  und  die  angrenzenden  Landschaften. 

64.  Die  Okkupation  Syriens  im  Jahre  64  v.  Chr.  erfolgte,  nachdem 
das  Seleucidenreich  vorher  durch  die  Selbständigwerdung  zahlreicher  Ge- 
biete, durch  die  Yorschubleistung  dieser  von  Seiten  der  Römer,  endlich 
durch  die  Grossmachtpolitik  Armeniens  seiner  Auflösung  entgegengefiihrt 
worden  war.  Die  römische  Verwaltung  Hess,  indem  sie  der  politischen 
und  nationalen  Zerrissenheit  des  Landes  Rechnung  trug,  innerhalb  des 
Rahmens  der  Provinz  eine  grosse  Anzahl  von  Kleinstaaten  bestehen ;  ähn- 
lich, wie  sich  die  englische  Herrschaft  in  Indien  etabliert  hat. 

Das  griechische  Idiom  und  die  griechische  Lebensführung  herrschten 
in  den  gebildeten  Schichten  der  Bevölkerung  (man  denke  an  Lucian  von 
Samosata)  und  offiziell  in  den  zahlreichen  unter  den  Seleuciden  empor- 
gekommenen Städten  (deren  ältere  Namen  durch  griechisch  ähnlich  klin- 
gende oder  der  Herrscherfamilie  entnommene  Adiectiva  ersetzt  worden 
waren);  daneben  erhielten  sich  die  landesüblichen  Idiome:  das  aramaeische 
oder,  wie  die  Römer  sagten,  ass^rrische,  d.i.  die  alte  Kultursprache,  die 
in  der  Achaemenidenzeit  selbst  in  Ägypten  und  Kleinasien  offiziell  gebraucht 
ward  und  auch  unter  den  Römern  auf  den  Denkmälern,  z.  B.  in  Palmyra 
und  im  Nabatäerreich,  erscheint,  also  über  das  eigentlich  syrische  Sprach- 
gebiet hinaus;  das  arabische,  d.i.  die  Volkssprache  in  den  Landstrichen 
östlich  und  südöstlich  von  Damaskus,  also  auch  bei  den  Nabatäern.  £ine 
eigene  Stellung  nimmt  überdies  das  jüdische  und  das  phönikische 
Volkselement  ein. 

Einige  römische  Gründungen,  wie  Berytus  (»colonia  Julia  Augusta 
felix")  wo  die  berühmte  Rechtsschule  erstand,  ferner  Legeon,  d.  i.  die 
Lagerstadt  Palästinas,  bildeten  Enklaven,  in  denen  offizieU  Lateinisch  ge- 
schrieben wurde.  Über  die  als  Kolonien  konstituierten  Orte  vergl.  man 
Marquabdt,  Staatsverwaltung  PS.  392  flf. 

Die  römische  Hauptstadt  von  Syrien  war  Antiochia,  die  dritte  Stadt 
im  Reiche;  es  wird  der  grosse  Umfang  derselben,  innerhalb  deren  auch 
Äcker  u.  s.  w.  Platz  fanden,  hervorgehoben.  Im  übrigen  vgl.  man  die 
Schilderungen  bei  Ammianus  und  Procopius.  —  Neben  Antiochia  blieben 
von  Bedeutung  die  seleucidischen  Gründungen:  Seleucia  (Pi^ria),  die 
Hafenstadt  Antiochias;  Laodicea,  Beroea  (einheimisch  Haleb,  griechisch 
Chalybon,  dann  von  den  Makedoniern  nach  einer  Stadt  ihrer  Heimat  um- 
genannt), Apamea  u.  s.  w. 

65.  Syrische  Dynastien  und  Landschaften.  Die  griechischen  Städte, 
deren  Autonomie  von  der  römischen  Regierung  anerkannt  wurde,  ver- 
zeichnet Marquardt,  Staatsverw.  I  *  S.  394  f.  Auf  gleicher  Stufe  erhielten 
sich  die  phönikischen  Städte,  wie  Tyrus,  Sidon,  Byblus,  Aradus, 
Tripolis,  Dora.  Für  die  Kenntnis  dieser  Verhältnisse  sind  die  Münzen 
von  Wichtigkeit.  Die  meisten  Freistädte  bedienten  sich  einer  eigenen 
Ära  (woneben  die  Ära  Seleucidarum  sich  forterhielt);  vgl.  U.  Wilcken  im 
„Hermes**  XXIX  (1894)  S.  436  flf.;  die  Dynasten  setzten  ihre  Namen  auf 
die  Münzen.    Solcher  Dynasten  finden   sich  bis  zum  Ausgang  des  ersten 


9.  Syrien  und  die  angrensenden  Landeohafteii.    (§§  64,  65.)  145 

Jahrhunderts  n.  Chr.  zahlreiche,  deren  Sprengel  von  wechselnder  Begren- 
zung waren. 

Commagene,  dessen  Hauptstadt  Samosata  am  Euphrat  das  Haupt- 
quartier einer  Legion  wurde.  Sonst  werden  dieser  Landschaft  „quattuor 
civitates"  zugeschrieben,  von  denen  Doliche  als  der  Ausgangspunkt  des 
Dolichenuskultes  besondere  Erwähnung  verdient.  Vgl.  Corp.  IE  suppl. 
6712.  —  Die  Gegend  der  Euphratübergänge  heisst  «regio  Zeugma""  (Corp.  IH 
suppl.  11701)  und  gehörte  zur  sog.  Syria  Cyrrhestica.  —  Die  Grenze  von 
Commagene  und  Cappadocien  bildete  der  Fluss  Chabina  (Nebenfluss  des 
Eiachta-su,  dieser  selbst  des  Euphrat;  heute  Bölam-su),  über  den  Soldaten 
der  leg.  XVI  flavia  im  Jahre  200  eine  Brücke  bauten  (Corp.  IH  suppl. 
6709,  6710). 

Chalcis  ad  Libanum,  in  dem  sog.  „Coelesyrien''.^)  Zu  dessen  Ge- 
biet gehörte  Heliopolis,  das  durch  seinen  Kult  des  Sonnengottes  be- 
rühmt wurde. 

Abilene.  Eine  „Tetrarchie""  mit  der  Hauptstadt  Ab ila  Lysaniae, 
in  der  Nähe  von  Damaskus  (heute  Soük  ouädy  Barada).  Vgl.  Ruggiero, 
Dizionario  epigrafico  di  antichitä  Romane  8.  v.  Äbüeni. 

Arethusa  und  Emesa.  Im  vierten  Jahrhundert  n.  Chr.  ist  Emesa 
die  Hauptstadt  des  sog.  libanensischen  Phönikiens. 

Damaskus.  Von  E.  Julian  das  „Auge  des  ganzen  Morgenlandes'' 
genannt,  zeitweilig  dem  Nabatäerreich  einverleibt,  im  übrigen  ein  wichtiger 
Grenz-  und  Beobachtungsposten  nach  Osten  hin. 

Judaea.  Die  wechselnden  Schicksale  dieser  Landschaft  und  der  mit 
derselben  vereinigten  Grenzstriche  sind  aus  Flavius  Josephus  genau  bekannt. 
Vgl.  die  Zusammenstellung  bei  Mabquabdt  I'  S.  405  ff.  Sitz  des  römi- 
schen Prokurators  war  die  von  Herodes  nach  griechischem  Muster  um- 
gebaute Hafenstadt  Caesarea  (nachher  ^^colonia  prima  Flavia  Augusta 
Caesarea"),  während  Jerusalem  bis  zu  seiner  Zerstörung  (im  Jahre  70) 
der  sakrale  Mittelpunkt  des  jüdischen  Volkes  blieb.  K.  Yespasian  machte 
Judaea  zu  einer  durch  Legionstruppen  okkupierten  Provinz.  Emmaus, 
später  Nikopolis  genannt,  erhielt  eine  Yeteranenkolonie  (Joseph.  7,  6,  6). 
Bether,  beim  heutigen  Bettir,  in  der  Gegend  von  Jerusalem,  das  Centrum 
des  jüdischen  Aufstandes  unter  Barcochebas,  ward  nach  dessen  Bewältigung 
römische  Militärstation,  welche  die  Strasse  von  Jerusalem  an  das  Mittel- 
meer zu  bewachen  hatte,  wie  die  Station  Emmaus-Nikopolis  jene  nach 
Jaffa.  —  Auf  dem  Boden  von  Jerusalem  begründete  E.  Hadi*ian  eine  neue 
mit  Griechen  bevölkerte  Stadt,  die  colonia  Aelia  Capitolina.  Die  Provinz 
hiess  seitdem  Syria  Palaestina. 

Palmyra.  In  einer  wasserreichen  Oase,  am  Ereuzpunkte  der  Strassen 
gelegen,  war  Palmyra  (Thadmor)  ein  grosser  Handelsplatz  mit  griechischer 
Gemeindeverfassung;  erst  neutral  zwischen  Rom  und  Parthien ;  dann  in  die 


')  üeber  Goele63nrien,  .einen  von  Anfang 
an  seinem  Gebranch  nach  wenig  bestimmten 
Namen  unbekannter  Herkunft',  vgl.  Nöldbkb 
in  „Hermes"  X  8.  167  Anm.  1.  Seit  der 
Zweiteilung  der  Provinz  Syrien  durch  Septi- 

BAQdbadi  der  kUat.  Altertnmawiaaeiuchaft.    lll,  K    2.  Aufl.  10 


miua  Severus  hiess  die  eine  Phoenice,  die 
andere  Syria  Goele  (mit  Antiochia  als  Haupt- 
stadt). Vgl.  E.  Borkann,  De  Syria  pro- 
ffineia,  Dissert.  Berl.  1865. 


146  A.  Geographie  ¥on  Italien  nnd  dem  Orbie  BomaniiB. 

römische  Verteidigungslinie  einbezogen;  um  die  Mitte  des  3.  Jahrhunderts 
Sitz  einer  selbständigen  Herrschaft;  hierauf  im  Jahre  273  durch  Aurelian 
zerstört;  später  wieder  als  Grenzfestung  benützt.  „Palmyra  verdankt  seinen 
heutigen  Inschriftenreichtum  dem  Umstände,  dass  es  nach  seiner  Zerstörung 
immer  nur  unbedeutend  gewesen  ist*'  (Nöldeke).  Prachtvolle  Trümmer 
bedecken  die  ganze  Oase. 

66.  Ghrenzlandscliafben.  Durch  Augustus  war  die  Euphratlinie  mili- 
tärisch besetzt  und  als  Grenze  des  römischen  Reiches  fixiert  worden,  doch 
reichte  der  römische  Einfluss^  zeitweilig  auch  die  direkte  Herrschaft  Roms, 
darüber  hinaus  in  die  Landschaften,  welche  einst  die  Stärke  des  alt-persi- 
schen Reiches  ausgemacht  hatten  und  wo  die  grossen  wie  die  kleinen 
Fürsten  als  Nachfolger  der  iranischen  Grosskönige  sich  fühlten;  wie  dies 
z.  B.  schon  in  Commagene  der  Fall  war. 

Armenia  {maior  im  Gegensatz  zu  minor,  welches  zu  Eappadocien 
gezogen  war)  von  der  kappadocischen  Grenze  bis  ans  kaspische  Meer.  £in 
Vasallenstaat,  der  zwischen  Rom  und  Parthien  stand,  der  Zankapfel  zwischen 
beiden ;  durch  Traian  als  Provinz  eingerichtet,  durch  Hadrian  aufgegeben. 
Im  fünften  und  sechsten  Jahrhundert  wurde  wieder  auch  ein  Teil  Gross- 
armeniens römisches  Provinzialland. 

Osrhoene,  d.  i.  der  östliche  Teil  von  Mesopotamien  mit  der  Haupt- 
stadt Edessa,  deren  (aramäischer)  Dialekt  später  die  gemeinsame  Schrift- 
sprache der  aramäischen  Christenheit  geworden  ist  (Nöldeke).  Anthe- 
musia,  Stadt  und  Landschaft  im  Gebiete  von  Osrhoäne.  Diese  Land- 
schaften standen  unter  römischem  Einfluss,  E.  Traian  kreierte  eine  (bis 
zum  persischen  Meere  sich  erstreckende)  Provinz  Mesopotamien,  inner- 
halb deren  aber  Edessa  Vasallenstaat  blieb.  Auf  dem  Traiansbogen  in 
Benevent  ist  der  Kaiser  dargestellt  zwischen  zwei  Strömen  stehend  (auf 
den  Münzen  ähnlich);  der  römisch  gewordene  Euphrat  trägt  eine  Brücke, 
während  der  Tigris  sich  frei  ergiesst.  —  Septimius  Severus  machte  Meso- 
potamien neuerdings  zur  Provinz.  Eine  der  hieher  verlegten  Legionen 
hatte  ihr  Hauptquartier  in  Rhesaena.  Das  Nähere  bei  Marquabdt  P, 
435  «. 

Adiabene,  am  oberen  Tigris. 

Hatra,  in  Mesopotamien,  unter  einem  eigenen  Fürsten.^ 

Atropatene,  auch  „Medien^  genannt,  eigentlich  nur  der  an  Aimenien 
anstossende  nordwestliche  Teil  des  medischen  Hochlandes. 

Das  Part  herreich,  sonst  der  einzige  ebenbürtige  Gegner  der  römi- 
schen Weltmacht,  zeigte  zu  Zeiten  ein  sehr  loses  Gefüge,  indem  die  zahl- 
reichen Vasallenfürsten  (ausser  den  genannten  die  von  Elymais,  Persis 
u.  s.  w.)  dem  Könige  der  Parther  nur  gehorchten,  wenn  sie  nicht  anders 
konnten.  —  Ktesiphon,  die  Winterresidenz,  und  das  anstossende  Seleucia 
waren  grosse  Städte  mit  autonomer  Verfassung  nach  griechischem  Muster,  wo 
griechische,  syrische,  jüdische  Volkselemente  sich  mischten  und  mit  einander 
rivalisierten.  Politisch  bildeten  diese  Griechenstädte,  obwohl  sie  von  den 
parthischen  Königen  begünstigt  wurden,  einen  keineswegs  zuverlässigen 
Faktor. 


9.  Syrien  nnd  die  angremenden  Landflohalten.    (§§  66—68.)  147 

Der  arabische  Staat  der  Nabatäer,  mit  der  Hauptstadt  Petra, 
wurde  durch  Traian  als  Provinz  „Arabia''  dem  römischen  Reiche  ein- 
verleibt. Sitz  des  Statthalters  wurde  erst  Petra,  später  Bostra.  Das 
letztere  war  Legionshauptquartier  (Ptolem.  5,  17,  7:  Boatga  Aeyioav).  Die 
Grenzen  der  Provinz  gegen  Palästina  und  Syrien  zu  unterlagen  mehrfachen 
Veränderungen.  —  Der  alte  Handelsweg  nach  Indien  führte  durch  die 
arabische  Wüste,  womit  der  Seeweg  durch  das  rote  Meer  rivalisierte. 
Versuche,  den  letzteren  auf  Kosten  des  ersteren  zu  heben,  seit  Alexander 
d.  Gr.,  von  den  Römern  erneuert;  dann  ersteren  selbst  in  Hand  zu  be- 
kommen. 

In  das  eigentliche  Arabien  sind  die  Römer  nur  unter  der  Regierung 
des  Augustus  eingedrungen,  doch  scheiterte  die  mit  Hilfe  des  nabatäischen 
Ministers  Syllaeus  ins  Werk  gesetzte  Expedition  an  der  unvorhergesehenen 
Unwirtlichkeit  der  zwischenliegenden  Landschaft.  Das  Nähere  bei  Momm- 
SEN,  Mon.  Ancyr.*  p.  105  flf.  und  in  EuTiNGs'Berichten  über  seine  Forschungs- 
reisen in  Arabien. 

67.  Allgemeiner  Enltnrzustand.  Über  die  arabisch-römischen 
Grenzgegenden  vgl.  Ereher,  Kulturgeschichte  des  Orients  unter  den  Cha- 
lifen  I,  116:  „Dieselben  Beduinenstämme,  welche  sie  noch  immer  be- 
wohnen, hatten  daselbst  schon  im  Altertum,  zum  Teil  sogar  mit  denselben 
Stammnamen,  ihre  Weidebezirke  und  Ansiedlungen.  In  jenen  Zeiten  er- 
streckte sich  das  Kulturland  viel  weiter  gegen  Osten,  als  in  den  späteren 
Jahrhunderten.  Wer  die  Grenzlandschaften  der  syrischen  Wüste  von  Hims 
herab  gegen  Bostra  zu  durchstreift,  wird,  wie  dies  neuestens  Burton  nach- 
gewiesen hat,  überall  Spuren  antiker  Wohnstätten,  Trümmer  römischer 
Grenzfesten,  ehemalige  Wasserbehälter  und  andere  deutliche  Anzeichen 
früherer  Menschenanhäufung  an  jetzt  ganz  verödeten  Stätten  finden. '^ 
Über  das  Verhältnis  des  Griechentums  zum  Syrertum  äussert  sich 
NöLDEKE  (in  der  Besprechung  von  Mommsens  R.  G.  V)  S.  3:  „Syrien  hat 
unter  den  Römern  eine  grosse  äussere  Blüte  gehabt,  und  zwar  währte 
dieselbe  noch  tief  in  die  christliche  Zeit  hinein.  Die  Hellenisierung  machte 
grosse  Fortschritte  —  aber  nicht  etwa  in  der  Weise,  dass  sich  griechische 
Sprache  oder  gar  wirklich  griechisches  Wesen  erheblich  ausgebreitet  hätte, 
sondern  vielmehr  so,  dass  europäische  Technik  und  Lebensformen  überhand 
nahmen,  dass  einzelne  occidentalische  Kulturelemente  im  Denken  und 
Sprechen  der  Gebildeten  mächtig  wurden." 

68.  Itinerare.  Ausser  den  offiziellen  römischen  Itineraren  kommen 
die  schon  mit  dem  4.  Jahrhundert  beginnenden  Palaestina  betreffenden  Pilger- 
bücher in  Betracht.  Femer  die  Wegvermessung  des  parthischen  Reiches 
{ara&fAoi  JJagd-ixol),  welche  Isidor  von  Charax  (der  von  Agrippa  zu 
den  Vermessungen  im  Orient  verwendet  wurde)  zum  Verfasser  hat;  es  ist 
ein  Reiseführer  für  die  Karawanenwege  von  Zeugma  am  Euphrat  bis 
Alexandria  in  Arachosien.  Vgl.  Nicolai,  Gr.  Litteraturgesch.  H,  599. 
Für  Ariana  (Iran)  liegen  der  tabula  Peutingerana  Messungen  aus  der 
früheren  Seleucidenzeit  zu  Grunde,  wo  die  Verbindung  mit  Indien  noch 
lebhaft  unterhalten  wurde ;  damit  sind  die  Angaben  der  arabischen  Itinerare 
zu  vergleichen. 

10* 


148  A.  Geographie  Ton  Italien  und  dem  Orbis  Bomanaa. 

Im  allgemeinen  vgl.  Mabquabdt,  Rom.  Staatsverw.  V  S.  892  Anm.  7.  Eubitbchbk, 
üeber  die  Pompeiusära  in  Syrien.  Archäol.-epigr.  Mitt.  XIII  S.  200  ff.  —  Mommbbn,  Rom. 
Geschichte  Bd.  V  Eap.  9:  Die  Euphratgrenze  und  die  Parther.  Eap.  10:  Syrien  and  das 
Nabatäerland.  Eap.  11:  Jadäa  und  die  Juden.  (Mit  Earte  von  Ejepbbt:  Syrien  und  Meso- 
potamien; ein  Earton  ist  den  Haur&ngegenden  gewidmet)  —  Th.  Nöldbkb,  lieber  Momm- 
sens  Darstellung  der  römischen  Herrschaft  und  römischen  Politik  im  Orient  (Separatabdruck 
aus  der  Zeitschrift  der  Deutschen  Morgenländischen  Gesellschaft  Bd.  39),  Leipzig  1885.  — 
Derselbe,  ^AaovQiogy  ZvQiog,  ZvQog,  In  „  Hermes '^  Y,  448  ff.  Der  Name  reichte  immer 
weiter  als  die  syrische  (aramaeische)  Nationalität;  von  den  Zeiten  der  , assyrischen**  Welt- 
herrschaft her.  —  Ueber  die  Provinz  Mesopotamien  vgl.  Domaszewski  „Wiener  Stadien*  IX 
(1887)  S.  297—299.  Von  grundlegender  Bedeutung  sind  die  Arbeiten  von  Waddikgton  (Le 
Bas  et  Waddingtonf  voyage  archiologique.  Eocplication  des  inscriptions,  t.  IH)  und  von 
VooüÄ  {Syrie  centrale .  Architecture  civile  et  religieuse  du  /«»"  au  VW  sQcle,  Paris  1865  ff.; 
vgl.  ,Die  katholischen  Missionen**  1894  S.  128  ff.;  Inscriptions  sitnitiques  de  la  Syrie  cen- 
trale, 1868).  —  £.  Rbnan,  Mission  de  PhoenicU,  Paris  1864.  Mit  Atlas.  —  Zahlreiche  In- 
schriften sind  aus  Palmyra  und  dem  Nabatäerlande  gewonnen  worden,  während  aus 
dem  von  allen  Aenderungen  der  späteren  Zeit  berührten  Antiochia  wenig  erhalten  ist.  — 
Wichtige  Aufschlüsse  ergab  das  Denkmal  des  Eönigs  Antiochus  von  Eommagene  aut 
dem  Nemrud-dagh  in  Eurdistan.  —  H.  v.  Moltke,  Briefe  über  Zustände  und  Begebenheiten 
in  der  Türkei  aus  den  Jahren  1885 — 1889.  Zuerst  1841  herausgegeben,  mit  einem  Vorwort 
von  G.  RiTTBB.  Sechste  Auflage,  eingeleitet  und  mit  Anmerkungen  versehen  von  G.  Hibsch- 
FBLD,  Berlin  1898.  Ein  klassisches  Werk,  namentlich  auch  für  die  syrisch-mesopotamischen 
Landschaften.  Von  Moltke  rühren  zugleich  topographische  Aufnahmen  her  (1838,  publiziert 
1844).  —  0.  PucHSTBiN,  Bericht  über  eine  Reise  nach  Eurdistan,  Sitzungsber.  d.  Berl.  Akad. 
1888.  S.  29  ff.  Hiezu  2  Tafeln:  1.  Vorläufige  Skizze  entworfen  nach  dem  Reisetagebuche 
von  H.  EiEPBRT.  2.  Nemrud-dagh.  —  Jdbibn  de  la  Gbaviebb,  La  flotUle  de  VEuphraie. 
Aude  de  gSographie  moderne  et  de  Strategie  antique.  Ouvrage  accompagni  d'une  carte 
du  cours  de  VEuphrate  et  du  cours  du  Tigre,  Paris  1892.  (Im  Anschluss  an  den  Feldzug 
des  Eaisers  Julian.) 

Ueber  die  einzelnen  Provinzen  und  Dynastien:  Palästina,  üeber  Emmaus 
und  Bether  vgl.  Acad.  des  inscript.  1894  ianv.  19.  Zanoembistbb  in  der  .Zeitschrift  des 
deutschen  Palästinavereins"  1890  S.  25  über  Caesarea.  —  Von  der  citierten  Zeitschrift 
(herausgegeben  von  Guthe  in  Leipzig)  liegen  (bis  1896)  19  Bände  vor,  darin  zahlreiche 
Aufsätze  geographischen  Inhalts.  Im  übrigen  ist  die  Palästinaforschung  eine  für  sich 
stehende  Disziplin,  die  hier  nicht  näher  ins  Auge  gefasst  werden  soll.  Vgl.  C.  Wachs- 
MUTH,  Einl.  in  das  Studium  der  alten  Geschichte  (1895)  S.  452.  —  Th.  Nöldekb,  Die  römi- 
schen Provinzen  Palästina  salutaris  und  Arabia.  In  „Hermes"  X  S.  168  ff.  --  P.  de  Rohpbk, 
De  Palaestina  et  Arabia  provineiis  Romanis  quaestiones  selectae,  dissert.  hist.,  Berolini  1885, 
—  J.  Fb.  Gamurbini,  ä  Hilarii  tractatus  de  mysteriis  et  hymni  et  S.  Silviae  Aquitanae 
peregrinatio  ad  loca  sancta  (inedita  ex  codice  Arretino),  Roma  1887;  editio  minor  1888. 
Beschreibung  einer  Reise  in  das  heilige  Land  im  4.  Jahrhundert  n.  Chr.  Hiezu  Mommsbn  in 
Sitzungsber.  der  Beri.  Akad.  1887  S.  857  ff. 

üeber  Palmyra  und  den  Haurän:  Mobitz,  Zur  antiken  Topographie  von  Pal- 
myrene,  Abhandl.  der  Berliner  Akademie  1889.  —  H.  Dbssau,  Der  Steuertarif  von  Palmyra. 
In  , Hermes'  XIX  S.  486 — 583.  —  Lasabew,  Palmyra,  eine  archäologische  Untersuchung. 
S.  Petersburg  1884.  In  russischer  Sprache.  —  J.  G.  Wetzstein,  Reise  in  den  beiden  Tra- 
chonen  und  um  das  Haurängebirge,  in  Neumanns  Zeitschrift  f.  allg.  Erdkunde,  Berlin  1859, 
1861.  Ausgewählte  griech.  und  lat.  Inschriften  gesammelt  auf  Reisen  in  den  Trachonen 
und  um  das  Haurängebirge,  Abhandl.  der  Berl.  Akad.  1863.  Ueber  Ganatha,  das  zu  den 
römischen  Auxiliarkohorten  eine  cohors  CancUhenorum  stellte,  die  (seit  saec.  H  Mitte)  am 
raetischen  limes  (in  Abusina)  ihre  Station  hatte,  vgl.  Rhodbn  1.  c.  p.  10.  Corp.  HI  p.  17. 
Gblzbb,  Georgii  Cyprii  descriptio  orbis  Romani  p.  206  f.  Dieses  Ganatha,  eine  der  Städte 
der  griechischen  Decapolis  am  Fusse  des  Haurän,  gehörte  erst  zur  Provinz  Judaea,  dann 
(seit  100  n.  Chr.)  zu  Syria,  seit  Septimius  Severus  zu  Arabia. 

Ueber  das  freie  Arabien,  soweit  es  hier  in  Betracht  kommt,  siehe  D.  H.  Müllebs 
Artikel  in  der  neuen  Ausgabe  von  Paulys  Realencyklopädie.  Nachrichten  südarabischer 
Eaufleute  über  den  Handelsweg  durch  die  Wüste  (Arab  =  Wüste)  schon  bei  Herodot  — 
Periplus  maris  Erythraei.  —  Im  übrigen  wird  der  arabischen  Halbinsel  meist  erst  von  Mo- 
hammeds IZeit  an  mehr  Aufmerksamkeit  zugewendet,  was  wieder  ein  Forschungszweig  für 
sich  ist.  Ich  verweise  auf  A.  Spbbnoeb,  Die  alte  Geographie  Arabiens  (1875)  und  die  viel 
neues  Material  bietenden  Werke  von  £.  Glaseb,  namentlich  die  „Skizze  der  Geschichte  und 
Geographie  Arabiens"  (2  Bände).  F.  Hommbl,  Gesch.  der  vorderasiat.  Eulturvölker  (Bd.  III 
dieses  Handbuches).  Eütino,  Nabataeische  Inschriften  aus  Arabien  (1885).  Der  Periplus 
maris  Erythraei  ist  wichtig  für  die  Geschichte  von  Altarabien,  Axum  u.  b.  w.    Der  Sabaeer- 


9.  Syrien  und  die  angrenienden  Landeoh&ften.    (§  68.)  149 

könig  Charibael,  welcher  nach  dem  Periplos  ein  Frennd  der  rGmischen  Kaiser  (von  Tiberios 
bis  Nero)  war,  mnss  etwa  zwischen  80  und  70  n.  Chr.  regiert  haben  (Glaser).  —  Die  Axu- 
miten  (Abessinier)  hatten  noch  kanm  zwei  Jahrhunderte  v.  Chr.  ein  blühendes,  wenn  auch 
kleines  Reich  im  arabischen  Weihrauchland,  von  wo  sie  nach  Glaser  erst  kurz  vor  Christo 
den  Schwerpunkt  ihres  staatlichen  Lebens  nach  Ostafrika  verlegten.  Ihre  arabischen  Ri- 
valen waren  die  Himjaren,  neben  denen  andere  sttdarabische  Reiche  hervortreten,  üeber 
die  arabische  Westküste  in  der  EaLserzeit  Momksek,  Rom.  Gesch.  V  S.  602  ff.  Vgl.  auch 
DüCHBSNE  in  den  Milanges  d*archiol,  et  d'hist.  XVI  p.  112  ff. 

Üeber  Armenien:  H.  Kiepert,  üeber  die  Lage  der  armenischen  Hauptstadt  Tigra- 
nokerta.  Sitznngsber.  der  Berl.  Akad.  1878  S.  164  ff.  Mit  zwei  Exkursen:  1.  Die  Land- 
schaffcsgrenzen  des  südlichen  Armeniens  nach  einheimischen  Quellen.  2.  üeber  die  ptole- 
mfiische  Karte  des  südlichen  Armeniens.  Beigegeben  ist  eine  Karte  des  ,  südwestlichen 
Armeniens*.  —  Th.  Mommsev  und  H.  Kiepert,  Die  Lage  von  Tigranokerta.  In  , Hermes* 
IX  S.  129  ff.  Mit  Karte.  —  Nöldekb,  üeber  die  Lage  von  Tigranokerta  (Abhandl.  d.  Berl. 
Akademie,  1880).  Th.  Reihach,  Mithradates  Eupator,  König  von  Pontus  (deutsch  von  Goetz, 
Leipzig  1895).  Mit  Karte,  behandelt  auch  die  annenischen  Verhältnisse.  —  H.  Kiepert, 
üeber  den  Gewinn  für  historische  Geographie  aus  den  neuesten  topographischen  Arbeiten 
der  Russen  in  Nordarmenien.  Vgl.  Si^ungsber.  der  Berl.  Akad.  1882  8.  749.  —  H.  Kie- 
pert, üeber  die  Zeit  der  Abfassung  des  dem  Moses  von  Chomi  zugeschriebenen  geogra- 
phischen Kompendiums,  Sitznngsber.  der  Berl.  Akad.  1873  S.  599  ff.  —  E.  Eoli,  Feldzüge 
m  Armenien  von  41 — 68  n.  Chr.  In  M.  Bödikger,  Unters,  zur  römischen  Kaisergeschichte, 
Bd.  I,  Leipzig  1868  S.  267 — 862.  —  J.  H.  Mosdtmank,  Lateinische  Inschrift  aus  Armenien 
(von  63 — 64  a.  Ch.)  mit  «Bemerkungen  zu  der  Inschrift  des  Corbulo  aus  Armenien*  von 
Tb.  Mommsbn.  In  «Hermes'  XY  S.  289->296.  —  J.  Olshaüsen,  Die  Elymäer  am  kaspischen 
Meer  bei  Polybius  und  Ptolemaeus.    In  ^Hermes*  XV  S.  821  ff. 

Erforschung  des  unteren  Euphratlaufes  durch  Chesney  (1830 — 1881,  dann  1886), 
um  die  Schiffbarkeit  des  Stromes  bis  in  den  arabischen  Meerbusen  zu  erproben;  des  oberen 
Euptatt  durch  H.  v.  Moltke  (1888  und  1889);  des  Quellgebietes  der  beiden  Ströme  durch 
J.  WüifscH  (1882,  1888).  Vgl.  H.  Kiepert,  Begleitworte  zur  Karte  der  Ruinenfelder  von 
Babylon,  Berlin  1888  (Separatabdr.  aus  der  Zeitschr.  der  Ges.  für  Erdkunde).  —  Archftolog.- 
epigraph.  Mitteilungen  VIII  S.  288  f.  Wünsch  in  den  Mitt.  der  geogr.  Ges.  in  Wien  1891 
8.  873  ff.:  Der  Beg  Dagh  und  Malatia  (mit  Karte).  Wünsch  schlug  (1882)  eine  andere 
Route  ein  als  Moltke  (1888).  —  Das  alte  Malatia  (Melitene)  ist  schon  in  den  Keilschriften 
erwAhnt,  da  die  Assyrer  Einfälle  in  Armenien  machten.  Siehe  oben  S.  140  ff.  üeber  das 
Volkstum  und  die  Ütteratur  der  Armenier  verweise  ich  auf  die  Artikel  Armenien  in 
Paulys  Realencyklopädie;  femer  H.  Gelzer,  Die  Anfänge  der  armenischen  Kirche.  In  den 
Ber.  d.  sfichs.  Ges.  d.  Wissensch.  1895  S.  109  ff.  Procopius  von  Caesarea,  der  die  armeni- 
schen Verhältnisse  ausführlich  behandelt,  benützte  das  Geschichtswerk  des  Armeniers 
Faustus  von  Byzanz  (saec.  IV  Ende).  Die  armenische  Kirche  emanzipierte  sich  erst  nach 
und  nach  von  der  kappadokischen  (Caesarea).  —  Üeber  die  iUtere  Geschichte  Armeniens 
vgl.  Ed.  Metbb,  Gesch.  des  Altertums  I  S.  295  ff. 

üeber  Persien  und  Ostasien:  W.  Tomaschek,  Zur  historischen  Topographie  von 
Peraien  I:  Die  Strassenzüge  der  tabula  Peutingerana,  Sitznngsber.  d.  Wien.  Akad.,  Bd.  102 
(1883).  II  (1884):  Die  Wege  durch  die  persische  Wüste.  Der  Transit  ging  vom  Lande 
der  Serer  (China)  über  Parthien  an  die  römische  Grenze.  Vgl.  auch  A.  v.  Gutschkid  in 
Encycl.  ßrit.  s.  v.  »Persia".  —  G.  Hoffxakn,  Auszüge  aus  syrischen  Akten  persischer  Mär- 
tyrer übersetzt  und  durch  Untersuchungen  zur  historischen  Topographie  erweitert,  Leipzig 
1880.  Rec.  von  Nöldbke,  Gott.  Gel.  Anz.  1880,  Juli  14.  —  F.  v.  Schwarz,  Alexander  des 
Grossen  Feldzüge  in  Tnrkestan.  Kommentar  zu  den  Geschichtswerken  des  Flavius  Arrianus 
und  Q.  Curtius  Rufus  auf  Grund  vielj&hriger  Reisen  im  russischen  Tnrkestan  und  den  an- 
grenzenden Ländern.  Mit  2  Tafeln,  6  Terrainaufnahmen  und  einer  üebersichtskarte  der 
Feldzüge  Alexanders,  München  1898.  Der  Verfasser  ist  ein  Bayer,  der  im  Dienste  der 
russischen  Regierung  meteorologische  und  astronomisch-topographische  Arbeiten  ausführte. 
Seine  Schrift  beschftftigt  sich  mit  der  Festlegung  der  von  Alexander  eingehaltenen  Route 
und  der  Identifikation  der  Oertlichkeiten.  —  F.  Hirth,  China  and  the  Roman  Orient:  resear- 
ehes  inio  their  ancient  and  mediaeval  relaiions  as  represented  in  old  Chinese  reeords.  Shang- 
hai and  Hongkong,  1885,  Leipzig  und  München  bei  G.  Hirth.  In  China  finden  sich  römische 
Münzen  von  Tiberius  an  bis  Aurelian.  An  der  Hand  chinesischer  Quellen  wird  ein  intimer 
Handelsverkehr  zwischen  Ta-ts'in,  d.  h.  den  Ostprovinzen  des  römischen  Kaiserreiches,  und 
China  nachgewiesen.  Vgl.  Allg.  Zeitung,  Beil.  1886,  Jan.  21.  Femer  H.  Nissen,  Der  Ver- 
kehr zwischen  China  und  dem  römischen  Reich,  Bonner  Jahrbücher  95  (1894)  S.  1  ff. 

üeber  Indien  vgl.  Düucker,  Gesch.  des  Altertums  HP  Kap.  1,  wo  die  Berichte  des 
Herodot,  des  Ktesias,  dann  der  Genossen  des  Alexandres  und  Seleukos  besprochen  sind. 
W.  Tomaschek,  Topographische  E^lftuterung  der  KüstenfiJirt  Nearchs  vom  Indus  bis  zum 


150  A.  Geographie  von  Italien  and  dem  Orbia  Bomanoa. 

Enphrat.  In  den  Sitzungsber.  der  Wiener  Akademie  Bd.  121  (1890).  In  Anians  Scbrift 
Über  Indien  ist  ausser  den  wertvollen  megasthenischen  Notizen  das  Schiffstagebuch  des 
Nearch  auszugsweise  erhalten;  es  ist  abgesehen  von  der  Ettstenfahrt  des  Puniers  Hanno 
das  älteste  Pilotenbuch,  das  wir  besitzen.  Tomaschek  gibt  den  Kommentar  dazu  auf  Grund 
der  gegenwärtigen  geographischen  Kenntnisse.  Die  Geographen  der  römischen  Periode: 
Juba,  Ptolemaeus,  der  Periplus  maris  Erythraei,  der  Geographus  Ravennas,  Kosmas  Indiko- 
pleustes  sind  herangezogen;  die  ältere  Litteratur  ist  erschöpfend  ausgenützt.  —  Im  Monum. 
Ancyr.  c.  31  erwähnt  Augustus  Gesandtschaften  der  Könige  von  Indien.  Vgl.  Mommsbks 
Kommentar  p.  132  f.,  wo  auch  die  Notizen  der  gleichzeitigen  Dichter  angeführt  sind.  — 
Römische  Münzen  sind  auf  Ceylon  und  an  der  Westküste  Vorderindiens  gefunden.  Seit 
dem  grossen  Partherkriege  unter  den  Kaisem  Marcus  Aurelius  und  L.  Verus  ward  auch 
die  Seeverbindung  mit  China  von  Indien  aus  bewerkstelligt.    Vgl.  Pausanias  VI,  26,  6  f. 


10.  Ägypten. 

69.  Das  Nilthal.  Unter  Aigyptos  verstanden  die  Griechen  in  der 
ältesten  Zeit  (bis  auf  Hesiod),  wir  wissen  nicht  warum,  den  grossen  Fluss, 
dessen  semitischer  Name,  Nil  {NeTXog)^  durch  phönikische  Vermittlung  erst 
später  von  ihnen  rezipiert  ward.  Vgl.  die  Auseinandersetzungen  Pietsch- 
MANNS  s.  V.  Aigyptos  in  der  Neubearbeitung  von  Paulys  Real-Ency- 
clopaedie. 

Die  Kenntnis  des  Nilthaies,  dessen  Ursprünge  den  Alten  in  ein  my- 
thisches Dunkel  gehüllt  waren,  wurde  zuerst  gefördert  durch  die  Feld- 
züge, welche  die  Ägypter  (schon  unter  der  VI.  Dynastie,  im  29.  Jahr- 
hundert V.  Chr.)  tief  nach  Äthiopien  hinein,  südwärts  hinauf  bis  zur 
Somäliküste  und  bis  in  die  Negerländer  des  Sudan  unternahmen.  Durch 
diese  Eroberungszüge  wurde  der  Handel  nach  den  Ländern  am  oberen  Nil 
eröffnet,  dessen  belebende  Ader  der  Strom  war. 

Herodot,  der  selbst  bis  Elephantine  gekommen  ist,  beschreibt  11,  29  ff. 
den  Oberlauf  des  Nil  nach  den  Erkundigungen,  die  er  eingeholt  hatte. 
Nachdem  er  den  Weg  von  Elephantine  über  Tachompso  nach  Meroe  und 
von  da  bis  zum  Lande  der  Automolen  (d.  i.  „Abessinien'^)  beschrieben 
hat,  fährt  er  c.  31  folgendermassen  fort:  „So  ist  es  mit  Fahren  und  Gehen 
ein  Weg  von  vier  Monaten,  dass  man  den  Lauf  des  Nil  über  Ägypten 
hinaus  noch  kennt.  So  viel  Monate  nämUch  ergeben  sich,  wenn  man  zu- 
sammenrechnet, wie  lange  einer  braucht,  wenn  er  von  Elephantine  zu  den 
genannten  Automolen  reist.  Sein  Lauf  geht  aber  von  Abend  und  Sonnen- 
untergang aus.  Das  weitere  vermag  Keiner  sicher  anzugeben,  weil  jenes 
Land  wüste  ist  vor  Hitze.''  Im  folgenden  erzählt  Herodot  (nach  Erkun- 
digungen, welche  cyrenäische  Männer  gelegentlich  eines  Besuches  der  Am- 
monsoase  beim  doi*tigen  Könige  eingezogen  hatten)  von  einer  Entdeckungs- 
reise, welche  fünf  Männer  vom  Stamm  der  Nasamonen  ins  Innere  Afrikas 
unternommen  hätten.  Sie  wären  auf  langer  Wanderung  durch  die  Wüste 
in  eine  fruchtreiche  Oase  und  dann  zu  Sümpfen  gekommen;  von  da  aus 
wären  sie  durch  die  Bewohner  jenes  Distriktes  in  ein  von  Zwergen  be- 
wohntes Land  geführt  worden,,  an  dessen  Hauptstadt  ein  grosser  Strom 
vorüber  floss,  welcher  kein  anderer  als  der  Nil  gewesen  sei.  Herodot 
pflichtet  dieser  Ansicht  bei;  „denn  der  Nil  strömt  aus  Libyen  her,  so, 
dass  er  Libyen  mitten  durchschneidet  und,  wie  ich  schliesse,  indem  ich 


10.  Aegypten.    (§§  69,  70.)  151 

von  Ersichtlichem  das  Unbekannte  abnehme,  unter  dem  gleichen  Längen- 
verhältnis  von  der  Quelle  an  wie  der  Ister/ 

Die  folgenden  Autoren,  und  noch  Diodor,  Strabo,  Plinius  sind  in  ihrem 
Wissen  nicht  viel  weiter  gekommen.  Hingegen  weiss  Eratosthenes,  dass 
der  Nil  sich  aus  mehreren  Zuflüssen  bildet,  die  im  Süden  aus  Seen  ihr 
Wasser  empfangen;  und  Ptolemäus  im  zweiten  Jahrhundert  n.  Chr.  hat 
noch  genauere  Kunde.  Er  versetzt^  wie  dies  die  Entdeckungen  unseres 
Jahrhunderts  als  richtig  erwiesen  haben,  die  Nilquellen  unter  die  Breite- 
grade von  Mevov&idg  vfjaog,  d.  i.  Madagaskar.  „Das  Mondgebirge  — 
Sslrjvrjg  oQog  —  ist  es  nach  ihm,  dessen  schmelzende  Schneelager  dort 
zwei  mächtige  Quellseen  füllen,  die  NsiXov  X((.ivai,  einen  östlichen  und 
einen  westlichen.  Jeder  dieser  beiden  Seen  entsendet  einen  Quellfluss, 
die  beide  sich  dann  zum  Nil  vereinigen,  welcher  in  seinem  nordest-  und 
nordwestwärts  gerichteten  Lauf  zuerst  auf  seiner  rechten  Seite  den  aus 
dem  See  Kolo@  (dürfte  der  heute  Tzana  genannte  See  in  Abessynien  sein) 
kommenden  Astapus  (ber  blaue  Nil)  aufnimmt,  welcher  sich  11^30'  nörd- 
licher Breite  im  Lande  der  Auxumiten  mit  dem  Astaboras  (heute  Atbara) 

vereinigt Nil  und  Astaboras  vereinigen  sich   dann  unfern  Primis 

major  —  ÜQifiig  fisydlrj  —  und  nun  fliessen  die  von  jetzt  ab  keinen  Zu- 
fluss  mehr  aufnehmenden  Wasser  des  Nilstromes  in  näher  angegebenen 
Krümmungen  bis  Syene  und  von  da  bis  zum  Meere.*  (Dümiohbn).  —  In 
der  tabula  Peutingerana  hingegen  liegt  eine  Ansicht  zu  Grunde,  die  den 
König  Juba  von  Mauretanien  als  Gewährsmann  hat.  Vgl.  Plin.  N.  h.  V,  51. 
Danach  fliesst  der  Nil  aus  einem  im  Gebirge  in  der  Nähe  des  Ozeans  ge- 
legenen See  ab,  welcher  als  ein  der  Maeotis  ähnlicher  Sumpf  bezeichnet 
wird  und  die  Namen  locus  Nusapius  und  locus  Nüodicus  führt. 

Die  Erwähnung  von  einem  Zwergvolke  im  Nilquellgebiete  findet 
sich  nicht  nur  bei  Herodot  n,  32  (und  Aristoteles  bist,  animal.  Vin,  14,  2), 
sondern  schon  auf  altägyptischen  Denkmälern  und  wird  auch  von  Bericht- 
erstattern nach  Ptolemäus  wiederholt;  wie  denn  moderne  Afrikareisende 
(Schweinfurt,  Emin  Pascha,  Stanley  u.  a.)  diese  „Zwerge''  in  dem  klein 
gewachsenen  Volk  der  Akka  (auf  dem  Hochlande  in  der  Nähe  des  Äqua- 
tors) wieder  gefunden  haben.')  Diese  Pygmaeen,  die  als  Jägerstämme 
die  Waldungen  Gentralafrikas  durchstreiften,  dürften  daselbst  die  ältesten 
Ansiedler  sein.  Dann  kommen  die  zahh-eichen  Negerstämme  (Bantu  oder 
Kaffem).  Zuletzt  die  aus  Asien  eingewanderten  „Hamiten'^.  Vgl.  0.  Bau- 
mann, Durch  Massailand  zur  Nilquelle  (Berlin  1894). 

70.  Der  obere  Nil.  Das  Nilthal  oberhalb  der  letzten  Nilkata- 
rakten, das  bei  den  Griechen  Äthiopien  heisst,  nannten  die  Ägypter  (und 
mit  ihnen  die  Hebräer  und  Assyrer)  Kesch  oder  Kusch.  Die  Südgrenze 
der  dauernden  ägyptischen  Besitzungen  war  (schon  vor  dem  Jahre  2000 
V.  Chr.)  bei  Chemu  (heute  Semme,  nahe  dem  späteren  Phturi),  von  wo  aus 
die  stromaufwärts  sitzenden  Negervölker  zinsbar  erhalten  wurden.  —  um 
1550  V.  Chr.  wurde  durch   Amenhotep  11.   auch   das  südlichere  Nah  ata 


*)  Vgl.  0.  Lenz,  Historisches  über  die  1   dentscher  Philol.  und  Schnlm&nner,    Wien 
sogen.  Zwergvölker.   Yerhandl.  der  42.  Vers.  |   1893,  S.  525  ff. 


152 


A.  Geographie  von  Italien  und  dem  Orbis  Bomanos. 


(Napata)  erobert  und  befestigt.  Durch  die  von  der  XXI.  Dynastie  (11. 
Jahrhundert)  aus  Oberägypten  vertriebenen  Priesterkönige  des  Ammon-Ra, 
welche  sich  hier  (bei  den  »frommen  Äthiopen*  Homers)  niederliessen,  wurde 
diese  Provinz  von  Ägypten  losgerissen  und  Sitz  eines  eigenen  Reiches,  von 
wo  her  im  8.  Jahrhundert  die  sogenannte  äthiopische  (XXY.)  Dynastie 
Ägypten  selbst  unterwarf  und  über  ein  halbes  Jahrhundert  (730 — 672 
V.  Chr.)  beherrschte. 

In  der  Zeit  des  Augustus  regierte  zu  Nah  ata,  noch  immer  einer 
grossen  und  blühenden  Stadt,  die  Königin  Kandake,  welcher  45  Neger- 
fürsten Tribut  zahlten;  23  und  22  v.  Chr.  drang  C.  Petronius,  der  prae- 
fectus  Aegypti^  auf  Befehl  des  Au^stus  nach  «Äthiopien'  vor,  um  die 
Königin  wegen  eines  Einfalles  in  Ägypten  zu  bestrafen,  und  zerstörte 
Nabata.0 

Doch  wurde  die  Grenze  nicht  über  Premnis  (nördlich  von  Nabata) 
heruntergeschoben,  wo  die  römische  Grenz-  imd  Zollwache  blieb  bis  in  die 
Zeiten  Diokletians,  der  sie  nach  Elephantine  zurückverlegte.  —  Eine  Re- 
kognoszierung, die  in  dem  letzten  Jahre  des  Nero  eines  geplanten  Kriegs- 
zuges halber  bis  Meroö  hin  vorgenommen  wurde  und  von  Plinius  erwähnt 
wird,  erwies,  dass  die  meisten  Orte  südlich  der  römischen  Grenze  in 
Ruinen  lagen.  Von  Nabata  sind  bedeutende  Reste  erhalten,  verkleinerte 
Nachbildungen  der  thebaischen  Paläste  und  Tempel  (zu  Ehren  des  Ammon 
imd  Osiris,  oder  wie  Herodot  schreibt,  des  Zeus  und  Dionysos).  Die 
Stadt  biess  bei  den  Äthiopen  Meru  oder  Merua  (daher  Meroe);  dieser 
Name  ist  später  (nach  Dunckeb  von  den  vor  der  persischen  Macht  zurück- 
weichenden Priestern)  auf  einen  weiter  südwärts  liegenden  Ort  übertragen 
worden. 

Dieses  zweite  Meroe,  bis  wohin  nach  der  Eroberung  Ägyptens  der 
Perserkönig  Kambyses  seinen  Zug  erstrecken  wollte,  lag  weiter  stromauf- 


»)  Monument  Äncyran.  V,  18—23: 
ducti  sunt  [du6\  exercitüs  eödetn  fere  tem- 
pore in  Aethiopiam  et  in  Ar[a]biam  .  .  . 
In  Aethiopiam  usque  ad  oppidum  Nabata 
perventum  est,  cui  proonma  est  Mero4 
{jxiXQ^  7rcA€(üf  Naßdrtjg,  ijng  iojly  iyyiata 
MeQorj  [sie]).  Eine  1896  in  Philae  gefondene 
dreisprachige  Inschriffc  des  ersten  praef, 
Aegyptif  C.  Cornelius  Gallns,  berichtet,  dass 
derselbe  (29  v.  Chr.)  in  15  Tagen  einen  Auf- 
stand in  der  Thebais  niedergeschlagen,  yer- 
schiedene  Stftdte  genommen  („  V  urbium  ex- 
pugnator:  Borelse'loSy  Copti,  Ceramices,  Dio- 
spoltos  Mec/[aleSy  Opihieu**),  aethiopische  Ge- 
sandte in  rhilae  empfangen  und  sein  Heer 
„uUra  Nili  catarhacten*^  gef&hrt  habe,  „in 
quem  locum  neque  popvlo  Romano  neque  re- 
gihus  Aegypti  [arma  ante  s]unt  prolatcr .  Vgl. 
Sitzungsber.  d.  Berl.  Akad.  1896  S.  469  ff. 
Im  ttbrigen  Mommsens  Kommentar  zum  Mon. 
Anc.  (2.  Auflage,  1888)  p.  106  ff.  Strabo  17, 
1, 54.  Dio  54,  5.  Plin.  N.  H.  6,  29,  181.  Der 
Name  der  Stadt  lautet,  wie  Mommsen  an- 
merkt, bei  Strabo  und  Ptolemaeus  Napata, 
bei  Plinius  Nepata,   bei  Dio  Tavdnrjy  bei 


Stephanus  Byzantius  Na  na  rat,  Ueber  die 
Rekognoscierung  unter  Nero  (68  n.  Chr.) 
vgl.  den  Periplus  maris  Erythraei  und  danach 
Plinius  6  §  104.  Ueber  den  Namen  Kandake, 
den  alle  Königinnen  Aethiopiens  führten,  vgl. 
WiLCKBH  in  .Hermes"  XXVHI  S.  154  f. 
Wilcken  bezieht  auch  die  , südlichste "  aller  la- 
teinischen Inschriften,  die  von  £1-Mesaurat 
oberhalb  von  Mero6  (Corp.  III  83)  auf  eine 
Kandake.  Die  Oertlichkeiten  (die  Blemmyer, 
Talmis,  Primis,  Taphis)  werden  auch  ge- 
nannt in  der  griechischen  Inschrift  des  nubi- 
schen  Königs  Silko.  Vgl.  darüber  Lepsius  in 
„Hermes"  X  129  ff.  Die  räuberischen  Ein- 
fälle der  an  der  Südgrenze  Aegyptens  sitzen- 
den Blemmyer  waren  gefürchtet.  Diocletian 
suchte  teils  durch  einen  ihnen  bewilligten 
Tribut,  teils  durch  Abtretung  des  Distriktes 
südlich  von  Philae  an  die  Nobatae  (Nubae) 
die  Grenze  sicher  zu  stellen.  Vgl.  Procop. 
b.  Pers.  I,  19.  Die  Inschrift  des  Silko  zeigt, 
dass  auch  die  nubischen  Fürsten  mit  den 
Blemmyem  Krieg  führten.  Vgl.  Mommsen, 
Rom.  Gesch.  V  596  f.  Dughbsitb,  Milanges 
XVI  (1896)  p.  82  ff. 


10.  AegypUii.    (§  71.)  153 

wärts,  und  wurde  von  den  Alten  für  eine  durch  die  Flüsse  Astapus,  Asta- 
boras  und  den  Nil  gebildete  Insel  gehalten.  Hier  bestand  der  von  ägyp- 
tischen Priestern  beherrschte  Staat  (mit  der  Hauptstadt  desselben  Namens) 
bis  ins  3.  Jahrhundert  v.  Chr.;  worauf  sich  ein  einheimischer  Fürst  des- 
selben bemächtigte.  Ruinen  von  Tempeln  und  Palästen,  Pyramiden, 
Alleen  von  Sphinxen,  Statuen  ägyptischer  Götter,  alles  in  mehr  entartetem 
Eunststil  und  unbedeutender  als  in  Nabata,  haben  sich  beim  heutigen 
Begerauieh  erhalten.  —  luvenal,  der  Oberägypten  aus  eigener  Anschau- 
ung kannte  {quantum  ipse  notavi  15, 45),  erwähnt  (13,  163)  die  langen 
Brüste  der  Frauen  von  Meroe.  — 

12 — 20  Tagereisen  oberhalb  Mero@,  wo  (nach  Eratosthenes)  auf  einer 
ähnlichen  Insel  wie  Meroe  flüchtige  Ägypter  sich  niedergelassen  hatten,  die 
sogenannten  Sebritae  oder  Sembritae,  sind  gleichfalls  Sphinxe  und 
andere  Statuen  ägyptischen  Stiles  gefunden. 

Endlich  hatte  die  ägyptische  Kultur,  als  unter  Psammetik  die  Krieger- 
kaste (nach  Herodot  240,000  Mann)  aus  Ägypten  auswanderte  (von  Herodot 
als  , Automolen,*  d.  i.  „Überläufer"  bezeichnet),  auch  das  Land  Axum 
(Aksüm),  das  heutige  Abessinien,  in  ihren  Bereich  gezogen;  in  der  im 
oberen  Hochthale  des  Astaboras  gelegenen  Hauptstadt  gleichen  Namens 
bezeugen  dies  55  Obelisken  und  andere  dort  gefundene  Baureste  ägyptischer 
Art.  —  Übrigens  hat  hier  vielleicht  schon  Jahrtausende  v.  Chr.  auch  die 
Ansiedlung  arabischer  Stämme  auf  afrikanischem  Boden  begonnen.  So 
NöLDEKE,  vgl.  E.  Glaser,  Die  Abessinier  in  Arabien  und  Afrika  auf 
Grund  neuentdeckter  Inschriften.    München  1895. 

71.  Ethnographie.  Die  Ägypter,  das  im  untern  Nillande  herr- 
schende Volk,  gehören  dem  nordafrikanischen  Sprachstamm  an,  der  mit 
dem  semitischen  urverwandt  ist;  auch  ein  Teil  der  „Aethiopier''  am  oberen 
Nil  und  die  Libyer  an  der  ganzen  Nordküste  Afrikas  ist  damit  verwandt. 
Erst  gegen  die  Vereinigung  des  weissen  und  blauen  Nils  hin  begann  das 
Land  der  Neger,  die  von  den  Griechen  gleichfalls  „Aethiopier'^  genannt 
wurden.  Die  ägyptischen  Denkmale  zeichnen  daher  einen  Teil  der  Süd- 
völker (auch  die  Ägypter)  rot,  den  anderen  schwarz.  —  Die  Ägypter 
müssen  in  das  Nilland,  aus  Asien,  eingewandert  sein,  wo  sie  durch  Ver- 
mischung mit  der  hier  vorgefundenen  dunkleren  Rasse  und  im  Laufe  tau- 
sendjähriger eigentümlicher  Entwicklung  einen  von  allen  Nachbarvölkern 
abweichenden  Typus  ausbildeten:  die  alten  Berichterstatter  heben  ihre 
dunklere  Hautfarbe,  die  Länge  und  Magerkeit  des  Körpers  hervor;  die 
Nachkommen  dieser  Easse,  die  (heutzutage  arabisch  redenden)  Fellähen 
(Bauern)  sind  überdies,  wie  die  Ägypter  der  alten  Monumente,  charak- 
terisiert durch  die  Länge  der  Hände  und  Füsse,  dicke  Lippen,  lang- 
geschlitzte Augen,  spitze  kurze  Einnbärte,  rotbräunliche  Hautfarbe.  Die 
ßeligionsentwicklung,  z.  B.  der  Tierkult,  die  Sitte  der  Beschneidung,  die 
von  hier  aus  sich  verbreitete,  scheint  unter  Einwirkung  der  afrikanischen 
schwarzen  Rasse  vor  sich  gegangen  zu  sein. 

Unter  der  Herrschaft  der  Griechen  und  Römer  besassen  die  Ägypter 
den  Charakter  einer  durch  lange  despotische  Behandlung  demoralisierten 
Rasse;  sie  galten  als  kriechend,  als  geneigt  zu  Lug  und  Trug,  zu  Bosheit 


154  A.  Öeographie  von  Italien  and  dem  Orbia  Bomanns. 

und  Zank  und  als  besonders  hartnäckig  in  ihrer  Superstition.  —  Die  Be- 
völkerung des  alten  Ägyptens  war  eine  sehr  dichte;  wie  denn  in  der  Zeit 
des  Vespasian  (nach  Josephus  b.  Jud.  11,  16,  4)  7  '/a  Millionen  kopfsteuer- 
pflichtige Ägypter  vorhanden  waren.  Die  grosse  Mehrzahl  derselben  be- 
stand seit  jeher  aus  an  die  Scholle  gebundenen  Fell&hen;  während  die  Zahl 
der  eigentlichen  Sklaven,  wenigstens  im  Binnenlande,  nicht  sehr  bedeutend 
gewesen  zu  sein  scheint. 

72.  Das  eigentliche  Ägypten.  Als  das  eigentliche  Ägypten  be- 
zeichneten die  Alten,  wie  es  auch  heute  noch  der  Fall  ist,  denjenigen  Teil 
des  Nilthaies,  der  sich  von  den  Katarakten  bei  Syene,  zu  beiden  Seiten 
des  Flusses  bis  ans  Mittelmeer  erstreckt.  Das  Nilthal  repräsentiert  sich 
hiebei  bis  in  die  Gegend,  wo  das  alte  Memphis  stand,  zwischen  den  rötlich 
grauen  Mauern  der  einfassenden  Wüstengebirge  als  ein  einförmiger  schmaler 
Streifen  Landes,  der  jährlich  von  den  Fluten  des  Stromes  überschwemmt 
und  dadurch  allein  kulturfähig  erhalten  wird;  wie  denn  auch  die  geistige 
Kultur  des  Landes,  sein  Kalenderwesen,  seine  Mythologie,  seine  Wissen- 
schaft, seine  soziale  Entwicklung,  ja  seine  ganze  Geschichte,  durch  diese 
natürliche  Beschaffenheit  des  Landes  bedingt  war  (daher  dcoQov  tov  noTafiov^ 
Herodot). 

An  der  nördlichen  Spitze  des  langen  Thaies,  unterhalb  Memphis, 
teilt  sich  der  Strom  in  viele  Arme  oder  Kanäle  und  es  breitet  sich  dem- 
gemäss  das  Thal  in  einer  Länge  von  20  deutschen  Meilen  zu  einer  nach 
Norden  zu  immer  breiter  (schliesslich  40  deutsche  Meilen)  werdenden  Ebene 
aus.  „Die  Breite  der  Basis  des  Deltas  zwischen  Pelusion  und  Kanopus, 
wie  sie  Herodot  (11,  6.  9)  zu  3600  Stadien  angibt,  ist  zu  gross.  Diodor 
(I,  34)  und  Strabon  geben  sie  zu  1300  Stadien  an,  was  der  Wahrheit  nahe 
kommt**  (Grote).  Jene  Ebene  aber  wurde  von  den  Ägyptern  „das  Über- 
schwemmungsland* (davon  das  griechische  nTiiiiQiq\  von  den  Griechen  aber 
„das  Delta**  genannt. 

Zu  den  Zeiten  des  Herodot  mündete  der  Nil  durch  fünf  natürliche 
Mündungen,  ausser  den  zwei  künstlich  gegrabenen.  Der  pelusische  Arm 
bildete  die  Ostgrenze  Ägyptens,  der  kanopischedie  Westgrenze;  während 
der  sebenny tische  Arm  eine  Fortsetzung  des  oberen  Flusses  in  gerader 
Linie  war:  von  diesem  zweigte  sich  der  saitische  und  mendesische 
Arm  ab. 

Diese  sieben  Mündungen,  die  im  Altertum  so  wohl  bekannt  waren, 
sind  mit  der  neueren  Gestaltung  des  Landes  nicht  in  Übereinstimmung. 

73.  Einteilung  des  Landes.  Ägypten  war  von  alters  her  ;,mehr 
nach  Messschnur  und  Zirkel  als  nach  historischen  oder  landschaftlichen 
Individualitäten**  in  Gaue  (griechisch  vofioC)  eingeteilt  und  hat  diese  Ein- 
teilung auch  in  griechischer  und  römischer  Zeit  behalten.  Die  Angabe 
des  Gaues  gehört  auch  in  der  römischen  Zeit  zur  korrekten  Heimats- 
angabo eines  Ägypters,  insofern  derselbe  etwa  auf  der  Flotte  diente; 
z.  B.  Corp.  insc.  Lat.  X  8482:  Egyptius  Lycopolites.  Ein  Militärdiplom 
(Xni),  welches  für  die  in  Ägypten  emeritierten  Flottensoldaten  au&gestellt 
ist,   gehörte  einem  Goptit(anus).     Die  Frau  eines  Flottensoldaten   nennt 


10.  Aegypton.    ($§  72,  73.)  155 

sich  Corp.  i.  Lat.  X  3635 :  Taesis  Aegyptia  nomu  Coptitupolis.  Vgl.  Momm- 
SEN  in  ^Hermes*'  XIX  33.  Rom.  Staatsrecht  III  785.  Zeitschr.  der  Savigny- 
ßtiftung  XIV  (1893).  Wenn  einem  Ägypter  das  römische  Bürgerrecht 
verliehen  werden  sollte,  hatte  er  vorher  Bürger  von  Alexandria  zu  werden, 
da  er  einer  städtisch  geordneten  Gemeinde  angehören  musste.  —  Die  Zahl 
und  Abgrenzung  der  Gaue  war  zu  verschiedenen  Zeiten  verschieden,  wie 
dies  aus  den  Angaben  von  Herodot,  Diodor,  Strabo,  Plinius,  Ptolemaeus 
und  den  Gaumünzen,  femer  aus  den  in  verschiedenen  Tempeln  erhal- 
tenen hieroglyphischen  Listen  hervorgeht.  Die  meisten  der  Listen  geben 
20 — 22  ober^yptische  und  ebensoviele  unterägyptische  Gaue  an.  Pto- 
lemaeus und  die  Gaumünzen  des  zweiten  Jahrhunderts  n.  Chr.  nennen 
47  Gaue. 

Jeder  Gau  bildete  eine  Kommune,  seine  Hauptstadt  war  nur  ein 
Teil  derselben;  er  hatte  sein  eigenes  Zeichen,  seine  eigene  Gottheit,  seine 
besonderen  Feste,  seine  charakteristische  landschaftliche  Physiognomie,  wie 
denn  die  Seen,  Kanäle,  Häfen,  heiligen  Haine,  die  in  demselben  gelegen 
waren,  in  den  hieroglyphischen  Inschriften  hervorgehoben  zu  werden 
pflegten. 

Der  Schauplatz  der  Geschichte  Ägyptens  wechselte  in  verschiedenen 
Epochen:  das  alte  ägyptische  Reich  hatte  seinen  Schwerpunkt  in  Mem- 
phis; es  kamen  Zeiten  der  Zersplitterung,  wo  die  Gaue  autonom  waren 
und  dem  Auslande  zinsten;  die  Vertreibung  der  ^jHyksos**  und  die  Er- 
hebung Ägyptens  ging  von  Theben  aus,  das  bis  dahin  der  Vorort  eines 
Gaues  gewesen  war,  jetzt  aber  zur  Hauptstadt  des  ganzen  Pharaonenreiches 
heranwuchs. 

Geographisch,  wie  auch  hinsichtlich  der  Dialekte,  die  gesprochen 
wurden,  gliederte  sich  Ägypten  in  zwei  oder  drei  Teile:  in  Oberägypten 
oder  die  Thebais,  in  Mittelägypten  oder  die  Heptanomis,  und  in  das  Delta. 
In  der  altägyptischen  Periode  unterschied  man  nur  das  Delta  oder  Unter- 
land und  das  Oberland  (hebräisch  Misraim  und  so  auch  in  den  anderen 
semitischen  Sprachen,  türkisch  Misir);  erst  in  der  römischen  Periode  (nach 
Augustus)  wurden  die  sechs  nördlichen  Gaue  von  Oberägypten  zusammen 
mit  dem  früher  zu  ünterägypten  gerechneten  memphitischen  Gau  zu  einem 
eigenen  Verwaltungsgebiete,  Heptanomis  (von  den  sieben  dazu  gehörigen 
Gauen  oder  Nomen)  vereinigt  und  dazu  noch  die  Landschaft  von  Arsinoe 
am  roten  Meer  (Arsinoitis)  geschlagen. 

Endlich  ist  hier  noch  Erwähnung  zu  thun  der  von  der  politischen 
verschiedenen  geographischen  Einteilung  Ägyptens  in  eine  östliche  und  eine 
westliche  Hälfte.  Man  bezeichnete  nämlich  das  ganze  Land  vom  Nil  bis 
zum  roten  Meer  mit  dem  allgemeinen  Ausdruck  ;, Arabien'',  die  Landschaft 
auf  dem  entgegengesetzten  Ufer  des  Nils  als  „Libyen''.  Es  entsprach  dies 
der  alten  geographischen  Anschauung,  welche  den  Nil  als  die  Grenze  von 
Asien  und  Afrika  auflfasste.  —  Auf  dem  Nil  wurde  zum  Zwecke  der  Strom- 
polizei und  der  Zolleinhebung  eine  eigene  „potamophylacia"  organisiert, 
die  aus  der  ptolemäischen  Zeit  in  die  römische  übernommen  wurde.  An 
den  Grenzen  der  Epistrategien  hatte  sie  Stationen.  Vgl.  W.  Schwarz  in 
Fleckeisens  Jahrb.  1891  S.  713—716:    ,Die  Potamophylada" .    Es  fanden 


156 


A.  Geographie  von  Italien  und  dem  Orbis  Bomanna. 


namentlich  grosse  Transporte  von  Getreide  aus  dem  Innern  des  Landes 
nach  Alexandria  statt;  man  denke  auch  an  die  wohlorganisierten  Liefe- 
rungen für  die  „annona^  der  Stadt  RomJ) 

74.  Verwalttuigsorganismus.  An  der  Spitze  der  bureaukratisch 
organisierten  Verwaltung  jedes  Nomos  stand  ein  (Xr^arijyog,  der  unter  den 
früheren  Ptolemaeern  militärische  Befugnisse  besessen  hatte;  der  Name 
blieb  auch  später,  als  eigene  Militärchefs  aufgestellt  waren,  und  nach  der 
römischen  Annexion,  als  der  betreffende  Würdenträger  nur  Polizeigewalt 
und  niedere  Gerichtsbarkeit  übte,  die  Aufsicht  über  die  lokalen  Behörden 
(Toparchen,  Nomarchen  u.  s.  w.)  zu  führen,  sowie  die  Eintreibung  der 
Steuern  zu  überwachen  hatte.  —  Dem  avgarrjYpQ  übergeordnet  war  der 
imCTQarrjYog,  der  einem  der  drei  Hauptteile  Ägyptens  vorgesetzt  war; 
über  diesem  stand  in  römischer  Zeit  ein  römischer  Ritter  als  „Vizekönig", 
der  „praefectus  Aegypti^. 

Der  hergebrachte  nationale  Verwaltungsorganismus  {imxcoQioi  agxovrec, 
Strabo)  bestand  demnach  unter  der  Fremdherrschaft  wenigstens  in  den 
unteren  Instanzen  (mit  teilweise  beschränktem  Wirkungskreis)  fort,  während 
bezüglich  der  oberen  die  jeweilige  Änderung  der  Herrschaft  gleichfalls  Ver- 
änderungen herbeiführte.  Der  Gegensatz  zwischen  Graeco-Ägyptem  und 
Ägyptern,  der  in  der  früheren  Ptolemaeer-Zeit  bestanden  hatte,  war  unter 
der  römischen  Herrschaft  ziemlich  ausgeglichen.  —  Unter  den  Strategen 
erscheinen  sowohl  ägyptische  Griechen,  als  Ägypter,  die  das  römische 
Bürgerrecht  erlangt  hatten;  der  Epistrateg  musste  römischer  Ritter  sein. 
Das  Militärwesen  in  Ägypten  behielt  manche  Eigentümlichkeiten  der  ptole- 
maeischen  Periode  bei.  Doch  war  die  lateinische  Sprache  die  offizielle. 
Seit  der  Constitutio  Antonina  des  Caracalla  machte  die  Verbreitung  des 
römischen  Rechtes  in  Ägypten  Fortschritte,  wenn  auch  die  Masse  der 
Ägypter  davon  ausgeschlossen  blieb. 

Die  Unterabteilungen  der  Nomen  hiessen  lonaQxiai,  die  wieder  in 
xwfiai,  Flecken,  und  ronoi,  Distrikte  zerfielen.  Als  Beamte  erscheinen  hier 
die  xoofiOYQaiiifxateTg  und  die  roTroyQafifiarsTg, 

75.  Geographische  Übersicht.  A.  Oberägypten.  Im  südlichsten 
Gau  lagen  die  Inseln  Philae  (ägypt.  Pilak,  d.  i.  „Insel  Lak**)  und  Ele- 
phantine;  auf  ersterer  sind  grossartige  Tempelbauten  aus  altägyptischer, 
griechischer,  römischer  Zeit  erhalten,  wie  denn  „die  grosse  Isis  in  Philae '', 
die  bis  zum  Ausgang  des  Heidentums  von  Ägyptern  und  Auswärtigen 
eifrig  verehrt  wurde,  auch  über  bedeutende  Tempelgüter  verfügte  (vgl. 
„Hermes**  XXH,  1  ff.);  namentlich  gehörte  ihr  das  sog.  „Zwölfmeilenland** 
{6ü)6€xd(fxoivog  bei  Ptolemaeus  und  in  den  Papyri  vgl.  „Hermes**  XXIII 
595  f.)  südwärts  von  Syene  bis  Tachompso.  Dieser  Landstrich  war  nicht 
als  eigener  Nomos  eingerichtet,  sondern  stand  unter  Aufsicht  des  Strategen 
von  Ombos  und  Elephantine.    Letzteres  war  ein  Handelsplatz,  wo  nament- 


0  Vgl.  strabo,  B.  XVII,  über  den  Zu- 
stand von  Aegypten  nnd  die  Anordnungen 
des  Augustas  daselbst.  Wichtig  war  die 
Annonarinstitation    für    Aegypten    wie    für 


Rom.  Plinius,  N.  H.  XXXVm.  Hiezu  die 
Angaben  der  Pa^ri,  so  eines  aus  dem  Jahre 
478  n.  Chr.,  den  W.  v.  Hartsl  in  den  »Wiener 
Studien*  V,  1  ff.  besprochen  hat. 


10.  Aegypten.    (fi§  74,  75.)  157 

lieh  Elfenbein  umgesetzt  wurde.  Hier  befand  sich  auch  das  Nilmesser- 
gebäude, ein  Brunnenhaus,  von  wo  die  mit  Spannung  erwartete  Meldung 
über  das  Ergebnis  der  beobachteten  Stromschwellung  durch  das  ganze 
Land  ging.  —  Am  östlichen  Flussufer  lag  die  Stadt  Sun  oder  Syene 
(arab.  Assu&n),  die  in  griechisch-römischer  Zeit  zu  grösserer  Bedeutung 
gelangte,  als  Grenz-  und  Garnisonsort,  wo  des  Handels  wegen  auch  Mauren 
und  Inder  sich  einfanden.  (Vgl.  Juvenal.  6,  466;  11,  124).  In  den  be- 
nachbarten weltberühmten  Steinbrüchen  wurde  der  als  Arbeitsmaterial 
hochgeschätzte  Granit  gebrochen  und  durch  ganz  Ägypten  versendet. 
Vgl.  Corp.  III  75.  —  Nordwärts  von  Syene  lag  die  Stadt  Ombos  (ägypt. 
Nubi,  „die  Goldstadt*)  mit  bedeutenden  (in  der  Ptolemaerzeit  restaurier- 
ten) Tempeln,  wo  ausser  Horus  auch  der  krokodilköpfige  Sebak-Ra  ver- 
ehrt wurde. 

Der  Hauptort  des  nächsten  oberägyptischen  Gaues  war  Apollino- 
polis  maior  oder  superior  (Edfu),  wo  die  bedeutendsten  Denkmäler  aus 
der  Zeit  der  Erhebung  gegen  die  Hyksos  sich  erhalten  haben.  In  römi- 
scher Zeit  war  hier  das  Hauptquartier  der  legio  11  Traiana.  Der  Ort 
gegenüber  auf  dem  rechten  Nilufer,  Contrapol lonospolis  maior,  war 
Gamisonsort  einer  Auxiliarkohorte  (Ephem.  epigr.  VU  p.  457). 

Der  Hauptort  des  dritten  Gaues  war  Necheb,  das  die  Griechen 
Eileithyia  und  die  Römer  Lucinae  oppidum  nannten,  da  sie  die  hier  ver- 
ehrte Gottheit  mit  ihrer  geburtshelfenden  Göttin  identifizierten. 

In  dem  vierten  Gau  wurde  Gott  Ammon  verehrt,  den  die  Griechen 
sich  als  Zeus  dachten,  daher  sie  die  Stadt,  die  unter  ihren  Titeln  den  der 
„Ammonsstadt"  führte,  Diospolis  benannten,  oder  Theben  (nach  Dümi- 
CHEN  von  ägypt.  »Ta-apiu**,  d.  i.  ^die  Stadt  der  Throne"),  das  hundert- 
thorige,  wie  es  bei  Homer  heisst;  seine  Ruinen  schliessen  die  grossartigsten 
Bauwerke  des  Altertums  in  sich,  die  einen  Umfang  von  2,  mit  der  Gräber- 
stadt (in  den  trockenen  Höhlengängen  des  benachbarten  westlichen  Kalk- 
gebirges) sogar  6  deutschen  Meilen  erfüllen.  Die  hiesigen  Tempel,  Paläste 
und  Gräber  stammen  hauptsächlich  aus  dem  17. — 14.  Jahrhundert  v.  Chr., 
den  Zeiten  der  XVEI.,  XIX.  Dynastie  (Ramesu  H  und  HI;  Amenhotep  IH, 
der  Memnon  der  Griechen,  von  dessen  2  Kolossalstatuen  allerlei  gefabelt 
ward).  Damals  war  Theben  die  nicht  nur  am  Jordan,  sondern  auch  am 
Euphrat  und  Tigris  gefürchtete  Metropole  Ägyptens.  Einige  Bauten  stammen 
aus  früherer  (XI.  und  XU.  Dynastie),  wieder  andere  aus  späterer  Zeit 
(dyn.  XX..  XXL,  XXTL,  XXV.,  XXX.)  Doch  auch  die  Ptolemaeer  bauten 
hier,  schon  um  die  nationale  Opposition,  die  sich  von  Zeit  zu  Zeit  gegen 
ihre  Herrschaft  in  Oberägypten  bemerkbar  machte,  dadurch  lahmzulegen. 
Dieselbe  Politik  befolgten  die  römischen  Kaiser;  so  dass  der  berühmteste 
aller  thebanischen  Tempel,  der  des  Ammon,  als  Massstab  für  mehr  als 
zwei  Jahrtausende  ägyptischer  Architektur  und  Geschichte  gelten  kann« 
—  Theben  war  unter  römischer  Herrschaft  noch  immer  ein  ansehnlicher 
Ort;  er  kommt  als  Heimat  von  Soldaten  in  den  alexandrinischen  Legions- 
listen vor. 

In  römischer  Zeit  war  Theben  auch  durch  seine  Kunstindustrie  be- 
kannt.  Um  die  Haupttempel,  die  in  drei  Gruppen  verteilt  sind,  lagen  damals 


158  A.  Geographie  von  Italien  nnd  dem  Orbia  Romanaa. 

(wie  jetzt  die  Dörfer  Luqsor,  Earnak,  Medinet-Habu)  die  xwjua*,  d.  i.  Stadt- 
viertel oder  vielmehr  Unterabteilungen  des  Nomos,  die  durch  weite  garten- 
bedeckte Räume  getrennt  waren.  —  Die  einzelnen  Tempelanlagen  waren 
durch  Sphinxstrassen  mit  einander  verbunden;  die  Stadt  durch  den  Nil  in 
zwei  Hälften  geteilt.  So  wurde  Theben  ein  Hauptziel  der  römischen 
Touristen;  Germanicus  war  im  Jahre  19  n.  Chr.  dort  und  liess  sich  von 
einem  Priester  die  Hieroglyphenschrift  erklären.  Auch  das  berühmte 
tönende  Bild  des  Memnon  besichtigte  er,  an  dem  zahlreiche  Besucher  ihre 
Namen  eingekritzelt  haben.  Vgl.  Fbiedländeb,  Sittengesch.  H^  S.  146  f. 
Corp.  insc.  Lat.  EI  p.  9flf.  —  In  spätrömischer  Zeit  wird  auf  thebani- 
schem  Gebiet  eine  Stadt  Maximianopolis  erwähnt,  wo  eine  Garnison 
lag;  diese  Stadt  wird  aus  einer  jener  xcifiat  von  , Theben"  erwachsen  sein. 

Die  Hauptstadt  des  fünften  oberägyptischen  Gaus  war  (nach  der 
gräzisierten  Bezeichnung)  Eoptos  (hieroglyphisch  Qebti,  beim  heutigen 
Euft),  an  der  östlichen  Ausbiegung  des  Nil,  wo  seit  ältester  Zeit  zwei  der 
nach  dem  roten  Meere  führenden,  den  Orienthandel  vermittelnden  Strassen 
abzweigten.  Schon  unter  den  ersten  uns  bekannten  Pharaonen  bildete  Koptos 
den  Schlüssel  zum  gesamten  Verkehr  Oberägyptens  mit  den  Küsten  des 
roten  Meeres.  Und  dasselbe  war,  wie  die  Denkmäler  erweisen,  später  der 
Fall  auch  unter  persischer,  griechischer,  römischer  Herrschaft.  Vgl.  Corp.  i. 
Lat.  ni  p.  9  und  besonders  suppl.  p.  1209  ff.  Auf  einer  im  Jahre  1883 
bei  Koptos  gefundenen  Inschrift  (wahrscheinlich  aus  der  Zeit  des  Augustus) 
werden  die  Truppenabteilungen  angegeben,  welche  die  östlichen  Wüsten- 
Strassen  nach  Berenice  und  Myos  Hormos  neu  in  stand  gesetzt  hatten: 
lacci  (d.  i.  Zisternen)  aedificati  et  dedicati  sunt  ApoUonos  Hydreuma  —  Com- 
pasi  —  Berenicide  —  Myoa  Hormü  —  (Mit  Angabe  des  Datums).  Qistram 
(sie)  aedificaverunt  et  refecerunt.  Vgl.  Mommsens  Kommentar  a.  a.  0.  Koptos 
wurde  bleibend  als  Militärstation  eingerichtet,  ebenso  wie  am  „Mens  Bere- 
nicidis''  und  am  „Mens  Claudianus",  auch  „Mons  porphyrites"  genannt, 
(auf  dem  Wege  nach  Myos  Hormos,  heute  Gebel  Fatire),  an  welchen  Orten 
berühmte  von  verurteilten  Verbrechern  bearbeitete  Steinbrüche  lagen,  je 
ein  Detachement  von  Auxiliartruppen  stationierte.  —  Unfern  von  Koptos, 
gelegentlich  durch  einen  Unfall  dieser  Stadt  gefördert,  lag  südwärts  eine 
andere  der  von  den  Griechen  sog.  „ApoUonstädte"  (Apollinopolis  parva), 
nordwärts  Kainepolis  (, Neustadt,  bei  Herodot  Neapolis),  das  von  den 
Griechen  neu  gegründet  wurde. 

Letztere  Stadt  lag  im  sechsten  Gau;  ihr  gegenüber  Tentyra  (Den- 
dera),  mit  einem  schon  im  vierten  Jahrtausend  v.  Chr.  angelegten,  unter 
den  Ptolemaeem  erweiterten,  im  ersten  Jahrhundert  der  römischen  Kaiser- 
zeit zur  Vollendung  gebrachten  Tempel  der  Göttin  Hathor. 

Der  siebente  Gau  hatte  eine  „Ammonsstadf*,  von  den  Griechen  und 
B.ömern  .Klein-Diospolis''  genannt  zum  Unterschied  von  Gross-Diospolis, 
d.  i.  Theben. 

Im  achten  Gau  lag  „Abydos''  (ägypt.  Abtu),  zur  Zeit  der  XVI.  bis 
XVin.  Dynastie  neben  Theben  die  bedeutendste  Stadt  Oberägyptens,  mit  einem 
dem  Andenken  von  Sethos  I.  und  Ramses  H.  (der  dyn.  XIX)  geweihten 
Tempel  {Mefivoveiov)  und  dem  gefeierten  Grabhügel  des  Osiris,  zu  dem  die 


10.  Aegypton.    (§  75.) 


159 


alten  Ägypter  von  weither  Wallfahrten  unternahmen;  während  die  reicheren 
Leute  grossen  Wert  darauf  legten,  hier  begraben  zu  werden.  In  der  Nähe 
von  Abydos  lag  die  uralte,  später  heruntergekommene  Hauptstadt  des 
Gaues,  Teni,  nach  der  Überlieferung  die  Heimat  des  Königs  Menes,  der 
die  erste  Einigung  der  ägyptischen  Oaue  zu  einem  Reiche  zu  stände  ge- 
bracht hatte.  Neben  Abydos  gelangte  Ptolemais-Hermiu  (Psi-Ptulmis) 
in  der  griechisch-römischen  Zeit  zu  Bedeutung.  Es  lagen  Steinbrüche  in 
der  Nähe,  deren  Ausbeutung  unter  der  Obhut  einer  Auxiliarkohorte  er- 
folgte (vgl.  Ephem.  epigr.  VH  p.  426  f.). 

Im  neunten  Gau  lag  Ghemmis  oder  Panopolis,  indem  der  Name  des 
Gottes  Ghem  mit  Fan  übersetzt  wurde;  aus  ähnlichem  Grunde  hiess  den 
Griechen  die  Hauptstadt  des  zehnten  Gaues  Aphroditopolis. 

Von  den  Städten  der  vier  noch  übrigen  oberägyptischen  Gaue  sind 
Antaeopolis  (Horus  ward  mit  dem  Riesen  Antaeus  identifiziert)  und 
«Lycopolis"  (mit  Mumiengräbem  des  dem  Gotte  Anubis  geheiligten  Scha- 
kals) bemerkenswert.  Hieraconpolis  war  Station  einer  Auxiliarkohorte 
(Corp.  m,  22,  add.  6626,   cf.  Notit.  dign.  31,  58). 

B.  Mittelägypten.  Die  südlichste  Stadt  Mittelägyptens  war  Her- 
mopolis  {oppidum  Mercurii),  mit  dem  Beinamen  magna,  deren  Trümmer- 
reste über  eine  deutsche  Meile  im  umfang  haben;  man  verehrte  hier  als 
Schutzgottheit  den  Thot,  dem  der  Ibis  und  die  Affen  heilig  waren;  daher 
Mumien  dieser  Tiere  in  den  Höhlen  des  benachbarten  Gebirges. 

Nördlich  davon,  auf  der  anderen  (östlichen)  Seite  des  Nil  gründete 
Kaiser  Hadrian  im  Jahre  130  n.  Chr.  über  einer  älteren  Ortschaft,  namens 
Besä,  die  Stadt  Antinoe  oder  Antinoopolis,  die  nach  dem  bekannten 
Günstling  Hadrians  benannt  wai*. ')  —  In  Kynopolis  (oppidum  canum  bei 
Plinius)  wurden  die  Hunde  (als  dem  Gott  Anubis  heilig)  verehrt;  in  Oxy- 
rynchus  Fische.  —  Die  Gauhauptstadt  Herakleopolis  (magna)  verdankt 
ihren  Namen  der  Identifizierung  des  hier  verehrten  Gottes  Chnum-Ra  mit 
dem  Herakles  der  Griechen. 

Die  Gegend  um  Herakleopolis  und  nordwärts  davon  spielt  in  den 
kosmogonischen  Mythen  der  Ägypter  eine  Rolle,  was  möglicherweise  damit 
zusammenhängt,  dass  in  praehistorischer  Zeit  hier  früher  als  im  Delta  sich 
das  Kulturleben  entfaltete.  Schon  im  dritten  Jahrtausend  v.  Chr.  wurde  zur 
Bewässerung  des  der  Wüste  abgerungenen  Terrains,  wie  auch  im  Interesse 
der  nördlicher  gelegenen  Distrikte  ein  grosses  Wasserreservoir  angelegt, 
das  von  den  griechischen  Berichterstattern  infolge  eines  begreiflichen  Miss- 
verständnisses als  „Moeris-See"  bezeichnet  wird  (nach  Dümichen  ist  der 
Name  aus  »Mer-ur",  d.  i.  „grosses  Wasser**  entstanden).  Durch  diese 
Bewässerungsvorkehrungen  ist  im  Altertum  hier  ein  Kulturboden  ersten 
Ranges  (jetzt  noch  nach  einer  gleichfalls  ägyptischen  Bezeichnung  el  Faijüm, 
d.  i.  „Seeland'*,  genannt)  im  Umfange  von  40  QMeilen  erzielt  worden.  Am 
Ostufer   des   Sees   lag   das   unter   der   XH.  Dynastie   erbaute  Labyrinth 


0  Vgl.  DüBR,  Bie  Reisen  des  Kaisers 
Hadrian,  Wien  1881,  S.  64.  Hadrian  liess 
voLch.  die  Strasse  von  Antinoopolis  nach  Be- 


renike  am  roten  Meer  in  stand  setzen  und 
schmttckte  sie  mit  reichlichen  Brunnen,  Sta- 
tionen, Kastellen. 


160  A.  Oeographie  Toti  Italien  und  dem  Orbia  Romanaa. 

(nach  Lepsiüs,  der  das  Labyrinth  in  der  Nähe  der  Pyramide  von  Hawara 
entdeckt  zu  haben  meinte,  gebildet  au8  dem  ägypt.  „Lopa-rohun'^,  d.  i. 
«Tempel  des  Todes"). 

Die  am  „Moeris-See"  gelegene  Stadt  (beim  heutigen  Medinet  el  Faijüm) 
wurde  von  den  Griechen  Krocodilopolis  genannt,  da  die  Ägypter  sie 
als  »Stadt  des  (Gottes)  Sebak*"  bezeichneten,  dem  das  Krokodil  heilig  war. 
Später  nannte  einer  der  Ptolemaeer  nicht  sowohl  die  Stadt  als  vielmehr 
den  ganzen  Gau  nach  seiner  Gemahlin  ArsinoS  (i;  Kqoxodslkwv  noXig  tov 
*Aq(Xivöitov  vofiov  oder  rj  t(Sv  ^Q^ivoiTcSv  noXtg,  d.  h.  die  Stadt  der  arsinoi- 
tischen  Gaubewohner).  Die  Arsinoä  wurde  (neben  dem  Krokodil)  als  Qau- 
göttin  verehrt.  Es  sind  von  dieser  Stadt  in  neuester  Zeit  die  Überreste 
ihres  Archivs  —  Tausende  von  Papyrusfetzen  —  aufgefunden  und  nach 
Wien  („Papyrus  Erzherzog  flainer"),  Paris,  Berlin  u.  a.  0.  gebracht 
worden,  so  dass  der  alte  Ort  eine  Auferstehung  feierte,  die  sich  recht 
wohl  mit  der  von  Pompeii  vergleichen  lässt. 

In  Aphroditopolis,  auf  der  arabischen  Seite  des  Nil,  wurde  die 
Isis-Hathor  als  Liebesgöttin  verehrt;  »der  Göttin  zu  Ehren  wird  eine  weisse 
Kuh  unterhalten '',  berichtet  Strabo. 

An  der  Scheide  von  Mittel-  und  ünterägypten  (in  den  Zeiten  des 
nationalen  Reiches  zu  letzterem  gerechnet)  lag  Memphis,  neben  und  nach 
Theben,  dem  es  jedoch  an  Grossartigkeit  der  Monumente  nachsteht,  die 
Hauptstadt  ganz  Ägyptens,  deren  Gründung  die  Überlieferung  dem  König 
Menes  zuschreibt. 

Memphis  war  noch  unter  griechischer  und  römischer  Herrschaft  nach 
Alexandria  die  volkreichste  Stadt  des  Landes.  Die  Ptolemaeer  Hessen  sich 
hier  krönen.  Unter  Augustus  lag  wie  in  Alexandria  auch  in  Memphis 
eine  Legion  (Strabo).  Auch  sonst  erscheint  Memphis  der  neuen  Haupt- 
stadt gleichgestellt.  (Vgl.  „Hermes'*  XXVIH,  331  A.  2).  In  der  Nähe 
die  berühmten  Pyramidengruppen  (beim  heutigen  Lischt,  Saqqara,  Abusir, 
Zauiet-el-Arrian,  Gizeh  und  Abu-Roasch),  um  dieselben  herum  zahlreiche 
den  Zeiten  der  ersten  Dynastien  angebörige  Gräber.  Um  diese  hochbe- 
rühmten Denkmäler  zu  sehen,  sind  in  römischer  Zeit  nicht  wenige  Reisende 
hierher  gekommen,  die  sich  auch  an  den  Pyramiden  durch  eingehauene 
Inschriften  verewigt  haben.  Vgl.  Friedländer,  Sittengesch.  H"*  S.  144  f. 
—  Von  den  Vorstädten  Troia  (so  von  den  Griechen  nach  einem  anklingen- 
den ägyptischen  Namen  bezeichnet)  und  Babylon  (von  einer  gewaltsam 
herverpflanzten  semitischen  Kolonie  so  genannt?)  erlangte  die  letztere  im 
Mittelalter  selbständige  Bedeutung,  bis  der  Name  der  von  den  Arabern 
hierselbst  gegründeten  Niederlassung  (Kahira)  für  die  Hauptstadt  des 
neuen  Ägyptens  durchdrang.  —  In  dem  memphitischen  Gau  (beim  heutigen 
Rubajjät)  lag  auch  der  „Hafenort"  Kerke,  was  von  einem  Kanal  wird  ver- 
standen werden  müssen,  der  den  Verkehr  des  »Seelandes'*  mit  dem  Nil 
vermittelte.  (Hier  sind  die  ägyptogriechischen  Porträts  gefunden,  die  durch 
Th.  Graf  nach  Europa  kamen). 

C.  Unterägypten.  Die  Gaueinteilung  ist  für  ünterägypten  schwerer 
zu  rekonstruieren,  auch  die  Lage  der  einzelnen  Städte  nicht  so  leicht  fest- 
zustellen, wie  für  Oberägypten,  da  dort  weit  mehr  politische  und  ethnische 


10.  Aegypten.    (§  75.)  161 

Veränderungen  vor  sich  gegangen,  viele  Ruinen,  von  denen  noch  die  arabi- 
schen Schriftsteller  des  Mittelalters  wussten,  jetzt  verschwunden  sind. 

Das  Delta  ist  durch  die  Hauptarme  des  Nil  in  drei  Teile  geteilt,  der 
westliche  (mit  der  Mündung  von  Kanopus)  erstreckt  sich  bis  zum  Mareo- 
tissee  (ägypt.  Merit),  der  mittlere,  der  mehrere  Mündungen  des  Stromes 
einschliesst,  hat  den  Burlosee  vor  sich,  der  östliche  (mit  der  Mündung  von 
Pelusium)  den  heutigen  Menzalesee. 

Im  westlichen  Teile  des  Delta  lag  der  prosopitische  Gau,  dessen 
Hauptstadt  bei  Ptolemaeus  und  den  Späteren  Nikiu  (früher  Prosopis)  ge- 
nannt wird.  Femer  lag  hier  Sa'is,  die  Residenz  der  letzten  ägjrptischen 
Dynastie  vor  der  persischen  Eroberung.  Zum  saitischen  Qau  gehörte 
Naukratis  (am  bolbinitischen  Nilarm),  der  Stapelplatz  der  Griechen  im 
6.  Jahrhundert  v.  Chr.,  auch  später  von  Bedeutung;  Vaterstadt  des  Athe- 
naeus.  —  Östlich  davon  Chois,  das  auch  eine  Zeitlang  als  Residenz 
diente.  Letopolis,  südwärts  von  den  beiden  genannten,  war  eine  der 
Göttin  Bast  heilige  Stadt;  Apis,  am  Mareotissee,  dem  Apis  heilig. 

Im  mittleren  Delta  lag  Sebennytos  (ägypt.  Teb-nuter,  d.  i.  „ Stadt 
des  hl.  Kalbes"),  bekannt  als  Sitz  der  aufständischen  Fürsten  in  der  per- 
sischen Periode.  Busiris,  ägypt.  Pa-usiri,  d.  i.  Wohnung  des  Osiris  (heute 
Abu-sir).  Bubastis,  das  Pibeset  der  Bibel,  zm-  Zeit  Herodots  die  grösste 
Stadt  im  Delta,  wo  die  katzenköpfige  Göttin  Bast  verehrt  wurde. 

Im  östlichen  Delta  lagen  die  Städte  Heliopolis  (ägypt.  Pe-ra,  „Haus 
der  Sonne'*  oder  mit  vulgärer  Bezeichnung  Anu,  hebr.  On);  Tanis  (die 
Residenz  der  semitischen  Eroberer,  dann  wieder  unter  der  XXI.  und  XXHI. 
Dynastie  von  Bedeutung);  Pelusium  (nach  Dümichen  infolge  einer  falschen 
Etymologie  des  ägyptischen  Namens  Am  so  genannt  von  griechisch  nr^Xog^ 
Morast,  somit.  Sin,  neuarab.  Tino;  ein  zweiter  Name  der  Stadt  war  Romen, 
koptisch  Pe-remoun,  welcher  Name  sich  in  dem  der  beiden  Dörfer  Fara- 
mah  und  Rumanieh  erhalten  hat).  In  der  Nähe  der  Berg  Easios  mit  dem 
Grabe  des  Pompeius.  —  Südwestlich  lag  die  alte  Hyksosfestung  Avaris 
(Hat-uar). 

Die  Oasen.  Westlich  vom  Nilthale  in  der  libyschen  Wüste  lagen 
die  grosse  und  die  kleine  Oase,  die  seit  den  Ptolemaeern  zu  Ägypten 
im  weiteren  Sinne  des  Wortes  gerechnet,  auch  in  die  Nomeneinteilung 
einbezogen  wurden;  was  unter  der  römischen  Herrschaft  bestehen  blieb. 
Die  grosse  oder  Thebaische  Oase  (westlich  von  Abydos)  hatte  nach  den 
Urkunden  der  Eaiserzeit  einen  eigenen  Strategen.  Den  Weg  dahin  schützten 
eigene  Wüstenwächter  (6Q€oq>vlax€g  oSov  'Oaffecog).  Die  kleine  Oase  ge- 
hörte zur  Heptanomis.  —  Nördlich  davon  die  Oase,  die  jetzt  Siwah  heisst, 
berühmt  als  Sitz  des  Ammonkultes,  12  Tagereisen  westlich  von  Memphis 
(Plin.  n.  h.  V,  9).     Sie  gehörte  zum  Nomos  Libya  (Ptol.  IV,  5). 

Die  Eanallandschaft.  östlich  von  Pelusium,  an  der  Landenge, 
die  »Bitterseen*  {locus  amari),  Reste  vorzeitlicher  Meerbedeckung.  Von 
hier  aus  wurde  im  Altertum  wiederholt  der  Versuch  gemacht,  eine  Ver- 
bindung des  mittelländischen  Meeres  mit  dem  roten  herzustellen ;  so  durch 
Ramesu  H  (1394 — 1328),  indem  er  vom  östlichen  Nilarm  aus  (durch  das 
Thal  Wadi  Tumilat,  wahrscheinlich  das  Göschen  der  Bibel,  griechisch  Pha- 

Handbach  der  klan.  AltertanMWteeDiichan.  III.  3.    2.  Aufl.  II 


162  A.  Geographie  von  Italien  and  dem  Orbia  Bomanns. 

cusa)  einen  Kanal  nach  dem  arabischen  Golf  hin  anlegte,  mit  der  Hafen- 
stadt Ramesu,  dem  Heroopolis  der  Griechen.  Der  Kanal  versandete 
öfter,  wurde  aber,  sobald  eine  energischere  Regierungsperiode  eintrat,  immer 
wiederhergestellt;  so  von  Necho  (um  600  v.  Chr.),  durch  Darius  I;  Pto- 
lemaeus  I  und  11;  zuletzt  durch  Traian,  seit  welchem  er  den  Namen  Au- 
gustus  Amnis  fUhrte  und  die  umliegende  Landschaft  davon  als  die 
Augustamnica  bezeichnet  wurde.  Der  Kanal  mündete  bei  Arsinoe-Cleo- 
patris,  eine  halbe  Stunde  von  dem  heutigen  Suez,  ins  rote  Meer. 

Das  eigentliche  Libyen  in  seinem  Verhältnis  zu  Ägypten. 
Die  westwärts  von  Ägypten  gelegene  libysche  Küstenlandschaft  (Pentapolis, 
Gyrenaica)  befand  sich  unter  ägyptischer  Botmässigkeit  und  bildete  eine 
Sekundogenitur  der  Ptolemaeer,  bis  es  seit  74  v.  Chr.  römische  Provinz 
wurde.  Augustus  kombinierte  dieselbe  mit  Greta  zu  einem  Provinzial- 
Sprengel,  der  also  nach  der  griechischen  Seite  hin  gravitieren  sollte.  Nach 
der  diocletianischen  Einteilung  wurde  es  nicht  zum  afrikanischen,  sondern 
zum  ägyptischen  Länderkomplex  geschlagen.  Die  Städte  Gyrene  und 
Barca  (auch  Barce,  in  spätrömiseher  Zeit  Baricis,  die  Einwohner  Barcaei 
oder  Bariciani)  haben  als  Bischofssitze  bis  zum  Zusammenbruche  des 
römischen  Reiches  eine  verhältnismässige  Blüte  sich  bewahrt.  Der  Hafen 
von  Gyrene,  ApoUonia,  erhielt  den  Namen  Sozopolis  (jetzt  Süza).  Im 
übrigen  vgl.  die  Hellen.  Landeskunde. 

76.  Das  rote  (erythraeische)  Meer.  Längs  der  Küste  der  sogen. 
Troglodyten  waren  seit  den  ältesten  Zeiten,  wie  die  bis  auf  die  VI.  Dynastie 
zurückreichenden  Felsinschriften  darthun,  eine  Reihe  von  Häfen  angelegt. 
Dieselben  waren  teils  mittels  Landstrassen  durch  die  arabische  Wüste 
mit  dem  Nilthal  in  Verbindung  gesetzt,  teils  als  Stationen  für  die  Schiff- 
fahrt im  nicht  ohne  Vorsicht  zu  befahrenden  roten  Meer  eingerichtet.  Die 
Pharaonen  haben  in  allen  Blüteperioden  des  Reiches  Handelsflotten  auf 
dem  roten  Meer  zur  Anknüpfung  direkter  Beziehungen  mit  dem  afrika- 
nischen Weihrauchland  Punt^)  entsandt. 

Die  Ptolemaeer  restaurierten  jene  Häfen  und  gaben  ihnen  neue 
Namen:  Arsinoe,  Myos-Hormos,  Aennum,  Leukos,  Nechesia,Bere- 
nice  (von  hier  aus  eine  der  Strassen  nach  Koptos  am  Nil);  Soteronlimen, 
Ptolemais  Epitheras,  das  äthiopische  Adulis,  endlich  Berenice  mit 
dem  Beinamen  Epideires.  —  Die  Station  Ptolemais  Epitheras  hatte  ihren 
Namen  von  Ptolemaeus  H.  Philadelphus  (284 — 246),  der  Expeditionen  zur 
Erkundung  der  Küste  und  der  Häfen  aussandte;  der  Beiname  Epitheras 
war  dem  Ort  gegeben  nach  den  Elephantenjagden,  die  man  von  hier  aus 
im  inneren  Lande  veranstaltete.  Der  Handel  mit  Elfenbein,  Schildkröten, 
Nashörnern,  Spezereien  war  an  dieser  Küste  von  Bedeutung;  dafür  wurden 
ägyptische  Waren  abgesetzt,  Luxusartikel,  Gewandstoffe,  Werkzeugsgei*äte, 
Waffen;  auch  Wein  und  Getreide. 


*)  Ueber  die  Lage  von  Punt  vergl.  W. 
Max  Müllbb,  Asien  und  Europa  nach  alt- 
ägyptischen  DenkmAlern  (1893j.    Ueber  den 


Handel  im  alten  Aegypten  vgl.  Ed.  Mbybb, 
Die  wirtschaftliche  Entwicklung  des  Alter- 
tums, Jena  1895. 


10.  Aegypten.    (§§  76,  77.)  163 

Die  Schiffahrtsverbindung  erstreckte  sich  an  die  arabische  und  äthio- 
pische Küste,  in  den  persischen  Meerbusen,  bis  nach  Indien;  ein  direkter 
Handel  nach  dem  letzteren  Lande  kam  jedoch  erst  wieder  unter  römischer 
Herrschaft  zu  stände. 

B.  Fabbioius,  Der  Periplus  des  eiythraeisclien  Meeres  von  einem  Unbekannten. 
Griechisch  und  Deutsch  mit  kritischen  und  erklärenden  Anmerkungen  nebst  voUstfindigem 
Wörterverzeichnisse,  Leipzig  1883.  „Der  Verfasser  dieses,  den  praktischen  Zwecken  des 
Kauftnanns  und  Schiffers  dienenden  Periplus  schildert  die  Schiffahrt  und  die  Handelsplätze 
zunächst  an  der  Ostküste  Afrikas  von  Myos-Hormos  bis  nach  Rhapta.  Dann  kehrt  er  zu- 
rück zu  seinem  ersten  Ausgangspunkte,  fährt  von  Myos-Hormos  ostwärts  direkt  über  den 
arabischen  Meerbusen  nach  Leuke-Eome  in  Arabien  und  von  da  an  schildert  er  die  Fahrt 
an  der  West-  und  Südküste  Arabiens  bis  nach  Vorderindiens  Westküste,  die  er  bis  zum 
Kap  Eomorin  verfolgt  und  ihr  schliesslich  über  die  Ostküste  Vorderindiens  noch  einiges 
hinzufügt  Doch  ist  der  letzte  Teil  der  Schilderung  der  Fahrt  an  der  Ostküste  Afrikas 
(von  Opone,  im  Somälilande,  südwärts)  nach  allen  Anzeichen  nur  nach  Mitteilungen  ihm 
befreundeter  Seefahrer  abgefasst,  während  die  Notiz  Über  die  direkten  Fahrten  von  Ost- 
afrika und  Südarabien  aus  nach  der  Westküste  Vorderindiens  mit  Benutzung  der  Monsuns 
sein  Eigentum  ist.*^ 

Dieser  Periplus  stammt  aus  der  römischen  Zeit  zwischen  56  und  71  n.  Chr.  Vgl. 
£.  Glasbb,  Abfassungszeit  und  Autor  des  periplus  maris  Erithraei:  „  Ausland '^  1891  S.  45  f. 
In  dem  Werk  ist  von  einem  Nabataeerkönig  Malichas  (d.  i.  Malchus  III,  49 — 71  n.  Chr.) 
als  von  einem  Zeitgenossen  des  Reisenden  und  von  „Eaisem''  die  Rede,  unter  welchen 
bloss  Claudius  und  Nero  oder  die  ganze  Reihe  von  Claudius  bis  Vespasian  verstanden 
werden  kann.  Plinius  der  Aeltere  hat  den  Periplus  benützt,  dessen  Verfasser  ist  vielleicht 
der  £[aufmann  Basiles,  den  Plinius  im  Index  unter  seinen  Autoren  aufführt.  —  Eine  neuer- 
dings (1893)  von  Glaser  eruierte  Inschrift  (vom  Jahre  29  n.  Chr.)  erwähnt  den  aus  dem 
Periplus  bekannten  hadhramantischen  Eönig  Eleazos  als  Ili-'azz-Jallt  (,Allg.  Zeitung **  1894 
Beil.  März  7).  —  In  der  Schrift  von  E.  Glasbb,  Die  Abessinier  in  Arabien  und  Afrika  (1895) 
werden  die  Beziehungen  des  römischen  und  persischen  Welthandels  zu  den  Axumiten  und 
den  arabischen  Rivalen,  den  Himjaren,  auseinandergesetzt.  Ueber  das  Reich  der  Axumiten 
in  der  Euserzeit  vgl.  Mommsen,  Rom.  Gesch.  V,  598  f.  Adulis  (in  der  Bucht  von  Massaua) 
war  der  Hafenplatz,  während  die  Hauptstadt  Axömis  (Axum;  in  der  heutigen  Landschaft 
Tigre  lag.  —  Ueber  eine  Flottenexpedition,  die  unter  Ptolemaeus  H  Philadelphus  nach  dem 
persischen  Meerbusen  unternommen  wurde,  berichtet  eine  in  Pithom-Heroopolis  von  der 
Priesterschaft  des  Gottes  Atum  errichtete  Hieroglyphenstele.  Vgl.  U.  Eöhlbb  in  den 
Sitzungsb.  der  Berliner  Akad.  1895  S.  965  ff.  —  Ueber  die  Nachrichten  des  Eosmas  Indiko- 
pleustes  vgl.  Ebumbaghsbs  Byzant.  Litteraturgeschichte  S.  157  f. 

77.  Alexandrias  Bedeutung  fttr  Ägypten  und  die  übrigen  Mittel- 
meerlandschaften. Die  von  Alexander  d.  Gr.  (gegenüber  der  Insel  Pharos) 
unfern  der  Nilmündung  von  Kanopus  begründete  Hauptstadt,  die  vom 
echten  Ägypter  immer  als  eine  Art  Ausland  angesehen,  übrigens  nach  wie 
vor  Rhakotis  genannt  wurde,  erwuchs  zu  einem  Bindeglied  zwischen  dem 
Nilland  und  der  übrigen  alten  Eulturwelt. 

Die  Politik  der  makedonischen  Dynastie,  die  in  erster  Linie  Alexandria 
zu  gute  kam,  gfng  dahin,  den  Handel  von  jedem  Hemmnis  und  wo  möglich 
auch  von  jeder  Konkurrenz  zu  befreien.  Daher  im  Westen  gegenüber  dem 
seemächtigen  Karthago  eine  romfreundliche  Politik,  während  man  im  Osten 
durch  die  Okkupation  von  Goelesyrien  u.  s.  w.  den  Überlandhandel  nach 
Alexandria  zu  leiten  unternahm;  im  aegeischen  Meere  wurden  Stations- 
plätze okkupiert,  und  die  Schiffahrtshindernisse,  die  z.  B.  das  exklusive 
Byzanz  im  Bosporus  bereitete,  (unter  Ptolemaeus  IV.)  im  Bunde  mit  Rhodus 
beseitigt.  Die  Zerstörung  von  Karthago  und  Korinth  nützte  nicht  nur 
dem  römischen,  sondern  auch  dem  alexandrinischen  Handel,  der  seitdem 
vom  schwarzen  Meer  bis  nach  Äthiopien,  von  Indien  bis  an  die  Säulen  des 
Herkules  reichte  und  namentlich  auch  den  italischen  und  stadtrömischeu 


[g4  A.  Geographie  von  Italien  nnd  dem  Orbis  Bomanaa. 

Markt  für  sich  gewann.  Mehr  noch  war  dies  der  Fall  nach  der  Annexion 
Ägyptens  an  das  römische  Reich.  Die  Verhältnisse  des  Landes  und  seiner 
Hauptstadt  (die  gleich  den  anderen  Griechenstädten:  Naukratis,  Ptolemais 
in  Oberägypten,  Antinoö  von  der  Oauverfassung  eximiert  war;  daher  als 
Heimatsgemeinde  in  den  röm.  Militärlisten  die  Stadt  angegeben  ist:  z.  B. 
Alexandrinus)  blieben  im  wesentlichen  unverändert;  vielmehr  haben  die 
ägyptischen  und  insbesondere  die  alexandrinischen  Institutionen  in  Rom 
als  Muster  gedient.  Alexandria  blieb  Residenz  des  „praefedus  (Alexandriae  et) 
Äegypti^  und  Sitz  der  Centralbehörden:  des  iuridicus  Alexandriae,  des  idiologus 
Aegypti,  des  procurator  ad  dioecesin  Alexandriae  u.  s.  w.  In  der  nächsten 
Nähe  der  Stadt,  in  Nikopolis  (beim  heutigen  Ramleh),  war  ein  Legions- 
lager eingerichtet.  —  Eine  andere  Vorstadt  hiess  Neapolis,  wovon  ein 
procurator  benannt  wurde,  der  zugleich  die  Aufsicht  über  das  Mausoleum 
Alexanders  d.  Gr.  zu  führen  hatte.  Dann  gab  es  ein  eigenes  Judenviertel 
in  Alexandria,  wie  denn  die  Schriften  des  Juden  Philo  eine  wichtige  Quelle 
für  die  Topographie  der  Stadt  bilden. 

Anderseits  verbreitete  sich  die  griechische  Bildung  von  Alexandria 
aus  stetig  weiter  stromaufwärts,  so  dass  schliesslich  öffentliche  Biblio- 
theken, welche  auch  die  Werke  der  griechischen  Klassiker  enthielten, 
selbst  in  kleineren  Orten,  wie  ArsinoS  (Faijüm)  vorhanden  waren. 

F(ir  ein  Land  wie  Aegypten,  das  seit  der  persischen  Herrschaft  (und  schon  früher 
seit  dem  Einfluss  der  Griechen)  eine  durchaus  passive  Rolle  in  der  Geschichte  gespielt  hat, 
muss  die  geographische  Darlegung  auf  die  eigentlich  Ägyptische  Periode  zurückgreifen, 
dann  die  Gründungen  der  hellenistischen  Periode  berücksichtigen,  die  von  den  römischen 
Kaisern  übernommen  und  fortgeführt  wurden.  Endlich  muss  auf  die  Einrichtungen  der 
Eaiserzeit  Bezug  genommen  werden.  Aegyptisches,  griechisches,  römisches  Wesen  lagen 
gleich  drei  Schichten  übereinander,  wie  man  jetzt,  bei  Vertiefung  der  ftgyptologischen 
Studien  an  der  Hand  der  Papyri  von  El-Faijüm  u.  s.  w.  immer  mehr  erkennt.  Dem  ent- 
sprechend auch  die  folgende  Litteraturangabe.  H.  Bbuosch,  Geographie  des  alten  Aegyptens, 
3  Bände,  Leipzig  1857.  —  Derselbe,  Dictionnaire  g^ographique  de  Vancienne  ^ypte,  Leipz. 
1876—1879.  Diese  Frucht  dreissigjähriger  Studien  bespricht  die  geographischen  Namen 
der  ägyptischen  Denkmäler  in  alphabetischer  Aufeinanderfolge.  —  Derselbe:  „L*  exode  et 
les  monuments  egyptiens**,  mit  einer  Karte  des  alten  Unterägyptens,  Leipzig  1875.  — 
J.  DüMiCHEN,  Geographie  des  alten  Aegyptens.  (In  dem  Sammelwerke  „Allgemeine  Ge- 
schichte in  Einzeldarstellungen",  herausgeg.  von  W.  Oncken.)  Berlin  1878  f.  Enthält  zwei 
umfangreiche  geographische  Kapitel  (mit  Abbildungen  und  Litteratumach weisen  S.  1—266). 

1.  Das  Volk  der  alten  Aegypter,    ihr  Land  und   dessen  Erzeuger  und  Ernährer,   der  Nil. 

2.  Die  alte  geographische  Einteilung  des  Landes.    Mit  von  Dümichek  entworfenen  Karten: 

1.  Der  Lauf  des  Nil  von  seinem  Herauskommen  aus  den  NeiXov  Xifivai  (Mwutan  und  Uke- 
rewe)  bis  zu  seiner  Mündung  ins  Mittelmeer.     (Althistorische  Namen  in  Lapidarschrift).  — 

2.  Karte  des  alten  Aegypten  (I.  und  IL  oberäg.  Gau,  nach  den  Berichten  der  Denkmäler, 
den  Angaben  der  griechischen,  römischen  und  koptischen  Schriftsteller  und  mit  Berück- 
sichtigung  der   modernen   arabischen   Ortsnamen,    denen   ein   altäg.  zu   Grunde   liegt).  ~ 

3.  Situationsplan   der   drei   Tempelbezirke  in  Kamak   und   Generalkarte   von  Theben.  — 

4.  Das  Assuäner  Katarakten-Gebiet.  5.  und  6.  Karte  des  alten  Aegypten,  HI  bis  VIII 
oberäg.  Gau;  IX  bis  XIV  oberäg.  Gau.  7.  Das  Delta.  —  Vgl.  auch  DDmicbbn,  »Geo- 
graphische Inschriften  altägyptischer  Denkmäler".  In  den  Jahren  1863 — 1865  an  Ort  und 
Stelle  gesammelt  und  mit  Erläuterungen  herausgegeben,  2  Bände,  Leipzig  1865.  Femer 
»Die  Oasen  der  libyschen  Wüste**.  Ihre  alten  Namen  und  ihre  Lage,  ihre  vorzüglichsten 
Erzeugnisse  und  die  in  ihren  Tempeln  verehrten  Gottheiten,  Strassburg  1877.  —  A.  Ma- 
RiBTTE,  Les  listes  gSographiques  des  Pyldnes  de  Karnak  comprenant  la  Palestine,  V  Ethiopief 
le  pays  des  Somal,  Leipzig  1875.  Vergl.  Bbügsch  in  Gott.  gel.  Anzeigen  1876,  St.  1.  — 
A.  Mariettb,  Karnak,  ^ude  topographique  et  arch^ologique  avec  un  appendice  comprenant 
les  principaux  textes  hi^oglyphiques  dScouverts  ou  rectieillis  pendant  Us  fouilles  ix^cuties 
ä  Karnak  (Hauptwerk  über  Theben),  Leipzig  1875.  —  Habris,  HierogJyphical  Standards 
representing  places  in  Egypt  supposed  to  he  nomes  and  toparchies,  1851.  (Veröffentlichte 
zum  erstenmal  einige  der  bis  dahin  fast  unbeachtet  gebliebenen  geographischen  Listen,  die 


10.  Aegypten.    (§  77.)  165 

einzelnen  Figuren  als  Personifikationen  der  verschiedenen  Gaue  Aegyptens  und  deren  Unter- 
abteilnngen  erklärend.  Vgl.  Dümiohbn,  Geographie  Aegyptens,  S.  27  ff.  Für  die  Behandlung 
der  Geographie  Aegyptens  war  der  untere  Absatz  der  Tempelwände,  auf  etwa  ein  Meter 
Höhe  von  der  Basis  ab  bestimmt;  während  die  ins  Ausland  unternommenen  Feldzttge  an 
den  Aussenmauem  des  Tempels,  zumal  an  den  durch  ihre  Höhe  zu  Eolossaldarstellungen 
vorzüglich  sich  eignenden  Wänden,  dargestellt  waren.)  —  Lbpsius,  «lieber  die  mit  den 
Nomenlisten  verbundenen  geographischen  Namenreihen  **.  In  Zeitschrift  ftb*  ägypt.  Sprache 
1865.  —  J.  DB  Roüo^,  Textes  giographiquea  du  temple  d*  Edfou  (in  der  „Revtte  archSo- 
logique*')  und  Monnaies  des  Nomes  de  V  Agypte.  In  der  „Revue  numismatique**  1874.  — 
Maspero,  Fragment  d*  un  commentaire  sur  le  second  livre  d*  HSrodote.  Im  „Annuaire 
de  V  associatUm  pour  V  encouragement  des  Müdes  grecques  en  France",  1876 — 1878.  (üeber 
die  Physiognomie  Aegyptens  im  5.  Jahrb.  v.  Chr.,  zur  Zeit,  da  Herodot  als  wissbegieriger 
Forscher  dafi  Nilland  bereiste,  und  Aber  Herodots  Bericht  selbst  vgl.  man  auch  H.  Bbboeb, 
Gesch.  der  wissenschafÜ.  Erdkunde  der  Griech.,  Abt.  I,  S.  104  ff.)  —  A.  Wiedbmann, 
Geschichte  Aegyptens  von  Psammetich  I.  bis  auf  Alexander  d.  Gr.  nebst  einer  eingehenden 
Kritik  der  QueUen  zur  ägyptischen  Geschichte,  Leipzig  1880.  (Bespricht  S.  13  f.  die  Listen 
der  eroberten  Städte  und  Länder  und  eine  Reihe  anderer  geographischer  und  ethnographi- 
scher Monumente).  —  Robiou,  Memoire  sur  V  iconomie  politique,  V  administratian  et  la 
legislation  de  V  J^gypie  au  temps  des  Lagides.  Avec  carte.  Paris  1876.  (Die  Karte  ver- 
anschaulicht die  administrative  Topographie  Unterägyptens  in  griechischer  Zeit  und  die  An- 
siedlungen  längs  der  Kttsten  des  roten  Meeres.)  —  Jon.  Gustav  Droysen,  De  Lagidarum 
regno  PtoUmaeo  VI  Philometore  rege,  Droysens  Doktordissertation,  Berlin  1831,  wieder  ab- 
gedruckt in  dessen  «Kleinen  Schriften  zur  alten  Geschichte"  Bd.  II,  Leipzig  1894,  und  mit 
Anmerkungen  versehen  von  U.  Wilcken.  -  W.  Schwabz,  Der  Schoinos  bei  den  Aegyptem, 
Griechen  und  Römern.  Eine  metrologische  und  geogr.  Untersuchung.  In  den  «Berliner 
Studien  fttr  kl.  Philologie  und  Archäologie**,  Berlin  1894.  Derselbe,  Zur  Politik  Ale- 
xanders d.  Gr.  In  Fleckeisens  Jahrb.  1894  S.  179  ff.  (ttber  die  Grtlndung  von  Alexandria 
und  Alexanders  Einrichtungen  in  Aegypten).  Derselbe,  Der  Geograph  Claudius  Ptolemaeus, 
Rhein.  Mus.  1893  S.  258  ff.  Dessen  Positionsbestimmungen  für  Aegypten  analysiert.  Der- 
selbe, Eine  Welthandelsstrasse.  In  Fleckeisens  Jahrbüchern  1892  S.  635—653  (von  Ale- 
xandria nach  Indien).  Derselbe,  Aethiopien  (in  handelspolitischer  Beziehung),  Rhein. 
Mus.  1894.  Derselbe,  Der  bubastische  Nilarm,  In  Fleckeisens  Jahrb.  1894.  —  J.  Jukg, 
Die  römischen  Yerwaltungsbeamten  in  Aegypten,  „Wiener  Studien '^  XIY  (1892)  S.  227  ff. 
(Behandelt  die  „cursus  honorum"  der  praefecti  Aegypti,  der  Epistrategen  u.  s.  w.,  um  den 
Zusammenhang  Aegyptens  mit  dem  übrigen  Reiche  darzulegen.)  —  U.  Wilcken,  Bemer- 
kungen zur  ägyptischen  Strategie  in  der  Kaiserzeit,  „Hermes"  XXVII  S.  287  ff.  (Ueber  die 
Ernennung  der  Strategen,  d.  i.  der  Vorsteher  der  Nomen,  Liste  der  bekannten  Strategen  aus 
Inschriften  und  Papyri).  —  0.  Hibschfeld,  Die  ägypt.  Polizei  der  römischen  Kaiserzeit  nach 
Papvrusurkunden,  Berliner  Sitzungsber.  1892  S.  815  ff.  —  P.  Viereck,  Urkunden  aus  dem 
Archiv  von  Arsinoö,  „Hermes"  XXVII,  516  ff.  (eine  Reihe  von  Aktenstücken  aus  dem  Stra- 
tegenarchiv von  ArsinoS).  —  Die  Militärverhältnisse  Aegyptens  in  römischer  Zeit,  welche 
ftkr  die  Schonung  der  Eigentümlichkeiten  des  Landes  charakteristisch  sind,  behandelte,  aus- 
gehend von  den  Legionarb'sten  aus  Koptos  und  Alexandria,  Momusen  in  „Hermes"  XIX 
S.  1  ff.,  vgl.  Corp.  III  suppl.  n.  6580,  6627;  in  Bezug  auf  die  Auxiliartnippen  Ephem.  epigr. 
VII  p.  456  ff.;  femer  (in  Bezug  auf  die  Militärdiplome)  Corp.  III  suppl.  p.  2007.  Man  er- 
sieht, welchen  Anteil  die  einheimische,  resp.  griechische  Bevölkerung  am  Militärdienst  hatte, 
ebenso  die  Verbreitung  des  römischen  Bürgerrechtes  in  Aegypten.  —  Lumbroso,  V  Egitto 
al  tempo  dei  Greei  e  dei  Romani  {Roma  1882,  2.  Aufl.  1895).  Enthält  auch  geograph.  Aus- 
einandersetzungen. So  wird  ein  lange  vermisster,  von  L.  in  Turin  gefundener  Bericht  über 
die  von  den  Franzosen  im  Jahre  1800  ausgeführte  Expedition  von  Siut  nach  dem  roten 
Meer  mitgeteilt  und  daran  eine  geschichtliche  Erörterung  über  die  das  Nilland  umgebenden 
Wüsten  geknüpft.  Beachtenswert  sind  die  Bemerkungen  über  die  ägyptischen  Kanäle  in 
der  Kaiserzeit  S.  21  ff.  Weiter  sind  die  Strasse  von  Koptos  nach  Berenice  und  die  süd- 
lichen Grenzlandschaften  Aegyptens  behandelt  (vgl.  hierüber  auch  die  „A  11g.  Zeitung"  1893 
Sept.  Beil.  N.  22.S  ff.:  „Altes  und  Neues  über  Koptos  und  Wadi  Hamamät"),  mehrere  Kapitel  der 
Stadt  Alexandria  gewidmet.  —  W.  Jüdeich,  Caesar  im  Orient,  Leipzig  1885  (auch  das 
„bellum  Afexandrinum"  mit  Verwertung  der  neuesten  topographischen  Hilfsmittel  behan- 
delnd). Neboutsos-Bet,  L'  ancienne  Alexandrie,  ^tude  archdologique  et  topographtquCj 
Paris  1888.  Mit  einem  Plan  der  Stadt.  Weitere  Litteratur  verzeichnet  Puchsteik  s.  v. 
Alexandria  in  der  Neubearbeitung  von  Paulys  Realencyklopädie.  Vgl.  Ephem.  epigr,  VII 
p.  448  ff.  über  die  Wasserversorgung  Alexandrias  unter  Augustus,  wo  auch  eine  Abhand- 
lung PucHSTBiNS  über  die  alexandrinischen  Wasserleitungen  angekündigt  wird.  —  L.  Mitteis, 
Reichsrecht  imd  Volksrecht  in  den  östlichen  Provinzen  des  röm.  Reiches,  Leipzig  1891.  — 
E.  Kühn,   Die  städtische  und  bürgerliche  Verfassung  des  römischen  Reiches  bis  auf  die 


166  A.  Geographie  Ton  Italien  nnd  dem  Orbis  Bomanna. 

Zeiten  Justisians,  Bd.  II,  Leiinig  1865,  S.  80—91,  454—508:  Der  Zustand  Aegyptens,  ein 
Gegenbild  der  römischen  Munizipalverfassung.  —  Eibpbbt,  Geogr.  §  172  ff.  —  Mabquabdt, 
Rom.  ßtaatsverw.  I  *  S.  488—456  (mit  Angabe  der  Speziallitterator).  —  Mommsbh,  Römische 
Geschichte,  Bd.  V,  Kap.  12 :  Aegypten.  Hiezu  Nöldekbs  Rezension  im  X?(;XTX.  Bande  der 
Zeitschrift  der  deutschen  morgenländischen  Gesellschaft  (1885).  Für  die  sp&trömische  Zeit 
ist  (ausser  Ammianus,  der  Notit.  dignitatutn  und  dem  fiierocles)  wichtig  Georgii  Cifprii  de- 
scriptio  orbis  Bomani,  edid.  H.  Gelzbb,  mit  der  Eartenbeilage:  ÄegypH  inferioris  provinciae 
secundum  Georgii  descriptionem.  1  :  2,500,000;  mit  reichlichem  Kommentar.  —  S^ten- 
BEBG,  Chronique  de  Jean  Mgue  de  Nilciou.  Notices  et  extraita  des  manuscrits  de  la  hihlio- 
thkque  nationale.  T.  XXIV,  1  (1883).  Diese  Chronik  des  7.  Jahrh.  n.  Chr.  ist  aus  dem  griechi- 
schen ins  arabische,  aus  dem  arabischen  ins  äthiopische  Übersetzt  worden  und  so  erhalten. 
Sie  ist  auch  f&r  die  Geographie  von  hervorragender  Bedeutung.  Nikiu,  der  Bischofsitz  des 
Verfassers,  lag  an  der  Strasse  von  Memphis  nach  Alexandrien,  nach  dem  lün.  Ant.  von 
dem  ersteren  49,  von  dem  letzteren  96  römische  Meilen  entfernt,  an  dem  Ostufer  des  £a- 
nopischen  Nilannes  (Armes  von  Rosette),  auf  einer  von  diesem,  dem  sebennytischen  und 
dem  zuerst  nach  der  Stromspaltung  beide  verbindenden  Kanal  gebildeten,  von  Herodot  und 
Thukydides  unter  dem  Namen  Prosopitis  erwähnten  Insel  gelegen.  Ptolemaeus  bezeichnet 
Nikiu  als  die  Hauptstadt  des  prosopitischen  Nomos.  Vgl.  QuATRSiiEas,  Mimoires  giogra- 
phiques  et  historiques  sur  V  ^ggpte,  I  p.  420  ff.  Gelzbr,  Georg.  Cyprius  p.  109  ff.  üeber 
die  Nilm&ndungen  im  späteren  Altertum,  ebenda  p.  133.  Yergl.  auck  Pabthbt,  Aegypten 
beim  Geographen  von  Ravenna,  Abhandlungen  der  preuss.  Akad.  1858.  AiiiLiNBAU,  La  gio- 
graphie  de  V  Egypte  ä  V  Spoque  copte  (1890).  —  G.  D abesst,  Les  grandes  mlles  d'  Egypte 
ä  V  Spoque  copte  {Revue  archiol,  3.  t.  XXV,  1894)  stellt  eine  Reihe  von  Oertlichkeiten  des 
Deltas  fest  auf  Grund  zweier  koptischer  Verzeichnisse  von  Bistümern.  Mit  kartographischer 
Skizze.  —  Die  Schwierigkeiten,  welche  die  Topographie  des  Deltas  bietet,  lassen  sich,  wie 
schon  Champollion  und  Quatrem^re  erkannten,  nur  mit  Hilfe  der  mittelalterlichen  Quellen 
bewältigen.  Vgl.  auch  J.  de  Rovo6,  La  g^ographie  ancienne  de  la  Basse-Egypte  (1890), 
der  sich  gleichfalls  auf  eine  koptische  Bischofsliste  stützt.  —  Garolvs  a  S.  Paolo,  Geo- 
graphia  sacra  p.  254  ff.  —  Nachblüte  des  ägyptischen  Volkstums  saec.  VI— X. 

Eine  neue  Periode  der  ägyptischen  Forschung,  namentlich  für  die  Zeit  römischer 
Herrschaft  ist  heraufgekonmien,  seitdem  Tausende  von  Papyr  aus  FailQm  nach  Wien 
und  Berlin  gekommen  sind.  Vgl.  J.  Kababaoek,  Der  Papyrusfund  von  El-Faijüm,  Denk- 
schriften der  Wiener  Akademie  Bd.  XXXIÜ  (1882).  G.  Ebbbs,  Eine  Gallerie  antiker  Por- 
träts. Erster  Bericht  über  eine  jüngst  entdeckte  Denkmälergruppe,  Berlin  1889.  G.  Wss- 
SELT,  Prolegomena  ad  papyr orum  Graecorum  novam  colledionem  edendam,  Wien  1888. 
Die  darin  besprochenen  Papyri  von  El-Faijüm  („Papyrus  Erzherzog  Rainer'*)  sind  für  die 
Kenntnis  der  Verwaltung  Aegyptens  in  ptolemäischer  und  römischer  Zeit  von  hervoiragender 
Bedeutung.  —  C.  Wessbly,  Neue  griechische  Papyri  aus  This  und  Panopolis,  «Wiener 
Studien"  VII  (1885)  S.  122—139  (er  bemerkt,  dass  die  mittelägvptischen  und  die  oberägyp- 
tischen Zustände  in  den  Papvri  als  wesentlich  gleichartig  erscheinen).  —  W.  v.  Habtel, 
Ueber  die  griech.  Papyri  Erzherzog  Rainer.  Vorti-ag  gehalten  in  der  Sitz,  der  Wiener  Akad. 
am  10.  März  1886  (die  Beschreibung,  welche  Strabo  von  den  Bevölkerungs-  und  Produktions- 
verhältnissen Aegyptens  gibt,  findet  durch  die  Angaben  der  Papyri  ihre  Illustration;  was 
in  diesem  Vortrage  des  näheren  ausgeführt  ist).  —  U.  Wilcken,  Observationes  ad  historiam 
Äegypti  provinciae  Bomanae  depromptae  e  papyris  graecis  Berolinensibus  ineditis,  Berliner 
Doktordissertation  1885.  —  Man  vergl.  auch  die  Aufsätze  von  Wilcken  in  , Hermes'*  XIX, 
290  ff.;  XX,  430  ff.;  XXI,  277  ff;  XXH,  1  u.  142  ff.;  XXIII,  592  ff.,  629  ff;  XXVUI,  230  ff. 
Femer  «Aktenstücke  aus  der  kgl.  Bank  zu  Theben"  (Sitzungsber.  der  Berliner  Akad.  1886). 
Daran  schliesst  sich  die  Ausgabe  der  „Aegyptischen  Urkunden  aus  den  königlichen  Museen 
zu  Berlin*"  (Berlin  1892  ff.,  bis  Ende  1895  zwei  Bände)  durch  Wilcken,  Viebeck  u.  a.  unter 
Leitung  von  Mokusen,  der  selbst  einige  dieser  Urkunden  eingehender  konunentiert  hat. 
Vgl.  «Zeitschrift  der  Savignystiftung«  Rom.  Abt.  XII  (1892)  S.  284  ff.  Ephemeris  epigra- 
phica  VII  (1892)  p.  456  ff.  Gbadenwitz,  Ein  Protokoll  von  Memphis  aus  Hadrianischer  Zeit, 
«Hermes''  XXVHI,  331  ff.  Viebeok,  Urkunden  aus  dem  Archiv  von  Arsinoe  vom  Jahre  248 
n.  Chr.  «Hennes*  XXVU,  516  ff.  Derselbe,  Quittungen  über  Lieferung  von  Saatkorn, 
«Hermes*  XXX,  107  ff.  Alle  diese  Arbeiten  ergaben  mancherlei  Detail  für  die  geographische 
Forschung,  zeigten  aber  auch,  wie  konservativ  alle  Verhältnisse  des  Landes  waren.  —  Das- 
selbe gilt  von  den  Publikationen  der  Wiener  Papyrusforscher  (namentlich  C.  Wessblt, 
Corpus  Papyror,  Baineri,  Bd.  1,  1895.  Der  2.  Band,  von  Kball  bearbeitet,  enthält  koptische 
Urkunden).  Ueber  Arsino6  und  seine  Geschichte  vgl.  Wilcken,  Zeitschrift  der  Gesellschaft 
f.  Erdkunde  1887  S.  26  ff.  und  zu  J.  G.  Dboysens  Kl.  Schriften  II  S.  435.  —  Ueber  die  Aus- 
übung der  Gerichtsbarkelt  in  den  verschiedenen  Sprengein  Aegyptens  handelt  eingehend 
auch  L.  Mitteis,  Zur  Berliner  Papyruspublikation,  , Hermes'  XXX  S.  564  ff.  —  Der  Index 
zu  Band  I  der  Berl.  Papyr.  (1895)  verzeichnet  p.  376  f.  „Geographisches*:  Länder,  Völker, 
Gaue,  Städte,  Dörfer,  Strassen,  Plätze,  öffentliche  Gebäude,  endlich  die  Demotika.  —  .Mit- 


10.  Aegypten.    (§  77.)  167 

teilungen  aus  der  Sammlung  der  Papyrus  Erzherzog  Rainer",  Wien  1886  ff. 
J.  NiooLB,  Les  papyrus  de  Genhe,  Vol.  I  (6en6ve  1896).  Ein  Teil  der  Fa:pyTUB  von  El- 
Faij^m  kam  nach  Genf. 

In  den  letzten  Jahren  wurden  hauptsächlich  durch  den  „Egypt  Exploration  Fund** 
in  Unter&gypten  völlig  verschollene  Städte,  wie  Pithom,  Tanis,  Naukratis,  Buhastis  aufge- 
deckt. Darüber  liegen  (seit  1885)  folgende  Publikationen  (vgl.  Revtie  critique  1889  April 
22,  1893  Mai  15)  vor: 

1.  E.  Navillb,  The  störe  eity  of  Pithom  and  the  rouU  of  the  Exodus.  (London  1885. 
Wichtig  für  die  biblische  Geographie). 

2.  FuNDEBS  PsTBiB,  lanis.    1^9  partie, 

3.  Plikdebs  Pbtbie,  Naukratis.  l^e  partie.  (1886.  Wichtige  Aufechlttsse  über  die 
griechischen  Niederlassungen  in  Naukratis.) 

4.  Flindebs  Pbtbie,  Tanis.    2«  partie.     Nebesheh  und  Defenneh. 

5.  E.  Naville,  Goshen  and  the  shrine  of  Saft-el-Henneh.  (Für  die  biblische  Geographie 
von  Bedeutung.) 

6.  E.  A.  Gabdnbb,  Naukratis.    Part  IL     WUh  an  appendix  hy  L.  F.  Gbiffith  (1888). 

7.  E.  Naville  und  Gbiffith,  Hie  city  of  Onias  and  the  Mound  of  the  Jew.  (Biblische 
Geographie.) 

8.  E.  Naville,  Buhastis.  —  Im  Felsgebirge  von  Tell-Bastah,  nahe  der  von  Kairo  nach 
Ismailia  führenden  Bahn,  hat  Naville  im  Jahre  1887  die  üeberreste  des  berühmten 
Tempels  von  Buhastis  ausgegraben  und  Tausende  von  einbalsamierten  Katzen  vor- 
gefunden. 

9.  E.  Naville,  The  festivaUhall  of  Osorkon  II  in  the  great  temple  of  Buhastis  (1892). 
Flinders  Petrie  hat  1892  bei  Teil  el  Amama  ausgegraben.  —  Der  zweite  „Archaeo- 

logical  report*'  des  »Fund"  (1892—1893)  enthält  eine  archäologische  Karte  von  Aeg^ten 
in  5  Blättem.v  Der  „report*^  über  die  Jahre  1893—1894  ist  (in  London)  1895  erschienen. 
—  J.  P.  Mahaffy,  The  Flinders  Petrie  Papyri  (I,  1891.  11,  1893)  gibt  nament- 
lich Aufschlüsse  über  die  makedonischen  Soldaten  und  ihren  Grundbesitz,  wobei  die 
Verhältnisse  der  Ptolemaeerzeit  an  die  von  Herodot  U  168  geschilderten  erinnern.  Yergl. 
Wilckbn  in  den  Göttinger  gel.  Anz.  1895  S.  130  ff.  —  Mimoires  publids  par  les  memhres 
de  1a  mission  archSologique  frangaise  a  Caire,  wovon  1893  als  Bd.  XIII  erschienen  ist: 
G.  BiN^DiTE,  Description  et  histoire  de  V  tle  de  Philae.  lieber  die  neuesten  Untersuchungen 
bei  Assuftn,  Elephantine  u.  s.  w.  vgl.  Maspbbo,  La  premihre  campagne  de  fouiUes  de  M.  de 
Morgan  en  iigypte.  Compte  rendu  de  V  acad.  des  insc.  1893  (Mai)  p.  155  ff.  Die  Resultate 
kommen  vor  allem  der  ältesten  Geschichte  Aegyptens  zu  gute.  Aber  auch  da  darf  man 
nicht  vergessen,  dass  z.  B.  dem  Isistempel  zu  Philae  die  altiiergebrachten  Privilegien  sowol 
von  den  Ptolemaeem,  als  von  den  römischen  Kaisem  immer  wieder  bestätigt  wurden. 
Eingehende  Untersuchung  der  Bauten  von  Philae  1896;  des  Isistempels,  des  Nilmessers, 
Auj^dung  eines  Augustustempels,  der  oben  S.  152  Anm.  erwähnten  bischrift  des  Cornelius 
Gallus  u.  s.  w.  Inschriften  aus  ptolemaeischer  Zeit,  Gnadenbeweise  der  Ptolemaeer  für  die 
Priester  von  Elephantine,  sind  besprochen  in  den  Mitt.  des  athen.  Instituts  1895  S.  327  ff. 
üeber  die  römische  Besatzung  von  Syene  vgl.  Acad.  des  inscript.  1896  Januar— Februar. 
Ueber  die  in  der  Kaiserzeit  geprägten  Nomosmünzen  vgl.  Pick  in  der  Zeitschrift  f.  Numis- 
matik XIV,  304  ff.  Ueber  die  ägyptischen  Pagarchen  handelt  Kababaoek  in  den  „Mitteil, 
aus  d.  Sammlung  d.  Pap^s  Erzherzog  Rainer*  I  S.  7  ff. 

Ueber  die  Verbreitung  des  Christentums  den  Nil  aufwärts  von  Alexandria  aus  nach 
Nubien  und  Abessynien  vgl.  die  Studie  von  L.  Duohesnb  „Les  missions  chritiennes  au 
sud  de  V  Empire  romain**  in  den  „Milanges  d'archSol.  et  d'histoire  XVI  (1896)  p.  79  ff., 
mit  geographisch  wichtigen  Notizen  aus  der  spätrömischen  Zeit. 


Nachträgliche  Bemerkungen. 

Zu  S.  9  f.  Die  Neuausgabe  der  römischen  Itinerarien  wird  bei  Teubner-Leipzig  er- 
scheinen unter  dem  Titel:  Itineraria  Romana.  Ediderunt  et  commentariis  instruxerunt 
Otto  Cuntz  et  Guilblmus  Kubitschbk.  Zwei  Bände.  Dieselben  sollen  ausser  den  in  der 
Parthey-Pinderschen  Ausgabe  vereinigten  Wegbüchem  auch  den  Routentext  der  Peutinger'- 
schen  Tafel  und  den  Geographen  von  Ravenna,  soweit  er  das  Routennetz  der  von 
ihm  benutzten  Karte  wiederiiolt,  enthalten. 

Zu  S.  25  Anm.  Die  hier  nach  Belooh  gegebene  Etymologie  des  Namens  von  Ischia 
ist  unrichtig.  Nach  Ascoli  ist  Iscla  =  insula.  Vgl.  Bbloch  in  den  Ergänzungen  und  Nach- 
trägen zur  ersten  Ausgabe  seines  .Kampanien'^  S.  468. 


Alphabetisches  Register. 


Abella  28. 

Abellmum  28,  46. 

Abigas  73. 

Abila  Lysaniae  145. 

Abilene  145. 

Abnoba  111. 

Aborigines  42. 

Abruzzen  (Aprutium)  14,  49. 

Abudiacum  132. 

Abydos  158. 

Acci  88,  93. 

Acelum  62. 

Acerrae  29. 

Acerantia  23. 

Achaia  139. 

Acbenisia  26. 

Achulla  79. 

Aciris  20. 

Acropolis  20. 

Acumincum  134. 

Addoa  66. 

Adiabene  146. 

Adrana  111. 

Adrianopcl  138. 

Adriatisclies  Meer  15,  59, 
133 

Adsaliiita  128. 

AduUs  162,  163. 

Aecae  24. 

Aeclanum  45,  46. 

Aedui  97,  101,  102. 

Aegates  67. 

Aegypten  150;  Bevölkerongs- 
zäl  154;  Einteilung  und 
Verwaltung  154, 156;  Strabo 
156;  JuvenaUs  153,  157; 
Ptolemaeus  165. 

Aemilia  9,  59. 

Aeminium  90. 

Aenaria  15,  25,  28,  167. 

Aennum  162. 

Aenus  128. 

Aeolia  insulae  67. 

Aeqoi  13,  33,  39,  40. 

Aequicnli  oder  Aequiculani  40. 

Aequum  133. 


Die  Ziffern  bedeaten  die  Seltenzahleo. 

Aequum  Tuticum  45. 

Aesemia  44. 

Aesis  48,  51,  60. 

Aestii  111. 

Aethiopia  152. 

Aetna  15. 

Afilae  40. 

Africa,  Bedeutung  des  Namens 
70;  geographische  Gliede- 
rung 71  f.;  Gebirge  72; 
Hydrographie  73  f.;  pro- 
consularis  79;  Verhältnis 
zu  Italien  80;  Ptolemaeus 
71,73;solitudines80;  Ethno- 
graphische Verhältnisse  74. 

Agaunum  104. 

ager,  Romanus  6,  32,  35,  36; 
Bruttius  17;  Teuranus  17; 
Campanus  29,  30;  Stellas 
29,  30;  Falemus  29;  Lau- 
rens 36;  Pomptinus  38; 
Beneventanus  45;  »Sabinus 
41;  Picenus  48,  59;  Cale- 
tranus  54;  Galliens  59,  66. 

ager  translimitanus  107. 

agri  decumates  107,  1 18  f. 

Agrippa,  Vermessungen  im 
Orient  8,  9,  10,  147;  Auf- 
nahmen in  Spanien  86,  95. 

Aguontum  133. 

Agylla  55. 

Agyrion  69. 

Ahama  50. 

Aithalia  53. 

akrokeraunische  Gebirge  21. 

axQtoTiJQioy  xttXov  72,  73. 

Ahdia  69. 

Alba  Longa  32,  33,  36;  Fu- 
cens  40,  41;  Pompeia  63; 
mons  Albanus  6 ;  Albanum 
34;  lacus  Albanus  31,  32; 
arx  Albana  33,  37. 
I  Albingaunum  63. 
i  Albinia  54. 

Albintimilium  63. 
I  Albion  122. 


Albis  106,  109,  111,  114. 
Albulae  31,  34. 
Albumus  20. 
Alemona  107. 
Aleria  69,  70. 
Alesia  103. 
Aletrium  39,  40. 
Alexandria  163  f.,  165. 
Algidus  31,   33,   37,  39,  40; 

Algidum  33. 
Alimentarstiftungen  7,  12. 
Aüso  120. 
AUia  35,  36. 
Allifae  44. 
AUobroges  97. 
Almus  128. 
Alpen  14,  52;  Alpis  Julia  64; 

Alpes   Poeninae    66,    102; 

Graiae  64  f.,    102;   Graiae 

64  f.,  102;  Cotfciae  64,  66; 

maritimae  58,  64,  65. 
AlpenpäBse  11,  64,  65,  66. 
Alsieünus  lacus  54. 
Alsium  56,  57. 
Alünum  62,  65. 
Alutus  128. 
Amalfi  30. 
Amantini  131. 
Ambiani  101. 
Ambidravi  130. 
Ambilici  130. 
Ambisontii  130. 
Ameria  50. 
Amisenus  31. 
Amisia  111. 
Amitemum  41,  42,  49. 
Ammaedara  73,  79. 
Ampsanctus  45. 
Ampsivarii  114. 
Anagnia  39,  40. 
Anas  87,  89,  93. 
Ananni  65,  66. 
'  Ancona  48,  60. 
I  Ancyra  139,  142. 
'  Andecavi  102. 
Andomantunnm  98. 


Alphabetisches  Register. 


169 


Angrivarii  112,  114,  120. 

Anio  34,  40,  41. 

Anisus  128. 

Annianaa  lacus  27. 

Antaeopolis  159. 

Antemnae  35. 

Anthemusia  146. 

Anticaria  90. 

Antinoopolis  159. 

Antinum  46. 

Antiochia  144;   Pisidiae  143. 

Antipolis  99. 

Antitaarns  143. 

Antimn  38,  39. 

Anza  21,  46. 

Anxanum  46. 

Anxur  38. 

ADamea  144. 

Aphroditopolis  159,  160. 

Apis  161. 

Apollinopolis  157;  maior  (su- 

perior),  parva  158. 
Apollonia  133. 
Apollonos  Hydreuma  158. 
Appennin  (Apennin)  14;  Pässe 

50,  53,  61. 
Appenninenhalbinsel  3. 
Aprastani  20. 
Apta  99. 

Apoani  45,  58,  61. 
Apulia  14,  15,  22,  24. 
Apulum  132,  134,  137. 
Aqyae  Albolae  31,  34;  Popu- 

loniae  53;  Seztiae  99;  Apol- 

linares  55;  Tauri  56;   Sta- 

tiellae  63;  regiae  78;  Fla- 

viae  91,  92. 
Aquaviva  55. 
Aquileia  60,  62,  67. 
Aqnilo  22,  23. 
Aqoilonia  45,  46. 
Aquincnm  134,  137. 
Aquinum  38. 

Aquitania  96,  99,  101,  102. 
Arabia  147,  152,  185;  Litte- 

ratur  148. 
Aradus  144. 

Arae  Flaviae  106,    107,   118. 
Arar  96,  100. 
Araosio  99. 
Aravisci  131. 
Ardalio  73. 
Ardea  36,  37. 
Ardeaten  in  Hispanien  85. 
Ardnenna  97. 
Arelate  98,  99,  104. 
Arelica  62. 
Arethnsa  145. 
Arevaci  91,  92. 
Argaeli  92. 
Argaens  143. 
Ai^entannm  19. 
Argentaria  117. 
Argentarios  mons  54,  57. 
Ai^entoratum  106,  117. 


Argentovaria  117. 

Analbinom  117. 

Ariana  (Irftn)  147. 

Aricia  33. 

Ariminos  51;    Ariminum  51, 

59,  60. 
Armenia    143;    (maior)    145; 

minor  139,  141;  Litteratur 

8,  149. 
Armenta  54. 
Annorica  104. 
Ama  50,  51,  52. 
Amus  15,  53,  57. 
Arpi  23. 
Arpinnm  38. 
Arrabona  128. 
Arretium  53,  54,  57. 
Arrianus  128,  149  (über  Alpen 

und  Kaukasus). 
Arsenses  85,  88. 
Arsia  61. 
Arsino«  162. 
'jQtnyoXrtjy   noXis    160,    165, 

166. 
Arsissa  143. 
Artaunum  118. 
Artena  38,  39. 
Arvalenhain  35,  36. 
Arvemi  98,  101,  102. 
Asamus  128. 
Asciburgium  117. 
A  Senium  Apulum  24;  Picenum 

48,  49. 
Asia  139,  140. 
Asido  90. 

Asisium  50,  51,  52. 
Assuras  79. 
Astaboras  151,  153. 
Astigi  90,  93. 
Astura  39. 
Asturia  91 ;    Asiures  89,  91, 

92. 
Asturica  91,  93. 
Atella  25,  29. 
Atemum  47,  48. 
Atemus  14,  41,  47,  48. 
Ateste  58. 
Athenae  139. 
Atina  20,  38. 
Atlasgebirge  72,  75. 
Atrebates  101. 
Atria  53,  62. 
Atropatene  146. 
Attidium  51. 
Audus  mons  72,  75. 
Aufidena  44. 
Aufidus  15,  22,  23,  24. 
Aufinum  47. 
Augusta,    Bagiennorum    63; 

Emerita  89;    Praetoria  63, 

65;  Rauracorum  100,  131; 

Taurinomm  9,  63;  Tricasti- 

nomm  99;  Trevirorum  100, 

104 ;     Vindelicorum     113, 

131  f.;  Viromanduorum  101. 


Augustobriga  90. 

Augustani  91. 

Augustamnica  161. 

Augustus  anmis  161. 

Augustus  und  seine  Chrono- 
graphie 8,  9,  10,  95. 

Aurasius  mons  74,  75. 

Aurelia  7;  vicus  Aurelii  55; 
vicus  Aurelianus  119;  Au- 
reliani  102. 

Aurgi  92. 

Aurini  54. 

Aurunci  25,  30. 

Autissiodurum  102. 

Automolen  150,  153. 

Autricum  102. 

Auziliartruppen  11;  der  III 
Galliae  101 ;  germanische 
in  Britannien  125. 

Auximum  48. 

Avaricum  101. 

Avaris  161. 

Aveia  47. 

Avella  92. 

Aventicum  100,  105. 

Aventinus  46. 

Avienus  84. 

Azima  98. 

Azum  149,  lol,  153,  163. 

Azalii  130. 


Babba  81. 

Babylon  160. 

Baecula  90. 

Baesucci  92. 

Baetasii  111. 

Baeterrae  99. 

Baetica  4,  89,  90,  95. 

Baetis  87,  93. 

Bagienni  63. 

Bagorrites  lacus  138. 

Bagradas  73  f.,  80,  82. 

Baiae  27,  30. 

Balba  48. 

Baleares  94. 

Ballista  mons  61. 

Balneum  regis  54. 

Balsa  90. 

Banausa  81. 

Bantia  23. 

Barbariciani  68. 

Barca  162. 

Barcino  92,  93. 

Barium  24. 

Basanius  129. 

BasUea  100,  105. 

Bastamae  130. 

Bastitani  92. 

Batavi  111,  112,  116;  Batavo- 

durum  111. 
Bauli  27. 
Bedaium  133. 
Bedensis  pagus  115. 
I  Beguensis  regio  75. 


170 


AlphabeÜBches  Register. 


Belgae  123;  Belgica  96,  99, 
100,  104. 

Belunum  62. 

Benacns  62. 

Beneamum  93. 

Beneventum  44. 

Berenice  162;  mons  Bereni- 
cidis  158. 

Bergalei  65. 

Bergomum  62. 

Beroea  138,  144. 

Berytus  144. 

Besidiae  (Besidianum)  19. 

Beiher  145. 

Betriacum  63,  66. 

Bibracte  97. 

Bmgnm  118. 

Birbilis  (Bilbilis)  92. 

Bithynia  139. 

Bitia  68. 

Bituriges  101,  102,  104. 

Blanda  20. 

Blera  54. 

Blemmyes  152. 

Bocchori  94. 

Boditria  124. 

Boii  59,  97,  130. 

Bonna  117. 

Bononia  53,  57,  59,  102. 

Bontobrica  118. 

Borbetomagofi  119. 

Boresis  152. 

Boresti  124. 

Borysthenes  133. 

Bostra  147. 

Bovianum  43,  44  (vetus  and 
Undecimanorum). 

Bovillae  32,  36,  37. 

Bracara,  Bracarangusta  91, 93, 
94;  Bracaraugustani  91. 

Braccianum  55. 

Bradanus  19. 

Bragantia  91. 

Breones  130,  132. 

Breuci  131. 

Brigantes  124. 

Brigantio  98. 

Brigantimn  132,  137. 

Brigetio  113,  134,  137. 

Britannia  122;  sup^rior,  in- 
ferior 125;  Juvenalis  Aber 
Britannien  123,  124,  126; 
Geogr.  Ravennas  123;  Ju- 
liuB  Caesar  122;  Strabo 
122,  127;  Tacitus  123,  124, 
126;  Ptolemaeus  123. 

Brittones  104,  115,  123. 

Brixia  58,  62,  65. 

Bructeri  112,  115,  119. 

Bmndisimn  21,  45. 

Brottü  7,  14,  15,  16,  17,  18, 
19. 

Bnbastis  161,  167. 

Bnca  46. 

Bulla  regia  79,  80. 


Burdigala  102,  104,  105. 
Burgundiones  114. 
Buri  113. 
Biimum  133. 
Burunitanus  saltos  80. 
Busentos  17. 
Bnsiris  161. 
Butuntum  24. 
Buzentiun  19. 
Buxns  56. 
Buzara  mons  72. 
Byblus  144. 
Byrsa  72,  76,  83. 
Byzacene  79. 
Byzantes  75. 
Byzantiam  138,  139,  143. 

Cabellio  99. 

Cabenses  33. 

Gadurci  101. 

Gaelia  24. 

Caenina  33,  35,  54. 

Caere  55,  56,  57. 

Caeroesi  111. 

Caesaraugusta  91,  92,  93. 

Caesarea  (bei  Ravenna)  60; 
in  Mauretanien  81;  in  Pa- 
laestina  145;  in  £[appa- 
docien  140,  142,  143,  149. 

Caesarobriga  93. 

Cafsa  84. 

Caieta  39. 

Calabria  7,  19,  20,  22. 

Calagurris  92. 

Calatia  25,  29. 

Cale  51. 

Caledomi  123,  124,  126. 

Cales  29. 

Caleva  123. 

Callipolis  21. 

Calor  45. 

Calubriga  92. 

Cambodunum  132,  135. 

Cameiinum  50,  51,  52;  Ca- 
mertes  50. 

Campania  7,  25,  30. 

Campus  Diomedis  23;  Can- 
diani  60. 

Camnlodunum  123,  125. 

Camunni  64,  65. 

Canatheni  11. 

Caninefates  112,  119. 

Cannae  23. 

Cantabri  87,  89,  91. 

Canusium  28,  24. 

Capena  55,  56. 

Capitulum  39,  40. 

Capreae  28,  30. 

Capua  25,  29,  30. 

Caracates  115. 

Caraceni  43,  44. 

Caralis  3,  68. 

Carascus  pagus  115. 

Carcaso  99. 

Careiae  55. 


Carminianensis  saltus  22. 
Carmo  90. 
Cami  65,  130. 
Camuntum    113,    133,    184, 

137. 
Camuti  102. 
Camutini  101. 
Camutum  102. 
Carpentoracte  99. 
Carsioli  40,  41. 
CaiBulae  50,  51. 
Cartenna  78,  81. 
Cartima  90. 
Caruces  115,  116. 
Casilinum  29. 
Casinum  38. 
Cassianum  19. 
Casperia  43. 
castra  Claudiana  29  f. 
Castrimoenium  34. 
Castrum  novum  49,   55,   57; 

Castra    vetera    106,    116; 

Regina  134. 
Castram  Truentinum  48. 
Castulo  87,  89,  92. 
Catalauni  102. 
Cätali  65. 
Catania  69. 
Caucasus  128. 
Caudium  45. 
Caulonea  17. 
Cavares  97. 
Cebenna  96,  99. 
Celeia  133. 
Celsitani  88. 
Cemenelum  65. 
Cenabum  102. 
Ceneta  62. 
Cenomani  58,  102. 
Centomcellae  56,  57. 
Centuripae  67,  69. 
Cerbalus  22. 
Cereatae  (Marianae)  38. 
Cerfennia  46,  48. 
Cessetani  88. 
Chabina  145. 
Cliamavi  112,  115. 
Charini  114. 
Charydes  106,  114. 
Cbasuarii  114. 
Cbatti  106,  112,  113. 
Chauci  112,  121. 
Cherson  140. 
Cherusci  112,  114. 
Chois  161. 
Chullu  81. 
Ciabrus  128,  132. 
Cibalis  131. 
Cidamus  84. 

Cilicia  189;  Litteratur  148. 
Cimbri  106,  113. 
Ciminius  lacus  55. 
Cingnlum  49. 
Circeii  38. 
Cirta  77,  78,  81. 


Alphabetisches  Register. 


171 


Citania  91,  94  f. 

Clampetia  19. 

Clania  54. 

ClanioB  29. 

Classis  60. 

Clastidium  63. 

Clateraa  59. 

Clisius  lacus  62. 

Clitornia  40. 

Clitiimnus  50. 

Clota  124. 

Clania  91,  92. 

Clupea  73. 

Clusium  54,  56,  57. 

Cliistamina  35. 

Cluviae  44. 

Collatia  36. 

Commagene  145,  148. 

Complatmn  92. 

Gompsa  45,  46. 

Comum  62,  65;  lacus  Coma- 

censis  62. 
Concordia  62. 
Condate  100,  102. 
Condevincnm  101. 
Condrusi  111. 
Condrustius  pagus  115. 
Confluentes  100,  118. 
Conimbriga  90. 
Consentia  16,  17,  19. 
Constantina  78. 
CoDSuanetos  130. 
Contrapollonospolis  157. 
Cora  39,  96. 
Corbium  34. 
Corduba  88,  90,  93. 
Corfininm  44,  47. 
Corioli  33. 
Comia  42. 
Cornus  68. 
Ck)r8ica  58,  67  f. 
Cortona  54. 
Cosa  54,  57. 
Cotini  82,  113,  129,  131. 
Crabra  34,  37. 
Cremera  35,  36. 
Cremona  59,  60,  63,  66. 
Crustamerium  35. 
Cugerni  112,  122. 
Cularo  97. 
Culcul  73. 
Cumae  25,  26. 
Cupra  (maritima,  montana)  49. 
Cures  41,  42,  43. 
Cmmbis  77. 
Cnsus  128. 
Cutilia  42. 
Cypmß  139. 

Cyrene  162;  Cyrenaica  76. 
C^zicus  140. 


Dacia,  Litteratur  darttber  127, 

131,  134,  136  f. 
Daci  11,  111,  126,  130. 


Dannvius  111,  128,  130. 
Dardania,  Litteratxir  darüber 

137. 
Damascus  145. 
Dascusa  141. 
Daunia  22,  23,  24. 
Damms  23. 
Delmatia  (Dalmatia)  65,  132, 

133,  135. 
Delta,  des  Nu  161. 
Demetae  126. 
Dertona  60,  63. 
Dertosa  92. 
Deva  124,  125. 
Digentia  40. 
Diomedeae  insulae  46. 
Diospolis  152,  157,  158. 
Divitia  117. 
Divodmimi  102. 
Dodekaschoenus  156. 
Doliche  145. 
Dora  144. 
Dorostormn  134. 
Dorylaion  142. 
Dravus  (Draus)  128. 
Diilon  129. 
Drinus  129. 
Dmentia  96. 
Drusiana  fossa  103,  116. 
Dulgubnii  114. 
Duria  66,  128. 
Durius  86,  89. 
Durocatalauni  102. 
Durocomovium  126. 
Durovemum  126. 
Dusae  107.    - 
Dyrrhachium  133,  138. 


Ebora  90. 

Eboracum  124,  125. 

Eburodunum  65. 

Eburones  111. 

Eburum  20. 

Ebusus  94. 

Ecetra  38,  39. 

Edessa    138 ;     in    Osrhoäne 

146. 
Egnatia  via  138. 
Elant  ....;  (Elz)  115. 
Elea  19,  20. 
Elephantine  150,  156. 
Elusatium  civitas  102. 
Elymais  146. 
Emesa  145. 
Emmaus  145. 
Emona  65,  67. 
Emporiae  85,  93. 
Enna  69. 
Ephesus  140. 
Epidaums  133. 
Epims  139. 
Epomeus  26. 
Eporedia  62,  63. 
Eretum  41. 


Eridanus  66. 
Etruria  7,  8,  52,  57. 
Etrusci  3,  31,  59. 
Eumorfiana  insula  39. 
Euphrates   142;    Uebergänge 

145;  Quellgebiet  149;  Flo> 

tiUe  148. 
Eupilis  62. 

Fabaris  43. 

Fabrateria  38,  39. 

Faesulae  53. 

Fagifulae  44. 

Falacrine  42,  43. 

Falerii  55,  57. 

Falerio  49. 

Falesia  57. 

Falisci  55. 

Fanum  Fortunae  51,  52,  60. 

Farfar  41,  43. 

Faustinopolis  9. 

Faventia  59. 

Felsina  53. 

Feltria  62. 

Ferentinum   39,   40;   (Feren- 
tia)  54. 

Feroniae  lucus  55,  56. 

Feronianum  castrum  61 ;  Fer- 
ronianus  mons  61. 

Fibrenus  38. 

Ficoclae  60. 

Ficulea  35. 

Fidenae  35,  37. 

Fidentia  59. 

Firmum  49. 

Flaminia  7. 

Flevo  lacus    103,    112,   116; 
castellum  Flevum  116. 

Florentia  53. 

Florentiola  59. 

Forentum  23. 

Formiae  39. 

Formio  60. 

Fortunatee  insulae  81. 

Foruli  43. 

Forum  Appii  12,  39;   Aurelii 
56;  Cassü  54;   Claudü  12 
Clodii  54;  Comelii  59,  60 
Decü  43;  Flaminii  12,  50 
GaUorum  61;  Julü  62,  99 
Lepidi  59;  Livii  59;  novum 
41;  Popilü  8,20,59;  Sem- 
wonii  50,  51;   Traiani  68; 
Vibium  66. 

Fosi  114. 

Fossa  Sconii  60. 

Fregellae  38. 

Fregenae  56. 

Frentani  43,  46. 

Freute  14,  22. 

Friniates  61. 

Frisaevones  112. 

Frisii  114,  116;  maiores,  mi- 
nores 112. 

Frisiones  121. 


172 


Alphabetisches  Register. 


Frusino  38. 

Fucinus  lacns  40,  46,  47. 

FulgiDinm  (Fulginiae)  50,  52. 

Pundi  39. 

Farconium  (Furcona)  49. 

Furculae  Caudinae  45  f. 

Gabellas  66. 

Gabii  37. 

Gadeira  85. 

Gades  81,  85,  90,  91. 

Gaetuli  74. 

Galati,  Galatia  96,  139,  142. 

Gallaecia  91. 

Gallia,  Galliae  111;  Narbo- 
nensis  104;  togata  97,  99; 
bracata  97,  99, 105 ;  comata 
97,  99;  tres  Galliae  100, 
103 ;  Littoratur  über  Caesars 
gallischen  Krieg  103  f.; 
Strabo  103;  Ammianus 
Marcellinus  103 ;  Gallia 
cisalpina  8,  58,  60,  66;  cis- 
padana  61 ;  transpadana 
7,  8. 

Gallilenses  68. 

Gambriyü  115. 

gantae,  in  Germanien  110. 

Garganus  14,  22. 

Garumna  96,  99. 

Gaudos  (Gaulos)  70. 

Gelduba  117. 

Genauni  130. 

Genava  97,  98. 

Genua  60,  63. 

Germani,  Name  derselben  111 ; 
älteste  germanische  Völker- 
schicht auf  gallischem  Boden 
111  Anm.  2;  angeblich  in 
Britannien  123;  germanische 
Auxüia  112;  Götter  112, 
116,  121. 

Germania,  Geographie  109; 
militärisch  aufgenommen 
109  f.;  Germaniae  111; 
Grenze  der  Germania  sup. 
gegen  Belgica  118;  Tacitus' 
Germania  110  f.,  115;  die 
Litteratur  über  dieselbe  120, 
121;  Vellelus  Paterculus 
1 10;  Plinius  d.  Ä. inDeutech- 
land  110,  113,  121;  Ptole- 
maeus  111, 115;  Ammianus 
Marcellinus  115,  122;  Jor- 
danes  115,  122;  Procopins 
von  Caesarea  115,  122; 
Agathias  115. 

Germania  (in  Thracien)  138. 

Gesoriacum  102. 

Gigthis  84. 

Gigurri  92. 

Gindanes  75. 

Glevum  125. 

Gnathia  24. 

Gordion  142. 


Gorgon  57. 

Goten  113,    115;   in  Taurien 

137. 
Gradus  62. 

Graecia  magna  (major)  3. 
Granua  113,  128. 
Gratianopolis  98. 
Graupias  mons  123. 
Graviscae  56. 
Grumentum  20. 
Gunugi  81. 
Gutones  114,  115. 

Hadria  49. 

Hadrumetum  78,  80. 

Haemus  129. 

Halys  139,  140,  142,  143. 

Haste  63. 

Hatra  146. 

Heliopolis  161. 

HelvetU  97,  103,  105;  pagi 
der  Helvetii  97,  105. 

Heraclea  19;  Heraclea  Pon- 
tica  140. 

Herakleopolis  159. 

Hercynia  silva  111. 

Herdoniae  24. 

Herminius  87. 

Hermopolis  159. 

Hermunduri  113,  114,  122. 

Hemici  39. 

Heroonpolis  161,  163. 

Hetriculum  19. 

Hibemia  122,  123. 

Hieraconpolis  159. 

Hierasus  128. 

Himella  41,  42. 

Hippo  Diarrhytus  73,  78,  80, 
84;  regius  77. 

Hipponium  16,  17. 

Hirpini  43,  44,  46. 

Hispalis  90,  93. 

Hispania  3,  84;  citerior  95; 
ulterior,  Lusitania  88,  89; 
Urographie  und  Hydrogra- 
phie 87;  Bergwerke  87; 
Völkerstämme  88 ;  Auxiliar- 
truppen  91. 

ffispellum  50,  52. 

Histonium  46. 

Histria  7,  8. 

Horte  55. 

Holzlieferungen,  nach  Rom  16. 

Hydruntum  21. 

Jactus  66. 

Jader  133. 

Jarno  94. 

Janiculum  35. 

Japydes  130. 

Japygia    20,    22;    Japygium 

promonterium  21. 
Jasi  131. 
Jatrus  128. 
Jazyges  131. 


Iberer  58,  85,  95;  angeblich 
in  Britannien  128. 

Icauna  96. 

Iconium  142. 

Icosium  78. 

Idisteviso  121. 

Idubeda  mons  87. 

Jerusalem  145. 

Igabrum  90. 

Igügili  81. 

Igilium  57. 

Igloetes  88. 

Iguvium  50. 

Ilerda  93,  95. 

Ilergetes  88. 

Ilici  92. 

lUpula  87. 

niiberis  90. 

niyricum  127,  128. 

Ilugo  92. 

Euro  90. 

Ilva  53,  57. 

Imeus  mons  46. 

Imola  60. 

Incia  66. 

Indien,  Litteratur  149. 

Indienhandel  163. 

Indigetes  85,  88. 

Insubres  58. 

Interanma  42;  (Lirenas  Su- 
casina)  39;  (Nahars)  50; 
Praetuttiorum  49. 

Interocreum  41. 

Interpromium  47,  48. 

Jol  81. 

Iris  139. 

Isara  96. 

Isarci  130. 

Isauria  139. 

Isca  123. 

Issa  127. 

Istros  128,  134. 

Itelien,  Name  3;  Herrschafte- 
stellung 4;  tributim  de- 
scriptel;  Organisation  durch 
Augustus  6  f.;  ursprüngliche 
Ausdehnung  8,  17  f.;  Ein- 
teilung um  600  n.  Chr.  11. 

Itelici  (Iteli)  6,  47;  IteUker 
in  der  Poebene  67;  Italica 
in  Hispanien  88,  90. 

Itinerarien  8,  9,  93,  94,  147, 
167. 

Ituna  124. 

Judaea  145;  Juden  68. 

Juliobriga  92,  93. 

Julium  Camicom  62,  65. 

Juncaria  93. 

Juvanum  46. 

Juvema  123. 

Ivemia  122. 

Kainepolis  158. 
Eamacha  142. 
KaQndttjg  129. 


Alphabetischee  Register. 


173 


Karien,  Litteratur  darüber 
142  f. 

Karthago  (Garthago),  seine 
Lage  72  f.;  topographische 
Ai]£iahine  73;  Aasgrabnn- 
gen  82  f.;  Gründung  76; 
Verträge  mit  Rom  4,  73; 
Grenzen  des  Gebietes  76; 
Seeherrschaft  77;  Strasse 
nach  Theveste  80 ;  Karthago 
nova  87,  91,  92,  93. 

Kaatfitegidss  122. 

Katakamnene  143. 

Kankaland  128. 

Kelten,  in  Hispanien  87  f., 
95;  in  Oberitalien  5,  52,  53. 

Kerke  160. 

Kibyratis  143. 

Kietis  139. 

Kiükien ,  Litteratur  darüber 
143;  s.  Gilicia. 

Kolapis  129. 

Kolchis  141. 

Koptos  152,  158,  165. 

Korinih  4. 

Kossyra  68,  70. 

Krathis  17,  18,  19. 

Krokodilopolis  160. 

Kroton  16,  17,  18. 

Labicmn  35,  36. 

Laborini  campi  29. 

Lacinium  Promontorium  16, 18. 

Lagerstftdte  der  Donauland- 
schaften 134. 

Laietani  88. 

Lambaesis  73,  80,  81,  84. 

Lambrus  66. 

Laminium  92. 

Langobardi  113,  114,  115. 

Langnentenses  75. 

LanuTium  33,  36. 

Laodicea  144. 

Larinnm  46. 

Latini,  unter  etruskischer  He- 
gemonie 52. 

Latium  30,  32;  antiquum  7; 
adiectum  37,  38,  39. 

Laurentum  33,  36. 

Lauriacum  134. 

Laus  15,  18,  19,  20;  Pom- 
peia  60,  63. 

Lavemae  47. 

Lavinium  33,  86. 

Layinius  59. 

Legeon  144. 

Lemanus  lacus  97. 

Lemovices  101,  102. 

LemoYÜ  118. 

Lepontii  58,  65. 

Leptis  76,  77,  80. 

Letopolis  161. 

Letus  mens  61. 

Leuca  21. 

Leuci  118. 


Lencopetra  17. 

Leugae  100. 

Leukos  162. 

Lexovii  101. 

Libicii  58. 

Libiosa  92. 

Libumi  130. 

Libyen  70,  74  f ,  155,  161, 
162. 

Licates  180. 

Licus  128. 

Liger  96,  99,  104. 

Ligures  52,  53,  58,  68;  Bae- 
biani  et  Gomeliani  45. 

Liguria  7,  8,  61. 

Lilybaeum  15,  67. 

Limes  in  Britannien  124  f.; 
Litteratur  126  f.;  in  der 
Dobrudgea  185;  in  Dacien 
136;  in  Moesien  136;  in 
Raetien  und  Obergermanien 
106  f.;  Litteratur  über  den- 
selben 108  f. 

Lindum  128. 

Lingones  58,  98,  118. 

Lipara  67,  70. 

Lippia  21,  22. 

Liquentia  66. 

Lins  15,  30,  38,  41,  46. 

Lissus  5,  183. 

Litemum  29. 

Lixus  78,  81. 

Locri  15,  16,  17,  18. 

Lon  . . . . ;  (Lanchester)  1 14. 

Londinium  125. 

Lopodunum  119. 

Lorium  56 

Aovi^a  vXtj  128. 

Luca  58,  61. 

Lucani  16,  20. 

Lucania  7,  14,  18,  19. 

Lucenses  91. 

Luceria  23,  24,  45. 

Lucinae  oppidum  157. 

Lucrinus  lacus  26,  28. 

Lucullanum  castnim  27. 

Lucus  Angitiae  46;  Augusti 
91;  Ferentinae  32. 

Lugudunum  98,  99, 100  f.,  102, 
104,  111;  provincia  Lugu- 
dunensis  99. 

Lugii  118. 

Luna  53,  60,  61. 

Lupiae  21,  22. 

Luppia  111. 

Lusitania  87,  89  f..  95. 

Lutetia  (Lukotitia)  101,    104. 

Lycaonia  139. 

Lycia,  Litteratur  148. 

Lycopolis  159. 

Lystra  143. 

Macedonia  188. 
Machlyes  75. 
Macra  58,  60,  61. 


Maeatae  126. 

Maecia  83. 

Mago  88,  94. 

Maia  131. 

Maiorica  94. 

Maken  75. 

Malaca  90. 

Malve  182. 

Mandela  40. 

Manduria  21. 

Mantua  53,  58,  60,  62,  63,  66. 

Marcomani  113,  114. 

Mare,  inferum  3;   mediterra- 

neum  3;   superum  3;   Sue- 

blcnm  111. 
Margus  128. 
Mariana  68. 
Marianus  mens  87. 
Marisus  128. 
Marmarica  75. 
Marrucini  46,  47. 
Maixuvium  46. 
Marsadi  112. 
Marsi  13,   39,  46,  48;   Mar- 

sicum  bellum  6,  28 ;  natione 

Marsorum  48;    Marsi    (in 

Germanien)  114,  115. 
Marsigni  113. 
Marta  54,  56. 
Marus  128. 
Massa  Lubrense   80;    Gargi- 

liana  80;  Trabaria  52. 
Massicus  mens  30. 
Massilia  58,  68, 85, 96,  97, 99, 

104,  140;  Pytheas  96,  122. 
Maülica  51. 
Matrona  96. 
Mattiaci  106,  110,   112,  116; 

castellum  Mattiacorum  117. 
Mauretania  77  f.;  81  f. 
Mauretanier  11. 
Mauri  74;  in  Dacien  75. 
Maxyes  75. 
Mazaca  140. 
Mediolanium(Mediolanum)  58, 

60, 62, 63 ;  Mediolanum  San- 

tonum  101. 
Mediomatrici  101,  102. 
Meduacus  66. 
Melibocus  115. 
Melite  68,  70. 

Melitene  140,  141,  142,  149. 
Melpa  88. 
Melpum  52. 

Memphis  155,  160,  166. 
Menapii  111. 
Meninx  77. 
Mentesa  92. 
Meroe  150,  152. 
Mesembria  134. 
Mesopotamia  146,  148. 
Messapia  20;  Messapii  21, 22. 
Messana  17,  67. 
Metapontum  15,  18,  19,  20. 
Metellinum  90. 


174 


AlphabetischeB  Register. 


Metanros  51,  52. 

Mevania  50,  52. 

Miacam  92. 

Mileeder,  HandeLsbeziehimgen 
derselben  15. 

Mileu  81. 

MUyas  143. 

Mincius  66. 

Minervae  castnim  21;  Pro- 
montorium 25. 

Minorica  94. 

Mintomae  29. 

Miseniun  7,  11,  25,  26,  27, 
30;  Misenus  mens  27. 

Modicia  62. 

Moenns  111. 

Moeris  159,  160. 

Moesi  129,  133. 

Moesia  132,  133,  136  f. 

Mogontiacum  102,  106,  116, 
117,  118. 

Mona  124. 

Monoecus  63. 

Morini  102. 

Mosa  96. 

Moscius  mens  18. 

Mosella  103,  118. 

Mucelli  53. 

Mulucha  78. 

Munda  86. 

Mnrgi  89,  95. 

Murrenses  vicani  119. 

Mursa  131. 

Musulamii  75. 

Muthul  73. 

Mutina  53,  59,  61. 

Mutinense  bellum  5. 

Myos-Hormos  162,  163. 

Myrtüis  90. 

Nabataei  147,  148,  163. 

Nabia  91. 

Naissus  133. 

Namnetes  101. 

Nantuates  98. 

Napata  (Nabata)  152. 

Nar  41,  50, 

Narbo  Martins  97,  99;   Nar- 

bonensis  provincia,  Littera- 

tur  103. 
Namia  50. 
Naro  129. 
Narona  133. 
Nasamones  75. 
Natiso  66. 
Naukratis  161,  167. 
Neaethus  16,  18. 
Neapolis  15,26;  auf  Sardinien 

Nechesia  162. 
NemauBus  99. 
Nemetes  112;  colonia  Neme- 

tum  119. 
Nemetocenna      (Nemetacum) 

101. 


Nemus  Dianae  33,  37 ;  Nemo- 
rensis  lacus  33,  37. 

Nepete  55,  56. 

Neretium  21. 

Nervü  101,  111,  112. 

Neviodunum  133,  137. 

Nicaea  63,  104,  139. 

Nicomedia  139. 

Nicopolis,  ad  Haemum  134; 
in  Palästina  145;  bei  Ale- 
xandria in  Aegypten   164. 

Nicoterana  massa  18. 

Nikiu  161,  166. 

Nilodicus  lacus  151. 

Nilus  150;  seine  Quellen  151, 
166;  Katarakten  152,  154; 
Mündungen  154,  165  f. 

Nobatae  152. 

Nola  28,  30. 

Nomen,  in  Aegypten  154  f. 

Nomentum  35,  41. 

Nora  68. 

Norba  39;  in  Spanien  90. 

Norici  130;  Noricum  65,  133, 
Litteratur  135. 

Notitiae,  kirchliche  140,  141; 
dignitatum  140;  Galliarum 
102. 

Novaesium  117. 

Novaria  63. 

Novempopulana  102. 

Noviodunum  100,  105. 

Noviomagus  101,  112. 

Nubae  152. 

Nubien  167. 

Nuceria  28,  81;  Camillaria  50. 

Numana  48. 

Numantia  85. 

Numides  74. 

Numidia  77,  79;  Cirtensis79, 
Militiana  79;  proconsularis 
78;  consularis  78. 

Numistro  20. 

Nursia  41,  42,  43. 

Nusapius  lacus  151. 

Oases  161,  166. 

Oceanus  Germanicus  111. 

Ocriculum  50. 

Octogesa  95. 

Odessus  134. 

Oea  77,  84. 

Oeneus  129. 

Oescus  128,  134. 

Oestrymnides  122. 

Olaura  90. 

Olba  143. 

Olbia  68,  134,  140. 

Olisipo  90. 

Ollius  66. 

Ombos  156,  157. 

Ophiusa  94. 

Oppidum  novum  81. 

Ordovices  124. 

Oretani  92. 


Oretum  92. 

Orgus  66. 

Orospeda  87. 

Ortona  46. 

Ortsnamen  12,  in  Britannien 
126,  in  Gallien  105,  im 
Schwarzwald  118;  in  den 
agri  decumates  119;  auf  Si- 
cilien  70;  in  Africa  84;  kel- 
tische Ortsnamen  östlich  der 
Weser  111. 

Osca  93. 

Oscela  65. 

Osi  113,  114. 

Osrho^ne  146. 

Ossonoba  90. 

Ostia  11,  31,  33,  36. 

Ostippo  90. 

Ostra  51. 

Othoca  68. 

Ovilaba  133. 

Oxyrynchus  159. 

Padus,  Ursprung  und  Neben- 
flüsse 63,  66;  Mündung  58. 

Paeligni  13,  14,  44,  46,  47. 

Paemani  111. 

Paestum  19,  20. 

Pagida  73. 

Pagus  Urbanus  46. 

Palaeopolis  26. 

Pallantia  92. 

Palma  94. 

Palmaria  39 

Palmyra  145,  Litteratur  148. 

Pamphylia  139. 

Pandataria  28. 

Pannonia  130,  131,  133. 

Panopolis  159,  166. 

Panormus  67. 

Panticapaeum  140. 

Paphlagonia  139;  Litteratur 
142. 

Papirianus  lacus  55. 

Parisii  101. 

Parma  59,  61. 

Parthi  139,  146,  147. 

Patricum  40. 

Patulcenses  68. 

Pausulae  49. 

Pautalia  137. 

Pax  Julia  89,  99. 

Pella  138. 

Pelso  lacus  128. 

Pelusium  161. 

Peltninum  47. 

Pentri  44. 

Perintlius  140. 

Periplus  maris  Erythraei  148  f., 
150,  152,  163;  Hannonis 
70. 

Persis  146,  149. 

Perusia  54,  57. 

Perusinum  bellum  5. 

Petelia  16,  17. 


Alphabetisches  Register. 


175 


Petra  147;  pertasa  51,  60. 

Peucetia  22,  24. 

PhaaiB  141. 

Philae  152,  156,  167. 

Philipp!  138. 

Phocaea  68,  96,  140. 

Phoenice  148;  Phoeniker  in 

Afrika  3,  72,  76  f.,  81;  in 

Hispanien  84  f.,  88. 
Picentia  28. 
Picenum  7,  48,  49;  Picentes 

41,  48. 
Picnus  128. 
Pictavi  102. 
Picti  125,  126,  127. 
Pinna  47. 
Pimster  129. 
Pisae  53,  57. 
Pisanmm  51,  60. 
Pisauras  52. 
Pisidia  139. 
Pistoiia  (Pistoriae,  PistoriamJ 

53. 
Pitinnm  42 ;  Morgens  5 1 ;  Pisaa- 

rense  51. 
Pityus  141. 
Placentia    9,    59,    60,    61, 

63. 
Planasia  57. 
Plavis  66. 
Plestia  52;   JlXsMxiyrj  U/jivij 

52. 
Poetovio  134. 
Pola  61,  62. 
Polimartium  54. 
Pollentia  63,  94. 
Pompaelo  92. 
Pompei  14,  28. 
Pomptinae  paludes  31. 
Pens   Aeni   132;   Sontii   66; 

pontes  longi  120  f. 
Pontiae  insulae  39. 
PontoB  142 ;  Erudnus  134, 140; 

Galaticus ,     Polemoniacus, 

Cappadocicus  139. 
Pontnsflotille  140. 
Popnlonia  53,  57. 
Porolissom  132. 
Portae  Cancasicae  141;  Gas- 

piae  141. 
Porfcns  Gale  91;  Hercnlis  54, 

57;   Pisanns   53;    Veneria 

53. 
Portos  36 ;  via  Portuensis  37. 
Posidonia  15,  19. 
Potaissa  134. 
Potamophylacia  155. 
Potentia  20,  49. 
Praeneste    34;    yia  Praene- 

stina  39. 
Praetattü  (Praetnttiani)  48. 
Premnis  152. 
Primis  152;  maior  151. 
Privemates  38. 
Prochyta  26,  28. 


Prosopis  161. 

Provincia  (Narbonensis)  97, 99 ; 

natione  Provincialis  99. 
Ptolemais  Epitheras  162. 
Ptolemais-Hermiu  159. 
Pünicum  55. 
Puteoli  11,  26,  27,  30. 
Pygmaeen  Centralafrikas  151. 
IV^naeen   11,  87,  96,   105; 


Pyrgoi  55,  57. 
Pythecusae  25,  28,  30. 
Pyxus  19. 

Quadi  113. 
Quinquetolanonim    oppidum 

37. 
Qnintanae  35. 
Quintodecimom  45. 

Baetia    113;     Grenzen    131; 

Litteratur  135;  Raeti  129, 

130. 
Ratiaria  134. 
Raudii  campi  63. 
Ranraca  126,  131. 
Ravenna  7,  11,  53;  Geograph 

von  Ravenna  10,  127,  150. 
Reate  41,  42. 
Redones  102. 
Reganus  128. 
Regillus  lacus  34. 
regio    (Einteilung    darnach) 

130,  132. 
Regium  Lepidi  59. 
Rei  99 

Remi  98,  102,  104 
Rhakotis  163. 

Rhegion  11,  15,  16,  17,  18. 
Rhenus  59, 66  (in  Italien);  96, 

100,  111. 
Rhesaena  146. 
Rhiciani  141. 
Rhode  85. 
Rhodanus  96,  100. 
Ricina  49. 
Ripenses,     an    der    Donau 

135. 
Roboraria  34. 
Rom  32. 

Rotomagus  102,  104. 
Roxolani  130. 
Rubi  24. 
Rubico  51,  60. 
Rucinates  130. 
Rudiae  21,  22. 
Rugü  113. 
Rusadder  81. 
Rnscia  17. 
Rusellae  54,  57. 
Rusguniae  81. 
Rusazus  78,  81. 
Ruscino  99. 
Rusicade  81. 


Rusippisir  78. 
Rutuli  37. 
Rutupiae  126. 

Sabatinus  lacus  9,  54. 

Sabatus  45. 

Sabeller  3. 

Sabini   13,    14,   41;    (in  val 

Sabbia)  65. 
Sabora  90. 
Sabratha  77. 
Sabrina  123. 
Saena  54. 
Saepinum  44. 
Safineis  43. 
Sagrus  14,  43,  44. 
Saguntum  85. 
SaXs  161. 
Sala  78. 
Salacia  90. 
Salapia  23. 
Salaria  colonia  92. 
Salassi  58,  64,  65. 
Saldae  81. 
Salemum  28. 
Sallentini  21. 
Salmantica  90,  94. 
Salonae  133. 
saltus  Bumnitanus  80;  Philo- 

musianus  80. 
Samara  96. 
Samarobriva  101. 
Samnites  3,  13,  14,  43. 
Samnium  7,  22. 
Samosata  145. 
Sangarius  142. 
Santones  102. 
Saona  70. 
Sardinien  3,   4,  7,  58,  67  f., 

84;  Sardisches  Meer  3. 
Sarmatae  111,  115,  130. 
Sarmizegetusa  134. 
Samus  28,  81. 
Sarsina  (Sassina)  51,  52. 
Satala  140,  142. 
Saticula  45. 
Satricum  39. 
Satumia  54. 
Sauconna  96. 
Saus  (Savus)  128. 
Savaria  133. 
Savogninus  pagus  98. 
Saxones  114,  115. 
Scaldis  96. 
ScaUabis  89,  90. 
Scandinavia  121,  122. 
Scaptoparene  138. 
Scarabantia  133. 
Scardona  130. 
Scardus  129. 
Sciagra  20. 
Scodra  127. 
Scolacium  17,  18. 
Scordisci  131. 
Scotti  125. 


176 


Alphabetisches  Register. 


Scrofalae,   Stromschnellen  in 

der  Donau  128. 
Scultenna  61,  66. 
Scupl  137. 
Sebastopolis  141. 
Sebennytos  161. 
Sebethos  27. 
Secia  66. 
Sedetani  88. 
Segisamo  92,  98. 
Segni  111. 
Segontia  92,  93. 
Segusiavi  97. 
Segosio  9,  65. 
Seiopensis  exploratio  119. 
Seleucia  146;  (Pieria)  144. 
Sembritae  153. 
Semnones  106,  113» 
Senagallica  50,  52,  60. 
Senones  102,  104. 
Senonii  101. 
Sentinum  51. 
Septempeda  49. 
Sequana  96,  99,  100,  104. 
Sequani  97,   101  f.;   Maxima 

Seqnanonim  102. 
Serdica  137. 
Sergiana  61. 
Serrhae  138. 
Servitia  (vina)  18. 
Sesites  66. 
Sestinum  50,  52. 
Setia  39. 
Sevaces  130. 
Severiana  18. 
Siberene  18. 
SicüU  3,  4,  7,   14,  15,  17,  67, 

84;    diesseits  des  Faro  19. 
Sicoris  93. 
Sidlcini  25. 
Sidon  144. 
Signia  39. 
Silagebirge  16,  17. 
Silarus  19,  20. 
SUnres  123,  124,  126. 
Simbruini  coUes  34. 
Simitthu  79,  80. 
Sinduni  65. 
Singidunum  128,  134. 
Singilis  86. 
Sinonia  39. 
Sinuessa  25,  29,  30. 
Sipheum  19. 
Sipontum  25. 
Siris  18. 
Sinniam  133. 
Sisapo  87. 
Siscia  133. 
Sitifis  81. 

SkyUetion  16,  17,  18. 
Sontius  66. 
Sora  38. 
Soracte  55,  56. 
Sorrentnm  28. 
Soteron  Urnen  162. 


Sozopolis  162. 

Spina  53,  59. 

Spoletium  42,  50. 

Stabiae  28. 

Stellatmus  pagus  55. 

Stobi  138. 

Stora  66. 

Suana  54. 

Suasa  51. 

Subangusta  37. 

Sublaqueom  84,  40. 

Suebi  114,  115,  119;  civitas 
Sueborom  Nicretum  119. 

Suessa  Änrunca  30;  Pometia 
38. 

Suessiones  98. 

Suessula  29  f. 

Sufes  77. 

Sufetula  77. 

Sugambri  106,  112,  114. 

Suismontium  61. 

Sulmo  44,  47. 

Sumelocenna  106,  107. 

Sunuci  111,  112. 

Snperaequum  47. 

Supinum  46. 

Surrina  nova  54. 

Sutrium  55,  56. 

Sybaris  14,  15,  18. 

Syene  156,  157. 

Syracus  14,  15,  67;  Syracu- 
sanus  portus  (auf  Corsica) 
68. 

Syria  144  ff.;  Litteratur  da- 
rüber 148  f.;  Syria  Palae- 
stina  145,  148;  Gyrrhestica 
145. 

Syrtis  minor  80. 


Tacape  77,  80,  84. 

Tachompso  156. 

Tadina  51. 

Tagus  87,  92. 

Tamarus  44. 

Tanager  20. 

Tanarus  66. 

Tanis  161. 

Taphitis  73. 

Tarentum  4,  16,  17,  18,  21, 

22. 
Tarquinii  56  f. 
Tarracina  3,  38,  39. 
Tarraco  88,  91,  92,  94. 
Tarraconensis  89,  91,  94,  95; 

Tarraconensis  togata  93. 
Tartessus  85. 
Tarus  66. 
Tarvisium  62. 
Taunus  107,    111,   115,    141, 

142;     Taunensium    civitas 

117. 
Taurianum  18. 
Taurini  58,  64. 
I  Taurisci  130. 


Taurunum  128,  134. 
TauruB  9,  139,  140. 
Tavium  142  f. 
Teanum    Apulum    22;     Sidi- 

cinum  29. 
Teate  22;  (Marrucinorum)  47, 

48. 
Tegianum  20 
Telamo  54. 
Telesia  44. 
Tellena  33. 
Temesa  17. 
Tempsa  17. 

Tencteri  106,  112,  116. 
Teni  159. 
Tephrike  142. 
Tergeste  60,  61,  62,  65. 
Terina  16,  17. 
Termes  (Termentia)  92. 
Terventum  44. 
Teumia  138. 
Teutoburgiensis    saltus    115: 

Litteratur  darüber  120  f. 
Teutones  120. 
Texandri  112. 
Thabraca  73,  78. 
Thamesis  123. 
Thammes  mens  72. 
Thamugadi  (Timgad)  84. 
Thapsus  78,  79. 
Tharros  68. 
Theben    (in    Aegypten)    155, 

164. 
Thelepte  77,  79,  80. 
Thena  78. 
Theodosiopolis  142. 
Thessalomce  138. 
Theudalis  79. 
Theveste  78,  79,  80. 
Thibira  77. 

Thigensium  castellus  84. 
Thizibi  mens  72. 
Thospitis  143. 
Thraci  129,  137,  138. 
Thubursicum  Bure  80. 
Thugga  77. 
Thule  124,  126. 
Thurü  15,  16,  17,  18,  19. 
Thysdrus  77. 
Tiberis  3,  14,  15,  16,  31,  32, 

49,  50,  53,  56,  57. 
Tibur  34,  36,  40. 
Ticinum  9,  60,  61,  63. 
Ticinus  66. 
Tifata  mons  29. 
Tifemum,   Tiberinum  50,  52; 

Mataurense  50. 
Tifemus  14,  44,  46. 
Tigranokerta  149. 
Tigurini  97. 
Tiliaventus  66. 
Timacus  128. 
Timavus  66. 
Tingi  78,  81. 
l  Tingitana  78.  81. 


Alphabetisches  Register. 


177 


Tinia  50. 

Tolentinnm  49. 

Tolenos  40,  41,  42. 

Tolerus  34,  39. 

Toletam  92. 

Tolosa  99,  104. 

Tomi  134,  Litteratur  137. 

Transmontani  (Astores)  91. 

Traospadana  8,  61. 

IVapeznnt  140,  141,  142. 

Trasimenus  lacus  54. 

Treba  39,  40. 

Treballi  188;  Treballia  188. 

Trebia  45;  64,  66. 

Trebiae  50. 

Trerus  39. 

Trestabernae  89. 

Trevicum  24. 

Treviri    98,    100,    102,    104, 
111. 

Triboci  112. 

Tricassini  101. 

Tridentum  62,  65. 

Trimetus  46. 

Trinius  14,  43,  44. 

Triocala  (Tricala)  69. 

Tripolia  144. 

Tripolitana  77,  79,  80;  limes 

IVipolitanus  84. 
Tritium  Magalliim  92. 
Tritonis  lacus  74,  82. 
Troesmis  134;  Litteratur  187. 
Troia  (Vorstadt  von  Memphis) 

160. 
Tropaeum  Alpium  63,  64,  114, 

180. 
Tropea  18. 

Trucculensis  portus  124. 
Tubantes  112. 
Tucci  90. 
Tudae  91. 
Tader  50. 
Tuficum  51. 
Tugia  92. 
Tuihanti  114,  121. 
Tulliasses  65. 
Txmes  72,  78. 
Tungri  111,  112. 
Tupusuctu  dl. 
Turdetania  85. 
Turgalium  90. 
Turiaso  92. 
IMris  87. 
l\irones  102. 
Tunis  Libisonis  68. 
Tusc&  73,  78. 
Tuscania  54. 
Tiaaci&  7. 
Tusculum  34,  37. 
Tymandos  140. 
Tymbres  142. 
Tyras  134,  140. 
Tyrrhener  15. 
Tyrus  144. 


XTbii  1 12, 1 1 6 ;  civitas  Ubiorum, 
colonia  Clandia  ara  Agrip- 
pina  102,  104,  106,  112, 
116  f. 

Uci  malus  80. 

Ucubi  86,  90. 

Ufens  31. 

Uffugum  19. 

Ulpia  IVaiana,  colonia  112. 

Ulubrae  37,  39. 

ümbria  7,  8,  9,  41,  49. 

Umbro  54,  57. 

Umbrosabeller  52. 

Urnen  87. 

Urbs  Salvia  49. 

ürbs  vetus  (Orvieto)  54. 

Urci  95. 

üria  21. 

Urpanus  129. 

Ursentini  20. 

Urse  86. 

Urvinum  Mataurense  50,  51; 
Hortense  50,  51. 

Usalis  79. 

Uscosium  46. 

Usipü  106,  112,  116. 

Uthina  77. 

Utica  76,  79, 80,  83,  84;  sinus 
Uticensis  72. 

Utus  128. 

Uxama  92. 

Uxentum  21. 


Vacalus  103. 
Vaccanae  55. 
Yaeunae  fanum  43. 
VadaSabatia  60;  Volaterrana 

53. 
Vadimonis  lacus  55. 
Vaga  80. 

Valentia  17,  92,  93,  98,  99. 
Valeria    (Provinz)     36,     48; 

civitas  48;    via  7,  36,  40, 

41. 
Valetium  21,  22. 
Vallis  Poenina  65,  98. 
Valva  48. 
Vanacini  69. 
Vandali  114. 
Vandilü  115. 
Vangiones  112;   civitas  Van- 

gionum  119. 
Vapincum  98. 
Varia  40. 
Vardulli  91. 
Varini  114. 
Varus  60,  61. 
Vasaletus  mens  72. 
Vascones  87,  91. 
Vectis  128. 
Vedra  124. 
Veii  55,  56. 
Veleia  53,  63,  64. 
Velia  19,  20. 


Hftodbnch  der  klass.  AltertomswiBsenachaft.    III,  8.    2.  Anfl. 


Velinus  41;  Velini  lacus  42. 

VeUtrae  38,  89. 

Venafrum  29. 

Venetia  7,  8,  61,  62;  Veneti 
52,  58.  59,  104;  lacus  Ve- 
netus  100. 

Venostes  64,  180,  132. 

Venta  128. 

Venusia  24,  45. 

Verbanus  lacus  62. 

Vercellae  68. 

Verona  58,  60,  62. 

Verulae  39,  40. 

Verulamium  126. 

Vescellia  46. 

Vestini  13,  14,  41,  46,  47. 

Vesulus  mens  66. 

Vesuvius  15,  26. 

Vettona  50. 

Vetulonia  54,  57. 

Via ;  die  von  Rom  auslaufenden 
viae  verzeichnet  86,  37; 
Italische  Strassenbezirke  7f .; 
Latina  83,  34,  36,  87;  No- 
mentana  35,  37;  Tiburtina 
35,  37;  Tiberina  35;  Ma- 
minia  7,  35,  36,  37;  Appia 

31,  38,  86,  87;  Salaria  81, 

32,  37,41,43;  Praenestina 
88,  37;  Ostiensis  37;  Lau- 
rentina 87;  Labicana  37; 
Portuensis  37;  Ardeatina 
86,  87;  Aureüa  7,  86,  57; 
Cassia86;  Claudia  36;  Va^ 
leria  86,  46,  47;  Sublacen- 
sis  36;  via  Popillia  8; 
Traiana  28;  viae  in  der 
Transpadana  60;  via  Aemi- 
lia  Scauri  60;  Augusta  60; 
in  den  afrikanischen  Pro- 
vinzen 79,  82;  in  Hispanien 
93  f.;  in  der  Armorica  104; 
in  Persien  149;  durch  die 
Balkanlftnder  137;  in  Bos- 
nien und  der  Herzegowina 
136. 

Vibinum  24. 

Vibo  16,  17. 

Vicetia  58,  62. 

Vienna  97,  99,  104;  provincia 

Viennensis    99 ;     dioecesis 

Viennensis  99. 
Viminacium  184. 
Vindius  87. 
Vindobona,  Litteratur  darüber 

137. 
Vindonissa  116,  118. 
Vipascum  87. 
Viroconium  126. 
Virunum  138. 
Visentium  54. 
Visurgis  111. 
Vocontü  97,  98,  99,  104. 
VolanuB  61 
Volaterrae  53,  57. 
12 


178 


Alphabetisches  Register. 


Volcei  20. 
Volsci  38  f.,  52. 
Volsinii  54. 
Voltomniae  fanum  55. 
Voltummn  29;  Volturnus  14, 

15,   25,   29;   Volturnusthal 

44. 
Volubilis  81. 


I  Yomanus  49. 

,  Vosagus  97,  118. 

I  Vulci  54,  56. 

'  Vultur  24. 

Zama  (regia)  78;  maior,  minor 

84. 


Zeugitana  75,  79. 


1 


Zeugma  147;  regio  145. 
Züia  81. 
Ziquenses  75. 
Ziquensis  mons  72. 
Zo«lae  92. 
Zuccabar  81. 
Zachabbari  mons  72. 


HANDBUCH 

DER 

KLASSISCHEN 


ALTERTÜMS-WISSENSCHAIT 

in  systematischer  Darstellung 

mit  besonderer  Bficksicht  auf  Oeschichte  und  Methodik  der  einzelnen 

Disziplinen. 


In  Verbindung  mit  Gymn.-Rektor  Dr.  Autenrieth  f  (Nürnberg),  Prof.  Dr.  Ad. 
Bauer  (Graz),  Prof.Dr.BIass  (Halle),  Prof.  Dr.  Brugrmann  (Leipzig),  Prof.  Dr. 
Busolt  (Kiel),  Prof.  Dr.  v.  Christ  (München),  Prof.  Dr.Leop.  Cohn  (Breslau), 
Prof.  H.  Gleditsch  (Berlin),  Prof.  Dr.  0.  Gruppe  (Berlin),  Prof.  Dr.  Günther 
(München),  Gymn.-Rektor  C.  Hammer  (Würzbmg),  Prof.  Dr.  Heerdegen  (Er- 
langen), Prof.  Dr.  Hommel  (München),  Prof.  Dr.  Hübner  f  (Berlin),  Prof.  Dr. 
Judeich  (Erlangen),  Prof.  Dr.  Jul.  Jung  (Prag),  Prof.  Dr.  Krumbacher 
(München),  Prof.  Dr.  Larfeld  (Remscheid);  Dr.  Lolling  f  (Athen),  Prof.  Dr. 
Niese  (Marbur|),  Prof.  Dr.  Nissen  (Bonn),  Prof.  Dr.  Oberhummer  (München), 
Priv.-Doz.  Dr.  Ohmichen  (München),  Prof.  Dr.  Pöhlmann  (München),  Gymn.- 
Dir.  Dr.  0.  Richter  (Berlin),  Prof.  Dr.  M.  von  Schanz  (Würzburg),  Prof.  Dr. 
Schiller  (Leipzig),  Gymn.-Dir.  Schmalz  (Rastatt),  Prof.  Dr.  Sittl  f  (Würzburg), 
Prof.  Dr.  F.  Stengel  (Berlin),  Prof.  Dr.  Stolz  (Innsbruck),  Prof.  Dr.  Unger 
(Würzburg),  Prof.  Dr.  v.  ürUchs  f  (Würzburg),  Prof.  Dr.  Moritz  Voigt 
(Leipzig),  Gymn.-Dir.  Dr.  Volkmann  f  (Jauer),  Prof.  Dr.  Windelband 
(Strassburg),  Prof.  Dr.  Wissowa  (Halle) 

herausgegeben  von 

Dr.  Iwan  von  Müller, 

ord.  Prof.  der  klafisischen  Phüologie  in  München. 


Dritter  Band,  Dritte  Abteilung,  Zweite  Hälfte. 

Topographie  der  Stadt  Rom. 

Zweite  Auflage. 


MÜNCHEN  1901 

C.  H.  BECK'SCHE  VERLAGSBUCHHANDLUNG 

OSKAR  BECK. 


TOPOGRAPHIE 


DER 


STADT   ROM. 


VON 


PROF.  DR.  OTTO  RICHTER, 

KOL.  OTHNABIALDIHKKTOB  IN  BEltUM. 


ZWEITE  VERMEHRTE  UND  VERBESSERTE  AUFLAGE. 
NEBST  32  ABBILDÜNOEtf,  18  TAFELN  UND  2  PLÄNEN  VON  ROM. 


MÜNCHEN  1901 
C.  H.  BECK'SCHE  VERLAGSBUCHHANDLUNG 

OSKAR  BECK. 


Alle  Il«cbte  vorbcbalteii. 


G.  U.  Beck'sclie  Bucbdruckcrci  in  Nürdlingen. 


Vorwort. 


Die  Topographie  der  Stadt  Rom  erschien  in  erster  Auflage  im 
Jahre  1889.  Nachdem  im  Jahre  1895  die  Herstellung  einer  neuen 
Ausgabe  notwendig  geworden  war,  nahm  ich  diese  1896  nach  einem 
längeren  Aufenthalt  in  Rom  in  Angriff.  Dabei  stellte  sich  heraus, 
dass  es  nicht  mit  einem  einfachen  Neudruck  gethan  war,  sondern  dass 
eine  völlige  Umarbeitung  erforderlich  sei.  Die  topographische  Forschung 
hatte  in  der  Zwischenzeit  so  ausserordentlich  an  Ausdehnung  gewonnen, 
dass  nur  wenige  Teile  des  Buches,  wie  z.  B.  die  Einleitung,  im  wesent- 
lichen unberiihrt  bleiben  konnten.  Auch  bedurfte  eine  Anzahl  von 
Kapiteln,  die  in  der  ersten  Bearbeitung  zu  kurz  gekommen  waren, 
wie  der  Osten  Roms  (Quirinal,  Esquilin  etc.),  einer  Erweiterung,  so 
dass  das  vorliegende  Buch  den  doppelten  Umfang  der  ersten  Auf- 
lage hat. 

Der  Druck  begann  im  Jahre  1897  und  zog  sich  mit  mehreren 
Unterbrechungen  über  vier  Jahre  hin.  Als  im  Jahre  1899  die  so 
erfolgreichen  Ausgrabungen  auf  dem  Forum  begannen,  war  das  Kapitel 
über  das  Römische  Forum  schon  gedruckt;  es  ist  deshalb  am  Schluss 
des  Buches  ein  Nachtrag  gegeben,  der  die  Resultate  der  Ausgrabungen 
im  Anschluss  an  dies  Kapitel  in  ausführlicher  Darstellung  bringt. 

Eine  andere  Erweiterung  erfuhr  das  Buch  durch  die  beigegebenen 
Abbildungen.  Während  die  erste  Auflage  ausser  dem  Plane  von 
Rom  nur  3  Spezialpläne  hatte,  Abbildungen  aber  überhaupt  nicht, 
ist  die  vorliegende  mit  32  Abbildungen  und  18  Tafeln,  darunter 
10  Spezialplänen,  und  2  Plänen  von  Rom,  dem  antiken  und  modernen 
—  letzterer  nach  dem  von  der  Firma  Karl  Baedeker  in  Leipzig  zur 


VI  Vorwort 

Verfügung  gestellten  Plane  aus  Baedekers  Italien  in  einem  Bande  — 
ausgestattet. 

Ganz  besonderen  Dank  für  freundliche  Förderung  meiner  Arbeit 
habe  ich  auszusprechen  Herrn  Chr.  Hülsen  in  Kom,  der  mir 
mehrere  seiner  Pläne  zur  Benutzung  überliess  (siehe  das  Verzeich- 
nis) und  den  ersten  Teil  des  Buches  durchgesehen  hat,  demnächst 
Herrn  F.  Brunswick  in  llom,  dem  ich  seit  Jahren  fortlaufende 
prompte  Berichte  über  die  Kömischen  Ausgrabungen  verdanke. 

Berlin,  den  19.  Mai  1901. 

Otto  Richter. 


Inhalt- 

Solle 

1.  Einleitung 1—24 

I.  Quellen  der  römischen  Topographie 1 

A.  Altertum 1 

B.  Mittelalter 13 

IL  Lttteratur                   17 

ni.  Stadtpläne 23 

2.  Lage  und  Formation 24—30 

3.  Entwicklungsgeschichte  der  Stadt 30—72 

4.  ZerstOmngsgeschichte 72—76 

5.  Das  Oentnun  Roms 76—181 

a)  Das  Forum 76 

b)  Die  Eaiserfora 108 

c)  Der  kapitolinische  Hügel 116 

d)  Der  Palatin 132 

e)  Sacra  via  und  Velia 161 

f)  Circus  Maximus 174 

6.  Die  Stadtteile  am  Tiber 181  -283 

a)  Die  Markte 181 

b)  Der  Aventin 204 

c)  Die  Vorstädte  im  Süden  des  Marsfeldes 211 

d)  Das  Marsfeld 222 

e)  Die  siebente  Region  (Via  lata)            259 

f)  Trans  Tiberim 268 

7.  Der  Osten  Roms 283—350 

a)  Quirinalis  und  Viminalis 2<S3 

b)  Der  Esquilin        .        • 302 

c)  Der  Caelius 334 

d)  Die  Vorstadt  der  Via  Appia 340 

8.  Die  Gräber 350—354 

9.  Nachtrag  zu  p.  76— 107:   Das  Forum 355—370 

Anhänge 371-395 

I.  Die  konstantinische  Regionsbeschreibung 371 

11;  Varro  über  die  sieben  Hügel  Roms  und  die  Argeerurkunde  391 

IIL  Beschreibung  der  Honorianischen  Mauer 393 

IV.  Aus  der  Parabase  des  Flautinischen  Gurculio 394 

Register 396-411 


Nachträge  und  Verbesserungen. 

p.  4.  Über  die  jQDget  gefundenen  Reste  des  Stadtplans  berichtet  Lanciani,  Bull.  com. 
1899,  p.  3  ff.  und  publiziert  die  wichtigsten  daselbst  auf  Taf.  HI.  IV.  In  allemeuester 
Zeit  ist  auf  dem  Forum  ein  Fragment  gefunden,  das  einen  Teil  der  Thermen  des 
Agrippa  samt  Rest  der  Inschrift  enthält. 

p.  23.  Nachzutragen  ist  das  neueste  Buch  von  Lanciani  :  The  destruction  of  ancient  Rome, 
New  York  1899,  ebenso  auf 

p.  24,  dass  die  Forma  ürbis  von  Lakoiani  nunmehr  vollständig  vorliegt,  46  Tafeln  mit 
mehreren  Indices  ausgestattet. 

p.  43,  Anm.  3  ist  statt  Taf.  4  zu  lesen:  Taf.  5. 

p.  56  ist  im  Texte  des  Monumentum  Ancyranum  eine  Zeile  ausgefallen;  nach  Zeile  6  des 
Textes  fehlt  hinter  den  Worten  Libertatis  in  Aventino:  aedem  Lamm  in  summa 
Sacra  via,  aedem  deum  Penatium  in  Velia, 

p  59,  Zeile  6  ist  neben  Titus  hinzuzufügen:  und  Trajan. 

p.  61,  Zeile  27  ist  hinter  Trajanus  ein  Fragezeichen  hinzuzufügen. 

p.  65.  Der  Pomeriumsstein  e  des  Claudius  steht,  wie  auch  der  Plan  zeigt,  nicht  nördlich, 
sondern  östlich  vom  Monte  Testaccio.  Er  beweist  lediglich  (vgl.  p.  66)  die  Einbe- 
ziehung des  Avenüns  in  das  Pomerium  durch  Claudius. 

p.  68,  Zeile  9  ist  statt  p.  44  zu  lesen:  p.  50. 

p.  76,  Zeile  8  ist  statt  Antoninssäule  zu  lesen:  Marc-Aurelssänle. 

p.  78,  Zeile  7  von  unten  ist  statt  121  zu  lesen:  122. 

p.  123,  Anm.  2  ist  zu  eitleren:  H.  Degerino,  Über  etruskischen  Tcmpelban.  aus  den  Nach- 
richten der  k.  Gesellschaft  der  Wissenschaften  zu  Göttingen,  Phil.- bist.  Klasse  1897 
Heft  2  p.  137  ff. 

p.  134,  Zeile  12  ist  statt  3,46  zu  lesen:  5,76. 

p.  182,  Zeile  5  von  unten  ist  statt  103  zu  lesen:  105. 

p.  203.  Zu  den  von  Hülsen  und  Dressel  gegebenen  Erklärungen  der  Bronze  des  Anto- 
ninns  Pius  nimmt  Petersen  in  den  Rom.  Mitt.  1900  p.  852  ff.  im  wesentlichen  in  dem 
von  mir  a.  a.  0.  vorgetragenen  Sinne  Stellung. 

p.  204,  Zeile  15  ist  zu  lesen:  Pagus  Aventinensis. 

p.  225,  Zeile  17  von  unten  ist  zu  lesen  Lacus  Fundani. 

p.  241,  Zeile  7  von  unten  ist  statt  Palazzo  della  Valle  zu  lesen  Piazza  della  Valle. 

p.  248,  Zeile  14  von  unten  sind  die  beiden  Wörter  Notitia  und  Curiosum  zu  vertauschen. 

p.  252,  Zeile  21  von  unten  ist  statt  S.  Maria  in  Lucina  zu  lesen:  S.  Lorenzo  in  Lncina. 


Abbildungen. 


1.  (p.  81)  Front  der  Rostra  an  der  Westseite  des  Fomms,  Rekonstroktion  von  0.  Richter, 

gez.  von  F.  0.  Schulze. 

2.  (p.  84)  Reste  des  kapitolinischen  Stadtplanes  mit  Darstellnng  von  Gebftuden  des  Forums, 

nach  Jordan,  Forma  urbis  III,  19.  20.  22.  34  und  Not.  d.  scavi  1882  Taf.  XIV. 
8.  (p.  86)  Der  Eastortempel,  Rekonstruktion  von  0.  Richter,  gez.  von  Tognetti. 

4.  (p.  89)  Der  Vestatempel,  Rekonstruktion  von  H.  Jordan,  gez.  von  F.  0.  Schulze,   aus 

H.  Jordan,  Der  Tempel  der  Vesta,  Taf.  IV. 

5.  (p.  91)  Die  Regia,  Rekonstruktion  von  Chr.  Hülsen.,  gez.  von  F.  0.  Schulze,  aus  Jahrb. 

des  Inst.  1889,  p.  228. 

6.  (p.  93)  Der  Tempel  des  Divus  Julius,  Rekonstruktion  von  0.  Richter,  gez.  von  F.  0. 

Schulze. 

7.  (p.  94)  Ostfront   des  Forums  (Tempel    des   Divus  Augustus  und  Triumphbogen  des 

Augustus),  gez.  von  P.  Graef,  nach  Jahrb.  d.  Inst.  1889,  p.  157. 

8.  (p.  111)  Reste  der  Östlichen  Exedra  des  Augustusforums,  gez.  von  F.  0.  Schulze,   nach 

Rom.  Mitt.  1891,  p.  96. 

9.  (p.  122)  Das  Gapitolium,  Grundriss  von  0.  Richter. 

10.  (p.  138)  Aedes  Victoriae,  Vorderansicht        \  Rekonstruktion  von  Chr.  HtQsen,  gez.  von 

11.  (p.  139)  Aedes  Victoriae,  Längsdurchschnitt  I       Rauscher,  ROm.  Mitt.  1895,  p.  21.  22. 

12.  (p.  152)  Templum  Augusti  unter  Caligula,  Münze. 

13.  (p.  152)  Templum  Augusti  unter  Antoninus  Pius,  Münze. 

14.  (p.  157)  Das  Septizonium  des  Septimius  Severus,  Rekonstruktion  von  P.  Graef,  aus  Chr. 

Hülsen,  Das  Septizonium  des  Septimius  Severus  Taf.  4. 

15.  (p.  168)  Grundriss  des  Colosseums  nach  Knapp. 

16.  (p.  169)  Durchschnitt  des  Colosseums  nach  Knapp. 

17.  (p.  172)  Haterierrelief  aus  dem  Lateran. 

18.  (p.  173)  Konstantinsbogen  nach  P.  Narducci,  Fognatura  della  citta  di  Roma,  Taf.  XIII. 

19.  (p.  193)  Forum  boarium,  von  0.  Richter. 

20.  (p.  196)  Reste  des  Emporiums,  Anlegestelle,  Photographie. 

21.  (p.  201)  Molo  oberhalb  des  Pens  Aelius,  nach  Bull.  com.  1891  Taf.  IV. 

22.  (p.  202)  Grossbronze  des  Antoninus  Pius  mit  Darstellung  der  Landung  der  heiligen 

Schlange. 

23.  (p.  234)  Grundriss  des  Pantheons,  nach  Adler,  Das  Pantheon. 

24.  (p.  235)  Vorhalle  des  Pantheons,  Photographie. 

25.  (p.  237)   Fundamente   der  Vorhalle   des  Pantheons,   nach   Armanini   (L.  Beltrami,   11 

PanÜieon,  1898  p.  73). 

26.  (p.  253)  Solarium  des  Augustus,  von  0.  Richter. 

27.  (p.  254)  Columna  Antonini,  Münze. 

28.  (p.  263)  Form.  Urb.  VI  36:   Saepta,  Via  lata  und  Statio  cohortis  I  vigilum. 

29.  (p.  278)  Moles  Hadriani,  Rekonstruktion  von  F.  0.  Schulze,  nach  ROm.  Mitt.  1891  p.  138. 

30.  (p.  279)  Reste  von  der  Bekleidung  des  Unterhaus   der  Moles  Hadriani,   nach  Borgatti, 

Castel  Sant'  Angelo  Taf.  11. 

31.  (p.  355)  Columbarium  in  der  Vigna  Codim',  Photographie. 

32.  (p.  364)  Cippus  mit   archaischer  Inschrift  vom  Comitium,  nach  Comparetti,   Iscrizione 

arcaica  del  Foro  Romano,  1900. 


Tafeln. 

1.  (p.  5)  Fragmente  des  Stadtplans,  nach  Jordan,  Forma  ürbis,  YII,  37  and  XIV,  86. 

2.  (p.  33)  Das  Templum  der  Falatinischen  Stadt,  entworfen  von  0.  Richter. 

3.  (p.  37)  Das  Septimontiam  und  die  Vierregionenstadt,  von  0.  Richter. 

4.  (p.  41)  Thoranlagen  (Ferentino,  Volteira,  der  Janustempel  auf  dem  Forum). 

5.  (p.  43)  Reste   vom   sogenannten   Serviuswall   am   Centralbahnhof.    Nach    einer  Photo- 

graphie.   Vgl.  0.  Richter,  Über  antike  Steinmetzzeichen  1885  Taf.  I. 

6.  (p.  49)  Servianische  Stadt,  von  0.  Richter. 

7.  (p.  71)  Aurelianische  Mauer,  nach  Photographien. 

8.  (p.  82)  Die  Marmorbalustraden  von    der  RednerbOhne    auf  dem  Forum,   nach  Photo- 

graphien. 

9.  (p.  97)  Republikanisches  Forum,  mit  Zugrundelegung  eines  Planes  von  Chr.  Halsen. 

10.  (p.  107)  Plan  des  Forums  von  G.  Tognetti. 

11.  (p.  108)  a)  Eaiserfora,  nach  Chr.  Halsen,  Formae  ürbis  Romae  IH.  —  b)  Cloaca  maxima, 

nach  Narducci,  Antike  Denkmäler  I,  Taf.  37. 

12.  (p.  133)  Plan  des  Palatins.  Mit  Benutzung  eines  Planes  von  Middleton  nach  neuen  Auf- 

nahmen gez.  von  F.  0.  Schulze. 

13.  (p.  135)  Ausgrabungen  an  der  Sad Westseite  des  Palatins,  gez.  von  F.  0.  Schulze  und 

G.  Tognetti,  vgl.  Mon.  dell*  Ist.  Vol.  XII.  Tav.  VIII  (1884). 

14.  (p.  238)  Vorhalle  und  Inneres  des  Pantheons,  nach  Photographien. 

15.  (p.  819)  Reste  der  Aqua  Claudia  und  des  Anio  novus,  nacA  Photographien. 

16.  (p.  321)  a)  Porta  Praenestina  (P.  Maggiore).  —  b)  Reste  der  Neronischen  Wasserleitung, 

nach  Photographien. 

17.  (p.  327)  a)  Thermae  Titi  et  Traiani  nach  Lanciani.  -—  b)  Thermae  Antoninianae   nach 

Sergius  Iwanoff. 

18.  (p.  363)  Älteste  Denkmäler  des  Comitiums.    Nach   Comparetti,   Iscrizione  arcaica  del 

Foro  Romano  1900. 
Pläne  von  Rom:  1.  Plan  des  modernen  Roms.    Nach  dem  Plane  in  Bädekers  Italien. 
2.  Plan  des  antiken  Roms.    Mit  Benutzung  von  Kiepert  und  Halsen, 
Formae  Urbis  Romae  II,  neu  gezeichnet  von  O.  Richter. 


B. 
Topographie 


von 


Rom 


Dr.  Otto  Richter, 

Königl.  Oymnasialdlrektor  und  Profeasor  in  Berlin. 


Handbuch  der  klasa.  Altertumswiiiacniichaft.    III,  .S,B.    2.  Aufl 


1.  Einleitung. 


I.  Quellen  der  römischen  Topographie. 
A.  Altertum. 

An  der  Spitze  der  aus  dem  Altertum  erhaltenen  amtlichen  Doku- 
mente über  die  Topographie  der  Stadt  Rom  stehen  der  kapitolinische  Stadt- 
plan und  die  konstantinische  Regionsbeschreibung. 

1.  Der  kapitolinische  Stadtplan.  Es  sind  dies  die  Reste  eines 
unter  Severus  und  Caracalla  angefertigten  marmornen  Planes  der  Stadt 
Rom,  der  an  der  Nordwand  des  „templum  sacrae  urbis**  *)  angebracht  und 
öffentlich  ausgestellt  war.  Dieses  Gebäude  (durch  Felix  IV.  526 — 30  in 
die  Kirche  SS.  Cosma  e  Damiano  verwandelt,  Plan  von  Rom  No.  18)  war 
von  Vespasian  errichtet  und  enthielt  seit  der  durch  ihn  angeordneten  und 
ausgeführten  Vermessung  der  Stadt  (Plin.  N.  H.  III  66.67)  das  zensorische 
Archiv,  in  dem  die  Katasterpläne  etc.  aufbewahrt  wurden.  Die  Nordwand 
desselben,  welche  an  die  marmorgetäfelte  Area  des  ebenfalls  von  Vespasian 
errichteten  Templum  Pacis  stiess,  schmückte,  wie  nicht  zu  bezweifeln,  ein 
Stadtplan.  Im  Jahre  191  brannte  das  Templum  Pacis  mit  allen  um- 
liegenden Gebäuden  ab,  auch  das  Templum  sacrae  urbis  wurde  ein  Raub  der 
Flammen.  Severus  stellte  es  wieder  her,  wie  aus  der  Inschrift  CIL.  VI 
935,  *)  die  Vespasian  als  Erbauer  und  Severus  als  Wiederhersteller 
nennt,  und  ausserdem  aus  dem  heutigen  Zustande  des  Gebäudes  ersicht- 
lich ist,  welches  neben  dem  Quaderbau  des  ersten  Jahrhunderts  die  Ziegel- 
konstruktion der  Severischen  Zeit  aufweist;  Severus  veranlasste  auch 
eine  neue  Aufnahme  der  Stadt  und  die  Erneuerung  des  Stadtplans  an  der 
alten  Stelle.  Dieser  Plan  hat  das  Altertum  überdauert  und  ist  erst  bei 
dem  späteren  allgemeinen  Verfalle  der  Stadt  zu  Grunde  gegangen. 3) 


')  üeber  das  Templam  sacrae  urbis  vgl. 
Lancia  MI,  Degli  antichi  edifizi  componenti 
la  chiesa  dei  SS.  Cosma  e  Damiano.  Bull, 
com.  1882,  p.  29  ff. 

*)  Vgl.  Jordan,  Forma  urbis  p.  8. 


Urbis):  Severi  et  [An\t(min%  augg.  nn,  hervor; 
Fr.  43  nennt  die  domtis  Cilonis^  eines  Günst- 
lings  des  Kaisers  Severus,  Consul  204  (CIL.Yl 
1408  f.).  Von  Gebäuden  aus  Severus'  Zeit  ist 
auf  Fr.  38  a  das  im  Jahre  203  errichtete  Septi- 


')  Dass  der  betreffende  Plan  aus  der  zonium  zum  Teil  erhalten.  Von  Wichtigkeit 
Zeit  des  Severus  stammt,  geht  aus  der  In-  1  ist  auch  die  Orthographie  auf  den  Fragmenten 
Bcluift  auf  Fragm.  37  u.  86  (Jobdan,  Forma   |   (Jobdan,  F.  U.  p.  7). 

1* 


4  B.  Topographie  von  Born. 

Die  Reste  dieses  Planes  sind  unter  Plus  IV.  (1559 — 1565)  um 
1563  *)  von  Antonio  Dosi  zu  Füssen  der  Wand  gefunden  worden,  an  der  er 
einst  befestigt  war.  Sie  ist  im  ganzen  wohl  erhalten,  man  sieht  noch  jetzt 
darin  die  Löcher  für  die  zur  Befestigung  der  Marmortafeln  dienenden  Eisen 
und  erkennt  die  Anordnung  der  in  ihren  Massen  stark  (von  0,70  bis 
1,18  m  Höhe  und  1,70— 2,25  m  Breite)  '  schwankenden  Tafeln  (Abbildung 
bei  Jordan,  Forma  Urbis  Taf.  XXXV).  Die  Fragmente  kamen  in  den  Be- 
sitz der  Farnese  und  wurden  in  ihrem  Palaste  aufbewahrt.  Entweder  von 
A.  Dosi  selbst  oder  auf  Ursinus'  (1529—1600)  Veranlassung,  jedenfalls  bald 
nach  ihrer  Auffindung,  wurden  von  den  hauptsächlichsten  Stücken  (92) 
Zeichnungen  gefertigt,  die  später  einen  Teil  des  Sammelbandes  ausmachten, 
der  aus  der  ursinischen  in  die  vatikanische  Bibliothek  gelangt  ist  und 
dort  unter  Nr.  3439  aufbewahrt  wird.  Der  Anfertiger  der  Zeichnungen 
hat  mit  Glück  mehrere  der  Fragmente  zusammengesetzt.  Bellori,  der  im 
Jahre  1673  die  erste  Ausgabe  der  Fragmente  machte,  benutzte  dazu  in 
erster  Linie  die  vatikanischen  Zeichnungen,  da  von  den  Steinen  schon 
damals  eine  Anzahl  nicht  mehr  vorhanden  war.  Im  Jahre  1742  wurden 
die  Fragmente  aus  dem  farnesischen  Palaste  in  das  kapitolinische  Museum 
geschafft  und  dort  an  den  Treppenwänden  in  der  Anordnung  der  hello- 
rischen  Ausgabe  auf  zwanzig  Tafeln  angebracht.  Dabei  wurden  diejenigen 
Fragmente,  welche  schon  Bellori  nur  aus  den  vatikanischen  Zeichnungen 
kannte,  oder  die  noch  nach  ihm  abhanden  gekommen  waren,  nach  seiner 
Ausgabe  ergänzt  und  sind  durch  einen  Stern  bezeichnet.  Den  zwanzig 
Tafeln  wurden  noch  sechs  andere  mit  kleineren,  von  Bellori  nicht  be- 
achteten Fragmentbrocken  hinzugefügt.  —  Seitdem  sind  mehrere  Funde 
gemacht  worden:  Im  Jahre  1867  wurden  durch  Tocco,  ebenfalls  zu  Füssen 
der  Nordwand  von  SS.  Cosma  e  Damiano,  einige  Fragmente  gefunden, 
darunter  das  die  Porticus  Liviae  enthaltende;  im  Jahre  1882  ein  die  Ost- 
seite des  Castortempels  mit  der  Inschrift  enthaltendes,  dies  aber  nicht 
mehr  an  Ort  und  Stelle,  sondern  östlich  vom  Castortempel  selbst,  in  eine 
mittelalterliche  Mauer  eingebaut;  ebenfalls /nicht  mehr  an  Ort  und  Stelle 
im  Jahre  1884  und  1889  Fragmente  bei  den  Ausgrabungen  auf  dem  Forum. 
Im  Sommer  1888  fand  man  in  dem  hinter  dem  Palazzo  Farnese  am  Tiber 
gelegenen  Garten  beim  Abbruch  einer  Mauer  in  dieselbe  verbaut  188  Frag- 
mente des  Stadtplanes.  Nur  wenige  davon  sind  gi'össer,  die  meisten  sind 
unansehnliche  Brocken,  sie  können  aber  immerhin  für  die  Zusammen- 
setzung anderer  Fragmente  von  Wichtigkeit  werden.  Im  Jahre  1891 
ordnete  der  Minister  eine  Ausgrabung  an  der  Rückwand  der  Kirche 
SS.  Cosma  e  Damiano  an;  in  einer  mehrmonatlichen  Ausgrabungsperiode 
wurden  aber  nur  wenige  unbedeutende  Stücke  zu  Tage  gefördert.  Die 
Publikation  der  neuen  Funde  steht  noch  aus.') 

Ausgaben :  Bbllobi,  Fragmenta  vestigii  veteris  Romae  ex  lapidibus  Farnesianis  nunc 
primum  in  lucem  edita  cum  notis  Jo.  Petri  Belloni  1678,  wiederholt  im  4.  Bande  des 
Graeviusschen  Thesauros  antiquitatum  Romanaram  1732.  Ebenfalls  im  wesentlichen  Wieder- 
holongen  der  Bellorischen  Ausgabe  sind  Piranksi,  Antichitä  Romane  I,  tab.  II— IV  1756. 
Xav.  Canale,   Ichnographia  veteris  Romae  XX  tabulis  comprehensa  cum   notis  Jo.  Petri 

0  Vgl.  Mitteilungen  des  k.  deutschen   !         -  ')  Vgl.  Mitteilungen   des  k.  deutschen 
archftol.  Instituts  1890  S.  61  ff.  1   archftol.  Instituts  1»91  S.  73.  74.  1892  S.  266. 


Taf.  1. 


Jordan,  Forma  Urbis  XXIII,  173. 


Jordan,  Forma  Urbis  VII,  37  und  XIV, 
Fragmente  des  Stadtplans. 


t  Einleitimg.    (§  1.)  5 

Bellorii.  Accessemnt  aliae  YI  tabalae  ineditae  cum  Dotis  1764.  Bei  Ganina  finden  sich 
die  Fragmente  am  Rande  seiner  Pianta  topografica  di  Roma  1832  and  in  anderen  Büchern 
und  Abhandlungen  reproduziert,  Abbildungen  einzelner  Fragmente  sind  nicht  selten.  — 
H.  Jordan,  Forma  ürbis  Romae  regionum  XJV,  Berlin  1874  auf  37  Tafeln  fol.  nebst  70 
Seiten  Text.  —  Untersuchung  über  die  Flanzeichnungen  des  Codex  Vatic.  3439  von  Tren- 
ds lbnbubg,  J  disegni  Vaticani  della  pianta  Gapitolina,  Ann.  d.  Inst.  1872,  p.  66  ff.  Bericht 
über  die  von  Tocco  gefundenen  Fragmente  Ann.  d.  Inst.  1867,  p.  408  ff.  Sie  sind  abge- 
druckt bei  Jordan,  Form.  ürb.  fr.  10—18.  Das  im  Jahre  1882  gefundene  ist  publiziert  Not. 
d.  scavi  1882,  Taf.  XIV;  vgl.  Jordan,  Ricardo  Lepsius  .  .  gratulatur  Institutum  archaeologi- 
cum  Germanicum,  Rom  1883,  das  im  Jahre  1884  gefundene  Not.  d.  scavi  1884,  p.  423,  dieses 
und  das  im  Jahre  1889  gefundene  Mitt.  d.  Inst.  1891,  Seite  74. 

Die  Wichtigkeit  der  wissenschaftlichen  Benutzung  der  Planfragmente 
ist  seit  Erscheinen  der  Jordan'schen  Forma  urbis  unbestritten.  Leider 
wird  das  Studium  an  den  Fragmenten  selbst  erschwert  durch  ihre  Ein- 
mauerung  in  die  Treppenwände  des  kapitolinischen  Museums,  wodurch  die 
Ränder  der  Steine  durch  Verschmierung  mit  Kalk  verdeckt  sind.  Die 
mannigfachen,  teils  den  ganzen  Plan,  teils  einzelne  Fragmente  betreffenden 
Fragen  haben  in  neuester  Zeit  eine  eingehende  Behandlung,  in  erster 
Linie  durch  Hülsen  gefunden  (vgl.  namentlich  Mitt.  d.  Inst.  1889,  S.  25  f., 
1892,  S.  316  und  Bull.  com.  1893,  S.  130),  eine  endgültige  Lösung,  soweit 
überhaupt  möglich,  ist  aber  erst  nach  Befreiung  der  Tafeln  aus  ihrer 
modernen  Einmauerung  zu  erwarten. 

Der  Massstab  des  Planes  lässt  sich  mit  den  vorhandenen  Mitteln 
nicht  mit  Genauigkeit  feststellen;  die  Versuche,  ihn  aus  den  Fragmenten 
monumentaler  Gebäude  zu  gewinnen,  sind  misslich,  denn  der  Massstab 
derselben  schwankt,  wie  ein  Vergleich  mit  noch  erhaltenen  Resten  zeigt, 
nicht  unerheblich,  selbst  innerhalb  eines  und  desselben  Gebäudes.  Der 
Massstab  scheint,  wie  schon  Canina  erkannte,  1  :  250  gewesen  zu  sein 
(vgl.  Hülsen  in  Bull.  com.  1893  S.  131),  aber  er  ist  wohl  kaum  exakt  fest- 
gehalten. So  weisen  z.  B.  die  Privathäuser  (domus)  auf  Fragm.  173  und 
191  der  Forma  urbis  von  Jordan  (abgebildet  auf  Tafel  1)  Grössenverhält- 
nisse  auf,  die  bei  Annahme  eines  Massstabes  von  1  :  250  keine  rationalen 
Zahlen  ergeben,  dagegen  bei  Annahme  eines  Massstabes  von  1  :  300  auf 
den  römischen  Actus  (120  röm.  Fuss)  führen;  die  Frontbreite  der  drei 
nebeneinander  liegenden  Häuser  auf  Fragm.  173  würde  danach  je  einen 
halben  Actus  betragen,  was  doch  schwerlich  auf  Zufall  beruht  (vgl.  meinen 
Aufsatz  Insula  Hermes  1885,  S.  94.  95).  —  Mit  diesem  Schwanken  im 
Massstabe  harmoniert  die  Darstellung  selbst.  Trotz  der  Menge  von 
Einzelheiten,  die  er  enthielt,  war  der  Plan  ungleich  und  stellenweise 
flüchtig  ausgeführt,  Namen  wareü  monumentalen  und  öffentlichen  Ge- 
bäuden wohl  durchgehend,  Strassen  und  Plätzen  nur  vereinzelt  beigefügt 
(vgl.  die  grossen  Fragmente  169,  170,  173,  179,  184,  188  u.  a.,  auf  denen 
kein  Name  zu  sehen  ist). 

Auch  die  Feststellung  der  Orientierung  des  Planes  ist  misslich. 
Man  kann  wohl  erkennen,  dass  der  Plan  im  grossen  und  ganzen  eine 
Orientierung  zwischen  Süden  und  Osten  hatte,  aber  es  ist  zweifelhaft,  ob 
der  Zeichner  des  Planes  überhaupt  eine  bis  auf  45  ®  genaue  Orientierung 
beabsichtigt  oder  erreicht  hat  (Hülsen,  Rhein.  Mus.  XLIX  S.  420  Anm.  1). 
Ausschlaggebend  müssten  für  die  Feststellung  der  Orientierung  solche  Steine 
sein,  die  bekannte  und  in  den  Resten  noch  vorhandene  Gebäude  darstellen, 


6 


B.  Topographie  von  Born. 


und  an  denen  ausserdem  noch  die  Stosskanten  erhalten  sind,  die  nur  hori- 
zontale oder  vertikale  Richtung  gehabt  haben  können.  Aber  gerade  die 
Prüfung  und  Vergleichung  solcher  Steine  hat  abweichende  Resultate  ergeben. 
Während  aus  den  die  porticus  Liviae  darstellenden  Fragmenten  geschlossen 
werden  musste,  dass  der  Plan  nach  Südosten  orientiert  war,  ergibt  sich 
aus  den  die  Saepta  Julia  darstellenden  Steinen  eine  Orientierung  nach 
Süden  (oder  Osten). 

Alle  diese  Unregelmässigkeiten  sind  nur  zu  erklären,  wenn  man  an- 
nimmt, dass  der  Plan  als  Ganzes  erheblich  von  der  Wirklichkeit  abwich. 
Und  das  ist  in  der  That  wohl  der  Fall  gewesen.  Die  Wand  nämlich, 
auf  der  der  Plan  befestigt  war,  ist  etwa  13  m  hoch  und  20  m  breit,  d.  h. 
Höhe  und  Breite  verhalten  sich  annähernd  zu  einander  wie  2  zu  8.  Das 
Rom  zur  Zeit  des  Severus  aber,  das  gleich  dem  zur  Zeit  des  Plinius  etwa 
bis  an  die  Linie  der  nachmaligen  Aurelianischen  Mauer  zu  rechnen  ist, 
erfordert  zu  seiner  Darstellung  annähernd  ein  Quadrat,  die  Ost-Westlinie 
verhält  sich  zur  Nord-Südlinie  wie  11  zu  10,  so  dass  also,  einen  einheit- 
lichen Massstab  vorausgesetzt,  die  Stadt  auf  dem  gegebenen  Raum  nur 
teilweise  Platz  gefunden  hätte.  £s  ist  aber  wohl  nicht  zu  bezweifeln, 
dass  auf  diesem  der  öffentlichen  Betrachtung  gewidmeten  Plane  ganz 
Rom  dargestellt  gewesen  ist,  und  dass  man  zu  diesem  Zwecke  Reduktionen 
und  Verschiebungen  vorgenommen  hat,  deren  Spuren  sich  noch  erkennen 
lassen.  Wie  man  mit  solchen  öffentlich  ausgestellten  Plänen  verfuhr,  d.  h. 
wie  man  sie  der  Örtlichkeit,  an  der  sie  angebracht  waren,  anpasste,  lehrt 
die  in  der  Porticus  Polae  angebrachte  Weltkarte  des  Agrippa,  von  der  die 
Peutinger'sche  Tafel  eine  Vorstellung  geben  mag.*) 

So  wenig  die  Fragmente  im  stände  sind,  uns  über  das  Gesamtbild 
der  Stadt  aufzuklären,  so  wichtig  sind  sie  für  die  Erkenntnis  von  Einzel- 
heiten, Häuser-  und  Strassenanlagen,  Grösse  der  Privathäuser  und  der 
Vici,  Anlage  der  Tabernen  etc.  Auch  wichtige  topographische  Fragen, 
wie  z.  B.  über  die  Benennung  der  Tempel  am  Forum,  die  Lage  der  Ge- 
bäude auf  dem  Marsfeld,  der  porticus  Liviae  u.  a.  sind  durch  diese  Frag- 
mente entschieden  worden.^) 

2.  Die  konstantinische  Regionsbeschreibung  (vgl.  L  An- 
hang) ist  ein  nach  den  vierzehn  Regionen  der  Stadt  geordnetes,  mit 
zwei  systematischen  Anhängen  versehenes  Verzeichnis  der  wichtigsten 
Gebäude  und  Denkmäler  Roms  nebst  statistischen  Nachrichten.    Dasselbe 


')  Ueber  die  Orientienuig  des  Planes 
vgl.  die  ftlteren  Arbeiten  von  Canika,  Indi- 
caidone  topografica  dl  Roma  antica  p.  29; 
H.  Jobdan,  Form.  ürb.  p.  13.  Trendslbn- 
BX7B0,  Archftologiscbe  Zeitung  1873,  p.  14  ff. 
N188BN,  Jenaer  Litteratorzeitang  1875,  p.  756. 
Beb  ER,  Ruinen  Roms,  p.  566.  —  Neuere 
Arbeiten:  Hülsen,  Mitt.  d.  Inst.  1889,  S.  78  f. 
{porticus  Liviae),  Bull.  com.  1893,  S.  119  ff. 
{Saepta),  Rheinisches  Museum  XLIX  S.  420 
Anm.  2.  Dissertazioni  della  pontificia  Ac- 
cademia  Romana  S.  268  nebst  Anmerkung. 
0.  Richter,  Die  Älteste  Wohnstätte  des 
römischen  Volkes,  Berlin  1891.    Elteb,  De 


forma  ürbis  Romae  deque  orbis  antiqui  facie 
diss.  I  u.  H,  Bonn  1891.  Dazu  die  Bespre- 
chungen von  0.  Richter  in  den  Göttinger 
gelehrten  Anzeigen  1892  n.  4  S.  153  ff.  und 
Hülsen,  Top.  Jahresbericht  1891  S.  267  ff. 

'^)  Vgl.  O.  RiGHTKB,  Insula,  Hermes  XX, 
p.  91  ff.  Zusammensetzungen  von  Fragmenten: 
Tbendelenburo,  Archäologische  Zeitung  1 876, 
p.  52  f.  Lanciani,  Bull.  com.  1885,  p.  157  ff. 
Tay.  XXII,  Gatti  (und  Lanciani),  li  portico 
di  Livia  nella  terza  regione  di  Roma,  BulL 
com.  1886,  p.  270  ff.  Lanciani,  I  portici  d. 
reg.  IX.  Ann.  d.  Inst.  1883,  p.  5  ff.  Hülsen, 
Mitt.  d.  Inst.  1892,  S.  316  ff. 


1.  Einleitug.    (§  2.)  7 

ist  in  zwei  Redaktionen  auf  uns  gekommen,  die  die  Spuren  der  konstan- 
tinischen Zeit  tragen:  1.  Die  ältere  Redaktion  ohne  Titel,  von  Neueren 
gewöhnlich  Notitia  genannt,  redigiert  im  Jahre  854  n.  Chr.  zusammen 
mit  der  in  demselben  Jahre  verfassten  Welt-  und  Stadtchronik.  Sie  er- 
gänzt die  in  ihrer  Vorlage  befindlichen  Bauten  Konstantins  durch  den  in 
eben  diesem  Jahre  errichteten  Equus  Constantini,  während  sie  zwei  andere, 
früher  eriichtete,  in  ihrer  Vorlage  ebenfalls  nicht  enthaltene  Bauten  der 
konstantinischen  Zeit,  den  Triumphbogen  am  Kolosseum  und  den  Rund- 
tempel des  Romulus,  übergeht.  —  2.  Das  Guriosum  urbis  Romae  regio- 
num  XIV  cum  breviariis  suis;  es  ist  in  oder  nach  357  geschrieben,  denn 
es  nennt  im  ersten  Anhang  den  in  diesem  Jahre  im  Circus  Maximus  er- 
richteten zweiten  Obelisken,  die  oben  erwähnten  konstantinischen  Bauten 
dagegen  sind  nicht  nachgetragen.  Seine  Abfassung  mag  daher  nicht  all- 
zuweit von  dem  Jahre  der  Errichtung  des  Obelisken  entfernt  sein,  doch 
lässt  sich  freilich  die  Zeitgrenze  abwärts  nicht  genau  bestimmen.  Aus 
negativen  Indizien,  wie  z.  B.  aus  dem  mit  der  Notitia  gleichlautenden 
Verzeichnisse  der  Brücken  den  Schluss  zu  ziehen,  das  Guriosum  sei  vor 
Wiederherstellung  und  ümnennung  des  Pons  Aurelius  und  Pens  Probi 
durch  Valentinian  in.  und  Theodosius  II.  (425—450)  geschrieben,  ist  un- 
sicher. So  fehlt  auch  und  zwar  in  beiden  Redaktionen  jegliche  Er- 
wähnung der  Aurelianischen  Mauer  (erbaut  270 — 282,  wiederhergestellt 
403  von  Honorius),  während  37  Thore,  entsprechend  den  37  Thoren  der 
Zollgrenze  der  Vierzehnregionenstadt  im  Berichte  über  die  Vespasianische 
Stadtvermessung  bei  Plinius  (N.  H.  III.  66)  gezählt  werden.  Vielleicht 
liegt  dem  statistischen  Teile  der  Regionsbeschreibung  eine  ältere,  auf 
diokletianische  Zeit  zurückgehende  (Hülsen,  Rhein.  Mus.  XLEK  S.  421 
Anm.  1),  in  konstantinischer  Zeit  neubearbeitete  Urkunde  zu  Grunde. 
Bemerkenswert  für  diese  Bearbeitung  sowie  für  die  auf  uns  gekommenen 
Redaktionen  derselben  ist  das  absolute  Fehlen  christlicher  Eultus- 
stätten.  Übrigens  gibt  das  Guriosum  die  gemeinsame  Vorlage  getreuer 
wieder  als  die  Notitia;  diese  ist  mehrfach  durch  erklärende  oder  ganz 
neue  Zusätze  und  durch  Umstellungen  verunstaltet.  —  Eine  dritte, 
durch  den  Cod.  Laur.  89,  67  vertretene  Redaktion  ohne  selbständigen 
Wert  ist  dadurch  entstanden,  dass  man  Guriosum  und  Notitia  zusammen- 
gearbeitet hat. 

Die  Regionsbeschreibung  zerfällt  in  drei  Abschnitte.  Der  erste  ent- 
hält eine  nach  den  14  Regionen  geordnete  Aufzählung  der  wichtigsten 
Bauwerke  etc.  der  Stadt.  Dieselbe  beginnt  in  jeder  Region  mit  dem  Worte 
continet  und  bringt  die  Namen  im  Akkusativ  (z.  B.  Regio  I  Porta  Capena 
continet  aedem  Honoris  et  Virtutis,  CJamencts,  lacum  Promähei  etc.);  man 
bemerkt,  dass  die  Namen  von  einem  nach  Süden  oder  Osten  orientierten 
Plane  abgelesen  sind,  eine  gewisse  Reihenfolge  ist  neben  Zusammen- 
fassung gleichartiger  Bauten  nicht  zu  verkennen.  Doch  ist  die  zuerst 
von  Bunsen  (Beschr.  der  Stadt  Rom  III,  1.  662)  vertretene,  neuerdings  von 
Lanciani  (Bull.  com.  1890,  p.  115  flf.)  wieder  aufgenommene  Ansicht,  dass 
die  Regionsbeschreibung  eine  Orenzbeschreibung  sei,  irrig.  Die  Be- 
schreibung umfasst  offenbar  {continet!)  oder  soll  wenigstens  alle  innerhalb 


8  B.  Topographie  Ton  Born. 

der  einzelnen  Regionen  befindlichen  Gebäude  und  Merkwürdigkeiten  um- 
fassen, und  es  werden  wesentliche  Dinge  auch  nicht  vermisst,  wie  ein 
Vergleich  mit  der  der  Beschreibung  angehängten  Zusammenfassung  be- 
weist. Dass  die  Beschreibung  der  vierten  und  achten  Region,  auf  die 
diese  Ansicht  sich  namentlich  stützt,  sich  zum  Teil  an  der  Grenze  der 
Region  hält,  kommt  lediglich  daher,  dass  die  Sacra  via,  die  Nova  via  und 
das  Forum,  an  denen  die  hauptsächlichsten  Gebäude  liegen,  zugleich  die 
Regionsgrenze  bilden.  Auch  bei  andern  Regionen  ist  es  so;  die  Via  lata 
bildet  die  Grenze  zwischen  der  VII.  und  IX.  Region ,  die  I.  und  XII.  Region, 
die  XII.  und  XIIL,  die  IL  und  III.,  die  III.  und  IV.,  die  IV.  und  VI.,  die 
VI.  und  VII.  Region  sind  durch  die  grossen,  nach  den  Thoren  der  Servia- 
nischen Mauer  und  aus  ihnen  hinausführenden  Strassen  getrennt.')  —  Die 
Beschreibung  einer  jeden  Region  schliesst  mit  der  Angabe  der  Zahl  der 
in  derselben  befindlichen  vici,  aediculaßf  vicomagistH  (durchgehend  48), 
cwrator^5  (durchgehend  2),  insulae,  domus,  horrea,  balnea,  lacus  und  pistrina, 
und  einer  Angabe  der  pedes,  von  denen  indes  nicht  klar  ist,  ob  damit 
der  Umfang  der  Region,  ob  Strassenlängen  gemeint  sind.  Die  Regionen 
sind  in  unseren  Urkunden  mit  Namen  bezeichnet,  die  teils  geographischer 
Art  sind,  wie  V  Esquiliae,  XIII  Aventinus,  XIV  trans  Tiberim,  teils  hervor- 
ragenden Bauten  oder  Anlagen  'entnommen  sind,  wie  in  Isis  et  Serapis, 
IV  Templum  Pacis,  VIII  Forum  Romanum  vel  magnum,  IX  Circt^  Flamin 
niuSf  X  Palatium,  XI  Oircus  Maximus,  zwei  (VI  Atta  semita,  VII  Via  lata) 
sind  nach  den  Hauptstrassen  der  Region  benannt.  Wo  Gebäude  als  Be- 
zeichnung der  Region  dienen,  werden  sie  in  der  Beschreibung  nicht  noch 
einmal  aufgeführt.  In  der  XI  Region,  Cürcus  Maximus,  ist  gleich  der 
Überschrift  hinzugefügt:  qui  capü  loca  CCCCLXXXV.  Wann  diese  Namen 
aufgekommen  sind,  ist  unbekannt;  sicher  ist,  dass  ursprünglich  und  bis 
ins  2.  Jahrhundert  hinein  die  Regionen  nur  gezählt  wurden. 

Der  Beschreibung  der  Regionen  folgen  zwei  Anhänge.  Am  Anfange 
des  ersten,  der  keine  Überschrift  hat,  wird  die  Zahl  der  Bibliotheken  (28) 
und  der  Obelisken  (5  oder  6)  angegeben ;  bei  letzteren  ist  Grösse  und  Stand- 
ort hinzugefügt  (beide  Aufzählungen  gehören  wahrscheinlich  in  den  zweiten 
Anhang).  Dann  folgt  die  namentliche  Aufzählung  von :  pontes  VIII,  montes 
VII,  campi  VIII,  fora  XI,  basüicae  X,  thermae  XI,  aquae  XVIIII  und 
viae  XX Villi.  Der  zweite  Anhang  hat  die  Überschrift:  horum  breviarium 
und  gibt  eine  kui'ze  Zusammenfassung  der  in  den  vierzehn  Regionen  be- 
findlichen Bauwerke  und  Denkmäler,  dann  das  statistische  Material  in  der- 
selben Reihenfolge  wie  am  Ende  der  einzelnen  Regionen,  ausserdem  aber 
noch  die  Zahl  der  portae,  lupanaria,  latrinae  publicae  und  mensae  oleariae, 
die  in  der  Sonderaufzählung  fehlen,  endlich  die  Kasernen  der  in  Rom  gar- 
nisonierenden  Truppen,  alles  unzweifelhaft  aus  amtlichen  Quellen  geflossen. 
Die  in  diesem  Anhange  befindlichen  Gesamtzahlen  stimmen  nicht  genau 
mit  der  Summe  der  einzelnen  Regionen;   letztere  sind,   wie  sich  aus  auf- 

*)  Vgl.  zn  dieser  Frage  Lanoiani,  Ri-  |  ürbis  Romae  deque  orbis  antiqui  fade  diss. 
cerche  solle  XIV  regioni  di  Angnsto,  Bnll.  I  et  TT,  Bonn  1891.  —  Hülsen  im  Rhein, 
com.  1890  p.  115  ff.   —   Elteb,  De  forma  |   Mus.  XLIX  S.  416  ff. 


1.  Sinleitnng.    (§  3.)  9 

fälligen  Wiederholungen   derselben  Zahl   ergibt,   zum   Teil  verderbt.     So 
werden  z.  B.  in  der  III.  und  IV.  Region  je  2757  insulae  gezählt. 

Notitia  und  Curiosmn  sind  jedes  in  mehreren  Handschriften  überliefert,  stets  in  Ver- 
bindung mit  anderen  Schriften.  Verzeichnis  derselben  bei  Jobdan,  Top.  II  päg.  1  ff.  —  Die 
Notitia  ist  nach  dem  Cod.  Vindob.  8116  aus  dem  15.  Jahrb.,  Abschrift  eines  Codex  des 
9.  Jahrb.,  von  Mommsen,  Chronograph  von  354  in  den  Abhandlungen  der  sächs.  Ges.  d.  W. 
IL  549  ff.  herausgegeben  und  behandelt  Prbllbr,  Die  Regionen  der  Stadt  Rom,  1846. 
Jobdan  im  II.  Bande  seiner  Topographie  der  Stadt  Rom,  p.  1—178,  ausfOhrlicbe  Behand- 
lung. Ders.  bringt  in  seiner  Forma  ürbis  p.  47  ff.  den  Versuch  einer  Rekonstruktion  des 
Originals.  —  A.  Klüomann,  Die  Anhftnge  zu  der  Beschreibung  der  Regionen  Roms,  Hermes 
XV  p.  211  ff.  —  Spuren  von  Benutzung  des  Curiosums  finden  sich  bei  Polemius  Silvius; 
in  dem  L  J.  448  herausgegebenen  Kalender  desselben  ist  eine  daraus  entlehnte  enarratio 
fabricarum  urhis  Romae  eingeschaltet;  angefügt  sind  Nachrichten  über  ku-chliche  Topo- 
graphie und  ein  Verzeichnis  der  sieben  Wunder  Roms  (diesen  Begriff  kennt  übrigens  schon 
Plinius  N.  H.  XXXVI,  101  ff.).  Vgl.  Mommsbn,  Abb.  der  sächs.  Ges.  der  Wiss.  III,  269  ff., 
Vm,  694  ff.  und  Monum.  Germaniae,  Chron.  minora  I  p.  545  f.  —  Im  wesentlichen  eine 
Wiederholung  des  Breviariums,  jedoch  mit  Zusätzen,  gibt  Zachabias,  Bischof  von  Armenien, 
der  unter  Justinian  eine  Eirchengeschichte  von  Konstantin  bis  zum  zwanzigsten  Jahre  Justi- 
nians  in  syrischer  Sprache  schrieb.  Das  betreffende  Stück  ist  von  A.  Mai  in  den  Scriptores 
veteree  X  praef.  p.  XIII  ff.  in  lateinischer  üebersetzung  herausgegeben,  nach  ihm  von 
Sachau;  abgedruckt  bei  Preller,  Regionen  p.  237  und  bei  Jordan,  Topographie  II  p.  575  ff. 
—  J.  GuiDi,  II  teste  siriaco  della  descrizione  di  Roma  nella  storia  attribuita  a  Zaccaria 
im  Bull.  com.  1884,  p.  218  ff.  und:  Di  un  nuovo  manuscritto  del  Breviarium  siriaco.  Bull, 
com.  1891,  S.  61-69.  —  0.  Richtbb,  Insula,  Hermes  XX  p.  91  ff. 

Seit  dem  Ende  des  15.  Jahrhunderts  erscheint  die  Regionsbeschrei- 
bung in  völlig  interpolierter  Form.  Urheber  des  interpolierten  Textes  ist 
Pomponius  Laetus,  dem  indessen  nichts  ferner  lag,  als  damit  eine 
Fälschung  zu  begehen.  Im  Cod.  Yat.  3394  und  dem  Cod.  Marc.  Lat.  X 
n.  195  besitzen  wir  noch  seine  Bearbeitung  der  Regionen;  man  bemerkt, 
wie  er  im  Laufe  seiner  Studien  und  veranlasst  durch  neue  Inschriften- 
funde topographische  Notizen  in  dieselben  eintrug,  eine  Thätigkeit,  die 
seine  Schüler  fortsetzten.  Die  Täuschung  begann  erst,  als  Janus  Par- 
rhasius  (1503  oder  1504)  diesen  interpolierten  Text  unter  dem  Namen 
eines  gar  nicht  existierenden  antiken  Schriftstellers,  des  Publius  Victor, 
herausgab.  Mit  dem  Guriosum  hat  den  Namen  des  Sex.  Rufus  zuerst 
Flavio  Biondo  (um  1450)  in  Verbindung  gebracht;  er  fand  dasselbe  in 
einer  Handschrift  vom  Monte  Cassino  hinter  dem  Breviarium  des  Sex. 
Rufus  und  erklärte  ihn  in  seiner  Roma  instaurata  I,  18  für  den  bis  dahin 
unbekannten  Verfasser  desselben.  Diese  beiden,  völlig  aus  der  Luft  ge- 
griffenen Schriftsteller  sind  dann  von  Panvinius,  angeblich  auf  Grund 
einer  Handschrift  des  Antonius  Augustinus  in  neuer,  unerhört  inter- 
polierter Oestalt  herausgegeben  worden.  In  dieser  Gestalt  haben  sie  bis 
in  unser  Jahrhundert  hinein  eine  derartige  Autorität  besessen,  dass  man 
die  ursprüngliche  Regionsbeschreibung  für  einen  Auszug  daraus  hielt. 
Emiliano  Sarti  deckte  endlich  den  Betrug  auf. 

Ausser  bei  Prbllbb,  Regionen  p.  88  ff.  und  Jordan,  Topographie  II  p.  291  ff.  ist  die 
Geschichte  der  falschen  Texte  behandelt  von  de  Rossi,  Note  di  topografia  Romana  . . . .  e 
teste  Pomponiano  della  notitia  regionum  urbis  Romae,  in  den  Studi  e  documenti  di  storia 
e  diritto  1882,  p.  49  ff.  —  Vgl.  de  Rossi,  Di  un  codice  fiorentino  deUe  note  Pomponiane  di 
topografia  romana  in  den  Studi  di  storia  e  diritto  1886,  p.  129— 132.  —  G.  Pellicioni,  Emi- 
liano Sarti  p.  18.  —  Beschreibung  der  Stadt  Rom  I,  p.  178  ff.  —  Abdruck  der  , Regionarier ** 
bei  Ublichs,  Codex  topographicus. 

8.  Von  anderen  amtlichen  Urkunden,  die  sich  auf  die  Topographie 
der  Stadt  beziehen,  sind  uns  nur  durch  gelegentliche  Erwähnungen  Bruch- 


10  B.  Topographie  toh  Born. 

stücke   erhalten.      Hervorzuheben    sind:    I.    die    Argeerurkunde    (vgl. 
IL  Anhang).     Teile  derselben  sind  von  Varro  in  seine  Beschreibung  der 
Servianischen  Stadt  (LL.  V  41—54)  aufgenommen.    Es  war  ein  Verzeichnis 
der  in   der  Vierregionenstadt  befindlichen  27  „Argeorum  sctceUa*^  mit  ge- 
nauer Angabe  des  Ortes,  wo  sich  dieselben  befinden.    Diese  saceUa  wurden 
alljährig  am  16./17.  März  in  feierlicher  Prozession  besucht  (Ovid.  fast,  m 
791  itur  ad  Argeos)  und  dabei  in  die  saceUa  Strohpuppen  gebracht;  diese 
verblieben  dort  bis  zum    14.  Mai;   an   diesem  Tage  wurden  sie  vom  pons 
sublicius  in  den  Tiber  geworfen.    Diese  Strohpuppen  hiessen  Argei.    Diels 
(Sibyllinische  Blätter  44  Anm.)  schliesst  aus   der  Bezeichnung  Argei  mit 
Recht,  dass  dieser  Name,  der  nichts  anderes  ist  als  die  lateinische  Wiedergabe 
von  ^Agystoi^  nur  auf  dem  Wege  der  griechischen  Orakelpoesie,  die  ja  mit 
epischem  Materiale  wirtschafte,  in  den  römischen  Kult  und  von  da  in  die 
Sprache  übergegangen  sein  könne.     »Es  hat**,  sagt  er  a.  a.  0.  »irgendwann 
(schwerlich  vor  dem  3.  Jahrhundert)  einen  griechischen,  vennutlich  sibyl- 
linischen  Spruch  gegeben,  der  in  schwerer  Kriegsnot,  als  ausserdem  Vater 
Tiber  seinen  Zorn   gezeigt  hatte   (Stimmung  wie  bei  Horaz  lam  satis), 
Rettung  verhiess,  wenn  27  Feinde  in  den  Strom  gestürzt  würden.    In  der 
Orakelsprache   dieser  Zeit  heisst  der  Römer  Trojaner,   der  Nationalfeind 
Argiver.  .  .  .  Mochte  nun  wirklich  damals  Eriegsnot  mit  Griechen  sein  (wie 
etwa  im  tarentinischen  oder  im  ersten  punischen  Kriege)  oder  ist  Uqy^ioi^ 
lediglich  der  typische  Ausdruck  für  Nationalfeinde,  in  beiden  Fällen  ist  der 
griechische  Name,  das  griechische  Orakel  jung*.   Mit  dieser  Zeitbestimmung 
(3.  Jahrh.  v.  Chr.)  stimmt  auch  die  Urkunde  selbst  überein,   sie   erwähnt 
einerseits  Bauten,  die  nicht  lange  vor  oder  in  dieser  Zeit  erst  entstanden 
sind,  wie  die  aedes  Salutis,  gegründet  304  v.  Chr.  und   die  aedes  Quirini, 
gegründet  293  v.  Chr.,  andererseits  weist  die  Beschreibung  der  Lage  der 
sacella  in  der  regio  Esquilina  auf  eine  Zeit  hin,  in  der  diese  Gegend  Roms 
noch  wenig  bebaut  war.     Für  die  von  Diels  a.  a.  0.  ausgesprochene  Ver- 
mutung, dass  das  Opfer  der  27  Argei  an  die  Stelle  eines  aus  der  Königs- 
zeit stammenden  Festes   der  24  Kapellen  getreten  sei,  fohlt  der  Beweis, 
ebenso  für  die  Behauptung,  dass  die  Urkunde  in  einer  späteren  Redaktion 
vorliege.  —  Varro  hat  diese  Urkunde  wegen   der  in  ihr  enthaltenen,   zu 
seiner  Zeit  schon  abgekommenen  Ortsbezeichnungen  exzerpiert.    Obgleich 
er  nur  12  von  den  27  Ortsangaben  bringt,  so  ist  das  Fragment  doch  für 
die  Erkenntnis  der  Vierregionenstadt  von  höchster  Wichtigkeit.  *)  —  II.  Der 
S.  1  erwähnte  Bericht  über  die  Stadtvermessung  des  Vespasian  bei 
Plinius  N.  H.  III  66,  67  lautet:    Urbem  tres  portas  habentem  Romulus  reli- 
quitf  ut  plurimas  tradentibus  credamus.    Moenia  urbis  coUegere  ambitu  impe- 
ratoribus  censoribusque  Vespasianis  anno  conditae  DCCCXXVI  m,  p,  XIIICC, 
complexa  montes  Septem.     Ipsa  dividitur  in   regiones   quattuordecim,   compita 
Lamm  CCLXV,     Eiusdem  spatium  mensura  currente  a  müiario  in  capUe 

H  E.  0.  MüLLBB,  Böttdgers  Archftologie  |  0.  Richter,  Die  älteste  Wohnstätte  des  ro- 
und Kunst  1, 1.  69  ff.  —  Ausführliche  Behand-  mischen  Volkes,  Berlin  1891.  Dibls,  Sibyl- 
lung  bei  Jobdan,  Topographie  II  p.  237  bis  linische  Blätter  S.  43.  G.  Wissowa,  Paulys 
290.  MoMKSBN,  Rom.  Staatsrecht  III,  1,  |  Real-Encyklopädie  Artikel  Argei,  wo  auch 
p.  122.  Spbnobl,  Phil.  XXXn.  1873.  S.92ff.  <  die  ganze  einschlägige  litteratur  zu  finden  ist 
W.  Stüdejcukd,  Phü.  N.  F.  IL  1889.  S.  168  ff.  , 


1  Einleitung.    (§4.)  H 

Famani  fori  statuta  ad  singulas  portas,  quae  sunt  hodie  numero  XXXVII, 
üa  ut  duodecim  semel  numerentur  praetereanturque  ex  veteribus  VII,  quae 
esse  desierunt,  efficU  passuum  per  directum  XXMDCCLXV.  Ad  extrema 
rero  tectorum  cum  castris  praetoriis  ab  eodem  miliario  per  vias  omnium 
vicorum  mensura  colligit  paulo  amplius  XX  m.  p.  Die  vielfach  und  ohne 
Erziel ung  rechter  Resultate  besprochene  Stelle  ist  neuerdings  von  Lan- 
eiani  und  von  Hülsen  mit  mehr  Erfolg  behandelt  worden.  Sie  ist  für 
die  Entwicklung  der  Stadt  in  dem  Zeitraum  zwischen  Augustus  und  dem 
Bau   der  Aurelianischen  Mauern   von  Wichtigkeit.^) 

Die  grosse  Fülle  einzelner  aus  amtlichen  Quellen  geflossener  Nach- 
richten, wie  z.  B.  die  Beschreibung  des  Servianischen  Walles  bei  Dionys 
IX  68,  wie  desselben  Angaben  über  die  Masse  des  kapitolinischen  Jupiter- 
tempels lY  61  und  die  Beschreibung  des  palatinischen  Pomeriums  bei 
Tacitus  Ann.  XII  24  kann  hier  nur  angedeutet  werden ;  die  ergiebigsten 
Quellen  für  derartige  Angaben  sind  natürlich  Yarro  und  Festus  (Yerrius 
Flaccus),  aus  denen  dann  wieder  die  Kommentare  des  Servius  zu  Yirgil 
und  die  Scholiasten  zu  Horaz  schöpfen.  Überhaupt  bedarf  es  kaum  der 
Erwähnung  und  geht  auch  aus  der  nachfolgenden  Darstellung  hervor,  dass 
für  die  Topographie  und  die  eng  damit  zusammenhängende  Geschichte  der 
Sagen  und  Tempellegenden  alle  römischen  Schriftsteller  von  den  ältesten 
an  bis  zu  den  spätesten,  Dichter  und  Redner,  Historiker  und  Gelehrte  fast 
ohne  Ausnahme,  die  einen  mehr,  die  andern  weniger  beisteuern. 

4.  Eine  der  wichtigsten  Quellen  für  die  römische  Topographie  sind 
naturgemäss  die  Inschriften,  sowohl  wegen  ihres  Inhaltes  als  auch  wegen 
der  Fundnotizen.  In  erster  Hinsicht  sind  als  besonders  wichtig  hervor- 
zuheben: a)  die  Reste  des  römischen  Kalenders  mit  seinen  Angaben 
über  Festfeiem  etc.,  zusammengestellt  im  I.  Bande  des  Corpus  inscriptionum 
latinarum  (2.  Aufl.  1893).  —  b)  Der  Bericht  des  Augustus  über  seine 
und  seiner  Zeitgenossen  Bauten  auf  dem  sog.  Monumentum  Ancyranum.^)  — 
c)  Die  sogenannte  kapitolinische  Basis.  Ihr  Fundort  ist  unbekannt, 
Jucundus  am  Ende  des  15.  Jahrhunderts  gedenkt  zuerst  ihrer,  jetzt  steht  sie 
auf  dem  ersten  Treppenabsatze  im  Konservatorenpalaste.  Sie  ist  im  Jahre 
136  n.  Chr.  dem  Hadrian  von  den  Yicomagistri  von  fünf  Regionen  de- 
diziert.  Die  Dedikationsinschrift  nimmt  die  vordere  Seite  ein,  rechts  und 
links  stehen  die  Dedikanten,  rechts  die  erste,  zehnte  und  dreizehnte 
Region,  links  die  zwölfte  und  vierzehnte.  In  jeder  Region  werden  der 
Kurator,  der  Denuntiator  und  die  Namen  der  in  derselben  befindlichen 
Yici  samt  den  Yicomagistri  genannt.  Die  Rückseite  ist  roh  gelassen 
(CIL.  YI  975).  Da  die  auf  der  Basis  genannten  fünf  Regionen  räumlich 
zusammenliegen,  so  ist  Prellers  Yermutung  (Regionen  p.  246),  die  Dank- 
sagung an  den  Kaiser  beziehe  sich  auf  eine  sie  insgesamt  betreffende 
Wohlthat,    etwa    hinsichtlich    der   Wasserversorgung,    ansprechend.     Der 

')  Fiale,  Bella  grandezza  die  Roma  al  |  1894  p.  275  ff.     Hülsen,  Der  umfang   der 

tempo  di  Plinio  1833.  Beschreibung  d.  Stadt  |  Stadt  Rom  zur  Zeit  des  Plinius,  Rom.  Miti 

Rom  I,   p.    192.     Becker,   Top.   p.   185   ff.  i  1897  S.  150  ff. 
Pbbllkk,  Regionen  p.  74  f.    Jordan,  Top  11, 


p.  86  ff.  Lancia  NT,  Le  mura  di  Aureliano  e 
di  Probe,  Bull  com.  1892  p.  94  ff.  Nissbn, 
Die  StadtgrOndung  der  Flavier,  Rhein.  Mus. 


')  MouifSKN,  Res  gestae  divi  Augusti  ex 
monumentis  Ancyrano  et  Apolloniensi  iterum 
edidit  Berlin  1883. 


12 


B.  Topographie  toh  Bonu 


topographische  Wert  der  Inschriften  der  Basis  liegt  in  der  durch  sie  ge- 
wonnenen Kenntnis  der  Yici  von  fQnf  Regionen  und  in  der  Vergleichung 
der  Anzahl  derselben  im  Jahre  136  mit  der  erheblich  grösseren  in  der 
Begionsbeschreibung.  Pomponius  Laetus  hat  diese  Basis  in  erster  Linie 
zur  Interpolierung  der  Regionsbeschreibung  benutzt,  i)  —  Zu  den  für  die 
Topographie  bedeutsamen  Inschriften  gehören  auch  die  Ziegelstempel, 
häufig  datierbar  durch  die  darauf  angegebenen  Konsulate  oder  Personen 
(Kaiser,  kaiserliche  Angehörige,  Beamte  etc.),  im  allgemeinen  auch  be- 
stimmbar durch  die  Form  des  Stempels.  Sie  kommen  in  den  beiden  ersten 
Jahrhunderten  der  Kaiserzeit  bis  Septimius  Severus,  dann  wieder  in  dio- 
cletianischer  Zeit  und  später  vor.  Da  durch  sie  eine  absolute  Zeitgrenze 
gegeben  wird,  vor  welcher  die  betreflfenden  Ziegel  nicht  verbaut  sein 
können,  so  spielt  der  Fundort,  speziell  die  Frage,  ob  sie  in  dem  ursprüng- 
lichen Mauerwerk  oder  in  Ergänzungsbauten  etc.  gefunden  sind,  für  die 
Zeitbestimmung  der  betreflfenden  Gebäude  eine  wichtige  Rolle.  Inwieweit 
die  Stempel  zur  Bestimmung  einer  Grenze  brauchbar  sind,  nach  welcher 
die  Steine  nicht  verbaut  sein  können,  ist  bisher  nicht  ausgemacht.^)  —  In 
ähnlicher  Weise  sind  'die  gestempelten  bleiernen  Wasserleitungs- 
röhren verwendbar,  die  die  Namen  der  Besitzer  bieten,  unter  denen  dann 
auch  historische  Persönlichkeiten  vorkommen.  Jedoch  bieten  vereinzelte 
Funde  nur  eine  sehr  unsichere  Gewähr.  Hülsen,  Rhein.  Mus.  XLIX  S.  384 
sagt  mit  Recht:  „Man  muss  sich  hüten,  aus  Funden  dieser  Art  zu  viel 
zu  folgern.  Nur  wenn  innerhalb  eines  Hauses  eine  mehrfach  verzweigte, 
mit  demselben  Stempel  versehene  Leitung  gefunden  ist,  wird  man  aus 
der  Bleiröhreninschrift  allein  mit  Sicherheit  auf  den  Besitzer  schliessen 
dürfen;  im  übrigen  war  natürlich  jede  solche  Zweigleitung  nicht  nur 
intra  parietes,  sondern  von  dem  Punkte  an,  wo  sie  von  der  öffentlichen 
Leitung  resp.  dem  castellum  aquae  abzweigt,  also  manchmal  auf  ziemlich 
weite  Strecken  mit  dem  Besitzernamen  gekennzeichnet;  wo  man  solche 
castella  divisionis  sicher  oder  mit  Wahrscheinlichkeit  ansetzt,  sind  dann 
auch  stets  die  Funde  an  gestempelten  Röhren  besonders  dicht  gesät.*') 
—  Bei  weitem  seltener  und  nur  annähernd  zur  Zeitbestimmung  zu  ver- 
wenden, aber  für  die  Baugeschichte  wichtig,  sind  die  auf  einigen  Quader- 
mauem  in  Rom  vorhandenen  Steinmetzzeichen.^) 


^)  Sammlung  der  stadtrömiBchen  In- 
schriften im  VI.  Bande  des  CIL.  Additamenta 
in  der  Ephemeris  epigraphica  Band  IV  und 
fortwährende  Nachträge  der  neuen  Funde 
in  den  Notizie  degll  scavi  und  dem  Bullettino 
comnnale. 

'^)  Marini  G.,  Inscrizioni  doliari,  1884 
durch  DE  Rossi,  con  annotazioni  di  E.  Dressbl 
herausgegeben.  H.  Dressel,  Alcune  osser- 
yazioni  intomo  ai  belli  dei  mattoni  urbani. 
Bull.  dell.  Inst.  1885,  p.  98  ff. ;  und  von  dem- 
selben: Untersuchungen  über  die  Chrono- 
logie der  Ziegelstempel  der  Gens  Domitia 
1886.  CIL.  XV.  Pars  prior,  Berlin  1891. 
Inscriptiones  ürbis  Romae  Latinae:  Instru- 
mentum  domesticum  ed.  H.  Drbssel  enthält 
die  Sammlung   der  Ziegel  Stempel.     Massen- 


I  hafte  Sammlungen  von  Ziegelstempeln  in  den 
römischen  Publikationen,  da  jede  Ausgrabung 
welche  zu  Tage  fördert,  die  meisten  freilich 
nicht  am  ursprünglichen  Orte.  ~  Ueber 
Heranziehung  der  Ziegelstempel  zur  Zeitbe- 
stimmung der  Gebäude,  in  aenen  sie  sich 
finden,  vgl.  die  Aufsätze  von  Jordan  und 
Lanciani,  Bull.  d.  Inst.  1884  p.  88  ff.  uod 
p.  145  ff. 

')  Lanciani,  Topografia  di  Roma  antica; 
i  comentarii  di  Frontino  intomo  li  acque  e 
gli  aquedotti,  silloge  epigrafica  aquaria,  Roma 
1880. 

*)  Bruzza,  Iscrizioni  dei  marmi  grezzi. 
Ann.  d.  Inst.  1870,  p.  106  ff.  0.  Richter, 
Ueber  antike  Steinmetzzeichen,  1885.  Vgl. 
die  Abbildung  der  Serviusmauer  unten. 


1.  Einleitimg.    (§  5—6.) 


13 


5.  Endlich  gehören  zu  den  aus  dem  Altertum  stammenden  Quellen 
der  römischen  Topographie  die  bildlichen  Darstellungen  auf  Münzen  und 
Reliefs.  Sie  sind  für  Identifizierung  und  Rekonstruktion,  gelegentlich 
auch  für  Datierung  von  Bauwerken  von  Wichtigkeit.  Von  den  Reliefs 
sind  die  wichtigsten  die  auf  dem  Forum  befindlichen  Marmorbalustraden 
mit  Darstellungen  des  Forums,  das  Haterierrelief  im  Lateran  mit  Dar- 
stellung eines  Teiles  der  Sacra  via,  die  Reliefs  des  Eonstantinsbogens,  des 
Bogens  des  Marc  Aurel  im  Eonservatorenpalast  u.  a.^) 

B.  Mittelalter. 

6.  Das  Einsiedler  Itinerar  (der  Einsiedler  Anonymus),  Hand- 
schrift des  Klosters  Einsiedeln  aus  dem  Ende  des  8.  Jahrhunderts,  enthält 
eine  Beschreibung  von  elf  Wegen  innerhalb  der  Stadt  bis  zu  den  Thoren 
und  zu  den  vor  denselben  liegenden  Grabstätten  zur  Orientierung  der 
Pilger.  Die  Wege  sind  offenbar  mit  Benutzung  eines  Planes  beschrieben ; 
es  werden  hervorragende  heilige  und  profane  Gebäude  und  Denkmäler 
aufgezählt,  die  rechts  und  links  am  Wege  liegen.  Als  Beispiel  geben  wir 
den  ersten  Weg: 

A  PORTA  Sä  PETRI  VSQVE  AD  SCÄM  LVCIAM  IN  ORTHEA 
IN.  D.  Gircus  flamineus  IN.  S.  sei  laurentii  in  damaso 

Rotunda  Theatrum  pompei.  cypresus 

Thermae  commodianae  Sei  laurentii.  capitolium 

forum  traiani  et  columna  eins  Sei  sergii.  ubi  umbilicü  romae 


Tiberis 
Sei  hadriani 

Sei  cyriaci 


ARCUS  SEVERI 

Gavallus  constantini 

FORVM  ROMANVM 


Scä  agatha  ibi  imagines  SUBURA 

pauli  et  sce  Mariae 
Thermae  constantini 
Sei  vitalis  in  vico  longo  ubi  caval  opt. 


Scae  eufemiae  in  vico  patricii 


pudentiana  in  vico  patricii 
laurentii  in  formonso  ubi  ille  assatus 

est 
Iterum   p.   suburä.    thermae  traiani 
ad  vincula 

Der  Beschreibung  liegt  nach  de  Rossi,  Inscr.  christ.  II  p.  9  f.  ein  im 
6.  oder  7.  Jahrhundert  verfasstes  Original  zu  Grunde.  Nach  Lanciani 
geht  der  Plan,  von  dem  die  Namen  abgelesen  sind,  auf  denselben  zurück, 
der  der  Notitia  zu  Grunde  liegt.  Im  Gegensatz  zur  Regionsbeschreibung 
sind  unter  den  zahlreich  erwähnten  antiken  Gebäuden  Tempel  so  gut  wie 
gar  nicht  enthalten,  aber  das  Itinerar  gibt  ein  Bild  von  dem  Zustande 
Roms  im  8.  Jahrhundert,  namentlich  von  dem  Strassennetz,  das  im  wesent- 
lichen   damals    noch    mit    dem   antiken   übereinstimmte.      Verbunden    ist 


*)  Die  Marmorbalustradeii  sind  u.  a.  bei 
Jordan,  Topographie  I,  2.  Taf  IV  zu  p.  219 
veröffentlicht,  litteratar  darüber  in  Bursians 
JahreBberichten  1875,  p.  725  ff.  und  Jordan, 
Top.  ],  2.  p.  219  ff.    Das  Haterierrelief  Mon. 


d.  Inst.  V,  7.  Eine  Auswahl  hierher  gehö- 
riger Münzen  gibt  Donaldson,  Architectura 
numismatica.  Zusammenstellungen  häufig,  z. 
B.  in  der  Topogiaphie  von  Becker,  bei  Canina, 
Edifizi  etc. 


14  B.  Topographie  von  &onu 

damit  eine  Sammlung  stadtrömischer  heidnischer  und  christlicher  In- 
schriften, die  älteste,  die  es  gibt  (CIL.  VI  p.  IX  flf.),  sicher  beides  von 
demselben  Verfasser.  Hinter  dem  Itinerar  steht  eine  Beschreibung  der 
Honorianischen  Mauer.*)  Dieselbe  enthält  von  Thor  zu  Thor  die  Anzahl 
der  Türme,  Zinnen,  Fenster  etc.,  jedoch  fehlen  Angaben  über  die  Länge 
der  betreffenden  Mauerstrecken  (vgl.  III.  Anhang).  Die  Zählung  der 
Türme  stimmt  mit  den  noch  erhaltenen  im  ganzen  überein,  nur  auf  der 
Strecke  von  der  Porta  Appia  bis  zum  Tiber,  wo  die  Mauer  stark  zerstört 
und  zum  Teil  durch  die  Bastion  des  Sangallo  ersetzt  ist,  stimmen  die 
Zahlen  nicht  mehr;  ebenso  an  dem  andern  am  Tiber  gelegenen  Stück 
zwischen  Pens  Aelius  und  Porta  Flaminia.  Eine  erhebliche  AbweichuMg 
findet  auch  zwischen  P.  Nomentana  und  Tiburtina  statt.  —  Ein  gleiches 
Verzeichnis  der  Thore,  wie  der  Einsiedler  Anonymus,  enthält  auch  Wil- 
helm von  Malmesbury,  de  numero  portarum  et  sanctis  Romae,  nach  de 
Rossi  Roma  sott.  I  146  zwischen  648  und  682  geschrieben.  Dasselbe  Ver- 
zeichnis benutzte,  wie  es  scheint,  im  10.  Jahrhundert  der  Mönch  Bene- 
dikt von  Soracte  in  seiner  Chronik  (Jordan,  Topogr.  II  p.  157),  und  im 
12.  Jahrhundert  der  Verfasser  der  Mirabilia.  Bei  letzterem  findet  sich 
ein  Artikel,  „castella",  der  beim  Einsiedler  Anonymus  fehlt.  Was  diese 
castella  gewesen  sein  mögen,  ist  unbekannt  (vielleicht  mittelalterliche 
Festungsbauten  und  Türme  innerhalb  der  Stadt?). 

Litteratur:  Haenel,  Regionen  der  Stadt  Rom  in  den  Handschriften  des  Klosters 
Einsiedeln,  Jahn  u.  Seebode,  Archiv  für  PhUologie  und  Pädagogik,  V  1K87,  S.  115—138. 
MoMMSEN,  Berichte  der  sächsischen  Ges  der  Wiss.  1850,  p.  288.  —  Jordan,  Topographie  II 
S.  829  ff.  CIL.  VI  1,  p.  IX  ff.  —  De  Rossi,  Fnscr.  christ.  II  p.  1  ff.  -  Lanciani,  L'itinerario  di 
Einsiedeln  e  Tordine  di  Benedetto  Canonico  in  den  Monumenti  antichi  vol.  I  1891,  S.  489  ff., 
anch  separat  erschienen.  —  Ahdnick  der  Handschrift  o.  a.  bei  Joboan,  Topographie  11  S.  646  ff. 
und  bei  Lanciani,  bei  letzterem  nach  neuer  CoUation. 

Die  fortschreitende  Änderung  des  Strassensystems  ist  erkennbar  aus 
dem  Ordo  Benedieti  Canonici,  geschrieben  im  12.  Jahrhundert  (vgl. 
Lanciani  a.  a.  0.).  Während  dem  Einsiedler  Itinerar  aller  Wahrscheinlichkeit 
nach  ein  Plan  aus  dem  4.  oder  5.  Jahrhundert  zu  Grunde  liegt,  steht  der 
Ordo  Benedieti  schon  ganz  unter  dem  Einfluss  der  Mirabilia.  Indessen 
ist  er  wertvoll  dadurch,  dass  er  die  Erhaltung  gewisser  Gebäude  noch  in 
der  Mitte  des  12.  Jahrhunderts  bezeugt  und  andererseits  die  Zerstörung 
solcher,   die  im  Einsiedler  Itinerar  noch  als  erhalten  verzeichnet  werden. 

7.  Von  einer  im  12.  Jahrhundert  entstandenen  Stadtbeschreibung 
haben  wir  zwei  Bearbeitungen:  L  die  Mirabilia  Romae,  festgestellt  um 
1150.  Sie  enthält  drei  Bestandteile:  1.  Eine  klassen weise  Aufzählung 
antiker  Denkmäler  etc.  de  muro  urbis,  de  portis,  de  miliaribus  etc.,  da- 
runter zwei  Abschnitte  christlicher  Topographie  a)  haec  sunt  loca,  quae 
inveniuntur  in  passionibus  sanctorum.  b)  de  cimiteriis.  —  2.  fünf  Legenden: 
a)  de  visione  Octaviani  imperatoris  et  responsione  Sibillae.  b)  Quare  factus 
est  caballus  marmoreus.  c)  Quare  factus  est  equus  qui  dicitur  Constaniini. 
d)  Quare  factum  sit  Pantheon,    e)  Quare  Octavianus  vocatus  sit  Augustus  et 

*)    Olympiodor    (Geschichte    der    Jahre  I   Jordan,  Top.  II  p.  174  f.  vermutet,  er  sei 
407—425)   hei  Photius  p.  63,  27   nennt  als   i   Erbauer  derselhen  gewesen. 
Vermesser  der  Mauer  den  Geometer  Ammon. 


1.  Einleitung.    (§  7.)  15 

quare  dicatur  ecclesia  S.  Petri  ad  vincula.  —  3.  Beschreibung  der  Merk- 
würdigkeiten der  Stadt,  vom  Vatikan  beginnend,  in  Trastevere  endend. 
Selbständig  ist  von  diesen  drei  Teilen  nur  der  letzte,  die  Periegese.  Sie 
gibt  ein  Bild  vom  Zustande  Roms  im  12.  Jahrhundert.  Der  Verfasser 
derselben  bemüht  sich  darin  u.  a.  nachzuweisen,  welchen  Göttern  die  in 
Trümmern  befindlichen  Tempel  ehemals  geweiht  waren.  Der  erste  Teil, 
sowie  die  zwischen  diesen  und  dem  letzten  Teile  eingeschobenen  Legenden 
sind  entweder  von  dem  Verfasser  so  vorgefunden,  wie  wir  sie  lesen,  oder 
nach  älteren  Vorlagen  (Regionsbeschreibung)  überarbeitet.  Wert  haben 
diese  Teile  für  die  Topographie  so  gut  wie  gar  nicht.  —  ü.  Die  aus  der- 
selben Quelle  stammende  jüngere  Oraphia  aureae  urbis  Romae  schiebt 
die  Legenden  mit  Ausnahme  von  5,  welche  dieser  Bearbeitung  fehlt,  in 
den  zweiten  Teil  an  passenden  Stellen  ein,  dabei  sind  aber  andere  Stücke 
aus  den  beti*efifenden  Abschnitten  verdrängt  worden.  Selbständig  ist  in 
der  Graphia  auch  das  Kapitel  „de  palatiis"  umgearbeitet.  Auch  sonst 
unterscheidet  sie  sich  von  den  Mirabilien  durch  zahlreiche  kleine  Aus- 
lassungen und  Änderungen  in  einzelnen  Worten,  auch  durch  Zusätze  (vgl. 
Jordan,  Topogr.  11  p.  372).  —  Ein  Jahrhundert  später  ist  eine  neue  Be- 
arbeitung der  Mirabilien  gemacht  worden;  die  Zusätze  dieser  neuen  Aus- 
gabe sind  ohne  Wert  und  bekunden  abnehmendes  Verständnis  für  die 
Überlieferung.*) 

Aus  der  Oraphia  schöpfte  Martin  von  Troppau  (Martinus  Polonus) 
im  13.  Jahrhundert,  der  seiner  Weltchronik  eine  Beschreibung  Roms 
vorausschickte,  aus  diesem  wieder  Fazio  degli  Uberti,  Mitte  des 
14.  Jahrhunderts,  der  in  sein  Gedicht  »Dittamondo*  eine  Beschreibung 
Roms  einflocht  (den  dazu  gehörigen  Stadtplan  hat  de  Rossi  in  seinen 
Piante  icnografiche  herausgegeben)  und  Nicolaus  Laurentii  (Cola 
di  Rienzi)  in  seiner  „descriptio  urbis  Romae  eiusque  excelletUiae" ,  die  samt 
der  damit  verbundenen  Inschriftensammlung  von  Nie.  Signorili  in  sein 
auf  Befehl  Martins  V.  (1417—1437)  verfasstes  Buch:  de  iuribus  et  ex- 
ceUentiis  urbis  Romae  aufgenommen  ist.  Aus  dieser  Quelle  schöpft  end- 
lich der  sogenannte  Anonymus  Magliabecchianus  (so  genannt  nach 
dem  Codex  der  Biblioteca  Magliabecchiana  in  Florenz),,  auf  den  zuerst 
Preller  aufmerksam  gemacht  hat.  Der  Verfasser  dieser  Compilation  ist 
unbekannt;  er  hat  unter  Johann  XXIIL  (1410—1415)  geschrieben  und  hat 
neben  den  Mii*abilien  und  der  Regionsbeschreibung  noch  eine  Anzahl  von 
Schriftstellern,  Solin,  Eutrop,  Sueton,  Festus  und  Cassiodor,  sowie  die  In- 
schriftensammlung des  Cola  di  Rienzi  benutzt.  Die  selbständigen  Zu- 
thaten   (vgl.  Jobdan,  Topogr.  11  p.  399)   sind  gering.»)   —   Eine  auf  den 

>)  üeber  das  Verhftltnis  der  beiden  Re-  1  Roms  von  Nto.  Muffel  (1452),  gedruckt  in 
censionen  und  die  daraus  abgeleiteten  Dar-  '  der  Bibliothek  des  Stuttgarter  litterarischen 
Stellungen  vgl.  G.  B.  db  Rossi,  Roma  sötte-  i   Vereins,  Band   128,  neu  veröffentlicht  von 

Michaelis,  Mitt.  des  Inst.  1888,  S.  254-276 
beruht  auch  zum  Teil  auf  den  Mirabilia  (vgl. 
Mitt.  d.  Inst.  1889,  S.  230). 

*)  üeber  das  Verhältnis  des  Martinus 
Polonus  zu  der  Graphia  vgl.  de  Rossi,  Roma 
sott.  I,  158.  Jordan,  Top.  II,  p.  887  ff.  Be- 
arbeitung von  Weiland  m  den  Mon.  Germ. 


ranea  I,  158.  Ausgabe  bei  Parthet  und  bei 
JoKDAN,  Topographie  II  p.  605  ff.  Bei  dem- 
selben a.  a.  0.  p.  357—586  kritische  Er- 
örterungen aber  die  Mirabilien.  —  F.  Nichols, 
Mirabilia  ürbis  Romae,  The  marvels  of 
Rome,  or  a  picture  of  the  golden  City, 
London  u.  Rom  1889.  —  Eine  Beschreibung 


16  B.  Topographie  tob  Born. 

Mirabilien  beruhende  arabische  Beschreibung  Roms  hat  J.  Guidi,   La  de- 
scrizione  di  Roma  nei  geografi  Arabi,  1877  herausgegeben. 

8.  Unter  die  Quellen  der  Topographie  sind  auch  die  Handzeich- 
nungen und  Skizzenbücher  italienischer  Architekten,  namentlich  des 
15.  und  16.  Jahrhunderts  zu  rechnen.  In  denselben  befinden  sich  Dar- 
stellungen (Pläne,  Aufrisse  und  Details)  von  stadtrömischen  Gebäuden,  die 
jetzt  entweder  gar  nicht  mehr  oder  nicht  mehr  in  gleicher  Vollständigkeit 
der  Erhaltung  existieren,  sowie  Veduten  vom  Forum,  Kapitel  etc.,  die  den 
damaligen  Zustand  jener  Stadtgegenden  zeigen.  Die  Bibliotheken  in  Rom, 
Neapel,  Tmin,  Florenz,  Siena,  Mailand  etc.  enthalten  reiche  Sammlungen; 
eine  Übersicht  über  alles  Erhaltene  gibt  es  noch  nicht.  Auch  ausserhalb 
Italiens  gibt  es  derartige  Sammlungen,  z.  B.  in  Berlin  (Destailleur),  Paris, 
im  Escurial,  in  England  etc.  —  Vasari  spricht  schon  von  Handzeichnungen 
des  Brunelleschi  und  Cronaca;  von  letzterem  finden  sich  welche  in 
Florenz  (üfficien).  Namentlich  hervorzuheben  sind  die  Handzeichnungen 
von  Francesco  di  Giorgio  Martini  (1439—1502,  aus  Siena,  sein  Leben 
beschrieben  von  Promis  1841),  Skizzenbuch  in  Turin;  Giuliano  da  San- 
gallo  (1443—1517),  Skizzenbücher  und  Handzeichnungen  auf  der  Barberina 
in  Rom,  in  Florenz  und  Siena;  Bramantino  (Bartolomeo  Suardi,  in  Rom 
1499,  1503,  1513),  Handzeichnungen  auf  der  Ambrosiana  in  Mailand; 
Baidassar e  Peruzzi,  Handzeichnungen  und  Skizzenbücher  in  Florenz 
und  Siena;  ferner  die  beiden  Antonio  da  Sangallo,  Salvestro  Pe- 
ruzzi, Fra  Giocondo,  Battista  da  Sangallo,  Aristotile  da  San- 
gallo, Pirro  Ligorio,  Martin  Heemskerk,  Gio.  Ant.  Dosi,  Palladio 
(Zeichnungen  in  Vicenza  und  in  England)  u.  a.  Daneben  gibt  es  eine 
grosse  Anzahl  von  Zeichnungen,  deren  Urheber  unbekannt  sind.  Von  be- 
sonderem Interesse   sind  die   Handzeichnungen   des   Codex   Escorialensis 

-  II,  7,  gemacht  zwischen  1490  und  1510,  d.  h.  vor  den  Bauten  Julius'  H. 

und  Leos  X.,  sowie  die  Destailleur'sche  Sammlung  von  120  Blättern  in  der 

Bibliothek  des  Kunst-Gewerbemuseums  zu  Berlin. 

Eine  Inhaltsangabe  von  Handzeichnongensammlungen  des  16.  Jahrh.  gibt  Ganina,  Edifizi 
1,  3  A.  —  A.  Jahn,  Die  Sammlung  der  Handzeichnungen  italienischer  Architekten  in  der  Galerie 
der  Üfficien  in  Florenz  in  Zahns  Jahrb.  1869  p.  142  ff.  —  Febri,  Indice  geografico-analitico  dei 
disegni  di  architettura  esistenti  neUa  R.  Galleria  degli  Uffizi,  Roma  1885.  --  Von  Martini  ist  eine 
Zeichnung  des  Capitols  im  Bull.  com.  II  i  Taf.  XVI L  publiziert.  —  Bramantinos  Mailänder 
Zeichnungen  sind  publiziert  von  Giuseppe  Mengen,  Le  rovine  di  Roma  al  principio  del 
secolo  XVI,  1875  (80  Blatter);  die  Zeichnungen  des  B.  Peruzzi  sind  benutzt  von  Serlio, 
architettura  1.  l— IV,  1559  -1562.  Vgl.  Albebti,  Trattato  dell'  architettura,  Borckhabd,  Ge- 
schichte der  Ai'chitektur,  und  die  Schriften  von  E  Müntz,  Les  monuments  antiques  de  Rome 
a  r^poque  de  la  Renaissance.  Revue  arch.  1884,  Mai— Juni,  Juli— Aug.  1886,  Nov. —Dez. 
1887,  Jan.— Febr.:  Les  antiquit^s  de  la  ville  de  Rome  au  XIV,  XV  et  XVI  siöcles  (topo- 
graphie,  monuments,  coUections)  d'aprös  des  documents  nouveaux  1886.  La  tradition  antique 
au  moyen-age,  Journal  des  savants  1887,  Jan.  p  40—50,  Mär?  p.  317—323  mit  Taf.  81  und 
82.  —  üeber  Heemskerk  vgl.  Michaelis  im  Jahrbuch  des  Instituts  1891,  S.  125-172. 
Ueber  den  Codex  Escorialensis  berichten  Müntz,  Rendiconti  dei  Lincei  1888,  S.  71—73, 
De  Rossi,  Mitt.  des  Inst.  1888,  S.  94,  Ficker,  Mitt.  d.  Inst.  1888,  S.  316  ff.;  1889,  S.  73.  — 
Aus  der  Destailleur'schen  Sammlung  veröffentlichte  P.  Jessen  Zeichnungen  römischer  Ruinen 


Bd.  22.  üeber  überti  Jordan,  Top.  11  p.  388  ff.  1  p.  XV  u.  XVI.  —  Der  Anonymus  Magliabec- 
üeber  Cola  di  Rienzi  und  Signorili  vgl.  de  '  chianus  ist  herausgegeben  von  L.  Mebcklin, 
Rossi,  Bull.  d.  Inst.  1871  p.  11—17  und  CIL.VI,   |   Dorpat  1852.    Vgl.  Jobdan,  Top.  II  p.  394  ff. 


1.  Sinleitimg.    (§§  8-10.)  17 

in  der  Bibliothek  des  k.  EonstgewerbemiiBeiims  za  Berlin.  Aus  der  Anomia,  Arch&ologiBche 
Beiträge,  Carl  Robert  dargebracht,  Berlin  1890,  S.  lU— 123.  Sorgf&ltige  Registrierang  der 
sehr  zahlreichen  Einzelerscheinungen  auf  diesem  Gebiete  in  den  topographischen  Jtüires- 
berichten  von  Hülsbv,  Mitt  d.  Inst.  1889-1892. 

