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Full text of "Handbuch der Morphologie der wirbellosen Tiere"

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FOR THE PEOPLE 
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THE AMERICAN MUSEUM 


NATURAL HISTORY 


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DER wi RBELLOSEN TuS RE 


BEARBEITET von Be 


Dr. CARL ‚BÖRNER, St. Julien bei Metz; Prof. E. BUGNION, Blony 
s. Vevey; Dr. MARIE DAIBER, Zürich; Prof. W. GIESBRECHT, Neapel; ETUI 


Prof. VALENTIN HAECKER, Halle a.S.,Prof. KARL HESCHELER, Zürich; 
_ Prof. ARNOLD LANG, Zürich; Prof. M. LÜHE, Königsberg; Prof.O. MAAS, 


een; Dr S. TEE Zürich und Dr. J. Eupen Steglitz-Berlin 


HERAUSGEGEBEN VON 


LANG 


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ZWEITE BEZW. DRITTE AUFLAGE 


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_ VON ARNOLD LANG’S LEHRBUCH DER VERGLEICHENDEN 


ANATOMIE DER IERBEIDIEN ana 


DRITTER BAND 


u COELENTERATA, PLATODARIA, NEMATHELMIA, ANNELIDA | 


Erste Lieferung. 
Mit 104 Alfoläungen im Text 
Inhalt: 


Pintodaria, " Pitiere von Ge Wilhelmi, 


JENA Rn 


VERLAG voN GUSTAV SSHER HRS 


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gr in Jena. _ 


der niederen Tiere. Otto von Von Dr. Fürth, 
Pr der Universität Straßburg i. E. (jetzt Prof. in Wien 


Bi 8: 16 6 Mark, 


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ie Fekte, 3. "Die Kalksalze. 4. Die Aschenbestandteile. — 

aldrüsen. 1. Das Sperma. 2. Das Ei. 3. Partheno- 
scher Agentien. — XII. Die chemischen Existenz- 
I ere. 1. Die zur Entwicklung tierischer Organismen 
chen "Stoffe, 2. Die Anpassung mariner De an das 
assung von Süßwassertieren an Salzwasser. 4. Die Ein- 
en auf niedere Organismen. — Register (27 s) 


Be de Phykiotegte et de Pathologie gen6rale, 1908. 

les Biyeh istes seront eg! aaa a l’auteur du travail si consid6rable 
ar ee mener ä bien 
Zeitschrift EN EA. Bd. II, Nr. 3/4. 


untann de leeren, eine staunenswerte Fülle von Einzelbeobachtungen über den 
en Tiere bringt, willdiechemischen Tatsachen, soweit 
u sen ne liese beziehen, age "ter Yerlascr m Vollständi; keit zu- 
en“ ad Abeicht hat RE mit einer Gründlichkeit ver- 

ungere ] 


ann ER Von Dr. a Paul na 
baue aan realen PERRRSIORO, Privatdozent an der Universität 

nchen. AL die intracellularen Symbionten der Hemipteren. Mit 12 Tafeln 
nie 29 Abb gen im Text. (Sonderabdruck aus Br nn Protistenkunde 
ER | von Fr En Beh eadinn: herausgegeben von Dr. M. Hartmann un 
Ka Dr. iS Bonn mE Band.) 1912. Preis: 18 Mark. 


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RN: ER 0 hegrin det von )z Fritz Schandiun heraus- 
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GCT 16 1932 


II. Abschnitt. 


I. Kreis der Metazoa. Coelenteria Hazcktı.. 


Niedertiere. Metazoen ohne Leibeshöhle. 
2. Stamm: Platodaria, Plattiere. 


Von 
Dr. J. Wilhelmi, Berlin. 


Mit 104 Figuren im Text. 


Grundform des Körpers bilateral symmetrisch, meist dorsoventral 
mehr oder weniger abgeplattet. Die histologische und organologische 
Differenzierung vollzieht sich vorwiegend in der kompakten Zwischen- 
schicht, deren Grundlage bindegewebiges Parenchym ist. Die Mus- 
kulatur mesodermalen Ursprungs. Das Nervensystem in mesodermaler 
Lage. Die Neurocyten in bilateral angeordneten Marksträngen kon- 
zentriert, welche durch Nervenanastomosen und Kommissuren ver- 
bunden sind und sich in einem Zentrum, dem Gehirnganglion, ver- 
einigen, das stets vor der Mitte des Körpers liegt. Ein besonderes 
Respirationssystem fehlt. Ein Exkretionssystem in Form verästelter 
Protonephridien ausgebildet. Darm, wenn vorhanden, meist mit Diver- 
tikeln (Darmästen). Gonodukte vorhanden. Meist gleitende oder para- 
sitische Tiere. 


I. Klasse: Plathelminthes, Plattwürmer. 


Kein Blutgefäßsystem. Lage des Mundes wechselnd. Kein Rüssel 
über dem Munde. Kein After. Hermaphroditen. Die Gonodukte bilden 
Sammelgänge, welche in Kopulationsorganen ausmünden. 


A. Allgemeines. 


Die Plattwürmer, Plathelminthes (SCHNEIDER 1873), auch 
als Platyelminthen (GEGENBAUR 1859), Platyelmier (©. VoeT 1851) und 
Platodes (LEUCKART 1854) bezeichnet, bilden eine gut abgegrenzte Klasse, 
deren Charakteristikum, die abgeflachte Körperform, durch den Namen 
treffend bezeichnet ist. Sie umfassen drei Gruppen, Turbellarien oder 
Strudelwürmer, Trematoden oder Saugwürmer und Öestoden oder Band- 
würmer und als Anhang oder besondere Klasse die Nemertinen oder 
Schnurwürmer, die von den Plathelminthen in engerem Sinne speziell 
durch den Besitz eines Blutgefäßsystems und Afters abweichen. Die 
Form der Plathelminthen ist im allgemeinen länglich, und zwar ellipsoid, 

Arnold Lang, Handb. d. Morphologie, IIl. 1 


2) J. WirHeLaı, 


blattförmig bis lanzett- oder bandförmig; nur ganz wenige Arten sind 
breiter als lang. Gemeinsam ist allen Plathelminthen der Besitz eines 
Hautmuskelschlauches und der Mangel einer Leibeshöhle. Hinsichtlich 
der Organisation ergibt sich bei ihnen ein durch die Lebensweise 
bedingter durchgreifender Unterschied,- indem die Turbellarien zum 
allergrößten Teile frei leben, die Trematoden und Cestoden hingegen 
durchweg parasitisch, und zwar meist in oder auf Wirbeltieren, leben. 
Dementsprechend findet sich die Organisation in vollerer Entfaltung 
bei den Turbellarien oder Strudelwürmern, die, wie ihr Name sagt, 
in erster Linie durch ihr Wimperkleid, ein cilientragendes einschich- 
tiges Körperepithel, ferner durch mannigfache Sinnesorgane und auch 
durch ihre mittels Cilien und Hautmuskelschlauch bewerkstelligte Gleit-, 
Kriech- oder Schwimmbewegung charakterisiert sind. Die stets parasiti- 
schen Trematoden und Cestoden sind allgemein niedriger organisiert, sie 
führen statt des kernführenden bewimperten Körperepithels ein wimper- 
loses „eingesenktes“ Körperepithel, sind meist mit kräftigen Haft- 
organen versehen, aber mit Sinnesorganen sehr spärlich ausgestattet. 

Im allgemeinen können die Plathelminthen als bilateral symmetrisch 
bezeichnet werden, doch finden sich Abweichungen bezüglich der inneren 
Organisation, namentlich des Geschlechtsapparates, der fast nie voll- 
kommen bilateral symmetrisch ist. Während die Länge der Turbellarien 
im allgemeinen mehrere Millimeter bis wenige Zentimeter beträgt und 
nur bei ganz wenigen Arten auf einige Dezimeter (bei Landtricladen 
freilich zuweilen auf 50 em) anwächst, und die Länge der Trematoden 
im allgemeinen von Millimeter-Bruchteilen auf nur mehrere Zenti- 
meter ansteigt und nur ausnahmsweise (als Besonderheit) 1 m er- 
reichen kann, sind die Cestoden im Durchschnitt größer und er- 
reichen zum Teil mehrere Meter Länge. 

Bei den Turbellarien sind, die Färbung im wesentlichen bedingende, 
Pigmente weit verbreitet, und zwar bei allen Gruppen als köiniges 
Parenchympigment, während festes oder gelöstes Epithelialpigment 
seltener vorkommt. Bei den Trematoden und Öestoden kommt Pigmen- 
tierung nur ganz vereinzelt vor. 

Im Gegensatz zu dem bewimperten Epithel der Turbellarien stellt die 
Körperbekleidung der Trematoden und Cestoden meist ein sogenanntes 
„eingesenktes Epithel“ dar. Letzteres besteht aus einer fast struktur- 
losen und unbewimperten Cuticula, mit der die in das Parenchym 
eingesenkten Kerne durch Plasmastränge in Verbindung stehen. Bei 
einer Anzahl Turbellarien kommt jedoch auch schon ein eingesenktes 
(aber bewimpertes) Epithel vor. Im Epithel des Trieladenpharynx, 
der die Uebergänge vom normalen zum eingesenkten Epithel zeigt, 
bietet sich ein vorzügliches Beispiel für die Genese des „eingesenkten 
Epithels“. 

Eine das Körperepithel bzw. die Outicula gegen das Parenchym 
aberenzende Basalmembran findet sich bei allen Plathelminthen mit 
Ausnahme der Acölen. Die Körpermuskulatur der Plathelminthen 
setzt sich aus dem meist mehrschichtigen Hautmuskelschlauch und 
Körpermuskeln, die das Körperinnere dorsoventral, transversal und 
longitudinal durchsetzen, zusammen; auch die einzelnen Organe können 
eine besondere Muskulatur aufweisen. Mangels einer Leibeshöhle und 
eines Blutgefäßsystems ist das Körperinnere von einem aus Zellsyn- 
cytien bestehenden Parenchym erfüllt. In den meist kleinen Lücken 
desselben fluktuiert die sogenannte Perivisceralflüssigkeit, die das Blut- 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 5 


gefäßsystem ersetzt und den Nahrungstransport vermittelt. In dem 
Parenchym liegen Drüsen, Nerven-, Digestions-, Exkretions- und 
Genitalsystem eingebettet. Drüsen münden durch das Epithel des 
Körpers (und des Pharynx, wo ein solcher vorhanden ist) nach außen 
und gehören zum Teil auch dem Kopulationsapparat an. Das ventral 
stärker entwickelte Nervensystem liegt seiner Hauptmasse nach stets 
innerhalb des Hautmuskelschlauches. Wenngleich es sich bei manchen 
Formen nur um einen Nervenplexus handelt, so tritt doch bei den 
meisten Formen eine Differenzierung in kräftigere Nervenstämme und 
ein Zentralorgan, das Gehirn, ein, in welches erstere zusammenlaufen. 
Sehr häufig kommt es zur Bildung eines sogenannten Strickleiter- 
nervensystems, das sich aus 1) dem Gehirn, 2) von diesem ausgehenden 
dorsalen und ventralen (stärkeren) Längsnerven und 3) Querkommis- 
suren der Längsnerven zusammensetzt. Der Darm’ steht mit der 
Mundöffnung meist durch einen hervorstreck- oder -stülpbaren Pharynx 
in Verbindung. Die Form desselben ist nach ihrer Verschiedenheit 
für die mit Darm versehenen Turbellarien (Poly- und Trieladen, Alloeo- 
und Rhabdocölen) charakteristisch. Der Darm wird von einem ein- 
schichtigen, besondere Drüsenzellen führenden Epithel gebildet und 
endet fast immer blind; bei einigen Trematoden jedoch kommt ein 
sekundärer After vor und auch bei einigen Polycladen münden Darm- 
divertikel nach außen. Ferner besteht bei einigen Plathelminthen 
(nämlich vereinzelten Landtricladen, Rhabdocölen und Trematoden) 
eine Kommunikation (Ductus genito-intestinalis) mit dem Kopulations- 
apparat. Bei gewissen Plathelminthen fehlt jedoch ein besonderer 
Verdauungsapparat. So findet sich bei der zu den rhabdocölen 
Turbellarien gehörigen parasitischen Fecampia ein Darm nur in der 
Jugend. Ferner weisen die acölen Turbellarien weder in erwachsenem 
Zustande einen Darm noch embryonal eine Darmanlage auf. Ebenso 
wird der Darm bei den Cestoden gänzlich vermißt. Charakteristisch 
ist für die Plathelminthen das Wassergefäßsystem, die Protonephridien, 
die sich aus im Parenchym verstreuten Wimpertrichtern (d. s. Sammel- 
organe), Kapillaren, größeren Kanälen und Exkretionsporen, die an der 
Körperoberfläche (seltener durch die Mundöffnung) nach außen münden, 
zusammensetzen. Ein besonderer Exkretionsapparat wird nur bei den 
acölen Turbellarien vermißt. Bei ihnen erfolgt entweder eine Ober- 
flächensekretion oder, wie, neuere Untersuchungen annehmen lassen, 
Ausscheidung der Exkretionsstoffe mit den Fäkalmassen durch die 
Mundöffnung. Der Mangel eines besonderen Exkretionsapparates steht 
hier offenbar in direkter Beziehung zu der Darmlosigkeit dieser Gruppe. 
Spezifische Respirationsorgane fehlen bei den Plathelminthen. Inwie- 
weit die Respiration mittels des Körperepithels als Hautatmung oder 
mittels des Darmepithels als Darmatmung vor sich geht, steht nicht 
fest. Die Plathelminthen sind mit wenigen Ausnahmen Zwitter und 
besitzen meist einen komplizierten Geschlechtsapparat, der vielfach 
für die systematische Gruppierung ausschlaggebend ist. 

Als Medium dienen den Plathelminthen sowohl das Süßwasser wie 
das Meer und feuchte Erde und den parasitischen Formen süßwasser-, 
meer- und landbewohnende Metazoen. Nur ganz wenige Arten kommen 
im Süßwasser und Meerwasser zugleich vor, mehr Arten vertragen 
jedoch den Uebergang von Meer- oder Süßwasser zum Brackwasser. 
Auch manche parasitische Formen ertragen mit ihren Wirten den 
Uebergang vom süßen zum salzigen Wasser und umgekehrt. Für die 

1® 


4 J. Wırnernı, 


geographische Verbreitung ist meist das Klima (z. B. namentlich für 
die Landtrieladen) bestimmend, doch finden sich auch zahlreiche Arten 
(namentlich unter den Parasiten) als Kosmopoliten. 

Allen freilebenden Turbellarien ist die Gleit- oder Kriechbewegung 
eigen, doch vermögen (mit Ausnahme der Tricladen) auch zahlreiche 
Arten frei im Wasser zu schwimmen, während die Trematoden und 
Gestoden meist nur geringe Eigenbewegung zeigen und vorwiegend auf 
ihre Haftorgane und passiven Transport angewiesen sind. Die frei- 
lebenden Plathelminthen sind meist große Räuber. Ihre Ernährungs- 
weise geht aber von der Aufnahme von organismenhaltigem Detritus 
oder freier Mikroorganismen bis zum An- oder Aussaugen größerer 
Tiere über und zeigt alle Uebergänge von einfacher Ernährung zum 
Kommensalismus, (Raum- und) Gelegenheitspar asitismus bis zum 
echten Parasitismus. Die Verdauung erfolgt im Darm intra- und extra- 
cellulär, bei den acölen Turbellarien im zentralen Parenchym, dem so- 
eenannten „verdauenden“ Synceytium. Unter den Parasiten weisen die 
Trematoden stets einen Darm auf, während die Üestoden mangels 
eines Darmes ihre Nahrung nur osmotisch aufzunehmen vermögen. 

Die Entwickelung ist eine direkte oder indirekte. Erstere ist vor- 
wiegend süßwasser- und landbewohnenden Turbellarien eigen. Auch 
ungeschlechtliche Fortpflanzung ist bei den Turbellarien, namentlich 
unter denen des Süßwassers, in Form von Querteilung weit verbreitet 
und kommt vereinzelt auch bei Trematoden vor. Die bisher als un- 
geschlechtliche Fortpflanzung aufgefaßte Redien- und Öercarienbildung 
der Trematoden wird neuerdings als modifizierte geschlechtliche Fort- 
pflanzung aufgefaßt. Bei den Cestoden kommt ungeschlechtliche Fort- 
pflanzung metagenetisch neben der geschlechtlichen vor. 

Bezüglich der Phylogenese stehen sich zwei entgegengesetzte 
Theorien gegenüber. Nach der Langschen Theorie sind die Tur- 
bellarien von polycladenähnlichen Vorfahren abzuleiten. Von der 
mehr strahligen Organisation, speziell des Darmes und des -Nerven- 
systems der Polycladen, ist die mehr segmentale Organisation, spe- 
ziell des in einen Vorderdarm und zwei parallele hintere Darm- 
(Haupt-)Aeste und des Strickleiter-Nervensystems der Trieladen abzu- 
leiten, während für die stabähnliche Form des Darmes der Rhabdo- 
eöliden eine weitere Rückdifferenzierung und für Acölie der Acölen 
eine vollkommene (sekundäre) Reduktion des Darmes angenommen 
wird. Morphologisch treten alle Uebergänge der Organisation bei 
den einzelnen Turbellariengruppen zutage und biologisch erscheinen 
diese Uebergänge der Organisation als Anpassung an die Lebens- 
weise verständlich. So herrscht bei den freischwimmenden Polyeladen- 
arten die oval-ellipsoide Körperform und strahlige Organisation vor, 
während bei den des freien Schwimmens nicht fähigen Polycladen- 
arten infolge der ausschließlich geübten Gleit- und Kriechbewegung 
eine bandförmige Streckung des Körpers und entsprechende innere 
Organisierung platzgreift. Bei den des freien Schwimmens stets 
unfähigen Trieladen kommt eine Organisation zustande, die als Pseudo- 
metamerie bezeichnet werden kann und bei den im groben Sande 
lebenden Maricolen |Procerodiden, speziell Procerodes lobata (= Gunda 
segmenlata) und Uteriporiden| fast die Form einer echten Metamerie 
(innere Segmentation) annimmt. Die (Pseudo-)Segmentation, speziell 
die annähernd segmentale Hodenanordnung gewisser Tricladen wird 
als Ausgangspunkt der echten Segmentierung der Anneliden betrachtet, 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 5 


indem für die Entstehung der segmental gekammerten Leibeshöhle 
der Anneliden eine Erweiterung der annähernd segmental angeordneten 
Gonaden (Hoden) der tricladenähnlichen Vorfahren zu segmental an- 
geordneten Kammern der Leibeshöhle (mit lokalisierten Geschlechts- 
zellen) angenommen wird (Gonoeöltheorie). Da nun die strahlige 
Organisation der Polycladen direkt auf die cyclomere Organisation 
der Cölenteraten hinweist und ein Uebergang der cyclomeren Or- 
ganisation zur bilateralen Symmetrie durch gewisse Ütenophoren, 
Otenoplana und Coeloplana, dargestellt wird, ist die hypothetische 
Entwickelungsreihe gegeben: Die Pseudometamerie der Turbellarien 
(speziell der Gunda-| Procerodes-jähnlichen Trieladen) leitet sich her 
von der Cyclomerie der Cölenteraten (speziell der Ütenophoren, 
Otenoplana und Coeloplana) und leitet über zur echten Metamerie 
der Anneliden, speziell der Hirudineen (LanGs Gunda-Theorie). 

Diese Theorie ist wohl durch ein beträchtliches Belegmaterial 
gestützt, doch lassen gerade die morphologischen Belege eine An- 
nahme der umgekehrten Entwickelungsreihe der Turbellarien zu. 
In diesem umgekehrten Sinne faßt auch eine entgegengesetzte Theorie 
(GRAFFS und anderer Autoren) die Verwandtschaft der Turbellarien 
auf. Als die ursprüngliche Gruppe werden nämlich von dieser Seite 
die Acölen aufgefaßt. Die Acölie dieser Gruppe soll primär sein 
und die Konfiguration des Darmes der übrigen Turbellarien soll sich 
aus der primitiven Stabform des Darmes der Rhabdocölen zur drei- 
teiligen und vielstrahligen Darmform der Tricladen und Polycladen 
in progressiver Entwickelung differenzieren. Entwickelungsgeschicht- 
lich wird diese Theorie dadurch gestützt, daß bei den Acölen keine 
embryonale Darmanlage besteht und somit die Acölie der Acölen 
nicht als sekundär, sondern als primär aufzufassen ist. Andererseits 
hebt diese Theorie diejenigen anatomischen Verhältnisse hervor, die 
gegen eine (Pseudo-)Segmentation der Trieladen sprechen. Ferner 
wird diese Theorie durch neuere entwickelungsgeschichtliche Unter- 
suchungsergebnisse insofern gestützt, als die Zweizahl der beiden 
primären Blastomeren der Acölen gegenüber der Vierzahl der pri- 
mären Blastomeren der Polycladen als das primitivere Verhalten auf- 
gefaßt wird. 

In summa läßt sich über die Verwandtschaftsverhältnisse der 
Turbellarien sagen, daß der gegenwärtige Stand der Entwickelungs- 
geschichte der Turbellarien noch keine sicheren Rückschlüsse auf die 
Phylogenese derselben gestattet. 

Weniger schwierig scheint die Frage nach der Phylogenese 
der übrigen Plathelminthen zu liegen, da sie sämtlich parasitisch 
leben. Unter den Turbellarien, die verhältnismäßig wenig parasitische 
Arten aufweisen, scheint die vorwiegend räuberische Lebensweise zur 
Ausbildung einer kommensalischen Lebensweise, Gelegenheitsparasi- 
tismus, seltener zu Ektoparasitismus und -nur ganz vereinzelt zu 
echtem Entoparasitismus Veranlassung gegeben zu haben. Wir können 
daher die in der Organisation den Turbellarien durchaus konformen 
Trematoden sozusagen als die parasitischen Turbellarien auffassen. 
Der scheinbar markante Unterschied in der Körperbekleidung wird 
insofern verwischt, als sich bei den im allgemeinen mit einem be- 
wimperten Körperepithel versehenen Turbellarien auch bereits eine 
ganze Anzahl Arten mit stellenweise oder gänzlich „eingesenktem“ 
Körperepithel (Bdellouriden), das, abgesehen von der Bewimperung, 


6 J. Wirneuaı, 


der Cuticula der Trematoden entspricht, finden. Entwickelungs- 
geschichtlich wird die Ableitung der Trematoden von den Turbellarien 
dadurch gestützt, daß bei den Trematoden während ihrer Entwicke- 
lung (als freilebenden Larven) das Wimperkleid und die Augen gleich 
wie bei den Trieladen vorkommen. Die Cestoden weisen morphologisch 
direkte Uebergänge zu den Trematoden auf. Hinsichtlich der Gestalt 
schließen sich die monozootischen Öestoden direkt an die Trematoden 
an, ebenso hinsichtlich des Mangels oder der mangelhaften Ausbil- 
dung eines Scolex. Die Monozoa könnten daher als darmlose Trema- 
toden aufgefaßt werden. Ein Zwischenglied zwischen ihnen und den 
Polyzoa bildet Zigula, deren Geschlechtsapparate der Lage nach nicht 
mit der äußeren Segmentierung übereinstimmen, während bei den 
typischen Polyzoa jede Proglottide einen (reschlechtsapparat führt. 


B. Systematische Uebersicht. 


Plathelminthes (ScHnEIDEr 1873), 
Plattwürmer. 


Körper meist abgeflacht, von Epithel oder fester Outicula bedeckt 
und von reichem Parenchym erfüllt. Darm, wenn vorhanden, fast immer 
afterlos. Leibeshöhle und Blutgefäßsystem fehlen. Mit ‘wenigen Aus- 
nahmen Hermaphroditen. Fortpflanzung geschlechtlich, mit direkter oder 
indirekter Entwickelung, oder auch, meist metagenetisch, ungeschlecht- 
lich durch Querteilung oder Pädogenese. Im süßen und salzigen Wasser, 
in feuchter Erde und ento- und ektoparasitisch. 


Il. Turbellaria (EHRENBERG 1831), Strudelwürmer, meist frei- 
lebend. 

li. Trematoden (RupouLrHuı 1808), Saugwürmer, parasitisch. 

Ill. Cestoden (RupoLrHı 1808), Bandwürmer, parasitisch. 


I. Gruppe: Turbellaria (EHRENBERG 1831), 
Strudelwürmer. 


Untergruppe: Polycladidea 
a Trieladidea 


BD 

2, ' Dendrocoelida 
3) er Alloeocoela 

4 

5 


Coelata. 
h Rhabdocoelida 


Rhabdocoela 
Aecoela 


Die Turbellarien sind mit einem bewimperten einschichtigen Körper- 
epithel versehen. Nur selten sind die Kerne des Epithels in das Par- 
enchym eingesenkt. Der Darm weist vielfache Verästelungen (Polycladen), 
einen vorderen und zwei hintere Hauptäste (Tricladen), von denen die 
letzteren hinter dem Pharynx in einen unpaaren Stamm verschmelzen 
können (cyclocöle Alloeocölen), auf, ist stabförmig (crosso- und holocöle 
Alloeocölen und Rhabdocölen) oder fehlt gänzlich (Acölen). Entwickelung 
direkt, bei den Polycladen auch indirekt. Die Turbellarien leben im 
Meere, Süßwasser und in feuchter Erde. Sie sind überwiegend freilebend, 
seltener Parasiten. Ungefähr 1200 Arten. 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 


—1 


1. Untergruppe: Polyeladidea. 
[Nach Lane!).] 


Turbellarien, von meist breiter, blattartiger Form und beträchtlicher 
Größe. Mundöffnung ventral, in wechselnder Lage. Pharynx plicatus. 
Vom Hauptdarm gehen strahlenförmig sekundär verzweigte Darmäste 
aus. Vom Nervensystem gehen zahlreiche Nerven strahlenförmig aus. 
Stets mit Augen versehen. Zwitter. Hoden und Eierstöcke zahlreich. 
Weibliche Geschlechtsdrüsen nicht in Keim- und Dotterstöcke getrennt. 
Meist zwei Geschlechtsöffnungen, hinter dem Munde liegend, von denen die 
weibliche hinter der männlichen liegt. Mit Ausnahme einiger zweifelhafter 
Fälle freilebend. Meeresbewohner (1 Ausnahme). Annähernd 300 Arten. 


1. Tribus: Polycladidea acotylea. 


Ohne Saugnapf. Mund etwa in der Körpermitte, ventral. Pharynx 
krausenförmig. Darm verästelt. Begattungsapparat in der hinteren 
Körperhälfte. Ohne Tentakel oder mit Nackententakeln. Färbung durch 
Pigment (und Darminhalt) bedingt. Zahl und Gruppierung der Augen 
sehr verschieden. Entwicklung direkt oder indirekt. 


1. Familie: Planoceridae. Wichtigste Genera: Planocera pe BLaınv., 
lmogine Gir., Conoceros LANG, Stylochus EHRENBERG, Stylochoplana 
Srtımp., Diplonchus Stımp. 

2. Familie: Leptoplanidae. Wichtigste Genera: Discocelis EHREN- 
BERG, Üryplocelis Lang, Leptoplana EHRFNBERG, Trigonoporus LAnG. 

3. Familie: Cestoplanidae. Gen. Cestoplana Lang. 


2. Tribus: Polycladidea cotylea. 


Mund ventral in der Körpermitte oder weiter vorwärts gelegen. 
Bauchständiger Saugnapf etwa in der Körpermitte, stets hinter der weib- 
lichen Geschlechtsöffnung gelegen. Pharynx röhren- bis krausenförmig. 
Hauptdarm über und hinter der Pharynxtasche. Darmäste baum- oder 


1) Für die vorliegende Bearbeitung der Plathelminthen wurde das ursprüngliche 
LaANnGsche System beibehalten. Es muß jedoch darauf hingewiesen werden, daß eine Neu- 
bearbeitung des Polyceladensystems in Aussicht stebt, da sich einige in LANGs System 
verwertete Genusbeschreibungen als unzutreffend erwiesen haben. Von der Einfügung 
einiger neueren, zum Teil unsicheren Genera wurde abgesehen. Eine Erweiterung und 
Ergänzung des LAnGschen Polycladensystems bietet das untenstehende MEIXNERsche 
System mit neuen Familien und Genera: 


Acotylea. Familie: Planoceridae. 
Unterfam. Planocerinae. Gen. Paraplanocera. 
Unterfam. Stylochinae. Gen. Jdioplana WOODWORTH, Woodworthi« 
LAIDLAW. 
Unterfam. Stylochoplaninae. Gen. Notoplana LAIDLAW. 
Familie: Leptoplanidae. 
Familie: Cestoplanidae. 
Familie: Latocestidae. Gen. Latocestus (PLEHN). 
Cotylea. Familie: Anonymidae. 
Familie: Pseudoceridae. 
Familie: Euryleptidae. 
Familie: Pericelididae. Gen. Pericelis LAIDLAW. 
Familie: Prosthiostomidae. 


8 J. WiLneıaı, 


netzförmig verzweigt. Zahlreiche Augen, in einem doppelten Gehirnhof 
und am vorderen Körperende. Mit oder ohne Randtentakel. Begattungs- 
apparat in der vorderen Körperhälfte gelegen (1 Ausnahme). Außer Par- 
enchympigment öfters auch Epithelpigment vorhanden. Entwickelung 
indirekt. 
4. Familie: Anonymidae. Gen. Anonymus Lang. 
5. Familie: Pseudoceridae. Gen. Thysanoxoon GruBE, Pseudoceros 
Lang, Yungia Lang. 
6. Familie: Euryleptidae. Gen. Prosteceraeus ScnmAarDA, Üycloporus 
Lang, Eurypleta EurenBerG, Oligocladus LanG, Siylostomum Lang, 
Aceros LanG. 
7. Familie: Prosthiostomidae. Gen. Prosthiostomum (QUATREF. 


2. Untergruppe: Trieladidea. 


Körperform länglich, abgeflacht. Mit oder ohne Parenchympigment. 
Augen, meist ein Paar, vor dem zweilappigen Gehirn liegend, oder zahlreich 
und am vorderen Körperrand verteilt, seltener ganz fehlend. Darm ge- 
teilt in einen von der Pharynxinsertion nach vorn laufenden Stamm und 
zwei nach dem Hinterende zulaufende Stämme; die drei Hauptstämme 
zeigen sekundäre Aussackungen oder Verästelungen. Strickleiternerven- 
system. Zwitter (1 Ausnahme). Fortpflanzung durch Coconablage mit 
direkter Entwickelung, seltener ungeschlechtlich. Im Meer, Süßwasser 
und in feuchter Erde lebend. Ungefähr 450 Arten. 


1. Tribus: Tricladidea maricola !). 
(Nach Wiırnermı, mit Nachträgen.) 


Hinsichtlich der Körperform variabler als die beiden folgenden Tribus 
und durchschnittlich kleiner als diese. Länge bis 15 mm, Breite bis 
4 mm. Vorderende (Kopf) abgestumpft oder rundlich oder zwei seitliche 
tentakelartige Tastlappen tragend.. Ein Augenpaar (1 Art augenlos). 
Zwitter (1 Ausnahme). Receptaculum seminis hinter oder über dem 
Penis liegend; vom Typus abweichender Geschlechtsapparat bei Uieriporus. 
Fortpflanzung durch Coconablage (mit direkter Entwickelung), nie un- 
geschlechtlich. Im Meer, litoral, freilebend oder kommensalisch (Bdellou- 
riden) auf Limuliden, 1 Dauerparasit (Mieropharynz auf Rajiden). An- 
nähernd 30 Arten, davon fast die Hälfte im Mittelländischen und Schwarzen 
Meere, einige Arten bis in die Arctis und Antarctis reichend. 


1. Familie: Procerodidae. Gen. Procerodes Gir. (= Gunda 0. Scun.), 
Stummeria BönmniG. 

2. Familie: Uteriporidae. Gen. Dieriporus Bepı. 

3. Familie: Cereyridae. Gen. Cercyra O. Scnm., Cerbussowia WıL- 
HELMI, Sabussowia BöHnIG. 


1) Klassifizierung nach BÖHMIG: 

1. Familie: Procerodidae. 1. Unterfam. Euprocerodinae. Gen. Procerodes, 
Stummeria. 2. Unterfam, Cercyrinae. Gen. Cercyra, Sabussowia. 3. Unterfam. 
Micropharynginae. Gen. Mieropharynz. 

2. Familie: Bdellouridae. 1. Unterfam. Utriporinae. Gen. Üteriporus. 
2. Unterfam. Eubdellourinae. Gen. Bdelloura, Syncoelidium. 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 9 


4. Familie: Bdellouridae. Gen. Bdelloura Lzıvy, Syncoehdium 
WHEELER, 

5. Familie: Micropharyngidae. Gen. Micropharynz JÄGERSK, 

6. Familie: Synsiphonidae. Gen. Synsiphonium Haınzz. 


2. Tribus: Tricladidea paludicola !). 


Meist lang gestreckt, bandförmig. Vorderende rundlich oder abge- 
stutzt, zuweilen mit einem Paar seitlicher Tastlappen, Tentakeln oder 
Auricularsinnesorganen. Hinterende stumpf zugespitzt. Darm 3-teilig, 
Hinteräste normalerweise unverschmolzen (1 Ausnahme). Zwitter. Uterus 
(Receptaculum seminis) stets hinter dem unbewaffneten Penis gelegen. 
Geschlechtsöffnung einfach. Entwickelung direkt; bei einigen Arten auch 
ungeschlechtliche Fortpflanzung. Ungefähr 80 Arten im stehenden und 
fließenden Süßwasser; bisher vorwiegend in den gemäßigten Zonen ge- 
funden. 


1. Familie: Planariidaet). Gen. Bdellocephala ps Man., Dendrocoelum 
Oxrsr., Planaria Müır., Phagocata Leıpy, Sorocelis GRUBE, Anocelis 
Dve., Polycelis Eurgt., Polycladodes StEinnm., Rhimacephalus GRUBE, 
Protocotylus KOROTNEFF. 


3. Tribus: Trieladidea terricola. 


Den Paludicolen sich in der Organisation eng anschließende Tri- 
claden; Körperform meist sehr schlank. Vorderende rundlich bis lang 
zugespitzt oder breit hammerartig,. Augen nach Zahl und Lage viel 
variabler als bei den wasserbewohnenden Tricladen. An der Bauch- 
fläche meist mit besonderer Kriechleiste versehen. Zwitter. Geschlechts- 
öffnung einfach. Am männlichen Kopulationsapparat zuweilen ein be- 
sonderer Hilfsapparat für die Begattung. Entwickelung direkt; auch 
ungeschlechtliche Fortpflanzung. Ungefähr 400 Arten in feuchter Erde; 
vorwiegend in tropischen und subtropischen Gebieten. 


1. Familie: Limacopsidae. Gen. Limacopsis Dies. 

2. Familie: Geoplanidae. Gen. Geoplana Fr. Mürr., Pelmatoplana 
GrAFF, (Choeradoplana GrArr, Polycladus BuancnH., Artioposthia 
GRAFF, Geobia Dies. 

3. Familie: Bipaliidae. Gen. Perocephalus Grarr, Bipalium Srımr., 
Placocephalus GRAFF. 

4. Familie: Cytoplanidae. Gen. Cytoplana SPENCER, Artiocotylus 
GRAFF. 

5. Familie: Rhynchodemidae. Gen. PAhynchodemus Leıpy, Micro- 
plana Vesn., Amblyplana GrAaFF, Nematodemus GRAFF, Platydemus 
GRAFF, Dolichoplana Mos., Othelosoma Gray. 


3. Untergruppe: Alloeoveoela. 
(Nach GRrArFF.) 


Darm unregelmäßig sackförmig oder mit seitlichen Divertikeln, zu- 
weilen an der Pharynxinsertion gegabelt und im Hinterende wieder ver- 


1) Für ein anatomisch begründetes System der Paludicolen fehlen zurzeit noch die 
Grundlagen. Zweifellos sind die Planariidae in mehrere Familien und das Gen. Planaria 
in mehrere Genera aufzuteilen. Nach BÖHMIGs Entwurf: 1. Gruppe: Planaria lugubris, 
polychroa, fusca u. a.; 2. Plan. cavatica, torva u. a.; 3. Plan. alpina und ihre poly- 
pharyngealen Abkömmlinge. 


10 J. Wırneunı, 


einigt. Pharynx veränderlich oder faltenförmig. Hoden meist follikulär. 
Penis mit einfachen oder gar keinen Chitingebilden. Entwickelung direkt; 
keine ungeschlechtliche Fortpflanzung. Etwa 70 Arten, zum größten Teil 
im Meer, die übrigen im Süßwasser lebend. 


1. Tribus: Cyclocoela. 


Mit vorderem Darmast und zwei kaudal verlaufenden Darmästen, die 
sich hinter dem Pharynx wieder vereinigen. Pharynx faltenförmig, hori- 
zontal liegend und mit dem freien Ende nach hinten gerichtet. Mund in 
der zweiten Körperhälfte. Zwei kompakte Hoden. Geschlechtsöffnung 
einfach. Ohne Bursa seminalis. Zwei Keimstöcke und gelappte Dotter- 
stöcke. Ohne Statocyste. Ein Paar Wimpergrübchen. Im Süßwasser. 


1. Familie: Bothrioplanidae. Gen. Bothrioplana M. Braun, Bothrio- 
molus HautLez, Euporobothria GRArF, 


2. Tribus: Crossocoela. 


Darm einheitlich, seitliche Divertikel tragend. Pharynx faltenförmig. 
Mund in der zweiten Körperhälfte. Zwei Geschlechtsöffnungen (männ- 
liche vor der weiblichen liegend). Bursa seminalis, wenn vorhanden, 
ventral mündend. Zwei Keimstöcke. Dotterstöcke follikulär oder aus 
zahlreichen Lappen zusammengesetzt. Mit einer Statocyste. Paarige 
Wimpergrübchen vorhanden oder fehlend.. Anatomie im übrigen nicht 
ausreichend bekannt. Im Meere und im Süßwasser. 


2. Familie: Otoplanidae. Gen. Otoplana Duruess., Otomesostoma 
GRAFF. 
3. Familie: Monocelidae. Gen. Monocelis Eursa. 


3. Tribus: Holocoela. 


Darm sackförmig; ohne seitliche Divertikel. Pharynx veränderlich 
(1 Ausnahme). Geschlechtsöffnung einfach, dazu aber zuweilen eine 
dorsale Oeffnung der Bursa seminalis, Hoden follikulär. Keine Stato- 
cyste, keine Wimpergrübchen, zuweilen aber mit querer Wimper-Rinne 
oder -ringfurche. Im Meere und im Süßwasser. 


4. Familie: Allostomatidae. Gen. Enlerostomum Cuar., Allostoma Bene», 

5. Familie: Pseudostomidae. Gen. Pseudostomum O. Scum., Mono- 
ophorum Bönnig. 

6. Familie: Plagiostomidae. Gen. Plagiostomum OÖ. Scum., Vorti- 
ceros O. Scum., Plicastoma GRAFF. 


4. Untergruppe: Rhabdocoela. 
(Nach Grarr, mit Nachträgen.) 


Darm stab- oder sackförmig, meist ohne seitliche Divertikel. Pharynx 
zusammengesetzt, meist tonnen- oder rosettenförmig. Männliche und 
weibliche Geschlechtsdrüsen gesondert. Hoden kompakt, sekundär auch 
gelappt oder follikulär. Penis meist chitinös. Parenchym mit großen, 
periviscerale Flüssigkeit führenden Lücken. Fortpflanzung geschlechtlich 


und ungeschlechtlich, Zirka 260 Arten. Im Meere und im Süßwasser, 


I. Kreis der Metazoa. 2. .Stamm: Platodaria. rl 


1. Tribus: Hysterophora. 


Weibliche Geschlechtsdrüsen nicht in Keim- und Dotterstöcke ge- 
trennt. Im Meere und im Süßwasser. 


1. Familie: Catenulidae. Gen. Catenula Ant.-Duc., Fuhrmannia 
GRAFF, Stenosiomum ©. ScHm., Rhynchoscolex Leıpy. 

2. Familie: Microstomidae. Subfam. Microstominae. Gen, Miero- 
stomum OÖ. ScHm., Subfam. Macrostominae. Gen. Mecynostomum 
E. v. Bexen., Omalostomum E. v. BENED., Maerostomum OÖ. Schu. 

3. Familie: Prorhynchidae. Gen. Prorhynchus M. SCHULTZE. 


2. Tribus: Lecithophora. 


Die weiblichen Geschlechtsdrüsen zerfallen in zwei Abschnitte, von 
denen der eine nur Eier, der andere nur Dotterzellen produziert. 


1. Sektion: Liporhyncha. 


4. Familie: Graffillidae. Gen. Vejdovskya GRAFF, Paravortex WAHL, 
Graffilla Jeur., Collastoma DÖörLER, Umagilla Wan, Syndesmis 
SILLIMAN. 

5. Familie: Dalyelliidae. Gen. Dalyelia Fuem., Didymorchis Hasw., 
‚Jensenia GRAFF, Phaenocora EHree., Anoplodium A. Scan., Opi- 
stomum 0. ScHm. 

6. Familie: Genostomatidae. Gen. Genostoma DÖRLER, Urastoma 
DörLEr. - 

7. Familie: Byrsophlebidae. Gen. Maehrenthalia GrAFF, Byrsophleps 
Jens., Typhlorhynchus LaıpL. 

8. Familie: Astrotorhynchidae. Gen. Astrotorhynchus GRAFF. 

9. Familie: Proxenetidae. Gen. Proxenetes Jens., Promesostoma GRAFF, 
Paramesostoma ATTEMS. 

10. Familie: Typhloplanidae. Subfam. Olisthanellini. Gen. 
Olisthanella W. VoıGrt, Dochmiotrema Horsten. Subfam. Typhlo- 
planini. Gen. Rhynchomesostoma Oesr., Tetracelis Eurse., Typhlo- 
plana Eure@., Lutheria Horsten, Castrada OÖ. Scum. Subfam. 
Mesostomatini. Gen. Mesostoma Eurgc., Bothromesostoma M. Braun. 

11. Familie: Solenopharyngidae. Gen. Solenopharynz GRAFF. 


2. Sektion: Kalyptorhynchia. 


12. Familie: Trigonostomidae. Gen. Hyporcus GRAFF, Trigono- 
stomum O. ScHn. 

13. Familie: Polyeystididae. Gen. Acrorhynchus GRAFF, Polyeystis 
Köur., Phonorhynchus GRAFF. 

14. Familie: Gyratricidae. Gen. Gyratric Euree. 

15. Familie: Schizorhynchidae. Gen. Schixorhynchus HaLLzz. 


3. Tribus: Reducta. 


Mit rückgebildetem Pharynx und Darm und mächtigem Dotter- 
stock. 


16. Familie: Fecampiidae. Gen. Fecampia GIARD. 


12 J. Wirneunt, 


d. Untergruppe: Acoela. 
(Nach Grarr.) 


Turbellarien ohne Darm, mit einem vom Parenchym weder räumlich 
noch histologisch getrennten, verdauenden Syncytium. Ohne Pharynx 
oder mit einfacher Hauteinsenkung (Pharynx simplex). Gehirn, mit Stato- 
cyste, entsendet 3—6 Paar Längsnerven nach hinten. 1 oder 2 Ge- 
schlechtsdrüsen. Entwickelung direkt. Pelagisch und litoral im Meere, 
bisher nur im Atlantischen Ozean gefunden. Ueber 30 Arten. 


1. Familie: Proporidae. Gen. Proporus O. Scuu., Haplodiscus WEL- 
von, Otocelis Dissıne, Rimicola Bönniıc. 


2. Familie: Convolutidae. Gen. Aphanosioma Oerstr., Oonvoluta 
OErST., Amphiscolops (Amphichoerus) Grarr, Monochoerus LÖHNer u. 
Mıcor., Polychoerus Mark. 


II. Gruppe: Trematodes (RupoLrHı 1808), 
Saugwürmer. 
(Zusammengestellt nach Monriceruı, Braun und Lüne.) 


Parasitische Plattwürmer von meist abgeflachter, bilateral-symmetri- 
scher, seltener ovaler oder rundlicher Körperform. Die Körperbekleidung 
besteht meist aus einer wimper- und kernlosen Cuticula, die mit Stacheln oder 
Schuppen besetzt sein kann. Körpergröße zwischen mehreren Zentimeter 
Länge und mikroskopischer Kleinheit schwankend. Ohne segmentale 
Gliederung. Haftorgane apikal, kaudal oder ventral. Mundöffnung apikal 
oder ventral in einiger Entfernung vom Vorderende. Darm gegabelt oder 
baumförmig verästelt, viel seltener unpaar und median gelegen; meist 
afterlos. Geschlechtsapparat meist zwitterig. Fortpflanzung geschlechtlich 
und ungeschlechtlich; auch metagenetisch. Entwickelung direkt (bei den 
meisten Monogeneen) oder indirekt, zuweilen mit kompliziertem Wirts- 
und Generationswechsel. Nur in gewissen Entwickelungsstadien frei- 
lebend, erwachsen ento- und ektoparasitisch. 


1. Untergruppe: Monogenea, v. Benepen. 
2. Untergruppe: Digenea, v. BENEDEN. 


1. Untergruppe: Monogenea v. BENEDEN. 


Die Monogeneen, auch Polystomeen genannt, pflanzen sich, 
wie der erstere Name andeuten soll, vorwiegend durch einfache Ent- 
wickelung ohne Generationswechsel fort und besitzen, wie der letztere 
Name besagt, mehrere Saugnäpfe. Am Vorderende liegen die Saugnäpfe, 
wenn solche vorhanden sind, in der Zweizahl symmetrisch, am Hinterende 
ein oder mehrere Saugnäpfe. Mund ventral nahe dem Vorderende, da- 
hinter mit Tasche versehener Pharynx. Exkretionsorgane meist paarig, 
nahe dem Vorderende mündend. Vagina paarig oder unpaar, getrennt 
von dem stets sehr kurzen Uterus ausmündend; letzterer meist nahe der 
männlichen Genitalöffnung mündend. Meist Ektoparasiten kaltblütiger 
Wirbeltiere des Süß- und Meerwassers und des Landes, seltener in der 
Mundhöhle, Kloake oder Harnblase. (Im Süßwasser Fam. 2, 5, 6, 8.) 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 13 


1. Tribus: Temnocephaleae. 


Meist mit 5 fingerförmigen Tentakeln am Vorderende und hinterem 
Saugnapf ohne Radien. An Süßwassercrustaceen und tropischen Schild- 
kröten. 

1. Familie: Temnocephalidae. Gen. Temnocephala Hasw. 


2. Tribus: Tristomeae. 


Ohne fingerförmige Tentakel. Mit großem Endsaugnapf und meist 
zwei Seitensaugnäpfen am Vorderende. 


2. Familie: Tristomidae. Gen. Nitzschia Baer, Epibdella Braınv., 
Phyllonella v. BExepen-Hess#, Trochoporus Dies., Tristomum Ouv., 
Acanthocotyle Mont., Encotyllabe Diss. 

3. Familie: Monocotylidae. Gen. Pseudocotyle v. BENEDEN-Hessz, 
Calicotyle Dies., Monocotyle Tscuzc. 

4. Familie: Udonellidae. Gen. Udonella Jounsrt., Echinella v. BEnED.- 
Hesse, Pteronella v. BENEDEN-Hesse. 

5. Familie: Octocotylidae. Gen. Mazxocraes Hernm. (= Octobothrium 
Levck.), Pleurocotyle G. et v. Ben., Diploxoon Norv., Anthocotyle 
v. Ben.-Hesse, Vallisia Per. et Par., Phyllocotyle v. Bex.-Hessz, 
Hexacotyle Braınv., Platycotyle v. Ben.-Hesse, Plectanocotyle Dies., 
Discocotyle Dies. 


3. Tribus: Polystomeae. 


Mit großen Saugnäpfen oder Haken tragender Haftscheibe. Zwei 
Mundsaugnäpfe am Vorderende, oft fehlend. Fingerförmige Tentakel 
stets fehlend. 


6. Familie: Polystomidae. Gen. Polystomum Zen., Onchocotyle Dies., 
Erpocotyle v. Ben.-Hesse, Diplobothrium Leuck., Sphyranura W. 

7. Familie: Microcotylidae. Gen. Microcotyle v. BENEDEN-Hessk, 
Gastrocotyle v. Ben.-Husse, Axine Ap., Pseudaxine Per. et Par. 

8. Famlilie: Gyrodactylidae. Gen. Calceostoma v. BENED., Gyro- 
dactylus Norvm., Dactylogyrus Dıes., Ancyrocephalus OrerL. (= Tetra- 
onchus Diss.), Amphibdella Onar., Diplectanum Diss. 


2. Untergruppe: Digenea v. BENEDEN!). 


Die Digeneen, auch Distomeen genannt, sind von blatt- bis 
zungenförmiger Gestalt, öfters auch kreisförmig, seltener fadenförmig. Sie 
tragen meist je einen Mund- und Bauchsaugnapt, seltener noch sekundäre 
Saugnäpfe, zuweilen jedoch überhaupt nur einen Saugnapf (Monostomiden). 
Mundöffnung im vorderen Saugnapf oder ventralwärts von diesem. Ex- 
kretionsöffnung unpaar, meist am Körperende. Meist Zwitter. Ein oder 


1) Hier ist das im wesentlichen auf die Entwickelungsart begründete System der 
Trematoden beibehalten worden. Gleichberechtigt erscheint das System MONTICELLIS, das 
die Organisation und besonders die Haftorgane berücksichtigt: 1. Heterocotylea 
(Temnocephalidae, Tristomidae [Tristominae, Eucotyllabinae, Udonellinae], Monoeotylidae, 
Polystomidae [Polystominae, Öctocotylinae, Mierocotylinae], Gyrodaetylidae [Gyrodactilinae, 
Calceostominae]); 2. Aspidocotylea (Aspidobothridae); 3. Malacocotylea (Holo- 
stomidae [Diplostominae, Polycotylinae, Hemistominae, Holostominae], Amphistomidae 
[Gastrodiseinae, Amphistominae], Distomidae [Distominae, Gasterostominae], Didymozoonidae, 
Monostomidae). ODHNER teilt die Digeneen in Gasterostomata und Prostomata ein. 


14 J. Wiırueunı, 


zwei (LAurerscher Kanal) Ausmündungen des weiblichen Geschlechts- 
apparates. Entwickelung stets mit Wirtswechsel und oft mit Heterogonie 
verbunden. Fast ausnahmslos Entoparasiten. 


1. Tribus: Aspidocotylea MonTIcELLı. 


1. Familie! Aspidobothridae. Gen. Aspidogaster Baer, Platyaspis 
Moxr., Cotylogaster Moxt., Macraspis OLss. 


2. Tribus: Malacocotylea Mont. 


2. Familie: Holostomidae. Gen. COyatocotyle Münuse., Hemistomum 
Dizs., Sitrigea AsıLoa. (— Holostomum Run».). Holostomidenlarven: 
Diplostomum Norpm., Tylodelphys Dıns., Tetracotyle Fın., Codono- 
cephalus Diss. 

3. Familie: Amphistomidae (+ Paramphistomidae). Gen. 
Amphistomum Rup., Paramphistomum Fıscıpr., Diplodiscus Diss., 
Opisthodiseus Cons, Gastrodiscus Coze., Stichorchis Fıscupr., Homalo- 
gaster Poır., Gastrothylax Poır., Asptdocotyle Dies. 

4. Familie: Distomidae. Gen. Distomum Rerz. [Subgen. Fas- 
ciola L., Opisthorchis Lur., Microrchis Dan., Schistorchis Lux., 
Olonorchis Lss., Metorchis Lss., Calhaemasia Lss., Gastris Lue., 
Axygia Lss., Cercorchis Lur , Oyclorchis Lux., Allocreadium Lss., 
Astacotrema Warr., Eurylrema Lss., Maritrema Nıcouı., Podocotyle 
Dus., Pstlostomum Lss., Pstlochasmus Lne., Apopharynx Lne, 
Orchipedum Barn., Apophallus Lun., Orepidosiomum M. Brx , Buno- 
deria Raırn., Echinostomum Rup., Hypoderaeum Dietz, Isthmio- 
phora Lue., Paryphostomum Diwrz, Parechinostomum Dietz, Echino- 
paryphium Dıstz, Petasiger Dıisrz, Himasthla Dietz, Echinochas- 
mus Dietz, Monilifer Diwrz, Mesorchis Dıerz, Episthmium Las., 
Pegosomum Rarz, Chaunocephalus Dietz, Scapanosoma Lne., Dero- 
pristis Ovun., Philophlhalmas Lss., Oryptocotyle Lux., Icaphanocephalus 
JägerskK., Taphrogonymus Conn, Asymphylodora Lss., Gorgodera Lss., 
Gorgoderina Lss., Phyllodistomum M. Bux., Caloptroides Ovpun., 
Stomylotrema Lss., Macrodera Lss., Pneumonoeces Lss., Haplo- 
melra Lss., Opisthioglyphe Lss., Plagiorchis Lux., Prosthogonimus 
Lur., Schistogonimus Lur., Prosolocus Lss , Pleurogenes Lss., 
Leeithodendrium Lss., Pyenoporus Lss., Phaneropsolus Lss., Brachy- 
coelium Lss., Leptophallus Lur., Renieola Cons, Guymnophallus 
Opun., Spelophallus JäÄGsK., Spelotrema JäGsK., Levinseniella 
StıLes, Brandesia Stoss., Pumegacetes Lss., Dierocoelium Dus., 
Alhesmia Lss., Halipegus Lss., Derogenes Lur., Hemiurus Rup., 
Brachyphallus Ovnn., Stirrhurus Lss., Aphanurus Lss., Plerurus 
Lss., Dinurus Lss., Ectenurus Lss., Leeithaster Lus., Sphaerostiomum 
Stırss et Hass,, Olinostomum Leipy, Urogonimus Mox;. (= Leueo- 
chloridium Carus), Acanthocolpus Lur.) Gen. Rhopalophorus, Koelli- 
keria Cos»., Bılharzia Cos»., (= Schistosomum Bıun.), Bilharziella Lss., 
Aporoeotyle Opun. Deontaeylix Lixt., Sanguinieola Pıeun }). 

5. Familie: Gasterostomidae (— Bucephalidae). Gen. 
Gasterostomum v. Sıep. (= Bucephalus BAER). 


1) Die ursprünglich als parasitische Turbellarien beschriebenen beiden Sanguinieola- 
Arten, die in neuerer Zeit als Familie Rhynchostomidae zu den Monozoa gestellt worden 
waren, scheinen nach den jüngsten Untersuchungsergebnissen als Trematoden aufgefaßt 
werden zu müssen. 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 15 


6. Familie: Didymozoonidae. Gen. Didymoxoon Tascupg., Nemato- 
bothrium v. Ben. 

7. Familie: Monostomidae. Gen. Monosiomum Zev. (— Cyclocoelum 
BranDzs), Catatrosiomum Opnn., Notocotyle Diws., Rucotyle Con, Ogmo- 
gaster Jäask., Opisihotrema FıscH., Haemalotrephus Srvoss., Typhlo- 
coelum Stoss., Paramonosiomum LHe. 

8. Familie: Steringophoridae. Gen. Steringophorus Opnn., Fello- 
distomum STArr., Rhodotrema Opnn., Hoplocladus Opnn., Procioeces 
Opun., Tergestia SToss. 

9. Familie: Zoogonidae. Gen. Lecithostaphylus Opun., Prociophan- 
tastes Opun., Lepidophyllum Opun., Diphtherostomum Opnn., Zoo- 
gonoides Opnn., Zoogonus ODHN. 


III. Gruppe: Cestodes (RupoLpHı 1808), 
Bandwürmer. 


Parasitische Plattwürmer mit derber, unbewimperter, selten be- 
stachelter Cuticula.. Körperlänge zwischen 1 mm und mehreren Metern 
schwankend. Körper entweder oval, ungegliedert, mit oder ohne Scolex 
und Haftorganen (Monozoa) oder bandförmig und gegliedert in mehr oder 
weniger zahlreiche Proglottiden und ein apikales, mit Haftorganen ver- 
sehenes Kopfstück, Scolex (Polyzoa). Mund und Darm fehlen stets. Der 
zwittrige (Ausnahme Diotcocestus) Geschlechtsapparat wiederholt sich in 
jeder einzelnen Proglottide In geschlechtsreifem Zustande stets Ento- 
parasiten von Wirbeltieren. Entwickelung indirekt. 


1. Tribus: Monozoa Lang (Cestodaria MonT. e p. LHE.)?). 


Mit ungegliedertem Körper und einfachem Genitalapparat. Ent- 
weder ohne scolexähnliche Gebilde und ohne Haftorgane oder mit un- 
bewaffnetem Scolex und schwachen Saugorganen. Männlicher Genital- 
porus (rand- oder endständig), Uterusöffnung und Vaginamündung von- 
einander getrennt. Parasiten der Leibeshöhle von Metazoen, besonders 
von Süßwasserfischen. e 

1. Familie: Amphilinidae. Gen. Amphilina Wac., Gyrocotyle. 
2. Familie: Caryophyllaeidae!). Gen. Archigetes Sıms., (Caryo- 
phyllaeus OÖ. F. MüLı. 


2. Tribus: Polyzoa LanG (Cestoden in engerem Sinne). 


Gegliederte (polyzootische) Bandwürmer mit apikalem Haftorgane 
tragendem Scolex und mehr oder weniger zahlreichen (bis 3000) Pro- 
glottiden. Zwischen Scolex und Proglottiden kann auch ein ungeglie- 
dertes ‚Verbindungsstück (Hals) liegen. Rücken- und Bauchfläche des 
Körpers meist nicht verschieden. Gestalt bandförmig, nach dem Scolex 
zu sich verjüngend. Körperlänge bis mehrere Meter. Die Haftorgane 
des Scolex bestehen aus Saugorganen (Saugnäpfe, -gruben, Bothrien) und 
Haken. Exkretionsapparat aus zwei paarigen lateralen Längskanälen 
und Queranastomosen bestehend. Nervensystem aus je einem lateralen 
Hauptlängsnerv und meist 8 weiteren Längsnerven, die durch Quer- 
kommissuren miteinander verbunden sind, versehen (Strickleiternerven- 
system). In geschlechtsreifem Zustande stets Parasiten des Darmkanales 
(und zwar meist des Dünndarmes) von Wirbeltieren. 


1) Nach LüHE: A Cestodaria, Gen. Amphilina, B Rhynchostomidae (ef. 
Anm. 8. 14), C Cestodes s. str. 1. Ordn. Pseudophyllidea, I. Monozooitische Pseudo- 
phyllideen, Caryophyllaeidae, II. Polyzootische Pseudophyllideen. 


16 J. Wırseıaı, 


1. Sektion: Pseudophyllidea. 


1. Familie: Bothriocephalidae. Subfam. Ligulinae Gen. Ligula 
Br., Schistocephalus Crerr.; Subfam. Diphyllobothriinae — Di- 
bothriocephalinae. Gen. Diphyllobothrium Cos». (— Dibothriocephalus 
Lue.), Bothriocephalus Rup., Duthiersia Prrr., Seyphocephalus Resscn., 
Bothridium Buaısv., Diplogonoporus Lönsse., Pyramieocephalus 
Moxr.; Subfam. Triaenophorinae. Gen. Triaenophorus Run., An- 
eistrocephalus Monr., Fistulieola Lüne, Abothrium v. Bex., Bathy- 
bothrium Luxe. Subfam. Oyathocephalinae. Gen. Diplocotyle Krapse, 
Bothrimonus Duv., Cyalhocephalus KsssL.. Anhang: Dittocephalus 
Par., Leuckartia Mon., Bothriotaenia Raıuı. 


2. Sektion: Tetraphyllidea. 


2. Familie: Onchobothriidae. Gen. ÖOnchobothrius Run., Callio- 
bothrium v. Bex., Acanthobothrium v. Bex., Prostheeobothrium Dies., 
Thysanocephalum Lixr., Platybothrium List., Phoreibothrium Lixt., 
Ceratobothrium List., Oylindrophorus Dies. 

3. Familie: Phyllobothriidae Gen. Anthobothrium v. Ben., 
Monorygma Dies., Trilocularia Ouss., Orygmatobothrium Diss., 
Phyllobothrium v. Ben., Dinobothrium v. Ben., Calyptrobothrium 
Monr., Orossobothrium Lixt., Diplobothrium v. Bexn., Tritaphros 
Lönsge., Spongiobothrium List. (Pelichnibothrium Moxrt., Oecto- 
bothrium Diss.). 

4. Familie: Lecanicephalidae (= Gamobothriidae). Gen. 
Discocephalum List., Lecanicephalum List., Thylocephalum Last. 

5. Familie: Ichthyotaeniidae. Gen. Ichthyotaenia Lönnss., Corallo- 
bothrium Frırsch, Orepidobothrium Most. 


3. Sektion: Cyclophyllidea !). 


6. Familie: Taeniidae!). Subfam. Mesocestoidinae. Gen. Mesocestoides 
Vaırr. Subfam. Acoleinae. Gen. Gyrocoelia Funrm., Acoleus 
Funrm., Diplophallus Fuurm., Diploposthe Jac., Dioicocestus Funrn. 
Subfam. Amabiliinae. Gen. Schistotaenia Conx, Amabilia Dıam. 
Subfam. Copesominae. Gen. Copesoma Sıırz., Trichocephaloides 
Ssın. Subfam. Tetrabothriinae. Gen. Anoplocephala E. Bı., 
Tetrabothrius Rup. Subfam. Anoplocephalinae. (Gen. Paranoplo- 
cephala Lue., Andrya Raıuı., Bertia R. Bı., Linstowia Zscn., 
Stilesia Raını., Thysanosoma Dıes., Oittotaenia Rırnm., Moniexia 
R. Br. Subfam. Dipylididiinae (+ Hymenolepiinae). Gen. Aplo- 
paraksis ULerc, Diorchis Cuerk, Echinoeotyle R. Br., Dipylidium 
Ler., Cotugnia Dıam., Oochoristica Lux., Angularıa Overc, Panceria 
Sons., Monopylidium Funrm., Hymenolepis Weısı., Fuhrmannia 
Par., Oyelustera Furrm., Anomotaenia Coun, Parochoanotaenia Luk., 
Choanotaenia Raını., Trepanidotaenia Raıuı., Dilepis Wrısı., Choano- 
taenia Raıuı., Amoebotaenia Coun, Lateriporus Furrm., Oyclorchida 
Funem., Acanthoeirrus Furrm., Nematotaenia Lux. Subfam. Davai- 
neinae. Gen. Davainea R. Bı., Eehinocotyle R. Bı., Ophryocotyle 
Frrıs., Idiogenes Kr. Subfam. Taeniinae. Gen. Tuenia L. 