9.  Von  nicht  geringem  Interesse,  wenn  auch  weniger  lehrreich,  als 
die  Handzeichnungen  einzelner  Denkmäler  etc.  sind  die  piittelalterlichen 
Veduten  der  ganzen  Stadt.  Von  denselben  ist  die  älteste  bis  jetzt  be- 
kannte die  von  Cimabue  in  der  Oberkirche  von  S.  Francesco  in  Assisi  im 
Jahre  1275  ausgeführte,  die  Zweitälteste  auf  einer  boUa  Ludwigs  des  Bayern 
aus  dem  Jahre  1328.  Diese  Veduten  haben  alle  dasselbe  Schema:  in  der 
Mittellinie  das  Pantheon,  das  Kapitol  und  das  Kolosseum,  vorn  die  Porta 
del  popolo,  rechts  die  Engelsburg,  die  Meta  Romuli  und  S.  Pietro,  links 
S.  Lorenzo  in  Lucina,  die  Trajanssäule,  der  Turm  Innocenz'  IIL  und  S.  Gio- 
vanni in  Laterano.  Eine  Reihe  solcher  Pläne  hat  de  Rossi  in  seinen 
Plante  icnografiche  e  prospettiche  di  Roma  anteriori  al  secolo  XVI 
1879  publiziert  und  in  demselben  Werke  zugleich  eine  Geschichte  der 
Darstellungen  der  Stadt  gegeben.  Seitdem  sind  neue  Funde  und  Publikationen 
mittelalterlicher  Stadtpläne  häufiger  geworden. 

Hauptwerk  das  oben  genannte  von  de  Rossi;  es  enthält  den  schon  in  Höflers 
dentschen  P&psten  Band  I  publizierten  vatikanischen  Plan,  den  Plan  zum  Dittamondo  des 
Fazio  degli  Uberti,  zwei  Plftne  aus  Handschriften  der  Eosmographie  des  Ptolem&us,  einen 
Plan  aus  der  Laurentiana  (Codex  Redianus),  den  Plan  aus  Hartmann  Schede Is  De  temporibus 
mundi,  und  den  Mantuaner  Plan.  —  Stkvensoii,  Di  una  pianta  di  Borna  dipinta  da  Taddeo 
di  Bartolo  nella  cappella  interna  del  palazzo  del  comune  di  Siena  a-  1413.  Bull.  com.  1881 
p.  74  ff.  nebst  Taf.  III,  IV.  —  C.  L.  Visconti,  üna  pianta  di  Roma  del  secolo  XIV,  Bull, 
com.  1885  p.  77  ff.  nebst  Taf.  XVI.  —  F.  Grbgorovius,  Una  pianta  delineata  da  Leonardo 
da  Besozzo  milanese.  Memorie  delF  Accademia  dei  Lincei  ser.  III  vol.  XI  p.  208  ff.  mit 
Tafel.  —  £.  Müntz,  Note  sur  un  plan  in^dit  de  Rome  au  commencement  du  XV  siecle. 
Rendiconti  dell*  Accad.  dei  Lincei  I,  2  p.  27  f.  —  D.  Gnoli,  Di  alcune  piante  topografiche 
di  Roma  ignote  o  poco  note.  Bull.  com.  1 885,  p.  63  ff ,  Taf.  IX  -XV.  —  J.  Strzygowski, 
Cimabue  und  Rom.  Funde  und  Forschungen  zur  Kunstgeschichte  und  zur  Topographie  der 
Stadt  Rom  1888.  Vgl.  Mitteilungen  des  Instituts  1887,  p.  62  f.  —  de  Rossi,  Ansicht  von  Rom, 
gezeichnet  von  M.  Heemskerk,  Antike  Denkm&ler  II,  12  und  Panorama  circolare  di  Roma 
delineato  nel  1534  da  Martine  Heemskerk.  Bull,  com  1891,  pag.  380—340.  —  Hülsen,  Di 
una  nuova  pianta  prospettica  di  Roma  del  secolo  XV,  Bull,  com  1892  S.  88—47.  Auf 
S.  38  ff.  gibt  Hülsen  ein  Verzeichnis  aller  bis  jetzt  bekannt  gewordenen  Veduten  der 
Stadt  Rom.  —  Michaelis,  Römische  Skizzenbttcher  Märten  van  Heemskerks  und  anderer 
nordischer  Eflnstler,  Jahrbuch  des  Instituts  1891  S.  125. 

10.  Zu  erwähnen  ist  schliesslich,  dass  auch  die  christliche  Topo- 
graphie, z.B.  in  den  bei  Jordan,  Top. II  p.  664 flf.,  abgedruckten  Urkunden, 
die  Geschichte  der  römischen  Kirchen  und  die  christliche  Denkmäler- 
forschung von  hohem  Nutzen  für  die  antike  Topographie  sind.  Auf  das 
einzelne  kann  hier  nicht  eingegangen  werden,  es  soll  nur  auf  diese  Quelle 
hingewiesen  werden.*) 

n.  Litteratur. 

(Aeltestes  Verzeichnis  bei  Marti nblli,  Roma  ex  ethnica  sacra  p.  406  ff.;  ausfOhrliche 
Beurteilung  in  der  Beschreibung  der  Stadt  Rom  (von  Bunsen)  I,  p.  XIX — LVI  und  bei 
Jobdan,  Top.  I,  1  p.  77 — 104.  Kurze  Charakteristik  der  Hauptwerke  bei  W.  A.  Becker, 
De  Romae  veteris  muris  atque  portis  p.  2— 8,  ausführliches  aber  kritikloses  Verzeichnis  bei 


*)  Wichtigstes  der  früheren  Werke: 
Martin KLLi,  Roma  ex  ethnica  sacra  1653.  — 
Papencobdt,  Geschichte  Roms  im  Mittel- 
alter. —  Greooroyius,  Geschichte  der  Stadt 
Rom  im  Mittelalter  1869—1872.  —  A.  Graf, 

HAndbuch  der  klmas.  AltertumswimenBchaft.    lU,  S,  B    2.  Aufl, 


Roma  nella  memoria  e  nelle  imaginazioni 
del  medio  evo  1883.  —  Armellimi,  Le  chiese 
di  Roma  dal  secolo  IV  al  XIX.  2.  Auil. 
1891. 


18  Topographie  Ton  Rom. 

Ganika,  Tndicazione  p.  4—25,  im  wesentlichen  wiederholt  von  Nabdüoci,  Bibliografia  topo- 
grafica  in  der  Monografia  della  cittä  di  Roma  e  della  Campagna  romana  presentata  all' 
esposizione  di  Paiigi  del  1878.) 

II.  Erste  Periode  (von  Flavio  Biondo  bis  zur  ersten  Ausgabe  der 
Marlianischen  Topographie  1440 — 1534).  Die  gelehrte  Behandlung  der 
römischen  Topographie  beginnt  im  15.  Jahrhundert.  Das  Wiederaufleben 
der  klassischen  Studien,  verbunden  mit  dem  neuen  Aufschwung,  den  nach 
Beendigung  des  Schismas  das  Papsttum  und  damit  die  Entwicklung  Roms 
nahm,  waren  auch  diesem  Zweige  der  Wissenschaft  förderlich.  An  die 
Stelle  der  mittelalterlichen,  kritiklos  geglaubten  Legenden,  wie  die  Mira- 
bilien  sie  boten,  treten  die  Zeugnisse  der  antiken  Schriftsteller.  Die  wissen- 
schaftliche Grundlage  der  römischen  Topographie  für  diese  Zeit  geschaffen 
zu  haben  ist  das  Verdienst  des  Flavio  Biondo,  dessen  in  der  Mitte  des 
Jahrhunderts  erschienene  Roma  instaurata  die  erste  auf  den  Schrift- 
quellen beruhende  Topographie  ist.  Mit  Recht  nennt  Becker  den  Verfasser 
huius  scientiae  quodammodo  parentem.  —  Auf  der  von  Biondo  geschaffenen 
Grundlage  beruhen  die  sämtlichen  in  diese  Periode  gehörigen  Arbeiten,  die 
von  Poggio,  Rucellai,  Leo  Battista  Alberti,  Pomponius  Laetus, 
Francesco  degli  Albertini,  Andreas  Fulvius  und  die  erste  Auflage 
des  Marliani  von  1534.  Unter  diesen  Männern  haben  Pomponius  Laetus 
und  Albertini  ganz  besonders  um  die  Vervollständigung  des  Materials  aus 
antiken  Schriftstellern  und  auch  aus  Inschriften  sich  verdient  gemacht. 
Von  letzterem  stammt  der  erste  Versuch  einer  Sammlung  stadtrömischer 
Inschriften.  Bemerkenswert,  wenn  auch  ohne  Folgen  geblieben,  ist  der 
Plan  Rafaels,  im  Verein  mit  A.  Fulvius  einen  Plan  der  Stadt  aufzunehmen 
und  systematische  Ausgrabungen  zu  veranstalten. 

Flavius  Blondus  ForliviensiB  (1388— 1463>,  De  Roma  instaurata  libri  Ilf,  Papst 
Eugen  IV.  (1431-1447)  gewidmet,  die  erste  datierte  Ausgabe  1474,  auch  gedruckt  in  den 
Opera  bei  Froben  in  Basel  zusammen  mit  desselben  ,De  Roma  iriumphante  libri  X'  und 
anderen  Werken.  Eine  aus  diesen  Büchern  noch  im  15.  Jahrhundert  gemachte  Epitome 
«tutta  di  romana  topografia**  ist  bis  jetzt  unediert;  vgl.  de  Rossi,  Note  di  topograna  Ro- 
mana etc.  1882  p.  51.  Das  Buch  ist  von  Lucius  Faunus  1548  ins  Italienische  übersetzt.  — 
PooGio  (1380 — 1459),  De  fortunae  varietate  urbis  Romae  et  de  mina  eiusdem  descriptio.  Von 
demselben:  Historiae  de  varia  fortuna  libri  IV,  erst  1723  in  Paris  erschienen,  abgedruckt 
in  ürlichs  Codex  topographicus  p.  235  ff.  —  B.  Rucellai  (1449—1514),  De  urbe  Roma, 
gedruckt  bei  Beccucci,  Rerum  italarum  scriptores  ab  anno  1000  ad  1600.  Florenz  1770, 
II,  p.  757  ff.  Vgl.  DB  Rossi,  Le  piime  raccolte  p.  21  und  48,  CIL.  VI,  1,  p.  XLIIL  — 
Leo  Battista  Alberti,  Descriptio  urbis  Romae  (vgl.  dr  Rossi,  Plante  S.  181),  neu  heraus- 
gegeben von  Mancini  in  Leonis  Baptistae  Alberti  opera  inedita  1890,  S.  86—46.  —  Unter 
Pomponius  Laetus  (gest.  1498,  vgl.  oben  p.  9)  Namen  geht  die  wertlose  Arbeit  eines  seiner 
Schüler:  De  Romanae  urbis  vetustate,  voller  Fehler  gedruckt  von  Mazocchi  (1510,  1515, 
1523 j,  jetzt  von  de  Rossi  aus  dem  Cod.  Marcianus  Lat.  X,  n.  195  fol.  25—31  herausgegeben 
unter  dem  daselbst  befindlichen  Titel :  Excerpia  a  Pompofiio,  dum  inter  amhulandum  cuidam 
domino  uHramontatw  reliquias  ac  ruinös  urbis  ostenderet  in  den  Note  di  topografia  Romana 
etc.,  Studi  e  documenti  di  storia  e  diritto  1882  p.  49  ff.  —  Frakcesco  degli  Albertini, 
Opusculum  de  mirabilibus  novae  et  vetetis  urbis  Romae,  geschrieben  1509  (vgl.  CIL.  VI  1» 

LXLVi),  zuerst  1510  gedruckt,  dann  u.  a.  wiederholt  1523  in  desselben  Sammelwerk:  De 
ma  prisca  et  nova  varii  auctores.  Neu  herausgegeben  (aber  nur  die  nova  urbs)  von 
Schmarsow  1886.  Seine  Inschriftensammlung  wird  gewöhnlich  unter  dem  Buchdmcker- 
namen  Mazochi  citiert.  Vgl.  CIL.  VI  1,  p.  XLVI.  Andreas  Fulvius,  Antiquitates  urbis 
Romae  1527.  Vgl.  über  ihn  die  Charakteristik  in  der  Beschreibung  der  Stadt  Rom  I,  p.  XXIII. 
—  B.  Marliani,  Antiquae  urbis  Romae  topographia  1534,  von  A.  Fulvius  abhftngig. 

Zweite  Periode.  (Von  Marlianis  zweiter  Ausgabe  bis  Alexander 
Donatus  1544—1638).     Charakteristisch   ist  für  diese  Periode  neben  dem 


1  Binleitnng,    (§  11.)  19 

Studiatn  der  klassischen  Schriftsteller  der  Einfluss,  den  die  zunehmende 
Kenntnis  der  Monumente  auf  Auffassung  und  Darstellung  ausübt.  Archi- 
tekten studieren  dieselben  und  zeichnen  sie,  hin  und  wieder  kommt  Be- 
nutzung einer  früheren  Zeichnung  vor,  wie  z.  B.  bei  Serlio,  Veduten- 
sammlungen sorgen  für  die  Verbreitung  der  Kenntnisse  und  geben  jetzt 
häufig  die  einzige  Kunde  von  untergegangenen  Denkmälern.  —  Bahn- 
brechend ist  Marlianis  zweite  Ausgabe  1544,  eine  hervorragende  selb- 
ständige Leistung;  er  ist  der  erste,  der  die  Darstellung  durch  Pläne  und 
Abbildungen  erläutert.  Von  ihm  abhängig  sind  die  Topographien  von 
Lucius  Faunus,  0.  Fabricius,  L.  Mauro,  Boissard  und  Panvinius. 
Daran  schliessen  sich  die  architektonischen  Untersuchungen  über  einzelne 
Monumente,  wie  sie  Gamucci  und  Pirro  Ligorio  geliefert  haben.  Von 
eigentlichen  Architekten  beteiligen  sich  an  der  Förderung  der  Topographie 
Serlio,  Labacco  und  Palladio  mit  ihren  Architektur  werken ;  treffliche 
Vedutensammlungen  geben  Hieronymus  Kock,  Gio.  Ant.  Dosi  (vgl.  p.  2) 
und  Du  Perac  heraus;  im  Verlage  des  in  Rom  ansässigen  Belgiers 
Lafreri  sowie  seiner  Nachfolger  sind  in  der  zweiten  Hälfte  des  16.  Jahr- 
hunderts zahlreiche  Veduten,  antike  Statuen  etc.  erschienen,  die  sich 
öfter  in  Sammlungen  mit  wechselnder  Blätterzahl  unter  dem  Titel  »Spe- 
culum  Romanae  magnificentiae*"  finden.  —  Am  Ende  der  Periode  fasst 
der  Jesuit  Alexander  Donatus  die  Ergebnisse  derselben  in  seiner  1638 
erschienenen  Roma  vetus  ac  recens  zusammen.  Er  zeichnet  sich  durch 
Gelehrsamkeit  und  Urteil  aus  (Becker:  vir  diligentissimtis,  veterum  scriptorum 
cognitione   ceteros    omnes  facile    superans,    aliquotiens    tarnen    ad    deteriora 

declinans). 

B.  Mabliani,  Antiquae  urbis  Romae  topographia,  2.  Aufl.  1544.  —  Lucius  Fauitüs, 
De  antiquitaiibuB  urbis  Romae  1549  (auch  italienisch  erschienen).  —  G.  Fabbicius  aus 
Chemnitz,  Freund  Marlianis,  Roma,  antiquitatum  libri  duo,  Basel  1550.  Vgl.  ttber  ihn 
CIL.  VI,  1,  p.  LI.  —  Lucio  Maubo,  Le  antichitä  della  cittä  di  Roma  1556,  zusammengedruckt 
mit  ALDBOAivpis  Statue  antiche.  Vgl.  Fba,  Miscellanea  T,  p.  CCVI  ff.,  Miobablis,  Arch. 
Zeitung  34,  153,  Jahrbach  des  Instituts  1890  S.  58  f.  —  J.  J.  Boissabd,  Romanae  urbis 
topographia,  Frankfurt  a.  Main.  Er  lebte  ebenfalls  um  die  Mitte  des  XVI.  Jahrhunderts 
in  Rom.  Herausgekommen  ist  seine  Topographie  aber  erst  1597.  In  derselben  be- 
findet  sich   eine  auf  vier  Tage   verteilte  Beschreibung  der  Merkwürdigkeiten   der  Stadt. 

—  0.  Panyinius,  yergl.  oben  p.  9.  Ueber  seine  schriftstellerische  Thätigkeit  und  seine 
ungedruckten  Arbeiten  CIL.  VI,  1,  p  LI  IL  Antiquae  urbis  imago  1558.  —  B.  Gamucci, 
Libri  quattro  delle  antichitä  della  citta  di  Roma  1565,  mehrfach  gedruckt,  mit  Illustrationen. 

—  PiBBO  LiooBio,  Ueber  seine  Schriftstellerei  und  seine  zum  grössten  Teil  ungedruckten 
Schriften  vgl.  CIL.  Vi,  1,  p.  LI  f.  Delle  antichita  di  Roma,  videlicet  de*  circi,  teatri  ed 
anfiteatri,  con  le  paradosse,  quali  confutano  la  commune  opinione  sopra  vari  luoghi  della 
cittä,  1553.  Die  «paradosse"  erregten  bei  den  Zeitgenossen  lebhafte  Entrüstung,  sie  sind 
meist  verfehlt.  —  S.  Sbblio,  Architettura  libro  I— IV,  zuerst  1540,  dann  1559—1662,  davon 
enth&lt  das  dritte  Buch  Darstellungen  und  Beschreibungen  der  Altertümer.  Seine  Arbeiten 
sind  auch  schon  vorher  in  Einzelausgaben  erschienen.  —  A.  Labacco,  Libro  appartenente 
air  architettura,  nel  quäl  si  figurano  alcune  notabili  antichita  di  Roma,  erste  Ausgabe  1552. 

—  A.  Palladio  (von  dem  auch  noch  unpublizierte  Handzeicimungen  existieren)  Libro  IV 
deir  architettura,  nel  quäle  si  figurano  tempi  antichi,  che  sono  in  Roma  1570.  Le  terme 
dei  Romani,  mehrfach  herausgegeben.  —  Hiebon yhus  Kock,  Praecipua  aliquot  Romanae 
antiquitatis  ruinarum  monumenta  1551 ;  wiederholt  in  Scamozzis  Discorsi  sopra  Tantichitä 
di  Roma  1583.  —  Gio.  Ant.  Dosi,  Urbis  Romae  aedificiorum  illustrium  quae  supersunt, 
descripta  a  Jo.  Batt.  de  Cavalleriis  1569.  -  du  Pbrag,  1  vestigi  delF  antichita  di  Roma 
1575  u,  ö.  —  Aehnliche  Vedutensammlungen  gibt  es  noch  mehrere,  z.  B.  von  Alö  Gio- 
VAKNOLi,  Anfang  des  17.  Jahrhunderts,  Exemplar  auf  der  Berliner  Bibliothek. 

Dritte  Periode  (von  Nardinis  Roma  antica  1666  bis  auf  Winckel- 

mann).     Beherrscht  wird  diese  Periode   durch   das  unheilvolle   Beginnen 


20  Topographie  Ton  Eom. 

F.  Nardinifl,  die  römische  Topographie  auf  den  gefälschten  Regionariern 
(vgl.  p.  9)  aufzubauen.  „Nicht  zuerst*,  sagt  H.  Jordan  in  seiner  vor- 
trefflichen Kritik  des  Mannes  Top.  I,  1,  p.  92,  „aber  am  systematischsten 
und  folgerichtigsten  hat  er  die  falschen  Texte  des  Regionsbuches  zur 
Grundlage  seines  phantasievollen  Baues  gemacht  und  mit  Hilfe  derselben, 
unbekümmert  um  die  einleuchtendsten  Beweisführungen  der  klassischen 
Topographen,  ganze  Stadtgegenden  versetzt  (Forum,  Subura).  Die  vor 
ihm  und  nach  ihm  mit  Glück  geübte  Unkritik  in  der  Benutzung  alter  und 
mittelalterlicher  Zeugnisse  —  das  kühne  Hantiereh  mit  verschriebenen, 
verdruckten,  missdeuteten  und  erfundenen  Namen,  das  Vermischen  aller 
Zeiten  und  aller  Grade  der  Glaubwürdigkeit  und  Unglaubwürdigkeit  —  bei 
ihm  zur  Virtuosität  ausgebildet,  hat  die  unselbständigen  Köpfe  in  einem 
Grade  verblendet,  dass  es  des  vereinten  Anlaufs  der  tüchtigsten  Forscher 
unseres  Jahrhunderts  bedurft  hat,  um  sein  Gebäude  über  den  Haufen  zu 
werfen.*  Gleich  energisch  sprach  sich  schon  Becker  über  ihn  aus:  Jam 
vero  paullo  post  Donatum  exorta  est  atrox  ac  paene  exitiabilis  topographiae 
Romanae  calamitas,  Famianus  Nardini,  homo  natus  ad  confundenda  pertur- 
bandaque  omnia.  —  Wissenschaftliche  Leistungen  sind  in  dieser  Periode 
so  gut  wie  gar  nicht  zu  verzeichnen,  da  die  Arbeiten  von  Nardinis  Nach- 
folgern, wie  die  von  Ficoroni  und  Venuti,  die  aus  der  Zahl  jener  un- 
brauchbaren Machwerke  allenfalls  noch  zu  nennen  wären,  durchaus  von 
diesem  abhängig  sind.  Schätzbares  wird  dagegen  in  dieser  Zeit  in  ein- 
zelnen grossen  Monographien  geleistet,  wie  von  Fabretti  über  die  Wasser- 
leitungen, von  Bianchini  über  den  Caesarenpalast;  auch  die  Veduten- 
litteratur  hat  einige  ihrer  ausgezeichnetsten  Vertreter  in  dieser  Epoche, 
namentlich  Overbeke  und  vor  allen  den  genialen  Piranesi.  —  Am  Ende 
der  Periode  steht  Winckelmann.  Der  Anstoss,  den  er  zum  Suchen 
und  zu  historischer  Betrachtung  des  Altertums  gegeben  hat,  konnte  nicht 
ohne  Bedeutung  für  die  topographische  Forschung  bleiben,  namentlich  ist 
sein  Einfiuss  auf  Carlo  Fea  wichtig,  den  Begründer  der  neuen  Zeit  in 
der  topographischen  Wissenschaft.  Es  ist  bezeichnend,  dass  derselbe  seine 
Dissertazione  suUe  rovine  di  Roma  zusammen  mit  der  Übersetzung  der 
Winckelmann'schen  Kunstgeschichte  veröffentlicht. 

Famiano  Nabdiki,  Roma  antica  1666,  letzte  Ausgabe  von  Nibby  1818.  — <  Franc. 
Ficoroni,  Le  vestigie  e  raritä  di  Roma  antica  ricercate  e  spiegate  1744.  —  R.  Venuti, 
Accurata  e  succinta  desciizione  topografica  delle  antichita  di  Roma  1763,  von  Fiale  1824 
mit  eigenen  Anmerkungen  herausgegeben.  —  Rafabl  Fabretti,  De  aquis  et  aquaeductibus 
veteris  Romae  1680.  —  Bianchini,  Palazzo  de'  Gesari  1738.  —  A.  Desoodbtz,  Les  ^difices 
antiques  de  Rome,  dessin^s  et  mesur^s  trds  exactement  1682.  —  B.  Overbeke,  Reliquiae 
antiquae  urbis  Romae  1707.  —  Giambattista  Piranesi,  Le  antichita  Romane  1756.  4  Bde. 
Campo  Marzo  1762.  Magnificenza  ed  architettura  dei  Romani.  Seine  Werke  umfassen 
über  zwanzig  B&nde.  Sein  Sohn  Francesco  hat  seine  Arbeiten  fortgesetzt.  Neue,  haupt- 
sächlich für  das  Bedürfnis  der  Eunstindustrie  bestimmte  Ausgabe  von  P.  Lanob,  Oeuvres 
choisies,  Wien.  — -  Von  Piranesi  abhängig  ist  A.  Uggeri,  Joum^es  pittoresques  des  ^difices 
antiques,  1804—1837. 

Vierte  Periode  (vom  Beginn  systematischer  Ausgrabungen 
durch  Carlo  Fea  bis  jetzt).  Den  Wahnvorstellungen  von  der  Beschaffen- 
heit des  alten  Roms,  wie  sie  die  vorige  Periode  hervorgebracht  hatte, 
konnte  neben  der  Schaffung  einer  kritischen  Grundlage  nur  durch  syste- 
matische Ausgrabungen  ein  Ende  gemacht  werden.    Carlo  Fea,  der  als 


1.  Binleitimg.    (§  11.) 


21 


Gommissario  delle  antichitä  eine  einflussreiche  Stellung  besass,  leitet 
diese  neue  Zeit  durch  seine  mit  umsieht  und  Geschick  unternommenen 
Ausgrabungen  ein.  Gross  sind  besonders  seine  Verdienste  um  die 
Forumsfrage.  In  den  Schriften  des  im  Jahre  1829  gegründeten  In- 
stitutes für  archäologische  Korrespondenz,  den  Annali,  den  Monumenti, 
und  dem  Bulletino  dell'  Institute  entstanden  Organe  für  die  regelmässige 
Publikation  und  Verwertung  der  neuen  Entdeckungen.*)  Seit  1861  leitete 
Pietro  Rosa  die  Aufdeckung  des  Palatins  und  des  Forums,  anfangs  im 
Auftrage  Napoleons  III.,  dann  als  Beamter  des  Königreichs  Italien.  Seine 
Berichte,  soweit  überhaupt  gedruckt,  sind  teils  in  den  Schriften  des  In- 
stituts, teils  in  der  Relazione  suUe  scoperte  archeologiche  della  cittä  e 
provincia  di  Roma  1873  niedergelegt.  Seitdem  ist  den  römischen  Aus- 
grabungen seitens  der  italienischen  Regierung  eine  erhöhte  Aufmerksam- 
keit geschenkt  worden.  Neue  Publikationsorgane  entstanden  unter  Fio- 
rellis  Leitung  in  den  ganz  Italien  umfassenden  Notizie  degli  scavi 
di  antichitä  communicate  alla  R.  Accademia  dei  Lincei,  seit  1876  jährlich 
in  12  Heften  erscheinend,  und  in  dem  auf  die  römischen  Funde  be- 
schränkten BuUettino  della  commissione  archeologica  municipale  (jetzt 
comunale)  di  Roma,  seit  1872  jährlich  in  4  Heften  erscheinend. 

Die  ersten  topographischen  Werke  dieser  Periode  stehen  noch  unter 
dem  Einflüsse  Nardinis,  so  die  Arbeiten  von  Guattani,  von  A.  Nibby, 
der  den  Nardini  noch  einmal  herausgibt,  Stefano  Piale,  der  eine  Neu- 
bearbeitung des  Venuti  liefert,  und  das  verdienstliche  Werk  von  C.  Sachse. 
Erst  die  Beschreibung  der  Stadt  Rom  1830 — 1842  räumt  unter  dem 
Einflüsse  E.  Sartis  (vgl.  p.  9)  eiii  für  allemal  mit  den  Nardinischen  Hypo- 
thesen auf,  ohne  indessen  für  die  Topographie  eine  genügende  kritische 
Grundlage  zu  schaffen.  Diese  verdanken  wir  W.  A.  Becker,  der  in  seiner 
Topographie  der  Wissenschaft  des  19.  Jahrhunderts  denselben  Dienst 
leistete,  wie  Flavio  Biondo  in  seiner  Roma  instaurata  dem  fünfzehnten. 
Ein  Mangel  dieses  ausgezeichneten  Buches  liegt  darin,  dass  es  der  Denk- 
mälerforschung den  Schriftquellen  gegenüber  eine  zu  untergeordnete  Stel- 
lung anwies.  —  W^s^^t'^^^h  ^^^  ^^^  durch  diese  beiden  Werke  gewonnenen 
Standpunkt  gehen' zurück  die  Arbeiten  von  W.  Gell,  Canina,  E.  Braun, 
H.  Dyer,  Reber  und  Reumont,  dagegen  ist  H.  Parkers  Archeology 
of  Rome  1874  ff.,  abgesehen  von  einzelnen  richtigen  Beobachtungen,  ein 
beklagenswerter  Rückschritt  in  unwissenschaftlichen  Dilettantismus.  — 
An  die  Stelle  der  Becker'schen  Topographie  zu  treten  war  H.  Jordan, 
Topographie  der  Stadt  Rom  im  Altertum,  bestimmt.  Drei  Bände  sind  er- 
schieneU;  doch  ist  das  Werk,  welches  nach  seiner  breiten  Veranlagung 
noch  vieljährige  Arbeit  erfordert  hätte,  durch  den  plötzlichen  Tod  des 
Verfassers  (1886)  abgebrochen.  Jordans  Arbeit  ist  ausgezeichnet  durch 
Gelehrsamkeit  und  Fleiss,  doch  mangelt  ihr  sorgfältige  Verarbeitung  des 
Stoffes,  öfter  auch  Klarheit  der  topographischen  Anschauung.  —  0.  Gil- 
berts Geschichte  und  Topographie   der  Stadt  Rom   im  Altertum;    drei 


0  Seit  1886  erscheinen  Monmnenti  und 
AnnaH  als  Antike  Denkmäler  nnd  Jahr- 
buch in  Berlin;  das  BuUettino  erscheint  in 


Rom  weiter  als  .Mitteilungen  des  Kaiser- 
lich Deutschen  Archäologischen  In- 
stituts, Römische  Abteilung*. 


22  Topographie  toh  Born. 

Bände,  1883—1890,  ist  namentlich  wegen  des  darin  aufgespeicherten  Citaten- 
schatzes  wertvoll.  —  Otto  Richter,  Rom,  Kurze  Topographie  der  Stadt,  in 
Baumeisters  Denkmälern  p.  1436—1535  nebst  Plänen  und  Abbildungen. 
Dieselbe  bildet  in  wesentlichen  Teilen  die  Grundlage  der  vorliegenden 
Topographie,  deren  erste  Auflage  1889  erschien.*)  —  Die  hauptsächlichste 
Förderung  hat  die  Römische  Topographie  in  den  letzten  Jahrzehnten  durch 
eine  grosse  Anzahl  von  Einzelforschungen  erfahren,  die  namentlich  in  den 
oben  S.  21  genannten  deutschen  und  italienischen  Publikationsorganen  er- 
schienen. Hervorzuheben  sind  die  Arbeiten  von  G.  B.  de  Rossi,  R.  Lan- 
ciani  und  Hülsen.  Von  Lanciani  sind  auch  zwei  zusammenfassende 
Arbeiten  erschienen:  Ancient  Rome  in  the  light  of  modern  discoveries, 
London  1888  und  Pagan  and  Christian  Rome,  London  1892,  die  aber 
hinter  seinen  sonstigen  Arbeiten  zurückstehen.  Sie  dienen  mehr  dem  Be- 
dürfnis der  englischen  und  amerikanischen  Reisenden  als  der  Wissen- 
schaft. —  Nicht  minder  fruchtbar  ist  die  Neuzeit  an  Herstellung  von 
Abbildungen  und  Rekonstruktionsversuchen.  Zu  nennen  ist  die  Yeduten- 
sammlung  von  Rossini  und  der  grossartige  Versuch  einer  Rekonstruktion 
der  antiken  Stadt  durch  den  vortrefflichen  Ganina.  Leider  haben  seine 
z.  T.  willkürlichen  Annahmen  manche  falsche  Vorstellung  geschaffen. 
—  Auch  der  Architektur  verdankt  die  neue  Topographie  vielfache  För- 
derung. Hervorzuheben  sind  die  Werke  von  Valadier,  Isabelle,  Choisy 
und  Durm. 

Gelegentliche  Ansgrabungen  and  Berichte  darüber  gibt  ee  schon  vor  Fea.  Der  ge- 
lehrte PoMPONius  Laetus  benutzte  zuerst  die  Fundnotizen  ausgegrabener  Steine  topographisch 
(vgl.  Jobdan,  Sylloge  inscr.  fori  Romani  in  der  Ephemeris  epigraphica  1876,  p.  237  ff.).  — 
Flamivio  Vacca  bringt  Fundberichte  unter  dem  Titel:  Memorie  di  varie  antichitä  trovate 
in  diversi  luoghi  della  cittä  di  Roma  nell'  anno  1594,  publiziert  von  Th.  Schbeibbb 
in  den  Berichten  der  Sachs.  Gesellsch.  d.  Wiss.  1881,  p.  43  ff.  —  Gassi ano  dbl  Pozzo,  seine 
Notizen  über  Ausgrabungen  siehe  bei  J.  Lühbboso,  Notizie  sulla  vita  di  0.  d.  P.  1875; 
vgl.  CIL.  VI  1,  p.  LIX.  —  PiBTBO  Sahti  Babtoli,  Memorie  di  varie  escavazioni  fatte  in 
Roma  e  nei  luoghi  suburbani  1741.  —  Auch  R.  Venuti  bringt  Berichte  über  die  zu  seiner 
Zeit  gemachten  Funde  in  seiner  Accurata  e  succinta  descrizione  topografica  delle  antichitä 
di  Roma  1763.  —  Cablo  Fba.  Ueber  seine  amtliche  Stellung  vgl.  die  Vorrede  des  zweiten 
Bandes  der  Miscellanea  (1836).  Im  ersten  Bande  (vollständiger  "ntel:  Miscellanea  filologica, 
critica,  antiquaria  1790)  sind  auch  die  Ausgrabungsberichte  von  Vacca,  Aldroandi,  Ficoroni, 
Bartoli  und  Winckelmann  enthalten.  Vgl.  Nibby,  Roma  antica  I,  484  ff.  Von  seinen 
Schriften  (das  vollständige  Verzeichnis  derselben  siehe  bei  Goppi,  Genni  biografici  di  Garlo 
Fea)  sind  hervorzuheben:  Bei  diritti  del  principato  sugli  antichi  monumenti  di  Roma  1816. 
Notizie  degli  scavi  nell'  anfiteatro  Flavio  e  nel  foro  Trajano  con  iscrizioni  ivi  trovate  1818. 
Prodrome  di  nuove  osservazioni  e  scoperte  delle  antichita  di  Roma  1816;  Varieta  di  notizie 
1820.  Frammenti  di  fasti  consolari  e  trionfali  ultimamente  scoperti  nel  foro  Romano  ed 
altrove,  1820.  Indicazione  del  foro  Romano  e  sue  adiacenze,  1829.  —  Gio.  A.  Guattani, 
Roma  descritta  ed  illustrata  1805.  Monumenti  antichi  inediti,  ovvero  notizie  sulle  anti- 
chita e  belle  arti  di  Roma,  1784—1805.  Memorie  enciclopediche  Romane  suUe  belle  arti 
ed  antichita,  1806—1810,  1816—1817.  —  A.  Nibby,  Ausgabe  des  Nardini  1818.  Roma 
neir  anno  1838.  Ausserdem  viele  Monographien,  auch  hat  er  das  Itinerario  von  Mariano 
Vasi  neu  bearbeitet.  Ein  völlig  neues,  freilich  recht  mittelmässiges  Buch  mit  Verwendung 
der  Resultate  der  topographischen  Forschung  auch  der  letzten  Jahre  ist  Nibby,  Guida  <S 
Roma  e  suoi  dintomi  ossia  Itinerario  von  Pobbva,  Roma  1891.  —  Stefano  Pialb,  Neubearbeitung 
des  Venuti.  Ausserdem  eine  grosse  Anzahl  von  Dissertationen  über  röm.  Topographie  unter  dem 
Titel:  Sopra  alcuni  monumenti  di  Roma  antica  1820—1835  (Verzeichnis  der  wichtigsten  bei 
Ganiva,  Indicazione  topografica  p.  21).  Nibby  und  Piale  sind  ausgezeichnet  durch  ihre  Kenntnis 
der  Denkmäler,  ersterer  auch  durch  seine  Gelehrsamkeit.  —  G.  Sachse,  Geschichte  und  Be- 

')  Auf  dieser  Topographie  beruht  eine  I  mische    Topographie    wie    von    Genterwall, 
Anzahl   von    populären    Schriften    über   rö-   I   Miller  u.  a. 


L  Süüeitiixkg.    (§  12.) 


23 


Schreibung  der  alten  Stadt  Rom  1824.  1828.  Fieissige  und  in  einzelnen  Punkten  treffliche 
Arbeit,  doch  war  der  Verfasser,  ein  Lüneburger  Professor,  der  nie  Rom  gesehen  hatte,  nicht 
im  stände,  sich  von  Nardinis  Annahmen  frei  zu  machen.  —  Beschreibung  der  Stadt  Rom 
von  Platnbb,  Bunsek,  Gbrhard,  Röstbll,  fortgesetzt  von  Ubuohs  1830 — 1842.  Kttrzere 
Fassung  in  einem  Bande  von  Platner  und  ürlichs  1843  (Ergänzung  dazu  ist  der  1871  er- 
schienene Codex  topographicus  von  Urlichs).  -  W.  A.  Beckbr,  Topographie  der  Stadt  Rom 
(1.  Band  des  Handbuches  der  römischen  Altertümer)  1843.  Voraus  ging  dem  Buche:  De 
Romae  veteris  muris  atque  portis  1842.  Streitschriften  zwischen  ihm  und  den  Heraus- 
gebern der  Beschreibung  der  Stadt  Rom:  Prellbrs  Rezension  der  Becker'schen  Topographie 
in  der  Jenaer  Litteraturzeitung  1844  Nr.  121  ff.  Becker,  Die  römische  Topographie  in  Rom, 
eine  Warnung  1844.  Urlichs,  Römische  Topographie  in  Leipzig  1845.  Becker,  Zur  römi- 
schen Topographie,  Antwort  an  Herrn  Urlichs  1845.  Urlichs,  Römische  Topographie  in 
Leipzig  U,  Antwort  an  Herrn  Becker  1845  (vgl.  Momhsbn,  Ann.  deir  Inst.  1845  p.  314  ff.). 
— *  Pbbllbb,  Die  Regionen  der  Stadt  Rom  1846.  —  L.  Ganina,  Indicazione  topografica  di 
Roma  antica  1831,  brauchbar  nur  die  4.  Aufl.  1850.  —  Gbll,  Rome  and  its  vicinity  2.  Aufl. 
1846.  —  £.  Braun,  Die  Ruinen  und  Museen  Roms  1854.  —  F.  Rbber,  Die  Ruinen  Romsund  der 
Campagna  1862,  2.  Aufl.  1879.  —  Thomas  H.  Dybr,  The  city  of  Rome  1864,  2.  Aufl.  1883.  — 
Reumokt,  Gesch.  der  Stadt  Rom  I.  —  H.  Jordan,  Topogr.  der  Stadt  Rom  im  Altertum.  Der 
n.  Band,  der  zuerst  erschien  (1871),  enthält  Untersuchungen  über  die  Beschreibung  der 
XrV  Regionen  und  über  die  mittelalterlichen  Stadtbeschreibungen  nebst  den  dazu  gehörigen 
Urkunden.  Der  I.  Band  ist  in  zwei  Abteilungen  erschienen;  die  erste  (1878)  enthält  die 
Einleitung  (1.  die  Trfimmer  und  ihre  Deutung  2.  die  Ueberlieferung  «S.  die  Forschung) 
und  den  ereten,  allgemeinen  Teil  (1.  Lage,  Boden,  Klima  2.  die  Ältesten  Ansiedlungen 
3.  die  servianische  Mauer  4.  die  tarquinischen  Bauten  und  die  servianische  Stadt  5.  die 
Stadt  der  XIV  Regionen  6.  die  aurelianische  Mauer  7.  Brücken-,  Ufer-  und  Hafenbauteu, 
Kloaken  und  Wasserleitung  8.  der  innere  Ausbau).  Die  zweite  Abteilung  des  I.  Bandes 
(1885)  behandelt  die  Altstadt  (1.  der  kapitolinische  Burghügel  2.  die  Ueberreste  des  Forums 
und  der  Sacra  via  3.  Geschichte  des  Forums,  Comitiums  und  der  Sacra  via  4.  die  Plätze 
und  Märkte  im  Norden  und  Süden  des  Forums).  —  Noch  sind  zu  erwähnen:  Middleton, 
Ancient  Rome  in  1885  und  The  remains  of  ancient  Rome  1892.  A.  Schneider,  Das  alte 
Rom  1896  (ein  Hilfsmittel  für  Universitätsvorlesungen  und  Gymnasien),  L.  Borsari, 
Topografia  di  Roma  antica  1897  (unter  den  Manuali  Hoepli  erschienen,  bequemes  Taschen- 
buch), Babdeker,  Mittelitalien,  das,  seitdem  Hülsen  den  topographischen  Teil  bearbeitet, 
ein  zuverlässiger  und  auf  der  Höhe  der  Wissenschaft  stehender  Führer  ist.  —  L.  Rossini, 
Le  antichitä  di  Roma,  1826  und  Gli  archi  irionfali  onorarii  e  funebii  degli  antichi  Romani,  Roma 
1836.  —  L.  Canina,  Edifizi  di  Roma  antica,  Roma  1848—1856,  6  Bände.  —  Ganina,  La 
prima  parte  della  Via  Appia  dalla  porta  Capena  a  Boville,  Roma  1853,  2  Bände.  —  Va lädier, 
Raccolta  delle  pin  insigni  fabbriche  di  Roma  antica  1810 — 1826.  --  Isabblle,  Los  ödifices 
circulaires  et  les  dömes  1855.  ParallMe  des  salles  rondes  de  Tltalie  1863.  —  Choisy,  L'art 
de  bfttir  chez  les  Romains  1873.  —  Durm,  Handbuch  der  Architektur  11  (die  Baukunst  der 
Etrusker,  die  Baukunst  der  Römer)  1885. 

m.  Stadtpläne.') 
12.  Der  erste  brauchbare  Plan*)  ist  der  von  Leonardo  Bufalini 
1551,  wertvolle  Darstellung,  Orientierung  nach  Osten.  Bekannt  sind  drei 
Exemplare,  das  eine  unvollständig  und  falsch  zusammengesetzt  auf  der 
Barberina  in  Rom,  das  andere,  eine  unvollkommene  Nachzeichnung,  bis  vor 
kurzem  im  Kloster  Madonna  degli  Angioli  in  Guneo,  jetzt  auch  in  Rom.  Hier- 
nach ist  der  Plan  in  der  Originalgrösse  publiziert:  La  pianta  di  Roma  di 
Leonardo  Bufalini  da  un  exemplare  a  penna  giä  conservato  in  Guneo,  per 
cura  del  Ministero  della  publica  istruzione,  1879.  Ein  drittes  Exemplar 
befindet  sich  im  British  Museum.  —  Reduktionen  des  Planes  von  Nolli 
1748,  wiederholt  u.  a.  bei  v.  Reumont,  Geschichte  Roms  L  —  Pirro 
Ligorio,  Antiquae  urbis  imago,  12  grosse  Blätter,  M.  Tramezinus  1561, 


')  Vgl.  Jobdan,  Topographie  I,  1  p.  105  ff. 

^)  Von  dem  Projekt  des  Rafael  und  A. 
FuLYiUB  war  oben  p.  8  die  Rede..  Eine 
Euiiosität  ist  der  Rekonstmktionayersach  von 


Calyus,  Antiquae  urbia  Bomae  dmulacrum 
1582.  Er  macht  Rom  rund»  und  trfigt  in 
diesen  Exeis  die  Regionen  als  Quadrate  ein. 
Vgl.  Beschr.  der  Stadt  Rom  I,  p.  XXXV. 


24  Topographie  von  Born. 

wichtig  für  seine  topographischen  Ansichten.  Ferner:  Effigies  antiquae 
Romae  ex  vestigiis  etc.,  Michael  Tramezinus  publ.  1553,  Restaurations- 
versuch. —  G.  B.  Falda  da  Valduggia,  Nuova  pianta  ed  alzata  della 
cittä  di  Roma  1676,  in  zwölf  Blättern,  auch  in  kleinerer  Ausgabe  er- 
schienen.   Wichtig  für  die  Kenntnis  Roms  im  17.  Jahrhundert. 

Gio.  Batt.  Nolli,  Nuova  pianta  di  Roma  1748  in  12  Blättern,  der 
erste  Stadtplan,  der  auf  exakten  Messungen  beruht.  Gute  Reduktion  des 
Planes  in  dem  der  Beschreibung  Roms  beigegebenen  Plane  von  Stier  und 
Knapp.  Von  ihm  ist  abhängig  der  Plan  von  Piranesi  in  den  Antichitä 
romane  I  1748,  auf  dem  nur  die  antiken  Reste  dargestellt  sind,  von  beiden 
wieder  der  Plan  von  de  Romanis  in  Nibbys  Ausgabe  des  Nardini.  — 
Vgl.  G.  B.  de  Rossi,  Note  di  ruderi  e  monumenti  antichi  prese  da  Nolli 
nel  delineare  la  pianta  di  Roma,  conservate  nel  archivio  Vaticano,  in  den 
Studi  di  storia  e  diritto  V  4  1883. 

Pianta  topografica  della  direzione  generale  del  Genso,  dritte 
Auflage  1866  (1  :  4000).  Auf  dieser  Aufnahma  beruhen  die  Pläne  von 
Canina,  Pianta  topografica  di  Roma  antica  1832  und  1850,  die  Reduktion  des 
Censusplanes  von  Melchior ri  in  seiner  Guida  metodica  1836  und  der  Plan 
von  Trojani,  Pianta  di  Roma  1835,  sowie  der  grosse  Plan  Caninas: 
Parte  media  di  Roma  antica  (1  :  1000)  in  den  Edifizi  II  1848.  —  Auch 
den  neueren  Plänen  von  Letarouilly  1841,  bei  Becker  1843,  Fornari 
1864,  Reber  1862,  Kiepert  etc.  liegen  keine  neuen  Aufnahmen  zu  Grunde. 

Seit  1893  erscheint:  R.  Lanciani,  Forma  ürbis  Romae,  consilio  et 
auctoritate  regiae  academiae  Lynceorum,  das  durch  den  Bericht  Lancianis 
in  den  Atli  dell'  acc.  dei  Lincei  am  18.  Juni  1876  angekündigte  Karten- 
werk, ein  Plan  Roms  im  Massstab  1  :  1000.'  Bis  jetzt  sind  4  Lieferungen 
zu  je  6  Karten,  ungefähr  die  Hälfte  des  Werkes  erschienen.  Der  Plan 
bringt  die  übereinander  liegenden  Bauschichten  vom  Altertum  bis  zur 
Neuzeit  zur  Anschauung,  die  Resultate  der  Ausgrabungen  sind  darauf  ver- 
zeichnet. —  Ein  sehr  nützliches  Hilfsbuch  ist:  H.  Kiepert  et  Ch.  Hülsen, 
Formae  urbis  Romae  antiquae.  Accedit  nomenclator  topographicus  a  Ch. 
Hülsen  compositus,  Berlin  1896.  Es  enthält  einen  Plan  des  republikanischen 
Roms,  einen  Plan  Roms  zur  Kaiserzeit,  beide  1  :  10000,  und  einen  Plan 
der  Umgebung  des  Forums  (pars  media  urbis  quo  statu  fuit  imperatorum 
temporibus)  1  :  2500  und  ein  alphabetisches  Verzeichnis  aller  stadt- 
römischen Örtlichkeiten  mit  Hinzufügung  der  Testimonia  veterum  auctorum 
und  der  Commentationes  recentiorum  zu  jedem  einzelnen  Namen. 

Schliesslich  verdienen  Erwähnung  die  betreffenden  Blätter  der  ita- 
lienischen Generalstabskarte  (1  :  25000,  Winterthurer  Ausgabe  1  :  100000). 

2.  Lage  und  Formation. 

13.  Die  Gampagna  von  Born.  Rom  liegt  unter  41,43  ^^  nördlicher 
Breite  und  10,8  <>  östlicher  Länge  am  linken  Ufer  des  Tiber,  etwa  im 
Mittelpunkte  der  schmalen  Küstenebene,  welche  den  von  Nordwest  nach 
Südost  streichenden  parallelen  Zügen  des  Appennin  südlich  vorgelagert 
ist.    Die  Breite   dieser  Ebene  beträgt  durchschnittlich  45  km;    sie  wird 


8.  Lage  und  Formation.    (§  13.)  25 

im  Norden  durch  die  quergelagerten,  nicht  bedeutenden  Höhenzüge  des 
ciminischen  Waldes  und  des  Tolfagebirges  abgeschlossen,  im  Süden  durch 
die  Yolskerberge  (jetzt  monti  Lepini),  die  bei  Terracina  (Anxur)  hart  an  das 
Meer  treten.  Die  Entfernung  beider  Gebirge  von  einander  beträgt  etwa 
150  km,  die  Entfernung  von  Rom  bis  Terracina  95  km,  bis  zum  Meere 
25  km,  ebensoviel  etwa  bis  zum  Fusse  des  Kalkgebirges  der  Appenninen. 

Diese  Ebene,  die  Qampagna  di  Roma,  ist  vulkanischen  Ursprungs. 
Vulkanische  Kräfte  hoben  sie  aus  dem  Meere,  nachdem  der  aus  pliozänem 
Thon  und  Mergelsand  geschichtete  Meeresboden  durch  die  Ausbrüche  unter- 
seeischer Vulkane  mit  einer  durchschnittlich  30 — 40  m  dicken  Tuff  schiebt 
bedeckt  worden  war.  Das  zerstörte  Aussehen  und  die  gleichmässige  La- 
gerung dieses  Gesteins  zeigt,  dass  es  durch  Wasser  abgelöscht  wurde. 
Es  ist  eine  Mischung  von  Schlacke,  Asche  und  Sand,  hat  graue,  gelbe 
oder  röÜichbraune  Farbe  und  zeigt  sowohl  in  der  Festigkeit  als  im  Aus- 
sehen grosse  Mannigfaltigkeit.  Jahrhundertelang  haben  die  Römer  zu 
ihren  monumentalen  Bauten  sich  keines  anderen  Materials  bedient.  Nach- 
dem die  Ebene  dem  Wasser  entstiegen  war,  bildete  sich  der  Vulkan  des 
Albanergebirges,  dessen  Auswürfe  sich  über  dem  Tuff  lagerten.  Es  sind 
dies  namentlich  zwei  Steinarten,  die  neben  dem  Tuff  als  Baumaterial  ver- 
wendet und  wegen  ihrer  grösseren  Festigkeit  höher  als  dieser  geschätzt 
wurden,  der  Sperone,  der  lapis  Oabinus  der  Alten,  so  genannt,  weil  sie 
den  Stein,  aus  dem  übrigens  im  wesentlichen  das  ganze  Albanergebirge 
besteht,  bei  Gabii  brachen,  und  der  Peperin,  auch  im  Altertum  schon 
wegen  der  massenhaft  eingesprengten  Stückchen  von  Lava  und  Kalk, 
welche  Pfefferkörnern  gleichen,  gelegentlich  lapis  piperinus^  gewöhnlich 
aber  lapis  Albanus  genannt.  Derselbe  Vulkan  hat  zwei  Ströme  von  Lava 
entsandt,  deren  Lauf  quer  über  die  Ebene  bis  in  die  Nähe  von  Rom  hin 
zu  verfolgen  ist;  sie  lieferten  den  Römern  das  Material  zur  Strassen- 
pflasterung.  —  Wann  die  Thätigkeit  des  albanischen  Vulkans  aufgehört 
hat,  ist  schwer  zu  bestimmen.  Der  öfters  bei  Livius  aus  der  Zeit  des 
zweiten  punischen  Krieges  und  später  (Buch  21 — 45)  als  „prodigiutn^  er- 
wähnte Steinregen  und  andere  Erscheinungen,  wie  Erdbeben,  plötzlich 
aufsprudelnde  heisse  Quellen  etc.  scheinen  seine  Thätigkeit  auch  in  histo- 
rischer Zeit  zu  beweisen,  aber  es  fehlen  direkte  Zeugnisse  über  ein 
solches  Ereignis  gänzlich.  Sicher  ist  nur,  dass  die  Abhänge  des  Gebirges 
schon  bewohnt  waren,  als  sein  letzter  Ausbruch  erfolgte.  Denn  man  hat 
zwischen  Albano  und  Givitä  Lavigna,  also  am  südwestlichen  Abhänge  des 
Gebirges,  unter  einer  *  2 — 1  m  dicken  Peperinschicht  eine  Nekropole  auf- 
gedeckt. Wenn  es  wahr  wäre,  dass  bei  der  Aufdeckung  derselben  inner- 
halb der  Peperinschicht  auch  Libralasse  gefunden  worden  sind,  so  müsste 
danach  der  letzte  Ausbruch  des  Vulkans  in  das  4.  oder  8.  Jahrhundert 
V.  Chr.  gesetzt  werden,  doch  sind  die  Fundberichte  nicht  genügend  be- 
glaubigt. 0 

Ihre  charakteristische  Gestalt  erhielt  die  römische  Campagna  aber 
erst  durch  die  von  den  umlagernden  Randgebirgen  abfliessenden  Wasser- 


»)  Vgl.  BuU.  d.  Inst.  1871  p.  34  flf.,  Ann.  d.  Inst.  1871  p.  239  flf. 


26 


Topographie  Ton  Rom. 


massen.  Sie  haben  den  lockeren  Tuff  nach  allen  Seiten  hin  durchnagt  und 
zerklüftet  und  dadurch  ein  Terrain  geschaffen,  das  kaum  noch  eine  Ebene 
zu  nennen  ist.  Vier  Fünftel  besteht  aus  Hügeln,  ein  Fünftel  ausThälern; 
die  Wände  der  Hügel  fallen  gewöhnlich  steil  ab,  manchmal  nach  allen 
Seiten,  so  dass  sie  völlig  isoliert  sind  und  grossen  Würfeln  gleichen;  öfter 
noch  entstehen  durch  die  typische  Vereinigung  zweier  Wasserläufe  jene 
spitz-  oder  rechtwinkelig  über  den  Thälern  aufragenden  Vorgebirge,  die 
nach  hinten  zu  mit  einer  breiteren  Hügelmasse  zusammenhängen.  Diese 
und  ähnliche  Erscheinungen  wiederholen  sich  mit  grosser  Regelmässigkeit 
auf  dem  ganzen  Gebiet.  Die  Erosionen  sind  im  Süden  niedriger,  gross- 
artiger und  zu  bedeutender  Höhe  anwachsend  im  Norden.  Man  sieht,  die 
Natur  hat  hier  in  grosser  Fülle  Formationen  geschaffen,  die  zur  Anlage 
befestigter  Städte  einladen  mussten.  In  der  That  haben  wir  uns  in  der 
ältesten  Zeit,  bevor  Rom  den  grossen  Aufsaugungsprozess  begann,  der  alles 
Land  ringsum  verödete,  die  Gampagna  dicht  bedeckt  mit  jenen  Städten  zu 
denken,  deren  zahlreiche  Namen  uns  von  Plinius  (N.  H.  IE  68  f.)  u.  a.  über- 
liefert werden.  Sie  sind  heutzutage  fast  ausnahmslos  „sine  vestigiis*'  unter- 
gegangen und  waren  es  grösstenteils  schon  im  Altertum;  aber  die  Terrain- 
formationen, welche  einst  vor  Jahrtausenden  zur  Gründung  von  Hügel- 
burgen einluden,  sind  nur  wenig  verändert  wieder  zu  Tage  getreten.  Sie 
belehren  uns  besser  als  alles  andere  über  die  Geringfügigkeit  dieser  ur- 
ältesten Ansiedelungen.  1) 

Am  meisten  hat  zur  Gestaltung  und  Gliederung  dieses  Gebietes  der 
Tiber  beigetragen.  Der  Tiber  {Tiberis,  jetzt  Tevere)  entspringt  im  Ge- 
biete von  Arezzo  (Arretium)  in  Etrurien,^)  fliesst  anfangs  parallel  dem 
Appennin  in  südöstlicher  Richtung  längs  des  Randes  der  vulkanischen 
Eüstenebene,  umschreibt  dann  in  grossem  Bogen  die  einsam  aufragende 
Gebirgsmasse  des  Soracte  und  durchschneidet  schliesslich,  in  breitem  Thale 
sich  dahinwindend,  die  vulkanische  Ebene  von  Rom.  Die  Breite  des  ur- 
sprünglichen Flussbettes  lässt  noch  jetzt  erkennen,  welche  bedeutenden 
Wassermassen  sich  einst  hier  dem  Meere  zugewälzt  haben  müssen.  Seine 
Ränder  zeigen  dieselben  Erscheinungen,  wie  die  der  anderen  Wasserläufe, 
sie  fallen  steil  ab;  zahlreiche  Querthäler  mit  meist  unbedeutenden  Flüss- 
chen münden  hinein  und  führen  in  steter  Abwechselung  jene  oben  er- 
wähnten Bergformationen  herbei,  die  den  Tiberufern  einen  ganz  einzig 
dastehenden  Reiz  verleihen.  An  der  Stelle,  wo  Rom  liegt,  verengt  sich 
das  Flussbett  dermassen,  dass  bei  steigendem  Zufluss  von  Wasser,  wie  er 
nach  den  starken  Regengüssen  des  Winters  eintritt,  das  Wasser  keinen 
genügenden  Abfluss  hat  und  jahraus,  jahrein  mit  Überschwemmung  droht. 
Aus  dem  Altertum  haben  wir  Kunde  von  dreiundzwanzig  grösseren  Über- 
schwemmungen,   die  oft  tagelang  Rom    unter   Wasser    setzten.')     Nach 


*)  0.  Sbbok,  ÜrkimdenBtadien  zur  ältesten 
römischen  Geschichte.  Rhein.  Mus.  XXXYII 
p.  598  ff.  Th.  Mommsen,  Die  nntergegan- 
genen  Ortschaften  im  eigentlichen  Latium 
Hermes  XVII  p.  42  ff. 

^)  Heimat  des  Maecenas,  daher  der  Tiber 
von  Horaz  carm.  I.  20,  1    in   Bezug  auf  ihn 


paternum  flutnen  genannt. 

^)  Zusammenstellung  bei  Nibsbn,  Ita- 
lische Landeskunde  I  p.  324.  Die  in  der  be- 
kannten Ode  des  Horaz  I,  2  vom  Tiber  ge- 
brauchten Worte:  ire  deiecium  monumenta 
regia  templctqtu  Vestae  bezeichnen  den  äus- 
sersten  Punkt,  bis  zu  dem  das  Wasser  des 


2.  Lage  und  Formation.    (§  13.) 


27 


vielen  aussichtslosen  und  unausgeführt  gebliebenen  Projekten  hat  man 
jetzt  eine  erhebliche  Erweiterung  und  Regulieining  des  Flussbettes  ausge- 
führt. —  7  km  oberhalb  Roms  nimmt  der  Tiber  den  Anio  (jetzt  Teve- 
rone)  auf,  der  aus  dem  Appennin  von  der  Oegend  des  Fucinersees  her- 
kommend bei  Tibur  am  Rande  des  Gebirges  in  fast  200  m  hohen,  pracht- 
vollen Wasserfällen  sich  in  die  Ebene  ergiesst  und  dann  in  scharf  ein- 
geschnittenem Bette  von  geringer  Breite  dem  Tiber  zueilt;  die  Thätig- 
keit  dieses  Flusses  ist  für  die  Baugeschichte  Roms  von  grosser  Bedeutung 
gewesen;  die  sedimentären  Ablagerungen  seiner  Gewässer  bilden  am  Fusse 
des  Hügels,  auf  dem  Tibur  (Tivoli)  liegt,  die  unerschöpflichen  Lager 
jenes  berühmten  Kalksteines,  des  lapis  Tiburtinus  (Travertin),  der  im 
2.  Jahrhundert  v.  Chr.  in  Rom  anfing  bekannt  zu  werden.  Er  wurde  zu- 
nächst zur  Herstellung  von  Denkmälern,  Altären  und  einzelnen  architek- 
tonischen Gliedern  verwendet,  schon  im  letzten  Jahrhundert  der  Republik 
aber  wurde  er  wegen  seiner  Festigkeit  und  seiner  schönen  Farbe  das  be- 
liebteste Baumaterial  und  ist  es  bis  auf  den  heutigen  Tag  geblieben. 

Die  Bedeutung  des  Tiber  für  Rom  ist  nicht  zu  allen  Zeiten  dieselbe 
gewesen.  Sie  steht  im  engsten  Zusammenhange  mit  der  Entwickelung  der 
Stadt.  In  demselben  Masse,  wie  die  Stadt  sich  entwickelt,  nimmt  die  Be- 
deutung des  Tiber  für  sie  ab.  Die  Gründung  Roms  am  Ufer  des 
grössten  Stromes  von  Mittelitalien  und  die  Aufnahme  desselben  in  die 
Befestigungslinie  war  bei  der  durchgehenden  Tendenz  der  ältesten  Stadt- 
gründungen, ihre  Festigkeit  durch  möglichste  Unnahbarkeit  zu  erhöhen, 
sicher  eine  politische  That  von  hervorragender  Bedeutung.  0  Dieser  Lage 
am  Fluss  ist  es  wohl  in  erster  Linie  zuzuschreiben,  dass  die  Stadt  schon 
früh  alle  Nachbarstädte  an  Grösse  und  bald  auch  an  Machtfülle  übertraf; 
bis  in  das  2.  Jahrhundert  v,  Chr.  war  der  Tiber  recht  eigentlich  der 
Lebensnerv  für  Rom.  Er  führte  der  Stadt  aus  dem  Innern  des  Landes 
Bauholz,  Steine  und  Lebensmittel  zu,  der  kurze  Unterlauf  aber  bis  zum 
Meere  wurde  von  Kriegs-  und  Kauffahrteischiffen  befahren.  Auch  der 
Personenverkehr  kann  damals  nicht  unbedeutend  gewesen  sein  und  hat 
sich  wohl  am  längsten  gehalten,  da  seit  dem  1.  Jahrhundert  v.  Chr.  die 
Ufer  oberhalb  und  unterhalb  der  Stadt  sich  dichter  und  immer  dichter 
mit  ViDen  besetzten.^)  Schon  zur  Zeit  des  Augustus  aber  hören  wir, 
müssen  grössere  Fahrzeuge  ihre  Ladung  auf  der  Rhode  von  Ostia  löschen 
und  auf  Flussfahrzeuge  umladen.  Dem  Welthandel  nun  gar,  wie  er  sich 
seitdem  gestaltete,  war  der  Tiber,  zumal  bei  der  Unmöglichkeit,  die  an 
seiner  Mündung  geschaffenen  Hafenanlagen  vor  Versandung  zu  schützen, 
nicht  gewachsen,  und  so  wurden  die  campanischen  Häfen,  namentlich 
Puteoli  mit  der  von  dort  nach  Rom  führenden  Landstrasse  die  Träger 
des  Weltverkehrs.  Heutzutage,  wo  die  Mündung  des  Flusses  so  ver- 
sandet ist,  dass  grössere  Seeschiffe  sich  ihr  nur  auf  1200  m  nähern  können, 


Flusses  in  das  Innere  der  Stadt  vordringen 
kann,  nftmlich  bis  an  den  Fass  des  Palatin. 
')  Vgl.  G.  HiBSCBFBLD,  Zur  Typologie 
griechischer  Ansiedinngen  im  Altertum  (Fest- 
gabe an  Ernst  OurüuB  1884)  und  0.  Richter, 


Stadtanlage  in  Baumeisters  Denkmälern  des 
klassischen  Altertums  ITI  p.  1695  ff. 

»)  Horaz,  carm.  II  3,  18.    Ovid  fast.  VF 
777  f. 


28  Topographie  von  Rom. 

ist  der  Verkehr  auf  dem  Flusse  nicht  der  Rede  wert  und  beschränkt  sich 
auf  die  Fahrten  zwischen  Rom  und  dem  kleinen  Hafenort  Fiumicino  gegen- 
über dem  versandeten  Ostia.  Der  eigentliche  Hafen  des  modernen  Roms 
ist  Civitavecchia,  60  km  nördlich  von  der  Mündung  des  Tiber  gelegen, 
für  Puteoli  ist  Neapel  eingetreten. 

Der  Wasserreichtum  der  römischen  Campagna  ist  sehr  bedeutend 
und  steht  in  keinem  Verhältnisse  zu  dem  Jahresmittel  der  Regenmenge, 
das  nur  wenige  Dezimeter  beträgt.  Aller  Orten  sprudeln  lebendige  Quellen 
das  ganze  Jahr  über  in  gleicher  Stärke,  während  oft  monatelang  im  Sommer 
kein  Tropfen  Regen  &llt.  Auch  diese  Erscheinung  hängt  mit  der  vul- 
kanischen Natur  des  Bodens  zusammen.  Die  römische  Campagna  wird  im 
Norden  und  Süden  von  alten  Kratern  beherrscht,  die  jetzt  zum  Teil  Seen 
sind:  der  See  von  Bracciano  {lacus  Sabatinus)^  von  Martignano  {locus  Äl- 
sietinus),  von  Stracciacappa  {Uicus  Papirianus)  im  Norden,  der  Albanersee 
(lacus  Albanus)  und  der  von  Nemi  {lacus  Nemorensis)  im  Süden.  Das 
Wasser  dieser  Seen  dringt  in  die  durchlässigen  Wände  und  in  den  Boden 
der  alten  Krater  ein  und  gelangt  auf  diese  Weise  in  den  unter  der  römi- 
schen Campagna  gelegenen  Grund,  dort  ausgedehnte  unterirdische  Wasser- 
reservoirs bildend.  Dieser  Prozess  vollzieht  sich  unter  dem  starken,  auf 
mehrere  Atmosphären  zu  schätzenden  Druck  der  zum  Teil  sehr  tiefen  Seen, 
es  ist  also  kein  Abfliessen,  sondern  in  Wahrheit  ein  Einpressen  des  Wassers 
in  den  römischen  Untergrund.  Der  Druck  ist  so  gross,  dass  die  Hügel 
der  Campagna,  wofern  sie  nicht  aus  ganz  undurchlässigem  Material  be- 
stehen, sämtlich  davon  durchsetzt  sind,  und  wenn  auch  ein  Teil  dieser 
Wassermassen  in  den  Tiber  und  seine  Nebenarme  abfliesst,  so  bleibt  doch, 
aufgehalten  durch  undurchdringliche  Schichten,  genug  Wasser  zurück,  das 
keinen  anderen  Ausweg  hat,  als  die  Verdunstung  durch  die  dünne  pfianzen- 
tragende  Bodenschicht,  welche  die  römischen  Hügel  bedeckt.  Dieser  Zu- 
stand der  römischen  Campagna  ist  als  die  Hauptursache  der  in  ihr  herr- 
schenden Malaria  zu  betrachten.  Die  Alten  kannten  denselben  und  haben 
ihm  durch  ein  Drainagesystem  abgeholfen,  dessen  Spuren  in  der  ganzen 
Ausdehnung  des  römischen  Gebietes  zu  Tage  kommen.  Es  sind  Gänge 
(cuniculi)  von  durchschnittlich  1,50  m  Höhe  und  0,50  m  Breite,  jetzt  von 
den  Sedimenten  des  abgeleiteten  Wassers  verstopft,  sie  fangen  aber,  wenn 
sie  gereinigt  sind,  häufig  von  selbst  an  zu  fungieren.  Sie  durchkreuzen 
die  Hügel  nach  allen  Seiten,  öfter  findet  man  mehrere  Kanalnetze  über- 
einander, so  z.  B.  im  Aventin,  wo  sie  unter  Sta.  Sabina  in  vier  Etagen 
liegen  (Not.  d.  scavi  1893  p.  119),  im  Kapitel,  Quirinal  etc.  Es  ist  ersicht- 
lich, dass  erst  diese  Drainage,  wenn  sie  auch  die  Malaria  nicht  absolut 
zu  bannen  im  stände  war,  es  ermöglichte,  dass  die  jetzt  so  öde  Campagna 
das  ganze  Altertum  hindurch  dicht  bevölkert  und  angebaut  war.  Dass 
von  derselben  bei  den  Schriftstellern  des  Altertums  nie  die  Rede  ist, 
zeigt,  dass  sie  als  etwas  ganz  Bekanntes,  Gewöhnliches  galt.  Sicher 
reicht  sie  in  die  Zeiten  vor  der  römischen  Herrschaft  zurück.  Die  Fossa 
Cluilia  (Liv.  H  39),  die  nach  den  dürftigen  Nachrichten  ein  künstlicher 
Wasserlauf  war,  welcher  die  Campagna  von  Nordost  nach  Südwest  durch- 
schnitt, scheint  ein  mit  dieser  Drainage  in  Verbindung  stehender  Sammel- 


8.  Lage  und  Formaüon.    (§  U.)  29 

graben  gewesen  zu  sein,  wenn  anders  man  den  Namen  Cluilia  richtig  mit 
duere  —  cloaca  zusammenstellt. 

Litteratur:  Brocchi,  Dello  stato  fisico  del  suolo  di  Roma,  1820.  —  Ponzi,  Sullo  stato 
fiflico  del  suolo  di  Roma  im  Giomale  Arcadico  N.  S.  9  p.  28  ff. ;  Storia  naturale  del  Lazio 
N.  S.  12  p.  104  ff.  —  Vom  Rath  in  der  Zeitschrift  der  deutschen  geologischen  Gesellschaft 
1866  p.  487  ff.  —  M.  Stefano  de  Rossi,  Primo  rapporto  sugli  studi  e  scoperte  paleetnologiche 
di  Roma  Ann.  d.  Inst.  1867,  p.  5  ff.  Secondo  rapporto:  Giomale  Arcadico  N.  S.  58  p.  96  ff. 
Nnove  scoperte  nella  necropoL  arcaica  albana,  Ann.  d.  Inst.  1871  p.  239  ff.  —  Giordano,  Con- 
dizioni  topografiche  e  fisiche  di  Roma  e  Campagna  Romana  in  der  Monografia  della  cittä 
di  Roma  e  della  Campagna  Romjina  presentata  all'  esposizione  universale  di  Parigi  1878.  — 
Mantovani,  Descnzione  geologica  deUa  Campagna  Uomana  1884.  —  Westphal,  Die  rö- 
mische Kampagne,  1829.  —  Abrkbn,  Mittelitalien  vor  den  Zeiten  röm.  Herrschaft,  1843.  — 
H.  Nissen,  Italische  Landeskunde  I.  1883.  —  Pbbller,  Rom  und  der  Tiber,  in  den  Abh. 
der  Bachs.  Ges.  d.  Wiss.  1848  p.  181  ff.,  1849,  p.  134  ff.  —  Ponzi,  Storia  geologica  del  Tevere, 
Giomide  Arcadico  N.  8.  18  p.  129  ff.  —  Aubbrt,  Roma  e  Tinondazione  del  Tevere,  ebenda- 
selbst N.  S.  66  p.  142  ff.  (vgl.  M.  St.  de  Rossi  in  den  Nuovi  Lincei,  13.  Aug.  1871).  —  Cane- 
vABi,  Cenni  nulle  condizioni  altimetriche  ed  idrauliche  del  agro  Romano  in  den  Annali  del 
ministero  di  agricultura  1874.  —  Balestba,  L'igiene  nella  campagna  e  cittä  di  Roma  1875.  ~ 
Baccelli,  La  malaria  di  Roma  in  der  Monografia  della  cittä  di  Roma  1875.  —  P.  di  Tucct, 
Deir  antico  e  presente  stato  della  campagna  di  Roma  in  rapporto  alla  salubritä  deir  aria 
e  alla  fertilitä  del  suolo  1878.  —  Tommabi-Cbudeli,  Die  Malaria  von  Rom  und  die  alte  Drai- 
nage der  römischen  Hügel,  1882.  Derselbe:  La  production  naturelle  de  la  malaria,  Kopen- 
hagen 1884  und:  Alcune  rifiessioni  sul  clima  deir  antica  Roma,  Mitt.  d.  Inst.  1887,  S.  76 
bis  89.  —  Lanoiani,  Di  alcune  opere  di  risanamento  delP  agro  Romano,  eseguite  dagli  antichi; 
Aec.  dei  Lincei,  Giugno  1879.  Derselbe:  Sanitary  conditions  of  ancient  Rome  in  seinem 
Buche:  Ancient  Rome  in  the  light  of  recent  discoveries  1888.  —  W.  Nobth,  Roman  Fever, 
London  1896. 

14.  Borns  Bodengestaltung.  Die  sieben  Hügel  am  linken  Tiber- 
ufer, auf  denen  Rom  sich  ausbreitete,  bilden  eine  sehr  glückliche  Ver- 
einigung der  typischen  Formationen  der  Campagna.  Den  natürlichen 
Mittelpunkt  bildet  der  ungefähr  300  m  vom  Tiber  entfernte,  in  scharf  ge- 
zeichneten, ein  unregelmässiges  Viereck  bildenden  Formen  sich  erhebende 
Mens  Palatinus,  der  nur  nach  Norden  zu  in  der  niedrigeren  Velia 
eine  Art  Ausläufer  hat,  nach  den  übrigen  Seiten  aber  steil  abfällt.  Ihn 
umgeben  im  Süden  der  viel  grössere,  hart  an  den  Tiber  herantretende, 
ebenfalls  isolierte  Aventinus,  nach  Nordwest  der  ursprünglich  den  süd- 
lichsten Ausläufer  des  Quirinal  bildende,  dann  aber  durch  einen  tiefen 
Einschnitt  von  ihm  getrennte  Capitolinus;  im  Norden  und  Nordosten 
die  vier  an  ihrer  Wurzel  im  Osten  sich  vereinigenden  und  flach  in  ein 
breiteres  Plateau  übergehenden  Bergvorsprünge  des  Quirinalis,  Vimi- 
nalis,  Gispius  und  Oppius,  letztere  beide  zusammen  mit  dem  dahinter 
liegenden  Plateau  auch  Esquilinus  genannt;  endlich  im  Südosten  der 
Caelius,  von  den  eben  genannten  durch  ein  tiefes  Thal  getrennt,  weiter 
ostwärts  aber  ebenfalls  mit  dem  daselbst  sich  ausbreitenden  Plateau  zu- 
sammenhängend. Nördlich  vom  Quirinalis  liegt  der  erst  durch  die  letzte 
Phase  der  Stadtentwickelung  mit  der  Stadt  vereinigte  Gollis  hortorum 
(der  Pincio). 

Die  Hügel  sind  von  Natur  niedrig  und  erscheinen  jetzt  dem  Auge 
noch  niedriger  dadurch,  dass  Schuttablagerungen  die  ehemals  steilen  Ab- 
hänge in  sanfte  Abdachungen  verwandelt  und  die  Thäler  erhöht  haben. 
Der  höchste  Punkt  des  Palatin  liegt  43  m  über  dem  Tiberspiegel, ')  der 
des  Aventin  (bei  Sta.  Sabina)  39  m,  die  beiden  Kuppen  des  Kapitel  43  m, 

*)  Der  Tiberapiegel  liegt  an  der  Ripetta  6,7  m  ttber  dem  Meere. 


30  Topographie  Ton  ftom. 

die  Einsattlung  dazwischen  30  m,  der  Quirinal  und  Yiminal  48  m,  der 
Cispius  (bei  Sta.  Maria  Maggiore)  46  m,  der  Oppius  (hinter  den  Titus- 
thermen)  49  m,  der  Caelius  (Villa  Mattei)  43  m,  endlich  das  Plateau,  in 
welchem  Quirinal,  Viminal  und  Esquilin  sich  vereinigen,  im  Durchschnitt 
46  m.  Etwas  höher  (50  m)  ist  der  Pincio.  Von  der  jetzigen  Aufhöhung 
des  Bodens  in  den  Thälern  gibt  den  besten  Begriff  das  zwischen  Kapitol 
und  Palatin  gelegene  Forum.  Das  aufgedeckte  Pflaster  desselben  (5, 1  m 
über  dem  Tiber)  und  der  heutige  Boden  (14,3  m  über  dem  Tiber)  haben 
eine  Niveaudifferenz  von  beinahe  10  m.  An  anderen  Stellen,  wie  auf  dem 
Marsfeld  und  auf  den  Höhen  der  Hügel,  ist  die  Aufschüttung  bei  weitem 
geringer.  Lediglich  durch  Verschüttung  und  Anhäufung  von  Trümmern 
sind  entstanden  der  Monte  Giordaiio  und  der  Monte  Citorio  (Mitt.  d. 
Inst.  1889  S.  41  ff.)  im  Marsfeld,  ersterer  6,  letzterer  9  m  über  dem 
Durchschnittsniveau  desselben  sich  erhebend;  ebenso  der  ganz  aus  Scherben 
bestehende  35  m  hohe  Monte  Testaccio  südlich  vom  Aventin.  —  Die 
Terraingestaltung  am  rechten  Tiberufer  ist  einfach.  Hier  begrenzen  die 
langgestreckten,  fast  genau  die  Richtung  von  Nord  nach  Süd  einhaltende 
Montes  Vaticani,  gewöhnlich  Janiculum  genannt,  ^)  den  Horizont.  Sie 
erheben  sich  steil  aus  der  Tiberebene  und  sind  auch  von  dem  dahinter 
liegenden  Bergland  durch  eine  Einsenkung  geschieden.  Das  Janiculum 
überragt  die  Berge  am  linken  Ufer  um  ein  Bedeutendes.  Seine  höchste 
Erhebung  in  der  Nähe  der  Porta  S.  Pancrazio  beträgt  77  m  über  dem 
Tiberspiegel.  An  dieser  Stelle  springt  vor  die  gerade  Linie  des  Höhen- 
zuges ein  steil  abfallender  Fels  bastionsartig  hervor,  jetzt  von  der  Kirche 
S.  Pietro  in  Montorio  (mittelalterlich  in  monte  aureo)  eingenommen.  Diese 
die  Hügel  Roms  beherrschende  Höhe  konnte,  wie  wir  sehen  werden,  nicht 
ohne  Einfluss  auf  die  fortifikatorische  Gestaltung  der  Stadt  bleiben. 

3.  Entwicklungsgeschichte  der  Stadt 

15.  Die  palatinische  Stadt.  Die  Entwicklung  Roms  geht  vom 
Palatin  aus.  Dies  von  der  Überlieferung  einstimmig  festgehaltene 
Faktum  hält  auch  vor  der  topographischen  Forschung  stand.  Die  Lage 
des  Palatin  inmitten  eines  Kranzes  von  Hügeln  und  Bergvorsprüngen,  die 
nach  ihm  wie  nach  einem  Zentrum  zu  gravitieren,  ist  ausserordentlich 
günstig  und  einzig  zur  Stadtanlage  geeignet.  Denn  eine  kraftvolle  Be- 
hauptung dieser  Stellung  ermöglichte  und  forderte  zugleich  die  Be- 
herrschung der  umliegenden  Höhen  und  Hess  ein  eigenmächtiges  Ein- 
dringen fremder  Ansiedler  nicht  zu.  Wenn  die  Sage  daher  von  einer 
plötzlichen  Besetzung  des  Quirinals  durch  Sabiner  erzählt  und  von  Kämpfen, 
die   damit   endigen,   dass  die  Eindringlinge   gezwungen  werden,  sich  der 


)  Elteb,  Vaticanum,  Rhein.  Mub.  1891    !   feld     gegenüberliegende     Höhenzug,     und 


S.  112— 138.  Das  schwierige  Verhältnis 
zwischen  den  beiden  Namen  montes  Vati- 
cani und  Janiculum  namentlich  in  Bezug  auf 
die  beiden  Stellen  Horaz,  carm.  I,  20,  8  Va- 
ticani montis  imago,  womit  der  dem  Mars- 


Martials  longum  Janiculi  iugum,  womit  die 
Fortsetzung  des  Höhenzugs  nördlich  von 
Rom  gemeint  ist,  ist  hier  gut  auseinander- 
gesetzt. Das  Nähere  siehe  bei  TVans  Ti- 
berim. 


8.  EntwioklmigsgMohiohte  der  8tadt.    (fi  15.) 


31 


auf  dem  Palatin  angesiedelten  Gemeinde  unterzuordnen,  ^)  so  schildert  sie 
einen  Vorgang,  der  vollen  Glauben  verdient. 

Die  besondere  Stellung  des  Palatins  wird  denn  auch  durch  den  Namen 
schon  angedeutet.  Die  älteste  Form  desselben  ist  im  Gegensatz  zu  der 
adjektivischen  Bezeichnung^)  der  anderen  Höhen  (collis  Quirinalis,  mons 
Gaelius,  Esquilinus  etc.)  das  substantivische  Palatium,  also  ein  Stadi- 
name. Die  Grundzüge  dieser  Stadt  können  wir  uns  dank  den  Ausgrabungen 
der  letzten  Jahrzehnte  in  einigen  wesentlichen  Punkten  rekonstruieren. 
Unter  dem  oberen  Rande  der  West-  und  Südseite  des  Hügels  sind  auf- 
liegend auf  dem  geglätteten  und  senkrecht  abgeschrofften  ^)  Felsen  die 
nicht  unbedeutenden  Reste  einer  Tuflfquadermauer  zum  Vorschein  ge- 
kommen (t  auf  dem  Palatinsplan),  die  nach  Material,  Fügung  der  Steine  und 
den  darauf  befindlichen  Steinmetzzeichen  mindestens  ebenso  alt  ist,  wie  die 
sogenannte  Servianische  Mauer.^)  Dass  diese  Mauer  den  von  allen  Seiten 
isolierten  Hügel  einst  rings  umgeben  hat,  ist  unzweifelhaft.  Spätestens  im 
1.,  vielleicht  schon  im  2.  Jahrhundert  v.  Chr.  war  sie  verfallen  und 
wurde  der  Demolierung  preisgegeben.  Steine,  die  sicher  zu  ihr  ge- 
hörten, finden  wir  auf  und  am  Palatin  in  den  Fundamenten  anderer  Ge- 
bäude verbaut  (Palatinsplan  bei  B);  die  stehengebliebenen  Reste  aber 
wurden  überbaut,  namentlich  findet  sich  an  der  Südwestseite  des  Berges, 
von  S.  Teodoro  bis  gegenüber  von  Sta.  Anastasia  im  Zuge  der  alten  Quader- 
mauer und  von  aussen  an  sie  angelehnt,  eine  Mauer  von  einem  altertüm- 
lichen, noch  ganz  unregelmässigen  und  der  Bindung  durch  horizontale 
Schichten  entbehrenden  Quasiretikulat  (l  auf  dem  Palatinsplan).  Sie 
diente  teils  zur  Befestigung  des  Hügelrandes,  teils  zur  Substruktion  für 
darüber  aufgeführte  Gebäude  und  stammt  aus  dem  1.  oder  2.  Jahrhundert 
V.  Chv.^) 


')  Die  Unterordnung  tritt  deutlich  in 
der  nach  König  Titus  Tatias  Tode  wieder- 
hergestellten Alleinherrschaft  des  Romulus 
hervor.  Wären  die  Sabiner  des  Quirinals 
die  Obsiegenden  und  Bestimmenden  gewesen, 
so  wOrde  die  Gründungssage  doch  wohl  mit 
diesen  und  nicht  mit  den  Palatinsleuten  an- 
heben. 

^)  Eine  scheinbare  Ausnahme  macht  von 
den  linkstiberinischen  Hügeln  das  Capito- 
lium.  Aber  gerade  diese  Bezeichnung  ist 
spät;  sie  kann  erst  zu  der  Zeit  aufgekom- 
men sein,  als  der  Berg  wirklich  das  gewor- 
den war,  was  sein  Name  bedeutet,  der 
Hauptberg.  Auf  dem  rechten  Tiberufer 
begegnen  wir  dem  Janiculum,  was  eben- 
falls eine  Stadtbezeichnnng  ist.  Aber  hier 
hat  nie  eine  Stadt  gelegen,  sondern  die  Be- 
zeichnung ist  Ausdruck  einer  mythologischen 
Vorstellung.  Janus  ist  Sonnengott,  und  da 
für  Rom  die  Sonne  Jahr  aus  Jahr  ein  hinter 
dem  Janiculum  untergeht,  hier  also  der 
Sonnengott  alle  Abend  sein  Tagewerk  be- 
schliesst,  so  entwickelte  sich  hieraus  die 
Vorstellang  einer  Janusstadt,  in  die  der  Gott 


zur  Nachtzeit  zurückkehrt  gleich  den  Hirten, 
die  sich  abends  hinter  den  Mauern  ihrer 
festen  Stadt  bergen.  Vgl.  0.  Richtbh,  Die 
Befestigung  des  Janiculum  p.  3 — 5. 

^)  Die  Abschroffung  ist  noch  heute 
an  der  Westseite  an  mehreren  Stellen  er- 
kennbar. 

*)  Demnach  ist  ja  freilich  kaum  anzu- 
nehmen, dass  wir  es  hier  mit  Resten  einer 
Urbefestigung  zu  thun  haben,  aber  jede  andere 
frühere  Befestigung  muss  den  gleichen  Ver- 
lauf gehabt  haben,  das  liegt  in  der  Natur 
des  Berges. 

^)  Ueber  die  Reste  dieser  Mauern  vgl. 
Lanciani,  Ann.  d.  Inst.  187 1  p.  41  flf.  und 
Guida  del  Palatino  p.  77  ff.  H.  Jordan, 
Topographie  I,  1  p.  172.  Wbndt,  Bull.  d.  Inst. 
1882,  p.  53  ff.  0.  Richter,  Ann.  d.  Inst.  1884 
p.  189  ff.  nebst  Mon.  XII  tav.  VlHa.  üeber 
die  Steinmetzzeichen  und  das  mutmassliche 
Alter:  0.  Ricutbr,  Ueber  antike  Steinmetz- 
zeichen p.  12  f.  und  39  f.  Die  jüngere  (Re- 
tikulat-)  Mauer  ist  zum  Teil  erst  bei  den 
Ausgrabungen  1885  zum  Vorschein  ge- 
kommen.   Vgl.  Not.  degli  Scavi  1886,  p.  51. 


30  Topographie  yon  ftom. 

die  Einsattlung  dazwischen  30  m,  der  Quirinal  und  Viminal  48  m,  der 
Cispius  (bei  Sta.  Maria  Maggiore)  46  m,  der  Oppius  (hinter  den  Titus- 
thermen)  49  m,  der  Caelius  (Villa  Mattei)  43  m,  endlich  das  Plateau,  in 
welchem  Quirinal,  Viminal  und  Esquilin  sich  vereinigen,  im  Durchschnitt 
46  m.  Etwas  höher  (50  m)  ist  der  Pincio.  Von  der  jetzigen  Aufhöhung 
des  Bodens  in  den  Thälern  gibt  den  besten  Begriff  das  zwischen  Eapitol 
und  Palatin  gelegene  Forum.  Das  aufgedeckte  Pflaster  desselben  (5, 1  m 
über  dem  Tiber)  und  der  heutige  Boden  (14,3  m  über  dem  Tiber)  haben 
eine  Niveaudiflferenz  von  beinahe  10  m.  An  anderen  Stellen,  wie  auf  dem 
Marsfeld  und  auf  den  Höhen  der  Hügel,  ist  die  Aufschüttung  bei  weitem 
geringer.  Lediglich  durch  Verschüttung  und  Anhäufung  von  Trümmern 
sind  entstanden  der  Monte  Giordano  und  der  Monte  Citorio  (Mitt.  d. 
Inst.  1889  S.  41  flf.)  im  Marsfeld,  ersterer  6,  letzterer  9  m  über  dem 
Durchschnittsniveau  desselben  sich  erhebend;  ebenso  der  ganz  aus  Scherben 
bestehende  35  m  hohe  Monte  Testaccio  südlich  vom  Aventin.  —  Die 
Terraingestaltung  am  rechten  Tiberufer  ist  einfach.  Hier  begrenzen  die 
langgestreckten,  fast  genau  die  Richtung  von  Nord  nach  Süd  einhaltende 
Montes  Vaticani,  gewöhnlich  Janiculum  genannt,*)  den  Horizont.  Sie 
erheben  sich  steil  aus  der  Tiberebene  und  sind  auch  von  dem  dahinter 
liegenden  Bergland  durch  eine  Einsenkung  geschieden.  Das  Janiculum 
überragt  die  Berge  am  linken  Ufer  um  ein  Bedeutendes.  Seine  höchste 
Erhebung  in  der  Nähe  der  Porta  S.  Pancrazio  beträgt  77  m  über  dem 
Tiberspiegel.  An  dieser  Stelle  springt  vor  die  gerade  Linie  des  Höhen- 
zuges ein  steil  abfallender  Fels  bastionsartig  hervor,  jetzt  von  der  Kirche 
S.  Pietro  in  Montorio  (mittelalterlich  in  monte  aureo)  eingenommen.  Diese 
die  Hügel  Roms  beherrschende  Höhe  konnte,  wie  wir  sehen  werden,  nicht 
ohne  Einfluss  auf  die  fortifikatorische  Gestaltung  der  Stadt  bleiben. 

3.  Entwicklungsgeschichte  der  Stadt 

15.  Die  palatinische  Stadt.  Die  Entwicklung  Roms  geht  vom 
Palatin  aus.  Dies  von  der  Überlieferung  einstimmig  festgehaltene 
Faktum  hält  auch  vor  der  topographischen  Forschung  stand.  Die  Lage 
des  Palatin  inmitten  eines  Kranzes  von  Hügeln  und  Bergvorsprüngen,  die 
nach  ihm  wie  nach  einem  Zentrum  zu  gravitieren,  ist  ausserordentlich 
günstig  und  einzig  zur  Stadtanlage  geeignet.  Denn  eine  kraftvolle  Be- 
hauptung dieser  Stellung  ermöglichte  und  forderte  zugleich  die  Be- 
herrschung der  umliegenden  Höhen  und  liess  ein  eigenmächtiges  Ein- 
dringen fremder  Ansiedler  nicht  zu.  Wenn  die  Sage  daher  von  einer 
plötzlichen  Besetzung  des  Quirinals  durch  Sabiner  erzählt  und  von  Kämpfen, 
die   damit   endigen,   dass   die  Eindringlinge   gezwungen  werden,  sich  der 


')  Elter,  Vaticannm,  Rhein.  Mus.  1891   1   feld     gegenüberliegende     Höhenzug,     und 
S.    112 — 138.      Das    schwierige    Verhältnis   |   Martinis  longum  Janiculi  iugunty   womit  die 


zwischen  den  beiden  Namen  montes  Vati- 
cani und  Janiculum  namentlich  in  Bezug  auf 
die  beiden  Stellen  Horaz,  carm.  I,  20,  8  Va- 
ticani moniis  imago,  womit  der  dem  Mars- 


Fortsetzung  des  Höhenzugs  nördlich  von 
Rom  gemeint  ist,  ist  hier  gut  auseinander- 
gesetzt. Das  Nähere  siehe  bei  Trans  Ti- 
berim. 


8.  EntwioklmigsgMohiohte  der  8tadt.    (fi  15.) 


31 


auf  dem  Palatin  angesiedelten  Gemeinde  unterzuordnen,  *)  so  schildert  sie 
einen  Vorgang,  der  vollen  Glauben  verdient. 

Die  besondere  Stellung  des  Palatins  wird  denn  auch  durch  den  Namen 
schon  angedeutet.  Die  älteste  Form  desselben  ist  im  Gegensatz  zu  der 
adjektivischen  Bezeichnung^)  der  anderen  Höhen  (collis  Quirinalis,  mons 
Caelius,  Esquilinus  etc.)  das  substantivische  Palatium,  also  ein  Stadt- 
name. Die  Grundzüge  dieser  Stadt  können  wir  uns  dank  den  Ausgrabungen 
der  letzten  Jahrzehnte  in  einigen  wesentlichen  Punkten  rekonstruieren. 
Unter  dem  oberen  Rande  der  West-  und  Südseite  des  Hügels  sind  auf- 
liegend auf  dem  geglätteten  und  senkrecht  abgeschrofften  ^)  Felsen  die 
nicht  unbedeutenden  Reste  einer  Tuffquadermauer  zum  Vorschein  ge- 
kommen (i  auf  dem  Palatinsplan),  die  nach  Material,  Fügung  der  Steine  und 
den  darauf  befindlichen  Steinmetzzeichen  mindestens  ebenso  alt  ist,  wie  die 
sogenannte  Servianische  Mauer.^)  Dass  diese  Mauer  den  von  allen  Seiten 
isolierten  Hügel  einst  rings  umgeben  hat,  ist  unzweifelhaft.  Spätestens  im 
1.,  vielleicht  schon  im  2.  Jahrhundert  v.  Chr.  war  sie  verfallen  und 
wurde  der  Demolierung  preisgegeben.  Steine,  die  sicher  zu  ihr  ge- 
hörten, finden  wir  auf  und  am  Palatin  in  den  Fundamenten  anderer  Ge- 
bäude verbaut  (Palatinsplan  bei  B);  die  stehengebliebenen  Reste  aber 
wurden  überbaut,  namentlich  findet  sich  an  der  Südwestseite  des  Berges, 
von  S.  Teodoro  bis  gegenüber  von  Sta.  Anastasia  im  Zuge  der  alten  Quader- 
mauer und  von  aussen  an  sie  angelehnt,  eine  Mauer  von  einem  altertüm- 
lichen, noch  ganz  unregelmässigen  und  der  Bindung  durch  horizontale 
Schichten  entbehrenden  Quasiretikulat  (l  auf  dem  Palatinsplan).  Sie 
diente  teils  zur  Befestigung  des  Hügelrandes,  teils  zur  Substruktion  für 
darüber  aufgeführte  Gebäude  und  stammt  aus  dem  1.  oder  2.  Jahrhundert 
V,  Chr.«^) 


')  Die  Unterordnung  tritt  deutlich  in 
der  nach  König  Titus  Tatins  Tode  wieder- 
hergestellten Alleinherrschaft  des  Romulus 
hervor.  Wären  die  Sabiner  des  Quirinals 
die  Obsiegenden  und  Bestimmenden  gewesen, 
so  würde  die  Gründungssage  doch  wohl  mit 
diesen  und  nicht  mit  den  Palatinsleuten  an- 
heben. 

*)  Eine  scheinbare  Ausnahme  macht  von 
den  linkstiberinischen  Hügeln  das  Capito- 
lium.  Aber  gerade  diese  Bezeichnung  ist 
spät;  sie  kann  erst  zu  der  Zeit  aufgekom- 
men sein,  als  der  Berg  wirklich  das  gewor- 
den war,  was  sein  Name  bedeutet,  der 
Hauptberg.  Auf  dem  rechten  Tiberufer 
begegnen  wir  dem  Janiculum,  was  eben- 
falls eine  Stadtbezeichnung  ist.  Aber  hier 
hat  nie  eine  Stadt  gelegen,  sondern  die  Be- 
zeichnung ist  Ausdruck  einer  mythologischen 
Vorstellung.  Janus  ist  Sonnengott,  und  da 
für  Rom  die  Sonne  Jahr  aus  Jahr  ein  hinter 
dem  Janiculum  untergeht,  hier  also  der 
Sonnengott  alle  Abend  sein  Tagewerk  be- 
schliesst,  so  entwickelte  sich  hieraus  die 
Vorstellung  einer  Janusstadt,  in  die  der  Gott 


zur  Nachtzeit  zurückkehrt  gleich  den  Hirten, 
die  sich  abends  hinter  den  Mauern  ihrer 
festen  Stadt  bergen.  Vgl.  0.  Richter,  Die 
Befestigung  des  Janiculum  p.  3 — 5. 

^)  Die  Abschroffung  ist  noch  heute 
an  der  Westseite  an  mehreren  Stellen  er- 
kennbar. 

*)  Demnach  ist  ja  freilich  kaum  anzu- 
nehmen, dass  wir  es  hier  mit  Resten  einer 
Urbefestigung  zu  thun  haben,  aber  jede  andere 
frühere  Befestigung  muss  den  gleichen  Ver- 
lauf gehabt  haben,  das  liegt  in  der  Natur 
des  Berges. 

^}  Ueber  die  Reste  dieser  Mauern  vgl. 
Lanctani,  Ann.  d.  Inst.  1871  p.  41  ff.  und 
Guida  del  Palatino  p.  77  ff.  H.  Jobdan, 
Topographie  I,  1  p.  172.  W^bndt,  Bull.  d.  Inst. 
1882,  p.  53  ff.  0.  RiCHTKB,  Ann.  d.  Inst.  1884 
p.  189  ff.  nebst  Mon.  XII  tav.  VÜIa.  Ueber 
die  Steinmetzzeichen  und  das  mutmassliche 
Alter:  0.  Ricutbr,  Ueber  antike  Steinmetz- 
zeichen p.  12  f.  und  39  f.  Die  jüngere  (Re- 
tikulat-)  Mauer  ist  zum  Teil  erst  bei  den 
Ausgrabungen  1885  zum  Vorschein  ge- 
kommen.   Vgl.  Not.  degli  Scavi  1886,  p.  51. 


32  Topographie  von  Rom. 

Es  hat  sich  ferner  in  der  Überlieferung  eine  zuverlässige  Nachrieht 
über  den  Lauf  des  palatinischen  Pomeriums  erhalten,  d.  h.  jener  ürfurche, 
welche  bei  Gründung  der .  Stadt  um  den  Fuss  des  palatinischen  Berges 
gezogen  wurde  und  bestimmt  war,  das  Gebiet  der  „urbs"  von  dem  des 
„ager"  zu  trennen.  Das  Ziehen  dieser  Linie  war  nach  etruskischem  Ritus 
der  erste  Akt  jeder  Stadtgründung.  Varro  beschreibt  denselben  (LL.  V 
143):  oppida  condebant  in  Latio  Etrusco  ritu  ut  muüa,  id  est  iunctis  bobus 
tauro  et  vacca  interiore  aratro  circumagebant  sulcum.  Hoc  faciebant  religionis 
causa  die  anspicato,  ut  fossa  et  muro  essent  muniti,  Terram  unde  exsculp- 
serant  fossam  vocabant  et  introrsus  iactam  mumm:  postea,  qui  fiebat 
orbis,  urbis  principium,  qui  quod  erat  post  murum  postmerium  dictum,  eius- 
que  ^)  auspicia  urbana  finiuntur.  Die  gewöhnliche  Annahme,  dass  an  Stelle 
dieser  Furche  die  Mauer  und  der  Graben  getreten  seien,  ist  irrig  und  hat 
zu  verkehrter  Auffassung  des  Begriffes  „pomerium"  geführt.*)  Die  Stelle  lehrt 
vielmehr,  dass  in  der  sakralen  Sprache  die  Furche  fossa,  die  ausgeworfene 
Erde  murus  genannt  wurde,  damit  die  Siedler  vom  ersten  Tage  an,  wenn 
auch  zunächst  nur  symbolisch  „fossa  et  muro  essent  muniti^.  Die  Ver- 
letzung der  Heiligkeit  dieses  symbolischen  Mauerringes  und  ihre  Be- 
strafung lehrt  die  Legende  von  Remus.  Nachher,  d.  h.  nachdem  innerhalb 
des  solchergestalt  ausgeschiedenen  Gebietes  die  Stadt  mit  ihren  Mauern 
sich  erhoben  hatte,  wurde  diese  Linie  (urbis  principium)  durch  Cippen 
{lapides  certis  spatiis  interiecti)  kenntlich  gemacht;  sie  bildete  die  Grenze 
der  städtischen  Auspicien  und  war  die  unüberschreitbare  Schranke  für  das 
nur  ausserhalb  des  von  ihr  umschlossenen  Raumes  wirksame  militärische 
Imperium.  Als  Templum  inauguriert  musste  das  aus  dem  ager  ausge- 
schiedene und  umschriebene  Gebiet  ursprünglich  eine  quadratische  Form 
haben,  während  zumal  bei  bergigem  Terrain,  wie  es  in  der  ältesten  Zeit 
ausschliesslich  zur  Stadtanlage  gewählt  wurde,  der  Mauerring  den  Formen 
des  Terrains  folgte;  daher  denn  ursprünglich  die  beiden  Linien  wohl  an- 
einander gebunden  waren,  ohne  doch  in  allen  Punkten  parallel  zu  sein. 
Der  Landstreifen  zwischen  der  Pomeriumslinie  und  der  Mauer,  sowie  ein 
Streifen  Landes  innerhalb  der  Mauer  wurden  aus  fortifikatorischen  und 
Verteidigungsgründen  vom  Anbau  frei  gehalten,  wie  Livius  I,  44  bezeugt: 
locus,  quem  id  condendis  urbibus  quondam  Etrusci,  qua  murum  ducturi  erant, 
certis  circa  terminis  iuaugurato  consecrabant,  ut  neque  interiore  parte  aedi- 
ficia  moenibus  continuarentur  .  .  .  et  extrinsecus  puri  aliquid  ab  humano 
cultu  pateret  soli,'^) 

Die  Linie  des  palatinischen  Pomeriums  beschreibt  Tacitus  (Ann.  XII, 
24):  sed  ,  .  ,  quod  pomerium  Romulus  posuerit,  noscere  haud  absurdum 
reor,  Igitur  a  foro  boario,  ubi  aereum  tauri  simtdacrum  aspicimus,  quia  id 
genus  animalium  aratro  subditur,  sulcus  designandi  oppidi  coeptus,  ut  magnam 
Iferculis  aram  amplecteretur.  Inde  certis  spatiis  interiecti  lapides  per  ima 
montis    Palatini    ad  aram   Consi,    mox   curias  veter  es,   tum   ad  saceUum 

0  Jobdan  schlägt  Top.  I,  1  p.  167  Amn.  I  Jobdan,  Top.  V  S.  163  ff. 

25  vor,  statt  des  überlieferten  eiusque:  eoque  \  *)  Die  oben  vorgetragene  Erklänmg  der 

zu  lesen.  1  Varrosteile   habe  ich  zuerst  im  Hermes  XX 

«)  Vgl.  MoMMSBN,  Rom.  Forsch.  II  S.  23  ff.  |  1885  S.  428  f.  gegeben. 


8.  EntwicklungBgesohJohte  der  Stadt.    (§  15.) 


33 


Larum;  forumque  Romanum  et  Capitolium  non  a  Romulo,  sed  a  Tito  Tatio 
additum  urbi  credidere.  Von  den  hier  genannten  vier  Eckpunkten  des 
Berges  sind  drei  auch  anderweit  bezeugt;  es  entsprechen  die  Magna 
Herculis  ara  (Ära  maxima)  der  Südwest-,  die  Ära  Consi  der  Südost-, 
die  Curiae  veteres  der  Nordostecke  des  Berges.  Das  Sacellum  Larum, 
worunter  wahrscheinlich  das  Sacellum  Larum  Praestüum  gemeint  ist,  lag 
demnach  an  der  Nordwestecke,  vermutlich  an  der  auf  dem  alten  Pome- 
riumsstreifen  angelegten  Nova  via.^)  Von  da  ging  die  Linie  per  ima 
montis  Palatini  zum  Ausgangspunkt  zurück.  Auf  dem  nebenstehenden 
Plane  2  (das  Templum  der  palatinischen  Stadt)  ist  der  Palatin  mit  dem 
ihn  umgebenden  Pomerium  veranschaulicht.  Es  hatte,  der  Form  des 
Berges  entsprechend,  eine  trapezförmige  Gestalt. ') 

Das  Andenken  dieses  ältesten  Pomeriums  zu  Füssen  des  Palatins 
wurde  durch  die  jährlich  am  15.  Febi-uar  sich  wiederholende  Feier  des 
Luperealienfestes,  das  in  einem  Umlauf  um  die  alte  palatinische  Stadt  be- 
stand, wachgehalten;  Varro  LL.  VI  34:  lupercis  nudis  lustratur  antiquum 
oppidum  Palatinum  gregibus  humanis^)  cinctum.  Dieser  Umlauf  war 
auch  in  den  spätesten  Zeiten  trotz  aller  baulichen  Veränderungen  noch 
möglich;  im  Osten  begrenzte  den  Palatin  die  in  dem  Thale  zwischen  diesem 
und  dem  Caelius  nach  der  Porta  Capena  führende  Strasse,  im  Süden  das 
Circusthal.  An  den  beiden  Seiten,  wo  das  palatinische  Pomerium  bei  der 
Weiterentwicklung  der  Stadt  zuerst  aufgegeben  wurde,  im  Norden  und 
im  Westen,  hatte  man  auf  dem  Pomeriumsstreifen  eine  den  Palatin  von 
zwei  Seiten  umlaufende  Strasse  angelegt,  die  Nova  via,  nächst  der  Sacra 
via  die  älteste  Strasse  Roms  und  darum  so  im  Gegensatz  zu  ihr  genannt 
(vgl.  Varro  LL.  VI  59).  Die  Ausgrabungen  an  der  Nordseite  des  Palatins 
haben  einen  Teil  dieser  Strasse  zwischen  dem  Titusbogen  und  der  Kirche 


^)  Ueber  die  Ara  maxima  vergl.  de 
RoBsi,  Ann.  dell'  Ist.  1854  p.  28  ff.,  Atti 
dell  Acc.  pontif.  YI  242;  über  die  A  ra  Consi 
Bbckbb,  Top.  p.  408,  Jobdan,  Eph.  epigr.  III 
p.  63,  CIL.  1'  p.  826;  die  Curiae  veteres 
sind  auch  durch  den  auf  der  kapit.  Basis 
enthaltenen  vicus  curiarum  (Reg.  X)  bezeugt, 
üeber  das  Sacellum  Larum  habe  ich  in 
meiner  Schrift:  ,Die  älteste  Wohnstätte  des 
römischen  Volkes,  Berlin  1891'  gehandelt. 
Die  gegen  die  Identifizierung  des  Taciteischen 
Sacellum  Larum  mit  der  Ara  Larum  prae- 
stüum von  WissowA  (Analecta  romana  topo- 
graphica  p.  19)  geltend  gemachten  Gründe 
sind  nicht  fiberzeugend.  Wenn  der  Altar  zu 
Ovids  Zeit  (Fast.  V  129  ff.)  wie  so  viele  andere 
,templa  deum'  (vgl.  R.  g.  divi  Augusti  und 
Tac.  ann.  11  49)  verfallen  war,  so  kann  er 
nichtsdestoweniger  zu  Tacitus'  Zeit  längst 
wiederhergestellt  sein.  Die  Forderung  aber, 
dass  Tacitus,  wenn  er  diesen  Altar  und  nicht 
die  auf  der  Summa  sacra  via  gelegene  Aede8 
Larum  meinte,  sie  deutlich  hätte  unter- 
scheiden müssen,  ist  gegenüber  einem  für 
Römer  schreibenden  Römer  nicht  berechtigt. 
Handbueh  der  klan.  AltertiimswisseDschaft.    ni,  3, 


Dass  Tacitus  eine  aedea  nicht  als  sacellum 
bezeichnen  kann,  und  dass  bei  der  Beschrei- 
bung dieser  Pomeriumslinie  nur  die  vier  Eck- 
punkte in  Betracht  kommen  können,  liegt 
doch  wohl  auf  der  Hand.  Hülsen,  der  meiner 
Erörterung  zustimmt  (Mitt.  d.  Inst.  1892 
p.  293),  veizeichnet  auf  Plan  HI  seiner 
Formae  urbis  (Pars  media  urbis  etc.)  die 
Ara  richtig  an  dem  Punkte,  wo  die  Nova  via 
die  Nordwestecke  des  Berges  trifft. 

0  Der  in  meiner  Schrift:  Die  älteste 
Wohnstätte  des  römischen  Volkes,  Berlin 
189 1'*  gemachte  Versuch,  das  Pomerium  der 
palaÜDischen  Stadt  als  Templum  quadratisch 
zu  gestalten,  hat  sich  als  undurchführbar 
herausgestellt. 

**)  Die  Lesart  gregibus  humanis  ist  von 
MoMMSEN  CIL.  I  p.  364  in  a  regibus  moenibus 
geändert  worden.  Vgl.  Hermes  X,  p.  49  und 
Jordan,  Top.  I,  1  p.  162,  Anm.  19.  Der 
Widerspruch  Jordans  gegen  Mommsens  Kon- 
jektur ist  durchaus  zu  billigen.  So  wenig 
klar  der  Sinn  der  Stelle  ist,  so  hat  er  doch 
richtig  erkannt,  dass  imter  den  greges  hu- 
mani  die  Luperci  zu  verstehen  sind. 
B.    2.  Aufl.  3 


34 


B.  Topographie  von  Rom. 


S.  Maria  Liberatrice  aufgedeckt  (vgl.  den  Palatinsplan).  Sie  läuft  längs 
des  Nordabhanges  des  Palatins  parallel  dem  Rande  desselben,  biegt  um 
die  Nordwestecke  des  Hügels  und  endigt,  sich  allmählich  senkend,  im 
Velabrum  an  der  Südwestecke  des  Hügels. 

Von  den  Thoren  des  Palatiums  (nach  Plin.  N.  H.  HI  66  urbem  tres 
portas  habentem  Romulus  reliquitj  ut  pluHmas  tradentibus  credamus  waren  es 
drei)  ist  das  Hauptthor,  bei  Varro  LL.  V  164  porta  Mugonia,  sonst  auch 
vetus  porta  Palati  genannt,  an  der  Nordseite,  wo  der  Hügelrücken 
der  Velia  den  natürlichen  Aufgang  zu  dem  durch  eine  hier  von  Süden 
nach  Norden  gehende  Einsenkung  in  zwei  Kuppen  gegliederten  Palatin 
bildet,  gut  genug  bezeugt,  und  seine  Lage  im  allgemeinen  auch  durch  den 
in  seiner  ursprünglichen  Richtung  noch  erhaltenen  Fahrweg,  der  auf  den 
Palatin  führte  (das  auf  demselben  befindliche  Pflaster  ist  ganz  spät),  be- 
stimmt. Aber  nachzuweisen  ist  es  nicht  mehrJ)  Durch  dieses  Thor  führte 
die  einzige  fahrbare  Strasse  auf  den  Palatin.  Das  zweite  Thor  befand  sich 
an  der  Südseite  des  Hügels.  Dort  ist  der  zu  ihm  vom  Circusthal  empor- 
führende, in  den  natürlichen  Felsen  gehauene  Stufenweg  unter  späterem 
Pflaster  wieder  zum  Vorschein  gekommen  (-4*  des  Palatinsplanes).  Die 
diesen  Weg  flankierende  Mauer  sowie  Mauerreste  auf  der  Höhe  des 
Berges,  aus  regelmässigen  Tuffquadem  von  teils  0,55,  teils  0,59  m  Höhe 
erbaut,  auf  denen  sich  Steinmetzzeichen  befinden,  die  im  Charakter  denen 
der  Servianischen  Mauer  gleichen,  geben  trotz  aller  Umgestaltung  und 
Zertrümmerung  ein  hinlänglich  klares  Bild  des  befestigten  Aufganges.  Der 
Name  des  Thores  ist  nicht  überliefert.  Die  Stufen  sind  die  öfter  er- 
wähnten Scalae  Caci.»)  Ein  drittes  Thor  nennt  Varro  LL.  V  16i: 
Romanulam  ab  Roma  dictam,  quae  habet  gradus  in  nova  via  und  Festus 
p.  262:  Porta  Romana  instituta  est  a  Romulo  infimo  clivo  Victoriae, 
qui  locus  gradibus  in  quadram  formatus  est.  Es  lag  auf  der  Westseite  des 
Hügels  und  war  nur  auf  einem  Stufenwege  zugänglich,  der  in  die  Nova 
via  mündete.  Das  Thor  selbst  zwar  nicht,  wohl  aber  die  vom  Clivus 
Victoriae  zur  Nova  via  herabführenden  Stufen  sind  bei  A  (Palatinsplan; 
jetzt  wieder  verschüttet)  noch  zum  Teil  erhalten.  Dass  das  Thor  infimo 
clivo  Victoriae  stand,  also  etwa  an  der  auf  dem  Palatinsplan  mit  A  be- 
zeichneten Stelle,  zeigt,  dass  es  in  der  Weise  ältester  Stadtanlagen  einen 
befestigten,  am  Hügelrande  sich  emporziehenden  Thorweg  unten  ab- 
schloss.  Solche  Thorgänge  sind  erhalten  z.  B.  in  Tiryns,  und  in  der 
Nähe  Roms  in  Norba.  Die  Etymologie  Romanula  ab  Roma  ist,  im  Sinne 
Varros  verstanden,  falsch;  porta  Romanula  oder  Romana  heisst  Flussthor 
{Rumon  Fluss;  Roma  Flussstadt),  was  der  Lage  desselben  an  der  dem 
Flusse  zugewandten  Westseite   des  Hügels  entspricht.^)     Es  ist  übrigens 


')  Ob  einige  Lagen  ganz  verwitterter 
Tuffquadem,  die  vor  der  Front  des  Palatiums 
zum  Vorschein  gekommen  sind,  etwa  zu  dem 
inneren  Thorgange  gehört  haben,  ist  nicht 
klar. 

«)  Vgl.  Ann.  d.  Inst.  1884  p.  189  ff.  und 
Mon.  XU,  tav.  Vflla.  Aus  diesen  Scalae 
Caci  sind  bei  Plutarch  durch  einen  Schreib- 


fehler ßa&fjLol  xaXrjg  dxtrjg  geworden,  ein 
pulchrum  lituSj  das  viel  in  den  italienischen 
Topographien  spukt,  aber  nie  existiert  hat. 
Vgl.  Hülsen,  Dissertazioni  della  Pontificia 
Accademia  1896,  p.  254  Anm.  1.  Pauly- 
WissowA  m  1,  1165. 

»)  J.  GüiDi,  Bull.  com.  1881  p.  63  ff. 


d.  EntwioklniigsgMohioht«  4«r  Stadt.    (§  15.) 


35 


zu  beachten,  dass  die  älteste  Ansiedlung  auf  dem  Palatin  keine  jRoma', 
keine  ,Flu88stadt^  war;  sie  liegt  ebensowenig  unmittelbar  am  Tiber,  wie 
z.  B.  das  älteste  Hamburg  unmittelbar  an  der  Elbe;  dieses  wurde  viel- 
mehr ein  Stück  von  der  Elbe  entfernt  am  Ufer  der  Alster  gegründet 
und  rückte  erst  im  Laufe  der  Weiterentwicklung  der  Stadt  bis  an  das 
Ufer  des  grösseren  Flusses  vor.  Im  Westen  und  Süden  war  die  Palatins- 
stadt  von  zwei  kleineren  in  den  Tiber  sich  ergiessenden  Bächen,  der 
Marana  des  Gircusthales  und  dem  später  kanalisierten  und  zur  Cloaca 
Maxima  umgestalteten  Bache  umflossen.  Die  spätere  Ausdehnung  bis  zum 
Tiber  ist  vermutlich  in  ältester  Zeit  schon  dadurch  vorgezeichnet,  dass 
das  nachmalige  Forum  boarium  den  Siedlern  auf  dem  Palatin  als  Aussen* 
markt  (forum)  diente.  Von  einer  Brücke  über  den  Tiber  war  damals  noch 
keine  Rede.^) 

Wir  wissen  also  von  dieser  Stadt  auf  dem  Palatin,  die  nach  der  ein 
unregelmässiges  Viereck  bildenden  Form  des  Hügels  in  der  späteren 
Überlieferung  Roma  quadrata  heisst,  genug,  um  wenigstens  die  äussere 
Gestalt  derselben  zu  rekonstruieren.  Sie  hatte  einen  Flächenraum  von 
etwa  10  ha,  entsprach  also  in  der  Grösse  ungefähr  den  zahlreichen  An- 
siedelungen in  der  römischen  Campagna. 

Die  Römer  haben  dieser  Wiege  ihrer  Macht  stets  eine  ehrfurchts- 
volle Achtung  bewiesen.  Hier  war  die  Gründungssage  lokalisiert,  und 
gewisse  Heiligtümer,  die  sich  auf  den  Gründer  Romulus  bezogen  (sämtlich 
späteren  Ursprungs),  wie  die  Gasa  Romuli  (nach  Plutarch,  Rom.  20,  4  bei 
den  scalae  Caci),  das  Lupercal  (ungewisser  Lage,  vermutlich  am  Westab- 
hang), die  heilige  aus  der  Lanze  des  Stadtgründers  entsprossene  Cornel- 
kirsche  (gegenüber  dem  Aventin)  und  der  Mundus,  d.  h.  die  Grube,  die 
bei  der  Stadtgründung  die  Dinge  aufnahm  „jwae  solent  boni  ominis  gratia 
in  urbe  condenda  adhiberi*'  und  die  ebenfalls  „Roma  quadrata*  genannt 
wurde,*)  wurden  hier  zum  Teil  bis  in  die  späteste  Zeit  verehrt.  Nichts- 
destoweniger haben  sich  die  Römer  niemals  eine  klare  Vorstellung  vom 
Palatium  als  einer  in  sich  abgeschlossenen  Stadt  machen  können.  Der 
Palatin  bietet,  wenn  wir  von  den  oben  genannten  Heiligtümern  absehen, 
die  nur  auf  die  Stadtgründung  Bezug  haben,  nichts,  woran  die  Geschichte 
anknüpfen  konnte.  Alle  die  Punkte,  ohne  die  ein  Rom  und  eine  römische 
Geschichte  für  den  Römer  nicht  denkbar  erschienen,  das  Kapitel,  das  Co- 
mitium,  das  Forum,  die  Sacra  via,  der  Circus  Maximus  liegen  ausserhalb 
des  Palatins;  nicht  minder  liegen  ausserhalb  desselben  die  urältesten 
Heiligtümer,   die  man  am  ersten    dort  suchen  möchte,   wo  die  Stadt  ent- 


>)  Die  froher  lebhaft  behandelte  Frage, 
ob  die  uTsprOngliche  Ansiedliing  auf  dem 
Palatin  den  ganzen  Hügel  umfasst  habe,  oder 
nur  den  westlichen  TeÜ  bis  zu  der  oben  p.  34 
erwfthnten  Einsenkung,  ist  jetzt  erledigt.  Für 
die  zweifellose  Ausdehnung  der  Ältesten  Stadt 
über  den  ganzen  Hügel  musste  auch  für 
Topographen,  denen  die  Anschauung  abging, 
die  oben  behandelte  Tacitusstelle  über,  das 
Pomerium  ausschlaggebend  sein.   Mit  Recht 


zieht  Hülsen  in  der  beherzigenswerten  An- 
merkung 2  in  den  Rom.  Mitt.  1896  p.  211 
hierher  die  Stelle  des  Solinus  1,  18  \Roma 
quadrata)  incipit  a  siha,  quae  est  in  area 
ApolUnis  et  ad  supei'cilium  scalarum  Caci 
habet  terminutn,  uhi  tugurium  fuit  Faustuli, 
wodurch  die  Diagonale  über  den  Hügel  von 
NO.  nach  SW.  beschrieben  wird. 

«)   Fest.  Müll.  p.  258;   Jordan,    Forma 
Urbis  I,  1  nebst  Anm. 

8* 


36  B.  Topographie  von  Bom. 

stand,  wie  der  VestatempelfO  ^^  Larenheiligtum  etc.  Von  allen  diesen 
Punkten  aber  abzusehen  war  der  römischen  Überlieferung  schlechterdings 
unmöglich,  das  Bild  des  Servianischen  Roms  wirkte  zu  mächtig  dazu.  Wir 
finden  sie  darum  schon  in  die  Geschichte  des  Romulus  verwebt  und  wie 
integrierende  Teile  der  Stadt  behandelt.*)  Dies  führte  dann  weiter  zu 
der  Annahme,  Romulus  habe  Eapitol  und  Palatin  zu  einer  Stadt  ver* 
bunden.  Damit  war  der  erste  Schritt  zu  der  traditionellen  Geschichte  der 
Stadterweiterung  gethan,  die  die  allmähliche  Besiedlung  und  Heranziehung 
der  römischen  Hügel  an  die  Personen  der  Könige  knüpfte,  unbekümmert 
darum,  ob  die  auf  dem  Wege  von  der  Palatinstadt  bis  zur  Servianischen 
Stadt  angenommenen  Zwischenformen  überhaupt  topographisch  wahr- 
scheinlich oder  möglich  sind.  Sie  überwucherte  trotzdem  den  wahren 
Vorgang  derart,  dass  er  in  der  Überlieferung  bis  auf  wenige  in  ihrem 
Werte  nicht  immer  genügend  gewürdigte  Andeutungen  verschwunden  ist. 
In  der  Entwicklung  Roms  unterscheiden  wir  folgende  Hauptepochen: 
die  Palatinstadt,  die  Siebenhügelstadt  (Septimen tium),  die  Vierregionenstadt, 
die  Servianische  Stadt,  die  (offene)  Stadt  der  vierzehn  Regionen  und  die 
Aurelianische  Stadt. 

Litteratur:  Aeltere  Schriften:  Fiale,  Della  fondazione  di  Roma  ood  Del  aecondo 
recinto  di  Roma  1822.  Von  den  überaus  zahlreichen  neueren,  von  der  Gründung  Roms 
und  der  palatinischen  Stadt  handelnden  Schriften  kommen  fOr  die  Topographie  namentlich 
in  Betracht:  POhlmanm,  Die  Anftnge  Roms,  1881.  J.  Guidi,  La  fondazione  di  Roma,  Bull, 
com.  1881,  p.  63  ff.  Kritiklos  ist  Kuntze,  Prolegomena  zur  Geschichte  Roms,  1882.  — 
Ygl.  noch  F.  Cäubb,  De  fabulis  graecis  ad  Romam  conditam  pertinentibus,  1884.  Nirse, 
Die  Sagen  von  der  Gründung  Roms.  Historische  Zeitschrift  1888  Nr.  3  p.  481—506. 
Gilbert,  Topographie  I  p.  36—160.  A.  Sohbeideb,  Aus  Roms  Frtthzeit,  Mitt.  d.  Inst.  1895 
p.  160  ff. 

16.  Die  Siebenhügelstadt  (Septimontium).  Ein  nicht  unbedeutender 
Zeitraum  muss  vergangen  sein,  bis  aus  der  Palatinstadt  sich  diese  erheb- 
lich umfangreichere  Stadtform  entwickelt  hat.  Die  Stadt  hat  sich  auf  die 
östlich  und  nordöstlich  dem  Palatium  zunächst  liegenden  Höhen  Esquilin  und 
Caelius  ausgedehnt  und  umfasst  das  Gebiet  von  zwei  Regionen  der  späteren 
Vierregionenstadt,  der  Palatina  und  Esquilina,  ganz,  und  von  der  Suburana 
die  Subura,  die  dem  Palatin  zunächst  liegende  Höhe  des  Caelius,  die 
später  auch  der  Gaeliusregion  den  Namen  gegeben  hat.  Das  Andenken 
an  diese  Siebenhügelstadt  ist  so  gut  wie  ganz  untergegangen.  Festus 
überliefert  nach  Antistius  Labeo  p.  348  die  Namen  der  dazu  gehörigen 
Gemeinden   (montes),    aber    unter   dem   Gesichtspunkte    eines  von   diesen 

')  A.  Schneider  nimmt  in  seinem  Auf-  ;   die  Analyse  des  Serrianischen  Roms  kommen 

Satze   «Aus  Roms  Frühzeit",   Mitt.  d.  Inst.  \  wir  doch  nicht  hinaus. 

1895,    p.  160  ff.    für   die    Palatinsstadt  ein  »)  Ein  recht  charakteristisches  Beispiel 

Heiligtum  der  Caca  oberhalb  der  Scalae  Caci  dieser  Anschauungsweise  bietet  Virgil,  Aen. 

als  älteste  Feuerstätte    der  römischen  Ge-  VI  II  814  ff.,   der  den  König   £vander,   den 


meinde  an  (vgl.  Wissowa  in  Roschers  Mythol. 
Lexikon  s  y.  Caca),  die  daneben  liegende 
casa  Romuli  sei  die  dazu  gehörige  Regia  ge- 
wesen (Königshaus  und  Staatsherd).  Das 
klingt  ganz  annehmbar,  aber  ich  fürchte, 
dass  man  durch  die  Aufstellung  solcher  sub- 
tilen Vermutungen  über  den  Urzustand  Roms 
die  wirkliche  Kenntnis  nicht  fördert,    lieber 


mythischen  Vorläufer  des  Romulus,  die  Herr- 
lichkeiten seiner  Stadt  seinem  Gastfreunde 
Aeneas  zeigen  lässt.  £r  führt  ihn  überhaupt 
nicht  auf  den  Palatin,  sondern  zu  Stätten, 
die  erst  im  Servianischen  Rom  Bedeutung 
gewannen;  Forum  und  Kapitel  spielen  dabei 
die  Hauptrolle. 


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8.  Entwioklimgsgesohiohte  der  Stadt.    (§  16.) 


37 


Hügeln  gemeinsam  begangenen  Festes,  des  Septimen tium.^)  An  diesem 
Feste  nahmen  folgende  Gemeinden  (montes)  teil:  Palatium,  Velia,  Ger- 
malus  (regio  Palatina);  Oppius,  Cispius,  Fagütal  (regio  Esquilina); 
Subura  (regio  Suburana).  Die  meisten  dieser  montes,  Palatium,  V^elia, 
Cermälus,  Oppius  und  Cispius  sind  ihrer  Lage  nach  bekannt;  nur  ver- 
mutungsweise kann  das  Fagütal  lokalisiert  werden.  Es  nahm  die  west- 
liche Spitze  des  südlichen  Ausläufers  des  Esquilins,  des  Oppius  ein.  Der 
Oppius  selbst  wird  auf  einer  im  Jahr  1887  bei  den  Trajansthermen  ge- 
fundenen Inschrift  genannt.  Sie  lautet:  mag{isfrei)  et  flamin{es)  mon- 
tan{orum)  montis  Oppi  de  pequnia  mont{anorum)  montis  Oppi  saceUum  clau- 
dend{uin)  et  coaequand(um)  et  arbores  serundas  coeraverunt.*)  Dagegen 
kann  die  in  der  Urkunde  genannte  Subura  nicht  die  in  historischer  Zeit 
so  benannte  Niederung  zwischen  Quirinal  und  Esquilin  sein,  da  die  Ur- 
kunde überhaupt  nur  montes  nennt.  Topographische  Gründe  weisen 
auf  den  Caelius  hin,  dessen  eine  Höhe,  die  westlichste  gegenüber  dem 
Palatin,  diesen  Namen,  oder  wahrscheinlicher  ursprünglich  den  Namen 
Sucusa  führte.') 

Schon  seit  Niebuhr  hat  sich  die  Meinung  Geltung  verschafft,  in 
dieser  Vereinigung  eine  verschollene  Stadtform  zu  erkennen,  von  der  allein 
die  Sacra  übrig  geblieben  seien,  wie  von  der  alten  palatinischen  Stadt  der 
Umlauf  der  luperci.  Daös  diese  Meinung  das  richtige  trifft,  erhellt  aus 
der  auf  dem  Plane  des  Septimontiums  (s.  Tafel  3)  gegebenen  Rekonstruk- 
tion, wie  denn  überhaupt  die  Frage,  ob  eine  Vereinigung  mehrerer  Ge- 


0  Festus  p.  348b  24.  Müller:  SepH- 
mantiOf  ut  ait  Antistius  Labeo,  hisce  mon- 
tüma  feriae:  Palatio,  cui  sacrificium  quod 
fU,  Palatuar  dicitur,  Veliae  (villae  cod.), 
cui  item  sacrificium.  Faguiali  (Faguali  cod.), 
Suburae,  Cermalo,  Oppio  Caelio  monti,  Cispio 
mofUi.  Vgl.  auch  p.  340  a  7  und  p.  341. 
In  letzterer  Stelle  ist  der  Oppius  umge- 
stellt; die  Reihenfolge  lautet  dort:  Palatio, 
Velia,  Fagutali,  Subura,  Cermalo,  Caelio 
(vgl.  WissowA,  Septimontium  und  Subura, 
aus  der  Satura  Viadrina  p.  13),  Oppio  et 
Cispio.  Die  Ueberlieferung  bietet  leider  eine 
erhebliche  Schwierigkeit,  indem  sie  nicht 
sieben,  sondern  acht  montes  aufführt.  Ge- 
wöhnlich streicht  man  den  Caelius,  weil  er 
p.  848  in  die  sicher  zusammengehörigen  Worte 
Oppio  monti  Cispio  monti  störend  einge- 
schoben ist;  freilich  bringt  Paul.  Diac.  p.  341 
die  richtige  Reihenfolge  Caelio  Oppio  et  Cis- 
pio. Eine  andere  Schwierigkeit  ist,  dass  sich 
unter  den  sieben  „montes*^  die  Subura  be- 
findet, die  in  histerischer  Zeit  nicht  als 
„mons**  sondern  als  die  Niederung  zwischen 
Quirinal,  Yiminal  und  Esquilin  bekannt  ist. 
Niebuhr  wollte  deshalb,  um  beide  Schwierig- 
keiten zugleich  aus  dem  Wege  zu  räumen, 
Subura  streichen.  Einen  andern  Weg  schlug 
Huschke  ein,  indem  er  empfahl,  Suhurae  in 
Caelio  zu  lesen.  Ihm  folgt  Wissowa  in  der 
oben  angeführten  Schrift  insofern,  als  er  an- 


nimmt, dass  die  in  der  Urkunde  des  Labeo 
genannte  Subura  mit  der  in  histerischer  Zeit 
so  genannten  Niederung  nichto  zu  thun  hat, 
sondern  eine  der  Höhen  des  Caelius  war.  «So 
wird",  sagt  er  p.  14  f.,  «denn  der  Caelius  in 
der  That  im  Texte  der  Stelle  des  Antistius 
Labeo  gestanden  haben,  nur  nicht  als  einer 
der  sieben  montes  des  Septimontium,  sondern 
in  einer  Erklärung  zu  dem  Namen  Subura, 
von  welchem  Labeo  noch  wusste,  dass  er 
hier  in  anderer  als  der  zu  seiner  Zeit  ge- 
läufigen Lokalisierung  gebraucht  war  und 
eine  zum  Caeliusbezirk  gehörige  Anhöhe  be- 
zeichnete.'' Man  wird  dieser  Erklärung  der 
SteUe  zustimmen  können.  Jedenfalls  kann 
ich  mich  mit  Wissowas  Ansetzimg  der  Su- 
bura als  Teiles  des  Caelius  umsomehr  ein- 
verstanden erklären,  als  ich  zu  demselben 
Resultet,  allerdings  ausgehend  von  der  Ana- 
lyse der  Argeerurkunde,  längst  gekommen 
war  und  dasselbe  seit  Jahren  bei  Gelegen- 
heit der  in  Berlin  veranstelteten  archäo- 
logischen Ferienkurse  vorgetragen  habe.  In- 
dessen ist  als  sicher  anzunehmen,  dass  nicht, 
wie  von  Wissowa  angenommen  wird,  die  ent- 
ferntere Höhe  von  SS.  Quattro  Coronati,  son- 
dern der  dem  Palatin  zunächstliegende  Berg- 
vorsprung des  Caelius  Sucusa  hiess. 

*)  Vgl.  Gatti,  Bull.  com.  1887  p.  156. 
HÜLSBN,  Mitt.  1889  p.  278. 

«)  Vgl.  Wissowa  a.  a.  0.  p.  18. 


38 


B.  Topographie  Yon  Bom. 


meinden  eine  Stadt  gewesen  sein  kann,  durch  topographische  An- 
schauung zu  entscheiden  ist.  Es  ergibt  sich  daraus,  dass  die  „montes*^ 
ein  topographisch  in  sich  abgeschlossenes  Ganze  bilden,  wohl  geeignet 
zur  Befestigung  und  Verteidigung.  Weder  von  der  Befestigung^)  dieser 
Stadt  noch  von  ihren  sonstigen  Einrichtungen  ist  eine  Spur  geblieben,  wir 
wissen  auch  nicht,  ob  sie  intra  pomerium  gelegen  hat,  können  es  nach 
Analogie  der  ihr  vorangehenden  (Palatium)  und  folgenden  (Vierregionen- 
stadt) Stadtformen  nur  vermuten.  Dagegen  hat  sich  das  Fest  Septi- 
montium  (11.  Dezember)  bis  in  die  Eaiserzeit  hinein  erhalten.^) 

Litteratur:  Zinzow,  Das  älteste  Rom  oder  das  Septimontium,  Pyritz  1866.  Momm- 
SEN,  Rom.  Gesch.  P  p.  48.  Ders.,  Rom.  Staatsrecht  III  1  p.  113  f  Gilbbbt,  Topographie  I 
p.  161 — 243.     WissowA,  Septimontimn  mid  Subura,  Satara  Viadrina  1896. 

17.  Die  Yierregionenstadt.  Sie  entstand  aus  der  Siebenhügelstadt 
durch  Hinzufügung  der  übrigen  Höhen  des  Caelius  (Caelius  und  Cerolien- 
sis)')  und  des  Viminalis  und  Quirinalis,  die  im  Gegensatz  zu  den  „montes^ 
stets  „colles"  genannt  werden.  Diese  sämtlichen  montes  und  coUes  lagen 
intra  pomerium  und  waren  in  vier  Regionen  eingeteilt.  Beide  Einrich- 
tungen haben  die  ganze  Zeit  der  Republik  über  unverändert  bestanden, 
das  Pomerium  erfuhr  erst  durch  Sulla  die  erste  Erweiterung,  die  Regions- 
einteilung ist  erst  von  Augustus  durch  eine  neue  Einteilung  in  14  Re- 
gionen ersetzt  worden.  Ob  gleichzeitig  mit  der  Gründung  der  Vier- 
regionenstadt auch  der  südliche  Ausläufer  des  Quirinals,  das  in  zwei  fast 
unzugängliche  Kuppen  gegliederte  Kapitel,  zur  Stadt  gezogen  wurde,  steht 
nicht  fest;  von  den  vier  Regionen  scheint  es  ausgeschlossen  zu  sein,  aber 
es  liegt  intra  pomerium.  Topographische  Gründe  sprechen  dafür,  die  Ein- 
beziehung dieses  Berges  in  den  sicher  einst  vorhandenen  Befestigungs- 
ring der  Vierregionenstadt  als  notwendig  anzunehmen. 

Die  Kenntnis  der  Vierregionenstadt  wird  uns  gleich  der  des  Septi- 
montiums  durch  die  Nachrichten  über  eine  von  den  beteiligten  Gemeinden 
begangene  Festfeier  übermittelt,  das  Sühnfest  des  Argeeropfers, 
Varro  LL.  V  46—54.  (Über  das  Alter  und  den  Verlauf  des  Festes  vgl. 
p.  9 — 10,  die  Urkunde  ist  im  11.  Anhang  abgedruckt.) 

Die  vier  Regionen  sind  I  regio  Suburana,  11  regio  Esquilina,  III 
regio    Collina,   IV  regio   Palatina.*)    Zur    1.  Region  gehören  Caelius, 


*)  Ob  ein  bei  Varro  LL.  V  48  erwähnter 
murus  terreuB  {eidem  regioni  attributa  Su- 
bura quod  8ub  muro  terreo  Carinarum  .... 
Subura  Junius  scribit  ab  eo,  quod  fuerü 
8ub  antiqua  urbe,  quoi  testimonium  potest 
esse,  quod  ȟbest  ei  loco,  qui  terreus  murus 
vocatur)  mit  der  Befestigung  des  Septimon- 
tinms  überhaupt  etwas  zu  tiiun  hat,  ist 
ebenso  fraglich,  wie  der  Gang  dieser  Be- 
festigung. Ein  Erdwall  kann  nicht  eine  am 
oberen  Bergrande  herumlaufende  Aufschüt- 
tung (WissowA  a.  a.  0.  p.  11)  sein,  das  ist 
schon  aus  statischen  Gründen  unmöglich, 
ErdwftUe  werden  nur  auf  ebenem  Terrain 
zur  Befestigung  angewendet  (vgl.  0.  Richtbb, 
Le  fortificazioni  d'Ardea.  Ann.  d.  Ist.  1884 
p.  90  Mon.  d.  Ist.  XU  2).  Das  Natürlichste 
w&re,  anzunehmen,  dieser  murus  terreus  habe 


sich  quer  über  den  Oppius  gezogen  und  die 
Carinae  davon  getrennt;  es  ist  aber  auch 
möglich,  dass  so  der  steil  abfallende  Hügel- 
rand bezeichnet  wurde.  Auch  die  Vermutung, 
der  Janus  auf  dem  Forum  (vgl.  A.  Schnbidbb, 
Mitt.  d.  Inst.  1895  p.  172)  sei  ein  Thor  des 
Septimontiums  gewesen,  entbehrt  der  Wahr- 
scheinlichkeit. 

*)  Sueion.  Domitian.  4.  Vgl.  Wissowa 
a.  a.  0.  p.  1  ff. 

•)  Oder  war  Cerolienis  (Cerolia)  die 
Niederung  zwischen  Caelius  und  Oppius? 

*)  Varro  LL.  V  56  hat  die  Reihenfolge 
Suburana,  Palatina,  Esquilinaf  Collina.  Elteb, 
De  forma  urbis  Romae  etc.  11.  X  führt  die 
Reihenfolge  der  Regionen  sowie  der  Einzel- 
namen darauf  zurück,  dass  sie  von  einem 
nach  Süden  orientierten  Plan  abgelesen  seien. 


8.  Entwicklnngsgesohiohte  d«r  Stadt.    (§  17.)  39 

Cerolieosis  und  Subura,  zur  2.  Oppius  und  Cispius,  zur  3.  Yiminalis  und 
Quirinalis,  zur  4.  Palatium,  Germälus  und  Velia.  Es  sind  also  im  wesent- 
lichen dieselben  Namen,  die  auch  die  Urkunde  des  Labeo  über  das  Sep- 
timontium  enthält.  Neu  ist  in  der  1.  Region  der  Ceroliensis,  in  der 
2.  Region  nennt  Labeo  ausser  dem  Oppius  und  Gispius  auch  noch  das 
Fagütal,  das  übrigens  auch  in  der  Argeerurkunde,  aber  als  Teil  des  Oppius, 
nicht  mehr  selbständig,  erscheint.  Es  heisst  vom  ersten  Sacellum  dieser 
Region,  es  habe  uls  lucum  fagutcUem  gelegen. 

Wichtig  für  die  Topographie  ist  die  Frage,  wie  aus  den  überlieferten 
Einzelnamen  die  vier  Regionen  zu  rekonstruieren  sind.  Einen  Versuch 
dazu  hat  Stüdemünd,  Die  Sacra  Argeorum  (Philologus  N.  F.  I  p.  168 — 177) 
gemacht,  indem  er  den  Gedanken  aussprach,  die  Vierregionenstadt  sei 
als  tetnplum  konstruiert  gewesen.  Sind  nun  freilich  die  durch  seine  Er- 
örterung gewonnenen  Resultate  verfehlt  (vgl.  0.  Richter,  Älteste  Wohn- 
stätte des  römischen  Volkes,  p.  1  ff.),  so  bleibt  doch  als  wertvolle  Er- 
rungenschaft dieser  Darlegung  bestehen,  dass  die  vier  Regionen  sich  in 
einem  Punkte  berührten.  Dass  man  zu  diesem  sicher  nahe  liegenden 
Gedanken  nicht  schon  längst  gekommen  war,  daran  hinderte  vor  allem 
die  Subura,  die  man,  trotzdem  sie  in  der  Septimontiumsurkunde  ausdrück- 
lich als  mons  aufgeführt  wird,  mit  der  Niederung  zwischen  Quirinal  und 
Esquilin  identifizieren  zu  müssen  glaubte.  Ich  sehe  umgekehrt  in  der  Not- 
wendigkeit, die  Regionen  so  zu  rekonstruieren,  dass  sie  sich  in  einem 
Punkte  berühren,  einen  weiteren  Beweis  dafür,  dass  die  Subura  oder 
besser  Sucusa  der  beiden  Urkunden  nichts  mit  dem  Suburathale  zu  thun 
hat.  Der  auf  dem  Plane  der  Vierregionenstadt  angenommene  Treffpunkt 
der  vier  Regionen  ist  ja  freilich  hypothetisch,  aber  viel  anders  kann  er 
nicht  gelegen  haben.  Auch  bei  der  nachmaligen  Einteilung  der  Stadt  in 
14  Regionen  trafen  sich  hier  in  der  Nähe  (Hülsen  vermutet,  bei  der  Meta 
Sudans)  vier,  möglicherweise  fünf  Regionen. 

Auf  dem  Plane  der  Vierregionenstadt  (s.  Tafel  3)  sind  von  den 
12  Sacella,  deren  Lage  Varro  beschreibt,  11  nach  dem  Plane  I  von  Kiepert 
und  Hülsen  eingetragen.  Sie  lassen  sich  alle,  mit  Ausnahme  des  fünften 
der  2.  Region  {eis  lucum  Poetelium  Esquiliis)  bestimmen.  Die  Lage  der 
übrigen  ergibt  sich  danach  mit  ziemlicher  Gewissheit. 

Ein  eigentümlicher  Zufall  ist  es,  dass,  während  die  Gesamtzahl  der 
Argeerkapellen  27  beträgt,  von  Varro  in  jeder  Region  höchstens  das 
sechste  genannt  wird,  aber  derselbe  Zufall  hat  es  ja  auch  gefügt,  dass 
Varro  in  keiner  Region  das  zweite  Sacellum  erwähnt.  Also  ist  kein 
Grund  vorhanden,  auf  das  Schweigen  Varros,  wie  geschehen,  irgendwelche 
Vermutungen,  als  habe  es  doch  nur  24  Kapellen  gegeben,  zu  bauen.  Es 
bleibt  fraglich,  wo  die  drei  von  Varro  nicht  erwähnten  Kapellen  unterzu- 
bringen sind.  Festus  erwähnt  p.  154  auf  der  Velia  ein  sacrarium  sextum 
et  vicensimum,  es  ist  aber  nicht  einmal  sicher,  ob  es  sich  hier  um  eine 
Argeerkapelle  handelt. 

Können  wir  uns  so  durch  die  Argeerurkunde  ein  Bild  von  der  Aus- 
dehnung des  ältesten  Roms  machen,  so  tritt  uns  das  Bild  dieser  Stadt  noch 
klarer  vor  Augen,  wenn  wir  die  sie  umgebende  Befestigungslinie  topo- 


40  B.  Topographie  von  Born. 

graphisch  rekonstruieren.  Sie  begann  an  der  Südwestecke  des  Kapitels 
und  ging  an  dem  steil  abfallenden  Nordrande  dieses  Hügels  und  des 
Quirinals  entlang  bis  zu  dem  Punkte,  wo  dieser  langgestreckte  Hügel- 
rücken in  das  ihm  und  dem  Viminal  gemeinschaftliche  Hinterland  über- 
geht. Dort  bog  sie  nach  Süden  um  und  schloss,  von  Thalspitze  zu  Thal- 
spitze über  die  schmalen  Wurzeln  der  Hügelrücken  laufend,  den  Quirinal, 
Viminal,  Cispius  und  Oppius  ein.  Von  der  Südostecke  des  Oppius  ging 
sie  in  südlicher  Richtung  weiter  auf  den  Caelius  zu,  gewann  auf  kürzestem 
Wege  den  Südrand  dieses  Hügelrückens  und  folgte  demselben  in  west- 
licher Richtung  bis  zu  der  dem  Gircusthal  zunächst  liegenden  Ecke. 
Von  hier  ging  sie  hinüber  zum  Palatin,  folgte  dem  Südrande  dieses  Hügels 
und  ging  von  der  Südwestspitze  desselben  weiter  zum  Kapitel,  so  dass 
sowohl  der  Circus  Maximus  als  auch  der  Rindermarkt  {forum  boarium)  am 
Tiber  und  das  Flussufer  selbst  ausserhalb  der  Ringmauer  lagen. 

Welcher  Art  die  Befestigung  dieser  Stadt  gewesen  ist,  ist  nicht  fest- 
zustellen, da  wir  nicht  wissen,  auf  welcher  Entwicklungsstufe  damals  sich 
der  etruskisch-latinische  Steinbau  befand.*) 

Das  Pomerium  der  Vierregionenstadt  folgte  der  Befestigung  im 
ganzen  Umkreise  der  Stadt  und  fiel  an  einer  Stelle,  am  Südrande  des 
Palatins,  noch  mit  dem  „antiquissimum  pomerium"  (Tac.  ann.  XH  24)  zu- 
sammen. Dies  Pomerium  ist  insofern  von  einschneidender  Bedeutung  ge- 
worden, als  es  das  letzte  Pomerium  ist,  welches  noch  mit  der  Be- 
festigung zusammenfällt,  und  seiner  Aufgabe  entsprechend  auch  faktisch 
die  äusserste  Grenze  des  Stadtgebietes  bildet.  Von  jetzt  an  gehen  die 
Entwicklung  der  Stadt  und  die  des  Pomeriums  auseinandBr.  Aus  Gründen, 
die  uns  unbekannt  sind,  ist  an  dem  Pomerium  der  Vierregionenstadt  bis 
auf  Sulla  keine  Erweiterung  vorgenommen  worden,  während  doch  schon 
die  Servianische  Mauer  weit  über  dasselbe  hinausgriflf. 

Litteratur:  C.  0.  Müller  in  Böttigers  Archäologie  und  Kunst  I  1,  61  ff.  —  Mommsen, 
Die  römischen  Tribus.    -  H.  Jordan,  Die  Prozessionsordnung  der  Argeer,  in  der  Topographie 


der  Stadt  Rom  II  p.  237  ff.  und  599  ff.  Vgl.  oben  p.  10.  —  Mommsbn,  Rom.  Staatsrecht  III  1 
p.  122  ff.  —  Stüdbm(jnd,  Die  Sacra  Argeorum  (PhilologusN.  F.  I  p.  168 — 177).  —  Otto  Richtbr, 
Die  älteste  Wohnstätte  des  römischen  Volkes,  Berlin  1891.  —  Wissowa,  Argei  (in  Paulya 


Realencyklopädie).  —  Hülsen,  Zur  Topographie  des  Quirinal,  Rhein.  Mus.  XL[X  p.  379  ff. 

18.  Die  Servianische  Stadt.  So  nennen  wir  die  Stadtform,  die, 
in  den  Resten  einer  grossartigen  Befestigung  noch  heute  nach  so  vielen 
Wandlungen  erkennbar,  das  historische  Rom  der  Republik  bildet.  Wir 
nennen  sie  die  Servianische,  weil  der  Name  dieses  Königs,  dem  man  zum 
Danke  für  seine  volksfreundliche  Gesinnung  zuzuschreiben  pflegte,  was 
die  Republik  an  hervorragenden  Einrichtungen  der  Königszeit  vorfand, 
unter  anderem  auch  mit  dem  Mauerring  verknüpft  ist. 

Derselbe  geht  in  drei  Punkten  über  das  vom  Pomerium  umschlossene 
Gebiet  der  Vierregionenstadt  hinaus.  Erstens  wurde  im  Osten  an  Stelle 
der  sicher  unzulänglichen  Befestigung,  die  in  der  primitiven  Weise  der- 
artiger Anlagen  sich  hart  an  die  Terraineinbuchtungen  hielt,  eine  aus- 
reichendere geschaffen,  indem  man  im  Norden  mit  der  Befestigung  des 


*)  üeber  die  Entwicklung  des  Steinbaos  in  Etmrien  und  Latium  vgl.  0.  Riohtbb,  üeber 
antike  Steinmetzzeichen,  p.  89  f. 


Taf.  4. 


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Porta  S.  Maria  in  Ferentino. 


Aureus  (Cohen  P  p.  287  N.  114).  Orig.  19  mm.  (Cohen  I*  p.  289  N.  141  ff.) 

Der  Janastempel  auf  dem  Forum  nach  Neronischen  Münzen. 


Thor  von  Volterra. 
Thoranlagen. 


3.  EntwioklnngsgMoliiohte  der  Stadt.    (§  18.) 


41 


Quirinalis  bis  an  die  Spitze  des  zwischen  diesem  und  dem  Pincio  befind- 
lichen Thaies  vorrückte  und  von  diesem  Punkte  aus  quer  über  die  Hoch- 
ebene einen  freistehenden  Wallbau  aufführte,  der  erst  an  dem  südlichen 
Rande  der  Einschnürung  des  Oppius  den  Hügelrand  wieder  berührte.  Eine 
Erinnerung  an  diese  Herausschiebung  der  Befestigungslinie  enthält  die 
Notiz  des  Livius  I  44  über  König  Servius:  augä  Esquilias.  —  Zweitens 
wurde  im  Süden  der  Aventin,  der  in  bedrohlicher  Weise  vor  den  Mauern 
der  Stadt  lag,  in  dieselbe  hineingezogen.  Damit  hängt  dann  drittens  zu- 
sammen, dass  auf  der  Strecke  zwischen  Aventin  und  Kapitel  das  Tiber- 
ufer mit  in  die  Befestigung  aufgenommen  wurde,  ein  Umstand,  der  nicht 
zum  wenigsten  dazu  beigetragen  hat,  die  Machtstellung  Roms  zu  ent- 
wickeln. Das  rechte  Tiberufer  trat  zunächst  nicht  in  den  Kreis  der 
Stadt  ein,  ebensowenig  die  Tiberinsel.  Eine  einzige  Brücke,  der  Pons 
sublicius,  vermittelte  den  Verkehr  zu  den  am  rechten  Ufer  gelegenen 
Äckern.  Sie  führte  unmittelbar  ins  Innere  der  Stadt  und  war  darauf  ein- 
gerichtet, in  jedem  Momente  abgeworfen  zu  werden.  0 

Die  Servianische  Mauer  war  ein  meisterhaft  angelegtes  Werk.  Das 
durch  die  Hineinziehung  des  Aventins  in  sich  und  nach  aussen  abgeschlossene 
Terrain  gestattete,  die  Mauer  grösstenteils  längs  der  steilen  Bergabhänge 
zu  führen.  Nur  an  wenigen  kurzen  Stellen  stieg  die  Mauer  ins  Thal  hinab, 
nämlich  an  der  Nordwestecke  des  Aventins  und  an  der  Südwestecke  des 
Kapitels,  um  das  Tiberufer  zu  gewinnen,  ferner  zwischen  Aventin  und  Caelius 
und*  zwischen  Caelius  und  Esquilin.  Zwischen  Kapitel  und  Quirinal 
musste  man  sogar  erst  durch  einen  künstlichen  Einschnitt  einen  Ausweg 
nach  dem  nördlich  von  der  Stadt  gelegenen  Marsfelde  herstellen.  Denn 
ursprünglich  hing  das  Kapitel  mit  dem  Quirinal  zusammen  und  war  nur 
durch  eine  leichte  Einsenkung  von  ihm  unterschieden.  Die  alte  Strasse, 
welche  bis  auf  Trajan  die  einzige  direkte  Verbindung  zwischen  Forum 
und  Marsfeld  bildete,  und  deren  Gang  noch  jetzt  (Via  di  Marforio)  erkenn- 
bar ist,  lief  vor  Trajans  Regulierung  in  einem  tiefen  Terrain  einschnitt; 
dass  derselbe  künstlich  war,  lehren  die  an  der  Nordseite  des  Kapitels 
befindlichen  uralten,  in  historischer  Zeit  nicht  mehr  gebrauchten  Stein- 
brüche, die  latomiae^) 

Die  Reste,  welche  von  der  Servianischen  Mauer  durch  die  Aus- 
grabungen der  letzten  Jahrzehnte  zum  Vorschein  gekommen  sind,  tragen, 
wie  sich  bei  einer  Befestigung,  die  Jahrhunderte  lang  bestanden  hat,  nicht 


')  Ueber  die  Lage  des  Pons  sublicins 
und  seine  Untrennbarkeit  von  der  Befesti- 
gung 0.  RiCHTBB,  Die  Befestigung  des  Ja- 
niculum  p.  14  ff.  —  Die  Lage  des  Pons 
sublicius  und  die  Weiterentwicklung  des 
römischen  Brückenbaues  ist  oft,  aber  nicht 
mit  Glück  behandelt  worden,  namentlich  hat 
das  MoMMSEN^sche  Wort  (Ber.  der  sächs. 
Ges.  d.  Wiss.  1850  p.  320  flf.)  von  dem  na- 
türlichen Brückenpfeiler,  der  Insel,  den  sich 
die  Erbauer  der  ersten  Brücke  nicht  hätten 
entgehen  lassen,  der  vorurteilsfreien  Erwft- 
gung  Eintrag  gethan  (vgl.  die  Darstellung 
bei  Jobdan,  Top.  I,  1  p.  399  £f.)     Hervorzu- 


heben sind  die  Abhandlungen  von  Urlichs, 
Sitzungsberichte  der  Münchner  Akademie 
1870  p.4o9ff.,  Wbcklkin,  Hermes  VI,  p.  I78ff. 
und  die  Behandlung  der  Frage  bei  Gilbert, 
Topographie  II,  p.  179  flF.  Vgl.  auch  Mayer- 
HÖFEB  (die  Brücken  im  alten  Rom  1883  und 
1884,  Geschichtlich- topographische  Studien 
über  das  alte  Rom  1887)  und  Lanciani,  The 
ruins  and  excavations  of  ancient  Rome,  1897, 
p.  16  flf. 

*)  Sie  wurden  in  späterer  Zeit  auch  als 
Detentionsort  von  Geiseln  gebraucht.  Vgl. 
Liv.  XXXVII  3. 


42  B.  Topographie  Yon  Bom. 

anders  erwarten  lässt,  ein  verschiedenartiges  Gepräge.  Den  Charakter 
der  Befestigung  kann  man  am  reinsten  an  den  grossen  Stücken  Wall- 
mauer auf  dem  Esquilin  neben  dem  Bahnhof  (s.  Tafel  5)  und  auf  Piazza 
Fanti  erkennen.  Dagegen  ist  das  zweitgrösste  erhaltene  Stück  am  Aventin 
eine  spätere  Restauration;  ebenso  ist  spätere  Restauration  die  Befesti- 
gung des  Tiberufers;  sie  stammt  wahrscheinlich  aus  dem  2.  Jahrh.  v.  Chr. 
Spuren  einer  älteren  Befestigung  sind  bei  der  letzten  Uferregulierung 
zum  Vorschein  gekommen. 

Die  Art  der  Befestigung  ist  dieselbe,  die  man  überall  an  den 
alten  Mauerringen  in  Italien  wahrnimmt.  Die  Mauer  setzte,  wo  der  Berg 
in  massiger  Steigung  abfiel,  ein  Stück  unterhalb  der  Höhe  auf  künstlicher 
Einbettung  auf  und  erhob  sich  nur  mit  einer  Brustwehr  über  den  Rand 
des  Berges  (so  noch  am  Aventin).  Fiel  der  Fels  steil  ab,  so  wurde  er 
durch  Abschroffung  vollends  senkrecht  geschnitten  und  oben  mit  einer 
Brustwehr  versehen  (so  noch  am  Kapitel).  In  entsprechender  Weise  wurde 
das  Tiberufer  behandelt;  es  wurde  von  unten  aufgemauert  und  trug  eine 
Brustwehr.  1)  Bedeutendere  Werke  verlangten  nur  die  Stellen,  an  denen 
sich  die  Mauer  zum  Thal  hinab  senkte  und  namentlich  die  Befestigung 
im  Osten,  der  esquilinische  Wall.  Welcher  Art  die  ersteren  gewesen 
sind,  ist  nicht  mehr  nachzuweisen,  da  gerade  dies  die  Stellen  sind,  an 
denen  bei  Erweiterung  der  Stadt  die  Befestigung  am  vollständigsten  ver- 
schwinden musste,  doch  müssen  es  nach  Analogie  anderer  noch  erhaltener 
Befestigungen  (z.  B.  in  Segni,  Perugia,  Pompei,  Paestum)  doppelte 
Mauern  gewesen  sein,  deren  Zwischenraum  ausgefüllt  war,  so  dass  eine 
breite  Zinne  für  die  Verteidigung  entstand.  Besser  sind  wir  über  den 
Wall  durch  die  Ausgrabungen  sowohl  als  auch  durch  die  Beschreibung 
des  Dionysius  (IX  68)  unterrichtet.  Es  war  eine  Erdanschüttung  von 
mindestens  15  m  Höhe  und  1,3  km  Länge,  die  von  aussen  mit  einer  4  m 
dicken  Mauer  bekleidet  war,  davQr  ein  Graben,  dessen  Breite  Dionysius 
auf  mindestens  100  Fuss  =  30  m  angibt,  seine  Tiefe  auf  30  Fuss  =  9  m. 
Auch  nach  der  Stadt  zu  hat  der  Wall  eine  Bekleidung  gehabt,  doch  ist 
die  Mauer,  deren  Reste  sich  an  der  betreffenden  Stelle  finden  und  die 
sich  durch  angebaute  Querriegel  als  Eontreescarpe  desselben  erweist, 
nicht  gleichzeitig  mit  der  Aussenmauer.*)  Als  späterer  Zusatz  sind  die 
von  Strabo  erwähnten  Türme  zu  betrachten,  die  in  regelmässigen  Ab- 
ständen angebracht  zur  Verstärkung  von  Wall  und  Mauer  dienen  sollten. 
Die  Zeit,  aus  welcher  die  Servianische  Mauer  stammt,  kannte  Türme  in 
regelmässigen  Abständen,  wie  die  spätere  römische  Befestigungskunst  sie 
verwendete,  nicht.  Nach  Analogie  noch  erhaltener,  gleichzeitiger  Befesti- 
gungen müssen  wir  annehmen,  dass  auch  an  der  Servianischen  Ringmauer 
Türme   ursprünglich    nur   zur  Flankierung  der  Thore   und   an   besonders 


^)  Vgl.   0.   RicHTEB,    Befestigung    des  I  teren  Aurelianischen  in  mächtiger  Höhe  sich 

Janiculum,  p.  13.   Wenn  Livius  II,  10  sagt:  1  fiber  dem  Uferrand  erhoben;   solche  gab  es 

alia  muriSf  alia   Tiberi  obiecta  videbantur  I  bei  der  Servianischen   Befestigung    freilich 

ttUa  und  Dionys.  V,  23:  dteix^fftos  ovoa  ix  1  nicht.    Vgl.  Gilbert,  Top.  II  p.  298,  Anm.  3. 

Tü)y  nag«  toy  noiafioy  (jLSQuiv,  so  denken  |  ')   Vgl.    Lanoiani,    L'ara    di  Vermino, 

sie  natürlich  an  Mauern,  die  gleich  der  spä-  ,   Bull.  comm.  1876  p.  24  fif.,  121  ff. 


Taf.  5. 


Reste  yom  sogenannten  Serrioswall  am  Centralbahnhof. 


d.  EntwioklongsgMohiohte  der  Stadt.    (§  18.) 


43 


exponierten  Stellen,  namentlich  an  aus-  und  einspringenden  Winkeln   an- 
gebracht waren.  0 

Die  Mauer  war  in  regelmässigem  Quaderbau  errichtet.  Verwendet 
sind  Quadern  von  Tuff,  die  in  der  Nähe  an  noch  nachweisbaren  Stellen 
gebrochen  sind  und  durchgehends  die  Höhe  und  Breite  von  0,59  m  = 
2  römischen  Fuss  haben.*)  Die  Länge  der  Steine  ist  wechselnd,  im  Durch- 
schnitt etwa  1,50  m.  Die  Quadern  sind  ohne  Verwendung  von  Mörtel 
übereinander  geschichtet,  lagenweise  der  Länge  oder  der  Breite  nach,  so 
dass  die  sehr  sorgfältig  behandelte  Aussenseite  ein  regelmässiges  Gewebe 
von  Kopf-  und  Langseiten  zeigt  (Läufer-  und  Bindersystem).  Auf  der 
Kopfseite  der  0,59  m  hohen  Steine  finden  sich  Steinmetzzeichen;  absicht- 
lich aber  sind  beim  Bau  die  Steine  so  gelegt,  dass  diese  Zeichen  nicht  an 
der  Aussenseite  erscheinen.')  Meine  Untersuchungen  an  dieser  Wallmauer 
haben  zu  dem  Resultat  geführt,  dass  sie  weit  jünger  sein  muss,  als  man 
an  der  Hand  der  Überlieferung  anzunehmen  pflegt,  dass  sie  namentlich 
mit  dem  Könige  Servius  TuUius  nichts  zu  thun  haben  kann.  Die  Haupt- 
faktoren für  dieses  Resultat  sind:  1.  dass  sie,  verglichen  mit  den  gleich- 
artigen Bauwerken  in  Etrurien  und  Latium,  zu  den  vollendetsten,  also 
auch  zu  den  jüngsten  gehört;  2.  dass  sie  unter  Anwendung  des  römischen 
Fusses  von  0,296  m  gebaut  ist,  während  man  bis  mindestens  in  das 
4.  Jahrhundert  v.  Chr.  in  Rom  sich  eines  Fusses  von  0,278  m  bediente;^) 
3.  dass  die  auf  den  Quadern  der  Servianischen  Mauer  befindlichen  Stein- 
metzzeichen zum  grössten  Teil  einem  Alphabet  mit  quadratischer  Buch- 
stabenform entnommen  sind,  während  man  in  ältester  Zeit  in  Rom  sich 
einer  spitzwinkligen  linksläufigen  Schrift  bediente.^)  Danach  kann  wenig- 
stens die  Wallmauer  kaum  noch  ins  4.  Jahrh.  v.  Chr.  gerückt  werden.^) 
Es  soll  damit  keineswegs  geleugnet  werden,  dass  in  der  Königszeit  eine 
entsprechende  Befestigung  existiert  hat,  aber  wahrscheinlich  hat  der  ur- 
sprüngliche, aus  der  Königszeit  stammende  Wall  gleich  den  Wällen  von 
Ardea  überhaupt  keine  Steinbekleidung  gehabt^)  und  ist  erst  im  4.  Jahrh. 
V.  Chr.  durch  einen  monumentalen  Steinbau  ersetzt  worden. 

Thore  der  Servianischen  Stadt. 
1.  Porta  Flumentana  (unsicher).    Erklärung  des  Namens  bei  Festus 
:   Flumentana  porta  Romae  appellata,    quod  Tiberis  partem  ea  fluxisse 

MoMM 8RN,  der  römische  und  der  italische  Fuss, 
Hermes  XXI,  1886  p.  411  ff  ;  Dörpfbld,  der 
römische  und  der  italische  Fuss,  Hermes  XXII, 
1887,  p.  79  ff.;  0.  Richter,  der  Kapitolinische 
Juppitertempel  und  der  italische  Fuss,  Her- 
mes XXII,  1887,  17  ff.;  NissBN,  Griechische 
und  römische  Metrologie,  Handbuch  der  klas- 
sischen Altertumswissenschaft  I,  p.  663  ff. 

*)  0.  Richter,  Über  antike  Steinmetz- 
zeichen p.  39  ff. 

^)  Die  einzige  Notiz  aus  jener  Zeit  über 
eine  Wiederherstellung,  nicht  den  Bau  von 
Mauern  steht  Liv.  VII  20, 9 :  legianibua  Romam 
reductis  reliquum  anni  muris  iurribusque 
reficiendis  consumptum, 

')  Vgl.  Ann.  d.  Inst.  1884,  p.  99. 


p.  89 


*)  Vgl.  0.  RicBTBB,  Über  antike  Stein- 
metzzeichen p.  49. 

')  Am  Aventin,  wo  flbrigens  die  Verwen- 
dung von  Kalkmörtel  und  dieRustica  der  Steine 
zeigen,  dass  die  Mauer  restauriert  worden  ist, 
finden  sich  in  grosser  Menge  auch  Steine  von 
0,55  m  Höhe,  also  wahrscheinlich  von  früheren 
Bauten  hergenommen  (vgl.  Anm.  4). 

*)  Vgl.  0.  RicHTBE,  Über  antike  Steinmetz- 
zeichen Taf.  I  =  Taf.  4  (die  Abbildungen 
stellen  die  Innenseite  des  Walles  am  Bahn- 
hof dar). 

*)  Über  diese  Frage  vgl.:  Dörppeld, 
Metrologische  Beitrftge  IV,  das  italische 
Masssystem,  Mttteil.  des  deutschen  archäo- 
logischen Instituts  in  Athen  X,  1885,  p.  289  ff. ; 


u 


B.  Topographie  von  Born. 


affirmanL  Sie  wird  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  nicht  weit  vom  Flusse 
zwischen  diesem  und  dem  Eapitol  angenommen  und  führte  zu  dem  am 
Flussufer  gelegenen  Teile  des  Marsfeldes.  Eine  von  vornehmen  Leuten 
bewohnte  (Varro  R.  R.  III  2.  Cicero  ad  Att.  VII  3,  9)  Vorstadt  „extra 
portam  Flumentanam^  wird  bei  Überschwemmungen  (Liv.  XXXV  9  u.  21) 
mehrmals  als  der  zunächst  und  am  meisten  betroffene  Teil  der  Stadt 
erwähnt.     Vgl.  Liv.  VI  20.  12.  CIL.  VI  9208. 

2.  Porta  Carmen talis  am  Südfusse  des  Kapitels,  so  genannt  nach 
einem  Heiligtum  der  Carmenta  (Solin.  I  13,  Dionys.  I  32).  Sie  hatte  zwei 
Ausgänge  und  vermittelte  den  Verkehr  zwischen  dem  Forum  boarium  und 
dem  Forum  holitorium,  ausserdem  führte  von  diesem  Thor  der  vicus  Ju- 
garius  um  den  Südfuss  des  Kapitels  auf  das  Forum.  Ein  nach  Fest.  p.  285 
(Ep.  p.  335,  vgl.  auch  Serv.  Aen.  VIII  337)  auf  den  Auszug  der  Fabier 
durch  dieses  Thor  (Liv.  II  49)  zurückzuführendes  Omen  haftete  an  dem 
Thor:  man  pflegte  sich  zum  Hinausgehen  nur  des  linken  Bogens  zu  be- 
dienen (vgl  Hermes  XVH  p.  427,  Ovid  fast.  H  201  f.  und  die  Erwäh- 
nung bei  Liv.  XXIV  47,  XXVII  37).  Festus  und  Servius  bezeugen  in  den 
oben  angeführten  Stellen,  dass  das  Thor  nach  der  Fabierlegende  auch 
Porta  scelerata  genannt  worden  sei. 

3.  Porta  Fontinalis  (unsicher).  Das  am  Nordfuss  des  Kapitels 
gelegene  Thor  wurde  früher  flir  die  Porta  Ratumena  gehalten.  Diese  Be- 
nennung beruhte  auf  Festus  p.  274:  Eatumena  porta  a  nomine  eius  appd- 
lata  est,  qui  ludicro  certamine  quadrigis  victor  Etrusci  generis  iuvenis  Veiis 
consternatis  equis  excussus  Bomae  periit  etc.,  und  auf  der  unrichtigen  Vor- 
stellung, dass  die  Strasse  von  Veji  nach  Rom  auch  in  den  ältesten  Zeiten 
schon  durch  das  nördlich  vom  Kapitel  gelegene  Thor  führte.  Vergl.  Plinius 
N.  H.  Vni  161,  Solin.  45.  15.  Beckeb,  de  Romae  veteris  muris  atque 
portis  p.  70.  Richtiger  hat  Hülsen,  Rhein.  Mus.  1894  p.  411  (Zur 
Topographie  des  Quirinals)  hierher  die  Porta  Fontinalis  gesetzt,  die  man 
früher  auf  der  Höhe  des  Quirinals  (bei  Monte  Magnanapoli)  annahm.  Von 
ihr  ging  eine  Porticus  zur  Ära  Martis.  Liv.  XXXV  10  (aedües)  porticum 
ab  porta  Fontinali  ad  Martis  aram,  qua  in  campum  iter  esset,  perduxerunt 
(Mitt.  des  Inst.  1889  p.  275).  Durch  das  Thor  führte  die  nächste  Ver- 
bindung zwischen  dem  Forum  und  dem  Marsfelde.  Vor  dem  Thore  ist 
noch  erhalten  das  Orab  des  Bibulus. 

4—6.  Die  drei  Thore  des  Quirinalis:  4.  die  Porta  San  quäl  is,  so 
genannt  nach  dem  in  der  Nähe  gelegenen  Tempel  des  Semo  Sancus. 
Fest.  343.») 

5.  Porta  Salutaris,  so  genannt  von  dem  in  der  Nähe  gelegenen 
Tempel  der  Salus.  Fest.  326,  327.  Die  Stelle  des  Thores  ist  genau  zu 
bestimmen  durch  das  Grabmal  des  Sempronius  an  dem  von  der  Höhe 
herabführenden  Clivus  Salutis.  Vgl.  Lanciani  Bull.  com.  1876  p.  126 
CIL.  VI  26152.  Auf  das  Thor  führte  der  Vicus  Salutaris  zu.  Vgl. 
Hülsen  Rhein.  Mus.  1894  p.  405. 


»)  Vgl.  Lahoiani  im  Bull.  com.  IV  1876, 
p.  85  ff.  aber  die  Entdeckungen  an  dieser 
Stelle.    Ein  kleiner  Thorbogen  befindet  sich 


noch  jetzt  hier  im  Innern  des  Palazso  An- 
tonelli. 


8.  EntwicklimgBgMohiohte  der  BUdt.    (§  18.) 


45 


6.  Porta  Quirinalis,  so  genannt  von  dem  in  der  Nähe  gelegenen 
Tempel  des  Quirinus.  Auf  Grund  der  von  Ursinus  willkürlich  ergänzten 
Stelle  des  Festus  p.  254:  Quirifnalis  porta  eadem  quae  et  Collina  dicebatur] 
identifizierte  man  sie  früher  mit  der  Porta  Collina.  Wissowa  hat  jetzt 
im  Hermes  XXVII  p.  137  ff.  nachgewiesen,  dass  sie  ein  besonderes  Thor 
gewesen  ist.  Erst  durch  diese  Ansetzung  wurde  es  ermöglicht,  auch  die 
Thore  3 — 5  richtiger  als  bisher  zu  bestimmen. 

7—9.  Die  drei  Wallthore.  Vgl.  Strabo  V  234,  Dionys.  IX  68,  Ap- 
pian  b.  c.  I  58.  7.  Porta  Collina  am  Nordende  des  Walles.  Die  Reste 
dieses  Thores  wurden  beim  Bau  des  Finai^zpalastes  im  Jahre  1872  auf- 
gedeckt. Fortlaufende  Berichte  darüber  in  den  Atti  dei  Lincei  und  dem 
Bull.  com.  Vgl.  namentlich  den  Bericht  Lancianis  Bull.  com.  1876  p.  165  ff. 
nebst  Taf.  XX.  Das  Thor  ist  eins  der  wichtigsten,  da  auf  der  von  ihm 
ausgehenden  Via  Salaria  die  von  Norden  kommenden  Feinde  gegen  Rom 
heranzogen.  Vgl.  0.  Richter,  die  Fabier  am  Cremera,  Hermes  XVII  1882 
p.  436,  Liv.  II  11.     Die  Reste  des  Thores  sind  zerstört  worden. 

8.  Porta  Viminalis  in  der  Mitte  des  Walles.  Vgl.  Festus  376, 
epit.  163.  Über  die  Aufdeckung  des  Thores  berichtet  Lanciani  Bull.  com. 
1876,  p.  168  ff.  nebst  Taf.  XVIII.  Über  der  zum  Thore  führenden  Strasse 
wurde  ein  Bogen  des  Gordianus  errichtet;  vgl.  Lanciani  Itin.  Einsiedl. 
p.  118. 

9.  Porta  Esquilina  am  Südende  des  Walles,  Liv.  II  11.  Censorin. 
17,  8.  Über  die  Ausgrabungen  vgl.  Lanciani,  Bull.  com.  1875,  p.  191  nebst 
Taf.  XX.    An  der  Stelle  des  Thores  steht  der  Ehrenbogen  des  Gallienus. 

10—11.  Die  Thore  am  Caelius.  10.  Porta  Caelemontana.  Er- 
wähnt Liv.  XXXV  9  und  Cic.  in  Pis.  55  und  61.  Vermutungsweise  an- 
gesetzt. Vgl.  GiLBEBTS  Erörterung  über  die  Lage  II  p.  291  Anm.  3  und 
Lanciani,  Itin.  p.  536,  Acque  154. 

11.  Porta  Querquetulana.  Plin.  N.  H.  XVI  37,  Fest.  260,  261. 
Vermutungsweise  angesetzt.  Der  Caelius  hiess  nach  Tac.  ann.  IV  65  ur- 
sprünglich von  den  Eichen,  die  ihn  bedeckten,  Querquetulanus. 

12.  Porta  Capena.  Das  Thor  ist  eines  der  bekanntesten,  es  wird 
oft  genannt,  da  aus  ihm  die  Via  Appia  hinausführte.  Ovid.  fast.  VI  192. 
Juv.  ni  11  Mart.  III  47.  Nach  Serv.  Aen.  VII  697  kommt  der  Name  von 
der  vejentischen  Kolonie  Capena  her  (?).  Das  Thor  selbst  ist  bei  den  im 
Jahre  1867  durch  Parker  veranstalteten  Ausgrabungen  nicht  aufgedeckt, 
wohl  aber  der  Mauerzug,  in  dem  es  am  Abhang  des  Caelius  stand  (vgl. 
den  Plan).0 

13—15.  Die  Thore  am  Aventin  Naevia,  Raudusculana,  Laver- 
nalis.  Die  Hauptstelle  über  sie  ist  Varro  L.  L.  V  163:  sequitur  porta 
Naevia,   quod  in  nemoribus  Naeviis;   etiam  loca,  ubi  ea,  sie  dida.     Deinde 


')  Pabkbb  deckte  im  Jahre  1867  die 
Manerlinie  und  die  Stelle  des  Thores  auf 
(Gori,  Buonarotti  1872  p.  80  ff.)-  Der  be- 
rühmte erste  Meilenstein  der  Via  Appia, 
jetzt  auf  dem  Eapitol,  der  in  der  Vigna  Nari 
vor  Porta  8.  Sebastiano  an  seinem  ursprüng- 
lichen Platze  gefunden  sein  sollte,  den  daher 


Canina,  Jordan  n.  a.  zur  Berechnung  der 
Lage  des  Thores  benutzt  haben,  stand  weder 
an  der  rechten  Stelle  noch  stammt  er  nach- 
weislich von  der  Via  Appia.  Vgl.  Dessau, 
Intomo  la  colonna  miliaria  del  Campidoglio. 
Bull.  d.  Inst.  1882,  p.  121  ff. 


46  B.  Topographie  von  Rom. 

Bauduscula{na)  quod  aerata  fuit  (vgl.  Fest.  epit.  p.  275,  Val.  Max.  V6, 3). 
....  Hinc  Lavernalis  ab  ara  Lavemae^  quod  ibi  ara  eius  (vgl.  Fest, 
epit.  p.  117).  Nach  Livius  II  11  muss  die  Porta  Naevia  möglichst  weit 
nach  Osten  gelegen  haben,  da  sie  dort  mit  der  Porta  GoUina  zusammen 
genannt  wird.  Ausserdem  wird  der  Vicus  portae  Naeviae  zusammen  mit 
dem  Vicus  portae  Raudusculanae  auf  der  kapitolinischen  Basis  in  der 
12.  Region  genannt,  so  dass  beide  Thore  mit  Sicherheit  auf  der  Osthälfte 
des  Aventin,  demzufolge  die  Porta  Lavernalis  auf  der  Westhälfte  anzu- 
setzen sind. 

16.  Porta  Trigemina  am  Fusse  des  Aventin  zwischen  diesem  Berg 
und  dem  Tiberufer,  Hauptausgang  nach  den  dort  befindlichen  Vorstädten. 
Der  Name  ist  nicht  klar,  da  man  nicht  weiss,  ob  damit  ein  Thor  mit 
drei  nebeneinander  befindlichen  Ausgängen  oder  ein  Thor  mit  2  Höfen 
und  3  hintereinanderliegenden  Thoren  bezeichnet  ist.  Der  sicher  sehr 
starke  Verkehr  durch  dieses  Thor  macht  das  erstere,  die  Notwendigkeit 
einer  starken  Befestigung  an  dieser  Stelle  das  letztere  wahrscheinlicher 
(siehe  unten).  Vgl.  E.  Schulze,  Arch.  Zeit.  N.  F.  I  1873  p.  9  flf.,  Taf.  58. 
Das  Thor  wird  häufig  erwähnt.  Vgl.  Solin.  I  8.  Frontin.  de  aquis  5. 
CIL.  VI  9515,  9618,  9488.  Über  Ehrenbogen  an  dieser  Stelle  vgl.  CLL.  VI 
1385,  Jordan,  Top.  II  p.  493  und  530. 

Die  Thore  bestanden,  wie  die  zahlreich  in  anderen  italischen  Städten 
noch  vorhandenen  Anlagen,  aus  einem  langen,  oben  offenen  Thorwege, 
der  nach  aussen  und  nach  der  Stadtseite  durch  starke  gewölbte  Thore 
abgeschlossen  war.  Von  der  Aussenansicht  gibt  beispielsweise  das  Thor 
von  Volaterrae  eine  gute  Vorstellung.  Die  an  demselben  angebrachten 
Köpfe  (wahrscheinlich  eine  symbolische  Andeutung  der  Menschen,  die  man 
in  ältesten  Zeiten  lebend  unter  den  Fundamenten  einzugraben  pflegte) 
werden  auch  an  den  römischen  Thoren  nicht  ganz  gefehlt  haben.  Viel- 
leicht hatte  die  Porta  Elaudusculana  ihren  Namen  von  einem  oder  mehreren 
solcher  Bronzeköpfe.  Zwei  Eingänge  sind  nur  bei  der  Porta  Garmen- 
talis  nachgewiesen,  und,  da  in  erster  Linie  das  Interesse  der  Befestigung 
in  Betracht  kam,  gewiss  ursprünglich  sehr  selten.  Eine  derartige  Er- 
weiterung lässt  wohl  sicher  auf  eine  jüngere  Anlage  schliessen.  Sollten 
bei  der  Porta  Trigemina  drei  nebeneinander  liegende  Thore  angenommen 
werden  müssen,  so  würde  auch  dies  eine  jüngere  Anlage  sein.  Über- 
haupt muss  angenommen  werden,  dass  gerade  die  Hauptverkehrsthore 
(wie  eben  namentlich  die  Porta  Carmentalis  und  die  Porta  Trigemina, 
die  nicht  einmal  den  Angriffen  etwaiger  Feinde  ausgesetzt  waren,  wie 
die  Thore  im  Osten)  im  Laufe  der  Zeit  Erweiterungen  erfahren  haben. 
Auch  die  Zahl  der  Thore  war  ursprünglich  geringer.  Stadtanlagen  von 
dem  Alter  des  Servianischen  Roms  pflegen  mit  Thoranlagen  sparsam  zu 
sein.  Als  sicher  kann  u.  a.  angenommen  werden,  dass  die  Aventinthore 
nicht  vor  Besiedlung  dieses  Hügels  angelegt  worden  sind. 

Litteratur:  Lakoiani,  Sülle  mura  e  porte  di  Servio,  Ann.  d.  Inst.  1871  p.  40  ff., 
Mon.  d.  Inst.  Villi  tay.  XXVII.  Darauf  fusst  die  Beschreibung  bei  Jobdan,  Topographie 
I,  1  p.  201  ff.  Die  seitdem  bei  Neubauten  zum  Vorschein  gekommenen  und  demnftchst 
zerstörten  zahlreichen  Reste  sind  teils  in  den  Notizie  d.  scavi,  teils  im  BuUettino  comimale 
beschrieben.    Nachtrag   zu   Lanciani's   Aufsatz   von  Borsart,   Le  mura  e  porte  di  Servio. 


8.  Entwicklnngsgeschlohte  der  SUdt.    (§  19.) 


47 


Bull.  com.  1888  p.  12  ff.  nebst  Taf.  1  und  11.  Erhalten  sind  nur  wenige  Stflcke,  in  erster 
Linie  bemerkenswert  das  auf  Taf.  5  abgebildete  am  Bahnhof,  femer  auf  Piazza  Fanti,  am 
sogenannten  Auditorium  des  Maecenas,  in  der  Via  nazionale  beim  Pal.  Antonelli,  am 
Aventin,  Eapitol  und  einige  andere. 

19.  Das  republikanische  Rom.  Die  Servianische  Mauer  hat  im 
wesentlichen  ein  halbes  Jahrtausend  lang  Form  und  Grenze  der  Stadt  be- 
stimmt. Dass  dies  so  lange  möglich  war,  ist  kein  Beweis  für  die  gennge 
Zunahme  der  Bevölkerung,  die  wenigstens  seit  den  punischen  Kriegen  in 
schnellem  Steigen  war,  sondern  ein  Zeichen,  dass  dieser  aus  Erwägungen 
rein  fortifikatorischer  Natur  hervorgegangene  und  demnach  vom  Terrain 
vorgeschriebene  Mauerring  zur  Zeit  seiner  Anlage  weit  über  die  Grenzen 
der  bewohnten  Zone  hinausgriff,  wie  denn  bekanntlich  der  Aventin  damals 
unbewohnt  war.  Überhaupt  haben  wir  uns  diesen  weiten  Raum  in  den 
ersten  Jahrhunderten  nur  schwach  bevölkert  vorzustellen,  ja  es  war  da- 
mals von  einem  stadtgemässen  Wohnen  in  unserem  Sinne  kaum  die  Rede. 
Trotz  der  spärlichen  Überlieferung  haben  sich  davon  immerhin  einige 
bezeichnende  Andeutungen  erhalten,  wie  z.  B.  die  Erzählung  von  Yalerius 
Poplicola,  der  um  den  Verdacht  der  Tyrannei  zu  vermeiden  sein  Haus 
von  der  Höhe  der  Velia  an  den  Fuss  des  Hügels  verlegte,  was  doch  vor- 
aussetzt, dass  dasselbe  eine  Art  Festung  war,  die  die  Abhänge  des  Hügels 
und  diesen  selbst  beherrschte.  Demnach  müssen  ehemals  einzelne  Höhen 
in  dem  Besitze  mächtiger  Familien  gewesen  sein,  was  natürlich  eine  ge- 
regelte Bebauung  ausschliesst.*)  —  Ferner  waren  ganze  Stadtteile,  nament- 
lich der  Osten  Roms  bis  in  die  historische  Zeit  hinein  mit  Hainen  bedeckt 
und  deshalb  so  gut  wie  gar  nicht  bewohnt.  Dafür  ist,  um  nur  ein  Bei- 
spiel anzuführen  —  die  römischen  Schriftsteller  bieten  sie  in  Menge  — , 
die  aus  dem  3.  Jahrb.  v.  Chr.  stammende  Argeerurkunde  (vgl.  p.  10)  ein 
wichtiger  Beleg.  In  derselben  wird  die  Lage  der  einzelnen  Sacella  mit 
grosser  Umständlichkeit  beschrieben,  z.  B.  apud  aedem  dei  Fidi  in  delubro, 
uH  aeditimus  habere  solet  oder  circa  Minervium,  qua  in  Caelimontem  itur^ 
in  tabemola  est  Während  nun  in  der  Regio  Suburana,  in  der  CoUina  und 
Palatina  diese  Sacella  fast  durchweg  nach  Tempeln  bestimmt  werden,  in 
deren  Nähe  sie  sich  befinden,  so  hat  in  der  Esquilina  die  Urkunde  eine 
ähnliche  Bestimmung  nur  bei  einem  Sacellum;  bei  den  andern  nennt 
sie  keine  Gebäude,  sondern  gibt  eine  unbestimmt  lautende  Orientierung 
nach  Hainen  und  den  zwischen  ihnen  durchführenden  Strassen:  (1)  eis 
lucum  Fagutalem,  sinisfra  via  secundum  merum  est;  (3)  eis  lucum  Esqui- 
linum,  dexterior  via  in  tabemola  est;  (4)  ds  lucum  Esquilinum,  via  dexterior 
in  figulinis  est;  (5)  eis  lucum  Poetelium.  .  .  .  •  Noch  am  Ende  der  Republik 
existierten  wenigstens  die  Reste  von  Hainen,  aber  eingeengt  durch  pro- 
fane Anlagen  und  in  den  meisten  Fällen  ohne  Zweifel  auf  wenige  Bäume 
beschränkt.  Die  Kaiserzeit  tilgte  sie  gänzlich,  wenigstens  kennt  die  Re- 
gionsbeschreibung sie  nicht  mehr. 


0  Es  ist  charakteristisch,   dass  gleiche 

Verhältnisse    im   Mittelalter   wiederkehren, 

wo  die  Bevölkerung  Roms  hei  weitem  den 

ummauerten  Raum   der  Stadt  nicht  auszu- 

im  Stande  war.    Damals  hatten  die 


Barone  die  Ruinen  in  feste  Burgen  ver- 
wandelt und  heherrschten  unter  unaufhör- 
lichen Fehden  den  recht-  und  schutzlosen 
Bürger. 


48 


B.  Topographie  von  Rom. 


Andrerseits  ist  die  Bebauung  der  Stadt,  lange  ehe  an  eine  vollständige 
Besiedelung  des  von  der  Mauer  eingeschlossenen  Terrains  zu  denken  war, 
am  Flusse  über  die  Mauern  hinübergegangen.  Nichts  beweist  besser  den 
bedeutenden  Einfluss,  den  der  Tiber  als  doppelte  Zufuhrstrasse  aus  dem 
Innern  des  Landes  und  vom  Meere  her  in  republikanischer  Zeit  auf  die 
Blüte  Roms  gehabt  hat,  als  die  der  Gesamtentwicklung  der  Stadt  um 
Jahrhunderte  vorauseilende  Ausgestaltung  der  am  Flusse  gelegenen  Quar- 
tiere. Die  Strecke  des  Tiberufers,  die  die  befestigte  Stadt  in  den  Mauer- 
ring aufnehmen  konnte,  musste  im  Interesse  der  Sicherheit  möglichst 
klein  sein.  Sie  beträgt  etwa  300  m  Länge,  so  dass  neben  und  ausser 
den  hier  befindlichen  Navalia  (vgl.  Hülsen,  Foro  Boario,  in  den  Disser- 
tazioni  della  pontificia  Accademia  Romana  1896  p.  242  ff.)  von  den  für 
die  Versorgung  der  Stadt  mit  Lebensmitteln  etc.  erforderlichen  Märkten 
nur  das  Forum  boarium,  der  Viehmarkt,  Platz  innerhalb  der  Mauern 
fand;  der  Gemüsemarkt,  das  Forum  holitorium,  lag  flussaufwärts  ausser- 
halb der  Mauern  vor  der  Porta  Carmentalis,  der  Stapelplatz  für  die  vom 
Meere  heraufkommenden  Waren,  das  Emporium,  flussabwärts  ausser- 
halb der  Porta  Trigemina.  Eine  dichte  Bevölkerung  siedelte  sich  hier 
zwischen  Kapitol,  Palatin  und  Aventin  an  und  breitete  sich,  nicht  ge- 
hemmt durch  den  Zug  der  Servianischen  Mauer,  nach  Norden  und  Süden 
längs  des  Tiberufers  aus.  Der  Bau  der  ersten  Wasserleitung,  der  Aqua 
Appia,  im  Jahre  312  v.  Chr.  durch  den  Censor  Appius  Claudius  gilt 
diesem  Stadtteile;  Frontin,  de  aquae  ductibus  urbis  Romae  5:  Incipit  di- 
stribui  Appia  imo  Publicii  clivo  ad  portam  Trigeminam.  Sehr  bedeutend 
muss  namentlich  die  Vorstadt  vor  der  Porta  Carmentalis  gewesen  sein. 
Sie  hatte  einen  plebejischen  Charakter,  wie  u.  a.  die  hier  auf  den  Flami- 
nischen Wiesen  erfolgte  Anlage  des  Circus  Flaminius  beweist,  der  zur 
Feier  der  plebejischen  Spiele  diente.  Man  darf  annehmen,  dass  diese  Vor- 
stadt sich  allmählich  bis  zu  den  oberen  auf  dem  Marsfelde  angelegten 
Navalia  ausdehnte.  Über  die  Vorstadt  „extra  portam  Flumentanam^ 
siehe  S.  44.  Nicht  genau  bestimmbar  ist  die  ebenfalls  hier  gelegene 
Vorstadt  „in  Aemiliania," ^) 

Bietet  demnach  das  älteste  Rom  ein  Bild,  das  weit  entfernt  ist  von 
dem  einer  Stadt,  die  sich  in  systematischem  Ausbau  eines  Strassennetzes 
entwickelt  hat,  so  sind  doch  ohne  Zweifel  die  Grundlinien  des  späteren 
Ausbaues,  nämlich  die  von  dem  zwischen  Kapitol  und  Palatin  angelegten 
Forum  auslaufenden  Strassen,  alt  und  da  sie  sich  der  Terrainformation 
anschliessen,  auch  durch  grössere  Brände  und  sonstige  Umwälzungen,  von 
denen  wir  hören,  niemals  alteriert  worden.  Zu  diesen  gehört  in  erster 
Linie  die  Sacra  via,  überhaupt  die  älteste  Strasse  Roms.  In  ihrer  wei- 
testen Ausdehnung  begann  sie  bei  dem  östlich  vom  Colosseum  gelegenen 
Sacellum  Streniae,*)  überschritt  die  Velia  an  der  noch  jetzt  durch  den 
Titusbogen  gekennzeichneten  Stelle  (der  summa  sacra  via)  und  senkte  sich 
zum  Eingang  des  Forums  hinab,   der  seit  121  v.  Chr.   durch  den  Fabier- 


')  Varro  RR.  8,  2;  Cicero  ad  Att.  VH 
3,  9;  Liv.  VI  20;  Tac.  ann.  XV  40.  Sueton. 
Claudius    18;    dazu   Becker,   Top.    p.   643. 


MoMMSEN,  Rom.  Forsch.  II,  p.  192. 
«)  Varro  LL.  V,  47. 


Taf.  6. 


SERVIANISCHE  STADT 

a  X  Xfiiruni  WJti^in  \\ 


8.  Sntwioklnngsgesohiohie  der  Stadt.    (§  19.)  49 

bogen  bezeichnet  war.  Von  hier  erreichte  ihre  Fortsetzung,  die  südliche 
Seite  des  Forums  bUdend,  die  Wurzeln  des  Kapitels  und  stieg  als  Clivus 
Gapitolinus  in  der  natürlichen  Einsenkung  zwischen  den  beiden  Gipfeln 
des  Berges,  der  Arx  und  dem  Capitolium,  empor.  Dort  gabelte  sie 
sich.  Der  eine,  ältere  Weg  erreichte  seinen  Endpunkt  auf  der  Arx,  der 
andre  führte  zum  Capitolium,  dem  die  südliche  Kuppe  einnehmenden 
Tempel  des  Jupiter.  Zu  den  ältesten  Strassen  gehörte  auch  die  Nova 
via,  die,  wie  oben  (p.  33)  erwähnt,  auf  dem  Oebiet  des  ältesten  Pome- 
riums  angelegt  war  und  die  Wurzeln  des  Palatins  von  zwei  Seiten  um- 
fasste.  Es  waren  dies  die  beiden  einzigen  Strassen  innerhalb  der  Stadt, 
welche  viae  hiessen,  während  sonst  dieser  Name  nur  den  von  Rom  aus- 
gehenden Landstrassen  eigen  ist.  Die  übrigen  Strassen  hiessen  entweder 
vidj  oder  wenn  sie  auf  die  Hügel  hinaufführten,  clivi  (c.  Gapitolinus,  c. 
Suburanus ;  vgl.  Hülsen,  Nomenclator  p.  20).  Weitere  wichtige,  in  ihrem 
Laufe  zum  Teil  bis  auf  den  heutigen  Tag  wenig  veränderte  Strassenzüge 
waren  der  von  der  Sacra  via  auf  den  Palatin  führende  Clivus,  ferner  der 
vom  Forum  zum  Forum  boarium  hinabführende  Vicus  Tuscus  und  die 
um  die  Wurzeln  des  Kapitels  nach  den  Thoren  (Carmentalis  und  Fontinalis) 
führenden  Strassen,  der  Clivus  Argentarius  und  der  Vicus  Jugarius, 
sowie  die  von  der  Nordseite  des  Forums  empor  zu  den  Thoren  des  esqui- 
linischen  Walles  steigenden  Strassen:  die  Alta  semita,  die  über  den 
Rücken  des  Quirinals  und  der  Vicus  longus,  der  in  dem  Thale  zwischen 
Quirinal  und  Viminal  empor  zur  Porta  CoUina  führte,  ferner  das  Argiletum, 
das  in  das  Thal  der  Subura  zwischen  Esquilin  und  Viminal  führte.  Von 
dieser  gingen  aus:  der  Vicus  Patricius  zur  Porta  Viminalis  und  der 
Clivus  Suburanus  zur  Porta  Esquilina.  Eine  Fortsetzung  der  Sacra  via 
nach  Osten  ist  die  im  Thale  zwischen  Esquilin  und  Caelius  nach  der 
Porta  Caelemontana  führende  Strasse.  Von  ihr  zweigte  sich  eine  quer 
über  den  Caelius  führende  Strasse  ab,  die  zur  Porta  Querquetulana  führte. 
Eine  der  wichtigsten  Strassen  zweigte  sich  von  der  Sacra  via  nach  Süden 
ab  und  lief  zwischen  Palatin  und  Caelius  zur  Porta  Capena,  wo  die  Via 
Appia  ihren  Anfang  nahm.  An  der  Südostecke  des  Palatins  zweigten 
sich  von  ihr  zwei  Strassen  ab,  die  eine  ging  zwischen  Palatin  und  Aventin 
durch  das  Circusthal  zum  Forum  boarium,  die  andere  führte  nach  Süden 
über  den  Aventin,  gabelte  sich  dort  und  führte  zu  der  Porta  Naevia  und 
Raudusculana.  Auch  vom  Forum  Boarium  ausführte  eine  Strasse,  der  Vicus 
Publicius  auf  den  Aventin  und  zur  Porta  Raudusculana  (vgl.  Tafel  6). 

Die  Strassen  waren  schmal,  im  Durchschnitt  4  m  breit;  auch  die 
breitesten  und  frequen testen  überschritten  nicht  die  Breite  von  6  bis  7  m. 
Unter  ihnen  waren  anfönglich  die  Sacra  via  und  die  Nova  via  die  ein- 
zigen mit  Pflaster  versehenen.  Erst  vom  3.  Jahrhundert  v.  Chr.  an  erhalten 
allmählich  die  Hauptstrassen  Pflaster  (vgl.  Jordan,  Top.  I  1  p.  522).  Mit 
diesem  Zustand  der  Strassen,  namentlich  mit  der  Enge,  hängt  es  zusam- 
men, dass,  wenige  Ausnahmen  abgerechnet,  das  Fahren  innerhalb  der 
Stadt  verboten  war  (vgl.  Jordan,  Top.  II  p.  513). 

Die  Häuserquartiere  hatten  zumal  in  ältester  Zeit  einen  eigenartigen 
Charakter  dadurch,   dass  nach   einem  Gesetze,   welches  die  zwölf  Tafeln 

Handbuch  der  Uass.  AltertamswimenBchaft.    III,  3,  B    2.  Aufl.  4 


50  B.  Topographie  Ton  Born. 

enthielten,  die  einzelnen  Häuser  (insulae)  von  einander  durch  einen  vor- 
geschriebenen ambÜMs  getrennt  waren,  eine  Bauweise,  die  erst  ganz  all- 
mählich in  Wegfall  gekommen  ist.  Dann  gliederten  sich  Gruppen  von 
Häusern  zu  vici  zusammen,  die  ein  in  sich  geschlossenes  Ganze  bildeten 
und  ursprünglich  durch  Thore  abgesperrt  werden  konnten,  daher  auch 
nach  Varro  LL.  V  159  zur  Zeit  der  Punischen  Kriege  im  Vicus  Africus 
Geiseln  detiniert  wurden.  Der  Name  des  Vicus  umfasste  offenbar  die 
Hauptstrasse  sammt  den  Nebengassen  {angiportus,  semita,  pergula  Durch- 
gang) ;  eine  besondere  Behörde  hatten  sie  in  den  magistri  vicorum.  Religiöser 
Mittelpunkt  der  Vici  waren  die  auf  den  compüa  (Kreuzwegen)  befindlichen 
Larenkapellen;  als  Hauptsammelpunkt  der  ,,vicini*^  waren  die  Gompita  u.  a. 
auch  die  Stätten  volkstümlicher  Belustigungen,  der  ludi  compüaliciL^) 

Von  den  erhaltenen  Strassennamen  (das  Verzeichnis  in  Hülsens 
Nomenciator  weist  allein  hundert  vici  auf)^)  sind  eine  Anzahl  sicher 
republikanischen  Ursprungs.  Von  diesen  sind  mehrere  nach  Handwerken 
genannt,  wie  der  clivus  argentarius,  der  vicus  frumentarius  (Bas.  Gapit. 
reg.  XIH),  lorarius  (CiL.  VI.  9796),  materiaHus  (Bas.  Capit.  reg.  XEI), 
sandalianus  (Sueton.  Aug.  57.  Gell.  XVHI  4,  1.  CIL.  VI  448.  761)  etc., 
andere  nach  den  Namen  plebejischer  Geschlechter,  die  entweder  in  diesen 
Gassen  gewohnt  haben,  oder  es  sind  die  Namen  plebejischer  Beamten,  die 
den  Bau  der  Strassen  ausführten.  Varro  LL.  V  158:  Clivos  Publicius  ab 
aedilibus  plebei  Publicis,  qui  cum  publice  aedificarunt,  Simili  de  causa 
Pullius  et  Cosconius,  quod  ab  his  viocuris  dicuntur  aedificati;  vgl.  Pestus 
238.  Frontin  de  aq.  5.  Noch  andere  führen  ihre  Namen  von  historischen 
oder  lokalen  Beziehungen,  wie  der  vicus  loreti  (Bas.  Capit.  XIII)  und  der 
vicus  Piscinae  publicae  (Bas.  Cap.  XII). 

So  wenig  wir  im  einzelnen  über  die  Entwicklung  des  republika- 
nischen Roms  unterrichtet  sind,  so  lassen  sich  doch  gewisse  Abschnitte 
deutlich  erkennen.  Ein  solcher  Abschnitt  tritt  am  Ende  des  4.  Jahr- 
hunderts V.  Chr.  ein.  Drei  grosse,  sicher  epochemachende  Werke  werden 
in  dieser  Zeit  geschaffen,  die  steinerne  Ringmauer  (vgl.  oben  p.  48),  die 
erste  Wasserleitung,  aqua  Appia,  und  die  erste  Heerstrasse,  via  Appia. 
Es  ist  als  sicher  anzunehmen,  dass  uns  nur  die  hervorragendsten  und 
originellsten  Bauten  dieser  Zeit  bekannt  sind,  dass  aber  eine  umfassende, 
in  neuen  Ideen  sich  bewegende  Bauthätigkeit  damals  aufkam. 

Wichtiger  ist  der  Abschnitt,  der  mit  der  Beendigung  der  make- 
donischen Kriege  in  der  ersten  Hälfte  des  2.  Jahrhunderts  v.  Chr.  anhebt. 
Auch  diese  Zeit  ragt  durch  die  Schaffung  bisher  in  Rom  nicht  bekannter 
Profanbauten  hervor.  Damals  wird  die  erste  Basilica  von  Cato  (184) 
gebaut,  der  bald  andere  folgten,  die  Fulvia  (179)  und  die  Sempronia  (170). 
Über  die  behördliche  Thätigkeit  für  die  Bedürfnisse  der  Stadt  berichtet 
Livius  XL  51  aus  dem  Jahre  179  und  XLI  27  aus  dem  Jahre  174.    Diese 

')  Vgl.    Etssenhabdt,   Epistula   urbica   I  vorwiegend  Strassennamen  meine,  wenn  sie 


1879;  Prellbr,  Mythologie  II»  p.  109  ff.;  0. 

Richter,  Insula,  Hermes  XX,  1885  p.  91  ff. 

^)  Lanciasi,  Bull.  com.  1890  p.  125  ff.  ist 

der  Ansicht,   dass   die  Regionsbeschreibung 


Denkmftler  oder  Gebftude  anführe,  dass  z.  B. 
mit  Camenas  gemeint  sei  vicus  Game- 
narum,  mit  Vestam  vicus  Vestae  et^ 


8.  SntwioklnngsgMohioht«  der  Stadt.    (§  19.)  51 

erstreckte  sich  zunächst  auf  eine  durchgehende  Pflasterung  der  Strassen, 
von  denen  die  auf  das  Eapitol  führende  auch  mit  einer  Porticus  versehen 
wurde,  deren  Fundamente  sich  zum  Teil  noch  erhalten  haben.  Sie  erstreckte 
sich  femer  auf  die  Wiederherstellung  und  den  Ausbau  des  Kloakensystems. 
Die  Cloaca  maxima,  der  Überlieferung  nach  von  den  Tarquiniern  zur 
Entwässerung  des  ursprünglich  sumpfigen  Forums  angelegt,  im  Altertum 
der  Sammler  aller  von  den  römischen  Hügeln  abfliessenden  Wasser,  er- 
hielt damals  im  wesentlichen  die  noch  jetzt  bestehende  Gestalt.  Der  Lauf 
der  Cloaca  zeigt,  dass  sie  ein  kanalisierter  natürlicher  Wasserlauf  ist. 
Eine  ganz  gleichartig  gebaute  Kloake,  die  der  Entwässerung  der  Vor- 
stadt vor  der  Porta  Carmentalis  diente  und  aus  der  Nähe  des  Circus 
Flaminius  zum  Tiber  geht,  stammt  ebenfalls  aus  jener  Zeit.^) 

Besondere  Aufmerksamkeit  aber  wurde  der  Tiberseite  geschenkt,  da 
wohl  zu  keiner  Zeit  die  Leistungsfähigkeit  dieser  Wasserstrasse  mit  den 
Bedürfnissen  der  Stadt  mehr  in  Einklang  stand  wie  damals.  Von  ein- 
schneidender Wichtigkeit  war,  dass  man  hier  die  Abgeschlossenheit  auf- 
gab und  zur  Entlastung  der  auf  sofortigen  Abbruch  berechneten,  aber  für 
den  Verkehr  unzulänglichen  Holzbrücke  den  Fluss  mit  einer  steinernen 
Brücke  überspannte.  Diese  wurde  im  Jahre  179  v.  Chr.  oberhalb  des 
Pens  Sublicius,  den  abzutragen  religiöse  Bedenken  verboten,  angelegt 
(Pens  Aemilius,  der  nachmalige,  jetzt  auch  abgetragene  Ponte  rotte).  Zu- 
erst begnügte  man  sich  mit  steinernen  Pfeilern,  über  die  Holzbalken  ge- 
legt wurden,  im  Jahre  142  v.  Chr.  wurde  sie  ganz  aus  Stein  erbaut.  Um 
den  dadurch  geschaffenen  stehenden  Übergang  militärisch  zu  sichern, 
wurde  auf  dem  Janiculum  eine  Festung  angelegt,  ein  Aussenf  ort,  das 
erst  durch  den  Aurelianischen  Mauerbau  im  3.  Jahrhundert  n.  Chr.  mit 
der  Stadt  am  linken  Ufer  durch  Mauern  verbunden  wurde  (0.  Richter, 
Die  Befestigung  des  Janiculum.  Berlin  1882).  Gleichzeitig  mit  dem  Pens 
Aemilius  wurde  ein  zum  Janiculum  führender  Viadukt  angelegt,  dessen 
Reste,  Fundamente  von  Tuff  blocken,  im  Jahre  1889  aufgedeckt  worden  sind 
(Bull.  com.  1889  p.  495  flf.,  1890  p.  8  flf.,  p.  57  flf.,  Rom.  Mitt.  1891  p.  146). 
Die  Quadern  sind  ohne  Mörtel  und  sehr  genau  gefugt;  die  Strasse  hat  eine 
Breite  von  20  Fuss  römisch.  Frühestens  um  dieselbe  Zeit  wurde  ein  zweiter 
Übergang  über  den  Tiber  geschaffen,  der  direkt  von  der  volkreichen  Vorstadt 
vor  der  Porta  Carmentalis  über  die  Insel  hinweg  führte.  Die  Insel  selbst 
war  schon  seit  dem  Jahre  292  v.  Chr.,  wo  daselbst  ein  Äskulapheiligtum 
gegründet  wurde,  durch  eine  Holzbrücke  mit  dem  linken  Tiberufer  ver- 
bunden. Jetzt,  nach  Anlage  der  Festung  auf  dem  Janiculum,  verband 
man  sie  auch  mit  dem  rechten  Ufer,  zunächst  durch  eine  Holzbrücke.  Im 
Jahre  62  v.  Chr.  wurde  dann  die  erstere  durch  eine  steinerne  Brücke  er- 
setzt, den  Pens  Fabricius,  nicht  lange  danach  auch  die  andere  durch 
den  Pons  Cestius.*)  —  Von  Wichtigkeit  war   endlich   die  VervoUständi- 


')  Vgl.  F.  Narducoi,  Fognatara  della 
cittb  di  Roma  sulla  sinisixa  del  Tevere  1884. 
Roma  sotterranea;  Ülustrazione  della  Cloaca 
massima  1885;  0.  Richtkr,  Cloaca  maxima 
in  Rom.  Alte  Denkmäler,  I  Taf.  37;  Hülsen, 
Rom.  Mitt.   1891,  p.  86;  R.  Lakciawi,  La      p.  41  Anm.  1 

4 


cloaca  massima.    Bull.   com.  1890,  p.  95  ff. 
nebst  Taf.  VH,  VIU. 

*)  Vgl.  0.  Richter,  Die  Befestigung  des 
Janiculnm,  Berlin  1882.  Die  weiteren  Stellen 
über  die  Entwicklung  des  Brückenbaus  vgl. 


52 


B.  Topographie  von  Rom, 


gung  der  Wasserleitungen,  indem  zu  den  beiden  bis  dahin  vorhandenen, 
der  Aqua  Appia  aus  dem  Jahre  312  v.  Chr.  und  dem  für  den  Esquilin 
bestimmten  Anio  vetus  aus  dem  Jahre  272  v.  Chr.,  eine  dritte,  die  Aqua 
Mareia  für  das  Kapitel,  begonnen  durch  Q.  Marcius  Rex  im  Jahre  144 
V.  Chr.,  und  eine  vierte,  die  Aqua  Tepula,  die  ebenfalls  bis  zum  Kapitel 
geführt  wurde,  im  Jahr  125  v.  Chr.  traten,  i) 

Die  Bevölkerung  Roms  nahm  im  Laufe  des  2.  und  1.  Jahrhunderts  der- 
artig zu,  dass  zur  Zeit  Sullas  der  Umkreis  der  Servianischen  Mauer  völlig 
bebaut  war.  Seit  jener  Zeit  strebt  die  Stadt  nach  allen  Seiten  über  die 
Mauer  hinaus,  und  diese  selbst  beginnt  allmählich  in  den  an  sie  sich  an- 
lehnenden Häusern  zu  verschwinden.  Dionysius  bezeugt  für  seine  Zeit, 
dass  die  Mauer  nur  noch  schwer  aufzufinden  war,  der  esquilinische  Wall 
aber  war  zum  Spaziergange  geworden  (Hör.  sat.  I,  8.  15).  Die  Stadt  bot 
in  diesem  Stadium  der  Entwicklung  keinen  schönen  Anblick.  Rasch  auf- 
geschossen und  planlos  entwickelt,  zeigte  sie  ein  unerfreuliches  Gewirr 
von  engen  Strassen  und  Gassen.^)  Auch  die  öffentlichen  Gebäude  waren 
unansehnlich,  die  Tempel  niedrig,  in  tuskanischem  Stile  erbaut,  das  Material 
Tuff  mit  Stucküberzug,  nur  einzelne  Bauglieder  aus  Travertin.  Dazwischen 
erhoben  sich  als  Vorboten  einer  neuen  Zeit  vereinzelte  Paläste  {domus)^ 
meist  auf  dem  Palatin  und  in  dem  Quartier  vor  der  Porta  Flumentana, 
die  mit  kostbaren,  aus  Griechenland  herbeigeschafften  Säulen  geschmückt 
waren,  aber  wohl  mehr  einen  prunkvollen  als  künstlerisch  bedeutenden 
Eindruck  machten.  Erst  seit  Sullas  Zeit  beginnt  Rom  sich  mit  gross- 
artigen öffentlichen  Gebäuden  zu  schmücken;  hervorragend  und  zum  Teil 
bis  jetzt  erhalten  sind  das  Tabularium,  das  die  ganze  Westseite  des 
Forums  einnahm,  und  die  Bauten  des  Pompejus  auf  dem  Marsfelde.  Haupt- 
schmuck der  Stadt  waren  die  Zeugnisse  ruhmvoller  Kriegsthaten  in  zahl- 
reichen Statuen  und  Siegesdenkmälern,  welche  Strassen  und  Tempel 
schmückten,  im  übrigen  aber  war  sie  als  ganzes  hässlich;  selbst  ein  Patriot 
wie  Cicero  urteilt  wegwerfend  über  die  Armseligkeit  des  Baumaterials  de 
divin.  H  47,  99:  in  latere  aut  in  cemento,  ex  quibus  urbs  effecta  est  und  die 
Unschönheit  ihres  Aussehens  de  lege  agr.  H  35,  96:  Bomam  in  montibus 
positam  et  convallibus,  cenaculis  sublatam  atque  suspensam,  non  optimis  viis, 
angustissimis  semüis  prae  sua  Capua  planissimo  in  loco  explicata  ac  prae  Ulis 
semitis  irridebunt  atque  contetnnent  Die  periodisch  sich  wiederholenden 
Überschwemmungen  des  Tiber  richteten  bei  dem  schlechten  Material,  aus 
dem  die  Häuser  gebaut  waren,  stets  grosse  Verwüstungen  in  den  dem 
Flusse  zunächst  gelegenen  Quartieren  an;  nicht  geringerer  Gefahr  war  die 
Stadt  durch  häufige  Brände  ausgesetzt,  die  nur  allzu  günstigen  Boden 
fanden.  Von  sieben  grösseren  Bränden,  die  sämtlich  in  den  Quartieren 
am  Tiber  und  um  das  Forum  ausbrachen  und  gewöhnlich  mehrere  Tage 


')  Litterator  über  die  römischen  Wasser- 
leitungen: Fabrbtti,  De  aquis  et  aquaeduc- 
tibus  veteris  Romae  1680;  Cassio,  Corso  delle 
acque  antiche  etc.  1756;  Lanciani,  I  com- 
mentarii  di  Frontino  intomo  le  acque  e  gli 
acquedotti.  Atti  dei  Lincei  1880.  Seitdem 
sind  noch  weitere  £ntdeckangen,  namentlich 


auf  dem  Esquilin  gemacht  worden,  worflber 
in  den  Not.  degli  scavi  und  im  Bull.  com. 
berichtet  ist. 

*^)  Über  Verbot  des  Fahrens  in  der  Stadt 
sowie  die  Strassenreinigung  vgl.  Nissen  im 
Rhein.  Mus.  1894  p.  287. 


8.  BntwioklnngsgMohiohte  der  Stadt.    (§  20.) 


53 


dauerten,  wissen  wirJ)  Und  über  alledem  lagerte  sich  das  Elend,  welches 
ein  dreissigjähriger  Bürgerkrieg  bringen  musste;  Augustus  berichtet  im 
Monumentum  Ancyranum,  er  habe  nicht  weniger  als  zweiundachtzig 
Tempel,  die  in  Verfall  gewesen  seien,  wieder  hergestellt.') 

20.  Die  Stadt  der  yierzehn  Regionen.  Das  Zeitalter  des  Augustus 
brachte  für  Rom  eine  neue  Epoche.  Die  Stadt  war  längst  eine  offene 
geworden,  ohne  doch,  soviel  wir  wissen,  eine  neue  Einteilung  erhalten  zu 
haben.  Augustus  vollzog  die  Eingemeindung  der  Vorstädte  und  teilte  die 
ganze  Stadt  im  Jahre  7  v.  Chr.  in  vierzehn  Regionen  (Suet.  Aug.  30, 
Dio  Cass.  LV  8).  Namen  hatten  die  Regionen  ursprünglich  nicht,  sondern 
wurden  gleich  den  Teilen  der  Vierregionenstadt  mit  Zahlen  bezeichnet; 
so  unter  anderm  bei  Frontin  79  und  Suet.  Domit.  1;  so  auch  auf  der 
kapitolinischen  Basis  und  vielfach  auf  Inschriften.  Die' Namen  sind  wohl 
erst  allmählich  entstanden  und  zum  Teil  aus  volkstümlichen  Bezeichnungen 
hervorgegangen. 

Die  Einteilung  war  folgende:')  I  {PoHa  Capena)  umfasste  das  Thal 
zwischen  Palatin  und  Gaelius  und  den  ausserhalb  der  Servianischen  Mauer 
vor  der  Porta  Capena  zwischen  dem  Caelius  und  dem  Aventin  gelegenen 
Terrainabschnitt,  das  Oebiet  der  Via  Appia  bis  südlich  zum  Almo,  II  {Caeli- 
montium)  den  Caelius,  III  {Isis  et  Serapis)  den  Oppius  und  das  Thal  zwi- 
schen Caelius  und  Oppius,  IV  {Templum  Pacis)  den  Cispius,  die  Subura 
und  die  Sacra  via,  V  (Esquüiae),  das  östlich  vom  Servianischen  Wall  ge- 
legene Hochplateau  des  Esquilin,  VI  {Atta  Semita)  den  Viminalis,  Quirinalis 
und  das  Thal  zwischen  Quirinalis  und  dem  Pincio  nebst  dem  östlichen 
Teil  dieses  Hügels,  VH  {Via  Lata)  und  IX  {Circus  Flaminius)  das  Feld 
zwischen   der  Grenze  der  VI.  Region,   dem  Kapitel   und  dem  Tiber;    die 


')  ZasammeDstellnng  bei  Jordan,  To- 
pogr.  I  1  p.  482,  Anm.  2.  Zu  denselben 
gehört  die  Einäscherung  Roms  durch  die 
Gallier  (Liv.  V  41.  42)  nicht.  Die  erheb- 
lichen Zweifel  an  dieser  Katastrophe  sind 
▼on  Tboürst  (Jahrb.  f&r  klass.  Philologie 
11.  Supplementband  p.  164  ff.)  ausführlich 
behandelt. 

*)  Umfassende  Wiederherstellungen  Rö- 
mischer Tempel  sind  auch  in  der  Folge  nicht 
selten.  Auffallender  Weise  ist  schon  unter 
Tiberius  wieder  eine  nötig,  vgl.  Tac.  ann. 
II  49.  Yespasian  heisst  auf  der  Inschrift 
CIL.  Vr  1,  934  restüutor  (ledium  sacrarum, 
von  Hadrian  sagt  Spartian  19:  sacnu  aedes 
plurimas  cansecravit.  Die  letzte  grossartige 
Wiederherstellung  unter  Severus  und  den 
Seinigen  bezeugen  die  noch  an  den  Gebäuden 
erhaltenen  Inschriften  CIL.  VI  1.  1031  ff. 
Vgl.  Spartian,  Severus  23;  Dio  Cassius  Epit. 
LXXVi,  16. 

^)  Die  hauptsächlichen  die  Einteilung 
Roms  in  die  14  Regionen  behandelnden 
Schriften  siehe  p.  8  Anm.  1.  Lanuiani  fahrt 
in  der  dort  angeführten  Schrift:  Ricerche 
suUe  XIY  regioni  nrbane  Bull.  com.  1890 
p.  1 15  ff.  die  auch  von  mir  in  der  ersten  Auflage 


ausgesprochene  und  in  meinem  Plane  dar- 
gestellte Ansicht,  dass  die  Grenzen  der  Re- 
gionen durch  die  grossen  zu  den  Thoren  füh- 
renden Strassen  und  den  Gang  der  Servius- 
mauer  gebildet  werden,  nfther  aus.  Einen 
wesentlichen  Eortschritt  in  der  Feststellung 
der  Regionsgrenzen  machte  Hülsen,  Mitt.  d. 
Inst.  1891  p.  308  ff.  durch  den  Nachweis, 
dass  der  Viminal  nicht  zur  vierten, 
sondern  zur  sechsten  Region  gehört  habe, 
und  Rhein.  Mus.  XLIX  p.  422  durch  den 
Nachweis,  dass  die  sechste  Region  nicht 
mit  der  Serviusmauer  abgeschnitten  habe, 
sondern  sich  bedeutend  über  diese  erstreckt 
habe.  Für  den  ersten  Punkt  ist  beweisend 
die  Lage  der  in  der  VI.  Region  genannten 
Gallinae  albae,  die  an  der  SQdspitze  des 
Yiminals  zu  suchen  sind,  fOr  den  zweiten 
Punkt  die  Lage  der  in  der  VI.  Region  ge- 
nannten Sallustischen  Gürten  imd  des  Tem- 
pels der  Flora  ausserhalb  der  Servianischen 
Mauer.  Sonach  bekommen  die  IV.,  VI.  und 
VII.  Region  wesentlich  andere  Grenzen.  Ich 
folge  in  der  Ansetzung  dieser  sowie  der 
ersten  Region,  die  sich  vermutlich  bis  an 
den  Eonstantinsbogen  erstreckte,  Httlsen. 


54 


B.  Topographie  von  Bom. 


Scheide  zwischen  den  beiden  Regionen  machte  die  Via  lata,  VIII  (Forum 
Romanum  vel  magnum)  das  Kapitel  und  die  Fora,  X  [Palatium)  den  Palatin, 
XI  (Circus  Maximtis)  den  Circus  Maximus  und  die  Niederung  am  Tiber 
zwischen  Kapitel,  Palatin  und  Aventin,  XII  {Piscina  publica)  die  östliche 
Höhe  des  Aventin,  XIU  (Aventinus)  die  westliche  Höhe  des  Aventin  und 
die  Ebene  am  Tiber  (Mens  Testaceus),  XIV  (Trans  Tiberim)  das  Gebiet 
auf  dem  rechten  Ufer  des  Tiber  (Trastevere). 

Wie  weit  die  an  der  Peripherie  liegenden  Regionen  sich  nach  aussen 
zur  Zeit  des  Augustus  erstreckten,  ist  nicht  mehr  nachzuweisen.  Unsere 
Kenntnis  von  der  Ausdehnung  der  Regionen  geht  nicht  über  die  Neuordnung 
des  Vespasian  (Plinius  N.  H.  IH  65 — 67)  hinaus.  Es  ist  anzunehmen,  dass 
zwischen  Augustus  und  Vespasian  eine  nicht  unerhebliche  Entwicklung  liegt. 
Auch  würde  Plinius  die  Neuordnung  und  Vermessung  des  Vespasian  nicht 
so  betont  haben,  wenn  die  damals  neu  vermessene  Stadt  nicht  einen  anderen 
Umfang  gehabt  hätte  als  zur  Zeit  des  Augustus,  man  müsste  denn  annehmen, 
dass  die  Vermessung  des  Vespasian  überhaupt  die  erste  war.  Dass  die 
St^dtgrenze  zur  Zeit  des  Augustus  durch  eine  Zollmauer  bezeichnet 
wurde,  wird  durch  die  p.  60  darzulegende  Neuordnung  des  Vespasian 
wahrscheinlich.  —  Eine  noch  nachweisbare  Verschiebung  der  Grenzen  der 
Vni.  und  IX.  Region  trat  durch  die  Anlage  des  Forum  Traiani  ein. 

Innerhalb  der  Regionen  war  der  Polizeidienst  so  geordnet,  dass  auf 
die  vierzehn  Regionen  sieben  Gehörtes  vigilum  kamen,  die  in  ebensoviel 
Kasernen  und  14  excubitoria  lagerten.  Von  ersteren  sind  inschriftlich  be- 
zeugt (vgl.  den  Plan  von  Rom):  die  I.  in  der  siebenten  Region,  die  II.  in 
der  fünften  Region,  die  UI.  in  der  sechsten  Region, >)  die  IV.  in  der 
zwölften  Region,  die  V.  in  der  zweiten  Region;  die  VI.  lag  nach  der 
Notitia  in  der  achten,  die  VII.  in  der  vierzehnten  Region.  Ausser  der  ü. 
liegen  die  nachweisbaren  Kasernen  in  der  unmittelbaren  Nähe  der  Servia- 
nischen Mauer.  Dies  und  die  mit  den  Zahlen  der  Regionen  nicht  über- 
einstimmende Bezifferung  lässt  darauf  schliessen,  dass  Augustus  seine 
neue  Einrichtung  an  eine  früher  vorhandene  uns  nicht  bekannte  anschloss, 
wie  denn  wohl  nicht  anzunehmen  ist,  dass  Rom  vor  Augustus  polizeilicher 
Einrichtungen  überhaupt  entbehrt  habe.^)  Die  naturgemässe  Verbindung  je 
zweier  Regionen  zu  einem  Polizeibezirk  ergibt  die  Zusammenlegung  von 
IX  und  Vn,  VI  und  IV,  V  und  HI,  H  und  I,  XH  und  XIH,  VIII  und  X, 
XI  und  XIV.  3) 


M  Vgl.  über  üire  Lage  bei  der  Porta 
Virninalis  Hülsen  im  Rhein.  Mos.  XLIX  p.  41 7 
Anm.  1  und  p.  421. 

>)  Vgl.  MoKMSBN,  Staatsrecht  II  611  ttber 
die  V  viri  eis  Tiberim. 

*)  Schwierigkeit  bereitet  ein  inschrift- 
liches Zeugnis  (CIL.  VI  1.  3052),  nach  dem 
die  vierzehnte  und  nennte  Region  verbunden 
gewesen  zu  sein  scheinen.  In  einem  Graf- 
fito  des  Excubitoriums  der  7.  Kohorte  in 
Trastevere  (XIY.  Reg.)  wird  nämlich  termis 
Ner(oniani8)  erwähnt,  also  der  Dienst  bei 
den  Thermen  des  Nero  in  der  IX.  Region. 
Wahrscheinlich  handelt  es  sich  hier  aber  um 


eine  Verlegung  der  Truppen;  die  Zusammen- 
gehörigkeit von  IX  und  XIV  ist  widersinnig. 
Denn  dann  mÜsste  die  siebente,  die  sonst 
nur  an  Regionen  stöSAt,  in  denen  sich  Ko- 
horten befanden  (VIII  und  VI),  für  sich, 
und  daf&r  XI,  XII  und  XIII  unter  einer 
Kohorte,  der  vierten,  vereinigt  gewesen  sein. 
Dies  ist  aber  bei  der  sicher  nicht  zufälligen 
Zahl  von  sieben  Kohorten  fOr  vierzehn  Re- 
gionen kaum  glaublich.  Ausserdem  liegt  die 
erste  Kohorte  hart  an  der  Grenze  der  sie- 
benten und  neunten  Region,  diente  aJso 
sicher  f&r  diese  beiden.  Litteratur:  G. 
B.  DB  Rossi,  Le  stazioni  delle  sette  coorti 


8.  EtttwioklimgBgeBchiohie  der  Stadt.    (§  20.) 


55 


Unterabteilungen  der  Regionen  waren  die  Yici.  Augustus  belebte 
den  Kultus  der  Lares  compitales  neu,  indem  er  den  beiden  Laren  den 
Genius  Augusti  hinzufügte.^)  Als  Beamte  fungierten  anfangs  vier 
Magistri  für  jeden  Yicus,^)  zur  Zeit  Konstantins  hat  jede  Region  ohne 
Rücksicht  auf  die  stark  schwankenden  Zahlen  der  Yici  48  Magistri  und 
2  Guratores.')  Mit  dieser  wesentlich  aus  polizeilichen  Gründen  getroffenen 
Einrichtung,  die  im  Jahre  8  v.  Chr.  ins  Leben  getreten  ist,  hängt,  wenn 
nicht  organisch,  so  doch  notwendig  die  in  sehr  umfassender  Weise  be- 
thätigte  Fürsorge  des  Augustus  für  Kloaken  und  Wasserleitungen  zu* 
sammen.  Erstere  wurden  durch  Agrippa  einer  gründlichen  Reinigung  und 
Wiederherstellung  unterzogen,  die  Wasserleitungen  wurden  vermehrt.  Zu 
den  vier  vorhandenen  Leitungen  kamen  unter  Augustus  die  Aqua  Julia 
(33  V.  Chr.),  die  mit  der  Tepula  und  Marcia  an  dem  Tempel  der  Spes 
vetus  zusammentraf  und  in  ihrem  letzten  Teile  auf  denselben  Bögen  über 
den  Esquilin  der  Stadt  zugeführt  wurde,  die  Aqua  Yirgo  (19  v.  Chr.), 
die  für  das  Marsfeld  bestimmt  war,^)  und  die  Alsietina  (2  v.  Chr.)  am 
rechten  Tiberufer,  bestimmt  zur  Speisung  einer  hier  angelegten  Naumachie. 
Gleiche  Sorgfalt  widmete  Augustus  der  Reinigung  des  Flussbettes  und  der 
Instandhaltung  seiner  Ufer,'^)  in  allen  diesen  Unternehmungen  unterstützt 
durch  das  grossartige  Talent  seines  Kriegsgenossen  und  Schwiegersohnes 
Agrippa. 

Auch  baugeschichtlich  begann  damals  für  Rom  eine  neue  Zeit.  Im 
Yordergrund  stand  die  schon  von  Caesar  angebahnte  würdige  Ausschmückung 
des  Forums.  Der  Neubau  der  Curie  und  der  Basilica  Julia,  der  Umbau 
des  Castor-  und  Concordientempels,  das  am  Ostende  des  Marktes  errichtete 
Heroon  des  Divus  Julius  und  endlich  die  durch  die  Yerlegung  der  Redner- 
bühne bewirkte  Yereinigung  von  Comitium  und  Forum  zu  einem  Platze 
schufen  dieses  Zentrum  des  Yerkehrs  in  würdiger  Weise  um  und  gaben 
ihm  ein  völlig  neues,  prächtiges,  in  sich  abgeschlossenes  Gepräge.  Ein 
zweiter  Gedanke  zur  Yerschönerung  der  inneren  Stadt  war  ebenfalls  von 
Caesar  durch  die  Gründung  des  Forum  Julium  im  Norden  des  grossen 


dei  vigfli  nella  cittä  dl  Roma.  Ann,  d.  Inst. 
1858  p.  265  ff.  891  f.  Das  inschriftliche 
Material  CIL.  VI  1.  2959—8090. 

»)  Prblleb,  Mythol.  IP  p.  113,  Suet. 
Aug.  81. 

*)  So  die  Yici  der  kapitoUmschen  Basis, 
Jobdan,  Top.  II,  p.  585  ff. 

")  Heber  die  im  Laufe  der  Jahrhmiderte 
wechselnde  Anzahl  der  vici,  domus  und  in- 
sulae  vgl.  Lanoiani,  Bull.  com.  1890  p.  121  ff., 
sowie  ttber  den  Wechsel  in  der  Bedeutung 
des  Wortes  insula  vgl.  Richter,  Insula, 
Hermes  XX  p.  91  ff. 

*)  Gatti,  Degli  avanzi  dell'  acquedotto 
Vergine.    Bull.  com.  XVI,  1888  p.  61  ff. 

')  Schon  in  republikanischer  Zeit  war 
ein  durch  Terminationscippen  bezeichneter 
Streifen  zu  beiden  Seiten  des  Flusses  frei- 
gelassen. Die  frühesten  der  wieder  zum 
Vorschein  gekommenen  Steine  stammen  von 
der  Termiuation  der  Censoren  M.  Valerius 


Messalla  und  P.  Servilius  Isauricus  aus  dem 
Jahre  54  v.  Chr.;  die  unter  Augustus  vor- 
genommene Termination  im  Jahre  8  ▼.  Chr. 
haben  die  Konsuln  Asinius  Gallus  und  C. 
Marcius  Censorinus  (curatores  ripaf*um,  qui 
primi  fuerunt)  ausgeftlhrt.  Es  folgen  Ter- 
minationen  oder  Wiederherstellungen  froherer 
Terminationen  durch  Augustus  selbst,  dann 
durch  Tiberius  (Tac.  ann.  I  76),  Claudius, 
Vespasian,  Trajan,  Hadrian,  Antoninus  Pius, 
M.  Aurelius  und  L.  Verus,  Diocletian  und 
Maximian;  die  Steine  sind  auf  beiden  Ufern 
vom  Pons  Molvius  bis  ttber  den  sttdlichsten 
Punkt  der  Aurelianischen  Mauer  hinaus  zu 
verfolgen;  sie  haben  verschiedene  Abstände, 
die  auf  den  Steinen  selbst  angegeben  sind. 
Vgl.  CIL.  VI,  1284—1242  nebst  p.  266. 
Nachträge  in  den  Not.  d.  scavi.  R5m.  Mitt. 
1891  p.  130,  1892  p.  328,  1893  p.  819,  wo 
auch  das  System  der  Bezifferung  zuerst 
erörtert  ist. 


56  B.  Topographie  von  Rom. 

Forums  angebahnt  worden.   Seine  Anlage  war  der  Beginn  der  allmählichen 
gänzlichen  Niederlegung  der  unschönen  und  engen  Quartiere,   welche  die 
Verbindung    zwischen    dem    Forum    und    dem    Marsfelde    unterbrachen. 
Augustus  that  einen  Schritt  in  dieser  Richtung  weiter  durch  die  Grün- 
dung seines  Forums  mit  dem  Tempel  des  Mars  Ultor,   und  begann  zu- 
gleich mit  seiner  Bauthätigkeit  in   die  engen  Quartiere  am  Tiber  einzu- 
dringen,  indem   er  vor  der  Porta  Carmentalis  das  Theater  des  Marcellus 
baute.    Auch  auf  dem  Marsfelde  selbst  hatte  Caesar  mit  dem  Bau  seiner 
Saepta  eine  neue  Zeit  eingeleitet.     Jetzt  errichtete  hier  Agrippa,   der 
gleich  anderen  Orossen  der  Umgebung  des  Augustus  von  diesem  zu  reger 
Bauthätigkeit   veranlasst   wurde,    die  erste  Thermenanlage   und  in   Ver- 
bindung mit  ihr  das  Pantheon.     Noch  manche  andere  Anlagen  hierselbst 
verdanken   ihm  ihre  Erstehung,   auch   verband   er  das  Marsfeld  mit  dem 
rechtstiberinischen  Gebiet  durch  den  nachmals  wieder  abgetragenen  Pens 
Agrippae,   dessen  Spuren    oberhalb    des  Ponte    Sisto  zum   Vorschein  ge- 
kommen  sind.     Ein   neues  Gebiet  grossartiger  monumentaler  Bauten  er- 
öffnete Augustus    endlich   dadurch,    dass   er  seinen  Wohnsitz  auf  dem 
Palatin  nahm.     Er  baute  hier  das  Palatium,   die  kaiserliche  Residenz 
(vgl.  den  Palatinsplan),  und  daneben  den  Tempel  des  Apollo,  seines  Schutz- 
gottes.    Den  besten  Überblick  über  Augustus  umfassende  Bauten  gibt  er 
selbst  im  Monumentum  Ancyranum  (Mommsen,  Res  gestae  D.  A.  cap.  19—21): 
Curiam   et  continens    ei  chalcidicum,    templumque  ApoUinis  in  Palatio   cum 
porticibus,  aedem   divi  Juli,  lupercal,  porticutn  ad  circum  Flaminium,   quam 
sum  appellari  passus   ex  nomine   eius   qui  priorem   eodem    in  solo  fecerat 
Odaviam,  pulvinar  ad  circum  maximum,   aedes  in  Capitolio  Jovis  feretri  et 
Jovis  tonantis,  aedem  Quirini,   aedes   Minervae   et  Junonis   reginae  et  Jovis 
Libertatis  in  Aventino,   aedem  Juventatis,   aedem  Matris  Magnae  in  Palatio 
fed.      Capitolium    et   Pompeium   theatrum    utrumque    opus    impensa   grandi 
refeci  sine  ulla  inscriptione  nominis  mei.     Rivos   aquarum  compluribus  lods 
vetustate  labenies   refeci,    et  aquam   quae  Marcia  appeUatur  duplicavi  fönte 
novo   in    rivum   eius  inmisso.     Forum  Julium  et  basilicam,    quae  fuit  inter 
aedem    Castoris  et  aedem   Saturni,   coepta  profligataque   opera  a  patre  meo 
perfeci  et  eandem  basilicam  consumptam  incendio  ampliato  eius  solo  sub  titulo 
nominis  filiorum  meorum  incohavi  et,    si    vivus  non  perfecissem,  perfid  ab 
heredibus   iussi.     Duo   et  octoginta   templa  deum   in  urbe  consul  sextum  ex 
decreto   senatus   refeci,   nullo  praetermisso    quod   eo   tempore    refid   debebat. 
Consul   septimum  viam  Flaminiam   ab  urbe  Ariminum  fed  et  pontes  omnes 
praeter    Mulvium    et   Minudum,     In  privato   solo    Martis    Ultoris    templum 
forumque  Augustum  ex  manibiis  feci.    Theatrum  ad  aedem  ApoUinis  in  solo 
magna  ex  parte  a  privatis  empto  fed,   quod  sub  nomine  M.  Marcelli  generi 
md  esset. 

Nicht  minder  wichtig  als  die  grossartige  monumentale  Bauthätig- 
keit, welche  Augustus  und  seine  Zeitgenossen  entfalteten,  ist  für  den 
Charakter  Roms  die  vollständige  Wandlung  der  Bauweise.  Der  Auf- 
schwung, der  in  dieser  Hinsicht  sich  schon  nach  Beendigung  der  punischen 
und  makedonischen  Kriege  geltend  gemacht  hatte,  bestand  lediglich  darin, 
dass  man  Häuser  und  Strassen  mit  den  Beutestücken  jener  Kriege  schmückte. 


8.  EntwioklimgsgMohiohte  der  Stadt.    (§  20.)  57 

Wo  in  jener  Zeit  von  Marmorsäulen  etc.  die  Rede  ist,  handelt  es  sich 
um  geraubte,  fertig  nach  Rom  gebrachte  Werkstücke,  die  wohl  oder  übel 
an  Häusern  und  Tempeln   verwendet  wurden.     Je  mehr  das  Oriechentum 
in  Rom  Wurzel  fasste,  um  so  grossartiger  und  künstlerischer  wurden  die 
Paläste  der  vornehmen  Römer,  und  schon  zu  Ciceros  Zeit  sehen  wir  grie- 
chische Künstler   in  Rom   beschäftigt.     Ein   durchgreifender  Umschwung 
im  Charakter  der  Baukunst  kann  aber  nur  durch  den  Wechsel  des  Ma- 
terials herbeigeführt  werden;  dieser  Umschwung  bahnte  sich  im  letzten 
Jahrhundert  vor  Augustus  an  und  vollzog  sich  während  seiner  fünfzig* 
jährigen  Regierung.     Augustus  hat  es  selbst  ausgesprochen,  dass  er  Rom 
als  eine  Ziegelstadt  vorgefunden,  als  eine  Marmorstadt  hinterlassen  habe 
(Suet.  Aug.  28).     In  der  That  baute  er  vorwiegend  mit  Marmor,   wobei 
der  damals  neu  entdeckte  weisse  Lunensische  (Carrara)  Marmor  die  Haupt- 
rolle spielte.     Die  reiche  und   vornehme  Welt  Roms  ahmte  diesem  Bei- 
spiele nach.     Gleichzeitige  Schriftsteller,  namentlich  Horaz,   schildern  an- 
schaulich dieses  Jagen  und  Streben,  einander  durch  die  Pracht  von  Palästen 
und  Villen  zu  überbieten.  0     Eine  nicht  geringere  Rolle   spielte  der  Tra- 
vertin,  jener  leuchtende,   dem  Marmor  zunächst  stehende  Kalkstein  (vgl. 
p.  27).     Das  Theater  des  Marcellus   war   das  erste  grosse  Bauwerk,   das 
ganz  damit  erbaut   war.     Auch  wurde   es  in  jener  Zeit  zuerst  üblich,  in 
den  eleganteren  Quartieren  die  Fassaden  mit  Travertin  auszustatten.    Die 
allmählich  sich  steigernde  Verwendung   desselben,  anfangs  nur  zu  Denk- 
mälern und   den  künstlerisch  gestalteten  Baugliedern   von  Qebäuden,   die 
im  übrigen  in  geringerem  Materiale  aufgeführt  waren,  dann  erst  zur  Ver- 
kleidung ganzer  Fassaden  gebraucht,  erinnert  lebhaft  an  die  Stellung,  die 
der  Sandstein  in  der  Baugeschichte  Berlins  einnimmt.    Im  18.  Jahrhundert 
ausschliesslich  als  Material  für  Kunstwerke  dienend,   ist  er  jetzt  selbst 
bei  Privathäusem   ein  nicht  ungewöhnlicher  Schmuck   der  Fassade.     Um 
wie  viel  günstiger  musste,  nachdem  die  Anregung  einmal  gegeben,  dieser 
Prozess  in  Rom  sich  vollziehen  bei  der  Fülle  von  Material,  die  dort  dem 
Baumeister   sich    darbot!     Neben   der  Errichtung  von  Prachtbauten    ent- 
faltete die  Privatbauspekulation,   gefördert  durch   das  rapide  Anwachsen 
der  Bevölkerung  und  die  dadurch  bedingte  Eingemeindung  der  Vorstädte, 
eine  bedeutende,  nicht  immer  segensreiche  Thätigkeit,   wie   wir  denn  die 
hauptstädtische  Polizei  in  stetem  Kampfe  gegen  die  unsolide  und  lebens- 
gefährliche Bauspekulation  sehen,   welche  möglichst  vorteilhaft  zu  bauen 
sich  bemühte.     Es  gelang  ihr  auch,    die  Höhe   der   Häuser,    die  mit  der 
Unsolidität  des   Materials   in  gar  keinem  Verhältnisse  stand,   allmählich 
zu  beschränken,   und  namentlich  seitdem   eine  Reihe  furchtbarer  Brände 
die  gänzliche  Schutzlosigkeit  der  Stadt  gegen  solche  Ereignisse  dargethan 
hatte,  die  Gemeingefährlichkeit  der  herrschenden  Bauweise  zu  mindern.^) 


')  Über  die  Fülle  der  in  Rom  zur  Yer-  1  Rezension  in  der  Berliner  philologischen 
Wendung  gekommenen  Marmorarten  vgl.  '  Wochenschrift  1886  N.  36  p.  1110  ff.  über 
CoBSi,  Pietre  antiche,  Roma  1845.    Pullen,   '   die   Privatbanten,   Wohnweise,    Baumaterial 


Handbook  of  ancient  Roman  marbles,  Lan- 
ciANi,  Ruins  and  excavations  p.  623. 

'*)  PöHLXAKN,    Die   Übervölkerung    der 
antiken  Grossstftdte  1884  p.  89  ff.  nebst  der 


etc.  ist  zu  vergleichen  0.  Richter,  Insula 
in  Hermes  1885,  p.  91  ff.  Attilo  dbi  Marchi, 
Ricerche  intomo  alle  ,insulae'  o  case  di  pi- 
gione  di  Roma  antica,  Milano  1891.  Choisy, 


58  B.  Topographie  von  Bom. 

21.  Rom  in  der  Eaiserzeit.  So  grossartig  der  Aufschwung  war, 
den  Rom  zur  Zeit  des  Augustus  nahm,  so  ist  derselbe  doch  nur  der  Aus- 
gangspunkt einer  bis  ins  Ungemessene  gesteigerten  Bauthätigkeit,  die  im 
Laufe  der  nächsten  Jahrhunderte  Rom  in  fast  allen  seinen  Teilen  umge- 
stalten sollte. 

Caesars  Pläne  waren  vom  Forum  ausgegangen.  Sie  zogen  das  nörd- 
lich davon  zwischen  Forum  und  Marsfeld  liegende  Quartier,  das  Marsfeld 
selbst  und  das  Gebiet  am  Fluss  zwischen  Kapitel  und  Tiberinsel  in  ihren 
Bereich.  Augustus'  und  seiner  Zeitgenossen  Wirksamkeit  bewegte  sich 
in  denselben  Bahnen,  sie  griff  aber  schon  hinüber  auf  den  Palatin.  Mit 
Caligula  beginnt  Ungeheuerlichkeit  an  die  Stelle  besonnener  Entwicke- 
lung  zu  treten:  er  stellt  eine  Verbindung  des  Palatiums  mit  dem  Castor- 
tempel  am  Markte  und  mit  dem  Tempel  des  Jupiter  auf  dem  Kapitel  her, 
Ideen,  welche  ihren  Urheber  nicht  überdauert  haben.  Weit  einschneidender 
waren  die  Unternehmungen  Neros.  Unter  seiner  Regierung,  am  19.  bis 
27.  Juli  des  Jahres  64  n.  Chr.  wütete  der  grosse  Brand  in  Rom,  den 
Tac.  ann.  XY,  38  eine  cktdes  .  .  .  omnibus  quae  huic  urbi  per  violentiam 
ignium  acciderunt  gravior  atgue  atrocior  nennt.  Er  beschreibt  den  Oang 
des  Feuers  folgendermassen:  Initium  in  ed  parte  drei  ortum,  quae  Palatino 
Caelioque  montibus  contigua  est,  tibi  per  iabernas,  quibus  id  mercimonium 
ineratf  flamma  alüur,  simul  coeptus  ignis  et  statim  validus  ac  venia  cüus 
longitudinem  drei  eorripuit  Neque  enim  dotnus  munimentia  saeptae  vel 
templa  muria  dncta  aut  quid  aliud  moros  interiacebat.  Impetu  pervagatum 
ineendium  plana  primum,  deinde  in  edita  adsurgens  et  rursus  inferiora  popu- 
lando,  anteiit  remedia  velodtate  mali  et  obnoxia  urbe  artis  Uineribus  hucque 
et  illue  ftexis  atque  enormibus  vieis,  qualis  vetus  Roma  fuü  .  .  .  39.  Eo  in 
tempore  Nero  Antii  agens  non  ante  in  urbem  regressus  est,  quam  domui 
dus  qua  Palatium  et  Maecenatis  hortos  eontinuaverat,  ignis  appropinquaret, 
Neque  tarnen  sisti  potuit,  quin  et  Palatium  et  domus  et  cuncta  dreum  hau- 
rirentur.  ...  40.  Sexto  demum  die  apud  imas  Esquüias  finis  incendio 
factus,  prorutis  per  immensum  aedificiis,  ut  continuae  violentiae  campus  et 
velut  vacuum  caelum  occurreret.  Necdum  posüus  metus,  et  rediit  haud  levius 
rursum  grassatus  ignis  patulis  magis  urbis  locis,  eoque  strages  hominum 
minor:  delubra  deum  et  porticus  amoenitati  dicatae  latius  proddere.  Es 
gingen  durch  diesen  Brand  ziemlich  vollständig  zu  Grunde  die  elfte,  zehnte 
und  vierte  Region,  allein  unberührt  blieben  die  vierzehnte,  fünfte  und 
auch  wohl  die  sechste.  Die  übrigen  wurden  mehr  oder  weniger  betroffen.  ^) 
Nero  hatte  schon  vor  diesem  Brande,  der  das  Zentrum  Roms  in  Asche 
legte,  den  Plan  gefasst  und  ins  Werk  gesetzt,  das  Palatium  mit  den 
Oärten  des  Maecenas  auf  dem  Esquilin,  die  durch  Erbschaft  in  kaiser- 
lichen Besitz  gelangt  waren,  zu  verbinden  {domui  eius,  qua  Palatium  et 
Maeeenatis  hortos  continuaverat).  Der  Brand  gab  ihm  Gelegenheit,  diesen 
Plan  in  ausschweifendster  Weise  durchzuführen.    Aber  die  .domus  aurea^ 


L'art  de  bfttir  chez  leg  Romains  1873.  Durk, 
Baukunst  der  Römer.  Die  Middletonschen 
Bficher  (p.  23)  sind  mit  der  grOssten  Vorsicht 
zu  gebrauchen.  Vgl.  die  Besprechung  Hülskns 


Rom.  Mitt.  1892  p.  265  ff. 

1)  Vgl.  Gilbert,  Topographie  III  p.  34  ff. 
Hülsen,  Denkmftler  des  Neronischen  Brandes. 
Rom.  Mitt.  1894  p.  94  ff. 


8.  EntwioklnngsgesohiQhte  dor  Stadt.    (§  21.)  59 

überdauerte  den  Urheber  nicht,  doch  wurde  das  Terrain  nicht  wieder 
durch  Strassenzüge  bedeckt.  Yespasian  gründete  auf  dem  freigewor- 
denen Gebiet  das  Templum  Pacis  mit  dem  Templum  sacrae  urbis  (vgl. 
p.  1)  und  legte  im  Mittelpunkt  der  ganzen  Anlage,  in  der  Niederung 
zwischen  Palatin,  Velia,  Caelius  und  Esquilin  an  der  Stelle  eines  dort 
ausgegrabenen  Teiches  sein  Amphitheater  (das  Colosseum)  an,  Titus  baute 
auf  den  Trümmern  des  goldenen  Hauses  am  Abhänge  des  Esquilin  seine 
Thermen,  Hadrian  endlich  errichtete  auf  der  Velia  an  der  Stelle  des 
Atriums  des  goldenen  Hauses  den  Doppeltempel  der  Venus  und  Roma. 
Der  Neronische  Brand  blieb  auch  sonst  nicht  ohne  Folgen  für  Rom.  Tacitus 
berichtet  Ann.  XV  43,  dass  zur  Verhütung  weiteren  Brandschadens  auf 
Neros  Veranlassung  längs  der  Häuserreihen  steinerne  Säulengänge  errichtet 
wurden.  0  Die  Fragmente  des  kapitolinischen  Stadtplanes  zeigen,  dass  eine 
80  nützliche  Massregel  auch  in  der  Folgezeit  in  Kraft  blieb.  Die  Strassen 
wurden  breiter  angelegt,  durch  eine  neue  Bauordnung  wurde  der  unsoliden 
Bauart  gesteuert,  namentlich  wurde  die  Unsitte  der  gemeinsamen  Zwischen- 
wände, der  Holzbau  und  die  übermässige  Höhe  der  Häuser  beschränkt 
und  dagegen  der  solide  Bau  aus  den  heimischen  Steinen  auch  für  Privat- 
bauten gefördert.  Indessen  traten  für  die  Stadt,  über  die  bald  hinterher 
der  Bürgerkrieg  vom  Jahre  69  hereinbrach,  der  neues  Elend,  vor  allem 
die  Zerstörung  des  Capitoliums,  mit  sich  führte,  erst  unter  Vespasian 
ruhigere  Verhältnisse  ein. 

Vespasian  ist  in  Bezug  auf  den  Wiederaufbau  Roms  ein  zweiter 
Augustus,  die  Inschrift  CIL.  VI  934  feiert  ihn  als  conservator  caeHmo- 
niarum  publicarum  et  restitutor  aedium  sacrarum,  und  in  gleichem  Sinne 
preisen  ihn  die  Schriftsteller,  allen  voran  Plinius.  Hervorragend  war  in 
dieser  Beziehung  die  im  Jahr  70  vorgenommene  Grundsteinlegung  des 
durch  die  Vitellianer  zerstörten  Capitoliums  (Tac.  bist.  IV  53).  Die  Censur, 
die  Vespasian  mit  seinem  Sohne  Titus  im  Jahre  73  n.  Chr.  bekleidete, 
bezeichnet  den  Abschluss  des  von  ihm  unternommenen  Werkes,  der  resti- 
tutio urbis.  Aus  diesem  Jahre  bringt  Plinius  III  65—67  den  berühmten, 
leider  in  manchen  Punkten  für  uns  so  wenig  verständlichen  Bericht  über 
die  Stadtvermessung;  wir  ersehen  aus  ihm,  dass  mit  der  Vermessung  der 
Stadt  die  Festsetzung  einer  neuen  Zolllinie  verbunden  wurde,  die  wahr- 
scheinlich durch  die  mannigfachen  Umwälzungen  nach  Augustus  not- 
wendig geworden  war.  Grenzsteine  dieser  Linie,  sämtlich  aus  der  Zeit 
des  Commodus,  aber  der  Inschrift  nach  sich  als  Erneuerung  älterer  Steine 
darstellend,  sind  noch  erhalten  (CIL.  VI  1016  a,  b,  c  und  Eph.  epigr.  IV 
787);  bis  auf  einen  liegen  sie  in  unmittelbarer  Nähe  der  Aurelianischen 
Mauer.  Man  macht  sich  am  besten  ein  Bild  von  dieser  Zoll-  und  Grenz- 
linie der  14  Regionen,  wenn  man  sie  mit  dem  Gang  der  Aurelianischen 
Mauer  vergleicht.  Danach  ging  die  Regionsgrenze  1.  im  Norden  ein  Stück 
über  die  Mauer,  die  hier  die  hohen  Substruktionen  der  Gärten  des  Mens 
Pincius  in  ihre  Linie  einbezog,  hinaus,  während  die  VH.  Region  sich  noch 


^)  Vgl.  Pkellbr,  Regionen  p.  85.    Gleiche   Säulengänge   finden   sich  noch  jetzt  in 
vielen  italieniechen  Städten,  z.  B.  Bologna. 


60 


B.  Topographie  von  Born. 


auf  das  zu  Füssen  des  Pincio  liegende  Gebiet  (Villa  Borghese)  erstreckte. 
2.  Im  Osten  schloss  die  Zolllinie  den  östlichsten  Teil  der  Stadt  mit  den 
Castra  praetoria  und  dem  Campus  Viminalis  sub  aggere  aus,  ging  aber 
im  äussersten  Osten  der  Stadt  zwischen  der  Porta  Praenestina  und  Porta 
Asinaria  über  die  Mauer  heraus,  die  hier  aus  fortifikatorischen  Gründen 
ältere  Anlagen  durchschneidet  (vgl.  Erman  und  Hülsen,  Rom.  Mitt.  1896 
p.  113  ff.).  Endlich  3.  erstreckte  sich  die  I.  Region  nach  Südosten  bis  an 
den  Almo.  Überhaupt  nicht  zu  bestimmen  sind  die  Grenzen  der  XIY.  Re- 
gion (trans  Tiberim);  jedenfalls  deckte  sie  sich  mit  dem  von  der  Mauer 
eingeschlossenen  Teile  nicht.  Den  Umfang  der  Yierzehnregionenstadt  gibt 
Plinius  auf  19,523  m  an  (gegen  18,837  m  Länge  der  Aurelianischen  Mauer). 
Diese  von  Vespasian  neugeschaffene  Zolllinie  musste,  wenn  sie  ihren  Zweck 
erfüllen  wollte,  neben  den  obenerwähnten  Grenzsteinen  durch  irgend  eine 
Schutzmauer  bezeichnet  sein;  und  dass  eine  solche  Mauer  auf  dieser  Linie 
wirklich  existiert  hat,  bezeugt  die  Angabe  des  Plinius  a.  a.  0.,  dass  das 
Rom  des  Vespasian  37  Thore  gehabt  habe  {quae  sunt  hodie  numero 
XXXVII).^)  Diese  Mauer,  wie  sie  nun  auch  beschaffen  gewesen  sein 
mag,  war  jedenfalls  keine  Befestigungsmauer.  Lanciani  charakterisiert 
die  Anlage  gut  mit  den  Worten:  Fra  due  uffici  successivi  (an  den  Thoren!) 
saranno  statt  eretti  steccati,  o  muri,  o  cancelli,  quando  ü  suolo  o  le  fab- 
briche  non  davano  alfro  mezzo  efficace  di  difesa.  Man  darf  schliessen, 
dass  auch  die  Yierzehnregionenstadt  des  Augustus  von  einer  solchen  Zoll- 
mauer umgeben  war  (vgl.  p.  54). 

Bedeutende  Umgestaltungen  der  inneren  Stadt  führte  die  Zeit  Tra- 
jans  herbei.  Der  Caesarische  Gedanke,  das  Forum  durch  Niederlegung 
der  nördlich  davon  befindlichen  Quartiere  in  Verbindung  mit  dem  Mars- 
felde zu  setzen,  erhielt  durch  ihn  die  grossartigste  Vollendung.  An  der 
Ausführung  desselben  war  eigentlich  unablässig  gearbeitet  worden.  Auf 
das  Forum  des  Augustus  war  das  Templum  Pacis  unter  Vespasian  ge- 
folgt, dann  das  Forum  Transitorium  des  Nerva.  Ein  weiteres  Fortschreiten 
nach  dem  Marsfelde  zu  verhinderte  der  das  Eapitol  und  den  Quirinal 
verbindende  Höhenzug.  Trajan  entschloss  sich  zu  seiner  vollständigen 
Niederlegung.  Er  stellte  eine  breite  und  bequeme  Verbindung  mit  dem 
Marsfelde  her  und  schuf  auf  dem  gewonnenen  Baugrunde  sein  Forum, 
das  alle  anderen  durch  Pracht  und  Ausdehnung  übertraf  und  noch  Jahr- 
hunderte später  als  der  Glanzpunkt  der  Stadt  gepriesen  wurde. 

Von  hoher  Bedeutung  für  die  Baugeschichte  Roms  wurde  die  Re- 
gierung des  Hadrian.  Zu  keiner  Zeit  ist  in  Rom  soviel  gebaut  worden, 
wie  damals.  Das  ersehen  wir  aus  den  in  ganz  überwiegender  Menge  an 
den  meisten  der  noch  jetzt  erhaltenen  Bauten  zum  Vorschein  gekommenen 


0  Vgl.  Lanciani,  Le  rnura  di  Anreliano 
e  di  Probo.  Bull.  com.  1892  p.  88.  Hölsbn, 
Der  Umfang  der  Stadt  Rom  zur  Zeit  des 
Plinius.  Rom.  Mitt.  1887  p.  150—153.  Es 
ist  nicht  leicht  zu  verstehen,  —  und  Lan- 
ciani hat  in  seiner  Darlegung  dem  Rechnung 
getragen  --  dass  diese  Zolllinie  37  Thore 
gehabt  haben  soll,  w&hrend  die  Servianische 


und  die  Aarelianische  Mauer  nur  16  Thore 
gehabt  haben,  entsprechend  den  yon  Rom 
auslaufenden  Strassen ;  aber  die  Zahl  scheint 
jedenfalls  nicht  verdorben  zu  sein,  da  sie 
in  der  Konstantinischen  Regionsbeschreibung 
wiederkehrt.  Auch  die  neuesten  Unter- 
suchungen haben  leider  keine  ausreichende 
Aufklftmng  über  die  Pliniusstelle  gebracht 


8.  Sntwioklimgsgesohichta  der  Stadt.    (§  21.) 


61 


Hadrianischen  Ziegelstempeln.  Freilich  handelte  es  sich  in  vielen  Fällen 
wohl  nur  um  zeitgemässe  Umbauten  und  Wiederherstellungen,  wie  z.  B. 
am  Palatium,  den  Gebäuden  des  Forums  und  des  Marsfeldes,  in  erster 
Linie  des  Pantheons.  Von  Neubauten,  die  für  die  topographische  Ge- 
staltung Roms  von  Bedeutung  waren,  hat  Hadrian  zwei  geschaffen,  das 
Mausoleum  am  rechten  Tiberufer  (die  Moles  Hadriani,  heutige  Engels- 
burg) mit  dem  über  den  Fluss  gerade  auf  dasselbe  zuführenden  Pens 
Aelius  und  den  schon  erwähnten  Doppeltempel  der  Venus  und  Roma  auf 
der  Velia.  Letzterer  ist  für  die  Topographie  auch  insofern  von  Wichtig- 
keit geworden,  als  er  die  Veranlassung  bot,  das  zwischen  ihm  und  dem 
Forum  gelegene  Terrain,  die  Sacra  via  und  die  an  dieselbe  anstossenden 
Gebäude  zu  regulieren  und  nach  der  Front  jenes  Tempels  zu  orientieren. 
Diese  Regulierung  ist  nach  dem  Brande  unter  Commodus,  der  diesen 
ganzen  Teil  der  Stadt  in  Asche  legte  (191  n.  Chr.),  von  Septimius  Severus 
ausgeführt  worden. 

Die  Zeit  des  Septimius  Severus  stand  der  Hadrianischen  an  Bau- 
thätigkeit  nur  wenig  nach,  vornehmlich  waren  er  und  die  Seinen  gross 
als  Wiederhersteller  älterer  Gebäude;  vielfach  begegnen  ihre  Namen  in 
dieser  Eigenschaft.  Aber  auch  an  eigenen  Schöpfungen  war  diese  Zeit 
nicht  arm.  Severus  fügte  an  das  von  Augustus'  Nachfolgern,  namentlich 
von  den  Flaviern  und  Hadrian  umgebaute  und  erweiterte  Palatium  einen 
Neubau  an  der  Südostecke  des  Berges  und  errichtete  ebendaselbst  in  der 
Axe  der  Via  Appia  das  Septizonium,  einen  dekorativen  Prachtbau,  der 
bestimmt  war,  zum  Augenpunkt  für  die  auf  der  Via  Appia  von  Süden 
Heraufkommenden  zu  dienen.  Diese  Strasse  war  schon  von  früheren  Kai- 
sern bevorzugt  worden,  mehrere  Triumphbogen,  von  denen  einer  zunächst 
der  Porta  Appia  (Bogen  des  Trajanus,  gewöhnlich  Bogen  des  Drusus  ge- 
nannt) noch  erhalten  ist,  überspannten  sie.  Severus  hat  ihrer  architek- 
tonischen Ausschmückung  und  Hineinziehung  in  den  monumental  ange- 
legten Teil  Roms  besondere  Sorgfalt  zugewendet.  Er  legte  u.  a.  hier 
Thermen  an;  diese  wurden  aber  weit  übertroffen  durch  die  Thermenanlage 
seines  Sohnes  Caracalla,  deren  staunenswerte  Überreste  noch  heute  in 
beredter  Weise  das  riesenhafte  Wollen  und  Können  jener  Zeit  darthun. 

Neue,  durchgreifende  Richtungen  der  monumentalen  Bauthätigkeit 
sind  nach  Severus  nicht  mehr  eingeschlagen  worden,  obgleich  spätere 
Kaiser  selbst  bei  kürzerer  Regierungszeit  es  an  Bestrebungen  nicht  fehlen 
Hessen,  das  Herrschervorrecht,  seinen  Namen  durch  Monumentalbauten 
auf  die  Nachwelt  zu  bringen,  auszuüben.  Wirklich  hervorragend  sind  nur 
noch  die  Bauten  des  Diocletian,  Maxentius  und  Konstantin,  die  den 
Kreis  der  vom  grossen  Forum  ausgehenden  Pläne  abschlössen,  nämlich  die 
im  Norden  der  Sacra  via  errichtete  Basilica  des  Konstantin  und  die  Thermen 
des  Diocletian  auf  dem  Viminalis  und  des  Konstantin  auf  dem  Quirinalis.  ^ 


^)  Fttr  die  sinkende  Schaffenskraft  der 
damaligen  Zeit  ist  es  bemerkenswert,  dass 
man  zur  Herstellung  des  Konstantinsbogen 
am  Colosseum  Reliefs  eines  Trajansmonu- 
mentes    verwendete,   eine  übrigens  damals 


nicht  mehr  neue  Praxis.  Schon  das  Septizo- 
nium ist  nach  Gamucci  (vgl.  Hülsen,  Septizo- 
nium p.  12)  aus  Werkstücken,  die  von  anderen 
Gebäuden  genommen  sind,  erbaut. 


62 


B.  Topographie  von  Born. 


Charakteristisch  für  das  kaiserliche  Rom  sind  die  zahlreichen  und 
bedeutenden  Thermenanlagen;  sie  dienten  ebensowohl  zum  Baden  als 
zu  schattigem  und  angenehmem  Aufenthalt  des  Volkes  und  nahmen  diesen 
wichtigen  Zwecken  entsprechend  einen  ausserordentlichen  Raum  in  An- 
spruch. Die  Regionsbeschreibung  zählt  elf  solcher  Anlagen  auf,  die  sämt- 
lich nachweisbar  sind,  die  des  Agrippa,  des  Titus,  des  Trajan,  des 
Sura,  des  Commodus,  des  Septimius  Severus,  des  Antoninus  Ca- 
racalla,  des  Alexander  Severus,  des  Decius,  des  Diocletian  und 
des  Konstantin.  In  Verbindung  damit  steht  die  grossartige  Vermehrung 
der  Wasserleitungen.  Schon  zu  Augustus'  Zeiten  gab  es,  wie  wir  sahen 
(p.  55),  sieben,  nämlich:  Aqua  Appia,  Anio  vetus,  Aqua  Marcia, 
Tepula,  Julia,  Virgo  und  Alsietina  (oder  Augusta),  unter  Konstantin 
war  ihre  Zahl  bis  auf  neunzehn  gestiegen.  Die  wichtigsten  davon  sind 
die  von  Caligula  und  Claudius  erbauten  Leitungen  des  Anio  novus  und 
der  Aqua  Claudia,  deren  wundervolle  Bogenreihen  noch  heute  ein  Haupt- 
schmuck Roms  und  der  Campagna  sind,  beide  aus  den  Sabinerbergen  bei 
Subiaco.  Trajan  leitete  sodann  die  Aqua  Traiana  aus  dem  lacus  Saba- 
tinus  (See  von  Bracciano)  in  Etrurien.  Sie  war  für  das  transtiberinische 
Gebiet  bestimmt  und  ist  seit  Paul  V.  wieder  in  Gebrauch  (Aqua  Paola 
auf  dem  Janiculum).  Von  Septimius  Severus  stammt  die  Aqua  Severiana 
zur  Speisung  seiner  Thermen,  von  Alexander  Severus  die  Aqua  Alexan- 
drina;  ebenfalls  zur  Speisung  seiner  Thermen  auf  dem  Marsfelde.  Die 
übrigen  in  der  Notitia  aufgeführten  Leitungen  sind  zumeist  Zweigleitungen, 
einige  (Ciminia,  Aurelia,  Damnata)  überhaupt  nicht  mehr  nachzuweisen. 
Heutzutage  besitzt  Rom  ausser  der  für  Trastevere  bestimmten  Aqua  Paola 
drei  Leitungen:  die  Aqua  Marcia,  die  Virgo  und  die  Feiice,  letztere  von 
Sixtus  V.  erbaut.  Für  die  Verteilung  des  Wassers  in  der  Stadt  dienten 
nach  Frontin  (Anfang  des  2.  Jahrh.  n.  Chr.)  247  castella  divisionis.  Von 
diesen  aus  wurden  die  insulae,  domus,  lacus  und  balnea  gespeist.*) 

In  grossartiger  Weise  war  auch  das  Kloakensystem  ausgebildet.  Die 
wichtigsten  Anlagen  waren  ausser  der  Cloaca  Maxima  die  das  Marsfeld 
entwässernden  Systeme,  darunter  das  älteste  die  der  Cloaca  Maxima 
(2.  Jahrh.  v.  Chr.)  gleichzeitige  Kloake  des  Circus  Flaminius  (jetzt  chiavi- 
cone  deir  Olmo)  und  die  Anlagen  zur  Entwässerung  des  Colosseums.*) 

Ähnlichen  Zwecken,  wie  die  Thermenanlagen,  nämlich  dem  Volke 
schattigen  Aufenthalt  und  bequeme  Verbindung  zu  gewähren,  dienten 
die  zahlreichen  Portiken,  die  fast  überall  in  der  Stadt,  namentlich  aber 
in  der  VII.  und  IX.  Region,  nach  und  nach  entstanden.  An  diesem  Netze 
von  schattigen  Gängen  wurde  bis  in  die  letzte  Zeit  der  römischen  Herr- 
lichkeit gearbeitet;  noch  die  Kaiser  Valentinian,  Gratian  und  Theodosius 
legen   in  der  IX.  Region    die   Porficus  maximae  an   und   vervollständigen 


»)  Frontin,  de  aquae  ductibus  urbis  Ro- 
mae  über  cap.  79—86  nebst  dem  Eominentar 
Lanciani's  p.  577  if.  Vgl.  oben  S.  52.  Mar- 
CHBTTi,  Sülle  acqae  di  Roma  antiche  e  mo- 
derne 1887. 

*)  Ausführliche  Darstellung  von  P.  Nar- 
Dücci,   Sulla  fognatura  della  citta  di  Roma, 


descrizione  lecnica,  Roma  1889.  —  0.  Richter, 
Cloaca  maidma  in  Rom.  Alte  Denkmäler,  I, 
Taf.  37,  1889.  -  R.  Lanciani,  la  cloaca 
massima,  Bull.  com.  1890,  p.  93  ff.  -  Über 
das  Alter  der  Cloaca  Maxima  und  die  Kloake 
des  Circus  Flaminius  ygl.  p.  51  und  den 
Aufsatz  von  0.  Richtbr  (siehe  oben). 


8.  EntwioklnngsgMohiohte  der  Stadt.    (§  21.)  63 

damit  die  glänzende  Reihe  der  aus  verschiedenen  Zeiten  stammenden 
Portiken  des  Marsfeldes,  die  vom  Pons  Aelius  beginnend  bis  zur  Por- 
ticus  der  Octavia,  von  da  über  das  Forum  holitorium  und  Forum  boarium 
sich  erstreckten,  ihre  Fortsetzung  in  der  Porticus  Fabaria  zwischen  Aventin 
und  Tiber  fanden  und  bei  den  Horrea  der  XIII.  Region  endigten.  Wie 
sehr  die  Portiken  als  ein  Bedürfnis  für  die  Stadt  empfunden  wurden,  zeigt 
u.  A.  Hör.  carm.  11  15.0 

Zu  den  Bauten,  die  bestimmt  waren,  den  öffentlichen  Verkehr  zu 
fördern,  dienten  neben  den  zahlreichen  Fora  undCampi  auch  die  Basiliken, 
von  denen  uns  fünfzehn  namentlich  bekannt  sind.  Die  grosse  Zahl  aller 
dieser  gleichartigen  Zwecken  dienenden  Anlagen  wirft  ein  grelles  Licht 
auf  die  Lebensweise  der  Römer.  Die  in  den  insulae  zusammengepferchten 
Einwohner  entbehrten  aller  Bequemlichkeit  im  Hause;  dies  bot  ihnen 
nicht  mehr  als  die  Werkstatt  und  die  Schlafstelle.  Nur  die  Bewohner 
der  domus  führten  auch  zu  Hause  ein  menschenwürdiges  Dasein. 

Nicht  allein  die  monumentalen  Bauten  aber  gaben  Rom  den  gross- 
artigen Charakter,  der  diese  Stadt  über  alle  anderen  der  Welt  erhob, 
sondern  auch  der  künstlerische  Schmuck,  der  die  Strassen  und  Plätze 
füllte.  Die  Regionsbeschreibung  zählt  22  „equi  magni^,  80  goldene, 
74  elfenbeinerne  Götterbilder  und  36  marmorne  Bogen  auf,  und  auch  diese 
Zahlen  scheinen  noch  gering  gegenüber  den  zeitweise  in  der  Stadt  befind- 
lichen Bildwerken.  Allein  dem  Augustus  waren  achtzig  silberne  Statuen 
errichtet  worden;  er  Hess  sie  einschmelzen  und  Weihgeschenke  für  den 
Tempel  des  Apollo  daraus  anfertigen  (Mon.  Ancyr.  24).  Andere  Bildsäulen 
errichtete  Augustus  aus  Geschenken,  die  ihm  das  Volk  darbrachte,  überall 
in  der  Stadt.  Sueton.  Aug.  57  (strenam)^  ex  qua  summa  pretiosissima 
deorum  simulacra  mercatus  vicatim  dedicabat,  ut  Apollinem  Sandaliarium  et 
Jovem  Tragoedum  aliaque.  Auch  unter  anderen  Kaisern,  wie  unter  Nero 
und  Domitian,  wurde  die  Stadt  vorübergehend  von  Kaiserbildern  über- 
schwemmt. Die  grösste  Fülle  von  Bildwerken  sammelte  sich  auf  dem 
grossen  Forum,  namentlich  an  und  auf  der  Rednerbühne,  auf  der  Area 
das  Capitoliums,  auf  den  Kaiserfora  und  in  den  Portiken  des  Marsfeldes. 
Neben  den  Statuen  begannen  seit  Augustus  die  ägyptischen  Obelisken 
und  Sphinxe,  dann  die  Kolosse  und  Ehrensäulen  die  Physiognomie  der 
Stadt  zu  beeinflussen.  —  Nicht  minder  bedeutend  waren  die  Samm- 
lungen griechischer  Kunstwerke,  die  in  öffentlichen  Gebäuden  unter- 
gebracht waren.  Marcellus,  der  Eroberer  von  Syrakus,  hatte  das  erste 
Beispiel  hierfür  gegeben,  indem  er  die  Hauptstücke  der  sicilischen  Beute 
in  und  um  die  Tempel  des  Honos  und  der  Virtus  aufstellte.  Seit 
Augustus  entstehen  in  mehreren  Tempeln,  namentlich  in  dem  der  Con- 
cordia,  in  der  Curia,  den  Basiliken,  auf  den  Kaiserfora  und  später  auch 
in  den  Thermen  wahre  Museen,*)  in  denen  neben  Marmorwerken  und 
Gemälden   auch  Sammlungen  geschnittener  Steine   und  kostbarer  Hand- 


0  DE  Rossi,  Le  horrea  sotto  TAventino. 
Annali  d.  Tat.  1885,  p.  225.  Gatti,  Bull.  com. 
1885,  p.  210  ff.  Steybnsok,  Römische  Quar- 
taLsschrift  1893,  p.  23.   Hulsbn,  Foro  Boario, 


Diss.  d.  Pontif.  Accad.  Romana  1896,  p.  246  ff. 
*)  Jacobt,    Grandzüge   einer  Museogra- 
phie    der  Stadt   Rom    zur  Zeit   des   Kaisers 
Augnstas  1884. 


64 


B.  Topographie  von  Born. 


Schriften  nicht  fehlten ;  achtundzwanzig  Bibliotheken  allein  zählt  die  Regions- 
beschreibung. Staunende  Schilderungen  der  Schönheiten  Roms,  wie  z.  B. 
die  von  Strabo  (V  3.  8)  und  bei  Ammianus  Marcellinus  (XVI  10.  13  flf.) 
bezeugen  lebendig  den  Eindruck,  den  die  Stadt  machte,  die  Berichte  über 
die  unaufhörlichen,  massenhaften  Beraubungen  in  der  Zeit  der  Barbaren- 
überschwemmung, die  erst  nach  Jahrhundecten  im  stände  sind,  den  Reich- 
tum zu  bewältigen,  lassen  die  Fülle  von  Kunstwerken  mehr  ahnen  als 
begreifen. 

Es  liegt  nahe,  bei  eineiQ^  Überblick  über  die  Entwicklung  der  Stadt 
auch  einen  Blick  auf  die  Einwohnerzahl  derselben  zu  werfen.  Seit  langer 
Zeit  ist  man  diese  interessante  Frage  mit  den  verschiedensten  Mitteln  zu 
lösen  bemüht  gewesen,  und  dabei  zu  den  weitauseinandergehendsten  Resul- 
taten gelangt,  zumal  sich  damit  die  falschen  Vorstellungen  von  einer  fabel- 
haften Grösse  Roms  verbanden  (p.  66  Anm.  2).  Die  Resultate  schwanken 
zwischen  500,000  und  mehreren  Millionen.  Mit  grosser  Besonnenheit  hat 
Pöhlmann  in  seiner  Abhandlung  über  die  Überbevölkerung  der  antiken 
Grossstädte  p.  21  ff.  dargethan,  dass  es  nicht  wohl  möglich  ist,  Roms  Ein- 
wohnerzahl sicher  zu  bestimmen;  bei  der  Unzulänglichkeit  der  antiken 
Statistik  fehlen  die  notwendigsten  Voraussetzungen  dazu. 

Litteratur:  Pöhlmann,  Die  Überyölkening  der  antiken  Grossstädte  1884.  Bbloch, 
Die  Bevölkening  der  griechisch-römischen  Welt  p.  392  fif.  Er  kommt  zu  dem  Resultate, 
dass  Rom  in  den  ersten  drei  Jahrhunderten  der  Kaiserzeit  etwa  800,000  Einwohner  gez&hlt 
hat,  und  dass  die  Bevölkerung  in  dieser  Zeit  nur  wenig  geschwankt  habe. 
Vgl.  die  Controverse  zwischen  Seeck  und  Bbloch  in  Hildebrands  Jahrbuch  ffir  National- 
ökonomie und  Statistik  3.  F.  XITI  1897.  —  Vgl.  Lanciani,  Roma  antica  e  Londra  modema. 
Nuova  Antologia  1883  (Marzo  15).  —  Über  die  Verwaltung  Roms:  0.  Hirschfbld,  Unter- 
suchungen auf  dem  Gebiete  der  römischen  Yerwaltungsgeschichte  1876.  Gbbhabdt,  Studien 
über  das  Yerpflegungswesen  von  Rom  und  Eonstantinopel  1881. 

22.  Pomeriumserweiterungen.  Es  ist  eine  auffallende  Erscheinung, 
aber  auch  eine  gesicherte  Thatsache,  dass  die  ideale  Grenze  des  Stadtr 
templums,  das  Pomerium  der  alten  Vierregionenstadt,  bis  auf  Sulla  unver- 
ändert geblieben  ist.  Sulla  war  der  erste,  der,  wie  Oellius  XIII  14  sagt: 
proferendi  pomerii  tUulum  quaesivit.  Wir  kennen  seine  Linie  nicht,  aber 
offenbar  schob  er  es,  abgesehen  vom  Aventin,  der  aus  nicht  hinreichend 
aufgeklärten  Gründen  bis  auf  Claudius  ausserhalb  des  Pomeriums  blieb, 
überall  über  die  bebauten  und  bewohnten  Quartiere  der  Stadt  hinaus,  was 
denn  auch  Varro  LL.  V  143  bezeugt,  indem  er  sagt,  dass  zu  seiner  Zeit 
die  Pomeriumssteine  circa  Romam  et  Ariciam^)  gestanden  haben.  Die 
Nachfolger  Sullas  in  der  Ausübung  dieses  ;, Königsrechtes**  der  Hinaus- 
schiebung des  Pomeriums  haben  dasselbe  nicht  willkürlich  in  Anspruch 
genommen,  sondern  stets  auf  Grund  der  „aucti  populi  Romani  fines".  Denn 
es  galt  das  Prinzip,  dass  nur  der  das  Pomerium  Rom  erweitern  dürfe, 
der  die  fines  j^opuli  Romani,  d.  h.  die  staatsrechtliche  Grenze  Italiens  (nach 
den  Alpen  zu)  erweitert  habe.  Es  sind  dies,  und  dieselben  nennen  auch  die 
Überlieferung  oder  inschriftliche  Zeugnisse  als  Erweiterer  des  Pomeriums: 
Sulla,  Caesar,  Claudius,  Yespasian,  Titus  und  Hadrian.') 


0  Jordan,  Die  Könige  im  alten  Italien 
p.  46. 

^)  Diese  ganze  Frage  ist  behandelt  von 


Dbtlbfsbn,   Das  Pomerium   Roms   und   die 
Grenzen  Italiens,  Hermes  1886  p.  497  ff. 


8.  Sntwioklimgsgesoliiohta  der  Stadt.    (§  22.)  65 

Da  nirgends  über  den  Lauf  dieser  verschiedenen  Pomeriumslinien 
etwas  überliefert  wird,  so  sind  wir  hinsichtlich  der  topographischen  Seite 
dieser  Frage  auf  die  noch  existierenden  und  an  ihrem  ursprünglichen 
Standort  befindlichen  Terminationscippen  angewiesen.  Es  sind  dies  Steine 
von  drei  verschiedenen  Terminationen : 

1.  Von  der  Termination  des  Claudius  vier  Steine»)  (CIL.  VI  1. 1231): 

a)  gefunden  im  Marsfeld  bei  S.  Lucia  della  Chivica,  jetzt  eingemauert 
in  Via  di  S.  Lucia  N.  146; 

c)  in  der  Vigna  Nari  an  der  Porta  Salara,  wiederaufgefunden  im 
Mai  1885; 

d)  unweit  der  Porta  Metrovia,  nicht  an  der  ursprünglichen  Stelle 
gefunden,  aber  auch  wohl  nicht  weither  verschleppt.  Er  trägt  nach 
Ficoroni,  bolla  d'oro  11  p.  67  die  Zahl  XV,  was  in  Rücksicht  auf  den 
nur  1500  m  entfernten  Stein  e  mit  der  Zahl  VIII  von  Wichtigkeit  ist 
(sonst  wird  XXXV  überliefert);  jetzt  in  der  Galleria  lapidaria  des  Vatican; 

e)  nördlich  vom  Monte  Testaccio,  am  30.  November  1885  an  der 
ursprünglichen  Stelle  gefunden.  Er  hat  die  Zahl  VIII.  Die  obere  horizontale 
Fläche  trägt  das  Wort  Pomerium  (wie  auch  von  a  bezeugt).*) 

2.  Von  der  Termination  des  Titus  und  Vespasianus  zwei  Steine 
(CIL.  VII.  1232): 

b)  ausserhalb  der  porta  Pinciana  gefunden  (nach  Sangallo).  Er  hat 
die  Zahl  XXXI; 

f)  nicht  weit  von  der  Porta  Ostiensis  innerhalb  der  Aurelianischen 
Mauer,  60  m  von  e  entfernt.  Er  hat  die  Zahl  XLVII  und  auf  der  anderen 
Seite  P.  CCCXLVII.     Neuerdings  wieder  aufgefunden.  5) 

Auf  beiden  Arten  heisst  es  übereinstimmend:  auctis  papuli  Romani 
finibus  pomerium  ampliavit  terminavitque. 

3.  Von  der  Termination  des  Hadrian  zwei  Steine  (CIL.  VI  1,  1233): 

g)  an  der  ursprünglichen  Stelle  unter  dem  Hause  Piazza  Sforza 
N.  18,  80  m  von  a  entfernt;  er  trägt  die  Zahl  V;  auf  der  andern  Seite 
P.  CCCCLXXX; 

h)  bei  S.  Stefano  del  Cacco,  ebenfalls  an  der  ursprünglichen  Stelle, 
neuerdings  wieder  gefunden,  eingemauert  in  einem  Gange  neben  der  Kirche 
S.  Stefano  del  Cacco,  merkwüidigerweise  kein  Travertincippus,  sondern 
eine  dicke  Platte  aus  CipoUino. 

Auf  diesen   heisst  es:   ex  s.  c.  coUegium   augurum terminos 

pomerii  restituendos  curavit,  von  einer  Erweiterung  melden  sie  also  nichts. 

Es  ergibt  sich  daraus,  dass  das  eigentliche  Marsfeld  noch  unter 
Hadrian  {g.  h,)  ausserhalb  des  Pomeriums  gelegen  hat.  Nach  Hadrian  aber 
folgt  bis  auf  die  zweifelhafte  Pomeriumserweiterung  Aurelians  (Vopiscus, 
Aurelian  21)  keine  Vorschiebung  mehr.  Das  Marsfeld  scheint  also  über- 
haupt nie  ins  Pomerium  hineingezogen  zu  sein.  Zu  Vespasians  Zeit  liegt 
sogar  die  Porticus  Octaviae  noch  ausserhalb  desselben.  Damals  sammelte 
sich  hier  das  Heer  zum  Triumph,   ehe  es  die  Stadt  betrat,  d.  h.  die  Po- 


»)  Vgl.  den  Plan  von  Rom.  1   cio.    Not.  degli  Scavi  1885,  p.  475. 

)  Lauciami,  Tennine  del  mont©  Testac-  |  »)  Vgl.  Not.  d.  Scavi  1886,  p.  232. 

Bandbaoh  der  kloM.  AltertumswiaMusobAA.    lU,  8  B.    2.  Aufl.  5 


66 


B.  Topographie  Ton  Born. 


meriumslinie  überschritt.  Möglich,  dass  man  eben  zu  solchen  Zwecken 
das  Marsfeld  ausserhalb  der  Stadtgrenze  Hess.  Auch  die  Rücksicht  auf 
die  hier  befindlichen  Grabstätten,  namentlich  das  Mausoleum  des  Augustus, 
mag  mitgewirkt  haben  (Jordak,  Top.  I  1,  p.  171).  Auf  den  anderen 
Seiten  der  Stadt  war  die  Bebauung  und  mit  ihr  die  Pomeriumslinie  schon 
im  1.  Jahrhundert  n.  Chr.  bis  ungefähr  an  die  Zolllinie  und  die  Linie 
der  nachmaligen  Aurelianischen  Mauer  vorgerückt.  Im  Norden  liegt  ein 
Stein  des  Claudius  und  einer  des  Vespasian  dicht  an  derselben.  Im  Süden 
ist  ebenfalls  ein  Stein  des  Vespasian  dicht  an  der  Mauer  gefanden 
worden  (/).  Dagegen  steht  ein  Claudischer  Stein  (e)  nördlich  vom  Monte 
Testaccio.  Die  Ebene  südlich  davon  war  damals  also  noch  von  der 
Stadt  ausgeschlossen.  Erst  die  Termination  des  Vespasian  ging,  wie 
der  Standort  des  Steines  bei  Porta  Ostiensis  <f)  zeigt,  an  dieser  Stelle  über 
die  Termination  des  Claudius  hinüber  und  schloss  auch  die  Ebene  des 
Testaccio  ein. 

Die  Zählung  der  Steine  bietet  grosse  Schwierigkeiten.  Die  Termi- 
nation des  Claudius  begann  im  Süden  der  Stadt  (e  mit  Nr.  VIII  am 
Monte  Testaccio,  Nr.  XV,  wie  es  scheint,  an  der  F.  Metrovia),  die  des 
Hadrian  auf  dem  Marsfelde  {g  =  Nr.  V).  Die  Zahl  der  Steine  steht 
bei  keiner  der  Terminationen  fest,  ebensowenig  die  Abstände  der  einzelnen 
Steine  von  einander.  Jedenfalls  waren  sie  nicht  gleich.  Der  Hadrianische 
Stein  g  gibt  als  Entfernung  des  nächsten  480  Fuss  =  4  (ictus  an;  der 
Vespasianische  f  347,  zwischen  b  und  f  aber,  Nr.  31  und  47  der  Ves- 
pasianischen  Vermessung,  liegt  fast  die  ganze  Peripherie  der  Stadt.  Über- 
haupt ist  es  gar  nicht  möglich,  dass  die  Abstände  gleich  waren,  da  durch 
diese  Steine  nicht,  wie  bei  den  Wasserleitungen,  eine  schon  vorhandene 
Linie  terminiert  wurde,  sondern  die  Steine  selbst  erst  diese  Linie  bil- 
deten, ihre  Entfernungen  also  durch  die  Biegungen  des  Pomeriums  bedingt 
waren.  Sie  mussten  das  eine  Mal  eng  beieinander  stehen,  und  konnten 
andrerseits,  wenn  die  Linie  ein  gutes  Stück  geradeaus  lief,  weit  aus- 
einander rücken.  Der  Abstand  ist  also  ein  wechselnder  gewesen,  auch 
gab  es  wohl  neben  den  mit  Zahlen  versehenen  Steinen  solche  ohne 
Zahlen. 

Litteratur:  Hülsek,  Das  Pomeriam  Roms  in  der  Kaiserzeit.    Hennes  XX[T,  p.  615  ff. 

23.  Die  Aurelianische  Mauer.  Am  Ende  des  3.  Jahrh.  n.  Chr.  ist 
Rom  von  neuem  in  eine  befestigte  Stadt  verwandelt  worden.  Begonnen 
hat  den  Bau  der  Ringmauer  der  Kaiser  Aurelianus  (270— 275),  vollendet 
Kaiser  Probus  (276—282).  Kaum  anderthalb  Jahrhunderte  später,  unter 
Honorius  (403)  wurde  sie  wieder  hergestellt,^  wie  die  Inschriften  über 
drei  Thoren  (der  Tiburtina,  Praenestina  und  Portuensis,  CIL.  VI  1,  1188— 
1190,  die  über  der  P.  Portuensis  nicht  mehr  erhalten)  bezeugen.  Trotz 
vielfacher  Zerstörungen  —  schon  durch  Totila  ging  ein  grosser  Teil  zu 
Grunde  und  wurde  von  Belisar  wieder  hergestellt  —  ist  dies  im  wesent- 
lichen diejenige  Mauer,  die  heute  noch  Rom  umschliesst.  *)    Nur  auf  dem 


0  Claudian,  de  sexto  consulatu  Honorii 
V.  629. 

*)  Nichtsdestoweniger  ist  dies  bestritten 


worden,  z.  B.  von  Nibby.  Man  fabelte  von 
einer  Mauer  von  50  Milien  Lftnge,  ein  Mass, 
dem   gegenüber    die   erhaltene   Maner   von 


8.  EntwioUiugsgMöhioliU  der  SUdt.    (§  23.) 


67 


rechten  Tiberufer  ist  die  Stadt  durch  die  Anfügung  der  Civitas  Leonina 
(Leo  IV.  847—855)  und  die  diese  und  das  Janiculum  umschliessenden 
Festungsanlagen  erweitert  worden. 

Der  Gang  der  Mauer  ist  durch  verschiedene  Rücksichten  bedingt 
worden.  Im  wesentlichen  bestimmend  dafür  ist  die  oben  besprochene 
Zollgrenze  gewesen,  so  dass  nun  auf  dem  linken  Ufer  Zollgrenze,  Befesti- 
gungsmauer und  Pomerium  fast  zusammenfielen.  Es  ist  anzunehmen,  dass 
die  Mauer  nach  Möglichkeit  ausser  den  continentia  aedificia  auch  die  ex- 
spatiantia  tecta  einschloss  und  nur  die  extrema  iectorum  draussen  liess.  Nur 
am  rechten  Tiberufer  begnügte  man  sich  damit,  das  Aussenfort  des  Jani- 
culum durch  zwei  zum  Tiber  hinabführende  Mauern  mit  der  linkstiberi- 
nischen  Befestigung  in  Verbindung  zu  setzen.  Im  einzelnen  aber  sind 
fortifikatorische  Erwägungen  leitend.  Man  lehnte  sich  an  schon  vor- 
handene Werke  an;  so  zog  man  die  langen  Pfeilerreihen  der  über  den 
Esquilin  gehenden  Wasserleitungen,  der  Marcia  und  Claudia,  ebenso  das 
ausserhalb  des  Pomeriums  gelegene  befestigte  Prätorianerlager  in  die  Ring- 
mauer hinein;  im  Norden  benutzte  man  die  Substruktionen  des  Pincio, 
im  Osten  das  Amphitheatrum  castrense.  Das  Tiberufer,  das  in  sehr  be- 
deutender Ausdehnung  in  die  Enceinte  aufgenommen  wurde,  erhielt  eine 
auf  der  Höhe  des  Ufers  aufsetzende  Mauer. 

Die  unglaubliche  Schnelligkeit,  mit  der  der  Bau  ausgeführt  wurde, 
ist  daraus  zu  erklären,  dass  etwa  ein  Drittel  der  Mauerlinie  ältere  Bau- 
werke (Wasserleitungen,  Substruktionen)  benutzt,  ferner  daraus,  dass  die 
Zone,  auf  der  sie  sich  erhob,  nicht  erst  expropriiert  werden  musste, 
sondern  durch  ihre  frühere  Bestimmung  als  Zollgrenze  schon  bereit  lag. 
Aber  man  baute  auch  eilig.  Charakteristisch  dafür  ist,  dass  in  dem 
Mauerzuge  südlich  von  der  Porta  Tiburtina  (jetzt  S.  Lorenzo)  in  die  Stadt- 
mauer die  28  m  lange  Mauer  eines  Nymphäums  mit  Nischen  eingebaut 
ist,  aus  denen  man  nicht  einmal  die  Statuen  fortgenommen  hat.^)  Bei 
der  Tracierung  der  Mauerlinie  ist  man  übrigens  nicht  selten  auf  Grab- 
mäler  gestossen,  die  römischer  Sitte  gemäss  längs  der  Landstrassen  er- 
richtet waren.  Man  hat  dieselben  nicht  zerstört,  sondern  in  die  Mauer, 
resp.  die  Thortürme  eingeschlossen.*)  Die  Erd-  und  Steinmassen,  die  beim 
Legen  der  Fundamente  ausgehoben  wurden,  schüttete  man  im  Innern  gegen 
die  Mauer,  so  dass  das  Terrain  ausserhalb  und  innerhalb  verschiedenes 
Niveau  bekam.') 


kaum  12  Milien  Lftnge  zu  unbedeutend  er- 
schien. Vgl.  Jobdan,  Topogr.  I  1  p.  343  ff. 
II  p.  176  ff.  —  Litteratur:  Nibby,  Le 
mnra  di  Roma  disegnate  da  Sir  W.  Gell. 
1820.  —  PiALB,  Delle  mura  Anreliane  1833. 
Beschreibung  der  Stadt  Rom  I,  644  ff.  — 
C.  QuABBKGHi,  Le  mura  di  Roma,  1880.  — 
BoBGATTi,  Le  mura  di  Roma,  Rivista  d'arti- 
gleiia  e  genio  1890  IL 

0  Bull.  com.  1889  p.  541,  1892  p.  105. 

s)  Entdeckungen  yon  eingebauten  Grä- 
bern haben  sich  beim  Abtragen  von  Thor- 
türmen  öfter  ergeben.     So  ist  an  der  Porta 


Maggiore  das  bertthmte  Grab  des  Bäckers 
Eurysaces  zum  Vorschein  gekonmien.  Wich- 
tige Ausbeute  und  Belehrung  über  den  Bau 
der  Mauer  hat  namentlich  die  Abtragung  der 
Türme  an  der  Porta  Flaminia  ergeben.  Vgl. 
BulL  com.  1877  p.  184  ff.,  1880  p.  169  ff., 
1881  p.  174  ff.  Das  bekannteste,  in  die  Mauer 
eingeschlossene  Grabmal  ist  die  Pyramide 
des  Cestius  neben  der  Porta  Ostiensis. 

^)  Die  Worte  der  Inschriften  des  Macrobius 
Longinianus  CIL.  VII 188— 1190  egestis  im- 
mensis  ruderibus,  die  zum  Andenken  an  die 
Wiederherstellung  des  Honorius  auf  die  Thore 

5* 


68  B.  Topographie  von  Born. 

Von  besonderem  Interesse  ist  die  Art  und  Weise,  wie  man  bei  der 
neuen  Befestigungsanlage  die  Flussübergänge  sicherte.  Ehemals  hatte 
die  Festung  auf  dem  Janiculum  als  Brückenkopf  für  den  Pons  Aemilius 
und  die  Inselbrücken  gedient  (vgl.  p.  51).  Jetzt  schlössen  die  vom  Jani- 
culum zum  Fluss  hinabführenden  Mauern  gerade  den  Teil  des  Flusslaufes 
ein,  auf  dem  sich  die  Brücken  befanden.  Es  waren  dies  der  Pons  sub- 
licius,  Aemilius,  Fabricius  und  Cestius,  sämtlich  noch  aus  der  Zeit  der 
Republik  stammend,  und  ausserdem  der  vermutlich  nach  Abbruch  des  Pons 
Agrippae  (p.  44)  am  Anfang  des  3.  Jahrh.  n.  Chr.  erbaute,  vom  Mars- 
felde aus  nach  den  Anlagen  des  transtiberinischen  Oebietes  führende  Pons 
Aurelius.  Der  Vollender  der  neuen  Ringmauer,  der  Kaiser  Probus,  fügte 
diesen  vier  Übergängen  einen  fünften  hinzu,  den  Pons  Probi.  Es  ist 
dies  wahrscheinlich  die  Brücke,  deren  Trümmer  in  der  Nähe  des  Aventins 
sich  befinden.  Ausser  diesen  nunmehr  innerhalb  der  Stadt  befindlichen 
Brücken  gab  es,  wenn  man  von  dem  weit  vor  der  Stadt  liegenden  Pons 
Mulvius  absieht,  nur  noch  eine  Brücke,  den  zum  Mausoleum  des  Hadrian 
führenden  und  das  Marsfeld  mit  dem  vatikanischen  Gebiete  in  Verbindung 
setzenden  Pons  Aelius.  Dieselbe  war  hinlänglich  durch  das  einerstarken 
Bastion  gleichende  Orabmal  geschützt.  In  späterer  Zeit  hat  man  zu 
weiterer  Sicherung  dieses  Flussüberganges  das  Grabmal  durch  Parallel- 
mauem,  die  zum  Ufer  hinabführten,  an  die  linkstiberinische  Befestigung 
angeschlossen.  —  Unterhalb  des  Pons  Aelius  endlich  finden  sich  die 
Trümmer  einer  antiken  Brücke,  die,  wenn  sie  nicht  schon  früher  (viel- 
leicht beim  Bau  des  Pons  Aelius)  zerstört  worden  ist,  spätestens  bei  Her- 
stellung der  Aurelianischen  Mauer,  mit  der  sie  nicht  zu  vereinen  war, 
demoliert  wurde  und  seitdem  in  Verfall  geriet.  Sie  stellte  ehemals  die 
direkte  Verbindung  zwischen  dem  Marsfelde  und  den  Anlagen  des  Cali- 
gula  im  vatikanischen  Gebiete  her;  im  Mittelalter  heissen  die  Trümmer 
Pons  Neronianus.  In  der  Konstantinischen  Beschreibung  fehlt  sie;  dort 
werden  nur  die  oben  besprochenen,  freilich  in  unrichtiger  Reihenfolge, 
aufgezählt,  nämlich:  Aelius,  Aemilius,  Aurelius,  Molvius,  Sublicius,  Fabri- 
cius, Cestius  und  Probi.     Die  Geschichte  der  Brücken  ist  folgende:^) 

Pons  Aelius,  auch  Pons  Hadriani,  dann  Pons  S.  Petri,  jetzt  Ponte 
S.  Angelo.  Die  neuesten,  bei  Gelegenheit  der  Tiberregulierung  vorge- 
nommenen Untersuchungen  haben  die  Anlage  dieser  ursprünglich  acht- 
bogigen  Brücke  freigelegt.  Vgl.  Bobsabi,  Delle  recente  scoperte  relative 
al  ponte  Elio  etc.  Not.  d.  scavi.  1892,  p.  411.  flf.  Lanciani,  Ponte  S.  Angelo, 
Bull.  com.  1893,  p.  14  flf.  Hülsen,  Rom.  Mitt.  1893,  p.  321. 

Pons  Agrippae,  erst  1887  durch  die  Inschrift  eines  Terminalsteins 
des  Tiberufers  {ripam  cippis  positis  terminaverunt  a  trigario  ad  pontem 
Agrippae)  bekannt  geworden.  Die  Trümmer  sind  dann  100  m  oberhalb 
von  Ponte  Sisto  gefunden  worden.     Sie   wurde  vermutlich  bei  einer  mit 


gesetzt  worden  sind,  bedeuten,  dass,  um  an  j  der  Aussenseite  abgrub,  und  die  Fundamente 

bestimmten  Stellen,  bei  den  Castra  praetoria  j  freilegte,  anstatt  die  Mauer  selbst  zu  erhöhen, 

und   zwischen  Porta  Praenestina  und  Tibur-  <  ')   Litteratur    über   die   Brücken   siehe 

tina,  die  Mauer  zu  erhöhen,  man  das  Terrain  .  p.  41  Anm.  1. 


8.  Entwiokliugsgesohiohte  der  Stodt.    (§  23.)  69 

dem  Bau  des  Pons  Aurelius  verbundenen  Strassenregulierung  abgetragen 
(Bobsabi,  Bull.  com.  1888,  p.  92  ff.,  Hülsen,  Rom.  Mitt.  1889  p.  285  ff.). 

Pons  Aurelius,  erbaut  3  Jahrb.  n.  Chr.,  von  Valentinian  P)  wieder- 
hergestellt, Volksname  Pons  Antonini,  jetzt  Ponte  Sisto. 

Pons  Fabrieius,  erbaut  62  v.  Chr.,  im  Mittelalter  Pons  Judaeorum, 
jetzt  Ponte  de'  quattro  capi  (vgl.  p.  51,  CIL.  VI  1305). 

Pons   Cestius,    erbaut  zu  Caesars  Zeit,  nach  der   Restauration  im 

4.  Jahrhundert  Pons  Gratiani,    und    so  auch   im   Mittelalter;  jetzt  Ponte 

5.  Bartolomeo  (vgl.  p.  51,  CIL.  VI  1175,  1176.  Symmachus  pan.  in  Gra- 
tian.  6). 

Pons  Aemilius,  erbaut  179—141  v.  Chr.,  volkstümlicher  Name  Pons 
lapideus,  weil  die  erste  steinerne  Brücke,  daraus  Pons  Lepidi,  im  Mittel- 
alter Pons  maior,  Pons  senatorum,  Pons  S.  Mariae,  zuletzt  Ponte  rotte, 
jetzt  abgebrochen  (vgl.  p.  51). 

Pons  sublicius,  aus  religiösen  Gründen  das  ganze  Altertum  hindurch 
erhalten,  verschwindet  im  Mittelalter  (vgl.  p.  51). 

Pons  Probi,  später  nach  seinem  Wiederhersteller  Pons  marmoreus 
Theodosii,  dann  Pons  in  ripa  Romaea,  jetzt  zerstört. 

Pons  Mulvius,  jetzt  Ponte  Molle,  führt  3  Miglien  nördlich  von  der 
Porta  del  popolo  (Porta  Flaminia)  über  den  Tiber. 

Die  Mauer  hat  nach  Lanciani's  Messung  eine  Länge  von  18837,50  m 
(Bull.  com.  1892,  p.  87  ff.),  der  Landstreifen,  auf  dem  sie  steht,  ist  19  m 
breit,  davon  kommen  9  m  auf  die  innere,  10  m  auf  die  äussere  Ring- 
strasse. Die  Mauer  ist  ein  Ziegelbau;  ihre  Höhe  beträgt  16  m,  die  Dicke 
etwa  3,80  m,  doch  ist  sie  nur  in  ihrem  unteren  Teile  massiv.  Im  oberen 
Teile  gliedert  sich  die  Dicke  der  Mauer  in  eine  Aussenmauer,  deren 
Stärke  1,28  m,  also  etwa  ein  Drittel  des  Ganzen  beträgt;  die  beiden 
anderen  Drittel  nehmen  1,33  m  dicke  und  2,93  m  im  Lichten  von  ein- 
ander entfernte,  durch  Tonnengewölbe  miteinander  verbundene  Strebe- 
pfeiler ein.  Diese  Pfeiler  sind  dann  selbst  wieder  von  3,85  m  hohen  und 
1,18  m  breiten  Bogenöffnungen  unterbrochen,  so  dass  innerhalb  der  Mauer 
ein  fortlaufender  Gang  entsteht.  Neben  der  Ersparnis  an  Material,  die 
durch  diese  Bauart  erreicht  wurde,  diente  der  so  geschaffene  Gang  auch 
den  Zwecken  der  Verteidigung.  Denn  zwischen  je  zwei  Strebepfeilern  ist 
in  der  Aussenmauer  eine  1,18  m  breite,  nach  aussen  auf  0,385  m  sich  ver- 
engende Schiesscharte  (fenestra)  angebracht.  Auf  den  Tonnengewölben 
des  Ganges  ruhte  eine  Zinne  von  der  Breite  der  Gesamtstärke  der  Mauer 
3,80  m.  Sie  war  nach  aussen  durch  eine  Brustwehr  geschützt,  in  der 
sich  zahlreiche  Scharten  {propugndcula)  befanden.  Von  letzteren  ist  nichts 
erhalten.  In  ziemlich  regelmässigen  Abständen  (nach  je  5—6  Strebe- 
pfeilern) wird  die  Mauer  durch  quadratische  Türme  unterbrochen,  die  nach 
innen  zu  mit  der  Mauer  in  derselben  Flucht  liegen,  nach  aussen  stark 
vorspringen  und  auch  in  der  Höhe  die  Mauer  um  ein  Beträchtliches  über- 
ragen. Auch  in  diesen  Türmen  waren  Schiessscharten;  ausserdem  ent- 
hielten sie  die  zu   den  Zinnen  emporführenden  Treppen.    Man  kann  die 


')  Vgl.  Ephem.  epigr.  IV  799,  800.    Not.  d.  scavi  1892  p.  50,  234. 


70 


B.  Topographie  von  Bom. 


Türme,  die  übrigens  samt  und  sonders  umbauten  erfahren  haben,  noch 
heute  im  ganzen  Umkreis  der  Mauer  verfolgen.  Sie  fehlten  nur  an  der 
jetzt  verschwundenen  Befestigungsmauer  des  linken  Tiberufers ;  dieser  Teil 
der  Mauer  war  überhaupt  niedriger  und  mit  geringer  Sorgfalt  gebaut, 
da  der  Fluss  mit  seinem  steilen  Ufer  an  und  für  sich  schon  zur  Abwehr 
genügte.  ^)  Einen  Graben  erhielt  die  Mauer  vorübergehend  durch  Belisar. 
Die  Thore  der  Aurelianischen  Mauer  hatten  der  Mehrzahl  nach  nur 
einen  Durchgang.  Sie  waren  gewölbt  und  von  runden  Türmen  flankiert, 
ihre  Anlage  war  natürlich  durch  das  damals  völlig  ausgebildete  Strassen- 
system  bedingt.     Es  sind: 

1.  Porta  Flaminia  (jetzt  ersetzt  durch  die  moderne  Porta  del 
popolo)  für  die  Via  Flaminia  (Via  lata,  der  heutige  Gorso). 

2.  Porta  Pinciana,  vielfach  erwähnt  bei  Procop,  bell.  Goth.  Sie  war 
ursprünglich  kein  Thor,  sondern  eine  Nebenpforte  (posterula),  wie  Lan- 
ciani  Bull.  com.  1892,  p.  102  aus  dem  Grundriss  nachgewiesen  hat,  und 
wurde  erst  später  (von  Honorius?)  zu  einem  Thore  erweitert  und  umge- 
baut, jetzt  geschlossen;  über  dem  Bogen  ein  griechisches  Kreuz.  Das 
Thor  rührt  in  seiner  jetzigen  Gestalt  von  Belisar  her,  zum  Bau  sind 
ältere  Gräber  verwendet  worden.  Not.  d.  scavi  1888,  p.  60,  Bull.  com. 
1888,  p.  41. 

8.  Porta  Salaria  (jetzt  Porta  Salara)  für  die  aus  der  alten  Porta 
Gollina  hinausführende  Via  Salaria. 

4.  Porta  Nomentana,  für  die  ebenfalls  aus  der  Porta  Gollina 
hinausführende  Via  Nomentana.  Sie  ist  geschlossen  und  neuerdings  fast 
gänzlich  verbaut.  Dafür  ist  durch  Pius  IV.  die  Porta  Pia  geöflfnet  worden. 
Neben  derselben  eine  Thoröfhung  an  der  Stelle  der  am  20.  Sept.  1870 
bei  Eroberung  der  Stadt  gelegten  Bresche. 

5.  Südlich  vom  Prätorianerlager  ein  jetzt  geschlossenes,  antikes 
Thor,  welches  die  alte  Beschreibung  des  Einsiedler  [tinerars  nicht  mit 
aufzählt.  Es  entspricht  genau  der  Porta  Viminalis  in  der  Servianischen 
Mauer.  Auch  Reste  der  auf  dasselbe  zuführenden  Strasse  sind  aufgedeckt 
worden. 

6.  Porta  Tiburtina  (jetzt  Porta  S.  Lorenzo  nach  der  vor  dem  Thore 
gelegenen  Basilica  des  heiligen  Laurentius).  Sie  ist  an  einen  Bogen  der 
Marcia,  Tepula  und  Julia  angebaut.  Dieser  ist  stark  verschüttet,  erscheint 
daher  sehr  niedrig.  Dagegen  steht  das  Thor,  welches  die  den  Kaisem 
Honorius  und  Arcadius  wegen  der  Wiederherstellung  der  Mauer  gewidmete 
Inschrift  (GIL.  VI  1.  1188)  trägt,  auf  dem  Verschüttungsboden.  Aus  dem 
Thor  lief  die  von  der  Servianischen  Porta  Esquilina  kommende  Via 
Tiburtina. 

7.  Porta  Praen  es tina  (jetzt  Porta  Maggiore),  zweithorig.  Zwischen 
beiden  Durchgängen   stand  ein  halbrunder  Turm,   nach    dessen  Abbruch 


*)  Vgl.  die  Beschreibung  Procops  Goth. 
II  9,  der  ausdrücklich  sagt,  dass  die  Mauer 
am  Tiber  nvgyaty  igij/noy  navTanaai  ge- 
wesen sei.  Die  25  Tflrme,  welche  die  An- 
siedler Beschreibung  von  ihrem  Anfang  beim 


Pens  Aurelius  bis  zur  Porta  Flaminia  rechnet, 
kommen  teils  auf  die  Befestigung  des  Pens 
Aurelius  und  Aelius,  hauptsächlich  aber  auf 
die  Strecke  vom  Tiber  bis  zur  Porta  Flaminia. 


Taf.  7. 


I.  Aurelianische  Mauer:  Aussenseite. 


2.  Aurelianische  Hauer:  Innenseite. 


8.  EntwiokliuigBgeMliiohte  der  SUdt.    (§  23.)  71 

das  Grabdenkmal  des  Bäckers  M.  Yergilius  Eurysaces  aus  dem  1.  Jahr- 
hundert V.  Chr.  zum  Vorschein  kam.  Die  Gestalt  desselben  zeigt,  dass 
es  im  Scheitelpunkt  zweier  divergierender  Strassen  stand.  Über  dem 
Thore  lagen  die  Leitungskanäle  der  Aqua  Claudia  und  des  Anio  novus  mit 
den  Inschriften  des  Claudius,  Yespasian  und  Titus  CIL  VI  1256—1258. 
Aus  dem  Thore  führte  die  von  der  Porta  Esquilina  kommende  Via  Prae- 
nestina,  von  der  sich  unmittelbar  vor  dem  Thore  die  Via  Labicana  abzweigte. 

8.  Porta  Asinaria  (jetzt  geschlossen),  einthorig  mit  zwei  runden 
Türmen  für  die  Via  Asinaria.  Dafür  ist  daneben  im  Jahre  1574  die  Porta 
S.  Giovanni,  so  genannt  nach  der  innerhalb  des  Thores  befindlichen  Basilica 
S.  Giovanni  in  Laterano,  geöffnet. 

9.  Porta  Metrovia  (je^^t  geschlossen).  Zu  ihr  führte  eine  vom 
Caelius  konmiende  Strasse. 

10.  Porta  Latina  (jetzt  geschlossen),  für  die  Via  Latina,  ebenfalls 
einthorig  mit  runden  Türmen. 

11.  Porta  Appia  (jetzt  Porta  S.  Sebastiane  nach  der  vor  dem  Thore 
liegenden  Basilica  des  h.  Sebastian),  für  die  aus  der  Porta  Capena  aus- 
laufende Via  Appia,  von  der  sich  die  Via  Latina  noch  innerhalb  der 
Aurelianischen  Mauer  abzweigte,  ebenfalls  einthorig  mit  halbrunden  Türmen 
auf  quadratischem  unterbau.  Im  Innern  des  Thores  befindet  sich  der  so- 
genannte Arcus  Drusi. 

12.  Porta  Ardeatina,  existiert  nicht  mehr,  da  an  dieser  Stelle  die 
Bastion  Sangallos  an  Stelle  der  Aurelianischen  Mauer  getreten  ist.  Das  in 
der  Beschreibung  der  Honorianischen  Mauer  fehlende,  also  frühzeitig  ge- 
schlossene Thor  ist  aus  einer  Zeichnung  Sangallos  von  Hülsen,  Rom.  Mitt. 
1894,  p.  320  ff.  nachgewiesen  worden. 

13.  Porta  Ostiensis  (jetzt  Porta  S.  Paolo  nach  der  vor  dem  Thore 
liegenden  Basilica  des  hl.  Paulus).  Das  Thor  nahm  die  Strassen  von  drei 
Servianischen  Thoren,  der  Trigemina,  Lavemalis  und  Raudusculana  auf. 
Die  wichtigste  Strasse  war  der  aus  der  Porta  Raudusculana  kommende  Yicus 
Piscinae  publicae.  Nach  ihm  sind  die  Pyramide  des  Cestius,  sowie  die 
übrigen  Gräber  orientiert.  Die  von  der  Porta  Trigemina  kommende 
Strasse  traf  mit  diesem  Yicus  südlich  von  der  nachmaligen  Porta  Ostiensis 
der  Aurelianischen  Mauer  zusammen,  so  dass  hier,  wenn  man  die  Strassen 
nicht  umlegen  wollte,  neben  einander,  getrennt  durch  die  Pyramide  des 
Cestius,  zwei  Thore  erforderlich  waren.  Das  Thor  über  dem  Vicus  pis- 
cinae  publicae  wurde  durch  Honorius  wiederhergestellt,  zugleich  wurde 
das  zweite,  eine  Posterula,  vermauert  und  eine  neue  Verbindung  beider 
Strassen  innerhalb  der  Mauer  geschaffen.    Lanciaki,  Itin.  Eins.  p.  80  f. 

Auf  dem  rechten  Tiberufer  befand  sich 

14.  Porta  Portuensis  nicht  weit  vom  Flusse,  zweithorig,  mit  der 
gleichen  Inschrift  wie  Porta  Praenestina  und  Porta  Tiburtina.  Aus  ihr 
lief  die  Via  Portuensis,  von  dieser  die  Via  Campana  aus,  so  genannt 
nach  dem  an  der  Mündung  des  Tiber  gelegenen  Campus  Salinarum.  Jetzt 
ist  es  verschwunden  (abgerissen  1643),  dafür  weiter  stromaufwärts  in  der 
modernen  Befestigung  die  Porta  Portese. 

15.  Porta  Aurelia  auf  der  Höhe  des  Janiculum,  für  die  über  den 


72  B.  Topographie  von  Rom. 

Pons  Aemilius  kommende  Via  Aurelia,  jetzt  ersetzt  durch  die  Porta  S. 
Pancrazio. 

16.  Obgleich  die  Beschreibung  der  Honorianischen  Mauer  zwischen 
der  Porta  Aurelia  und  dem  Tiber  kein  Thor  weiter  nennt,  so  ist  es  doch 
höchst  unwahrscheinlich,  dass  die  Mauer  an  der  Stelle  der  Porta  Sep- 
timiana  (Vita  Severi  19),  die  erst  in  den  Mirabilien  wieder  genannt 
wird,  keinen  Ausgang  gehabt  haben  soll.  Die  Mauer  durchschnitt  das 
stark  bewohnte  Transtiberim,  dessen  Bewohner  doch  nicht  gezwungen 
sein  konnten,  immer  die  Porta  Aurelia  auf  der  Höhe  des  Janiculum  zu 
benutzen. 

17.  Endlich  gab  es  noch  am  linken  Ufer. ein  Thor  für  den  Pons 
Aelius.  Der  Name  steht  nicht  fest,  Prokop  nennt  es  Porta  Aurelia 
(B.  Goth.  I  19,  23,  28),  aber  schon  am  Ende  des  4.  Jahrhunderts  heisst  es 
Porta  S.  Petri  (so  auch  in  der  Beschreibung  der  Honorianischen  Mauer 
aus  dem  Jahre  403).  Damals  wurde  auch  das  Mausoleum  des  Hadrian 
in  ein  starkes  Yerteidigungswerk  umgewandelt  und  durch  Mauern,  die 
zum  Flusse  hinabführten,  mit  der  Befestigung  am  linken  Ufer  in  Ver- 
bindung gesetzt.  Nach  der  Beschreibung  hiess  das  Aussenwerk  Hadria- 
neum,  das  in  seiner  westlichen  Mauer  befindliche  Thor  Porta  Cornelia, 
als  Ausgangspunkt  der  Via  Cornelia,  vgl.  Jobdan,  Top.  I  1,  376  f.  und  II 
p.  166  oder  Porta  S.  Petri  in  Hadrianeo  (Inschrift  de  Rossi,  Inscr.  2,  99 
u.  7).  Es  hat  bis  in  das  16.  Jahrhundert  bestanden.  —  Ausserdem  befanden 
sich  auf  der  Strecke  am  Flusse  zwischen  der  Porta  Flaminia  und  dem  Pons 
Agrippae  fünf  Pförtchen  {posternae  in  der  Einsiedler  Beschreibung),  die 
in  Friedenszeiten  den  Verkehr  mit  dem  Flusse  ermöglichten.^) 

4.  Zerstörungsgeschichte. 

24.  Die  Baugeschichte  des  antiken  Roms  schliesst  mit  Konstantin 
ab.  Die  Verlegung  der  kaiserlichen  Residenz  nach  der  neu  gegründeten 
Hauptstadt  im  Osten  und  die  gleichzeitige  Anerkennung  des  Christen- 
tums gebieten  den  Hauptrichtungen,  in  denen  sie  sich  bis  dahin  so 
grossartig  entwickelt  hatte,  jähen  Stillstand.  Jedoch  tritt  an  die  Stelle 
der  Weiterentwicklung  keineswegs  unmittelbar  die  Zerstörung,  selbst  nicht 
der  heidnischen  Tempel.  Im  Laufe  des  4.  und  5.  Jahrhunderts  bleiben 
sie  erhalten,  werden  auch  gelegentlich  wiederhergestellt,  ebenso  profane 
Gebäude,  wie  z.  B.  die  Eonstantinsthermen;  das  Aufstellen  von  Statuen 
aber  und  Ehrendenkmälem,  namentlich  auf  dem  Forum,  wird  fortgesetzt 
(CIL  VI  1651—1672).  Unter  Theodorich  im  6.  Jahrhundert  entfaltete 
sich  sogar  noch  einmal  eine  rege  Bauthätigkeit,  die  sich,  wie  es  scheint, 
nicht  einmal  an  vorhandenem  Material  vergriff;  das  zeigen  die  Ziegel- 
stempel aus  dieser  Zeit.  Neue  Werke  wurden  freilich  nicht  mehr  ge- 
schaffen, es  handelte  sich  um  Wiederherstellung,  vornehmlich  der  Stadt- 
mauern (Cassiodor  Var.  II  34),  der  Kloaken  (a.  a.  0.  III  30),  der  Wasser- 


0  C.  CoBVisiBBi,  Delle  posternle  tdberine  1  lense.  Archivio  di  storia  patria  1878,  p.  73  ff., 
tra  la  porta  Flaminia  ed  il  ponte  Gianico-  {  137  ff.    Bursian,  Jahresbericht  XV,  p.  410. 


4.  ZerBtOrnngageBohlohte.    (§  24.)  73 

leitimgeii  (a.  0.  HI,  53),  der  Theater  (a.  0.  IV,  51),  auch  der  Thermen, 
wie  die  in  den  Caracallathermen  gefundenen  Ziegelstempel  beweisen; 
sicher  haben  in  dieser  Hinsicht  Theodorich  und  die  Seinen  den  Anforde- 
rungen ihrer  Zeit  vollauf  entsprochen.  Liessen  sie  doch  selbst  Marmor 
aus  Griechenland  zur  Ausbesserung  von  Roms  Denkmälern  kommen.  ■) 

Im  5.  Jahrhundert  wurde  Rom  zweimal  erobert  und  geplündert,  410 
durch  Alarich  und  455  durch  Geiserich;  diese  Plünderungen  erstreckten 
sich  aber  ausschliesslich  auf  Kunstwerke,  namentlich  auf  goldene,  silberne, 
erzene.  Seitdem  ist  in  dieser  Hinsicht  kein  Halten  mehr;  die  Plünderungen 
und  Räubereien  dauern  fort,  und  nicht  etwa  allein  Barbaren  beteiligten  sich 
daran ;  schon  Stilicho  raubte  die  Bronzethüren  des  Kapitoliums,  Konstans  H. 
(641 — 665)  die  vergoldeten  Rosse  auf  dem  Triumphbogen  im  Circus  Maximus; 
derselbe  nahm  auch  den  von  Geiserich  übrig  gelassenen  Rest  der  vergoldeten 
Dachziegel  des  Kapitoliums  fort  und  beraubte  das  Pantheon  seines  Dach- 
schmuckes. Schliesslich,  etwa  im  9.  Jahrhundert,  ist  aller  derartiger  Schmuck 
an  metallenen  Kunstwerken  etc.  verschwunden.  Unversehrt  war  allein  die 
beim  Lateran  stehende  (jetzt  auf  dem  Kapitolsplatz  befindliche)  Reiterstatue 
des  Kaisers  Marcus  Aurelius  geblieben.  Sie  rettete  der  Glaube,  es  sei  ein 
Bild  Konstantin's;  anderes  ist  durch  Zufall  gerettet  worden  und  in  Rö- 
mische und  andere  Museen  gewandert,  noch  neuerdings  sind  bei  Regulie- 
rung der  Via  Nazionale  an  der  Stelle  der  Konstantinsthermen  einige  ganz 
bedeutende  Funde  von  Bronzestatuen  gemacht  worden.') 

Einen  wirklichen  Abschnitt  macht  die  Einnahme  und  Zerstörung 
Roms  durch  die  Goten  unter  Totila  im  Jahre  546.  Es  war  dies  ein  Schlag, 
von  dem  die  Stadt  sich  nicht  wieder  erholte.  Von  diesem  Ereignis  datiert 
der  unaufhaltsam  sich  vollziehende  Niedergang  der  Civilisation  und  die 
Verödung  der  Stadt. ^)  Seit  jener  Zeit  denkt  man  nicht  mehr  an  Erhaltung 
oder  gar  Wiederaufbau  des  Zerstörten,  mit  der  einen  Ausnahme,  dass  in 
die  für  ihre  frühere  Bestimmung  unbrauchbar  gewordenen  Gebäude,  so- 
wohl Tempel  (Rotunde  des  D.  Romulus,  Pantheon)  als  auch  Profanbauten 
(Basilica  Julia),  sich  gelegentlich  christliche  Kirchen  einnisteten.  Aber 
die  Regel  ist  dies  nicht,  namentlich  vermied  man,  christliche  Kirchen  in 
heidnische  Tempel  zu  legen.*)  Viel  häufiger  wurden  die  in  Verfall  geratenen 
Gebäude  ihrer  Säulen  und  sonstigen  Marmorzierraten  beraubt,  um  damit 
die  aller  Orten  entstehenden  Kirchengebäude  zu  schmücken.  Wir  können 
den  Urhebern  dieser  Zerstörungen  nur  dankbar  sein,  da  hierdurch  viel 
wertvolles  antikes  Material  der  Vernichtung  entzogen  wurde.  Die  bei 
weitem  grösste  Masse  von  Marmor,  Säulen  sowohl  als  Wandbekleidungen 


')  S.  Beschreibung  der  Stadt  Rom  I, 
p.  237. 

*)  Jobdan,  Top.  I,  1  p.  62,  Amn.  89. 
Not.  d.  Scavi  1885,  p.  42  und  p.  223. 

*)  DB  Rossi  ilnscr.  christ.  I,  516  f.)  bringt 
mit  dieser  Katastrophe  und  ihren  schreck- 
lichen Folgen  das  Aufhören  christlicher  Grab- 
schziften  in  Verbindung. 

*)  Über  Verwandlung  von  Tempeln  in 


Jobdan,  Top.  I,  1  p.  64,  Anm.  41.  Duohbsne, 
Notes  sur  la  topographie  de  Rome  au  moyen- 
ftge.  11.  M^langes  de  T^cole  Fran^aise  de 
Rome  1887  p.  241.  Die  alten  christlichen 
Biakonien  wurden  gewöhnlich  in  öffentlichen 
Gebftuden  errichtet,  aber  man  vermied  mit 
Absicht  die  heidnischen  Enltstätten.  In  den 
wenigen  Beispielen,  in  denen  christliche  Kir- 
chen in  heidnischen  Tempeln  errichtet  sind, 


Kirchen,   die   bei   weitem    seltener   ist,   als      vermied  man,  die  Cella  selbst  zu  benutzen, 
früher   angenommen,    vgl.    die   Stellen    bei   !  man  begnügte  sich  mit  den  äusseren  Portiken. 


74 


B.  Topographie  von  Born. 


und  Fussböden,  namentlich  aber  Götterbilder  und  Statuen,  wanderte  in 
die  Kalköfen,  deren  Spuren  noch  an  mehreren  Punkten  des  antiken 
Bodens  nachgewiesen  worden  sind.  In  dem  berühmten  Briefe  Rafaels  an 
Leo  X.  heisst  es:  »Wie  viel  Kalk  ist  nicht  aus  Statuen  und  anderen 
antiken  Zierraten  gebrannt  worden!  Denn  ich  dürfte  mich  zu  sagen  er- 
kühnen, dass  dieses  ganze  neue  Rom,  das  wir  jetzt  sehen,  in  seiner  ganzen 
Grösse  und  Schönheit,  in  seinem  Schmuck  mit  Palästen,  Kirchen  und 
anderen  Gebäuden,  wie  es  vor  uns  liegt,  durchaus  mit  Kalk  von  antiken 
Marmoren  gebaut  worden  sei/  *)  Trotzdem  muss  man  über  den  über- 
wältigenden Reichtum  an  Skulpturwerken  staunen,  der  in  den  Römischen 
Museen,  namentlich  im  Vatikan,  dem  Beschauer  entgegentritt,  und  ist 
doch  nur  ein  kärglicher  Rest  der  alten  Herrlichkeit! 

Nach  den  edlen  Metallen  und  den  Marmorwerken  kamen  schliesslich 
die  Gebäude  selbst  an  die  Reihe.  Die  hauptsächlichsten  Gründe  der  Ver- 
nichtung derselben  waren  folgende:  In  den  Fehden  des  Mittelalters  wurden 
die  bedeutenderen  antiken  Gebäude  in  Festungen  verwandelt  und  dadurch 
einem  unzweifelhaften  Untergänge  geweiht.  Als  solche  Festungen  werden 
erwähnt:  Das  Septizonium  am  Palatin,  das  Colosseum,  der  Triumph- 
bogen des  Titus,  der  zwischen  beiden  liegende  Tempel  der  Venus  und 
Roma,  der  Constantinsbogen,  der  Gircus  Maximus.  Aus  diesen  Gebäuden 
hatten  im  12.  Jahrhundert  die  Frangipani  eine  umfassende  Festung  ge- 
bildet. In  gleicher  Weise  und  wahrscheinlich  zur  selben  Zeit  hatten  die 
Orsini  das  Grabmal  des  Hadrian  und  das  Theater  des  Pompeius  in  Fest- 
ungen umgewandelt,  die  Colon  na  das  Mausoleum  des  Augustus  und  die 
Thermen  des  Konstantin,  die  Savelli  das  Theater  des  Marcellus.  —  Eine 
teilweise  Zerstörung  dieser  Festungen  fand  schon  zur  Zeit  Arnolds  von 
Brescia  (1155)  statt.  Auf  dieselbe  beziehen  sich  Petrarca's  Worte:  „Siehe 
Roms  Überreste,  das  Bild  ehemaliger  Grösse!  Weder  Zeit  noch  Barbaren 
konnten  sich  dieser  erstaunlichen  Zerstörung  rühmen:  sie  geschah  durch 
ihre  eigenen  Bürger,  durch  die  Erlauchtesten  ihrer  Söhne;  und  deine 
Vorfahren  haben  mit  dem  Mauerbrecher  gethan,  was  der  punische  Held 
mit  dem  Schwerte  nicht  ausrichten  konnte.*  *)  Viel  durchgreifender  aber 
war  die  Zerstörung,  deren  der  Senator  Brancaleone  von  Bologna  im 
Jahre  1257  sich  rühmte.  Lediglich  um  die  Macht  des  Adels  zu  brechen, 
Hess  er  140  Adelstürme  auf  einmal  schleifen.^)  Dazwischen  fehlte  es 
nicht  an  kriegerischen  Stürmen,  die  Roms  zertrümmerte  Herrlichkeit 
auch  von  aussen  noch  bedrohten.  Bemerkenswert  sind  die  Eroberun- 
gen der  Stadt  durch  Heinrich  IV.  und  durch  Robert  Guiscard  im  Jahre 
1084.  Bei  letzterer  namentlich  gingen  die  Gebäude  auf  dem  Marsfeld 
und  die  ganze  Gegend  zwischen  dem  Lateran  und  dem  Colosseum  zu 
Grunde.    Die  Verwüstung   und   Öde   des  Gaelius  und  Aventin,    der  man 


>)  Beschreibung  der  Stadt  Rom  I,  p.  268. 
Über  die  Ealköfen:  Gregorovios  HI,  566. 
Nachgewiesen  auf  dem  Forum  Bull.  d.  Inst. 
1871,  p.  244  f.,  auf  dem  Esquilin,  Bull.  com. 
II,  1874  p.  215,  im  Tempel  der  Venus  und 
Roma,  NiB^Y,  Roma  ant.  II  730,  im  Atrium 


Vestae.  Not.  d.  scavi  1883,  p.  485.  Im 
Mittelalter  hiess  eine  Gegend  auf  dem  Mars- 
felde calcarium.  Jord.  Top.  II,  p.  439  nebst 
Nachtrag  p.  XVn. 

')  Beschreibung  der  Stadt  Rom  I,  p.  246. 

3)  Gregorovius  V,  307. 


4.  SSemiöniiigagMoliiohta.    (§  24.) 


75 


erst  jetzt  wieder  zu  steuern  beginnt,  scheinen  aus  jener  Zeit  zu  stammen. 
Zu  diesen  Zerstörungen  'durch  Menschenhand  kamen  elementare  Ereignisse, 
wie  die  Pest  von  1348,  die  Boccaccio  beschrieben,  und  das  Erdbeben  von 
1349,  das  Petrarca  geschildert  hat.  ^)  Das  ihrige  that  auch  die  furchtbare 
Verwahrlosung,  die  während  des  Aufenthaltes  der  Päpste  in  Avignon 
(1309—1377)  Platz  griff  und  das  nach  der  Heimkehr  entstehende  30Jährige 
Schisma.  —  Nicht  minder  wirksam,  ja  in  gewisser  Beziehung  noch  durch- 
greifender, war  die  friedliche  Zerstörung  antiker  Bauwerke,  die  jenen  ge- 
waltsamen Katastrophen  folgte.  Durch  dieselben  waren  die  antiken  Bau- 
werke, wenn  sie  nicht  ganz  untergegangen  waren,  in  einen  Zustand  der 
Trümmerhaftigkeit  geraten,  der  weder  ihre  Verwendung  zu  baulichen  Zwecken 
mehr  gestattete,  noch  die  Möglichkeit,  sie  wiederherzustellen.  Das  XV.  Jahr- 
hundert fing  von  neuem  an  zu  bauen  und  fand  in  den  Ruinen  die  ergiebig- 
sten Steinbrüche.  Die  päpstliche  Curie  nutzte  dieselben  aus,  indem  sie 
sie  verpachtete  oder  auch  selbst  zu  ihren  Bauten  verwendete.  So  sind 
das  Mausoleum  des  Hadrian  und  das  Colosseum  in  Ruinen  verwandelt. 
Aus  Werkstücken  des  letztern  sind  die  schönsten  Paläste  des  modernen 
Roms,  die  Cancelleria,  die  Pal.  Farnese  und  Venezia  erbaut  worden.  Auch 
das  Forum  ist  erst  in  jener  Zeit  in  seinen  kläglichen  Zustand  versetzt 
worden.^)  Allmähliche  Schuttanhäufungen,  die  Folge  dieser  Zerstörungen, 
fingen  an,  die  Thäler  wie  die  Höhen  zu  bedecken.  »Der  capitolinische 
Hügel*,  sagt  Poggio,  »der  Schauplatz  so  vieler  Triumphe,  auf  dem  sich 
die  Burg  des  alten  Rom,  der  bewunderungswürdige  Tempel  Jupiters  und 
andere  prächtige  Gebäude  erhoben,  war  mit  Weingärten  bedeckt:  und  von 
Werken  des  Altertums  erschien  auf  ihm  nichts  mehr,  als  die  Trümmer 
des  Tabulariums,  auf  denen  schon  damals  der  Palast  des  Senators  errichtet 
war.  Das  Forum,  auf  dem  einst  sich  Senat  und  Volk  versammelte,  um 
Rom  und  der  Welt  Gesetze  zu  geben,  war  mit  Küchengewächsen  bepflanzt, 
und  diente  Schweinen  und  Büffeln  zum  Aufenthalt  ^)  Selbst  das  neue 
Leben,  welches  damals  in  Rom  seinen  Anfang  nahm,  führte  neue  Zer- 
störungen herbei.  So  wurde  bei  dem  Einzüge  Karl's  V.  eine  Triumph- 
strasse hergestellt,  die  durch  die  Triumphbogen  des  Titus  und  Septimius 
Severus  quer  über  das  Forum  ging.  Bei  dieser  Gelegenheit  wurden  ausser 
modernen  Bauten,  die  auf  dem  Schuttboden  des  Forums  errichtet  waren, 
auch  die  über  demselben  noch  hervorragenden  Reste  antiker  Gebäude  etc. 
entfernt.*)  Die  Neugestaltung  des  Kapitels  durch  Michelangelo  vernichtete 
seine  alte  Gestalt  vollständig.  Ausserordentlich  verderblich  waren  end- 
lich für  die  antiken  Reste  die  Regulierungen  und  Neubauten  Sixtus  V. 
(1585 — 1590),  der  ohne  Interesse  für  das  Altertum  um  so  grösseres  Inter- 


*)  Be8clireibimgderSiadtRoinI,p.251ff., 
Stbvbnsov,  Bull.  com.  1881,  p.  74  ff. 

^)  Über  Nachgrabungen  auf  dem  Forum 
nach  Marmor  vgl.  Gregoroviua  Y\l  559. 
über  PachtkoniTdcte  der  Curie  Bull.  d.  Inst. 
1867,  191  ff.  MüNTZ,  in  der  Revue  archeol. 
1876,  Sept.  p.  174  f.  Jobdan,  Sylloge  inscr. 
fori  Romani  in  der  Ephem.  epigr.  1876,  p.  237. 
Cbbasoli,  Ud  e  regolamenti  per  gli  scavi  di 


antichitä  in  Roma  nei  secoli  XV  e  XVI. 
Stndi  6  docum.  di  storia  e  dirittoXVIII  (1897) 
p.  133 —  1 50.  L ANciANi,  Ruins  and  excayations. 

')  Charakteristisch  für  die  Öde,  die  hier 
im  Mittelalter  herrschte,  sind  die  damals  auf- 
kommenden Bezeichnungen  Monte  Caprino 
für  das  Eapitol  und  Campo  Vaccine  für  das 
Forum. 

<)  GüAzzo,  Historie  1546,  p.  195. 


76  B.  Topographie  von  Born. 

esse  für  eine  zweckmässige  Regulierung  und  Neugestaltung  Roms  hatte; 
er  ist  der  Zerstörer  des  Septizoniums ;  auch  die  anderen  Ruinen  Roms 
galten  ihm  nur  als  Fundgruben  von  Baumaterial;  demgemäss  hat  er 
seinem  Architekten  Fontana  mehrere  Anweisungen  über  Zerstörungen 
antiker  Bauwerke  gegeben,  die  zum  Olück  nicht  ausgeführt  worden  sind. 
Andrerseits  hat  er  sich  um  die  Aufrichtung  der  antiken  Obelisken  (nament- 
lich um  den  vor  S.  Pietro)  und  um  Freilegung  und  Restaurierung  der 
Trajans-  und  Antoninssäule  unvergängliche  Verdienste  erworben.  Auch 
andere  Päpste  schätzten  ihre  Baupläne  und  ihren  Nachruhm  höher  als 
die  Antike.  So  riss  Paul  V.  (1605—  1621)  die  ansehnlichen  Überbleibsel 
des  Nervaforums  ein,  um  damit  die  Aqua  Paola  auf  dem  Janiculum  zu 
erbauen. 

Grössere  Verluste  sind  seit  jener  Zeit  nicht  mehr  zu  beklagen;  aber 
die  unmerkliche  und  deshalb  um  so  gefährlichere  Zerstörung  im  kleinen 
hat  bis  in  das  18.  Jahrhundert  fortgedauert.  Dann  erst  dachte  man  daran, 
ein  Gebäude,  wie  das  Colosseum,  durch  Stützbauten  vor  gänzlichem  Ver- 
falle zu  schützen.  Die  neue  Zeit,  die  mit  Winckelmann  und  Fea  anhub, 
schaffte  hierin  gänzlichen  Wandel.  Systematische  Ausgrabungen  fördern 
seitdem  das  noch  Vorhandene  an  das  Tageslicht,  und  das  zunehmende 
Interesse  der  Römer  an  den  herrlichen  Denkmälern  ihrer  stolzen  Ver- 
gangenheit (namentlich  seit  1870)  zeigt  sich  in  der  sorgfältigen  Erhaltung 
derselben.  Seit  Anfang  der  achtziger  Jahre  unseres  Jahrhunderts  ist  Rom, 
wie  die  anderen  Grossstädte  der  Jetztzeit,  ein  Gegenstand  der  Bauspeku- 
lation geworden.  Dieselbe  wird  durch  das  dringende,  unabweisbare  Be- 
dürfnis der  Enge  und  Winklichkeit  der  inneren  Stadt  abzuhelfen,  ge- 
fördert. Ausserdem  verlangt  das  schnelle  Anwachsen  der  Bevölkerung 
die  Anlage  neuer  Quartiere,  und  so  bedeckt  sich  denn  der  bis  vor  wenigen 
Jahren  noch  so  einsame  Osten  Roms  (der  Esquilin),  die  Ebene  des  Monte 
Testaccio  und  das  rechtstiberinische  Gebiet  östlich  und  nördlich  vom 
Vatikan  und  der  Engelsburg  (die  Prati  di  Castello)  mit  langen  Strassen- 
zügen.  Manches  Gebäude,  manche  Villa,  die  dem  Römer  und  dem  rom- 
besuchenden Fremdling  lieb  war  und  von  dem  Bilde  der  Stadt  unzertrenn- 
lich erschien,  ist  auf  diese  Weise  verschwunden,  und  der  Wortkampf  um 
die  Zerstörung  Roms*)  hat  eine  Zeitlang  heftig  getobt;  für  die  Topo* 
graphie  der  alten  Stadt  aber  hat  das  mit  der  Regulierung  und  den  Neu- 
bauten verbundene  Durchforschen  des  Bodens  reiche  Ausbeute  geliefert.') 

5.  Das  Zentrum  Roms. 

a.  Das  Forum. 

26.  Das  Forum  (seit  Gründung  der  Kaiserfora  auch  Forum 
Rom  an  um  oder  Forum    magnum  genannt)   erstreckte  sich  vom  Ost- 


n 


H.   Gbimm,   Die   Vernichtung  Roms.   ,   1886,  Beilage  Nr.  80.    Derselbe:  Schluss  des 


Ein  Brief.  Deutsche  Rundschau  1886,  Heft  6. 
Derselbe:  La  distruzione  di  Roma,  Ii'irenze 
1886.  —  Gregoroyius,  Offener  Brief  an  den 
Präsidenten  der  Akademie  der  schönen  Künste 
von  S.  Lnca  in  Rom.    Allgemeine  Zeitung 


Briefwechsels  mit  dem  Präsidenten  der  Aka- 
demie von  S.  Luca  in  Rom.  Allgemeine  Zei- 
tung 1886,  Beilage  Nr.  124. 

^)  Diese  Seite  der  Regulierungen  ist  her- 
vorgehoben in  dem  von  mir  auf  der  GM^rlitser 


6.  Dm  Zentram  Borns.    (§  25.)  77 

abhänge  des  Kapitols  bis  zur  Nordwestecke  des  Palatins  in  der  Längs- 
richtung von  Nordwest  nach  Südost.  Nördlich  stiess  an  dasselbe  das 
Comitium,  ein  kleiner  ursprünglich  zum  Zwecke  der  Abstimmungen  ein- 
gehegter Platz  (daher  Cic.  de  r.  p.  11,  17.  31:  saepsit  .  .  .  comitium)^  auf 
dem  sich  die  Curie  erhob  und  der  gegen  das  Forum  durch  die  Redner- 
bühne abgeschlossen  war.  Die  beiden  Plätze  stiessen  nicht  rechtwinkelig 
aneinander;  man  erkennt,  dass  sie  keine  einheitliche  Anlage  sind.  In  der 
That  war  das  Gomitium  schon  Jahrhunderte  lang  der  für  die  Comitien 
sowie  für  die  Rechtsprechung  bestimmte  Platz,  während  noch  das  daran 
stossende  Forum,  auf  beiden  Seiten  von  Verkaufsbuden  umgeben,  dem 
Handel  und  Wandel,  der  Abhaltung  von  Spielen  und  dem  Müssiggang 
diente.')  Ei'st  im  2.  Jahrb.  v.  Chr.  war  die  Bevölkerung  Roms  derartig 
angewachsen,  dass  das  Comitium  weder  für  die  Versammlungen  der  Ge- 
meinde noch  für  die  Rechtsprechung  ausreichte.  Damals  siedelte  das 
öffentliche  Leben  zum  grössten  Teil  auf  das  Forum  über.  Forum  und 
Comitium  werden,  wenn  auch  zunächst  nicht  topographisch,  so  doch  be- 
grifflich zu  einer  Einheit,  und  auch  die  topographische  Einheit  wurde, 
soweit  möglich,  dadurch  hergestellt,  dass  man  im  Jahre  42  v.  Chr.  die 
alte,  auf  der  Grenze  von  beiden  Plätzen  gelegene  Rednerbühne  abbrach 
und  an  das  westliche  Ende  des  Marktes  verlegte,  und  zugleich  den  Platz 
des  Comitiums  durch  Vorrücken  der  Curie  nach  dem  Forum  zu  ver- 
kleinerte. Zur  Zeit  des  Tacitus  (Agricola  cap.  2)  erscheint  „comitium 
et  forum*^  als  ein  einheitlicher  topographischer  Begriff. 

Die  Topographie  des  Forums,  welche  Jahrhunderte  lang  allein  auf 
schwankenden  Schriftstellernotizen  und  der  unsicheren  Deutung  der  über 
dem  Schuttboden  des  Campo  Vaccine  hervorragenden  Säulen  aufgebaut 
war,  fusst  jetzt,  nachdem  dasselbe  mit  Ausnahme  der  Nordseite  freigelegt 
ist,  auf  einer  geschlossenen  Reihe  fester  Punkte,  durch  welche  seine  Grund- 
züge bestimmt  sind.  Es  sind  folgende  (vgl.  den  Plan  des  Forums):  Die 
Westseite  des  Forums  wird  nach  dem  Kapitel  zu  durch  die  Substruk- 
tionsmauer  des  Tabulariums  abgeschlossen.  An  dieselbe  lehnen  sich,  ihre 
Front  dem  Forum  zukehrend,  der  Tempel  der  Concordia,  der  Tempel 
des  Divus  Vespasianus  und  die  Porticus  Deorum  Consentium, 
letztere  in  den  stumpfen  Winkel  eingebaut,  den  das  Tabularium  mit  der 
Substruktion  des  Clivus  Capitolinus  bildet.  Östlich  davon  liegt  der  Tempel 
des  Saturnus,  mit  der  Front  nach  Norden;  er  bildet  die  Südwestecke 
des  Forums.  Gegenüber  an  der  Nordwestecke  des  Forums  liegt  der  Carcer. 
Alle  diese  Gebäude  stehen,  erhöht  über  der  Area  des  Forums,  noch  auf 
dem  Abhänge  des  kapitolinischen  Hügels.  Dieser  ist  nach  dem  Forum 
zu  durch  eine  Substruktionsmauer  abgeschlossen,  an  welche  die  breite 
Bühne  der  Rostra  angebaut  ist.  Nördlich  von  denselben  steht  der  Triumph - 


Philologenversammlnng  1889  (abgedrackt  in      zetta),  Verona  (Signoria  und  Piazza  d'Erbe), 
den   Verhandlongen)    gehaltenen    Vortrage:      Mailand   (Bomplatz   und  Mercato)    etc.     In 


Die  moderne  Zerstörung  Roms 

^)  Solche  Doppelplfttze  waren  im  Alter- 
tum nicht  selten  und  existieren  auch  jetzt 
noch,  so  z.  B.  in  Venedig  (Piazza  und  Piaz- 


den  meisten  F&llen  lässt  sich  die  ursprüng- 
liche Scheidung  in  einen  Platz  fOr  die 
städtischen  Angelegenheiten  und  einen  für 
den  freien  Verkehr  noch  nachweisen. 


78  B.  Topograph!«  Ton  Eom. 

bogen  des  Septimius  Severus.  —  Die  Südseite  des  Forums  wird  durch 

die  Sacra  via  gebildet.     An  derselben  liegen  die  Basilica  Julia  und 

der  Tempel  des  Gastor.    Mit  seiner  Südostecke  berührt  das  Forum  den 

heiligen  Bezirk  der  Vesta;  der  Rundtempel  derselben  liegt  an  der  Ecke 

selbst;  dahinter  nach  Osten  zu,  zwischen  der  Sacra  via  und  dem  Abhänge 

des  Palatins,  liegt  das  Vestalenhaus.  —  Die  Ostseite  des  Forums  bildet 

die  Regia,  an  der  Nordostecke  liegt  der  Tempel  des  D.  Antoninus  und 

der  D.  Faustina.     Vor  der  Regia   erhebt  sich  auf  hohem  unterbau  das 

Heroon  des  Divus  Julius  mit  den  davorgelegten  Rostra  Julia;  südlich 

daran  gelehnt  der  Bogen  des  Augustus.  —  Die  Nordseite  des  Forums 

ist  nicht  ausgegraben,   doch  ist  sicher,   dass  die  Kirche  S.  Adriane  die 

alte  Curie  ist,  und  die   danebenstehende  Kirche  Sta.  Martina  an  Stelle 

des  ehemaligen  Secretarium  Senatus  sich  erhebt.    Zwischen  S.  Adriano 

und  dem  Faustinatempel  lag  die  Basilica  Aemilia. 

Nachweise:  Die  Tempel  der  Concor dia,  des  Saturnns  und  des  Gastor,  sowie 
die  Basilica  Julia  sind  auf  Resten  des  Eapitolinischen  Stadtplanes  enthalten  und  mit 
Beischriften  versehen  (Jobdam,  Forma  Urhis  III,  20.  22.  23  nnd  Not.  d.  scavi  1882 
Taf.  XIY);  der  Tempel  des  D.  Vespasianus  ist  durch  die  Inschrift,  die  der  Anonymus 
Yon  Einsiedeln  noch  darauf  las  (CIL.  VI,  p.  XII,  n.  35 >,  identifiziert.  Die  Porticus 
Deorum  Consentinm,  der  Triumphhogen  des  Severus  und  der  Tempel  der  Faustina 
sind  mit  Inschriften  versehen  (CIL.  VI,  I.  102,  1033  und  1005).  Das  Vestalenhaus  und 
der  Tempel  der  Vesta  sind  durch  Inschriften  und  Statuenfunde  (R.  Lanciaki,  L'atrio  di 
Vesta  1884),  alle  übrigen  oben  genannten  Gebäude  endlich  entweder  durch  die  Beschrei- 
bungen antiker  Schriftsteller  oder  durch  den  Befund  der  Reste  gesichert 

26.  Auch  die  Geschichte  dieser  Oebäude,  sowie  die  der  Örtlich- 
keiten, auf  denen  sie  errichtet  sind,  ist  uns  bekannt. 

1.  Der  Concordientempel.  Der  Platz,  auf  dem  dieser  Tempel 
steht,  ist  eine  der  ältesten  Kultusstätten  Roms,  die  Area  Volcani,  so 
genannt  von  dem  ursprünglich  einzigen  hier  befindlichen  Heiligtume,  dem 
Altare  des  Volcanus  (Inschrift  Volcano  aus  dem  Jahre  9  v.  Chr.  bei  S. 
Adriano  gefunden  CIL.  VI  1.  457).  Sie  nahm  den  nach  dem  Forum  und 
Comitium  abfallenden,  etwa  5  m  über  denselben  sich  erhebenden  Abhang 
der  Wurzeln  des  Kapitels  ein,  und  war  vermutlich  vor  Regulierung  des 
niedriger  gelegenen  und  Überschwemmungen  ausgesetzten  Gomitiums  der 
Versammlungsort  des  Senates,  und  vor  Errichtung  der  Rednerbühne  der 
Ort,  von  dem  herab  man  zum  Volke  sprach  (Dionys.  1150;  VI  67;  VU  17; 
XI  39).  Noch  in  historischer  Zeit  befindet  sich  hier  das  Senaculum 
(Varro  LL.  V  156),  ein  Sammelplatz  für  den  Senat,  über  dessen  Be- 
schaffenheit nichts  weiter  feststeht.  —  Der  Überlieferung  nach  baute  hier 
zuerst  Camillus  einen  Tempel  der  Concordia  (Plut.  Cam.  42.  Ovid.  Fast. 
I,  641).  Der  Platz,  auf  dem  derselbe  errichtet  wurde,  hiess  fortan  Area 
Goncordiae.  Noch  weiter  wurde  der  Raum  des  Volcanals  beschränkt, 
als  C.  Opimius  im  Jahre  121  den  Concordientempel  bedeutender  wieder 
aufbaute  und  daneben  eine  Basilica  errichtete,  d.  h.  einen  Hallenbau  zur 
Erweiterung  und  Bequemlichkeit  des  Marktverkehrs,  wie  sie  seit  M.  Por- 
cius  Cato  in  Rom  üblich  geworden  waren  (vgl.  p.  50).  Diese  Basilica  ist 
samt  dem  Tempel  des  Opimius  bei  dem  grossartigen  Neubau  des  Concor- 
dientempels  im  Jahre  10  n.  Chr.  verschwunden.  Derselbe  wurde  von  Ti- 
berius  mit  grosser  Pracht  ausgeführt  und  von  ihm  unter  seinem  und  seines 


6.  Dm  ZMiirmn  Roms.    ($  26.) 


79 


Bruders  Drusus  Namen  als  aedea  Concordiae  Augustae  (Kai.  unter  dem  16.  Jan.) 
dediziert  (Suet.  Tib.  20).  Die  vom  Einsiedler  Anonymus,  der  den  Tempel 
im  8.  Jahrh.  noch  sah,  darauf  gelesene,  undatierbare  Inschrift  (CIL.  VI, 
1,  89:  S.  P.  Q.  B.  aedem  Concordiae  vetusiate  coüapsam  in  meliorem  fadem 
opere  et  cuUu  splendidiore  restituit)  spricht  von  einer  Restauration;  einen 
Umbau  hat  er  wahrscheinlich  nicht  wieder  erfahren.  Der  eigentümliche 
Grundriss  mit  der  quergelegten  Gella  und  dem  nur  die  halbe  Breite  der- 
selben einnehmenden  Pronaos,  den  die  Ruine  und  in  Übereinstimmung 
damit  der  Stadtplan  zeigt  (vgl.  den  Forumsplan),  ist  augenscheinlich  durch 
die  Enge  des  Raumes  bedingt.  Die  Cella  diente  mehrfach  zu  Senats- 
sitzungen, unter  anderm  hielt  hier  Cicero  die  vierte  catilinarische  Rede; 
eine  Menge  wertvoller  Eunstschätze,  Statuen,  Oemälde,  geschnittene 
Steine  etc.,  deren  Fülle  sie  zu  einem  wahren  Museum  machte  (vgl.  p.  63), 
war  darin  aufgestellt  (Plin.  N.  H.  XXXIV,  73.  80.  89;  XXXVII,  4  u.  a.). 
Von  dem  Oberbau  ist  an  Ort  und  Stelle  nichts  mehr  erhalten,  auf  dem 
im  Jahre  1817  aufgedeckten  Unterbau  fand  sich  ein  kostbares  Marmor- 
paviment,  das  jetzt  nur  noch  in  kümmerlichen  Resten  vorhanden  ist.  — 
Auf  der  Area  Concordiae  befand  sich  auch  eine  Aedicula  Concordiae,  von 
dem  kurulischen  Aedilen  Cn.  Flavius  im  Jahre  304  v.  Chr.  errichtet.  Nach 
Plinius  N.  H.  XXXIII,  19  war  es  eine  erzene  Kapelle  und  stand  auf  der 
Graecostasis,  quae  tunc  supra  comitium  erat.^) 

2.  Der  Vespasianstempel  {Aedes  D.  Vespasiani),  Er  wurde 
zu  Ehren  des  Vespasian  und  Titus  im  Jahre  80  n.  Chr.  errichtet.  Von 
ihm  stehen  ausser  dem  Unterbau  noch  die  Basis  in  der  Cella,  auf  der  die 
Bilder  der  beiden  Kaiser  ihren  Platz  hatten,  und  drei  korinthische  Säulen 
mit  darüberliegendem  Gebälk,  auf  demselben  der  Rest  der  von  dem  Ein- 
siedler Anonymus  gelesenen  Inschrift  von  einer  unter  Severus  und  Cara- 
calla  stattgefundenen  Restauration  (CIL.  VI  1.  938  Divo  Vespasiano  Au- 
gusto  S,  P.  Q.  B.  Imp.  Caess.  Severus  et  Antoninus  Pii  Felic.  Augg.  restituer. 
Erhalten  ist  das  Wort  ESTITVER).*)  Der  Tempel  war  sehr  klein  und 
ist  recht  unglücklich  und  gewaltsam  zwischen  den  Concordientempel,  die 
Wand  des  Tabulariums  und  den  Clivus  Capitolinus  eingeklemmt.  Dass 
vor  seiner  Erbauung  hier  ein  freier  Platz  war,  geht  daraus  hervor,  dass 
gerade  an  dieser  Stelle  ein  Eingang  zum  Tabularium  sich  befand,  der 
durch  die  Anlage  des  Tempels  verbaut  wurde.  —  In  dem  noch  verblei- 
benden schiefwinkeligen  Raum  zwischen  dem  Tempel,  dem  Tabularium 
und  dem  Clivus  Capitolinus  wurde  auf  einer  künstlich  hergestellten  Platt- 
form, die  in  ihren  Substruktionen  sieben  kleine,  lichtlose  Räume  von  un- 
gewisser Bestimmung  enthält  (neuere  Topographen  bezeichnen  sie  fälsch- 
lich als  schola  Xantha),  die  Porticus  Deorum  Consentium  mit  zwölf 
vergoldeten  Götterbildern  errichtet.  Sie  lehnt  sich,  einen  stumpfen  Winkel 
bildend,   an  die  Wand  des  Tabulariums  und   die  Substruktion  des  Clivus 


»)  Vgl.  Liviufl  IX  46.  Aust,  De  aedibua 
saariB  populi  Romani,  p.  10.  —  Ein  auf  der 
Graecostasifl  (siehe  unten)  der  Luna  vielleicht 
in  einer  eigenen  Aedicula  zu  bringendes 
Opfer   erwähnt  der  Kalender  unter  dem  24. 


August  (Lunae  in  graecostaai). 

*)  Über  den  Zustand  der  Ruine  bei  ihrer 
Ausgrabung  i.  J.  1810  vgl.  Lanciani,  Ruins 
and  excavations  p.  291.  Toubnon,  Etudes 
statistiques  sur  Rome  II  p.  266. 


80 


B.  Topographie  Ton  Rom. 


Capitolinus.  An  letztere  sind  ebenfalls  mehrere  Kammern  angebaut.  Die 
Halle  ist  1834  aufgedeckt  und  in  Trümmern  gefunden,  neuerdings  wieder 
aufgerichtet  worden.  Wann  diese  Götterbilder  hier  zuerst  aufgestellt 
worden  sind,  ist  unbekannt.  Die  auf  dem  Architrav  befindliche  Inschrift 
(CIL.  VI  1,  102)  bezeugt  eine  Restauration  der  Porticus  aus  dem  Jahre 
367  n.  Chr.  durch  Vettius  Praetextatus.  0 

Litteratur:  Pial£,  Degli  antichi  tempi  di  Veepasiano  e  della  Ooncordia,  1821. 
Grifi,  Dissertatione  circa  gli  Consenti  e  loro  portico  sul  clivo  Gapitolino.  1858.  Über  die 
Bedeutung  dieser  12  GMter  vgl.  Prbllbb,  Rom.  Myth.  1\  p.  68  ff. 

3.  Der  Saturnstempel  {Aedes  Saturni).  Die  erste  Gründung  dieses 
Tempels  geht  der  Tradition  zufolge  in  die  ältesten  Zeiten  der  Republik 
zurück  (Liv.  II  21;  Dionys.  VI  1;  Kalender  vom  17.  Dezember,  Satur- 
nalien). Zur  Zeit  des  Augustus  wurde  er  (42  v.  Chr.)  von  Munatius  Plauens 
neu  gebaut  (CIL.  VI  1,  1316;  X  6087;  Suet.  Aug.  29).  Der  noch  erhaltene 
Unterbau  mit  seiner  Verkleidung  von  Travertinquadern  gehört  aller  Wahr- 
scheinlichkeit nach  diesem  Neubau  an.  Vom  Oberbau,  einem  jonischen 
Prostylos  Hexastylos,  stehen  acht  Säulen  der  Vorhalle,  darüber  das  Ge- 
bälk mit  der  Inschrift,  die  von  einer  Restauration  nach  einem  Brande 
spricht  (CIL.  VI  1,  937:  Senatus  populusque  Romanus  incendio  consump- 
tum  restituü).  Diese  Restauration  muss  aus  ziemlich  später  Zeit  sein,  die 
Säulen  sind  ungleich,  teils  aus  grauem,  teils  aus  rotem  Granit,  bei 
dreien  von  den  Säulen  sind  die  Trommeln  falsch  aufeinander  gesetzt, 
auch  die  Basen  sind  verschieden.  Die  sehr  eigentümliche  Treppe  (vgl. 
den  Plan  des  Forums  und  das  Fragment  des  kapitolinischen  Planes  F.  U. 
ni,  20)  ist  jedenfalls  durch  die  Enge  des  Raumes  und  durch  die  Rück- 
sicht auf  den  um  den  Tempel  sich  emporwindenden  Clivus  Capitolinus 
bedingt.  In  dem  Tempel  befand  sich  das  anfangs  unter  der  Aufsicht  der 
Quästoren,  dann  unter  besonderen  praefecti  aerarii  stehende  A  er  avium 
Saturni  und  ist  darin  bis  zum  Untergang  des  Reiches  geblieben.  Auch 
von  einer  Area  Saturni  hören  wir,  die  hinter  dem  Tempel  nach  Süden 
zu  sich  erstreckt  haben  muss.  Man  darf  annehmen,  dass  in  derselben 
Richtung  weitere,  für  die  Verwaltung  des  Aerariums  nofwendige  Bau- 
lichkeiten sich  befanden  (CIL.  VI  1,  1265).  Vermutlich  standen  auf  dieser 
Area  an  dem  sie  begrenzenden  Vicus  Jugarius  die  Altäre  der  Ops  und 
Ceres  (Kai.  10.  August). 

4.  Der  Carcer.  Er  lag  über  dem  Forum  am  Fusse  des  Kapitels 
(Liv.  I  33 :  media  urbe  foro  imminens)  und  bestand  aus  dem  unterirdischen 
Tullianum,  einem  alten  Brunnenhause,  und  dem  darübergebauten  Ge- 
fängnis (Varro  LL.  V  151).  Die  Anlage  desselben  ist  sehr  alt,  wenigstens 
reicht  das  Brunnenhaus  in  die  älteste  Zeit  des  Steinbaus  zurück,  das  Ge- 
wölbe ist  durch  horizontal  geschichtete,  überkragende  Steinquadern  ge- 
bildet. 2)     Der  darüber  gebaute  Carcer,  aus  einer  Reihe  von  Kammern  be- 


0  Über  Praetextatas  vgl.  Lanoiani,  Rains 
and  excavations  p.  294  f.  Er  war  ein  Haupt- 
verteidiger des  Heidentums.  Sein  Palast 
wurde  1591  auf  dem  Esqullin  beim  Bogen 
des  Gallienus  entdeckt,  seine  Gärten  nicht 
weit  davon  1817. 


^)  Hier  fanden  u.  a.  Jugurtha  und  die 
Gatilinarier  ihren  Tod.  Die  mittelalterliche 
Sage  macht  aus  dem  Carcer  das  Gefängnis 
der  Apostel  Petras  und  Paulus  und  lässt  die 
Quelle  des  Tullianums  durch  des  ersteren 
Wort  in  wunderbarer  Weise  entstehen. 


5.  Das  Zentrum  Borna,    a.  Das  Fonun.    (§  26.) 


81 


stellend,  von  denen  jetzt  nur  noch  der  gerade  über  dem  TuUianum  be- 
findliche, mit  einem  Tonnengewölbe  gedeckte  Raum  zugänglich  ist,  wurde 
unter  dem  (unbestimmbaren)  Konsulate  des  C.  Vibius  Rufinus  und  M.  Coc- 
ceius  Nerva  restauriert,  wie  die  noch  an  dem  Gebäude  befindliche  In- 
schrift (CIL.  VI  1.  1589)  besagt.  Die  Gestalt  des  Oberbaues  war,  da  er 
zwischen  zwei  spitzwinkelig  sich  treffenden  Strassen  lag,  trapezförmig. 
Eine  nicht  mehr  nachweisbare,  von  dem  höher  gelegenen  Carcer  nach  der 
Strasse  herabfiihrende  Treppe  hiess  scalae  Gemoniae.  Sie  wird  in  der 
Kaiserzeit  öfters  als  der  Platz  bezeichnet,  auf  den  die  Leichen  der  Hin- 
gerichteten geworfen  wurden.  Vgl.Tac.  ann.  III  14,V  9,VI  25;  bist.  III 74,  85. 
Im  Mittelalter  erst  taucht  für  den  Carcer  der  Name  Custodia  Mamertini 
auf;  am  Ausgang  desselben  wurde  das  Gefängnis  in  eine  Kirche  S.  Petri 
in  carcere  verwandelt  und  im  16.  Jahrhundert  über  demselben  die  Kirche 
S.  Giuseppe  dei  Falegnami  erbaut.  —  In  der  Nähe  des  Carcers  „in  lau- 
tumiis*',  also  am  Nordabhang  des  Kapitels  (vgl.  oben  p.  41)  befand  sich 
ein  zweites  Gefängnis,  das  namentlich  als  Detentionsort  für  Geiseln  etc. 
diente. 


9   M   8 


^oMIl^^ 


I — 1 


/f»MH«AL 


Abb.  1.  Front  der  Bostr»  an  der  Westseite  des  Forums. 

5.  Die  Rostra.  Die  ursprüngliche  Rednerbühne  lag  auf  der  Grenze 
des  Comitiums  und  des  Forums,  gegenüber  der  Curie.  Sie  war  ein  hoher 
und  langer  Suggestus  mit  doppelter  Front  nach  dem  Comitium  und  dem 
Forum  zu.  Die  Zeit  ihrer  Errichtung  ist  nicht  bekannt.  Im  Jahre  338 
V.  Chr.  schmückte  sie  C.  Maenius,  der  Besieger  der  Antiaten,  mit  den 
Schnäbeln  der  eroberten  antiatischen  Schiffe,  daher  ihr  Name:  Rostra 
(Varro  LL.  V  155;  Plin.  N.  H.  XXXIV  20;  Liv.  VHI  14,  12).  Die  Bühne 
diente  nicht  nur  zum  Reden,  sondern  auch  zur  Aufstellung  ehrenvoller 
Denkmäler  der  Grösse  des  römischen  Volkes.  Hier  war  z.  B.  das  Zwölf- 
tafelgesetz aufgestellt,  der  Bündnisvertrag  mit  den  Latinern,  die  Columna 
rostrata  des  Duilius  und  zahlreiche  Statuen  verdienter  Männer,  wie  der 

Buidbuob  der  klaat.  Altertnmswissensdiaft.    m,  8,B    2.  Anfl  6 


82 


B.  Topographie  Ton  Born. 


in  Fidenae  im  Jahre  438  v.  Chr.  ermordeten  Gesandten  (Cicero  Phil. 
IX  2,  4;  Liv.  IV  17;  Plin.  N.  H.  XXXIV  23),  des  Camillus  (Liv.  VOI 13; 
Plin.  N.  H.  XXXIV  23),  des  Gesandten  Octavius  (Plin.  N.  H.  XXIV  25), 
des  Sulla  (Cicero  Phil.  IX  6,  13;  Dio  Cassius  XLII  18,  XLm49;  Appian 
b.  c.  I  97),  des  Pompeius  (Dio  Cassius  XLU  18,  XLIH  49;  Velleius  H  61), 
des  Caesar  (Velleius  U  61).  Einen  Antrag  auf  Errichtung  einer  Bildsäule 
des  Bechtsgelehrten  Ser.  Sulpicius  Rufus  stellt  Cicero  Phil.  IX  7,  16  mit 
den  Worten:  senatui  placere  Ser.  Sulpido  statuam  pedestrem  aheneam  in  rostris 
ex  huius  ordinis  sententia  statui,^)  Die  Bühne  war  als  Templum  inaugu- 
riert, daher  auch  gelegentlich  kurzweg  so  bezeichnet  (Liv.  II  56,  III 17, 
Vm  14;  Cicero  de  imp.  Cn.  Pompei  70).  In  den  Strassenkämpfen  des  letzten 
Jahrhunderts  v.  Chr.  spielt  sie  eine  wichtige  Rolle  (vgl.  z.  B.  Cic.  Phil. 
XIV  15).  Auf  Caesars  Veranlassung  wurde  sie  (vgl.  p.  55)  abgebrochen 
und  zum  Teil  unter  Verwendung  des  alten  Materials  an  der  Westseite 
des  Forums  wieder  aufgebaut.  Jedoch  ist  diese  Verlegung  erst  nach 
seinem  und,  wie  man  aus  negativen  Gründen  schliessen  muss,  auch  erst 
nach  Ciceros  Tode,  also  frühestens  42  v.  Chr.,  von  Antonius  ausgeführt 
worden  (Dio  Cassius  XLIII  49).  Die  neue  Bühne  wurde  an  die  Substruk- 
tionsmauer  angebaut,  welche  die  Area  Concordiae  und  den  Clivus  Capito- 
linus  gegen  die  tiefer  liegende  Area  des  Forums  architektonisch  abschloss, 
und  war  ein  3  m  hoher,  24  m  breiter  und  10  m  tiefer  Suggestus,  der  von 
der  Area  Concordiae  her  erstiegen  wurde.  Die  ausserordentliche  Grösse 
der  Bühne  erklärt  sich  daraus,  dass  auch  sie  zur  Aufstellung  von  Ehren- 
denkmälern verdienter  Bürger  bestimmt  war.  Zu  diesem  Zwecke  ist  sie, 
wie  in  der  Nähe  gefundene  Inschriften  bezeugen,  bis  in  die  spätesten 
Zeiten  des  Reiches')  benutzt  worden,  und  man  muss  daher  annehmen, 
dass,  wie  es  vom  Capitolium  bezeugt  ist,  auch  von  ihr  von  Zeit  zu  Zeit 
die  älteren  Denkmäler  entfernt  wurden.  Die  Front  der  Bühne  (Abb.  1) 
war  mit  zwei  Reihen  von  Schiffsschnäbeln  (im  ganzen  39)  geschmückt, 
deren  Zapfenlöcher  zum  Teil  noch  in  den  erhaltenen  Resten  der  Mauer 
erkennbar  sind.  —  Unter  Hadrian  wurde  sie  prachtvoll  restauriert.  Er- 
halten sind  von  dieser  Restauration  einige  Reste  der  Bekleidung  und  zwei 
Balustraden  (Taf.  8).  Diese  stehen  jetzt  auf  der  Area  des  Forums,  wo  sie  im 
Jahre  1872  mit  Gusswerk  überwölbt  und  verbaut  aufgefunden  wurden. 
Die  Zugehörigkeit  dieser  Balustraden  zu  den  Rostra  ist  von  mir  Jahrb. 
des  Instituts  1889  p.  1  flf.  wahrscheinlich  gemacht  worden.  Sie  zierten 
entweder  den  Aufgang  oder  die  nördliche  und  südliche  Schmalseite  der 
Bühne.  In  späterer  Zeit,  jedenfalls  nach  Errichtung  des  Severusbogens, 
wurden  die  Rostra  umgebaut,  indem  ihre  Tiefe  um  ein  Drittel  verringert 
wurde,  und  sie  einen  neuen  Aufgang  durch  eine  an  ihrer  Hinterseite  zur 
Area  des  Forums  hinabführende  Treppe  erhielten.  Zugleich  erhielt  die 
Area  Concordiae  einen  neuen,  halbrunden,  prächtigen  Abschluss,  der  als 


^)  üeber  die  auf  und  an  der  Redner- 
bfihne  befindlichen  Statuen  etc.,  die  zum  Teü 
bei  Verlegung  derselben  mit  auf  die  neue 
Bühne  hinüberwanderten ,  vgl.  F.  Jacobi, 
Grundzüge  einer  Mnseographie  der  Stadt  Rom 


zur  Zeit  des  Kaisers  Augustus  1884,  p.  52  ff. 
')  Bemerkenswert  sind  namentilich  zwei 
noch  jetzt  existierende  Basen  von  Statuen 
des  Stilicho  CIL.  VI  1,  1730.  1731. 


Taf.  8. 


Triumphbogen     Curia 
(Janus?) 

Rostra 


Argileium 


Baaniea  Acmilia 


a)  Darstellung  der  Nordseite  des  Forums. 


Hartyas 


Iklartyaa 


JanuB. 
Basilica  Julia  Aed.  Satnrni.  A(d.  Vespaalanl 

(Cllvus  CapitoÜDUB) 

Rofltra 
b)  Darstellung  der  Südseite  des  Forums. 


c)  Rückseite  der  Balustraden.     Darstellung  der  Suovetaurilia. 
Die  Marmorbalostraden  von  der  Rednerbühne  auf  dem  Forum. 


6.  Dm  Zentrum  Roms,    a.  Das  Fonun.    (§  26.)  83 

architektonisches  Mittelglied  zweier  hier  befindlicher  Denkmäler,  des  von 
Augustus  errichteten  Miliarium  aureum  und  des  als  Pendant  dazu  von 
Constantin  erbauten  ümbilicus  Romae  (von  letzterem  stehen  die  Fun- 
damente noch)  diente.  0  In  einer  noch  späteren  Zeit  wurde  die  Bühne, 
die  zuletzt  ausschliesslich  zur  Aufstellung  von  Ehrendenkmälern  diente, 
durch  seitliche  Anbauten  verlängert.  Eine  ganz  späte  Restauration,  aus 
dem  Jahre  472  n.  Chr.,  durch  den  Stadtpräfekten  Junius  Valentinus  hat 
Hülsen,  Rom.  Mitt.  1895  p.  58  f.  nachzuweisen  gesucht.  Es  existieren  von 
dieser  Wiederherstellung,  wie  es  scheint,  noch  die  Bruchstücke  des  Simses 
der  Fassade  mit  Resten  einer  Inschrift.  Bei  den  Rostra  (an  ihrer  Nord- 
seite) standen  die  Statuen  der  drei  Sibyllen,  die  tria  fata,  welche  im 
Mittelalter  dem  Platze  den  Namen  gegeben  haben.  Auch  bei  der  alten 
Rednerbühne  sollen  nach  Plinius  N.  H.  XXXIY  22  schon  seit  Tar  quin  ins 
Priscus  Statuen  der  di*ei  Sibyllen  gestanden  haben.  Nachher  waren  sie 
verschwunden  und  wurden  von  Augustus  wieder  hergestellt.  Später 
hiess  die  Gegend  ,ad  palmam'  (vgl.  de  Rossi,  Bull.  com.  1889  p.  363  f.)  von 
der  mit  einer  Siegespalme  geschmückten  Statue  des  Claudius  Gothicus.  Eben- 
falls bei  den  Rostra  stand  eine  Aedicula  des  Genius  Populi  Romani,  in 
der  Regionsbeschreibung  neben  den  Rostra  erwähnt  (Kai.  zum  9.  Okt.). 

Litteratur:  H.  Jobdan,  E.  Fabbicius,  Memoria  soi  Rostri  del  Foro  Romano.  Ann. 
d.  Inst.  1883,  p.  23  ff.  nebst  Mon.  d.  Inst.  XI,  49.  —  F.  M.  Nichols,  Notizie  dei  Rostri  del 
Foro  Romano,  1885.  —  0.  Richtbb,  Scavi  ai  Rostri  del  Foro  Romano,  .Bull.  d.  Inst  1884, 
p.  113  ff.  Derselbe:  Rekonstruktion  und  Geschichte  der  römischen  Rednerbahne  1884.  Der- 
selbe: Die  Römische  Rednerbtthne,  Jahrb.  des  Inst.  1889.  1 — 17  mit  Rekonstruktionen.  — 
HüLSBH,  Rom.  Mitt.  1889,  p.  238  ff.  —  Ueber  die  im  Jahre  1872  auf  dem  Forum  entdeckten 
Marmorbalustraden,  die  yon  hohem  Werte  für  die  Topographie  sind,  da  sie  die  beiden  Lang- 
seiten des  Forums  darstellen,  vgl.  H.  Jobdan,  Bursians  Jahresberichte  1875,  p.  725  ff.; 
daselbst  findet  sich  auch  die  Litteratur  darüber.  Von  den  nachher  erschienenen  Schriften 
sind  hervorzuheben:  0.  Mabuccht,  Dei  due  bassirilievi  del  Foro  Romano,  in  den  Studi  in 
Italia  1880,  p.  678  ff.  und  Bull.  d.  Inst.  1881,  p.  11  f.,  p.  53  f.  —  E.  Bobman»,  Variae 
observationes  de  antiquitate  Romana,  Marburger  Progranmi  1883.  —  Prtbbsbn,  Die  Relief- 
schranken auf  dem  Ribmischen  Forum,  Rom.  Mitt.  1898  p.  326. 

6.  Der  Severusbogen.  Er  wurde  im  Jahre  203  dem  Septimius 
Severus,  Caracalla  und  Geta  zu  Ehren  errichtet.  Des  letztern  Name  ist, 
offenbar  nach  seiner  Ermordung  212,  ausgemeisselt,  dafür  sind  die  auf 
Severus  und  Caracalla  bezüglichen  Worte  optimis  fortissimisque  principibus 
eingesetzt,  vgl.  CIL.  VI  1,  1033.  Der  Bogen  hat  drei  Durchgänge  (vgl.  den 
Forumsplan  Taf.  10),  von  denen  die  beiden  seitlichen  Stufen  haben,  die  von 
der  niedriger  gelegenen  Area  des  Forums  auf  die  höher  gelegene  Area 
Concordiae  führen.  Durch  den  mittleren  Durchgang  führt  jetzt  in  starker 
Steigung  eine  aus  der  letzten  Zeit  des  Altertums  stammende  Päaster- 
strasse;  es  ist  indessen  sicher,  dass  auch  der  mittlere  ursprünglich  auf 
Stufen  erstiegen  wurde.  —  Es  ist  möglich,  dass  an  der  Stelle  dieses  Bogens 
schon  früher  ein  anderer,  kleinerer  Bogen  stand,  der  den  Eingang  zur 
Area  des  Forums  von  der  Nordwestecke  her  bildete  xind  das  Pendant  zu 
dem  Tiberiusbogen  bildete;  auf  den  Marmorbalustraden  sieht  man  nörd- 


^)  Vom  Miliarium  aureum,  dem  goldenen 
Meilenzeiger,  sind  ein  Säulenstumpf  und  ein 
Stück  der  Basis  wieder  aufgefunden  worden. 


Die  Strassen  wurden  auch  nach  seiner  Er- 
richtung von  den  Thoren  der  Serviusmauer 
gezählt. 


84 


B.  Topographie  Ton  Rom. 


lieh  von  der  Rednerbühne  ein  einbogiges  Eingangsthor.  Wahrscheinlich 
war  die  Rednerbühne  gleich  dem  ihr  gegenüberliegenden  Tempel  des  Divus 
Julius  (mit  den  Rostra  Julia)  von  zwei  Triumphbogen  flankiert.  Der  Un- 
geschmack  der  Zeit  des  Severus  zeigt  sich  durch  nichts  besser,  als  durch 
die  Errichtung  dieses  ungeheuren  Bogens,  der  die  symmetrische  Anlage 
der  Westseite  des  Forums  zerstörte  und  die  Front  des  Concordientempels 
verdeckte.*) 

7.  Die  Basilica  Julia.  Sie  wurde  54  v.  Chr.  durch  Julius  Caesar 
begonnen;^)  im  Jahre  46  noch  unfertig  dediziert  und  nach  seinem  Tode 
von  Augustus  vollendet.  Sehr  bald  nachher  brannte  sie  ab  und  wurde 
nun  von  neuem  und  grösser  aufgebaut  (Mon.  Anc.  IV  13).  Die  Vergrösse- 
rung  scheint  eine  Erweiterung  nach  dem  Castortempel  zu  gewesen  zu  sein; 
sie  ist  hier,  wie  der  Plan  zeigt,  über  die  grosse  Kloake  fortgebaut.    Dieser 


Abb.  2.  Beete  des  kapitolInlBchen  Stadtplanes  mtt  Dantellung  von  Oeb&uden  de«  Fomms. 

letzte  Bau  wurde  von  Augustus  erst  wenige  Monate  vor  seinem  Tode  de- 
diziert, und  zwar,  während  er  sie  anfönglich  unter  dem  Namen  seiner  Söhne 
Gaius  und  Lucius  weihen  wollte,')  als  Basilica  Julia  (Suet.  Aug.  29).  Über 
die  weitere  Geschichte  des  Baues  sind  wir  so  gut  wie  gar  nicht  unter- 
richtet. Es  fanden  sich  in  demselben  Ziegelstempel  aus  der  Zeit  der  An- 
tonine und  Diocletians.  Erhalten  ist  fast  nur  der  Unterbau  mit  den  Treppen- 
anlagen. Er  senkt  sich  in  diagonaler  Richtung  nach  dem  Castortempel 
zu  (Lanciani,  Ruins  and  excavations  p.  277).  Auf  den  Stufen  sind  tabulae 
lusoriae  eingekratzt.  Vgl.  Hülsen,  Rom.  Mitt.  1896  p.  227  ff.  Die  Reste 
des  Oberbaues  sind  früher  ausgegraben  und  von  Bramante  zum  Bau  des 


*)  Der  Bogen  ist  sehr  oft  abgebildet, 
namentlich  bei  Rossim,  Archi  trionfali  Taf. 
50—59.  Die  Reliefs  stellen  Scenen  aus  den 
Eftmpfen  gegen  Araber,  Parther  u.  s.  w.  dar. 

*)  Avd  den  Beginn  des  Baus  bezieht  sich 
Cic.  ad  Attic.  XIV  16  PauUus  in  media  foro 
basilicam  tarn  paene  texerat  iisdem  antiquis 


columnis,   illam   autem,   quam    loeavit, 
facit  magnificentissimam. 

'J  Vgl.  die  Stelle  aus  dem  Mon.  Ancyr. 
auf  p.  56.    Sueton  Aug.  29  sagt  geradezu: 

Quaedam  etiam  opera  mb  nomine  dlieno 

fecit  ut  porticum  basUicamque  Oai  et  Lud, 


5.  Das  Zentmin  Borns,    a.  Das  Forum.    (§  26.) 


85 


Palastes  Giraud-Torlonia  auf  der  Piazza  Scossacavalli  verwendet  worden. 
Nur  am  westlichen  Ende,  in  welches  im  Mittelalter  die  Kirche  S.  Maria 
de  foro,  später  S.  M.  de  Cannapara  genannt,  eingebaut  worden  ist,  sind  noch 
einige  Pfeiler  erhalten.^)  —  Die  Basilica  bestand  aus  einem  Mittelraum  von 
82  X  16  m  Grösse,  in  dem  die  Reste  eines  kostbaren  Paviments  von  Oiallo 
antico,  Africano  etc.  erhalten  sind,  und  zwei  denselben  allseitig  umlaufenden 
Portiken.  Die  Gesamtlänge  beträgt  101  m,  die  Tiefe  49  m.  Man  nimmt 
an,  dass  sie  zwei  Stockwerke  gehabt  habe  und  überdacht  gewesen  sei. 
Die  auf  der  Area  des  Forums  befindliche  Marmorbalustrade  (Taf.  8  b)  gibt 
ein  Bild  von  der  Fassade  (nur  den  unteren  Stock).  Sie  war  auf  allen  Seiten 
von  Strassen  umgeben;  an  die  Hinterseite  sind  Tabernen  angebaut.  In 
die  Nordostecke  des  Gebäudes  ist  der  auf  Travertinquadem  ruhende  Back- 
steinkem  einer  Basis  eingebaut  (2,50  X  3  m  die  Grundfläche,  2  m  die 
Höhe),  deren  Bestimmung  unbekannt  ist;  möglicherweise  ist  sie  die  wenig- 
stens noch  zu  Augustus'  Zeit  existierende  Pila  Horatia  (Liv.  I  26),  die  von 
Dionys.  III  22  sehr  unbestimmt  als  rj  ywvima  atvilq  r]  vfjg  häqag  naardiog 
aqxovacc  iv  ayoQ^  bezeichnet  wird.  An  der  Südwestecke  der  Basilica,  in 
dem  Yicus  Jugarius,  befand  sich  ein  Brunnen,  der  Lacus  Servilius;  der- 
selbe ist  auch  bei  den  letzten  Ausgrabungen  nicht  zum  Vorschein  ge- 
kommen. Im  Jahre  377  hat  Probianus,  Stadtpräfekt  unter  Valentinian,  Va- 
lens und  Gratian,  die  Basilica  wieder  hergestellt  und  von  neuem  mit  Statuen 
geschmückt,  Eph.  epigr.  in  277.  —  Ein  so  ungeheures  Bauwerk,  welches 
an  Flächenraum  der  Area  des  Forums  selbst  nur  wenig  nachstand,  musste 
natürlich  alle  Spuren  des  früheren  Zustandes  dieser  südlichen  Langseite 
des  Forums  tilgen,  wie  in  gleicher  Weise  die  ihr  gegenüberliegende  Basilica 
Aemilia  den  der  Nordseite.  Aus  den  Überlieferungen  der  Schriftsteller  wissen 
wir,  dass  beide  Langseiten  des  Forums  früher  von  Tabernen  eingenommen 
waren  (vgl.  Taf.  9).  Ursprünglich  waren  diese  Tabernen  Fleischerscharren, 
später,  nachdem  im  Norden  des  Forums  179  v.  Chr.  das  Macellum  errichtet 
war,  hausten  darin  namentlich  Goldschmiede  und  Wechsler,  daher  auch 
tabemae  argentariae  genannt.  Durch  G.  Maenius,  den  Sieger  über  die  La- 
tiner, der  das  Forum,  soweit  das  Können  und  der  Geschmack  seiner  Zeit 
(4.  Jahrh.  v.  Chr.)  es  erlaubte,  geschmückt  hat,  wurden  über  denselben 
Galerien  oder  Balkone  angelegt,  von  denen  das  Volk  den  auf  dem  Forum 
stattfindenden  Gladiatorenspielen  zuschaute.  Diese  Balkone  nannte  man 
nach  ihrem  ErhsLuer  Maeniana.^)  Die  Tabernen  der  nördlichen  Seite  brannten 
im  Jahre  210  v.  Chr.  (Liv.  XXVI  27,  2)  ab  und  hiessen  nach  ihrer  Wieder- 
herstellung die  novae,  die  der  Südseite  die  veteres.  Im  Jahre  170  errichtete 
Sempronius  Gracchus  hinter  den  Tabernae  veteres  eine  Basilica,  die  Basi- 
lica Sempronia  (Liv.  XLIV  16,  10),  nachdem   schon  zehn  Jahre  vorher 


*)  Die  Kirche  wurde  1881  aufgefunden 
und  zerstört.  Vgl.  Lanciani,  La  basilica 
Giulia  BuU.  com.  1891,  p.  229  flF.  Auf  S.  244 
seines  Buches  Ruins  and  excavations  gibt 
derselbe  ein  anschauliches  Bild  yon  den  Zer- 
störungen, die  die  Basilica  erlitten  hat.  — 
Mazzanti,  Archivio  stör,  dell'  arte  1896  p.  164. 

')  Auch  von  den  Rostra  aus  schauten 


besonders  dazu  Berechtigte  den  Spielen  zu. 
Cic.  Phil.  IX  7,  16.  —  Zum  Andenken  an 
Maenius'  Siege  über  die  Latiner  wurde  im 
Jahre  338  v.  Chr.  die  oft  erwähnte  Columna 
Maenia  errichtet;  sie  stand  in  der  Nähe  des 
Carcers  und  trug  vermutlich  eine  Reiter- 
statue.  Vgl.  Dbtlbfsbn,  De  arte  Rom.  ant. 
U,  p.  17.  —  Vgl  Amm.  Marc.  XVU,  9,  10. 


86 


B.  Topographie  von  Rom. 


Fulvius  Nobilior  hinter  den  novae  eine  errichtet  hatte.  Aber  die  Basiliken 
konnten  erst  dann  zu  voller  Geltung  und  zu-  wirklicher  Erfüllung  ihres 
Zweckes  kommen,  wenn  sie  unmittelbar  an  den  Markt  stiessen,  dessen 
Geschäfte  sie  zum  Teil  aufzunehmen  bestimmt  waren,  und  so  verschwinden 
denn  durch  den  Neubau  der  Aemilia  und  Julia  die  Tabemen.  Wie  schon 
die  Schlächter  vom  Markte  hatten  weichen  müssen,  so  siedelten  jetzt  die 
Ai'gentarii  auf  die  Sacra  via  und  die  sonst  in  das  Forum  einmündenden 
Gassen  über,  zum  Teil  in  die  Basiliken  selbst.  Nummularii  de  basilica 
Julia  werden  erwähnt  CIL.  9709.  9711.  9712.i) 


5^^^ 


- .  ^-  ^  -  j-i 


Abb.  8.  Der  Castortempel. 


8.  Der  Castortempel  (Aedes  Castorum  oder  Castoris).  Der  Über- 
lieferung nach  (Liv.  II  42;  Ovid.  fast.  I  706;  Kai.  vom  27.  Januar  nebst 
Mommsens  Anmerkung  zu  CIL.  I*  p.  385)  ist  er  im  Jahre  484  v.  Chr.  zum 
Andenken  an  die  Hilfe  gegründet,  welche  die  Dioskuren  den  Römern  in 
der  Schlacht  am  See  Regillus  gebracht  hatten.  Er  ist  mehrmals  erneuert 
worden,  das  erste  Mal  im  Jahre  117  v.  Chr.  durch  L.  Caecilius  Metellus 
Dalmaticus,  der  nach  Cicero  pro  Scauro  46  auch  neue  Götterbilder  für 
denselben  anfertigen  Hess.*)    Dieser  Tempel  war  aller  Wahrscheinlichkeit 


^)  In  der  Basilica  Julia  hielt  u.  a.  das 
Gentumviralgericht  seine  Sitzungen  ab.  PHn. 
ep.  V  9,  II  14,  VI  33;  Mart.  VI  38. 

')  Vielfache  Mfinzdarstellungen  der  re- 
publikanischen Zeit  zeigen  die  beiden  Dios- 


kuren als  jugendliche  Reiter  mit  Mantel  und 
Lanze.  Inwiefern  dieselben  der  Darstellung 
im  Tempel  entsprechen,  wissen  wir  nicht. 
In  republikanischer  Zeit  stand  vor  dem  Tem- 
pel die  Statue  des  Q.  Marcius  Tremulus.  Vgl. 


5.  Daa  Zentnun  Boms.  a.  Das  Forum.  (§  26.)  87 

nach  in  tuskanischem  Stil  erbaut,  die  Säulen  von  Tuff,  mit  Stucküberzug 
(eolumnae  dealbatc^  Cic.  in  Verr.  I  145).  An  diesem  Tempel  nahm  Verres 
die  bei  Cicero  Verr.  I  133  ff.  besprochene  Restauration  vor,  die  darin  be- 
stand, dass  die  Säulen  gerade  gestellt  wurden  {ad  perpendiculum  exactae), 
Cic.  a.  a.  0.  145:  omnes  illae  eolumnae,  guas  dealbatas  (neu  abgeputzt)  videtis, 
machina  apposita  nulla  impensa  deiectae  eisdemque  lapidibus  repositae  sunt 
Nach  §  154  waren  es  vier  Säulen.  Obgleich  Cicero  glauben  machen  will, 
dass  die  Säulen  ganz  gerade  gestanden  hätten,  so  ist  doch  als  höchst 
wahrscheinlich  anzunehmen,  dass  es  sich  hier  nicht  um  einen  reinen  Ver- 
wand gehandelt  hat.  Meine  am  Castortempel  im  Jahre  1896  vorgenom- 
menen Untersuchungen^)  haben  gezeigt,  dass  der  Stylobat  des  Tempels  von 
SO.  nach  NW.  hängt.  Eine  entsprechende  Neigung  von  SW,  nach  NO. 
hat  Lanciani  bei  der  Basilica  Julia  konstatiert  (Ruins  and  excavations  p.  277, 
oben  p.  84).  —  Das  zweite  Mal  wurde  er  unter  der  Regierung  des  Augustus 
(6  n.  Chr.)  durch  Tiberius  wiederhergestellt,  der  ihn  gleich  dem  Concordien- 
tempel  unter  seinem  und  seines  Bruders  Drusus  Namen  dedizierte  (Suet. 
Tib.  20).  Unter  Caligula  (Suet,  Cal.  22)  wurde  er  vorübergehend  mit  dem 
Palatium  in  Verbindung  gesetzt.  Dass  er  hinterher  noch  einmal  eine 
Erneuerung  durch  Hadrian  erfahren  hat,  ist  als  sicher  anzunehmen.  — 
Der  Neubau  des  Tiberius  war  dem  Tempel  des  Metellus  an  Grösse  gleich. 
Von  letzterem  stammt  auch  die  noch  erhaltene  Ousswerkmasse,  von  dem 
des  Tiberius  ist  ein  Stück  des  Mosaikbodens  der  Cella  erhalten,  während 
der  darüber  gelegte  Marmorboden  des  letzten  (hadrianischen)  Restau- 
rationsbaus völlig  verschwunden  ist.  Von  diesem  stehen  ausser  einem 
Teile  der  Bekleidung  des  Unterbaues  noch  die  drei  berühmten  korinthi- 
schen Säulen  mit  darüber  liegendem  Gebälk.  Die  oben  erwähnten  Unter- 
suchungen haben  ergeben,  dass  dem  Tempel  eine  breite,  wahrscheinlich 
mit  Schiffsschnäbeln  geschmückte  Bühne  vorgelegt  war,  auf  die  man  durch 
seitliche  Treppen  gelangte  (Abb.  3).  Von  der  Höhe  dieser  Bühne  führte  dann 
erst  eine  breite  Treppe  zum  Tempel  empor.  Offenbar  diente  dieser  Vorbau 
als  Rednerbühne.  Es  ist  anzunehmen,  dass  auch  der  Tempel  des  Metellus 
schon  eine  gleiche  Vorrichtung  hatte.  Nicht  selten  werden  Reden  er- 
wähnt, die  pro  aede  Castoris  gehalten  wurden;  man  nahm  früher  an,  die 
Redner  hätten  von  der  Treppe  aus  gesprochen,  aber  das  ist  an  und  für 
sich  wenig  wahrscheinlich,  namentlich  aber  zeigen  die  Schilderungen  von 
Unruhen,  in  denen  der  Castortempel  eine  Rolle  spielt  (vgl.  0.  Richteb, 
Rekonstr.  u.  Gesch.  der  Römischen  Rednerbühne  p.  46  ff.),  dass  die  breite 
Treppe  nicht  zum  Forum  hinabführte,  sondern  auf  eine  Plattform,  die 
durch  Verrammlung  der  schmalen  Seitentreppen  gleich  den  Rostra  in  eine 
Art  Festung  verwandelt  werden  konnte  (Cicero  p.  Sest.  34,  de  domo  54). 
Auch  zu  Senatsversammlungen  wurde  der  Tempel  benutzt:  CIL.  I  217  sub 
aede  Castoris;  Cic.  in  Verr.  I  129:  in  aede  Castoris  .  .  .  quo  saepe  numero 
senatus  convocatur.  Noch  in  ganz  später  Zeit  ist  dies  der  Fall:  Vita 
Maximin.  16,   Vita- Valeriani  5   (1).    —    Im    Castortempel    befand    sich 

Cicero  Phü.  VI  5,  13;  Liyius  IX  43,  22;  Plin.  \  »)  Vgl.  Jahrbuch  d.  k.  d.  archäologischen 

N.H.  XXXTV  23;  Mommskn,  Römisches  Münz-  |  Instituts  1898,  p.  87  flF. 
wesen  p.  548  Nr.  152  und  p.  549  Anm.  263.   | 


88 


B.  Topographie  Ton  Rom. 


auch  ein  Aichungsamt  und  ein  Depot  des  kaiserlichen  Fiskus. i)  Meine 
Untersuchungen  an  der  Ruine  haben  ergeben,  dass  an  den  beiden  Lang- 
seiten des  Unterbaus  (die  Hinterseite  ist  nicht  ausgegraben)  sich  zwischen 
je  zwei  Säulen  Gemächer,  im  ganzen  auf  jeder  Seite  elf,  befanden,  die 
nach  aussen  sich  öffneten  und  mit  Bronzethüren  abgeschlossen  wurden. 
Dies  waren  die  Räume  zur  Unterbringung  der  genannten  und  ähn- 
licher Geschäftsstellen  (Cicero  pro  Quinctio  4,  17;  Schol.  zu  Juvenal  XIV, 
261  ed.  Jahn,  p.  374).  —  Hinter  dem  Castortempel  befand  sich  der 
Lacus  luturnae,  ein  Brunnenbassin,  in  welchem  sich  die  vom  Palatin 
kommenden  Wasser  sammelten.  Hier  sollten  die  Dioskuren,  als  sie 
die  Nachricht  vom  Siege  am  See  Regillus  brachten,  ihre  Rosse  getränkt 
haben.  Es  ist  schon  deshalb  wahrscheinlich,  dass  auf  den  Treppenwangen 
des  Tempels  die  Originale  der  beiden  jetzt  auf  der  Eapitolsbalustrade 
stehenden  Dioskuren  gestanden  haben.  Sie  führen  ihre  Rosse  am  Zügel, 
sind  also  dargestellt,  wie  sie  sie  zur  Tränke  zum  Lacus  luturnae  führen. 
Der  Lacus  luturnae  hat  im  Mittelalter  noch  existiert.  —  Li  unmittelbarer 
Nähe  des  Gastortempels,  aber  nicht  mehr  am  Forum,  errichtete  Domitian 
einen  Tempel  (oder  eine  Kapelle?)  der  Minerva,  der  auch  in  der  Regions- 
beschreibung genannt  wird.  Seine  Lage  ist  unsicher,  auch  von  seinem  Schick- 
sale wissen  wir  so  gut  wie  nichts  (vgl.  Bull.  d.  Inst.  1845  p.  127). 

9.  Der  heilige  Bezirk  der  Vesta  umfasste  den  an  der  Ostseite 
des  Forums  gelegenen  Gebäudekomplex  des  Vestatempels,  des  Vestalen- 
hauses  und  der  Regia.  Ursprünglich  gehörten  dazu  auch  noch  die  Amts- 
wohnung des  Pontifex  Maximus  und  der  Hain  der  Vestalen,  doch  sind 
dieselben  spätestens  bei  der  Regulierung  des  Terrains  nach  dem  Brande 
unter  Commodus  (191  n.  Chr.)  verschwunden.  Dieser  heilige  Bezirk  ist 
von  allen  Seiten  von  Strassen  begrenzt,  im  Norden  von  der  Sacra  via, 
im  Osten  von  dem  Vicus  Vestae,  im  Süden  von  der  Nova  via,  im  Westen 
stösst  er  an  die  Area  des  Forums.  Er  war  von  einer  besonderen  Mauer 
umgeben,  deren  Reste  nach  dem  Forum  und  nach  der  Sacra  via  zu  noch 
vorhanden  sind  und  die  alte  Orientierung  haben,  die  nach  dem  Brande 
von  191  n.  Chr.  verschwand;  dieselbe  Orientierung  haben  auch  die  Reste 
des  zwischen  Regia,  Vestatempel  und  Vestalenhaus  liegenden  Pflasters. 

a)  Der  Vestatempel  {Aedes  Vestae)  ist  eine  der  ältesten  Kultus- 
stätten Roms,  deren  Entstehungszeit  nicht  nachzuweisen  ist,  doch  wird 
ausdrücklich  erwähnt,  er  habe  ausserhalb  des  palatinischen  Pomeriums  ge- 
standen (Dionys.  H  65).  Die  Sage  nennt  König  Numa  als  seinen  Erbauer 
(Dionys.  II  66;  Ovid.  Trist.  IH  1,  29).  Auch  wann  dieser  Rundtempel  (Ovid. 
fast.  VI  296 ;  Fest.  p.  262)  zuerst  in  monumentalem  Steinbau  aufgeführt 
wurde,  ist  unbekannt. >)  Er  ist  mehrfach  durch  Brand  zerstört  worden, 
241  (Ovid.  fast.  VI  437  «.;  Liv.  epit.  19)  und  210  v.  Chr.,   dann   im  Nero- 


»)  Vgl.  Jobdan,  Top.  I  2  p.  374  Amn.  83. 
—  Hülsen,  Rom.  Mitt.  1889,  p.  244.  —  Mar- 
QUABDT  II,  p.  66.  —  HiBSOHFBTD,  ünter- 
Buchimgen  zur  ROm.  Yerwaltaiigs-Greschichte 
p.  3f. 

>)  Serv.  ad  Aen.  VII  153:  niH  in  au- 


guato  loco  consilium  senatus  habere  non  po- 
terat:  unde  tetnplum  Vestae  non  fuit  augurio 
consecratum,  ne  illttc  conveniret  senatits,  ubi 
erant  virgines;  natn  haec  fuerat  regia  Nu- 
mae  Pompilii:  ad  atrium  autem  Vestae  con- 
veniebat,  quod  a  templo  remotum  fuerat. 


5.  Das  Zentrum  Roms.  .  a.  Das  Forum.    (§  26.) 


89 


nischen  Brande  (Tac.  ann.  XV  41),  zuletzt  in  dem  grossen  Brande  unter 
Commodus  im  Jahre  191  n.  Chr.  Hergestellt  wurde  er  damals  von  Julia 
Domna,  deren  Münzen  den  Tempel  zeigen  (Cohen,  Julia  Domna  205,  208). 
Der  Tempel  wurde  394  von  Theodosius  geschlossen.  Erhalten  ist  jetzt 
nur  noch  die  sehr  zerstörte  Gusswerkmasse  des  Stereobaten  und  der  An- 
satz der  nach  Osten  gehenden  Treppe,  ausserdem  eine  Anzahl  von  Oebälk- 
resten,  die  eine  ziemlich  sichere  Rekonstruktion  gestatten.  Er  war  ein  ge- 
wölbter Peripteros  mit  20  Säulen  von  18 — 19  m  Durchmesser,  unter  der 
Öffnung  des  Daches  stand  der  Altar  mit  dem  ewigen  Feuer;  ein  Kultus- 
bild hat  er  nach  Ovid.  fast.  VI  295  ff.  nicht  enthalten,  doch  befand  sich 
darin  u.  a.  das  Palladium,  das  mehrmals  erwähnt  wird.     Beim  Einbruch 


Abb.  4.    Der  Veetatempel. 

der  Gallier  wurde  es  an  dem  Doliola  genannten  Orte  (Varro  LL.V  157)  ver- 
graben, während  die  Vestalinnen  nach  Caere  flüchteten.  Bei  dem  Brand  von 
241  rettete  der  Pontifex  Maximus  Caecilius  Metellus  die  sacra,  Ovid.  fast. 
VI  433  ff. ;  Plin.  N.  H.  Vü  141 ;  Val.  Max.  I  4, 4.  Die  Rekonstruktionsversuche 
sind  zahlreich.  Hervorzuheben  sind  die  von  Jordan  (vgl.  Abb.  4)  und  Auer 
in  den  unten  angeführten  Schriften.  —  Über  antike  Abbildungen  vgl. 
Hülsen,  Rom.  Mitt.  1892  p.  285  und  1893  p.  286. 

b)  Das  Vestalenhaus  {Atrium, Vestae,  auch  Atrium  regium).  Es 
ist  im  Jahre  1883  aufgedeckt  worden.  Den  Hauptraum  desselben  bildet 
ein  Peristyl  (gewöhnlich  Atrium  genannt)  von  mächtigen  Dimensionen  (67 
zu  24  m),  in  welchem  eine  Anzahl  Statuen  von   Virgines  Vestales  maximae 


90  B.  Topographie  Ton  Rom. 

nebst  Ehrenbasen  gefunden  sind.  An  dasselbe  scfaliesst  sich  nach  Osten 
zu  das  Atrium  (gewöhnlich  Tablinum  genannt)  an,  umgeben  von  sechs 
Kammern  für  die  Jungfrauen,  darin  Reste  kostbarer  Marmorarten.  Die 
südliche  Langseite  des  Peristyls  ist  von  einer  Reihe  von  Gemächern  ein- 
genommen, deren  Bestimmung  zum  Teil  durch  die  darin  gefundenen  Gerät- 
schaften und  Vorrichtungen  noch  zu  erkennen  ist.  Auch  die  Nord-  und  West- 
seite des  Peristyls  ist  von  Gemächern  eingefasst,  über  dem  östlichen  und  süd- 
lichen Teil  des  Gebäudes  sind  die  Reste  eines  zweiten  Stockwerkes  mit  Bade- 
zimmern etc.  vorhanden  (Grundriss  auf  Taf.  9).  Eine  von  dem  Wiener  Archi- 
tekten H.  Au  er  vorgenommene  Analyse  des  Gebäudes  hat  ergeben,  dass  das- 
selbe aus  vier  verschiedenen  Bauperioden  stammt.  Der  älteste  Teil  (aller- 
dings auch  wohl  kaum  über  das  1.  Jahrhundert  v.  Chr.  hinaufreichend)  ist 
der  östliche,  das  Atrium;  dass  gerade  dieser  älteste  Teil  am  weitesten  von 
dem  Tempel  entfernt  ist,  zeigt,  dass  zwischen  beiden  Gebäuden  der  in 
republikanischer  Zeit  öfter  erwähnte,  dann  spurlos  verschwundene  Hain 
der  Yestalen  gelegen  hat.  An  diesen  ältesten  Teil  grenzte  das  Amtshaus 
des  Pontifex  Maximus  (Dio  Cass.  LIV  27  ofiotoixog  raig  otxijtretnv  avzmv  fv). 
Als  Augustus  im  Jahre  12  v.  Chr.  an  Stelle  des  Lepidus  Pontifex  Maximus 
wurde,  überliess  er  dies  Haus  nach  Dio  Cass.  a.  a.  0.  den  vestalischen  Jung- 
frauen. Bei  einem  späteren  Umbau  scheint  es  niedergerissen,  und  dem- 
nächst ein  einheitliches  Gebäude  hergestellt  zu  sein.  Reste  eines  aus 
republikanischer  Zeit  stammenden  Palastes  liegen  unter  den  nördlich  das 
Peristyl  abschliessenden  Bauten  und  erstrecken  sich  bis  an  die  Sacra  via. 
In  diesen  jetzt  wieder  zum  Vorschein  gekommenen  Fundamenten  die  Reste 
jenes  alten  Amtshauses  zu  sehen,  ist  um  so  mehr  angezeigt,  da  sie  die- 
selbe Orientierung  haben,  wie  die  Regia  und  der  Vestatempel.  Die  wich- 
tigste Erweiterung  erfuhr  das  Vestalenhaus  unter  Hadrian;  die  Mauern 
der  südlichen  Langseite  enthalten  Ziegelstempel  aus  jener  Zeit  in  grosser 
Anzahl.  Die  letzte  Gestaltung  erhielt  es  nach  dem  Brande  des  Jahres  191 
durch  Julia  Domna  (s.  oben);  die  in  dem  Peristyl  gefundenen  Inschriften 
und  Statuen  reichen  mit  ganz  geringen  Ausnahmen  ebenfalls  nur  bis  auf 
diese  Zeit.  —  Das  Vestalenhaus  muss  in  seiner  letzten  Gestaltung  ein  un- 
gesunder Aufenthalt  gewesen  sein.  Die  Lage  ist  sehr  ungünstig;  der 
Boden  des  Atriums  liegt  30  Fuss  unter  der  Nova  via,  über  der  sich  zu 
ganz  ausserordentlicher  Höhe  die  Eaiserpaläste  erhoben,  so  dass  die  Sonne 
kaum  in  diese  Räume  drang.  Um  die  Feuchtigkeit  abzuhalten,  sind  nach  der 
Nova  via  doppelte  Mauern  mit  Zwischenräumen  errichtet.  In  den  Wänden 
finden  sich  Heizvorrichtungen.  —  Der  Eingang  des  Hauses  liegt  zunächst 
dem  Vestatempel;  unmittelbar  neben  dem  Eingange  befindet  sich  eine  Aedi- 
cula  der  Vesta,  deren  noch  vorhandene,  eine  Wiederherstellung  bezeugende 
Inschrift  aus  Trajanischer  Zeit  stammt  (vgl.  Jordan  a.  a.  0.  p.  27). 

Litteratur:  R.  Lakciani,  L'  atrio  di  Vesta,  Con  appendice  del  CJomm.  Gio.  Bat- 
tista  de  Rossi  in  den  Notizie  degli  scavi,  Dezember  1883.  —  C.  Mars,  Vesta  e  Vestali, 
1883.  —  H.  Jobdan,  Der  Tempel  der  Vesta  und  das  Haus  der  Vestalinnen,  1886.  —  H.  Aubr, 
Der  Tempel  der  Vesta  und  das  Haus  der  Vestalinnen  am  Forum  Romanum,  Denkschriften 
der  Wiener  Akademie  1888,  p.  209  if.  —  Lanciavi,  Ruins  and  excavations  p.  228  ff.  Auf 
S.  232  ff.  gibt  Lanciani  ein  Verzeichnis  der  angelsächsischen  Münzen,  die  1883  bei  den  Aus- 
grabungen im  Vestalenhause  gefunden  wurden.  —  Hülsen,  Rom.  Mitt.  1889  p.  245  ff.,  1891 
p.  91,  1892  p.  287. 


5.  Dm  Zeninun  Roms.    a.  Das  Fomm.    (§  26.) 


91 


c)  Die  Regia.  Ihre  Gründung  geht  gleich  der  des  Vestatempels  in 
die  älteste  Zeit,  der  Sage  nach  auf  den  König  Numa  zurück,  der  in  ihr 
gewohnt  haben  soll  (Solin.  I  21;  Ovid  Trist.  III  1,  30  haecfuit  antiqui  regia 
parva  Numae);  daher  bei  Tac.  ann.  XV  41:  Numaeque  regia  u.  a.  Stellen 
mehr.^)  Festusp.  278  leitet  den  Namen  von  dem  Rex  sacrorum  ab:  Serv. 
Aen.  VIII  363  dotnus  enim,  in  qua  pontifex  habitat,  regia  dicitur,  quod  in 
ea  rex  sacrificulus  habitare  consuesset.^)  In  republikanischer  Zeit  dient  sie 
als  Amtshaus  des  Pontifex  Maximus.  Es  befanden  sich  in  ihr  mehrere 
Sacraria,  wie  namentlich  das  des  Mars,  der  Aufbewahrungsort  jener  hei- 
ligen Lanzen,  deren  Bewegung  als  Prodigium  galt,  sowie  der  ancüia,  der 
heiligen  Schilde,  ferner  ein  Sacrarium  der  Ops  (Varro  LL.  VI  21),  im 
Kalender  unter  dem  19.  Dezember  Opi  ad  forum  genannt.    Sie  bildete  die 


Abb.  5.  Die  Begi«. 

Ostseite  des  Forums,  daher  es  auch  von  der  Verbrennung  der  Leiche 
Caesars  bei  App.  b.  civ.  II  148  heisst,  sie  sei  vor  der  Regia  {ivt^a  t6  ndXai 
"^Piofiafoig  iaxl  ßaaiXeiov)  verbrannt  worden.  —  Die  Regia  ist  mehrfach 
durch  Brand  zerstört  worden,  über  den  Brand  von  148  v.  Chr.  vgl.  Ob- 
sequens  19;  als  sie  im  Jahre  36  v.Chr.  abgebrannt  war,  wurde  sie  durch 
Cn.  Domitius  Calvinus  prachtvoll  wieder  aufgebaut  (Dio  Cass.  XL VIII  42); 
als  besonderer  Schmuck  des  Einganges  werden  bei  Plinius  N.  H.  XXXTV  48 


^)  Bei  Horaz  carm.  I  2,  15  in  poetischer 
Umschreibung  monumenta  regis,  vgl.  p.  26 
Anm.  3. 


*)  Anders  Varro  LL.  V47:  sacra  (via) 
appellanda  est  a  regia  ad  dorn  um  regis  sacri- 
ficuH, 


92  B.  Topographie  von  Rom. 

zwei  Karyatiden  erwähnt;  die  Fundamente  und  spärliche  Reste  der  Mauern 
dieses  Neubaues  sind  jüngst  aufgedeckt  worden ;  seine  Aussenwände  waren 
von  Marmorblöcken.  Auf  denselben  waren  die  Eonsular-  und  Triumphal- 
fasten, deren  Beste,  ebenfalls  auf  Marmorblöcken  eingegraben,  sich  zwi- 
schen dem  Gastortempel  und  dem  Faustinentempel  zerstreut  gefunden 
haben,  angebracht.  Augustus  überliess  nach  Dio  Cass.^  LIY  27  die  Regia 
den  Yestalinnen,  insiSrj  öfioroixog  ratg  olxi]a€aiv  avzwv  i;v.  Amtslokal  des 
Pontifex  Maximus  ist  sie  aber  noch  zur  Zeit  Domitians  (Plin.  epist.  IV  11: 
reliquos  pontifices  non  in  regiam  sed  in  Albanam  viUam  convocavit).  Auch 
ein  Fragment  des  kapitolinischen  Stadtplans  (Form.  IT.  III  21)  enthält  den 
Namen  rJEGIA.  Es  scheint,  als  ob  sie  weder  vom  Neronischen  Brande 
(Tac.  ann.  XV  41)  noch  von  dem  grossen  Brande  unter  Gommodus  im  Jahre 
191  n.  Chr.  allzu  stark  berührt  worden  ist.  Hülsen  (Jahrb.  d.  Inst.  1889 
p.  228  ff.)  hat  eine  Rekonstruktion  der  Regia  auf  Grund  der  noch  existie- 
renden Reste  versucht.  Ob  das  von  ihm  konstruierte  Gebäude  die  ganze 
Regia  darstellt,  oder  nur  einen  Teil,  steht  dahin.  Jedenfalls  veranschau- 
licht sie  in  ansprechender  Weise  die  Anbringung  der  Fasten  auf  den 
Aussenwänden  des  Gebäudes  (vgl.  Abb.  5).  Über  die  Fasten  vgl.  CIL.  I* 
p.  1  ff.  nebst  Taf.  1.     Sie  befinden  sich  jetzt  auf  dem  Kapitel. 

Litteratar:  F.  M.  Nichols,  La  Regia,  Mitteilungen  des  Instituts  I  1886,  p.  94—98. 
—  H.  Jordan,  Gii  edifizi  antichi  fra  il  tempio  di  Faustina  e  1'  atrio  di  Vesta.  Mitt.  d. 
Inst.  I,  1886,  p.  99—111.  —  F.  M.  Nichols,  The  Regia,  the  Atrium  Vestae  and  the  Fasti 
Capitolini  1887.  -  Hülsen,  Die  Regia,  Jahrb.  d.  Inst.  1889  p.  228  flF. 

10.  Der  Tempel  des  Antoninus  und  der  Faustina.  Er  wurde  von 
Antoninus  seiner  Gattin  Faustina  zu  Ehren  erbaut  (141  n.  Chr.),  nach  seinem 
Tode  161  n.  Chr.  wurde  er  ihm  mitgeweiht  und  die  Inschrift  CIL.  VI  1,  1005 
(Divo  Antonino  et  divae  Faustinae  ex  S.  C.)  entsprechend  erweitert.  Was  für 
Gebäude  ehemals  hier  gestanden  haben,  ist  unbekannt.  In  ihn  ist  im  7.  oder 
8.  Jahrhundert  n.  Chr.  die  Kirche  S.  Lorenzo  in  Miranda  eingebaut,  die  ehemals 
mit  Statuen  geschmückte  Vorhalle  (sechssäulig,  CipoUinsäulen)  nebst  Treppe 
steht  noch  (Grundriss  s.  Taf.  9  und  IIA).  Über  die  Geschichte  des  Tempels 
im  Mittelalter  und  der  Neuzeit  vgl.  Lanciani,  Ruins  and  excavations 
p.  218  ff.  -—  Zwischen  dem  Tempel  und  der  Regia,  den  Eingang  zum  Forum 
bildend,  stand  der  Fabierbogen  (Fornix  Fabianus).  Er  war  im  Jahre 
121  V.  Chr.  von  Q.  Fabius  Maximus  zum  Andenken  an  seinen  Sieg  über 
die  AUobroger  errichtet.  Teile  der  Inschrift  (CIL.  VI  1,  1303.  1304)  und 
einige  möglicherweise  dazu  gehörige  Stücke  der  Wölbung  sind  wieder- 
gefunden. Gesichert  ist  seine  Lage  durch  die  Bezeichnung,  er  habe  zwi- 
schen Faustina-  und  Vestatempel  gestanden,  die  Fundamente  sind  aber 
nicht  gefunden.  Er  wird  öfters  erwähnt,  so  namentlich  von  Cicero  pro 
Plancio  7,  17,  in  Verrem  act.  I  7,  19,  de  oratore  II  267.  Der  Bogen  trug 
eine,  wie  es  scheint,  bedeutende  Anzahl  von  Statuen  von  Fabiern  (CIL.  I* 
p.  198).  Wiederhergestellt  wurde  er  56  v.  Chr.  von  dem  Enkel  des  Er- 
bauers (vgl.  Cic.  in  Vat.  11,  28). 

Litteratur:  Momksbn,  Sul  fomice  Fabiano,  Ann.  d.  Inst.  1858,  p.  173  ff.  —  de  Rossi, 
Deir  arco  Fabiano  nel  foro,  Ann.  d.  Inst.  1859,  p.  307  ff. 

11.  Die  Aedes  Divi  Juli.  Sie  wurde  durch  Augustus  an  der  Stelle 
des  Forums  errichtet,  wo  die  Leiche  seines  Adoptivvaters  verbrannt  worden 


8.  Das  Zentram  Borns,    a.  Das  Fomm.    (§  26.) 


93 


war,  d.  h.  vor  der  Front  der  Regia  (App.  b.  c.  II  148)  und  der  an  dieser 
Stelle  von  Caesar  errichteten  Rednerbühne.  ^)  Bei  den  letzten  von  mir  ver- 
anstalteten Ausgrabungen  (1888)  kamen  Fundamente  eines  Baues  zum  Vor- 
schein, der  vor  En^ichtung  des  Tempels  des  D.  Julius  hier  stand ;  wahrschein- 
lich gehören  sie  jener  Rednerbühne  an.^)  Der  Tempel  erhob  sich  auf  einem 
hohen  unterbau,  dem  die  Rostra  Julia,  eine  mit  einer  halbrunden  Nische 
in  der  Mitte  versehene  Bühne,  vorgelegt  sind.  Die  Nische  diente  vermutlich 
bei  den  von  diesen  Rostra  aus  gehaltenen  laudationes  zur  Aufbahrung  des 
Leichnams,^)  die  geradlinigen  Fronten  zu  beiden  Seiten  der  Nische  waren 
mit  den  in  der  Schlacht  von  Actium  erbeuteten  Schiffsschnäbeln  geschmückt 


Abb.  6.  Der  Tempel  des  DiYHB  Jalius. 

(Dio  LI  19.).  Seitlich  angebrachte  Treppen  führten  auf  die  Bühne  und  von 
da  weiter  zu  dem  hochliegenden  Tempel,  einem  sechssäuligen  Pyknostylos 
(Vitruv  III  2,  2),  die  Anlage  war  also  ähnlich  der  des  Castortempels.  Die 
von  mir  im  Jahre  1888  angestellten  Untersuchungen  haben  die  Rekon- 
struktion Abb.  6  mit  Sicherheit  ergeben.  Vgl.  die  Münzdarstellungen 
Cohen,  Hadrian  416 — 419,  1388.  Der  Tempel  wurde  am  18.  August  des 
Jahres  29  v.  Chr.,  drei  Tage  nach  dem  aktischen  Triumphe,  dediziert.  Aus 
den  ihn  darstellenden  Hadrianischen  Münzen  (s.  oben)  ergibt  sich,  dass 
er  von  Hadrian  restauriert  worden  ist.     Zu   beiden  Seiten*)  des  Tempels 


»)  Vgl.  0.  Richter,  Rednerbühne  1884, 
p.  52  ff. 

')  Vgl.  0.  Richter,  Antike  Denkmäler 
I,  Taf.  27,  28. 

*)  Vgl.  0.  Richter,  Die  Augustusbauten 


auf  dem  Forom  Romanum,  Jahrbuch  des  In- 
stituts 1889,  p.  145  f. 

*)  Es  ist  nur  einer  von  diesen  Bogen, 
der  südliche,  nachgewiesen.  Aber  die  Ana- 
logie des  Tempels  des  Mars  ültor  mit  den 


94 


B.  Topographie  von  Rom. 


standen  Triumphbogen  (Abb.  7);  der  südliche,  zwischen  diesem  und  dem 
Gastortempel,  war  dreibogig.  Seine  sehr  gut  erhaltenen  Fundamente  sind 
von  mir  im  Frühjahr  1888  aufgedeckt  worden.  Sie  gehörten  dem  dem  Au- 
gustus  zum  Andenken  an  die  Zurückgabe  der  parthischen  Feldzeichen  vom 
Senat  und  Volk  im  Jahre  19  v.  Chr.  errichteten  Ehrenbogen  (Veroneser 
Scholien  zu  Virg.  Aen.  YU  603j  an.  Beste  der  Architektur,  sowie  Münz- 
abbildungen gestatten  eine  ziemlich  sichere  Rekonstruktion.  Der  vermut- 
lich nördlich  vom  Tempel  gelegene  Bogen  ist  wegen  Verschüttung  der 
Nordseite  des  Forums  bisher  nicht  aufgedeckt,  doch  sind  die  noch  im 
16.  Jahrhundert  über  dem  Schuttboden  hervorragenden  Reste  desselben 
wahrscheinlich  auf  der  von  Hülsen  veröffentlichten  Vedute  des  Forums  von 
Heemskerk  (Bull.  com.  1888,  Taf.  VII)  und  auf  der  von  Müntz  mitgeteilten 
Vedute  des  Forums  aus  dem  Escurial  (Mitt.  d.  Inst.  1888  p.  94,  95,  98)  dar- 
gestellt. Es  war  dies  der  zum  Andenken  an  die  Schlacht  von  Actium 
29  V.  Chr.  errichtete  Bogen  (CIL.  VI  1,  873). 

Litteratur:  H.  Jordan,  Der  Tempel  des  D.  Julius,  Hermes  IX  p.  342  ff.  —  O. 
Richter,  Antike  Denkmäler  I,  Taf.  27,  28.  —  Ders.,  Die  Augustusbauten  auf  dem  Forum 
Romanum,  Jahrbuch  des  Instituts  1889,  p.  146  ff. 


Abb.  7.  Ostfront  dei  Fonuns  (Tempel  dM  Divas  Julius  und  Triumphbogen  des  Augustus). 

12.  Die  Curie  {Curia  oder  Curia  Hostilia).  Ihr  Bau  geht  der 
Überlieferung  nach  auf  TuUus  Hostilius  zurück  (Varro  LL!  V  155).  Um- 
gebaut wurde  sie  und  zugleich  vergrössert  (Cic.  de  fin.  V  2)  durch  Sulla, 
bei  welcher  Gelegenheit  eine  Anzahl  von  älteren  Kunstwerken  etc.,  die 
in  und  vor  derselben,  sowie  in  und  bei  der  davor  stehenden  Rednerbühne 
sich  befanden,  entfernt  wurde.  Diese  Curie  brannte  im  Jahre  52  v.  Chr. 
durch  die  Schuld  der  Anhänger  des  Clodius  nieder  (Cic.  pro  Mil.  33)  und 


beiden  Bögen  des  Gennanicus  und  Drusus,  |  worden  ist,  zumal  beim  Fehlen  des  Bogens 

sowie  der  Rostra  am  Westende  des  Forums,  |  an  der  Nordostseite  des  Forums  dieses  nur 

die  ebenfalls  von  zwei  Triumphbogen  flau-  |  an  dreien  seiner  vier  Ecken  ein  Eingangs- 

kiert  waren,  legen  die  Vermutung  nahe,  dasa  1  thor  gehabt  hätte.  Vgl.  Jahrb.  des  Inst.  1889, 

diese  Form  der  Anlage  auch  hier  angewandt  I  p.  153  ff. 


5.  Das  Zentrum  Roms.    a.  Das  Fornm.    (§  26.)  95 

wurde  bald  darauf  durch  Faustus  Sulla,  den  Sohn  des  Diktators,  wieder- 
hergestellt (Dio  Cass.  XL  49).  Caesar  liess  sie  abreissen  und  zunächst  einen 
Tempel  der  Felicitas  an  ihrer  Stelle  errichten.  Kurz  vor  seinem  Tode 
begann  er  dann  den  Bau  der  neuen  Curie,  die  von  Augustus  vollendet 
und  als  „Curia  Julia"  im  Jahre  29  dediziert  wurde.  Die  Identität  dieser 
Curie  mit  S.  Adriane  ist  sicher.*)  Sie  wurde  durch  Domitian,  noch  später 
nach  einem  Brande  unter  Carinus  durch  Diocletian,  dessen  Bau  zum  Teil 
erhalten  ist,  wieder  hergestellt.  In  der  Curie  befand  sich  u.  a.  eine  gol- 
dene Victoria  mit  einem  Altar  davor,  um  dessen  Wegräumung  zur  Zeit 
des  Übergangs  des  Heidentums  ins  Christentum  heftige  Kämpfe  geführt 
wurden.  Verbunden  war  mit  der  Curie  das  „Chalcidicum",  später  Atrium 
Minervae  genannt,  das  Secretarium  senatus,  welches  man  in  der  neben 
S.  Adriane  gelegenen  Kirche  Sta.  Martina  wiedergefunden  hat.  Die  jetzt 
beide  Kirchen  trennende  Via  Bonella  ist  späteren  Ursprungs  (Taf.  IIA). 

Litieratur:  Ubliohs,  De  curia  Julia,  Nuov.  Mem.  1865,  p.  77  ff.  —  Lanciani,  L*  aula 
e  gli  uffizi  del  senato  Romano,  Atti  dei  Lincei  XI  3  ff.  Die  darin  publizierten  Zeichnungen 
von  Giuliano  da  Sangallo  dem  Jttngeren  und  Peruzzi  yeranschaulichen  den  Znstand  der 
beiden  Gebftude  vor  Anlage   der  Via  Bonella  (Siztus  Vj.     Vgl.  Bdbsian's  Jahresbericht 

1883,  p.  467. 

13.  Die  Basilica  Aemilia.  Ihre  Lage  unter  dem  bis  jetzt  nicht 
ausgegrabenen  Terrain  zwischen  S.  Adriane  und  dem  Faustinatempel  ist 
sicher  (mutmasslicher  Qrundriss  Taf.  9  und  IIA).  Ihr  Bau  wurde  im 
Jahre  179  v.  Chr.  ven  den  Censoren  Fulvius  und  Aemilius  beschlossen 
und  sodann  hinter  den  „argentariae  novae"^  den  die  Nordseite  des 
Marktes  damals  begrenzenden  Tabernen,  ausgeführt.  Sie  hiess  anfangs 
Basilica  Fulvia  oder  Aemilia  et  Fulvia,  der  Konsul  des  Jahres  78  v.  Chr., 
M.  Aemilius  Lepidus  stellte  darin  eherne  Schilde  mit  den  Bildern  seiner 
Ahnen  auf  (Plin.  N.  H.  XXXV  13).  Im  Jahre  54  v.  Chr.  wurde  sie  durch 
L.  Aemilius  Paulus  (vgl.  die  Bezeichnung  b.  Pauli  bei  Stat.  Silv.  I,  1.  30) 
mit  dem  Gelde  Cäsars  umgebaut  und  nach  Entfernung  der  Tabernen 
bis  an  das  Forum  vorgerückt  (Appian  b.  c.  II  26;  Dio  Cass.  XLIX  42). 
Seit  dieser  Zeit  hiess  sie  Basilica  Aemilia.  34  v.  Chr.  wurde  sie  aber- 
mals umgebaut,  brannte  im  Jahre  14  v.  Chr.  ab  und  wurde  dem  Namen 
nach  von  einem  Aemilius,  in  Wii-klichkeit  aber  von  Augustus  wieder  auf- 
gebaut (Dio  Cass.  LIV  24).  Erst  durch  ihn  erhielt  sie  ihre  prachtvolle  Aus- 
stattung mit  Säulen  von  phrygischem  Marmor.  Erwähnt  wird  sie  bei  Tac. 
ann.  Hl  72,  wo  Lepidus  bittet,  ut  basilicam  Pauli,  Äemüia  monumenta,  propria 
pecunia  firmaret  ornaräque  und  zur  Zeit  Domitians  bei  Statins  I  1,  30  ff. 
Möglicherweise   stand  noch  im  15.  Jahrhundert  ein  Teil  aufrecht. 

Litteratur:   Chr.  Hülsen,  Sopra  an  edifizio  antico  presse  S.  Adriano,  Ann.  d.  Inst. 

1884,  p.  323  ff.;  Rom.  Mitt.  1889  p.  242  nnd  1893  p.  281,  der  sich  namentlich  um  die  Re- 
konstroktion  des  Gebäudes  auf  Grund  älterer  Zeichnungen  verdient  gemacht  hat. 

14.  Zu  diesen  Bauten  kommen  noch  eine  kleine  Kapelle  der  Fau- 
stina, deren  Reste  vermutlich  zwischen  dem  Concordia-  und  Vespasians- 
tempel  erhalten  sind  (CIL.  VI  1019;  vgl.  Hülsen,  Rom.  Mitt.  1893  p.  284); 
ferner  die  Schola  Xanthi,  ein  kleines  Amtsgebäude  für  scribae  und  prae- 
eones,  das  in  der  Nähe  der  Rostra  gelegen  haben  muss,  und  von  dem  im 

^)  Lanciani,  L'itin.  d'Einsiedlen  p.  58. 


96  B.  Topographie  Ton  Rom. 

16.  Jahrhundert  ein  marmornes  Epistyl  gefunden  wurde,  dessen  Inschriften 
(CIL.  VI  103)  besagen,  dass  diese  Schola  von  G.  Avillius  Licinius  Trosius 
erbaut  und  von  Bebryx  Drusianus  und  A.  Fabius  Xanthus  wiederhergestellt 
und  mit  einer  Victoria  Augusta,  ehernen  Sesseln  und  sieben  silbernen 
Götterbildern  verziert  worden  sei  (vgl.  Hülsen,  Rom.  Mitt.  1888  p.  208  ff.). 
27.  Die  noch  nachweisbaren,  das  Forum  umgebenden  oder  auf  dem- 
selben errichteten  Gebäude  sind  also  zeitlich  folgendermassen  zu  ordnen: 

a)  Aus  der  Zeit  der  Republik  stammen:  der  Carcer  und  die  Tempel  der 
Concordia,  des  Saturn,  des  Castor,  der  Vesta  und  die  Regia.  Von  diesen  hat 
nur  der  Carcer  in  dem  noch  jetzt  existierenden  Tullianum  einen  Teil  des  ur- 
sprünglichen Baus  bewahrt,  die  übrigen  Gebäude  sind  sämtlich  umgebaut. 

b)  Aus  der  Zeit  des  Augustus  stammen  die  Curia,  die  Aedes  Divi 
Juli  mit  dem  daneben  stehenden  Arcus  Augusti,  die  Basilica  Julia  und 
Aemilia  und  die  Rostra.  Ferner  wurden  damals  umgebaut  und  erhielten 
im  wesentlichen  die  noch  jetzt  erkennbare  Gestalt  die  Tempel  der  Concordia, 
des  Saturn  und  des  Castor. 

c)  Nach  Augustus  sind  hinzugekommen  der  Vespasianstempel  (80 
n.  Chr.),  der  Faustinentempel  (141  n.  Chr.)  und  die  Kapelle  der  Faustina, 
die  Porticus  deorum  consentium  und  die  Schola  Xanthi  (Zeit  unsicher), 
endlich  der  Bogen  des  Severus  (203  n.  Chr.). 

Es  ergibt  sich  demnach,  dass  wir  das  Forum  im  wesentlichen  in  der 
ihm  von  Augustus  gegebenen  Gestaltung  noch  jetzt  vor  uns  haben.  Was  nach 
Augustus  hinzugekommen  ist,  konnte  wohl  den  Gesamteindruck  alterieren, 
wie  namentlich  die  unten  noch  zu  erwähnenden  auf  der  Area  errichteten 
Ehrendenkmäler,  aber  an  den  Grundlinien  des  Forums  ist  seit  Augustus  nichts 
geändert  worden.  Es  ist  freilich  nicht  anzunehmen,  dass  darum  die  Forums- 
bauten nun  für  alle  Zeiten  unverändert  gestanden  haben;  von  den  Rostra 
z.  B.  wurde  oben  eine  ganze  Reihe  aufeinander  folgender  Umbauten  nach- 
gewiesen, von  denen  eine  der  wichtigsten  aus  der  Zeit  des  Hadrian  stammt; 
eine  gleichzeitige  Restauration  des  mit  einer  Rednerbühne  versehenen  Tem- 
pels des  Divus  Julius  ist  ebenfalls  nachgewiesen ;  dass  Hadrian  sich  aber  mit 
der  Wiederherstellung  einzelner  Gebäude  des  Forums  begnügt  haben  sollte, 
ist  nicht  anzunehmen;  zu  den  opera  ubique  infinita,  von  denen  die  Vita 
Hadriani  19  spricht,  wird  auch  die  Wiederherstellung  des  Forums  und 
seiner  Gebäude  zu  rechnen  sein.^)  Da  die  Gebäude  aus  der  Zeit  des  Au- 
gustus, von  allen  durch  Brandschaden  etc.  verursachten  Zerstörungen  ab- 
gesehen, doch  nicht  die  Jahrhunderte  hindurch  ohne  Erneuerung  gestanden 
haben  können,  so  wird  man  gut  thun,  für  sie  die  Möglichkeit  einer  Er- 
neuerung durch  Hadrian  in  erster  Linie  ins  Auge  zu  fassen.  Leider  ver- 
lässt  uns  hier  die  Überlieferung  gänzlich  und  auch  genaue  Untersuchungen 
der  Reste  führen  nicht  immer  zu  sichern  oder  annähernden  Resultaten. 
Im  allgemeinen  kann  als  Grundsatz  aufgestellt  werden,  dass  an  keinem 
römischen  Gebäude  aus  der  ersten  Kaiserzeit  die  grossen  Restaurationen 

^)  Mit  Stückwerk  hat  sich  Hadrian  jeden-  '  sultat    ergeben,    dass  dieser  allgemein  auf 

falls  nicht  abgegeben.     So  haben  z.  B.  die  !  Agrippa  zurackgefElhrte  Bau  durchaas  hadria- 

neuesten,  an  anderer  Stelle  zu  behandelnden  |  nisch  ist. 

Pantheonsforschungen  das  Überraschende  Re-  . 


S.  Das  Zentrum  Borna,  a.  Das  Forum.  (§§  27.  28.)  97 

des  Hadrian  und  Septimius  Severus  spurlos  vorüber  gegangen  sind.  —  Auch 
viel  spätere  Restaurationen  einzelner  Gebäude,  wie  des  Saturnteropels  und 
der  Curie,  sind  vorgenommen  worden  und  auf  Brände  und  andere  Ereig- 
nisse zurückzuführen.  Aber  nicht  nur  diese  Restaurationsbauten,  auch  die 
unter  c  angeführten  Bauten  zeigen,  dass  zu  keiner  Zeit  des  Altertums 
das  Interesse  an  der  Weiterentwicklung  des  Forums  geruht  hat. 

28.  Das  Comitium  (vgl.  Taf.  9).  Die  Rekonstruktion  dieses  ehemaligen 
Zentrums  Roms  gehört  zu  den  schwierigsten  Problemen  der  römischen  Topo- 
graphie. Die  beiden  Hauptgebäude  dieses  Platzes,  die  Curie  und  die  Rostra, 
sind  abgetragen  und  an  anderer  Stelle  neu  aufgebaut  worden,  wodurch  die 
Grundlinien  des  Platzes  völlig  verwischt  wmden;  die  Schriftstellerüber- 
lieferung hat  sich  in  diesem  wie  in  so  manchem  anderen  Punkte  so  un- 
bestimmt, zum  TeU  so  irreführend  erwiesen,  dass  man  nicht  nur  über  die 
Lage  des  Comitiums,  sondern  selbst  über  die  Frage,  ob  es  ein  selbstän- 
diger Platz  neben  dem  Forum  war,  oder  was  es  sonst  gewesen  ist,  lange 
im  Dunkel  tappte.  Erst  die  grundlegenden,  übrigens  sämtlich  vor  Frei- 
legung des  Forums  geschriebenen  Arbeiten  von  Momms£n,  De  comitio  Ro- 
mano (Ann.  d.  Inst.  1845  p.  288  flf.),  Detlefsen  (ebendaselbst  1860  p.  128  flf.), 
Urlichs  (Verb,  der  Heidelberger  Philologenversammlung  1865  p.  53  flf.), 
Bbecheb,  Die  Lage  des  Comitiums  und  der  Curia  Hostilia  im  Verhältnis 
zum  Forum  (Progr.  Berlin  1870),  haben  die  Lösung  der  Frage  angebahnt, 
die  jetzt  in  dem  Aufsatz  von  Hüxsen,  Das  Comitium  und  seine  Denkmäler  in 
der  republikanischen  Zeit  (Rom.  Mitt.  1893  p.  79  flf.)  mit  Glück  versucht  ist. 

Das  einzige  Gebäude,  welches  noch  aus  der  Zeit  der  Republik  un- 
verändert geblieben,  ist  der  Carcer.  Die  unregelmässige  Form  dieses  Ge- 
bäudes rührt  davon  her,  dass  es  an  der  Ecke  zweier  spitzwinklig  sich 
treflfender  Strassen  oder  Plätze  lag.  Die  Südseite  hat  dieselbe  Orientierung 
wie  der  Tempel  der  Concordia;  es  ist  anzunehmen,  dass  die  Ostseite  die 
Orientierung  des  Comitiums  hat,  über  dem  er  lag.  Hiermit  steht  im  Ein- 
klang, dass  die  südlich  an  das  Forum  Julium  sich  anschliessenden  Ta- 
bernen  eine  unregelmässige,  aber  zu  der  Front  des  Carcers  etwa  einen 
rechten  Winkel  bildende  Linie  zeigen,  die  nur  davon  herkommen  kann,  dass 
ihrer  regelmässigen  Ausbildung  ein  Gebäude  im  Wege  stand,  das  auch 
nach  Niederlegung  der  Gebäude  des  Comitiums  und  nach  dem  Neubau 
der  Curie  bestehen  blieb.  Dies  kann  wohl  nur  der  an  Stelle  der  alten 
Curie  errichtete  Tempel  der  Felicitas  sein.  Nun  ist  ferner  bemerkenswert, 
dass  die  Ostfront  des  Carcers  fast  direkt  von  Norden  nach  Süden  geht, 
sie  weicht  nur  um  3^/8  Grad  vom  Meridian  ab.  Die  alte  Curie  aber  war 
aller  Wahrscheinlichkeit  nach  ebenfalls  nach  Süden  orientiert,  wie  aus 
der  Stelle  des  Plinius  N.  H.  VII  212  sich  ergibt,  wonach  von  der  Curie 
(entweder  vom  Eingang  oder  vom  Dache)  aus  der  Mittagsstand  der  Sonne 
beobachtet  wurde.  Nimmt  man  dazu,  dass  die  Ausdehnung  des  Comitiums 
nach  Osten  durch  das  Argiletum  und  die  Cloaca  maxima,  die  zur  Zeit 
der  Anlegung  des  Comitiums  noch  ein  oflfener  Wasserlauf  war  ^)  und  nach 


^)  Daher  ob  in  der  Parabase  des  Gurculio  1  ibi  ostentatores  meru   Den  Text  der  Parabase 
y,^lQ\iei&ai:  inmedio{foro)propter  canalem   \   siehe  lY.  Anhang,  die  Cloaca  m.  Taf.  IIB. 
Handbuch  der  klass.  Alteriumswiasenfichaft.  III,  3,  \i.  2.  Aufl.  7 


98 


B.  Topographie  von  Bom. 


Süden  zu  durch  die  Nordgrenze  des  Forums  bestimmt  ist,  so  ergibt  sich, 
dass  das  Comitium  ein  nach  den  vier  Himmelsgegenden  orientiertes  Tem- 
plum  war;  an  der  Südseite  lagen  neben  einander  die  Rostra  (vgl.  p.  81), 
und  rechts  davon,  von  der  Curie  aus  gesehen,  die  Graecostasis,  der  den 
fremden  Gesandten  angewiesene  Platz  (vgl.  p.  79).  Varro  LL.  V  155:  sub 
dextra  huius  a  comitio  locus  substrucfus,  ubi  nationum  subsisterent  legati,  qui 
ad  senatum  essent  missi.  Is  Graecostasis  appellatus  a  parte  ut  muüa.^)  Ober- 
halb der  Graecostasis  lag  das  Senaculum.  Varro  a.  a.  0.  Senaculum  supra 
Graecostasim,  ubi  aedis  et  basilica  Opimia.  Senaculum  vocatum,  ubi  senatus 
aut  ubi  seniores  consisterent.  Danach  scheint  das  Senaculum  der  über  dem 
Comitium  aufragende  Abhang  des  Kapitels  vor  der  Aedes  Concordiae  und 
der  Basilica  Opimia  gewesen  zu  sein,  so  dass  das  auf  dem  Comitium  ver- 
sammelte Volk  ausser  dem  auf  den  Rostra  befindlichen  Redner  die  fremden 
Gesandten  und  den  Senat  vor  sich  hatte.  Ein  locus  subsiructus,  wie  die 
Graecostasis  war,  scheint  demnach  das  an  und  für  sich  hoch  gelegene 
Senaculum  nicht  gewesen  zu  sein. 

Die  Curie  lag  an  der  Nordseite  des  Comitiums  mit  der  Front  nach 
Süden.  Über  ihre  ursprüngliche  Gestaltung  wissen  wir  nichts,  namentlich 
darüber  nichts,  ob  sie  schon  gleich  der  Caesarischen  mit  einem  Secretarium 
senatus  und  entsprechenden  Nebenräumen  verbunden  war.  Faustus  Sulla 
scheint  sie  beim  Umbau  auch  vergrössert  zu  haben,  da  er  die  Statuen 
des  Pythagor^s  und  Alcibiades,  die  sich  bis  dahin  in  cornibus  curiae  (Plin. 
N.  H.  XXXIV  26;  zu  dem  Ausdruck  vgl.  Tac.  ann.  I  75)  befunden  hatten, 
entfernte.  In  unmittelbarer  Nähe  der  Curie  erbaute  Cato  die  erste  Ba- 
silica, die  Basilica  Porcia.  Ihre  Lage  wird  ziemlich  genau  bestimmt  durch 
Livius  XXXIX  44:  Cato  atria  duo  Maenianum  et  Titi$im  in  lautumiis  et 
quattuor  tabemas  in  publicum  emit  basilicamque  ibi  fecit,  quae  Porcia  appel- 
lata  est  und  Ascon.  ad  Milon.  p.  29:  quo  igne  et  ipsa  curia  conflagravit,  et 
item  Porda  basilica,  quae  ei  erat  iuncta,  ambusta  est.  Die  Lage  der  Lau- 
tumiae  nördlich  vom  Carcer  am  Fusse  des  Kapitels  (vgl.  p.  41)  ist  be- 
kannt; die  quattuor  tabernae  werden  wir  uns  am  Comitium  selbst  zu 
denken  haben,  das  doch  wohl,  wie  auch  ursprünglich  das  Forum,  von 
Tabemen  umgeben  war.  Aber  über  eine  allgemeine  Ansetzung  der  Ba- 
silica in  möglichst  unmittelbarer  Nähe  der  Curie  —  denn  das  heisst 
iunda  —  und  jedenfalls  mit  der  Front  nach  dem  Comitium  kommen  wir 
nicht  hinaus.  —  In  der  Nähe  der  Basilica  Porcia  befanden  sich  die  Sub- 
sellia  tribunorum.  Plutarch  Cato  min.  5  i;  d^  xaXovfiävrj  IIoQxia  ßaaiXixt] 
TifArjTixov  r]V  dväd-tjfxa  rov  naXaiov  Kdeviavog.  Elcod-oveg  ovv  ixet  xpij/ior/f«*»' 
Ol  drjixoQXOi  xal  xiovog  Totg  dig>Qoig  sfinodcov  €ivai  doxovvTog  iy^coifav  vg>€3L€tv 
avvov  ^'  ix^xacTtjcai.    Die  hier  genannte  Säule  ist  die  columna  Maenia,*) 


^)  Ueber  den  Verbleib  der  Graecostasis 
in  späterer  Zeit  steht  nichts  fest.  Vielleicht 
wurde  sie  bei  Neuregulierung  des  Comitiums 
und  Verlegung  der  Rednerbühne  ebenfalls 
verlegt.  Der  Name,  aber  nicht  die  Abbildung 
ist  auf  einem  Fragment  des  Kapitolinischen 
Planes  erhalten  (F.  U.  III  19).  Vgl.  O.Rich- 
TEB,   Gesch.  und  Rekonstr.  der  Römischen 


Rednerbühne  p.  40—42.  Vita  Anton.  Pii  9, 2: 
Graecostadium  po8t  incendium  restUutum,  Da- 
nach scheint  die  Graecostasis  ein  immerhin 
nicht  unbedeutender  Bau,  vielleicht  fthnlich 
der  Rednerbühne,  gewesen  zu  sein. 

*)  Vgl.  oben  p.  84  und  Detlefsbn,  De 
comitio  Romano,  Ann.  d.  Inst.  1860  p.  144. 


6.  Dm  Zentrom  Borns,    a.  Das  Forum.    (§  28.) 


99 


von  der  es  bei  Pseudoascon.  zur  Div.  in  Gaecil.  16  p.  120  Or.  heisst:  MoB" 
nius  cum  domum  suam  venderet  Catoni  et  Flacco  censoribus,  ut  ibi  basüica 
aedificaretur^  exceperat  sibi  ius  unius  columnae,  supra  quam  tectum  proiceret 
ex  provolantibus  tabulatis,  unde  ipse  et  posteri  eius  spectare  munus  gladia- 
torium  possent^  quod  etiamtum  in  foro  dabatur.  Die  Nachricht  ist  höchst 
unwahrscheinlich,  zumal  Plin.  N.  H.  XXXIV  20  die  Columna  Maenia  unter 
den  ältesten  Ehrensäulen  in  der  Stadt  aufzählt;  diese  sei  C,  Maenio,  qui 
devicerat  priscos  Latinos,  also  338  v.  Chr.  errichtet;  sie  hat  aber  insofern 
topographischen  Wert,  als  die  auch  durch  Plutarch  bezeugte  Stellung  der 
Säule  in  der  Nähe  der  Basilica  Porcia  dadurch  erklärt  werden  soll  (vgl. 
Cicero  pro  Sestio  8,  18  und  58,  124).  Die  Beziehung  zu  dem  ganz  in 
der  Nähe  gelegenen  Carcer  geht  aus  Pseudoasconius  zu  Div.  in  Caec.  16 
p.  121  Or.  hervor,  wo  es  heisst:  fures  et  servi  nequam,  qui  apud  triumviroa 
capitales  apud  columnam  Maeniam  puniri  söhnt.  In  direkter  Beziehung 
zum  Carcer  wird  die  Columna  Maenia  auch  in  der  schon  oben  erwähnten 
Stelle  bei  Plin.  N.  H.  YII  212  über  die  Beobachtung  des  Sonnenstandes 
gesetzt.  Es  heisst  dort:  (accensus  consulum)  a  columna  Maenia  ad  car- 
cerem  inclinato  sidere  supremam  pronuntiavit,  sed  hoc  serenis  tantum  diebus 
usque  ad  primum  Punicum  bellum.^)  —  An  der  Aussenseite  der  Curie  war 
die  Tabula  Valeria  angebracht.  Plin.  N.  H.  XXXV  22:  Dignatio  autem 
praecipua  Romae  increvU,  ut  existimo,  a  M.  Valerio  Maximo  Messala,  qui  prin- 
ceps  tabulam  pictam  proelii,  quo  Carthaginienses  et  Hieronem  in  Sicilia  vicerat, 
proposuit  in  latere  Curiae  Hostiliae  anno  ab  urbe  condita  CCCCLXXXX. 
Da  Cicero  in  Vatin.  9,  21  sie  noch  erwähnt,  so  muss  sie  den  sullanischen 
Umbau  überdauert  haben.*)  Durch  die  Tabula  Valeria  wird  mehrere  Male 
der  Ort,  an  dem  die  Tribunen  sich  aufhielten,  bezeichnet,  so  z.  B.  in  der 
oben  angeführten  Stelle  Ciceros:  cum  tu  consulem  in  vincula  duceres  et  ab 
tabula  Valeria  coUegae  tui  mitti  iuberent.  Aus  allen  diesen  Stellen  ergibt 
sich  ein  enger  topographischer  Zusammenhang  zwischen  der  Curie,  der 
Tabula  Valeria,  der  Basilica  Porcia,  der  Columna  Maenia^  dem  Carcer  und 
den  Subsellia  tribunorum.^) 

Auf  dem  Comitium  stand  vor  der  Curie  zur  Zeit  des  Augustus  und 
noch  länger,   der  heilige  Feigenbaum,   der  in   wunderbarer  Weise 


*)  H Olsen  hat  diese  vielgeplagte  Stelle 
noch  einmal  einer  Besprechung  unterworfen 
Rom.  Mitt.  1898  p.  90  f.  Er  meint,  Plinius 
habe  seine  Quelle  nachlässig  exzerpiert,  da 
die  euprema  nicht  in  gleicher  Weise  astro- 
nomisch festliege,  wie  der  tneridies^  also 
nicht  das  ganze  Jahr  hindurch  durch  die- 
selben Fixpunkte  bestimmt  werden  könne. 
Auch  der  Begriff  der  suprema  steht  nicht 
fest.  Mit  dem  occmus  solis  ist  sie  nicht 
gleich  zu  setzen,  denn  von  ihm  war  in  der 
Pliniusstelle  schon  vorher  die  Rede.  Viel- 
mehr zeigt  der  Zusatz  sed  hoc  serenis  tan- 
tum diebus,  dass  die  suprema  eintrat,  wäh- 
rend die  Sonne  noch  hoch  am  Himmel  stand. 
Die  Verschiedenheit  von  occasus  solis  und 
suprema  lehrt  auch  Varro  LL.  VI  5. 

')  Üeber  Schwierigkeiten,  die  bei  dieser 


Ansicht  entstehen,  vgl.  HOlsen,  Mitt.  d.  Inst. 
1893  p.  93. 

')  Das  Geschichtchen  bei  Sueton,  Divus 
Julius  77:  Idque  factum  eius  tanto  intolera- 
bilius  est  visum,  quod  ipse  triumphanti  et 
subsellia  tribunicia  praetervehenti  sibi  unum 
e  collegio  Pontium  Aquilam  non  adsurrexisse 
adeo  indignatus  sit,  ut  proclamaverit  Repete 
ergo  a  me,  Aquila,  rem  publicam  tribunus 
ist  freilich  bei  dieser  Lage  der  Tribunensitze 
nicht  gut  zu  erklären.  Jordan  bemerkt  Top. 
I  2  p.  307  Anm.  136  richtig:  Die  Triumphe 
Cäsars  fallen  in  die  Jahre  708-710,  d.  h. 
in  die  Zeit,  als  man  mit  der  Umsiedlung  der 
Rostra  und  dem  Neubau  der  Curie  beschäf- 
tigt war.  Wer  möchte  sagen,  wo  damals 
während  des  Triumphzuges  die  subsellia 
standen? 


100  B-  Topographie  von  Born. 

durch  den  Augur  Attas  Navius  vom  Palatin  auf  das  Gomitium  versetzt 
worden  war.  Er  wurde,  wenn  er,  wie  z.  B.  im  Jahre  58  n.  Chr. 
(Tac.  ann.  XIII  58),  verdorrte,  durch  einen  andern  ersetzt  (Plin.  N.  fl. 
XV  77).  In  der  Nähe  {nXrfliov  Trjg  tegag  avxfjg  Dionys.  III  71)  stand 
die  Statue  des  Attus  Navius,  im  Jahre  52  v.  Chr.  beim  Brande  der 
Curie  untergegangen  (Plin,  N.  H.  XXXIV  21),  und  ein  Puteal,  d.  h. 
die  einer  Brunneneinfassung  ähnliche  Umfriedigung  einer  durch  den  Blitz 
getroffenen  Stelle.  Hier  sollten  der  Wetzstein  und  das  Schermesser 
des  Attus  Navius  vergraben  sein  (Cic.  de  div.  I  17,  33;  Dionys.  a.  a.  0.). 
Daselbst  befand  sich  auch  das  Bild  der  säugenden  Wölfin^)  (Liv.  X  23, 
Plin.  N.  H.  XV  77).  Noch  von  anderen  Altertümern  auf  dem  Comi- 
tium  hören  wir;  doch  sind  dieselben  teils  beim  Neubau  der  Curie  durch 
Sulla  schon  entfernt  worden,  teils  sind  sie  bei  der  Neugestaltung  des 
Comitiums  verschwunden.  Dahin  gehören  die  Statuen  des  Horatius  Codes 
(Liv.  n  10,  Dionys.  V  25),  des  Hermodorus  (Plin.  N.  H.  XXXIV  26),  des 
Pythagoras  und  Alkibiades,  femer  ein  schwarzer  Stein  und  ein  steinerner 
Löwe,  von  welchen  ersterer  für  das  Grab  des  Romulus,  letzterer  für  das 
des  Faustulus  gehalten  wurde. 

29.  Die  Area  des  Forums.  Die  travertingetäfelte  Area  des  Forums 
ist,  wie  sie  jetzt  zu  Tage  liegt,  im  Süden  wie  im  Norden  von  Strassen 
begrenzt  und  ausserdem  von  einer  parallel  der  Front  des  Caesartempels 
laufenden  Strasse  durchschnitten.  Dies  ist  nicht  der  ursprüngliche  Zustand. 
Ursprünglich,  d.  h.  bis  zu  dem  Zeitpunkte,  wo  Augustus  den  Tempel  des 
Divus  Julius  auf  die  Area  des  Forums  setzte,  lief  nur  eine  Fahrstrasse  über 
dasselbe,  die  die  Area  an  der  Südseite  begrenzende  Sacra  via.  Sie  trat 
zwischen  der  Regia  und  dem  Faustinatempel  durch  den  Fabierbogen  auf 
das  Forum  und  lief  längs  der  Fronten  der  Regia,  des  Castortempels  und 
der  Basilica  Julia  auf  den  Saturnstempel  zu.  Von  hier  begann  sie  als 
Clivus  Capitolinus  in  Windungen  zum  Capitolium  emporzusteigen.  Es  ist 
sicher,  dass  dieser  Zustand  schon  bei  Anlegung  des  Caesartempels  ge- 
ändert wurde,  indem  man  die  heilige  Strasse,  die  unmittelbar  nach  ihi*em 
Eintritt  in  das  Forum  durch  den  Fabierbogen  sich  im  rechten  Winkel 
nach  Süden  wendete,  bei  der  Anlage  des  Caesartempels  überbaute  und 
dafür  die  jetzt  parallel  mit  der  Front  dieses  Tempels  die  Aiea  des  Forums 
durchschneidende  Strasse  anlegte,  also  die  Area  des  Forums  erheblich  ver- 
kleinerte. Dafür  spricht  auch,  dass  zwischen  dem  Caesartempel  und  der 
Regia  kein  hinreichender  Raum  für  eine  Strasse  ist.  Die  dort  noch  nach- 
weisbare Umfassungsmauer  des  Vestatemenos  tritt  mit  ihrer  Nordwest- 
ecke ziemlich  dicht  an  die  Südostecke  des  Caesartempels.  Späteren 
Ursprungs  ist  die  die  Forumsarea  im  Norden  begrenzende  Strasse,  so 
wie  sie  jetzt  zu  Tage  liegt.  Denn  es  ist  sicher,  dass  das  Comitium  un- 
mittelbar, nicht  getrennt  durch  eine  Strasse,  an  das  Forum  stiess,  viel- 
mehr stand  in  republikanischer  Zeit  auf  der  Grenze  beider  der  lange 
Suggestus  der  Rednerbühne  (vgl.  p.  81).    Es  ist  ferner  sicher,  dass  zur 


^)  Vgl.  Ublichs,  De  lupa  ahenea  Capito-  1  De  arte  Rom.  ant.  II  p.  5  ff.   Stbtbnson,  Ann. 
lina,Rhein.Miis.N.F.lV,p.ol9ff.  Detlefsen,  |  d.  Inst.  1877,  p.  375. 


5.  Das  Zentrum  Borna,  a.  Das  Forum.  (§  29.)  101 

Zeit  des  Augustus  die  Area  des  Forums  breiter  war,  als  sie  jetzt  ist.  Als 
man  nämlich  die  neue  Rednerbühne  mit  ihrer  24  m  =  80  römische  Fuss 
betragenden  Front  an  der  westlichen  Schmalseite  des  Marktes  errichtete, 
hat  man  sie  ohne  Zweifel  so  angelegt,  dass  sie  in  der  Mitte  zwischen 
dem  Süd-  und  Nordrande  der  Area  lag.  Jetzt  aber  ist  sie  vom  Südrande 
14  m,  vom  Nordrande  kaum  7  m  entfernt.  Die  Area  ist  also  im  Norden 
gerade  um  die  Breite  der  Strasse  verschmälert  worden.  Dagegen  ist  an- 
zunehmen, dass  vor  der  Basilica  Aemilia  eine  Strasse  herlief.  Die  wich- 
tige, zwischen  der  Curie  und  der  Basilica  Aemilia  aufs  Forum  mündende 
Strasse,  das  Argiletum,  musste  füglich  mit  der  Sacra  via  in  Verbindung 
stehen.  Diese  Verbindung  ergab  sich  naturgemäss  durch  die  angegebene 
Strasse,  die  von  dem  Endpunkt  des  Argiletums  bis  zum  Fabierbogen  ging. 
Über  dieser  Strasse  stand  der  von  uns  an  der  Nordseite  der  Aedes  Divi 
Juli  angenommene  Augustusbogen.  Wegen  der  Benennung  dieser  Strasse 
als  .Tanusstrasse  s.  unten  p.  106  f.  —  Das  Pflaster  von  Travertinplatten, 
welches  jetzt  noch  auf  der  Area  des  Forums  liegt,  stammt  natürlich  aus 
der  spätesten  Zeit  des  Altertums.  Merkwürdig  und  nicht  erklärt  ist  eine 
darauf  eingeritzte,  geradlinige  Figur  von  grossen  Dimensionen.  Vgl.  den 
Plan.  An  mehreren  Stellen  sieht  man  auch  Reste  älterer  Pflasterungen, 
so  z.  B.  beim  Caesartempel,  unter  demselben  liegen;  doch  ist  die  Niveau- 
dififerenz  nicht  erheblich.  Längs  der  die  Area  einsäumenden  Strassen  liegen 
erhöhte  Bordschwellen  (crepidines),  in  denen  sich  in  Abständen  von  2 — 3 
röm.  Fuss  (0,60—0,80  m)  quadratische  Löcher  befinden,  wie  sie  sich  auch 
in  Pompei  gefunden  haben.  Sie  dienten  entweder  zum  Aufrichten  von 
Schranken  oder  von  Stangen,  an  denen  Velarien  befestigt  wurden.  Plin. 
N.  H.  XIX  23,  24  Caesar  dictator  totum  forum  Romanum  intexit ....  Deinde 
et  sine  ludis  Marcellus  ....  velis  forum  adumbravü.  Das  Lavapflaster  der 
über  das  Forum  laufenden  Strassen  ist  erst  nach  der  Aufdeckung  durch 
teilweise  Neupflasterung  in  den  heutigen  Zustand  versetzt.  —  Über  die 
Niveauverhältnisse  des  Forums  vgl.  Jokdan  Top.  I,  2  p.  166  flf.  Danach 
liegt  der  niedrigste  Punkt  beim  Castortempel,  nach  Osten  und  Westen 
steigt  das  Niveau.  Übrigens  bezeichnet  auch  die  das  Forum  westlich  vom 
Castortempel  schneidende  Cloaca  maxima  (vgl.  den  Forumsplan  Taf.  10  und 
Taf.  IIB)  die  niedrigste  Stelle  zwischen  Kapitel  und  Palatin.  Die  Länge 
der  Area  des  Forums  betrug,  gerechnet  von  der  Substruktionsmauer,  an 
welche  die  Rednerbühne  angebaut  ist,  bis  zur  Front  der  Regia  154  m,  die 
Breite  bei  den  Rostra  (nach  der  obigen  Berechnung  14  +  24  +  14  m)  52  m. 
Ob  die  Area  ein  Rechteck  gebildet  hat,  ist  vor  Freilegung  der  Nordseite 
nicht  endgültig  zu  entscheiden;  doch  scheint  es  nicht  so,  da  die  Redner- 
bühne sonst  wohl  mit  dem  Südrande  der  Area  einen  rechten  Winkel  bilden 
würde.  Auch  ist  die  von  dem  Südrande  der  Area  abweichende  Orientie- 
rung des  Caesartempels,  des  Augustusbogens  und  des  umgebenden  Pflasters 
(womit  die  Orientierung  des  Faustinatempels  übereinstimmt)  wohl  durch 
die  uns  bis  jetzt  unbekannte  Nordlinie  des  Forums  bedingt.  Durch  die 
Anlage  der  Strasse  vor  der  Front  des  Caesartempels  ist  die  Area  in  der 
Länge  bis  auf  100  m  verkleinert  worden,  durch  die  Anlage  der  Nord- 
strasse in  der  Breite  bis  auf  45  m. 


102 


B.  Topographie  von  Born. 


80.  Bauten  auf  der  Area.  Von  den  auf  der  Area  des  Forums  er- 
richteten Oebäuden  ist  das  wichtigste  der  Janustempel,  ein  kleines, 
gerade  nur  für  die  Aufnahme  des  zweigesichtigen,  nach  Ost  und  West 
schauenden  Janusbildes,  des  Janus  Geminus,^)  ausreichendes  Heiligtum. 
Nach  einer  Abbildung  aus  der  Zeit  des  Nero  (Cohen,  Nero  Taf.  XI  N.  153. 
161.  178.  183)  bestand  er  aus  zwei  durch  Seitenwände  verbundenen  Bogen, 
deren  Öffnungen  nach  Ost  und  West  gerichtet  waren,  hatte  also  die  Form 
eines  antiken  Stadtthores,  daher  er  auch  von  der  Sage  als  solches  behandelt 
und  von  Varro  (LL.  V  165)  unter  den  innerhalb  der  Stadt  befindlichen  ehe- 
maligen Thoren  aufgeführt  wird  (vgl.  p.  38  Anm.  1  und  Taf.  5b).  Unzweifel- 
haft war  er  uralt  und  hat  nachweislich  bis  in  die  sinkende  Zeit  des  Beiches 
bestanden.  Noch  Prokop  (Goth.  I  25)  erwähnt  und  beschreibt  ihn.  Er  wird 
auch  belli  portae  genannt,  weil  durch  das  Öffnen  der  Thorflügel  der  Krieg, 
durch  ihr  Schliessen  der  Friede  angezeigt  wurde,  ein  Gebrauch,  dessen 
Entstehung  und  Sinn  nicht  mit  Sicherheit  nachgewiesen  werden  kann.  Ge- 
schlossen wurde  er  zum  erstenmal  unter  der  Regierung  des  Numa,  zum 
zweitenmal  nach  Beendigung  des  ersten  punischen  Krieges  im  Jahre  235. 
Augustus  schloss  ihn  dreimal,  zuerst  nach  der  Schlacht  bei  Actium  im 
Jahre  30  v.  Chr.,^)  dann  nach  Beendigung  des  Gantabrerkrieges  im  Jahre 
25  v.  Chr.,  endlich  (wahrscheinlich)  nach  Beendigung  der  germanischen 
Kriege  des  Drusus  und  Tiberius  im  Jahre  1  v.  Chr.  (vgl.  Res  gestae  D.  A. 
ed.  MoMMSBN^  p.  50,  51).  Auch  Nero  u.  a.  schloss  ihn.  —  Die  leider  nicht 
allzu  bestimmt  lautenden  Nachrichten  über  seine  Lage  geben  an,  dass  er 
am  Forum  an  der  Stelle  gestanden  habe,  wo  das.Argiletum,  die  von  der 
Subura  herkommende,  durch  die  Anlage  der  Kaiserfora  aber  in  ihrem 
unteren  Teile  verschwundene  Strasse,  in  dasselbe  einmündete  (Liv.  I  19,  2 
ad  infimum  Argüetum,  Mart.  X  28,  3  ff.),  also  zwischen  der  Curie  und  der 
Basilica  Aemilia.  Nach  anderen  Nachrichten  stand  er  vor  der  Curie 
(Prokop  Goth.  I  25),  oder  vor  der  Thür  der  Curie  (Dio  Cass.  LXXIII  13). 
Andrerseits  heisst  es  bei  Ovid.  Fast.  I  258,  er  habe  auf  der  Grenze  zweier 
Fora  (also  zwischen  dem  grossen  und  dem  Forum  Julium)  gestanden.  Im 
allgemeinen  ist  seine  Lage  an  der  Nordseite  des  Forums  bei  der  Curie 
dadurch  bestimmt.  3)  . 

An  der  Stelle,  wo  die  grosse  Kloake  in  die  Area  des  Forums  ein- 
trat, stand  ein  Heiligtum  der  Venus  Cloacina  (Liv.  III  48,  Plin.  N.  H. 
XV  119).  Darstellung  auf  einer  Münze  aus  dem  Jahre  49  v.  Chr.  (Cohen, 
Mon.  de  la  r^p.  Taf.  XXIX,  Mussidia  5.  6).  Das  Cloacinae  sacrum  wird 
in  der  Parabase  des  Curculio  v.  471  erwähnt  (vgl.  Hülsen,  Rom.  Mitt.  1893 
p.  284). 

Mitten  auf  der  Area  des  Forums  befand  sich  der  Lacus  Curtius. 


»)  über  das  Göfcterbüd  Plinius  N.  H. 
XXXIV  33  und  Prokop.  Goth.  I  25.  Danach 
war  es  4,7  m  hoch.  Vgl.  Dbtlefsen,  De  arte 
Rom.  ant.  I  p.  21. 

')  Liv.  I  19.  Bis  deinde  post  Numae 
regnum  clausus  fuity  semel  T.  Manlio  con- 
sule  post  Punicum  primum  perfectum  bellum, 
iterum,  jMod  nostrae  (utati  dii  dederunt  ut 


videremus,  post  beUum  Actiaeum  ab  Impera- 
tor e  Caesar  e  Augusto  pace  terra  marique  parta, 
')  Vgl.  Chr.  Hülsen,  Sopra  un  edifizio 
antico  giä  esistente  presso  la  chiesa  di  S. 
Adriano  al  foro  Romano.  Ann.  d.  Inst.  1885, 
p.  323  ff.,  wo  diese  Frage  ausfOhrlich  behan- 
delt ist. 


5.  Das  Zentrnm  Roma.    a.  Daa  Forum.  (§  30.)  103 

Die  di*eifache  Überlieferung  über  die  Entstehung  des  Namens,  von  dem 
Ritter  Curtius,  der  sich  in  den  plötzlich  entstandenen  Erdspalt  stürzt 
(Liv.  VII  6),  von  dem  Sabiner  Curtius,  der  sich  dorthin  vor  dem  an- 
drängenden Romulus  zurückgezogen  hatte  (Liv.  I  13,  Dionys.  11  42),  und 
dem  Konsul  Curtius,  der  den  vom  Blitze  getroffenen  Ort  eingehegt  habe, 
steht  bei  Varro  LL.  V  148 — 150.  Zur  Zeit  des  Augustus  war  er  nichts 
anderes  als  ein  trockenes  Puteal.  Damals  pflegten  die  Römer  in  dasselbe 
alljährlich  eine  Geldspende  „ex  voto*"  für  das  Wohlergehen  des  Augustus 
zu  werfen  (Suet.  Aug.  57).  Aber  es  muss  an  dessen  Stelle  ehedem  ein 
Brunnen  gewesen  sein  (Ovid.  Fast.  VI  403),  denn  das  bedeutet  lacus.  Wann 
er  zugeschüttet  wurde,  ist  nicht  bekannt.  Neben  diesem  Lacus  Curtius 
wurde  im  Jahre  69  n.  Chr.  Oalba  ermordet  (Tac.  bist.  1 41,  Suet.  Galba  20).  — 
Ebenfalls  auf  der  Area  des  Forums  standen  einst  nebeneinander  ein  Feigen- 
baum, ein  Ölbaum  und  ein  Weinstock.  Ein  von  denselben  beschatteter 
Altar  war  bei  den  letzten  Oladiatorenspielen,  welche  Caesar  gab,  entfernt 
worden  (PUn.  N.  H.  XV  78). 

Ein  drittes  Puteal,  ebenfalls  an  einer  vom  Blitze  getroffenen  Stelle 
errichtet,  war  das  Puteal  Libonis  (bei  Cicero  pro  Sestio  18  einfach  Pu- 
teal), auch  Scribonianum  genannt  (Fest.  p.  333)^),  zwischen  dem  Castor- 
und  Vestatempel.  Noch  zur  Zeit  des  Augustus  befand  sich  in  der  Nähe 
desselben  das  prätorische  Tribunal,  welches  ursprünglich  auf  dem 
Comitium  gewesen  war  (Liv.  XXVII  50)  und  im  2.  Jahrb.  Vi  Chr.  hierher 
verlegt  wurde.  Die  genauere  Stelle  desselben  ist  nicht  mehr  zu  ermitteln, 
ebensowenig  können  wir  die  Stelle  angeben,  wo  die  Statue  des  Marsyas 
gestanden  hat.  Dieselbe  war  noch  bis  mindestens  in  die  Zeiten  Hadrians 
auf  dem  Forum.  Auf  den  Rostrabalustraden  (vgl.  Taf.  8)  ist  sie  unter  einem 
Feigenbaum  stehend  an  dem  den  Rostra  gegenüberliegenden  Ende  des 
Marktes  dargestellt.')  Die  topographische  Zusammengehörigkeit  des  Tri- 
bunal, des  Puteal  Libonis  und  des  Marsyas  ist  sicher.  Ersteres  wird  oft 
genug  durch  die  beiden  andern  bezeichnet,  so  z.  B.  von  Horaz  sat.  I  6, 120, 
wo  er  sein  Erscheinen  vor  Gericht  zum  Zwecke  einer  Bürgschaft  mit  den 
Worten:  obeundus  Marsya  ausdrückt;  ferner  ep.  I  19,  8  und  sat.  II  6,  35, 
wo  das  Puteal  Libonis  in  gleicher  Weise  als  Bezeichnung  der  Qerichts- 
stätte  dient;  damals  scheinen  hier  namentlich  oder  ausschliesslich  CivU- 
prozesse  verhandelt  worden  zu  sein.  Für  die  zahlreichen  Schwurgerichts- 
verhandlungen müssen  an  verschiedenen  Stellen  des  Forums  Tribunale  er- 
richtet worden  sein.  Eins  davon,  das  Tribunal  Aurelium,  wird  von  Cicero 
pro  Sestio  34,  in  Pisonem  11,  de  domo  54  erwähnt;  in  gleicher  Bedeutung 
nennt  er  pro  Cluentio  93  die  gradus  Aurelii,  die  zu  dem  Tribunal  füh- 
renden Stufen.  Von  allen  diesen  Tribunalen  ist  selbstverständlich  keine 
Spur  mehr  auf  dem  Forum  zu  finden.     Seit  Erbauung  der  grossen  Basi- 


^)  Der  Steinring  neben  dem  Gastortempel, 
den  noch  Jobdan,  Top.  I,  2.  403  für  dieses 
Puteal  hielt,  hat  sich  bei  den  von  mir  im 
März  und  April   1888  angestellten  Ansgra- 


möglicherweise  vom  Augustosbogen  stammen, 
herausgestellt. 

2)  Vgl.  Jordan,  Marsyas  auf  dem  Forum 
in  Rom,  1883;  Petersen,  Die  Relief  schranken 


bungen    als    ein    auf   dem   modernen   Aus-  l  auf  dem  Römischen  Forum,  Rom.  Mitt.  1898, 
grabungsschutt  liegender  Bau  aus  Steinen,  die  |  p.  326. 


104  B.  Topographie  von  Born. 

liken  und  noch  mehr  seit  Anlage  der  Eaiserfora  hört  die  Rechtsprechung 
auf  dem  Markte  auf. 

31.  Ehrendenkmäler  auf  der  Area.  Eine  Hauptgattung  von  Bauten 
auf  der  Area  bilden  die  Ehrendenkmäler.  Schon  oben  p.  81  waren  die 
bei  den  Rostra  befindlichen  Denkmäler  etc.  aufgeführt;  in  gleicherweise 
waren  auch  andere  Teile  der  Area,  namentlich  die  Ränder  der  die  Area 
begrenzenden  Strassen,  der  Sacra  via  und  der  nach  Errichtung  des  Severus- 
bogens  angelegten  Nordstrasse  mit  zahlreichen  Säulen,  Statuen  etc.  ge- 
schmückt. Nur  selten  freilich  und  zufällig  erfahren  wir  durch  die  Schrift- 
steller von  bestimmten  Statuen.  So  wissen  wir  z.  B.  durch  Cicero  Phil. 
VI  13  von  Statuen  des  L.  Antonius  und  des  Q.  Tremulus,  letztere  vor  dem 
Tempel  des  Castor  (Plin.  N.  H.  XXXIV  23;  p.  86  Anm.  2).  Die  noch  er- 
haltenen Reste  gehören  fast  alle  der  letzten  Zeit  des  Reiches  an.  Auch  von 
den  datierbaren  Inschriften  geht  kaum  ein  Viertel  über  die  Zeit  der  4^*" 
tonine  hinaus,  i)  Nichtsdestoweniger  ist  die  Sitte,  Statuen  um  das  Forum 
herum  zu  setzen,  schon  in  republikanischer  Zeit  nachweisbar.  Hier  ist 
offenbar  jedes  Jahrhundert  der  Feind  des  vorangegangenen  gewesen  und 
die  Beute  des  folgenden  geworden,  und  namentlich  hat  man  wohl  in  der 
Kaiserzeit  aus  politischen  wie  aus  künstlerischen  Gründen  erst  die  repu- 
blikanischen, dann  die  Denkmäler  früherer  Kaisergeschlechter  allmählich 
vom  Forum  entfernt.  Einen  ganz  neuen  Schmuck  erhielt  die  Stadt  und 
mit  ihr  auch  das  Forum  noch  einmal  in  der  allerletzten  Zeit  des  Alter- 
tums. Als  im  Jahre  394  n.  Chr.  die  heidnischen  Tempel  für  immer  ge- 
schlossen wurden,  wanderten  die  Statuen  der  Götter  von  ihren  Altären 
in  die  öffentlichen  Gebäude  und  auf  die  Plätze.  De  Rossi,  Bull.  Christ. 
1865  p.  5,  Bull.  com.  1874  p.  174.  CIL.  VI  1,  1651—72.  —  Erhalten  sind 
von  Ehrendenkmälem:  1.  Sieben  grosse  Backstein postamente  in  Würfelform 
längs  der  Front  der  Basilica  Julia,  die  nach  Ausweis  von  Ziegelstempeln 
aus  der  Zeit  Diocletians  stammen.  Sie  waren  ehedem  mit  Marmor  be- 
kleidet und  bestimmt,  Ehrensäulen  zu  tragen,  von  denen  Fragmente  sich 
noch  in  der  Nähe  der  Basen  befinden.  —  2.  Die  Phokassäule  mitten  auf 
der  Area  des  Forums.  Nach  der  Inschrift  CIL.  VI,  1.  1200  ist  sie  im  Jahre 
608  n.  Chr.  zu  Ehren  des  oströmischen  Kaisers  Phokas  errichtet,  doch  ist 
viel  wahrscheinlicher,  dass  die  Säule  schon  vorher  stand  und  nur  die 
Bildsäule  des  Kaisers  darauf  gesetzt  wurde.  Das  sie  umgebende  Stufen- 
postament ist  aus  altem,  schon  anderwärts  gebrauchtem  Material  her- 
gerichtet und  mag  zur  Zeit  des  Phokas  erst  aufgeführt  sein.*)  —  8.  Reste 
von  Ehrendenkmälern  aus  ganz  später  Zeit  befinden  sich  auch  am  Nord- 
rande des  Forums,  darunter  die  beiden  ursprünglich  zu  der  Rednerbübne 
gehörigen  Marmorbalustraden,  die  in  der  rohen  Weise  der  spätesten  Zeit 
des  Altertums  zum  Bau  einer  Ehrenbasis  verwendet  waren,»)  fem  er  Denk- 
mäler aus  der  Zeit  des  Stilicho,  schon  aus  alten  Werkstücken  hergestellt, 
Ehrendenkmal  für  Honorius  und  Arcadius   wegen  des  Sieges   über   den 


*)  Vgl.  H.  JoRDAH,    Sylloge   inscr.  fori  |  Archaeologia  LU  (1890)  p.  183  ff.    Hülsen, 

Rom.  Eph.  epigr.  1877  p.  237  ff.  \  Rom.  Mitt.  1891  p.  88  ff. 

«)  Vgl.  F.  M.  NiCHOLs,   lieber  das  Alter  «)  0.  Richtkb,  Rednerbflline,  1884,  p.  62. 

der  Säule,  in  den  Mitt.  d.  Inst.  1888  p.  99  und  | 


S.  Das  Zentrum  Yon  Rom.  a.  Das  Forum.  (§  31.)  105 

afrikanischen  Rebellen  Oildo  (398  n.  Chr.)  u.  a.  Vgl.  Hülsen,  Rom.  Mitt. 
1895  p.  52.  —  4.  In  der  Mitte  der  Area  steht  der  Gusskern  einer  niedrigen 
Basis,  die  offenbar  bestimmt  war,  ein  Reiterstandbild  zu  tragen,  auch 
diese  aus  späterer  Zeit;  sie  ist  ohne  weitere  Fundamentierung  auf  das 
Travertinpflaster  des  Forums  aufgesetzt,  steht  aber  vermutlich  an  der- 
selben Stelle,  wo  schon  die  Statue  des  Domitian  (Stat.  silv.  I  1.  29)  ge- 
standen hat.  Lanciani  (Itiner.  Eins.  p.  21)  vermutet,  dass  hier  die  Statue 
Gonstantins  gestanden  haben  könne. 

Ein  ganz  besonderes  Gepräge  gaben  dem  Römischen  Forum  die  auf 
demselben  errichteten  Triumphbögen.  Als  ältestes  Eingangsthor  von 
Osten  her  haben  wir  oben  (p.  92)  den  Fabierbogen  kennen  gelernt.  Seit 
Beendigung  der  grossen  von  Cäsar  angebahnten  Umgestaltung  des  Forums 
waren  in  symmetrischer  Weise  die  vier  Ecken  des  Marktes  mit  Triumph- 
bögen besetzt  (p.  91  Anm.  4).  Zu  beiden  Seiten  der  Rednerbühne  standen 
die  Bogen  des  Tiberius  und  (vermutlich)  des  Drusus  (vgl.  0.  Richter,  Die 
Augustusbauten  auf  dem  Forum  Romanum,  Jahrb.  d.  Inst.  1889  p.  160). 
Der  Bogen  des  Drusus  ist  durch  den  Severusbogen  (vgl.  p.  83)  verdrängt 
worden,  von  dem  Bogen  des  Tiberius,  welcher  nach  Tacitus  ann.  II  41 
neben  dem  Tempel  des  Saturn  ob  recepta  signa  cum  Varo  omissa  ductu 
Germanici,  auspiciis  Tiberii  errichtet  wurde,  sind  dürftige  Reste  früher  an 
der  Nordwestecke  der  Basilica  Julia  zum  Vorschein  gekommen;  auch  In- 
schriftfragmente, die  zu  dem  Bogen  gehören  mögen,  sind  in  der  Nähe 
gefunden  (CIL.  VI  1.  906  nebst  add.).^)  Gegenüber  zu  beiden  Seiten  der 
Aedes  Di  vi  Juli  standen  die  beiden  Augustusbögen  (p.  91). 

Neben  den  Triumphbögen  erscheinen  die  Janusbögen. 

Auf  das  Forum  mündeten,  abgesehen  von  der  Sacra  via  und  dem 
Clivus  Capitolinus,  sechs  Strassen:  Von  Süden  her:  1.  Zwischen  Satum- 
tempel  und  Basilica  Julia  der  Vicus  Jugarius,  dessen  Name  nach  Festus 
290  epit.  p.  104  von  einem  an  der  Strasse  befindlichen  Altar  der  Juno  Juga 
„quam  putabant  matrimonia  iungere"  herkommt,  vielleicht  aber  mit  Nibby 
(For.  Rom.  p.  103)  von  iugum  herzuleiten  ist.*)  —  2.  Der  Vicus  Tuscus 
zwischen  Basilica  Julia  und  Castortempel.  Nach  Liv.  II  14  kommt  der 
Name  von  den  Etruskern  her,  die  nach  dem  verunglückten  Zug  Porsinas 
gegen  Aricia  nach  Rom  geflohen  waren  und  hier  angesiedelt  wurden, 
nach  Varro  LL.  V  46  (Tac.  ann.  IV  65)  von  den  mit  Celes  Vibenna  dem 
Romulus  gegen  Titus  Tatius  zu  Hilfe  gekommenen  Etruskern  (Fest.  p.  355). 
Er  war  eine  Hauptverkehrsstrasse  und  wird  dem  entsprechend  oft  er- 
wähnt. Das  den  Vicus  bevölkernde  Publikum  war  nicht  gut.  In  der  Para- 
base  des  Curculio  heisst  es  v.  482:  in  Tusco  vico  ibi  sunt  homines  qui  ipsi 
sese  venditant  und  Horaz  sat.  II  3,  228  spricht  yon  der  Tusci  iurba  impia 
vici.  —  3.  Ein  vom  Palatin  herkommender,  zwischen  Castortempel  und 
Vestatempel  ins  Forum  mündender  Treppenweg.  —  Von  Norden  her: 
4.  Die  von  der  Porta  Fontinalis  herkommende  Strasse  (Clivus  argen- 


0Vgl.MoMM8RN,Re8gestaeDiviAugU8ti«,  1  Liv.  XXIV  47,  XXVn  37,  XXX  21.   Jordan 
p.  128.  übersetzt  den  Namen  mit  ,Jochmacher8trasse' 

^)  Die  Strasse  wird  oft  genannt,  z.  B.   |  Top.  I  2  p.  468. 


106 


B.  Topographie  von  Rom. 


tarius)!)  zwischen  Concordiatempel  und  Curie.  —  5.  Zwischen  der  Curie 
und  Basilica  Aemilia  das  Argiletum.  Über  die  Ableitung  des  Na^ 
mens  vgl.  Varro  LL.  V  157  und  Serv.  ad  Aen.  VIII  346.  Gleich  dem 
Vicus  Tuscus  war  er  eine  Hauptverkehrsstrasse  (p.  49),  in  der  u.  a.  auch 
Buchläden  sich  befanden  (Mart.  13, 1;  117,  9).  Unweit  der  Mündung  der 
Strasse  in  das  Forum  stand  der  Janustempel  (vgl.  p.  101  f.).  Durch  Domi- 
tian  und  Nerva  wurde  die  Strasse  in  das  Forum  Transitorium  umgestal- 
tet. 2)  —  6.  muss  eine  Strasse  auch  zwischen  Basilica  Aemilia  und  Faustina- 
tempel auf  das  Forum  geführt  haben,  ihr  Name  ist  unbekannt. 

Diese  Strassen  waren,  wenn  nicht  alle,  so  doch  der  Mehrzahl  nach, 
bei  ihrer  Einmündung  ins  Forum  von  Janusbögen  überspannt.  Zu  Tage 
gekommen  ist  freilich  nur  einer,  nämlich  der  Best  des  den  Vicus  Jugarius 
überspannenden  Bogens,  der  übrigens  ein  später  Bau  ist.  Aber  z.  B.  die 
Abbildungen  des  Forums  auf  den  Rostrabalustraden  zeigen  die  auf  dasselbe 
mündenden  Strassen  von  Bogen  überspannt  (vgl.  Taf.  8).  Andrerseits  ist 
sicher,  dass  der  Vicus  Tuscus  bei  seiner  Einmündung  ins  Forum  nicht  von 
einem  Janus  überspannt  war.  Der  Stylobat  des  Castortempels  mit  seinen 
Kammern  (vgl.  p.  87  f.)  sowie  der  Stufenbau  der  Basilica  Julia  liessen  ein 
solches  Bauwerk  nicht  zu.  —  Genannt  wird  ein  Janus  primus  (aller- 
dings unsicher,  ob  vom  Forum;  vgl.  Henzen,  Comm.  in  hon.  Mommseni 
p.  642),  CIL.  VI  2,  12816:  Äufidius  .  .  ,  ab  Jano  primo,  häufiger  der  Janus 
medius,  weil  er  als  Mittelpunkt  des  Geldverkehres  eine  Berühmtheit 
hatte.  Die  Frage,  wo  dieser  Janus  medius  zu  suchen  sei,  ist  noch  immer 
eine  offene.  Die  ihn  erwähnenden  Stellen  bezeichnen  ihn  als  Mittelpunkt 
des  Geldverkehrs,  als  die  römische  Börse.  Cic.  de  oflf.  II  87:  De  coüocanda 
pecunia  commodius  a  quibusdam  optimis  viris  ad  Janum  medium  sedentibus 
disputatur.  Cic.  Phil.  VI  15  Sed  illa  statua  palmaris,  de  qua,  d  meliora  tem- 
pora  essent,  non  possem  sine  risu  dicere:  ,L,  Antonio  a  Jano  medio  patrono^. 
Itane?  Janus  medius  in  L.  Äntoni  clientela  est?  Quis  unquam  in  illo  Jano 
inventus  est,  qui  L,  Antonio  mille  nummum  ferret  expensum  ?  Hör.  sat.  II 
3,  18  postquam  omnis  res  mea  Janum  ad  medium  fra^ta  est  Der  Janus 
medius  mag  zu  einer  früheren  Zeit  Ort  des  Geldwechsels  etc.  gewesen 
sein.  Dass  aber  die  Börsengeschäfte  einer  Stadt  wie  Rom  zu  der  Zeit, 
aus  der  diese  Stellen  stammen  —  zweite  Hälfte  des  letzten  Jahrhunderts 
V.  Chr.  — ,  nicht  in  einem  Janus  abgemacht  werden  konnten,  ist  selbst- 
verständlich. Damals  muss  also  der  Janus  medius  der  Gegend  den  Namen 
gegeben  haben,  ihr  Wahrzeichen  geworden  sein.  Dies  zeigt  auch  Hör.  Ep.  I 
1,54: 

0  cives,  cives,  quaerenda  pecunia  primum  est, 
virtus  po8t  numtnos,     Haec  Janus  summus  ah  imo 
prodocet, 

woraus  Bentley  zu  der  Stelle  geschlossen  hat,  dass  Horaz  eine  Janus- 
strasse  bezeichne  und  dass  die  Bezeichnung  medius  sich  ebenso  wie  die 
Bezeichnungen   summus  und  imus  auf  diese   Strasse  beziehe,   von   einem 


*)  VgLOrdo  Benedicti  bei  Lanciani  p.  119. 
Mirabüia  24.  Der  Name  kommt  im  Alter- 
nicht  vor. 


')  Vgl.  Lakciaki,  La  cloaca  massima^BuIl. 
com.  1890  p.  100  ff. 


FORUM      f 


10       1        o 


<^^ie 


Zum  Handbuch,  d.lcla^s.  Alierluiaawissenachaft  111,3.  2.Aufl. 


1  AediculcL  FaustUiae 

2  Verbautes  Thor  des  TdbuZariujns 

3  FortUus 

4  JajULshogerv 

5  Schwur'%es  PflcLster 


6  Springbnuvnjen/ 

7  SacetUuiv  Veneris  ClocuincLB 

8  Fiutdjort  der  Inschrift  des  CCcuesar 

9  ^TYl/ 

10  LcLOis  JuUtrruve 


C.H.Beck'sclie  Verlagsbuchli 


!  OM  AN  U  M 


t:er 


TBf&l  W 


et  rUiJtu/mrn 
I4f   Sa>craj*tu.m  Uarüs  f^t 


md!ung  in  München 


6.  Das  Zeotrnm  tob  Born.  a.  Das  Forum.  (§  31.)  107 

Janusbogen  sei  keine  Rede.  Lanciani,  der  ihm  beistimmt  (Bull.  com.  1890 
p.  100)  hält  die  vor  der  Basilica  Aemilia  hinlaufende  Strasse  (nach  ihm 
ist  es  dieselbe,  die  jetzt  zu  Tage  liegt  und  durch  den  Severusbogen  geht, 
vgl.  aber  oben  p.  100)  für  diese  Janusstrasse,  den  Namen  leitet  er  von 
dem  an  ihr  liegenden  Janustempel  ab.  Indessen  sind  die  Cicerostellen, 
die  doch  für  den  Janus  medius  allein  in  Betracht  kommen,  derartig,  dass 
man  zugeben  muss,  Cicero  spricht  von  einem  Janus  (namentlich  Phil.  VI  15 
in  illo  Jano)  und  nicht  von  einer  Strasse.  So  wenig  man  also  aus  der 
Horazstelle  einen  Janus  summus  und  imus  konstruieren  darf,  so  unleugbar 
erscheint  mir  die  Existenz  eines  Janus  medius  auf  dem  Forum,  wie  schon 
Jordan,  Top.  I  2  p.  216  richtig  erkannt  hat.  Aus  dem  Namen  nun,  der  auf 
die  Mitte  des  Forums  deutet,  wie  aus  der  Notiz  des  Porphyrie  zu  Horaz, 
sat.  II  3,  18:  quia  omnes  ad  Janum  in  basilica  stabant  feneratores,  ergibt 
sich  als  Stelle  dieses  Janus  der  Punkt,  wo  das  Argiletum  (vgl.  p.  106)  in 
das  Forum  mündete,  also  zwischen  der  Curie  und  der  Basilica  Aemilia. 
Dass  der  Name  Janus  medius  auch  noch  in  der  Kaiserzeit  vorkommt 
(CIL.  VI  5845,  10027),  würde  nur  beweisen,  dass  der  Name  auf  das  nach 
Umwandlung  des  Argiletums  in  das  Forum  Nervae  an  Stelle  dieses  Bo- 
gens  entstandene  prachtvolle  Eingangsthor  übergegangen  ist,  im  übrigen 
aber  die  Qegend  ihren  Charakter  als  ,Börse'  behalten  hat.  Vielleicht  darf 
damit  in  Verbindung  gebracht  werden,  dass  Domitian  auf  diesem  Forum 
ein  Heiligtum  des  aus  Falerii  stammenden  vierköpfigen  Janus  aufstellte. 
Auf  diese  Weise  stand  das  untere  Argiletum  gänzlich  unter  dem  Schutze 
des  Janus:  nicht  weit  von  seiner  Einmündung  auf  das  Forum  der  Janus- 
tempel (Janus  Geminus),  über  dem  Ausgang  selbst  der  Janus  medius  und 
weiter  hinauf  der  Janus  quadrifrons.  —  Nicht  von  diesem  Janus  ist 
bei  Horaz  Ep.  I  20,  1 

Vertumnutn  Janumque,  liber,  spectare  videria 

die  Rede,  sondern  von  einem  nicht  weiter  bekannten,  in  unmittelbarer 
Nähe  des  Vertumnus,  also  im  Vicus  Tuscus  hinter  dem  Castortempel  be- 
findlichen. Der  Vertumnus  (Cic.  in  Verr.  I  154,  Liv.  XLIV  16,  Varro  LL. 
V  46,  Propert.  IV  2)  stand  dort,  wie  es  scheint,  an  der  von  einem  Janus- 
bogen überspannten  lebhaften  Kreuzung  des  Vicus  Tuscus  mit  der  hinter 
dem  Castortempel  und  der  Basilica  Aemih'a  herlaufenden  Strasse. 

Litteratur:  A.  Garistie,  Plan  et  coupe  d'une  partie  du  Forum  Romain,  1829.  — 
Gig.  Angklini  ed.  A.  Pba,  II  foro  Romano,  la  sacra  via,  il  clivo  Capitolino  dal  1809—1837.  — 
L.  Ganina,  Del  foro  romano  e  sne  adjacenze,  1834  und  1845.  —  Tocco,  Ripristinazione 
del  foro  romano,  1850.  —  Ravioli  e  Montiboli,  II  foro  romano,  1852.  —  Üütert,  Le 
forum  Romain  et  les  forums  de  Jules  G^sar  etc.,  1876.  —  H.  Jordan,  Sylloge  inscriptionum 
fori  Romani,  in  der.Ephem.  epigr.  1876  (III),  p.  237  ff.  —  H.  Jordan,  Gapitol,  Forum  und 
Sacra  via  in  Rom,  1881.  —  0.  Mabügchi,  ü  foro  Romano,  in  den  Studi  in  Italia,  1883. 
Von  demselben:  Description  du  forum  romain  et  guido  pour  le  visiter,  1885.  —  0.  Richter, 
Die  Augustusbauten  auf  dem  Forum  Romanum,  Jahrb.  d.  Inst.  1889,  p.  137  ff.  —  Ghb.  Hülsen, 
Forum  Romanum,  Roma  1892.  —  Lew  und  Lügkbnbach,  Das  Forum  Romanum  der  Eaiser- 
zeit,  München  und  Leipzig  1895.  —  H.  Thi^denat,  Le  Forum  Romain  et  les  forums  Im- 
p^riaux,  Paris  1898.  —  Lanciani,  The  ruins  and  excavations  of  ancient  Rome  1898,  p.  234  ff.  — 
üeber  die  Lage  des  Gomitiums:  Th.  Mommsen,  De  comitio  romano  etc.,  Ann.  d.  Inst.  1845, 
p.  288  ff.  —  Detlbfsbn,  De  comitio,  Ann.  d.  Inst.  1860,  p.  128  ff.  —  Rbber,  Guria  Hostilia, 
1858.  —  Brecher,  Die  Lage  des  Gomitiums  etc.,  1870.  —  Hülsen,  Das  Gomitium  und  seine 
Denkmftler  in  der  republikanischen  Zeit,  Rom.  Mitt.  1893,  p.  79  ff. 


108  B.  Topographie  von  Rom. 

b.  Die  Kaiserfora. 

(Vgl.  Taf.  IIA.) 

32.  Nördlich  vom  Forum  zwischen  Kapitol  und  Quirinal  bis  an  die 
Linie  der  Servianischen  Mauer  und  noch  ein  Stück  über  sie  hinaus  be- 
fand sich  noch  in  der  Zeit,  wo  Cäsar  seine  ersten  Pläne  wegen  Um- 
gestaltung und  Verschönerung  Roms  in  Angriff  nahm,  einer  der  eng- 
gebautesten und  bevölkertsten  Stadtteile,  der  wie  alle  nahe  dem  Forum 
gelegenen  Quartiere  eine  gesuchte  Geschäftsgegend  war.  Öffentliche  An- 
lagen gab  es  hier  so  gut  wie  gar  nicht.  Als  Qrenze,  bis  zu  welcher 
Cäsar  seine  zur  Erweiterung  des  Forums  bestimmten  Anlagen  ausdehnen 
wollte,  wird  bei  Cic.  ad  Att.  IV  16,  14  das  Atrium  Libertatis  genannt: 
Itaque  Caesaris  amici  —  me  dico  et  Oppium,  dirumparis  licet  —  in  monu- 
mentutn  iüud,  quod  tu  tollere  laudibus  solebas,  ut  forum  laxaremus  et  usque 
ad  atrium  Libertatis  explicaremus,  contempsimus  sescenties  HS»  Qemeint  ist 
mit  der  Erweiterung  des  Forums  die  Anlage  des  Forum  Julium.  Damit 
ist  nun  freilich  nicht  gesagt,  dass  schon  durch  diese  Anlage  die  projek- 
tierte Ausdehnung  bis  zum  Atrium  Libertatis  erreicht  worden  ist,  zumal 
Cicero  zunächst  nur  von  einem  Plane  spricht.  Vielmehr  geht  aus  Tac. 
bist.  I  31  und  Suet.  Galba  20  hervor,  dass  das  Atrium  ziemlich  entfernt 
vom  grossen  Forum  gewesen  sein  muss.  Bei  der  Katastrophe  des  Galba 
werden  Soldaten,  die  im  Atrium  Libertatis  lagen,  herbeigeholt,  aber  sie 
kommen  zu  spät,  um  die  Ermordung  des  Kaisers  auf  dem  Forum  zu 
hindern :  in  auxüium  advolaverunt,  sed  serius  itinere  devio  per  ignorantiam 
locorum  retardati. 

Das  Atrium  1)  Libertatis  war  das  Amtslokal  und  Archiv  der  Cen- 
soren.  Es  heisst  von  ihnen  Liv.  XLIII  16 :  censores  extemplo  in  atrium 
Libertatis  escenderunt,  et  ibi  signatis  tabellis  publicis  clausoque  tabulario  et 
dimissis  servis  publicis  negarunt  se  prius  quicquam  publici  negotii  gesturos 
quam  iudicium  populi  de  se  factum  esset^)  Wann  es  gegründet  ist,  wissen 
wir  nicht,  der  Stiftungstag  war  nach  Ovid  Fast.  IV  624  der  13.  April. 
In  dem  Atrium  muss  sich  ein  Heiligtum  der  Libertas  befunden  haben, 
zur  Kennzeichnung  eines  Hauptteiles  der  censorischen  Geschäfte,  der  Fest- 
stellung der  Bürgerliste  und  der  damit  verbundenen  Scheidung  von  Freien 
und  Unfreien,  Liv.  XLV  15.  Auch  wird  es  als  ein  Ort  genannt,  in  wel- 
chem gewisse  Gesetze  angeheftet  wurden,  Fest.  p.  241.  Gran.  Licin.  ed. 
Bonn.  p.  15.  Im  zweiten  punischen  Kriege  werden  darin  Geiseln  auf- 
bewahrt (Liv.  XXV  7),  nach  Cic.  pro  Mil.  59  Sklaven  gefoltert.  Nach  Fest. 
p.  141  brannte  es  am  Anfang  des  2.  Jahrhunderts  v.  Chr.  ab.  Eine  pracht- 
volle Wiederherstellung  erfuhr  es  zur  Zeit  des  Augustus  durch  Asinius 
PoUio  (Suet.  Aug.  29).  Dieser  gründete  in  dem  Atrium  die  erste  Biblio- 
thek: primum  autem  Romae  bibliothecas  publicavit  PoUio  graecas  simul  at- 
que  latinas  additis  auctorum  imagifiibus  in  atrio,  quod  de  manubiis  magni- 
ficentissimum  instruxerat  (Isid.  Orig.  6,  3,   vgl.  Ovid  Trist.  HI  1,  71.   Plin, 


*)  üeber  die  Bedeutung  von  atrium  vgl.   1  ^)  Vgl.  Liv.  XXV  7,  XXXIV  44,  Fest 

Jobdan,  Forma  urbis  p.  28  ff.  |  p.  241. 


A  PLAN  DER 


Zum  Sandbudv  der  Idass.J^lteitianswisMnschaft  01,3.  2.  Aufl. 


C  H.Becldsdie  \erlagsbi 


KAISERFORA. 


Tattt. 


Ühandhing  mlCimchen. 


G«o|;EAnst.vli9äi^nBr  t,  Dcbes,  Leipzig . 


6.  Das  Zentrum  Borns,  b.  Die  Eaiserfora.  (§§  32.  BS.)  109 

N.  H.  Vn  115,  XXXV  10,  XXXVI  24).  —  Wie  lange  das  Atrium  Liber- 
tatis  bestanden  hat,  ist  nicht  bekannt.  Nach  dem  Tod  Galbas  wird  es 
nicht  mehr  genannt.  Dagegen  ist  im  6.  Jahrhundert  n.  Chr.  der  Name 
für  einen  Teil  der  Curie  gebräuchlich,  i) 

Ein  zweites  öffentliches  Gebäude  in  diesem  Quartier  war  das  nicht 
weit  vom  Forum  gelegene  Macellum,  ein  Zentralmarkt,  der  179  v.  Chr. 
durch  Fulvius  Nobilior  (Liv.  XL  51)  unter  Benutzung  des  hier  seit  langer 
Zeit  befindlichen  Forum  piscatorium  (Liv.  XXVI  27)  errichtet  wurde. 
Der  Überlieferung  nach  wurde  es  an  einem  Platze  erbaut,  der  durch  Ab- 
reissen  von  Häusern  verurteilter  Verbrecher  gewonnen  war  (Fest.  p.  125, 
Varro  L.  L.  V  147).  Wie  lange  dasselbe  bestanden  hat,  ist  nicht  bekannt; 
da  aber  unter  Augustus  das  Macellum  Liviae  auf  dem  Esquilin  angelegt 
worden  ist,  so  darf  man  annehmen,  dass  es  schon  durch  die  Anlage  des 
Augustusforums  verdrängt  wurde.  —  Durchschnitten  wurde  dieses  Quartier 
von  einer  Hauptstrasse,  dem  von  der  Subura  herkommenden  und  in  die 
Nordseite  des  Forums  zwischen  Curie  und  Basilica  Aemilia  einmündenden 
Argiletum  (vgl.  p.  106).  Auch  diese  Strasse  fiel  in  den  Bereich  der 
Kaiserfora;  sie  wurde  später  in  das  Forum  des  Nerva  (Forum  transito- 
rium)  verwandelt.  Nach  dem  Kapitel  zu  machte  die  Grenze  die  vom  Forum 
nach  dem  Marsfeld  führende  Strasse,  wahrscheinlich  Clivus  Argentarius 
genannt,^)  heute  Salita  di  Marforio  (so  genannt  von  der  Statue  eines  Fluss- 
gottes, die  hier  neben  Sta. Martina  stand,  jetzt  im  kapitolinischen  Museum; 3) 
ihr  Niveau  liegt  nicht  bedeutend  über  dem  antiken  Pflaster.  An  dem- 
selben lag  die  Basilica  Argentaria,  die  aus  der  Regionsbeschreibung 
Notitia  R.  VIH  bekannt  ist  und  zwischen  der  VI  cohors  vigilum  und  dem 
templum  Concordiae  aufgeführt  wird.*) 

33.  Das  Forum  Julium  (Forum  Gaesaris).  Die  Schwierigkeit, 
das  Terrain  für  das  Forum  zu  gewinnen,  das  schliesslich  keineswegs 
die  Ausdehnung  erhalten  hat,  die  Cäsar  ihm  zu  geben  wünschte,  wird 
noch  ganz  besonders  von  Plinius  hervorgehoben,  der  den  Kaufpreis  für 
den  Grund  und  Boden,  100  Millionen  Sesterzen,  für  ungeheuer  hält.^) 
Die  oben  p.  94  besprochene  Vorschiebung  der  Curie  nach  dem  Forum 
zu,  sowie  die  neue  Orientierung,  die  dieselbe  erhielt,  sind  im  wesent- 
lichen auf  denselben  Grund,  nämlich  Raum  für  die  Anlage  des  Fo- 
rums zu  gewinnen,  zurückzuführen.  Die  Lage  des  Forums,  von  dem 
heute  nur  noch  ein  Überbleibsel  der  Umfassungsmauer,  nämlich  wenige 
Bogen  nebst  den  darauf  ruhenden  Quadermauern  von  Albanerstein  mit 
Imposten  von  Travertin  in  dem  Hofe   des  Hauses  Via  delle  Marmorelle 


1)  Vgl.  MoMüSEN,  Hermes  XXIU  p.  631  ff.; 
HüLSBN,  Rom.  Mitt.  1889  p.  240  f.;  CIL.  VI 
10025,  vgl.  VI  470;  Bull.  com.  1889  p.  362  f. 
Mit  dem  Atrium  Libertatis  scheint,  wenn  auch 
nicht  topographisch,  so  doch  amtlich  verbun- 
den gewesen  die  Aedes  Nympharum,  in 
der  nach  Gic.  pro  Milone  78  und  pro  Gaelio  78 
die  den  cen8us  populi  Romani  enthaltenden 
iahvlae  publicae  aufbewahrt  wurden. 

«)  Vgl.  S.  106  Anm.  1. 

')  Gakoujjbbi,  Notizie  delle  due  famose 


Statue  di  Marforio  e  Pasquino,  1789.  Der 
Name  Marforio  kommt  vermutlich  von  Martis 
forum,  der  späteren  Bezeichnung  des  forum 
Augustum,  her,  v^.  Jobdan,  Top.  ü  p.  213  f. 

^)  BuNSBN,  Les  forums  de  Rome,  Ann. 
d.  Inst.  1836,  p.  207  ff.,  1857,  p.  1;  Mon.  U, 
33.  34. 

»)  N.  H.  XXXVI  103:  Pyramides  regum 
tniramur,  cum  solum  tantum  foro  exstruendo 
HS.  M  Caesar  dictator  emerit.  Suet.  Gaes.  26. 


HO 


B.  Topographie  Ton  Rom. 


Nr.  29  zu  sehen  sind,  ist  nur  im  allgemeinen  zu  bestimmen  nach  der 
Curie  (S.  Adriane),  an  die  es  anstösst,  nach  der  Notiz,  dass  ein  auf  dem 
Yolcanal  stehender  Lotosbaum  seine  Wurzeln  bis  in  das  Forum  hinein- 
getrieben habe  (Plin.  N.  H.  XVI  236),  und  durch  sein  Verhältnis  zu  dem 
nördlich  daran  stossenden  Augustusforum.  Der  Bau  begann  um  das  Jahr 
54,  im  Jahre  46  wurde  es  noch  unvollendet  von  Cäsar  dediziert  und 
nach  dessen  Tode  von  Augustus  vollendet.  Den  Mittelpunkt  des  Forums, 
dessen  Gestalt  rechteckig  war,  bildete  der  in  der  Schlacht  bei  Pharsalus 
gelobte  Tempel  der  Venus  Genetrix,  der  Stammutter  des  Julischen 
Geschlechts,  ein  Pyknostylos  (Vitruv.  III  2,  2)  von  Marmor,  dessen  Reste 
im  16.  Jahrhundert  aufgefunden  und  von  Palladio  gesehen  und  beschrieben 
wurden.  Stiftungstag  war  der  26.  September  46,  vgl.  CIL.  P  p.  330.  Vor 
dem  Tempel  stand  eine  erzene  Reiterstatue  Cäsars  mit  dem  merkwürdigen, 
von  Plin.  N.  H.  VIII  155  und  Suet.  Caes.  61  beschriebenen  Rosse.^)  Im 
Tempel  war  das  Bildnis  der  Venus  von  Arkesilaos  (Plin.  N.  H.  XXV  156). 
Noch  eine  andere  Statue  Cäsars  (Plin.  N.  H.  XXXIV  18)  befand  sich  auf 
demselben,  sowie  andere  Kunstwerke.  Hervorzuheben  ist  die  vergoldete 
Bronzestatue  der  Kleopatra  (Appian  b.  c.  II 102.  Dio  Cassius  LI  22),  zwei 
Gemälde  des  Timomachus  aus  Byzanz,  Aiax  und  Medea,^)  und  mehrere 
Gemmensammlungen  (Plin.  N.  H.  XXXVII  11).  —  Ausdrücklich  wird  er- 
wähnt, dass  dieses  Forum  nicht  als  Marktplatz  und  zum  Handel  dienen 
sollte,  sondern  als  Ort  der  Erholung  und  des  würdigen  Ergehens.^)  Von 
seinen  weiteren  Schicksalen  ist  wenig  bekannt,  unter  Diocletian  wurde 
es  durch  Brand  beschädigt  und  gleichzeitig  mit  der  ebenfalls  beschädigten 
Curie  wiederhergestellt. 

34.  Das  Forum  Augustum.  Wie  Cäsar  in  der  Schlacht  bei  Phar- 
salus der  Venus  Genetrix,  so  hatte  Octavian  bei  Philippi  dem  Mars  ültor 
einen  Tempel  gelobt.  Das  Gelübde  kam  erst  spät,  dann  aber  in  gross- 
artiger Weise  zur  Ausführung,  indem  dieser  Tempel  der  Mittelpunkt  einer 
neuen  Forumsanlage,  des  Forum  Augustum,  wurde.  Nach  Suet.  Aug.  29 
war  dasselbe  wegen  der  Zunahme  der  Rechtsuchenden*)  nötig  geworden. 
Auch  für  dieses  Forum  konnte  der  Bauplatz  nur  mit  grossen  Schwierig- 
keiten und  ungeheuren  Kosten  erworben  werden,  auch  dieses  erhielt 
wegen  derselben  nicht  die  projektierte  Grösse,  wie  Suet.  Aug.  56  bezeugt: 
forum  angustius  fecU,  non  ausus  extorquere  possessoribus  proximas  domos. 
Die  noch  erhaltene  unregelmässige  Linie  der  Nordmauer  des  Forums  ist 
ein  redendes  Zeugnis  für  diese  Schwierigkeiten  und  für  die  Zurückhaltung 
des  Kaisers.  Der  Tempel,  ein  achtsäuliger  Peripteros,  lehnte  sich  an  die- 
selbe. Das  Bild  darin  stellte  Mars  und  Venus  dar  (Ovid.  Trist.  U  295). 
Vor  ihm   dehnte  sich  die  trotz  der  Beschränkung  ansehnliche  Area  des 


*)  Vgl.  W.  H.  RoscHBB  Jon.,  lieber  die 
Reiterstatae  Julius  Cäsars  auf  dem  Forum 
Julium  etc.,  Ber.  d.  sächs.  Ges.  d.Wiss.  1891, 
p.  96  flf. 

»)  Vgl.  Brunn,  Künstlergeschichte  U, 
p.  276  ff. 

•)  App.  b.  c.  II  102;  ayoQttv  . . .,  ov  ttov 


tavlfovy  a'AA'  im  TiQa^süi  avyioyttay  if  aXX^Xovg 
xa&d  xal  Uigaatq  tjy  rt^  ayoQa  ^ijTovaiy  17 
f4aySdyovai  t«  6lxaia, 

*)  Hotninum  et  iudiciorum  midtitudo, 
quae  videbatur  non  sufficientibus  duobus 
etiam  tertio  indigere. 


6.  Das  Zentrum  Borns,  b.  Die  Eaiserfora.  (§  34.) 


111 


Forums  aus;  sie  war  rechteckig  mit  zwei  halbrunden  Exedren  an  der 
Ost-  und  Westseite.  In  dieselben  waren  zwei  Säulengänge  eingebaut,  in 
welchen  Augustus  die  Statuen  römischer  Feldherren  und  Mehrer  des  Reiches 
bis  auf  seine  Zeit  im  Triumphalgewande  mit  den  von  ihren  Thaten  berich- 
tenden Ruhmesinschriften  (elogia)  aufstellte  (Suet.  Aug.  31;  Dio  LY  10; 
Vita  Alex.  28;  Ovid.  Fast.  V  561  flf.),  ferner  Aeneas  und  seine  Nachkommen, 
die  gesamten  Vorfahren  des  Julischen  Geschlechtes.  Augustus  selbst  stand 
in  dieser  Reihe  nicht,  doch  wurden  auf  Senatsbeschluss  ihm  zu  Ehren 
hier  Quadrigen  aufgestellt  (Mon.  Ancyr.  VI  26)  mit  der  Unterschrift  pater 
patriae,  welcher  Name  ihm  im  Jahre  der  Einweihung  des  Forums  bei- 
gelegt wurde.  Nach  Velleius  II  39  müssen  unter  diesen  Quadrigen  auch 
Verzeichnisse  von  den  Thaten  des  Augustus  angebracht  gewesen  sein.  — 
Die  Herstellung  der  Statuen 
muss  sich  durch  Jahrzehnte 
gezogen  haben,  liegen  doch 
zwischen  der  Qelobung  des 
Tempels  und  der  endlichen 
Einweihung  des  Forums  volle 
40  Jahre.  Wider  Augustus' 
Wunsch  (Macrob.  II 4, 9)  dau- 
erte der  Bau  des  Forums  so 
lange,  erst  am  1.  August  des 
Jahres  2  v.  Chr.  wurde  es  dedi- 
ziert  (MoMHSEN,  Res  gestae  D. 
A.*  p.  126,  Spiele  zu  seiner  Er- 
öffnung Dio  Cass.  LV  10).  Es 
ist  daher  anzunehmen,  dassdie 
Worte  des  Horaz  IV  8, 13  in- 
cisa  notis  marmora  publwis,  per 
quae  spirüus  et  vita  redit  bonis 
post  mortem  ducibus  sich  auf 
diese  Anlage  beziehen,  ob- 
gleich er  schon  8  v.  Chr.,  also 
6  Jahre  vor  Vollendung  des 
Forums,  gestorben  ist.  Ein 
Teil  dieser  elogia  war  längst 

bekannt,  die  sehr  erfolgreichen  Ausgrabungen  von  1888 — 90  haben  Neues 
ans  Tageslicht  gefördert.  Berichte  darüber  ausser  im  Bull.  com.  von  Hülsen 
in  den  Rom.  Mitt.  1889  p.  247  flf.  und  1891  p.  94  flf.  Das  ganze  Mateiial  ist 
zusammengestellt  CIL.  P  p.  186  flf.  Abb.  8  stellt  den  blossgelegten  Rest 
der  östlichen  Exedra  dar. 

Der  Tempel  diente  u.  a.  auch  als  Aufbewahrungsort  für  die  von  den 
Parthern  im  Jahr  20  v.  Chr.  zurückgegebenen  Feldzeichen  (Mon.  Ancyr. 
V  42).  Die  Übergabe  ist  dargestellt  auf  dem  Panzer  der  Augustusstatue 
von  Primaporta. 

Auch  sonst  war  das  Forum  wie  der  Tempel  mit  Kunstschätzen  aller 
Art  geschmückt   (Plin.  N.  H.  XXXV  93);   namentlich   berühmt  war  eine 


Abb.  8.   Beete  der  öntlichen  Exedra  des  Augiutusforums. 


112 


B.  Topographie  Ton  Born. 


Elfenbeinstatue  der  Athena  Alea  ^)  aus  dem  6.  Jahrhundert  v.  Chr.,  eine 
Elfenbeinstatue  des  Apollo  (Plin.  N.  H.  VII  183),  Gemälde  des  Apelles  etc.*) 
Bei  Plinius  XXXVI  102  wird  es  unter  den  bedeutendsten  Bauwerken  Roms 
aufgezählt. 

Das  Forum  diente  in  erster  Linie  zu  Gerichtssitzungen.')  Um  seine 
Bedeutung  zu  erhöhen,  bestimmte  Augustus,  dass  der  Einweihungstag  all- 
jährlich durch  Spiele  gefeiert  werden  sollte.  Hier  sollten  ferner  die  Mit- 
glieder des  Kaiserhauses  die  toga  virilis  anlegen,  von  hier  sollten  die 
Magistrate  in  die  Provinzen  abgehen,  hier  sollten  die  Beschlüsse  über 
Gewährung  von  Triumphen  gefasst  werden,  in  dem  Tempel  sollten  die 
Triumphalinsignien  niedergelegt  werden,  hier  endlich  sollten  siegreiche 
Feldherren  ihren  Lohn  durch  eherne  Statuen  empfangen  (Dio  LV  10;  Suet. 
Aug.  29;  Tac.  Ann.  ÜI  18,  IV  15,  XIII  8).  Unter  der  Regierung  des  Tibe- 
rius  wurden  auf  diesem  Forum  zu  beiden  Seiten  des  Tempels  zwei  Triumph- 
bogen zu  Ehren  des  Drusus  und  Germanicus  errichtet  (Tac.  Ann.  II  64).*) 
Die  weitere  Entwicklung  der  Kaiserfora,  speziell  des  Trajansforums, 
scheint  ihm  viel  von  seiner  Bedeutung  genommen  zu  haben,  obgleich 
Trajan  selbst  hier  noch  Recht  sprach  (Dio  Cass.  LXVDI  10);  unter  Hadrian 
wurde  es  restauriert  (VitaHadr.  19).  Im  Mittelalter,  spätestens  im  10.  Jahr- 
hundert, wurde  in  den  Tempel  die  Kirche  des  heiligen  Basilius  eingebaut. 
Die  Anlage  der  Via  Bonella,  die  das  Forum  seit  dem  16.  Jahrhundert  in 
seiner  Länge  durchschneidet,  hat  seine  Verschüttung  und  Zerstörung  voll- 
endet; der  Boden  des  Forums  liegt  mehr  als  6  m  unter  dem  heutigen 
Strassenniveau.  Die  nördliche  Umfassungsmauer,  die  in  sehr  bedeutenden 
Resten  erhalten  ist,  erweckt  sowohl  durch  die  wundervolle  Technik,  Peperin- 
quadern  mit  Travertinimposten,  im  Läufer-  und  Bindersystem  geschichtet 
und  mit  Holzdübeln  verklammert,  als  auch  durch  die  Höhe  Bewunderung. 
Dieselbe  betrug  ursprünglich  36  m  und  diente  dazu,  das  Forum  vor  Feuers- 
gefahr zu  schützen,  die  von  dem  nördlich  daranstossenden ,  eng  und 
schlechtgebauten  Stadtteile  drohte  (Tac.  Ann.  XV  38),  und  auch  um  den 
Ausblick  auf  die  umliegenden  hässlichen  Quartiere  abzuschliessen.'^)  Von 
dem  Tempel  selbst  ist  ein  Stück  der  Cellamauer,  Tuff  mit  Marmor  be- 
kleidet, und  drei  korinthische  Säulen  besten  Stils,  wahrscheinlich  der 
Restauration  des  Hadrian  angehörig,  vom  östlichen  Umgang  erhalten. 
Neben  demselben  ist  in  der  Umfassungsmauer  der  Durchgangsbogen  er- 
halten (jetzt  Arco  de'  Pantani  genannt),  der  das  Forum  mit  dem  nördlich 
gelegenen  Stadtteile  verband. 

Litteratar:  Pialb,  Del  tempio  di  Marte  Ultore  e  dei  tre  fori  di  Cesare,  d'Augusto 
e  di  Nerva,  1834.  —  L.  Bobsabi,  11  foro  di  Angusto  ed  U  tempio  di  Marte  Ultore,  1884.  — 
CIL.  P  p.  186  ff. 

^)  Vgl.  OvERBBCK,  Griechische  Plastik  1, 
p.  116  n.  Anin. 

')  Eine  Zusammenstellang  sämtlicher 
Kunstwerke  findet  sich  hei  Borsabi,  II  foro 
d'Augusto,  1884,  p.  14  ff. 

*)  üeher  eine  Mansio  Salionun  Palatino- 
ram, die  sich  im  Tempel  hefand,  vgl.  CIL. 
VI  2158  und  Suet.  Claud.  33  nehst  Bobsari 
a.  0.  p.  13  f.  Ehendaselhst  vgl.  üher  ein  im 
Tempel  befindliches  Depositum  von  Normal- 


gewichten, gleich  dem  heim  Castortempel 
(p.  88). 

^)  In  gleicher  Weise  waren  auch  der 
Cftsartempel  und  die  RednerbOhne  auf  dem 
grossen  Forum  von  zwei  Triumphbögen  flan- 
kiert. Vgl.  oben  p.  83  f.  und  93  f. 

^)  In  ähnlicher  Weise  sind  in  neuerer 
2^it  in  Rom  der  Petersplatz  durch  Bemini 
und  die  Piazza  del  popolo  durch  Valadier  ab- 
geschlossen worden. 


6.  Bas  Zentrnm  Borns,  b.  Die  Kaiaerfora.  (§§  .^5.  ^6.)  113 

36.  Das  Templnm  Pacis.  Eine  den  Fora  des  Caesar  und  Augustus 
durchaus  gleiche  Anlage  war  das  von  Yespasian  gegründete  Templum 
Pacis  (Suet.  Vesp.  9).  Dasselbe  lag  östlich  vom  Forum  des  Augustus 
hinter  der  Basilica  Aemilia,  hatte  auch  dieselbe  Orientierung  wie  dieses  und 
das  Forum  Julium,  schloss  sich  aber  nicht  unmittelbar  an  das  Augustus- 
forum  an,  sondern  war  von  demselben  durch  das  Argiletum,  die  Hauptstrasse 
jenes  ganzen  Quartiers  (vgl.  p.  106),  welche  überdies  die  Grenzlinie  der  8.  und 
4.  Region  war,  getrennt.  Verbaut  konnte  dieselbe  nicht  werden,  der  Ge- 
danke aber,  sie  zu  einem  Durchgangsforum  zu  gestalten,  den  nachher 
Domitian  ausführte,  schien  damals  entweder  noch  nicht  zur  Reife  gediehen 
zu  sein  oder  war  mit  der  grossartigen  Anlage,  die  Yespasian  plante,  nicht 
vereinbar.  —  Das  Templum  Pacis,  von  dem  bei  dem  jetzigen  Zustand  des 
Terrains,  das  wie  vor  der  Gründung  jener  Eaiseranlage  wieder  mit  einem 
Netz  enger  Strassen  überzogen  ist,  kaum  noch  Spuren  existieren,  wurde 
von  Yespasian  nach  dem  Siege  über  Judäa  gegründet  und  im  Jahre  75 
vollendet  (Dio  Cass.  LXVI 15;  Joseph.  Bell.  Jud.  VII  5,  7).  Plinius  (N.  H. 
XXXVl  102)  rechnet  es  neben  dem  Augustusforum  unter  die  schönsten 
Werke,  die  jemals  der  Erdkreis  gesehen  habe.  Der  Tempel  war  namentlich 
reich  an  Kunstwerken  (Plin.  N.  H.  XXXIV  84),  Yespasian  brachte  hierher 
die  berühmtesten  der  von  Nero  in  seiner  doinus  aurea  aufgestellten,  auch 
befanden  sich  hier  die  goldenen  Schätze  aus  dem  Tempel  zu  Jerusalem 
(Jos.  a.  a.  0.).  Verbunden  war  damit  eine  Bibliothek.  —  An  die  Südost- 
seite des  Forums  stiess  das  mit  dem  Templum  Pacis  zugleich  gebaute 
Templum  sacrae  urbis,  jetzt  S.  S.  Gosma  e  Damiano  (vgl.  p.  3).  Am 
Ende  des  3.  Jahrhunderts  wurde  an  die  südliche  Schmalseite  dieses  Ge- 
bäudes, welches  der  Sacra  via  bis  auf  25  m  sich  nähert,  eine  Rotunde 
von  ca.  17  m  Durchmesser  angebaut  und  dieser  eine  Porticus  vorgelegt, 
welche  nach  der  Linie  der  Sacra  via  orientiert  ist,  der  Tempel  des 
Romulus,  des  Sohnes  des  Maxentius,  später  dem  Konstantin  geweiht. 
Die  Inschrift  mit  der  Weihung  an  diesen  existierte  noch  im  16.  Jahr- 
hundert (CIL.  VI  1147).  Die  Rotunde  und  zum  Teil  auch  die  Porticus 
sind  erhalten,  auch  die  autike  Bronzethür,  die  in  erstere  führt.  —  Unter 
Caracalla  brannte  das  Templum  Pacis  ab.  Wie  lange  das  von  Septimius 
Severus  wiederhergestellte  Templum  Pacis  (vgl.  p.  3)  bestanden  hat,  ist 
nicht  bekannt.  Ammian.  Marcell.  XVI  10,  14  nennt  das  „forumf^  Pacis, 
wie  es  in  der  späteren  Zeit  allgemein  heisst  (auch  forum  Vespasiani, 
Symmach.  ep.  X  78  Pareus),  noch  unter  den  Prachtbauten  Roms;  Procop. 
Goth.  IV  21  rühmt  den  Reichtum  an  Eunstschätzen  auf  dem  Forum, 
während  der  Tempel  selbst  zu  seiner  Zeit  schon  in  Trümmern  gelegen 
zu  haben  scheint.  Er  sagt  von  ihm:  xsqavvoßXrfvog  ysvoiievoq  ix  naXaiov 
xetrai. 

36.  Das  Forum  Nervae.  Auf  dem  schmalen  Streifen  zwischen  dem 
Forum  Augustum  und  dem  Templum  Pacis,  auf  dem  das  vom  grossen  Forum 
kommende  Argiletum  zur  Subura  führte,  legte  Domitian  (vor  dem  Jahre 
86,  vgl.  Martial.  I  2,  8;  Suet.  Dom.  5)  ein  neues  Forum  an,  das  den  Haupt- 
zweck hatte,  die  Anlagen  seines  Vaters  mit  denen  des  Augustus  unter 
gleichzeitiger  Wahrung  der  Verkehrsinteressen  zu  verbinden.     So  entstand 

Handbuch  der  Ua«.  AltertamBwiasenachaft.  m,  8,  B.  2.  Aufl.  8 


114  S*  Topographie  tob  Born. 

das  Forum  transitorium,  das  an  Breite  nur  35 — 40  m  bei  dreifacher 
Länge  hatte,  also  mehr  eine  Prachtstrasse  war  als  ein  Forum.  Es  enthielt 
zwei  Bauten:  den  Tempel  der  Minerva,  einen  korinthischen  Prostylos 
Hexastylos,  der  mit  seiner  Hinterwand  an  die  nördliche  Schmalseite  des 
Forums  gelehnt  war  (Plan  des  Tempels  erhalten  Forma  Urbis  XVII 116), 
und  davor,  an  einem  nicht  mehr  bestimmbaren  Platze,  das  vierthorige 
Heiligtum  des  vierköpfigen  Janus.  Das  darin  befindliche  Götterbild 
stammte  nach  Serv.  Aen.  VH  607  aus  Falerii,  war  also  uralt.  Die  Um- 
fassungsmauer des  Forums  war  ausserordentlich  prachtvoll;  sie  war  mit 
korinthischen  Säulen  geschmückt,  darüber  lief  ein  mit  Reliefs  verziertes 
Gebälk,  das  eine  Attica  trug;  die  Reliefs  hatten  Beziehung  auf  Minerva, 
die  Beschützerin  des  gewerblichen  Lebens.  Zwischen  je  zwei  Säulen  war 
an  der  Attika  das  Reliefbild  einer  Gottheit  (an  dem  erhaltenen  Stück  das 
der  Minerva)  angebracht  (vgl.  über  dasselbe  Ann.  d.  Inst.  1877,  p.  5 ff.  nebst 
Monum.  X,  40— 41a  und  Petersen,  Rom.  Mitt.  1889,  p.  88).  Der  Hauptaus- 
gang nach  Norden  lag  an  der  Ostseite  des  Tempels,  ein  kleinerer  an  der 
Westseite  desselben.  Nach  dem  grossen  Forum  zu  hatte  es  an  Stelle  des 
früher  hier  das  Argiletum  abschliessenden  Janus  medius  (vgl.  p.  107)  einen 
entsprechenden  Abschluss.  Domitian  vollendete  das  Forum  nicht,  erst 
Nerva  hat  Tempel  und  Forum  im  Jahre  97  (CIL.  VI.  31213)  dediziert, 
daher  es  auch  seinen  Namen  trägt  (CIL.  VI  1,  953).  -—  Andere  von  den 
Schriftstellern  für  dies  Forum  gebrauchte  Namen  sind:  tramitorium  (so 
die  Notitia  R.  IV,  die  daneben  R.  VIII  auch  den  Namen  Forum  Nervae  hat), 
pervium  (Victor  Caes,  12),  Palladium  (Martial  I  2, 8).  Einen  neuen  Schmuck 
erhielt  das  Forum  durch  Alexander  Severus,  der  daselbst  Eolossalstatuen 
vergötterter  Kaiser  „vel  pedestres  nudas  vel  equestres  .  .  .  omnibtts  cum 
titulis  et  columnis  aereis^  quae  gestorum  ordinem  continerenif'  Lampr. 
Alex.  28)  aufstellte.  Das  Forum  ist  das  ganze  Mittelalter  hindurch  in  be- 
deutenden Resten  erhalten  geblieben.  Noch  1606  standen  Reste  vom  Tempel 
mit  der  Inschrift  und  von  der  Umfassungsmauer.  Abbildungen  von  den- 
selben sind  häufig,  die  Dupeiracsche  aus  den  Vestigi  del'  antichitä  di* 
Roma  ist  im  3.  Bande  der  Beschreibung  der  Stadt  Rom  reproduziert. 
Paul  V.  Hess  die  herrlichen  Reste  abbrechen  und  verwendete  den  Marmor 
zum  Bau  der  Aqua  Paola  auf  dem  Janiculum.  Der  Platz  selbst  wurde 
überbaut.  Jetzt  stehen  nur  noch  zwei  korinthische  Säulen  von  der  öst- 
lichen Umfassungsmauer  mit  Gebälk  und  Attika,  eingebaut  in  das  Eckhaus 
der  Via  Alessandrina  und  Croce  bianca,  genannt  le  Colonnacce. 

37.  Das  Forum  Traiani.  Um  dies  grösste  und  prachtvollste  aller 
Fora  herstellen  zu  können,  liess  Trajan  den  sich  nordwestlich  vom  Cäsar- 
und  Augustusforum  zum  Kapitel  erstreckenden  Ausläufer  des  Quirinals  ab- 
tragen. Die  Inschrift  an  der  Basis  der  Trajanssäule  aus  dem  Jahre  113 
n.  Chr.  (CIL.  VI  1,  960)  gibt  Rechenschaft  davon  mit  den  Worten:  Senatus 
populusque  Romanus  Imp.  Caesar i  divi  Nervae  f»  Nervae  Traiano,  Aug. 
Germ,  Dacko  Pontif.  Maximo  trib.  poL  XVII.  imp.  VL  cos.  VI.  p.  p.  ad 
dedarandum.  quantae,  aUitudinis.  mons.  et.  locus,  tantis.  operibus.  sit.  egestus^ 
d.  h.  um  zu  zeigen,  bis  zu  welcher  Höhe  der  Berg  und  der  Platz  für  so 
gewaltige  Bauten  abgetragen  wurde.    Damit  stimmt  die  Angabe  des  Dio 


6.  Das  Zantnim  Borna,  b.  Die  Kaiaerfora.  (§  87.)  115 

Cass.  LXVni  16:  navxoq  yaq  tov  xwqiov  ixefvov  OQeivov  ovrog  xaräaxaipe 
toffovTov,  wfov  0  Ttiiav  ävtax^t  xai  tijv  ayoqcev  ix  tovtov  neSivrjv  xctretTxevaifev, 
Trajan  Hess  das  Forum  durch  den  Baumeister  ApoUodorus  von  Damaskus 
erbauen  (Dio  Cass.  LXTX  4),  der  in  Abweichung  von  den  früheren  Foren, 
die  im  wesentlichen  aus  einem  Tempel  mit  umgebendem  Temenos  bestanden, 
eine  kompliziertere  Anlage  schuf.  Der  Mittelpunkt  derselben  war  die 
Area,  ein  quadratischer  Hof  von  über  126  m  Seite.  Auf  dieselbe  führte 
vom  Augustusforum  her  ein  117  n.  Chr.  errichteter  Triumphbogen,  oft  auf 
Münzen  dargestellt  (Cohen,  Trajan  167).  Rechts  und  links  für  den 
durch  diesen  Bogen  Eintretenden  war  die  Area  mit  Säulenhallen  ge- 
schmückt. Hinter  denselben  öffneten  sich  zwei  grosse  halbkreisförmige 
Nischen,  umgeben  von  zweistöckigen  Gebäuden,  von  denen  die  nach  dem 
Quirinal  zu  gelegene  noch  vortrefflich  erhalten  und  zum  Teil  freigelegt 
ist.  Es  ist  ein  Ziegelbau  mit  Travertinbekleidung.  Reihen  von  Räumen 
ungewisser  Bestimmung,  die  sich  sämtlich  nach  dem  Innern  der  Nische 
öfhen,  liegen  in  zwei  Stockwerken  übereinander.  Die  Fassade  besteht  aus 
giebeltragenden  dorischen  Pilastern.  Auch  von  der  Südwestnische  haben 
sich  geringe  Reste  erhalten.  In  der  Mitte  der  Area  stand  die  Reiter- 
statue Trajans.  An  der  Nordwestseite  war  das  Forum  durch  die  Basilica 
ülpia  begrenzt,  von  der  seit  Anfang  dieses  Jahrhunderts  ein  Teil  frei- 
gelegt worden  ist.  Sie  bestand  wie  die  Basilica  Julia  aus  einem  grossen 
Mittelsaale,  den  eine  doppelte  Säulenhalle  allseitig  umlief,  übertraf  die- 
selbe aber  an  Grösse;  ausserdem  hatte  sie  wenigstens  an  einer,  wahr- 
scheinlich aber  an  jeder  der  beiden  Schmalseiten  eine  Apsid.  Der  kapi- 
tolinische Stadtplan  bietet  HI,  25  und  26  die  Abbildung  des  nördlichen 
Teiles  der  Basilica  samt  der  nach  dem  Quirinal  gelegenen  Apsis.  Die- 
selbe war,  wie  die  darin  befindliche  Inschrift  beweist,  der  Libertas  ge- 
heiligt. Ob  sie  topographischen  Zusammenhang  mit  dem  Atrium  Libertatis 
hatte,  ist  nicht  bekannt.  Sidon.  Apollin.  H  532  erwähnt  die  auf  dem  Forum 
stattfindenden  Manumissionen.^)  Die  Reste  der  Basilica,  so  spärlich  sie 
sind,  zeigen  doch,  welche  Pracht  von  Marmor  und  Granitarten  hier  ent- 
faltet war,  selbst  die  Stufen  sind  von  Giallo  antico;  die  äusseren  Säulen 
waren  von  Granit.  Hinter  der  Basilica  war  ein  zweiter,  kleinerer  Platz, 
auf  dem  die  noch  jetzt  erhaltene  Trajanssäule  stand.  An  den  beiden 
Seiten  nach  Nordost  und  Südwest  wurde  er  von  zwei  Gebäuden  begrenzt, 
in  denen  sich  die  Bibliotheca  Ulpia  (Dio  Cass.  LXVUI  16)  befand.  Nach 
Nordwest  zu  wurde  er  durch  den  von  Hadrian  erbauten  Tempel  des 
D.  Traianus  und  der  Plotina  abgeschlossen.  —  Die  Säule  ist  aus  Cy- 
lindern  von  parischem  Marmor  (Jahrb.  d.  Inst.  1896  p.  8)  errichtet  und 
ohne  die  Basis  100  Fuss  hoch ;  185  Stufen  führen  im  Innern  in  die  Höhe. 
Der  Schaft  ist  von  einem  mit  Reliefs  geschmückten  Bande  umwunden 
(daher  columna  coclis  in  der  Regionsbeschreibung),  auf  welchem  die  Kriege 
Trajans  gegen  Decebalus  101—103  und  107—108  n.  Chr.  in  trefflicher, 
selbst  in  Kleinigkeiten  genauer  Ausführung  dargestellt  sind.  Durch  Sem- 


»)  Vgl.  p.  104  f.  und  MoMMSBN,  Daa  Atrium  Libertatb,  Hennes  1888,  p.  681  ff.  Bull, 
com.  1889,  p.  362  f. 

8* 


116  B.  Topographie  Ton  Bom. 

pers  Untersuchungen  sind  auch  Farbenspuren  auf  den  Reliefs  nachgewiesen 
worden  (vgl.  Bull.  d.  Inst.  1833  p.  92,  1836  p.  39).  Auf  der  Säule  stand 
die  Statue  Trajans,  im  Innern  der  Basis  war  nach  Dio  Cass.  LXIX  2  die 
Orabkammer,  in  der  Trajans  Asche  in  einer  goldenen  Urne  beigesetzt 
worden  ist,  was  freilich  mit  der  Inschrift  (s.  oben)  nicht  stimmt;  auch 
ist  ein  Grabgewölbe  nicht  vorhanden.  Gipsabgüsse  der  Reliefs  befinden 
sich  im  Lateran.  —  Von  den  Bibliotheken  wissen  wir  nichts,  als  dass  sie 
in  der  Nähe  des  Trajanstempels  gestanden  haben  (Gell.  XI  17,  1)  und  dass 
nach  Vopisc.  Prob.  2  die  Bücher  später  nach  den  Thermen  des  Diocletian 
gebracht  worden  sind,  dagegen  sind  von  dem  Tempel  Reste  gefunden  wor- 
den, darunter  ein  Fragment  der  Weihinschrift  (CIL.  VI  1,  966  cf.  add.),  von 
der  die  Vita  Hadriani  19  sagt:  cum  opera  ubique  infinita  fecisset,  nunquam 
ipse  nisi  in  Traiani  patris  templo  nomen  suum  scripsU.  —  Die  Pracht  des 
Trajansforums,  von  der  wir  uns  nach  den  Resten  nur  eine  unvollkommene 
Vorstellung  machen  können,  spiegelt  sich  in  den  Schilderungen  der  an- 
tiken Schriftsteller  wieder  (z.  B.  Gell.  XIII  24,  1 :  in  fastigiis  fori  Traiani 
simulacra  sunt  sita  circum  undique  inaurata  equorum  atque  signorum  mili- 
tarium,  subscriptumque  est:  ex  manubiis),  namentlich  aber  in  der  staunen- 
den Bewunderung  des  Kaisers  Gonstantius  bei  Ammian.  XVI  10,  15.  Von 
der  Bedeutung  des  Forums,  das  bald  die  früheren  gleichartigen  Anlagen 
in  den  Schatten  stellte,  zeugten  die  zahlreichen  Standbilder  berühmter 
Männer,  die  hier  ihren  Platz  fanden.  Die  erhaltenen  Basen  mit  In- 
schriften erstrecken  sich  vom  2.  bis  ins  5.  Jahrhundert.^)  Auch  Staats- 
aktionen, die  hier  vorgenommen  wurden,  werden  mehrfach  erwähnt  (Vit. 
Hadr.  7  nebst  CIL.  VI  1,  967;  Vit.  Aurel.  39  u.  a.).  Die  Plünderungen 
des  6.  Jahrhunderts  haben  natürlich  dies  Prachtforum  vor  allem  getroffen. 
Die  kostbaren  Materialien  benutzte  man  zum  Bau  christlicher  Kirchen. 
Sixtus  V  setzte  auf  die  Säule  die  Statue  des  Apostels  Petrus. 

Litteratar:  Richter  und  Gbifi,  II  ristauro  del  foro  Trajano,  1889.  —  Fabrbtti,  De 
columna  Trajana,  1690  (CIL.  VI  1,  p.  LXI).  -  Fröhnbr,  La  colonne  Trajane,  1874.  — 
Lbsüeür,  La  basilique  UlpienDe,  restauration  ex^cut^  en  1823,  Paris  1881.  —  Cichorius, 
Die  Reb'efs  der  Trajans-Säale,  1896. 

c.  Der  kapitolinische  Hügel. 

38.  Der  kapitolinische  Hügel  (jetzt  Campidoglio)  ist  von  allen 
Hügeln  Roms  der  kleinste.  Er  misst  in  seiner  längsten  Erstreckung  von 
Südwest  nach  Nordost  etwa  450  m  und  ein  Drittel  davon  in  die  Breite. 
Gegliedert  ist  er  in  zwei  Kuppen,  nördlich  die  Arx,  südlich  das  Gapi- 
tolium,  und  die  dazwischen  liegende  Einsattlung.  Derselben  ist  nach 
dem  Forum  zu  eine  schmale  Stufe  vorgelagert  (die  Area  Volcani,  vgl. 
oben  p.  78),  vermittelst  deren  der  einzige  Fahrweg  des  Kapitels,  der 
Clivus  Capitolinus,  in  mehreren  Windungen  den  Berg  erklimmt.  Die 
Steigung  dieses  Clivus  beginnt  beim  Tiberiusbogen  an  der  Ecke  der  Ba- 
silica  Julia.  Er  windet  sich  um  den  Saturnstempel  und  geht  längs  der 
Westseite  desselben  und  weiter  über  ihn  hinaus  etwa  70  m  in  gerader 
Richtung  fort.   Dann  macht  er  eine  Wendung  in  spitzem  Winkel  und  geht 


>)  Vgl.  Jordan,  Top.  I,  2,  p.  465  f. 


5.  Das  Zentnun  Borns,  o.  Der  kapitolinische  Httgel.  (§  38.) 


117 


in  schräger  Richtung  auf  den  Hügel  zu,  auf  der  Ostseite  durch  eine  künst- 
liche Substruktion  gestützt,  dieselbe,  welche  die  Hinterwand  der  Porticus 
Deorum  Consentium  bildet  (vgl.  p.  79) ;  wo  diese  Substruktion  die  Ecke  des 
Tabulariums  trifft,  wendet  er  sich  in  stumpfem  Winkel  nach  Nordwesten 
und  gelangt  in  dieser  Richtung  auf  die  Einsattlung  nicht  weit  vom  Fusse 
der  südlichen  der  beiden  Kuppen.  Die  Länge  des  Clivus  vom  Tiberius- 
bogen  bis  zur  Höhe  der  Einsattlung  misst  200  m,  die  Steigung  beträgt, 
da  das  Forum  am  Tiberiusbogen  12  m,  die  Einsattlung  des  Kapitels  37  m 
über  dem  Tiber  ist,  25  m,  also  1  :  8,  eine  nicht  unbedeutende,  für  der- 
artige Strassen  aber  auch  nicht  ungewöhnliche.  Spuren  des  Pflasters  sind 
auf  dem  unteren  Teile  des  Clivus  überall  vorhanden,  namentlich  ein  noch 
jetzt  musterhaft  gefügtes  Stück  vor  der  Front  des  Satumstempels.  Der 
obere  Teil  ist  durch  den  modernen  Weg  und  die  ihn  südlich  einfassenden 
Häuser  umgestaltet,  doch  ist  hier  ein  die  antike  Strasse  entwässernder 
Kanal  zu  Tage  gekommen,  dessen  Steigungswinkel  entsprechend  dem  des 
Clivus  stärker  war  als  der  der  heutigen  Strasse  (vgl.  Bull.  d.  Inst.  1882 
p.  227,  sowie  Hermes  1883  p.  618).  Auch  Fundamente  der  die  Strasse 
begleitenden  Porticus  sind  im  April  1888  für  kurze  Zeit  zum  Vorschein 
gekommen.  —  An  der  Stelle  etwa,  wo  der  Clivus  hinter  dem  Satums- 
tempel im  spitzen  Winkel  umbog,  muss  in  ihn  ein  Angiportus  gemündet 
haben,  der  mit  einer  Thür,  der  Porta  Stercoraria,  verschlossen  und 
dazu  bestimmt  war,  den  alljährlich  am  15.  Juni  aus  dem  Yestatempel  fort- 
geschafften Unrat  aufzunehmen.^)  Gestützt  auf  die  Worte  des  Clemens 
Protr.  IV  51,  dass  die  Römer  rrjv  rvxr/v  ,  .  ,  slg  rov  xotvqwvcc  dvä&rjxav^  hat 
man  fälschlich  angenommen,  dass  hier  ein  Tempel  der  Fortuna  gelegen 
habe  (vgl.  Becker,  Top.  p.  405). 

Das  Kapitel  erscheint,  soweit  unsere  historische  Kenntnis  reicht,  als 
die  rings  befestigte,  unzugängliche  Burg  der  Servianischen  Stadt.  Das  be- 
zeugt die  Geschichte  der  gallischen  Invasion,  ferner  Cicero  r.  p.  H  6.  11, 
der  auch  die,  sei  es  natürliche,  sei  es  künstliche  Steilheit  der  Abhänge 
hervorhebt.  Reste  künstlicher  Glättung  des  Felsens  sind  an  mehreren 
Stellen  erhalten,  am  unverkennbarsten  an  der  Nordwestseite  bei  Tor  de' 
Specchi  (Ann.  d.  Inst.  1871  p.  49).  Von  der  künstlichen  Befestigung  durch 
Mauern  sind  mehrfach  Reste  bei  den  Arbeiten  für  das  Viktor  Emanuel- 
Denkmal  zum  Vorschein  gekommen  (vgl.  die  Berichte  in  den  Not.  d.  scavi 
1889  ff.;  Hülsen,  Rom.  Mitt.  1890  p.  254  f.).  Sonst  ist  wenig  davon  er- 
halten (Bull.  com.  I  p.  138),  namentlich  ist  von  den  Substruktionen,  die  zur 
Befestigung  der  kapitolinischen  Höhe  erforderlich  waren  (Liv.  XXX VHI  28), 
die  aber  doch  nicht  ganz  den  steilen  Fels  vor  Abbröckelung  schützen 
konnten  (Liv.  XXXV  21),  nichts  mehr  vorhanden.  An  den  Abhängen  der 
Einsattlung  ist  sie  durch  die  Errichtung  des  Tabulariums  schon  im  Alter- 
tum verdrängt  worden;  nach  dem  Marsfelde  zu  wich  sie  den  hier  ent- 
stehenden modemen  Aufgängen.  Ebensowenig  ist  von  dem  Thor  etwas 
erhalten,   durch   das  der  Clivus  in  die  Befestigung  eintrat.  —  unlösbare 


*)  Fest.  344  b:  stercus  ex  aede  Vestae 
XVIL  Kai,  Jtd,  defertur  in  angiportum 
medium  fere  clivi  Capitolim,  qui  locus  clau- 


ditur  parta  stercoraria,  unter  dem  stercus 
hat  man  wohl  Asche,  HobcreBte  nnd  Rosa  zu 
denken. 


118  B.  Topographie  yon  Born. 

Schwierigkeiten  macht  die  in  der  Überlieferung  auftauchende  Porta 
Pandana,  die  ehemals  Porta  Saturnia  geheissen  haben  soll  (Solin. 
113),  und  die  Varro  L.  L.  V  42  als  Beweis  für  die  Existenz  einer  auf  dem 
Eapitol  gelegenen  Stadt  Saturnia  gilt,  eine  Pforte  oder  ein  Thor,  das 
nach  Fest.  epit.  p.  220  stets  offen  gehalten  werden  musste  und  nach 
Polyaen.  Strat.  VIII  25,  1  im  nävqag  änQwsßaxov  angelegt  war.  Dies  Thor 
soll  auch  Ap.  Herdonius  bei  seinem  Überfall  benutzt  haben  (Dionys.  X  14, 
der  es  mit  der  Porta  Carmentalis  verwechselt).  Hülsen  setzt  es,  Jobdan 
I  1,  122  f.  folgend,  in  den  Formae  urbis  Romae  antiquae  III  über  dem 
Saxum  Tarpeium  an,  wo  ein  Thor  nur  den  Zweck  haben  könnte,  die  zum 
Tode  verurteilten  Verbrecher  auf  den  Richtplatz  hinauszuführen. 

Dieser  Befestigungsring  schloss  zwei  andere  Befestigungsringe  ein, 
die  Arx  und  das  Gapitolium.  Ihre  Mauern  deckten  sich,  soweit  sie 
die  Hügelränder  berührten,  mit  der  äusseren  Befestigung;  gegen  die 
zwischen  ihnen  liegende  Einsattlung  waren  sie  durch  besondere  Mauern 
abgeschlossen.  Noch  als  die  Servianische  Mauer  schon  überbaut  war,  und 
auch  durch  den  Bau  des  Tabulariums  das  Eapitol  als  Ganzes  entfestigt 
war,  bestehen  diese  Sonderbefestigungen.  Daher  kommt  es,  dass  statt 
eines  Qesamtnamens  für  den  Hügel  der  Doppelname  Arx  et  Capüoliutn  bei 
den  Schriftstellern  des  1.  Jahrh.  v.  Chr.  gewöhnlich  ist  (Dionys.  VIII  22; 
Cicero  pro  Rab.  35 ;  Liv.  XXVI  10).  Sie  erscheinen  den  Zeitgenossen  des 
Cicero  und  Augustus  als  zwei  über  dem  Forum  aufragende  Burgen,  die 
gesichert  durch  feste  Mauern  die  höchsten  Heiligtümer  des  römischen 
Volkes  bergen.  Aber  schon  rüttelte  der  Friede  an  ihnen;  in  der  Mitte 
des  1.  Jahrhunderts  sind  die  Abhänge  nach  der  Einsattlung  zu  dicht  mit 
Häusern  besetzt  und  im  Jahre  69  n.  Chr.  bietet  in  dem  Kampfe  der 
Vitellianer  gegen  die  Anhänger  des  Vespasian  nur  noch  das  Capitolium 
Schutz  und  Möglichkeit  der  Verteidigung.  —  Von  den  Befestigungen  der 
Arx  sind  bei  den  letzten  Ausgrabungen  Reste  (Quadern)  zum  Vorschein 
gekommen,  auch  von  der  des  Capitoliums  sind  mehrere  Reste  erhalten; 
über  dem  Nordwestabhang  der  Kuppe  bei  Tor  de'  Specchi  und  nach  der 
Einsattlung  zu  (vgl.  Hermes  1883  p.  112  flf.  und  618  f.;  Hülsen,  Zur  Topo- 
graphie des  Kapitels,  Festschrift  für  H.  Kiepert  p.  215).  Auf  beide  Burgen 
führten  Wege  von  der  Einsattlung  aus,  und  zwar  war  in  allerältester  Zeit 
derjenige  Weg,  der  auf  die  Arx  führte,  der  wichtigere  (Varro  L.  L.  V  47). 
Das  änderte  sich,  als  auf  der  südlichen  Kuppe  der  Tempel  des  höchsten 
Jupiter  gegründet  ward.  Seitdem  ist  dieser  Tempel  der  Endpunkt  des 
zu  ihm  führenden  Clivus  Capitolinus.  Auf  welche  Weise  die  beiden  Wege, 
der  eine  die  Höhe  der  Arx,  der  andere  die  Front  und  den  Eingang  des 
Tempels  erreicht  haben  mögen,  ist  nicht  leicht  zu  sagen,  da  alle  Spuren 
verschwunden  sind.  Es  ist  möglich,  dass  auf  die  Arx  von  der  Einsatt- 
lung her  ein  Stufenweg  führte,  wie  auch  noch  heute  die  an  der  Stelle 
derselben  befindliche  Kirche  S.  Maria  in  Araceli  nicht  anders  erstiegen 
wird;  auf  das  Capitolium  aber  führte  ein  Fahrweg.  Die  Beschränktheit 
des  Terrains  —  die  Kuppe  erhebt  sich  12  m  über  der  Einsattlung  — 
gestattet  kaum  eine  andere  Annahme,  als  dass  der  Weg,  der  etwa  beim 
Aufgang  zum  jetzigen  Bogen  des  Vignola  durch  ein  Thor  in  die  Befesti- 


5.  Das  Zentrum  Bonm.  o.  Der  kapitolinUiohe  Hügel.  (§  38—39.)  119 

gang  des  Gapitoliums  eintrat  (die  primae  Capüolinae  arcis  fores  Tac.  hist. 
m  71),  allmählich  ansteigend  in  langer  Schleife  um  den  Tempel  bis  zu 
der  vor  der  Front  des  Tempels  befindlichen  Area  geführt  hat,  so  dass 
z.  B.  der  Triumphzug  erst  den  Tempel  umfuhr,  bevor  er  vor  seiner  Front 
anlangte.  1)  Im  Jahre  174  v.  Chr.  erhielt  der  Glivus  ein  Lavapflaster  und 
eine  vom  Tempel  des  Saturn  bis  zum  Gapitolium  reichende  Porticus  an 
der  für  den  Emporsteigenden  rechten  Seite  (Liv.  XLI  27),  die  demnach 
in  erster  Linie  zu  Verteidigungszwecken  angelegt  war.  In  der  That  spielt 
sie  eine  wichtige  Rolle  beim  Sturm  der  Vitellianer,  indem  von  ihrem 
Dache  aus  mit  Erfolg  auf  die  Anrückenden  geschossen  wird  (Tac.  hist. 
in  71).  Auch  von  Ehrenbogen  war  der  Glivus  überspannt.  Genannt  wird 
ein  im  Jahre  190  v.  Ghr.  durch  Scipio  errichteter  „fornix"  in  Capitolio 
adversus  viam,  qim  in  Gapitolium  escenditur  (Liv.  XXXYII  3).  Ganz  unbe- 
stimmt lautet  Tacitus'  (Ann.  XV  18)  Angabe  (62  n.  Ghr.):  ai  Bornas  tropaea 
de  Parthis  arcusque  medio  Capitolini  montis  sistebatur.  Auf  der  einen 
Rostrabalustrade  (vgl.  Taf.  8  b)  erscheint  der  Glivus  Gapitolinus  von  einem 
Bogen  überspannt.^) 

Ausser  dem  Fahrwege  gab  es  noch  andere  Zugänge  zum  Gapitolium. 
Der  eine,  ein  Stufenweg,  führte  unmittelbar  vom  Thale  empor,  und  zwar 
an  der  Südostseite  des  Berges,  wo  sich  der  neuerdings  blossgelegte  tar- 
pejische  Felsen  (Märchen  von  der  Tarpeia,  nach  welcher  der  Berg  ge- 
nannt sein  soll,  Liv.  111)  befand  (gegenüber  der  Kirche  della  Gonsolazione), 
ein  steiler  Abhang,  von  dem  Meineidige,  Hochverräter  und  andere  Schul- 
dige hinabgestürzt  wurden.  Dieser  Weg  hiess  die  Gentum  gradus  (Tac. 
hist.  m  71).  Ob  über  demselben  der  bei  Orosius  V  9  erwähnte  Fern  ix 
Galpurnius  gestanden  hat,  oder  über  welchen  Stufen  sonst  —  die  Worte 
lauten:  Gracchus  (fugit)  per  gradus,  qui  sunt  super  Calpurnium  fornicem  — , 
ist  nicht  zu  entscheiden.  —  Auch  zur  Arx  führte  ein  Stufenweg  zwischen 
dem  Tempel  der  Goncordia  und  dem  Garcer  in  die  Höhe.  Derselbe  be- 
rührte die  Einsattlung,  wie  die  anschauliche  Erzählung  bei  Dio  Gass.  LVIH  5 
(vgl.  Hermes  1883  p.  125  f.)  zeigt.  Aus  derselben  geht  auch  hervor, 
dass  von  diesem  Stufenwege  sich  beim  Garcer  die  Scalae  Gemoniae  ab- 
zweigten, jene  Treppe,  auf  welche  die  hingerichteten  Verbrecher  geworfen 
wurden  (vgl.  p.  81). 

39.  Die  Arx.  Es  gibt  wenige  Punkte  im  alten  Rom,  deren  Topo- 
graphie so  im  Dunkel  liegt,  wie  die  der  Arx.  Schon  im  Altertum  fliessen 


')  Hülsen  nimmt  nach  Formae  urbis  I  Befestigang  von  selbst  darbot.  Solche  Gründe 
Romae  antiqnae  m  an,  dass  der  Clivns  von  aber,  wie  der  von  Rütbb,  Das  Kapitel,  Hal- 
der Einsattlung  aus  sich  zurückgewendet  und  berstädter  Programm  1898  p.  22,  der  sich  für 
ausserhalb  der  Befestigung  längs  der  Ost-  die  Hülsen'sche  Annahme  entscheidet,  «weil 


liehen  und  südlichen  Seite  der  Substmktion 
des  Gapitoliums  emporsteigend  den  Eingang 
in  der  Mitte  der  Südseite  gerade  gegenüber 
der  Front  des  Tempels  erreicht  habe.  Es  ist 
nicht  gerade  wahrscheinlich,  dass  man  in  so 
künstlicher  Weise  einen  Zugang  zum  Gapi- 
tolium geschaffen  haben  sollte,  während  sich 
die  Weiterführung  des  Glivus  auf  dem  Ab- 
hang der  Kuppe  des  Berges  innerhalb  der 


nur  ein  der  Tempelfront  gegenüber  liegender 
Eingang  einen  wirklich  erhabenen  Eindruck 
mache'',  besagen  nichts.  Auf  der  Akropolis 
wendet  der  Parthenon  den  fast  10  m  tiefer 
liegenden  Propyläen  die  Rückseite  zu,  und 
steht  auch  nicht  in  synmietrischer  Beziehung 
zu  ihnen. 

')  Vgl.  0.  RicHTSB,  Glivus  Gapitolinus. 
*  Hermes  XVIH  p.  104  ff.,  616  ff. 


120  B.  Topographie  von  Born. 

die  Nachrichten  über  sie  spärlich,  da  das  Capitolium  mit  seiner  grossen 
Fülle  von  Tempeln  sie  überstrahlte.  Im  Mittelalter  wurde  sie  durch  den 
Bau  der  Kirche  und  des  Klosters  Araceli  und  die  Anlage  der  zu  ihnen 
führenden  Aufgänge  gänzlich  umgestaltet.  Erst  in  der  letzten  Zeit  sind 
am  Südostabhange  eine  Anzahl  Mauerreste  zu  Tage  gekommen,  die  in  die 
älteste  Zeit  des  Quaderbaues  zurückreichen  und  zum  Teil  in  der  Kaiser- 
zeit mit  Gusswerk  überbaut  sind.  Sie  lassen  aber  keine  gewisse  Deutung 
zu,  namentlich  ist  eine  Identifizierung  derselben  mit  einem  der  auf  der 
Arx  ehemals  befindlichen  Heiligtümer  schwierig.  Klar  zu  erkennen  ist 
nur,  dass  der  Abhang  des  Berges  auf  eine  Substruktionsmauer  gestützt 
war  und  dass  die  auf  der  dadurch  geschaffenen  Area  vorhandenen  Trümmer 
zwei  verschiedenen  Bauten  angehören.  Möglicherweise  ist  auf  einem  Frag- 
mente des  Stadtplans  (F.  ü.  Taf.  XVII  114)  ein  Teil  dieses  Abhanges  dar- 
gestellt. —  Auf  der  Arx  befand  sich  das  Auguraculum,  d.  h.  der  Ort, 
wo  die  Augurn  ihre  Auspicien  anstellten.^)  Derselbe  war  ein  freier,  mit 
Gras  bewachsener  Platz,  der  ungehinderten  (Cic.  de  off.  III  66)  Ausblick 
über  die  östliche  Hälfte  des  Himmelstemplums  gestattete.  Zur  Beobach- 
tung desselben  nahm  der  Augur  auf  einem  Steine  Platz,  der  wahrschein- 
lich von  einer  Hütte  (Vitruv.  II  1,  6)  überdacht  war.  Das  weitere  Ritual 
lehrt  die  Inauguration  des  Königs  Numa  (Liv.  I  18).  Dieser  Beobachtungs- 
platz auf  der  Arx  gehört  zu  den  nachweisbar  ältesten  Einrichtungen  der 
Stadt;  das  Fetialenrecht  knüpft  an  denselben  an,  indem  ein  von  dort  ent- 
nommenes Qrasbüschel  bei  Kriegserklärungen  eine  Rolle  spielte  (Liv.  I  24); 
auch  die  heilige  Strasse  in  ihrer  weitesten  Erstreckung,  „qua  sacra  quot- 
quot  mensibus  feruntur  in  arcem  et  per  quam  augures  ex  arce  profecti  solent 
inaugurare"  (Varro  L.  L.  V  47),  endete  ursprünglich  hier.  Wahrscheinlich 
lag  unterhalb  des  Auguraculums  am  Abhang  des  Berges  der  von  Marina 
erbaute  Tempel  des  Honos  und  der  Virtus.  Aus  Cic.  pro  Sestio  116 
erfahren  wir,  dass  in  ihm  der  Senat  über  Ciceros  Zurückberufung  ver- 
handelte, er  muss  also  in  unmittelbarer  Nähe  des  Forums  gelegen  haben. 
Über  seine  Errichtung  sagt  Festus  344b:  summissiorem  aliis  aedem  Honoris 
et  Virtutis  C.  Marius  feoU,  ne,  si  forte  officeret  auspiciis  publicis,  augures  eam 
demoliri  cogerent.  Danach  scheint  angenommen  werden  zu  müssen,  dass 
er  unterhalb  des  Auguraculums  auf  dem  nach  Südosten  gelegenen  Ab- 
hänge der  Arx  lag.   Vgl.  CIL.  I*  p.  194. 

Eine  Besatzung  hat  die  Arx  zu  keiner  Zeit  gehabt,  dagegen  trat 
hier,  wie  überhaupt  in  der  Stadt,  jedesmal  der  Kriegszustand  ein,  wenn 
das  Volk,  d.  h.  die  gesamte  kriegsföhige  Mannschaft,  zu  den  Comitien  auf 
das  Marsfeld  vor  die  Stadt  entboten  wurde.  Da  hierdurch  die  Stadt  von 
Verteidigern  entblösst  war,  so  hätte  eigentlich  in  ältester  Zeit,  wo  über 
den  Tiber  nur  der  Pens  Sublicius  führte  und  das  Janiculum  noch  nicht 
befestigt  war,  die  Brücke  abgebrochen  werden  müssen;  um  dies  zu  ver- 
meiden, wurde  bestimmt,  dass  während  der  Dauer  der  Comitien  jedesmal 
ein  TeU  der  waffenfähigen  Mannschaft  das  Janiculum  besetzen  (Dio  Cass. 


^)  Fest.  epit.  p.  18:    auguracutum  ap-  1   quod  ibi  augures  auspicarentur.  Vgl.  Varro 
pelhbant  antiqui  quam  nos  arcem  dicimus,  \  L  L.  VII  8. 


5.  Das  Zentrnm  Borna,  c.  Der  kapitolinisohe  Httgel.  (§  40.) 


121 


XXXVn  28),  und  zum  Zeichen  des  Kriegszustandes  auf  der  Arx  das 
vexiUum  russi  coloris  aufgezogen  werden  sollte  (Liv.  XXXTX  15).  Die 
Fahne  diente  dazu,  die  Verbindung  zwischen  dem  Marsfeld  und  dem  Jani- 
culum  herzustellen.  Die  Besatzung  des  Janiculum  musste  auf  ihrem  Platze 
verharren,  bis  die  Fahne  hinabgezogen  wurde,  während  andrerseits  die  auf 
der  Arx  aufgehisste  Fahne  für  die  Comitien  auf  dem  Marsfelde  bedeutete, 
dass  das  Janiculum  besetzt  sei.  Auch  später  wurde  diese  Sitte  noch  fest- 
gehalten, so  dass  die  Centuriatcomitien  nur  stattfinden  durften,  so  lange 
auf  der  Arx  die  Kriegsfahne  wehte,  i)  —  Von  Tempeln  auf  der  Arx  wer- 
den nur  zwei  genannt,  die  der  Juno  Moneta  und  der  Concordia.  Der 
erstere  wurde  der  Sage  nach  von  Gamillus  im  Kriege  gegen  die  Aurunker 
gelobt  (Liv.  VII  28)  und  an  der  Stelle  erbaut,  wo  das  Haus  des  M.  Manlius 
Capitolinus  gestanden  hatte,  des  bekannten  Retters  des  Kapitels  vor  dem 
gallischen  Überfall,  der  hinterher  als  Hochverräter  hingerichtet  wurde 
(Liv.  VI  20).  Nach  Ovid.  Fast.  VI  183  lag  der  Tempel  in  summa  arce,  er 
würde  also  die  Stelle  der  Kirche  S.  Maria  in  Araceli  eingenommen  haben 
(Ovid.  Fast.  I  638).  Dedikationstag  war  der  I.Juni  (CIL.  I«  p.  319,  Macrob. 
Sat.  I  12,  30).  Den  Namen  Moneta  soll  Juno  erhalten  haben,  weil  bei 
einem  Erdbeben  aus  dem  Tempel  die  mahnende  Stimme  ertönte:  „ut  sue 
plena  procuratio  fieret*'  (Cic.  de  div.  I  101).  Mit  dem  Tempel  war  die  Münz- 
stätte verbunden  (Liv.  VI  20;  Mommsen,  Rom.  Münzw.  p.  301),  offenbar  um 
dieselbe  an  einem  möglichst  sicheren  Orte  zu  haben.  Von  den  weiteren 
Schicksalen  des  Tempels  wissen  wir  nichts.  —  Der  Concordientempel 
auf  der  Burg  wird  nur  beiläufig  erwähnt.  L.  Manlius  hatte  ihn  im  Jahre 
218  gelobt,  im  folgenden  Jahre  wurde  er  erbaut  (Liv.  XXH  33  und  XXIII 21). 
Der  Pränestinische  Kalender  hat  unter  dem  5.  Februar  Concordiae  in  arce 
(CIL.  P  p.  309). 

40.  Das  Capitolium.  Den  höchsten  Punkt  dieser  rings  ummauerten 
(vgl.  p.  114),  durch  gewaltige  und  vielbewunderte  Substruktionen  (Liv.  VI 
4,  12,  XXXVm  28,  3,  Plin.  N.  H.  XXXVI  104)  gestützten,  an  den  Rän- 
dern durch  Aufschüttung  (gleich  der  Akropolis)  eingeebneten  Kuppe,  die 
etwa  die  Hälfte  des  Flächenraums  der  Akropolis  misst,  nimmt  der  Ju- 
pitertempel ein.  Der  Name  „ Capitolium'',  dessen  Entstehung  die  Alten 
durch  ein  Wunder  zu  erklären  versuchten  (Varro  L.  L.  V  41),  war  offen- 
bar ursprünglich  der  Name  der  südlichen  Hügelkuppe;  er  ging  dann 
auf  den  wichtigsten  Punkt  derselben,  den  Jupitertempel,  über  und  wurde 
für  diesen  abwechselnd  mit  der  Bezeichnung  aedes  Jovis  optimi  maximi 
gebraucht.*)  —  Der  lange,  zu  den  interessantesten  Kapiteln  der  römischen 
Topographie  gehörende  Streit,  ob  der  Tempel  hier  oder  auf  der  nördlichen 
Kuppe  des  Berges  zu  suchen  sei,  ist  durch  die  Auffindung  der  Fundamente 
und  die  nun  endlich  genügende  Identifizierung  derselben  mit  der  Beschrei- 
bung des  Tempels  bei  Dionys  erledigt.  Die  Fundamente  liegen  unter  dem 
Palast  und  Garten  Caffarelli.    Sie  sind  1865  und  1876  teilweise  zum  Vor- 


^)  Vgl.  0.  RiCBTBs,  Die  Befestigung  des 
Janicolnm,  Berlin  1882. 

')  Gerade  so  ging  der  Name  Palatium, 
der  ebenfalls  an  dem  Berge  haftete,  auf  das 


Hans  tlber,  welches  Angnstos  auf  demselben 
baute,  und  wurde  so  in  der  Folgezeit  stehende 
Bezeichnung  der  kaiserlichen  Residenz. 


122 


B.  Topographie  von  Born. 


BcheiD  gekommen,  aber  wieder  zugeschüttet.  Über  der  Erde  befindet  sieh 
nur  eine  den  Garten  des  Palastes  im  Osten  begrenzende  Mauer,  die  aber 
ebenfalls  noch  zum  Unterbau  des  Tempels  gehörte.^)  Der  Tempel  bildete 
ein  dem  Quadrat  sich  näherndes  Rechteck,  dessen  Längsachse  24^  östlich 
von  der  Nord-Süd-Linie  abweicht.  Die  kürzere  Seite  desselben,  die  allein 
hat  sicher  gemessen  werden  können,*)  beträgt  52,50  m  oder  177,40  rö- 
mische Fuss.  Dionys,  IV  61  gibt  jede  Seite  »lyyecira«  auf  200  Fuss  an, 
und  den  Unterschied  zwischen  der  längeren  und  kürzeren  auf  beinahe 
15  Fuss  {ovd'  oX(ov  7i6v%€Ha(d€xa  nodciv).  Danach  würde  also  die  längere 
Seite  etwa  191—192  Fuss  betragen  haben.»)  Der  Palazzo  Caflfarelli  ftUt 
mit  seiner  Vorderfront  etwa  mit  der  nördlichen  Kante  des  Stylobaten 
zusammen.  Doch  ist  er  auffallenderweise  schief  auf  den  Stylobaten  auf- 
gesetzt, geht  auch  mit  seiner  Westseite,  die  besonders  fundamentiert  ist, 
über  denselben  hinaus.   Die  noch  nördlich  von  dem  Palazzo  zum  Vorschein 

gekommenen  Reste,  nament- 
lich die  über  dem  schroffen 
Abhang  bei  Tor  de'  Specchi, 
gehören  nicht  mehr  zum 
Tempel,  sondern  zu  der  Be- 
festigung des  Hügels.  Die 
Ausgrabungen  des  Jahres 
1876  haben  ferner  ergeben, 
dass  der  Stylobat,  soweit  er- 
kennbar, keine  kompakte 
Masse  bildet,  sondern  aus 
parallelen  Streifen  besteht, 
von  denen  die  allein  allen- 
falls messbaren  äusseren 
5,60  m  breit  sind.  Diese 
Streifen  dienten  als  Funda- 
mente für  die  Säulenreihen. 
Der  Unterbau  ist  tief  in  die 
Oberfläche  des  Felsens  ein- 
gebettet (bis  zu  7  m)  und  be- 
steht aus  flachen,  30  bis  32  cm  hohen  Quadern  aus  Tuff,  die  am  Kapitol 
selbst  gebrochen  zu  sein  scheinen.  Sie  sind  ohne  Mörtel  geschichtet.  Auf 
der  einzigen  über  dem  heutigen  Boden  hervorragenden  Mauer  liegt  ein 
Stück  Betonwerk;  wenn  man  annimmt,  dass  dasselbe  zum  Fussboden  des 
Pronaos  gehört  hat,  so  hat  der  Stylobat  eine  Höhe  von  4—5  m  gehabt. 
Der  Tempel  war  dreizellig  und  hatte  in  der  Front  sechs  Säulen. 

Da  nach  der  sogleich  zu  gebenden  Geschichte  des  Tempels  fest- 
steht, dass  die  aufgefundenen  Fundamente  dieselben  sind,  die  bei  Grün- 
dung des  Tempels  unter  den  Tarquiniern  gelegt  wurden,  so  ist  die  Mög- 


1 

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m^pm^ 

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9.  Das  CapltoUnm.    Onmdrias. 


')  Ausfnhrlichste  Beschreibang  bei  Job-  I  ')  Vgl.  0.  Richter,  Der  kapitolinische 

DAN,  Top.  I*  p.  64  flf.    Vgl.  Ann.  d.  Inat  1876  i  Jupitertempel  und  der  italische  Fuss,  Hermes 

p.  145  ff.    Mon.  d.  Inst.  X.  Taf.  XXXa.  |  1887,  p.  17  ff.  Diesse  Masse  erhöhen  sich  noch 

^)  Vgl.  Hermes  XVUI  p.  21.  ,  etwas  durch  die  Hinzurechnung  der  Bekleidung. 


5.  Das  Zentmm  Borna,  o.  Der  kapitoliniaohe  Hügel.  (§  40.)  123 

lichkeit  geboten,  die  Masse,  nach  denen  die  ersten  Baumeister  den  Tempel 
errichteten,  festzustellen.  Es  ist  nach  den  Untersuchungen  von  Dörpfeld 
(Hermes  XYIII  p.  617)  und  den  dazu  gegebenen  Nachträgen  von  Mommsen 
(Hermes  XXI  p.  411)  und  mir  (Hermes  XXH  p.  17  flf.)  nicht  mehr  zu  be- 
zweifeln, dass  der  Tarquinische  Tempel  nach  einem  älteren  Fuss,  dem 
italischen,  von  0,278  m  Länge  gebaut  ist  (während  der  spätere  römisch- 
griechische 0,296  m  betrug).  Wenn  man  sich  also  über  die  Masseinheit 
klar  werden  will,  nach  der  der  Tempel  gebaut  wurde,  so  muss  man  die 
zuverlässig  bekannten  Masse  in  den  italischen  Fuss  umrechnen.  Das  einzig 
wirklich  zuverlässige  Mass  ist  aber  die  Länge  der  kürzeren  Seite  von 
52,50  m  =  188,85  ital.  Fuss.  Zu  dieser  Länge  käme  noch  die  Dicke  der 
Verkleidung  hinzu,  aber  sie  kann  unberücksichtigt  bleiben,  da  doch  wohl 
angenommen  werden  darf,  dass  die  Säulen  auf  den  Tufffundamenten  ruhten 
und  mindestens  um  die  Breite  der  Verkleidung  (die  ohnehin  unbestimm- 
bar ist)  vom  Bande  des  Stylobaten  abstanden  (vgl.  Abb.  9).  Es  würde  sich 
demnach  folgende  Rechnung  ergeben.  Die  Dicke  der  Säulenbasis  beträgt 
rund  8  Fuss.^)  Wenn  man  auf  jeder  Seite  eine  halbe  Säulenbreite  ab- 
rechnet, so  bleiben  für  die  5  Interkolumnien  rund  180  Fuss.  Nach  Vitruv 
soll  nun  das  Verhältnis,  in  dem  die  Breiten  der  Gellen  zu  einander  stehen, 
4  :  3  sein.  Wenn  man  ferner  annimmt,  dass  der  äussere  Säulenumgang 
die  Breite  des  mittleren  Interkolunmiums  gehabt  hat,')  so  dass  sich  in 
der  Front  3  Interkolumnien  zu  4  und  2  Interkolumnien  zu  3  Masseinheiten 
befanden,  im  ganzen  also  18  Masseinheiten  auf  180  Fuss  kamen,  so  be- 
trägt die  Masseinheit  10  Fuss.  Dann  messen  die  grösseren  Interkolum- 
nien 40,  die  kleineren  30  Fuss,  und  die  Masse  der  Front  sind  folgende: 

4  +  40  +  30  +  40  +  30  +  40  +  4  =  188  Fuss. 
Die  der  (längeren)  Seitenfront  (2  grössere  und  4  kleinere  Interkolumnien, 
vermehrt  um  eine  halbe  Säulenbreite) 

4  +  40  +  30  +  30  +  30  +  30  +  40  =  204  Fuss. 

Der  unterschied  zwischen  der  grösseren  und  kleineren  Seite  würde 
also  16  italische  Fuss,  d.  h.  rund  15  römisch-griechische  Fuss  betragen, 
sich  also  der  Angabe  des  Dionys  bis  auf  ein  Minimum  nähern.  Es  braucht 
nur  angenommen  zu  werden,  dass  die  Verkleidung  der  Langsoiten  ein 
wenig  stärker  war  als  die  der  Hinterseite,  so  ergibt  sich  der  Unterschied 
von  , nicht  ganz"  15  Fuss.  Der  Bau  hatte  also  die  einfachsten,  durch  10 
zu  teilenden  Masse,  das  Cellahaus  mit  seinen  drei  Gellen  war  100  (30  4* 
40  -t-  30  zu  40  i  30  -\-  30)  Fuss  im  Quadrat,  der  Tempel  war  also  ein 
richtiger  Hekatompedos.  —  Die  Rekonstruktion  des  Tempels  (Abb.  9)  ist 
auf  Qrund  dieser  Ergebnisse  gemacht. 

Die  Überlieferung  schreibt  Anlage  und  Bau  des  Tempels  den  Tar- 
quiniern  zu  (Cic.  de  rep.  H  36;  Liv.  I  38;  Tac.  bist.  III  72),  setzt  seine  Voll- 
endung aber  in  das  erste  Jahr  der  Republik:  der  Konsul  Horatius  dedi- 
ziert  ihn  an  den  Iden  des  September  im  Jahre   509   (Liv.  II  8).     Zahl- 

0  Fast  genau  diese  Grösse  hat  der  unter  {  ')  Diese  nach  Analogie  des  Tempels  von 

den  Trümmern  des  Tempels  gefundene  Rest  i  Falerii   angenommene   Anordnung  ist   auch 

einer  Säulenbasis.  Vgl.  Jobdan,  Top.  1 2  p.  72  von  Hülsen  (Formae  urbis  Romas  III)  schon 

Anm.  69.  |  acceptiert 


124 


B.  Topographie  yon  Born. 


reiche  Legenden  verherrlichten  den  Ursprung  dieses  berühmtesten  aller 
römischen  Tempel.  Topographisch  wichtig  ist  darunter  die  Notiz,  dass 
die  Kuppe  des  Capitoliums  schon  vor  Gründung  desselben  eine  Anzahl  von 
„sacella"^)  getragen  habe,  die  zum  Zweck  des  Tempelbaues  exauguriert 
werden  mussten.  Nur  Terminus,  heisst  es,  liess  sich  nicht  verdrängen 
(Liv.  I  55  u.  a.),  und  sein  Sacellum  musste  daher  in  den  Tempel  ein- 
geschlossen werden  (Serv.  Aen.  IX  446;  Ovid.  Fast.  11  569  flf.).  Spätere 
pragmatisierende  Legenden  fügen  auch  noch  die  Juventas  und  den  Mars 
hinzu  (Dionys.  III  69 ;  Augustin.  de  civ.  dei  IV  23,  3).  Die  drei  Gellen  waren 
für  Jupiter  (in  der  Mitte),  Minerva  (zur  Rechten,  Liv.  VII  3,  5),  Juno  (zur 
Linken)  bestimmt.  Die  Cella  des  Jupiter  diente  auch  zu  Senatssitzungen; 
namentlich  wurde,  wie  aus  zahlreichen  Stellen  des  Livius  u.  a.  ersichtlich, 
die  erste  feierliche  Sitzung  am  Anfang  des  Jahres  hier  abgehalten.  Ausser- 
dem fanden  hier  die  Sitzungen  statt,  in  denen  über  Krieg  beraten  wurde.') 

Das  Material,  aus  dem  der  Tarquinische  Tempel  aufgeführt  war,  ist 
unzweifelhaft  der  lokale  Tuflf  gewesen,  wie  er  auch  in  den  Fundamenten 
verwendet  ist.  Die  in  denselben  befindlichen  Kellerräume,  die  vermutlich 
nur  vom  Innern  des  Tempelhauses  aus  zugänglich  waren,  dienten  zur  Auf- 
bewahrung heiliger  Gegenstände,  wie  das  direkt  Dionys.  IV  62  von  den 
Sibyllinischen  Büchern  bezeugt.  —  Das  Kultusbild  in  der  Cella  des  Ju- 
piter »)  stammte  der  Sage  nach  aus  Etrurien  (Plin.  N.  H.  XXXV  157;  Ovid. 
Fast.  I  201  f.)  und  war  thönern.  Ebenfalls  thönern  waren  die  Darstellungen 
des  Giebelfeldes  und  die  Bildwerke,  welche  auf  dem  Giebel  standen,  in 
der  Mitte  Jupiter  auf  einer  Quadriga  (Plin.  N.  H.  XXVIII  16;  Wunder- 
geschichte Flut.  Popl.  13;  Fest.  p.  274b).  Das  Antlitz  des  Jupiterbildes  in 
der  Cella  wurde  mit  Minium  (Mennige)  rot  gefärbt;  der  Körper  war  mit 
einer  mit  Palmenzweigen  und  Viktorien  geschmückten  Tunika  und  einer 
purpurnen,  goldgestickten  Toga  bekleidet.  Es  ist  dies  die  Kleidung, 
welche  die  Triumphatoren  am  Tage  des  Triumphes,  dessen  Ziel  das  Capi- 
tolium  war,  anzulegen  pflegten.*) 

In  und  an  dem  Tempel  häuften  sich  durch  die  glücklichen  Ausgänge 
so  vieler  siegreicher  Kriege  die  von  Triumphatoren  und  auswärtigen  Herr- 
schern gestifteten  Beutestücke  und  Weihgeschenke  derartig,  dass  im  Jahre 
179  V.  Chr.  der  Tempel  von  ihnen  gesäubert  werden  musste.  Damals  er- 
hielten die  Wände  und  Säulen  auch  einen  neuen  Stucküberzug.*)  Nach 
Beendigung  des  dritten  punischen  Krieges  wurde  das  Deckengebälk  des 
Tempels  (laquearia,  Plin.  N.  H.  XXXIII  57)    vergoldet   und  das  Tempel- 


*)  Dionys  UI  69  sagt:  noXXol  yag  ijaay 
iy  avrtp  ßwuol  d-emy  re  xal  daifiöytay  oUyoy 
dnixoyjsg  akXrjXtoy. 

')  Appian  Fun.  75  x6  Kanextuhovy  ovneq 
Blüi&aat  nsQt  noXifiov  axoneiy. 

•)  Vgl.  WissowA  in  den  Neuen  Jahr- 
büchern von  Ilberg  und  Richter  I  p.  161. 

^)  Der  Tnumphzng  begann  im  Marsfeld 
vor  der  Porta  triumphalis.  Er  nahm  seinen 
Weg  dnrch  den  Circus  Flaminius,  betrat 
durch  die  Porta  Carmentalis  die  eigentliche 
Stadt,   zog  durch  den  Vicus  Jugarius  aufs 


Forum,  von  da  durch  den  Vicus  Tuscus  und 
das  Velabrum  in  den  Circus  Mazimus  ein, 
weiter  um  den  Palatin  herum  zur  heiligen 
Strasse  und  über  das  Forum  und  den  Olivus 
Capitolinus  bis  zum  Tempel. 

*)  Liv.  XL  51:  Lepidua  .  . .  aedem  Jovis 
in  Capitolio  columnasque  circa  poliendas  albo 
locavit:  et  ab  his  columnis,  quae  incommode 
opposita  pid^antur  signa  amovit  clipeaque 
de  columnis  et  signa  militaria  adfixä  omnis 
generia  dempsit. 


5.  Das  Zentrum  Roms.  o.  Der  kapitolinisohe  Hügel.  ($  40.) 


125 


haus  erhielt  einen  Mosaikfussboden  (Plin.  N.  H.  XXXVI  185).  So  stand 
der  Tempel  bis  zum  Jahre  83  v.  Chr.,  als  er,  man  weiss  nicht  auf  welche 
Weise,  ein  Raub  der  Flammen  wurde  (Cic.  Cat.  III  9).  Der  Brand  hat 
ihn  bis  auf  die  Fundamente  zerstört;  selbst  die  in  den  Kellerräumen 
aufbewahrten  Sibyllinischen  Bücher  verbrannten  (Dio  Fragm.  106,  3 
Bekk.).  Dagegen  blieben  unversehrt  die  unmittelbar  vor  dem  Eingang 
zum  Tempel  befindlichen  Statuen  der  römischen  Könige  und  des  Brutus 
(Appian  b.  c.  I  16).  Auch  der  Tempelschatz  wurde  gerettet  und  von 
C.  Marius  dem  Sohne  nach  Präneste  gebracht  (Plin.  N,  H.  XXXm  16). 
Sulla  begann  den  Wiederaufbau  (Tac.  bist.  UI  72  u.  a.)  und  liess  dazu  die 
Säulen  vom  Olympieion  in  Athen  nach  Rom  bringen  (Plin.  N.  H.  XXXVI  45), 
aber  er  starb  darüber  fort.  Erst  im  Jahre  69  wurde  der  Tempel  von 
Q.  Lutatius  Catulus  (Liv.  ep.  XCVIII;  Cic.  in  Verr.  IV  69)  dediziert.  Er 
war  genau  so  wieder  aufgebaut  worden,  wie  der  alte  gewesen  war,  und 
unterschied  sich  von  diesem  nur,  wie  Dionys.  IV  61  sagt,  durch  die  grössere 
Pracht  der  Ausführung.  Auch  die  Säulen  waren  wiederum  dorisch,  wie 
die  Abbildung  auf  dem  Denar  des  Petillius  Capitolinus  (Cohen,  Monn.  de  la 
r^p.  T.  XXX,  Pet.  1.  2)  aus  dem  Jahre  43  v.  Chr.  zeigt,  waren  also  auch 
wohl  nicht  die  von  Sulla  für  den  Tempel  bestimmten.  Sie  waren  aber 
höher  als  die  alten  (Val.  Max.  IV  4,  11).  Nach  Vollendung  des  Tempels 
stellte  sich  heraus,  dass  der  unterbau  zu  niedrig  war  und  in  keinem  Ver- 
hältnis zu  der  Höhe  des  Oberbaus  stand.  Catulus  wollte,  um  diesem  Übel- 
stande abzuhelfen,  die  Area  des  Tempels  niedriger  legen,  doch  hinderten 
dies  die  Favisae.*) 

Von  welchem  Material  (Travertin?)  dieser  Neubau  war,  wissen  wir 
nicht.  Das  Dach  wurde  von  hölzernen  Adlern  getragen  (Tac.  bist.  III  71) 
und  war  mit  vergoldeter  Bronze  gedeckt  (Plin.  N.  H.  XXXIII  57).  An 
Stelle  des  thönernen  Jupiterbildes  war  ein  griechisches  Kunstwerk  von 
Gold  und  Elfenbein  getreten,  von  ApoUonios  nach  dem  Vorbilde  des 
Olympischen  Zeus  angefertigt.^)  Von  dem  Giebelbilde  gibt  der  oben- 
genannte Denar  eine  Vorstellung.  Er  zeigt  in  der  Mitte  desselben  eine 
auf  Schilden  thronende  Roma.  Dieselbe  Münze  zeigt  auf  der  Spitze  des 
Giebels  Jupiter  auf  einer  Quadriga,  an  den  Ecken  Adler.  Auch  im  Vesti- 
bulum  standen  Quadrigen  (Tac.  bist.  I  86).  —  Auch  dieser  Tempel  füllte 
sich  mit  Weihgeschenken  und  Kostbarkeiten;  durch  feierliche  Gesandt- 
schaft nach  Erythrae  wurden  die  Sibyllinischen  Bücher  wiedergewonnen 
und  am  alten  Orte  geborgen  (Lactant.  de  ira  dei  XXII  6).  Einer  Wieder- 
herstellung bedurfte  er  zur  Zeit  des  Augustus,  wahrscheinlich  28  v.  Chr.; 
sie  kann  nicht  unbedeutend  gewesen  sein,  da  er  davon  Mon.  Anc.  IV  9 
sagt:  impensa  grandi  refeci  sine  uUa  inscriptione  nominis  mei. 

Im  Jahre  69  n.  Chr.  ging  der  Tempel  bei  dem  Sturme  der  Vitellianer 
wiederum  in  Flammen  auf;  ausführliche  Schilderung  des  Sturmes  und  des 
Brandes  gibt  Tac.  bist.  III  71.    Wo  die  dort  erwähnten,  ziemlich  dicht  an 


')  Gell,  n  10:  Cellos  quasdam  et  ciater- 
naSy  qtioe  in  area  sub  terra  essent,  ttbi  repani 
soleretU  siffna  vetera,  quae  ex  eo  templo  eoU 
lapsa  essent,  et  dlia  quaedam  religiosa  e  donis 


cansecratis. 

')  Vgl.  Bbunv,  Kttnstlergesch.  I,  p.  543; 
OvBBBBOK,  Griech.  Plast.  11,  p.  375. 


126  fi-  Topographie  yon  ftom. 

den  Tempel  herantretenden  porticus,  die  den  Brand  zum  Tempel  fort- 
pfUtnzten,  sich  befanden,  ist  nicht  mehr  genau  zu  bestimmen.  Sie  lagen 
in  Capitolio  nach  der  Seite  des  lucus  asyli  hin.  —  Im  Jahre  70  begann  der 
Neubau  durch  Vespasian.  Auf  Mahnung  der  Haruspices  wurde  der  Schutt 
des  abgebrannten  Tempels  in  die  Sümpfe  (in  pcdudes)  gefahren  und  der 
neue  Tempel  isdem  vestigiis  (Tac.  bist.  TV  53)  aufgebaut.  Die  einzige  Än- 
derung, die  man  sich  erlaubte,  war  die  grössere  Höhe  des  Baus.  Noch  in 
demselben  Jahre  wurde  in  feierlicher  Weise  die  Grundsteinlegung  be- 
gangen. Wann  dieser  Tempel,  der  nach  der  Bronze  des  Vespasian  und 
Titus  (Cohen,  Vesp.  409;  Tit.  270.  271)  ein  korinthischer  Hexastylos  war, 
dediziert  wurde,  wissen  wir  nicht.  ^)  Er  brannte  im  Jahre  80  abermals  ab, 
wurde  aber  sofort  wieder  aufgebaut  und  von  Domitian  im  Jahre  82  dedi- 
ziert (Dio  LXVI  24;  Suet.  Dom.  8).  Der  neue  Tempel  war  ebenfalls  ein 
korinthischer  Hexastylos,  er  hatte  Säulen  von  pentelischem  Marmor  und 
vereinigte  in  jeder  Hinsicht  alles  in  sich,  was  Kunst  und  Prachtliebe  jener 
Zeit  zu  schaffen  vermochten.*)  Spätere  Brände  haben  ihn  vorübergehend 
beschädigt,  aber  nicht  wieder  vernichtet,  er  hat  das  Altertum  über- 
dauert. Seit  dem  5.  Jahrhundert  n.  Chr.  begann  man,  ihn  zu  plündern. 
Stilicho  raubte  die  vergoldeten  Bronzethüren  (Zosimus  V  38,  p.  302  Bekk.), 
Geiserich  einen  Teil  der  vergoldeten  Bronzeplatten  des  Daches  (Proc.  Vand. 
I  5),  und  so  ging  er  teils  durch  Plünderungen,^)  teils  durch  die  Fehden 
des  Mittelalters  allmählich  zu  Grunde.^)  Selbst  seine  Fundamente  blieben 
nicht  intakt,  da  die  in  dem  Berge  befindlichen  Steinbrüche,  zum  Teil  von 
oben  her,  einzustürzen  begannen.  Steine  vom  Tempel  sind  tief  im  Innern 
des  Berges  unter  Schutt  und  Geröll  gefunden  worden.  In  einer  der 
Höhlen  fand  man  die  Spuren  eines  Mithräums.  Als  die  Caffarellis  im 
16.  Jahrhundert  ihren  Palast  hierher  bauten,  benutzten  sie  die  Funda- 
mente, aber  in  so  eigentümlicher  Weise  (der  Palast  weicht  etwa  8^  von 
denselben  ab  und  geht  mit  seiner  Nordwestecke  darüber  hinaus,  vgl.  p.  118), 
dass  man  sieht,  dieselben  müssen  schon  damals  in  einem  Übeln  Zustande 
gewesen  sein. 

Vor  dem  Jupitertempel  lag  die  Area  (Gell.  H  10,  1,  Liv.  I  15), 
deren  ursprüngliche  Grösse  und  Gestalt  nicht  mehr  nachweisbar  ist.  Sie 
scheint  durch  die  gleich  zu  erwähnenden  Bauten  immer  mehr  eingeengt 
zu  sein.  Ein  im  Jahre  1896  aufgedeckter  Unterbau  liegt  so  nahe  der 
Front  des  Tempels  (vgl.  Hülsen,  Zur  Top.  des  Kapitels,  Tafel),  dass  der 


*)  Vgl.  MoMMSKN,  Res  gestae  D.  A.«  p.  128. 

*)  Abbüdiingen  auf  dem  Relief  des  Con- 
servaiorenpalastes  (Mon.  d.  Inst.  V  36)  und 
auf  Silbermünzen  Domitians  (Cohbv,  Dom.  I 
69.  71).  Ersteres  zeigt  den  Tempel  yiersäniig, 
gibt  aber  eine  besonders  gute  Darstellung 
des  Giebelfeldes.  Vgl.  Baumeister,  Denkmäler 
p.  765.  Hülsen,  Osservazioni  sull'  archi- 
tettura  del  tempio  di  Giove  Capitolino,  in  den 
Mitt.  d.  Inst.  1888  p.  150  ff.  und  Rom.  Mitt. 
1890  p.  252  ff.  AüDOLLENT,  Dessin  in^dit  d'un 
fronton  du  temple  de  Jupiter  Capitolin,  M^- 
langes  d*Ecole   fran^aise  de  Rome  IX  1889, 


p.  120  ff. 

')  Vgl.  MoxxsBN,  Ghron.  min.  1, 336  zum 
Jahre  571.  —  De  Rossi,  Bull,  christ.  1867, 
p.  22. 

*)  Ueber  die  noch  nachweisbaren  Kunst- 
werke etc.,  die  innerhalb  des  Tempels  sich 
befanden,  zum  grossen  Teil  Weihgeschenke 
yon  Siegern  und  unterworfenen  Völkern  und 
Fürsten  von  ausserordentlicher  Kostbarkeit, 
vgl.  Jacobi,  Museographie  p.  96  ff. 

*)  Vgl.  Bull.  d.  Inst.  1882  p.  227  ff.;  Her- 
mes  1883  p.  616  und  den  Schupmann'schen 
Plan  in  den  Mon.  X,  Taf.  XXXa. 


5.  Das  Zentmm  fioms.  o.  Der  kapüolinisohe  fiügel.  ($  40.) 


127 


Raum  dadurch  äusserst  beengt  erscheint.  In  der  Mitte  derselben  stand 
die  Ära,  an  der  sowohl  die  grossen  Staatsopfer  am  Anfange  des  Jahres, 
bei  Triumphen  u.  s.  w.  dargebracht  wurden,  als  auch  die  von  einzelnen. 
Namentlich  opferten  hier  die  jungen  Römer  nach  Anlegung  der  Toga 
virilis  (Serv.  zu  Verg.  Ecl.  4,  50).  Auf  der  Area  feierte  das  Collegium 
Capitolinorum  seine  Spiele,  auch  Versammlungen  wurden  dort  gehalten, 
wie  z.  B.  die  der  Tribus  zum  Zwecke  der  Aushebungen,  und  Volksversamm- 
lungen, wie  jene  berühmte,  die  zur  Katastrophe  des  Ti.  Gracchus  führte 
(Appian  b.  c.  I  16).  Unter  der  Area  befanden  sich  die  schon  erwähnten 
»Favisae'',  unterirdische  Kammern,  in  welchen  man  altes  Tempelgerät 
aufbewahrte.  Sie  müssen  stollenartig  in  den  Felsen  getrieben  gewesen  sein 
und  können  nicht  gut  einen  anderen  Eingang  gehabt  haben,  als  von  den 
Kellern  des  Tempels  aus.  —  Von  Gebäuden  standen  auf  der  Area  die 
Aedes  thensarum  (CIL.  III  p.  845  n.  II,  p.  1963  n.  XVI),  in  welcher  die 
Götterwagen  und  der  sonstige  Apparat  für  die  Prozessionen  aufbewahrt 
wurden,  die  Curia  calabra,  vor  der  an  den  Kaienden  jedes  Monats  von 
dem  Pontifex  minor  der  Eintritt  der  Nonen  verkündigt  wurde  (Praen. 
Kai.  I.Jan.:  Varro  LL.  VI,  27  Macr.  I  15,  10),  und  unmittelbar  daneben 
eine  Casa  Romuli  (Conen  Narr.  48,  Vitr.  II  1,  5),  endlich  das  Häuschen 
des  Thürhüters,  in  welchem  verborgen  Domitian  sich  beim  Sturme  der 
Vitellianer  rettete,  i)  Zum  Dank  dafür  setzte  er  an  dessen  Stelle  erst  ein 
Sacellum  des  Jupiter  Conservator  und  einen  Altar,  dann,  nachdem 
er  zur  Regierung  gekommen  war,  einen  Tempel  des  Jupiter  Custos 
(Tacitus  bist.  III  74,  Suet.  Dom.  5).  —  Zahlreich  waren  die  Götterbilder 
und  die  Standbilder  berühmter  Männer.  Unter  ersteren  ist  das  hervor- 
ragendste ein  Bild  des  Jupiter  (Dio  Cass.  XXXVII  9).  Als  dasselbe  im 
Jahre  65  v.  Chr.  vom  Blitze  getroffen  worden  war,  wurde  es  auf  Anord- 
nung der  Haruspices  durch  ein  grösseres,  auf  einer  Säule  stehendes  er- 
setzt und  contra  atque  antea  fuerat  (Cic.  in  Cat.  III  20)  mit  dem  Antlitz 
nach  Osten  gewendet,  damit  es  das  Forum  und  Comitium  anschaue.  Er- 
wähnt werden  ferner  u.  a.  ein  Jupiter  Africus,  „Simulacra*  des 
Hercules,  des  Liber,  der  Nemesis,  des  Bonus  Eventus  und  der  Bona 
Fortuna,  doch  erschöpfen  die  zufälligen  Erwähnungen  die  Sache  bei 
weitem  nicht.  Mit  Recht  sagt  wohl  Serv.  zu  Aen.  U  319:  in  Capüolio  .... 
deorum  omnium  simulacra  colebantur.^) 

unter  den  Standbildern  berühmter  Männer  befanden  sich  die  der 
römischen  Könige  und  daneben  das  des  Brutus;  sie  standen  vor  der  Thür 
des  Tempels.  Bei  ihnen  wurde  Ti.  Gracchus  erschlagen,  neben  ihnen  erhielt 
Caesar  eine  Statue.^)    Femer  befand  sich  auf  der  Area  die  Statue  des 


')  Nicht  klar  ist,  was  das  bei  PolybioB 
IQ  26  erwähnte  und  auf  der  kapitolinischen 
Area  befindliche  dyoQtiyofAtav  lameToy  ge- 
wesen ist,  and  ob  es  identisch  mit  dem  nur 
einmal  bei  Liv.  XXIV  10  erwähnten  Atrium 
publicum  in  Capitolio  oder  mit  der  Aedes 
thensarum  war.  Daselbst  befanden  sich  die 
Normalmasse.  Vgl.  Jobdan,  Top.  I  2  p.  59  ff. 

«)  Vgl.  Jobdan,  Top.  I  2  p.  46. 


^)  unter  den  Statuen  der  Könige  befand 
sich  auch  die  des  Titus  Tatius,  es  waren 
lüso  im  ganzen  acht.  Vgl.  Plin.  N.  H.  XXXIV 
22.  23,  y^^TTT  9.  10.  üeber  diese  Statuen, 
wie  überhaupt  über  die  älteren  Bildwerke 
Roms  vgl.  Detlrfsbns  Abhandlung  De  arte 
Romanorum  antiquissima,  zwei  Glückstadter 
Programme,  1867  und  1868. 