1) FuUHRMANN teilt die Cyelophyllidea in 12 Familien auf. 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. I. 


4. Sektion: Diphyllidea. 


7. Familie: Echinobothriidae. Gen. Echinobothrium v. Ben. 


5. Sektion: Trypanorhyncha. 


8. Familie: Trypanorhynchidae. Gen. Rhynchobothrius Run,, 
Dibothriorhynchus pe Br., Tetrarkynechobothrium Diss., Aspido- 
rhynchus MoıL., Synbothrium Dies., Abothros Wercn., Otobothrium 
Lint. 


B. Anatomie und Histologie. 
1. Form und Farbe. 
(Allgemeines, S. 1.) 


Die Polyeladen sind unter den Turbellarien im Durchschnitt 
weitaus die größten Formen, wenngleich sich unter den Tricladen 
einzelne Arten finden, deren Länge von keiner Polyclade erreicht wird. 


| 
| \\ 


J 
c 
FN 
f Ä - 
9 
h 
IE, ' 
v - 


Fig. 1a—i. Die wichtigsten Körperformen der Polycladen. a Stylochus plessisi, 
b Planocera villosa, ce Trigonoporus cephalophthalmus, d Stylochoplana 
agilis, e Cestoplana faraglionensis, fLeptoplana tremellaris, gProsthiostomum 
siphunculus, h Prosteceraeus roseus, i Stylostomum variabilis. Nach Lane. 


RS, 


Die größten Polycladen-Arten erreichen eine Länge von 14 cm. Die Ge- 
stalt der Polycladen kann als blattartig bezeichnet werden (ef. Fig. 1 a—i), 
und die geringeren oder stärkeren Abweichungen von dieser Form 
(nämlich oval, elliptisch, bandförmig etc.) sind im allgemeinen für die 

Arnold Lang, Handb. d. Morphologie. III. 2 


74) 


18 J. WıLHernı, 


einzelnen Familien charakteristisch. Als Normalform für die Habitus- 
bestimmung gilt die bei ruhig gleitender Bewegung eingenommene 
Haltung, da bei Individuen im Ruhezustand die Körperbreite die 
Länge übertreffen kann. Bei zahlreichen Arten finden sich’ auf dem 
dorsalen Körperende oder ganz in der Nähe des vorderen Körper- 
randes ein Paar Tentakel. Auf der Rückenfläche finden sich ferner 
bei einigen Arten zottenförmige Ausstülpungen, 
7 in welche Darmzipfel hineintreten können (z. B. 
ar bei Zhysanozoon, Fig. 2) 


N 
GE Aa) LDINUN) \ 


Die Färbung der Polycladen ist sehr mannigfach und bei einer 
ganzen Anzahl Arten so lebhaft und prächtig, wie sie bei keiner 
anderen Turbellariengruppe angetroffen wird. Hervorgerufen wird die 
Färbung im wesentlichen durch das Parenchympigment (S. 44), ferner 
zuweilen durch Epithelialpigmente (S. 30) und auch durch den je- 
weiligen Darminhalt. 

Die Trieladen stehen an Größe hinter den Polycladen durch- 
schnittlich zurück. Am kleinsten unter ihnen sind die marinen 
Trieladen, deren Länge im Durchschnitt etwa auf 1O mm angegeben 
werden kann. Die kleinste Art derselben, Sabussowia cerrutii, mißt 
geschlechtsreif nur 2 mm, Bdelloura candida hingegen erreicht über 
20 mm Länge. Das Verhältnis der Breite zur Länge bei ausgestreckt 
eleitenden Individuen ist bei den Procerodiden, Uteriporiden und 


Fig. 2. Dorsales Vorderende von Thysanozoon 
brocchii mit den zottigen Dorsalanhängen, in die Darm- 
zipfel eintreten. Nach Lane. 


Fig. 3a—g. Die wich- 
tigsten Typen des Habitus der 
marinen Trieladen. a Pro- 
cerodes ulvae, b Proc. lo- 
bata (Gunda segmentata), 
e Uteriporus vulgaris, d 
Cercyra hastata, e Bdel- 
loura candida, f Bdelloura 
propingua, g Syncoelidium 
pellucidum. a—d Vergr. ca. 
5; f, g ca. 2,5. Nach Win 

2 b c d e f g HELMI. 


Cercyriden etwa 1:6 (5) (cf. Fig. 3), bei Bdellouriden nimmt die Breite 
(namentlich bei Bdell. candida 1:4) etwas zu im Verhältnis; bei 
Micropharynx parasitica (cf. Fig. 35 f, S. 56) erreicht die Breite stets 
sogar über die Hälfte der Länge. 

Die Körperform der marinen Tricladen ist, mit Ausnahme der letzt- 
genannten parasitischen Art, gestreckt, mehr oder weniger band- 
förmig, wie die in Fig. 3 dargestellten Haupttypen zeigen. Die 
Bauchseite ist flach, die Rückenfläche schwach konvex, an der breitesten 
Körperstelle am stärksten gewölbt. Das Vorderende bei den Procero- 
diden und Uteriporiden meist durch eine schwache halsartige Ein- 
schnürung gesondert und trägt zwei seitliche, ein wenig aufwärts ge- 
richtete Tentakel oder zwei mehr oder weniger deutliche Tastlappen. 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 19 


Bei den Cercyriden verschmälert sich das Vorderende langsam und 
endet stumpf zugespitzt. In ein ziemlich spitzes Ende läuft das 
Vorderende bei den Bdellouriden aus; ähnlich, nur stumpfer, dürfte 
das Vorderende bei Mecropharynx sein. Das Hinterende ist bei Pro- 
cerodiden, wo es gelegentlich eine schwache Einschlitzung aufweist, 
Uteriporiden und Cercyriden oval bis rundlich. Als Körperanhänge 
kommen bei den Maricolen und bei den übrigen Tricladen lediglich 
Tentakel vor. Saugnäpfe, wie sie sich bei .den cotylen Polycladen 
finden, fehlen im allgemeinen, doch soll Protocotylus bis 200 Saug- 
näpfe aufweisen. Das Hinterende der PBdellouriden und Micro- 
pharynx ist jedoch zu einer mehr oder weniger deutlichen haft- 
zellenreichen Haftscheibe abgesetzt. 


Die Süßwassertricladen sind im allgemeinen größer als die 
Meerestricladen. Ihre Durchschnittsgröße läßt sich auf ca. 12—15 mm 
angeben. Zu den kleinsten Arten dürften Planaria vruticrana (ca. 4 mm) 
und Pl. macrocephala (ca. 4—5 mm) gehören. Einige Arten erreichen 
jedoch eine bedeutende Länge, so z. B. Bdellocephala punetata 30 bis 
40 mm, bei 6—6,5 mm Breite. Eine außergewöhnliche Größe weisen 
im Baikalsee gefundene Paludicolen, die den Polycladen an Körper- 
umfang kaum nachstehen, auf. 


Das Verhältnis der Breite zur Länge beträgt bei ruhig gleitenden 
Tieren etwa 1:7. Die allgemeine Körperform der Paludicolen ist 
meist ähnlich derjenigen der Procerodiden (Fig. 3, S. 18) und wenig 
wechselnd, jedoch hinsichtlich der Kopfform, in einer für die einzelnen 
Arten charakteristischen Weise, mannigfaltig. 


Bei ruhig gleitenden Individuen ist die Körperform lang- 
gestreckt, fast bandförmig. Bei manchen Arten fallen schon makro- 
skopisch die paarigen, streifen- oder fleckenartigen Auricularsinnes- 
organe (cf. S. 33) an dem vorderen Körperende auf (Fig. 4b, ec, f). 
Eine Anzahl Arten tragen paarige Tentakel am vorderen Körper- 
ende (Fig.4c u. h), oft (z. B. bei Dendrocoelum, Bdellocephala u. a.), 


D 7 
a b d e f 
Fig. 4a—k. Die wichtigsten Kopf- 
Di formen der Süßwassertrieladen. a Dendro- 
coelum lacteum, b Planaria torva, 
i k 


ce Plan. lugukris, d Plan. morgani, 
e Plan. alpina, f Plan. gonocephala, 
g Polycelis nigra, h Pol. cornuta, i Anocelis coeca, k Plan. macrostoma. 
a—h Vergr. ca. 5. Nach WILHELMI. i und k Vergr. ca. 10. Nach VEJDOVSKY. 


c 


h 


nur in Form von mehr oder weniger deutlichen Tastlappen (cf. auch 

S. 33). Die Mitte des Vorderendes trägt bei einigen Arten (z. B. 

Dendrocoelum, FProtocotylus und Planaria alpina) ventralwärts eine 

muskulöse saugnapfartige Grube. Das Hinterende läuft meist stumpf 

zugespitzt aus. Eine saugnapfähnliche Absetzung des Hinterendes, 

wie sie bei den marinen Bdellouriden und Mecropharynx& vorhanden 
2* 


20 J. WiLHeLnı, 


ist, ist bei keiner Paludicolen beobachtet worden. Die Bauchseite 
ist flach, die Rückenfläche schwach gewölbt. 

Hinsichtlich der Färbung zeigen die maricolen und paludi- 
colen Tricladen ein ähnliches Verhalten. Die Färbung besteht stets 
aus einem parenchymatischen Pigment (cf. Parenchym. S. 45), dessen 
Färbung für die einzelnen Arten zwischen schwarzgrau, grüngrau, 
gelbbraun bis rötlichbraun schwankt, aber auch individuell variiert. 
Junge Tiere zeigen meist schwächere Pigmentierung, ebenso Hunger- 
formen. Ventral ist die Pigmentierung stets schwächer als dorsal. 
Die Färbung nimmt meist nach der Medianlinie an Intensität zu, ist 
aber schwächer über dem Pharynx, dem Genitalapparat, am Vorder- 
ende und nach den Körperrändern zu. 


Auch Abweichungen von dieser üblichen Färbung finden sich, so 
z. B. eine dunkle Querbinde hinter den Augen, ebenso weiße, 
ungleichmäßig verteilte Pigmentanhäufungen (Cereyra). Bei Tieren 
in voller Geschlechtsreife kann an den Stellen, an denen die 
Hoden ganz nahe an den Hautmuskelschlauch heranreichen, das Pig- 
ment verdrängt werden, so daß die Pigmentanordnung netzförmig 
erscheint. Mitbestimmend für die Färbung der Tiere ist oft die 
Darmfärbung, die ganz von der jeweilig aufgenommenen Nahrung ab- 
hängig ist. 


Unter den 25 sicheren Seetricladen-Arten sind 17 Arten pigmentiert 
(Uteriporus, Cercyriden und die meisten Procerodiden), die übrigen pig- 
mentfrei (einige Procerodiden, Bdellouriden und Micropharynx); dem 
Genus Procerodes (Gunda) gehören sowohl pigmentierte wie unpigmentierte 
Arten an. Alle pigmentfreien Arten können jedoch oft eine durch die auf- 
genommene Nahrung bedingte Färbung aufweisen, die sich nicht nur auf 
den Darm, sondern auch auf den übrigen Körper (d. h. auf das Par- 
enchym) — freilich nur in geringerem Maße — erstrecken kann. 


Das gleiche etwa gilt für die Färbung der Paludicolen. Für das 
(Genus Dendrocoelum sind bis jetzt nur pigmentfreie Arten, die bei 
nahrungsfreiem Darm milchigweiß aussehen, nachgewiesen worden. 
Unpigmentiert sind ferner Planaria olivacea (trotz ihres Speciesnamens), 
Pl. morgani, Pl. albissima, Pl. vitta und Anocelis coeca. Pigmentiert 
sind die meisten übrigen Arten des Genus Planaria, ferner Polycelis 
und Ddellocephala. Von Plan. alpina und ihren Abkömmlingen monteni- 
grina, teratophila und anophthalma ist nur die letztere stets pigment- 
frei, doch finden sich auch unter ersteren Arten Individuen mit zum 
Teil beträchtlicher Pigmentreduzierung. 

Die paludicolen Triecladen sind bedeutend stärker pigmentiert als 
die maricolen. 


Die Form der terricolen Tricladen ist im allgemeinen band- 
artig, mit zugespitztem oder verbreitertem Vorderende (Fig. 6 a—k). 
Sie ist durchschnittlich schlanker als die der paludicolen und mari- 
colen Trieladen, doch kommt auch der breite Körpertypus der Poly- 
claden vor (z. B. bei Polycladus, Fig. 66). Bei den meisten Terri- 
colen ist die Rückenfläche gewölbt und setzt sich durch eine deutliche 
Drüsenkante gegen die flache Bauchseite ab. Bei zunehmender Körper- 
dicke werden jedoch die Bauchflächen gewölbter und die Drüsenkanten 
abgerundeter (z. B. bei den Bipaliiden). Auf der Bauchfläche ver- 
läuft median eine vorspringende „Kriechleiste“ (ef. Biologie), die 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 21 


mannigfach geformt sein kann (cf. Fig. 5). Tentakel finden sich 
nur sehr selten (z. B. bei Limacopsis und Cotyloplana). 


Andere Körperanhänge sind, wenn wir von 
Wärzchen und Runzeln des Rückens mancher Bu: S b_ 


Arten, sowie von den hammerförmigen Seiten- — ur 
a", W 


Fig. 5. Verschiedene Formen der Kriechleiste der terri- u 
:colen Trieladen. b Bauchfläche, e (schwarz) Kriechleiste. Nach —— — 
GRAFF. us 


lappen des Kopfes (Bipaliiden, Fig. 6 g, h, k) absehen, nicht vorhanden. 
Echte Saugnäpfe fehlen, doch finden sich muskulöse und drüsenreiche 
Sauggruben bei einigen Arten (Cotyloplana). Bezüglich der Körper- 
form ist noch hervorzu- 

heben, daß sie bei der 

Konservierung durch Kon- EL 
traktion des Tieres wesent- 
lich verändert wird. 


Fig. 6 a—k. Die wichtigsten 
Körper- und Kopfformen der terri- 
eolen Trieladen. a Geoplana 
gollmeri, Vergr. '/,;b G@. chi- 
lensis, Vergr. ®/,; e Polycladus 
gayi, Vergr. '/),; d @. maximi- 
liani, Nat. Größe; e Pelmato- 
plana humberti, Nat. Größe; 


f Placocephalus richtersi, g 
Bipalium adensameri, Vergr. 
/,; h B. strubelli, Vergr. °/,; 
i B. claviforme, in ungeschlecht- li 
licher Fortpflanzung; k B. falca- 


tum, Vergr. '!/,. Zusammenge- 
stellt aus GRAFF, Landtrieladen. 


Hinsichtlich der ine übertreffen die Terricolen die 
übrigen Turbellarien im Durchschnitt. Ihre kleinste Art (Rhyncho- 
demus figdori) hat immerhin noch eine Länge von 6 mm, während 
die größten Geoplana- und Dolichoplana-Arten eine Länge von 
200—300 mm erreichen; Placocephalus stimpsoni soll bei völliger 
Streckung sogar 600 mm messen. 


Die Färbung der Terricolen ist sehr mannigfach. Nur wenige 
Arten (Geoplana pallida u. a.) sind farblos. Am häufigsten ist der 
gelbe (hellgelbe bis dunkelbraune) Farbton, daneben sind orange und 
rote Färbungen nicht selten. Während nur ein kleiner Teil der Terri- 
colen einfarbig ist, findet sich bei den übrigen Arten eine teils recht 
lebhafte Zeichnung, die in Marmorierung, Streifung und Fleckung 
bestehen kann. Sehr oft weicht die Färbung des dorsalen Vorder- 
endes von der des übrigen Rückens ab. Die Bauchfläche ist stets 
bedeutend schwächer gefärbt als die Rückenfläche. Die Färbung wird 
durch Pigmente hervorgerufen, doch dürfte bezüglich der Darmfärbung 
das gleiche wie für die übrigen Trieladen (S. 20) gelten. Die Pig- 
mentierung scheint stets an das Parenchym (S. 45, 46) gebunden 
zu sein. 

Die Rhabdocöliden weisen eine größere Formenmannigfaltig- 
keit als die Tricladen auf. Zwar schließen sich einige Alloeocölen, 


22 J. WiırueLmı, 


z. B. Euporobothria (Fig. 7) ziemlich eng den Trieladen an, doch 
weichen sie im ganzen beträchtlich vom Typus der Tricladen ab und 
sind auch an Größe, Zartheit des Gewebes und 
im Häbitus den Rhabdocölen ähnlich. Eskann 
daher der Habitus der Alloeo- und Rhabdocölen 
hier im Zusammenhang behandelt werden. An 
Größe übertreffen die Rhabdocölen (Fig. 9). 
die Alloeocölen, indem erstere eine Länge von 
0,28—25 mm besitzen, während die Körperlänge 
der Alloeocölen 0,5—15 mm 
beträgt. Unter den Rhabdo- 
cölen übertreffen die parasiti- 
schen Arten die freilebenden 
im Durchschnitt an Körper- 
länge und -größe. 

Meist sind die Rhabdo- 
cöliden um ein Vielfaches 
länger als breit, zuweilen so- 
gar fadenförmig (Typlorkyn- 
chus nanus, Schixorhynchus 
tataricus) oder bandförmig 
(Crossocoela). Seltener er- 
reicht die Körperbreite die 
Hälfte der Körperlänge (z. B. 
bei Otomesostoma, Anoplo- 
dium). Diese beiden Gattun- 
gen weisen meist einen blatt- 
artig abgeflachten Bau auf, 


Fig. 7. Fig. 8. 


Fig. 7. ZEuporobothria bohemica. Örganisationsschema. 1 erstes; 2 zweites 
Wimpergrübcehen, 3 Gehirn, 4 vorderer Hauptdarm, 5 Dotterstock, 6 Darmdivertikel, 
7 Pharynx, $ Ringdarm, 9 Pharyngealtasche, 70 Hoden, 11 Vas deferens, 12 äußerer Mund, 
13 Keimstock, 1/ Penis, 15 Geschlechtsöffnung, 16 Vitellodukt, 1/7 hinterer Hauptdarm, 
18 Eibehälter. Nach VEJDOVSKY aus GRAFF, Turbellaria. 

Fig. 8. Plagiostomum lemani, kriechend. 1 Mund, 2 das vordere, 3 das hintere 
Augenpaar, / Pharynx, 5 Oesophagus, 6 Darm, 7 Geschlechtsöffnung. Nach DUPLEssis 
und GRAFF; aus GRAFF, Turbellaria. 


während die gestreckteren Arten im (uerschnitt meist plankonvex 
bis drehrund sind. Der Körperquerschnitt kann jedoch bei manchen 
Arten, z. B. einigen Mesostoma-Arten, vierkantig sein (Fig. 9i). 
Eine Ringelung des Körpers ist nur bei Genostoma tergestinum fest- 
gestellt worden. Vorder- und Hinterende der Rhabdocöliden sind selten 
gleichgestaltet. Das Vorderende ist bei den langgestreckten Arten und 
den Holyptorhynchia feiner verschmälert als das Hinterende, während 
die holocölen Alloeocölen meist ein breit abgerundetes Vorderende 
und ein spitzes, schwanzartig ausgezogenes Hinterende besitzen. 


Bei manchen Arten (z. B. Prorhynchus, Provortex und Jensenia) sind 
die Kanten des Vorderendes öhrchenartig ausgezogen (Tentakel s. unter 
Körperanhänge). Manche Phaenocora-Arten (Fig. 9c) zeigen ein ver- 
breitertes Hinterende, das quer abgestumpft ist und eine mediane Schwanz- 
papille trägt. Zu erwähnen ist auch noch, daß vorübergehende Verände- 
rungen der Körperform, zum Teil beträchtlicher Art, bei den meisten 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 23 


Formen infolge ihrer Kontraktilität vorkommen, beispielsweise bei Schixo- 
rhynchus tatarieus außerordentliche Verkürzung der Körperlänge und bei 
Maehrenthalia agilis vorübergehende Kugelgestalt. 


Als Körperanhänge finden sich bei den Rhabdocöliden außer 
den Haftpapillen (cf. Epithel S. 355) warzenähnliche Pro- 
tuberanzen auf der Körper- 
oberfläche, z. B. bei Graffilla ® b S 
muricicola,  Typhlorhynchus 


Fig. 9 a—n. Die wichtigsten 
Körperformen der Rhabdocöliden. a 
Rhynchoscolex vejdovskyi, Vergr. 
ca. 10; b Catenula lemnae, Vergr. 
ca. 10; e Phaenocora stagnalis, \ 
Vergr. ca.20; d Microstomum line- 
are, Vergr. ca. 10; e(m) Euporobo- 
thria bohemica,Vergr. ca.25,fTetra- 
celis marmorosa, Vergr. ca. 16; 

g Bothromesostoma marginatum, 
Vergr. ca.5; h Stenostomum langi, 
Vergr. ca. 10; i Mesostoma platy- 
cephalum, Vergr.ca.5; k Prorhyn- 
chus fontinalis, Vergr. ca.4; 1 Bo- 
thromesostoma personatum, 
Vergr ca. 2,5; n B. esseni, Vergr. 

ca. 5. Zusammengestellt aus GRAFF, 
Turbellaria. g 


nanus und Syndesmis echinorum, die vielleicht der Oberflächen- 
vergrößerung bei Körperstreckung dienen, während ähnliche, aber mit 
Borsten besetzte Gebilde bei Prorhynchus hygrophrlus offenbar Sinnes- 
organe darstellen (cf. auch Tricladen S. 35). Eine echte Saug- 
Ssahenbre, Eh: 
keine Haftpapillen- 
anhäufung, findet 
sich nur bei der 
parasitischen Geno- 
stoma, doch kom- 
men bei anderen 
Arten (z. B. Didy- 
morchis) Saug- 
gruben .vor. 
Schwanzlappen (cf. 
auch Acoela S. 24) 


U 


finden sich bei Phae- 

Nocora (F 18. I VE Fig. 10. Die wichtigsten Körperformen der Acölen. 

und Astrotorhyn- a Polychoerus caudatus, Vergr. ca. 15; b Amphiscolops 

chus bifidus. Auch einereus (schwach gequetscht), Vergr. ca. 20; e Proporus 

Scehwanzfäden. ähn- Yemosus, Vergr. ca. 25; d Aphanostoma diversicolor, 

Behr 2 2) Vergr.ca.18; e Convoluta convoluta, mit eingeschlagenen 
C enen ET Seitenteilen, Vergr. ca. 3; f Convoluta fAavibacillum 


Acölen (S.24)finden 
sich” bei einigen 
Stenostomum- 
Arten. 


vielen Poly- und Tricladen finden sich nur bei Vorticeros. 
rostrale, durch Einschnürung abgesetzte Pharynx (Catenula, 


(schwach gequetscht), Vergr. ca. 11. Zusammengestellt aus 


GRAFF, Turbellaria. 


Wirkliche Tentakel (s. 0. Form des Vorderendes) wie bei 


Auch der 
Steno- 


24 J. WILHELM, 


stomum) und andere besondere Gestaltungen des rostral liegenden 
Rüssels, speziell der Rhabdocölen, könnten hier noch angeführt 
werden. 

Die Acölen messen durchschnittlich nur einige Millimeter an 
Länge (0,62—9 mm). Ihre Gestalt (Fig. 10) ist mannigfacher als 
die der übrigen Turbellarien. 

_ Während die Körperlänge der Acölen 15mal so groß wie die 
Breite sein kann (z. B. Convoluta roscoffensis), kann sie bei ihnen 
(allein unter den Turbellarien) auch von der Körperbreite übertroffen 
werden (z. B. bei Haplodiscus piger). Auch der Körperquerschnitt ist 
sehr wechselnd, drehrund, subzylindrisch bis plankonvex. Die große 
Kontraktilität erlaubt meist dem Einzelindividuum jeweilige beträcht- 
liche Formveränderungen. 

Tentakel werden bei den Acölen gänzlich vermißt, hingegen 
finden sich bei ihnen verschiedenartige Haftorgane. Haplodiscus 
henseni ist mit einer großen ventralen Saugscheibe ausgestattet. Ferner 
finden sich bei einigen Arten Haftpapillen, durch die der Körper 
fest an eine Unterlage angeheftet werden kann. Die Kanten des 
Hinterendes können zu je einem Schwanzlappen (Fig. 10a) er- 
weitert sein und Haftpapillen tragen (z. B. bei Amphiscolops langer- 
hansi), jedoch scheinen letztere bei einigen Arten zu fehlen (Poly- 
choerus caudatus, Convohıta bimaculata und semperi). Ein pigment- 
loser, von Epithel bekleideter kontraktiler Schwanzfaden, in den hinein 
sich das Parenchym fortsetzt, findet sich bei Polychoerus caudatus 
(Fig. 10 a); seine Funktion ist fraglich. Außer den farblosen, etwas 
transparenten Formen finden wir verschieden pigmentierte Arten, 
ferner solche, die symbiotisch im Parenchym lebende Algen führen. 
Auch die jeweilig aufgenommene Nahrung bedingt die Färbung mit. 

Unter den Trematoden weisen die Monogeneen meist 
zungen- oder blattähnliche Gestalt auf (cf. Fig. 11 a—f), deren Sym- 
metrie nur zuweilen durch die Körperanhänge (s. unten) gestört wird; 
es kommen jedoch auch fast kreisrunde Formen vor (z. B. Tristomum 
coceineum). Die Länge der Monogeneen schwankt zwischen '/;, mm 
und 3 cm. Die Rückenfläche ist meist mehr oder weniger gewölbt, die 
Bauchfläche fast immer konkav. Das Vorderende ist meist schmaler 
als das Hinterende und trägt die im allgemeinen nicht ganz end- 
ständig liegende Mundöffnung. "Bei vielen Ektoparasiten, namentlich 
bei jungen Individuen (z. B. von Udonella, Pteronella u. a.) weist der 
Körper eine Ringelung auf, die jedoch nur eine äußerliche (euticulare) 
ist, aber keine Segmentierung darstellt. Bezüglich der Körpergestalt 
ist auch auf die eigenartige Verwachsung zweier Diporpen zu einem 
Individuum, Diplooxoon paradoxon (Fig. 71), hinzuweisen. 

Als Körperanhänge finden sich bei den Monogeneen Membranen, 
Tentakel oder Arme, Saugorgane und Haken (Borsten und Schuppen, 
cf. S. 37). Membranöse Anhänge kommen an den Vorderenden oder 
Seitenrändern vor (z. B. bei einigen Temnocephala-, Phyllonella- und 
Pteronella-Arten). Tentakel finden sich nur am vorderen Körperende, 
und zwar bei den Temnocephaliden, Gyrodactyliden (Fig. 11d), Udo- 
nelliden und auch bei Tristomum papillosum, am Hinterende ver- 
längert sich der Körper nur selten in eine Art Anhang über die 
Saugscheibe hinaus (z. B. bei Onchoecotyle appendiculata). Saugnäpfe 
am Vorderende kommen bei den Monogeneen in der Ein- oder Zwei- 
zahl vor, oder fehlen. Entweder stehen sie (als Mundsaugnäpfe 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 25 


und dann stets in der Zweizahl vorhanden) in enger Beziehung zur 
Mundhöhle (häufig bei den Octocotyliden, Microcotyliden und Udonel- 
liden) oder sind Bildungen der Körperoberfläche (sogenannte Seiten- 


WEL. 
12 


Fi u e 
Ye 
u e BENEHE 
er > 

4 A 


Fig. 11, a—f. Die wichtigsten Körperformen 
der Monogeneen. a Nitzschia sturionis, b Ma- 
zocraes alosae, ce Discocotyle sagittatum, 
d Gyrodactylus elegans, e Polystomum inte- 
gerrimum, f Tristomum coccineum. a—d nach 
LÜHE, e nach ZELLER, f (schematisiert) nach 
TASCHENBERG. 


saugnäpfe, Kopfscheiben, oder vordere 
Saugscheiben der Tristomeen). 

Vordere Saugorgane fehlen bei den 
Monocotyliden, Gyrodactyliden und bei 


Temnocephala. 
Die hinteren Saugorgane sind, stets 
f als echte Saugnäpfe, in mannigfacher 


Entwickelung vorhanden. In der Einzahl 
finden sie sich bei Temnocephala und den Tristomeen und einigen 
Gyrodactyliden. Bei den übrigen Monogeneen finden sie sich in 
wechselnder Zahl und können bei den Tri- und Polystomeen noch 
mit besonderen Haken (Fig. 11d) bewaffnet sein. 

Die Monogeneen sind meist farblos-milchig. Nur in seltenen 
Fällen findet sich eine durch Pigment (S. 38) hervorgerufene Fär- 
bung (Temnocephala), jedoch können einerseits die gelblich-braunen 
oder -grauen Dotterstöcke durchschimmern, andererseits kann eine 
von der aufgenommenen Nahrung abhängige Darmfärbung bestehen. 

Für die Körpergestalt der Digeneen gilt im allgemeinen 
das gleiche wie für die Monogeneen, doch ist sie weit mannigfaltiger. 


26 J. WiLneLnaı, 


-_ 


Namentlich tritt eine mehr zylinder- bis fadenförmige Gestalt als 
abweichend von der Monogeneengestalt, häufiger auf (und zwar in der 
extremsten Form bei dem nur 1—2 mm breiten und bis 1 m langen 
Nematobothrium). Die Gestalt der Digeneen ist also als vorwiegend 
zungen- oder blattförmig, zuweilen mehr oder weniger deutlich kreis- 
rund, nicht selten zylinder- bis fadenförmig zu bezeichnen (Fig. 11 a—f). 
Das meist rundliche oder spitze Vorderende ist durch die im all- 
gemeinen apikale, nur bei Gasterostomum weit bauchwärts gelegene 


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Fig. 12. Die wichtigsten Körperformen der digene- 
tischen Trematoden. a Aspidogaster conchicola, Vergr. 
ca. 15; b Distomum squamula, Vergr. ca. 40; e Phyllo- 
distomum folium, Vergr. ca. 35. Nach LüÜHeE. 


Mundöffnung gekennzeichnet. Das Hinterende ist ebenfalls meist 
spitz oder abgerundet und trägt nur selten (z. B. bei Amphistomum) 
einen bauchwärts gelegenen Saugnapf. Zuweilen kommt eine äußere 
Ringelung, wie bei manchen Monogeneen (S. 24) vor, z. B. bei Di- 
stomum annulatum u. a. und bei Stichocotyle soll sich sogar eine 
innere Segmentierung finden. Eine ähnliche Erscheinung wie unter 
den Monogeneen die Verwachsung der Diporpen stellen die dauernde 
Vereinigung der männlichen und weiblichen Individuen von Bil- 
harxia haematobia (cf. Geschlechtsdimorphismus und Fig. 73) und 
die paarweise Vereinigung von Distomum okeni (Monostomum fili- 
colle) dar. 


Die Körperanhänge der Digeneen sind ähnlich denen der 
Monogeneen, jedoch mannigfaltiger, können aber auch gänzlich 
fehlen. Membranöse Anhänge finden sich, ähnlich und gleich selten 
wie bei den Monogeneen (S. 24), z. B. bei verschiedenen Distomum- 
Arten. 

Auch tentakelartige Bildungen am Vorderende kommen nur selten 
vor, z. B. bei verschiedenen Gasterostomum- und Distomum-Arten u. a.; 
ferner finden sich ganz vereinzelt Hautfalten nahe dem Vorderende 
(z. B. bei Distomum latieolle). 


Saugnäpfe finden sich bei den Digeneen (mit Ausnahme von 
Gasterostomum) am Vorderende nur in der Einzahl. Sie werden als 
Mundsaugnäpfe bezeichnet, da sie stets den Eingang zum Darm 
bilden. Zuweilen sind sie nur schwach entwickelt, können aber auch 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. a7 


ganz fehlen (Nematobothrium). Ferner findet sich bei allen Digeneen, 
außer den Monostomeen und Gasterostomum, ein Bauchsaugnapf, 
der nach Stärke und Lage bei den einzelnen Arten sehr wechselnd 
ist Ferner kommen bei einzelnen Arten noch sekundäre Saugnäpfe 


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29 
Fig. 13. Fig. 14a. Fig. 14b. 


Fig. 13. Archigetes appendiculatus, Vergr. ca. 20. Nach LüÜHE. 

Fig. 14. Caryophyllaeus laticeps. a Larve aus Tubifex, Vergr. ca. 7, b Ge- 
schlechtsreifes Tier aus dem Darm eines Cypriniden, Vergr. ca. 2. Nach LüHE. 

Fig. 15. Amphilina foliacea, Vergr. ca. 4. Schematisiertt nach WAGNER. 
1 Saugnapf, 2 Uterusmündung, 3 Keimstock, 4 Cirrus, 5 Vagina. 


und -gruben vor. Als besondere Haftorgane finden sich an bestimmten 
Körperstellen, z. B. am Vorderende oder in den Saugnäpfen oder auf 
der ganzen Körperoberfläche Stacheln. 

Hinsichtlich der Körpergröße weisen die Digeneen größere 
Schwankungen als die Monogeneen auf. Die Körperlänge beträgt 


Fig. 16. Taenia saginata. Etwas verkleinert. Nach LEUCKART. 


meist nur wenige Millimeter, erreicht aber, z. B. bei manchen Di- 
stomeen, mehrere Zentimeter und bei Nematobothrium filarina 1 m. 


Die Körperfärbung wird wie bei den Monogeneen meist nur 
durch innere Organe und aufgenommene Nahrung bedingt, doch 
kommt vereinzelt auch echtes Parenchympigment vor. 

Die Cestoden weichen im allgemeinen durch ihre bandförmige 
gegliederte Gestalt von den übrigen Plathelminthen ab, doch stellen 
die monozoischen Cestoden (Cestodaria) Uebergangsformen dar. 
Von dieser nur wenige Arten und Gattungen umfassenden Gruppe weist 


28 J. WILHeELMI, 


Amphilina (Fig. 15) die blatt- oder zungenförmige (Gestalt der Tre- 
matoden auf. Bauch- und Rückenfläche der dieser Gattung an- 
gehörenden beiden Arten sind gewölbt, und zwar letztere stärker. 
Körperanhänge fehlen. Am Vorderende findet sich eine kleine Saug- 
grube. Länge 5 20 mm. Der Körper ist undurchsichtig infolge 
zahlreicher Kalkeinlagerungen des Parenchyms. Die Caryophyllaeiden 
nähern sich gestaltlich bereits den Polyzoa, sind aber noch unge- 
gliedert. Bei Caryophyllaeus (Fig. 14) trägt das Vorderende noch 
keinen Scolex, ist aber durch eine Halseinschnürung vom übrigen 
Körper abgesetzt und dient infolge seiner Kontraktilität zu Anheftung. 
Auch Archigetes (Fig. 15) ist noch ungegliedert, trägt aber am Vorder- 
ende bereits einen gegen den Körper abgesetzten Scolex mit zwei 
flächenständigen Sauggruben. Während bei Caryophyllaeus (Fig. 14 a, b) 
ein Schwanzanhang nur während des Larvenzustandes vorhanden ist, 
bleibt bei Archigetes ein solcher mit 6 Embryonal-(Oncosphären-) 
häkchen versehener Anhang auch bei den geschlechtsreifen Tieren 
dauernd. Archigetes erveicht 6 mm, Caryophyllaeus 2—3 cm Länge. 
Eine durch Pigment bedingte Färbung fehlt den Caryophyllaciden. 


Die im großen und ganzen einheitliche Gestalt der Polyzoa 
wird durch das Vorhandensein eines abgesetzten Scolex (Kopfes) und 
die Gliederung des Körpers in Proglottiden bedingt (Fig. 16 u. 17 
S. 27 u. 29). Es kommen jedoch auch hier einige Abweichungen 
vor. So entbehren beispielsweise Ligula, Triaenophorus, Bothrimonus 
einer ausgesprochenen Proglottidenbildung, bzw. die äußere Segmen- 
tierung deckt sich nicht mit der inneren Segmentierung der Ge- 
schlechtsorgane. 


Ferner kann der echte Scolex nur in jungen Entwickelungsstadien 
vorhanden sein, während später das Anfangsstück der Proglottiden- 
reihe sich zu einem hohlen, quergestellten Gebilde, das als Pseudo- 
scolex bezeichnet wird, umwandelt (z. B. bei manchen Taenia-Arten 
u. a.). Der echte Scolex (Fig. 19) ist im allgemeinen keulen- bis 
birnförmig und meist dorsoventral abgeflacht, doch sind seine äußeren 
Verhältnisse bezüglich Form, Länge und Abgrenzung nicht unbe- 
trächtlich. Zur Anheftung des Scolex dienen Saugorgane und 
Haken. Erstere sind entweder rundlich bis länglich und ohne scharfe 
Abgrenzung (Sauggruben) oder schärfer begrenzt und oft von 
Querwänden durchzogen (Bothrien) oder rund und deutlich hervor- 
springend (Saugnäpfe oder Acetabula). Die Haken (Fig. 18 u. 19) 
sind nach Zahl und Lage sehr verschieden, können auch ganz fehlen 
(s. Fig. 17). Für ihre Anordnung kommen im wesentlichen folgende 
drei Modifikationen in Betracht: 

l) Sie sitzen am Vorderende oder auf dem Rande, seltener am 
Grunde der Saugorgane, 

2) sie sitzen auf (4) einstülpbaren Rüsseln, und 

3) sie sitzen in ein- oder mehrfachem Kranze auf dem Scheitel 
des Scolex. Bei kranzförmiger. Anordnung der Haken findet sich ein 
der Bewegung dienender scharf begrenzter Muskelapparat, der als 
Rostellum bezeichnet wird. Zahl, Form und Lage der Saugorgane 


1) Es sei hier darauf hingewiesen, daß auch in neuester Zeit wieder die Auffassung 
zu begründen versucht worden ist, daß das Proglottidenende das Vorderende und der 
Scolex das Hinterende des Bandwurmkörpers darstelle. 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 29 


und Haken sind sehr wechselnd bei den einzelnen Arten und dienen 
daher als systematische Merkmale. 

Wie bereits erwähnt, ist auch noch in neuerer Zeit der Versuch 
einer umgekehrten Orientierung des Öestodenkörpers gemacht worden. 


Fig. 17. Fig. 18. 


Fig. 17. Scolex von Tetrabothrius macrocephalus; Vergr. ca. 50. Nach LüHe. 
Fig. 18. Haken von Taenia crassiceps; Vergr. ca. 175. Nach Lüne. 
Fig: 19. Rostellum von Lateriporus teres; Vergr. ca. 120. Nach LÜHk. 


Im allgemeinen läßt sich diese Auffassung schwer mit der Organisation 
(speziell z. B. Gehirnlage) und Teilungsvorgängen der übrigen Plathel- 
minthen in Einklang bringen. Andererseits erscheint es auffällig, daß 
bei den Turbellarien, besonders bei parasitischen (z. B. Bdellouriden, 
Mieropharynz u. a.) und auch bei Trematoden die Haftorgane des 
Hinterendes im allgemeinen viel stärker als die des Vorderendes 
entwickelt sind. 

Die Färbung der Gestoden ist gleich wie die der Trematoden 
im allgemeinen weißlich-transparent, Kann aber durch die Organe und 
aufgenommene Nahrung beeinflußt werden. Pigmente (S. 35) kommen 
nur selten vor, und zwar nur in der Halsregion. 


2. Körperepithel, Cutieula und Hautsinnesorgane. 
(Allgemeines, S. 2.) 


Das Körperepithel der Polycladen ist ein einschichtiges 
Zylinderepithel, das der Basalmembran aufsitzt. Nach außen ist es 
von einer Cuticula und größtenteils von einem dichten Wimperkleid 
bedeckt. Am Körperepithel unterscheiden wir: 1) Deckzellen, 2) Haft- 
zellen, 3) Schleimdrüsen, 4) Sinneszellen und schließlich die Aus- 
mündungen der parenchymatischen Drüsen und Exkretionsorgane. 

Die Deckzellen sind bewimperte, zylindrische, der Basal- 
membran aufsitzende Zellen mit je einem großen Kern und führen 
meist bestimmte Zelleinschlüsse. Deckzellen, die überhaupt keine 
Einlagerungen aufweisen, werden als indifferente Epithelzellen 
bezeichnet. Sie finden sich bei den Polycladen nur selten und werden 
im dorsalen Epithel fast gänzlich vermißt. Eine Abflachung weisen 
die Deckzellen in der Nähe der Gehirn- und Tentakelhofaugen auf 
und entbehren hier auch der Pigmenteinlagerungen und Rhabditen; 
auch in den flachen Deckzellen der Zotten von Planocera villosa fehlt 
jede Einlagerung. Das ventrale Epithel ist im allgemeinen ärmer an 
Einlagerungen als das dorsale. Von Zelleinlagerungen sind zu nennen 


30 J. WiLneunı, 


Rhabditen, Pseudorhabditen, Nematocysten und ähnliche Gebilde, 
Epithelialpigment und Kalkkörper. 

Die Rhabditen sind stäbchenförmige oder schwach gekrümmte, 
homogene Gebilde. Sie finden sich besonders zahlreich im dorsalen 
Epithel. Gänzlich vermißt werden sie nur bei Stylochoplana tarda. 
Sie entstehen im Epithel selbst und finden sich — im Gegensatz zu den 
Trieladen (S. 32) und Rhabdocöliden (S. 35) — nie im Parenchym vor. 
In der Zelle liegen sie bündelweise meist im äußeren Teile derselben, 
während der Zellkern basal liegt. Färberisch verhalten sie sich gleich 
wie die Drüsenzellen. (Bedeutung der Rhabditen cf. Biologie.) 

Außer den Rhabditen finden sich bei Polycladen öfters auch so- 
genannte Pseudorhabditen, Schleimstäbehen. Sie unterscheiden 
sich von ersteren hauptsächlich durch ihre unregelmäßigere Gestalt 
und ihre mehr feinkörnige Struktur. Auch andere ovale und bläschen- 
förmige Einlagerungen (z. B. bei Cestoplana rubripunetata) finden sich 
im Körperepithel, doch dürften diese weniger in die Kategorie der 
Pseudorhabditen als zu den pigmentartigen Einlagerungen zu rechnen 
sein. 

Echte Nematocysten oder Nesselkapseln finden sich nur 
bei wenigen Arten (Sitylochoplana tarda und Anonymus viridis). Sie 
entstehen im Parenchym und werden in bestimmter Anordnung im 
dorsalen Epithel abgelagert. Ihre Gestalt ist die einer kugeligen bis 
ovalen Kapsel, in der ein langer Faden spiralig aufgerollt ist. Bei 
einigen Arten kommen auch stachel- bis spindelförmige Ge- 
bilde mit einer soliden Nadel in ihrem Innern vor, ferner auch 
freie Nadeln, die jedoch vielleicht nur von ihrer Hülle befreit sind. 
Als Epitheleinschlüsse sind auch Kalkkörperchen angegeben 
worden, doch fehlen genauere Angaben über diese. 

Echtes Epithelpigment findet sich nur bei den cotylen 
Polyeladen, und zwar ziemlich allgemein verbreitet bei den Pseudo- 
ceriden, Eurypletiden und Prosthiostomiden. Vorwiegend gelb und 
rot gefärbtes Pigment weist z. B. das Körperepithel der prächtig 
orangerot gefärbten Yungia aurantiaca auf. Bei Thysanoxoon finden 
sich in den Deckzellen je eine große Vakuole, deren flüssiger Inhalt 
farblos oder wechselnd gefärbt ist. Im Gegensatz zu dem inter- 
stitiellen körnigen Pigment, das meist bräunlich oder schwärzlich ge- 
färbt ist, ist das flüssige Epithelpigment meist buntfarben. Erst bei 
der Fixierung eines Tieres nimmt das flüssige Pigment durch Koa- 
gulation und Schrumpfung feste Form an (cf. auch Färbung, S. 18, 
und Körperpigment, S. 44). 

Haftzellen, auch Klebzellen genannt, scheinen bei den mit 
einem Saugnapf versehenen Polycladen gänzlich zu fehlen. Bei den 
acotylen Polycladen, die trotz Mangel eines ventralen Saugnapfes in 
hohem Maße die Fähigkeit haben, ihre Bauchseite an einer Unterlage 
anzuheften, darf das Vorhandensein ventraler Haftzellen, die denen der 
Trieladen und Rhabdocölen ähnlich sind, angenommen werden; ein 
Nachweis derselben ist jedoch nicht erbracht worden. 

Die Hautsinnesorgane der Polycladen bestehen aus den 
Tentakeln und einzelnen Sinneszellen (Augen und Stato- 
lithen ef. S. 17). Unter den Tentakeln sind Nackententakel und 
Randtentakel (ef. S. 17, Fig. la, b, d, h, i), die jedoch morpho- 
logisch keine homologen Gebilde darstellen, zu unterscheiden. Erstere 
finden sich bei den Planoceriden (Acotylea), letztere bei Pseudoceriden 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. sl 


und Euryleptiden (Cotylea); ihre Lage ist aus den genannten Ab- 
bildungen ersichtlich. Die Nackententakel sind beweglich und etwas 
zurückziehbar. Das Epithel der Nackententakel ist niedriger als das 
dorsale Körperepithel und entbehrt, in gleicher Weise wie bei den 
Trieladen, der Rhabditen, oder letztere sind nur spärlich und in ge- 
ringer Größe vorhanden. In die Nackententakel dringen Parenchym 
und Muskelfasern ein. Die Randtentakel sind entweder zipfel- 
förmig (cf. Fig. Ih und i) oder faltenförmig (z. B. Thysanoxoon, S.17, 
Fig. 2). Wahrscheinlich sind sie stabil gewordene Falten des Vorder- 
endes, die eine Anhäufung von Sinneszellen aufweisen (cf. Auricular- 
sinnesorgane der Tricladen, S. 33). 

Besondere, diffus verteilte Sinneszellen, die ein Büschel langer 
starrer Wimpern tragen, finden sich besonders an exponierten Körper- 
stellen, z. B. an den Enden der Rückenzotten von Thysanoxoon (Fig. 2, 
8.17 und Fig. 30, 8. 52). 

Auch die Rhabditen des Körperepithels werden von manchen 
Autoren als Tastorgane angesprochen, indem sie zur Druckübertragung 
auf den subepithelialen Nervenplexus dienen sollen. 

Bei den Trieladen zeigt das Körperepithel einen im großen 
und ganzen einheitlichen Bau. Meist besteht es aus einer einfachen 
Schicht kernführender Zellen, unter denen vorwiegend kernführende 
Deckzellen, weniger häufig: Haftzellen und am spärlichsten 
Sinneszellen vorhanden sind; außerdem kommt es gelegentlich 
vor, daß von den sogenannten Deckzellen an bestimmten Stellen eine 
Anzahl kernlos sind, während der Kern selbst in die Tiefe verlagert 
ist. Solches sogenanntes „eingesenktes Epithel“ findet sich an 
Stelle der Deckzellen allgemein bei der kommensalisch lebenden 
Maricolenfamilie Bdellouridae. Es entspricht, abgesehen von der Be- 
wimperung und der Persistenz der Zellgrenzen, dem als Cuticula be- 
zeichneten Epithel der Trematoden und Cestoden (cf. auch die Epithel- 
verhältnisse des Tricladenpharynx, S. 55). Bei den marinen und 
paludicolen Tricladen finden wir im allgemeinen (d. h. mit Aus- 
schluß der Bdellouriden) folgenden Bau des Körperepithels. Der 
Körper ist überwiegend von den sogenannten Deckzellen bekleidet. 
Diese sind von kubischer bis zylindrischer Form. An der Basis sitzen 
sie der Basalmembran auf und nach außen sind sie von einer feinen 
Cuticula bekleidet. Jede Zelle enthält einen, meist basal gelegenen 
Kern. Die ganze Cuticula ist normalerweise mit einem Wimperkleid 
versehen; jede einzelne Wimper inseriert an einem punktförmigen 
Gebilde, dem „Basalkörperchen“. Dorsal können die Wimpern freilich 
leicht verloren gehen, lassen sich aber in der postembryonalen Ent- 
wickelung (also bei jungen Tieren) und auch an regenerierten Körper- 
teilen nachweisen. Ventral sind die Wimpern stets vorhanden (da 
sie der Unterstützung bei der gleitenden Bewegung dienen) und 
machen hier mehr einen starren, borstenähnlichen Eindruck; auch 
sind sie hier meist kürzer als die dorsalen Wimpern. 

Außerdem kommen vereinzelte stärkere und längere Wimpern, 
Wimperbüschel und Borstenbüschel meist dorsal und nahe dem 
Körperrande vor. Dorsal sind die Deckzellen im allgemeinen höher 
als ventral und nehmen nach dem Körperende zu an Höhe zu. 

Von den Einlagerungen in die Deckzellen sind in erster Linie 
die Rhabditen (cf. auch Biologie) zu erwähnen. Sie sind von stäbchen- 
förmiger Gestalt oder komma- bzw. S-förmig gekrümmt. 


32 J. Wiırueuaı, 


Dorsal sind sie meist weit zahlreicher als ventral und füllen hier oft 
den ganzen apikalen Teil der Zelle prall an; nach dem Vorderende 
zu, speziell an den Tastlappen, sind sie aber auch dorsal nur spärlich 
vorhanden. Ueber die Öuticula ragen sie nicht hervor. Sie finden 
sich oft auch noch zu Klumpen zusammengeballt im basalen Teil der 
Deckzellen (als Reservematerial). Ihre Entstehung nehmen sie in 
Drüsenzellen, die in das Parenchym eingesenkt liegen; von einigen 
Autoren wird freilich auch eine nebenhergehende Entstehung in den 
Deckzellen angegeben, die jedoch eines sicheren Nachweises entbehrt. 
— Die parenchymatischen Rhabditenbildungszellen sind den übrigen 
erythrophilen Drüsen des Trieladenkörpers funktionell gleichwertig, 
indem zwischen ihnen ein vikariierendes Verhältnis bestehen kann 


Fig. 20. Fig. 21. Fig. 22. 


Fig. 20. Dorsales Stück eines Querschnittes einer Procerodide; gefärbt nach 
HEIDENHAIN. I Die Rhabditen im apikalen Teil der Epithelzellen, 2 Bündel Reserve- 
rhabditen, 3 Epithelkerne, 7 Zellen des dorsalen Epithels, 5 Basalmembran, 6 dorsale 
Hautmuskulatur, 7? Parenchym mit Kernen, 8 Pigmentkörner, 9 parenchymatisches Rhab- 
ditenbündel, Rest einer Rhabditenbildungszelle..e. Nach WILHELMI. 

-\ Fig. 21. Die Haftzellen und Haftpapillen von Procerodes lobata (Gunda seg- 
mentata). Nach dem Quetschpräparat des lebenden Tieres. 1 Cilien des Epithels, 
2 Haftzellen, 3 Haftpapillen, 7 Rhabditen. Vergr. ca. 800. Nach WILHELMI. 

Fig. 22. Der Haftzellenring auf der Bauchfläche von Procerodes lobata. Schema. 
Vergr. ca. 5. Nach WILHELMI. 


(z. B. bei den meist rhabditenfreien Bdellouriden). Die Ausführungs- 
gänge der Rhabditenbildungszellen zum Körperepithel sind nicht immer 
nachweisbar. Offenbar können diese auch frei nach außen, d. h. nach 
dem nächstliegenden Epithel wandern, wofür wenigstens der Nach- 
weis, daß sie bei Tricladen allgemeinhin gelegentlich sowohl in die 
Penishöhle als in das Darmepithel wandern, spricht; in letzterem 
können freilich auch mit der Nahrung aufgenommene Rhabditen vor- 
kommen. Außer den Rhabditen finden sich in den Deckzellen noch 
amorphe oder kugelige Gebilde, die sich färberisch gleich den Rhab- 
diten verhalten und entweder in den Epithelzellen zu Schleim zerfallene 
Rhabditen oder in den Rhabditenbildungszellen nicht zu Rhabditen 
entwickeltes Sekret darstellen. Durch die Deckzellen münden unter 
einfacher Durchbohrung derselben außerdem noch die erythrophilen und 
cyanophilen Drüsen des Parenchyms nach außen. Von letzteren finden 
sich zuweilen nicht unbeträchtliche Sekretanhäufungen in einzelnen 
Deckzellen. 

Am zahlreichsten nächst den Deckzellen finden sich bei wasser- 
bewohnenden Tricladen die sogenannten „Haftzellen“ (ef. auch 
Biologie). Sie liegen ringförmig angeordnet auf der Bauchfläche 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 35 


nahe dem Körperrand und entbehren der Bewimperung; durch sie 
münden die am Körperrande im Parenchym liegenden Kantendrüsen 
nach außen. Bei den Maricolen ragen sie etwas über die Deckzellen 
hervor und sind mit zahlreichen kleinen Papillen besetzt. Diese 
dienen zum Ansaugen und durch sie tritt das Sekret der Kanten- 
drüsen aus. Sie liegen immer zu mehreren nebeneinander, am Vorder- 
und Hinterende sind sie zahlreicher. Eine kurze Unterbrechung des 
Haftzellenringes wurde für einige Arten hinter der Augenregion nach- 
gewiesen (Fig. 22). Am Hinterende können sie in solchen Mengen auf- 
treten, daß es zur Bildung einer mehr oder weniger deutlich abgesetzten 
Haftscheibe kommt (Bdellouriden, Micropharynx). Am Vorderende 
können sie sich auch von der Ventralseite auf die Dorsalseite der 
Köpfe ausdehnen (Sabussowia, Cerbussowia), auch können sie unregel- 
mäßig zerstreut auf der ganzen Rückenfläche vorkommen (Cereyra 
papillosa, Sabussowia). Bei den paludicolen Trieladen zeigen sie die 
gleiche ringförmige Anordnung ventral am Körperrand und entbehren 
ebenfalls der Cilien. Haftpapillen scheinen hier zu fehlen. Möglicher- 
weise fungiert hier jede einzelne Haftzelle als Haftscheibe. 

Am wenigsten zahlreich unter den Epithelzellen sind die Sinnes- 
zellen. Sie sind meist größer als die Deckzellen. Ihre Struktur 
ist jedoch noch unzureichend bekannt. Ihre Verteilung auf der Bauch- 
und Rückenfläche ist unregelmäßig. Zu Auricularsinnesorganen 
(Fig. 4a—k S. 19) angehäuft, finden sie sich zuweilen hinter den Ten- 
takeln, Aurikeln oder den diesen entsprechenden Stellen des Vorder- 
randes, z. B. bei Paludicolen Bdellocephala, Planaria torva, polychroa, 
lugubris und der Maricolen Procerodes ulvae. Während sie bei genannten 
Arten in je zwei Streifen angeordnet sind, stellen sie bei den Arten 
mit dreieckiger Kopfform (z. B. Planaria gonocephala und maculata) 
einen unregelmäßigen Komplex dar; auch in kleine Gruppen verteilt 
können sie sich am vorderen Körperende angehäuft finden (z. B. bei 
der australischen Planaria hoernesi). 


Als Sinnesorgane dienen auch zweifellos bei den wasserbewohnenden 
Tricladen (Terricola s. u.) die stärker bewimperten Tentakel, bzw. Tast- 
lappen, Aurikel (der Arten mit dreieckigem Kopfe) oder, wenn solche 
fehlen, die ihnen entsprechenden Körperregionen (cf. auch Biologie), 
die eine stärkere Bewimperung und einen auffälligen Wimperschlag 
zeigen. Während bei den Maricolen von der Spitze der Tentakel oder 
den entsprechenden Körperstellen beiderseits je zwei deutliche kreis- 
förmige Strudel im Wasser erzeugt werden, findet bei den Paludicolen 
an den gleichen Stellen nur eine unregelmäßige Strudelbewegung der 
Wimpern statt. 

Bei Planaria alpina, die keine Auricularsinnesorgane (s. oben) besitzt, 
wurde am Grunde der Tentakel im Parenchym je ein blasiges Gebilde 
festgestellt und als Sinnesorgan angesprochen. 


Das Körperepithel der Terricolen gleicht im wesentlichen dem 
der übrigen Tricladen. Die Deckzellen weichen insofern ab, als 
sie nach dem Körperrande zu an Höhe abnehmen. Das Epithel der 
Kriechleiste ist oft (z. B. bei allen Bipaliiden und einigen Rhyncho- 
demus-Arten) eingesenkt (cf. S. 31). Die „stäbchenförmigen Körper“ 
der Deckzellen, Rhabditen, Chondrocysten und Rham- 
miten, von denen die beiden letzteren seltener vorkommenden 
Formen nur Modifikationen der ersteren darstellen, finden sich am 

Arnold Lang, Handb. d. Morphologie. III, 3 


34 J. WILHELMI, 


zahlreichsten in den dorsalen Deckzellen. Ventral finden sie sich am 
spärlichsten in den zum Kriechen benutzten Teilen der Bauchfläche und 
fehlen in der Kriechleiste selbst gänzlich. Ihre Entwickelung nehmen 
die stäbchenförmigen Körper wie bei den übrigen Trieladen in drü- 
sieen Bildungszellen (s. S. 46) des Parenchyms, aus denen sie durch 
besondere Kanäle in das Körperepithel geleitet werden. Rhabditen- 
bildung in den Deckzellen selbst, wie sie für andere Trieladen be- 
hauptet wird, ist nicht beobachtet worden. Pigment kommt in den Deck- 
zellen nicht vor. Als Drüsenkante wird der der Haftzellenregion 
der Maricolen (S. 32) entsprechende Teil des Epithels bezeichnet. 
Sie ist am breitesten am Vorderende und verliert sich von der 
Pharynxregion an nach dem Hinterende zu. Ihre Zellen sind niedriger 
als die dorsalen Deckzellen. Durch sie münden die zahlreichen 
Ausführungsgänge der Kantendrüsen nach außen. Die feinere 
Struktur der Drüsenkanten ist ebenso wie die des Haftzellenringes 
der Paludicolen noch unzureichend bekannt. An Hautsinnes- 
organen kommen bei Landtricladen 1) Tentakel, 2) Sinneskante, 
3) Sinnesgrübchen vor. Die Innervierung der Tentakel (cf. Nerven- 
system) ist recht verschieden. Die Seitenrandtentakel und die kern- 
losen Epithelstreifen (z. B. einiger Cotyloplana-Arten) werden direkt vom 
Gehirn innerviert und sind daher den Tentakeln der Paludicolen und 
Maricolen homolog, während dorsale Tentakel (Cotyloplana punctata) 
vom Nervenplexus aus innerviert werden. Die Sinneskante, die aus 
einem niedrigen eingesenkten Epithel (cf. S. 31) besteht, findet sich 
bei den meisten Landtricladen, scheint aber bei einigen Arten (z. B. 
- von Cotyloplana) durch die Tentakel oder bei tentakellosen Arten 
durch kernlose Epithelstreifen des Vorderendes ersetzt zu werden 
(ef. auch Auricularsinnesorgane mancher Maricolen und Paludicolen 
S.33). Eng verbunden mit der Sinneskante sind oft Sinnesgrübchen, die 
aber morphologisch und physiologisch von ihr verschieden sind. Die 
Sinneskante umsäumt als feine helle Linie meist die Ventralfläche des 
vorderen Körperendes. 

Die Alloeocölen und Rhabdocölen führen gleich den Poly- 
und Tricladen ein einschichtiges Körperepithel, das hauptsächlich 
aus polygonalen Deckzellen besteht. Die Zellgrenzen sind oft 
schwieriger als bei dem Epithel der beiden genannten Turbellarien- 
gruppen festzustellen. In manchen Fällen sind Kerne in den Zellen 
vermißt worden (cf. eingesenktes Epithel der Tricladen S. 31). Als 
Außenbegrenzung der Deckzellen ist vielfach eine echte Cuticula 
angegeben worden, doch stellt diese vielleicht nichts anderes als den 
Wurzelapparat der Cilien, welche die Deckzellen der meisten Arten 
bekleiden, dar. Ventral sind die Cilien zuweilen länger (z. B. bei 
Mesostoma ehrenbergi) und stärker (z. B. bei Astrotorhynchus bifidus) 
als dorsal, zuweilen fehlen sie dorsal (Hypotrichina sicula und eir- 
cinnala); ebenso kann (z. B. bei Astrotorhynchus, Alaurina und den 
Kalyptorhynchia) bei Umwandlung des Vorderendes zu einem Rüssel 
hier ein Üilienschwund eintreten (cf. Schwund der dorsalen Cilien 
bei Trieladen S. 31). Ferner kommen vereinzelt Geißelhaare und 
Borsten, speziell an den Hautsinnesorganen (s. u.) vor. In den 
Deckzellen der Alloeocölen kommen mannigfache Einschlüsse vor. 
Als solche finden sich wasserklare Vakuolen, die als Schleim- 
pfröpfe und auch als Exkretionsprodukte angesprochen worden sind: 
Außerdem kommt bei manchen Arten diffuses oder körnchen- bis 


I. Kreis der Metazoa. 2, Stamm: Platodaria. 35 


stäbchenförmiges Pigment in gleicher Weise wie im Epithel mancher 
Polycladen und Acölen vor. Gewisse körnige Substanzen in den Deck- 
zellen einiger Arten werden als vom Parenchym her eingedrungene 
Exkretionsprodukte angesprochen. 

Als wichtigste und häufigste Einschlüsse der Deckzellen der 
Rhabdocöliden sind die Hyaloide zu nennen. Unter ihnen über- 
wiegen die stäbchenförmigen Gebilde, die Rhabdoide. Diese ent- 
stehen sowohl in den Deckzellen selbst als in den im Parenchym 
liegenden drüsigen Bildungszellen und werden dementsprechend als 
dermale bzw. adenale bezeichnet. Bei einigen Arten werden die 
dermalen Rhabdoide, bei anderen die adenalen vermißt, während 
wieder andere Arten der Rhabdoide überhaupt entbehren. Nach Form 
und Bau werden unter den Rhabdoiden Rhabditen, Rhammiten 
und Chondrocysten unterschieden. Ferner finden sich als verwandte 
hyaloide Gebilde in den Deckzellen Pseudorhabditen (bei einigen 
Alloeocölen), zuweilen auch Sagittocysten, deren Struktur noch 
weniger bekannt ist, und schließlich echte Nesselkapseln oder 
Nematocysten, die ganz verschieden gebaut sein können. Letztere 
finden sich z. B. bei Microstomum lineare, wahrscheinlich jedoch nur in 
Abhängigkeit von der Nahrung, als die vielfach Hydren dienen. 
Färberisch und strukturell verhalten sich die Rhabditen und ver- 
en, Gebilde gleich denen der Polycladen (S. 30) und Tricladen 
(8. 31). 