128 


B.  Topographie  von  Aoni. 


Q.  Marcius  Rex,  des  Erbauers  der  Aqua  Marcia,  die  das  Kapitel  mit 
Wasser  versorgte,  die  des  Q.  Fabius  Maximus,  des  L.  Scipio,  während 
des  älteren  Africanus  „imago"  in  der  Cella  des  Jupiter  stand,  des  L.  Gae- 
cilius  Metellus,  eines  M.  Aemilius  Lepidus,  des  T.  Seius  und  des 
Augustus.O  Auch  Trophäen  befanden  sich  hier,  wie  die  von  Caesar  wieder 
aufgestellten  des  Marius  (Plut.  Caesar  6).*)  Bis  zur  Zeit  des  Augustus 
war  die  Menge  der  Statuen  derartig  angewachsen,  dass  dieser,  um  Raum 
zu  gewinnen,  sie  zum  Teil  auf  das  Marsfeld  schaffte  und  dort  von  neuem 
aufstellen  liess  (Sueton  Calig.  34).  Nach  dieser  Zeit  wissen  wir  von  meh- 
reren Kaisern,  die  hier  ihre  Statuen  aufstellen  liesen;  so  Domitian  (Sueton 
Dom.  18),  Trajan  (Plin.  Pan.  52)  u.  a.  Auch  Altäre  befanden  sich  hier, 
z.  B.  eine  Ära  gentis  Juliae. 

Der  Jupitertempel  nahm,  wie  auf  der  Akropolis  der  Parthenon,  die 
höchste  Stelle  des  Berges  ein;  von  künstlichen  Substruktionen  getragen, 
überragte  er  die  ihn  umgebenden  Gebäude.  Zu  seinen  Füssen,  aber  noch 
in  Capüolio,  d.  h.  innerhalb  der  das  Capitolium  umschliessenden  Mauer, 
entstand  eine  Anzahl  von  Göttertempeln.  Als  ältester  gilt  der  des  Jupiter 
Feretrius,  der  Sage  nach  schon  von  Romulus  gestiftet,  welcher  hier  die 
ersten  Spolia  opima  aufhängte  (Liv.  1  10).  Das  jedenfalls  uralte  Tempel- 
chen, dessen  längste  Seite  nach  Dionys.  II 34  weniger  als  15  Fuss  (etwa  4  m) 
mass,  stand  noch  zur  Zeit  des  Augustus.  Derselbe  las  darin  auf  einem 
linnenen  Koller  die  Weihinschrift  des  A.  Cornelius  Cossus,  der  hier  die 
Spolia  opima  des  Tolumnius  aufgehängt  hatte  (Liv.  IV  20).  Auf  Mahnung 
des  Atticus  stellte  er  ihn  her.^)  Zu  den  ältesten  gehört  ferner  der  Tempel 
der  Fides,  der  Sage  nach  von  Numa  gegründet  (Liv.  I  21,  vgl.  Cicero  de 
nat.  deor.  II  61),  von  M.  Aemilius  Scaurus  wiederhergestellt.  Er  war  gross 
und  übertraf  nächst  dem  Jupitertempel  alle  anderen  auf  dem  Kapitel  be- 
findlichen Heiligtümer  an  Bedeutung.  Selbst  für  eine  Senatssitzung  bot 
er  genügend  Raum.^)  Bei  demselben  standen  die  Tropaea  Germa- 
nici.^)  —  Kleinere  Heiligtümer  waren  die  dicht  nebeneinander  liegenden 
Tempel  der  Mens  (Cic.  de  nat.  deor.  II  61)  und  der  Venus  Erycina,  bei 
Suet.  7  Venus  Capitolina,  CIL.  P  p.  331  unter  dem  9.  Oktober  Venus 
Victrix  genannt,  beide  nach  der  Schlacht  am  Trasimenischen  See  gelobt, 
ersterer  von  T.  Otacilius,  letzterer  von  Q.  Fabius  Maximus.  ^)    Den  Tempel 


')  Vgl.  Jacobt,  Museographie  p.  79  ff. 

*)  Em  anschauliches  Bild  von  der  Menge 
der  Bildwerke  etx;.  auf  dem  Tempelhof  giht 
Ciceros  Schilderung  von  dem  grossen  Un- 
wetter des  Jahres  65  (in  Cat.  111  19):  cum 
et  simulacra  deorutn  immortalium  depulsa 
sunt  et  statuae  veterum  haminum  deiectae  et 
legum  aera  liquefactn,  tactus  est  etiam  ille, 
qui  hanc  urbem  condidit,  Romulus ,  quem  in- 
auratum  in  CapitoHo  parvum  atque  lactentem, 
uberibus  lupinis  inhiantem,  fuisse  meministis. 
Die  Vernichtung  der  Gruppe  wird  auch  Cic. 
de  div.  I  12  und  II  20.  45  erw&hnt. 

')  Vgl.  MoMMSEN,  Römische  Forschungen 
II  p.  286  ff.  Die  Herstellung  fand  vermut- 
lich im  Jahre  31  v.  Chr.  statt.    Com.  Nepos, 


Att.  20.  Mon.  Ancyr.  IV  5. 

«)  Cic.  de  off.  in  29,  104  sagt  von  ihm: 
Qui  ius  igitur  iurandum  violat,  is  Fidem 
violat,  quam  in  Capitolio  vicinam  lovis 
optimi  maximiy  ut  in  Catonis  oratione  est, 
maiores  nostri  esse  voluerunt,  was  nicht  wört- 
lich als  Wandnachbarin  zu  verstehen  ist; 
vielmehr  lag  der  Tempel  niedriger,  wie  aus 
Appian  b.  civ.  I  16  hervorgeht  (vgl.  Hermes 
1882  p.  115  f.  Die  dort  ausgesprochene  An- 
sicht, er  habe  ausserhalb  des  Capitoliums  ge- 
legen, ist  danach  zu  modifizieren).  Moxmsbv, 
CIL.  ms.  p.  2034;  Hülsen,  Zur  Topographie 
des  Kapitels  p.  210  f. 

*)  Vgl.  Jobdan,  Top.  I  2  p.  56  Anm.  59. 

«)  Vgl.  Liv.  XXU  10,  XXIII  81:  utraque 


5.  Das  Zentrum  Borns,  o.  Der  kapitolinieche  Hügel.  (§  40.)  129 

der  Mens  in  Capitolio  erwähnt  auch  der  Kalender  zum  8.  Juni  (CIL  P 
p.  319).  Vereinzelt  ist  die  Nachricht,  dass  der  Kaiser  Marcus  der  Evsq- 
fBcia  ein  Sacellum  bv  %<p  Kan€%foXi(Q  geweiht  habe  (Dio  LXXI  34).  Topo- 
graphisch gar  nicht  verwendbar  sind  die  sehr  zweifelhaften  Nachrichten 
über  einen  Tempel  der  Fortuna,  der  auf  dem  Kapitol  gestanden  haben 
soll.*)  Ein  Tempel  der  Ops  „in  Capitolio*^  wird  zuerst  Liv.  XXXIX  22 
erwähnt.*)  Restaurirt  wurde  er  nach  Plin.  N.  H.  XI  174  durch  L.  Me- 
tellus  zwischen  123  und  114  v.  Chr.  Derselbe  Tempel  wird  in  den  Arval- 
akten  (CIL.  VI  p.  507)  erwähnt ;  in  ihm  kamen  am  7.  Dezember  80  n.  Chr. 
die  Sacerdotes  ad  vota  nuncupanda  ad  restitutionem  et  dedicationem  Ca- 
pitoli  zusammen.  Bei  demselben  stand  eine  Statue  des  älteren  Afri- 
canus.  Alle  übrigen  Nennungen  des  Tempels  der  Ops,  ohne  den  Zu- 
satz in  Capitolio^  namentlich  die  zahlreichen  Erwähnungen  bei  Cicero 
(Phil,  n  93;  ad  Attic.  VI  1,  17;  XIV  14,  5;  XVI  14,  3),  dass  Caesar  seinen 
Schatz  ad  Opis  niedergelegt  habe,  müssen  sich  ebenfalls  auf  diesen 
Tempel  beziehen.^)  —  Augustus  hat  auf  dem  Kapitol  zwei  Tempel  erbaut  : 
im  Jahre  20  v.  Chr.  den  des  Mars  Ultor  (Mon.  Anc.  IV  5),  einen  Rund- 
tempel, abgebildet  auf  Münzen  des  Jahres  (bei  Cohen  Aug.  189  £f.).  Nach 
Dio  LIV  8  wollte  er  in  ihm  ein  Seitenstück  zu  dem  Jupiter  Feretrius 
schaffen,  um  darin  die  Parthischen  Feldzeichen  aufzustellen,  doch  wurden 
dieselben  nach  Vollendung  seines  Forums  dorthin  gebracht  (vgl.  p.  111). 
Der  zweite  Tempel  war  der  des  Jupiter  Tonans;  Augustus  erbaute  ihn 
nach  Sueton  Aug.  29  zum  Dank  für  die  Befreiung  aus  Lebensgefahr,  als 
in  dem  Feldzuge  gegen  die  Cantabrer  der  Blitz  bei  einem  nächtlichen 
Zuge  seine  Sänfte  getroffen  und  den  voranleuchtenden  Diener  getötet  hatte. 
Der  Tempel  wurde  am  1.  Sept.  22  dediziert  (Mon.  Ancyr.  IV  3).*)  —  Von 
allen  diesen  Tempeln  ist  nur  wenig  zum  Vorschein  gekommen.  Südlich 
vom  grossen  Tempel,  wo  jetzt  das  deutsche  Hospital  steht,  existiert  noch 
ein  Stück  Quadermauer,  das  durch  Material,  Grösse  der  Steine  etc.  den 
Besten  des  grossen  Tempels  gleicht,  im  Jahre  1896  wurde  bei  Anlage  der 
neuen  Strasse  auf  dem  Kapitol  unterhalb  des  Konservatorenpalastes  der 
Qusskern  eines  Tempelstylobaten  aufgedeckt,  die  Bestimjnung  ist  ganz 
ungewiss  (vgl.  p.  126). 

Auf  dem  Capitolium  waren   die  bronzenen  Tafeln  mit  den  Staats- 
verträgen, die  das  römische  Volk  über  Bündnis  und  Freundschaft  mit  an- 

Marmorquadern),  sowie  die  Statuen  in  und 
bei  dem  Tempel  (Plin.  N.  H.  XXXIV  78.  79) 
zogen  Bewunderer  und  Andächtige  in  Scharen 
herbei.  Auch  Augustus  besuchte  ihn  oft;  als 
er  einst  des  Nachts  träumte,  der  kapitoli- 
nische Jupiter  beklage  sich,  dass  ihm  die  Ver- 
ehrer entzogen  würden,  antwortete  er,  dass 
der  Tonans  nur  sein  Thürhüter  sein  solle,  und 
zum  Zeichen  dessen  schmückte  er  das  Dach 
mit  Klingeln  (Suet.  Aug.  91).  Erwähnt  wird 
er  bei  Claudian  XXVIII  44  ff.:  iuvat  infra 
tecta  Tonantis  cemere  Tarpeia  pendentes 
rupe  Gigantaa  Caelatasque  fores  medüsque 
volantia  signa  nubibus  etc.  Er  muss  also  hart 
am  Rande  des  Berges  gestanden  haben. 


in  Capitolio  Mt,  canali  uno  discretae;  vgl. 
Mkbkbl  zu  Ovid.  Fast.  VI  241. 

')  Vgl.  Bbckeb,  Topographie  p.  404. 

')  Unter  den  Prodigien  des  Jahres  186 
y.  Chr.  heisst  es  dort:  ctedes  Opis  in  Capi" 
tolio  de  caelo  iaeta  erat.  Mommsbn,  CIL.  P 
p.  327  zweifelt,  ob  hier  nicht  mit  Obsequens 
Jofna  zu  lesen  ist. 

')  Vgl.  H.  Jobdan,  De  sacris  quibusdam 
in  hemerologio  fratrum  Arvalium  commemo- 
ratis.  Eph.  epigr.  1874  p.  229  ff.  Derselbe: 
De  sacris  Opis  aedibusque  Opis  et  Satumi. 
Eph.  epigr.  1876  p.  57  ff.  Hülsbk,  Rom.  Mitt. 
1892  p.  292.  CIL.  P  p.  327. 

*)  Die  grosse  Pracht,  mit  der  der  Tempel 
erbaut  war  (nach  Plin.  N.  H.  XXXVI  50  von 

Handbuch  der  klMB.  Altertumswissenschaft.    III,  8,  B.    2.  Aufl.  9 


130 


B.  Topographie  yon  Born. 


deren  Staaten  geschlossen  hatte,  öffentlich  ausgehängt  (Sueton,  Yesp.  8), 
desgleichen  die  Militärdiplome  bis  zum  Jahre  90  n.  Chr.  Die  erhaltenen 
Inschriften  resp.  Berichte  nennen  als  Aufstellungsort  entweder  einfach  das 
Gapitolium  oder  genauer  den  kapitolinischen  Jupitertempel  oder  Gebäude  etc., 
die  sich  auf  der  Area  befanden.^)  Namentlich  scheinen  die  Statuenbasen 
zum  Anheften  der  Tafeln  gedient  zu  haben.  Denn  bei  dem  Gewitter  des 
Jahres  65  v.  Chr.,  bei  dem  so  viele  simulacra  deorum  und  statuae  veterum 
hominum  vom  Blitze  getroffen  wurden,  werden  auch  legum  aera  liquefacta. 
Bei  dem  Brande  des  Tempels  im  Jahre  69  n.  Chr.  sind  nach  Sueton,  Yesp.  8 
dreitausend  solcher  Tafeln  mit  zu  Grunde  gegangen  (vgl.  Dio  XLV  17). 

41.  Die  Einsattlung  zwischen  Arz  und  Capitolium  hat,  wie  sich 
bei  der  Fundamentierung  der  Statue  des  Marc  Aurel  herausstellte,  im  Alter- 
tum ungefähr  dasselbe  Niveau  gehabt  wie  jetzt.  Der  Sage  zufolge  soll 
hier  Romulus  ein  Asyl  eingerichtet  haben.  Zu  Livius'  Zeit  war  es  um- 
mauert {saeptus  Liv.  I  8),  um  den  Missbrauch  zu  verhüten  (Dio  XLYII  19). 
Auch  ein  Tempel  hat  daselbst  gestanden  (Dionys.  11  15),  der  des  Ve- 
iovis  „inter  duos  lucos^,  der  nach  Ovid  Fast.  III  429  ff.  ein  jugendlicher 
Jupiter  war  und  statt  der  Blitze  ein  Bündel  Pfeile  hielt;  neben  ihm  stand 
eine  Ziege. >)  Der  Tempel  hatte  nach  Vitruv  IV  7,  4  ein  ungewöhnliches 
Schema,  er  lässt  sich  aber  nicht  darüber  aus.  Nach  den  beiden  Hainen, 
zwischen  denen  er  lag,  wird  auch  die  ganze  Einsattlung  inter  duos  lucos 
genannt.    Vereinzelt  ist  Tacitus'  Ausdruck  bist.  HI  71  luctts  asyli.^) 

42.  Der  kapitolinische  Hügel  ist  unbeschadet  seines  fortifikatorischen 
und  sakralen  Charakters  mit  Privathäusern  bebaut  gewesen.  Es  gab  nach 
Liv.  V  50  ein  im  Jahre  380  v.  Chr.  gestiftetes  coUegium  ex  iis,  qui  in  Capi- 
tolio  atque  arce  habüarent  Sie  feierten  ihre  Spiele,  wie  wir  oben  sahen, 
auf  der  Area  des  Capitoliums.  An  den  Verrat  des  Manlius,  dessen  Haus 
geschleift  wurde,  knüpfte  sich  der  Volksschluss,  dass  kein  Patrizier  mehr 
auf  der  Arx  oder  dem  Capitolium  wohnen  sollte  (vgl.  p.  117).  Grössere 
Strecken  Landes  an  den  Ostabhängen  des  Kapitels  besass  bis  zum  Jahre  93 
V.  Chr.  die  Priesterschaft.  In  diesem  Jahre  wurden  sie  inopia  cogente  (Oro- 
sius  V  18)  verkauft  und  jedenfalls  bebaut.  Die  Entfestigung  des  Hügels, 
die  eben  zu  jener  Zeit  begonnen  haben  mag,  gab  neue  Gelegenheit  zu 
Privatbauten,  im  Jahre  69  n.  Chr.  ist  die  ganze  Kuppe  des  Capitoliums  bis 
an  die  Mauern  der  Tempelarea  heran  mit  Häusern  bedeckt.    Vgl.  Tac.  bist. 


^)  Die  Bezeichnungen,  denen  stets  in 
Capitolio  vorausgeht  (vgl.  Hülsen,  Zur  To- 
pographie des  Kapitols  p.  213)  sind  folgende: 
ad  latus  9%ni9t(rufn)  aedis  thensarum  eX' 
trinsecus;  post  aedem  Iovis  o.  m.  in  basi 
Q,  Marci  Regia  pr(aetori8) ;  ad  (aram),  in 
podio  arae  gentis  Jtiliae  laiere  dextro;  ante 
8ig(num)  Liberi  patris  und  öfters  in  ver- 
s<äiedenen  Wendungen  die  ara  gentis  Juliae; 
introeuntibtia  ad  sinistram  in  muro  inter 
duoa  arctts;  in  basi  Iovis  Africi;  in  bcisi  co- 
lumnae  parte  posteriore,  quae  est  secundum 
lovem  Äfricwn;  in  tribunali  Caesarum  Ves- 
pasiani  et  T.  Domitiani;  post  thesariutn  ve- 
terem;    aedis  Fidei  pcpuli   Romani   parte 


dexteriore;  post  aedem  Fidei  popuii  Romani 
in  muro;  post  tropaea  Germaniei  in  tri- 
bunali, quae  sunt  ad  aedem  Fidei  p,  R. 
und  ähnliche;  intra  ianuam  Opis  ad  latus 
dextrum.  —  Von  Antonius  heiseit  es  bei  Cic. 
Phil,  n  92  und  Y 12,  dass  seine  Verordnungen 
,Joto  Capitolio"  angeheftet  wurden.  Üeber 
Weihinschriften  auf  dem  Eapitol  Hülsen,  Rom. 
Mitt.  1890  p.  252  f. 

')  Ueber  die  Bedeutung  der  Attribute  und 
den  Gott  selbst  vgl.  Pbbllbb,  Mythol.  P 
p.  265;  Jacobi,  Museographie  p.  75. 

*)  Vgl.  Jobdan,  Comm.  in  hon.  Momma. 
p.  361. 


6.  Das  Zentrum  Borns,  o.  Der  kapitolinisohe  Hügel.  (§§  41—42.)  131 

in  71.  Ähnlich  war  die  Arx  bebaut;  hier  sind  auch  in  der  Umgebung  der 
Kirche  Araceli  vielfach  Beste  von  Retikulat-  und  Ziegelmauern  gefunden 
worden.  Auch  die  Einsattlung  (heute  der  Eapitolsplatz),  ist  damals  sicher 
grossenteils  bebaut  gewesen.  Frei  blieben  nur  die  steilen  Abhänge,  wie 
namentlich  der  grösste  Teil  der  Nordseite  und  an  der  Südostseite  der 
Tarpeische  Fels.  Dagegen  wurde  der  nach  dem  Forum  zu  liegende  Ab- 
hang der  Einsattlung  durch  ein  monumentales  Oebäude  ausgefüllt,  das  Ta- 
bularium.  Dasselbe  ruht  nach  dem  Forum  zu  auf  einer  71  m  langen  und 
ca.  11  m  hohen  Substruktionsmauer,  die  auf  der  Area  Volcani  aufsetzend 
die  ganze  Seite  des  Berges  zwischen  Arx  und  Capitolium  verkleidet.  Auf 
derselben,  im  Niveau  der  Einsattlung,  erhebt  sich  eine  gewölbte  Halle, 
jetzt  verbaut,  aber  noch  deutlich  erkennbar.  Sie  war  nach  dem  Forum  zu 
offen  und  durch  Pfeiler  und  dorische  Halbsäulen  gestützt;  erhalten  sind 
elf  Bogen.  Die  Breite  der  Halle  beträgt  5  m,  die  Höhe  10  m.  Hinter 
derselben  lag  ein  Gebäude,  das  sowohl  von  ersterer  aus,  als  auch  vom 
Forum  her  zugänglich  war.  Ein  in  der  Substruktion  befindliches  Thor 
mit  einer  unter  der  Vorhalle  fort  direkt  in  das  Gebäude  emporsteigenden 
Treppe  ist  durch  den  Bau  des  Yespasianstempels  versetzt  worden  (vgl. 
p.  79).  —  Die  Bestimmung  der  Ausdehnung  des  Gebäudes  nach  Nordwest 
ist  dadurch  sehr  erschwert,  dass  über  seinen  Trümmern  von  Michelangelo 
der  Palazzo  Senatorio  erbaut  ist.  Auch  die  Nordseite  ist  durch  die  von 
Bonifazius  YHI.  angebauten  Türme  umgestaltet.  Die  trapezförmige  Gestalt 
des  Gebäudes  rührt  daher,  dass  es  den  Raum  zwischen  dem  Glivus  Capi- 
tolinus  und  dem  an  der  Seite  der  Arx  emporführenden  Stufenwege  voll- 
ständig ausfüllt.  Es  besteht  in  allen  seinen  Teilen  aus  Quadern  von 
2  Fuss  röm.  Höhe  und  ziemlich  gleichmässiger  Länge,  die  mit  Mörtel  ver- 
bunden sind.  Die  Technik  zeigt  hohe  Vollendung;  das  Material  ist  ver- 
schieden. Die  Aussenmauern  sind  von  Sperone,  die  Fassade  der  Pfeiler- 
halle besteht  aus  Peperin,  die  Basen  und  Kapitelle  der  Halbsäulen,  sowie 
die  Imposten  der  Bogen  aus  Travertin;  alle  Innenmauern,  soweit  dies  zu 
erkennen  ist,  da  im  Mittelalter  hier  ein  Salzmagazin  war  und  das  Salz 
die  Oberfläche  der  Steine  stark  zerfressen  hat,  aus  Tuff.  Die  in  dem  Ge- 
bäude gefundenen  Inschriften  (CIL.  VI  1313.  1314)  sagen,  dass  Q.  Lutatius 
Catulus  (derselbe,  der  im  Jahre  69  das  Capitolium  dedizierte)  substrudionem 
et  tabularium  gebaut  habe  (vgl.  CIL.  VI  916  ^  31201).  Auffallenderweise 
wird  ein  »Tabularium"  bei  Schriftstellern  des  Altertums  niemals  erwähnt.^) 
Litteratur:  J.  Ryoquivs,  De  Gapitolio  Romano  commentarius,  1696.  —  Pbbllbb,  Zur 
Geschichte  und  Topographie  des  Römischen  Gapitols.  Philologns  1846,  p.  46  ff.  —  Abbkbn,  Mittel- 
italien vor  den  Zeiten  Römischer  Herrschaft,  p.  221  ff.  —  Ueber  die  Ausgrabungen:  Häuser, 
Mon.  deU.  Inst,  VTH,  tav.  XXIII,  2.  —  P.  Rosa,  Ann.  d.  Inst.  1865,  p.  382.  —  Lakoiani,  Bull, 
com.  1875,  p.  165  ff,  tav.  XYI— XVIH,  1876,  p.  31  ff.  —  Jobdan,  Ann.  d.  Inst.  1876, 
p.  145  ff.,  Mon.  d.  Inst.  X,  tav.  XXX».  —  H.  Dbbssbi,  Scavi  sul  Campidoglio,  Bull.  d.  Inst. 
1882,  p.  225  ff.  —  0.  Richtbb,  Clivus  Capitolinus,  Hermes  1888,  p.  104  ff.,  p.  616  ff.;  1884, 
p.  322  ff.  —  0.  Richtbb,  Der  kapitolinische  Jupitertempel  und  der  italische  Fuss.  Hermes 
1887,  p.  17  ff.  —  L.  Holzapfel,  Der  kapit.  Jupitertempel,  Hermes  1888,  p.  477  ff.  — 
Dboebino,  Ueber  etrusldschen  Tempelbau.  Nachr.  der  k.  Gesellschaft  der  Wissenschaften 
zu  Göttingen.  1897,  p.  137  ff.  —  HOlsbk,  Zur  Topographie  des  Kapitels,  Berlin  1898  (Fest- 
schrift ftlr  A.  Kiepert  p.  209  ff.).  —  Hülsbn,  Bilder  aus  der  Geschichte  des  Kapitels,  Rom 
1899.  —  Caniha,   Sülle  recenti  discoperte  fatte  nel  grande  edifizio  Capitolino,   cognito  col 

*)  Vgl.  Jobdan,  Top.  I  2,  p.  135  ff. 


132  B.  Topographie  yon  Rom* 

nome  di  Tfibulario,  Ann.  d.  Inst.  1851,  p.  268  ff.,  Mon.  Y,  tav.  XXXI.  —  Mokxbbn,  II  8up> 
posto  tabnlarium  in  Roma,  Ann.  d.  Inst.  1858,  p.  206  ff.  —  Jordan,  II  iabulario  Gapitolino, 
Ann.  d.  Inst.  1866,  p.  66  ff. 

d.  Der  Falatin. 

43.  Die  Topographie  des  Palatins  bietet  ganz  besondere  Schwierig- 
keiten. Der  Plan  (Taf.  12)  zeigt  ja  freilich  auf  den  ersten  Blick,  dass  ein 
grosser  Teil  des  Berges  ausgegraben  und  das  Ten*ain  in  grösserem  Umfang 
als  anderwärts  in  Rom  von  späterer  Bebauung  freigehalten  ist,  aber  die 
Ausgrabungen  sind  fast  nirgends  so  in  die  Tiefe  gehend,  dass  man  behaupten 
könnte,  es  läge  alles  zu  Tage,  was  aus  dem  Altertum  übrig  geblieben. 
Namentlich  gilt  dies  von  den  Rändern  des  Berges,  die  noch  tief  im  Schutt 
stecken,  mit  Ausnahme  allein  des  Nordrandes,  der  wenigstens  zum  Teil 
(hinter  dem  Yestalenhause  und  zwischen  dem  Titus-  und  Eonstantinsbogen) 
freigelegt  ist;  so  liegt  z.B.  die  Rundkirche  S.  Teodoro  hoch  über  dem  Niveau 
des  Vicus  Tuscus,  vgl.  Lanciani,  Ruins  and  excavations  p.  127.  Aber  auch 
auf  der  Höhe  des  Berges  sind,  selbst  abgesehen  von  den  noch  nicht  zur 
Ausgrabung  freigegebenen  Terrains  der  Villa  Mills,  des  Klosters  S.  Bona- 
ventura, S.  Sebastiane  und  der  Yigna  Barberini,  die  Ausgrabungen  keines- 
wegs genügend  ausgeführt.  Namentlich  das  jetzt  einem  freien  Platze 
gleichende  Terrain  nördlich  von  der  Domus  Augustana  ist  noch  undurch- 
forscht;  eine  vor  der  Front  des  Palastes  im  Jahre  1896  begonnene  Aus- 
grabung wurde  zwar  der  Unergiebigkeit  wegen  aufgegeben,  Hess  aber 
doch  erkennen,  dass  hier  kein  von  Gebäuden  völlig  freier  Platz  war.  Un- 
genügend ausgegraben  ist  auch  die  Südwestecke  des  Berges  und  der 
weite,  noch  jetzt  von  den  farnesianischen  Qärten  bedeckte  Innenraum 
der  Domus  Tiberiana,  so  dass  trotz  so  vieler  zu  Tage  liegender  Reste  der 
Vermutung  noch  ein  weiter  Spielraum  bleibt. 

Eine  zweite  Schwierigkeit  ist  die  Unsicherheit  der  Identifizierung 
der  noch  erhaltenen  Bauwerke  mit  der  Überlieferung.  Ausser  den  über 
den  ganzen  Palatin  von  Norden  nach  Süden  sich  hinziehenden  kaiserlichen 
Palastbauten,  die  als  solche  ohne  weiteres,  aber  auch  nur  im  ganzen  er- 
kennbar sind,  kann  kein  Gebäude  des  Palatins  sicher  bestimmt  werden, 
vielmehr  beruhen  sämtliche  Benennungen  ohne  Ausnahme  auf  Kombi- 
nationen. Diese  Kombinationen  werden  bei  der  Bestimmung  der  Tempel 
um  so  unsicherer,  als  auf  dem  Palatin  sich  nachweislich  mehr  Tempel 
befanden,  als  bei  den  Ausgrabungen  zum  Vorschein  gekommen  sind,  also 
von  einigen  angenommen  werden  muss,  dass  sie  vollständig  verschwunden 
sind;  oder  ihre  Fundamente  erst  bei  etwaigen  weiteren  Ausgrabungen  zum 
Vorschein  kommen  werden.  ^ 

44.  Älteste  Bauten  und  Heiligtümer.  Über  die  palatinische  Stadt, 
d.  h.  die  älteste  nachweisbare  Stadtform  auf  stadtrömischem  Gebiete,  ist 
schon  im  §  15  (Entwicklungsgeschichte  der  Stadt  p.  30—36)  gehandelt. 
Daselbst  ist  die  Befestigung  des  Hügels  und  die  Linie  des  palatinischen 
Pomeriums,  sowie  der  Begriff  des  Pomeriums  erläutert  (p.  32—34),  ferner 
die  an  den  Ecken  des  palatinischen  Pomeriums  stehenden  Heiligtümer, 
die  Ära  Maxima,  die  Ära  Consi,  die  Curiae  veteres  und  das  Sacellum  Lamm 


0  s  s  Kaott 


Hetec 


2fijcht  cuisffegrabenes  öder 
überbautes  Jhrat/i. 


Erldäning  der  Buchstaben, 
auf  dem  Plane. 
A.Jlesie  eines  Tttppenaufgtmges 

(Torta  SonumulaJ. 
^AtterSiufenmifyang  (Scalae  CääX 

B.  Bauteit  aus  dem  ZJahrh,  r.  Chr. 

C.  Tempely  der  Viciariw 

D.  Ort  des  Ibmpds  des  JupUer  Stator 

E.  Tempetruiiie,  (larentempeW. 

F.  Tempel  der  2iaffna.  Miter 

G.  TeH  des  Kodserpalastes 

YL  lättelnlterUcIv  iiberbmiie  lundn^ 

niente 
J.  Altar  aus  republikamsdier  Zeii, 
VJTiifnut  des  TBbertus  Claudius  Nero  <^) 
L .  itdmassUcJie  Lage  d^Aedea  ApoUtnis 
VOLSidtsimctionen  aus  dem  Snde  desl. 

and  der  ersten  Mäte  d.  2JaIn9LTiXhr. 
P.  JkMnitianisi9ier  Anbau  derDonutsAu 
B-  Grosse  üjxdra..  ^      ^^' 

S.  Bauten  des  Septzmius  Seeerus. 
T.  Pädagogüan  für  kaisertiche.  Tagen. 
ü.  Domus  Getotiana 


a.  unterirdischer  Gang  <Cryf}tof)orticus). 

b.  Offenli^endes  Raidament  d.Rdataans. 
c  Badrianische  Anbauten  des  Fülatiums. 
d.  Jnliker  Steinbruch. 
€re.X/rspriingUchp^  Grenze  der  dieBamus 

KberiaruL  IragendenSiibstructitmerv. 

f.  Barticus  aus  dem  t  od.  2.Jahrh.  v.  Chr 

g.  Uralte  in  den  Tuaürlichen  Felsen  ge^ 
hauene  Bauten. 

h.  Wohnhäuser,  an  die  alte  Palaüns, 

Tnauer  angelehnt. 
7*.  Beste,  der  äüestm  Befestigungen. 
7,  Mauer  von  (^msireixkulat  aus  dem 

L  oder  2.  Jahrh.  v:  Chr 
m.  Fundort  der  Tnsduiften.   der 

Vietoria^ . 
n.  Luperaü'. 
o.Lacus  Jiitnrruie 


SLttu  SiUldDuIilL  i]n=   kÜLsh.  AlDäniimswis.s«<liA<:h3iL|j).3.  2,Auf1 


Taf .  12 


H^BeddEKhe  VeriagaliurhhgTidhmg  in  Mimcheit. 


Googra^AnauatTWa^ner  fcDebos  L€«^xig. 


6.  Da«  Zentrnm  Borns,    d.  Der  Palatin.    (§§  48^14.)  133 

praestitum  erwähnt,  desgleichen  die  Thore  der  palatinischen  Stadt  (p.  34), 
von  denen  zwei  mit  Namen  überliefert  sind:  die  Porta  Mugonia,  auch  Vetus 
porta  PoXatii  genannt,  die  jedenfalls  noch  zur  Zeit  des  Augustus  existierte 
(vgl.  Ovid  Trist.  III  1  v.  31:  inde  petens  dextram  ,Porta  eaV  ait  ^ista 
Palati  etc.)  und  die  Porta  Romanula  ,infimo  clivo  Vidoriae^,  endlich  die 
Aufgänge  zum  Palatin,  die  von  Norden,  von  der  Velia  her  auf  den  Berg 
führende  Fahrstrasse,  die  an  der  Südseite  noch  nachweisbaren  Scalae  Caci 
und  der  Clivus  Victoriae,  von  dem  jedenfalls  feststeht,  dass  er  auf  der 
Westseite  die  Höhe  des  Berges  erklomm. 

Von  den  ebendort  p.  35  kurz  angeführten,  auf  die  Gründungssage 
bezüglichen  Heiligtümern  und  heiligen  Stätten  wird  als  ältestes  das  Luper- 
cal  betrachtet,  jene  Höhle,  bei  welcher  Bomulus  und  Bemus  einst  von 
der  Wölfin  gesäugt  sein  sollen.  Es  lag  am  Abhänge  des  Germälus,  also 
an  der  Südwestecke  des  Hügels,  nach  Dionys.  I  79  an  dem  nach  dem 
Circus  führenden  Wege  (Taf.  12  w).  Augustus  führt  es  (Mon.  Anc.  IV  2) 
unter  seinen  Bauten  auf;  was  er  daran  erneut  hat,  ist  nicht  bekannt, 
Dionys.  I  32  bestätigt,  dass  zu  seiner  Zeit  „avfiTtsTtoXKffis'vcov  %^  vefiävsi 
T(ov  TxäQi^  xfüQiwv^*'  die  alte  Beschaffenheit  des  Ortes  nicht  mehr  zu  er- 
gründen {ivgeUacTog)  gewesen  sei.  Ehemals  sollte  ein  Feigenbaum,  die 
ficua  ruminalis,  die  Grotte  beschattet  haben,  doch  war  derselbe  durch  ein 
von  dem  Augur  Attus  Navius  unter  König  Tarquinius  gethanes  Wunder 
auf  das  Comitium  versetzt  worden;  in  der  That  hat  er  wohl  nie  an  einem 
anderen  Orte  gestanden  als  auf  dem  Comitium,  wie  auch  Tac.  Ann.  XHl  58 
bestätigt.^)  Über  den  Versuch  des  Censors  Cassius,  hier  ein  Theater  zu 
errichten,  vgl.  Vell.  I,  15.  Das  Lupercal  wird  noch  in  der  Regions- 
beschreibung aufgeführt. 

2.  Auf  der  Höhe  des  Germalus  lag  ein  gleich  ehrwürdiges  Heiligtum, 
die  Casa  Romuli  (vgl.  Seneca  Dial.  XII  9.  3),  wahrscheinlich  identisch  mit 
der  Aedes  Romuli  im  Argeerfragment.  Dionysius  I  79  bezeichnet  ihre  Lage 
als  an  der  dem  Circus  zugewendeten  Seite  des  Hügels,  Solin  I  18  das 
damit  wohl  identische  Tugurium  Faustuli  (ibi  Bomulus  mansüavit)  als  ober- 
halb der  Scalae  Caci  gelegen  (p.  34).  An  dieser  Stelle  befindet  sich  in 
der  That  eine  Anzahl  von  Ruinen  scheinbar  sehr  altertümlicher  Natur, 
hergestellt  aus  grossen  Tuffquadern,  die  zum  Teil  Steinmetzzeichen  haben, 
wie  die  sogenannte  Servianische  Mauer  (vgl.  p.  43),  doch  reichen  die- 
selben, wie  ich  Ann.  d.  Inst.  1884  p.  189  ff.  gezeigt  habe,  keinesfalls  über 
das  zweite  Jahrhundert  hinaus,  denn  sie  sind  aus  dem  Material  der  der 
Demolierung  preisgegebenen  alten  Ringmauer  hergestellt.  Zu  dieser  Ring- 
mauer gehören  (vgl.  Taf.  13)  die  Reste  der  2,50  m  breiten  Mauer,  die  bei  D  zu 
Tage  liegt,  und  oberhalb  der  mit  Ä  bezeichnete  Bau,  vielleicht  die  Grund- 
mauern der  Thoranlage,  durch  welche  der  Stufenweg  £,  die  Scalae  Caci, 
in  die  Befestigung  eintrat.  Alle  anderen  Reste  von  Quaderbauten  in 
dieser  Gegend,  E,  F,  6r,  H,  sind  aus  den  Steinen  der  alten  Befestigungs- 
mauer hergestellt.  Ihr  junger  Ursprung  ergibt  sich  daraus,  dass  E  in 
ziemlich  roher  Weise  auf  den  Ausläufer  der  zu  dem  Tempel  L  gehörigen 


0  Vgl.  MoifxsEN,  Rom.  Forsch.  II,  11,  Anm.  27. 


134 


B.  Topographie  von  Born. 


Treppenanlage  J  gesetzt  ist,  die  vielleicht  aus  dem  3.  Jahrhundert  v.  Chr. 
stammt,  die  Mauern  F,  Q  aber  auf  verhältnismässig  junger  Schuttschicht 
ruhen.  Es  fanden  sich  in  derselben  Yasenscherben  aus  dem  1.  bis  2.  Jahr- 
hundert V.  Chr.  Auch  die  Mauern  H  und  Ä,  die  mit  diesen  in  Verbin- 
dung stehen,  erwiesen  sich  als  jüngeren  Datums,  da  sie  auf  die  schon 
demolierte  Befestigungsmauer  aufgesetzt  sind.  Neueren  Datums  sind  auch 
die  nördlich  von  Ä  sich  erstreckenden  Bauten.  Dafür  brachten  die  im 
Jahre  1896  an  dieser  Stelle  vorgenommenen  Ausgrabungen  den  Beweis. 
Bei  Z  sind  die  Reste  einer  kreisrunden,  nach  oben  konisch  sich  ver- 
jüngenden Cisteme  aus  kleinen  Quadern  aufgedeckt.  Diese  Gisterne, 
die  auf  dem  Grunde  einen  Durchmesser  von  2,80  m  und  eine  Höhe  von 
3,46  m  hatte,  ist  zerstört  und  zur  Hälfte  abgetragen,  um  für  die  Funda- 
mente des  betreffenden  Baus  Raum  zu  gewinnen.  Als  älteste  und  ur- 
sprüngliche Bauten  sind  demnach  an  dieser  Stelle  des  Palatins  zu  be- 
trachten: 1.  die  Befestigungsmauer  (D)  mit  der  Thoranlage  (^),  2.  die 
Gisterne  {Z)  und  3.  der  Tempel  L  mit  seiner  stattlichen  Stufenanlage  Jf. 
Alle  übrigen  hier  befindlichen  Quaderbauten  sind  späteren  Ursprungs.^) 
Wie  die  jetzt  ein  äusserst  unklares  Bild  darbietenden  Mauern  E FG  H  zu 
rekonstruieren  sind,  ist  nicht  zu  ergründen,  klar  ist  aber,  dass  die  nörd- 
lich von  der  Thoranlage  Ä  befindlichen  Mauern  wohl  als  Fundamente 
eines  Tempels  gedient  haben  können.  Muss  man,  wie  es  geschieht  und 
nach  Angabe  der  Schriftsteller  auch  kaum  anders  geschehen  kann,  hierher 
die  Gasa  Romuli  {ad  supercüium  scalarum  Caci)  legen,  so  würde  der 
Kultus  derselben  nicht  über  das  2.  Jahrhundert  hinausreichen.*)  Eine 
weitere  Frage  ist,  wie  man  sich  die  Gasa  Romuli  vorzustellen  hat.  Die 
Hütte  war  hölzern  und  strohgedeckt,  hat  also  mit  diesen  Steinbauten 
nichts  zu  thun.  Es  ist  anzunehmen,  dass  etwa  die  Quaderreste  zwischen 
A  und  Z  die  Fundamente  der  in  dem  Argeerfragmente  genannten 
und  von  der  Gasa  Romuli  wohl  nicht  zu  trennenden  Aedes  Romuli 
sind,  und  dass  innerhalb  dieser  Aedes  sich  die  Gasa  befand,  etwa  wie  die 
Gasa  Santa  (das  Geburtshaus  der  Jungfrau  Maria)  sich  im  Innern  des 
Domes  von  Loreto  befindet. s)  Dass  die  Regionsbeschreibung  die  Gasa 
und  nicht  die  Aedes  Romuli  aufzählt,  erklärt  sich  aus  der  grösseren 
Wichtigkeit  jener.  Auch  in  Loreto  spricht  man  nur  von  der  Gasa,  ohne 
des  Domes  zu  gedenken.  —  Bei  der  Aedes  Romuli  befand  sich  die  fünfte 
Argeerkapelle  (vgl.  Anhang  11)  und  nicht  weit  davon  die  heilige  Gornel- 
kirsche,  die  aus  einer  von  Romulus  hierher  zum  Zeichen  der  Besitz- 
ergreifung vom  Aventin  aus  geschleuderten  Lanze  entsprossen  sein  sollte. 
Zur  Zeit  des  Galigula  ging  sie  ein  (Plut.  Rom.  20). 


^)  üeber  die  weiteren  Aendenmgen  des 
Terrains,  namentlich  über  die  Yorschiebung 
des  Httgelrandes  dnrch  Substroktionen  and 
die  Verwandlung  der  Scalae  Caci  in  eine 
Pflasterstrasse  vgl.  Ann.  d.  Inst.  1884,  p.  198  f. 

')  Das  ftlteste  Denkmal,  welches  die 
Zwillingslegende  überliefert  (Mon.  d.  Lost.  XI, 
Taf.  ni,  1),  scheint  dem  3.  Jahrh.  v.  Chr. 
anzugehören.  Vgl.  Pbelleb,  Mytii.  IP,  p.  347 
Anm.  3;  Jobdan,  Römische  Könige  p.  23  und  24. 


')  Es  ist  nicht  ausgeschlossen,  dass  die 
Gasa  Romuli  auf  dem  Kapitel  (vgl.  p.  127)  sich 
ebenfaUs  innerhalb  des  Tempels  befand; 
die  Bezeichnungen  Conen  narr.  48  ^i^  t^  Jiog 
Ugi^  und  Yitruv  II  1,  5  in  CkipUolio  lassen 
diese  Möglichkeit  offen.  Befanden  sich  doch 
in  dem  Tempel  auch  sonst  noch  Sacella,  die 
des  Terminus,  der  Juventas  und  des  Mars 
(vgl.  p.  124). 


Taf.  13. 


Ansgrabangen  an  der  Sfid-West-Ecke  des  Palatms. 


6.  Das  Zentroin  Borna,    d.  Der  Palatin.    (§  45.) 


135 


3.  An  einer  nicht  mehr  nachweisbaren  Stelle  befand  sich  die  Curia 
Saliorum,  das  Amtshaus  der  palatinischen  Salier.  Ob  in  diesem  Ge- 
bäude oder  in  der  Regia  (vgl.  p.  91)  die  heiligen  Schilde,  die  ancilia,  auf- 
bewahrt wurden,  ist  zweifelhaft.  Denn  einerseits  heisst  es,  das  ancüe 
^^dunexäg^\  nach  welchem  Numa  die  elf  anderen  anfertigen  liess,  sei  in 
die  Regia,  die  Wohnung  Numas  gefallen,  andrerseits  sagt  Dionys.  11,  70 
von  den  Saliern:  „oov  iv  naXaxiff  xeTtat  xd  hqd^^A)  In  der  Regions- 
beschreibung wird  diese  Curie  nicht  aufgeführt,  dagegen  kennt  sie  Curiam 
veterem,  offenbar  dasselbe  Gebäude,  welches  bei  Tac.  Ann.  XU  24  Curiae 
veteres  heisst  und  als  Nordostecke  der  palatinischen  Stadt  genannt  wird 
(vgl.  p.  33).  Ob  sie  mit  der  Curia  Saliorum  etwas  zu  thun  hat,  ist  un- 
bekannt. Die  kapitolinische  Basis  nennt  einen  Vicus  curiarum,  der  in 
dieselbe  Gegend  zu  setzen  ist,  wie  die  Curiae  veteres. 

45.  Die  Tempel  der  Victoria  und  der  Magna  Mater.  1.  Von  den 
auf  dem  Palatin  befindlichen  Tempeln  hielt  die  Tradition  fUr  den  ältesten 
den  der  Victoria;  er  sollte  sogar  älter  als  die  Romulische  Stadt  und  von 
den  Arkadern  gegründet  sein  (Dionys.  I  32).  Dagegen  berichtet  Livius 
X  33  aus  dem  Jahre  294  v.  Chr.,  dass  L.  Postumius  aedem  Victoriae,  quam 
aedUis  curulis  ex  muUaticia  pecunia  faciendam  curaverat,  dedicavit.  Der 
Tempel  wird  selten  erwähnt,  namentlich  ist  von  einem  umbau  oder  einer 
Wiederherstellung  desselben  nirgends  die  Rede.  Vom  Jahre  205  bis  191  barg 
er  das  aus  Pessinus  angelangte  Idol  der  Magna  Mater  (Liv.  XXIX  14; 
CIL.  I«  p.  314,  4.  April).  Im  Jahre  193  erbaute  M.  Porcius  Cato  daneben 
{prope  aedem  Victoriae)  eine  Aedicula  der  Victoria  Virgo  (Liv.  XXXV  9). 
Seitdem  haben  wir  keine  Nachrichten  über  ihn,  es  sei  denn,  dass  die 
Victoria  Germaniciana  der  Regionsbeschreibung  auf  ihn  zu  beziehen  ist, 
doch  scheint  dies  eher  der  Name  eines  nach  einer  Bildsäule  benannten 
Vicus  zu  sein. 

2.  Ebenfalls  aus  republikanischer  Zeit  stammt  der  Tempel  der  Magna 
Mater.  Auf  Anraten  der  Sibyllinischen  Bücher  war  das  Idol  der  Magna 
Mater  Idaea  im  Jahre  205  aus  Pessinus  nach  Rom  gebracht  worden; 
es  fand  bis  zur  Vollendung  eines  eigenen  Tempels  eine  vorläufige 
Unterkunft  im  Tempel  der  Victoria.  Der  im  Jahre  204  begonnene 
Tempel  (Liv.  XXIX  37)  wurde  im  Jahre  191  v.  Chr.  vollendet  und  von 
M.  Junius  Brutus  (Liv.  XXXVI  36)  dediziert.  Er  ist  zweimal  abgebrannt; 
im  Jahre  111  v.  Chr.,  worauf  ihn  ein  Metellus  (Jul.  Obs.  99.  Ovid  fast.  IV 
348)  und  im  Jahre  1  n.  Chr.,  worauf  ihn  Augustus  wiederherstellte.  Die 
Herstellung  durch  Augustus  muss  ein  völliger  Neubau  gewesen  sein,  das 
Mon.  Ancyr.  zählt  ihn  unter  den  von  ihm  neu  gebauten  Tempehi  auf  mit 
den  Worten  aedem  Matris  Magnae  in  Palatio  feci.  Zugleich  mit  der  Über- 
bringung des  Idols  auf  den  Palatin  wurden  die  Megalesia  (Spiele  nament- 
lich scenischer  Art)  eingerichtet  und  seit  Vollendung  des  Tempels  der 
Magna  Mater  vor  diesem  gefeiert.   Cic.  de  harusp.  resp.  12,  24:  nam  quid  ego 


^)  Gegen  die  Aufbewahrung  auf  dem 
Palatin  spricht  vornehmlich  die  Notiz  Ciceros 
de  divin.  I  17,  30  (vgl.  Valerins  Maximus  1 
8,  11),  dass  bei  dem  Brande  der  Curie  der 


in  derselben  aufbewahrte  Angumstab  ({»fMu«) 
des  Romulus  nicht  mit  verbrannt  sei,  ohne 
dass  der  Ancilia  Erwähnung  geschieht.  Vgl. 
über  die  ganze  Frage  Mabqtjabdt  VI  427  ff. 


136  B.  Topographie  von  Born. 

de  Ulis  ludis  loquar,  quos  in  Palatio  nostri  maiores  ante  templum  in  ipso 
Matris  Magnae  conspectu  Megalesibus  fieri  ceUbrarique  voluerunt  •  .  .  .  quibus 
ludis  primum  ante  popuK  consessum  senatui  locum  P.  Africanus  üerum  consul 
nie  maior  dedit  ....  quorum  religio  tanta  est,  ut  ex  uUimis  terris  arcessita 
in  hoc  urbe  consederit,  qui  uni  ludi  ne  verbo  quidetn  appeUantur  Latino,  ut 
vocabulo  ipso  et  adpetita  religio  externa  et  Matris  Magnae  nomine  suscepta 
declaretur.  Bei  der  Einweihung  des  Tempels  kam  unter  anderem  der 
Pseudolus  des  Plautus  zur  Aufführung.^) 

3.  Über  die  Lage  dieser  beiden  Tempel  steht  folgendes  fest: 
a)  Der  Clivus  Victoriae,  dessen  Benennung  von  der  Aedes  Vic- 
toriae  abgeleitet  wird,  erklomm  den  Palatin  von  der  Westseite,  man  wird 
den  Tempel  also  auf  dieser  Seite  des  Berges  zu  suchen  haben.  Der  Clivus 
ging  von  der  Porta  Romanula  aus  (vgl.  p.  34),  über  seinen  weiteren  Lauf 
steht  aber  nichts  fest,  ausser  dass  er  von  dem  ziemlich  tief  liegenden 
Thor  bis  auf  die  Höhe  des  Berges  geführt  haben  muss.  Gewöhnlich  wird 
der  von  S.  Teodoro  sich  in  massiger  Steigung  am  Abhang  entlangziehende, 
an  der  Nordwestecke  des  Berges  in  die  Substruktionen  der  Eaiserpaläste 
eintretende  und  sich  am  Nordrande  des  Berges  fortsetzende  Weg  als 
Clivus  Victoriae  bezeichnet;  Lanciani  hat  das  den  Namen  des  Clivus  ent- 
haltende Fragment  des  Stadtplanes  auf  Taf.  29  seiner  Forma  urbis  so  ein- 
getragen, dass  der  Clivus  des  Fragmentes  sich  mit  dem  unteren  Teile  des 
betreffenden  Weges  deckt,  doch  bestätigen  die  noch  vorhandenen  Reste 
diese  Identifizierung  keineswegs.  Der  ursprüngliche  Lauf  des  Clivus  wird 
wohl  überhaupt  nicht  festzustellen  sein.  Die  riesigen  Substruktionen  der 
Eaiserzeit  haben  den  Abhang  derartig  umgestaltet,  dass  es  vergebliche 
Mühe  wäre,  den  Zustand  etwa  zur  Zeit,  wo  der  Tempel  der  Victoria 
gebaut  wurde,  ergründen  zu  wollen.  Nun  sind  unterhalb  dieser  Sub- 
struktionen, etwa  an  der  mit  m  bezeichneten  Stelle,  in  den  zwanziger 
Jahren  des  vorigen  Jahrhunderts  durch  Bianchini  (vgl.  Pal.  dei  Cesari  p.  236) 
Inschriftreste  gefunden,  die  sich  auf  die  Victoria  und  einen  Bau  des 
Augustus  beziehen  (CIL.  VI  3783).  Lanciani  (Bull.  com.  1883,  p.  208)  hat 
diesen  Fund  zuerst  bei  Besprechung  der  Lage  des  Tempels  herangezogen, 
ohne  dass  er  zu  einem  anderen  Resultat  gekommen  wäre,  als  dass  er  an- 
nimmt;  der  Tempel  habe  da  gelegen,  wo  der  Clivus  die  höchste  Stelle  des 
Berges  erreichte  (nella  parte  piu  alta  del  clivo),  Hülsen  (Rom.  Mitt.  1895 
p.  23  ff.)  hält  den  Fundort  der  Inschriftreste,  also  das  untere  Ende  des 
Clivus  auch  für  den  Standort  des  Tempels,  obgleich  die  Inschriften 
zu  dem  Tempel  selbst  jedenfalls  nicht  gehören,  sondern  zu  zwei  ver- 
schiedenen kleineren  Bauten  (Altar  oder  Kapelle).  Bianchini  sagt  des- 
halb nur :  fragmenta  inscriptionum  Victoriae  dicatarum  et  epistylia 
nomine  Augusti  signata  videntur  clivum  Victoriae  indicare.  Ich  halte  die 
HüLSEN'sche  Ansetzung  nicht  für  glücklich.  Wie  schon  Beckeb  richtig 
bemerkte,  wird  der  von  der  Porta  Romanula  ausgehende  Clivus  Victoriae 
nicht  von  einem  am  unteren  Ende  hart  neben  dem  Thore  gelegenen  Tempel 
oder  Heiligtum  seinen  Namen  haben,   sondern  gleich  dem  Clivus  Capito- 


^)  Vgl.  Pbelleb-Jobdait,  Römische  Mythologie  II  p.  56  f. 


6.  Das  Zentrum  Roma.    d.  Der  Palatin.    (§  45.)  137 

linus,  Givus  Salutis  u.  a.  von  dem  am  oberen  Ende  gelegenen  Tempel.  Auch 
halte  ich  es  für  ganz  unwahrscheinlich,  dass  der  alte  Tempel  der  Victoria 
anderswo  als  wirklich  auf  dem  Palatin,  d.  h.  auf  der  Höhe  des  Berges 
gelegen  haben  soll  (Liv.  XXXV  9  aedem  Victoriae,  quae  est  in  Palatio), 
und  dies  sagt  ja  auch  Dionys  I  32  ausdrücklich:  im  ii  %fi  xoQvtpfj  rov 
Xoifov  t6  rrjg  Nixtjg  zäfisvog  i^sXovreg,  Hier  war  der  natürliche  Platz  für 
eine  Tempelanlage  in  PalatiOj  während  gar  nicht  abzusehen  ist,  wie  über- 
haupt zwischen  der  Porta  Romanula  und  dem  Abhang  des  Berges  ein  nur 
einigermassen  ansehnlicher  Tempel  Platz  finden  konnte.  Wahrscheinlich 
sind  die  oben  erwähnten  Inschriftreste  von  der  Höhe  herabgestürzt  und  lag 
der  Tempel  oberhalb  des  Fundortes.  Ich  halte  es  für  die  Bestimmung 
der  Lage  des  Tempels  auch  nicht  für  gleichgültig,  dass  das  Idol  der 
Magna  Mater  gerade  in  dem  Tempel  der  Victoria  bis  zur  Vollendung  des 
eigenen  Tempels  aufbewahrt  wurde.  Man  hätte  ja  das  Idol  vielleicht  in 
jedem  beliebigen  Tempel  der  Stadt  unterbringen  können,  aber  da  man 
es  überhaupt  gleich  auf  den  Palatin  brachte,  wo  der  Tempel  errichtet 
werden  sollte,  so  wird  man  es  auch  wohl  in  einen  dem  Bauplatz  zu- 
nächst liegenden  Tempel  gebracht  haben,  so  dass  meines  Erachtens  die 
Lage  des  Tempels  der  Victoria  von  dem  der  Magna  Mater  nicht  wohl  zu 
trennen  ist. 

b)  Für  die  Lage  des  Tempels  der  Magna  Mater  gibt  es  folgende 
Zeugnisse:  Oberhalb  der  Scalae  Caci  haben  sich  zwei  inschriftliche  Monu- 
mente gefunden,  eine  Basis  für  eine  Statue  (CIL.  VI  3702)  und  der  Rest 
einer  Marmortafel  mit  einer  Dedikationsinschrift  (CIL.  VI  1040),^)  die  beide 
unzweifelhaft  auf  den  Kult  der  Magna  Mater  Bezug  nehmen,  ausserdem 
der  Torso  einer  thronenden  weiblichen  Statue,  die  mit  grosser  Wahrschein- 
lichkeit auf  die  Magna  Mater  gedeutet  ist.  Eine  weite  Verschleppung  dieser 
Reste  ist  nicht  anzunehmen.  Die  Annahme,  dass  der  Tempel  der  Magna 
Mater  an  dieser  Seite  des  Palatins  gelegen  habe,  wird  durch  Martial  VII  73 
bestätigt.  Es  geht  nach  der  ansprechenden  Erklärung,  die  Hülsen  (Rhein. 
Mus.  1894,  p.  409)  den  Versen  gegeben  hat,  daraus  hervor,  dass  der  Tempel 
der  Magna  Mater  auf  dem  Palatin  vom  Aventin  aus  gesehen  werden  konnte. 
Hierauf  gestützt  nun  hat  Hülsen  die  Vermutung  von  Visconti  und  Lanciani 
(Guida  del  Palatino  p.  135),  dass  die  auf  Tafel  12  mit  C  bezeichnete 
Ruine  der  Tempel  der  Magna  Mater  sei,  zur  seinen  gemacht  und  eine 
Rekonstruktion  des  Tempels  in  seinen  Untersuchungen  über  die  Topo- 
graphie des  Palatins  (Rom.  Mitt.  1895  p.  3  fif.)  gegeben.  Diese  Rekon- 
struktion konnte  um  so  vollkommener  werden,  als  in  der  nächsten  Umgebung 
der  Ruine  noch  eine  grosse  Menge  von  Werkstücken  lagert,  die  offen- 
bar zum  Oberbau  des  Tempels  gehört  haben,  sämtlich  aus  Peperin.  Die 
Grundbauten  wie  das  Material  des  Oberbaues  verwiesen  den  Tempel  in  eine 
sehr  frühe  Zeit,  das  Mauerwerk  der  ersteren  ähnelt  dem  unterhalb  des 
Tempels  zur  Verstärkung  der  alten  Stützmauer  (vgl.  p.  31)  verwendeten 
Quasiretikulat ;    gleiches  Mauerwerk    findet   sich    auch    in    den  Portiken 


*)  Vgl.  CIL.  VI  496  u.  513,  die  wahrscheinlich  auch  hier  in  der  Gegend  gefunden 
Bind,  und  Not.  d.  scav.  1896,  p.  186. 


138 


B.  Topographie  von  Rom. 


(Taf.  12  f,  Taf.  13  F)  verwendet,  welche  eine  vor  der  Front  des  Tempels 
laufende,  auch  erst  in  jener  Zeit,  bei  Gelegenheit  der  Demolierung  der 
alten  Befestigungsmauer,  angelegte  Strasse  begrenzen  (Ann.  d.  Inst.  1884 
p.  187  ff.).  Er  ist  sicherlich  der  älteste  von  allen  erhaltenen  Tempeln  Roms. 
Daher  schliesst  auch  Hülsen  a.  a.  0.  p.  22  seine  Erörterungen  über  den 
Tempel  mit  den  Worten:  »Wir  haben  offenbar  in  ihm  —  und  zwar  ohne 
so  eingreifende  und  umwandelnde  Umbauten,  wie  ihn  der  Jupiter  Capi- 
tolinus,  der  Castor-  und  Vesta-Tempel  u.  s.  w.  erlitten  haben  —  den  Tempel 
vor  uns,  den  die  Censoren  M.  Livius  Salinator  und  C.  Claudius  Nero  im 
Jahre  204  v.  Chr.  in  Auftrag  gaben,  und  den  M.  Junius  Brutus  13  Jahre 
später  dedizierte.**  —  Dies  Resultat  der  HüLSEN'schen  Beweisführung 
ist  aber  unannehmbar.  Denn  der  Tempel  der  Magna  Mater  wird,  wie 
schon  oben  p.  135  erwähnt,  im  Mon.  Ancyr.  unter  den  von  Augustus  neu 
gebauten  aufgezählt.  Dass  Augustus  nicht  mit  Peperin  gebaut  hat, 
bedarf  keiner  Erörterung,  dass  sein  Neubau  —  denn  um  einen  solchen 

handelt  es  sich^)  — ,  der 
überdies  nach  einem 
Brand  erfolgte,  überhaupt 
keine  Spuren  zurückge- 
lassen haben  soll,  während 
die  Reste  des  Baues  aus 
dem  Jahre  191  noch  heute 
in  reichlichen  Trümmern 
nachweisbar  sind,  ist  im- 
möglich. Dagegen  ist 
durch  HüLSENS  verdienst- 
volle Rekonstruktion(Abb. 
10  u.  11)  noch  wahrschein- 
licher geworden,  dass  die 
Tempelruine  C,  wie  ich 
schon  in  der  ersten  Auflage  angenommen  hatte,  dem  Tempel  der 
Victoria  angehört.  Gerade  dieser  Tempel  ist  unseres  Wissens  niemals 
restauriert  worden,  es  liegt  also  die  höchste  Wahrscheinlichkeit  vor,  dass 
er  bis  ans  Ende  des  Reiches  die  alte  republikanische  Form  beibehalten 
hat.  Unterhalb  dieses  Tempels  haben  sich  auch  jene  oben  erwähnten  In- 
schriftenreste gefunden.  Hülsen's  Ansicht  über  die  Lage  des  Tempels 
der  Magna  Mater  an  dieser  Seite  des  Palatins  ist  darum  keineswegs  hin- 
fallig, vielmehr  haben  wir  wahrscheinlich  in  der  der  Ruine  C  zunächst- 


Abb.  10.    Aedes  Viotoriae»  Yorderaiulcht. 


^)  Angastas  unterscheidet  im  Mon.  Ancyr. 
genau  zwischen  feci  (neugebant),  refeci  (aus- 
gebessert, wiederhergestellt)  und  perfeci  (von 
andern  angefangene  Bauten  vollendet).  Auch 
sind  die  mit  feci  bezeichneten  Bauten,  so- 
weit wir  von  ihnen  überhaupt  wissen,  sämt- 
lich Neubauten:  die  Curie,  der  Apollotempel 
auf  dem  Palatin,  die  Aedes  Divi  Juli  am 
Forum,  die  Tempel  des  Jupiter  Feretrius  und 
Jupiter  Tonans  auf  dem  Eapitol,  das  Forum 
Augustum  mit  dem  Tempel  des  Mars  Ultor 


und  das  MarceUustheater.  Bei  der  von  ihm 
unter  diesen  Bauten  aufgezählten  Porticus 
Octavia  heisst  es:  ex  nomine  eiua,  qui  prio- 
rem  (i,  e.  porticum)  eodem  in  solo  fecercU,  auch 
dies  war  also  ein  völliger  Neubau.  Von  den 
von  Hülsen  nicht  sehr  glücklich  zum  Ver- 
gleich angeführten  Bauten  gehört  das  Capito- 
lium  unter  diejenigen,  von  denen  Augustus 
sagt:  refeci,  den  Castor-  und  Yestatempel 
nennt  er  überhaupt  nicht. 


6.  Das  Zentrum  Borna,    d.  Dar  Palaün.    (§  46.) 


139 


liegenden  Ruine  F^  die  bis  jetzt  ohne  allen  Grund  für  den  Tempel  des 
Jupiter  Victor  oder  nach  Lanciani  des  Jupiter  Propugnator  gehalten 
worden  ist,  den  Tempel  der  Magna  Mater  zu  erkennen.  Die  oben  er- 
wähnten Statuen-  und  Inschriftenreste  sind  zwischen  den  beiden  Ruinen 
C  und  F  gefunden,  können  also  der  einen  so  gut  zugezählt  werden  wie 
der  andern,  und  zum  Aventin  haben  beide  Tempel  die  gleiche  Lage. 
Auch  andere  Gründe  sprechen  für  die  Ruine  F.  Die  Fundamente  stammen 
aus  republikanischer  Zeit,  bei  und  auf  denselben  ist  aber  eine  Anzahl  von 
Werkstücken  aus  rötlichem  Granit  gefunden,  dessen  Verwendung  wohl 
eher  zum  Tempel  einer  orientalischen  Gottheit  als  zu  anderen  passen 
dürfte.  —  Von  besonderer  Wichtigkeit  für  diese  Frage  ist  aber  die  Um- 
gebung der  beiden  Tempel.  Wie  oben  erwähnt,  wurden  vor  dem  Tempel 
der  Magna  Mater  die  Megalesia  abgehalten  {ante  templum,  in  ipso  Matris 
Magnae  conspectu).  Nun  tritt  aber  die  Treppenanlage  des  Tempels  C 
namentlich  im  Südwesten  ganz  dicht  an  den  Hügelrand  heran,  der  in 
republikanischer  Zeit  sich  nicht  über  den  Punkt  H  (Taf.  13  =  /^  Taf.  12) 
erstreckte.  Alles,  was 
südlich  davon  liegt, 
ruht  auf  künstlichen 
Substruktionen,  wie 
Ann.  d.  Inst.  1884 
p.  198  ff.  auseinander- 
gesetzt ist.  Also  eine 
Abhaltung  von  Spie- 
len, an  denen  der 
Senatus  populusque 
Romanus  teilnahm, 
war  hier  zu  allen 
Zeiten  unmöglich,  zu- 
mal der  Raum  vor  dem  Tempel  im  2.  Jahrhundert  v.  Chr.  verbaut  worden 
ist  (vgl.  p.  134).  Dagegen  befindet  sich  vor  und  zu  Seiten  der  Ruine  F 
ein  freier  zum  Teil  in  eine  künstliche  Plattform  umgestalteter  Platz,  deren 
Fundamente  noch  existieren.  Hier  war  genügender  Raum  zur  Abhaltung 
dieser  Spiele. 

Aus  der  Lage  des  Victoriatempels  ergibt  sich  nun,  dass  der  Clivus 
Victoriae,  der  möglicherweise  ja  auch  ursprünglich  im  Anfang  denselben 
Lauf  hatte,  wie  die  heute  so  genannte  Strasse,  in  seinem  weiteren  Ver- 
laufe in  Windungen  gleich  dem  Clivus  Capitolinus  die  Höhe  des  Berges 
erklomm  und  einst  beim  Tempel  der  Victoria  endete.  Der  ganze  Ober- 
lauf des  Weges  muss  bei  Anlage  der  Substruktionen  der  Domus  Tiberiana 
geändert  sein. 

46.  Der  Tempel  des  Jupiter  Stator.  Er  lag  neben  dem  Titusbogen 
zwischen  der  Sacra  via  (Plut.  Cic.  16)  und  der  Nova  via  (Liv.  I  41,  4)  an 
der  auf  Taf.  12  mit  D  bezeichneten  Stelle,  d.  h.  ausserhalb  der  alten 
palatinischen  Stadt  und  des  Pomeriums,  dessen  Linie  im  Norden  des 
Berges  durch  die  Nova  via  bezeichnet  wird  (vgl.  p.  33)  und  am  Beginn 
des  Aufganges  zum  Palatin,  der  noch  zu  Augustus'  Zeit  durch  die  Porta 


Abb.  11.    Aedea  Tactoriae,  Längadürcfaflclmitt. 


X40  ^*  Topographie  von  Rom. 

MugoniE;  das  alte  Palatinsthor,  bezeichnet  war  (Ovid.  Trist.  III  1,  31. 
Fast.  VI  793,  wonach  der  Stiftungstag  des  Tempels  der  27.  Juni  war).  Die 
Gründung  des  Tempels  wird  auf  Romulus  zurückgeführt,  der  ihn  (Liv.  1 12), 
als  er  in  der  Schlacht  gegen  die  Sabiner  bis  an  die  betreffende  Stelle 
zurückgedrängt  war,  dem  Jupiter  gelobte,  wenn  dieser  die  Feinde  von 
der  Palatinsstadt  abhalten  würde.  Diese  Erzählung  wiederholt  sich  bei 
der  Neugründung  des  Tempels  im  Jahre  294  v.  Chr.  durch  den  von  den 
Samniten  bedrängten  Konsul  Postumius  (Liv.  X  36.  11  inter  haec  consul 
manus  ad  caelum  attoUens  voce  clara,  üa  ut  exaudiretur,  templum  lovi  Statori 
vovet,  si  constitisset  a  fuga  Romana  acies;  ib.  37,  15:  inque  ea  pugna  lovis 
Statoris  aedem  votam,  ut  Romulus  ante  voverat.  Sed  fanum  tantum,  id  est 
locus  templo  effatus,  sacratus  fuerat.  —  Die  Lage  des  Tempels,  der  bis  auf 
die  Fundamente  verschwunden  zu  sein  scheint,  ist  ausführlich  von  mir  be- 
handelt im  Hermes  1887  p.  425.  Von  dem  Tempel  gibt  es  eine  Abbildung  auf 
dem  Haterierrelief  im  Lateran  (Mon.  d.  Inst.  V  7  =  Abb.  17  p.  172),  auf  dem 
an  der  Sacra  via  befindliche  Bauten  dargestellt  sind.  Er  war  danach  sechs- 
säulig.  In  diesen  Tempel  berief  Cicero  den  Senat  nach  Entdeckung  derCatili- 
narischen  Verschwörung  und  hielt  hier  die  erste  seiner  Reden  in  Catilinam 
(Cic.  Cat.  1 11  und  33, 11  12).  Die  Worte  am  Anfang  der  ersten  Rede:  hie 
munitissimus  habendi  senatus  locus  lassen  darauf  schliessen,  dass  Cicero 
wegen  der  hohen,  gesicherten  Lage  auf  der  Summa  sacra  via  den  Senat 
gerade  hier  an  jenem  kritischen  Tage  versammelt  hat.  Das  an  der- 
selben Stelle  erwähnte  nocturnum  praesidium  Palati  wird  sich  eben- 
falls auf  diesen  Tempel  beziehen.  Ob  er  auch  sonst  zu  Senats- 
sitzungen benutzt  wurde,  ist  nicht  bekannt.  —  Gegenüber  dem  Tempel 
an  der  Sacra  via  stand  in  republikanischer  Zeit  eine  weibliche  Reiter- 
statue, die  für  ein  Bild  der  Cloelia  (Liv.  11  13;  Dionys.  V  35;  vgl. 
Seneca,  Diel.  VI  16,  2)  oder  der  Valeria  (Plin.  N.  H.  XXXIV  29)  ge- 
halten wurde. 

47.  Die  übrigen  auf  dem  Palatin  befindlichen  Tempel  und  Heilig- 
tümer —  abgesehen  von  den  im  Zusammenhang  mit  den  Kaiserpalästen 
zu  behandelnden  Tempeln  des  Apollo,  der  Vesta  und  des  Augustus  —  sind 
topographisch  nicht  nachweisbar.  Es  sind  dies:  1.  ein  Tempel  des  Jupiter 
Victor,  in  der  Regionsbeschreibung  aufgeführt.  Es  scheint,  dass  man 
Liv.  X  29 :  Fabius  Maximus  (in  der  Schlacht  bei  Sentinum  295)  ipse  aed^m 
lovi  Victori  spoliaque  hostium  cum  vovisset  auf  ihn  beziehen  darf  (vgl. 
Livius  X  42).  Nach  Ovid  Fast.  IV  621  war  der  Stiftungstag  der  13.  April 
(occupat  Äprilis  idus  cognomine  Victor  Jupiter).  Bemerkenswert  ist,  dass 
die  Gründung  dieses  Tempels  mit  dem  der  Victoria  (294  v.  Chr.)  fast 
gleichzeitig  ist.  —  2.  Ein  Tempel  des  Jupiter  Propugnator.  In  diesem 
versammelte  sich  ein  Priesterkollegium,  wie  aus  den  Inschriften  CIL.  VI 
2004—2009  hervorgeht.  Der  Tempel  ist  sonst  unbekannt,  Lanciani  identi- 
fiziert ihn  neuerdings  auf  seiner  Forma  urbis  Blatt  29  mit  Taf.  12  F 
(Magna  Mater).  —  3.  Das  Auguratorium,  genannt  in  der  Regions- 
beschreibung, sonst  unbekannt.  Über  verschiedene  Versuche,  es  zu  lokali- 
sieren, vgl.  Visconti-Lanciani,  Guida  del  Palatino  p.  134  f.  und  Nissen, 
Templum  p.  180.  212.  —  4.  Ein  Sacellum  deae  Viriplacae  (Val.  Max. 


5.  Das  Zentrum  Roms.    d.  Der  Palatin.    (§  47.)  141 

n  1,  6:  quotiens  vero  inter  virum  et  uxorem  aliquid  iurgi  intercesserat,  in 
sacellum  deae  Viriplaccte,  quod  est  in  Palatio,  veniebant).  —  5.  Ein  Templum 
Lunae  Noctilucae,  bekannt  aus  Varro  LL.  V  68:  Luna  quod  sola  lucet 
noctu  itaque  ea  dida  Noctüuca  in  Palatio:  nam  ibi  noctu  lucet  templum.  — 
6.  Ein  Templum  Bacchi  und  ein  Tholus  Gybeles;  beide  werden  zusammen 
genannt  beiMartiall  70,  9  f.:  flecte  vias  hac  qua  madidi  sunt  tecta  Lyaei 
et  Cybeles  picto  stat  Corybante  tholus  und  müssen  da  gestanden  haben, 
wo  der  Palatinische  Clivus  sich  von  der  Sacra  via  abzweigte.  Von  ersterem 
wissen  wir  weiter  nichts;  auf  letzteren  könnte  sich  die  Stelle  Dio  Cass. 
XL  VI  83  (tö  tr^q  fir/rgog  twv  S'ScSv  ayccXfia  t6  iv  x^  HaXariip  ov,  uQoq  yccQ 
TOI  xdq  xov  r^Xiov  dvaxoXdg  nQOXBQOV  ßXärtcov,  ngcg  dvCfidg  and  xavTOfxävov 
fi€X€<fxQdg>r])  beziehen,  wenn  nicht  etwa  ein,  vielleicht  beim  Tempel  der 
Magna  Mater,  frei  stehendes  Bild  der  Göttermutter  gemeint  ist.  Die  von 
Martial  beschriebene  Lage  eines  Heiligtums  der  Magna  Mater  wird  an- 
scheinend durch  das  Haterierrelief  (Abb.  17  p.  172)  bestätigt,  auf  dem 
die  Magna  Mater  innerhalb  eines  Bogens  auf  hoher  Treppe  erscheint. 
Ich  habe  diese  Darstellung  früher  auf  den  grossen  palatinischen 
Tempel  der  Magna  Mater  bezogen  (Hermes  1885  p.  418  ff.)  und  des- 
halb diesen  Tempel  mit  der  an  der  Sacra  via  östlich  vom  Titusbogen 
liegenden  Ruine  (Taf.  12  E)  identifiziert,  konnte  aber  dem  Widerspruch 
Gilberts  (Philologus  1886  p.  449  ff.)  gegenüber  meine  Behauptung 
nicht  aufrecht  erhalten.  Hülsen  hat  (Rom.  Mitt.  1895  p.  25  ff.)  die  An- 
sicht, dass  auf  dem  Haterierrelief  der  bei  Martial  erwähnte  Tholus 
Cybeles  angedeutet  sei,  ausführlich  erörtert.  Ganz  klar  ist  die  Sache 
immer  noch  nicht.  Es  ist  nicht  abzusehen,  wie  ein  Sacellum  oder 
eine  Aedicula  der  Cybele  zu  einer  so  auffallend  hohen  Treppe,  wie  sie 
das  Relief  andeutet  (13  Stufen),  kommen  soll;  ebensowenig,  wie  ein  an- 
scheinend so  unbedeutendes  Heiligtum  dazu  kommen  soll,  auf  dem  Ha- 
terierrelief neben  den  bedeutendsten  Bauten  der  Sacra  via  Berücksichtigung 
zu  finden.  —  7.  Der  Sonnentempel  des  Elagabal.  Es  heisst  von  diesem 
in  der  Vita  Hei.  1:  dei  Heliogabali,  cui  templum  Romae  in  eo  loco  con- 
stituit,  in  quo  prius  aedes  Orci  (völlig  unbekannt)  fuit;  und  3:  Helio- 
gabalum  in  Palatino  monte  iuxta  aedes  imperatorias  consecravit  eique  templum 
fecit,  studens  et  Matris  typum  et  Vestae  ignem  et  Palladium  et  ancüia  et 
omnia  Romanis  veneranda  in  illud  transferre  templum.  Die  Lage  des  Tem- 
pels scheint  durch  die  Worte:  iuxta  aedes  imperatorias  näher  bestimmt 
und  könnte  eventuell  auf  die  Ruine  F  passen,  die  hart  an  den  kaiserlichen 
Palast  anstösst,^)  aber  sie  ist  jedenfalls  älter  als  die  Domus  Augustana, 
und  ausserdem  ist  es  im  höchsten  Grade  wahrscheinlich,  dass  der 
Elagabalsdienst  den  Kaiser  nicht  lange  überdauert  hat.  Der  Tempel 
selbst  ist,  wie  aus  einer  von  Führer,  Rom.  Mitt.  1892  p.  158,  angeführten 
Stelle  der  Passio  S.  Philippi  Episcopi  Heracleae  hervorgeht,  durch 
Feuer  untergegangen,  wann,  steht  nicht  fest.  Die  Regionsbeschreibung 
weiss  von  dem  Sonnentempel  nichts.  Es  wäre  also  müssig,  seine  Stätte 
suchen  zu  wollen.  —  8.  Ein  Tempel  der  Juno  Sospita,  bekannt  aus  Ovid 


*)  So  von  mir  in  der  ersten  Anflage  beurteilt. 


142  S«  Topographie  von  Born. 

Fast,  n  55  principio  mensis  Phrygiae  eontermina  Matri  Sospüa  delubris  dicitur 
aucta  novis.    Danach  hat  er  also  in  der  Nähe  des  Tempels  der  Magna 
Mater  gelegen,  war  aber,  wie  die  folgenden  Verse  andeuten,  zu  Ovids  Zeit 
schon  nicht  mehr  vorhanden.  —  9.  Ein  Sacellum  Yeneris  erwähnt  Die 
Cassius  LXXIY  3:  Ug>QoSiai.ov  xard  t6  Ualanov.  —  10.  Ein  Fanum  (oder 
eine  Ära)  Febris,  wie  sie  sich  an  verschiedenen  Stellen  der  Stadt  befanden, 
erwähnt  Cic.  de  nat.  deor.  m  63,  de  legg.  11  28,  Plin.  N.  H.  11 16.    Bei 
Yalerius  Maximus  11  5,  6  heisst  es:    Febrem  autem  ad  minus  noeendum 
tetnplis  colebantj  quorum  adhuc  unum  in  Pcdatio  etc.  —  11.  Der  Altar  des 
Aius  Loquens,  den  Gellius  XYI  17  erwähnt:  Aius  deus  appeUatus  araque 
ei  statuta  est,  quae  est  in  infima  nova  via,  quod  eo  in  loco  divinitus  vox  edita 
erat.    Cicero  erzählt  de  divinatione  I  45,  101:  non  muUo  ante  urbem  cap- 
tam  exaudita  vox  est  a  luco  Vestae,  qui  a  Palatii  radice  in  novam  viam 
devexus  est  (vgl.  p.  90),  ut  muri  et  portal  reficerentur;  futurum  esse,  nisi 
provisum  esset,   ut  Borna  caperetur,  Quod  neglectum  tum,  cum  caveri  poterat, 
post  acceptam  illam  maximam  cladem  expiatum  est;  ara  enim  Aio  Loquenti, 
quam   saeptam   videmus,    exadversus   eum   locum    consecrata  est.     Mohhsen 
CIL.  I  p.  623  =  YI  110  meint,  dass  der  altertümliche,  um  das  Jahr  100 
V.  Chr.  errichtete  und  jetzt  an  der  Südwestecke  des  Palatins  bei  J  befind- 
liche Altar  mit  der  Inschrift:    Sei  deo  sei  deivae  sac.  C.  Sextius  C.  f.  CaJr 
vinus  pr.  de  senati  sententia  restituit  eine  Erneuerung  dieses  Altars   sei. 
Der  ursprüngliche  Standort  dieses  Altars  ist  unbekannt,  er  steht  jetzt  auf 
einer  hohen  Schuttschicht,   etwa  12  m   über  dem   antiken  Boden.     Ygl. 
Lanciani  in  den  Rom.  Mitt.  1894  p.  33.  —  12.  Mehrere  Heiligtümer  der 
Fortuna:  Ein  Heiligtum  oder  eine  Statue  der  Fortuna  respiciens,  nach 
der  der  auf  der  kapitolinischen  Basis  befindliche  Yicus  Fortunae  respicientis 
seinen  Namen  hat.    Über  die  Bedeutung  des  Namens  vgl.  Dio  Cass.  XLH  26. 
Ferner  ein  Tempel  der  Fortuna  huiusce  diei.    Ihn  erwähnt  Plinius  N.  H. 
XXXI Y  54  bei  Gelegenheit  der  Aufzählung  der  Werke  des  Phidias:  fecü 
et  diduchum  et  aliam  Minervam,   quam  Romae  Paulus  Aemilius  ad  aedem 
Fortunae  Huiusce  diei  dicavit  und  XXXIY  60:  fuit  et  alius  Pythagoras  Sa- 
miuSt    initio   pictor,    cuius    signa   ad   aedem  Fortunae    huiusce  diei   Septem 
nuda  et  senis  unum  laudata  sunt.     Seine  Zusammengehörigkeit  mit  dem 
Palatin  geht  aus  der  Erwähnung  des  Yicus  huiusque  diei  in  der  X.  Region 
auf  der  kapitolinischen  Basis  hervor.    Nach  der  Aufstellung  dieser  Kunst- 
werke in  und  bei  dem  Tempel  zu  urteilen,  kann  er  nicht  unbedeutend 
gewesen  sein.     Welches  Heiligtum   der  Fortuna  Plutarch  meint,  wenn  er 
De  fort.  Rom.  10  sagt:  IdCag  rvxtjg  Icqov  eauv  iv  naXatUf^  steht  dahin.  — 
13.  Ein  Tempel  der  Fides  auf  dem  Palatin  wird  Festus  p.  269  erwähnt: 
Ascani  filiam  nomine  Bomam  ....  primam   omnium  consecrasse  in  Pcdatio 
Fidei  templum,  in  quo  monte  postea  cum  conderetur  urbs,  visam  esse  iustam 
vocabuli  Romae  causam  eam,   quae  prior  eundem  locum  dedicavisset  Fidei. 
Der  Tempel  ist  weiter  nicht  bekannt. 

48.  Privathiäuser.  Der  Palatin  gehörte  in  republikanischer  Zeit  zu 
den  von  der  vornehmen  Welt,  namentlich  von  Staatsmännern  bevorzugten 
Stadtgegenden.  Hier  wohnte  unter  anderen  M.  Fulvius  Flaccus,  der 
Genosse  des  C.  Gracchus.    Sein  Haus  wurde  nach  seinem  Tode  nieder- 


5.  Dm  Ztntnun  Borns.    cU  Der  Palatin.    (§  48.) 


148 


gerissen; 9  nachdem  der  Platz  eine  Zeit  lang  wttst  gelegen  hatte,  errichtete 
Q.  Lutatius  Gatulus,  der  Sieger  über  die  Cimbern,  der  ebenfalls  auf 
dem  Palatin  sein  Haus  hatte  (Plin.  N.  H.  XVII 2,  Sueton,  de  granmi.  17), 
daselbst  eine  Porticus  (Gic.  de  domo  88,  102  und  43,  114).  Neben  dieser 
Porticus  lag  auch  Giceros  Haus.  Erbaut  war  dasselbe  von  M.  Livius 
Drusus,  es  ging  dann  in  den  Besitz  des  M.  Grassus  über,  von  dem  es 
Gicero  kaufte.  Nach  seiner  Verbannung  wurde  es  von  Glodius  nieder^ 
gerissen;  den  Hauptteil  des  Platzes  behielt  er  für  sich  und  vergrösserte 
dadurch  sein  von  Q.  Seins  gekauftes  Haus,  einen  kleinen  Teil  des  Platzes 
zog  er  zur  Porticus  Gatuli  hinzu,  stellte  dieselbe  wieder  her  und  dedizierte 
sie  von  neuem  unter  seinem  Namen;  den  Rest  weihte  er  der  Libertas 
(Hauptquelle  ist  Gicero  de  domo).  Nach  Giceros  Zurückberufung  wurde 
sein  Haus  auf  Staatskosten  wiederhergestellt,  nach  seiner  Ermordung  ging 
es  in  den  Besitz  des  Gensorinus,  dann  in  den  des  Statilius  Sisenna 
über  (Vell.  H  14).  Es  scheint  nach  Plut.  Gic.  22  über  dem  Forum  gelegen 
zu  haben.  Auf  dem  Palatin  wohnte  auch  L.  Grassus,  dessen  Haus  wegen 
seiner  Pracht  berühmt  war,  namentlich  ist  hervorzuheben,  dass  im  Atrium 
die  ersten  Säulen  aus  hymettischem  Marmor  waren  (Plin.  XVH  6,  XXXVI 7); 
berühmt  waren  auch  die  das  Haus  umgebenden  Bäume;  sie  brannten  unter 
Nero  ab,  bis  in  diese  Zeit  also  muss  das  Haus  bestanden  haben  (Plin.  N. 
H.  XVH  5).  Femer  wohnten  hier  M.  Scaurus,  dessen  Haus  ebenfalls 
durch  seine  Pracht  berühmt  war  (vgl.  Ascon.  in  Scaur.  27,  Plin.  H.  N. 
XXXVI  6  über  die  Säulen  im  Atrium).  Nach  Plin.  N.  H.  XVH  5  lag  es 
in  der  Nähe  des  Hauses  des  Grassus  (vgl.  Gic.  de  off.  I  138).  Femer  G. 
Licinius  Galvus,  Hortensius  (Suet.  Aug.  72),  Milo,  P.  Sulla,') 
Q.  Gicero,  der  Triumvir  Antonius  und  nach  dessen  Tode  in  seinem 
Hause  Agrippa  und  Messala  (Dio  Gass.  LIU  27).  Ein  Teil  dieser 
Häuser  wird  noch  in  der  zweiten  Hälfte  des  1.  Jahrhunderts  n.  Ghr. 
genannt,  wie  die  des  Scaurus,  Grassus  und  Gatulus,  ein  grosser  Teil 
der  Privatbauten  auf  dem  Palatin  ist  indessen  wohl  im  neronischen  Brande 
untergegangen  und  nicht  wieder  aufgebaut.  Im  Jahre  85/86  n.  Ghr.  wird 
bei  Martial  I  80  das  Haus  des  G.  Julius  Proculus  erwähnt  und  seine 
Lage  ziemlich  genau  beschrieben.  Es  lag  gleich  links  (proünus  a  laeva) 
für  den,  der  von  der  Sacra  via  den  Palatin  hinanstieg,  auf  der  Höhe 
(heute  Vigna  Barberini).  —  In  die  kaiserlichen  Palastbauten  wurde  die 
Domus  Gelotiana  aufgenommen;  sie  wird  erwähnt  Sueton.  Gal.  18: 
commisü  et  subüos  (circenses),  cum  e  Gelotiana  apparatum  drei  prospicientem 
paud  ex  proximis  Maenianis  postulassent,  hat  also  über  dem  Gircus  ge- 
legen (Taf .  12  U).  CIL.  VI  8663  nennt  sie  als  kaiserlichen  Besitz.  —  Erhalten 
ist  bei  K  ein  Privathaus,  von  dem  man  anzunehmen  pflegt,  es  sei  das 
Haus    des  Tiberius   Glaudius  Nero,   des  Vaters   des  Kaisers  Tiberius 


»)  Ein  ähnlicher  Fall  wird  Liv.  Vm  19 
(Cic.  de  domo  101)  von  M.  Vitruvius  Vac- 
ctts  berichtet,  dessen  Haus  auf  dem  Palatin 
wegen  seines  Verrates  i.  J.  331  y.  Chr.  ge- 
schleift wurde.  Die  Stelle  hat  sich  wenig- 
stens bis  auf  Giceros  Zeit  als  Vacci  prata 
erhalten. 


»)  Cic.  ad  Attic.  IV  3,  3  nam  Milonis 
domutn,  eam,  quae  est  in  Germdlo  pr,  Idus 
Novembr.  expugnare  et  incendere  Ua  concUua 
est,  ut  palam  hora  guinta  cum  scutis  homines 
eductis  gladiis,  alios  cum  accensis  facihus 
adduxerU;  ipse  damum  P.  Süll ae pro  castris 
sibi  ad  eam  impugnationem  sumpserat. 


144 


B.  Topographie  von  Born. 


und  Gemahls  der  Li  via  (nach  Suet.  Tib.  5  ist  Tiberius  auf  dem  Palatin 
geboren),  gewöhnlich  Haus  der  Livia  genannt.  Jedenfalls  stammt  der 
Bau  in  seinen  Grundmauern  noch  aus  republikanischer  Zeit.  Das  Tablinum 
und  die  anliegenden  Alae  enthalten  ausgezeichnete  Wandgemälde  (A.  Mau, 
Gesch.  der  Wandmalerei  167—174,  196—205).  Ebendaselbst  hat  man 
Bleiröhren  mit  Inschriften  gefunden,  aus  denen  hervorgeht,  dass  das 
Haus  im  1.  Jahrhundert  n.  Chr.  in  kaiserlichem  Besitz  war.  Für  die  kom- 
plizierten Niveauverhältnisse  des  Palatins  ist  das  Haus  sehr  interessant: 
man  steigt  auf  einer  überwölbten  Treppe  in  die  Räume  hinab.  Das 
Haus  hängt  wahrscheinlich  mit  den  südlich  davon  gelegenen  Bauten,  die, 
trotzdem  sie  bis  auf  die  Fundamente  zerstört  sind,  doch  noch  die  Dis- 
position der  einzelnen  Räume  erkennen  lassen  (Taf.  12  K^),  zusammen; 
die  die  beiden  Teile  des  Hauses  trennende  Strasse  war,  wie  man  noch 
erkennen  kann,  überwölbt.  —  Reste  von  Privathäusem  finden  sich  auf  dem 
Palatin  an  verschiedenen  Stellen^  namentlich  fast  überall  an  den  Rändern 
des  Berges  bis  zu  den  die  Regionsgrenzen  bildenden  Strassen,^)  aber  der 
Raum,  den  sie  einnehmen,  ist  doch  nur  spärlich,  so  dass  die  oft  aus- 
gesprochene Vorstellung,  die  Kaiserbauten  hätten  allmählich  alle  Privat- 
bauten auf  dem  Palatin  verdrängt,  angesichts  der  Ruinen  wohl  erklärlich 
ist.  Dass  dem  aber  keineswegs  so  war  und  nur  unsere  unzulängliche 
Kenntnis  des  Terrains  (vgl.  oben  p.  132)  diese  Vorstellung  begünstigt,  geht 
aus  der  Regionsbeschreibung  hervor,  die  zu  einer  Zeit,  wo  die  Palastbauten 
der  Kaiser  auf  dem  Palatin  längst  abgeschlossen  waren,  in  der  zehnten 
Region  88  domus^)  und  2640  insulae  aufzählt;  die  Unterbringung  der 
letzteren  bereitet  selbst  bei  der  von  mir  Hermes  1885  p.  91  ff.  entwickelten 
Erklärung  der  konstantinischen  instdae  als  kleiner  Wohnungskomplexe,  von 
denen  erst  mehrere  ein  Gebäude  ausmachten,  Schwierigkeiten.  Immerhin 
ist  die  Entwicklung  des  Palatins  auch  auf  dem  Gebiete  der  Privatthätig- 
keit  eine  ausserordentliche  zu  nennen:  die  Regionsbeschreibung  zählt  20 
Vici  auf,  während  die  kapitolinische  Basis  nur  6  in  der  X.  Region  kennt. 
49.  Die  Bauten  des  Augustus.  1.  Die  Domus  Augustana. 
Augustus  ist  auf  dem  Palatin  geboren,  nach  Suet.  Aug.  5  „regione  Palati 
ad  capita  bubula'*,  was  vermutlich  der  Name  eines  Vicus  war.  Nach  Serv. 
Aen.  Vni261:  Augusfum,  qui  natus  estcuriis  veteribus  haben  die  Gapita  bubula 
an  der  Nordostecke  des  Hügels  gelegen.  Nach  seinem  Tode  wurde  daselbst 
ein  Sacrarium  gestiftet  (Sueton  Aug.  5).  Später  wohnte  er  nach  Suet.  72 
„iuxta  Romanutn  forum  supra  scalas  anularias  in  domo,  quae  Calvi  oratoris 
fuerat;  postea  in  Palatio,  sed  nihilo  minus  aedibus  modicis  Hortensianis,  et 
neque  Icurüate  neque  cuUu  conspicuis,  ut  in  quibus  porticus  breves  essent  AI- 
banarum  columnarum,  et  sine  marmore  uUo  aut  insigni  pavimento  conclavia. 
Nach  seiner  Rückkehr  aus  dem  Kriege  gegen  Sex.  Pompeius  vergrösserte 
er  seinen  Besitz  auf  dem  Palatin.  Voll.  Paterc.  H  81:  victor  deinde  Caesar 
reversus  in  urbem  contractas  emptionibus  complures  domos  per  procuratores, 


*)  üeber  ein  bei  dem  Pädagogium  (Taf. 
12  T)  gefondenes  Privathaiis  mit  Fresken, 
vielleicht  aus  der  Zeit  der  Antonine,  vgl. 
Rom.  Mitt.  1894,  p.  289  ff. 


*)  Das  einzige  mit  Namen  (in  der  Notitia, 
nicht  im  Curiosum)  anf geführte  Haus,  die 
Domns  Dionis,  ist  sonst  nicht  bekannt. 


6.  Das  Zentrum  Borns,    d.  Der  Palatin.    (§  49.) 


145 


quo  laxior  fieret  ipsius,  publids  se  usibus  destinare  professua  est.  Als  dann 
der  Blitz  in  das  Haus  einschlug,  weihte  er  den  vom  Gotte  in  dieser  Weise 
bezeichneten  Teil  seines  Besitztums  dem  Apollo  und  begann  hier  den 
berühmten  Tempel  des  Apollo  Palatinus  zu  bauen.  Suet.  Aug.  29:  Templum 
Apollinis  in  ea  parte  Palatinae  domus  excitavit,  quam  fulmine  ictam  desiderari 
a  deo  haruspices  pronuntiarunt;  addidit  porticus  cum  bibliotheca  Latina  Grae- 
caque,  quo  loco  iam  senior  saepe  etiam  senatum  habuit  decuriasque  iudicum 
recognovit  (vgl.  Dio  Cass.  XLIX  15).  Im  Mon.  Ancyr.  heist  es:  templum 
ApoUinis  in  solo  magnam  partem  emto  feci.  Später  muss  der  Palast  ab- 
gebrannt sein:  Suet.  Aug.  57:  in  restitutionem  Palatinae  domus  incendio  ab- 
sumptae  veterani,  decuriae,  triius  atque  etiam  singillatim  e  cetero  genere  hominum 
libentes  ac  pro  facuüate  quisque  pecunias  contulerunt.  Nachdem  Augustus 
im  Jahre  12  v.  Chr.  an  Stelle  des  Lepidus  Pontifez  Maximus  geworden 
war,  erklärte  er,  um  als  solcher  in  einem  Staatsgebäude  zu  wohnen,  einen 
Teil  seines  Hauses  zum  Staatsgut.  Vgl.  Dio  Cassius  LIY  27  fiägog  ri  z^g 
iavTov,  oTi  Tov  aqxibQBwv  iv  xoiv^  ndvxwg  olxeTv  exQfjv,  sSrjfiocFievaev.  Zu- 
gleich errichtete  er  in  diesem  Teile  seines  Palastes  eine  AediculaVestae. 
Daher  Ovid.  Fast.  IV  949  vom  Hause  des  Augustus:  Phoebus  habet  partem, 
Vestae  pars  altera  cessit,  quod  superest  Ulis,  tertius  ipse  tenet  und  Met. 
XV  864  Vestaque^)  Caesareos  inter  sacrata  penates.  Vgl.  Trist.  I  1.  69  flf. 
Nach  einem  abermaligen  Brande  erklärte  er  sein  ganzes  Haus  zum  Staats- 
gut. Dio  Cass.  LV  12:  6  3^  Avyovarog  Tr]v  olxiav  ävoixodofATjaag  sdr^fio^ 
atwae  näaav,  sXte  Srj  Sid  ttjv  awräkeiav  rrjv  naqä  tov  dr^iov  6t  yevofiävvjV, 
€iT€  xai  OT*  dqxi^QBwg  rjv,  iv  iv  roTg  ISioig  äfjta  xai  iv  xoXg  xoivoig  (Hxoitj.  — 
Vor  der  Thür  der  Domus  Augustana  standen  Lorbeerbäume;  über  ihr 
hingen  Eichenkränze:  Ovid  Trist.  HI  1.  36,  Fast.  1614,  IV  953.  Met.  1562  f. 

Über  die  Lage  der  Domus  Augustana  gehen  die  Meinungen  ausein- 
ander. Lanciani,  Guida  del  Palatino  p.  36  und  in  anderen  Schriften,  auch 
Forma  urbis  Taf.  29  sucht  sie')  in  den  am  Südrande  des  Palatins  über 
dem  Circus  Maximus  im  Jahre  1774  von  Rancoureil  entdeckten  Resten 
(Taf.  12  P).  Dass  der  Palast  aber  nicht  an  der  Seite  nach  dem 
Circus  Maximus  zu  lag,  geht  ganz  klar  aus  Sueton.  Aug.  45  hervor:  ipse 
(Augustus)  circenses  ex  amicorum  fere  libertorumque  cenaculis  spedabat, 
interdum  ex  pulvinari,  et  quidem  cum  coniuge  ac  liberis  sedens.  Danach 
muss  also  diese  Seite  des  Palatins  damals  noch  mit  Privathäusern  bebaut 
gewesen  sein.  3)  Andererseits  beweist  die  Lage  in  der  Mitte  des  Hügels, 
nach  der  Sacra  via  zu,  also  dort,  wo  noch  jetzt  die  Ruinen  des  Palatiums 
emporragen,  Ovid  Trist.  IH  1,  31,  wo  geschildert  wird,  dass  man  von  der 
Summa  sacra  via  (vom  Tempel  des  Jupiter  Stator  und  der  Porta  Mugonia 
aus)  die  Front  des  Augustuspalastes  erblickte  (vgl.  Tac.  Hist.  HI  68). 

Wenn  man  also  auch  den  Ort  nachweisen  kann,  an  dem  das  Haus 
stand,  so  ist  doch  von  diesem  ursprünglichen  Bau  des  Augustus,  der  kaum 


»)  Vgl.  CIL.  P  p.  317.  Lanoiani,  BuU. 
com.  1888,  p.  198  ff.  versucht  den  Nachweis 
zu  fahren,  dass  zur  Zeit  der  Renaissance 
Reste  dieser  Aedicula  zu  Tage  gekommen 
sind;  er  wird  widerlegt  von  Hülsrn,  Der 
angebliche  Tempel  der  Vesta.    Rom.   Mitt. 


1895,  p.  28  ff. 

')  Eine  wirkliche  Begründung  fehlt. 

')  Auch  Caligula  sah  den  Spielen  im 
Circus  von  einem  ursprünglichen  Privathause, 
der  später  von  den  Kaisem  erworbenen  Do- 
mus Gelotiana  aus  zu.    Vgl.  oben  p.  143. 


HsDdbnch  der  klaas.  AltortamawiaMDSchAlt.    III,  8,  B.    2.  Aufl. 


10 


146 


B.  Topographie  tob  Born. 


den  Neronischen  Brand  überdauert  haben  dürfte,  schwerlich  etwas  anderes 
noch  erhalten  ausser  Resten  von  Orundmauem,  i)  dagegen  hat  der  Name 
Domus  Augustana  in  der  Folgezeit  eine  erweiterte  Bedeutung  gewonnen, 
indem  man  den  Gesamtkomplex  der  Bauten,  die  von  der  Mitte  des  Hügels 
ausgehend  sich  allmählich  nach  Süden  zu  bis  an  die  Hügelränder  und 
über  diese  hinaus  erstreckten,  als  Erneuerungen  und  Erweiterungen  des 
ursprünglichen  Augustushauses  auffasste  und  diesen  Namen  beibehielt. 
Amtliche  Urkunden  bis  ins  vierte  Jahrhundert  bezeichnen  den  kaiserlichen 
Palast  als  Domus  Augustana,  so  die  Inschriften  CHi.  VI  8640—8646,  8649 
—8651  und  die  Inschriften  auf  den  Wasserröhren  bei  Lanciaki,  Acque 
p.  446  N.  153  u.  154.«) 

2.  Der  Apollotempel.  Der  Bau  dieses  in  unmittelbarer  Verbin- 
dung mit  der  Domus  Augustana  stehenden  und  als  Teil  der  Domus  er- 
richteten Tempels  (Ovid  Fast.  IV  951,  Suet.  Aug.  29)  wurde  schon  nach 
Beendigung  des  sizilischen  Feldzuges  gegen  Sex.  Pompeius,  86  v.  Chr.,  in 
Aussicht  genommen  (Vell.  II  81),  kam  aber  erst  nach  der  Schlacht  bei 
Actium  zur  Ausführung.^)  Er  wurde  am  9.  Oktober  28  v.  Chr.  (CIL.  I* 
p.  331,  Dio  Cass.  LIII  1)  eingeweiht.  Die  Einweihungsfeier  verherrlicht 
Properz  lU  29,  der  zugleich  eine  Beschreibung  des  Tempels  und  seiner 
Umgebung  bringt;  an  diese  Feier  knüpft  an  Horaz  I  31:  Quid  dedicatum 
poscit  Apollinem  vates? 

Der  Tempel  war  ganz  aus  Quadern  von  weissem,  lunensischen 
Marmor  erbaut  (Serv.  Aen.  VHI  720:  in  templo  Apollinis  in  PakUio  de  solido 
marmore  effedo,  quod  adlatum  fuerat  de  portu  Lunae,  vgl.  Ovid  Trist.  III 1, 60), 
und  dies  ist  wohl  der  Hauptgrund,  dass  er  so  gänzlich  untergegangen  ist, 
dass  nichts  davon  wieder  zum  Vorschein  gekommen  ist  (vgl.  Gatti,  Nuovi 
scavi  dello  stadio  Palatino  Mon.  ant.  V.  1895  p.  67).  Auch  über  seine 
Form  steht  nichts  fest.  Lanciani,  Bull.  com.  1883  p.  195  meint  ohne 
weitere  Gründe,  er  sei  ,quasi  certamente^  achtsäulig  gewesen.*)  Nach 
Vitruvin3,  4  war  er  diastylus,^)  d.h.  die  Interkolumnien  waren  gleich 
drei  Säulendurchmessern.  Da  in  dem  Tempel  auch  Senatsversammlungen 
abgehalten  worden  sind  (Suet.  Aug.  29,  Tac.  Ann.  II  37 ;  Dio  Cass. 
LVni  9),  so  muss  er  wenigstens  die  Grösse  der  Curia  oder  des  Concordia- 
tempels  gehabt  haben,  die,  wie  auch  andere  Tempel,  zu  ähnlichem  Zwecke 


1)  Da  aus  der  Zeit  des  Augustus  Ziegel- 
stempel nicht  bekannt  sind,  so  versagt  hier 
dieses  Mittel  der  Zeitbestimmung. 

»)  Vgl.  Josephus  Ant.  Jud.  XIX  1,  15: 
66ovg  Sh  exiqag  ^^Q^^^^^S  nitQ^aity  Big  xijy 
Fe^fjiayixov  fAhv  oixiav  xov  Vatov  naxQog,  ov 
xoxe  ayjjQfjxeaay^  avvrjufAivtiv  de  ixsivtjy  dut 
x6  £y  x6  ßaffiXeioy  ov  en^  oixodofiiaig  exttaxov 
T(6y  iy  xp  iqyBfAovi<^  yeyoyoxtüy  d<jxtj9iy  ano 
fiEQOvg  oyofiaxi  xtiy  oixodo/nijaau^ytüpf  rj  xal 
XI  fABQüiy  oixij<rs(os  aQ^ayxioy  xrjy  incjyvfiiay 
7iaQaax£o9m,  Das  Haus  des  Germanicus 
wird  nur  an  dieser  Stelle  genannt. 

')  lieber  Augustus'  Verhältnis  zum  Kult 
des  Apollo  vgl.  Pascal,  H  culto  di  Apollo  in 
Roma  nel  secolo  di  Augusto,  Bull.  com.  1894 
p.  53  ff.  und  in  desselben  Studi   di  antichita 


e  mitologia,  p.  43  flP.  Vgl.  Prop.  V  1,  3  Navali 
stant  Sacra  Palatia  Phoebo. 

^)  H.  Drbssbl  (Nummi  Augusti  et  Domi- 
tiani  ad  ludos  saeculares  pertinentes.  Eph. 
epigr.  VIII  p.  313)  hält  fOr  möglich,  dass  die 
Münze  Cohen,  Domitian  Nr.  85  (bei  Dressbl 
Taf.  I,  7)  sich  auf  das  Opfer  des  dritten  Tages 
der  ludi  saeculares  bezieht,  das  vor  dem 
Tempel  des  Apollo  stattfand.  Dann  wfirde 
der  auf  derselben  dargestellte  Tempel  mit 
sechs  korinthischen  Säulen  eine  Darstellung 
des  Apollotempels  sein. 

^)  lieber  die  Frage,  ob  die  Stelle  des 
Vitruv  sich  auf  diesen  Tempel  oder  den  vor 
der  Porta  Garmentalis  gelegenen  bezieht,  vgl. 
MoMXSBN,  Eph.  epigr.,  VIII  p.  259  und  Pascal, 
Bull.  com.  1893,  p.  55. 


5.  Das  Zentrum  Borna,    d.  Der  Palatin.    (§  49.)  147 

dienten.  Die  Pracht  des  Tempels  und  seine  Kunstwerke  werden  viel- 
fach erwähnt  und  gerühmt  (Serv.  Aen.  VIII  720;  Plin.  N.  H.  XXXIV  14. 
XXXVI  24;  Juvenal  VII  37;  Sueton.  Aug.  52).  Unter  anderem  befand 
sich  darin  eine  Daktyliothek  (Plin.  N.,  H.  XXXVU  11).  Als  Tempel- 
bild diente  ein  zitherspielender  Apollo,  zu  seinen  Seiten  Latona  und 
Diana  (Plin.  N.  H.  XXXVI  24,  25,  32);  auch  die  Statuen  der  neun  Musen 
waren  in  der  Cella  (Juv.  VII  37)  aufgestellt.  Unter  der  Statue  des  Gottes 
befanden  sich  in  einem  unterirdischen  Gewahrsam  die  sibyllinischen 
Bücher  (Suet.  Aug.  31);  die  Thüren  waren  von  Elfenbein  und  mit 
Reliefs  geschmückt:  Vertreibung  der  Gallier  von  Delphi  und  der  Tod 
der  Niobiden  (Propert.  HI  31  v.  12  flf.;  Plin.  N.  H.  XXXVI  28);  der  Giebel 
enthielt  Bildwerke  des  Bupalus  und  Athenis  (Plin.  N.  H.  XXXVI  13) 
und  war  bekrönt  durch  den  Sonnenwagen  (Prep.  1.  c).  Vor  dem  Tempel 
stand  die  bronzene  Kolossalstatue  des  aktischen  Apollo,  davor  der  Altar 
und  um  ihn:  steterant  armenta  Myronis^  quattuor  artifices,  vivida  signa, 
boves  (Propert.  III  31,  7).  Den  Tempelhof,  die  area  ApoUiniSj^)  umgab  eine 
Porticus,  deren  Säulen  von  Giallo  antico  (poenis  digesta  columnis  Propert.) 
waren.  In  den  Interkolumnien  standen  die  Statuen  der  fünfzig  Danaiden 
(Ovid  Trist.  HI  1,  61),  contra  eas  $tib  divo  (SchoL  Pers.  II  56)  ebensoviel 
Reiterstatuen  der  Söhne  des  Aegyptus.  In  enger  Verbindung  mit  den  Portiken 
stand  die  Bibliothek^)  lateinischer  und  griechischer  Bücher  (Suet.  Aug.  29; 
Dio  Gass.  LIII  1).  Berühmt  scheint  namentlich  die  Sammlung  juristischer 
Werke  gewesen  zu  sein.  Bei  Juvenal  I  128  heisst  Apollo  iuris  peritus, 
wozu  der  Scholiast  anmerkt:  bibliothecam  iuris  civilis  et  liberalium  studiorum 
in  templo  Apollinis  Palatini  dedicavit  Augustus.  Hauptschmuck  der  Biblio- 
thek war  der  Koloss  von  Bronze,  der  Augustus  selbst  unter  der  Gestalt 
des  Apollo  darstellte.  Schol.  Cruq.  zu  Horaz  Ep.  I  3,  17 :  Caesar  sibi  in 
bibliotheca  statuam  posuerat  ad  habitum  et  staturam  Apollinis,  Danach  darf 
man  bei  Plin.  N.  H.  XXXIV  43:  factitavit  colossos  et  Italia;  videmus  certe 
Tuscanicum  Apollinem  in  bibliotheca  templi  Augusti  quinquaginta  pedum  a 
pollice  etc.  wohl  die  Worte  templi  Augusti  auf  den  von  Augustus  erbauten 
Apollotempel  deuten.  Auch  die  bei  Tac.  Ann.II37  und  83  erwähnten  Medaillons 
von  berühmten  Rednern  (37.  oratores  83.  auctores  eloquentiae)  befanden  sich 
in  der  Bibliothek;  vergl.  Plinius'  Bemerkung  N.  H.  XXXV  9  über  die  Sitte, 
die  Bibliotheken  mit  den  Bildnissen  berühmter  Schriftsteller  zu  schmücken. 
Bei  Tacitus  erblickt  Hortalus  das  Bild  des  Hortensius  filiis  ante  Urnen 
curiae  adstantibus,  cum  in  Palatio  senatus  haberetur,  wobei  an  Suet.  29  zu 
denken  ist,  der  erzählt,  dass  Augustus  als  alter  Mann  oft  in  der  Biblio- 
thek Senatssitzungen  abhielt  (vgl.  p.  145). 

Den  Eingang  zu  dem  von  den  Portiken  umschlossenen  Hofe  bildete 
ein  Triumphbogen,  wie  man  mit  Lanciani  (Bull.  com.  1883  p.  190)  aus 
Plinius  N.  H.  XXXVI  36   schliessen   darf.     Es  heisst   dort:    ex  honore  ap- 


^)  Acta  lud.  saec.  Severiana  II  23  (Eph. 
epigr.  Vm  p.  283):  in  area  aedis  Apollinis. 
Uhi  cum  adscendissent  in  tribunal,  suffimenta 
dederunt, 

')  Möglicherweise  befand  sich  die  Biblio-  { 


ihek  in  einem  Gebäude,  das  in  Absisform  sich 
an  die  Portiken  anschloss,  ähnlich  den 
Absiden  auf  dem  Augustusforum  oder  der 
Curia  Pompei  bei  der  Porticus  Pompeia. 

10* 


148  B.  Topographie  von  Born. 

paret  in  magna  auctoritate  habitum  Lysiae  opus,  quod  in  Palatio  super  arcum 
divus  Augustus  honori  Octavi  patris  sui  dicavit  in  aedicula  columnis  adornata, 
id  est  quadriga  currusque  et  ApoUo  ac  Diana  ex  uno  lapide. 

Auf  der  Area  Apollinis  befand  sich  ein  bemerkenswertes  Denkmal, 
der  mundus  der  palatinischen  Stadt,  auch  Borna  quadrata  genannt.  Fest, 
p.  258:  Quadrata  Koma  in  Palatio  ante  templum  Apollinis  dicitur,  ubi  re- 
posita  sunt,  quae  solent  boni  ominis  gratia  in  urbe  condenda  adhiberi,  quin 
saxo  munitus  est  initio  in  speciem  quadratam  (vgl.  oben  p,  35).  Die  Fort- 
existenz der  Roma  quadrata  als  Bauwerk  ergibt  sich  aus  den  Commentaria 
ludorum  saecularium  septimorum  aus  dem  Jahre  204  n.  Chr.  Dort  wird 
(Eph.  epigr.  VIII  p.  283,  12)  ein  tribunal  ad  Komam  quadratam  erwähnt. *) 
Ein  zweites  Zeugnis  aus  derselben  Zeit,  das  Fragment  des  severianischen 
Stadtplanes  Form.  urb.  I  1,  das  nach  Becker  p.  107  den  mundus  dar- 
stellen soll,  ist  sehr  zweifelhaft.  Vgl.  Jordan,  F.  ü.  p.  57.  Ausserdem 
befand  sich  auf  der  Area  Apollinis  nach  Solin  I  18  eine  silva  (vgl.  p.  35 
Anm.  1). 

Der  Apollotempel  hat  stets  eine  grosse  Verehrung  genossen.  Augustus 
selbst  sorgte  dafür,  dass  er  auch  den  berühmtesten  Tempeln  ebenbürtig 
würde,  indem  er  die  im  Jahre  17  v.  Chr.  gefeierten  Säcularspiele  in  Rück- 
sicht auf  den  Kult  des  Palatinischen  Apollo  änderte,  und  den  Gott 
und  seinen  Tempel  zum  Mittelpunkt  der  Hauptfeier  am  dritten  Tage 
machte.  Die  gleiche  Wichtigkeit  blieb  ihm  auch  in  Zukunft,  wie  aus  den 
Eommentarien  der  siebenten  Säcularspiele  unter  Septimius  Severus  hervor- 
geht.^) Auch  sonst  wird  der  Tempel  erwähnt.  Vor  dem  Apollotempel 
war  Galba  mit  einem  Opfer  beschäftigt,  als  die  Empörung  Othos  gegen 
ihn  ausbrach  (Tac.  Hist.  I  27).  Der  Neronische  Brand  hat  ihm  wenig  ge- 
schadet, im  Brande  unter  Commodus  wurde  ein  Teil  der  Bibliothek  ver- 
nichtet. Im  Jahre  363  n.  Chr.  ging  er  durch  Brand  zu  Grunde  (Amm. 
Marc.  XXIII 3, 3). 

So  befriedigend  unsere  Kenntnis  von  dem  Tempel  fast  in  jeder 
anderen  Hinsicht  ist,  so  ungenügend  sind  die  Nachrichten  über  seine  Lage. 
Die  Ausgrabungen  haben  so  gut  wie  nichts  zu  Tage  gefördert.  Er- 
wähnenswert ist  nur,  was  Flaminio  Vacca  Mem.  77  berichtet,  dass  in  der 
Vigna  Ronconi  (quäle  b  inclusa  nelle  rovine  del  pallazzo  maggiore)  sich 
etwa  20  Marmortorsi  gefunden  haben  ,tuUi  dt  Amazzoni,  poco  maggiori 
del  naturale,  Bianchini  hat  zuerst  die  Vermutung  geäussert,  es  handle 
sich  hier  nicht  um  Amazonen,  sondern  um  die  in  den  Portiken  des  Apollo- 
tempels aufgestellten  Danaiden,  eine  an  sich  bestechende  Ansicht,  die  viele 
Anhänger  gefunden  hat,  aber  die  Vigna  Ronconi,  die  man  früher  in  der 
Villa  Mills  suchte,  nahm  den  Hippodromus  (vgl.  Taf.  12)  und   das  an- 

*)  Hülsen,  ROm.  Mitt.  1896  p.  202,  ver-  1  ist  unerfindlich.  Schwerlich  würde  man  doch 
legt  die  Roma  quadrata,   den  Mundus,  von  I  beispielshalber  einen  Altar,  von  dem  es  hiesse, 


dem  es  doch  ausdrücklich  heisst,  er  habe 
ante  templum  Apollinis  gelegen,  ausser- 
halb der  von  Portiken  umgebenen  AreaApol- 
linis.  Mit  welchem  Recht  dann  der  Mundus 
überhaupt  noch  mit  dem  Tempel  in  topo- 
graphische Verbindung  gebracht  werden  kann,  ] 


er  habe  ante  aedem  Martis  ültoris  gestanden, 
ausserhalb  des  Augustusforums  suchen. 

^)  Th.  Mommskn,  Commentaria  ludorum 
saecularium  quintorum  et  septimorum.  Eph. 
epigr.  VIII  p.  225  -309. 


6.  Das  Zentrom  Borns,    d.  Der  Palatin.    (§  49.) 


149 


stossende  Gebiet  bis  zur  Vigna  di  S.  Sebastiane  ein,  wo  der  Tempel  un- 
möglich gelegen  haben  kann,  ^)  so  dass  man  es  hier  doch  wohl  mit  Statuen 
zu  thun  hat,  die  zur  Dekoration  des  Hippodromus  gehörten. 

Ist  es  80  freilich  nicht  möglich,  die  Lage  des  Tempels  auf  Grund 
topographischer  Funde  zu  bestimmen,  so  können  dafür  doch  wenigstens 
folgende  Gesichtspunkte  als  massgebend  aufgestellt  werden:  1.  Aus  den 
oben  angefahrten  Stellen  über  Augustus'  Bauthätigkeit  auf  dem  Palatin 
ergibt  sich,  dass  die  Domus  Augustana  und  der  Tempel  des  Apollo^) 
einen  in  sich  zusammenhängenden  Baukomplex  gebildet  haben.  Die  von 
Augustus  zum  Zweck  seines  Palastbaus  zusammengekauften  Grundstücke 
haben  als  Bauplatz  sicher  ein  geschlossenes  Ganze  gebildet,  und  ein  Teil 
dieses  Bauterrains  wurde  dann  für  den  Tempel  bestimmt.  2.  Ein  Blick 
auf  den  Palatinsplan  lehrt,  dass  sämtliche  kaiserlichen  Bauten  bis  in  die 
späteste  Zeit  ein  und  dieselbe  Orientierung  haben,  offenbar  die  ursprüng- 
liche Orientierung  des  von  Augustus  errichteten  Hauses.  Es  muss  daher 
angenommen  werden,  dass  auch  der  Apollotempel  diese  Orientierung 
gehabt  hat.  3.  Rechnet  man  dazu,  dass  nach  Ovid  Trist.  III  1  man  von 
der  Summa  sacra  via  die  Domus  Augustana  sieht,  den  Tempel  des  Apollo 
aber  erst,  nachdem  man  jene  passiert  hat,  so  ist  der  bis  jetzt  noch 
nicht  ausgegrabene  nördliche  Teil  der  Villa  Mills  der  gegebene  Platz 
für  den  Tempel.  Hierher,  d.  h.  in  die  Mitte  des  Hügels,  weist  auch  der 
Umstand,  dass  auf  der  Area  Apollinis  der  Mundus  sich  befand,  den  man 
wohl  mit  Recht  im  Mittelpunkt  des  vom  Templum  umschlossenen  Stadt- 
gebietes, im  Schnittpunkt  von  Cardo  und  Decumanus  sucht.  Plut.  Rom.  11 
sagt  nach  Schilderung  des  Mundus:  sha  waneq  xvxXov  xevTQtff  neQuyQaipev 
ty]v  nohv.^) 

eine  solche  Anlage  in  dem  eventuell  dis- 
poniblen Raum  der  Villa  Mills  keinen  Platz 
finden  könne,  und  dass  Lanciani  und  ich 
die  Erörterung  dieser  Kardinalfrage  leichter 
Hand  beiseite  gelassen  hätten.  Er  setzt  daher 
die  Area  Apollinis  auf  die  Höhe  von  S.  Seba- 
stiano  und  füllt  diese  ganz  damit  aus.  Diese 
Ansetzung  ist  nicht  glücklich.  Denn  1)  steht 
auf  diese  Weise  der  Tempel  des  Apollo  in 
gar  keinem  räumlichen  Zusammenhang  mit 
der  Domus  Augustana,  zu  der  er  doch  ge- 
hört; 2)  weicht  er  in  der  Orientierung  von 
derselben  ab;  3)  bleibt  die  Bibliothek,  die 
HüLSKN  unter  S.  Bonaventura  ansetzt,  die 
aber  doch  sicher  in  engster  Verbindung  mit 
den  Portiken  der  Area  gestanden  hat,  völlig 
ausserhalb  der  Area  und  ist  nicht  nach  den 
Portiken,  sondern  nach  der  Domus  Augustana 
orientiert  —  Was  aber  die  Raumfrage  auf 
dem  Gebiet  der  Villa  MiUs  anbetrifft,  so  ist 
ja  freilich  im  Süden  wie  im  Osten  Mauer- 
werk zu  Tage  gekommen,  das  sicher  nicht 
zu  dem  Tempel  oder  den  Portiken  gehört 
und  das  Terrain  erheblich  eingeengt  hat, 
aber  der  noch  „disponible"  Platz  ist  doch 
immerhin  noch  so  gross  wie  die  Area  des 
Forums,  so  dass  selbst  wenn  er  noch  etwas 
verkleinert  werden  müsste,  doch  kein  Be- 


')  Hülsen,  Untersuchungen  zur  Topo- 
graphie des  Palatins.  Rom.  Mitt.  1896,  p.  207  ff. 

')  Und  auch  die  Aedicula  Vestae. 

»)  Hülsen,  Rom.  Mitt.  1896,  p.  202  meint, 
es  sei  kein  Verlass  auf  die  Genauigkeit  von 
Plutarchs  Angaben,  weil  er  den  Mundus 
der  Romulischen  Stadt  auf  dem  Comitium 
ansetze.  Dies  ist  ja  allerdings  ganz  ver- 
kehrt, aber  man  kann  doch  wohl  eine  rich- 
tige Definition  des  mundus  geben,  ohne 
topographisch  damit  etwas  anfangen  zu  kön- 
nen. -  Hülsen  kommt  in  seinem  Aufsatz: 
Der  Tempel  des  Apollo  Palatinus,  Rom.  Mitt. 
1896,  p.  198—212  über  die  Lage  desselben 
zu  ganz  abweichenden  Ansichten.  Er  stellt 
eine  Berechnung  an  über  die  Grösse  der 
Area  Apollinis,  die  ihn  dazu  führt,  auf  seiner 
Forma  Urbis  III  einen  Tempel  zu  rekon- 
struieren, der  alle  uns  bekannten  Tempel 
der  X.,  Vlll.und  IV.  Region  mit  Ausnahme  des 
Capitoliums  und  des  Doppeltempels  der  Venus 
und  Roma  an  Grösse  weit  übertrifft,  und  der 
Area  eine  Grösse  zu  geben,  die  alle  Kaiser- 
fora, mit  alleiniger  Ausnahme  des  Trajans- 
forums  hinter  sich  lässt  (die  nur  probe- 
weise entworfene  Skizze  auf  S.  200  des 
oben  citierten  Aufsatzes  hat  etwas  geringere 
Masse).    Hülsen  ist  nun  der  Meinung,  dass 


150 


B.  Topographie  Ton  Born. 


50.  Die  Bauten  des  Tiberius  und  Caligula.  1.  Die  Domus  Ti- 
ber ia  na.  Über  die  Lage  der  Domus  Tiberiana  gibt  unzweideutige 
Nachricht  die  Notiz,  dass  Yitellius  dem  Sturme  auf  das  Kapitel  beim 
Schmause  in  der  Domus  Tiberiana  sitzend  zugeschaut  habe  (Sueton, 
Vit.  15).  Dies  weist  auf  die  auf  Taf.  12  als  Domus  Tiberiana  be- 
zeichnete, von  Grundmauern  und  Unterbauten  getragene  und  nach  der 
Nova  via  zu  auf  ungeheuren  Substruktionen  ruhende  Area  hin,  die  jetzt 
von  dem  Reste  der  Farnesischen  Gärten  eingenommen  wird.*)  Auf  die- 
selbe Stelle  weist  auch  der  Umstand,  dass  sich  im  amtlichen  Sprach- 
gebrauch bis  in  das  vierte  Jahrhundert  hinein  die  Bezeichnungen  Domus 
Augustana  und  Domus  Tiberiana  als  gesonderter  Teile  der  kaiserlichen 
Residenz  erhalten  haben.  Wenn  z.  B.  die  Notitia  Reg.  X  aufzählt:  domum 
Augustianam  et  Tiberianam^  so  fasst  sie  damit  die  Gesamtheit  der  Kaiser- 
bauten zusammen,^)  lehrt  aber,  dass  diese  zwei  von  einander  getrennte 
Paläste  umfassen.  Nun  bestehen  in  der  That  die  kaiserlichen  Palastbauten 
aus  zwei  gesonderten  Baukomplexen,  die  unmöglich  als  ein  Palast  be- 
trachtet werden  können,  der  Domus  Augustana  und  dem  an  der  Nord- 
ecke des  Palatins  gelegenen,  in  seinem  Hauptteile  ein  Rechteck  bildenden 
Bau  mit  gleicher  Orientierung  wie  die  Domus  Augustaua,  der  durch  einen 
unterirdischen  Gang  (Taf.  12  a)  mit  dieser  in  Verbindung  steht,  sonst  aber 
architektonisch  ein  in  sich  abgeschlossenes,  von  dieser  vöUig  getrenntes 
Ganze  bildet. 

Danach  ist  unzweifelhaft,  dass  dieser  Palast  als  Domus  Tiberiana  zu 
bezeichnen  ist.  Die  Domus  Tiberiana  wird  in  den  amtlichen  Urkunden 
CIL.  VI  8653—8655  erwähnt.  Sie  wird  femer  erwähnt  bei  der  Empörung 
des  Otho  Tac.  Hist.  I  27.  Galba  opfert  vor  dem  Apollotempel.  Der  an 
dem  Opfer  teilnehmende  Otho  bekommt  die  Nachricht,  dass  alles  zum 
Ausbruch  des  Aufstandes  bereit  sei:  Otho  .  .  .  innixus  liberto  per  Tibe- 
rianam  domum  in  Velabrum  ....  pergit,   was   ebenfalls  auf  die  oben 


denken  vorliegt,  den  Tempel  zwischen  der 
Domus  Augustana  und  dem  Hippodromus 
anzusetzen.  Jedenfalls  ist  es  sicher,  bei  einer 
Lokalisierung  und  Rekonstruktion  des  Tem- 
pels mit  diesem  Raum  zu  rechnen,  resp.  von 
ihm  auszugehen.  —  Eine  Hauptstütze  seiner 
Ansicht  sieht  Hülsen  in  der  bekannten  Stelle 
Solinus  I  18  (Roma  quadrata)  incipit  a  süva 
quae  est  in  arm  ÄpoUinis  et  ad  supercilium 
scalarum  Caci  habet  terminum,  übt  tugurium 
fuit  Fatistuli.  Er  nimmt  an,  dass  hier  die 
Diagonale  des  Berges  beschrieben  wird,  und 
das  würde  ja  allerdings  die  ailva  an  die 
NO.Ecke  des  Berges  auf  die  Hohe  von  S. 
Sebastiane  verweisen.  Indessen  kann  diese 
Stelle  gegenüber  den  andern  gewichtigen 
Gründen  um  so  weniger  in  die  Wagschale 
fallen,  als  das  Supercilium  scalarum  Caci 
kein  Eckpunkt  des  Hügels  ist,  man  also 
nicht  weiss,  wie  weit  Solinus  oder  sein  Ge- 
währsmann am  andern  Ende  der  Linie  von 
der  Richtung  der  Diagonale  abgewichen  ist. 
Nicht  unbedenklich  ist  mir  die  Bezeichnung 
in  Silva,  quae  est  in  area  A.;   soll  ein  Teil 


der   Area   Apollinis   ausserhalb    der   Roma 
quadrata  gelegen  haben?   Vgl.  p.  35  Anm.  1 . 

^)  Zur  Orientierung  wird  es  erspriesslich 
sein,  die  Namen  der  auf  dem  Palatin  vor 
Beginn  der  grossen  Ausgrabungen  dieses 
Jahrhunderts  (vgl.  p.  20  f.)  befindlichen  und 
durch  die  Ausgrabungen  ganz  oder  teilweise 
beseitigten  Vignen  etc.  hier  zu  nennen.  Die 
Famesischen  Gärten  erstreckten  sich  über 
den  ganzen  nordwestlichen  Teil  des  Palatin 
(Domus  Tiberiana  et  Augustana);  den  süd- 
westlichen Teil  (Tempel  der  Victoria  und 
Umgegend)  nahm  die  Vigna  Nussiner  ein, 
die  Südostecke  (Bauten  des  Sevenis)  die 
Vigna  del  collegio  Inglese. 

*)  Daneben  kommt  Öfters  als  Ausdruck 
fOr  die  Kaiserresidenz  die  Bezeichnung  Pa- 
latium  vor,  so  in  der  Notitia  selbst  (Ueber 
Schrift  der  X.  Region),  femer  bei  den  Schrift- 
stellern, z.  B.  Tac.  Ann.  II 37  cum  in  Palatio 
senatus  haberetur,  Hist.  HI,  68.  CIL  VI, 
8656—61  steht  dafür  domus  Palatinarum 
Vgl.  Josephus,  b.  J.  19,  1,  15. 


5.  Das  Zentrun  Roms.    d.  Der  Palatin.    (§  50.) 


151 


angenommene  Lage  der  Ddmus  Tiberiana  passt  (Plut.  Galba  24:  Sid  tijq 
TlßsQiov  xaXovßsvrjg  oixtag  xaraßccg  ißadi^ev  slg  dyoQcev),  Wenn  dieselbe 
Sache  bei  Sueton  Otho  6  erzählt  wird  mit  den  Worten:  proripuüque  se 
postica  parte  Palati  ad  constitutum,  so  ist  mit  postica  p,  P.  natürlich  nicht 
die  domus  Tiberiana  bezeichnet,  sondern  Sueton  erzählt  die  Sache  eben 
anders,  er  erwähnt  auch  nicht  das  Velabrum  und  das  Forum.  Nach  Gell.  XIII 
20,  1  und  Vita  Probi  2  befand  sich  in  der  Domus  Tiberiana  eine  Biblio- 
thek. Von  Antoninus  Pius  heisst  es  (Vita  10),  er  habe  dort  gewohnt, 
von  Verus,  er  sei  dort  erzogen  worden  (Vita  2,  vgl.  6). 

Wie  viel  von  der  jetzt  noch  erkennbaren  Gestaltung  des  Palastes 
von  Tiberius  selbst  stammt,  ist  schwer  zu  sagen.  Die  in  dem  Mauerwerk 
befindlichen  Ziegelstempel  beginnen  mit  den  Flaviern  (Not.  d.  scavi  1896 
p.  162)  und  reichen  bis  in  die  Zeit  Hadrians.  Die  Anlage  der  Räume 
und  Mauern  zeigt,  dass  die  Substruktionen  erst  allmählich  ihre  völlige 
Ausdehnung  bekamen  (vgl.  if,  JV,  0).  Auf  der  Linie  e — e  z.  B.  sind  die 
Pilaster  angebaut  und  bedecken  einen  oben  laufenden  Fries.  Jenseits  der 
überbauten  Strasse  bis  an  die  Nova  via  ist  das  Mauerwerk  hadrianisch, 
die  diese  Strasse  überspannenden  Bogen  sind  gar  erst  aus  dem  3.  Jahr- 
hundert n.  Chr.;  weiter  nach  Osten  bei  N  charakterisiert  sich  der  spätere 
Ansatz  durch  die  veränderte  Orientieining  der  Räume;  hier  reichen  die 
Ziegelstempel  von  Trajan  bis  ans  Ende  des  2.  Jahrhunderts.  Von  dem 
Oberbau  des  Palastes  ist  nichts  erhalten,  die  nach  der  Nova  via  sich 
öffnenden  Räume  sind  schwerlich  den  kaiserlichen  Gemächern  zuzurechnen. 

2.  Die  Aedes  Divi  Augusti.  Tiberius  begann  nach  Sueton  Tib.  47 
einen  Tempel  des  Divus  Augustus,*)  aber  erst  Caligula  (Suet.  Cal.  21) 
vollendete  ihn.*)  Der  Kaiser  Claudius  fügte  dem  Bilde  des  Divus  Augustus 
das  der  Li  via  hinzu  (Dio  Cass.  LX  5;  vgl.  Sueton  Glaud.  11),  daher  CIL 
VI  4222  ein  aeditus  templi  divi  Augusti  et  divae  Augustae,  quod  est  in  Pa- 
latium  genannt  wird.  Derselbe  Tempel  wird  in  den  Acta  fratrum  Arvalium 
(CIL  VI  2023—2119)  des  ersten  Jahrhunderts  n.  Chr.  templum  novum 
(auch  mit  dem  Zusätze  in  Palatio)  oder  templum  divi  Augusti  novum^) 
genannt.  Die  erste  Erwähnung  des  Tempels  in  den  Arvalakten  stammt 
aus  dem  Jahre  38  n.  Chr.,  was  mit  der  Dedikation  durch  Caligula  stimmt. 
Vor  dem  Tempel  wird  dem  Divus  Augustus  geopfert,  seit  Claudius  auch 
der  Diva  Augusta.  Später  treten  hinzu  Drusilla  seit  38,  Divus  Claudius 
seit  59,  Diva  Claudia  virgo  und  Diva  Poppaea  Sabina  seit  66.  Es 
werden  also  auch  die  Statuen  dieser  Divi  gleich  der  der  Livia  in  dem 
Tempel  aufgestellt  worden  sein.-^)  Zuletzt  wird  das  Templum  novum  in 
diesen  Akten  im  Jahre  69  n.  Chr.  (3.  Jan.)  genannt.  Kunstwerke  darin 
beschreibt  Plin.  N.  H.  XXXV  131  und  XII  94.  Nicht  lange  danach  ging 
der   Tempel   durch   Feuer    zu   Grunde   (Plin.  N.  H.  XII  94),    und    wurde 


>)  Dagegen  sagt  Plin.  XII,  94  in  Palati 
iempJOy  quod  fecerat  divo  Äugusto  coniunx 
Augusta,    Vgl.  Dio  Cass.  LVI,  46. 

*)  Nach  Tac.  Ann.  VI,  45  hat  Tiberius 
den  Tempel  zwar  vollendet,  aber  nicht  de- 
diciert.    Vgl.  Dio  Cass.  LIX,  7. 

')  Wohl    im   Gegensatz  zu   dem   oben 


p.  144  erwähnten  Sacrarium. 

*)  Im  Hinblick  darauf,  wie  es  scheint, 
hat  Lanciani  Forma  urbis  29  den  Tempel 
des  Augustus  mit  Nischen  an  den  Wftnden 
ergänzt.  Vgl.  Lanciani,  The  ruins  and  ex- 
cavations  of  ancient  Rome,  p.  122  ff. 


152 


B.  Topographie  Ton  Born. 


von  Domitian  wieder  aufgebaut.  Martial  nennt  IV  53  im  Jahre  88  n.  Chr. 
wieder  das  Templum  novum.  Die  mit  dem  Tempel  verbundene  Bibliothek 
(Suet.  Tib.  74)  seheint  nach  Mart.  XII  3  (101  n.  Chr.)  bei  einem  aber- 
maligen Brande  des  Tempels  Domitian  entfernt,  Trajan  zurückgebracht  zu 
haben. ^)  Unter  Antoninus  Pius  wurde  (ob  nach  einem  Brande?)  das 
Templum  Augusti  wiederhergestellt,  wovon  die  Münze  Cohen*  Antoninus 
797—810  aus  den  Jahren  158—160  (vgl.  Abb.  13)  zeugt.  Auf  den  gleich 
zu  erörternden  Militärdiplomen  kehrt  der  Name  bis  zum  Jahre  298  wieder. 
Die  Regionsbeschreibung  nennt  den  Tempel  nicht. 

Von  dem  Tempel  gibt  es  zwei  Abbildungen,  auf  einer  Münze  des 
Caligula  (Cohen*,  Caligula  9 — 11,  Abb.  12)  und  auf  der  oben  erwähnten 
des  Antoninus  Pius.  Die  beiden  Darstellungen  sind  völlig  verschieden. 
Die  Münze  des  Caligula  zeigt  einen  sechssäuligen  Tempel  mit  ionischen 
Säulen,  die  des  Antoninus  Pius  einen  achtsäuligen  mit  korinthischen 
Säulen.  Die  Restitution  unter  Antoninus  oder  schon  die  unter  den 
Flaviern  war  demnach  ein  völliger  Neubau  mit  veränderten  Dispositionen. 


Abb.  12.  Templum  Augusti  unter  Caligula. 


Abb.  18.  Templum  Auguati  unter  Antoninus  Plna. 


Zwei  sehr  schwierige  Fragen  knüpfen  sich  an  diesen  Tempel,  zu- 
nächst über  seine  Lage.  Der  Tempel  hat  in  Pcdatio  gelegen.  Eine  nähere 
Bestimmung  gibt  Suet.  Cal.  22  {Caligula)  super  templum  Divi  Augusti  ponte 
transmisso  Palatium  Capitoliumque  coniunxU,  Danach  scheint  der  Tempel 
nicht  auf  der  Höhe,  sondern  am  Abhang  des  Berges  nach  dem  Kapitel  zu 
gelegen  zu  haben.  Der  Spielraum  ist  hier  an  und  für  sich  ziemlich  er- 
heblich, da  die  Domus  Tiberiana,  von  der  aus  die  Brücke  nach  dem 
Capitolium  geschlagen  sein  dürfte,  diesem  gegenüber  eine  Front  von 
mehr  als  130  m  hat.  Indessen  scheint  der  Tempel  der  Nordecke  des 
Palastes  zunächst  gelegen  zu  haben.  Militärdiplome  aus  den  Jahren  90^) 
bis  298  (CIL  m  p.  843  flf.  Eph.  epigr.  H  460,  IV  185.  502,  V  652)  auf 
ehernen  Tafeln  sind  angeheftet  Romae  in  muro  post  templum  divi  Augusti 
ad  Minervam;  ein  Minervaheiligtum  befand  sich  aber  beim  Eastortempel 
(vgl.  p.  88).  Man  pflegt  daher  gewöhnlich  die  ihrer  Lage  nach  passende, 
am  Westrande  des  Palatins  hinter  dem  Eastortempel  stehende  Ruine  G 
für  den  Augustustempel  zu  halten,  obgleich  sie  einem  Tempel  absolut  nicht 


*)  Vgl.  0.  Hirschfeld  bei  Fbiedländer, 
Martial  II  p.  222. 


')  Bis  zum  Jabre  90  wurden  die  Diplome 
auf  dem  Capitolium  aufgehängt.   Vgl.  p.  130. 


5.  Das  Zenimm  Borns,    d«  Der  Palatin.    (§  50.)  153 

gleicht.  Sie  hat  ungewöhnlich  starke  Mauern;  man  erkennt  innerhalb  des 
von  drei  Seiten  durch  dieselben  eingeschlossenen  Raumes  an  den  Wänden 
die  Spuren  von  Trägern  für  Balkenlagen,  der  Raum  scheint  also  in  mehrere 
Stockwerke  geteilt  gewesen  zu  sein.  Die  Hinterwand  setzt  sich  nach  Süden 
zu  über  die  anstossende  Seitenwand  fort;  es  muss  sich  also  ein  gleich- 
artiger und,  wie  die  Trägeransätze  an  der  äusseren  Wand  der  südlichen 
Seitenmauer  zeigen,  ebenfalls  in  mehrere  Stockwerke  geteilter  Raum  an- 
geschlossen haben.  In  dem  untersten  noch  fast  ganz  im  Schutte  steckenden 
Geschosse  sind  die  Wände  durch  Nischen  gegliedert,^)  darüber  sind  die 
Wände  glatt.  Die  Deutung  des  Gebäudes  ist  sehr  schwierig,  nur  dass 
von  einem  Tempel  wohl  keine  Rede  sein  kann.  So  lange  nicht  durch 
gründliche  Ausgrabungen  (Niederlegung  von  S.  Maria  Liberatrice)  diese 
Ecke  des  Palatins  freigelegt  ist,  wird  schwerlich  Licht  in  die  Frage  nach 
der  Lage  des  Templum  Augusti  kommen. 

Die  zweite  Frage  betrifft  das  in  den  Arvalakten  zur  Zeit  des  Anto- 
ninus  Pius  (CIL  VI  2087)  und  des  Elagabal  (CIL  VI  2104)  erwähnte  tem- 
plum divorum  in  Palatio.  Die  von  Gilbert  III  p.  131  behauptete  Identität 
dieses  Tempels  mit  dem  Templum  Augusti  ist  immerhin  zweifelhaft,  da 
der  Name  templum  Augusti,  wie  oben  erwähnt,  keineswegs  verschwindet, 
80  dass  wir  eine  Doppelbezeichnung  eines  und  desselben  Tempels  an- 
nehmen müssten.  Andererseits  ist  freilich  nicht  zu  sagen,  welcher  andere 
Tempel  das  Templum  divorum  in  Palatio  sein  könnte.  Sueton  Galba  1 
sagt:  novissimo  Neronis  anno  tada  de  caelo  Caesar  um  aede  capita  omnibus 
simul  statuis  deciderunt,  Augusti  etiam  sceptrum  e  manibus  excussum  est. 
Hier  ist  freilich  nicht  vom  Palatin  die  Rede,  aber  welcher  andere  Tempel 
ausser  dem  des  Augustus  gemeint  sein  könnte,  ist  auch  hier  nicht  klar.  Die 
Frage  ist  mit  den  uns  zu  Gebote  stehenden  Mitteln  nicht  endgültig  zu  lösen. 

3.  Caligulas  Bauten.  Die  Idee,  das  Palatium  mit  dem  Capitolium 
zu  verbinden  (vgl.  oben  p.  58)  und  die  zwischen  beiden  liegenden  öffent- 
lichen Gebäude  möglichst  in  den  Bereich  des  Palatiums,  speziell  der 
Domus  Tiberiana  zu  ziehen,  scheint  den  Kaiser  Caligula  völlig  beherrscht 
zu  haben.  Sueton.  Cal.  22  heisst  es:  Partem  Palatii  ad  forum  usque  pro- 
movit,  atque  aede  Castoris  et  Pollucis  in  vestibulum  transfigurafa  consistens 
saepe  inter  fratres  deos  medium  adorandum  se  adeuntibus  exhibebat.  Ob 
dies  promovere  so  zu  verstehen  ist,  dass  er  etwa  die  erste  Anlage  des  bis 
an  die  Nova  via  sich  erstreckenden  Teiles  der  Domus  Tiberiana,  der  oben 
als  späterer  Zusatz  erkannt  wurde,  gemacht  hat,  oder  ob  er  auch  hier 
nur  einen  phantastischen  Brückenbau  aufgeführt  hat,  der  nachher  abge- 
rissen wurde,  geht  aus  den  Worten  nicht  hervor.  Auch  die  Basilica 
Julia  zog  er  in  den  Bereich  seiner  Bauten.  Suet.  Cal.  37:  quin  et  nummos 
non  mediocri-s  summae  e  fastigio  basilicae  Juliae  per  aliquot  dies  sparsit  in 
plebem.  Es  scheint,  als  ob  die  Basilica  Julia  gleich  dem  Augustustempel 
als  Stützpunkt  für  die  Brücke  nach  dem  Kapitel  gedient  habe.  Schliess- 
lich  legte  er,   um   dem  Jupiter  näher   zu   sein,   auf  der  Area  Capitolina 


')  Vgl.  die  Rekonstruktion  Lancianis,  Form.  urb.  29  (vgl.  p.  151  Anm.  4). 


154  B.  Topographie  von  Born. 

die  Fundamente  zu  einem  neuen  Palast  (Suet.  Cal.  22),  der  aber  nicht 
gebaut  wurde.  Mit  Recht  sagt  Plinius  N.  H.  XXXVI  111:  bis  vidimus 
urbem  totam  cingi  domibus  principum  Gai  et  Neronis. 

51.  Oeschichte  des  Palatiums.  Die  Gründung  des  kaiserlichen 
Wohnhauses  auf  dem  Palatin  ist  gleich  anderen  Schöpfungen  des  Augustus 
epochemachend  geworden.  Bis  in  das  3.  Jahrhundert  n.  Chr.  blieb  der 
Palatin  Residenz  der  Kaiser  und  hat  auch  in  späteren  Zeiten  bis  ins  Mittel- 
alter hinein  vor  allen  kaiserlichen  Residenzen  seinen  Vorrang  bewahrt.^) 
Der  Palast  hat  von  Augustus  bis  Alexander  Severus  viele  Um-  und  An- 
bauten erfahren.  Die  ins  Ungeheuere  gehenden  Bauten  Neros  haben 
zwar  die  Umgestaltung  der  zwischen  Palatin  und  Esquilin  liegenden  Stadt- 
teile angebahnt,  auf  dem  Palatin  selbst  aber  keine  Spuren  hinterlassen. 
Seine  erste  Unternehmung,  die  Anlage,  durch  die  er  den  Palatin  und  die 
ehemals  Maecenas  gehörigen,  dann  kaiserlichen  Gärten  auf  dem  Esquilin 
in  Verbindung  setzte,  die  dotnus  transüoria,  ging  in  Flammen  auf  (Suet.  Nero 
31, 38 ;  Tac.  Ann.  XV  39).  Viel  bedeutender  —  vgl.  Plinius  N.  H.  XXXIII 54 : 
et  quota  pars  ea  fuit  aureae  domus  ambieniis  urbem  —  war  die  nach  dem 
grossen  Brande  entstehende  domus  aurea.  Von  der  Grösse  gibt  Tac. 
Ann.  XV  42  eine  Vorstellung;  innerhalb  der  Anlage  befanden  sich  nach  ihm 
arva  et  stagna  et  in  modum  solitudinum  hinc  silvae  inde  aperta  spatia  et 
prospectus.  Eine  ausführliche  Schilderung  gibt  Suet.  Nero  31.  In  dem 
an  der  Stelle  des  Tempels  der  Venus  und  Roma  befindlichen  Vestibulum 
stand  der  120  Fuss  hohe  Koloss;  tanta  laxitas^  ut  porticus  triplices  miliaricis 
haberet;  item  stagnum  maris  instar  (an  der  Stelle  des  späteren  Amphi- 
theaters), circumsaeptum  aedificiis  ad  urbium  speciem;  rura  insuper  arvis 
atque  vinetis  et  pascuis  silvisque  varia^  cum  muUitudine  omnis  generis  pecudum 
ac  ferarum.  In  ceteris  partibus  cuncta  auro  lita,  distincta  gemmis  unionum- 
que  conchis  erant;  cenationes  laqueatae  tabulis  eburneis  versatilibus  ut  flores, 
fistulatis  ut  unguenta  desuper  spargerentur ;  praecipua  cenationum  rotunda, 
quae  perpetuo  diebus  ac  noctibus  vice  mundi  circumageretur ;  balineae  marinis 
et  albulis  fluentes  aquis  —  kurz,  ein  Feenpalast,  über  den  Nero  selbst 
sagte:  se  qua^i  hominem  tandem  habitare  coepisse.  Kunstgegenstände,  die 
Nero  in  diesem  Hause  anhäufte,  bei  Plin.  N.  H.  XXXIV  84  und  XXXV  120. 
—  Die  Anlage  war  noch  nicht  vollendet,  als  die  Katastrophe  über  Nero 
hereinbrach.  Otho  (Suet.  7)  setzte  den  Bau  fort  und  auch  Vitellius 
plante  nach  Dio  Cass.  LV  4  eine  Erweiterung.  Erst  die  Flavier  gaben 
die  Anlage  auf,  indem  sie  sie  in  ihrem  Sinne  umgestalteten,  freilich  nicht 
sofort  und  in  allen  Punkten.  Denn  Titus  wohnte  noch  in  dem  auf  dem 
Esquilin  befindlichen  Teil  der  Domus  aurea.  Nach  Plinius  N.  H.  XXXVI 
37  befand  sich  die  auf  dem  Esquilin  gefundene  Laokoongruppe  in  Tili 
imperatoris  domo,  -  Den  veränderten  Zustand  des  von  der  Domus  aurea 
eingenommenen  Gebietes  nach  der  Umwandlung  durch  die  Flavier  (im 
Jahre  80  n.  Chr.)  schildert  Martial.  Spect.  2. 

Unter  den  Flaviern  (Domitian)  erhob  sieh  die  Domus  Augustana 
zu  ganz  ausserordentlicher  Pracht.     Plutarch  (Popl.  15),  Martial  (VIII  36, 

*)  Den  Kaisern  folgten  die  Päpste.  Johann  VIT.  im  8.  Jahrhundert  war  der  letzte 
Papst,  der  auf  dem  Palatin  gewohnt  hat. 


5.  Das  Zentrum  Borns,    d.  Der  Palatin.    (§  51.) 


155 


XII  15),  Statins  (IV,  2,  18)  sprechen  mit  Bewunderung  von  der  Erhaben- 
heit und  künstlerischen  Ausstattung  des  domitianischen  Palastes,  ohne 
indessen  eine  Beschreibung  seines  Umfanges  etc.  zu  bringen.  Die  be- 
deutenden Ruinen  des  Palastes  (vgl.  Taf.  12)  lassen  die  Disposition  der 
stattlichen  Räume  genau  erkennen  und  die  Reste  kostbarer  Marmorarten, 
die  hier  gefunden  sind,  bestätigen  die  Beschreibungen  antiker  Schrift- 
steller. Es  darf  ferner  als  sicher  angenommen  werden,  dass  Domitian  es 
war,  der  den  Palast  nach  dem  Circus  zu  erweiterte  und  die  auf  dem  Ge- 
biete der  heutigen  Villa  Mills  aufgedeckten  Teile  des  Palastes  (Taf. 
12  P)  anlegte.^)  In  Verbindung  mit  dieser  Neugestaltung  und  Erwei- 
terung der  kaiserlichen  Residenz  steht  auch  die  Anlage  des  sogenannten 
Stadiums,  eines  grossen,  rechteckigen,  nur  an  der  Südseite  mit  einer  flach 
gekrümmten  Mauer  abgeschlossenen  freien  Raumes,  der  aber  wohl  richtiger 
als  der  Hippodromus,  d.  h.  der  Garten  der  kaiserlichen  Residenz^)  zu 
betrachten  ist.  Hier  sowohl  wie  in  den  anstossenden  Teilen  des  Palastes 
haben  sich  Ziegelstempel  und  Wasserleitungsröhren  aus  Domitians  Zeit 
gefunden.  Der  Hippodromus  ist  durch  Thüren  von  der  Domus  Augustana 
aus  zugänglich.  Ursprünglich  war  der  Garten  nur  von  den  glatten  Mauern 
umgeben,  in  denen  sich  Ziegelstempel  aus  dem  Ende  des  ersten  Jahr- 
hunderts gefunden  haben.  Als  einziger  Schmuck  dienten  ausser  den  An- 
pflanzungen, von  denen  man  sich  aus  Plin.  Ep.  V  6,  32  ff.  eine  Vorstellung 
machen  kann,  Statuen.  Die  Reste  von  Amazonenstatuen,  die  hier  ge- 
funden wurden,  sind  schon  oben  p.  148  erwähnt.  Über  weitere  Funde 
berichten  die  Not.  d.  scavi  1879  und  1893.  Erst  später  wird  der  Garten 
durch  Bauten  verändert.  Die  grosse  Exedra  (R)  ist,  nach  den  Ziegel- 
stempeln zu  schliessen,  unter  Hadrian  in  der  noch  heute  erkennbaren 
Form  zur  Ausführung  gekommen,  die  den  ganzen  Garten  umlaufende 
Porticus  erst  unter  Septimius  Severus.  In  ganz  später  Zeit  wurde  der 
Garten  noch  weiter  seiner  Bestimmung  entzogen,  indem  in  den  südlichen 
Teil  eine  ellipsenförmige  Mauer  eingebaut  wurde,  die  aller  Wahrschein- 
lichkeit nach  die  Umfassungsmauer  eines  Vivariums,  d.  h.  eines  Tier- 
zwingers war.^) 

Im  domitianischen  Palaste  befand  sich  auch  eine  avXr]  ^AdtinSog,  Sie 
wird  erwähnt  von  Philostratus  (Td  tg  rdv  Tvaväa  ^AnoXiMviov  VII  32). 
Apollonius  wird  ig  td  ßaaiXsia  geführt  und  trifft  Domitian,  der  gerade 
mit  einem  Opfer  für  Minerva  beschäftigt  ist  iv  aiXf^  'Addvidog;  dazu  wird 
die  Bemerkung  gemacht:    r^  de  aiXf^  dvO-äwv  hed'tjksi  xijnoig,   ovg  'ASoividi 


>)  Hülsen  (Rom.  Mitt.  1889  p.  186  f.) 
erkennt  in  den  beiden  Fragmenten  des  Stadt- 
planes Form.  Urb.  144  und  168  die  Dar- 
stellung dieses  Teiles  des  Palastes. 

')  Diese  Bezeichnung  fttr  Garten  scheint 
in  jener  Zeit  ganz  gewöhnlich  gewesen  zu 
sein.    Vgl.  Plinius  Epist.  V  6,  32. 

')  H.  Deolanb,  Le  palais  des  C^sars  au 
Mont  Palatin.  Gazette  arch^ologique  1888, 
p.  124  ff.,  145  ff.,  211  ff.  versucht  eine  Re- 
konstruktion des  Palastes»  Derselbe  handelt 


in  den  M^langes  de  FEcole  fran^aise  1889 
p.  184  ff.  über  das  Palatinische  Stadium, 
dessen  Anlage  und  Entwicklung  (Umbauten). 
Dasselbe  behandelt  auch  Stubm,  Das  kaiser- 
liche Stadium  auf  dem  Palatin  1888  (Pro- 
gramm des  königl.  bayer.  Gymnasiums  zu 
Warzburg)  und  Marx,  Das  sogenannte  Stadium 
auf  dem  Palatin.  Jahrb.  des  Arch.  Inst.  1895, 
p.  129  ff.  —  Gatti,  Nuovi  scavi  dello  stadio 
Palatino  in  den  Monumenti  antichi  V  1895 
P.  16-83. 


156 


B.  Topographie  von  Rom. 


'A(favQioi  noiovvttti  vnhq  ogyiav  ofiwQofpiovg  avtovg  (pvrsvovTeg.^)  Obgleich 
Philostratus  hier  unzweifelhaft  von  einem  besonders  benannten  Räume 
innerhalb  des  domitianischen  Palastes  spricht  (wie  in  ähnlicher  Weise  in 
der  Vita  Pertinacis  11  ein  Raum  des  Palastes  als  Jovis  cenatio  bezeichnet 
wird  und  bei  Suet.  Claud.  10  eine  diaeta  als  Hermaeum  vgl.  CIL  VI  8663 
u.  9949),  wird  seit  Nibby,  Rom.  ant.  II  p.  450  irrtümlich  angenommen, 
dass  diese  „Gärten  des  Adonis"  ein  von  der  Domus  Augustana  getrennter 
grosser  Bau-  und  Gartenkomplez  gewesen  seien,  der  die  ganze  Ostseite 
des  Palatins  (S.  Sebastiane,  S.  Bonaventura,  Vigna  Barberini)  eingenommen 
hätte.  Das  Fragment  Form.  urb.  X  44,  das  zum  Beweis  dafür  herange- 
zogen wird,  stellt  eine  ausgedehnte  Anlage  von  mindestens  110  X  90  m 
Grösse  dar,  darunter  steht  in  grossen  Buchstaben  ADONAEA;  es  ist  ganz 
unerklärlich,  wie  und  wo  dieses  Bauwerk,  das  wahrscheinlich  nicht  einmal 
die  Adonaea,  sondern  einen  an  diese  anstossenden  Bau  darstellt,  auf  dem 
Palatin  Platz  gefunden  haben  sollte.«) 

Der  Pracht  des  domitianischen  Palastes  entsprach  die  Menge  von 
Kunstwerken  und  Kostbarkeiten,  die  darin  aufgehäuft  war.  Sie  war  so 
gross,  dass  Trajan  (nach  Mart.  XII  15)  einen  Teil  davon  Tempeln,  nament- 
lich dem  Capitolium,  überwies.  Die  Liberalität  der  Nachfolger  Domitians 
zeigte  sich  darin,  dass  Nerva  (Plin.  Pan.  47)  über  den  Palast  die  Inschrift 
Pvblicae  aedes  setzte.') 

Von  der  Thätigkeit  der  folgenden  Kaiser  bis  auf  Septimius  Severus 
schweigt  zwar  die  Überlieferung,  doch  sprechen  dafür  die  Ziegelstempel. 
Wir  sahen  schon  oben  p.  151,  dass  die  Substruktionen  der  Domus  Tibe- 
riana  an  der  Nova  via  nach  und  nach  in  den  Zeiten  der  Flavier,  des 
Trajan  und  Hadrian  und  später  noch  aufgeführt  sind.  Die  Domus 
Augustana  zeigt  ebenfalls  Spuren  erheblicher  Umbauten  aus  dieser  Zeit. 
Während  in  den  Mauern  des  Palastes,  die  möglicherweise  zum  Teil  noch 
auf  Augustus  zurückgehen,  sich  keine  Spur  von  Stempeln  gefunden  hat, 
zeigen  die  Anbauten  bei  c,  durch  welche  eine  ehemals  diese  Seite  ab- 
schliessende Säulenportikus  verbaut   worden   ist,  hadrianische  Stempel  in 


^)  „Eine  besondere  Rolle  bei  allen  Adonis- 
festen  scheinen  die  sogenannten  Adonis- 
gärtchen  {xtjnoi  *j4dt6vfdog)  gespielt  zu  haben, 
d.  h.  Blumentöpfe  mit  allerlei  künstlich 
getriebenen  Pflanzen  (Blumen,  Getreide,  Fen- 
chel und  Lattich),  welche  ebenso  schnell,  wie 
sie  gewachsen  waren,  auch  wieder  verwelkten, 
das  deutliche  Symbol  der  rasch  aufblühenden 
und  rasch  wieder  verwelkenden  Vegetation 
der  schönen  Jahreszeit/  Röscher,  Myth. 
Lex.  I  p.  74  und  E.  Lovatblli,  Giardini  di 
Adonide. 

')  Die  Inschrift  Adonaea  steht  abge- 
wendet von  dem  auf  dem  Fragment  darge- 
stellten Gebäude,  während  sonst  die  In- 
schriften, wenn  sie  nicht  innerhalb  des  Ge- 
bäudes angebracht  sind,  durchgängig  den 
Gebäuden,  zu  denen  sie  gehören,  zugewandt 
sind,  vgl.  Abbildung  2  auf  p.  84  und  0.  Richter, 
Römische  Rednerbühne    p.  41.     Ausserdem 


aber  stehen  von  den  ungewöhnlich  grossen 
Buchstaben  —  nur  die  Inschrift  des 
Circus  Maximus  hat  grössere  Buch- 
staben, einige  wenige  Gebäude,  wie 
die  Saepta  Julia,  ähnlich  grosse!  — 
nur  drei  unter  dem  Gebäude,  die  anderen 
ragen  weit  darüber  hinaus.  Ich  glaube,  dass 
die  Adonaea,  die,  nach  dieser  Inschrift  zu 
urteilen,  ein  sehr  grosser  Komplex  von  min- 
destens 150  m  Ausdehnung,  d.  h.  so  lang 
wie  das  römische  Forum,  gewesen  sein 
müssen,  nichts  mit  der  im  domitianischen 
Palaste  befindlichen  aiJXij  *A6(avidog  zu  thun 
haben,  sondern  dass  uns  der  Stadtplan  hier 
eine  anderweit  nicht  bekannte  Anlage,  sei 
es  in  der  XIV.  oder  einer  von  den  Regionen, 
in  denen  die  Entfaltung  derartiger  Anlagen 
möglich  war,  aufbewahrt  hat. 

')   Ueber   eine    gleiche   Massregel    des 
Augustus  vgl.  p.  144. 


6.  Das  Zentnim  Borna,    d.  Der  PalAtin.   (§  51.) 


157 


grossen  Massen,  so  dass  also  die  endgiltige  Gestaltung  der  Domus  Augu- 
stana, wie  so  vieler  anderer  römischer  Bauten,  dem  Hadrian  zuzuschreiben 
ist.  Nach  Vita  Gommodi  12  hat  es  den  Anschein,  als  habe  Commodus 
einen  neuen  Palast  auf  dem  Palatin  erbaut  {in  domo  Palafina  Commodiana), 
aber  dies   ist   sicher  nur   eine  vorübergehende  Bezeichnung  der  Domus 


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Abb.  14.    Das  Septizoniiun  des  Beptimins  Severus.    Bekonstrnktion  von  P.  (it^fS, 


Augustana,   wie  Commodus  auch  die  Stadt  Rom  eine  colonia  Commodiana 
(Vita  8)  und  das  römische  Volk  populus  Commodianus  nannte. 

In  den  sehr  komplizierten  Bauten,  die  sich  östlich  an  die  Domus 
Augustana  anschliessen,  finden  sich  hadrianische  Stempel  und  spätere  bis 
zu  Septimius  Severus.  Schon  oben  p.  155  wurde  festgestellt,  dass  die 
grosse  Exedra  des  Hippodromus  samt  den  Anbauten  nach  Osten  zu  in  der 
noch  jetzt  erkennbaren  Form  von   Hadrian   stammt,   und   dass  von   Se- 


158 


B.  Topographie  yon  Rom. 


verus  die  zweigeschossige  Portikus  herrührt,  die  den  Hippodromus  im  Innern 
rings  umläuft.  Von  demselben  Kaiser  stammen  ferner  die  nach  der  Südostecke 
des  Berges  sich  erstreckenden  ungeheueren  Bauten  (Taf.  12  S);  das  ergibt 
sich  aus  der  Natur  des  Ziegelwerks.  Severus  leitete  auch  die  Aqua  Claudia 
in  diesen  Teil  des  Palatiums.  Endlich  baute  er  an  der  Südostecke  des 
Palatins  im  Anschluss  an  seinen  Palast  das  Septizonium  (Abb.  14), 
einen  dreistöckigen  Hallenbau,  der  mit  der  Front  nach  der  Via  Appia 
gerichtet  war.  Er  war  31  m  hoch,  ungefähr  100  m  lang,  aber  nur  17  m 
tief  und  schloss  an  der  Rückseite  mit  einer  glatten  Wand  ab;  der  Bau 
war  demnach  im  wesentlichen  dekorativ  und  dazu  bestimmt,  den  Prospekt 
der  Schnurgraden  Via  Appia  in  glänzender  Weise  abzuschliessen.^)  Auch 
war  es  der  Wille  des  aus  Afrika  stammenden  Herrschers  „ut  ex  Africa 
venientibus  suum  opus  occurreret^  (Vita  Severi  24).  Es  heisst,  dass  er  ur- 
sprünglich durch  den  Bau  einen  neuen  Zugang  zum  Palatium  habe 
schaffen  wollen,  dass  aber  in  seiner  Abwesenheit  der  Stadtpräfekt  in  der 
mittleren  Nische  der  grossen  Front  des  Kaisers  Statue  aufgestellt  habe. 
Wahrscheinlich  ist  die  Front  auch  durch  Wasserkünste  verziert  gewesen.*) 
Ein  Teil  des  Grundrisses  findet  sich  auf  einem  Fragment  des  kapitolinischen 
Planes  (F.  U.  VIII  38).  Reste  des  Septizoniums  haben  bis  auf  Sixtus  V. 
gestanden,  doch  muss  es  schon  im  8.  Jahrhundert  zerstört  gewesen  sein, 
denn  der  Einsiedler  Anonymus  hat  nur  einen  Teil  der  Inschrift  (CIL  VI 
1032)  aufbewahrt.  8)  —  Von  Bauten  späterer  Kaiser  auf  dem  Palatin  ist  wenig 
bekannt,  es  ist  auch  wohl  wenig  mehr  ausgeführt  worden.  Wenn  es  von 
Elagabal  (vgl.  p.  140)  heisst,  er  habe  ein  öffentliches  Bad  in  aedibus  aulicis 
eingerichtet  (Vita  8),  so  ist  das  kein  Neubau  gewesen.  Dagegen  scheinen 
ein  selbständiger  Bau  die  von  Alexander  Severus  zu  Ehren  seiner 
Mutter  Julia  Mammaea  geschaffenen  „Diaetae**  gewesen  zu  sein,  die 
Vita  Alex.  26  erwähnt  {diaetas  nominis  Mathmaeae,  quas  imperitum  volgus 
hodie  ,ad  Mammamf  vocat).  Von  demselben  Kaiser  heisst  es,  er  habe  mit 
dem  nach  ihm  genannten  opus  Alexandrinum  die  Strassen  des  Palatin  ge- 
pflastert. Vita  25:  Alexandrinum  opus  marmoHs  de  duobus  marmoribus, 
hoc  eM  porfyretico  et  Lacedaemonio,  primus  instituU,  in  Pcdatio  plateis  ex- 
ornatis  hoc  genere  marmorandi  etc.  In  der  Folgezeit  erlischt  das  Inter- 
esse der  Kaiser  am  Palatin,  doch  hat  Maxentius  hier  nach  dem  Chron. 
von  354  noch  Thermen  (wo?  ist  nicht  zu  sagen)  gebaut  und  aus  Glaudian 
XXVIII  35  ff.  ecce  Palatino  crevit  reverentia  monti  exsultatque  habitante  deo 
etc.  ergibt  sich,  dass  Honorius  hier  wieder  residiert  hat.  Auch  finden 
sich  daselbst  Stempel  des  Theodorich,  der  gleich  Odoaker  das  Palatium 


^)  Aehnlich  dem  Maximilianeum  in  Mün- 
chen. Der  Name  Septizonium  ist  noch  nicht 
genügend  erklärt;  möglich,  dass  er  von  den 
sieben  Streifen  der  Front  des  Gebäudes  — 
Unterbau  und  drei  Säulenreihen  mit  drei 
darüber  liegenden  Gesimsen  —  herrührt.  Vgl. 
WöLFUN,  Archiv  für  lat.  Lexikographie  VII 
p.  272. 

')  Wie  Palazzo  Poli  durch  die  Fontana 
Trevi. 


^)  Vgl.  Ch.  Hülsen,  Das  Septizonium  des 
Septimius  Severus,  Berlin  1886.  —  Stevenson, 
II  Settizonio  e  la  distribnzione  dei  suoi  avanzi 
etc.  Bull.  com.  1888  p.  269  ff.  Vgl.  Rom. 
Mitt.  1889,  p.  258  f.  Auch  auf  dem  Esquilin 
gab  es  ein  Septizonium,  Sueton.  Tit.  2,  des- 
gleichen in  Karthago  (Bull.  com.  1889  p.  361), 
und  Lambessa  (Revue  arch<Jol.  1898  I 
p.  368  ff.). 


6.  Das  Zentrnm  Roms.    d.  Der  Palatin.    (§  52.)  159 

bewohnte.  Damals  scheint  aach  das  sog.  Stadium  noch  den  oben  er- 
wähnten letzten  Umbau  erfahren  zu  haben.    Vgl.  oben  p.  155.0 

Als  ein  Anhängsel  der  Kaiserpaläste  darf  man  das  auf  Taf.  12 
mit  T  bezeichnete  Gebäude  betrachten.  In  demselben  haben  sich  eine 
Anzahl  Graffiti^)  gefunden,  welche  beweisen,  dass  sich  hier  ein  Päda- 
gogium für  kaiserliche  Pagen  befand,  z.  B.  Corinthus  exit  de  pedagogio, 
Marianus  Afer  exit  de  pedagogio,  daneben  Inschriften  wie:  labora  aselle 
quomodo  ego  laboravi  et  proderit  tibi,^)  und  das  berühmte  Spottkruzifix.  ^) 
—  Was  das  Pentapylum,  welches  nur  aus  der  Regionsbeschreibung 
bekannt  ist,  für  eine  Art  Bau  war,  ist  nicht  bekannt,  auch  nicht,  wohin 
es  zu  setzen  ist. 

52.  Die  Area  Palatina.  Auf  dem  Palatin  befand  sich,  vermutlich 
zwischen  der  nördlichen  Front  der  Domus  Augustana  und  der  Sacra  via, 
die  bei  Qellius  XX  1, 1  erwähnte  area  Palatina:  ad  eum  forte  in  area  Palatina, 
cum  salutationem  Caesaris  opperiremur,  philosophus  Favorinus  accessit.  Bei 
Josephus,  Ant.  Jud.  XIX  3,  2  heisst  sie  €VQvx(oqi(f  tov  IlaXatiov,  auch  in 
der  Notitia  reg.  X  (nicht  im  Curiosum)  wird  sie  erwähnt.^)  Weder  die 
genaue  Lage,  noch  die  Ausdehnung  dieser  Area  ist  bekannt,  da  die  Aus- 
grabungen an  dieser  Stelle  durchaus  ungenügend  ausgeführt  sind,  vgl.  oben 
p.  132.  Es  liegen  hier  Reste  von  alten  Bauten,  die  aber  so  verfallen  sind, 
dass  man  sich  kein  Bild  von  ihnen  machen  kann.  In  dieser  Qegend  wurde 
im  Jahre  1862  eine  Peperinstele  mit  dem  Elogium  des  Fertor  Erresius 
rex  Aequeicolus  is  preimus  ins  fetiale  paravit  (CIL  I*  p.  202  Nr.  XLI) 
gefunden,  ferner  (angeblich)  Weihinschriften  (CIL  VI  21  Anabestas,  487 
Marspiter,  566  Remureine).  In  den  Fundamenten  der  mit  H  bezeichneten, 
durch  mittelalterliches  Festungswerk  überbauten  Ruine  haben  sich  die 
Reste  eines  Quaderbaues  gefunden,  darunter  mehrere  Inschriftsteine,  auf 
denen  sich  die  Worte  PiLOCR|A"E  und  DIOCL  befinden.  Welchem  Bau 
die  Steine  angehören,  ist  unbekannt. 

Nicht  nur  die  Grenzen  des  Palatins,  sondern  auch  die  Niveauver- 
hältnisse sind  durch  die  kaiserlichen  Bauten  verändert  worden.  Von  der 
zwischen   der  östlichen  (Vigna  Barberini,«)  Villa  Mills)   und  westlichen 


^)  lieber  die  Beraubung  des  Palatiums  '  ^)  CIL  VI  1177  wird  ein  Forum  Pala- 

durch  Narses  vgl.  Hülsen,    Bilder  aus   der  ;   tinum  erwfthnt. 


Geschichte  des  Kapitels,  p.  22  nebst  Anm.  7. 

«)  Bull.  d.  Ist.  1863  p.  72,  1867  p.  113. 
Bull.  com.  1898  p.  248  ff.,  1894  p.  89  ff. 

•j  Gatti,  Caput  Africae,  Ann.  d.  Inst. 
1881,  p.  191  ff.  meint,  dass  das  Gebäude  kein 
Pädagogium,  sondern  eine  Pagenwohnung  ge- 
wesen sei,  und  dass  die  Pagen  aus  dem  Pä- 
dagogium im  Caput  Africae  am  Caelius  hier- 
her  übersiedelt  seien.     Er  übersieht,   dass 


")  Ueber  diese  Hohe  imd  was  sich  dort 
befand,  wissen  wir  am  allerwenigsten,  daher 
sie  auch  der  Vermutung  von  jeher  den  wei- 
testen Spielraum  geboten  hat  Dass  die 
Höhe  durch  eine  einzige  Anlage  ausgefüllt 
gewesen  ist  (Adonaea  Nibby,  Aedes  ApoUini» 
Hülsen),  wurde  schon  oben  als  wenig 
glaublich  dargestellt,  auch  die  nicht  zu 
verkennende    Gleichartigkeit    der    an    der 


man  solche  Inschriften  wie   die  oben  ange-      Westseite   über   dem  Clivus  Palatinus  sich 


führten  nur  an  einem  Orte  anbringt,  den 
man  verlässt,  nicht  an  einem,  den  man  eben 
betritt. 

^)  Visconti  und  Lanciani,  Guida  del 
Palatino  p.  83.  —  Kraus,  Das  Spottkruzifix 
vom  Palatin.  —  Wünsch,  Sethianische  Ver- 
fluchungstafeln. 


erhebenden  Substruktion  der  Höhe  ist 
nur  natürlich  und  der  Grossartigkeit  der 
palatinischen  Anlagen  entsprechend.  Bei  der 
Fülle  von  Bauten,  deren  Existenz  auf  dem 
Palatin  nachgewiesen,  deren  Lage  aber  un- 
bekannt ist,  kommt  man  sicher  nicht  in 
Verlegenheit!    Bis  jetzt  konnte  nur  nachge- 


160  B.  Topocpraphie  yon  Bom. 

(Domus  Tiberiana)  Hälfte  einst  existierenden  Einsenkung  ist  wenig  mehr 
zu  bemerken,  namentlich  ist  das  Niveau  der  zwischen  den  beiden  ge- 
nannten Erhebungen  liegenden  Domus  Augustana  von  diesen  nicht  ver- 
schieden. Jedoch  befinden  sich  unter  der  Domus  Augustana  noch  jetzt  zu- 
gängliche Bauten  (zwei  mit  Stuck  und  Malerei  verzierte  Räume),  die  in  die 
Fundamente  der  kaiserlichen  Bauten  aufgenommen  sind.  Es  ist  nicht  unmög- 
lich, dass  diese  vielleicht  der  Zeit  des  Augustus  angehörigen  Bauten  Teile  der 
ursprünglichen  Domus  Augustana  sind,  die  nach  dem  Neronischen  Brande, 
der,  wie  alle  grossen  Brände,  eine  bedeutende  Erhöhung  des  Terrains  mit 
sich  brachte,  in  die  Fundamente  des  von  Domitian  errichteten  Neubaus 
aufgenommen  worden  sind.  Bei  b  sieht  man  Reste  einer  ausserordentlich 
starken  Quadermauer  offen  liegen,  die  entweder  zu  den  Fundamenten  des 
Palatiums  gehört,  oder  wahrscheinlich  einem  Bau  zuzuweisen  ist,  der  den 
kaiserlichen  Bauten  und  der  allgemeinen  Erhöhung  des  Niveaus  hat 
weichen  müssen.  Das  sog.  Haus  der  Livia  (vgl.  oben  p.  14*3)  zeigt  noch 
das  ursprüngliche  Niveau.  Auch  an  Unterminierungen  fehlte  es  dem 
Palatin  nicht.  Bei  d  ist  ein  (wahrscheinlich)  antiker  Steinbruch  zu  Tage 
getreten.  Höhlen,  die  von  den  Sandgräbem  des  16.  Jahrhunderts  her- 
rühren, haben  sich  an  mehreren  Stellen  gefunden,  so  namentlich  unter 
dem  Stylobaten  der  Aedes  Magnae  Matris  {F). 

Litteraiar:  Bianchiki,  Del  palazzo  dei  Cesari,  1788.  —  P.  Rosa,  Scavi  del  Pala- 
tioo,  Ann.  d.  Inst.  1865,  p.  346  ff.  nebst  Mon.  VIU,  tav.  XXIII  1.  —  Jobdan,  Die  Kaiser- 
palfiste  in  Rom,  1868.  —  Lanciani  und  Visconti,  Guida  del  Palatino,  1878.  —  Lahciani. 
n  ,Palazzo  maggiore*  nei  secoli  XVI— XVIII.  Rom.  Mitt.  1894  p.  3—36.  —  Hülsen,  Unter- 
suchungen zur  Topographie  des  Palatin.  Rom.  Mitt.  1895  p.  8  ff.  und  252  ff.  1896  p.  193  ff. 
—  Hülsen,  Zur  Sorrentiner  Basis,  Rom.  Mitt.  1894,  p.  238  ff.  —  Gio.  B.  de  Rossi,  Piante 
icnografiche  p.  134  ff.  —  Lanciani,  U  tempio  di  Apolline  Palatino.  II  tempio  della  Vittoria. 
Bull.  com.  1883,  p.  185  ff.  Derselbe,  Sulla  topografia  del  clivo  della  Vittoria,  Not.  d.  scaW 
1886,  p.  51  f.  und  Di  im  frammento  della  pianta  marmorea  Severiana  rapfvesentante  U 
clivo  della  Vittoria  ed  il  vico  Tusco.  Bull.  com.  1885,  p.  157  ff.  —  0.  Richter,  Die 
Tempel  der  Magna  Mater  und  des  Jupiter  Stator  in  Rom.  Hermes  1885,  p.  407  ff.  — 
0.  Gilbert,  Der  Tempel  der  Magna  Mater  in  Rom,  Philologus  1886,  p.  449  ff.  —  Hülsbn, 
Das  Septizonium  des  Septimius  Severus  1886.  —  J.  Stubm,  Das  kaiserliche  Stadium  auf 
dem  Palatin  1888.  —  Marx,  Das  sogenannte  Stadium  auf  dem  Palatin,  Jahrb.  des  Arch. 
Inst.  1895  p.  129  ff.  —  Gatti,  Nuovi  scavi  dello  stadio  Palatino,  Mon.  ant.  V  1895, 
p.  16-83. 

e)  Sacra  via  und  Velia. 

53.  Heiligtümer.  Die  Sacra  via,  deren  Lauf  vom  Saeellum 
Streniae  bis  aufs  Kapitel  p.  48  beschrieben  ist,  führte  ihren  Namen 
vorzugsweise  auf  der  Strecke  von  der  Höhe  der  Velia  {summa  sacra 
via)  bis  zum  Eingange  des  Forums,  oder,  wie  Festus  p.  293  sagt,  a  regia 
ad  domum  regis  sacrificuli,  welche  letztere  auf  der  Höhe  der  Velia  ge- 
legen haben  muss,  aber  nicht  weiter  nachweisbar  ist.^)  Der  Name  der 
Strasse,    den  die  Sage   von  dem   daselbst    zwischen   Romulus  und  Titus 


wiesen   werden,    dass    hier    das   Haus    des  {  mit   den   Worten:    huius  sacrae  tnae  pars 

C.  Julias  Proculus  lag  (p.  143),   das  weitere  |   haec  sola  volgo  nota,   quae  est  a  foro  eunti 

müssen  wir  yon   dereinstigen  Ausgrabungen  ';  primore  clivo,  womit  der  Anstieg  der  Velia 

erwarten,    die    sicher    eine    Menge    lieber-  |   bis   zur   Höhe    des   Titusbogens    bezeichnet 

raschungen  bringen  werden  (vgl.  p.  132).  wird;   so  auch  bei  Hör.  carm.  IV  2,  35  und 

*)  Varro  LL  V  47  meint  dieselbe  ^St^ecke  i   Mart.  I  70,  5. 


6.  Das  Zentnun  Roms.    e.  Sacra  via  und  Velia.    (§  53—54.)  161 

Tatius  geschlossenen  Bündnis  ableitet  (Dionys.  11  46;  Fest.  p.  290),^) 
rührt  vielmehr,  wie  auch  Festus  a.  a.  0.  andeutet,  von  den  an  ihr  ge- 
legenen Heiligtümern  her,  dem  Vestatempel  und  dem  der  Laren  und 
Penaten.  Von  dem  ersten  existiert  noch  der  Qusskern  des  Unterhaus 
(vgl.  p.  88  f.),  die  beiden  anderen  kann  man  nur  vermutungsweise  be- 
stimmen. —  Der  Penatentempel  lag  auf  der  Velia  (Solin.  I  22  in  Velia, 
iibi  postea  deum  PencUiutn  aedes  facta  est,  vgl.  Liv.  XLV  16  und  Varro 
LL.  V  54  die  Argeerurkunde)  und  zwar  nach  Dionys.  I  68  nicht  fern  vom 
Markte  xazd  rt^v  inl  Kaqivaq  (psQovaav  imrofiov  odov;  dies  würde  mit  der 
gewöhnlichen  Annahme,  dass  die  dem  Templum  ürbis  vorgebaute  Ro- 
tunde des  Divus  Romulus  (p.  113)  seine  Stelle  einnehme,  stimmen.  Dass 
der  Tempel  nur  klein  war,  geht  aus  der  Stelle  des  Dionys  hervor.  Von 
Augustus  wurde  er  wiederhergestellt  (Mon.  Anc.  IV  7  aedem  deum  Penatium 
in  Velia  [fecij).  —  Die  Aedes  Larum  stand  auf  der  Summa  sacra  via 
(Solin.  1 23),  d.  h.  in  unmittelbarer  Nähe  des  Titusbogens.  Dort  hat  sich  (nach 
Ursinus  in  ipso  fere  Palatini  montis  in  forum  descensu  die  Inschrift  CIL 
VI  456  Laribus  publicis  sacrum  gefunden.')  Auch  ihn  nennt  Augustus 
unter  den  von  ihm  neu  gebauten  (Mon.  Anc.  FV  7  aedem  Larum  in  summa 
Sacra  via  [feci]).  Gilbert,  Top.  III  424  hat  die  ansprechende  Vermutung 
geäussert,  dass  die  hart  an  der  Ostseite  des  Titusbogens  an  der  Sacra  via 
liegende  Tempehiiine  (Taf.  12  £),  die  im  Mittelalter  die  Torre  Gartularia 
trug,  diesem  Tempel  angehörte.*)  Ovid  Fast.  VI  791  wird  der  Tempel  ge- 
nannt und  gleich  darauf  der  auf  der  andern  Seite  des  Anstiegs  westlich 
vom  Titusbogen  gelegene  Tempel  des  Jupiter  Stator.  Bei  dem  Tempel 
lag  nach  Plinius  N.  H.  II  16  ein  Fanum  Orbonae,  vgl.  Cicero  de  nat. 
deor.  III 63. 

64.  Profanbauten.  1.  Aus  der  ältesten  Zeit  werden  Velia  und  Sacra 
via  mehrfach  als  Wohnstätten  hervorragender  Männer  bezeichnet.  Auf  der 
Velia  befand  sich,  abgesehen  von  der  sagenhaften  Wohnung  des  Tullus 
Hostilius  (Cic.  de  rep.  II  53;  Varro  ap.  Non.  531,  Solin  I  22)  die  domus 
Valeriorum.  Die  Nachrichten  darüber  lauten  sehr  abweichend.  Nach  der 
gewöhnlichen  Überlieferung,  die  Liv.  II 7  vertritt,  lag  das  Haus  des  Valerius 
Poplicola  in  summa  Velia.  Da  es  dem  Volke  dieser  Lage  wegen  eine  gefähr- 
liche Zwingburg  erschien,  habe  Poplicola  es  abgerissen  und  infra  Veliam,  ubi 
nunc  Vicae  Potae^)  est,  infimo  clivo  wieder  aufgebaut.  Cicero  dagegen  sagt  de 
har.  resp.  8,  16:  P.  Valerio  pro  maximis  in  rem  publicam  beneficiis  data  domus 
est  in  Velia  publice.    Eine  in  Bezug  auf  die  Person  und  den  Ort  abweichende 


')  ServiuB  Aen.  VIII  641:  huius  autem 
facti  in  aaera  via  signa  stant,  Romulus  a 
parte  Palatii,  Tatius  venientibus  a  rostris. 
Vgl.  Gilbert,  Topographie  und  Geschichte  der 
Stadt  Rom,  I  p.  24  f. 

*)  MoMMSEN,  Res  gestae  Divi  Augnsti* 
p.  82  meint,  die  Basis  habe  mit  dem  Tempel 
nichts  zu  thun,  indessen  ist  doch  auch  die 
ganz  gleichartige  Basis  CIL  VI  457  mit  der 
mschnft  Volcano  auf  dem  Volcanal  gefanden. 
Vgl.  p.  78. 

*)  Hermes  XX  p.  407  ff.  habe  ich  diesen 
Tempel  behandelt,    ihn  aber  f&lschlich  fOr 


den  der  Magna  mater  gehalten.  Zwischen 
dem  Tempel,  der  seine  Langseite  der  Sacra 
yia  zuwendet  und  der  Sacra  via  lief  eine 
Porticus,  auf  der  andern  Seite  des  Tempels, 
zwischen  diesem  und  den  an  die  Substruktionen 
des  Palatins  angebauten  Häusern,  ein  die 
Nova  via  fortsetzender  Stufenweg.  Lanoiani 
(Form.  urb.  29)  nimmt  diese  Ruine  jetzt  fOr 
den  Tempel  des  Jupiter  Stator  in  Anspruch, 
wenig  wahrscheinlicb,  vgl.  p.  139. 

^)  Ueber  die  Bedeutung  dieser  Göttin, 
einer  Victoria,  vgl.  Cic.  de  legg.  II 28.  Pkbllbr, 
R.  M.«  II  p.  245. 


Handboeh  der  klam.  AltertamswiBaenachaft.  III.  3,  B.    2.  Aufl.  1 1 


162 


B.  Topographie  yon  Rom. 


Ansicht  überliefert  aus  Valerius  Antias  Asconius  in  Pison.  52:  Vaierto 
Maximo  (dem  Bruder  des  Poplicola,  vgl.  CIL  P  p.  190),  ut  Antias  tradiditf 
inter  alias  honores  domus  quoque  publice  aedificata  est  in  PalcUio,  cuius  exitus, 
quo  magis  insignis  esset,  in  publicum  versus  declinaretur,  hoc  est,  extra  privatum 
aperiretur.  Varronem  autem  tradere,  M.  Valerio  (einem  anderen  Bruder 
des  Poplicola),  quia  Sabinos  vicerat,  aedes  in  Palatio  tributas  (woraus  Gilbebt, 
Top.  I  p.  106  folgert,  dass  die  Yelia  identisch  sei  mit  der  Osthälfte  des 
Palatins).  Plinius  N.  H.  XXXVI  112  schreibt  die  Ehre  dem  P.  Valerius 
Poplicola  und  seinem  Bruder  Marcus  zu.  Jedenfalls  steht  fest,  dass  die 
Valerier  von  Alters  her  ein  Haus  an  der  Velia  hatten;  auch  ein  Grab  an 
der  Velia  hatte  das  Geschlecht  (Plut.  Qu.  Rom.  79;  Popl.  23;  Cic.  de  legg. 
II  23,  58;  Dionys.  V  48)  nach  der  von  Serv.  Aen.  V  64,  VI  152  erwähnten 
Sitte  der  Vorfahren,  dass  die  Römer  ihre  Toten  in  suis  domibus  be- 
statteten, i)  In  dem  berühmten  Elogium  des  M.'  Valerius  CIL  I*  p.  189 
ist  von  dieser  Ehrung  keine  Rede,  wohl  aber  von  der  Anweisung  eines 
Platzes  für  ihn  und  seine  Vorfahren  im  Circus  {ad  Murciae). 

Auf  der  Velia  lag  auch  das  Haus  des  Cn.  Domitius  Calvinus, 
durch  welches  nach  Fest.  154  das  uralte  Heiligtum  des  Mutunus  Tutunus') 
verdrängt  wurde.  Daselbst  lag  auch  das  auf  p.  39  behandelte  sacrarium 
sextum  et  vicensimum,^) 

2.  Auch  die  Sacra  via  erscheint  seit  den  ältesten  Zeiten  dicht  be- 
wohnt. In  dem  sicher  sehr  alten  Kampfe  um  das  Haupt  des  Oktober- 
rosses  streiten  miteinander  die  Suburenses  und  Sacravienses,  die 
Anwohner  zweier  Hauptstrassen  Roms.*)  Der  Sage  nach  sollen  hier 
auch  zwei  Könige  gewohnt  haben  (abgesehen  von  Numa,  als  dessen 
Haus  die  Regia  bezeichnet  wird),  nämlich  Ancus  Marcius  (Solin  I  22) 
und  Tarquinius  Superbus  (Plin.  N.  H.  XXXIV  13).  Beide  wohnten 
in  summa  sacra  via,  des  letzteren  Wohnung  ad  Statoris  wird  bei  Livius 
I  41  und  Plin.  N.  H.  XXXIV  13  ihrer  Lage  nach  genau  beschrieben.  In 
republikanischer  Zeit  und  auch  noch  später  befanden  sich  hier  Häuser 
vornehmer  Römer,  wie  das  des  P.  Scipio  Nasica,  cui  (nach  Pompon. 
Dig.  I  2,  2,  37)  etiam  publice  domus  in  sacra  via  data  est,  quo  facilius 
consuli  posset.  In  den  Arvalakten  wird  unter  dem  11.  Dezember  59 
(CIL  VI  1  p.  487)  die  Domus  Domitiana  in  sacra  via  genannt,  die 
sicher  lange  Zeit  im  Besitz  dieser  berühmten  Familie  gewesen  ist. 
Gelegentlich    werden    genannt    bei    Cic.   ad    Att.   IV  3,   3    die    Domus 


^)  Danach  dürfte  ans  Festos  p.  262 
Romanam  portam  vulgus  appellat  ubi  ex 
epistylio  defluU  aqua.  Qui  locus  ab  antiquis 
appellari  aolitus  est  siatuae  Cinciae  quod  in 
eo  fuit  sepulcrum  familiae  auf  ein  an  dieser 
übrigens  nicht  lokalisierbaren  Stelle  befind- 
liches Haus  der  Cincier  geschlossen  werden. 

^  Ueber  diese  Gottheit  vgl.  Gilbert, 
Top.  I  p.  156  ff.     Prelleb,  Myth.  II «  p.  218. 

*)  Fest.  154:  Mutini  Tutini  saceUum 
fuit  in  Velia,  adver  sum  mutum  Must  ellin  um 
in  angiportUy  de  quo  aris  sublatis  balnearia 
sunt   facta  domo   Cn.  Domiti    Calvini,   cum 


mansisset  ab  urbe  condita  ad  principatum 
Äugusti  Caesaris  inviolatum  etc. 

*)  Festus  p.  178:  October  equus  appeUa- 
tur,  qui  in  campo  Martio  mense  Oct.  im- 
molatur  quotannis  Marti,  bigarum  victricum 
dexterior.  De  cuius  capite  non  levis  eon- 
tentio  solebat  esse  inter  Suburanenses  et 
Sacravienses,  ut  hi  in  regiae  pariete,  Uli 
ad  turrim  Mamiliam  id  figerent;  Husdemque 
coda  tanta  celeritate  perfertur  in  regiam, 
ut  ex  ea  sanguis  destillet  in  focum  partid- 
pandae  rei  divinae  gratia. 


6.  Das  Zentrum  Roms.    e.  Baora  Tia  nnd  Velia.    (§  54.)  168 

Tetti  Damionis  und  von  Sallust,  Hist.  fragm.  II  45  Maur.   die  Domus 
Octavii. 

3.  Aber  weder  die  heiligen  Qebäude,  noch  die  Häuser  vornehmer  Fa- 
milien haben  der  Sacra  via  den  Charakter  gegeben,  vielmehr  ist  die  Strasse 
schon  zu  Cäsars  Zeit  ausgesprochen  Qeschäftsstrasse,  und  nimmt  in  der 
Folgezeit  immer  mehr  den  Charakter  eines  grossstädtischen  Bazars  an.^) 
Von  den  Waren,  die  hier  feilgehalten  wurden,  geben  die  Schriftsteller 
und  Inschriften  Kunde.  Blumen  und  Obst,  Gold-  und  Galanteriewaren 
scheinen  hier  namentlich  zum  Verkauf  gekommen  zu  sein  (Ovid.  A.  a.  II 
265  f.,  Amor.  I  8,  100,  Propert.  II  24,  14).  Aus  den  Inschriften  lernen 
wir  zahlreiche  Arten  von  Arbeitern  aus  dem  Juweliergewerbe  de  sacra 
via  kennen,  CIL  VI  9207  einen  aurifex,  9221  einen  caelator,  9239  einen 
cavator  (Steinschneider),  9418  und  19  fUdurarii  (i.  e.  auri  et  argenti  monetae), 
9435  einen  gemarius  (Juwelier),  9545—9549  margaritarii  (Perlenhändler). 
Ferner  werden  genannt  1974,  9795  unguentarius  und  pigmentarius  (Salben- 
händler, Droguist),  9283  ein  coronarUis  (Eranzbihder),  9935  ein  tibiarit^ 
(Flötenfabrikant),  9662  ein  negotiator.  Die  Häuser  und  Magazine  dieser 
Händler,  Fabrikanten  und  Künstler  (dass  auch  unsauberer  Erwerb  hier 
sich  breit  machte,  lehrt  die  Leda  e  sacra  via  bei  Martial  II  63)  nahmen 
ursprünglich  beide  Seiten  der  Sacra  via  vom  Forum  (Fabierbogen)  bis  zur 
Summa  sacra  via  und  von  dort  bis  zum  Thale  des  Colosseums  ein,  aber 
die  Tempel-  und  Prachtbauten,  die  allmählich  die  ganze  Nordseite  der 
Strasse  bedeckten,  der  Faustinentempel  (p.  92),  das  Templum  sacrae 
urbis  mit  der  Rotunde  des  D.  Romulus  (p.  113);  die  Basilica  Constan- 
tini  (p.  164)  und  der  Tempel  der  Venus  und  Roma  (p.  166)  beschränkten  den 
Handelsverkehr  schliesslich  auf  die  Südseite,  an  der  übrigens  nur  die  Strecke 
vom  Forum  bis  zur  Summa  sacra  via  ausgiebigeren  Raum  zur  Entwicklung 
geschäftlichen  Lebens  gewährte.  Im  Jahre  191  legte  unter  Commodus 
ein  verheerender  Brand  diesen  ganzen  zwischen  der  Höhe  der  Velia  und 
dem  Forum,  der  Nova  via  und  dem  Templum  Pacis  gelegenen  Stadtteil 
in  Asche  und  zerstörte  zugleich  den  Vestatempel  und  das  Vestalenhaus 
(vgl.  p.  90).  Die  Ausgrabungen  der  letzten  Jahrzehnte  haben  das  Gebiet 
südlich  der  Sacra  via  wohl  im  wesentlichen  so  zu  Tage  gefördert,  wie  es 
damals  nach  dem  Brande  neu  reguliert  wurde,  und  ausserdem  in  einer 
darunter  liegenden  Schicht  von  Gebäuderesten  den  vorher  gewesenen  Zu- 
stand aufgedeckt.  Aus  der  Orientierung  der  in  dieser  unteren  Schicht 
liegenden  Fundamente  ergibt  sich,  dass  die  Sacra  via,  die  nach  der  letzten 
Regulierung  des  Terrains  vom  Tempel  des  Divus  Julius  an  geradlinig  die 
Höhe  der  sehr  stark  eingeebneten  Velia  empor  auf  den  Eingang  des 
Tempels  der  Venus  und  Roma  zu  führte  und  von  da  im  rechten  Winkel 
abbiegend  die  Summa  sacra  via  erreichte,  ehemals,  als  der  zu  erklimmende 
Abhang  noch  steiler  *)  war,  in  längerer  Schleife  zum  höchsten  Punkte  (beim 


^)  Es  ist  dies  das  Schicksal  aller  im 
Zentrnm  des  Verkehrs  liegenden  Strassen. 
Die  Strasse  runter  den  Linden',  sowie  die 
Friedrichs-  und  Leipziger-Strasse  in  Berlin 
-waren  nrsprttnglich  rahige,  vornehme  Strassen, 


haben  sich  aber  im  Laufe  der  letzten  50 
Jahre  zu  Geschäftsstrassen  um-  und  aus- 
gestaltet. 

')  Vor  der  Eonstantinsbasilika  und  dem 
Tempel  der  Faustina  lag  doppeltes  Pflaster 

11* 


164  B«  Topographie  yon  Rom. 

Titusbogen)  emporführte.  Wann  diese  Neuregulierung  zuerst  gemacht 
wurde,  steht  zwar  nicht  fest,  aber  die  durch  die  Erbauung  des  Tempels 
des  Divus  Julius  bedingte  Verlegung  der  Sacra  via  vor  die  Westfront 
dieses  Tempels  (vgl.  p.  100)  machte  die  Fortsetzung  der  Strasse,  die 
ursprünglich  am  Vestatempel  vorbeiführte,  an  der  Nordseite  des  Tempels 
des  D.  Julius  nötig.  Jedenfalls  erreichte  der  von  der  Velia  herabkommende 
Fahrweg  seit  jener  Zeit  das  Forum  an  der  Nordostecke  dieses  Tempels; 
der  ältere  am  Vestatempel  vorbei  auf  das  Forum  führende  Weg  war 
nicht  mehr  fahi-bar,  wie  man  aus  den  vor  dem  Kastortempel  zum 
Niveau  der  Area  des  Forums  hinabführenden  Stufen  ersieht.  0  Die  de- 
finitive Regulierung  der  Strasse  vom  Tempel  des  Divus  Julius  bis  zur 
Summa  sacra  via,  wie  wir  sie  noch  jetzt  vor  uns  sehen,  scheint  in  erster 
Linie  durch  die  Errichtung  des  Tempels  der  Venus  und  Roma  bedingt  ge- 
wesen zu  sein.  Als  dann  im  Jahre  191  der  ganze  westliche  Abhang  der 
Velia  abgebrannt  war,  baute  man  dies  gewerbliche  Viertel  offenbar  nach 
einem  einheitlichen  Plane  wieder  auf;  eine  längs  der  Sacra  via  sich  hin- 
ziehende Porticus  ist  in  erheblichen  Resten  ihrer  Fundamente  wieder  zum 
Vorschein  gekommen.  Lanciani  (Not.  d.  scavi  1883  p.  228)  ist  der  Mei- 
nung, dass  das  ganze  Terrain  zwischen  dem  Vestalenhaus,  der  Sacra  via, 
dem  Tempel  der  Venus  und  Roma  und  der  Nova  via  durch  ein  einziges 
grosses  Geschäftshaus,  die  Porticus  Margaritaria,  bedeckt  worden  sei,  und 
hat  den  Qrundplan  dieser  Porticus  auf  Tafel  29  seiner  Forma  Urbis  ein- 
gezeichnet. Diese  schon  von  H.  Jobdan  (Top.  I  2  p.  288)  bekämpfte  Mei- 
nung stützt  sich  darauf,  dass  mehrfach  in  Inschriften  margaritarii  de  sacra 
via  genannt  werden  (s.  o.),  und  auf  die  Notitia,  die  in  der  VM.  Region 
porticum  margaritariam  anführt,  aber  freilich  an  einer  Stelle,  die  seine 
Lage  zweifelhaft  lässt. 

Von  den  gewerblichen  Anlagen,  die  ursprünglich  auch  die  Nordseite 
der  Sacra  via  einnahmen,  haben  wir  wenigstens  eine  Nachricht.  Der 
Chronograph  von  354  erwähnt,  dass  Domitian  hier  horrea  piperataria  er- 
baut habe:   hoc  imp.  multae  operae  publicae  fabricatae  sunt: horrea 

piperataria,  ubi  modo  est  basilica  Constantiniana,  et  horrea  Vespasiani.  Es 
scheint,  dass  diese  horrea  und  wohl  mit  ihnen  das  ganze  Quartier  unter 
Gommodus  191    abbrannten.      Bei    Dio    Gass.  LXXn  24    heisst   es:    nvg 

T€ Tag  ceTVO&rjxag  tcov  tb  Alyvmmv  xal  töji'  ^ÄQaßiwv  ifo^tiaiv  insvsf- 

ixaro.  Es  ist  anzunehmen,  dass  sie  wieder  aufgebaut  wurden  und  das 
Ten^ain,  das  der  alten  Bestimmung  zunächst  erhalten  blieb,  in  gleicher 
Weise  wie  die  Südseite  der  Sacra  via  reguliert  wurde. 

55.  Die  Basilica  Constantiniana.  Maxentius  begann  hier,  möglicher- 
weise nach  einem  grossen  Brande  —  nach  dem  Chron.  von  354  brannte  unter 
seiner  Regierung  das  Templum  Romae  ab  — ,  den  Bau  seiner  Basilica,')  die 

übereinander.      Not.   d.  scavi    1876,   p.  54;  |  lOy^ivicinumCasiaracanaetransitnsVesicie 

1878  p.  341.    Das  obere  Pflaster  ist  bei  den  ,  virgineamque  doinum\  inde  sacro  veneranda 

Ausgrabungen  1899  entfernt.  <  petes  padcUia  clivo. 

*)  Aber  es  blieb  der  gewöhnliche  Weg,  *)  Victor  Caes.  40,  26:    cuncta  apera, 

den  der  Fussgänger  nahm.    Bei  Horaz.  Sat.  quae  magnifica  constnixerat,  basüicam .... 

I  9   Ibam  forte  via  sacra  heisst  es  y.  35:  1  Bei    der    Ausgrabung    der    Umgebung   der 

ventum  erat  ad  Vestae  und  bei  Martial  I  ,  Basilica  sind  Reste  jener  alten  horrea,  an 


6.  Das  Zentrum  Roms.    e.  Baora  yia  und  Yelia. 


i  55-56.) 


165 


wegen  der  Kühnheit  der  Konstruktion  zu  den  bedeutendsten  Werken  des 
Altertums  gehört.  Sie  hat  drei  Schiffe  von  80  m  Länge,  das  mittlere  ist  25  m, 
die  beiden  Seitenschiffe  sind  16  m  breit.  Alle  drei  sind  überwölbt,  die  Wöl- 
bungen ruhen  auf  den  Aussenwänden  und  vier  im  Innern  sich  erhebenden 
kolossalen  Pfeilern.  Die  Front  der  Basilica  war  nach  Osten  gerichtet.  Hier 
lag  dem  dreischiffigen  Raum  eine  8  m  breite  Vorhalle  vor,  aus  welcher  in 
das  Innere  der  Basilica  fünf  Thüren  führten.  An  der  entgegengesetzten  Schmal- 
seite endigte  das  Mittelschiff  in  eine  halbrunde  Apsis.  Der  Untergang  des 
Maxentius  verzögerte  die  Vollendung  des  Baues.  Konstantin,  der  ihn  be- 
endigte (oder  ein  späterer  Wiederhersteller),  hat  der  Basilica  einen 
anderen  Eingang  von  der  Sacra  via  aus  gegeben  und  diesem  gegenüber 
an  der  nördlichen  Seiten  wand  eine  zweite  Apsis  angelegt  (vgl.  Taf.  IIa). 
Erhalten  ist  das  nördliche  Seitenschiff  in  sehr  bedeutenden  Besten,  nament- 
lich sind  die  Wölbungen,  die  den  Baumeistern  der  Renaissance  beim  Bau 
von  S.  Pietro  zum  Muster  dienten,  mit  der  Cassettierung  gut  erhalten; 
andere  riesige  Stücke  liegen  am  Boden.  In  einem  derselben,  welches  im 
Jahre  1828  herabgefallen  war,  fand  man  eine  Münze  des  Maxentius  im 
Mörtel,  i)  Von  der  einstigen  Pracht  des  Baus  kann  man  sich  nur  schwer 
eine  Vorstellung  machen.  Die  letzte  Säule  aus  dem  Innern  der  Basilica 
hat  Sixtus  V.  bei  Sta.  Maria  Maggiore  aufgestellt. 

56.  Der  Tempel  der  Venus  und  Roma.  Die  Umgestaltung  des 
östlichen  Teiles  der  Sacra  via  ging  von  dem  Neronischen  Brande 
aus,  der  unter  anderm  das  ganze  Gebiet  von  der  Höhe  der  Velia  bis 
zum  Sacellum  Streniae  (vgl.  p.  48)  in  Asche  legte.  Nero  zog  denselben 
in  den  Bereich  seines  Palastes,    der  Domus   aurea ')   und  erbaute  an 


deren  Stelle  die  Basilica  errichtet  wurde, 
zum  VorBchein  gekommen.  Not.  d.  scavi 
1878  p.  133f.,  1879  p.  312  f. 

')  Der  Fund  dieser  Mttnze  war  ein  letzter 
Beweis  dafür,  dass  das  vielbewunderte  Ge- 
bäude die  Basilica  sei,  die  in  der  Notitia 
rV  Region  als  Constantiniana,  im  Cnriosum 
als  nova  bezeichnet  wird.  Die  iüteren  Topo- 
graphen bis  auf  Fea  haben  sie  fOr  die  Ruine 
des  Templum  Pacis  gehalten.  Nachdem  sich 
zuerst  Piranesi  gegen  diese  Ansicht  ausge- 
sprochen hatte,  führte  Nibby,  Foro  Romano 
p.  189  ff.  den  Beweis,  dass  die  Ruine  der 
Basilica  Gonstantiniana  angehören  müsse, 
nach  ihm  Ganina,  Ind.  top.  di  Roma  aiitica, 
p.  124,  Edif.  II  tab.  129—132.  Vgl.  Rbbeb, 
Ruinen  Roms  p.  392  ff.;  Lanciani,  Mon.  dei 
Lincei  1  551.  Die  Frage  ist  endgültig  ent- 
schieden. —  Ueber  Destailleur'sche  Zeich- 
nungen, die  die  Eonstantinsbasüika  behandeln, 
vgl.  Lanciani  in  den  M^langes  de  Tl^cole 
francaise  XI  p.  161  ff. 

')  Es  ist  nicht  leicht,  sich  von  der 
Domus  aurea  eine  klare  Vorstellung  zu 
machen.  Auf  dem  Palatin  selbst  hat  die 
Bauthätigkeit  Neros  gar  keine  Spuren  hinter- 
lassen. Dass  die  Velia,  das  Thal  des  Golos- 
seums  und  der  Esquilin  bis  zu  den  Gfirten 
des  Maecenas  in  den  Bereich  der  ,Domus' 


gezogen  wurden,  ist  bekannt.  Aber  die  An- 
lage glich  mehr  dem,  was  die  Römer  unter 
einer  Villa  verstanden,  als  einem  Palaste. 
Die  kurze  aber  charakteristische  Schilde- 
rung bei  Tac.  Ann.  XV  42  betont  diesen 
Gharakter  als  das  Neue  an  der  Neronischen 
Anlage:  domum  in  qua  haudperinde  genimae 
et  aurum  miraculo  erant,  solita  pridem  et 
luxu  volgata,  quam  arva  et  stagna  et  in 
modum  solitudinutn  kinc  silvae  inde  aperta 
spatia  et  prospectus  (vgl.  oben  p.  154).  Dass 
Nero  etwa  die  in  diesen  Bereich  faJlenden 
Strassen  gesperrt  haben  sollte,  ist  sicher 
nicht  anzunehmen,  da  gerade  in  der  Niederung 
zwischen  Palatin,  Gaelius,  Esquilin  (bei  der 
Meta  Sudans,  wo  auch  die  Grenzen  von  fünf 
Regionen  zusammenstossen)  der  Hauptknoten- 
punkt der  wichtigsten  Verkehrsadern  des  alten 
Rom  ist.  Wie  er  nichtsdestoweniger  einen 
Zusammenhang  der  einzelnen  Teile  der  An- 
lage ermö^icht  hat  (durch  Viadukte?  durch 
Brücken?),  ist  jetzt  nicht  mehr  zu  beurteilen. 
Wir  können  nur  einzelne  der  hervorragenden 
Bauten  nachweisen.  Wieviel  von  diesen 
Bauten  schon  vor  dem  Brande  aufgeführt 
oder  geplant  worden  ist,  als  Nero  die  domihs 
transitoria  baute,  die  wenigstens  in  ihrer 
weiten  Erstreckung  vom  Palatin  bis  zu 
den  Gärten  des  Maecenas  auf  dem  Esquilin 


166  B.  Topographie  yon  Rom. 

der  Stelle,  die  jetzt  der  Unterbau  des  Hadrianischen  Venus-  und 
Romatempels  einnimmt,  das  Atrium  seines  goldenen  Hauses.  Von 
der  Pracht  dieses  Baues  wird  viel  Rühmens  gemacht  (Plin.  N.  H.  XXXIV 
84  und  XXXV  120,  Sueton  Nero  31),  von  seiner  Gestalt  aber  wissen 
wir  wenig.  Im  Vestibulum  stand  der  Golossus  Neronis,  eine  nach 
Plinius  XXXIV  45  etwa  31,5  m  hohe  Bildsäule  des  Kaisers,  von  Zenodoros 
verfertigt.  Sie  hat  unfern  der  Summa  sacra  via  gestanden  (Mart.  1 70,  7) 
und  blieb  erhalten,  während  das  Gebäude  selbst  zu  Grunde  ging.  Vespasian 
verwandelte  den  Golossus  in  eine  Statue  des  Sol  (Martial.  Spect.  2, 1, 1  70, 6, 
Sueton  Vesp.  18).  Dem  Plane  Hadrians,  hier  den  Tempel  der  Venus  und 
Roma  anzulegen,  stand  er  im  Wege  und  wurde  mit  grossen  Veranstal- 
tungen (Vita  Hadr.  19)  an  den  Platz  versetzt,  wo  noch  jetzt  die  Reste 
seiner  Basis  zu  sehen  sind  (Plan  von  Rom  No.  28).  Vorübergehend  wurde 
er  durch  Gommodus  in  einen  Herkules  mit  des  Kaisers  eigenen  Zügen  ver- 
wandelt (Vita  Gonmiodi  17),  in  der  Regionsbeschreibung  aber  wird  er 
wieder  als  Sol  aufgeführt  (vgl.  GIL  P  p.  319,  6.  Juni). 

Der  Tempel  der  Venus  und  Roma,  auch  Templum  Urbis  ge- 
nannt, wurde  von  Hadrian  im  Jahre  135  (Gassiod.  Ghron.  195)  oder  132  (Hieron.) 
nach  seinen  eigenen  Plänen  erbaut.  Über  den  Tag  der  Einweihung  Athen.  VIU 
63  p.  361  und  Nissen,  Templum  p.  200  ff.  Es  war  ein  zehnsäuliger  Doppel- 
tempel, dessen  halbrunde  Apsiden  mit  ihren  Rückseiten  aneinanderstiessen, 
so  dass  die  beiden  Eingänge  nach  Osten  und  Westen  lagen  (Vgl.  Pru- 
dentius  c.  Symm.  I  214).  Die  ungünstige  Beurteilung  des  Baus  sowie  der 
unverhältnismässig  grossen  Bildsäulen  der  Venus  und  Roma  (Dio  Gassius 
LXIX  4)  kostete  dem  berühmten  Baumeister  Apollodorus  das  Leben.  Um- 
geben war  der  auf  das  kostbarste  ausgestattete  Tempel  mit  einer  doppelten 
Porticus  von  Granitsäulen.  Die  zahlreichen  Münzen  von  Antoninus  Pius, 
die  den  Tempel  darstellen  (Gehen  698—703,  1074—1076),  teils  mit  der 
Inschrift  Bomae  aeternae,  teils  mit  Veneri  Felici,  bezeugen  eine  Restauration 
unter  diesem  Kaiser,  wo  nicht  die  endgültige  Vollendung.  Reliefdarstel- 
lung der  Front  Matz  v.  Dühn,  Bildwerke  Nr.  3519.  Vgl.  Petersen,  Rom. 
Mitt.  1895  p.  248.  Über  Bildwerke,  die  in  dem  Tempel  aufgestellt  waren, 
vgl.  Tyr.  trig.  32,  Dio  Gass.  LXXI 31.  —  Unter  Maxentius  wurde  er  nach  einem 
Brande  wiederhergestellt  (Ghron.  v.  354;  vgl.  Jordan,  Top.  11  p.  6).  Er- 
halten sind  ausser  dem  Unterbau  die  beiden  Apsiden  nebst  einem  Teile 
der  Seitenmauern  und  Reste  von  Granitsäulen  der  Porticus.  Die  west- 
liche Apsis  ist  in  die  Kirche  Sta.  Francesca  Romana  eingebaut,  die  öst- 
liche liegt  frei.  Gleichzeitig  mit  dem  Bau  der  Substruktionen  des  Tempels 
hat  eine  Regulierung  der  Sacra  via  zwischen  dem  Titusbogen  und  dem 
Golosseum  stattgefunden,  und  eine  Verbreiterung  durch  einen  von  der 
Summa  sacra  via  zum  Thale  des  Golosseums  zwischen  der  Fahrstrasse  und 


der  DomuB  aurea  nichts  nachgab,  ist  iinbe-  I   caise  XI  p.  161  ff.  besprochenen  Destailleurachen 
kannt    -  üeber  die  Ausdehnung  vgl.  Mar-   ,  Zeichnungen.    Vgl.  Rom.  Mitt.  1892  p. 


tial,  Spect.  2;  PHn.  N.  H.  XXXII  l  54;  Sueton 
Nero  31.  Aufschlüsse  über  die  Ausdehnung 
der  Neronischen  Bauten  auf  der  Velia  geben 
die  Yon  Lanciani,  M^langes  de  V  Ecole  fnui- 


Hülsen  hat  auf  p.  291  nach  diesen  Zeich- 
nungen einen  Plan  der  vermutlich  zur  domus 
aurea  gehörigen  Bauten  entworfen,  und  sie 
auch  in  Formae  urbis  UI  aufgenommen. 


6.  Das  Zentnun  Borns,    e.  Baora  via  und  Yelia.    (§  57.)  167 

den  Substruktionen  hinabführenden  Stufenweg.  i)  Reste  früherer  Gebäude 
sind  in  die  Substruktionen  des  Tempels  aufgenommen  und  an  der  Ostseite 
noch  sichtbar. 

Der  Tempelbau  Hadrians  darf  wohl  in  eine  Reihe  mit  den  kaiser- 
lichen Forabauten  gestellt  werden,  sowohl  was  die  Anlage  selbst  anbe- 
triflFt,  ein  Tempel  inmitten  eines  von  Portiken  umgebenen  Hofes,  als  auch 
in  Hinsicht  auf  die  Gottheiten,  denen  er  geweiht  war.  Die  kaiserlichen 
Fora  verherrlichten  vornehmlich  die  Gottheiten,  die  in  besonderem  Ver- 
hältnis zur  Grösse  Roms  stehen,  und  so  schliesst  sich  dem  Caesarforum 
mit  dem  Tempel  der  Venus  Genetrix,  dem  Augustusforum  mit  dem  Mars- 
tempel und  dem  Friedenstempel  passend  dieser  Doppeltempel  der  Venus 
und  Roma  an.  Freilich  stand  derselbe  räumlich  ausser  Verbindung  mit 
den  Eaiserfora  und  ist  auch  nie  in  einen  unmittelbaren  Zusammenhang 
mit  ihnen  gesetzt  worden;  aber  die  Lücke,  die  in  der  vom  Marsfelde  bis 
zum  Fusse  des  Esquilin  sich  fortsetzenden  Reihe  von  Monumentalanlagen 
zwischen  ihm  und  dem  Templum  Pacis  blieb,  ist  noch  im  3.  Jahrhundert 
n.  Chr.  durch  die  von  Maxentius  begonnene,  durch  Konstantin  vollendete 
und  nach  ihm  benannte  Basilica  ausgefüllt  worden  (vgl.  oben  p.  164). 

57.  Das  Amphitheatrum  Flavium.  1.  In  dem  Thale  zwischen 
Velia,  Esquilin  und  Caelius  legte  Nero  nach  dem  grossen  Brande  ein 
„stagnum  maris  instar,  circumsaeptum  aedificiis  ad  urbium  specitm"  (Suet. 
Nero  31)  an.  Vespasian,  dem  samt  seinen  Söhnen  die  Aufgabe  zuge- 
fallen war,  die  grossen  Bauten  Neros  in  gemeinnützigem  Sinne  umzu- 
gestalten, liess  an  der  Stelle  dieses  Teiches  das  grosse  Amphitheater, 
Amphitheatrum  Flavium,*)  seit  dem  Mittelalter  Colosseum  ge- 
nannt, entstehen,  einen  Bau,  der  in  der  ganzen  Welt  seines  gleichen 
nicht  hat  und  nach  Beckers  (Topogr.  p.  682)  treffenden  Worten  „wenn 
irgend  etwas  der  römischen  Grösse  wahrhaft  entsprechend  genannt  werden 
kann".  Vespasian  vollendete  das  Theater  nicht,  erst  unter  Titus  (Suet.  7) 
im  Jahre  80  wurde  es  vollendet*)  und  zu  seiner  Einweihung  hunderttägige 
Spiele  gegeben  (Dio  Cass.  LXVI  25),  aber  auch  Doraitian,*)  (Nerva?  CIL  VI 
Add.  32254  f.)  und  Trajan  bauten  noch  daran.  Restaurationen  erfolgten  unter 
Antoninus  Pius,^)  dann  nachdem  unter  Macrinus  (Dio  Cass.  LXXVIII 25)  der 
Blitz  den  oberen,  wahrscheinlich  hölzernen  Teil  zerstört  hatte,  durch  Elagabal 
(Vita  Hei.  17)  und  Alexander  Severus  (Vita  Alex.  24).  Zum  zweitenmal 
zerstörte  ein  durch  den  Blitz  hervorgerufener  Brand  den  oberen  Teil 
unter  Decius  (Hieron.  p.  181).  Unter  Theodosius  II  und  Valentinianus  HI 
im  Jahre  442,  ^)  sowie  zwischen  467  und  472  wurde  es  durch  heftige  Erd- 


1)  Vgl.  Hermes  1884  p.  407  flp. 

*)  Sueton.  Vespasian  9:  {fecit)  amphi- 
theatrum urbe  media,  ut  destinasse  com- 
pererat  Augustum.   Vgl.  Aur.  Vict.  Caes. 


Perioden  nachzuweisen,  macht  Dreobb,  Das 
flavische  Amphitheater  in  seiner  ersten  Ge- 
stalt, Allgemeine  Bauzeitung  1896,  Heft  2. 
*)  Chronogr.  a.  354  p.  146  M:    amphi- 


9,  7;   Chronogr.  a.  354  p.  146  M.    hie  prior  i  theatrum  usque  ad  clipea. 

tribus  gradibus  amphitheatrum  dedicavit.  ,  ^)    Vita    Pii    8 :    itistauratum    amphi- 

')  Chronogr.  a.  354  p.  146M:  hie  amphi-  theatrum. 

theatrum  a  tribus  gradibus  patris  sui  duos  \  «)  CIL.  VI  1763   harenam   amphi- 

adiecit.  Einen  auf  das  Haterierrelief  (Abb.  17)  theatri  a  novo  una  cum  podio  et  portis  pos- 

gestützten  Versuch,   die  verschiedenen  Bau-  |  ticis,  sed  et  reparatis  spectaculi  gradibus 


168 


6.  Topographie  yon  Rom. 


beben  beschädigt.^)  Am  Anfang  des  5.  Jahrhunderts  hob  Honorius  die 
Fechterspiele,  im  6.  Theodorich  die  Tierkämpfe  auf.  Im  Mittelalter  diente 
es  römischen  Grossen,  unter  anderen  den  Frangipani  (vgl.  p.  74)  und  Anni- 
baldi  als  Festung.  Im  14.  Jahrhundert  begann  die  Zerstörung  des  Ge- 
bäudes; zum  Bau  des  Palazzo  Venezia,  der  Cancelleria  und  des  Palazzo 
Farnese  sind  hier  die  Steine  entnommen.  Clemens  X.  (1670— 1676)  legte 
in  dem  verfallenden  Gebäude  eine  Salpeterfabrik  an;  erst  seit  Benedict  XIV. 
(1740—1758)  hat  man  die  trotz  aller  Zerstörung  immer  noch  über- 
wältigenden Reste  durch  Aufiführung  zweckmässiger  Bauten  vor  weiterem 
Verfall  geschützt.  *) 


%fMtt 


Abb.  15.    OrnndriBB  des  Golotsenms. 

2.  Aus  der  ausserordentlich  interessanten  Baubeschreibung  dieses 
einzig  dastehenden  Gebäudes,  die  in  der  Beschreibung  der  Stadt  Rom 
III  1,  319  fif.,  bei  Reber,  Canina,  Taylor  u.  a.  gegeben  ist,  sind  in  erster 
Linie  die  Masse  hervorzuheben.  Das  Gebäude  bildet  eine  Ellipse,  deren 
äusserer  Umfang  524  m  beträgt,  die  Längsachse  beträgt  188  m,  die  Quer- 
achse 156  m.     Die   ebenfalls   eine  Ellipse   bildende   Arena  misst  86  und 


(restituit).     Vgl.   de  Rossi,  Ann.   dell.  Ist. 
1849  p.  338. 

1)  CIL  VI  p.  860  N.  100. 

^)  Das  Nähere  siehe  bei  Babucke,   Ge- 


schichte des  Kolosseums,  KOnigsbei-g  i.  Pr. 
1899  (Programm  des  altstadtischen  Gym- 
nasiums). 


6.  Das  Zentmm  Roms.    e.  Sacra  via  und  Yelia.    (§  57.) 


169 


54  m  im  Durchmesser,  i)  Die  Höhe  beträgt  48,50  m.  Das  Theater  hatte 
vier  Stockwerke,  die  in  der  Fassade  zum  Ausdruck  kommen.  Das  untere 
Stockwerk  wird  nach  aussen  von  einer  Arkadenreihe  von  Travertin  ge- 
bildet, die  Pfeiler  sind  2,40  m  breit  und  2,70  m  tief,  die  Bogenweite  be- 
trägt 4,20  m,  die  Höhe  7,05  m.  An  die  Pfeiler  lehnen  sich  dorische  Halb- 
säulen. Über  den  achtzig  Bogen,  die  als  Eingänge  dienten,  standen 
die  Nummern  1 — 76  (die  vier  nicht  für  das  Publikum  bestimmten  Haupt- 
eingänge an  den  Endpunkten  der  Achsen  hatten  keine  Nummern);  erhalten 
sind  Nummer  XXIU  bis  LHH  nebst  dem  Haupteingang  nach  dem  Esquilin 


mmj  ^-yj  V  V  y  >'  y  >^^ 


Abb.  16.    DurchBcbnltt  des  ColosBeums. 

hin.  Das  zweite  und  dritte  Geschoss  hat  Arkaden  gleicher  Art,  6,45  m 
resp.  6,40  m  hoch,  mit  einer  Brüstung  von  1  m  Höhe  versehen.  Die 
Halbsäulen,  die  sich  an  die  Pfeiler  lehnen,  sind  im  zweiten  Geschoss 
ionischer,  im  dritten  Geschoss  korinthischer  Ordnung.  Das  vierte  Stock- 
werk zeigt  eine  durch  flache  Pilaster  korinthischer  Ordnung  gegliederte 
Mauer,  die  über  jedem  zweiten  Bogen  der  unteren  Stockwerke  von  Fenstern 
durchbrochen  ist,  die  abwechselnd  in  der  Attika  (zur  Erhellung  des  Kor- 
ridors) und  in  der  oberen  Wand  angebracht  sind.  Über  der  oberen  Fenster- 
reihe springen  aus  der  Wand  Konsole  hervor,  zwischen  je  zwei  Pilastem 


1)  Nach  den  Messimgen  bei  Nissen,  Rh.  Mus.  XLIX  p.  297,  betragen  die   Achsen 
genau  187,770  m,  155,638  m,  85,756  m,  53,624  m. 


170  B.  Topographie  yon  Rom. 

drei,  zum  Tragen  der  Masten  bestimmt,  an  denen  das  zum  Schutze  gegen 
Sonne  und  Regen  dienende  Velarium  befestigt  war.  Im  Umkreis  des 
Amphitheaters  ist  eine  Anzahl  von  aufrechtstehenden,  ein  Travertinpflaster 
von  17,5  m  Breite  begrenzenden  Cippen  erhalten,  die,  nach  den  Ein- 
schnitten und  Löchern,  in  denen  ehemals  eiserne  Krammen  gesessen 
haben,  zu  urteilen,  vielleicht  durch  Einfügung  von  Holzbalken  zur  Ab- 
sperrung des  Theaters  dienten.  Mit  den  Eingängen  korrespondieren 
sie  nicht. 

Durch  die  76  Eingänge  des  Erdgeschosses  gelangte  man  in  zwei 
gewölbte,  das  ganze  Gebäude  umlaufende  Korridore  und  von  da  zu  den 
Treppen.  Von  den  vier  anderen  Eingängen  führte  die  an  dem  Nordende 
der  kleinen  Achse  nach  dem  Esquilin  zu  gelegene,  die  mit  einem  be- 
sonderen Portal  versehen  war,  zu  der  die  unteren  Sitzreihen,  das 
Podium,  unterbrechenden  Loge  für  den  Kaiser  (pulvinar);  am  anderen 
Ende  der  Achse,  nach  dem  Caelius  zu,  ist  dieselbe  Einrichtung  nachzu- 
weisen. Wenn  die  eine  Loge  für  den  Kaiser  da  war,  so  dürfte  die 
andere  für  den  Stadtpräfekten  oder  den  die  Spiele  leitenden  Beamten  be- 
stimmt gewesen  sein.  Die  beiden  Eingänge  an  den  Enden  der  langen 
Achse  führten  direkt  in  die  Arena.  Das  Innere  des  Theaters  ist  jetzt 
stark  zerstört,  man  sieht  fast  nur  noch  die  Stützmauern  für  die  Sitz- 
reihen (gradus).  Diese  selbst  sind  bis  auf  verhältnismässig  wenige  Marmor- 
blöcke verschwunden.  Von  Wichtigkeit  sind  die  noch  erhaltenen  Reste 
von  Inschriften,  aus  denen  hervorgeht,  dass  bevorrechtigten  Ständen  etc. 
besondere  Sitze  angewiesen  waren.i)  Die  besondere  Einteilung  des  Zu- 
schauerraumes ergibt  sich  aus  dem  unter  Fig.  15  und  16  beigefügten 
Grund-  und  Aufriss.  Die  maeniana,^)  die,  nach  den  16  Treppen,  die 
aus  den  Hallen  des  Erdgeschosses  emporführten,  in  ebensoviele  cunei 
geteilt  waren,  trugen  die  Sitzreihen,  das  oberste  maenianum  überdachte 
eine  Porticus.  —  Die  Regionsbeschreibung  gibt  an,  das  Gebäude  habe 
87  000  Plätze  gehabt  (amphitheatrum,  quod  capü  loca  LXXXVII). 
Diese  Zahl  wird  in  dem  unten  in  Anm.  1  citierten  HüLSENscben 
Aufsatze  besprochen;  Hülsen  hat  die  lineare  Ausdehnung  sämmtlicher 
Sitzreihen  gemessen  =  68,750  römische  Fuss,  wonach,  auf  die  Person 
IV2  Fuss  =  0,44  m  gerechnet,  40  bis  45  tausend  Personen  auf  den 
Sitzreihen  Platz  fanden.  Die  auf  der  Porticus  des  obersten  Stockwerkes 
stehenden  Zuschauer  mit  eingerechnet  kann  man  50  000  Zuschauer 
als  das  Maximum  annehmen.  Da  wir  wissen,  dass  Kollegien,  Kor- 
porationen etc.  von  Seiten  der  Behörden  nicht  eine  Anzahl  von  Plätzen 
im  modernen  Sinne,  sondern  ein  genau  nach  Füssen  und  Zollen  abge- 
messener Platz  zugeteilt  wurde,  und  die  römische  Statistik  wohl  nur  mit 


^)   Lanciani,    Iscrizioni   delF  anfiteatro  '  von    einem    primum    Maenianum,    einem 


Flavio.  Bull.  com.  1880,  p.  211—282.  Hülsen, 
11  posto  degli  arvali  nel  Colosseo  etc.  Bull, 
com.  1894  p.  812-324.  CIL  VI  Addite- 
menta. 

*)  Die  Arvalurkunde  vom  Jahre  80  n. 
Chr.  (vgl.  den  Aufsatz  von  Hülsen)  spricht 


secundum  Maenianum,  das  in  zwei  Teile, 
ein  inferius  und  superius  zerfiel,  und  dem 
summum  Maenianum  in  ligneis,  —  Ueber 
die  Unsicherheit  der  Rekonstruktion  vgl.  Rom. 
Mitt.  1897  p.  834. 


6.  Das  Zentmm  Roms.    e.  Sacra  via  und  Velia.    (§  58.)  171 

diesen  Grössen  sich  befasst  hat,  so  ist  jedenfalls  eine  Gleichsetzung  des 
Begriffes  loca  mit  Personen  keineswegs  selbstverständlich.^) 

Unter  der  Arena  haben  sich,  jetzt  zum  Teil  aufgedeckt  (vgl.  Abb.  15 
p.  168),  elliptische  Grundmauern  gefunden,  verbunden  von  geraden,  der 
grösseren  Achse  parallelen  Mauern.  Die  Bedeutung  dieser  Bauten  ist  nicht 
klar,  ein  Teil  davon  diente  wohl  zur  Trockenlegung  des  Platzes  und  zur 
Wasserableitung.  Von  hier  führte  ein  von  Commodus  erbauter  unter- 
irdischer Gang  in  Räume  unter  dem  Tempel  des  D.  Claudius  auf  dem 
Gaelius. 

3.  Das  Amphitheater  war  in  einem  vom  Caelius  bis  zum  Esquilin 
reichenden  Halbkreise  von  Gebäuden  umgeben,  die  den  Zwecken  der  Spiele 
dienten.  Von  ihnen  werden  in  der  n.  Region  aufgeführt  der  Ludus 
matutinu8(CILVI352.10172)undGallicus(CILV19470),dasSpoliarium, 
Samiarium  und  Armamentarium  (CIL  VI  10164);  in  der  HI.  Region  der 
Ludus  magnus  (CIL  VI  1645.  7659.  10164—10170)  und  Dacicus  und 
das  Suinmum  choragium.  —  Die  ludi  waren  Gladiatorenschulen,  von 
Domitian  erbaut  (Chron.  v.  354  unter  Dom.);  erhalten  ist  auf  einem  Stadt- 
planfragment (F.  ü.  I  3)  ein  Teil  des  l.  magnus.  Spoliarium  wird  als  der 
Ort  erklärt,  an  den  die  getöteten  Gladiatoren  hingeworfen  wurden,  samia- 
rium ist  die  Waffenschmiede  (vgl.  Jordan,  Top.  11  p.  18),  armamentarium 
die  Rüstkammer  (vgl.  Preller,  Reg.  p.  121  f.),  summum  choragium  endlich 
das  scenische  Ausstattungsgebäude  für  die  Aufführungen  im  Amphitheater 
(Preller  a.  a.  0.  p.  126,  vgl.  Hirschfeld,  Verwaltungsgeschichte  p.  184). 
Ein  danach  benannter  Vicus  ist  zum  Teil  F.  U.  II  7  erhalten.  Vielleicht 
gehörte  z\\  diesem  Kreise  von  Gebäuden  auch  eine  bei  S.  Pietro  in  Vincoli 
auf  dem  Oppius  nachgewiesene  Athletenschule  (Not.  d.  scavi  1884,  p.  67); 
auch  die  lupanaria  der  II.  Reg.  lagen  wohl  hier  in  der  Nähe. 

Zwischen  dem  Amphitheater  und  dem  Venus-  und  Romatempel  be- 
findet sich  der  Backsteinkern  eines  grossen  Springbrunnens,  der  vermut- 
lich zur  selben  Zeit  errichtet  wurde  wie  das  Colosseum.  Eine  Leitung, 
die  von  der  Hauptleitung  auf  dem  Caelius  sich  abzweigte,  führte  zu  ihm ; 
nach  den  auf  den  Röhren  befindlichen  Inschriften  (Lancla.ni,  Syll.  aqu.  1 — 8) 
stammt  sie  von  Domitian.  Aus  der  konischen  Form  des  Brunnens  geht 
hervor,  dass  derselbe  die  in  der  Regionsbeschreibung  genannte  Meta 
Sudans  ist.  Der  Chron.  von  354  nennt  Domitian  als  den  Erbauer.  Vgl. 
Seneca  epp.  6,  4;  Cohen,  Titus  163.  184. 

68.  Triumphbogen.  Die  Sacra  via  war  von  mehreren  Triumphbogen 
überspannt,  von  denen  der  Fabierbogen  schon  oben  p.  92  besprochen  ist.  Ausser- 
dem standen  über  dieser  Strasse  noch  unseres  Wissens  zwei  Bogen:  1.  Bei 
dem  Sacellum  Streniae  am  östlichen  Ende  der  Strasse  hinter  dem  Colos- 
seum stand  ein  Bogen  mit  drei  Durchgängen,  uns  nur  bekannt  durch  das 
Haterierrelief  im  Lateran,  auf  welchem  Gebäude  der  Sacra  via  dargestellt 
sind.    Auf  der  Attica  des  Bogens  steht  Arcus  ad  Isis,  was  jedenfalls 


^)  Das  ergibt  sich  auch  ans  Liv.  1 35  loca  '   Schaubühnen  im  Circus  Maximus  die  Rede 
divisa  patrihus  equitibusque  etc.,  wo  von  den      ist.    Vgl.  p.  175.  178. 


172 


B.  Topographie  von  Bom. 


I 


5 


nicht  der  eigentliche  Name,  sondern 
eine  volkstiunliche  Bezeichnung  ist.^) 
—  2.  Der  noch  erhaltene  Titus- 
bogen  auf  der  Summa  sacra  via. 
Er  ist  einthorig  und  von  den  er- 
haltenen wie  der  älteste,  so  der 
kleinste.  Errichtet  wurde  er,  wie 
die  Inschrift  CIL  VI  945  sagt,  dem 
Kaiser  Titus  zu  Ehren,  aber,  wie 
aus  der  Bezeichnung  divus  hervor- 
geht, erst  nach  seinem  Tode.  Da- 
rauf weist  auch  das  innerhalb  des 
Bogens  befindliche  nördliche  Relief, 
das  die  Apotheose  des  Kaisers  dar- 
stellt. Martial  I  70  nennt  den  Bogen 
bei  der  Beschreibung  der  Summa 
Sacra  via  nicht,  wie  derselbe  über- 
haupt auffallenderweise  bei  Schrift- 
stellern nie  erwähnt  wird.  Das  im 
Innern  des  Thorganges  an  der  Süd- 
seite angebrachte  Relief  stellt  den 
Triumphzug  des  Titus  nach  der 
Zerstörung  von  Jerusalem  dar. 
Von  dem  unter  den  Beutestücken 
des  Jehovatempels  dargestellten 
siebenarmigen  Leuchter  heisst  der 
Bogen  im  Mittelalter  arcus  septem 
lucernarum.  Eine  Zeitlang  war  er 
in  die  Befestigungsanlagen  derFrangi- 
pani  eingebaut;  jetzt  steht  er  frei, 
ist  aber,  namentlich  nach  dem  Forum 
zu,  stark  restauriert.*) 

Bei  der  Meta  Sudans  mündet 
in  die  Sacra  via  die  von  der 
Porta  Capena  kommende  Strasse. 
Über  dem  Punkte,  wo  die  Strassen 
sich  treffen,    am   Eingang   zu    dem 


»)  Vgl.  Brunn,  Ann.  d.  Inst.  1849  p.  392  ff.; 
Mon.  V  7;  Benndorf  und  Schönb,  Lateran 
p.  235  ff.;  Gilbert,  Top.  III  p.  193  f.  hält 
ihn  f(lr  ein  altes  Stadtthor,  was  nach  so 
viel  Bränden  und  Strassenerweiterongen  kaum 
möglich  ist. 

«)  Das  Haterierrelief  (vgl.  Abb.  17)  hat 
einen  urciis  in  summa  sacra  via,  der  in  der 
Architektur  von  dem  Titusbogen  nicht  un- 
erheblich abweicht.  Man  wird  doch  aber 
schwerlich  zwei  Bogen  in  summa  sacra  via 
annehmen  können. 


5.  Das  Zentnun  Borna,    e.  Sacra  via  und  Velia.    (§  58.) 


173 


Thale  zwischen  Palatin  und  Caelius,  wurde  nach  dem  Siege  des  Kon- 
stantin über  Maxentius  (315  n.  Chr.)  der  Konstantinsbogen  errichtet, 
nach  der  auf  beiden  Fronten  befindlichen  Inschrift  CIL  VI  1139  quod 
instinctu  divinüatis  mentis  magnitudine  cum  exercitu  suo  tarn  de  tyranno 
quam  de  omni  eins  factione  uno  tempore  iusfis  rempublicam  ultus  est  armis. 


Abb.  18.    EoiistsDtinsbogeD. 


Der  Bogen  istMreithorig  und  sehr  gut  erhalten.  Neben  den  geistlosen 
Reliefs  der  konstantinischen  Zeit  (darunter  eins,  welches  die  Rostra  dar- 
stellt) enthält  der  Bogen  eine  Anzahl  von  Reliefs,  Statuen  gefangener 
Dacier  und  Architekturstticke  aus  Trajanischer  und  Antoninischer  Zeit 
von  hohem  Kunstwerte.  Nach  Petersens  Analyse  (Mitt.  des  Rom.  Inst. 
1889  p.  314  ff.)  haben  von  den  sicher  als  trajanisch  zu  bezeichnenden  die 


174  B.  Topographie  Ton  Rom. 

im  Hauptdurchgang  und  an  der  oberen  Attika  befindlichen  Reliefs  (Eampf- 
und  Einzugsscenen),  die  man  früher  einem  Trajansbogen  zuteilte,  einem 
anderen  Gebäude  angehört.  Dagegen  scheinen  die  runden  Reliefs  von 
einem  Bogen  zu  stammen.  In  Antoninischer  Zeit  sind  die  an  der  Attika 
angebrachten  Reliefs  (AUokution,  Opfer  etc.)  entstanden.  Neuere  Nach* 
grabungen  haben  gezeigt,  dass  in  der  auf  den  Bogen  zuführenden  Strasse 
drei  Pflasterungen  übereinander  liegen  (vgl.  Abb.  18),  und  dass  der  Bogen 
keine  Passage  für  Fuhrwerk  gestattete,  sondern  gleich  dem  Severusbogen 
auf  Stufen  erstiegen  wurde. 

Ausser  mit  Triumphbogen  war  die  Sacra  via  auch  mit  anderen  Denk- 
mälern, Statuen  und  Weihgeschenken  geschmückt,  von  denen  sich  geringe 
Spuren  und  Reste  noch  erhalten  haben.  Die  Überlieferung  nennt  die 
Statuen  der  Cloelia  (p.  140)  und  des  Romulus  und  Titus  Tatius 
(p.  160  Anm.  2),   die  an  der  heiligen  Strasse  standen. 

Litterat ar:  Nibbt,  Del  foro  Romano,  della  via  sacra,  dell*  anfiteatro  Flavio  1819.  — 
Jobdan,  Gapitol,  Forom  und  Sacra  via  in  Rom  1882.  —  G.  Fontaka,  L*anfiteatro  Flavio 
descritto  ed  illostrato,  1725.  —  Ganina,  Edif.  IV  Tab.  164—177.  —  Lakciani,  Iscrizioni 
doli'  anfiteatro  Flavio,  Ball.  com.  1880,  p.  211  ff.  —  Hülsen,  n  posto  degli  Arvali  nel 
Go]o88eo,  Ball.  com.  1894,  p.  812  ff.  —  G.  Fba,  La  basilica  di  Gostantino,  sbandita  dalla 
via  Sacra,  1819.  —  Nibbt,  Del  tempio  della  Face  e  della  basilica  di  Gostantino,  1819. 

f.  Cireus  Maximus. 

59.  Der  GircuB.  Das  etwa  600  m  lange  und  150  m  breite  Thal 
zwischen  Palatin  und  Aventin  lag  bis  zur  Gründung  der  Servianischen 
Mauer  ausserhalb  der  Stadt  und  unmittelbar  vor  den  Thoren  sowohl  des 
Palatiums  (p.  30  ff.)  als  auch  des  Septimontiums  (p.  36  flf.)  und  der  Vier- 
regionenstadt (p.  38  ff.).  Dieser  günstigen  Lage  wegen  und  wegen  der 
langgestreckten  Form  zwischen  zwei  Bergabhängen  hat  es  von  ältester  Zeit 
an  als  öffentlicher  Spielplatz  gedient,  wie  wir  dergleichen  mehrfach  bei  alt- 
italischen Städten  unmittelbar  vor  der  Stadt  finden,  z.  B.  in  Alatri  (CIL  I 
1166).  Erst  durch  die  Befestigung  des  Aventins  ist  auch  dieses  Thal  in  das 
Innere  der  Stadt  gezogen,  ohne  dass  darum  der  Platz  der  öffentlichen 
Spiele  verlegt  wurde.  Im  Gegenteil  entstand  hier  aus  den  primitiven  Ver- 
anstaltungen  der  ältesten  Zeit  allmählich  der  Cireus  Maximus. 

Der  Name  des  Thaies  war  nach  Varro  LL.  V  154  ad  Murcim,  nach 
Livius  I  33  ad  Murciae  von  einem  hier  in  intumo  circo  befindlichen  Altar 
der  Murcia,  unter  welcher  Gottheit  man  Venus  verstand  (vgl.  Fest.  ep.  p.  148). 
Bei  Servius  zu  Aen.  VIII  636  und  Claudian  de  laud.  Stilich.  11  404  heisst  es 
vallis  Murcia.  Der  Name  wird  von  älteren  Etymologen  mit  murtea  oder  myrtea 
zusammengebracht  und  angenommen,  das  Thal  sei  ehemals  mit  Myrten- 
gebüsch bedeckt  gewesen.  In  ältester  Zeit  war  es  sumpfig,  durch  das- 
selbe fliesst  ein  Bach  dem  Tiber  zu,  die  Marranna.  Auch  die  vom 
Colosseum  herkommende  Kloake  geht  durch  dies  Thal  und  vereinigt  sich 
am  Nordwestausgange  desselben  mit  der  Cloaca  maxima,  —  Die  Sage 
setzt  die  Existenz  des  Cireus  Maximus  schon  in  die  Zeit  des  Romulus. 
Doch  ist  in  ältester  Zeit  hier  überhaupt  keine  circusartige  Einrichtung 
gewesen,  sondern  nur  etwa  nach  dem  Muster  der  Inschrift  des  L.  Beti- 
lienus  Varus  von  Alatri  CIL  I  1166  ein  „campus,  ubi  ludutW  bei  dem  an 


5.  Das  Zentrum  Roms.    f.  GiroM  Hazimns.    (§  59.)  175 

der  Südostecke  des  Palatins  befindlichen  Altar  des  Consus,  der  als  Gott 
der  Erde  und  des  Ackerbaues  verehrt  wurde.  Der  Altar  war  gewöhnlich 
in  der  Erde  verborgen,  und  nur  bei  den  alljährlich  dreimal  statt- 
findenden Festlichkeiten,  von  denen  das  Hauptfest  am  21.  August  mit 
Wagen-  und  Pferderennen  gefeiert  wurde,  deckte  man  ihn  auf.  Später 
war  er  in  den  Circus  eingeschlossen  und  befand  sich  nach  TertuU.  de  spect.  5 
ad  primcts  metas. 

Die  ersten  organisierten  Einrichtungen,  die  den  Tarquiniern  zuge- 
schrieben werden,  sollen  darin  bestanden  haben,  dass  jeder  der  dreissig 
Kurien  Plätze  zugewiesen  wurden,  auf  denen  es  ihnen  gestattet  war, 
Schaubühnen  für  die  Dauer  der  Spiele  zu  errichten.  Liv.  I  35 :  loca  divisa 
patribus  equüibusque,  ubi  spectacula  sibi  quisque  facerent,  fori  appeUati,  vgl. 
c.  56;  Dionys.  DI  68. 

Von  feststehenden  Einrichtungen  für  die  Spiele  oder  auch  nur  für 
die  Sicherung  des  sumpfigen  und  Überschwemmungen  ausgesetzten  Thaies 
war  Jahrhunderte  lang  nicht  die  Rede.  So  erzählt  Livius  YII  2,  dass  im 
Jahre  363  v.  Chr.  eine  Überschwemmung  des  Tiber  die  im  Circus  gefeierten 
Spiele  unterbrochen  hätte  und  bringt  VIII  20  als  besondere  Notiz  aus 
dem  Jahre  329  v.  Chr.:  carceres  eo  anno  in  circo  primum  statuti.  Wie 
damals  die  carceres,  d.  h.  die  Schranken,  von  denen  die  Wagen  aus- 
liefen, beschaffen  waren,  ist  nicht  bekannt.  Später  bestanden  sie  aus  einem 
Mauerbau  (Varro  LL.  V  153  ad  muri  speciem  pinnis  turribusque)  mit  mehreren 
Thoren,  vermutlich  zwölf  (die  dttodecim  portae  der  Regionsbeschreibung). 
Festus  epit.  184  nennt  sie  (wie  Varro  a.  a.  0.)  deshalb  Oppidum:  oppidum 
dicitur  et  locus  in  circo,  unde  quadrigae  emittuntur.  Die  Anlage  einer  Spina  war 
jedenfalls  vor  Eanalisierung  und  Bedeckung  der  Marranna  nicht  möglich. 
Die  grosse  Zeit  am  Anfange  des  2.  Jahrhunderts  v.  Chr.  (vgl.  p.  50)  machte 
sich  auch  in  der  Ausgestaltung  des  Circus  geltend.  Hören  wir  auch  noch 
nichts  von  Bauten  für  die  Bequemlichkeit  der  Zuschauer,  so  doch  von 
Ausschmückungen,  die  uns  zeigen,  dass  nicht  mehr  wie  früher  der  Circus 
nur  zur  Zeit  der  Spiele  sein  festliches  Gewand  anzog,  sondern  allmählich 
stehenden  Schmuck  bekam.  So  errichtete  196  v.  Chr.  L.  Stertinius  (Liv. 
XXXIII  27)  unter  mehreren  Bogen,  fornices,  auch  einen  im  Circus  maximus, 
und  schmückte  sie  mit  vergoldeten  Statuen  {his  fornicibus  signa  aurata 
imposuit);  andere  Bildsäulen  werden  Liv.  XXXIX  7  und  XL  2  erwähnt,  und 
in  der  berühmten  Censur  des  Jahres  174  wendete  sich  die  behördliche 
Thätigkeit  auch  dem  Circus  maximus  zu.  Aus  der  sehr  verdorbenen  Stelle 
des  Livius  XLI  27  geht  wenigstens  soviel  hervor,  dass  damals  die  Carceres 
und  die  Metae  erneuert  und  caveae  ferreae  (Käfige  für  die  zu  den  vena- 
tiones  gebrauchten  wilden  Tiere)  gemacht  wurden,  und  Ovaria,  Gerüste  zum 
Zählen  der  Umläufe,  wozu  man  sich  der  Holzeier  bediente. 

Von  einem  wirklichen  Bau  des  Circus  erfahren  wir  erst  unter 
Caesar  (Suet.  Caes.  39).  Er  legte  zum  Schutze  der  Zuschauer  den  Euripus, 
einen  3  m  breiten  Wassergraben  an  den  beiden  Langseiten  und  der  den  Car- 
ceres gegenüberliegenden  Schmalseite  an.^  Nach  Dionys  (III 68)  hatte  dieser 

^)  PluiiusN.H.yiI[21erz&hlt,da88Pom-   1  20  Elefanten  habe  kämpfen  lassen.    Diese 
peius  in   seinem  zweiten  Konsulate  17  oder  {  hätten  plötzlich  versucht,  auszubrechen  non 


176  ^«  Topographie  Ton  Born. 

Circus  drei  Stockwerke  von  Zuschauerplätzen  übereinander,  von  denen  aber 
nur  das  unterste  steinern  war.  Die  Carceres  und  die  Metae  waren  von  TuflF 
und  Holz  (Suet.  Claud.  21).  Agrippa  stellte  nach  Dio  Cass.  XLIX  43  im  Circus 
ein  Gerüst  von  Delphinen  auf:  Käv  x^  tnnodQo^tf  OipaXXofiävovg  Tovg 
avd^Qomovg  ne^i  tov  twv  diavkwv  aqi^^ov  o^cov  xovq  t€  deX^Tvaq  xal  rd 
ff^osidrj  drjfxiovQYrjfÄata  xaT£<mj<raTO,  oTKog  rfi'  amcov  cd  Ttsqiodoi  twv  nsQi- 
ÖQoiifüv  aTiodsixvvonviicti.  Auch  dies  Gertist  diente  gleich  den  Ovaria  dem- 
nach zur  Zählung  der  Umläufe.  —  Wie  seit  Augustus  (Suet.  Aug.  44)  für 
alle  öffentlichen  Schauspiele  bestimmte  Vorschriften  über  die  Verteilung 
der  Plätze  bestanden,  scheinen  auch  für  den  Circus  Maximus  derartige 
Einrichtungen  getroffen  worden  zu  sein.  Nach  Dio  Cass.  LV  22,  4  haben 
seit  dem  Jahre  5  v.  Chr.  Senatoren  und  Ritter  ihre  besonderen  Sitze  ge- 
habt. In  Widerspruch  damit  berichtet  ebenderselbe  LX  7,  4,  dass  erst 
Claudius  den  Senatoren  bestimmte  Sitze  angewiesen  habe,  die  sie  auch 
in  Zukunft  behielten  (Suet.  Claud.  21).  Endlich  heisst  es  von  Nero  Tac. 
Ann.  XV  32 :  equüum  Romanorum  locos  sedüihus  plebis  anteposuit  apud  circum, 
namque  ad  eatn  diem  indiscreti  inibant  (vgl.  Suet.  Nero  11).  Nach  Plin. 
N.  H.  Vni  21  gewann  er  Raum  für  diese  Sitze,  indem  er  den  von  Caesar 
angelegten  Euripus  zuschütten  liess.  Volle  Klarheit  ist  in  diese  einander 
widersprechenden  Angaben  nicht  zu  bringen. 

Die  nach  aussen  sich  öffnenden  Hallen  des  untersten  Stockwerkes 
nebst  den  darüber  liegenden  Wohnräumen  waren  vermietet  und  erfüllt 
von  sauberen  und  unsauberen  Gewerbetreibenden  beiderlei  Geschlechts 
(Hör.  sat.  I  6,  113;  Juvenal  6,  588;  Cic.  pro  Mil.  24,  65,  de  div.  I  132,  Vita 
Elag.  26).  Die  Peuergefahrlichkeit  dieser  Tabemen  ist  nebst  der  Holz- 
konstruktion der  oberen  Stockwerke  wie  für  den  Circus  selbst,  so  für  die 
Umgegend  mehrmals  verhängnisvoll  geworden.  Der  erste  Brand  traf  den 
Circus  im  Jahre  31  v.  Chr.  Augustus  stellte  ihn  wieder  her  und  erbaute 
nach  Mon.  Anc.  IV  4  das  Pulvinar  ad  Circum  Maximum,  von  dem  aus 
er  manchmal  den  Circusspielen  zuschaute, ')  und  errichtete  auf  der  Spina 
den  ägyptischen  Obelisken,  der  jetzt  auf  der  Piazza  del  popolo  steht. 
Abermals  brannte  vom  Circus  der  nach  dem  Aventin  zu  liegende  Teil 
nebst  einem  Teile  des  Aventins  im  Jahre  35  n.  Chr.  ab  (Tac.  Ann.  VI  51) 
und  wurde  von  Claudius  mit  besonderer  Pracht  wiederhergestellt.  Die 
Carceres,  bis  dahin  von  Tuffstein,  wurden  jetzt  von  Marmor  erbaut,  die 
bisher  hölzernen  Metae  von  vergoldeter  Bronze  gefertigt.  Am  Circus 
Maximus  brach  auch  der  Neronische  Brand  aus  (Tac.  ann.  XV  38).  Er 
muss  unmittelbar  darauf  wieder  hergestellt  sein,  denn  vier  Jahre  später  hielt 
Nero  durch  denselben  seinen  Triumph  (Dio  Cass.  LXIII  20,  Suet.  Nero  25). 
Abermals  brannte  er  unter  Domitian  ab  und  wurde  von  ihm  mit  dem 
Material  einer  Naumachie  wieder  aufgebaut.    Nach  Sueton  Dom.  5,   der 


sine  vexatione  popuH,  circumdatis  clatistris 
ferreis.  Deshalb  habe  der  Diktator  Cäsar, 
der  bei  seinen  Trinmphalspielen  dem  Volke 
ein  gleiches  Schauspiel  bieten  wollte,  den 
Enripns  angelegt  {euripis  harenam  circum- 


fortgeräumt  inque  earutn  locum  hina  caHra 
exadversum  constituta  erant.  Damals  und 
auch  schon  früher  muss  die  Marranna  &ber- 
deckt  gewesen  sein. 

^)  Er  schaute  auch  nach  Suet.  Aug.  45 


dedit).  Zum  Zweck  dieser  Spiele,  die  Sueton   i   ex  amicorum  fere  libertarumque  eenaculia  den 
D.  Jnl.  39  beschreibt,  wurden  auch  die  Metae  ,   Spielen  zu.    Vgl.  oben  p.  145. 


5.  Bas  Zentrum  Rom«,    f.  Oiroiui  Hazimiui.    (§  59.)  177 

über  den  Brand  berichtet,  brannten  beide  Seiten  ab  {deustis  utrimque  late- 
fibus);  jedenfalls  wurde  die  südliche  Schmalseite  verschont,  denn  der  in 
derselben  im  Jahre  81  errichtete  Triumphbogen  des  Titus  und  Vespasianus 
hat  den  Brand  überdauert. 

Unsere  Kenntnis  von  der  Qestalt  des  Circus  beginnt  erst  mit  dem 
Neubau  des  Trajan  (Plin.  Paneg.  51;  Dio  Cass.  LXVIII  7),  der  zwischen 
100  und  104  n.  Chr.  gemacht  ist;  von  da  an  bis  zum  4.  Jahrhundert  erscheint 
der  Circus  auf  Münzbildem  und  Reliefs.  Auf  denselben  ist,  übereinstimmend 
mit  den  Resten  des  kapitolinischen  Stadtplans  (F.  U.Vni),  die  südliche  Schmal- 
seite von  einem  dreithorigen  Triumphbogen  durchbrochen.  Dies  ist  der 
in  der  mittelalterlichen  Stadtbeschreibung  der  Mirabilia  Romae  genannte 
„in  Circo  arcus  Titi  et  Vespasiani^.  Die  Inschrift  desselben  hat  der  Ano- 
nymus von  Einsiedeln  abgeschrieben.  Danach  ist  der  Bogen  vom  S.  P.  Q.  R. 
81  n.  Chr.  den  Kaisem  Vespasian  und  Titus  wegen  Unterwerfung  der 
Juden  und  Zerstörung  Jerusalems  gesetzt  (CIL  VI  944);  er  hat  ver- 
mutlich bis  ins  13.  Jahrhundert  bestanden.  In  der  Mitte  des  Circus  zeigen 
die  Münzbilder  die  Spina,  darauf  unter  anderem  auch  den  Obelisken  des 
Augustus,  die  Magna  Mater  (TertuU.  de  spect.  8,  Not.  reg.  XI),  einen  Altar 
und  ein  Postament  mit  drei  Gestalten,  vielleicht  nach  Plin.  N.  H.  XYIII  8 
die  Seia,  die  Segesta  und  eine  dritte,  quam  nominare  sub  tecto  religio  est 
(nach  Tertullian  a.  a.  0.  die  Tutilina);  ausserdem  Victorien  auf  Säulen. 
Weiter  bemerkt  man  auf  ihnen  in  der  südöstlichen  Ecke  der  Arena  einen 
viersäuligen  Tempel,  wohl  das  Heiligtum  der  Venus  Murcia.  Über  den 
Carceres  befindet  sich  ein  Qebäude  mit  einem  Giebel,  das  vermutlich  für 
die  den  Spielen  versitzenden  Beamten  bestimmt  war.  >)  —  Der  Bau  des  Trajan 
ist,  wenn  auch  erweitert  und  verschönt,  im  wesentlichen  erhalten  ge- 
blieben. Die  Münzbilder  des  Caracalla  wenigstens  (Cohen ^  Carac.  286) 
zeigen  genau  dieselbe  Darstellung  des  Circus  wie  die  des  Trajan  (vgl. 
Chron.  von  354,  p.  147  M.).  Der  riesige  Aufbau,  der  zu  den  vielen 
tausenden  von  Sitzplätzen  nötig  war,  und  der  bis  in  die  späteste  Zeit 
die  obersten  Galerien  aus  Holz  zu  bauen  nötigte,  hatte  mehrere  schreck- 
liche Einstürze  im  Gefolge.  So  kamen  unter  Antoninus  Pius  (Chron.  v. 
354,  p.  146  M;  Vita  Pii  9)  bei  der  Feier  der  ludi  Apollhiares  durch 
einen  solchen  Einsturz  1112  Menschen,  unter  Diokletian  und  Maximian 
(Chron.  v.  354  p.  148  M)  gar  13,000  Menschen  ums  Leben.  Philippus 
Arabs  feierte  247  n.  Chr.  das  tausendjährige  Bestehen  der  Stadt  durch 
Circusspiele  (Cohen«  V 138, 12. 13;  PriedlXnder,  Abh.  der  Berl.  Akad.  1873, 
p.  67  ff.);  die  Vita  Probi  19  berichtet  von  einer  grossen  Venatio,  die  der 
Kaiser  im  Circus,  und  einem  Tier-  und  Gladiatorenkampf,  den  er  am  Tage 
darauf  im  Amphitheater  gab.  Die  letzte  Ausschmückung  des  Circus  wird 
dem  Constantin  zugeschrieben  (Aur.  Vict.  Caes.  40,  27).  Constantius 
errichtete  857  aber  noch  auf  der  Spina  den  grossen  Obelisken,  der  jetzt 
vor  dem  Lateran  steht.  Noch  aus  dem  6.  Jahrhundert  hören  wir  von 
Spielen,  die  darin  gehalten  wurden  (Cassiodor.  Yar.  lU  51);  die  letzten 
Spiele  gab  Totila  549  (Procop.  bell.  Goth.III  37);  im  Mittelalter  ging  er  all- 


')  Vergl.  JoBDAW,  Forma  Urbis  Taf  XXX Vf,  2d. 
Buidbaob  der  klus.  Altertam8wiiM«uMvhaft.  lU.  3,  B.    2.  Aud.  12 


178 


B.  Topographie  ▼on  Bom. 


mählich  zu  Grande.  Im  8.  Jahrhundert  stand  noch  die  Aussenwand  der 
Ostseite:  porticus  (a  Septem  viis)  usqtCe  S.  Anastasiam  (Anon.  Eins.)  und  der 
(noch  im  18.  Jahrhundert  vorhandene)  Bogen  des  Titus  und  Vespasianus 
(Jordan,  Top.  11  p.  637). 

Die  heute  noch  vorhandenen  Reste  des  Gircus  Maximua  sind 
äusserst  dürftig,  es  sind  lediglich  Substruktionen  und  Reste  von  dem 
Pflaster  der  den  Gircus  umgebenden  Strassen,  die  aber  immerhin  dazu  dienen 
können,  ein  Urteil  über  die  Grössenverhältnisse  des  Gircus  zu  bekommen ; 
ein  anderes,  aber  wegen  der  Unsicherheit  des  Massstabes  nur  unzuläng- 
liches Mittel  dazu  sind  die  Reste  des  Stadtplans  (Jordan,  F.  U.  Taf.  VIQ). 
Dionys.  III  68  gibt  die  Länge  des  Gircus  auf  3Va  Stadien,  die  Breite  auf 
4  Plethren,  den  Umfang  auf  8  Stadien  an.  Anders  Plinius  XXXYI 102: 
Circum  maximum  a  Caesare  dictatore  eoctructum  longitudine  stcuiiorum  trium, 
latitudine  unius,  sed  cum  (zedificiis  iugerum  quaternum,  ad  sedem  CCL,  eine 
Stelle,  die  zu  den  erheblichsten  Bedenken  Anlass  gibt.  Das  von  ihm  an- 
gegebene Verhältnis  von  Länge  zu  Breite  gleich  3  zu  1  kann  nicht  richtig 
sein,  und  die  darauf  folgenden  Worte  kann  nur  verstehen, .  wer  ihnen  Ge- 
walt anthut.^)  Da  die  von  Dionysius  angegebene  Länge  des  Gircus  mit 
der  aus  den  Resten  zu  konstatierenden  übereinstimmt  (Hülsen  berechnet 
sie  Pauly,  Real-Encyklopädie  p.  2578  auf  635  m,  und  3V«  Stadien  sind 
620,5  m),  so  hat  eine  Entwicklung  des  Gircus  in  die  Länge  seit  Augustus 
überhaupt  nicht  stattgefunden.^)  Dagegen  zeigt  die  Angabe  des  Dionysius, 
dass  der  Gircus  4  Plethra  =  118,28  m  breit  gewesen  sei,  während  seine 
Reste  eine  Breite  von  etwa  150  m  aufweisen,  dass  die  Entwicklung  im 
Laufe  der  Jahrhunderte  in  der  Vermehrung  der  Sitzreihen,  also  Verbrei- 
terung und  Erhöhung  der  die  Arena  umgebenden  Bauten,  vielleicht  auch 
der  Arena  selbst,  bestanden  hat.  Wenn  Trojan  nach  Dio  Gass.  LXVlil  7 
{inäyqaxfße)  T(p  InnodqofjUQ^  o%^  i^aqxovvxa  airov  t^  t£v  "^P^/iaiiov  dijfnp 
inoirfisv^  so  ist  seine  Bauthätigkeit  jedenfalls  in  dieser  Richtung  zu  suchen. 

Dionysius  gibt  an  derselben  Stelle  an,  der  Gircus  habe  150,000 
Menschen  gefasst  {nevTexaldexa  fivqiadag  äv^Qcinwv).  Es  ist  nicht  ausge- 
schlossen, dass  die  Zahl  etwas  zu  hoch,  jedenfalls  abgerundet  ist,  aber  es 
liegt  kein  Orund  vor,  einem  Manne,  dessen  Zahlenangaben  sich  anderwärts 
(bei  den  Massen  des  Gapitoliums  und  dem  Servianischen  Wall)  als  zu- 
treffend erwiesen  haben,  soweit  zu  misstrauen,  dass  man  annimmt  (wie 
Hülsen,  Pauly  p.  2575,  thut),  zu  seiner  Zeit  habe  der  Gircus  höchstens 
55—60,000  Menschen  gefasst.  Wenn  die  385,000  loca,  die  die  Regions- 
beschreibung bringt,  keine  Personenzahl,  sondern  die  Länge  der  Sitzreihen 
in  Füssen  sind,  wie  Hülsen,  Bull.  com.  1894  p.  321  meines  Erachtens 
richtig   nachgewiesen  hat,   so  fasste   damals   der   Gircus   gegen   200,000 


*)  Vgl.  JoRDAH,  F.  ü.  p.  21  und  die  dort 
geschilderten  Versache,  die  Zahlen  des  Pli- 
nius zu  interpretieren  und  zu  emendieren. 
Es  gibt  nichts  Verfehlteres,  als  eine  Stelle, 
die  Zahlen  enthält,  so  lange  za  behandeln, 
bis  die  Zahlen,  die  man  als  die  richtigen 
erkannt  zu  haben  glaubt,  sich  einstellen. 

^)  Die  Angabe  des  Tansanias  über  die 


Vergrösserung  des  Gircus  durch  Trajan,  V 
12, 4  olxoSofÄtjfÄa  ig  l'nmoy  S^ofiovs  n^atj- 
xoy  xttl  is  dvo  CTadio»y  fÄrjxog,  kann  also 
jedenfalls  auf  die  Verlängerung  der  Bahn 
sich  nicht  beziehen.  Ueberdies  hat  seit  den 
Flaviem  der  Bogen  des  T^tus  und  Vespasian 
die  nie  verrttckte  südliche  Grenze  angegeben. 


5.  Bm  Zeninm  Borns,    f.  OiroiM  Maximns.    (§  60.)  179 

Menschen,  es  würden  also  im  Laufe  der  Eaiserzeit  seit  Dionysius  die  Sitze 
um  rund  50,000  vermehrt  sein,  was  bei  der  Entwicklung  des  Gircus  ledig- 
lich in  die  Breite  und  Höhe  das  Äusserste  ist,  was  anzunehmen  sein  dürfte. 

Unter  den  Darstellungen  des  Gircus  sind  die  wichtigsten  die  Münz- 
bilder (vgl.  Pbiedländbb,  Abh.  der  Berliner  Akad.  1873  p.  67  flf.).  Unter 
den  Sarkophagdarstellungen,  die  in  zweiter  Linie  in  Betracht  kommen, 
ist  hervorzuheben  das  Relief  von  Foligno,  vgl.  Zangemeister^  Ann.  d.  Inst. 
1870  p.  232  ff.  Tav.  d'agg.  L.  Jf.,  woselbst  auch  ein  Verzeichnis  anderer 
Abbildungen  sich  findet.  —  Das  fast  gänzliche  Verschwinden  des  Gircus 
Maximus  fordert  unwillkürlich  den  Vergleich  mit  dem  immerhin  doch  so 
viel  kleineren  flavischen  Amphitheater  heraus,  von  dem  nach  so  schonungs- 
losen Zerstörungen  noch  so  ungeheuere  Reste  vorhanden  sind.  Abgesehen 
von  den  oberen,  aus  Holz  bestehenden  Stockwerken,  die  natürlich  ohne 
grosse  Anstrengung  zu  Orunde  gingen,  muss  auch  der  ganze  übrige  Bau 
vergänglicherer  Natur  gewesen  sein,  als  die  unvergänglichen  Mauern  und 
Pfeiler  jenes  Wunderbaus. 

60.  Tempel.  Eine  Übersicht  über  die  im  Gircus  verehrten  Gott- 
heiten gibt  TertuUian,   de  spect.  8:    Circus  Soli  principaliter  consecratur, 

cuius    aedes   media   spatio   et  effigies  de  fastigio   aedis   emicat Ova 

honori   Ca  stör  um  adscribunt delphines  Neptuno  vomunt,  columnae 

Sessiaa  a  sementatUmibus,  Messias  a  messibus,  Tutulinas  a  tutdis  fructuum 
sustinent;  ante  hos  tres  arae  trinis  deis  parent,  Magnis,  Potentibus,  Va- 
lentibus:  eosdem  Samathracas  eanstimant.  Obelisci  enormitas  ....  Soli  prO" 
stüuta  ....  Frigebat  daemonum  concüium  sine  sua  Matre  Magna:  ea  itaque 
illic  praesidet  Euripo.  Consus,  ut  diximus,  apud  metas  sub  terra  dditescit 
Murcias.  Hos  quoque  idolum  fecü:  Murciam  enim  deam  amoris  volunt,  cui 
in  iUa  parte  aedem  voverunt.  Den  hier  genannten  Gottheiten,  unter  denen 
eine  auffallende  Anzahl  von  Beschützern  der  Landwirtschaft  ist,  wird  man 
auch  den  nur  aus  der  Regionsbeschreibung  bekannten  Jupiter  Arborator, 
offenbar  einen  die  Baumzucht  beschützenden  Jupiter,  anschliessen  dürfen. 

Schwierigkeit  hat  den  Erklärem  von  all  diesen  Tempeln  etc.  der  des  Sol 
gemacht,  nach  der  Regionsbeschreibung  ein  Templum  Solis  et  Lunae.  Nach 
TertuUian  lag  der  Tempel  unzweifelhaft  innerhalb  des  Gircus.  Dagegen  sagt 
Tac.  Ann.  XV  74 :  grates  deis  decernuntur,  propriusque  honos  Soli,  cui  est  vetus 
aedes  apud  circum.  Aber  der  Tempel  kann  sowohl  den  Worten  des  Ter- 
tuUian als  dem  Sinne  der  ganzen  Stelle  nach  nirgends  anders  als  inner- 
halb des  Gircus  gesucht  werden.  Hülsen  meint,  Diss.  d.  Pontif.  Accad. 
Rom.  1896  p.  267,  der  Tempel  habe  ursprünglich  beim  Gircus  gelegen 
{accanto  al  Circo)  und  sei  durch  die  Vergrösserung  des  Gircus  in  diesen 
einbezogen.  Aber  eine  so  künstliche  Erklärung  ist  kaum  nötig,  vielmehr 
hat  Tacitus  wohl  apud  circum  in  dem  Sinne  von  in  circo  gebraucht,  wie 
er  Ann.  I  5  apud  Nolam  statt  Nolae^  I  64  apud  paludes  statt  in  paludibus 
und  XV  32  apud  ciroum  statt  in  circo  sagt.  —  Auf  die  in  demselben 
Tempel  verehrte  Luna  geht  TertuUian,  de  spect.  9:  de  iugo  vero  qua- 
drigas  Soli,  bigas  Lunae  sanxerunt.  Vgl.  Gassiodor.  Var.  III  51.  Nach 
Joa.  Lydus  de  mens.  I  12  befand  sich  innerhalb  des  Gircus  auch  eine  Ära 
Lunae. 

12* 


180 


B.  Topographie  tob  Rom. 


Ausserhalb  des  Circus,  aber  ad  circum  maodmum  lagen: 
1.  Die  Aedes  Cereris,  Liberi  et  Liberae.  Dionys  sagt  VI  94 
von  diesem  Tempel  og  iativ  inl  %oXg  TäQfiatrtv  tov  (iBy(a%ov  %Av  Innod^iimv 
vnhq  avrdg  tdQVfiävog  tag  a^äastg^  d.  h.  er  lag  am  westlichen  Ende  des 
Circus  über  den  Carceres,  auf  dem  nach  dem  Aventin  zu  ansteigenden 
Terrain;  genaueres  ergibt  sich  aus  Tacitus  Ann.  11  49:  {Tiberius)  aedes 
.  .  dedicavü  .  .  Libero  Liberaeque  et  Cereri  iuxta  (d.  h.  dicht  am)  circum 
maximum,  .  .  eodemque  in  loco  aedem  Florae  ab  Lucio  ei  Marco  Publiciis 
aedilibus  constitutam.  Es  ist  nicht  zu  bezweifeln,  dass  der  Tempel  der  Flora 
(Stiftungstag  am  28.  April,  vgl.  Ovid  Fast.  IV  945)  am  Anfang  des  vom  Forum 
boarium  herkonmienden,  von  denselben  Ädilen  gebauten  Clivus  Pnblicius 
lag,  an  demselben  Wege,  unweit  der  Südwestecke  der  Carceres  lag  auch 
der  Cerestempel  (Abb.  19  auf  p.  193).  Vitruv  nennt  ihn  1113,5  zusammen 
mit  der  Aedes  Herculis  Pompeiani  ad  circum  maximum,  ebenso  Plin. 
XXXY  154.9  Der  Überlieferung  nach  war  der  Tempel  von  dem  Dik- 
tator A.  Postumius  im  Jahre  496  v.  Chr.  gelobt  (Dionys.  VI  17)  und  drei 
Jahre  darauf  von  dem  Konsul  Sp.  Cassius  dediziert  worden  (Dionys.  VI  94).  >) 
Er  war  aräostyl  (Vitruv  III  3,  5)  und  in  tuskanischer  Weise  erbaut.  Jedoch 
berichtet  Plinius  a.  a.  0.,  dass  die  griechischen  Künstler  Damophilus  und 
Gorgasus  ihn  mit  plastischen  Bildwerken  und  Malereien  geschmückt  hätten, 
während  vorher  in  Rom  alles  tuskanisch  gewesen  sei.  Im  Jahre  31  v.  Chr. 
brannte  er  ab  (Dio  Cass.  L.  10).  Augustus  begann  den  Wiederanfban, 
doch  wurde  er  erst  im  Jahre  17  n.  Chr.  durch  Tiberius  eingeweiht  (Tac. 
Ann.  II  49).  Der  Tempel  war  als  Amtslokal  der  Aediles  plebis  von  höch- 
ster politischer  Wichtigkeit;  dort  wurden  die  Urkunden  der  Plebs  und  die 
Senatsbeschlüsse  niedergelegt  (Liv.  III  55:  ut  senatua  consuUa  in  aedem 
Cereris  ad  aediles  plebis  deferrentur).  Dass  er  auch  als  religiöser  Mittelpunkt 
der  Plebs  gegolten  hat,  ergibt  sich  daraus,  dass  die  Aedilen  die  von  ihnen 
eingenommenen  Strafgelder  (Dionys.  VI  89;  Liv.  III  55)  dazu  verwendeten, 
den  Tempel  mit  Statuen  und  Weihgeschenken  zu  schmücken  (Liv.  X  23; 
XXVII  6,  36;  XXXm  25).  —  2.  Der  Tempel  des  Merkur.  Er  ist  nach 
Liv.  n  21  (vgl.  27)  im  Jahre  495  v.  Chr.  dediziert  worden  und  lag  auf  dem 
Abhänge  des  Aventins  über  dem  Circus  (Ovid  Fast.  V  669),  nach  Appul. 
Metam.  VI  8  „retro  Murtias  metas".  Vielleicht  ist  er  auf  einer  Münze  des 
Marc.  Aurel,  der  ihn  restaurierte,  abgebildet,  er  war  ein  Rundtempel.')  — 
3.  Der  Tempel  der  Venus,  295  v.  Chr.  geweiht  „prope  circum**  Liv.  X 
31,  vgl.  XXIX  37  und  Fest.  p.  265;  Kalender  zum  19.  August  nebst  CIL  I< 
p.  325.  —  4.  Der  Tempel  des  Summanus  (CIL  I«,  p.  320  unter  20.  Juni), 
der  nach  Ovid  Fast.  VI  731  zur  Zeit  des  Pyrrhus  wiederhergestellt  worden 


^)  HüLSBH,  Diss.  della  poniif.  accademia 
Romana  1896  p.  238,  kommt,  gesfc&lKt  auf 
Liv.  XL  2  und  Appian,  bell.  dv.  I  78 
zu  dem  Schluas,  den  Tempel  ziemlich  weit 
ab  vom  Circus  (vgl.  die  dem  Aufsatz  bei- 
gegebene Planskizze)  den  Aventin  hinanfzu- 
rUcken.  Beide  Stellen  handeln  von  Prodigien, 
bei  denen  die  fVage,  was  möglich,  was  nicht 
möglich  ist,  schwer  beantwortet  werden  kann. 


*)  Vel.  bei  Gilbbbt,  II  p.  243  Anm.  1 
die  Zweifel  an  der  Ueberlieferung  betreffs 
der  Gelobnng  durch  Postumius.  Das  Jahr  der 
Dedikation  ist  das  Jahr  der  seeesaio  i» 
montem  siurum  und  der  Einrichtung  des 
Tribunats. 

')  Ueber  die  fftlschlichen  Angaben,  Reste 
des  Tempels  seien  am  Aventin  gefunden,  vgL 
HüLSBV,  Rom.  Mitt.  1894  p.  96. 


6.  Bie  Stadtteile  »m  Tiber,    a.  Die  Harkte.   (§§  61,  62.)  181 

war.  —  5.  Der  Tempel  der  Juventas  (vgl.  Dionys.  IV  5),  dediziert  durch 
L.  Licinius  LucuUub  193  v.  Chr.  (Liv.  XXXVI  36  in  circo  maximo).  Er 
wurde  durch  Augustus  neu  gebaut  (Mon.  Ancyr.  IV  8)  und  brannte  nach 
Dio  Gassius  LIV  19  im  Jahre  16  v.  Chr.  ab.  Über  seine  Herstellung  ist 
nichts  bekannt,  aber  er  existierte  zu  Plinius'  Zeit  noch.  Die  beiden  Tempel 
des  Summanus  und  der  Juventas  müssen  nach  Plin.  N.  H.  XXIX  57  nahe 
bei  einander  gelegen  haben.  —  6.  Bei  Tac.  Ann.  XV  74  wird  die  Stiftung 
eines  Tempels  der  Salus  für  die  Rettung  Neros  erwähnt.  —  7.  Lediglich 
aus  der  Notitia  ist  bekannt  die  Aedes  Ditis  patris  in  der  XI.  Region; 
es  ist  möglich,  aber  nicht  sicher,  dass  sie  ebenfalls  ad  drcum  maximum 
gelegen  hat.  —  Erhalten  ist  von  allen  diesen  Tempeln  nichts. 

6.  Die  Stadtteile  am  Tiber, 
a.  Die  Märkte. 

61.  Zwischen  dem  Forum,  Palatin,  Circus  Maximus,  Aventin  und 
dem  Südostabhange  des  Eapitols  lag  am  Tiber  ein  Viertel,  dessen  hohe 
Wichtigkeit  und  Unentbehrlichkeit  für  den  gewerblichen  und  Handelsver- 
kehr sich  zu  allen  Zeiten  gleich  geblieben  ist.  Die  unmittelbare  Nähe 
des  Tiber,  die  Lage  zwischen  zwei  sehr  frequenten  Thoren,  der  Carmen- 
talis  und  der  Trigemina,  die  es  zum  natürlichen  Endpunkt  der  vom  Meere 
und  aus  dem  Innern  des  Landes  kommenden  Landstrassen  machte,  sowie 
die  Nähe  des  grossen  Forums  gaben  und  erhielten  ihm  seine  Bedeutung. 
Es  lagen  hier,  umgeben  von  engen,  winkligen  Gassen  zwei  Märkte  neben- 
einander, das  Velabrum  und  das  Forum  boarium,  ein  dritter,  mit  den- 
selben wenn  auch  nicht  topographisch,  so  doch  sachlich  ein  Ganzes  bildend, 
das  Forum  holitorium,  lag  ausserhalb  der  Porta  Carmentalis.  Ausser- 
halb der  Porta  Trigemina  schlössen  sich  zunächst  die  Salinen  an,  dann 
südlich  vom  Aventin  die  grossen  Niederlagen  der  zur  See  ankommenden 
Waren,  die  Horrea. 

62.  Das  Velabrum.  1.  Die  Lage  und  die  Grenze  dieses  Platzes  im 
Osten  ist  durch  die  Angabe  Varros  LL  V  43  bestimmt,  wonach  die  den 
Palatin  im  Norden  und  zum  Teil  im  Westen  umlaufende  Nova  via  (vgl. 
p.  33)  in  das  Velabrum  mündete.  Demnach  reichte  es  bis  an  den  Fuss 
des  Palatins.  Damit  stimmt,  dass  der  Vicus  Tuscus  mit  dem  Velabrum 
zusammen  als  Verbindungsweg  zwischen  dem  Forum  und  dem  Circus  ge- 
nannt wird.  Die  Südgrenze  ist  durch  die  Kirche  S.  Giorgio  in  Velabro 
bestimmt,  die  sicher  noch  auf  dem  Velabrum  gelegen  hat.  Sie  lag  aber 
hart  an  der  Grenze  desselben,  denn  ihre  Südwestecke  ist  an  ein  kleines,  mit 
roh  gearbeiteten  Reliefs  bedecktes  Marmorthor,  den  Argentarierbogen, 
angebaut,  den  nach  der  Inschrift  CIL  VI  1035  die  argentarii  et  negotiantes 
boarii  huius  loci  qui  invehent  dem  Septimius  Severus  und  den  Seinigen  zu 
Ehren  im  Jahre  204  n.  Chr.  errichtet  haben,  der  also  demnach  schon  am 
Forum  boarium  lag  (Abb.  19).  Es  ist  wahrscheinlich,  dass  der  in  unmittelbarer 
Nähe  dieses  Bogens  stehende  sogenannte  Janus  quadrifrons,  ein  durch 
vier  von  einem  Kreuzgewölbe  überdachte  starke  Pfeiler  gebildetes  Bauwerk,') 

>)  Die  nAhere  BeBchreibang  bei  Jobdah,  Top.  I  2  p.  471. 


Ig2  ^*  Topographie  yon  Born. 

das  Eingangsthor  zwischen  Velabrum  und  Forum  boarium  gebildet  hat. 
Der  Bogen  wird  in  der  Überlieferung  des  Altertums  nicht  genannt,  die 
gewöhnliche  Ansicht  ist,  er  sei  mit  dem  in  der  Regionsbeschreibung  in 
der  XI.  Region  genannten  arcus  Constantini  identisch.  Die  Bauart  wider- 
spricht dem  nicht.  Eine  genauere  Bestimmung  der  Grenzen  des  Vela- 
brums  nach  Norden  und  Westen  ist  nicht  möglich. 

Über  die  älteste  Beschaffenheit  des  Ortes  berichtet  die  Überlieferung, 
hier  sei  ein  Sumpf  gewesen.  Nach  Varro  LL.  V  44  soll  auch  der  Name, 
den  er  a  vehendo  ableitet,  damit  zusammenhängen:  Velabrum  a  vehendo. 
Velaturam  facere  etiam  nunc  dicuntur,  qui  id  mercede  faciunt.  Merces  .... 
huic  vecturae,  qui  ratibua  transibant,  quadrans.  Ab  eo  Ludlius  scripsit  qua- 
drantis  ratiti.  Diese  Vorstellung  von  der  ursprünglichen  Beschaffenheit  des 
Platzes  ist  im  Altertum  allgemein.  So  sagt  Propert.  ¥9,5:  qua  Vdabra 
$uo  stagnabant  flumine;  Tibull.  115, 33:  at  qua  Velabri  regio  patet,  ire  solehai 
exiguus  pulsa  per  vada  Unter  aqua;  Ovid  Fast.  VI  405  f.:  qua  Vdabra 
söhnt  in  circum  ducere  pompös,  nil  praeter  salices  cassaque  canna  fuü.  Der 
in  den  beiden  letzten  Stellen  gebrauchte  Plural  Velabra  findet  seine  Er- 
läuterung durch  Varro  LL.  V156:  ab  his  palus  fuit  in  minore  Vdabro,  a 
quo  quod  ibi  vehebantur  lintribus,  Velabrum,  ut  ülud  maius,  de  quo  supra 
dictum  est,  wonach  man  ein  grösseres  und  ein  kleineres  Velabrum  unter- 
schied. Eine  Lokalisierung  der  beiden  Plätze  ist  ebenso  unmöglich,  wie 
die  Erklärung  des  Namens  schwierig.  Unter  Verwerfung  der  Varronischen 
Etymologie  zieht  Jobdan,  Fest.  ep.  77  evelatum  eventüatum,  unde  velabra, 
quibus  frumenta  ventüantur  zur  Erklärung  heran  und  fasst  Velabrum  als 
Schwinge  oder  Mulde,  Nissen,  Tempi,  p.  84  bringt  den  Namen  mit  velües 
zusammen. 

Aus  der  geschichtlichen  Überlieferung  kennen  wir  das  Velabrum  und 
die  in  dasselbe  einmündenden  Strassen  als  ein  reges  Handels-  und  Ge- 
werbsquartier. Es  werden  erwähnt:  ölhändler  (Plaut.  Capt.  489),  Wein- 
händler (CIL  VI  9671),  ein  negotiator  penoris  et  vinorum  (CIL  VI  9993), 
Käsehändler  (Martial  XI  52,  10  und  XIU  22),  überhaupt  geht  die  Feü- 
bietung  sämtlicher  Esswaren  aus  Horaz  Sat.  n  3,  229  hervor:  cum  Velabro 
omne  macellum  mane  domum  veniant  Nach  der  Parabase  des  Plautinischen 
Curculio  findet  man  im  Velabrum  vel  pistorem  vd  lanium  vel  haruspicem. 
Auch  ein  argentarius  de  Velabro  wird  CIL  VI  9184  genannt,  und  CIL  VI 
9259  ein  puer  clavarius.  Macrobius  I  10,  15  nennt  das  Velabrum  den 
locus  celeberrimus  urbis,  was  auf  die  Lebhaftigkeit  des  Verkehrs  sich  be- 
ziehen wird.    Ein  CoUegium  Velabrensium  wird  CIL  VI  467  genannt. 

Zu  den  Strassen,  die  geschäftlich  in  engster  Verbindung  mit  dem 
Velabrum  standen,  gehört  in  erster  Linie  der  Vicus  Tuscus,  der  dieses 
mit  dem  Forum  verband;  die  Gewerbe,  die  in  ihm  ausgeübt  wurden, 
dürften  im  ganzen  dieselben  gewesen  sein,  namentlich  aber  diente  die 
Strasse  auch  unsauberem  Gesindel  zum  Aufenthalt  (vgl.  oben  p.  103).  Da- 
neben finden  wir  im  Vicus  Tuscus,  freilich  auf  der  dem  Forum  zunächst 
liegenden  Strecke,  die  berühmte  Buchhandlung  der  Sosii  (p.  107),  der  Ver^ 
leger  des  Horaz. 

Velabrum  und   Vicus   Tuscus  werden    auch   als    Teile   des   Weges 


6.  Bie  Stadtteile  am  Tiber,    a.  Die  Harkte.    (§  62.) 


183 


genannt,  auf  dem  die  Pompae  vom  Capitolium  zum  Circus  sich  bewegten; 
Ovid  Fast.  VI  405:  qua  Vdabra  söhnt  in  circum  ducere  pompös;  vgl.  Cicero 
in  Verr.  I  59,  154;  Plut.  Romul.  5.  Auch  die  Triumphzüge  nahmen  diesen 
Weg  (vgl.  oben  p.  124  Anm.  4). 

2.  Auf  dem  Yelabrum  befanden  sich  nur  wenige  Heiligtümer.  An  dem 
Punkte,  wo  die  Nova  via  in  dasselbe  einmündete  (Yarro  LL.  VI  24  in 
VdabrOf  qua  in  novam  viam  exitur),  befand  sich  ein  Sacellum  (Yarro  sagt 
sepulcrum)^)  der  Acca  Larentia,  bei  dem  alljährlich  am  23.  Dezember 
die  Larentalia  gefeiert  wurden.  Über  das  Fest,  sowie  über  die  sehr  merk- 
würdige Geschichte  der  Acca  Larentia  vgl.  CIL  I^  p.  338.  Yarro  bezeichnet 
den  Ort  als  extra  urbem  antiquam  ....  non  longe  a  porta  Bomanula  liegend. 
Nicht  weit  davon  lag  nach  Yarro  LL.  Y  164  ein  Sacellum  Yolupiae, 
nach  den  Pränestiner  Fasten  ebenfalls  eine  ara:  portam  Romanulam  .... 
quae  höhet  gradus  in  novo  via  ad  Volupiae  sacellum.  Auf  dem  Altar  der 
Yolupia  stand  eine  Statue  der  Diva  Angerona,  der  alljährlich  am  21.  De- 
zember in  der  sonst  nicht  bekannten^)  Curia  Acculeia  (Yarro  LL.  YI 33) 
die  Divalia  gefeiert  wurden.  Über  die  Angerona  sagt  Plinius  N.  H.  III  65: 
(Bomae)  nomen  alterum  dicere  [nisi^  arcanis  caerimoniarum  nefas  habetur; .... 
non  cUienum  videtur  inserere  hoc  loco  exemplum  religionis  ontiquae  ob  hoc 
maxume  süentium  institutae;  namque  diva  Angerona  ....  ore  obligato  obsigna- 
toque  simulacrum  habet.  Ygl.  Solin.  I  4 — 6,  Macrob.  I  10,  7.  Über  das 
Fest  etc.  vgl.  CIL  P  p.  337  f.  Momksen  deutet  es  a.  a.  0.  auf  das  mit 
dem  kürzesten  Tage  von  neuem  beginnende  Heraufführen  der  Sonne.  ^)  — 
Über  ein  in  der  Oegend  gefundenes  Mithraeum  vgl.  Bull.  com.  1892  p.  226  ff. 

Der  einzige  Tempel  des  Yelabrums  war  die  von  Lucullus  erbaute 
Aedes  Felicitatis  (Strabo  YIII  6,  23).  Yor  derselben  brach  Cäsar,  als 
er  auf  dem  Triumphzuge  des  Jahres  46  v.  Chr.  über  das  Yelabrum  fuhr, 
die  Achse  des  Triumphwagens  (Suet.  Caes.  37;  Dio  Cass.  XLIII  21:  na^' 
avTtp  tf)  tvxaCfff),  Die  Lage  des  Tempels  ist  unbekannt.  Yor  dem  Tempel 
standen  die  Statuen  der  Thespiaden  von  Praxiteles,  von  denen  Cicero  (in 
Yerr.IY2)  sagt:  Mummius  cum  Thespiadas,  quoe  ad  aedem  Felicitatis  sunt.... 
tolUret  etc.  (Plin.  N.  H.  XXXYI  39).  Ygl.  die  Anekdote  über  die  Weihung 
dieser  Statuen  bei  Strabo  a.  a.  0.  Sie  gingen  in  dem  Brande  unter  Claudius 
zu  Gründe  (Plin.  N.  H.  XXXIY  69).  In  demselben  Brande  wurde  auch  eine 
Yenus  des  Praxiteles,  die  ebenfalls  vor  dem  Tempel  der  Felicitas  stand, 
vernichtet. 

Am  Yelabrum,  und  zwar  wohl  hart  am  Palatin,  hat  möglicherweise 
das  in  der  Regionsbeschreibung  YIII.  Reg.  genannte  Atrium  Caci  ge- 
legen. Endlich  stand  auf  diesem  Markte  der  in  der  YIII.  Region^)  er- 
wähnte Brunnen:    aquam  cernentem^)  quatuor  scaros  sub  aede.     Denn  CIL 


*)  Nach  Cicero  ad  Brut.  I  15,  8  war  es 
eine  ara  Lareniiae  , ., .,  cuius  vaa  patUifiees 
ad  aram  in  Velahro  sacrifieium  facere  soletis. 

*)  GiLBBBT,  Top.  I  p.  57  halt  sie  för 
identiiBch  mit  dem  SaceDnm  Yolnpiae. 

')  Ygl.  MoMXSBK,  Römische  Forschmigen 
n  Iff. 


*)  Bie  Grenze  der  YIII.  nnd  XL  Region 
lief  ttber  das  Yelabrom;  dieses  selbst  wird 
in  der  XI.  Region  aufgezählt. 

»)  Vgl.  JoBDAH,  Top.  II  19,  der  statt 
cementem  ferventem  schreiben  will,  und 
HüLSBK,  Rom.  MiU.  1896  p.  228,  der  dafOr 
pendentem  vorschlftgt  und  diese  Aqua  mit 


184 


B.  Topographie  Toa  Rom. 


VI  9671  (vgl.  oben)  wird    ein  negotiaior  pmoris  et  vinorum  de  Velabro  a 
Illlscaris  genannt. 

63.  Das  Forum  boarium.  Orenzen.  Die  Orenze  bildete  nach  Osten 
das  Velabnim,  als  Eingangsthor  ist  hier  der  Janas  Quadrifrons  zu  betrachten. 
Im  Südosten  stiess  es  an  die  lange  Frontmauer  der  Carceres  des  Circus, 
die  duodecim  portae  (vgl.  oben  p.  175),  im  Westen  reichte  es  bis  an 
den  Tiber  (Abb.  19  auf  p.  198).  Daher  Ovid  Fast.  VI  427  f.  sagt: 
pantibus  et  magno  iuncta  est  ceteberritna  drco 
area,  quae  posito  de  bove  nomen  habet. 
unter  den  Brücken  sind  der  Pens  sublicius  und  der  Pens  Aemilins  (p.  69) 
zu  verstehen,  die  in  geringem  Abstände  von  einander  über  den  Tiber  auf 
das  Forum  führten.  Die  Nordgrenze  ist  nicht  genau  zu  bestinunen,  waluv 
scheinlich  wurde  sie  von  der  auf  den  Pons  Aemilius  zu  führenden  Strasse 
gebildet.^)  Zwischen  dieser  und  der  Serviusmauer  lag  ein  vermutlich  sehr 
eng  gebautes  Quartier.  —  Südlich  von  der  Kirche  S.  Maria  in  Gosmedin, 
zwischen  dieser  und  der  Behausung  der  Schwestern  von  S.  Vincenzo  de' 
Paoli  ist  im  Jahre  1896  ein  in  die  Zeit  des  Tiberius  (vgl.  CIL  VI  1267  a) 
gehöriger  Gippus  gefunden  worden,  auf  dem  es  heisst  (CIL  VI  31574): 
curatores  locorum  publicorum  iudicandorum  ex  $.  c.  ex  private  in  publicum 
redigerunt.  Da  hier  das  Forum  nicht  genannt  ist,  so  ist  zweifelhaft,  ob  der 
Fundort  des  Gippus  einen  Punkt  der  Area  desselben  bezeichnet,  dagegen 
ist  ein  Gippus  mit  ähnlich  lautender  Inschrift  aus  der  Zeit  des  Glaudius 
nördlich  von  S.  Maria  in  Gosmedin  sicher  auf  der  Area  des  Forums  gefunden. 
Auf  diesem  (GIL  VI  919)  heisst  es:  censores  loca  a  püis  et  columnis^  quae 
a  privatis  possidebantur,  causa  cognüa  ex  forma  in  publicum  restituerunt.  Der 
erstere  Gippus  liegt  nicht  weit  von  der  Südecke  der  Garceres,  darüber 
hinaus  nach  Süden  wird  das  Forum  sich  schwerlich  ausgedehnt  haben. 
Das  Terrain  südlich  davon  bis  zur  Serviusmauer  (Porta  Trigemina)  war 
dicht  bebaut.  Der  Brand  des  Jahres  213,  über  den  Livius  XXIV  47  be- 
richtet, vernichtete  {solo  aequata)  alles  zwischen  den  ausserhalb  der  Porta 
Trigemina  gelegenen  Salinen  und  der  Porta  Garmentalis  und  wütete 
auch  jenseits  der  Porta  Garmentalis.  Die  Fortpflanzung  des  Brandes  über 
dieses  ganze  Gebiet  wurde  dadm*ch  ermöglicht;  dass  d^s  Forum  Boarium 
gleich  dem  grossen  Forum  rings  von  Tabemen  umgeben  war,  und 
Häuserreihen^)  sich  auch  zwischen  dem  Forum  und  dem  Tiberufer  hin- 
zogen. Das  geht  aus  dem  Berichte  des  Livius  XXXV  40  über  einen 
zweiten  grossen  Brand  vom  Jahre  192  hervor:  incendio  a  foro  Boario  orto 
diem  nodemque  aedificia  in  Tiberim  versa  arsere  tabemaeque  omnes  cum 
magni  pretii  mercibus  conflagraverunt» 


den  Aqnae  pensUes  identifiziert,  die  bei  Bar- 
TOU,  Vestigia  vet.  Romae  dargesteUt  sind, 
reproduziert  bei  Hülsen  a.  a.  0. 

^)  Danach  würde  Ovid  in  den  oben 
zitierten  Versen  die  Diagonale  des  Platzes 
(von  NW  nach  SO)  beschreiben. 

')In  den  das  Forum  umgebenden  Hftusem 
werden  sich  Ausspannungen,  Tabemen,  Nieder- 


lagen, Schankwirtschaften  etc.  befunden  haben. 
Von  der  Höhe  den  HäuBer  schon  im  8.  Jahih. 
y.  Chr.  zeugt  das  Prodigium  bei  Liv.  XXI  62« 
dass  hier  ein  Ochse  bis  ins  dritte  Stockwerk 
gestiegen  sei,  und  wild  gemacht  durch  das 
Greschrei  der  Einwohner,  sich  von  dort  hinab- 
gestürzt habe. 


6.  Die  Stadtteile  am  Tiber,    a.  Die  Ifärkte.    ($§  68,  64.)  185 

64.  Beste  des  Forum  boarinm.  Von  den  in  der  Umgebung  und  auf 
der  Area  des  Forums  einst  befindlichen  Gebäuden  sind  noch  jetzt  zwei  Tempel- 
ruinen erhalten:  1.  Nicht  weit  vom  Tiber  an  der  Stelle,  wo  der  Pens  sublicius 
gewesen  sein  muss,  ein  Rundtempel  von  weissem  Marmor  (jetzt  Sta.  Maria 
de!  Sole).  Auf  einer  runden,  rings  von  Stufen  umgebenen  Basis  von  16,70  m 
Durchmesser  erhebt  sich  eine  Gella  von  10  m  Durchmesser  mit  hoher  Eingangs- 
thür  und  Fenstern  zu  beiden  Seiten  derselben,  am  Rande  der  Substruktion 
eine  Säulenportikus.  Der  Tempel,  der  in  seiner  letzten  Gestaltung  etwa 
aus  dem  2.  Jahrh.  n.  Chr.  stammen  mag,  ist  ziemlich  gut  erhalten,  es 
fehlt  das  Dach  und  eine  von  den  zwanzig  korinthischen  Säulen.  —  2.  Etwas 
nördlich  davon  liegt,  mit  der  Front  nach  der  auf  den  Pens  Aemilius  zu 
führenden  Strasse  gerichtet,  ein  kleiner  viersäuliger  Pseudoperipteros,  aus 
TufFquadern  errichtet  und  ehemals  mit  Stuck  überzogen,  also  wahrschein- 
lich ein  Bau  noch  aus  republikanischer  Zeit;  die  Länge  beträgt  20,  die 
Breite  12  m.  Die  darin  jetzt  befindliche  Kirche  heisst  Sta.  Maria  Egiziaca. 
Eine  Benennung  der  beiden  Tempel  ist  nur  durch  Kombination  möglich. 

Auch  von  andern  Gebäuden  sind  bei  der  Regulierung  des  Tiberufers 
Reste  zum  Vorschein  gekommen.  Die  Notizie  d.  scavi  1885  p.  527  berichten 
darüber,  dass  in  südöstlicher  Richtung  von  dem  oben  beschriebenen  Rund-- 
tempel,  also  sicher  auf  der  Area  des  Forums,  die  Reste  eines  uralten 
Baues  gefunden  worden  sind,  Tuffquadern,  die  einem  Paviment  von  Peperin- 
quadem  als  Fundament  dienen,  das  Ganze  etwa  2,20  m  unter  dem  heutigen 
Niveau.  Weitere  Reste  von  Quaderbauten  zeigten  sich,  als  man  zum  Zweck 
der  Anlage  der  Ufermauer  und  einer  neuen  Brücke  an  Stelle  des  abge- 
brochenen Ponte  rotte  1888  die  Gewölbe  des  Ausflusses  der  Cloaca 
maxima  freigelegt  hatte,  ebenfalls  in  bedeutender  Tiefe  unter  dem 
heutigen  Niveau.  Die  Bestimmung  dieser  Reste  ist  nicht  möglich.  ^  Er-* 
heblich  waren  namentlich  die  Entdeckungen,  die  man  bei  den  zu  gleichem 
Zwecke  vorgenommenen  Ausgrabungen  im  Jahre  1892  machte  (Bull.  com. 
1892  p.  261).  Wenige  Meter  von  der  Südseite  von  S.  Maria  in  Cosmedin, 
am  Kreuzungspunkt  der  Via  della  Greca  und  der  Via  della  Salara  wurde 
die  Kloake  entdeckt,  die  das  Gircusthal  und  das  Colosseum  entwässert 
(BuD.  com.  1892  Taf.  XV  1).  Auf  der  kurzen  Strecke  bis  zum  Tiber,  in 
den  sie  etwa  50  m  unterhalb  der  Cloaca  maxima  mündet,  nimmt  sie  zwei 
Zuflüsse  auf,  kleinere  Kloaken,  die  nach  Lanciani's  Ansicht  (Bull.  com.  1892 
p.  282)  zur  Entwässerung  der  ,zona  stradale  ad  duodecim  portas*  und  des 
Glivus  Publicius  dienten.  Alle  drei  Kloaken  sind  aus  ältester  Zeit,  sie  sind 
aus  Tuffquadem  aufgeführt  und  wahrscheinlich  älter  als  der  Brand  des 
Jahres  213  v.  Chr.  Zwischen  den  beiden  Zuflüssen  kamen  die  ebenfalls 
uralten  Quaderfundamente  eines  (unbestimmbaren)  rechtwinkligen  Gebäudes 
zum  Vorschein.  In  der  über  diesen  ältesten  Resten  gelegenen  Schicht  fand 
man  Reste  von  Häusern  und  Strassen  mit  einer  veränderten  Orientierung, 
die  möglicherweise  nach  einem  der  das  Forum  verheerenden  Brände  an- 
genommen worden  ist. 


^)  Vgl.  0.  RioBTKB,  Cloaca  maxima  in  Rom,  in  den  antiken  Denkm&lern  1889  p.  27 

fig.  m. 


186  B.  Topographie  yon  Rom. 

Von  grosser  Wichtigkeit  für  die  Kenntnis  der  Reste  des  Forum 
boarium  war  die  Untersuchung,  der  0.  B.  Oiovenale  die  Basilika  von 
S.  Maria  in  Gosmedin  unterworfen  hat.  (Annuario  dell'  associazione  artistica 
fra  i  cultori  di  architettura  V  1895).  Dabei  hat  sich  herausgestellt,  dass 
im  Gegensatz  zu  der  gewöhnlichen  Ansicht,  dass  die  Kirche  auf  den  Besten 
eines  antiken  Tempels  sich  erhebe,  zwei  ganz  verschiedene  Oebäude  darin 
eingebaut  sind,  ein  älterer  Tempel  aus  grossen  TuffblOcken  und  eine  westlich 
davon  sich  erhebende  Porticus  aus  später  Kaiserzeit.  Die  ursprüngliche 
Kirche  war  in  diese  Porticus  eingebaut,  erst  im  8.  Jahrhundert  vergrOsserte 
Papst  Hadrian  I  sie  nach  Niederreissung  des  gänzlich  verfallenen  und  den 
Einsturz  drohenden  Tempels.  Von  der  Porticus  stammen  die  in  die  Yorder- 
und  die  Seitenwände  eingebauten  Säulen.  Sie  sind  von  roher  Arbeit,  so 
dass  sie  frühestens  in  das  4.  Jahrb.  n.  Chr.  zu  setzen  sind.  Auffallend  ist, 
dass  sie  nicht  auf  dem  antiken  Niveau,  sondern  etwa  2  m  höher  auf 
dem  Niveau  der  in  ihrer  letzten  Gestaltung  aus  dem  12.  Jahrhundert 
stammenden  Kirche  stehen.  Giovenale  rekonstruiert  aus  diesen  Überresten 
eine  von  drei  Seiten  von  Säulen  umgebene  und  an  der  Hinterseite  von 
einer  Ziegelmauer  geschlossene  Halle,  deren  Front  30  m,  deren  Seiten  15  m 
messen,  und  hält  es  für  möglich,  dass  die  Säulen  nicht  direkt  auf  dem 
Paviment  der  Halle  aufsetzten,  sondern  auf  einer  mindestens  2  m  hohen 
Umfassungsmauer.  Mit  Recht  hebt  Hülsen  0  hervor,  dass  die  Schwierig- 
keit, einen  so  bedeutenden  und  von  so  schwachen  Stützen,  wie  die 
Säulen  sind,  umfriedigten  Raum  zu  überdachen,  ohne  dass  auch  im  Innern 
Stützen  waren,  nicht  gering  ist.  Wozu  dies  in  seiner  Struktur  immerhin 
merkwürdige  Gebäude  gedient  hat,  ist  schwer  zu  sagen.  Giovenale  hält 
a.  a.  0.  es  für  zugehörig  zu  der  hier  befindlichen  Statio  annonae.  G.  B. 
DE  Rossi  hat  in  den  Ann.  d.  Ist.  1885  p.  223  (vgl.  Bull.  com.  1889  p.  358  ff.) 
nachgewiesen,  dass  diese  ganze  Gegend  unter  dem  Aventin  von  Gebäuden 
eingenommen  war,  die  den  Zwecken  der  annona  urMs  dienten,  und  dass 
in  dem  später  schola  Grraeca  genannten  Ort  sich  die  statio  annonae 
mit  ihren  Verwaltungsgebäuden  befand.  Nun  ist  gerade  vor  S.  Maria 
in  Gosmedin  eine  dem  Konstantin  von  einem  Praefectus  annonae  ge- 
widmete Basis  gefunden  worden  (CIL  VI  1151),  so  dass  Giovenales 
Deutung  dieser  Porticus  sehr  wahrscheinlich  ist.  Über  hier  liegende 
Horrea  p.  198. 

65.  Das  Forum  boarium  ist  der  ursprünglich  vor  der  Stadt  liegende 
Rindermarkt,  als  dessen  Wahrzeichen  seit  dem  3.  Jahrb.  v.  Chr.  der  bronzene 
Stier  galt,  der  nach  Plin.  N.  H.  XXXIV  10  aus  Aegina  stammte.  Durch  die 
Servianische  Befestigung  wurde  es  gleich  dem  öffentlichen  Spielplatze  in  die 
Stadt  hineingezogen,  gleich  diesem  (und  dem  Aventin)  blieb  es  aber  bis 
auf  Claudius  ausserhalb  des  Pomeriums,  so  dass  es  möglich  war,  hier  auf 
Anraten  der  Sibyllinischen  Bücher  mehrere  Male  Menschenopfer  in  der 
Gestalt  zu  bringen,  dass  ein  Gallier  und  eine  Gallierin,  ein  Grieche  und 
eine  Griechin  lebendig  begraben  wurden,  z.  B.  nach  der  Schlacht  bei  Cannae 
(Liv.  XXII  57).    Dies  geschah  noch  im  1.  Jahrb.  n.  Chr.  (Plin.  N.  H.  XXVIH 


»)  a.  a.  0.  p.  235. 


6.  Di«  BtadtteU«  am  Tiber,    a.  Di«  Märkte.    (§§  65,  66.)  187 

12).  Erst  das  Hineinziehen  des  Forums  in  das  Pomeritun  scheint  diesen 
Opfern,  wenigstens  an  dieser  Stelle,  ein  Ende  gemacht  zu  haben.  —  ,Ad 
cluacam  maximam,  ubi  non  licet  despuere*  (Varro  L.  L.  V  157),  also  in 
der  Nähe  der  mitten  über  das  Forum  gehenden  Cloaca  maxima  be- 
fanden sich  auch  die  Doliola:  eorum  duae  tradUae  historiae,  quod  alii 
inesse  aiunt  ossa  eadaverum,  alii  Numae  Pompüii  religiosa  quaedam  post 
mortem  eins  infossa.  Nach  Festus  epit.  p.  69  (vgl.  Livius  V  40)  sollten 
beim  Einbruch  der  Gallier  hier  die  sacra  der  Stadt  vergraben  sein.  Neuere 
Funde  haben  indessen  gelehrt,  dass  es  wohl  einer  der  Orte  war,  an  denen 
man  unterirdischen  Göttern  Weihgeschenke  in  Thongefössen  zu  vergraben 
pflegte.^  —  Ob  dagegen  die  bei  Varro  a.  a.  0.  genannten  Busta  Gallica 
(locus  ad  busta  GaUica  quod  Borna  recuperata  GaUorum  ossa  qui  possederunt 
urbem  ibi  coacervata  ac  consepta)  hier  zu  suchen  sind,  ist  fraglich.  Nach 
Livius  XXTT  14  (vgl.  V  40)  lagen  sie  media  in  urbe.^) 

Auf  das  Forum  Boarium  gelangte  man  vom  grossen  Forum  her  ver- 
mittelst des  Vicus  lugarius  (p.  49)  und  des  Vicus  Tuscus  (p.  182),  vom  Palatin 
vermittelst  des  Glivus  V ictoriae  (p.  1S6)  und  der  Nova  via  über  dasVelabrum; 
vom  Gircusthale  her  kam  die  Strasse,  welche  die  direkte  Verbindung  mit 
der  Porta  Gapena  (und  Porta  Appia)  bildete,  vom  Aventin  der  Glivus 
Publicius,  bei  der  Porta  Trigemina  und  der  Porta  Garmentalis  mündeten 
die  von  Ostia  und  über  das  Marsfeld  kommenden  Landstrassen,  am  Tiber- 
ufer endlich  die  vom  jenseitigen  Ufer  über  die  Brücken  führenden  Strassen. 
Demnach  muss  der  Zusammenfluss  von  Menschen,  sowohl  solcher,  die  hier 
Handel  trieben,  als  auch  solcher,  die  es  nur  zu  passieren  hatten,  femer 
die  Ansammlung  von  Vieh  und  Fuhrwerk  zu  allen  Tagesstunden  ganz 
ausserordentlich  gewesen  sein.  Bezeichnend  dafür  ist,  dass  der  Pens 
sublicius  vor  anderen  Orten  der  Stadt  als  Standquartier  der  Bettler  ge- 
nannt wird  (Seneca,  de  vita  beata  25).  Übrigens  wurden  hier  auch  die 
ersten  Gladiatorenspiele  gegeben.  Val.  Max.  11  4,  7 :  gladiatorium  munus 
primum  Romae  datum  est  in  foro  boario  App,  Claudio  Q.  Fulvio  consulibus, 

66.  Heiligtümer  des  Forum  boarium.  1.  Als  ältestes  Heiligtum  galt 
die  Ära  maxima.  Der  Sage  nach  war  sie  von  Hercules  (Ovid  Fast.  I  581) 
oder  von  Evander  dem  Herkules  zu  Ehren  gestiftet  (Tac.  Ann.  XV  41)  und 
bildete  die  Südwestecke  des  Palatinischen  Pomeriums  (vgl.  p.  33).  Neben 
der  Ära  stand  das  oben  erwähnte  aereum  tauri  simulacrum  (Tac.  Ann. 
XII  24)  aus  Aegina.  Der  Dienst  an  diesem  Altare  sollte  der  Sage  nach 
von  Herkules  selbst  den  Potitiem  (GIL  VI  313)  übertragen  sein,  später 
brachte  der  Praetor  urbanus  das  Opfer:  Varro  L.  L.  VI  54  quod  praetor 
urbis  quotannis  facit,  quom  Herculi  immolat  publice  iuvencam.  Aus  den 
Inschriften  GIL  VI  312—319  ergibt  sich,  dass  diese  Opfer  bis  in  das 
4.  Jahrh.  n.  Ghr.  bestanden  haben. ^) 


»)  Vgl.  BnU.  d.  Inst.  1879  p.  76  ff. 
^)  Vgl.  Bbokbr,  Topographie  p.  485. 
')  Fftr  die  an  der  Ära  Maxima  zu  brin- 


den  Zehnten  von  den  jenem  abgenommenen 
Rindem.  In  gleicher  Weise  brachten  in 
ältester  Zeit,  wo  die  Eriegabeute  im  wesent- 


genden  Opfer  ist  das  erste  hier  von  Her-  ,  liehen  aus  Vieh  bestand»  die  siegreichen 
kules  selbst  dargebrachte  vorbildlich.  Nach  \  Feldherren  hier  den  Zehnten  derselben  dem 
der  Erlegung  des  Unholdes  Gacus  opfert  er  ;  Hercules  Victor  dar  und  bewirteten  das  Volk 


i88 


B.  Toppgraphie  yon  Ron». 


2.  Unmittelbar  neben  der  Ära  maxima  stand  der  Bundtempel  des 
Hercules  Invictus  (Kai.  12.  Aug.  CIL  P  p.  324)  oder  (selten)  Victor, 
meist  in  foro  boario,  aber  auch  ad  circum  maocimum,  wie  z.  B.  in  den 
Fasten,  bezeichnet.  Nach  Tac.  Ann.  XV  41  war  er  gleichzeitig  mit  der 
Ära  gestiftet  (Solin.  1 10).  Die  älteste  Erwähnung  der  asdes  rotunda  findet 
sich  bei  LiviusX23.^)  Aemilius  Paulus,  der  Sieger  von  Pydna  (168  v« 
Chr.),  stellte  ihn  wieder  her;  auf  seine  Veranlassung  malte  ihn  der  Dichter 
Pacuvius  aus  (Plin.  N.  H.  XXXV  19),  daher  der  Tempel  auch  Aedes 
Herculis  Aemiliana  genannt  wurde.')  Im  Neronischen  Brande  ging 
er  in  Flammen  auf.  In  oder  bei  dem  Tempel  stand  eine  uralte 
Bildsäule  des  Herkules  „qui  triumphalis  vocatur  atque  per  triumphos 
vestüur  habitu  triumphali**  (Plin.  N.  H.  XXXIV  33),  denn  an  dem  Tempel 
kamen  die  Triumphzüge  vorbei.  Sie  sollte  von  Evander  geweiht  sein. 
Das  Fundament  und  zahlreiche  Beste  dieses  Tempels  sind  unter  Sixtus  IV 
(1471  —  1484)  in  der  Nähe  der  Kirche  Sta.  Maria  in  Cosmedin  gefunden 
worden,  darunter  der  jetzt  im  kapitolinischen  Museum  befindliche  Herkules 
von  Goldbronze  aus  der  Zeit  des  Commodus  und  eine  Anzahl  von  Dedi- 
kationsinschriften  an  den  Hercules  Invictus  (CIL  VI  312—319).  Der 
Tempel  wird  auch  bei  Festus  p.  242  und  bei  Plinius  N.  H.  X  79  (Solin.  I  10) 
erwähnt. 

Die  Bestimmung  der  Lage  der  beiden  Herkules-Heiligtümer  ist  der 
Eardinalpunkt  der  Topographie  des  Forum  boarium.  Nach  de  Rossi,  in 
seiner  berühmten  Abhandlung  über  die  Ära  maxima,  Mon.  d.  Inst.  1854, 
p.  28  ff.  lag  der  Bundtempel  des  Jupiter  Invictus  hinter  der  Kirche  S.  Maria 
in  Cosmedin.  Diese  Meinung  gründet  sich  namentlich  auf  die  Worte  des 
Pomponius  Laetus,^)  bei  dem  es  heisst:  post  muros  scholae  Graecae 
statim  non  longe  fuU  templum  Herculis  in  foro  boario  rotundum  cum  muUis 
antiquitatum  vestigiis,  et  dirutum  tempore  Xisti  IV,  Non  longe  ab  hoc  templo 
versus  Äventinum  montem  fuit  aUerum  templum,  appeUatum  Ära  maxima; 
super  haec  templa  orientem  versus  Circus  est  maximus.  Mit  dieser  Angabe 
stimmt  die  F.  Albebtinis  (f.  33  ed.  1523):  templum  Herculis  Victoris  in 
foro  boario  erat  rotundum,  in  quo  loco  repeHum  fuit  simulacrum  Herculis 


(AÜien.  V  65;  ly  38).  Diese  Siegesschmäuse 
hörten  auf,  als  die  JEriege  grössere  Ans- 
dehnung  annahmen,  doch  blieb  die  Sitte, 
dass  die  ans  dem  Kriege  znrfickkehrenden 
Soldaten  dem  Gotte  ein  Geschenk  darbrachten. 
Dagegen  ging  der  Gebrauch,  dem  Gotte  den 
Zehnten  des  Gewinnes  oder  des  Besitzes  dar- 
zubringen, auf  Privatleute,  namentlich  auf 
Handeltreibende  über.  Die  Sitte,  den  Zehnten 
aus  der  Beute  zu  opfern,  lebte  vorObergehend 
durch  L.  Mummius  wieder  auf.  Vgl.  de  Rossi, 
Ann.  d.  Inst.  1854,  p.  28  ff.  und  Mokusen  im 
CIL  I  149  ff. 

^)  Nicht  hierher  zu  beziehen  ist  Macr. 
Sat.  ÜI,  6,  11:  Marcus  Odaviue  Herrenus 
(ygl.  ib.  in  12,  7)  prima  adulescentia  tibicen 
postquam  arti  suae  diffisus  est,  instituit 
mercaiuratn,  et  bene  re  gesta  deeimam 
Herctdi  profanamt,  Fostea  cum  tumgans 
hoc    idem    ageret,    a   praedonibus  circum- 


vtntus  fortissime  repugnavk  et  vietor  reoes- 
Sit.  Hunc  in  somnis  HercuUs  docuÜ  sua 
opera  servatum,  Cui  Octapitts  impetrato 
a  magistratibus  loco  aedem  sacratfit  et 
Signum,  Vietoremque  incisis  liUeris  ap- 
peUavit.  Da  Herrenus  nach  Macr.  a.  a.  O. 
de  sacris  Saliaribus  Tiburtium  geschrieben 
hat,  worin  auch  von  den  Salii  Herculi  in- 
stüuti  die  Rede  ist,  scheint  sich  die  Enfih- 
lung  auf  Tibur  zu  beziehen  (CIL  XIV,  367), 

')  Die  Aemiliana  aedes  Herculis  stellte 
Scaliger  aus  den  verdorbenen  Worten  des 
FestuB  p.  242  ubi  famüiana  aedisset  HercuUs 
durch  Konjektur  her.  Vgl.  ElCgmakv,  Arch. 
Zeit.  1877  p.  85.    Rosoher,  Lex.  p.  2909. 

*)  De  Bossi,  Note  di  topografia  Romana 
raccolte  dalla  bocca  di  Pomponio  Leto,  in  den 
Studi  e  documenti  di  stoiia  e  dixitto  1882 
p.  495  ff. 


6.  DU  BtadtUiU  an  Tib«r.    a.  Di«  M&rkU.    (§  66.) 


189 


deauraium  tempore  Sixti  IV  post  ecclesiam  S,  Mariae  in  Cosmedin^  ut 
apparet  in  epüaphiis,  non  hnge  a  quo  erat  ara  maxima.  —  So  bestimmt 
cUese  Angaben  lauten,  so  ist  das  post  muros  scholae  Qrciecae  und  post  eo 
desiam  wohl  kaum  so  aufzufassen,  dass  wir  den  Tempel  zwischen  der 
Kirche  und  den  Garceres  des  Gircus  zu  suchen  haben,  zumal  bei  Pomponius 
Laetus,  worauf  Hülsen  ^)  mit  Recht  aufmerksam  macht,  die  Beschreibung 
von  Süden  nach  Norden  fortschreitet,  die  Worte  statim  post  m.  s.  O.  sich 
also  auf  die  Nordseite  der  Kirche  beziehen.  Dagegen  kann  man  aus  der 
Beschreibung  ziemlich  sicher  schliessen,  dass  beide  Heiligtümer,  Tempel 
und  Ara,  vor  der  Front  des  Gircus  gestanden  haben,  ersterer  mehr  nörd- 
lich, letztere  südlich  ,versus  Aventinum  montem^  wohl  in  gleicher  Linie 
mit  dem  in  die  Hinterseite  von  S.  Maria  in  Gosmedin  eingebauten  Tempel, 
und  nicht  weit  von  der  Front  der  Garceres  und  den  Eingängen  zum  Gircus. 
Das  ergibt  sich  auch  aus  den  übrigen  Beschreibungen  der  Lage  des  Tem- 
pels, wie  von  B.  Peruzzi,  nach  dem  die  Reste  des  Tempels  gefunden  wurden 
avanti  al  circomassimo  in  capo  cd  burdeletto  al  foro  boario^)  und  von 
A.  FuLVros,  der  sagt:  in  foro  Boario  adhuc  exstat  quota  pars  rotunditcUis 
inter  proxima  nunc  postribula^)  iuxta  Circum  maximum.  Dieselbe  Auf- 
fassung von  der  Lage  dieser  Heiligtümer  findet  sich  auch  bei  Gittadini 
(vgl.  GIL  VI  2215),  der  zu  der  Inschrift  des  Aedituus  P.  Vettius  Philologus 
anmerkt:  in  basi  lapidis  Tiburtini  effossa  a.  1590  in  Foro  Boario  inter  aedem 
rotundam  et  aedem  8.  Mariae  scholae  Chraecae,  ubi  erat  ara  maxima 
Herculis  victoris  (vgl.  Abb.  19).  Übrigens  heisst  der  Tempel  im  Kalender 
(GIL  I'  p.  217  und  325)  Hercules  invictus  ad  circum  maximum. 

3.  Aus  der  Lage  der  beiden  Herkules-Heiligtümer  vor  der  Front 
des  Gircus  dürfte  sich  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  ergeben,  dass  auch 
der  dritte  hier  gelegene,  in  die  Kirche  S.  Maria  in  Gosmedin  verbaute 
Tempel  ein  Herkules-Heiligtum  gewesen  ist,  die  Aedes  Herculis  Pom- 
peiani;^)  in  den  beiden  Stellen,  wo  sie  erwähnt  wird,  bei  Vitruv  IH  2,  5 
und  bei  Plinius  XXXIV  57  wird  sie  als  ad  circum  maximum  gelegen  be- 
zeichnet. Der  noch  vorhandene  Rest  von  Quadern  spricht  für  republika- 
nischen Ursprung.  Vitruv  a.  a.  0.  beschreibt  die  Gestalt  des  Tempels  und 
Plinius  a.  a.  0.  erwähnt  unter  Myrons  Werken  eine  Herkulesstatue  in  dem 
Tempel. 

Die  drei  Herkules-Heiligtümer  standen  also  an  dem  Südostrande  des 
Forum  Boarium  nebeneinander  vor  dem  Gircus  Maximus,  überragt  von  der 
hohen  Mauer  der  Garceres.  Ein  viertes  Herkules-Heiligtum,  um  dies  hier 
gleich  anzuschliessen,  stand  südlich  vom  Forum  boarium  bei  der  Porta 
Trigemina,  erwähnt  in  den  Fasten  zum  13.  August:  Herculi  invido  ad 
portam  Trigeminam  (GIL  I«  p.  217  und  325).    Macrob.  HI  6,  10:  Varro  Divi- 


«j. 


Dissert.  della  poniif.  accademia  1896 


*)  Ligorio  gibt  die  Entfenrang  des  Tem- 
pels von  dem  ^gange  des  Circas  Maximus 
auf  20  Fnss  an.  Vgl.  Hülssk  a.  a.  0.  p.  243 
Anm.  1  und  Lanoiahi,  Bull.  com.  1882  p.  81 


*)  Prostibula  mttssen  nach  Flavio  Biondo, 
Roma  instaur.  II  58  damals  Qber  die  Gegend 
zwischen  Eapitol,  Tiber  nnd  Aventin  ver- 
breitet gewesen  sein. 

*)  Als  Yermatong  bat  dies  schon  Gilbert 
ni  p.  434  ansgesprodien. 


190 


B.  Topographie  von  Born. 


narum  libro  quarto  victorem  HerctUem  putat  dictum,  quod  omne  genus  ani- 
malium  vicerit.  Romae  autem  Victoris  Herculis  aedes  duae  sunt,  una  cid 
portam  THgeminamy  altera  in  foro  boario  (dieselbe  Stelle  aus  Varro  citiert 
Serv.  Aen.  VIH  363).   Über  die  genauere  Lage  des  Tempels  steht  nichts  fest. 

4.  Bei  der  Aedes  rotunda  Herculis  Invicti  befand  sich  das  Sacellum 
Pudicitiae  Patriciae  (Liv.  X  28  und  Pest.  p.  242).i)  Über  das  S.  P. 
Plebeiae  im  Vicus  longus  siehe  den  Quirinal. 

5.  Auf  der  Nordseite  des  Forum  boarium  standen  nebeneinander  die 
beiden  Tempel  der  Fortuna  und  der  Mater  Matuta.  Ihre  Zusammen- 
gehörigkeit zeigt  sich  in  dem  gemeinschaftlichen  Ursprung:  beide  sollen 
vom  Könige  Servius  gegründet  sein  (Dionys.  IV  27;  Ovid  Fast.  VI  481);  der 
letztere  soll  durch  Gamillus  umgebaut  sein;  auch  der  Dedikationstag  (der 
11.  Juni)  ist  beiden  gemein.  Über  das  von  zwei  Togen  verhüllte  Bild  im 
Tempel  der  Fortuna,  von  dem  man  schwankte,  ob  es  Fortuna  oder  den 
König  Servius  TuUius  darstellte,  vgl.  Plin.  VIII 194  und  die  unten  Anm.  1 
angeführte  Schrift  von  Wissowa.  Die  Feuersbrunst  vom  Jahre  213  v.  Chr.  ver- 
nichtete beide  Tempel  und  den  der  Spes  am  Forum  holitorium  (Liv.  XXIV 
47 ;  XXV  7).  Ihre  Herstellung  im  folgenden  Jahre  berichtet  Livius  XXV  7. 
Im  Jahre  196  v.  Chr.  wurden  vor  den  beiden  Tempeln  zwei  Bogen  (fomices 
Liv.  XXXm  27)  mit  vergoldeten  Bildsäulen  errichtet.  Da  dieselben  nicht 
ohne  weiteres  vor  die  Tempel  gesetzt  sein  werden,  so  darf  man  wohl  an- 
nehmen, dass  diese  entweder  jeder  für  sich  auf  einer  rings  umschlossenen 
Area  standen  oder  beide  auf  einer  gemeinschaftlichen,  und  dass  auf  diese  die 
Bogen  führten.  Wahrscheinlich  ist  der  eine  von  diesen  beiden  Tempeln 
in  dem  oben  (p.  185)  beschriebenen  Pseudoperipteros  (S.  Maria  Egiziaca) 
erhalten;  den  andern  hätten  wir  uns  in  gleicher  Weise  ergänzt  zu  denken. 
Die  Tempel  würden  danach  mit  der  Front  nicht  nach  dem  Forum,  sondern 
nach  der  das  Forum  im  Norden  begrenzenden,  auf  den  Pens  Aemilius  zu- 
führenden Strasse  zu  gelegen  haben.  Die  als  Eingangsthor  zu  der  Area 
dienenden  fomices  wären  also  auch  an  dieser  Strasse  zu  suchen.  Über 
derselben  Strasse  stand  dicht  beim  Pens  Aemilius  ein  Ehrenbogen,  dessen 
von  SiGNOBiLi  erhaltene  Inschrift  (CIL  VI  878)  auf  eine  Wiederherstellung 
der  Brücke  durch  Augustus  geht.  Der  Bogen  wird  vom  Anonymus  Maglia- 
becchianus  erwähnt  bei  de  Rossi,  Le  prime  raccolte  p.  57:  arcus  trium- 
phalis  marmoreus  in  platea  pontis  sanctae  Mariae,  quipons  senatorutn  vocatur: 
fuit  factus  cuidam  Äugusto  pontifici  maximo  ex  senatus  consuUo  propter 
multa  quae  ipse  restauraverat  in  urbe  et  ponte  senatorum  anteposito,  ut  me- 
moria eins  adhuc  appareat  in  epitaphio, 

6.  Nicht  weit  vom  Pens  Aemilius  stand  der  Tempel  des  Portunus, 
{Portuno  ad'  pontem  Aemilium.  Kai.  zum  17.  Aug.).  Varro  LL.  VI  19: 
PortuncUia  dicta  a  Portuno,  quoi  eo  die  aedes  in  portu  Tiberino  facta  et 
feriae  institutae.    Nissen,  Templum  221  glaubt  diesen  Tempel  aus  Gründen 


^)  Wissowa,  Aoalecta  Romana  topo- 
^raphica  1897,  p.  5  ff ,  Iftngnet  die  Existens 
eines  solchen  SaceUum  und  will  das  aos- 
drttcklich  als  neben  der  Aedes  rotunda  oder  der 
Aedes  Aemiliana  befindlich  bezeichnete  Signum 
Pudicitiae  mit  dem  Simulacrum  Fortunae  im 


Tempel  der  Fortuna  an  der  andern  Seite  des 
Forum  Boarium  identifizieren.  Die  Beweis- 
fOhrnng  ist  nicht  ttberzeugend.  Vgl.  die  ein 
selbständiges  SaceUum  voraussetzende  Er- 
zählung Liv.  X  23. 


6.  Di«  SUditeU«  am  Tlb«r.    a.  DU  Märkte.    (§  67.) 


191 


der  Orientierung  mit  Sta.  Maria  Egiziaca  identifizieren  zu  mOssen;  Hülsen 
schlftgt  vor,  den  Bundtempel  von  S.  Maria  del  Sole  dafür  in  Anspruch  zu 
nehmen.  Sicheres  lässt  sich  darüber  nicht  sagen.  Ein  Portunium  wird 
auch  erwähnt  bei  Fronte  I  6,  14:  coranae  alia  dignitate  sunt  in  Portunio 
cum  a  coranariis  veniunt,  alia  cum  a  sacerdotibus  in  templo  porriguntur,  hier 
müssen  also  Blumenhändler  ihre  Stände  gehabt  haben.  Ebendaselbst, 
am  Tiber,  befand  sich  ein  Fischmarkt,  nach  Varro  LL.  V  146:  secundum 
Tiberim  ad  lunium  Forum  piscarium  vocant  Jordan,  Top.  II  p.  257  schlägt 
vor,  für  das  sicher  verdorbene  Junium  Portunium  zu  lesen,  was  viel  für 
sich  hat.  —  Der  Fischfang  war  an  diesem  Teile  der  Uferstrecke  jedenfalls 
lebhaft,  die  lupi,  die  Meerbarben,  welche  flussaufwärts  gekommen  und 
inter  duos  pontesj  d.  h.  zwischen  dem  Sublicius  und  dem  Aemilius  ^)  gefangen 
waren,  wurden  von  Feinschmeckern  höher  als  die  am  Ausfluss  des  Tibers 
ins  Meer  gefangenen  geschätzt  (Hör.  sat.  H  2,  31  ff.;  Macrob.  H  12).  —  Es 
ist  übrigens  bemerkenswert,  dass  von  allen  diesen  auf  dem  Forum 
boarium  befindlichen  Heiligtümern  in  der  Regionsbeschreibung  kein 
einziges  genannt  wird,  auch  das  Forum  selbst  nicht,  während  das  Velabrum 
erwähnt  wird.*) 

67.  Umgebung  des  Forum  boarium.  Im  Jahre  1895  ist  auf  dem  Forum 
boarium,  in  der  Nähe  von  S.  Maria  del  Sole  das  Fragment  einer  Marmor- 
basis mit  der  Inschrift  . .  o  .  olivarius  .  opus  .  Scopae  .  minoris  gefunden 
worden  (Not.  d.  scavi  1895  p.  459),  also  unzweifelhaft  zugehörig  zu  dem  in 
der  Beschreibung  der  XL  Region  (Cur.  und  Not.)  aufgeführten  Hercules  Oliva- 
rius,^)  der,  wie  Becker,  Top. p.  493  richtig  erkannte,  seinen  Namen  davon  hatte, 
dass  er  an  einem  Orte  stand,  an  dem  Ol  verkauft  wurde.  Da  indessen  die 
Inschrift  in  eine  moderne  Mauer  verbaut  war,  so  ist  sie  sicher  verschleppt, 
wenn  auch  wohl  nicht  weit  her,  ihre  Zugehörigkeit  zum  Forum  boarium 
ist  aber  jedenfalls  zweifelhaft.  Ihre  Aufnahme  in  die  Regionsbeschreibung 
dürfte  sie  dem  Umstand  verdanken,  dass  sie  einem  Yicus  den  Namen  gab. 
Dasselbe  gilt  von  dem  ebenfalls  in  der  XI.  Region  genannten  Apollo 
caelispex.  Beide  Vici  sind  wohl  südlich  vom  Forum  boarium  zwischen 
diesem  und  der  Porta  Trigemina  zu  suchen.  Von  den  Strassen,  die 
nördlich  des  Forum  boarium  bis  an  die  Linie  der  Servianischen 
Mauer  und  bis  zum  Forum  Romanum  sich  befanden,  nennt  die  Regions- 
beschreibung (Vin.  Region)  den  Vicus  unguentarius  und  den  Ele- 
phantus  herbarius,  der  so  aufzufassen  ist,  wie  der  Hercules  Oli* 
varius:  er  hat  einem  Vicus  den  Namen  gegeben  und  hat  selbst  seinen 
Namen  von  dem  Handelsartikel,  der  in  der  Strasse  vertrieben  wurde. 
Wahrscheinlich  ist  hier  auch  die  Porticus  margaritaria  zu  suchen 
(vgl.  oben  p.  164).  Die  bedeutendste  Strasse  des  Quartiers  war  der 
schon   p.  105    erwähnte   Vicus  Jugarius.     Er    kam   vom   Forum    her 


*)  Oder  bei  der  Tiberinsel,  die  im  ge- 
wöhnlichen Sprachgehranch  ,inter  duospotUea' 
hieas.    Vgl.  Jobdan,  Form.  nrh.  IX  42. 

')  HüLBBN  a.  a.  0.  p.  268  wiU  statt  des 
in  der  Notiiia  flherlieferten  Fartunium,  was 
gewöhnlich  mit  dem  Tempel  der  FeUcitas 


am  Velahrum  (bei  Dio  Cass.  XLIII  21  Tv- 
Xator  genannt)  identifiziert  wird,  Portunium 
lesen 

»)  HüLSiH  a.  a.  0.  p.  261  ergänzt  den 
Anfang  der  Inschrift:  Hercules  volgo  oder 
cognamento  Olivarius. 


192  B.  Topograph!«  tob  Born. 

zwischen  dem  Tempel  des  Saturn  und  der  Basilica  Julia,  und  ging  am 
Fusse  des  Kapitels  entlang  (so  dass  nach  Livius  XXXV  21  ein  Felsblock 
vom  Kapitel  in  diese  Strasse  fiel)  bis  zur  Porta  Carmentalis  und  auch  wohl 
weiter  zur  Porta  Flumentana.  Über  den  Namen  vgl.  p.  105,  über  die  in 
der  Strasse  hinter  dem  Satumtempel  befindlichen  Altäre  der  Ops  und  der 
Ceres  p.  80.  Ein  eques  Romanus  in  vico  Jugario  wird  CIL  VI  1632  ge- 
nannt. Eine  platzartige  Erweiterung  des  Vicus  war  das  zwischen  ihm 
und  dem  Kapitel  gelegene  Aequimelium.    Liv.  XXXVIII  28:  substrue- 

tionem  super  Aequimelium  in  Capitolio locaverunt.     Den  Namen   des 

Platzes  leiten  Varro  LL.  V  157  und  Liv.  IV  16  fälschlich  von  der  aequata 
Meli  domus,  Cicero  de  dem.  38, 101  davon  ab:  quia  ülud  (die  Niederreissung 
des  Hauses)  aequum  ctccidisse  populus  Somanus  Maelio  iudicavit.^)  Dionys. 
XII  4  beschreibt  den  Platz  mit  den  Worten:  ovtog  6  tonog  Sri  xal  elg  ifik 
f]v  iv  noXXatg  ratg  näqi^  olxiaig  fiovog  av€ifiävog  ^frjfiog.  Auf  dem  Platze 
scheinen  Opfertiere  feil  gestanden  zu  haben.  Cicero  de  div.  11  39:  ait, 
cum  in  Aequimelium  misimus,  qui  adferat  agnum,  quefn  immolemus,  is  mihi 
agnus  affertur,  qui  habet  exta  accommodata,  et  ad  eum  agnum  non  casu,  sed 
duce  deo  servus  deducüur?  Das  Aequimelium  wurde  in  dem  grossen,  oben 
p.  184  erwähnten  Brande  vom  Jahre  192  v.  Chr.  samt  dem  vicus  Jugarius 
mit  verwüstet. 

68.  Das  Fonun  holitoriunL  Ziemlich  bestimmte  Vorstellung  kann  man 
sich  von  der  Ausdehnung  und  den  Grenzen  des  Forum  holitorium,  des  Gemüse- 
marktes, machen.  Es  war  der  am  meisten  nach  Norden  vorgeschobene  Markt 
und  lag  ausserhalb  der  Servianischen  Mauer.  Er  deckte  sich  zum  Teil  mit  der 
heutigen  Piazza  Montanara,  reichte  aber  weiter  nach  Süden  als  diese.  Dort 
liegen  unter  der  Kirche  S.  Nicola  in  Carcere  (Abb.  19)  neben  einander  die  Reste 
dreier  Tempel,')  die  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  mit  Tempeln,  die  als 
in  foro  holitorio  gelegen  bekannt  sind,  identifiziert  werden.  Damit  wäre 
die  Westgrenze  des  Forums  gegeben;  im  Osten  ging  es  bis  an  den  Fuss 
des  Kapitels,  im  Süden  bis  in  die  Nähe  der  Servianischen  Mauer.  Auf 
diesem  so  umgrenzten  Gebiete  ist  ein  bedeutendes  Stück  der  Traventin- 
täfelung  der  Area  gefunden  worden,  von  S.  Nicola  in  Carcere  nördlich 
bis  zum  Ende  der  Piazza  Montanara  reichend,  wo  das  Pflaster  an  einer 
Mauer  von  Peperinquadem  endigt,  in  einer  Ausdehnung  von  mehr  als  90  m, 
so  dass  abo  auch  die  Nordgrenze  ungefähr  feststeht.  Auf  gleichem  Niveau 
ist  die  nach  Süden  durch  die  Servianische  Mauer  bis  zum  Forum 
boarium  führende  Strasse  in  erheblicher  Länge  aufgedeckt  worden.»)  — 
Varro  LL.  V  146  sagt  von  dem  Forum:  hoc  erat  antiquum  MaceUum,  ubi 
olerum  copia.  Nachdem  er  an  dieser  Stelle  die  Hauptmärkte,  neben  dem 
Holitorium  das  Boarium,  das  Piscarium  und  das  Forum  Cuppedinis  auf- 
gezählt hat,  sagt  er  §  147  haec  omnia  posteaquam  contracta  in  unum  locum 
quae  ad  victum  pertinebant  et  aedificatus  locus^  appeUatum  MaceUum.  Dass 
durch  die  Anlage  dieses  Macelluhis  die  genannten  Fora  ihrer  Bestimmung 

')  lieber  die  ganz  Ungewisse  Denbing  I  ^)  Vgl.  Lakciavi,  Bull.  com.  1875  p.  178. 

des  Namens  vgl.  Jordan,  Top.  l  1,  195.  |  Eine  alte  Darstellung  des  Forums  siehe  bei 

*)  Vgl.  Cahina,  Ann.  1850,  347  ff.;  Mon.  I  Bbllori,  Fragm.  Test,  yeteris  Romae  n.  L 

V;Tav.  XXIV.  l 


6.  Die  Stadtteile  am  Tiber,    a.  Die  Märkte.    (§  68.) 


193 


entfremdet  sein  soUen,  ist  um  so  weniger  anzunehmen,  als  das  genannte 
il^^i'""'  8^"^°^«*  179  V.  Chr.,  durch  den  Bau  des  Augustusforums  ver- 
drängt und  durch  das  Macellum  Liviae   auf  dem  Esquilin   ersetzt  wurde 
was  doch  schwerlich  als  Ersatz  für  die  am  Tiber  befindlichen  Märkte 
dienen  konnte  (vgl.  p.  109). 

Auf  oder  an  dem  Forum  holitorium  befanden  sich  folgende  Heilig- 
tümer: 1.  der  Tempel  der  Spes.  Er  war  von  M.  Atilius  Calatinus  im 
ersten  punischen  Kriege  erbaut  (Tac.  Ann.  II 49;  Cic.  de  leg.  H 11)  und  wurde 
von  den  Bränden,  die  diese  Gegend  verwüsteten,  öfters  vernichtet;  im  Jahre 


Abb.  19.    Fonun  boarimn. 


•Öii  V%  Chr.  brannte  er  zugleich  mit  den  am  Forum  boarium  gelegenen 
^änb^eln  der  Fortuna  und  Mater  Matuta  ab  und  wurde  im  folgenden  Jahre 
Sfv^eder  aufgebaut  (vgl.  p.  190).  Von  einem  späteren  Brande  einer  vadg 
dXnldoq  im  Jahre  31  v.  Chr.  berichtet  Dio  Cass.  L  10.  Nach  Tac.  Ann. 
n  49  wurde  er  im  Jahre  17  n.  Chr.  von  Germanicus  wiederhergestellt.  — 
2.  Der  Tempel  der  Pietas.  Er  wurde  im  Jahre  191  v.  Chr.  von  M.' 
Acilius  Glabrio  in  der  Schlacht  bei  Thermopylae  gelobt  und  zehn  Jahre 
später  von  seinem  Sohne  dediziert  (Liv.  XL  34).  Der  Sohn  setzte  in  diesen 
Tempel  eine  statua  aurata,  quae  prima  omnium  in  Italia  statua  aurata  est, 
patris  Olabrionis  (Val.  Max.  II  5,  1).    Über  den  Ursprung  des  Namens  er- 


Huidbucli  der  klaa.  AltertmotwiMeiMcbaft.    m,  S,  B.    2.  Aul. 


13 


194  B.  Topographie  von  Born. 

zählt  Festus  209:  Pietati  aedetn  consecratam  ab  Acüio  aiunt  eo  loco,  quo 
quondam  mulier  habitaverU,  quae  patrem  suum  inclusum  carcere  mammis  suis 
dam  aluerit  (ähnlich  Plin.  VII  121,  nur  dass  es  sich  hier  um  Mutter  und 
Tochter  handelt).  Der  Tempel  hat  nur  bis  zu  Gäsars  Zeit  gestanden,  er 
musste  samt  anderen  Gebäuden  der  Anlage  des  Marcellustheaters  weichen 
(vgl.  Plin.  Vn  121;  Dio  Cass.  XXXXTII  49).  —  3.  Der  Tempel  des  Janus, 
im  Kalender  zum  17.  August  und  18.  Oktober  (CIL  I«  p.  325  und  337) 
Janus  ad  theatrum  Marcelli^)  genannt.  Nach  Tac.  Ann.  II  49  wurde  er 
von  C.  Duilius  im  3.  Jahrhundert  v.  Chr.  erbaut.  Er  spielt  schon  in 
der  Fabierlegende  eine  Rolle;  vgl.  Festus  p.  285:  religioni  est  quibusdum 
porta  Carmmtali  egredi^)  et  in  aede  Jani,  quae  est  extra  eam^  senatum 
haberi,  quod  ea  egressi  sex  et  trecenti  Fabit  apud  Cremeram  omnes  interfedi 
sunt,  cum  in  aede  Jani  S,  C.  factum  esset,  uti  proficiscerentur.  Nach 
Tacitus  a.  a.  0.  wurde  er  17  n.  Chr.  von  Tiberius  wiederhergestellt.  Ob 
sich  Plin.  XXXVI  28  Janus  pater  in  suo  templo  dicatus  ab  Äugusto  auf 
diesen  Tempel  bezieht,  steht  nicht  fest.  —  4.  Der  Tempel  der  Juno 
Sospita.  Er  ist  nach  Liv.  XXXII  30  im  Jahre  197  v.  Chr.  von  C.  Cor- 
nelius Cethegus  in  der  Schlacht  gegen  die  Insubrer  gelobt  worden,  Liv. 
XXXIV  53  heisst  es  aus  dem  Jahre  193  v.  Chr.  aedes  eo  anno  aliquot  de- 
dicatae  sunt:  una  Junonis  Matutae  in  foro  holitorio,  vota  hcataque  qua- 
driennio  ante  a  C.  Comelio  consule  Oallico  bello.  Hier  ist  sicher  derselbe 
Tempel  gemeint,  Matutae  muss  verschrieben  sein.  Die  Wiederherstellung 
des  Tempels  memoria  nostra,  d.  h.  zur  Zeit  des  Marserkrieges,  auf  Grund 
eines  wunderbaren  Traumes  erwähnt  Cic.  de  div.  I  2  und  44. 

Die  Bestimmung  der  Lage  dieser  Tempel,  namentlich  ihre  etwaige 
Identifizierung  mit  den  Tempeln  unter  S.  Nicola  in  carcere  ist  nicht  leicht. 
Der  Tempel  der  Pietas  ist  durch  das  Marcellustheater  verdrängt,  kommt 
also  hierfür  nicht  in  Betracht.  Der  Tempel  der  Spes  ist  zugleich  mit 
den  Tempeln  der  Fortuna  und  Mater  Matuta  abgebrannt;  hätte  er  mit 
dem  Janus-  und  Junotempel  zusammen  gelegen,  so  wären  diese  wohl  kaum 
verschont  worden.  Dass  der  Tempel  der  Spes  allein  gelegen  hat,  scheint  auch 
aus  Liv.  XL  51  hervorzugehen;  dort  wird  eine  porticus  post  Spei  a  Tiber i 
ad  aedem  Apollinis  Medici  erwähnt.  Für  den  Tempel  des  Janus  ad  theatrum 
Marcelli  würde  die  Lage  von  S.  Nicola  gut  passen.  Mögen  wir  nun  also 
in  einem  derselben  den  Tempel  der  Spes  erkennen  oder  annehmen,  dass 
unter  ihnen  sich  die  Tempel  des  Janus  und  der  Juno  befunden  haben, 
jedenfalls  sind  uns  einer  oder  mehrere  von  diesen  Tempeln  nicht  bekannt. 

69.  Vor  Porta  Trigemina.  1.  Die  Horrea,  Die  grossartigen  gewerb- 
lichen und  kaufmännischen  Anlagen  vor  der  Porta  Trigemina,  die  in  der 
Eaiserzeit  nicht  nur  den  schmalen  Ufersaum  längs  des  Aventins  einnahmen, 
sondern  sich  über  die  südlich  davon  gelegene  Ebene  bis  an  die  nach- 
malige Aurelianische  Mauer  erstreckten,  haben  ganz  allmählich  erst,  vom 
Thore  ausgehend,  sich  entwickelt.    Die  ältesten  aller  Anlagen  sind  die 


»)  IrrtHmlich  Senr.  Aen.  VII  607  unter 
Zusammenwerfong  dieses  Tempels  mit  dem 
auf  dem  Forum  (oben  p.  102)  circa  imum 


Ärgiletum  iuxta  theatrum  MareeUi. 
*)  Hierüber  eiehe  oben  p.  44. 


6.  Die  StadtteUe  am  Tiber,    a.  Die  Mftrkte.    (§  69.)  195 

Salinae,  das  unmittelbar  vor  dem  Thor  gelegene  Salzlager.  Die  Ge- 
winnung des  Salzes  auf  den  Salzwiesen  am  Ausfluss  des  Tiber  (Liv.  I  33, 
Plin.N.H.XXXI,89)  und  seine  Überführung  in  das  Innere  des  Landes  scheint 
die  erste  Kulturmission  Roms  gewesen  zu  sein.  Das  Salz  kam  zu  Schiff  den 
Fluss  herauf  und  wurde  in  Magazinen  vor  der  Porta  Trigemina  gelagert. 
Von  hier  ging  der  Transport  zu  Lande  weiter.  Die  bei  der  Porta  Collina 
beginnende  Via  Salaria  hat  davon  ihren  Namen,  i)  Die  Magazine  vor  der 
Porta  Trigemina  haben  das  ganze  Altertum  und  Mittelalter  hindurch  be- 
standen; noch  heute  heisst  der  Ort:  «Salara  vecchia'.  Am  Abhänge  des 
Aventins  über  der  Porta  Trigemina  war  die  Fabel  von  Gacus  lokalisiert 
(Solin.  I  8).  Dort  stand  ein  Altar  des  Jupiter  Inventor,')  der  Sage 
nach  von  Hercules  errichtet.  Nicht  weit  davon  stand,  nach  Dionys.  I  32 
Tfjg  TQidvfiov  TTvXfjg  ov  nqoaoi,  ein  Altar  des  E  van  der. 

Lange  Zeit  mag  das  Salz  der  wichtigste  Handelsartikel  geblieben 
sein,  der  vor  der  Porta  Trigemina  lagerte.  Beim  weiteren  Anwachsen 
Roms  beginnt  das  Getreide  eine  Rolle  zu  spielen.  Als  ältestes  Wahr- 
zeichen dieses  Handels  galt  das  vor  der  Porta  Trigemina  befindliche  Denk- 
mal des  L.  Minucius  Augurinus  (Konsul  458,  Decemvir  450  v.  Chr.), 
abgebildet  auf  Münzen  (MommseN;  Rom.  Münzw.  p.  550,  Anm.  265).  Es  soll 
ihm  im  Jahre  439  v.  Chr.  vom  Volke  zum  Danke  für  seine  Qetreidever- 
waltung  errichtet  sein.  Plin.  N.  H.  XXXIV  21  nennt  es  unter  den  columnae, 
sicuti  C.  Maenio,  qui  devicerat  priscos  Latinos  .  .  (auf  dem  Comitium, 
vgl.  p.  99),  item  C,  Duilio,  qui  primus  navalem  triumphum  egit  de  Poenis  (260 
V.  Chr.  bei  der  Rednerbühne  CIL  VI  1300,  vgl.  p.  81),  quae  est  etiam  nunc 
in  foro,  item  L.  Minucio  praefecto  annonae  extra  portam  Trigeminam  unciaria 
stipe  conlata.  Plin.  XVIH  15  heisst  es:  statua  ei  extra  portam  Trigeminam 
a  populo  stipe  conlata  statuta  est,  vgl.  Dionys.  XH  4;  sie  stellte  den  L.  Minu- 
cius mit  einem  Getreidemasse  dar.*)  —  Als  dann  im  3.  Jahrh.  v.  Chr.  Roms 
überseeische  Beziehungen  begannen,  wurde  diese  Vorstadt  der  Sitz  eines 
lebhaften  Handelsverkehrs.  Im  Jahre  193  v.  Chr.  wurde  von  den  Aedilen 
M.  Aemilius  Lepidus  und  L.  Aemilius  Paulus  das  Emporium^)  angelegt, 
und  von  der  Porta  Trigemina  bis  an  dasselbe  die  Porticus  Aemilia  ge- 
führt (Liv.  XXXV  10).  Die  ursprüngliche  Anlage  scheint  primitiver  Art 
gewesen  zu  sein;  erst  nach  20  Jahren  (174  v.  Chr.)  wurden  die  unent- 
behrlichsten Einrichtungen  eines  solchen  Stapelplatzes,  Pflasterung,  Stufen 
zum  Tiber  etc.  hergestellt.  Auch  die  Porticus  Aemilia  wurde  damals  schon 
erneut,  Liv.  XLI  27 :  extra  portam  Trigeminam  emporium  lapide  straverunt 
stipitibusque  saepserunt  et  porticum  Aemiliam  reficiendam  curarunt  gradibusque 
ascensum  ah  Tiberi  in  emporium  fecerunt.  Die  Wichtigkeit  des  Emporiums 
wuchs  von  Jahr  zu  Jahr;  Hauptgegenstand  der  Einfuhr  war  und  blieb 
das  Getreide;  daneben  bildeten  öl  und  Wein,  auch  Holz  wichtige  Handels- 


^)  FestuB  ep.  p.  327:  quia  per  eam  Sa- 
bini  8<ü  a  mari  deferehant. 

')  Solin.  1 7:  aram  Hercules,  quam  vaverat 
9i  amissas  boves  repperisset,  punito  Caco 
patri  Inventori  dieavit.  Bei  Dionys.  I  32 
Zsvg  EvQimog, 

')  Nach.  Liv.  lY  16  wurde  hier  zu  seinem 


Andenken  ein  vergoldeter  Stier  aufgestellt, 
nach  Fest.  p.  122  und  147  gab  es  eine  porta 
Minucia  und  dabei  ein  sacelhim  oder  eine  ara 
Mmudi. 

*)  YgLJoBDAK,  Form.ürb.p.44.  Bruzza, 
Ann.  d.  Inst.  1870  p.  106,  Bull.  d.  hist.  1892, 
p.  134. 

13* 


196 


B.  Topographie  von  Rom. 


artikel;  im  Jahre  192  v.  Chr.  wurde  nach  Liv.  XXXV  41  eine  porticus  extra 
portam  Trigeminam  inter  lignarios  angelegt;  dazu  kam  seit  der  Zeit  des 
Augustus  auch  Marmor,  der  in  grossen  Massen  von  allen  Enden  der  Welt 
eingeführt  wurde.  Ansehnliche  Reste  dieses  Lagers  sind  längs  des  Ufers 
gefunden  (daher  Marmorata  genannt).*)  Entsprechend  dem  zunehmenden 
Verkehr  sind   die  Grenzen   des  Emporiums  allmählich   erweitert  worden; 


Abb.  20.    Beste  des  Emporinrns.    Anlegestelle. 


die  Überbleibsel  der  grossen  Umfassungsmauer  sind  zuerst  von  Fabbetti 
(De  aquis  et  aquaeductibus  III  11,  Taf.  IV),  dann  von  Piranesi  (Ant.  Rom. 
IV,  Taf.  XLVni)  publiziert  worden  und  bis  in  die  neueste  Zeit  vorhanden 


')  Am  Alisgang  des  Altertums  schlugen 
hier  iSteinmetzen  ihre  Werkstatt  auf,  um 
den  Marmor  aus  den  schon  verödeten  Ge- 
bäuden  zu  verarbeiten.    Ueber  Aufdeckung 


einer  solchen  Steinmetzwerkstatt  vgl.  La.k- 
CIA5I,  Officina  marmoraiia  della  regione  XIII. 
Bull.  com.  1891,  p.  23  ff. 


6.  Die  Stadtteile  am  Tiber,    a.  Die  Märkte.    (§  69.)  197 

gewesen.  Bei  den  Regulierungen  des  Terrains  seit  1883  ist  das  Emporium 
noch  einmal  in  seiner  ganzen  Ausdehnung  aufgedeckt  worden;  man  hat 
die  Area  desselben  ohne  jegliche  Pflasterung  und  gänzlich  ausgegraben 
gefunden  (Not.  d.  scavi  1886  p.  22,  Bull.  com.  1886  p.  37  f.).  Längs  seiner 
mehr  als  600  m  langen  Uferlinie  fand  man  Stufen  zum  Flusse  hinabgehend. 
Das  in  der  Uferwand  angebrachte  Bild  einer  Amphora  zeigt,  dass  die  ver- 
schiedenen Waren  (Getreide,  Wein,  Ol)  ihre  bestimmten  Ausladeplätze 
hatten,  die  zum  Teil  nach  den  Ländern  benannt  sein  mochten,  aus  denen 
die  Waren  kamen J)  Durchbohrte  Steine  dienten  zum  Anbinden  der  Schiffe 
(Abb.  20).  Übrigens  sind  die  Uferverschalungen  nur  zum  kleineren  Teil 
aus  Quadern,  bei  weitem  der  grossere  besteht  aus  Ziegelmauern. ^)  Reste 
eines  Landungsplatzes  weiter  flussabwärts,  vielleicht  für  grössere  Lasten 
(Obelisken)  haben  sich  ebenfalls  gefunden,  vgl.  Bull.  com.  1898  p.  275. 

In  der  Umgebung  des  Emporiums  müssen  schon  gleichzeitig  mit  dessen 
Gründung  Niederlagen  für  die  einlaufenden  Waren  angelegt  worden  sein, 
anfangs  klein  und  dem  noch  unausgebildeten  Bedürfnisse  entsprechend, 
aber  seitdem  Getreide  in  grossen  Massen  von  Staatswegen  anfing  verteilt 
zu  werden,  und  die  Yerproviantierung  der  Hauptstadt  zum  wichtigsten 
Zweige  der  Verwaltung  wurde,  bedurfte  man  grösserer  Kornmagazine;  in 
gleichem  Verhältnisse  stieg  der  Konsum  des  Weines  und  Öles.  So  ent- 
standen hier  jene  grossen  Horrea,  die  allmählich  die  ganze  Ebene  unter 
dem  Aventin  bedeckten.  Ihre  erste  Anlage  ist,  wie  so  vieles  Bedeutende 
in  Rom,  an  den  Namen  eines  der  grossen  Geschlechter  geknüpft,*)  der 
Sulpicier.  Dasselbe  besass  mindestens  seit  dem  2.  Jahrh.  v.  Chr.  in  un- 
mittelbarer Nähe  des  Emporiums  grosse  Strecken  Landes,  die  Praedia 
Galbiana;  der  Konsul  des  Jahres  144  (oder  108?)  v.  Chr.,  Ser.  Sulpicius 
Galba,  ist  hier  bestattet.  Das  Grabmal  ist  neuerdings  wieder  aufgefunden 
worden  (Bull.  d.  Inst.  1886  p.  62).  Wann  die  Horrea  dieser  Familie,  die 
Horrea  Galbae  oder  Galbiana,  angelegt  sind,  steht  nicht  fest,  doch 
existierten  sie  zur  Zeit  des  Augustus  als  kaiserliches  Besitztum.'*)  Im 
Laufe  der  Zeit  scheinen  sie  sehr  erhebliche  Vergrösserungen  erfahren  zu 
haben,  auch  jenes  Grab  fand  sich  eingebaut  und  sorgföltig  geschützt  inner- 
halb derselben.  Vom  Kaiser  Galba  heisst  es  im  Chronographen  von  354: 
domum  suam  deposint  et  horrea  Galbae  instUtiit,  was  doch  wohl  nur  von 
einem  Vergrösserungsbau  zu  verstehen  ist.  Im  3.  Jahrh.  n.  Chr.  waren  sie 
nach  Porphyrie  zu  Hör.  carm.  IV  12,  18  vino  et  oleo  et  similibus  aliis  refeiia. 
Wir  können  hinzufügen,  dass  auch  Marmor  hier  lagerte.  Eine  reiche  Aus- 
beute von  Inschriften  s)  klärt  uns  über  die  rechtlichen  Verhältnisse,  sowie 
über  die  Verwaltung  dieser  grossen  Speicher  auf,  die  immer  die  wichtigsten 


*)  Vgl.  Lanciaki,  Athenftuxn  1887  p.  868  f.  1  ragdus,   einem  Skiaren  des  Augustus,   der 

')  Vgl.  Prellbr,  Der  Tiber,  in  den  Ber.  I   Bona  Dea  Galbilla  errichtete  Weihinschrift 

der  Bachs.  Ges.  der  Wiss.  1848  p.  137  ff.  iEph.  epigr.  IV  723  a).    In  derselben  heissen 

')  Appias  Claudius  und  M.  Porcius  Cato  sie  mit  dem  üblicheren  Namen  horrea  GaU 

p.  50;  die  Aemilier  p.  51.  hiana  (daneben  existieren  auch  die  Bezeich- 

*)  Vgl.  Bull.  com.  1885  p.  51  ff.    Horaz  nungen -Äorrea  Galbana  oder  Galbae). 

erwähnt  sie  carm.  IV  12,  18  und  nennt  sie  i           »)  CIL  VI  236.  338.  8680.  9801.  30855 

horrea  Sulpicia;  desgleichen  eine  von  Zma-  (Eph.  epigr.  IV  723  a). 


198 


6.  Topographie  von  Rom. 


geblieben  sind,  weil  sie  den  Zwecken  der  „annona  publica"  dienten.  >)  Sie 
haben  bis  tief  in  das  Mittelalter  bestanden;  die  ansehnlichen  Trümmer 
galten  im  12.  Jahrhundert  als  das  Schloss  eines  Königs  Galbin  (Jord. 
Top.  II  68). 

In  den  achtziger  Jahren  ist  die  Ebene  unter  dem  Aventin,  die  jetzt 
von  neuem  bebaut  wird  (vgl.  p.  76),  Gegenstand  umfassender  Ausgrabungen 
gewesen.  Bei  denselben  sind  die  alten  Strassenztige  wieder  zum  Vor- 
schein gekommen,  und  es  hat  sich  herausgestellt,  dass  das  ganze  weite 
Gebiet  vollständig  mit  Speichern  bedeckt  gewesen  ist;*)  die  erste  kirch- 
liche Region,  die  aus  der  XII.  und  XIII.  augustischen  Region  bestand, 
hiess  nach  ihnen  Orrea.  Unter  den  fast  unübersehbaren  Resten  derselben 
haben  sich  auch  noch  Teile  von  den  einst  hier  gelagerten  Waren  ge- 
funden, namentlich  Marmor,  dann  hart  an  der  Ostmauer  des  Emporiums 
ein  Lager  von  Elfenbein,  südlich  davon  ein  Lager  von  Meeressand  zum 
Sägen  und  von  Bimstein  zum  Polieren  des  Marmors  u.  a.  m.^) 

Überliefert  sind  im  ganzen  die  Namen  von  14  Horrea;*) 

1.  Galbae  (=  Galbana  oder  Galbiana),  identisch  mit  denSulpicia  (s.  oben). 

2.  Vespasiani,  im  Ghron.  von  354  unter  Domitianus  (vgl.  p.  164). 

3.  Nervae,  CIL  VI  8681,  gefunden  in  agro  inter  vias  Appiam  et  OsHensem 

circa  2  m  ab  urbe  sito  prope  aedem  appeliatam  della  Nunziatella, 
ubi  rudera  aedificiorum  antiquorum  multaque  dolia  praegrandia  per 
ordines  disposita  Guidius  effodienda  curavit:  unde  ibi  horrea  Nervae 
fuisse  probabile. 

4.  Caesaris,  CIL  VI  4240. 

5.  Agrippiana  et  Germaniciana,  Notit.  Reg.  VIII;  CIL  VI  9972,  10026. 

6.  Aniciana,  Notit.  Reg.  XIII. 

7.  Leoniana,  CIL  VI  237. 

8.  Lolliana,  Form.  Urb.  fr.  51;  CIL  VI  4226,  4239. 

9.  Petroniana,  CIL  VI  3971. 

10.  Postumiana,  vgl.  Marini,  Iscr.  dol.  279. 

11.  Seiana,  CIL  VI  238,  9471. 

12.  Sempronia,  Fest.  p.  290:  Sempronia  horrea  qui  locus  dicitur,  in  eo  fuerunt 

lege  Oracchi  ad  custodiam  frumenti  publici. 

13.  Q.  Tinei  Sacerdotis,  vgl.  Marini,  Iscr.  dol.  279. 

14.  Volusiana,  CIL  VI  9973. 

Von  diesen  Horrea  lagen  die  Agrippiana  und  Germaniciana  ver- 
mutlich am  Forum  boarium  in  der  Nähe  der  Stätio  annonae  (vgl.  p.  186),  die 
Aniciana  werden  in  der  Regionsbeschreibung  mit  den  Galbiana  zusammen 
genannt,  lagen  also  sicher  nicht  weit  davon;  die  Horrea  des  Nerva  lagen 


*)  Die  Form  der  Horrea,  grosse  von  Ge- 
bftuden  eingeschlossene  Höfe,  stellt  das  Frag- 
ment des  kapitolinischen  Planes  Forma  Urbis 
XXXVI  8  dar. 

')  Vgl.  DE  Rossi,  Le  horrea  sotto  TAven- 
tino,  Ann.  de  Inst.  1885  p.  223. 

»)  Vgl.  Not.  d.  Bcavi  1885  p.  224  und  251. 

*)  Nicht  einbegriffen  sind  die  Horrea 
chartaria  Not.  Reg.  IV,  candelaria  Form.  Urb. 
fr.  53,  piperataria  Ghron.  von  354,  von  Do- 


mitian  an  der  Stelle  der  späteren  Basilica 
Constantiniana  erbaut  (vgl.  p.  164).  Aosser 
Betracht  bleiben  auch  die  horrea,  von  denen 
es  in  der  Vita  Alexandri  Severi  39  heisat: 
horrea  in  omnibus  regianibus  ptiblica  fecit, 
ad  quae  eonferrent  bona  ii,  qui  priratas 
cutdodias  non  haberent,  und  die  zu  denen  ge- 
hören, die  in  der  Regionsbeschreibung  zahlen- 
massig  registriert  werden.    Vgl.  Anhang  I. 


6.  Die  Stadtteile  am  Tiber,    a.  Die  Märkte.    (§  69.) 


199 


ebenfalls  in  der  Nähe,  zwischen  der  Via  Ostiensis  und  der  Via  Appia, 
und  auch  die  Horrea  Vespasiani  und  Petroniana  dürften  hier  gelegen 
und  Teile  der  HoiTea  Gaesaris^)  gebildet  haben.  Die  Lolliana  sind 
auf  einem  Fragment  des  Stadtplans  (F.  U.  XI  51)  dargestellt.  Danach 
haben  sie  am  Tiber  gelegen.  Obgleich  dadurch  ihre  Lage  nur  annähernd 
bestimmt  ist,  so  ist  für  so  umfassende  Anlagen,  wie  diese  der  Abbildung 
nach  waren,  nur  die  Ebene  unter  dem  Aventin  (oder  das  gegenüberliegende 
Ufer)  anzunehmen.  Vermutlich  sind  sie  von  dem  Konsul  des  Jahi*es  22  v.  Chr. 
(Hör.  ep.  I  20,  28)  gegründet.  Auch  von  den  anderen,  topographisch  nicht 
bestimmbaren,  mögen  noch  manche  hier  gelegen  haben.  Die  ältesten  waren 
jedenfalls  die  Sempronia. 

Von  anderen  dem  Charakter  des  Quartiers  entsprechenden  Örtlich- 
keiten werden  genannt:  eine  Porticus  fabaria  (Notit.  Reg.  XIII),  ein 
Vicus  frumentarius  (Kap.  Bas.  Reg.  XIII;  CIL  VI 814),  ein  Amtsgebäude, 
in  welchem  das  ansarium,  d.  h.  der  Eingangszoll  für  die  den  Tiber 
heraufkommenden  Waren  erhoben  wurde  (CIL  VI  8594),  femer  das  Forum 
pistorum  (Notit.  Reg.  XIII;  Aur.  Vict.  Caes.  13).*)  Von  den  sicher  in  dieser 
Vorstadt  nicht  fehlenden  sonstigen  Handelszweigen  sind  durch  Inschriften 
Fabriken  von  Lampen  ad  portam  Trigetninam  beglaubigt.') 

2.  Eine  sehr  merkwürdige  Erscheinung  ist  inmitten  dieses  Quartiers 
der  Mens  testaceus  (Monte  Testaccio),  ein  aus  den  Scherben  von  Thon- 
krügen  entstandener  85  m  hoher  Hügel  von  bedeutendem  Umfange,  der 
nach  Ausweis  der  auf  den  Scherben  befindlichen  Stempel  und  Graffiti  in 
einer  langen  Reihe  von  Jahren  seit  Beginn  der  Eaiserzeit  ganz  allmäh- 
lich zu  dieser  erstaunlichen  Höhe  angewachsen  ist.  Die  datierbaren  In- 
schriften beginnen  in  der  Mitte  des  2.  Jahrhunderts  und  gehen  bis 
zum  Jahre  251.  Es  ist  kein  Zweifel,  dass  diese  ungeheuren  Scherben- 
massen von  den  Gefässen  herrühren,  in  denen  die  überseeischen 
Waren  anlangten.  Namentlich  ist  es  Spanien,  in  erster  Linie  die  frucht- 
bare Provinz  Baetica,  und  Africa,  deren  Handelsverkehr  mit  Rom  in 
diesen  Inschriften  sich  wiederspiegelt,  während  z.  B.  Spuren  griechischer 
Handelsartikel  gar  nicht  gefunden  sind.  Die  grosse  Menge  der  hier 
befindlichen  Thongefasse  erklärt  sich  daraus,  dass  auch  das  Getreide 
in  solchen  versandt  zu  werden  pflegte.  Im  Innern  des  Berges  befindet 
sich,  wie  durch  Ausgrabungen  festgestellt  ist,  ein  Grab;  es  ist  nicht  ab- 
sichtlich, sondern  durch  Nachstürzen  der  in  seiner  Nähe  aufgehäuften 
Scherben  verschüttet  worden.  Auch  die  ganze  Umgegend  des  Monte 
Testaccio  ist  fusshoch  mit  Scherben  bedeckt,  und  zwar  befinden  sich 
diese  innerhalb  der  Mauern  zerstörter  Horrea,  so  dass  man  annehmen 
muss,  dass  in  späteren  Jahrhunderten  die  hier  liegenden  Magazine  ver- 
ödeten. Doch  ist  diese  Verödung  nicht  auf  einmal  gekommen,  wie  eben- 
falls aus  den  Stempeln   etc.  geschlossen  werden  kann.^)    Im  Mittelalter 


^)  Gatti,  Bull.  com.  1885  p.  112:  le  horrea 
Cnesaria  ist  der  Meinung,  dass  auch  noch 
andere,  in  den  kaiserlichen  Besitz  Uherge- 
gangene  Horrea,  wie  z.B.  die  Seiana,  Lol- 
liana, Leoniana  ihnen  zuzuweisen  seien. 

')  Vgl.  Marquardt,  Privatlehen  II  p.  400. 


«)  Drbssel,  Ann.  d.  Inst.  1878  p.  186. 

*)  Es  ist  zu  bemerken,  dass  ähnliche 
Scherbenberge  auch  sonst  existieren,  z.  B. 
in  Tarent,  Alexandria  und  Cairo.  Vgl.  auch 
den  Abschnitt  Trans  Tiherim. 


200  B.  Topographie  von  Boiii. 

muss  man  hie  und  da  auf  den  Scherben  die  Namen  von  Spanien,  Africa 
u.  a.  gelesen  haben.  Daraus  entstand  der  Volksglaube,  dass  in  den  6e- 
fässen  die  Tribute  enthalten  gewesen  seien,  welche  die  römischen  Pro- 
vinzen nach  Rom  geschickt  hätten. 

2.  Die  Häfen  und  die  Navalia.  Die  Konzentrierung  des  Grosshandels 
und  des  überseeischen  Verkehrs  Roms  am  Tiberufer  erforderte  die  Anlage 
sicherer  Anlegestellen.  Auf  der  kurzen  Strecke  des  befestigten  Tiberufers 
von  der  Porta  Trigemina  bis  zur  Porta  Flumentana  war  die  Errichtung  von 
Anlegestellen  unthunlich,  da  sie  die  Sicherheit  der  Stadt  gefährdet  haben 
würde.  Die  erste  Anlegestelle  entstand  vielmehr  hart  unter  den  Mauern 
der  Stadt  vor  Porta  Trigemina.  Dort  befanden  sich  seit  den  ältesten 
Zeiten  die  Salinae,  in  denen  das  den  Tiber  heraufkommende  8alz  gelagert 
wurde  (p.  194),  dort  also  ist  der  erste  Hafen  Roms  zu  suchen.  Die  spätere 
Entwicklung  zeigt,  dass  von  diesem  Punkte  an  flussabwäfts  erst  der 
schmale  Ufersaum  zwischen  Fluss  und  Aventin,  dann  die  breite  Ebene 
südlich  vom  Aventin  dem  Verkehr  dienstbar  gemacht  und  schliess- 
lich in  dem  Emporium  ein  für  die  damaligen  Verhältnisse  ausreichender 
Handelshafen  geschaffen  wurde. 

Auch  vor  der  Porta  Flumentana,  deren  Name  schon  zeigt,  dass  sie 
zum  Flusse  hinabführte,  müssen  Anlegestellen  gewesen  sein,  sowohl  für 
die  Fischer,  die  ihr  Gewerbe  auf  dem  Fluss  betrieben  (p.  190),  als  auch 
für  die  den  Fluss  herabkommenden  Waren  (p.  48).  Auch  weiter  fluss- 
Aufwärts  gab  es  auf  dem  Marsfeld  Häfen  (Anlegestellen).  Besonders 
interessant  ist  ein  etwa  160  m  oberhalb  des  Pens  Aelius  in  den  Tiber 
schräg  hineingebauter  Molo,  der  höchst  wahrscheinlich  zum  Ausladen  von 
Marmor  diente,  der  in  den  zahlreich  im  nördlichen  Teile  des  Marsfeldes 
vorhandenen  Bildhauerwerkstätten  verarbeitet  wurde.  Vgl.  LAKoiAia,  Bull, 
com.  1891  p.  26  flf.  Den  Unterbau  des  Molo  bildet  eine  66  m  breite,  von 
einer  fast  5  m  starken  Mauer  von  Gusswerk  eingefasste  Aufschüttung  von 
Steinen,  Sand  etc.  Der  darauf  ruhende  14  m  breite  Molo  besteht  aus 
11  Lagen  von  Tuffquadern  (Abb.  21).  Er  dürfte  aus  Augustischer  Zeit 
stammen,  in  der  die  massenhafte  Einfuhr  unbearbeiteten  Marmors  begann. 
Vgl.  Bull.  com.  1891  p.  45  flf.  Über  den  stromaufwärts  gelegenen  Portus 
vinarius  vgl.  unten.  Ziegelniederlagen  waren  die  nicht  zu  lokalisierenden 
Portus  Licini  CIL  XV  408,  Cassiodor,  Variae  I  25,  P.  Parrae  CIL  XV 
409—412,  P.  Corneli  Not.  d.  scavi  1892  p.  347. 

Auch  die  Navalia  befanden  sich  ausserhalb  der  Porta  Flumentana 
auf  dem  Marsfeld.  Ihre  Lage  daselbst  steht  fest  durch  Liv.  III  26: 
L,  Quinctius  trans  Tiberim,  contra  eum  ipsum  locum,  ubi  nunc  navalia 
sunt,  quaüuor  iugerum  colebat  agrum,  quae  prata  Quinctia  vocatitur  und 
Plin.  N.  H.  XVIII  20:  aranti  quattuor  sua  iugera  in  Vaticano,  quae 
prata  Quinctia  appellantur.  Man  war  früher  geneigt,  darauf  hin  die  Navalia 
möglichst  nach  dem  heutigen  Vatikanischen  Gebiete  hin,  also  so  weit  wie 
möglich  nördlich  anzusetzen,  aber  seitdem  Elteb  in  seinem  ,Vaticanum\ 
Rhein.  Mus.  XL  VI  p.  112  flf.  erwiesen  hat,  dass  die  Bezeichnung  mens  Vati- 
canus  ursprünglich  auch  den  Höhenzug  des  Janiculum  umfasste,  ist  die 
Ansetzung  möglichst  nahe  der  Stadt,  am  Ende  der  Vorstadt  eoctra  portam 


6.  Die  Stadtteüe  am  Tiber,    a.  Die  Hftrkte.    (§  69.) 


201 


Humentanam,  also  in  der  Nähe  des  heutigen  Palazzo  Farnese,  so  gilt  wie 
gesichert. 

Im  Gegensatz  zu  dem  Handelshafen,  dem  Emporium,  sind  die  Navalia 
die  Staatsdocks  und  das  Arsenal.  Aus  den  nicht  zu  häufigen  Erwähnungen 
ist  zu  entnehmen,  dass  hier  eroberte  Schiffe  und  Staatsschiffe  unterge- 
bracht wurden.  Liv.  VIII  14  erzählt,  dass  im  Jahre  338  v.  Chr.  naves 
Antiatium  paHim  in  tifvalia  Rofnae  subductae.  Aus  dem  Jahre  167  v.  Chr. 
heisst  es  bei  demselben  XLV  35:  Paulus  ipse  post  dies  paucos  regia  nave 
ingentis  magnitudinis,  quam  sexdecim  versus  retnorum  agebant  ....  adverso 
Tiberi  ad  urbem   est  subvectus  und   ib.  42:   naves  regiae   captae  de  Mace- 


Abb.  21.    Holo  oberhalb  des  Pons  Aeliiv. 


donibus  invisitatae  ante  magnitudinis  in  campo  Martio  subductae  sunt,  Füi' 
jene  regia  navis  scheint  sogar  ein  besonderes,  befestigtes  Dock  gebaut  zu 
sein.  Polybius  XXXVI  3  erzählt,  dass  etwa  20  Jahre  später,  beim  Be- 
ginn des  3.  punischen  Krieges,  die  karthagischen  Geiseln  naQaxoi.ua d^ei^sg 
dafpaXwg  €tg  ttjv  '^PcifiTjV  avvexXsiCx^rjtxav  ofiov  navxBq  elg  t6  Tpjg  ixxaiSs- 
xTjQovg  v€(6qiov.  —  Dass  die  Navalia  ferner  der  Landungsplatz  für  die 
Staatsschiffe  war,  geht  aus  der  Erzählung  des  Plutarch  Cato  min.  39  von 
der  Rückkehr  des  jüngeren  Cato  aus  Cypern  hervor.  Die  Behörden  er- 
warten ihn  (wo,  ist  nicht  gesagt:  tcov  vnaxiov  xal  twv  atQaxr^ywv 
TiaQovTüDv,  also  entweder  an  der  Porta  Trigemina  oder  an  der  Porta 
Flumentana),     dXXa    §o&i\)    zr^r    ox^rjv    naQs^sXavvwv    sm    vewg    i^rjQovg 


202  B«  Topographie  von  Bom. 

ßaaiXixrjg  ovx  avrjxs  tiqotsqov  r]  xa&oQfitaai  tov  aroXov  stg  %6  v€(6qiov.  Das- 
selbe Ziel,  die  Navalia,  hat  offenbar  auch  das  Schiff,  welches  im  Jahr 
291  V.  Chr.  auf  Geheiss  der  Sibyllinischen  Bücher  die  heilige  Schlange 
des  Aesculap  von  Epidaurus  nach  Rom  brachte.  Aurel.  Vict.  de  vir.  ill.  22 
(anguis)  cum  adverso  Tiberi  subveheretur,  in  proximam  insulam  desüuit:  ubi 
templum  ei  constitutum,  das  heisst,  dass  sie  beim  Vorbeifahren  bei  der  Insel 
vom  Schiffe  springt  und  zur  Insel  hinüberschwimmt.*)  Eine  anschauliche  Dar- 
stellung des  Vorganges  gibt  die  Bronze  des  AntoninusPius  (Abb.  22):  im  Hinter- 
grunde die  Insel,  links  das  Staatsschiff  mit  zwei  Ruderreihen  übereinander, 
das  in  voller  Fahrt  eine  durch  zwei  Bogen  angedeutete  Brücke,  den 
Pens  Aemilius,  passiert,  auf  dem  Vorderteil  die  Schlange,  die  sich  an- 
schickt, sich  vom  Schiff  zu  schwingen,  und  im  Vordergrunde  der  Tiberis, 
dem  ankommenden  Schiffe  die  Hand  entgegenstreckend. 

Ob  mit  den  Navalia  auch  Schiffswerfte  verbunden  waren,  ist  zweifel- 
haft. Merkwürdig  hierfür  ist  Serv.  ad.  Aen.  XI  326 :  texamus  quidam  ^texa- 
mu8^  proprie  dictum  tradunt,   quia   loca   in  quibus  naves  fiunt,  graece  vav- 

nrjyia,  latine  textrina  dici:  Ennius  dicit:  ideni 
Campus  habet  textrinum  navibus  longis:  naimlia 
enim  non  esse  vavTirjta,  sed  vecoQta.  Aber  es 
bleibt  immer  ungewiss,  ob  mit  dem  campus 
das  Marsfeld  gemeint  ist.  Jedenfalls  ist  nie 
die  Rede  davon,  dass  hier  Schiffe  oder  Flotten 
gebaut  worden  sind. 

Wann    die   Navalia   angelegt   sind,    steht 
nicht  fest.   Zur  Zeit  der  Besiegung  der  Antiaten 
existierten  sie  schon.   In  der  Mitte  des  2.  Jahr- 
hunderts V.  Chr.  wurden  sie,  wie  wir  aus  Cicero 
Abb.  22.  Münze  de»  Antoniims  Pias,     de  orat.  I  14,  62  wisscu,  durch  dou  griechischen 

Baumeister  Hermodorus  neugestaltet,  aber  kein 
Zeichen  spricht  dafür,  dass  sie  etwa  nach  dieser  Zeit  für  die  Entwicklung 
der  römischen  Flotte  von  Bedeutung  gewesen  wären.  Plin.  N.  H.  XXXVI  40 
wird  erwähnt,  dass  wilde  Tiere  aus  Africa  dort  in  Käfigen  sich  befunden 
hätten,  offenbar  nur  vorübergehend.  Aus  dem  alten  Arsenal  scheint  im 
Laufe  der  Zeit  ein  Museum  geworden  zu  sein,  zumal  seitdem  durch  Er- 
richtung der  Aurelianischen  Mauer  die  Navalia  vom  Tiber  abgeschnitten 
waren.  So  nennt  sie  noch  einmal  Prokop,  Goth.  IV  22  als  ev  /Ascr]  %r>  niXft 
gelegen.  Er  sah  in  ihnen  das  Schiff,  mit  dem  Aeneas  nach  Italien  ge- 
kommen sein  sollte. 

Zweimal  ausserdem  werden  die  Navalia  erwähnt:  im  Jahre 
179  V.  Chr.  baute  der  Censor  Fulvius  (Liv.  XL  51)  eine  Porticus  ^post 
navalia^;  Fest.  ep.  p.  179  erwähnt  eine  Navalis  porta  a  vicinia  nava- 
lium  dicta  (p.  178:  [navalis  porta,  item  navalis]  regio,  videftur  utraque 
a    vicinia    navalium    itja    appellafta    esse]).       Ein    Eingangsthor    zu    den 


*)  Liv.  Epit.  XI  berichtet  einfach:  eoque   \   der  Pointe:  (anguis)  in  ripam  Tiberis  egresMs 
(i.  e.  angue)  in  insulam  Tiberis  egresso  und    '   legatis  in  insulam  tranavit. 
Val.  Max.  I  9,  2,    offenbar   mit  Verkennung  | 


6.  Die  Sudtteile  am  Tiber,    a.  Die  Märkte. 


(§  69.) 


203 


Navalia  kann  so  nicht  bezeichnet  werden ;  möglicherweise  führte  ein 
in  der  Vorstadt  extra  portam  Flumentanam  nicht  weit  von  den  Navalia 
befindlicher  Janus  diese  Bezeichnung.  Als  ein  ungelöstes  Ratsei 
muss  auch  nach  der  neuesten  Untersuchung  Hülsen's  das  Fragment 
des  Stadtplans  Form.  urb.  XIII  61  mit  der  Inschrift  NAVALEMFER 
gelten.  1) 

Litteratur:  Ueber  dieHorrea:  Stevenson,  Bull.  d.  Inst.  1880  p.  98;  Hbnzbn,  Bali, 
d.  iDBt.  1885  p.  138,  Rom.  Mitt  1886  p.  42;  Gatti,  Bull.  com.  1885  p.  118,  Rom.  Mitt.  1886 
p.  65  S,;  DB  Rossi,  Abu.  d.  Inst.  1885  p.  223;  Lanciani,  Not.  d.  scavi  1885  p.  156,  475,  527; 
Ancient  Rome  p.  248.  —  üeber  den  Monte  Testaccio:  H.  Deessel,  Ricerche  sul  Monte 
Testaccio,  Ann.  d.  Inst.  1878  p.  118  ff.  und  CIL  XV  p.  491—657. 


>)  Hülsen  hat  in  der  auf  p.  189  Anm.  1 
angeführten  verdienstlichen  Abhandlung  über 
das  Forum  boarium  zu  begründen  versucht, 
dass  es  ausser  den  Navalia  auf  dem  Marsfeld 
noch  ein  Navale  inferius  (so  liest  er 
nach  Pbeller  u.  a.  die  Inschrift)  zwischen 
dem  Forum  boarium  und  der  Porta  Trigemina 
gegeben  habe.  Auf  dem  Plane  ist  dies  Na- 
vale ein  ziemlich  unbedeutendes,  innerhalb 
der  Uferlinie  gelegenes  Rechteck  von  80 
zu  50  m.  Seine  Beweisführung  stützt  sich 
im  wesentlichen  auf  folgende  Punkte : 
1)  Livius  XL  51 :  M.  Fulviu»  locavit  .... 
porticum  extra  portam  Trigeminam  et  aliam 
po8t  navalia  et  ad  fanutn  Herculis  et 
pcst  Spei  ad  Tiberitn  aedetn  ApolHnis 
tnedici  liest  er  et  aliam  post  navalia 
ad  fanum  Herculis,  identifiziert 
fanum  Herculis  mit  der  aedes  rotunda 
H,  am  Forum  boarium  und  schliesst  daraus 
auf  die  Lage  eines  navale  inferius  bei 
demselben.  Abgesehen  von  der  Bedenklich- 
keit der  Textftnderung  ist  zweifelhaft,  ob 
Livius  unter  navalia  hier  etwas  anderes  ge- 
meint haben  kann,  als  er  sonst  darunter  ver- 
steht, jedenfalls  musste  er  in  einer  topo- 
graphischen Notiz  ein  etwa  gemeintes  navale 
inferius  mit  dem  richtigen  Namen  bezeichnen. 
—  2.  Sollen  die  schon  oben  erwähnten  Worte 
des  Prokop,  bell.  Goth.IV22  retogoixoy  nonjcd- 
ficvoi  ol  PiOfxmoi  iy  [xicj^  jp  noXsi  naga 
tijy  rov  TißsQt^og  ox^tjy  zwar  vorzüglich  auf 
das  Forum  boarium  passen,  aber  nicht  zu  ver- 
einigen sein  mit  einer  Lage  bei  Pal&zzo  Far- 
nese,  der  in  extremo  Campo  Martio  gelegen 
sei.  Hierbei  scheint  doch  den  grossen  Zeit- 
räumen, die  in  Betracht  kommen,  nicht  Rech- 
nung getragen  zu  sein.  Prokop  schrieb  im 
6.  Jahrhundert  nach  Christus,  fast  300  Jahre 
nach  Errichtung  der  Aurelianischen  Mauer, 
die,  wie  oben  erwähnt,  auch  die  Navalia  ein- 
schloss.  Ob  bei  ihm  h  fd^ajj  xfi  noXsi  etwas 
anderes  heisseil  kann,  als  innerhalb  der  Aure- 
lianischen Mauer?  Das  Rom  des  Procop  ver- 
hielt sich  zu  dem  Servianischen  etwa  wie  das 
heutige  Berlin  zu  dem  des  grossen  Kur- 
fürsten. Sollte  deshalb  jemand  darauf  kom- 


men, zu  behaupten,  das  in  der  Leipziger 
Strasse  befindliche  Hauptpostamt  liege  nicht 
iy  fiian  rß  ttoAc«?  —  3.  Nimmt  er  die  Stelle 
des  Plutarch  über  die  Rückkehr  des  jüngeren 
Cato  aus  Gypem  für  das  Navale  inferius  in 
Anspruch,  indem  er  annimmt,  die  Magistrate 
seien  ihm  bis  zum  £mporinm  entgegenge- 
kommen, und  dort  sei  er  an  ihnen  vorbei- 
gefahren. Aber  Becker  p.  160  macht  mit 
Recht  darauf  aufmerksam,  dass  man  nach 
alter  Sitte  dem  Zurückkehrenden  bis  an  die 
Grenze  der  Stadt,  also  hier  bis  an  das  Thor 
eni^egenkam  (Plut.  Fab.  18).  —  4.  Auf  der 
Bronze  des  Antoninus  Pius  glaubt  nun  Hülsen 
schliesslich  eine  Darstellung  des  Navale  in- 
ferius erkennen  zu  sollen.  Die  beiden  Bogen 
könnten  keine  Brücke  darstellen,  da  sie  von 
beiden  Seiten  isoliert  seien  und  die  Andeu- 
tung einer  Verbindung  mit  dem  Lande  fehle. 
£r  hält  sie  deshalb  für  eine  Darstellung  der 
Navalia,  indem  er  sich  darauf  beruft,  dass 
auf  den  Münzen  Hadrians  mit  dem  Hafen 
von  Ostia  die  ysaigoixoi  bogenförmige  Ein- 
gänge haben  ,simüe  ad  un  lungo  ponte% 
d.  h.  also,  er  hält  die  Münzdarstellung  wegen 
ihrer  Aehnlichkeit  mit  einer  Brücke  nicht 
für  eine  Brücke,  sondern  für  ein  Navale. 
Und  soll  dies  mitten  im  Tiber  gelegen  haben, 
trotz  dem  Plane?  —  Offenbar  hat  der 
Künstler  sich  nicht  um  das  Ufer  ge- 
kümmert. Entscheidend  ist  das  Schiff.  Dies 
befindet  sich  noch  in  voller  Fahrt  und 
nicht  in  einem  yeoigoixog,  die  Ruder  sind 
in  Thätigkeit,  und  auf  dem  Verdeck,  gei-ade 
unter  dem  Brückenbogen  zum  Vorschein  kom- 
mend, sieht  man  den  Steuermann  oder  den, 
der  den  Ruderern  den  Takt  angibt  H.  Dressel 
(Zeitschr.  f.  Numismatik  1899  p.  82),  der  im 
wesentlichen  Hülsen  beistimmt,  meint,  auch 
die  Insel  sei  auf  der  Münze  nicht  dargestellt, 
sondern  der  Aventin.  —  Ich  muss  nach  alledem 
meinen  beim  ersten  Lesen  der  HöLSSN^schen 
Schrift  empfangenen  und  auf  p.  48  wieder- 
gegebenen Eindruck  modifizieren.  Vgl.  noch 
über  eine  Darstellung  des  Tiberufers  auf  einem 
esquilinischen  Wandgemälde  Hülsen,  Rom. 
Mitteil.  1896,  p.  213  ff. 


204  B.  Topographie  von  Bom. 

b.  Der  Aventin. 

70.  Der  Aventin  iat  durch  ein  ziemlich  tief  eingeschnittenes  Thal 
in  zwei  Hälften  geteilt,  so  dass  Zweifel  darüber  entstanden  sind,  ob  die 
östliche  Hälfte  mit  zu  diesem  Berge  zu  rechnen  sei,  zumal  dieselbe  durch 
die  Augustische  Einteilung  zur  XH.  Region  (Piscina  publica)  kam,  während 
die  westliche  der  XIH.  Region  den  Namen  Aventinus  gegeben  hat.^)  Jedoch 
haben  die  Remuria  und  die  Aedes  bonae  deae  subsaxanae,  die  die  Regions- 
beschreibung in  der  XIL  Region  aufführt,  sicher  auf  dem  Aventin  gelegen. 
Über  die  Herkunft  des  Namens  gab  es  keine  sichere  Tradition.  Varro 
Jj.  L.  V  43  bringt  eine  ganze  Reihe  von  Erklärungen:  Aventinum  aliquot  de 
pausis  dicunt,  Naevius  ab  avibus,  quod  eo  se  ab  Tiberi  ferrent  aves,  alii  ab 
rege  Aventitio  Älbano,  quod  ibi  sit  sepultus,  alii  Aventinum  ab  adventu  ho- 
piinum,  quod  commune  Latinorum  ibi  Dianae  templum  sit  constitutum.  Ego 
niaxime  puto  ab  adventu,  nam  olim  paludibus  mons  erat  ab  9'eliquis  disclusus. 
Vgl.  Liv.  I  3,  Virgil.  Aen.  VII  657  nebst  dem  Kommentar  des  Servius,  Fest, 
p.  19,  dazu  Jordan,  Top.  l*  p.  182.  CIL  XIV  2105  nennt  den  Pagus 
Aventinus. 

Nicht  geringe  Schwierigkeit  bereitet  die  Frage,  warum  bei  den  mit 
Sulla  beginnenden  Pomeriumserweiterungen,  die  den  Zweck  hatten,  den 
Oang  dieser  Linie  mit  der  zunehmenden  Ausdehnung  der  Stadt  in  Über- 
einstimmung zu  setzen,  der  Aventin  lange  Zeit  nicht  berücksichtigt  und 
erst  durch  Kaiser  Claudius  in  das  Pomeiium  eingeschlossen  wurde.  Auch 
hierüber  fehlt  es  an  einer  sicheren  Tradition  aus  dem  Altertum.  Dagegen 
fehlt  es  nicht  an  weit  auseinandergehenden  Erklärungsversuchen  aus  alter 
und  neuer  Zeit.  Gell.  XHI  14  führt  als  Ansicht  des  Messala  an:  quod  in 
eo  monte  Remus  urbis  condendae  gratia  auspicaverü  avesque  inritas  habuerii 
superatusque  in  auspicio  a  Romulo  sü,  Idcirco,  inquit,  omnes,  qui  pomeriutn 
protulerunt,  montem  istum  excluserunt,  quasi  avibus  obscenis  ominosum.  Aus 
der  Natur  des  Pomeriums  scheint  in  der  That  gefolgert  werden  zu  können, 
dass  religiöse  Bedenken  diese  Ausschliessung  veranlassten. 

Der  Aventin,  der  ursprünglich  nur  aus  fortifikatorischen  Oründen  in 
den  Servianischen  Mauerring  aufgenommen  worden  ist  (vgl.  p.  41),  gehört 
zu  den  Teilen  der  Stadt,  die  am  längsten  unbewohnt  waren.  Noch  im 
3.  Jahrhundert  der  Stadt  ist  er  Staatseigentum  und  zum  grössten  Teil 
bewaldet.  So  schildert  ihn  Dionys.  in  43  und  X  31.  Es  war  eine  wesent- 
liche Errungenschaft  der  Plebs,  dass  durch  die  Lex  Icilia  455  v.  Chr.  (Liv. 
ni  31;  Dionys.  X  32)  der  Berg,  soweit  er  nicht  in  festen  Händen  und 
Tempeleigentum  war,  derselben  zur  Bebauung  übergeben  wurde.  Er  ist 
denn  auch  in  Zukunft  vorwiegend  von  der  Plebs  bewohnt  gewesen.  Schon 
vor  seiner  Besiedlung  war  er,  vermutlich  gleich  den  anderen  Hügeln 
durch    eine  Sonderbefestigung    geschützt,*)    öfters    das  Ziel    plebejischer 


0  Zweigipflige  Hflgel  sind  eine  in  der  '  Aventins  gibt  Dionys.  III  43  auf  oxxtaxai&cxd 

.römischen  Campagna  nnd  selbst  unter  den   '  nov  araditoy  xi^y  negifÄergoy,  X  31  auf  ovx 

.stadtrömischen  Bergen   nicht  ungewöhnliche   I  iXdrrtoy  rj  ^dSexa  axa^iüiv  xrjv  negi/iÄetQoy  an. 
Bildung.    Namentlich  bemerkenswert  ist  die   ■  ')  Vgl.  auch  die  Schüderung  bei   Liv. 

[Zweiteilung  beim  Kapitel  (vgl.  p.  116)  und   |  XXVI 10. 
Palatin   (vgl.  p.  159).     Den   umfang   des   | 


6.  Die  Stadtteile  am  Tiber,    b.  Der  Aventin.    (§§  70—71.)  205 

Secessionen;  im  Jahre  121  besetzten  ihn  die  Anhänger  des  C.  Gracchus 
und  versuchten  sich  hier  in  dem  gleich  dem  Gapitolium  ummauerten 
Tempelbezirke  der  Diana  zu  halten.  0 

Auch  auf  diesen  Berg  führte,  wie  auf  das  Kapitel  und  den  Palatin, 
eine  fahrbare  Strasse,  der  Clivus  Publicius.  Derselbe  wurde  im  Jahre 
237  V.  Chr.  von  den  Aedilen  L.  und  M.  Publicius  Malleolus  (Varro 
L.  L.  V  158;  Festus  p.  238;  Ovid  Fast.  V  294)  gebaut  und  mit  Pflaster  ver- 
sehen. Er  begann  an  der  Südwestecke  des  Gircus  Maximus^)  beim  Forum 
boarium  (vgl.  p.  180;  Liv.  XXVII  37)  und  hatte  seinen  Höhepunkt  ver-- 
mutlich  an  dem  Hauptheiligtum  des  Berges,  dem  Tempel  der  Diana.  An 
dem  Clivus  lagen  mehrere  Tempel,  so  beim  Beginn  des  Anstiegs  die 
Tempel  der  Flora  und  der  Ceres  (vgl.  p.  80);  203  v.  Chr.  brannte  der  Clivus 
ab  (Liv.  XXX  26).  Er  muss  damals  eine  eng  bebaute  Strasse  gewesen  sein.  — 
Auf  die  östliche  Hälfte  des  Berges  führte  vermutlich  der  nur  in  der  Regions- 
beschreibung (Xn.  Region)  genannte  Clivus  Delphini.  Im  übrigen  wurde 
der  Aventin,  der  namentlich  nach  dem  Tiber  zu  steil  abfällt,  gleich  dem 
Kapitel  und  dem  Palatin  auf  Treppen  erstiegen;  genannt  werden  in  der 
Itegionsbeschreibung  Reg.  XUI  die  Scalae  Cassi.  —  Der  Name  der  zwi- 
schen den  beiden  Höhen  des  Aventins  zur  Porta  Baudusculana  führenden 
Strasse  steht  nicht  fest.  Nach  Lanciani,  Bull.  com.  1891  p.  211  ist  sie 
im  ersten  Teile  als  Vicus  Piscinae  publicae,  im  zweiten  Teile  als 
Vicus  portae  Raudusculanae  zu  bezeichnen.  —  Genannt  wird  noch 
ein  Clivus  oder  Vicus  Triarii  auf  der  Kap.  Bas.  XII.  Vgl.  Bull.  com.  1887 
p.  290.  Wo  die  porticus  in  Aventinum  extra  p.  Trigeminam  (Liv.  XLI  27) 
zu  suchen  ist,  steht  dahin. 

Die  Ausgrabungen,  die  auf  diesem  Berge  gemacht  worden,  sind  ziem-r 
lieh  geringfügiger  Natur  und  nur  in  einer  Beziehung  von  Bedeutung,  näm-r 
lieh  in  betreff  des  Ganges  der  Servianischen  Mauer,  von  der  an  verschie-? 
denen  Stellen  der  West-  und  Südseite  des  Berges  erhebliche  Reste  zum 
Vorschein  gekommen  sind,  namentlich  das  p.  42  erwähnte  20  Lagen  hohe 
Stück  in  der  ehemaligen  Villa  Maccarani  (Torlonia),  jetzt  frei  an  der  neuen 
über  den  Aventin  führenden  Strasse  liegend;  daneben  sind  einige  unbe- 
stimmbare Gebäudereste  und  Strassenspuren  aufgedeckt  worden,  von  den 
topographisch  interessanten  Punkten  aber  ist  bis  jetzt  nur  wenig  kon- 
statiert worden,  so  dass  die  Beschreibung  sich  auf  die  von  Schriftstellern 
und  durch  Inschriften  überlieferten  Thatsachen  beschränken  muss. 

71.  Heiligtümer  und  Tempel.  1.  Gleich  dem  Palatin  hatte  der 
Aventin  mehrere  Heiligtümer  aufzuweisen,  die  in  die  älteste  sagenhafte 
Zeit  zurückreichen.  Dazu  gehören  die  am  Abhänge  bei  der  Porta  Tri-^ 
gemina  befindlichen  Stätten  der  Cacuslegende  (vgl.  p.  194).  Auf  dem  Berge 
selbst  und  zwar  auf  dem  höchsten  Punkte  der  östlichen  Erhebung  bei 
S.  Balbina  befanden  sich  die  Remuria,  der  Ort,  an  dem  Remus  vor  Gründung 
der  Stadt  die  Anspielen  eingeholt  haben  soll  (Dionys.  1 85  ff.;  Plutarch  Rom.  9). 
Der  Ort  hiess  nach  Ovid  Fast.  V 150  Saxum:  est  moles  nativa  loco,  res  nomina 


>)   Vgl.  MoMMSEN,   Rom.  Geschichte  I      etc.  5  von  der  Aqua  Appia:  incipit  distribui 
p.  123.  Appia  imo  Puhlicii  clivo  ad  porfam  Trige- 


')  Ungenau  Fbontim,  De  aquae  ductibua  ,  minatn. 


206 


B.  Topograph!«  von  Born. 


fecit:  appellant  Saxum,  pars  bona  montis  ea  est.  Huic  Remus  instüerat  frustra  etc. 
Bei  Festus  p.  276  heiest  es:  sed  et  locus  in  summ o  Aventino  Remoria  dicitur, 
ubi  Remus  de  urbe  condenda  fuerat  auspicatus.  Erwähnt  wird  das  Saxum 
auch  bei  Cicero  pro  domo  53,  136:  cum  Licinia,  virgo  Vestalis  summo  hco 
nata,  ....  aram  et  aediculam  et  pulvinar  sub  Saxo  dedicasset  etc.  Wie  man 
sich  die  Beschaffenheit  der  Remuria  zu  denken  hat  (möglicherweise  gleich 
dem  Auguraculum  auf  der  Arx  p.  120)  steht  nicht  fest.  *)  Unterhalb  des  saxum, 
leniter  acclivi  iugo,  befand  sich  die  Aedes  Bonae  Deae  Subsaxanae 
(Notit.  Reg.  XU),  die  nach  Ovid.  Fast.  V  155  von  einer  Vestalin  Claudia 
an  den  Kaienden  des  Mai  dediziert  worden  war;  Augustus'  Gemahlin  Li  via 
stellte  den  Tempel  wieder  her,  Hadrian  hat  ihn  nach  den  Worten  der 
Vita  19:  fecit  et  sui  nominis  pontem  et  sepulchrum  iuxta  Tiberim  et  aedem 
Bonae  Deae  neu  gebaut.  Über  die  Bedeutung  der  Göttin  vgl.  Macrob.  112, 21.*) 
Bei  S.  Balbina  befand  sich  auch  ein  Mithräum  CIL  VI  742. 

2.  Auf  dem  Aventin  befand  sich  ehemals  das  Loretum;  dort 
sollte  der  von  den  Laurentern  erschlagene  Titus  Tatius  begraben 
sein.  So  Varro  L.  L.  V  152,  doch  bringt  derselbe  auch  die  Ableitung  ab 
Silva  laurea  quod  ea  ibi  excisa  et  aedificaUis  vicus.  Die  Bebauung  des 
Ortes  mit  Strassen  bezeugt  auch  Dionys.  III  43.  Die  kapitolinische  Basis 
nennt  einen  Vicus  Loreti  maioris  und  einen  Vicus  Loreti  minoris. 
Im  ersteren  lag  ein  Tempel  des  Vertumnus,  erwähnt  im  Kalender  zum 
13.  Aug.:  Vortumno  in  loreto  maiorCy  CIL  I*  p.  325.  Den  Tempel  nennt 
auch  Fest.  p.  209:  picta  quae  nunc  toga  dicitur,  purpurea  ante  vocitata  est, 
eaque  erat  sine  pictura.  eius  rei  argumentum  est  pidura  in  aede  Vortumni 
et  Consi,  quarum  in  altera  M,  Fulvius  Flaccus,  in  altera  L.  Papirius  Cursor 
triumphantes  ita  picti  sunt  Es  ist  anzunehmen,  dass  die  beiden  Triumpha- 
toren  auch  die  Gründer  der  Tempel  sind.  Demnach  war  der  Tempel  des 
Vertumnus  von  M.  Fulvius  Flaccus  im  Jahre  264  nach  dem  Kriege  gegen 
Volsinii,  woher  der  Gott  stammte  (Prep.  V  2,  3  nee  paenitet  inier  prodia 
Volsinios  deseruisse  focos),  erbaut.  —  Der  mit  ihm  zusammen  genannte 
Tempel  des  Consus,  gegründet  272  v.  Chr.  von  L.  Papirius  Cursor,  lag 
ebenfalls  auf  dem  Aventin,  Kalender  unter  dem  12.  Dezember:  Conso  in 
Aventino y  unter  dem  21.  August:  Conso  in  Aventino  sacrificium^^)  ob  aber 
in  der  Nähe  des  anderen,  ist  nicht  bekannt. 

3.  Auf  der  Höhe  der  westlichen  Hälfte  des  Berges  lag  das  Armi- 
lustrium  (Notit.  Reg.  XIII),  ein  Platz,  auf  dem  am  19.  Oktober  das  gleich- 
namige Fest  gefeiert  wurde  (Varro  L.  L.  VT  22;  Fest.  ep.  p.  19),  über 
dessen  Beschaffenheit  nichts  tiberliefert  ist.*)   Aus  dem  Jahre  207  v.  Chr. 


»)  Vgl.  MoMUBBy,  Die  Remuslegende. 
Hermes  XYI 16. 

•)  Beckeb,  Top.  454,  Top.  in  Rom  II  59. 
ÜBUOHs,  Top.  in  Leipzig  p.  73.  Gilbbht,  Top. 
n  206  flf.  in  445  Anm.  1,  Koscher,  Lexikon 
p.  789  ff 

')  H.  Jobdan,  De  Vortumni  et  Consi 
aedibos  Aventinensibus,  Königsberg  1879. 
AusT,  De  aedibos  sacris  populi  Romani  p.  15 
CIL  1«  p.  836.  326. 


«)  Varro,  L.L.V  153  bringt  eine  Erklä- 
rung des  Wortes:  armüustrum  <$b  ambitu 
lustri,  die  die  Vermutung,  dass  hier  anibi- 
lustrum  zu  lesen  ist,  nahe  legt  Die  folgen- 
den, schwer  verständlichen  Worte  haben  im 
Verein  mit  anderen  Erwägungen  (es  ist 
darin  von  einem  Circus  Metinus  die  Rede) 
GiLBBBT,  Top.  I  p.  131  f.  veranlasst,  armi- 
luatrum  fOr  den  älteren  Namen  des  Circus 
Maximus  zu  halten. 


6.  Die  Stadtteüe  am  Tiber,    b.  Der  Aventin.    (§  71.)  207 

berichtet  Livius  XXVII  37,  dass  es  auf  diesen  Platz  Steine  geregnet  habe. 
Auch  dieser  Ort  wird  (Plut.  Rom.  23)  als  Grabstätte  des  Titus  Tatius  ge- 
nannt. Später  wurde  der  Platz  entweder  ganz  oder  zum  Teil  verbaut. 
Die  kapitolinische  Basis  Reg.  XIU  nennt  einen  Vicus  Armilustri;  der- 
selbe wird  erwähnt  CIL  VI  802,  31069.  Er  lag  östlich  von  S.  Alessio. 
Vgl.  Lanciaui,  Bull.  d.  Inst.  1870  p.  88  (unten  p.  208  f.  Anm.  4). 

4.  Das  Hauptheiligtum  des  Berges  war  der  Tempel  der  Diana.  Nach 
Martial  VI  64, 12  lag  er  auf  der  Seite  über  dem  Circus,  also  da,  wo  der  Clivus 
Publicius  die  Höhe  des  Berges  erreichte,  unweit  von  Sta.  Prisca.  Dieselbe 
Lage  ergibt  sich  aus  VII  73  (vgl.  p.  137).  Der  Überlieferung  nach  war  er 
von  Servius  TuUius  aus  Beiträgen  des  latinischen  Städtebundes  erbaut  und 
galt  als  Bundesheiligtum  (Festus  p.  343;  Liv.  1 45;  Aur.  Vict.  de  vir.  illustr.  7). 
In  demselben  befanden  sich  unter  anderem  das  Foedus  Latinum  und  die 
Lex  Icilia  (Dionys.  IV  26;  X  32)  auf  Erztafeln  aufgezeichnet.  Aus  den 
Worten  des  Dionys  über  ersteres  (IV  26:  avrr]  diä^uivsv  i;  axiqXri  fisxQi 
TTfi  ifitjg  f-hxiag  iv  Tip  %'^g  Ugtäfiiiog  t€Q(7}  xsifiävrj)  muss  geschlossen  werden, 
dass  der  Tempel  bis  in  die  Zeit  des  Augustus  von  Bränden  etc.  verschont 
geblieben  ist.  unter  diesem  wurde  er  nach  Suet.  Aug.  29  durch  L.  Corni- 
ficius  umgebaut.  Das  Fragment  des  Stadtplans  F.  ü.  I  2  soll  nach 
Lanciani,  Bull,  com.  1891  p.  216  ausser  dem  Tempel  der  Minerva  den  der 
Diana  darstellen,  die  Inschrift  sei  zu  ergänzen:  Aedes  Dianas  Cornificia. 
Die  Ergänzung  ist  wegen  der  Stellung  der  Buchstaben  (vgl.  p.  156 
Anm.  2)  ansprechend.  Martial  VII  73,  1  und  XII  18,  3  nennt  nach 
diesem  Tempel  den  Aventin  collis  Dianae.  Eine  wichtige  politische 
Rolle  spielte  der  Tempel,  der  nach  Fest.  p.  343  (servorum  dies  festus 
vulgo  existimatur  Idus  Aug.,  quod  eo  die  Ser,  Tullius,  natus  servus,  aedetn 
Dianae  dedicaverit  in  Aventino)  ein  Zufluchtsort  der  Sklaven  war,  im 
Aufstand  des  C.  Gracchus.  Oros.  V  12:  Flaccus  duobus  filiis  armatis 
cinctus  comitante  etiam  Graccho  togato  brevemque  gladium  sub  sinistra  occul- 
tante  quamvis  et  praeconem  frustra  praemississet,  qui  servos  ad  libertatem 
vocaret,  Dianium  tanquam  arcem  occupavit,  vgl.  Appian  b.  c.  I  26; 
Plut.  C.  Gracchus  16.  Zu  neuer  Bedeutung  gelangte  er  durch  Augustus 
dadurch;  dass  der  Diana  bei  der  Säkularfeier  neben  dem  Apollo  Palatinus 
die  Hauptfeier  des  dritten  Tages  galt.  Vgl.  Acta  lud.  saecul.  Aug.  10.  Eph. 
epigr.  Vffl  p.  227. 

5.  Die  Tempel  der  Juno  Regina,  der  Minerva  und  des  Jupiter 
Libertas.  —  a.  Die  Gründung  des  Tempels  der  Juno  Regina  wird  auf 
Camillus  zurückgeführt,  der  nach  Liv.  V  22  nach  der  Eroberung  von  Veji 
das  Holzbild  {^oavov  Dionys.  XTTT  3)  der  Göttin  aus  ihrem  Tempel  in  Veji 
nach  Rom  brachte  und  in  einem  von  ihm  auf  dem  Aventin  erbauten 
Tempel  aufstellte  (integramque  in  Aventinum,  aeternam  sedem  suam,  quo 
Vota  Romani  didatoris  vocaverant,  perlatam,  ubi  templum  ei  postea  idem  qui 
voverat  Camillus  dedicavit).  Die  Lage  des  Tempels  in  der  XIH.  Region 
ergibt  sich  aus  Liv.  XXVII  37,  der  eine  sich  zu  ihm  bewegende  Procession 
beschreibt:  a  porta  (Carmentali)  Jugario  vico  in  forum  venere.  In  foro 
pompa  constitü  ....  inde  vico  Tusco  Velabroque  per  Boarium  forum  in  clivum 
Publidum  atque  aedem  Junonis  Reginae  perredum.    Im  Jahre  218  v.  Chr. 


208  B*  Topographie  von  Born. 

widmeten  die  Römischen  Frauen  der  Juno  ein  ehernes  Standbild  (Liv. 
XXI  62).  Der  Tempel  ist  nach  Mon.  Ancyr.  IV  6  von  Augustus  neu  gebaut 
(feci  vgl.  p.  138  Anm.  1).  Er  wird  ausserdem  genannt  CIL  VI  364.  365.  — 
b.  Schon  im  zweiten  punischen  Kriege  existierte  der  Tempel  der  Minerva. 
Festus  p.  333  berichtet  über  ihn:  cum  Livius  Ändronicus  hello  Funico  secundo 
scripsisset  Carmen,  quod  a  virginibus  est  cantatum,  quia  prosperius  respublica 
populi  Romani  geri  coepta  est,  publice  attributa  est  in  Aventino  aedes  Mnervae^ 
4n  qua  liceret  scribis  histrionibusque  consistere  ac  dona  ponere  in  honoretn 
Livi,  quia  is  et  scribebat  fabulas  et  agebat.  Seit  dieser  Zeit  hatten  die 
scribae  und  histriones,  die  in  Livius  Ändronicus  den  Stifter  ihrer  Zunft 
verehrten,  hier  ihr  Amtslokal. *)  Als  Stiftungstag  geben  die  Pränestiner 
Fasten  den  19.  März  an:  Ärtificum  dies,  quod  [Minervae]  aedis  in  Aventino 
eo  die  est  [dedicata].  Dasselbe  sagt  Festus  p.  257.  Vgl.  CIL  P  p.  312  und 
Ovid.  Fast.  III  809.  Derselbe  sagt  VI  722  vom  19.  Juni  (in  den  Fasten 
Minervae  in  Aventino)  coepit  Aventino  Pallas  in  arce  coli.  Mommsen,  CIL  I* 
p.  320  will  diese  Worte  auf  die  Gründung  eines  Altars  beziehen,  Aust, 
De  aed.  sacr.  p.  42  auf  die  Keugründung  durch  Augustus,  der  nach  dem 
Mon.  Ancyr.  IV  6  auch  diesen  Tempel  wiederhergestellt  hat.  Die  Sache 
ist  nicht  völlig  klar.  Der  Tempel  war  sechssäulig;  er  ist  dargestellt 
auf  der  Form.  Urb.  fr.  2  und  müsste,  wenn  die  oben  angeführte  Ver- 
mutung Lanciani's  (p.  207)  richtig  wäre,  nicht  weit  vom  Tempel  der  Diana 
gelegen  haben.  Diese  Lage  wird  durch  Orosius  V  12  bestätigt,  wonach 
Gracchus,  aus  dem  Dianeum  vertrieben,  sich  zunächst  in  den  Tempel  der 
Minerva  zurückzog.  In  der  Regionsbeschreibung  werden  beide  Tempel 
zusammen  genannt:  templum  Dianae  et  Minervae.  —  c.  Nur  im  Monumentum 
Ancyranum  und  zwar  in  Verbindung  mit  den  beiden  eben  behandelten  Tem- 
peln wird  genannt  der  Tempel  des  Jupiter  Libertas:  aedes  Minervae  et 
Junonis  reginae  et  Jovis  Libertatis  in  Aventino  ....  feci.  Es  scheint  kein  Zufall 
zu  sein,  dass  die  kapitolinische  Göttertrias  sich  hier  auf  dem  Aventin  (wie 
auch  auf  dem  Quirinal)  befand,  freilich  nicht  wie  dort  in  einem  Tempel 
vereinigt,  sondern  in  drei  vermutlich  nebeneinander  liegenden  Tempeln.*) 
Ihre  topographische  Zusammengehörigkeit  und  damit  ihre  Lage  in  der 
Nähe  des  Tempels  der  Diana  oberhalb  oder  am  Clivus  Publicius  (p.  203) 
geht  auch  aus  der  Aufzählung  im  Monumentum  Ancyranum  hervor. 

6.  Das  einzige  Heiligtum,  das  man  der  Lage  nach  mit  Sicherheit  glaubt 
bestimmen  zu  können,  ist  das  des  Jupiter  Dolichenus,^)  eines  aus  der 
Stadt  Doliche  in  Syrien  nach  Rom  übertragenen  Gottes  (Pbeller,  Myth. 
11^  404  flf.),  in  der  Notitia  unter  dem  Namen  Dolocenum  aufgeführt.  Eis 
lag  bei  S.  Alessio;  dort  ist  eine  Anzahl  auf  den  Kultus  des  Gottes  hfy- 
züglicher  Inschriften  gefunden  worden  (CIL  VI  366,  406—413).*) 

')  Vgl.  Pbbllbb,  Rom.  Myth.  P  p.  291  f.   |  bezüglichen   InschHiPleki  VtiÄ  Bsquüiii,    der 
!1  lA'  l^^^^^y  ^P^-  «Pi«'- 1  P-  287.  Name  Dolocenum  hat  nicht»  toit  dem  Namen 

1  Z^'  I^J^ciANi,  Bull.  com.  1893  p.  5  ff.  !  des  GotteB  m  thun,  sondern  soll,  aus  dolium 
'^      *  *  uud  cenutn  ssusammengesetzt,   eine  Bezeich- 

nung für  den  Mons  testaceus  sein.  Unter 
S.  Alessio  sind  Gebändereste  gefunden,  die 
in  der  untersten  Schicht  aus  republikanischer 
Zeit  stammen,  während  der  Kult  des  Boli^ 


j     »  ^A,  ±JAa\Ji./kak,    XJUll.  UUIU.    X090  p.  O  U. 

*)  Zu  ganz  abweichenden  Resultaten  aber 
diesen  Tempel  kommt  Luoabi,  IL  Dolocenum 
della  Xm  regione,  Bull.  com.  1893  p.  228 
bis  243.  Nach  ihm  stammen  die  bei  8.  Ales- 
sio gefundenen,  auf  den  Jupiter  Dolichenus 


6.  Die  Stadtteile  am  Tiber,    b.  Der  Aventin.    (§  72.) 


209 


7.  Der  Tempel  der  Luna.  Er  lag  an  der  nördlichsten  Spitze  des 
Aventin  oberhalb  der  Porta  Trigemina.  Das  ergibt  sich  aus  der  Schil- 
derung der  Flucht  des  C.  Gracchus  bei  Aur.  Vict.  de  viris  illustr.  65: 
armata  famüia  Äventinum  occupavit.  Tibi  ah  Opimio  victuSf  dum  a  templo 
Lunae  desiliit,  talum  int07'8Ü,  et  Pomponio  amico  apud  portam  Trigeminam, 
P.  Laetorio  in  ponte  sublicio  persequentibus  resistente,  in  lucum  Furrinae 
pervenit.  Da  er  nach  OrosiusY  12  sich  in  dem  Tempel  der  Diana  ver- 
schanzt hatte  (siehe  oben  p.  207),  so  ging  nach  Eroberung  desselben 
durch  die  auf  dem  Clivus  Publicius  anrückenden  Feinde  seine  Flucht 
über  den  Tempel  der  Luna  den  steilen  Abhang  zur  Porta  Trigemina 
hinab  und  über  den  zunächst  zu  erreichenden  Pens  sublicius.  Nach  Orosius 
a.  a.  0.  wich  Gracchus  vom  Tempel  der  Diana  zunächst  in  den  wahr- 
scheinlich dicht  daneben  liegenden  (siehe  oben)  der  Minerva,  während 
die  beiden  Flaccus  ihren  Tod  finden:  cum  per  aedem  Lunae  in  privatam 
domum  desüuissent  foresque  obiecissent,  rescisso  craticio  pariete  confossi  sunt. 
Mit  dieser  Lage  des  Tempels  vereinigt  sich  auch  das  Prodigium  des  Jahres 
182  V.  Chr.,  in  welchem  nach  Livius  XL  2  ein  Sturm  forem  ex  aede  Lunae 
quae  in  Aventino  est  raptam  tulit  et  in  posticis  parietibus  Cereris  templi  adfixit. 
Der  Thürflügel  ist  den  steilen  Abhang  hinabgerollt.  -—  Der  Tempel  war  nach 
Tac.  Ann.  XV  41  von  Servius  TuUius  gegründet  und  wurde  im  Neronischen 
Brande  zerstört.  Nach  Vitruv.  V  5,  8  stellte  bei  diesem  Tempel  Mummius 
Schallgefässe  aus  dem  Theater  von  Eorinth  de  manubiis  auf.  Stiftungstag 
war  der  31.  März:  Ovid.  Fast.  HI  883  f.,  CIL  I«  p.  314. 

8.  Ausserdem  werden  noch  von  Heiligtümern  auf  dem  Aventin  ge- 
nannt: a.  ein  Tempel  der  Libertas  (Fest.  ep.  p.  121),  der  von  Ti.  Sem- 
pronius  Gracchus,  dem  Vater  des  Siegers  von  Benevent,  gegründet  war.  Der 
Sohn  Hess  im  Jahre  214  v.  Chr.  den  Tempel  mit  einem  Gemälde  schmücken, 
das  sich  auf  jenen  Sieg  bezog  (Liv.  XXIV  16).  —  b.  eine  Ära  Jovis  Elicii, 
deren  Gründung  von  Liv.  I  20  auf  Numa  zurückgeführt  wird,  erwähnt 
Ovid.  Fast.  III  328  und  Varro  L.  L.  VI  95.  Der  missglückte  Versuch,  die 
von  Numa  vorgeschriebenen  Opfer  an  diesem  Altare  zu  bringen,  kostete 
nach  Liv.  I  31  dem  Könige  TuUus  Hostilius  das  Leben.  —  c.  eine  Ära 
incendii  Neroniani,  wie  sie  vermutlich  in  allen  Regionen  aufgestellt 
waren:  CIL  VI  826,  Rom.  Mitt.  1894  p.  94  flf.  —  d.  ein  Sacellum  Silvani 
bei  S.  Saba.     Vgl.  CIL  VI  673  und  Eph.  epigr.  IV  p.  268  Nr.  755. 

72.  Profanbauten.  Der  oben  (p.  204)  erwähnte  plebejische  Charakter 
des  Berges  macht  es  erklärlich,  dass  wir  nur  wenige  Privatbauten  und 
Wohnungen  bekannter  Männer  hier  finden.  Aus  der  Überlieferung  sind 
folgende  bekannt:  1.  Nach  Hieronymus  ad  Euseb.  a.  Abr.  1777*)  wohnte 
der  Dichter  Q.  Ennius  „in  monte  Aventino  parco  admodum  sumptu  con- 
tentus  et  unius  ancülae  ministerio".  —  2.  Nach   der  Regionsbeschreibung 


chenns  erst  im  2.  Jahrb.  n.  Chr.  in  Rom  ein- 
gefOhrt  ist.  An  der  Stelle  dieser  Kirche  habe 
vielmehr  entweder  das  Armilustrium  (das 
der  Verfasser  trotz  Livins  XXVII  57  fOr  ein 
Gebftnde  zu  halten  scheint)  gelegen  oder  das 
Hans  der  Cornelii  Repentini,  deren  Name 


sich  aof  einer  bei  S.  Alessio  gefundenen 
Wasserrohre  gefanden  hat  etc.  Das  Haus 
soll  dann  durch  Erbschaft  in  den  Besitz  der 
Potiti  gekonunen  sein. 

*)  vgl.  Sneton  y.  Rbiffebsohbio  p.  24. 


Handbnch  der  kUM.  AltertnmawlBMiuMhan.  ni,  8,  B.    S.  Aufl. 


14 


210 


B.  Topographie  von  Born. 


lagen  hier  die  Privata  Traiani,  das  Haus,  in  dem  Trajan  wohnte,  ehe 
er  Kaiser  wurde.  —  3.  Neben  dem  Tempel  der  Diana  (Mart.VI  64,  13 
laudat  Aventinae  vidnus  Sura  Dianae)  lag  das  Haus  des  Licinius  Sura, 
des  intimen  Freundes  des  Trajan  (vgl.  Dio  Cass.  LXVDI 15).  Dieser  er- 
baute auf  dem  Aventin  Bäder  {bainea  oder  thennae),  von  denen  ein  Teil 
auf  Form.  Urb.  Taf.  IX  fragm.  41  mit  der  Inschrift  BAL.  SVRAE  dar- 
gestellt ist.  Die  Reste  glaubte  Gakina,  Roma  ant.  p.  533  unter  S.  Prisca 
gefunden  zu  haben  (vgl.  Lanciani  im  Bull.  com.  1878  p.  253).  Nach  Aur. 
Vict.  Epit.  13  soll  sie  nicht  Sura,  sondern  Trajan  diesem  zu  Ehren  gebaut 
haben:  hie  ob  honorem  Surae,  cuius  studio  itnperium  arripuerat,  lavacra  con- 
didit  —  4.  Zusammen  mit  den  Thermen  des  Sura  nennt  die  Regions- 
beschreibung die  Thermae  Decianae.  Im  Chron.  von  354  heisst  es  unter 
Decius:  hoc  imperatore  thermae  Commodianae  dedicatae  sunt,  wofür  vermut- 
lich Decianae  zu  lesen  ist.  Der  Name  findet  sich  auf  dem  Halsband 
eines  Sklaven,  wo  er  zugleich  mit  dem  auf  dem  Aventin  befindlichen  Hause 
des  Potitus  genannt  wird:  fugitibus  so  revoca  me  in  Aventino  in  domu 
Potiti  V.  c.  ad  Decianas  (vgl.  Bull.  com.  1887  p.  366  und  1893  p.  240).  Den 
Bau  der  Thermen  bezeugt  auch  Eutrop.  TX  4.  Sie  lagen  vielleicht  bei 
S.  Alessio.  Vgl.  p.  208  Anm.  2,  Jordan,  Top.  H  p.  104.  —  5.  Die  Pri- 
vata Hadriani  nennt  die  Regionsbeschreibung  Reg.  XII,  sie  werden  auch 
erwähnt  Vita  M.  Aurelii  5.  Visconti,  Bull.  d.  Inst.  1859  p.  15  sucht  sie  bei 
S.  Balbina.  Hülsen  setzt  sie  auf  seiner  Forma  ürbis  H  südlich  von  S.  Saba 
an.  —  6.  Die  Domus  Cilonis,  erwähnt  in  der  Notitia  Reg.  XH,  darge- 
stellt zum  Teil  auf  Form.  Urb.  fragm.  43.  Cilo  war  ein  unter  Septimius 
Severus  und  Garacalla  angesehener  Mann.  Von  Septimius  heisst  es  Aur. 
Vict.  Epit.  20:  in  amicos  inimicosque  pariter  vehemens  (?);  quippe  qui  Laie- 
ranuMj  Cilonem,  Anutinum,  Bassum  ceterosque  alios  ditaret,  aedibus  quoque 
memoratu  dignis^  quarum  praecipuas  videmus,  Parthorum  quae  dicuntur  ac 
Laterani.  Im  Jahre  1859  fand  man  eine  Wasserröhre  mit  der  Inschrift 
(L.  F.)  ABI.  CHILONIS.  PRAEF.  VRB.  bei  S.  Balbina  und  glaubt,  das 
Haus  hier  suchen  zu  sollen.*)  —  7.  Die  Domus  Cornificiae  wird  Reg.  XII 
in  der  Notitia  erwähnt.  Die  Frage,  ob  sie  auf  dem  Fragment  der  Forma 
UrbisI2  dargestellt  ist,  erledigt  sich  durch  das  oben  p.  207  Gesagte.  —  8.  Über 
die  Domus  Maximi  Mart.  VII  73;  vgl.  p.  137.  —  9.  Tac.  Hist.  DI  70  sagt 
Sabinus  zu  Vitellius:  cur  enim  e  rostris  fratris  domum,  imminentem  foro  et 
irritandis  hominum  oculis,  quam  Aventinum  et  penates  uxoris  petisset? 
Bekannt  ist  über  diese  Häuser  weiter  nichts.  —  10.  Die  Mappa  aurea, 
Notit.  Reg.  Xin,  lag  über  dem  Circus  (mappa  ist  das  Tuch,  mit  dem  das 
Zeichen  zum  Beginn  der  Spiele  gegeben  wurde)  und  war  vielleicht 
der  Name  eines  auf  diesen  zuführenden  Vicus.  Erwähnt  wird  dieser 
auch  auf  einem  Sklavenhalsband  (Bull.  com.  1887  p.  265):  tene  me  et  reboca 
me  Aproniano  Palatino  ad  mappa  aurea  in  Aventino  quia  fugi.  —  11.  Sicher 
eine  Strassenbezeichnung  ist  Platanonis  Notit.  Reg.  XHI,   wozu  vicus 


>)  Visconti,  BuU.  d.  Inst.  1859  p.  164. 
Lavciaki,  Silloge  Nr.  167,  ders.  Avanzi 
della  domus  Cilonis  nella  regione  XII-- XIIT 


di  Roma,  Not.  d.  scavi  1884  p. 
XV  7448. 


—  CIL 


a.  Die  Stadtteile  am  Tiber,    c.  Die  Vorstädte  im  Süden  des  Marefeldee.  (§  73.)    211 

zu  ergänzen  ist.  Dasselbe  vermutet  Jordan,  Top.  II  p.  38  betreffs  der 
nymphea  tria  der  Begionsbeschreibung;  er  will  dafür  nymphas  tres 
lesen. 

c.  Die  Vorstädte  im  Süden  des  Harsfeldes. 

73.  unter  Marsfeld  (Campus  Martins)  im  weitesten  8inne  bat  man 
das  Feld  zu  verstehen,  das  im  Osten  von  den  Hügeln  Roms:  dem  Kapitol, 
dem  Quirinal  und  dem  Pincio,  auf  der  anderen  Seite  von  dem  weit  nach 
Westen  ausbuchtenden  Tiber  eingeschlossen  ist.  Ursprünglich  war  es 
ganz  von  städtischem  Anbau  frei,  die  Sage  verlegt  hierher  die  Äcker 
der  Tarquinier  (Juv.  VI  524  f.  superbi  .  .  .  regis  agrum)  und  nimmt  an, 
dass  es  nach  ihrer  Vertreibung  dem  Mars  geweiht  sei  (Liv.  II  5;  Plut. 
Popl.  8;  Dionys.  V  13;  Schol.  zu  Juv.  II 132;  vgl.  Servius  Aen.  IX  272). 

In  historischer  Zeit  sehen  wir  das  Gebiet  des  Marsfeldes  erheblich 
eingeschränkt.  Teils  finden  wir  grosse  Strecken  im  Privatbesitz,  wie  die 
Prata  Flaminia  (Liv.  III 54:  quem  nunc  drcum Flaminium  appellant,  63;  ubi 
nunc  aedes  Apollmis  est  Bei  Varro  LL.  V 154  heissen  sie  Flaminius  campus) 
vor  dem  Garmentalischen  Thor,  teils  entstehen  längs  der  zu  den  Thoren 
der  Stadt  hinausführenden  Strassen  Vorstädte,  die  sich  immer  weiter 
hinausschieben,  wie  die  extra  portam  Flumentanam;  sie  dehnte  sich 
nach  dem  Flussufer  und  an  diesem  entlang  bis  zu  den  Navalia  (vgl.  p.  199) 
aus.  Die  niedrigere  Lage  am  Flusse  bezeugen  mehrfache  Nachrichten, 
dass  bei  Überschwemmungen,  welche  die  „plana  urbis^  trafen,  vornehmlich 
die  Vorstadt  extra  portam  Flumentanam  getroffen  worden  sei.  Erwähnt 
wird  bei  Livius  VI  20  ein  extra  portam  Ilumentanam  gelegener  Lucus 
Petelinus,  in  dem  bei  dem  Prozess  gegen  Manlius  sich  die  Centurien 
versammelten;  nach  Liv.  Vn41  wird  in  demselben  Haine  über  einen  Militär- 
aufstand verhandelt.  Seine  Lage  ist  fraglich  (vgl.  Mommsen,  R.  F.  U  192). 
Besser  sind  wir  orientiert  über  das  Aesculetum,  einen  in  der  Nähe 
des  Tiber  gelegenen  Hain,  den  Varro  LL.  V  152  nennt,  und  über  den 
Plin.  N.  H.  XVI  37  berichtet:  Q.  Hortensius  dictator  cum  plebes  secessisset  in 
Janiculum,  legem  in  Aesculeto  tulit,  ut  quod  ea  iussisset,  omnes  Quirites 
teneret.  Offenbar  hängt  damit  der  Vicus  Aescleti  =  Aesculeti  zusammen,  der 
auf  einer  an  Ort  und  Stelle,  in  der  Via  Arenula  unweit  des  modernen 
Ponte  Garibaldi  gefundenen  Aia  genannt  wird  (Rom.  Mitt.  1889  p.  263  ff.). 

Wahrscheinlich  vor  der  Porta  Fontinalis  lag  die  Vorstadt  Aemi- 
liana.  Diese  und  die  extra  p.  Fl.  werden  von  Varro  R.  R.  IH  2  genannt: 
nam  quod  extra  urbem  est  aedificium,  nihilo  magis  ideo  est  viUa  quam  eorum 
aedifida,  qui  KaUtant  extra  portam  Flumentanam  aut  in  Aemüianis,  Die  Stellen; 
in  denen  sonst  noch  die  Aemiliana  genannt  werden,  geben  über  ihre  Lage 
kaum  genügenden  Aufschluss.  Sueton.  Claud.  18  heisst  es:  cum  Äemüiana 
pertinacius  arderent,  in  diribitorio  (p.  232)  duabus  noctibus  mansit,  was  zu  der 
angenommenen  Lage  vor  der  Porta  Fontinalis  passt.  Nach  Tac.  Ann.  XV  40 
brach  der  Neronische  Brand,  nachdem  er  sechs  Tage  gewütet  hatte,  aber- 
mals praediis  Tigellini  Äemilianis  aus;  die  Schilderung  der  Ausbreitung 
dieses  zweiten  Brandes:    patulis  magis  urbis  locis,  eoque  strages  hominum 

14* 


212 


B.  Topographie  von  Bom. 


minor:  delubra  deum  et  porticus  amoenitati  dicatae  latius  proddere  weisen 
auf  die  Nähe  des  Marsfeldes  hin. 

Vor  der  Porta  Carmentalis  war  durch  die  Anlage  des  Forum 
holitorium  (p.  192)  schon  früh  ein  Ausgangs-  und  Mittelpunkt  städtischer 
Ansiedlung  geboten;  enge  Quartiere  mit  einer  plebejischen ^  von  Gewerbe 
und  Kleinhandel  lebenden  Bevölkerung  entstanden  hier  eins  neben  dem 
andern  und  gaben  der  Gegend  den  winkligen,  schmutzigen  Charakter,  der 
ihr  durch  so  viele  Wandlungen  der  Geschichte  bis  zum  heutigen  Tage 
geblieben  ist. 

74.  Circus  Flaminius.  1.  Einen  besonderen  Aufschwung  nahm 
diese  Gegend,  als  auf  den  Prata  Flaminia  im  Jahre  221  v.  Chr.  der 
Circus  Flaminius  errichtet  wurde.  Liv.  ep.  XX:  C  Flaminius  censor  (der 
unglückliche,  in  der  Schlacht  am  Trasimenischen  See  gefallene  Feldherr) 
viam  Flaminiam  muniü  et  circum  Flaminium  exstruxit  (Fest.  ep.  p.  89).  Er 
diente  zur  Abhaltung  der  ludi  plebei  (Yal.  Max.  I  7,  4)  und  der  ludi  Taurii, 
nach  Fest.  p.  351  instituti  dis  inferis;  vgl.  Varro  LL.  V  154.  Auch  Ver- 
sammlungen (contiones)  fanden  hier  statt  (Cic.  ad  Att.  I  14,  pro  Sestio  38, 
p.  red.  in  sen.  13  u.  17,  Liv.  XXVH  21).  Nach  Dio  Cassius  LV  2  hielt 
Augustus  im  Jahre  9  v.  Chr.  seinem  Stiefsohn  Drusus  im  Circus  Flaminius 
die  Leichenrede,  während  Tiberius  auf  dem  Forum  redete.  Die  Reste  des 
Circus  sind  sehr  dürftig,  ^)  auf  Form.  Urb.  fr.  27  findet  sich  ein  Teil  der  Inschrift. 

Die  in  der  Not.  Reg.  IX  erwähnten  Stabula  lY  factionum,^)  in 
denen  die  Rosse  für  die  Circusspiele  standen,  lagen  auf  dem  Marsfeld  in 
der  Nähe  des  Circus  Flaminius;  sie  dienten  aber  auch  für  den  Circus 
Maximus,  in  dessen  Nähe  von  Ställen  nichts  bekannt  ist.  Nach  der 
Notitia  waren  es  acht,  nach  dem  Curiosum  sechs  «tabula.  Nach  Tac. 
Hist.  II  94  wurden  unt^r  Vitellius  neue  Stabula  errichtet.  Die  allein 
nachweisbaren  Stabula  factionis  prasinae  lagen  bei  der  Kirche 
S.  Lorenzo  in  Damaso,  die  den  Beinamen  in  prasino  führte.  Daselbst  ist 
die  Inschrift  CIL  VI  10058  und  in  der  Nähe  eine  Wasserleitungsröhre  ge- 
funden (CIL  XV  7254),  die  die  Factio  prasina  erwähnen.  Von  Caligula, 
dessen  Vorliebe  für  diese  Factio  gross  war  (Dio  Cass.  LIX  14),  heisst 
es  Suet.  55:  prasinae  factioni  ita  addictus  et  deditus,  ut  cenaret  in  stabulo 
assidue  et  maneret. 

Neben  dem  Circus  Flaminius  befanden  sich  die  bei  Cicero  pro  Roscio  7,18 
erwähnten  Balneae  Pallacinae  und  der  gleichnamige  Vicus.»)  CIL  VI 
9713  wird  ein  nummularius  de  circo  Maminio  genannt. 

2.  Aedes  Apollinis.  Der  Circus  war  nicht  das  erste  Bauwerk,  welches 
auf  den  Prata  Flaminia  errichtet  wurde.  Schon  zur  Zeit  der  Dezemvirn,  als 
sich  die  ersten  Häuserreihen  vor  die  Porta  Carmentalis  schoben,  befand  sich 
an  der  zum  Marsfeld  führenden  Strasse  ein  Apollinisches  Heiligtum, 


0  A.  FuLYiüs,  De  nrbis  antiquitate  p.  294. 

*)  In  der  Regel  rannten  vier  Wagen 
um  die  Wette,  die  von  vier  factianes  ge- 
stellt wurden.  Sie  trugen  Abzeichen  und 
Farben:  weiss  (albatä),  rot  {russea),  blau 
(veneta),  grOn  (prasina);  die  beiden  letzteren 
kamen  erst  bei  Beginn  der  Eaiseneit  auf, 


Domitian  fügte  yorftbergehend  eine  goldene 
(aurata)  und  purpurne  {purp%irea,  Martud 
XIV  50)  hinzu,  sie  gingen  aber  bald  wieder 
ein.  In  späterer  Zeit  sind  die  Ordnen  und 
die  Blauen  die  Hauptfaktionen.  YgL  Fbied- 
LÄNDBB,  Sittengeschichte  11  p.  808  ff. 
•)  Vgl.  JoBDA»,  Hermes  II  76. 


6.  Die  Stadtteile  am  Tiber,  e.  Die  Vorstädte  im  Süden  des  Marafeldes.  (§  74.)    213 


ein  Hain^  oder  ein  Altar.  Liv.  III  63  berichtet  aus  dem  Jahre  449  v.  Chr.: 
consules,  ne  criminationi  locus  esset,  in  prata  Flaminia,  ubi  nunc  a^des 
Apollinis  est  —  iam  tum  Apollinare  appellabant  —  avocavere  senatum.  Der  Bau 
eines  Tempels  des  Apollo  an  dieser  Stelle  wurde  nach  Liv.  lY  25  im 
Jahre  433  v.  Chr.  bei  Gelegenheit  einer  Pest  pro  valetudine  populi  gelobt 
(daher  ihn  auch  Liv.  XL  51  Apollo  medicus  nennt)  und  im  Jahre  429 
(Liv.  IV  29)  vollendet.  Der  Konsul  Cn.  Julius  dedizierte  ihn.  Nach 
Asconius  in  or.  in  toga  Candida  115  war  dies  der  einzige  Apollotempel, 
den  es  vor  dem  Bau  des  Palatinischen  Tempels  (p.  146)  in  Rom  gegeben 
hat.  Er  lag  nach  seiner  Beschreibung  ea^ra  portam  Carmentalem  inter 
forum  holitorium  et  circum  Ilaminium.  Diese  Angabe  ist  durch  die  Aus- 
grabungen bestätigt  worden.  Reste  des  Tempels  sind  bei  Piazza  Campi- 
telli  unweit  des  Marcellustheaters  entdeckt  worden.^)  Von  diesem  heisst 
es  denn  auch  im  Mon.  Ancyr.  IV  22:  theatrum  ad  aedem  Apollinis  in  solo 
magna  ex  parte  a  privatis  empto  feci,  und  dieselbe  Bestimmung  kehrt  im 
Kalender  wieder:  CIL  I*  p.  339  (die  incerto)  Apollini  Latonae  ad  theatrum 
Marcelli.  —  Eine  Restauration  des  Tempels  scheint  durch  C.  Sosius,  den 
Konsul  des  Jahres  32  v.  Chr.,  der  zur  Zeit  des  Triumvirates  Präfekt  von 
Syrien  und  Cilicien  war,  stattgefunden  zu  haben.  (Eine  andere,  viel  spätere 
Restauration,  356—359  n.  Chr.,  scheint  sich  aus  CIL  VI  45  zu  ergeben.) 
Auf  diesen  Tempel  bezieht  sich  Plin.  N.  H.  XIII  53:  Cedrinus  est  Romae 
in  delubro  ApoUo  Sosianus  Seleuda  advectus  und  XXXVI  28  haesitatio  est  in 
templo  Apollinis  Sosiani,  Niobae  liberos  morientes  Scopas  an  Praxiteles  fecerit. 
In  dem  Tempel  befanden  sich  nach  Plin.  N.  H.  XXXVI  34  ausser  Apollo 
auch  Statuen  der  Latona,  der  Diana  und  der  Musen;  die  Verehrung  der 
Latona  geht  auch  aus  CIL  V  p.  339  hervor.  Die  bekannte  Niobegruppe 
scheint  den  Giebel  geschmückt  zu  haben.  ^)  Bilder  im  Tempel  erwähnt 
Plin.  N.  H.  XXXV  99.  —  Der  extra  pomerium  gelegene  Tempel  ist  am 
bekanntesten  durch  zahlreiche  Berichte  über  Senatssitzungen,  die  hier  ab- 
gehalten wurden.  So  im  Jahre  194  v.  Chr.  für  die  Gesandten  des  Tyrannen 
Nabis  (Liv.  XXXIV  43),  189  v.  Chr.  für  den  einen  Triumph  nachsuchenden 
L.  Aemilius  Regillus  (Liv.  XXXVII  58),  187  v.  Chr.  aus  gleichem  Grunde 
für  M.  Fulvius  (Liv.  XXXIX  4),  176  v.  Chr.  für  die  Gesandten  des  in 
•  Sardinien  weilenden  Ti.  Sempronius  (Liv.  XLI 17).  Cic.  ad  Q.  fr.  11  3  erzählt 
aus  dem  Jahre  56  v.  Chr. :  a.  d.  VII  Id.  Febr.  senatus  ad  Apollinis  fuit,  ut 
Pompeius  adesset  ...  a.  d.  VI  id.  Febr.  ad  Apollinis  senatus  consultum 
factum  est. 

Aus  der  Zeit  Sullas  erzählt  Cicero  in  tog.  cand.  (Ascon.  p.  115)  quod 
Caput  (i.  e.  M.  Marii)  etiam  tunc  plenum  animae  et  spiritus  ad  Sullam  usque 


0  Pbbllbb,  Myth.  I»  p.  303. 

»)  Lanoiani  im  BuU.  d.  Ist.  1878  p.  218 
berichtet  darüber:  Nei  sottefranei  delV  al- 
bergo  detto  della  Catena,  precisamente  in 
qt^lla  gdüeria  che  drconda  ü  pozzo  del 
cortüe,  ho  ritrovato,  sotto  la  guida  del  eh. 
p.  Corrado,  il  hasamento  di  un  tempio,  co- 
struito  di  opera  qundrata  perfettissima,  la 
cui  posizione  collima  si  hene  con  quella  in- 
dicata  pel  tempio  di  ApoUo,  che  non  v'  ha 


luogo  a  porne  in  dfibbio  Videntitä.  An  der 
selben  Stelle  wurde  im  Dezember  1892  etwa 
2,50  m  nnter  dem  heutigen  Boden  ein  mit 
Lorbeerzweigen  geschmückter  Marmorblock 
gefunden  (Pascal,  Stndi  d*  antichitä  e  mito- 
logia  p.  11).  Ueber  die  Lage  vgl.  auch  noch 
Liv.  XXVn  37  und  Dio  Cass.  fragm.  50, 1. 

*)  Ygl.  Pascal,  Studi  di  antichita  e 
mitologia.  II  piü  antico  tempio  di  Apollo  a 
Roma  p.  13  f.  und  BuU.  com.  1893  p.  46  ff. 


214  B.  Topographie  von  Born. 

a  Janiculo  ad  aedem  Apollinis  manibus  ipse  suis  detulü  (Catüina).  Dieselbe 
Geschichte  erzählt  Plutarch  Sulla  32  (mit  dem  Fehler,  dass  er  den  Tempel 
ans  Forum  versetzt)  und  fügt  hinzu:  ry  d^  TteQiQQavtrjQÜ^  tov  UnoXXwvog 
iyyvg  ovTi  nqogeXd-wv  anevCifjaxo  rag  x**I?"?«  Dieses  „lavacrum**  wird  sonst 
nicht  genannt.  —  Die  zu  Ehren  des  Gottes  eingesetzten  ludi  ApoUinares 
wurden,  soweit  sie  circensischer  Natur  waren,  anfangs  im  Circus  Maximus, 
dann  im  Circus  Flaminius  gefeiert.  Auf  den  scenischen  Teil  dieser  Spiele 
muss  sich  die  Notiz  des  Livius  XL,  51  aus  dem  Jahre  179  v.  Chr.  be- 
ziehen: Lepidus  .  .  .  theatrum  et  proscmium  ad  ApoUinis  locavit. 

3.  Aedes  Bellonae.  Nicht  minder  alt  war  der  Tempel  der  Bellen a, 
in  den  Fasten  3.  Juni  Bellonae  in  circo  Flaminio  genannt.  Schon  Appius  Claudius 
Regillensis,  Konsul  im  Jahre  495  v.  Chr.,  soll  die  Bilder  seiner  Vorfahren 
in  einem  doch  wohl  von  ihm  erbauten  Tempel  der  Bellona  aufgestellt  haben 
(Plin.  N.  H.  XXXV  12).  Dem  widerspricht  freilich  die  Nachricht  bei 
Liv.  X  19,  dass  Appius  Claudius  Caecus  im  Jahre  296  v.  Chr.  in  der 
Schlacht  gegen  die  Etrusker  einen  Tempel  der  Bellona  gelobt  habe,  und 
dass  Ovid  Fast.  VI  203  ihn  als  Erbauer  desselben  nennt.  Da  beide 
Gründungen  aber  an  den  Namen  eines  Claudiers  geknüpft  sind,  so  mag 
die  zweite  ein  grossartigerer  Neubau  an  Stelle  eines  älteren,  unbedeutenderen 
Heiligtums  gewesen  sein.  Der  Tempel  lag,  wie  der  des  Apollo,  ausserhalb 
des  Pomeriums  und  diente  zu  Senatssitzungen,  in  welchen  die  aus  dem 
Kriege  zurückkehrenden  Feldherren  Rechenschaft  vor  dem  Senate  ablegten 
und  sich  um  die  Ehre  des  Triumphes  bewarben  und  die,  da  sie  cum  imperio 
waren,  das  Pomerium  nicht  überschreiten  durften,  ohne  dessen  und  damit 
auch  der  Aussicht  auf  den  Triumph  verlustig  zu  gehen.  Dies  wird  be- 
richtet aus  dem  Jahre  211  v.  Chr.  von  dem  aus  Sicilien  zurückkehrenden 
Marcellus  (Liv.  XXVI  21),  aus  dem  Jahre  206  v,  Chr.  von  Scipio  nach 
seiner  Rückkehr  aus  Spanien  (Liv.  XXVIII  38),  aus  dem  Jahre  200  v.  Chr. 
von  L.  Furius  (Liv.  XXXI  47),  aus  dem  Jahre  197  v.  Chr.  von  den  Konsuln 
C.  Cornelius  und  Q.  Minucius  (Liv.  XXXTTT  22),  aus  dem  Jahre  191  v.  Chr. 
von  P.  Cornelius  (Liv.  XXX VI  39),  178  v.  Chr.  von  den  aus  Spanien  zurück- 
kehrenden Konsuln  Ti.  Sempronius  Gracchus  und  L.  Postumius  Albinus  (Liv. 
XLI6),  173  V.  Chr.  von  M.  Popillius  nach  Besiegung  der  Ligurer  (Liv.  XLII 9), 
172  V.  Chr.  vom  Prätor  C.  Cicereius  nach  dem  Kriege  in  Corsica  (Liv.  XLII  21) 
u.  a.  Vgl.  noch  Liv.  XXVIII  9  und  Plut.  Sulla  7.  Hauptsächlich  aber 
diente  der  Tempel  zu  Senatssitzungen,  die  fremden  Gesandten,  die  eben- 
falls die  Stadt  nicht  betreten  durften,  anberaumt  wurden.  Dies  wird  be- 
richtet von  den  karthagischen  Gesandten,  die  im  Jahre  203  v.  Chr. 
(Liv.  XXX  21)  und  201  v.  Chr.  (Liv.  XXX  40)  des  Friedens  wegen  nach 
Rom  kamen,  ferner  von  den  Gesandten  des  Königs  Philipp  im  Jahre  197 
V.  Chr.  (Liv.  XXXUI  24)  und  des  Perseus  im  Jahre  171  v.  Chr.  (Liv.  XLII  36). 
Festus  p.  347  hebt  dies  ganz  besonders  hervor:  tertium  (senaculum)  citra 
aedem  Bellonae^  in  quo  exterarum  nationum  legatis,  quos  in  urbem  admittere 
nolebant,  senatus  dabatur.^) 


*)  Erwähnt  wird  der  Tempel  noch  Plut.  Cicero  18  und  Dio  Cass.  XLII  26. 


6.  Die  Btadtteile  am  Tiber,   o.  Die  Voretädte  im  Bflden  des  Marefeldes.  (§  74.)    215 

Neben  dem  Tempel  lag  eine  kleine  Area,  die  einst  ein  gefangener 
Soldat  des  E^rrhus  hatte  kaufen  müssen,  und  die  als  ausländisches  Gebiet 
galt  (Serv.  ad  Aen.  IX  52).  Darauf  stand  die  Golumna  bellica  (Fest, 
ep.  p.  33),  vermutlich  das  Sinnbild  eines  Grenzpfeilers.  Über  diese  schleuderte 
der  Fetial  vor  Beginn  eines  auswärtigen  Krieges  seine  Lanze  gleichsam 
in  Feindesland  (Ovid  Fast.  VI  205  ff.).  Diesen  Gebrauch  übte  noch  Augustus 
vor  dem  Eriege  gegen  Cleopatra  (Dio  Cassius  L  4)  und  M.  Aurelius  im 
Jahre  178  n.  Chr.  (Dio  Cass.  LXXI  33). 

Über  die  Lage  des  Tempels  der  Bellona  ist  nichts  Bestimmtes  über- 
liefert, indessen  ist  sie  ziemlich  sicher  festzustellen.  CIL  VI  490,  2232 
und  2233  wird  eine  aedes  Bellonae  Pulvinensis  genannt,  die  Mommsen 
CIL  VI  490  für  den  sonst  schlechthin  Aedes  Bellonae  genannten  Tempel 
hält.  Er  leitet  den  Namen  von  dem  Pulvinar  ab,  das  es  beim  Circus 
Flaminius  ebenso  wie  beim  Circus  Maximus  gegeben  habe  (p.  176);  der 
Tempel  sei  so  genannt,  weil  er  dicht  bei  dem  Pulvinar  gelegen  habe. 
Von  diesem  können  wir  annehmen,  dass  es  jedenfalls  nicht  an  der  Ost- 
seite des  Circus  lag,  wo  sich  die  Carceres  befanden.  Damit  stimmt  überein, 
dass  Ovid.  Fast.  VI  205  von  dem  Tempel  sagt,  dass  er  am  summus  circus 
gelegen  habe,  an  der  anderen  Seite  habe  der  Tempel  des  Hercules 
Custos  gelegen  (209  altera  pars  Circi  Custode  sub  Hercule  tuta  est).  Es  ist 
aber  sicher,  dass  dieser  Tempel  des  „Wächters*  am  Eingang  (vgl.  den 
Jupiter  Custos  auf  dem  Eapitol  p.  127)  d.  h.  vor  den  Carceres  lag.  Auch 
beim  Circus  Maximus  liegen  die  Herkulesheiligtümer  vor  den  Carceres 
(p.  187  ff.).  Demnach  lag  der  Tempel  der  Bellona  und  mit  ihm  das  Pulvinar 
an  der  Rundung  der  Westseite. 

4.  Der  Tempel  des  Herkules  ist  nach  Ovid  a.a.  0.  von  Sulla  dediziert, 
aber  die  enge  Beziehung  des  Herkules  zum  Circus  (vgl.  Vitruv.  I  7,  1)  und 
der  auf  dieses  Verhältnis  sich  beziehende  Beiname  Custos  machen  die  Grün- 
dung des  Tempels  nicht  lange  nach  der  Errichtung  des  Circus  wahrscheinlich. 
Liv.  XXXVIH  35  berichtet  aus  dem  Jahre  189  v.  Chr.:  eo  anno  in  aede 
Herculis  Signum  dei  ipsius  ex  decemvirorum  responso  (positum).  Die  Be- 
ziehung auf  diesen  Tempel  des  Herkules  ergiebt  sich  aus  den  Worten  ex 
decemvirorum  responso;  denn  nach  Ovid  a.  a.  0.  hat  Herkules  auch  das  Amt 
als  custos  durch  die  sibyllinischen  Bücher  erhalten.  ^  Danach  ist  der 
Tempel  vor  dem  Jahre  189  gegründet  worden.  Der  Kalender  nennt  als 
Gründungstage  den  4.  Juni  und  den  12.  August  (CIL  I«  p.  319  u.  324).«) 

5.  Noch  mehrere  Tempel  werden  als  in  circo  Flaminio  oder  ad 
circum  Flaminium  liegend  genannt,  deren  Kenntnis  wir  lediglich  gelegent- 
lichen Erwähnungen  bei  Schriftstellern  oder  in  den  Fasten  verdanken; 
topographisch  nachweisbar  sind  sie  nicht:  1.  Eine  Aedes  Pietatis  ad  circum 
Flaminium,  nicht  zu  verwechseln  mit  der  einst  am  Forum  holitorium  ge- 
legenen (p.  193).  Jul.  Obs.  114  aedes  Pietatis  in  circo  Flaminio  clausa  f ul- 
mine icta.    CIL  I«  p.  335.  1.  Dec.  vgl.  Preller.  Myth.  2«  p.  263.  —  2.  Mit  ihm 


*)  Elügmann,  Gomm.  in  honorem  Momm- 
seni  p.  266  ff. 

^)  AusT,  De  aedibus  sacris  p.  28  bezieht 
das  erste  Datum  auf  die  Snllamsche  Restan- 


ration,  das  zweite  auf  eine  sonst  nicht  be- 
kannte WiederhersteUnng  des  Tempels  unter 
Augustus. 


216  B.  Topographie  von  Born. 

zusammen  wird   im   Kalender,    1.  Dec,  eine  Aedes  Neptuni    genannt, 
auch  erwähnt  CIL  VI  8423  aedituo  aedis  Neptuni  quae  est  in  circo  FJaminio 
(vgl.  Liv.  XXVni  11).    Nach  Plin.  XXXVI  26,  der  ihn  als  ddubrum  be- 
zeichnet,  ist   er  von  Cn.  Domitius   gegründet.    In  ihm  befand  sich  ein 
Hauptwerk  des  Skopas:    Neptunus  ipse  et   Thetis  atque  Achilles ,  Nereide 
supra   delphinos   et   cete  aut  hippocampos  sedentes,   item  Tritones  chorusque 
Phorci  et  pistrices  ac  muUa  alia  marina.^)  —  3.  Tempel  der  Diana  und  der 
Juno  Regina,  nach  Liv.  XL  52  von  M.  Aemilius  Lepidus  im  Jahre  179 
v.  Chr.  dediziert:   quae  hello  Ligustino  ante  annos  octo  vovisset;  indessen  ist 
bei  Liv.  XXXIX  2,  wo  diese  Gelobung  vom  Jahre  187   erzählt  wird,  nur 
vom  Tempel  der  Juno  Regina  die  Rede.  —  4.  Vermutlich  auch  eine  Aedes 
Fortunae  equestris,   nach  Jul.  Obsequens  75   in  circo  Flaminio,   nach 
Vitruv.  ni  3,  2  ad  theatrum  lapideum,  d.  h.  Pompei,  also  an  der  Qrenze  des 
Marsfeldes  gelegen.  Sie  war  nach  Liv.  XL  40  u.  44,  XLII 10  von  Q.  Fulvius 
Flaccus  im  Jahre  180  v.  Chr.  gelobt  und  im  Jahre  173  v.  Chr.  dediziert  worden. 
Er  hatte  zu  diesem  Bau  den  Tempel  der  Juno  Lacinia  in  Bruttiis  geplündert, 
musste  aber  die   entwendeten  Materialien,  marmorne  Dachziegel,  wieder 
zurückgeben  (Liv.  XLII  3.  Val.  Max.  I  1,  20).    Der  Tempel  existierte  nach 
Tac.  Ann.  III  71  zur  Zeit  des  Tiberius  nicht  mehr,  denn  als  die  römischen 
Ritter  ein  Geschenk,  das  sie  pro  valetudine  Augustae  der  Equestris  Fortuna 
gelobt  hatten,  in  einen  Tempel  derselben  niederlegen  wollten,  fand  man 
keinen  in  Rom :  repertum  est  aedem  esse  apud  Antium,  quae  sie  nuncuparetur . . . 
ita  donum  apud  Antium  statuitur.    Die  Nachbarschaft  des  Tempels  mit  dem 
der  Juno  Regina  (Nr.  3)   ergiebt  sich   aus  Jul.  Obs.  75,   der  von  einer 
Portikus  zwischen  beiden  Tempeln  spricht.  —  5.    Eine  Aedes  Martis, 
nach  Com.  Nep.  ap.  Priscian.  VIII  17    in  circo  Flaminio   architectata  ab 
Hermodoro  Salaminio.    Sie  war  nach  Plin.  XXXVI 26  von  Brutus  Callaecus 
(Konsul  138  v.  Chr.)   erbaut;   in    dem  Tempel  befand  sich  eine  sitzende 
Eolossalstatue  des  Mars  und  eine  Venus  von  Skopas.  —  6.   Die  Aedes 
Volcani,  genannt  im  Kai.  zum  23.  Aug.  Volcano  in  circo  Flaminio.     Den- 
selben Tempel  meint  offenbar  auch  Livius  XXIV  10  mit  der  Bezeichnung 
in  campo.    Es  ist  daraus  mit  Recht  geschlossen  worden^  dass  der  Tempel 
auf  der  Grenze  zwischen  dem  Circus  Flaminius  und  dem  Marsfelde  lag.') 
Neben  diesem  Tempel  stellte  Verres  vergoldete  Reiterstatuen  auf,    die  er 
in  Sicilien  geraubt  hatte.    Cic.  Verr.  II  150  und  167. 8)    Die  Gründung  des 
Volkantempels  ausserhalb  der  Stadt  hat  nach  Vitruv.  I  7,  1  den  Zweck 
gehabt:  (ut)  Volcani  vi  e  moenibus  religionibus  et  sacrificiis  evocata  ab  timore 
incendiorum  aedificia  videantur  liberari  (vgl.  Plut.  qu.  Rom.  47).*)     Circen- 
sische  Spiele  zu  Ehren  des  Volkan  scheinen  nach  den  Münzen  mit  Mars 
ultor  et  Volkanus  uüor  (Eckhel  6,  96)  zugleich  mit  den  Spielen  für  Mars 
im  Jahre  20  n.  Chr.  signis  a  Parthis  receptis  eingesetzt  zu  sein.    Der  Kaiser 


')  YespignaDi  im  Bull.  com.  1873, 
p.  212fif.  glaubte  Reste  eines  dieser  Tempel 
gefunden  zu  haben;  er  hielt  ihn  fOr  den  der 
Fortuna  equestris  (unter  Nr.  4).  Nach  Brunn 
gehört  aber  der  Poseidonfries  in  der  Glyptothek 
in  München  zu  dem  von  Vespignam  rekon- 
struierten Tempel;  danach  würde  derselbe 
der  Nep  tun  Stempel  sein.  Vgl.  auch  Bursiaks 


Jahresbericht  1875,  p.  787  ff.  Der  Tempel  dea 
Neptun  lag  demnach  nordwestlich  von  Circus 
Flaminius. 

>)  Vgl  MoMMSBN  CIL  I*  p.  326. 

^)  Vgl.  Jordan,  Ephem.  epigr.  I  p.  230. 

*)  Vgl.  von  DuHV  m  den  Neuen  Heidel- 
berger Jahrbüchern  1899  p.  116  ff. 


6.  Die  StadtteUe  am  Tiber,    o.  Die  Yorstftdte  im  Süden  des  Marsfeldes.  (§  75.)    217 

Macrinus  hob  sie  217  n.  Chr.  auf,  musste  sie  aber  wieder  einführen,  nach- 
dem der  Brand  des  Amphitheaters  (vgl.  p.  167)  gerade  am  Tage  der 
Volkanalien  ausgebrochen  war.  —  7.  In  der  Nähe  des  Tempels  des  Volkan 
scheint  der  Tempel  der  Nymphen  gelegen  zu  haben.  Vgl.  Mommsen 
CIL  I*  p.  326  (p.  109,  Anm.  1).  —  8.  Eine  Aedes  Castoris  in  circo 
Flaminio,  erwähntbeiVitruv.IVS,  4  und  im  Eal.zum  13.  Aug.  Castori  Pollud 
in  Circo  Ilaminio.    Über  den  Tempel  fehlt  jede  weitere  Nachricht. 

75.  Portiken.  1.  Die  Porticus  Minuciae.  Nördlich  vom  Forum 
holitorium  lag  seit  alter  Zeit  die  Aedes  Larum  permarinorum,  ge- 
gründet im  Jahre  179  v.  Chr.  von  L.  Aemilius  Regillus,  der  sie  neun  Jahre 
vorher  navali  proelio  adversus  praefectos  regis  Antiochi  gelobt  hatte  (Liv. 
XL  52.  Macrob.  Sat.  I  10,  10).  Dieser  Tempel  wird  im  Kalender  22.  Dezbr. 
(CIL  I*  p.  338)  bezeichnet  als  in  porticu  Mnucia  gelegen.  Die  Portikus 
ist  geraume  Zeit  später,  109  v.Chr.,  gegründet.  Voll.  11  8:  per  eadem 
tempora  clarus  eins  Minucii,  qui  porticus,  quae  hodieque  celebres  sunt,  molitus 
est,  ex  Scordiscis  triutnphus  fuit.  Danach  waren  es  zwei  Portiken;  auch 
die  Notitia  Reg.  IX  führt  Minucias  duas  veterem  et  frumentariam  auf.  Von 
diesen  ist  die  Minucia  vetus  nach  dem  Chron.  von  354  von  Domitian  wieder- 
hergestellt worden.  In  Minucia  befand  sich  nach  Vita  Commodi  16  ein 
Herculis  signum  ah&neum.  Nach  dem  Eal.  4.  Juni  wurden  an  diesem  Tage 
ludi  in  Minicia  gegeben.  Das  Verhältnis  der  beiden  Portiken  zu  einander 
ist  schwer  zu  erklären,  namentlich  die  Bezeichnung  der  einen  als  vetus,  da 
nach  dem  ausdrücklichen  Zeugnis  des  Velleius  beide  von  demselben  Manne 
und  zur  selben  Zeit  gebaut  sind.  Dagegen  ist  sicher,  dass  der  Name  für 
die  andre  frumentaria  später  ist.  Erst  seit  Claudius  und  von  da  bis  ins 
dritte  Jahrhundert  fanden  in  dieser  Portikus  die  Frumentationen  statt, 
d.  h.  die  Verteilung  der  Marken  {tesserae),  auf  welche  die  Empfänger  das 
Oetreide  aus  den  öffentlichen  Eornmagazinen  erhielten.  Seit  Septimius 
Severus  erscheint  ein  curator  aquarum  et  Miniciae;  seit  jener  Zeit  scheint 
die  Porticus  Minucia  auch  als  Bureau  der  Verwaltung  der  Wasserleitungen 
gedient  zu  haben,  der  Name  frumentaria  aber  bleibt.  Die  Lage  dieser 
Portiken,  die  sonst  nirgends  beschrieben  oder  angedeutet  wird  (Macrob.  a.  a.  0. 
sagt  ungenau,  die  Aedes  Larum  permarinorum  habe  in  campo  Martio  ge- 
legen), ergiebt  sich  nur  vermutungsweise  aus  der  Aufzählung  in  der  Notitia. 

2.  Die  Porticus  Octaviae.  Velleius  I,  11  erzählt,  dass  Q.  Cae- 
cilius  Metellus  Macedonicus  die  beiden  Tempel,  die  nachmals  von  der 
Porticus  Octaviae  umschlossen  waren,  mit  Portiken  umgeben  habe.  Er 
fügt  hinzu,  diese  Tempel  hätten  keine  Dedikationsinschrift  gehabt,  und 
damit  stimmt  die  von  Plinius  XXXVI  42  überlieferte  Geschichte,  dass 
Saura  und  Batrachus,  die  Erbauer  dieser  Tempel,  vergeblich  gehofft  hätten, 
ihre  Namen  auf  die  Tempel  setzen  zu  dürfen,  und  dann,  um  sich  zu  ver- 
ewigen, eine  Eidechse  und  einen  Frosch  in  columnarum  spiris  angebracht 
hätten.  Die  Erzählung  ist  wahrscheinlich  aus  gewissen  an  den  Säulen  befind- 
lichen Tierbildern  herausgesponnen,  und  als  notwendiger  Bestandteil  der- 
selben  die  mehr   als   wunderliche  Vorstellung   darin   aufgenommen,   die 

0  Vgl.  HiBSOHFELD;  Untersachuiigen  auf  1  geschichte  p.  184  a.  166,  MomiBBN,  Staats- 
dem   Gebiete  der  Römischen  Yerwaltongs-  |  recht  IT  *  p.  1058  f. 


218  B.  Topographie  von  Bom. 

Tempel  hätten  der  Dedikationsinschrift  entbehrt.  Wer  sie  gebaut  hat, 
wissen  wir  freilich  nicht,  jedoch  steht  fest,  dass  es  ein  Tempel  des 
Jupiter  und  einer  der  Juno  war.  Plinius  nennt  sie  XXXVI  35  beide 
mit  diesen  Namen.  Vitruv.  III  2, 5  bezeichnet  ersteren  genauer  als  in  por- 
ticu  Metelli  (aedes)  Jovis  Statoris  Hermodori,  Diesen  selben  Tempel  meint 
Varro  bei  Macrob.  III  4,  2 :  in  circo  Flaminio  Jovis  Statoris,  Dass  der  in 
die  Portikus  eingeschlossene  Tempel  der  Juno  nicht  etwa  identisch  ist  mit 
dem  auf  p.  216  unter  No.  3  erwähnten,  geht  aus  Obs.  75  hervor.^)  Diese 
beiden  Tempel  umgab  Metellus  mit  Portiken  und  hat  sie  ohne  Zweifel 
auch  umgebaut.  Von  dem  Tempel  des  Jupiter  wird  dies  ausdrücklich  be- 
stätigt. Es  heisst  Velleius  I  11:  hie  idem  primus  omnium  Romae  aed-em  ex 
marmore  in  iis  ipsis  monumentis  molitus  vel  magnificentiae  vel  luxuriae  prin- 
ceps  fuit.  n  1,  2  führt  derselbe  die  Portiken  des  Metellus  unter  den  ersten 
Beispielen  der  publica  magnificentia  auf.  Es  heisst  weiter  bei  Yell.  I  11, 
dass  er  als  grössten  Schmuck  der  Portiken  eine  turma  statuarum  equestrium, 
quae  frontem  aedium  spectant  aus  Macedonien  dorthin  schaffen  liess.  Von 
Kunstwerken,  die  sich  hier  sonst  noch  befanden,  wird  Plin.  N.  H.  XXXIV  31 
eine  sitzende  Statue  der  Cornelia,  der  Mutter  der  Gracchen,  genannt.^)  In- 
wieweit die  von  Plinius  N.  H.  XXXV 139,  XXXVI 15,  24  u.  35  aufgezählten 
Kunstwerke  in  den  Portiken  oder  den  Tempeln  schon  von  Metellus  aufgestellt 
sind,  oder  erst  von  Augustus  oder  in  der  Zwischenzeit,  lässt  sich  schwer 
entscheiden.  —  Sueton  führt  bei  den  Werken,  die  Augustus  unter  dem 
Namen  anderer,  nepotum  scilicet  et  uxoHs  sororisque  errichtet  hat,  die 
Porticus  Octaviae  auf,  die  an  die  Stelle  der  Porticus  Metelli  trat.  Be- 
gonnen wurde  dieser  Bau  frühestens  nach  Beendigung  des  Dalmaterkrieges 
33  V.  Chr.  (Dio  Cass.  XLIX  43),  aber  Vitruv,  der  sein  Werk  um  das 
Jahr  14  v.  Chr.  geschrieben  hat,^)  kennt  nur  die  Porticus  Metelli,  nicht 
aber  die  P.  Octaviae.  Der  umbau  muss  demzufolge  später  stattgefunden 
haben.  Mit  der  Porticus  war  eine  Bibliothek  verbunden,  nach  Plutarch 
Marc.  30  (vgl.  Ovid  A.  a.  I  69)  von  Octavia  zum  Andenken  des  früh  ver- 
storbenen Marcellus  gegründet.  Diese  Bibliothek  erwähnt  Sueton  de  ill. 
gramm.  21  u.  Ovid  Trist,  ffl  1,  69;  vgl.  CIL  VI  2347,  4431,  4432,  4433,  4435, 
wo  eine  bibl.  graeca  und  latina  genannt  werden.  Bei  Plinius  N.  H.  XXXV 114 
ist  sie  als  schola  in  Octaviae  porticu  (XXXVI  22  in  Octaviae  scholis,  vgl. 
ib.  29)  bezeichnet.  Ob  damit  die  bei  Plinius  N.  H.  XXXVI  28  erwähnte 
Curia  Octaviae  identisch  ist,  ist  unbekannt;  die  Bibliothek  oder  diese 
Curie  ist  jedenfalls  der  Raum,  in  dem  der  Senat  sich  unter  Tiberius  (bei 
Dio  Cass.  LV  8)  6id  t6  ^J«  tov  mofj^rjQiov  avto  (to  ^OxTaovsiov)  etvm  ver- 
sammelte, wie  auch  in  der  Bibliothek  des  Palatinischen  Apollotempels 
Senatssitzungen  abgehalten  wurden  (p.  147).  Die  Bibliothek  ging  samt 
den  Portiken  in  dem  grossen  Brande  unter  Titus  vollständig  zu  Orunde 

^)  Ueber  den  gemeinsamen  Ursprung  der  |  Ergo  et  in  Junonis  aede  cultus  est  qui  Joris 
beiden  Tempel  vgl.  Plinius  N.  H.  XXXVI 43:      esse  debuit. 

in  Jovis  aede  ex  iis  pictuara  cultusque  reliquus  '')  Pbllegbini,   I  tempi  di  Giove   e   di 

omnis  femineis  argumentis  constat ;  erat  enim      Gionone  nei  portici  di  Metiello  e  di  Ottavia. 

facta  Junoni,  sed,   cwm  inferrentur  signa,  1   Ann.  d.  Inst.  1868  p.  152  ff. 

jiermutasse  geruli  traduntur,  et  id  religione  '  *)  Teuffbl,  Litt. Gesch.  I^  p.  622. 

custodituni,  velut  ipsis  diis  sedein  ita  partitis.  \ 


6.  Die  Stadtteile  am  Tiber,  o.  Die  Yorst&dte  im  Süden  des  Marsfeldes.    (§  75.)    219 


(Dio  Cass.  LXVI  24),  diese  wurden  aber  wieder  aufgebaut.  Die  Form, 
ürb.  fr.  33  stellt  die  beiden  Tempel  mit  der  Portikus  dar.  Erhalten  ist  der 
Haupteingang  bei  der  Kirche  S.  Angelo  in  Pescaria;  er  trägt  die  Dedikations- 
inschrift  des  Septimius  Severus  und  Garacalla,  die  den  Bau  im  Jahre  203 
n.  Chr.  nach  einer  Feuersbrunst  wiederherstellten  (CIL  VI  1034).  Durch 
den  Abbruch  des  Ohetto  sind  die  Reste  zum  Teil  freigelegt  worden.^) 

3.  Die  Porticus  Philippi.  Dicht  neben  der  Porticus  Octaviae  lag, 
wie  das  Stadtplanfragment  Form.  Urb.  fr.  33  zeigt,  die  Aedes  Herculis 
Musarum,  errichtet  von  dem  kunstliebenden  Fulvius  Nobilior,  dem  Be- 
schützer des  Ennius.  Serv.  ad  Aen.  I  8  berichtet  über  die  Gründung:  His 
(i.  e.  Musis)  Numa  aediculam  aheneam  brevem  fecerat,  quam  postea  de  caelo 
tactam  et  in  aede  Honoris  et  Virtutis  conlocatam  Fulvius  Nobilior  in  aedem 
Herculis  transtulU,  unde  aedes  Herculis  et  Musarum  appeUatur,  Die  Gründung 
des  Herkulestempels  durch  Fulvius  bezeugt  auch  Eumenius,  pro  restaur. 
schol.  7 :  aedem  Herculis  Musarum  in  circo  Flaminio  Hie  Nobilior  ex  pecunia 
censoria  fecit.  Indessen  ist  er  wohl  kaum  in  seiner  Censur,  sondern  nach 
seinem  Triumph  über  die  Ätoler  im  Jahre  189  v.  Chr.  erbaut.  Der 
Gründungstag  ist  nach  Ovid.  Fast.  VI  797  ff.  der  30.  Juni.  Derselbe 
Eumenius  a.  a.  0.  erzählt,  er  habe  die  Statuen  der  neun  Musen  aus 
Ambrakia  fortgeführt  und  in  diesem  Tempel  aufgestellt  (Plin.  N.  H.  XXXV  66). 
Ausserdem  stand  in  dem  Tempel  eine  Statue  des  zitherspielenden  Herkules. 
Ovid  a.  a.  0. :  annuit  Aleides  increpuitque  lyram.  Eine  der  Basen  jener  aus 
Ambrakia  geraubten  Statuen  mit  der  Inschrift:  M.  Folvius  M.  f.  Ser.  n. 
Nobilior  cos.  Ambracia  cepit  ist  erhalten.*)  Der  Tempel  wird  auch  erwähnt 
bei  Cic.  pro  Arch.  poet.  11,  27  und  bei  Macrob.  I  12,  16.  Letzterer  er- 
zählt, Fulvius  habe  in  dem  Tempel  auch  Fasten  aufgestellt. 

Diesen  Tempel  hat  nach  Suet.  Aug.  29  L.  Marcius  Philippus,  der 
Stiefvater  des  Augustus,  neu  gebaut  und  mit  einer  Säulenhalle  umgeben, 
die  als  Porticus  Philippi  mehrfach  erwähnt  wird.  Ausgrabungen  auf  der 
Piazza  Mattei  haben  mehrere  Reste  zu  Tage  gefördert.'^)  Von  Kunst- 
werken in  der  Porticus  Philippi  (nicht  in  dem  Tempel  des  Fulvius)  er- 
wähnt Plinius  N.  H.  XXXV  66  eine  Helena  des  Zeuxis  und  ib.  144  ein 
bellum  Iliacum  pluribus  tabulis,  Ovid  A.  a.  lU  168  erwähnt  die  Porticus 
Philippi  als  den  Ort,  an  dem  die  römischen  Damen  falsche  Haare  kauften 
(venire  videmus  Herculis  ante  oculos  virgineumque  chorum).  Vgl.  Mart.  V 
49,  9  ff.  Über  mögliche  Reste  der  Portikus  vgl.  Bull.  com.  1890  p.  67, 
Lanciani,  Itin.  Eins.  p.  78. 

4.  Die  Porticus  Octavia.  Sie  war  nach  Fest.  p.  178  von  Cn.  Octavius 
nach  seinem  Triumphe  über  den  König  Perseus  erbaut,  also  im  Jahre  167 
V.  Chr.  Vgl.  auch  Voll.  II  1.  Nach  ihnen  lag  die  Portikus  beim  Theater  des 
Pompeius,  Festus  sagt  theatro  Pompei  proximam,  dagegen  das  Mon.  Ancyr. 
ad  circum  Flaminium^  und  ebenso  Plin.  N.  H.  XXXIV  13,  so  dass  anzu- 
nehmen ist,   sie  habe  zwischen  den  beiden  Gebäuden  auf  der  Grenze  des 


'•)  Vgl.  Gatti,  Scoperta  dei  portici  di 
Ottavia.    Bull.  com.  1888,  p.  182  ff. 

«)  Vgl.  De  Ro88I,  Bull.  d.  Ist.  1869  p.  1  ff. 
Klügmann,  Hercules  Mnsanun  in  den  Gomm. 


philol.  in  hon.  Mommseni  p.  262 
Jahresbericht  1878  p.  412. 

3)  P.  Rosa,  Relazione  p.  75 


ff.,  BUBSIAN, 


220  B*  Topographie  Ton  Rom. 

Campus  Martius  gelegen.  Plinius  N.  H.  XXXTV  13  erzählt,  diese  Portikus 
sei  auch  Corinthia  genannt  worden  a  capitulis  aereis  columnarum,  sie  war 
also  wohl  das  erste  Beispiel  eines  mit  korinthischen  Säulen  aufgeführten 
Baues.  Augustus  stellte  sie  wieder  her.  Er  sagt  darüber  Mon.  Ancyr.  IV  2 : 
Porticum  ad  circum  Flaminium,  quam  sum  appellari  passus  ex  nomine  eins, 
qui  priorem  eodem  in  solo  fecerat  Odaviam  (feci).  Der  Neubau  erfolgte 
nach  dem  Kriege  gegen  die  Dalmater  im  Jahre  33  v.  Chr.  (Dio  Gass. 
XLIX  43).  Nach  Appian  Illyr.  28  stellte  Augustus  darin  die  von 
den  Dalmatern  zurückgegebenen  römischen  Feldzeichen  auf.  Aus  den 
Worten  des  Plinius  a.  a.  0. :  invenio  et  a  Cn.  Octavio,  qui  de  Perseo  rege 
navalem  triumphum  egit,  fadam  porticum  duplicem  etc.  ist  nicht  auf  den 
Untergang  der  Portikus  vor  seiner  Zeit  zu  schliessen,  wie  Becker  Top. 
p.  617  thut,  sondern  auf  die  Oründlichkeit  des  Neubaus  des  Augustus. 

76.  Die  Theater.  Die  mit  Caesar  und  Augustus  anhebende  Zeit 
der  grossen  baulichen  Umwälzungen  hat  sich,  wie  man  sieht,  ganz  vornehm- 
lich auch  auf  diese  Vorstadt  erstreckt.  Die  Idee,  das  Forum  mit  dem  Mars- 
felde in  eine  würdige,  durch  monumentale  Bauten  vermittelte  Verbindung 
zu  setzen,  welche  auf  der  Nordseite  des  Kapitels  durch  die  Anlage  der 
allmählich  sich  zwischen  diesem  und  dem  Quirinal  vorschiebenden  Kaiser- 
fora seiner  Verwirklichung  entgegengeführt  ward,  wurde  hier  im  Süden 
des  Kapitels  durch  die  planvolle  Wiederherstellung  oder  Neuerrichtung 
dieser  längs  der  von  der  P.  Carmentalis  ausgehenden  Hauptstrasse  liegenden 
Portiken,  die  dann  auf  dem  Marsfelde  ihre  Fortsetzung  finden  sollten,  in 
glanzvoller  Weise  verwirklicht.  In  demselben  Sinne  wichtig  und  jene 
Oegend  ganz  bedeutend  umgestaltende  Bauten  waren  die  Theater  des  Mar- 
cellus  und  des  Baibus. 

1.  Theatrum  Mar  cell  i.  Der  Bau  des  Theaters  wurde  schon  durch 
Julius  Caesar  geplant  (Dio  Cass.  XLIII 49 :  nQoxaxeßdXero  fxh'  ovx  i^exälsas  rfc), 
aber  erst  Augustus  hat  ihn  nach  dem  Mon.  Ancyr.  in  solo  magna  ex  parte 
a  privatis  empto  in  Angriff  genommen  und  vollendet  (Suet.  Aug.  29).  Der 
Platz,  auf  dem  das  Theater  errichtet  wurde,  war  in  der  That  dicht  bebaut. 
Dass  die  Aedes  Pietatis  dem  Bau  hat  weichen  müssen,  ist  schon  oben  (p.  198) 
erwähnt.  Dio  Cass.  a.  a.  0.  spricht  von  Häusern  und  Tempeln,  die  zu  dem 
Zwecke  heruntergerissen  wurden.  Augustus  dedizierte  es  unter  dem  Namen 
und  zu  Ehren  seines  im  Jahre  23  v.  Chr.  gestorbenen  Schwiegersohnes  Marcellus 
im  Jahre  11  v.  Chr.  am  4.  Mai  (Plin.  N.  H.  Vlfl  65.  Nach  Dio  Cass.  LIV26 
ist  es  im  Jahre  13  dediziert).  In  den  Acta  lud.  saec.  Aug.  (Eph.  epigi-. 
Vni  p.  233)  heisst  es  das  theatrum^  quod  est  in  drco  Maminio,  in  denen 
des  Severus  (a.  a.  0.  p.  285)  wird  Marcelli  poriicus,  die  unzweifelhaft  zum 
Theater  gehörte,  erwähnt.  Die  Scena  des  Theaters  ist  nach  Suet.  Vesp.  19 
von  Vespasian  wieder  hergestellt  worden,  ferner  heisst  es  in  der  Vita  des 
Alexander  Severus  44,  dass  dieser  es  habe  wiederherstellen  wollen.  Im 
Curiosum  Reg.  IX  wird  es  mit  dem  Zusatz  aufgeführt,  dass  es  20  500  loca 
gehabt  habe.     CaristieO  nimmt  an,    es   habe  Raum   für  14  600  Menschen 


0  Hülsen  in  der  p.  170  Anm.  1  citierien  Abhandlong  p.  320. 


6.  Die  Stadtteile  am  Tiber,  o.  Die  Yoretädte  im  Süden  des  Marsfeldes.  (§  76.)    221 

gehabt.  —  CIL  VI  9868  nennt  einen  sagarius  a  theatro  Marcelli,  Bull.  com. 
1886  p.  159  einen  coactor  a  theatro  Marcelliano. 

Von  dein  Theater  sind  noch  jetzt  ansehnliche,  wegen  ihrer  Schönheit 
durch  alle  Jahrhunderte  berühmte  und  nachgeahmte  Reste  der  äusseren 
Umfassungsmauern  der  Gavea  in  der  Nähe  der  Piazza  Montanara  erhalten. 
Die  unteren,  jetzt  halb  verschütteten  Arkaden  sind  mit  dorischen  Halb- 
säulen, das  zweite  Stockwerk  mit  ionischen,  die  oberste  Wand  mit 
korinthischen  Pfeilern  geschmückt.  Abbildungen  etc.  sind  sehr  häufig.  Vgl. 
Valadier,  Fabbr.  di  Roma  IV,  Canina,  Edif.  IV  159—163.  Die  Ähnlichkeit 
der  Konstruktion  mit  der  des  Amphitheatrum  Flavium  ist  nicht  zu  verkennen, 
auch  das  Material,  Travertin,  ist  dasselbe.  Die  Zerstörung  des  Theaters 
muss  schon  im  vierten  Jahrhundert  n.  Chr.  begonnen  haben,  im  Pens  Gestius 
hat  Symmachus  unter  Gratian  365 — 370  Travertinblöcke  aus  den  dorischen 
Arkaden  des  Theaters  verbaut.  Vgl.  Not.  d.  scavi  1886  p.  159.  Ob  man 
unter  diesen  umständen  die  nach  dem  Anon.  Eins.  12  im  Theater  des 
Marcellus  gefundene  Inschrift  Petronius  Maximus  V.  C.  praef.  urbi  curavit 
aus  dem  Jahre  421  auf  eine  Restauration  desselben  beziehen  darf,  ist  sehr 
zweifelhaft.  Im  Mittelalter  gehörte  es  zu  den  befestigten  Punkten  der  Stadt 
(p.  74).  Nach  dem  Tode  Gregors  VII  wurde  es  zu  einer  Festung  durch 
die  Pierleoni  umgestaltet,  seit  dem  15.  Jahrhundert  war  es  im  Besitz  der 
Savelli,  seit  dem  18.  Jahrhundert  ist  es  nach  Aussterben  derselben  im 
Besitze  der  Orsini.  Der  Palazzo  Orsini  ist  in  die  Ruinen  eingebaut. 
—  Der  Stadtplan  enthält  auf  Fragm.  28  eine  Darstellung  der  Scena  des 
Theaters.  1) 

2.  Theatrum  Balbi.  Die  Erbauung  eines  Theaters  durch  L.  Cor- 
nelius Baibus  wird  Suet.  Aug.  29  erwähnt.  Dio  Cass.  LIV  25  berichtet,  es 
sei  im  Jahre  13  v.  Chr.  vollendet  und  eingeweiht  worden,  gerade  als 
Augustus  aus  Germanien  zurückkehrte.  Derselbe  erzählt,  dass  bei  der 
Einweihung  des  Theaters  der  Tiber  so  hoch  gestanden  habe,  dass  man  nur 
mit  Kähnen  hineingelangen  konnte.  Von  seiner  Ausschmückung  erzählt 
Plin.  N.  H.  XXXVI  60,  dass  Baibus  darin  vier  Onyxsäulen  aufgestellt  habe, 
die  grosses  Staunen  erregten.  In  der  Feuersbrunst  unter  Titus  im  Jahre 
80  n.  Chr.  wurde  es  ganz  oder  teilweise  zerstört  (Dio  Cass.  LXVI  24),  aber 
wieder  aufgebaut.  Die  Notitia  Reg.  IX  nennt  es  zusammen  mit  den 
Theatern  des  Pompeius  und  des  Marcellus  mit  der  Angabe:  capü  loca  XI DX, 
woraus  Hülsen  a.  a.  0.  auf  Platz  für  7—8000  Zuschauer  schliesst.  Im 
Mittelalter  scheint  es  den  Namen  theatrum  Antonini  geführt  zu  haben. ^^j 
Auf  seinen  Trümmern  bauten  sich  die  Cenci  an,  daher  die  Ruinen  Monte 
dei  Cenci  hiessen.  Reste  des  Theaters  sah  noch  Piranesi  in  einem 
Keller  bei  der  Kirche  S.  Tommaso  ai  Cenci;  darnach  und  nach  Zeichnungen 
von  Sangallo  kann  man  die  Lage  des  Theaters  feststellen.  Die  Scena  ging 
parallel  der  Via  del  Pianto,  die  Rundung  der  Cavea  war  dem  Tiber  zu- 
gewendet. Hinter  der  Scena  befand  sich  die  Crypta  Balbi;  gewöhnlich 
werden  mit  crypta  unterirdische  Oänge  bezeichnet,  wie  die  Cryptoporticus 


^)  Ueber  eine  einst  an  dieses  Fragment  1  Streitfrage  vgl.  Jobdav,  Form.  Urb.  p. 
geknflpfte,  jetzt  gegenstandslos  gewordene  |  *)  Vgl.  JonvAS,  Top.  II  436. 


222  B.  Topographie  von  Born. 

auf  dem  Palatin  (p.  150);  diese  aber  war  eine  jedenfalls  über  der  Erde 
gelegene  Portikus,  die  ihren  Namen  wohl  der  besonderen  Konstruktion 
verdankte,  die  das  Licht  mehr  als  bei  anderen  Portiken  ausschloss.  Sie 
hatte,  wie  aus  den  Resten,  die  noch  im  16.  Jahrhundert  existierten  und 
von  Handwerkern  bewohnt  waren,  hervorgeht,  eine  Ausdehnung  von  148,50 
zu  44,55  m.  B.  Perruzzi  hat  den  Plan  aufgenommen,  desgleichen  Palladio; 
Form.  Urb.  XVII 115  stellt  danach  einen  Teil  der  Crypta  dar.') 

Der  Platz  um  das  Theater  war  mit  Fontainen  geschmückt,  ein 
Becken  aus  schwarzem  und  weissem  Qranit,  22  m  im  umfang,  wurde 
1750  auf  der  Piazza  Cairoli  entdeckt  und  kam  in  die  Villa  Albani,  ein 
zweites  wurde  ebendaselbst  1887  entdeckt  und  ist  in  den  Anlagen  der 
Piazza  Cairoli  aufgestellt.  Hier  wurde  auch  die  Statue  des  sitzenden 
Mars,  jetzt  in  der  Villa  Ludovisi,  gefunden. 

d.  Das  Harsfeld. 

77.  Mitten  durch  die  von  dem  Tiber  und  den  Hügeln  Roms  ein- 
geschlossene Ebene  führte,  genau  in  der  Linie  des  heutigen  Gorso,  die 
von  der  Porta  Fontinalis  ausgehende  Via  Flaminia,  in  ihrem  südlichen 
Teile  bis  zum  Austritt  aus  den  bebauten  Teilen  des  Feldes  Via  lata  ge- 
nannt. Sie  teilte  die  Ebene  in  zwei  der  Grösse  nach  verschiedene  Hälften. 
Ursprünglich  bildeten  beide  zusammen  den  Campus  Martius  (p.  211),  und  die 
auf  beiden  Seiten  der  Strasse  liegenden  Bauten  des  Agrippa  zeigen,  dass 
die  Via  lata  auch  keineswegs  eine  Grenzscheide  bildete,  jedoch  war  sie  seit 
der  Regionseinteilung  des  Augustus  die  Grenze  zwischen  der  siebenten 
(Via  lata)  und  der  neunten  Region  (Circus  Flaminius),  und  die  Bezeichnung 
Campus  Martius  ist  lediglich  auf  die  westlich  von  der  Via  lata  liegende 
Ebene  beschränkt.  Dieser  Campus  Martius  also,  im  Süden  an  die  Vor- 
stadt des  Circus  Flaminius  grenzend,  im  Osten  begrenzt  von  der  Via  lata, 
im  Norden  und  Westen  sich  bis  an  den  Tiber  erstreckend,  zerfiel  seiner 
Bestimmung  nach  in  zwei  Teile.  Der  eine  diente  für  gymnastische  Übungen 
aller  Art,  der  andere  für  die  Volksversammlungen,  die  comüia  centuriata; 
der  erstere  nahm  den  nördlichen  Teil  des  Feldes  längs  des  Tiber  ein, 
der  andere  lag  südlich  davon  der  Stadt  zunächst.  Auch  die  Grenze  zwischen 
den  beiden  Teilen  des  Marsfeldes  ist  bekannt;  unter  dem  Palazzo  Serlupi- 
Crescenzi  in  der  Via  del  Seminario  hat  sich  nicht  weit  vom  Pantheon  ein 
Travertincippus  gefunden  mit  der  Inschrift:  id  quod  intra  cippos  ad  camp. 
versus  soll  est  Caesar  August,  redemptum  a  private  publicavit  (CIL  VI  874). 
Hier  also  befand  sich  zu  Augustus  Zeit  die  Grenze  der  beiden  Teile. 
Später  trennte  sie  die  p.  249  beschriebene  Strasse.  Ihr  Verhältnis 
könnte  man  mit  dem  zwischen  Comitium  und  Forum  in  der  ältesten 
Zeit  vergleichen  (vgl.  p.  77).  Auch  hier  grenzen  zwei  Plätze  aneinander, 
von  denen  der  eine  dem  freien  Verkehr  des  Volkes,  der  andere  staat- 
lichen Handlimgen  gewidmet  war.  Seit  Caesar  tritt  dieser  Unterschied 
auch  äusserlich  hervor.  Während  der  zu  gymnastischen  Übungen 
bestimmte    Teil    des    Marsfeldes    naturgemäss    von    Bauten    frei    blieb. 


*)  NiBBT,  Rom.  ant.  II  p.  591  ff.  —  Lakciani,  Ruins  and  excavations  p.  497  f. 


6.  Die  Stadtteile  am  Tiber,    d.  Das  Marsfeld. 


I  77,  78.) 


223 


und  nur  die  Ring-  und  Spielplätze  sich  verschönerten  und  mit  Statuen 
und  Bildwerken  schmückten,  bedeckte  sich  jener  andere  ursprünglich  für 
Staatsgeschäfte  bestimmte  mit  monumentalen  Bauten.    So  schildert  Sti^abo 

V  3,  8  p.  236  voller  Bewunderung  das  Marsfeld.  Er  sagt  nach  der  Über- 
setzung Prellers  (Reg.  158):  ^»Bewunderungswürdig  ist  die  Ausdehnung 
dieses  Feldes,  welches  auch  für  Wagenrennen  und  Reiterübungen  hin- 
reichenden Platz  gewährt,  trotz  der  grossen  Menge  derjenigen,  welche 
sich  im  Ball-  und  Reifenspiel  und  in  der  Palästra  üben.  Dazu  die  umher 
aufgestellten  Kunstwerke,  der  das  ganze  Jahr  hindurch  grünende  Rasen, 
und  jenseits  des  Stromes  der  Kranz  der  Hügel,  welche  sich  bis  an  den 
Fluss  mit  bühnenartiger  Wirkung  herumziehen,  ein  Schauspiel,  von  dem 
man  nicht  wegfinden  kann.  Und  nahe  bei  diesem  Felde  ist  noch 
ein  anderes  Feld,  und  rings  im  Kreise  liegen  eine  Menge  Prachthallen 
und  Lustpflanzungen  und  drei  Theater  und  das  Amphitheater  und  kostbare 
Tempel,  einer  an  dem  andern,  so  dass  die  übrige  Stadt  nur  wie  ein  An- 
hang zu  diesem  Teile  erscheint.  Deshalb  hat  man  auch  diesen  Raum  für 
den  würdigsten  gehalten,  um  darauf  Denkmäler  der  ausgezeichnetsten 
Männer  und  Frauen  zu  errichten.  ** 

78.  Ältester  Zustand.  1.  Die  Ära  Martis.  In  der  Mitte  des  dem  Mars 
geweihten  Feldes  i)  stand  die  Ära  Martis  (Liv.  XL  45,  Fest.  p.  189).  Ihre 
Lage  ist  nicht  bekannt.  Lanciani  setzt  sie,  allerdings  zweifelnd,  beim  Pan- 
theon an.  Die  Nachricht  des  Livius  XXXV  10,  im  Jahre  193  v.  Chr.  hätten  die 
Censoren  eine  Portikus  geführt  aporta  Fontinali  (vgl.  p.  44)  ad  Martis  aram, 
qua  in  campum  Her  esset,  widerspricht  dieser  Auffassung  nicht,  verträgt  sich 
aber  auch  mit  anderen  Ansetzungen,  dagegen  ist  wichtig  für  die  Lan- 
cianische Annahme,  dass  die  der  Sage  nach  (Fest.  ep.  p.  81)  von  Romulus 
zu  Ehren  des  Mars   eingesetzten  Equiria,  ein  Wagenrennen  (Varro  LL. 

VI  13),  nach  Ovid  Fast.  U  860  offenbar  in  der  Nähe  der  Ära  Martis  abgehalten 
wurden;  es  heisst  dort:  Equiria  .  .  .,  qnae  deiis  in  campo  prospicit  ipse  suo. 
Die  Schilderung  des  Campus  aber,  auf  dem  die  Equiria  abgehalten  wurden, 
weist  auf  den  nördlichen  Teil  des  Marsfeldes  an  den  Tiber;  vgl.  Ovid 
Fast,  ni  519:  altera  gramineo  spedabis  Equiria  campo,  quetn  Tiberis  ciirvis 
in  latus  urget  aquis.  Die  Equiria  wurden  am  14.  März  abgehalten. 
Vgl.  CIL  I*  p.  311.  Im  Zusammenhange  damit  wird  berichtet,  dass  auch 
auf  dem  Caelius  sich  ein  Campus  Martialis  befand:  Martialis  campvs 
in  Caelio  monte  didtur,  quod  in  eo  Equiria  solebant  fieri,  si  quando  aquae 
Tiberis  campum  Martium  occupassent  (Fest.  ep.  p.  131).  Vgl.  Ovid  Fast.  III 
519  ff.,  QiLBEBT  Top.  n  p.  97.  Von  den  Equirien  hat  wahrscheinlich 
die  Kirche  S.  Maria  in  Aquiro,  nordöstlich  vom  Pantheon  gelegen,  ihren 
Namen.  —  An  der  Ära  Martis  wurde  ferner  am  15.  Oktober  ein  mit  den 
Equiria  in  gewissem  Zusammenhange  stehendes^)  Wagenrennen  abgehalten 
und  in  Verbindung  damit  das  uralte  Opfer  des  Oktoberrosses  gebracht. 
Geopfert  wurde  nach  Festus  p.  178  (vgl.  p.  162,  Anm.  4)  das  Handpferd 


0  Bei  Gellins  YII  7,  4  wird  als  anderer 
Name  fQv  das  Feld  Campus  Tiberinas 
angefahrt,  vgl.  Plin.  XXXIV  25. 


p.  9. 


*)  Vgl.  WissowA,  De  feriis  anni  Romani 


224  S*  Topographie  Ton  Rom. 

des  siegreichen  Zweigespanns,  und  der  Schwanz  desselben  mit  solcher 
Schnelligkeit  in  die  Regia  gebracht,  dass  das  Blut  noch  auf  den  Altar 
tropfte.  Um  das  Haupt  aber  stritten  sich  die  Bewohner  der  Subura  und 
der  Sacra  via;  gewannen  es  die  ersteren,  so  hefteten  sie  es  an  den 
„Mamilierturm",  die  letzteren  an  die  Wand  der  Regia  (p.  91  f.).  Da  die 
Regia  an  den  Sacra  via  lag,  so  ist  die  turris  Mamüia  in  der  Subura  zu 
suchen;  dies  sagt  auch  Fest.  ep.  p.  131:  Mamüia  turris  intra  Suburae^) 
regionem  a  Mamilio  nomen  accepit. 

Bei  der  Ära  Martis  oder  in  der  Nähe  befanden  sich  die  Giconiae 
nixae.  Der  Kalender  (CIL  I*  p.  332)  hat  unter  dem  15.  Oktober:  equus 
ad  nixas  fit,  womit  das  oben  erwähnte  Oktoberrennen  gemeint  ist;  die 
Notitia  zählt  auf:  Campum  Martium,  Trigarium,  Ciconias  nixas,  Pantheum, 
Es  scheint,  dass  die  Gegend  bei  und  nördlich  von  der  Ära  Mai*tis  diesen 
Namen  gehabt  habe,  jedenfalls  von  einem  dort  befindlichen  Bildwerke. 
Ob  und  wie  damit  die  CIL  VI  1785  als  Lagerstätten  für  Weine  genannten 
Ciconiae  zusammenhängen,  ist  schwer  zu  entscheiden  (vgl.  p.  264  Anm.  2). 
An  dem  nördlichen,  den  Wettrennen  etc.  vorbehaltenen  Teile  des  Marsfeldes 
lag  auch  unweit  des  Tibers  und  wohl  unweit  der  Stabula  factionis  prasinae 
(vgl.  p.  212)  das  Trigarium,  der  xonoq  onov  Vnnoi  yviivd^ovrai.  Ein  im 
Jahre  1887  (CIL  VI  31545,  Bull.  com.  1887  p.  306)  am  Tiber  hinter  der 
Kirche  S.  Biagio  (Via  Giulia)  gefundener  Terminationscippus  enthält  die  In- 
schrift :  curatores  riparum  et  alvei  Tiberis  ripam  dppis  positis  terminaverunt  a 
trigario  ad  pontem  Agrippae  (vgl.  p.  68),  womit  freilich  nur  die  Lage  am 
Tiber  oberhalb  des  Pons  Agrippa  erwiesen  wird.  Plinius  XXXVII  202 
spricht  von  „trigaria"  als  einer  verbreiteten  Einrichtung:  ne  equos  quidetn 
in  trigariis  ullos  vernaculis  praeferunt.  Das  Trigarium  der  IX.  Region  wird 
noch  in  der  Regionsbeschreibung  erwähnt. 

2.  Das  Tarentum.  Durch  einen  uralten  Dienst  des  Dis  und  der  Pro- 
serpina ist  berühmt  das  Tarentum  (oder  Terentum).  Es  heisst,  dass  dort 
einst  Feuer  aus  der  Erde  geschlagen  sei,  weshalb  dieser  Teil  des  Marsfeldes 
auch  Campus  ignifer  genannt  wurde.  In  uralter  Zeit  wurde  hier  den  Göttern 
der  Unterwelt,  dem  Dis  Pater  und  der  Proserpina,  ein  Altar  gegründet, 
der  20  Fuss  unter  der  Erde  verborgen  war,  und  die  Ludi  saeculares 
eingerichtet  (vgl.  Valer.  Max.  11  4,  5,  Fest.  p.  329,  350,  Liv.  epit.  IL,  Ovid 
Fast.  I  501,  Martial  IV  1,  8,  X  63,  3,  Serv.  ad  Aen.  Vm  63).  Augustus  ver- 
band bei  den  von  ihm  im  Jahre  17  v.  Chr.  gefeierten  fünften  Säkular- 
spielen die  Feier  der  Unterirdischen  mit  der  der  kapitolinischen  Qottheiten 
und  des  Apollo  und  der  Diana.  Über  diese  Feier,  sowie  über  die  Säkular- 
spiele überhaupt  und  über  die  Stelle  des  Tarentums,  über  die  früher  Un- 
klarheit herrschte,  sind  wir  jetzt  auf  das  vollständigste  aufgeklärt  durch 
die  Reste  der  Inschriften  mit  den  Commentaria  ludorum  saecularium  quin^ 
torum  (Augustus)  et  septimorum  (Septimius  Severus),  die  an  Ort  und  Stelle 
beim  Palazzo  Sforza  Cesarini  in  dem  nordwestlichen  Teile  des  Marsfeldes, 


^)  Wie  weit  die  auf  p.  37  entwickelte 
ursprüngliche  Bedeutung  des  Namens  Stibura 
=  SuoMa  fOr  die  Lokalisierung  des  Turmes 


scheiden,  aber  es  ist  wahrscheinlich,  dass  er 
auf  oder  am  Gaelius  lag.  Vgl.  Gilbbbt  II 
46.  94.     Inschriftlich   a  iurre   Mamüia 


von   Bedeutung   ist,    lässt   sich   nicht  ent-      Bull.  com.  1888  p.  398. 


6.  Die  StadtieUe  am  Tiber,    d.  Das  Marsfeld.    (§  78.)  225 

unweit  des  oben  erwähnten  Terminationscippus  im  Jahre  1890  u.  91  ge- 
funden wurden.  Sie  befinden  sich  jetzt  im  Museum  der  Diokletiansthermen. 
Aber  die  Lage  des  Taren tums  ist  auch  noch  von  anderer  Seite  ge- 
sichert. In  geringer  Entfernung  von  dem  Fundorte  der  Inschriften  sind  schon 
vor  Entdeckung  derselben  beim  Bau  der  Kloake  für  den  Corso  Vittorio 
Emanuele  die  Reste  einer  Ära  von  ausserordentlichen  Dimensionen 
5  m  unter  dem  modernen  Niveau  gefunden  worden,  unzweifelhaft,  wie 
der  Herausgeber  Lanciani,  Monum.  dei  Lincei  I  540  ff.  sofort  aussprach, 
die  Ära  Ditis  et  Proserpinae  in  Toronto  (vgl.  die  oben  angeführten 
Stellen). 

Litteratar:  Ausgabe  Mommbbn,  Commentaria  ludonim  saecularinm  quintonim  et 
septimomm.  Ephem.  epigr.  VIII  p.  225  ff.  Dazu  H.  Dbbssel,  Nummi  Augasti  et  DomitiaDi 
ad  ludos  saecnlares  pertmentes.  Ephem.  epigr.  YIII  p.  810  ff.  —  Wissowa,  Sftkularfeier  des 
Augustne,  Marburg  1894.  —  Pinza,  Sopra  rorigine  dei  ludi  Tarentini  o  saeculares.  Bull, 
com.  1896  p.  191. 

3.  Wasserläufe.  In  ältester  Zeit  war  das  Marsfeld  von  mehreren  in 
den  Tiber  sich  ergiessenden  Wasserläufen  durchzogen,  die  bei  der  fort- 
schreitenden Bebauung  und  der  damit  Hand  in  Hand  gehenden  Kanalisierung 
verschwunden  sind.  Genannt  wird  in  erster  Linie  die  Petronia  amnis  (vgl. 
Taf.  6).  Sie  bildete  nach  Festus  p.  250  die  Grenze  der  Stadt  nach  dem  Mars- 
felde zu:  Petronia  amnis  est  in  Tiber  im  perfluens,  quam  magistratus  auspicato 
transeuntf  cum  in  campo  quid  agere  volunt,  sie  muss  also  an  der  südlichen  Grenze 
des  Campus  geflossen  sein.  Die  Quelle  dieses  Baches  hiess  Cati  fons, 
nach  Pest.  ep.  p.  45 :  Cati  fons,  ex  quo  aqua  Petronia  in  Tiberim  fluit,  dictus, 
quod  in  agro  cuiusdam  fuerit  Cati,  und  diese  Quelle  ist  am  Westrande 
des  Quirinals  zu  suchen.  >)  Bei  S.  Silvestro  a  Monte  Gavallo  auf  dem 
Quirinal,  an  der  ursprünglichen  Stelle,  ist  die  Inschrift  CIL  VI  1297: 
L.  Cornelio  L.  f.  Bullae  lelici  dictatori  vicus  Lad  Fund,  gefunden;  dieser 
Lacus  Fundanus  kehrt  wieder  in  den  Glossae  Placidi  p.  29  ed.  Deuerl.: 
Catialem  collem,  ubi  nunc  lacus  Fundani  [fundit*  mscr.)  est  dictus  a  Cati 
cuiusdam  loco.  Noch  heute  finden  sich  an  dieser  Stelle  des  Westrandes 
des  Quirinals  starke  Quellen,  namentlich  die  Quelle  im  Hofe  des  Quirinal- 
palastes,  die  Aqua  di  S.  Feiice  (vgl.  Lanciani,  Acque  p.  24),  deren  Lauf 
in  der  Richtung  über  die  Piazza  Yenezia  bis  zum  Ghiavicone  dell'  Olmo 
(Narducci,  Fognatura  p.  34)  noch  zu  verfolgen  ist. 

Ein  zweiter  Bach  führte  die  vom  Pincio  und  Quirinal  abfliessenden 
Wasser  durch  das  Thal,  das  später  von  den  Sallustischen  Gärten  ein- 
genommen wurde,  dem  Tiber  zu.  Über  die  noch  heute  dort  nachweis- 
baren Wasseradern  etc.  vgl.  Lanciani,  Acque  p.  16  f.  Welche  Richtung 
der  unterlauf  dieses  Baches  gehabt  hat,  ist  nicht  mehr  nachzuweisen, 
doch  ist  nicht  unwahrscheinlich,  dass  dieser  oder  die  Petronia  amnis  oder 
beide  zusammen  vor  ihrem  Einfluss  in  den  Tiber  die  auf  dem  Marsfeld 
gelegene  Palus  Capreae  (oder  Caprae)  bildeten.  Bei  diesem  Sumpfe 
soll  der  Sage  nach  Romulus  bei  Vornahme  einer  öifentlichen  Handlung 
(Liv.  I  16:  cum  ad  exercitum  recensendum  contionem   in   campo  ad  Caprae 

0  Hülsen,  Rhein.  Mus.  XLIX  p.  401  f.  1  Quirinal  entspringende  Wasserlanf,  der  aber 
Lanciani,  Acqa.  p.  15  f.,  meint  dagegen,  Pe-  '  ffXr  die  Angabe  des  Festas  (s.  o.)  viel  za  nOrd- 
tronia  amnis  sei  der  zwischen  Ilncio  und  ;  lieh  liegt. 

Qandhiirfa  der  klam.  AltArinmnwlMiPniirhRn.  III,  8»  B.    2.  Aufl.  15 


226  B*  Topographie  Ton  Born. 

paludem  haberet,  Ovid.  Fast.  11  492:  forte  tuis  illic,  Bomtde,  iura  dabo», 
Flor.  I  1,  16:  cum  contionem  haberet,  Aur.  Vict.  de  vir.  ill.  2:  cum  ad  Caprae 
paludefn  exercitum  lustraret)  der  Erde  entrückt  sein:  Sol.  I  20  apud  Caprae 
paludem  nonis  Quinctilibus  apparere  desiit.  Nach  Fest.  ep.  p.  65  wäre  der 
eigentliche  Name  der  Örtlichkeit  Capralia  gewesen:  capralia  appdlatur 
ager,  qui  vulgo  ad  caprae  paludes  did  seiet.  Die  Stelle  des  Sumpfes  ist 
nicht  mehr  nachweisbar.  0 

4.  Villa  publica.  Auf  dem  Marsfeld  befand  sich  bis  in  die  letzte  Zeit 
der  Bepublik  nur  ein  einziges  Gebäude,  die  Villa  publica  (vgl.  Taf.  6),  ein  von 
einer  starken  Mauer  eingehegtes  Gehöft  mit  einem  Hause  in  der  Mitte,  das 
zum  Aufenthalt  der  Beamten  während  der  Abhaltung  des  Gensus  und  der 
Truppenaushebungen  (Varro  RR.  III  2)  diente.  Auch  Gesandte  fremder 
Völker,  sowie  die  aus  dem  Kriege  zurückkehrenden  Feldherren,  denen 
in  dem  nicht  weit  entfernten  Tempel  der  Bellona  (p.  214)  Senats- 
sitzungen  anberaumt  wurden,  fanden  hier  Wohnung.  Erbaut  war  sie 
im  Jahre  435  v.  Chr.  (Liv.  IV  22),  im  Jahre  194  wurde  sie  re- 
stauriert (Liv.  XXXIV  44).  Ihre  Lage  an  der  Grenze  der  Flaminischen 
Vorstadt  ist  durch  den  Ausdruck  des  Varro  a.  a.  0.,  sie  habe  in  campo 
Martio  extreme  gelegen,  und  durch  die  Nähe  des  Tempels  der  Bellona  ge- 
sichert, denn  als  Sulla  das  berüchtigte  Blutbad  in  der  Villa  publica  an- 
richtete (Liv.  ep.  LXXXVra,  Val.  Max.  IX  2, 1,  Strabo  V  4, 11  p.  249,  Flor.  H 
9,  24),  hörte  der  im  Tempel  der  Bellona  versammelte  Senat  das  Geschrei 
der  Sterbenden.  Auch  Plutarch  Sulla  30,  der  erzählt,  das  Blutbad  habe 
nagä  rov  InnoÖQopiov  stattgefunden,  meint  wohl  die  Vüla  publica.  —  Unmittel- 
bar daran  sich  anschliessend  lagen  die  Saepta,  ein  eingehegter  Raum,  wegen 
der  Ähnlichkeit  mit  einer  Schafhürde  auch  Ovile  genannt,  der  zur  Ab- 
stimmung in  den  Centuriatkomitien  diente.  Serv.  Virg.  Ecl.  I,  33:  saepta 
proprie  sunt  loca  in  campo  Martio  inclusa  tahulatis,  in  quibus  stans  populus 
Romanus  suffragia  ferre  consueverat,  sed  quoniam  haec  saepta  similia  sunt 
ovilibus,  duo  haec  invicem  pro  se  ponuntur  (Lucan  II 197,  Juven.  VI  529).*) 

5.  Neben  der  Villa  publica  befand  sich  die  Porta  triumphalis, 
ein  auf  der  Grenze  der  Vorstadt  des  Circus  Flaminius  und  des  Mars- 
feldes stehender  Bogen  (vgl.  Taf.  6),  der  aus  der  Zeit  der  Republik  stammte, 
bekannt  als  der  Punkt,  bei  dem  der  Triumphzug,  nachdem  er  sich 
zuvor  auf  dem  Marsfelde  geordnet  hatte,  begann  (Gic.  in  Pison.  23).') 
Als  eine  besondere  Ehre  für  Augustus  wurde  beschlossen,  dass  seine 
Leiche  durch   dies   Thor  getragen  werden  sollte   (Tac.  ann.  I  8,  Sueton. 

)  £ine  ganz  abweichende  Meinung,  die   1  kannt.   Lanciavi,  Acqae  Taf.  11 1  nennt  den 


Palns  Caprae  habe  am  2.  Meilenstein  der 
Via  Nomentana  gelegen,  wo  im  Martyr. 
Hieronym.  ein  Ort  ad  Caprae  genannt  wird, 
siehe  bei  de  Rossi,  Bnll.  com.  1888  p.  244  ff. 
y.  DvHV,  Neue  Heidelberger  Jahrbücher  1899 
p.  116.  —  Andere  Bäche  auf  römischem  Boden 


natürlichen  Wasserabfluss  zwischen  Qoirinali 
Viminal  und  Esquilin  Spinon,  den  zwischen 
Caelins  and  Aventin  Nodinas. 

*)  Üeber  die  Art  der  Abstimmung  Tgl. 
Liv.  XXVI  22. 

*)  Die  Lage  der  Porta  tiiumphalis  geht 


werden  noch  bei  Cicero,  de  nat.  deor.  III  52  ge-  !  ziemlich  sicher  aus  Joseph.  Bell.  Jud.  YII 5, 4 

nannt:   in  augurum  precatione  Tiberinum,  '  hervor.    Sie  lag  danach  dicht  bei  der  Villa 

Spinonem,  Almonem,  Nodinum,  <ilia  propin-  |  publica,  zwischen  dieser,  dem  Isistempel  un^ 

quonim  fluminum  notntna  videmus.  Davon  ist  {  dem  Cürcus  Flaminius.    Ueber  die  Annahme 

der  Alm o  in  der  I.  Region  zu  suchen  (vgl.  da-  i  einer  Porticus  triumphi    vgl.   G.  B.  ns 

selbst),  Spinon  und  Nodinus  sind  sonst  unbe-  ,  Rossi,  Bull.  com.  1889  p.  355  f. 


6.  Die  SUdtteUe  am  Tiber,    d.  Das  Manfeld.    (§  79.)  227 

August.  100,  Dio  Cass.  LVI  42).  Nach  Josephus,  B.  Jud.  VII  5,  4 
befanden  sich  an  demselben  Altäre  gewisser  Gottheiten,  denen  bei  Beginn 
des  Triumphes  geopfert  wurde.  Domitian  erbaute  nach  seinem  Einzüge 
in  Rom  93  n.  Chr.  über  der  Strasse,  die  durch  die  Porta  triumphalis  führte, 
einen  Triumphbogen.  ^)  Wie  lange  dieser  Bogen  gestanden  hat,  ist  nicht  be* 
kannt;  es  ist  möglich,  dass  er  bei  der  nach  Domitians  Tode  vorgenommenen 
teilweisen  Zerstörung  seiner  Triumphbogen  (Dio  Cass.  LXVIII  1)  ver- 
schwand. Neben  dem  Bogen  gründete  er  einen  Tempel  der  Fortuna 
Redux  (vgl.  Martial  Yin  65).  Der  Tempel  wird  noch  bei  Glaudian,  de 
sexto  cons.  Honorii  1  erwähnt.  Über  einen  Bogen  des  Tiber  ins  heisst 
es  Suet.  Glaud.  11:  Tiberio  marmoreum  arcum  iuxta  Pompei  theatrum,  de- 
cretum  quidem  olim  a  senatu  verum  omissum,  peregit.  Es  wäre  nicht  un- 
denkbar, dass  auch  dieser  Bogen  über  der  Triumphalstrasse  errichtet 
worden  ist,  aber  genaueres  steht  darüber  nicht  fest,  der  Bogen  wird  nur 
an  der  einen  Stelle  erwähnt. 

Der  südliche  TeU  des  Marsfeldes. 
79.  Das  Theater  des  Pompeius.  1.  Der  erste,  der  auf  dem  Mars- 
felde baute,  war  Pompeius.  Er  errichtete  daselbst  das  erste  steinerne 
Theater,  während  die  früheren  Theaterbauten  von  Holz  ausgeführt  und, 
wie  selbst  das  mit  unerhöi-ter  Verschwendung^)  erbaute  des  Scaurus,  nur 
von  vorübergehender  Dauer  waren.  Noch  im  Jahre  150  v.  Chr.  wurde 
von  einem  Patrioten  wie  P.  Cornelius  Nasica  ein  stehendes  Theater  für 
unnützlich  und  sittengefährlich  erachtet.')  Auch  der  Bau  des  Pompeius 
erfuhr  noch  Tadel  (Tac.  Ann.  XIV  20).  Pompeius  errichtete  es  55  v.  Chr. 
in  seinem  zweiten  Konsulate  und  gab  zu  seiner  Einweihung  prächtige 
Spiele.  Über  die  Gründung  berichten  Ascon.  in  Pison.  1,  Vell.  U  48,  Gell. 
X  1,  6,  Plut.  Pomp.  52,  Dio  Cass.  XXXIX  38.  Nach  Plut.  Pomp.  40  baute 
sich  Pompeius  hier  auch  ein  prächtiges  Wohnhaus.  —  Das  Theater  hiess  im 
Volksmunde  theatrum  lapideum  oder  marmoreum  (so  auch  im  Kai.  zum 
12.  Aug.),  auch  nachdem  die  Theater  des  Baibus  und  Marcellus  schon  er- 
richtet waren,  die  weder  dieselbe  Grösse  hatten,  noch  je  die  gleiche  Be- 
deutung erlangt  haben.  Das  Theater  des  Pompeius  blieb  immer  das  erste. 
So  erzählt  Tac.  Ann.  XIII  54  von  dem  Besuche  Frisischer  Gesandter  da- 


0  Nach  der  von  Sueton  Domit.  18  be- 
zeugten Sucht  dieses  Kaisers,  flbendl  Triumph- 
bogen zu  errichten,  ist  die  Annahme,  er  habe 
auch  hier  einen  errichtet,  nfther  liegend,  als 
die  von  anderen  bevorzugte,  er  habe  die 
Poita  triumphalis  prachtvoll  wiederherge- 
stellt. 

»)  Plin.  N.  H.  XXXVI 114  f.:  in  aedaUate 
hie  8ua  fecU  opus  maximum  omnium  quae 
umqu>am  fuert  humana  manu  facta,  non 
temporaria  mora  verum  etiam  aeternitatis 
destinatione,  Theatrum  hoc  fuity  scena  ei 
triplex  in  altitudinem  CCCLX  columnarum 
in  ea  civUaie,  quae  sex  Hymettias  non  tulerat 
sineprobrocifns  amplissimi,  Ima  pars  scenae 
e  marmore  fuit,  media  e  vitro,  inaudito  eiiam 
postea   gener e  luoniriae,   summa   e   tabulis  \   Scipio  restitere.     Vgl.  p.  133. 

15 


inauratis,  columnae,  ut  diocimus,  imae  duode- 
quadragenum  pedum,  Signa  a^ea  inter 
columnas,  ut  indicavimus,  fuerunt  Jii  nu- 
mero,  cavea  ipsa  cepit  hominum  lxxx, 
cum  Pompeiani  theatri  totiens  multiplicata 
urbe  tantoque  maiot'e  popuio  sufficiat  large 
XL  sedere. 

')  Liv.  ep..  XLVin  Cum  locatum  a  cen- 
soribus  theatrum  exstrueretur,  P.  Cornelio 
Nasica  auctore  tanquam  inutüe  et  nociturum 
publicis  moribus  ex  Senat us  consülto  de- 
structum  est,  populusque  aliquamdiu  stans 
ludos  spectavit.  Ein  anderes  Beispiel  Vell. 
115:  Cassius  censor  a  Lupercali  in  Palatiutn 
versus  theatrum  facere  instituü,  cui  in  eo 
moliendo  eximia  civitatis  severitas  et  consul 


228 


B.  Topographie  von  Born. 


selbst  im  Jahre  58  n.  Chr.,  quo  magnitudinem  populi  viserentj  und  Dio 
Gass.  LXIII  6  berichtet  aus  dem  Jahre  66  n.  Chr.  von  dem  Besuche  des 
Tiridates  in  Rom,  bei  welcher  Gelegenheit  Nero  ro  ^satQov  (Suet. 
Nero  13),  also  offenbar  das  des  Pompeius,  vergolden  liess:  ovx  oti  tj 
axTjVTj  aXXd  xai  rj  nsQitpäQeia  avrov  haaa  ^vSo&ev  ixexQvawvo,  xcu  taXhz 
o(Sa  iarjei  XQva^  ixsxoaiirfco  ,  .  ,  .  tcc  y€  fxrjv  naQanttdafAtxra  %d  dvd  %ov 
diqog  diaxax^svTa^  onoag  tov  rjhor  dnsqvxoi^  dXovQyd  ijr,  xai  iv  fiiatp  avtäv 
aQfxa  iXavviov  o  Näqwv  dviffrixto,  nsQi^  3h  dcTegeg  xQvaot  inäi^cfinov»  Vgl. 
Plin.  N.  H.  XXXni  54.  Über  die  Grösse  des  Theaters  sind  die  Angaben 
verschieden.  Nach  PUn.  N.  H.  XXXVI  115  hatte  es  Raum  für  40000  Zu- 
schauer,  die  Notitia  gibt  nur  17  580  an.  Hülsen  berechnet  unter  Ver- 
werfung der  Angaben  des  Plinius  die  Zuhörerzahl  auf  9—10000  Personen 
(Bull.  com.  1894  p.  321). 

2.  Auf  der  Höhe  des  Theaters  errichtete  Pompeius  einen  Tempel  der 
Venus  Victrix.  Es  heisst,  er  habe  den  Tadel  der  Censoren  wegen  seines 
Baus  gefürchtet  und  deshalb  den  Tempel  so  gebaut,  dass  die  Sitzreihen  des 
Theaters  als  die  zu  ihm  emporführenden  Treppen  gelten  konnten.  Tertullian 
de  spect.  10:  Pompeius . . .  cum  ülam  arcem  omnium  turpitudinum  exstruxissd, 
veritus  quandoque  memoriae  suae  censoriam  animadversionem,  Veneris  aedem 
superposuit,  et  ad  dedicationem  edicto  populum  vocans  non  theatrum,  sed 
Veneris  templum  nuncupavit;  cui  subiecimus,  inquit,  gradus  spectaculorum. 
Gellius  X,  I  6—8,  der  dieselbe  Geschichte  erwähnt,  berichtet  nach  Varro 
und  Tiro,  dass  der  Tempel  und  mit  ihm  das  Theater  im  dritten  Kon- 
sulate des  Pompeius  dediziert  sei,  nicht  im  zweiten,  in  dem  das  Theater 
vollendet  und  eingeweiht  wurde.  Dem  Tempel  der  Venus  folgten  andere, 
in  den  Fast.  Amit.  heisst  es  unter  dem  12.  Aug. :  Veneri  victrici^  Honori, 
Virtuti,  Felicitati  in  theatro  marmoreo,^) 

3.  Das  Theater  hat  mannigfache  Geschicke  durchgemacht.  Augustus 
stellte  es  (ob  nach  einem  Brande?  Nach  Dio  Cass.  L  8  wirft  ein  Sturm 
32  V.  Chr.  vixYjq  äyakfia  dno  trjg  tov  ^edtgov  (fxrjv^g)  gleichzeitig  mit  dem 
Capitolium  impensa  grandi  (Mon.  Ancyr.  IV  9)  wieder  her;  näheres  ist 
darüber  nicht  bekannt.  Unter  Tiberius  (Tac.  Ann.  III 72,  VI  45,  Vell.  U  130, 
Suet.  Tib.  47)  brannte  es  ab,  der  Kaiser  unternahm  für  die  Nachkommen 
des  Pompeius  die  Wiederherstellung,  die  aber  erst  unter  Caligula  (Suet. 
Cal.  21)  beendet  wurde;  Claudius  dedizierte  es  von  neuem  (Suet.  Claud.  21, 
Dio  Cass.  LX  6).  Noch  mehrmals  ist  es  hinterher  abgebrannt  oder  doch 
durch  Brand  beschädigt;  so  unter  Titus  im  Jahre  80  (Dio  Cass.  LXVI  24), 
Septimius  Severus  (CIL  VI  1031?  VIII  1439),  249  n.  Chr.  unter  Phüippus 
Arabs  und  unter  Carinus  (Chron.  v.  354).  Unter  Diokletian  wurde  die 
Scena  Pompei  hergestellt;  eine  Herstellung  unter  Honorius  und  Arcadius 
meldet  CIL  VI  1191.»)  Das  Theater  ist  bis  in  die  letzte  Zeit  des  Alter- 
tums erhalten  geblieben,  Ammian.  XVI  10,  14  zählt  es  unter  den  decora 
urbis  aäe^'nae  auf. 


»)  Tiro  bei  Gellius  a.  a.  0.  spricht  von 
einem  Tempel  der  Victoria,  was  sicher  auf 
Verwechslung  mit  der  Venus  Victrix  beruht 


*)  lieber  weitere  Inachrifien,  die  sich 
auf  diese  Restauration  beziehen,  Tgl.  Hülbbv» 
Bull.  com.  1899  p.  251  ff. 


6.  Die  SUdtteile  am  Tiber,    d.  Das  Manfeld.    (§  79.)  229 

4.  Verbunden  war  mit  dem  Theater  die  Porticus  Pompeia.  Sie 
schloss  sich  an  die  Scena  des  Theaters  an  und  umgab  einen  grossen 
rechteckigen  Hof.*)  Die  Hallen  waren  ein  beliebter  Spaziergang.  Quid 
mim  loci  natura  afferre  polest,  ut  in  porticu  Pompei  potius  quam  in 
campo  ambulemus?  sagt  Cicero  de  fato  4,  8;  Ovid  A.  a.  HI  387:  at  licet  et 
prodest  Pompeias  ire  per  umbras,  Catull  55,  6:  in  Magni  simul  ambulatione 
femellas  omnes,  amice,  prendi.  Nach  Propert.  H  32,  11  waren  die  Hallen 
durch  Vorhänge  (aulaea  Attalica)  geschlossen.  Kunstwerke  darin  nennt 
Plin.  N.  H.  XXXV  114.  Aus  den  Worten  Martials  H  14,  10:  illinc  Pompei 
dona  nemusque  duplex  darf  man  mit  Beckür  p.  614  schliessen,  dass  von 
den  Portiken  umschlossen  im  Innenhof  sich  eine  doppelte  Platanen- 
pflanzung befand.  Eine  Restauration  der  Portikus  ist  gleich  der  des 
Theaters  unter  Arcadius  und  Honorius  418  u.  420  n.  Chr.  gemacht.  Vgl. 
CIL  VI  1193,  1676.  In  einer  Exedra  der  Portiken  stand  die  Bildsäule  des 
Pompeius.  Es  ist  dies  der  als  Curia  Pompei  berühmt  gewordene  Raum, 
in  dem  Caesar  ermordet  wurde.  Der  Ort  wird  natürlich  oft  erwähnt:  Cic.  de 
div.  II  9, 23  in  curia  Pompeia  ante  ipsius  Pompei  simulacrum.  Liv.  epit.  CXVI : 
in  Pompei  curia.  Ascon.  in  Milon.  §  67:  cum  senatus  in  porticu  Pompei 
haberetur.  Vgl.  Dio  Cass.  XLIV  16  u.  52,  Plut.  Brut.  14,  Caes.  66,  Appian 
b.  c.  II  115.  Augustus  liess  sie  als  locus  sceleratus  vermauern  und  stellte 
die  Bildsäule  des  Pompeius  „contra  theatri  eius  regiam  marmoreo  Jano  . . . 
transUüam  e  curia ,  in  qua  C.  Caesar  fuerat  occisus"  (Suet.  Aug.  31)  auf. 
unter  regia  ist  die  Hauptthür  zu  verstehen,  welche  von  der  Scena  in  den 
Säulengang  führte,  und  an  dieser  Stelle  zeigt  auch  das  Fragment  des 
kapitolinischen  Stadtplans  (F.  U.  IV  30a)  einen  Bogen.  Von  Diokletian 
ist  die  Porticus  Pompeia  gänzlich  umgebaut  und  neu  als  Porticus  Jovia 
und  P.  Herculea  dediziert  worden  (Chron.  von  354).  Die  darauf 
bezüglichen  Inschriften  (CIL  VI  255,  256)  sind  innerhalb  der  Porticus 
Pompei  gefunden  worden.  —  Wohl  nicht  zu  trennen  von  den  Portiken 
des  Theaters  des  Pompeius  ist  die  Porticus  ad  Nationes,  von  der  es 
bei  Serv.  Aen.  VIII  721  heisst:  Porticum  enim  Augustus  fecerat,  in  qua 
simulacra  omnium  gentium  conlocaverat,  quae  porticus  appellabatur  Ad 
Nationes.  Dieselbe  Porticus  wird  auch  bei  Plinius  XXXVI  41  erwähnt: 
quattuordecim  nationes  quae  sunt  circa  Pompeium,  d.  h.  beim  Theater  des 
Pompeius;  und  so  heisst  es  auch  bei  Suet.  Nero  46:  a  simulacris  gentium, 
ad  Pompei  theatrum  dedicatarum,  so  dass  man  zweifeln  kann,  ob  nicht 
ein  Teil  der  Portiken  des  Theaters  hier  gemeint  ist.  Augustus  hat 
das  Theater  des  Pompeius  wieder  hergestellt,  und  es  ist  nicht  un- 
möglich, dass  auch  die  an  dasselbe  sich  anschliessenden  Portiken  eine 
Restauration  erfuhren  und  mit  den  genannten  Statuen  geschmückt  wurden.  >) 

5.  Östlich  von   der    Porticus  Pompeia   bei    der  Kirche  S.  Nicolö  ai 


*)  Vitruv.  V  9, 1   post  scenam  porticus  \   des  Marsfeldes  mit  Statuen  schmttckte,  geht 

sunt  caniftituendae  uti  cum  imbres  repentini  •  aus    Sueton.  Cal.   84   hervor,    wo   von    den 

ludos  interpellaverint,  habeat   populus  quo  statuaa  virorum  illustrium  ab  Augusto  ex 

86  redpiat  ex  theatro  . . .  uti  sunt  poHicua  Capitolina  area  propttr  angustias  in  campum 

Pompeianae,  .   Martium  conlatas  die  Rede  ist.     üeber  die 

^)  Dass  Augustus  überhaupt  die  Portiken  grosse  Menge  der  das  Marsfeld  erflülenden 


230  B.  Topographie  Ton  Rom. 

Cesarini  befindet  sich  im  Hofe  des  Klosters  S.  Nicolö  ai  Cesarini  ein 
Peripteral-Rundtempel,  und  ein  anderer  rechtwinkliger  Peripteros  hat 
in  der  Nähe  bis  zum  Ende  des  15.  Jahrhunderts  eidstiert.  Beide  Tempel 
sind,  wie  durch  einen  Vergleich  mit  einer  Zeichnung  Antonio  da  SangaUos 
sich  ergab,  0  dargestellt  auf  Forma  Urbis  XVI 110  zugleich  mit  dem  öst- 
lichen Abschluss  der  Portikus.  Welche  Tempel  hier  gelegen  haben,  ist 
nicht  bekannt.  —  CIL  VI  9404  nennt  eine  schola  fabrorum  soliarium  baxiarium 
siib  tkeatro  Pompeiano. 

6.  Neben  der  P.  Pompei  lag  nach  dem  Marsfelde  zu  eine  zweite 
Halle,  das  Hekatostylon,  erwähnt  bei  Martial  II  14,  9  inde  petU 
centum  pendentia  tecta  columnis  und  III  19,  1  proxima  centenis  ostenditur 
ursa  columnis^  ferner  bei  Hieronymus;  auf  dem  Fragment  des  Stadtplans 
Forma  ürb.  fr.  31  findet  sich  der  Name.  Reste,  die  aller  Wahrschein- 
lichkeit nach  zu  dieser  hundertsäuligen  Halle  gehören,  haben  sich  bei 
den  Regulierungen  und  Ausgrabungen  des  Jahres  1884  in  der  Richtung 
des  Corso  Vittorio  Emanuele  zwischen  der  Piazza  del  Oesü  und  der  Via 
dei  Ginnasi  gefunden.  Zu  dieser  Halle  müssen  auch  die  grossen  Blöcke 
gehört  haben,  die  um  1541  dort  ausgegraben  wurden.  Auf  eine  späte 
Restauration  des  Hekatostylon,  etwa  in  der  Zeit  des  Honorius  und 
Arcadius,  in  der  auch  die  anderen  Pompeiusbauten  wiederhergestellt 
wurden,  bezieht  de  Rossi  die  Inschrift  CIL  VI  p.  XXVII  ä.*) 

80.  Die  Saepta.  1.  Seit  Caesar  begann  sich  das  Marsfeld  mit  einer 
Reihe  von  Prachtgebäuden  zu  bedecken,  die  ihres  Gleichen  nicht  gehabt 
haben.  Er  selbst  hatte  die  weitgehendsten  Pläne.  Nach  einer  Notiz  Ciceros 
(ad  Att.  Xin  33)  ging  er  damit  um,  den  Tiber  in  ein  neues  Bett  hart 
am  Fusse  der  Montes  Vaticani  zu  leiten,  das  Marsfeld  zu  bebauen  und  in 
dem  «Campus  Vaticanus'*  ein  neues  Marsfeld  zu  schaffen,  doch  ist  nichts 
davon  zur  Ausführung  gekommen.')  Dagegen  begann  er  den  Bau  der 
marmornen  Saepta,  welche  an  Stelle  des  einfachen  Ovile  för  die  Ab- 
stimmung der  Centurien  dienen  sollten;  sie  umfassten  zugleich  die  Villa 
publica,  die  seit  jener  Zeit  nicht  mehr  genannt  wird.  Nach  dem  von 
Cicero  (ad  Att.  IV  16,  14)  erwähnten  ursprünglichen  Plane  sollten  sie  ein 
Platz  von  miüe  passm  Umfang  werden,  von  mächtigen  Portiken  um- 
schlossen. Caesar  erlebte  die  Vollendung  des  Baues  nicht;  Lepidus,  der 
Triumvir,  setzte  ihn  fort,  Agrippa  vollendete  ihn  und  gab  ihm  den  Namen 
Saepta  Julia.  Die  Dedikation  erfolgte  27  v.  Chr.  (Dio  Cass.  Lffl  23).  —  Es 
ist  sicher,  dass  in  dem  siebenundzwanzigjährigen  Zeitraum  von  dem  Briefe 
Ciceros  bis  zur  Dedikation  durch  Agrippa  der  Bauplan  der  Saepta  nicht 
unwesentliche  Änderungen  erlitten  hat.  Die  Abnahme  der  Bedeutung 
der   Komitien,    die  unter   Augustus   begann   und  schon  bei  Antritt  der 

Stataen   vgl.   auch   die   oben   p.  223   ange-  '   Ueber  die  Ansgrabmigen  von  1884  v^.  Not 

f&hrlen  Worte  des  Strabo.  de  scavi  1884  p.  103. 

■)  Ueber  diese  beiden  Tempel  und  ihre  ')  Die  Anlage  der  Hort i  Gaesaris  trans 

Identifiiiening  mit  dem  Fragmente  XYI 110  Tiberim,  die  nachmals  durch  Gaeaais  Teeta- 

des  Stadtplanes  vgl.  Lakciani,  I  portici  della  ment  in  den  Besita  des  Rftmischen  Volkes 

regione  IX.   Ann.  d.  Ist  1883  p.  5  ff.  kamen,  scheint  in  diesem  Sinne  gemacht  n 

^\  Ds  Rossi,  Miscellanea  etc.  Bull.  com.  sein. 
1893  p.  189  ff.    Vgl.  Bull.  com.  1893  p.  6. 


6.  Die  Stadtteile  am  Tiber,    d.  Das  Marsfeld.    (§  80.)  231 

Regierung  des  Tiberius  zur  Übertragung  der  Wahlen  an  den  Senat  führte, 
(Tac.  Ann.  1  15),  mag  dazu  der  Hauptgrund  gewesen  sein.  Jedenfalls  ist 
der  ursprünglich  für  die  Saepta  bestimmt  gewesene  Raum  zum  grossen 
Teil  durch  Agrippa  für  seine  Thermen  und  vorher  schon  durch  das  Iseum 
und  andere  Bauten  in  Anspruch  genommen  worden.  Nachweisbar  ist 
eine  den  Namen  der  Saepta  Julia  tragende  Porticus  längs  der  Via  Flaminia 
von  1500  röm.  Fuss  Länge  und  200  Fuss  Breite,  (440  zu  60  m),  von 
der  an  mehreren  Punkten  Reste  gefunden  sind.  Die  nördliche  Grenze 
dieser  Portikus  ist  durch  Frontin  22:  arcus  aquae  Virginis  finiuntur  in 
Campo  Martio  secundum  frontem  saeptorum  und  die  noch  existierenden 
Bogen  jener  Wasserleitung  bestimmt;  die  am  weitesten  südlich  reichenden 
Reste  sind  unter  dem  Palazzo  Venezia  gefunden,  sie  reichten  mit  ihrem 
Westrande  genau  bis  zur  östlichen  Grenze  der  Basilica  S.Marco.  0  Bedeutende 
Reste  existieren  noch  unter  der  Kirche  S.  Maria  in  via  lata  und  dem  Palazzo 
Doria.)')  Von  grosser  Wichtigkeit  für  die  Rekonstruktion  sind  die  Fragmente 
des  Stadtplans  Form.  Urb.  fr.  84—36,  die  einen  nicht  unerheblichen  Teil  der 
Saepta  mit  der  Inschrift  und  einen  grossen  Komplex  von  Bauten,  der  auf  der 
anderen  Seite  der  Via  lata  in  der  VIT.  Region  lag,  darstellen.*)  —  So  un- 
bezweifelt,  wie  die  Zugehörigkeit  dieser  Portikus  zu  den  Saepta  der  Zeit 
des  Septimius  Severus  und  auch  wohl  zu  den  ursprünglichen  ist,  wie  sich 
aus  der  gleichartigen,  ebenfalls  von  Agrippa  erbauten  Porticus  Polae  in 
der  VII.  Region  ergiebt,  so  unbekannt  sind  wir  mit  der  Ausdehnung 
und  der  Gestaltung  der  ursprünglichen  Anlage  des  Agrippa.  Was  wir 
davon  wissen,  lässt  einen  ganz  anderen  Bau  vermuten.  Nach  Dio  Gass. 
LIII  23  waren  die  Saepta  von  Lepidus  croaTg  ntqi^  .  .  .  cvvfpxodofArjfieva 
und  wurden  von  Agrippa  nXa^l  hd-ivaig  xai  ^wyqaffriiiaayv  ausgeschmückt; 
nach  den  Säkularakten  (Ephem.  epigr.  VIII  p.  248)  versammelte  sich  hier*) 
im  Jahre  17  v.  Chr.  der  Senat  (in  saeptis),  Caligula  gab  daselbst  Gladia- 
torenspiele (Suet.  Gal.  18),  ebenso  Claudius  (Suet.  Claud.  21):  gladiatorium 
munus  iustum  et  legitimum  in  saeptis;  ibidem  extraordinarium  et  breve 
dierumque  paucorum  etc.,  und  Nero  ein  gymyiicum  (Suet.  Ner.  12).  Caligula 
veranstaltete  hier  sogar  eine  Naumachie  näv  to  xuyQhv  ixaXvo  dioQv^aq  xai 
vdaxog  nXriQwaaq  (Dio  Cass.  LIX  10).  Diese  Verwendung  der  Saepta  setzt 
natürlich  einen  ganz  anderen  Raum  und  Bau  voraus,  als  eine  Portikus, 
sie  hörte  aber  mit  dem  grossen  Brande  unter  Titus  auf  (Dio  Cass. 
LXVI  24),  der  auch  die  Saepta  vernichtete.  Hinterher  erscheinen  die 
Saepta  als  ein  grosser  Bazar,  in  dem  namentlich  Luxuswaren  feil- 
geboten wurden  (Martial  n  14,  57,  IX  59,  X  80).  Sie  müssen  also  unter 
Domitian  einen  völlig  umgestaltenden  Neubau  erfahren  haben.    Ein  zweiter 


')  Auf  der  Piazza  S.  Marco  lag  im 
4.  Jahrhundert  n.  Chr.  ein  vornehmes  Privat- 
haus,  die   Domus   Turciorum,  vgl.  CIL  VI 


von  Hülsen,  Bull.  com.  1893  p.  12  ff.  Die 
Stärke  der  Pfeiler  deutet  darauf  hin,  dass 
die  Halle  ein  zweites  Stockwerk  trug. 


1772,  1773.  *)  Aus  Dio  Cass.  LVI  1   («tio  ßvfiajog) 


0  Eine  auf  neuen  Untersuchungen  he- 
rahende  Zusammenstellung  sämtlicher  Reste 
siehe  hei  HOlsbn,  I  saepta  ed  il  Dirihitorinm, 
Bull.  com.  1893  p.  9  ff . 

*)  Neueste  Behandlung  der  Fragmente 


hat  man  schliessen  wollen,  es  habe  hier 
EostrfA  gegeben,  aber  es  handelt  sich,  wie 
auch  Sueton,  Tib.  17  bestätigt,  um  ein  tri- 
bunai. 


232 


B,  Topographie  von  Rom. 


Neubau  wird  in  der  Vita  Hadriani  19  erwähnt,  wo  die  Saepta  neben  den 
übrigen  von  Hadrian  erneuten  Bauten  des  Agrippa,  dem  Pantheon,  der 
Basilica  Neptuni  und  dem  Lavacrum  Agrippae  genannt  werden.  Ob  sie 
nach  Hadrian  noch  als  Bazar  gedient  haben,  ist  nicht  bekannt.  Die 
letzte  Erwähnung  findet  sich  in  der  Vita  Alexandri  Severi  26:  basilicam 
Alexandrinam  instUuerat  inter  campum  Martium  et  saepta  Ägrippiana. 

In  der  Regionsbeschreibung  werden  die  Saepta  nicht  mehr  genannt, 
obgleich  die  grosse  Portikus  an  der  Via  lata,  wie  die  noch  erhaltenen 
Reste  beweisen,  fortexistierte.  Dagegen  nennt  sie  neben  der  Porticus 
Argonautarum  eine  Porticus  Meleagri,  die  sonst  nirgends  genannt  wird.  0 
Dass  die  Portikus  der  Saepta  ebenso  mit  Bildern  und  Bildwerken  ge- 
schmückt waren,  wie  andere  Portiken,  die  davon  ihren  Namen  erhielten, 
z.  B.  die  P.  Europae,  Argonautarum,  ad  Nationes,  wissen  wir.  So  sagt 
Plin,  N.  H.  XXXVI  29:  nee  minor  quaestio  est  in  saeptis,  Olympum  et  Fana, 
Chironem  cum  Achille  qui  fecerint.  Es  ist  also  wohl  denkbar,  dass  die 
Saepta  im  3.  Jährhundert  n.  Chr.  von  einem  hervorragenden  Bildwerke  den 
Namen  Porticus  Meleagri  erhielten,  der  die  alte  Benennung  verdrängte. 

2.  In  der  Nähe  des  Nordendes  der  Saepta,  nach  Ovid  Fast.  I  464:  hie 
ubi  Virginea  camptis  oUtur  aqua,  muss  der  von  Lutatius  Gatulus  gegründete 
Tempel  der  Juturna  gelegen  haben  (Serv.  Aen.  XII  139).  Er  wird  er- 
wähnt bei  Cicero  pro  Gluentio  36, 101,  wo  von  vergoldeten  Statuen  die  Rede 
ist,  die  bei  ihm  aufgestellt  wurden.  Über  die  Bedeutung  der  Göttin  vgl. 
MoMMSEN  CIL  P  p.  326.3) 

3.  In  Verbindung  mit  dem  der  Saepta  begann  Agrippa  den  Bau  des 
Diribitoriums,  eines  grossen,  zur  Sonderung  der  Stimmen  und  Fest- 
stellung des  Resultats  der  in  den  Saepta  veranstalteten  Eomitien  be- 
stimmten Gebäudes.  Es  wurde  nach  seinem  Tode  8  v.  Chr.  von 
Augustus  geweiht  (Dio  Cass.  LV  8).  Dass  es  ein  von  den  Saepta 
getrennter  Bau  war,  geht,  abgesehen  von  der  verschiedenen  Entstehungs- 
zeit, aus  der  Aufzählung  der  im  Brande  unter  Titus  untergegangenen 
Bauten  bei  Dio  Cass.  LXVI  24  hervor,  wo  es  neben  den  Saepta  und 
zwischen  dem  Pantheon  und  dem  Theater  des  Baibus  aufgeführt  wird. 
Seine  Lage  an  der  Stadtseite  des  Marsfeldes  wird  durch  Suetons  (Claud.  18) 
Worte:  Claudius  cum  Aemüiana  pertinacius  arderent,  in  Diribitorio  duabus 
noctibus  mansit  angedeutet.  Über  die  mutmassliche  Lage  der  Aemiliana 
vgl.  p.  211.  Schwieriger  ist  die  Frage  nach  seiner  baulichen  Beschaffen- 
heit. Plin.  N.  H.  XXXVI  102  zählt  das  tectum  Diribüori  ab  AgHppa  facti 
(nicht  das  Diribitorium  selbst!)  zu  den  bedeutendsten  Werken,   doch  war 


')  Martial  II  14  z&hlt  alB  Hanptspazier- 
gänge  des  CampiiB  Martäas  auf:  die  Porticus 
Europae  (Lage  unbekannt),  die  Saepta,  die  P. 
Argonautarum,  das  Iseum,  das  Hecatostylon, 
die  Porticus  Pompeia. 

')  üeber  die  Namensform  der  Göttin  be- 
merkt MoMMSEH  a.  a.  0.  mit  Hinweis  auf  eine 
im  Vatikan  befindliche,  im  Bull.  d.  Ist.  1871 
p.  137  publizierte  Inschrift,  die  die  Diu tur na 
nennt:  Potuerunt  idem  dudum  docere  nos 
phüologi,  cum  aptid  Ciceronem  in  Cluentiana 


36, 101  in  libris  ornntbits  sü  cid  DitUumae. 
Item  in  Flori  libro  Palatino  1,  28  legi  apud 
Diuttimae  lacum  testor  de  visu,  cum  in 
varia  lectione  Jahnii  mei  eam  scripturam 
typographi  ohscurarint.  —  Dass  auf  dem 
Marsfelde  (unbekannt  wo)  auch  die  Feronia 
verehrt  wurde,  lehrt  der  Eilender  (CIL  I' 
p.  335).  Ein  ihr  im  Jahre  217  v.  Chr.  von 
den  Libertinen  dargebrachtes  Greschenk  wird 
Liv.  XXn  1  erwähnt. 


6.  Die  Stadtteile  *m  Tiber,    d.  Daa  MareMd.    (§  81.)  283 

68  ZU  seiner  Zeit  schon  zerstört,  denn  er  sagt  N.  H.  XYI  201 :  fuü  memoria 
nostra  et  in  particibus  Saeptorum  (trabs  e  larice)  a  M.  Agrippa  relicta,  aeque 
miraculi  causa  ^  quae  Diribitorio  superfuerat  (100  Fuss  lang).  Agrippa 
scheint  hier  also  den  Versuch  gemacht  zu  haben,  einen  Raum,  wie  er 
sonst  wegen  seiner  Grösse  nicht  eingedeckt  zu  werden  pflegte,  mit  einem 
Dache  zu  versehen.  Dio  Cass.  LV  8  nennt  es  olxog  fiäyiarog  r&v  ndnfne 
ixiav  6qo^7]v  axovxfov.  Das  ungeheure  Dach,  das  offenbar  einen  einzigen 
Raum  überspannend  ohne  innere  Stützen  sich  hielt,  bestand  noch  zur  Zeit 
Galigulas,  der  nach  Dio  Cass.  LIX  7  bei  allzu  grosser  Hitze,  also  des 
Daches  wegen,  das  Diribitorium  als  Theater  benutzte.  Das  Dach  stürzte 
ein  und  konnte  nicht  wieder  aufgebaut  werden,  man  liess  aber  das  Ge- 
bäude ohne  Dach  weiter  bestehen.  Unter  Titus  brannte  es  ab  und  man 
würde  aus  der .  mangelnden  Verwendbarkeit  des  Gebäudes  zu  seinem 
ursprünglichen  Zweck,  sowie  daraus,  dass  es  in  dem  Verzeichnis  der  von 
Hadrian  hergestellten  Bauten  des  Agrippa  fehlt,  unzweifelhaft  schliessen, 
dass  es  nicht  wieder  aufgebaut  wurde,  wenn  nicht  Dio  Cass.  LV  8  von 
ihm  wie  von  einem  noch  existierenden  spräche.  Er  sagt:  r^v  dl  olxog 
^eyiatog  %wv  nwnote  (xiav  o^o^rjv  axm^xwv  '  vvv  ydq  drjy  ndffrfi  ttjg  (fteyrjg 
avTOV  xav^aiQe&edrrjg^  ort  ovx  rjivrtjd'r]  avx>ig  (fvaTrjvai^  a%avrig  cffttv  (ist  es 
offen).  —  Auch  über  die  Gestalt  wissen  wir  nichts,  nicht  einmal,  ob  es 
rechteckig  oder  rund  (mit  einem  Zeltdach  von  hundertfüssigen  Balken?) 
war;  auf  letzteres  liesse  etwa  die  Notiz  über  Caligula  schliessen. i) 

81.  Das  Pantheon.  1.  Geschichte.  Das  Pantheon  wurde  von 
Agrippa  erbaut  und  in  seinem  dritten  Konsulate,  27  v.  Chr.,  geweiht.  Über 
den  Bau  und  die  Bedeutung  des  Namens  berichtet  Dio  Cass.  LIII  27:  rd  te 
ndv^siov  (ovofAaiffAävov  i^eväXecev  '  ngogayogevezai  Sl  ovtoj  td%a  ixhv  tni 
noXXäv  d-eSv  eixovag  iv  roTg  dydXnaai^  %t^  %6  xov  ^Aqeog  xal  t(p  riyg  ^AipQodi^ 
trjg^  SXaßev,  dg  S'  iyci  i'o/if'^o),  oti  x^oloeiSlg  ov  t(j^3  ovQUVfp  nqogtoixBV. 
eßovXr^x^rj  filv  ovv  6  'Ayqinnag  xai  %ov  Avyovarov  ivxavx^a  iSgiaat,  ttjv  ts 
toi  tqyov  emxXrjaiv  avttp  dovvai  •  fijj  de^ajtuvov  dl  avtov  /nrjdbTfQOv  exet 
[aIv  tov  ngoreQOV  Kaiaaqog^  iv  ik  t(^  ngordo}  vov  re  Avyovotov  xai  eavvov 
dvdQidvrag  iaxrfiev.  Danach  befanden  sich  in  dem  Tempel  ausser  anderen 
Götterstatuen  die  des  Divus  Julius,  des  Mars  und  der  Venus  (welche  nach 
Macrob.  III  17,  18  mit  einer  Perle  der  Kleopatra  geschmückt  war),  in  der 
Vorhalle  die  des  Augustus  und  des  Agrippa.  Über  die  anderen  hier  auf- 
gestellten Götterbilder  steht  nichts  fest,  doch  war  der  Tempel  ohne  Zweifel 
der  Verherrlichung  des  julischen  Geschlechtes  gewidmet,  und  der  hier  ver- 
sammelte Götterkreis  wohl  diesem  Zwecke  entsprechend  gestaltet.  Über 
künstlerische  Ausschmückung  des  Baus  berichtet  Plin.  N.  H.  XXXVI  38: 
Ägrippae  Pantheum  decoravit  Diogenes  Atheniensis,  in  columnis  templi  eius 
Caryatides  probantur  inter  pauca  operum,  sicut  in  fastigio  posita  signa,  sed 
propter  altitudine^n  loci  minus  celebrata.  Die  Ansicht,  dass  die  im 
Braccio  nuovo  befindliche  Karyatide,  sowie  eine  früher  im  P.  Giustiniani, 
jetzt  in  Kopenhagen  befindliche  jener  ganz  ähnliche  aus  dem  Pantheon 

')  Ueber  das  Weiterleben  des  Namens  '  das  Diribitorium  sei  kein  besonderer  Bau,  son- 
im  Mittelalter  vgl.  Hülsen  (Bull.  com.  1893  i  dem  das  obere  Stockwerk  der  Saepta  Julia 
p.  23  ff ),  der  daselbst  auch  die  Meinung  vertritt,  ,  gewesen. 


234 


B.  Topographie  yon  Rom. 


stamme,  ist  verfehlt.  Einmal  ist  der  Kunst  wert  dieser  Bildwerke 
nicht  gross  genug,  um  Plinius'  Bewunderung  zu  erklären,  andererseits 
haben  die  von  Plinius  erwähnten  schwerlich  die  Brände  unter  Titus  und 
Trajan  überstanden.  Vgl.  Helbig,  Führer  I  *  p.  2.  —  Von  der  weiteren  Ge- 
schichte des  Pantheons  wird  überliefert,  dass  es  im  Brande  unter  Titus 
zerstört  (Dio  Cass.  LXVI  24)  und  von  Domitian  wieder  hergestellt  wurde 
(Chron.  v.  354).  Zum  zweitenmale  zerstörte  es  der  Blitz  unter  Trajan  (Oros. 
7,  12:  Pantheon  Somae  f ulmine  concrematum,  bei  Hieron.  164  submersum); 
die  Herstellung  erfolgte  durch  Hadrian.  Nach  Dio  Cass.  LXIX  7  sprach 
dieser  im  Pantheon  gelegentlich  Recht.  Die  letzte  Restauration,  von 
der  wir  wissen,  ist  die  unter  Septimius  Severus  im  Jahre  202.  Auf  dem 
Architrav    der   Vorhalle    unter   der   Inschrift    des   Agrippa   (CIL  VI  896 


Abb.  23.    Grundriis  des  Pantheons. 

M,  Agrippa  L,  f,  consul  tertium  fecit)  steht  in  kleinen  schwer  leslichen 
Lettern  die  diese  Restauration  meldende  Inschrift  (Pantheum  vetustate  cor- 
ruptum  cum  omni  cultu  resiituerunt).  Erwähnt  wird  es  auch  in  der  be- 
geisterten Schilderung  Roms  bei  Ammianus  XVI  10,  14  mit  den  Worten: 
Pantheum  veliit  regionem  teretem  speciosa  celsitudine  fornicatam,  —  Im 
Pantheon  versammelten  sich  am  12.  Jan.  des  Jahres  59  v.  Chr.  die  Arval- 
brtider.    Vgl.  CIL  VI  2041. 

2.  Das  Gebäude.  Das  Pantheon  ist  noch  erhalten.  Es  besteht,  wie  der 
Plan  (Abb.  28)  zeigt,  aus  drei  Teilen.  Diese  sind:  1.  Die  mit  einer  kassettierten 
halbkugligen  Kuppel  überdachte  Rotunde,  die  durch  7  Nischen  gegliedert  ist, 
zu  denen  als  achte  der  Eingang  hinzukommt.  Die  diesem  gegenüber  liegende 
Hauptnische,  sowie  die  mittleren  rechts  und  links  vom  Eingang  sind  halbrund, 
die  anderen  rechteckig.  Das  sie  abschliessende  Gebälk  wird  von  korinthischen 


6.  Die  SUdtteile  am  Tiber,     d.  Das  Marsfeld.    (§  81.) 


235 


Säulen  getragen.  Die  Rotunde  empfängt  ihr  Licht  durch  eine  einzige  in  dem 
Scheitel  der  Kuppel  angebrachte  kreisrunde  Öffnung  (vgl.  Taf.  14).  2.  Der 
Vorbau,  in  welchem  sich  zwei  nach  aussen  öffnende  Nischen  befinden,  und 
3.  Eine  auf  16  Granitsäulen  ruhende  Vorhalle  mit  den  oben  erwähnten  In- 
schriften am  Architrav.  Der  Vorbau  hängt  organisch  mit  der  Rotunde  zu- 
sammen, er  ist  mit  dieser  gleichzeitig  in  Ziegelbau  aufgeführt.  Die  säulen- 
getragene Vorhalle  dagegen  ist  ohne  organische  Verbindung  und  ohne  Rück- 
sicht auf  die  Architektur  der  Rotunde  und  des  Vorbaus  vor  diesen  gesetzt, 
ihr  Oebälk  schneidet  mitten  zwischen  die  Gesimse  des  Hauptbaus  hinein  und 
läuft  sich  an  der 
Mauer  der  Rotunde 
tot  (Abb.  24).  Da 
die  Rotunde  mit 
dem  Vorbau  allein 
ohne  die  Vorhalle  zu 
keiner  Zeit  bestan- 
den haben  dürfte, 
80  ist  die  wahr- 
scheinlichste An- 
nahme, dass  die  Zu- 
fügung  der  Portikus 
während  des  Baus 
beschlossen  und 
nachträglich  ausge- 
führt worden  ist. 
Masse  des  Ge- 
bäudes: der  innere 
Durchmesser  der 
Rotunde  beträgt 
43,50  m,  also  an- 
nähernd 150  Fuss 
röm.  (44,40  m). 
Ebensoviel  beträgt 
die  Höbe  bis  zu  der 
etwa  9  m  (=30  röm. 
Fuss)  im  Durch- 
messer betragenden 
Lichtöffnung        der 

halbkugligen  Kuppel,  die  Höhe  des  Tambours  ist  gleich  der  Höhe  der 
Kuppel,  also  75  röm.  Fuss.  Die  Dicke  der  Mauern  beträgt  6,20  m  (= 
21  röm.  Fuss).  Der  Vorbau  hat  eine  Tiefe  von  7,40  m  (=  25  röm.  Fuss), 
die  Vorhalle  von  13,60  m  (=  46  röm.  Fuss).  Ihre  Breite  beträgt  34  m 
(=  114  röm.  Fuss).  Die  Höhe  der  Granitsäulen  ist  12,5  m  (=  42^4  röm. 
Fuss). 

Durch  die  von  dem  Franzosen  Chedanne  angeregten,  von  der  italieni- 
schen Regierung  in  den  Jahren  1892  und  1893  unternommenen  Nach- 
forschungen  und  Ausgrabungen    haben   sich  folgende   wichtige  Resultate 


Abb.  24.    Vorhalle  des  PantheoDS. 


236 


B.  Topographie  Ton  Rom. 


für  die  Baugeschichte  des  Pantheons  ergeben:  1.  Für  die  Kenntnis  der 
Konstruktion  der  Kuppel  war  bis  jetzt  massgebend  Pibanesi,  Raccolta  di 
tempi  antichi  U;  das  von  ihm  überlieferte  System  von  Entlastungsbogen, 
Rippen  und  Strebebogen  in  der  Kuppel  stand  aber  im  Widerspruch  mit  einer 
Zeichnung  A.  da  Sangallos  des  Jüngeren  in  den  Uffizien  zu  Florenz  (Nr.  78), 
die  über  den  Entlastungsbogen  der  Einbettung  der  Kuppel  anstatt  der  bei 
Pibanesi  von  da  an  bis  zu  der  runden  Lichtöffnung  aufsteigenden  Strebebogen 
etc.  horizontal  gelagerte,  in  gewissen  Abständen  sich  wiederholende  Schichten 
von  grossen  zweifüssigen  Ziegeln  zeigt.  Die  neuesten  Untersuchungen, 
die  völlige  Gewissheit  über  den  Bau  des  Tambours  und  der  Kuppel  bis 
in  die  Mitte  der  zweiten  Kassettenreihe  gebracht  haben,  bestätigen  Piba- 
NEsis  Angaben  nur  zum  Teil,  stehen  aber  im  Einklang  mit  der  Zeichnung 
Sangallos.  Über  die  Konstruktion  des  oberen  Teiles  der  Kuppel  sind  wir 
nach  wie  vor  im  Dunkeln,  i)  Die  Untersuchungen  an  der  Attika  haben 
auch  die  Konstruktion  der  über  den  Nischen  befindlichen  Hohlräume 
klargelegt.  Danach  sind  diese  auch  vor  der  gänzlichen  Vermauerung 
stets  geschlossen  gewesen,  vermutlich  durch  Gitter.*).  —  2.  Die  Unter- 
suchung der  in  dem  Bau  zum  Vorschein  gekommenen  Ziegelstempel 
hat  ergeben,  dass  der  ganze  Bau,  Rotunde  nebst  Vorbau,  nicht  von 
Agrippa,  sondern  von  Hadrian  stammt.  Die  betreffenden  Stempel 
(Sammlung  u.  a.  Rom.  Mitt.  1893  p.  312  ff.,  CIL  XV  276.  362.  811  b.c. 
1406.  1406  K  649  u.  a.)  sind  solchen  Stellen  entnommen,  bei  denen  an 
eine  nachträgliche  Einfügung  zum  Zwecke  der  Restauration  nicht  zu 
denken  ist,  den  Entlastungsbogen  über  dem  Nischengebälk  und  im 
Kuppelansatz,  und  in  den  unteren  Teilen  des  Tambours.  Das  Vor- 
handensein hadrianischer  Stempel  im  Pantheon  war  schon  Pibakesi  und 
Fea  bekannt,  man  legte  aber  kein  hinreichendes  Gewicht  auf  diese 
mit  der  Tradition  und  mit  der  Inschrift  in  Widerspruch  stehende  Beob- 
achtung. Auch  Dressel,  der  die  Ziegel inschriften  des  Pantheon  gesammelt 
hat  (Bull.  d.  Inst.  1885  p.  89.  CIL  XV  p.  9),  drang  mit  seiner  bestimmt 
ausgesprochenen  Ansicht:  muros  huius  aedificii  nee  primos  esse  nee  aäate 
Agrippae  exstructos,  sed  saeculo  altera  refectos  vel  ceHe  novo  opere  latericio 
indudos  nicht  durch.  Der  erste,  der  ohne  Umschweif  (1890)  die  Ajisicht 
aussprach,  dass  die  ganze  Rotunde  ein  hadrianischer  Neubau  sei,  war  der 
österreichische  Architekt  H.  Dell.  Jetzt,  nach  der  gründlichen  Unter- 
suchung des  ganzen  Gebäudes,  ist  an  dem  Faktum  nicht  mehr  zu  zweifeln. 
Übrigens  sind  auch  die  Mauern,  die  die  Verbindung  des  Pantheons  mit 
den  südlich  davon  gelegenen  Thermen  des  Agrippa  vermitteln,  aus  hadri- 
anischer Zeit.  —  3.  Die  an  das  neue  Ergebnis  sich  naturgemäss  an- 
schliessende Frage  nach  dem  Bau  des  Agrippa  veranlasste  die  italienische 
Regierung  zu  Nachforschungen  unter  dem  Boden  der  Botunde.  Es  ergab 
sich,   dass  in  einer  Tiefe  von  2,15  m  unter   dem  jetzigen  Fussboden   ein 


')  Einen  auf  die  Zeichnung  Sangallos  ge- 
stützten Vorschlag  macht  Hülsen,  Rom.  Mitt. 
1893  p.  309. 

')  Die  Unhaltbarkeit  der  geistreichen 
Vermutung  Adlers  (Das  Pantheon  zu  Rom. 
Winckelmannsprogramm  Berlin  1871),   dass 


die  Nischen  offen  gewesen  seien  und  fiber  den 
S&ulen  die  von  Plinius  a.  a.  0.  als  in  columnis 
templi  befindlichen  Karyatiden  gestanden 
hätten,  ist  damit,  wenigstens  fUr  den  jetzt 
noch  existierenden  Bau,  widerlegt. 


6.  Die  StadtteUe  am  Tiber,    d.  Daa  Marsfeld.    (§  81.) 


237 


zweiter  Fussboden  liegt,  von  dessen  Marmorbekleidung  sich  nicht  nur  die 
Einbettungen  in  dem  aus  Tuff  brocken  und  Kalk  hergestellten  0,27—0,30  m 
(=  1  röm.  Fuss)  starken  Paviment,  sondern  auch  noch  Reste  von  Pavona- 
zetto  und  Oiallo  antico  gefunden  haben.  Reste  oder  Spuren  eines  Ober- 
baus sind  nicht  gefunden  worden,  dagegen  konnte  konstatiert  werden, 
dass  der  bis  an  die  Mauer  des  Tambours  zu  verfolgende  Fussboden 
dort  abgeschnitten  worden  ist,  um  für  die  Fundamentierung  der  Rotunde 
Platz  zu  gewinnen.  Diese  ruht  auf  einem  Ringe  von  Gusswerk,  der 
im  Innern  70  cm,  im  Äussern  nur  15  cm  stärker  ist  als  die  Mauer 
des  Oberbaus.  Von  aussen  umgibt  ihn  aber  noch  ein  Ring  aus  Retikulat- 
mauerwerk.  Das  ungeheure  Gewicht  des  Neubaus  scheint  der  Grund 
dafür  zu  sein,  dass  der  ältere  Fussboden  aus  seiner  horizontalen 
Lage  gewichen  ist.  Er  ist  in  der  Mitte  am  höchsten  und  senkt  sich 
nach  den  Rändern  zu.  Dies  Paviment  ist  offenbar  ein  Rest  der  hier 
vor  dem  Bau  des  Hadrian  befindlichen  Anlage.  Ob  es  zu  einem  Gebäude 
gehörte  oder  ein  freier 
Platz  war,  ist  nicht 
auszumachen,  da  Spu- 
ren von  Mauern  nicht 
gefunden  sind.  Ebenso- 
wenig ist  auszumachen, 
ob  wir  hier  schon  das 
Pflaster  des  Agrippa 
erreicht  haben,  oder 
nicht  vielmehr  ein 
späteres,  etwa  des  Do- 
mitian.  Denn  bei  den 
unter  diesem  Paviment 
fortgesetzten  Nach- 
grabungen kanien  1  m  tiefer  die  Spuren  eines  dritten  Pavimentes  zum 
Vorschein.  Zwischen  beiden  fanden  sich  Fragmente  von  bemalten  Archi- 
tekturstücken und  ein  unbekannter,  rechteckiger  Ziegelstempel,  den 
Dressel  etwa  in  den  Anfang  des  1.  Jahrhunderts  setzt  (Röm.  Mitt.  1893 
p.  317).  —  4.  Von  höchster  Wichtigkeit  waren  die  Ausgrabungen  unter 
und  in  der  Umgebung  der  Vorhalle  (Abb.  25).  Bei  der  Aufdeckung  der 
Fundamente  zeigte  sich,  dass  Rotunde  und  Vorbau  auf  einem  gemeinsamen 
Fundamente  ruhen,  dagegen  die  Fundamente  der  Vorhalle  erst  später  ge- 
legt sind.i)  Die  Fundamente  der  acht  Säulen  an  den  Seiten  und  im  Innern 
der  Halle  ruhen  auf  vier  Streifen  von  Gusswerk  (Kasten,  cassoni),  die  bis 
in  die  Fundamente  des  Vorbaus  und  der  Rotunde  vorgeschoben  sind;  da- 
gegen die  acht  Säulen  der  Front  ruhen  auf  einer  Travertinmauer,  die  sich 
als  Teil  der  Umfassungsmauer  eines  vor  Bau  der  Vorhalle  hier  befind- 
lichen rechtwinkligen  Baus  auswies.  Die  längere  Seite  dieses  Baus, 
dessen  kleinere  Achse  genau  in  der  Achse  des  Pantheons  liegt,  geht  auf 
beiden  Seiten  über  die  Vorhalle  soweit  hinaus,  dass  noch  Raum  für  je 


Abb.  25.    Fundamente  der  Vorballe  des  Pantheons. 


')  Vgl.  L.  Bbltbami,  II  Pantheon  1898  pag.  45  Fig.  XUI. 


238  B.  Topographie  von  Rom. 

eine  Säule,  also  im  ganzen  ffir  10  Säulen  vorhanden  ist;  ihre  Länge  be- 
trägt 43,76  m.  (=  148  röm.  Fuss),  also  fast  genau  soviel,  wie  der  innere 
Durchmesser  der  Rotunde.  Die  kleinere  Seite,  von  der  erhebliche  Reste 
an  der  Westseite  der  Vorhalle  erhalten  sind,  ist  19,82  m  (=  67  röm.  Fuss) 
lang.  Auch  die  zweite  Langseite  konnte  verfolgt  werden.  Es  scheint, 
als  ob  das  Oebäude  kein  einfaches  Rechteck  war;  11,25  m  von  der  Süd- 
westecke biegt  die  Mauer  nach  Süden  um,  so  dass,  dieselbe  ümbiegung  auf 
der  anderen  (Südo8t-)Seite  vorausgesetzt,  sich  an  den  rechteckigen  Bau  von 
43,76  X  19»82  m  ein  ebenfalls  rechteckiger  Vorbau,  mit  der  längeren  Seite 
von  21,26  m  (=  73  röm.  Fuss)  anschloss,  sich  also  eine  Bauform  ergab,  wie 
sie  am  Tempel  der  Concordia  am  Forum  (p.  78  f.)  wiederkehrt.  Ob  wir 
in  diesem  Oebäude  das  Pantheon  des  Agrippa  zu  erkennen  haben,  ist  eine 
sehr  schwierige  Frage,  namentlich  wegen  der  Niveauverhältnisse ;  0 
jedenfalls  ist  die  Vorhalle,  die  mit  dem  Bau  des  Hadrian  auf  dem- 
selben Niveau  liegt,  als  Anbau  an  diesen  und  später  als  dieser  ent- 
standen. Die  Inschrift,  die  den  Bau  in  Agrippas  Zeit  setzt,  macht 
keine  erhebliche  Schwierigkeit.  Wir  wissen,  dass  Hadrian  niemals  aaf 
die  von  ihm  errichteten  Bauten  den  eigenen  Namen  setzte,  ja  es  heisst 
Vita  Hadriani  19  bei  der  Wiederherstellung  früherer  Bauten,  unter  denen 
auch  das  Pantheon  aufgezählt  wird,  ausdrücklich :  eaqueomniapropriisaudarum 
nominibus  consecravü.  Es  sind  also  zwei  Möglichkeiten  vorhanden,  entweder, 
dass  die  Vorhalle  gleich  der  Rotunde  von  Orund  auf  von  Hadrian  neu  erbaut 
und  die  ursprüngliche  Inschrift  des  Pantheons  des  Agrippa  wiederholt 
wurde,  oder  dass,  wie  u.  a.  Lanciani  meint,  die  Vorhalle  im  wesentlichen 
aus  Bestandteilen  des  älteren  Baus  hergestellt  wurde.  Für  letzteres  spricht, 
dass  nach  den  Untersuchungen  Dells  und  Chedannes  im  Innern  der 
Rotunde  sowohl  wie  an  der  Vorhalle  (Giebel)  Werkstücke,  die  zu  einem 
älteren  Bau  gehörten,  verwendet  worden  sind.  Es  wäre  also  auch  mög- 
lich, dass  die  die  Inschrift  tragenden  Balken  dazu  gehörten.^)  —  Die  Vor- 
halle war  mit  Tonnengewölben  gedeckt  und  mit  einer  Dachkonstruktion 
von  vergoldeten  Erzbalken  versehen.  Urban  VIII  (ein  Barberini)  deckte 
sie  im  Jahre  1625  ab,  um  das  Metall,  450^251  Pfund,  zur  Fabrikation  von 
80  Kanonen  zu  verwenden,  die  auf  der  Engelsburg  aufgestellt  wurden.') 
Die  Meinung,  dass  auch  der  Baldachin  über  dem  Grabe  des  heiligen  Peb-ua 
in   der  Peterskirche  von  diesem  Metall  hergestellt  wurde,  ist  irrig;    das 


')  Dass  das  Pantheon  des  Agrippa  eine      filteren  Bans  in  dem  Nenbau  Hadrians  adop- 


ganz  andere  Konstruktion  gehabt  haben 
mnss»  als  das  des  Hadrian,  geht  n.  a.  ans 
den  Bränden  hervor,  durch  die  jenes  zer- 
stört wurde,  während  dieses  absolut  gegen 
Feuersgefahr  geschützt  ist.  In  der  That  ist 
nach  Hadrian  von  Bränden  des  Pantheons 
nicht  mehr  die  Rede.  Auch  die  bekannte 
Pliniusstelle  (N.  H.  XXXVI  88),  in  der  von 
den  Karyatiden  die  Rede  ist  und  wo  es  heisst: 
sictit  in  fastigio  posita  signa,  sed  propter 
altüudinem  loci  minus  celebrata,  scheint  ein 
anderes  Tempelschema  vor  Augen  zu  haben 


Indessen  müssen  doch  gewisse  Elemente  des  {  berini. 


tiert  worden  sein,  so  z.  B.  die  beiden  Nischen 
zu  Seiten  der  Eingangsthttr,  die  doch  offen- 
bar zur  Aufnahme  der  Statuen  des  Angustos 
und  Agrippa  dienten. 

*)   Nie" 


*)  Nicht  zu  diesen  WerkstQcken  ge- 
hören die  nnkannellierten  Granitsftulen,  die 
eher  dem  Geschmacks  der  trajanisch-hadri- 
anischen  als  dem  der  augustischen  Zeit  ent- 
sprechen. 

*)  Die  Entrüstung  der  Römer  daiftber 
drückte  sich  in  dem  geflügelten  Worte  ans: 
Quod  non  fccerunt  barbari,  fecerunt  Bar- 


Taf.  14. 


Das  Pantheon  des  Hadrian:  Vorhalle. 


Das  Pantheon  des  Hadrian:  Inneres. 


6.  Die  SUdtteüe  am  Tiber,    d.  Daa  Marafeld.    (§  82.)  239 

Metall  dazu  wurde  aus  Venedig  bezogen.  Die  Bronzethür,  die  in  die 
Rotunde  fQhrt,  ist  nicht  antik,   sondern  zur  Zeit  Pius  IV  umgegossen.') 

Die  Restauration  des  Pantheons,  die  Septimius  Severus  an  dem  Ge- 
bäude, das  die  Inschrift  CIL  VI  896  vetustate  corruptum  nennt,  vornahm, 
betraf  wohl  in  erster  Linie  die  Ausschmückung  des  Innern,  jene  pracht- 
volle Marmorinkrustation,  deren  Reste  noch  bis  in  das  vorige  Jahrhundert 
existierten,  dann  aber  auf  Befehl  Benedikts  XIV  im  Jahre  1747  abgenommen 
und  durch  die  jetzige  wertlose  Dekoration  ersetzt  wurden.  Seit  609  n.  Chr. 
(Bonifatius  IV)  ist  das  Pantheon  in  die  Kirche  S.  Maria  ad  martyres  ver- 
wandelt, nachdem  ganze  Wagenladungen  von  Gebeinen  der  Märtyrer  aus 
den  Katakomben  hierher  übergeführt  waren.  Constans  II  beraubte  das 
Dach  der  Rotunde  der  vergoldeten  Bronzeziegel,  Papst  Gregor  III  (731—741) 
Hess  es  neu  mit  Blei  decken.  Im  Mittelalter  fiel  das  Gebäude  der  Ver- 
wahrlosung anheim,  namentlich  ist  die  äussere  Bekleidung  der  Rotunde 
(Stuck  und  Marmor)  gänzlich  verschwunden,  die  Vorhalle  wurde  durch 
Anbau  von  Buden  etc.  entstellt,  ihre  Ostseite  fiel  in  Trümmer.  Zu  ihrer 
Herstellung  liess  Alexander  VII  im  Jahre  1662  zwei  auf  Piazza  S.  Luigi 
de  Francesi  gefundene,  also  aus  den  Thermae  Alexandrianae  stammende 
Säulen  von  rötlichem  Granit  aufrichten.  Vorübergehende  Änderungen  an  dem 
Gebäude  waren  die  Errichtung  (unbekannt,  wann?)  eines  Glockenturmes 
hinter  dem  Giebel  der  Vorhalle,  und  nach  dessen  Zerstörung  der  beiden 
geschmacklosen  Glockentürmchen,  die  Urban  VIII  durch  Beniini  errichten 
liess  und  die  erst  in  neuester  Zeit  wieder  entfernt  worden  sind.  Seit  den 
achtziger  Jahren  ist  das  Pantheon  von  allen  Anbauten  befreit. 

3.  Vor  dem  Pantheon  befand  sich  ein  mit  Portiken  aus  grauem  Granit 
umgebener  freier  Platz.  Sowohl  von  der  Umfassungsmauer  wie  von  den 
Säulen  und  dem  Travertinpflaster  sind  Reste  erhalten.  Die  Area  lag  nicht 
unerheblich  niedriger,  als  das  jetzige  Terrain.  Ursprünglich  stieg  man 
auf  fünf  Stufen  von  der  Vorhalle  des  Pantheons  zu  dem  Platz  hinab.  An 
der  Nordseite  führte  ein  Triumphbogen  auf  diese  Area.  Er  war  mit 
Reliefs  geschmückt,  welche  die  Provinzen  und  Nationen  des  römischen 
Reiches,  einen  Kaiser  um  Beistand  anflehend,  darstellten.  Im  Mittelalter 
hiess  er  deshalb  Arcus  Pietatis;  wie  er  im  Altertum  hiess,  ist  unbe- 
kannt. 

Litteratur:  Adlbb,  Das  Pantheon  in  Rom,  Winckelmannaprogramm  Berlin  1871. 
—  L.  Bbltbami,  Notizie  d.  scavi  1892  p.  88—90.  —  R.  Lakoiani,  La  controversia  snl 
Pantheon,  Bull.  com.  1892  p.  150—159.  —  E.  Güillaümb,  Le  Pantheon  d'  Agrippa,  Revue 
des  deux  mondes  1892,  p.  562—581.  —  F.  Bonoioamnint,  II  Pantheon  di  Agripi>a,  Nuova 
Antologia  1892  p.  88—101.  —  A.  Mioharlis,  Das  Pantheon  nach  den  Ergebnissen  der 
neuesten  Untersuchungen,  Preussische  Jahrbücher  1893  p.  208—224.  —  0.  Richter, 
Das  Pantheon,  Archäologischer  Anzeiger  1893  p.  1—5.  —  Dbll^  Zeitschrift  für  bildende 
Kunst  1893  p.  273—278  und  Verhandlungen  der  42.  Versammlung  deutscher  Philologen 
und  Schulmänner  in  Wien,  1893,  p.  343—348.  —  L.  Bbltbami,  II  Pantheon,  Relazione  delle 
indagini  eseguiti  dal  R.  Ministero  delia  Pubblica  Istmzione  negli  anni  1892 — 93  coi  rilievi 
e  disegni  dell'  Architetto  Pier  Olinto  Abmanini,  Milano  1898.  —  Eboli,  Raccolta  generale 
delle  iscrizioni  del  Pantheon,  1895.  —  GkykOllbb,  Documents  in^dits  sur  les  thermes  d' 
Agrippa,  le  PanÜieon  et  les  thermes  de  Diocletien.  —  H.  Dbessel,  Mattoni  timbrati  nel 
Pantheon  di  Agrippa,  Bull.  d.  Ist.  1885  p.  69  ff. 

82.  Die  Thermen  des  Agrippa.  1.  Gleichzeitig  mit  dem  Pantheon 
erbaute  Agrippa  südlich  von  diesem  seine  Thermen,   die  ersten,   die  Rom 

^)  Vgl.  Lanciani,  Ruins  and  ezcavations  p.  484  ff. 


240  B.  Topogr*phie  von  Rom. 

gesehen  hat.  Er  nannte  sie  ursprünglich  Laconicum.  Über  diesen  Namen 
berichtet  Dio  Cass.  Lin  27  *Ayqinnaq  —  to  nvQiarrjQiov  vi  Aaxtovixw  xcne^ 
(fxevaae  '  Aaxiüvixov  yccq  %6  yvfivdaiov^  eneidr^neQ  oi  AaxBiaiiiovioi  yvfi^ 
vovCx^aC  T€  iv  r<j"  rite  XQ^'^'V  *^*  ^'na  aifxeiv  fidhtna  idoxow^  insxaksae. 
Derselbe  hebt  LIV  29  hervor,  dass  die  Bäder  in  ihnen  umsonst  gewesen 
seien.  Über  die  innere  Ausschmückung  durch  Bilder  etc.  berichtet  Plinias 
N.  H.  XXXV  26  und  XXXVI  189.  Derselbe  erzählt  N.  H.  XXXIV  62,  dass 
vor  den  Thermen  des  Agrippa  der  Apoxyomenos  des  Lysippus  gestanden 
habe.  Sie  wurden  im  Jahre  25  v.  Chr.  dediziert,  die  Bäder  aber  wurden 
erst  seit  19  v.  Chr.  in  Gebrauch  genommen,  als  die  zu  diesem  Zwecke 
bestimmte  Aqua  Virgo  fertig  war.  Diese  Leitung  wurde  von  Agrippa 
aus  dem  Ager  Lucullanus  im  Gebiete  von  CoUatia  in  der  Nähe  des  8.  Meilen- 
steins der  Via  CoUatina  nach  Rom  geführt.  Über  den  Namen  erzählt 
Frontin  10:  Virgo  appeUaia  est,  quod  quaerentibus  aquam  müüibus  puella  rir- 
guncula  venas  quasdam  monstravü,  quas  secuti  qui  foderant  ingentem  aquae 
modum  invenerunt.  Aedicula  fonti  apposita  hanc  originem  pictura  ostendü. 
Die  Leitung,  die  ihre  Piscina  in  den  Horti  LucuUani  auf  dem  Pincio  hat 
(Frontin  22),  ist  noch  heute  in  Thätigkeit.  —  Die  Thermen  gingen  in 
dem  grossen  Brande  unter  Titus  zu  Grunde,  wurden  aber  wiederhergestellt 
(Dio  Casfi.  LXVI 24),  Martial  erwähnt  sie  mehrmals  kurz  (IE  20, 15  und  36, 6). 
Unter  Hadrian  wurden  sie  ebenfalls  restauriert;  die  Vita  Hadriani  zahlt  sie 
c.  19  als  lavacrum  Agrippae  unter  seinen  Bauten  auf.  Eine  letzte  Wieder- 
herstellung erfuhren  sie  nach  CIL  VI  1165  (vetustate  labefadas)  unter  Con- 
stantius  und  Constans  im  Jahr  844/45  n.  Chr.  Erwähnt  werden  sie  CIL 
VI  9797.  Die  Regionsbeschreibung  führt  sie  als  thermas  Agrippianas  auf.*) 
Die  Reste  der  Thermen  sind  zum  Teil  noch  hinter  dem  Pantheon 
erhalten,  der  Plan  des  ganzen  ist  uns,  soweit  im  16.  Jahrhundert  erhalten, 
bekannt  durch  eine  Zeichnung  Peruzzis  in  der  Oallerie  der  ITffizien,  auf  die 
zuerst  Lanciani,  Not.  d.  scavi  1882  p.  851  aufmerksam  gemacht  hat.^)  Die 
noch  erhaltenen  Reste  an  der  Hinterseite  des  Pantheons  sind  im  Jahre 
1881  frei  gelegt.  Lanciani,  der  den  Arbeiten  beiwohnte,  hat  in  seinen 
Relazioni  (Not.  degli  scavi  1881  p.  276  flf.  und  1882  p.  340  flf.)  in  aus- 
führlicher Weise  über  Rekonstruktion  und  Benennung  der  Räume  ge- 
handelt. Zum  Teil  erhalten  ist  ein  rechteckiger  Saal  von  45  X  19  n* 
Grösse.  In  seiner  längeren  Seite,  dem  Pantheon  zunächst,  befindet  sich  eine 
halbrunde  Tribüne  von  grosser  Ausdehnung;  in  den  kleineren  Seiten  waren 
Zugänge  und  gegenüber  der  Nische  in  der  andern  Längswand  eine  Thür, 
die  diesen  Saal  mit  den  anderen  Räumen  der  Thermen  in  Verbindung 
setzte.  Ansehnliche  Architekturreste  gestatteten  auch  eine  Wiederher- 
stellung der  inneren  Dekoration.  Die  Wände  waren  durch  16  Nischen 
für  Statuen  gegliedert;  gefunden  sind  die  Reste  von  vier  Säulen  von  rotem 

')  Auffallend  ist,    dass  der  Anonymus  {  hftlt  es  trotz  der  Bezeichnung  als  Agrippianae 

von  Einsiedeln  in  unmittelbarer  N&he  des  [  in  der  Regionsbeschreibnng  für  mö^cn,  dass 

Pantheons T h e r mae  Com modianae  nennt,  |  Commodus   die  Thermen    des  Agrippa    er- 

die  die  Notitia  nicht  kennt,  dagegen  nennt  |  weitert  oder  restauriert  habe, 

sie  Commodianae  in  der  I.  Region.   Es  liegt  ,  ')  Nach  ihm  behandelt  von  Gbtxüllbb, 

hier  vermutlich  eine  Verwechslung  mit  den  '  Documents  in^dits  sur  les  thermes  d*  Agrippa 

Agrippianae  vor.    Lamciani,  Itan.  Eins.  p.  19  |  etc.  1883. 


6.  Die  SUdtteile  *m  Tiber,    d.  Das  Marsfeld.    (§  82.)  241 

Oranit,  vier  Säulen  von  Pavonazetto,  und  einem  kostbaren  Friese.  Die 
Schwäche  der  Mauern  zeigt,  dass  dieser  Raum  ursprünglich  des  Daches 
entbehrte  oder  mit  einem  Holzdach  versehen  war.  Auf  dem  Paviment 
aber  hat  man  die  Reste  eingestürzter  Wölbungen  gefunden.  Es  scheint 
sich  daraus  zu  ergeben,  dass  die  zwischen  diesem  Thermensaal  und  der 
Rotunde  des  Pantheon  in  der  Achse  des  letzteren  befindlichen  Quermauern, 
die  nach  den  Ziegelstempeln  unter  Hadrian  errichtet  sind,  die  Mauern 
zum  Zwecke  der  Überwölbung  verstärken  sollten.  Aus  derselben  Zeit 
stammt  auch  die  grosse  Nische,  so  dass  Hadrian  die  Thermen  einer,  wie  es 
scheint,  durchgreifenden  Umgestaltung  unterzogen  hat.^) 

2.  Bei  Tacitus  Ann.  XV  37  wird  ein  Stagnum  Agrippae  erwähnt. 
Es  heisst  dort:  (Nero)  in  stagno  Agrippae  fabricatus  est  rotem,  cui  super- 
positum  convivium  navium  aliarum  tractu  moveretur.  Dieses  Stagnum  nennt 
auch  Strabo  XHI  p.  590.  Er  erzählt,  dass  Agrippa  ein  Bildwerk  des  Ly- 
sippos  ^v  T^  aXasi  T<jp  fieua^v  rijg  Xifxvrjg  xal  rov  svqinov  aufgestellt  habe. 
Die  Erwähnung  des  Euripus  weist  auf  die  unmittelbare  Nähe  der  Thermen 
hin.  Denn  nach  Frontin.  Aq.  84  wurde  von  der  Aqua  Virgo,  die  in  erster 
Linie  für  die  Thermen  des  Agrippa  bestimmt  war,  auch  ein  Euripus  (ein 
Kanal)  gespeist.  Das  aXcog  sind  sicher  die  auch  bei  Dio  Cass.  LIV  29 
zusammen  mit  den  Thermen  erwähnten  Horti  {xfinoi)  Agrippae  (bei  Tac. 
a.  a.  0.  heisst  es  von  dem  Stagnum:  quantum  iuxta  nemoris  et  circumiecta 
tecta  consonare  cantu),  so  dass  wohl  an  der  topogi*aphischen  Zusammen- 
gehörigkeit der  Thermen,  des  Stagnum,  der  Horti  und  des  von  der  Aqua 
Virgo  gespeisten  Euripus  kaum  gezweifelt  werden  kann.  Bei  Ovid  ex 
ponto  I  8,  87  f.  wird  das  Marsfeld,  wie  es  scheint  in  Hinblick  auf  diese  An- 
lage, charakterisiert  mit  den  Worten:  gramina  nunc  campi  pulchros  spec- 
tantis  in  hortos,  stagnaque  et  euripi  Virgineusque  liquor.  Sie  müssen  einen 
ganz  bedeutenden  Raum  eingenommen  haben  und  dürften  sich  westlich 
von  den  Thermen  bis  in  die  Gegend  von  S.  Andrea  della  Valle  erstreckt 
haben.  Nach  Lanciani,  Not.  d.  scavi  1881  p.  281  sind  auf  diesem  Gebiete 
Reste  zum  Vorschein  gekommen,  die  zu  dieser  Anlage  gehören  könnten. 
Die  ganze  Anlage  wurde  im  Westen  abgeschlossen  durch  eine  grosse 
Säulenhalle,  die  Porticus  Eventus  Boni.  Es  heisst  bei  Amm.  Marc. 
XXIX  6, 19  von  den  unter  Valentinianus,  Valens  und  Gratianus  im  Jahre  874 
n.  Chr.  durch  den  Präfekten  Claudius  ausgeführten  Bauten:  Instauravit 
vetera  plurima,  Inter  qxiae  porticum  exdtavit  ingentem  lavacro  Agrippae  conti- 
guam,  Eventus  boni  cognominatam  ea  re,  quod  huius  nominis  prope  visitur 
templum.  Auf  der  westlichen  Seite  des  von  den  Anlagen  des  Agrippa 
eingenommenen  Terrains  vom  Palazzo  della  Valle  an  nach  Norden  zu  haben 
sich  zu  den  verschiedensten  Zeiten  und  in  gleicher  Tiefe  fünf  Kapitelle 
von  ganz  ausserordentlicher  Grösse  nebst  anderen  Architekturteilen  ge- 
funden, zerstreut  über  einen  Raum  von  etwa  100  m,  die  kaum  zu  etwas 
anderem  gehört  haben  können,  als  zu  einer  ungeheuren  Säulenhalle.  Vgl. 
Lanciani,  II  portico  Eventus  Boni  nel  campo  Marzo.  Bull.  com.  1891  p.  224  ff.; 
dort  wird  auch  eine  Vermutung  über  die  Lage  der  Aedes  Eventus  Boni 


*)  L.  Bbltramt,  II  PanÜheon  p.  61  ff. 

Handbuch  der  klasA.  AltertauMwissenschaft.    III.  8,  B.    2.  Aafl.  16 


242  B.  Topographie  von  Bom* 

wieder  aufgenommen,  die  einst  E.  Sabti  (Arch.  S.  B.  IX  p.  476)  vorgetragen 
hatte,  dass  sie  nämlich  an  Stelle  der  Kirche  S.  Maria  in  Monterone,  wo  er^ 
hebliche  Reste  von  Peperinmauern,  die  einem  antiken  Tempel  angehörten, 
im  Jahre  1846  gefunden  worden  sind,  gelegen  habe.  Über  den  Bonos 
Eventus  =  dya^og  daifKov,  ursprünglich  eine  ländliche  Gottheit  (Plin.  N.  H. 
XXXIV  77  und  XXXYI  28),  dann  allgemeiner  aufgefasst  und  auf  Münzen 
oft  im  Hinblick  auf  den  glücklichen  Ausgang  von  Reisen  u.  s.  w.  der  Kaiser 
genannt,  vgl.  Preller,  Mythol.  IP  p.  257  f. 

83.  Die  Basilica  Neptun!.  Nördlich  von  den  Saepta,  zunächst  diesen 
und  der  Via  lata  erbaute  Agrippa  im  Jahre  25  v.  Chr.  die  Basilica  Neptuni 
(rrjv  (fzodv  ttjv  tov  JIotTeiäävog  Dio  Cass.  LIII  27,  bei  demselben  LXVI  24 
JloffeiSciv^ov  genannt)  zur  Erinnerung  an  die  Seesiege  bei  Actium  und  über 
Sex.  Pompeius.  Die  Area,  auf  der  die  Basilica  lag,  war  von  der  108  m 
langen  und  98  m  breiten  Porticus  Argonautarum  umgeben,  so  genannt 
nach  den  darin  befindlichen  Gemälden  und  von  Martial  II  14,  6  (Aesonides 
=  Jason),  UI  20, 11.  XI  1,  12  {primae  dominus  levis  carinae)  als  beliebter 
Spaziergang  und  Aufenthaltsort  Müssiger  erwähnt.  Die  ganze  Anlage  hat 
demnach  wesentlich  denselben  Charakter  gehabt,  wie  die  kaiserlichen 
Forumsbauten.  Gleich  anderen  Bauten  des  Marsfeldes  wurde  die  Anlage 
durch  den  Brand  unter  Titus  zerstört,  dann  vermutlich  wieder  aufgebaut 
und  unter  Hadrian  erneuert.  Von  der  Basilica  existieren  noch  ansehn- 
liche Beste,  ein  Teil  der  nördlichen  Umfassungsmauer  und  elf  korinthische 
Säulen  des  Umgangs  aus  hadrianischer  Zeit,  eingebaut  in  ein  Gebäude, 
das  seit  Innocenz  II  als  Dogana  di  terra  (Zollamt)  diente,  jetzt  als  Börse 
benutzt  wird.  Die  Ergänzung  der  Basilica  ist  zweifelhaft,  Lanciaki  ver- 
vollständigt die  Reste  zu  einem  Tempelgebäude  mit  acht  Säulen  in  der 
Front  und  fünfzehn  an  den  Seiten.  Die  Regionsbeschreibung  nennt  die  Basilica 
Neptuni^)  und  die  Porticus  Argonautarum  getrennt.  —  Von  besonderem  Inter- 
esse ist  die  Ausschmückung  der  Basilica.  An  der  Substruktion,  auf 
der  die  Säulen  des  Umgangs  ruhten  (jetzt  unter  dem  Strassenniveau 
verborgen),  befanden  sich  Relief darstellungen:  unter  den  Säulen  Dar- 
stellungen der  römischen  Provinzen,  in  den  Interkolumnien  Trophäen. 
Die  ersten  Reste  dieser  Skulpturen  wurden  unter  Paul  III  (1534  bis 
1549)  ausgegraben,  vier  Provinzen  und  zwei  Trophäen,  sie  kamen  erst 
in  den  Palazzo  Farnese,  dann  mit  Ausnahme  einer  sehr  stark  ver- 
stümmelten Provinz  nach  Neapel;  unter  Innocenz  X  (1644—55)  wurden 
zwei  Provinzen  in  die  Villa  Doria  Pamfili  gebracht.  Weitere  Provinzen^ 
die  unter  Alexander  VII  (1655—67)  entdeckt  wurden,  kamen  in  den 
Palazzo  Chigi.  Im  Jahre  1878  wurden  auf  Piazza  di  Pietra  sechs 
Reliefs  gefunden,  die  zum  Fussboden  der  jetzt  zerstörten  kleinen  Kirche 
S.  Stefano  del  Trullo  verwendet  gewesen  waren,  1883  zwei  weitere  Stücie 
auf  demselben  Platz,  so  dass  im  ganzen  die  Darstellungen  von  sechszehn 
Provinzen  und  sechs  Trophäen  gefunden  sind.  Vier  einstmals  in  der  Vor- 
halle des  Pantheons  aufgestellte  Provinzen  sind  verloren  gegangen.  —  Von 


0   In  der  Notitia  aus  Versehen  ausgefalleD.    Vgl.   Jordan,  Top.  11  p.  40  ff.  und 
Hülsen,  Rom.  MiU.  1899  p  152. 