Zwischen den Deckzellen münden zahlreiche Parenchymdrüsen, 
bei manchen Arten auch die Exkretionsgefäße durch Poren aus. 

Die zweite, an Zahl aber gegenüber den Deckzellen stark zurück- 

tretende Art der Epithelzellen sind die Haftzellen (Klebzellen 
der Autoren). Ihre Struktur ist noch wenig bekannt. Funktionell 
dürften sie den Haftzellen der Trieladen (S. 30) entsprechen. In- 
wieweit es Sich hier um eigene Epithelgebilde oder um Ausführungs- 
gänge parenchymatischer Drüsen handelt, steht noch nicht fest (ef. 
auch 8. 46). 
‘Den dritten Typus der Epithelzellen stellen, entsprechend den 
Verhältnissen bei Poly- und Tricladen, die Hautsinneszellen dar, 
die entweder einzeln oder zu Hautsinnesorganen vereint vorkommen 
(Augen und Statocyste s. Nervensystem). 

Hautnervenendigungen wurden in becherförmig vertieft 
zwischen den Deckzellen liegenden Zellen (z. B. bei Graffilla muriei- 
cola) nachgewiesen. Tastkörperchen, die durch zweierlei Nerven- 
fasern innerviert werden, finden sich, namentlich in der Kopfregion, 
speziell bei Alloeocölen. Sie tragen meist nur ein Geißelhaar, seltener 
2—3 (Plagiostomum maculatum). Die aller Einlagerungen entbehren- 
den Zellen der Tentakel und Oehrchen am Vorderende bei Vorticeros u.a. 
(cf. S.22) sind ebenfalls als Hautsinnesorgane aufzufassen, wofür 
die Tentakelinnervierung und die Nervenendigungen sprechen U 


Fig. 23. Nervenendigung an der Tentakelspitze von Vorticeros auri- 
culatum. Nach BÖHMIG aus GRAFF, Turbellaria. 


(Fig. 23). Auch am übrigen Körperepithel finden sich sogenannte 

Tast- und Grübchenflecken bei zahlreichen Arten. Runde 

Wimpergrübchen finden sich unpaar in der ventralen (Bo- 

thromesostoma) oder dorsalen (Ewporobothria) Medianlinie, paarig 
3*+ 


36 J. WırneLaı, 


(meist 1 Paar, seltener 2 Paare) bei Stenostomum, Microstomum, 
Prorhynchus, Plessisia, Hypotrichina, Bothrioplana, Alaurina und 
Macrostomum obtusum. Meist ventral am Vorderende gelegene 
Wimperrinnen finden sich bei verschiedenen Arten der Alloeocölen 
(z. B. von Plessisia, Otoplana, Plagiostomum, Allostomum und Pseudo- 
stomum); vielleicht entsprechen diese Wimperrinnen den, freilich 
dorsal liegenden, Auricularsinnesorganen mancher Tricladen (S. 33). 

Ueber das noch nicht hinreichend untersuchte Körperepithel 
der Acölen gehen die Angaben der Autoren auseinander. Immerhin 
dürfte feststehen, daß es aus bewimperten kernführenden Zellen be- 
steht. Diese sitzen, da eine Basalmembran (S. 39) fehlt, direkt dem 
Hautmuskelschlauch, jedoch mit oft verästelten oder zottenförmigen 
Ausläufern, auf. Nach außen hin wird eine scheinbare Cutiecula durch 
eine doppelte Lage sehr kleiner Körnchen, die durch feine Stäbchen 
miteinander verbunden sind, gebildet (Haplodiscus). Die Stäbchen 
setzen sich nach dem Zellinnern als feine Fädchen fort. Von der 
äußeren Körnchenschicht treten nach außen die Cilien aus und bilden 
einen dichten Besatz. Bei fast allen Acölen kommen zwischen den 
Cilien vereinzelte stärkere Plasmahärchen, sogenannte Geißelhaare, 
vor, die vermutlich auf Sinnesorgane hinweisen. In den Epithel-(Deck-) 
zellen kommen Pigmente vor, die abweichend von denen der übrigen 
Turbellarien nicht körnig, sondern stäbchenförmig sind. Sehr zahl- 
reiche braune Pigmentpakete finden sich z. B. in den Deckzellen der 
(nach diesem Merkmal) benannten Art Monochoerus tllardatus; diese 
Art weist die größten Pigmentstäbchen (bis 7 a) unter den Acölen 
auf. Zwischen den Deckzellen kommen (aber nicht bei allen Arten) 
Haftpapillen vor. Ihre Struktur ist jedoch noch unbekannt, so 
daß kein Vergleich mit den Haftzellen anderer Turbellarien gezogen 
werden kann. Beiallen Acölen (außer Oonvoluta schulxei und roscoffensis) 
kommen in den Deckzellen Rhabditen vor, die leicht mit den eben- 
falls stäbchenförmigen Pigmenten verwechselt werden können. Die 
Rhabditen entstehen in besonderen Bildungszellen (Stäbchendrüsen) im 
Parenchym. Bei einigen Arten (Convoluta schulxei und roscoffensis) finden 
sich an Stelle der Rhabditen Sagittocysten. Diese sind größer als die 
Rhabditen und stellen spindelförmige Gebilde dar. Sie sind mit einer 
Flüssigkeit erfüllt und von einer Membran umgeben. Im Innern liegt 
zentral eine starre Nadel, die durch die Membran ausgestoßen werden 
kann. Durch das Körperepithel münden auch zahlreiche Schleimdrüsen 
(s. S. 50) nach außen. Hautsinnesorgane sind bei verschiedenen 
Acölen festgestellt worden. So finden sich bei Amphiscolops einereus 
und Zangerhansi und bei Convoluta convoluta jederseits von der so- 
genannten Stirndrüse Deckzellen, die rhabditen- und kernfrei sind 
(d.h. eingesenkte Kerne haben). Wenngleich ihre Innervierung noch 
unbekannt ist, so darf man in ihnen doch wohl ein Homologon zu 
den Hautsinnesorganen der Trieladen und Rhabdocöliden vermuten. 
Auch bei Haplotaxis orbieularis wurden von ventralen Nervenplexus 
innervierte Hautsinneszellen festgestellt. Vielleicht sind auch die feinen 
Stiftehen, die sich bei Convoluta sordida in der Nähe der Mundöffnung 
und bei Amphiscolops einereus im Umkreis der männlichen Geschlechts- 
öffnung finden, als Hautsinnesorgane zu deuten. 

Die Körperbekleidung der Trematoden zeigt nur während 
des ersten Larvenzustandes ein Wimperkleid, wie es bei den Turbellarien 
konstant angetroffen wird. Bei den erwachsenen Tieren stellt sie eine 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 37 


kern- und wimperlose Membran dar, die als Outicula bezeichnet wird. 
Die Cuticula besteht aus einer ziemlich zähen Plasmamasse, deren Zell- 
struktur meist nicht mehr zu erkennen ist. Die Kerne sind in das Par- 
enchym verlagert und stehen durch Plasmastränge mit der Cuticula in 
Verbindung. Die Körperbekleidung der Trematoden |mit Ausnahme von 
Temnocephala !)] stellt also ein „eingesenktes Epithel“ dar, wie es bei 
manchen Turbellarien (S. 31) an gewissen Stellen des Pharyngealappa- 
rates und der Epidermis und bei der marinen Tricladenfamilie Bdel- 
louridae (8.31) als Gesamtkörperbekleidung vorkommt. Das eingesenkte 
Epithel der Trieladen weicht aber insofern ab, als es normalerweise 
ein dichtes Wimperkleid trägt und deutliche Zellgrenzen erkennen 
läßt, andererseits geht aber auch bei erwachsenen Turbellarien (z. B. 
Trieladen S. 31) das Wimperkleid auf der Rückenfläche des Körpers 
oft verloren. Die Cuticula sitzt direkt dem Hautmuskelschlauch 
auf. Ein Teil der Körperanhänge (S. 24) der Trematoden be- 
steht aus Hautgebilden. Manche Arten besitzen zum Teil Kerne 
führende Hautpapillen, über deren Struktur jedoch nichts Näheres 
bekannt ist. Da sie sich vornehmlich in den Saugnäpfen finden, 
liegt es nahe, in ihnen eher besondere Haftorgane als Sinnes- 
organe zu sehen. Durch die Cuticula münden zahlreiche oft sehr 
lange, im Parenchym liegende Drüsen nach außen, ebenso die Mün- 
dungen der Geschlechts- und Exkretionsapparate. Erstere stellen birn- 
förmige einzellige Drüsen dar, die im Bau den Parenchymdrüsen 
(S. 51) der Turbellarien entsprechen. Ferner kommen als Haut- 
gebilde bei den Trematoden, und zwar ganz vorwiegend bei den 
Digeneen, Stacheln und Schuppen, die meist in der Quincunx- 
stellung angeordnet sind, und Haken vor; sie dienen gemäß der para- 
sitischen Lebensweise der Anheftung. Die Cuticula der Digeneen zeigt 
im übrigen den gleichen Bau wie die der Monogenea, doch kommen 
bei ihnen als Hautanhänge auch noch als Tastorgane gedeutete 
Papillen, sowie bei einigen Arten (Gasterostomum, Rhopalophorus) 
auch retraktile Tentakel vor. 

Die Epidermis der Cestoden ist gleich der der Trematoden ein 
eingesenktes Epithel. Derselbe besteht aus einer unbewimperten 
kernlosen und fast homogenen Cuticula oder Grenzmembran und den 
mit ihr durch Plasmastränge in Verbindung stehenden, in das Par- 
enchym eingesenkten Epithelkernen. Die Cuticula ist meistens glatt, 
nur selten teilweise bestachelt oder speziell in den Saugorganen mit 
härchen- und schuppenförmigen Gebilden ausgestattet. Der plasma- 
tische Zusammenhang (Fig. 29, S. 51) der eingesenkten Kerne (auch 
Subeuticular- oder Matrixzellen genannt) mit der Cuticula ist der 
gleiche wie bei den Trematoden. 

Da bei den Turbellarien unter der Cuticula ein feines Häutchen, 
das die Außenwand des Körperepithels bekleidet, verstanden wird, ist 
die Bezeichnung Cuticula für die gesamte Körperbekleidung der Trema- 
toden und Cestoden ungeeignet. Es wäre daher besser die Körper- 
bekleidung der Trematoden und Cestoden als Epithel mit eingesenkten 
„Kernen“, oder kurz als „eingesenktes Epithel“ zu bezeichnen. Wir 


1) Diese Art bietet besonderes Interesse, da sie, als Ausnahme unter den Trema- 
toden, ein äußeres Körperepithel aufweist. Es besteht aus einem äußeren feinen, un- 
bewimperten Häutchen (Cuticula s. str.) und einer Protoplasmaschicht, die Kerne auf- 
weist; an diese schließen sich körpereinwärts Basalmembran, Hautmuskelschlauch und 
Drüsenzellen an. 


38 J. WiıLueraı, 


würden danach die Epithelverhältnisse der Plathelminthen in der 
folgenden Weise zu klassifizieren haben: 


1. Freilebende Turbellarien: a) meist mit regulärem (d. h. 
bewimpertem und kernführenden Körperepithel; seltener mit stellen- 
weise eingesenktem (aber bewimpertem) Körperepithel; b) im Pharynx 
mit vollkommenem Uebergang von regulärem zu eingesenktem (be- 
wimpertem) Körperepithel. 

2. Kommensalisch lebende Turbellarien (Bdellouriden) mit ein- 
gesenktem (bewimpertem) Körperepithel. 

3. Trematoden, in Entwicklung mit regulärem, bewimpertem 
Körperepithel; erwachsen mit eingesenktem (unbewimpertem) Körper- 
epithel. 

4. Cestoden mit eingesenktem (unbewimpertem) Körperepithel. 


3. Pigment. 
(Allgemeines, S. 2.) 


Unter den Turbellarien finden sich sowohl pigmentierte wie un- 
pigmentierte Arten. Die Färbung darf jedoch nicht als identisch mit 
Pigmentierung betrachtet werden, da durch die aufgenommene Nahrung 
auch bei den unpigmentierten Arten eine Färbung hervorgerufen und 
auch der Farbton der pigmentierten Arten beeinflußt werden kann 
(ef. S. 18, 20, 24). Pigment kommt sowohl im Körperepithel als 
auch im Parenchym, und zwar vorwiegend im letzteren, vor. Das 
Epithelialpigment kann von flüssiger und körniger Be- 
schaffenheit sein, während das Parenchympigment stets 
körnig ist. Notwendigerweise müßten hier die Pigmente im Zu- 
sammenhang mit den sie bergenden Körperschichten (Körperepithel 
und Parenchym) behandelt werden. 

Bei den Polycladen kommt sowohl gelöstes wie körniges 
Epithelialpigment (S. 18), sowie Parenchympigment (S. 44) vor. Bei 
den Tricladen hingegen ist bis jetzt nur Parenchympigment be- 
kannt geworden. Bei den Rhabdocöliden finden sich, wie bei den 
Polycladen, gelöste und körnige Epithelialpigmente (S. 35) und Par- 
enchympigmente (S. 48). Das gleiche ist bei den Acölen. 

Bei den Trematoden (Färbung, cf. S. 25) kommen echte Par- 
enchympigmente nur selten vor; sie finden sich z. B. bei einigen 
Distomeen-Arten. Auch bei den Öestoden finden sich Parenchym- 
pigmente vereinzelt, und zwar nur in der Halsregion. Die Pigment- 
farbe (Körperfärbung, cf. S. 29) ist bei ihnen häufig rot, seltener gelb 
oder grün. 


4. Die Basalmembran. 
(Allgemeines, S. 2.) 


Bei den meisten Turbellarien findet sich zwischen Körperepithel 
und Hautmuskelschlauch eine Membran, die als Basal- oder auch 
als Basilarmembran bezeichnet wird. Sie liegt dem Hautmuskel- 
schlauch dicht auf und dient zur Insertion zahlreicher Muskelfasern. 
Entsprechend ihrer elastischen Beschaffenheit hat sie zweifellos die 
Funktion eines Stützorgans. Dies geht schon daraus hervor, daß bei 
der Untersuchung lebender Turbellarien diejenigen Individuen, die in 
Abhängigkeit vom Alter oder als Arteigentümlichkeit eine kräftiger 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 39 


entwickelte Basalmembran haben, den Druck des Deckeläschens besser 
aushalten. Sie dürfte funktionell und auch morphologisch wohl dem 
Gallertgewebe der Cölenteraten entsprechen; weitere Stützorgane der 
Turbellarien bilden Hautmuskelschlauch und Körpermuskulatur, Par- 
enchym und Rhabditen. 

Die Basalmembran wird vielfach durchbohrt, und zwar von den 
Exkretionsporen, den Ausführungsgängen der Parenchymdrüsen und 
der parenchymatischen Rhabditenbildungszellen, von Nervenendigungen 
und den Plasmasträngen des eingesenkten Epithels. 

Bei den Polycladen ist das Vorhandensein der Basalmembran 
konstant. Sie ist sehr zäh und elastisch. Im Gegensatz zu der Basal- 
membran der Trieladen und Rhabdocöliden ist sie von gröberer 
Struktur und weist Zellen mit Kernen auf. 

Auch bei den Trieladen wird eine Basalmembran stets ange- 
troffen (cf. Fig. 20, S. 32), oft in ansehnlicher Stärke, die jedoch auch 
individuell wieder schwankt. Bald erscheint sie im Querschnitt struktur- 
los, bald fein granuliert oder ganz schwach gefasert. Bei einigen 
Meerestricladen wurde eine schmale äußere, tief dunkel tingierbare 
und eine breitere innere, hellere Schicht festgestellt. Eine ähnliche 
Differenzierung scheint bei den Landtricladen zu bestehen. Bei letzteren 
ist sie ventral schwächer als dorsal entwickelt und besonders schwach 
unter der Drüsenkante und Sinneskante. 

Unter den Rhabdocöliden wird die Basalmembran nur bei 
manchen Alloeocölen (Bothrioplaniden) vermißt. Strukturelle Ver- 
schiedenheiten und besonders Schwankungen in der Stärke weist die 
Basalmembran der Rhabdocöliden in gleicher Weise wie die der Poly- 
und Tricladen auf. 

Den Acölen fehlt die Basalmembran stets. 

Bei den Trematoden und Öestoden befindet sich die Basal- 
membran, die als Verdichtung des äußeren Parenchyms aufgefaßt 
wird, direkt unter der Cuticula. 


5. Muskulatur. 
(Allgemeines, S. 2.) 


Unter den Muskeln der Plathelminthen können wir im wesentlichen 
zwei Gruppen unterscheiden: die allgemeine Muskulatur des 
Körpers und die spezielle Muskulatur einzelner Organe. 
Die letztere, z. B. Darmmuscularis etc., wird hier stets im Zusammen- 
hang mit der Erörterung der einzelnen Organe besprochen werden. 
Bei der allgemeinen Körpermuskulatur läßt sich eine ziemlich strenge 
Scheidung zwischen Hautmuskulatur (Hautmuskelschlauch) und 
Körper- oder Parenchymmuskeln, die das Parenchym vorwiegend in 
dorsoventraler Richtung durchsetzen, einhalten. Allerdings sind am 
Aufbau der Haftorgane (Sauggruben oder -scheiben) oft beide Muskel- 
systeme beteiligt oder es handelt sich überhaupt mehr um eine Eigen- 
Be der Haftorgane (z. B. vielfach bei den Saugscheiben und 
Haken). 


Hautmuskelschlauch. 


Der allen Plathelminthen gemeinsame Hautmuskelschlauch 
schließt sich bei allen cölaten Turbellarien eng an die Basalmembran 
an, oder er liegt unter dem Körperepithel (Acoela, S. 36), bzw. 


40 J. WıLHeunı, 


unter der Cuticula (Trematoden und Üestoden, S. 37). Er dient 
einerseits gleich der Basalmembran, als Stützorgan andererseits und 
— wohl vorwiegend — als Bewegungsorgan, und zwar wohl bei der 
schwimmenden, gleitenden und spannenden Bewegungsweise speziell 
der Turbellarien (cf. Biologie). 

Bei den Polycladen ist der Hautmuskelschlauch kräftig ent- 
wickelt und besteht aus mehreren (fünf bis sechs) Schichten. Ventral sind 
stets vier Schichten (die Diagonalfaserschicht einfach gerechnet) vor- 
handen und zwar: 1) äußere Längsmuskelschicht, 2) Diagonalfaser- 
schicht (sich kreuzender Fasern), 3) (innere) Quer- oder Ringfaser- 
schicht, die zwischen der Diagonalfaserschicht liegt, 4) innere Längs- 
faserschicht; zu diesen Schichten kann noch eine direkt unter der 
Basalmembran liegende äußere Quer- oder Ringfaserschicht (z. B. bei 
den Leptoplaniden) hinzutreten. Der dorsale Teil des Hautmuskel- 
schlauches ist stets schwächer als der ventrale Teil (ef. Biologie) 
und führt meist nur drei Muskelschichten. Während ventral 
die Längsfaserschicht am kräftigsten entwickelt ist, fehlt sie dorsal 
überhaupt. 

Der Hautmuskelschlauch besteht bei den Trieladen im 
allgemeinen nur aus drei Schichten, nämlich Ring-, Diagonal- und 
Längsfaserschicht. Bei den Maricolen scheint die Diagonalfaserschicht 
zuweilen zu fehlen oder nur in bestimmten Körperregionen (z. B. 
Vorderende und Körperrand) entwickelt zu sein. Bei den Paludicolen 
kann jedoch noch eine vierte Schicht hinzutreten. Die äußerste Schicht 
ist die der Ringfasern. Bei den Paludi- und Maricolen besteht sie 
aus mehrschichtigen, feinen, schwach gewellten Fasern, während sich 
die Diagonalfaserschicht aus zwei einfachen, sich kreuzenden Lagen 
gestreckter Muskelfasern zusammensetzt. Die Schicht der Längsfasern 
besteht aus bündelbildenden kräftigen Längsmuskeln, die ventral be- 
sonders stark entwickelt sind. Die wellenförmige Kontraktion der 
ventralen Längsfaserbündel, die sich auch auf Längsschnitten färbe- 
risch darstellen läßt, dürfte den wesentlichen Faktor der Gleit- 
bewegung (cf. Biologie) darstellen. Bei den Terricolen besteht der 
Hautmuskelschlauch aus Ring-, Diagonal- und 
Längsmuskelschicht. Er entspricht also im Auf- 
bau dem der übrigen Trieladen, ist aber im 
allgemeinen bedeutend kräftiger entwickelt als 
bei diesen ; auch die Stärke der einzelnen Muskel- 
schichten ist im allgemeinen die entsprechende 
wie bei den übrigen Tricladen. Es können jedoch 


Fig. 24. Hautmuskulatur einer marinen Trielade. Frontal- 
schnitt durch die ventrale Fläche des Vorderendes von 
Cercyra hastata. Vergr. ca. 500. dm Diagonalmuskeln, 
Im Längsmuskeln, rm Ringmuskeln. Nach WILHELMI. 


auch (z. B. bei Rhynchodemus terrestris) alle drei Schichten aus nur je 
einer Lage von Fasern bestehen. Ventral ist der Hautmuskelschlauch 
kräftiger als dorsal und nimmt auch in der Kriechleiste (S. 20), meist 
unter Teilnahme dorsoventraler und transversaler Körpermuskeln, 
eine besondere Anordnung an. 

Bei den Alloeocölen und Rhabdocölen folgt der Haut- 
muskelschlauch, wie bei den Poly- und Trieladen dicht auf die 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 41 


Basalmembran unter dem Körperepithel. Er setzt sich aus zwei oder 
drei Schichten zusammen: Ring-, Diagonal- und Längsfaserschicht: 
die mittlere Schicht fehlt öfters. Im Gegensatze zu der ersteren 
mehrschichtigen Ringmuskellage bestehen die beiden letzteren nur 
aus je einer einfachen Lage von Muskelfasern. Die öfters auch 
ganz fehlenden diagonalen Muskelfasern (s. 0.) liegen meist weit aus- 
einander. Gleich wie bei den Poly- und Tricladen sind die Längs- 
muskelfasern meist am kräftigsten entwickelt. 


Die Strukturverhältnisse des Hautmuskelschlauches der Rhabdoecöliden 
sind nicht nur bei den einzelnen Arten recht wechselnd, sondern auch 
individuell variabel; sie stehen im übrigen auch für eine Anzahl Rhabdo- 
cölidenarten nicht mit genügender Sicherheit fest. 


Bei den Acölen liegt der Hautmuskelschlauch direkt dem 
Körperepithel an. Er besteht bei ihnen gleichfalls meist aus drei 
Muskelschichten. Bei einigen Arten (z. B. Convoluta henseni und 
Haplodiscus) wird die Diagonalfaserschicht vermißt. An die außen 
liegende Ring- oder Quermuskelschicht schließt sich eine Diagonal- 
faserschicht an, und an diese, zu innerst, eine Schicht von Längs- 
muskelfasern; letztere sind stets am kräftigsten von allen Muskeln 
der drei Schichten entwickelt. Im allgemeinen ist auch, wie bei den 
übrigen Turbellarien, der Hautmuskelschlauch ventral am kräftigsten 
entwickelt. 

Der Hautmuskelschlauch der Trematoden entspricht 
durchaus demjenigen der Turbellarien. Er setzt sich im allgemeinen 
aus drei Schichten zusammen. Die äußere Schicht besteht aus Ring- 
muskelfasern (auch Quermuskelschicht genannt), die mittlere aus 
kräftigen Längsmuskelfasern und die innere aus Diagonalfasern. Die 
Lage der einzelnen Schichten ist jedoch nicht konstant. Ebenso ist 
die Stärke der Schichten wechselnd. Auch die Zahl der Schichten 
ist bei manchen Arten eine größere. Wie bei den Turbellarien ist 
der Hautmuskelschlauch auf der Bauchseite meist kräftiger entwickelt. 

Auch der Hautmuskelschlauch der Cestoden zeigt im 
Prinzip den gleichen Bau wie bei den übrigen Plathelminthen, besteht 
jedoch im allgemeinen nur aus zwei Schichten, von denen die äußere 
aus Längsfasern, die innere aus Ring- oder Quermuskeln besteht. 
In Zusammenhang mit dem Hautmuskelschlauch steht auch die Mus- 
kulatur der Saugorgane und Haken. 


Körpermuskulatur. 


Die Körpermuskulatur besteht aus den das Parenchym durch- 
setzenden Muskeln (daher auch Parenchymmuskeln genannt). 

Bei den Polycladen bestehen diese vorwiegend aus dorso- 
ventralen Muskelfasern, die auch schräg verlaufen können. Zuweilen 
sind die Muskelfasern bündelförmig vereint. Zwischen den Darm- 
zipfeln können sie auch eine septenartige Anordnung aufweisen. Auch 
longitudinale Körpermuskeln dürften den Polycladen nicht gänzlich 
fehlen. Die Muskelinsertion ist die gleiche wie bei den Trieladen 
(ef. Histologie S. 43). 

Bei den Trieladen wird das Parenchym von zahlreichen Muskel- 
fasern von der Rücken- nach der ventralen Fläche durchsetzt. Häufig 
finden sich auch schräg verlaufende Fasern, besonders in den Rand- 
bezirken des Körpers. Ferner kommen horizontal in der Richtung 


42 J. Wırneunı, 


von vorn nach hinten verlaufende Muskelfasern vereinzelt vor. Zu 
erwähnen sind hier auch besondere Muskelfaseranhäufungen am Vorder- 
ende, zumal wenn hier eine besondere, zum Teil der Bewegung, zum 
Teil dem Beutefang dienende Sauggrube vorhanden ist (z. B. bei 
Bdellocephala, Dendrocoelum, Planaria alpina u. a.). 

Die dorsalen Muskelfasern treten besonders zahlreich zwischen 
den sekundären Darmzipfeln hindurch. Je weniger die sekundären 
Vorderäste verzweigt sind und je genauer segmental sie angeordnet 
sind, um so mehr kommt es zu einer segmentalen Muskelseptenbildung 
(z. B. bei Proe. lobata |@. segm.|) und einigen anderen maricolen 
Trieladen). Bei den Terricolen ist die Körpermuskulatur insofern 
noch mannigfaltiger, als zu den dorso- 
ventralen Fasern noch zahlreiche trans- 
versale und longitudinale hinzukommen. 

Unter den Körpermuskeln 
lassen sich bei den Alloeo- und 
Rhabdocölen dorsoventrale, tan- 
gentiale und horizontale Fasern unter- 
scheiden. Die horizontalen Körper- 
muskeln dienen als Antagonisten des 
Hautmuskelschlauches, zur Verkürzung 
des Körpers in der Länge, die ven- 
tralen zur Abflachung des Körpers 
und die tangentialen zur Hervorrufung 
einer besonderen (z. B. kantigen) Kör- 


Fig. 25. Die Körpermuskeln einer 


Trieclade. Hälfte eines Querschnittes, 
schematisch dargestellt. D Darmast, 
dvm dorso-ventrale Muskelfasern, otm 


schräg transversal verlaufende Muskel- 
fasern, ph Pharynx, ie Hoden. Die 
sehr spärlichen longitudinalen Muskel- 
fasern kommen hier nieht zur An- 


perform. Je nach der Gestalt der 
einzelnen Arten kann eine oder die 
andere Faserart überwiegen oder auch 
fehlen. Dorsoventrale und tangentiale 


schauung. Nach BÖHMIG. Fasern können, namentlich am Hinter- 


ende, ineinander übergehen. Bei der 
parasitischen Rhabdocöle Fecampia werden Körpermuskeln gänz- 
lich vermißt. Im übrigen ist zu bemerken, daß auch die Körper- 
muskeln wie die Hautmuskulatur bei den Rhabdocöliden nur für 
einzelne Arten ausreichend bekannt sind. 

Die Körpermuskeln der Acölen durchsetzen das Parenchym in 
allen Richtungen, doch finden sich, wie auch bei den übrigen Tur- 
bellarien, vorwiegend dorsoventrale Körpermuskeln, die manchmal 
bündelweise auftreten. Am wenigsten Körpermuskeln finden sich in 
der zentralen Körperregion, dem sogenannten „verdauenden Par- 
enchym“, das dem Darm der Rhabdocölen entspricht. Im vorderen 
Körperteil durchdringen die dorsoventralen Körpermuskeln das Gehirn 
und befestigen so die Lage desselben und der darüberliegenden Stato- 
eyste. (Pseudo-Darmmuscularis cf. S. 53.) 

Ganz ähnlich wie bei den Turbellarien ist die Anordnung der nur 
spärlichen Körpermuskeln bei den Trematoden und Ües- 
toden. Bei den Trematoden, die vorwiegend im vorderen Körperteil 
Körpermuskeln aufweisen, kann eine septenartige Zusammenlagerung 
von Körpermuskeln wie bei den Turbellarien mit verästeltem Darm 
auftreten, während bei den darmlosen Cestoden zu einer solchen An- 
ordnung der Körpermuskeln eine Möglichkeit fehlt. Die Körper- 
muskeln der Öestoden bestehen im wesentlichen aus Dorsoventral- und 
Transversalmuskeln. 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. . 43 


Histologie der Muskelfasern. 


Die Muskeln der Polycladen bestehen aus dünnen, glänzenden und 
lichtbrechenden Fasern. Für die Dorsoventralmuskeln ist eine feine Ver- 
ästelung an beiden Enden festgestellt worden. Ueber die Zugehörigkeit 
von Kernen zu Muskelfasern ist nichts Sicheres ermittelt worden, doch 
dürfte das gleiche wie für andere Plathelminthen (s. u.) gelten. Das- 
selbe gilt auch von der Struktur ihrer Muskelfasern (s. u. Tricladen), 

Ueber die Struktur der Tricladen-Muskeln sind die Ansichten 
der Autoren noch immer geteilt, da bezüglich der Homogenität der 
ganzen Muskeln oder Zusammensetzung aus Rinden- und Markschicht 
und der Stärkenverhältnisse dieser 
beiden Schichten die verschiedensten 
Untersuchungsresultate vorliegen. 
Viel Wahrscheinlichkeit hat die 
Deutung, daß die Fasern (fixiert) 
im Ruhezustand homogen erscheinen 
und bei Streckung bzw. Kontraktion 
eine mehr oder weniger starke 
Rindenschicht (hell) bzw. Mark- 
schicht (dunkel) aufweisen. DBe- 
sonders bei den der Lokomotion 
dienenden ventralen Längsmuskel- 
bündeln des Hautmuskelschlauches 
lassen sich wellenförmig angeordnete 
Kontraktionen färberisch deutlich 
darstellen (Fig. 26). Bei den dorso- Jamäida. Frontalschnitt durch die Bauch. 
ventralen Muskelfasern ist oft eine fläche. Vergr.ca.500. 1 Längsmuskelbündel, 
Verästelung an ihren Enden nach- 2 Muskelkontraktionen. Nach WILHELMI. 
weisbar. Die Insertion geschieht 
an der zum Teil zottigen Innenfläche der Basalmembran. Alle Muskel- 
fasern sind selbst kernfrei, doch steht mit ihnen oft ein kernhaltiges 
protoplasmatisches Gebilde in Verbindung, das als Myoblast aufgefaßt wird. 

Bei den Alloeo- und Rhabdocölen zeigen die Fasern des Haut- 
muskelschlauches einen drehrunden bis abgeplatteten Querschnitt und 
endigen verjüngt oder verästelt. Ob ihnen gelegentlich angelagerte Kerne 
als Muskelkerne zu deuten sind, ist fraglich. Im allgemeinen gilt für 
die Fasern des Hautmuskelschlauches, daß sie aus einer homogenen kon- 
traktilen Substanz bestehen, doch wurde für einige Arten (z. B. Dalyellia 
viridis und Mesosioma ehrenbergi) eine doppelte Konturierung (s. o.), näm- 
lich eine stärkere lichtbrechende Rindenschicht und eine körnige Mark- 
schicht festgestellt. Die das Parenchym durchsetzenden Körpermuskeln 
sind langgestreckt und von glänzendem homogenen Aussehen. An ihren 
Enden teilen sie sich dichotomisch oder mehrfach und heften sich mit 
ihren Ausläufern an die Basalmembran an. Den Fasern anliegend wurden 
in Plasma gehüllte Kerne (Myoblasten) beobachtet, doch steht nicht fest, 
ob jede Faser einen eigenen Myoblasten besitzt oder ob mehrere Fasern 
einen gemeinsamen Myoblasten haben. 

Bei den Acölen ist die Struktur der Fasern des Hautmuskel- 
schlauches nicht näher bekannt. Sie dürfte jedoch nicht wesentlich von 
derjenigen der übrigen Turbellarien abweichen. Die Körpermuskeln 
fasern sich an ihren Enden büschelartig. Sie sind stark lichtbrechend, 
doppelt konturiert (s. 0.) und weisen angelagerte spindelförmige Kerne auf. 


Fig. 26. Die Längsmuskelbündel der 


44 J. WirLHeunı, 


Ganz ähnlich wie bei den Turbellarien ist die Muskelfaserstruktur 
auch bei den Trematoden und Öestoden. Bei den Körpermuskeln 
tritt jedoch an den Enden eine Verzweigung deutlicher zutage (Fig. 29, 
S. 51). Myoblasten sind den Fasern entweder als buckelförmige Gebilde 
angelagert oder stehen als freie multipolare Zellen durch ihre Ausläufer 
mit den Fasern in Verbindung. 


6. Parenchym und Körperdrüsen. 
(Allgemeines S. 2). 


Bei den Polycladen ist der Raum zwischen den Organen von 
einem dichten Parenchym, das nirgends größere Lücken aufweist, 
durchsetzt. Dasselbe besteht aus verästelten kernführenden Zellen, 
die denen der Tricladen (s. u.) gleichen. Das Maschenwerk der 
Parenchymzellen wird von Körpermuskeln (S. 41) durchsetzt und 
umgibt den Darm, Kopulationsapparat, Nervensystem und Exkretions- 
apparat. An Parenchymeinlagerungen in engerem Sinne 
sind zu nennen: Parenchympigment, Körperdrüsen, bläschenförmige 
Gebilde unbekannter Natur und gelegentlich freies Sperma bei 
einigen Arten. Das Pigment des Parenchyms ist im Gegensatz zu 
dem des Epithels (S. 30) stets körnig. Die Pigmentkörnchen sind 
meist dunkel gefärbt, kugelig und speziell im peripheren Parenchym, 
zum Teil auch im Hautmuskelschlauch der Rückenseite verteilt; 
ventral können sie ganz fehlen. Körperdrüsen finden sich zahl- 
reich im ganzen Parenchym verteilt, meist besonders reichlich an der 
Bauchfläche. Ihr kernführender Abschnitt liegt innerhalb des Haut- 
muskelschlauches. Der Ausführungsgang teilt sich öfters in mehrere 
feine Aestchen, die an der Körperoberfläche ausmünden. Ueber eine 
Unterscheidung in erythrophile und cyanophile Körperdrüsen ist nichts 
Sicheres bekannt, ebenso nicht, wie weit diese Drüsen (zum wenigsten 
bei acotylen Polycladen) als Kantendrüsen aufzufassen sind (mutmaß- 
liche Haftzellen cf. $S. 30). Größere unverästelte Zellen im Par- 
enchym der Polycladen dürften als Drüsenanlagen oder ruhende Drüsen- 
zellen, kleinere namentlich bei jungen Tieren als Hodenanlagen (Ur- 
zellen) aufzufassen sein. Rhabditenbildungszellen (S. 30) finden sich 
bei den Polycladen im Gegensatz zu den Trieladen und manchen 
Rhabdocöliden nicht im Parenchym vor. 

Die drei Trieladengruppen weisen bezüglich Parenchym und 
Körperdrüsen im wesentlichen die gleichen Verhältnisse auf. Das 
Parenchym besteht hier aus unregelmäßig verästelten Zellen, deren 
Ausläufer miteinander kommunizieren. In den Zwischenräumen fluk- 
tuiert die „Perivisceralflüssigkeit“. Die Form der Parenchym- 
zellen ist eine sehr variable, zumal da, speziell bei Regenerations- 
vorgängen, Reduktionserscheinungen von der Form der embryonalen 
syncytischen Mesodermzellen auftreten können. Außerdem sind unter 
den Parenchymzellen stets größere, meist mehr rundliche oder ovale 
Zellen beobachtet und zum Teil als „Stamm-, Wander-, Bildungs-, 
freie Bindegewebszellen, Leukocyten“ etc. beschrieben worden. Bei 
den kleineren dieser Zellen dürfte es sich um Parenchymzellen, die 
zum Zustand der primitiven embryonalen Mesodermzellen zurück- 
gebildet sind, bei den größeren zumeist um entstehende, ruhende oder 
reduzierte Drüsenzellen handeln. 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 45 


Das Parenchympigment der Tricladen scheint nicht an bestimmte 
Zellen gebunden zu sein. Es besteht aus ocker- bis schwarzbraunen 
Körnchen. Bei den Maricolen ist das Pigment im allgemeinen 
schwächer als bei den Paludicolen und macht den Eindruck der Zwei- 
schichtigkeit. Dieser Eindruck wird dadurch hervorgerufen, daß die 
äußeren zwischen den Längsmuskeln liegenden Pigmentkörnchen ihrer 
Lage entsprechend in Längsstreifen angeordnet sind. Das tiefer 
liegende Pigment des Parenchyms hingegen ist regellos zerstreut, 
kann aber auch eine flecken- oder netzförmige Anordnung aufweisen, 
zumal wenn die Hoden bis dicht an den Hautmuskelschlauch heran- 
treten (Fig. 27 und 28). Junge und unterernährte Individuen sind im 
allgemeinen pigmentärmer (Färbung, auch unpigmentierter Arten, cf. 

20). Auch auf der Bauchfläche, 
an den Tentakeln und den Körper- 
rändern und -enden, ferner über 
dem Pharynx, Kopulationsapparat, 
Hoden und Ovarien ist die Pigmen- 
tierung meist geringer. Besondere 
Pigmentanhäufungen kommen z. B. 
als dunkle Stirnbänder vor den 
Augen bei Cercyra (Fig. 27) vor. 
Bei der gleichen Art finden sich 
auch fleckenförmige Anhäufungen 
eines weißen Pigmentes auf der 
Rückenfläche. 


Fig. 27. Fig. 28. 


Fig. 27. Pigmentanordnung bei den marinen Tricladen (Cercyra). Nach einem 
ungefärbten Totalpräparat. Vergr. ca. 30. Nach WILHELMI. 

Fig. 28. Die beiden Pigmentschichten der Maricolen (Cercyra, Rückenfläche). 
Nach einem Quetschpräparate des lebenden Tieres. Nach WILHELMI. 


Die Paludicolen sind meist stärker und im allgemeinen ohne 
besondere Nuancierungen pigmentiert, doch können auch bei ein und 
derselben Art, z. B. bei Planaria lugubris, Abarten mit netzförmigem 
Pigment hellgefleckt erscheinen. Eine Differenzierung des Pigmentes 
in die beiden Schichten der Maricolen tritt bei ihnen nicht zutage. 
Im übrigen gilt das gleiche wie das für das Pigment der Maricolen 
Gesagte (Färbung unpigmentierter Arten cf. S. 20). 

Bei den Terricolen findet sich in gleicher Weise wie bei den 
übrigen Trieladen lediglich parenchymatisches Pigment, in dem die 


46 J. Wırneunı, 


Pigmentkörnchen an die verästelten peripheren Parenchymzellen ge- 
bunden sind oder in dem Netzwerk derselben liegen. Die Anordnung 
des Pigmentes ist eine bedeutend mannigfaltigere als bei Mari- und 
Paludicolen. 


Unter den Körperdrüsen der Tricladen, deren kernführen- 
der Teil stets im Parenchym liegt, unterscheiden wir: 


A. Erythrophile Körperdrüsen, a) Kantendrüsen, b) ery- 
throphile Dorsal- und Ventraldrüsen, c) parenchymatische Rhab- 
ditenbildungszellen, d) Drüsen des Penis und der Vagina!), 
e) Schalendrüsen !), f) erythrophile Pharyngealdrüsen !). 

B. Cyanophile Körperdrüsen, a) cyanophile Dorsal- und 
Ventraldrüsen, eyanophile Pharynxdrüsen !). 


. Von den Drüsenzellen nehmen den größten Teil die sogenannten 
Kantendrüsen (zuweilen auch Rand- oder Klebzellendrüsen ge- 
nannt), die stets erythrophil sind, ein. Sie liegen im Parenchym nahe 
dem Körperende. Der kernführende, das erythrophile Sekret sezer- 
nierende Teil der Drüse ist birnförmig oder kugelig und entsendet 
einen sich verjüngenden Ausführungsgang nach dem Körperende. Bei 
den marinen Tricladen tritt dann das Sekret durch feine, die Haft- 
zellen durchsetzende und durch die Haftpapillen ausmündende Kanäl- 
chen aus. Bei den paludicolen Tricladen, die keine Haftpapillen besitzen, 
scheint die Ausmündung durch die die Haftzelle einfach durchbohrenden 
Ausführungsgänge zu erfolgen (über Funktion der Kantendrüsen cf. 
Biologie). Die Kantendrüsen der Terricolen entsprechen morpho- 
und physiologisch denjenigen der übrigen Tricladen. Sie münden 
durch die Drüsenkante nach außen; papillentragende Haftzellen 
scheinen ihnen zu fehlen. Die histologische Struktur der Kanten- 
drüsenmündungen ist bei ihnen wie bei den Paludicolen noch unzu- 
reichend bekannt. 


Die erythrophilen Dorsal- und Ventraldrüsen der Tricladen 
sind gestaltlich den Kantendrüsen sehr ähnlich, meist aber viel weniger 
zahlreich. Sie liegen im Parenchym, durchsetzen den Hautmuskel- 
schlauch und münden durch feine Kanäle, die das dorsale oder ven- 
trale Epithel durchbohren, nach außen. Eine direkte Kommunikation 
dieser Drüsen mit den Kantendrüsen, wie sie z. B. für die Bdellou- 
riden festgestellt wurde, beweist die funktionelle Gleichwertigkeit 
beider Drüsenarten. Bei rhabditenfreien Tricladen, z. B. verschiedenen 
Bdellouriden (s. u.), sind die erythrophilen Dorsal- und Ventraldrüsen 
häufiger als gewöhnlich. 

Die Rhabditenbildungszellen finden sich bei den Tricladen 
massenhaft im Parenchym unter dem Hautmuskelschlauch. Sie sind 
ausgesprochen erythrophil, nach Form und Bau den vorigen sehr 
ähnlich. Ausführungskanäle sind nicht immer nachweisbar. Diese 
Drüsen führen oft neben den Rhabditen auch Sekret, das noch keine 
bestimmte Form angenommen hat. Sie scheinen nur eine höhere 
Differenzierung der beiden vorher genannten Drüsenarten darzustellen. 
Die Ueberführung der Rhabditen in das Körperepithel erfolgt durch 
feine Kanäle, die jedoch öfters nicht nachweisbar sind. Es darf 
auch angenommen werden, daß die Rhabditen nach Auflösung ihrer 


1) Cf. die Erörterung der zugehörigen Organe. 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 47 


parenchymatischen Bildungszellen einzeln oder in Paketen in das Epithel 
wandern können. 

Die Rhabditen stellen in erster Linie Stützorgane der Haut dar. 
Sie treten auf Druck aus dem Epithel heraus und zerfallen auf weiteren 
Druck zu einem, dem Sekret der-obengenannten beiden Drüsenarten 
gleichwertigen, glättenden, schwach schleimigen Sekret. Bei Tricladen 
mit eingesenktem rhabditenfreien Epithel (z. B. bei den meisten Bdel- 
louriden) fehlen auch die Rhabditenbildungszellen und werden durch die 
zahlreichen erythrophilen Dorsal- und Ventraldrüsen ersetzt. Alle drei bis- 
her beschriebenen Drüsenarten sind aber funktionell gleichvyertig, vikari- 
ieren auch zum Teil füreinander. Bezeichnend ist auch der Umstand, 
daß unter den eigentlich rhabditenfreien Bdellouriden eine Art, Dd. 
propingua, noch ganz kleine Rhabditen produziert. Für einige Tri- 
claden (ausschließlich der Terricolen) ist auch eine Entstehung der 
Rhabditen im Körperepithel selbst angegeben worden, doch handelt 
es sich hier wahrscheinlich nur um Reservepakete von Rhabditen. 
Es ist wenigstens unwahrscheinlich, daß die einfache Deckzelle Rhab- 
diten produziert, zu deren Bildung im Parenchym besondere drüsige 
Zellen notwendig sind. 


Penis-, Vaginal- und Schalendrüsen sind stets erythrophil 
und schließen sich nach Bau und Funktion den übrigen erythrophilen 
Drüsen an, indem sie ein schlüpfriges Sekret ausscheiden; bei ersteren 
Drüsen dient das Sekret zum Schlüpfrigmachen der Kopulationsorgane 
(cf. Kopulationsorgane), während das Sekret der letzteren zur Bildung 
der anfangs schleimig-weichen und erst später erstarrenden Cocon- 
schale beiträgt (cf. Entwickelung, Coconbildung). 


Vielleicht spielt bei der Erstarrung erythrophilen Sekrets die Ab- 
wesenheit cyanophilen Sekrets eine Rolle. Auf diese Annahme weisen 
verschiedene Umstände hin, wie die folgende Darlegung der cyanophilen 
Drüsen zeigen wird. 


Cyanophile Drüsen finden sich bei den Tricladen stets viel 
weniger zahlreich als erythrophile Drüsen im Parenchym. Ventral 
sind sie häufiger, besonders bei den Terricolen. Unter ihnen können 
wir cyanophile Körperdrüsen und cyanophile Pharynx- 
drüsen unterscheiden. Dem Bau nach gleichen sie den erythro- 
philen Drüsen, sind aber meist schwächer. Erstere finden wir stets 
am zahlreichsten oberhalb des Gehirns, von wo die meisten Aus- 
führungsgänge ventralwärts verlaufen, um hinter dem breiten vorderen 
Teil des Haftzellenringes auszumünden. Im übrigen finden sie sich 
meist ganz vereinzelt im Parenchym; nur zwischen den Haftzellen 
des Haftzellenringes findet man sie, speziell in der hinteren Körper- 
region, wieder häufiger. Sie haben offenbar den Zweck, durch ihr 
Sekret die Körperbewimperung geschmeidig zu machen und gegen die 
seitens des erythrophilen Sekretes drohende Verschleimung zu schützen. 
Hierfür sprechen 1) ihre Lageverhältnisse zu den Kantendrüsenmün- 
dungen (s. o.), 2) das fast immer cyanophile Verhalten der Körper- 
und Pharynxbewimperung, 3) ihre Ausmündungsweise im Pharynx 
(s. u.) und 4) die Feststellung, daß die schleimige, nichterhärtende 
Hülle, in die sich manche Trieladen für längere Zeit encystieren 
können, aus erythrophilem Sekret (bzw. Rhabditen) mit beigemischtem 
eyanophilen Sekret besteht. 


48 J. WILHELM, 


Die genannten Umstände lassen auf die das erythrophile Sekret 
neutralisierende Wirkung des cyanophilen Sekrets schließen, und die 
letzte Feststellung auch darauf, daß Erstarrung erythrophilen Sekrets nur 
bei Abwesenheit cyanophilen Sekrets vor sich geht (z. B. Rhabditen, 
Coconkapseln). 


Auch für den Pharynx gilt die gleiche Funktion der cyanophilen 
Drüsen. Hier sind sie in großen Mengen vorhanden. Die sezer- 
nierenden Teile derselben liegen alle außerhalb des Pharynx, und 
zwar an dessen Wurzel. Die langen Ausführungsgänge durchziehen 
dichtgedrängt den Pharynx und münden zum weitaus größten Teil - 
an dessen Oberfläche, nur ganz spärlich in das innere Lumen des 
Pharynx. Würden sie, wie bisher angenommen, Speicheldrüsen dar- 
stellen, so wäre die Ausmündungsweise unverständlich. Auch hier 
verhält sich die feine Bewimperung der Pharynxoberfläche stets cyano- 
phil, welcher Umstand wieder dafür spricht, daß auch diese Be- 
wimperung gegen die bei der Hervorstreckung des Pharynx mögliche 
Verschleimung durch erythrophiles Sekret mittels des cyanophilen 
Sekretes geschützt wird. 


Diese Annahmen gelten in der Hauptsache für die Maricolen, 
doch widerspricht auch die Anordnung der cyanophilen Körperdrüsen 
bei den Paludi- und Terricolen denselben nicht. Gerade bei den 
Terricolen erscheint der Reichtum der Kriechsohle an cyanophilen 
Drüsen auffällig. 


Der Bau des Parenchyms, auch Mesenchym genannt, der 
Alloeocölen und Rhabdocölen weicht in mancher Hinsicht von 
dem der Poly- und Tricladen ab und weist auch bei den einzelnen 
Gattungen und Arten mannigfache Verschiedenheiten auf. Es muß 
von vornherein darauf hingewiesen werden, daß die Parenchymver- 
hältnisse der Rhabdocöliden nicht ausreichend bekannt sind, ebenso, 
daß widersprechende Befunde und Deutungen bestehen, die wohl zum 
Teil auf die verschiedene Art der Untersuchungsmethoden zurück- 
zuführen sind. Wir unterscheiden im Parenchym 1) Bindegewebe 
(Parenchym im engeren Sinne) und die in den Maschen fluk- 
tuierende periviscerale Flüssigkeit, 2) Parenchympigmente und 
3) andere Einschlüsse des Parenchyms (Drüsen etc.). 

Dem Parenchym der Polycladen und Tricladen am nächsten steht 
das aus verästelten Zellen bestehende Parenchym, dessen Maschen 
mit perivisceraler Flüssigkeit angefüllt sind (über die sogenannten 
freien Bindegewebs-, Stammes- oder Bildungszellen cf. ungeschlecht- 
liche Fortpflanzung und Regeneration). Diese Parenchymart, die wir 
z. B. bei Macrostomiden, Typhloplaniden, Prorhynchiden und Ops- 
stomum finden, kann weitere Differenzierungen oder Reduzierungen 
erfahren. So kann es zur Bildung eines stärkeren Fasergerüstes oder 
-netzes durch die Zellausläufer kommen, während die „freien Binde- 
gewebszellen“ Endothelien bilden können (Microstomum, Stenostomum, 
Kalyptorhynchia, Dalyellia und Phaenocora). Das periphere Parenchym 
kann kleinwabig, das Binnenparenchym großwabig sein (z. B. bei 
Anoplodium) oder das ganze Parenchym kann blasig, aus Zellgerüst 
(Spongioplasma) und Saftplasma (Hyaloplasma) bestehen, z. B. bei 
Alloeocoela holocoela, Anoplodium, Collastoma, Syndesmis und einigen 
Graffilla-Arten). Als Rückbildung ist die geringe Verästelung der 
Parenchymzellen aufzufassen, ferner wenn das Parenchym mehr aus 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 49 


amöboiden Zellen und endothelartigen Komplexen mit großen Lücken- 
räumen besteht. Die größte Reduktion finden wir bei der parasitischen 
Fecampia, deren Parenchym bloß durch einzelne Zellen repräsentiert 
wird, zwischen denen mangels größerer Lückenräume eine periviscerale 
Flüssigkeit fehlt. 

Das Parenchympigment kann in körniger Form an die 
äußeren Parenchymzellen selbst oder an besondere Pigmentzellen 
gebunden oder in gelöster Form in der Perivisceralflüssigkeit vor- 
kommen. In letzterer Form findet es sich speziell bei den Arten 
mit spärlichen Parenchymzellen (z. B. bei den Typhloplanidae, Byrso- 
phlebidae und Kalyptorhynchia). Bei den Alloeocölen ist das körnige 
Pigment stets in dem Netzwerk der Parenchymzellen enthalten, bei 
den übrigen Rhabdocöliden findet es sich in den gesamten Parenchym- 
zellen. Möglicherweise sind die Pigmentkörnchen zum Teil als feste 
Exkretionsprodukte aufzufassen. Besondere, von den Parenchym- 
zellen in der Gestalt abweichende Zellen sind nur bei Urastoma 
cyprinae in Form rundlicher oder ovaler Zellen beobachtet worden; 
sie enthalten eine schwefelgelbe Flüssigkeit mit feinen suspendierten 
Körnchen. 

Unter Mesenchymeinschlüssen sind, abgesehen von 
Pigment, gewisse Konkremente, die vielleicht mit der Exkretion 
in Zusammenhang stehen, zu erwähnen; ferner Rhabditenbildungs- 
zellen und andere Drüsen. Die Rhabditen entstehen sowohl im 
Körperepithel als im Parenchym. An Drüsen, die mit dem kern- 
führenden Teil im Parenchym liegen, sind alle Alloeocölen und 
unter den Rhabdocölen die Familien der Prorhynchidae, Typhlo- 
planidae, Astrotorhynchidae und Fecampiidae sehr reich. Da die 
Kenntnis der chemischen Zusammensetzung der Drüsensekrete zur- 
zeit unzureichend ist, kann an Stelle einer physiologischen Klassi- 
fizierung der Drüsen einstweilen nur eine topographische Einteilung 
treten. Durch die Haut münden aus: 1) Drüsen der Haftzellen (Kleb- 
zellen), 2) Pigmentdrüsen, 3) Hyaloiddrüsen, 4) Kopfdrüsen, 5) Haut- 
drüsen in engerem Sinne (Schleimdrüsen) und 6) Schwanzdrüsen. Die 
sogenannten Klebdrüsen liegen bei Macrostomum tuba und Miecro- 
stomum lineare im Parenchym. Es steht jedoch für die Kleb- oder 
Haftzellen der Rhabdocöliden nicht fest, ob sie spezifisch dem Epithel 
angehörende Zellen sind oder ob sie lediglich Ausmündungen gewisser 
Parenchymzellen darstellen (cf. Maricola S. 32). Bei einzelnen Arten 
sind besondere Ausmündungen parenchymatischer Pigmentzellen in 
das Körperepithel vorhanden. (Parenchymatische Bildungszellen von 
Rhabditen und verwandte Hyaloiddrüsen cf. Epithel S. 35.) Die 
Kopfdrüsen erfüllen neben den Hyaloiddrüsen und Hautdrüsen (in 
engerem Sinne) den Vorderkörper der Rhabdocöliden. Bei den Rhabdo- 
cölen sind sie von dreieckiger bis birnförmiger Gestalt und verlaufen 
oft in Bündelform vom .Gehirn aus oder das Gehirn durchbohrend 
nach vorn. Ihr Sekret besteht aus lichtbrechenden Körnchen, die, 
sobald sie mit dem Wasser in Berührung kommen, sich sofort lösen. 
Besondere „Munddrüsen“, die für einige Arten angegeben worden 
sind, dürften zu den Kopfdrüsen zu rechnen sein. Während für die 
freilebenden Rhabdocölen die Funktion der Stirndrüsen noch nicht 
festgestellt ist, dienen sie bei den parasitischen Arten, z. B. mehreren 
Provortex-, Paravortex-, Graffilla- und Urastoma-Arten offenbar zur 
Anheftung an den Wirt. Auch bei den Alloeocölen liegen die Kopf- 


Arnold Lang, Handb. d. Morphologie. III. 4 


50 J. WiLHeLnMı, 


drüsenverhältnisse ganz ähnlich wie bei den Rhabdocölen, nur weichen 
sie hier hinsichtlich Form und Größe und auch färberisch etwas ab. Die 
sogenannten Schleimdrüsen (das sind Hautdrüsen in engerem Sinne) 
sind bei den Rhabdocöliden von kugeliger bis birnförmiger Gestalt 
und stets eyanophil. Sie sind über den ganzen Körper verteilt und 
münden durch feine Kanäle nach außen. Während sie bei Rhabdo- 
cölen öfters vermißt werden, fehlen sie bei Alloeocölen nie. Ueber 
die Schwanzdrüsen, die mit langen Ausführungsgängen am Hinter- 
ende münden, ist nichts Näheres bekannt. Wahrscheinlich sind sie 
lediglich erythrophile Drüsen, die durch Haft- (oder Kleb-)zellen oder 
frei am Hinterende münden. 

Bei den Acölen bietet das Parenchym ein besonderes Interesse, 
da es den bei ihnen fehlenden Darm funktionell ersetzt. Es besteht 
aus einem Syneytium (Plasmodium) mehr oder weniger scharf um- 
schriebener Zellen mit Kern und verästeltem Plasma und wird 
von den Körpermuskeln, namentlich in seinem peripheren Teil, 
reichlich durchsetzt. Unter den zelligen Elementen desselben werden 
Zellen mit großem Kern und körnigem, amöboid verästeltem Plasma 
(sogenannten Freßzellen) und kleinere plasmaarme Zellen von bleiben- 
der Gestalt (sogenannte freie Bindegewebszellen) unterschieden. Die 
Gesamtstruktur des Parenchyms ist bei den Acölen für die einzelnen 
Arten mannigfaltiger als bei den übrigen Turbellariengruppen. Die 
einfachste Form, ein mehr homogenes Synceytium, finden wir bei Oto- 
celis und Proporus. Bei anderen Arten, z. B. bei Convoluta roscoffensis 
und Amphiscolops langerhansi, findet sich zentral ein kompakteres, 
peripher ein maschigeres, größere Vakuolen führendes Parenchym. 
Netzförmiges, ein echtes „Reticulum“ darstellendes Parenchym weist 
Amphiscolops cinereus auf. Bei letztgenannter Art und Convoluta sor- 
dida wurden die obenerwähnten verästelten Zellen vorwiegend in der 
Nähe von Fraßobjekten beobachtet. Mit Rücksicht auf diesen Befund 
sind sie für die Acölen allgemeinhin als Freßzellen angenommen worden. 
Eine noch weitergehende Differenzierung zwischen zentralem und 
peripherem Parenchym weist Convoluta convolhıta auf. Die auf dieser 
weitgehenden Difterenzierung fußende Annahme, daß tatsächlich ein nur 
der Untersuchung schwer zugängliches Darmepithel vorhanden sei, 
darf als widerlegt betrachtet werden und der für diese Gruppe in 
Vorschlag gebrachte Name „Pseudacoela“ dürfte also der Berechtigung 
entbehren. 

Außer der durch die jeweilig aufgenommene Nahrung bedingten 
Färbung findet sich auch bei manchen Arten ein spezifisches Par- 
enchympigment körniger Natur, das regellos verteilt, in Häufchen 
zusammengeballt oder, wie bei manchen marinen Tricladen (S. 45), 
in Längsstreifen (zwischen den Längsfasern des Hautmuskelschlauches) 
angeordnet sein kann. Einen gelösten Farbstoff in rundlichen Bläschen 
weist (onwoluta wirescens auf. , 

Weit verbreitet sind bei den Acölen einzellige birnförmige Schleim- 
drüsen, die mehr oder weniger tief in das Parenchym eingebettet sind 
und ihre Ausführungsgänge durch das Körperepithel entsenden. Die 
Rhabditen entstehen aber im Gegensatz zu denjenigen der Trieladen 
und Rhabdocöliden niemals in parenchymatischen Bildungszellen, 
sondern ausschließlich im Körperepithel („Drüsen mit geformtem 
Sekret“). Kugel- oder flaschenförmige vielzellige Drüsen mit Chitin- 
spitzen, die ihr Sekret durch das Körperepithel entleeren, wurden bei 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 51 


einigen Oonvoluta-Arten beobachtet. Aehnliche, den vorigen morpho- 
logisch gleichwertige Drüsen, die ihr körniges Sekret unter Vorstoß 
der chitinösen Spitze ejakulieren, sind z. B. bei Convoluta convoluta 
gefunden und als spezifische Giftorgane angesprochen worden. 

Das Parenchym der Trematoden und CGestoden zeigt etwa _ 
den gleichen Bau wie das der cölaten Turbellarien. Es wird von den 
Körper- oder Parenchymmuskeln durchsetzt. Auch die Einlagerungen 
des Parenchyms sind zum Teil die gleichen wie bei den Turbellarien. 
Zunächst sind hier die in das Parenchym verlagerten Kerne des „ein- 
gesenkten Epithels“ (cf. S.37, Ausnahme Temnocephala) zu nennen. Im 
Gegensatz zu den Turbellarien weist das Parenchym der Trematoden und 
Cestoden nur sehr selten Pigmente auf, hingegen finden sich im Par- 
enchym, wie bei den Turbellarien, einzellige, durch die Cuticula (bzw. an 
den Saugnäpfen etc.) ausmündende Drüsen, die, obwohl dem Par- 
enchym angehörend, meist als Hautdrüsen bezeichnet werden. Sie 
liegen oft gruppenweisein bestimmten Körper- 
regionen. Während sie bei den Trematoden 
weit verbreitet sind, scheinen sie bei den 
Cestoden jedoch nur ausnahmsweise vorzu- 
kommen. Kalkkörperchen finden sich im 
Parenchym der Trematoden (z. B. bei Cal- 
cotyle kroyeri) nur sehr selten, hingegen fast 
bei allen Cestoden, und zwar sowohl bei 
Finnen als bei erwachsenen Tieren. In den 
Proglottiden junger Cestoden finden sie sich 
meist gleichmäßig im Parenchym verteilt, in 
älteren Proglottiden kommen sie jedoch vor- 
wiegsend in der Rindenschicht vor. Die 
älteren Proglottiden sind jedoch meist ärmer 


Fig. 29. Stück eines Querschnittes durch Ligula. 
Vergr. ea. 300. 1 Cutieula, 2 Basalmembran, 3 Längs- 
muskeln, 7 eingesenkte Zellen (Subeutieularzellen), 
5 Wimpertriehter (Terminalzellen), 6 Muskelbildungs- 
zellen, 7 Exkretionsgefäß, 8 Nervenfaserplexus, 9 Par- 
enchym, 10 Sinneszelle, 772 Kalkkörperchen, 12 Dorso- 
ventralmuskeln, 73 Ringmuskeln. Nach BLOCHMANN aus 
BRAUN. 


an Kalkkörperchen als die jüngeren. Die Gestalt der Kalkkörperchen 
ist kugelig bis scheibenförmig. Ihre Größe (die selten 0,03 mm Durch- 
messer übersteigt) ist variabel. Für ihre Funktion ist noch keine 
sichere Deutung gefunden worden. 


7. Verdauungsapparat. 
(Allgemeines, S. 3.) 


Der Verdauungsapparat der Polycladen besteht aus 
Pharynx, Pharynxtasche, Hauptdarm und Darmästen. Die Mund- 
öffnung oder genauer gesagt der äußere Mund, liegt stets ventral 
in der Medianlinie in den verschiedensten Regionen, nie jedoch am 
Körperanfang oder -ende. Der Pharynx kann nach dem Vorderende 
oder nach dem Hinterende des Tieres verlaufen. Bei den Acotylea 

4* 


52 | J. Wırneınt, 


liegt er vom Zentrum aus kaudal, rückt aber bei den Cotylea dem 
Vorderende zu. In Abhängigkeit von seiner Lage kann der Mund 
am vorderen, mittleren oder hinteren Abschnitt der Pharynxtasche 
liegen (ef. Fig. 31D). Die Pharynxtasche entspricht nach Form 
und Größe dem Pharynx. Sie steht mit dem Hauptdarm durch 
eine enge Öeffnung (Darmmund) in Verbindung. Der Pharynx 
ist als „plieatus“ (s. S.58) zu bezeichnen und kommt in Krausen-, 
Kragen- und Röhrenform vor. Die erste Form kommt bei den Aco- 
tylen und bei den Anonymiden vor, die zweite ist für die Pseudoceriden 
charakteristisch, die dritte findet sich bei den Cotyleen-Familien der 
Euryleptiden und Prosthiostomiden. Der Pharynx wird durch Ver- 
längerung aus der Mundöffnung hervorgestreckt (nicht -gestülpt). Die 
Struktur des Pharynx der Polycladen ist sehr wechselnd, auch bei 


Fig. 29a. Fig. 30. 


Fig. 29a. Thysanozoon brocchii, mit vorgestreckten Penes und Pharynx. 7 Pha- 
rynx, 2 Penes, 3 7 Geschlechtsöffnung, 4 Saugnapf, 5 Hauptdarm. Nach Lang. 


Fig. 30. Örganisationsschema von Planocera graffi. / Darmzipfel, 2 Tentakel, 
# Gehirn, 53 Augen, 5 Pharynx, 6 Mundöffnung, 7? Samengang, $ Vas deferens, 9 Z& Ge- 
schlechtsöffnung, 10 2 Geschlechtsöffnung. Nach LanG. 


den einzelnen Pharynxtypen. Bei Stylochus neapolitanus weist der 
krausenförmige Pharynx folgende Schichten auf: 1) cuticulaähnliches 
Epithel, 2) einschichtige Ringfasern, 3) einschichtige Längsfasern, 
4). äußere parenchymatische Schicht mit Drüsengängen, 5) zentrale 
Lamelle von Ringfasern, 6) innere Parenchymschicht mit Drüsen- 
zellen, 7) innere einschichtige Ringfasern, 8) innere einschichtige 
Längsmuskelfasern, 9) cuticulaähnliches Innenepithel. Aehnlich ist 
der röhrenförmige Pharynx gebaut, der bereits dem Trieladenpharynx 
(s. u.) strukturell ziemlich gleich zu sein scheint. 

Der histologische Bau des Pharynx ist eingehender am Trieladen- 
pharynx (S. 54) dargelegt. 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 53 


Der Darm, früher auch als Gastrovascularapparat bezeichnet, 
besteht bei den Polycladen aus dem in der Medianlinie liegenden 
Haupt- oder Magendarm und den verzweigten Darmästen, deren 
Anfangsstücke als Darmastwurzeln bezeichnet werden. Ein eigent- 
licher After fehlt stets, doch können bei einigen Arten (z. B. Yungia, 
Oyeloporus) die Darmdivertikel (s. u.) durch feine Poren nach außen 
münden. Die Form des Hauptdarmes ist wechselnd; sie ist um so 
länger, je gestreckter 
die Körperform ist. Auch 
die Lage ist wechselnd ; 
je nach der Lage des 
Pharynx findet sich der 
Hauptdarm vor, über 
oder hinter demselben. 
Die Darmäste gehen 
paarig von dem Haupt- 
darm aus, nur vom 
Vorderende des Haupt- 
darmes verläuft ein un- 
paarer Darmast in der 
Medianlinie nach dem 
vordern Körperrande. 
Bei Arten mit Rücken- 
zotten (Thysanozoon, 
Fig. 2 und 30a) treten 
die Darmzipfel mit ihren 
Enden in die Rücken- 
zotten ein. 

Das Epithel des 
Hauptdarmes besteht aus 
1) bewimperten Zellen, 
in die Nahrungskörper 
aufgenommen werden 
können und 2) aus den 
sogenannten MınoTschen 
Körnerkolben, das sind 
Drüsenzellen, die ein 


Sekret in das Lumen Fig. 30a. Thysanozoon brocchii. Organisations- 
ee ee er 
2 n 4 ” n ngänge nd 

leeren. Strukturell und 7d& Geeibeleetgen, 8 "Ülerukgange, 8 2 Ge- 
funktionell entsprechen schlechtsöffnung, 10 Ovarien, 11 Saugnapf, 12 Haupt- 
diese Drüsen den Darm- darm, 13 Darmäste, 1} Darmzotten, 15 Anhäufung von 
drüsen der Trieladen Samen hinter dem Hauptdarm. Nach Lane. 
(ef. S.57). In der Nähe 
vom Darmmund nehmen die Epithelzellen an Höhe ab. ‘Auch die 
Epithelzellen der Darmastwurzeln sind bewimpert, doch kommen 
‘zwischen ihnen keine Drüsenzellen vor. Die Darmäste weisen mehr 
Drüsenzellen als der Hauptdarm auf. Ihre Epithelzellen sind 
denen des Hauptdarmes ganz ähnlich, scheinen aber unbewimpert 
zu sein. 

Eine eigne Darmmuscularis ist bei den Polycladen nicht beobachtet 
worden, doch können sich Körpermuskeln ($. 41) ganz nach Art einer 
Darmmuscularis an den Darm anlagern (z. B. bei Cestoplana u. a.). Die 


54 J. WiLHeLnı, 


Histologie, Struktur und Funktion der Darmdrüsen verhalten sich im 
wesentlichen wie bei den Tricladen (s. unten). 


Bei den Trieladen weist die Darmform eine größere Ein- 
heitlichkeit als bei den Polyeladen auf. Von der Pharynxinsertion 
(Zwischenstück s. u.) verlaufen ein Hauptast nach dem Vorderende 
und zwei Hauptäste zu beiden Seiten des Pharynx nach dem Hinter- 
ende hin. Der Darm ist stets afterlos, kann jedoch mit dem Ge- 
schlechtsapparat (und somit auch sekundär mit der Außenwelt) in Ver- 
bindung stehen (Ductus genito-intestinalis, ef. auch S. 78). Die Mund- 
öffnung liegt stets ventral in der Medianlinie. Bei den wasser- 
bewohnenden Tricladen liegt sie meist wenig hinter der Körpermitte 
und nur wenig vor dem Ende der Pharynxtasche; nur bei den 
Bdellouriden liegt er etwa in deren Mitte. Bei den Landtrieladen 
hingegen wechselt die Lage des Mundes sehr, und zwar sowohl in 
bezug auf die Körperregion als auf die Pharynxtasche. Der Pharynx 


A de 


d Bi ) der 


Fig. 31. Diagrammatische Darstellung des Pharyngealapparates der Turbellarien. 
A Convoluta, B Mesostoma, ( Planocera, D Prosthiostomum. d Darm, de 
dorsales Körperepithel, dep Darmepithel, dm Darmpforte, dt dorsale Schlundtasche, ms 
Musculatur, o Mundöffnung, p Parenchym, ph Pharynx, pt Pharynftasche, s Schlund, 
ve ventrales Körperepithel, vi ventrale Schlundtasche. Nach Lang. 


ist bei den Trieladen stets nach hinten gerichtet. Seine Gestalt (Pharynx 
plicatus) ist zylinder-, tonnen- oder krausenförmig; die letztere Form 
scheint jedoch bei den Wassertriceladen gänzlich zu fehlen. Bei Hervor- 
streckung (nicht -stülpung) aus der Mundöffnung kann er sich um 
ein Mehrfaches verlängern. Die Konfiguration des Pharyngealapparates 
entspricht bei den Wassertrieladen und manchen Landtricladen etwa 
derjenigen der Polyclade Prosthiostiomum (Fig. 31 D). Im Querschnitt 
(Fig. 32) lassen sich folgende Schichten unterscheiden: 1) äußeres ein- 
gesenktes (cf. S. 31) Epithel, 2) Basalmembran, 3a) und b) äußere 
Ring- und Längsmuskelschicht, 4) Kerne des eingesenkten Epithels, 
5) äußere Drüsenzone, 6) Parenchym und Nervenschicht, 7) innere 
Drüsenschicht, 8) Kerne des eingesenkten Innenepithels, 9a) und b) 
innere Ring- und Längsmuskelschicht, 10) bewimpertes Innenepithel, 
das im basalen Teil des Pharynx Kerne führt, aber nach dem apikalen 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 55 


Teil des Pharynx hin „eingesenkt“, und gegen die vorige Schicht 
durch eine feine Basalmembran abgegrenzt sein kann. Das äußere 
Epithel (7) besteht aus abgeflachten poly- 4 

gonalen bewimperten Zellen. Die (äußere) 
Basalmembran (2) ist schwächer als die des 
Körpers. Außerdem verlaufen zwischen dem 
äußeren und inneren Epithel, bzw. zwischen 
den beiden Basalmembranen zahlreiche 
radiäre Muskelfasern (/I). Die Drüsenzone 
(5 und 7) besteht zum größten Teil aus cyano- 
philen Drüsensträngen, deren Ausmündungen 
an Zahl nach dem Pharynxende hin zunehmen, 
während sie meist nur wenige erythrophile 
Drüsenstränge führt, deren Ausmündungen 
ringförmig um den Pharynxmund liegen. 
In diesen, mehr parenchymatös erscheinen- 
den mittleren Schichten liegen die stärkeren 
Nervenstränge, deren Kommissuren einen 
förmlichen Plexus (6) darstellen können. 


2 


Anomalien, z. B. Spaltungen und Knospen 
am Pharynx sind nichts Seltenes. Oft finden 
sich auch mehrere Pharynge, deren Ent- 
stehung offenbar pathogen ist. Möglicherweise Fig. 32. Schematischer 
haben wir in dieser „gelegentlichen Oligo- Querschnitt durch den Trieladen- 
pharyngie“ die Entstehungsursache der „kon- ee 
stanten Po lypharyngie“, die bei EMIEEN‘, ehanstshenden: Text. Nach 
Planaria-alpina-Abarten (Plan. montenigrina, WILHELM. 
teratophila, anophthalma) und Phagocata gracilis 
(deren monopharyngeale Stammform wahrscheinlich Plan. morgani ist) vor- 
kommt, zu sehen (cf. auch ungeschlechtliche Fortpflanzung S. 117). 


Bei den Terricolen kann der Pharynx auch einen nicht 
bilateral symmetrischen Bau haben. Seine histologische Zusammen- 
setzung gleicht nicht immer derjenigen der 
Wassertrieladen, sondern weist eher die bei 
Polycladen vorhandene Mannigfaltigkeit der 


A ‘ 


Fig. 33. Fig. 34. 


Fig. 33 A—B. Schematische Medianschnitte durch den Pharynx. A Bipalium 
univittatum, B Choeradoplana iheringi. / und 2 vorderer und hinterer Teil des 
Pharynx, 3 Pharynxhöhle, 7 Darmmund, 5 äußerer Mund. Nach GRAFF. 

Fig. 34. Schematische Darstellung des Verdauungsapparates von Phagocata 
gracilis nach einem aufgestellten Totalpräparate.e. Nach WILHELMI. 


56 J. Wirneunı, 


Struktur auf. Auch kommt weder gelegentliche noch konstante Poly- 
pharyngie vor. 

Der Pharynx mündet bei den Trieladen (wahrscheinlich bei allen) 
nicht direkt in die Vereinigungsstelle des vorderen Darmastes mit 
den beiden hinteren Darmästen, sondern ist mit dieser Stelle durch 
ein Zwischenstück, das dem Darm zuzurechnen ist, verbunden. 


Fig. 35 a—f. Schemata der wichtigsten Darmformen der Meerestrieladen. a Pro- 
cerodes lobata (Gunda segm.). b Cercyra hastata. c Bdelloura propinqua. 
d Syncoelidium pellucidum. e Bdelloura candida. f Micropharynx parasitica. 
D Vorderdarm, dd Duetus deferens, ddi Darmdivertikel, dpe Kommissuren der hinteren 
Darmäste, dst Dotterstöcke, ph Pharynx, ov Ovarium, pen Penis, te Hoden, vd Vas defe- 
rens. a—e Nach der Quetschfixiermethode hergestellte Totalpräparate. Nach WILHELMI, 
f nach JÄGERSKIÖLD. 


Dasselbe entspricht dem Anfangsdarm der Polycladen und wird auch 
bei Rhabdocöliden wieder angetroffen (ef. S. 59). 

Der vordere Darmast der Trieladen verläuft von der In- 
sertionsstelle, sich langsam verjüngend, nach vorn und endet ent- 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 57 


weder (selten) wenig hinter dem Gehirn oder er tritt zwischen den 
Augen, über dem Gehirn verlaufend in das präcerebrale Vorderende 
ein, wo er unverzweigt oder mit einem Paar seitlicher Divertikel 
endigt. Die beiden hinteren Darmäste divergieren von ihrer Ver- 
einigungsstelle zunächst nach den Körperseiten hin, bzw. schräg nach 
hinten, und verlaufen dann zu beiden Seiten des Pharynx bis in das 
hintere Körperende. Zuweilen vorkommende Verschmelzungen oder 
Anastomosen (Fig. 35e) der hinteren Darmäste im postpharyngealen 
Körperabschnitt sind pathogen. Eine Ausnahme macht das marine 
Genus Syncoehdium (Fig. 35d und Fig. 38), dessen hintere Darmäste 
nach Art der cyclocölen Alloeocölen postpharyngeal stets zu einem 
unpaaren Ast verschmelzen. Von den Hauptästen des Darmes gehen 
nach den Körperseiten hin sekundäre Aeste oder Divertikel, 
die ein- oder mehrfach verzweigt sein können. 

Bei den Seetricladen ist die Verzweigung der Divertikel meist 
geringer als bei den Süßwassertricladen, bei den Landtricladen da- 
gegen infolge der meist beträchtlichen Körperlänge größer. 

Eine Streitfrage bildet das Bestehen einer echten Darmmuscu- 
laris bei Tricladen. _ Für einige Arten der wasserbewohnenden 
Trieladen ist sie mit Sicherheit nachgewiesen. Es handelt sich jedoch 
um ein überaus zartes Gebilde sich kreuzender Muskelfasern, das 
sich einerseits der Beobachtung leicht entzieht und andererseits viel- 
leicht nur noch vereinzelt und rudimentär vorkommt. Diese An- 
nahme ist um so näherliegend, da eine spezielle Darmmuscularis 
durch die die Darmsepten durchsetzenden Körpermuskeln ersetzt wird 
und die konvulsivischen Bewegungen bei der Defäkation per os 
zweifellos vorwiegend von dem Hautmuskelschlauch und der Körper- 
muskulatur bewirkt werden. 

Die übrige histologische Struktur des Darmes ist bei 
allen Trieladen ziemlich die gleiche. Die meist birnförmigen 
Epithelzellen des Darmes enthalten stets einen Kern und sitzen einer 
Membrana propria auf; diese trägt nach außen hin Protoplasma- 
protuberanzen, die den Konnex des Parenchyms mit den Epithelzellen 
andeuten. Zwischen den Epithelzellen finden sich zahlreich die so- 
genannten „Mınotschen Körnerkolben“. Sie sitzen der Mem- 
brana propriä auf, sind rundlich, birn- oder schlauchförmig und mit 
kugeligen cyanophilen Gebilden erfüllt. Während man früher zum 
Teil geneigt war, diese Gebilde als „Reservenährstoffe“* aufzufassen, 
ist jetzt ihre besser argumentierte Deutung als Darmdrüsen 
fast allgemein angenommen worden. Am zahlreichsten finden sie sich 
im unpaaren Vorderdarm (Magendarm). Dieser wird bei der Nahrungs- 
aufnahme am stärksten belastet und offenbar wird hier der Nahrung das 
Sekret der Drüsen beigemengt. Erst langsam findet eine Verteilung der 
Nahrung in die hinteren Haupt-Darmäste und in die gesamten sekun- 
dären Darmäste statt. Dementsprechend finden sich auch in diesen die 
Drüsen viel weniger zahlreich als im Magendarm. Angaben einiger 
Autoren über von außen in den Darm mündende Drüsen haben keine 
Bestätigung erfahren. Die Verdauung scheint in zwei verschiedenen 
Weisen zu erfolgen: 1) sie erfolgt im Darmlumen, aus dem die ge- 
lösten und durch das Drüsensekret assimilierten Stoffen resorbiert 
werden, 2) ganze Nahrungspartikel werden in die Epithelzellen auf- 
genommen und nach intracellulärer Verdauung wieder in das Darm- 
lumen ausgestoßen. Die Defäkation erfolgt durch Pharynx und Mund- 


58 J. WiLHeunı, 


öffnung, wie überhaupt der Darminhalt, z. B. auf Reiz hin, auf die 
eleiche Weise nach außen entleert werden kann. 


Zu erwähnen ist noch, daß endoparasitisch eine Anzahl Protozoen 
in Trieladen nachgewiesen worden sind. Bei marinen Tricladen, z. B. 
bei Dteriporus und Procerodiden, kommen oft in großer Zahl im Darm 
und in der Pharynxtasche das Infusor Hoplitophrya (Opalina) uneinata, bei 
paludicolen Trieladen, z. B. bei Dendrocoelum lacteum und Planaria-Arten, 
verschiedene Infusorien und Gregarinen vor. 


Die Mundöffnung der Rhabdocöliden nimmt, selbst in der 
gleichen Familie, oft eine wechselnde Lage ein; sie liegt immer bauch- 
ständig, bald in der Körpermitte, bald bis in der Nähe des Vorder- 
endes oder gar des Hinterendes. Die selbständigen Munddrüsen, die 
für einige Arten beschrieben worden sind, stellen wahrscheinlich nur 
Kopfdrüsen dar. 

Als Pharynxtasche wird bei den Rhabdocöliden eine Ein- 
stülpung des Körperepithels, die von der Mundöffnung ausgehend ent- 
weder den ganzen Pharynx bis zu seinem Hinterende umhüllt oder an 
irgendeiner Stelle desselben inseriert, bezeichnet. Ihre Wandung besteht 
aus einem cilienfreien kernführenden Epithel und einer Muscularis 
(Längs- und Ringsmuskelschicht). Unter den mannigfachen Pharynx- 
formen (ef. Fig. 31B, S. 54) sind bei den Rhabdocöliden zwei Haupt- 
typen zu unterscheiden: 1) Pharynxcompositus, 2) Ph.simplex 
und ferner als (Ausnahmefall) eine bulböse Anschwellung statt 
eines Pharynx. 


1) Der zusammengesetzte Pharynx (Ph. compositus) weist 
wieder zwei Haupttypen, den Pharynx plicatus und den Ph. bullosus, 
auf. Der Pharynx plicatus, die typische Pharynxform der Polycladen 
und Tricladen (Bau desselben s. S. 54), ist bisher nur bei Alloeocölen, 
und zwar bei allen Arten der Oyclocölen und Crossocölen und unter 
den Holocölen bei dem Genus Plicastoma nachgewiesen worden, findet 
sich aber möglicherweise auch bei den Rhabdocölen-Gattungen Geno- 
stoma und Solenopharynz, die hierauf noch unzureichend untersucht sind. 
In der Struktur schließt sich der Pharynx plicatus im wesentlichen an 
den Pharynx der Polycladen und Tricladen an. Der Pharynx bulbosus 
weist wiederum drei Modifikationen auf: den Ph. variabilis, Ph. 
doliiformis und Ph. rosulatus. Die erste Modifikation ist neben dem 
Ph. plicatus bei den Alloeocölen vorherrschend; der Name variabilis 
wurde nach der für die einzelnen Arten so verschiedenen Größe des 
Pharynx und nach der beim Einzelindividuum fortgesetzt sich ver- 
ändernden Gestalt gewählt. Der Pharynx doliiformis, so genannt nach 
der tonnen- bis röhrenförmigen Gestalt, liegt meist am Vorderende des 
Darmes; die Pharyngealtasche kann mit der Mundöffnung durch ein 
enges Mundrohr verbunden sein. Er findet sich bei Urastoma-, Trigono- 
stoma-Arten und Dalyelliiden. Strukturell stimmt der Ph. doliiformis 
im wesentlichen mit der letzten Modifikation, dem Ph. rosulatus, überein. 
Dieser Typus ist bei den Rhabdocölen vorwiegend und findet sich speziell 
bei den Typhloplaniden, Byrsophlebiden, Astrorhynchiden, Schizorhynchiden, 
Polycystiden und Gyratrieiden. Der Pharynx rosulatus ist von rund- 
licher, Gestalt rosettenförmig, steht mit seiner Achse meist senkrecht 
zur Bauchfläche und mündet meist in die Ventralseite des Darmes. 
Charakteristisch ist die häufig vorkommende Einmündung der Exkretions- 
gefäße in den äußeren Mund. 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. „59 


Das Epithel der Außenwandung des Pharynx ist mit starken Cilien 
besetzt und kernlos, das des Pharynxlumens kernführend und un- 
bewimpert. Die äußere Muscularis des Pharynx besteht aus einer Längs- 
und Ringfaserschicht, ebenso die innere, das Pharynxlumen umgebende 
Muscularis, jedoch mit umgekehrter Anordnung der Schichten. Charakte- 
ristisch für diesen Pharynxtyp sind die zahlreichen Radialfasern. 


2) Der Pharynx simplex, der sich bei den Catenuliden und 
Macrostomiden findet, stellt eine rohrförmige Einsenkung des Körperepithels 
dar und verbindet Mund und Darmrohr. Er besteht aus bewimperten 
Epithelzellen, die im wesentlichen den Zellen des Körperepithels gleichen 
und von der Hautmuskulatur gleich diesen umgeben werden. Eine 
Eigenmuskulatur fehlt jedoch dem Pharynx simplex (wie auch der Name 
andeuten soll. Durch die Pharynxwandung oder nahe der Mundöffnung 
(Macrostomiden) münden einzellige kernführende cyanophile Drüsen, die 
als Speicheldrüsen aufgefaßt werden. 

Eine ganz primitive Form des Rhabdocölidenpharynx finden wir 
bei Fecampia. Bei den in erwachsenem Zustande eines Darmes ent- 
behrenden Individuen dieser Art ist der Pharynx zu einer bulbösen 
Anschwellung reduziert. (Innervation des Pharynx cf. S. 65.) 


Mit dem Darm tritt der Pharynx der Rhabdocöliden häufig durch ein 
als Oesophagus bezeichnetes Zwischenstück in Verbindung (cf. Tricladen 
S. 56). 


Unter den Alloeocölen weisen die Oyclocölen einen dreiteiligen 
Darm auf, der aus einem vorderen Ast und zwei kaudal verlaufenden 
Aesten besteht. Die beiden letzteren vereinigen sich stets hinter dem 
Pharynx zu einem unpaaren Ast. Von den Hauptästen gehen seitliche 
unverzweigte Divertikel aus. Diese Darmform schließt sich also eng 
an die der Tricladen an, zumal da auch bei ihnen Verschmelzungen 
der hinteren Darmäste vorkommen. Bei den Ürossocölen ist der 
Darm schlauchförmig und mit seitlichen Ausbuchtungen versehen. Bei 
den Holocölen werden letztere vermißt. Die Holocölen bilden also 
hinsichtlich des Darmbaues einen Uebergang zu den Rhabdocölen. 

Der Darm der Rhabdocölen ist sackförmig und trägt nur bei 
wenigen Arten kleine Divertikel. Bei einer Anzahl von Rhabdocölen 
ist eine echte, aus Ring- und Längsfasern bestehende Darmmuscularis 
vorhanden. Auch bei zahlreichen anderen Arten darf auf deren Vor- 
handensein geschlossen werden, da eine Peristaltik des Darmes, un- 
abhängig von Körpermuskulatur und Hautmuskelschlauch, beobachtet 
wurde. Im Bau des Darmepithels schließen sich die Alloeocölen und 
die Lecithophoren unter den Rhabdocölen hinsichtlich der birn- bis 
keulenförmigen Zellen mit basal liegendem Kern den Tricladen an. 
Bei den Rhabdocölen ist ein Cilienbesatz des Darmepithels weit ver- 
breitet. Bei der Gruppe der Hysterophoren unter den Rhabdocölen 
sind die Darmzellen meist zylindrisch, scharf begrenzt, von geringer 
Höhe und umgeben ein weites Lumen. Bei manchen Rhabdocöliden 
hingegen lassen sich keine Zellgrenzen des Darmepithels feststellen. 
In größerem Maßstabe finden wir eine Darmreduktion bei der para- 
sitischen Fecampia, bei der mit der zunehmenden Geschlechtsreife 
der Darm allmählich gänzlich schwindet. 

Die Acölen entbehren stets des Darmes, an dessen Stelle ein 
„rerdauendes Parenchym“ getreten ist. Auf Querschnitten er- 
scheint bei ihnen öfter ein das zentrale Parenchym einhüllender Kranz 


60, J. Wırneunı, 


dorsoventfaler Muskelfasern, so daß eine Darmmusecularis vorgetäuscht 
werden kann. Die Nährkörper werden in Vakuolen des zentralen 
Parenchyms verdaut und die unverdaulichen Fäkalmassen werden 
durch die Mundöffnung wieder ausgestoßen. 

Der Verdauungsapparat der Trematoden setzt sich zu- 
sammen aus Mundöffnung, Pharynx, Pharyngealtasche oder Präpharynx, 
Oesophagus und Darm. Bei den Monogeneen liegt die Mundöff- 
nung meist ventral in der Nähe des Vorderendes, selten am Vorder- 
ende selbst. Sie wird von lippenartigen Bil- 
dungen, die eine besondere Muskulatur auf- 
weisen, umgeben. An die Mundöffnung 
schließt sich bei fast allen Monogeneen ein 
Pharynx an. Er ist kugelig bis tonnen- 
förmig, innen und außen von einer Membran 
umgeben und enthält außer den Pharyngeal- 
zellen eine ein- oder mehrfache Ringmuskel- 
schicht, wozu jedoch Radiärmuskeln und 
Drüsenzellen, ähnlich wie bei den Turbel- 
larien, hinzutreten können. Eine sich an die 
Mundöffnung anschließende Höhlung, die von 
einer gleichen Membran wie der Pharynx aus- 
gekleidet ist, erstreckt sich über einen Teil 
des Pharynx und endet blind. Sie ist als 
Präpharynx bezeichnet worden, dürfte aber 
besser als Pharyngealtasche zu be- 
zeichnen sein, da sie der Pharyngealtasche 
der Turbellarien offenbar entspricht. Die 
zwischen dem Pharynx und der Darmgabe- 
lung liegende Darmstrecke wird als Oeso- 
phagus bezeichnet; nur selten beginnt 
die Darmgabelung direkt hinter dem Pharynx. 
Der Darm der Monogenea ist entweder 
ein einfacher Blindsack mit Faltungen (Temno- 
cephala) oder wiederum verästelten Blind- 
säcken (Diploxoon), oder er ist gegabelt 
(Fig. 11 d, 8. 25). Je nachdem weitere Ver- 
ästelungen und Kommissuren (Fig. 11e, 5.25) 


ER; 


aa 
PR e .\ 
| | 7 
/ 


Fig. 36. Darm und 


Nervensystem von Distoma 
isostomum. bs Bauchsaug- 
napf, dn dorsale Längsnerven, 
gc Gehirnkommissur, gd 
Gabeläste des Darmes, ms 
Mundsaugnapf, ph Pharynx, 
sn laterale Längsnerven, vn 
ventrale Längsnerven. Nach 
GAFFRON. 


auftreten, tritt eine größere Komplizierung 
der Darmkonfiguration ein. Das Darmepithel 
besteht aus einer einfachen Zellschicht. 
Drüsen kommen nur im vorderen Abschnitt 
des Darmes vor und werden als Speicheldrüsen 
bezeichnet. Die Verdauung im Darm scheint 
sowohl intra- wie extracellulär zu erfolgen. 


Der Verdauungsapparat der Digenea ent- 
spricht im wesentlichen dem der Monogenea. Im Gegensatz zu letzteren 
weisen die Digeneen (Fig. 36) jedoch fast immer einen Mundsaug- 
napf auf, während ihr Pharynx meist weniger stark entwickelt ist. 
Dieser Unterschied wird offenbar durch die verschiedene Lebens- und 
Ernährungsweise der beiden Gruppen bedingt (cf. Biologie). Zwischen 
dem Mundsaugnapf, in dessen Grunde die Mundöffnung (äußerer 
Mund) liegt, und dem Darm liegt ein als Oesophagus bezeichneter 
unpaarer Kanal, der an wechselnder Stelle von einem Pharynx- 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 61 


bulbus umgeben sein kann. Der Pharynxbulbus kann wiederum von 
einer als Pharyngealtasche bezeichneten Höhlung umgeben sein. 
‘Von dem unpaaren Oesophagus geht der Darm meist in Gabelform 
aus (bei Aspedogaster und Gasterostomum nur einfacher Darmsack). 
Nur selten finden sich Kommissuren zwischen den beiden Darm- 
ästen oder eine Vereinigung der beiden Hinterenden. Blindsäcke der 
beiden Hauptdarmäste finden sich bei den Digeneen viel seltener als 
bei den Monogeneen. Die Struktur des Darmepithels ist etwa die 
gleiche wie bei den Monogeneen. Auch die Verdauung scheint, wie 
bei diesen, intra- und extracellulär zu erfolgen. Da ein After fast 
immer fehlt, erfolgt die Defäkation wie bei den Turbellarien per os. 
Bei einigen Digeneen kommt jedoch ein sekundärer After vor. Bei 
den Arten des Genus Haplocladus ist nur ein Darmschenkel vorhanden 
und kommuniziert im Körperende mit der Exkretionsblase. 

Bei den Cestoden fehlt ein besonderer Digestionsapparat. 
(Nahrungsaufnahme und Verdauung cf. S. 116.) 


8. Nervensystem. 
(Allgemeines S. 3.) 


Das Nervensystem der Polycladen besteht aus dem 
Nervenzentrum, Gehirn genannt, und den vom Gehirn strahlen- 
förmig ausgehenden Nervenästen. Das Gehirn liegt in der Median- 
linie unter dem vorderen medianen Darmast zwischen der Körper- 
mitte und dem Vorderende, und zwar vor dem Munde (mit Aus- 
nahme von Oligocladus); je gestreckter der Körper ist, um so näher 
liegt es dem Vorderende. Vom Gehirn treten nach hinten und schräg 
seitlich zahlreiche Nervenstämme aus, die sich verästeln und teilweise 
anastomosieren. Am stärksten sind die beiden rechts und links neben 
der Medianlinie verlaufenden Längsnerven entwickelt. Die vom Ge- 
hirn austretenden dorsalen Nervenäste verlaufen, wenn auch in ge- 
ringerer Stärke, in ähnlicher Weise verästelt und anastomosierend 
unter dem dorsalen Hautmuskelschlauch. Entsprechend den beiden 
ventralen Hauptlängsnerven finden sich auch dorsal zwei schwächere 
Hauptlängsnerven. Von der vorderen Seite des Gehirns gehen Nerven- 
äste aus, die von geringerer Stärke sind als die von den hinteren 
und seitlichen Teilen ausgehenden; sie innervieren die Sinnesorgane 
(Tentakel) des Vorderendes. 

Der innere Teil des Gehirns besteht aus feinfaseriger Substanz, 
der periphere Teil aus Ganglienzellen von wechselnder Anordnung. 
Nach außen wird das Gehirn von einer dünnen strukturlosen Membran, 
der sogenannten Gehirnkapsel, umgeben. Die peripheren Nerven 
zeigen eine zarte feinfaserige Beschaffenheit. Vereinzelt, besonders 
an den Abgangsstellen der Anastomosen, finden sich (meist bipolare) 
Ganglienzellen. Ganglienanschwellungen, wie bei den peripheren 
Nerven der Tricladen, kommen bei den Polycladen nicht vor. Die 
vom Gehirn ausgehenden Sinnesnerven, durch die Tentakel und Augen 
innerviert werden, weichen histologisch von den übrigen peripheren 
Nerven dadurch ab, daß sie an ihrer Wurzel mit einem dichten 
Ganglienzellenbelag bekleidet sind. 

Von Sinnesorganen sind zu erwähnen Tentakel (cf. S. 30), 
einzelne Sinneszellen (cf. S. 31). des Epithels, Augen und 
Statolithen. Augen sind bisher bei keiner ausreichend unter- 


62 J. WILHeLnı, 


suchten Polycladenart vermißt worden, doch sind sie leicht zu über- 
sehen, da sie oft außerordentlich klein und verborgen sind. Sie liegen 
stets im Parenchym, bald tief, bald direkt unter der Basalmembran. 
Sie sind oft in großer Zahl (bis mehrere Hundert) vorhanden, und 
die geringste bisher beobachtete Augenzahl beträgt immerhin noch 14 
(Aceros inconspieuus). Ihre Zahl vermehrt sich mit dem zunehmenden 
Alter des Individuums. Nach Art der sehr wechselreichen Anordnung der 
Augen werden Gehirnhofaugen, Gehirnaugen, Randaugen und Tentakel- 
augen unterschieden (cf. Fig. 1a—i S.17). Die Gehirnhofaugen 
liegen unter der Basalmembran direkt über dem Gehirn und geben 
also genau dessen Lage an; sie können sich jedoch auch noch weit 
über das Gehirn hinaus nach vorn und hinten erstrecken; außerdem 
finden sich konstant bei allen Cotyleen zwei kleine der vorderen oberen 
Gehirnwand direkt aufsitzende Augen, die als Gehirnaugen be- 
zeichnet werden. Die sogenannten Tentakelaugen liegen im Parenchym 
direkt neben oder in den Rand- bzw. Nackententakeln (z. B. bei den 
Planoceriden). Die Randaugen sind meist zahlreich am vorderen 
Körperrand vorhanden, können aber auch am ganzen Körperrande 
vorkommen (z. B. bei Anonymus). 

Die aus dem Gehirn austretenden Nervi optici verzweigen sich 
und entsenden zu jedem Auge ein Aestchen. Die Augen bestehen 
aus dem einzelligen Pigmentbecher und den Retina- oder Nervenzellen. 

Statocysten (Otocysten) sind nach einem älteren Befunde (1859) 
bei Leptoplana otophora vorhanden, jedoch fernerhin weder bei einer 
anderen Leptoplanide noch überhaupt bei einer anderen Polyclade 
aufgefunden worden; die Richtigkeit des genannten Befundes erscheint 
also zweifelhaft. 

Das Nervensystem der paludicolen und maricolen Tri- 
claden zeigt eine große Uebereinstimmung. Es besteht aus dem 
Zentralnervensystem (dem Gehirn und den beiden mittleren ventralen 
Nervenstämme) und dem peripheren Nervensystem; beide Systeme 
sind durch zahlreiche Kommissuren miteinander verbunden. Das 
Gehirn liegt bei den Paludicolen stets und bei den Maricolen meist 
sehr weit vorn; bei den Bdellouriden und Cercyriden liegt es weiter 
vom vorderen Körperrand, bei Sabussowia sogar erst im Anfang des 
zweiten Körperdrittels. Es besteht aus je einer Anschwellung des 
vorderen Endes der ventralen Hauptlängsnerven und Verschmelzung 
einer (bei einzelnen Paludicolen oft stattlichen) Anzahl von Ganglien- 
paaren und Querkommissuren. Ueber die Abgrenzung des Gehirns 
sind die Ansichten der Autoren geteilt, die einen rechnen das Gehirn 
von der Austrittsstelle der Sinnesnerven an, die anderen erst von 
der Einmündungsstelle der vorderen Längsnerven (s. u.) an. Die 
beiden starken, ventralen Hauptlängsnerven verlaufen im Parenchym, 
auf dem ventralen Hautmuskelschlauch aufliegend, fast parallel zu- 
einander und verjüngen sich namentlich im Hinterende. Ihre 
Endigungsweise ist verschieden (z. B. durch Ausstrahlung oder Ein- 
mündung in den kaudalen Teil des Randnervenringes) (cf. Fig. 38). 
und im einzelnen auch noch nicht ganz festgestellt. Die ventralen 
Hauptlängsnerven sind untereinander durch zahlreiche Kommissuren ver- 
bunden, deren Zahl bei manchen Arten eine gewisse Konstanz zeigt und 
in Beziehung zur Zahl der Exkretionsporenpaare und Darmzipfelpaare 
gebracht werden kann (z. B. für Procerodes lobata [Gunda segm.] und 
Dendroeoelum). Durch die Querkommissuren wird das Zentralnerven- 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 63 


system zum typischen Strickleiternervensystem gestempelt. Histo- 
logisch wurde für einzelne Arten eine Zusammensetzung des ven- 
tralen Hauptlängsnerven aus mehreren Nervensträngen festgestellt 
und wahrscheinlich ist sie auf eine Verschmelzung zurückzuführen, 


PS 


|| 
A 


1 
N 
[2 


Fig. 37. Fig. 39. 


Fig. 37. Schema einer Süßwassertrielade. au Auge, com Commissur, d’, d' vor- 
derer und hinterer Hauptdarmast, do Dotterstock, ex Exkretionskanal, exp Exkretions- 
porus, gl Gehirn, gp Genitalporus, In Seitennerven, m Mund, niv ventrale Längs- 
nerven, od Ovidukt, od’ unpaarer Ovidukt, ov Keimstock, p Penis, ph Pharynx, pht 
Pharynxtasche, te Hoden, ut Uterus, utd Uterusgang, vd Vas deferens. Nach BÖHMIE. 

Fig. 38. Organisationsschema, speziell des ventralen Nervensystems (dunkel, Darm 
heller gezeichnet) von Syncoelidium pellucidum. Nach WILHELMI. 

Fig. 39. Schema des Nervensystems einer Meerestrielade nach einem Querschnitt. 
cmd Kommissuren zwischen den dorsalen Längsnerven, nd Kommissuren der dorsalen 
und ventralen Längsnerven, ndm medialer Ausläufer der ventralen Längsnerven, Nid 
dorsale Längsnerven, Niv ventrale Längsnerven, Nm Randnervenring, nm’ vom Rand- 
nerv ausgehende Faserzüge, nmd Kommissuren zwischen dem Randnervenring und den 
dorsalen Längsnerven, nv Ausläufer von den ventralen Längsnerven und ihren ventralen 
Kommissuren. Nach BÖHNMIG. 


64 J. Winsen, 


worauf wir im phylogenetischen Teil zurückkommen werden. Für die 
Stärke der Längsnerven darf mit einiger Sicherheit die vorwiegend 
gleitende (nie schwimmende) Bewegungsweise der paludicolen und 
maricolen Trieladen als Ursache angesehen werden, wofür auch die 
Verhältnisse bei gleitender bzw. schwimmender Bewegungsweise 
sprechen. 

Das periphere Nervensystem besteht aus dem Nervenring am 
Körperrande und den dorsalen Längsnerven, sowie aus den Kommis- 
suren, die diese Nerven untereinander und mit den ventralen Haupt- 
längsnerven verbinden, und aus den vom Gehirn ausgehenden 
vorderen ventralen Längsnerven und Sinnesnerven. Der Nervenring 
läuft am Körperrande innerhalb des Hautmuskelschlauches peripherisch 
und in sich geschlossen. 

Vom Nervenring verlaufen nach außen kurze Ausläufer, medial 
verlaufen kurze Kommissuren, die ihn mit den ventralen Hauptlängs- 
nerven, entsprechend dessen eigenen Kommissuren, verbinden. In 
gleicher Weise verbinden ihn innerhalb des dorsalen Hautmuskel- 
schlauches verlaufende Kommissuren mit den dorsalen Längsnerven, 
die im wesentlichen entsprechend den ventralen -Hauptlängsnerven ver- 
laufen. Ihre Endigungsweise steht nicht fest. Sie sind sehr vielschwächer 
als die ventralen Längsnerven. Mit diesen stehen sie ebenso wie mit dem 
Nervenring und auch untereinander durch einander entsprechende Quer- 
kommissuren in Verbindung. Während die ventralen Längsnerven nur 
bis zum Gehirn eine bedeutende Stärke aufweisen, treten sie rostral in 
nur geringer Stärke aus dem Gehirn wieder aus und verlaufen, meist 
dicht unter dem innersten Sinnesnervenpaar, nach dem Nervenring 
des vorderen Körperrandes. Vom Gehirn aus treten ferner mehr 
dorsal eine Anzahl Sinnesnervenpaare nach vorn und etwas seitlich 
aus. Mit Ausnahme der innersten strahlen sie in die Zotten der 
Kopflappen aus. Mehr vom hinteren Teil des Gehirns steigen direkt 
dorsalwärts die beiden Augennerven auf. 

Das Nervensystem der Landtricladen gleicht dem der wasser- 
bewohnenden Tricladen, doch kommt einerseits statt ventraler Längs- 
nerven und deren Kommissuren ein ganzer Nervenplexus (bei vielen 
(reoplaniden) vor, andererseits ist bei Differenzierung des ventralen 
Nervensystems die Zahl der @Querkommissuren, entsprechend der 
größeren Darmdivertikelzahl, meist größer. 

Augen finden sich bei dem weitaus größten Teil der Tri- 
claden. Verhältnismäßig die meisten blinden Arten (z. B. Planaria 
anophthalma, Anocalis coeca, Dendrocoelum infernale und mräzxekt) 
weisen die Paludicolen auf. Bei Polycelis (Fig. 4g und h, S. 19) 
sind zahlreiche Augen (50—100) am Rande der vorderen Körper- 
hälfte verteilt und bei einigen Arten (z. B. Sorocelis, Polyeladodes 
und zuweilen auch bei der meist blinden Planaria cavatica) finden 
sich am Vorderende jederseits eine Anzahl Augenflecke. Ob es 
sich bei letzterer Art um eine Augenauflösung handelt, steht nicht 
fest. Augenmißbildungen (Nebenaugen, Augenauflösung, Doppel- 
augen etc.) teratogenen Ursprungs sind bei den Paludicolen und 
auch bei den Maricolen nicht selten. Augenlos ist unter den 
Maricolen nur die parasitische Micropharynxz, während Vieläugigkeit 
überhaupt nicht vorkommt. Bei den Landtrieladen steht Mangel der 
Augen nur für Geoplana typhlops fest. Meist finden sich bei ihnen 
zahlreiche Augen (z. B. mehrschichtig in der Kopfrandzone oder am 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 65 


Vorderende). Im übrigen sind die Augen der Landtricladen nach 
Zahl, Lage und Bau nicht ausreichend bekannt. Zweifelhafte Augen, 
Rückbildungen zu einzelnen Pigmentflecken, wie bei Planaria cavatica 
(s. 0.), finden sich bei den Rhynchodemiden. 

Bei den Maricolen wird der becherförmige pigmentierte, die 
Retinakolben (meist drei) umschließende Teil des Auges von nur einer 
Zelle gebildet. Die Retinakolben lassen eine 
Stiftehen- und Neurofibrillenschicht erkennen 
und gehen in den Nervus opticus über. Unter 
den Paludicolen weisen die Augen der Gattung 
Polycelis mit 1—3 Retinakolben den einfachsten 
Bau auf. Bei den Augen anderer Arten kommen 
bis ca. 200 Retinazellen vor. Wie bei den 
Maricolen besteht eine Differenzierung der 
Retinazellen in Neurofibrillenschicht und Stift- 
chen, die in den Pigmentbecher eingesenkt 
sind. Die Augen der Landtricladen stimmen 
im Bau im wesentlichen mit denen der wasser- er et 

: 7 - ig. 39a. Sehzelle von 
bewohnenden Tricladen überein. Plants torya: 1 Stift 

Das Nervensystem der Alloeocölen chensaum, 2Kern, 3 Nerven- 
und Rhabdocölen zeigt im Bau eine be- fortsatz. Nach HESsE. 
deutendere Mannigfaltigkeit als bei den Tri- 
claden. An diese schließen sich ziemlich eng einige Arten der Alloeo- 
cölen an, z. B. bezüglich der Kommissuren der Längsnerven, anderer- 
seits zeigen manche Arten derselben aber auch bedeutende Ab- 
weichungen, z. B. im Gehirnbau. Das Gehirn der Rhabdocöliden 
besteht meistens aus zwei Ganglien, doch fehlt diese Zweiteilung des 
Gehirns bei manchen Crossocölen unter den Alloeocölen gänzlich. 
Im ersteren Falle kann durch Hinzutreten einer Querfurche eine Vier- 
teilung des Gehirns eintreten. Die Lage des Gehirns ist immer an 
das vordere Körperende gebunden. Die vom Gehirn nach vorn 
ausstrahlenden Nervenbündel lassen sich oft schwer in Einzelnerven 
gliedern (cf. Fig. 41). Die stärksten Nerven stellen stets die von 
der hinteren Gehirnpartie ausgehenden ventralen Längsnerven (Fig. 40, 
41, 42) dar. Zuweilen finden sich auch zwei dorsale Längsnerven 
vor; sie liegen stets weiter auseinander als die ventralen. Die Ver- 
hältnisse der die Längsnerven verbindenden Querkommissuren sind 
sehr wechselnd. In größerer Zahl scheinen sie nur bei den crosso- 
cölen Alloeocölen und bei Prorhynchus putealis vorhanden zu sein. 
Im allgemeinen finden sich aber nur bis 3 Kommissuren, von denen 
eine untere Schlundkommissur für die Typhloplanini charakteristisch 
zu sein scheint. Nur eine Querkommissur findet sich bei den Eumeso- 
stominen und den Prorhynchiden, und zwar unweit hinter dem Gehirn. 
Von den dorsalen Längsnerven aus können zahlreiche Nerven nach 
dem Seitenrande des Körpers ausgehen. 

Die Innervierung des Pharynx geschieht bei den Rhabdocöliden, 
soweit bekannt, durch je einen von den ventralen Längsnerven auf- 
steigenden Ast (Fig. 41), bei einigen Arten (z. B. Microstomum) auch 
durch Nerven, die direkt vom Gehirn ausgehen (Fig. 42). Bei zahlreichen 
Rhabdocöliden ist als Zentralorgan der Nerven des Pharynx ein im 
distalen Teil desselben gelegener Nervenring (Fig. 41), wie er auch 
für zahlreiche Trieladen bekannt ist, nachgewiesen worden. Die 
Sinnesorgane bestehen aus Augen, Statocysten und den so- 

Arnold Lang, Handb. d. Morphologie. III. 5 


66 J. Wirneunı, 


genannten Hautsinnesorganen (S. 35). Als Augenformen finden 
sich bei den Rhabdocöliden Pigmentaugen und pigmentfreie licht- 
brechende Organe. Erstere sind, meist in der Zweizahl, aber in 
wechselnder Lage, dem größten Teil der Rhabdocöliden eigen. Sie 
schließen sich bei den Alloeocölen hinsichtlich der Linsenzellen 
den Augen der Tricladen (S. 65) an. Ihr Pigmentbecher ist bei 
den meisten zwei Augen tragenden Arten in zwei bis drei Kammern 


Fig. 40. Fig. 41. Fig. 42. 


Fig. 40. Schema des Nervensystems von Prorhynchus putealis. 1 Gehirn- 
kommissur, 2 Gehirn, 3 dorsaler Längsnerv, 4 Kommissuren zwischen den dorsalen und 
ventralen Längsnerven, 5 Randnerven, 6 ventraler Längsnerv. Nach GRAFF. 


Fig. 41. Schema des Nervensystems von Mesostoma ehrenbergi. 1 Chiasma 
der vorderen Nerven, 2 Gehirn, 3 dorsale Längsnerven, 5 ventrale Längsnerven, 5 Nerven- 
ring des Pharynx, 6 Innervierung des Pharynx, ? Nerven des Darmes, $ untere 
Schlundkommissur, 9 Pharynx, 10 Augen. Nach GRAFF. 


Fig. 42. Schema des Nervensystems von Microstomum lineare. / Augen, ® 
Gehirn, 3 Wimpergrübchen, 5 Pharynxnerven, 5 ventrale Längsnerven, 6 Darm, 7 Pharynx, 
8 Pharyngealnervenring. Nach WAGNER und LUTHER aus GRAFF, Rhabdoeöliden. 


geteilt. Bei einigen Arten, z. B. Plagiostomum, ist diese Dreiteilung 
nur noch angedeutet. Monoophorum und Pseudostomum weisen vier 
Augen auf. 


Pigmentlose lichtbrechende Organe finden sich einfach oder paarig 
bei dem Khabdocölengenus Sienostomum. Unter ihnen lassen sich 
drei Formen, Schüssel-, Linsen- und Schalenform, unterscheiden. 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 67 


Eine Statocyste (früher auch als Otocyste, Gehörbläschen be- 
zeichnet), findet sich unter den Alloeocölen bei den Automoliden, 
Monoceliden und bei Acmostomum, unter den Rhabdocölen bei Catenula 
lemnae und Mecynostomum. Sie liegt bläschenförmig dem Gehirn 
auf und enthält einen Statolith (Otolith), neben dem sich aber ein 
oder zwei Nebensteinchen finden können (z. B. bei den crossocölen 
Alloeocölen).. Chemische Zusammensetzung und Funktion der Stato- 
cysten dürften bei den Rhabdocöliden die gleichen wie bei den 
Acölen (S. 68) sein. 


Das Nervensystem der Acölen ist noch nicht ausreichend 
bekannt. Sicher festgestellt ist eine konstante bilaterale Symmetrie. 
Bei Convoluta roscoffensis besteht das Gehirn aus einem Paar 
„Frontalganglien“ und den dahinter liegenden „Hauptganglien“, die 
mit ersteren durch eine dünne „Mittelpartie“ verbunden sind. In 
der Hauptganglienmasse ist die Statocyste (s. u.) eingebettet und wird 
von der Mittelpartie des Gehirns überbrückt. Von dem hinteren Teil 
der Hauptganglien gehen die beiden mittleren dorsalen Längsnerven 
aus, während die äußeren dorsalen Längsnerven sowohl mit den 
Frontalganglien als auch den Hauptganglien kommunizieren. Außer 
diesen drei Längsnervenpaaren finden sich noch zwei Paar ventrale 
Längsnerven. Aehnlich liegen die Verhältnisse bei den übrigen 
Acölen. Es lassen sich im ganzen drei Typen unterscheiden, deren 
ersten wir bei der oben beschriebenen 
C. roscoffensis finden. Den zweiten und 
einfachsten Typus zeigen Haplodiscus und 
Proporus. Der dritte Typus (Otocelis) weist 
eine Ringform des Gehirns und Abtrennung 
der Frontalganglien auf. 


Fig. 43. Schema des dor- 
salen Nervensystems von Con- 
voluta roscoffensis. Vergr. 
ca. 30. Nach GRAFF. 


Fig. 44. Nervensystem 
eines jungen Harmostomum 
leptosomum. 1 Gehirnkom- 
missur, 2 Pharyngealnerven, 
3 dorsale Längsnerven, Z ven- 
trale Längsnerven, 5 Genital- 
porus, 6 Exkretionsporus, 7 
Bauchsaugnapf, 8 laterale Längs- 
nerven, 9 Mundsaugnapf. Nach 
BETTENDORF aus BRAUN. 


Fig. 43. 


Auch die Augen der Acölen sind noch unzulänglich bekannt. Für 
einige Arten steht fest, daß ihnen Augen gänzlich fehlen. Bei einer 
Anzahl Arten finden sich zwei längliche oder dreieckige Augen, deren 
kugelige Pigmentkörper sehr verschiedene Färbung aufweisen können, 
nur Convoluta lacazei besitzt 4 Augen. Meist liegen die Augen im 
Parenchym, und zwar direkt auf dem Gehirn. Nur bei Otocelis rubri- 
punctata wird das Auge aus einer Anzahl polygonaler Zellen des 

5* 


: 
68 J. Wıuneunı, 


Epithels gebildet. Bei allen Acölen (vielleicht nur mit Ausnahme 
von Haplodiscus piger) findet sich eine Statocyste, während eine 
solche bei den Rhabdocöliden nur vereinzelt vorkommt. Sie stellt 
ein kugeliges Gebilde, dessen Wandung aus drei Schichten besteht, 
dar. Mit dem Gehirn steht sie durch ein ringförmig endigendes 
Zwischenstück, das einen für die Innervierung offenbar bedeutungs- 
vollen Kern führt, in Verbindung. Im Innern der Statocyste findet 
sich in einer als Statolymphe bezeichneten Flüssigkeit ein im wesent- 
lichen aus kohlensaurem Kalk bestehender Statolith. Die Funktion 
dieses früher als Hörbläschen (Otocyste) aufgefaßten Sinnesorgans ist 
die eines Gleichgewichtsorgans. 

Das Nervensystem der Trematoden (Fig. 36 S. 60 und 
Fig. 44 S.67) schließt sich eng an das der Turbellarien, speziell der 
Trieladen, an. Es besteht im wesentlichen aus dem Gehirn und meist 
sechs von ihm ausgehenden Längsnerven, die durch Kommissuren 
miteinander in Verbindung stehen können. Das Gehirn liegt stets 
über dem Munde. Liegt der Mund im Grunde des Saugnapfes, so 
spannt es sich als Querfalte über den vordersten Teil des Pharynx 
aus. Das Gehirn setzt sich stets aus zwei Ganglienknoten zu- 
sammen, welche durch eine nur Fasern enthaltende Kommissur 
miteinander verbunden sind. Nach vorn treten von jedem Ganglion 
je drei (vier) Nerven aus (Fig. 42), die das Vorderende und seine 
Haftorgane innervieren. Nach hinten treten vom Gehirn drei Nerven- 
paare aus, die den Körper der Länge nach durchziehen. Die 
sechs Längsnerven bestehen in einem Paar dorsaler Nerven, einem 
Paar Seitennerven, die auch als äußere ventrale Längsnerven auf- 
gefaßt werden können, und einem Paar ventraler (innerer) Nerven. 
Die inneren und äußeren ventralen Längsnerven treffen sich im Hinter- 
ende des Körpers, bzw. nahe der Ansatzstelle des hinteren Saugnapfes: 
in diesen treten sie durch dessen kurzen Stiel ein. Alle Längsnerven 
können miteinander durch mehr oder weniger zahlreiche Querkom- 
missuren verbunden sein. Der vordere Mundsaugnapf bzw. die Seiten- 
saugnäpfe werden von den aus dem Gehirn nach vorn austretenden 
Nerven innerviert. Der Pharynx wird durch zwei direkt aus dem 
Gehirn nach hinten austretende Nerven versorgt (Fig. 44), welche 
Art der Pharynxinnervierung gelegentlich auch schon bei Turbellarien 
vorkommt (cf. S. 65). Der Bauchsaugnapf wird von Abzweigungen 
der ventralen Längsnerven innerviert (Fig. 44). Das Nervensystem 
der Digeneen weicht von diesem Bau insofern ab, als einerseits meist 
nur ein Nervenpaar vom Gehirn aus nach vorn verläuft (Ausnahme 
Distomum isostomum, Fig. 36 8. 60), andererseits, als die Quer- 
kommissuren der Längsnerven meist bedeutend reduziert sind. Ueber- 
haupt erscheint es verständlich, daß die Monogeneen, die größtenteils 
Ektoparasiten sind, an Nerven reicher sind als die fast ausschließlich 
endoparasitischen Digeneen. Demgemäß kommen auch bei ersteren 
öfters noch Sinnesorgane vor. Tentakel, wie sie sich am Vorderende 
von Temnocephala finden (cf. S. 24), werden durch die aus dem 
Gehirn nach vorn austretenden Nerven innerviert. Augen kommen 
nicht nur bei Larvenstadien sondern öfters auch bei erwachsenen 
Monogeneen vor. Sie liegen stets dorsal und in unmittelbarer 
Nähe des Gehirns. Bei Temnocephala finden sie sich, wie bei- 
spielsweise angeführt sein mag, in der Zweizahl, bei Polystomum 
integerrimum in der Vierzahl, doch kommen sie auch bei manchen 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 69 


Arten, z. B. Onchocotyle appendreulata, in größerer Zahl (6-8) vor. 
Zuweilen sind sie nur bei den jungen Tieren vorhanden, bei denen 
sie unverhältnismäßig groß sein können, während sie bei manchen 
Arten, sobald diese erwachsen sind, entweder verschwinden oder klein 
und verwaschen erscheinen. Bei Digeneen kommen Augen nur bei 
Larven oder Jugendstadien, bei erwachsenen Tieren nur rudimentär 
vor. Als Tastorgane werden bei einigen Digeneen gewisse Haut- 
papillen angesprochen. 


Die histologischen Bestandteile des Nervensystems 
der Trematoden sind Ganglienzellen und die mit ihnen in Ver- 
bindung stehenden Nervenfasern. Wie bei den Turbellarien sind 
die Ganglienzellen vorwiegend dem Gehirn angelagert und finden sich 
auch zahlreicher an den Ausgangspunkten der Nervenkommissuren. 


Die monozoischen Öestoden bieten hinsichtlich des Nerven- 
systems einen typischen Uebergang von den Trematoden zu den 
polyzoischen CGestoden, indem sich Amphrlina und Caryophyllaeus im 
Bau des Nervensystems ganz an die Trematoden, speziell an die 


Fig. 45. 


Fig. 45. Nervensystem von Ligula. Vergr. ca. 15. Nach NIEMIEC. 

Fig. 46. Nervensystem des Scolex von Taenia serrata. dn,, dn, schwächere 
Längsnerven (nur zur Hälfte eingezeichnet), ge Gehirn oder Hauptkommissur. Sn Seiten- 
oder Hauptlängsnerven. Nach NIEMIEC. 


Distomeen, anschließen. Die scolexlose Cestode Zigula besitzt 12 
vom Gehirnganglion ausgehende Längsnerven, unter denen aber nur . 
in unmittelbarer Nähe des Gehirns Kommissuren vorkommen (Fig. 45). 
Bei den übrigen polyzoischen Cestoden ist die Zahl der Längsnerven 
stets geringer als bei Zrgaula. Meist finden sich 10 Längsnerven, die 
die ganze Proglottidenkette durchziehen. Am kräftigsten entwickelt 
sind die beiden jederseits nahe dem Rande außerhalb der Ex- 
kretionskanäle verlaufenden sogenannten Hauptnervenstämme. Im 
hinteren Teile der Proglottiden sind sie meist durch eine typische 
Ringkommissur miteinander vereinigt. Im Scolex (Fig. 46) sind 
sie durch eine Hauptkommissur, die als Gehirn bezeichnet wird, ver- 
bunden. Zugleich finden sich hier aber auch zwischen den übrigen 
Längsnerven Kommissuren, die ringförmige, polygonale oder kranz- 
förmige Anordnung haben können. Die Anordnung der Nerven im 
Scolex ist also sehr mannigfaltig.. Von dem sogenannten zentralen 
Nervensystem, das sich aus der Hauptkommissur und den übrigen 
Kommissuren der Längsnerven zusammensetzt, gehen nach dem am 
Vorderende liegenden Haftorgan, den Saugnäpfen oder dem Rostrum 


70 J. Wırueraı, 


apikale Nerven aus. An der Muskulatur des Rostellums können diese 
eine ringförmige Kommissur (Rostellarring) bilden. Von den Kom- 
missuren im Scolex und den Nervensträngen der Proglottiden gehen 
die peripheren Nerven aus, die einerseits die Muskulatur direkt inner- 
vieren und andererseits einen Nervenplexus bilden. Die Zellen des- 
selben liegen körpereinwärts von den Subeuticularzellen und entsenden 
ihre Ausläufer zur Cuticula. 


Spezifische Sinnesorgane fehlen den Üestoden. 


9. Genitalapparat. 
(Allgemeines S. 3.) 


Der Genitalapparat der stets hermaphroditischen Poly- 
claden setzt sich zusammen aus Hoden, Vasa efferentia und defe- 
rentia, männlichem Kopulationsapparat, Ovarien, Ovidukten, Uterus 
und dem weiblichen Begattungsapparat (S. 52, Fig. 29a, 30, 30a und 
Fig. 47). 

Die Hoden liegen in großen Mengen in den seitlichen Körper- 
zwischen 


unter den Darmästen auf der ventralen Haut- 
muskulatur. Bei geschlechtsreifen Tieren 
liegen sie öfters zu zweien oder dreien 
übereinander. Im medianen Feld zwischen 
den Längsnerven fehlen sie gänzlich. 
Ihre Gestalt ist kugelig. Strukturell ent- 
sprechen sie denen der Tricladen, von 


teilen und 


o— denen sie nur darin abweichen, daß 
PER: die Spermatogonien nicht peripher und 

die jungen Spermatocyten nicht zentral, 
E sondern regelloser verteilt sind. Aus 


13 Wk jedem Hoden tritt je ein feiner Kanal 
RT ar: 4 ?d (Vas deferens) aus. Diese mit wenigen 
j Kernen versehenen Kanälchen vereinigen 
sich nach kurzem Laufe zu Sammel- 
kapillaren, die oft im blasenförmig 
erweiterten Lumen Samen enthalten. 
Diese wiederum vereinigen sich zu einem 
?aar Samenkanäle, deren Wandung 
aus spärlich mit Cilien besetztem Epithel 
besteht. Sie liegen rechts und links von 
den Längsnerven nahe dem Uterus, laufen 
dann gegen die Medianlinie zu (Vasa 
deferentia)A und münden dann in den 
Penis ein. 


Bau, Zahl und Lage der Begat- 


Fig. 47. 
von Leptoplana. 


Geschlechtsapparat 


h Hoden, mo tungsapparate 


männliche Geschlechtsöffnung, no 


weibliche Geschlechtsöffnung, 0 
Övarien, ov Ovidukte, p Penis, 
sb Samenblase, sd Schalendrüse, vd 
Vas deferens, « Uterus. Nach LANG. 