6.  Die  SUdtteüe  am  Tiber,    d.  Dm  Marafeld.    (§§  83-85.) 


243 


der  Porticus  Argonautarum  ist  ein  Teil  der  UmfassungBmauer  im  Norden 
der  Basilica  gefunden. 

Litteratnr:   Lanoiahi,  Bull.  com.  1878  p.  10  ff.  (vgl.  dazu  HOlsbn,  Rom.  Mitt.  1889 


p.  61  Anm.  3),  1882  p.  210,   1883  p.  14.    Not.  d.  Bcavi  1879  p.  68,  267,  314;   1880  p.  228. 
1883  p.  81.    Ann.  d.  Ist.  1883  p.  9.  —  H.  Lucas,  Die  Reliefs  der  Neptansbasilika  i    ^ 
Jahrb.  d.  Arch.  Inst.  1900  p.  1  ff.  —  Rekonstniktion  auf  Lavcianis  Forma  Urbis  15. 


84.  Das  Amphitheatrum  Statilii  Tauri.  Im  Jahre  29  v.  Chr.  erbaute 
ein  anderer  Zeitgenosse  des  Augustus,  Statilius  Taurus,  im  Marsfelde  das 
erste  steinerne  Amphitheater  (Suet.  Aug.  29.  Tac.  Ann.  III  72).  Dio  Cass. 
LI  23  berichtet  darüber:  rov  d^  dij  Kaiaaqoq  %6  Tätaqrov  iu  vnatevovtog 
6  TavQog  6  Srarihog  ^äaTQOv  xi  iv  %^  ägeifp  nsditp  xvvijyetixov  li&ivov  xal 
i^snoirjfts  %oXq  iavrov  täketfi  xal  xaS^isQiotfev  onkofiaxiff.  Das  Theater  war 
Privatbesitz  der  Familie  (CIL  VI  6227,  6228)  und  scheint  nicht  sehr  gross 
gewesen  zu  sein,  obgleich  es  Strabo  V  3, 8  unter  den  Prachtbauten  des  Mars- 
feldes aufzählt  (p.  223).  Aber  schon  Caligula  verachtete  es  (Dio  Cass.  LIX 10), 
nachdem  er  anfänglich  darin  Spiele  gegeben  hatte.  Im  neronischen  Brande 
ging  es  zu  Grunde  (Dio  Cass.  LXII  18)  und  wurde  nicht  wieder  aufgebaut. 
An  seiner  Statt  errichtete  Nero  (apud  camptim  Martis  Tac.  Ann.  XÜI  31. 
Sueton  Nero  12)  ein  hölzernes  Amphitheater,  dessen  Dimensionen  grosses 
Aufsehen  erregt  zu  haben  scheinen.  Auch  dieses  Theater  ist  verschwunden. 
—  Wo  das  Theater  des  Statilius  Taurus  gelegen  hat,  ist  unbekannt; 
PiBANESi  glaubte,  die  Trümmer  lägen  unter  dem  Monte  Citorio  begraben, 
was  aber  durch  die  dort  konstatierten  Bauten  widerlegt  ist  (vgl.  p.  254 
Anm.  3);  neuerdings  hat  Langiani  (Ruins  and  excavations  p.  369)  die 
Meinung  geäussert,  der  westlich  vom  Stadium  gelegene  Monte  Giordano, 
ebenfalls  ein  künstlicher  durch  Aufhäufung  von  Schutt  entstandener  Hügel, 
bedecke  die  Reste  des  Theaters,  aber  es  ist  doch  wohl  anzunehmen,  dass 
ein  schon  im  1.  Jahrhundert  abgebranntes  Theater  sehr  bald  bis  auf  die 
letzten  Spuren  beseitigt  worden  ist. 

85.  Iseum  et  Serapenm.  Unter  diesem  Namen  zählt  die  Regions- 
beschreibung in  der  IX.  Region  die  auf  dem  Marsfelde  zwischen  dem 
Pantheon  und  der  Portikus  der  Saepta  seit  Augustus  Zeit  existierende 
grosse  Tempelanlage  auf,  die  der  Isis  und  dem  Serapis  geweiht  war. 
Nach  Dio  Cass.  XL VII  15  beschlossen  im  Jahre  43  v.  Chr.  die  Triumvirn 
den   Bau   eines   Tempels   dieser  Gottheiten   {vedv  r^y  ts  SagdmSi  xai  tfj 

"itridi  €ifjr^^{<ravto)^)    Der  Tempel  wird  mehrfach  erwähnt,  so  bei  Ovid, 


*)  Dass  hier  kein  anderer  gemeint  sein 
wird,  als  der  auf  dem  Gampns  Martins  (Apul. 
Met.  XI  26  Isis  Campensis)^  ergiebt  sich 
daraus,  dass  Dio  Cass.  LIII  2  von  Augustus 
noch  aus  dem  Jahre  28  v.  Chr.  berichtet: 
xal  Ter  fjiiy  (i^ti  ra  Aiyvnxia  ovx  iasdi^aro 
staio  rov  ntafiriqiöv  (ygl.  Dio  Cass.  LIY 6). 
Offenbar  war  die  Ursache  dieser  Tempel- 
grtLndung  das  Eindringen  des  Isiskultus  in 
Rom,  gegen  den  man  anfangs  einen  wie  es 
scheint  vergeblichen  Kampf  geführt  hatte. 
Im  Jahre  58  v.  Chr.  wurde  der  Kult  der  Isis 
auf  dem  Kapitel  untersagt,  und  die  dort  be- 
findlichen Altfire  zerstört,   gleiche  Verbote 


erfolgten  im  Jahre  52  v.  Chr.  (Dio  Cass.  XL 
47  .  .  .  nBqi  TS  toy  ZaQaniv  xal  nsQi  Jtjy 
^Iciy  \fnj(pia&^y  ....  tovg  ydg  raovg  avxtoy, 
ovg  idiif  xiyhg  hisnoirjyxo,  xa&sXsiy  xfj  ßovXß 
Mo^ey.  ov  ynQ  dij  xovq  ^sovc  xovxovg  ini 
noXv  iyouifftty,  xai  öxe  ys  xal  iieyixrjcay 
Wut s  xal  drjfAoaiff  avxovg  aeßsff&aiy  e|(ü  xov 
nwfirjQlov  atpag  Idgtiffayxo),  und  im  Jahre  50 
y.  Chr.  Bei  letzterem  handelt  es  sich  ebenfalls 
um  die  Zerstörung  von  Heiligtümern  (Istdis 
et  Serapis  fana.  Valer.  Max.  I  3,  4),  und  da 
keiner  der  Arbeiter  an  diese  Hand  zu  legen 
wagte,  legte  der  Konsul  L.  Aemilius  Paulus 
seine  Toga  praetezta  ab,   ergriff  selbst  die 

16* 


244 


B.  Topographie  voa  Rom. 


A.  a.  I  77  und  Amor.  H  13,  7,  Juvenal  VI  527  flf.  und  IX  22,  lauter 
Stellen,  aus  denen  hervorgeht,  dass  er  ein  Sammelpunkt  der  Liber- 
tinen  war.  Bei  Juvenal  VI  529  wird  seiner  Lage  mit  den  Worten:  aedetn 
Isidis,  antiquo  quae  proxima  surgü  ovili  (p.  226)  gedacht,  unter  Tiberius 
wurde  wegen  eines  Falles  schändlicher  Kuppelei  der  Isispriester,  den  Jo- 
sephus,  Antiqu.  XVIII  8,  4  erzählt,  der  Tempel  zerstört  und  das  Bild  der 
Isis  in  den  Tiber  geworfen  (vgl.  Tac.  Ann.  II  85 ;  Suet.  Tib.  36).  Indessen 
muss  der  Tempel  bald  wieder  aufgebaut  worden  sein  (Suet.  Otho  12).  In 
der  Nacht  vor  dem  Triumphe  über  Judaea  verweilten  nach  Josephus  bell.  Jud. 
Vn  5,  4  Vespasian  und  Titus  beim  Isistempel  {tov  atQatmxixov  naqi  &vQag 
ovTog  ov  rdv  av(o  ßaffiXsicov  äXXa  nlrjifiov  tov  tijg  ^'itfidog  tcQOV  —  ixsT  yaq 
ävsnavovxo  Ttjg  vvxrig  ixeivrjg  6t  avTOXQOTOQcg  — )  und  wurden  am  folgenden 
Morgen  vom  Senat  etc.  bei  der  Porticus  Octaviae  (vgl.  p.  217  f.)  erwartet 
In  dem  Brande  unter  Titus  (Dio  Cass.  LXVI  24)  wurde  auch  to  ScQaneiov 
xai  t6  *Ic€Xov  eingeäschert,  aber  von  Domitian  (Eutrop.  VE  23)  wieder  her- 
gestellt. Martial  II  14,  7  erwähnt  es  unter  den  besuchtesten  Örtlichkeiten 
des  Marsfeldes.  Spätere  Restaurationen  werden  erwähnt  in  der  Vita 
Alexandri  Severi  26:  Isium  et  Serapeum  decenter  ornavit  additis  signis  Deliacis 
et  Omnibus  mysticis  und  vom  Chronographen  von  354  aus  der  Zeit  des 
Diocletianus  und  Maximianus. 

Die  Lage  des  Iseum  ist  durch  die  unzähligen  Reste,  die  auf  dem  Ge- 
biete zwischen  S.  Stefano  del  Cacco  und  S.  Maria  sopra  Minerva  gefunden 
worden  sind,  genau  genug  bestimmt,  auch  von  der  Gestalt  des  Heiligtums, 
das  am  ersten  dem  langgestreckten  Forum  transitorium  (p.  113  f.)  verglichen 
werden  darf,  kann  man  sich  durch  die  bei  den  Ausgrabungen  zu  Tage  ge- 
kommenen Reste  ein  Bild  machen.  Propyläen  mit  dem  Eingangsthor,  vor 
dem  zwei  Obelisken  standen,  führten  von  Norden  her  in  den  auf  den  Tempel 
zugehenden  Dromos;  der  Tempel  sowie  die  Bildwerke  des  Dromos  waren 
ganz  aus  ägyptischen  Materialien,  die  von  Domitian  wiederhergestellte 
Umfassungsmauer  in  griechisch-römischem  Stile  gleich  der  des  Forum 
transitorium  geschmückt.  Über  die  hier  gefundenen  ägyptischen  Kunstwerke, 
die  sich  meist  in  Rom  befinden,  ist  zu  bemerken :  Jm  Jahre  1374  wurde 
der  erste  Obelisk  unter  der  Apsis  der  Kirche  S.  Maria  sopra  Minerva 
entdeckt,  er  steht  jetzt  vor  dem  Pantheon;  vielleicht  wurde  zur  selben 
Zeit  der  in  der  Villa  Mattei  auf  dem  Caelius  stehende  Obelisk  gefunden. 
1435  kamen  unter  Eugen  IV  die  jetzt  im  Vatikan  befindlichen  Löwen 
des  Königs  Nectanebus  I  zum  Vorschein,  i)  Vermutlich  unter  Leo  X  wurden 


Axt  und  that  den  ersten  Hieb  {securim  ar- 
ripuit  templique  eins  foribus  inflixit).  Die 
Grdndung  des  Tempels  auf  dem  Mars- 
felde sollte  zunächst  dem  Eindringen  des 
Kultus  innerhalb  des  Pomeriums  steuern. 
Als  aber  der  Kultus,  der  Anfangs  nur  unter 
dem  niederen  Volke  verbreitet  war,  auch  bei 
den  Vornehmen  Anklang  und  Anhänger  fand, 
da  gab  es  kein  Halten  mehr.  Im  Jahre 
69  Y.  Chr.  war  der  Kultus  auf  dem  Kapitol 
schon  wieder  heimisch;  beim  Sturme  des- 
selben durch  die  YitelUaner  rettete  sich  Do- 


mitian nach  Tac.  Hist.  HI  74  lineo  amictu 
turbcte  sacricolarum  immixtus,  nach  Suet 
Dom.  1 :  Isiaci  cdatus  habitu  interque  saeri- 
fictUos  vanae  stipergtitionis.  Seit  den  Flayien 
nahm  Isis  von  der  inneren  Stadt  Besitz, 
an  vielen  Orten  entstanden  Heiligtflmer,  und 
schliesslich  erhielt  sogar  die  m.  Region  von 
dem  dort  befindlichen  Tempel  der  Isis  den 
Namen  (Isis  et  Serapisy.  Vgl.  Pbbllbb, 
Myth.lP  p.  378  ff. 

')  Ueber  die  Wanderungen  dieser  LSwen 
vgl.  Marucchi,  Bull.  coro.  1890  p.  321,  der 


6.  Die  StadtUüe  am  Tiber,    d.  Das  Marafeld.    (§  86.) 


245 


die  kolossalen  Gestalten  zweier  liegender  Flussgötter,  des  Tiber  and  des 
Nil  ausgegraben,  jedenfalls  hat  er  sie  in  den  Vatikan  gebracht,  1803  wurden 
beide  nach  Paris  geschleppt,  der  Tiber  ist  noch  daselbst,  der  Nil  zurückgegeben. 
1556  wurde  die  liegende  Statue  des  Oceanus  entdeckt,  jetzt  in  Neapel. 
1799  wurde  der  Isisaltar,  jetzt  auf  dem  Kapitel  (CIL  VI  844),  gefunden, 
unbekannt  sind  die  Funddaten  der  Obelisken  zu  Urbino,  der  Villa  Albani 
und  auf  der  Piazza  Minerva.  1858  wurden  bei  S.  Maria  sopra  Minerva 
eine  Sphinx  aus  grauem  Granit  und  eine  Säule  des  Tempels  mit  Reliefs, 
jetzt  im  kapitolinischen  Museum,  gefunden.  1883  endlich  wurde  der  jetzt 
vor  dem  Bahnhof  stehende  Obelisk  ^)  ausgegraben.  Ein  Teil  der  Anlage  mit 
der  Bezeichnung  Serapeum  ist  auf  Forma  Urbis  fr.  32  erhalten.  Rekon- 
struktion bei  Lanciani,  Form.  Urbis  15  und  21. 

Litteratnr:  L.  Gahina,  11  iempio  d*  leide  nella  regione  IX,  fra  i  eepti  e  le  terme 
d'  Agrippa,  Ann.  d.  Inst.  1852,  p.  348  ff.  —  Lanciani,  L'  Iseom  efc  Serapeum  della  regione  IX, 
Bull.  com.  1883  p.  83  ff;  Bull.  com.  1887  p.  377.  —  Marucchi,  Gli  obelischi  egiziani  dl  Roma, 
Bull.  com.  1896,  p.  88  ff.,  p.  129  ff.,  p.  250  ff.,  1897  p.  196  ff.  -  Ders.,  Gli  obelischi  egi- 
ziani di  Roma,  Edizione  liyeduta  ed  ampliata  e  preceduta  da  una  lettera  del  prof.  E. 
SoBiAPABBLLi,  Roma  1898. 

86.  Tbermae  Neronianae  (et  Alexandrianae).  In  dem  Jahre,  in 
dem  der  grosse  Brand  stattfand,  64  n.  Chr.,  legte  Nero  nicht  weit  von 
den  Thermen  des  Agrippa  seine  Thermen,  das  zweite  Bauwerk  der  Art  in 
Rom,  an.  Die  Gründung  wird  kurz  erwähnt  von  Sueton  Nero  12.  Bei 
Aurel.  Yict.  Epit.  5  werden  sie  als  lavacrum  bezeichnet.  Statins,  Silv.  I 
5,  62  und  Martial  loben  diese  Thermen  wegen  ihrer  hervorragenden  Schön- 
heit. Letzterer  fragt  VII  34,  5  quid  Nerone  peius?  quid  thermis  melius  JVe- 
ronianis?  Ausserdem  erwähnt  er  sie  II  48,  8,  III  25  und  XII  83,  5.  Über 
die  Erwähnung  der  thermae  Neronianae  auf  der  in  der  XIY.  Region  ge- 
fundenen Inschrift  CIL  VI  3052  vgl.  oben  p.  54  Anm.  3.  Erwähnt  scheinen 
sie  auch  CIL  VI  8676  {thermar.  N .  .  .)  zu  sein,  ausserdem  CIL  VI  9797. 

Neros  Thermen  wurden  von  Alexander  Severus  gänzlich  umgebaut 
und  erweitert,  so  dass  wir  von  der  ursprünglichen  Ausgestaltung  nichts 
wissen.  In  der  Vita  Alexandri  25  heisst  es:  Opera  veterum  principum  in- 
stauravit;  ipse  nova  muUa  constüuit,  in  his  thermas  nominis  sui  iuxta  eas, 
quae  Neronianae  fuerunt,  aqua  inducta,  quae  Älexandriana  (vgl.  p.  62)  nunc 
dicitur.  Nemus  thermis  suis  de  privatis  aedibus  suis,  quas  emerat,  dirutis 
aedificiis  fecit  (vgl.  Cassiodor  194).  Auch  der  Name  des  Nero  verschwand 
seit  der  Zeit,  die  Regionsbeschreibung  kennt  in  der  IX.  Region  neben 
den  thermae  Agrippianae  nur  die  Alexandrianae.  —  Die  Stelle,  auf  der 
die  Thermen  einst  gestanden  haben,  zwischen  der  Piazza  del  Pantheon 
und  der  Piazza  Madama,  ist  stets  ein  Fundort^)  von  kostbarem  Marmor  etc. 
gewesen,  namentlich  sind  hier  bei  der  Kirche  S.  Luigi  dei  Francesi  die 
schon  oben  p.  239  erwähnten  Säulen  von  rotem  Oranit  gefunden  worden, 
die  Alexander  VII  zur  Wiederherstellung  der  Ostseite  der  Portikus  des 
Pantheons   verwendete,    ferner   Kapitelle    mit  Victorien    an    Stelle    der 


der  Meinmig  ist,  sie  h&tten  von  Anfang  an 
vor  dem  Pantheon  gestanden,  was  HOlseit, 
Rom.  Mitt.  1891  p.  125  mit  Recht  bezweifelt. 
')  Ueber  diese  und  die  anderen  Rö- 
mischen Obelisken  siehe  das  Nähere  im  An- 


hang I. 

')  Ueber  die  Ausgrabungen  berichtet 
Lanciani,  Not.  d.  scavi  1881  p.  270  ff.,  1882 
p.  412  f.  Tab.  XXI,  1888  p.  81  u.  180. 


246 


B.  Topographie  yon  Rom. 


Voluten,  Bassins  für  Fontainen,  6,70  m  im  Durchmesser  aus  einem 
einzigen  Blocke  von  Granit  auf  Piazza  S.  Eustachio  u.  a.  m.  Den  auf 
Grund  von  Mauerresten  rekonstruierten  Plan  siehe  bei  Lanciaki,  Forma 
Urb.  15.1) 

87.  Die  Bauten  Domitians.  Die  Thätigkeit  Domitians  erstreckte 
sich  zunächst  auf  die  Wiederherstellung  der  im  Brande  unter  Titus  zer- 
störten Gebäude,  dann  aber  errichtete  er  mehrere  Neubauten  auf  dem  Mar&- 
felde,  das  Stadium,   ein  Odeum   und  den  Tempel  der  Minerva  Chalcidica. 

1.  Das  Stadium.  Griechische  Spiele  waren  mindestens  seit  dem 
1.  Jahrhundert  v.  Chr.  in  Rom  heimisch.  Caesar  veranstaltete  welche  stadio 
ad  tempus  exstructo  regione  Martii  campi  (Suet.  Caes.  39),  ebenso  Augustus 
ctadiov  Tivog  iv  ri»)  !4߀iV»)  TTfJiVfi  ^vXivov  xaxacxevacd-evxog  (Dio  Gass.  LIII 1). 
Von  Nero  heisst  es,  er  habe  zugleich  mit  seinen  Thermen  auch  ein  Gym- 
nasium gebaut  und  im  Jahre  60  n.  Chr.  dediziert  (Tac.  Ann.  XIV  47,  vgl. 
Suet.  Nero  12).  Aurelius  Victor  Epit.  5  nennt  es  amphitheatrum.  Dio  Cass. 
LXI  21  erzählt  darüber:  dywva  TrevraeTrjQixov  xaTe<frij<faTo  NsQciveia  avrav 
ovofidtfag  xal  in'  avT(i)  xal  vo  yv^ivcifSiov  (iJxoSofjirjifev.  Von  welchem  Ma- 
terial der  neronische  Bau  war,  steht  nicht  fest,  aber  er  muss  prachtvoll 
gewesen  sein.  Philostrat.  vit.  Apoll.  IV  42  rühmt  ihn  mit  den  Worten: 
YVfxvdmov  iihv  i^enoir^d^rj  ry  NäQtavi  S-avfxa(Xi(6raTov  täv  ixet.  Nach 
Tac.  Ann.  XV  22  wurde  es  62  n.  Chr.  vom  Blitz  getroffen  und  brannte 
ab.  Von  dem  Wiederaufbau  ist  nicht  ausdrücklich  die  Rede,  aber  unter 
den  Bauten  des  Domitian  wird  bei  Sueton  5  (vgl.  Eutrop.  VII  23  und  den 
Chronogr.  von  354)  ein  Stadium  genannt,  also  jedenfalls  ein  steinerner, 
monumentaler  Bau.  Es  wird  auch  erwähnt  bei  Martial  III 68, 3.  Unter  Trajan 
scheint  es  nach  Dio  Cass.  LXIX  4  von  Apollodor  neu  gebaut  zu  sein.  Es 
wird  femer  erwähnt  in  der  Vita  Elagabali  26  und  ist  zweifellos  dasselbe, 
von  dem  es  in  der  Vita  Alexandri  Severi  24  heisst:  vectigal .  .  .  sumptibus 
publicis  ad  instaurationem  .  .  .  stadii  deputavit.^)  In  dem  Stadium  wurden, 
als  im  Jahre  217  n.  Chr.  unter  Macrinus  der  Blitz  das  Amphitheater  zum 
Teil  zerstört  hatte  (vgl.  p.  167),  eine  Reihe  von  Jahren  auch  Gladiatoren- 
spiele gegeben.  Dio  Cass.  LXXVIII  25  oO^sv  i;  &€a  twv  fiovofiaxifüv  ev  tm 
atadi(p  im  noXXd  ivrj  ireläff&r].  Ammianus  Marc.  XVI  10,  14  nennt  das 
Stadium  unter  den  Hauptzierden  der  Stadt.  Im  Mittelalter  ist  das  Gebäude 
unter  dem  Namen  Circus  Alexandrinus  bekannt. 

Es  ist  wohl  nicht  zweifelhaft,  dass  die  sich  zeitlich  folgenden  Stadiums- 
bauten des  Caesar,  Augustus,  3)  Nero  und  Domitian  alle  an  derselben  Stelle 


*)  Von  einer  Basilica  Alexandrina, 
deren  Bau  Alexander  Se venia  unternahm, 
heisst  es  in  seiner  Vita  26:  Basilicam  Ale- 
xandrinam  instituerat  inter  campum  Mar- 
tium  et  saepta  Ägrippiana  in  lato  pedum 
centum,  in  longo  pedum  mille,  ita  ut  tota 
columnia  pender  et.  Qttam  efficere  non  potuit, 
morte  praeventus.  Von  einer  Vollendung 
dieses  Baues,  der  nach  seinen  Massen  eher 
den  Portiken  als  den  Basiliken  zuzurechnen 
wäre,  ist  nirgends  die  Rede,  wie  sie  über- 
haupt nicht  weiter  erwfthnt  wird,  so  dass 
man  zweifeln  kann,   ob  sie  überhaupt  zur 


Ausführung  gekommen  ist  Vgl.  Lanciaki, 
Ann.  d.  Ist.  1883  p.  78. 

^)  Die  Stelle  lautet  vollstftndig:  ad  in- 
staurationem  theatri,  drei,  amphi- 
theatri ,  stadii,  deptUavit,  unter  dem 
Theatrum  ist  wohl  das  des  Pompeios,  unter 
dem  Circus  der  Circus  Maximas  zu  ver- 
stehen. 

*)  Auf  der  Piazza  S.  ApoUinare  nSrd- 
lich  von  der  Piazza  Navona,  haben  sich  zwei 
Marmorpiedistale  mit  Erwähnungen  von 
Yotivspielen  aus  den  Jahren  13  u.  7  ▼.  Cbr, 
gefunden    (CIL  VI  385  u.  386),    beide  pro 


6.  Die  StadtteUe  am  Tiber,    d.  Dae  Marefeld.    (§§  87—88.) 


247 


gelegen  haben,  nämlich  dort,  wo  jetzt  die  Piazza  Navona  ist,  die  die 
Form  des  Stadiums  bis  auf  den  heutigen  Tag  bewahrt  hat,  daher  auch  Circo 
Agonale  {Campus  Agonie)  genannt,  unter  den  sie  umgebenden  Oebäuden, 
namentlich  der  Kirche  S.  Agnese,  wo  sie  noch  zugänglich  sind,  hat  man  die 
Reste  von  Substruktionen  gefunden.  Die  Regionsbeschreibung  gibt  die 
Orösse  des  Stadiums  auf  30088  loca  an,  eine  genauere  Bestimmung  der  Per- 
sonen, die  es  zu  fassen  imstande  war,  ist  nicht  möglich.^) 

2.  Das  Odeum.  Unter  den  Bauten  Domitians  wird  auch  das  Odeum 
genannt,  so  bei  Sueton  Domit.  5,  in  der  Notitia  IX.  Region  mit  dem  Zu- 
satz capü  loca  XIDC  (11600),  und  im  Chronographen  von  854.  Es  ist 
wahrscheinlich,  dass  die  Gründung  durch  die  von  Domitian  eingesetzten 
kapitolinischen  Spiele  veranlasst  war.  Suet.  Domit.  4:  Instituit  et  quinquen- 
nale  certamen  Capüolino  Jovi  triplex  musicum,  equestre,  gymnicum  .  .  . 
certabant  enim  et  prosa  oratione  Graece  Latineque,  ac  praeter  citharoedos 
chorocüharistae  quoque  et  pstlodtharistc^;  in  stadio  vero  cursu  etiam 
virgines;  danach  dürften  die  drei  Arten  der  Spiele  in  drei  verschiedenen 
Gebäuden,  dem  Odeum,  dem  Circus  und  dem  Stadium  stattgefunden  haben. 
Über  seine  Lage  innerhalb  der  IX.  Region  wissen  wir  nichts.  Dass  es  in 
der  Nähe  des  Stadiums  gelegen  habe,  ist  nur  Vermutung.  Bis  in  die 
späteste  Zeit  hat  es  nur  ein  Odeum  in  Rom  gegeben,  darum  wird  sich 
die  Notiz  des  Dio  Cass.  LXIX  4  tov  d'  ^AnoXXodwqov  xov  aqxixäntova  top  rijv 
dyoQttvxalro  ^dstov  tots  yviivaaiov  %d  xov  Tqaiavov  notr^(ice%a  xaxa" 
axsvaaavxa  to  fi^v  nqcoxov  iqivyddevasv,  insita  dh  xal  änsxxeivs  auf  einen 
Neubau  des  Odeums  und  des  Stadiums  (yv/Ävaaiov  wie  LXI 21)  durch 
Trajan  beziehen.  Es  kann  in  der  Stelle  füglich  auch  nur  von  stadtbekannten 
Gebäuden  die  Rede  sein.  Ammian.  Marc.  XVI  10,  14  nennt  es  neben  dem 
Stadium  unter  den  hervorragendsten  Bauwerken  der  Stadt. 

3.  Die  Aedes  Minervae  Chalcidicae  wird  im  Chronographen 
von  354  unter  den  Bauten  Domitians  aufgeführt.  In  den  Mirabilien  22 
(Jordan  II.  p.  631)  wird  auch  ihre  Lage  angegeben:  iuxta  Pantheon  templum 
Minervae  Chalcidie  mit  dem  Zusatz  in  der  zweiten  Bearbeitung :  ubi  adhuc 
apparent  columnae  marmoreae.  Unter  anderm  soll  hier  die  im  Vatikan  be- 
findliche Statue  der  Giustinianischen  Minerva  gefunden  sein  (vgl.  Heibig, 
Führer  I*  Nr.  52).  Die  Kirche  S.  Maria  sopra  Minerva,  die  jetzt  dort  neben 
dem  Pantheon  liegt,  hat  von  dem  Tempel  den  Namen.  Die  Kirche  ist 
aber  nicht  auf  den  Grundmauern  des  Tempels  errichtet,  sondern  sie  stösst 
mit  ihrer  nördlichen  Langseite  an  die  Hinterseite  des  von  Süden  nach 
Norden  orientierten  Tempels.  Die  Bedeutung  des  Beinamens  Chalcidica 
ist  nicht  aufgeklärt. 

88.  Die  Bauten  Hadrians.  1.  Ganz  ausserordentlich  gross  ist, 
wie  wir  oben  sahen,  die  Bauthätigkeit  Hadrians  auf  dem  Campus 
Martins  gewesen.  Die  Bauten  Agrippas  haben,  wie  es  scheint,  alle 
durch  ihn  einen  Umbau,  resp.  Neubau  erfahren.     Die  Vita  Hadriani  19 


reditu  imperatoris  Divi  f.  Augusti.  Die 
aus  dem  Jahre  13  beziehen  sich  auf  Augustos' 
Rückkehr  ans  Spanien  und  Gallien,  weswegen 
auch  die  Ära  Pacis  Augustae  gestiftet  wurde. 


Lanciahi,    Ruins    and    excavations   p.   499 

schliesst  aus  dem  Fundorte  der  Steine,  dass 

die  Spiele  im  Stadium  stattgefunden  haben. 

»)  Vgl.  Hülsen,  Bull.  com.  1894  p.  828  f. 


248  B*  Topographie  yon  Ron. 

nennt  das  Pantheon,  die  Saepta,  die  Basilica  Neptuni  und  das  Lavacrum 
Agrippae,  deren  Erneuerung  durch  Hadrian  auch  sonst  nachgewiesen 
ist.  Nicht  bekannt  ist,  ob  in  Trajans  oder  in  Hadrians  Zeit  die  beiden 
Basiliken  zu  setzen  sind,  die  nach  Matidia,  der  Schwiegermutter 
Hadrians  und  Marciana,  der  Schwester  Trajans  benannt  sind.  Die 
Regionsbeschreibung  nennt  sie  nebeneinander;  sie  werden  ausserdem  bei 
Polemius  Silvius  545  genannt,  sonst  wissen  wir  nichts  von  ihnen.  Auf 
Grund  einer  nach  Donatus  beim  Pantheon  (non  longe  a  Pantheo  Agrippae. 
Rom.  ant.  ed.  1638  p.  292)  gefundenen  Bleiröhre  (partem  ingentis  fistulae 
plumbeae)  mit  der  Inschrift  templo  Matidiae  (CIL  XV  7248)  hält  Lanciaüi 
die  Basilica  für  einen  mit  einer  Portikus  umgebenen  Tempel  und  ist 
ausserdem  der  Meinung,  dass  aus  der  Lesart  der  Notitia :  bdsüicam  Mati- 
dies  et  Marcianes  zu  schliessen  sei,  dies  sei  nur  eine  Basilica  gewesen, 
nicht  zwei,  und  teilt  dieser  die  Reste  von  CipoUinsäulen  zu,  die  sich  unter 
der  zwischen  dem  Pantheon  und  der  Basilica  Neptuni  gelegenen  Gasa  degli 
Orfani  gefunden  haben  sollen.  Doch  ist  dies  alles  sehr  unsicher.  An  der 
Richtigkeit  der  Donatischen  Lesung  wird  nicht  zu  zweifeln  sein,  aber  die 
Annahme,  dass  beide  Basiliken  nur  eine  gewesen  seien,  widerspricht  der 
Aufzählung  in  dem  Anhange  der  Regionsbeschreibung,  der  sie  unter  den 
zehn  Basiliken  als  zwei  besondere  aufführt.  Auch  die  Darstellung  der 
Rest«  bei  Langiani  ist  ungenau.  Es  befindet  sich  an  der  angegebenen 
Stelle  eine  Reihe  von  CipoUinsäulen,  aber  nicht  wo  sie  Lanciani  angibt, 
sondern  westlich  davon  vom  Yicolo  della  Spada  d'Orlando  sich  bis  zum 
Palazzo  della  confratemitä  del  Rosario  erstreckend.  Nördlich  davon  unter 
der  an  der  Piazza  Capranica  gelegenen  Casa  Giannini  wurde  1745  die 
Existenz  einer  traventingetäfelten  Area  konstatiert.  Man  kann  demnach 
nur  vermuten,  dass  hier,  also  zwischen  Pantheon  und  Basilica  Neptuni 
die  beiden  Basiliken  gelegen  haben.  Indessen  lassen  die  Reste  keine  ge- 
wisse Deutung  zu.^) 

2.  Mit  grösserer  Sicherheit  kann  in  diese  Gegend  das  im  Curiosum 
(nicht  in  der  Notitia)  genannte  Hadrianeum,  sonst  Templum  Hadriani 
genannt,  gesetzt  werden.  Denn  in  den  Mirabilia  (Jordan  Top.  II.  p.  630) 
heisst  es:  iuxta  S.  Salvatorem  ante  S,  Mariam  in  Aquiro  templum  Divi  Adriani 
et  arcus  Pieiati^.  Die  Kirche  S.  Maria  in  Aquiro  (vgl.  p.  233)  existiert  noch ; 
sie  bildet  die  Ostseite  der  Piazza  Capranica;  über  den  Arcus  Pietatis  vor 
dem  Pantheon  s.  oben  p.  239.^)  —  Der  Tempel  wurde  von  Antoninus  Pius 
errichtet  (Vita  Ant.  8,  Vita  Yeri  3),  nachdem  dieser  beim  Senat  durch- 
gesetzt hatte,  dass  Hadrian  Divus  genannt  wurde  (Vita  Hadriani  27 :  nee 
appellatus  esset  divus,  nisi  Antoninus  rogasset).  Eine  Darstellung  des  Tempels 
befindet  sich  auf  der  Münze  Eckhel  D.  N.  VII 22  aus  dem  Jahre  151  n.  Chr. 
Danach  war  der  Tempel  achtsäulig.^j 

3.  An  die  Hadriansbauten  des  Marsfeldes  schliesst  man  am  besten 
das  hadrianische  Athen ae um  an,  von  dessen  Lage  absolut  nichts  be- 


')  Vgl.  Langiani,  La  basilica  Matidies 
efc  Marcianes  dei  cataloghi,  Bull.  com.  1883 
p.  5  ff.  Die  Richtigstolluiig  der  Lancianischen 


Templum    Matidiae    bei   Piazza   Capranica, 
Rom.  Mitt.  1899  p.  141  ff. 

')  Vgl.  BüBSABi,  Ball.  com.  1885  p.  92. 


Ansetzungen   bei   Hülsen,    Das   angebliche  ,  ')  Vgl.  Lanciani,  Bull.  com.  1883  p.  12. 


6.  Die  SUdtioüe  am  Tiber,    d.  Das  Marefeld.    (§§89-90.)  249 

kannt  ist,  das  aber  in  Ermanglung  eines  topographischen  Fixierungs- 
punktes am  ersten  da  vermutet  werden  dürfte,  wo  Hadrian  am  meisten 
gebaut  hat.  Aur.  Vict.  Caes.  14  sagt:  (Hadrianus)  ibi  (t.  e,  Bomae)  Grae^ 
corum  more,  seu  Pompilii  Numae,  caerimonias,  leges,  gymnasia,  dodoresque 
curare  occoepit;  adeo  quidem,  ut  etiam  ludum  ingenuarum  artium,  quod 
Äthenaeum  vocant,  constüueret;  das  Gebäude  wird  auch  genannt  in  der  Vita 
Pertinacis  11  processionem,  quam  ad  Äthenaeum  paraverat,  ut  audiret 
poetas,  Vita  Alex.  Sev.  35  ad  Äthenaeum  audiendorum  et  Graecorum  et 
LcUinorum  rhetorum  vel  poetarum  causa  frequenter  processit,  und  Vita  Gor- 
dian.  3  in  Äthenaeo  controversias  declamavit.  Die  amphitheatralische  An- 
ordnung der  Sitze  geht  aus  Sidon.  Apoll.  IX  14  hervor.  Die  Vermutung, 
dass  dieses  Äthenaeum  auf  dem  Kapitel  sich  befunden  (Prelleb,  Reg. 
p.  170)  und  mit  der  dort  befindlichen  Bibliothek,  deren  Existenz  nicht 
bezweifelt  werden  kann  (vgl.  Anhang  I),  die  aber  topographisch  nicht  zu 
bestimmen  ist,  in  Zusammenhang  gestanden  habe,  ist  durch  nichts  zu  be- 
weisen.    Vgl.  Jordan,  Top.  I  2  p.  61. 

Der  nördliche  Teil  des  Marsfeldes. 

89.  Nördlich  von  den  Bauten  des  Agrippa,  Nero,  Domitian  und 
Hadrian  läuft  eine  Strasse,  die  von  der  Via  lata  sich  südlich  der  heutigen 
Piazza  Golonna  abzweigend  in  der  Richtung  von  Osten  nach  Westen  bis 
an  den  Tiber  geht  (bei  LANCiANiForm.  ürb.  14  als  Via  recta  bezeichnet).  Das 
antike  Pflaster  derselben  ist  bei  den  Ausgrabungen  fast  in  ihrer  ganzen  Aus- 
dehnung zum  Vorschein  gekommen.  Diese  Strasse  bildete  in  der  Kaiserzeit 
die  Grenze  zwischen  dem  mit  Monumentalbauten  geschmückten  südlichen  und 
dem  nördlich  davon  liegenden,  der  Benutzung  des  Publikums  zu  Spiel,  Leibes- 
übung und  Erholung  überlassenen  Teile  des  Marsfeldes  (vgl.  p.  222  f.).  Es 
stand  mit  dieser  Bestimmung  nicht  im  Widerspruch,  dass  Augustus  am  nörd- 
lichsten Ende  des  Feldes  am  Tiber  die  Grabstätte  seiner  Familie,  das 
Mausoleum,  errichtete,  das  mit  seinem  grossen  öffentlichen  Park  die 
auf  dem  Marsfelde  befindlichen  Spaziergänge  nach  Norden  abschloss;  dass 
ferner  am  Rande  des  Feldes  neben  der  Via  lata  die  Ära  Pacis  Augustae 
gebaut  wurde,  und  Augustus  nicht  weit  davon  das  Solarium  errichtete. 
Aber  das  Beispiel  war  einmal  gegeben,  und  so  entstanden,  nachdem 
Hadrian  mit  seinen  Bauten  bis  an  die  Grenze  dieses  Teiles  des  Marsfeldes 
vorgerückt  war,  in  der  Zeit  der  Antonine  hier  monumentale  Anlagen, 
deren  Mittelpunkte  die  Säulen  des  Antoninus  und  des  Marcus  Aurelius 
bildeten,  die  aber  doch  bei  ihrem  verhältnismässig  geringen  Umfange  und 
ihrer  Lage  am  Rande  des  Feldes  längs  und  in  der  Nähe  der  Via  lata 
den  Zweck  desselben  nicht  sonderlich  beeinträchtigten. 

90.  DieAngastusbanteiL  I.Mausoleum  Augusti.  Es  war  mindestens 
seit  dem  1.  Jahrhundert  v.  Chr.  Sitte  geworden,  dass  hervorragenden  Per- 
sönlichkeiten die  Ehre  der  Bestattung  auf  dem  Marsfelde  zu  teil  wurde. 
Dass  dazu  aber  ein  besonderer  Beschluss  gehörte,  ergibt  sich  aus  Dio 
Gass.  XXXIX  64,  wo  sich  Domitius  der  Bestattung  der  Tochter  Caesars 
auf  dem  Marsfelde,  allerdings  vergeblich  mit  der  Begründung  wider- 
setzt   OTt   ovx  ofsdaq  iv  %(ji    teq^    roTKr)   avev  xivoq  xpr^iffdfiaTog  x^amoiTo, 


250  B.  Topographie  yon  Rom. 

Im  Jahre  37  v.  Chr.  ereignete  es  sich  sogar,  dass  der  Senat  die  Gebeine  des 
vom  Volke  auf  dem  Campus  beigesetzten  M.  Oppius  wieder  entfernen  liess, 
und  zwar,  wie  es  hiess,  auf  den  Befehl  der  Pontifices,  da  es  sich  nicht 
zieme,  dass  er  «V  t^7  Icq^)  X^Q^V  bestattet  sei  (Dio  Cass.  XLVIII  53 
xatncQ  noXkovg  äXXovg  iv  avtf)  xai  nqoxsqov  xcci  fistd  ravta  &dtpaaa).  — 
Es  wurde  hier  der  Diktator  Sulla  (Liv.  epit.  XC,  Appian  b.  c.  1 107)  begraben; 
nach  Dio  Cass.  LXXVII  13  liess  Caracalla  sein  Grabmal  aufsuchen  und 
wiederherstellen.  Ferner  lag  hier  Caesars  Tochter,  die  Frau  des  Pompeius 
(Liv.  epit.  CVI,  Suet.  Caes.  84) ;  auch  Caesars  Gebeine  wurden  nach  seiner 
Verbrennung  auf  dem  Forum  hier  beigesetzt:  Dio  Cass.  XLrV51:  rd  ydg 
wnd  avtov  Ol  i^sXev&SQOi  nQoaveiXovro  xal  ig  t6  naxQ^ov  fivrjfietov  xaväd-evro^ 
woraus  hervorgeht,  dass  das  Julische  Geschlecht  hier  ein  Sepulcrum  hatte. 
Ausserdem  fanden  auf  Beschluss  des  Senates  Hirtius  und  Pansa  (Liv.  epit. 
CXIX)  hier  ihre  Buhestätte.  *)  Eine  Grabstätte  hatte  hier  Agrippa,  er  wurde 
aber,  als  er  im  Jahre  12  v.  Chr.  starb,  von  Augustus  in  seinem  Mau- 
soleum beigesetzt  (Dio  Cass.  LIV  28).  —  Im  Jahre  28  v.  Chr.  errichtete 
Augustus  im  Norden  des  Marsfeldes  zwischen  Tiber  und  Via  Flaminia 
(Suet.  Aug.  100)  die  kaiserliche  Grabstätte,  gewöhnlich  Mausoleum  (Tac. 
Ann.  ni  9  tumulus  Caesarum,  XVI  6  tumulus  Juliorum)  genannt.  Es 
war  ein  Rundbau  von  weissem  Marmor  von  88  m  Durchmesser ;  darüber 
waren  pyramidenförmig  aufgebaute,  mit  Bäumen  bepflanzte  Terrassen  an- 
gelegt, die  Spitze  krönte  die  eherne  Statue  des  Augustus.  Am  Eingange, 
der  von  Süden  her  in  den  zur  Aufnahme  der  Grabkammer  bestimmten 
Unterbau  führte,  waren  die  Bronzetafeln  mit  der  durch  ihre  Kopie  in 
Ancyra  als  Monumentum  Ancyranum  (Res  gestae  Divi  Augusti)  bekannten 
Inschrift  angebracht  (Sueton.  Aug.  101).  Davor  standen,  ungewiss  seit 
wann,  aber  jedenfalls  erst  seit  Augustus'  Tode  errichtet,  die  beiden  Obe- 
lisken, die  jetzt  bei  Sta.  Maria  Maggiore  auf  dem  Esquilin  und  auf  dem 
Quirinalsplatze  stehen  (vgl.  Anhang  I).  An  das  Grabmal  schlössen  sich  nach 
Norden  und  Osten  zu  weitläufige  Parkanlagen,  in  denen  sich  das  TJstrinum, 
die  Verbrennungsstätte  befand,  ebenfalls  von  weissem  Marmor  und  mit 
einer  ehernen  Umfassungsmauer  versehen  (Strabo  V.  3,  8).  —  In  diesem 
Grabmal  sind  nachweislich  bestattet:  Schon  vor  Augustus  Marcellus,  der 
Neffe  und  Schwiegersohn  des  Augustus  (Dio  Cass.  LIII  30),  Agrippa  (s.  o.), 
Drusüs  (Dio  Cass.  LV  2,  Suet.  Claud.  1),  Lucius  und  Gaius  Caesar  (CIL  VI  884, 
Dio  Cass.  LXXVIII  27.  Es  folgten  Augustus  (Suet.  Aug.  100,  Dio  Cass. 
LVI  42),  Germanicus  (Tac.  Ann.  III  4),  Livia  (Dio  Cass.  LVIII  2),  Tiberius 
(Suet.  Tib.  75,  Cal.  15),  Agrippina  die  Ältere*)  und  ihre  Kinder  (Suet.  Cal. 
15,  CIL  VI  886—891,  Dio  Cass.  LIX  3)  ausser  dem  Kaiser  Gaius  Caligula, 
der  in  den  Lamischen  Gärten  auf  dem  Esquilin  bestattet  worden  ist, 
Tiberius,  Sohn  des  Drusus  (CIL  VI  892)»);  ferner  Claudius  (Dio  Cass.  LX 


')  Ob  die  auf  dem  Marafelde,  jedeofalls 
aber  nicht  an  der  ursprünglichen  Stelle  ge- 
fundene Inschrift:  ex  8.  c.  L.  Vihio,  C.  f.  Pasae 
Caetranian.  cos.  (Bull.  com.  1899  p.  280)  mit 
der  Begräbnisstätte  der  Konsuln  etwas  zu 
thun  hat,  ist  nicht  sicher. 

*)  Die  Aschenume  der  Agrippina  befindet 


sich  im  Conservatorenpalast;  sie  ist  ,9upem€ 
excavata*  im  Mittelalter  als  Getreidemasa 
gebraucht  worden. 

')  Doch  vergleiche  über  diese  0.  Husch- 
FELD,  Die  kaiserlichen  Grabstätten  in  Rom, 
Abh.  der  Berl.  Akademie  1886  p.  1149  ff. 


6.  Die  StadtieUe  un  Tiber,    d.  Das  Marsfeld.    (§  90.)  251 

35),  sein  Sohn  BritanDicus,  Poppaea  Sabina,  die  Gemahlin  des  Nero 
(Tac.  Ann.  XVI  6)  —  Nero  selbst  ist  in  dem  Familiengrabe  der  Domitier 
auf  dem  Pincio  bestattet  (Säet.  Nero  50)  — ,  Vespasian,  Titus  und  seine 
Tochter  Julia,  doch  sind  die  Gebeine  der  drei  letzten  im  Jahre  94  n.  Chr. 
in  das  von  Domitian  auf  dem  Quirinal  errichtete  Templum  gentis  Flaviae 
überführt  worden.  Zuletzt  fand  hier  Nerva  seine  Ruhestätte  (Aur. 
Yict.  Epit.  12).  Die  Inschriften  des  Mausoleums  sind  CIL  VI  884  bis 
895  gesammelt.  Aus  dem  Jahre  138  n.  Chr.  heisst  es  bei  Dio  Cass. 
LXIX  23 :  TO  yaQ  %ov  AvyovtfTov  inenXrjQioxo^  xai  oixix'  ovdslg  iv  avr^  häd-rj, 
infolge  wovon  Hadrian  sein  Mausoleum  erbaute.  —  Das  Mausoleum  des 
Augustus  war  im  Mittelalter  zu  einer  Festung  der  Colonna  geworden, 
die  1167  zerstört,  aber  1241  wieder  in  Verteidigungszustand  versetzt 
wurde.  1354  wurde  Cola  di  Bienzi  hier  verbrannt.  In  der  Mitte  des 
15.  Jahrh.  begann  man  hier  Ausgrabungen  etc.,  die  zu  fast  völliger  Ver- 
nichtung der  Reste  führten;  es  kamen  dabei  Inschriften  etc.  und  der 
Obelisk  von  S.  Maria  Maggiore  zu  Tage.  Um  1550  verwandelten  die  Sode- 
rini  die  Ruine  in  einen  mit  Statuen  geschmückten  hängenden  Garten. 
Das  Gebäude  ist  jetzt  fast  ganz  zerstört,  seine  Grundmauern  sind  verbaut, 
zuletzt  hatte  sich  ein  Circus  darin  etabliert.^) 

Die  Lage  und  die  Überreste  desUstrinums  wurden  im  Jahre  1777 
bei  einer  Ausschachtung  zur  Fundamentierung  eines  Hauses  bei  S.  Carlo  al 
Corso  entdeckt.  Ausser  einer  Alabasterurne  fanden  sich  mehrere  Piedi- 
stalle,  auf  denen  es  heisst :  hie  crematus  est  neben  anderen,  auf  denen  steht 
hie  süus  est  Vgl.  CIL  VI  888—893.  —  Über  die  Gestalt  des  Ustrinums 
vgl.  p.  255  das  üstrinum  Antoninorum. 

2.  Die  Ära  Pacis  Augustae.  Über  die  Errichtung  dieses  pracht- 
vollen Altarbaues  berichtet  Augustus  selbst  (Res  gestae  Divi  Augusti 
II  37):  cum  ex  Hispania  Galliaque  rebus  in  his  provinciis  prospere  gestis 
Romam  redii  TL  Nerone  P.  Quinctilio  consulibus  aram  Pacis  Augustae 
senatus  pro  reditu  meo  consecrari  censuit  ad  campum  Martium,  in  qua  inagi- 
stratus  et  sacerdotes  et  virgines  Vestales  anniversarium  sacrificium  facere  iussü. 
Die  Gründung  des  Altars  fand  statt  am  4.  Juli  13  v.  Chr.  (feriae  ex  senatus 
consultOj  quod  eo  die  ara  Pacis  Augustae  in  campo  Martio  constituta  est 
Nerone  et  Varo  coss.  Fast.  Amit.),  aber  die  Dedikation  am  30.  Januar  9  v. 
Chr.  (Fast.  Praen.).  Das  Datum  der  Dedikation  wird  auch  durch  Ovid. 
Fast.  I  709  und  durch  die  Acta  Arv.  aus  dem  Jahre  38  n.  Chr.  überliefert. 
Auf  die  Vorgeschichte  der  Errichtung  des  Altars  bezieht  sich  Dio  Cass. 
LIV  25,  wo  es  heisst,  dass  der  Senat  einen  Altar  des  Augustus  in  der 
Curie  habe  errichten  wollen,  Augustus  dies  aber  abgelehnt  habe.  Den 
weiteren  Beschluss  der  Errichtung  eines  Altars  auf  dem  Marsfelde  über- 
geht er. 

Die  Reste  dieses  Altars,  ausgezeichnete  Relief darstellungen,  sind  zu 
verschiedenen  Zeiten,  vor  1550,  im  Jahre  1568  und  1859  an  der  Stelle, 
wo  der  Altar  stand,  unter  dem  Palazzo  Fiano  am  Corso  zum  Vorschein 
gekommen,  ein  letztes  Stück  im  Jahre  1899  (Not.  d.  scavi  p.  50).   Die  herr- 


*)  Dokumente  ttber  die  Zeratörang  veröffenilicht  Gbraboli,  Bull.  com.  1895  p.  301  ff. 


252  B.  Topographie  von  Rom. 

liehen  Reste  sind  leider  nicht  nur  allein  in  Rom  zerstreut,  sondern  auch 

nach  Florenz  und   Paris  sind  Teile  davon  gekommen.     Es  ist  ein  grosses 

Verdienst  v.  Dühns,  in  diesen  Resten  die  Überreste  der  Ära  Pacis  Augustae 

erkannt  zu  haben.     Derselbe  hat  auch  eine   Rekonstruktion  des  Altars 

versucht,  nach  ihm  Lanciani  (Forma  Urbis  15  und  8)  und  Petebsen. 

Litteratur:  F.  von  Duhn,  Sopra  alcnni  bassirilievi  che  omavano  an  monnmento 
piibl.  Romano  all'  epoca  di  AuguBto,  Annali  d.  Istitnto  1881,  p.  302  ff.  Monum.  Taf.  XZXIY 
bis  XXXVI.  —  Petersen,  L*  Ära  Pacis  Augustae,  Rom.  Mitt.  1894  p.  171  ff. 

3.  Das  Solarium  des  Augustus.  Augustus  hatte  zwei  Obelisken 
nach  Rom  schaffen  lassen,  den  einen,  85^/4  Fuss  hoch,  vom  König  Pse- 
metnepserphreus,  stellte  er  im  Circus  maximus  auf  (vgl.  p.  146),  den  an- 
dern, 9  Fuss  kleineren,  vom  Könige  Sesothis,  auf  dem  Marsfelde.  Plin. 
N.  H.  XIXVI  71,  72,  der  hierüber  berichtet,  sagt  von  letzterem:  ei,  qui  est 
in  campo,  divus  Augustus  addidit  mirabilem  usum  ad  deprehendendus  solis  um- 
bras  dierumque  ac  noctium  ita  magnitudines,  strato  lapide  ad  longitudinem 
obelisci,  cui  par  fieret  umbra  brumae  confectae  die  sexta  hora  paulatimque  per 
regulas,  quae  sunt  ex  aere  inclusae,  singulis  diebus  decresceret  ac  rursus  au- 
gesceret,  digna  cognüu  res,  ingenio  Facundi  Novi  mathsmatici,  Is  apici  aura- 
tam  püam  addidit,  cuius  vertice  umbra  colligeretur  in  se  ipsam,  alias  enor- 
miter  iaculante  apice,  ratione,  ut  ferunt,  a  capite  hominis  inteUecta.  Die 
Basis,  auf  der  der  Obelisk  errichtet  wurde,  enthielt  auf  zwei  Seiten  die 
Inschrift  CIL  VI  702  (gleichlautend  mit  der  auf  dem  Obelisken  im  Circus 
CIL  VI  701):  Imp,  Caesar  .  divi .  f.  Augustus  .  pontifex  .  maximus  .  imp.  XIL 
008.  XL  trib.  pot,  XIV.  (d.  h.  10  v.  Chr.)  Aegypto  .  in  .  potestatem  .  populi 
Romani .  redacta  .  Soli .  donum  .  dedit.  Wie  lange  der  Obelisk  gestanden 
haben  mag,  ist  nicht  bekannt.  Unter  Julius  II.  (1503—1513)  wurde  beim 
Durchgraben  des  Bodens  hinter  der  Kirche  S.  Maria  in  Lucina  die  Basis 
und  auch  der  herabgestürzte  Obelisk  selbst  zum  Teil  blosgelegt.  Die  Be- 
sitzer der  umliegenden  Häuser  hatten  beim  Anlegen  von  Weinkellern  rings 
um  den  Obelisken  herum  ein  Paviment  gefunden  und  darin  eingelassen 
bronzene  Bilder  des  Tierkreises  {invenisse  varia  signa  caelestia  ex  aere  ar- 
tificio  mirabili,  quae  in  pavimento  circa  gnomonem  kunc  erant);  das  Paviment, 
das  als  Sonnenuhr  diente,  muss  sich  sehr  weit  nach  Norden  ausgedehnt 
haben,  denn  der  Schatten  des  Obelisken,  der  mit  Basis  und  Ball  etwa 
85  Fuss  gemessen  hat,  beträgt  Mittags  am  kürzesten  Tage  187  Fuss, 
und  hat,  wenn  der  Obelisk  auch  noch  die  Stunden  von  6  Uhr  Morgens 
bis  6  Uhr  Abends  anzeigen  sollte,  eine  sehr  bedeutende  Ausdehnung 
nach  Osten  und  Westen  gehabt.  Das  alles  liegt  nun  unter  Häusern  und 
Strassen  begraben.  Da  Julius  IL  nicht  dazu  kam,  die  Basis  wieder  auf- 
zustellen, wurde  alles  wieder  verschüttet.  1748  wurde  die  Basis  abermals 
entdeckt,  und  1792  unter  Pius  VI  wurden  Basis  und  Obelisk  auf  der  Piazza 
Monte  Citorio  von  neuem  aufgestellt. 

Die  untenstehende  Zeichnung  (Abb.  26)  zeigt  den  Entwurf  eines 
solchen  Solariums.  Es  sind:  0  der  Obelisk  mit  dem  umgebenden 
Paviment;  AB  der  Weg,  den  der  Schatten  des  Obelisken  am  21.  Juni, 
dem  längsten  Tage,  beschreibt,  Deklination  der  Sonne  -j-  23  V«^;  CD  der 
Weg,  den  der  Schatten  des  Obelisken   am  21.  Dezember,   dem  kürzesten 


6.  Die  StadtteUe  am  Tiber,    d.  Das  Marefeld.    (§  91.) 


253 


Tage,  beschreibt,  Deklination  der  Sonne  —  23V'8  ^;  E  F  Weg  etc.  am 
21.  März  und  23.  September,  den  Tagen  der  Tag-  und  Nachtgleiche,  De- 
klination der  Sonne  0  ®.  —  Ausser  diesen  drei  Haupt-Hyperbeln  sind  noch 
eingezeichnet:  OH,  Weg  etc.  am  16.  April  und  27.  August,  Deklination 
der  Sonne  +  10®;  IK  Weg  etc.  am  8.  März  und  6.  Oktober,  Deklination 
der  Sonne  —  5®;  LM  Weg  etc.  am  8.  Februar  und  3.  November,  Dekli- 
nation der  Sonne  —  15®. 


Abb.  26.    Solarium  des  Angustiu. 


91.  Die  Antoninsbauten.  1.  Zur  Gruppe  der  Antoninsbauten  gehörten 
nachweislich  folgende  Denkmäler:  1)  dieColumnaAntoniniPii  und  das 
Ustrinum  Antoninorum  unter  dem  jetzigen  Monte  Gitorio.  Die  topo- 
graphische Zusammengehörigkeit  dieser  beiden  etwa  24  m.  von  einander 
entfernten  Bauten  ergab  sich  aus  der  von  Bianchiki  konstatierten  Thatsache, 
dass  sie  die  gleiche  Orientierung  haben  und  auf  dem  gleichen  Niveau 
stehen.  Ausserdem  stellt  die  dem  Ustrinum  zugewandte  Hauptseite  der 
Säulenbasis  die  Apotheose  des  Kaisers  Antoninus  und  der  Faustina  dar, 
so  dass  der  Zusammenhang  zwischen  der  Säule  und  dem  Ustrinum  nicht 
zu  verkennen  ist.  Es  ist  möglich,  dass  beide  zusammen  von  einer 
Portikus  umschlossen  waren,  deren  Reste  im  Jahre  1777  bei  Ausgrabungen 
auf  der  Piazza  Monte  Gitorio  zum  Vorschein  gekommen  sind, ')  mit  gleicher 
Orientierung  wie  Säule  und  Ustrinum  und  etwa  20  m  südlich  von  letzterem. 
2)  Die  Golumna  Marci  Aurelii  (auf  der  Piazza  Golonna),  die  Aedes  Divi 
Antonini  (M.  Aurelii)  und  ein  Häuschen  für  den  procuratorcolumnaecentenariae 


*)  Fba,  Iniegritä  del  Pantheon,  p.  3. 


254  B*  Topographie  von  Rom. 

Divi  Marci.  Es  ist  wahrscheinlich,  dass  auch  diese  Bauten  architektonisch 
und  topographisch  ein  Ganzes  bildeten.  Vermutlich  stand  die  Marc  Aureis- 
Säule  gleich  der  Trajanssäule,  deren  Nachahmung  sie  ist,  inmitten  eines 
von  Portiken  umgebenen  Hofes,  dessen  Hintergrund  nach  Westen  der  dem 
Kaiser  gewidmete  Tempel  einnahm,  so  dass  er  seine  Front  der  Via  lata 
zukehrte,  wie  auch  der  Eingang  der  Säule  dieser  Strasse  zugekehrt  war. 
Sichere  Spuren  des  Tempels  sind  nicht  zum  Vorschein  gekommen.*) 
An  derselben  Seite  lag  auch  das  Häuschen  des  Prokurators  der  Säule 
Adrastus.  Die  auf  den  Bau  desselben  bezüglichen  Inschriften  CIL  VI  1585* 
und  1585^  sind  im  Jahre  1777  auf  der  Piazza  Monte  Citorio  gefunden. 

2.  Die  Columna  Antonini  Pii.  Das  Jahr  der  Errichtung  der  Säule 
ist  nicht  bekannt.  Die  Inschrift  lautet  (CIL  VI  1004)  Divo  .  Äntonino  .  Aug. 
Pia  .  Antoninus  .  Augustus  .  et .  Verus  .  Augustus .  filii.  Die  aus  weissem  Mar- 
mor bestehende  Basis  hat  auf  drei  Seiten  Reliefs,  die  Hauptseite  mit  der 
Apotheose  des  Kaisers  und  der  Kaiserin  war  dem  Ustrinum  zugewandt, 
die  Hinterseite  enthält  die  Inschrift.  Die  Säule  bestand  aus  einem  Schaft 
von  rotem  Granit,  auf  der  Spitze  stand  die  Bronzestatue  des  Kaisers.  Die 
Münzen  (Abb.  27)  stellen  die  Säule  umgeben  von 
einem  Gitter  dar.*)  Über  die  weitere  Geschichte  der 
Säule  im  Altertum  wissen  wir  nichts.  Im  Mittelalter 
ragte  der  Stumpf  der  Säule  etwa  6  m  aus  einem  aus 
Schutt  künstlich  entstandenen  Hügel  hervor,  dem 
Mons  Citatorius  (Monte  Citorio),  auf  dem  sich  seit 
Anfang  des  18.  Jahrhunderts  die  Curia  Innocenziana 
(jetzt  Parlamentsgebäude)  erhebt.')  In  den  Jahren 
Abb.  27.  ooiumna  AntoniQi.  1703  Und  1704  wurdo  die  Säule  blosgelegt  und  die 
Basis  entdeckt.  Da  die  Säule  an  dem  ursprünglichen 
Platze  wegen  der  tiefen  Verschüttung  nicht  bleiben  konnte ^  so  beschloss 
man,  sie  zum  Schmuck  der  Fontana  Trevi  zu  verwenden,  ein  Plan,  der 
sich  nachher  als  unthunlich  herausstellte.  Der  erste  Versuch,  sie  zu  heben, 
missglückte,  nach  Jahresfrist  (1705)  wurde  er  mit  Erfolg  wiederholt  und 
die  Säule  auf  der  Piazza  Monte  Citorio  niedergelegt.  Hier  blieb  sie  bis 
zum  Jahre  1764  liegen  und  wurde  in  diesem  Jahre  durch  einen  Brand 
derartig  beschädigt,  dass  an  eine  Aufstellung  nicht  mehr  zu  denken  war. 
Man  verwendete  den  Granit  zur  Ausbesserung  des  grossen  Obelisken  (p.  252). 
Das  Postament  kam  in  den  Vatikan  und  steht  dort  im  Giardino  della  Pigna. 


»)  Vgl.  über  Reste  unter  den  Gebäuden 
des  Monte  Citorio  Middleton,  Ancient  Rome 
p.  385. 

'*)  Oder  soll  damit  das  vor  der  Säule 
stehende  von  einem  Gitter  umgebene  Ustri- 
num dargestellt  werden? 

•)  Ueber  den  Mons  Citatorius  oder  Ac- 
ceptorius  hatte  man  früher  die  verkehrtesten 
Vorstellungen.  Die  einen  hielten  ihn  für 
einen  natürlichen  Hügel,  die  andern  richtiger 
für  einen   künstlichen,   erklärten   seine  Ent- 


Fundamenten der  Casa  dei  P.  F.  Miflsionari, 
80  Fuss  unter  dem  jetzigen  Niveau,  Reste 
von  runden  Sitzen  {avanzi  di  alcuni  sedili 
circolari)  gefunden  seien,  hierher  das  Amphi- 
theater des  Statilius  Taurus  verlegte,  und 
Canina  ein  von  ihm  erdachtes  Stadium  für 
die  Equiria.  Im  Mittelalter  hatte  man  die 
Vorstellung,  der  Mons  Citatorius  stehe  im 
Zusammenhang  mit  den  Eomitien  auf  dem 
Marsfelde,  und  die  aus  dem  Schutt  hervor- 
ragende Granitsäule,   die  columna  citcitoria. 


stehung  aber  in  willkürlicher  Weise.   Hervor-   1  habe    zum   Anheften    behördlicher  Bekannt- 
zuheben  ist,  dass  Piranesi  (Ant.  Rom.  I  10)   I  machungen  gedient, 
auf   Grund    einer   Nachricht,    dass    in    den   | 


6.  Die  StftdtteUe  am  Tiber,    d.  Das  Marafeld.    (§  91.)  255 

Litterafcur:  HOlbbn,  Antichitä  di  Monte  Gitorio.  1.  La  colonna  del  Divo  Pio,  Rom. 
Mitt.  1889,  p.  42-48. 

3.  Das  üstrinum  Antoninorum.  Diese  Yerbrennungsstätte  wird 
bei  keinem  Schriftsteller  erwähnt  und  war  völlig  unbekannt.  Bei  den  oben 
erwähnten  Ausgrabungen  des  Jahres  1703  entdeckte  man  die  Reste  in 
grosser  Ausdehnung,  und  der  berühmte  Architekt  Fb.  Bianghini  machte 
sich  über  die  Funde  genaue  Aufzeichnungen  als  Vorbereitung  zu  einem 
besonderen  Werke  über  die  Altertümer  von  Monte  Citorio.  Dies  Werk  ist  nie 
vollendet  worden,  aber  Entwürfe  dazu  sind  vorhanden  samt  den  Zeichnungen 
und  Notizen,  die  Bianchini  sich  während  der  Ausgrabungen  gemacht 
hat.  Der  von  ihm  projektierte  Titel  des  Werkes  lautete :  De  clivo  Citorio 
sive  aggere  Campi  Martii  et  de  columnis  veterum  memorabilibtis  libri  duo. 
In  prior e  agitur:  De  aggere  seu  tumulo  (clivo)  Campi  Martii,  quem  vulgo 
Citorium  appellant:  de  ustrino  Caesarum  ac  de  columna  Äntonini  cognomento 
Pii,  inde  nuper  exfrada  etc.  Diese  Handschrift  Bianchiki's  blieb  unbekannt, 
Hülsen  hat  sie  neuerdings  in  Verona  (cod.  Ver.  356)  aufgefunden  und  soweit 
erforderlich  publiziert.  Die  Aufzeichnungen  und  Skizzen  Bianchinis  sind  völlig 
ausreichend,  um  das  Gebäude  zu  rekonstruieren.  Es  ist  von  quadratischer 
Form  und  besteht  aus  drei  konzentrischen  Umfassungsmauern  von  Traver- 
tin;  die  innerste  ist  60  Fuss  im  Quadrat,  zwischen  ihr  und  der  zweiten 
Umfassungsmauer,  die  104  Fuss  im  Quadrat  misst,  ist  ein  Zwischenraum 
im  Lichten  von  15  Fuss;  die  äusserste  Umfassung  hat  denselben  Abstand 
von  15  Fuss  von  der  zweiten  und  ist  140  Fuss  im  Quadrat,  diese  äusserste 
Mauer  aber  ist  ein  7t€Qiq)Qayfia,  bestehend  aus  einem  Sockel,  auf  dem  Tra- 
vertinpfeiler  sich  erheben,  die  man  sich  durch  eiserne  Qitter  verbunden 
zu  denken  hat.  Die  beiden  äusseren  Mauern  haben  nach  Süden  zu  Ein- 
gänge. Obgleich  inschriftliche  Funde  nicht  gemacht  worden  sind,  so  kann 
doch  über  die  Bedeutung  der  Anlage  kein  Zweifel  sein;  Strabos  Bericht 
über  das  Üstrinum  beim  Mausoleum  des  Augustus  (V  3,  8  p.  236)  hat  sicher 
ein  ganz  ähnlich  konstruiertes,  wenn  auch  vielleicht  rundes  Gebäude  vor 
Augen  {xal  ovrog  Xi&ov  Xevxov  xvxX(()  fi^v  neqixBi^evov  ix^^  (XiörjQovv  negi- 
<PQay/Äa),  Die  Anordnung  des  Ganzen  dürfte  so  zu  denken  sein,  dass  die 
innere  Umfassung  den  Scheiterhaufen  enthielt,  die  zweite  dazu  bestimmt 
war,  die  Hitze  abzuhalten,  die  dritte  aber,  um  das  Ganze  gegen  das  Publikum 
abzuschliessen. 

Lifcteratur:  Hülsbn,  Antichitä  di  Monte  Citorio.  2.  Edifizio  antico  scoperto  nel  1703 
sotto  la  casa  deUa  Missione,  Rom.  Mitt.  1889  p.  48—64. 

4.  Die  Columna  Marci  Aurelii.  Die  Säule  ist  eine  Nachahmung 
der  Trajanssäule,  eine  Columna  cochlis  (Not.  Reg  IX.  columnam  coclidem 
altam  pedes  CLXXV  s.  gradus  intus  habet  CCTII  fenestras  LVI)^  die  auf 
einem  Reliefstreifen  von  21  Windungen  die  Kriege  des  Marc  Aurel  gegen 
Daker,  Markomanen  und  Jazygen  in  den  Jahren  172—175  n.  Chr.  darstellt. 
Die  Reliefs  waren,  wie  die  der  Trajanssäule,  ursprünglich  bemalt.  Sie  ist, 
wie  aus  Aur.  Vict.  Caes.  16  und  Epit.  16  sich  ergiebt,  nach  dem  Tode  des 
Kaisers  errichtet.  CIL  VI  1585^  heisst  sie  columna  centenaria  Divi  Marci, 
1585»  (Divorum)  Marci  et  Faustinae.  Das  Jahr  der  Errichtung  ist  nicht  be- 
kannt; es  steht  nur  fest,  dass  sie  im  Jahre  193  schon  vollendet  war;  aus  diesem 
Jahre  stammt  der  Antrag   des  kaiserlichen  Freigelassenen  Adrastus,   des 


256  ^'  Topographie  von  Rom. 

Procurator  columnae  D.  M.,  sich  hinter  der  Säule  statt  seiner  Hütte  ein 
festes  Haus  bauen  zu  dürfen  (s.  oben  p.  254).  Die  Säule  ist  aus  lunensischem 
Marmor,  im  Innern  führen  203  Stufen  in  die  Höhe.  Der  einst  mit  Reliefs 
geschmückte,  jetzt  zum  Teil  in  der  Erde  steckende  Sockel  hatte  eine  ganz 
ausserordentliche  Höhe;  der  noch  über  dem  Boden  sichtbare  Teil  hat  die 
Höhe  des  Sockels  der  Trajanssäule.  Auf  der  Säule  standen,  wie  aus  (HL 
VI.  1585  hervorzugehen  scheint,  die  Statuen  des  Marc  Aurel  und  der  Fau- 
stina. —  Im  Mittelalter  wurde  neben  der  Säule  die  Kirche  S.  Andrea 
erbaut.  Die  augenscheinliche  Beschädigung  der  Westseite  der  Säule  durch 
Feuer  könnte,  wenn  nicht  mit  dem  Untergang  des  Templum  D.  Antonini, 
so  mit  dem  dieser  Kirche,  die  im  16.  Jahrhundert  nicht  mehr  existierte, 
in  Zusammenhang  gebracht  werden.  Andere  Beschädigungen  der  Säule 
scheinen  durch  Erdbeben  hervorgebracht  zu  sein.  Durch  Sixtus  Y.  wurde 
sie  im  Jahre  1589  in  den  heutigen  Zustand  gesetzt;  an  Stelle  der 
abgem  eisselten  Reliefs  erhielt  der  Sockel  eine  neue  schmucklose  Be- 
kleidung, deren  Material  zum  Teil  von  den  Resten  des  Septizoniums  ge- 
nommen wurde.  Da  der  nach  Osten  zu  gerichtete  Eingang  verschüttet 
war,  wurde  ein  neuer  nach  der  Südseite  angelegt.  An  Stelle  der  längst 
verschwundenen  Statuen  des  Marc  Aurel  und  der  Faustina  wurde  eine 
Statue  des  Apostels  Paulus  auf  die  Säule  {ab  omni  impietate  expurgatam 
heisst  es  in  der  Sockelinschrift  Sixtus  Y.)  gesetzt.  Die  Säule  hiess  bis  in 
die  neueste  Zeit  allgemein  Golumna  Antonina.  unter  diesem  Titel  ist 
auch  die  erste  Publikation  von  Pietro  di  Sante  Bartoli  erschienen. 

Litteratnr:  £.  Pbtbrsbn,  A.  ton  Domaszewbki,  Q.  Galdebini,  Die  Marcnssftale  aaf 
Piazza  Colonna  in  Rom,  1896. 

92.  Strassen.  Die  beiden  Männer,  die  am  meisten  auf  dem  Marsfelde 
gebaut  haben,  Agrippa  und  Hadrian,  haben  die  weite  Ebene  auch  durch 
Anlage  neuer  Strassen  dem  Verkehr  erschlossen;  davon  zeugt  die  Anlage 
des  Pens  Agrippae  und  des  Pons  Aelius.  Vor  allem  wichtig  war  die  auf 
den  Pons  Aelius  zuführende  Strasse,  die  direkte  Fortsetzung  der  die  Vor- 
stadt des  Gircus  Flaminius  durchschneidenden.  ^)  Sie  wurde  neben  der  Via 
lata  zur  bedeutendsten  Verkehrsader  des  ausgedehnten  Feldes.  Der 
bei  der  wachsenden  Besiedlung  des  transtiberinischen  Gebiets  stets  zu- 
nehmenden Bedeutung  der  Strasse  entsprach  es,  dass  sie  unter  Gratian, 
Valentinian  und  Theodosius ')  mit  Säulengängen,  den  Porticus  maximae, 
geschmückt  wurde.  Sie  erstreckten  sich  von  der  Brücke  bis  zum  Theater  des 
Pompeius,  möglicherweise  auch  noch  weiter,  und  waren  unmittelbar  vor  der 
älischen  Brücke  von  dem  Arcus  Qratiani,  Valentiniani  et  Theodosii  über- 
spannt. Der  jetzt  verschwundene  Bogen  wird  in  den  Mirabilien  (Jordak,  Top. 
II  p.  608)  und  im  Ordo  Benedicti  (Lanciani  Itin.  Eins.  p.  91)  erwähnt.    Die 

Inschrift  CIL  VI  1184  lautet:     Gratianus  Valentinianus  et  Theodosius 

arciim  ad  concludendum  opus  omne  particuum  maximarum  ....  fieri  ornarique 
iusserunt.     Der  Bogen  ist  vermutlich  1503   zerstört  worden.     Über  Reste 


>)  Ueber  die  Möglichkeit,  dass  schon 
Nero  diese  Strasse  in  ihrem  unteren  TeUe 
anlegte  nnd  bis  zu  einer  von  ihm  erbauten 


auch  für  das  Marsfeld  und  den  Tiber  ergiebt 
sich  aus  der  Wiederherstellung  des  wahr- 
scheinlich   von    Caracalla   (Jobdak,  Top.  V 


Brücke  führte,  vgl.  p.  68.  p.  417)  erbauten  Pons  Aurelius  durch  Valen- 

*)  Die    Fürsorge   der   späteren    Kaiser  i  tinian  I  (p.  69). 


6.  Die  Stadtteile  am  Tiber,    d.  Das  Marefeld.    (§§  92-93.)  257 

der  Portiken  etc.,  die  durch  Ausgrabungen  zum  Vorschein  gekommen  sind, 
vgl.  Lanciani,  Ann.  d.  Ist.  1883,  p.  2.^)  Ob  über  derselben  Strasse  der 
Bogen  stand,  den  jedenfalls  nicht  weit  vom  Pens  Aelius  die  Kaiser  Ar- 
cadius,  Honorius  und  Theodosius  zu  Ehren  des  Sieges  des  Stilicho 
über  Badagais  im  Jahre  405  n.  Chr.  errichtet  haben,  und  dessen  Inschrift 
der  Einsiedler  Anonymus  als  in  arcu  inttis  Romae  (im  Gegensatz  zu  den 
vorher  aufgezeichneten  Inschriften  von  S.  Peter)  befindlich  aufbewahrt  hat, 
ist  nicht  klar.  Das  natürlichste  wäre  anzunehmen,  dass  er  am  Zugang 
zu  einer  Brücke  stand,  wie  wohl  überhaupt  anzunehmen  ist,  dass  an  allen 
Brücken  Triumphbogen  standen.  So  wissen  wir  es  vom  Pens  Aemilius 
(p.  190),  vom  Pens  Yalentinianus  und  Aelius.  Die  einzige  Brücke,  an  deren 
Zugang  dieser  Bogen  errichtet  sein  könnte,  der  P.  Neronianus,  kommt  aber 
nicht  in  Betracht,  da  er  lange  vor  der  Zeit  des  Arcadius  und  Honorius  abge- 
brochen war  (p.  68).  Es  ist  andrerseits  nicht  ausgeschlossen,  dass  der  Bogen 
ebenfalls  über  der  auf  den  Pens  Aelius  zu  führenden  Strasse  und  nicht 
allzuweit  von  dem  des  Qratian  etc.  stand.  Die  Häufung  mehrerer  Bogen 
ist  ja  auch  abgesehen  von  der  Sacra  via,  über  der  unfern  von  einander 
der  Fabierbogen  und  ein  Bogen  des  Augustus  gestanden  haben,  namentlich 
auf  bedeutenden  Strassen  nicht  selten,  so  auf  der  Via  Appia  und  der  Via 
lata.  Möglicherweise  stand  der  Bogen  über  der  Kreuzung  der  Porticus  ma- 
ximae  mit  der  quer  über  das  Marsfeld  von  Osten  nach  Westen  laufenden 
Strasse  (p.  249),  also  etwa  60  m.  von  dem  des  Oratian  entfernt. 

Nicht  genau  zu  bestimmen  ist  der  Gang  einer  Via  tecta  auf  dem 
Campus  Martins.  Sie  wird  zweimal  bei  Martial  genannt  (IH  5,  5.  VIH  75,  2), 
einmal  in  Verbindung  mit  der  Via  Flaminia,  doch  ergibt  sich  daraus  nicht, 
ob  sie  dieser  parallel  lief  oder  in  sie  einmündete.  Bestimmter  lautet  die 
Angabe  bei  Seneca,  1.  de  morte  Claudii  13,  wo  es  heisst,  Claudius  wäre, 
nachdem  ihn  Talthybios  per  campum  Martium  geschleppt  hätte,  inter  Ti- 
berim  et  viam  tectam  zur  Unterwelt  hinabgestiegen.  Die  Stelle  ist  stets 
und  wohl  mit  Recht  mit  dem  Tarentum  (vgl.  p.  224)  in  Verbindung  ge- 
bracht worden,  dessen  Lage  zwischen  dem  Tiber  und  der  auf  den  Pens 
Aelius  resp.  Pons  Neronianus  zuführenden  Strasse  jetzt  feststeht.  Ob  also 
diese  Strasse  schon  vor  Anlage  der  Porticus  maximae  einmal  überdeckt 
gewesen  ist?  Die  Sache  bleibt  immerhin  zweifelhaft,  denn  der  von  Martial 
Vni  75, 2  angedeutete  Zusammenhang  mit  der  Via  Flaminia  fehlt  dieser 
Strasse.  Übrigens  nennt  schon  Liv.  XXH  36  aus  dem  Jahre  216  v.  Chr. 
eine  via  fomicata  quae  ad  Campum  erat. 

93.  Bauten  unbekannter  Lage.  1.  Nicht  überliefert  ist  die 
Lage  der  Porticus. Europae,  die  ihren  Namen,  wie  die  der  Argo- 
nauten, des  Meleager  etc.,  von  einem  Bildwerke  hatte  (Mart.  II  14,  15). 
Sie  gehörte  mit  zu  den  beliebtesten  SpaziiBrgängen  des  Marsfeldes; 
Martial,  dem  allein  wir  die  Kunde  von  ihrer  Existenz  verdanken,  erwähnt 
n  14,  15  die  Europes  tepidae  buxeta  und  sagt  HI  20,  12  ff.  delicatae  sole 
rursus  Europae  inter  tepentes  post  meridiem  buxos  sedet.  Ihre  ungefähre  Lage 
ergiebt  sich   aus  H  14.     Dort  wird    geschildert,    wie  der  Schmarotzer 


»)  Vgl.  Jobdan,  Top.  II  p.413.  Bull.  com.  1893  p.  14  flF. 

Handbuch  der  klMs.  AltertmaBWiflsenflchaft.  lU.  8.  B.    2.  Aufl.  17 


258 


B.  Topographie  von  Born. 


Selias  auf  dem  ganzen  Marsfeld  umherläuft  und  alle  Sammelplätze  der 
Müssiggänger  aufsucht,  um  jemand  zu  finden,  der  ihn  zu  Mittag  einlade. 
Die  dort  eingehaltene  Reihenfolge  ist  diese:  Porticus  Europae,  Saepta, 
Iseum,  Hecatostylon,  porticus  Pompeia,  also  durchaus  topographisch. 
Dann  folgen  die  noch  Mart.  I  59,  3  genannten,  topographisch  nicht  zu 
fixierenden  Bäder  des  Qryllus  und  Lupus,  letzteres,  wahrscheinlich 
von  einem  Gemälde,  Aeolia  genannt,  des  Faustus  und  Fortunatus; 
dann  die  Thermen,  und  schliesslich  kehrt  er  zur  Porticus  Europae  zurück. 
Darnach  muss  diese  nördlich  von  den  Saepta  gelegen  haben.  Damit  stimmt 
11120,11,  wo  die  Porticus  Argonautarum  und  Europae  (merkwürdiger 
Weise  fehlt  erstere  in  der  ausführlichen  Aufzählung  11  14)  und  XI  1, 11, 
wo  die  Portiken  des  Pompeius,  der  Europa  und  der  Argonauten  zusammen 
genannt  werden. 

2.  Nicht  sicher  erklärt  ist  das  in  der  Regionsbeschreibung  mit 
Di  verum  bezeichnete  Gebäude.  Am  nächsten  liegt  es,  an  eine  Portikus 
zu  denken ,  denn  Eutrop.  Brev.  VII  23  berichtet  von  Domitian :  Romae 
quoque  muUa  opera  fecit,  in  his  Capüolium  et  Forum  transUorium,  Divorum 
porticus,  Isium  ac  Serapium  et  Stadium,  während  der  Chronograph  von  354 
wie  die  Regionsbeschreibung  unter  den  Werken  Domitians  Divorum 
ohne  diesen  Zusatz  nennt.  Die  Portikus  oder  was  es  sonst  gewesen  sein 
mag,i)  wird  nirgends  weiter  erwähnt. 

3.  Topographisch  nicht  verwendbar  sind  die  Notizen  über  eine  Nau- 
machie,  die  Caesar  im  Marsfelde  gebaut  hat.  Dio  Cass.  XLin  23  be- 
richtet darüber  aus  dem  Jahre  46  v.  Chr.:  xal  räXog  vavfiaxiav  .  .  ,  iv  t^ 
i]7i€iQ(fi  inoltjasv,  x^Q^O'^  Y^Q  ^^  ^^  '^V  '^?^<V  ^^^^V  ^oiXdvag  vdcoQ  ts  ig  avvo 
iaijxs  xal  vavg  ifSxiyayev,  Hier  wurde,  wie  Appian  b.  c.  II  102  berichtet, 
bei  den  zu  Ehren  von  Caesars  Triumph  veranstalteten  Spielen  ein 
grosses  Seegefecht  aufgeführt.  Es  kämpften  Zweiruderer,  Dreiruderer  und 
Vierruderer  der  tyrischen  und  ägyptischen  Flotte  miteinander.  Nach 
Appian  betrug  die  Zahl  der  Ruderer  4000,  der  Kämpfenden  2000,  die  Nau- 
machie  muss  also  eine  erhebliche  Ausdehnung  gehabt  haben.  Im  Jahre 
43  V.  Chr.  wurde  sie  wieder  zugeschüttet  (Dio  Cass.  XLV  17).  Sueton. 
Caes.  39  bezeichnet  als  Ort  die  Codeta  minor,  die  sonst  nicht  bekannt 
ist,  während  ein  Campus  Codetanus  in  der  XIV.  Region  genannt  wird. 
Da  der  Name  nach  Fest.  p.  58  von  einer  Pflanze  herkommt  {quod  in  eo 
virgulta  nascuntur  ad  caudarum  equinarum  similitudinem),  so  wird  man  wohl 
annehmen  dürfen,  dass  auf  eine  gewisse  Strecke  beide  Ufer  des  Tiber  mit 
dieser  Pflanze  bedeckt  waren,  die  campi  also  am  Tiber  zu  suchen  sind, 
und  die  Codeta  minor  demnach  in  dem  nördlichen  oder  nordwestlichen 
Teile  des  Marsfeldes.  Caesar  soU  auch  den  nie  zur  Ausführung  ge- 
kommenen Plan  gehabt  haben,  an  Stelle  der  Naumachie  einen  Tempel 
des  Mars  quantum  nusquam  esset,  zu  errichten.  —  Der  besseren  Übersicht 
wegen  stelle  ich  hier  kurz  die  Nachrichten  über  die  übrigen  Naumachien 
zusammen,   die  der  Mehrzahl  nach  nur  vorübergehenden  Bestand  hatten: 

OBoBSABf,  Biill.com.  1885  p.  88  ff.  spricht      wesen.     Selbst  fOr   das   Pantheon  ist   der 
die  Meinung  auS;  Divorum  sei  eine  andere      Name  in  Anspruch  genommen  worden. 
Bezeichnung  fOr  das  Mausoleum  Augusti  ge- 


6.  Die  Stadtteile  am  Tiber,    e.  Die  siebente  Begion  (Via  lata).    (§  94.)    259 

1.  die  Naumachie  des  Augustus  am  rechten  Tiberufer,  im  südlichen  Teil 
der  XIV.  Region  (vgl.  p.  276).  Sie  wurde  bis  mindestens  in  die  Zeit  des 
Titus  noch  benutzt,  bestand  aber  noch  länger.  —  2.  Caligula  richtete  die 
Saepta  zu  einer  Naumachie  ein  (vgl.  p.  231);  warum  er  die  Augustische 
nicht  benutzte,  ist  nicht  bekannt.  —  3.  Nero  benutzte  zwar  die  Augustische 
Naumachie  (Dio  Cass.  LXI  20),  aber  es  heisst  von  ihm  auch  Suet.  27: 
naumachia  praeclusa  vel  Martio  campo  vel  circo  Maxime;  das  erstere  be- 
zieht sich  vielleicht  auf  die  von  Caligula  in  den  Saepta  eingerichtete  Nau- 
machie. —  4.  Domitian  baute  eine  neue  Naumachie  auf  dem  rechten  Ufer 
des  Tiber.  Auch  diese  Naumachie  ging  zu  Grunde;  aus  den  Steinen  wurde 
der  Circus  Maximus  nach  einem  Brande  ausgebaut  (vgl.  p.  277).  —  5.  End- 
lich heisst  es,  dass  Philippus  Arabs  zur  Feier  des  tausendjährigen  Be- 
stehens Roms  eine  Naumachie  gebaut  habe:  exstructo  trans  Tiberim  lacu 
(Aur.  Vict.  Caes.  28). 

4.  Von  sonst  unbekannten  Orten  werden  in  der  IX.  Region  genannt: 
eine  Insula  Felicles,  wahrscheinlich  ein  Strassenname,  und  ein  Lacus 
Cunicli,  ein  von  dem  Bildwerk,  wie  öfters,  benannter  Brunnen,  der  eben- 
falls einer  Strasse  den  Namen  gegeben  hat,  bekannt  durch  eine  von  de 
Rossi,  Bull,  crist.  1871  p.  75  publizierte  Inschrift  {de  regione  nona  a  lacu 
Cunicli). 

6)  Die  siebente  Region  (Via  lata). 

94.  Sie  umfasste  den  östlich  von  der  Via  lata  gelegenen  Teil  der 
Ebene,  reichte  im  Süden  bis  an  die  Servianische  Mauer  und  dehnte  sich 
nach  Norden  zu  allmählich  über  das  Oebiet  des  Pincio  aus;  schon  zur  Zeit 
des  Vespasian  ist,  wie  aus  dem  Pomeriumstein  h  vor  der  Porta  Pinciana  hervor- 
geht, die  nachmalige  Zolllinie  (vgl.  p.  59)  und  Linie  der  Aurelianischen  Mauer 
erreicht.  Nicht  zu  der  Region  gehörte  das  den  Pincio  und  den  Quirinal 
trennende  Thal,  in  dem  die  in  der  Regionsbeschreibung  bei  der  VI.  Region 
aufgeführten  Sallustischen  Qärten  lagen.  Die  westliche  Grenze  der  Region 
bildete  die  mit  zu  derselben  gerechnete  Via  lata.  Da  die  Region,  soweit 
sie  die  Ebene  umfasst,  die  natürliche  und  nur  durch  künstliche  Einteilung 
abgetrennte  Fortsetzung  des  Campus  Martins  und  der  IX.  Region  bildet, 
so  ist  es  natürlich,  dass  die  monumentale  Bauthätigkeit  in  derselben 
sich  an  die  Bauten  des  Marsfeldes  anschliesst.  Dies  gilt  namentlich  von 
den  Bauten  des  Agrippa,  die  noch  vor  Einführung  der  Regionseinteilung 
geplant  0  und  zum  Teil  ausgeführt  sind,  und  deren  Zusammenhang  mit  den 
Bauten  westlich  von  der  Via  lata  schon  durch  die  völlige  Gleichartigkeit  der 
Porticus  Saeptorum  auf  der  Westseite  der  Via  lata  und  der  sie  nach  Norden 
zu  fortsetzenden  Porticus  Vipsania  auf  der  Ostseite  derselben  erwiesen 
wird.  Der  hier  angelegte  Campus  Agrippae  scheint  das  Centrum  zu  sein, 
um  das  sich  die  hauptsächlichsten  Monumentalbauten  und  Anlagen  der 
Region  gruppierten,  und  die  die  Regionsbeschreibung  alle  zusammen  nennt: 
campum  Agrippae,  templum  Solls  et  castra,  porticum  Gh/psiani  (=  Vipsania)  et 
ConstaniinL  Im  Übrigen  ist  die  Topographie  dieser  Region  dunkel.  Die  Notitia 
führt  neben  wenigen  bekannten  oder  auch  sonst  genannten:  cohortem  I.  vigi- 

>)  Die  Regionseinteilung  trat  7  v.  Chr.  in  Kraft,  12  y.  Chr.  starb  Agrippa. 

17* 


260 


B.  Topographie  Ton  Born« 


lum,  arcutn  novum  und  forum  suarium,  eine  überwiegende  Anzahl  von  Na- 
men auf,  die  sonst  nirgends  wieder  vorkommen  und  zum  Teil  kaum  erklärt 
werden  können.  Es  sind  dies:  lacum  Ganymedis,  nympheum  Jovis,^)  aediculam 
caprariam,  ^)  templa  duo  nova  Spei  et  Fortunae  (im  Guriosum  ausgelassen),  ^) 
equos  Tiridatis  regia  Armeniorum,  hortos  Largianos,  mansuetas,  lapidem 
pertusum.  Dagegen  scheint  die  Region  ziemlich  dicht  bebaut  gewesen  zu  sein, 
es  werden  in  ihr  3535  insulae  und  120  domus  gezahlt,  doch  dürfte  sieh 
auch  abgesehen  von  den  zum  Campus  Agrippae  gehörigen  Anlagen  und 
dem  wohl  ganz  von  Gartenanlagen  bedeckten  Pincio  {coUis  horiorum)  die 
städtische  Bebauung  bis  ins  3.  Jahrhundert  n.  Chr.  nur  über  die  süd- 
liche Hälfte  der  Region  erstreckt  haben,  denn  von  Gordianus  heisst  es 
Vita  32 :  instüuerat  porticum  in  campo  Martio  sub  colle*^)  pedum  miUe,  üa  ut 
ab  altera  parte  aequa  miUe  pedum  porticus  fieret,  atque  inter  eas  pariter  pateret 
spatium  pedum  quingentorum.  Es  folgt  eine  ausführliche  Beschreibung  der 
geplanten  Anlage,  die  auch  eine  Basilica  enthalten  sollte;  daran  sollten 
sich  Thermen  anschliessen ;  aber,  fügt  der  Biograph  hinzu:  haec  omnia 
nunc  privatorum  et  possessionibus  et  hortis  et  aedificiis  occupata  sunt.  Es  blieb 
also  bei  dem  Plane,  wie  auch  noch  ausdrücklich  hinzugefügt  wird,  Gordianus 
habe  ausser  einigen  Nympheen  und  balneae  keine  Werke  hinterlassen. 

95.  Die  Via  lata.  1.  Die  stadtgemässe  Bebauung  der  östlichen 
Seite  der  Via  lata  vom  Thore  bis  etwa  zur  Kreuzung  der  Strasse  mit  der 
Aqua  Virgo  ergiebt  sich  sowohl  aus  dem  Fragment  des  Stadtplans  Form. 
Urb.  VI  36  (Abb.  28)  als  auch  aus  zwei  Inschriften ,  Erkennungstafeln 
flüchtiger  Sklaven  (vgl.  oben  p.  210),  auf  denen  es  heisst:  revoca  me  in 
Via  lata  ad  FUzvium  d.  m.  (Gobi,  Inscr.  Etr.  I.  p.  263  n.  49)  und  reboca 
me  in  Bia  lata  ad  Oemellinu  medicu  (Doni,  p.  104,  172).5)  Weiter  nach 
Norden  ist  die  Strasse  von  Privatbauten  frei  geblieben.  Gallienus  plante 
(Vita  18)  als  Fortsetzung  der  die  Strasse  begleitenden  Portiken  etc.  nach 
Norden  eine  Porticus  Flaminia  usque  ad  pontem  Molvium  et  ipse  paraverat 
ducere,  aber  sie  ist  gleich  den  Plänen  des  Gordianus  nicht  zur  Ausführung 
gekommen.  Die  Gräber  der  Eaiserzeit  an  der  Via  Flaminia  beginnen 
etwa  an  der  heutigen  Piazza  del  Popolo  und  sind  längs  der  Strasse  nach 
Norden  zu  verfolgen.«) 

2.  Über  der  Via  lata  standen  mehrere  Triumphbogen.  1.  Ein  Bogen 
beim  Beginn  der  Strasse  an  Stelle  des  alten  Stadtthors  der  Servianischen 


>)  Vgl  Borsabi,  Bull.  com.  1887  p.  145. 

«)  Vgl.  Jobdan,  Top.  II  p.  102;  Gilbbbt, 
Top.  III  p.  877. 

*)  Jobdan  vermutet  Top.  II  p.  7,  sie  seien 
von  Diokletian  gebaut,  weU  die  Notitia  auch 
den  Bogen  des  Diokletian  ttber  der  Yia  Lata 
als  Arcus  novus  bezeichne. 

*)  Mit  dem  eollis  kann  hier  schwerlich 
ein  anderer  als  der  coUis  Jiortorum  (Pincio) 
gemeint  sein,  der  den  Campus  Martins  im 
Osten  abschloss;  für  gewöhnlich  ist  ja  unter 
eollis  ohne  weitere  Bezeichnung  der  eollis 
Qiiirinalis  zu  verstehen. 

^)  Vgl.  G.  B.  DB  Rossi,  Miscellanea,  Bull, 
com.  1887  p.  291. 


^)  üeber  diese  Gräber  siehe  den  betref- 
fenden Abschnitt.  Gräber  aus  republikamscher 
Zeit  haben  sich  vor  der  Porta  FontinaHs  ge- 
funden, darunter  das  schon  p.  44  erwähnte  des 
Bibulus  aus  der  letzten  ^it  der  Republik 
mit  der  noch  an  der  ursprünglichen  Stelle 
befindlichen  Inschrift  CIL  I  685:  C.  FopUcio 
C.  f.  BibtUo  aed.  pl.  Jumoris  virtutisque 
caussa  seruttus  consulto  poptdigue  iussu 
locus  monutnento  quo  ipse  postereique  eius 
inferrentur  publice  datus  est.  Das  Grab 
ist  auch  bei  der  Neureguliemng  der 
Strassen,  die  das  Denkmal  fttr  Victor  Erna- 
nuel  erforderte,  erhalten  geblieben. 


6.  Die  Stadtteile  am  Tiber,    e.  Die  siebente  Region  (Via  lata).    (§  95.)     261 

Mauer.  Wer  ihn  errichtet  hat,  ist  unbekannt,  im  Mittelalter  heisst  er 
Arcus  raanus  carneae  (Lanciani,  Itin.  Eins.  p.  118).  —  2.  Der  Arcus 
novus  des  Diokletian  bei  der  Kirche  S.  Maria  in  Via  lata,  wahrscheinlich 
ihm  und  dem  Maximinian  zu  Ehren  im  Jahre  801  n.  Chr.  errichtet.  Er 
wurde  von  Innocenz  VIII.  (1484 — 1492)  zerstört.  Von  dem  Bogen  stammt 
wahrscheinlich  das  jetzt  in  der  Villa  Mediei  befindliche  Relief  Matz- 
DüHN  No.  3525.  Über  seine  Auffindung  berichtet  Marliani,  Topogr.  ed. 
1534  p.  136:  prope  aedem  S.  Mariae  viae  latae  nunc  multa  eruuntur  marmora, 
in  quibus  trophaea  triumphalesque  imagines  vidi,  cum  hac  inscriptione:  votis 
X  et  XX,  qualem  esse  in  arcu  Constantini  dictum  est  supra.  —  3.  Arcus 
Claudii,  ein  monumental  gestalteter  Strassenbogen  der  Aqua  Virgo, 
errichtet  zum  Andenken  an  den  Sieg  über  die  Britanner  (CIL  VI  920  f.) 
im  Jahre  51/52  n.  Chr.  Ein  zweiter  Strassenbogen  derselben  Leitung 
mit  der  Inschrift  CIL  VI  1252  existiert  noch  in  dem  Gärtchen  des 
Hauses  Via  del  Nazareno  14.^)  Danach  stammt  der  Bogen  wie  die 
Wiederherstellung  der  ganzen  Leitung  aus  dem  Jahre  46  n.  Chr.  und 
rührt  von  Claudius  her.  Im  8.  Jahrhundert  n.  Chr.  hiess  die  Leitung 
von  dem  Trivium  (Fontana  Trevi)  bis  zu  ihrem  Ende  bei  den  Saepta*) 
Forma  Virginis  fracta;  dieser  Teil  lag  damals  schon  in  Trümmern  und 
die  Wiederherstellungsarbeiten  haben  bis  auf  den  heutigen  Tag  immer 
nur  den  Teil  bis  zur  Fontana  Trevi  betroffen.  Aus  dem  Einsiedler  Itinerar 
scheint  sich  zu  ergeben,  dass  auch  der  die  Via  Flaminia  überspannende 
Bogen  des  Claudius  schon  im  8.  Jahrhundert  in  Trümmern  lag.^)  —  4.  Der 
Arco  di  Portogallo.  An  der  Stelle,  wo  die  moderne  Via  della  Vite  in 
die  Via  lata  mündet,  unmittelbar  neben  der  Ära  Pacis,  stand  bis  zum 
Jahre  1662  ein  antiker  Triumphbogen.^)  Den  mittelalterlichen  Namen 
hatte  er  von  der  Nachbarschaft  der  Wohnung  des  portugiesischen  Ge- 
sandten im  Palazzo  Ottoboni  (Fiano).  Unter  Alexander  VII.  wurde  er 
zum  Zweck  der  Verbreiterung  des  Corso  abgerissen,  die  Reliefs,  das  eine 
die  Apotheose  einer  Kaiserin,  das  andere  den  einen  Beschluss  verkünden* 
den  Kaiser  darstellend,  wurden  in  den  Konservatorenpalast  gebracht. 
Wem  der  Bogen  gewidmet  war,  ist  streitig;  Lanciani  hält  ihn  für  ein 
Ehrendenkmal  des  Antoninus  Pius,  da  er  in  der  von  den  Antoninen  be- 
bauten Zone  des  Marsfeldes  liege,  Helbig  aus  stilistischen  Gründen 
für  einen  Bogen  des  Hadrian,  beider  Urteil  stützt  sich  auf  die  Be- 
urteilung der  noch  erhaltenen  Reliefs.  Nach  Berichten  von  Augen- 
zeugen, die  den  Bogen  gesehen  haben  und  beschreiben,  war  er  gleich 
dem  Bogen  des  Konstantin  aus  den  Spolien  anderer  Bauwerke  er- 
richtet, und  zwar  jedenfalls  in  der  Zeit  der  Dekadenz,  lange  nach  Kon- 
stantin. Im  Mittelalter  führte  er  unter  anderen  auch  den  Namen  ad  tres 
facciclas  oder  trofoli.  Der  Name  hängt  wahrscheinlich  mit  einer  einst- 
mals   in    der  Nähe    des  Bogens    stehenden  Säule  zusammen,    an    deren 


0  Vgl.  Lanciahi,  Itm.  Eins.  p.  23.  24.  (  •)  Vgl.  Lanciani.  Itin.  Eins.  p.  36. 

»)    Oder   viehnehr  darüber  hinaua   bis  |  *)   Im   Jahre   1561    hat  Vignola    nach 

Palazzo  Serlapi;  bis  dahin  ist  sie  za  ver-  1  diesem  Bogen  die  Porta  del  Fopolo  gebaut, 

folgen.  I 


262  B.  Topographie  von  Rom. 

Schaft  drei  weibliche  Gestalten  in  Belief  sich  befinden,  worüber  zu  ver- 
gleichen Lanciani  Bull.  com.  1896  p.  239  flf.,  der  diese  Säule  auf  Taf.  XIV 
veröffentlicht  hat.  Bei  einer  im  Jahre  1740  gelegentlich  des  Baus  eines 
neuen  Flügels  des  Palazzo  Fiano  veranstalteten  Ausgrabung  kam  das  Fun- 
dament des  östlichen  Pfeilers  des  Bogens  zum  Vorschein  (Venuti,  Roma 
antica  ed.  Fiale  II  p.  82).  Der  Pfeiler  hatte  eine  Breite  von  7,98X3,34  m, 
das  Pflaster  lag  2,34  m  unter  dem  heutigen. 

Litteratur:  Lanoiani,  L'arco  di  Portogallo,  Ball.  com.  1891,  p.  18  ff.  nnd  1896  p.  239  ff. 
—  Hülsen,  Rom.  Mitt.  1898  p.  304.  —  Helbio,  Führer  I«  p.  380  f. 

96.  Die  Bauten  des  Agrippa.  Der  Mittelpunkt  dieser  Bauten  war 
der  Campus  Agrippae,  ein  geräumiges,  mit  Portiken  umgebenes  Feld,  das 
wohl  ähnlichen  Zwecken  diente,  wie  das  Marsfeld.  Es  war,  wie  aus 
Martial  I  108  hervorgeht,  mit  Lorbeerhainen  geschmückt.  Agrippa  selbst 
hat  die  Vollendung  der  Anlage  nicht  mehr  erlebt,  Augustus  hat  nach  Die 
Cass.  LY  8  es  zugleich  mit  dem  von  Agrippa  erbauten  Diribitorium  (vgl. 
p.  232)  eingeweiht.  Die  Ausdehnung  des  Feldes  ist  nicht  bekannt,  zum 
mindesten  reichte  es  im  Süden  und  Osten  bis  an  die  Bogenreihen  der 
Aqua  Virgo,  wenigstens  sind  auf  diesem  ganzen  Oebiet  Spuren  von  Bauten 
aus  den  ersten  Jahrhunderten  der  Eaiserzeit  nicht  vorhanden,^)  im  Westen 
bis  an  die  Via  Flaminia  und  im  Norden  bis  zur  heutigen  Via  S.  Claudio; 
die  in  dieser  Richtung  laufende  antike  Strasse  ist  neuerdings  aufgefunden 
(BuU.  com.  1892  p.  277).  An  der  Via  Flaminia  war  der  Campus  von  der 
Porticus  Vipsania  begrenzt,  auch  P.  Polae  von  der  Erbauerin  Vipsania 
Pola,  Agrippas  Schwester,  genannt.  Über  diese  Halle  sagt  Dio  Cass. 
L V  8 :  rj  d^  iv  z^  neiiffi  atod^  rjv  ij  n&Xa  rj  äieliprj  airov  t]  xal  Tovg  dQOfiovg 
diaxocfiTJcaifa  inoisi^  oifdänfo  i^eiQyaato^  d.  h.  zur  Zeit,  als  Augustus  den 
Campus  einweihte.  Nach  Plin.  III  17  (Augustus)  porticum  ex  destinatione 
et  commentariis  M.  Agrippae  a  sorore  eins  incohatam  peregü  ist  auch  diese 
von  Augustus  dediziert  worden.  Die  Reste  dieser  Portikus  sind  längs  der  Via 
lata  gegenüber  der  Piazza  Colonna  (Marc  Aurels-Säule)  und  weiter  nördlich 
gefunden  worden;  sie  hatte  dieselben  Dimensionen  und  dieselbe  Konstruktion 
wie  die  Portikus  der  Saepta  (vgl.  p.  231  und  Abb.  28).  Nach  Süden  zu  reichte 
sie  bis  an  die  Bogenreihe  der  Aqua  Virgo  (Mart.  IV 18),  bildete  also  gewisser- 
massen  die  Fortsetzung  der  Saepta-Portikus,  die  nördlich  bis  an  die  Aqua 
Virgo  reichte.  Nach  Plin.  III  17  war  in  der  Porticus  Polae  die  Weltkarte 
des  Agrippa  ausgestellt.  Die  von  Dio  Cassius  a.  a.  0.  genannten  dQOfjtoi 
(Laufbahnen,  Spaziergänge)  befanden  sich  auf  dem  Campus  Agrippae  neben 
der  Bogenreihe  der  Aqua  Virgo;  sie  werden  erwähnt  von  Martial  VII  32: 
curris  niveas  tantum  prope  Virginis  undas.^)  —  In  der  Regionsbeschreibung 
wird  mit  der  Porticus  Vipsania  die  Porticus  Constantini  verbunden 
{Porticum  Oypsiani  et  Constantini)^  ob  man  indessen  von  dieser  Zusammen- 
fassung auf  topographische  Zusammengehörigkeit  schliessen  kann,  ist 
fraglich.    Die  Portikus  wird  sonst  nicht  erwähnt,  G.  B.  de  Rossi  erinnert 

*)  Ueber  einen  Mauerrest  an  der  Ost-  1  Form.  Urbis  16. 

Seite  der  Kirche  S.  Maria  in  Xenodochio,  der  |  ^)  Der  ganze  Komplex  dieser  Anlagen 

aus   der  letzten  Zeit  des  Altertums  stammt,      scheint  gemeint  zu  sein,   wenn  Tac.  Ann. 

vgl.  Bull.  com.  1892   p.  278  und  Lakciani,  |  XY  39  von  den  Monumenta  Agrippae  spricht. 


6.  Die  Stadtteile  am  Tiber,    e.  Die  siebente  Region  (Via  lata). 


96-97.)    263 


daran,  dass  die  Basilica  de'  SS.  Apostoli  im  Süden  der  Region  einst  B.  Gon- 
stantiniana  gebeissen  habe  (Borsari  Bull.  com.  1887  p.  146),  jedoch 
ist  es  auch  möglich,  dass  diese  Bezeichnung  andere  Gründe  hat;  das 
Einsiedler  Itinerar  freilich  verzeichnet  zwischen  S.  Marcello  (am  Corso) 
und  SS.  Apostoli  eine  Portikus,  aber  hier  lag  ein  durch  Form.  Urb.  VI  36 
seiner  Disposition  nach  bekanntes  sehr  umfangreiches  Gebäude  (vgl.  Abb.  28), 
innerhalb  dessen  auch  die  Basilica  SS.  Apostoli  liegt.  Nach  den  hier  bei 
Palazzo  Muti  an  der  Piazza  SS.  Apostoli  gefundenen  Inschriften  war  es 
die  Kaserne  für  die  erste  Kohorte  der  Vigües  (CIL  VI  233,  1056,  1092), 
Reste  des  Gebäudes  sind  ebenfalls  zum  Vorschein  gekommen,  i)  Es  ist 
nicht  unwahrscheinlich,  dass  jene  im  Itinerar  genannte  Portikus  in  Wirk- 
lichkeit ein  Teil  der  grossen  Peristyle  wai\  die  die  Höfe  dieser  Statio 
umgaben.  Die  Kirche  S.  Marcello  liegt  an  der  Nordwestecke  derselben.^) 
Die  Porticus  Gonstantini  verlegt  Lanciani  hinter  die  Statio  vigilum,  zwischen 
diese  und  den  Abhang  des  Quirinals  (Form.  Urb.  22.  Itin.  Eins.  p.  37). 


Abb.  28.    Form.  Urb.  VI  86.    Saepta,  Via  lata  und  Statio  cobortia  I  ylgilum. 


97.  Templum  Solis.  In  der  Regionsbeschreibung  werden  aufgezählt 
campum  Agrippae,  templum  Solis  et  castra,  porticum  Gypsiani  et  Constantini, 
im  Chronographen  von  354  heisst  es  über  Aurelian:  hie  muro  urbem 
cinxit,  templum  Solis  et  castra  in  campo  Agrippae  dedicavit,  genium  populi 
Romani  aureum  in  rostra  posuit.  Danach  ist  der  topographische  Zusammen- 
hang zwischen  dem  Campus  Agrippae,  den  Castra  und  dem  Templum 
Solis  wohl  unzweifelhaft.  —  Unter  den  Castra  sind  die  Castra  urbana 
zu  verstehen.  Über  ihre  Lage  innerhalb  des  Campus  Agrippae  ist  nichts 
bekannt,  einen  Fingerzeig  giebt  nur  die  durch  Tacitus  Hist.  I  31  und  Plu- 
tarch  Galba  25  überlieferte  Nachricht,  dass  zu  Galbas  Zeit,  damals,  wie  es 
scheint,  nur  vorübergehend,  schon  Truppen  in  der  Porticus  Vipsania 
kaserniert  worden  seien.  Diese  Cohortes  urbanae  standen  nun  im  An- 
fang des  vierten  Jahrhunderts  in  einem  dienstlichen  Zusammenhang  mit 


')  Vgl.  G.  B.  DE  Rossi,  Ann.  d.  Ist.  1858, 
p.  279  ff.;  Lahoiani,  Itin.  Eins.  p.  38  ff. 

*)  Üeber  das  bei  S.  Marcello  liegende, 
nur  ans  einer  mittelalterlichen  Urkunde,  dem 
Liber  pontificalis  I  p.  164  (Duchbsne)  be- 
kannte Catabulnm,  die  grossen  Stallungen 


fOr  die  Öffentlichen  Posten,  vgl.  Lanciani, 
Itin.  Eins.  p.  37  ff.  Es  hat  möglicherweise 
in  geringer  Entfernung  von  S.  Marcello  nach 
Norden  zu  an  der  Via  lata  gelegen.  Vgl. 
Rom.  Mitt.  1896  p.  321. 


264 


B.  Topographie  von  Rom. 


dem  in  der  VII.  Region  genannten  Forum  suarium.  Es  heisst  CIL 
VI  1156a,  dass  Fl.  Ursacius  tribunus  cohortium  urbanarum  X,  XI  et  XII  et 
fori  suarii  gewesen  sei.  Für  die  Lage  dieses  Forums  ist  dadurch  leider 
nichts  Genaueres  gewonnen.  Auch  über  die  Lage  des  von  Aurelian  erbauten 
Templum  Solis  ist  weiter  nichts  überliefert.  Im  Anfange  der  Vita 
Aurelians  heisst  es  freilich,  dass  Vopiscus  mit  dem  Stadtpräfekten  Junius 
Tiberianus  vom  Palatium  bis  zu  den  Horti  Variani  fahrend  beim  Sonnen- 
tempel vorbeigekommen  sei,  aber  die  Notiz  ist  leider  unbrauchbar,  da  die 
Lage  der  Horti  Variani  unbekannt  ist.  An  mehreren  Stellen  der  Vita  ist  von 
dem  Tempel  die  Rede,  und  die  Pracht  seiner  Ausstattung  wird  mehrfach  hervor- 
gehoben (namentlich  28, 39,  vgl.  Aur.  Vict.  Caes.  35,  Eutrop.  IX 15) ;  c.  35  heisst 
es:  templum  'Solis  fundavit  et  porticibus  roboravit.  In  diesen  Portiken  lagerte 
nach  Vita  48  fiskalischer  Wein :  in  porticibus  templi  Solis  fiscalia  vina  ponuntur, 
non  gratuita  populo  eroganda  sed  pretio.  Unter  seinem  Nachfolger  Tacitus 
setzte  der  Senat  Aurelian  im  Sonnentempel  eine  silberne  Bildsäule  (Vita 
Tac.  9).  —  Der  nördlich  vom  Campus  Agrippae  liegende  Teil  der  Region  ist 
mehrfach  von  Ausgrabungen  berührt  worden;  es  hat  sich  dabei  folgendes  er- 
geben: 1.  In  der  Nähe  von  S.  Silvestro,  zwischen  dem  Corso  im  Westen,  der 
ViaS.  Claudio  im  Süden  und  der  Via  Frattina  im  Norden,  die  sämtlich  antiken 
Strassen  entsprechen,  sind  eine  grosse  Menge  von  Granitsäulen  und  Architektur- 
stücken und  Reste  von  Mauern  aus  Peperinquadern  gefunden  worden,  die  an- 
scheinend sämtlich  zu  einer  und  derselben  ausgedehnten  Anlage  gehörten  J) 
Angeblich  auf  demselben  Gebiete  hat  sich  im  Jahre  1765  in  occasione  d'un 
edificio  delle  monache  di  S.  Silvestro  in  Capite  die  Inschrift  CIL  VI,  1785 
gefunden,  die  einen  Tarif  für  Weinküfer  etc.  und  für  die  Träger  enthält, 
qui  de  ciconiis  -)  ad  templum  cupas  referre  consueverunt.  Da  in  den  Portiken 
des  Templum  Solis  fiskalische  Weine  lagerten  (s.  o.),  so  bezieht  Urlichs  und 
mit  ihm  Hülsen  das  templum  der  Inschrift  auf  dieses,  und  sieht  in  der  In- 
schrift den  Beweis,  dass  der  Sonnentempel  hier,  nördlich  vom  Campus 
Agrippae,  gelegen  hat.  Indessen  es  fehlt  der  Nachweis,  dass  die  Inschrift 
wirklich  hier  gefunden  ist;  denn  wo  das  edificio  der  Mönche  von  S.  Silvestro, 
die  sehr  ausgedehnte  Besitzungen  in  Rom  hatten,  gelegen  hat,  ergiebt  sich 
aus  der  Fundnotiz  nicht;  auch  ist  es  eine  willkürliche  Annahme,  dass  der 
Fundort  der  Inschrift  den  Standort  gerade  des  Tempels  anzeige.  Von 
den  in  dem  Tarif  genannten  Arbeitern  etc.  hatte  nur  ein  kleiner  Teil,  die 
falancarii  (Lastträger),  mit  der  Überführung  des  Weines  nach  dem  templum 
zu  thun,  alle  andern  waren  lediglich  bei  den  Ciconiae  mit  der  Übernahme  etc. 
des  Weines  und  den  Gefässen  beschäftigt.  Die  Inschrift  war  also  aller 
Wahrscheinlichkeit  nach  bei  den  Ciconiae,  nicht  bei  dem  Templum  ange- 


0  Vgl.  Lanciakti,  Bull.  com.  1894  p.  287 
bis  291. 

*)  Die  Ciconiae  (vgl.  p.  224)  können 
wohl  nirgends  anders  gesucht  werden,  als 
am  Tiberufer  beim  Marsfeld,  wo  sich  ver- 
mutlich auch  der  Portus  vinarius  he- 
fand.  GEL  VI  9189  und  9190  nennen  co- 
actores  de  portu  vinario,  9181  u.  9182 
argentarn  de  foro  vinario.    WaJirscheinlich 


gehören  der  Portus  und  das  Forum  zu- 
sammen. Dass  es  zwei  Portus  vinaiii  ge- 
geben habe,  einen  fOr  die  aus  dem  Innern 
des  Landes  kommenden  hier,  den  andern  für 
die  überseeischen  Weine  beim  Emporium, 
wie  Lanoiani,  Bull.  com.  1894  p.  299  Anm.  1 
f&r  möglich  hftlt,  möchte  ich  des  Wortlautes 
der  Inschriften  wegen,  der  nur  einen  Portos 
vinarius  voraussetzt,  nicht  annehmen. 


6.  Die  Stadtteüe  am  Tiber,    e.  Die  siebente  Region  (Via  lata).    (§  98.)    265 

heftet.  Ist  die  Inschrift  nicht  beweiskräftig,  so  spricht  anderes  geradezu 
gegen  die  Lage  des  Sonnentempels  an  dieser  SteUe,  namentlich  die  Archi- 
tekturreste selbst,  die  wahrscheinlich  der  Zeit  der  Flavier  angehören 
(Bull.  com.  1895  p.  94  ff.),  ferner  eine  von  Lanciani,  Bull.  com.  1894 
Taf.  Xn — XIV  publizierte  Zeichnung  von  Palladio,  zwei  miteinander  ver- 
bundene Portiken,  oder  wie  dieser  sie  nennt,  Gärten,  die  beim  Arco 
di  Portogallo  hart  an  der  Via  Plaminia  lagen,  also  gerade  das  Terrain 
einnahmen,  um  das  es  sich  handelt.  Die  Mauern  standen  noch  im 
Anfang  des  16.  Jahrhunderts  in  ansehnlichen  Resten,  sind  aber  jetzt, 
soweit  noch  vorhanden,  verbaut.  Damit  würde  auch  die  Möglichkeit,  hier 
den  Sonnentempel  anzusetzen,  stark  verringert.  *)  Lanciani  ist  geneigt, 
die  in  der  VII.  Region  aufgeführten  Horti  Largiani  hierher  zu  verlegen. 
Wo  der  Tempel  gelegen  hat,  ist  schwer  zu  sagen;  wahrscheinlich  aber 
hat  er  in  engerem  Zusammenhang  mit  dem  Campus  Agrippae  gestanden, 
als  die  URLicus-HüLSEN'sche  Ansetzung  (siehe  dessen  Forma  Urbis  II)  an- 
nimmt. Der  Chron.  von  354  sagt  ja  geradezu,  er  habe  in  campo 
Agrippae  gelegen.  —  2.  Östlich  von  dieser  Anlage  ist  in  den  Funda- 
menten der  Kirche  S.  Johannis  in  Capite  (S.  Giovannino)  der  Rest  eines 
antiken  Gebäudes  aus  Quadern  von  Travertin  erhalten,  die  Nordwest- 
ecke eines  grossen  Raumes;  die  erhaltenen  Seiten  sind  6  und  10  m 
lang.  Daselbst  sind  auch  Reste  von  Granitsäulen  gefunden.  Die  ur- 
sprüngliche Bestimmung  des  Gebäudes  ist  nicht  mehr  festzustellen,  im 
4.  Jahrhundert  n.  Chr.  befand  es  sich  im  Besitz  einer  dem  Mithrasdienst 
ergebenen  Familie  und  enthielt  ein  Sacrarium  des  Mithras.  Die  In- 
schriften CIL  VI  749  —  754  sind  hier  oder  in  der  Nähe  (754  unter  dem 
Palazzo  Marignoli  am  Corso)  gefunden  worden. »)  —  3.  Nördlich  von 
der  unter  No.  1  beschriebenen  Area  hat  hart  am  Corso  der  Architekt 
Lovatti  im  Jahre  1794  die  Fundamente  der  Portikus  eines  massig  grossen 
achtsäuligen  Tempels  entdeckt,  der  mit  der  Front  nach  der  Via  lata  lag; 
die  Säulen,  von  denen  Reste  gefunden  sind,  waren  von  rotem  Granit,  Treppe, 
Säulenbasen  und  Kapitelle  von  Marmor;  auct  ein  Teil  der  Cellamauer 
ist  gefunden  worden. »)    Was  für  ein  Tempel  dies  war,  ist  unbekannt. 

Litteratur  über  das  Templum  Solia:  ürliohb,  Rom.  Mit*.  1888  p.  98.  — 
Hülsen,  Rhein.  Mus.  XLIX  p.  393  f.  —  Lanciani,  Di  un  frammento  inedito  della  plant»  di 
Roma  antica  riferibile  alla  regione  VII,  Bull.  com.  1894  p.  285  ff.  —  Hülsen,  II  tempio  del 
Sole  nella  regione  VII  di  Roma,  Bull.  com.  1895  p.  39  ff.  —  Lanciani,  Bull.  com.  1895 
p.  94  ff. 

98.  Der  CoUis  hortorum.  1.  Dieser  zur  VII.  Region  gehörige  Höhen- 
zug, seit  Ausgang  des  Altertums  auch  Pincio  genannt,  hat  diesen  Namen 


0  HthiSEN  bestreitet  diese  Ansicht,  sieht 
vielmehr  in  den  Portiken  die  des  Sonnen- 
tempels, und  zieht  zur  Vergleichung  den 
Plan  des  Tempels  von  Heliopolis  heran, 
nach  dem  der  rOmische  gebaut  sein  soll. 
Der  Tempel  selbst,  von  dem  Palladios  Zeich- 
nung keine  Andeutung  hat,  soU  nördlich  an 
die  grosse  Portikus  gestossen  sein,  die  dort 
von  Palladio  gezeichnete  geschlossene  und 


mit  Nischen  verzierte  Seite  sei  ein  der  Sym- 
metrie wegen  gemachter  Zusatz  Palladios. 
Mit  Recht  weist  Lanciani  dies  zurück;  dass 
diese  Seite  so  existiert  habe,  wie  sie  Palladio 
gezeichnet  hat,  sehe  man  schon  an  den  bei- 
geschriebenen Massen,  die  ausserdem  noch 
von  denen  der  Langseiten  verschieden  sind. 

«)  Bull.  com.  1894,  p.  293  ff. 

»)  Bull.  com.  1894  p.  292  f. 


266  B.  Topographie  von  Rom. 

von  der  Gens  Pincia  (CIL  VI  1754),  die  hier  eine  Domus  (Cassiod.  Var.  EU  10) 
besass  und  in  deren  Besitz  der  Berg  im  4.  Jahrhundert  n.  Chr.  war.^) 
Im  Mittelalter  war  hier  das  auf  dem  Plane  von  Bufalini  verzeichnete 
Palatium  Pincianum.  In  ihm  wohnte  Belisar  während  der  Belagerung 
Roms  durch  die  Ooten  (Prokop.  Goth.  11  9).  Der  Hügel  ist  niemals  stadt- 
gemäss  bebaut  gewesen,  sondern  war  ein  Lieblingsaufenthalt  reicher  Leute, 
die  der  gesunden  Luft  und  herrlichen  Lage  wegen  hier  ihre  Gärten  und 
Villen  anlegten. 

2.  Die  ersten  Gärten  der  Art  waren  die  des  Lucullus.  Ihre  Lage 
im  Süden  des  Pincio  ist  bestimmt  durch  die  Notiz  Frontin  22  über  die 
Aqua  Virgo  (vgl.  p.  240).  Sie  waren  durch  die  Fülle  griechischer  Kunst- 
werke ausgezeichnet,  die  in  ihnen  aufgestellt  waren.  Vermutlich  gehörten 
zu  den  hier  befindlichen  Statuen  die  kapitolinische  Venus  und  der  Schleifer 
in  den  Ufficien  in  Florenz.  Nach  mannichfachem  Besitzwechsel  gelangten 
diese  Gärten  unter  Claudius  in  die  Hände  des  Valerius  Asiaticus,  der  sie 
prächtig  ausschmückte  und  dadurch  die  Habgier  der  Messalina  reizte  (Tac. 
Ann.  XI  1).  Diese  bereitete  dem  Besitzer  den  Untergang,  um  sich  ihrer 
zu  bemächtigen,  und  hier  fand  sie  ihren  Tod  auf  Befehl  des  Claudius  (Tac. 
Ann.  XI 32, 37).  So  wurden  die  Gärten  kaiserliches  Besitztum  (Plut.  Luc.  39). 
—  Auch  die  Familie  der  Domitier  hatte  hier  im  Norden  des  Hügels  Gärten. 
In  ihnen  befand  sich  das  Grabmal  der  Familie,  in  dem  auch  Nero  bei- 
gesetzt wurde  (Suet.  Nero  50,  vgl.  p.  251).  —  Ferner  waren  hier  wahr- 
scheinlich die  Horti  Pompei  (Plut.  Pomp.  44  CIL  VI  6299);  mehrmals 
werden  sie  bei  Asconius  ausdrücklich  als  horti  superiores  bezeichnet,  so  in 
Milon.  37:  plerumque  non  domi  suae,  sed  inhortis  manebat,  idque  ipsum  in 
Huperioribus ,  wahrscheinlich  im  Gegensatz  zu  den  Gärten  beim  Theater 
und  dem  Hause,  das  Pompejus  sich  dabei  erbaut  hatte  (vgl.  p.  227). 
Nach  Pompejus'  Tode  kamen  sie  in  den  Besitz  des  Antonius  (Cic.  Phil.  H  27, 67), 
dann  in  kaiserlichen.  —  Im  Norden  des  Hügels,  die  heutige  Passeggiata 
und  den  nördlichen  Teil  der  Villa  Medici  einnehmend,  lagen  die  Horti 
Aciliorum.  Die  auf  diesem  Gebiete  gemachten  Funde  hat  Lanciani  Bull. 
com.  1891  p.  132  fF.  zusammengestellt  und  besprochen.  Ein  auf  dem  Ge- 
biete dieser  Gärten  liegendes  Sacellum  Silvani  nennt  die  Inschrift 
CIL  VI  623  (vgl.  Bull.  d.  Inst.  1868,  p.  119).  Südlich  davon  war  noch  im 
16.  Jahrhundert  ein  antiker  Rundbau  erhalten,  der  auf  dem  Plane  von 
Bufalini  verzeichnet  ist  und  nach  Lanciani  (Itin.  Eins.  p.  25)  ein 
Nymphaeum  war;  im  Mittelalter  wurde  er  Tempio  del  Sole  genannt.  Nicht 
weit  davon,  nach  dem  westlichen  Hügelrande  zu,  befand  sich  eine  halbkreis- 
förmige Exedra,  von  der  noch  Reste  unter  dem  Kloster  Sacro  Cuore  bei 
Trinitä  de'  Monti  existieren.  Offenbar  haben  wir  es  hier  mit  den  Resten 
einer  grossartigen  Villa  zu  thun,  die  durch  eine  Treppenanlage  mit  dem 
Marsfelde  in  Verbindung  stand.  —  Auch  eine  Domus  Postumiorum  auf 
dem  Pincio  ist  durch  Inschriftfunde  bekannt  geworden,  vgl.  Hülsen  Rhein. 
Mus.  XLIX  p.  390  Anm.  1. 


»)  Vgl.  Rom.  Mitt.  1889  p.  269. 


6.  Die  Stadtteile  am  Tiber,    e.  Die  siebente  Region  (Via  lata).    (§  98.)    267 

3.  Bei  der  Demolierung  der  Villa  Ludovisi  sind  viele  Reste  ausgedehnter 
Anlagen  aus  der  Eaiserzeit  zum  Vorschein  gekommen,  die  hier  liegenden 
Villen  angehörten  (Not.  d.  scavi.  1885  p.  223,  250,  341;  1886  p.  122).  Hier 
befand  sich  auch  ein  mehrfach  inschriftlich  bezeugtes  Sacellum  Silvani 
(CIL  VI  583, 640.  Vgl.  Bull.  com.  1887  p.  223,  1888  p.  402),  ferner  eine  auf  die 
Porta  Pinciana  zuführende  Portikus  (Rom.  Mitt.  1889  p.  270,  wo  auch  über 
andere  Funde  in  der  Nähe  berichtet  wird).  Eine  ausserhalb  der  Porta 
gefundene  Inschrift  (CIL  VI  9626)  erwähnt  eine  anscheinend  dort  befindliche 
Statio  annonae.  Ebendaselbst  scheint  inschriftlich  (CIL  VI  766)  ein 
Vicus  Minervii  gesichert. 

4.  Obgleich  durch  die  Augustische  Regionseinteilung  der  VI.  Region 
zugewiesen,  stehen  doch  in  inniger  Verbindung  mit  den  Gartenanlagen  des 
Pincio  die  das  Thal  zwischen  diesem  und  dem  Quirinal  ausfüllenden  und 
sich  auch  noch  auf  den  Pincio  selbst  erstreckenden  Horti  Sallustiani 
(CIL  VI  8670  flf.  u.  9005).  Sie  waren  von  dem  berühmten  Geschichtsschreiber 
Sallust  von  den  Schätzen  angelegt,  die  er  in  Numidien  erpresst  hatte 
(Dio  Cass.  XLin  9,  Ps.  Cicero  Resp.  in  Sali.  7, 19).  Das  Jahi*  der  Anlage  ist 
nicht  bekannt;  wenn  man  den  Worten  der  Resp.:  hortos  pretiosissimosj  villam 
Tiburti,  C.  Caesaris  reliquaa  possessiones  paraveris  trauen  darf,  so  dürften 
sie  erst  nach  Caesars  Ermordung  entstanden  sein.  Ob  der  Kern  dieser 
Gärten  eine  Anlage  Caesars  war,  ist  zweifelhaft.  Die  allein  bei  Jul.  Obse- 
quens  131  unter  dem  Jahre  17  v.  Chr.  genannten  Horti  Caesaris  ad 
portam  Collinam  {turris  hortorum  Caesaris  ad  portam  Collinam  de  caelo 
tada)  haben  augenscheinlich  mit  diesen  Gärten  nichts  zu  thun.  Sie  gingen 
später  in  kaiserlichen  Besitz  über,  doch  ist  nicht  überliefert,  wann? 
Im  Jahre  20  n.  Chr.,  wo  Sallusts  von  ihm  adoptierter  Grossneffe  starb 
(Tac.  Ann.  III  30),  waren  sie  sicher  noch  im  Besitz  der  Familie.  Unter 
Nero  (Tac.  Ann.  XIQ  47)  erscheinen  sie  schon  in  kaiserlichem  Besitz, 
Vespasian  (Dio  Cass.  LXVI  10)  pflegte  mit  Vorliebe  hier  zu  wohnen,  Nerva 
(Chron.  v.  354)  ist  hier  gestorben.  Aurelian  (Vita  49)  wohnte  hier  oder 
in  den  Gärten  der  Domitia  lieber  als  im  Palatium. 

Die  Gärten  müssen  eine  sehr  bedeutende  Ausdehnung  gehabt  haben ; 
sie  erstreckten  sich  auf  der  einen  Seite  bis  in  die  Nähe  der  Porta  Salaria 
(Prok.  Vand.  I  2),  auf  der  andern  bis  in  die  Nähe  der  Porta  CoUina  und 
auf  den  Nordabhang  des  Quirinal  (Tac.  Eist.  III 82),  und  nach  Westen  zu 
über  das  Thal  bis  in  die  Nähe  der  Via  Flaminia  (Tac.  Ann.  XIII  47).  Sie 
waren,  wenn  nicht  von  allen  Seiten,  jedenfalls  an  der  Ostseite  von  einer 
so  starken  Mauer  umgeben,  dass  hier  im  Jahre  69  n.  Chr.  die  Vitellianer 
sich  gegen  die  Truppen  Vespasians  eine  Zeitlang  erfolgreich  halten 
konnten.^)     Wahrscheinlich  folgt  die  Aurelianische  Mauer   der  Ostgrenze 


»)  Tac.  Eist,  m  82.  Die  SteUe  lautet 
folgendermassen :  Temptavit  tarnen  Antonius 
rocatas  ad  conttonem  legiones  mitigare,  ut 
Cfistris  iuxta  pontem  Molvium  positis  postera 
die  urbem  ingrederentur . . .  Tripertito  agmine 
pars,  ut  adstiterat,  Flaminia  via,  pars  iuxta 
ripam  Tiberis  incessit;  tertium  agmen  per 
Salariam  CoUinae  portae  propinquäbat 
Plebs  invectis   equitibus  fusa;   miles  Vitel- 


lianus  trinis  et  ipse  praesidiis  occurrit. 
Proelia  ante  urbem  multa  et  varia,  sed  Fla- 
vianis  consilio  ducum  praestantibus  saepius 
prospera,  Fi  tantum  conflictati  sunt,  qui 
in  partem  sinistram  urbis  ad  SaUu- 
stianos  hortos  per  angusta  et  luMca  viarum 
flexerant,  Superstantes  maceriis  hortorum 
Vitelliani  ad  serum  usque  diem  saxis  püis- 
que  subeuntes  arcebant,  donec  ab  equitibus, 


268  B.  Topographie  von  Rom. 

dieser  Gärten.  Prächtige  Bauten,  deren  Reste  zum  Teil  bis  in  die  neueste 
Zeit  erhalten  waren,  schmückten  sie.  Dies  sowie  die  Bodengestaltung 
haben  im  Mittelalter,  in  dem  die  Gegend  Salustricum  oder  Salustium 
hiess,  die  Veranlassung  zu  willkürlichen  Benennungen  gegeben.  Weder 
ein  Forum  noch  einen  Circus  oder  Thermae  Sallusti  hat  es  gegeben. 
Dagegen  ist  ein  Tempel  der  Venus  hortorum  Sallustianorum 
durch  mehrere  Inschriften  (CIL  VI  122;  Eph.  epigr.  IV  No.  869;  Bull, 
com.  1885,  p.  162)  gesichert.  Lanciani  glaubt  in  einem  mit  prächtigen 
Marmorarten  geschmückten  Rundbau  in  der  Vigna  des  Gabriele  Vacca  bei 
Porta  Salara  (Fl.  Vacca,  Mem.  58)  diesen  Tempel  wiederfinden  zu  sollen, 
doch  dürfte  der  Bau  eher  ein  Nymphäum  oder  eine  Badeanlage  gewesen 
sein,  wofür  auch  die  Leitungsröhren  etc.,  die  daselbst  gefunden  sind, 
sprechen.^)  Ebensowenig  ist  die  Identifizierung  des  an  der  P.  Collina  ge- 
legenen Tempels  der  Venus  Erycina  mit  dem  gefundenen,  über  300  m  von  dem 
Thore  entfernten  Gebäude  gerechtfertigt.  Ein  ähnliches  Nymphäum  hat  noch 
bis  zu  den  letzten  Regulierungen  in  der  Villa  Spithöver  gestanden,  ist  aber 
jetzt  verschüttet  (Lanciani  Form.  Urb.  10).  Zahlreiche  Funde  von  Architektur- 
resten, Statuen,  namentlich  auch  ägyptischen,  geben  ein  Bild  von  der  Pracht 
der  Ausschmückung.  Von  hier  stammt  auch  der  Obelisk,  der  jetzt  auf  dem 
Pincio  vor  der  Kirche  S.  Trinitä  de'  Monti  steht.  Die  in  den  Gärten  befind- 
liche kaiserliche  Residenz  wird  nicht  selten  in  den  Märtyrerakten  erwähnt 
(Jordan  Top.  II  p.  124).  Auf  den  zur  Wasserversorgung  dieser  Gärten 
dienenden  Röhren  hat  man  die  Namen  des  Nero,  des  Alexander  Severus 
und  des  Valentinian  gefunden  (Lanciani,  Sylloge  No.  87 — 94,  CIL  XV 
7249,  7250,  7259).  Von  der  Grossartigkeit  der  kaiserlichen  Anlagen 
und  zugleich  von  der  Grösse  der  Gärten  giebt  die  Anlage  einer  Riesen- 
portikus des  Aurelian  in  denselben  ein  Bild.  Vita  Aurel.  49  heisst 
es :  miliare?isem  .  .  .  porticum  in  hortis  Sallusti  ornavit,  in  qua  quotidie  et 
equos  et  se  fatigabat.  Eine  Porticus  von  1000  Passus,  ja  selbst  von 
1000  Fuss  Ausdehnung  will  schon  etwas  heissen,  selbst  wenn  wir  uns 
diese  Summe  nicht  als  Längenausdehnung  (was  ganz  unmöglich  wäre), 
sondern  als  Umfang  denken,  und  es  ist  nicht  leicht,  sie  selbst  auf  diesem 
grossen  Terrain  unterzubringen.^) 

f.  Trans  Tiberim. 

99.   Janiculum  und  Vaticanum.     1.   Der  ursprüngliche  Name  des 

ganzen  Gebietes  am  rechten  Tiberufer,  südlich  bis  nach  dem  Meere,  nördlich 

bis  über  den  Anio  und  westlich  bis  an  die  alte  Vejentische  Feldmark  sich 

erstreckend,  war  Ager  Vaticanus,  so  wahrscheinlich  genannt  von  einer 


qui  porta  Collina  inruperant,  circumveni- 
rentur.  Die  Lage  des  in  drei  Sftulen  an- 
greifenden Heeres  ist  klar  geschildert,  mit 
den  Worten;  qui  in  partem  sinistram  .  . . 
flexerant,  sind  dieselben  gemeint,  die  oben 
als  tertium  agmen  bezeichnet  werden.  Sie 
bildeten  den  linken  FlQgel,  das  überträgt 
Tacitns  auf  die  Stadt  und  sagt,  sie  greifen 
die  linke  Seite  der  Stadt  an.  Beckeb,  Top. 


und  damit  verfehlte  Deutung. 

*)  Lanciani,  La  Venus  hortorum  Sallu- 
stianorum, BuU.  com.  1888  p.  3  ff.,  dazu 
HüiSBN,  Rom.  Mitt.  1889  p.  270  ff. 

*)  Lanciani,  Form.  Urb.  10  und  mit  ihm 
Hülsen,  Form.  urb.  II  legt  diese  Porticus,  die 
bei  ihm  kaum  200  passus  misst,  auf  den  Qui- 
rinal  hart  an  den  Yicus  portae  Gollinae,  ge- 
wiss für  die  Zwecke,   die  Aurelian  bei  der 


585  giebt  den  Worten  eine  allzu  künstliche  |   Anlage  verfolgte,  kein  geeigneter  Platz. 


6.  Die  StadtteUe  am  Tiber,    f.  Trana  Tiberim.    (§  99.)  . 


269 


verschollenen  Stadt,  die  schon  Niebuhr  als  Yaticum  oder  Vatica  bezeichnet 
hat.  Plin,  N.  H.  UI  53  f. :  Tiberis  . . .  Etruriam  ah  Umbris  ac  Sabinis,  mox 
citra  XVI  p.  urbis  Veientem  agrum  a  Crustumino,  dein  Fidenatem  Latinumque 
a  VeUicano  dirimens  ...etc.  0  Der  bedeutendste,  den  Ager  Yaticanus  parallel 
dem  Tiber  von  Norden  nach  Süden  durchziehende  Höhenzug  war  das 
Janiculum,  die  alte  Janusstadt.^)  Der  Name  erstreckte  sich  nicht  nur 
über  das  heutige  Oianicolo,  d.  h.  die  Höhe  gegenüber  dem  Aventin  und 
dem  Marsfeld,  sondern  auch  auf  dessen  nördliche  Fortsetzung ,  die  im 
Mittelalter  den  Namen  Monte  Male,  seit  Sixtus  lY  Monte  Mario  (von 
Mario  Mellini,  dem  Besitzer  der  Yilla  Meilini  auf  der  Höhe  des  Berges) 
führte.*)  Martial  spricht  von  diesem  nördlichen  Teile,  wenn  er  lY  64  die 
Juli  iugera  pauca  Martialis  beschreibt,  die  longo  Janiculi  iugo  recumbunt. 
Andrerseits  nennt  Cicero  das  Janiculum  von  dem  ager,  den  es  durch- 
zieht, montes  Vaticani.  Er  spricht  ad  Att.  XIII  33,  4  von  dem  Plane 
Caesars,  den  Tiber  von  der  milvischen  Brücke  aus  am  Fuss  des  Jani- 
culum entlang  zu  leiten,  und  auf  diese  Weise  an  Stelle  des  zu  be- 
bauenden Campus  Martins  einen  Campus  Yaticanus  zu  schaffen  (a  ponte 
Mulvio  Tiberim  duci  secundum  montes  Vaticanos,  campum  Martium  co- 
aedificari,  iUum  autem  campum  Vaticanum  fieri  quasi  Martium  campum). 
Dieser  Bezeichnung  entspricht  auch  die  Umschreibung  des  Namens 
Janiculum  durch  Mens  Yaticanus  bei  Horaz  carm.  I  20 :  dcUus  in 
theatro  (gemeint  ist  das  Theater  des  Pompeius)  cum  tibi  plausus^  care 
Maecenas  eques,  ut  paterni  fluminis  ripae  simul  et  iocosa  redderet  laudes 
tibi  Vaticani  montis  imago  und  bei  Juvenal  YI  343  Vaticani  fragiles  de 
monte  patellas.  Diese  Umnennung  war  um  so  verständlicher,  als  an  der 
Ebene  zwischen  dem  Tiber  und  dem  Janiculum  noch  von  altersher  der 
Name  Yaticanum  haftete,  daher  auch  Cicero  a.  a.  0.  für  das  neue 
Marsfeld  gleich  den  Namen  Campus  Yaticanus  als  die  naturgemässe  Be- 
zeichnung in  Bereitschaft  hat.  So  sagt  Plin.  XYIII  20:  aranti  quattuor  sua 
iugera  in  Vaticano,  quae  prata  Quinctia  appellantur,  Cincinnato  viator  attulit 
dictaturam,  und  diese  Stelle  bezeichnet  Livius  HI  26  genau,  indem  er  sagt, 
die  prata  Quinctia  hätten  contra  eum  ipsum  locum  ubi  nunc  navalia  sunt 
gelegen  (vgl.  p.  200). 

2.    Ein  Wechsel  in  der  Bedeutung  des  Namens  Yaticanum   ergab 
sich  erst   allmählich,    seitdem   der   Kaiser  Caligula   in   dem   zu  solchem 


0  Vgl.  Cic.  de  leg.  agr.  H,  35,  96.  Ein 
anschauliches  BUd  von  der  Ausdehnung  des 
Gehietes  gieht  Liv.  X  26  alii  duo  exercitus 
haud  procul  urbe  Etruriae  oppoaiti,  wnus 
in  Falisco,  alter  in  Vaticano  agro.  —  Gel- 
lius  heginnt  das  7.  Kapitel  des  XIX.  Buches 
mit  den  Worten:  in  agro  Vaticano  JuUim 
Paulus  poeta,  vir  honus  et  rerum  litterarum- 
que  veterum  impense  doctuSy  herediolum 
tenure  possidebat.  Eo  saepe  nos  ad  sese 
vocabat  et  .  .  .  invitäbat,  Atque  ita  molli 
quodam  tempestatis  autumnae  die  cum  ad 
eum  cenassemus  . . .  rediremusque  in  urbem 
8ole  iam  fere  ocdduo  etc.  Wie  dieses  jedenfidls 
nicht  in  nftchster  Nfthe  von  Rom  gelegene 
Landgut  werden   noch   andere  gelegentlich 


erwähnt.  Der  im  Ager  Yaticanus  wachsende 
Wein  wird  als  gering  bezeichnet  (Mart.  I  18, 
VI  92,  X  45,  XII 48,  14). 

>)  Vgl.  0.  BioHTBB,  Die  Befestigung  des 
Janiculum. 

')  Die  Zusammengehörigkeit  der  beiden 
Hälften  ist  unzweifelhaft;  das  Valle  d'Infemo, 
durch  welches  der  heutige  Monte  Vaticano 
von  der  Hügelkette  getrennt  wird,  und 
diese  selbst  tief  eingeschnitten  erscheint, 
ist  nicht  natürlich,  sondern  erst  durch  den 
Abbau  des  Töpferthones,  der  hier,  wie  an 
anderen  Orten  des  Höhenzuges  gewonnen 
wurde,  entstanden.  Vgl.  Lanoiani,  Bull, 
com.  1892  p.  288. 


270 


B.  Topographie  von  Rom. 


Zwecke  ganz  besonders  geeigneten  Thale  des  Janiculum  (clausuni  volle 
Vaticana  spatium  Tac.  Ann.  XIV  14)  an  Stelle  der  heutigen  Peterskirche 
seinen  Circus  anlegte.  Plinius  N.  H.  XXXVI  74  und  XVI  201  nennt  ihn 
Circus  Vaticanus,  bei  Sueton  Claud.  21  heisst  es  von  Claudius:  circenses 
frequenter  etiam  in  Vaticano  commisü.  Es  scheint,  dass  der  ganze  Kom- 
plex der  hier  um  den  Circus  entstandenen  Bauten  den  Namen  Vaticanum 
erhielt.  Dieser  Name  ging  dann  auf  das  Grab  und  die  Basilika  des  heil. 
Petrus  über.^  Einen  Mfons  Vaticanus  als  Eigennamen  hat  es  im  Alter- 
tum nicht  gegeben.^)  Allerdings  erscheint  der  Vaticanus  in  dem  merk- 
würdigen Verzeichnis  der  VII  montes  im  1.  Anhang  zur  Regionsbeschrei- 
bung: Caelius,  Aventinus,  Tarpeius,  Palatinus,  Esquäinus,  Vaticanus,  Jani- 
culensis.  Aber  der,  der  die  beiden  rechtstiberinischen  Namen  in  das  Ver- 
zeichnis aufnahm,  hat  sicher  auf  eigne  Hand  wie  aus  dem  überlieferten 
Janiculum  mens  Janiculensis,  so  aus  Vaticanum  mons  Vaticanus 
gemacht;  die  richtigen  Namen  Janiculum  und  Vaticanum  stehen  zudem 
in  der  Regionsbeschreibung  selbst. 

3.  Welchen  Teil  dieses  Gebietes  Augustus  in  seine  vierzehnte  Region 
aufgenommen  hat,  ist  nicht  mehr  festzustellen;  die  Aurelianische  Be- 
festigung schloss  nur  einen  Teil  der  Region  durch  Mauern  an  die  links- 
tiberinische  Befestigung  an;  das  Regionsverzeichnis  nennt  als  Teile  der 
XIV.  Region  Janiculum  und  Vaticanum,  als  südlichsten  Punkt  den  am 
ersten  Meilenstein  (von  der  Porta  Portuensis  aus)  auf  der  Via  Portuensis 
gelegenen  Tempel  der  Fors  Fortuna,  im  Norden  geht  sie  bis  zu  den 
Gärten  der  Domitia,  die  sich  nördlich  und  östlich  vom  Mausoleum  des 
Hadrian  erstreckten.  Vom  Pomerium  war,  soweit  bekannt,  das  rechte 
Tiber uf er  ausgeschlossen . «) 

Litteratur:  0.  Richter,  Die  Befestigang  des  Janiculnin,  Berlin  1882.  —  Eltbb, 
Vaticanum,  Rhein.  Mus.  XLYI  1891  p.  112  ff. 

100.  Ältester  Charakter.  1.  Das  rechtstiberinische  Gebiet,  nament- 
lich das  Janiculum  und  die  zwischen  ihm  und  dem  Tiber  gegenüber  dem 
Forum  boarium  und  dem  Marsfelde  bis  zum  heutigen  Vatikan  sich  aus- 
breitende Ebene,  das  eigentliche  Trastevere,  gehört  zu  den  ältesten  Be- 
standteilen des  Ager  Romanus.  An  die  älteste  Phase  der  römischen  Ge- 
schichte erinnert  die  Bezeichnung  RipaVeientana  für  das  rechte  Ufer  des 
Tiber,  die  sich  auf  einem  Terminationscippus  (p.  55  Anm.  5)  des  Vespasian 
gefunden  hat.^)    Zu  den  hier   befindlichen  Äckern  führte  anfangs  allein 

(Bull.  com.  1899  p.  270)  glaubt  auf  Gnmd 
dieses  Fundes  eine  Pomeriumslinie  in  Tra- 
steyere  konstruieren  zu  soUen. 

*)  Bull.  com.  1887  p.  15  nebst  Rom.  Mitt 
1889  p.  286  f.  —  Statins,  Silv.  IV  4, 4  flF. :  atque 
uhi  Romulecis  velox  penetraverta  arces,  con- 
tinuo  dextras  flavi  pete  Thybridis  orcis, 
Lydia  qua  penitus  stagnum  navale  (die 
Naumachie)  coercet  ripa  suhurhanisque 
vadum  praetexitur  Jhortis.  Die  Lydia  ripa 
ist  das  etruskische  Ufer,  und  dieses  Ufer  ist 
wohl  auch  Horaz  1  2,  6:  vidimvia  flavum  Ti- 
herim  retortis  litore  Etrusco  violenter 
undis  ire  deiectum  monumenta  regis  templa- 
que  Vestae  gemeint;  der  Ausdruck  lüus  f&r 


')  Im  Mittelalter  haftet  an  der  ganzen 
Gegend  der  Name  Neros,  so  heisst  z.  B.  die 
Ebene  am  Tiber  bei  Prokop.  Goth.  II  1 
Neronisches  Feld. 

')  Verdächtig  ist  der  Vaticanus  collis 
bei  Fest  ep.  p.  379,  quod  eo  potüus  sit  po- 
piUus  Romantta  vatum  reaponso  expulsis 
Etruscis, 

*)  In  S.  Gecilia  in  Trastevere  sind  die 
Trümmer  eines  Pomeriumssteines  von  der 
Termination  des  Vespasian  gefunden  worden. 
Die  Herkunft  des  Steines  ist  dunkel;  von 
der  Ausdehnung  des  Pomeriums  auf  das 
rechte  Tibemfer  ist  bisher  nichts  bekannt. 
Der  Herausgeber  des  Steines,  0.  Mabuochi 


6.  Die  Stadtteile  am  Tiber,    f.  Trane  Tiberim.    (§  100.) 


271 


der  Pens  sublicius  (vgl.  p.  41).  Wahrscheinlich  schon  bei  seiner  Anlage, 
d.  h.  bei  Gründung  des  Servianischen  Mauerringes,  und  nicht  erst  bei 
Anlage  der  ersten  steinernen  Brücke  (p.  51)  hat  man,  um  einen  sicheren 
Stützpunkt  für  die  Brücke  zu  schaflfen,  auch  das  rechte \rf er  aufgemauert; 
neuere  Ausgrabungen  haben  gegenüber  dem  Forum  boarium  die  ansehn- 
lichen Reste  einer  uralten  Aufmauerung  des  Flussufers  zum  Vorschein 
gebracht,  deren  Quaderbau  in  allen  Stücken  dem  der  Servianischen  Mauer 
gleicht.^)  —  Bis  in  das  2.  Jahrh.  v.  Chr.  mag  diesem  Gebiete  (hier  war 
auch  der  pagus  Janiculensis  CIL  VI  2219,  2220)  zum  Teil  der  ländliche 
Charakter  geblieben  sein,  ja  noch  zur  Zeit  des  Augustus  werden  die  vier 
Morgen  grossen  Prata  Quinctia,  welche  einst  Cincinnatus  eigen- 
händig bestellt  haben  sollte,  Jrans  Tiberim  contra  eum  ipsum  locum, 
ubi  nunc  navalia  sunt*^  (vgl.  p.  200),  als  vorhanden  erwähnt,  ebenso  die 
Mucia  prata,  die  Mucius  Scaevola  als  Lohn  für  seine  bekannte  Helden- 
that  vom  römischen  Volke  erhielt  (Liv.  II 1 3,  Dionys.  V  35);  von  Livius  XL  29 
wird  der  Acker  des  L.  Petillius  „sub  Janiculo'^  erwähnt.  In  demselben 
wurden  181  v.  Chr.  zwei  steinerne  Särge  gefunden,  welche  nach  der  Auf- 
schrift die  Leiche  des  Numa  Pompilius  und  seine  Bücher  enthalten  sollten; 
der  eine  war  leer,  in  altera  duo  fasces  candelis  involuti  septenos  habuere 
libros  non  integros  modo  sed  recentmima  specie.  Sie  wurden  nachher  als 
gottlos  auf  dem  Comitium  verbrannt.  Die  Beschreibung,  welche  Livius 
von  diesen  arcae  sepulcrales  gibt,  erinnert  an  die  auf  dem  Esquilin  zum 
Vorschein  gekommenen  (vgl.  daselbst).  Auf  diesem  Acker  befand  sich  auch 
ein  Altar  des  Föns  oder  Fontus,  des  Sohnes  des  Janus;  Cic.  de  legg.  II 22, 56 
sagt,  Numa  sei  nicht  fern  von  dem  Altare  dieses  Gottes  bestattet  worden 
(vgl.  Preller,  Myth.  P,  p.  176).  Ein  Delubrum  Fontis  wird  auch  von  Cicero, 
de  nat.  deor.  11120, 52  erwähnt.  Aus  ältester  Zeit  stammt  ferner  der  Lucus 
Furrinae,  genannt  nach  einer  Göttin,  deren  Bedeutung  verschollen  ist. 
Schon  Varro  L.  L.  VI  19  sagt  von  ihr:  nunc  vix  nomen  notum  paucis.  In 
diesen  Hain  flüchtete  sich  der  jüngere  Gracchus  vom  Aventin  her  über 
den  Tiber  (vgl.  p.  209)  und  fand  hier  seinen  Tod.  (Aur.  Vict.  de  vir.  ill. 
65,  CIL  12  p.  323  25.  Juli;  vgl.  Cicero  ad  Qu.  frat.  III  1,  2,  4.)  Eine  topo- 
graphische Fixierung  ist  nicht  möglich. 

2.  Auf  Numa  wird  der  Tempel  der  Fors  Fortuna  am  ersten 
Meilenstein  der  Portuensischen  Strasse  zurückgeführt.  Varro  L.  L.  VI  17: 
dies  Fortis  Fortunae  appellatur  ab  Servio  Tullio  rege,  quod  is  fanum  Fortis 
Fortunae  secundum  Tiberim  extra  urbem  Romam  dedicavit  Junio  mense.  Im 
Kalender  zum  24.  Juni  heisst  es:  Forti  Fortunae  trans  Tiberim  ad  mil- 
liariufn  primum  et  sextum.  Über  letzteren,  der  beim  Haine  der  Arvalen 
stand  und  auf  den  sich  CIL  VI  167—169  beziehen,  sagt  Ovid  Fast.  VI  783 
serva  quia  TuUius  ortus  constituit  dubiae  templa  propinqua  deae;  auf  den 
ersteren  beziehen  sich  Plutarch  de  fort.  Rom.  5,  Dionys.  IV  27  und  Donat 


ripa  ist  nicht  befremdlich.  Vgl.  Vergil,  Aen. 
ni  389:  cum  tibi  soUicito  aecreti  ad  fluminis 
undam  litoreis  ingens  inventa  sub  ilici- 
bu8  SU8  und  VIII  83  viridique  in  liiore, 
ebenfalls  vom  Tiber  gesagt. 


»)  Vgl.  Not.  d.  scavi  1880  p.  226  und 
468.  Es  ist  deshalb  natürlich  nicht  an  eine 
uralte  Befestigung  auf  dem  rechten  Ufer  zu 
denken,  sondern  die  Anlage  einer  Brücke  er- 
fordert stets  die  Aufmauerung  beider  Ufer. 


272  B.  Topographie  von  Born. 

zu  Terenz  Phorm.  V  6, 1.  Prodigien  in  der  Aedes  Fortis  Fortunae  berichten 
aus  dem  Jahre  209  v.  Chr.  Liv.  XXVII 11,  und  Dio  Cass.  XLII  26  aus 
dem  Jahre  47  v.  Chr.  Neben  diesem  Tempel  (wahrscheinlich!  denn  die 
Möglichkeit,  dass  es  neben  dem  Tempel  am  sechsten  Meilenstein  war,  ist 
nicht  auszuschliessen)  hat  im  Jahre  293  v.  Chr.  der  Konsul  Carvilius 
einen  zweiten  Tempel  gegründet,  vgl.  Liv.  X  46:  reliquo  aere  aedem  Foriis 
Fortunae  de  manubiis  faciendam  locavit  prope  aedem  eius  deae  ab  rege  Servio 
Tullio  dedicatam,  von  dem  weiter  keine  Rede  ist,  dagegen  berichtet  Tac. 
Ann.  II  41  von  der  Gründung  einer  aedes  Fortis  Fortunae  Tiberim  iuxta 
in  hortis,  quos  Caesar  dictator  populo  Romano  legaverat  im  Jahre  17  n.  Chr., 
also  neben  der  am  ersten  Meilenstein  liegenden  Servianischen.  0  Die  Gründung 
dieses  neuen  Tempels  in  den  Oärten  Caesars  bezeugt  auch  Plut.  Brut.  20. 
Über  einen  Fund  kleiner  Bronzen,  der  hier  in  der  Gegend  gemacht  worden 
ist,  männliche  Figuren  teils  mit  archaischem  Apollotypus,  teils  mit  dem 
Pileus,  möglicherweise  Votive,  die  Sklaven,  deren  Schutzgöttin  die  Fors 
Fortuna  war,  der  Göttin  geweiht  haben,  etwa  zum  Dank  für  die  Frei- 
lassung, vgl.  Rom.  Mitt.  1889  p.  290f.  CIL  VI  9493  nennt  einen  Vicus 
Fortis  Fortunae,  der  möglicherweise  hierher  gehört. 

3.  Nördlich  von  dem  Tempel  der  Fors  Fortuna  an  der  Via  Portuensis, 
kaum  400  m  entfernt  von  der  antiken  Porta  Portuensis  (1200  m  vor  Porta 
Portese)  hat  man  beim  Bau  der  Bahnstation  von  Trastevere  ausser  anderen 
Resten  antiker  Bauten  ein  kleines  in  den  Tuff  gehauenes  Heiligtum  ge- 
funden, das  nach  den  Bildwerken  etc.  dem  Herkules  geweiht  war.  Der 
Gott  ist  in  einem  Falle  als  beim  Mahle  gelagert  dargestellt.  Damit  stimmt 
die  Aufzählung  in  der  Regionsbeschreibung  überein;  dort  werden  genannt: 
statuam  Valerianam,  caput  Gorgonis,  Herculem  cubantem,  sicher  Namen  von 
Vici,  wie  denn  ein  Vicus  statuae  Valerianae  auf  der  Kapitolinischen 
Basis  genannt  wird.^)  Demnach  dürfte  das  Herkulesheiligtum  einem  in 
die  Via  Portuensis  einmündenden  Vicus  den  Namen  gegeben  haben.  ^) 

4.  Ein  altes  Heiligtum,  dessen  genaue  Lage  nicht  zu  bestimmen  ist, 
war  das  Sacellum  Corniscarum,  von  dem  es  bei  Festus  ep.  p.  64  heisst: 
Corniscarum  divarum  locus  erat  trans  Tiberim  comicibus  dicatus,  quod  in 
Junonis  tutela  esse  putabantur.  Eine  alte  Inschrift,  CIL  VT  96,  deva^  Corniscas 
sacrum  auf  einem  Travertincippus  ist  unterhalb  S.  Pietro  in  Montorio  ge- 
funden. 

101.  1.  Seitdem  das  gewerbliche  Leben  am  linken  Ufer  des  Tiber  sich 
auszubreiten  begann  (p.  181  ff.),  bevölkerte  sich  auch  das  rechte  Ufer  mit 
solchen  Gewerbtreibenden,  die  durch  ihr  Geschäft  auf  den  Fluss  angewiesen 
waren,  namentlich  Fischern  und  Gerbern.  Die  ersteren  brachten  es  zu 
einer  besonderen  Bedeutung;  alljährlich  wurden  hier  im  Juni  Piscatorii 
ludi  gefeiert  (Fest.  p.  210,  238).  Von  der  Wichtigkeit  der  letzteren  aber 
zeugt   das   auch   in   der  Regionsbeschreibung  aufgeführte  Gerberquartier 


\)  MoMMSEN  CIL  P  p.  320  sagt  in  Be- 
zug hierauf:  plane  ex  consuetudine  Rotnana, 
ibi  ubi  pritnum  numen  coli  coeptum  esset, 
eidem  posiea  dedicata  templa  alia  statui. 


2)  Auf  der  Inschrift  Bull.  com.  1891 
p.  842  werden  die  StcUuavalerienses  genannt. 

»)  Vgl.  Not.  d.  scavi.  1889  p.  192  f.  n. 
243  £r.  und  Borsabi,  Bull.  com.  1890  p.  9 


6.  Die  Stadtteile  am  Tiber,    t  Trans  Tiberim.    (§  101.)  273 

(Juv.  14,  202;  Mart.  VI  93,  4),  die  Coraria.*)  In  grosser  Anzahl  befanden 
sich  hier  auch  Töpferwerkstätten;  das  Janiculum  lieferte  und  liefert 
noch  heute  eine  Menge  Töpferthon,  und  zahlreiche  Töpferwerkstätten  be- 
finden sich  noch  jetzt  in  der  Nähe  des  Ospizio  di  S.  Michele;  sie  haben 
traditionell  Jahrhunderte  hindurch  hier  ihren  Sitz  gehabt.  Bei  Juvenal 
(s.  0.)  werden  die  patellae  de  monte  Vaticano  erwähnt,  bei  Plinius  N.  H. 
XXXV  163  heisst  es:  Vüellius  in  principatu  suo  X HS  condidit  patinam,  cui 
faciendae  fornax  in  campis  exaedificata  erat,  quoniam  eo  pervenit  luxuria, 
ut  etiam  fictilia  pluris  constent  quam  murrina,  womit  wohl  nichts  anderes 
bezeichnet  sein  kann,  als  die  Ebene  am  rechten  Ufer  des  Tiber.  Dass 
das  VaUe  d'Infemo  beim  Vatikan  ein  durch  Ausbeutung  des  Thonlagers 
künstlich  entstandener  Einschnitt  ist,  wurde  schon  oben  erwähnt,  des- 
gleichen sind  die  tiefen  Thaleinschnitte  von  Gelsomino,  Fomaci,  Vicolo  delle 
Cave  und  Balduina  künstlich  entstanden  oder  erweitert.  An  den  Bergen 
haftet  der  Name  Monti  della  creta.*)  Von  andern  hier  heimischen  Ge- 
werben zeugt  eine  bei  der  Piazza  S.  Gallisto  gefundene  Inschrift  (Not.  d. 
scavi  1887  p.  17);  sie  enthält  das  Statut  eines  Handwerker-Kollegiums 
eborariorum  et  citriariorum,  von  Elfenbeinarbeitern  und  Kunsttischlern.  3) 
—  Übrigens  standen  die  hier  liegenden  Quartiere  in  geringem  Ansehen 
und  zogen,  wie  das  ja  überall  das  Los  solcher  am  Flusse  gelegenen  Vor- 
städte ist,  den  ärmlichsten  Handel  an  sich.  Das  scheint  so  durch  die 
Jahrhunderte  geblieben  zu  sein.  Amm.  Marc.  XXVII  3, 6  erzählt  vom  Lam- 
padius:  accitos  a  Vaticano  quosdam  egentes  opibus  ditaverat  magnis.  Juden 
wohnten  seit  Augustus  in  grosser  Anzahl  hier. 

2.  Auch  an  dem  grossen  Wandel,  den  Rom  durch  die  Anknüpfung  über- 
seeischer Handelsverbindungen  durchgemacht  hat,  nahm  das  rechte  Ufer  teil. 
Gegenüber  den  Ausladeplätzen  undMagazinen  unter  dem  Aventin  (vgl.p.  194ff.) 
bedeckte  sich  nach  und  nach  auch  hier  das  Ufer  bis  zum  Pens  Aemilius 
mit  Speichern.  Dieselben  eigentümlichen  Erscheinungen,  die  man  am 
linken  Ufer  wahrgenommen  hat,  jene  kolossalen  Ablagerungen  von  Scherben, 
wiederholen  sich  hier;  die  Kirche  S.  Francesco  a  Ripa  steht  ganz  auf 
Scherben  (Ann.  d.  Inst.  1878  p.  186).  Jordan  hat  auf  Taf.  XXXVII  seiner 
Forma  Urbis  versuchsweise  Frgm.  169  hierher  gelegt.  Nach  de  Rossi,  Bull, 
com.  1889  p.  359  lagen  auch  hier  am  rechten  Ufer  gegenüber  den  links- 
tiberinischen  Horrea  ebenfalls  Horrea,  die  «ur  Statio  annonae  (vgl.  p.  186) 
gehörten.  Übrigens  beschränkten  sich  diese  Anlagen  nicht  auf  jenen  Teil 
des  Ufers.  Bei  der  Regulierung  der  Prati  di  Castello,  d.  h.  der  nördlich 
und  östlich  vom  Vatikan  und  der  Engelsburg  gelegenen  Ebene  am  Tiber 
hat  sich  herausgestellt,  dass  die  kleinen  dort  befindlichen  Erhöhungen 
künstlich  sind  und  gleich  dem  Monte  Testaccio  (p.  199)  aus  Scherben  be- 
stehen.   Auch  hier  also,  gegenüber  dem  Marsfelde,  lagen  Magazine  (Not.  d. 


*)  Vgl.  DB  Rossi  im  BuU.  d.  Inst  1871 
p.  16l  ff.  Vielleicht  ist  Septimiana,  was  in 
der  Regionsbeschreibmig  dahinter  steht,  mit 
coraria  zu  verbinden,  besondere  Anlagen  des 
Septimins  Severns,  die  seinen  Namen  ge- 
tragen  haben  könnten,   sind  in   Trasteyere 


nicht  bekannt. 

»)  Vgl.  Lanciani,  Bull.  com.  1892  p.  288, 
Elter,  Rhein.  Mus.  1891,  p.  125. 

»)  Vgl.  Martial  U  43,  9  mit  der  Anm. 
von  FriedlXndeb.  —  Bull.  com.  1887  p.  4  ff., 
Rom.  Mitt.  1889  p.  288  f. 


Handbuch  der  klaas.  AltertmnflwlBBeiiBcfaaft.   III,  8,  B.    2.  Aufl.  18 


274 


B.  Topographie  von  Born. 


scavi  1884,  p.  392).  Aus  alledem  erklärt  sich,  dass  die  Zunahme  der  Be- 
völkerung im  Laufe  der  Jahrhunderte  hier  besonders  stark  war.  Zahl- 
reiche Beste  von  Häusern  sind  zum  Vorschein  gekommen,  so  ungefähr 
500  m  von  dem  Mausoleum  des  Hadrian  die  Reste  einer  Gruppe  von  Ge- 
bäuden, die,  nach  dem  Mauerwerk  zu  schliessen,  aus  der  Zeit  Neros 
stammen  (Not.  d.  scavi  1886,  p.  22).  Auch  die  unmittelbare  Umgebung 
der  im  vatikanischen  Gebiet  befindlichen  kaiserlichen  Gärten  war  zuletzt 
dicht  mit  Strassen  bedeckt  (vgl.  Prokop  Goth.  II  1).  Dicht  standen  auch  die 
Häuserquartiere  in  Trastevere,  wo  bei  den  letzten  Regulierungen  überall 
Reste  von  Strassenzügen  gefunden  sind;  namentlich  ergiebig  sind  die  Ent- 
deckungen auf  dem  Gebiet  der  Villa  Farnesina  gewesen;  dort  sind  ttber^ 
dies  Reste  gewerblicher  Anlagen  entdeckt  worden,  nach  einer  Inschrift 
aus  dem  Jahre  102  n.  Chr.  die  Cellae  vinariae  nova  et  Ar- 
runtiana.  ^)  Die  Inschrift  fand  sich  unter  Scherben  grosser  Wein- 
gefässe.  Ebendaselbst  wurden  grosse  Eellerräume  aufgedeckt,  darüber 
ein  säulengeschmückter  Hof.  An  diesen  stiess  ein  Wohngebäude  mit 
trefflichen,  wohlerhaltenen  Wandgemälden,^)  und  eine  mit  einer  Portikus 
geschmückte  Strasse;  südlich  von  der  Aurelianischen  Mauer  an  der  über 
den  Pons  Agrippae  führenden  Strasse  ist  das  Grab  des  C.  Sulpicius  Plato- 
rinus  (Not.  d.  scavi  1880  p.  127  ff.  Taf.  IV)  gefunden  worden.  —  Nicht 
minder  dicht  mit  Strassen  besetzt  war  zweifellos  auch  das  später  von  der 
Aurelianischen  Mauer  eingeschlossene  Gebiet  an  der  Tiberausbuchtung  gegen- 
über dem  Forum  boarium  (vgl.  p.  51),  wo  sich  die  Häuser  in  der  späteren 
Eaiserzeit  bis  an  den  Fuss  des  Janiculum  gezogen  haben  müssen.  Im 
1.  Jahrhundert  n.  Chr.  lag  hier  noch  die  ein  grosses  Areal  einnehmende 
Naumachie  des  Augustus  und  das  Nemus  Caesarum  (p.  276).  Symmachus 
besass  hier  im  4.  Jahrhundert  n.  Chr.  ein  Haus  (Amm.  Marc.  XXVII  8.  4). 
Hier  befand  sich,  wie  sich  aus  den  bei  Sta.  Cecilia  gefundenen  Inschriften 
CIL  VI  65—67,  75  ergiebt,  ein  Sacellum  Bonae  deae.  Die  Inschrift  67 
besagt,  dass  Cladus  Bonae  deae  restitutae  simulacrum  in  tutelam  insulae 
Bolüfii  posuit  Diese  Insula  Bolani  muss  also  dicht  daneben  gestanden 
haben.  Nicht  weit  davon,  in  der  Nähe  der  vom  Pons  Aemilius  in  west- 
licher Richtung  nach  dem  Janiculum  führenden  Strasse,  ist  das  Excubi- 
torium  cohortis  VH.  vigilum  gefunden  worden.  Es  wurde  im  Jahre 
1866  bei  S.  Crisogono  entdeckt  und  in  diesem  und  den  folgenden  Jahren 
ausgegraben;  3)  erhalten  sind  eine  Aedicula  mit  Wandmalereien  und  mehrere 
Räume,  deren  Wände  mit  Graffiti,  d.  h.  mit  Inschriften,  die  von  den  darin 
kasernierten  Soldaten  eingeki'atzt  wurden,  bedeckt  sind;  vgl.  CIL  VI  2998 
bis  3091,  darunter  ist  die  p.  54  Anm.  3  besprochene  Inschrift  3052,  in  der  ein 
Centurio  der  VH.  Kohorte  sich  bezeichnet  mit  termis  Neron.  Die  fast  über- 
all auf  den  Inschriften  wiederkehrenden  Worte  sebaciaria  oder  sebacia  fecit, 
seba<:iariu$  leitet  Henzen  Ann.  d.  Ist.  1874  p,  122  von  sebum  (Talg),  sebaceus 


»)  Not.  degH  scavi  1878  p.  66.  1879 
p.  15.  40.  68,  1880  Taf.  IV,  1884  p.  288  CIL 
VI  8826. 

')  Publiziert  von  Mau,  Montun.  XI,  Taf. 
XLIV— XLVni;   Xn  Taf.  V— VIH.   XVH-, 


XXXIV.    Sie  befinden  sich  jetzt  im  Museum 
der  Diokletiansthermen. 

»)  Vgl.  Bull.  d.  Inst.  1867  p.  8  ff.  Hbnzbh, 
Ann.  d.  Ist.  1874  p.  lU  ff. 


6.  Die  StadtteUe  am  Tiber,    f.  Trans  Tiberim.    ($  102.)  275 

(Talglicht)  ab;    es  wird  al»o   der  Dienst   der  Feuerwächter   bezeichnet, 
speziell  der  Fackelträger. 

3.  In  Trastevere  lagen  auch  die  Gastra  lecticariorum  (Sänften- 
träger). Von  den  die  Ucticarii  nennenden  Inschriften  (CIL  VI  8872 — 8876)  ist 
Nr.  8872  in  der  Kirche  der  h.  Caecilie  in  Trastevere  0  und  8874  in  S.  Cri- 
sogono  daselbst  gefunden,  also  in  der  Gegend,  in  der  auch  das  Excubi- 
torium  der  VII.  Kohorte  liegt.  Am  Fusse  des  Janiculum  bei  S.  Maria 
in  Trastevere  scheinen  die  im  Breviarium  der  Regionsbeschreibung  ge- 
nannten Castra  Ravennatium  (Flottensoldaten)  gelegen  zu  haben.  Die 
Mirab.  10  sagen:  in  transtiberim  templum  Ravennatium  effundens  oleum,  ubi 
est  S.  Maria.  Im  Mittelalter  hatte  die  Gegend  den  Namen  Urbs  Raven- 
natium; die  Grabsteine  der  Ravennates  CIL  VI  3148—8162  sind,  soweit 
nachweisbar,  in  der  Villa  Pamfili  auf  der  Höhe  des  Berges  gefunden.  3) 
Dort  befand  sich  auch  der  CIL  7803  genannte  Clivus  Rutarius,  der  von 
der  Via  Aurelia  sich  abzweigte. 

103.  Das  rechtstiberinische  Gebiet  hat  auch  noch  in  anderer  Hin- 
sicht eine  Entwicklung  erfahren.  Die  prächtige  Lage  jener  Höhenzüge  in 
unmittelbarer  Nähe  der  Stadt  und  vom  städtischen  Gebiete  doch  wieder 
durch  den  Fluss  getrennt,  konnte  nicht  verfehlen,  die  Römer  zur  Anlage 
von  Gärten  und  Villen  anzulocken.  Dass  auch  die  Alten  keineswegs  un- 
empfindlich für  den  prachtvollen  Ausblick  waren,  den  man  von  der  Höhe 
der  Berge  hat,  und  dass  namentlich  der  Anblick  der  Herrlichkeiten  Roms 
von  dem  langen  Rücken  des  Janiculum  aus  zu  den  gepriesenen  Schön- 
heiten gehörte,  ersehen  wir  aus  Martials  oben  p.  269  citierten  Versen,  in 
denen  die  daselbst  gelegenen  „pauca  iugera^  des  Julius  Martialis  mit  den 
Gärten  der  Hesperiden  verglichen  werden.  Polemius  Silvius  nennt  das 
Janiculum  unter  den  sieben  Wundern  Roms.  Auch  Villen  am  Tiber 
werden  namentlich  im  1.  Jahrhundert  v.  und  n.  Chr.  öfters  erwähnt. 
Von  der  Clodia  sagt  Cicero  pro  Caelio  15,  36,  sie  habe  Gärten  am 
Tiber  gegenüber  dem  Marsfelde  gehabt.  Die  Mehrzahl  dieser  Villen  am 
Tiber  (Horaz  H  3,  18  vülaque  flavus  quam  Tiberis  lavit;  vgl.  p.  27)  hat  wohl 
ober-  und  unterhalb  Roms  gelegen,  indessen  ist  die  ganze  Gegend  des 
späteren  Borgo  von  den  Hügeln  bis  zum  Ufer  des  Tiber,  die  erst  durch 
die  Neronische  und  Älische  Brücke  dem  Verkehr  erschlossen  ward,  einst  mit 
Gärten  etc.  bedeckt  gewesen.  Genannt  werden  die  Horti  Aboniani  CIL  VI  671, 
die  Gärten  des  Drusus,  Cassius  und  Lamia,  des  Silius  und  Scapula  bei 
Cic.  ad  Attic.  XII 21, 2.  23,  3.  25, 2  und  den  folgenden  Briefen.  Cicero  hatte 
die  Absicht,  von  diesen  Gärten  welche  anzukaufen  und  zu  einer  Villa  umzu- 
gestalten. Auch  die  Gärten  der  Clodia  hatte  er  für  diesen  Zweck  in  Be- 
tracht gezogen.  Es  werden  ferner  genannt:  Gärten  des  Galba  an  der  Via 
Aurelia,  Suet.  Galb.  20,  Tac.  Hist.  149,  Horti  Getae  (Notitia),  Horti  M.  Reguli, 


0  unter  S.  Gecilia  sind  die  Reste  eines 
republikanischen  Gebäudes  gefunden  worden, 
das  in  der  ersten  Kaiseneit  erneuert  worden 
ist.    Not.  d.  scavi  1900  p.  12  flf. 

'')  Innerhalb  derselben  Villa  haben  siel 
auch  mehrere  Golumbarien  gefunden.     Be- 


Schreibung  sowie  die  dort  gesammelten  In- 
schriften siehe  CIL  VI  7784—7844.    Ueber 
weitere  l\inde  von  Golumbarien  in  der  XIV. 
ist.    Not.  d.  scavi  1900  p.  12  flf.  1  Region  etc.  vgl.  Lanoiami,  Not.  d.  scavi  1885 

Innerhalb  derselben  Villa  haben  dch      p.  477. 

18* 


276 


B.  Topographie  von  Rom. 


von  denen  Plin.  Epp.  IV  2,  5  sagt:  tenet  se  Irans  Tiberim  in  hortis,  in  quibus 
latissimum  solum  porticibus  immensis,  ripam  statuis  suis  occupavit, 

103.  Kaiserliche  Anlagen.  1.  Im  Süden  der  Region,  in  der  Näfae 
des  ersten  Meilensteines  der  Via  Gampana,  lagen,  wie  schon  oben  er- 
wähnt, die  Horti  Caesaris,  innerhalb  deren  der  Tempel  der  Fors 
Fortuna  lag  (vgl.  p.  271).  Abgesehen  davon,  dass  sie  in  Bezug  auf  die 
Lage  dieses  Tempels  öfters  erwähnt  werden,  sind  sie  namentlich  dadurch 
berühmt  geworden,  dass  sie  Caesar  in  seinem  Testamente  dem  Volke  zum 
Eigentum  überliess  (Dio  Cass.  XLI V  35,  Cicero  Phil.  II 42, 109,  Sueton  Caes.  83). 
Von  den  Gärten  ist  später  nicht  mehr  die  Rede;  durch  inschriftliche 
Funde  ist  festgestellt  worden,  dass  sich  in  ihnen  Eultusstätten  orien- 
talischer Lichtgötter  befanden. i)  Daneben  lagen  die  Gärten  des  Antonius, 
CIL  VI  1990,  1991;  vgl.  Dio  Cass.  XLVII  40. 

2.  Nicht  zu  verwechseln  mit  den  Horti  Caesaris  ist  das  Nemus 
Caesarum,  das  Augustus  zugleich  mit  seiner  Naumachie  anlegte  (vgl. 
p.  259).  Es  heisst  Mon.  Ancyr.  IV  43:  navalis  proeli  spedaculum  poptdo  dedi 
Irans  Tiberim,  in  quo  loeo  nunc  nemus  est  Caesarum,  cavato  solo^)  in  longi- 
tudinem  miUe  et  octingentos  pedes,  in  latitudinem  mille  et  ducenti.  Dieser  Hain 
wird  von  Sueton  Tib.  72  erwähnt.  Er  erzählt,  Tiberius  sei  den  Tiber  hinauf- 
gefahren usque  ad  proximos  naumachiae  hortos.  Von  demselben  spricht 
auch  Tacitus  Ann.  XIV  15  aus  Neros  Zeit:  exstructaque  apud  nemus,  quod 
navali  stagno  circumposuit  Augustus,  cofiventicula  et  cauponae  et  posita  veno 
irritamenta  luxui.^)  Die  Naumachie  (vgl.  Tac.  Ann.  XH  56)  erstreckte  sich 
von  S.  Cosimato  über  S.  Francesco  a  Ripa  zum  Janiculum,  eine  grosse  Ellipse 
von  532,80  zu  355,20  m  (1800  zu  1200  Fuss).  Bartoli  Mem.  59  berichtet 
über  einen  Fund  von  dem  Paviment,  das  zu  ihr  gehörte;  auf  demselben  war 
ein  ungeheurer  Neptun,  14  Fuss  gross,  dargestellt.  Im  Jahre  1873  ist  in 
derselben  Gegend  beim  Bau  eines  Hauses  wieder  ein  Teil  des  Pavimentes  in 
einer  Tiefe  von  8  m  gefunden  worden.  Die  Präzinktionen  der  Naumachie 
waren  von  Travertin;  auch  hiervon  sind  einige  Reste,  ferner  Büsten  und 
Reliefs  gefunden  worden  (Bartoli  Mem.  60,  61).  Zur  Speisung  dieser 
Naumachie  legte  Augustus  die  Aqua  Alsietina,  auch  Augusta  genannt, 
an.  Sie  kam  aus  dem  Lacus  Alsietinus  (p.  28)  vom  15.  Meilensteine  der 
Via  Claudia,  ihr  Wasser  war  schlecht  und  wurde  nur  im  Notfall  zum 
Trinken  benutzt,  dagegen  diente  es  zur  Bewässerung  der  Gärten  etc. 
(Frontin.  11).  Unter  Nero  (Sueton  Nero  12;  Dio  Cass.  LXI  20)  und 
Titus  (Dio  Cass.  LXVI  25)  wurde  die  Naumachie  noch  benutzt.  Sueton. 
Tit.  7  spricht  von  ihr  schon  als  von  der  veteri  naumachia,  Statins  Silv. 
IV  4,  7  (geschrieben  95  n.  Chr.)  erwähnt  sie  noch.  Später  scheint  sie  verfallen 
zu  sein,  zur  Zeit  des  Alexander  Severus  gab  es  nur  noch  Spuren  von  ihr 
(Dio  Cass.  LV  10).  Bei  Plin.  XVI 190  und  200  wird  ein  Pens  naumachiarius 
erwähnt,  der  unter  Tiberius  abbrannte,  und  zu  dessen  Wiederherstellung 
Lärchenbäume    aus    Rätien    herbeigeschafft  wurden,    worunter    sich    ein 


^\  Vgl.  Bobsari,  Del  gruppo  di  edifizi 
sacri  al  Sole  nell'  area  degli  orti  di  Cesare, 
BaU.  com.  1887  p.  90  £P. 

*)  Fast  genau  derselben  Worte  bedient 


sich  Sueton  Aug.  48:  item  navale  proelium, 
circa  Tiberim  cavato  solo,  in  quo  nunc 
Caesarum  nemiM  est 

•)  Vgl.  Rom.  Mitt  1889  p.  289. 


6.  Die  Stadtteile  am  Tiber,    f.  Trana  Tiberim.    (§  103.)  277 

Balken  von  120  Fuss  Länge  und  2  Fuss  Dicke  befand,  nach  Plinius  der 
längste  Balken,  der  jemals  in  Rom  gesehen  wurde,  noch  20  Fuss  länger 
als  der  Balken  vom  Dach  des  Diribitoriums  (vgl.  p.  233).  Tiberius  Hess 
ihn  auf  dem  Pons  naumachiarius  ausstellen,  und  er  blieb  da  bis  zu 
Neros  Zeit.  Es  ist  wahrscheinlich,  dass  dieser  Pons  die  sehr  grosse 
und  nicht  zu  übersehende  Naumachie  überbrückte.  —  Domitian  baute 
eine  neue  Naumachie,  die  indessen  wieder  eingerissen  wurde  (Dio 
Cass.  LXVII  8,  Suet.  Dom.  5);  mit  dem  Material  wurde  der  durch 
Brand  beschädigte  Gircus  Maximus  wieder  aufgebaut  (vgl.  p.  176);  ihre 
Lage  ist  ebensowenig  wie  die  der  von  Philippus  Ärabs  zur  Feier  des 
tausendjährigen  Bestehens  der  Stadt  angelegten  (Aurel.  Vict.  Caes.  28 
exstructo  trans  Tiberim  lacu)  genau  zu  bestimmen.  Die  Regionsbeschreibung 
zählt  fünf  Naumachien,  zwei  davon  sind  jedenfalls  nicht  einmal  dem 
Namen  nach  bekannt.  Im  Mittelalter  hiess  die  Gegend  zwischen  S.  Pietro 
und  der  Engelsburg  Regio  naumachiae  (Acta  S.  Sebastiani  p.  640,  vgl. 
Jordan,  Top.  II,  p.  328,  430)  wonach  sich  die  Lage  einer  oder  mehrerer 
der  Naumachien  wenigstens  annähernd  bestimmt. 

3.  An  der  Stelle,  wo  heute  S.  Pietro  in  Vaticano  liegt,  befanden  sich 
im  Anfang  des  ersten  Jahrhunderts  n.  Chr.  die  Oärten  der  Agrippina.  Sie 
reichten  bis  zum  Flusse  und  waren  dort  durch  eine  Portikus  abgeschlossen 
(Seneca  de  ira  III  18  heisst  es  von  Caligula:  in  xysto  maternorum  hortorum, 
qui  porticum  a  ripa  separat).  Direkt  auf  sie  zu  führte  vom  Marsfelde  der 
Pons  Neronianus  (vgl.  p.  68);  er  ist  im  Zusammenhang  mit  den  Anlagen 
im  Vatikanischen  Gebiet  entstanden.  Von  Agrippina  gingen  diese  Gärten 
in  den  Besitz  des  Gaius  Caligula,  ihres  Sohnes,  über;  dieser  baute  in 
ihnen  einen  Circus  (Dio  Cass.  LIX  14,  Sueton  Cal.  54)  und  errichtete  auf 
der  Spina  desselben  den  berühmten  Obelisken  aus  Heliopolis,  der  jetzt 
vor  S.  Pietro  steht.  ^)  Von  Claudius  heisst  es  Suet.  21:  circenses  frequenter 
etiam  in  Vaticano  commisit,  Nero  aber  liebte  ihn  ganz  besonders,  er  übte 
sich  hier  zuerst  allein  und  zeigte  dann  seine  Künste  vor  dem  Volke  (Suet. 
Nero  22,  Tac.  Ann.  XIV  14).  Es  ist  dies  auch  der  Circus,  der  durch  die 
Martern  der  Christen  (Tac.  Ann.  XV  44)  eine  schauerliche.  Berühmtheit 
erlangt  hat.  Plinius  N.  H.  XXXVI  74  nennt  ihn  Circus  Gai  et  Neronis,  im 
Mittelalter  heisst  er  Palatium  Neronis.  Die  alte  Basilica  S.  Petri 
war  mit  ihrer  Südseite  auf  seine  Nordseite  aufgesetzt.  Prokop  Goth. 
II  1  erzählt,  dass  der  Neronische  Circus  im  Jahre  537  gänzlich  von 
Häusern  und  engen  Gässchen  eingebaut  war.  —  Für  gewöhnlich  identifiziert 
man  mit  diesem  Circus  das  Gaianum  der  Regionsbeschreibung  (ein 
raiavov  nennt  auch  Dio  Cass.  LIX  14).  Indessen  nimmt  Lanciani  (Bull, 
com.  1896  p.  248)  wohl  nicht  mit  Unrecht  daran  Anstoss,  dass  damals 
die  Nordseite  des  Circus  schon  zum  Fundament  der  Basilika  von  S.  Peter 
geworden,  also  der  Circus  selbst  nicht  mehr  als  solcher  existierte. 
Dazu  kommt,  dass  später  der  Name  Gaianum  dem  sogenannten  Circus 
des  Hadrian  in  den  Prati  di  Castello,  nördlich  vom  Mausoleum  des  Hadrian, 
beigelegt  wird  (p.  281).     Die  Sache  ist  also  soweit  dunkel,    dass  man 

*)  Vgl.  Anhang  I  die  Obelisken. 


278 


B.  Topographie  von  Born. 


nicht  für  sicher  annehmen  darf,  dass  Gaianum  gleichbedeutend  mit 
Gircus  Gai  ist.  —  Nicht  weit  von  dem  Gircus  des  Galigula  ist  eine  Anzahl 
von  Inschriften  gefunden,  die  sich  auf  Taurobolien  beziehen  (GIL  VI497 — 504, 
512);  sie  sind  sämtlich  datierbar  und  reichen  von  305^890  n.  Ghr.  Hier 
war  also  eine  Hauptstätte  des  Dienstes  und  ein  Tempel  der  Magna 
Mater.  In  der  Regionsbeschreibung  wird  er  unter  dem  Namen  Fri- 
gianum  (Phrygianum)  neben  dem  Oaianum  erwähnt.  Die  Berühmtheit 
dieser  Eultstätte  phrygischer  Gottheiten  ergiebt  sich  daraus,  dass  in  einer 
in  Lyon  gefundenen  Inschrift  aus  dem  Jahre  160  n.  Ghr.  (Orelli  2322) 
dort  die  Stätte  gleicher  Kulte  Vaticanum  genannt  wurde. 

4.  Nero  verband  mit  den  Gärten  seiner  Mutter  Agrippina  die,  wie  es 
scheint,  unmittelbar  daranstossenden  Gärten  der  Domitia,  der  Schwester 


Abb.  29.    Moles  Hadrlanl. 

seines  Vaters.  Sie  blieben  seitdem  kaiserliches  Besitztum,  und  Aurelian 
z.  B.  wohnte  mit  Vorliebe  hier  (Vita  49:  magis  placebat  in  hortis  Sallusti 
vel  in  Domitiae  vivere).  Die  Lage  der  Gärten  der  Domitia  ist  im  allge- 
meinen dadurch  bestimmt,  dass  das  Mausoleum  des  Hadrian  darin  lag. 
In  der  Vita  Antonini  Pii  5  heisst  es  von  ihnen:  Hadriano  apud  Baias 
mortuo  reliquias  eins  Bomam  pervexlt  sancte  ac  reverenter  atque  in  hortis 
Domitiae  collocavü.  Nähere  Bestimmungen  ihrer  Ausdehnung  haben  sieh 
bei  den  Fundamentierungsarbeiten  für  den  in  den  ehemaligen  Prati  di 
Gastello  errichteten  Justizpalast  ergeben.  Die  Grenzlinie  der  Horti  Do- 
mitiae liegt  etwa  in  der  Achse  des  neuen  Gebäudes.  Von  hier  aus  west- 
lich haben  sich  grossartige  Anlagen  in  Retikulatwerk  und  Reste  kostbarer 
Marmorarten  gefunden,  während  nach  Osten  zu  die  Spuren  schlechter 
Bauten  aus  späterer  Zeit  zum  Vorschein  gekommen  sind.    Bemerkenswert 


6.  Die  StadtieUe  am  Tiber,    f.  Trans  Tiberim.    (§  108.) 


279 


für  den  Charakter  der  Gegend  ist,  dass  auf  dem  Terrain  der  Prati  di 
Castello  sich  keine  Reste  von  städtischer  Bebauung  (Strassen,  Mietshäuser, 
Kloaken)  gefunden  haben J) 

5.  In  den  Gärten  der  Domitia  errichtete  Hadrian  sein  berühmtes 
Mausoleum,  die  Moles  Hadriani  (Vita  Hadr.  19  vgl.  p.  251).  Es  bestand 
aus  einem  mächtigen  quadratischen  Unterbau  von  84  m  Seite  und  einem 
sich  darüber  erhebenden  cylindrischen  Hauptbaü  von  64  m  Durchmesser, 
in  dem  sich  die  Grabkammer  befand.  Dieser  Bau  wurde  durch  eine  hohe 
Basis  mit  der  Eolossalstatue  des  Hadrian,  vermutlich  auf  einer  Quadriga 
(vgl.  Abb.  29),  abgeschlossen.  Die  früher  namentlich  durch  die  Rekon- 
struktion von  Ganina  verbreitete  Annahme,  dass  auf  dem  erhaltenen  Rund- 
bau noch  ein  zweiter  Rundbau  von  kleinerem  Durchmesser  gestanden 
hätte,  ist  durch  die  verdienstvollen  Untersuchungen  Borgattis  jetzt 
widerlegt.*)     Über    die  Architektur   des   jetzt    ganz    verbauten    quadra- 


Abb.  80.    Beste  yon  der  Bekleidung  des  ünterbans  der  Molee  Hadriani. 

tischen  Unterbaus  sind  wir  durch  Zeichnungen  des  15.  und  16.  Jahr- 
hunderts gut  unterrichtet  (vgl.  Abb.  30).  Der  Rundbau,  dem  ebenfalls 
die  äussere  Architektur  völlig  fehlt,  war  wahrscheinlich  durch  Pilaster, 
wenn  nicht  durch  Säulen  gegliedert,  auf  denen  oberhalb  des  Simses 
Statuen  standen.  Ähnlich  war  die  Bekleidung  des  Sockels,  der  die  be- 
krönende Quadriga  trug.  Ein  zusammen  mit  einem  Kolossalkopf  des 
Antoninus  Pius  im  Castel  S.  Angelo  gefundener  Kolossalkopf  Hadrians, 
jetzt  befindlich  in  der  Rotunde  des  Vatikans  (Helbig  P  Nr.  305),  hat 
sicher,  wie  auch  ersterer,  zum  Schmucke  des  Mausoleums  gehört.  Hadrian 
begann  den  Bau  sechs  Jahre  vor  seinem  Tode,  aber  erst  Antoninus  Pius 
vollendete   ihn  im  Jahre  139  und  brachte   die  Leiche  Hadrians,   die  vor- 


')  Vgl.  Lanoiani,  Bull.  com.  1889  p.  173  flf., 
der  zugleich  über  den  Fund  zweier  antiker 
Sarkophage  berichtet.  Ueber  einen  weiteren 
Sarkophagfnnd  wird  berichtet  Bull.  com. 
1889  p.  445.  Die  Gr&berfunde  in  dieser 
Gegend  zeigen,    dass    diese   Gegend    schon 


ausserhalb    der    Regionsgrenzen    lag.     Vgl. 
Borsabi,  Bull.  com.  1890  p.  8  ff. 

«)  BoBGATTi,  Castel  S.  Angelo  in  Roma, 
Storia  e  descrizione,  Roma  1890,  mit  reichem 
Illustrationsmaterial,  Not.  d.  scavi  1892 
p.  422  ff.,  BuU.  com.  1893  p.  22  ff. 


280 


B.  Topographio  von  Born. 


läufig  in  Giceros  Puteolanum  beigesetzt  worden  war,  hierher  (Vita  Anton. 
Pii  6).  Derselbe  barg  darin  auch  die  Leichen  der  schon  vor  Hadrian  ge- 
storbenen Sabina  und  des  Aelius  Caesar.  Die  das  Andenken  des  Hadrian 
und  der  Sabina  verewigende  Inschrift  war  über  dem  Eingang  angebracht, 
die  übrigen  an  der  Aussen  wand  (CIL  VI  984— 995).  0  In  diesem  Mau- 
soleum sind  von  Hadrian  an  vermutlich  alle  Kaiser  und  Mitglieder  der 
kaiserlichen  Familien  bis  auf  Septimius  Severus  und  seine  Söhne  bestattet 
worden.  Von  Severus  bezeugt  es  Dio  Cass.  LXXVI 15,  von  Garacalla  die 
Vita  Macrini  5:  corpus  Antonini  Bomam  remisit  sepulchris  maiorum  in- 
ferendum,  und  Dio  Cass.  LXXVHI  9,  von  Geta  Dio  Cass.  LXXVHI  24.  Nur 
Didius  Julianus  (Vita  c.  8)  ist  in  dem  Grabmal  des  Salvius  Julianus, 
seines  Grossvaters,  an  der  Via  Labicana  beigesetzt.^)  Durch  seine  gün- 
stige Lage  und  den  Anschluss  an  die  Aurelianische  Mauer  (vgl.  p.  72) 
wurde  das  Mausoleum  schliesslich  Hauptfestung  der  Stadt.  Im  Jahre  537 
n.  Chr.  versuchten  die  Goten  unter  Vitiges  es  zu  stürmen,  aber  die  Be- 
lagerten trieben  sie  zurück,  indem  sie  die  Statuen  des  Denkmals  auf  sie 
hinabstürzten.  Eine  zweite  Belagerung  machte  es  im  Jahre  546  durch,  damals 
musste  es  Narses  dem  Totila  übergeben.  Als  im  Jahre  590  eine  Pest  in 
Rom  wütete,  soll  Papst  Gregor  dem  Grossen  bei  einer  Prozession  der 
Erzengel  Michael,  sein  Schwert  in  die  Scheide  steckend,  über  dem  Mau- 
soleum erschienen  sein.  Bonifatius  IV.  (608—615)  errichtete  zum  An- 
denken daran  auf  der  Höhe  desselben  eine  Kapelle  des  heil.  Michael 
(S.  Angelo  inter  nubes);  später  trat  an  ihre  Stelle  die  Statue  des  Erz- 
engels; seitdem  heisst  das  Mausoleum  Castel  S.  Angelo  (Engelsburg). 
Vielfach  umgebaut  ist  das  riesige  Grabmal,  wenn  auch  allen  Schmuckes 
entblösst,  im  Innern  und  Äussern  doch  noch  in  seinen  Grundzügen  er- 
halten. 

6.  Dass  in  der  Nähe  des  Mausoleums  noch  andere  Grabmäler 
standen,  sieht  man  aus  der  u.  a.  von  L.  Faunus,  Ant.  di  Roma  V 12  erhaltenen 
Nachricht,  dass  zwischen  S.  Pietro  und  Engelsburg  eine  grosse  Pyramide 
stand,  die  Alexander  VI.  (1492 — 1503)  behufs  Regulierung  und  Ver- 
schönerung des  Weges  abgerissen  hat.  Das  Mittelalter  machte  sie  teils  zu 
einem  Grabmal  des  Romulus,  teils  zu  dem  des  Scipio  Africanus  (Jord.H 
p.  405).  Diese  Pyramide  des  Romulus  findet  sich  namentlich  häufig  abgebildet 
teils  auf  Stadtbildern,  teils  auf  Darstellungen  der  Kreuzigung  des 
h.  Petrus.  Nicht  minder  bekannt  oder  seltener  dargestellt  ist  ein  zweites 
Grabmal  in  Form  eines  Obelisken,  im  Mittelalter  Obeliscus  Neronis 
genannt,  das  nicht  weit  davon  lag  und  jetzt  ebenfalls  verschwunden  ist. 
Nach  den  Funden  und  Fundnotizen  scheinen  sowohl  an  der  Strasse,  die  vom 
Pens  Aelius  in  direkt  westlicher  Richtung  den  Borge  durchlief  (Via 
Cornelia?),  als  auch  an  der  von  ihr  nach  Nordwesten  sich  ab- 
zweigenden und  den  Monte  Mario  emporführenden  antiken  Strasse,  die 
mindestens  seit  dem  4.  Jahrhundert  n.  Chr.  (Regionsbeschreibung)  den 
Namen   Via    triumphalis    führte,   zahlreiche   Grabmäler   gestanden   zu 


')  Vgl.  Abb.  29  und  R5m.  Mitt.  1891 
p.  U2. 

^)  Nftheres  siehe    bei   0..  Hirschfeld, 


Die  kaiserlichen  Grabstfttten  in  Rom,  Sitznngs- 
berichte  der  Berliner  Akad.  1886,  p.  1149  fi. 


6.  Bio  Stadtteile  am  Tiber,    f.  Trans  Tiberim.    (§  108.) 


281 


haben.    Auch  unter  dem  Belvedere  des  Vatikan  haben  sich  Gräber  ge- 
funden. ») 

7.  Nördlich  vom  Mausoleum  des  Hadrian  haben  sich  die  Beste  eines 
Circus  gefunden  (Beschr.  der  Stadt  Rom  11  1.  17  flf.,  de  Rossi,  Piante 
p.  65),  dessen  Anlegung  durch  Hadrian  wegen  seiner  Lage  und  der  Münzen 
dieses  Kaisers  (Cohen  162.  163)  mit  der  Umschrift  ann.  DCCCLXXIIIl 
not.  urb.  p.  cir,  con.  (lagernde  Figur  mit  Rad  und  Meta),  wahrscheinlich 
ist.  Es  ist  dies  der  Circus,  den  Prokop.  Goth.  II  1  im  Auge  hat,  wenn 
er  ihn  auch  nicht  namentlich  nennt. ^)  Über  die  Bezeichnung  des  Circus 
als  Gaianum  vgl.  p.  277. 

8.  Die  Aqua  Traiana  (CIL  VI  1260),  von  Trajan  aus  dem  Lacus 
Sabatinus  bis  zum  Janiculum  geführt  (Cohen  Traj.  20  —  25)  und  in  erster 
Linie  für  das  transtiberinische  Gebiet  angelegt,  endigte  auf  dem  Janiculum 
in  einem  grossen  Wasserwerk.^)  Von  hier  stürzte  sich  das  Wasser  mit 
starkem  Geflllle  herab  und  trieb  Mühlen.  Prokop.  Goth.  I  19  sagt  von 
ihnen,  sie  beständen  ix  naXaiov^  es  ist  also  wohl  möglich,  dass  sie  schon  von 
Trajan  angelegt  worden  sind.  Im  Jahre  537  n.  Chr.  wurden  sie  bei  der 
Zerstörung  der  Wasserleitungen  durch  die  Goten  unbrauchbar  gemacht.  Da- 
mals legte  Belisar  die  schwimmenden  Mühlen  im  Tiber  an,  die  bis  in  die 
neueste  Zeit  beim  Ponte  Sisto  existiert  haben.  Eine  Zweigleitung  der  Traiana 
ging  nach  Norden  zu  und  ist  bis  nach  S.  Onofria  hin  zu  verfolgen.  Durch 
Paul  V.  (1605— -1621)  wurde  die  Leitung  wiederhergestellt,  zur  Errich- 
tung der  Aqua  Paola  wurden  die  Reste  des  Nervaforums  verwendet  (p.  114). 

9.  Von  Anlagen  des  Septimius  Severus  in  dieser  Region,  mit  denen 
auch  ohne  Zweifel  die  in  der  Regionsbeschreibung  genannten,  nach  Lanciani 
Form.  ürb.  27  am  Fusse  des  Janiculum  gelegenen  Horti  Getae  zusammen- 
hängen, spricht  die  Vita  Severi  19:  (exstant)  eiusdemque  etiam  balneae  (über- 
liefert ianuae)^)  in  Travstiberina  regione  ad  portam  nominis  sui.  Die  un- 
gefähre Lage  wird  durch  den  ehemaligen  Namen  des  südlichen  Anfangs 
der  Lungara,  der  dem  Tiber  parallel  laufenden  Strasse,  il  Settignano,  und 
den  eines  (späteren)  Thores  in  der  Aurelianischen  Mauer  bezeichnet,  der 
Porta  Septimiana.5)  Alexander  VI.  (1492 — 1503)  hat  es  a  fundamentis 
wiederhergestellt. 

10.  Topographisch  nicht  nachweisbar  sind  die  in  der  Regionsbeschrei- 
bung genannten  Balinea  Ampelidis,  Prisci  et  Dianae,  ebensowenig 
der  Campus  Bruttianus,  dem  der  Vicus  Bruttianus  auf  der  kapito- 
linischen Basis  entspricht.  Über  den  Campus  .Codetanus  vgl.  p.  258. 
Das  Einsiedler  Itinerar  nennt  in  der  transtiberinischen  Region  M  i  c  a 
aurea,  auch  genannt  auf  einer  bei  S.  Cosimato  gefundenen  Inschrift, 
wahrscheinlich  kein  Gebäude  wie  das  auf  dem  Caelius  (vgl.  p.  339), 
sondern  der  Name  einer  Gegend  (Strasse?)  unmittelbar  unter  dem  Jani- 
culum.    Die  Bezeichnung  ging  später  auf  zwei   Kirchen:   SS.  Cosmas  et 

*)  Vgl.  Lanciani,    Itin.  Eins.  p.  93  flf.  mianae  Zangembisteb,  Rhein.  Mus.  XXXIX 

*)  üeber  Darstellungen  der  Reste   auf  p.  635. 

mittelalterlichen  Stadtbildern  vgl.  de  Rossi,  *)   Vgl.  Becker    p.  213    und    Jordan, 

Piante  Tav.  1—4.  Top.  I  1   p.  373.    Wie  und   ob  dieses  Thor 

*)  Vgl.  Lanciani,  Acque  p.  162  flf.  mit  der  in  der  Vita   19    genannten  porta 

*)  halneae  Becker,  Top.  p.  213.     Septu  nominis  mi  zusammenhangt,  ist  nicht  klar. 


282 


B.  Topographie  von  Born. 


Damianus  in  mica  aurea  und  S.  Johannes  in  mica  aurea  über.  Was  der 
Name,  der  auch  Personenname  ist,  bedeutet,  ist  nur  vermutungsweise  zu 
bestimmen.  0 

Über  ein  Heiligtum  des  Jupiter  Dolichenus  in  der  XIY.  Region 
siehe  CIL  VI  415.«) 

gr.  Die  Tiberinsel. 

104.  Die  Tiberinsel  hat  trotz  ihrer  günstigen  Lage,  die  sie  nach 
unseren  Begriffen  zum  natürlichen  Stützpunkt  eines  Überganges  über  den 
Tiber  machen  musste,  fast  fünf  Jahrhunderte  nach  der  Gründung  Roms 
unbewohnt  und  unbenutzt  gelegen.  Von  der  Servianischen  Befestigung 
blieb  sie  ausgeschlossen,  da  es  im  Wesen  derselben  lag,  eine  möglichst 
kurze  Strecke  des  Ufers  in  sich  aufzunehmen  (vgl.  p.  41),  und  auch 
die  am  Südpunkte  des  Kapitels  dem  Flusse  nahetretende  Mauer  nicht 
anders  als  auf  dem  kürzesten  Wege  zum  Ufer  geführt  werden  konnte. 
Zudem  hätte  die  Insel,  wenn  sie  zur  Stadt  gezogen  werden  sollte,  einer 
besonderen  Befestigung  bedurft.  Die  Rücksicht  auf  die  Verbindung  der 
beiden  Ufer  aber  lag  der  damaligen  Zeit  fern;  nicht  bequemen  Anschluss 
an  dasselbe  zu  suchen,  sondern  möglichst  vollkommenen  Abschluss 
gegen  dasselbe  war  ihr  Prinzip,  welches  auch  in  der  auf  sofortigen  Ab- 
bruch eingerichteten  Holzbrücke  erkennbar  ist.  Wie  so  ganz  ausserhalb 
des  Gesichtskreises  der  Stadt  die  Insel  lag,  spiegelt  sich  in  der  eigentüm- 
lichen Sage  wieder,  dass  sie  erst  nach  Vertreibung  der  Tarquinier  durch 
das  diesen  gehörige,  von  dem  Volke  in  den  Fluss  geworfene  Getreide  ent- 
standen sei.^) 

Im  Jahre  291  v.  Chr.  wurde  auf  der  Insel  der  Tempel  des  griechi- 
schen Aesculapius  gegründet.  Infolge  einer  Pest  war  im  Jahre  293 
nach  Epidaurus  gesendet  worden,  um  das  Bild  des  Gottes  zu  holen  (Liv. 
X  47).  Statt  desselben  brachten  die  Gesandten  die  heilige  Schlange  (in 
quo  ipsum  numen  esse  constabat  Liv.  epit.  XI,  Plin.  N.  H.  XXIX  72),  welche 
ihnen  freiwillig  gefolgt  war.  Als  das  zurückkehrende  Schiff  auf  dem 
Wege  zu  den  Navalia  an  der  Insel  vorbeifuhr,  schlich  die  Schlange  auf 
dieselbe  und  wählte  sich  selbst  den  Platz  zum  Heiligtum  (Pbelleb,  Myth. 
n'  242  ff.,  vgl.  p.  200).  Der  Tempel  wurde  an  der  Stelle  gegründet,  wo 
sich  jetzt  die  Kirche  S.  Bartolommeo  befindet  (CIL  VI  7,  12;  Ovid  Fast. 
I  291  f.;  Fest.  ep.  p.  110;  Val.  Max.  I  8,  2),  und  die  ganze  Insel,  welche 
ungefähr  eine  Länge  von  300  m  hat,  als  Temenos  desselben  konsekriert. 
Sueton  Glaud.  25  heisst  es:  cum  quidam  aegra  et  adfecta  mancipia  in 
insulam  taedio  medendi  exponerent,  omnes  qui  exponerentur  liberos  esse  sanxü, 
nee  redire  in  dicionem  domini,  si  convaluissent  Wann  zuerst  der  Gedanke 
entstanden  ist,  der  durch  die  Gründung  des  Tempels  notwendig  gewordenen 
Aufmauerung  des  Ufers  die  Gestalt  eines  Schiffes  zu  geben,  wozu  frei- 
lich die  Form  der  Insel  ebenso  wie  die  Legende  einlud,  ist  unbekannt; 
die  noch  jetzt  an  der  Ostecke  erhaltenen  Reste  sind  von  Travertin  und 


*)  Vgl.  Lanciami,  Itin.  Eins.  p.  50;  Gatti, 
Della  mica  aurea  nel  Trastevere,  BuU.  com. 
1889  p.  392;  Hülsen,  Rom.  Mitt.  1891  p.  148. 


2)  Bull.  d.  Inst.  1861  p.  179. 

8)  Liv.  II  5;  Dionys.  V  13;  Plut.  PopL  8. 


7.  Der  Osten  Ronui.    a.  QuirinaUs  und  Virninalis.    (§§  104-105.)  283 

stammen  wohl  aus  derselben  Zeit  wie  die  erste  steinerne  Inselbrücke,  der 
Pens  Fabricius  (vgl.  p.  51).  Auch  der  Tempel  selbst  wurde  um  dieselbe 
Zeit  wiederhergestellt  (Varro  L.  L.  Vn  57  „huiusce  modi  equites  pictos  vidi 
in  Äesculapii  aede  veter e*'),    Gründungstag  war  der  1.  Januar. ^ 

Neben  das  Signum  des  Gottes  wurde  das  des  Arztes  des  Augustus 
gesetzt,  der  diesen  von  schwerer  Krankheit  geheilt  hatte  (guet.  Aug.  59). 
—  Auf  der  Insel  stand  eine  Bildsäule  Cäsars,  Tac.  Hist.  I  86  erzählt 
unter  den  Prodigien  des  Jahres  69  n.  Chr.:  statuam  divi  Juli  in  insula 
Tiberini  amnis  sereno  et  immoto  die  ab  occidente  in  orientem  conversam. 

Neben  diesem  Tempel  entstanden:  1.  Ein  Tempel  des  Faunus,  im 
Jahre  195  v.  Chr.  „ex  pecunia  muüaticia*^  gelobt  (Liv.  XXXm  42)  und  193 
V.  Chr.  dediziert  (Liv.  XXXIV  53),  von  Vitruv  HI  2.  3  als  „aedes  Jovis  et 
Fauni*"  bezeichnet.  Dedikationstag  war  der  13.  Februar  (Ovid.  Fast.  11 
193).  —  2.  Ein  Tempel  des  Veiovis,  gleich  dem  Aeskulapheiligtum  am 
1.  Januar  dediziert  (Ovid.  Fast.  I  293).  Er  war  im  Jahre  200  v.  Chr.  von 
L.  Furius  Purpureo  gelobt  (Liv.  ^XXT  21)  und  wurde  194  v.  Chr.  dediziert 
(Liv.  XXXIV  53;  vgl.  XXXV  41  und  CIL  I»  p.  305).  —  3.  Auch  dem  Ti- 
berin us  wurde  auf  der  Insel  am  8.  Dezember  ein  Opfer  gebracht  (CIL  I* 
p.  336);  endlich  hatte  4.  Semo  Sancus  (Dius  Fidius)  hier  einen  Altar 
(CIL  VI  567),  auf  Grund  dessen,  wie  es  scheint,  im  Mittelalter  der  Glaube 
entstanden  ist,  die  Römer  hätten  den  Simon  Magus  verehrt;  vgl.  Justinus 
Martyr.  Apol.  I  c.  26  p.  59  ed.  Paris,  und  TertuUian,  Apol.  13.  Die  Lage 
aller  dieser  Heiligtümer  ist  unbekannt.  —  Mit  vulgärem  Namen  hiess  die 
Insel  in  der  Eaiserzeit  „inier  duos  pontes*';  so  sagt  Plut.  Popl.  8:  xaXettai, 
Sb  (fcovfj  TTJ  AccTivwv  fiäat]  Svotv  ye<pvQwVj  der  überdies  berichtet,  ausser 
Tempeln  wären  auf  ihr  nsQinaToi  gewesen.  Der  Name  kommt  auch  auf 
Form.  Urb.  1X42  vor  und  hat  sich  lange  erhalten;  die  Kirche  S.  Barto- 
lommeo  wird  gelegentlich  so  bezeichnet  (vgl.  auch  p.  191).  —  Bekannt  ist 
durch  Bas.  Kap.  Reg.  XIV,  CIL  VI  451  und  821  ein  auf  der  Insel  befind- 
licher Vicus  Censori. 

7.  Der  Osten  Roms, 
a.  Quirinalis  und  Vlminalls. 
106.  Die  Hügel.  Die  sechste  Region  umfasst  (vgl.  p.  53):  den 
Viminal,  den  Quirinal  und  das  nördlich  von  diesem  liegende,  von  Quirinal 
und  Pincio  gebildete  Thal,  in  dem  die  Horti  Sallustiani  sich  ausbreiteten 
(p.  267  f.)  nebst  dem  östlichsten  Teile  des  Pincio.  Die  Nordgrenze  der 
Region  steht  nicht  fest,  vermutlich  wurde  sie  von  einer  auf  die  Porta 
Salaria  zuführenden  Strasse  gebildet,  die  Büdgi^enze  bildete  der  Vicus 
Patricius,  der  als  Fortsetzung  des  Argiletums  in  dem  Thale  zwischen 
Viminal  und  Cispius  zm-  Porta  Viminalis  im  Servianischen  Wall  führte, 
und  dessen  Verlängerung  die  Aurelianische  Mauer  an  dem  südlich  vom 
Praetorianerlager  befindlichen,    nachmals  geschlossenen   Thore   traf.     Im 

*)  Dass  es  schon  vor  Gründung  dieses  |  wie  über  die  Tempel  auf  der  Insel  überhaupt 

Tempels  in  Rom  ein  Heiligtum  des  Aeskulap  |  vgl.  Jordan  in  den  Comm.  in  hon.  Mommseni 

irgendwo  y,extra  urbein"  gegeben  hat,   geht  1  p.  359. 

aus  Plin.  N.  H.  XXIX  16  hervor.     Hierüber,  | 


284  B,  Topographie  von  Born. 

Westen  wurde  sie  von  den  zur  YIII.  Region  gehörigen  Kaiserfora  und 
weiter  nördlich  von  dem  nach  dem  Marsfelde  (YII.  Region)  ab- 
fallenden Westabhange  des  Quirinals  begrenzt.  Die  Zugehörigkeit  der 
Sallustischen  Gärten  zur  Region  ergiebt  sich  aus  der  Regionsbeschrei- 
bung, ebenso  die  des  Viminal;  denn  die  sicher  unweit  der  Südspitze 
dieses  Hügels  gelegenen  Oallinae  albae  werden  in  der  VI.  Region  auf- 
geführt. 

Die  älteste  Kunde  von  der  Topographie  des  Quirinals  giebt  die 
Argeerurkunde  (Anhang  lY);  nach  ihr  war  die  langgestreckte  Bergzunge 
des  Quirinalis  in  der  Ausdehnung,  wie  sie  in  die  Vierregionenstadt  (vgl. 
p.  38  ff.)  aufgenommen  war,  in  vier  besondere  coUes  geteilt,  den  Qui- 
rinalis, Salutaris,  Mucialis  und  Latiaris.  Aus  derselben  Urkunde  er- 
fahren wir,  dass  auf  dem  Quirinalis  die  Aedes  Quirini,  auf  dem  Salutiiris 
die  Aedes  Salutis,  auf  dem  Mucialis  die  Aedes  Dii  Fidii  und  auf 
dem  Latiaris  sich  ein  Auguraculum  befand.  Eine  Bestätigung  geben 
die  Nachrichten  des  Festus  über  die  Thore  der  Servianischen  Stadt, 
ep.  p.  255:  Quirinalis  porta  dicta,  sive  quod  ea  in  collem  Quirinalem  itur,  seu 
quod  proxime  eam  est  Quirini  saceUum;  p.  327:  Salutaris  porta  ^)  appellaia 
est  ab  aede  Salutis,  quae  ei  proxima  fuit;  p.  345 :  Sanqualis  porta  appellatur 
proxima  aedi  Sand  (=  Dii  Fidii),  Über  die  Lage  dieser  Sonderhügel 
kann  kein  Zweifel  sein:  die  Argeerprozession  betrat,  vom  Viminal  kommend, 
den  Quirinal  von  Osten  her  beim  GoUis  Quirinalis  und  verliess  ihn  an  der 
Südspitze,  dem  Collis  Latiaris.  Sie  sind  jetzt  topographisch  nicht  mehr  zu 
scheiden,  nur  die  vier  Aufgänge  von  der  Ebene  her  sind  noch  deutlich 
markiert  und  durch  die  über  ihnen  angelegten  Thore  nachweisbar.  Auf 
den  Collis  Quirinalis  und  Salutaris  führten  Strassen  durch  die  gleichnamigen 
Thore,  auf  den  Mucialis  durch  die  Porta  Sanqualis,  und  auf  den  Latiaris, 
der  ehemals  auch  das  Gebiet  des  Forum  Traiani  einnahm  (vgl.  p.  114  ff.), 
gelangte  man  von  der  Porta  Fontinalis  aus  (p.  44).  Die  Namen  des 
Salutaris,  Mucialis  und  Latiaris  sind  nur  aus  der  Argeerurkunde  bekannt 
und  in  historischer  Zeit  anscheinend  kaum  noch  in  Gebrauch  gewesen,  der 
Name  Quirinalis  dagegen  ist  Gesamtname  für  den  ganzen  Hügel  und  das 
östlich  davon  bis  an  die  Servianische  Mauer  und  weiter  sich  erstreckende 
Hügelplateau  geworden. 

106.  Strassen.  Über  den  Rücken  des  Quirinals  lief  schnurgerade, 
der  heutigen  Via  Yenti  Settembre  entsprechend,  die  Hauptstrasse  der 
VL  Region,  die  Alta  semita,  nach  der  die  Region  genannt  wurde.  Eine 
zweite  Hauptstrasse,  der  Vicus  longus,  lief  in  dem  Thal  zwischen 
Quirinal  und  Viminal  und  traf  in  spitzem  Winkel  mit  ersterer,  vermutlich 
etwa  200  m  vor  der  Porta  Collina,  zusammen.  Das  letzte  Stück  der  beiden 
Strassen  bis  zur  Porta  Collina  scheint  den  Namen  Vicus  portae  CoUinae 
geführt  zu  haben.  Bei  Errichtung  der  Diokletiansthermen,  die  den  ganzen 
Raum  zwischen  der  Porta  Collina  und  der  Porta  Viminalis  einnahmen,  ist 
vermutlich  das  letzte  Ende  des  Vicus  longus  eingezogen  und  überbaut  worden. 


')  üeber  das  aus  der  letzten  Zeit  der  |  vor  der  Porta  Salutaris  vgl.  Bull.  com.  1876 
Republik  stammende  Grab  der  Sempronier  |  p.  126  Taf.  II. 


7.  Der  Osten  Bonui.    a.  Qnirinalis  und  Virninalis.    (§§  106—107.)  285 

Eine  Hauptstrasse  muss  auch  über  den  Rücken  des  Yiminal  gelaufen  sein ; 
sie  hiess  wenigstens  in  ihrem  oberen  Teile  Vicus  coUis  Virninalis 
(CIL  VI  2227,  2228),  an  der  Porta  Virninalis  traf  sie  mit  dem  Vicus  Patricius 
zusammen.  Von  allen  diesen  Strassen  sind  Reste  aufgedeckt  worden;  sie 
hatten  im  wesentlichen  die  gleiche  Richtung  von  SW.  nach  NO.  und 
führten  aus  dem  Innern  der  Stadt  zu  den  Thoren  der  Servianischen  Mauer 
empor  und  von  diesen  weiter  zu  den  Thoren  der  Aurelianischen.  Auch 
die  zwischen  diesen  Hauptadern  laufenden  Strassen  sind  im  wesentlichen 
zu  rekonstruieren.  Vom  westlichen  Ende  der  Alta  Semita  (auf  dem  Quirinals- 
platz)  führte  im  Zuge  der  heutigen  Via  delQuirinale  eine  Strasse  nach  Süden. 
Dies  war  der  Vicus  Laci  Fundani  (vgl.  p.  225).  Eine  in  dieser  Strasse 
bei  der  Kirche  S.  Silvestro  a  Monte  Cavallo  offenbar  an  der  ursprüng- 
lichen Stelle  gefundene  Traventinbasis  (CIL  VI  1297)  nennt  ihn:  L,  Comelio 
L.  F.  SuUae  Felici  Dictatori  vicus  Lad  Fund.  Der  Vicus  wird  noch  zwei- 
mal genannt,  und  dadurch  die  Identifizierung  mit  der  Via  del  Quirinale  be- 
stätigt. Bei  Tac.  Hist.  III  69  wird  erzählt,  dass  am  15.  Dezember  69  n. 
Chr.  sich  auf  die  Kunde  von  der  Abdankung  des  Vitellius  die  Partei- 
gänger des  Vespasian  im  Hause  des  Flavius  Sabinus  auf  dem  Quirinal 
an  der  Alta  Semita  (p.  299)  versammelten  und  bei  dem  Versuche,  das 
Forum  zu  gewinnen,  circa  lacum  Fundani  descendentibus  ihnen  die  Vitel- 
lianer  entgegentraten,  wobei  ein  modicum  proelium,  das  für  die  Vitellianer 
günstig  ist,  entsteht.  Ausserdem  wird  der  Lacus  Fundani  in  den  Olossae 
Placidi  p.  29  ed.  Deuerl.  genannt:  Catialem  collem,  ubi  nunc  lacus  Fundani 
est,  dictus  a  Cati  cuiusdam  loco  (vgl.  p.  225),  und  CIL  VI  9854  ein  redemptor 
a  laco  Fundani,  Hierher  gehört  auch  der  CIL  VI  311  und  Vita  Tac.  17 
genannte  Hercules  Fundanius.  Mehrere  Querstrassen  verbanden  die 
Alta  Semita  und  den  Vicus  longus,  der  Clivus  Salutis  (p.  289)  und  die 
Strasse  ad  malutn  Funicum  (p.  299).  Den  Vicus  Insteius  oder  Insteianus 
nennt  die  Argeerurkunde  auf  dem  Collis  Latiaris,  er  wird  noch  einmal  er- 
wähnt bei  Liv.  XXIV  10  et  in  vico  Insteio  fontem  sub  terra  tanta  vi  aquarum 
fluxisse,  ut  serias  doliaque,  quae  in  eo  loco  erant,  provoluta  velut  itnpetus 
torrentis  tulerit.  Wenn  man  dies  Prodigium  mit  der  Bemerkung  des 
Festus  ep.  85:  Fontinalia,  fontium  sacra,  unde  et  Romae  Fontinalis  porta 
(daneben  eine  Aedes  Fontis,  vgl.  Aust  Nr.  39)  zusammenhält,  so  scheint 
der  Vicus  Insteianus,  der  in  Wirklichkeit  ein  Clivus  war,  denn  die  Argeer- 
urkunde sagt:  in  vico  Insteiano  summo,  in  der  Nähe  der  Porta  Fontinalis 
(vgl.  p.  44)  sich  befunden,  resp.  zu  dieser  hinabgeführt  zu  haben  und 
durch  die  Anlage  des  Trajansforums  verschwunden  zu  sein.  Unsicher 
ist  die  Bestimmung  eines  Clivus  Mamuri  oder  Vicus  Mamuri,  der 
übrigens  nur  in  mittelalterlichen  Urkunden  vorkommt.  Die  Regions- 
beschreibung nennt  zwischen  dem  Capitolium  antiquum  und  dem  Templum 
Dei  Quirini  die  Statua  Mamuri,  was  immerhin  der  Name  einer  antiken 
Strasse  gewesen  sein  kann  (vicus  statuae  Mamuri),  etwa  zwischen  der 
Alta  Semita  und  dem  Vicus  longus;  der  Lib.  pont.  führt  auch  noch  ein 
templum  Mamuri  an. 

107.  Tempelbauten.   1.  Die  Aedes  Quirini.   Der  Kult  des  Quirinus 
auf  dem  nach  ihm  genannten  Hügel  —   der  frühere  Name  soll  Agonus 


286 


B.  Topographie  von  Born. 


oder  Agonius  gewesen  sein  (Fest.  p.  254,  ep.  p.  10,  Dionys.  n  37,  Cic.  de 
legg.  1 1)  —  ist  sicher  sehr  alt.  Die  Überlieferung  schreibt  dem  Könige 
Numa  die  Konsekrierung  des  Romulus  zu  (Dionys.  11  68),  nach  Solin  I  21 
soll  Numa  anfangs  auf  dem  Quirinal  gewohnt  haben.  Das  älteste  Heilig- 
tum des  Quirinus  scheint  das  unmittelbar  an  der  Porta  Quirinalis  gelegene 
zu  sein;  es  heisst  bei  Festus  p.  254,  das  Thor  habe  seinen  Namen  davon, 
weil  proxime  eam  ein  Quirini  saceUum  sich  befunden  habe.  Dasselbe  scheint 
Varro  LL.  V  51  zu  meinen,  wenn  er  sagt:  Collis  Quirinalis,  (quod  ibi) 
Quirini  fanum.^) 

Die  Gründung  einer  Aedes  Quirini  wird  von  Livius  X  46  aus  dem  Jahre 
293  V.  Chr.  berichtet.  Der  Konsul  L.  Papirius  Cursor  dedizierte  ihn  in 
Erfüllimg  eines  Gelübdes,  das  sein  Vater,  der  Diktator,  gethan  hatte,  und 
schmückte  ihn  aus  der  Samnitischen  Beute.  Plin.  VII  213  erzählt,  dass 
er  neben  dem  Tempel  das  erste  solarium  horologium  aufgestellt  habe.*) 
Ob  aber  dieser  Papirianische  Tempel  der  erste  Quirinustempel  war,  der 
dort  errichtet  wurde,  ist  zweifelhaft.  Liv.  IV  21  erzählt,  dass  im  Jahre  435 
V.  Chr.  im  Tempel  des  Quirinus  eine  Senatssitzung  gehalten  worden  sei.  Man 
wird  Jordan  Top.  11  p.  267  zustimmen  müssen,  dass  diese  im  Zusanmienhang 
mit  den  Ki'iegen  gegen  Fidenae')  erwähnte  Senatssitzung  nicht  ausreicht, 
um  darum  eine  Aedes  Quirini  vor  der  des  Papirius  anzunehmen,  aber  die 
Wahrscheinlichkeit  ist  dafür,  dass  der  Tempel  weit  älter  war  als  die  an- 
gebliche Neugründung  durch  Papirius.  Der  Gründungstag  des  Tempels 
war  der  17.  Februar,  der  Tag  der  Quirinalia  (CIL  I«  p.  310).  Ovid  Fast. 
II  511  bemerkt  zu  dem  Tage:  tetnpla  deo  fiunt.  Im  Jahre  206  v.  Chr. 
wurde  der  Tempel  vom  Blitze  getroffen  (Liv.  XXVÜI  11),  im  Jahre  49 
V.  Chr.  brannte  er  ab,  der  von  Dio  Cass.  XLI 14  unter  den  Prodigien  des 
Jahres  aufgezählte  Brand  äscherte  aXXa  ts  xal  tov  tov  Kvqivov  vaov  ein 
(xatäipksSev).  Die  drei  Jahre  später  erfolgte  Aufstellung  einer  Statue 
Caesars  in  dem  Tempel  mit  der  Aufschrift  ^«y  ärixi^tp  (Dio  Cass.  XLIII 
45)  zeigt,  dass  er  sofort  wieder  hergestellt  wurde.  Augustus  unternahm 
einen  völligen  Neubau,  der  im  Jahre  16  v.  Chr.  vollendet  war  (Dio  Cass. 
LIV  19).    Nach  Vitruv  III  2,  7  war  der  Tempel  in  dorischem  Stil  erbaut, 


0  Wahrscheinlich  gehört  hierher  auch 
PüiiiiiB  XV  120  f.:  inter  antiquissima  namque 
delubra  habetur  Quirini,  hoc  est  ipaius 
Ramuli.  In  eo  sacrae  fuere  myrti  duae 
ante  aedem  ipsam  per  longum  tempus,  altera 
Patricia  appellatüf  cUtera  pleheia,  Patricia 
tnultis  annia  praevaluit  exuberans  ac  laeta, 
Quamdiu  senatus  quoque  floruit,  illa  ingens, 
pleheia  retorrida  ac  aqualida.  Quae  post- 
quam  evaluit  flavescente  patricia,  a  Marsico 
hello  languida  auctoritas  patrum  facta  est 
acpaulatim  in  sterilitatem  emarcuit  maiestas. 
Die  von  Wissowa,  Hermes  XXVI  p.  139  ver- 
tretene Ansicht,  dass  dieses  ,alte  Heiligtum 
an  der  porta  Quirinalis  mit  der  späteren 
aedes  Quirini  identisch,  d.  h.  durch  dieselhe 
ersetzt  worden  sei'  ist  schon  topographisch 
unhalthar.  Wir  kennen  die  Lage  der  Porta, 
den  Qang  der  Alta  Semita  und  den  der  Servia- 


nischen Mauer.  Ein  Blick  auf  den  Plan  von  Rom 
(vgl.  auch  Lanciani,  Form.  ürh.  16)  zeigt, 
dass  es  unmöglich  ist,  einen  Tempel  von  den 
Dimensionen,  die  er  nachher  unter  Augustus 
annahm  —  und  dessen  Identifizierung  mit  dem 
des  Papirius  wird  doch  Wissowa  nicht  auf- 
gehen wollen  —  zwischen  Strasse  und  Mauer 
proxime  eam,  also  unmittelbar  am  Thore  zu 
plazieren. 

')  Er  fügt  hinzu:  a  Fdbio  Vestdle  pro- 
ditur.  Sed  neque  facti  horologi  rationem 
vel  artificem  significiat  nee  wnde  transUxhim 
Sit  aut  apud  quem  scriptum  id  invenerit.  Ueber 
andere  Sonnenuhren  vgl.  p.  99  und  252  f.  und 
Varro  LL  VI  4. 

*)  üeber  das  Unsichere  und  UnhiBtorische 
dieser  Kämpfe  vgl.  Nirbuhr  II  p.  512  ff.; 
0.  Richter,  Hermes  XVH  p.  429  ff. 


7.  Der  Osten  Borna,    a.  Qnirinalis  und  Viminalis.    (§  107. 


287 


ein  dipteros  octctstylos  et  pronao  et  postico  und  hatte  rings  herum  eine 
doppelte  Säulenreihe.  0  Dio  Gass.  a.  a.  0.  giebt  die  Gesamtzahl  der  Säulen 
auf  76  an,  soviel  wie  Augustus'  Lebensjahre  betrugen.  Er  hatte  darnach 
in  den  Fronten  acht,  an  den  Seiten  fünfzehn  Säulen  (Rekonstruktion  bei 
Lanciani,  Form.  Urb.  16).  Der  Tempel  war  nach  Martial  XI 1,  9  mit  einer 
Portikus  umgeben,  die  als  Aufenthaltsort  von  Müssiggängern  denen  des 
Pompeius  (p.  229),  der  Europa  (p.  257)  und  der  Argonauten  (p.  242)  nicht 
nachstand.  Der  Oründungstag  dieses  neuen  Tempels  war  der  29.  Juni 
(CIL  I>  p.  820).  Auffallend  ist,  dass  die  Fasten  beide  Gründungstage  ent- 
halten, ebenso  wie  Ovid,  der  Fast.  VI  796  zum  29.  Juni  bemerkt:  data 
sunt  trabeae  templa,  Quirine,  ttiae.^) 

Wegen  der  Lage  dieses  wichtigsten  Tempels  des  Quirinals  ist  man 
bis  in  die  neueste  Zeit  ziemlich  allgemein  der  Ansicht  gewesen,  er  sei 
südlich  von  der  Alta  Semita  bei  S.  Andrea  oder  bei  der  Kirche  S.  Vitale 
am  Vicus  longus  anzusetzen.  Lancianis  Verdienst  (Bull.  com.  1889 
p.  336—339,  p.  379—391)  ist  es,  den  Beweis  geführt  zu  haben,  dass  der 
ganze  Stadtteil  zwischen  dem  Vicus  longus  und  der  Alta  Semita  derartig 
mit  anderen  Bauten,  teils  öffentlichen,  teils  privaten,  erfüllt  war,  dass  die 
Möglichkeit,  hier  den  Quirinustempel  zu  lokalisieren,  ausgeschlossen  ist. 
Zu  dem  negativen  kam  der  positive  Beweis.  Innerhalb  der  Quirinals- 
gärten,  nördlich  von  der  Alta  Semita,  haben  sich  zwei  archaische  In- 
schriften gefunden  (CIL  VI  475,  565),  die  nirgends  anders  als  im  oder 
beim  Tempel  des  Quirinus  ihren  Platz  gehabt  haben  können.  Er  setzt 
ihn  deshalb  nördlich  der  Alta  Semita  an,  was  immerhin  noch  einen  ge- 
wissen Spielraum  lässt. 

Neben  dem  Quirinustempel  befand  sich  nach  Quint.  Inst.  erat.  1 7, 12 
ein  Pulvinar  Solls  {in  pulvinari  Solis,  qui  colitur  iuxta  aedem  Quirini, 
vgl.  Fast,  zum  9.  Aug.).  Wahrscheinlich  befand  es  sich  dort,  wo  Papirius 
das  Solarium  (s.  oben)  aufgestellt  hatte.  —  Eine  Strasse  in  der  Nähe  des 
Tempels,  die  nach  diesem  benannt  war,  bezeugen  die  in  der  Bassus- 
Inschrift  Bull.  com.  1891  p.  357  genannten  Quinnenses, 

2.  Auf  dem  Quirinal  befand  sich  auch  das  Capitolium  vetus  (oder 
antiquum),  nach  Varro  LL.  V  158  so  genannt,  quod  ibi  sacellum  Jovis, 
Junonis,  Minervae,  et  id  antiquius  quam  aedis  quae  in  Capitolio  facta.^) 
Drei  Inschriften,  die  Überreste  von  Widmungen  der  Gemeinden  Kleinasiens 
an  das  Römische  Volk,  die  sowohl  auf  dem  Capitolium  als  auch  auf  dem 
Capitolium  vetus  aufgestellt  waren,  haben  sich,  zwei  beim  Bau  des  Palazzo 
Barberini,  CIL  VI  373,  374,  letztere  im  Jahre  1637  n.  Chr.,  eine  im  Jahre 
1887  nördlich  davon  im  Garten  des  Klosters  S.  Maria  della  Concezione  (Bull, 
com.  1887  p.  251)  gefunden.  Da  beide  Fundorte  ausserhalb  der  Servia- 
nischen Mauer  liegen,  so  sind  die  Inschriften  verschleppt,  indessen  wird 
man  den  den  Fundorten  zunächst  liegenden   östlichen  Teil  des  Quirinals 


^)  Vgl.  Jacobi,  Museographie  p.  24. 

^)  Ueber  die  doppelten  Grflndungstage 
hat  sich  eine  lebhafte  Kontroverse  entsponnen. 
Vgl.  Jordan,  Ephem.  epigr.  I  p.  238  f.;  Wis- 
sowA,  Der  Tempel  des  Qniiinus  in  Rom, 
Herm.  XXVI  p.  187  £P.  und  Analecta  Romana 


topographica,  Halle  1897  p.  13  flf.;  Mommsbm 
CIL  I*  p.  310  (vgl.  Res  gestae  D.  Augusti 
IV  6),  dessen  Ansicht  wir  folgen. 

')    Ueber   die    gleiche   Trias   auf  dem 
Aventin  vgj.  p.  208. 


288  B.  Topographie  von  Born. 

(soweit  dieser  einst  zur  Vierregionenstadt  gehörte,  vgl.  Taf.  3)  für  das 
Capitolium  vetus  in  Anspruch  nehmen  dürfen.  Lanciani,  Form.Urb.  16  setzt 
es  dorthin  an  die  Stelle  einer  bis  auf  TJrban  VIII  (1623—1644)  im  Qui- 
rinalsgarten  befindlichen,  seitdem  abgetragenen  Anhöhe  an  der  äussersten 
Nordostecke  des  Quirinals.  Eine  im  Jahre  1626  auf  dem  Quirinal  ge- 
fundene archaische  Weiheinschrift  an  den  Jupiter  Victor  hat  möglicher- 
weise auf  dem  Capitolium  vetus  gestanden  (Bull.  com.  1878  p.  226).  Das 
Heiligtum  hat  bis  an  das  Ende  des  Reiches  existiert,  noch  die  Regions- 
beschreibung nennt  es. 

3.  Mit  dem  Capitolium  vetus  und  dem  Tempel  des  Quirinus  hängen 
topographisch  die  Aedes  Florae  und  die  Officinae  minii  zusanunen. 
Von  ersterer  heisst  es  bei  Varro  LL.  V  158:  clivus  proximtis  a  Flora 
SUSU8  versus  Capitolium  vetus,  d.  h.  vom  Tempel  der  Flora  führte  ein  Clivus 
zum  Capitolium  vetus  empor.  Dies  bestätigt  Martial,  der  uns  zugleich 
den  Namen  dieser  Strasse  überliefert,  wenn  er  V22,3  f.  sagt:  sed  Tiburtinae 
sunt  proximus  accola  piiae,  qua  videt  antiquum  rustica  Flora  Jovem,  Da  der 
gewiss  uralte  Tempel  der  Flora  (über  eine  Restauration  im  4.  Jahrh.  n.  Chr. 
vgl.  Bull.  com.  1893  p.  181)  innerhalb  der  Servianischen  Mauer  gelegen 
hat,  so  wird  der  Clivus,  an  dessen  unterem  Ende  dieser  Tempel  stand, 
von  der  Alta  Semita  nicht  weit  von  der  Porta  Quirinalis  abgebogen  und 
zum  Capitolium  vetus  emporgestiegen  sein.  Der  Tempel  der  Flora  lag 
demnach  gleich  dem  Tempel  des  Quirinus  an  der  Nordseite  der  Alta 
Semita.  Dies  aber  wird  direkt  durch  Vitruvs  Nachricht  über  die  Lage 
der  officinae  minii  bestätigt.  Er  sagt  VII  9, 4 :  officinae  nunc  traiectae  swit 
ideo  Romam,  quod  id  genus  venae  postea  est  inventum  Hispaniae  regionibuSj  e 
quibus  metallis  glaebae  portantur  et  per  publicanos  Romae  curantur.  Eae 
autem  officinae  sunt  inter  aedem  Florae  et  Quirini.  Sie  lagen  also  ebenfalls 
an  der  Nordseite  der  Alta  Semita  zwischen  den  beiden  nicht  allzuweit 
von  einander  entfernten  Tempeln,  i)  wo  sie  auch  Lanciani  Form.  Urb.  16 
ansetzt.  Er  beruft  sich  dabei  auf  Flam.  Vacca,  Mem.  37,  nach  dem  in  dieser 
Gegend  zwischen  Resten  stattlicher  Bauten  {fabbriche  nobüissime)  moüe 
fabbriche  povere,  che  piuttosto  tenevano  di  stufe  plebee  zur  Zeit  Sixtus  V  zum 
Vorschein  gekommen  sind.  —  Beim  Tempel  der  Flora  war  eine  Örtlich- 
keit, vermutlich  eine  Strasse  ad  to{n)sores,  bekannt  durch  die  Inschrift 
auf  der  Bulla  eines  flüchtigen  Sklaven  (Rom.  Mitt.  1891  p.  341):  reduc  me 
ad  Flora  ad  tosores.     Vgl.  de  Rossi,  Bull.  com.  1893  p.  187  flf. 

4.  Die  Aedes  Salutis  (Dedikationstag  der  5.  Aug.,  Fast,  und  Cic. 
ad  Att.  IV  1)  wurde  306  v.  Chr.  gelobt  und  303  v.  Chr.  von  C.  Junius 
Bubulcus  dediziert  (Liv.  IX  43,  XI);  es  ist  aber  so  gut  wie  sicher, 
dass  die  Göttin  schon  vorher  auf  dem  Quirinal,  resp.  auf  dem  Collis 
Salutaris,  der  nach  der  Salus  benannt  ist,  ein  Heiligtum  hatte.  In  dem 
Tempel  befanden  sich  eine   dem   M.  Porcius   Cato    vom   Volke    gesetzte 

0  HüLSENS  Bedenken  (Rhein.  Mos.  XLIX      sein  kann,  die  Lage  auf  der  Hohe  des  Qui- 


p.  407)  wegen  der  Ansiedlang  einer  so  übel- 
riechenden und  gesundheiteschfidlichen  In- 
dustrie an  einer  so  bedeutenden  Strasse 
kann  ich  nicht  teilen,  da,  wenn  überhaupt 
von  hygienischer  Rücksichtnahme  die  Rede 


rinals  doch  wohl  der  von  Hülsen  vorge- 
schlagenen im  Thale  vorzuziehen  sein  dürfte. 
Das  Wasser  aber,  das  er  auf  dem  .Scheitel 
dieses  wasserlosen  Hügels"  venniasi,  wurde 
doch  reichlich  durch  Leitungswasser  ersetzt. 


7.  Der  Osten  Borna,    a.  Qairinalis  und  Viminalis.    (§  107.)  289 

Bildsäule  (Plut.  Cat.  mai.  19)  und  vergoldete  Statuen  (signa  inauratq), 
welche  A.  Postumius  Albinus  im  Jahre  180  v.  Chr.  weihte  (Liv.  XL 
37).  Im  Jahre  206  v.  Chr.  wurde  er  gleich  dem  Tempel  des  Quirinus 
vom  Blitz  getroffen.  Seine  Hauptberühmtheit  verdankte  er  den  Gemälden, 
mit  denen  Fabius  Pictor  ihn  geschmückt  hatte.  Diese  erhielten  sich 
bis  ins  Zeitalter  des  Plinius;  unter  Claudius  gingen  sie  durch  Feuer  zu 
gründe  (Plin.  N.  H.  XXXV  19,  Val.  Max.  VH!  14,  6).  0  Dass  der  Tempel 
hinterher  wieder  aufgebaut  wurde,  ergibt  sich  aus  der  Erwähnung  in  der 
Regionsbeschreibung. 

Über  die  Lage  der  Aedes  Salutis,  von  der  keinerlei  Reste  zum  Vor- 
schein gekommen  sind,  gibt  indirektes  Zeugnis  eine  unter  dem  Monastero 
delle  Sagramentate  nicht  weit  von  der  Via  della  Consulta  gefundene  In- 
schrift, in  der  von  der  Aedicula  im  Vicus  Salutis  (oder  Salutaris)') 
die  Rede  ist.  Es  muss  dies  eine  Strasse  sein,  die  von  dem  in  der  Tiefe 
laufenden  Vicus  longus  zur  Alta  Semita  empor*)  und  von  da  zur  Porta 
Salutaris  führte;  es  ist  anzunehmen,  dass  der  Tempel  nördlich  von 
der  Alta  Semita  nicht  weit  von  dem  Thore  und  auch  nicht  allzuweit  von 
der  Aedes  Quirini  lag.  Denn  die  bestimmten  Angaben  über  das  Wohn- 
haus des  T.  Pomponius  Atticus  (Cic.  ad  Att.  IV  1,  4  und  XII  45,  3)  lehren, 
dass  dieses  beiden  Tempeln  in  gleicher  Weise  benachbart  war.  Es  ist  mög- 
lich, dass  ein  weiterer  Beweis  von  der  Nachbarschaft  beider  Tempel  in  einer 
Notiz  der  Argeerurkunde  gegeben  ist.  Es  heisst  dort  beim  4.  Sacrarium 
des  Quirinals:  collis  Salutaris  quarticeps,  adversum  eat  Apolinar,  eis  aedem 
Salutis,  Nach  Bunsens  Vorgang  nimmt  man  allgemein  an,  dass  statt  des 
auf  dem  Quirinal  nicht  denkbaren  Apolinar  zu  setzen  ist  pulvinar,  und 
damit  das  Pulvinar  Solis  gemeint  ist,  das  demnach  zwischen  den  beiden 
Tempeln,  in  deren  Nähe  es  aufgeführt  wird,  gelegen  hat,  die  Tempel 
selbst  aber  können  nicht  weit  auseinander  gelegen  haben. 

5.  Das  Heiligtum  des  Semo  Sancus  oder  Dius  Fidius*)  wurde  für 
eins  der  ältesten  gehalten  und  auf  Titus  Tatius  zurückgeführt  (Tertull.  ad 
nat.  II  9).   Auch  Ovid  Fast.  VI  217  f.  sagt:  hunc  igitur  veteres  donarunt  aede 

^)  C.  L.  Visconti,  lln*  antichissima  pittura  |  läge  des  Giardino  pubbllco  südlich  von  der 
delle  tombe  Esqniline,  Bull.  com.  1889,  ,  Via  Venti  Settembre,  also  zwischen  Alta 
p.  340  fp.,  Taf.  XL  XII  veröffentlicht  und  be-  |   Semita  und  Vicus  longus,  kam  Pflaster  18  m 

unter  dem  jetzigen  Niveau   zum  Vorschein, 


spricht  ein  Kriegsscenen  darsteUendes  Ge 
mälde  und  meint,  es  kOnnte  dies  eine 
Nachbildung  von  den  Gemfllden  des  Fabius 
Pictor  im  Salustempel  sein.  Kblbio,  Führer 
I  ^  p.  421  setzt  diese  Wandmalereien  in  die 
letzte  Hälfte  des  dritten  oder  in  das  zweite 
Jahrhundert  v.  Chr.  Fabius  Pictor  hat  nach 
Plinius  N.  H.  XXXV  19  den  Tempel  im  Jahre 
304  V.  Chr.,  also  100  Jahre  früher,  ausgemalt. 

*)  Bei  Symmachus  V  54,  2  wird  ein 
Clivus  Salutis  genannt,  der  möglicherweise 
init  dem  Vicus  identisch  ist.  Es  ist  aber 
diov  Möglichkeit  offen  zu  halten,  dass  der 
vom  Marsfeld  zum  Thor  emporführende  Clivus, 
an  dem  das  Grab  der  Sempronier  lag  (vgl. 
p.  44  und  284),  so  hiess. 

'')  Die  Einebnung  des  Südrandes  des 
Quirinals  ist  ganz  bedeutend.    Bei  der  An- 

Hiindbnch  der  klam.  AltertumfiwlBseuschaft.   in.  3,  B.    2.  Aufl.  19 


Vgl.  Bull.  com.  1890  p.  1 1.  Die  bei  Juvenal 
2,  132  f.  genannte  Vallis  Quirini  {officium 
cras  primo  sole  mihi  j^eragendum  in  volle 
Quirini)  dürfte  hier  in  der  Einsenkung  zwi- 
schen Quirinal  und  Viminal  zu  suchen  sein. 
Freilich  lässt  sich  bei  der  Vereinzelung  der 
Erwähnung  die  Vorstellung  einer  bestimmten 
Lokalität  damit  nicht  verbinden.  Die  Schollen 
zu  der  Stelle  sagen:  in  volle  colle  Quirini, 
ad  invidiam  dicit  in  volle.  Bentley  zu 
Horaz  carm.  I  2,  46  schreibt  in  colle  Quirini, 
doch  sehe  ich  keinen  Grund,  an  der  Existenz 
einer  Vallis  Quirini  zu  zweifeln.  Vgl.  auch 
Jordan,  Top.  II  p.  195. 

*)    lieber    die    Bedeutung    des    Gottea 
vgl.  WissowA  bei  Röscher  I  p.  1189  f. 


290  B«  Topographie  Yon  Born. 

Sabini  inque  Quirinali  constituere  iugo.  Unter  anderen  Reliquien  wurde 
darin  auch  die  Urkunde  über  das  Bündnis  aufbewahrt,  welches  Tarquinius 
Priscus  mit  Gabii  schloss  (Dionys  IV  58),  und  die  Dionys  gleich  der  im 
Tempel  der  Diana  auf  dem  Aventin  befindlichen  (IV  26,  vgl.  p.  207)  noch  sab. 
Auf  diese  Urkunde  spielt  Horaz  Ep.  U  1. 25  mit  den  Worten  foedera  regum 
vel  Gabiis  vel  cum  rigidis  aequata  Sabinis  an.  Femer  stand  darin  eine 
Erzstatue  der  Tanaquil  (Fest.  p.  238,  241,  Plut.  Quaest.  Rom.  30).  Auch 
Rocken  und  Spindel  der  Tanaquil  sollen  bis  zur  Zeit  Yarro's  dort  existiert 
haben  (Plin.  N.  H.  Vlll  194).  Im  Widerspruch  dazu  steht  die  Angabe  des 
Dionysius  IX  60,  dass  die  Weihung  des  vom  Könige  Tarquinius  Superbus 
erbauten  Tempels  erst  nach  Vertreibung  der  Könige  im  Jahre  466  v.  Chr. 
von  Sp.  Postumius  Regillensis  vorgenommen  sei.  Als  Gründungstag  geben 
Ovid  a.  a.  0.  und  die  Fasten  den  5.  Juni  an.  Es  handelt  sich  bei  diesen 
Nachrichten  wahrscheinlich  um  zwei  sich  zeitlich  folgende  Heiligtümer 
(vgl.  oben  den  Quirinustempel).  Inschriftenfunde,  die  im  Jahre  1580  im 
Garten  des  Klosters  S.  Silvestro  a  Monte  Cavallo  (CIL  VI  568)  und  1887  fast  an 
derselben  Stelle  (Bull.  com.  1887  p.  8)  gemacht  sind,  weisen  mit  Sicher- 
heit auf  S.  Silvestro  als  den  Standort  des  Tempels.  Ob  diese  Stelle,  die 
etwa  120  m  von  der  Porta  Sanqualis  entfernt  ist,  zu  Fest.  ep.  345:  San- 
qualis  porta  appellatur  proxima  aedi  Sand  passt,  ist  zweifelhaft.  Nicht  zu 
vereinen  mit  den  übrigen  Nachrichten  ist  Livius  VIII  20:  bona  Semoni  Sanco 
censuerunt  consecranda,  quodque  aeris  ex  eis  redactum  est,  ex  eo  ahenei  orbes 
facti  positi  in  sacello  Sangus  adversus  aedem  Quirini,  Der  letzte  Zusatz 
sieht  doch  aus,  als  solle  durch  ihn  diese  Kapelle  von  dem  allgemeiner 
bekannten  Tempel  unterschieden  werden.  —  Der  Tempel  bestand,  wie  die 
oben  angeführten  Inschriften  beweisen,  noch  in  der  Kaiserzeit. 

6.  Auf  dem  CoUis  Latiaris  nennt  die  Argeerurkunde  ein  Augura- 
culum,  das  ähnlich  dem  auf  der  Arx  (p.  120)  eingerichtet  gewesen  sein 
wird,  das  aber  sonst  nicht  erwähnt  wird.  Es  verdient  hervorgehoben  zu 
werden,  dass  genau  wie  auf  dem  dreiteiligen  Kapitel,  so  auch  auf  dem 
vierteiligen  Quirinal  an  den  beiden  äusseren  Teilen  des  Hügels  sich  je  ein 
Capitolium  und  ein  Auguratorium  befand.  Auguracula  befanden  sich  ausser- 
dem noch  auf  dem  Palatin  (vgl.  p.  140)  und  auf  dem  Aventin  (Remuria 
p.  205).  In  historischer  Zeit  hat  nur  das  auf  der  Arx  gelegene  Be- 
deutung. 

7.  Ein  älteres  Heiligtum  lag  am  Vicus  longus,  das  Sacellum  Pudicitiae 
plebeiae.  Die  Entstehung  desselben  erzählt  Liv.  X  23  zum  Jahre  296 
V.  Chr.  Virginia,  die  Tochter  des  Aulus,  aus  patrizischem  Geschlecht,  aber 
mit  dem  plebejischen  Konsul  L.  Volumnius  verheiratet,  wurde  deswegen 
von  den  Patrizierfrauen  von  der  Teilnahme  an  den  Opfern  im  Heiligtum 
der  Pudicitia  patricia  auf  dem  Forum  boarium  (vgl.  p.  190)  ausgeschlossen. 
In  Folge  davon  gründete  sie  im  Vicus  longus,  wo  sie  wohnte,  eine  Ära 
der  Pudicitia  plebeia  {ex  parte  aedium  quod  satis  esset  loci  modico  sacello 
exclusit  aramque  ibi  posuit).  In  derselben  Strasse  stand  nach  Plutarch, 
de  fort.  Rom.  10  ein  Altar  der  Tvxr]  evekmg  und  vielleicht  die  CIL  VI  9673 
und  10023  genannte  Statua  Planci. 

8.   So  reichlich  ausgestattet  der  Quirinal  mit  Heiligtümern  aus  der 


7.  Der  Osten  Borna,    a.  Qnirinalis  und  Virninalia.    (§  107.)  291 

ältesten  Zeit  ist,  so  leer  erscheint  für  unsere  Kenntnis  die  kleinere  Berg- 
zunge des  Viminal.  Weder  die  Überlieferung  noch  die  Ausgrabungen 
haben  in  dieser  Hinsicht  viel  zum  Vorschein  gebracht.  Ein  sicher  sehr 
altes  Heiligtum  war  die  Ära  Jovis  Viminii  bei  der  Porta  Viminalis 
(Fest.  p.  376).   Varro  LL.  V  51  nennt  sie  bei  Besprechung  der  Argeerurkunde. 

9.  Durch  die  Verschiebung  der  Verteidigungslinie  der  Servianischen 
Mauer  wurde  das  den  Quirinal  und  den  Viminal  verbindende,  nach  Süden  zu 
mit  dem  Esquilin  zusammenhängende  Hochplateau  zur  Stadt  gezogen.  Von 
älteren,  republikanischen  Bauten  auf  diesem  später  fast  ganz  durch  die  Dio- 
kletiansthermen umgestalteten  und  eingenommenen  Qebiet  sind  drei  Tempel 
der  Fortuna  in  der  Nähe  der  Porta  CoUina  bekannt,  von  denen  die 
Gegend  oder  eine  Strasse  (Lanciani,  Form.  Urb.  10)  den  Namen  ad  tres  For- 
tunas  erhalten  hat.  Vitruv  IH  2,  2  sagt,  vom  Antentempel  sprechend:  huius 
exemplar  erü  ad  tres  Fortunas  ex  tribus  quae  est  proxime  portam  CoUinam 
(Crinagoras  anth.  app.  4,40  =  48  Rubensohn:  ysnovsg  ov  tq^dtfal  fiovvov 
Tvxcei  inqenov  slvai),^)  Die  drei  Tempel  verzeichnen  die  Fasten:  1.  Am 
5.  Apr.  Foriunae  publicae  citeriori  in  colle  (Ovid  Fast.  IV  375  f.);  2.  Am 
25.  Mai:  FoHunae  publicae  populi  Romani  Quiritium  in  colle  Quirinali  (Ovid 
Fast.  V729),  in  den  Fast.  Venusin.:  Fortuna^  primigeniae  in  coUe;  3.  Am 
13.  Nov.:  Foriunae  primigeniae  in  colle.  Nur  über  einen  dieser  Tempel, 
den  der  Fortuna  primigenia  sind  weitere  Nachrichten  erhalten.  Nach 
Livius  XXIX  36  wurde  er  im  Jahre  204  v.  Chr.  von  P.  Sempronius  Sophus 
gelobt  und  zehn  Jahre  später  von  Q.  Marcius  Ralla  dediziert  (Liv.  XXXIV  53). 
Aus  dem  Jahre  169  v.  Chr.  werden  Prodigien  bei  diesem  Tempel  erwähnt 
(Liv.  XLIII  13,  wonach  bei  dem  Tempel  das  Haus  des  T.  Marcius 
Figulus  lag).  Die  Inschrift  CIL  VI  3681,  die  die  Fortuna  primigenia  nennt, 
gehört  hierher,  wohl  auch  CIL  VI  3679,  die  ausserhalb  des  Serviuswalles 
bei  der  Porta  Viminalis  inmitten  von  Häuserresten  gefunden  ist.  Welcher 
Tempel  Dio  Cass.  XLII  26  mit  t^^g  Tvxriq  tf.q  dr]fjLo<fiag  xaXoviiäwfi  gemeint 
ist,  ist  nicht  klar,  da  zwei  von  den  drei  Tempeln  als  Fortuna  publica 
bezeichnet  werden.  Ebenso  wenig  ist  ersichtlich,  welchen  Tempel  Vitruv 
beschreibt.  Grundriss  und  Lage  desselben  unweit  der  Porta  Collina  sind 
nachgewiesen  (Lanciani,  Form.  Urb.  10),  von  den  andern  ist  auch  nicht 
die  Lage  bekannt. 

10.  Vor  der  Porta  Collina  befand  sich  eine  Aedes  Veneris  Erycinae, 
nach  Ovid  Fast.  IV  871  Collinae  proxima  portae,  Rem.  am.  549  prope  Col- 
linam  portam,  nach  Livius  XXX  38  extra  p.  C.  Nach  Livius  XL  34  ist  sie 
im  Jahre  184  v.  Chr.  im  Ligurischen  Kriege  von  L.  Porcius  gelobt  und  im 
Jahre  181  dediziert.  Stiftungstag  war  der  23.  April,  der  Tag  der  Vinalia 
(vgl.  CIL  I«  p.  316).  Auf  die  Gründung  ausserhalb  der  Mauer  ist  zu  beziehen 
Vitruv  I  7,  1:  extra  murum  Veneris  .  .  .  fana  ideo  collocari,  uti  non  insuescat 
in  urbe  adulescentibus  seu  matribus  famüiarum  veneria  libido.  Nach  Ovid 
Fast.  IV  865  wurde  die  Venus  Erucina  als  Venus  vulgaris  von  den  öffent- 
lichen Dirnen  gefeiert  (vgl.  Strabo  VI  2,  5  über  die  in  dem  Stammheilig- 


1)  Vgl.  H.  Jobdan,  Archftol.  Zeitung  1871,  p.  78. 

19* 


292  B.  Topographie  Yon  Rom. 

tum  auf  dem  Eryx  befindlichen  Hierodulen).^)  Nach  Strabo  VI  2,  5  war 
der  Tempel  mit  einer  ansehnlichen  Portikus  (aroav  nsQixeifievrjv  ä^ioloyov) 
umgeben.  Livius  XXX  38  berichtet,  dass  bei  diesem  Tempel  202  v.  Chr. 
die  ApoUinarischen  Spiele  gefeiert  wurden,  da  eine  Tiberüberschwemmung 
den  Gircus  unter  Wasser  gesetzt  hatte,  ein  offenbarer  Anachronismus, 
da  nach  ihm  der  Tempel  erst  18  Jahre  später  gegründet  wurde.  Im  Jahre 
82  V.  Chr.  lagerte  Sulla  hier:  avzog  d'  insix&eig  äd'Q6(p  z^  azQcn^  naqd 
taXq  KoXXlvaiq  nvXaiq  nsqi  iietfrjfißqlav  iCTQaionädevasv  ä/i^i  t6  r^g  'A^qo- 
SiTTjg  icQov  (Appian.  b.  c.  I  93). 

11.  Ebenfalls  vor  der  Porta  Collina .  befand  sich  ein  Tempel  des 
Hon  OS.  Cic.  de  legg.  II  23,  58:  nostis  extra  poriam  Collinam  aedem  Honoris; 
aram  in  eo  loco  fuisse  memoriae  proditum  est;  ad  eam  cum  lamina  esset 
inventa  et  in  ea  scriptum  lamina:  ,Honoris',  ea  causa  fuit,  ut  aedis  haec  de- 
dicaretur.  Er  fügt  noch  hinzu,  dass  wegen  der  Erbauung  des  Tempels 
viele  Gräber,  die  sich  dort  befunden  hätten,  entfernt  worden  wären.  Den 
genaueren  Standort  des  Tempels,  35  m  entfernt  vom  Agger  Servii,  an 
der  Stelle,  wo  die  Via  Salaria  und  Via  Nomentana  vor  der  Porta  Collina 
sich  voneinander  abzweigen,  bezeichnet  die  dort  im  Jahre  1873  gefundene 
Inschrift  CIL  VI  3692:  M.  Bicoleio  V.  l,  Honore,  donom.  dedet,  merito. 

12.  Zur  Zeit  Hannibals  lag  vor  der  Porta  Collina  eine  Aedes 
Herculis.  Livius  erzählt  XXVI  10,  dass  im  Jahre  211  v.  Chr.  Fulvius 
Flaccus  sein  Lager  ausserhalb  des  Walles  zwischen  der  Porta  Collina  und 
Esquilina  aufgeschlagen  habe.')  Unterdessen  schlug  Hannibal  sein  Lager 
am  Anio,  etwa  drei  Miglien  von  der  Stadt  entfernt  auf,  also  etwa  bei 
Ponte  Salaro  oder  Ponte  Nomentano  {mons  sacer),  und  machte  von  dort 
mit  2000  Reitern  einen  Rekognoscierungsritt  auf  der  Via  Salaria  ad 
portam  Collinam  usque  ad  Herculis  templum,  um  Mauern  und  Lage  der 
Stadt  aus  möglichster  Nähe  zu  betrachten.  Wieweit  von  dem  Thor 
der  Tempel  entfernt  war,  geht  aus  der  Stelle  nicht  hervor,  aber  allzu 
nahe  kann  er  nicht  gelegen  haben.  Ebensowenig  ergiebt  sich  die  Lage 
aus  der  Herkules-Inschrift  Eph.  epigr.  IV  Nr.  734,  deren  Herkunft  zweifel- 
haft ist.^)    Möglicherweise  bezieht  sich  auf  diesen  Tempel  CIL  VI  284. 

13.  Bei  der  Porta  Collina  und  zwar,  wie  ausdrücklich  hervorgehoben 
wird,  innerhalb  der  Stadt  befand  sich  der  Campus  sceleratus,  die 
Stätte,  an  der  die  der  ünkeuschheit  überführten  Vestalen  lebend  begraben 
wurden.  Über  die  Anlage  dieses  Platzes  innerhalb  der  Stadt  sagt  Serv. 
ad  Aen.  XI  206:  imperatores  et  virgines  Vestae  quia  legibus  non  tenentur, 
in  civitate  habent  sepulchra,     Denique  etiam   nocentes  virgines  Vestae,   quia 

*)  üeber  einen  Versuch,    das   Eultbild  1  et  sepulcra  et  cavas  undique  vias  ad  pug- 
des  Tempels  nachzuweisen  (Petersen,  Aphro-   |  nandum  futuroa  rati. 


dite,  IU)m.  Mitt.  1892,  p.  82  ff.)  siehe  Helbio, 
Führern«  p.  118  ff. 

^)  Den  damaligen  Znstand  des  Terrains 
ausserhalb  des  Walles  schildert  Livius  XXYI 
10  bei  dieser  Gelegenheit  anschaulich:  con- 
faules  transfugas  Numidarum,  qui  tum  in 
Aventino  ad  mille  et  ducenti  erant,  media 
vrbe  transire  Esquilias  iusserunt,  ntdlos 
ajHiores  inter  convalles  tectaque  Iwrtorum 


')  Vgl.  Bossi,  Di  un  tempio  di  Ercole 
Tutano  o  Rediculo  sulla  via  Appia,   Roma 

1890  (auch  Studi  e  documenti  di  storia  e 
diritto  XI  p.  67  ff.).  Er  versucht  unter  Ab- 
änderung der  Liviusstelle  das  an  der  Via 
Appia  gelegene  sogenannte  Heiligtum  des 
Dens  Redicnlus  hiermit  zu  identifizieren.  Der 
Versuch  ist  missglUckt  (vgl.  auch  ROm.  Mitt. 

1891  p.  114). 


7.  Der  Osten  Borns,    a.  Qnirinalis  und  Virninalis.    (§  108.) 


293 


legibus  non  tenentur,  licet  vivae,  tarnen  intra  urbem  in  campo  scelerato  ob- 
ruebantur  (Fest.  p.  333).  Liv.  VIII  15  bezeichnet  den  Ort  als:  ad  portam 
Collinam  iuxta  viam  stratam.  Vgl.  Dionys.  II  67.  III  67  und  Plut.  Numa  10. 
Letztere  Stellen  beschäftigen  sich  namentlich  mit  dem  Ceremoniell  des 
Begräbnisses. 

14.  Ausserhalb  der  Porta  Viminalis  lag  nach  Festus  ep.  p.  163  ein 
Sacellum  Deae  Neniae,  das  sonst  nicht  erwähnt  wird.  —  Bei  Nieder- 
legung der  Reste  des  Walles  hat  sich  zwischen  F.  Collina  und  P.  Vimi- 
nalis eine  wohl  erhaltene  Ära  mit  der  Inschrift:  Vermine  A.  Postumius 
A.  f.  A.  n.  Albi  duovir  lege  Plaetoria  gefunden.  Sie  stammt  aus  dem 
1.  Jahrhundert  v.  Chr.  Der  Verminus  ist  sonst  unbekannt,  er  gehört 
wohl  zu  den  Indigitamenten-Qöttem,  der  Name  ist  von  vermis  abzuleiten, 
er  ist  also  einer  der  Dei  agrestes,  der  gegen  die  den  Pflanzungen  schäd- 
lichen Insekten  etc.  angerufen  wurde.  Vgl.  Bull.  com.  1876  p.  24  flf.  Über 
Altäre  gleicher  Form,  zu  denen  auch  der  auf  dem  Palatin  (p.  142)  gehört, 
siehe  Bull.  com.  1898  p.  164. 

108.  Bauten  der  Eaiserzeit.  1.  Der  einzige  Tempel  der  VI.  Region,  der 
unseres  Wissens  in  der  Kaiserzeit  entstanden  ist,  ist  der  Tempel  des  Ser  apis. 
Er  wird  in  der  Regionsbeschreibung  gleich  zu  Anfang  der  Aufzählung  ge- 
nannt (templum  Salutis  et  Serapis).  Der  Rest  einer  grossen  monumentalen 
Inschrift,  die  den  Serapis  Deus  nennt,  ist,  in  den  Fussboden  von  S.  Agata 
in  Subura  verbaut,  im  vorigen  Jahrhundert  abgeschrieben  worden,  jetzt 
aber  verschwunden  (CIL  VI  570).  Aus  der  Inschrift  ergiebt  sich,  wie 
Pbeller,  Reg.  p.  123  f.,  134  erkannte,  Caracalla  als  Erbauer  des  Tempels. 
Auch  andere  inschriftliche  Dokumente  von  der  Verehrung  des  Serapis  auf 
dem  Quirinal  sind  gefunden  worden  (CIL  VI  573,  Kaibel  161.  1024),  aber, 
wenn  auch  alle  in  der  Nähe  der  Südspitze  des  Quirinals,  doch  so  ent- 
fernt von  einander,  dass  der  Standort  des  Tempels  aus  ihnen  nicht  ab- 
zuleiten ist.  Vermutungsweise  hat  Hülsen,  Rhein.  Mus.  XLIX  p.  396  den 
im  Mittelalter  als  Torre  mesa,  Frontispizio  di  Nerone  oder  Torre  di 
Mecenate  0  bekannten  Tempelresten  im  Giardino  Colonna  den  Namen 
templum  Serapis  beigelegt.  Am  westlichen  Hügelrande  des  Quirinals  lag  näm- 
lich oberhalb  einer  stattlichen  Treppenanlage, ')  die  von  dem  circa  20  m 
tiefer  gelegenen  Marsfelde  auf  die  Höhe  führte,  dieser  Treppe  aber  den 
Rücken  kehrend  ein  sehr  ansehnlicher  Tempel,  von  dem  noch  bis  ins 
17.  Jahrhundert  die  eine  Ecke  aufrecht  stand.')  Plan  der  Treppenanlage 
und  des  Tempels  bei  Lanciani,  Form.  ürb.  16.  Ältere  Topographen  halten 
diesen  Tempel  für  den  Sonnentempel,  dessen  Lage  indessen  in  der  VH.  Region 
innerhalb  des  Campus  Agrippae  gesichert  ist  (p.  264).  Die  einleuchtende 
Beweisführung  Beckers  p.  587  ff.  hat  die  Vorstellung,  dass  hier  der 
Sonnentempel    gelegen   habe,    nicht    zerstören    können.     Noch   Lanciaki 


*)  Beschreib.  Roms  III  2,  388. 

*)  Die  Reste  sind  noch  im  Giardino 
Colonna  zu  sehen,  sie  sind  seinerzeit  ge- 
plündert, um  die  Treppe  zur  Kirche  Araceli 
auf  dem  Eapitol  herzustellen.  Lanciakt,  der 
die  Rainen  fttr  die  Reste  des  Sonnentempels 


h&lt,  meint,  dass  in  den  Gewölben  der  Treppe 
sich  das  beim  Sonnentempel  erwähnte  Wein- 
lager (p.  264)  befanden  habe. 

*)  Vgl.  u.  a.  LANCiAifT,  n  panorama  di 
Roma,  delineato  da  Antonio  van  den  Wyn- 
gaerde,  Bull.  com.  1895  p.  81  flf.,  Taf.  VI—XHI. 


294  B.  Topographie  von  Born. 

Form.  Urb.  16  hält  daran  fest.*)  Aber  einen  Beweis,  dass  hier  der  Tempel 
des  Serapis  gelegen  habe,  giebt  es  ebensowenig. 

2.  An  der  Südseite  der  Alta  Semita,  westlich  von  der  Kirche 
S.  Andrea,  sind  die  Reste  einer  von  Domitian  erbauten  Ära  incendii 
Neronis  zum  Vorschein  gekommen,  d.  h.  eines  von  den  Altären,  bei 
denen  alljährlich  am  23.  August  incendiorum  arcendorum  causa  geopfert 
werden  sollte.  Schon  um  1645  war  beim  Bau  der  Kirche  S.  Andrea  die  darauf 
bezügliche  Inschrift  (CIL  VI  826)  gefunden  worden. 2)  Sie  lautet:  Haec 
area  intra  hatte  definüionem  cipporutn  clausa  veribus,  et  ara  quae  est  inferius 
dedicata  est  ab  Imp.  Caesare  Domitiano  Äug,  Germanico,  ex  voto  suscepto, 
quod  diu  erat  neglectum  nee  reddüuw  incendiorum  arcendorum  causa,  quando 
urbs  per  novem  dies  arsit  Neronianis  temporibus  ...  hac  lege  .  .  .  ut  prae- 
tor, cui  haec  regio  sorte  obvenerü,  sacrum  f<mat,  aliusve  quis  magistratus 
Volcanalibus  X  Kai.  Septembres  omnibus  annis  ...  Im  Jahre  1889  ent^ 
deckte  man  die  Travertinarea  mit  dem  Altare  selbst.  Sie  lag  hart  am 
Stidrande  der  Alta  semita,  deren  Pflaster  1,83  m  unter  dem  der  Via  Venti 
Settembre  zum  Vorschein  kam.  Drei  Stufen  führten  zu  dem  mit  Traventin- 
platten  von  2  römischen  Fuss  Breite  gepflasterten  Platz  herab.  Dieser 
Platz  war  mit  Travertincippen  von  1,40  m  Höhe  und  0,80  X  0,55  m 
Grundfläche  eingefriedigt,  die  2,50  m  im  Lichten  von  einander  abstanden. 
Zwei  dieser  Cippi  sind  noch  vollständig  erhalten,  ein  dritter  teilweise.  In 
einer  Entfernung  von  2,75  m  von  der  Reihe  der  Cippi  erhob  sich  der 
Altar  auf  einem  Unterbau  von  zwei  Stufen.  Der  Altar  selbst  war  1,26  m 
hoch  und  hatte  Breiten-  und  Längendimensionen  von  3,25  und  6,25  m. 
Alles  war  aus  Travertinblöcken  hergestellt,  die  mit  Marmor  verkleidet 
waren. 

Litteratnr.  Lanciani,  Ara  delF  incendio  Neroniano,  scoperta  presse  la  chiesa  di 
S.  Andrea  al  Quirinale,  Bull.  com.  1889  p.  331  ff.  und  379  ff.  nebst  Taf.  X.  —  Hülsen,  Rom. 
Mitt.  1894  p.  94  ff. 

3.  Von  der  grössten  Bedeutung  für  die  Umgestaltung  des  Quirinals 
waren  die  ungeheuren  Thermenbauten  des  Diokletian  und  des  Konstantin. 
Die  Thermae  Diocletianae,  die  grösste  aller  derartigen  Anlagen, 
ohne  die  Exedren  etc.  einen  Flächenraum  von  356  X  316  m  bedeckend, 
werden  nur  selten  erwähnt.  In  der  Vita  tyr.  trig.  21  heisst  es  von  einer 
Bildsäule  und  Viergespannen,  die  dem  Piso  errichtet  waren:  statua  eius 
videtur^  quadrigae  autem,  quae  decretae  fuerant,  quasi  transferendae  alibi 
positae  sunt  nee  adhuc  redditae.   Nam  in  his  locis  fuerunt,  in  quibus  thermae 


*)  Der  Streit,  der  sich  darüber  zwischen 
Hülsen  (Rhein.  Mus.  XLIX  p.  392  ff.,  Bull, 
com.  1895  p.  39  ff.)  und  Lanciani  (BuU.  com. 
1894  p.  285  ff.  und  1895  p.  81  ff.)  erhoben 
hat,  hat  namentlich  durch  neu  publizierte 
Zeichnungen  mannigfache  AufklSrung  ge- 
bracht, ist  aber  in  der  Hauptsache  nicht 
iiber  Beckers  Darlegung  hinaus  gekommen. 
Hülsen  ist  ebensowenig  der  Beweis  der  ge- 
nauen Lage  des  Sonnentempels  in  der  YII. 
Region  geglückt,  wie  Lanciani  der  Beweis 
seiner  Lage  auf  dem  Quirinal. 

*)  Wie  viele  derartige  Altäre  in  Rom 
aufgestellt  gewesen   sind,   darüber  giebt  es 


keine  üeberlieferung.  Konstatiert  sind  im 
ganzen  drei  Exemplare  der  Inschrift  (Rom. 
Mitt.  1894  p.  94  ff.).  Da  die  Altäre  incen 
diorum  arcendorum  causa  errichtet  worden 
sind,  und  an  ihnen  alljährlich  dem  Yolkanus 
ein  Opfer  gebracht  wurde,  so  ist  naturgemäss, 
dass  sie  über  die  ganze  Stadt  verbreitet 
waren  und  in  jeder  Region  sich  einer  be- 
fand. Das  sagt  auch  die  oben  angeführt« 
Inschrift,  wenn  sie  von  dem  Prätor,  cui  haec 
regio  sorte  ohvenerü,  redet,  üeber  die  Ara 
incendii  Neroniani  auf  dem  Aventin  vgl. 
p.  209. 


7.  Der  Osten  Born«,    a.  Qairinalis  und  Virninalis.    (§  108.) 


295 


Diocletianae  sunt  exaedificatae,  tarn  aeterni  nominis  quam  sacrati;  der  Ver- 
fasser der  Vita  Probi  2  erzählt,  dass  zu  seiner  Zeit  die  Bibliotheea  Ulpia 
(p.  116)  in  den  Diokletiansthermen  gewesen  sei,  der  Chronograph  von  354  nennt 
sie,  ebenso  die  Regionsbeschreibung.  Innerhalb  der  Thermen  selbst  hat 
sich  die  Dedikationsinschrift  gefunden  (CIL  VI  1130),  aus  der  sich  ergiebt, 
dass  die  Thermen  nach  der  Abdikation  des  Diokletian  und  Maximian  und 
vor  dem  Tode  des  Constantius,  also  305  bis  306  dediziert  worden  sind;^) 
die  Inschrift  spricht  auch  von  der  Menge  der  Häuser,  die  zur  Gewinnung 
des  Bauplatzes  angekauft  werden  mussten.')  Auch  CIL  VI  1131,  worin  von 
ihrer  Wiederherstellung  oder  Vollendung  die  Rede  ist,  ist  innerhalb  der 
Thermen  gefunden.  —  Je  spärlicher  die  Nachrichten  sind,  um  so  bedeutender 
sind  die  Reste,  die  eine  vollständige  Klarheit  über  den  ganzen  Bau- 
komplex gewähren  und  mehrfache  ausgezeichnete  Behandlung  gefunden 
haben.')  Der  Eingang  war  von  der  Ostseite  her,  die  grosse  Exedra  im 
Westen,  jetzt  von  der  Via  Nazionale  durchbrochen,  scheint  ein  Schau- 
gebäude gewesen  zu  sein,  welcher  Art,  ist  nicht  klar.  Von  den  drei 
Haupträumen,  dem  Frigidarium,  Tepidarium  und  Caldarium,  ist  der  mittlere 
nebst  einem  zwischen  diesem  und  dem  Caldarium  befindlichen  Euppelraum 
von  Michelangelo  in  die  Kirche  S.  Maria  degli  Angeli  verwandelt.  In  die 
Ostseite  der  Thermen  wurde,  ebenfalls  von  Michelangelo,  ein  Karthäuser- 
kloster eingebaut,  das  jetzt  das  Museum  der  Diokletiansthermen  enthält. 
Hier  sind  die  wichtigsten  Römischen  Ausgrabungsfunde  seit  1870  zusammen- 
gebracht. 

Südlich  von  den  Thermen  lag  die  Piscina,  der  Wasserbehälter  für 
die  Bäder,  ein  wegen  seiner  Lage  zwischen  zwei  divergierenden  Strassen 
trapezförmig  gestaltetes  Reservoir,  das  eine  Länge  von  91  m  und  eine 
Breite  von  durchschnittlich  16  m  hatte.  Vier  Fuss  starke  Pfeiler  trugen 
die  sie  bedeckenden  -Volten,  gespeist  wurde  sie  durch  die  Aqua  Marcia. 
Im  Mittelalter  nannte  das  Volk  sie  Botte  di  Termini.  Bis  in  die  Mitte 
des  18.  Jahrhunderts  war  sie  wohlerhalten,  im  Jahre  1742  wurde  sie 
zerstört,  beim  Bau  des  Centralbahnhofes  im  Jahre  1860  stand  noch  ein 
grosser  Teil  der  Umfassungsmauern,  im  Jahre  1876  verschwanden  die 
letzten  Spuren.*)  —  An  der  Nordostecke  der  Thermen  lag  die  Piscina 
aquarum  Marciae  Tepulae  Juliae  (p.  318);  sie  ist  bei  der  Fundamen- 
tierung  für  das  Finanzministerium  zum  Vorschein  gekommen,  vgl.  Lanciani, 
Acque  p.  95  und  Taf.  VI  1.  —  Nicht  weit  von  der  Nordwestecke  der 
Thermen  bei  der  Kirche  S.  Susanna  hat  ein  Sacellum  Silvani  gelegen, 
CIL  VI  635,  ein  zweites  in  der  Nähe  der  Südwestseite,  CIL  VI  3714. 
Auch  ein  Mithräum  lag  bei  S.  Susanna,  vgl.  CIL  VI  728  und  3724. 


0  Th.  Mommsek,  Topographische  Ana- 
lekten,  Arch.  Zeit  1846  p.  225  ff. 

*)  Von  diesen  Bauten  ist  im  Laufe  der 
Ausgrabungen  nur  wenig  zum  Vorschein  ge- 
kommen; vgl.  Lanciani,  Form.  ürb.  10  und 
17,  Bull.  com.  1887  p.  181  ff.  Die  Existenz 
des  Hauses  der  Cornelia  L.  F.  Volusi  Sa- 
iurnini  P.  (L.  Volusins  Satuminus  war  Con- 
Bul.  suff.  i.  Jahre  3  n.  Chr.  und  Praefectns 


urbi  42  -  56  n.  Chr.)  ist  innerhalb  der  grossen 
Exedra  bei  Piazza  di  Termini  durch  £e  Auf- 
findung von  10  Exemplaren  von  Wasser- 
röhren mit  ihrem  Namen  nachgewiesen  (CIL 
XV  7441). 

')  Letzte  Behandlung  von  Paulin,  Re- 
stauration des  thermes  de  Diocletien,  Paris 
1890.  Vgl.  HüLSEM,  Rom.  Mitt.  1892,  p.  308  ff. 

*)  Lakoiani,  Acque  p.  96. 


296 


B.  Topographie  Yon  Rom. 


4.  Sehr  wenig  bietet  die  Überlieferung  über  die  Thermae  Con- 
stantinianae.  Aurel.  Vict.  Caes.  40  sagt  von  Konstantin:  a  quo  .  .  . 
ad  lavandum  institutum  opus  ceteris  haud  multo  dispar,  die  Regions- 
beschreibung zählt  sie  mit  auf  und  CIL  VI  1750  giebt  Nachricht  von 
einer  zeitlich  nicht  zu  bestimmenden  Wiederherstellung  der  dem  Ver- 
fall sich  nähernden  Thermen  (longa  incuria  ei  abolendae  civilis  vel  potius 
feralis  cladis  vastafione  vehementer  afflidas  ,,.  ab  exiremo  vindicavit  occasu) 
durch  den  Stadtpräfekten  Petronius  Perpenna.  Die  Reste  dieser  Thermen 
haben  noch  bis  zum  Anfang  des  17.  Jahrhunderts  gestanden,  sind 
dann  aber  zerstört  worden,  um  dem  Palazzo  Rospigliosi  Platz  zu 
machen.  Unsere  Kenntnis  der  Thermen  beruht  auf  den  von  Palladio 
(t.  XIV  ed.  Vicenza  1797)  und  Serlio  (Architettura  1.  HI  p.  92)  aufge- 
nommenen Plänen.  Reste  sind  bei  der  Anlage  der  Via  Nazionale  und 
der  dadurch  bedingten  Umgestaltung  der  Südspitze  des  Quirinals  noch 
einmal  zum  Vorschein  gekommen,  um  für  immer  zu  verschwinden.  Auch 
diese  Thermen  sind  gleich  denen  des  Diokletian  auf  einer  künstlich  her- 
gestellten Area  errichtet,  auch  hier  hat  man  Reste  von  Häusern  zum 
Teil  mit  hadrianischen  Ziegelstempeln,  meist  aber  in  das  3.  Jahrhundert 
gehörend  gefunden,  die  der  neuen  Anlage  haben  weichen  müssen.  Aber 
die  im  Vergleich  mit  den  Thermen  des  Diokletian  geringere  Ausdehnung 
und  die  von  allen  übrigen  Thermen  abweichende  Anlage  in  der  Ver- 
teilung der  Räume  0  ist  eine  Folge  der  Beschränktheit  und  Unregel- 
mässigkeit des  zur  Verfügung  stehenden  Bauterrains,  das,  zwischen 
dem  Vicus  longus,  der  Alta  Semita,  dem  Vicus  Salutaris  und  dem 
Vicus  Laci  Fundani  liegend,  eine  längliche  Form  mit  spitzen  und 
stumpfen  Winkeln  zeigte.  Aus  diesen  Thermen  stammen  die  beiden  be- 
rühmten Rossebändiger,  die  jetzt  auf  dem  Quirinalsplatze  stehen,  und 
vermutlich  der  Herkules-Torso  vom  Belvedere,  der  in  der  ersten  Hälfte 
des  15.  Jahrhunderts  im  Palazzo  Colonna  bei  SS.  Apostoli  gestanden 
hat.*)  Bei  den  Ausgrabungen  zur  Fundamentierung  des  neuen  Teatro 
Drammatico  am  Westfuss  des  Quirinals  in  den  Jahren  1884  und  1885 
sind  schöne  Bronzestatuen  von  Faustkämpfern  etc.  gefunden  worden, 
die  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  ebenfalls  aus  den  Konstantinsthermen 
stammen.  Ausführlichen  Bericht  über  diese  Entdeckungen  nebst  Ab- 
bildungen siehe  bei  Lanciani,  Ancient  Rome  p.  297  ff.  Auch  drei  Sta- 
tuen, zwei  des  Constantinus  Aug.  und  eine  des  Constantinus  Caes., 
stammen  aus  den  Thermen  (CIL  VI  1148— 1150);  die  eine  (Constantinus 
Aug.)  befindet  sich  jetzt  in  der  Vorhalle  der  Basilica  Lateranensis,  die 
beiden  andern  (Constantinus  Aug.  und  Constantinus  Caes.)  auf  der  Balu- 
strade des  Kapitolsplatzes.  Nicht  weit  von  der  Südostecke  der  Thermen, 
auf  dem  Gebiete  der  Banca  dltalia,  sind  mehrere  Weihungen  an  Sil- 
vanus  gefunden  worden.  Hier  lag  also  eine  Aedicula  Silvani.  Vgl. 
Bull.   com.    1887    p.    102     und     Lanciani,    Form.   Urb.   22.      Auch    ein 


')  Vgl.  Lanciani,  Form.  Urb.  16  und  22 
und  die  Erörterung  Hülsens  im  Rhein.  Mus. 
XLIX  p.  389  ff. 


«)  Vgl.  Hülsen,  Rhein.  Mus.  XLIX  p.  428, 
Zusatz. 


7.  Der  Osten  Borns,    a.  Qnirinalis  und  Yiminalis.    (§  108.)  297 

Mi th räum  lag  in  der  Nähe;  vgl.  CIL  VI  726,  737  und  Ephem.  epigr.  IV 
762  und  866. 

5.  Im  äussersten  Nordosten  der  Region  wurden  unter  Tiberius  (Suet. 
Tib.  37)  die  Castra  Praetoria  angelegt,  um  darin  die  Prätorianer- 
kohorten,  die  vorher  in  der  Stadt  zerstreut  waren,  zusammenzuziehen 
(Tac.  Ann.  IV  2).  Nach  Schol.  Juven.  10,  95  war  Sejan  der  Veranlasser 
dieser  Massregel.  Ihre  Lage  zwar  nicht  ausserhalb  der  Stadt,  aber  jen- 
seits der  Grenze  der  bewohnten  Stadtteile  bezeichnet  Plinius  N.  H.  HI  67, 
wenn  er  von  der  äussersten  Peripherie  der  Stadt  sagt:  ad  extrema  vero 
tectorum  cum  casfris  praetoriis.  Als  Nero  fliehend  die  Stadt  verliess,  hörte 
er  von  der  Via  Nomentana  aus,  die  nördlich  in  einer  Entfernung  von 
etwa  100—200  m  an  dem  Lager  vorbeigeht,  ex  proximis  castris  clamorem 
militum  et  sibi  adversa  et  Galbae  prospera  ominantium  (Suet.  Nero  48).  Das 
Lager  war  nach  dem  allgemein  bekannten  Schema  erbaut,  und  dieses  ist 
noch  in  den  Hauptlinien  erkennbar.  Es  bildet  ein  Rechteck  von  440 
X  380  m  und  war  stark  befestigt.  Bei  der  Eroberung  des  Lagers  durch 
die  Soldaten  des  Vespasian  im  Jahre  69  n.  Chr.  (Tac.  Hist.  IQ  84)  werden 
die  turres,  die  propugnacula  und  die  portae  erwähnt.  Das  Lager  spielte  in 
der  Geschichte  der  Römischen  Kaiser  oft  eine  Rolle,  die  um  so  wichtiger 
ward,  je  grösser  der  Einfluss  der  Soldaten  auf  die  Wahl  der  Imperatoren 
wurde  (vgl.  z.  B.  Vita  Caracallae  3  und  Chron.  v.  354).  Aurelian  zog  das 
Lager  in  die  neue  Stadtbefestigung  hinein,  Konstantin  entfestigte  es  da- 
durch, dass  er  die  dasselbe  nach  der  Stadtseite  zu  abschliessende  Mauer 
niederreissen  liess  (Zosim.  II  17).  Die  Ausgrabungen  ^  haben  zahlreiche 
Reste  namentlich  von  Wasserröhren  zum  Vorschein  gebracht;  aus  der 
Sammlung  der  auf  ihnen  befindlichen  Inschriften  (Lanciani,  Syll.  103  bis 
127  und  CIL  XV  7237  bis  7244)  ergeben  sich  als  Kaiser,  die  für  die  Wasser- 
versorgung des  Lagers  thätig  gewesen  sind:  Marc  Aurel,  Septimius  Severus 
und  Caracalla,  Macrinus  und  Diadumenianus.  Innerhalb  des  Lagers  stand 
bei  der  Porta  praetoria  ein  Arcus  Gordiani,  und  in  der  Nähe  der  Porta 
principalis  sinistra  eine  Ära  Fortunae  restitutricis.*)  CIL  VI  2256 
wird  ein  antistes  sacerd.  temp.  Martis,  castror.  pr.  genannt,  CIL  VI  9277  ein 
conditarius  de  castris  pra  .  .  .,  CIL  VI  9992  ein  vinariarius  in  castris  pr. 
Auf  dem  Raum  zwischen  dem  Lager  und  der  Serviusmauer  haben  sich, 
einige  Altäre  und  Kapellen  abgerechnet,  Spuren  von  Bauten  so  gut  wie 
gar  nicht  gefunden.  Man  wird  darum  nicht  fehlgehen,  wenn  man  hier- 
her das  Exerzierfeld  der  Prätorianer  und  vielleicht  auch  anderer  in  der 
Stadt  kasernierter  Kohorten  {urbanae  p.  263)  annimmt.  Auf  dem  Felde 
stand  auf  ummauerter  Area  ein  Tempelchen,  10  X  16  ni  gross,  dessen 
Fundamente  im  Jahre  1873  ausgegraben  wurden,  und  in  dessen  Nähe 
man  Widmungsinschriften  der  Prätorianer  gefunden  hat.  Nördlich  davon 
stand  eine  von  denselben  gewidmete  Aedicula,  aufgedeckt  1877 — 78.  Dieses 
Feld,  das  sich  über  einen  bedeutenden  Teil  der  VI.  und  auch  der  V. 
Region  erstreckte,  scheint  der  Campus  Viminalis  sub  aggere  gewesen 
zu  sein,  den  die  Regionsbeschreibung  in  der  V.  Region  nennt.   Seine  Lage 

«)  Rosa,  Relazione,  p.  43  flF.  |  *)  Bnll.  com.  1888  p.  109. 


298  S*  Topographie  yon  Born. 

beim  Servianischen  Wall  zwischen  diesem  und  den  Castra  Praetoria  ist  durch 
die  Benennung  sub  aggere  gesichert.^) 

Südlich  vom  Prätorianerlager  und  ausserhalb  der  Aurelianischen  Mauer 
befand  sich  das  Vivarium,  ein  Zwinger  für  wilde  Tiere  (Prokop.  Goth.  I 
22.  23).  Es  wird  in  der  aus  dem  Jahre  241  n.  Chr.  stammenden  Inschrift 
CIL  VI  130  genannt  und  war  ein  grosser  rechteckiger  ummauerter  Raum, 
der  vom  Prätorianerlager  durch  die  aus  der  Porta  chiusa  (vgl.  p.  70)  heraus- 
führende Strasse  getrennt  war.  Näheres  ist  unbekannt.  Es  wird  im 
Mittelalter  häufig  unter  dem  Namen  Vivariolum  erwähnt.  Die  letzten 
Beste  sind  seit  1876  verschwunden.  Den  Plan  siehe  bei  Lanciani,  Form, 
ürb.  11. 

6.  In  unmittelbarer  Nähe  der  Porta  Viminalis,  innerhalb  des  Walles 
lag  wahrscheinlich  die  Statio  der  III.  Kohorte  der  Vigiles.  Bei  der  Nord- 
ostecke der  Diokletiansthermen  ist  die  Inschrift  CIL  VI  3761  gefunden, 
die  von  einem  Praefectus  vigilum  dem  Kaiser  Septimius  Severus  gesetzt 
worden  ist.    Über  einen  daselbst  errichteten  Arcus  Gordiani  vgl.  p.  45. 

109.  Privathänser*  Die  Durchgrabung  fast  der  ganzen  Oberfläche 
des  Quirinals  in  den  letzten  Jahrzehnten  hat  eine  grosse  Menge  von 
Häuserresten  zu  Tage  gefördert,  von  denen  ein  nicht  unerheblicher 
Teil  durch  die  gleichzeitig  gefundenen  Wasserleitungsröhren,')  gelegent- 
lich auch  durch  andere  Inschriften,  benannt  werden  konnte.  Auch 
die  Freilegung  des  Walles  hat  zur  Aufdeckung  zahlreicher  Wohnhäuser 
geführt,  die  nach  Zuschüttung  des  Grabens  unmittelbar  an  die  äussere 
Wallmauer  angebaut  waren,  die  summoeniana  des  Martial,  genannt  z.  B. 
I  34,  ni  82,  XI  61,  XII  32,  in  denen  recht  viele  lupanaria  gewesen  zu 
sein  scheinen.  Die  Nähe  des  Prätorianerlagers  ist  sicher  nicht  ohne 
Einfluss  auf  diese  Entwickelung  gewesen,  die  durch  die  nachmalige 
Anlage  der  Diokletiansthermen  kaum  gehemmt  sein  wird.  Anders 
war  das  Bild  innerhalb  der  Mauer,  eine  grosse  Anzahl  von  namhaften 
Männern  hatte  auf  dem  Quirinal  Häuser.  Von  historischen  Persönlich- 
keiten haben  hier  gewohnt:  1.  T.  Pomponius  Atticus.  Die  Nähe  seines 
Hauses  am  Salus-  und  Quirinustempel,  die  Cicero  öfters  hervorhebt  (ad 
Att.  IV  1,  4,  XII  45,  de  legg.  I  1,  3)  ist  schon  oben  p.  289  besprochen 
worden.  Nach  Cornelius  Nepos,  vita  Attici  13  hatte  er  sein  Haus,  domum 
in  colle  Tampilanam,  von  seinem  Oheim  geerbt;  es  war  alt  und  einfach, 
aber  anmutig  durch  seinen  Garten,  und  Atticus  liess  es  wie  es  war,  nisi 
81  quid  (commutare)  vetustate  coactus  est  Nun  haben  die  Ausgrabungen 
zwischen  dem  Vicus  longus  und  der  Alta  Semita  in  der  Nähe  von 
S.  Andrea  (in  vinea  cardinalis  Sadoleti  nunc  Uberti  Ubaldini  CIL  VI  1492)  *) 
eine  Inschrift  zu  Tage  gefördert,  ein  Dekret  der  Stadt  Ferentinum  vom  Jahre 
101  n.  Chr.,  einen  Curator  alimentorum  T.  Pomponius  Bassus  betreffend, 


)  Vgl.  über  sub  aggere  de  Rossi,  Afcto      nutzbar  sind;  vgl.  p.  12 
di  donazione  di  fondi  urbani  alla  chiesa  di  San  ;  ')  Vgl.  Lanciani,  Bull.  com.  1889  p.  379  ff. 