Drüse und 


sind bei den Poly- 
claden außerordentlich variabel und zu- 
weilen bei Arten des gleichen Genus 
recht verschieden. Im allgemeinen. setzt 
sich der Begattungsapparat aus dem 
vorstülp- oder streckbaren Penis, einer 


einer muskulösen Samenblase zusammen; erstere fehlt 


bei Anonymus, letztere bei mehreren Arten. 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 1: 


Eine größere Anzahl Begattungsapparate findet sich bei Orypto- 
celides, Polyposthia und Anonymus, zwei getrennte Begattungsapparate 
besitzen Tysanozoon (8.53, Fig. 30 a) und Pseudoceros superbus. Die 
übrigen Polycladen besitzen nur je einen Begattungsapparat. Die 
männliche Geschlechtsöffnung liegt ventral in der Medianlinie hinter 
dem Mund vor der weiblichen. Sind zwei männliche Geschlechts- 
öffnungen vorhanden, so liegen sie nahe beieinander rechts und 
links von der Medianebene. Außer der Kopulation kommt als Be- 
fruchtungsmodus auch „hypodermale Imprägnation“ des Spermas 
(cf. 8. 98) vor. 

Der weibliche Geschlechtsapparat der Polycladen (Fig. 47) 
besteht aus 1) den zahlreichen Ovarien, 2) den Eileitern, 3) dem 
Uterus und 4) dem weiblichen Begattungsapparat und 5) akzessorischen 
Drüsen. 

Die Ovarien sind rundlich geformt und in reifem Zustand be- 
deutend größer als die Hoden. Sie liegen in großer Zahl im Par- 
enchym zerstreut, zu Anfang meist direkt unter der dorsalen Haut- 
muskulatur. Sie entwickeln sich später als die Hoden (unvollkommener 
sukzessiver Hermaphroditismus). Der Bau der Ovarien ist bei allen 
Polycladen im wesentlichen der gleiche. Die das Ovarium bildenden 
Eikeime (Keimlager) und Eizellen sind von einer zarten Tunica propria 
eingehüllt. Zwischen den sich entwickelnden Eiern liegt ein kern- 
führendes lamellöses Gewebe. das sogenannte Follikelgewebe, das 
jedenfalls aus dem Keimlager hervorgeht, Verhältnisse, die wir auch 
im Trieladenovar wiederfinden. Mit dem Wachstum der Eizellen, 
deren meist nur zwei gleichzeitig zur Entwickelung kommen, mehren 
sich die Dottermassen, die aus verschieden großen Dotterkügelchen 
und -körnchen bestehen, außerordentlich. Aus dem Follikelepithel 
gehen die anfangs als solide Zellstränge angelegten Ovidukte hervor, 
deren Lumen sich erst sekundär bildet. Sie bilden ein über den 
Darmästen liegendes Netz. Ihre Wandung besteht aus einem mit 
langen Flimmerhaaren besetzten Plattenepithel. Bei manchen Poly- 
claden münden in die ÖOvidukte „rosettenförmige Drüsen“, deren 
Funktion unbekannt ist. Die Ovidukte treten durch besondere Ver- 
bindungsgänge mit dem Uterus in Verbindung. Dieser besteht aus 
sackartigen Gängen, die prall mit Eiern eefüllt sein können. Struk- 
turell gleicht die Wandung des Uterus derjenigen der Ovidukte. 
Jederseits vereinigen sich die (ein- oder mehrfachen) Uterusgänge zu 
einem einfachen Gang. Diese beiden Gänge vereinigen sich ihrerseits 
wieder in der Medianlinie des Körpers zu einem unpaaren Eiergang, 
der in die über dem Atrium femininum gelegene „Tasche“ (s. u.) 
mündet. Als „akzessorische Eileiter-- und Uterusdrüsen“ werden 
blasenförmige Gebilde, die in die Ovidukte, den Uterus oder den 
Eiergang münden, bezeichnet; ihre Funktion ist fraglich. Der weib- 
liche Begattungsapparat, der stets in der Einzahl vorhanden 
ist, weist bei allen Polycladen, im Gegensatz zu dem männlichen Be- 
gattungeapparat, einen ziemlich einheitlichen Bau auf. Die weibliche 
Geschlechtsöffnung, die stets hinter der männlichen liegt, führt zum 
Atrium femininum. Dieses kann sowohl stark rückgebildet als auch 
zu einer geräumigen Bursa copulatrix erweitert sein. Ueber dem- 
selben liegt eine als „Tasche“ bezeichnete Höhlung, in die zahl- 
reiche Schalendrüsen sekundär münden. Das Schalendrüsen- 
sekret wird der „Tasche“ durch den Eingang zugeführt, dessen 


12 J. WILHELNMT, 


inneres Endstück daher auch als Schalendrüsengang bezeichnet wird. 
Nach neueren Untersuchungen scheinen jedoch die Schalendrüsen 
bei allen Plathelminthen nur eine untergeordnete Rolle bei der 
Schalenbildung zu spielen; es ist daher für diese Drüsen, deren 
Name ihrer Funktion nicht mehr voll zu entsprechen scheint, die 
Bezeichnung „weibliche akzessorische Drüsen“ in Vorschlag ge- 
bracht worden. Das Atrium ist von einem Flimmerepithel bekleidet 
und von außen mit einem schwachen Muskelfaserbelag, der sich vom 
ventralen Hautmuskelschlauch herüberzieht, versehen. (Begattung 
und andere der Befruchtung dienende Vorgänge, Schalenbildung und 
Eiablage ef. Entwickelungsgeschichte S. 98.) 

Das Genitalsystem der marinen Tricladen, dasim großen 
ganzen dem der paludicolen Trieladen ähnlich, aber bei einzelnen 
Arten doch wechselnder ist, setzt sich zusammen aus den meist zahl- 
reichen Hoden (Testicula), den Vasa efferentia und deferentia, den 
stets paarigen Keimstöcken (Ovarien) und den paarigen Eileitern 
(Ovidukten), den Dotterstöcken und dem Kopulationsapparat; letzterer 
besteht aus der meist unpaaren (Ausnahmen UÜteriporus und Bdellou- 
riden) Geschlechtsöffnung, der desgleichen meist unpaaren Vagina, 
(Grenitalhöhle und Penis, Vaginalovidukt, dem unpaaren Eiergang (der 
aber fehlen kann), der sogenannten Schalendrüse und dem Rec. 
seminis und dessen Vaginalstiel. Die marinen Tricladen sind 
Zwitter, mit Ausnahme von Sabussowia dioica. Die Hoden 
liegen meist dorsal, unter dem Hautmuskelschlauch. Bei Procerodes 
lobata (G. segm.) wie einigen anderen Arten liegen sie in zwei Reihen 
in beiden Körperseiten zwischen den Darmzipfeln und entsprechen 
an Paarzahl (durchnittlich 27) etwa den Darmzipfelpaaren und Nerven- 
kommissuren, so daß sie eine segmentale Anordnung aufweisen. Aehn- 
lich, doch individuell und für die verschiedenen Arten variabler an 
Zahl und Anordnung, finden sie sich bei den übrigen Procerodiden; 
während sie bei Proc. plebeja insgesamt zuweilen nur 16 betragen, 
steigen sie bei Proc. dohrni bis 76 und bei Proc. ohlini bis auf 150. 


Bei Uteriporus sind die Hoden gleich wie bei Proc. lob. auffällig 
segmental angeordnet, an Zahl jedoch reduzierter. Ganz abweichend 
sind die Hoden nach Zahl und Lage bei den übrigen Familien, und in 
diesen wieder wechselnd. Unter den Üercyriden weisen die Üercyra- 
Arten zahlreiche, dorsal gelagerte und speziell in der vorderen Körper- 
hälfte angehäufte Hoden (bis 70 auf jeder Körperseite) auf; ihre Lage 
läßt oft schon das entsprechend angeordnete Pigmentnetz (Fig. 27 und 28, 
S. 45) am lebenden und am fixierten Tier erkennen. Bei Cerbussowia 
ist nur ein Paar Hoden, die eine außerordentliche Größe aufweisen, 
vorhanden. Bei den Bdellouriden (Fig. 35c S. 56) liegen die Hoden 
mehr nach dem seitlichen Körperrand hin und können an Zahl jeder- 
seits bis 150 betragen. Bei Micropharynz sind die zahlreichen Hoden 
nahe dem Vorderdarm ventral gelegen (Fig. 35f S. 56). 


Die Form der Testicula ist kugelig bis oval, seltener unregel- 
mäßig. Bei reifen Hoden finden sich, im Gegensatze zu den Poly- 
claden, mehrere konzentrische Zellschichten, Spermatogonien, Sperma- 
toeyten, Spermatiden und im zentralen Teil die reifen Spermatozoen. 
Die Ausführung des Spermas aus den Testieula erfolgt durch die 
Vasa efferentia, die sich infolge ihrer zarten Struktur leicht der 
Wahrnehmung entziehen. Ihre Wandung besteht aus einem Platten- 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 13 


epithel, dessen Zellen nur sehr undeutlich gegeneinander abgegrenzt 
sind und nahe der Hodenöffnung bewimpert sein können. Die 
Vasa efferentia münden in die paarigen Vasa deferentia (Fig. 49 vd), 
die rechts und links vom Pharynx verlaufen und nach beträcht- 
licher Anschwellung (zu sogenannten falschen Samenblasen) zu 
einem kurzen unpaaren Gang vereinigt, seltener paarig in den Penis- 
bulbus eintreten. 


Bei Cercyra, Sabussowia und Micropharynx& (Fig. 51 und 52 und 8. 56 
Fig. 35 f) vereinigen sich die Vasa deferentia gleich hinter der Pharynx- 
tasche zu einem kräftigen unpaaren Gang (Ductus deferens), der nach 


Fig. 48. Schema des Kopulationsapparates 
von Procerodes dohrni, Flächenansicht nach 
einem Quetschpräparat des lebenden Tieres. 
atf Atrium genitale femininum, «ige Atrium 
genitale commune, atm Atrium genitale mascu- 
linum, coc Cocon, der Verbindungskanal zwischen 
Ovidukt und Rec. seminis (Bdellouriden), dd 
Ductus deferens, ddi Darmdivertikel, de Ductus 
ejaculatorius, dpc Commissur der hinteren Darm- 
äste, epd dorsales Epithel, epe eingesenktes 
Epithel, epv ventrales Epithel, mu Mundöffnung, 
Niv ventrale Längsnerven, vi unpaarer Eiergang, 
ovd Ovidukte, ovi Vaginalovidukt, pdr Penis- 
drüsen, pen Penis, pg Porus genitalis, ph Pharynx, 
pht Pharynxtasche, rmp Ringmuskeln des Penis, 
rs Receptaculum seminis, rsa accessorische 
Samenblasen, rt Retraktormuskeln des Penis, 
sdr Schalendrüsen, va Vagina, vd Vas deferens, 
voi=ovi, vs Vesicula seminalis, vsrs Vaginal- 
stiel des Rec. seminis. Nach WILHELMI. 


gewundenem Laufe in den Penisbulbus eintritt. Die Wandung der 
V. deferentia und des Ductus deferens besteht aus Plattenepithel. Bei 
einigen Arten ist eine Bewimperung desselben, sowie für den D. deferens 
eine eigene Muscularis angegeben worden. 


Die Ovarien, Keim- oder Eierstöcke sind stets nur in der Zwei- 
zahl vorhanden. Sie sind von kugeliger bis runder Gestalt und meist 
viel größer als die Testicula (Ausnahme Cerbussowia). Meist liegen sie 
direkt hinter dem Gehirn den ventralen Längsnerven auf (bei Pro- 
cerodiden zwischen dem 2. und 3. postocellaren Darmdivertikelpaar und 
bei Uteriporus hinter dem 1. postocellaren Divertikelpaar), bei den 
Bdellouriden ein wenig weiter hinter dem Gehirn zwischen dem 2. und 
3. postocellaren Divertikelpaar; bei manchen Arten kommt als Anhang 
des Ovariums ein sog. Parovarium (s. S. 77) vor. 


Bei Sabussowia 2 liegen sie zwar weit vom vorderen Körperende, 
aber doch wenig hinter dem Gehirn, bei Cercyra kurz vor dem Pharynx, 
und bei Cerbussowia in der Mitte zwischen Pharynxinsertion und Ge- 
hirn (Mieropharynz s. Fig. 35f S. 56). 

Die Randzellenzone besteht aus der Tunica propria und den Randzellen, 
auf die die Oogonien, Oocyten und sogenannte Stützzellen, offenbar nicht 
zur Entwickelung gekommene Eizellen, folgen. Als Keimlager wird 
der in die kugelige Form des Ovars eingeschlossene Teil, der eine 
größere oder kleinere Zahl noch nicht differenzierter Keimzellen enthält, 
bezeichnet; bei Cercyra bildet es eine seitliche Aussackung. 


74 J. Wırueını, 


Die Eileiter, Ovidukte, verlaufen von der Unterseite der Ovarien 
etwa parallel auf oder ein wenig seitlich von den ventralen Haupt- 
nervensträngen (Endigungsweise der Ovidukte s. Kopulationsapparat). 
Die kräftige Wandung der Eileiter ist reich an Kernen; für die Innen- 
wandung wird von einigen Autoren ein Cilienbesatz angegeben. Die 
Dotterstöcke, Vitellarien, sind stets zahlreich und unregelmäßig auf 
den ganzen Körper verteilt; zuweilen überwiegen sie im präpharyn- 
gealen Körperabschnitt. Sie bestehen aus kompakten großen Zellen 
mit ebenfalls großen Kernen: bei völliger Entwickelung sind sie mit 
zahlreichen Dotterkügelchen (umgewandeltem Plasma) erfüllt. 

Der Kopulationsapparat der marinen Tricladen (Fig. 48 und 49) 
beginnt mit der meist einfachen Geschlechtsöffnung, von der aus 
die Vagina zum Atrium genitale aufsteigt. Mit diesem kommuniziert 
schräg nach vorn die Penishöhle, die von dem Penis ziemlich aus- 
gefüllt wird. An dem Penis läßt sich ein apikaler Teil und der 
basale voluminöse Bulbus unterscheiden. In letzteren treten die 

| 


epd 


Fig. 49 a. Fig. 49 b. 


Fig. 49a. Schema des Kopulationsapparates von Procerodes lobata nach einem 
medianen Sagittalschnitt. Buchstabenerklärung siehe Fig. 48. Nach WILHELMI. 

Fig. 49b. Dasselbe mit fertiggebildetem Cocon in der Penishöhle und vollständig 
kontrahiertem Penis. Buchstabenerklärung siehe Fig. 48. Nach WILHELMI. 


Vasa deferentia, meist zu einem unpaaren Gang vereint, ein und 
bilden dann im Bulbus eine echte Samenblase, die nach der Spitze 
des Penis hin durch den Ductus ejaculatorius nach außen mündet. 
In den D. ejaculatorius münden zahlreiche erythrophile Drüsen, deren 
Endteile außerhalb des Penis liegen. In der Penishöhle findet die 
Coconbildung statt, während der Penis außerordentlich kontrahiert wird 
(Fig. 49b). Von dem Atrium steigt schräg nach hinten oder nach oben 
der Vaginalovidukt auf und mündet in das Receptaculum seminis, 
welches hinter (nur bei Procerodes wandeli über und bei UÜteriporus 
vor) dem Penis liegt. Nach hinten oder schräg nach unten geht 
von dem Vaginalovidukt der unpaare Eiergang aus; seltener münden 
paarige Ovidukte direkt in den Vaginalovidukt. Die zahlreichen 
Schalendrüsen, deren Sekret an der Öoconbildung beteiligt ist (ef. S. 100), 
münden meist in den unpaaren Eiergang ein. 

Diese Bestandteile finden sich bei allen Meerestricladen wieder. 
Im einzelnen variiert jedoch der Aufbau des Kopulationsapparates 
bei den fünf Familien der Maricolen nicht unbeträchtlich, ist aber 
für jede Familie charakteristisch. 

I. Typus: Procerodiden. Der birn- bis retortenförmige Penis (Fig. 48 
und 49 a) steht schräg nach hinten oder fast steil nach unten. An der 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 15 


Vereinigungsstelle des Vaginaloviduktes und des unpaaren Eierganges 
mündet der Vaginalstiel des Receptaculum seminis. Die Schalendrüsen 
münden meist in den unpaaren Eiergang oder auch gleichzeitig noch in 
den unpaaren Eiergang und den Vaginalstiel des Rec. seminis (bezüglich 
der übrigen Konfiguration cf. Fig. 48 und 49). Die Cocons sind kugelig, 
ungestielt. II. Typus: Uteriporidae. Penis wie bei Typus I. Das Re- 
ceptaculum seminis liegt vor dem Penis und mündet selbständig aus 
(Fig. 50), so daß zwei hintereinander liegende Geschlechtsöffnungen be- 
stehen. Von den Ovidukten, die durch einen unpaaren Eiergang (o:), 
in den die Schalendrüsen münden, in die' Penishöhle (atygm) eintreten, 
zweigen sich zwei akzessorische Blasen (vsa) ab; diese stehen durch je 
einen Gang mit dem Receptaculum seminis in Verbindung. III. Typus: 
Cercyridae (Fig. 51, 52a und b). Der Penis ist mit einer chitinösen 
Spitze versehen oder wenigstens zugespitzt (Sabussowia &). Die Schalen- 
drüsen münden in den (hier nicht der Begattung dienenden) Vaginal- 
ovidukt (vor). Das Receptaculum seminis ist rudimentär. Die Befruch- 
tung scheint nur durch hypodermale Imprägnation des Samens (S. 99) 


m uf 
WG ar 


N I N 
N 1 


Fig. 50. Fig. 51. 


Fig. 50. Schema des Kopulationsapparates von Uteriporus nach einem Eapliat 
schnitt. Buchstabenerklärung siehe Fig. 48 S. 73. Nach WILHELMI. 

Fig. 51. Schema des Penis von Cercyra hastata nach einem Anekichnespirale 
des lebenden Tieres. Buchstabenerklärung siehe Fig. 48 S. 73. Nach WILHELMT. 


zu erfolgen. Die Cocons sind oval, ungestielt. Besondere Erwähnung 
verdient Sabussowia dioica, die einzige getrennt geschlechtliche Turbellarie. 
Der Aufbau des männlichen und weiblichen Kopulationsapparates der- 
selben geht aus Fig. 52a, b hervor. IV. Typus: Bdellouriden (Fig. 53). 
Penis birnförmig, zugespitz. Die Ovidukte (ovd) vereinigen sich zu 
einem unpaaren Eiergang (voi), dessen Fortsetzung bis zur Penishöhle 
(atg), Vaginalovidukt (voi) und gleichzeitig A. genitale femininum (atf) 
darstellt; in letzteren münden die Schalendrüsen. Zwei Receptacula 
seminis liegen rechts und links wenig vor dem Penis; also drei Ge- 
schlechtsöffnungen vorhanden. Cocons abgeflacht, gestielt. V. Typus: 
Micropharyngiden (ef. Fig. 35f S. 56). Die Vasa deferentia treten, zu 
einem Ductus deferens vereint, in den zugespitzten Penis ein. Eine 
Geschlechtsöffnung. Weiblicher Kopulationsapparat und Cocons unbekannt. 


Der stark erigierbare Penis weist in seinem basalen Teil eine 
kräftige Muskulatur auf, zwischen der die Penisdrüsen an den Ductus 


76 J. WiLHeını, 


ejaculatorius herantreten. Sie entsprechen im Bau und färberisch 
genau den übrigen erythrophilen Körperdrüsen. Das Receptaculum 
seminis ist niemals der Ort der Coconbildung, sondern dient zur Auf- 
nahme des Samens bei der Begattung und Selbstbegattung (S. 99). 


r TEE, 


Fig. 52a, b. Schema des männlichen (a) und weiblichen (b) Kopulationsapparates 
von Sabussowia dioica nach medianen Sagittalschnitten. Buchstabenerklärung siehe 
Fig. 48 S. 73. Nach BöHnIG. 


Der stets zwittrige Geschlechtsapparat der Paludicolen (Schema 
cf. Fig. 37 S. 63) tritt im wesentlichen in der Form, die wir bei 
den Procerodiden (S. 75) sahen, auf. Ein durchgreifender Unter- 
schied besteht jedoch darin, daß der Uterus (s. u.), der morphologisch 
dem Receptaculum seminis der Maricolen entspricht, stets vor dem 


war 
PETER N 
EB 


Fig. 53. ÖOrganisationsschema von Bdelloura candida. Region des Kopulations- 
apparates in der Flächenansicht. Buchstabenerklärung siehe Fig. 48 S. 73. Nach 
WILHELMI. 


Penis liegt. Die Hoden und Dotterstücke, die nach Form und Struk- 
tur denen der Maricolen gleich sind, liegen in großer Zahl im 
Parenchym in den Darmsepten und oberhalb und unterhalb der Darm- 
divertikel, oder fehlen auf der Bauch- oder Rückenseite. Als Par- 
ovarium ist ein jedem Ovarium anliegendes Gebilde bezeichnet worden. 


‚I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. Fir 


Für einige Arten (z. B. Polycelis nigra) wurde jedoch gezeigt, daß 
das „Parovarium“ nach Struktur, Lage und Verhalten zum Ovidukt 
mit jungen Dotterstöcken übereinstimmt, indem sich seine Zellen auch 
zu Dotterzellen umwandeln (cf. Ovarium der Polycladen 8.71). Die 
Ovidukte treten paarig oder zu einem unpaaren Eiergang vereint, nach 
Aufnahme der Schalendrüsen (s. o. Maricola) in das Atrium genitale 
ein. Die Geschlechtsöffnung ist nur einfach vorhanden. Der „Uterus“ 
dient bei der Begattung zur Aufnahme von Sperma und wäre also 
bei längerem Verweilen des Spermas in demselben als Rec. seminis 
anderenfalls nur als Bursa copulatrix aufzufassen. Da für die Mari- 
colen und einige Paludicolen (Dendrocoelum, Planaria torva u.a.) mit 
Sicherheit nachgewiesen ist, daß die Coconbildung in der Penishöhle 
bzw. im Atrium genitale (nicht im „Uterus“) erfolgt, so dürfen die 
gleichen Verhältnisse wohl auch für die übrigen Paludicolen mit kon- 
formem Kopulationsapparat angenommen werden. Der Penis der Paludi- 
colen ist meist unbewaffnet, kann aber starke Chitinhaken tragen ( Proto- 
cotylus flavus). Er weist bei manchen Arten (z. B. Dendrocoelum) in 
seinem Innern ein ausstülpbares Rohr, das Flagellum (Fig. 51 /l} auf. Als 
Besonderheit des Kopulationsapparates der Paludicolen kommt bei 
einigen Arten (Dendrocoelum, Planaria cavatica, Polycelis nigra und cor- 
nuta) ein keulen- bis birnförmiges 
muskulöses Organ vor (Fig. 54 mu), 
das mit dem Atrium genitale in Ver- 
bindung steht; seine Funktion ist 
unbekannt. Die Cocons der Paludi- 
colen sind kugelig, gestielt oder un- 
gestielt oder oval und ungestielt. 


Fig. 54. Fig. 55. 


Fig. 54. Kopulationsapparat von Dendrocoelum lacteum im Flächenbild. 
agm Atrium genitale masculinum, d Ductus ejaculatorius, fg Flagellum, gp Genitalporus, 
mu muskulöses Organ, od Ovidukte, od’ unpaarer Eiergang, pdr Penisdrüsen, vd Vasa 
deferentia, vs Vesicula seminalis, «t Uterus. Nach IJIMA. 

Fig. 55. Schema des Kopulationusapparates von Planaria torva, nach einem 
medianen Sagittalschnitt. 1 Uterus (Rec. seminis), 2 Uterusgang, 3 Ovidukte, 4 unpaarer 
Eingang, 5 muskulöses Organ, 6 Genitalporus, 7 Ductus ejaculatorius, 8 Atrium genitale 
masculinum, 9 Vesicula seminalis, 10 Penis, 112 Vas deferens, 12 Mund, 13 Pharynxtasche. 
Nach BÖHMIG. 


Der stets hermaphrodite Geschlechtsapparat der Terricolen 
(Fig. 56) gleicht im Aufbau und histologisch demjenigen der Paludi- 
colen und weist nur geringe Abweichungen von diesem und eine 
größere Mannigfaltigkeit im Bau des Kopulationsapparates auf. Die 


18 J. WırneLnı, 


Lage der Ovarien ist in bezug auf Gehirn und veutrale Längsnerven 
etwa die gleiche wie bei den Procerodiden (S. 75) und Paludicolen 
(S. 76), doch ist ihr Abstand vom Vorderende des Körpers beträcht- 
lieh. Die Dotterstöcke bestehen aus membranlosen Zellhaufen, die in 
den Septen der Darmdivertikel liegen. Die Lage der Geschlechts- 
öffnung in bezug auf Entfernung von Mund und Körperende ist 
wechselnder als bei den wasserbewohnenden Tricladen. Der Kopu- 
lationsapparat (cf. Fig. 56 und 57) ist vielfach dem der Paludicolen sehr 
ähnlich, zeigt aber bisweilen auch beträchtliche Abweichungen vor 
allem hinsichtlich der Ausbildung des Penis. So kann der Penis 
bis auf die Samenblase reduziert sein, welche Verhältnisse wir bei 
den Paludicolen nur annähernd bei Ddellocephala punctata wieder- 
finden. Ferner kann der Penis lediglich durch eine Verdickung der 
Muskulatur des Atriumendes dargestellt sein. Der Uterus liegt wie 
bei den Paludicolen stets hinter dem Penis. Dem muskulösen Organ 
der Paludicolen (S. 77) entsprechende Gebilde finden sich besonders 
bei den Artioposthia-Arten als Adenochiren und als Adenodactylus 
ausgebildet. Sie dienen vielleicht als Hilfsorgane bei der Begattung. 
Eigenartig ist bei Ahynchodemus und Pelmatoplana die Kommunikation 
des „Uterus“ (Rec. seminis) mit dem Darm durch sogenannte „Uterus- 
trichter“ (Ductus genito-intestinalis s. Fig. 57). 

Die Rhabdocöliden!) sind Zwitter. Ihre Geschlechts- 
organe zeigen namentlich bei den cyclocölen Alloeocölen in mancher 
Hinsicht eine Anlehnung an den Geschlechtsapparat der Tricladen. 

Der männliche Geschlechtsapparat der Rhabdocöliden besteht aus 
den Hoden und ihren Ausführungsgängen und dem Penis und seinen 
Drüsen, der weibliche aus keim- und dotterbereitenden Drüsen, Genital- 
kanal und Ductus communis, Schalendrüsen und Uterus, Samen- 
behälter (Recept. sem., Bursa copulatrix und Bursa seminalis), Ductus 
spermaticus, Ductus genito-intestinalis, Vagina und Atrium genitale 
(Atrium copulatorium und Anhänge des Atriums). 

Eine einfache Geschlechtsöffnung findet sich bei den eyclo- und holo- 
cölen Alloeoeölen und bei Typhloplaniden, Dalyelliiden, Solenopharyngi- 
den, Trigonostomiden, Schizorhynchiden, Polyeystiden und Fecampiiden 
unter den Rhabdocölen. Bei den übrigen Rhabdocölen und den 
crossocölen Alloeocölen sind zwei Geschlechtsöffnungen vorhanden: 
die männliche Geschlechtsöffnung liegt bei ihnen bald vor, bald hinter 
der weiblichen. Die einfache oder doppelte Geschlechtsöffnung liegt 
stets hinter dem Munde und auf der Bauchseite des Körpers; in letzterer 
Hinsicht bilden die Catenuliden Stenostomum leucops, agele und unzeolor 
mit dorsal mündender männlicher Geschlechtsöffnung und Fecampia 
mit terminaler Geschlechtsöffnung eine Ausnahme. Die Geschlechts- 
öffnung kann sich auch der Mundöffnung so weit nähern, daß eine 
Verschmelzung der beiden Oeffnungen stattfindet, welche Verhältnisse 
in fortschreitendem Maße bei den Untergruppen der Typhloplanidae 
(Mesostomatini, Typhloplanini und ÖOlisthanellini) angetroffen werden. 

Die männlichen Geschlechtsorgane. Die Hoden sind 
meist in einem Paar kompakter Drüsen oder als zahlreiche kleine 


1) Der so außerordentlich mannigfaltige Bau der Geschlechtsorgane der Alloeoeölen 
und Rhabdocölen wird hier im Zusammenhang behandelt, um Wiederholungen zu ver- 
meiden. Die Differentialdiagnosen der beiden Gruppen und ihrer Untergruppen in bezug 
auf ihren Geschlechtsapparat sind übersichtlich und in kurzer Fassung im systematischen 
Abschnitt dargestellt (S. 9—11). 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 79 


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Fig. 56. Fig. 58. 


Fig. 56. Organisationsschema einer Landtrielade (Geoplana pulla). Ventral- 
ansicht. 2 Vorderdarm, 2 Ovarien, 3 Dotterstöcke, 7 Ovidukte, 5 Mundöffnung, 6 Samen- 
blase, 7 Ductus ejaculatorius, 8 Atrium genitale masceulinum, 9 und 1/0 rechter und linker 
Darmast, 7/12 Schalendrüsen, 12 Geschlechtsöffnung, 13 Penis, 74 Penisdrüsen, 15 Pharynx- 
tasche, 16 Pharynx, 17 Vas deferens, 78 Darmdivertikel, 79 Testicula. Nach HERLE aus 
GRAFF, Landtricladen. 

Fig. 57. Medianer Sagittalschnitt durch den Kopulationsapparat von Rhyncho- 
demus terrestris. Vergr. ca. 40. 1 dorsales Körperepithel, 2 Ducetus genito-in- 
testinalis, 3 Darmlumen, 4 Receptaculum seminis, 5 und 6 rechter und linker Ovidukt, 
7 Vagina, 8 Genitalporus, 9 ventrales Körperepithel, 70 Atrium genitale (Penishöhle), 7/ Penis, 
12 äußere Samenblase, 13 und 1/ Vasa deferentia, 75 innere Samenblase. Nach BENDL. 

Fig. 58. Organisationsschema von Euporobothria bohemica. dad Darmdiver- 
tikel, dah hinterer Hauptdarm, dar Ringdarm, dav vorderer Hauptdarm, g Gehirn, 
ge Keimstock, gö Geschlechtsöffnung, m äußerer Mund, pe Penis, ph Pharynx, pht Pha- 
ryngealtasche, te Hoden, « Eihälter, vd Vas deferens, vö Dotterstock, wgr, und wgr,, 1. 
und 2. Wimpergrübchen. Nach VEJDOVSKY aus GRAFF, Rhabdocöliden. 


80 J. Wırneunı, 


Follikel vorhanden. Bei den eyclocölen Alloeocölen (Fig. 7 5.22) ist nur ein 
Paar rundlicher Hoden, wie bei der Meerestriclade Cerbussowia cerruti 
(S. 72) vorhanden, auch bei den meisten anderen Rhabdocöliden 
finden sich ein Paar sack- oder schlauchförmiger Hoden. Im übrigen 
ist Form und Anordnung der Hoden bei den Rhabdocöliden sehr 
mannigfaltig (ef. Fig. 7 S. 22 und Fig. 59). 

Bei den Rhabdocölen und den cyclocölen Alloeocölen sind 
Tunica propria und Vasa efferentia wie bei Poly- und Tricladen 
vorhanden: sie werden also nur bei den holo- und crossocölen 
Alloeocölen vermißt. Bei den genannten, der Vasa efferentia ent- 
behrenden Alloeocölen fehlen auch Vasa deferentia, so daß die Sperma- 
massen durch die Parenchymlücken frei zum Penis wandern. Bei 
den anderen vielhodigen Rhabdocölen vereinigen sich die Vasa effe- 
rentia zu Vasa intermedia und diese wieder zu einem Vas deferens 
auf jeder Körperseite. Diese treten entweder getrennt oder zu einem 
Ductus seminalis (Triecladen, Ductus deferens, S. 73) vereint in den 
Penis ein und bilden hier meist eine echte (d.h. von Eigenmuskulatur 
umgebene) Samenblase, die in den Ductus ejaculatorius des 
Penis übergeht. Vor dem 
Penis kann es auch beider- 
seits zur Bildung einer falschen 
Samenblase kommen (ef. Tri- 
claden S. 73). 


er 22; 


Fig. 59. 


Fig. 59. Schemata der Hodenformen der Rhabdoeölen. A Olisthanella nassonoffi, 
B Typhloplanini, © Olisthanella halleziana, D Mesostoma ehrenbergi, E M. 
tetragonum, F Bothromesostoma, G M. lingua, H M. craci, phar Pharynx. 
Nach LUTHER aus GRAFF, Rhabdoeöliden. 

Fig. 60. Schema des männlichen Kopulationsapparates einer Rhabdocölide. 7 Vasa 
deferentia, 2 paarige „falsche“ Samenblasen, 3 Ductus seminalis (= deferens mancher 
Trieladen), 4 unpaare „falsche‘ Samenblase, 5 Penis-(Körner-)Drüsen, 6 (innere) Samen- 
blase, 7 Eigenmuskulatur des Penis, $ Ductus ejaculatorius, 9 Penis, 10 Penisscheide, 
11 Penistasche, 12 Genitalkanal, 13 Endpapille des Genitalkanals, 1/4 Atrium genitale 
commune oder maseulinum. Nach GRAFF. 


Der Penis weist bei den Alloeocölen die einfache konische 
bis zylindrische Form wie bei den meisten Trieladen auf und 


IL Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 81 


ist gleich wie bei diesen meist unbewaffnet, d. h. ohne chitinöse 
Spitze oder Ansätze, weist dagegen 1 oder 2 Penisscheiden auf. 
Im übrigen ist der Penis bei den Rhabdocöliden ein birnförmig bis 
zylindrisches muskulöses Organ, das an seinem blinden Ende die 
sogenannten „Körnerdrüsen“ aufnimmt (cf. Penisdrüsen der 
Trieladen S. 74) und von Innenepithel und Muskelschichten eingehüllt 
„Samenblase“ und D. ejaculatorius enthält. 


In großer Mannigfaltigkeit kommen bei den Rhabdocölen Chitin- 
gebilde des Penis (Fig. 61—65) vor. (Begattung ef. S. 101.) 


Die weiblichen Geschlechtsorgane der Rhabdocöliden sind 
paarig; unpaar sind zuweilen die Keimstöcke. Unter den Ei- und 
Dotterstöcken sind zwei bzw. vier Modifikationen zu unterscheiden. 
Entweder stellen sie einheitliche, Ei- und Dotterzellen zugleich produ- 
zierende Drüsen, nämlich Eierstöcke (Ovarien) bzw. Keimdotter- 


Fig. 62. Fig. 63. Fig. 65. 


Fig. 61. Der vorgestülpte Ductus ejaculatorius von Phaenocora anophthalma, 
mit Stacheln. Seitenansicht. Nach VEJDOVSKY aus GRAFF, Turbellaria. 

Fig. 62. Erigierter Penis von Ph. typhlops. Ks Kernsekret, m und m, Pro- 
traktormuskeln, s vorgestülpter Ductus ejaculatorius mit Stacheln. Nach VEJDOVSKY aus 
GRAFF. 

Fig. 63. Chitinpenis von Jensenia quadrioculata. Nach VEJDOVSKY aus GRAFF. 

Fig. 64. Chitinpenis von Dalyellia expedita. Nach v. HOFSTEN aus GRAFF. 

Fig. 65. Penis mit schlitzförmiger Oeffnung von Microstomum lineare. Nach 
M. SCHULTZE aus GRAFF. 


stöcke (Germovitellarien) dar, oder sie sind getrennt in Drüsen, 
von denen die einen, die Germarien (Keimstöcke) nur Keimzellen, 
die anderen, die Vitellarien (Dotterstöcke) nur Dotterzellen be- 
reiten. Die Ovarien und Keimdotterstöcke haben für die gemeinsam pro- 
duzierten Ei- und Dotterzellen auch gemeinsame Ausführungsgänge, 
die (freilich nicht ganz zutreffend) als Ovidukte (Eileiter) bezeichnet 
werden. Die Ausführungsgänge der nur Keimzellen produzierenden 
Germarien heißen Germidukte, die der nur Dotterzellen produzierenden 
Vitellarien Vitellodukte. Die Rhabdocöliden zeigen also in dieser 
Hinsicht eine weit größere Differenzierung als die Poly- und Tricladen 
Die Ovarien weisen im Gegensatz zu den Germovitellarien (s. u.) 
keine Trennung der keim- und dotterbereitenden Abschnitte auf. 
Unter den Alloeocölen findet sich bei Hallexzia (Acmostomum) sarsit 
jederseits ein langgestrecktes Ovar, während Dotterzellen bei dieser 
Art überhaupt vermißt werden. Bei den übrigen Alloeocölen sind 
Germarien und Vitellarien, wie bei den Tricladen, meist getrennt 
vorhanden (Fig. 7 S. 22). Bei den Rhabdocölen lassen sich unter den 
Arnold Lang, Handb. d. Morphologie. III. 6 


82 J. WILHELM, 


ÖOvarien, soweit solche bei ihnen vorhanden sind, 4 Typen feststellen: 
1) Bei den Prorhynchiden (von Besonderheiten einzelner Arten ab- 
gesehen) ist das Ovar stets ein unpaarer, die halbe Körperlänge ein- 
nehmender Schlauch, in dessen Hinterende indifferente Zellen liegen, 
die sich nach dem Vorderende zu in periphere Dotterzellen (auch 
Follikelzellen genannt) und zentrale Eizellen differenzieren (z. B. bei 
Prorhynchus stagnalis). Diesem Typus schließt sich eng derjenige 
von Microstomum an. 2) Die Ovarien weichen von denen des Typus 1 
durch Zahl und Anordnung der Ei- und Dotter-(Follikel-)Zellen ab. 
Im zentralen Teil des Ovars entwickeln sich ein oder mehrere in- 
differente Zellen zu Eizellen, während die Dotterzellen peripher mehr- 
schichtig liegen und von den Eizellen resorbiert werden. 3) Ein ein- 
facherer Typus (in einzelnen Follikeln je 3—4 Eizellen) findet sich 
bei Stenostomum, Catenula, Alaurina. 4) Die Ovarien der Macro- 
stomiden, bald paarig und lateral gelegen (Macrostomum und Mecyno- 
stomum), bald unpaar und median gelegen (Omalostomum), sind 
selbst in dem gleichen Genus von wechselnder Form. Eigentliche 
Dotterzellen fehlen, doch werden einzelne Abortiveier resorbiert 
(ef. Alloeocölen Hallexia sarsii S. 81). 


Die stets paarig vorhandenen Germovitellarien (Keimdotter- 
stöcke) unterscheiden sich von den Ovarien durch eine ausgesprochene 
räumliche Scheidung in Keimzellen und Dotterzellen produzierende Ab- 
schnitte. Unter den Alloeocölen finden wir sie nur bei der Holocölen- 
familie der Pseudostomiden, unter den Rhabdocölen bei Proxenetes und 
Hyporeus. 

Die bei Germovitellarien gegenüber den Övarien schon fortge- 
schrittenere Differenzierung in Keimzellen und Dotterzellen produzierende 
Abschnitte leitet zur völligen Trennung der Geschlechtsdrüsen in keim-, 
bereitende Germarien und Dotterzellen produzierende Vitellarien über. 
Während die Germovitellarien den Geschlechtsdrüsenverhältnissen der 
Polycladen (S. 71) entsprechen, wiederholen die Germarien und Vitel- 
larien die für die Trieladen typischen Verhältnisse, wenngleich das 
Parovarium der Trieladen vielleicht auf ein ursprüngliches Germo- 
vitellarium oder Ovarium (in dem für die Rhabdocöliden üblichen Sinne) 
hinweist. 

Germarien finden sich bei allen cyclo- und crossocölen und den 
meisten holocölen Alloeocölen fast immer in der Zweizahl wie bei den 
Trieladen. Nur einige Plagiostomum-Arten der holocölen Alloeocölen 
weisen ein unpaares Germarium auf. Auch die Rhabdocölen weisen 
meistens zwei Keimstöcke auf. Sie weichen von den Alloeocölen (s. 0.) 
durch die deutlichere Form und Struktur des Keimlagers nicht un- 
wesentlich ab. Die Germidukte der Rhabdocölen stellen ein kräftiges 
Rohr mit breitzelliger Wandung dar, während sie bei den Alloeocölen 
weniger kräftig sind, sogar (Holocoela) fehlen können. 

Die Vitellarien sind in ihrem Aufbau außerordentlich mannig- 
faltig und weisen als vier Hauptformen die follikuläre, netzförmige, aus- 
gebuchtete und langgestreckte auf, die erstere ist für die Alloeocölen, spe- 
ziell für die holocölen, typisch. Im übrigen ergeben sich hinsichtlich 
Form und Struktur ähnliche Unterschiede zwischen Alloeocölen und 
Rhabdocölen wie die oben für die Germarien geschilderten. Die Aus- 
führungsgänge, Vitellodukte (Fig. 66), münden meist, zu einem unpaaren 
Gang vereint, in das Atrium oder dessen Aussackungen. 


=: Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 83 


Der weibliche Genitalkanal, in seinem distalen Teil früher 
öfters als Vagina und gegenwärtig auch als Ductus communis 
bezeichnet, führt als Vereinigung der Ausführungsgänge der Ovarien, 
Germovitellarien, Germarien, Vitellarien, die Ei- und Dotterzellen 
zum Atrium genitale (cf. Fig. 66), fehlt jedoch bei paariger Mündung 
dieser Ausführungsgänge. Geeigneter würde (nach GRAFF) die Auf- 
hebung des Namens Ductus communis sein, während der als Aussackung 
des Atriums zu deutende Anfangsabschnitt als Genitalkanal zu 
bezeichnen wäre. Der Genitalkanal entspricht dem Vaginalovidukt 
der Tricladen. 


Die Schalendrüsen (Fig. 66 sdr), deren Sekret wahrscheinlich 
an der Eischalenbildung beteiligt ist, münden bei den Rhabdocöliden 
meist in den weiblichen Genitalkanal 
(ef. Schalendrüsen und Vaginalovidukt 
der Trieladen S. 74). 


Fig. 66. Schema des Kopulationsapparates 
von Castrada (medianer Sagittalschnitt). ac 
Atrium copulatorium, ag A. genitale, de Bursa 
copulatrix, de Ductus communis, de Ductus 
ejaculatorius, dg D. granulorum, ge Keimstock, 
ged Keimgang, mge männlicher Geschlechtskanal, 
96 Geschlechtsöffnung, mA Muskelmantel des 
Atrium copulatorium, rs Samentasche, sdr 
Schalendrüse, « Eihälter, vd Vasa deferentia, 
vid paarige Dottergänge, vid, unpaarer Dotter- 
gang, vs Samenblase. Nach LUTHER aus GRAFF, 
Rhabdoeöliden. 


gö 


Ss samsmnench,emummuceeusgfuue 


Samenbehälter. Sie sind einzellige kernführende Gebilde von 
birnförmiger Gestalt. Ihr feinkörniger Inhalt erweist sich bezüglich des 
Verhaltens zu Farbstoften ausnahmslos als erythrophil, gleichwie bei 
den Triecladen. Fehlt sowohl der Genitalkanal als auch ein prä- 
formierter Uterus, so treten die „Atriumdrüsen“ (s. u.) an Stelle der 
Schalendrüsen, z. B. bei den lecithophoren Rhabdocölen. Eine Aus- 
nahme in bezug auf die Schalenbildung stellen die hysterophoren 
Rhabdocölen dar, indem sie die meisten Eischalen schon im Ovarium 
bilden. 


Als Uterus (Eihalter) kann ein Teil des Atriums ausgebildet 
sein; bei den meisten Alloeocölen sowie bei Didymorchis, Jensenia, 
Phaenocora und Fecampva fungiert jedoch das Atrium selbst als Uterus 
eleichwie bei den Tricladen. Ein doppelter Uterus findet sich bei den 
Typhloplanidae. 


Zur Aufnahme des Samens bei der Begattung findet sich bei den 
meisten Rhabdocöliden (mit Ausnahme der Hysterophora, Genosto- 
matidae, Paravortex und Fecampia) eine Bursa copulatrix, die 
einen Blindsack des Atriums darstellt. Von hier gelangt der 
Samen (durch den Bursastiel, das Atrium und den Genitalkanal) 
in. das Receptaculum seminis (Fig. 66), das jedoch als 
alleiniger Samenbehälter nur bei Typhloplana und Didymorchis 
vorkommen dürfte. Als Eigentümlichkeit ist hier eine bei Phaenocora 
vorkommende Kommunikation des Rec. seminis mit dem Darm zu 
erwähnen. Ein unpaarer als Ductus genitointestinalis (Fig. 67) be- 

5*F 


54 J. WILHeLnı, 


zeichneter Kanal verbindet beide Organe. Der Befund von Sperma 
im Enddarm legt die Annahme nahe, daß der genannte Kanal zur 
Entlastung des Rec. seminis von überflüssigem Sperma dient (cf. auch 
die analogen Gebilde bei Landtricladen S. 79 und Trematoden S. 87). 
Oft fungieren auch das Atrium und die Germidukte etc. ohne be- 
sondere Differenzierung als Receptaculum. Von der Bursa copulatrix 
führt bei einigen Arten (z. B. Bothromesostoma personatum), der 
Ductus spermaticus zum Receptaculum seminis, ein feiner 
Kanal, der zur Ueberwanderung des bei der Begattung auf- 
genommenen Spermas dient. Zuweilen führt vom Atrium commune 
außer dem Ductus communis noch ein zweiter besonderer Gang, der als 
Vagina bezeichnet wird. Während der D. communis zur Begattung 
dient, wird die Vagina lediglich zur Ausführung der befruchteten 
Eier verwandt. 

Das Atrium genitale (Fig. 66) tritt durch die Geschlechts- 
öffnung mit der Außenwelt in Verbindung; es kann in der Einzahl 
(Atrium genitale commune) und Zweizahl (Atrium masculinum 


Fig. 67. Fig. 68. 


Fig. 67. Ductus genito-intestinalis nach einem medianen Sagittalschnitt durch 
Phaenocora unipunctata. / Dorsales Körperepithel, 2 Darmlumen, 3 Ductus genito- 
intestinalis, 4 Receptaculum seminis, 5 Ovidukt, #6 und 7 oberes und unteres Atrium 
genitale, & Genitalporus, 9 Penis, 70 Vas deferens, 11 ventrales Körperepithel, 12 Pharynx, 
13 Pharynxtasche, 74 Mund, 15 Pharynxlumen. Nach BENDL. 

Fig. 68. Geschlechtsapparat von Otocelis rubropunctata, Flächenansieht (vom 
lebenden Tier). / Bursa seminalis, 2 Ovarium, 3 Vas deferens, 7 Vesicula seminalis, 
5 Penis, 6 männliche und weibliche Geschlechtsöffnung, 7 Vagina, 8 chitinöses Bursal- 
mundstück. Nach GRAFF. 


und Atrium femininum) vorhanden sein. Bei manchen Arten, z. B. 
einigen Typhloplaniden (Ahychomesostoma, Tetracelis und Castrada) stellt 
das männliche Kopulationsorgan einen ausstülpbaren Blindsack dar, 
dessen als Atrium copulatorium (Fig.66) bezeichnete Höhle durch 
einen kleinen Sphinkter abgeschlossen sein kann. 


Die Acölen sind sämtlich Zwitter. Allerdings bilden sich 
meist die männlichen Geschlechtsorgane, bevor die weiblichen zur 
Entwickelung kommen, und schwinden zum Teil auch schon wieder, 
wenn die letzteren zur vollen Reife gelangen. Ein Gesamtbild des 
zwittrigen Geschlechtsapparates wird man daher bei ein und dem- 
selben Individuum kaum gewinnen können. Bei der ersten Familie 
Proporidae ist nur eine Geschlechtsöffnung vorhanden, während die 


:I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 85 


zweite Familie Aphanostomidae zwei Geschlechtsöffnungen aufweist. 
Der männliche Geschlechtsapparat setzt sich aus den Hoden, akzes- 
sorischen Drüsen, als Vasa deferentia bezeichneten wandernden Samen- 
anhäufungen und Penis zusammen. Die weiblichen Geschlechtsorgane 
bilden Keim- und Dotterstöcke und ihre Ausführungsgänge (Ovidukte, 
Atrium und Vagina) und die Bursa seminalis. Den Hoden fehlen 
meist Membran (Tunica propria) und Ausführungsgänge. Die reifen 
Spermatozoen wandern daher in kleineren Häufchen (zuweilen als 
Vasa deferentia gedeutet) oder größere Ansammlungen bildend (so- 
genannte Samenblasen) in Parenchymlücken nach dem Penis zu. 
Einige Arten besitzen auch echte Vasa deferentia. Der zylindrische, 
glockenförmige oder konische Penis, der meist nicht chitinös ist 
(Ausnahme Childia), nimmt bei den einzelnen Arten eine verschiedene 
Lage zur (männlichen) Geschlechtsöffnung ein. Die Ovarien liegen 
ventral beiderseits als verschieden geformte Zellenmassen. Bei den 
monogonoporen Acölen, unter denen nur bei Otocelis rubropunctata 


Fig. 69. Fig. 70. 


Fig. 69. Organisationsschema von Polychoerus caudatus. / Testicula, 2 Mund- 
öffnung, 3 reife Eier, die von der Wand des Vitellarium (7) umschlossen werden, 
5 Bursa seminalis, 6 Atrium genitale femininum, 7 männliche Geschlechtsöffnung, 
8 weibliche Geschlechtsöffnung, 9 Ovidukt, 70 Germarium. Vergr. ca. 15. Nach GRAFF. 

Fig. 70. Vorderende von Onchocotyle apendiculata. 1 Mund, 2 weibliche 
Geschlechtsöffnung, 3 Darm, 4 Vas deferens, 5 Schalendrüsen, 6 Dottergang, 7 Recepto- 
eulum seminis, & Testicula, 9 Ovar, 10 Vagina, 1! Uterus, 12 Ovidukt, 13 Dotterstock, 
1} männliche Geschlechtsöffnung, 15 Pharynx. Vergr. ca. 25. Nach TASCHENBERG 
aus BRAUN. 


der weibliche Geschlechtsapparat ausreichend bekannt ist, ver- 
einigen sich die beiden Ovidukte zu einer langen Vagina, welche, 
die.Bursa seminalis aufnehmend, in das Atrium commune mündet 
(Fig. 68). 

Von den digonoporen Acölen ist bei Polychoerus caudatus be- 
kannt, daß die Ovidukte sich vor der männlichen Geschlechtsöffnung 
zu einem unpaaren Endstück (Atrium genitale femininum) vereinigen 


s6 J. WILHELMI, 


und durch dieses mit der weiblichen Geschlechtsöffnung in Verbin- 
dung treten (Fig. 68 S. 84). Die Bursa seminalis (Bedeutung der- 
selben $. 101) findet sich nur bei den digonoporen Acölen und bei 
Otocelis. 

Der meist zwittrige Geschlechtsapparat der Trematoden 
setzt sich aus Hoden, Vasa deferentia, Vesicula seminalis, Kopulations- 
apparat mit Prostatadrüsen und Anhangsorganen, Keim- und Dotter- 
stöcken, Keimleiter, Canalis vitello-intestinalis, Vagina und Uterus 
zusammen: hinzu kommen ferner (aber nicht konstant): Ootyp, 
Schalendrüse, Receptaculum seminis und LAurerscher Kanal. 

Die Monogeneen sind sämtlich Zwitter. Die männlichen Ge- 
schlechtsorgane liegen meist, ebenso wie ein Teil der weiblichen 
Organe, in der Region zwischen den beiden Gabelästen des Darmes 
(im sogenannten „Mittelfeld*). Die Dotterstöcke liegen jedoch Kon- 
stant außerhalb der Darmäste (in den sogenannten „Seitenfeldern“). 
Die in der mittleren Körperschicht oder mehr ventral liegenden Hoden 
kommen in der Einzahl (z. B. bei Udonella, Diploxoon und den 
Gyrodactylidae), bei den übrigen Monogeneen in der Zwei- oder Vier- 
zahl vor. Die aus ihnen hervortretenden Vasa efferentia vereinigen 
sich zu einem unpaaren Vas deferens. Dasselbe ist vor seinem Ende 
oft zu einer Vesicula seminalis erweitert. Der als Cirrus be- 
zeichnete Endabschnitt, in den zahlreiche Drüsen (Prostatadrüsen) 
münden, stellt einen Ductus ejaculatorius dar und wird von einem 
Cirrusbeutel umgeben (z. B. bei Tristomum und Onchoeotyle); bei den 
meisten Monogeneen findet sich jedoch nur der einfacher als der 
Cirrus gebaute Penis oder Bulbus copulatorius vor. Der Penis ist 
häufig mit sogenannten Genitalhäkchen bewaffnet. Bei einigen Arten, 
z. B. Udonella und Diploxoon (Fig. 71 S. 87) fehlt ein männlicher 
Kopulationsapparat: bei letzterer Art mündet das Vas deferens in 
den Laurerschen Kanal (s. u.) des mit ihm verwachsenen Tieres. 

Der kugelförmige, längliche oder gewundene Keimstock (Ovarium) 
kommt bei den Monogeneen stets nur in der Einzahl vor und liegt 
fast immer in der vorderen Körperhälfte (Ausnahmen Temnocephala 
und Diploxoon). An dem von dem Eileiter ausgehenden Keimleiter 
sitzt oft ein zur Aufnahme des bei der Begattung aufgenommenen 
Samens dienendes Receptaculum seminis (Fig. 71). Nach Aufnahme 
der von den Dotterstöcken (s. 0.) herkommenden Dottergänge er- 
weitert sich der Keimleiter zu einem als Ootyp oder auch als Uterus 
bezeichneten Abschnitt, in den die Schalendrüsen münden. Nach 
neueren Untersuchungen scheint die Eischale ihre Entstehung von den 
Dotterzellen aus zu nehmen, doch dürfte es zu weit gehen, den 
Schalendrüsen der Trematoden jegliche Beteiligung an der Bildung der 
Eischale abzusprechen. Im Ootyp (Uterus) wird das Ei zum Ablegen 
fertig gebildet. Der folgende Abschnitt des Keimstockes, der ebenfalls 
öfters noch als Uterus bezeichnet wird, ist als Eileiter aufzufassen. 
Er mündet dann meist in unmittelbarer Nähe der männlichen Ge- 
schlechtsöffnung durch die sogenannte Geburtsöffnung nach außen. 
Zur Begattung dient im allgemeinen nicht das Endstück des Keim- 
leiters bzw. des Uterus, sondern ein besonderes, als Vagina oder 
Laurerscher Kanal bezeichnetes, zuweilen paariges Organ, das mit 
dem Receptaculum seminis verbunden sein kann. Geschlechtsöffnungen 
kommen also bei den Monogeneen in der Drei- oder Vierzahl vor 
(männlicher Porus, Geburtsöffnung, unpaare oder paarige Vagina). 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 87 


Für einige Monogeneen (Octocotyliden, Microcotyliden) ist ein 
Canalis vitello-intestinalis nachgewiesen worden, der offenbar dem 
Ductus genito-intestinalis gewisser Turbellarien entspricht (cf. S. 83). 
Wie nach den, freilich auch bestrittenen, Untersuchungsergebnissen 
zu schließen ist, verbindet er Ovidukt und Darm und dient vielleicht 
zur Entlastung des Receptaculum seminis von überflüssigem Sperma, 
worauf wenigstens die Befunde am entsprechenden Organ der Tur- 
bellarien hinweisen. 

Ganz ähnlich sind die Verhältnisse des Geschlechtsapparates 
der Digeneen, jedoch mannigfaltiger und zum Teil komplizierter. 
Das Lageverhältnis der Geschlechtsorgane der Digeneen ist das gleiche 
wie bei den Monogeneen; bei den Arten mit unpaarem Darm liegt 
er unter diesem. Der männliche und weibliche Geschlechtsapparat 
münden entweder durch eine. gemeinsame Kloake nach außen oder 
dicht nebeneinander. Der LAurRERsche Kanal (Vagina) mündet stets 


N 


hr € 
Fig. 72. 


Fig. 71. Diplozoon paradoxon. Vergr. ca. 10. Aus LÜHE nach ZELLER. 
Fig. 72. Uterus (2) und Cirrusbeutel (7) von Distomum (Dicrocoelium) lanceo- 
latum. Vergr. ca. 60. Nach LEUCKART. 


getrennt von Uterus und’ Cirrus. Die kugelig bis oval gestalteten, 
oft auch gelappten oder verästelten Hoden sind meist in der Zweizahl, 
seltener in der Einzahl (z. B. Asprdogaster u. a.) oder Vielzahl (bei 
Bilharzia und manchen Distomeen) vorhanden; meist liegen sie hinter 
dem Keimstock (s. u.). Die Vasa efferentia vereinigen sich zu einem 
Vas deferens und treten, oft nach Bildung einer Vesicula seminalis, 
mit dem Cirrus in Verbindung. Der Cirrus (der jedoch nicht immer 
vorhanden ist) kann vermittelst des ihn umgebenden Cirrusbeutels 
(Fig. 72) ausgestülpt werden. Die Cuticula des Cirrus ist oft mit 
Dornen, Stacheln oder Schuppen besetzt. Bei allen Digeneen (mit 
Ausnahme der Holostomiden) münden in den Cirrus bzw. den End- 
abschnitt des Vas deferens einzellige Drüsen, die als Prostatadrüsen 
aufgefaßt werden. Der Keimstock ist bei den Digeneen stets nur in 
der Einzahl vorhanden und liegt in unmittelbarer Nähe der ihn an 
(Größe meist übertreffenden Hoden. Die meist paarigen trauben- 
förmigen Dotterstöcke liegen bilateral-symmetrisch auf beiden Seiten 
des Körpers. Ihre Ausführungsgänge münden etwa in der Mittellinie 


88 J. Wirneunı, 


des Körpers in den von dem Keimstock ausgehenden Keimleiter 
(Ovidukt oder Germidukt). An dieser Stelle münden auch zahlreiche 
einzellige Drüsen, die als Schalendrüsen (ef. S. 86) oder MEnHuısche 
Körper bezeichnet werden, in den Keimleiter und der LAURERsche 
Kanal. Ferner kann hier als Anhangsorgan des Keimganges ein 
Receptaculum seminis (cf. Monogenea S. 56) vorhanden sein. Der 
LAURERsche Kanal ist stets in der Einzahl vorhanden. Nach Aufnahme 
der Dotterleiter, Schalendrüse und des Receptaculum seminis setzt sich 
der Keimleiter als Uterus fort und dient in seinem Anfangsteil, wie 
bei den Monogenea, als Ootyp. Der Uterus mündet nach vielfachen 
Windungen in unmittelbarer Nähe der männlichen Geschlechtsöffnung 
(Fig. 72 S. 87); sein Endstück scheint der Begattung zu dienen. Ein 
Ductus (Canalis) vitello-intestinalis (S. 87) scheint bei den Digeneen 
gänzlich zu fehlen. 

Besonderes Interesse bieten einige getrennt-geschlechtliche Di- 
geneen, z. B. Schistosomum (Bilharzia) haematobium. Der Körper 
des Männchens ist verbreitert und auf der Bauchseite der Länge nach 
zu einer Höhlung eingeschlagen. In dieser als Ductus gynaecophorus 
bezeichneten Höhlung wird das Weibchen getragen (Fig. 73). Die 


Fig. 73. Fig. 74. 


Fig. 73. Schistosomum (Bilharzia) haematobium. Männchen, im Uanalis 
gynaecophorus das Weibchen führend. Vergr. ca. 8. Nach Looss aus BRAUN. 


Fig. 74. Organisation von Sanguinicola. Aus LÜHE. 


(seschlechtsöffnungen münden bei Männchen und Weibchen hinter 
dem Bauchsaugnapf, der unweit vom Mundsaugnapf liegt. Das Mäun- 
chen hat 5—6 Hoden, ermangelt jedoch eines Cirrusbeutels. Das 
Weibchen hat langen Uterus, einfachen Keimstock und ermangelt des 
Laurerschen Kanals. Auch Didymoxoon ist getrennt-geschlechtlich. 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 39 


Bei Aporocotyle und Sangwinicola liegen die Hoden im Mittelfeld des 
Körpers. Das Vas deferens zieht nach dem am Hinterkörper gelegenen 
Genitalporus hin und tritt nach Bildung einer Samenblase in den Cirrus- 
beutel ein. Das Ovar, bei Aporocotyle rundlich, bei Sangwinicola gelappt, 
liegt bei beiden Arten hinter den Hoden. Ein eigentlicher Uterus 
scheint zu fehlen. Die ein wenig voneinander getrennt liegenden beiden 
Geschlechtsöffnungen scheinen bei Sanguinicola auf der Rückenfläche zu 
liegen. 


Die Cestoden sind mit einer Ausnahme Zwitter; sie führen 
Geschlechtsorgane nur in den Proglottiden, nie im Scolex. Im 
übrigen ist der Geschlechtsapparat der Cestoden demjenigen der 
Trematoden ganz ähnlich, nur bezüglich der weiblichen Aus- 
führungsgänge sind Homologien nicht mit Sicherheit festgestellt. 
Besonders der stets in der Einzahl vorhandene Geschlechts- 
apparat der monozoischen CGestoden schließt sich dem 


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Fig. 75. In der Reifung begriffener Geschlechtsapparat einer Proglottide von Taenia 
saginata. cb Cirrusbeutel, dt Eiweißdrüse, 7 Porus des Antrum genitale (Kloake), 
N Hauptlängsnerven, Neph Wassergefäßsystem, O Ovarium, rs Receptaculum seminis, 
sdr Schalendrüse, i Testicula, U Uterus, vag Vagina, vd Vas deferens.. Nach SOMMER 
aus R. HERTWIG. 


der Trematoden eng an und leitet direkt zum Geschlechtsapparat der 
polyzoischen Cestoden über. Bei Archigetes ist nur eine Geschlechts- 
öffnung vorhanden, an die sich das Genitalatrium anschließt. Die 
Dotterstöcke liegen randständig, zwischen ihnen die zahlreichen Hoden 
und hinter diesen der Keimstock. Keimgang und Vas deferens münden 
gemeinsam in die Kloakenkanäle. Auch bei Caryophyllaeus ist nur 
eine Geschlechtsöffnung (nahe dem Hinterende) vorhanden. Der übrige 
Geschlechtsapparat zeigt Aehnlichkeit mit demjenigen der Bothrio- 
cephalen. Die Geschlechtsorgane von Amphilina weichen von denen 
der polyzoischen noch durch die Lage der drei Geschlechtsmün- 
dungen ab. 


90 J. Wirueunı, 


Im Gegensatz zu den Monozoa, die einen stets einfachen Ge- 
schlechtsapparat von primitiverer Organisation aufweisen, besitzen die 
Polyzoa einen sich in jeder Proglottide wiederholenden Geschlechts- 
apparat. Einen Uebergang der Monozoa zu den Polyzoa stellt aber 
in bezug auf den Genitalapparat Zigula dar, bei der Lage und Zahl 
der Geschlechtsapparate nicht mit der äußeren Segmentierung des 
Körpers zusammenfällt. Die Elemente des Geschlechtsapparates sind 
etwa die gleichen wie bei den Trematoden. Die meist zahlreichen, 
nur selten in der Ein- oder Zweizahl vorhandenen, Hodenbläschen 
liegen dorsal im Parenchym zerstreut. Die aus ihnen austretenden 
Vasa efferentia vereinigen sich im mittleren Teil der Proglottide zu 
einem Vas deferens, das nach fast geradem oder gewundenem Laufe 
in den Cirrusbeutel übergeht. Zuweilen bildet das Vas deferens vor 
dem Eintritt in den Penis noch eine Vesicula seminalis. In dem 
Cirrusbeutel liegt der zuweilen mit Häkchen besetzte vorstreckbare 
Cirrus. Der Cirrus mündet in die Kloake (Atrium genitale), deren 
Porus von einer Erhöhung (Genitalpapille) umgeben ist. Die Kloake, 
in die auch fast immer die Vagina "einmündet, liegt entweder am 
Seitenrand (z. B. vorwiegend bei Tänien) oder in der Mittellinie der 
Proglottide dem Vorderende derselben genähert (z. B. bei Bothrio- 
cephaliden). Die Vagina verläuft von der Kloake an oft (z. B. bei 
Tänien) parallel zu dem gestreckten Vas deferens, schwillt dann zu 
einem Receptaculum seminis an und tritt durch den Samengang mit 
dem ÖOvidukt in Verbindung. Meist sind zwei Ovarien vorhanden 
oder das Ovarium besteht aus zwei Lappen. Ueber die Einmündungs- 
stelle des Samenganges hinaus verlängert sich der Ovidukt zum so- 
genannten Befruchtungsgang, der die Schalendrüsen und Dottergänge 
aufnimmt (Fig. 75). Von der Schalendrüsenmündung (Bothriocephalen) 
verläuft der Uterus in geschlängelter Form und öffnet sich selbständig 
nach außen, oder er stellt einen Blindsack dar (Taenien). 

Bei einer Anzahl Arten sind an jeder Proglottide zwei Genital- 
poren beobachtet worden. Diese Arten zeigen nun entweder eine 
Verdoppelung des gesamten Geschlechtsapparates in jedes Proglottide 
(z. B. bei Diplogonoporus) oder eine solche mit Ausnahme des Uterus 
(z. B. bei Dipylidium). 


10. Exkretionsorgane. 
(Allgemeines S. 3.) 


Das Exkretionsgefäßsystem der Polycladen ist noch nicht aus- 
reichend bekannt. Bis jetzt konnte es nur an lebenden Objekten 
festgestellt werden, am besten bei Thysanoxoon. Es besteht aus großen 
Kanälen, die anastomosieren und ein nicht gerade dichtes Netzwerk 
bilden. Die doppelt konturierte Wandung dieser Kanäle enthält 
weit voneinander liegende Kerne und ist im Innern mit einem Wimper- 
kleid bedeckt. Die Ausmündung der Kanäle scheint durch aufsteigende 
Aeste zu erfolgen. In die großen Kanäle münden feine Kapillaren, 
deren Verzweigungen mit trichterförmigen Wimperzellen (sogenannter 
Wimpertrichter oder Terminalzellen) endigen. Im basalen Teil der 
plasmatischen Trichterwandung liegt der Zellkern. Von hier geht auch 
die aus längeren COilien bestehende Wimperflamme aus. 

Von den Tricladen ist das Wassergefäßsystem bei den Mari- 
colen und Paludicolen schon näher bekannt. Es besteht bei den 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 9 


Maricolen aus je 1—-4 längsverlaufenden Hauptgefäßen auf jeder 
Körperseite. Bei den Bdellouriden (Fig. 79) findet sich auf jeder 
Körperseite nahe dem Körperende nur je ein Hauptgefäß. Bei den 
übrigen Maricolen sind meist jederseits 
2—4 (dorsale und ventrale) Hauptgefäße, 
zwischen denen Kommissuren bestehen, vor- 
handen. Die Kommissuren zwischen den 
dorsalen Gefäßen können derartig stark 
entwickelt sein, daß ein reguläres Gefäß- 
netz zustande kommen kann (Fig. 77). 


Fig. 77. Fig. 78. 


Fig. 76. Exkretionszelle (Wimpertrichter) einer Turbellarie. f Fortsätze des Zell- 
plasmas, k Exkretionskanal (Kapillare), n Kern, vo Vakuolen, »f Wimperflamme. Nach 
A. Lane. g 

Fig. 77. Die dorsalen Wassergefäße von Procerodes ulvae, die infolge von 
Pigmentanlagerungen in der hier wiedergegebenen Weise am Totalpräparat schon bei 
schwacher Vergrößerung zutage treten können. Vergr. ca. 20. Nach WILHELMI. 

Fig. 78. Wassergefäße des Vorderendes von Procerodes lobata. 1 Augen, 2 Ex- 
kretionskapillaren, 3 Exkretionsporen, 7 Exkretionskanäle, 5 ventrale Längsnerven, 6 Darm, 
7 Darmdivertikel, $ vor den Augen liegende Darmdivertikel. Nach Lang. 


Am genauesten ist der Bau des Exkretionsapparates bei Procerodes 
lobata (Gunda segmentata) bekannt. Lage der Poren, Haupt- und 
Nebenstämme, Kapillaren und Wimpertrichter bei dieser Art gehen 
aus. Fig. 78 hervor. Aehnlich liegen die Verhältnisse bei Procerodes 
dohrni, plebeja und Uteriporus; für die meisten Procerodiden ist je- 
doch der Gefäßapparat nicht genauer bekannt. Bei UÜteriporus ist das 
(Gefäßnetz sehr engmaschig und die Porenzahl wahrscheinlich beträcht- 
lich. Für die Cercyriden ist nur das Vorhandensein eines Gefäß- 


92 J. WILHELMI, 


apparates, jedoch nichts Näheres über den Bau bekannt. Bei den 
Bdellouriden (Fig. 79) sind die Hauptstämme stark lateral verlagert, 
so daß sie außerhalb der Darmzipfelregion liegen und weder als dor- 
sale noch als ventrale (refäße gedeutet werden können. 


Die Wassergefäßkanäle verlaufen stets innerhalb (d. h. körper- 
einwärts) vom dorsalen und ventralen Strickleiternervensystem. Der 
Pharynx (Fig. 80) führt bei maricolen Trieladen, wenigstens bei sämtlichen 
daraufhin untersuchten Arten, eine Anzahl Hauptkanäle, die sich ver- 
zweigen und anastomosieren können und mit zahlreichen Wimper- 
trichtern besetzt sind. Auch bei paludicolen Trieladen sind die gleichen 
Verhältnisse für den Pharynx bei einer Anzahl daraufhin untersuchter 
Arten nachgewiesen worden, während bei terricolen Tricladen pharyn- 
geale Wassergefäße noch nicht beobachtet worden sind. 

Von den Hauptstämmen gehen bei den Tricladen dünnere Kanäle 
aus, die sich verästeln und mit zahlreichen Wimpertrichtern endigen. 
Ob die Kanäle sich aus Zellen, die einen Hohlraum umschließen, zu- 


Fig. 79. Fig. 80. 


Fig. 79. Schema des Wassergefäßapparates von Bdelloura propinqua. / Wimper- 
trichter, 2 Pharynx, 3 und 4 Hauptwassergefäße. Nach WILHELMI. 


Fig. 80. Wassergefäße des Pharynx einer Trielade Procerodes lobata. 1! Haupt- 
gefüße, 2 Wimpertrichter, 3 Pharynx, 5 Pharynxlumen. Nach einem Quetschpräparate 
des lebenden Tieres. Nach WILHELMI. 


sammensetzen oder ob die Kanalbildung durch Durchbohrung von 
Zellen zustande kommt, ist eine offene Frage; mit Rücksicht auf die 
außerordentlich geringe Zahl von Kernen, die in den Kanälen nach- 
weisbar sind, neigt die Mehrzahl der Autoren zur Annahme der „Zell- 
durchbohrung“. Auch die Frage, ob die Innenwandung der Kanäle 
bewimpert ist und ob sie frei von Wimperflammen ist, wird von den 


I..Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 93 


Autoren verschieden beantwortet; hier liegen möglicherweise wech- 
selnde Verhältnisse vor. 

Die Ausmündung des Exkretionsapparates erfolgt durch Poren, 
die von den Hauptkanälen aufsteigen, den Hautmuskelschlauch und die 
Basalmembran durchbohren, um durch das Epithel (intercellulär) nach 
außen zu münden. Die Poren können an Zahl sehr beträchtlich sein 
(z. B. bei Proc. wulvae dorsal und ventral je ca. 60) und zeigen in 
diesem Falle keine regelmäßige Anordnung. Bei einigen Arten je- 
doch, z. B. bei Procerodes lobata (G. segmentata) weisen die Poren 
ziemlich regelmäßige Anordnung auf und entsprechen an Zahl 
(24 Paar) den übrigen ziemlich segmental angeordneten Organen 
(Hoden, Nervenkommissuren, sekundäre Darmäste). Es liegt hier 
auch bezüglich des Exkretionsapparates eine Art Segmentation vor, 
die fast als reguläre Metamerie betrachtet werden kann. In un- 
deutlicherer Weise finden wir eine Art Segmentierung auch bei 
den paludicolen Tricladen. Bei ihnen liegen die Verhältnisse 
auch bezüglich der Hauptkanäle ganz ähnlich wie bei den Maricolen. 
Die Ausmündungen können auch außerordentlich zahlreich sein und 
keine regelmäßige Anordnung aufweisen. Bei einigen Arten sind sie 
jedoch weniger zahlreich und betragen z. B. 8 Paare oder sie weisen 


_nsch 
m 


- Nae 


eö 


Fig. 81. Fig. 82. Fig. 83. 


Fig. 81. Schema des Exkretionsapparates von Stenostomum leucops. m Mund, 
nae feinere Nebenäste, nA Hauptstamm, nr rücklaufender Ast desselben, nö Oeffnung, 
nsch vordere Schlinge. Nach OTT aus GRAFF. 

Fig. 82. Schema des Exkretionsapparates von Plagiostomum lemani. Ih linker 
Hauptstamm, eö Oeffnung, es Endstamm, gö Geschlechtsöffnung, m Mund, ph Pharynx. 
Aus GRAFF, Turbellaria. 

Fig. 83. Schema des Exkretionsapparates von Microstomum lineare. m Mund, 
nk Hauptstämme, nö Nierenmündung, nph die Gefäße des Pharynx, nsp die Gefäße des 
Vorderendes. Nach KELLER aus GRAFF. 


eine Paarzahl auf, die auf ein Vielfaches der Zahl 8 bezogen werden 
kann (Dendrocoelum lacteum 8 Paare, Polycelis nigra und cornuta 16, 
Plan. alpina 32); es braucht wohl kaum erwähnt zu werden, daß 
mit Rücksicht auf die oft sehr schwierige Feststellung der Poren, die 
ermittelbare Porenzahl meist nur Annäherungswerte bietet und daß 
auch Anomalien nicht selten sind. Eine auffällige Beziehung scheint 
zwischen der Zahl der Exkretionsporen und der Darmzipfel zu bestehen. 


94 J. WILHELM, 


Wenngleich bei den Landtricladen Anordnung und Zahl der 
Gefäße noch für keine Art im einzelnen ermittelt wurde, so steht 
doch immerhin fest, daß sie einen Wassergefäßapparat, der dem der 
übrigen Trieladen anatomisch und histologisch entspricht, besitzen. 


Die Exkretionsorgane (Nephridialorgane) der Alloeocölen und 
Rhabdocölen entsprechen im Aufbau denen der Poly- und Tricladen, 
weisen aber eine weit größere Mannigfaltigkeit auf. Wahrscheinlich 
fehlen sie nur einigen parasitischen Arten (z. B. Fecampia) und werden 
bei diesen vielleicht durch ein Exkretophorengewebe (cf. Acoela S. 95) 
ersetzt. Die Mündung der Exkretionsorgane erfolgt durch ein oder zwei 
Poren, und zwar stets auf der Bauchseite des Körpers, zuweilen nahe 
den Körperenden, seltener in der Nähe der Seitenränder. Einen dem 
Munde aufgesetzten Exkretionsbecher (Fig. 87) besitzen die Meso- 
stomatini und Typhloplanini. Ein medianer Hauptstamm findet sich 
bei der Gattung Sienostomum (Fig. 81). Zwei seitliche Hauptstämme, 
die zu einem kaudalen Endstamm verschmelzen, finden sich bei 
Plagiostomum lemani (Fig. 82). Vier Hauptstimme mit einem ge- 
meinsamen Exkretionsporus finden sich bei eyclocölen und crosso- 
cölen Alloeocölen (z. B. Monocelis fusca und Bothrioplana semperi), 
während zwei in der Medianlinie gelegene Exkretionsporen nur bei 
der Alloeocöle Huporobothria bohemica (Fig. 89) vorkommen. Ein 
Paar Exkretionsporen und paarige Hauptstämme (ohne Endstämme) 
finden sich bei Microstomum lineare (Fig. 83), Dalyellia schmidti 


Fig. 84. Fig. 85. Fig. 86. 


Fig. 84. Schema des Exkretionsapparates von Dalyellia schmidti. 96 Geschlechts- 
öffnung, m Mund, na Seitenäste, nhh hinterer, nhv vorderer Hauptstamm, nhor rück- 
laufender Ast des letzteren, nö Mündung, ns Endstamm. Nach FUHRMANN aus GRAFF, 

Fig. 85. Schema des Exkretionsapparates von Phaenocora stagnalis. nco Ge- 
fäße des Kopulationsapparates, nhh hinterer Ast des Hauptstammes, nAhv vorderer Ast 
des Hauptstammes, nö linke Oeffnung, rph Gefäße des Pharynx, ns Endstamm, nsch 
Schlinge, s! Schwanzlappen. Nach GRAFF. 

Fig. 86. Schema des Exkretionsapparates von Prorhynchus stagnalis. nhh 
hinterer Teil des äußeren Hauptstammes, nhv vorderer Teil desselben, nhvr innerer nach 
hinten verlaufender Längsstamm, nö linke Nierenmündung, npht Gefäße der Pharynx- 
tasche, nqu Querkommissur der Längsstämme, ns Endstamm, nsp Gefäße des Vorder- 
endes, { weibliche Geschlechtsöffnung. Nach GRAFF, 


I.-Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 95 


(Fig. 84) und den meisten Kalyptorhynchia. Einen ähnlichen Typus 
stellen die Arten mit einem Paar Exkretionsporen und paarigen Haupt- 
stämmen und besonderen quer abgehenden Endstämmen, z.B. Phaeno- 
cora stagnalis (Fig. 85), dar. Hierher zu rechnen sind auch die 
Typhloplanini und Mesostomatini, die einen dem Mund aufgesetzten 
Exkretionsbecher (Fig. 77) besitzen oder die beiden Endstämme in 
das Atrium genitale entsenden (Fig. 88). 

Von den Hauptstämmen gehen meist mehrfach verästelte Neben- 
stämme, die in Kapillaren übergehen, aus. Die Kapillaren enden mit 
Wimpertrichtern, die denen der Poly- und Tricladen (8. 90 ff.) struk- 
turell im wesentlichen gleich sind: seltener sitzen Wimpertrichter 
Haupt- oder Nebengefäßen direkt auf. Die Hauptstämme weisen in 
ihrer Wandung spärlich Kerne auf. Für ein- 


zelne Arten, z. B. der Catenuliden, ist ein U 
dichter Wimperbesatz der Innenwandung fest- sch 


gestellt worden; auch scheinen die Haupt- IN ng 
stämme der Catenuliden intercellulär zu sein. 


J--nnh 


Fig. 87. Fig. 88. Fig. 89. 


Fig. 87. Mesostoma ehrenbergi. Erklärung s. folg. Fig. Nach LEUCKART aus GRAFF. 

Fig. 88. Rhynchomesostoma rostratum. Schemata des Exkretionsapparates. 
96 Geschlechtsöffnung, m Mund, nhh hinterer Ast des Hauptstammes, nhvr rücklaufender 
Teil desselben, ns Endstamm, nsch Schlinge, nsp Gefäße des Vorderendes, ph Pharynx. 
Nach LUTHER. 

Fig. 89. Schema des Exkretionsapparates von Euporobothria bohemica. eö 
vordere Oeffnung, gö Geschlechtsöffnung, m Mund, nd vorderer, nd, hinterer Exkretions- 
becher, nhh linker hinterer, nhv vorderer Hauptstamm, nhvr rücklaufender Ast des 
letzteren, nnAh hinteres und nnv vorderes Gefäßnetz, ns vorderer, ns’ hinterer Endstamm, 
nsch Schlinge, ph Pharynx, wg, vorderes, wg, hinteres Wimpergrübchen. Nach VEIJ- 
DOVSKY aus GRAFF. 


Bei den Acölen ist ein lokalisierter Exkretionsapparat 
bisher nicht festgestellt worden; auch die Deutung einer bei Apha- 
nostoma rhomboides beobachteten Vakuole als Exkretionsorgan dürfte 
irrig sein. Möglicherweise stellen aber gewisse Konkremente, 
die im Parenchym und unter dem Körperepithel bei verschiedenen 


96 J. Wırneunı, 


Acölen gefunden worden sind, Urate dar. Gegenüber dieser hypo- 
thetischen Oberflächenexkretion ist aber in neuester Zeit auf Grund phy- 
siologisch-histologischer Untersuehungen der Exkretionsvorgang so 
sedeutet worden, daß die Exkretstoffe sich in Vakuolen des Paren- 
chyms in gelöstem Zustand sammeln, nach dem Körperinneren zu 
wandern und schließlich gleich den Fäkalmassen durch die Mund- 
öffnung nach außen befördert werden. 

Das Exkretionsgefäßsystem der Trematoden (Fig. 90) schließt 
sich eng an das der Turbellarien an. Es besteht sowohl bei den 
Monogeneen wie den Direneen aus folgenden Elementen: 1) Wimper- 
trichtern, die in Kapillaren übergehen (sogenannte Terminalzellen), 
2) stärkeren Kanälen und 3) einem Endabschnitt mit Mündung. 

Die Mündung der Exkretionskanäle liegt bei den Monogeneen 
(soweit bekannt) am Vorderende (Ausnahmen Onchocotyle und Am- 
phibdella) und ist meist eine paarige. Jedoch liegen die Mündungen, 
im Gegensatze zu denen der Turbellarien, meist dorsal. Die größeren 
Gefäße sind paarig und zeigen eine bilateral-symmetrische Anordnung. 
Durch dünnwandige Kapillaren treten die Hauptgefäße mit den 
Terminalzellen (Struktur s. u.) in Verbindung. Letztere entsprechen 
durchaus den Wimpertrichtern der cölaten Turbellarien. 

Bei den Digeneen schließt sich dem terminal gelegenen Ex- 
kretionsporus ein meist kugeliger, ovaler, konischer oder zylindrischer 
Endabschnitt an. In diesen münden meist zwei, öfters auch vier, 
seltener sechs Sammelgefäße. Diese ziehen, vorwiegend auf der ven- 
tralen Körperseite, nach dem Vorderende des Körpers hin. Sie geben 
Nebenäste ab, die dann wiederum Kapillaren entsenden, die mit 
Wimpertrichtern (ef. S. 90) endigen. Im Gegensatz zu den Ver- 
hältnissen bei Turbellarien finden sich allerdings auch blind, d. h. 
ohne Wimpertrichter, endigende Kapillaren. Zwischen den Sammel- 
gefäßen kommen (Queranastomosen vor und können sogar eine ganz 
regelmäßige Anordnung (z. B. bei Distomum leptosomum) annehmen. 
Außer den Sammelröhren münden meist keine anderen Exkretions- 
gefäße in den Endabschnitt, jedoch sind einige Ausnahmefälle be- 
kannt. Fernerhin ist noch darauf hinzuweisen, daß außer dem termi- 
nalen Porus auch periphere Oeffnungen (z. B. bei einigen Distomeen) 
wie bei den tricladen Turbellarien und ÜÖestoden vorkommen. 

Auch der Gefäßapparat der Üestoden (Fig. 91 u. 92) schließt 
sich eng an denjenigen der Turbellarien an. Die Grundelemente des- 
selben, Endabschnitt oder mehrere Exkretionsporen, Hauptgefäße, 
Kapillaren und Terminalzellen (Wimpertrichter) sind die gleichen wie 
bei jenen. Im einfachsten Falle bestehen vier Längsgefäße, von denen 
je zwei nahe dem Körperrande verlaufen und sich am Vorderende ver- 
einigen. Alle vier Kanäle münden am Hinterende (d.h. am Ende der älte- 
sten Proglottide) durch eine kontraktile Blase nach außen (z. B. bei den 
Taeniiden, Tetrabothrinae und Tetrarhynchiden). Sehr mannigfach 
sind jedoch die Abweichungen von diesem ursprünglichen Typus, und 
zwar sowohl bezüglich der Gefäße des Scolex als der Proglottiden. 
Im Scolex tritt oft eine sogenannte Stirnanastomose der Gefäße auf. 
Bei den Taeniiden z. B. kann diese ringförmig um das Rostellum 
verlaufen. Die die Proglottiden durchziehenden Längsgefäße schwanken 
nach Zahl und Stärke beträchtlich. Bei den Bothriocephaliden, Caryo- 
phyllaeiden und Ligulinae steigen sie an Zahl auf 10—24 und können 
oft typische Anastomosen aufweisen. Die kontraktile Blase (End- 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 97 


abschnitt) kommt nur in der letzten Proglottide vor. Im allgemeinen 
münden die Gefäße, sobald die Endproglottide verloren gegangen ist, 
einzeln und direkt nach außen; es kann jedoch ein neuer gemein- 
samer Endabschnitt gebildet werden (z. B. bei Taenia cucumerina). 
Außer dieser terminalen Exkretionsblase kommen bei einigen Arten 
noch sekundäre Poren in größerer Zahl vor. Sie bestehen in Aus- 
führungsgängen, die von größeren Gefäßen senkrecht ausgehen. Vor- 
wiegend finden sie sich am vorderen Körperende, am Hals und 


—G 


7) 


ME 


% 
S 


(Nm 


Fig. 90. Fig. 9, 


Fig. 90. Allocreadium isoporum, ca. 30. Exkretionsapparat. Nach Looss. 

Fig. 91. Weassergefäßsystem eines jungen Acanthobothrium coronatum. Nat. 
Größe. Nach PINTNER aus BRAUN. 

Fig. 92. Scolex eines Cysticercoids aus Arion, mit Exkretionsorganen. Nach 
PINTNER aus BRAUN. 


Scolex (z. B. Triaenophorus und manche Taeniiden und Tetrarhyn- 
chiden). Zwischen den größeren Gefäßen besteht im allgemeinen 
am hinteren Rande jeder Proglottide je eine Queranastomose. Außer- 
dem können aber noch weitere Anastomosen vorkommen, und zwar 
in solcher Anzahl, daß, ganz in gleicher Weise wie bei Turbellarien 
(speziell Tricladen), ein vollkommenes Netzwerk von Gefäßen (so- 
genannte Inselbildung) entstehen kann. 

Die Terminalzellen stellen wie bei den übrigen Turbellarien 
Wimpertrichter dar, die denjenigen der Trematoden durchaus gleichen. 
Sie gehen in strukturlose Kapillaren, die anastomosieren können 
und sich zu Sammelkapillaren vereinigen, über. Letztere münden 
dann in die größeren Wassergefäße. 

Arnold Lang, Handb, d. Morphologie. III. r 


98 J. WILHBLNT, 


D. Entwickelungsgeschichte. 


Der Befruchtungsvorgang bei den Polycladen dürfte bei 
allen Arten mit unbewaffnetem Penis durch eine wechselseitige 
Begattung eingeleitet werden. Bei Stylochus neapolitanus wurde die 
Begattung in der Weise beobachtet, daß zwei Individuen ihr Hinter- 
ende unter beiderseitiger Erektion der Penes aneinander legen. Ob 
nun lediglich eine Samenablage in der Nähe der Geschlechtsöffnungen 
oder eine reguläre wechselseitige Kopulation stattfindet, steht nicht fest. 
Ein eigenartiger Vorgang dient der Befruchtung bei Thysanoxoon brochit 
und anderen Pseudoceriden sowie wahrscheinlich bei allen mit spitzem 
chitinösen Penis versehenen Polycladen. Der Penis wird durch die 
Epidermis eines anderen Individuums in eine beliebige Körpergegend 
desselben gestoßen und der Samen in die Wunde entleert. Durch die 
Maschen des Parenchyms wandert dann der Samen zu den Övarien. 
Dieser Vorgang der Besamung wird als „hypodermale Imprägnation“ be- 
zeichnet (cf. auch S. 99); auch Spermatophoren können auf diese Weise 
in ein anderes Individuum überführt werden (Oryptocelis alba). 


Wenngleich eingehendere Untersuchungen über die Bildung der 
Eischale bei Polycladen noch nicht vorliegen, ist es nicht unwahr- 
scheinlich, daß diese in der gleichen Weise wie bei den hysterophoren 
Rhabdocölen (S. 101) von der Eizelle selbst aus vor sich geht. 


Die Entwickelung der Polycladen ist eine direkte oder in- 
direkte. Letztere findet sich bei den Cotyleen und den meisten 
Planoceriden. Alle Polycladen mit indirekter Entwickelung haben eine 
gemeinsame Larvenform. Das erste Stadium derselben, das durch 
4 Fortsätze charakterisiert ist, wird als GOETTEsche Larve bezeichnet. 
Das zweite Larvenstadium, die MÜLLERsche Larve, ist durch 8 Fort- 
sätze und die auf sie ausgezogene Wimperschnur charakterisiert. 
Diese larvalen Organe werden in der weiteren Entwickelung resor- 
biert. Erst am Schlusse des Larvenstadiums stehen die metabolen 
Polyeladen auf der gleichen Stufe wie die frühzeitig ausschlüpfenden 
Embryonen der sich direkt entwickelnden Polycladen-Arten. 

Das frisch abgesetzte Ei teilt sich in sukzessiver Zweiteilung in 
4 nicht ganz gleich große, bilateral symmetrisch angeordnete Blasto- 
meren (cf. S. 104, Fig. 9A, B, C, D). Diese zerfallen durch äquale 
Teilung in 4 Mikromeren (la, 1b, 1c, 1d) und 4 Makromeren 
(1A, 1B ete.); das größte Makromer stellt den oralen Pol, das 
kleinste den aboralen Pol dar. Die Mikromeren sind die Urektoderm- 
zellen, die Makromeren sind die Urentodermzellen, aus denen wieder- 
um 4 oder 8 Zellen (Urmesodermzellen) hervorgehen. Bis zur 
Keimblätterbildung sind die Entwickelungsstadien annähernd strahlig 
gebaut. Ein Teil der sich weiter vermehrenden Urentodermzellen 
wird wieder als Nahrung resorbiert, während die 4 Urektoderm- 
zellen in fortgesetzter Teilung den Embryo umwachsen. Der am 
oralen Pol ungefähr in der Mitte der zukünftigen Bauchfläche auf- 
tretende Blastoporus gibt immer diejenige Stelle an, an der sich 
später das Ektoderm zu dem embryonalen (primären) Pharynx ein- 
stülpt. Die ersten 2—3 Augen entstehen in dem stets einschichtigen 
Ektoderm und senken sich später in das Parenchym (Mesoderm) ein. 
Durch Teilung gehen aus ihnen die übrigen Augen hervor. Das Ge- 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 99 


hirn geht aus einer ektodermalen Anlage hervor: vom Gehirn aus 
bilden sich sekundär dann die Hauptnervenstämme. Das Darmlumen 
bildet sich durch Resorption der zentralen Dottermassen seitens der 
Entodermzellen, die, peripher auseinandertretend, sich zu einem 
Darmepithel anordnen. Der definitive Pharynx entsteht dadurch, daß 
sich das Mesoderm zu einem Ringpolster um den primitiven Pharynx 
(s. o.) verdichtet, während das Ektoderm des primitiven Pharynx 
dieses Ringpolster bis auf einen schmalen Ring (die spätere Pharynx- 
insertion) umwächst und so die Pharynxtasche bildet. Ekto- und 
Entoderm des Pharynx und das Epithel der Pharynxhöhle entstehen 
also aus den (Ur-) Ektodermzellen, Muskulatur etc. des Pharynx aus 
dem Mesoderm des Embryos. Die Darmäste und -divertikel werden 
durch zentrales Vordringen von Mesodermsepten und peripheres 
Wachstum des Darmepithels gebildet. 


Bei den maricolen Tricladen wird die Befruchtung bei allen 
Arten mit nichtchitinösem Penis durch wechselseitige Begattung her- 
beigeführt. Der Samen gelangt aus dem bei der Begattung stark erigierten 
Penis in das Receptaculum seminis, wo er sich lange lebend erhalten 
kann, und wandert dann durch die Ovidukte nach den Ovarien hin. 
Außerdem ist durch ventrale Einschlagung des Körperendes und Ein- 
führung des Penis in den Vaginalovidukt die Möglichkeit einer Selbst- 
befruchtung (cf. auch Rhabdocölen, S. 101) gegeben (Procerodes lobata). 
Eine dritte Art der Befruchtung ist bei den Arten mit chitinösem oder 
spitzem Penis (Cercyriden) möglich und für Sabussowia dioica erwiesen, 
nämlich die sogenannte „hypodermale Imprägnation“ des Samens 
(cf. auch S. 98). Die Coconbildung erfolgt, soweit festgestellt, stets 
in der Penishöhle; der Penis wird dabei enorm kontrahiert. Die 
Coconschale wird wahrscheinlich wie bei den Paludicolen (s. u.) ge- 
bildet. Für die Annahme, daß die Coconbildung im Receptaculum 
seminis (dem sog. Uterus) erfolge, fehlt jeder Beleg. Vielmehr dürfte 
die für eine Anzahl Gattungen erwiesene Coconbildung in der Penis- 
höhle bei Seetricladen allgemein sein; eine Berechtigung für die bisher 
meist noch gebräuchliche Bezeichnung des Receptaculum seminis als 
„Uterus“ besteht demnach nicht. Die Cocons (Form derselben s. S. 75) 
werden an der Unterseite von Steinen, an abgestorbenen Muscheln etc. 
abgelegt und, zwar hauptsächlich im Frühjahr und Sommer, von einigen 
Mittelmeer-Procerodiden auch das ganze Jahr über. Die Zahl der aus- 
schlüpfenden Jungen beträgt (1) 2—3. Die flachen Cocons der Bdel- 
louriden werden an der Unterseite der Kiemenblätter der Limuliden 
abgesetzt, und zwar zeigen die Cocons der gleichzeitig auf einem Limulus 
lebenden Arten eine charakteristische Verteilung auf den Kiemenblättern. 
Ueber die Begattung und Fortpflanzung der parasitischen Micropharynz 
ist nichts bekannt. 


Die Entwickelung geht in den Cocons vor sich und ist demgemäß 
jedenfalls, analog der Paludicolenentwickelung, eine direkte; Näheres 
ist über die Embryonalentwickelung nicht bekannt. Der ganze Ge- 
schlechtsapparat kommt erst postembryonal zur Entwickelung. Die 
Exkretionsporen sind bei jungen Individuen (Procerodes lobata) in 
nur wenigen Paaren vorhanden. Demgemäß kann die Entwickelung 
des Exkretionsapparates kaum durch segmentale ektodermale Ein- 
stülpung der Poren erfolgen, da der größte Teil der Poren erst post- 

T*F 


100 J, WıLueını, 


embryonal und sekundär entsteht, nachdem bereits die longitudinalen 
Hauptgefäße entwickelt sind. 


Bei den Paludicolen liegen die Verhältnisse der Befruchtungs- 
weise und Eiablage ganz ähnlich wie bei den Maricolen. Die Be- 
gattung ist eine wechselseitige. Von Selbstbefruchtung und hypo- 
dermaler Imprägnation ist bei ihnen nichts bekannt. Die Cocons (Form 
derselben, cf. S. 77) werden an Steinen, Wasserpflanzen, untergesunkenen 
Blättern etc. abgelegt. Je in Abhängigkeit von der Witterung kriechen 
nach mehreren Wochen 1—3 Junge aus. 

Für einige Arten ist die Entstehung des Cocons in der Penishöhle 
(Atrium genitale masculinum) nachgewiesen und dürfte allgemeine Geltung 
für die Paludicolen haben. Das Material zur Coconschale liefern — nach 
den Ergebnissen von Untersuchungen, die in neuester Zeit mit Rücksicht 
auf die bei Rhabdocölen und Trematoden gemachten Beobachtungen 
(S. 83 und 86) angestellt worden sind —, hauptsächlich die Dotterzellen, 
während die Schalendrüsen nur die äußere Schicht der Coconschale 
liefern. 


Die Entwickelung der Paludicolen ist stets direkt. Die von 
Dotterzellen dicht umlagerte Eizelle teilt sich (mit parallel ver- 
laufenden Teilungsebenen) in 4 Blastomeren, die meist kettenförmig 
aneinandergereiht sind. Die durch weitere Teilung entstehenden 
Zellen weisen bis zum 14-Zellenstadium eine unregelmäßige Anordnung 
zwischen den Dotterzellen auf. Bei der weiteren Entwickelung des 
Eies lagern sich Dotterzellen rings um dasselbe dichtgedrängt an und 
zerfließen später. Nach dem 20-Zellenstadium beginnt eine kugelartige 
Anordnung der Blastomeren (unvollkommene Blastula) und erst nach 
dem 40-Zellenstadium tritt ein festerer Zusammenschluß der Zellen 
ein. Während 5—10 Zellen in das Synceytium als Wanderzellen ein- 
dringen und das Ekto-, Meso- und Entoderm bilden, geht der embryo- 
nale Pharynx aus Blastomerenanhäufung hervor. Aus dieser differen- 
zieren sich 4 größere und 4 kleinere Zellen, von denen die ersteren 
die innere Pharyngealwand, die letzteren den Uebergang zum Ekto- 
derm bilden. Sobald der embryonale Pharynx funktionsfähig ist, be- 
ginnt der Embryo mit Hilfe desselben große Mengen von Dotterzellen 
zu schlucken. Das ursprüngliche Ektoderm wird zum Teil durch hin- 
zutretende Wanderzellen ersetzt. Während der provisorische (embryo- 
nale) Pharynx resorbiert wird, bildet sich der definitive Pharynx aus 
dem Mesenchym. Die Wandungen der Pharynxhöhle gehen aus dem 
Ektoderm hervor. Im Mesenchym tritt zuerst das Nervensystem auf; 
die Entstehung des Exkretionsapparates ist nicht bekannt. Der Ge- 
schlechtsapparat kommt erst postembryonal nach dem Ausschlüpfen 
der Tiere zur Entwickelung. 

Ueber die Entwickelung der Landtricladen ist nichts Näheres 
bekannt, doch dürfte sie ganz ähnlich derjenigen der Paludicolen 
verlaufen. Die (nur einmal beobachtete) Begattung ist, wie bei den 
übrigen Trieladen, wechselseitig und die geschlechtliche Fortpflanzung 
erfolgt durch Ablage von Üocons. 

Die Entwickelung der Trieladen weicht also beträchtlich von 
derjenigen der Polycladen ab, indem sie erstens stets eine direkte 
ist, zweitens, indem die den Polycladen fehlenden Dotterzellen den 
Entwickelungsvorgang wesentlich beeinflussen und drittens, indem keine 
Keimblätterbildung auftritt. 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 101 


Bei Rhabdocöliden herrscht, wie bei den Tricladen, die wechsel- 
seitige Begattung vor. Ebenso findet sich aber nicht selten Selbst- 
befruchtung (cf. Trieladen, S. 99), indem der Samen in den Samen- 
behälter oder in das Atrium entleert wird. Die Möglichkeit der Selbst- 
befruchtung besteht bei allen Rhabdocöliden. Bei dem Alloeocölen- 
Genus Bothrioplana scheint sie die alleinige Befruchtungsweise zu sein. 
Die „hypodermale Imprägnation“ (cf. S. 98 und 99) findet sich in zwei 
Formen: 1) als Selbstbefruchtung bei Prorkynchus, indem der eigene 
(chitinöse) Penis in das Vorderende des Körpers eingestoßen wird und 
2) wechselseitig (vielleicht bei allen Macrostomum-Arten). Die Eier der 
Rhabdocöliden sind — mit Ausnahme der parasitischen Paravortex scorbi- 
eulariae — stets von einer Eischale umgeben, haben kugelige bis oval- 
elliptische Form und sind bei manchen Arten gestielt; meist enthalten sie 
nur eine Eizelle. 


Nach neueren Untersuchungen scheint die Schalenbildung so vor 
sich zu gehen, daß bestimmte Bestandteile der Dotterzellen, die in 
Körnchen- und Tröpfchenform auftreten, von den die Eizelle (bzw. 
mehrere Eizellen) im Uterus umgebenden Dotterzellen ausgeschieden 
werden und die Eikapsel bilden. Für einige Arten, z. B. Dalyellia und 
Castrada dürfte diese Entstehungsweise der Eischalen erwiesen sein, und 
kann mit einiger Sicherheit auch für alle Rhabdocöliden mit getrennten 
Keim- und Dotterstöcken verallgemeinert werden. Demnach kommt den 
Dotterzellen eine doppelte Aufgabe, nämlich der Ernährung und der 
Eischalenbildung, zu. Auch die Schalendrüse scheint eine Rolle bei der 
Schalenbildung zu spielen, ohne jedoch — wie bisher angenommen 
wurde — das eigentliche Material für die Eischalen zu liefern. Bei den- 
jenigen Rhabdocölen (Hysterophora), deren weibliche Geschlechtsdrüsen 
nicht in Keim- und Dotterstöcke getrennt sind, scheint die Schalen- 
bildung durch Ausscheidung ähnlicher körniger Substanzen aus der Ei- 
zelle zu erfolgen. 

Eine Anzahl Rhabdocölen produziert in Abhängigkeit von äußeren 
Einflüssen Winter- oder Dauereier und Sommer- oder Subitaneier; letztere 
sind meist kleiner und dünnschaliger als erstere. Der Entwickelungs- 
zyklus läßt sich nach einem Schema von BressLAu, wie folgt, darstellen: 


Dauereier 


Wintertiere 


ee — Sommertiere 


(nach Selbstbefruchtung) | 


Dauereier 
Dauereier 
(Nach Begattung, aber auch nach Selbstbefruchtung) 


Die Zeit der Fortpflanzung ist im wesentlichen das Frühjahr, zu 
welcher Zeit die Jungen aus den überwinterten Dauereiern ausschlüpfen ; 
im Sommer kann dann eine Reihe von Generationen durch Subitaneier 
folgen. 

Normalerweise werden die Eier durch die Geschlechtsöffnung ab- 
gelegt, doch können sie, namentlich wenn in größerer Zahl verhanden, 
in das Parenchym übertreten und durch das Körperepithel hindurch nach 
außen gelangen. Spielt sich die ganze Embryonalentwickelung des Eies 


102 J. WiıLHeunı, 


im Muttertier ab, so sind die betreffenden Individuen lediglich in Ab- 
hängigkeit von der Zeit des Ausschlüpfens der Jungen bald ovi-, 
bald vivipar. Eine Anzahl Rhabdocölen (z. B. Paravortex) mit schalen- 
losen Eiern sind vivipar, ebenso die Typhloplaniden (bezüglich der 
Subitaneier). 


Ueber die Embryonalentwickelung der Alloecölen liegen ein- 
gehendere Untersuchungen nur für das marine Plagiostoma girardi 
vor. Gleich wie bei den Trieladen finden sich in den Eikapseln dieser 
Alloeocöle eine Anzahl (10—12) Keimzellen und zahlreiche Dotterzellen 
(mehrere Hundert) vereint. Die Eizelle teilt sich inäqual in ein Makromer 
(A) und in ein Mikromer (B). Durch inäquale Teilung von A kommt 
es zur Bildung des Mikromers C, sodann teilt sich A äqual in zwei 
Makromeren. Die nunmehr vorhandenen beiden Makro- und die beiden 
Mikromeren scheinen sich stets äqual zu teilen. Die so entstehenden 
Blastomeren liegen zunächst, wie bei den Trieladen (S. 100), in der Dotter- 
masse unregelmäßig zerstreut und rücken später zu einem bilateral- 
symmetrischen Zellhaufen zusammen. Als erste Organanlagen treten, 
ohne daß es vorher zur Bildung einer Gastrula oder von Keimblättern 
kommt, die des Gehirns und des Pharynx auf. Die sich von der Pharynx- 
anlage abzweigende Genitalanlage kommt erst postembryonal zur Ent- 
wickelung. Erst nachdem der Dotter fast gänzlich von dem Körper- 
epithel (s. u.) umwachsen ist, bildet sich der Darm, und zwar in der 
Weise, daß Zellen, die der inneren Pharynxtasche aufsitzen und in- 
differente Zellen in eine in der Dottermasse auftretende Höhlung 
hineinwachsen. 

Bei der Entwickelung der Subitaneier der rhabdocölen Mesostona 
ehrenbergi entstehen durch inäquale Teilung zunächst das Makromer A 
und das Mikromer B, dann trennen sich von A die beiden Mikro- 
meren © und D ab. B, © und D teilen sich dann der Reihe nach 
inäqual und A fast äqual vor oder nach D. Dann beginnen sich die 
Blastomeren teils äqual, teils inäqual zu teilen, ohne daß es zu einer 
erkennbaren Gastrula- oder Keimblattbildung kommt. Aus diesem 
Zellenhaufen geht durch weitere Zellteilungen die Embryonalanlage 
hervor, aus der durch bilateral-symmetrische Anordnung, Bildung der 
ersten ÖOrgananlagen und Differenzierung des Körperepithels der 
Embryo hervorgeht. Die übrige Entwickelung entspricht im wesent- 
lichen der von Plagiostoma. Die Bildung der Exkretionsorgane er- 
folgt durch zwei neben dem Pharynx gelegene Zellhaufen, die zu 
Strängen auswachsen. Diese werden erst durch sekundäre Durch- 
bohrung zu Exkretionskanälen umgewandelt. 

Eine Art indirekter Entwickelung findet sich bei der parasitischen 
Fecampia, die sich vor der Eiablage einkapselt. Die augentragenden 
Larven leben nach dem Verlassen der Eikapsel nur kurze Zeit frei 
und dringen dann in einen Krebs ein. Nunmehr beginnt die Rück- 
bildung der Augen, des Mundes, Pharynx und Darmes (S. 59), 
Umwandlung der Körperform und Differenzierung der Genital- 
anlage. 


Die Begattung bzw. die der Befruchtung dienenden Vorgänge bei 
den Acölen sind noch wenig geklärt. Selbstbefruchtung (cf. S. 99 
und 101) ist nicht beobachtet worden und ist auch mit Rücksicht auf 
den sukzessiven Hermaphroditismus unwahrscheinlich, Die Begattung 
dürfte sich vielmehr so abspielen, daß jüngere (aber schon männlich reife) 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 103 


Individuen ihren Samen mittels Penis in die Bursa seminalis älterer In- 
dividuen einführen, um dann später, nach Entwickelung der Bursa semi- 
nalis und der weiblichen Geschlechtsorgane, selbst in gleicher Weise 
wieder begattet zu werden. Für Polychoerus ist auch eine ähnliche Be- 
samungsart, wie sie bei Thysanozoon (S. 98) und den Cercyriden (S. 99) 
besteht, angegeben worden, indem ein Individuum einem anderen mittels 
der Bursa seminalis eine Rückenwunde beibringe und in diese den Samen 
einführe. Die Möglichkeit einer solchen Funktion der Bursa seminalis 
wird jedoch bestritten. Bei Haplodiscus erfolgt vielleicht die Samenein- 
führung durch die Mundöffnung, zumal da eine Bursa und auch die 
Ovidukte fehlen. 


Die Fortpflanzung scheint bei den meisten Arten, speziell bei den- 
jenigen nördlicher Meere, im Sommer stattzufinden, während sie bei Arten 
südlicher Meere das ganze Jahr über erfolgen kann (cf. Seetricladen, 
S. 99). Die von einer feinen Membran bekleideten Eier werden meist in 
größerer Anzahl in einem kugelig bis oval geformten dünnwandigen Cocon 
(Comvoluta roscoffensis) oder in einer gallertigen Masse als Laich abge- 
setzt (z. B. Otocelis rubropunctata). 


Die Entwickelung der Acölen ist eine direkte. Die Teilung des be- 
befruchteten Eies von Convoluta roscoffensis, für welche Art die Entwicke- 
lung am sichersten festgestellt zu sein scheint, erhellt am besten aus 
dem abgebildeten Schema (S. 104). Während bis zum 8-Zellenstadium 
ausgesprochen spirale Furchungen stattfanden, nähern sich mit dem 
16-Zellenstadium die Teilungen dem bilateralen Typus. Zwischen den 
Blastomeren besteht ein Blastocöl. Indem die Mikromeren 3a und 3b 
die Makromeren 3A und 5B in das Blastocöl hineindrängen, erfolgt 
die Gastrulation.e An der Invaginationsstelle bildet sich ein Blasto- 
porus, ein Urdarm kommt jedoch nicht zur Entwickelung. Im Embryo 
entwickelt sich aus den Derivaten der Macromeren 3A und 3B das 
zentrale verdauende Parenchym, aus den Mikromeren 3a und 3b viel- 
leicht das peripherische Parenchym; aus Abkömmlingen der letzteren 
geht auch das Nervensystem hervor. Eine Vergleichung der Zell- 
stammbäume bei Acölen und Polycladen (Fig. 93 S. 104) ergibt viel 
Uebereinstimmendes, jedoch die eine bedeutende Abweichung, daß 
sich das Ei der Acölen nur in zwei primäre Blastomeren (A und B), 
das der Polycladen sich jedoch in vier primäre Blastomeren (A, B, 
C, D) teilt; demgemäß weist also das entsprechende Teilungsstadium 
des Polycladeneies stets doppelt so viel Zellen als das der Acölen auf 
(cf. Phylogenese, S. 123). 


Die Trematoden zeigen als Entwickelungsform zwei Typen, 
die für die systematische Gruppierung in Monogeneen und Digeneen 
maßgebend waren und sich auch im wesentlichen mit der morphologischen 
Gruppierung in Polystomeen und Distomeen decken. Da die ersteren 
ganz vorwiegend Ektoparasiten, die letzteren Entoparasiten sind, er- 
scheint auch die Verschiedenheit ihrer Entwickelung ohne weiteres 
verständlich. Die Monogeneen scheinen zur Fortpflanzung an die 
wärmere Jahreszeit gebunden zu sein. Die Begattung ist eine wechsel- 
seitige. Die beiden erwachsenen Individuen von Diploxoon paradoxon 
(Fig. 71 S. 87) finden sich dauernd in der zur Begattung geeigneten 
Lage, indem das Vas deferens des einen Tieres mit der Scheiden- 
mündung des anderen Tieres verbunden ist. Da bei einzeln lebenden 
Monogeneen Eiablage beobachtet worden ist, darf auch das Vor- 


104 J. WıiLueını, 


|: | Io 
EHkER: 618|0 ı2 | 14 16 | 15 22 


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Acoelen LT 2 ee BREI 


ıl2]a|s| 22|1|20 || 28 | 32 | 36 | aa | a8 | 06 | Orc 
Polyclad | 
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Fig. 93. Eientwickelung bei den Polycladen und Acölen, nach LANG, WILSON, 
SURFACE und BRESSLAU, kombiniert von BRESSLAU. Große Lettern zeigen Makromeren, 
kleine Mikromeren an. Die mit A übereinstimmenden Entwickelungsvorgänge von B, 
C und D sind nicht dargestellt. 


kommen von Selbstbegattung bzw. Selbstbefruchtung (cf. auch Tur- 
bellaria S. 98 und 99) angenommen werden. Die Eier werden 
wahrscheinlich, wie bei den Turbellarien, im Eileiter befruchtet und 
werden im Ootyp, von Dotterzellen umlagert, einzeln (selten zu 
mehreren) in einer Cocon- bzw. in eine Eikapsel eingeschlossen. Die 
gelblich-braunen Eikapseln, deren Entstehung wie bei den Digineen 
(S. 105) vor sich gehen dürfte, tragen an einem Ende einen Deckel, der 
häufig mit einem Anhang (Filament) versehen ist, während am anderen 
Kapselende ein Stiel vorhanden sein kann. Die Eikapseln werden 
frühzeitig in der Umgebung des Muttertieres (z. B. an der Haut oder 
an den Kiemen des Wirtes) abgesetzt. Die Eientwickelung vollzieht 
sich erst außerhalb des Muttertieres. Die Zahl der während der Reife- 
periode von einem Individium abgelegten Eier kann beträchtlich sein 


I.. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 105 


(bei Polystomum z. B. über 1000). Die Entwickelung der Monogoneen 
ist noch unzureichend bekannt. Nach totaler inäqualer Furchung bildet 
sich allmählich ein Morulastadium heraus. Dann beginnt unter Bildung 
einer zelligen Membran die Streckung des Embryos. Unter Auf- 
zehrung der Dottermassen entwickelt sich dann der Embryo zur 
Larve, die — bei den Monogeneen den erwachsenen Tieren meist 
schon recht ähnlich — sobald die Eier ins Wasser gelangen, Eihülle 
und Cocon verlassen. Unter sehr einfacher Metamorphose, während 
der die Larvencharaktere (Körperbewimperung u. a.) verloren gehen, 
wachsen die Larven zu geschlechtsreifen Tieren heran. 

Die ausgeschlüpften Tiere ähneln bereits dem Muttertiere, unter- 
scheiden sich aber von diesem hauptsächlich durch den Besitz eines 
Wimperkleides, einer Haftscheibe, sowie durch den Mangel des Ge- 
schlechtsapparates. Darm, Nervensystem und Exkretionsapparat sind 
bereits vorhanden. Die Metamorphose kann jedoch auf ein so ge- 
ringes Maß reduziert sein, daß das ausgeschlüpfte Individuum ledig- 
lich zum geschlechtsreifen Tier heranzuwachsen braucht. 

Bei den meist entoparasitischen Digeneen sind die zur Entwicke- 
lung gehörigen Vorgänge meist komplizierter und mannigfaltiger. Die 
Befruchtung kann durch ein- oder wechselseitige Begattung oder auch 
Selbstbegattung eingeleitet werden. Die Befruchtung der Eier erfolgt 
wahrscheinlich im Eileiter. Die mit den Dotterzellen zusammen- 
gelagerte Eizelle wird von einer gelbbraunen, meist ovalen Eikapsel 
umgeben. Letztere entsteht durch Ausscheidung besonderer Tröpfchen 
und Körnchen der Dotterzellen wahrscheinlich unter Mitwirkung des 
Schalendrüsensekretes und entbehrt im Gegensatz zu derjenigen der 
Monogeneen (S. 104) meist der Anhänge. Auch sind bei den Digeneen 
im Gegensatz zu den Monogeneen die Eikapseln in großer, oft be- 
trächtlicher Zahl im Uterus angehäuft; sie sind jedoch auch weit 
kleiner als bei letzteren. 

Bei den vorwiegend im Darm von Wasservögeln lebenden Holosto- 
miden treten die Embryonen aus den sich im Wasser entwickelnden 
Eiern als bewimperte Larven aus, kapseln sich nach Uebertritt in 
einen Zwischenwirt (Metazoen, Fische, Amphibien) ein und werden 
erst nach Uebertragung in den Endwirt geschlechtsreife Individuen. 
Bei den übrigen digenetischen Trematoden findet sich meist in die 
Larvenentwickelung eine Art parthenogenetischer Fortpflanzung ein- 
geschaltet. Die als sogenannte Miracidien ausschlüpfenden Larven 
schwimmen gleich den übrigen Trematodenlarven mittels Hautbewim- 
perung frei im Wasser umher, dringen dann (stets) in eine Schnecke 
ein, in der sie sich zu einer darmlosen unbewimperten Sporocyste 
(sogenanntem Keimschlauch) entwickeln. Aus besonderen Zellen der 
inneren Wandung derselben entwickeln sich sogenannte Keimballen, 
aus denen entweder Cercarien entstehen, die sich nach dem Freiwerden 
zu geschlechtsreifen Individuen entwickeln, oder Redien, die Cercarien 
hervorbringen. 

Bei den Cestoden erfolgt die Befruchtung durch die gleichen 
Vorgänge wie bei den übrigen Plathelminthen. Es bestehen folgende 
Befruchtungsmöglichkeiten : 1) Selbstbefruchtung (mit oder ohne Selbst- 
begattung), 2) wechselseitige Begattung zwischen Proglottiden der 
gleichen Kette oder verschiedener Individuen, 3) ein- oder wechsel- 
seitige Begattung der gleichen Proglottide, wenn sie zwei Genital- 
öffnungen besitzt, 4) bei den einer Vagina entbehrenden Arten scheint 


106 J. WILe8ernı, 


ein der „hypodermalen Imprägnation“ der Turbellarien (ef. S. 98). 
entsprechender Befruchtungsvorgang stattzufinden. Die Entwickelung 
des Eies findet meist in dem Uterus, seltener (z. B. bei einigen 
Bothriocephalus-Arten, Ligula u. a.) erst nach Ablage des Eies im 
Wasser statt. Die Eischale kann kräftig und mit Deckel versehen 
(Bothriocephalen) oder nur schwach entwickelt (Taenien) sein. Dicht 
unter ihr bildet sich (aus Zellen des Embryos) die Embryonalschale. 
In der Embryonalschale entwickelt sich der Embryo zur sogenannten 
Oncosphaera, die von runder bis kugeliger Gestalt und durch den Be- 
sitz von drei Paar Häkchen charakterisiert ist. Die Oncosphaera gelangt 
entweder ins Wasser, wo sie vermittelst ihrer Wimperhülle eine Zeit- 
lang frei umherschwimmt, oder sie wird (einer Wimperhülle entbehrend) 
in den Darm des Wirtes entleert und gelangt mit dem Kot ins Freie. 
Sodann gelangt die Oncosphaera, fast ausnahmslos passiv, bei der 
Nahrungsaufnahme eines Tieres in dessen Darm und dringt entweder 
mit eigener aktiver Bewegung in ein Organ des Wirtes ein oder wird 
auch noch durch den Blutstrom im Körper weitergeführt. Sodann 
geht die Oncosphaera in das Finnenstadium über. Die Finne, 
die allen Öestoden als Entwickelungsstadium gemeinsam ist, zeigt bei 
den einzelnen Öestodenarten beträchtliche Verschiedenheiten im Bau. 
Im einfachsten Falle gleicht sie einem Scolex, trägt aber oft einen 
blasigen Anhang. Entweder entsteht der Scolex direkt aus der Onco- 
sphaera oder in der umgewandelten Oncosphaera entwickelt sich der 
Scolex, während die Oncosphaera selbst später verloren geht. Manche 
Finnen (als Coenurus bezeichnet) können eine Anzahl Scolices bilden. 
Auch kann, z. B. bei Taenia echinococcus (des Hundes), die Finne (als 
sogenannte Mutterblase) im Innern Tochterblasen entwickeln, in denen 
zahlreiche Scolices zur Entstehung kommen (cf. Ungeschlechtliche Fort- 
pflanzung S. 119). Um geschlechtsreife Individuen zu werden, müssen 
die Finnen (mit Ausnahme derjenigen von Archigetes) in einen anderen 
Wirt gelangen. Die Uebertragung in den neuen Wirt erfolgt bei der 
Nahrungsaufnahme desselben, z. B. wenn Katzen oder Hunde finnige 
Mäuse oder Ratten fressen (Oysticercus fasciolaris) oder Vögel finnige 
Insekten verzehren oder Menschen ungekochtes finniges Schweinefleisch 
genießen. Möglich ist es auch (z. B. bei Taenia murina der Mäuse), 
daß die Finne durch die Darmwand in das Darmlumen dringt und 
hier zum geschlechtsreifen Tiere wird. Abgesehen von der einfachen 
Entwickelungsweise der monozoischen Cestoden und von ZLigula und 
Schistocephalus vollzieht sich die Umwandlung der Finne zum Band- 
wurm bei den übrigen polyzoischen Cestoden in komplizierter Weise 
und nur langsam, indem die in den Darm eines geeigneten Wirtes 
gelangte Finne den blasigen Teil verliert und der Scolex durch ter- 
minale Sprossung die Proglottiden bildet. 


E. Oekologie, Biologie und Physiologie der frei, kommensalisch 
und parasitisch lebenden Plattwürmer. 
(Allgemeines ef. 8. 3.) 


Die Polyeladen gehören, mit Ausnahme von Shelfordia borneensis, 
dem Meere an, und zwar finden sich in europäischen Meeren etwa 
ein Viertel der bekannt gewordenen Arten. Ganz ähnlich wie die 
marinen Trieladen (S. 107) finden sich die Polycladen weitaus am 
zahl- und artenreichsten (ca. 50) im Mittelländischen Meere vor, und 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 107 


zwar dort wieder besonders im Golf von Neapel (ca. 45 Arten). Sie 
scheinen ausnahmslos freilebend und größtenteils Küstenbewohner zu 
sein. Da die meisten Arten gute Schwimmer sind, werden sie auch 
vielfach an der Oberfläche des Meeres angetroffen. Rein pelagisch 
lebende Arten sind nur in geringer Zahl bekannt geworden, jedoch 
können Jugendstadien (z. B. der Leptoplaniden) längere Zeit plank- 
tonisch leben. 


Allen Polycladen ist die Gleitbewegung eigen, und zwar auf fester 
Grundlage oder auch an der Wasseroberfläche. Der Vorgang der 
Gleitbewegung, der nicht näher untersucht ist, dürfte der gleiche wie 
bei den wasserbewohnenden Tricladen (S. 108) sein. Die Mehrzahl 
der Polycladen besitzt auch die Fähigkeit, frei im Wasser zu schwimmen. 
Die Schwimmbewegung kann in zweifacher Weise bewerkstelligt werden, 
und zwar entweder durch eine undulierende Bewegung, die an den 
Seitenfeldern von vorn nach hinten verläuft oder durch eine schlängelnde 
Bewegung nach Egelart. Bei den breiteren Arten herrscht die erstere 
Schwimmweise vor, bei den schlankeren Formen die letztere. Bei 
schlanken Formen kann aber die Schwimmfähigkeit gänzlich fehlen 
oder nur noch sehr unvollkommen als „schlagende“ Bewegung 
ausgebildet sein, in welcher wir sie auch bei einigen Tricladen 
noch wiederfinden (cf. auch Phylogenie S. 122). Zur Nahrung dienen 
hauptsächlich kleine Anneliden, Nemertinen, Hydrarier und der orga- 
nismenhaltige Detritus. Der Verdauungsvorgang dürfte ganz wie bei 
den Tricladen (S. 108) vor sich gehen. Die Defäkation erfolgt durch 
die Mundöffnung durch Ausstoßen der Fäkalmassen. Bei einigen Arten 
(Yungia aurantiaca) kann jedoch die Defäkation auch durch dorsal 
ausmündende Darmdivertikel erfolgen. Ueber das Verhalten der Poly- 
claden zum Licht ist nichts Näheres bekannt. 

Für den unbekannten Vorgang der Respiration bleibt nur die 
Annahme einer Hautatmung “übrig. Die Polycladen sind im all- 
gemeinen gegenüber äußeren Verletzungen sehr lebenszäh, gehen 
jedoch bei Aenderung der chemischen Beschaffenheit des Wassers 
schnell zugrunde. Die Lebensdauer der Polycladen ist nicht näher 
bekannt; sie dürfte jedenfalls 1 Jahr kaum überschreiten. Wahr- 
scheinlich werden die Polycladen nur einmal geschlechtsreif und gehen 
nach wiederholter Eiablage langsam zugrunde. 

Die Meeres-, Süßwasser- und Land-Tricladen verhalten sich 
biologisch zum Teil nicht gleich, was durch Verschiedenheit der sie 
bergenden Medien bedingt wird. 

Unter den Meerestricladen haben wir im Gegensatze zu 
den Süßwasser- und Landtricladen drei biologische Gruppen, 1) frei- 
lebende Arten, 2) Kommensalen und 3) Parasiten zu 
unterscheiden. 