Donato   in  Arezzo   rogato   in   Roma   l'anno 

1051,  im  Arch.  della  Roc.  Komana  di  storia 

patria  1889,  p.  199  ff.,  Rom.  Mitt.  1891  p.  113. 

^)  Soweit  diese  fttr  diesen  Zweck  be- 


Es  sind  hier  die  topographischen  Verhältnisse 
des  Quirinals,  auch  namentlich  in  Betreff 
der  Besitzverhältnisse  im  Mittelalter,  dar- 
gelegt. 


7.  Der  Osten  Roma.    a.  Qnirinalis  nnd  Virninalis.    (§  109.) 


299 


aus  der  die  Lage  des  Hauses  dieses  Mannes  sich  an  eben  dieser  Stelle, 
wo  auch  das  Haus  des  Atticus  gelegen  haben  muss,  ergiebt.  Ältere  Topo- 
graphen bezeichnen  daher  auch  die  Stelle  als  domus  Pomponii  AUki;  doch 
steht  nicht  fest,  ob  dieser  Pomponius  Bassus  mit  Pomponius  Atticus  irgend 
welchen  verwandtschaftlichen  Zusammenhang  hat.  Das  von  Cornelius  Nepos 
als  baufällig  geschilderte  Haus  des  Atticus  wird  diesen  schwerlich  überdauert 
haben.  —  2.  Der  Dichter  Martialis  kam  im  Jahre  64  n.  Chr.  aus  Bilbilis 
in  Spanien  nach  Rom  und  blieb  daselbst  bis  zum  Jahre  98.  Es  scheint, 
als  habe  er  die  ganze  Zeit  über  auf  dem  Quirinal  gewohnt,  und  zwar, 
soweit  unsere  Kunde  reicht,  in  zwei  Wohnungen.  Epigr.  I  108  sagt  er 
im  Jahre  85/86 :  At  mea  Vipsanias  spectant  cenacula  laurus,  f actus  in  hac  ego 
sunt  tarn  regione  senex.  In  dem  aus  demselben  Jahre  stammenden  Epigramm 
I  117  nennt  er  auch  den  Namen  der  Strasse:  ad  Pirum.  Er  hatte  damals 
eine  Mietswohnung  und  zwar  eine  sehr  hoch  gelegene;  er  sagt:  scalis  habüo 
tribus,  sed  aüis.  Ihre  Lage  ist  unbekannt,  und  kaum  aus  dem  Blick  bis 
zu  den  Lorbeerbüschen  des  Campus  Agrippae  (vgl.  p.  262)  zu  erschliessen. 
Da  das  Haus  sehr  hoch  war,  und  er  darin  sehr  hoch  wohnte,  so  konnte 
er  von  vielen  Punkten  des  Rückens  des  Quirinals  aus  eine  Aussicht  auf  die 
Bäume  des  Campus  Agrippae  haben.  Hinterher,  mindestens  seit  dem  Jahre 
89  (Y  22,  3),  besass  er  ein  eigenes  Haus,  dessen  Besitzes  er  sich  öfters  rühmt 
(IX  18  u.  97,  X  58).  Es  lag,  wie  schon  oben  (p.  288)  dargelegt  ist,  in 
.  der  vom  Floratempel  zum  Capitolium  antiquum  führenden  Strasse.  Die 
Nähe  des  Floratempels  wird  noch  einmal  VI  27  hervorgehoben,  die  des 
Tempels  und  der  Portikus  des  Quirinus  X  11  vicinosque  tibi,  sancte 
Quirine,  lares  und  XI  1  vicini  pete  porticum  Quirini,  Zweimal  erwähnt 
Martial  (XI  52, 4  und  XIY  60)  die  Balnea  Stephani,  die  in  der  Nähe 
seines  Hauses  gelegen  haben  müssen  (scia  quam  sint  Stephani  balnea  iuncta 
mihi).  —  3.  Yespasian  besass  ein  Haus  auf  dem  Quirinal  in  der  Strasse 
ad  malum  punicum.  In  diesem  Hause  wurde  Domitian  geboren,  domo  quam 
postea  in  templum  gentis  Flaviae  convertü  (Suet.  Dom.  1).  Dieses  Tempi  um 
gentis  Flaviae,  von  Sueton  noch  mehrmals  (Dom.  5,  15,  17)  er- 
wähnt, war  das  Mausoleum  des  Flavischen  Geschlechtes  (Mart.  IX  1  und  3, 
Stat.  silv.  IV  3,  18  f.).  Die  Leiche  des  ursprünglich  im  Mausoleum  des 
Augustus  beigesetzten  Yespasian  ist  zweifellos  hierher  übergeführt 
worden,  denn  nach  Martial  IX  34,  der  Jupiter  sagen  lässt:  Gnosia  vos 
.  .  .  nobis  monumenta  dedistis;  cernite  quam  plus  sit  Caesaris  esse  patrem 
ist  das  Qrabmal  in  erster  Linie  für  ihn  erbaut  worden.  Auch  die  Ge- 
beine des  Titus  und  seiner  Tochter  Julia  wurden  hierher  gebracht, 
ebenso  Domitians  Asche  nach  anfänglicher  Beisetzung  auf  seinem  Landgut 
an  der  Yia  Latina.  Später  schweigt  die  Überlieferung  vollständig  von  diesem 
Mausoleum,  aber  noch  die  Regionsbeschreibung  nennt  gentem  Flaviam.  Über 
die  Lage  des  Templum  gentis  Flaviae  giebt  es  kein  direktes  Zeugnis.  >) 
Indessen  hat  sich  bei  der  gründlichen  Durchforschung  des  Terrains  wenig- 


0  Die  früher  allgemeine  Annahme,  das 
Maasoleom  habe  an  der  Stelle  des  jetzigen 
Finanzministeriams  dicht  bei  der  ehemaligen 
Porta  Collina  gelegen,  weil  dort  ein  Eolossal- 


kopf  Vespasians  gefanden  worden  ist,  ist 
durch  die  ümgrabung  des  Terrains,  das 
sich  als  völlig  von  Privatbanten  bedeckt 
herausgestellt  hat,  hinfällig  geworden. 


300 


B.  Topographie  yon  Born. 


stens  das  eine  herausgestellt,  dass  auf  dem  ganzen,  südlich  von  der  Alta 
Semita  gelegenen  Gebiete  nur  das  westlich  von  der  modernen  Strasse 
Quattro  fontane  gelegene  frei  von  Privatbauten  gewesen  ist.  Lanciant 
hat  deshalb  auf  seiner  Form.  Urb.  16  das  Templum  hierher  gesetzt.  Diese 
Annahme  wird  durch  ein  inschriftliches  Zeugnis  bestätigt.  In  der  Vigna 
des  Kardinals  Sadoleto,  die  nach  den  sorgfältigen  Untersuchungen  Lancianis 
(Bull.  com.  1889  p.  379  flf.)  eben  dieses  Terrain  zwischen  Via  Quattro  fontane 
und  S.  Andrea  umfasste,  hat  sich  im  Jahre  1521  ein  Gippus  gefunden  mit 
der  Inschrift:  inter  duos  parietes  ambitus  privatus  Flavi  Sabini  {CIL  VI 
29788).  Dass  die  beiden  Häuser  des  Flavius  Yespasianus  und  Flavius 
Sabinus  bei  einander  gelegen  haben,  ist  sehr  wahrscheinlich.  Über  die  in 
letzterem  am  15.  Dezember  69  n.  Chr.  stattgefundene  Versammlung  der  An- 
hänger des  Vespasian  (Tac.  Hist.  in  69)  und  den  von  hier  aus  über  die 
Alta  Semita  und  den  Vicus  Laci  Fundani  sich  vorwärts  bewegenden 
Marsch  seiner  Anhänger  nach  dem  Forum  vgl.  p.  285.  Es  dürfte  demnach 
die  Strasse  ad  malum  punicum,  wie  sie  auch  Lanciani,  Form.  Urb.  16  an- 
setzt, in  der  Nähe  der  heutigen  Via  Quattro  fontane  die  Verbindung 
zwischen  Alta  Semita  und  Vicus  longus  gebildet  haben. 

110.  Ausser  diesen  historisch  bedeutsamen  Häusern  ist  durch  die 
Ausgrabungen  noch  eine  grosse  Menge  von  Häusern  vornehmer  Persön- 
lichkeiten nachgewiesen.  Topographisch  sicher  lokalisiert  sind  folgende: 
1.  Auf  der  für  den  Bau  des  Kriegsministeriums  bestimmten  zwischen  der 
Alta  Semita  und  dem  Vicus  longus  unweit  der  Nordwestecke  der  Diokletians- 
thermen gelegenen  Area:  a)  das  Haus  des  Q.  Valerius  Vegetus,  der 
im  Jahre  91  n.  Chr.  Consul  suffectus  war.  Bedeutende  Reste  des  Hauses 
sind  zum  Vorschein  gekommen,  eine  Wasserröhre  mit  der  Inschrift 
Q.  Valeri  Vegeti  ist  hier  schon  1641  gefunden  worden  (CIL  XV  7558). 0 
b)  Das  Haus  der  Numii,  von  dem  ebenfalls  bedeutende  Reste  zum  Vor- 
schein gekommen  sind;  drei  bedeutsame  Inschriften  sind  hier  gefunden, 
eine  vermutlich  aus  dem  3.  Jahrhundert  stammende  Widmungstafel  für 
M.  Nummius  Attidianus  Tuscus,  der  ein  Amt  in  Afrika  bekleidet  haben 
muss  (gefunden  1877),  eine  im  Jahre  1884  gefundene  Dedikationsinschrift 
an  Maximianus  und  Constantius  aus  den  Jahren  293  und  305,  und  eine 
Ehrenbasis  für  M.  Nummius  Albinus  Triturrius  (gefunden  1629)  aus  der 
Mitte  des  vierten  Jahrhunderts  (CIL  VI  1748).  Das  Haus  ist  also  Jahr- 
hunderte lang  in  der  Hand  derselben  Familie  gewesen.  —  c)  Die  Domus 
Vulcaci  Rufini,  konstatiert  durch  eine  im  Jahre  1883  entdeckte,  noch 
an  der  ursprünglichen  Stelle  befindliche  Ehrenbasis  für  Vulcacius  Rufinus, 
gewidmet  von  den  Einwohnern  von  Ravenna.  Die  Inschrift  schliesst  mit 
den  Worten:  Eavennates  monumentum  perennis  memoriae  in  vestibulo  domus 
statuali  veneratione  dicaverunt.  Sie  stammt  aus  der  Mitte  des  4.  Jahr- 
hunderts.    Über  Vulcacius  Rufinus,   der  Oheim  des  Kaisers  Julianus  war, 


0  Lanciani  spricht  Ball.  com.  1889  p.  382 
n.  387  die  Yermutiuig  aus,  dass  Martial  mit 
diesem  Manne,  der  gleich  ihm  Spanier  und 
ein  Yalerier  war,  verwandt  gewesen  sein 
könne  und  vielleicht  bei  ihm,   oder  in   un- 


mittelbarer Nähe  gewohnt  habe.  Dies  würde 
mit  allem,  was  wir  von  Martials  Wohnungen 
wissen,  nicht  stimmen,  auch  ist  es  auffallend, 
dass  unter  solchen  Umständen  Martial  diesen 
Gönner  niemals  nennt. 


7.  Der  Osten  Borns,    a.  Quirinalis  nnd  Yiminalis.    (§  110.)  301 

vgl.  Amm.  Mareen.  XIV  11.  27,  XVI  8.  13,  XXI  12.  24,  XXVH  7.  2.  In 
demselben  Buche  11,  1  berichtet  er  aus  dem  Jahre  368  den  Tod  dieses 
angesehenen  Mannes.  *) 

2.  An  der  Alta  Semita  sind  ausserdem  Reste  von  Häusern 
zwischen  der  Porta  Collina  und  den  Diokletiansthermen  nachgewiesen,  die 
durch  Inschriften  auf  Bleiröhren  als  die  des  Haterius  Latronianus  (CIL 
XV  7467),  M.  Laelius  Fulbius  Maximus,  vielleicht  des  Konsuls  des  Jahres 
227  n.  Chr.  (CIL  XV  7483),  und  des  Flavius  Vedius  Antoninus  (CIL  XV 
7456)  bestinmit  sind.  An  der  Nordseite  der  Alta  Semita,  auf  dem  Gebiete  der 
ehemaligen  Villa  Barberini  lag  der  Palast  des  Alfenius  Ceionius  Julianus 
Camenius,  Praefectus  urbi  im  Jahre  333  n.  Chr.  Von  zwei  Statuen,  die  ihm 
von  seinen  Beamten  ,in  domo  sub  aere'  gesetzt  worden  sind  (CIL  VI  1675, 
Bull.  com.  1884  p.  43),  sind  die  Basen  an  Ort  und  Stelle  gefunden  worden. 

—  An  der  Südseite  der  Alta  Semita,  in  der  Nähe  der  Kirche  S.  Andrea 
a  Monte  Cavallo,  nicht  weit  von  der  Ära  incendii  Neronis,  ist  eine  Marmor- 
basis gefunden  worden,  die  dem  Betitius  Perpetuus  Arzygius,  einem 
hohen  Beamten  unter  Konstantin,  gewidmet  ist  (Not.  d.  scavi  1888  p.  493); 
er  scheint  hier  sein  Haus  gehabt  zu  haben.  Nördlich  von  der  Alta  Semita, 
unter  dem  Quirinalspalast,  lag  das  Haus  des  Appius  Claudius  Martialis 
(CIL  XV  7427)  und  des  Appius  Süvius  Junius   SUvinus  (CIL  XV  7539). 

3.  Am  Vicus  longus  lagen  (ausser  dem  unter  Ic  genannten  Palaste 
des  Vulcacius  Rufinus)  die  Domus  Aemiliae  Paullinae  Asiaticae,  durch 
Wasserleitungsröhren  (CIL  XV  7380)  nachgewiesen,  um  die  Mitte  des 
2.  Jahrhunderts;  ferner  die  Domus  T.  Aelii  Naevii  Antonii  Severi.  Zwei 
Inschriften,  die  diesen  Mann  nennen  (CIL  VI  1332.  9147),  sind  im  Jahre 
1663  in  hortis  abbatis  SantareUi  gefunden.  Im  Jahre  1881  ist  eine  Marmor- 
tafel mit  griechischer  Inschrift  (Kaibel,  IGI.  1071)  an  derselben  Stelle 
unter  dem  Palazzo  Hüfer  (westlich  vom  Ausstellungspalast)  gefunden 
worden,  dessen  Lage  demnach  wohl  mit  der  der  genannten  Gärten  iden- 
tisch ist.  —  Unter  dem  Palazzo  Campanara  (bei  der  Banca  d'  Italia)  ist 
ein  Bronzekopf  nebst  Bronzeinschrift  des  L.  Cornelius  Pusio  gefunden 
worden,,  der  demnach  hier  seinen  Palast  hatte  (Rom.  Mitt.  1892  p.  197  flf.). 

—  Südlich  vom  Vicus  longus  ist  durch  Inschriften  auf  Wasserleitungs- 
röhren das  Haus  der  Cornelia  Tauri  f.  T.  Axi  (CIL  XV  7440)  nachge- 
wiesen. 

4.  Ausserordentlich  reichhaltig  ist  die  Ausbeute  von  Namen,  die  auf 
Bleiröhren  in  der  Gegend  der  Konstantinsthermen  und  beim  Bau  des 
Teatro  drammatico  und  der  Banca  d'  Italia  zum  Vorschein  gekommen 
sind.  Indessen  abgesehen  davon,  dass  nicht  immer  sicher  ist,  ob  die  be- 
treffenden Röhren  auch  genau  die  Stelle  anzeigen,  an  der  das  Haus  ge- 
legen hat,  ist  die  grosse  Mehrzahl  ohne  besonderes  historisches  Interesse. 
Hervorgehoben  zu  werden  verdient  das  Haus  des  Narcissus  Aug.  lib. 
ab  epistulis,  des  bekannten  Freigelassenen  des  Kaisers  Claudius  (CIL 
XV  7500)   beim   Teatro   drammatico,   und   des  T.  Avidius  Quietus,    viel- 

1)  Ueber  diese  auf  dem  Gebiete  des  I  archeologiche  awennte  per  la  costruzione 
Eriegsminisieriiuns  aufgedeckten  Häuser  be-  |  del  palazzo  del  ministero  della  guerra,  Bull, 
richtet  ausführlich  Capannabi,  Delle  scoperte  |  com.  1885,  p.  8  ff.  mit  Tav.  1  u.  ü. 


302 


B.  Topographie  von  Born. 


leicht  des  Legaten  Domitians  (CIL  XV  7400  und  VI  3828),  des  Julius 
Pompeius  Rusonianus  (CIL  XV  7475)  und  des  Lampadius  (Amm.  Marc. 
XXVII  3,  8).  Die  vollständige  Sammlung  aller  dieser  fistulae  aquariae,  die 
Lanciani  zuerst  in  seinen  Acque  gegeben  hatte,  ist  jetzt  im  CIL  XV 
7235—7913  enthalten.  Die  nachweisbaren  Häuser  hat  Lanciani  hier  wie 
in  den  übrigen  Regionen  in  seine  Forma  Urbis  eingetragen.  Der  allge- 
meine Überblick  lehrt,  dass  der  Quirinal  in  der  Eaiserzeit,  namentlich 
vom  3.  Jahrhundert  an,  als  Wohnort  von  vornehmen  Familien  bevorzugt 
wurde. 

5.  Auch  auf  dem  Viminal  kann  es  an  bedeutenden  Privathäusem 
nicht  gefehlt  haben.  Als  hervorragend  schön  erwähnt  Plin.  N.  H.  XVTI  2 
das  Haus  des  C.  Aquilius,  eines  Römischen  Ritters,  das  im  1.  Jahr- 
hundert V.  Chr.  in  Viminali  stand  und  die  berühmten  Häuser  des  Crassus 
und  Catulus  in  Schatten  stellte.  —  Ergebnisreich  sind  namentlich  die  Aus- 
grabungen am  Ostrande  des  Viminals  gewesen,  wo  früher  und  neuer- 
dings mannigfache  Reste  bedeutender  Anlagen  zum  Vorschein  gekommen 
sind.  Ganz  besonderes  Interesse  nimmt  ein  etwa  14  m  im  Durchmesser 
haltender  Rundbau  in  Anspruch,  der  inmitten  einer  grossen,  von  Portiken 
geschmückten  Umfassungsmauer  liegt,  das  Qanze  vermutlich  zum  Gai-ten 
einer  grossen  Palastanlage  gehörig.  Eine  mittelalterliche  Quelle  nennt  die 
Ruinen  Palatium  Deciorum.  Wahrscheinlich  ist  der  Rundbau  derselbe, 
in  dem  die  Statuen  des  Posidippus  und  Menander  gefunden  worden  sind. 
Auch  andere  hervorragende  Skulpturen  sind  in  der  Nähe  gefunden  worden.*) 

111.  Die  Regionsbeschreibung  VI.  Reg.  nennt  nun  noch  drei  Örtlich- 
keiten :  decem  tabernas,  gallinas  albas  und  aream  Candidi.  Von  diesen  ist  nur 
die  Lage  der  zweiten,  der  Oallinae  albae  sicher  zu  bestimmen.  Nach  den 
mittelalterlichen  Kirchenverzeichnissen  hat  eine  Ecclesia  Sancti  Sixti  in 
Gallinariis  (Armellini,  Chiese  p.  52)  oder  S.  Sixti  in  Gallina  Alba  (Armel- 
lini p.  62)  bei  S.  Lorenzo  in  Panisperna  auf  der  Südspitze  des  Viminalis 
gelegen,  wodurch  die  Zugehörigkeit  dieses  Hügels  zur  VI.  Region  er- 
wiesen wird.*)  Demnach  sind  auch  die  in  der  Regionsbeschreibung  neben  den 
Gallinae  albae  genannten  Decem  tabernae,  die  man  nach  einer  in  volle 
D.  Ägathae  aedi  subieda  gefundenen  Inschrift  bisher  auf  dem  Quirinal  ge- 
sucht hat,  wohl  vielmehr  auf  der  anderen  Seite  des  Thals  auf  dem  Vi- 
minal anzusetzen.^)  Von  der  Area  Candidi  weiss  man  nichts,  als  was  die 
Regionsbeschreibung  lehrt,  dass  sie  ebenfalls  in  der  Nähe  der  Gallinae 
albae,  also  auf  dem  Viminalis  gelegen  hat.  —  Unbekannt  ist  die  Lage 
des  von  Elagabal  (Vita  4)  in  Quirinali  gestifteten  Senaculum  mulierum. 
Vgl.  Vita  Aureliani  49. 

b.  Der  Esquilln. 

112.  Der  Esquilin*)  gliedert  sich  in  drei  Teile,  die  beiden  Berg- 
vorsprünge  Cispius   und  Oppius   (vgl.  p.  37)   und   das   jenseits   der   ehe- 


*)  Vgl.  Lanciani,  II  cosidetto  palazzo 
di  Decio  buI  Viminale,  Ball.  com.  1891  p.  311  ff. 
und  Form.  ürb.  23. 

«)  Vgl.  HüLSBN,  Rom.  Mitt.  1892  p.  307  f. 

»)  Vgl.  Jordan,  Top.  II  p.  122. 


*)  Ueber  die  Bedeutung  des  Namens,  der 
sicher  von  ex  und  colere  abzuleiten  ist  (Aussen- 
Stadt,  Vorstadt),  sagt  Varro  LL.  V49:  diu 
hos  scripserunt  ab  excuhiis  regis  dict<xs,  cdii 
ah  eo  quod  aesaUis  consitae  a  rege  Tidlio 


7.  Der  Osten  Borne,    b.  Der  EsquiUn.    (§§  111—113.) 


303 


maligen  Servianischen  Mauer  sich  ausdehnende  esquilinische  Feld.  Nach 
der  Augustischen  Regionseinteilung  war  dies  Gebiet  in  drei  Regionen 
verteilt.  Der  Cispius  gehörte  zur  IV.  Region,  die  sich  im  Südwesten  bis 
an  den  Nordrand  des  Forums  und  des  Palatins  erstreckte;  ihre  Nord- 
grenze bildete  das  Argiletum  und  der  von  diesem  ausgehende  Vicus  Pa- 
tricius,  die  Südgrenze  die  um  den  Fuss  des  M.  Oppius  sich  hinziehende 
Strasse,  die  in  den  auf  die  Porta  Esquilina  zuführenden  Clivus  Suburanus 
einmündete.  Dies  war  zugleich  die  West-  und  Nordgrenze  der  III.  Region, 
die  das  Flavische  Amphitheater  einschloss.  Ihre  Südgrenze  bildete  die  ge- 
rade Strasse,  die  vom  Colosseum  ausgehend  bei  der  P.  Caelemontana  die 
Servianische  Mauer  traf.  Nach  Osten  zu  wurden  beide  Regionen  durch 
die  der  Servianischen  Mauer  parallel  laufenden  Strassen  begrenzt.  Jenseits 
bildete,  das  Esquilinische  Feld,  der  Campus  Esquilinus,  die  Y.  Region; 
sie  reichte  im  Osten  allmählich  bis  an  die  Aurelianische  Mauer,  die  sie  an 
dem  am  weitesten  vorspringenden  Teile  zwischen  dem  Amphitheatrum 
castrense  und  der  Porta  Labicana  sogar  überschritt;  im  Norden  bis  an  die 
p.  283  erwähnte  Strasse,  die  von  der  P.  Viminalis  ausgehend  die  Aure- 
lianische Mauer  südlich  vom  Prätorianerlager  traf,  im  Süden  bis  an  die 
die  Porta  Caelemontana  und  Porta  Asinaria  verbindende  Strasse. 

113.  Ältester  Zustand.  Über  die  älteste,  vor  die  Zeiten  der  Ser- 
vianischen Stadt  hinaufreichende  Geschichte  des  Esquilinischen 
Feldes  {Campus  Esquüinus  Cic.  Phil.  IX  7,  17,  Suet.  Claud.  25)  haben 
die  Entdeckungen  der  letzten  Jahrzehnte  überraschende  Aufschlüsse 
gegeben.  Für  die  Topographie  ist  namentlich  von  Wichtigkeit  die  Ent- 
deckung archaischer  Begräbnisstätten  zwischen  der  Umfassungsmauer  der 
Vierregionenstadt  und  dem  Servianischen  Wall  (vgl.  Taf.  3),  ja  unter 
letzterem  und  über  ihn  hinausgehend;  0  6s  sind  Grabkammern,  die  in  den 
Tuflf  des  Bodens  eingearbeitet  sind  (pozzi).  Das  Gebiet  dieser  archaischen 
Nekropolis  erstreckt  sich  von  Sta.  Maria  Maggiore  über  die  Via  Merulana, 
die  Via  del  Statute  und  S.  Martine  ai  monti,  Piazza  Yittorio  Emmanuele, 
S.  Eusebio,  Via  Goito  bis  zum  Finanzministerium  und  der  ehemaligen 
Villa  Spithöver,  dehnt  sich  also  auch  über  den  Quirinal,  d.  h.  über  den 
ganzen  Osten  Roms  aus.  Hand  in  Hand  damit  geht  die  Entdeckung  ur- 
alter Ansiedlungen  auf  dem  Esquilin ;  die  in  denselben  gefundenen  Werk- 
zeuge, Gerätschaften  etc.  von  Kupfer  und  Bronze,  Gefässe  von  schwärz- 
lichem Thon,  noch  ohne  Drehscheibe  gefertigt,  gleichen  den  auf  dem 
Monte  Cavi  unter  der  letzten  Lavaschicht  entdeckten.*)  —  Über  den 
ältesten  Gräbern,  die  gewöhnlich  4 — 5  m  tief  im  TufFboden  gefunden 
worden  sind,  lag  eine  zweite  Schicht,  etwa  1—2  m  tief,  ebenfalls  noch 
in  den  Boden  eingegraben,  steinerne  Aschenkisten  und  Sarkophage  ent- 
haltend.    Diese  Gräber  haben  sich  in  grosser  Anzahl  zunächst  ausserhalb 


easent  Hute  origini  magis  cancmunt  loci 
vicini,  quod  ibi  lucus  dicitur  facutalis  et 
Larum  Querquetulanum  sacellum  et  liUMS 
Mefitis  et  Junonis  Lucinae,  quorum  angusti 
fines.  Ueber  den  L.  Fagutalis  siehe  p.  37 
u.  39,  den  Tempel  der  Jano  Lucina  unten 
p.  323,  den  Lucus  Mefitis  p.  305  Anm.  3;  das 


Sacellum  Larum  Querquetulanum  wird 
nur  hier  genannt,  seine  Lage  ist  unbekannt. 

*)  Man  erkennt  an  dem  allmähliclien 
Zurückweichen  der  Grabstätten  nach  Osten  zu 
die  zunehmende  Erweiterung  der  Stadt. 

*)  M.  St.  de  Rossi  in  den  Ann.  d.  Inst. 
1867,  p.  32  «F.,  vgl.  p.  25. 


304  B.  Topographie  yon  Born. 

des  Serviuswalles  gefunden.  —  Eine  dritte,  wiederum  spätere  Art  von 
Qräbem  besteht  aus  Grabkammern,  deren  Quadern  von  Capellaecio,  einer 
bröcklichen  Tuffart,  sind,  sie  haben  Bewurf  und  Bemalung.  Sehr  wichtig  sind 
die  in  grossen  Mengen  hier  gefundenen  Kunstgegenstande.  Hervorzuheben 
sind  namentlich  kleine  figurengeschmückte  Altäre  von  Terracotta,  Lampen, 
Vasen,  diese  vor  allem  wichtig  wegen  der  darauf  befindlichen  Buchstaben- 
zeichen und  Inschriften,  u.  a.  Es  liegt  auf  der  Hand,  dass  die  chronologische 
Bestimmung  dieser  Funde,  die  H.  D&essel  mit  so  grossem  Geschick  unter- 
nommen hat,  für  die  Geschichte  des  Esquilins  und  Roms  selbst  von  hoher 
Wichtigkeit  ist.')  Dass  in  diesen  Gräbern  in  erster  Linie  jene  „puticuW  wieder 
zum  Vorschein  gekommen  sind,  die  Begräbnisplätze  des  ärmeren  Volkes,  die 
wir  aus  der  Überlieferung  schon  kannten,  ergiebt  sich  aus  der  Form  der 
Gräber  (putei).  Nach  Varro,  LL.  V  25  heissen  extra  oppida  a  puteis  puti-^ 
culi,  quod  ibi  in  puteis  obruebantur  homines,  nisi  potius,  ut  Äelius  scribit, 
puticulae,  quod  putescebant  ibi  cadavera  proiecta,  qui  locus  puUicus  ultra 
Esquilias.  Beide  Ansichten  bringt  auch  Fest.  ep.  p.  216;  die  Scholien  zu 
Horaz  Sat.  I  8,  10  leiten  puticuli  ebenfalls  von  putei  ab  und  fügen  hinzu 
hie  etiam  erant  publicas  ustrinae.  Dass  hier  namentlich  auch  Sklaven  be- 
stattet wurden,  lehrt  die  angeführte  Stelle  des  Horaz: 

huc  prius  angustis  eiecta  cadavera  ceüis 
conservus  tili  portanda  locabat  in  arca; 
hoc  miserae  pUhi  stabat  commune  sepulcrum  .... 
miüe  pedes  in  fronte,  trecentos  cippus  in  ayrum 
hie  dahat,  heredes  monumentum  ne  sequeretur. 

Auch  die  Richtstätte  befand  sich  hier.  Noch  Tac.  Ann.  TL  32  erzählt : 
in  P,  Marcium  consules  extra  portam  EsquiUnam,  cum  claasicum  canere  ius- 
sissent,  more  prisco  advertere  und  Suet.  Claud.  25 :  civitatem  Romanam  usur- 
pantes  in  cantpo  Esquilino  securi  percussit;  an  vielen  Stellen,  wo  von  Hin- 
richtungen die  Bede  ist,  wird,  ohne  den  Namen  zu  nennen,  auf  einen 
bestimmten  Platz  ante  portam  Esquilinam  hingedeutet,  so  z.  B.  Plautus,  Mit. 
glor.  n  4,  6 :  tibi  esse  pereundum  extra  portam,  dispessis  manibus  patibulum 
quom  habebis.  In  der  Eaiserzeit  wird  die  Lage  dieses  Richtplatzes  be- 
stimmt durch  die  Lage  des  Sessorium,  eines  Gebäudes,  das  mit  den 
Hinrichtungen  in  Verbindung  genannt  wird;  so  z.B.  beim  Schol.  Cruq.  zu 
Horaz  Epod.  5,  100:  Esquilina  porta  Romae  dicitur  ad  Sessorium,  ubi 
certus  erat  locus  sepulcrorum  ad  corpora  pauperum  aut  scderatorum  viliumque 
comburenda  aut  canibus  proicienda  (vgl.  zu  Sat.  I  8,  11);  in  den  Excerpta 
Valesia  69  (Eyssenhardt,  Amm.  Marc.  p.  541)  heisst  es  geradezu:  in  palatio, 
quod  appellatur  Sessorium,  caput  eius  amputari  praecepü.  Demnach  ist  auch 
Flut.  Galba  24  iggiipav^  tj  tovq  vno  t(ov  Kaiadqwv  xoXa^ofiävovq  \^avatovan\ 
(  d^  tonoq  2rj<TTäQTiov  xaXshai  mit  Becker  p.  556  SsaacoQiov  zu  lesen.  Über 
die  Lage  des  Sessoriums  ist  kein  Zweifel,  da  die  Basilica  S.  Croce  in  Gern- 
salemme  nach  Anast.  Vita  Silvestri  95  in  palatio  Sessoriano  gebaut  ist,  sie 
führt  auch  den  Namen  Basilica  Sessoriana.  Die  nördlich  von  der  Kirche 
gelegene,  gewöhnlich  Nymphaeum  Alexandri  genannte  Ruine  dürfte  des- 

')  Unter  Benutzmig  der  esquilinischen  |  geschrieben    aber   Le   civiltä  primitiye  del 
nicht  nur,   sondern  überhaupt  der  ältesten  i  Lazio. 
Funde  hat  Pinza,  .  Bull.  com.  1898,  p.  53  ff.   | 


7.  Der  Osten  Aoms.    b.  Der  Esquilin.    (§  113.)  305 

halb  ein  Teil  des  Sessoriums  gewesen    sein.     Der  Name   selbst  ist  nicht 
erklärt.*) 

Indessen  war  auf  dem  Esquilin  nicht  nur  der  Begräbnisplatz  für  die 
misera  plebs,  vielmehr  ergiebt  sich  aus  Cicero  Phil.  IX  7,  17,  dass  auch 
die  vornehmsten  Männer  hier  bestattet  wurden;  er  beantragt  an  der  Stelle: 
uti  locum  sepulcro  in  campo  Esquilino  C,  Pansa  consul,  seu  quo  in  loco  vide- 
bitur,  pedes  triginta  quoquo  versus  adsignet,  quo  Ser.  Sulpicius  inferatur  etc. 
Nach  Suetons  Vita  sind  auch  Maecenas  und  Horaz  hier  extremis  Esquiliis 
nebeneinander  bestattet.  Unter  den  spärlich  hier  gefundenen  Inschriften 
befinden  sich  hin  und  wieder  Namen  von  Leuten  aus  besserem  Stande 
(Ann.  d.  Inst.  1880  p.  316 flf.).  —  Verehrt  wurde  hier  die  Venus  Libitina, 
die  von  Hör.  carm.  III  30,  7  schlechthin  als  Göttin  des  Todes  oder  des  Be- 
gräbnisses bezeichnet  wird  (vgl.  Liv.  XL  19  pestilentia  .  .  .  tanta  erat,  ut 
Libitina  tunc  vix  sufficeret  und  XLI  21  ne  liberorum  quidem  funeribus 
Libitina  sufficiebat),  in  einem  ihr  geheiligten  Haine,  dem  Lucus 
Libitinae.  Nach  Dionys.  IV  15  hatte  schon  Servius  Tullius  eine 
Abgabe  für  die  Toten,  das  lucar  Libitinae  festgesetzt,  das  der  Göttin, 
d.  h.  den  mit  der  Bestattung  der  Leichen  betrauten  und  in  ihrem 
Haine  stationierten  libitinarii  zu  gute  kam.  In  späterer  Zeit  war  mit 
dem  Lucus  Libitinae  ein  grosses  Bestattungsgeschäft,  das  auch  wohl 
kurzweg  als  Libitina  bezeichnet  wird,  verbunden  (Plut.  Quaest.  Rom.  23; 
CIL  VI  9974  wird  ein  vestiarius  ab  luco  Lubitina  genannt).  2)  Bei  der  Porta 
Esquilina  ist  ein  Senatsbeschluss  gefunden  (CIL  VI  3823),  der  sich  auf  ein 
vermutlich  an  der  Grenze  des  Gräberfeldes  gelegenes  Sacellum  des  hier 
vor  dem  Thore  befindlichen  Pagus  montanus  bezieht.  Es  wird  darin  ge- 
boten, an  dem  geweihten  Platz  weder  „stercus  terramve  intra  ea  loca  fecisse 
coniecisseve"  noch  „ustrinatn  facere^  (vgl.  Mommsen  zu  der  Inschrift).  Ein 
Dekret  ähnlichen  Inhaltes  von  einem  Prätor  Sentius  (vielleicht  dem  Konsul 
des  Jahres  19  v.  Chr.)  ist  vor  der  Porta  Viminalis  gefunden  worden  (Bull, 
com.  1882,  p.  159).  Es  sieht  danach  so  aus,  als  ob  die  zur  Beerdigung  etc. 
bestimmte  Zone  zwischen  diesen  beiden  Thoren,  resp.  zwischen  den  aus 
ihnen  auslaufenden  Strassen  lag.  Zur  Zeit  des  Augustus  schon  war  die 
Nähe  dieses  Feldes  an  den  bewohnten  Stadtteilen  unerträglich  geworden,  ä) 
der  allgemeine  Begräbnisplatz  wurde  zugeschüttet  und  bebaut.  Vgl.  Horaz 
Sat.  I  8,  14  nunc  licet  Esquiliis  habitare  salubribus  atque  aggere  in  aprico 
spatiarij  quo  modo  tristes  albis  informem  spectabant  ossibus  agrum.  Auf  dem 
Hauptteile  des  frei  gewordenen  Terrains  entstanden  die  Gärten  des 
Maecenas  (p.  313).  Die  Erinnerung  an  den  früheren  Zustand  spiegelt  sich 
u.  a.  in  Horaz'  Bezeichnung  atras  Esquüias  Sat.  II  6,  32  wieder. 

Litteratnr:  Im  allgemeinen  ist  auf  die  Berichte  in  den  Not.  d.  scavi  und  im  Bull, 
com.  zu  verweisen.   Bei  der  vollstftndigen  Umgestaltung,  die  der  Esquilin  in  den  letzten  Jahr- 


')   Vgl.  Lavciani,    Itin.  Eins.  p.  58  flf.;  Fest.  p.  351   ad  vicum  Patricium  versus,  in 

Becker,  Top.  556  f.  qua    regione    est    aedis    Mefitis)    auf   dem 

')   Vgl.  Marquabdt,   Handbuch  YIII  1  Gispius  und  die  Altäre  der  Mala  Fortuna 

p.  371  f.  (Gic.  de  nat.  deor.  III  25,  68,  de  legg.  II  11, 

»)  An  den  ursprünglichen  Zustand  jenes  28,  Plin.  N.  H.  II  16)  und  der  Febris  hier 

Feldes  erinnern  vielleicht  der  Lucus  Mefitis  und  in  stimme  vico  Longo  (Yal.  Max.  II  5. 6). 
mit  einer  Aedes  Mefitis  (Yarro  LL.  V  49; 

Handbuch  der  kUM.  AltertamswiaflenscbAft.  III.  8,  B.    2.  Aufl.  20 


306  ^*  Topographie  von  Rom. 

zehnten  durchgemacht  hat,  waren  die  Entdeckungen  h&ufig.  Hervorzuheben  iat  der  Bericht  von 
Lauciani  im  Bull.  com.  1874  p.  46  ff.;  M.  St.  de  Bossi,  Tombe  arcaiche  deüa  villa  SpithGver, 
Bull.  d.  Inat.  1885,  p.  72  ff.;  Derselbe:  Necroj>oli  arcaica  romana  e  parte  di  essa  scoperta 
presse  S.  Martine  ai  Monti.  BuU.  com.  1885,  p.  89  ff.  Die  Esquilinischen  Entdeckungen 
sind  unter  anderen  von  Helbig,  Die  Italiker  in  der  Poebene,  verwertet.  —  H.  Dbbssbl,  La 
supellettile  dell*  antichissima  necropoli  Esquilina.  Ann.  d  Inst.  1879,  p.  253  ff.,  1880, 
p.  265  ff.,  1882,  p.  5  ff. 

114.  Strassen  und  Aufgänge  zum  Esquilin.  Drei  Strassenzüge 
sind  es,  die  vom  Forum  und  der  Sacra  via  ausgehend  die  Verbindung  des 
Mittelpunktes  der  Stadt  mit  dem  hochgelegenen  Osten  vermittelten.  Der 
wichtigste  hat  seinen  Ausgangspunkt  an  der  Nordseite  des  Forums  im  Argi- 
letum,  das  in  seinem  unteren  Teile  durch  Domitian  und  Nerva  in  das 
Forum  transitorium  umgestaltet  war  (p.  106  und  113  f.),  sich  vom 
Nordende  dieses  Forums  in  östlicher  Richtung  fortsetzt  und  dann  in 
die  Subura  einmündet,  die  Hauptstrasse  der  zwischen  den  Abhängen  des 
Quirinal,  Viminal,  Cispius  und  Oppius  befindlichen  gleichnamigen 
Niederung.  Sie  verläuft  im  wesentlichen  westöstlich  und  steigt  im 
Thale  zwischen  Cispius  und  Oppius  als  Clivus  Suburanus  in 
die  Höhe  und  über  die  Hochebene  bis  zur  Porta  Esquilina.  Vor  dem 
Thore  gabelt  sie  sich  in  zwei  Strassen,  die  Via  Tiburtina  und  die  Via 
Praenestina,  die  zu  den  gleichnamigen  Thoren  in  der  Aurelianischen  Mauer 
führten.  Von  der  Subura  zweigte  sich,  nicht  weit  von  ihrem  Anfang 
beim  Argiletum,  der  schon  mehrmals  erwähnte,  zwischen  Cispius  und 
Viminalis  emporsteigende  und  die  Grenze  zwischen  der  IV.  und  VI.  Region 
bildende  Vicus  Patricius  ab.  Von  allen  diesen  Strassen  ist  in  ihrer 
ganzen  Ausdehnung  das  Pflaster  zum  Vorschein  gekommen.  —  Zwei  andere 
Hauptverbindungsstrassen  gingen  von  dem  Ostende  der  Sacra  via  aus,  die 
eine  führte  über  die  Carinen  und  den  Oppius  auf  das  Hochplateau  der 
Esquilien  (Liv.  XXVI  10),  die  andere  ist  die  vom  Colosseum  aus  in  dem 
Thal  zwischen  Oppius  und  Caelius  zur  Porta  Caelemontana  und  weiter  zur 
Porta  Asinaria  führende  Strasse,  die  oben  p.  303  als  südliche  Grenze  der 
III.  und  V.  Region  schon  erwähnt  wurde.  Auch  von  dieser  Strasse  ist  das 
Pflaster  in  grosser  Ausdehnung  zu  Tage  gekommen,  während  von  dem 
Pflaster  der  auf  den  Oppius  führenden  Strassen  am  Abhang  einige  Spuren, 
auf  der  Höhe  nichts  erhalten  ist. 

Natürlich  fehlte  es  nicht  an  Querstrassen,  die  diese  Hauptadem  ver- 
banden, und  manche  Piasterreste  sind  zum  Vorechein  gekommen.  Nament- 
lich wurde  die  Verbindung  der  Thore  des  Esquilinischen  Walles  unter- 
einander durch  Parallelstrassen  hergestellt,  die  innerhalb  wie  ausserhalb 
des  Walles  liefen.  Sie  sind  an  vielen  Stellen  wiedergefunden,  und  über- 
all fand  man,  wie  auf  dem  Quirinal  (vgl.  p.  298),  an  den  Wall  Häuser  an- 
gebaut und  den  Graben  zugeschüttet.  Die  Ausfüllung  desselben  erfolgte 
z.  T.  durch  leere  Amphoren,  um  den  neugewonnenen  Boden  vor  Feuchtig- 
keit zu  schützen.  Kolossale  Mengen  davon,  neben  und  über  einander 
geschichtet,  sind  an  mehreren  Stellen  des  Grabens  aufgedeckt  und 
bieten  durch  die  darauf  befindlichen  Inschriften  noch  besonderes  Interesse. 
Sie  stammen  aus  der  Zeit  von  der  Mitte  des  1.  Jahrhunderts  v.  Chr.  bis 
zur  Mitte  des  1.  Jahrhunderts  n.  Chr.,  in  dieser  Zeit  muss  also  der  Graben 


7.  Der  Osten  Roms.    b.  Der  Esqnilin.    (§§  114—115.)  307 

zugeschüttet  sein.^)  —  Zwischen  dem  Servianischen  Wall  und  der  Aure- 
lianischen Mauer  lief  quer  über  das  ganze  esquilinische  Feld  in  der  Rieh-* 
tung  von  Süden  nach  Norden,  vom  Caelius  an  bis  in  die  Nähe  der  Porta  Es- 
quilina  ohne  Unterbrechung  zu  verfolgen  und  im  Laufe  der  Jahrhunderte 
mehrfach  bei  Ausgrabungen  und  Strassenregulierungen  zu  Tage  gekommen, 
eine  antike  Strasse,  deren  Pflaster  etwa  5 — 6  m  unter  dem  Schuttboden 
entdeckt  worden  ist.  Ihr  antiker  Name  ist  unbekannt,  im  Mittelalter 
(seit  Gregor  d.  Grossen  590—604)  wird  auf  dem  Esquilin  eine  Domus 
Merulana  genannt,  nach  der  die  Strasse  den  Namen  Via  Merulana  be- 
kommen hat.^)  Sie  muss  von  grosser  Wichtigkeit  gewesen  sein,  da  sie 
eine  Hauptverbindung  zwischen  den  grossen  über  den  Esquilin  führenden 
Landstrassen  herstellte. 

115.  Einzelne  Strassen.  1.  Das  Argiletum.  Ausser  den 
p.  106  schon  genannten  Buchhändlerläden  des  Atrectus  und  Secundus 
erwähnt  Martial  II  17,  3,  dass  hier  Schuhmacher  in  grosser  Anzahl  ihre 
Tabernen  hatten:  Argique  letum  multus  obsidet  sutor,  wie  denn  überhaupt 
Argiletum  und  Subura  samt  ihren  Nebenstrassen  vielleicht  das  lebhafteste 
Quartier  des  Kleinhandels  im  antiken  Rom  waren.  Eine  Nebenstrasse 
des  Argiletum  (oder  der  Subura)  und  gleichen  Charakters  wie  diese  war 
der  VicuB  Sandaliarius,')  in  dem  der  von  Augustus  (Sueton  Aug.  57) 
errichtete,  zu  den  statuae  vicatim  dicatae  (p.  63)  gehörige  Apollo  Sanda- 
liarius  stand.  Es  scheint,  als  ob  man  von  dem  Namen  (Jordan,  Top.  I  2 
p.  452  übersetzt  Vicus  Sandaliarius  mit  Sohlenmacherstrasse)  auf  eine  be- 
sondere Ausbreitung  des  Schuhmacherhandwerks  auch  in  dieser  Strasse 
schliessen  dürfte.  Die  Inschrift  auf  einer  den  Laribus  Augustis  im  Jahre 
2  V.  Chr.  geweihten  Ära  CIL  VI  448  nennt  die  magistri  vici  Sanda- 
Hart  (vgl.  Bull.com.  1877  p.  162  f.).  Auch  in  dieser  Strasse  werden 
Buchhändler  genannt,  so  heisst  es  bei  Gellius  XYUI  4,  1 :  in  Sandaliario 
forte  apud  librarios  fuimus.  In  dieser  Strasse  befand  sich  ein  Sacellum 
Statae  Fortunae.  Eine  dieser  Gottheit  von  den  Magistri  vici  Sandaliari 
im  Jahre  12  n.  Chr.  gesetzte  Inschrift  existiert  noch  (CIL  VI  761).  Das 
Sacellum  wird  sonst  nicht  erwähnt.  —  Ganz  zweifelhaft  ist  die  Lage  des 
Atrium  sutorium.  Es  wird  erwähnt  bei  Varro  LL.  VI  14  und  bei  Fest, 
p.  352,  beidemal  in  derselben  Beziehung,  nämlich  dass  das  Tubilustrium 
(Fast.  Praen.  zum  23.  März  CIL  I«  p.  313)  darin  gefeiert  wurde.  Aus 
den  Stellen  geht  aber  weder  hervor,  welchen  Zusammenhang  das  Atrium 
mit  dieser  Feier  gehabt  hat,  noch  wo  es  gelegen  haben  kann.  Jordan 
Top.  I  2  p.  452  ist  geneigt,  in  Hinblick  darauf,  dass  die  Schuhmacher- 
zunft in  der  Gegend  des  Argiletums  und  der  Subura  offenbar  ihren 
Hauptsitz  gehabt  hat,  es  hier  anzusetzen,  und,  da  es  nach  Augustus 
nicht  mehr  erwähnt  wird,  die  Frage  aufzuwerfen,  ob  es  nicht  an  Stelle 
des   späteren  Forum  Nervae  zu  suchen  sei.^)     Ebenfalls  in  jene  Gegend 


')  Drbssel,  Di  an  grande  deposito  di 
anfore  etc.,  Bull.  com.  1879  p.  36  ff.,  65  ff., 
194  ff.    CIL.  XV  p.  657  ff. 

')  Ueber  die  Geschichte  der  Strasse  etc. 
vgl.  Lamoiaki,  Ttin.  Eins.  p.  100  f. 


*)  Pflasterreste  einer  Nebenstrasse  des 
Argiletums  siehe  bei  Lanciani,  Form.  ürb.  22. 

*)  Vgl.  MoHHSEN,  Archftol.  Zeitung  1847, 
p.  109.  Jordan,  Hermes  IV  p.  232.  Pbblleb, 
MyÜiol.I«  p.  294. 

20» 


308 


B.  Topographie  von  Rom« 


scheint  die  in  der  lY.  Region  genannte  Porticus  absidata  zu  setzen  zu 
sein.  Die  noch  jetzt  existierende,  im  Jahre  1889  ausgegrabene  halbkreis- 
förmige Mauer,  die  zwischen  der  Nordostecke  des  Forum  Nervae  und  der 
Südostecke  des  Forum  Augusti  sich  an  die  Aussen  wand  der  beiden  Fora 
lehnt  und  nach  Osten  zu  sich  öflfnet,  dürfte  den  Hintergrund  der  Portikus 
gebildet  haben.  Die  Beschreibung  im  Ordo  Benedicti  (vgl.  Lanciani  Itin. 
Eins.  p.  96  fif.)  nennt  die  Portikus  und  weist  genau  hierher,  i)  Nicht 
weit  davon  nach  Südosten  zu  stand  ein  aus  dem  Anfang  des  12.  Jahi^ 
hunderts  stammender  Turm,  Tor  dei  Conti,  in  dessen  Fundamente  zwei 
starke,  antike  Quadermauern,  parallel  in  einem  Abstände  von  9  m  laufend, 
eingebaut  waren.  Die  Mauerreste  sind  ungefähr  2  m  stark  und  haben 
eine  Länge  von  circa  12  m;  die  Orientierung  ist  die  der  Kaiserfora.  Von 
welchem  Gebäude  sie  stammen,  ist  unbekannt. 

2.  Die  Subura  (über  ihren  Verlauf  siehe  oben  p.  306).  An  der  Stelle, 
wo  die  Ausläufer  von  Viminal  und  Esquilin  sich  am  nächsten  treten  und 
das  Terrain  sich  allmählich  zu  heben  beginnt,  haben  wir  vermutlich  die 
primae  fauces  des  Martial  II  17,  1  zu  suchen.  Nach  seinen  Worten: 
tonstrix  Suburae  faucibus  sedet  primisj  cruenta  pendent  qua  flagdla  tortorum 
Argique  letum  multus  obsidet  sutor  scheint  die  von  ihm  so  genannte  Stelle 
sich  in  der  Nähe  des  Argiletums  befunden  zu  haben.  Vermutlich  meint 
er  XII  3,  9  mit  prima  Subura  dieselbe  Stelle.  Von  hier  aus  stieg  die 
Strasse  zu  ziemlicher  Höhe  bergan  (Mart.  X  19,  4,  V  22,  5  alta  Suburani 
vincenda  est  semita  clivi).  Wo  sie  die  Höhe  erreichte,  stand  der  Lacus 
Orphei,  ein  theaterförmiges  Halbrund  mit  Stufen,  auf  der  Höhe 
Orpheus,  umgeben  von  wilden  Tieren  und  Vögeln  (Mart.  X  19,  6  flf.). 
Die  Lage  dieses  Lacus  ist  sehr  unsicher,  die  Regionsbeschreibung  führt 
ihn  in  der  V.  Region  an,  er  muss  also  ausserhalb  der  Linie  der  ehe- 
maligen Servianischen  Mauer  gelegen  haben.  Die  Bassus-Inschrift  Bull.  com. 
1891  p.  342  flf.  nennt  ausser  den  Suburenses  auch  die  Orfienses,  die  Bewohner 
einer  in  der  Nähe  dieses  Brunnens  befindlichen  Strasse.  Lanciani  identi- 
fiziert ihn,  wenn  auch  zweifelnd,  auf  Form.  ürb.  24  mit  den  hier  noch 
heute  in  Trümmern  befindlichen  Trofei  di  Mario.  —  Die  Subura  gilt  als 
der  Hauptpunkt  des  Volks  Verkehrs  im  alten  Rom,  und  alle  Schilderungen 
und  Erwähnungen  dieser  Strasse,  die  namentlich  bei  Juvenal  und  Martial 
häufig  sind,  geben  das  Bild  einer  von  einer  handeltreibenden  Menge,  von 
geschäftigen  und  müssigen  Menschen  erfüllten  Stadtgegend.  Martial  nennt 
sie  XII  18,  2:  clamosa,  Juvenal  11,  51:  fervens.  Bei  Juvenal,  der  10,  155 
Hannibal  sagen  lässt:  actum  .  .  .  nihil  est,  nisi  Poeno  müite  portal  frangimus 
et  media.  vexiUum  pono  Subura,  gilt  die  Subura  als  Mittelpunkt  der  Stadt, 
und  3,  5  flf.  als  die  für  die  Unbequemlichkeiten  und  Gefahren  der  Gross^ 
Stadt,  Brände,  Hauseinstürze  etc.  typische  Strasse.  Dazu  kam  der  Strassen- 
schmutz  und  die  die  Strasse  verengenden  Lastwagen  (Mart.  V  22,  5  f.), 
denen  man  nur  mit  Lebensgefahr  ausweichen  konnte.  —  Ausser  den  schon 
erwähnten  Schuhmachern   lernen   wir   durch  Inschriften   eine  Anzahl   von 


*)  Wenn  auf  Lancianis  Form.  ürb.  22 
in  der  Absis  der  Name  Porticus  absidata, 
den  Lanciani   selbst  dafür  festgestellt  hat, 


fehlt,  80  beraht  dies  anf  einem  Versehen.  Das 
in  der  lY.  Reg.  daneben  genannte  Anrenm 
bucinum  dürfte  der  Name  einer  Strasse  sein. 


7.  Der  Osten  Borns,    b.  Der  Bsqailin.    (§  115.) 


309 


Gewerbetreibenden  kennen:  CIL  VI  1953  einen  praeco,  9284  einen  crepidarius, 
9399  einen  ferrarius,  9491  einen  lanarius,  9526  einen  lintearius,  Bull.  com. 
1887  p.  163  einen  inpiliarius^)  Martial  erwähnt  ferner  X  94  Obsthändler, 
n  17  Barbiere,  und  schildert  VII  31,  dass  man  in  der  Subura  alles  haben 
kann,  namentlich  jede  Art  von  Lebensmitteln,  wie  sie  dem  reichen  Manne 
sein  Gutsverwalter  in  die  Stadt  schickt.  Juvenal  nennt  11,  137  einen 
Lehrer  der  Vorschneidekunst  Trypherus,  der  seinen  Laden  in  der  Subura 
hatte.  Ein  ganz  besonderer  Charakter  aber  wurde  der  Subura  gegeben  durch 
den  hier  wohl  noch  stärker  als  in  vielen  anderen  Teilen  Roms  auftretenden 
Verkehr  von  famae  non  nitnium  bonae  puellae,  wie  sie  Martial  VI  66  nennt. 
Es  scheint  hier  so  von  Alters  her  gewesen  zu  sein.  Livius  III  13  berichtet 
aus  dem  Jahre  461  v.  Chr.  über  iuventutem  grassantem  in  Subura.  Horaz 
Ep.  5,  58  erwähnt  sie  in  gleichem  Sinne;  die  lebhaftesten  Schilderungen 
dieses  Verkehrs  giebt  Martial  VI  66,  IX  37,  XI  61  und  78.  Nichtsdesto- 
weniger finden  wir  doch  in  dieser  Strasse  auch  die  Häuser  vornehmer 
Leute.  So  hat  nach  Sueton  Caes.  46  Julius  Caesar  hier  gewohnt,  bis  er 
als  Pontifex  Maximus  das  Amtshaus  bezog;  mehr  als  150  Jahre  später, 
im  Jahre  101  n.  Chr.,  wohnte  hier  der  Konsul  dieses  Jahres,  Stella 
(Mart.  Xn  3,  10).  Indessen  sind  die  Häuserreste,  die  längs  der  Subura 
zum  Vorschein  gekommen  sind,  nur  gering.  An  der  Nordseite  des  Clivus 
Suburanus,  möglicherweise  an  dem  Kreuzungspunkt  dieses  und  eines 
einmündenden  Vicus,  ist  eins  von  den  zahlreich  in  Rom  vorhandenen 
Kompitalheiligtümern  aufgedeckt  worden.  Der  Altar  ist  aus  grossen 
Travertinblöcken  hergestellt.  Neben  dem  Altar  steht  auf  einem  breiten 
Unterbau,  zu  dem  Stufen  emporführen,  eine  Marmorbasis  mit  einer  In- 
schrift aus  dem  Jahre  10  v.  Chr.,  wonach  darauf  die  Statue  des 
Merkur  stand.  Sie  war  eine  von  den  von  Augustus  vicatim  dicatae 
(p.  63),  es  heisst  in  der  Inschrift:  ex  stipe  quam  populus  Romanus  K, 
Januariis  apsenti  ei  contulit.  Gleiche  Statuen  sind  die  im  Jahre  9  v.  Chr. 
dem  Volcanus  am  Volcanal  (p.  78)  und  4  v.  Chr.  den  Lares  publici  an 
der  Summa  sacra  via  (p.  161)  gesetzten  (CIL  VI  457,  456).  Suet.  Aug.  57 
erwähnt  als  solche  Statuen  noch  den  Apollo  Sandaliarius  (p.  307)  und  den 
Jupiter  Tragoedus.  Die  Inschrift  CIL  VI  458  aus  dem  Jahre  8  v.  Chr.  ist 
gleichlautend  mit  der  oben  citierten,  aber  der  Name  des  Gottes  fehlt.') 

3.  Südlich  von  der  Subura,  zwischen  dieser  und  dem  Forum  lagen  in 
altrepublikanischer  Zeit  zwei  Märkte,  das  Forum  Cuppedinis  und  das 
Forum  piscatorium  (vgl.p.  109).  Varro  LL.  V 146  erwähnt  ersteres  mit  der 
richtigen  Etymologie  a  cuppedio,  d.  h.  von  den  Leckerbissen,  Delikatessen, 


0  In  der  Inschriffc  CIL.  VI  9526  heisst 
es  von  dem  lintearius:  in  Sebura  maiore 
ad  nimfa.  Was  unter  der  Subura  maior  zu 
denken  ist,  steht  nicht  fest,  Lanoiaki  be- 
zeichnet den  niedrigst  gelegenen  Teil  der 
Strasse  so. 

^)  Vgl.  Gatti,  Bull.  com.  1888  p.  221. 
Die  sehr  weitgehenden  Kombinationen,  die 
er  an  diesen  Fund  knüpft,  namentlich,  dass 
hier  das  sechste  Argeersacellum  der  IL  Re- 


gion gefanden  sei,  sind  schwerlich  richtig. 
Auch  die  an  und  für  sich  hübsche  Ver- 
mutung, dass  der  hier  gefundene  Merkur  der 
in  GILVI 9714 erwähnte  Mercurius  sobrius 
sei,  und  der  Vicus  der  von  Fest.  p.  297  ge- 
nannte Sobrius  vicus  (quod  in  eo  Mercurio 
lade,  non  rino,  solitum  sit  supplicari)  sei, 
muss  dahin  gestellt  bleiben.  Vgl.  auch  Bull, 
com.  1893  p.  26. 


310  B.  Topographie  von  Rom. 

die  hier  verkauft  wurden,  ohne  eine  falsche  {forum  Cupidinis  a  cupidUate) 
zu  übergehen.  0  Die  Händler  mit  diesen  Waren,  die  cuppedinarii  werden 
bei  Terenz,  Eunuch,  v.  256  unter  den  übrigen  Händlern  des  Macellums  aufge- 
zählt. DasForum  piscatorium  wird  bei  Livius  XX  VI  2  7  und  XL  51  erwähnt; 
es  wird  unter  den  Bauten  genannt,  die  im  Jahre  210  v.  Chr.  circa  forum 
abbrannten  und  im  Jahre  179  wieder  aufgebaut  wurden.  Der  Aufbau 
durch  M.  Fulvius  war  zugleich  eine  Erweiterung,  die  vermutlich  auch  das 
Forum  Cuppedinis  umfasste;  er  errichtete  forum  piscatorium  circumdatis 
tabernis,  quas  vendidit  in  privatum.  Seitdem  die  Schlächter,  die  ursprünglich 
ihre  Scharren  auf  dem  grossen  Forum  gehabt  hatten,  hierher  übergesiedelt 
waren,  war  neben  diesem  Namen  auch  die  Bezeichnung  Mac ellum,  Schlacht- 
haus aufgekommen  (Plaut.  Aul.  v.  373,  Pseud.  v.  168),  daher  denn  auch  bei 
Livius  XXVII  11  in  dem  Beschluss,  die  im  Jahre  210  abgebrannten  Gebäude 
wieder  aufzurichten,  statt  forufn  piscatorium  von  ihm  macellum  gesagt  wird.*) 
Allgemein  üblich  wurde  diese  Bezeichnung,  wie  es  scheint,  nach  dem  Wieder- 
aufbau durch  Fulvius  Nobilior  im  Jahre  179  und  der  damit  verbundenen  Er- 
weiterung. Varro  LL  V  147  sagt  davon  nach  Aufzählung  anderer  Märkte  (vgl. 
p.  192):  haec  omnia  posteaquam  contracta  in  unum  locum  quae  ad  victum 
pertinebant  et  aedificatus  locus,  appellatum  Macellum,^)  Über  die  Bauart  des 
Macellums  ist  nur  bekannt,  dass  es  von  Tabernen  umgeben  war  und  dass 
in  der  Mitte  sich  der  Tholus  befand  (Varro  ap.  Non.  p.  448).  Die  fauces 
macelli,  was  doch  wohl  nichts  anderes  sein  kann,  als  der  Eingang,  werden 
Cic.  in  Verr.  III  62,  145  und  pro  Quinctio  6,  25  erwähnt.  Nach  letzterer 
Stelle  lagen  dabei  die  Atria  Licinia,  vermutlich  ein  Raum  für  Auktionen ; 
vgl.  Cic.  pro  Quinctio  4, 12.  Von  der  Lage  des  Macellums  wissen  wir  Ge- 
naueres ebenfalls  nicht.  Aus  den  Worten  Varros  LL  V  152  inter  sacram  viam 
et  macellum  editum  ergiebt  sich  wegen  der  zweifelhaften  Bedeutung  von 
editum  nichts.  Varro  nennt  an  der  Stelle  zwischen  der  Sacra  via  und  dem 
Macellum  eine  Strasse  Corneta  {quae  abscisae  loco  reliquerunt  nomen).  — 
Alle  diese  Örtlichkeiten  sind  im  Laufe  des  1.  Jahrhunderts  der  Kaiser- 
zeit verschwunden,  der  Bau  des  Forum  Pacis,  das  da  liegt,  wo  das  alte 
Macellum  gelegen  haben  muss,  hat  alle  Spuren  davon  getilgt.  Es  ist  später 
keine  Rede  mehr  von  ihm. 

4.  Der  VicusCuprius  (Etymologie  nach  Varro  LL  V  159  vicus  Ciprius 
a  Cipro,  quod  ibi  Sabini  cives  additi  consederunt^  qui  a  bono  omine  id  ap- 
pellarunt)  nam  ciprum  sabine  bonum)  ging  vom  östlichen  Teil  der  Sacra  via 
im  Colosseumsthal,  wo  bei  der  Meta  Sudans  von  Alters  her  ein  Kreuzungs- 
punkt mehrerer  Strassen  war,  nach  Norden,  lief  in  sanfter  Steigung 
über  den  Bergvorsprung  der  Carinen  und  endigte  vermutlich  in  der  Subura. 
Wo  er  seinen  höchsten  Punkt  erreichte  (Liv.  I  48  ad  summtim  Cuprium 
vicum),  kreuzte  ihn  der  ebenfalls  von  der  Sacra  via  östlich  vom  Forum 
Pacis  abbiegende  Clivus  Orbius  (bei  Liv.  a.  a.  0.  und  Solin,  I  25  Urbius 


')  Andere  Etymologien  siehe  bei  Fest, 
p.  48  und  in  den  Scholien  des  Donatus  zu 
Terenz  Eun.  v.  256. 


ebenfalls    eine    besondere   Bezeichnung    fOr 
diesen  Markt. 

')    Falsche    Etymologien    des    Namex» 


")  Das  bei  Plautus  Pseudol.  v.  790  ff.  er-      siehe  bei  Donatus  a.  a.  0.  und  bei   Varro 
wähnte   Forum   coquinum  ist  vermutlich      a.  a.  0. 


7.  Der  Osten  Borns,    b.  Der  Eequilin.    (§  115.) 


311 


genannt,  ungewisser  Deutung,  vgl.  Fest.  p.  182),  der  direkt  zur  Höhe  des 
Oppius  emporführte.  Die  Ausgrabungen  haben  das  wohlerhaltene  Pflaster 
zweier  sich  kreuzender  Strassen  zum  Vorschein  gebracht,  von  denen  die  eine 
von  der  Nordwestecke  der  Basilica  des  Konstantin  bis  zur  Höhe  des  Esquilins 
auf  Piazza  S.  Pietro  in  Vincoli  zu  verfolgen  war,  die  andere  vom  Colosseum 
her  über  den  Bergabhang  nach  Norden  bis  zum  Argiletum  läuft  (Lanciani, 
Form.  Urb.  22,  29).  Es  ist  möglich,  dass  hier  diese  beiden  Strassen  wieder 
zum  Vorschein  gekommen  sind.  Wo  diese  sich  kreuzten,  stand  ein 
Heiligtum  der  Diana,  das  sonst  nicht  erwähnt  wird  und  das  nach 
Livius  Ausdruck  ubi  Dianeum  nuper  fuit  zu  seiner  Zeit  nicht  mehr 
existierte.  Dort  spielte  nach  Liv.  I  48  und  Dionys.  IV  39  die  Sage  von 
der  Ermordung  des  Königs  Servius  TuUius,  von  dem  es  bei  Solin.  I  25 
heisst,  dass  er  supra  clivum  Urbium  gewohnt  habe.  Er  wurde,  als  er 
vom  Forum  kommend  über  die  Sacra  via  und  den  Vicus  Cuprius  nach 
Hause  zurückkehren  wollte,  an  der  Ecke  des  Vicus  Cuprius  und  Clivus  Orbius 
getötet.  Hier  fuhr  seine  Tochter  TuUia  über  den  quer  über  dem  Clivus 
Orbius  liegenden  Leichnam  fort,  wovon  die  Strasse  den  Namen  Vicus 
Sceleratus  bekam.  —  Eine  zweite  Strasse  bog  ebenfalls  vom  Vicus  Cuprius 
weiter  südlich  an  der  Südwestseite  des  Berges  nach  Osten  ab  und  wird 
mehrmals  als  Hauptaufgang  zum  Esquilin  genannt.*)  Diesen  Weg  nimmt 
Liv.  XXVI  10  Fulvius  Flaccus,  von  dem  es  heisst:  porta  Capena  cum  exer- 
cüu  Romano  ingressus  media  urbe  per  Carinas  Esquilias  contendit.  In  dieser 
Strasse,  und  zwar  über  einem  Kreuzwege  befand  sich  das  Tigillum 
sororium,  ein  aus  Holzbalken  hergestelltes  Janusthor,  an  welches  sich 
die  Sage  von  der  Bestrafung  des  Schwestermörders  Horatius  knüpfte.  Eine 
Beschreibung  der  Strasse  giebt  Dionys.  III  22 :  ^err*  S'  iv  rr^  öT^vw/r/p  rfr; 
(fägovTi  otno  KaQivrjg  xdio)  ToTg  ini  %dv  Kvttqiov  iqxoiiävoiq  atsvonnov  (vgl. 
Liv.  I  26,  Aur.  Vict.  de  vir.  ill.  4).  Es  nennen  den  Ort  die  Arvalf asten 
1.  Okt.:  tigiUo  soroHo  ad  compUum  Äcüi.  Letzteres  wird  noch  einmal  Plin. 
N.  H.  XXIX  12  erwähnt.  Er  erzählt  dort,  dass  dem  ersten  Arzte,  der  nach 
Rom  kam  (219  v.  Chr.),  dem  Archagathus,  das  Recht  der  Quirlten  gegeben  sei 
et  iabernam  in  compito  Acüio  emptam  ob  id publice.^)  Bei  dem  Tigillum  standen 
zwei  Altäre  der  Juno  Sororia  und  des  Janus  Curiatius,  an  denen  von  Alters 
her  Sühnopfer  gebracht  wurden  (Fest.  p.  297,  ep.  p.  307).  Über  diese 
Altäre  und  die  an  ihnen  gebrachten  Opfer  heisst  es  in  den  Schol.  Bob.  ad 
Cic.  pro  Milone  3  p.  277  Orell.:  constitutis  duabus  aris  Jano  Curiatio  et  Jiinoni 
Sororiae  superque  eas  iniecto  tigillo  Horatius  sub  iugum  tradudus  est,  Id 
expiamentum  memoriae  servatum  ad  hunc  usque  diem  tigillum  sororium  ap- 
pellatur.  Es  scheint,  dass  das  hier  dargebrachte  Opfer  dem  Tigillum  selbst 
gegolten  habe.  Vgl.  CIL  I''  p.  330.  —  Ein  dritter,  von  Norden,  von  der 
Subura  her  auf  den  Oppius  führender  Zugang,  der  Clivus  Pullius,  wird 
bei  Solin.  I  26  erwähnt:  Tarquinius  Superbus  habUavit  supra  clivum  Pullium 
ad  Fagutalem,  wonach  sich  die  Lage  bestimmt.     Der  Name  stammt  nach 


»)  Vgl.  Not  d.  Bcavi  1884  p.  396. 

*)  Lanoiani,  Ricerche  suUe  XIV  regioni 
urbane  Bull.  com.  1890  p.  128  ist  der  An- 
sicht, dass  das  in  der  Regionsbeschreibung 


genannte  tigillum  sororium  nicht  das  Thor 
sei,  sondern  der  Name  der  Strasse,  in  der 
es  stand  oder  einmal  gestanden  hatte. 


312  B.  Topographie  von  Born. 

Varro  LL  V  158  von  dem  Namen  des  Erbauers  (oder  Herstellers).  Der 
Name  der  Clivurnpullenses  ist  auf  der  Bassus-Inschrift  Bull.  com.  1891 
p.  842  ff.  erhalten.   Reste  des  Weges  sind  nicht  aufgefunden  (vgl.  Taf.  6). 

5.  Der  Vicus  Patricius  hatte  nach  Festus'  ep.  221  sehr  fragwürdiger 
Erklärung  seinen  Namen  davon,  dass  auf  Geheiss  des  Königs  Servius 
Tullius  hier  die  Patricier  wohnten,  ut,  si  quid  molirentur  adversus  ipsum, 
ex  locis  superioribus  opprimerentur.  Martial  VII  73  nennt  in  dieser  Strasse 
92  n.  Chr.  das  Haus  des  Maximus,  und  X  68  das  der  Hetäre  Laelia  im 
Jahre  98  n.  Chr.,  CIL  VI  1775  nennt  den  Praef.  praetorio  und  Stadtpräfekten 
Valerius  Messalla  (um  die  Wende  des  4.  und  5.  Jahrhunderts  n.  Chr.), 
der  den  Vicus  Patricius  durch  Bauten  verschönte,^)  im  Mittelalter 
heissen  die  Kirchen  S.  Eufemia  und  S.  Pudenziana  in  vico  Patricü, 
wodurch  die  Lage  der  Strasse  genau  bestimmt  ist.  Im  unteren  Teil  ist 
auch  das  Pflaster  neben  der  Via  urbana  wieder  zum  Vorschein  ge- 
kommen. An  der  Strasse  stand  ein  bei  Plutarch  (Quaest.  Rom.  3)  er- 
wähntes Heiligtum  der  Diana  und  auch  wohl  der  in  der  Regionsbeschrei- 
bung genannte  Tempel  der  Isis  patricia.  Ein  unbedeutendes  Stück 
des  Clivus  ist  auf  einem  Fragment  des  Stadtplanes  (Form.  Urb.  II  9) 
erhalten.  Etwas  abseits  von  der  Südseite  des  Vicus  Patricius  lagen 
im  4.  Jahrhundert  n.  Chr.  die  Bäder  des  Naeratius  Cerialis,  des 
Konsuls  des  Jahres  358  n.  Chr.  Viele  Funde  von  Skulpturresten,  zum 
Teil  von  hohem  Werte,  sind  hier  unweit  der  Kirche  S.  Maria  Maggiore 
im  Jahre  1873  gemacht,  darunter  befand  sich  eine  Basis  mit  Inschrift,  in 
der  Naeratius  Cerialis  als  Gründer  von  Bädern  genannt  wird.  Die  Mauer- 
reste, die  ebendaselbst  aufgedeckt  sind,  reichen  nicht  hin,  um  sich 
ein  Bild  von  der  ganzen  Anlage  zu  machen,  doch  geht  aus  einer 
anderen  Inschrift,  die  mit  den  Bädern  nichts  zu  thun  hat,  her- 
vor, dass  die  Naeratii  hier  auch  ihren  Palast  hatten.  Vgl.  CIL  VI 
1744,  Bull.  com.  1874  p.  84  flF.  —  Zur  selben  Zeit,  in  der  2.  Hälfte  des 
4.  Jahrhunderts,  bezeichnete  man  den  südlich  von  den  Bädern  des  Naeratius 
gelegenen  Teil  des  Esquilin,  auf  dem  u.  a.  die  Kirche  S.  Maria  Maggiore 
liegt,  mit  dem  Namen  Sicininum.  So  nennt  der  Lib.  pontif.  I  p.  171 
ein  Haus  mit  Bad  in  Sicinini  regione  und  I  p.  233  eine  Domus  Gavdi  in 
Sicininum^  und  die  vom  Papst  erbaute  Basilica  (S.  Maria  Maggiore)  heisst 
Basilica  Sicinini  oder  einfach  Sicininum.  Der  Name  Cicinenses  findet 
sich  auf  der  Bassus-Inschrift  (Bull.  com.  1891  p.  342  ff.).  Vgl.  Bull.  com. 
1899  p.  230  flf. 

6.  Unsicherer  Lage  ist  der  CIL  VI  801  genannte  Vicus  Sabuci 
{Mag,  reg,  III  vic.  Sabuci),  Die  Inschrift,  Rest  eines  Stylobaten,  ist  an 
der  Via  Merulana  bei  der  Umfassungsmauer  des  Gartens  von  S.  Martine 
ai  Monti,  möglicherweise  am  ursprünglichen  Orte  gefunden.  Lanciaki 
setzt  in  seiner  Form.  Urb.  23  den  Vicus  an  der  beschriebenen  Stelle  an.  — 
Aller  Anhalt  fehlt  für  die  Ansetzung  des  nach  Varro  LL  V  159  Esquiliis  befind- 
lichen Vicus  Africus,  so  genannt,  quod  ibi  obsides  ex  Africa  hello  Punico 
dicuntur  custoditi,  eine  Notiz,  aus  der  wir  ersehen,  dass  die  Vici  durch  Thore 

')  G  B.  DE  Rossi,  Bull.  arch.  crist.  1867  p.  57. 


7.  Der  Osten  Roms.    b.  Der  Esquilln.    (§  116.)  313 

abgesperrt  werden  konnten.  Ein  Vicus  Jovis  Fagutalis  wird  durch 
eine  Inschrift  aus  dem  Jahre  109  n.  Chr.  (CIL  VI  452)  bezeugt;  er  ist 
beim  Fagutal  (vgl.  Taf.  3)  zu  suchen.  Ebenfalls  in  die  IIL  Region  ge- 
hört der  p.  171  schon  genannte  Vicus  summi  choragi.  Auf  einer  jen- 
seits der  Stadtgrenze  vor  der  Porta  Tiburtina  gefundenen  Inschrift  (Bull, 
com.  1890  p.  335)  ist  ein  bis  dahin  nicht  bekannter  Clivus  Bassilli  ge- 
nannt, der  nach  der  auf  der  Inschrift  gegebenen  Beschreibung  eine  von 
der  Via  Tiburtina  sich  zur  Linken  abzweigende  Seitenstrasse  war.  Ein 
Sklavenhalsband  (Bull.  com.  1887  p.  289)  nennt  eine  Area  Macari  in  der 
V.  Region. 

116.  Qärten.  1.  Die  erste  grössere  Gartenanlage  auf  dem  Esquilin 
machte  Maecenas  auf  dem  alten  Begräbnisplatze  zwischen  der  Porta 
Viminalis  und  Esquilina  (Scholien  zu  Hör.  sat.  I  8,  7  und  14;  vgl. 
p.  305).  Ein  wahrscheinlich  zu  derselben  gehöriges  Gebäude,  gewöhnlich 
Auditorium  des  Maecenas  genannt,  ist  daselbst  in  verhältnismässig 
gutem  Zustande  erhalten  (vgl.  Bull.  com.  1874,  p.  137).  Es  ist  ein 
rechtwinkliger  Saal  mit  gewölbter  Decke  (von  dieser  ist  nur  der  Ansatz 
erhalten),  der  an  der  einen  Schmalseite  eine  halbrunde,  theaterartig  mit 
sieben  Sitzreihen  versehene  Exedra  hat.  In  den  Nischen  der  Langseiten 
befinden  sich  Darstellungen  von  Gartenanlagen.  Das  Mauerwerk  ist  Opus 
reticulatum  aus  Tuffsteinen  ohne  Ziegel.  Spuren  reicher  Ausschmückung 
haben  sich  erhalten.  Merkwürdig  ist  die  Anlage  des  Gebäudes,  indem  es 
einerseits  so  tief  lag,  dass  man  zum  Eingang  hinabsteigen  musste,  andrer- 
seits die  Wallmauer  durchbrach,  die  bei  der  Aufdeckung  noch  in  grösseren 
Resten  als  jetzt  zu  beiden  Seiten  erhalten  war.  Über  die  Bestimmung  des 
Gebäudes  ist  man  nicht  einig.  Dass  es  weder  ein  Auditorium,  noch  ein 
Theater  ist,  liegt  auf  der  Hand.  A.  Mau  (Bull.  d.  Inst.  1875,  p.  89) 
hält  es,  allerdings  zweifelnd,  für  ein  Gewächshaus.  Von  den  weiteren 
Bauten  des  Maecenas,  der  „turris  Maecenatiana" ,  jener  „moles  propinqua 
nubibus  arduis^,  deren  Aussicht  über  die  Stadt  und  die  Campagna  Horaz 
carm.  III  29,  6  ff.  preist,  ist  nichts  erhalten,  ebenso  wenig  von  dem 
Schwimmbassin  {xoXvfAßr^&Qa  &€qiiov  viarog),  das  er  nach  Dio  Cass.  LV  7 
hier  errichtet  haben  soll.  Die  Gärten  wurden  nach  Maecenas  Tode  durch 
Erbschaft  Eigentum  des  Augustus;  Tiberius  hat  hier  nach  seiner  Rückkehr 
aus  Rhodos  gewohnt  (Suet.  Tib.  15).  Durch  die  Anlage  der  Domus  aurea 
(p.  154  und  165)  verband  Nero  sie  mit  den  Palatinischen  Bauten;  vgl.  Tac. 
Ann.  XV  39  domui  eins,  qua  Palatium  et  Maecenatis  hortos  continuaverat;  von 
der  Höhe  der  „turris  Maecenatiana"  sollte  er  (Suet.  Nero  38)  dem  Brande  Roms 
zugeschaut  haben.  Nicht  weit  davon  (Philo  Jud.  nsQi  aQSTm'  II  p.  597  Mang.) 
lagen  die  Gärten  des  Lamia,  möglicherweise  von  dem  bei  Horaz  carm. 
I  26,  III  17  gefeierten  Aelius  Lamia  angelegt,  ausgezeichnet  durch  die 
grosse  Menge  hervorragender  Kunstwerke,  die  hier  gefunden  sind;  auch 
sie  waren  kaiserliches  Eigentum  geworden  und  Lieblingsaufenthalt  des 
Kaisers  Caligula;  er  ist  nach  Suet.  Cal.  59  in  ihnen  begraben  worden 
(p.  250).  Auf  dem  Gebiete  der  Lamischen  Gärten  befand  sich  auch  ein 
Mithräum  (CIL  VI  3730).  Reste  hydraulischer  Anlagen  in  den  Gärten 
des   Maecenas,    die   Tiberius   gemacht   hat   (Lanciani,   Syll.  aqu.  30  CIL 


314  B.  Topographie  von  Born. 

XV  7266),  auch  Röhren,  die  von  der  Wasserversorgung  der  Lamischen 
Gärten  stammen,  sind  aufgefunden  worden.  Verbunden  mit  den  Lamischen 
Gärten  waren  die  Horti  Maiani  (Plinius  N.  H.  XXXV  51).  Es  befand  sich 
daselbst  ein  Eolossalgemälde  des  Nero,  das  in  einem  Brande,  der  den  besten 
Teil  der  Gärten  zerstörte,  unterging.  Sie  werden  ausserdem  noch  genannt 
CIL  VI  6152,  8668  (procurator  hortorum  Maianorum  et  Lamianorum)^  8669 
(vilicus  hortorum  Maianorum). 

2.  Ausser  diesen  Gärten  ist  noch  eine  grosse  Anzahl  anderer  bekannt, 
die  sich  in  einem  breiten  Gürtel  über  den  ganzen  Esquilin  zogen.  Es 
sind  dies  in  der  Reihenfolge  von  Nordwesten  nach  Südosten:  1.  die  Horti 
Lolliani,  auf  der  Grenze  der  VI.  und  IV.  Region.  An  der  Nordwestecke 
des  Gentralbahnhofs,  unweit  der  Diokletiansthermen,  wurden  Grenzsteine 
der  Gärten  der  Lollia  (Lollia  Paullina,  Plin.  N.  H.  IX  117),  die  nachher  im 
Besitze  des  Kaisers  Claudius  waren,  aufgefunden  (Bull.  com.  1888  p.  220). 
Auch  Reste  von  Kunstwerken  kamen  zum  Vorschein.  —  2.  Die  Horti 
Tauriani,  dem  Statilius  Taurus  gehörig  und  Grund  seines  Todes,  da 
Agrippina  nach  ihnen  lüstern  war  (Tac.  Ann.  XH  59),  und  die  Horti 
Calliclani  sind  ebenfalls  durch  Grenzsteine  (cippi  hi  finiunt  hortos  Calyclanos 
et  Taurianos,  Bull.  com.  1874  p.  57,  1875  p.  153)  unweit  der  Porta  Esquilina 
nachgewiesen  und  scheinen  sich  ausserhalb  des  Servianischen  Walles  bis 
gegen  die  Porta  Tiburtina  hingezogen  zu  haben.  Von  einem  Statilius 
Taurus  scheint  auch  das  hier  in  der  Gegend  gelegene  Forum  Tauri,  das 
in  der  Passio  SS.  Fausti  et  Pigmenii  (Catal.  codic.  hagiographicorum  lati- 
norum  etc.  I  p.  520  flf.)  erwähnt  wird,  gegründet  zu  sein.  Im  Mittelalter 
hiess  die  ganze  Gegend  Regio  caput  Tauri,  wie  de  Rossi  Bull.  com. 
1890  p.  283  meint,  von  den  auf  den  Namen  des  Gründers  anspielenden 
Bukranien,  die  den  Fries  der  Bauten  des  Forums  schmückten,  über  den 
Namen  Porta  Taurina,  der  der  Porta  Tiburtina  aus  gleichem  Anlass  ge- 
geben wurde,  vgl.  Urlichs,  Cod.  topogr.  p.  115,  127  flf.,  150.  Neben  den  Horti 
Tauriani  lagen  die  durch  Wasserleitungsröhren  bezeugten  Gärten  des 
Vettius  Praetextatus  (vgl.  p.  80  Anm.  1),  die  Horti  Vettiani  (Lanciani, 
Syll.  aqu.  52,  CIL  XV  7563);  vielleicht  hängen  mit  ihnen  die  CIL  VI  6281  ge- 
nannten Horti  Scatoniani  zusammen;  ein  Zweig  der  Vettier  führte  den  Bei- 
namen Scato.  —  3.  Die  Gärten  desEpaphroditus,  des  Pallas  (des bekannten 
Freigelassenen  des  Claudius)  und  des  Torquatus  sind  bekannt  durch  ihre 
Erwähnungen  bei  Frontin  5.  19.  20.  68,  die  Pallantiani  auch  durch  die 
Regionsbeschreibung  Reg.  V.  Danach  lagen  die  Horti  Epaphroditiani 
nördlich  von  der  Via  Praenestina  zwischen  der  Porta  Esquilina  und  der 
Praenestina  in  der  Nähe  der  Aurelianischen  Mauer,  die  Pallantiani  eben- 
daselbst weiter  nach  Norden  und  nach  der  Porta  Tiburtina  zu,  die  Tor- 
quatiani  können  nur  vermutungsweise  südlich  von  der  Via  Praenestina 
angesetzt  werden,  haben  aber  in  der  Nähe  der  Porta  Praenestina  ge- 
legen (Frontin  5).i)  In  dieselbe  Gegend  (nach  Lanciani  neben  die  Horti 
Epaphroditiani)   sind   auch   die  Horti  Liciniani  zu  setzen.*)     Die  Reste 


*)  Das  Nähere  über  diese  drei  Garten-   1  ')  Lanciani,  Bull.  com.  1874  p.  55.   Vgl. 

anlagen  siehe  hei  Lanciani,  Acque  p.  36  f.      |   1887  p.  161.    Itin.  Eins.  p.  58  Anm.  5. 


7.  Der  Osten  Borns,    b.  Der  Eequilin.    (§  116.)  315 

mehrerer  Nymphäen,  die  in  dieser  Gegend  gefunden  worden  sind,  dürften 
zu  diesen  Gärten  gehören,  darunter  auch  das  fälschlich  unter  dem  Namen 
Minerva  Medica  bekannte.  —  4.  Ganz  im  Südosten,  in  dem  weit  aus- 
springenden Winkel,  den  die  Aurelianische  Mauer  beim  Amphitheatrum 
castrense  macht,  lag  eine  grossartige  Gartenanlage,  die  die  neben  dem 
Amphitheater  liegenden  Bauten  umfasste,  aber  noch  über  die  Aure- 
lianische Mauer  hinaus  sich  erstreckte.  Bei  den  neuesten  Ausgrabungen 
ist  festgestellt,  dass  diese  Bauten  sich  in  gleicher  Orientierung  jenseits 
der  Aurelianischen  Mauer  fortsetzten,  und  Mauern,  die  die  Verbindung  der 
beiden  Gruppen  bilden,  von  der  Befestigung  durchschnitten  wurden.^)  Ob 
nach  Errichtung  der  Mauer  noch  eine  Verbindung  zwischen  beiden  Teilen 
der  Anlage  vorhanden  war,  ist  wegen  teilweiser  Erneuerung  der  Mauer 
an  dieser  Stelle  nicht  mehr  festzustellen.  Diese  grandiose  Anlage  wird 
gewöhnlich  dem  Elagabal  zugeschrieben  und  nach  dessen  Vatersnamen 
Varius  Horti  Variani  genannt.  Es  ist  aber  sehr  zweifelhaft,  ob  in  der 
kurzen  Zeit  seiner  Regierung  dieser  Kaiser  eine  derartige  Anlage  schaffen 
konnte,  so  dass  der  Name,  wenn  er  überhaupt  richtig  ist,  eher  auf  seinen 
Vater  zurückzuführen  ist.  Übrigens  werden  die  Gärten,  die  Elagabal 
bevorzugte,  in  der  Vita  13  als  Horti  Spei  veteris  bezeichnet  (da- 
selbst lag  auch  der  von  Herodian  V  6,  6  erwähnte  Tempel  des  Elagabal), 
und  diesen  Namen  nimmt  Lanciani,  Form.  Urb.  32  neben  ersterem 
für  diese  Anlage  an.  —  Auf  dem  Teile  der  Anlage,  der  ausserhalb  der 
Aurelianischen  Mauer  liegt,  wird  von  älteren  Topographen  ein  Circus 
angenommen,  von  dem  angeblich  Reste  existiert  haben  sollen,  einmal 
Circus  navale,  auch  Circus  Aureliani  genannt.  Ob  ein  solcher  Circus 
hier  wirklich  existiert  hat,  ist  problematisch,  ein  Hauptgrund  für  seine 
Annahme  scheint  der  hier  gefundene,  in  mehrere  Stücke  gebrochene 
ägyptische  Obelisk  zu  sein,  der  1633  von  seinem  Fundort  vor  Porta 
Maggiore  in  den  Pal.  Barberini,  von  da  unter  Clemens  XIV  (1769 
bis  1775)  in  den  Vatikan  gekommen  war  und  seit  1822  auf  dem  Pincio 
steht.  Nach  der  neuesten  Lesung  der  Hieroglyphen-Inschrift  stand  der 
Obelisk  aber  sicher  nicht  in  einem  Circus,  sondern  stammte  von  dem 
Grabe  des  Antinous,  das  an  der  Stelle,  wo  er  gefunden  wurde,  ge- 
wesen sein  muss.  Es  heisst  in  der  Inschrift:  „Antinous,  .  .  .  welcher  ruht 
in  dieser  Stätte,  die  im  Grenzfelde  der  Herrin  des  Genusses,  Rom  liegt"  etc. 
Zwei  Obelisken  kennen  wir  auch  als  Zierde  beim  Eingang  des  Mausoleum 
Augusti  (vgl.  p.  250).  Ob  aber  in  dem  Grabe  der  Leichnam  des  Antinous 
selbst  gelegen  hat,  ist  gegenüber  dem  direkten  Zeugnis  des  Epiphanius 
''AyxvQüDtoq  c.  108,  wonach  er  in  Antinupolis  beigesetzt  war,  sehr  zweifelhaft. 
Jedenfalls  befand  sich  hier  am  äussersten  östlichen  Ende  der  V.  Region 
ein,  wie  es  scheint,  grossartiges  Monument  für  den  Liebling  Hadrians.^) 
3.  Die  meisten  Erwähnungen  der  Gartenanlagen  des  Esquilin  stammen 
aus  der  früheren  Kaiserzeit;  es  ist  daher  nicht  ausgemacht,  wie  lange  sie 
bestanden  haben.    Dass  sie  im  grossen  und  ganzen  kein  anderes  Los  gehabt 

')  LAyciANT,  Jtin.  Eins.  p.  59.  1  und  Hülsen,  Das  Grab  des  Antinous,  Rom. 

>}  Vgl.  £bhan,  Der  Obelisk  des  Antinous,  I  Mitt.  1896  p.  118—130. 


816  B.  Topographie  von  Rom. 

haben  werden,  wie  die  früheren  Haine,  und  allmählich,  wenigstens  soweit 
sie  Privatbesitz  blieben,  eingeengt  wurden  und  verschwanden,  ist  als 
gewiss  anzunehmen,  denn  es  sind  kaum  Stellen  auf  dem  Esquilin  gefunden 
worden,  die  ganz  frei  von  Strassenanlagen  wären. 

117.  Wasserleitungen.  Der  hochgelegene  Osten  Roms  war  der 
natürliche  Sammelpunkt  der  Römischen  Wasserleitungen.  Innerhalb  der  nach- 
maligen Porta  Praenestina,  jetzigen  Porta  Maggiore  (Taf.  16, 1),  lag  der  Ad 
spemveterem  genannte  Ort,  an  dem  nicht  weniger  als  acht  Wasserleitungen 
in  das  Römische  Stadtgebiet  eintraten  und  sich  von  da  in  das  Innere  der 
Stadt  verteilten.  Der  Ort  wird  ausser  bei  Frontin  (5,  19,  20,  21,  65) 
auch  auf  einer  Inschrift  erwähnt,  die  sich  auf  einem  im  Jahre  1871  nicht 
weit  von  der  Porta  Praenestina  in  einem  Grabe  gefundenen  Thongefasse 
befindet:  Tychici  sutoris  a  sperrt  vetere.^)  Der  Ort  hat  seinen  Namen  höchst 
wahrscheinlich  von  einem  Tempel  der  Spes  erhalten,  der  Dionys.  IX  24 
und  Liv.  II  51  erwähnt  wird,  und  zu  dem  die  älteste  aus  der  Porta 
Esquilina  auslaufende  Landstrasse,  die  Via  Gabina,  die  spätere  Praenestina- 
Labicana,  führte,  der  übrigens  aber  unbekannt  ist.  Hier  traten  in  das 
Stadtgebiet  ein: 

1.  Die  Aqua  Appia  (312  v.  Chr.).  Sie  war  unterirdisch;  nach 
Frontin  5  verband  sich  mit  ihr  ad  Spem  veterem  in  confinio  hortorum  Tor- 
quatianorum  et  Epaphroditianorum  (so  liest  Lanciani)  ein  ramus  Augustae  ab 
Augusto  in  supplementum  eins  additus,  imposito  cognomine  respondenti  Gemeh 
larum  (vgl.  Front.  65).  Die  Leitung  wendete  sich  von  hier  nach  Südwesten 
und  trat  südlich  vom  Caelius  zu  Tage,  wo  sie  auf  einer  Strecke  von  60  Passus 
dicht  bei  der  Porta  Capena  innerhalb  der  Servianischen  Mauer  das  Thal 
auf  Bogen  (opere  arcuato)  überschritt.  Von  da  ging  sie  durch  den  Aventin, 
wo  ihre  Reste  in  der  Nähe  der  auf  die  Porta  Raudusculana  zuführenden 
Strasse  aufgedeckt  worden  sind,  und  hatte  ihr  Verteilungskastell  hno  Publicii 
clivo  ad  portam  Trigeminam  (p.  205,  Anm.  2).  Beide  Leitungen,  sowohl  die 
Aqua  Appia,  wie  die  Augusts,  kamen  aus  der  Gegend  der  Via  Prae- 
nestina, die  erstere  zwischen  dem  7.  und  8.  Meilenstein  aus  dem  Ager 
Luculianus,  die  zweite  aus  der  Gegend  des  6.  Meilensteins. 

2.  Der  Anio  vetus  (272  v.  Chr.),  aus  dem  Anio  oberhalb  Tibur, 
43  Miglien  von  Rom;  kurz  vor  Tibur  zweigt  sich  von  ihm  eine  für  diese 
Stadt  bestimmte  Leitung  ab.  Auch  diese  Leitung  ist  unterirdisch.  Von 
der  Spes  vetus  an  geht  sie  in  nordwestlicher  Richtung  auf  den  Serviani- 
schen Wall  zu,  den  sie  etwa  260  m  südlich  von  der  Porta  Viminalis  trifft. 
Innerhalb  des  Walles  wendet  sie  sich  nach  Süden  und  erreicht  nach  200  m 
die  Piscina,  von  der  aus  sie  sich  in  die  Stadt  verteilt.  Von  Agrippa 
wurde  sie  gleich  der  Aqua  Appia  und  der  Marcia  wiederhergestellt,  die 
Frontin  9  als  damals  paene  dilapsos  bezeichnet.  Zwischen  dem  ersten  und 
zweiten  Meilenstein  geht  von  ihr  eine  Zweigleitung  ab,  der  Specus 
Octavianus,  der  bis  zur  Porta  Latina  zu  verfolgen  ist.  Von  da  soll  er  nach 
Frontin  21  in  regionem  Viae  novae  ad  hortos  Asinianos,  unde  per  iUum  trac- 
tum  distribuitur,  gegangen  sein.   Da  die  bekannte  Via  nova  bei  den  Cara- 


*)  Rosa,  Relazione,  1873  p.  19.    Ephem.  epigr.  I  p.  218. 


7.  Der  Osten  Borne,    b.  Der  Eaqnilin.    (§  117.) 


317 


callathermen  erst  von  Garacalla  angelegt  worden  ist  (Vita  9,  vgl.  p.  341), 
so  ist  unerfindlich,  welche  Strasse  der  über  100  Jahre  vorher  schreibende 
Frontin  meint;  der  Endpunkt  der  Leitung  sowie  die  Horti  Asiniani  sind 
demnach  nicht  zu  lokalisieren.^) 

3.  Die  Aqua  Marcia,  Tepula,  Julia.  Im  Jahre  144  v.  Chr.  be- 
kam der  Prätor  Q.  Marcius  Rex  den  Auftrag,  die  Appia  und  den  Anio  wieder- 
herzustellen und  eine  dritte  Wasserleitung  zu  bauen  (Plin.N.  H.  XXXVI 121), 
Diese  Leitung,  die  Aqua  Marcia,  kommt  aus  dem  quellenreichen  Ge- 
biet am  oberen  Anio  zwischen  der  Via  Valeria  und  der  Via  Sublacensis, 
nach  Frontin  3  Miglien  vom  36.  Meilenstein  der  Valeria  und  200  Schritt 
vom  38.  Meilenstein  der  Sublacensis  entfernt.  Die  Verdoppelung  der  Zu- 
flüsse der  Marcia  erwähnt  Augustus  im  Mon.  Ancyr.  IV,  11  {aquam  quae 
Marcia  appeUatur  duplicavi  fönte  novo  in  rivum  eins  immisso).  Dasselbe 
bestätigt  die  über  der  Porta  Tiburtina  befindliche  Inschrift  CIL  VI  1244. 
Frontin  7  schildert  das  Becken,  in  dem  die  Zuflüsse  der  Marcia  sich 
sammelten,  als  einen  Teich  von  intensiv  grüner  Farbe  (cohre  perviridi). 
Das  Wasser  war  sehr  kalt.  Nero  wagte  es  nach  Tac.  Ann.  XIV  22  darin 
zu  baden  und  zog  sich  eine  gefahrliche  Krankheit  zu.  Eine  Erneuerung, 
wohl  mehr  der  Leitung  als  der  Zuflüsse,  ist  die  Herstellung  aus  dem 
Jahre  79  n.  Chr.;  vgl.  CIL  VI  1246  rivom  aquae  Marciae  vetustate  dilapsum  refecit 
et  aquam  quae  in  usu  esse  desierat,  reduxit.  Lanciani,  Acque  p.  72  führt 
die  Notwendigkeit  dieser  Wiederherstellung  auf  eine  Überschwemmung 
im  Quellgebiet  zurück.  Eine  Vermehrung  der  Quellen  fand  unter  Cara- 
calla  im  Jahre  212  n.  Chr.  statt.  Auf  der  Inschrift  über  der  Porta  Tibur- 
tina (CIL  VI  1245)  heisst  es:  aquam  Marciam  variis  casibus  impeditam  pur- 
gato  fönte  excisis  et  perforatis  montibus  restituta  forma  adquisito  etiam  fönte 
novo  Antoniniano  in  sacram  urbem  suam  perducendam  curavit.  Das  Wasser 
war  vortrefflich  und  das  beliebteste  Trinkwasser  Roms  (Vitruv  VIU  3,  1 ; 
Plin.  XXXI  41;  Frontin  91,  92).  Die  nach  Frontin  7  mehr  als  60  Miglien 
lange  Leitung  ist  etwa  54  Miglien  unterirdisch.  Auf  Bogen  über- 
schreitet sie  mehrere  Flussläufe  im  Gebirge,  geht  durch  das  Gebiet  von 
Tibur  und  gelangt  ungefähr  vom  6.-7.  Meilenstein  der  Via  Latina  an, 
wo  sie  sich  mit  der  Aqua  Tepula  und  Julia  traf,  auf  denselben  Bogen- 
reihen  wie  diese  zur  Porta  Praenestina  ad  Spem  veterem  (CIL  VI  1246 — 51). 

Die  Aqua  Tepula  wurde  im  Jahre  125  v.  Chr.  gebaut;  ihre  nicht 
sehr  reichlichen  Zuflüsse  stammen  von  den  Abhängen  des  Albanergebirges, 
etwa  2  Miglien  südlich  vom  10.  Meilenstein  der  Via  Latina;  die  ziemlich 
hohe  Temperatur  des  Wassers  hat  ihr  den  Namen  der  Lauwarmen  ver- 
schafft. Aus  derselben  Gegend,  aber  mehrere  Miglien  aufwärts  aus  der 
Nähe  von  Grottaferrata  im  Albanergebirge,  leitete  Agrippa  in  seiner  Aedi- 
lität  im  Jahre  33  v.  Chr.  die  Aqua  Julia.  Im  Gegensatz  zur  Tepula 
hatte  sie  reichliche  Quellen  und  kaltes  Wasser.  Durch  eine  teilweise 
Vermischung   der  beiden  Leitungen   führte  man  eine  Ausgleichung  in  der 


^)  LANOimi,  Acque  p.  53  ff.  nimmt  an, 
die  Leitung  endigte  bei  den  Caracallatliermen 
und  habe  auf  dem  Arcus  Drusi,  den  er  an 


der  Stelle  annimmt,  wo  Via  Appia  und  Latina 
sich  trennen,  die  Strasse  überschritten. 


318  B*  Topographie  von  Rom. 

Temperatur  herbei.  Von  dem  Bogenbau  des  gemeinsamen  Laufes  der  drei 
Wasserleitungen  in  drei  Kanälen,  zu  oberst  die  Julia,  dann  die  Tepula, 
zu  Unterst  die  Marcia,  sind  noch  Reste  vorhanden;  die  von  Sixtus  V  neu 
erbaute  Acqua  Feiice  ruht  zum  Teil  auf  ihnen.  Von  der  Porta  Praenestina 
anfangend  sind  sie  bis  zur  Porta  Tiburtina  (auf  dieser  die  oben  erwähnten 
Inschriften  CIL  1244—46  über  die  Wiederherstellungen  des  Augustus, 
Caracalla  und  Titus)  in  die  Aurelianische  Mauer  aufgenommen,  von  da  an 
gingen  sie  innerhalb  der  Mauer  in  nordwestlicher  Richtung  und  endeten  an 
der  Nordecke  der  Diokletiansthermen  (p.  294).  Ein  Zweig  der  Julia  ging  von 
der  Porta  Tiburtina  zu  dem  als  Trofei  di  Mario  bekannten  Prachtbrunnen.  — 
Die  Marcia  wurde  auf  das  Kapitel  geleitet;  hier  stand  auch  die  Bildsäule  des 
Erbauers  Q.  Marcius  Rex.  Durch  eine  besondere  südlich  von  der  Porta 
Tiburtina  sich  von  ihr  abzweigende  Leitung,  den  Rivus  Herculaneus, 
wurden  Caelius  und  Aventinus  mit  Wasser  versorgt  (auch  die  Julia  lieferte 
nach  Frontin  von  der  Spes  vetus  aus  Wasser  für  den  Caelius).  Der 
Rivus  Herculaneus  ging  über  die  Porta  Capena  fort  nach  dem  Aventin 
hinüber,  daher  das  Thor  bei  Juvenal  3,  11  madida  Capena  genannt  wird  (der 
arcus  stiUans  ante  septemsolium  des  Einsiedler  Itinerars).  Nach  An- 
lage der  Aqua  Claudia  verfiel  die  Cälische  und  Aventinische  Leitung, 
Frontin  76:  {Caelius  et  Aventinus)  priusquam  Claudia  per duceretur,  utebantur 
Marcia  et  Julia.  Sed  postquam  Nero  .  .  .  Claudiam  .  .  .  usque  ad  templum 
Divi  Claudii  perduxit,  priores  non  ampliatae  sed  omissae  sunt.  EJs 
heisst  dann  (Frontin  87),  dass  wegen  dieser  Vernachlässigung  der 
älteren  Leitungen  der  Aventin  und  Caelius  Not  litten,  so  oft  eine  Aus- 
besserung an  der  Claudia  vorgenommen  werden  musste,  bis  Trajan  die 
alten  Leitungen  wiederherstellte:  in  primis  Marcia  reddita  ampliore  opere 
a  Caelio  in  Ävenfinum  usque  perducitur.  Es  ist  möglich,  dass  einer  der 
Strassenbogen,  auf  denen  die  Leitung  das  Thal  zwischen  Caelius  und 
Aventin  überschritt,  der  in  der  Regionsbeschreibung  genannte  Arcus 
Divi  Traiani  ist.  Ob  zu  dem  Rivus  Herculaneus  die  beiden  Bogen  des 
Dolabella  und  Silanus  auf  den  Caelius  und  des  Lentulus  und  Crispinus 
beim  Forum  boarium  *)  gehören,  ist  unsicher.  Ersterer,  noch  erhalten,  stammt 
aus  dem  Jahre  10  n.  Chr.,  letzterer,  nur  durch  Beschreibung  bekannt,  aus 
dem  Jahre  2  n.  Chr.  Sie  müssen  völlig  gleich  gewesen  sein,  auch  die  In- 
schriften (CIL  VI  1384,  1385)  sind  gleichlautend  und  beziehen  sich  trotz  der 
zeitlichen  Verschiedenheit  oflFenbar  auf  eine  und  dieselbe  Anlage,  die  wohl 
nichts  anderes  als  eine  Wasserleitung  gewesen  sein  kann.  Biondo,  Roma 
inst.  I  18  bezeugt  überdies  von  dem  Bogen  des  Lentulus,  er  habe  nicht 
allein  gestanden,  sondern  sei  Teil  einer  Bogenreihe  gewesen.  —  Von 
der  Aqua  Marcia  zweigte  sich  auch  eine  Leitung  ab,  die  als  besondere 
Wasserleitung  unter  dem  Namen  Aqua  Antoniniana  in  der  Regions- 
beschreibung, aufgeführt  wird.  Es  ist  dies  die  Leitung,  welche  die  nach  CIL 
VI  1245  von  Caracalla  acquisito  fönte  novo  Antoniniano  in  die  Aqua 
Marcia  hineingeleiteten  Wassermassen  der  Hauptleitung  wieder  zum  6e- 

0  üeber   deD   Standort   dieses  Bogens  {  Kirche   S.  Maria   in    Cosmedin    nach    dem 
vgl.  CIL  vi  1385.     Er  stand   nach  den  "dort  |  Aventin  su. 
zusammengestellten  Notizen  südlich  von  der 


Taf.  15. 


Aqua  Claudia  und  Anio  novus. 


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Aqaa  Claadia  and  Anio  novns. 


7.  Der  Osten  Borns,    b.  Der  Esqailin.    (§  117.) 


319 


brauch  seiner  Thermen  entzog.*)  Wegen  gänzlicher  Zerstörung  der 
Hauptleitung  an  der  betreffenden  Stelle  ist  schwer  zu  bestimmen,  wo  sie 
sich  abzweigte,  doch  scheint  der  Punkt  ungefähr  3Va  Kilometer  von  der 
Porta  Praenestina,  in  der  Nähe  der  Porta  Furba,  eines  Strassenbogens 
der  Aqua  Feiice,  zu  suchen  zu  sein.  Spuren  der  Leitung  sind  zu  ver- 
schiedenen Zeiten  gefunden.  Sie  überschreitet  die  Via  Appia  auf  dem 
gewöhnlich  fälschlich  Arcus  Drusi  genannten  Strassenbogen  innerhalb 
der  Porta  Appia  (S.  Sebastiane),  von  dieser  nur  wenige  Schritte,  von  der 
Porta  Capena  eine  Miglie  entfernt.  Von  hier  ist  die  Leitung,  die  auf 
Bogen,  von  denen  eine  Anzahl  noch  in  der  Nähe  der  Via  Appia  erhalten 
ist,  weitergeführt  wurde,  bis  zur  Südwestseite  der  Thermen,  wo  sich  die 
Piscina  befand,  zu  verfolgen.  Das  Einsiedler  Itinerar  nennt  diese  Leitung, 
die  er  ganz  genau  bezeichnet,  Forma  Jovia  {inde  ad  portam  Appiam,  ibi 
forma  lovia  quae  venit  de  Marsia  [=  Marcia^  et  currit  usque  ad  ripam. 
Danach  ist  die  Leitung  von  Diokletian  wiederhergestellt  worden,  aber  nicht 
sie  allein,  sondern  offenbar  die  Aqua  Marcia  mit  allen  ihren  Zweigleitungen 
(vgl.  Lanciani,  Acque  p.  106,  107). 

4.  Die  Aqua  Claudia  und  der  Anio  novus.  Nach  Frontin  13  be- 
gann Caligula  im  zweiten  Jahre  seiner  Regierung,  38  n.  Chr.,  den  Bau  der 
beiden  Wasserleitungen,  die  erst  unter  Claudius  im  Jahre  52  n.  Chr.  voll- 
endet und  am  I.August  dieses  Jahres  dediziert wurden.  Die  Aqua  Claudia 
kam  aus  dem  grossen  Quellgebiet  an  der  Via  Sublacensis,  aus  dem  auch 
die  Aqua  Marcia  kam,  aus  zwei  Quellen  in  der  Gegend  des  38.  Meilen- 
steins, dem  Föns  Caeruleus  undCurtius:  ex  fontibus  duobus  amplissimis  et  speci- 
osis,  Caerulo,  qui  a  similitudine  appellatus  est,  et  Curtio  (Front.  14).  Eine  dritte 
Quelle,  der  Föns  Albudinus,  diente  sowohl  dieser  Leitung,  als  auch  der  Marcia, 
quotiens  opus  est.  Frontin  gibt  die  Länge  der  Leitung  auf  46  406  Passus, 
dagegen  die  Inschrift  auf  der  Porta  Maggiore  CIL  VI  1256  auf  45  000  an. 
Etwa  10000  Passus  läuft  die  Leitung  oberirdisch  auf  Bogen  {opus  arcua- 
tum),  der  Rest  ist  unterirdisch.  Obgleich  der  Bau  vierzehn  Jahre  in  An- 
spruch genommen  hat,  scheint  er  doch  nicht  mit  der  nötigen  Sorg- 
falt ausgeführt  zu  sein,  denn  kaum  20  Jahre  später,  im  Jahre  71  n.  Chr., 
stellte  Vespasian  aquas  Curtiam  et  Caeruleam  perdudas  a  divo  Claudio  et 
postea  intermissas  dilapsasque  per  annos  novem  wieder  her  (CIL  VI  1257), 
und  nach  abermals  zehn  Jahren,  81  n.  Chr.,  musste  Titus  grosse  Wiederher- 
stellungsarbeiten im  Quellgebiete  unternehmen:  cum  a  capite  aquarum  a 
solo  vetustate  dilapsae  essent,  nova  forma  reducendas  curavü  (CIL  VI  1258). 
Mit  der  Anlage  des  Anio  novus  ging  man  soweit  den  Fluss  hinauf,  wie 
irgend  thunlich.  Er  wurde  beim  42.  Meilenstein  in  Simbruino,  d.  h.  dicht 
bei  Subiaco  {Sublaqueum)*)  am  linken  Ufer  aus  dem  Fluss  abgeleitet; 
gleich  am  Anfang  ging  das  Wasser,  um  sich  von  Schlamm  etc.  zu  reinigen, 
durch  eine  Piscina  limaria.  Ausserdem  wurde  eine  in  der  Gegend  der 
Zuflüsse   der  Aqua  Claudia   entspringende  Quelle,   der  Rivus  Herculaneus 


^)  Einen  ähnlichen  Ureprong  mag  die 
nur  in  der  Region sbeBchreibung  genannte 
Aqua  Severiana,  die  wohl  zu  den  Thermen 
des  Severus  führte,  gehabt  haben. 


*)  Tac.  Ann.  XI  13  (Claudius)  fontes 
aqitarum  Simhruinis  coUibus  dedtictos  urbi 
intiUit.  Ann.  XIV  22  Simbruina  stagna  in 
Villa,  cui  Sublaqueum  nomen  est. 


320  B.  Topographie  you  Born. 

über  den  Fluss  und  in  den  Anio  novus  geleitet.  Nichts  desto  weniger 
blieb  das  Wasser  trübe,  bis  Trajan  ein  Mittel  fand,  der  Leitung  klares 
Wasser  zuzuführen.  Nero  hatte  in  seiner  Villa  Sublaquensis  drei  Teiche 
angelegt,  die  aus  dem  Anio  oberhalb  Subiaco,  wo  das  in  Felsbetten  laufende 
Wasser  klarer  war,  als  unterhalb  Subiaco,  gespeist  wurden.  Trajan 
schnitt  den  Anio  novus  ganz  vom  Flusse  ab  und  leitete  das  Wasser 
dieser  Teiche,  das  nach  Frontin  93  an  Schönheit  dem  der  Marcia  nichts 
nachgab,  es  aber  an  Fülle  übertraf,  in  ihn  hinein.  Die  Länge  der 
Leitung  betrug  58  700  Passus,  davon  liefen  9400  auf  Bogen,  das  übrige 
war  unterirdisch.  —  Die  Aqua  Claudia  und  der  Anio  novus  gingen 
beide  das  Aniothal  entlang,  die  erstere  auf  dem  rechten,  der  andere  auf 
dem  linken  Ufer.  Bei  Vicovaro  ( Varia)  überschritt  die  Aqua  Claudia  den 
Fluss  auf  einem  hohen  Yiadukt,  so  dass  jetzt  beide  Leitungen  (gleich  der 
Aqua  Marcia  und  dem  Anio  vetus)  auf  dem  linken  Ufer  nebeneinander 
herliefen.  Reste  der  beiden  Leitungen  sind  an  vielen  Stellen  im  Gebirge 
erhalten,  namentlich  imposant  sind  die  Bogen,  auf  denen  der  Anio  novus 
läuft.  Vom  7.  Meilenstein  an  vereinigen  sich  die  beiden  Leitungen  und 
laufen  auf  hohen  Bogen  bis  zu  ihrem  Endpunkt  post  hortos  Paüantianos^ 
der  Anio  novus  über  der  Aqua  Claudia.  Von  dieser  berühmten  Bogenreihe 
sind  grosse  Strecken  noch  erhalten.  Sie  sind  zum  grössten  Teil  aus  Peperin- 
quadern  gebaut  mit  etwas  Tuff  dazwischen  (vgl.  Taf.  15).  Man  bemerkt  an 
ihnen  Restaurationen  in  Ziegeln  aus  Severianischer  Zeit,  und  spätere,  sehr 
schlechte  aus  dem  4.  Jahrhundert  und  aus  der  Zeit  Theodorichs.  Die  Pfeiler 
haben  eine  Dicke  von  3,705  X  3,50  m  und  stehen  durchschnittlich  5,48  m 
von  einander  ab.  Die  Höhe  der  Pfeiler  beträgt  16,85  m,  mit  den  Bogen 
und  den  Leitungskanälen  erreicht  der  Bau  eine  Qesamthöhe  von  mehr  als 
27  m.  Die  Quadern  haben  zum  Teil  eine  bedeutende  Grösse,  z.  B.  2,51  X 
0,86  X0,62m.^)  Im  6.  Jahrh.  wurden  die  langen  Reihen  der  Aquädukte 
von  den  Goten  zerstört.  Es  ist  indessen  sicher,  dass  diese  nicht  mehr  an 
ihnen  zerstört  haben,  als  dazu  gehörte,  Rom  das  Wasser  abzuschneiden. 
Die  stellenweis  totale  Zerstörung  der  langen  Reihen  ging  von  den  Be- 
sitzern in  der  Campagna  aus,  die  hier  billiges  und  bequem  zu  erreichen- 
des Baumaterial  fanden,  auch  haben  sich  die  Architekten  des  Papstes 
Sixtus  V  hier  gütlich  gethan.  —  Die  Leitung  ist  bei  dem  am  weitesten 
nach  Osten  ausspringenden  Winkel  der  Aurelianischen  Mauer  zwischen 
S.  Croce  in  Gerusalemme  und  der  Porta  Maggiore  in  die  Stadtbefestigung 
aufgenommen,  die  noch  jetzt  wohlerhaltenen  Pfeiler  stehen  im  Innern,  so 
dass  die  Leitung  von  aussen  nicht  sichtbar  ist.  Auf  der  zweithorigen 
Porta  Maggiore  überschreitet  sie  die  Via  Praenestina-Labicana,  verlässt 
dann  die  Mauer  und  erreicht  nach  kurzem  Laufe  ihr  Verteilungskastell 
250  m  nordwestlich  vom  Thor.  Noch  ehe  die  Leitung  die  Porta  Maggiore 
erreicht,  zweigen  sich  von  ihr  die  Arcus  Caelemontani  ab,  die  fast  in 
ihrer  ganzen  Länge  von  mehr  als  2000  m  noch  erhalten  sind.  Sie  gehen 
hinüber  nach  dem  Caelius  und  sind  bis  auf  den  dem  Golosseum  gegenüber- 
liegenden Vorsprung    des   Berges,    auf   dem    später    das  Templum   Divi 

^)  Die  Messangen  sind  an  dem  schönen  I  Fiscale   genommen.     Vgl.  Lanciahi    Acqae 
Stück   zwischen   Roma   vecchia  und   Torre  |  p.  147. 


Taf.  16. 


I.  Porta  Praenestina  (P.  Maggiore). 


2.  Reste  der  Neronischen  Wasserleitung. 


7.  Der  Osten  Born«,    b.  Der  Esquilin«    (§  117.)  321 

Claudii  errichtet  wurde,  zu  verfolgen.  Sie  sind  von  Nero  gebaut 
worden,  offenbar  zu  dem  Zwecke,  das  stagnum  des  goldenen  Hauses 
(p.  165)  mit  Wasser  zu  versorgen;  das  Wasser  stürzte  in  breitem  Falle 
von  der  Höhe  des  Berges  in  die  Tiefe.  Diese  Neronische  Leitung  ist 
von  dem  vollendetsten  Ziegelbau,  den  es  auf  Römischem  Boden  gibt. 
Die  Pfeiler  sind  2,30  X  2,10  m  stark,  und  erheben  sich  bis  zu  16  m,  die 
Bogen  sind  im  Lichten  7,75  m  breit.  Im  Jahre  201  haben  Severus  und 
Garacalla  nach  CUj  VI  1259  (gefunden  an  der  Leitung  beim  Lateran)  arcus 
Caelemontanos  plurifatiam  vetustate  conlapsos  et  conruptos  a  solo  wieder  her- 
gestellt. Ihre  Thätigkeit  ist  noch  wahrzunehmen;  sie  haben  jeden  Pfeiler 
durch  Anbauten  auf  beiden  Seiten  bis  auf  4,60  m  verstärkt  und  dadurch  die 
lichte  Öffnung  von  7,75  m  auf  5,45  m  vermindert  (Taf.  16, 2).  Überall,  wo  die 
Arcus  Gaelemontani  Strassen  überschritten,  waren  sie  besonders  ausge- 
schmückt. Man  kennt  mindestens  sechs  solcher  Übergänge,  zwei  davon 
in  der  Nähe  der  Porta  Maggiore,  der  dritte  ist  der  im  Mittelalter  als 
Arco  di  Basile  {arcus  lohannis  Basüidis)  bekannte  Bogen,  der  die  vom 
Golosseum  zum  Lateran  führende  Strasse  dicht  vor  ihrer  Einmündung  in 
die  Via  Merulana  überspannte,  zwei  sind  nicht  weit  von  S.  Stefano  rotondo, 
und  der  sechste  ist  der  Bogen  des  Dolabella  und  Silanus,  der  schon  vor- 
her als  Übergangsbogen  einer  Wasserleitung  gedient  hatte  (vgl.  p.  318). 
Es  scheint,  dass  die  oben  erwähnte  Inschrift  mindestens  an  dreien  dieser 
Strassenübergänge  angebracht  war;  an  dem  Übergang  zunächst  Porta  Maggiore 
sieht  mau  noch  die  Vertiefung  im  Ziegelwerk,  in  der  die  Inschrifttafel 
sass.  Für  die  Kenntnis  des  Strassensystems  im  Osten  Roms  sind  diese 
Strassenbogen  von  grosser  Wichtigkeit.  —  Nach  Neros  Tode  und  nach 
Zerstörung  resp.  Umbau  seines  goldenen  Hauses  wurde  die  Neronische 
Leitung  teils  für  die  Bewohner  des  Gaelius  nutzbar  gemacht,  teils  wurden 
Fortsetzungen  derselben  auf  den  Aventin  und  den  Palatin  hinübergeführt. 
Die  Aventinische  Leitung  zweigte  sich  auf  der  Piazza  della  Navicella  ab. 
Wie  sie  das  Thal  der  Porta  Capena  überschritt,  ist  unbekannt,  sie  endete 
bei  S.  Prisca.  Von  der  Leitung  auf  den  Palatin  sind  noch  Reste  von 
Bogenleitungen  aus  der  Zeit  des  Severus  in  dem  Thal  zwischen  Caelius 
und  Palatin  vorhanden,  die  offenbar  zur  Versorgung  des  Severianischen 
Palastes  mit  Wasser  dienten,  aber  die  Hinüberleitung  hat  schon  zur  Zeit 
der  Flavier  stattgefunden,  nach  den  Resten  zu  schliessen  gleichzeitig  mit  der 
Erbauung  des  aus  Flavischer  Zeit  stammenden  Hippodromus  (vgl.  Taf.  12). 
5.  Die  Aqua  Alexandrina,  erbaut  von  Alexander  Severus  (222 
bis  235  n.  Chr.),  erwähnt  die  Vita  Alex.  25:  opera  veterum  prineipum 
instauravit,  ipse  nova  multa  constituit,  in  his  thermas  nominis  sui  iuxta 
eas,  quae  Neronianae  fuerunt,  aqua  inducta,  quae  Älexandriana  nunc 
dicitur.  Das  Verdienst,  diese  Wasserleitung  entdeckt  und  nachgewiesen 
zu  haben,  gebührt  Fabretti  (de  aquis  p.  50  ff.).  Ihr  Sammelgebiet  befindet 
sich  etwa  17  km  von  der  Porta  Praenestina  entfernt  im  Gebiete  des  alten 
Labicum,  zwischen  den  Hügeln  von  Sassobello  und  Montefalcone,  dem 
Quellgebiete  des  Flüsschens  Osa,  das  nach  Norden  fliessend  sich  in  den 
Anio  ergiesst.  Es  ist  dasselbe  Gebiet,  zum  Teil  auch  wohl  dieselben 
Quellen,   die  jetzt  die  von  Sixtus  V.  angelegte  Aqua  Feiice  speisen.    Die 

Handbuch  der  klaas.  AltertmnHWlflBeiMchalt.    UI,  8,  B.    2.  Aufl.  21 


322 


B.  Topographie  Yon  Born. 


Leitung  ist  in  zahlreichen  Resten  bis  zur  Vigna  Certosa,  8  km  vor  der 
Porta  Maggiore,  erhalten,  von  da  an  ist  ihr  Lauf  unsicher.  Sie  war  so 
niedrig  angelegt,  dass  nach  dem  ziemlich  regelmässigen  Falle  von  ihrem 
Ursprung  an  sie  die  Porta  Maggiore  3,18  m  unter  der  gegenwärtigen  Sohle  der- 
selben erreicht  haben  muss.  Aus  diesem  Niveauverhältnis  ergibt  sich,  dass 
der  grosse  Prachtbrunnen,  der  unter  dem  Namen  der  Trofei  di  Mario  be- 
kannt ist,  nicht  von  der  beinahe  19  m  niedrigeren  Aqua  Alexandrina  ge- 
speist worden  ist,  sondern  vielmehr  von  der  Aqua  Julia,  deren  Niveau 
bei  der  Porta  Maggiore  0,289  m  über  dem  Boden  des  Kanals  liegt,  der  ihn 
mit  Wasser  versorgte.  Die  bekannte  Ruine,  die  übrigens  kein  Wasser- 
kastell ist,  denn  bei  den  die  ganze  Gegend  umfassenden  Nachgrabungen 
in  den  Jahren  1873  —  1877  ist  keine  Spur  von  Röhrenleitungen  gefunden, 
wie  sie  sonst  von  Kastellen  auszugehen  pflegen,  sondern  ein  grosser,  im 
Scheitelpunkt  zweier  spitzwinklig  sich  treffender  Strassen  errichteter  mono- 
mentaler Brunnen,  dessen  Wasser  vermutlich  in  ein  niedriger  gelegenes  Kastell 
abfloss,  ist  so  genannt,  weil  in  den  Nischen  derselben  die  erst  von  Sixtus  Y 
im  Jahre  1587  von  ihrem  ursprünglichen  Standort  entfernten,  jetzt  auf  der 
Balustrade  des  Kapitolsplatzes  aufgestellten  Trophäen  sich  befanden.  Ihre 
Zurückführung  auf  Marius  und  die  Benennung  des  Gebäudes  als  CUmbrum 
in  den  Mirabilien  etc.,  an  der  das  Mittelalter  festhielt,  ist  grundlos;  aber 
sie  ist  wohl  älter  als  die  Mirabilien  und  vermutlich  von  wirklichen  Marius- 
trophäen,  die  sich  auf  dem  Esquilin  befanden,  aber  zu  Grunde  gegangen  sind, 
auf  diese  übergesprungen.  Die  erhaltenen  Trophäen  stammen  nach  ihrem  Stile 
wie  nach  der  am  Fusse  der  einen  von  ihnen  erhaltenen  Inschrift  aus  der  Zeit 
des  Domitian.  Der  Bau  selbst  aber  ist  jedenfalls  noch  später.  Das  Mauer- 
werk weist  auf  die  Zeit  des  Septimius  Severus  und  könnte  eventuell  auch 
in  die  Zeit  des  Alexander  Severus  gesetzt  werden.  In  einem  Ableitungs- 
kanal des  Baues  haben  sich  freilich  Ziegelstempel  aus  Hadrians  Zeit  ge- 
funden, aber  ein  späterer  Restaurationsbau  kann  sehr  wohl  sich  eines 
älteren  Kanals  bedient  haben.  Dass  aber  Alexander  Severus  diesen  Brunnen 
wenn  nicht  erbaut,  so  doch  restauriert  hat,  geht  aus  Münzen  aus  seinem 
zweiten  Konsulate  hervor,  auf  denen  er  dargestellt  ist.  Man  sieht  darauf 
die  Trophäen  in  denselben  Nischen,  aus  denen  sie  Sixtus  V  hat  entfernen 
lassen.  1)  Es  ist  daher  nicht  ausgeschlossen,  dass  dieser  Brunnen  das  in 
der  Regionsbeschreibung  genannte  Nymphaeum  Divi  Alexandri  war. 
Freilich  kommen  dafür  noch  zwei  andere  Nymphäen  in  Betracht,  die 
'Minerva  Medica',  so  genannt,  weil  die  Regionsbeschreibung  einen  Tempel 
der  Minerva  Medica  nennt,  und  bei  der  Ruine  angeblich  die  Statue  der 
Minerva  Giustiniani  gefunden  ist,  die  sich  jetzt  im  Braccio  nuovo  des 
Vatikan  befindet,"^)  ein  zehneckiger  Kuppelbau  aus  später  Zeit,  der  jeden- 
falls ein  Nymphäum  gewesen  ist  und  in  den  Gärten  des  Esquilin  lag,  und 
das  von  Fl.  Vacca  in   der  Villa  Altieri  südlich  von  der  Via  Praenestina- 


')  Ueber  eine  Inschrift,  die  möglicher- 
weise mit  dem  Bau  zusammenhängen  könnte, 
aber  aas  noch  späterer  Zeit  stammt,  vgl. 
Rom.  Mitt.  1899  p.  255  ff. 

*)  Hblbio,  Führer  P  p.  30  ff.  Im  Mittel- 


alier  hiess  die  Ruine  Terme  di  Galluccio, 
später  le  Galluzze,  was  man  fiüschlich 
mit  einer  Basilica  oder  Porticus  Gai  et 
Lud  in  Verbindung  gebracht  hat  (vgl.  p.  84 
Anm.  3). 


7.  Der  Osten  Roms.    b.  Der  Esqmlin.    (§§  118—119.)  323 

Labicana  aufgedeckte  Nymphäum,  in  dessen  einer  Nische  eine  Yenusstatue 
stand.  Für  letzteres  würde  sprechen,  dass  die  Niveauverhältnisse  an- 
zunehmen gestatten,  dass  es  von  der  Aqua  Alexandrina  gespeist  wurde. 

Litteratur:  R.  Lanoiami,  I  commentarii  di  Frontmo  intorno  le  acque  e  gli  aque- 
dotti.  Silloge  epigrafica  aquaria,  Memoria  dell'  accademia  dei  Lincei  IV  p.  215— 614  mit 
9  Tafeln,  auch  separat  mit  besonderer  Seitenzahl  1 — 399  erschienen.  Die  neueste  Sammlung 
der  im  zweiten  Teil  der  Ajrbeit  enthaltenen  Inschriften  der  Fistolae  aquariae  befindet  sich 
in  dem  von  H.  Dbbssbl  herausgegebenen  CIL  XV  p.  906  ff.,  7235  -7918. 

118.  Bauten  auf  dem  Cispins.  Der  älteste  Tempel  des  Esquilin 
und  zugleich  der  einzige  auf  dem  Gispius,  von  dem  wir  Kunde  haben, 
ist  die  in  der  Argeerurkunde  genannte  Aedes  Junonis  Lucina e. 
Es  heisst  dort,  das  sechste  Sacrarium  der  Regio  Esquilina  habe  apud 
aedem  Junonis  Lucinae,  ubi  aeditimus  habere  solet  gestanden.  Die  Stelle 
des  Tempels  auf  der  Westspitze  des  Mens  Gispius  (vgl.  Tafel  3  und 
p.  39  ff.)  ist  danach  sicher.  An  Ort  und  Stelle  oder  jedenfalls  nicht 
weit  davon  ist  die  Inschrift  GIL  VI  358  gefunden,  die  von  einer  im 
Jahre  41  v.  Ghr.  vorgenommenen  Herstellung  oder  Wiederherstellung 
eines  murus  Junoni  Lucinae.  zeugt  (Eckhel  7,  99).  Reste  des  Tempels 
existieren  nicht;  es  müsste  denn  sein,  dass  eine  von  Gatti,  Bull.  com. 
1889  p.  40  publizierte  Inschrift  richtig  als  auf  ein  Weihgeschenk  an 
die  Juno  bezüglich  gedeutet  wird.  Er  war  nach  Plin.  N.  H.  XVI  235 
im  Jahre  375  v.  Ghr.  in  einem  dichten  Haine  gegründet,  der  sich  nach 
Ovid.  Fast.  II  435  fif.  von  der  Spitze  des  Berges  in  das  Thal  hinabzog 
und  in  dem  ein  uralter  von  Plinius  auf  das  Alter  von  500  Jahren  ge- 
schätzter Lotosbaum  stand;  vgl.  Varro  LL  V  49.  Der  Gründungstag  des 
von  Frauen  gestifteten  Tempels  (Ovid.  Fast.  III  247  f.;  Fest.  ep.  p.  147) 
war  der  1.  März.  An  diesem  Tage  wurden  hier  die  Matronalia  gefeiert  (GIL 
P  p.  310),  auf  die  Horaz  in  seiner  bekannten  Ode  lU  8  Martiis  caelebs 
quid  agam  Kalendis  anspielt.  Der  Tempel  scheint  bis  zum  Ausgang  des 
Altertums  bestanden  zu  haben. 

119.  Bauten  auf  dem  Oppius.  1.  Die  Aedes  Telluris.  Sie  lag 
auf  dem  äussersten  Westabhang  des  Mens  Oppius,  den  Carinae,  nach 
Dionys.  VHI  79  xard  trjv  inl  Kagiraq  ifäqovaav  oiov.  Die  Lage  in 
Carinis  ergiebt  sich  auch  aus  Sueton  de  ill.  gramm.  15,  wo  es  von 
Lenaeus,  dem  Freigelassenen  des  Pompeius,  heisst:  docuit  in  Carinis  ad 
Telluris.  Über  die  Gründung  des  Tempels  im  Jahre  270  v.  Ghr.  durch 
P.  Sempronius  Sophus  berichtet  Florus  Ep.  I  14  aus  dem  Kriege  gegen  die 
Picenter:  domiti  ergo  Picentes  et  caput  gentis  Asculum  Sempronio  duce,  qui 
tremente  inter  proelium  campo  Tellurem  deam  promissa  aede  placavü.  Ob 
dieser  Tempel  der  erste  an  der  Stätte  gebaute  war,  ist  zu  bezweifeln. 
Nach  Gicero  de  domo  38,  101  wurde  er  an  der  Stelle  des  niedergerissenen 
Hauses  des  Hochverräters  Sp.  Gassius  (485  v.  Ghr.)  erbaut:  domus  .  .  . 
eversa  .  .  .  atque  in  eo  loco  aedes  posüa  Telluris  (ebenso  Val.  Max.  VI  3,  1). 
Nach  Dionys.  VIII 79  und  Liv.  II 41  lag  die  Area,  auf  der  das  Haus  gestanden 
hatte,  vor  dem  Tempel  der  Tellus  (xai  fie'xQ'^  tovie  arehai  6  xonoq  av%}^c 
ai&Qiog  i^(o  rov  r€(6  %r-g  Ff^g,  ea  est  area  ante  Telluris  aedem)  und  war 
der  mit  der  Tellus  verwandten  Geres  gewidmet  worden.  Nach  Dionys 
wurden  dort  eherne  Bildsäulen  zu  Ehren  der  Demeter  errichtet,  bei  Livius 

21* 


324  B.  Topographie  Yon  Born. 

wird  das  ganze  Besitztum  der  Geres  gewidmet  und  ein  Signum  gemacht 
mit  der  Aufschrift:  ex  Casaia  familia  daium.  Die  gemeinsame  Verehrung  der 
Tellus  und  der  Geres  in  Carinis  ergibt  sich  auch  aus  den  Praenestiner  Fasten 
zum  18.  Dezember  (GIL  I^  p.  336  f.).  0  ^^^  Auffassung,  dass  die  Area  des 
Hauses  des  Gassius  zu  der  Area  des  Tellustempels  hinzugezogen  worden  ist, 
teilt  Plinius  N.  H.  XXXIV  30.  Nach  ihm  müsste  der  Tempel  der  Tellus 
überhaupt  älter  als  Sp.  Gassius  gewesen  sein.  Es  ist  bei  ihm  die  Rede  von 
einer  Statue,  quam  apud  aedem  Telluris  statuisset  sibi  Sp.  Gassius,  qui 
regnum  adfectaverat,  und  die  im  Jahre  158  v.  Ghr.  eingeschmolzen  wurde. 
Erwähnt  wird  der  Tempel  von  Plutarch  Sulla  9  in  den  Kämpfen  zwischen 
Sulla  und  Marius. 

Eine  Restauration  des  Tempels  scheint  Q.  Gicero,  des  Redners  Bruder, 
der  eine  Zeit  lang  neben  dem  Tempel  wohnte,^)  vorgenommen  zu  haben.  Nach 
Gicero  de  har.  resp.  14,  31  dürfte  Quintus  dabei  sein  eigenes  Besitztum  auf 
Kosten  der  Tempelarea  vergrössert  und  das  auf  derselben  befindliche 
magmentarium  Telluris  verbaut  haben  {nunc  sanctissimam  partem  ac  sedem 
maximae  religionis  private  dicunt  vestibulo  contineri).  Cicero  selbst  setzte 
vor  den  Tempel  eine  Statue  seines  Bruders,  vgl.  ad  Q.  fratr.  HI  1,  14  (aus 
dem  Jahre  54  v.  Ghr.).  Vielleicht  lagen  in  der  Nähe  des  Tempels  die  in 
der  Notitia  Reg.  IV  neben  ihm  genannten  Horrea  chartaria.  Gleichfalls 
in  Carinis  und  nicht  weit  vom  Tempel  der  Tellus  lag  das  Haus  des  Pom- 
peius  (Sueton  de  ill.  gramm.  15,  Tiber.  15).  Nach  Gic.  Phil.  1128,68  und 
Vita  Qord.  3  war  es  mit  Schiffschnäbeln  geschmückt,  die  also  aus  dem  See- 
räuberkriege stammten.  Glodius  drohte  (Gic.  de  har.  resp.  23,  49)  velle  se  in 
Carinis  aedificare  alteram  porticum,  quae  Palatio  responderet,  d.  h.  er  wolle  des 
Pompeius  Haus  ebenso  niederreissen  wie  das  des  Cicero  (p.  143).  Nach  dem 
Tode  des  Pompeius  ging  es  in  den  Besitz  des  Antonius  über,  worauf  der 
Witz  des  Sextus  Pompeius  geht,  der  bei  Misenum  Antonius  und  Caesar 
auf  seinem  Schiffe  zu  Gaste  hatte  und  nach  Voll.  II  77  äusserte:  in  carinis 
suis  se  cenam  dare  (vgl.  Dio  Cass.  XL VIII  38,  Aur.  Vict.  de  vir.  ill.  84).  Die 
Nähe  des  Hauses  am  Tellustempel  war  auch  der  Grund,  dass  Antonius  hierher 
den  Senat  berief  (Appian.  b.  c.  II 126;  Dio  Cass.  XLIV  22;  Gic.  Phil.  1 13, 31). 
Später  ist  das  Haus  in  kaiserlichen  Besitz  übergegangen,  Tiberius  wohnt« 
hier  (Suet.  Tib.  15)  eine  Zeitlang  nach  seiner  Rückkehr  aus  Rhodos,  bevor 
er  in  die  ruhiger  gelegenen  Gärten  des  Maecenas  übersiedelte.  Im  3.  Jahr- 
hundert n.  Chr.  war  es  im  Besitz  der  Familie  der  Gordiane.  Die  Vita 
Gordiani  3  beschreibt  ein  darin  befindliches  Kolossalgemälde,  welches  die 

^)   Elter,  Fonna  urbis  I   p.  9  ist  aaf  |  der  beiden  Tempel  mit   dem   13.  Dezember 

Grund  des  Stadtplanfragmentes  Form.  ürb.  1 6,  i  stimmt.    Die  üeberlieferong  weiss  Ton  einem 

welches  zwei  parallel  nebeneinanderliegende,  I  Tempel  der  Ceres  nichts,  in  Tellure  ist  aber 

offenbar  gleichartige  Tempel  mit  den  beiden  1  der  Name   eines  Yicns  {Tellurenses  in  der 

im  rechten  Winkel  zu  einander  stehenden  Bassus-Inschrift);     die    Inschrift    hat    ihrer 

Inschriften:   in  Tellure  und  aedes  zeigt,  ge-  I  Stellung  nach    mit  den  Tempeln  nichts   za 


neigt  anzunehmen,  dass  hier  die  Tempel  der 
TeUus  und  der  Ceres  dargestellt  sind,  also 
Doppeltempel,  wie  die  des  Jupiter  und  der 
Juno  in  der  Porticus  Octaviae  oder  die  des 
Honos  und  der  Virtus  vor  der  Porta  Capena, 


thun. 

^)  Cicero  ad  Quint.  fratr.  11  3,  7.  Damus 
tibi  ad  Iticuin  Pisonis  Liciniana  (unbe- 
kannter Lage)  conducta  est;  .  .  .  tuam  in 
Carinis    mundi    habitatores    Lamiae    con- 


da  die  von  ihm  angenommene  Orientierung  {   duxerunt. 


7.  Der  Osten  Borns,    b.  Der  EequUin.    (g  119.)  325 

Tiere  darstellte,  die  Gordianus  zu  seinen  Spielen  hatte  nach  Rom  kommen 
lassen.  ^)  —  Die  genaue  Lage  der  Aedes  Telluris  und  der  mit  ihr  zusammen- 
hängenden Gebäude  ist  nicht  bekannt.  Es  steht  nur  im  allgemeinen  fest, 
dass  sie  nicht  weit  von  der  Eirche  S.  Pietro  in  Vincoli  gelegen  hat.  Die  von 
Lanciani,  der  früher  glaubte,  sie  hätte  unter  Tor  dei  Conti  (p.  308)  gelegen, 
im  Bull.  com.  1892  p.  33  ff.  für  ihre  Lage  angeführten  Gründe,  erstens 
eine  um  1550  gemachte  Ausgrabung  bei  der  Eirche  S.  Andrea  in  Portogallo 
an  der  Via  del  Colosseo  und  dann  der  Name  der  Eirche  S.  Salvatore  in 
Tellure,  die  bei  S.  Pietro  in  Vincoli  gelegen  haben  soll,  sind  beide  wenig 
stichhaltig,  da  der  Bericht  über  die  Funde  bei  der  Ausgrabung  lediglich 
auf  dem  Zeugnisse  Ligorio's  beruht,  und  der  Beiname  jener  Eirche  vor 
dem  16.  Jahrhundert  nicht  nachweisbar  ist. 

2.  Die  Praefectura  urbana.  Über  Zeit  der  Gründung  etc.  dieses 
Amtslokals  und  Archivs  der  Stadtpräfekten  sind  wir  sehr  unvollkommen 
unterrichtet.  Die  Entstehung  der  Stadtpräfektur  als  stehender  Einrichtung 
stammt  aus  der  Zeit  des  Tiberius.  über  ihre  allmähliche  Entwicklung 
siehe  Mohhsen,  Staatsrecht  II  ^  p.  1059  ff.  Über  die  Lage  der  Praefectura 
Urbis  geben  lediglich  die  Funde  von  Inschriften  Eunde.  Danach  lag  sie 
unweit  des  Tempels  der  Tellus  oberhalb  desselben  zwischen  den  Trajans- 
thermen  und  der  Eirche  S.  Pietro  in  Vincoli,  genauer  auf  dem  von  den 
Strassen  S.  Pietro  in  Vincoli,  della  Polveriera,  del  Colosseo  und  dell'  Agnello 
umgrenzten  Terrain.  Zunächt  wurden  hier  in  den  Jahren  1589  und  1873  an 
derselben  Stelle,  'nella  crocevia  di  s.  Pietro  in  vincula  dl  colisio',  also  sicher  am 
ursprünglichen  Orte,  mehrere  Marmorbasen  gefunden  (CIL  VI  1656  a.b.c; 
vgl.  1166,  3791),  denen  möglicherweise  andere  von  Präfekten  errichtete 
Ehrenbasen,  deren  Fundort  nicht  bekannt  ist,  zuzuzählen  sind;  es  er- 
giebt  sich  daraus,  dass  hier  im  4.  Jahrhundert  n.  Chr.  von  den  Stadt- 
präfekten den  Eaisern  Ehrendenkmäler  gesetzt  worden  sind.  Es  ist 
ferner  hier  gefunden  das  Edikt  des  Turcius  Apronianus  aus  dem  Jahre 
363/64  über  den  Verkauf  von  Schlachtvieh  (CIL  VI  1770)  und  die  Frag- 
mente von  Edikten  des  Stadtpräfekten  Tarracius  Bassus,  von  denen  andere 
Stücke  in  der  Basilica  Julia,  zu  deren  Ausbesserung  sie  verwendet  worden 
waren,  gefunden  wurden.  Sie  enthalten  die  Namen  vinariorum,  qui  sibi 
pecuniam  contra  disciplinam  Bomanam  vindicare  consueverantJ)  Diese  Edikte, 
Marmorkopien  der  im  Archiv  der  Präfektur  befindlichen  Aktenstücke, 
waren  in  einer  Portikus  aufgehängt.  Möglicherweise  ist  das  dieselbe 
Portikus,  die  in  der  Inschrift  von  Skaptoparene  (Athen.  Mitt.  1891  p.  267  ff.) 
erwähnt  wird;  das  kaiserliche  Reskript  auf  die  Bittschrift  war  in  porticu 
thermarum  Traianarum  angeschlagen,  was  dann  bedeuten  müsste:  ,bei  den 
Trajansthermen'.  —  Ein  Verzeichnis  der  einzelnen  Teile  der  Präfektur  giebt 
eine  auf  demselben  Terrain  unweit  der  Trajansthermen  in  zwei  Stücken 
zu  verschiedenen  Zeiten  gefundene  Inschrift  (Bull.  com.  1882  p.  161;  1892 

0  Cicero  Farad.  VI  3,  50:  M\  Manüiua  '   1891  p;849  ff.  behandelten  Fragmente  sind 

patrum  nostrorum  memoria  .  . .  hdbuit  •  .  .  |  topographisch  von  Interesse,   da  den  Namen 

ftediculas  in  Carinis  et  fundum  in  Läbicano;  der  Bestraften   auch  die  Wohnungen  beige- 

no8  igitur  divitiores,  qui  plura  habemiM  ?  fttgt  sind,  und  sie  nach  den   Strassen  ge- 

^)  Die  von  Gatti,  Bull.  com.  1891  p.  342  ff.  nannt  werden,  darunter  befinden  sich  auch 

herausgegebenen  und  von  Hülsen,  Bull.  com.  die  oben  p.  824  erwähnten  Tellurenses. 


326  B.  Topographie  von  Born. 

p.  30  flf.).  Sie  nennt:  porticum  scriniis  Tellurensis  secretarii  tribunalibvs 
adhaerentem.  Die  scrinia  waren  das  Archiv;  so  heisst  es  in  der  Vita 
Aureliani  9  von  einem  Briefe  des  Valerianus:  quam  ego  ex  scriniis 
praefecturae  urbanae  protuli;  das  secretarium  war  das  eigentliche  Amts- 
gebäude und  die  tribunalia  waren  der  Saal,  in  dem  der  Präfekt  seine 
Jurisdiktion  ausübte.  Die  Bezeichnung  des  Amtshauses  als  TeUurense 
zeigt,  dass  es  an  der  Strasse  in  TeUure  {TeUurenses  Bull.  com.  1891 
p.  344)  lag. 

Litteratur:  Mommsbn,  Staatsrecht  II'  p.  1059  ff.  Lanciahi,  Gli  edifidi  della  pre- 
fettura  Romana  fra  la  Teilare  e  le  terme  di  Tito  e  di  Trajano,  Bull.  com.  1892  p.  19  ff. 

3.  Die  Porticus  Liviae.  Am  Nordrand  des  Oppius  lag  am  Clivus 
Suburanus  das  Haus  des  Vedius  Pollio,  berühmt  durch  seine  Pracht  und 
seine  Ausdehnung.  Ovid.  Fast.  VI  640  nennt  es  eine  immensa  domus  und 
schildert  es  mit  den  Worten:  urbis  opus  domus  una  fuü  spcUiumque  tene- 
bat,  quo  brevius  muris  oppida  multa  tenent.  Vedius  PoUio  war  durch  seinen 
ungeheuren  Reichtum,  seine  Verschwendungssucht  und  Grausamkeit  stadt- 
bekannt (vgl.  die  Erzählung  bei  Dio  Gass.  LIV  23),  er  vermachte  in  seinem 
prahlerischen  Testamente  u.  a.  dem  Augustus  sein  Haus  auf  dem  Oppius. 
Augustus  liess  es  niederreissen,  nach  Ovid  a.  a.  0.,  weil  sein  Luxus  schäd- 
lich wirkte,  nach  Dio  Gass.  a.  a.  0.,  um  das  Andenken  des  Mannes  zu  tilgen, 
und  errichtete  auf  dem  so  gewonnenen  Baugrunde  die  Porticus  Liviae 
(Suet.  Aug.  29).  Die  Erbauung  der  Porticus  wird  von  Dio  Gassius  unter  dem 
Jahre  15  v.  Ghr.  bei  Gelegenheit  des  Todes  des  Vedius  PoUio  erzählt,  er 
fügt  aber  hinzu  tovto  fih'  ovv  vateQov  enoh^tre,  dediziert  wurde  das  T€fjLävi<rfia 
t6  Aioviov  im  Jahre  7  v.  Ghr.  (Dio  Gass.  LV  8).  Nach  Ovid  Fast.  VI  637  f. 
stand  mit  der  Porticus  Liviae  eine  von  Livia  gegründete  Aedes  Goncordiae 
in  Verbindung,  Stiftungstag  am  11.  Juni.  Fragment  9  u.  10  des  Kapitoli- 
nischen Stadtplanes  geben  ein  hinreichend  deutliches  Bild  der  Portikus;  sie 
bestand  aus  einer  115  X  75  m  (Massstab  des  Stadtplans  1 :  250  angenommen) 
grossen  rings  ummauerten  Area  mit  abwechselnd  rechteckigen  und  halbrunden 
Nischen,  umgeben  von  einer  doppelten  Säulenreihe.  An  der  nördlichen 
Schmalseite  führte  vom  Glivus  Suburanus  her  eine  über  20  m  breite  Treppe 
in  das  Innere,  wie  es  scheint,  der  einzige  Eingang.  In  der  Mitte  scheint 
ein  Wasserbassin  gewesen  zu  sein,  der  Tempel  der  Goncordia  aber  be- 
findet sich  innerhalb  der  Portikus  nicht.  Die  Lage  der  Portikus  an  der 
angegebenen  Stelle  ist  verbürgt  durch  die  Entdeckung  Lancianis  (Bull, 
com.  1886  p.  272),  dass  das  Fragment  109,  welches  einen  Teil  der  Trajans- 
thermen  darstellt,  die  ihrer  Lage  nach  bekannt  sind,  zugleich  auch  einen 
Teil  der  einen  Schmalseite  der  Porticus  Liviae  enthält,  also  mit  Fragm. 
9  und  10  zusammengehört.  —  Die  Portikus  wird  mehrmals  erwähnt,  bei 
Ovid  A.  a.  I  71  und  bei  Strabo  V  3,  8  als  beliebter  und  prachtvoll  aus- 
gestatteter Spaziergang.  Plinius  N.  H.  XIV  11  erwähnt  einen  wunderbaren 
W^einstock  daselbst,  welcher  subdiales  ambulationes  umbrosis  pergulis  opacat, 
eadem  duodenis  musti  amphoris  fecunda.  Nach  Dio  Gass.  LXVIII  10  sprach 
Trajan  hier  Recht. 

4.  Thermae  Titi  et  Traiani.  Über  die  Gründung  der  Thermen 
des  Titus  wird  von  Sueton  Tit.  7  berichtet:   Amphitheatro  dicato  thermisque 


Taf.  17. 


[■ 


■i        THERMAE  TITl         i     --^K// / / j ^/ ///l' 

I       ^       I  Y-v^^muß^ 


■"'INI.' 


"^TTTT 
Thennae  Titi  et  Traiani 


1 


Thennae  Antoninianae. 


7.  Der  Osten  Borns,    b.  Der  Esqailin.    (§  119.)  327 

iuxta  celeriter  exstructia  munus  edidü  apparatissimum.  Die  Spiele  werden 
bei  Dio  Gass.  LXVI  25  beschrieben  (p.  167).  Die  schnelle  Errichtung 
der  Thermen  auf  dem  Gebiete  des  goldenen  Hauses  erwähnt  auch  Martial 
Spect.  2,  7 :  hie  ubi  miramur  velocia  munera  thermas,  ahstulerat  miseris 
tecta  superbus  ager.  Derselbe  erwähnt  sie  noch  einmal  III  20,  15  unter 
den  beliebten  Aufenthaltsorten.  —  Die  Titusthermen  haben  ein  eigentüm- 
liches Schicksal  gehabt.  Trotz  der  ausdrücklichen  Zeugnisse,  die  diese 
Thermen  von  den  Trajansthermen  unterscheiden  —  der  Chron.  v.  354  und 
die  Notitia  Reg.  III  nennen  thermas  TUianas  et  Traianas,  und  CIL  VI  9797  in 
der  Inschrift  des  Ursus  Togatus  wird  aufgezählt:  thermis  Traianis,  thermis 
Agrippae  et  Titi,  multum  et  Neronis  —  hat  man  diese  beiden  Anlagen  bis 
in  die  allerneueste  Zeit  für  eine  und  dieselbe  Anlage  gehalten.  Erst  Lan- 
ciANi,  der  noch  im  Itin.  Eins.  p.  53  die  Identität  beider  behauptete,  hat 
das  wahre  Verhältnis  aufgedeckt,  dass  am  Südrande  des  Oppius,  gegenüber 
dem  Colosseum  zwei  von  einander  getrennte  Thermenanlagen  sich  befanden. 
Palladio  hat  eine  Zeichnung  von  Thermen  hinterlassen  (Sammlung  De- 
vonshireV)  mit  der  Unterschrift:  Queste  terme  sono  per  mezo  el  Colixeo  et 
sono  molto  ruinate.  Der  Plan  ist  wiedergegeben  bei  Lanciani,  Form.  Urb. 
30.  Diese  gegenüber  dem  Colosseum  befindlichen  Thermen  müssen  auf  einer 
bedeutenden  Höhe  gelegen  haben,  denn  der  Plan  zeigt  eine  ausserordent- 
lich hohe  Treppe,  die  von  der  Tiefe  zu  ihnen  hinaufführte.  Es  kann  also 
für  ihre  Lage  nur  der  Oppius  in  Betracht  kommen,  und  zwar  der  Teil 
westlich  von  den  noch  existierenden  Resten  der  Trajansthermen.  Nun 
hat  aber  Palladio  an  der  Nordostecke  ausserhalb  der  Thermen  noch 
Bauten  mit  aufgenommen,  die  er  für  die  Piscina  seiner  Thermen  gehalten 
hat,  die  aber  in  Wirklichkeit  die  Südwestecke  der  Trajansthermen  sind, 
so  dass  über  die  genaue .  Lage  der  auf  seiner  Zeichnung  dargestellten 
Bauten  westlich  von  den  Trajansthermen  kein  Zweifel  besteht.  Schliess- 
lich sind  auch  bei  den  neuesten  Ausgrabungen  Reste  einer  mit  der  Zeich- 
nung Palladios  übereinstimmenden  Absis,  sowie  Reste  des  grandiosen 
Treppenaufgangs  gefunden  worden.  Dass  wir  hier  die  Reste  der  Thermen 
des  Titus  vor  uns  haben,  dürfte  keinem  Zweifel  mehr  unterliegen.  Sie 
sind  jetzt  bis  auf  wenige  wieder  verschüttete  oder  unzugängliche  Reste 
verschwunden.  Von  Wichtigkeit  war  auch  die  Aufdeckung  einer  Portikus 
am  Fusse  des  Oppius,  deren  Pilaster  in  Massen  etc.  dem  unteren  Stock- 
werke des  Colosseums  entsprechen,  und  die  offenbar  aus  dem  ersten  Jahr- 
hundert n.  Chr.  stammt,  also  wohl  gleichzeitig  dem  Colosseum  ist.  Ihr  un- 
mittelbarer Zusammenhang  mit  den  Thermen  ist  indessen  fraglich,  da- 
gegen steht  fest,  dass  die  grosse  Area  des  Colosseums  allseitig  von 
Gebäuden  umgeben  war,  denen  vermutlich  zu  grösserem  Schmuck  und  in 
Ausführung  der  Neronischen  Vorschrift  (p.  59)  Portiken  vorgelegt  waren. 
Die  aufgedeckten  Portiken  sind  später  zu  anderem  Zweck  umgebaut  worden, 
zuletzt  lag  hier  ein  christlicher  Begräbnisplatz.*)  —  Diese  schnell  auf- 
geführte Badeanlage  war  erheblich  kleiner  als  alle  anderen  Thermen,  sie 
mass  115  X  HOm,  während  z.  B.  die  daneben  liegenden  Trajansthermen 

')  Vgl.  Lanciani,  Form.  ürb.  29  und  BuU.  com.  1895  p.  110  ff.  und  117  ff. 


328 


B.  Topographie  von  Bom. 


ohne  die  runden  Ausbauten  280  X  210  m  massen.  Das  Terrain,  auf  dem 
Titus  seine  Thermen  errichtete,  gehörte,  wie  aus  den  oben  angeführten 
Worten  Martials  sich  ergiebt,  zum  goldenen  Hause.  Da  man  aber  damals 
noch  nicht  an  eine  grundsätzliche  Vernichtung  des  ganzen  Komplexes 
dachte,  vielmehr  Titus  selbst  hier  noch  wohnte,  so  erbaute  er  sie  unter 
Schonung  des  östlich  davon  gelegenen  Palastes  und  mit  derselben  Orien- 
tierung wie  diesen.  Es  ist  wahrscheinlich,  dass  das  Terrain,  auf  dem  sich 
die  Thermen  erhoben,  überhaupt  nicht  von  Gebäuden  eingenommen  war; 
so  ist  wohl  der  superbus  ager  Martials  zu  erklären,  der  an  Suetons  Be- 
schreibung: rura  insuper,  arvis  atque  vinetis  et  puscuis  silvisque  varia  er- 
innert (vgl.  p.  165).')  Ganz  anders  verfuhr  schon  Trajan  mit  seinen 
Thermen,  die  unter  Zerstörung  der  Domus  aurea  errichtet  sind.  Um  den 
nötigen  Raum  für  diese  sehr  grosse  Anlage  zu  gewinnen,  wurden  die 
Thermen  in  einem  um  25  Grad  abweichenden  Winkel  schief  über  die  nun- 
mehr als  Fundamente  dienenden  Reste  des  Neronischen  Palastes  gebaut. 
Nachdem  sie  bis  zum  Ende  des  18.  Jahrhunderts  in  wesentlichen 
Resten  bestanden  haben,  sind  sie  jetzt  mit  geringen  Ausnahmen  bis  auf 
die  Fundamente  zerstört.  Am  besten  erhalten  ist  ein  Teil  des  Neroniscben 
Baues,  in  dem  noch  eine  Anzahl  von  Zimmern  mit  schönen  Malereien  sich 
befindet,  die  von  Raffael  und  Giovanni  da  XTdine  bei  Ausmalung  der 
Loggien  des  Vatikans  als  Muster  benutzt  worden  sind.*)  Der  Plan  der 
Thermen  ist  bekannt  durch  eine  Aufnahme  Palladios  und  durch  zwei  an- 
scheinend sehr  exakt  gezeichnete  Blätter  der  Sammlung  Destailleur  in 
Berlin;  Einzelheiten  bestätigen  die  spärlichen  noch  vorhandenen  Reste  des 
Oberbaues  und  Fragment  109  des  Kapitolinischen  Stadtplanes,  das  die 
Nordostseite  der  Thermen  enthält.  Hülsen  bringt  in  den  Rom.  Mitt.  1892 
p.  303  eine  Skizze  von  dem  Inhalt  der  Destailleur'schen  Zeichnungen,  Lanciaki 
den  Plan  auf  seiner  Forma  Urbis  28  u.  30  (Taf.  17, 1).  Die  Trajansthermen 
werden  von  Pausanias  V  12,  4  mit  den  Worten  d^tokoyoiraTa  SaTi  koi^rgd 
inüirvfia  avToP  erwähnt,  nach  Dio  Cass.  LXIX  4  sind  sie  von  ApoUodorus 
erbaut.  Erwähnungen  der  Thermen  finden  sich  mehrfach  auf  Inschriften: 
CIL  VI  1670  (Basis  des  Julius  Felix  Gampanianus  aus  dem  Jahre  205)  ad 
augendam  thermarutn  Traianarum  gratiam;  8677  wird  ein  exactor  thermamm 
Traianarum  und  8678  ein  adiutor  ih,  Tr,  genannt.  Die  Bassus-Inschrift 
Bull.  com.  1891  p.  357  nennt  Traianenses,  die  Einwohner  einer  bei  den 
Thermen  befindlichen  Strasse.  Die  Ziegelstempel  in  den  Mauern  sind  durch- 
weg trajan isch.  Diokletian  stellte  in  den  Trajansthermen  eine  Bildsäule 
des  Aesculapius  auf  (Gomm.  in  hon.  Mohmseni  p.  356).  —  Merkwürdig  ist, 
dass  im   Chronographen   von   354   unter  den  Werken   Domitians  thermcts 


*)  Za  den  Wunderdingen,  die  Nero  in 
•einer  Domus  aurea  errichtete,  und  ttber 
deren  Verbleib  nichts  bekannt  ist,  gehört 
auch  die  Ton  Plinius  XXXVI  163  erwfthnte 
Aedes  Fortunae  Seiani.  Sie  war  ganz 
▼on  dem  durchscheinenden  Steine  Phengites 
erbaut,  quare  etiam  foribus  opertis  interdiu 
clarüas  ibi  diuma  erat.  Die  Fortuna  selbst 
war  im  Besitz  des  Seianus  gewesen  (daher 


der  Name)  und  sollte  aus  der  Zeit  des  Servios 
Tullius  stammen  (Dio  Cass.  LVm  7).  Ueber 
ihre  Herkunft  vgl.WissowA,  Analecta  Romana 
topographica  p.  9.  Er  ist  der  Meinung,  die 
Statue  stammte  aus  dem  Tempel  der  Fortuna 
am  Forum  boarium  (vgl.  p.  190). 

')  Ant.  DB  RoKANis,  Ls  antiche  camere 
Esquiline,  dette  volgarmente  Tenne  di  Tito, 
1822. 


•  7.  Der  Osten  Borns,    b.  Der  Esqnilin.    (§  119.)  329 

TUianas  et  Traianas(l)  aufgezählt  werden.  Dass  Domitian  die  Thermen  des 
Titus  vollendet  oder  verschönt  hat,  ist  nicht  unwahrscheinlich,  der  Zusatz 
et  Traianas  kann  nur  auf  Gedankenlosigkeit  beruhen.  —  Östlich  von  den 
Trajansthermen  sind  noch  jetzt  neun  schmale  gewölbte  Räume  vorhanden, 
die  parallel  neben  einander  liegen  und  unter  sich  verbunden  sind,  ge- 
wöhnlich genannt  Le  capocce  oder  Sette  sah.  Es  ist  offenbar  eine  Piscina, 
und  zwar  die  Piscina  domus  aureae,  da  sie  nach  dieser  und  nicht  nach 
den  Thermen  orientiert  ist.  In  der  Nähe  sind  Häuserreste  gefunden,  in 
einem  eine  Inschrift,  die  eine  Insula  Vitaliana  nennt,  so  genannt  nach 
dem  Erbauer  oder  Besitzer  (Bull.  com.  1895  p.  129).  Andere  Häuser  sind 
bei  den  Titusthermen  aufgedeckt,  darunter  das  Haus  mit  den  Bellorischen 
Wandgemälden  (vgl.  p.  193  Anm.  3),  und  in  der  Nähe  ein  anderes  mit 
grosser  Aula;  vgl.LANCiANi,  Form.Urb.  30;  Bull.com.  1895  p.  176  und  180; 
Hülsen,  Di  una  pittura  antica  ritrovata  suir  Esquilino  nel  1668;  Rom. 
Mitt.  1896  p.  213  flf. 

5.  In  der  Vigna  der  Canonici  von  S.  Pietro  in  Vincoli  ist  seit  dem 
16.  Jahrhundert  eine  Anzahl  von  Athleteninschriften  gefunden  worden 
(CIL  VI  10153,  10154;  Kaibel,  IGI  1102-1110),  in  denen  eines  Versamm- 
lungslokales und  Archivs  der  ^vatixti  avvodog  xayv  neql  vov  ^HqaxXsa  dd-lr^" 
Tü)v  Erwähnung  gethan  wird.  Ricci,  der  die  Inschriften  und  die  topo- 
graphische Seite  der  Frage  einer  ausführlichen  Besprechung  unterzogen 
hat  (Bull.  com.  1891  p.  185  flf.),  und  mit  ihm  Lanciani,  Form.  Urb.  23  sind 
der  Meinung,  diese  *Curia  athletarum*  in  einem  an  die  Nordostseite  der 
Trajansthermen  sich  anlehnenden  basilikaartigen  Raum  zu  suchen,  der  die 
Orientierung  des  Neronischen  Baues  hat.  Dieser  Raum  sei  den  Athleten 
von  Antoninus  Pius  überwiesen  worden.  Ein  Beweis  für  diese  Ansetzung 
ist  nicht  erbracht  (vgl.  p.  171). 

6.  Südlich  von  den  Trajansthermen,  oder,  wie  der  Fundbericht  lautet 
(CIL  VI  1091):  fuori  deUa  parte  semidrcolare  deUe  Terme  di  Tito  wurde  eine 
aus  dem  Jahre  240  n.  Chr.  stammende  Inschrift  gefunden,  in  der  die  nach 
der  Regionsbeschreibung  in  der  HI.  Region  befindlichen  Castra  Mise- 
natium  erwähnt  werden;  der  Fundort  der  Inschrift  (Henzen,  Ann,  d.  Ist. 
1862  p.  64)  bestimmt  auch  die  Lage  der  Castra.  Auf  dieselbe  Stelle  weisen 
die  Worte  der  Inschrift  Kaibel  IGI  956  B  15:  naqu  rag  TiTiavdg  Saw  iv 
Toig  xdcTQoig^  wo  wohl  auch  die  Castra  Misenatium  zu  verstehen  sind.  Das 
Fragment  I  5  der  Forma  Urbis  enthält  die  Worte  cASTBA  MISEnaTIVM 
und  darüber  (d.  h.  südlich  davon):  in  zwei  Zeilen  IICAL  (vielleicht  basilica 
L...?)  MENTARIA,  was  als  armamentaria  zu  ergänzen  ist.  Ein  Arm a- 
mentarium  nennt  die  Regionsbeschreibung  aber  in  der  zweiten  Region; 
es  ist  die  Waffenschmiede,  die  gleich  dem  mit  ihr  zusammen  genannten 
Spoliarium  und  Samiarium  (vgl.  p.  171)  in  die  Nähe  des  Amphitheaters 
gehört,  so  dass  wir  also  auch  danach  die  Castra  Misenatium  an  der  Süd- ' 
grenze  der  dritten  Region  anzusetzen  hätten;  indessen  ist  es  zweifelhaft, 
ob  hier  dies  oder  nicht  vielmehr  ein  mit  den  Castra  Misenatium  zusammen- 
hängendes Armamentarium  zu  verstehen  ist.  Jedenfalls  gab  es  hier  mehrere: 
CIL  VI  10164  nennt  ein  armamentarium  ludi  magni,  —  östlich  schliessen  sich 
an  die  Castra  Misenatium,  an  der  Nordseite  der  die  dritte  und  zweite  Region 


330  B«  Topographie  von  Born. 

trennenden  Strasse,  deren  Pflaster  in  ihrer  ganzen  Ausdehnung  zum  Vor- 
schein gekommen  ist,  die  schon  auf  p.  171  zusammengestellten  Bauten 
an,  das  Summum  choragium,  das  auf  einer  inter  thermas  Tüi  et 
S,  dementem  gefundenen  Inschrift  (CIL  VI  776)  genannt  zu  sein  scheint, 
ferner  zwei  Gladiatorenschulen,  der  nicht  zu  lokalisierende,  lediglich  aus 
der  Regionsbeschreibung  bekannte  Ludus  Dacicus  und  der  Ludus 
magnus,  von  dessen  Gestalt  Form.  Urb.  I  4  ein  anschauliches  Bild  giebt. 
Seine  Lage  bleibt  immerhin  unsicher. 

7.  In  derselben  Gegend  hat  auch  die  Moneta,  die  kaiserliche  Münze, 
gelegen.  Mehrere  mit  Inschriften  versehene  Basen,  die  nicht  weit  von 
S.  demente,  offenbar  am  ursprünglichen  Orte  gefunden  sind,  nennen  die 
Möneta  oder  Moneta  Caesaris  sowie  Münzbeamte;  vgl.  CIL  VI  42 — 44,  791, 
1647.  Von  dem  Gebäude  ist  keine  Spur  zum  Vorschein  gekommen.  Die 
Bassus-Inschrift  Bull.  com.  1891  p.  343  nennt  Monetarii,  wohl  die  Bewohner 
einer  nach  der  Moneta  genannten  Strasse. 

"8.  Der  Tempel  der  Isis.  Dieser  Tempel,  der  der  dritten  Region 
.  den  Namen  gegeben  hat  {Isis  et  Serapis),  muss  sehr  bedeutend  gewesen  sein. 
Seine  Lage  wird  nur  ungefähr  dadurch  bestimmt,  dass  über  der  Fort- 
setzung der  Sacra  via  östlich  vom  Colosseum,  also  über  der  Strasse,  die 
zwischen  Oppius  und  Caelius  zur  Stadt  hinaus  führte,  ein  Triumphbogen 
stand,  der  auf  dem  Haterierrelief  (vgl.  p.  172)  als  Arcus  ctd  Isis  bezeichnet 
wird.  Ausgrabungen,  die  nördlich  von  der  Strasse  in  der  ersten  Hälfte 
des  17.  Jahrhunderts  gemacht  worden  sind,  haben  Grundzüge  eines  ägyp- 
tischen Tempels  zum  Vorschein  gebracht  (eingetragen  auf  Lanciani's 
Forma  ürbis  30).  0  Ein  auf  dies  Heiligtum  bezüglicher  interessanter  Fund 
ist  im  Jahre  1886  gemacht  worden.  Beim  Niederreissen  einer  mittelalter- 
lichen, aus  antiken  Stücken  gebauten  Mauer  in  der  Nähe  der  Kirche  S. 
Pietro  e  Marcellino  fand  man  eine  grössere  Anzahl  von  Skulpturresten,  die 
offenbar  aus  diesem  Heiligtum  stammen,  darunter  einen  Serapiskopf  und 
fünf  Isisköpfe  (Bull.  com.  1887  p.  132 ff.);  in  derselben  Gegend  fand  man 
eine  Inschrift,  die  auf  die  Isis  Bezug  hat  (Bull.  com.  1889  p.  37  f.).  Sie 
lautet:  Isidi  Lydiae  educatrici  valvas  cum  Anubi  et  ara  Mucianus  Aug.  lib. 
proc.  Gleich  dem  Heiligtum  auf  dem  Marsfeld  (vgl.  p.  243  ff.)  war  auch 
dieses  zugleich  dem  Serapis  geweiht. 

9.  Zwischen  dem  Tempel  und  den  Trajansthermen  ist  die  auf  p.  37  an- 
geführte Inschrift  gefunden  worden,  die  die  magistri  et  flamines  montanorum 
montis  Oppii  erwähnt.  2)  Nicht  genau  bestimmbar  ist  die  Lage  eines  Tem- 
pels der  Bellona  Rufilia,  in  CIL  VI  2234  ab  Isis  Serapis  bezeichnet,  also 
jedenfalls  der  dritten  Region  angehörig. 

120.  Bauten  in  der  V.  Region.  1.  Tempel.  Aus  republikanischer 
Zeit  stammt  der  Tempel  der  Minerva  medica,  dessen  Reste  im  Jahre 
1887  unweit  der  Via  Merulana  entdeckt  worden  sind,  nachdem  man  den 
Namen   so   lange  fälschlich  dem  Nymphäum   des  Alexander  (vgl.  p.  322.) 


')  Babtoli  bei  Fba,  Miscell.  filol.  p.  222  I  figure  del  qucde  furono  fatte  disegnare  doRa 
n.  2.  Dietro  SS.  Pietro  e  Marcellino  fu  |  gloriosa  memoria  del.  cav.Cassiano  del  Poac. 
trovato  fiel    cavarsi    un    tefnpio  egizio,    le  <  »)  Vgl.  Bull.  com.  1887  p.  156  ff. 


7.  Der  Osten  Ronui.    b.  Der  Esqnilin.    (§  120.)  331 

gegeben  hatte.  In  einem  unterirdischen  Räume  des  Tempels  hat  man 
hunderte  von  Weihgeschenken  aus  Terrakotta  gefunden,  menschliche 
Figuren,  Köpfe,  Hände,  Füsse  und  andere  Teile  des  Körpers,  ferner  Vögel, 
Vierfüssler,  Vasen  u.  a.  m.;  auf  einer  Vasenscherbe  fand  man  die  dem 
Schriftcharakter  nach  aus  letzter  republikanischer  Zeit  stammende  Inschrift 
weJNERVA  ;D0N0  .  J)E[det. 

Sonst  ist  von  Tempelbauten  in  der  V.  Region  nur  sehr  wenig  bekannt. 
Die  Regionsbeschreibung  nennt  einen  Hercules  Sullanus,  wahrschein- 
lich einen  von  Sulla  nach  dem  auf  dem  Esquiün  über  Marius  erfochtenen 
Siege  geweihten  Tempel.  Pbelleb,  Reg.  p.  132  bringt  damit  die  in  der 
Nähe  des  oben  genannten  Nymphäums  gefundene  Inschrift  CIL  VI  330 : 
Herculi  victori  in  Verbindung.  —  Ein  Heiligtum,  ähnlich  dem  auf  dem 
Exerzierfelde  vor  dem  Prätorianerlager  (vgl.  p.  297),  vielleicht  dem  Mars 
und  Hercules  gewidmet  (CIL  VI  2819),  befand  sich  auf  dem  Esquilin, 
was  aus  zahlreichen  bei  S.  Eusebio  und  auf  Piazza  Manfrede  Fanti  ge- 
fundenen Widmungen  von  Soldaten,  meist  Thrakern,  an  ihre  heimischen 
Qötter  aus  dem  3.  Jahrh.  n.  Chr.  hervorgeht.*)  Denn  erst  seit  Severus 
reki*utierten  sich  die  Prätorianer  aus  den  Provinzen.  Mommsen,  CIL  VI  p.  720 
meint,  die  betreffende  Kapelle  sei  ein  zumal  für  die  Thraker  errichtetes 
Heiligtum  gewesen,  damit  sie  des  Kultes  ihrer  Götter  nicht  entbehrten. 
In  der  Nähe  dieses  Heiligtums  haben  sich  auch  Inschriften  gefunden,  die 
auf  einen  Kult  des  Jupiter  Dolichenus  schliessen  lassen  (CIL  VI  3698, 
3699;  vgl.  p.  208).  —  An  verschiedenen  Stellen  in  der  Nähe  der  Via 
Praenestina  sind  die  auf  die  Statio  cohortis  II.  vigilum  bezüglichen 
Inschriften  CIL  VI  414  und  1059  gefunden. 

Litteratar:  Gatti,  Terrecotte  votive  della  Minerva  Medica,  ificrizione  dei  flamineB 
montis  Oppii  etc.,  Bull.  com.  1887,  p.  154  ff.  —  Visconti,  Le  exvoto  del  tempio  di  Minerva 
Medica  suIl'  Esquilino,  Bull.  com.  1887,  p.  192  ff.  —  Weitere  Funde  von  Votivgegenständen 
sind  1894  an  derselben  Stelle  gemacht. 

2.  Die  Regionsbeschreibung  nennt  in  der  V.  Region  das  Amphi- 
theatrum  castrense,  offenbar  das  bei  Sta.  Croce  noch  jetzt  erhaltene  und 
in  die  Aurelianische  Mauer  aufgenommene  (p.  67).  Es  war  ausser  dem 
Amphitheatrum  Flavium  das  einzige  ständige,  allerdings  erheblich  kleiner 
als  dieses  (p.  168  f.).  Die  Achsen  betragen  88,5  zu  78  m.  Erhalten  sind 
zwei  Stockwerke  der  äusseren  Umfassungsmauer  von  ausgezeichnetem 
Backsteinrohbau,  Arkaden  mit  korinthischen  Halbsäulen.  Ein  drittes  Stock- 
werk hat  bis  zum  16.  Jahrh.  bestanden ;  vgl.  die  bei  Lanciani,  Ruins  and 
excavations  p.  386  publizierte  Zeichnung  Palladios.  Bei  einer  Ausgrabung 
der  Arena  im  Jahre  1740  sind  nach  Ficoboni,  Roma  antica  p.  121  Reste  von 
Knochen  grosser  Tiere  gefunden  (ossa  di  grossi  animali).  Wann  das 
Theater  gebaut  ist,  steht  nicht  fest,  aber  es  muss  spätestens  unter  Septi- 
mius  Severus  oder  Caracalla  errichtet  sein.  Ob  die  gewöhnliche  Annahme, 
es  sei  für  die  Prätorianer  bestimmt  gewesen,  woraus  weiter  die  Annahme 
sich  ergab,  es  sei  gleich  den  Castra  praetoria  schon  unter  Tiberius  ge- 
baut, richtig  ist,  steht  dahin. 


>)  Vgl.  CIL  VI  2385.  2388.  2390—2894.  2797—2860.  3901-3904.    Bull.  com.  1893 
p.  261  ff.  1894  p.  101  ff.  p.  225  ff. 


332  ^«  Topographie  Ton  Born. 

3.  Noch  in  später  Zeit  hat  der  Esquilin  eine  letzte  Thermenanlage 
bekommen,  die  Thermae  Helena e.  Nach  einer  in  der  Nähe  von  S.  Croce 
innerhalb  der  Villa  Conti  gefundenen  Inschrift  hat  die  Mutter  des  Kaisers 
Konstantin  thermas  incendio  destructas  wieder  hergestellt  (CIL  VI  1136). 
Geringe  Reste  nebst  der  Piscina  sind  aufgefunden  worden;  ygl..bei  Lanciani, 
Form.  Urb.  31, 32  und  Bull.  com.  1896  p.  238  den  Plan  aus  Palladio's  Tenne, 
Tav.  XVn. 

4.  Auch  einen  öffentlichen  Marktplatz  hatte  der  Esquilin,  das  ausser- 
halb der  Porta  Esquilina  gelegene  Forum  Esquilinum.  Seit  der  Mitte 
des  3.  Jahrh.  n.  Chr.  führte  auf  dasselbe  von  der  Stadt  her  der  an  Stelle  der 
alten  Porta  Esquilina  getretene  Arcus  Oallieni  (CIL  VI  1106).  Hier 
kamen  nach  Appian  b.  c.  I  58  Sulla  und  Marius  zusammen  (nsQi  zr^v  Alcxv- 
Xeiov  äyogav).  Eine  vor  Porta  Maggiore  gefundene  Inschrift  (CIL  VI  2223) 
nennt  einen  Mag.  vici  a  foro  Esquüino,  zwei  Inschriften  (CIL  VI  9179, 
9180)  nennen  argentarii  a  foro  Esquilina,  Die  grosse  Bedeutung  dieses 
Marktes  für  den  Verkehr  im  Osten  von  Rom  ergiebt  sich  daraus,  dass 
hier  von  Augustus  das  Macellum  Liviae  gebaut  wurde  (vgl.  p.  109). 
Eine  vom  Einsiedler  Anonymus  an  Ort  und  Stelle  gelesene,  verstümmelt 
noch  in  Trastevere  erhaltene  Inschrift  CIL  VI  1178  aus  der  Zeit  der 
Kaiser  Valentinianus,  Valens  und  Oratianus  sagt,  dass  die  Kaiser  potiicum 
areasque  .  .  .  macello  Liviae  ad  ornatum  urbis  suae  addi  dedicarique  iussertint, 
sie  spricht  also  von  einer  Ausschmückung  und  Erweiterung  des  Macellum  s 
Noch  fast  100  Jahre  später  nennt  eine  bei  S.  Vito  dicht  beim  Gallienus- 
bogen  ausserhalb  der  Servianischen  Mauer  gelesene  Inschrift  aus  dem 
Jahre  450  n.  Chr.  (CIL  VI  1662)  den  Fl.  Eurycles  Epityncanus  als  cmdUor 
huius  fori.  Forum  und  Macellum  müssen  also  bis  in  die  späteste  Zeit  des 
Altertums  bestanden  haben.»)  Die  hier  1871 — 74  angestellten  Aus- 
grabungen haben  einen  von  Portiken  und  Kaufläden  umgebenen  Markt- 
platz zu  Tage  gefördert,  dessen  Mauerwerk  aus  Trajans  Zeit  stammte. 
Die  Reste  sind  eingetragen  auf  Lanciani's  Form.  ürb.  23.  Nördlich  vom 
Macellum  Liviae  lag  ein  Mithräum,  vermutlich  in  den  anstossenden 
Gärten,  die  Inschrift  CIL  VI  3722  ist  bei  S.  Eusebio  gefunden. 

5.  Ganz  im  Süden  der  Region,  in  der  Nähe  des  Lateran,  wurden  bei 
Anlage  der  Via  Tasso  die  Castra  equitum  singularium,  der  Kaiser- 
lichen Leibwache,  wieder  aufgefunden.  Diese  Truppe  hat  jedenfalls  zur 
Zeit  Trajans  existiert,  möglicherweise  geht  ihre  Einrichtung  auf  Do- 
mitian  zurück.  Durch  die  Aufdeckung  dieser  Castra  ist  zu  den  schon  vor- 
handenen zahlreichen  Inschriften  von  Equites  singulares  eine  grosse  An- 
zahl neuer  gekommen.  Von  den  Arcus  Caelemontani  (vgl.  p.  320)  ging 
eine  Leitung  aus,  welche  diese  Kaserne  mit  Wasser  versorgte.  Das 
Breviarium  der  Regionsbeschreibung  nennt  castra  equitum  singulariorum  II, 
von  einer  zweiten  Kaserne  ist  nichts  bekannt;  Inschriften  CIL  VI  31138 
bis  31187. 

Litteratar  über  die  Eqnites  singnlares.  Hbmzbn,  Iscriziom  recentemente 
scoperte  degli  equites   singulares,  Ann.  d.  Inst.  1850,  p.  5  ff.  1855,  p.  235  ff.  —  Mommsex, 

^)  Auch  im  Mittelalter  noch  hat  sich  der  Name  Macellum  Livianum  erhalten,  vgl 
Lakciani,  Itin.  Eins.  p.  99. 


7.  Der  Osten  Borna,    b.  Der  Eeqailm.    (§  121.)  333 

Hermes  XVI,  p.  458  ff.  und  in  dem  Eorrespondenzblatt  der  Westdentschen  Zeitschrift  1886, 
p.  50  ff.  and  p.  123  ff.  —  Lanciani,  Gli  allogiamenti  degli  equites  singulares,  Bull.  com. 
1885,  p.  137  ff.     Vgl.  Not.  d.  scavi  1886,  p.  12  ff.  und  p.  49  f.;  1887,  p.  139;  1891  p.  126  ff. 

—  Mabuochi,  II  culto  delle  divinit^  peregrine  nelle  nuoye  iscrizioni  degli  eqaiti  singolari. 
Bull.  com.  1886,  p.  124  ff.  ~  Hülsen,  Rom.  Mitt.  1889  p.  279.  1892  p.  800. 

121.  Privathänser.  1.  Der  älteste  und  wichtigste  Fund  von  Privat- 
häusern wurde  am  Nordwestabhange  des  Cispius,  in  Via  Graziosa  68  ge- 
macht, i)  Dort  wurde  in  den  Jahren  1847—1850  ein  Privathaus  aufgedeckt, 
an  dessen  Wänden  sich  die  berühmten  Odysseelandschaften  befanden  (jetzt 
im  Vatikan,  publiziert  von  Woebmann,  Die  antiken  Odysseelandschaften 
vom  Esquilinischen  Hügel).  Ein  gleich  interessanter  Fund  ist  1884  bei 
S.  Martine  ai  monti  gemacht;  dort  kamen  die  Reste  eines  vornehmen 
Privathauses  zum  Vorschein,  das  auf  älteren  Fundamenten  steht,  selbst 
aber  in  konstantinischer  Zeit  gebaut  ist.  In  demselben  befand  sich  ein 
vollständig  erhaltenes  Lararium  in  Form  einer  Aedicula.  Es  war  ursprüng- 
lich mit  Marmor  inkrustiert,  die  Volte  war  rot  gemalt,  der  Stuck  bunt, 
in  der  Hauptnische  im  Hintergrund  stand  eine  Statue  der  Fortuna-Isis, 
in  kleineren  zur  Seite  die  Larenbilder.  Neben  dieser  Aedicula  führte  eine 
Treppe  von  16  Stufen  zu  einem  Mithräum  hinab,  einer  kleinen  quadrati- 
schen Cella  mit  dem  Relief  des  stiertötenden  Mithras  an  der  Wand.  Das- 
selbe liegt  innerhalb  des  älteren  Baues,  dessen  Wände  von  Retikulat  sind. 

—  Von  einer  anderen,  prächtig  mit  Malereien  und  Mosaiken  geschmückten 

Larenkapelle,   die  jedenfalls  zu  einem  vornehmen  Hause  gehörte,   das 

am  Nordabhang  des  Cispius  lag,  ist  eine  anonyme  Zeichnung  aus  dem 

Jahre  1613  (von  Gbimaldi,   Cod.  Barb.  p.  285)  vorhanden,   die   Langiani 

im  Bull.  com.   1891  p.  305  flf.  (Taf.  XH.  XIII)   veröffentlicht  hat.     In  der 

Gegend  haben  sich  viele  Reste  grossartiger  Privatgebäude  gefunden,  aber 

von  dem  Lararium  selbst  keine  Spur. 

Litteratnr:  Visconti,  Del  larario  e  del  mitreo,  scoperti  neu'  Esquilino  presso  la 
chiesa  di  S.  Martine  ai  Monti,  Bull.  com.  1885  p.  27  ff.  —  Lanciani,  Larario  della  via  dello 
Statute,  Not.  d.  scavi  1885  p.  67  and  154  f.  Beiträge  dazu  von  Mabuochi  in  der  Nuoya 
Antologia  No.  19. 

2.  Die  Regionsbeschreibung  nennt  in  der  UI.  Region  die  Domus  Brutii 
Praesentis  (cos.  U  a.  180  n.  Chr.).  Überhaupt  ist  eine  nicht  unerhebliche 
Zahl  von  Privathäusem  aus  Schriftstellern  bekannt.  Von  namhaften 
Männern  (ausser  den  schon  p.  324  genannten)  wohnten  hier:  Pedo  Albi- 
novanus  (Martial  X  19,  10)  in  der  Nähe  des  Lacus  Orphei;  Plinius  der 
Jüngere  (Ep.  IH  21),  Properz  (UI  23,  23),  Virgil  (Donat.  Vit.  Verg.  6: 
habuitque  domum  Romae  in  Esquiliis  iuxta  hortos  Maecenatis)  und  der  Gram- 
matiker Antonius  Gripho  in  Caesars  Hause  in  der  Subura  (Suet.  de 
gramm.  7).  Auf  den  Carinae  wohnte  auch  der  Kaiser  Balbinus  (Vita  Maximi 
et  Balbini  16). 

3.  Ausserdem  ist  bei  den  Ausgrabungen  eine  grosse  Menge  von  Häuser- 
resten zum  Vorschein  gekommen,  die  zum  grössten  Teil  nicht  zu  benennen 
sind.  Von  ganz  besonderer  Bedeutung  scheint  das  noch  aus  republikani- 
scher Zeit  stammende,   vielleicht  monumentale  Gebäude  (Quaderbau)  zu 


')  Ueber  die  vielfachen  Reste  von  Privat-   |  Scavi  per  Tapertura  della  via  Graziosa  nel 
häusem  in  der  Via  Graziosa  vgl.  Lanoiani,  |   1884,  Bull.  com.  1896  p.  159  £ 


834  ^*  Topographie  von  Rom. 

sein,  auf  dem  die  Kirche  S.  demente  errichtet  ist.  Ebendaselbst  ist  auch 
ein  Mithräum  gefunden  worden,  vgl.  CIL  VI  748  und  de  Rossi,  Bull. 
crist.  1870,  p.  825  flf.  Andrerseits  sind  durch  Inschriftenfunde  Namen  von 
Männern  bekannt  geworden,  die  ihre  Häuser  auf  dem  Esquilin  hatten.  Auf 
Lancianis  Forma  Urb.  Taf.  23,  24  und  30  ist  eine  grössere  Anzahl  von 
ihnen  eingetragen.  Sicher  zu  bestimmen  sind  die  Domus  T.  Flavi  Tiberiani 
innerhalb  des  Serviuswalles,  etwa  200  m  nördlich  von  der  Porta  Esquilina; 
dort  wurde  innerhalb  der  Reste  eines  antiken  Hauses  die  Wasserleitungs- 
röhre CIL  XV  7453  (Anfang  des  2.  Jahrhunderts  n.  Chr.)  gefunden ;  die 
Domus  Vettii  Agorii  Praetextati  et  Fabiae  Paulinae  in  der  Gegend  der  Horti 
Calliclani  et  Tauriani  durch  CIL  XV  7563.  Auf  der  Stelle,  wo  ehemals 
die  Aurea  domus  lag,  befand  sich  im  5.  Jahrhundert  n.  Chr.  die  Domus 
Petronii  Maximi,  vgl.  CIL  VI  1197,  1198.  Andere  Ansetzungen  sind  un- 
sicher. 

4.  Durch  Inschriftenfunde  (CIL  VI  127,  266—268)  sind  innerhalb  des 
Serviuswalles  an  der  Via  Mazzini  die  Castra  Fontanorum  nachgewiesen. 
In  der  Nähe  derselben,  auf  dem  Gebiet  des  Ospedale  di  S.  Antonio,  wo 
ehemals  die  jetzt  abgerissene  Kirche  S.  Andrea  stand,  lag  die  von  Junius 
Bassus,  dem  Konsul  des  Jahres  317  n.  Chr.,  erbaute  Basilika,  ein  grosser 
achteckiger  Saal  mit  halbrunder  Absis,  ausgezeichnet  durch  prachtvolle 
Mosaiken  und  Bilder,  deren  Beste,  zum  Teil  erhalten,  zum  Teil  bekannt 
durch  eine  Zeichnung  Sangallo's  Bull.  com.  1893  Tav.  H — V  publiziert  sind. 
Vgl.  DE  Rossi,  Bull,  crist.  1871  p.  5  flf.  und  Marucchi,  Bull.  com.  1893  p.  89  flf. 
—  Unbekannter  Lage  ist  die  in  der  Regionsbeschreibung  Reg.  HI  genannte 
Schola  quaestorum  et  caplatorum  (vgl.  Pbelleb,  Regionen  p.  126), 
desgleichen  das  Sueton  Tit.  2  genannte  Septizonium  (vgl.  p.  158). 

e.  Der  Caellus. 

122.  Der  Caelins  ist  eine  langgestreckte  Bergzunge,  die  an  ihrer  Ost- 
seite beim  Lateran,  wo  sie  vielleicht  durch  künstliche  Aufschüttung^)  mit 
dem  Plateau  des  Esquilin  zusammenhängt,  ziemlich  schmal  ist,  nach  Westen 
zu  aber,  sich  immer  mehr  verbreiternd,  in  zwei  Kuppen  gliedert,  von  denen 
die  eine,  gegenüber  dem  Oppius,  jetzt  die  Kirche  SS.  Quattro  Coronati, 
die  andere,  gegenüber  dem  Palatin,  die  Kirche  SS.  Giovanni  e  Paolo  und 
den  auf  antiken  Fundamenten  ruhenden  Garten  der  Passionisten  trägt. 
Erstere,  in  ältester  Zeit  Ceroliensis  oder  vielleicht  Cerolia*)  genannt 
(vgl.  p.  39),  führte  später  den  Namen  Caeliolus  (Varro  LL  V  46).  Dass 
diese  Gliederung  auch  dem  gewöhnlichen  Sprachgebrauche  nicht  fremd 
war,  geht  aus  Cic.  de  har.  resp.  15,  32  hervor,  der  den  Caeliolus  (in 
Caeliculo)  nennt,  und  Mart.  XII 18,  6,  der  von  dem  maior  Cadius  et  minor 
spricht.  —  Als  älteren  Namen  des  Hügels  nennt  Tacitus  Ann.  IV  65  Quer- 
quetulanus,  quod  talis  süvae  frequens  fecundusque  erat.  Er  bringt  an  der- 
selben Stelle  auch  die  Ableitung  von  dem  Etrusker  Caeles  Vibenna,  der  sich 
hier  niedergelassen  haben  sollte.  Der  gewöhnliche  Name  des  Hügels  scheint 
Caelimons  (so  auf  dem  Relief  Bull.  com.  1887  Taf.  XIX:  Genio  Cadimontis 

>)  Vgl.  Beachreibung  der  Stadt  Rom  III  1.  p.  478. 

')  W188OWA,  Septimontiam  und  Sabnra,  ans  der  Satara  Yiadrina,  p.  18. 


7.  Der  Osten  Borns,    o.  Der  CaeUiis. 


122—123.) 


335 


vgl.  p.  337)  oder  Caelemontium  (so  auch  in  der  Regionsbeschreibung)  ge- 
wesen zu  sein.  Auch  eine  Strasse  hiess  so,  ferner  gab  es  die  Porta  Caele- 
montana  und  den  Campus  Caelemontanus.^)  Tacitus  Ann.  IV  64  berichtet 
ferner,  dass  der  Senat  beschlossen  habe,  ihn  zu  Ehren  des  Tiberius 
„Augustus"  zu  nennen,  qnando  cunctig  circum  flagrantibus  sola  Tiberii 
effigies  süa  in  domo  Junii  senatoris  inviolata  mansisset 

Der  Caelius  war  im  Süden  und  Osten  von  der  Servianischen  Mauer 
umschlossen,  aber  auch  an  den  übrigen  Seiten  befestigt,  und  bildete  gleich  den 
anderen  Hügeln  Roms  einstmals  eine  Burg  für  sich.  Auf  der  dem  Palatin 
gegenüberliegenden  Seite  hat  sich  unter  S.  Qregorio  noch  ein  Stück  dieser 
alten  Befestigung  erhalten,  das  in  der  Bauart  ganz  der  alten,  sogenannten 
Servianischen  Quadermauer  entspricht  (Ann.  d.  Inst.  1871  p.  47).  Nach  der 
Seite  der  Via  Appia  zu  ist  der  Hügel  gänzlich  von  Mauern  aus  kaiser- 
licher Zeit  substruiert,  die  offenbar  an  die  Stelle  der  alten  Befestigung 
getreten  sind.  Ebenso  ist  auf  dem  Palatin  die  alte  Quadermauer  von 
Substruktionsmauem  überbaut  worden  (p.  31). 

123.  Strassen:  Von  drei  Seiten  her  führten  Aufgänge  auf  den 
Caelius:  1.  Von  Westen  der  Ciivus  Scauri,  im  Altertum  nicht,  öfters  aber 
im  Mittelalter  genannt.  Er  entspricht  wahrscheinlich  der  noch  jetzt 
zwischen  den  Kirchen  SS.  Giovanni  e  Paolo  und  S.  Gregorio  von  der 
Westseite  emporführenden  Strasse.  Seinen  Namen  verdankt  er  einem 
Scaurus,  der  ihn  pflastern  Hess,  das  antike  Pflaster  ist  noch  vorhanden.  Er 
zweigte  sich  von  der  zwischen  Caelius  und  Palatin  zur  Porta  Capena  führenden 
Strasse,  der  heutigen  Via  S.  Gregorio  ab.  Das  antike  Kloakensystem  in 
letzterer  ist  gut  erhalten  wiedergefunden  worden.  Es  liegen  hier  nicht  weniger 
als  drei  Pflasterungen  übereinander:  die  älteste  liegt  13,43  m  über  dem 
Tiber,  darunter  die  Kloake  (10,  49  m  über  dem  Tiber);  dann  das  Pflaster, 
auf  dem  der  Konstantinsbogen  steht,  18,63  m,  endlich  das  heutige,  21,52  m 
über  dem  Tiber.  Die  Aufhöhung  seit  der  Zeit  der  Republik  beträgt  7,09  m, 
steht  also  der  Aufhöhung  im  Forumsthale  (etwa  10  m,  p.  30)  nur  wenig 
nach  (vgl.  p.  173  Abb.  18).  —  2.  Mit  Sicherheit  kann  die  von  Norden  her  auf 
den  Berg  führende  Strasse  nachgewiesen  werden,  sie  stieg  in  dem  Einschnitt 
zwischen  Caelius  und  Caeliolus  empor  und  hiess  Vicus  Capitis  Africae; 
dieser  ging  bis  zur  Höhe  des  Berges  bei  der  Kirche  S.  Stefano  rotondo,  die  im 
Mittelalter  „in  capite  Äfricae''  hiess,  und  ist  identisch  mit  der  alten  Via  della 
Navicella.  Auch  hier  ist  das  Pflaster  bei  den  letzten  Ausgrabungen  in  grosser 
Ausdehnung  zu  Tage  gekommen,  zu  seiten  der  Strasse  auch  Reste  der  Servius- 
mauer.  Seinen  Namen  hatte  er  offenbar  von  einem  Bildwerke,  das  in  der 
Strasse  stand,  wie  Caput  Qorgonis  in  der  XIV.  Region  (vgl.  p.  272).  In  der 
Strasse  lag  ein  Pädagogium  für  kaiserliche  Freigelassene,  die  zum  Dienste  des 
kaiserlichen  Hauses  bestimmt  waren,  und  das  zur  Unterscheidung  anderer 
gleicher  Institute  (vgl.  das  Pädagogium  auf  dem  Palatin  p.  159)  a  capite 
Africae  genannt  wurde;  so  CIL  VI  8982 — 8987  paedagogi  puerorum  a  capite 
AfricaeJ)    Eine  zweite  Strasse  auf  dieser  Seite  des  Hügels,  Tabernola, 

')  Vgl.  Jobdan,  Top.  U  p.  259  f.     Ver-      gleichbedeutendinitC7at*iiww,  halten  möchte, 
fehlt  ist  Eltebs  Annahme  (De  forma  ürbis  ')  Anders  Gatti,  Caput  Africae,  Ann.  d. 

I  18),   der   Caelemontium  fOr  einen  Palast      Ist.  1882  p.  191  ff.;  vgl.  p.  159  Anm.  3. 


336  S*  Topographie  Ton  Rom. 

nimmt  Lanciani,  Form.  Urb.  30  nach  Varro  LL  V  47  an,  wo  es  von  der 
vierten  Argeerkapelle  der  I.  Region  heisst:  circa  Minervium,  qua  in 
Caelio  monte  itur,  in  tabernola  est  Diese  Strasse  müsste  sich  vom  Gaelias 
herunter  in  das  Thal  und  hinüber  auf  den  Oppius  gezogen  haben,  denn  auch 
von  der  dritten  Argeerkapelle  der  U.  Region  heisst  es  Varro  LL  Y  50:  eis  lucum 
Esquilinum  dexterior  via,  in  tabernola  est.  —  3.  Einen  Aufgang  von  Süden  her 
setzt  das  hier  befindliche  Stadtthor  der  Servianischen  Mauer,  die  Porta 
Querquetulana,  voraus.  Diese  drei  Strassen  vereinigten  sich  etwas  öst- 
lich von  dem  Bogen  des  Dolabella  und  Silanus  (p.  318);  von  dort  lief  nach 
Osten  eine  Hauptstrasse  über  den  Rücken  des  Hügels,  die  sich  in  der 
Nähe  des  Arco  di  Basile  (p.  321)  mit  der  Via  Merulana  (p.  307)  und 
der  im  Thale  zwischen  Gaelius  und  Oppius  emporsteigenden  Strasse  vereinigte. 
—  4.  Die  direkte  Verbindung  nach  Süden  zu  mit  der  Via  Appia  wurde  durch 
eine  ziemlich  gerade  Strasse  hergestellt,  die  von  dieser  sich  beim  Arcus  Drusi 
(p.  319)  abzweigte  und  quer  über  den  Gaelius  bis  zum  Lateran  ging. 
Welche  von  den  Strassen  den  Namen  Caelemontium  geführt  hat,  ist 
nicht  festzustellen.  Der  Name  kommt  als  Strassenbezeichnung  zweimal 
vor,  einmal  auf  dem  Halsband  eines  flüchtigen  Sklaven  (de  Rossi,  Bull,  crist. 
1874  p.  41):  revoca  me  in  Celimontio  ad  domum  Elpidii,  dann  in  der  In- 
schrift des  Tarracius  Bassus  Bull.  com.  1891  p.  342  ff.  als  Bezeichnung  der 
Bewohner,  Caelernontienses.  Dieselbe  Inschrift  nennt,  offenbar  auch  als  Be- 
wohner einer  Strasse,  die  Decennenses,  ein  Name,  der  unzweifelhaft  von  dem 
ausserdem  nur  durch  mittelalterliche  Quellen  bekannten  Decennium  oder 
Decenniae  sich  herleitet,  womit  das  im  Mittelalter  sumpfige  Thal  der  Marrana 
im  Süden  des  Caelius  bei  der  Aurelianischen  Mauer  bezeichnet  wird  (Bull, 
com.  1891  p.  355).  Möglicherweise  hat  an  dieser  Seite  des  Gaelius  auch  der 
auf  einer  aus  dem  Jahre  160  n.  Chr.  stammenden  Inschrift  (GIL  VI  162) 
genannte  Föns  Lollianus  gelegen.  Der  östliche  Teil  des  Caelius,  ausser- 
halb der  Servianischen  Mauer,  ist  wenigstens  bis  zur  Zeit  des  Augustus 
noch  freies  Feld  gewesen.  Es  war  dies  der  CIL  VI  9475  genannte  Campus 
Caelemontanus,  der  nach  Festus  ep.  p.  131  auch  Campus  Martialis 
hiess,  weil  damals  hier  die  Equiria  gefeiert  wurden,  wenn  der  Campus  Martins 
überschwemmt  war  (vgl.  p.  223).  Strassennamen  sind  die  in  der  Regions- 
beschreibung aufgezählten  Antrum  Cyclopis  (p.  342)  und  Arbor  sancta. 
124.  Tempel.  Sehr  gering  ist  die  Anzahl  der  auf  dem  Caelius  be- 
findlichen Heiligtümer:  1.  Das  uralte  Heiligtum  der  Minerva  Capta,  der  Ge- 
fangenen, da  die  Bildsäule  aus  Falerii  nach  Rom  gebracht  war  (Ovid  Fast. 
III 835  ff.,  Pbeller,  Myth.  P  p.  292  Anm.  2).  Es  lag  am  Abhänge  des  Berges, 
nach  Ovid  a.  a.  0. :  Caelius  ex  dito  qua  tnons  descendü  in  aequum,  hie  ubi  non  plana 
est,  sed  prope  plana  via  est.  Gemeint  ist  der  nördliche  Abhang  gegenüber  dem 
Oppius  und  dem  dort  liegenden  Isisheiligtum.  Auf  dem  Haterierrelief 
(p.  172  Abb.  17)  ist  in  den  Arcus  ad  Isis  die  Statue  der  Minerva  gesetzt. 
In  der  Argeerurkunde  (Varro  LL  V  47)  heisst  das  Heiligtum  Miner  vi  um. 
—  2.  Nicht  minder  alt  war  das  Heiligtum  der  Dea  Garna.  Die  Bedeutung 
der  Gottheit  und  Gründungszeit  des  Tempels  überliefert  Macrob.  Sat  I 
12,  31:  putaveru7it  Junium  mensem  a  Junio  Bruto,  qui  primm  Somae  consul 
factus  est,  nominatum,    quod  hoc  mense  id   est  Kalendis  Juniis  pulse  Tar- 


7.  Der  Osten  Borns,    o.  Der  CaeUns.    (§§  124—125.) 


337 


quinio  sacrum  Camae  deae  in  Caelio  monte  voti  reus  fecerit.  Hanc  deam 
vitalibus  humanis  praeesse  credunt  (Ovid  Fast.  VI  101).  —  3.  Auf  dem 
Gaeliolus  stand  ein  ,inaximum  et  sanctissimum  Dianae  saceUum',  welches 
nach  Cicero  de  har.  resp.  15,  22  durch  L.  Calpurnius  Piso,  den  Konsul  des 
Jahres  58  v.  Chr.,  aufgehoben  wurde.  —  4.  Eine  auf  dem  Caelius  in 
der  Nähe  des  Lateran,  aber  nicht  an  der  ursprünglichen  Stelle  ge- 
fundene, sondern  als  Baustein  benutzte  Tafel  aus  dem  Jahre  145 
V.  Chr.  (CIL  VI  331)  enthält  eine  Inschrift,  nach  der  L.  Mümmius  nach  seiner 
Rückkehr  aus  Achaia  einen  im  Kriege  gelobten  Tempel  nebst  Bildsäule 
des  Hercules  Victor  errichtet  habe.  Ob  derselbe  aber  auf  dem  Caelius 
gestanden  hat,  ist  ganz  ungewiss.  —  5.  Auf  einem  in  der  Nähe  der  Diokletians- 
thermen gefundenen  Relief  sind  dargestellt  und  durch  Unterschriften  be- 
zeichnet Hercules  Julianus,  Jupiter  Caelius  und  Genius  Caeli- 
montis.  Über  die  Heiligtümer  (oder  simulacra?)  der  beiden  Götter,  die 
jedenfalls  auf  dem  Caelius  zu  suchen  sind,  ist  nichts  bekannt  (Bull.  com.  1887 
p.  314  ff.).  —  6.  Der  bedeutendste  Bau  auf  dem  Caelius  war  das  Templum 
Divi  Claudi,  im  Curiosum  Claudium  genannt.^)  Agrippina  begann 
den  Bau  eines  Tempels  des  göttlichen  Claudius  auf  dem  dem  Colos- 
seum  gegenüberliegenden  Vorsprung,  der  jetzt  den  Garten  der  Passionisten 
trägt.  Er  lag  innerhalb  einer  ungeheuren  Porticus  (wie  der  Tempel  des 
Apollo  Palatinus  u.  a.);  vgl.  Mart.  Spect.  2,9  und  Jordan,  Forma  Urb.  p.  33. 
Nero  zerstörte  ihn  prope  funditus  (Suet.  Vesp.  9),  weil  er  an  dessen  Stelle  als 
Endpunkt  seiner  Wasserleitung  (vgl.  p.  320  f.)  eine  grossartige  Wasserkunst 
schaffen  wollte  (Front.  20,  76).  Vespasian  stellte  den  Tempel  wieder 
her,  Hess  aber  das  Nymphäum  bestehen,  dessen  Reste,  eine  aus  vielen 
Nischen  gebildete  Front,  noch  jetzt  existieren.*)  Von  dem  Tempel  selbst 
ist  nichts  erhalten;  möglicherweise  ist  aber  ein  Teil  der  Anlage  auf  dem 
Stadtplanfragment  Form.  Urb.  X  45  mit  der  Inschrift  Äquaeductium  er- 
halten. —  7.  Das  in  der  Vita  Tyr.  trig.  25  genannte  Iseum  Metellinum 
auf  dem  Caelius  ist  sonst  nicht  bekannt.^) 

125«  Auf  dem  Caelius  befanden  sich  zwei  Kasernen:  1.  Die  Castra 
peregrina  (Amm.  Marc.  XVI  12,  66),  in  denen  die  Peregrini,  d.  h.  eine 
aus  nichtitalischen  Soldaten  bestehende,  möglicherweise  durch  Septimius 
Severus  als  Oegengewicht  gegen  die  Prätorianer  eingerichtete  Truppe 
(Pbelleb,  Reg.  p.  99),  kaserniert  waren.  Innerhalb  des  Lagers  befand 
sich  ein  Tempel  (oder  auch  eine  Kapelle,  vgl.  Hermes  1879  p.  570)  des 
Jupiter  Redux,  der  von  den  Soldaten  „pro  salute  et  reditu"  des  Ale- 
xander Severus  und  der  Mammaea  errichtet  worden  war:  Die  auf  diesen 
und  das  Lager  bezüglichen  Inschriften  (CIL  VI  231,  354,  428)  haben  sich 
vor  der  Kirche  Sta.  Maria  in  Domnica  gefunden.  Innerhalb  des  Lagers 
sind  mehrere  marmorne  Schiffe  gefunden  worden,  vermutlich  Weihgeschenke. 


n  Wahrscheinlich  Acc.  yon  Claadius, 
wie  Cererem  in  der  XL,  gentetn  Flaviam  in 
der  VJ.  Region  u.  s.  w. 

«)  Ob  CIL  VI  1728  a  und  b  (vgl.  Bull, 
com.  1887  p.  883  S.),  die  von  der  Wieder- 
herstellung eines  Nymphäums  durch  den 
Stadtpräfekten  Flavius  Philippus  reden,  hier- 


her zu  ziehen  sind,  ist  zweifelhaft,  üeber 
die  Konstruktion  der  Anlage  vgl.  Beschreibung 
der  Stadt  Rom  III  1  p.  474.  Not.  d.  scavi 
1880  p.  463,  Lanoiani,  Aoqae  p.  159. 

«)  Vgl.  CIL  VI  354,  Mirab.  26  (Jobdan  II 
p.  516). 


HAndbuoh  der  Uim.  AltertnuunrlHenaohaft.  in,  8,  B.    2.  Anfl. 


338 


B.  Topographie  von  Born. 


Eins  davon  stand  bis  zur  Zeit  Leo's  X.  vor  der  Kirche  und  hat  dem  Platze 
della  Navicella  den  Namen  gegeben.  Das  jetzt  dort  aufgestellte  Schiff  ist 
die  Kopie  des  zertrümmerten  Originals.  —  2.  Südlich  davon,  auf  dem 
Gebiet  der  jetzigen  Villa  Mattei,  befand  sich  die  Statio  cohortis  V.  vigilum. 
Die  darauf  bezüglichen  Inschriften  (CIL  VI  221,  222,  1057,  1058)  sind  an 
Ort  und  Stelle  gefunden  worden. 

126.  Nach  der  Regionsbeschreibung  befand  sich  in  der  IL  Region 
auch  das  Macellum  magnum,  dessen  Erbauung  Dio  Cass.  LXI  18  unter 
dem  Jahre  59  n.  Chr.  erzählt  (vgl.  Cohen  Nero  126—130).  Es  wird  er- 
wähnt CIL  VI  1648,  9183.  Neuerdings  hat  Lanciani  zu  hoher  Wahr- 
scheinlichkeit gebracht,  dass  die  Rundkirche  S.  Stefano  rotondo  auf  der 
Stelle  eines  antiken,  zu  profanem  Gebrauch  bestimmten  Gebäudes  steht, 
das  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  der  Tholus  Macelli  war  (Itin.  Eins, 
p.  71  flf.). 

127.  Privathänser.  Der  Caelius  ist  dicht  bewohnt  gewesen,  wie  unter 
anderm  die  an  seiner  Nordseite  vorgenommenen  Ausgrabungen  be- 
wiesen haben,  bei  denen  monumentale  Bauten  gar  nicht,  dagegen  Mengen 
von  Resten  von  Privathäusern  zu  Tage  gekommen  sind;  namentlich  sind 
die  Ausgrabungen  in  der  Villa  Casali  (Ospedale  militare)  bedeutend  gewesen 
(Not.  d.  scavi  1885  p.  66).  Übrigens  ist  das  antike  Strassennetz,  wie 
schon  die  oben  gegebene  Beschreibung  der  Hauptstrassen  zeigt,  auf  dem 
Caelius  leichter  zu  erkennen  als  anderswo,  die  modernen  Strassen  auf  dem 
unbebauten  Teil  des  Berges  entsprechen  durchaus  den  antiken  (vgl.  p.  821). 
In  der  Kaiserzeit  war  der  Caelius  ein  beliebter  Wohnort  vornehmer  Männer 
(Martial.  XII  18,  4),  was  durch  die  Nähe  des  Palatins  hinreichend  erklärt 
wird,  sowie  durch  den  Umstand,  dass  dieser  zur  Zeit  der  Republik  von 
der  Nobilität  bevorzugte  Hügel  (vgl.  p.  142  f.)  mehr  und  mehr  von  kaiser- 
lichen Bauten  eingenommen  wurde.  >)  Schon  oben  p.  335  war  die  Domus 
Junii  senatoris  aus  der  Zeit  des  Tiberius  erwähnt;  berühmt  waren  namentlich: 
1.  Das  wegen  seiner  Pracht  von  Plinius  N.  H.  XXXVI  48  erwähnte  Haus 
des  Mamurra,  des  durch  CatuU  gegeisselten  Anhängers  Caesars:  in  seinem 
Hause  soll  zuerst  die  Marmorinkrustation  der  Wandflächen  angewendet 
worden  sein.  —  2.  Die  Aedes  Vectilianae  (in  der  Notitia  d,  Victüiana 
genannt),  ein  Palast,  in  dem  Commodus  die  letzten  Tage  seines  Lebens 
zugebracht  hat  und  in  welchem  er  ermordet  wurde  (Vita  Commodi  16; 
Pertin.  5).  —  3.  Die  Domus  Lateranorum  (Juv.  10,  17  egregiae  Laterano- 
rum  aedes),  die  unter  Nero  kaiserliches  Besitztum  wurde  (Tac.  Ann.  XV 
49,  60),  unter  Sisptimius  Severus  noch  einmal  vorübergehend  in  den  Besitz 
eines  Lateranus  kam  (Aurel.  Vict.  Epit.  20;  vgl.  Lanciani,  Itin.  Eins.  p.  70 
und  102)  und  dann  unter  Konstantin  Residenz  und  im  Mittelalter  Haupt- 
sitz der  Päpste  wurde.  Die  Reste  des  alten  Palastes  sind  unter  der 
heutigen  Kirche  S.  Giovanni  in  Laterano  gefunden  worden,  und  zwar 
7,50  m   tief  unter  deren  Niveau;  dort  liegen  Backsteinmauem  mit  Ziegel- 


^)  DasB  auch  Bchon  zur  Zeit  der  Republik 
auf  dem  Cälius  bedeutende  Privathäuser 
standen,  zeigt  Yal.  MazimusYIII  2, 1,  wonach 
Claudius    Centumalus  daselbst    ein    so 


hohes  Haus  baute,  dass  die  Augnm  die  Ab- 
tragung des  oberen  Teiles  verlangten,  weil  er 
sie  in  ihrer  Himmelsbeobachtong  störte  (Cic 
de  off.  III 16,  66). 


7.  Der  Osten  Borns,    o.  Der  Oaelins. 


126—127.) 


339 


stempeln  des  Jahres  123  n.  Chr.,  und  13  m  tief  Retikulatmauern.  Auch 
Wasserröhren  mit  der  Aufschrift  Sexti  Laterani  und  Sextiorum  TarqucUi 
et  Laterani  aus  dem  2.  Jahrhundert  sind  hier  gefunden.')  Hier  stand 
bis  zum  Jahre  1538  die  Statue  Marc  Aureis  nahe  dem  dort  jetzt  er- 
richteten Obelisken.  Marc  Aurel  ist  auf  dem  Gaelius  (Vita  Marci  1)  ge- 
boren und  daselbst  auch  im  Hause  seines  Grossvaters  Annius  Veras  er- 
zogen. Seit  der  2.  Hälfte  des  10.  Jahrhunderts  mindestens  hielt  man 
diese  Statue  für  die  des  ersten  christlichen  Kaisers  Konstantin.  —  4.  Neben 
dem  Haus  der  Laterani  stand  das  Haus  der  Pisones,  nach  Gic.  in  Pis.  61: 
ad  po7iam  Caelemontanam,  vgl.  CIL  XV  7513;  die  Freundschaft  der  beiden 
Familien  wird  Tac.  Ann.  XV  49  angedeutet.  —  5.  Domitian  scheint  sich 
hier  ein  kleines  Lustschloss  erbaut  zu  haben,  die  Mica  aurea;  Cassiodor 
und  Hieronymus  erwähnen  es  unter  seinen  Bauten,  auch  die  Regions- 
beschreibung nennt  es.  —  6.  Das  Haus  des  berühmten  Redners  Qu. 
Aurelius  Symmachus  scheint  in  der  ehemaligen  Villa  Casali,  wo  jetzt 
das  Militärhospital  steht,  gestanden  zu  haben.  Dort  ist  gefunden  CIL  VI 
1699  (vgl.  Symm.  Ep.  IH  12,  88,  VH  18,  19).  —  7.  Bekannt  ist  femer 
teils  durch  Inschriften,  teils  durch  Funde  von  Wasserröhren  die 
Domus  C.  Stertinii  Xenophontis,  der  bei  Plinius  N.  H.  XXIX  7  als  Arzt  des 
Claudius  genannt  wird.  Vgl.  CIL  VI  8905,  Bull.  com.  1886  p.  104  und 
CIL  XV  7544.  —  8.  Im  3.  und  4.  Jahrhundert  hatten  die  Valerier  unweit 
des  Macellum  magnum  (S.  Stefano  rotondo,  vgl.  p.  338)  ein  Haus,  das  bei 
Beginn  des  5.  Jahrhunderts  durch  Alarichs  Truppen  ein  Raub  der  Flammen 
wurde.*)  Ein  sehr  seltener  Fund  an  Inschriften  auf  Bronzetafeln  (CIL  VI 
1684—1694)  wurde  hier  bei  den  Ausgrabungen  in  den  Jahren  1554  und 
1561  gemacht.  Die  Inschriften  hafteten  noch  an  den  Säulen  des  Atriums 
(Bull.  com.  1890  p.  288  flf.).*)  —  9.  Nur  aus  Funden  von  Wasserröhren  sind 
bekannt  die  Domus  Elpidii  (de  Rossi,  Bull,  crist.  1874  p.  41),  M.  Opelli 
Macrini  und  Diadumeniani  (CIL  XV  7505),  und  L.  Vagelli  (CIL  XV  7555); 
aus  einzelnen  Erwähnungen  die  inter  duos  lucos  contra  Isium  MeteUinum  ge- 
legene Domus  Tetricoram  (Vita  Tyr.  trig.  25,  p.  337),  des  Philippus,  ver- 
mutlich des  Kaisers  (aus  der  Regionsbeschreibung),  des  Virius  Nicomachus 
Flavianus  (CIL  VI  1782)  u.  a.  —  10.  Die  interessanteste  Entdeckung  in 
dieser  Hinsicht  war,  dass  unter  S.  Giovanni  e  Paolo  am  Clivus  Scauri 
ein  antikes  Haus  aufgefunden  wurde,  das  jetzt  völlig  ausgegraben  ist. 
Das  Haus  war  dreistöckig,  der  unterste  Stock  war  6  m,  die  oberen  je 
4  m  hoch.  Ein  Teil  der  Fassade  ist  noch  erhalten.  Plan  bei  Lanciani, 
ausführliche  Beschreibung  bei  S.  Germano  di  S.  Stanislao,  La  casa  celi- 
montana  dei  SS.  Martiri  Giovanni  e  Paolo.   Roma  1894.*)  —  11.  In  der  Villa 


0  Steybnbon,  Scoperte  di  antichi  edifizi 
al  Laterano,  Ann.  d.  Inst.  1877,  p.  332  ff.  Tav. 
d'  agg.  R.  S.  T.  —  RoHAUT  db  Flbuby,  Le 
Lateran  an  moyen-&ge  1877.  Vgl.  Bcjbbiav, 
Jahresbericht  XV  1878  p.  411.  CIL  XV  7586. 

*)  Interessant  ist  die  Notiz  Aber  dies 
sehr  kostbar  ausgestattete  Hans  in  den  Ana- 
lecta  Bolland.  VIII  p.  16  ff.:  domum, 
quam  (Valerii)  in  urbe  Borna  habebant, 
venumdare  volentes,   ad    tarn  magnum   et 


mirabüe  opus  accedere  nemo  ausua  fuit.,.. 
Nach  der  Einnahme  Roms  durch  Alarich 
domus  ab  hostium  parte  dissipata  pro  nihüo 
venumdata  est  quasi  incensa, 

*)  G.  B.  DB  Rossi,  Studi  e  documenti  di 
storia  e  diritto  1886,  p.  235,  Bull,  di  Archeol. 
crist.  1868  p.  35,  1886  p.  25. 

*)  Eine  Insula  Cuminiana  auf  dem 
Gaelius  erwähnen  die  Acta  S.  Pancrazii;  vgl. 
Bull.  com.  1895  p.  180  Anm.  1. 


340  B.  Topographie  von  Rom« 

Casali,  unweit  der  Domus  Stertinii  Xenophontis  hat  man  im  Jahre  1889 
den  Rest  eines  Gebäudes  entdeckt,  in  dessen  Fussboden  ein  merkwürdiges 
Mosaikbild  eingelassen  war  mit  der  Inschrift  intrantibus  hie  deos  propäios 
et  basilicae  Hüarianae,  Es  war  also  der  Vorraum  der  Basilica  Hilariana. 
Eine  zweite,  noch  an  ursprünglicher  Stelle  befindliche  Inschrift  auf  einer 
Marmorbasis  enthält  eine  Widmung  an  M'.  Poblicius  Hilarus,  einen  marga^ 
ritarius,  von  dem  Kollegium  der  dendrophori  Matris  Deum  Magnae,  deren 
quinquennalis  perpetuus  er  war;  sie  setzten  ihm,  quod  cumulata  omni  erga 
se  betiignüate  meruisset,  eine  Statue,  die  Inschrift  stammt  aus  dem 
2.  Jahrhundert  n.  Chr.  Derselbe  Hilarus  in  gleicher  Beziehung  zu  den 
Dendrophoren  wird  auch  CIL  VI  641  genannt.  Vgl.  Bull.  com.  1890  p.  18  ff. 

d.  Die  Vorstadt  der  Via  Appia. 

128«  Strassen.  1.  Ausserhalb  der  Porta  Capena  hatte  sich  zu 
beiden  Seiten  der  Via  Appia  schon  zur  Zeit  des  Augustus  eine  so  be- 
deutende Vorstadt  entwickelt,  dass  sie  in  der  Begionseinteilung  den 
Hauptbestandteil  von  zwei  Regionen  bildete,  der  ersten  (Porta  Capena) 
und  der  zwölften  (Piscina  publica);  erstere  erstreckte  sich  innerhalb  der 
Servianischen  Mauer  bis  zum  Colosseumsthal,  letztere  umfasste  auch  noch 
die  östliche  Hälfte  des  Aventins.  Die  Grenze  zwischen  beiden  Regionen 
bildete  die  Via  Appia,  wie  die  Via  lata  die  zwischen  der  siebenten  und 
neunten  Region.  Für  die  Ausdehnung  der  ersten  Region  kommt  in 
Betracht,  dass  der  auf  der  kapitolinischen  Basis  Reg.  I  verzeichnete 
Vicus  trium  ararum  innerhalb  der  Porta  Capena,  in  dem  Thal 
zwischen  Palatin  und  Caelius  gelegen  zu  haben  scheint.  Auf  der  Piazza 
S.  Gregorio,  vermutlich  am  ursprünglichen  Standort,  ist  eine  Basis  ge- 
funden worden  mit  der  Inschrift  (CIL  VI  453):  Laribus  Äug.  aed.  Reg.  I 
vico  trium  ararum.  Sicherer  noch  ist  die  Ansetzung  des  ebenfalls  auf 
der  kapitolinischen  Basis  Reg.  I  verzeichneten  Vicus  Fabricii. 
Das  mit  ihm  zusammenhängende  Compitum  Fabricii  wird  bei 
Festus  p.  174  erwähnt.  Es  heisst  dort:  novae  curiae  proximae  com- 
pitum Fabricium  aedificatae  sunt,  quod  parum  amplae  erant  veteres  a 
Romulo  factae,  ubi  is  populum  et  sacra  in  partis  triginta  distribuerd, 
ut  in  is  ea  sacra  curarent,  quae  cum  ex  veieribus  in  nov<zs  evocarefitur, 
Septem  curiarum  per  religiones  evocari  non  potuerunt.  Die  Curiae  veteres 
und  der  Vicus  curiarum  haben  an  der  Nordostecke  des  Palatins  in 
der  X.  Region  gelegen  (p.  33).  Das  neue  Gebäude  beim  Compitum 
Fabricii  der  I.  Region  dürfte  nicht  weit  davon  gelegen  haben,  jeden- 
falls nicht  ausserhalb  der  Porta  Capena.  Sind  demnach  diese  beiden  Vici 
der  ersten  Region  mit  Sicherheit  innerhalb  der  P.  Capena  nachzuweisen, 
so  wird  sich  die  erste  Region  im  Thale  zwischen  Palatin  und  Caelius  bis 
zur  Meta  sudans  erstreckt  haben,  wo  sie  mit  der  zweiten,  dritten,  achten 
und  zehnten  Region  zusammentraf.  Die  Grenzen  der  Region  auf  dieser 
Strecke  bildete  im  Westen  die  Strasse,  die  vom  Eonstantinsbogen  zur 
Porta  Capena  führte,  im  Osten  der  Abhang  des  Caelius. 

2.  Die  Via  Appia  lief  im  Altertum  etwas  nördlicher  als  die  heutige 
Strasse.    Die  Porta  Capena,  aus  der  sie  hinausführte,  lag  nicht  in  der 


7.  Der  Osten  Roms.    d.  Die  Vorstadt  der  Via  Appia.    (§  128.)  341 

Ebene,  sondern  am  Abhänge  des  Caelius.  Ihre  Lage  ist  durch  die  von 
dem  Engländer  Parker  im  Jahre  1867  nachgewiesene  Mauerlinie  ge- 
sichert; die  Zweifel,  welche  man  über  die  Richtigkeit  des  Nachweises 
hegte,  weil  der  erste  Meilenstein  der  Via  Appia  vor  der  Porta  S.  Seba- 
stiane in  der  Yigna  Nari  etwa  100  m  zu  südlich  aufgefunden  ist,  sind 
gehoben  durch  den  von  Dessau  (Bull.  d.  Inst.  1882,  p.  121  ff.  vgl.  p.  45, 
Anm.  1)  geführten  Nachweis,  dass  sich  dieser  Meilenstein  weder  an  seiner 
Stelle  befand,  noch  nachweislich  ein  Meilenstein  der  Appischen  Strasse  war. 
Die  Annahme,  dass  von  der  Porta  Capena  an  die  Via  Appia  die 
Grenze  zwischen  der  ersteti  und  zwölften  Region  bildete,  begegnet  einer 
kleinen  Schwierigkeit.  Die  kapitolinische  Basis  nennt  in  der  ersten 
Region  den  Vicus  Sulpicius.  Von  den  Thermen  des  Caracalla  aber,  die 
in  der  zwölften  Region  liegen,  und  deren  Lage  südlich  von  der  Via 
Appia,  etwa  100  m  von  dieser  entfernt,  bekannt  ist,  heisst  es  Vita  Elag. 
17:  lavacrum  in  vico  Sulpicio,  quod  Äntoninus  Severi  filius  coeperat.  Das 
scheint  doch  nichts  anderes  heissen  zu  können,  als  dass  die  Thermen  mit 
der  Eingangsseite  im  Vicus  Sulpicius  gelegen  haben.  Die  Bezeichnung 
ist  um  so  auffallender,  als  Caracalla  gerade  dort  eine  neue  Strasse  ange- 
legt hat.  Es  heisst  Vita  9:  idem  Viam  novam  munivit,  quae  est  sub  eins 
thermis,  Antoninianis  scilicet,  qua  pulchrius  inter  Romanas  plateas  non  facile 
quicquam  invenias,  und  Aur.  Vict.  Gaes.  21  über  dieselbe  Sache:  aucta  urbs 
magno  accessu  Viae  novae.  Diese  Strasse  muss  an  der  Hauptfront  der 
Thermen  entlang  gegangen  sein,  also  gerade  da,  wo  man  den  Vicus  Sul- 
picius, der  doch  auch  augenscheinlich  durch  die  neue  Strasse  nicht  ver- 
drängt wurde,  ansetzen  möchte.  Es  ist  demnach  anzunehmen,  dass  die 
Thermen  nicht  mit  ihrer  Front  im  Vicus  Sulpicius  gelegen  haben, 
sondern  dass  dieser  auf  den  Eingang  der  Thermen  zuführte,  und  das 
scheint  sich  aus  der  Überlieferung  auch  zu  ergeben.  Die  kapitolinische 
Basis  führt  einen  Vicus  Sulpicius  citerior  und  ulterior  an,  Bezeichnungen, 
die  sich  nur  auf  die  grössere  und  geringere  Entfernung  von  der  Stadt 
beziehen  können.  Danach  waren  beide  Vici  Querstrassen  der  Via  Appia 
und  liefen  von  der  I.  in  die  XII.  Region  hinüber.  Einer  dieser  Vici 
führte  auf  den  Eingang  der  Caracallathermen  zu  und  stellte  die  Haupt- 
verbindung zwischen  diesen  und  der  Via  Appia  her,  woraus  sich  der  Aus- 
druck der  Vita  Elag.,  die  Thermen  hätten  in  vico  Sulpicio  gelegen,  hin- 
reichend erklärt.  Dass  dies  wahrscheinlich  der  Vicus  Sulpicius  citerior 
war,  ergiebt  sich  aus  folgender  Betrachtung.  Unter  Augustus  wurde 
nach  Sueton  Claud.  1  dem  Drusus  zu  Ehren  über  der  Via  Appia  ein 
Triumphbogen  errichtet  {marmoreum  arcum  cum  tropaeis  via  Appia).  Der 
Bogen  ist  jetzt  verschwunden  und  sein  Standpunkt  nicht  bekannt,  indessen 
wird  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  angenommen,  dass  er  die  Via  Appia 
vor  Abzweigung  der  Via  Latina  überspannte,  eine  Stellung,  die  an  die  der 
Porta  Maggiore  erinnert  (p.  320)  und  zugleich  darauf  hinweist,  dass  die 
Wahl  des  Standortes  keine  beliebige  war,  sondern  dass  er,  wie  Langiani 
Acque  p.  55  hervorhebt,  an  der  Grenze  der  bebauten  Zone  errichtet 
worden  ist,  also  damals  das  Eingangsthor  Roms  von  Süden  her  war. 
Wahrscheinlich  bezeichnete  der  Bogen  auch  die  älteste,  augustische  Regions- 


342  B.  Topographie  Ton  Born. 

grenze.  Der  Bogen  stand  unfern  der  Südostecke  der  CaracaUathermen. 
So  wird  in  Bezug  auf  diese  Grenze  der  nördlich  von  ihr  auf  den  Eing^ang 
der  Thermen  zuführende  Vicus  Sulpicius  als  citerior,  ein  südlich  davon 
die  Strasse  kreuzender  als  ulterior  bezeichnet  worden  sein. 

3.  Noch  andere  Strassen  kreuzten  die  Via  Appia,  resp.  mündeten  in 
sie.  Es  werden  in  der  ersten  Region  genannt:  1.  der  Vicus  Honoris  et 
Virtutis,  zunächst  der  Porta  Capena,  so  genannt  von  den  Tempeln  des 
Honos  und  der  Virtus,  die  nicht  weit  vom  Thore  entfernt  lagen  (p.  347). 
Es  folgte  der  Vicus  Camenarum,  genannt  nach  der  vor  der  Porta 
Capena  im  Thale  der  Egeria  befindlichen  Grotte  der  Camenen,  dann  der 
Vicus  Sulpicius  citerior,  der  Vicus  Drusianus,  der  offenbar  beim 
Bogen  des  Drusus  in  die  Via  Appia  mündete,  und  der  Vicus  Sulpicius 
ulterior.  CIL  VI  2226  wird  ein  magister  vici  ab  Cyclopis  region.  pH.  faber 
argentarius  genannt,  woraus  man  auf  einen  Vicus  Cyclopis  schliessen 
kann;  in  der  II.  Region  gab  es  ein  Antrum  Cyclopis  (Not.);  es  liegt  nahe, 
einen  Zusammenhang  zwischen  beiden  Örtlichkeiten  anzunehmen  (p.  336). 

4.  Von  den  Strassen,  die  in  der  XII.  Region  teils  durch  die  kapitolinische 
Basis,  teils  durch  die  Regionsbeschreibung  namentlich  bekannt  sind,  sind 
topographisch  zu  fixieren:  der  Vicus  piscinae  publicae,  von  dem  die 
Region  den  Namen  hatte,  und  der  Vicus  portae  Raudusculanae 
(p.  205),  der  Vicus  portae  Naeviae  (p.  46),  femer  die  oben  genannte 
Via  nova.  Von  den  übrigen  ist  die  Lage  unbekannt.  Der  Vicus  Fortunae 
mammosae  hatte  seinen  Namen  wohl  von  einem  Bilde  der  ephesischen 
Diana  (vgl.  Pbelleb,  Reg.  p.  196),  das  hier  aufgestellt  war,  ebenso  wird 
die  Isis  Athenodoria^)  zu  erklären  sein,  und  sicher  von  Bildwerken 
haben  ihren  Namen  der  Vicus  Veneris  almae  (genannt  werden  auf  der 
Bassus-Inschr.  Bull.  com.  1891  p.  357  Venerenses),  Dianae  und  Silani 
salientis.  Weitere  Strassennamen  sind  der  Vicus  Fortunae  obsequentis 
und  vitrarius  in  der  L,  und  der  Vicus  laci  tecti  und  Victoris  in  der 
XII.  Region.     Zu  lokalisieren  ist  von  diesen  keiner. 

129.  Andere  örtlichkeiten.  1.  Ausserhalb  der  Porta  Capena  befand 
sich  einst  der  Hain  der  Egeria  und  in  ihm  die  Grotte  der  Camenen,  aus 
der  der  Quell  der  Camenen  hervorsprudelte.  Liv.  I  21  lucus erat,  quemmedium 
ex  opaco  specu  fons  perenni  rigabat  aqua,  quo  quia  se  persaepe  Numa  sine 
arbitris  velut  ad  congressum  deae  inferebat,  Camenis  eum  locum  sacravit, 
quod  earum  ibi  concüia  cum  coniuge  sua  Egeria  essent.  Vgl.  Frontin  4. 
Nach  den  überlieferten  Angaben  lag  der  Ort  nicht  weit  vom  Thor, 
links  von  der  Via  Appia,  deren  Qeräusch  bis  dorthin  drang,  in  einem 
Thale;  die  als  Nymphäum  dienende  Höhle  war  künstlich,  der  lebende 
Fels  in  der  für  uns  erkennbaren  Zeit  mit  Marmor  bekleidet.  Juvenal 
3,  13  flf.  beklagt  diesen  Prunk:  quanto  praesentius  esset  numen  aqua^,  viridi 
si  margine  cluderet  undas  herba  nee  ingenuum  violarent  marmora  tofum. 
Numa  hatte  hier,  wie  es  heisst,  den  Camenen  auch  ein  Tempelchen  er- 
richtet, nach  Serv.  Aen.  I  8  eine  aedicula  ahenea  brevis,  quam  postea  de  caelo 


M  Förster,  Jahib.  d.  Inst.  1891  p.  195  f.  hält  die  Isis  fOr  ein  Werk  des  rhodischen 
EOnstlers  Athenodoros. 


7.  Der  Osten  Roms.    d.  Die  Vorstadt  der  Via  Appia.    (§  129.) 


343 


tactatn  et  in  aede Honoris  et  Virtutis  conlocatam  Fulvius Nobüior  in  aedem  Herculis 
transtidit,  unde  aedes  Herculis  et  Musarum  appellatur  (vgl.  p.  229).  An  seine 
Stelle  oder  daneben  trat  eine  wirkliche  Aedes;  nach  Plinius  N.  H.  XXXIV 
19  stellte  in  dieser  der  Dichter  Accius  sein  Bild  ,maxima  forma  statuam,  cum 
brevis  admodum  fuisset^  auf.  Juvenal  nennt  a.  a.  0.  delubra  Camenarum.  Der- 
selbe bezeugt  in  den  angeführten  Versen,  dass  zu  seiner  Zeit  bettelhaftes 
Judenvolk  hier  sein  Wesen  trieb.  Indessen  blieb  das  Heiligtum  erhalten, 
noch  die  Regionsbeschreibung  nennt  Gammas,^)  Dieser  heilige  Bezirk  lag 
am  Fusse  des  Caelius  ausserhalb  der  Servianischen  Mauer  in  dem  Thale, 
durch  welches  heute  die  Strassen  Via  delle  Mole  di  S.  Sisto')  und  della 
Ferratella  gehen.  Die  reich  fliessende  Quelle  befindet  sich  noch  jetzt  bei 
der  Villa  Fonseca.  Die  mittelalterliche  Tradition  sah  in  derselben  ein 
heilkräftiges  Wasser.')  Eine  in  der  Nähe  befindliche  Quelle  ist  möglicher- 
weise der  bei  Frontin  4  genannte  Föns  Apollinis;  mit  demselben  hängt  wohl 
das  Fragment  des  Stadtplans  Form.  ürb.  I  1  zusammen,  welches  ein  kleines 
quadratisches  Monument  darstellt,  eine  Fontana  oder  ein  Puteal,  mit  der 
Beischrift  a]REA  APOQlinis,  entsprechend  der  Area  Apollinis  et 
Splenis*)  der  Regionsbeschreibung.  Eine  dritte  hier  vor  dem  Thore  be- 
findliche Quelle  war  die  Aqua  Mercurii  (Ovid  Fast.  V  673:  est  aqua 
Mercurii  portae  vicina  Capenae) ;  sie  ist  ebenfalls  am  Abhänge  des  Caelius 
in  der  heutigen  Villa  Mattei  wiedergefunden ;  ihr  Wasser  fliesst  in  künst- 
lichem Kanal  durch  das  Circusthal  und  ergiesst  sich  in  der  Nähe  des 
Janus  Quadrifrons  in  die  Gloaca  maxima.  Dicht  bei  der  P.  Gapena  befand 
sich  auch  ein  Denkmal  —  nach  Livius  I  26  ein  sepulcrum  constructum  saxo 
quadrato  —  der  Horatia,  der  von  ihrem  Bruder  angeblich  s)  an  dieser 
Stelle  ermordeten  Braut  eines  der  Curiatier,  ein  Ereignis,  an  das  auch  die 
auf  dem  Forum  befindlichen  Pila  Horatia  (p.  85),  das  in  der  III.  Region 
befindliche  Tigillum  sororium  (p.  311)  und  der  bei  Martial  III  47  erwähnte 
sacer  campus  Horatiorum,  wo  der  Kampf  stattgefunden  hatte,  erinnert. 

2.  Auf  der  anderen,  westlichen  Seite  der  Via  Appia  lag  zwischen  der 
Servianischen  Mauer  und  der  Stelle,  die  später  die  Thermen  des  Caracalla 
einnahmen,  die  Piscina  publica,  ein  Teich,  wie  man  ihn  vor  den  Thoren 
fast  aller  italischen  Städte  findet,  zum  Waschen  und  anderen  Verrichtungen 
(nach  Festus  p.  213  auch  ad  quam  et  natatum  et  exercitationis  alioqui 
causa  veniebat  populus)  dienend.  Sie  war  wohl  ebenso  alt  wie  die 
Servianische  Stadt.  Im  Jahre  215  v.  Chr.  schlugen  nach  Liv.  XXIII  32 
die  Prätoren,  quorum  iuris  dictio  erat,  ihre  Tribunale  bei  der  Piscina 
publica   auf.     In    demselben    Jahre   ordneten    die   Konsuln,  nach   Livius 


0  Vgl.  Ausdrücke  wie  Claudium  U.  Reg., 
Vestam  VIII.  Reg.,  Cererem  XL  Beg.  u.  a. 

>)  Die  Via  deUe  Mole  di  S.  Sisto  ent- 
spricht dem  antiken  Vicns  Camenarnm. 

')  Vgl.  Lanouni,  Acque  p.  12.  13. 

*)  Splenis  scheint»  wieMoMMSBN  meint, 
durch  Dittographie  aus  Apollinis  entst^anden 
zu  sein.  Vgl.  Jordan,  Top.  II  p.  23.  Eine 
völlig  befriedigende  Erkl&rung  fOr  das  Wort 
giebt  es  nicht. 

')   Die  traditionelle   Eizählung  verlegt 


die  That  des  Horatius  vor  die  Porta  Capena, 
ein  Thor  der  Servianischen  Stadt,  trotzdem 
es  sich  um  die  Zeit  des  Tullus  Hostilius 
handelt.  Natürlich  fehlt  es  nicht  an  Ge- 
lehrten, die  dies  ganz  in  der  Ordnung  finden 
und  auch  jener  froheren  Stadtentwicklungs- 
phase eine  Porta  Capena  vindizieren,  oder  die 
überhaupt  keinen  Anstoss  daran  nehmen. 
Die  oben  p.  35  f.  erörterte  Unfähigkeit  der 
Römer,  sidi  ein  vorservianisches  Rom  vor- 
zustellen, gehört  auch  hierher. 


344  B.  Topograplüe  von  Rom. 

a.  a.  0.  an,  dass  die  Senatoren,  quotiens  in  senatum  vocassent,  sich  ad 
portam  Capenarn  versammeln  sollten.  Der  Orund  beider  Massregeln  ist 
unbekannt.  Mit  letzterer  stinunt  Festus  p.  347,  der  neben  den  Senaculs 
beim  Tempel  der  Goncordia  (p.  78)  und  dem  der  Bellona  (p.  214)  ein  Sens- 
culum  ad  portam  Gapenam  erwähnt.M  Die  genauere  Lage  desselben 
steht  nicht  fest.  —  Cicero  erwähnt  die  Piscina  noch  £p.  ad  Qu.  fratr.  m 
7,  1  bei  Schilderung  einer  Überschwemmung,  durch  welche  die  ganze  Vor- 
stadt bis  zur  Piscina  publica  unter  Wasser  gesetzt  wurde.  Aber  schon 
im  1.  Jahrhundert  v.  Chr.  war  sie  verschwunden  (Festus  p.  213  pisänae 
publicae  hodieque  nomen  manet,  ipsa  non  exstat),  so  dass  es  selbst  zweifel- 
haft ist,  ob  Cicero  in  der  angeführten  Stelle  die  Piscina  selbst  oder  nur 
die  danach  benannte  Gegend  oder  Strasse  vor  Augen  hat.  Der  Name  ist 
nach  Verschwinden  des  Teiches  erhalten  geblieben,  namentlich  durch  den 
wichtigen  Vicus  Piscinae  publicae  (vgl.  p.  205),  der  auch  schlechtr 
hin  Piscina  publica  genannt  wurde  (Amm.  Marc.  XVII  4,  14);  der  Name 
ist  schliesslich  Bezeichnung  der  zwölften  Region  geworden.  CIL  VI  167 
werden  lanii  piscinenses  genannt,  die  also  in  dieser  Strasse  ihr  Gewerbe 
trieben. 

3.  Ganz  im  Süden  der  zwölften  Region  lag  die  Vinea  publica,  westlich 
von  der  Via  Ardeatina  und  noch  ausserhalb  der  Linie  der  nachmaligen 
Aurelianischen  Mauer.  Sie  wird  CIL  VI  933  in  einer  aus  dem  Jahre  75 
n.  Chr.  stammenden  Inschrift  erwähnt,  in  der  es  heisst,  dass  der  Kaiser 
Vespasian  locum  viniae  publicae  occupatum  a  privatis  per  coUegium  ponti- 
ficum  restituü.  Nach  Lioorio  ist  der  gi*osse  Cippus,  auf  dem  die  Inschrift 
stand,  an  der  Via  Ardeatina,  ubi  divergit  ab  Appia,  gefunden.  Diese  topo- 
graphisch unklare  Fundnotiz  wurde  zunächst  für  eine  Fälschung  gebalten, 
indessen  hat  sie  ihre  Bestätigung  durch  Sangallo  gefunden,  der  beim  Bau 
der  neuen  Bastion  an  Stelle  der  ehemaligen  Porta  Ardeatina  (p.  71)  den 
Cippus  gesehen  hat.  Die  Vinea  publica  wird  sonst  nicht  erwähnt.  In  der- 
selben Gegend  haben  vielleicht  die  in  kaiserlichem  Besitz  befindlichen  Horti 
Serviliani  gelegen.  Sie  werden  Tac.  Ann.  XV  55  als  Aufenthaltsort  des 
Nero,  Hist.  III  38  als  der  des  Vitellius  genannt.  Nach  Suet.  Nero  47  hatte 
hier  Nero  den  letzten  Aufenthalt  vor  seiner  Flucht  auf  die  Villa  des 
Phaon,  wo  er  seinen  Tod  fand.  Aus  den  Worten:  transiü  in  hortos  Servi- 
lianos,  ubi  praemissis  liberiorum  fidissimis  Ostiam  dd  classem  praeparandam 
tribunos  centurionesque  praetorii  de  fugae  societäte  temptavit  könnte  man 
schliessen,  dass  die  Gärten  zwischen  dem  Palatium  und  Ostia  an  der  Via 
Ostiensis  gelegen  haben;  jedoch  ist  die  Sache  unsicher.  Plinius  N.  H. 
XXXVI  23,  25  und  36  nennt  eine  Anzahl  hervorragender  Kunstwerke,  die 
sich  in  diesen  Gärten  befanden,  darunter  von  Praxiteles  eine  Flora,  einen 
Triptolemus  und  eine  Ceres.  Erwähnt  werden  Beamte  dieser  Gärten  CIL 
VI  8673  und  8674. 

4.  In  der  ersten  Region  werden  ausser  der  schon  oben  genannten  Area 
Apollinis  (et  Splenis)  noch  mehrere  Areae  genannt,  die  Area  Calles, 
carruces,    pannaria   und  in  der  zwölften  die  Area  radicaria.    Diese 

»)  Vgl.  MoMMSBN,  Staatsrecht  III  2  p.  913. 


7.  Der  Osten  Soms.    d.  Die  Vorstadt  der  Via  Appia.    (§  130.)  345 

letzte,  unbekannter  Bedeutung,  ist  auf  einem  Fragmente  des  Stadtplanes 
(Form.  ürb.  I  3)  dargestellt,  welches  ausserdem  noch  den  Namen  des  in  der 
I.  Region  aufgeführten  Mutatorium  Caesaris  (Gebäude,  dessen  Zweck 
nicht  klar  ist,  vgl.  Pbelleb  Reg.  p.  114  f.)  enthält,  und  dazwischen  ein 
Stück  der  die  beiden  Regionen  trennenden  Via  Appia.  Die  Anfangsbuch- 
staben des  Namens  VI  sind  auf  dem  Fragment  ebenfalls  erhalten.  Man  sieht 
auf  demselben,  dass  die  Area  radicaria  eine  platzartige  Erweiterung  der 
Via  Appia,  ein  „Largo**  nach  Neapolitanischem  Sprachgebrauch,  und  etwa 
doppelt  so  breit  wie  diese  war  (vgl.  p.  192  das  Aequimelium,  eine  Er- 
weiterung des  Vicus  Jugarius).  Eine  gleiche  Erweiterung  der  Landstrasse 
war  ohne  Zweifel  die  Area  carruces,  der  Standort  der  carrucae  d.  h. 
der  Reisewagen  (vgl.  Vita  Alex.  Sev.  43),  die  erst  beim  Thore  bestiegen 
wurden,  da  es  nicht  gestattet  war,  bei  Tage  innerhalb  der  Stadt  zu 
fahren.  Der  Platz  lag  anscheinend  in  nächster  Nähe  des  Heiligtums  der 
Camenen;  vgl.  Martial  11  6,  16;  Juvenal  3,  12  ff.  —  unbekannt  ist  die 
Lage  der  Area  Calles  (?)  und  der  Area  pannaria  (vielleicht  Tuchplatz?), 
auch  des  in  der  zwölften  Region  genannten  Campus  lanatarius  oder 
lanarius  (vielleicht  Wollmarkt?).  Die  beiden  letzteren  Namen  führen  auf 
die  Vermutung,  dass  hier  zu  beiden  Seiten  der  Via  Appia  Plätze  waren, 
auf  denen  die  Bauern  der  Römischen  Gampagna  ihre  Handelsgeschäfte 
machten.  Auch  einen  Brunnen  erwähnt  die  Regionsbeschreibung,  den 
Lacus  Promethei,  so  von  einem  Bildwerke  genannt,  wie  der  Lacus 
Orphei  in  der  V.  Region  (p.  308)  u.  a.  Vermutlich  hat  der  Lacus  auch  einer 
Strasse  den  Namen  gegeben. 

130.  Tempel.  1.  Der  älteste  Tempel  in  dieser  Vorstadt  war  der  des 
Mars.  Er  lag  mehr  als  eine  römische  Meile  vor  der  Porta  Capena  an  der 
linken  Seite  der  Via  Appia,  noch  ausserhalb  der  Linie  der  späteren 
Aurelianischen  Mauer  auf  einer  Anhöhe  am  Almo,  dem  heutigen  Aqua- 
taccio,  der  etwa  einen  halben  Kilometer  südlich  von  der  Porta  Appia  die 
Via  Appia  schneidet.  Die  Anhöhe  wurde  nach  dem  Tempel  Clivus  Martis 
genannt;  die  310  v.  Chr.  angelegte  Via  Appia  überschritt  ihn;  später 
wurde  er  zur  bequemen  Führung  der  Strasse  eingeebnet;  vgl.  CIL  VI 
1270  S.  P.  Q,  R.  clivom  Martis  pecunia  publica  in  planitiam  redigendtim 
curavit.  Marmorreste,  die  in  jener  Gegend  in  der  Vigna  Nari  gefunden 
sind,  glaubte  Canina  dem  Tempel,  der  das  Altertum  überdauert  hat,  ^)  zu- 
schreiben zu  sollen.  —  Wann  und  von  wem  der  Tempel  gegründet  worden 
ist,  davon  haben  wir  keine  Kunde,  der  Stiftungstag  war  nach  Ovid.  Fast. 
VI  191  der  1.  Juni.  Die  älteste  Nachricht  über  ihn  stammt  aus  dem 
Jahre  296  v.  Chr.;  damals  wurde  nach  Liv.  X  23,  12  eine  semüa  saxo 
quadrato  a  Capena  porta  ad  Martis  angelegt,  die  über  hundert  Jahre  später, 
189  V.  Chr.,  durch  einen  neuen  Weg  ersetzt  wurde.  Liv.  XXXVIII  28  heisst 
es:  viam  silice  sternendam  a  porta  Capena  ad  Maiiis  locaverunt.  In  späterer 
Zeit  wurde  dieser  Weg  mit  einer  Säulenhalle  versehen,  die  Ovid  Fast. 
VI  192   als  Via  tecta   bezeichnet  (eine  gleichnamige  Strasse   auf  dem 


^)  In  den  Acta  S.  Sizti  (BoUand.  Act.      heisst  es:  duxerunt  (S.  Sixtum)  in  clivum 
Sanct.  Angusti  II  p.  141  ed.  Antverp.  1735)   ;   Martisante  templum  et  ibidem  decoUatus  est. 


346  B.  Topographie  von  Bom. 

Marsfelde  siehe  p.  257).  Ihre  Anlegung  erinnert  an  die  Säulenhalle,  die  an 
der  entgegengesetzten  Seite  der  Stadt  a  porta  Fontinali  zur  Ära  des  Mars  auf 
dem  Marsfelde  angelegt  wurde  (vgl.  p.  223).  Aus  der  Zeit  des  Hannibalischen 
Krieges,  211  v.  Chr.,  stammt  die  vor  der  Porta  Gapena  gefundene  Inschrift 
CIL  VI  474  Martei  M,  Claudius  M.  f.  consol  dedü,  nach  der  Marcellus,  der  so 
viele  Statuen  etc.  bei  den  Tempeln  des  Honos  und  der  Virtus  aufgestellt 
hat,  auch  dem  Mars  Geschenke  weihte.  Hierher  gehört  auch  wohl 
CIL  VI  473  Mavortei,  Unter  den  Prodigien  des  Jahres  217  v.  Chr.  erwähnt 
Livius  XXII  1,  dass  das  Signum  Martis  an  der  Appischen  Strasse  geschwitzt 
habe.  Von  Dionysius  VI  13  wird  der  Tempel  als  Ausgangspunkt  des  jähr- 
lich stattfindenden  Aufzuges  der  Ritter  genannt,  im  Jahre  44  lagert  hier 
iv  zfl)  Tov  "AQ۟)g  tcQfp  der  junge  Caesar,  der  von  Campanien  kommt;  von 
hier  wird  er  von  seinen  Anhängern  nach  Rom  und  auf  die  Rednerbühne 
des  Kastortempels  (vgl.  p.  87)  geführt  (Appian.  b.  c.  HI  41).  Cicero  ad 
Quintum  fr.  III  7  nennt  den  Tempel,  resp.  das  nach  ihm  genannte  um- 
liegende Gebiet  bei  der  Schilderung  der  schon  oben  erwähnten  Über^ 
schwemmung.  Die  Worte  lauten :  Romae  et  maocime  Appia  ad  Martis  mira 
aUuvies:  Crassipedis  ambulatio  ablata,  horti,  *)  tabernae  plurimae;  magna  tis 
aquae  usque  ad  pisdnam  publicam.  Vom  Dichter  Terentius  heisst  es  bei 
Sueton  p.  294  (Roth),  er  habe  ein  Gartengrundstück  via  Appia  ad  Martis 
vülam  (?)  besessen. 

Neben  dem  Tempel  lag  der  walzenförmige  Lapis  manalis,  von  dem 
Festus  ep.  p.  128  sagt:  manalem  vocabant  lapidem  etiam  petram  quandam^ 
quae  erat  extra  portam  Capenam  iuxta  aedem  Martis,  quam  cum  propter 
nimiam  sicdtatem  in  urbem  pertraherent,  insequebatur  pluvia  statim,  eumque, 
quod  aquas  manaret,  manalem  lapidem  dixere.  Vgl.  Fest.  ep.  p.  2:  aquaeli" 
dum  didtur,  cum  aqua  pluvialis  remediis  quibusdam  elidtur,  ut  quofidamj 
si  creditur,  manali  lapide  in  urbem  ducto, 

2.  Über  ein  in  der  Nähe  des  Tempels  befindliches  Heiligtum  des 
Aeskulap  und  der  Hygiea  heisst  es  CIL  VI  10234:  (Salvia)  donum  dedit 
collegio  Aesculapi  et  Hygiae  locum  aedicula  cum  pergula  et  Signum  mar- 
moreum  Aesculapi  et  solarium  tectum  iundum,  in  quo  populus  coUegi  supra 
scripti  epuletur,  quod  est  via  Appia.  ad  Martis  intra  müliarium  primum  ä 
secundum  ab  urbe  euntibus  parte  laeva  etc. 

3.  Nicht  weit  vom  Tempel  des  Mars,  zwischen  diesem  und  dem 
Grabmal  der  Scipionen  (p.  353)  muss  der  von  L.  Cornelius  Scipio  (Kons. 
259  V.  Chr.,  Cens.  260  v.  Chr.)  nach  Besiegung  der  Korsen  gegründete 
Tempel  der  Tempestates  gelegen  haben.  Die  Grabschrift  des  Erbauers 
CIL  VI  1287  giebt  davon  Zeugnis:  hec  cepit  Corsica  Aleriaque  urbe  dedä 
tempestatebus  aide  meretod.  Als  Gründungstag  giebt  Ovid  Fast.  VI  193  den 
1.  Juni,  den  gleichen,  wie  ihn  der  Marstempel  hatte,  an.  Die  Notitia,  die 
allein  die  aedes  Tempestatis  nennt  (das  Curiosum  lässt  sie  aus),  fügt  auch 
noch  eine   aedes  Minervae  hinzu,   die  ebenfalls  beim  Marstempel  gelegen 


')    Die    Horti    Crassipedis    werden  1   cenavit  apud  me  in  mei  generi  Crassipedis 
noch  einmal  erwähnt  von  Gic.  ad  fam.  I  9,  20:   |  hortis. 


7.  Der  Osten  Some.    d.  Die  Vorstadt  der  Via  Appia.    (§  130.)  347 

haben    muss    (die  Worte  lauten   in   der  Not.:    aedem  Martis  et  Minervae 
et  Tempestatis,  flumen  Almanis);  wir  wissen  sonst  nichts  von  ihm. 

4.  Im  Flamen  Almonis,  das  die  Notitia  als  südlichsten  Punkt  der 
Region  erwähnt  (ob  damit  der  Fluss  selbst,  eine  Bildsäule  des  Flussgottes 
oder  eine  danach  ihren  Namen  führende  Strasse  gemeint  ist,  steht  freilich 
nicht  fest),  wurde  alljährlich  das  Bild  der  Magna  Mater  gebadet.  Als  das 
Bild  im  Jahre  175  v.  Chr.  aus  Phrygien  nach  Rom  kam,  wurde  es,  bevor 
es  in  die  Stadt  geschafft  wurde,  hier  gewaschen  (Ovid.  Fast.  IV  337  ff.). 
Es  läge  nahe,  die  alljährliche  Feier  als  eine  Wiederholung  dieser  Cere- 
monie  anzusehen,  indessen  stimmen  die  Daten  nicht.  Das  Datum  des 
Eintrittes  der  Magna  Mater  in  Rom  ist  der  4.  April  (Liv.  XXIX  14),  der 
Tag  des  jährlichen  Bades  der  27.  März.  Dies  Datum  nennt  Ammian.  Marc. 
XXUI  3,  7  und  es  findet  sich  auch  auf  der  auf  dem  Palatin  gefundenen, 
im  Jahre  175  v.  Chr.  dedizierten  Basis  (p.  137).    Vgl.  CIL  V  p.  314. 

5.  Nicht  weit  von  der  Porta  Capena  standen  die  Tempel  des  Honos 
und  der  Virtus.  Marcellus  hatte  einen  Tempel  Honori  et  Virtuti  in  der 
Schlacht  bei  Clastidium  gelobt  und  dachte  sein  Versprechen  zu  lösen,  indem 
er  ,den  vor  der  Porta  Capena  von  Q.  Fabius  Verrucosus  im  Jahre  234  ge- 
gründeten Tempel  des  Honos  (Cic.  de  nat.  deor.  II  23,  61)  deh  beiden  Gott- 
heiten widmete.  Aber  die  Pontifices  hinderten  dies:  negabant  unam  cellam 
duobus  rede  dedicari  (Liv.  XXVII  25;  Val.  Max.  I  1,  8;  Plut.  Marc.  28); 
darum  renovierte  er  den  Tempel  des  Honos  und  baute  unmittelbar  daneben 
den  der  Virtus.  Trotz  der  Eile,  mit  der  der  Bau  gefördert  wurde,  er- 
lebte Marcellus  die  Vollendung  nicht  (Liv.  a.  a.  0.).  Beide  Tempel 
dienten  zur  Aufstellung  der  in  Syrakus  erbeuteten  Eunstschätze  und 
waren  wegen  derselben  hochberühmt  (Liv.  XXV  40;  CIL  I  530;  Cic. 
Verr.  IV  54,  121;  Plut.  Marc.  21).  Zu  Livius'  Zeit  war  der  giösste  Teil 
derselben  aber  schon  verschwunden.  Die  Tempel  nennt  zwar  nicht,  aber 
bezeichnet  Cic.  ad  Att.  IV  1:  cum  venissem  ad  portam  Capenam,  gradus 
templorum  ab  infima  plebe  completi  erant.  Vespasian  hat  die  Tempel  wieder- 
hergestellt (Plin.  XXXV  120);  der  Tempel  des  Honos  wird  (gleich  dem 
des  Mars)  von  Aurel.  Vict.  vir.  ill.  32  in  einer  nicht  unanfechtbaren  Stelle 
(vgl.  Becker,  Top.  p.  511  Anm.  1073)  als  Ausgangspunkt  des  Zuges  der 
Ritter  genannt.  —  Die  Regionsbeschreibung  nennt  aedem  Honoris  et 
Virtutis  (=  aedes  Plur.,  wie  aedem  Martis  et  Minervae  et  Tempestatis). 

6.  Neben  den  Tempeln  des  Honos  und  der  Virtus  errichtete  der  Senat 
im  Jahre  19  v.  Chr.  zu  Ehren  des  Augustus,  der  nach  Ordnung  der  Ver- 
hältnisse in  Sicilien,  Griechenland,  Asien  und  Syrien  nach  Rom  zurück- 
gekehrt war  (Dio  Cass.  LIV  10),  eine  Ära  Fortunae  reducis.  Der 
Stiftungstag,  der  15.  Dezember,  wurde  als  Augustalia  alljährlich  gefeiert. 
Vgl.  CIL  I«  p.  332  und  Mommsen,  R.  g.«  p.  46.  Auf  diese  Ära  beziehen 
sich  die  Münzen  Cohen,  Aug.  102—108  mit  der  Umschrift  Fortunae  reduci 
Caesari  Augusto  S.  P.  Q.  B. 

7.  In  der  Nähe  von  S.  Cesareo  an  der  Via  Appia,  wo  sich  die  Via 
Latina  von  dieser  abzweigt,  sind  mehrere  Inschriften  gefunden  worden, 
aus  denen  hervorgeht,  dass  hier  ein  Heiligtum  der  Terra  Mater  sich 
befand;  vgl.  CIL  VI  771.  772. 


348  B.  Topographie  von  Rom. 

131.  Thermenbauten.  1.  Thermae  Gommodi.  unter  Cominodas 
errichtete  dessen  mächtiger  Günstling  Eleander^  ein  ,lavacrum',  das  den 
Namen  des  Commodus  trug.  So  berichtet  die  Vita  Comm.  17:  opera  eius 
praeter  lavacrum,  quod  Cleander  nomine  ipsius  fecerat,  nulla  exstant  (vgl. 
Herodian  I  12,  4).  Den  Bau  erwähnt  auch  der  Chron.  v.  354:  hoc  imp, 
thermae  Commodianae  dedicatae  sunt,  und  nach  ihm  Hieronymus.  Die  Re- 
gionsbeschreibung nennt  sie  in  der  ersten  Region,  dagegen  führt  sie  der 
Anon.  Eins,  in  der  neunten  Region  neben  dem  Pantheon  auf.  Vermutlich 
irrt  der  Anonymus,  aber  da  die  Thermen  spurlos  verschwunden  sind,  so 
ist  ein  Beweis  dafür  nicht  zu  erbringen. 

2.  Thermae  Severi.  Nicht  besser  unterrichtet  sind  wir  über  die 
von  Septimius  Severus  nach  der  Vita  Sev.  19  errichteten  und  nach  der 
Regionsbeschreibung  in  der  ersten  Region  befindlichen  Thermen.  Auch 
der  Chron.  v.  354  sagt:  hoc  imp.  Septizonium  et  thermae  Severianae  dedicatae 
sunt,  und  so  auch  Hieronymus.  Auch  eine  Aqua  Severiana,  die  doch 
kaum  von  diesen  Thermen  zu  trennen  sein  dürfte,  wird  in  der  Notitia  ge- 
nannt (vgl.  p.  819  Anm.  1).  Aber  Thermen  und  Leitung  sind  für  uns 
spurlos  verschwunden. 

3.  Thermae  Antoninianae.  Der  Bau  der  Thermen  des  Caracallä 
(über  ihre  Lage  in  der  XII.  Region,  den  Vicus  Sulpicius  und  die  Via  nova 
siehe  p.  841)  wird  Vita  Sev.  21  und  Carac.  9  erwähnt,  an  ersterer  Stelle 
werden  sie  als  magnificentissimae  bezeichnet  (Chron.  v.  354,  Eutrop  VIII  20). 
Caracallä  dedizierte  sie  zwar,  aber  erst  Elagabal  und  Alexander  Severus 
vollendeten  sie.  Es  heisst  dainlber  Vita  Elag.  17:  et  lavacrum  quidem 
Antoninus  Caracallus  dedicaverat  et  lavando  et  populum  admiUendo,  sed 
porticus  defuerant,  quae  postea  ab  hoc  subditivo  Antonino  exstructae  sunt,  ab 
Älexandro  perfectae,  und  Vita  Alex.  25 :  Antonini  Caracalli  thermas  additis 
porticibus  perfecü  et  ornavit.  Unter  Aurelian  brannten  die  Portiken  ab; 
der  Chron.  von  354  berichtet  darüber:  porticus  thermarum  Antoniniarum 
arserunt  et  fabricatum  est.  Dass  auch  später  noch  den  Thermen  die  Für- 
sorge der  Kaiser  zugewandt  war,  ergiebt  sich  aus  CIL  VI  1170 — 1173 
und  aus  Ziegelstempeln  der  Zeit  Theodorichs.  —  Von  den  Thermen  sind 
bis  auf  den  heutigen  Tag  jene  staunenswerten  Reste  erhalten,  die  zu  den 
grössten  Sehenswürdigkeiten  Roms  gehören.  Sie  bieten  in  ihrer  Ge- 
samtheit einen  einzig  dastehenden  Einblick  sowohl  in  die  Kunstziele 
und  das  Können,  wie  in  das  Leben  jener  Zeit.  Von  der  damaligen 
Kunstrichtung  geben  die  bei  Gelegenheit  der  von  den  Farnese  veran- 
stalteten Ausgrabungen  gefundenen  Kolossalwerke,  namentlich  der  Farne- 
sische  Stier  und  der  Farnesische  Herkules  in  Neapel,  sowie  das  Gladiatoren- 
relief im  Lateran  ein  lebendiges  Bild.  Die  Disposition  der  Räume  einer 
Thermenanlage  ist  hier  allein  mühelos  und  klar  zu  erkennen  (vgl.  Taf.  17, 2). 
Die  sicher  zu  benennenden  Haupträume,  das  Frigidarium  (Schwimmbassin), 
das  Tepidarium  und  der  Rundbau  des  Caldariums  mit  ihren  Nebenräumen 
nehmen  die  Mitte  des  Baus  ein,  auf  dem  rechten  und  linken  Flügel  grup- 
pieren sich  weitere  Nebenräume  um  die   beiden  riesigen  Palästren.    Das 


»)  Über  Kleander  vgl.  Gatti,  Bull.  com.  1887  p.  323  f. 


7.  Der  Osten  Roma.    d.  Die  Vorstadt  der  Via  Appia. 


131-132.) 


349 


Thermengebäude  war  von  den  oben  erwähnten  Portiken  umgeben,  die 
ausserdem  einen  grossen  Hof  oder  Garten  einschlössen,  und  in  die  noch 
eine  grosse  Anzahl  anderer  Räume,  an  der  Westseite  sogar  eine  Art 
Stadium  eingebaut  war.  Die  ganze  Anlage  war  annähernd  ein  Quadrat 
von  circa  300  m  Seite.  Über  die  die  Thermen  speisende  Leitung  siehe 
p.  318  f. 

Litteratur:  Bloubt,  Restauration  des  Thermes  d'Antonin  Caracalla,  Paris  1823.  — 
Caiona,  Edif.  IV  Tab.  207—214.  —  S.  A.  Iwanopf,  Architektonische  Studien,  Heft  HI, 
heraosgegeben  vom  kaiserlich  deutschen  archäologischen  Institut,  1898. 

4.  Von  den  in  der  I.  und  XII.  Region  wie  in  allen  übrigen  zahlreich 
vorhandenen  Balneae  sind  durch  die  Regionsbeschreibung  namentlich  bekannt 
in  der  I.  Region  die  Balinea  Abascantis,  Mamertini,  Bolani,  Antio- 
chiani,  Torquati,  Vespasiani,  in  der  XU.  Region  ist  ein  Balneum 
Scriboniolum  bekannt  durch  eine  Bulla  mit  der  Inschrift:  Hüarionis  so 
tene  me  et  revoca  me  quia  fugi  de  r.  XII  a  baln,  Scriboniolum  Honte  (Bull, 
com.  1887  p.  286).  Über  ein  antikes  Nymphäum  in  derselben  Region 
vgl.  Rom.  Mitt.  1894  p.  332  f. 

132.  Andere  Bauten.  1.  Neben  den  Caracallathermen  nennt  die 
Regionsbeschreibung  in  der  XII.  Region  die  Septem  domos  Parthorum, 
nach  Aur.  Vict.  Epit.  20  gehörten  sie  zu  den  zahlreichen  von  Septimius 
Severus  erbauten  Häusern  (vgl.  p.  210).  Ob  sie  hier  in  der  Nähe,  oder 
auf  dem  Aventin  gelegen  haben,  ist  nicht  bekannt.  Bezeichnend  für  die 
Gegend  zwischen  Aventin  und  Caelius  ist,  dass  wir  von  Privathäusern 
hervorragender  Männer  in  dieser  Gegend  keine  Kunde  haben. 

2.  Die  Regionsbeschreibung  nennt  in  der  I.  Region  ausser  dem  schon 
oben  p.  319  genannten  Arcus  Drusi  und  dem  Arcus  Traiani  (p.  318)  auch 
noch  einen  Arcus  Yeri.  Er  ist  so  völlig  verschwunden,  dass  man  auch 
seinen  Standort  nicht  bezeichnen  kann.  Das  Wahrscheinlichste  ist,  dass  er 
über  der  Via  Appia  stand,  die  auch  als  Via  triumphalis  diente.  Augustus 
zog  hier  im  Jahre  19  v.  Chr.  von  Asien  kommend  in  Rom  ein  (p.  347), 
und  Nero  hielt  im  Jahre  68  hier  seinen  Triumphzug  (Dio  Cass.  LXIII  20). 
Die  Mirabilien  5^  3  (Jordan  II  p.  608  f.)  haben :  foris  porta  Appia  ad  templum 
Martis  arcus  triumphalis,  womit  möglicherweise  der  Arcus  Veri  ge- 
meint ist. 

3.  Die  Bauthätigkeit  vor  der  Porta  Capena  hörte  nicht  bei  der 
Regionsgrenze  auf.  Auch  abgesehen  von  den  im  nächsten  Abschnitt  zu 
behandelnden  Grabmonumenten  setzten  sich  die  Bauten  an  der  Via  Appia, 
meist  villenartige  Anlagen,  weiter  als  an  den  übrigen  Landstrassen  in 
die  Campagna  hinein  fort.  Der  Kaiser  Maxentius  errichtete  hier  zur 
Linken  der  Via  Appia,  etwa  zwei  Miglien  ausserhalb  der  Porta  Appia 
einen  Circus,  wie  der  Chron.  von  354  sagt  ad  Catecumbas.^)  Die  Reste 
zweier  gleichlautender  Inschriften,  die  innerhalb  und  ausserhalb  der  Ein- 
gangsthür  angebracht  waren  (die  Fragmente  der  einen  sind  verloren  ge- 
gangen, die  der  andern  sind  in  dem  Circus  selbst  eingemauert),  lehren. 


0  Das  nicht  genügend  erklärte  Wort 
haftet  an  dieser  Stelle  der  Via  Appia.  Es 
hat  den  Namen  fttr  die  hier  zuerst  wieder 


entdeckten  christlichen  Grabstätten,  die  Ka- 
takomben, abgegeben. 


350  B*  Topographie  von  Bom. 

dass  der  Circus  von  Maxentius  zu  Ehren  seines  309  n.  Chr.  verstorbenen 
Sohnes,  des  Divus  Bomulus  nobilissimae  memoriae  vir,  im  Jahre  311  n.  Chr. 
errichtet  worden  ist  (CIL  VI  1138).  Die  Reste  des  Circus  sind  ansehn- 
lich. Er  war  482  m  lang  und  79  m  breit  und  fasste  etwa  18000  Zu- 
schauer. Der  oder  einer  der  auf  der  Spina  des  Circus  errichteten  Obelisken 
war  ursprünglich  dem  Domitian  gewidmet.  Er  steht  jetzt  auf  Piazza 
Navona  (vgl.  p.  363). 

8.  Die  Gräber. 

133.  In  der  Darstellung  der  Römischen  Topographie  sind  mehrfach 
Qräber  behandelt  worden,  die  wie  alle  Römischen  Grabstätten  ursprünglich 
ausserhalb  der  Stadt  lagen,  aber  durch  die  fortschreitende  Entwicklung  in 
dieselbe  einbezogen  worden  sind.  Es  sind  dies,  abgesehen  von  den  auf  die 
erste  Phase  der  Geschichte  bezüglichen  Gräbern  des  Romulus,  des  Faustulas 
(p.  100),  Titus  Tatius  (p.  206.  207)  der  Acca  Larentia  (p.  183),  des  Numa 
(p.  271)  etc.:  1.  Die  ältesten  Qräber  auf  dem  Esquilin  und  Quirinal  in  der 
Zone  zwischen  der  Yierregionenstadt  und  dem  sogenannten  Servianischen 
Wall,  unter  diesem  und  über  ihn  hinaus  (p.  303  ff.).  —  2.  Die  vor  den 
Thoren  der  ehemaligen  Servianischen  Mauer  liegenden  Gräber,  z.  B.  des 
Bibulus  (p.  44  und  260  Anm.  6),  des  Galba  (p.  197),  der  Sempronii 
(p.  44  und  284  Anm.  1).  —  3.  Die  auf  dem  Campus  Martins  bej&ndlichen 
Gräber  des  Sulla,  der  Julier,  des  Hirtius  und  Pansa,  des  Agrippa  etc. 
(p.  249  f.).  —  4.  Die  Kaisergräber:  das  Mausoleum  des  Augustus  (p.  249  ff.) 
und  des  Hadrian  (p.  279  ff.),  das  Flavische  auf  dem  Quirinal  (p.  299), 
das  Sepulcrum  Domitiorum  auf  dem  Pincio  (p.  266).  —  5.  Einzelne  Gräber, 
wie  die  des  Maecenas  und  Horaz  extremis  EsquUiis  (p.  305),  des  C.  Sul- 
picius  Platorinus  in,  Trastevere  (p.  274)  und  das  sogenannte  Grab  des 
Romulus  und  des  Scipio  im  Vaticanum  (p.  280),  die  Gräber  der  Raven- 
nates  in  der  Villa  Pamfili,  die  ebendaselbst  und  sonst  in  der  XIV.  Region 
vorhandenen  Kolumbarien  (p.  275)  u.  a.  —  Es  erübrigt,  die  an  den  grossen 
Landstrassen  und  den  Thoren  der  Stadt  gelegenen  Gräber  und  Grabstätten 
in  ihren  Hauptzügen  zusammen  zu  stellen. 

1.  Porta  Flamini a.  Noch  innerhalb  des  Thores,  südlich  von  der 
Piazza  del  popolo,  sind  1874  zu  beiden  Seiten  des  Corso  (Via  Flaminia)« 
wo  heute  die  Kirchen  S.  Maria  de  Miracoli  und  S.  Maria  in  Montesanto 
stehen,  starke  Fundamente  von  Quadermauern  noch  aus  republikanischer 
Zeit  entdeckt,  die  wahrscheinlich  Gräberanlagen  zuzuweisen  sind.  Lanciani 
Form.  Urb.  1  bezeichnet  das  östlich  von  der  Strasse  gelegene  Fundament 
als  Mausoleum,  das  westliche  als  ,La  Meta*.  Dass  in  die  Türme  der 
Porta  Flaminia  Grabmonumente  eingebaut  waren,  wurde  schon  p.  67  Anm.  2 
erwähnt.  Nach  den  bei  Abbruch  derselben  gefundenen  Inschriften  befanden 
sich  hier  vor  dem  Thore  u.  a.  das  Grab  des  L.  Nonius  Asprenas,  des  Kon- 
suls des  Jahres  29  n.  Chr.  (Eph.  epigr.  IV  818,  Prosop.  Imp.  Rom.  11 
p.  410),  die  Gräber  der  Gens  Gallonia  (Eph.  epigr.  IV  822)  aus  dem  3.  Jahr- 
hundert n.  Chr.  u.  a.  m. 

2.  Porta  Pinciana.  Innerhalb  des  Thores,  5 — 600  m  davon  entfernt, 
ist  auf  dem  Pincio  an  der  Via  Salaria  vetus   im  Jahre  1616   ein  grosses 


8.  Die  Or&ber.    (§  188.)  351 

marmornes  Grabmal  aufgedeckt  worden.  Auf  dem  Marmorfries  las  man 
in  grossen  Buchstaben  die  Inschrift  Octaviai  M.  F.  Appi.  Sie  ist,  wie  das 
Grab  selbst,  zerstört  und  nur  abschriftlich  bekannt  (CIL  VI  23380),  aber 
der  Fundort  steht  fest. 

3.  Porta  Salaria.  Innerhalb  des  Thores,  zwischen  diesem  und  der 
Porta  CoUina,  ist  in  der  ehemaligen  Villa  Buonaparte  1884  und  1885  das 
Monumentum  Calpurniorum  aufgedeckt  mit  Inschriften  des  C.  Calpur- 
nius  Crassus  Frugi  Licinianus,  getötet  unter  Hadrian  (Vita  Hadr.  5),  und 
anderen  Mitgliedern  der  Familie  des  Konsuls  von  27  n.  Chr.,  M.  Licinius 
Crassus  Frugi  (Bull.  com.  1885  p.  101  ff.,  Prosop.  Imp.  Rom.  I  p.  276).  — 
Zwischen  der  Via  Salaria  und  Pinciana  ausserhalb  der  Aurelianischen  Mauer 
ist  eine  grosse  Nekropole  aus  der  letzten  Zeit  der  Republik  und  den 
ersten  Zeiten  des  Kaiserreichs  aufgedeckt  worden.  In  der  daselbst  gelegenen 
Vigna  Nari  wurden  schon  im  18.  Jahrhundert  die  Gräber  der  Freigelassenen 
und  Sklaven  der  Vigelii  und  Octavii  (CIL  VI  7845— 7942)  und  anderer  vor- 
nehmer Geschlechter  aufgedeckt,  eine  Grabstätte,  die  von  der  Zeit  des  Augustus 
bis  ins  2.  Jahrhundert  n.  Chr.  in  Gebrauch  war.  An  derselben  Strasse  in  der 
Vigna  del  Cinque  fand  sich  das  Columbarium  der  Freigelassenen  der  Caninii 
aus  der  Zeit  des  Augustus  (CIL  VI  7987—7996),  weiter  ein  zeitlich  nicht  mehr 
bestimmbares  in  der  Villa  Amici  (CIL  VI  7997 — 8011).  Zahlreiche  Inschriften, 
die  in  den  Vignen  vor  der  Porta  Salaria  zum  Vorschein  gekommen  sind 
(CIL  VI  2421  flf.),  beweisen,  dass  hier  der  Begräbnisplatz  der  Prätorianer 
war.  Zu  erwähnen  ist  auch  das  hier  im  Jahre  1885  aufgedeckte  grosse 
Rundgrab  des  Lucilius.  Bei  allen  weiteren  Ausgrabungen  in  dieser  Gegend 
sind  Grabkammern  (Columbarien),  Urnen  und  zahlreiche  Inschriften  gefunden. 
Namentlich  reich  war  die  Ausbeute  an  Gräberfunden,  als  hier  in  den 
achtziger  Jahren  des  letzten  Jahrhunderts  ein  neues  vorstädtisches  Quartier 
angelegt  wurde.  Aus  den  etwa  tausend  Inschriften,  die  bei  dieser  Gelegen- 
heit zu  Tage  kamen,  ersah  man,  dass  hier  Columbarien  der  Freigelassenen 
und  Sklaven  der  Antonii,  Appulei,  Clodii,  Cornelii,  Fabii,  Manutii,  Oppii, 
Sallustiij  Sempronii,  Terentii,  Valerii,  Vitruvii  und  vieler  anderen  Familien 
sich  befanden.  Besonders  bemerkenswert  war  eine  Gruppe  von  Inschriften, 
die  sich  auf  die  Curatores  der  Tribus  Pollia  bezog  und  eine  andere  der 
Wagenlenker  und  sonstiger  Angehöriger  der  Factio  prasina  (p.  212).  Auch 
später  noch,  im  Jahre  1897;  sind  in  dieser  Gegend  Reste  von  Gräbern 
von  Freigelassenen  der  Livinei,  Octavii,  Vergüii,  ferner  von  Soldaten  der 
Römischen  Garnison  und  Beamten  mannigfacher  Art  zum  Vorschein  ge- 
kommen. Alle  diese  Gräber  waren  nach  der  Via  Salaria  orientiert  und 
fast  durchgehend  in  Retikulatbau  ausgeführt.  Ausgrabungsberichte  in  den 
Not.  d.  scavi  1886—1900  an  vielen  Stellen.  Vgl.  Bull.  com.  1886  p.  401  flf., 
1897  p.  57  flf.,  276  flf.,  1899  p.  63  flf.,  152  flf.,  263  flf.,  Rom.  Mitt.  1891  p.  124. 

4.  Porta  Nomentana.  In  einen  der  Thortürme  ist  das  an  der  Via 
Nomentana  gelegene  Grabmal  des  Q.  Haterius  (CIL  VI  1426)  eingebaut. 
Es  hatte  die  Form  einer  Ära;  dieser  Haterius  ist  vielleicht  derselbe,  der 
Tac  Ann.  I  13  (Suet.  Tib.  27)  erwähnt  wird.  Er  starb  26  n.  Chr.  fast 
neunzigjährig  (vgl.  Prosop.  Imp.  Rom.  n  p.  126).  —  Vor  dem  Thore  sind 
unter  anderen   Gräbern   die  Columbarien   der  Aelii  und  Domitii  gefunden. 


352 


B.  Topographie  von  Rom. 


Auch  an  der  zu  dem  geschlossenen  Thor    südlich  vom   Pratorianerlager 
hinausführenden  Strasse  ist  1890  ein  grosses  Grabmal  aufgedeckt. 

5.  Porta  Tiburtina.  Innerhalb  wie  ausserhalb  des  Thores  sind 
grosse  Mengen  von  Gräbern  aufgedeckt,  u.  a.  lag  hier  dicht  vor  dem  Thore 
das  Grab  des  M.  Antonius  Asclepiades,  des  Freigelassenen  des  Pailas 
(CIL  VI  11965),  und  der  Begräbnisplatz  der  Freigelassenen  der  Antonia 
Drusi  (Prosop.  Imp.  Rom.  I  p.  106).  —  Weiter  hinaus  {via  Tiburtina  intra 
primum  lapidem  Plin.  Ep.  VII  29)  hatte  der  vielgenannte  Pallas,  der  Frei- 
gelassene des  Claudius,  der  unter  Nero  im  Jahre  62  n.  Chr.  seinen  Tod 
fand  (Prosop.  Imp.  Rom.  HI  p.  7  f.),  sein  Grabmal.  Plin.  a.  a.  0.  beschreibt 
die  Lage  und  überliefert  die  Inschrift:  huic  senatus  ob  fidem  pietatemque 
erga  patronos  ornamenta  praetoria  decrevU  et  sestertium  centies  guinquagies, 
cuiiis  honore  contentus  fuiU 

6.  Via  Praenestina  und  Labicana.  Zur  Linkender  Via Praenestina, 
innerhalb  der  Aurelianischen  Mauer,  wurde  im  Jahre  1733  das  aus  drei 
Columbarien  bestehende  Grab  der  Arruntii  aufgefunden,  geschmückt  mit 
Bildern  und  Mosaiken.  Es  gehörte  wahrscheinlich  dem  L.  Arruntius  L.  f., 
Konsul  6  n.  Chr.,  mit  der  Regulierung  des  Tiber  beauftragt  15  n.  Chr. 
(Tac.  Ann.  I  76),  gestorben  37  n.  Chr.  (Tac.  Ann.  VI  53,  54).  Die  darin 
gefundenen  Inschriften  siehe  CIL  VI  5931—5960.  —  Dicht  daneben  war 
schon  1731  ein  anderes  Columbarium  aus  der  Zeit  des  Augustus  entdeckt 
worden  (CIL  VI  5887 — 5930).  Neue  Funde  kamen  in  derselben  Gegend 
in  den  Jahren  1871—1877  zum  Vorschein,  sieben  Columbarien  aus  der  Zeit 
des  Augustus  (CIL  VI  5961— 6148).  Nahe  dem  Thore  liegt  das  Grab  der 
Statilii  unmittelbar  an  der  Strasse  (CIL  VI  6213—6594).  Dasselbe  war 
bis  in  die  Zeit  des  Claudius  im  Gebrauch,  unter  diesem  Kaiser  wurde 
Statilius  Taurus,  Konsul  44  n.  Chr.,  durch  Agrippina  zum  Selbstmord  ge- 
zwungen (Tac.  Ann.  XU  59),  und  die  Güter  der  Familie  konfisziert.  Dazu 
gehörten  die  ehemaligen  Gärten  des  Pompeius  (vgl.  p.  266).  Über  die 
Familie  der  Statuier,  denen  Rom  auch  ein  Amphitheater  verdankte 
(p.  243),  vgl.  CIL  VI  p.  994  f.  Daneben  befindet  sich  ein  zweites  Statilier- 
Columbarium,  welches  nach  Mommsens  Vermutung  (CIL  VI  p.  1011)  an- 
gelegt wurde,  nachdem  der  aus  dieser  Familie  stammenden  Messalina  die 
väterlichen  Güter  zurückgegeben  waren  (CIL  VI  6595  —  6640).  Auch 
andere  Columbarien  sind  hier  in  der  Nähe  gefunden  worden  (CIL  VI 
6641  bis  6790).  Eines  von  diesen  Columbarien  war  ganz  besonders  durch 
die  darin  befindlichen  Wandgemälde  (jetzt  in  den  Diokletiansthermen, 
Saal  XIII)  ausgezeichnet.  Sie  stammen  aus  dem  Ende  der  Republik  oder 
dem  Anfang  der  Kaiserzeit,  und  bilden  einen  Cyklus,  der  sich  auf  die 
Sagen  von  der  Gründung  der  drei  Städte  Lavinium,  Alba  longa  und  Rom 
bezieht.!)  Der  Plan  des  ganzen  Gräberkomplexes  bei  der  Porta  Prae- 
nestina befindet   sich   im  CIL  VI  p.  982.*)    —    Vor   dem   Thore,    in    dem 


0  Vgl.  Hblbio,  Führer  ü»  p.  257  ff.  Rom. 
Mitt.  1899  p.  216. 

')  Wie  in  dieser  Gegend  die  Schichten 
übereinander  liegen,  sieht  man  aus  dem  Be- 
richt Not.  d.  scavi  1880  p.  30.    Nicht  weit 


von  dem  Statiliergrab  fand  man  Grftber  ans 
republikanischer  Zeit,  darüber  andere  ans  dem 
1.  Jahrh.  n.  Chr.,  das  ganze  war  dann  yon 
Mauern,  Ean&len  und  Substruktionen  aus 
dem  3.  Jahrhundert  durchschnitten. 


8.  Die  Qr&ber.    (§  133.)  353 

Scheitelpunkte  der  beiden  Strassen,  der  Labicana  und  Praenestina,  steht 
das  sowohl  durch  die  Form  (ein  Backofen)  als  auch  durch  ^ie  Reliefs  be- 
merkenswerte Grab  des  Bäckers  Eurysaces  (Taf.  16, 1).  Es  stammt  aus  der 
letzten  Zeit  der  Republik  (CIL  VI  1958).  Auch  ausserhalb  des  Thores  hat  man 
Columbarienfunde  gemacht  (CIL  VI  6791 — 6814).  Drei  Miglien  vor  der 
Porta  Praenestina  ist  im  Jahre  1848  an  der  Via  Labicana  eine  An- 
zahl von  Skulpturen  gefunden,  die  aus  einem  Grabe  stammten,  das  nach 
zwei  an  derselben  Stelle  gefundenen^Inschriften  einem  Zweige  der  Haterier 
gehörte.  Von  den  Reliefs  hat  namentlich  das  auf  p.  172  Abb.  17  abge- 
druckte, einen  Teil  der  Gebäude  der  Sacra  via  darstellende,  Bedeutung 
für  die  Topographie.  Die  Reliefs  stammen  aus  dem  2.  Jahrh.  n.  Chr.  Vgl. 
Helbig,  Führer  I^  p.  462.  Weiter  hinaus  am  5.  Meilenstein  der  Via 
Labicana  war  der  Kaiser  Didius  Julianus  bestattet,  nach  der  Vita  8 :  corpus 
eins  a  Severo  uxori  Manliae  Scantillae  ac  filiae  ad  sepulturam  est  reddüum 
et  in  proavi  monumenta  translatum  miliario  quinto  via  Labicana  (vgl.  p.  280). 

7.  Via  Appia  und  Latina.  Von  Niederlassungen  und  Anbau  war 
an  der  Via  Appia  Jahrhunderte  lang  keine  Rede,  dagegen  haben  schon 
früh  die  grossen  Toten  der  edelsten  Römischen  Geschlechter  hier  ihre 
letzte  Ruhestätte  gefunden.  Cicero  nennt  in  einer  berühmten  Stelle 
(Tuscul.  I  7,  13)  den  Calatinus,  die  Scipionen,  Servilier  und  Meteller,  die 
hier  bestattet  seien.  Weniges  ist  erhalten,  von  allen  Grabstätten  ist  die 
älteste  die  der  Scipionen.  Zwei  dazu  gehörige  Inschriften  wurden  am 
Anfang  des  17.  Jahrhunderts  gefunden,  1780  ist  das  Grab  selbst  entdeckt 
worden.  Es  besteht  aus  zwei  übereinanderliegenden  Teilen,  von  denen 
der  obere  zu  Grunde  gegangen  ist.  Der  untere  ist  durch  eingezogene 
moderne  Pfeiler  verunstaltet,  existiert  aber  noch  zum  grössten  Teil.  Der 
noch  erhaltene,  von  einem  unregelmässigen  Bogen  gebildete  Eingang  war 
nicht  nach  der  Via  Appia,  sondern  nach  einer  Querstrasse  zwischen  dieser 
und  der  Via  Latina  gelegen.  In  dem  Grabe  fand  man  eine  Anzahl  von 
Sarkophagen,  von  denen  der  merkwürdigste  der  aus  einem  Steine  (Peperin) 
gehauene  des  Scipio  Barbatus  ist  (der  grosse  Africanus  war  hier  nicht 
begraben).  Die  auf  den  Sarkophagen  befindlichen  Inschriften,  ehrwürdige 
Denkmäler  der  ältesten  Römischen  Litteratur  (CIL  1 29—39),  befinden  sich 
jetzt  im  Vatikan.  Sie  bestätigen  u.  a.  die  Nachricht  Ciceros  (de  legg.  11 
22,  57),  dass  von  den  Leichen  der  patrizischen  Cornelier  vor  Sulla  keine 
verbrannt  sei.  Nach  Liv.  XXXVIII  56  befanden  sich  in  diesem  Grabmal 
auch  drei  Statuen,  die  des  P.  und  L.  Scipio  und  des  Dichters  Ennius. 
Man  fand  in  demselben  ausser  den  Sarkophagen  mehrere  Köpfe  von 
Statuen  und  einen  Ring.  Bei  der  Aufdeckung  des  Grabmales  ist  in  ruch- 
loser Weise  verfahren  worden.  Mommsen,  der  den  vollständigen  Bericht 
darüber,  wie  über  alles  Hierhergehörige  (CIL  I  p.  11  ff.)  bringt,  sagt 
sarcophagis  suis  Scipiones  extractos,  cineres  sparsos,  tüulos  arcasque  museo 
Vaticano  illata  esse  notum  est. 

An  der  Via  Appia  soll  auch  die  Grabstätte  des  Septimius  Severus 
und  der  Seinen  gelegen  haben.  In  der  Vita  Getiae  7  heisst  es  von 
diesem:  illafusque  est  maiorurn  sepnicro,  hoc  est  Severi,  quod  est  in  Appia 
via    euntibus    ad   portam    dextra    specie    Septizodii    exsfrucftim,     quod    sibi 

Haoilbiicb  der  kiMs.  AltertanMWimenfichaft.  III.  3,  B.  2.  Aufl.  23 


354 


B.  Topoin^phie  ron  Rom. 


äle  vivus  ornaverat  Indessen  ist  gegenüber  den  bestimmten  Nachrichten, 
dass  Severus  und  seine  Söhne  im  Mausoleum  Hadriani  beigesetzt  worden 
sind,  nicht  zu  bezweifeln,  dass  hier  ein  Irrtum  vorliegt,  der  auf  der  Vor- 
stellung beruht,  dass  das  an  der  Südostecke  des  Palatino  gelegene  Sepü- 
zonium  (p.  158)  zum  Grabmal  der  Familie  bestimmt  gewesen  sei.*) 

Aus  späterer  Zeit  stammt  eine  Anzahl  von  teilweise  durch  Malereien 
und  Stuck  verzierten  Columbarien.  1.  In  der  Vigna  Codini  innerhalb 
der  Porta  Appia  mehrere  Columbarien  mit  reicher  Inschriftenausbeute  CIL 
YI  4418—5538.  5679—5886  (Abb.  31).    Sie  stammen  aus  dem  ersten  Jahr- 


Abb.  81.    Colambarimn  In  der  Ylgnt  Codini. 

hundert  n.  Chr.  und  gehören  zum  Teil  der  „familia*  des  kaiserlichen  Hauses 
an,  darunter  ein  1847  aufgedecktes  Monumentum  der  Mai*cella,  der  Nicht« 
des  Augustus.  Dazu  kommt  ein  an  der  Porta  Latina  im  Jahre  1831  auf- 
gedecktes Columbarium,  ebenfalls  aus  dem  Anfange  des  1.  Jahrh.  n.  Chr. 
CIL  VI  5539—5678.  —  2.  Ausserhalb  der  Mauer,  an  der  linken  Seite  der 
Via  Appia  zwischen  dem  ersten  und  zweiten  Meilenstein,  lag  das  1726  auf- 
gedeckte Columbarium  der  Freigelassenen  und  Sklaven  der  Livia,  der 
Gemahlin  des  Augustus,  CIL  VI  3926—4326.  —  3.  Columbarien  haben  sich 
hier  überall  in  der  Gegend  längs  der  Via  Appia  und  Latina  und  zwischen 


M    Vgl.   HiRSCB^BLl),    Die    kaisetlicheti    Grabstätten    in    Rom. 
Akad.  d.  Wiss.  zu  Berlin  1886  p.  1161  f. 


Sitzungsbericht    der 


9.  Nachtrag  zu  p.  76—107:  Das  Forum.  355 

beiden  gefunden  (vgl.  die  Inschriftensammlungen  CIL  VI  6815  —  7783). 
Bemerkenswert  ist  namentlich  der  im  Jahre  1732  in  der  Vigna  Cesario 
gemachte  Fund  einer  grossen  Anzahl  von  Graburnen  mit  Inschriften  aus 
republikanischer  Zeit  (CIL  VI  8211—8397).  Zwischen  dem  zweiten  und 
dritten  Meilenstein  der  Via  Appia  befand  sich  die  Grabstätte  der  Misenen- 
sischen  Soldaten  (CIL  VI  3092—3147). 

Die  Einzelgräber,  die  sich  bis  an  den  Fuss  des  Albanergebirgs  in 
meilenlanger  Reihe  längs  der  Via  Appia  und  Latina  (hier  zwei  durch 
Stuckreliefs  besonders  schön  gezierte)  hinziehen,  sind  sehr  schwer  zu 
bestimmen,  das  meiste  beruht  auf  Kombination.  Sichere  Namen  sind  die 
des  Jasdius  Domitianus  (CIL  VI  1428)  und  des  Abascantus  (CIL  VI  8598, 
8599).  Das  berühmteste  und  fast  allein  gesicherte  ist  das  der  Caecilia 
Q.  Cretici  f.  Metella  Crassi,  der  Tochter  des  Metellus  Creticus  und  Frau 
des  Crassus,  des  Sohnes  des  Triumvirn,  weltbekannt  als  bedeutendstes 
Denkmal  der  Römischen  Campagna. 

8.  ViaOstiensis.  Südwestlich  von  der  Porta  Ostiensis  ist  in  die  Mauer 
die  Pyramide  des  Cestius  so  aufgenommen,  dass  die  der  Via  Ostiensis  zuge- 
wandte Ostseite  ausserhalb,  die  Westseite  innerhalb  der  Mauer  sich  be- 
findet. Auf  beiden  Seiten  steht  die  Inschrift:  C,  Cestius  L.  f.  Pob,  Epulo. 
pr,  tr.pl.  VII  vir.  epulonum,  darunter  auf  der  Ostseite:  opus  apsolutum  ex 
testammto  diebus  CCCXXX  arbitratu  Ponti  P.  f.  Cla.  Melae  heredis  et 
Pothi  l.  (CIL  VI  1374).  Es  ist  vermutlich  derselbe  Cestius,  der  bei  Cic. 
Phil,  in  10,  26  erwähnt  wird;  er  ist  vor  12  v.  Chr.  gestorben.  —  Vor  dem 
Thore  ist  an  der  Via  Ostiensis  eine  ähnliche  Nekropolis,  wie  an  der  Via 
Salaria,  aufgedeckt.  Zahlreiche  Gräber,  ebenfalls  von  Freigelassenen  und 
Sklaven  Römischer  Geschlechter,  sind  hier  gefunden,  zum  grossen  Teil 
Columbarien,  aber  auch  Reste  von  Sarkophagen  und  Skeletten,  alles  sehr 
zerstört.  Vgl.  Bull.  com.  1897  p.  310  ff.  Einen  gleichen  Begräbnisplatz 
hat  man  auch  vor  der  Porta  Portuensis  aufgedeckt;  vgl.  Bull.  com. 
1898  p.  61  fif. 

9.  Nachtrag  zu  p.  76— 107:   Das  Forum. 

Das  Kapitel  über  das  Römische  Forum  war  bereits  gedruckt,  als 
(am  Schluss  des  Jahres  1898)  unter  dem  Ministerium  Baccelli  Ausgrabungen 
eingeleitet  wurden,  die  umfassender  und  vor  allem  gründlicher  waren, 
als  alle  vorhergehenden.  Sie  haben  eine  Reihe  wichtiger  Entdeckungen 
gezeitigt,  die  zum  Teil  ganz  Neues  brachten,  zum  Teil  über  bekannte 
Punkte  neue  Aufklärung.  Das  wichtigste  Unternehmen  war  die  Frei- 
legung der  Nordseite  des  Forums,  die  bis  dahin  unter  einer  fast  10  m 
dicken  Schuttschicht  lag;  sie  führte  zur  Aufdeckung  der  Reste  der  Ba- 
silica  Aemilia,  zur  Freilegung  der  Front  der  Curie  (S.  Adriane)  und  der 
Area  des  Comitiums.  Von  Bedeutung  war  auch  der  Abbruch  der 
Kirche  S.  Maria  Liberatrice;  ausser  der  Freilegung  der  darunter  befind- 
lichen Bauten  bot  sie  die  Möglichkeit,  den  Stylobaten  des  Kastortempels 
völlig  zu  isolieren  und  die  Verbindung  zwischen  Forum  und  Palatin  auf- 
zudecken.   Die  Abräumung  des  Schuttes  führte  ausserdem  zur  Entdeckung 

23* 


356 


B.  Topographie  von  Rom. 


des  an  dieser  Stelle  vermuteten  Teiches  und  Heiligtums  der  Jutuma. 
Nach  und  nach  wurden  dann  die  meisten  Gebäude  zwischen  dem  Tabu- 
larium  und  dem  Titusbogen  in  den  Bereich  der  Ausgrabungen  gezogen. 
Ich  bringe  die  neuen  Entdeckungen  in  der  Reihenfolge,  wie  die  Gebäude 
oben  p.  76—107  behandelt  worden  sind.  Quelle  sind  ausser  eigenen  Be- 
obachtungen die  Berichte  des  Architekten  Boni  in  den  Not.  d.  scavi, 
sowie  die  Aufsätze  von  Lakgiani,  Gatti  und  D.  Yagliebi  im  BuU.  com. 
seit  1899. 

(p.  81  ff.)  Die  Bostra.  Hinter  den  Rostra,  hart  an  dem  um  den  Saturn- 
tempel sich  windenden  Clivus  Capitolinus  und  mit  der  Oberseite  tiefer  als  das 
Niveau  dieses  Weges  liegend  ist  eine  kleine  Portikus  zum  Vorschein  ge- 
kommen, bestehend  aus  acht  nebeneinander  liegenden  Kammern ;  die  erste 
und  zweite  zunächst  dem  Saturntempel  ist,  wie  es  scheint,  um  für  die  Funda- 
mente des  Tiberiusbogens  Raum  zu  schaffen,  zerstört  worden.  Die 
andern  sechs  sind  gut  erhalten,  sie  sind  fast  quadratisch,  1,50  m  breit  und 
hoch  und  1,30  m  tief,  die  Decke  ist  flach,  während  die  Eingänge  Bogenform 
haben.  Die  Zwischenwände  sind  etwa  0,60  m  stark.  Der  Boden  der  Kammern 
ist  mit  Ziegeln  gepflastert,  ebenso  die  Area  davor.  Der  Bau  besteht  aus 
Opus  incertum,  die  Bögen  aus  Peperin,  alles  innen  und  aussen  mit  Stuck 
überzogen  und  gut  erhalten.  Eine  gewisse  Ähnlichkeit  dieser  kleinen  Ar- 
kaden mit  der  Münze  des  LoUius  Palikanus  hat  den  Leiter  der  Aus- 
grabungen Boni  auf  den  Gedanken  gebracht,  in  diesem  Bauwerk  die  von 
Caesar  vom  Comitium  auf  das  Forum  versetzten  Rostra  zu  erkennen.  In 
den  Zellen  sollen  die  Schiffsschnäbel  oder  vielmehr  ganze  Schiffsvorderteile 
gesessen  haben.  Die  bekannten  Rostra  neben  dem  Severusbogen  seien 
erst  von  den  Flaviern  gegründet.  Dagegen  ist  folgendes  zu  bemerken: 
1)  Das  Bauwerk  steht  mit  der  Hinterseite  hart  am  Clivus  Capitolinus, 
kann  also  unmöglich  eine  Plattform  von  der  erforderlichen  Grösse  getragen 
haben;  denn  selbst  eine  Plattform  von  nur  5  m  Tiefe  würde  den  Weg  ge- 
sperrt haben.  Ausserdem  läuft  8 — 4  m  hinter  der  Arkadenreihe  eine  den 
Clivus  entwässernde  Kloake,  deren  Scheitel  höher  liegt,  als  eine  etwa  auf 
den  Arkaden  anzunehmende  Plattform.  2)  Weder  im  Innern  der  Zellen  noch 
an  der  Frontseite  der  Pfeiler  sind  irgend  welche  Spuren  vorhanden,  dass  da- 
selbst Schiffsschnäbel  gesessen  haben;  ebensowenig  zeigen  die  Deckplatten, 
die  alt  zu  sein  scheinen,  Spuren  einer  Balustrade.  3)  Die  Münze  des  Palikanus 
mag  eine  Rednerbühne  darstellen  oder  nicht,  ^)  sie  hat  jedenfalls  nichts  mit 
der  Caesarischen  zu  thun,  die  frühestens  im  Jahre  42  v.  Chr.  (vgl.  p.  82)  de- 
diziert  wurde,  während  die  Münze  wahrscheinlich  im  Jahre  45  v.  Chr.  geprägt 
ist.  4)  Von  einer  abermaligen  Verlegung  der  Rednerbühne  nach  Caesar  ist 
nichts  bekannt,  vielmehr  sagt  Dio  Cassius  a.  a.  0.  von  der  Caesarischen 


»)  Die  Münze  (Cohen  Cons.  T.  XXV 
LoUia  2)  stellt  die  Frontseite  eines  an- 
scheinend halbkreisförmigen  niedrigen  Bans 
dar,  gegliedert  durch  fttnf  auf  Pfeilern  ruhende 
Bogen,  von  denen  drei  mit  Schiffsschnäbeln 
geschmückt  sind.  Darauf  ruht  eine  Platt- 
form, auf  der  ein  Subsellium  steht,  darüber 
steht  der  Name  Palikanus.    Was  ein  Sub- 


sellium auf  der  Rednerbühne  soll,  ist  Qne^ 
findlich;  da  Q.  Lollius  Palikanus  ein  be- 
kannter YolksfÜhrer  und  71  v.  Chr.  Tribus 
war,  so  liegt  es  nahe,  an  die  Snbsellia  tri- 
bunorum  zu  denken,  leider  aber  wissen  wir 
von  ihrer  Beschaffenheit  nichts  Genaueres 
(vgl.  p.  99  und  Val.  Max.  II  2,  7). 


9.  Nachtrag  sn  p.  76—107:  Das  Forum.  357 

Rednerbühne:  rd  ßrjfia  iv (xäcfff  nov  TtQOTeQovrrjg  ayoqäq  ov  ig  rov  vvv  ronov 
avexwqiox^i].  —  Welchen  Zweck  der  Bau  gehabt  hat,  ist  zweifelhaft.  Am 
ersten  möchte  man  an  eine  Substruktion  des  Clivus  Capitolinus  denken,  denn 
auch  in  die  weiter  oben  hinter  der  Porticus  Deorum  consentium  (p.  79.  80) 
befindlichen  Substruktionen  desselben  Weges  sind  Kammern  eingdassen. 
Wären  die  Kammern  nicht  gar  so  niedrig,  so  möchte  man  an  die  Schola 
Xantha  (vgl.  p.  95  f.)  denken.  Die  Ausgrabungen  südlich  davon  haben  die 
Fundamente  des  Bogens  des  Tiberius  zum  Vorschein  gebracht;  sie  messen 
9  zu  6  m,  der  Bogen  war  einthorig,  und  stand  weiter  nach  den  Bostra 
zu,  als  man  bisher  annahm.  Die  sich  auch  auf  die  Nordwestecke  der 
Basilica  Julia  erstreckenden  Ausgrabungen  haben  ältere  Stufen  blosgelegt. 

Betreffs  der  grossen  Rostra  haben  Bonis  Beobachtungen  nichts  Neues 
gebracht.  Die  einzig  erkennbare  und  nachweisbare  Restauration  ist  die- 
jenige, zu  der  die  Marmorbalustraden,  deren  von  mir  zuerst  ausgesprochene 
Zugehörigkeit  zur  Rednerbühne')  jetzt  allgemein  anerkannt  ist,  gehören, 
also  die  Zeit  Hadrians.  Auch  der  letzte  Umbau  der  Rostra,  den  Boni  ent- 
deckt zu  haben  glaubt  und  den  er  als  Rostra  Vandalica  bezeichnet,  ist  schon 
vor  zwölf  Jahren  von  mir  konstatiert  und  beschrieben.  Es  heisst  Jahrb.  d. 
Inst.  1889  p.  7  darüber  (vgl.  oben  p.  83):  „An  die  Nordseite  der  Rednerbühne 
ist  . . .  zu  einer  Zeit,  die  nicht  näher  zu  bestimmen  ist,  ein  Ziegelbau  ange- 
setzt, der  gewöhnlich  als  „Basis''  bezeichnet  wird.  Er  besteht  aus  vier 
flach  überwölbten  Wänden  von  erheblicher  Dicke.  Dass  dieser  Ziegelbau 
einst  eine  Verkleidung  gehabt  hat,  die  mit  der  der  Rednerbühne  im  wesent- 
lichen übereinstimmte,  war  schon  aus  dem  Ablauf  ersichtlich;  aber  es  ist 
bisher  noch  nicht  bemerkt  worden,  dass  auch  dieser  Anbau  Schiffsschnäbel 
getragen  hat,  denn  genau  in  denselben  Abständen  wie  in  der  Tuffquader- 
wand lassen  sich  in  der  Ziegelwand  einige  jener  Zapfenlöcher  beobachten, 
die  durch  die  ganze  Wand  hindurchgehen  und  von  hinten  noch  deutlicher 
wahrnehmbar  sind,  als  an  der  durch  spätere  Restaurationen  stark  alterierten 
Frontseite.  Diese  Basis  ist  also  in  Wirklichkeit  ein  16  Fuss  langer  Yer- 
längerungsbau  der  Rostra,  durch  welchen  die  Reihe  der  Schiffsschnäbel 
um  acht  weitere  verlängert  wurde."  Auf  eine  zu  den  Rostra  gehörige 
Inschrift  aus  der  zweiten  Hälfte  des  5.  Jahrhunderts,  vielleicht  aus  dem 
Jahre  472  n.  Chr.,  die  sich  auf  eine  Restauration  dieses  Bauwerks  bezieht, 
hat  dann  Hülsen  aufmerksam  gemacht  (vgl.  p.  83).  Ob  aber  die  Inschrift 
und  der  Anbau  gleichzeitig  sind,  steht  dahin. 

(p.  89.)  Der  Vestatempel.  Die  noch  erhaltenen  Fundamente 
sind  genauer  als  bisher  untersucht  worden  (Not.  d.  scavi  1900  Mai).  Sie 
bestehen  aus  mehreren  Schichten  von  Gusswerk  mit  einer  Bekleidung  von 
Tuffblöcken,  die  aus  verschiedenen  Zeiten  stammen,  aber  auch  die  unterste 
Schicht  geht  nicht  über  die  Kaiserzeit  hinauf.  Die  oberste  Schicht  aus  gelb- 
lichen Tuffbrocken  (die  anderen  sind  aus  rotbraunem  Tuff),  die  von  der 
darunterliegenden  durch  eine  schmale  Schicht  von  Marmorsplittern  getrennt 
ist  und  bisher  allgemein  für  mittelalterlich  gehalten  wurde,  stammt  ebenfalls 


^)  0,  RicHTBB,  Rekonstruktion  und  Geschichte  der  ROmuichen  Rednerbtklme.  p.  57  ff. 


358  ^*  Topographie  von  Born. 

aus  dem  Altertum  und  gehört  wahrscheinlich  zu  der  Wiederherstellung  nach 
dem  Brande  von  191  n.  Chr.  Neu  ist,  dass  in  der  Mitte  des  Gusskerns  ein 
durch  alle  diese  Schichten  bis  auf  die  Thonerde,  in  die  das  Fundament  ein- 
gebettet ist,  durchgehender  viereckiger  Schacht  sich  befindet,  der  durch  den 
Fussboden  des  Tempels  zugänglich  war.  Die  Seitenwände,  nur  zum  Teil  noch 
erhalten,  sind  zum  Teil  aus  Opus  incertum  hergestellt,  zum  Teil  aus  Gusswerk. 
Der  Grundriss  ist  unregelmässig,  die  vier  Seiten  sind  annähernd  jede  2,50  m 
lang,  aber  keine  der  andern  gleich  (2,50;  2,47;  2,45;  2,30).  Über  den 
Zweck  und  die  Bedeutung  des  Raums  steht  nichts  fest.  An  eine  favisa 
zu  denken,  wie  sie  beim  Capitolium  überliefert  sind  (p.  125  Anm.  2),  uii 
reponi  solerent  signa  vetera,  quae  ex  eo  templo  coUapsa  essent,  et  alia  quae- 
dam  religiosa  e  donis  consecratiSj  liegt  nahe.  Die  Masse  des  Tempelober- 
baues, die  BoNi  aus  den  Besten  erschliesst,  sind  dieselben,-  wie  sie  schon 
Jobdan  und  Schulze  gefunden  hatten,  auch  deren  Rekonstruktion  ent- 
spricht im  wesentlichen  den  neuesten  Funden,  nur  war  der  unterbau  der 
Wiederherstellung  der  Julia  Domna  um  die  oben  erwähnte  Schicht  höher. 

Einen  Beitrag  zur  Geschichte  des  Vestatempels  hat  H.  Dressel 
in  der  Zeitschrift  för  Numismatik  1899,  p.  20  fiF.  gegeben.  Auf  Bronzemünzen 
mit  Divus  Augustus  (Cohen,  Aug.  250.  251)  befindet  sich  ein  Rundtempel  mit 
kanellierten  Säulen  und  kegelförmigem  Dache,  dessen  Bekrönung  eine  kleine, 
den  linken  Arm  auf  ein  Scepter  stützende  Figur  bildet.  Zu  beiden  Seiten  des 
Tempels  steht  je  ein  hohes  viereckiges  Postament,  von  denen  das  eine  einen 
Stier,  das  andere  einen  Widder  trägt;  beide  Tiere  sind  im  Profil  darge- 
stellt und  einander  zugekehrt.  Diese  Darstellung,  die  früher  ziemlich  all- 
gemein auf  einen  zu  Ehren  des  Augustus  errichteten  Tempel  bezogen 
wurde,  kombiniert  Dbessel  mit  der  Darstellung  auf  der  Sorrentiner  Basis 
(vgl.  Rom.  Mitt.  1889,  Taf.  X)  und  einem  Relief  in  Palermo  (vgl.  Rom.  Mitt. 
1894,  Taf.  VI),  auf  denen  religiöse  Handlungen  vor  dem  Tempel  der  Vesta 
dargestellt  sind;  auf  beiden  finden  sich  die  Postamente  mit  Stier  und 
Widder  in  Verbindung  mit  dem  Tempel  wie  auf  der  Augustusmünze.  Er 
schliesst  daraus,  dass  auch  auf  der  Augustusmünze  der  Vestatempel  dar- 
gestellt ist,  und  weiter,  dass  Augustus  eine  Wiederherstellung  desselben 
unternommen  habe,  die  erst  durch  Tiberius  zu  Ende  geführt  sei.  Trotz  des 
Schweigens  der  Überlieferung,  namentlich  auch  des  Monumentum  Ancy- 
ranum,  über  einen  solchen  Bau  ist  eine  Erneuerung  des  Vestatempels 
durch  Augustus  wahrscheinlich,  da  fast  alle  Bauten  des  Forums  von  ihm 
selbst  oder  zu  seiner  Zeit  erneuert  worden  sind,  namentlich  die  den  Vesta- 
tempel umgebenden  Gebäude,  die  Tempel  des  Eastor  und  des  Divus  Julius 
und  die  Regia.  Die  auf  den  Postamenten  stehenden  Tiere  dürften  Weih- 
geschenke sein. 

(p.  88.)  Lacus  Juturnae.  An  der  Ostseite  des  Eastortempels 
ist  der  Lacus  Juturnae  zum  Vorschein  gekommen,  ein  rechteckiges  Bassin, 
dessen  noch  erkennbare  Anlage  bis  in  republikanische  Zeit  zurückgeht, 
aber  in  der  Kaiserzeit  erneut  ist  (Tuff  mit  Marmorbekleidung).  Das  Quell- 
wasser, zu  dessen  Aufnahme  es  diente,  sprudelt  noch  jetzt  klar  und  frisch. 
Das  Becken  hat  die  Orientierung  des  Eastortempels,  von  dem  es  etwa  8  m 
entfernt  ist.   Südlich  von  dem  Lacus  kam  ferner  eine  Gruppe  von  Bauten 


9.  Naobtrag  m  p.  76—107:  Das  Foram. 


359 


zum  Vorschein,  die  auf  die  Juturna  sich  beziehen,  zunächst  ein  marmornes 
Puteal  mit  der  aus  dem  1.  Jahrhundert  n.  Chr.  stammenden  Inschrift  auf 
der  dem  Lacus  zugewendeten  Seite:  M.  Barbaiius  Pollio  aed,  cur.  Jutumai 
sacrum.  rest.  puteal.  *)  Die  Oberfläche  der  Eranzleiste  hat  dieselbe  Inschrift 
ohne  die  beiden  letzten  Worte.  Der  Brunnen  war  bei  der  Auffindung  voll 
von  Erde,  gemischt  mit  Amphorenresten.  —  Vor  dem  Puteal  fand  sich 
ein  etwa  aus  dem  2. — 3.  Jahrhundert  stammender  Altar,  auf  dessen  Vorder- 
seite eine  bekleidete  weibliche  Gestalt  dargestellt  ist,  die  einem  neben  ihr 
stehenden,  mit  Lanze  und  Schild  ausgerüsteten  Manne  die  linke  Hand  ent- 
gegenstreckt (Juturna  und  Turnus?),  an  den  Seiten  des  Altars  die  Patera 
und  das  Praefericulum.  —  Südlich  vom  Puteal  steht  eine  Aedicula,  1,82  m 
zu  1,93  m  gross,  Mauerwerk  von  Ziegeln  mit  Marmorbekleidung,  von  der 
noch  mehrere  Reste  vorhanden  sind.  Untär  den  herumliegenden  Architektur- 
resten ^)  fand  sich  ein  Stück  vom  Epistil  der  Frontseite,  mit  Vertiefungen 
für  die  Bronzebuchstaben  der  Inschrift:  Jutumai  sa  .  .  .  Die  Aedicula  ist 
nicht  völlig  rechtwinklig,  im  Innern  ist  dies  dadurch  ausgeglichen,  dass 
die  Hinterwand  eine  runde  Nische  bildet,  in  der  wohl  die  Statue  der 
Göttin  stand. 

Die  Niederlegung  der  Kirche  S.  Maria  Liberatrice  ist  in  erster  Linie 
der  mittelalterlichen  Topographie  zu  gute  gekommen,  unter  dem  dazu  ge- 
hörigen Garten  ist,  eingebaut  in  den  Kaiserpalast,  eine  alte  Basilica  mit  Wand- 
gemälden zum  Vorschein  gekommen,  deren  Existenz  übrigens  durch  frühere 
Ausgrabungen  schon  bekannt  war;  in  ihr  fand  sich  eine  Inschrift,  aus  der 
hervorgeht,  dass  dies  die  Kirche  S.  Maria  antiqua  war.  Damit  ist  ein 
interessanter  Streit,  der  über  die  Lage  derselben  geführt  worden  ist,  end- 
gültig entschieden.  Vgl.  den  Aufsatz  Lancianis  (der  diese  Kirche  stets 
hier  gesucht  und  in  seiner  Forma  ürbis  den  Namen  schon  an  der  richtigen 
Stelle  eingetragen  hat)  im  Bull.  com.  1900  p.  299  ff. 

(p.  91  f.)  Die  Regia.  Es  war  schon  auf  p.  92  der  Zweifel  ausge- 
sprochen worden,  ob  die  von  Hülsen  versuchte  Rekonstruktion  die  ganze 
Regia  darstellt.  Nachdem  jetzt  die  Fundamente  frei  gelegt  sind,  zeigt  sich 
die  Berechtigung  dieses  Zweifels.  Die  Regia  bildete  ein  Trapez,  in  dessen 
kleinster  nach  Osten  liegender  Seite  der  Eingang  war,  von  dem  wie  von 
der  Treppe  noch  deutliche  Reste  vorhanden  sind.  Die  Westseite  tritt  bis 
auf  2  m  an  die  Hinterwand  des  Heroon  des  Divus  Julius  heran.  Hier  war 
das  Amtshaus  der  Kalatores  pontificum  et  flaminum  angebaut;  der  eben- 
falls trapezförmige  Raum,  in  dem  auch  die  betreffende  Inschrift  (Kalatjorea. 
pontificutn  .  et .  flaminum  verbaut  gefunden  ist,  bewahrt  noch  Reste  des 
schwarzweissen  Mosaikpflasters.  Die  Nordseite  der  Regia  an  der  Sacra  via 
wurde,  bei  Abtragung  des  mittelalterlichen  Strassenpflasters  und  Abräumung 
des  Schuttes  bis  auf  das  Niveau  des  antiken  Pflasters,  zwischen  Regia  und 
Faustinatempel  konstatirt.     Drei  Stufen,  die  längs  der  Mauer  der  Regia 


^)  Das  letzte  Wort  in  carattere  meno 
accurato  del  rimanente  deUa  iscrizione  scheint 
später  hinzugefügt  zu  sein. 

')  Die  bei  der  Ausgrabung  sonst  zum 
Vorschein    gekommenen    Architektur-    und 


Skulpturreste  sind  wohl  zum  Teil  im  Mittel- 
sJter  hierher  transportiert  worden.  Aus  In- 
schriftresten hat  man  geschlossen,  dass  sich 
hier  eine  Statio  aquarum  befand. 


360  B*  Topographie  von  Born. 

einherliefen,  und  auf  der  anderen  Seite  der  Strasse  drei  Stufen  der  Treppe 
des  Faustina-Tempels  kamen  dabei  zum  Vorschein.  —  Die  Beste  selbst 
gehören  in  verschiedene  Perioden.  Die  Marmorfragmente  etc.  stammen 
zum  Hauptteil  von  der  Wiederherstellung  durch  Domitius  Calvinus,  teil- 
weise auch  wohl  von  der  Wiederherstellung  nach  dem  Brand  unter  Com- 
modus.  Darunter  liegen  die  aus  Tuffquadern  bestehenden  Reste  des  re- 
publikanischen Baues;  namentlich  gehört  dazu  die  südliche  Umfassungs- 
mauer, die  parallel  der  alten  Umfassungsmauer  des  Vestalenhauses  läuft. 
Spuren  dieser  Tuffkonstruktion  sind  auch  auf  der  Westseite  gefunden. 
Im  Innern  des  Gebäudes  ist  ein  bedeutender  Teil  des  alten,  aus  der  Zeit  der 
Republik  stammenden  Paviments  gefunden,  aus  Tuffsteinen  bestehend;  auf 
demselben  erhebt  sich  das  Fundament  eines  kleines  Rundbaus,  vielleicht 
des  Sacrariums  des  Mars.  NördKch  davon  ist  ein  ebenfalls  aus  Toff- 
quadern  bestehender  in  die  Erde  eingebauter  tholusartiger  Bau  erhalten, 
dessen  Durchmesser  3,09  m,  dessen  Tiefe  4,86  m  beträgt.  Er  hat  in  seinem 
unteren  Teile  cylindrische  Form,  im  oberen  verjüngt  er  sich  in  Euppel- 
form;  die  Innenwand  ist  verputzt,  gleich  der  der  Gisteme  auf  dem  Palatin 
(p.  134).  —  Ausserdem  ist,  ebenfalls  aus  republikanischer  Zeit  stammend, 
in  der  Nähe  der  Nordwestecke  ein  Brunnen  gefunden  worden,  0,69  m 
im  Durchmesser  und  14,13  m  tief.  Ein  anderer  Brunnen  aus  republika- 
nischer Zeit  ist  zwischen  der  südlichen  Aussenmauer  der  Regia  und  der 
Umfassungsmauer  des  Yestatemenos  aufgedeckt,  0,71  m  im  Durchmesser 
und  etwa  5  m  tief,  ebenfalls  aus  Tuffquadern  erbaut. 

(p.  92.)  Der  Tempel  des  Antoninus  und  der  Faustina.  Die 
Entfernung  des  mittelalterlich-modernen  Pflasters  zwischen  dem  Tempel 
und  der  Regia  und  die  Abräumung  des  Schuttes  bis  auf  das  antike  Niveau 
haben  die  Treppe  des  Tempels  frei  gelegt.  Es  kamen,  wie  oben  er- 
wähnt, drei  weitere  Stufen  des  Tempels  zum  Vorschein  und  gegenüber 
drei  Stufen  der  Regia.  Es  zeigte  sich  ferner,  dass  die  Treppe  des  Tempels 
spät  überbaut  war.  Die  betreffenden  Teile  sind  entfernt  worden.  Nicht 
weit  davon,  in  der  Nähe  des  Romulustempels,  hat  man  drei  zum  Fabiei^ 
bogen  gehörige  Bogensteine  gefunden,  den  Standort  des  Bogens  selbst  bat 
man  auch  jetzt  noch  nicht  entdeckt. 

(p.  92  f.)  Die  Aedes  Divi  Juli.  Die  auf  p.  93  ausgesprochene  An- 
sicht, dass  die  halbrunde  Nische  in  der  Front  der  Rostra  Julia  vermutlich 
bei  den  von  diesen  Rostra  aus  gehaltenen  laudationes  zur  Aufbahrung  des 
Leichnams  diente,  ist  hinfällig  geworden.  Im  Innern  der  Nische  ist  der  Back- 
steinkern eines  runden  Altars  gefunden,  damit  also  Jobdans  Frage  (Top. 
I  2  p.  409):  Hatte  in  der  Nische  die  Ära  gestanden?  bejaht.  Die  Aus- 
grabungen an  der  Rückfront  des  Tempels  haben  die  schon  Jahrb.  1889 
p.  146  von  mir  besprochenen  Fundamente  zum  Vorschein  gebracht;  da- 
nach scheint  es  doch,  dass  die  a.  a.  0.  besprochene,  an  die  beiden  Lang- 
seiten des  Tempels  angelegte  Terrasse  auch  die  Rückseite  umlief.  —  Einige 
Aixhitekturreste  sind  auf  dem  Gebiete  der  Basilica  Aemilia  gefunden  worden. 

(p,  93  f.)  Der  Arcus  Augusti,  Mehrere  Reste  vom  Oberbau  dieses 
Triumphbogens  sind  zum  Vorschein  gekommen.  Dagegen  sind  sichere 
Spuren   des  an   der  Nordseite  des  Tempels  vermuteten  Bogens  nicht  ge- 


9.  Naohirag  eu  p.  76-107:  Das  Forum.  361 

funden  worden.  Der  auf  den  Veduten  von  Heemskerk  und  aus  dem  £scurial 
dargestellte  Bogen  (vgl.  p.  94),  den  auch  de  Rossi  für  den  Rest  eines  Triumph- 
bogens (Fabier-  oder  Augustusbogen)  gehalten  hat,  hat  sich  als  ein  mittel- 
alterlicher Bau  erwiesen  (Bull.  com.  1899  p.  194  f.).  Die  Freilegung  der  Reste 
der  Basilica  Aemilia  zeigt  überdies,  dass  hier  ein  Bogen  von  der  Ausdehnung 
des  südlichen  mit  drei  Durchgängen  nicht  gestanden  haben  kann,  die  von 
mir  angenommene  symmetrische  Ausgestaltung  der  Ostseite  des  Forums 
(Jahrb.  d.  Inst.  1889  p.  157,  vgl.  Abb.  7  auf  p.  94)  ist  also  nicht  bestätigt 
worden.  Indessen  ist  die  Frage,  ob  hier  irgend  ein  Bogen  gestanden  hat, 
noch  keineswegs  abgethan.  An  der  betreffenden  Stelle  liegt  ein  Haufen 
von  mehreren  Schichten  von  Architekturresten,  zum  Teil  zur  Basilica 
Aemilia  gehörig,  zum  Teil  wohl  hierhergeschleppt.  Zu  oberst  liegt  eine 
auf  mehreren  Marmorblöcken  eingehauene  Inschrift,  die,  nach  Lage  und 
Bruch  der  Steine  zu  urteilen,  noch  so  daliegt,  wie  sie  von  der  Höhe  des 
Bauwerkes,  zu  dem  sie  gehörte,  herabgestürzt  ist.  Die  Inschrift  lautet: 
L.  Caesari  Augusti  f.  Divi  n.  principi  iuventutis  cos.  desig.  cum  esset  ann, 
nat  XIIIL  aug.  senatus.  Die  sofort  ausgesprochene  Meinung,  dass  hier 
die  bei  Sueton  Aug.  29  erwähnte  Porticus  Gai  et  Luci  {quaedam  etiam 
opera  sub  nomine  alieno,  nepotum  scüicet  et  uxoris  sororisque  fecit,  ut  porti- 
cum  basilicamque  Gai  et  Ltici  etc.)  zu  suchen  sei,  ist  sicher  falsch,  denn 
diese  Porticus  basilicaque  Gai  et  Luci  ist  nichts  anderes  als  das  bekannte, 
nachher  als  Basilica  Julia  dedizierte,  an  der  Südseite  des  Forums  errich- 
tete Gebäude.  Jedenfalls  sass  die  Inschrift  an  der  Wand  eines  hier  stehenden 
Gebäudes,  denn  die  Hinterseite  der  Steine  ist  unbehauen.  Sie  könnte  also, 
wie  auch  Langiani  zugiebt,  an  der  Attica  eines  Bogens  gesessen  haben. 
Auf  die  Enkelsöhne  des  Augustus  beziehen  sich  auch  zwei  Basen,  die  wahr- 
scheinlich in  der  Nähe  des  Caesartempels  gestanden  haben.  Die  eine, 
CIL  VI  3748,  gefunden  zwischen  der  Nordostecke  der  Basilica  Julia  und 
dem  Caesartempel,  neuerdings  ergänzt  durch  ein  in  dem  Schutt  der  Sacra 
via  zwischen  Faustinentempel' und  Tempel  des  Romulus  gefundenes  Stück, 
bezieht  sich  auf  C.  Caesar,  die  andere,  CIL  VI  901,  nach  einer  Vigna  bei  den 
Caracallathermen  verschleppt  und  ebenfalls  durch  ein  im  Schutt  der  Sacra 
via  gefundenes  Stück  zu  ergänzen,  auf  L.  Caesar.  Es  wird  durch  diese 
Basen  sowohl  wie  durch  die  Monumentalinschrift  ein  neuer  Beweis  für 
die  im  Jahrb.  d.  Inst.  1889  p.  158  ff.  von  mir  erörterte  Thatsache  ge- 
liefert, dass  die  Ostseite  des  Forums  von  Augustus  zu  einem  Denkmale 
seiner  Monarchie  umgeschaffen  wurde. 

(p.  95.)  Die  Basilica  Aemilia.  Die  Freilegung  der  Basilica 
ist,  wie  der  Plan  zeigt,  nicht  vollständig,  aber  doch  soweit  gediehen,  dass 
man  sich  eine  Vorstellung  von  Ausdehnung .  und  Gestaltung  des  Baues 
machen  kann.  Die  Basilica  nimmt  fast  den  ganzen  Raum  zwischen  dem 
Argiletum  und  dem  Faustinentempel  ein.  Mehrere  Stufen  führten  von  der 
Strasse  ad  Janum  (p.  107)  auf  einen  mit  Marmorplatten  gepflasterten,  vor 
der  Front  der  Basilica  herlaufenden  Trottoirstreifen,  und  weitere  drei  Stufen 
in  eine  14— 15  m  breite  Portikus,  die  in  der  Front  durch  16  Pfeiler  im 
Abstände  von  6 — 7  m  getragen  und  nach  hinten  zu  durch  eine  Tuffmauer 
abgeschlossen  war.   Von  dieser  Mauer  gingen,  den  16  Pfeilern  entsprechend. 


362  B.  Topographie  von  Born. 

auf  diese  zu  eben  so  viele  Querwände  von  ca.  7  m  Länge  aus,  so  dass 
der  ganze  Raum  in  eine  Reihe  von  Tabernen  und  eine  davor  laufende 
Halle  von  ca.  7  m  Breite  und  85  m  Länge  gegliedert  war.  Jenseits  der 
Tuflfmauer  lag  die  grosse  dreischiffige  Halle  der  Basüica;  aus  den  ver- 
schiedenen Massen  der  daselbst  gefundenen  Säulenreste  von  afrikanischem 
Marmor  ergibt  sich,  dass  sie  zwei  Säulenstellungen  übereinander  hatte. 
Die  Tuflfmauer  selbst,  die  ursprünglich  auf  den  Bau  des  Jahres  14  v.  Chr. 
zurückgehen  mag,  stammt  in  ihrer  jetzigen  geflickten  und  auf  die  Hälfte  der 
Stärke  reduzierten  Gestalt  vielleicht  aus  dem  Ende  des  3.  Jahrhunderts  n.Chr. 
Eine  Verbindung  der  Tabernen  mit  dem  Innern  der  Basüica  ist  ursprüng- 
lich gewiss  nicht  vorhanden  gewesen,  doch  sind  die  Spuren  einer  Tbür, 
die  aber  sicher  nicht  als  Eingangsthür  zur  Basilica  gelten  kann,  konstatiert. 
Über  die  Ausgestaltung  der  Ost-  und  Westseite,  an  der  wir  die  Ein-  und 
Ausgänge  der  Basüica  zu  suchen  haben,  steht  nichts  sicheres  fest.  Die 
von  Hülsen  (vgl.  p.  95)  behandelten  Zeichnungen  des  Cinquecento  mit 
Skizzen  eines  Gebäudes,  das  an  der  Westseite  der  Basilica  gestanden 
hat,  haben  zu  einer  noch  nicht  geschlichteten  Gontroverse  zwischen  ihm 
und  Lanciani  Anlass  gegeben.  Die  grössere  Wahrscheinlichkeit  ist  dafür, 
dass  die  auf  den  Zeichnungen  dargestellten  Reste  Teüe  der  Westfa^ade 
der  Basilica  darstellen,  trotzdem  das  Gebäude,  dem  sie  entstammen  sollen, 
als  edifizio  quadro  bezeichnet  wird.  An  den  am  Ausgang  des  Argiletums 
stehenden  Tempel  des  Janus  ist  nicht  zu  denken.  Dies  ebenso  be- 
rühmte, wie  äusserlich  unbedeutende  Tempelchen  (vgl.  p.  102  und  die  Abb. 
auf  Taf .  4),  war  gewiss  längst  verschwunden.  Jedenfalls  haben  die  stattlichen 
Reste  jener  Zeichnungen  nichts  mit  ihm  zu  thun,  auch  die  Ausgrabungen 
haben  in  dieser  Hinsicht  nichts  ergeben.  —  Die  Pfeüerportikus  ist,  wahr- 
scheinlich im  5.  Jahrhundert  n.  Chr.,  noch  einer  durchgreifenden  Umge- 
staltung unterzogen  worden.  Die  Pfeiler  sind  abgetragen  worden  und 
durch  eine  Reihe  von  Säulen  ersetzt,  die  erheblich  enger  standen  als  jene, 
anstatt  der  16  Püaster  23  Säulen.  Viele  Basen  und  Teüe  der  Säulen 
sind  noch  vorhanden.  Welchen  Zweck  dieser  gewaltsame  Umbau,  der  sich 
auch  auf  die  Tabernen  erstreckte,  gehabt  hat,  ist  schwer  zu  sagen.  Jeden- 
falls steht  die  Basilica  Aemilia  unter  den  Gebäuden  des  Forums  in  der  Hin- 
sicht einzig  da,  dass  sie  in  einer  durch  die  Umbauten  der  späteren  Jahr- 
hunderte vöUig  alterierten  Gestalt  wieder  zu  Tage  getreten  ist.  Die  be- 
kannte Streitfrage  über  die  Herkunft  der  24  Säulen  von  Pavonazetto  in 
S.  Paolo  fuori  le  mura,  von  denen  Fba  behauptet  hatte,  sie  stammten  aus 
der  Basüica  Aemilia,  andere,  sie  stammten  vom  Mausoleum  Hadriani  (Rom. 
Mitt.  1888  p.  95,  1889  p.  242),  hat  durch  die  Ausgrabungen  nur  insofern 
eine  Förderung  erfahren,  als  Säulen  von  Pavonazetto  auf  der  Trümmer- 
stätte nicht  gefunden  sind.  Andererseits  sind  aber  in  dem  bis  «jetzt  aus- 
gegrabenen Teüe  auch  keine  Standspuren  für  diese  1,19  m  im  Durchmesser 
starken  Säulen  gefunden  (vgl.  Lanciani  im  Bull.  com.  1899  p.  178  ff., 
1900  p.  4). 

Hart  an  den  zur  Basilica  emporführenden  Stufen  ist  ein  rundes, 
nach  Westen  zu  rechteckiges  marmornes  Basament  von  ca.  2  m 
Durchmesser  zum   Vorschein  gekommen,    vielleicht   das   Fundament    des 


Taf.  18. 


'.Jt.jflM.iim^ 


\' 


Älteste  Denkmäler  des  Comitiums. 

(Die  punktierten  Linien  auf  dem  Plan  bezeichnen  das  über  den  Denkmälern  liegende 
Pflaster  von  Nero  antico  und  dessen  Einfassung  durch  Travertinplatten.) 


9.  Nachtrag  an  p.  76—107:  Das  Forun.  363 

Sacellum  der  Venus  Cloacina,  das  hier  gelegen  haben  muss  (vgl. 
p.  102). 

(p.  97  flf.)  Das  Comitium.  Von  allergrösster  Wichtigkeit  sind  die 
Ausgrabungen  für  die  Kenntnis  des  Comitiums  geworden.  Die  Entfernung 
der  9  m  hohen  Schuttschicht  vor  der  Front  der  Curie  (S.  Adriane),  sowie 
die  Abtragung  der  durch  den  Bogen  des  Septimius  Severus  führenden 
Pflasterstrasse,  die  keineswegs  mittelalterlich  war,  sondern  nach  den  dar- 
unter gefundenen  Gegenständen  aus  dem  Anfang  des  19.  Jahrhunderts 
stammte  (vgl.  Not.  d.  scavi  1900  p.  810),  haben  zu  einer  Beihe  überraschen- 
der Entdeckungen  geführt.  Hatte  man  schon  an  anderen  Stellen  des 
Forums  das  Übereinanderliegen  mehrerer  Pflasterungen  konstatieren  können, 
wie  z.  B.  vor  dem  Tempel  des  Divus  Julius,  so  gelang  es  hier,  vier  zeit- 
lich aufeinanderfolgende  Schichten  aufzudecken.  Zu  oberst  liegt  das  Tra- 
vertinpflaster  des  Mittelalters,  wie  es  bis  zum  11.  Jahrhundert  offen  ge- 
legen hat,  darunter  das  Pflaster  der  späteren  Kaiserzeit,  und  in  gleicher 
Höhe  das  Pflaster,  das  vermutlich  bei  Neuordnung  des  Comitiums  durch 
Caesar  gelegt  wurde,  von  lunensischem  Marmor,  darunter  das  Pflaster 
des  republikanischen  Comitiums.  Das  letztere,  aus  ausgezeichnet  gefügten 
Traventinplatten  bestehend,  weicht  von  den  anderen  in  der  Orientierung 
ab.  Während  jene  nach  der  Curie  orientiert  sind,  hat  dieses  eine  un- 
gefähre Orientierung  von  Nord  nach  Süd,  bestätigt  also  die  auf  p.  97  f. 
dargelegte  Ansicht  von  der  Lage  des  vorcaesarischen  Comitiums.  Die 
Untersuchung  des  Bodens  hat  bei  diesem  Pflaster  nicht  Halt  gemacht, 
sondern  sich  auch  auf  die  darunter  liegenden  Schichten  erstreckt.  Boni 
hat  noch  etwa  zwanzig  verschiedene  Schichten  konstatiert,  die  nach  und 
nach  über  dem  natürlichen  Boden  durch  künstliche  Aufschüttung  ent- 
standen sind,  und  von  denen  mehrere  Reste  von  Gefässen,  Ziegeln  etc. 
enthalten,  in  der  untersten  fand  sich  ein  Stück  eines  italischen  Gefässes 
aus  der  sogenannten  lazialischen  Periode  (Typus  Villanova)  mit  eingeritzten 
geometrischen  Ornamenten.  Die  Gesamttiefe  dieser  Schichten  beträgt 
4,04  m.  Ihre  Prüfung  lässt  uns  eine  Vorstellung  von  der  langen  Entwick- 
lung gewinnen,  die  dieser  Boden  durchgemacht  hat,  bevor  er  in  dem 
Pflaster  des  republikanischen  Comitiums,  das  doch  wohl  über  das  2.  Jahr- 
hundert (Catonische  Zeit,  vgl.  p.  50  f.)  nicht  hinaufreichen  dürfte,  sozusagen 
in  die  Phase  der  monumentalen  Entwicklung  eintrat. 

Von  grösserer  Wichtigkeit  noch  waren  die  Entdeckungen,  die  man 
bei  Abräumung  der  durch  den  Severusbogen  führenden  Pflasterstrasse 
machte.  In  geringer  Tiefe  unter  diesem  Pflaster,  in  gleichem  Niveau  mit 
dem  jüngsten  kaiserlichen  Forumspflaster  kam  eine  ein  unregelmässiges 
Viereck  von  etwa  3  zu  4  m  Grösse  bildende,  mit  schwarzem  Marmor  {nero 
antico)  nicht  gerade  sehr  sorgfaltig  gepflasterte  Area  zum  Vorschein,  die 
an  der  Südseite  und  den  anliegenden  Teilen  der  West-  und  Ostseite  mit 
aufrecht  stehenden,  roh  aneinander  gefügten  Travertinplatten  eingefasst 
war.  Der  Mittelpunkt  dieses  Pflasters  ist  29,50  m  von  der  Curie  und 
19,50  m  vom  Bogen  des  Septimius  Severus  entfernt.  Bei  der  Fortsetzung 
der  Ausgrabungen  stiess  man  etwa  1,40  m  unter  diesem  Pflaster  und  0,80  m 
niedriger  liegend  als  das  republikanische  Travertinpflaster  des  Comitiums  auf 


364 


B.  Topographie  von  Born. 


ein  älteres  Pflaster  desselben,  das  aus  einer  festgestampften  Schicht  von  Tuff- 
brocken bestand.  Auf  diesem  Pflaster  fand  man  eine  Gruppe  von  Monumenten, 
sämtlich  aus  Tuff  und  offenbar  von  hohem  Alter  (vgl.  Taf.  18) :  1.  Einen  recht- 
eckigen Sockel  und  auf  diesem  zwei  parallel  nebeneinander  stehende  0,290  m 
hohe  Basen,  jede  2,662  m  lang  und  1,3m  breit.  Im  von  einander  entfernt, 
mit  der  vorderen  Schmalseite  nach  Norden  zu  gerichtet.  An  der  hinteren 
Seite,  nach  Süden  zu,  sind  sie  durch  einen  gleich  hohen  Tuffstreifen  von 
0,435  m  Breite  verbunden.  In  dem  Zwischenraum  zwischen  den  Basen 
liegt  ein  ebenfalls  0,290  m  hoher,  0,52  breiter  und  0,725  langer  Tuff  block. 
Auf  den  Basen  sind  noch  die  Reste  eines  altertümlichen  Ablaufs  erhalten. 
Von  dem  aber,  was  sie  einst  getragen  haben,  ist  jede  Spur  verschwunden. 
Reste  eines  Baues  von  gleicher  Orientierung  sind  hinter  diesem  Denkmal 
zum  Vorschein  gekommen,  —  2.  Westlich  von  dieser  Gruppe,  von  ihr  um 
30**  abweichend  und  ziemlich  genau  nach  Norden  orientiert,  liegen  die 
Reste  eines  anderen  Bauwerks,  d^s  in  der  Front  mehrere  Stufen  hat  und, 
soweit  erkennbar,  aus  zwei  Teilen  besteht,  zunächst  den  Basen  ein  drei- 
eckiger Stufenbau,  daran  sich  an- 
schliessend ein  rechteckiger,  beide  Teile 
mit  gemeinsamer  Front.  Auf  der 
obersten  (dritten)  Stufe  des  dreieckigen 
Baues  zunächst  den  Basen  steht  der 
Stumpf  einer  konischen  Säule  aus 
gelblichem  Tuff,  die  den  Bau  nach 
dieser  Seite  hin  wirkungsvoll  abschloss, 
so  dass  zu  vermuten  ist,  dass  auch 
nach  Osten  zu  das  Bauwerk  einst  in 
gleicher  Weise  endigte.  Hinter  dem 
Stumpf  steht,  in  den  Stufenbau  ein- 
gelassen, ein  Cippus  von  dunklerem 
Tuff,  mit  einer  altertümlichen  Inschrift 
bedeckt,  deren  Verständnis,  von  einzelnen  wenigen  Worten  abgesehen, 
leider  dadurch  so  gut  wie  unmöglich  gemacht  ist,  dass  der  Cippus  in 
einer  Höhe  von  61  cm  Höhe  abgehauen  ist,  und  von  der  in  einem  verti- 
kalen Bustrophedon  geschriebenen  Inschrift  nur  halbe  oder  noch  weniger 
als  halbe   Zeilen    ohne   Zusammenhang   erhalten   sind.^)     Sämtliche    hier 


Abb.  32.    Cippus  mit  arohalBcher  iDschrift  vom 
Gomitiom. 


^)  Die  Inschrift  ist  zuerst  behandelt 
worden  in  den  Not.  d.  scavi  1899  p.  171  ff. 
in  den  über  die  Ausgrabung  an  den  Minister 
erstatteten  Berichten  von  L.  Ceci  (auch  be- 
sonders erschienen  unter  dem  Titel:  Stele 
con  iscrizione  latina  arcaica  scoperta  nel 
Foro  Romano).  Cecis  in  grosser  Eile  und  mit 
nicht  geringem  Selbstvertrauen  aufgestellte 
Ergänzung  und  Erklärung  der  Inschrift  ist 
ein  reines  Phantasiestück.  Der  von  be- 
sonneneren Gelehrten,  namentlich  von  Hülsen 
dagegen  erhobene  Einspruch  hat  zu  einer 
Zeitungspolemik  geführt,  die  einen  um  so 
unerquicklicheren  Charakter  annahm,  als 
Ceci  die  Sache  auf  politisches  Gebiet  hinüber- 


spielte und  sich  in  den  heftigsten  Angriffen 
auf  deutsche  Wissenschaft  und  deutsche  Ge- 
lehrte erging.  Dies  hat  nicht  hindern  können, 
dass  alle  späteren  Erklärer  der  Inschrift, 
Italiener  wie  Deutsche,  Cecis  Erklärung  ein- 
mütig abgelehnt  haben. — Weitere  Erklärungs- 
versuche bringen  u.  a. :  Pais,  Nuova  Anto- 
logia  1899;  Enmann,  Die  neuentdeckte  archa- 
ische Inschrift  des  Römischen  Forums,  Bull, 
de  TAcad.  Imperiale  des  sciences  de  St 
Petersbourg,  V.  Serie,  Band  XI  Nr.  5  (De- 
zember 1899);  CoMPARETTi,  Iscrizione  arcaica 
del  Foro  Romano,  Firenze-Roma  1900.  —  Die 
gründliche  Verschiedenheit  aller  dieser  Er- 
klärungsversuche voneinander  ist  der  beste 


9.  Nachtrag  ni  p.  76—107:  Das  Forum. 


365 


liegende  Bauten  sind  ersichtlich  absichtlich  bis  zu  einer  bestimmten  Höhe 
entweder  abgetragen  oder  wie  der  Cippus  gewaltsam  verstümmelt,  und 
der  Boden  bis  zur  Höhe  der  Abtragung  aufgefüllt,  zuerst  mit  einer  etwa 
einen  halben  Meter  starken  Schicht  von  Flusskies,  darüber  mit  einer 
0,40  m  starken  Schicht  von  Asche,  in  der  allerlei  Reste  aus  dem  6.  bis 
1.  Jahrhundert  v.  Chr.,  Idole  von  Bronze  und  Elfenbein,  Vasenscherben, 
Knochen  von  Opfertieren  etc.  sich  befanden.  Oberhalb  der  von  diesen  beiden 
Schichten  verschütteten  Denkmäler  lagen  bis  zu  dem  schwarzen  Pflaster 
weitere  Schichten  von  Tuff-  und  Travertinbrocken  etc.,  in  denen  sich  auch 
Splitter  von  Nero  antico  gefunden  haben.  Das  diese  Schichten  abschliessende 
Pflaster  von  Nero  antico  ist  nicht  vollständig  rechteckig  und  hat  eine  von 
den  darunter  liegenden  Denkmälern  abweichende  Orientierung  (vgl.  Taf.  18). 
Die  Deutung  dieser  Denkmalsgruppe  ist  nicht  leicht.  Klar  ist,  dass 
die  Tuffbauten  auf  einem  Paviment  liegen,  das  einst,  und  zwar  lange  vor 
der  Zeit,  in  der  das  fast  einen  Meter  höher  liegende  republikanische  Comitiums- 
pflaster  von  Travertin  gelegt  wurde,  das  Niveau  des  Comitiums  bildete,  und 
dass  die  Zerstörung  resp.  Abtragung  dieser  Bauten  durch  die  Erhöhung  des 
Niveaus  erforderlich  wurde.  Der  zur  Aufhöhung  des  Bodens  verwendete 
Kies,  sowie  die  darüber  liegende  Schicht  sind  von  anders  woher  hierher 
gebracht  worden,  können  also  für  die  Zeit  der  Zerstörung  direkt  keine 
Beweise  liefern. »)  Offenbar  lagen  die  hier  aufgedeckten  Gebäude  auf  der 
Grenze  zwischen  Forum  und  Comitium,  welches  sich  demnach  in  aller- 
ältester  Zeit  erheblich  weiter  nach  Süden  erstreckte,  als  nach  der  Bekon- 
struktion  Taf.  9  angenommen  worden  ist.  Bemerkenswert  ist  die  ver- 
schiedene Orientierung  der  beiden  Bauten:  während  der  westlich  gelegene 
die  Süd-Nord-Orientierung  hat,  die  aus  anderen  Gründen  für  das  Comitium 
angenommen  (p.  97  f.)  und  durch  das  neugefundene  Comitiumspflaster  be- 
stätigt worden  ist,  weichen  die  östlich  liegenden  Basen  etc.  um  30^  nach 
Osten  ab.  —  Wir  wissen  nun  aus  Schriftstellernotizen,  dass  auf  der  Grenze 
von  Forum  und  Comitium  die  älteste  Rednerbühne  lag;*)  wir  werden  also 
diese  in  erster  Linie  hier  suchen,  zumal  eine  Notiz  in  den  Scholien  des 
Cruquius  zu  Horaz  Epod.  16,  13  sagt:  Plerumque  aiunt  in  rostris  Bomulum 
sepultum  fuisse  et  in  memoriam  huius  rei  leones  duos  ibi  fuisse,  sicut  hodieque 
in  sepulcris  videmus,  cUque  inde  esse  ut  pro  rostris  mortui  laudarentur,  und 
die  beiden  neu  aufgefundenen  Postamente  unzweifelhaft  sehr  geeignet  sind, 
schreitende  oder  ruhende  Löwen  zu  tragen.  Die  Nachricht  geht  offenbar 
auf  Varro  zurück,  wie  denn  Porph.  zu  der  Stelle  sagt:  nam  Varro  post 
rostra  fuisse  sepultum  Bomulum  dicit.     Andererseits  nennt   Dionys.  I  87 


Beweis,  dass  der  kümmerliche  Rest  allen 
Versnchen,  ihm  sein  Geheimnis  zu  entreissen, 
spottet. 

^)  Sayignoni,  der  die  in  dieser  Schicht 
gefundenen  Stücke  geprüft  hat  (Not.  d.  scavi 
1900  p.  143  f.),  sagt  auf  p.  145:  In  conclu- 
siotie  abbiamo  una  suppeUetiile,  la  cui  erono- 
logia  varia  dal  VI  secölo  (e  per  qualche 
caao  farse  anche  dal  VII)  al  secolo  I  a.  Cr,; 
peraltro  i  gruppi  pih  ahhondanti  sono  il  piü 
antico  e  ü  piü  recente.    luiti  i  descritti  og- 


getti  furono  trovaii  canfusi  insieme  nello 
Strato  di  cenere  e  carboni,  non  giä  strati- 
ficati  a  seconda  deUe  hro  diverse  epoche; 
siecht  8%  tratta  evidentemente  di  un  materiah, 
non  giä  proprio  di  un  deposito  formatoai  a 
mano  a  mano,  ma  ü  trasportato  da  altra 
parte  e  tutto  in  una  volia  ad  uso  di  riem- 
pimento, 

*)  O.  RicBTEB,  Rekonstruktion  nnd  Ge- 
schichte der  römischen  Rednerhflhne  p.  42  ff. 


366  B«  Topographie  von  Born. 

vov  Xäovxa  tov  id^tvov,  og  ixsno  f^g  äyoqotg  zffi  x&v  ^Pioiiaitav  iv  ry  xga- 
%ia%((f  XiOQiff  naQcc  roVg  ifißakoig  als  das  Grab  des  Faustulus,  und  Pest.  p.  177: 
niger  lapis  in  comüio  locum  funestum  significcU,  ut  aii,  Romuli  morti  desti- 
natum,  sed  non  usu  ob(venit,  ut  ibi  aepeliretur,  sed  FauJsttUum  nutri 
(dum) . . .  ^).  Die  zerstörte,  resp.  abgetragene  Denkmalsgruppe  ist  anscheinend 
an  derselben  Stelle  nicht  wieder  aufgebaut  worden,  sondern  der  Boden  über 
den  Resten  wurde  planiert  und  wahrscheinlich  auch  gepflastert.  Auch 
dies  würde  die  Annahme,  dass  wir  es  hier  mit  der  Rednerbühne  und  ihrer 
Umgebung  zu  thun  haben,  begünstigen,  da  diese  bei  der  Neuregulierung 
des  Comitiums  durch  Caesar  von  ihrem  ursprünglichen  Standort  an  die 
Westseite  des  Forums  verlegt  wurde  (vgl.  p.  82).  Auch  dass  man  zur 
Auffüllung  des  Terrains  an  dieser  Stelle  jene  p.  365  Anm.  1  geschilderte 
Opferschicht,  deren  jüngste  ausschlaggebende  Bestandteile  aus  dem 
1.  Jahrhundert  v.  Chr.  stammen,  verwendet  hat,  könnte  mit  der  Ex- 
augurierung  des  Templums  der  Rednerbühne  zusammenhängen;  aber 
so  einfach  diese  Kombination  klingt,  sicher  erscheint  sie  nicht,  da 
die  betreffenden  Bauten  nicht  in  der  Höhe  des  Caesarischen  Pflasters,  son- 
dern tiefer,  etwa  in  der  des  republikanischen,  abgetragen  sind.  Es  ist 
nicht  ausgeschlossen,  dass  die  Schriftsteller  des  1.  Jahrhunderts,  die  von 
den  Denkmälern  des  Comitiums  sprechen,  die  jetzt  zum  Vorschein  ge- 
kommenen, möglicherweise  seit  Legung  des  ersten  Pflasters  des  Comitiums 
schon  verdeckten  überhaupt  nicht  kannten,  sondern  dass  ihre  Bemerkungen 
sich  auf  andere,  oberhalb  dieses  Pflasters  errichtete  und  jetzt  verschwundene 
Denkmäler  beziehen.')  —  Das  über  dieser  Stelle  befindliche  schwarze 
Marmorpflaster  hat  mit  der  Yerschüttung  nichts  zu  thun.  Ehe  dies  gelegt 
wurde,  müssen  Jahrhunderte  vergangen  sein,  der  Boden  war  schon  weiter 
erhöht  (vgl.  Not.  d.  scavi  1900  p.  338);  es  liegt  in  demselben  Niveau  mit 
dem  spätesten  kaiserlichen  Pflaster,  auch  ist  es  nach  der  Diokletianischen 
Curie  orientiert.  Die  Herstellung  dieses  Pflasters,  das  doch  wohl  als  eine 
nicht  eben  sehr  gelungene,  in  der  Grösse  jedenfalls  stark  übertriebene 
Nachahmung  des  von  Festus  als  Grab  des  Romulus  bezeichneten  niger  lapis 
betrachtet  werden  darf,  muss  in  einer  Zeit  erfolgt  sein,  die  die  Traditionen 
der  ältesten  Römischen  Geschichte  wieder  aufleben  Hess.  Ich  glaube,  dass 
hier  Hülsen  (Archäol.  Anzeiger  1900  p.  3  f.)  das  Richtige  gesehen  hat, 
indem  er  Maxentius,  den  grossen  Verehrer  der  Gründungszeit  Roms,  als 
Urheber  annahm.  Auf  dem  Comitium  hat  sich  nämlich  eine  zwar  nicht 
mehr  an  der  ursprünglichen  Stelle  befindliche,  aber  sicher  vom  Comitium 
stammende  Basis 3)  gefunden  mit  der  Inschrift:  Marti  invido  patri  et  aetemae 
urbis  suae  conditoribus  dominus  noster  Imp.  Maxentius  p.  f.  invictus  Aug.  Sie 
trägt  das  Datum  des  21.  April,  des  Gründungstages  Roms,  und  zeigt,  dass 


')  DetlefseNi  De  arte  Romanorum  anti- 
quissima  III  1. 

')  Nach  anderen  Erklären!  sollen  die 
Zerstörungen  an  diesen  Denkmälern  schon 
auf  die  Gallische  Katastrophe  zurückzuführen 
sein,  wogegen  ausser  vielem  andern  die  syste- 


matische Niederlegong  derselben  spricht 

')  Die  Basis  war  ursprünglich  von  den 
Quinquennalen  und  Dekurionen  der  fahrt 
tignarii  (einem  Kaiser?)  dediziert.  Vgl.  Gatti 
im  Bull.  com.  1899  p.  213  ff. 


9.  Nachtrag  sa  p.  76 — 107:  Das  Forum. 


367 


Maxentius  der  Ausschmückung  des  Gomitiums  als  der  Stätte  der  ältesten 
Oeschichte  Roms  sein  besonderes  Interesse  zugewandt  hat.^ 

Die  Ostgrenze  des  Gomitiums  wird  durch  drei  Basen  bezeichnet,  von 
denen  die  eine  dem  Kaiser  Constantius  dediziert  ist,  auf  den  andern  fehlt 
die  Frontseite  mit  der  Inschrift.  Neben  diesen  Basen  ist  zwischen  dem 
schlechten  mittelalterlichen  Pflaster  ein  Rest  des  Travertinpflasters  der 
späteren  Kaiserzeit  zum  Vorschein  gekommen,  weiter  nach  der  Curie  zu  in 
grossen  Resten  das  auf  gleichem  Niveau  liegende  Marmorpflaster  der 
Kaiserzeit  aus  regelmässigen  1,00  X  li75  m  grossen  und  0,15  m  dicken 
Platten  aufgedeckt.  Drei  in  einer  Linie  parallel  mit  der  Front  der  Curie 
auf  diesen  Platten  wahrnehmbare  0,75  m  im  Quadrat  messende,  0,01  m 
tiefe  Einmeisselungen  zeigen  die  Standorte  von  Statuenbasen.  Über  mehrere 
Basen,  die  vom  Comitium  stammen,  aber  etwa  im  6.  Jahrhundert  ver- 
baut worden  sind,  siehe  Bull.  com.  1900  p.  220  ff.  Nach  dem  Forum  zu 
endigt  dies  Pflaster  in  einem  0,42  m  breiten  Kanäle;  jenseits  desselben 
beginnt  das  rohe  Pflaster  des  Mittelalters,  das  etwa  20  Centimeter  höher 
liegt  als  das  Marmorpflaster  und  wahrscheinlich  eben  wegen  dieses  Niveau- 
unterschiedes die  Anlage  des  Kanales  zur  Ableitung  des  Wassers  veran- 
lasste. Ober  diesem  Kanäle,  teils  auf  dem  Marmor-,  teils  auf  dem  mittel- 
alterlichen Travertinpflaster  liegt  ein  kreisrundes  flaches  Becken  von  5,26  m 
Durchmesser,  das  einst  eine  Granitschale  trug  (eine  scdiens,  vgl.  p.  388). 
Die  Lage  des  Beckens  über  dem  Kanal  und  dem  mittelalterlichen 
Pflaster  zeigt,  dass  es  erst  spät,  frühestens  im  4.  Jahrhundert  hier  an- 
gelegt oder  hierher  geschafft  wurde,  denn  die  Travertinsteine,  aus  denen 
es  besteht,  verraten  eine  viel  bessere  Arbeit  als  die  des  4.  Jahr- 
hunderts.^) Längs  des  Abzugskanals  nach  der  Curie  zu  liegen  Travertin- 
steine mit  Einschnitten,  an  denen  man  sieht,  dass  der  der  Curie  zunächst 
liegende  Teil  des  Comitiums  durch  ein  Gitter  oder  eine  ähnliche  Vor- 
richtung abgeschlossen  war.  Östlich  von  der  Stätte  des  schwarzen 
Pflasters  ist  die  Standspur  einer  grossen  Basis  wahrnehmbar.  Spuren,  die  auf 
das  Denkmal  führen  könnten,  das  hier  gestanden  hat,  sind  nicht  gefunden. 
Die  Standspur  hat  etwa  die  Grösse  der  am  Südrande  der  Forumsarea 
stehenden  Basen.  —  Endlich  hat  sich  unterhalb  des  republikanischen  Pflasters 
eine  grössere  Anzahl  von  Schachten  gefunden,  bis  jetzt  ungefähr  zwanzig; 
sie  sind  meistens  von  rechteckigem  Grundriss,  waren  mit  Erde  gefüllt 
und  sind  durch  das  republikanische  Pflaster  verdeckt  worden.  Wozu  sie 
gedient  haben,  ist  fraglich,  vielleicht  waren  es  ähnliche  Gruben,  wie  die 
auf  p.  187  erwähnten  Doliola.  Spärliche  Reste  von  Amphoren  und  anderen 
Gefässen  haben  sich  darin  gefunden. 

Die  Freilegung  des  Comitiums  hat  auch  die  Front  der  Diokletianischen 
Curie  von  den  den  unteren  Teil  bedeckenden  Schuttmassen  befreit.  Vor 
der  Frontmauer  des  Gebäudes  lag  das  Fundament  der  Treppenanlage 
von  Gusswerk;  die  Eingangsthür  aus  Diokletians  Zeit  war  mit  Trümmern 


^)  Das  Nähere  über  Maxentius  vgl.  bei 
Hülsen  a.  a.  0.  und  in  dem  angeführten 
Aufsatz  von  Oatti. 

')  üeber  die  Schicksale  der  auf  diesem 


Becken  aufgerichteten  Schale,  die  möglicher- 
weise dieselbe  ist,  die  jetzt  vor  dem  QuiriniJ- 
palaste  steht,  vgl.  LANCiAin,  Le  fontane  del 
Comizio,  Bull.  com.  1900  p.  13  ff. 


368  B.  Topographie  von  Born. 

von  Säulen  von  Porphyr  und  weissem  Marmor,  mit  Stücken  von  Peperin 
und  Travertin,  Inschriftenresten,  Skulpturresten  und  Marmorbrocken  jeg- 
licher Art  vermauert,  wahrscheinlich  nicht  vor  dem  11.  Jahrhundert  (Nor- 
mannenzeit), in  dem  ein  neuer  Eingang  in  der  Höhe  der  bis  damals  auf 
4,85  m  angewachsenen  Schuttschicht  geschaffen  wurde,  von  dessen 
Schwelle  noch  Reste  im  Mauerwerk  sitzen.  Im  Innern  der  antiken  Thür 
liegt  noch  ein  Rest  des  Paviments  von  buntem  Maimor.  Auch  ganz  ge- 
ringe Reste  der  äusseren  Marmorbekleidung  der  Gm*ie  haben  sich  erhalten. 
Im  Mittelalter  ist  der  Ort  als  Begräbnisplatz  benutzt.  Man  fand  nicht 
nur  mehrere  Sarkophage,  sondern  auch  in  die  Ousskemmasse  der  Treppe 
Gräben  hineingetrieben,  die  mit  Gebeinen  gefüllt  waren,  und  in  der  Wand 
der  Curie  selbst  Loculi^  in  denen  noch  Leichen  lagen. 

(p.  100.)  Die  Area  des  Forums.  Wie  oben  schon  (p.  363)  beim 
Gomitium  erörtert  ist,  stammt  das  letzte  Pflaster  des  Forums  nicht,  wie 
früher  angenommen,  aus  der  letzten  Zeit  des  Altertums,  sondern  aus  dem 
Mittelalter.  Vor  dem  Tempel  des  Divus  Julius  und  dem  Kastortempel  sind 
Reste  des  antiken  Pflasters  erhalten.  Vor  ersterem  sieht  man  über  dem 
älteren  Pflaster  das  mittelalterliche  liegen,  und  ninmit  die  durch  die  Neu- 
pflasterung bedingte  Erhöhung  des  Niveaus  wahr.  Dass  die  Area  kein  Recht- 
eck bildete,  ist  nun  nach  Aufdeckung  der  Basilica  Aemilia  sicher;  die  am 
Westende  des  Platzes  liegenden  Rostra  bilden  weder  mit  dem  Süd-  noch 
mit  dem  Nordrande  einen  rechten  Winkel.  Die  am  Forum  stehenden  Ge- 
bäude sind  verschieden  orientiert,  haben  aber  gruppenweise  die  gleiche 
Richtung;  so  haben  der  Tempel  des  Divus  Julius,  der  Augustusbogen 
imd  die  Basilica  Aemilia  die  gleiche  Richtung  und  zwar  dieselbe  wie 
der  Goncordiatempel  und  der  Yespasianstempel  (Saturntempel).  Ebenfalls  eine 
gleiche  Richtung  haben  die  Basilica  Julia,  der  Kastortempel,  der  östlich 
sich  anschliessende  Neubau  des  Vestalenhauses  und  die  gesamten  östlich 
davon  liegenden  Bauten  bis  zum  Titusbogen  und  die  Eonstantinsbasilica. 
Eine  abweichende  Orientierung  haben  der  Tempel  der  Vesta  und  die  Regia. 
Es  ist  die  Orientierung  der  älteren  noch  unter  den  darüberliegenden  Neu- 
bauten des  3.  Jahrhunderts  nachweisbaren  Bauten.  Die  Curie  und  das 
Templum  urbis  haben  die  Orientierung  der  Kaiserfora,  dagegen  der 
letzterem  vorgelegte  Romulustempel  hat  wiederum  die  Orientierung  der 
gleichzeitigen  Konstantinsbasilica.  Mit  keinem  anderen  Bau  des  Forums 
teilt  die  Rednerbühne  ihre  Orientierung. 

Wichtig  waren  die  Ausgrabungen  auch  für  die  Kenntnis  des  Kloaken- 
systems in  den  das  Forum  umgebenden  Strassen.  Besonders  ist  hervor- 
zuheben, dass  vor  der  Front  des  Saturntempels  nach  Abtragung  von 
modernem,  an  den  Stylobaten  des  Tempels  angebauten  Mauerwerk  der 
Rest  einer  grossen  gewölbten  Kloake  zum  Vorschein  kam,  die  unter  der 
jetzt  vöUig  verschwundenen  Treppe  des  Saturntempels  herlief.  Sie  ist 
sehr  alt,  konstruiert  aus  kleinen  Blöcken  von  Peperin,  die  nördliche  Wand 
scheint  ursprünglich  zu  einem  noch  älteren  Bauwerk  gehört  zu  haben. 
Ihrer  Richtung  nach  zu  urteilen,  ergoss  sie  sich  in  die  Kloake,  die  in  der 
Richtung  von  Norden  nach  Süden  am  Fuss  des  Kapitels  entlang  gehend 
durch   den  Vicus  Jugarius  entweder  die  Cloaca  maxima  oder  direkt  den 


9.  Naobtrag  su  p.  76—107:  Das  Forum.  369 

Tiber  erreichte.  Diese  Kloake  ist  neuerdings  in  der  Via  della  Consolazione 
(Vicus  Jugarius)  wiederaufgefunden. 

Eine  andere  Kloake,  ebenfalls  aus  republikanischer  Zeit  (2.  Jahr- 
hundert V.  Chr.)  stammend,  ist  unter  der  Basilica  Aemilia  aufgefunden. 
Sie  ist  in  monumentaler  Weise  gebaut,  der  untere  Teil  aus  Travertin- 
quadem,  der  obere  aus  Tuff.  Es  ist  möglich,  dass  sie  vor  Regelung  der 
Nordseite  des  Forums  durch  den  Basilikenbau  die  von  der  Subura  her^ 
kommenden  Wasser  in  die  Cloaca  maxima  leitete.  Seitdem  nahm 
die  Kloake  den  Weg  von  der  Subura  her  durch  das  Argiletum  (vgl. 
Taf.  IIb). 

Eine  dritte  grosse  Kloake  hat  man  unter  der  Sacra  via  zwischen 
dem  Tempel  der  Faustina  und  der  Regia  aufgefunden,  die  gut  erhaltenen 
Wände  sind  von  Tuff-Retikulat.  Auch  das  Entwässerungssystem  im  V estalen- 
hause,  das  wegen  der  ungesunden  Lage  dieses  Baus  (vgl.  p.  90)  von  be- 
sonderer Wichtigkeit  war,  ist  bei  den  neuen  Ausgrabungen  aufgedeckt 
worden. 

(p.  163.)  Sacra  via.  Das  unförmliche  Pflaster  der  Strasse  vom  Tempel 
der  Faustina  an  bis  zur  Höhe  der  Velia  ist  entfernt  worden;  die  Lava- 
polygone waren  durch  den  Gebrauch  abgerundet,  mehrfach  umgelegt,  was 
sich  an  den  nach  verschiedenen  Richtungen  gehenden  Wagenspuren  zeigte. 
Es  hatte  die  jetzige  Form  erst  in  neuerer  Zeit  erhalten,  und  war  in  jeder 
Hinsicht  wertlos.  Zwei  Meter  darunter  hat  man  eine  Strasse  von  ausser- 
ordentlich gut  gefügtem  Pflaster  gefunden,  die  aber  schon  im  Altertum 
durch  Auf  höhung  des  Terrains  verdeckt  worden  ist,  denn  sie  biegt  vor  der 
Basilica  des  Konstantin  nach  Süden  und  verschwindet  unter  den  dort  liegenden 
Häusern.  Es  ist  dies  die  Strasse,  deren  Lauf  aus  der  Orientierung  der 
in  einer  unteren  Schicht  liegenden  Fundamente  schon  p.  163  gemutmasst 
wurde.  Wann  die  oberste  Häuserschicht  entstanden  und  damit  der  Strasse 
eine  neue  Richtung  gegeben  ist,  wurde  ebendaselbst  besprochen.  Es 
war  bis  dahin  ziemlich  allgemein  angenommen,  dass,  nachdem  der  Brand 
unter  Commodus  im  Jahre  191  n.  Chr.  den  ganzen  zwischen  dem  Forum 
und  der  Velia  liegenden  Stadtteil  in  Asche  gelegt  hatte,  man  ihn  nach 
einem  einheitlichen  Plan  wiederaufbaute,  bei  dem  die  Orientierung  des 
Hadrianischen  Tempels  der  Venus  und  Roma  zur  Richtschnur  genommen 
worden  sei.  Indessen  scheint  es  jetzt  geboten  anzunehmen,  dass  diese 
Neuregulierung  nach  einem  Brande  am  Ende  des  3.  Jahrhunderts,  ent- 
weder dem  unter  Carinus  im  Jahre  283  n.  Chr.,  oder  einem  unter  Maxentius 
(vgl.  p.  164)  stattgefunden  hat.  Es  heisst  nämlich  von  der  von  diesem 
erbauten  Basilica  im  Chronographen  von  354  von  Domitian:  horrea  pipe- 
rataria,  ubi  modo  est  bcisilica  Constantiniana.  Die  Reste  dieser  Horrea  (vgl. 
p.  164  Anm.  2)  sind  bekannt,  sie  liegen  zum  Teil  unter  der  Basilica,  zum 
Teil  vor  der  Front  derselben  an  der  nunmehr  zu  Tage  liegenden  Sacra 
via,  deren  stark  abweichende  Orientierung  sie  haben.  Aus  den  Worten 
des  Chronographen  muss  geschlossen  werden,  dass  diese  Horrea  bis  zur 
Erbauung  der  Basilica  bestanden  haben,  und  erst  diesem  Bau  gewichen 
sind.  Vor  ihrer  Entfernung  war  aber  eine  Verlegung  der  Strasse  nicht 
möglich.      Die    Regulierung    der    Strasse    und    damit    die    des    ganzen 

Handbuoh  der  Uub.  AltertTunswüsenschaft  in,  8,  B.   2.  Aufl.  24 


370  B.  Topographie  Ton  Born. 

Terrains  nach  einheitlichem  Plane  ist  also  in  diASeit  des  Maxentius  zu 
setzen.  Die  Strasse  wurde  geradlinig  und  bekam  statt  5  m  eine  Breite 
von  23  m.  —  Bei  der  Abtragung  des  modernen  Weges  hat  man  in  ver- 
schiedenen Niveaus  vor  der  Front  der  Basüica  Reste  von  Pflasterungen 
entdeckt,  die  vom  Ende  des  3.  Jahrhunderts  anfangend  bei  immer  wach- 
sender Aufhöhung  des  Bodens  gelegt  wurden. 

Das  ganze,  nach  Langiani  von  der  Porticus  margaritaria  bedeckte 
Quartier  zwischen  der  Basilica  und  der  Nova  via  ist  von  neuem  ausge- 
graben, nachdem  es  vor  mehreren  Jahren  zum  Teil  wieder  verschüttet 
worden  war.  Es  haben  sich  dabei  bis  jetzt  keine  Spuren  von  dem  west- 
lich vom  Titusbogen  angenommenen  Tempel  des  Jupiter  Stator  ge- 
funden (vgl.  p.  139  f.). 


Anhänge. 


I.  Die  konstantinische  Regionsbeschreibung. 

(Der  Text  iat  der  der  Notitia.  Die  in  Klammem  stehenden  Worte  fehlen  im  Curiosam. 
Alle  sonstigen  Abweichungen  des  Curiosnms  sind  in  Anmerknngen  zugefügt.) 

Regio  L  Porta  Capena.  Continet:  aedem  Honoris  etVirtutis,  Camenas 
(et)  lacum  Promethei,  balineum  Torquati  (et  Vespasiani),  therm%s  Severianas 
et  Commodianas,  aream  Apollinis  et  Splenis  (et  Calles),  vicum  vitrarium, 
aream  pannariam,  mutatorium  Gaesaris,  balineum  (Bolani  ^)  et)  Mamertini, 
aream  carruces,  (balineum  Abascanti  et  Antiochiani,)  aedem  Martis  (et 
Minervae  et  Tempestatis),  flumen  Almonis,  arcum  divi  Veri  (Parthici)  et 
(divi)  Traiani  et  Drusi. 

Vici  X,  aediculae*)  X,  vicomagistri^)  XLVIII,  curatores*)  II,  insulae 
m.CCL,  domos  CXX,  horrea  XVI,  balinea»)  LXXXVI,  lacos  LXXX(VI)I, 
pistrina  XX.  

Continet  pedes  Xn.CCX(Vra)I  s. 

Region.  Caelemontium.  Continet:  templum  Claudii,<^)  macellum 
magnum,  lupanarios,  antrum')  Cyclopis,  cohortem»)  V.  vigilum,  castra 
peregrina,  caput  Africae,  arborem  sanctam,^)  domum  Philippi, 
Yictiliana,  ludum  matutinum  et  Oallicum,^^)  spoliarium,  samiarium,  (arma- 
mentarium,)  micam  auream. 

Vici  VII,  aediculae  VII,  vicomagistii  XLVIII,  curatores  11,  insulae 
ilLDC,  domos  CXXVII,  horrea  XXVH,  balinea  LXXXV,  lacos  LXV, 
pistrina  XV.  

Continet  pedes  XII.CC. 

Regio  m.  Isis  et  Serapis.  Continet:  monetam,  amphitheatrum  qui 
capit  loca  LXXXV^II,  ludum  matutinum^')  (et  Dacicum),  Domum  Brutti 


*)  Cur.:  Abascantis. 

*)  Das  Guriosum  kOrzt  entweder  ab  aed. 
oder  schreibt  aus  aedem  oder  a  e  d  e  s ,  bringt 
auch  die  folgenden  Worte  unter  falscher  Auf- 
lösung der  Abkürzungen. 

')  Im  Cur.  abgekürzt  vicomag.  oder 
vicomagn.  oder  vicomagnum. 

*)  Cur.dafOrcuratoriaodercuratorie, 
curationes. 


^)  Cur.  stets  balnea. 
')  Cur.:  Claudium. 
')  Cur.:  atrium. 

^)   Cur.  schreibt  hier   und  Überall   co- 
hortes. 

')  Reihenfolge  im  Cur.:  caput  Africes, 
arborem  sanctam,    castra  peregrinn. 
Cur.:  Dacicum. 
Cur.:  magnum. 

24* 


"i 


372  B.  Topographie  von  Born. 

Praesentis,  summum   choragum,  lacum  pastorum,   scholam  quaestorum  et 

caplatorum,    thermas    Titianas    et    Traianas,    porticum    Liviae,^)    castra 

Misenatium.^) 

_       Vici  XII,  aediculae  Xu,  vicomagistri  XLVIII,  curatores  n,  insulae 

ILDCCLVn,  domos  (C)LX,  horrea  XVII, »)  balinea  LXXX,  lacos  LXV,  pi- 

strina  XVI.  

Continet  pedes  XII.CCCL. 

Begio  lY.  Templum  Pacis.  Continet:  porticum  absidatam,  (aream 
Volcani,)  aureum^)  bucinum,  ApoUinem  sandaliarium,  templam  Telluris, 
(horrea  chartaria,)  tigillam  sororium,  colossum  altum  pedes  dl  s.  habet 
in  capite  radia  (numero)  VII  singula  pedum  XXII  s.,  metam  sudantem, 
templam  Romae  (et  Veneris),  aedem  Jovis  (Statoris),  viam  sacram,  basi- 
licam  Gonstantinianam,  templum  Faustinae,  basilicam  Pauli, ^) 
forum  transitorium,  Suburam,  balineum  Dafnidis. 

Vici  Vni,  aediculae  VIII,  vicomagistri  XLVTII,  curatores  II,  insulae 
ii.DCCLVII,  domos  LXXXVHI,  horrea  XVIII,  balinea  LX(X)V,  lacos 
LXX(VII)I,  pistrina  XV. 

Continet  pedes  XIII. 

Begio  «V.  Esquiliae.  Continet:  lacum  Orphei,  macellum  Liviani, 
nympheum  (divi)  Alexandri,  cohortem  11.  vigilum,  Herculem  Sullanum, 
hortos  Pallantianos,^)  amphitheatrum  castrensem,  campum  Viminalem 
subager,  Minervam  medicam,  Isidem  patriciam.'') 

Vici  XV,  aediculae  XV,  vicomagistri  XLVTII,  curatores  11,  insulae 
ÜLDCCCL,  domos  CLXXX,  horrea  XXH,  balinea  LXXV,  lacos  LXXIIH, 
pistrina  XV.  

Continet  pedes  XV.DC. 

Begio  VI.  Alta  semita.  Continet:  templum  Salutis^)  et  Serapis, 
templum  Florae,^)  Capitolium  antiquum,  ^<^)  statuam  Mamuri,  templum 
dei  Quirini,  (malum  punicum,)  hortos  Sallustianos,  gentem  Flaviam,  thermas 
Diocletianas  (et  Constantinianas),  (castra  praetoria,)  X  tabernas,  gallinas 
albas,  (aream  Candidi),  cohortem  III.  vigilum.**) 

Vici  XVII,  aediculae  XVII,  vicomagistri  XLVIII,  (curatores  11,  insulae 

m.CCCCra,   domos  CXLVI,  horrea  XVHI,)  balinea  LXXV,  lacos  LXXHI, 
pistrina  XVI. 

Continet  pedes  XV.DCC. 

Begio  Vn.  Via  lata.  Continet:  lacum  Ganymedis,  cohortem  I.  vigi- 
lum, arcum  novum,  nympheum  Jovis,  aediculam  caprariam,  campum  Agrippae, 
templum  Solis  et  castra,  porticum  Oypsiani  et  Constantini,  (templa  duo 


M  Cur.:  Libies. 

^)  Cur.:  Misenantium. 

>)  Cur.:  XVni. 

*)  Cur.:  aura. 

^)  Reihenfolge  im  Cur.:  basilicam 
novam  et  Paulii   templum  Faustinae. 

^)  Cur.  in  umgekehrter  Reihenfolge;  es 
schreibt:  hortos Pallatianum,  Herculem 
Syllanum. 


')  Cur.:  Insidem  patricium. 

^)  Cur.:  Salusti. 

•)  Cur.:  Floram. 

*°)  Im  Cur.  folgt  hier  thermas  Con- 
stantinianas; es  Ifisst  dafOr  unten  et  Con- 
stantinianas fort. 

*')  Reihenfolge  im  Cur.:  cohort.  III  vi- 
gilum, X  tabernas,  gallinas  albas. 


Anhänge.    L  Die  konstantmisohe  Begionsbesohreibung.  373 

nova  Spei   et  Fortunae,)    equum^)   Tiridatis  regis  Armeniorum ,   forum 
suarium,  (hortos  Largianos),  mansuetas,  lapidem  pertusum. 

Vici  XV,  aediculae  XV,  vicomagistri  XLVHI,  curatores  11,   insulae 

in.DCCCV,    domos  CXX,    horrea   XXV,   balinea  LXXV,   lacos   LXXVI, 

pistrina  XV.*)  

Continet  pedes  XV.DCC.8) 

Begio  Vni.  Forum  Bomannm  (vel)  magnnm.  Continet:  rostra^)  UI, 
Genium  populi  Romani  (aureum  et  equum  Constantini),  senatum,  atrium 
Minervae,  forum  Caesaris,  Augusti,  Nervae,  Traiani,  templum  (divi) 
Traiani  et  columnam  coclidem  altam  pedes  CXXVn(I)  s.  gradus  intus 
habet  CLXXX(V)  fenestras  XLV,  cohortem  VI.  vigilum,  basilicam  argen- 
tariam,  templum  Concordiae,  (umbilicum  Romae,  templum)^)  Saturni  et 
Vespasiani  et  Titi,  Capitolium,  miliarium  aureum,^)  basilicam  Juliam,  templum 
Castorum,^)  Vestam,  horrea  (Germaniciana  et)  Agrippiana,  aquam  cementem 
IUI  scaros  sub  aede,^)  atrium  Caci,  (vicum  iugarium  et  unguentarium, 
Graecostadium,)  porticum  margaritarium,  elefantum  herbarium. 

Vici  XXXIV,  aediculae  XXXIV,  vicomagistri  XLVIII,  curatores  II, 
insulae  m.CCCCLXXX,  domos  CXXX,  horrea  XVIII,  balinea  LXXXV,») 
lacos  CXX,  pistrina  XX. 

Continet  pedes  Xin.LXVn.io) 

Begio  ESI.  Circus  Flaminius.  Continet:  stabula  (numero)  Iin  factio- 
num  Vni,  *9>  (aedes),  porticum  Philippi,  Minucias")  (duas)  veterem  et  frumen- 
tariam,  cryptam  Balbi,  theatra  in  inprimis  Balbi  qui  capit  loca  XI.DX, 
Pompei  capit  loca  XVn.DLXXX,  Marcelli  capit  loca  XXD,  odium  capit 
loca  X(I)DC,  Stadium  capit  loca  XXX.LXXXVffl,  campum  Martium,  tri- 
garium,  ciconias  nixas,  pantheum,  basilicam  ^^)  Matidies  (et)  Marcianes, 
templum  (divi)  Antonini  et  columnam  coclidem  altam  pedes  CLXXV  s. 
gradus  intus  habet  CCIII  fenestras  LVI,  (Hadrianeum,)  thermas  Alexan- 
drianas  et  Agrippianas,  porticum  argonautarum  et  Meleagri,  Iseum  et 
Serapeum,!*)  Di  verum,  insulam  Felicles. 

Vici  XXXV,  aediculae  XXXV,  vicomagistri  XLVUI,  curatores  II,  in- 
sulae n.DCCLXXVn,  domos  CXL,  horrea  XXV,  balinea  LXin,  lacos  CXX, 
pistrina  XX. 

Continet  pedes  XXXILD. 

Regio  X.  Palatiom.  Continet:  casam  Romuli,  aedem  Matris  deum 
et  ApoUinis  Ramnusi,  pentapylum,  domum  Augustianam  et  Tiberianam, 
auguratorium,  (aream  Palatinam,)  aedem  Jovis  (Victoris,   domum  Dionis), 


*)  Gar.:  equos. 

«)  Cur.:  XVL 

»)  Cur.:  Xm.CCC. 

*)  Cur.:  rostras. 

^)  Das  Curiosum  schiebt  et  ein. 

')  Im  Curiosum  folgen  hier  vicum 
iugarium,  Graecostadium,  die  in  der 
Noiitia  erst  weiter  unten  stehen. 

')  Das  Curiosum  schiebt  hinter  Casto- 
mm  et  Minervae  ein. 


^)  Cur.:  eadem. 

»)  Cur.:  LXXXVI. 

»0)  Cur.:  Xini.LXVII. 

«»)  Cur.:  VI. 

'')  Cur.:  Minuciam. 

**)  Hinter  basilicam  schiebt  das  Curio- 
sum Neptuni  ein. 

*^)  Das  Curiosum  hat  hinter  Serapeum 
noch  Minervam  chalcidicam. 


374 


B.  Topographie  von  Bom. 


curiam  veterem,  Fortanam  respicientem,  septizonium  divi  Severi,  Victoriam 
Germanicianam,  lupercam. 

Yici  XX,  aediculae  XX,  vicomagistri  XLVIII,  caratores  II,  insulae 
ILDCXLII,')  domos  LXXXIX,  horrea  XLVHI,  balinea  XLIUI,  lacos  LXXXIX,«) 
pistrina  XX.  

Continet  pedes  XI.DX. 

Begio  XI.  Circus  Mazimiis  (qui  capit  loca  CGGGLXXXV).  Continet: 
templum  Solis  et  Lunae,  aedem  Matris  deum  et  Jovis  (arboratoris), 
duodecim  portas,  templum  Mercarii,  (aedem  Ditis  patris,)  Cererem,') 
portam  trigeminam,  ApoUinem  caelispicem,  Herculem  olivarium,  Velabrum, 
(Fortunium,)  arcum  (divi)  Gonstantini. 

_  Vici  XIX,  aediculae  XIX,*)  vicomagistri  XLVIII,  curatores  11,  insulae 
ri.D(G),  domos  LXXXIX,»)  horrea  XVI,  balinea  XV,  lacos  XX,  pistrina  XVL 

Gontinet  pedes  XI.D. 

Begio  XTT.  Piscina  publica.  Gontinet:  aream  radicariam,  viam 
novam,  Fortunam  mammosam,  Isidem  Athenodoriam,  aedem  Bonae  deae 
subsaxanae,  clivum  Delfini,  thermas  Antoninianas,  septem  domos  Parthorum, 
campum  lanatarium,  domum  Gilonis,  cohortem  Uli.  vigilum,  domum  Comi- 
ficiae,  privata  Hadriani. 

_  Vici  XVII,  aediculae  XVII,  vicomagistri  XLVHI,  curatores  11,  insulae 
n.GGGGLXXXVII,  domos  GXIII,  horrea  XXVU,  balinea  LXffl,  lacos  LXXX(I), 
pistrina  XX.  ß)  

Gontinet  pedes  XII. 

Begio  Xin.  Aventinus.  Gontinet:  armilustrium,  templum  Dianae 
et  Minervae,  nymfea  tria,  thermas  Surae  et  Decianas,  Dolocenum,  (privata 
Traiani,)  mappam  auream,  platanonis,  horrea  Galbae  et  Aniciana,  porticum 
fabarium,  scalas'')  Gassi,  forum  pistorium.^) 

Vici  XVII,  aediculae  XVII,")  vicomagistri  XLVIII,  curatores  II,  insulae 
n.GGGGLXXXVII,  domos  GXXX,  horrea  XXXV,  balinea  LXIIÜ,  ^o)  lacos 
LXXXLIII,!!)  pistrina  XX. 

Gontinet  pedes  XVni. 

Begio  XTTII.  Trans  Tiberim.  Gontinet:  Gaianum  et  Frigianum, 
Vaticanum,  naumachias  V,  hortos  Domities,  balineum  Ampelidis 
(Prisci)  et  Dianae,  molinas,  Janiculum,  statuam  Valerianam,  cohor- 
tem VII.  vigilum,  Caput  Gorgonis,  Fortis  Fortunae,  coraria 
Septimiana,  Herculem  cubantem,^^)  campum  BruttianumetGodetanum, 
hortos  Getae,  castra  lecticariorum. 


»)  Cur.: 
Cur.: 


ILDCCXLn. 
XC. 


^)  Das  Cariosum  hat  die  Reihenfolge: 
Lunae  et  templum  Mercurii,  aedem 
Matris  deum  et  Jovis,  Cererem,  XII 
portas. 

*)  Cur.  beidemal:  XXF. 

*)  Cur.:  LXXXVIIT. 

•)  Cur.:  XXV. 


')  Cur.:  scalam. 

^)  Cur.  hat  pistorum,  wie  auch  der 
Anhang. 

»)  Cur.  beidemal:  XVIII. 
»«)  Cur.:  XLIIII. 

>0  Cur.:  Lxxxvinr. 

'^)  Das  Curiosnm  mit  mehrfach  ver- 
ftnderter  Reihenfolge  und  einem  Zusatz  eu 
Herculem  cubantem:    naumachias  V  et 


Anh&nge.    I.  Die  konstantüÜBohe  Begionsbesohreibang. 


375 


Vici  LXXVni,  aediculae  LXXVIII,  vicomagistri  XLVIII,  curatores  II, 
insulae  IIII.CCCCV,  domos  CL,  horrea  XXII,  balinea  LXXXVI,  lacosCLXXX, 
pistrina  XXIIII.  

Continet  pedes  XXXni.(CCCLXXXVIII). 


Bibüothecae  (N.)  XXVIII. 

Obelisei  YJ)  In  circo  maximo  unas  altus  pedes  LXXXYIII  s.;^) 
in  Vaticano  unus  altus  pedes  LXXV;  in  campo  Martio  unus  altus  pedes 
LXXII  s.;  in  mausuleo  Augusti  duo  singuli  pedum  XLII.  s. 

Pontes  Vni.  Aelius,  Aemilius,  Aurelius,  Mulvius,  sublicius,  Fabricius, 
Cestius  et  Probi. 

Montes  VU.  Gaelius,  Aventinus,  Tarpeius,  Palatinus,  Esquilinus, 
Vaticanus,  ^)  Janiculensis. 

Campi  Yill.  Yiminalis,  Agrippae,  Martius,  codetanus,  Octavius, 
pecuarius,  lanatarius,^)  Bruttianus. 

Fora  XI.  Bomanum  magnum,  Gaesaris,  Augusti,  Nervae,  Traiani, 
Ahenobarbi,  boarium,  (suarium,)  pistorum,  Qallorum  et  Busticorum. 

Basilicae  X.  Julia,  Ulpia,  Pauli,  vestilia,  Neptuni,  Matidiae,  Mar- 
cianae,  vascellaria,  floscellaria,  Constantiniana. 

Thermae  XI.  Traianae,  Titianae,  Agrippianae,  Surae,  Commo- 
dianae,  Severianae,  Antoninianae,  Alexandrianae,  (Decianae,)  Dio- 
cletianae,  Constantinianae.^} 

Aquae  Xvilll.  Traiana,  Annia,  Attica,  Claudia,  Marcia,^)  Her- 
culea.  Caerulea,  Julia,  Augustea,  Appia,  Alsietina,^)  Ciminia,  Aurelia, 
Damnata,  Yirgo,  Tepula,  Severiana,  Antoniniana,  Alexandriana. 

Viae  XXVTTTL  Traiana,  Appia,  Latina,  Labicana,  Praene- 
stina,  Tiburtina,  Nomentana,  Salaria,  Flaminia,  Aemilia,  Clodia, 
Yaleria,  Aurelia,  Campana,  Ostiensis,  Portuensis,  Janiculensis,  Lau- 
rentina, Ardeatina,  Setina,  Tiberina,  Quintia,  Cassia,  Gallica,  Cornelia, 
triumphalis,  Patinaria,  Asinaria,  Ciminia. 

Herum  breviarium. 

Capitolia  11,  circi  11,  amphitheatra  11,  colossi  11,  columnae  coclides  II, 
maeelli  II,  theatra  III,  ludi  IUI,  naumachiae  Y,  nymfoa  XY,  equi  magni 
XXn,  dei  aurei  LXXX,  eburnei  LXXYII,®)  arci  marmorei  XXX  YI,  portae 
XXX YII,  vici  CCCCXXIII(I),  aedes  CCCCXXin(I),  vicomagistri  DCLXXH, 
curatores  XXYIII,  insulae  per  totam  urbem  (n.)  XLYI.DCII,  domos  MDCCXC, 


Vaticanum,  hortos  Domities,  Jani- 
culnm,  molinas,  balineum  Ampelidis 
et  Dianes,  cohort.  YII  vigilum,  sta- 
tuam  Yalerianam,  capnt  Gorgonis, 
Herculem  aub  terram  medium  cu- 
bantem,  suh  quem  plurimum  auri 
po8%tu8  est,  Fortis  Fortunae,  cora- 
riam  Septimianam. 

»)  Cur.:  VI. 

')  Das  Curiosnm  hat  dafttr:  duo  minor 
habet  pedes  LXXXYII  s.,  maior  habet 
pedes  CXXII  s. 


*)  Das  Coriosmn  schiebt  et  ein. 

*)  Das  Curiosmn  schiebt  et  ein. 

^)  Reihenfolge  im  Cnriosum:  Commo- 
dianae,  Antoninianae,  Syranae, 
Agrippianae,  Alezandrinae,  Diocle- 
tianae,  Constantinianae,  Severianae. 

*)  Ooriosum  in  umgekehrter  Reihen- 
folge. 

^)  Hinter  Alsietina  steht  im  Coriosum: 
aetina. 

»)  Cur.  LXXIin. 


376 


B.  Topographie  von  Born. 


horrea  CCXC,  balinea  DCCCLVI,  lacos^  MCCCLH,  pistrina  CCLIV,  lupa- 
naria  XLV,*)  latrinae  publicae^)  CXLEII,  cohortee  praetoriae  X,  urbanae  IV, 
vigilum  Vn,  quorum  excubitoria  XTTTI,  vexilla  communia  11,  castra  equi- 
tum  singulariorum  11,  peregrinorum ,  Misenatium,  Bavennatiam, 
tabellariorum,  lecticariorum,  victimariorum,  silicariorum.^) 
Mensae  oleariae  per  totam  urbem  (n.)  II.CCC. 


In  der  Notitia  allein  finden  sich  also  folgende  ÖrÜichkeiten: 

Beg.  I.  balineum  Yespasiani,  area  Galles,  balineum  Bolani,  balineum 
Antioehiani,  aedes  Minervae  et  Tempestatis. 

Bog.  11.    ludus  Galliens,  armamentarium. 

Bog.  m.    ludus  matutinus,  ludus  Dacicus  (im  Cur.  in  der  11.  Region). 

Beg.  lY.    area  Yolcani,  horrea  chartaria. 

Beg.  VL    malum  Punicum,  castra  praetoria,  area  Gandidi. 

Beg.  vn.     templa  duo  nova  Spei  et  Fortunae,  horti  Largiani. 

Beg«  Vni.  equus  Constantini,  umbilicus  Bomae,  horrea  Qermaniciana, 
vicus  unguentarius. 

Beg.  ESI.  aedes  (?  möglicherweise  die  in  der  Porticus  Philippi 
eingeschlossenen  Tempel),  Hadrianeum. 

Beg.  X.    area  Palatina,  domus  Dionis. 

Beg.  XI.    aedes  Ditis  patris,  Fortunium. 

Beg.  Xlll.    privata  Traiani. 

Beg  XIV.    balineum  Prisci. 

Im  Curiosum  allein  finden  sich  folgende  Örtlichkeiten: 

Beg.  n.  ludus  Dacicus  (fehlt  dagegen  in  der  III.  Region,  wo  ihn 
die  Notitia  hat). 

Beg.  m.    ludus  magnus. 

Beg.  Vni.    templum  Minervae. 

Beg.  IX.    basilica  Neptuni,  Minerva  Chalcidica. 


Bemerkungen  zu  dem  Anhang  und  dem  Breviarium  der  Regions- 
beschreibung. 

1.  Bibliothecae  XXVTQ.  Von  den  28  Bibliotheken  sind  uns  nur 
acht  namentlich  bekannt:  1.  Die  Bibliothek  im  Atrium  Libertatis  (vgl. 
p.  108  f.).  —  2.  Die  von  Augustus  im  Tempel  des  Palatinischen  Apollo 
gegründete  lateinische  und  griechische  Bibliothek  (vgl.  p.*147).  —  3.  Die 
Bibliothek  in  der  Domus  Tiberiana  auf  dem  Palatin  (vgl.  p.  151).  — 
4.  Die  Bibliothek  im  Tempel  des  Augustus  auf  dem  Palatin  (vgl.  p.  152). 
—  5.  Die  Bibliotheken  in  der  Porticus  Octaviae  (vgl.  p.  218).  —  6.  Die 
Bibliothek  im  Templum  Pacis  (vgl.  p.  113).    Sie  wird  erwähnt  bei  Gell. 


')  Das  Curiosum  fügt  hinzu:  quod  est 
putea. 

*)  Cur.:  XLVI. 

")  Das  Curiosum  fQgt  hinzu:  quod  est 
sicessos. 


*)  Reihenfolge  im  Curiosum:  Raven- 
nantium,  lecticariorum,  silicarioram, 
Misenantium,  tabellariorum,  victi- 
mariorum. 


Anhänge.    I.  Die  konstantinisohe  RegionabeBchreibiing. 


377 


V  21,  9.  XVI  8,  2.  Noch  die  Vita  tyr.  trig.  31  nennt  sie.  —  7.  Die 
Bibliotheca  Ulpia  auf  dem  Trajansforum  (vgl.  p.  115  u.  116).  —  8.  Die 
Bibliotheca  Gapitolina.  Sie  wird  von  Hieron.  Chron.  unter  Gommodus 
und  bei  Orosius  VII  16  erwähnt.  Wer  sie  gegründet  hat,  ist  nicht  be- 
kannt, auch  nicht,  wo  sie  untergebracht  war,  vielleicht  in  den  Portiken 
(p.  126).  —  Andere  Bibliotheken  sind  zwar  namentlich  nicht  bekannt, 
aber  es  ist  als  sicher  anzunehmen,  dass  mit  den  Thermen,  Portiken  und 
Theatern  regelmässig  auch  öffentliche  Bibliotheken  verbunden  waren.  ^ 

2.  Obelisci  V.  Die  in  dem  Verzeichnis  aufgeführten  Obelisken  sind 
sämtlich  bekannt  und  noch  jetzt  erhalten: 

1.  Der  von  Augustus  im  Gircus  Maximus  errichtete  Obelisk  aus 
Heliopolis,  der  jetzt  auf  der  Piazza  del  popolo  steht  (vgl.  p.  176).  —  2.  Der 
von  Galigula  in  seinem  Gircus  in  Vaticano  errichtete  Obelisk,  der  jetzt 
vor  S.  Pietro  steht  (vgl.  p.  277).  Er  ist  der  einzige  von  allen  Obelisken  Roms, 
der  nicht  umgestürzt  ist.  Sixtus  V  liess  ihn  im  Jahre  1586  durch  den 
Architekten  Fontana  von  seinem  Standort  auf  den  Platz  vor  der  Basilica 
S.  Pietro  bringen  und  dort  aufrichten,  ein  Ereignis,  das  das  grösste  Auf- 
sehen in  der  ganzen  gebildeten  Welt  erregte.^)  Die  Basis  trägt  auf  beiden 
Seiten  die  Inschrift  Divo  Caesari  Divi  Julii  f.  Augusto  TL  Caesari  Divi 
Augusti  /".  Augusto  sacrum  (CIL  VI  882),  der  Obelisk  selbst  hat  keine  In- 
schriften. —  3.  Der  von  Augustus  auf  dem  Marsfelde  als  Solarium  er- 
richtete, jetzt  auf  Piazza  Monte  Gitorio  (vgl.  p.  252).  —  4.  und  5.  die  beiden 
Obelisken,  die  einst  vor  dem  Mausoleum  des  Augustus  standen  und 
jetzt  bei  S.  Maria  Maggiore  auf  dem  Esquilin  und  auf  dem  Quirinalsplatze 
stehen  (vgl.  p.  250).  Wann  sie  vor  dem  Mausoleum  errichtet  wurden,  ist 
nicht  bekannt,  jedenfalls  geschah  es  aber  noch  im  1.  Jahrhundert  n.  Ghr., 
solange  das  Mausoleum  in  Gebrauch  blieb  (vgl.  p.  251).  Plinius  N.  H. 
XXXVI  70—74,  der  von  den  Obelisken  in  Rom  spricht,  nennt  nur  die 
unter  1—3  besprochenen  des  Augustus  und  Galigula.  —  Diesen  fünf 
Obelisken  fügt  das  Guriosum  den  fast  drei  Jahrhunderte  später,  im  Jahre 
357  n.  Ghr.  auf  der  Spina  des  Gircus  Maximus  durch  Gonstantius  er- 
richteten Obelisken  zu,  der  jetzt  vor  dem  Lateran  steht  (vgl.  p.  177).  Er  ist 
der  älteste  (15.  Jahrhundert  v.  Ghr.)  und  grösste  (32  m)  aller  Römischen 
Obelisken  und  stand  in  Theben  vor  dem  Tempel  des  Ammon.  Schon 
Augustus  hatte  die  Absicht  gehabt,  ihn  nach  Rom  zu  schaffen,  nach 
Ammian.  Marc.  XVII  4,  12  aber  ihn  unberührt  gelassen,  difficultate  magni- 
tudinis  terrüus  nee  contrectare  ausus  est  nee  movere,  Gonstantin  entschloss 
sich,  ihn  nach  Rom  zu  transportieren,  aber  erst  unter  Gonstantius  gelangte 
er  dorthin.  Zu  seinem  Transport  wurde  ein  besonderes  Schiff  gebaut, 
das  von  300  Ruderern  bedient  wurde.  Er  wurde  den  Tiber  hinauf  ge- 
fahren bis  zum  Vicus  Alexandri,  drei  Meilen  vor  der  Stadt,  hier  wurde 


^)  Vgl.  Lanciani,  Ancient  Rome  in  the 
light  of  recent  discoveries  1888,  p.  178  ff. 

^)  Gleiches  Aufsehen  erregte  schon  im 
alten  Rom  die  UeberfÜhrung  des  Obelisken. 
Plin.  N.  H.  XVI  201  sagt  darüber:  Abtes  ad- 
mircUionis  prctecipuae  visa  est  in  nave  quae 


ex  Aegypto  Gai  principis  iussu  obeliscum 
in  Vaticano  circa  stattUum  quattuorque 
truncos  lapidis  eiusdem  ad  sustinendum  cum 
adduxit,  Qtui  nave  nihü  admircibilius  visum 
in  mari  certnm  est. 


378 


B.  Topographie  von  Born. 


er  gelandet  und  auf  Holzschleifen  die  Via  Ostiensis  eatlang  durch  die 
Porta  Ostiensis  und  den  Vicus  piscinae  publicae  bis  in  den  Gircus  trans- 
portiert. Die  Aufrichtung  des  Obelisken  beschreibt  Ammian  a.  a.  0.  Auf 
den  vier  Seiten  der  Basis,  auf  der  er  aufgestellt  wurde,  waren  Inschriften 
zu  Ehren  des  Gonstantius  angebracht,  deren  Text  erhalten  ist  (CIL  VI 
1163),  während  die  Basis  selbst  bis  auf  geringfügige  Reste  zerstört  ist. 
Wann  der  Obelisk  umgestürzt  ist,  wissen  wir  nicht.  Er  lag  unter  dem 
Schutt,  der  die  Arena  des  Gircus  bedeckte,  bis  zum  Jahre  1587.  Sixtus  V 
Hess  ihn  durch  Fontana  1588  vor  S.  Giovanni  in  Laterano  aufrichten. 

Das  Verzeichnis  erschöpft  nun  freilich  die  Zahl  der  bis  jetzt  in 
Rom  gefundenen  und  von  neuem  wieder  aufgestellten  nicht.  Es  sind 
folgende: 

1.  Der  Obelisk  von  Piazza  Navona.  Er  ist  aus  der  Zeit  Domi- 
tians,  dessen  Name  darauf  zu  lesen  ist,  und  stammt  wahrscheinlich  aus 
dem  Iseum  auf  dem  Marsfelde  (vgl.  p.  244).  Im  4.  Jahrhundert  n.  Chr. 
wurde  er  von  seinem  ursprünglichen  Platze  entfernt  und  auf  der  Spina 
des  Gircus  des  Maxentius  (p.  349  f.)  aufgestellt.  Umgestürzt  und  in  zwei 
Stücke  gebrochen  sah  ihn  dort  Poggio,  Innocenz  V  Hess  ihn  im  Jahre  1651 
auf  seinem  jetzigen  Standort  aufrichten. 

2.  u.  3.  Ebenfalls  aus  dem  Iseum,  wie  aus  den  Fundorten  hervor- 
geht (vgl.  p.  244  f.),  stammen  die  beiden  Obelisken  vor  dem  Pantheon 
und  vor  dem  Gentralbahnhof.^  Sie  sind  ziemlich  gleicher  Grösse 
(etwa  6  m)  und  stammen  aus  der  Zeit  Ramses'  II.  Wer  sie  nach  Rom 
gebracht  hat,  ist  nicht  bekannt. 

4.  Der  Obelisk  der  Villa  Mattei  auf  dem  Gaelius.  Der  Obelisk, 
nur  im  oberen  Teile  erhalten,  im  unteren  ergänzt,  stammt  auch  aus  der 
Zeit  Ramses'  II  und  aus  Hdiopolis.  Wann  er  nach  Rom  gebracht  wurde, 
oder  wo  er  gestanden  hat,  ist  nicht  bekannt;  wahrscheinlich  kommt  er, 
wie  die  vorhergehenden,  ebenfalls  aus  dem  Iseum.  Am  Ausgang  des 
Mittelalters  stand  er  auf  dem  Kapitel  vor  der  Kirche  Araceli  bei  der  zum 
Bogen  des  Septimius  Severus  führenden  Treppe.  Die  von  Hülsen,  Bull, 
com.  1888  Taf.  X  und  XI  veröffentlichten  Heemskerkschen  Veduten  zeigen 
ihn  an  dieser  Stelle,  daneben  eine  Palme.  Im  Jahre  1582  wurde  er  von 
der  Kommune  Rom  an  Giriaco  Mattei  verkauft,  der  ihn  in  seiner  Villa 
auf  dem  Gaelius  aufstellen  Uess. 

5.  Der  Obelisk  vor  S.  Maria  sopra  Minerva.  Er  stammt  aus 
Sais,  6.  Jahrhundert  v.  Ghr.  Er  gehört  wohl  auch  zu  der  Zahl  der  kleinen 
Obelisken,  die  aus  dem  Iseum  stammen,  wenigstens  wurde  er  hier  im 
Jahre  1665  gefunden  und  1667  unter  Alexander  VIII  durch  Bemini  an 
seinem  jetzigen  Platz  errichtet. 

6.  Der  Obelisk  vor  Trinitä  de'  Monti  auf  dem  Pincio.  Er  stammt 
aus  Römischer  Zeit  und  ist  mit  einer  Nachahmung  der  Inschrift  des 
Augustischen  Obelisken  im  Gircus  bedeckt.  Es  ist  dies  der  von  Ammian. 
Marc.  XVII  4,  16  erwähnte  Obelisk  aus  den  Sallustischen  Gärten.     Inner- 


^)  Dieser  erst  1883  auf  dem  Gebiete  des 
Iseums  ausgegrabene  Obelisk  ist  als  Denk- 
mal fOr  die  in  Afrika  im  Kampfe  bei  Do- 


gali 1887  gefallenen  italienischen  Soldat^ 
eriichtet. 


Anh&nge.    I.  Die  konstaniinisohe  Begionsbesohreibang. 


379 


halb  dieser  wurde  er  aufgefanden  und  durch  Clemens  XII  im  Jahre  1733 
zunächst  nach  dem  Lateran  gebracht,  wo  er  aufgestellt  werden  sollte, 
dann  an  die  jetzige  Stelle.    Er  ist  18  m  hoch. 

7.  Der  Obelisk  vom  Pincio.  Er  stammt  aus  Hadrianischer  Zeit 
und  ist  der  p.  315  erwähnte  Obelisk  aus  der  Villa  Saccocci  vor  der  Porta 
Praenestina,  der  beim  Qrabe  des  Antinous  stand,  ürban  YIII  liess  ihn 
im  Jahre  1633  in  den  Palazzo  Barberini  bringen,  in  der  Absicht,  ihn 
dort  aufzustellen,  unter  Clemens  XIV  (1769—1775)  kam  er  in  den 
Qiardino  della  Pigna  im  Vatikan,  1822  liess  ihn  Pius  VU  auf  dem  Pincio 
errichten. 

Von  diesen  Obelisken  stammen  demnach  Nr.  1 — 5  zum  Teil  sicher, 
zum  Teil  höchst  wahrscheinlich  aus  dem  Iseum,  Nr.  6  aus  den  Sallustischen 
Gärten  und  Nr.  7  aus  einer  an  der  Peripherie  der  Stadt  gelegenen  kaiser- 
lichen Gartenanlage,  sie  sind  also  sämtlich  nicht  in  demselben  Sinne 
als  öffentliche  Bauwerke  zu  betrachten,  wie  die  in  der  Begionsbeschreibung 
aufgeführten,  woraus  sich  ihre  Übergehung  erklärt.  Vgl.  Jordan,  Top.  II 
p.  186. 

Litteratur:  Zobga,  De  origine  et  usu  obeliscomm.  —  0.  Mabücohi,  Gli  obelischi 
egiziani  di  Roma,  Edizione  riveduta  ed  ampliata  e  preceduta  da  una  lettera  del  Prof. 
E.  Schiaparelli,  Roma  1898. 

3.  Pontes  VIII.  Die  Brücken  sind  in  einer  Reihenfolge  aufgezählt, 
die,  wie  man  allein  schon  an  der  Stellung  des  Pens  Mulvius  sieht,  gänz- 
lich verworren  ist;  trotzdem  hat  sie  für  die  Ansetzung  des  Pens  sublicius 
herhalten  müssen  (p.  41  Anm.  1).^}  Von  den  aus  dem  Altertum  bekannten 
fehlen  der  Pens  Agrippae  und  der  Pens  Neronianus  (vgl.  p.  68). 

4.  Montes  Vll.  Im  Verzeichnis  der  „Berge''  fehlen  von  den  links- 
tiberinischen  der  Quirinalis  und  Viminalis  (streng  genommen  auch  der 
Pincio).  Dass  diese  beiden  der  Siebenzahl  zuliebe  fortgelassen  sind,  die 
man,  wie  es  scheint,  unter  allen  Umständen  festhalten  und  zugleich  das 
rechtstiberinische  Gebiet  an  der  Zahl  der  sieben  Berge  beteiligen  wollte, 
liegt  auf  der  Hand;  weniger  ersichtlich  ist,  warum  gerade  diese  beiden. 
MoMMSEN  meint,  sie  seien  als  „coUea"'  (p.  38)  nicht  mit  unter  den  „montes*' 
aufgezählt.  Ob  man  aber  zur  Zeit  der  Abfassung  dieser  Urkunde  noch 
derartige  Unterscheidungen  kannte  oder  berücksichtigte,  ist  zu  bezweifeln 


*)  Za  welchen  halBbrecheriBchen  Eimst- 
stttcken  der  Wunsch,  der  gedankenlosen  An- 
ordnung dieses  Verzeichnisses  doch  noch 
irgendwelche  Bedeutung  beizulegen,  ver- 
fahren kann,  zeigt  Jordan,  Top.  I  1  p.  423. 
Dort  heisst  es:  .Die  Spuren  der  Ursprung- 
liehen  Ordnung  treten  unverkennbar  her- 
vor; von  den  sicher  widersprechenden  ist  der 
p.  Molmus  höchst  wahrscheinlich  ursprüng- 
lich als  ausserhalb  der  Stadt  liegend  nicht 
mit  aufgeführt  gewesen,  ist  also  wohl  sicher 
nachgetragen.  N&hme  die  zweite  Stelle  statt 
des  Aemüiiis  der  ganz  fehlende  Neronianus 
ein,  so  würden  mit  Ausnahme  des  suhlicius 
alle  übrigen  in  richtiger  Reihenfolge  stehen, 
denn  p.  Probt  für  Ponte  rotte   zu   halten, 


ist  erlaubt In  diesem  Sachverh&lt- 

nis  scheint  mir  ein  Hinweis  auf  die  Ent- 
stehung der  Verwirrung  des  Verzeichnisses 
zu  liegen;  der  an  falscher  Stelle  einge- 
schobene Name  Aemüius  ist  der  ftltere  des 
nach  seinem  Wiederhersteller  benannten  |>on8 
Probi,  welcher  Name  in  der  Volkssprache 
nie  Eingang  gefunden  hat.  Das  sonst  an- 
stössige  Vorkommen  eines  Dopneinamens  in 
dem  Verzeichnisse  erklftrt  sich  also  wohl 
daher,  dass  in  der  amtlichen  Liste,  welche 
dem  ersten  Herausgeber  vorlag,  der  Nero- 
nianus noch  stand,  der  Herausgeber  ihn  als 
nicht  mehr  existierend  strich  und  ihm,  um 
die  Zahl  festzuhalten,  den  Äemilit^  sub- 
stituierte." 


380  B.  Topographie  von  Born. 

(vgl.  Jordan,  Top.  II  p.  205).  Über  den  Vaticanus  und  Janiculensis  vgl. 
p.  270). 

5.  Campi  VIII.  Unbekannt  davon  und  auch  nicht  in  der  Begions- 
beschreibung  aufgeführt  ist  der  Campus  Octavius;  der  Campus  pecuarius 
fehlt  ebenfalls  in  der  Regionsbeschreibung,  aber  er  ist  inschriftlich  be- 
zeugt. CIL  VI  9660  nennt  einen  negotiator  campi  pecuari.  Über  den 
C.  Viminalis  vgl.  p.  297,  den  C.  Agrippae  p.  262,  den  C.  Martins  p.  222  fif., 
den  C.  codetanus  p.  258,  den  C.  lanatarius  oder  lanarius  p.  345,  den  G.  Brut- 
tianus  p.  281.  —  Ausser  diesen  sind  aber  noch  andere  Campi  bekannt: 
1.  Der  C.  Caelemontanus,  identisch  mit  den  C.  Martialis,  auf  dem  Caelius, 
vgl.  p.  223  und  p.  336.  —  2.  Der  C.  Esquüinus,  vgl.  p.  303  flf.  —  3.  Der 
C.  Flaminius,  vgl.  p.  211.  —  4.  Ein  Campus  Jovis  wird  in  der  Vita  Pesc.  12 
erwähnt:  domus  eins  hodie  Romae  visüur  in  catnpo  Jovis,  quae  appdlatur 
Pescennina.  Die  Lage  ist  unbekannt;  ob  ein  Zusammenhang  mit  dem  in 
der  Vn.  Region  genannten  nympheum  Jovis  besteht,  ist  nicht  zu  sagen. 

—  6.  Der  Campus  sceleratus  vgl.  p.  292.  —  Der  CIL  VI  9226  genannte 
Campus  boarius  dürfte  gleichbedeutend  mit  Forum  boarium  sein;  vgl, 
p.  184  ff. 

6.  Fora  XI.  Unbekannt  sind  von  den  hier  genannten  elf  Fora 
das  Forum  Ahenobarbi  und  die  Fora  Gallorum  und  rusticorum. 
Vom  Forum  pistorum  wissen  wir  nur,  dass  es  in  der  XIII.  Region  lag, 
also  vermutlich  vor  der  Porta  Trigemina  (p.  199).  Über  das  F.  Romanum 
vgl.  p.  76  ff.  und  p.  355  ff.,  das  F.  Caesaris  vgl.  p.  109,  das  F.  Augusti  vgl. 
p.  110,  das  F.  Nervae  vgl.  p.  113,  das  F.  Traiani  vgl.  p.  114  ff.  und  das 
F.  boarium  (das  im  Anhang,  aber  nicht  in  der  Regionsbeschreibung  genannt 
ist)  vgl.  p.  184  ff.  Über  die  Lage  des  Forum  suarium  in  der  VH.  Region 
vgl.  p.  264.  —  Ausserdem  sind  aber  noch  eine  Anzahl  anderer  Fora  bekannt, 
die  auch  topographisch  nachweisbar  sind:  1.  Das  F.  Esquilinum,  vgl. 
p.  332.  —  2.  Das  F.  holitorium,  vgl.  p.  192  ff.  —  3.  Das  F.  Pacis  (oder 
Vespasiani),  vgl.  p.  113.  —  4.  Über  das  F.  vinarium  vgl.  p.  264  Anm.  2. 

—  Unbekannter  Lage  ist  das  durch  Polem.  Silv.  545,  Cod.  Theod.  XTTT 
5,  29  bekannte  Forum  Aproniani.  Natürlich  fehlen  in  dem  Verzeichnis 
das  schon  früh  verschwundene  Forum  Cuppedinis  und  das  F.  piscarium 
(piscatorium);  vgl.  p.  309  f.  und  p.  109. 

7.  Basilicae  X.  Unbekannt  sind  der  Lage  nach  von  den  genannten 
die  Basilica  vestilia,  vascellaria  und  floscellaria,  offenbar  Kauf- 
hallen, die  von  den  darin  feilgebotenen  Waren  benannt  waren.  |Die  Lage 
der  andern  steht  fest:  Über  die  B.  Julia  vgl.  p.  84  und  357,  B.  Ulpia  vgl. 
p.  115,  B.  Pauli  (Aemilia)  vgl.  p.  95  und  361  f.,  B.  Neptuni  vgl.  p.  242,  die 
B.  Matidiae  und  die  B.  Marcianae  vgl.  p.  248,  B.  Constantiniana  vgl.  p.  164  f. 

—  Von  den  ausserdem  noch  bekannten  fehlen  zunächst  die  einst  in  der 
Nähe  des  Forums  gelegenen,  schon  frühzeitig  verschwundenen:  die  B.  Fulvia, 
vgl.  p.  95,  die  B.  Opimia,  vgl.  p.  78,  die  B.  Porcia,  vgl.  p.  98,  die  B.  Sem- 
pronia,  vgl.  p.  85  und  die  in  der  Notitia  Reg.  VIII  aufgeführte  B.  argen- 
taria,  deren  Lage  an  dem  Clivus Argentarius  (vgl.p.  105) wahrscheinlich  ist') 

0  Vgl.  über  diese  Lage,  sowie  über  die  1  tarius     genannte     Insnla     argentaria 
im  Ordo  Bendd.  80  neben  dem  Clivus  argen-  |   Gilbert  III  p.  229  Amn.  1. 


Anhänge.    I.  Die  konatanünisehe  BegionsbeBohreibong.  381 

Ausserdem  werden  noch  genannt  eine  B.  Alexandrina,  die  möglicherweise 
nie  vollendet  wurde,  vgl.  p.  246  Anm.  1,  eine  B.  Antoniarum  CIL  VI  5536, 
eine  B.  Glaudii  bei  Polem.  Silv.  545  und  ebendaselbst  eine  B.  Hostilia, 
bei  Polem.  Silv.  an  Stelle  der  im  Regionsverzeichnis  genannten  vestüia 
genannt  (Jobdak,  Top.  II  p.  216),  sämtlich  ihrer  Lage  nach  unbekannt.  — 
Über  eine  auf  dem  Gaelius  befindliche  Basilica  Hilariana  vgl.  p.  340. 

8.  Thermae  XI.  Die  hier  aufgezählten  Thermen  kommen  sämtlich 
auch  in  der  ßegionsbeschreibung  vor  und  sind  ihrer  Lage  nach  mehr 
oder  weniger  genau  bekannt:  T.  Traianae  vgl.  p.  326  ff.,  T.  Titianae 
p.  326  ff.,  T.  Agrippianae  p.  239,  T.  Surae  und  T.  Decianae  p.  210,  T.  Com- 
modianae  p.  210  und  348,  T.  Severianae  p.  348,  T.  Antoninianae  p.  348  f., 
T.  Alexandrianae  p.  245,  T.  Diocletianae  p.  294,  T.  Constantinianae  p.  296. 
—  Es  fehlen  naturgemäss  die  Thermae  Neronianae  (p.  245),  an  deren 
Stelle  die  Alexandrianae  traten.  Ausserdem  werden  noch  genannt  und 
wegen  ihrer  Pracht  von  Martial  VI  42  und  Statins  silv.  I  5  gerühmt 
Thermae  Etrusci,  unbekannter  Lage,  ferner  werden  erwähnt  die 
Th.  Maxentii  auf  dem  Palatin,  vgl.  p.  158,  und  die  Thermae  Helenae, 
vgl.  p.  332. 

9.  Aquae  XVTTTT.  Die  Aufzählung  der  Wasserleitungen  ist  weder 
chronologisch  noch  topographisch  in  Ordnung;  Haupt- und  Nebenleitungen 
gehen  durcheinander.  Bemerkenswert  ist,  dass  das  Verzeichnis  zwei  der 
Hauptleitungen,  den  Anio  vetus  (vgl.  p.  316)  und  den  Anio  novus  (vgl. 
V.  319)  nicht  enthält,  weshalb  schon  Fabbetti  und  nach  ihm  Mommsen  die 
eine  oder  beide  in  den  Worten  Annia,  Attka,  die  sonst  ganz  unbekannt 
sind,  gesucht  haben.  Unter  Herculea  dürfte  der  Rivus  Herculaneus,  die 
Zweigleitung  der  Aqua  Marcia  (vgl.  p.  318)  zu  verstehen  sein.  Andere 
bekannte  Zweigleitungen,  wie  der  Specus  Octavianus  (vgl.  p.  316)  und  die 
Forma  Jovia  (vgl.  p.  319)  fehlen.  Über  die  Aqua  Traiana  vgl.  p.  281, 
Claudia  p.  319,  Marcia  p.  317,  Julia  p.  317  f.,  Appia  p.  316,  Alsietina  (auch 
Augusta  genannt)  p.  276,  Virgo  p.  240,  Tepula  p.  317,  Severiana  p.  319 
Anm.  1  und  p.  348,  Antoniniana  p.  318,  Alexandrina  p.  321.  —  Die  in  dem 
Verzeichnis  neben  der  Alsietina,  die  auch  Augusta  heisst,  genannte  Augustea 
kann  wohl  kaum  dieselbe  sein.  Möglicherweise  ist  damit  die  Verstärkung  der 
Appia  und  Marcia  gemeint  (vgl.  p.  316  und  317.  Front.  12);  die  Caerulea 
dürfte  die  Zweigleitung  der  Claudia  sein.  Beide  haben  ja  freilich  mit  der 
Stadt  Rom  selbst  nichts  zu  thun,  aber  dasselbe  gilt  auch  von  der  Mehr- 
zahl der  Viae  im  folgenden  Abschnitt.  —  Unbekannt  sind  die  Ciminia, 
Aurelia  und  Damnata.  Nicht  im  Verzeichnis  erhalten,  aber  anderweitig 
bekannt  sind  ausser  den  schon  oben  erwähnten  Leitungen  dieDotraciana 
und  Drusia  durch  Polemius  Silvius  545.  546,  und  die  conclusa  auf 
dem  Esquilin  inschriftlich  (Bull.  com.  1880,  55).  Ebenfalls  inschriftlich 
bezeugt  ist  eine  Aqua  Pinciana  (Lanciani,  Syllog.  93,  CIL  XV  7259).  — 
Dieser  Abschnitt  und  der  folgende  über  die  Viae  sind  unerfreuliche  Kom- 
pilationen, von  denen  Lanciani,  Acque  p.  156  mit  Recht  sagt:  Vargomento 
h  divenuto  ora  di  cosl  poca  importanza,  il  testo  di  quei  ,laterculi  aqvarum^ 
cosl  corrotto,   che  nan  vale  la  pena  di  occuparsene  piü  a  lungo. 

10.  Viae  XXVmi.    Die  Reihenfolge  der  von  den  Thoren  der  Stadt 


382  B.  Topographie  von  Born. 

anslaufenden  Strassen  (in  dem  Verzeichnis  gesperrt  gedruckt)  geht  augen- 
scheinlich auf  ein  die  Strassen  in  topographischer  Anordnung  aufführendes 
Verzeichnis  zurück.  Aber  die  V.  Portuensis  und  V.  Ostiensis  sind  ver- 
tauscht, die  Asinaria  steht  ausser  der  Reihe  und  die  aus  der  P.  Metrovia 
und  P.  Pinciana  auslaufenden  Strassen  fehlen.  Dazwischen  sind  teils 
Nebenstrassen,  teils  Fortsetzungen  eingeschoben:  Die  Traiana  ist  ver- 
mutlich eine  Abzweigung  der  Flaminia,  die  Aemilia  die  Fortsetzung  der 
Flaminia  von  Ariminum  aus,  die  Glodia  zweigt  sich  von  der  Gassia  in  der 
Nähe  von  Veji  ab;  die  Cassia  selbst  zweigt  sich  beim  Pens  Mulvius  von 
der  Flaminia  ab.  Die  Valeria  ist  die  Fortsetzung  der  Tiburtina  über 
Tibur  hinaus,  die  Campana  zweigt  sich  von  der  Portuensis  ab,  die 
Janiculensis  ist  unbekannt,  sie  führte  jedenfalls  über  das  Janiculum,  die 
Laurentina  zweigt  sich  von  der  Ostiensis  ab  und  führt  nach  Laurentam, 
die  Setina  zweigt  sich  von  der  Appia  bei  Trepontium  ab  und  fuhrt 
hinauf  nach  Setia  im  Volskergebirge.  Die  Tiberina  zweigt  sich  bei 
Saxa  rubra  (Prima  porta)  von  der  Flaminia  ab,  die  Quintia  war  die  Fort- 
setzung der  Salaria.  Die  öallica  ist  die  Fortsetzung  der  Aurelia  über 
Genua  hinaus,  die  Cornelia  und  triumphalis  gingen  vom  Pens  Aelius 
aus,  die  Patinaria  war  eine  Verbindungsstrasse  zwischen  der  Nomentana 
und  Salaria,  die  Ciminia  zweigte  sich  von  der  Cassia  ab. 

Es  gehören  demnach  zur  Flaminia  die  Traiana,  Aemilia,  Gassia, 
Clodia,  Ciminia  und  Tiberina;  zur  Tiburtina  die  Valeria,  zur  Portu- 
ensis die  Campana,  zur  Ostiensis  die  Laurentina,  zur  Appia  die 
Setina,  zur  Salaria  die  Quintia  und  Patinaria  und  zur  Aurelia  die 
Gallica. 

Litteratnr  über  die  Viae:  Wbstphal,  Die  römische  Kampagne,  1829.  —  Nibbt, 
Annalisi  III,  p.  492  ff.  —  F.  Rosa,  Dell'  antica  via  Lavinate,  Ann.  d.  Ina!  1859,  p.  189  ff.  — 
DB  Rossi,  Roma  sotterranea  I.  —  Jobdan,  Top.  II  p.  230  ff. 


Horum  breviariam. 

1.  Capitolia  U.  Gemeint  sind  das  auf  dem  Capitolinus  (p.  121  ff.) 
und  das  „alte"  auf  dem  Quirinal  (p.  287). 

2.  Circi  11.  Es  müssen  der  Circus  Maximus  (p.  174  ff.)  und  der  Circus 
Flaminius  (p.  212)  gemeint  sein.  Weder  der  auch  in  der  Regions- 
beschreibung erwähnte  Circus  des  Caligula  (p.  277),  noch  der  beim  Mau- 
soleum des  Hadrian  (p.  281),  noch  der  des  Maxentius  (p.  349)  sind  mit- 
gezählt. 

3.  Amphitheatra  ü.  Das  Amphitheatrum  Flavium  (p.  167  ff.)  und 
das  Amphitheatrum  castrense  (p.  331). 

4.  Colossi  duo,  der  des  Nero  (p.  166),  den  auch  die  ßegions- 
beschreibung  aufführt,  und  vermutlich  der  des  Augustus  (p.  147). 

5.  Columnae  coclides  H,  die  des  Traian  (p.  115  f.)  und  des  Marcus 
Aurelius  (p.  255  f.). 

6.  Macella  ü,  das  der  Livia  auf  dem  Esquilin  (p.  109  und  332) 
und  das  Macellum  magnum  auf  dem  Caelius  (p.  338). 


Anhänge.    I.  Die  konstantiniathe  Begionsbeeohreibang.  383 

7.  Theatra  m,  die  des  Marcellus  (p.  220)  und  Baibus  (p.  221}  in 
der  Flaminischen  Vorstadt  und  das  Theater  des  Pompeius  auf  dem  Mars- 
felde (p.  227  flf.). 

8.  Ludi  rV.  Sie  lagen  sämtlich  (ludus  matutinus,  Galliens,  magnus 
und  Dacicus),  beim  Amphitheatrum  Flavium  (p.  171). 

9.  Nanmachiae  V.  Vgl.  über  dieselben  p.  258  f.  und  276  f.  —  Die 
Aufzählung  der  dem  Vergnügen  dienenden  Bauten  ist  auch  abgesehen 
von  den  fehlenden  Circi  nicht  vollständig.  So  fehlen  z.  B.  das  Stadium 
(p.  246)  und  das  Odeum  (p.  247)  des  Marsfeldes. 

10.  Von  den  nun  folgenden  Artikeln  können  wir  die  nymphaea 
(Quellgebäude,  wie  z.  B.  das  von  der  Camenenquelle  p.  342  oder  von 
Wasserleitungen  gespeiste,  wie  das  Nymphaeum  Alexandri  in  der  V.  Region, 
p.  322)  XV,  equi  magni  XXII,  dei  aurei  LXXX,  eburnei  LXXVII  im 
einzelnen  nicht  nachweisen.  In  der  Regionsbeschreibung  werden  fünf 
Nymphaea  genannt,  das  n.  Alexandri  in  der  V.,  das  n.  Jovis  in  der  VII. 
und  nymphea  tria  in  der  XIU.  Region  (vgl.  p.  211),  zwei  (drei)  Equi 
magni,  der  equus  (oder  equi)  Tiridatis  in  der  VII.  und  der  equus  Con- 
stantini  in  der  VIII.  Region  (vgl.  p.  7). 

11.  Arci  marmorei  XXXVI.  Von  diesen  36  Bogen  nennt  die  Re- 
gionsbeschreibung nur  fünf,  nämlich  in  der  I.  Region  die  Bogen  des 
L.  Veras  (p.  349),  Traianus  (p.  318)  und  Drusus  (p.  319),  in  der  VII.  den 
Arcus  novus  (p.  261)  und  in  der  XI.  Region  den  Arcus  Gonstantini,  der 
gewöhnlich  mit  dem  am  Forum  boarium  stehenden  Janus  quadrifrons 
identificiert  wird  (p.  181  f.).  Aber  wir  kennen  eine  weit  grössere  An- 
zahl, von  denen  ein  Teil  noch  erhalten  ist. 

Auf  dem  Forum  standen  ein  Bogen  des  Augustus,  von  dem  die  Funda- 
mente und  Teile  vom  Oberbau  noch  existieren  (p.  94  und  360  f.),  vielleicht 
auch  noch  ein  zweiter;  ein  Bogen  desTiberius,  von  dem  die  Fundamente  und 
Inschriftreste  noch  vorhanden  sind  (p.  105  und  p.  356  f.),  und  der  noch  er- 
haltene Bogen  des  Septimius  Severus  (p.  83).  Über  einen  möglicherweise 
durch  ihn  verdrängten  kleineren  Bogen  siehe  ebendaselbst.  Über  der  Sacra 
via  standen  der  Fabierbogen  (p.  92  und  360),  der  noch  erhaltene  Titusbogen 
(p.  172)  und  der  Arcus  ad  Isis  (p.  171);  zur  Seite  der  Sacra  via,  an  der 
Nordostecke  des  Palatins,  der  ebenfalls  noch  erhaltene  Eonstantinsbogen 
(p.  173  f.).  Auf  dem  Augustusforum  standen  zwei  Bogen  des  Drusus 
und  Qermanicus  (p.  112),  am  Eingange  zur  Area  des  Trajansforum  ein 
Trajansbogen  (p.  115).  Auf  dem  Kapitel  standen  ein  Fornix  Calpurnius 
und  vermutlich  auch  ein  Bogen  des  Nero  (p.  119);  auf  dem  Palatin 
ein  auf  die  Area  des  Apollotempels  führender  Bogen  (p.  147  f.),  im 
Circus  Maximus  ein  Bogen  des  Titus  und  Vespasianus  (p.  177),  auf 
der  Grenze  des  Velabrum  und  des  Forum  Boarium  neben  dem  Janus 
quadrifrons  der  Argentarierbogen  (p.  181),  zwei  Fornices  vor  den  Tem- 
peln der  Fortuna  und  der  Mater  Matuta  und  ein  Ehrenbogen  des  Augustus 
beim  Pens  Aemilius  (p.  190).  Auf  dem  Marsfelde  standen  die  Porta 
triumphalis  (p.  226)  und  über  der  durch  dieselbe  führenden  Triumphal- 
strasse vermutlich  die  Bogen  des  Tiberius  und  Domitian  (p.  227);  ein 
Bogen  vor  dem  Pantheon  (p.   239),  zwei  Triumphbogen   über  der   zum 


384 


B.  Topographie  von  Born. 


Pons  Aelius  führenden  Strasse,   der  Bogen  des  Gratianus,  Yalentinianus 
und   Theodosius  und  der  Bogen   des  Arcadius,  Honorius  und  Theodosios 
(p.  256  f.).    Über  der  Via  lata  standen  vier  Triumphbogen:  am  Anfang 
im  Süden  der  im  Mittelalter  so  genannte  Arcus  manus  cameae,  der  Arcus 
novus  (Diocletiani),  von  dem  Reliefs  noch  erhalten  sind,  der  Arcus  Clandii 
und  der  sogenannte   Arco   di  Portogallo,  von  dem  ebenfalls  Reliefs  etc. 
erhalten  sind  (p.  261).     In  der   XIY.  Region  ist  bekannt  ein   Bogen 
des  Septimius  Severus  (p.  72  und  281),  auf  dem  Esquilin  ein  Bogen  des 
Gallienus  an  Stelle  der  P.  Esquilina  (p.  332)  und  einer  des  Gordianus  an  Stelle 
der  P.  Viminalis  (p.  45)  und  im  Prätorianerlager  (p.  297).  —  Dazu  kommen 
noch  Bogen,  deren  Standort  nicht  feststeht.   Ziemlich  unbestimmt  lautet  die 
Nachricht  Tac.  Ann.  II,  83  über  einen  Bogen  zu  Ehren  des  Germanicus: 
arcus  additi  Romae  et  apud  ripam  Rheni  et  in  monte  Suriae  Ämano,     Der  auf 
dem  Augustusforum  errichtete  war  schon  Tac.  Ann.  11,  64  erwähnt  (s.  o.). 
Nicht  sicher  nachzuweisen   ist  auch  der  Standort  eines  Ehrendenkmals, 
vermutlich  eines  Bogens  des  Marcus  Aurelius,  zu  dem  drei  Reliefs  ge- 
hören, die  in  der  Kirche  S.  Martina  am  Forum  gefunden  und  jetzt  auf 
dem   Treppenflur    des  Eonservatorenpalastes    eingemauert   sind  (Helbig, 
Führer  I«  p.  377),  und  die  Inschrift  CIL  VI  1014,  die  von  einem  im  Jahre 
176  n.  Chr.  zum  Andenken  an  den  Sieg  des  M.  Aurelius  über  die  Ger- 
manen und  Sarmaten  errichteten  Triumphbogen  stammt.     Der  Einsiedler 
Anonymus,  der  die  Inschrift  aufbewahrt  hat,  bemerkt  dazu  in  Capüolio. 
Dagegen  kommt  in    Betracht,  dass  im   Ordo  Romanus  (Mabillon,   Mus. 
Ital.  n  p.  143)  am  Fusse  des  Kapitels  über  der  Einmündung  des  Clivus 
Argentarius  (p.  105)  in  das  Forum,  also  neben  S.  Martina,  wo  die  Reliefs 
gefunden   wurden,   ein  Bogen  erwähnt  wird.    Vgl.  Beschr.  d.  Stadt  Rom 
III,  2  p.  119.    An   dieser  Stelle  zeigen  schon  die  Marmorbalustraden  vom 
Forum  (vgl.  Taf.  8)  einen  Bogen,  vielleicht  einen  Janusbogen;  der  Ehren- 
bogen des  M.  Aurelius  würde  dann  an  dessen  Stelle  getreten   sein.  — 
Ausserdem  ist  noch  eine  grössere  Anzahl  von  monumentalen   Strassen- 
übergangen  von  Wasserleitungen  bekannt,  wie  der  Arcus  Claudii  in  der 
YII.  Region  (p.  261),  der  Bogen  des  Dolabella  und  Silanus  und  andere  auf 
dem  Caelius,  und  der  Bogen  des  Lentulus  und  Crispinus  auf  dem  Forum 
boarium   (p.  318).     Auch  ohne    diese   und  die   oben   als  zweifelhaft  be- 
zeichneten kennen  wir  etwa  86  marmorne  Bogen.    Da  aber  doch  wohl  kaum 
anzunehmen  ist,  dass  wir  alle  in  Rom  errichteten  Bogen  kennen,   so  ist 
nicht  festzustellen,  welche  36  Bogen  das  Verzeichnis  meint.   Von  mehreren 
der  erwähnten  Bogen  steht  auch  nicht  fest,  ob  sie  noch  im  4.  Jahrhundert 
n.  Chr.  existiert  haben. 

12.  Portae  XXXVn.  Wegen  dieser  mit  der  Angabe  des  Plinius  über 
die  Vespasianische  Stadtvermessung  übereinstimmenden  Zahl  vgl.  p.  60. 
Über  die  Thore  der  Palatinischen  Stadt  vgl.  p.  34,  das  Janusthor  am  Forum, 
bei  Varro  LL.  V  165  Porta  Janualis  genannt,  p.  102  und  362;»)  die  Thore 


')  Ueber  die  Lautolae,  eine  bei  diesem 
Janusthor  einstmals  aufsprudelnde  Quelle,  vgl. 
Varro  LL  V  156:  lautolae  a  lavando,  quod 
ibi  ad  Janum  Geminum  aquae  caUlae  fue- 


runt  Nach  Macrobius  I  9.  18,  der  übrigens 
das  Thor  am  Fuss  des  Yiminal  ansetzt,  er- 
eignete sich  dies  in  der  höchsten  Not  des 
Sabinerkrieges  unter  König  Romulus. 


Axihftnge.    L  Die  konstantinuiohe  Begionabesohreilnmg.  385 

der  Servianischen  Stadt  p.  43  ff.,  die  der  Aurelianisehen  Mauer  p.  70  ff., 
über  die  P.  triumphalis,  die  in  Wirklichkeit  ein  Bogen  auf  dem  Marsfelde 
war,  p.  226,  die  P.  Minucia  p.  195  Anm.  3. 

Aus  älterer  Zeit  werden  ausserdem  noch  folgende  Thore  genannt: 
1.  Porta  Catularia  bei  Fest.  ep.  45:  Catularia  porta  Romae  dida  est,  quia 
non  longe  ah  ea  ad  placandum  caniculae  sidus  frugibus  inimicum  rufae  canes 
immolabantur,  ut  fruges  flavescentes  ad  maturitatem  perducerentur.  Mohhsen, 
CIL  P  p.  317,  nimmt  an,  sie  sei  beim  Kapitel  oder  beim  Quirinal  zu 
suchen.  Ein  Stadtthor  war  sie  jedenfalls  nicht.  —  2.  Porta  Gollatina, 
erwähnt  von  Fest.  ep.  37:  Collatia  oppidum  fuit  prope  Romam,  eo  quod 
ibi  opes  aliarum  civitatum  fuerint  coUatae,  a  qua  porta  Romae  Collatina 
dida  est.  Die  Notiz  ist  verdächtig;  jedenfalls  war  die  P.  Collatina  kein 
Stadtthor,  vgl.  Becker,  Top.  p.  179,  ebensowenig  wie  die  beiden  folgenden. 
—  3.  Porta  Fenestella,  erwähnt  bei  Ovid  Fast.  VI  578  und  von  ihm 
und  Plutarch  Quaest.  Rom.  36  mit  dem  Liebesverkehr  zwischen  dem  Könige 
Servius  TuUius  und  der  Fortuna  in  Verbindung  gebracht.  —  4.  Porta 
piacularis,  genannt  bei  Fest.  p.  213:  Piacularis  porta  appellatur  (propter 
aliqua  piacula,  quae  ibidem  fiebant,  vel),  ut  ait  CloatiuSf  cum  ex  sacro  per 
aliquem  piaculo  solvitur,  ut  aliqua  piandi  propitiandique  causa  immolantur, 

13.  Viel  CCCCXXin.  Die  bedeutendste  Sammlung  von  Römischen 
Strassennamen  enthält  die  Kapitolinische  Basis  (vgl.  p.  11).  Sie  zählt 
folgende  Namen  auf:  I.  Region:  Vicus  Camenarum,  Drusianus,  Sulpici 
ulteriori^,  Sulpici  citerioris,  Fortunae  obsequenti^,  pulverarius,  Honon^* 
et  Virtutw,  trium  ararum,  Fabrici.  —  X.  Region:  Vicus  Padi,  curiarum, 
Fortunae  respicientw,  salutaris,  Apollinis,  huiusque  diei.  -—  XIII.  Region: 
Vicus  Fidii,  frumentarms,  ti*ium  i?trum,  Caeseti,  Yaleri,  laci  miliari, 
Fortunati,  capitis  canteri,  Larum  alitum,  novus,  lorett  minoris,  armilustri, 
columnae  ligneae,  materiarius,  mundiciei,  loreti  maioris,  Fortunae  dubiae.  — 
Xn.  Region:  Vicus  Veneris  almae,  piscinae  publicae,  Dianae,  ....  ceios, 
triari,  Siloni  salientis,  laci  tecti,  Fortunae  mammosae,  compiti  pastoris, 
portae  Rudusculanae,  portae  Naeviae,  Victoris.  —  XIIII.  Region:  Vicus 
Censori,  Qemini,  rostratae,  Longi  Aquilae,  Statae  Siccianae,  Quadrati, 
Raciliani  minoris,  Raciliani  maioris,  Januclensis,  Brutianus,  larum  putealium, 
statuae  Valerianae,  salutaris,  Pauli,  . .  .  .  i  publici,  lue  .  .  .  .,  pacrai .  .  .  ., 
laci  restiti^ti.  Saufei,  Sergi,  Ploti,  Tiberini. 

Soweit  die  Namen  topographisch  zu  fixieren  sind,  sind  sie  an  der 
gehörigen  Stelle  behandelt.  Die  überwiegende  Anzahl  dieser  66  Vici 
kommt  ausschliesslich  in  diesem  Verzeichnis  vor;  nur  6  werden  auch  ander- 
weitig genannt:  in  der  Xm.  Region  der  Vicus  armilustri  (vgl.  p.  207), 
der  Vicus  frumentarius  (vgl.  p.  199)  und  die  Vici  loreti  maioris  und 
minoris  (vgl.  p.  206) ;  in  der  XIV.  Region  kommen  der  V.  Longi  Aquilae 
und  der  V.  statuae  Valerianae  auch  auf  der  Inschrift  des  Tarracius 
Bassus  vor. 

Eine  zweite  aus  dem  Altertum  stammende  Sammlung  von  30—40 
Strassennamen  bietet  die  Inschrift  der  Tarracius  Bassus  (vgl.  S.  325).  In 
dieser  Urkunde  werden  nicht  die  Strassen,  sondern   die  Einwohner  ge- 

Handbuoli  der  Ubob.  AltertumswiaBeiMohan.    m,  8,  B.    2.  Anfl.  25 


386  B.  Topographie  von  Boiii. 

nannt,  z.  B.  statt  des  Clivus  Pullius  die  ClivumpuUenses.  Erhalten  sind 
folgende  Namen:  Aquilenses  (V.  Longi  Aquilae  XIY.  Reg.),  Caeli- 
montienses  (Caelemontium  Beg.  11,  p.  336),  Gamellenses,  CamarteDses,  a 
Caput  porticus,  Cicinenses  (Sicininum  Reg.  III  p.  312),  deCircum,  Clivum- 
puUenses (Clivus  Pullius  Reg.  HI  p.  312),  Decennenses  (Decennium 
Reg.  II  p.  336),  Epictetenses,  Isiaci  (Reg.  in?  p.  330),  ad  iacum  longum, 
Macellenses  (Macellum,  magnum  Reg.  II  p.  338  oder  Liviae  Reg.  Y  p.  332), 
Monetarii  (Moneta  Reg.  III  p.  330),  Noenses  de  ara  Matidiae,  ad  nymfeum 
Alexandri  (Reg.  V  p.  322),  Orf ienses  (lacus  Orphei  Reg.  Y  p.  308),  Paria- 
nenses,  Quirinenses  (aedes  Quirini  Reg.  YI  p.  287),  Statuavalerienses 
(Yicus  statuae  Yalerianae  Reg.  XIY  p.  272),  Suburenses  (Subura  Reg.  IV 
p.  308),  Tascogenses,  de  teglatu,  Traianenses  (Thermae  Traiani  Reg.  in 
p.  328),  Tellurenses  (Aedes  Telluris  Reg.  III  p.  324),  Yenerenses  (Yicus 
Yeneris  almae  Reg.  XII  p.  342),  Yicocorvenses.  —  Noch  einige  andere 
Namen  dieser  Urkunde  sind  entweder  nur  durch  zweifelhafte  Ergänzung 
verständlich  oder  völlig  verstümmelt.  Die  Namen,  die  oben  keinen  Zusatz 
haben,  sind  sonst  unbekannt. 

Aus  gelegentlichen  Erwähnungen  bei  Schriftstellern  und  auf  In- 
schriften sind  mehrere  Strassennamen  bekannt,  die  topographisch  nicht 
bestimmbar  sind.  Yarro  LL.  Y  158  nennt  einen  Yicus  Cosconius:  simili 
de  causa  Pullius  et  Cosconius,  quod  ab  his  viocuris  dicuntur  aedificati;  bei 
Cicero  ad  Attic.  YU  3, 6  heisst  es:  sed  quid  est,  quod  ei  vici  Luccei  sitd  ad^ 
dicti,  CIL  YI  9796  werden  pigmentarii  vici  lorarii  genannt,  9871  ein  Yicus 
Licinianus,  7542  ein  Yicus  Fanni,  9492  ein  Yicus  Caeseris  (viel- 
leicht CaesarisP),  2235  ein  Yicus  Bellonae,  der  möglicherweise  beim 
Tempel  der  Bellona  (p.  214)  zu  suchen  ist.  —  CIL  YI  4476  und  9971 
nennen  ein  Compitum  alliarium.  In  beiden  Inschriften  werden  vestiarii 
a  compito  alliario  genannt.  —  Den  Yici  sind  auch  wohl  einige  Örtlich- 
keiten zuzuzählen,  die  nicht  als  solche  bezeichnet  werden :  Gellius  II  3,  5 
spricht  von  einem  Exemplar  des  zweiten  Buches  der  Aeneis  emptum  in 
sigillariis,  CIL  YI  9178  wird  ein  argentarius  ab  sex  aris  und  9884  eine 
sarcinatrix  ab  sex  aris  genannt.  Bei  Cicero  in  Catil.  I  4,  8  und  pro  Sulla 
18,  52  wird  das  Haus  des  M.  Laeca  inter  falcarios  genannt;  zweifel- 
hafter ist,  ob  in  der  Argeerurkunde  Yarro  LL.  Y  50  in  figlinis  und  bei 
Livius  XXXY41  porticum  exfra portam  Trigeminam  inter  lignarios  fecerunt 
(vgl.  p.  196)  Strassennamen  gemeint  sind.  —  Ein  Curiosum  ist  der  Yicus 
turarius;  er  ist  eine  lediglich  bei  den  Scholiasten  des  Horaz  zu  Ep. 
I  20,  1  und  bei  Ps.  Ascon.  p.  200  Or.  vorkommende  Namensform  für  den 
Yicus  Tuscus  (p.  105). 

14.  Über  die  Zahlen  der  vici,  aedes,  vicomagistri,  curatores, 
insulae,  domus,  horrea,  balinea,  lacus  und  pistrina,  sowie  über 
die  nur  im  Breviarium,  nicht  in  der  Regionsbeschreibung  aufgeführten 
lupanaria,  latrinae  publicae  und  mensae  oleariae  vgl.  p.  8  f.  unter 
insulae  verstand  man  ursprünglich  rings  von  Gassen  umgebene  Miets- 
häuser. Allmählich  entwickelte  der  Begriff  sich  in  der  Richtung,  dass  man 
in  konstantinischer  Zeit  darunter  Komplexe  von  vermietbaren  Wohnungen 
resp.  Wohnräumen  verstand,  von  denen  für  gewöhnlich  erst  mehrere  zu- 


Anhänge.    I.  Die  konBiantinisohe  Begionsbesohreibnng.  387 

sammen  ein  Haus  ausmachten.^)  Mit  Namen  bekannt  sind  die  Ins. 
Felicles  Reg.  IX  (p.  259),  Ins.  Bolani  Reg.  XIV  (p.  374),  Ins.  Vitaliana 
Reg.  III  (p.  329),  Ins.  Sertoriana,  Ins.  Cuminiana  Reg.  II  (p.  339);  vgl. 
Bull.  com.  1895,  p.  129  f.  —  Domus  sind  Privathäuser,  auch  Paläste.  Die 
Regionsbeschreibung  nennt  nur  wenige:  Dom.  Philippi  et  Victilianam  in 
der  II.,  Dom.  Brutti  Praesentis  in  der  III.,  Dom.  Augustianam  et  Tiberianam 
und  Dom.  Dionis  in  der  X.,  die  Septem  domus  Parthorum,  die  Dom.  Cilonis, 
die  Dom.  Comificiae  und  die  Privata  Hadriani  in  der  XII.,  die  Privata 
Traiani  in  der  XIII.  Region.  Sie  sind  in  grosser  Anzahl  fast  in  allen 
Regionen  nachgewiesen.  Unbekannt  ist  die  Lage  der  bei  Cic.  ad  Q.  fratr. 
III  3,  7  erwähnten  domus  Liciniana  ad  lucum  Pisonis  (vgl.  p.  324  Anm.  2) 
sowie  der  von  Gellius  X  15,  7  und  Fest.  p.  89  genannten  domus  Flaminiae 
(=z  flaminis  Dialis). 

15.  Horrea  GXG.  Es  sind  öffentliche  Speicher  gemeint,  in  erster 
Linie  jene  grossen  Magazine  am  Tiber,  in  denen  die  zur  See  angekom- 
menen Waren,  namentlich  das  Oetreide,  lagerten;  vgl.  p.  197  ff.  Femer 
müssen  in  der  ganzen  Stadt  Horrea  verteilt  gewesen  sein,  bei  denen  die 
einzelnen  Tribus  ihr  Getreide  empfingen.  Ausser  den  Horrea  für  das 
Getreide  gab  es  noch  andere,  über  deren  Bestimmung  es  in  der  Vita 
Alexandri  Severi  39  heisst:  horrea  in  omnibus  regionibus  publica  fecü,  ad 
quae  conferrent  bona  ei,  qui  privatas  custodias  non  haberent  (vgl.  p.  198 
Anm.  4).  Es  scheint,  als  ob  erst  Alexander  Severus  diese  Einrichtung  ge- 
troffen habe.  Bei  Paul.  Dig.  I  15,  3,  2  ist  von  ihr  als  einer  allgemeinen  die 
Rede:  in  horreis,  ubi  homines  pretiosissimam  partem  fortunarum.suärum  re- 
ponunt  Inschriften  von  horrearii  CIL  VI  9460—9471.  Pläne  von  Horrea  in  der 
Forma  Urbis  (vgl.  p.  198  Anm.  1),  Abbildungen  auf  einem  Esquilinischen 
Wandgemälde  Rom.  Mitt.  1896,  Taf.  IV,  V  (vgl.  p.  203  Anm.  1).  —  Nicht 
hierher  gehören  die  privaten  Horrea,  wie  sie  gelegentlich  als  Teile  von 
Häusern  und  Wohnungen  erwähnt  werden. 

16.  Balinea  DGGCLVI.  Agrippa,  der  Gründer  der  ersten  Thermen 
(p.  239),  hat  auch  zuerst  balinea  (balnea),  öffentliche  Badestuben,  ein- 
gerichtet. Plin.  N.  H.  XXXVI  121  heisst  es:  adicü  ipse  aedilüatis  suae 
commemoratione  ....  gratuita  praebüa  balinea  CLXX,  quae  nunc  Romae  ad 
infinitum  auxere  numerum.  Dann  heisst  es  Vita  Alexandri  Severi  39:  balnea 
omnibus  regionibus  addidit,  quae  forte  non  habebant.  Von  Gordianus  heisst 
es  Vita  32:  opera  Gordiani  Romae  nulla  exstant,  praeter  quaedam  nymfia  et 
balneas,  sed  balneae  privatis  hominibus  fuerunt  et  ab  eo  in  usum  privatum 
exomatae  sunt.  —  Von  diesen  Bädern  nennt  die  Regionsbeschreibung  in 
der  I.  Region  die  Balnea  Torquati,  Vespasiani,  Bolani,  Mamertini,  Abascanti, 
Antiochiani,  in  der  IV.  Region  das  Balneum  Dafnidis  (nach  Schol.  Juven. 
7, 233  auch  B.  Phoebi  genannt)  und  in  der  XIV.  Region  die  B.  Ampelidis, 
Prisci  und  Dianae.  Anderweitig  sind  noch  bekannt  im  Marsfelde  die  Bäder 
des  Gryllus,  Lupus,  Paustus  und  Portunatus  (vgl.  p.  258),  in  der  Nähe  des 
Circus  Flaminius  die  B.  Pallacinae  (vgl.  p.  212),  das  B.  Stephani  auf  dem 
Quirinal  (vgl.  p.  299),  die  B.  Naeratii  Cerialis  auf  dem  Esquilin  (vgl.  p.  312), 

')  0.  RiCBTBB,  Insnlii,  im  Hermes  1885,  p.  91  ff.  und  Mabchi,  Ricerche  iniorno  alle 
Insnlae  etc.  1891. 

25» 


388 


B.  Topographie  von  Born. 


das  B.  Scriboniolum  in  der  XII.  Region  (vgl.  p.  349)  und  die  Balneae 
Severi  in  Trastevere  (vgl.  p.  281).  —  Unbekannt  ist  die  Lage  folgender 
Bäder:  das  B.  Caesaris  und  B.  Gotini,  beide  bekannt  aus  der  Forma 
ürbis  fr.  49  u.  52,  das  B.  Charini,  Mart.  VII  34,  das  B.  Tuccae,  Mart 
1X75,  das  B.  Crispini,  Pers.  5,  126,  das  B.  Plautini,  Vita  Elag.  8,  das 
B.  Polycleti,  Porph.  zu  Horaz  Art.  poet.  v.  32:  Äemilii  Lepidi  ludus 
gladiatonus  fuit,  quod  nunc  Polycleti  balineum  est  Auch  wo  das  Bad  des 
bekannten  Sophonius  Tigellinus,  der  Praefectus  praetorio  unter  Nero 
war,  erwähnt  bei  Mart.  III  20, 16  (impudici  balnea  TigeUini),  gelegen  hat, 
ist  nicht  bekannt.  Auf  Inschriften  werden  genannt  das  B.  Verulanum 
CIL  VI  182,  das  B.  Claudianum  CIL  VI  29767;  der  Anonymus  von  Ein- 
siedeln hat  als  inscbriftlich  bezeugt  erhalten  das  B.  Juliorum  Akariorum 
(CIL  VI  29764)  und  das  B.  Mercurii;  vgl.  Lanciani,  Itin.  Eins.  p.  76.  Hier 
ist  auch  das  inschriftlich  bezeugte  Lavacrum  Agrippinae  zu  nennen; 
vgl.  Hülsen,  Rom.  Mitt.  1891  p.  80  Anm.  1.  —  Von  den  856  Bädern  sind 
also  nur  39  mit  Namen  bekannt,  jedenfalls  die  bedeutendsten;  die  Bäder 
werden  der  überwiegenden  Mehrzahl  nach  keine  besondere  Benennung 
gehabt  haben.  —  Inschriftlich  bezeugt  sind  balneatores  CIL  VI  6243,  7601, 
8742,  9102,  9216,  9217;  a  balineis  Augusti  CIL  VI  8512,  ein  praeposüus 
balneariorum  domus  Äug,  CIL  XI  8642. 

17.  LaeuB  MGGCLII.  Die  locus  waren  Brunnenbassins  verschiedener 
Grösse,  die  über  die  ganze  Stadt  verteilt  waren  und  von  den  Wasser- 
leitungen gespeist  wurden.  Auch  hiermit  hat  Agrippa  den  Anfang  gemacht; 
nach  Plin.  N.  H.  XXXVI,  121  legte  er  700  locus,  ausserdem  500  salienfes 
an.  Die  Lacus  —  und  mit  ihnen  auch  wohl  die  Salientes  —  haben 
sich  dann  bei  der  allmählichen  Zunahme  der  Wasserleitungen  ent- 
sprechend vermehrt,  bis  sie  die  in  dem  Breviarium  angegebene  stattliche 
Zahl  erreichten.  Eine  Saliens  ist  auf  dem  Comitium  zum  Vorschein  gekommen ; 
vgl.  p.  366  f.  Mit  Namen  bekannt  sind  nur  wenige.  Genannt  werden 
in  der  Regionsbeschreibung  der  L.  Promethei  in  der  I.,  der  L.  pastorum 
in  der  HI.,  der  L.  Orphei  (p.  308)  in  der  V.  und  der  L.  Oanymedis 
(p.  260)  in  der  VII.  Region.  Ausserdem  kennen  wir  noch  die  Lacus  am 
Forum,  den  L.  Servilius  (p.  85),  den  L.  Juturnae  (p.  88  und  p.  358  f.)  und  den 
L.  Curtius  (p.  102  f.),  den  L.  cunicli  in  der  IX.  Region  (p.  259),  den  Lacus 
Fundani  auf  dem  Quirinal  (p.  285),  aus  CIL  VI  9664  den  L.  Aretis  sub 
aede  Fortunoe  und  die  von  der  Kapitolinischen  Basis  durch  Namen  von 
Vici  bekannten  L.  miliarius  (Reg.  XHI),  L.  restitutus  (Reg.  XIV)  und 
L.  tectus  (Reg.  XH).  Aus  der  Bassus-Inschrift  Bull.  com.  1891  p.  356 
ist  der  L.  longus  bekannt.  —  Als  bedeutendere  Wasserkünste  sind  hier- 
her zu  rechnen  die  Meta  Sudans  (p.  171)  und  die  Aqua  cernens,  ^) 
quattuor  scaros  sub  aede,  in  der  VIH.  Region  (p.  183).  Hierher  gehört  auch 
wohl  der  bei  Plut.  de  fort.  Rom.  10  erwähnte  Föns  muscosus  und  der 
CIL  164.  165  genannte  Föns  Scaurianus.     Bei  ersterem  lag  ein  weiter 


')  Die  Emendierungsversuche  (aquam 
ferventem,  aquam  pendentem)  siehe  auf  p.  183 
Anm.  5.  Ich  glaube  eher,  dass  cemens  aus 
cernua  verschrieben  ist.  Aquacernua,  kopf- 


über stfirzendes  Wasser,  dürfte  eine  gute  Be- 
zeichnung für  einen  Springbrunnen  oder  eine 
ähnliche  Wasserkunst  sein. 


Anhänge.    I.  Die  konetaniiniBohe  Begionebesohreibang.  389 

auch  nicht  bekanntes  Sacellum   Fortunae  Virginis,  vgl.  Plut.  Quaest. 
Rom.  74. 

18.  Pistrina  CGLIV.  Öffentliche  Bäckereien  müssen  in  Zusammen- 
hang mit  der  Getreideverteilung  stets  bestanden  haben,  da  die  grosse 
Anzahl  mittelloser  Qetreideempfanger  sicherlich  nur  in  den  seltensten  Fällen 
eine  eigene  Backgelegenheit  hatte.  Seit  Aurelian  wurde  an  Stelle  des 
Getreides  Brot  verteilt,  welches  in  jenen  254  Bäckereien  gebacken  wurde. 
Ähnliche  Bewandtnis  hatte  es  mit  den  Mensae  oleariae  IICCC,  da  schon 
seit  Septimius  Severus  auch  Öl  verteilt  wurde.  ^ 

19.  Von  den  am  Schlüsse  aufgeführten  Castra  sind  topographisch 
nicht  nachzuweisen  die  der  Tabellarii  (CIL  VI  9051— 9052  und  9915— 9918), 
Victimarii  (Opferknechte)  (CIL  VI  9087—9088  und  9982)  und  Silicarii 
(Steinklopfer).  Die  Cohortes  praetoriae  X  lagen  im  Prätorianerlager  (p.  297); 
die  C.  urbanae  IV  in  der  Vn.  Region  (p.  263);  die  Castra  equitum  singu- 
lariorum  11  und  peregrina,  erstere  in  der  Regionsbeschreibung  nicht 
erwähnt,  siehe  p.  332  und  p.  837 ;  die  C.  Misenatium  befanden  sich  in  der 
III.  Region  (p.  329),  die  Lage  der  in  der  Regionsbeschreibung  nicht  er- 
wähnten C.  Ravennatium  in  der  XIV.  Region  scheint  gesichert  (p.  275). 
Die  vexilla  communia  II  werden  sonst  nicht  erwähnt.  Über  Castra  Fonta- 
norum  vgl.  p.  334.  —  Von  den  Kasernen  der  Vigiles  (vgl.  p.  54)  lässt 
sich  der  grössere  Teil  bestimmt  nachweisen,  nämlich  die  der  ersten  Ko- 
horte in  der  VII.  Region  (vgl.  p.  263),  die  der  zweiten  in  der  V.  Region 
(vgl.  p.  331),  die  der  dritten  in  der  VI.  Region  (vgl.  p.  298),  die  der 
fünften  in  der  11.  Region  auf  dem  Caelius  (vgl.  p.  338)  und  das  Excu- 
bitorium  der  siebenten  Cohorte  in  der  XIV.  Region  (vgl.  p.  274).  Die 
Lage  der  vierten  Cohorte  in  der  XII.  Region  auf  dem  Aventin  ist  durch 
die  bei  der  Kirche  S.  Saba  gefundene  Inschrift  CIL  VI,  219  bekannt  (vgl. 
CIL  VI  220,  643,  1055  und  de  Rossi,  Ann.  d.  Ist.  1858  p.  285  flf.).  Nur 
von  der  sechsten  Kohorte  steht  lediglich  fest,  dass  sie  innerhalb  der 
Vni.  Region  kaserniert  war,  der  genaue  Ort  der  Kaserne  ist  unbekannt. 


Unbekannter  Lage  und  nur  durch  gelegentliche  litterarische  oder 
inschriftliche  Erwähnung  bekannt  sind  ausser  den  bisher  besprochenen 
noch  folgende  Örtlichkeiten  etc. 

1.  Eine  Ära  Augusti,  die  dem  Augustus  von  Tiberius  geweiht 
wurde,  erwähnen  die  Pränestiner  Pasten  zum  17.  Januar.  Vgl.  CIL  I* 
p.  308.  Auch  die  Errichtung  anderer  Altäre  (Clementiae,  Amicitiae) 
wird  Tac.  Ann.  IV  74  erwähnt.  In  den  Arvalakten  werden  eine  Ära 
Providentiae  (vgl.  CIL  VI  p.  474  anni  incerti)  und  eine  Ära  gentis 
Juliae  (vgl.  das.  p.  476  anni  incerti)  genannt;  in  denselben  Akten  25.  Mai 
38  n.  Chr.  steht  sub  diu  in  ara.  Die  Lage  aller  dieser  Altäre  ist  unbe- 
kannt. 

2.  Eine  Domus  pulverata  (wohl  auch  Strassenname)  wird  auf 
einem  in  der  IX.  Region,  nicht  weit  vom  Theater  des  Balbus  gefundenen 


*)  Vgl.  HiBscHFELD,  Römischo  Verwaltongsgeschichte,  p.  138. 


390  B.  Topographie  von  Born. 

Sklavenhalsband  genannt:  serviis  sunt  domni  mei  scholastici  v,  sp,,  tene  me,  ne 
fugiam  de  domo  pulverata.  Vgl.  de  Rossi,  Bull.  com.  1892  p.  11  flf.;  Hülsen, 
Rom.  Mitt.  1893,  p.  260. 

3.  Eine  Anzahl  von  Oartenanlagen:  die  Horti  Ali  Filetiani  CIL 
VI  9240,  möglicherweise  auf  dem  Esquilin,  die  Horti  Atticiani  CIL 
VI  8667,  die  Horti  Pomponii  Tac.  Ann.  VI  3,  die  Horti  Peduceani 
Bull.  com.  1885  p.  89  und  die  Horti  Titiani,  CIL  VI  8675;  über  Horti 
Gommodiani  heisst  es  Vita  Pesc.  6:  hunc  in  Commodianis  hortis  in  porticu 
curva  pidutn  .  .  .  videtnus. 

4.  DerLucus  Deae  Satrianae  CILVI114  und  der  Lucus  Semeies 
CIL  VI  9897. 

5.  Ein  Nymphaeum  Plavi  Philippi  CIL  VI  1728;  vgl.  Gatti,  Bull. 
com.  1887  p.  333  f. 

6.  Eine  Porticus  Crep  ...  aus  CIL  VI  675,  30810;  auf  dem  Bello- 
rischen  Wandgemälde  von  Bauten  am  Tiberufer  (p.  329)  ist  eine  Porticus 
Neptuni  dargestellt;  femer  gab  es  eine  Porticus  Pallantiana  GEL 
VI  9719  und  eine  Porticus  Severi,  die  nach  Vita  Sev.  21  und  Carac.  9 
ihm  zu  Ehren  von  Caracalla  errichtet  war:  reliquit  et  porticum  patris  nomine, 
quae  gesta  iUius  contineret  et  triumphos  et  bella. 

7.  Mehrere  Sacella  der  Fortuna,  sämtlich  durch  Plutarch  bekannt, 
Fortunae  änoTQonmag,  Fortunae  brevis,  Fortunae  obsequentis,  Fortunae 
Virginis,  Fortunae  virilis,  Tvxrjg  v^svrqlaq  Quaest.  Rom.  74  und  de  fort. 
Rom.  10,  und  ein  Templum  Fortunae  respicientis  {Tvxriq  ijuctge^po- 
fievrjg),  letzteres  auf  dem  Esquilin  gelegen. 

8.  Eine  Scala  mediana;  vgl.  CIL  VI  9683,  wohl  ein  Strassen- 
name. 

9.  Ein  Heiligtum  der  dementia  Caesaris,  vgl.  Dio  Cass.  XLIV  6; 
Voll.  Paterc.  II  56;  Plin.  N.  H.  H  14.  VII  93.  Über  den  Beschluss,  einen 
Tempel  der  Concordia  nova  (Ofiovoia  xanni;)  zu  errichten,  berichtet  Dio 
Cassius  XLIV  4  aus  dem  Jahre  44  v.  Chr.  Ob  und  in  welcher  Weise 
dieser  Beschluss  ausgeführt  wurde,  ist  nicht  bekannt.  Ebenso  steht  es 
mit  dem  auch  von  Dio  Cassius  XLIH  44  aus  dem  Jahre  46  berichteten 
Beschluss,  eine  Aedes  Libertatis  zu  errichten.  —  Tac.  Ann.  XV  28 
nennt  ein  Templum  Fecunditatis,  das  auf  Anordnung  des  Senates 
wegen  der  Entbindung  der  Poppaea  Sabina  errichtet  wurde;  eine  Aedes 
Fortunae  Tullianae  wird  CIL  VI  8706,  ein  Aedituus  der  Isis  Pelagia 
CIL  VI  8707  genannt,  CIL  VI  8710  wird  ein  Aedituus  Veneris  Felicis 
genannt.  Einen  Tempel  des  Hercules  Fundanus  nennt  Porph.  zu  Horaz 
Ep.  I  1,  4;  über  den  Hercules  Fundanius  vgl.  p.  285.  Bei  Obsequens  37 
(97)  wird  eine  Aedes  Veneris  Verticordiae  genannt,  nach  Servius  Aen.  , 
VIH  636  gab  es  beim  Circus  ein  Fanum  Veneris  Verticordiae  (p.  180),  an 
zwei  anderen  Stellen,  Val.  Max.  VHI  15,  12  und  Ovid  Fast.  IV  133  flf.,  ist 
nur  von  dem  Simulacrum  Veneris  Verticordiae  die  Rede.  Die  Lage  ist 
jedenfalls  unsicher.  Ganz  unbekannt  ist  die  Lage  des  bei  Florus  1 15,  20 
genannten  Tempel  der  Pal  es  (vgl.  TibuU  II  5,  28)  und  die  eines  Tempels 
der  Horta,  von   dem  es  bei  Plutarch,  Quaest.  Rom.  46  heisst,  dass  er 


Anhänge.   II.  Varro  über  die  sieben  Hflgel  Borne  und  die  Argeenurknnde.    391 

stets  geöflfnet  gewesen  sei.  —  CIL  I«  p.  339  {die  incerto)  hat:  Pelicitati 
in  campo  Martio. 

10.  In  den  Säkularakten  wird  ein  Ort  auf  dem  Kapitel  mit  ad  ÄtaUam 
bezeichnet.    Bedeutung  und  Lage  sind  unbekannt. 


IL  Varro  über  die  sieben  Hügel  Roms  und  die  Argeer- 

urkiinde. 

(LL.  V  41-54  ed.  Spengel.) 

41.  7.  Ubi  nunc  est  Roma  Septimontium  nominatum  ab  tot  montibus 
quos  postea  urbs  muris  comprehendit,  e  quis  Capitolinus  dictus,  quod 
hie,  cum  fundamenta  foderentur  aedis  Jovis,  caput  humanum  dicitur 
inventum.  hie  mons  ante  Tarpeius  dictus  a  virgine  Vestale  Tarpeia, 
quae  ibi  ab  Savinis  necata  armis  et  sepulta,  cuius  nominis  moni- 
mentum  relictum,  quod  etiam  nunc  eins  rupes  Tarpeium  appellatur 

42.  saxum.  Hunc  antea  montem  Saturnium  appellatum  prodiderunt  et 
ab  eo  late  Saturniam  terram,  ut  etiam  Ennius  appellat.  antiquum 
oppidum  in  hoc  fuisse  Saturniam  scribitur.  eins  vestigia  etiam  nunc 
manent  tria,  quod  Saturni  fanum  in  faucibus,  quod  Saturnia  porta 
quam  lunius  scribit  ibi,  quam  nunc  vocant  Pandanam,  quod  post 
aedem  Saturni  in  aedificiorum  legibus  privatis  parietes  postici  Mui'i 

43.  sunt  scripti.  Aventinum  aliquot  de  causis  dicunt.  Naevius  ab 
avibus  quod  eo  se  ab  Tiberi  ferrent  aves,  alii  ab  rege  Aventino 
Albano,  quod  [iti}  sit  sepultus,  alii  Aventinum  ab  adventu  hominum, 
quod  conmiune  Latinorum  ibi  Dianae  templum  sit  constitutum.  Ego 
maxime  puto  [quod]  ab  advectu;  nam  olim  paludibus  mons  erat  ab 
reliquis  disclusus.  itaque  eo  ex  urbe  advehebantur  ratibus,  cuius 
vestigia,  quod  ea  qua  vectwai,  dicitur  velabrum,  et  unde  escendebant 

44.  ad  infimam  novam  viam,  locus  sacellum  Velabrum.  Velabrum  a 
vehendo.  Velaturam  facere  etiam  nunc  dicuntur  qui  id  mercede 
faciunt.  Merces  [dicitur  a  merendo  et  aere]  huic  vecturae  qui 
ratibus  transibant  quadrans.  ab  eo  Lucilius  scripsit  quadrantis 
ratiti. 

45.  8.  Reliqua  urbis  loca  olim  discreta,  cum  Argeorum  sacraria 
Septem  et  viginti  in  [quattuor]  partis  urbis  sunt  disposita.  Argeos 
dictos  putant  a  principibus,  qui  cum  Ercule  Argivo  venerunt  Romam 
et  in  Saturnia  subsederunt.  e  quis  prima  scripta  est  regio  Suburana, 

46.  secunda  Esquilina,  tertia  Collina,  quarta  Palatina.  In  Suburanae 
regionis  parte  princeps  est  Caelius  mons  a  Cele  Vibenna,  Tusco  duce 
nobili,  qui  cum  sua  manu  dicitur  Romulo  venisse  auxilio  contra 
Tatium  regem,  hinc  post  Celis  obitum  quod  nimis  munita  loca  tenerent 
neque  sine  suspicione  essent,  deducti  dicuntur  in  planum.  Ab  eis 
dictus  vicus  Tuscus,  et  ideo  ibi  Vortumnum  stare  quod  is  deus 
Etruriae  princeps;  de  Caelianis  qui  a  suspicione  liberi  essent,  tra- 


392  ^«  Topographie  von  Rom. 

47.  ductos  in  eum  locum  qui  vocatur  Caeliolus.  Cum  Caelio  coniunctum 
Carinae  et  inter  eas  quem  locum  Ceroniensem  appellatum  apparet, 
quod  primae  regionis  quartum  sacrarium  scriptum  sie  est: 

CEROLIENSIS    QUARTICEPS    CIRCA    MINERVIUM    QUA 
IN    CAELIO    MONTE    ITÜR    IN    TABERNOLA    EST. 

Ceroliensis  a  carinarum  iunctu  dictus;  Carinae  postea  Cerionia, 
quod  hinc  oritur  caput  sacrae  viae  ab  Streniae  sacello  quae  pertinet 
in  arcem,  qua  sacra  quotquot  mensibus  feruntur  in  arcem  et  per 
quam  augures  ex  arce  profecti  solent  inaugurare.  Huius  sacrae 
viae  pars  haec  sola  volgo  nota,  quae  est  a  foro  eunti  primore  clivo. 

48  Eidem  regioni  adtributa  Subura  quod  sub  muro  terreo  Carinarum; 
in  eo  est  Argeorum  sacellum  sextum.  Subura  lunius  scribit  ab  eo, 
quod  fuerit  sub  antiqua  urbe;  cui  testimonium  potest  esse,  quod 
subest  ei  loco  qui  terreus  murus  vocatur.  Sed  [ego  a]  pago  potius 
Succusano  dictam  puto.  Succusanus  nunc  scribitur  tertia  littera 
C,    non    B.  Pagus    Succusanus    quod    succurrit   Carinis.     Secundae 

49  regionis  Esquiliae.  alii  has  scripserunt  ab  excubiis  regis  dictas,  alii 
ab  eo  quod  aescul/tö  consiJtAe  a  rege  Tullio  essent.  Huic  origini 
magis  concinunt  loci  vicini,  quod  ibi  lucus  dicitur  facutalis  et  Lamm 
Querquetulanum  sacellum  et  lucus  Mefitis  et  lunonis  Lucinae,  quorum 

50  angusti  fines.  non  mirum;  iam  diu  enim  late  BYSxitisLjisa  est.  Esquiliae 
duo  montes  habiti,  quod  pars  Cespeus  mens  suo  antiquo  nomine  etiam 
nunc  in  sacris  appellatur.    In  sacris  Argeorum  scriptum  sie  est: 

OPPIÜS  MONS  PRJNCEPS  ESQUILIS  OÜLS  LÜCÜM  FACU- 
TALEM    SINISTRA    QUAE    SECÜNDUM    MOERUM    EST. 

OPPIUS  MONS  TERTICEPS  CIS  LÜCUM  ESQUILINUM 
DEXTERIOR    VIA    IN    TABERNOLA    EST. 

OPPIÜS  MONS  QUARTICEPS  CIS  LUCUM  ESQUILINUM 
VL^M    DEXTERIOREM    IN    FIGLINIS    EST. 

CESPIUS  MONS  QUINTICEPS  CIS  LUCUM  POETELIUM 
ESQUILHS  EST. 

CESPIUS  MONS  SEXTICEPS  APUD  AEDEM  lUNONIS 
LUCINAE    UBI    AEDITUMUS    HABERE    SOLET. 

51  Tertiae  regionis  coUes  quinque  ab  deorum  fanis  appellati,  e  quis  no- 
biles  duo.  Collis  Yiminalis  a  love  Viminio  quod  ibi  arae.  sunt  qui, 
quod  ibi  vimineta  fuerint.  Collis  Quirinalis;  Quirini  fanum.  sunt 
qui  a  Quiritibus,  qui  cum  Tatio  Curibus  venerunt  Romam,  quod  ibi 

52  habuerint  castra.  quod  vocabulum  coniunctarum  regionum  nomina 
obliteravit.  dictos  enim  collis  pluris  apparet  ex  Argeorum  sacrificüs, 
in  quibus  scriptum  sie  est: 

COLLIS    QUIRINALIS    TERTICEPS   CIS   AEDEM    QUIRINI. 
COLLIS     SALUTARIS    QUARTICEPS     ADVERSUM    APOL- 
LINAR    CIS    AEDEM    SALUTIS. 


Anhänge.    III.  Beschreibung  der  Honorianischen  Maaer.  393 

COLLIS  MÜCIALIS  QÜINTICEPS  APUD  AEDEM  DEI  FIDEI 
IN  DELÜBRO  UBI  AEDITUMUS  HABERE  SOLET. 

COLLIS  LATL/^IS  SEXTICEPS  IN  VICO  INSTELANO 
SÜMMO   APUD  AURACÜLUM   AEDIPICIUM    SOLÜM    EST. 

Horum  deorum  arae,  a  quibus  cognomina  habent,    in  eius  regionis 

53  partibus  sunt.  Quartae  regionis  Palatium,  quod  Pallantes  cum  Evandro 
venerunt,  qui  et  Palatini;  [alii  quod  PalatiniJ  aborigines  ex  agro 
Reatino,  qui  appellatur  Palatium,  ibi  consederunt;  sed  hoc  alii  a 
Palantio  uxore  Latini  putarunt.    eundem  hunc  locum  a  pecore  dictum 

54  putant  quidam;  itaque  Naevius  Balatium  appellat.  Huic  Cermalum 
et  Velias  coniunxerunt,  quod  in  hac  regione  scriptum  est: 

GERMALENSE    QÜINTICEPS    APUD    AEDEM    ROMULI 
et 

VELIENSE  SEXTICEPS  IN  VELLÄ.  APUD  AEDEM  DEUM 
PENATIUM. 

Germalum  a  germanis  Romulo  et  Remo,  quod  ad  ficum  rumi- 
nalem,  et  ii  ibi  inventi,  quo  aqua  hiberna  Tiberis  eos  detulerat  in 
alveolo  expositos.  Yeliae  unde  essent  plures  accepi  causas,  in  quis 
quod  ibi  pastores  Palatini  ex  ovibus  ante  tonsuram  inventam  vollere 
lanam  sint  soliti,  a  quo  Yellera  dicuntur. 


III.  Beschreibimg  der  Honorianischen  Mauer. 

(Einsiedler  Itinerar.) 

1.  A  porta  sei  Petri  cum  ipsa  porta  usque  portam  Flamineam: 

turres    XYI,    propugnacula    DCCLXXXII,    posternas    III,    neces- 
sariae    DU,  fenestrae  maiores  forinsecus  CVII,  minores  LXVI. 

2.  A  porta  Flaminea    cum    ipsa    porta    usque    ad  portam   Pincianam 

clausam:  ^  _ 

turres  XXVilll,   propugn.  DCXLIIH,   necess.  IE,   fenest.  maiores 

forins.  LXXV,  minores  CXVII. 

3.  A  porta  Pinciana  ^lausa  cum  ipsa  porta  usque  ad  portam  Salariam: 

turrs^XXn,  ppg.  CCXLVI,  necess.  XVII,  fenest.  maior.  forins.  CC, 
minor.  CLX. 

4.  A  porta  Salaria  cum  ipsa  porta  usque  Numentanam:  _ 

tuiT.   X,     ppg.  CXCVini,    nee.    II,     fen.    maior.   forins.   LXXI, 
min.  LXV. 

5.  A  porta  Numentana  cum  ipsa  porta  usque  Tiburtinam:     _ 

turn  LVn,  ppg.  DCCCVI,  nee.  II,  fenest  maior.  forins^  CCXIIII, 
min.  CC. 

6.  A  porta  Tiburtina  cum  ipsa  porta  usque  ad  Praenestinam:  _         _ 

turr.XVini,  ppg.  cum  porta  Praenestina  CCCII,  necess.  I,  fen.  maior. 
forins!  LXXX,  minon  CVIII. 


394  B.  Topographie  von  Rom. 

7.  A  porta  Praenestina  usque  ad_Asinariam:_ 

turr,_XXVI,   ppg.  Dlin,    nee.  VI,   fenst.  maior.  forins.  CLXXX, 
minor.  CL. 

8.  A  porta  Asinaria  usque  Metroviam:  _  _  _ 

turr.  XX,   ppg.  CGGXLII,   nee.  Uli,   fenest.  maior.  forins.  GXXX, 
minor.  CLXXX. 

9.  A  porta  Metrovia  usque  Latinam:  _  _  _ 

turr.  XX,  ppg.  CCXCnil,  nee.  XVII,  fen.  maior.  forins.  C,  minor. 
CLXXXm. 

10.  A  porta  Latina  usque  ad  Appiam:  _  _  _  _ 

turr.Xn,   ppg.  CLXXIin,   necess.  VI,   fen.  maior.  forins.  LXXX 
minor.  LXXXV. 

11.  A  porta  Appia  usque  ad  Ostensem:  _         _         _ 

tuiT.  XLVIin,  ppg.  DCXV,  nee.  XXHU,  fen.  maior.  forins.  CCCXXX, 
minor.  CCLXXXIIII. 

12.  A  porta  Ostense  ad_Tiberim:  _  _  _ 

tuiT.  XXXV,  ppg.  DCCXXXIII,   nee.  XVII,   fenest.  maior,  forins. 
CXXXVm,  minor.  CCXI. 

13.  A  flumine  Tyberi  usque  ad  portam  Portensem: 

turr.  nil,  ppg.  LVIin,  fenest.  maior.  forins.  X,  minor.  XV. 

14.  A  porta  Portensi  usque  Aureliam:  ^ 

tuiT.  XXVIIII,  ppg.  CCCC,  necess.  II,  fen.  maior.  forins.  CXXXVII, 
^  min.  CLXIII. 

15.  A  porta  Aurelia  usque  Tiberim:  ^  ^  _ 

turr.  XXnn,  ppg.  CCCXXVII,  necess.  XI,  fen.  maior.  forins.  CLX, 
min.  CXXXI.  

16.  A  flumine  Tiberi  usque  ad  portam  sei  Petoi:        _  _ 

turr.   Villi,    ppg.   CCCCLXXXVmi,    fen.  maior.  forins.   XXI   et 
minor.  VII,  posternae  II. 

17.  Porta  SCI  Petri. 

18.  In  Hadrianio  sunt: 

turres  VI,  ppg.  CLXIIII,  fenest.  maior.  forins.  XIIII,  min.  XVIIII. 
Sunt  simul: 

turres  CCCLXXXm,   propugnaeula  VII.XX.,    posternae  V,  neces- 
sariae  CXVI,  fen.  maior.  forins.  n.LXVI  ***. 


IV.  Aus  der  Parabase  des  Plautinischen  Curculio. 

(v.  470-484.) 
470.    Qui  periurum  conuenire  uolt  hominem,  ito  in  comitium:^) 
Qui  mendacem  et  gloriosum,  aput  Cloaeinae  saerum.^) 
Ditis  damnosos  maritos  sub  basiliea^)  quaerito. 
Ibidem  erunt  scorta  exoleta  quique  stipulari  solent: 
Sumbolarum  eonlatores  aput  forum  pisearium.^) 


*)  p.  97  flf.  I  »)  Basilica  Porcia  p.  98. 

«)  p.  102.  I  *)  p.  809. 


Anhänge.    IV.  Au«  der  Parabose  des  Plantinischen  Guronlio.  395 

475.  In  foro  infumo  boni  homines  atque  dites  ambulant: 
In  medio  propter  canalem*)  ibi  ostentatores  meri. 
Gonfidentes  garrulique  et  maleuoli  supra  lacum,^) 
Qui  alteri  de  nihilo  audacter  dicunt  contumeliam 
Et  qui  ipsi  sat  habent  quod  in  se  possit  uere  dicier. 

480.  Sub  ueteribus^)  ibi  sunt  qui  dant  quique  aecipiunt  faenore. 
Pone  aedem  Gastoris  ^)  ibi  sunt  subito  quibus  credas  male. 
In  Tusco  uico^)  ibi  sunt  homines  qui  ipsi  sese  uenditant. 
In  Yelabro^)  uel  pistorem  uel  lanium  uel  haruspicem 
Yel  qui  ipsi  uortant  uel  qui  aliis  ut  uorsentur  praehibeant. 


*)  Gloaca  mazima  p.  51. 
2)  Lacos  Curtius  p.  102  f. 
^)  Tabernae  veteres  p.  85. 


*)  p.  86  ff. 

>)  p.  105  und  182. 

«)  p.  181  ff. 


Register. 


(DJe  Ziffern  bedeuten  die  Seitensahlen,  die  knaniw  gedruokten  Mamen  lind  nicht  antik.) 


Acqua  Feiice  318  f. 
Adonaea  155  f. 
Aedes,  siehe  Tempel. 
Aedes  Romuli  380. 

—  thensamm  127. 

Aedicula  Aesculapii  et  Hygieae  345. 

—  Gamenarum  342  f. 

—  capraria  260. 

—  Goncordiae  79. 

—  Faostinae  95. 

—  Genii  popoli  Romani  83. 
-—    Jutumae  359. 

—  Silvani   bei   den   EoDstantinsthermen 
296. 

—  Vestae  90. 

—  Vestae  im  Palatiam  145. 

—  Yictoriae  Yirgim's  135. 
Aemiliana  211.  232. 

—  Vorstadt  in  Aemilianis  48.  211. 
Aeolia  (=  balnenm  Lupi)  258. 
Aeqoimelium  192.  345. 

Aerariom  Saturni  80. 
Aesculetum  211. 
Ager  LucullanuB  316. 

—  L.  Petillii  sub  Janiculo  271. 

—  Romanus,  Gampagna  von  Rom  24  ff. 

—  Vaticanus  268  f. 

Agrippa,  Bauten  auf  dem  Marsfeld  56. 230  ff. ; 

in  der  VII.  Region  263  ff. 
Aichungsamt  im  Eastortempel  88. 
Alarich,  Plünderung  Roms  73. 
Almo  226.  347. 

Alta  Semita  49.  284  ff.  296.  298.  300. 
Ambitus  50. 
Amphitheatrum  castrense  67.  303.  315.  331. 

—  Flavium  167  ff.  177.  303. 

—  Neronis  243. 

—  Statilü  Tauri  243. 
Angiportus  50. 

Auio  27. 

—  novus  62.  319. 

—  vetus  52.  71.  316.  317. 
Ansarium  199. 

Ansiedlungen,  filteste,  auf  dem  Esquilin  303. 


Antrum  Gyclopis  342. 

Apolinar  auf  dem  Quirinal(?)  289.  379. 

Apollinare  (Hain  oder  Altar)  auf  den  Prata 

Flaminia  213. 
Aqua  Alexandrina  62.  321  f. 

—  Alsietina  (Augusta)  55.  276. 

—  Antoniniana  318. 

—  Appia  48.  50.  52.  316. 

—  Augusta  316.  317.  381. 

—  Caerulea  319.  381. 

—  cemens  183.  388. 

—  Claudia  62.  67.  71.  318.  319  f. 

—  conclusa  381. 

—  Curtia  319. 

—  Dotraciana  381. 

—  Drusia  381. 

—  Julia  55.  70.  317  f. 

—  Marcia  52.  67.  70.  316.  317  f.  381. 

—  Mercurii  343. 

—  Pinciana  381. 

—  Severiana  62.  319.  348. 

—  Tepula  52.  70.  317  f. 

—  Traiana  62.  281. 

—  Virgo  55.  231.  240.  241.  262.  266. 
Aquae  316  ff.  381. 

Aquae  Gemellae  816. 
Ära  Aii  Loquentis  142. 

—  Amicitiae  389. 

—  Augusti  389. 

—  in  Capitolio  127. 

—  Carmentis  44. 

—  Gereris  im  Vicus  Jugarius  80.  192. 

—  Clementiae  389. 

—  Gonsi  32.  33.  132.  175. 

—  Ditis  et  Proserpinae  in  Tarento  225. 

—  E^andri  vor  Porta  Trigömina  195. 

—  Febris  in  Esquilino  305. 

—  Febris  in   summo  Vico  Longo  305. 

—  Fontis  (Ponti)  271. 

—  Fortunae  reducis  347. 

—  Fortunae  restitutricis  297. 

—  Tvxtjg  BviXmdog  290. 

—  auf  dem  Forum  103. 

—  gentis  Juliae  128.  389. 

—  Jani  Guriati  311. 

—  incendii  Neronis  auf  dem  Aventin  209. 


Begister. 


397 


Ära  iDcendii  Neronis  auf  dem  Quirinal  294. 
301. 

—  Jimonis  Sororiae  311. 

—  Jovis  in  Gapitolio  127. 

—  Jovis  Elicii  auf  dem  Aventin  209. 

—  Jovis  Invenioris  am  Aventin  195. 

—  Jovis  Viminii  291. 

—  Jutumae  359. 

—  Lamm  Augustorum  in  vico  Sandaliario 
307. 

—  Lavernae  46. 

—  Lunae  in  circo  maximo  179. 

—  Malae  Foitunae  305. 

—  Martis  44.  223. 

—  maxima  32.  33.  132.  187. 

—  Minucii  195. 

—  Opis  im  Yicns  Jugarins  80.  192. 

~  Pacis  Augnstae  247.  249.  251  f.  261. 

—  Providentiae  389. 

—  Semonis  Sanci  283. 
Arae  auf  dem  Quirinal  393. 

—  Isidis  auf  dem  Eapitol  243  f. 
Arco  di  BasUe  321.  336. 

—  de'  Pantani  112. 

—  di  Portogallo  261. 

Arcus  Arcadü,  Honorii  et  Theodosii  257. 

—  argentariorum  181. 

—  Augusti  auf  dem  Forum  94.  257.  360  f. 

—  Augusti  beim  Pons  Aemilius  190. 

—  M.  Aurelii  384. 

—  in  Gapitolio  119. 

—  Claudii  (zwei)  261. 

—  Constantini  7.  74.  132.  173.  335. 

—  DolabeUae  et  Silani  318.  821.  336. 

—  Domitiani  auf  dem  Marsfeld  227. 

—  Drusi  in   der  I.  Region  61.  71.  317. 
319.  341  f. 

—  Drusi  auf  dem  Forum  (?)  105. 

—  Drusi  auf  dem  Augustusforum  112. 

—  Fabiorum  48.  257.  360. 

—  Gallieni  45.  332. 

—  Germanici  384. 

—  Germanici  auf  dem  Augustusforum  1 1 2 

—  Gordiani  in  den  Castra  praetoria  297. 

—  Gordiani  bei  der  Porta  Yiminalis  45. 

—  Gratiani,  Yalentiniani  et  Theodosii  256. 

—  ad  Isis  171.  330.  336. 

—  Lentuli  et  Grispini  318. 

—  manus  corneae  261. 

—  novus  (Diocletiani)  260.  261. 

—  Pietatis  239. 

—  Septem  lucemarum  (=  Titi)  172. 
~  Septimii  Severi  75.  83  f.  363. 

—  atülana  ante  Septemsolium  318. 

—  in  summa  sacra  via  172. 

—  Tiberii  auf  dem  Forum  105.  116.  356  f. 

—  Tiberii  iuxta  Pompei  theatrum  227. 

—  Titi   33.  48.  74.  75.  182.  189.   161. 
172. 

—  Titi  et  Yespasiani  in  circo  177. 

—  l'raiani  auf  dem  Trajansfomm  115. 

—  Di  vi  Traiani  in  der  1.  Region  61.  71. 
318. 

—  Yen  349. 

Arcus,  Zusammenstellung  383  f. 


Arcus  Gaelemontani  (Neroniani)  320  f.  332. 

Ardea,  WäUe  43. 

Area  Apollinis  35.  147.  343  ff. 

—  GaUes  344  f. 

—  Gandidi  302. 

—  Gapitolina  126  f.  130.  153.  229. 

—  carruces  344  f. 

—  Gereris  323. 

—  Goncordiae  78.  79.  82. 

—  Fori  100  f.  368  f. 

—  Macari  313. 

—  Palatina  159. 

—  pannaria  344  f. 

—  radicaria  344  f. 

—  Satumi  80. 

—  Splenis  843  f. 

—  Yolcani  78.  116.  131. 
Argeerurkunde  10.  391. 
Argei  38  ff. 

ArgUetum  49.  97.   106.  109.  113.  283.  803. 

306.  307.  308.  368. 
Armamentarium  in  der  II.  Region  171.  329. 
Armamentarium  Ludi  Magni  329. 
Armilustrium  206. 
Arz  49.  116;  Befestigung  und  Aufgänge  118; 

Bauten   auf  der   Arx,   Kriegszustand 

119  ff.  392. 
Arx  et  Gapitolium  118. 
Asylum  180. 

ad  Atallam  auf  dem  Eapitol  391. 
Athenaeum  248. 
Atria  Licinia  310. 
Atrium  Gaci  183. 

—  Libertatis  108  f.  115. 

—  Maenianum  98. 

—  sutorium  307. 

—  Titium  98. 

—  Yestae  (regium)  89  f.  132. 
Auditorium  Maecenatis  313. 
Auguraculum  auf  dem  Eapitol  120. 

—  auf  dem  Quirinal  284.  290.  893. 
Auguratorium  auf  dem  Palatin  140.  290. 
Augustus,  Bauten  auf  dem  Forum  96. 

—  Bauten  auf  dem  Palatin  144  ff. 
Augustus,  Name  fOr  den  Gaelius  335. 
Aurelianische  Mauer  66  ff.;  Gang  derselben 

67;  Sicherung  der  Flussflbergftnge  68; 

Bauart  69;  Thore  70  ff. 
Aureum  bucinum  (=  vicus  a.  b.)  308. 
Ausgrabungen  (neueste)  auf  dem  Forum  355  ff. 
Aventinus  29.  30.  41.  292;  Drainage  28;  Ple- 

beischer  Gharakter  204;  Zugänge  205; 

Aelteste  HeiligtOmer  205  ff.;  Tempel 

207  f.;  Profanbauten  209  ff. 

B. 

Balatium  =  Palatium  380. 

Balnea  =  balinea  (allgemeines)  387. 

—  Naeratii  Gerialis  812. 

—  Stephani  299. 

—  Surae  210. 
Balneae  Pallacinae  212. 

—  Severi  in  der  XIV.  Region  281. 
Balneum  Abascantis  349. 

—  Ampelidis  281. 


398 


Begi8t«r. 


Balneum,  Antiochiani  349. 

—  ßolani  349. 

—  Gaesaris  388. 

—  Charini  388. 

—  Glandianum  388. 

-  Cotini  388. 

—  Crispini  388. 

—  Dianae  281. 

—  Fausti  258. 

—  Foitunati  258. 

—  GirUi  258. 

—  Juliorum  Akariorum  388. 

—  Lupi  258. 

~    Mamertini  349. 

—  Mercurii  388. 

—  Plautini  388. 

—  Polycleti  388. 

—  Prisci  281. 

~     ScriboDiolum  349. 

-  Sophonii  Tigellini  388. 

—  Torquati  349. 

—  Tuccae  388. 

—  Venilanum  388. 

—  Vespasiani  349. 

Balustraden  der  Rostra  vom  Forum  82.  104. 

357. 
Basilica  Aemilia  86.  355.  361  f. 

—  Alexandrina  232.  246. 

—  Antoniarum  381. 

—  argentaria  105.  109.  380. 

—  Claudii  381. 

—  Constantiniana  (nova)  164  f.  369  f. 

—  ConsUntiniana  (VII.  Reg.)  263. 

—  floscellaria  380. 

—  Fulvia  50.  85.  95. 

—  Gai  et  Luci  322.  361. 

—  Hilariana  340. 

—  HoBtUia  381. 

—  Julia  84  f.  116.  325.  357.  368. 

—  Marcianae  248. 

—  Matidiae  248. 

—  Neptuni  232.  242. 

—  Opimia  78.  98. 

—  Pauli  (=  Aemilia)  95. 

—  Porcia  50.  98.  394. 
~    Sempronia  50.  85. 

—  ülpia  115. 

—  vascellaria  380. 

—  vestilia  380. 
Basilicae  380  f. 

Basis  des  L.  und  des  G.  Gaesar  361. 

—  Gapitolina  11  f.  370. 

~     Gonstantii  auf  dem  Gomitium  367. 

—  Domitiani  103. 

--     Maxentii  auf  dem  Gomitium  366. 
Baumaterial  und  Bauweise  19.  52.  56  f.  72  ff. 
Bibliotheca  Gapitolina  377. 

—  Ülpia   auf  dem   Trajansforum   115  f. 
295.  377. 

Bibliothek  im  Atrium  Libertatis  108.  376. 

—  in  der  Domus  Tiberiana  151.  376. 

—  in    der   Porticus  Octaviae   152.   218. 
376. 

—  im  Tempel  des  Apollo  auf  dem  Palatin 
147.  2]ß.  376. 


Bibliothek   im  Tempel  des  Angustna   auf 
dem  Palatin  152.  376. 

—  im  Templum  Pacis  113.  376  f. 
Bibliotheken,  Zusammenstellung  376  f. 
Botte  di  Termini  295. 
Buchhändler  106.  182.  307. 

Busta  Qallica  187. 

C. 

Gaelemontium    335.    336 ;    GaelemontieDaea 

386. 
Gaeliculus  334. 
Gaelimons  378. 
Gaeliolus  384.  392. 
Gaeliu8  29.  30.  33.  36.  38;  Befestigung  335; 

Strassen  und  Aufgänge  335  f. ;  Tempel 

336;  Kasernen  337. 
Gaelius  maior  et  minor  334. 
Gaesar,   Bauthätigkeit  55  f.  58.  108  ff.  230. 
Galigulas  Bauten  (sein  Palast)  58.  153  f. 
Gampagna  von  Rom  24  ff. 
Gampi  380. 
Campo  Vaecino  75. 
Gampus  Agrippae  259.  262  f.  299. 

—  boarius  380. 

-     Bruttianus  281. 

—  Gaelemontanus  335.  336.  380. 

—  Godetanus  258.  281. 

—  Esquilinus  303. 

—  Flaminius  211. 

—  ignifer  224. 

—  Jovis  380. 

—  lanatarius  345. 

^    Martialis  in  Gaelio  223.  336. 

—  Martins  211.  222  ff.  336. 

—  NeronianoB  270. 

—  Octavius  380. 

—  pecuarius  880. 

—  sacer  Horatiorum  843. 

—  salinarum  71. 

—  sceleratus  292. 

—  -     Tiberinus  (=  Martins)  223. 

—  Vaticanus  230.  269. 

—  Viminalis  sub  aggere  297. 
Ganalis  (=  cloaca  maxima)  395. 
Gapita  babula  144. 

Gapitolium  31.   33.  35.  38.  49.  116  f.  118. 

121  ff.  228.  287. 
Gapitolium  antiquum  (vetos)  auf  dem  Qniri- 

nal  285.  287  f.  299. 
Le  eapocce  329. 
Gapralia  226. 
Garcer  80  f.  97.  99. 
Garceres  175.  176.  184.  189. 
Garinae  36.  161.  311.  323  f.  392. 
Gasa  Romuli  auf  dem  Gapitolium  127.  134. 

—  auf  dem  Palatin  35.  36.  138.  184. 
Castel  S,  Angelo  (Engelsburg)  280. 
Gastella  divisionis  62. 

Gastra  equitum  singularium  332. 

—  Fontanorum  834. 

—  lecticariorum  275. 

—  Misenatium  329. 

—  peregrina  337. 

—  praetoria  67.  68.  297  f.  303.  831. 


Register. 


399 


Castra  Ravennatium  275. 

—  silicariorum  389. 

—  tabellaiionim  389. 

—  urbana  239.  263. 

—  victimarioram  389. 
Catabulum  263. 

Cati  fons  225. 

Cellae    vinariae    Dova    et    Arruntiana    274. 

Cenatio  Jovis  im  Palati  um  156. 

Centam  gradus  119. 

Cerionia  392. 

CermaluB  37.  183.  393. 

Cerolia  334. 

Ceroliensis  38.  39.  334.  892. 

Ceroniensis  (=  Ceroliensis)  392. 

Chalcidicnm  (secretarium  senatns  =  atriam 

Minervae)  95. 
Ciconiae  264. 
Ciconiae  nixae  224. 
Cimbrum  322. 
Circus  Alezandrinns  246. 

—  Caligulae  277.  377. 

—  Flaminius  48.  51.  124.  211.  212.  226. 

—  Gai  et  Neronis  277. 

—  Hadriani  277.  281. 

—  Maxentii  ad  Catecuinbas  349.  378. 

—  Maximus  33.   35.   40.   74.   124.    162. 
174  flf.  277.  377.  378. 

—  Metinua  206. 

—  Vaticanus  270. 

Cisterne  auf  dem  Palatin  134.  360. 

Ciritas  Leonina  67. 

Ciritavecchia  28. 

Cliv^us  argentarius  49.  50.  105  f.  109.  369. 

—  Bassüli  313. 

—  Capitolinus   49.   79.   82.    100.    116  f. 
118  f.  124.  356  f. 

—  Gosconius  50. 

—  Delphini  205. 

—  Mamuri  285. 

—  Maitis  345. 

—  Orbius  (ürbius)  310  f. 

—  Orfei  308. 

—  Palatinus  141. 

—  pilae  Tiburtinae  288. 

-     Publicius48.  180.  185.  187.  205.  209. 
316. 

—  Pullius  50.  311. 

—  Rntarius  275. 

—  Salutis  44.  285.  289. 

—  Scauri  335. 

—  Suburanus  49.  303.  306.  308  f.  326. 

—  Triarii  205. 

--    Victoriae  34.  133.  136.  139.  187. 
Cloaca  Maxima  35.  51.  97.  185.  187.  368. 
Codeta  minor  in  campo  Martio  258. 
Cohors  I  vigilum  259.  263.  389. 

—  II  vigilum  331.  389. 

—  ra  vigilum  298   389. 

—  IV  vigilum  389. 

~     V  vigilum  338.  389. 

—  VI  vigilum  389. 

—  VII  vigilum  (excubitorium)  274.  389. 
Cohortea  vigilum,  Kasernen  und  excubitoria 

54. 


CoUegium  Capitolinorum  127. 
Colles  3H.  379. 

Collis  Agonus  oder  Agonius  (=  Quirinalis) 
285  f. 

—  Catialis  285. 

—  Dianae  (=  Aventin)  207. 

—  hortorum  (Pincio)  29.  260.  265—267. 

—  Latinris  284.  285.  290.  392. 

—  Mucialis  284   392. 

—  QuirinaUs  29.  30.   38.  39.  225.  260. 
283  £f.  379.  392;  Drainage  28. 

—  Salutaris  284.  392. 

—  Vaticanus  270. 

-<    Viminalis  29.  30.  38.  89.  283  ff.  379. 
392 
Colosseum'  74.  75.  76.  167  ff.  327. 
Colossus  Neronis  154.  166. 
Columbarien  vor  der  Porta  Salaria  351. 

—  an  der  Via  Appia  (Vigna  Codini  und 
Vigna  Cesario)  und  Latina  354  f. 

—  an  der  P.  Ostiensis  und  Portuensis  355. 

—  an  der  Via  Praenestina  352. 

—  in  der  Villa  Pamfili  275. 
Columna  Antonini  249.  253  f. 

—  bellica  215. 

—  cUatoria  254. 

—  Duilia  195. 

—  Maenia  85.  98  f.  195. 

—  Marci  Aurelii  76.  249.  253  f.  255  f. 

—  Phocae  104. 

—  rostrata  81. 

—  Traiani  76.  114.  115  f. 

Comitium  35.  77.  97  ff.  133.  271.  355.  363  ff. 

394. 
Compita,  ludi  compitalicii  50. 
Compitum  Acilli  311. 

—  alliarium  386. 

—  Fabricii  340. 
Coraria  (Septimiana)  273. 
Comelkirschenbaum  auf  dem  Palatin  134. 
Cometa  310. 

Crypta  Balbi  221. 

Ciyptoporticus  auf  dem  Palatin  221. 

Cuniculi  28. 

Curia  146.  355.  362  ff.  367  f. 

—  Acculeia  183. 

—  athletarum  329. 

—  calabra  127. 

—  Hostilia  94  ff.  98. 

—  Julia  95. 

—  Octaviae  218. 

—  Pompei  229. 

—  Saliorum  135. 
Curiae  novae  340. 

—  veteres  32.  33.  132.  135    144.  340. 
Custodia  Mamertini  (=  Carcer). 


Decem  tabemae  302. 
Decennium  336. 
Delubrum  Fontis  271. 
Diaetae  Alexandri  Severi  158. 
Diribitorium  211.  232  f.  277. 
Divorum  258. 


400 


Register. 


Doliola  89.  187.  367. 

Dolocenum  208. 

Domitian,  BauUi&tigkeit  154  ff.  246  f. 

Domns  aaf  dem  kapitolinischen  Stadtplan  5; 

HftoBerqaartiere  etc.  49  f.;  Bedentong 

387. 

—  anter  S.  demente  344. 

—  unter  S.  Giovanni  e  Paolo  aof  dem 
Caelios  339. 

—  bei  den  Titosthermen  329. 
Domus  T.  Aelii  Naevii  Antonii  Severi  301. 

—  Aemiliae  Panllinae  Asiaticae  301. 

—  Agrippae  143. 

—  Alfenü  Ceionii  Julian!  Camenii  301. 

—  Anci  Marcii  162. 

—  Antonii  143. 

—  C.  Aquilii  302. 

—  Augustana  132.  144  ff.  160. 

—  aurea  58  f.  154.  165  f.  313.  328. 

—  Q.  Aupelii  Symmachi  339. 

—  T.  Avidii  Quieti  301. 

—  Balbini  333. 

—  Betitii  Perpetui  Arzygü  301. 

—  Bnittii  Praesentis  333. 

—  Gaesaris  in  Subura  309.  333. 

—  Sp.  Cassii  323. 

—  Catuli  302. 

—  Galvi  oratoris  144. 

—  Gensorini  143. 

—  Cilonis  3.  210. 

—  Ginciorum  162. 

—  Glandii  Gentumali  338. 

—  T.  ülaudü  Neronis  143  f. 

—  App.  Glaudii  Martialis  101. 

—  Glaudii  in  Sicininum  312. 

—  Glodii  143. 

—  Gomeliae  L.  f.  Yolusi  Satumini  295. 

—  Gomeliae  Tauri  f.  T.  Axi  301. 

—  L.  Gomelii  Puaionis  301. 

—  Gomificiae  210. 

—  M.  Grassi  143. 

—  L.  Grassi  143.  302. 

—  Diadumeniani  339. 

—  Dionis  144. 

—  Domitiana  162. 

—  Gn.  Domitii  Galvini  162. 

—  Q.  Ennii  209. 

—  Elpidii  339. 

-  Flaminiae  387. 

—  Flavii  Sabini  285.  300. 

—  T.  Flavi  Tiberiani  334. 

—  Flavii  Vedii  Antonini  301. 

—  M.  Fulvii  Flacci  142. 

—  Gelotiana  148.  145. 

—  Germanici  146. 

—  Haterii  Latroniani  301. 

—  Hortensii  143.  144. 

—  Juli  Pompei  Rusoniani  302. 

—  G.  Julii  Proculi  143. 

—  Junii  senatoris  auf  dem  Gaelius  335. 
338. 

—  Laeliae  312. 

—  M.  Laelii  Folbii  Maximi  301. 

—  Lampadii  302. 

-—  Lateranorum  338. 


Domns  Liciniana  324. 

—  G.  licinii  Galvi  143. 

—  Licinii  Surae  210. 

—  liviae  144.  160. 

—  M.  Livii  Dmsi  143. 

—  Q.  Lutatü  Gatuli  143. 

—  Mamurrae  338. 

—  Manii  Manilii  325. 

—  M.  Manlii  Gapitolini  121. 

—  T.  Marcii  Figuli  291. 

—  Martialis  299. 

—  Maximi  auf  dem  Aventin  137.  21 

—  Maximi  im  Yicus  Patricius  312. 

—  Merulana  307. 

—  Messallae  143. 

—  Milonis  143. 

—  Naeratii  312. 

—  Narcissi  Augusti  1.  ab  epistulis  3< 

—  Numiorum  300. 

—  Octavii  162. 

—  M.  Opelli  Macrini  339. 

—  Palatma  Gommodiana  157. 

—  Pedonis  Albinovani  333. 

—  Pescennina  380. 

—  Petronii  Maximi  334. 

—  Pbilippi  389. 

—  Pinciana  266. 

—  Pisonum  339. 

—  Plinii  minoris  333. 

—  Pompei  in  Garinis  324. 

—  Pompei   beim  Theater  des  Pomp 
227. 

—  T.  Pomponii  Attici  289.  298.  299. 
~  T.  Pomponii  Bassi  298  f. 

—  Postumiorum  266. 

—  Potiti  210. 

—  Propertii  333. 

—  pulverata  389  f. 

—  regia  sacrificuli  160. 

—  M.  Scauri  143. 

—  P.  Scipionis  Nasicae  162. 

—  Q.  Seü  143. 

—  Septem  Parthorum  349. 

—  Servii  Tnllii  supra  clivum  Urbium 

—  Appii  Silvii  Junii  Silvini  301. 

—  Statilü  Sisennae  143. 

—  Stellae  303. 

—  G.  Stertinii  Xenophontis  339. 

—  P.  Sullae  143. 

—  Symmachi  274. 

—  Tampilana  in  colle  298. 

—  Tarquinii  Superbi  162. 

—  Tetricorum  330.  339. 

—  Tetti  Damionis  162. 

—  Tiberiana  132.  150  f.  152.  153.  1 

—  transitoria  154.  165  f. 

—  M.  Tullii  Giceronis  143. 

—  Q.  Tullii  Giceronis  143.  324. 

—  TuDi  Hostilü  161. 

—  Turdorum  231. 

—  L.  Vagelli  339. 

—  Q.  Valerii  Vegeti  300. 

—  Valeriorum  161.  339. 

—  Vectiliana  338. 

—  Vedii  Pollionis  320. 


BegiBt«r. 


401 


Domas  Yergilii  333. 

—  Yespasiani  219. 

—  Yettii  Agorii   Praetextati    et   Fabiae 
Paulinae  J34. 

—  Viru  .Nicomachi  Flaviani  339. 

—  M.  VitTuvii  Vacci  143. 

—  Vulcaci  Rufini  300. 

Drainage  der  Römischen  Hügel  (cnniculi)  28. 


Ehrendenkm&ler  auf  der  Area  des  Fomms 

104  ff. 
Einsattlung   zwischen   Arx   und    Gapitolium 

inter  duos  lucos  130  f. 
Einsiedler  Itinerar  11  f. 
Elephantus  herbarius  191. 
Emporium  48.  195  ff.  200. 
Equi  Tiridatis  260. 
Equiria  228. 
Equus  GonstanUni  7. 
Esquiliae  392. 
Esquilin  302—334. 

Euripus  bei  den  Thermae  Agrippae  241. 
Ezcubitorium  cohortis  VII.  vigilum  274. 

F. 

Faguial  37.  39.  311.  313. 

inter  falcarios  386. 

Fana  Isidis  et  Serapis  243. 

Fan  um  Febris  auf  dem  Palatin  142. 

—  Orbonae  161. 

—  Quirini  392. 

—  Satumi  (=  Aedes  Satumi)  391. 

—  Veneria  Verticordiae  375. 
Fasti  consulares  91  f. 

Favisae  im  Gapitolium  125.  127;  favisa  im 

Vestatempel  358. 
Feigenbaum  auf  dem  Forum  99  f.  103. 
Ficus  ruminalis  133.  393. 
in  figlinis  386.  392. 
Fiumicino  28. 

Flavier,  Bauten  auf  dem  Palatium  154  ff. 
Flumen  Almonis  347. 
Föns  Albudinus  319. 

—  Antoninianus  317. 

—  ApoUinis  343. 

—  Gaeruleus  319. 

—  Gamenarum  342. 

—  Cati  225. 

—  Gurtius  319. 

—  Lollianus  336. 

—  muscosus  388. 

—  Scaurianus  388. 
Fora,  Zusammenstellung  380. 
Forma  Jovia  319. 

—  Virginia  fracta  261. 

Fomices  auf  dem  Forum  boarium  190. 
Fornix  in  Gapitolio  119. 

—  Galpumius  119. 

—  in  circo  maximö  175. 

—  Fabianus  =  Arcus  Fabiomm  91. 

—  beim  Pons  Aemilius  190. 
Fortunium  191. 


Handbuch  der  Uaas.  Altertomswisseoschan.  III,  3,  B.    2.  Anfl. 


Forum  (magnum  oder  Romanum)  30.  33.  35. 
48.  75.  76  ff.  124.  355  ff.;  Neuordnung 
durch  Augustos  55.  361. 

—  Ahenobarbi  380. 

—  Aproniani  380. 

—  Augustum  56.  110  ff. 

—  boaiium  32.  35.  40.  48.   184  ff.  192. 
290 

—  Gaesaris  55.  97.  109  f. 

—  coquinum  310. 

—  cuppedinis  192.  309  f. 

—  Esquilinum  332. 

—  Gallomm  380. 

~    holitorium  48.  192  ff.  212. 

—  Julium  (=  Gaesaris)  55.  97.  109  f. 

—  Martis  109. 

—  Nervae  76.  113  f.  281.  307. 

—  Pacis  113.  310. 

—  Palatinum  159. 

—  Palladium  (=  Nervae)  114. 

—  pervium  (=  Nervae)  114. 

—  piscatorium  (piscarium)  109.  191.  192. 
309  f.  394. 

—  pistorum  199.  380. 

—  rusticorum  380. 

—  suarium  260.  264. 

—  Tauri  314. 

—  Traiani  60.  114  ff.  284. 

—  transitorium   (=   Nervae)    106.    109. 
114.  244. 

—  Vespasiani  (=  Pacis)  113. 

—  vinarium  264. 
Fossa  Gluilia  28. 
Frontispizio  di  Nerane  293. 

O. 

Gaianum  277.  281. 

Gallinae  albae  284.  302. 

Le  Gälluzze  322. 

Geiserich,  Plünderung  Roms  73. 

Genius  populi  Romani  83. 

Gradus  Aurelii  103. 

—  centum  119. 
Graecostasis  79.  98. 

H. 

Die  Häfen  200  ff. 

Hadrian,  Bauthftügkeit  60  f.  156  ff.  247  ff. 
Hadrianeum  auf  dem  Marsfeld  248. 
Hadrianeum  (=  Mausoleum  Hadriani)  72. 
Handzeichnungen  und  Skizzenbttcher  16. 
Häuschen  des  Thttrhttters  auf  dem  Kapitel 

127. 
Hecatostylon  230.  258. 
Hermaeum  156. 
Hippodromus  (sog.  Stadium)  auf  dem  Palatin 

155.  321. 
Honorianische  Mauer  393  ff. 
Horrea  194—199. 

—  allgemeines  387. 

—  am  rechten  Tiberufer  273. 

—  Agrippiana  198. 

—  Aniciana  198. 

—  Gaesaris  198. 

—  candelaria  198. 

26 


402 


Register. 


Horrea  chartaria  198.  324. 

—  Galbae,  Galbana,  Galbiana  197.  198. 

—  Germaniciana  198. 

—  Leoniana  198. 

—  Lolliana  198. 

—  Nervae  198. 

—  Petroniana  198. 

—  piperataria  164.  198.  369. 

—  Postamiana  198. 

—  Seiana  198. 

—  Semproniana  198. 

—  Sulpicia  197. 

—  Q.  Tinei  Sacerdotis  198. 

—  Vespasiani  164.  198. 

—  Volusiana  198. 
Horti  Aboniani  275. 

—  Aciliomm  266. 

—  Agrippae  241. 

—  Agrippinae  277. 

—  Ali  Filetani  390. 

—  Aotonii  276. 

—  Asiniani  316  f. 

—  Atticiani  390. 

—  Caesaris  in  der  XIY.  Region  230.  272. 
276. 

—  Caesaris  ad  portam  Collinam  267. 

—  Calliclani  314.  334. 

—  Cassii  275. 

—  Clodiae  275. 

—  Commodiani  390. 

—  Grasaipedis  345. 

—  Domitiae  267.  270.  278. 

—  Domitii  266. 

—  Drusi  275. 

—  Epaphroditiani  314.  316. 

—  Galbae  275. 

—  Getae  275.  281. 

—  Lamiae  auf  dem  Esqoilin  313. 

—  Lamiae  in  der  XIV.  Region  275. 

—  liargiani  260.  265. 

—  Liciniani  314. 

—  Lolliani  314. 

—  LucuUani  240.  266. 

—  Maeccnatis  154.  165.  305.    313.   324. 
333. 

—  Maiani  314. 

—  Pallantiani  314.  320. 

—  Pednceani  390. 

--  Pompei  (superiores)  266. 

—  Pomponii  390. 

—  Reguli  275. 

—  Sallustiani  267.  278.  283.  378  f. 

—  Scapnlae  275. 

—  Scatoniani  314. 

—  Serviliani  344. 

—  Sili  275. 

—  Spei  veteris  315. 

—  Tauriani  314.  334. 

—  Terentii  poetae  346. 

—  Titiani  390. 

—  Torquatiani  314.  316. 

—  Variani  264.  315. 

—  Vetüani  314.  ^ 


Janiculom  30.  31.  67.  68.   120  f.  200.  269. 

270.  274.  275.  281. 
Janicnlnm  (Befestigung)  51. 
Janas  auf  dem  Forum  38. 

—  medius  106. 

—  primus  106. 

—  auf  dem  Nervaforum  114. 

—  im  Vicus  Tnscus  107. 

—  quadrifrons  181.  184. 
Janusbogen  am  Forum  106. 
Janussiaiusse  101.  106  f. 
Insula,  Bedeutung  386. 
Insula  argentaria  365. 

—  Bolani  274. 

—  Cuminiana  339. 

—  Felicles  259. 

—  Sertoriana  387. 

—  Tiberina  202.  282  f. 

—  Vitaliana  329. 
Iseum  231.  243  ff. 

Iseum  Metellinum  auf  dem  Gaelins  337.  339. 


Kaiserfora  108  ff. 

Ealatores  pontificum  et  flaminum  (Amtshaus) 

359. 
Kalkgruben  74. 
Kapitolinische  Bads  11, 
Kapitolinischer  Stadtplan  3  ff. 
Kloaken  am  Forum  368  f. 
Kloake  unter  der  Basilica  Aemilia  368. 
Konstantin,  Bauthfttigkeit  61.  164.  296. 

L. 

Laconicum  (=  Thermae  Agrippae)  240. 
Lacus  8;  allgemeines  888. 

—  Albanus  28. 

—  Alsietinus  (MaHignano)  28.  276. 

—  Aretis  sub  aede  Fortunae  388. 

—  cunicU  259. 

—  Gurtius  102  f.  395. 

—  Fundani  225.  285. 

—  Ganymedis  260. 

—  Jutumae  88.  358  f. 

—  longus  888. 

—  miliarius  388. 

—  Nemorensis  {Nemi)  28. 

—  Grphei  308.  333. 

—  Papirianus  (Straceiacappa)  28. 

—  paatorum  388. 

—  Promethei  845. 

—  restitutus  388. 

—  Sabatinus  {Bracciano)  28.  281. 

—  Servilius  85. 

—  tectus  888. 
Lapis  Albanus  25. 

—  Gabinus  {Sperone)  25,  \ 

—  manalis  845. 

—  niger  bei  den  Rostra  365  f. 

—  pertusus  260. 

—  piperinus  (=  Albanus)  25. 

—  Tiburtinus  (Travertin)  27.  57. 


Register. 


403 


Lararien  auf  dem  Esquilin  333. 
Latomiae  41. 
Laatolae  384. 
Laatamiae  81.  98. 
Lava  25. 

Lavacram  Agrippae  (=  Thermae  Agrippae) 
232.  240. 

—  Agrippinae  388. 

—  Apollinifl  213  f. 
inter  llgnarios  386. 
Litteratur  17  ff. 
LitiiB  Etrascum  270. 
Loretam  206. 

Lotosbaom  auf  dem  Volcanal  110. 
lucos,  inter  duos  130. 
Lucus  Arvalium  271. 

—  asyli  126.  130. 

—  Deae  Satrianae  390. 

—  Egeriae  342. 

—  Esquilinus  47.  392. 

—  fagutalis  39.  47.  303.  392. 

—  Furrinae  209.  271. 

—  Junonis  Lucinae  303.  323.  392. 

—  Libitinae  305. 

—  Mefitia  303.  305.  392. 

—  Petelinus  211. 

—  Poetelius  39.  47.  392. 

—  Pisonis  324. 

—  Semeies  390. 

—  virginum  Vestalium  90. 
Ludi  Apollinares  214.  292. 

—  piscatorii  272. 

—  plebei  212. 

—  saeculares  224. 

—  Taurii  212. 
Ludus  Aemilii  Lepidi  373. 

—  Dacicus  171.  330. 

—  Gallicus  171. 

—  magnus  171.  330. 

—  matutinuB  171. 
Lunensischer  Marmor  57. 
Lupanaria  fll.  Region)  171. 
Lupanaria  (Quirinal)  298. 
Lupercal  35.  133. 


Macellum  (am  Forum)  192.  310. 

—  antiquum  (=  forum  holitorium)  192. 

—  Liviae  109.  193.  382. 

—  magnum  338. 
Maeniana  85. 

Magmentarium  Telluris  324. 
Malaria  28. 

Mansio  Saliorum  Palatinorum  im  Tempel  des 

Mars  ültor  112. 
Mansuetae  260. 
Mappa  aurea  210. 
Marana  des  Circusthales  35. 
Marforio  109. 

S.  Maria  antiqua  (Liberatrice)  355.  359. 
Marmorata  196. 
Marsfeld  30.  222  ff. 
Marsyas  auf  dem  Forum  103. 
Mausoleum  Augusti  66.  74;  (tumulus  Cae- 

sarum,  tumulus  Juliorum)  249  fi. 


Mausoleum  gentis  Flaviae  299. 

—  Hadriani  74.  75.  270.  274.  277.  362. 
Mazentius,  Bauthätigkeit  61.  366. 
Mensae  oleariae  389. 

Meta  Sudans  39.  171.  340.  388. 

Mica  aurea  auf  dem  Caelius  281.  339. 

—  in  der  XIV.  Region  281. 
Miliarium  anreum  83. 

Minervium  auf  dem  Caelius  47.  336.  392. 
Mirabilia  Romae  14  ff. 
Mithrftum  auf  dem  Cispius  333. 

—  bei  S.  demente  384. 

—  bei  den  DiokletiansÜiermen  295. 

—  in  den  Horti  Lamiae  318. 

—  im  Kapitel  126. 

—  bei  den  Eonstantinsthermen  297. 

—  beim  Macellum  Liviae  332. 

—  in  der  VIL  Region  265. 

—  im  Velabrum  183. 

Moles  Hadriani  (=  Mausoleum  Hadriani)  278. 

279. 
Molo  oberhalb  des  Pens  Aelius  200  f. 
Moneta  auf  der  Arx  121. 

—  bei  S.  demente  330. 
Monumenta  Agrippae  262. 

—  Calpurniörum  351. 
Monumentum  Ancyranum  19.  56. 

—  Marcellae  354. 

Mens  Albanus,  Nekropole  25. 

—  Augustus  (=  Caelius)  335. 

—  Aventinus  391. 

—  Caelius  334—340.  391  f. 

—  Capitolinus  75.  116  ff.  391;  Drainage 
28.  29. 

—  Cispius  29.  30.  37.  39.  283.  302.  303. 
305.  323.  392. 

—  citatorius  {Citorio)    oder    acceptorius 
254. 

—  Esquilinus  29.  30.  36.  41. 

—  Janicnlensis  270. 

—  Malus  (Marius)  269. 

—  Oppius  29.  30.  37.  39.  302.  323—380. 
392. 

—  Palatinus  30  ff.  132  ff. 

—  Pincius  =  coUis  hortorum  265  ff. 

—  Querquetulanus  (—  Caelius)  45.  334. 

—  sacer  292. 

—  Satumius  391. 

—  Tarpeius  391. 

—  Testaceus  199  f. 

—  Vaticanus  270. 
Montes  Vaticani  30.  230.  269. 
Montani  montis  Oppii  37. 
Monte  Caprino  75. 

—  dei  Cenci  221. 

—  CUorio  30.  252.  377. 

—  Giordano  30.  243. 

—  Mario  280. 

—  Testaccio  30.  66. 
Montes  379  f. 

Monti  della  creta  273. 
Montario  (mens  aureus)  30. 
Mucia  prata  271. 
Mühlen  am  Janicnlum  281. 

—  im  Tiber  281. 

26* 


404 


Begiater. 


Mondiis  der  palatmischen  Stadt  85.  148. 
ad  Murciae  162. 

Mama  terrens  Carinamin  38.  892. 
Mutatorium  Caesaris  345. 


Naumachia  AngoBti  259.  274.  276  f. 

—  Caesaria  in  campo  Maiüo  258. 

—  Caligolae  in  den  Saepta  231.  259. 

—  Domitiani  259.  277. 

—  Neronis  259. 

—  Philippi  Arabis  259.  277. 
Navale  inferius  208. 

Navalia  48.  200.  211.  271.  282. 

Nemus  Gaesarum  274.  276. 

Nero,  Baathätigkeit  58.  154.  165  f. 

Neronischer  Brand  58. 

Nodinus  226. 

Normalgewichte,  Depositum  im  Tempel  des 

Mars  Ultor  112;  im  Kastortempel  88. 
Nova  via  33.  34.  49.  88.  139.  181.  183.  187. 

391. 
Nymphea  tria  211. 

Nymphäen  in  den  Horti  Sallastiani  268. 
Nymphaeum  Divi  Alexandri  304.  330. 

—  Flavi  Philippi  390. 

—  Jovis  260.  380. 

—  in  der  XII.  Region  349. 


Obelisk  des  Augustus  im  Circus  Maximus 
(Piazza  del  Popolo)  7.  176.  177.  877. 

—  des  Augustus  auf  dem  Marsfeld  (Piazza 
Monte  Citorio)  252.  377. 

—  des  Galigula  im  Circus  in  Vaticano 
(vor  der  Basilica  S.  Petri)  277.  377. 

—  des  Constantius  im  Circus  Maximus 
(Lateran)  177.  377. 

—  des  Domitian  aus  dem  Iseum  und  dem 
Circus  des  Maxentius  (Piazza  Navona) 
244.  349.  378. 

—  des  Hadrian  (Pincio)  315.  364. 

—  aus  den  Horti  Sallusti  (Trinitä  de' 
Monti)  268.  378. 

—  aus  dem  Iseum  (S.  Maria  sopra 
Minerva)  378. 

—  ans  dem  Iseum  (?)  in  der  Villa  Mattei, 
im  Mittelalter  vor  der  Kirche  Araceli 
auf  dem  Kapitel  378. 

—  des  Nero  280. 

Obelisken  aus  dem  Iseum  (Pantheon  und 
Centralbahnhof)  244.  378. 

—  vor  dem  Mausoleum  des  Augustus 
(S.  Maiia  Maggiore  und  Piazza  del 
Quirinalej  250.  377. 

October  equus  223  f. 
Odeum  Domitiani  247. 
Odysseelandschaften  vom  Esquilin  333. 
Ofticinae  minii  288. 

Ibaum  auf  dem  Forum  103. 
Olympieion  in  Athen  125. 
Orientierung  der  Gebäude  auf  und  am  Forum 

368. 
Ostia  27  f. 
Ovile  (=  Saepta)  226.  230.  244. 


Paedagogium   puerorum  a  capite  A&icae 
335. 

—  auf  dem  Palatin  159. 
Pagus  Aventinensis  204. 

—  Janiculensis  271. 

—  Sncusanus  392. 
Palatin  29.  33.  124.  132  ff. 
Palatiniache  Stadt  30  ff. 
Palatium  31.  37.  39.  313.  393. 

—  Residenz  des  Augustus  56. 

—  Deciorum  302. 

—  Neronis  in  Vaticano  277. 

—  Pincianum  266. 

—  Sessorianum  304. 
ad  palmam  83. 

Palus  Capreae  (Caprae)  225. 

Pantheon  224.  232.  233-  239. 

Fasquino  109. 

Pavonazetto,  Sftulen  davon  in  S.  Paolo  fbori 

le  mura  362. 
Pentapylum  159. 
Feperin  =  lapis  Albanus  25. 
pergula  50. 
Petronia  amnis  225. 
Pflaster,  übereinander  liegende  Schichten  auf 

dem  Comitium  und  Forum  363. 
Pflasterung  der  Strassen  49. 
Phrygianum  278. 
Pila  Horatia  85.  343. 
Pincio  29.  30.  67.  260.  283. 
Piscina  aquarum  Marciae  Tepulae  Juliae  295. 

—  domus  aureae  329. 

—  publica  204.  343.  346. 

—  thermanim  Diocletiani  295. 
Pistrina  389. 

Pomerium,  palatinisches  11.  32.  33.  132. 

Pomeriumserweiterungen  64  ff. 

Pompeius,   Bauthätigkeit  auf  dem  Marsfeld 

227  ff. 
Pens  Aelius  68.  70.  256.  257.  275.  280. 

—  Aemilius   51.   68.   69.  72.   184.    185. 
190.  191.  202.  257.  271.  273. 

—  Agrippae  56.  68.  224.  256.  274. 

—  Aurelius  7.  68.  69.  70.  256. 

—  Cestius  51.  68.  69.  221. 

—  FabriciuB  51.  68.  69.  283. 

—  Gratiani  (=  Cestius)  69. 

—  Judaeorum  (=  Fabricius)  69. 

—  lapideus  (=  Aemilius)  69. 

—  Lepidi  (=  Aemilius)  69. 

—  maior  (=  Aemilius)  69. 

—  marraoreus  Theodosii  (=  Probi)  69. 

—  Mulvius  68.  69.  367. 

—  naumachiarius  276  f. 

—  Neronianus  68.  257.  275.  277. 

—  Probi  7.  68.  69. 

—  in  ripa  Romaea  (=  Probi)  69. 

—  senatorum  (=  Aemilius)  69. 

—  sublicius  41.   68.  69.  209.   120.  184. 
185.  191.  282.  379. 

—  Valentinianus  257. 
Pontes  379. 

—  inter  duos  191.  283. 


Register. 


405 


Porta  Appia  71.  187. 

—  Ardeatina  71. 

~  Asinaria  71.  303. 

—  Aurelia  auf  dem  Janiculum  71. 

—  Anrelia   am   Pons   Aelius   (=   Porta 
S,  PetH), 

—  Gaelemontana  45.  303.  335. 

—  Capena   33.   45.    71.    187.   316.   318. 
340  f. 

—  CarmentaUs  44.  46.  48.  118.  124.  184. 
187.  212. 

—  Catularia  385. 

—  CoUatia  385. 

—  Collina  45.  70.  284.  291  flf. 

—  Cornelia  72. 

—  Esquilina  45.  70.  292.  303.  305. 
~  Fenestella  385. 

—  Flaminia  67.  69.  70. 

—  FlomentaDa  43;  Vorstadt  extra  portam 
Flumentanam  44.  48.  211. 

—  Fontinalis  44.  211.  222.  284. 

—  Furba  319. 

—  Janaalis  (Janus  Geminus)   102.   362. 
384. 

—  Latina  71. 

—  Lavemalis  46. 

—  Maggiore  67.  319  ff. 

—  Monrovia  71. 

—  Minucia  195. 

—  Mngonia  (=  vetus  porta  Palatii)  34. 
133.  140.  145. 

—  Naevia  45. 

—  Navalis  202. 

—  Nomentana  70. 

—  Ostiensis  67.  71. 

—  Pandana  118.  391. 

—  Pia  70. 

—  piacularis  385. 

—  Pinciana  70.  267. 

—  Portuensis  66.  71.  270. 

—  Praenestina  66.  68.  70. 

—  Querquetolana  45.  336. 

—  Quirinalis  45.  284.  286.  288. 

—  Ratomena  44. 

—  Raadoscnlana  4^.  71. 

—  Romannla  (Romana)  34.  133.  136.  183. 

—  Salaria  70.  283. 

—  Salutaris  44.  284. 

—  Sanqualis  44.  284.  290. 

—  Satumia  (=  Pandana)  118.  391. 

—  scelerata  (=  Carmentalis)  44. 

—  Septimiana  72.  281. 

—  stercoraria  117. 

—  Taurina  =  Tibmiima  314. 

—  Tiburtina  66.  67.  68.  70.  316.  318. 

—  Trigemina  46.  48.  71.  184.  187.  209. 

—  triumphalis  124.  226. 
-  vetus  Palatii  133. 

—  Viminalis  45.  70.  283.  284.  293.  303. 
305. 

Portae  duodecim  184.  185. 

—  Palatii  34. 

—  urbis  Aurelianae  70  ff. 

—  urbis  Servianae  43  ff. 
Porticus  absidata  308. 


P  0  r  t  i  c  u  s  Aemilia  zwischen  Porta  Trigemina 
und  Emporium  195. 

—  Argonautarum  242.  258.  287. 

—  Aureliani  in  hortis  Sallusti  268. 

—  in  Aventinum  extra  portam  Trigemi- 
nam  205. 

—  Boni  Eventus  241. 

—  CatuH  143. 

—  am  Clivus  Gapitolinus  119. 

—  Gonstantini  259.  262. 

—  Corinthia  (=  Octavia)  220. 

—  Deorum  consentium  79.  117.  357. 

—  Europae  257  f.  287. 

—  fabaria  199. 

—  Flaminia  260. 

—  Gai  et  Lud  361. 

—  Gordiani  in  der  VII.  Region  260. 

—  Gypsiani  (=  Vipsania)  259.  262. 

—  Herculea  229. 

—  Jovia  229. 

—  auf  dem  Kapitol  126.  377. 

—  Liviae  6.  326. 

—  Marcelli  220. 

—  margaritaria  164.  191.  370. 

—  Meleagri  232. 

—  Metelli  217  f. 

—  ad  nationes  229. 

—  post  navalia  202. 

—  Neptuni  390. 

—  Octavia  219. 

—  Oeteviae  65.  217.  244. 

—  Pallantiana  390. 

—  Philippi  219. 

—  Polae  6.  231.  262. 

—  Pompeia  229.  258.  287.  299. 

—  von    der    Porta    Fontinalis    zur    Ära 
Martis  44.  223. 

—  bei  der  Porta  Pinciana  267. 

—  extra  portam  Trigeminam  inter  ligna- 
rios  196. 

—  längs  der  Sacra  via  164. 

—  Saeptorum  231.  259.  262. 

—  Severi  390. 

—  post  Spei  am  F.  holitorium  194. 

—  templi  Solis  264. 

—  therm arum  Traianarum  325. 

—  Vipsania  259.  262. 
Porticus  maximae  256.  257. 

—  Minuciae  (vetus  et  frumentaria)  217. 

—  triumphi  226. 
Portiken,  üebersicht  62  f. 
Portunium  191. 
Portus  Comeli  200. 

—  Licinii  200. 

—  Parrae  200. 

—  vinarius  200.  264. 
Posterulae  72. 
Praedia  Galbiana  197. 

—  Tigellini  Aemilianis  211. 
Praefectivra  urbana  325. 
Prata  Flaminia  211. 

—  Quinctia  200.  269.  271. 

—  Vacci  143. 
Privata  Hadriani  210. 

—  Traiani  210. 


406 


Register. 


Pulvinar  Amphitheatri  Flavii  170. 

—  beim  Gircus  Flaminiiis  215. 

—  ad  Gircuin  Maximum  175. 

—  Solis  aaf  dem  Quirinalis  287.  289. 
Puteal  auf  dem  Gomitium  100. 

—  Jutumae  359. 

—  Libonis  (Scribonianum)  103. 
Puticuli  304. 

Pyramide  dos  Gestiiis  67.  71. 

—  in  Trastevere  280. 

R. 

Regia  26.  91  f.  93.  135.  160.  162.  359  f. 
Regia  theatri  Pompei  229. 
Regio  Gaput  Tauri  314. 

—  Gollina  38  f.  391. 

—  Esquilina  36.  37.  38  f.  391. 

—  naumachiae  277. 

—  Palatina  36.  37.  38  f.  391. 

—  Suburana  36.  37.  38  f.  391  f. 
Regionsbeschreibung,    Eonstantinische    6  ff. 

371  ff. 
Regionseinteilung  des  Augustos  53  ff. 
Remuria  204.  205.  290. 
Richtstfttte  ante  portam  Esquilinam  304. 
Ripa  Lydia  270. 

Veieniana  270. 
Rivus  Herculaneos  319.  381. 

—  Herculaneus  der  Aqua  Marcia  318. 
Rom,   ftlteste  Bebauung  der  Stadt  47;   die 

Stadt  seit  dem  2.  Jahrb.  v.  Ghr.  50; 
im  1 .  Jahrh.  v.  Ghr.  52 ;  Entwicklung 
seit  Augustus  53  ff.;  Einwohnerzahl 
64;  Verfall  Roms  73  f.;  Brief  Rafaels 
darüber  74;  Zerstörung  der  Römischen 
Ruinen  durch  die  Päpste  75. 

Roma  quadrata  35.  148. 

Rostra,  ältere  81  f.;  neue  82  f.  98.  356  f. 
365  f.;  Denkmäler  auf  d.  R.  82. 

—  am  Eastortempel  87. 

—  Julia  93. 

—  angebliche,  in  den  Saepta  231. 
Rotunde  des  D.  Romulns  7.  161. 
Rupes  Tarpeia  391. 

S. 

Sacella  Argeorum  10.  17  f.  378  ff. 

—  auf  dem  Eapitol  124. 
Sacellum  (sepulcrum)  Accae  Larentiae  183. 

—  Bonae  Deae  274. 

—  Garmentae  44. 

—  Glementiae  Gaesaris  375. 

—  Gomiscarum  272. 

—  Deae  Gamae  in  Gaelio  336, 

—  Deae  Nemae  293. 

—  Deae  Viriplacae  140. 

—  Dianae  in  Gaelio  337. 

—  Dianae  in  vico  patricio  312. 

—  EvsQyeoiag  auf  dem  Eapitol  129. 

—  Fortnnae  ((noxqonaiag  390. 

—  Fortunae  brevis  390. 

—  Fortunae  i^evrQtas  390. 

—  Fortunae  obsequentis  390. 

—  Fortunae  Virginis  389   390. 


Sacellum  Fortunae  virilis  390. 

—  Herculis  cubantis  272. 

—  Jovis  Gonservatoris  127. 

—  JoviSi    Junonis,    Minervae    auf    dem 
Quirinal  287. 

~    Juventatis  auf  dem  Eapitol  124. 

—  Larum  praestitum  32.  33.  132. 

—  Larum  Querquetulanum  303.  392. 

—  Libertatis  in  Pidatio  143. 

—  Martis  auf  dem  Eapitol  124. 

—  Martis  et  Herculis  auf  dem  Esqaüin 
331. 

—  Minervae  captae  336. 

—  Minucii  195. 

—  Mutuni  Tutuni  162. 

—  pagi  montani  305. 

—  Pudicitiae  patriciae  190.  290. 

—  Pudicitiae  plebeiae  290. 

—  Quirini  284.  286. 

—  Sangus  (=  Semonis  Sanci)  290. 

—  Silvani  auf  dem  Aventin  209. 

—  Silvani  in  hortis  Aciliorum  266. 

—  Silvani  (zwei)    bei   den   Diokletiaas- 
thermen  295. 

—  Silvani  auf  dem  Pincio  267. 

—  Statae  Fortunae  307. 

—  Streniae  48.  165.  392. 

—  Terrae  Matris  347. 

—  Termini  auf  dem  Eapitol  124. 

—  Yeneris  Gloacinae  102.  362  f.  394. 
~    Yeneris  auf  dem  Palaün  142. 

—  Vicae  Potae  161. 

—  Volupiae  183. 
Sacrarium  D.  Augusti  144.  151. 

—  Martis  in  der  Regia  91.  360. 

—  Opis  in  der  Regia  91. 

-    XXVI  auf  der  Velia  39. 
Sacra  via  33.   35.  88.   100.   120.  124.   139. 

140.    141.    145;   Lauf  48  f.    160   ff.; 

Name   160  f.;   Bauten    an    derselben 

160  ff.;  Triumphbogen  171  ff.  224.  257. 

369  f.   392;    Summa  sacra  via   161. 

162. 
Sacravienses  162. 
Saepta  Agrippiana  (=  Julia)  232. 

—  Julia  6.  230  ff.  226.  258. 
Salientes  (Springbrunnen)  388. 

—  auf  dem  Gomitium  367  f. 

Salinae  vor  Porta  Trigemina  184.  195.  200. 

Salusiricum,  Salustium  268. 

Samiarium  171.  329. 

Satumia  (antiquum  oppidum)  391. 

Saxum  auf  dem  Aventin  205. 

—  Tarpeium  118.  119.  131.  391. 
Scala  mediana  390. 

Scalae  anulariae  144. 

—  Gaci  34.  35.  86.  133.  137. 

—  Gassi  205. 

—  Gemoniae  81.  119. 

Schola  fabrorum  soliarium   baziarium   sab 
theatro  Pompeiano  230. 

—  Graeca  186. 

—  in  Octaviae  porticu  218. 

—  quaestomm  et  caplatomm  334. 

—  Xantiia  49.  95  f.  357. 


Begiater. 


407 


SeDaculum  am  Comitium  78.  98. 

—  citra  aedem  Bellonae  214. 

—  ad  poitam  Gapenam  318. 

—  mulienim  302. 
Septimiana  273. 

Septimiiis   Sevenis,    Baathfttigkeit  61.    155. 

156  f. 
Septimontiiim  (Siebenhilgelstadt)  36  ff.  891. 
Septizonium  3.  74.  76.  158.  256. 
Sepulcra  350—354. 

—  antiqaissima  auf  dem   esquilinlschen 
Felde  303  ff. 

—  miter  dem  Belvedere  des  Vatikan  281. 

—  vor  der  Porta  Collina  292. 

—  vor  der  Porta  Ostiensis  354. 

—  vor  der  Porta  Portuensis  354. 

—  in  den  Prati  di  Gastello  (XIV.  Reg.) 
279. 

—  an  der  Yia  Appia  und  Latina  353  f. 
Sepulcrum  Antinoi  315.  379. 

—  AiTuntiorum  352. 

—  Bibuli  44.  260. 

—  Gaeciliae  Metellae  354. 

—  Galpomiorum  351. 

—  (Pyramide)  Gestii  354. 

—  Didü  Joliani  an  der  Via  Labicana  353. 

—  Domitiorom  266. 

—  Eurysacis  67.  71.  353. 

—  Faustnli  auf  dem  Gomitiam  100.  366. 

—  Flaviomm  299. 

—  Galbae  197. 

—  gentis  Galloniae  350. 

~    Q.  Haterii  an  der  Via  Nomentana  351. 

—  Hateriomm  an  der  Via  Labicana  353. 

—  Horatiae  an  der  Porta  Gapena  343. 

—  Q.  Horatii  Flacci  805. 

—  Joliorum  in  campo  Martio  250. 

—  Lucilii  351. 

—  Maecenatis  305. 

—  Marcellae  354. 

—  militum  Misenensium  354. 

—  L.  Nonii  Asprenatis  350. 

—  Octaviae  M.  F.  Appi  351. 

—  mraetorianorom  351. 

—  Kavennatlum  in  der  Villa  Pamfili  275. 

—  Romuli  anf  dem  Gomitium  100.  365. 

—  Romuli  in  der  XIV.  Region  280. 

—  Salvii  Juliani   an  der  Via  Labicana 
280. 

—  Scipionum  353. 

—  ScipioniB  Africani  in  der  XIV.  Region 
280. 

—  Semproniorum  44.  284.  289. 

—  Septmiii  Severi  353. 

—  C.  Sulpicii  Piatorini  274. 

—  Statiliorum  352. 

Servianische  Stadt  40  ff.;  Thore  43  ff.;  An- 
lage der  Thore  46;  Alter  der  Servia- 
nischen Mauer  43. 

Servianischer  Wall  11.  31.  34.  41  ff. 

Sessorium  304. 

Sette  aale  329. 

Sex  arae  386. 

Sibyllen  (tria  fata)  bei  den  Rostra  83;  Sibyl- 
linische  Bacher  125.  147. 


Sieininum  312;  (Gicinenses  386). 
Sigillaria  386. 
Signum  Gereris  324. 
Simulacra  auf  dem  Eapitol  127. 

—  im  GircuB  Mazimus  179. 

—  vicatim  dedicata  63.  307. 
Simulacrum  aereum  tauri  auf  dem  Forum 

boarium  186.  187. 

—  Aesculapii   in  thermis  Traianis   328. 

—  Apollinis  caelispicis  191. 

—  Apollinis  Sandaliarii  63.  307.  309. 

—  Fortunae  respicientis  142. 

—  Herculis  Fundanii  285. 

—  Herculis  olivarii  191. 

—  Herculis  trinmphalis  188. 

—  Jovis  in  Gapitolio  127. 
— •    Jovis  Africi  127. 

—  Jovis  tragoedi  63.  309. 

—  Larum  pubUcorum  309. 

—  Mercurii  sobrü  309. 

—  Veneris  Verticordiae  390. 

—  Vertumni  im  Vicus  Tuscus  107.  391. 

—  Volcani  78.  309. 
Skizzenbacher  16. 

Solarium  des  Augustus  249.  252  f. 

—  horologium  beim  Tempel  des  Quirinus 
286. 

Sonnenuhren  99.  252.  286. 
Specus  Octavianus  316. 
ad  Spem  veterem  316. 
Sperone  =  lapis  Gabinus  25. 
Spino  226. 
Spoliarium  171.  329. 
Stabula  IV  factionum  212. 

—  factionis  prasinae  212. 

Stadia  des  Gaesar,  Augustus  und  Nero  auf 

dem  Marsfelde  246.  247. 
Stadium  Domitiani  in  campo  Martio  246.  247. 
Stadtplan,  Eapitolimscher  1  ff. 
Stadtpläne  23  f. 

Stadtvermessung  des  Vespasian  10  f. 
Stagnum  Agrippae  241. 

—  domus  aureae  165.  321. 

—  Neronis  167. 

Statio  annonae  am  Forum  boarium  186. 
273. 

—  ausserhalb  der  Porta  Pinciana  267. 
Statio  aquarum  359. 

Statua  Sp.  Gassii  324. 

—  Gloeliae  (Valeriae)  140.  174. 

—  Domitiani  auf  dem  Forum  105. 

—  Mamuri  285. 

—  Marci  Aurelii  339. 

—  Marsvae  auf  dem  Forum  103. 

—  L.  Mmucii  Augurini  vor  P.  Trigemina 
195. 

—  Pisonis  294. 

—  Planci  290. 
Statuae  Ginciae  162. 

—  Romuli  et  Titi  Tatii  auf  der  Sacra  via 
160.  174. 

Statuen  auf  dem  Eapitol  127  f.  129. 

—  der  Römischen  Könige  und  des  Brutus 
auf  dem  Eapitol  ,125.  127. 

—  auf  dem  Marsfelde  128. 


408 


Begister. 


Steinmetzzeichen  11. 
Subsellia  tribunorum  99.  356. 
Subnra  36.  38.  39.  49.  113.  162.  224.  306. 
308  f.  368.  892. 
—    niAior  309. 
Sncnsa  87.  39.  224. 
Sommoeniana  218. 
Summum  choraginm  171.  330. 


Tabernae  argentariae  novae  85.  95. 

—  veteres  395. 

Tabemen  am  Forum  (novae  und  veteres)  85. 
Tabemola  (Strasse?)  47.  335  f. 
Tabula  Valeria  99. 
Tabularium  52.  75.  131. 
Tarentum  224  f.  257. 

Tempi  um  (aedes)  Aesculapii  extra  urbem 
283. 

—  Aesculapii  in  insula  282. 

—  Divi  Antonini  (M.  Aureli)  253. 

—  Antonini  et  Faustinae  91.  359.  360. 

—  ApoUinis  auf  dem  Palatin  145.  146  ff. 
213.  337. 

—  Apollinis  vor  der  porta  Flaminia  211. 
212  f. 

—  Divi  Augnsti  151  ff.  358. 

—  Bacchi  141. 

—  Bellonae  (Pulvinensis)  214.  226. 

—  Bellonae  Rufiliae  330. 

—  Bonae  Deae  Subsaxanae  204.  206. 

—  Gamenarum  343. 

—  Castorum  (Castoris)  4.  86  ff.  395. 

—  Castoris  in  circo  Flaminio  217. 

—  Cereris,  Liberi,  Liberae  180.  205.  209. 

—  Divi  Claudii  320  f.  837. 

—  Concordiae  in  arce  121. 

--     Concordiae  am  Forum  78  f.   98.   146. 

—  Concordiae  novae  390. 

—  Concordiae  in  der  Porticus  Liviae  326. 

—  Consi  auf  dem  Aventin  206. 

—  Dei  Rediculi  292. 

—  Dianae  auf  dem  Aventin  207.  391. 

—  Dianae  in  circo  Flaminio  216. 

—  Dianae  auf  dem   Esquilin  (Dianeum) 
311. 

—  Dil  Fidii  auf  dem  Quirinal  47.  284. 
289  f.  393. 

—  Ditis  patris  181. 

—  Divorum  in  Palatio  153. 

—  Elagabalis  auf  dem  Esquilin  315. 

—  Eventus  Boni  241. 

—  Fauni  in  insula  283. 

—  Fecunditatis  390. 

—  Felicitatis  auf  dem  Comitium  95.  97. 

—  Felicitatis  in  theatro  marmoreo  228. 

—  Felicitatis  auf  dem  Velabrum  183. 191. 

—  Feroniae  auf  dem  Marsfelde  232. 

—  Fidei  auf  dem  Capitolium  128. 

—  Fidei  auf  dem  Palatin  142. 

—  Florae  beim  Circus  Maximus  180.  205. 

—  Florae  auf  dem  Quirinal  288.  299. 

—  Fontis  bei  der  Porta  Fontinalis  285. 

—  Fortis  Fortunae  am  1.  Meilenstein  der 
Via  Portuensis  271  f.  276. 


Tempi  um  Fortis  Fortunae  am  6.  Meilenstnn 

—  der  Via  Portuensis  271  f. 

—  Fortunae    auf    dem    Forum    boariam 
190.  193.  328. 

—  Fortunae  auf  dem  Eapitol  129. 

—  Fortunae  Equestris  in  circo  Flaminio 
216. 

—  Fortunae  huiusque  diei  142. 

—  Fortunae  primigeniae  in  coUe  291. 

—  Fortunae  publicae  citerioris   in   coUe 
291. 

—  Fortunae  publicae  populi  Roman  i  Qni- 
ritium  in  colle  Quuinali  291. 

—  Fortunae  reducis  227. 

—  Fortunae  respicientis  390. 

—  Fortunae  Seiani  328. 

—  Fortunae  Tullianae  390. 

—  novum  Fortunae  in  der  VU.  Region 
260. 

—  gentis  Flaviae  299. 

—  Hadriani  248. 

—  Herculis  vor  der  P.  Collina  292. 

—  Herculis  Aemiliana  188.  203. 

—  Herculis  Custodis  beim  Circus  Flaminios 
215. 

—  Herculis  Fundani  390,  vgl.  p.  285. 

—  Herculis   Invicti   (Victoris)   auf    dem 
Forum  boarium  188. 

—  Herculis  Invicti  ad   portam  Trigemi- 
nam  189. 

—  Herculis  Musarnm  219.  343. 

—  Herculis  Pompeiani  189. 

—  Herculis    Sullani    auf    dem    Esqoilin 
331. 

—  Herculis  Victoris  337. 

—  Honoris  vor  der  Porta  Collina  292. 

—  Honoris  in  theatro  marmoreo  228. 

—  Honoris  et  templum  Yirtutis  vor  der 
Porta  Capena  68.  848.  347. 

—  Honoris  et  Yirtutis  auf  dem  Eapitol 
120. 

—  Hortae  390. 

—  Jani  auf  dem  Forum  102.  362. 

—  Jani  auf  dem  Forum  Nervae  114. 

—  Jani  ad  theatrum  Marcelli  194. 

—  Isidis  in  der  111.  Region  280.  244. 

~     Isidis  Campensis  (Iseum  et  Serapeom) 
auf  dem  Marsfelde  226. 243-245.  378. 
~    Isidis  Pel^ae  390. 

—  Isidis  Patriciae  312. 

—  Divi  Juli  84.  92  ff.  164.  360. 

—  Junonis  in  porticu  Octaviae  218. 

—  Junonis  Lucinae  323.  392. 

—  Junonis  Matutae  (?)  194. 

—  Junonis  Monetae  121. 

—  Junonis  Reginae  auf  dem  Aventin  207. 

—  Junonis   Reginae    in    circo    Flaminio 
216. 

—  Junonis  Sospitae  am  Forum  holitoriom 
194. 

—  Junonis  Sospitae  auf  dem  Palatin  141. 

—  Jovis  Arboratoris  179. 

—  Jovis  Capitolini  (Capitolium)   121    ff. 
391. 

—  Jovis  Custodis  127. 


Register. 


409 


T  e  mpl  um  Jovis  Dolicheni  in  der  XIY.  Region 
282. 

—  Jovis  Dolicheni  anf  dem  Aventin  208. 

—  Jovis  Dolicheni  auf  dem  Esquilin  331. 

—  Jovis  Feretrii  128. 

—  Jovis  Libertatis  auf  dem  Aventin  208. 

—  Jovis  Propugnatoris  139.  141. 

—  Jovis  Reducis  337. 

—  Jovis  Statoris  am  Palatin  139.   145. 
161.  162.  370. 

—  Jovis  Statoris  in  porticu  Octaviae218. 

—  Jovis  Tonantis  129. 

—  Jovis  Victoris  139.  140. 

—  Juturnae  (Diutumae)  aof  dem  Marsfeld 
232. 

—  Juventatis  in  circo  mazimo  181. 

—  Larum  33.  36.  161. 

—  Larum  permarinorum  217. 

—  Libertatis  390. 

—  Libertatis  in  Aventino  209. 

—  Lunae  auf  dem  Aventin  209. 

—  Lunae  Noctilucae  auf  dem  Palatin  141. 

—  Mamuri  285. 

—  Magnae  Matris  135  ff.  190. 

—  Martis  in  circo  Flaminio  216. 

—  Martis  vor  der  Porta  Capena  345  ff. 

—  Martis  Ultoris  auf  dem  Forum  Augusti 
5  f.  110. 

—  Martis  Ultoris  auf  dem  Eapitol  129. 

—  Matris  Matutae    am  Forum  boarium 
190.  193. 

—  Matidiae  (?)  248. 

—  Mefitis  305. 

—  Menüs  in  Gapitolio  128.  129. 

—  Mercurii  beim  Circus  Maximus  180. 

—  Minervae  in  der  I.  Region  346  f. 

—  Minervae  auf  dem  Aventin  208.  209. 

—  (aedicula?)  Minervae  beim  Eastortempel 
88. 

—  Minervae  auf  dem  Nervaforum  114. 

—  Minervae  Chalcidicae  247. 

—  Minervae  Medicae  330. 

—  Neptuni  in  circo  Flaminio  216. 

—  novum  (=  D.  Augusti)  151  f. 

—  Nympharum   in   circo   Flaminio   109. 
217. 

—  Opis  in  Gapitolio  129. 

—  Orci  141. 

—  Pacis  3.  113. 

—  Palis  390. 

—  Deum  Penatium  161.  393. 

—  Pietatis  ad  circum  Flaminium  215. 

—  Pietatis  am  Forum  holitorium  193.  220. 

—  Portuni  190  ff. 

—  Quirini  10.  45.  284.  285  ff.  298.  299. 
392. 

—  Romuli   auf  dem   Palatin    133.    134. 
393. 

—  Divi  Romuli,  filü  Mazentii  113. 

—  Sacrae  urbis  3.  113.  161.  166. 

—  Salutis   10.  44.  284.  288  f.  298.  392. 

—  Salutis  beim  Circus  Maximus  181. 

—  Satumi  80.  116.  378. 

—  Semonis  Sanci  (Dii  Fidii)  44.  289  f. 

—  Serapis  in  der  VI.  Region  293  f. 


Templum  Solls  in  der  VII.  Region  259.  263  f. 
293. 

—  Solls  et  Lunae  im  Circus  Maximns  179. 

—  Solis  Heliogabali  auf  dem  Palatin  141. 

—  Spei  auf  dem  Esquilin  316. 

—  Spei  am  Forum  holitorium  190.  193. 

—  Spei  novum  in  der  VII.  Region  260. 

—  Spei  veteris  55. 

—  Summani  beim  Circus  Maximus  180. 

—  Telluris  323  ff. 

—  Tempestatum  346. 

—  D.  Traiani  et  Plotinae  115. 

—  Veiovis  in  insnla  283. 

—  Veiovis  inter  duos  lucos  130. 

—  Vener is  beim  Circus  Maximus  180. 

—  Veneris  CapitoÜnae  (=  Erycinae)  128. 

—  Veneris  Erycinae  vor  der  Porta  Collina 
268.  291. 

—  Veneris  FeUcis  390. 

—  Veneris  Genetricis  110. 

—  Veneris  hortorum  Sallustianorum  268. 

—  Veneris  Murciae  im  Circus  Maximus 
177. 

—  Veneris  Verticordiae  390. 

—  Veneris  Victricis  (=   Erycinae)    auf 
dem  Eapitol  128. 

—  Veneris  Victricis  in  theatro  Pompei 
228. 

—  Veneris  et  Romae  74.  164.  165  ff. 

—  Vertumni  auf  dem  Aventin  206. 

—  D.  Vespasiani  79.  131. 

—  Vestae  26.  36.  88  f.  161.  857  f. 

—  Victoriae  auf  dem  Palatin  135  ff. 

—  Victoriae  (?)  in  theatro  Pompei  228. 

—  Victoriae  Germanicianae  135. 

—  Virtutis  in  theatro  marmoreo  228. 

—  Volcani  in  circo  Flaminio  216. 
Templum  gentis  Flaviae  299. 
Theatrum  Antonini  (mittelalt.  =  th.  Balbi) 

221. 

—  Balbi  221. 

'    Cassi  ad  Lupercal  133.  227. 

—  lapideum  oder  marmoreum  (=  Pom- 
pei) 227. 

—  MarceUi  56.   57.  74.  194.  213.  220  f. 

—  Pompei  74.  219.  227  f. 

—  Scauri  227. 

—  et  proscenium  ad  Apollinis  214. 
Theoderich,  Bauthfttigkeit  72. 
Thermae  Agrippae  231.  239  ff. 

—  Alexandrianae  239.  245.  321. 

—  Antoninianae  =  Caracallae. 

—  Caracallae  317.  341.  348  f. 

—  Commodianae  240.  348. 

—  Constantini  74.  296. 

—  Decianae  210. 

—  Diocletiani  284.  294  f. 

—  Etrusci  381. 
->    Helenae  332. 

—  Maxentii  158. 

—  Neronianae  54.  245.  274. 

—  Severi  348. 

—  Surae  210. 

—  Titi  30.  326  ff. 

I       —    Traiani  37.  325.  327  ff. 


410 


Begister. 


Terme  di  GaUuccio  322. 

Thennenanlagen  62.  381. 

Tholus  Gybeles  141. 

Thore  der  Aurelianischen  Stadt  70  ff. 

—  der  Servianischen  Stadt  43  ff. 
Tiber,  Lauf  und  Ueberschwemmungen  26  ff.; 

Caesars  Pläne  zur  Tiberregulierong  230. 
trans  Tiberim  =  Trastevere  268—282. 
Tiberinsel  41. 

Tiberinas,  Opfer  in  insula,  vgl.  p.  226.  283. 
Tibur  27. 

Tigillum  sororium  311.  343. 
Töpferwerkstätten  am  Janiculum  273. 
Tor  dei  Conti  308.  325. 
Torre  di  Mecenate  293. 

—  meaa  293. 

Totila,  Zerstomng  Roms  72. 
Trajan,  Bauthätigkeit  60. 
Tria  fata  83. 
Tribunal  Aurelium  103. 

—  prfttorisches  103. 
Trigarium  68.  224. 
Triumphzug  124. 

Trivium  (Fontana  Trevi)  261. 
Trofei  di  Mario  318.  322. 
Tropaea  Grermanici  128. 

—  Marii  auf  dem  Eapitol  128. 
Tubilustrium  807. 

Tuff  25. 

Tugurium  Faustuli  35.  133. 

Tullianum  80. 

Tumulus  Caesarum  (Juliorum)  249  ff. 

Turris  Maecenatiana  813. 

—  MamiUa  162.  224. 

U. 
Umbilicus  Romae  83. 
Urb8  Ravennatium  275. 
Ustrinum  Antoninorum  255. 

—  beim  Mausoleum  Augusti  250. 


Yallis  Gamenarum  342. 

—  Murcia  (ad  Murcim,  ad  Murciae)  174. 

—  Quirini  289. 

—  Vaticana  270. 
Vaticanum  200.  269.  270.  273. 
Vaticum  (Vatica)  269. 
Veduten  der  Stadt  Rom  17. 
Velabrum  34.  124.  181  ff.  391.  395. 
Velia  29.  34.  87.  133.  160  ff. 
Veliae  =  Velia  393. 
Vespasiani  restitutio  urbis  59  f. 
Vexilla  communia  IL  389. 

Via  Aemilia  382. 

—  Appia  45.  50.  71.  257.  340  ff 

—  Ardeatina  71.  344. 

—  Asinaria  71. 

—  Aurelia  72.  275. 

—  Campana  71.  382. 

—  Cassia  382. 


Ciminia  382. 
Claudia  276. 
Clodia  382. 
Cornelia  72.  280.  382. 


Via 


Flaminia  70.  212.  222.  231. 
fomicata  (ad  Campum)  257. 
Gabina  316. 
Gallica  382. 
Janiculensis  882.  " 
Labicana  71.  306. 
lata  222.  257.  260  ff. 
Latina  71.  299.  341. 
Laurentina  382. 
Merulana  307.  336. 
Nomentana  70. 
nova  316.  841. 
Ostiensis  378. 
Patinaria  382. 
Portuensis  270. 
Praenestina  71.  316.  818. 
Quintia  382. 

Salaria  45.  70.  195.  292. 
Setina  382. 

tecta  auf  dem  Marsfelde  257. 
tecta  vor  Porta  Capena  345. 
Tiberina  882. 
Tiburtina  70.  306. 
Traiana  382. 


292.  297. 
342. 


—  Valena 

Viae,  Zusammenstellung  381  f. 

Vici    50.    385  ff.;     NeueinrichtuDg   durch 
Augustus  55. 

—  auf  der  Inschrift  des  Tarracius  Bassos 
385  f. 

—  auf  der  kapitolinischen  Basis  385. 
Vicus  Aescleti  211. 

—  Africus  312. 

—  Alexandri  377. 

—  antri  Cyclopis  336. 

—  Apollinis  (auf  dem  Palatin)  385. 

—  Apollinis  caelispicis  191. 

—  arboris  sanctae  336. 

—  Armilustri  207. 

—  aurei  bucini  808. 

—  Bellonae  386. 

—  Bruttianus  281. 

—  Caeseris  386. 

—  Caeseti  385. 

—  Camenarum  342. 

—  ad  capita  babula  144. 

—  capitis  Africae  335. 

—  capitis  canteri  885. 

—  capitis  Gorgonis  272. 

—  Censori  283. 

—  (Cicinenses)  886. 

—  colUs  Viminalis  285. 

—  columnae  ligneae  385. 

—  compiti  pastoris  385. 

—  Cosconius  386. 

—  Cuprius  810. 

—  cunarum  33.  135.  340. 

—  Cyclopis  342. 

—  (Decennenses)  336. 

—  Dianas  842. 

—  Drosianus  842. 

—  Elephanti  herbarii  191. 

—  Fabricii  340, 

—  Fanni  386. 


Register. 


411 


VicuB  Fidii  885. 

—  Fortis  Fortimae  271. 

—  Fortanae  dabiac  385. 

—  Fortimae  mammosae  342. 

—  Fortanae  obseqaentis  342. 

—  Fortanae  respicientis  142. 

—  Fortanati  385. 

—  frumentarios  50.  199. 
--  Gemini  385. 

—  Hercalis  cabantis  272. 

—  Hercalis  olivarii  191. 

—  Honoris  et  Virtatis  342. 

—  hoiasque  diei  142. 

—  Janaclensis  385. 

—  ad  Janam  107.  361. 

—  Insteias  (Insteianos)  285.  393. 

—  Isidis  Athenodoriae  342. 

—  Jugarias  44.  49.  80.  85.  105.  124.  187. 
191  f.;  Kloake  darin  369. 

—  Jovis  fagutalis  313. 

—  laci  Fundani  225.  285.  296.  300. 
-7  laci  longi  386. 

—  laci  miliari  385. 

—  laci  restitati  385. 

—  laci  tecti  342. 

—  Lamm  alitam  385. 

—  Lamm  pateaUam  385. 

—  Licinianas  386. 

—  Longi  Aqailae  385  f. 

—  longns  49.  284.  287.   289.  290.  296. 
298.  300. 

—  lorarias  50.  386. 

—  loreti  50. 

—  loreti  maioris  206. 

—  loreti  minoris  206. 

—  Laccei  386. 

—  ad  malam  panicnm  285.  299.  300. 

—  Mamari  285. 

—  materiarias  50. 

—  Minervii  267. 

—  Monetee  330. 

—  mondiciei  385. 

—  novuB  385. 

—  Padi  385. 

—  Pallacinae  212. 

—  Patricias  49.  283.  284.  285.  303.  305 
306.  312. 

—  PauU  385. 

—  ad  pimm  299. 

—  Piscinae   pablicae   50.  71.   205.   342. 
344.  378. 

—  Platanonis  210. 

—  Ploti  385. 

—  portae  Collinae  284. 

—  pörtae  Naeviae  46.  342. 

—  portae  Raaduscalanae  46.  205.  342. 

—  Publicias  49.  50. 

—  Pallias  386. 

—  palverarias  385. 

—  Qaadrati  385. 

—  Qairini  (Qairinenses)  287. 


Vicus  Raciliani  minoris  and  maioris  385. 

—  rostratae  385. 

—  Sabaci  312. 

—  Salataris  (Salatis)   aaf  dem  Quirinal 
.     44.  289.  296. 

—  salataris  XIV.  Reg.  385. 

—  sandaliarias  50.  307. 

—  Saufei  385. 

—  sceleratas  311. 

—  Sergi  385. 

—  Silani  salientis  342. 

—  sobrias  309. 

—  Statae  Siccianae  385. 

—  stataae  Valerianae  (Stataavalerienses) 
272. 

—  Salpicius  citerior  et  alterior  341  f. 

—  sammi  choragii  171.  313. 

—  in  tabemola  335  f. 

—  in  Tellare  324.  326. 

—  Tiberini  385. 

—  ad  tonsores  288. 

—  thermamm  Traianaram  328. 

—  ad  tres  Fortanas  291. 

—  triarii  205. 

—  triam  aramm  340. 

—  triam  viram  385. 

--    tararias  (=  Tascas)  386. 

—  Tascas  49.  105.  106.  124.  181.  182  f. 
187.  391.  395. 

—  angaentarios  191. 

—  Valeri  (?)  385. 

—  Venoris  almae  342.  371. 

—  Vestae  88. 

—  Victoris  342. 

—  yitrarios  342. 
Vierregionenstadt  36.  38  ff. 
Vierzehn  Regionen-Stadt  53  ff. 
Villa  Farnesina  274. 

Villa  Mari^is  345. 

—  publica  226. 
Villen  am  Tiber  273. 
Vinea  publica  344. 
Vivariolum  298. 

Vivarium  bei  den  Castro  praetoria  298. 

—  auf  dem  Palatin  155. 
Volcanal  (Area  Volcani)  78. 
Vorstadt  in  Aemilianis  44.  211. 

~    extra  portam  Capenam  340  ff. 

—  extra  portam  Garmentalem  48.   192. 
211  f. 

—  extra  portam  Flumentanam  44.  211. 

—  extra  portam  Trigeminam  48.  194  ff. 

W. 

Wasserleitungsröhren  11. 
Weinstock  auf  dem  Foram  103. 
Wölfin  auf  dem  Gomiüum  100. 

—  auf  dem  Kapitel  128. 


Z. 


Ziegelstempel  11. 


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£rkläinm^  der  ZalHen  auf 
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'LArciiS  Sadrinrä 

^.Arats  nemts 
^.  Arcus  trumtis 
^Tabidoiium 
^.Aßä^^  (hncordiae 
7.  Aedes  Vespasianl 

üJh  Arrii^^  Sepämii  i'ßFWT 
u.  Ch/ia 

i2.£asUiaL  Juäa 
13  Bastlica  Aemiliof 

lB,L{i£2is  Juinmae 

Iß.  Arvus  ÄugtistL 

i.t  Aedes  Divi  JuU  fRümithiS 

lÄ .  TempIvTnSojcTiae  (Irbis  und  Rc/tufide^  des 

Z^-^iedes  BAntarnjü  pt-D  Fäxistbme^ 
Z  Y  ■  Airimn-  Vestne' 

ZZ.A^dB^  Javis  Stfttoris 

25  ApdesLanini 

2fi.  Än^s  Cofistmdmi' 

2lJteia  Sudans 

2»  (biüssiisyeronzs 

20.  Aedes  ^ci&rifie 

Sö.Dümtisliviae 

31.  AedesMüffnaeJifalris 

2  2  Cßlumna.  Thuani 

33.  Aedes  Vp/ieris  Gene^ic^  auf  dan-  F.  Jsüüort: 


LI 


^'N 


C.H.  Beck'sche  Verlagsbnchhandliing  (Oskar  Beck)  in  Münclien. 

Handbuch 

der 

klassischen 

Altertums -Wissenschaft 

in  systematischer  Darstellnng 

mit  besonderer  Rücksicht  auf  Geschichte  und  Methodik  der  einzehien 

Disziplinen. 

Herausgegeben  yon 

Geheimrat  Dr.  Iwan  von  Müller, 

ord.  Prof.  der  klassischen  Philologie  in  München. 
••• 

Inhalt  der  einzelnen  Bände: 

^Erster  Band:  Einleitende  und  Hilfsdisziplinen.  Zweite  sehr  vermehrte,  teil- 
weise völlig  neubearbeitete  Auflage.  Mit  alphab.  Register.  57  Bog. 
Lex.-8o.     Preis  geh.  15  ^Ä;  geb.  17  Jk 

A.  Gnmdlegimg  n.  Geschichte  der  Philologie,  v.  Geheimrat  Dr.  v.  Urlichs  (Wfirzbnrg). 

B.  Hermeneutik  und  S^ritik,  von  Professor  Dr.  Blass  (Kiel). 

C.  Pal&ographie  (mü  6  lithographierten  Schrifttafeln),  Bnchwesen  und  Handschriften- 

kimde,  von  demselben. 

D.  Griechiache  Epigraphik  (mit  einer  Sehr  ifttafel),  v.  Oberl.  Dr.  Lar  f  el  d  (Remscheid). 

E.  Bömiache  Epigraphik,  von  Prof.  Dr.  E.  Hflbner  (Berlin). 

F.  Chronologie,  von  Prof.  Dr.  ünger  (Wfirzbnrg). 

G.  Metrologie,  von  Prof.  Dr.  Nissen  (Bonn). 

^Zweiter  Band,  Erste  Abtlg.:  Orieohlsche  Grammatik.  (Lautlehre,  Stamm- 
bildungs-  und  Flexionslehre  und  Syntax)  von  Prof.  Dr.  Karl  Brug- 
mann  (Leipzig).  Dritte  Auflage.  Mit  einem  Anhang  über  Griechische 
Lexikographie  von  Prof.  Dr.  Leopold  Gohn  (Breslau).  Mit  Wort-  und 
Sachregister.    41  Bog.    Lex.-S^.     Geh.  12  Jk;  geb.  14  Jk 

'^'Zweiter  Band,  Zweite  Abtlg.:  Lateinische  Grammatik.  (Laut-  und 
Formenlehre,  Syntax  und  Stilistik)  von  Prof.  Dr.  Friedrich  Stolz 
(Innsbruck)  und  Gymnasialdirektor  J.  H.  Schmalz  (Rastatt).  Dritte  Auflage. 
Mit  einem  Anhang  über  Lateinische  Lexikographie  von  Prof.  Dr. 
Ferdinand  Heerdegen  (Erlangen).  37  Bog.  Lex.-S^.  Geh.  Il6/Ä;geb.  13e^ 

'^'Z weiter  Band,  Dritte  Abtlg.:  Rhetorik  von  Dr.  Richard  Yolkmaun,  weiL 
Gymn.-Direktor  in  Jauer.  Neubearbeitet  von  Gymn.-Rektor  E.  Ham  mer  (Würzburg) 
und  Metrik  nebst  einem  Anhang  über  die  Musik  der  Griechen  von 
Prof.  Hugo  Gleditsch  (Berlin).  Dritte  Auflage.  22  Bog.  Lex.-8o.  Geh. 
8  c^  80  ^;  geb.  10  c^  60  ^ 

Dritter  Band,  Erste  Abtlg.:  Grandriss  der   Geographie  und  Geschichte 

des  alten  Orients,  von  Prof.  Dr.  Homme  l  (München).  [2.  Aufl.  erscheint  im  J.  1902]. 

Dritter  Band,  Zweite  Abtlg.,  1.  Hälfte:  Grandriss  der  Geographie  von 
Griechenland  und  den  griechischen  Kolonien.     Neubearbeitet  von  P^f. 

Dr.  Eugen  Oberhummer  (München).     [2.  Aufl.  erscheint  im  J.  1902.] 
Dritter  Band,  Zweite  Abtlg.,  2.  Hälfte:  Topographie  von  Athen,   von 
Dr.  Walter  Judeich  (Erlangen).     [2.  Aufl.  erscheint  im  J.  1902.] 

^Dritter  Band,  Dritte  Abtlg.,  1.  Hälfte:  Gnmdriss  der  Geographie  von  Italien 
nnd  dem  Orbis  Romanns,  von  Prof.  Dr.  Jul.  Jung  (Prag).  Zweite  umgear- 
beitete u.  vermehrte  Aufl.  Mit  alph.  Register.  12 Bog.  Geh.  3Jk  50^ 

Dritter  Band,  Dritte  Abtlg.,  2. Hälfte:  TopographlederStadtRom, von Gymn'- 
Dir.  Prof.  Dr.  Otto  Richter  (Berlin).  Zweite  vermehrte  u.  verbesserte  Auflage. 
26  Bog.  Lex.-8o.  Mit  32  Abbildungen,  18  Tafeln  u.  2  Plänen  des  antiken 
und  des  modernen  Rom.  Geh.  15  eJi  g^  In  Halbfranz  gebundene  Exem- 
plare der  vollständigen  III.  Abteilung  des  HI.  Bandes  —  Geographie  von  Italien 
und  Topographie  der  Stadt  Rom  —  sind  zum  Preise  von  20  e^50  ^  zu  beziehen. 


'^'Dritter  Band,  Vierte  Abteilung:  Grnndriss  der  griecUsclien  Geschichte 
nebst  Quellenkunde,  von  Prof.  Dr.  Robert  Pohl  mann  (Erlangen).  Zweite 
völlig  umgearbeiteteAuflage.  17  Bog.  Oeh.  5  e^  In  Halbfranz  geb.  %Jih^ö^ 

^Dritter  Band,  Fünfte  Abteilung:  Orandriss  der  römischen  Geschichte 
nebst  Quellenkunde,  von  Prof.  Dr.  Benedictus  Niese  (Marburg).  Zweite 
umgearbeitete  Auflage.  17  Bog.  Geh.  5  e^  In  Halbfranz  geb.  6  e^  50  ^ 

^Vierter  Band,  Erste  Abteilung,  1.  Hälfte:  Die  Griechiscken  Staats- 
nnd  Rechtsaltertümer,  von  Prof.  Dr.  6.  Busolt  (Kiel).  Zweite umgearbeitde 
Auflage.  Mit  Register.  24  Bog.  Geh.  6JLb0^.la  Halbfranz  geb.  8  A 

♦Vierter  Band,  Erste  Abteilung,  2. Hälfte:  Die  Griechischen  Privatalter- 
tümer  von  Prof.  Dr.  iw.  v.  Müller  (München).  Die  griechischen  Eriegsalter- 
tümer  von  Prof.  Dr.  Ad.  Bauer  (Graz).  Mitll  Tafeln.  Mit  Register.  Zweite 
umgearbeiteteAuflage.  32V2Bog.  Geh.  8^504  In  Halbfranz  10^30^ 

^Vierter  Band,  Zweite  Abteilung:  Die  Römischen  Staats-,  Rechts-  nnd 
Kriegsaltertumer  von  Prof.  Dr.  Schiller  (Leipzig).  Mit  3  Tafeln.  Die 
Römischen  Privatalterttlmer  und  römische  Enltnrgeschichte  von  Prof.  Dr. 
Mor.  Voigt  (Leipzig).  Zweite  umgearbeitete  Auflage.  Mit  Registern. 
301/«  Bog.    Lex.-8o.     Geh.  8  c^    In  Halbfranz  geb.  9  o«  80  i^ 

^Fünfter  Band,  Erste  Abteilung:  Geschichte  der  alten  Philosophie,  von 
Prof.  Dr.  Windelband  (Strassburg)  nebst  einem  Anhang  über  die  Ge- 
schichte der  Mathematik  und  Naturwisssenschaften  im  Altertum, 
von  Prof.  Dr.  Siegmund  Günther  (München).  Zweite  sorgfältig  durch- 
gesehene Auflage.   20  Bog.   Lex.-S^.   Geh.  5  ^  50  ^.;  geb.  7  ^  20  A 

*  Fünfter  Band,  Zweite  Abteilung:  Griechische  Mythologie  und  Religions- 
geschichte. Von  Dr. 0.  Gruppe ,  Prof.  in  Berlin.  Erste  Hälfte.  24  Bog.  Lex.-8*. 
Geh.  7  eJi     [Die  zweite  H&lfte  erscheint  in  Kürze.] 

'''Fünfter  Band,  Dritte  Abteilung:  Griechische  Eultnsaltertfimer.  Von 
Prof.  Dr.  Paul  Stengel  (Berlin).  Zweite  vermehrte  und  verbesserte  Auflagt 
Mit  5  Tafeln.     15  Bog.     Geh.  5  Ji;  geb.  6  c^  50  ^ 

Fünfter  Band,  Vierte  Abteilung:  Römische  Religion  und  Sakralalter- 

tumer,  von  Prof.  Dr.  WisBowa  (Halle).    [Erscheint  in  Kürze.] 
Sechster  Band:  Archäologie  der  Kunst,  mit  einem  Anhang  über  Numismatik 
von  Prof.  Dr.  Sittl  (Würzburg).     Geh.   16  Jk    50  ^.;   geb.   18  Ui   50  -^ 
[Der  zur  Archäologie  der  Kunst  gehörige  Atlas,  über  1000  Abbild,  auf  65  Tafeln  ent- 
haltend, kostet  kart.  13  o^  50  ^;  in  Halbfranzband  17  Jk  50  ^] 

'^'SiebenterBand:  GriechisclieLitteratnrgeschiclite,  von  Prof.  Dr.  v.  Christ  (Müb- 
chen).  DriUe  neubearbeitete  Auflage.  Mit  Register.  60  Bog.  Nebst 
28  Abbüd.    Geh.  16  .A  50  ^;  geb.  18  ufe  50  ^ 

^Achter  Band:  Geschichte  der  römischen  Litteratnr,  von  Prof.  Dr.  M.  Scham 
(Würzburg).  *j[.  Teü:  Die  römische  Litteratnr  in  der  Zeit  der  Republit 
Mit  alphab.  Register.  2.  Auflage.  28  Bog.  Lex.-8o.  Geh.  7^50A: 
geb.  9  Ji  *2.  Teil,  erste  Hälfte:  Die  augnstische  Zeit.  Mit  alphab.  Sach- 
register. 2.  Auflage.  24  Bog.  Lex.-8<^.  Geh.  7  Ji;  in  Halbfranz  geb. 
8  c/*  50  ^.  *2.  Teil,  zweite  Hälfte:  Vom  Tode  des  Augnstns  bis  zurEe- 
giernng  Hadrians.  Mit  alphab.  Sachregister.  2.  Auflage.  27  Bog. 
Lex.-8o.  Geh.  7  c^  50  ^.;  in  Halbfranzbd.  9  Ji  3.  Teü:  Die  römisdie 
Litteratnr  von  Hadrian  bis  anf  Gonstantin  (324  n.  Gh.).  27  ^/s  Bog. 
Lex.-8o.  Geh.  7  .^  50  ^;  geb.  9  .^  [Der  vierte  Schluss-Teü  erscheint  in  Bälde.] 

'^'N^eunter  Band,  1.  Abtlg.:  Geschichte  der  byzantinischen  Litteratnr  von 
Justinian  bis  zum  Ende  des  oströmischen  Reiches  (527 — U53) 
von  Prof.  Dr.  Karl  Krumbacher  (München).  Zweite  Auflage  bearbeitet 
unter  Mitwirkung  von  Prof.  Dr.  A.  Ehrbar d  (Würzburg)  und  Prof.  Dr.  H.  Gelier 
(Jena).     75»,4  Bog.    Lex.-8<>.     Geh.  24  tÄ;  in  Halbfranzband  geb.  26  UK  50  ^ 

Neunter  Band,  2.  Abtlg.:  Geschichte  der  römischen  Litteratnr  im  Mittelalter. 

[Erscheint  baldmöglichst.] 
In  2.  bezw.  8.  Auflage  erschienen  stad  die  mit  *  bezeichneten  Bünde  und  Abteilungen,  nämlich: 
Band  I.  H.  HI,  8,  m,  4.  m,  5.  IV,  1,  i.  IV,  1,  i.  IV,  2.  V,  1.  V,  8.  VIL  VIE,  1.  VIIL2,i.i 
IX,  1.    Jeder  Band  ist  auch  einzeln  zu  haben. 


C.  H.  Beck'scheVerlagsbnchhandlnng  (Oskar  Beck)  in  München. 

Handbuch 

der 

Erziehnngs-  und  Unterrichtslehre 

für  höhere  Schulen. 

In  Verbindung  mit  den  Herren  Arendt  (Leipzig),  Brunner  (München), 
Dettweiler  (Dannstadt),  Fries  (Halle),  Glauning  (Nürnberg),  Günther 
(München),  Jaeger  (Köln),  Kiessling  (Hamburg),  Kirchhoff  (Halle), 
Kotelmann  (Hamburg),  Loew  (Berlin),  Hatthaei  (Kiel),  Matthias  (Koblenz), 
Hünch  (Berlin),  Plew  (Strassburg),  Schimmelpfeng  (Ilfeld),  Simon  (Strass- 
bürg),  Toischer  (Prag),  Wendt  (Karlsruhe),  Wickenhagen  (Rendsburg), 
Zange  (Erfurt),  Ziegler  (Strassburg)  u.  a. 
herausgegeben  von 

Dr.  A,  Baumeister, 


Das  Werk  liegt  nun  Tollstfindig  vor  in  4  Bänden,  Lex.-8°,  von  denen  der  erste 
und  zweite  in  2  selbständige  Abteilungen  zerfallen.  :== 


Erster  Band,  1.  Abteilung: 

A.  Geschichte  der  Pädagogik  mit  besonderer  Berücksichtigung  des  höheren 
Unterrichtswesens  von  Dr.  Theobald  Ziegler,  ord.  Professor  an  der 
Universität  Strassburg.  Nebst  allgemeiner  Einleitung  vom  Herausgeber. 

27  Bog.    Geh.  6  Jk  50  J^    In  Halbfranz  geb.  8  Jk 

Erster  Band,  2.  Abteilung*): 

B.  Die  Einrichtung  und  Verwaltung  des  höheren  Schulwesens  in  den 
Kulturländern  von  Europa  und  in  Nordameril^a,  in  Verbindung  mit 
zahlreichen  Mitarbeitern  unter  Redaktion  des  Herausgebers.  57  Bog. 
Geh.  16  cA    In  Halbfranz  geb.  18  Ji 

Zweiter  Band,  1.  Abteilung: 

A.  Theoretische  Pädagogik  und  allgemeine  Didaktik  von  Dr.  Wendelin 
Toischer,  Professor  am  I.  deutschen  Gymnasium  in  Prag. 

B.  Die  Vorbildung  der  Lehrer  für  das  Lehramt  von  Dr.  Wilhelm  Fries , 
Direktor  der  Francke'schen  Stiftungen  in  Halle. 

Geheftet  7  Jk  bO  ^    In  Halbfranz  geb.  9  Jk 
B^  Die  beiden  Unterabteilungen  A  und  B:  Toischer,  Theoretische  Pädagogik 
und   allgemeine  Didaktik,  und   Fries,    Die  Vorbildung    der   Lehrer   für   das 
Lehramt,  sind  auch  gesondert  zu  haben  ik  ^  JL  geheftet. 

Zweiter  Band,  2.  Abteilung: 
G.  Praktische  Pädagogik  für  höhere  Lehranstalten  von  Dr.  Adolf 
Matthias,  Provinzial-Schulrat  in  Koblenz.  Nebst  Anhang:  1)  über 
die  Intematserziehung  von  Dr.  Gustav  Schimmelpfeng,  Direktor 
an  der  k.  Klosterschule  zu  Ilfeld,  2)  über  die  Schulgesundheitspflege 
von  Dr.  phil.  u.  med.  Ludwig  Kotelmann,  Augenarzt  in  Hamburg 
und  Redakteur  der  Zeitschrift  für  Schulgesundheitspflege.     Mit  zahl- 

*)  Es  Stehen  auch  folgende  Sonderanagaben  der  Unterrichtsorganiaation  In  den  einzelnen  Staaten 
ZOT  Terfagong:  Prentsen  (2  .41  20  J^),  Bayern  (1  .41  20  ^).  Saobsen  (60  4),  Württemberg  (60  4),  Baden  (80  4), 
HeaBen  (40  ^),  Mecklenburg  (50  Jf,),  ElaaM-Lothringeo  (80  J^),  Oesterrelch  (2  Jk  40  4),  Ungarn  (l  .41  50  J^), 
Schweiz  (50  J^),  Dänemark  (60  J^),  Korwegen  (60  J^),  Frankreich  (1  Jk  80  J^),  Belgien  nnd  Luxemburg  (80  <^), 
Portugal  (1  Jk  40  S),  Italien  (60  J^),  Bustland  (70  J^),  Vereinigte  Staaten  von  Nord-Amerika  (1  Jk),  Canadiaoher 
Bund  (60  <^),  Niederlande  (80  4.),  Griechenland  (60  J^),  Schweden  (60  4),  Spanien  (60  4),  Grossbrltannlen  (4  Jk), 


Band  III,  2.  Äbtlg. 
'  13  Bog.     Geh.  4  Jt 


I 

l 

reichen    Abbildungen.     25 ^/s   Bog.      Preis  geh.   7   ^;   in   Halbfranz 
geb.  8  Jk  50^ 

Dritter  l^nd. 
Didaktik  und  Methodik  der  einzelne^n  Lehrfächer.    Erste  Hälfte.*) 

I.  Protestantische  Religionslehre  von  DOriedrichZange,^  Band  in,  4.  AbÜg. 

Direktor  des  Realgymnasiums  in  Erfurt.  /  18  Bog.  Geh.  5  e4^  50^ 

IL  Katholische  Religionslehre  von  Joh.  Nep.  Brunner.  Reli-)   Band  IIT,  5.  AbÜg. 
gionslehrer  an  der  kgl.  Luitpold-Ereisrealschule  in  München./4V8Bog.Geh.  Ie4I20^ 

III.  Lateinisch    von    Dr.  Peter  Dettweiler,    Oberschalrat  | 

in  Darmstadt.  I   Band  in.  1.  Abtlg. 

VIII.  Geschichte  von  Dr.  Oskar  Jäger ,  Geheimrat  und  Direktor  |  24  Bog.  Geh.  6J^bO^ 
des  Friedrich-Wilhelmsgymnasiums  in  Köln.  | 

IV.  Griechisch  von  Dr.  Peter  Dettweiler,  Oberschulrat  in^   Band  III,  6.  Abtlg. 
Darmstadt.  (6  Bog.  Geh.  1  e4:  80  ^ 

V.  Französisch  von  Dr.  Wilhelm  Mttnch,  Geh.  Regierungsrat 
und  Universitätsprofessor  in  Berlin. 

VI.  Englisch  von  Dr.  Friedrich  Glauning,   Professor  und 

Stadtschulrat  in  Nürnberg. 
VII.  Deutsch  von  Dr.  Gustav  Wendt,  Geheimrat  und  Direktor  i    Band  III,  3.  Abtlg. 
des  Gymnasiums  in  Karlsruhe.  }  10  Bog.    Greh.  3  »€ 

Band  III  komplet.    Preis  geh.  22  Jü;  in  Halbfranz  geb.  24t  JH  hO  ^ 

Ylerter  Band. 

Didaktik  und  Methodik  der  einzelne^  Lehrfächer.  Zweite  Hälfte^) 

IX.  Rechnen  und  Mathematik  von   Dr.  Max  Simon,    Pro- 
fessor am  Lyceum  in  Strassburg. 
X.  Physik  von  Dr.  Eiessling,  Professor  an  der  Gelehrten- 
schule des  Johanneums  in  Hamburg. 
XI.  Mathematische  Geographie  von  Dr.  Sigmund  Günther, 

Professor  am  Polytechnikum  in  München. 
XII.  Erdkunde  von  Djr.  Alfred  Kirchhoff,  ord.  Professor  der 
Erdkunde  an  der  Universität  Halle. 

XIII.  Natarbeschreibnng  von  Dr.  E.  Loe  w,  Professor  am  k.  Real- 
gymnasium in  Berlin. 

XIV.  Chemie  von  Dr.  Rudolf  Arendt,  Professor  an  der  öffent- 
lichen Handelslehranstalt  in  Leipzig. 

XV.  Zeichnen  von  Dr.  Adelbert  Matthaei,  Professor  an  der 
Universität  Kiel. 

XVI.  Gesang  von  Dr.  Johannes  Plew,  Oberlehrer  am  Lyceum 

in  Strassburg. 
XVII.  Turnen    und   Jngendspiele    von   Oberlehrer    Hermanni    Band  IV,  5.  Abtlg. 
Wickenhagen  in  Rendsburg.  /6  Bog.  Geh.  1  e^  80  ^ 

Band  IV  komplet.    Preis  geh.  14  «^  80  ^;  in  Halbfranz  geb.  16  «^  80  ^ 


Band  IV,  1.  AbÜg. 
12VaBog.   Geh.  4  Jt 


Band  IV,  2.  AbÜg. 

7'/s  Bog.  mit  2  Karten. 

Geh.  2JkbO^ 


Band  IV,  3.  AbÜg. 
^11  Bog.  Geh.  3^50  <^ 


Band  IV,  4.  AbÜg. 
9Vs  Bog.    Geh.  3  Jü 


*)   Ausser  der  Band-  und  Abteilungsanegabe  der  «Didaktik  und  Methodik  der  einzelnen  Ijobr- 
f&cher*  stehen  von  den  einseinen  F&chern  anoh  folgende  S«sd«i«asgab«B  snr  Verfügung: 

Zang€y  Didaktik  und  Methodik  des  epangeliteken  Religiomunterricktt,  Oek.  5  Jk  50  J^  Geh.  6  Jk  SO  4. 

Brunner,  Didaktik  und  Methodik  der  katholieehen  Religionalehre,    Geh.  i  Jk  20  4. 

Dettweiler,  Didaktik  und  Metkodik  de»  lateinischen  Unterricht».    Geh.  5  Jk  50  4 

Dettweiler,  Didaktik  und  Methodik  de»  grieehieehen  ünierrichi».    Geh.  i  Jk  80  4 

0»kar  Jäger,  DidakHk  und  Methodik  de»  Ge»ekickt»unterricht».    Geh.  3  Jk 

Manch  II.  Glauning,  Didaktik  und  Methodik  de»  frant6»i»chen  u.  engliecken  VnterrichU.  Geh.  *JkSC4 

Wendt,  DidakHk  und  Methodik  de»  deutachen  üntornchu.    Geh.  3  Jk  50  4 

Simon  u.  Kie»»ling,  Didaktik  und  Methodik  de»  VnterrichU  in   Rechnen,  Matkematik  und   Phyeik 

Geh.  4  Jk  50  4 
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Loeu>,  Didaktik  und  Methodik  de»  VnternchU  in  der  Naturheechreibung,    Geh.  2  Jk  20  4 
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Plew,  Didaktik  und  Metkodik  de»  Getangunterrickt».    Gek.  i  Jk  20  4 
Wickenhagen,  DidakHk  und  Metkodik  de»  Turnunterricht».    Geh.  2  Jk 


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