Die freilebenden Meerestricladen gehören im wesent- 
lichen der litoralen Zone an; sie leben im groben Sande und unter 
Steinen am Strand. Im Plankton kommen nur ganz selten junge 
Exemplare (z. B. von Procerodes) und kleine Arten (z. B. Cerbussowia) 
infolge passiven Transportes vor. Vom Salzgehalt des Meeres ist die 
Verbreitung der Meerestricladen nicht wesentlich beeinflußt, doch 
tritt eine stärkere Bevölkerung ziemlich abgeschlossener, d. h. von 
den Gezeiten weniger beeinflußter Meere (z. B. im Mittelländischen 
und Schwarzen Meere) gegenüber offenen Meeresküsten nach Arten- 
und Individuenzahl deutlich zutage. Die Bewegungsweise ist vor- 


108 J. WiLneunı, 


wiegend eine „gleitende“, d. h. der Körper gleitet ruhig (von Tast- 
bewegungen des Vorderendes abgesehen) auf der Bauchfläche am 
Grunde oder am Wasseroberflächenhäutchen dahin. Hervorgerufen 
wird diese gleitende Bewegung durch wellenförmige Bewegungen 
der Bauchfläche (bzw. durch Kontraktionswellen der Längsmuskeln 
des Hautmuskelschlauches, Fig. 26 S. 43) unter Mitwirkung der 
ziemlich starren Cilien des ventralen Epithels.. Dabei dienen die 
Haftzellen als Kriechleisten und lassen während der Gleitbewegung 
des Tieres ein schleimiges Sekret hervortreten. Die spannende 
Bewegungsweise geschieht durch Streckung und Kontraktion des 
Körpers unter wechselnder Anheftung des Vorder- und Hinter- 
endes mittels der hier angehäuften Haftzellen. Eine schlagende Be- 
wegungsweise der Körperenden (cf. auch Phylogenie S. 122) kommt 
bei den Üercyriden vor. Die Anheftung des Körpers an eine 
Fläche geschieht durch die Zellen, des ventral, nahe dem Körper- 
rande, verlaufenden Haftzellenringes (cf. Papillen der Haftzellen 
Ss. 32 Fig. 21). Die bei allen freilebenden Meerestricladen stets 
vorhandenen Rhabditen stellen im wesentlichen Schutzorgane dar, 
die zur Erhaltung des Epithels dienen, auf Druck hervortreten 
und auf weiteren Druck zu einem glättenden Schleim zerfallen; sie 
sind also physiologisch den erythrophilen Schleimdrüsen gleichwertig, 
ebenso dient der aus den Haftpapillen der Haftzellen hervortretende 
Schleim offenbar nicht zur Anheftung, sondern zum Lösen der Papillen 
und zum Glätten. Das aus den speziell ventral am Vorderende häu- 
figen cyanophilen Drüsen austretende Sekret hingegen scheint zur 
Neutralisierung des immerhin einige Kondensität aufweisenden eıy- 
throphilen Schleimes zu dienen, und zwar speziell zur Geschmeidig- 
machung der (demgemäß stets cyanophilen) Bewimperung des Körper- 
und Pharynxepithels (s. u... Zur Ernährung dienen Detritus und die 
in ihm enthaltenen Lebewesen, ferner allerlei kleinere Organismen 
(z. B. Gammariden), die ausgesaugt werden. Besonders gern wird 
frisches Fischfleisch (angespülte Kadaver) als Nahrung genommen; 
dementsprechend ist auch eine Köderung mit frischen Sardellen, die 
in den groben Sand unter dem Wasserspiegel gelegt werden, meist 
sehr erfolgreich). Auch unter den Sand schlüpfende Fische (Taulus 
u. a.) werden zuweilen angesaugt und vernichtet (cf. auch Parasiten 
S. 109). Der Pharynx wird bei der Aufnahme hervorgestreckt (nicht 
gestülpt) und kann bis zur Gesamtlänge des Tieres verlängert wer- 
den, ein z. B. bei der Einführung des Pharynx unter die Fisch- 
schuppen vorteilhafter Umstand. Verletzte Seetricladen werden zu- 
weilen von anderen (hungrigen) Individuen ausgesaugt. Echter 
Kannibalismus (Verschlucken kleinerer Artgenossen) ist bis jetzt 
nur bei Cercyra beobachtet worden. Die Nahrungsteile (z. B. Fleisch- 
partikel) werden unter kontraktilen Saugbewegungen des Pharynx in 
den Vorderdarm eingeführt. Die eyanophilen Drüsen des Pharynx, 
die zum Teil noch immer als Speicheldrüsen angesprochen werden, mün- 
den ganz vorwiegend auf der Oberfläche des Pharynx. Ein ver- 
dauendes Sekret dürfte den Nährstoffen erst im Vorderdarm zuge- 
fügt werden, und zwar seitens der in diesem, auch als Magendarm 
bezeichneten, Darmabschnitt besonders zahlreichen Darmdrüsen, den 


1) Zur Witterung der Nahrung dienen die Aurikel, bzw. die ihnen entsprechenden 
Körperregionen ; dekapitierte Individuen entbehren des Witterungsvermögens. 


I: Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 109 


sogenannten „Mınorschen Körnerkolben“ (cf. S. 57). Langsam er- 
folgt sodann eine Verteilung der Nahrung in die beiden anderen 
Darmäste und in die Darmdivertikel. Die Verdauung findet sowohl 
intra- als extracellulär statt. Die Defäkation erfolgt durch Wirkung 
der Darm- und Körpermuskulatur per os. Die Exkretion, die schon 
bald nach der Nahrungsaufnahme ziemlich lebhaft einsetzt, erfolgt 
durch die Exkretionsporen. Nach reichlicher Nahrungsaufnahme 
kommt bei Procerodes lobata eine Einkapselung in eine Schleimhülle 
vor (zuweilen mehrmonatliches Ruhestadium). Alle freilebenden See- 
trieladen sind negativ heliotrop, solange sie des Augenpaares nicht 
beraubt sind. Ein durch das Körperpigment bedingter negativer Helio- 
tropismus, wie er für Süßwassertrieladen nachgewiesen wurde, ist 
bei dekapitierten pigmentierten ‚Maricolen nicht zu beobachten, viel- 
leicht infolge ihrer im Vergleich zu den Paludicolen stets bedeutend 
schwächeren Pigmentierung. 


In mancher Beziehung abweichend von den freilebenden See- 
tricladen verhalten sich die Bdellouriden, die starke Anpassungen an 
die Lebensweise auf Limulus zeigen. So verfügen sie z. B. über 
eine kaudale Haftscheibe.e. Das Epithel ist „eingesenkt“ und meist 
rhabditenfrei. Der negative Heliotropismus ist, trotz Vorhanden- 
sein eines Augenpaares, durch einen an Limulus angepaßten Ge- 
ruchssinn unterdrückt. Es liegt hier lediglich ein Kommensalis- 
mus vor, indem die Bdellouriden, wenn der Limulus seine Nahrung 
zermalmt, sich an den Kieferfüßen sammeln und mitfressen und 
später die zwischen den Stacheln der Kieferfüße zurückbleibenden 
Nahrungspartikel aufzehren; auch experimentell läßt sich diese Er- 
nährungsweise der Bdellouriden zeigen, wenn man die Limuliden 
mit frischen Fischen, Regenwürmern, Pferdefleisch etc. füttert; sie 
schließt sich also eng an die der freilebenden Seetricladen an 
(cf. Ködermethode S. 108). Alle Bdellouriden !) scheinen spezifische 
Kommensalen der Limuliden zu sein. Während wir also bei den 
freilebenden Seetricladen in der Ernährungsweise die Neigung zum 
Gelegenheitsparasitismus und bei den an das Leben auf Limulus 
angepaßten Bdellouriden einen der Ernährungsweise der freilebenden 
doch wieder entsprechenden Kommensalismus sahen, sehen wir als 
letzte Variante den echten Parasitismus bei den Micropharyngiden, 
deren einzige Art Mecropharynx parasitica als Dauerparasit auf Rajiden 
lebt. Diese Art zeigt typische Anpassungen an die parasitische Lebens- 
weise, so die Augenlosigkeit, große hintere Haftscheibe, starke Ab- 
flachung und Verbreiterung der Körperform, Annäherung des Darm- 
baues (S. 56, Fig. 35f) an den Darmtypus der Polycladen. Während 
die Bdellouriden, infolge ihrer geschützten Lebensweise, meist der 
Rhabditen entbehren, finden sich solche wieder bei den ungedeckt auf 
den Rajiden lebenden Micropharyngiden. 


Die Süßwassertricladen sind durchweg freilebend und 
schließen sich in der Lebensweise in vieler Hinsicht den freilebenden 
Seetricladen an. Bezüglich ihrer Standorte zeigen sie aber ein 
wechselnderes Verhalten als jene. Sie kommen vor in den Seen des 


1) Die in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts beschriebene freilebende 
Bdelloura rustica ist nicht wieder aufgefunden worden. Auch das in neuster Zeit vor- 
läufig als freilebende Bdellouride beschriebene Trielade Synsiphonium dürfte kaum zu 
den Bdellouriden zu stellen sein (S. 9, Synsiphonidae). 


110 J. WILHELM, 


Flachlandes und des Hochlandes, in Teichen und Sümpfen, in Flüssen, 
Bächen, Quellen und Brunnen und im Brackwasser. Bis zu einem 
gewissen Grade läßt sich daher eine ökologische Gruppierung der 
Paludieola nach den physikalisch-chemischen Eigenschaften der von 
der einzelnen Art bevorzugten Gewässer aufstellen: Limnophile 
und rheophile, eurytherme und stenotherme, cavicole und Tiefen- 
Planarien. Einen Glacialrelikt stellen Planaria alpina und ihre poly- 
pharyngealen Abkömmlinge Pl. teratophila, montenigrina und an- 
ophthalma als rheophile stenotherme Kaltwasserbewohner (in Quell- 
und Gebirgsbächen) dar, während Plan. alpina var. bathycola und 
Dendrocoelum lacteum var. bathycola als Tiefenbewohner großer Seen 
limnophil sind. Rheophile Kaltwasserbewohner sind außer Plan. alpina 
noch die stenothermen Plan. vitta (auch in Brunnen), Dendrocoelun: 
infernale und Plan. cavatica (Höhlenbewohner), Polyeladodes alba und 
die eurytherne Plan. gonocephala. Dendrocoelum lacteum lebt in ste- 
hendem und fließendem Wasser, Plan. lugubris polychroa und Bdello- 
cephala punctala in stehendem und schwach fließendem Wasser. Mit 
der zunehmenden Neigung zum Aufenthalt in stehenden oder sta- 
gnierenden Gewässern steigert sich auch die saprozoische Lebensweise. 
Die Ernährungsweise gleicht sehr derjenigen der freilebenden See- 
trieladen. Zur Nahrung dienen organischer Detritus und seine Mikro- 
flora und -fauna, Kleinkruster, speziell Daphniden, auch verletzte 
Tiere (Schnecken, Würmer u. a.) werden von ihnen ausgesaugt. Mit 
Fleisch lassen sie sich in ähnlicher Weise ködern, wie die Meeres- 
tricladen, da sie ein ebenso ausgesprochenes Witterungsvermögen 
(ef.. Tastlappen und Auricularsinnesorgane S. 33) wie jene haben. 
Die Nahrungsaufnahme durch den Pharynx und die Verdauung er- 
folgt in der gleichen Weise wie bei den Maricolen (S. 108). Auch 
der Bewegungsvorgang dürfte der gleiche wie bei diesen sein, doch 
ist die Funktion der strukturell noch unzureichend bekannten Haft- 
zellen (S. 34) fraglich. 

Die Rhabditen der Paludicolen sind morphologisch und physio- 
logisch denen der Maricolen (8.108) gleichwertig. Sie sollen nach einigen 
Autoren durch Ausstoßung zum Beutefang dienen. Eine besondere 
Art des Beutefanges findet sich bei Dendrocoelum lacteum und wahr- 
scheinlich auch bei anderen Paludicolen, die ebenfalls eine deutliche 
Sauggrube am Vorderende tragen. Die vordere Körperhälfte wird 
nämlich unter starker Verlängerung und Verschmälerung heftig nach 
vorn gestoßen und ein vorbeigleitendes Beuteobjekt (speziell Daphnea) 
wird mit der Sauggrube erfaßt. Die Fähigkeit, Hunger zu ertragen, 
ist bei den Paludicolen in gleicher Weise wie bei den Maricolen (cf. 
S. 109) ausgebildet (bis 11 Monate). Neuere Untersuchungen ergaben, 
daß sie bei Hunger bis auf '/,; ihrer Länge und !/yoo Ihres Volumens 
reduziert werden können. Während Nervensystem und Muskulatur 
dabei unbeeinflußt zu bleiben scheinen, können das Körperpigment 
pigmentierter Arten teilweise, Augenpigment und Geschlechtsapparat 
gänzlich schwinden, aber bei entsprechender Ernährung restituiert 
werden. 

Die Landtricladen, deren Biologie im einzelnen noch wenig 
bekannt ist, kommen hauptsächlich in tropischen und subtropischen 
Ländern vor; nur wenige Arten finden sich in Europa. Sie leben 
unter Steinen, Baumstämmen, ete., unter denen sie infolge ihrer 
Liehtscheu sich tagsüber versteckt halten. Den trockenen Boden 


I.-Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. ETi 


meiden sie ebenso wie das Wasser. Die Kriechbewegung, die nur 
auf feuchtem Boden möglich ist, wird durch den Hautmuskelschlauch 
unter besonderer Mitwirkung der Kriechleiste (S. 21, Fig. 5) bewerk- 
stelligt und dürfte im wesentlichen derjenigen der übrigen Trieladen 
entsprechen. Gemäß ihrer Lebensweise außerhalb des Wassers 
ist die Schleimabsonderung und Schleimfadenbildung in höherem 
Maße entwickelt als bei den wasserbewohnenden Tricladen. Gleich 
diesen neigen sie zum Raub. Zur Nahrung dienen ihnen vorwiegend 
Schnecken, Oligochäten und Insektenlarven. Sie vermögen aber gleich 
den übrigen Trieladen monatelang zu hungern; auch dürfte der Ver- 
dauungsvorgang sich in gleicher Weise wie bei diesen abspielen. 
Wenn man von ihrer räuberischen Lebensweise, die als Gelegen- 
heitsparasitismus aufgefaßt werden könnte, absieht, finden sich 
keine (echte) Parasiten unter ihnen. Ob Kannibalismus bei ihnen 
vorkommt, steht nicht mit Sicherheit fest. Auch über ihre Feinde 
ist nichts Näheres bekannt. Parasiten finden sich jedoch in ihnen 
nicht selten, und zwar vorwiegend Sporozoen, Ciliaten und Nema- 
toden (Begattung und Coconablage cf. S. 100). 

Ueber die Bio-, Oeko- und Physiologie der Rhabdo- 
cöliden sind unsere Kenntnisse noch ziemlich lückenhaft. Während 
sich unter den Triecladen ohne Schwierigkeit eine Klassifizierung der 
Arten in marine, paludiole und terricole Tricladen durchführen läßt, 
verhalten sich die Rhabdocöliden (selbst Angehörige einer Familie) in 
bezug auf das Medium sehr wechselnd. 

Die Alloeocölen sind vorwiegend (zu ca. 90 Proz.) Meeres- 
bewohner; ausschließlich paludicol ist unter ihnen nur die Familie 
der Bothrioplaniden. Die Rhabdocölen hingegen gehören — abgesehen 
von den parasitischen Arten — zu etwa zwei Dritteln dem Süßwasser 
an. Die einzelnen Arten sind jedoch in vielen Fällen ganz an den 
Charakter des Wassers gebunden, so daß eine Flachsee-, Tiefsee-, 
Gebirgsee-, Pfützen-, Moor-, Brunnen-, Höhlen-, Schlamm-, Fluß-, 
Bach- und Brackwasser-Fauna unterschieden werden kann. Unter 
den Meeresbewohnern finden sich vorwiegend litorale Formen, sowie 
einige pelagische (z. B. das Genus Alaurina und einige andere Arten). 
Auch in Thermen sind einige Rhabdocölen nachgewiesen worden 
(z. B. Macrostomum lineare). Eine Anpassung an die sehr salzreichen 
Salinengräben stellt Phaenocora salinarum dar. Einige Schlamm- 
bewohner (z. B. Prorhynchus stagnalis) werden auch gelegentlich in 
feuchter Erde angetroffen. 

Je in Abhängigkeit von dem Klima und der von diesem ab- 
hängenden Beschaffenheit des Wassers treten zahlreiche Arten der 
Rhabdoecöliden nur zu bestimmten Jahreszeiten auf, so z. B. unter 
den Alloeocölen einige marine litorale Otoplaniden nur im Frühjahr. 
Unter den Rhabdocölen ist das Vorkommen während des ganzen 
Jahres nur für verhältnismäßig wenige Arten festgestellt. 

Während unter den Wassertricladen nur zwei lokomotorische 
Bewegungsweisen vorkommen (S. 108), finden wir auch in dieser Be- 
ziehung größere Mannigfaltigkeit. So vermögen z. B. eine Anzahl 
Rhabdocöliden frei im Wasser zu schwimmen, und zwar meist ver- 
mittelst eines gleichmäßigen Schlagens der Körperwimpern, doch 
kommt auch eine schlängelnde  unvollkommene Schwimmbewegung 
vor z. B. bei Mesostomum cehrenbergi. . Die Bewegung am Boden 
ist meist gleich wie bei den Wassertricladen eine gleitende (z. B. 


112 J. WirHernı, 


bei Vorticeros), ferner kommt aber auch eine nach Egelart spannende 
Bewegungsweise (z. B. bei @enostoma) vor. Während manche Arten 
(z. B. Plagiostoma) sehr träge sind, weisen andere (z. B. Otoplana 
intermedia) eine außerordentliche Behendigkeit auf. Aehnlich wie 
viele Wassertricladen vermögen auch einige Rhabdocöliden (z. B. 
Mesostoma und Monocelis) einen Schleimfaden auszuscheiden und sich 
daran von der Wasseroberfläche herabzulassen. Außer den lokomoto- 
rischen Bewegungen kommen bei manchen Arten (z. B. Otoplana, 
Gyrator u. a.) sehr lebhafte Tast- und Zuckbewegungen des Vorder- 
und Hinterendes vor. Ueber das Verhalten der Rhabdocöliden zum 
Licht steht im wesentlichen so viel fest, daß Zoochlorellen und Zoo- 
xanthellen führende Arten positiv heliotrop sind. Einen Thermo- 
tropismus stellt das Verhalten vieler Rhabdocöliden zur Wassertempe- 
ratur da, welche Erscheinung auch das Auftreten vieler Arten in 
Abhängigkeit vom Klima verständlich erscheinen läßt. 

Die Nahrung der Rhabdocöliden ist sehr abwechselungsreich, 
da sie größtenteils karnivor, zum Teil sogar omnivor sind, während 
eine Anzahl Phytophagen auch unter den pflanzlichen Mikroorganismen 
nicht wählerisch ist. Von den Alloeocölen schließen sich manche, 
z. B. die Otoplaniden und Monoceliden, in der Ernährungsweise ganz 
an die Triecladen (speziell an die maricolen) an, indem sie gierig 
frisches Fischfleisch und -blut saugen. Außer Nährstoffaufnahme 
durch Saugen werden aber auch ganze Organismen, vorwiegend 
kleine Kruster, Oligochäten, Nematoden, Iufusorien, Grünalgen und 
Diatomeen aufgenommen, die zuweilen die betreffenden Rhabdocöliden- 
arten an Größe (z. B. Ülosterien, Öseillatorien u. a.) übertreffen. 
Microstomum fvißt mit Vorliebe Hydren. Auch kleinere Rhabdo- 
cöliden werden von größeren gefressen, ebenso kommt echter Kanni- 
balismus vor. Die Defäkation erfolgt durch den Mund. Einkapselung 
in eine Schleimhülle wie bei Procerodes (S. 109) ist auch bei den Süß- 
wasseralloeocölen Bothrioplana, Euporobothria und anderen Rhabdo- 
cöliden beobachtet worden. Die Verdauung muß bei großen Nährkörpern 
zum Teil extracellulär erfolgen, doch werden kleinere Nährkörper (Fett- 
tröpfehen) und Organismen in das Darmepithel aufgenommen. Ueber 
die Lebensdauer der Rhabdocöliden ist wenig bekannt. Für Mesostomum 
ehrenbergi ist eine Dauer von ca. 50 Tagen angegeben worden. Viele 
Rhabdocöliden dürften jedoch schon frühzeitig ihren Feinden zum Opfer 
fallen. Unter diesen sind in erster Linie Amphipoden und Isopoden 
zu nennen. Endoparasitisch sind Distomumlarven, Sporozoen, Ciliaten 
u. a. Organismen beobachtet worden. Symbiotisch kommen bei einer 
Anzahl Rhabdoeöliden, speziell Rhabdocölen Zoochlorellen und Zoo- 
xanthellen, unter den Meeresbewohnern fast ausschließlich Zooxanthellen 
vor (Monoeelis wiridirostris marin, einzige Alloeocöle mit symbiotischen 
Algen). Außer einigen Gelegenheits- und Raumparasiten 
(Epöken) finden sich eine Anzahl echte Ento- und Ektopara- 
siten, jedoch lediglich unter den Rhabdoeölen, nicht aber unter den 
Alloeocölen. Die einzelnen Wirte, an die meist die parasitischen 
Rhabdocölen gebunden sind, gehören den Gruppen der Anneliden, 
Gephyreen, Örustaceen, Echinoiden, Holothurien, Lamellibranchiaten 
und Gastropoden an. Anpassungen machen sich bei den Ekto- 
parasiten (z. B. Didymorchis, Typhlorhynchus u. a.), speziell durch 
Entwickelunze von Haftscheiben und Rückbildungen der Organi- 
sation bemerkbar. Deutlicher treten letztere bei den Entopara- 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 115 


siten, z. B. bezüglich der Rhabdoide, Augen, Pharynx und der Ge- 
schlechtsorgane und Exkretionsorgane (cf. Exkretophoren S. 94) hervor. 
Die stärksten Rückbildungen weist Fecampra auf. 

Während wir bei den Polycladen gar keinen Parasitismus, bei den 
Triecladen (S. 109) nur eine geringe Entwickelung zum Gelegenheits- 
und Raumparasitismus (Epöken) finden, weisen die Rhabdocölen eirca 
30 parasitische Arten jeglichen Charakters und entsprechender An- 
passung des Körperbaues derselben auf. 


Die Acölen, über deren Oeko-, Bio- und Physiologie noch wenig 
bekannt ist, sind ausschließlich marin, und zwar vorwiegend litoral ; 
Haplodiscus und einige Convoluta-Arten sind pelagisch. Manche Arten 
(z. B. Convoluta roscoffensis) werden oft in großen Mengen, kolonie- 
artig, angetroffen. Die Nahrung der Acölen scheint nur bei einigen 
Arten ausschließlich aus pflanzlichen Mikroorganismen zu bestehen, 
während die meisten Arten, zum Teil als starke Räuber, sich an 
Kleinkruster, Anneliden, Rhabdocöliden und andere Tiere halten. Beim 
Fang der Nahrung sollen die Rhabditen bzw. der aus ihnen entstehende 
Schleim eine große Rolle spielen. Eine Symbiose mit Zoochlorellen, 
wie bei gewissen Rhabdocölen, findet sich in ausgesprochener Weise 
bei Convoluta roscoffensis. In Ermangelung eines Darmes erfolgt — 
wenn wir von den amöboiden „Freßzellen“ einiger Arten absehen — 
die Verdauung im wesentlichen durch ein von dem Parenchymsyn- 
cytium (cf. verdauendes Parenchym S. 59) ausgeschiedenes Sekret. 
Die Defäkation der unverdaulichen Nahrungsreste erfolgt wie bei den 
übrigen Turbellarien durch den Mund. Ueber die Lebensdauer der 
Acölen ist nichts bekannt, über die Zeit des Auftretens cf. Eiablage 
S. 103. Zum Licht ist das Verhalten der Acölen verschieden, z. B. 
bei Polychoerus caudatus negativ, bei Convoluta roscoffensis positiv 
heliotrop. Als Parasiten kommen in Acölen bei Convoluta einige 
Protozoen vor. Parasitisch lebt unter den Acölen nur Haplodiscus 
incola, und zwar im Nebendarme von Echinocardium cordatum. 


Die Trematoden sind in erwachsenem Zustande stets Parasiten. 
Während die Monogeneen als (größtenteils) Ektoparasiten an 
wasserbewohnenden Tieren, vornehmlich an Fischen, leben, finden 
sich die fast ausnahmslos entoparasitischen Digeneen (von wenigen 
Ausnahmen abgesehen) in Wirbeltieren. Die Verbreitung ist immer 
an die des Wirtes gebunden, also nur sekundär vom Klima abhängig. 
Es kann aber auch vorkommen, daß Meeresfische, die in die Flüsse 
aufwärts wandern, mit typischen marinen Trematoden infiziert sein 
können. Die Digeneen bewohnen alle Organe von Wirbeltieren (von 
Knochen und Nervensystem abgesehen). Vornehmlich finden sie sich 
im Verdauungsapparat, ferner in Leber, Gallengängen und Gallen- 
blase. Auch in Hirn, Harnleiter, Harnblase und auch im Blutgefäß- 
system kommen sie vor. Als Parasiten des Menschen sind im wesent- 
lichen folgende Arten zu nennen: 


Gastrodiscus (Amphistomum) hominis, in Blind- und Dickdarm, be- 
sonders bei Indern und Assamiten, aber nicht sehr häufig, da der Mensch 
offenbar nicht den normalen Wirt dieser Art darstellt. 

Cladorchis (Amphistomum) watsoni, im Duodenum und Dünndarm, nur 
einmal beobachtet; Deutschsüdwestafrika. 

Fasciola (Distomum) hepatica, findet sich in den Gallengängen bei 
herbivoren Säugetieren, besonders beim Schafe, nur gelegentlich bei dem 

Arnold Lang, Handb. d. Morphologie. III. 8 


114 J. WiILHereı, 


Menschen; fast über die ganze Welt verbreitet. Vielleicht gehören zu 
dieser Art als Jugendstadien die beim Menschen beobachteten beiden 
Arten Distomum oculi und Monostomum lentis. 

F. gigantica, nach Bau und Lebensweise ganz ähnlich F. hepatica ; 
beim Menschen nur einmal beobachtet. 

Faseiolopsis (Distomum) buski und rathousi, im Darm vom Menschen, 
nur vereinzelt beobachtet; Asien. 

Paragonimus (Distoma) westermanni, beim Königstiger, Hund, Schwein, 
Katze und Menschen vorwiegend in der Lunge bzw. an den Bronchien; 
am häufigsten in Japan beobachtet. 

Opisthorchis (Distoma) felineus und pseudofelineus, in Gallenblase und 
Gallengängen vorwiegend in der Hauskatze, zuweilen auch bei Caniden, 
selten beim Menschen beobachtet; erstere Art in Europa und Japan, 
letztere Art in Nordamerika. 

O. (Distoma) noverca, in den Gallengängen des Menschen, nur ver- 
einzelt beobachtet; Indien. 

Olonorchis (Distoma) sinensis, in den Gallengängen des Menschen ver- 
einzelt gefunden; China und Japan. 

Cl. endemieus, nach Bau und Lebensweise der vorigen Art sehr ähn- 
lich; in Japan sehr häufiger Parasit des Menschen. 

Heterophyes heterophyes, offenbar harmlose Parasiten, im Dünndarm, 
sehr häufig bei Hunden und Katzen, nicht selten beim Menschen in 
Aegypten. 

Dieroeoelium (Distomum) lanceatum, sogenannter Lanzettegel, in herbi- 
und omnivoren Säugetieren, nur vereinzelt bei Menschen gefunden. 

Schistosomum (Bilharxia) haematobium (cf. S. 88 und Fig. 73 S. 88), 
vorwiegend in den Pfortaderverzweigungen beim Menschen, die Eier in 
der Harnblase, wo sie Blasenkatarrh erzeugen können; besonders häufig 
in den Küstenregionen Afrikas. 

Sch. japonicum, der vorigen Art sehr ähnlich, in der Vena portarum 
und den Venen des Mesenterium beim Menschen, Eier in der Mucosa 
des Darmes; in Japan stellenweise endemisch. 


Alle Trematoden sind zur Lokomotion fähig, und zwar vermittelst 
des Hautmuskelschlauches und der Haftorgane. Sie sitzen jedoch, 
mit ihren Haftorganen befestigt, beliebige Zeit ruhig oder können 
auch eingekapselt sein. Eine besondere Bewegungsfreiheit steht natür- 
lich den in der Blutbahn lebenden Trematoden zu. Zur Nahrung 
dienen den Trematoden Gewebsteile oder Säfte ihres Wirtes; manche 
Arten leben ausschließlich vom Blute. Die Verdauung erfolgt wie 
bei den Turbellarien, indem Nahrungspartikel in die Darmzellen auf- 
genommen werden; ob jedoch die Verdauung eine ausschließlich intra- 
celluläre ist, steht nicht fest. Die Exkretionsverhältnisse sind die 
gleichen wie bei den cölaten Turbellarien. Gleich anderen Parasiten, 
speziell Darmparasiten (z. B. den Spulwürmern), bedürfen die Trema- 
toden und auch die Gestoden zur Gewinnung der Lebensenergie nicht 
des Sauerstoffes.. Ueber das von den Trematoden erreichbare Alter 
ist noch wenig Sicheres ermittelt worden. Die meisten Trematoden 
dürften kaum länger als 1 Jahr am Leben bleiben, doch ist für einige 
Arten eine mehrjährige Lebensdauer bekannt geworden. 

Die Cestoden unterscheiden sich in öko-, bio- und physiologi- 
scher Hinsicht von den Trematoden im wesentlichen darin, daß sie 
durchweg Entoparasiten sind und in Ermangelung eines Darmes 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 115 


keine geformte Nahrung, sondern auf osmotischem Wege nur gelöste 
Nahrung aufnehmen. 

Die Cestoden bewohnen in geschlechtsreifem Zustande nur Wirbel- 
tiere, und zwar fast ausschließlich den Verdauungstraktus, speziell 
den Dünndarm desselben; nur selten dringen sie in Anhangsorgane 
des Verdauungstraktus, z. B. in Pankreas oder Gallengänge ein. Im 
Menschen bewohnen die Cestoden in geschlechtsreifem Zustande nur 
den Dünndarm, kommen aber auch in menschlichen Organen im 
Finnenstadium vor. 

Die wichtigsten der bisher beim Menschen nachgewiesenen 
Cestoden oder Finnen sind folgende: 


Bothriocephaliden. 


Dibothriocephalus (Bothriocephalus) latus, kommt außer bei Hund, Fuchs 
und Katze häufig beim Menschen vor. Die Infektion kann nur durch 
Genuß von Süßwasserfischen, in denen die Finnen leben, erfolgen. 

D. cordatus, in Grönland und Island häufiger Parasit von Hund, 
Walroß und Seehund, gelegentlich auch des Menschen. 

Diplogonoporus grandis, seltener menschlicher Parasit in Japan. 

Bothriocephalus mansoni, als Finne im Gewebe von Wirbeltieren und 
zuweilen beim Menschen, vorwiegend in Japan beobachtet; erwachsene 
Tiere und Endwirt unbekannt. 

Plerocercoides prolifer, einmal als Finne in menschlichem Gewebe in 
Japan beobachtet; erwachsene Tiere und Endwirt unbekannt. 


Täniiden. 


Dipylidium (Taenia) caninum, häufiger Darmparasit von Hunden, zu- 
weilen als Finne im menschlichen Gewebe. 

Hymenolepis (Taenia) nana, weit verbreiteter, in Europa besonders in 
Sizilien häufiger kleiner Darmparasit des Menschen, meist bei Kindern, 
Finne unbekannt. 

H. diminuta, im Darm von Muriden, gelegentlich auch beim Menschen. 

H. lanceolata, im Darm von Enten, Gänsen und Taucherarten, einmal 
beim Menschen beobachtet. 

Davainea (Taenia) madagascariensis, ausschließlich beim Menschen, 
aber nur vereinzelt beobachtet. 

Taenia solium, als Finne (Oysticereus cellulosae) im intramuskulären 
Bindegewebe mehrerer Säugetiere, vorwiegend beim Schwein, in erwach- 
senem Zustand im Menschen. Die Verbreitung ist vorwiegend an die 
des Hausschweines gebunden. Zuweilen kommt auch die Finne in Or- 
ganen des Menschen vor. Die Infektion mit Oncosphären, die sich zu 
Finnen entwickeln, erfolgt durch verunreinigte Nahrung, selten wohl durch 
innere Selbstinfektion, wenn reife Proglottiden beim Erbrechen in den 
Magen gelangen. Die Lebensdauer der Finnen im Menschen ist beträcht- 
lich (bis 20 Jahre). 

T. saginata, als Finne (Oysticereus bovis) fast immer im Rinde, als 
geschlechtsreifes Tier stets im Menschen. Häufigster Bandwurm des 
Menschen, sehr selten auch als Finne im Menschen. 

T. africana, im Menschen zweimal beobachtet; Afrika. 

T. confusa, im Menschen zweimal beobachtet; Nordamerika. 

T. echinococcus, als Finne (Echinococcus polymorphus, sogenannter 
Hülsenwurm) in zahlreichen Säugetieren, speziell im Schafe, geschlechts- 


8*+ 


116 J. WıLueLnı, 


reif vorwiegend und sehr häufig im Hunde, durch den der Mensch mit 
Öncosphären, die sich zu Finnen entwickeln, (nicht selten) infiziert wird. 


Die Cestoden vermögen vermittelst des Hautmuskelschlauches 
lebhafte Bewegungen auszuführen und sind auch fähig, im Darm die 
Anheftungsstelle des Scolex zu wechseln. 

Die Nahrungsaufnahme erfolgt wahrscheinlich durch die Körper- 
oberfläche; ob auch der Scolex mit seinen Saugorganen dabei beteiligt 
ist, steht nicht fest. Die Exkretion dürfte wie bei den darmführenden 
Plathelminthen vor sich gehen. Bezüglich der Atmung gilt das gleiche 
wie das für die Trematoden Gesagte (S. 114). 


Die Lebensdauer der Öestoden scheint oft nur etwa 1 Jahr, zu- 
weilen nur einige Tage zu umfassen. Für einige Cestodenarten des 
Menschen wurde jedoch ein hohes Alter (bis 35 Jahre) festgestellt. 


F. Ungeschlechtliche Fortpflanzung und Strobilation. 


Die ungeschlechtliche Fortpflanzung durch Querteilung und 
Knospung findet sich bei allen drei Gruppen der Plathelminthen. Wir 
unterscheiden eine Teilung mit nachfolgender Regeneration (Architomie) 
und eine solche mit vorangegangener Regeneration (Paratomie). Voraus- 
setzung der ungeschlechtlichen Fortpflanzung ist das Regenerations- 
vermögen, das wir auch bei den Plathelminthen, speziell bei den Tur- 
bellarien, im ganzen hoch, für die einzelnen Arten jedoch in sehr 
verschiedenem Maße, entwickelt finden. Die ungeschlechtliche Fort- 
pflanzung darf jedoch nicht a priori als da vorhanden angenommen 
werden, wo ein hohes Regenerationsvermögen entwickelt ist, vielmehr 
kennen wir Arten (s. u.), die trotz höchstem Regenerationsvermögen 
sich nicht ungeschlechtlich fortpflanzen. Bei marinen Plathelminthen 
vermissen wir im allgemeinen (Ausnahme bei Rhabdocölen, z. B. 
Alaurina) die ungeschlechtliche Fortpflanzung, wenngleich sie zum 
Teil ein hohes Regenerationsvermögen, meist freilich nur bestimmter 
Körperregionen, aufweisen. 

Die Polycladen besitzen wohl eine beträchtliche Regenerations- 
fähigkeit, jedoch nur hinsichtlich verlorener Teilstücke des Körpers. 
Zur ungeschlechtlichen Fortpflanzung durch Teilung reicht daher ihre 
Regenerationsfähigkeit nicht aus. Es ist dementsprechend ungeschlecht- 
liche Fortpflanzung bei innen auch noch nicht beobachtet worden. 

Bei den marinen Trieladen, von denen speziell einige Pro- 
cerodiden und Öercyriden untersucht sind, wird das abgeschnittene 
Hinterende leicht regeneriert, und zwar um so leichter, je größer das 
abgetrennte Vorderende ist. Schwieriger wird das abgeschnittene 
Vorderende regeneriert, und zwar nur dann, wenn es nicht über die 
Pharynxinsertion hinaus abgetrennt ist. Unter solchen Verhältnissen 
würde immerhin eine ungeschlechtliche Fortpflanzung durch prä- 
pharyngeale Querteilung möglich sein, doch scheint bei den Trieladen 
die (Querteilungsebene im allgemeinen postpharyngeal zu liegen (8. u.). 
Bei den Meerestrieladen ist jedenfalls noch keine ungeschlechtliche 
Fortpflanzung durch Querteilung beobachtet worden. 

Bei den paludicolen Trieladen ist die Regenerationsfähig- 
keit zum Teil außerordentlich hoch entwickelt und auch die unge- 
schlechtliche Fortpflanzung sehr häufig. Dendrocoelum verhält sich 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 117 


jedoch wie die Meerestricladen, indem das postpharyngeale Hinter- 
ende desselben nicht fähig ist, ein Vorderende zu regenerieren, und 
weist dementsprechend auch keine ungeschlechtliche Fortpflanzung 
durch Querteilung auf. Paradox erscheint (cf. auch S. 116), daß 
sämtliche Teilstücke einer vielfach zerschnittenen Polycelis nigra sich 
wohl zu vollkommenen Individuen auswachsen, daß aber bei dieser 
Art noch keine ungeschlechtliche Fortpflanzung durch Querteilung in 
natura beobachtet worden ist. Bei Polycelis cornuta, Planaria sub- 
tentaculata und maculata ist jedoch postpharyngeale Querteilung, nach 
der beide Körperteile zu vollkommenen Individuen auswachsen, sehr 
häufig, ebenso bei Planaria alpina und ihren polypharyngealen Ab- 
kömmlingen, doch kommt bei ihr auch präpharyngeale Teilung vor. 
Plan. alpina stößt oft in einer Nacht mehrere Male das Hinterende 
ab, so daß man oft mehrere Hinterenden im Regenerationsstadium 
noch in unmittelbarer Nähe des Muttertieres antrifft. Offenbar be- 
darf es bei den Paludicolen eines Reizes.zur Querteilung. So findet 
sich z. B. die für gewöhnlich sich nicht ungeschlechtlich fortpflanzende 
Planaria lugubris in den Bächen des früheren Lago d’Agnano bei 
Neapel, dem schwefelhaltiges Wasser aus Thermen zufließt, dort in 
lebhafter Teilung vor. Während die bisher geschilderten Querteilungen 
sämtlich architomische sind, setzt bei Planaria subtentaculata die Re- 
generation schon vor vollzogener Teilung ein und bei Planaria fissi- 
para geht sogar die Augenbildung des neuen Individuums vor dessen 
Loslösung vor sich (Paratomie). Bei Verletzungen (in natura und 
experimentell erzeugten) kommen Knospungen (Kopf- oder Schwanz- 
doppelbildung) vor, doch erfolgt keine Loslösung. 


Bei einer Anzahl mariner und paludicoler Tricladen finden sich ge- 
legentlich 2 oder 3 Pharynge, offenbar teratologischen Ursprungs, vor. 
Bei den Abkömmlingen der Planaria alpina (z. B. montenigrina u.a.) und 
bei Phagocata gracilis finden sich jedoch konstant eine größere Zahl 
Pharynge, welches Verbalten an die Verhältnisse der mit mehreren 
Mundstielen versehenen Meduse Gastroblasta erinnert. Eine Streitfrage 
bildet die phylogenetische Herleitung der konstanten Polypharyngie, in- 
dem sie einerseits auf die gelegentliche teratologische Oligopharyngie der 
Trieladen zurückzuführen versucht wird, während andererseits eine vor- 
zeitige Pharynxregeneration bei Unterdrückung der Querteilung und Ver- 
erbung dieser (hypothetischen) Erscheinung angenommen wird. 


Auch bei den Landtricladen (z. B. Dipalium, Rhynchodemus) 
ist Querteilung des Körpers in zwei oder mehr Teilstücke und nach- 
folgende Regeneration beobachtet worden (cf. Fig. 6i, 8. 21). Ob 
es eines äußeren Reizes zur Querteilung bedarf und die Teilung mehr 
oder weniger als pathologische Erscheinung aufzufassen ist, steht 
nicht fest. Die Regenerationsfähigkeit scheint jedenfalls in gleicher 
Weise wie bei den übrigen Trieladen entwickelt zu sein. 

Ueber die Regeneration bei Rhabdocöliden liegen nur 
wenige Untersuchungen vor, bei den Alloeocölen nur für das marine 
Plagiostomum girardi, das einen hohen Grad von Regenerationsfähig- 
keit (aber keine ungeschlechtliche Fortpflanzung durch Teilung) auf- 
weist. Ganz allgemein darf aber, trotz der wenigen Untersuchungen 
über die Regenerationsverhältnisse, für die Rhabdocölen ein hohes‘ 
Regenerationsvermögen angenommen werden. Ungeschlechtliche Fort- 


118 J. Wırneraı, 


pflanzung kommt jedoch nur bei den Microstominen, Meerostomum, 
Stenostomum und den Catenuliden, Catenula und Alaurina, vor. 


Mierostomum teilt sich im Jugendstadium durch Querteilung ın 
mehrere Zooide. Die Querteilungen hören mit dem Eintritt der ge- 
schlechtlichen Differenzierung auf. Eingeleitet wird die Teilung durch 
Septen- und Ringfaltenbildung. Nachdem sich ein aus Zooiden (bis 18) 
kettenförmig zusammengesetzter Organismus gebildet hat, zerfällt dieser 
spontan durch wiederholte Zweiteilungen, nie jedoch auf einmal, in 
die einzelnen Zooide. Die inneren Neubildungsvorgänge beginnen nach 
der Septenbildung mit der Anhäufung besonderer Bindegewebszellen, 
sogenannter Bildungszellen, an den Septen. Von den Bildungszellen 
aus erfolgt dann die Regeneration des fehlenden Vorder- und Hinter- 
endes der Zooide und deren Organe. Auch bei Stenostomum erfolgen 
die Teilungsvorgänge nur bei Jugendstadien, doch bleibt die Zahl der 
Zooiden hinter derjenigen von Mierostomum zurück und der Bildung der 
Septen geht eine Organregeneration voran (Paratomie, S. 116). Aehnlich 
verhalten sich auch Alaurina und Catenula, über die jedoch noch keine 
ausreichenden Untersuchungen vorliegen. Während bei Mierostomum die 
Bildung der Geschlechtsorgane erst nach der vollendeten Teilung in den 
Einzelindividuen beginnt, setzt sie bei den übrigen genannten Rhabdo- 
cölen schon in den noch zusammenhängenden Individuen ein. Nach dem 
ganzen Vorgang der Septenbildung und der Auflösung der Individuen- 
kette durch sukzessive Zweiteilung in Einzelindividuen kann der Vor- 
gang der ungeschlechtlichen Fortpflanzung der Rhabdocölen nicht als 
terminale Knospung, sondern nur als echte Teilung aufgefaßt werden. 
Offenbar bringt diese ungeschlechtliche Fortpflanzung der Rhabdocölen 
gleichzeitig einen Generationswechsel zustande, indem auf ungeschlechtlich 
erzeugte Frühjahrs- und Sommergenerationen eine Herbstgeneration folgt, 
die im nächsten Frühjahr ausschlüpfende Eier erzeugt; zum wenigsten 
bei Microstomum beginnt die Geschlechtsapparatentwickelung (s. o.) erst 
nach Beendigung der Teilungen. Die Vorgänge der Örganregeneration 
nach ungeschlechtlicher Fortpflanzung durch Teilung decken sich in 
mancher Hinsicht, z. B. Gehirnganglien- und Pharynxregeneration, nicht 
mit den embryonalen Bildungsvorgängen. 


Bei den (sämtlich marinen) Acölen ist ungeschlechtliche Fort- 
pflanzung noch nicht beobachtet worden. 


Ungeschlechtliche Fortpflanzung durch (@Querteilung kommt bei 
geschlechtsreifen Trematoden nicht vor. Die Redien- und Üer- 
carienbildung durch Sporocysten und Redien ist früher allgemein 
als parthenogenetische ungeschlechtliche Fortpflanzung, Knospen- 
bildung etc. aufgefaßt worden, doch scheint hier eher eine modi- 
fizierte geschlechtliche Fortpflanzung vorzuliegen (cf. Entwickelungs- 
geschichte, S. 105). 


Bezüglich der im entwickelungsgeschichtlichen Abschnitt (S. 106) 
behandelten Entstehung der Scolices und der Proglottiden der 
Gestoden ist noch immer die alte Streitfrage um die Auffassung 
des Bandwurmkörpers offen, ob nämlich der Bandwurmkörper als 
eine durch ungeschlechtliche Fortpflanzung entstandene Individuen- 
kette (Tierstock) oder ob er als ein Einzelindividuum aufzufassen 
ist. Die Entstehung der Scolices bzw. der Tochterblasen erfolgt 
auf ungeschlechtlichem Wege, so daß also im Laufe der Gesamtent- 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 119 


wickelung vom Ei bis zum geschlechtsreifen Bandwurm ein echter 
Generationswechsel (Metagenesis) zwischen geschlechtlicher und un- 
geschlechtlicher Fortpflanzung stattfindet. Für die Auffassung, daß 
die sukzessive Proglottidenbildung vom Scolex aus als Strobilisation 
und somit der ganze übrige Bandwurmkörper als ein durch unge- 
schlechtliche Fortpflanzung entstandener Tierstock aufzufassen sei, 
lassen sich im wesentlichen folgende Gründe anführen: 

Schon bei vielen Turbellarien erlaubt das hohe Regenerations- 
vermögen eine ungeschlechtliche Fortpflanzung durch Querteilung 
(ohne aber mit dem Entwickelungsgrade der inneren Segmentation 
in Zusammenhang zu stehen. Bei manchen Turbellarien kommt 
auch eine Kettenbildung durch ungeschlechtliche Fortpflanzung zu- 
stande, doch erfolgt stets eine Loslösung der Zooide und Regene- 
ration der fehlenden Körperteile. Man kann daher den Cestoden- 
körper als dauernden polymorphen Tierstock auffassen und auf die 
unter Turbellarien vorkommenden „vorübergehenden Tierstöcke“ zu- 
rückführen. Auch beim Bandwurmkörper ist Regeneration des ver- 
loren gegangenen Scolex beobachtet worden. Die monozoischen 
Cestoden (z. B. die der Regeneration fähige Amphilina) stellen als 
Einzelindividuen den Uebergang zu den Trematoden und Turbellarien 
dar, und Formen, wie Ligula, deren äußere Segmentierung in Pro- 
glottiden nicht mit der Zahl der Geschlechtsapparate übereinstimmt, 
leiten zu den Polyzoa über. 

(Gerade diese Verhältnisse der ZLigula können aber auch dafür 
ins Feld geführt werden, daß der Bandwurmkörper ein Einzelindividuum 
mit verschieden vielen Geschlechtsapparaten und Proglottiden sei. 
Auch die teilweise oder gänzliche Doppelbildung des Geschlechts- 
apparates in Proglottiden könnte in diesem Sinne angeführt werden. 
Auf die mannigfachen Belege für die Deutung des Bandwurmes als 
Einzelindividuum mit terminaler Knospung in extenso einzugehen, 
würde zu weit führen. Erwähnt sei noch, daß diese noch immer heiß 
umstrittene Frage, ob Tierstock oder Einzelindividuum, von anderen 
Autoren wiederum eher als müßig betrachtet wird. 


G. Phylogenie. 
(Allgemeines, $. 4.) 


Indem die im allgemeinen Teil gegebenen Erörterungen über die 
Verwandtschaft der Turbellarien als bekannt vorausgesetzt werden, 
seien hier die in Betracht kommenden anatomischen, bio- und physio- 
logischen und entwickelungsgeschichtlichen Momente im einzelnen 
dargelegt. 

Für die von mehreren Autoren versuchte Ableitung der 
Polyeladen von den Ctenophoren wurde der Nachweis zweier 
Tierformen, Otenoplana kowalevskyi und Coeloplana metschnikowi, die 
als Zwischenformen zwischen Ctenophoren und Polycladen aufgefaßt 
werden können, von größter Bedeutung (cf. Anmerkung S. 122). Die 
morphologischen und biologischen Verhältnisse (s. u.) dieser Arten 
bieten mancherlei auffällige Vergleichspunkte mit Turbellarien (speziell 
Polycladen) und Cölenteraten (speziell Otenophoren). 


Coeloplana ist ein gegen 3 Linien langes und 2 Linien breites 
Tierchen, dessen Habitus ganz mit dem einer Polyclade übereinstimmt. 


120» J. WILHeLMI, 


Der an der ganzen Oberfläche bewimperte, plattgedrückte Körper bewegt 
sich kriechend auf der Bauchfläche. Im Zentrum der Rückenfläche liegt 
ein Bläschen mit einem Ötolithenhaufen. Daneben rechts und links je 
ein langer, einseitig gefiederter Tentakel, der in eine besondere Scheide 
zurückgezogen werden kann. In der Mitte der Bauchfläche liegt der 
Mund. Das Gastrovaskularsystem besteht aus einem vierlappigen Magen 
und zahlreichen davon ausstrahlenden, anastomosierenden Kanälen. Vom 
Magen steigen zwei Kanäle gegen die dorsale Körperoberfläche empor, 
wo sie vor und hinter dem Ötolithenbläschen scheinbar blind endigen. 


Otenoplana zeigt im allgemeinen dieselbe Körpergestalt wie Coelo- 
plana; außer der allgemeinen Wimperbekleidung hat aber diese Form 
auf der Rückenfläche noch 8 rosettenförmig angeordnete kurze Reihen 
starrer Plättchen, die den Wimper- oder Ruderplättchen der Ctenophoren 
entsprechen und in besonderen grubenartigen Vertiefungen liegen, aus 
denen sie vorgestreckt werden können. Die Anordnung des Gastro- 
kanalapparates ist ähnlich wie bei Coeloplana. In der Mitte der Rücken- 
fläche befindet sich ein dem Sinneskörper der Ötenophoren ähnliches Ge- 
bilde Am Boden der den Ötolithenhaufen bergenden Grube kommt 
jederseits ein Nervenzentrum mit abgehenden Nerven vor. Jederseits 
daneben ein solider Tentakel mit kurzen Seitenzweigen. In der Gegend 
der Tentakel befindet sich jederseits eine Oeffnung, welche in ein System 
im Körperparenchym sich vorzweigender Kanäle führt, das der Entdecker 
von Ütenoplana mit dem Wassergefäßsystem der Plathelminthen ver- 
gleicht. Unter dem Körperepithel liegt eine Basal- oder Skelettmembran ; 
darunter eine Schicht von Längs-, und unter diesen eine Schicht von 
Quermuskeln. Außerdem kommen dorsoventrale an beiden Enden ver- 
ästelte Muskelfasern vor, die sich einerseits an die dorsale, andererseits 
an die ventrale Basalmembran ansetzen. Zum Vorstrecken und Zurück- 
ziehen der Cilienplättchen existieren besondere Bündel von Muskelfasern. 


Mit den Ötenophoren stimmen diese beiden Formen hauptsächlich 
überein: 1) in dem Besitz eines aboralen Sinneskörpers; 2) in dem 
Besitz von 8 Cilienplättchenreihen (Ütenoplana); 3) im Besitze ge- 
fiederter Tentakel; 4) in der allgemeinen Architektonik des Körpers. 


Coeloplana und Otenoplana sind noch nicht bilateral symmetrisch. 
Die ungleichpolige Hauptachse geht wie bei den Ütenophoren vom 
Mund bis zum Sinneskörper. Sie ist stark verkürzt. Die Lateral- 
ebene geht durch die beiden Tentakel, die Median- und Sagittalebene 
steht senkrecht auf ihr. Jede dieser Ebenen teilt den Körper in 
zwei kongruente Hälften. Würden unsere beiden Formen immer 
mit demselben Ende einer Ebene, z. B. der Medianebene voran sich 
bewegen, und würden sich an diesem Ende besondere Organe, etwa 
Sinnesorgane entwickeln, oder sich der Sinneskörper diesen nähern, 
so würden sie bilateral symmetrisch werden. Man könnte dann nur 
eine Ebene, nämlich die Medianebene, durch sie legen, welche den 
Körper in zwei spiegelbildlich gleiche Hälften teilen würde. Nicht 
nur oben und unten, sondern auch vorn und hinten wäre dann am 
Körper verschieden. 

Mit den Polyeladen stimmen Coeloplana und Ütenoplana überein: 
1) in der plattgedrückten Gestalt und in der Fähigkeit sich krie- 
chend fortzubewegen, 2) in der allgemeinen Bewimperung des Kör- 
pers, 3) im Besitze einer Basalmembran (Ctenoplana), 4) im Besitze 
einer Hautmuskulatur, bestehend aus Längs- und Ringmuskelschicht, 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 121 


5) im Besitze an beiden Enden verästelter dorsoventraler Muskel- 
fasern, 6) in der allgemeinen Anordnung der Darmkanäle, 7) im Be- 
sitze von zwei (bei Polycladen freilich ungefiederten) dorsalen Ten- 
takeln und eines dorsalen Nervenzentrums (?), 8) im Besitze eines 
Wassergefäßsystems (Ütenoplana?). Die ersten fünf dieser hier an- 
geführten Eigentümlichkeiten sind offenbar durch die kriechende Be- 
wegungsweise bedingt. 

Ein ektodermales Schlundrohr ist weder für Cienoplana noch 
für Coeloplana beschrieben worden. Der hiernach anzunehmende 
Mangel eines Schlundrohres bedeutet also eine Abweichung sowohl 
vom Bau der Polycladen als vom Bau der Ötenophoren. 


Auch ein Vergleich zwischen den Ctenophoren und Poly- 
claden ergibt mancherlei Anhaltspunkte für die Verwandtschaft 
derselben. Bei den Ctenophoren liegen oraler und aboraler Pol in 
einer zur Aequatorialebene senkrecht stehenden Achse. Das gleiche 
ist bei dem Polycladenembryo der Fall. Doch finden hier in der 
weiteren Entwickelung sekundäre Verschiebungen statt. Einerseits 
verschiebt sich der ursprünglich senkrecht zur Aequatorialebene (als 
in der Hauptachse) liegende aborale Pol unter Abflachung des Kör- 
pers apikal, indem die ursprünglich wie bei den Ctenophoren senk- 
recht stehende Hauptachse sich als Medianlinie in die Aequatorial- 
ebene legt. Andererseits verschiebt sich die Mundöffnung, die ur- 
sprünglich in 'dem oralen Pol liegt und somit später in die Mitte 
der Bauchfläche des erwachsenen Tieres zu liegen kommen müßte, 
in der weiteren Entwickelung oft apikal oder kaudal. In denjenigen 
Polyeladen, die auch erwachsen die Mundöffnung etwa in der Körper- 
mitte liegend behalten, haben wir also die ursprünglichen Polycladen- 
arten zu sehen. Auch in dem Mundstiel der Medusen und im Pharynx 
der Polycladen lassen sich Homologa erkennen. Gemeinsam ist auch 
den Ötenophoren und Polycladen, daß ein wirklicher After fehlt. 
Einen markanten Unterschied bedeutet aber der Umstand, daß der 
Verdauungsapparat der ÜCtenophoren gleichzeitig auch als Gefäß- 
apparat fungiert, während bei den Polycladen und fast allen Plathel- 
minthen ein gesonderter Wassergefäßapparat vorhanden ist. 


Ötenophoren und Polycladen sind Zwitter. Auch die Lage der 
ÖOvarien und Hoden ist bei ihnen eine ähnliche. 


Die Exkretionsorgane der Polycladen und überhaupt der Plathel- 
minthen können mit dem Gastrovaskularraum der Ctenophoren nicht 
in Verbindung gebracht werden, zumal die Annahme der entodermalen 
Natur der Wimpertrichter der Turbellarien, speziell der Tricladen, 
sich als irrig erwiesen hat. 


Bei den Ötenophoren finden sich unter dem Körperepithel Quer- 
und Längsfasern sowie in der Gallerte radiäre Mittelfasern. Diesem 
entsprechen die Fasern des Hautmuskelschlauches, die infolge der krie- 
chenden Bewegungsweise eine besondere Entwickelung erfahren 
haben, und die Dorsoventralfasern. 

Im Körperepithel der Ctenophoren finden sich Deckzellen, Glanz- 
(Drüsen-)zellen, Pigment-, Tast-, Greif- und Klebzellen. Ganz ähnlich 
ist der Aufbau des Körperepithels der Polycladen, dessen wesentliche 
Elemente die Deckzellen (d. h. indifferente Epithelzellen, teilweise mit 
Pigment und meist Rhabdoiden ausgestattet), Wimperbüschel oder 
-borsten tragende Tastzellen, Kleb-(oder Haft-)zellen sind. 


122 J. WiLHeunı, 


Die Bewegung der Ütenophoren geschieht durch die Schwimm- 
plättchen, die aus verschmolzenen Cilien bestehen. Bei Otenoplana 
ist die Bewegung bereits eine kriechende; über die Bewegungsweise 
von Coeloplana ist leider nichts bekannt!). 

Wenn auch die Tricladen gegenüber den Polycladen eine deut- 
lich abgegrenzte Gruppe darstellen, so schließen sie sich doch an 
diese in der Organisation im wesentlichen an und die morphologischen 
und anatomischen Abweichungen von diesen lassen sich zum Teil 
durch die Anpassung an die geänderte Lebensweise erklären. Wie 
wir gesehen haben, vermögen die Polycladen zum Teil frei im 
Wasser zu schwimmen. Bei ihnen finden wir meist eine breite 
Körperform. Andere Polycladen, z. B. die Leptoplaniden, weisen einen 
schmaleren langgestreckten Körper auf und sind des freien Schwim- 
mens nicht mehr fähig, sondern leben vorwiegend im Sande und 
unter Steinen, wo sie gleich den Tricladen mittelst Gleitbewegung 
umherziehen; sie vermögen aber eine an die Schwimmbewegung er- 
innernde „schlagende Bewegung“ auszuführen. Die Trieladen sind 
im allgemeinen schlank, doch finden sich auch noch vereinzelt breitere 
Arten. Sie vermögen nicht frei zu schwimmen, sondern können nur 
Gleit- und Kriechbewegungen ausführen. Die Seetricladen leben 
gleich den genannten Polycladen im groben Sande; unter ihnen 
vermögen die Cerceyriden und Bdellouriden die bei den des Schwim- 
mens nicht mehr fähigen Polycladen vorkommende schlagende Be- 
wegung auszuführen. Auffällig erscheint, daß gerade die Leptoplaniden 
unter den Polycladen auch anatomisch den Trieladen am nächsten 
stehen. Es liegt daher nahe, die Anpassung an die Lebensweise im 
Sande als biologisches Moment der Entstehung der Seetricladen aus 
Polycladen-ähnlichen Vorfahren zu betrachten. Hand in Hand mit 
der geänderten Lebensweise, d. h. der Gleitbewegung im Sand, dürfte 
die Streckung des Körpers und auch die Art Segmentierung der 
inneren Organe, wie sie bei manchen Tricladen, speziell Procerodes 
lobata (Gunda segmentata) recht deutlich zutage tritt, erfolgt sein. 
So erklärt sich die Verkürzung und Verminderung der Darmzipfel 
der Tricladen; andererseits finden wir bei der ektoparasitischen Tri- 
clade Micropharynxz einen sich an den Darmtypus der Polycladen eng 
anschließenden Darmbau. Der Darm, der bei den schwimmenden 
Polycladen noch einen mehr radiären Bau aufweist, geht schon bei 
den nicht schwimmenden Polycladen und den Trieladen zum bilateral- 
symmetrischen Typus über. Noch mehr gilt dies für das Nerven- 
system, das bei den Tricladen, speziell den Procerodiden, zum typi- 
schen Striekleiternervensystem geworden ist. Ebenso zeigen die 
Hoden und oft auch die Exkretionsorgane, speziell die Poren, eine 
mehr oder weniger deutliche segmentale Anordnung. Offenbar haben die 
ventralen, bei den Polycladen strahligen Längsnerven sich bei den Tri- 
claden zu zwei ventralen Hauptlängsnerven zusammengelagert (cf. histo- 
logische Befunde 8.63). Es liegt nahe, die Süßwasser- und Landtricladen 
von den Seetrieladen abzuleiten, da gerade letztere unter den Tri- 
claden die nächsten Beziehungen zu den Polycladen aufweisen. Bei 
den übrigen Turbellariengruppen finden wir eine schrittweise Reduk- 


1) Außer diesen beiden als Platyeteniden bezeichneten Arten Ctenoplana und Coelo- 
plana ist in neuster Zeit eine dritte abweichende Ctenophoren-Art Tjalfiella microstoma, 
die in ihrer Organisation vielfache Beziehungen zu Ütenoplana aufweist, entdeckt worden. 


Be 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 123 


tion des Darmes. Schon bei den Triecladen sind Kommissuren und 
Verschmelzungen der hinteren Darmäste nicht selten. Syncoelidium 
weist sogar dauernd eine Verschmelzung der hinteren Darmäste auf, 
d. h. mit anderen Worten, Synecoelidium ist hinsichtlich des Darm- 
baues eigentlich eine Alloeocöle. Bei den Rhabdocölen werden seit- 
liche Aussackungen (Divertikel) des Darmes (als letzte Reste einer 
strahligen Organisation) nur noch vereinzelt angetroffen, während 
die typische Gestalt ihres Darmes stab- oder sackförmig ist. Bei 
der parasitischeu Fecampia ist der Pharynx stark reduziert und 
der Darm schwindet bei den erwachsenen Individuen gänzlich. Die 
Form leitet also direkt zu den stets darmlosen Acölen über. Wenn- 
gleich Gründe und Belege für die „Rückbildung“ des Darmes der 
Acölen fehlen, so kann als einzig mögliche Deutung hier angeführt 
werden, daß hier eine Verschmelzung des Entoderms zu einer syn- 
cytialen Masse, wie dies als pathologischer und abnormer Zustand 
z. B. bei Hydra fusca beobachtet worden ist, zum dauernden und 
schließlich normalen Zustand geworden ist. 

Wenngleich diese Theorie der Verwandtschaft der Turbellarien 
untereinander sehr ansprechend ist und auch durch ein reiches 
Belegmaterial zu begründen versucht wurde, so liegen doch auch 
mancherlei Verhältnisse, die gegen diese Theorie angeführt werden 
können, vor, worauf auch in der Literatur des öfteren mit Nachdruck 
hingewiesen worden ist. 

Ein Teil der Autoren nimmt gerade ein obigem entgegen- 
gesetztes Verwandtschaftsverhältnis der Turbellarien an und führt gegen 
die oben dargeleste Theorie im wesentlichen folgende Gegenargumente 
an. Sollte die Acölie der Acölen sekundärer Natur sein, so müßte 
sich entwickelungsgeschichtlich eine Darmanlage bei diesen nach- 
weisen lassen. Die obige Theorie krankt überhaupt an dem Mangel 
entwickelungsgeschichtlicher Belege. Es lassen sich aber die frei- 
lich zum Teil noch ganz unzureichenden Ergebnisse der embryo- 
logischen Forschung eher gegen die obige Theorie anführen. So tritt 
z. B. der verschmolzene Hinterdarm der Rhabdocöliden embryonal 
nicht paarig, sondern von vornherein unpaar auf. Die Vielästigkeit 
des Darmes der Polycladen kann mit ebensoviel oder noch mehr 
Recht als progressive Differenzierung des Rhabdocölidendarmes auf- 
gefaßt werden, als der Rhadocölidendarm auf eine Rückdifferenzierung 
des Polycladen- bezw. Tricladendarmes zurückgeführt werden kann. 
Ferner wird betont, daß in der Entwickelung der Acölen nichts auf 
eine Rückbildung oder Neotenie dieser Turbellariengruppe hinweist, 
und daß daher auch die Zweizahl der primären Blastomeren der 
Acölen gegenüber der Vierzahl der primären Blastomeren der Poly- 
claden eher als das primitivere Verhalten zu betrachten ist. 

Die Trematoden stehen nach ihrer ganzen Organisation den 
Turbellarien und speziell den Tricladen!) nahe. Besonders in bezug 
auf das Nervensystem und den Geschlechtsapparat tritt die Ueber- 
einstimmung deutlich zutage. Vielleicht können die beiden akzes- 
sorischen Genitalpori der als Kommensalen auf ZLimulus lebenden 
Bdellouriden direkt in Beziehung zu der oft paarigen Vagina der 


1) Von Autoren, die eine der Langschen Gunda-Theorie entgegengesetzte Entwicke- 
lungsfolge der Turbellariengruppen annehmen, werden die Trematoden von Rhabdoecölen- 
ähnlichen Vorfahren abgeleitet, zumal da unter den Rhabdeölen eine größere Tendenz zu 
ecto- und entoparasitischer Lebensweise als unter den Trieladen entwickelt ist. 


124 J. WILHELNMT, 


ektoparasitischen Trematoden gebracht werden. Die Beziehung zu 
dieser (niemals freilebenden, aber nicht parasitischen) Tricladen- 
familie wird dadurch verstärkt, daß sich hier bereits das „eingesenkte 
Körperepithel“ wie bei den Trematoden vorfindet, während anderer- 
seits unter Trematoden die ein äußeres Körperepithel führende 
Temnocephala (S. 87) direkt als Uebergangsform zwischen Turbellarien 
und Trematoden angesprochen worden ist. Bezeichnend für die Ver- 
wandtschaft der Trematoden mit den Turbellarien ist auch das ent- 
wickelungsgeschichtliche Faktum, daß die freischwimmende Larve der 
Trematoden Wimperkleid und Augen gleich den Turbellarien auf- 
weist. Ueber die Verwandtschaftsverhältnisse der Trematoden unter- 
einander wissen wir noch wenig. Nach neueren vorläufigen Mit- 
teilungen ist aber eine die Verwandtschaftsverhältnisse berück- 
sichtigende Revision des Systems der Tremaden zu erwarten. 

Die Cestoden schließen sich durch Vermittelung der unge- 
gliederten Monozoa direkt den Trematoden an, indem die monozoischen 
Cestoden als darmlose Trematoden aufgefaßt werden können. Wenn- 
gleich bei den Cestoden im Nervensystem (das aber außerhalb des 
Scolex keine Kommissuren aufweist) und Geschlechtsapparat und 
auch im Exkretionssystem (sekundäre Poren) offenkundige Beziehungen 
zu den Trematoden und Turbellarien zutage treten, so macht sich 
bei ihnen doch eine außerordentliche Rückbildung namentlich infolge 
des gänzlichen Mangels eines Darmes bemerkbar. Hinsichtlich des 
„eingesenkten“ Körperepithels schließen sie sich ganz den Trematoden 
und den Bdellouriden (s. 0.) an. Bei einigen Cestodenarten kommt 
auch ein bewimperter Embryo vor (Verwandtschaft der Nemertinen 
ef. S. 142). 

Bei der vorstehenden Besprechung der Verwandtschaftsverhält- 
nisse der Plathelminthen haben wir gesehen, 1) daß sich die bi- 
lateral symmetrische, aber noch mehr oder weniger strahlige Or- 
ganisation der Polycladen durch Vermittelung von COtenoplana, Coelo- 
plana und Tjalfiella und der Ütenophoren auf die Cyclomerie der 
Cölenteraten zurückführen läßt und 2) daß die Pseudometamerie 
der Tricladen, die bei Procerodes-(Gunda-)ähnlichen Formen fast als 
echte Segmentierung erscheint, wiederum auf die bilaterale Symmetrie 
der kriechenden Polycladen zurückgeführt und als biologische An- 
passung an die Lebensweise im Sande aufgefaßt werden kann. Es 
liegt nun nahe, die echte Metamerie der Anneliden, speziell der Hiru- 
dineen, mit der Pseudometamerie der Procerodes-(Gunda-)ähnlichen 
Trieladen in Verbindung zu bringen (sogenannte Gunda-Theorie LAngs). 
Ein Vergleich zwischen Trieladen und Hirudineen zeigt, daß mannig- 
fache Beziehungen zwischen ihnen bestehen. In rein biologischer 
Hinsicht fällt auf, daß Trieladen und Hirudineen Aehnlichkeiten in 
der Ernährungsweise zeigen, indem schon die Tricladen Neigung zum 
Räubertum, Blutsaugen, Gelegenheitsparasitismus etc. zeigen. Die 
„spannende“ Bewegungsweise der Hirudineen kommt auch schon bei 
allen Triecladen neben der „gleitenden“* Bewegung vor und wird durch 
Anhäufungen von Haftzellen am Vorder- und Hinterende des Tricladen- 
körpers, ganz entsprechend den beiden terminalen Haftscheiben (Saug- 
näpfen) der Hirudineen, ermöglicht. Bei einer Anzahl Süßwasser- 
tricladen findet sich außerdem am Vorderende eine reguläre Sauggrube 
und bei allen nicht freilebenden Tricladen ist eine vollkommene Haft- 
scheibe am Hinterende des Körpers vorhanden. Sehr auffällig ist 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 125 


auch die Aehnlichkeit des Digestionsapparates beider Gruppen. Hinter 
der Mundöffnung folgt bei Hirudineen und Tricladen der strukturell 
sehr ähnliche Rüssel in einer Rüsselhöhle. Der Darm zeigt bei beiden 
Gruppen eine recht ähnliche Konfiguration, zumal die beiden hinteren 
Seitendivertikel der Hirudineen direkt zu einem Vereleich mit den 
beiden hinteren Darmästen der Tricladen herausfordern. Abweichend 
ist bei den Hirudineen der Besitz eines Afters, doch kommt auch 
bei Tricladen und anderen Turbellarien öfters eine sekundäre Kom- 
munikation des Darmes mit der Außenwelt vor und die zweifellos 
typische Platodaria darstellenden Nemertinen sind sämtlich mit 
After versehen. Die segmental angeordneten Nephridien der Hiru- 
dineen finden in der mehr oder weniger metameren Anordnung 
der Exkretionsporen mancher Tricladen (speziell Procerodes [Gunda]) 
eine Vorstufe. Allerdings setzen die Nephridien der Hirudineen die 
Lymphräume mit der Außenwelt in Verbindung, während die Proto- 
nephridien der Tricladen und überhaupt der cölaten Turbellarien als 
geschlossene Trichter die mit perivisceraler Flüssigkeit erfüllten Spalt- 
räume des Parenchyms mit der Außenwelt in Verbindung setzen. Die 
Wimpertrichter stehen bei den Tricladen durch Kapillaren mit den 
großen Kanälen, von denen die Poren aufsteigen, in Verbindung. 
Auffällig erscheint es nun, daß auch bei höheren Anneliden zuweilen 
noch Kommunikationen zwischen den Segmentalorganen vorkommen. 
Offenbar stellen diese Kommunikationen Reste von Längskanälen, wie 
sie den Tricladen eigen sind, dar. Auch die Geschlechtsapparate der 
Hirudineen und der Tricladen zeigen starke Analogien. Die Trieladen 
sind (mit einer Ausnahme) Zwitter gleich wie die Hirudineen. Die 
Hoden, die bei den Hirudineen in den Septen der Darmdivertikel 
liegen, zeigen bei manchen Trieladen (Procerodes, Uteriporus u. a.) 
die gleiche segmentale Anordnung. Bei beiden Gruppen kommt nur 
ein Ovarienpaar vor und der männliche Kopulationsapparat liegt vor 
dem weiblichen. Die Hirudineen entbehren aber im Gegensatz zu 
den Trieladen der Dotterstöcke. Die beiden bei Tricladen getrennt 
verlaufenden ventralen Längsnerven sind bei den Hirudineen in der 
Medianlinie zusammengelagert und durch die Verlagerung der Mund- 
öffnung an das vordere Körperende erklärt sich die Differenzierung 
des Gehirns in ein oberes und unteres Schlundganglion bei den Hiru- 
dineen. Tricladen wie Hirudineen besitzen meist Augen, die im Par- 
enchym liegen, letztere meist in größerer Zahl als die Tricladen. Das 
Körperepithel der Hirudineen ist im Gegensatz zu dem der Tricladen 
unbewimpert, doch geht auch bei erwachsenen Trieladen oft die 
Rückenbewimperung verloren. Auch die Hautmuskulatur ist bei 
beiden Gruppen die gleiche; allerdings weisen die Tricladen außer 
der Ring- und Längsfaserschicht zum Teil oder stellenweise noch 
eine Diagonalfaserschicht auf, die aber offenbar rudimentär ist. 

Nach der hier dargestellten Gunda-Theorie leitet sich also die 
echte Metamerie der Anneliden (speziell der Hirudineen) durch Ver- 
mittelung der Pseudometamerie der Tricladen (speziell der Procerodes- 
/Gunda-Jähnlichen Formen) und der bilateral symmetrischen, aber 
mehr oder weniger strahligen Organisation der Polycladen von der 
Cycelomerie der Cölenteraten (speziell der Ctenophoren) ab. 

Von den hauptsächlichsten Argumenten, die gegen diese Theorie 
angeführt werden, ist, soweit es sich dabei um Turbellarien handelt, 
zu erwähnen, daß die Organisation der Trieladen im allgemeinen und 


126 


Anneliden 
(Hirudineen) 
[Metamerie] (Trema- 
Bdellouriden  toden) | 
Monogenetische 
us Trematoden 
Mikro- Digenetische 
pharyngiden Trematoden 
Cercyriden ———Üteri- 
a nr poriden 
Nemertinen (Cesit 
Procerodiden 
Monozoische 
Cestoden 
Paludicolen Ga 
l Archigetes — — 
(Tri/eladen) Terricolen Ba e- N 
cölen campia 
Polyz 
Procerodes-(Gunda-) F% ähnliche Stamm- Koscln Con 


J. WILHELM, 


form der Tricladen j | Pseudometamerie] 


Polyeladen 


Polycladen- 
[Bilateral- 


Vorfahren von 
|unvollkommene 


Ctenophoren 


\ 
Ctenophoren- 


Vorfahren 
Symmetrie] 


Coeloplana und 
K Ctenoplana 


Coeloplana und Otenoplana 
Bilateralsymmetrie] 


Vorfahren 


‚Cölenteraten 


Cölenteraten- Vorfahren |Üyclomerie| 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 127 


auch der Exkretionsapparat der meisten Tricladen nicht metamer an- 
geordnet sei. Bei dieser Gegenargumentation ist jedoch fast allgemein 
übersehen worden, daß für diese Theorie nicht eine echte Segmentation, 
sondern eine Pseudosegmentation gewisser Tricladen zu Hilfe ge- 
nommen worden ist. 


Zur Veranschaulichung der hier dargestellten Verwandtschafts- 
verhältnisse der Platodarien und der Gunda-Theorie läßt sich neben- 
stehender Stammbaum (S. 126) aufstellen. 


II. Klasse: Nemertina, Schnurwürmer. 


Mit Blutgefäßen. Mund ventral am Vorderende. Ueber dem 
Mund ein ausstülpbarer Rüssel. Darm mit After. Geschlechter ge- 
trennt. Kurze Gonodukte, welche sich ohne Bildung von Sammel- 
gängen direkt nach außen Öffnen. Keine Kopulationsorgane. 


A. Allgemeines. 


Die Nemertinen!) (JOHNSTON 1846 und QUATREFAGUES 1846) 
wurden zuerst in der Mitte des 18. Jahrhunderts bekannt; eine nähere 
Kenntnis der Gruppe wurde aber mit der ersten Hälfte des 19. Jahr- 
hunderts angebahnt. 


Ueber die systematische Stellung der Nemertinen gehen auch 
noch in neuester Zeit die Meinungen der Autoren auseinander. Teil- 
weise werden sie in nähere Beziehung zu den Anneliden gebracht, 
teilweise werden sie den Plathelminthen als den Turbellarien gleich- 
wertige Gruppe zugerechnet, oder als Anhangsgruppe der Plathel- 
minthen aufgeführt. Mit Rücksicht auf ihre nahe Verwandtschaft 
(ef. S. 1) mit den Turbellarien erscheint es uns berechtigt, sie im 
Anschluß an die Plathelminthen ?) als zweite Klasse zu den Platodaria 
zu stellen. 


Aehnlichkeit mit den Turbellarien, speziell den Trieladen, besteht 
besonders hinsichtlich der Körperform, des Körperepithels, Hautmuskel- 
schlauches, Parenchyms, des Nerven-, Verdauungs- und Exkretions- 
systems; abweichend ist der unverzweigte, mit After versehene Darm 
und vor allem das Vorhandensein eines Blutgefäßsystems. 


B. Systematische Uebersicht’). 


Körper langgestreckt, meist abgeflacht, ohne echte 
Gliederung; mit bewimpertem Epithel bekleidet. Auf das 
Epithel folgt körpereinwärts meist eine Grundschicht, dann der Haut- 


1) Von CuvIEr wurde 1815 das Genus Nemertes (= Lineus longissimus GUNNERUS) 
und von EHRENBERG 1831 der Familienname Nemertina aufgestellt. Für die Gruppe 
der Schnurwürmer nahm erst JOHNSTON 1846 die Bezeiehnung Nemertina auf. Be- 
zeichnungen der Schnurwürmer als Teretularia (BLAINVILLE 1828) und Rhynchocoela 
(M. S. SCHULTZE 1851) oder Rhynchelminthen sind kaum noch gebräuchlich. 

2) Plathelminthen im Sinne Mınorts (1877), d.h. unter Ausschluß der Nemertinen. 

3) Systematik nach BÜRGER (1907). Lange Zeit galt das System von M. SCHULTZE 
(1852), der Anopla und Enopla (ef. S. 135) unterschied. HUBRECHT (1879) löste dann 
die Anopla in Palaeo- und Schizonemertinen auf und bezeichnete die Enopla als Hoplo- 


128 J. Wırueuaı, 


muskelschlauch, schließlich das Körperparenchym, in dem Verdauungs-, 
(Geschlechts-, Exkretions-, Zirkulationssystem und die Körpermuskeln 
eingebettet sind; Leibeshöhle fehlt. Darm gerade, unverzweigt, 
aber mit Divertikeln besetzt und mit After versehen. 
Schlauchartiger, vorstülpbarer Rüssel in besonderer 
Höhlung über dem Darm liegend. Nervensystem aus je einem 
über und unter dem Darm gelegenen Ganglienpaar bestehend. Von 
dem unteren Ganglienpaar gehen zwei parallel verlaufende ventrale 
Längsnerven aus, die am Körperende durch eine Kommissur ver- 
bunden sind. Vom oberen Nervenganglion aus wird ein Paar Sinnes- 
organe (ÜÖerebralorgane) innerviert. (reschlossenes Blutgefäßsystem, 
aus 2 oder 3 miteinander verbundenen Längskanälen bestehend. Das 
Exkretionssystem besteht aus zwei reich verzweigten Kanälen, deren 
blindgeschlossene Wimpertrichter in der Wandung der Blutgefäße 
liegen. Geschlechter getrennt; nur selten Hermaphroditismus. Ge- 
schlechtsdrüsen liegen zwischen den Darmdivertikeln. Entwickelung 
direkt oder indirekt. Ganz vorwiegend Meeresbewohner, nur wenige 
Arten im Süßwasser oder in feuchter Erde lebend. Meist frei, unter 
Steinen oder im Sande, räuberisch von anderen Tieren (speziell An- 
neliden) lebend, seltener kommensalisch oder parasitisch lebend. 
Großenteils Kosmopoliten. Ungefähr 500 Arten bekannt. 


I. Tribus: Protonemertinen. 


Gehirn und Seitenstämme außerhalb des Hautmuskelschlauches, im 
Epithel oder unter der Basalmembran. Hautmuskelschlauch. meist drei- 
schichtig; Ringmuskeln nach außen, Längsmuskeln nach innen gelegen, 
Diagonalfaserschicht (wenn vorhanden) in der Mitte. Mundöffnung hinter 
dem Gehirn. Rüssel ohne Stilette. Freilebend, marin. Fast ausschlieb- 
lich Bewohner der nördlichen Hemisphäre; etwa 25 Arten. 


1. Familie: Tubulanidae (Carinellidae Mc Intosn 1874). 
Gen. Procarinina Bepı., Carinina Husrecut, Carinella JOHNSTON 
(Tubulanus Resıer), Oallinera BepL., Oarinesta PunNett. 


2, Familie: Hubrechtiidae. Gen. Hubrechtia BÜRGER. 


II. Tribus: Mesonemertinen. 


Gehirn und Seitenstämme eingelagert in den Hautmuskelschlauch, 
der sich aus (äußerer) Ring-, (inkonstant vorkommender, medianer) 
Diagonal- und (innerer) Längsfaserschicht zusammensetzt. Körperepithel 
durch Grundschicht von Hautmuskelschlauch getrennt. Mund hinter dem 
Gehirn. Blinddarm fehlt. Rüssel ohne Stilettee Marin, freilebend 
(1 Schmarotzer), in den kalten Meeren der nördlichen und südlichen 
Hemisphäre: etwa 10 Arten. 


3. Familie: Carinomidae. Gen. (Oarıinoma OUDEMANS. 
4. Familie: Cephalotrichidae. Gen. Cephalothrix Perst. 


nemertinen. Eine weitere Modifikation stellt das oben dargestellte BüRGERsche System 
(1907) dar, in welehem die Metanemertinen den Hoplonemertinen HUBRECHTs bzw. den 
Enopla M. SCHULTZEs entsprechen und die Palaeonemertinen in Proto- und Meso- 
nemertinen gespalten sind. In neuerer Zeit ist man jedoch wieder geneigt, die beiden 
letztgenannten Gruppen wie früher als Palaeonemertinen zu vereinigen. 


I: Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 129 


III. Tribus: Metanemertinen. 


Gehirn und Seitenstämme im Körperparenchym innerhalb des Haut- 
muskelschlauches, der sich aus (äußerer) Ring-, (innerer) Längs- und 
meist einer (medianen) Diagonalfaserschicht zusammensetzt. Körper- 
epithel der Grundschicht aufsitzend.. Mund vor dem Gehirn. Rüssel 
mit Stiletten versehen. Blinddarm meist vorhanden. 


Meeres-, Süßwasser- und Landbewohner. Meist freilebend (nur 
wenige Parasiten), Kosmopoliten; über 200 Arten. 


A. Unterordnung: Prorhynchocoelomia. 


5. Familie: Emplectonematidae (Nemertidae HUBRECcHT). 
Gen. Emplectonema Stımp., Carcinonemertes Com, Gononemertes 
Bepı., Paranemertes Cor, Nemertopsis BÜRGER. 

6. Familie: Ototyphlonemertidae Gen. Ototyphlonemertes 
BÜRGER. 


B. Unterordnung: Holorhynchocoelomia. 


7. Familie: Prosorhochmidae. Gen. Prosorhochmus KEFERSTEIN, 
Prosadenoporus BÜRGER, Geonemertes SEMPER. 

8. Familie: Amphiporidae. Gen. Amphiporus Euree., Proneu- 
rotes MONTGOMERY. 

9. Familie: Drepanophoridae. Gen. Drepanophorus Husr. 

10. Familie: Prostomatidae (Tetrastemmatidae Huvsr.). Gen. 
Prostoma Ant. Ducss (= Tetrastemma Eurge.), Oerstedia QUATREF., 
Stichostemma MoNTGOoMERY. 

11. Familie: Nectonemertidae. Gen. Neeionemertes VERRILL, 
Hyalonemertes VERRILL. 

12. Familie: Malacobdellidae. Gen. Malacobdella Buaınv. 

13. Familie: Pelagonemertidae. Gen. Pelagonemertes MosELEy, 
Planktonemertes W 00DWORTH. 


IV. Tribus: Heteronemertinen. 


Gehirn und Seitenstämme eingebettet in den Hautmuskelschlauch, 
der sich aus äußerer Längs-, innerer Ring-, innerer Längs- und ev. 
medialer Diagonalfaserschicht zusammensetzt. Meeresbewohner, frei- 
lebend, Kosmopoliten; ca. 170 Arten. 


14. Familie: Baseodiscidae (Eupoliidae HusrecHr). Gen. 
Baseodiscus Dıesıns (= Eupolia Hovsr.), Poliopsis Jousın, 
Joubinia Bürger (— Valeneinia QUATREF.). 

15. Familie: Lineidae; Unterfam.: Lineinae. Gen. Parapolia Co, 
Oxypolia Punnertt, Euborlasia VaıLLanT (= Borlasia Mc Intosn), 
Lineus Sowergy. Subfam.: Micrurinae. Gen. Valencinura BeDL., 
Zygenpolia Tomrson, Micrella Punnett, Micrura Euree., Oere- 
bratulus Renıer, Diplopleura Stımp. (= Langia Hupr.). 


Die Nemertinen sind ganz vorwiegend Bewohner des 
Meeres. Nur sehr wenige Arten gehören dem Süßwasser und dem 
Lande an. Größtenteils leben die Nemertinen frei, nur ganz vereinzelt 
kommensalisch oder parasitisch. 

Arnold Lang, Handb,. d. Morphologie. III. 9 


130 J. WILHeLMı, 


Die Verbreitung der Nemertinen geht von der Arktis bis zur 
Antarktis. Besonders auffällig ist der Reichtum des Mittelländischen 
Meeres an Nemertinen (etwa 260 Arten von denen etwa 30 im Mittel- 
meer und im Schwarzen Meer zugleich vorkommen); etwa 80 Arten 
sind sogar ausschließlich Bewohner des Mittelmeeres. 


Der weitaus größte Teil der Meeresnemertinen gehört der Ufer- 
rerion (bis 300 m Tiefe) an. Einige pelagische Nemertinen z. B. 
Pelagonemertes (Fig. 95), Neetonemertes (Fig. 96), Hyalonemertes und 
Planktonemertes, sind in Tiefen bis zu 3500 m angetroffen worden. 

Die nur wenigen Arten der Süßwassernemertinen verteilen 
sich auf alle Erdteile. Unter ihnen weist Stichostemma_ clepsinoides 
eine besonders weite Verbreitung auf (Europa, Nordamerika und 
Afrika). Die systematische Kenntnis der Süßwassernemertinen ist 
jedoch noch unzureichend. Bei eingehenderem Studium der Ufer- 
und Grundregionen der Binnengewässer dürfte auch eine weit größere 
Verbreitung der Süßwassernemertinen bekannt werden, als dies bisher 
der Fall ist. 


C. Anatomie und Histologie. 


Form und Farbe. Hinsichtlich der Körperform schließen 
sich die Nemertinen an die Turbellarien, besonders an die Tricladen, 
eng an, doch weisen sie meistens eine weit größere Länge auf, so daß 
zwischen Länge und Breite meist ein anderes Verhältnis (bis 0,5: 75) 
als bei den Turbellarien (nur etwa 1:6 oder 1:7) besteht. Das Charak- 
teristikum ist die schnurartige Körperform, nach der der 
Name der Gruppe gewählt wurde. Im allgemeinen ist der Körper 
der Nemertinen in gleicher Weise wie der Turbellarien- spez. Trieladen- 
körper abgeflacht (z. B. bei Cerebratulus, Fig. 94), also auf der Bauch- 
seite flach oder schwach konkav und auf der Rückenseite schwach 
konvex. ÖOefters kommt auch ein drehrunder (Cephalothrix) oder 
rundlicher Körperquerschnitt vor (Euborlasia). Ferner kommt auch 
vereinzelt eine starke Verbreiterung der Körperform (wie bei Poly- 
claden, S. 17) vor, z. B. bei Pelagonemertes (Fig. 95) und Malacobdella. 

Die Körperlänge ist bei den Nemertinen sehr wechselnd. Während 
die kleinsten Arten eine Länge von nur wenigen Zentimetern aufweisen, 
erreichen die größten Arten mehrere Meter an Länge (z. B. Lineus 
longissimus 5—8 m, einmal in 27 m Länge beobachtet). Der größte Teil 
der Arten schwankt der Länge nach indes nur zwischen 2—20 cm, bei 
einer Breite von 1—5 mm. Die Körperoberfläche ist im allgemeinen, 
wie bei den Turbellarien, von weicher Beschaffenheit. Im Gegen- 
satz zu den sehr häufig mit Tentakeln oder anderen Körperanhängen 
versehenen Turbellarien entbehren die Nemertinen im allgemeinen 
der Körperanhänge. Als Ausnahmen sind z. B. Cephalothrix galatheae 
und Nectonemertes mirabilis (Fig. 96) zu nennen. 

Eine echte Segmentierung findet sich bei keiner Nemertinenart, 
doch besteht, gleich wie bei manchen Tricladen, eine Art innerer 
Metamerie, von der auch die äußere Körperform (cf. auch Phylogenie, 
S. 143) beeinflußt werden kann. 

Das vordere Körperende (Kopf), zuweilen (wie auch bei 
manchen Turbellarien) in den Körper einziehbar, ist von wechselnder 
Form (rad-, halbrad-, rauten-, herz-, spatel- oder lanzettförmig). Gegen 
den Körper ist bei den meisten Nemertinen das Vorderende nicht 


TE Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. to1 


scharf oder gar nicht abgesetzt. Das Hinterende des Körpers 
verjüngt sich im allgemeinen allmählich; nur bei den Lineiden endigt 
es in einem borstenähnlichen weißlichen Schwänzchen (Appendix). 


Fig. 9. 


Fig. 9. Fig. 96. 


Fig. 94. Häufigste Körperform der Nemertinen. Cerebratulus marginatus, 
nach BÜRGER. ’ 

Fig. 95. Vom Typus abweichende Körperform (Polyeladen-ähnlich). Pelago- 
nemertes moseleyi, aus BÜRGER. Vergr. etwa 3fach. 

Fig. 96. Vom Typus abweichende Körperform. Nectonemertes mirabilis, aus 
BÜRGER. Vergr. etwa ?/,. : 


Als Körperöffnungen sind Mund- und Rüsselöffnung und After 
zu nennen; die beiden ersteren fallen bei manchen Gattungen zu- 
sammen. 

Von weiteren Körpereinschnitten oder Vertiefungen sind die 
sogenannten Kopffurchen, Kopfspalten, Sinnesgruben und Seitenorgane 
zu nennen (cf. S. 138). 

Ein Saugnapf (ventral) ist nur bei der parasitischen Nemertine 
Malacobdella beobachtet worden. 

Der weitaus größte Teil der Nemertinen weist eine mehr oder 
weniger lebhafte Färbung auf. Abgesehen von einer durch die auf- 
genommene Nahrung bedingten Körperfarbe (cf. auch Turbellaria $. 2) 

9% 


132 J. WILHELMI, 


wird die Färbung gleich wie bei den Turbellarien im allgemeinen 
durch parenchymatisches Pigment und Drüsensekrete hervorgerufen, 
seltener durch epitheliales Pigment. Es finden sich alle Färbungen 
bei den Nemertinen, doch herrschen gelbe, braune und rote Töne 
vor. Die Färbung kann eine gleichmäßige sein, doch kommt 
neben der Grundfarbe auch Marmorierung, Streifung oder Bände- 
rung vor. 

Das Körperepithel ist demjenigen der Turbellarien 
sehr ähnlich. Es setzt sich aus sogenannten Wimper- oder 
Fadenzellen (die den Deckzellen der Turbellarien entsprechen), 
Drüsenzellen und Sinneszellen (s. S. 139) und inter- 
stitiellem Gewebe zusammen. Je nach dem Umstande, ob 
eine sogenannte Cutis oder eine Grundschicht unter dem Epithel 
vorhanden ist, weist das Epithel nicht unbeträchtliche Verschieden- 
heiten auf; eine Outicula (ef. S. 31 und 37) fehlt stets. Die Wimper- 
oder Fadenzellen bestehen bei Arten ohne Cutis (Pro-, Meso- und 
Metanemertinen) aus dünnen apikal trichterförmig erweiterten, basal 
fadenförmig verjüngten Zellen. Nach außen hin sind sie mit kurzen 
Wimpern besetzt. Die Wimpern treten mit einem Köpfchen und daran 
anschließenden fadenförmigen Zwischenstück in das Plasma der Zellen 
ein (ef. Turbellaria S. 31). Die Wimperzellen führen nie Pigment. 
Zwischen den Wimperzellen sind zahlreiche Drüsenzellen ein- 
gebettet, die hinsichtlich ihrer Gestalt und der Farbe ihres Sekretes 
sehr verschiedenartig sind. Die Hautdrüsen, die einzeln gelagert, 
oder bündelweise vereinigt sind (z. B. bei Carinella und anderen Arten) 
besitzen stets, wie bei den Turbellarien, einen plasmatischen kern- 
führenden Abschnitt. Die Ausmündung erfolgt zwischen den Wimper- 
zellen. 


Das interstitielle Gewebe führt häufig Pigment, gelegent- 
lich auch Kalkkörperchen und Kristalle. 


Auf die Epithelzellen folgt subepithelial entweder eine sogenannte 
Grundschicht oder eine Cutis. 


Die Grundschicht kann die Stärke der Epithelschicht er- 
reichen (Proto- und Metanemertinen), kann aber auch dünner (Meso- 
nemertinen) bis membranartig (Cephalothrix) sein. Sie ist vou 
hyaliner Beschaffenheit, ist drüsenfrei und führt (in- und anliegende) 
Kerne. 


Die bei den Heteronemertinen an Stelle der Grundschicht vor- 
handene Gutis unterscheidet sich von erst genannter im wesent- 
lichen durch die Anwesenheit von Drüsenzellen und Muskelfibrillen. 
Sie ist gegen das Epithel durch ein feines Häutchen, die Basal- 
membran, abgegrenzt. 

Der Hautmuskelschlauch der Nemertinen setzt sich aus 
zwei bis vier Muskelfaserschichten zusammen. Bei den Proto-, Meso- 
und Metanemertinen besteht er aus einer äußeren Ring- und einer 
inneren Längsfaserschicht, zu denen eine zwischen ihnen ge- 
legene Diagonalfaserschicht hinzutreten kann; bei diesen 
Gruppen entspricht der Hautmuskelschlauch also ganz demjenigen 
der Trieladen (S. 40). Bei den Heteronemertinen findet sich eine 
äußere und eine innere Längsmuskelschicht, zwischen denen die 
Ringfaserschicht liegt; auch hier kann eine (der Ringfaserschicht an- 
liegende) Diagonalfaserschicht vorkommen. 


T. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 


Bei allen Nemertinen 
finden sich im Hautmuskel- 
schlauch sogenannte Radial- 
muskeln, die senkrecht zur 
Längsachse des Körpers stehen. 

Jede Muskelfaser stellt 
eine kernführende Muskel- 
zelle dar. Im allgemeinen 
ist der plasmatische Zellteil 
fast ganz verschwunden (aus- 
genommen bei den niedrig 
organisierten Carinellen); der 
Kern liegt dem fibrillären Teil 
eng an oder ist in denselben 
eingebettet. 

Zwischen den Muskel- 
fasern liegt ein gallertartiges 
Bindegewebe mit spär- 
lichen Kernen, das auch zum 
Teil am Aufbau der Cutis 
namhaft beteiligt ist (Körper- 
muskulatur s. u.). 

Da den Nemertinen gleich 
den Plathelminthen (s. str.) eine 
Leibeshöhle fehlt, liegen 
die inneren Organe, das sind 
Geschlechts-, Blutgefäß-, Ex- 
kretions-, (Nerven-) und Ver- 
dauungsapparat, in einem 
Körperparenchym, das 
sich in der Beschaffenheit eng 
an das Bindegewebe (s. o.) 
anschließt und im wesent- 
lichen dem Körperparenchym 
der Turbellarien entspricht. 

Als Einlagerungen des 
Parenchyms sind — abgesehen 
von Nerven, Verdauungs-, Zir- 
kulations- und Exkretions- 
und Geschlechtsapparat — die 
Kopfdrüse und die Kör- 
permuskulatur zu nennen. 


Fig. 97. Organisationsbild einer 
weiblichen Nemertine, Amphiporus 
pulcher (JoHNSToN). 7 Dorsale Ge- 
hirnkommissur, 2 ventrale Gefäßkom- 
missur, 3 Magendarm, 4 Taschen des 
Blinddarms, 5 Geschlechtssack (Ova- 
rium), 6 Stilett, 7 Ductus ejaculatorius, 
8 hinterer Rüsselzylinder, 9 After, 
10 Ballon, 71 Taschen mit Reserve- 
stiletten, 12 Seitengefäße, 13 Exkretions- 
gefäße, 1/4 Cerebralorgane, 75 Frontal- 
organ. Aus BÜRGER, Nemertinenmono- 
graphie. 


133 


134 J. WILHELMI, 


Die Kopfdrüse setzt sich aus zahlreichen einzelnen Drüsen, 
die sich auf das vordere Zehntel des Körpers erstrecken können, zu- 
sammen. Sie verläuft dorsal über dem Magendarm. Ihre Mündung 
lieet am vorderen Körperende über der Rüsselöffnung. In dieser, 
bei den meisten Nemertinen vorhandenen Kopfdrüse dürfen wir ein 
Analogon der Drüsenanhäufung im Vorderende der Turbellarien, 
speziell der Tricladen sehen. 

Die Leibes- oder Körpermuskulatur setzt sich aus einer 
den Darm umschließenden Ringmuskelschicht und Dorso- 
ventralmuskeln zusammen. Besitzt der Darm Divertikel, so 
kommt, ganz ähnlich wie bei den Turbellarien (speziell Polycladen, 
S. 41) eine septenartige Zusammenlagerung und eine metamere An- 
ordnung der dorsoventralen Muskelfasersepten (wie bei Trieladen 
ef. S. 42) vor. Histologisch entsprechen die Körpermuskeln im 
wesentlichen den Fasern des Hautmuskelschlauches. 

Der Digestions- oder Verdauungsapparat besteht aus 
einem rohrförmigen Darmtraktus, der, am vorderen Körperende mit 
einer Mundöffnung beginnend, zum Hinterende des Körpers verläuft, 
um hier (fast terminal, etwas dorsal) mit einem sehr feinen After zu 
enden. Die Mundöffnung liegt am Vorderende, meist ventral, ent- 
weder hinter dem Gehirn (bei den Pro-, Meso- und Heteronemertinen) 
oder vor dem Gehirn (bei den Metanemertinen). Der Rüssel mündet 
entweder ein Stück vor oder dicht hinter dem Munde (Fig. 98) oder 
in den Oesophagus (Fig. 99) 
oder der Vorderdarm mündet 
in die Rüsselöffnung. 


2 
' 
’ 
‘ 
‘ 


Fig. 98. Fig. 9. 


» 


Fig. 98. Schematischer Medianschnitt durch das Vorderende einer Heteronemertine. 
1"Kopfdrüse, 2 obere Gehirnkommissur, 3 Kopfgrube, 4 Rüsselöffnung, 5 Rhynchodaeum, 
6}Rüssel, 7 untere Gehirnkommissur, 8 Rhynchocölom, 9 Mund, 10 Vorderdarm. Nach 
BÜRGER; vereinfacht. 

Fig. 99. Schematischer Medianschnitt durch das Vorderende von Malacobdella 
grossa. I Mund, 2 dorsale Gehirnkommissur, 3 ventrale Gehirnkommissur, / Rüssel, 
5 Mitteldarm, 6 Vorderdarm, ? Atrium. Nach BÜRGER; vereinfacht. 


In der einfachsten Form stellt der Darm einen einfachen Schlauch 
dar (z. B. bei Carinella). 

Im übrigen lassen sich am Darm der Proto-, Meso- und Hetero- 
nemertinen nach dem anatomischen und histologischen Bau zwei Ab- 
schnitte, nämlich Vorder- und Mitteldarm und bei den Meta- 
nemertinen am Vorderdarm drei Abschnitte, ein vorderer (Oeso- 
phagus), ein mittlerer (Magen) und ein hinterer Abschnitt (Pylorus) 
unterscheiden (Fig. 100). Der Vorderdarm, der bedeutend kürzer als 


I: Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 135 


der Mitteldarm ist, weist eine unsegmentierte, schlauchförmige Ge- 
stalt auf; cf. auch die schematischen Abbildungen Fig. 98, 99, S. 134 
und Fig. 100. 

An der Uebergangsstelle des Mundhöhlenepithels in das Körper- 
epithel liegen ringförmig angeordnete Drüsen, die als Speicheldrüsen 
gedeutet werden. Das Epithel des Vorderdarmes weist Drüsenzellen 
(besonders zahlreich im vorderen Abschnitt) auf. 


Der Mitteldarm ist meist (Ausnahme Carinella und Mala- 
cobdella) segmentiert und mit seitlichen Darmdivertikeln versehen. 
Bei den Metanemertinen stellt der Mitteldarm an seinem Vorderende 
einen Blinddarm dar, indem der Pylorus des Vorderdarmes nicht in 
das Vorderende des Mitteldarmes, sondern bedeutend weiter hinten 
einmündet. 

Der Mitteldarm (einschließlich Blind- und Enddarm) weist 
biologisch die gleichen Elemente wie der Vorderdarm auf. 

Der Rüssel (Fig. 95) hat eine schlauchförmige Gestalt. Seine 
Größe schwankt zwischen einem Bruchteil und einem Mehrfachen 
der Körperlänge. Die den Rüssel umgebende Rüsselhöhle 
(Rhynchocölom Fig. 100) ist vollkommen geschlossen (im 
Gegensatze zu der nach außen offenen Rüsselhöhle der Turbel- 
larien) und erfüllt von einer Flüssigkeit, die amöboide Zellen, so- 


Fig. 100. Schematischer Medianschnitt durch eine Metanemertine. 7 Rhynchoeöl, 
2 Rüssel, 3 Rhynchodaeum, / Rüsselöffnung, 5 Oesophagus, 6 Magendarm, 7 Pylorus, 
8 Blinddarm, 9 Pylorusöffnung, 1/0 Mitteldarm, 11 Rüsselretraktor, 72 Anus. Nach 
BÜRGER; etwas geändert. 


genannte Rhynchocölomkörperchen aufweist. Der im Rhyncho- 
cölom liegende Rüssel ist am Vorderende mit einem feinen Kanal 
(Rhynchodaeum) verwachsen, durch den er nach außen mündet; 
sein Hinterende ist geschlossen und durch ein Paar als Retraktoren 
dienende Muskeln an dem Endstück der Rüsselhöhle befestigt. Der 
Rüssel ist entweder bewaffnet oder unbewaffnet, nach welchem Ver- 
halten die Nemertinen in Anopla (= Proto-, Meso- und Hetero- 
nemertinen) und Enopla (= Metanemertinen) unterschieden werden 
können. Der unbewaffnete Rüssel (Proto-, Meso- und Hetero- 
nemertinen) erscheint äußerlich meist einheitlich, zeigt aber eine ver- 
schiedene histologische Differenzierung des vorderen und hinteren Ab- 
schnittes. Er ist von einem, auch Drüsenzellen führenden, Plattenepithel 
bekleidet, während sein Innenepithel aus hohen Zellen besteht; letztere 
können im vorderen Rüsselabschnitt Papillen bilden. Das Epithel 
weist bei vielen Nemertinen außer den Rhabditen auch Nesselzellen, 
die bei der Hervorstülpung des Rüssels in Funktion treten, auf (z. B. 
bei Cerebratulus urticans). Im hinteren Rüsselabschnitt fehlen jedoch 


136 J. WıLsernı, 


sowohl Rhabditen als Nesselzellen. Zwischen dem Innen- und Außen- 
epithel liegt ein Muskelschlauch, der aus 2—3 Muskelfaserschichten 
(Ring- und Längsfasern) besteht. Die Innervierung des Rüssels ge- 
schieht durch zwei Nerven, die vom Gehirn ausgehen und, sich stark 
verästelnd, den Rüssel in seiner ganzen Länge durchlaufen. Der be- 
waffnete Rüssel (Metanemertinen, mit Ausnahme von Malacobdella) 
weist zwei gleich lange Abschnitte, von denen der vordere bedeutend 
stärker als der hintere entwickelt ist, auf. Beide Abschnitte besitzen 
im Inneren je eine Höhlung, von denen die des vorderen Abschnittes 
(vorderer Rüsselzylinder) so geräumig sein kann, daß der hintere 
Abschnitt darin aufgerollt sein kann. An der Uebergangsstelle der 
beiden Abschnitte des Rüssels findet sich eine wulstartige Auftreibung 
(Diaphragma). Der als hinterer Rüsselzylinder bezeichnete Hohlraum 
des hinteren Rüsselabschnittes tritt durch 
einen Kanal mit einer (als Ballon) bezeich- 
neten Blase des Diaphragmas in Verbindung. 
Der Ballon mündet durch einen Ductus 
ejaculatorius in den vorderen Rüsselzylinder. 
Durch den D. ejaculatorius wird bei einem 
-2 Angriff ein Sekret ausgespritzt. In der 
vorderen Wandung des Diaphragmas liegen 
ein kräftiges Stilett, das sog. Angriffsstilett 
und in besonderen Taschen neben ihm die 
sog. Reservestilette (Fig. 101). Die Zahl der 
den Rüssel der Metanemertinen innervieren- 
den Nerven ist wechselnd. 

Der Blutgefäßapparat, der außer 
den Nemertinen allen Platodarien fehlt, be- 
steht aus zwei vom Kopf nach dem Körper- 
ende zu verlaufenden Blutgefäßröhren, die 
als Seitengefäße bezeichnet werden. Die 

Fig. 101. Stilettapparat meisten Nemertinen weisen ein drittes Blut- 
des _Metanemertinenrüssels oefäß, das sogenannte Rückengefäß, 
RO „gracilis). auf. Das einfachste Blutgefäßsystem be- 

uetus ejaculatorius, 2 Drüsen : 5 . 
der Basis, $ Ballon, ; Kanal Sitzt Cephalothrix; dasselbe besteht hier 
zwischen Ballon und hinterem nur aus den beiden in der Kopf- und 
Rüsselzylinder, 5 Reserve- Schwanzspitze ineinander übergehenden 
Nach Sejtenstimmen. Sehr einfach ist der Blut- 

ÜRGER. ke I - 17 7 ER 

gefäßapparat auch bei (arinella und Carinina. 

Die Seitengefäße können (z. B. bei einigen 
Heteronemertinen) eine Erweiterung zur Aufnahme der Öerebralorgane 
(S. 138) aufweisen. Das Rückengefäß entspringt aus der sogenannten 
venträlen Gefäßkommissur, die in der Gehirngegend die Seiten- 
gefäße miteinander verbinden. Zunächst verläuft das Rückengefäß 
an der Wandung des Rhynchocöloms, dann an der dorsalen Körper- 
fläche in der Medianlinie. Außer den genannten Kommissuren kommt 
ein System segmental angeordneter Kommissuren, die Seiten- und 
Rückengefäße miteinander verbinden, vor (z. B. bei den Meta- und 
Heteronemertinen und Hubrechtia). Ferner finden sich (mit Ausnahme 
der Metanemertinen) im vorderen Körperteil Gefäßverzweigungen 
(Vorderdarm-, Schlund- und Rynchocölomgefäße). 

Die histologische Beschaffenheit der Blutgefäße ist, 
besonders in Abhängigkeit von dem Umstande, ob die Gefäße im 


Sn 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 15,7 


Muskelgewebe oder im Parenchym liegen, verschieden. Im allge- 
meinen setzt sich die Wandung der Blutgefäße aus einem einschich- 
tigen Epithel, einer gallertigen Grundschicht und einer Ringmuskel- 
schicht zusammen. Die in den Gefäßen zirkulierende Blutflüssigkeit 
weist kernführende Blutkörperchen, denen amöboide Bewegung fehlt, auf. 

Das Exkretionsgefäßsystem der Nemertinen setzt sich aus den 
gleichen Elementen — Hauptstämmen, Poren, Verästelungen und blind 
geschlossenen Wimpertrichtern — wie bei den Turbellarien zusammen, 
weicht aber im Aufbau nicht unwesentlich von dem Gefäßapparat der 
Turbellarien ab. Die beiden Hauptgefäße sind nur sehr kurz, liegen 
seitlich am Vorderdarm oder hinter dem Gehirn und laufen den Seiten- 
gefäßen parallel (Fig. 97 S. 133 u. Fig. 102). Sie münden meist durch je 

einen feinen seitlichen Ausführungsgang und 

-porus aus; nur selten sind zahlreichere 
-12 Ausmündungsgänge vorhanden. Von den 
-2 beiden Hauptgefäßen gehen seitliche Ver- 

zweigungen aus, deren blind geschlossene 


Fig. 102. Fig. 103. 


Fig. 102. Schema des Blut- und Exkretionsgefäßsystems von Carinella. 1—6 Blut- 
gefäßsystem, 7—9 Exkretionsgefäßsystem. 1 Kopfschlinge, 2 ventrale Gefäßkommissur, 
3 Schlundgefäßsystem, 4 Rhynchocölomgefäßsystem, 5 Rhynchocölomgefäß, 6 Seitengefäß, 
7 Endkolben der Wassergefäße, 8 Hauptstamm des Wassergefäßapparates, 9 Zweige des- 
selben. Nach BÜRGER. 

Fig. 103. Gehirn von Carinella annulata. 1 Kopfnerven, 2 dorsales Schlund- 
ganglion, 3 Seitenstamm, 4 Schlundnerven, 5 ventrales Gehirnganglion, 6 dorsale Gehirn- 
kommissur, 7 ventrale Gehirnkommissur. Nach BÜRGER. 


Enden (Endkölbchen) in die Wandung von Blutgefäßen (meist der 
Seitenstämme, cf. Fig. 102) eingebettet liegen. Der Aufbau des Gefäß- 
apparates der Nemertinen weicht also von demjenigen der Turbellarien 
offenbar deswegen stärker ab, weil er bei ersteren in so enge Be- 
ziehung zum Blutgefäßsystem tritt. Die Wände der Nephridialkanäle 
bestehen aus bewimperten Epithelzellen und entbehren einer Mus- 
kulatur. Jedes der in die Wandung der Seitengefäße eingebetteten 
Endkölbchen enthält in seinem Innern, in ganz gleicher Weise wie 


138 J. WILHELMI, 


die Wimpertrichter der Turbellarien, je eine Wimperflamme und weist 
eine epitheliale Auskleidung auf. 

Das Nervensystem (cf. auch Systematik S. 127) setzt sich, 
wie bei den Turbellarien, aus einem zentralen und einem peripheren 
Teil zusammen. Das zentrale Nervensystem besteht aus dem 
Gehirn und den von ihm ausgehenden beiden ventralen Längsnerven 
(den sogenannten Seitenstämmen, Fig. 97 8.133). Das symmetrisch ge- 
baute Gehirn liegt im vorderen Körperende und setzt sich aus 4 Ganglien 
(zwei dorsalen und zwei ventralen) zusammen. Zwischen den so- 
genannten dorsalen und ventralen Kommissuren (Fig. 103 S. 137) tritt 
das Rhynchocölom oder das Rhynchodaeum hindurch. Die beiden 
Seitenstiämme verlaufen in den beiden Körperseiten ventral nach dem 
After zu, wo sie eine Analkommissur bilden. Gehirn und Seiten- 
stämme liegen bei den Nemertinengruppen wechselnd entweder unter 
dem Epithel in der Grundschicht, im Hautmuskelschlauch oder im 
Körperparenchym (ef. S. 1353). Das zentrale Nervensystem besteht 
histologisch aus einer (inneren) Nervenfasermasse und einem 
(äußeren) Ganglienzellenbelag, zwischen denen eine Binde- 
gewebsschicht (inneres Neurilemma) liegt. Gegen das Körper- 
parenchym ist das Zentralnervensystem durch eine Bindegewebshülle, 
das äußere Neurilemma, abgegrenzt. Alle übrigen Nerven (außer 
dem Gehirn und den Seitenstämmen) werden als periphere Nerven 
bezeichnet. Die meisten Sinnesorgane (nämlich Augen, Frontalorgan 
und Öerebralorgane) werden von Gehirnnerven versorgt; nur die 
Nerven der Seitenorgane gehen von den Seitenstämmen aus. Die 
‘ Augen bestehen aus Pigmentbecher, Sehstäbchen und Ganglienzellen. 
Sie finden sich meist bei den bewaffneten, seltener bei den unbewaff- 
neten Nemertinen; sie fehlen bei den meisten Proto- und Mesonemer- 
tinen. Meist liegen sie unter der Haut vor dem Gehirn. Ihre Zahl 
schwankt zwischen zwei (z. B. Amphiporus bioculatus) und ca. 200 
(z. B. Amphiporus polyommatus u. a... Das Frontalorgan, auch 
terminales Sinnesorgan genannt, besteht aus einer vom Gehirn 
aus innervierten Epithelgrube, in welche die Kopfdrüse einmündet 
(Fig. 98 S. 134). Die vom Gehirn aus innervierten Gerebral- 
organe (Fig. 97 S. 133) stellen paarige Gruben oder blind ge- 
schlossene Kanäle am vorderen Körperende dar; sie finden sich all- 
gemein bei den Nemertinen (Ausnahmen Pelagonemertes und Malaco- 
bdella). Es liegt nahe, in diesen Organen Analoga der Wimpergruben 
und -Rinnen der Turbellarien zu sehen. Statolithenbläschen, 
auch paarig und in das Gehirn eingesenkt, sind nur bei Olotyphlo- 
nemertes beobachtet worden. 

Die Seitenorgane, von den Seitenstämmen aus innerviert, 
sind paarige hervorstülpbare Epithelgruben, die in der Nähe der Ex- 
kretionsorgane liegen. Sie finden sich nur bei Carinella. Ihre Funktion 
ist fraglich. 

Die peripheren Nerven versorgen das Epithel, Muskulatur, 
vegetative Organe, sowie von den Sinnesorganen die epithelialen 
Sinneszellen (s. u.). Bei einer Anzahl Nemertinen sind sogenannte 
Mediannerven in der Ein- oder Zweizahl nachgewiesen worden. 
Der obere Mediannerv geht von der Kommissur der dorsalen Gehirn- 
ganglien aus; von ihm kann sich ein unterer Mediannerv abzweigen. 
Stets verlaufen die Mediannerven in der dorsalen Hautschicht. Die 
Schlund- und Rüsselnerven gehen vom Gehirm aus, während die den 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 139 


Hautmuskelschlauch und die Haut innervierenden Nerven den Seiten- 
stämmen entspringen. Von den peripheren Nerven werden auch die 
Hautsinnes- oder Neuroepithelzellen versorgt. Sie tragen 
statt der vollen Bewimperung der Fadenzellen nur eine borstenartige 
Wimper. 

Der Geschlechtsapparat der Nemertinen ist außerordentlich 
einfach, indem besondere Begattungsapparate fehlen. Die meisten 
Nemertinen sind getrennt-geschlechtlich, nur unter den Metanemertinen 
finden wir Zwitter, z. B. Prosadenoporus, Geonemertes palaensis und 
einige Tetrastemma-Arten; unter letzteren sind einige proterandrische 
Hermaphroditen. Der Geschlechtsapparat besteht aus sogenannten 
Genitalsäcken (Fig. 97 S.133), die meist in der Magen- bzw. Vorder- 
darmgegend auftreten und in beiden Seiten des Körpers bis zur After- 
gegend verteilt sind. Sind Darmtaschen vorhanden, so alternieren sie 
in segmentaler Anordnung mit diesen. Bei Arten, die der Darmtaschen 
entbehren, z. B. bei Carinella, liegen sie dicht aneinandergedrängt. Die 
Genitalsäcke besitzen je einen Ausführungsgang (Genitalductus), 
der erst zur Zeit der Geschlechtsreife auftritt. Die Ausführungsgänge 
münden durch je einen Porus oberhalb der Seitenstämme. Die 
zwischen Muskelsepten (cf. S. 134) liegenden Genitalsäcke sind von 
einer feinen Membran, an die sich innen eine feine Epithelschicht 
anschließt, umgeben. Auf der Epithelschicht sitzen die männlichen 
bzw. weiblichen Keimzellen auf. Die Ausführungsgänge sind in 
gleicher Weise wie die Genitalsäcke von Epithelzellen ausgekleidet. 


D. Entwickelungsgeschichte. 


Eine Begattung kommt bei den Nemertinen nicht vor. Ent- 
weder gelangen Eier und Samen in das Wasser, so daß eine Be- 
fruchtung außerhalb des Körpers stattfindet, oder die in das Wasser 
gelassenen Spermatozoen dringen durch die Genitalporen in die 
Övarien ein und befruchten hier die Eier. Ein Männchen kann 
also mehrere Weibchen befruchten, so daß sich hierdurch auch bei 
gesellio zusammenlebenden Ärten (z. B. Tetrastemma lacustre) die 
verhältnismäßig geringere Zahl der männlichen Individuen erklärt. 
Nur wenige Arten (z. B. Lineus viviparus u. a.) sind lebendig ge- 
bärend. Nachdem das Spermatozoon vor oder während der Richtungs- 
körperbildung in das Ei (Beispiel Meerura) eingedrungen, beginnt die 
Teilung des Eies zunächst in zwei und dann in vier gleichgroße 
Blastomeren mit Furchungshöhle. Auch die folgenden Furchungen 
bis zum 64-Zellenstadium sind (bei Micrura) totale äquatoriale; bei 
einigen Metanemertinen sind jedoch auffällig inäquale Teilungen fest- 
gestellt worden. Während der Blastulabildung beginnt schon die 
Differenzierung in drei Keimblätter. Darauf folgt die Invagination 
zu einer bilateral symmetrischen Gastrula. Die weitere Entwickelung 
erfolgt nun in sehr verschiedener Weise. Eine direkte Ent- 
wickelung erfolgt z. B. bei Metanemertinen, indem sich hier die 
Gastrula direkt zum Embryo und zur jungen Nemertine entwickelt. 
Ferner kommt (z. B. bei manchen Mesonemertinen) eine stark ver- 
kürzte Metamorphose vor, die lediglich in einer einfachen Häutung 
besteht. Bei der eigentlichen indirekten Entwickelung kommen 
zwei Arten der Metamorphose vor. Bei vollkommener Metamorphose 


140 . J. WILHELNT, 


entwickelt sich eine freischwimmende pelagische Larvenform, das 
Pilidium, in dem erst der eigentliche Embryo selbst entsteht. Bei 
der einfacheren Metamorphose entwickelt sich die Gastrula in der 
Eischnur zur sogenannten DESOR- 
\ schen Larve. 
| 


Das Pilidium (Fig. 104) ist von 
helmähnlicher Gestalt, am oberen Ende 
mit Wimperschopf, unten mit (meist) 
zwei Mundlappen versehen. Das Epithel 
der unteren Partie ist bewimpert. In 
dem Pilidium entwickelt sich mit be- 
sonderer Epithelanlage (S) der Embryo, 
nach dessen Freiwerden der Rest der 
darmlos gewordenen Pilidiumlarve zu- 
erunde geht. Bei der DEsorschen Larve, 
die als eine reduzierte Pilidiumlarve 
gelten kann, vollzieht sich die Entwicke- 
lung des Embryos in der Eihülle, doch 
Me akancn kommt, im Gegensatz zur Pilidiumlarve, 

"UHRIRORUTE bei ihr keine Entwickelung besonderer 

Fig. 104. Pilidium-Larve Jarvaler Organe zustande. Ueber die 
al sale a Jena Deren Ableitung der verschiedenen Entwicke- 
es Körperepithels des Embryos, 
! Mundlappen, m Mesenchymzellen. lungstypen cf. Verwandtschaft der Ne- 
Aus Lang, Vgl. Anat., 1. Aufl. mertinen (S. 42). 


E. Oekologie, Biologie und Physiologie. 


Die meisten Nemertinen sind freilebende Bewohner des Meeres; 
nur wenige Arten sind Süßwasser- oder Landbewohner oder Kom- 
mensalen bzw. Parasiten (s. u... Von einigen pelagisch lebenden Arten 
(z. B. Pelagonemertes, Drepanophorus, Planktonemertes, Fig. 95 und 96 
S. 131) abgesehen, gehören alle Meeresnemertinen der litoralen Zone 
(in Tiefen bis zu 300 m) an. Hier leben sie verborgen unter Steinen, 
in leeren Muscheln etc., und an Ulven und Tang; nur selten sind sie 
am Wasserspiegel schwimmend beobachtet worden. Zum Teil leben 
sie auch im Sande und Schlamme (Cerebratulus u. a.).. Einige Arten 
leben in Röhren, die sie selbst aus ihrem Sekrete herstellen (Tubu- 
lanus u. a.). Die Süßwassernemertinen (Stzchostemma und Tetrastemma 
[= Prostoma]) leben an Ufer und Grund von Flüssen und Seen im 
Schlamme oder unter Steinen, gelegentlich hier auch zusammen mit 
Planarien. Die nur wenigen Arten landbewohnender Nemertinen halten 
sich in feuchter Erde unter Steinen und Baumrinde etc. auf, und 
zwar sehr oft an Küsten nahe der Gezeitenzone. 

Die Nemertinen dürften der Mehrzahl nach nächtliche Tiere sein. 

Das Sehen der Nemertinen besteht, wie bei den Turbellarien, 
lediglich in einer Lichtempfindung. Bei schlamm- und sand- 
bewohnenden Nemertinen sind die Augen in reduzierter Zahl vor- 
handen oder fehlen gänzlich. 

Von der Respiration muß, gleich wie für Turbellarien, ange- 
nommen werden, daß sie eine Hautatmung ist. 

Die Lokomotion der Nemertinen ist im allgemeinen eine ge- 
mächlich gleitende. Zum Teil vermögen sie, namentlich die kleineren 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 141 


Arten, auch, wie viele Turbellarien (S. 108), an der Wasseroberfläche 
entlang zu gleiten. Von pelagischen freischwimmenden Arten (S. 131 
Fig. 95 und 96) abgesehen, vermögen einige Arten (z. B. Cerebra- 
tulus marginatus, Fig. 94 S. 131) auch nach Art der Aale schnell im 
Wasser zu schwimmen. 


Sinnesorgane sind in reichem Maße bei den Nemertinen ent- 
wickelt (Augen s. o.).. Als Tastorgan werden die Frontalorgane 
angesprochen. Von den Öerebralorganen wird angenommen, daß sie zur 
Empfindung der Beschaffenheit des umgebenden Mediums (d. h. spe- 
ziell des Wassers) dienen (cf. Auricularsinnesorgane der Tricladen 
S. 33). Die Funktion der Seitenorgane ist fraglich. 


Zur Nahrung dienen den meisten Nemertinen lebende Anne- 
liden, die angefallen und verzehrt werden, doch verzehren die Nemer- 
tinen, gleich den Tricladen, auch frische Kadaver (z. B. Muscheln etc). 
Die mit kleinem Munde versehenen Metanemertinen dürften räuberisch 
von kleineren Tieren, speziell Kleinkrustern, leben. Zur Erbeu- 
tung der Nahrung dient der ausstülpbare mit Stilett oder Nessel- 
kapseln versehene Rüssel. Die Verdauung der aufgenommenen 
Nahrung wird im Vorderdarm durch das Sekret der zahlreichen 
Drüsen vorbereitet, vollzieht sich jedoch erst im Mitteldarm und bei 
den Metanemertinen auch im Blinddarm. Ob die Verdauung eine 
intracelluläre ist, oder ob nur gelöste Stoffe in die Epithelzellen 
des Darmes aufgenommen werden, ist noch nicht mit Sicherheit 
ermittelt. Durch den kurzen Enddarm und After findet die De- 
fäkation statt. 


DieBlutzirkulation findet vermöge der den Blutgefäßen eigenen 
kontraktilen Ringmuskulatur als reguläre Pulsation — wie zum 
wenigsten für die Metanemertinen feststeht — statt, indem das 
Blut im Rückengefäß nach vorne strömt und durch die Seiten- 
gefäße wieder nach hinten zurückläuft. Die Exkretion findet in 
der Weise statt, daß durch die in die Wandung der Seitenstämme 
eingebetteten Endkölbehen Stoffe aus dem Blute aufgesaugt, durch 
die Wimperflamme in die Exkretionskanäle getrieben werden und von 
hier durch die Poren nach außen gelangen. In gleicher Weise wie bei 
manchen Turbellarien (S. 109) ist bei einzelnen Nemertinenarten (z. B. 
Prostoma [Stichostemma] graecense) eine Einkapselung in eine 
schleimige Hülle beobachtet, sowie auch einmal eine Rüsselregeneration 
bei einem eingekapselten Individuum (Drepanoporus crassus) be- 
obachtet worden. Eine Begattung findet bei den Nemertinen nicht 
statt (Befruchtung ef. S. 139). Der bei der Eiablage die Eier ein- 
hüllende Schleim wird von den Hautdrüsen geliefert. Die Fähigkeit 
der Regeneration verloren gegangener Körperteile oder Organe 
scheint hoch entwickelt zu sein. 


Als Raumparasitismus wird die Lebensweise der durch 
Entwickelung einer Fußscheibe angepaßten Nemertine Nemertopsis 
actinophila auf Actinien betrachtet. Auch einige andere Arten, z. B. 
des Genus Prostoma, Gononemertes und Malacobdella weisen infolge 
ihrer kommensalischen Lebensweise typische Anpassungen an ihre 
Wirtstiere auf. Echter Parasitismus findet sich nur bei zwei 
Arten des Genus COnreinonemertes. Dieselben wohnen zur Zeit der 
Fortpflanzung an den Abdominalhaaren von Carcinus maenas in selbst- 
gefertigten Sekretröhren, in denen die aus den Eiern ausschlüpfenden 


142 J. WırHeunı, 


Jungen sich entwickeln. Später wandern diese in die Kiemen des 
Krebses, von wo sie dann wieder zur Fortpflanzung an die Abdominal- 
haare übersiedeln. 


F. Verwandtsehaft der Nemertinen. 


Zur Beurteilung der Verwandtschaft der Nemertinen unter sich 
kann als wertvoller Anhaltspunkt die Lage des Zentralnervensystems 
(S. 138) herangezogen werden. Da das Zentralnervensystem embryonal 
aus dem Ektoderm hervorgeht, so liegt es nahe, diejenigen Nemertinen, 
deren Zentralnervensystem noch in der Haut liegt, als die ursprüng- 
licheren zu betrachten. Dieser Auffassung ist in dem BÜRGERSschen 
System der Nemertinen (S. 127) Rechnung getragen worden. In gleicher 
Weise kann auch der zwischen direkter Entwickelung und voll- 
kommener Metamorphose schwankende Entwickelungstypus zur Er- 
kennung des Verwandtschaftsverhältnisses der Nemertinen verwertet 
werden, wie das nachfolgende BÜürRGERsche Schema zeigt. 


Pilidium 


Desorsche Larve 
| Direkte Entwickelung 
Indirekte Entwickelung (Metanemertini) 
(Heteronemertini) | 


' | 
Spuren einer Metamorphose Direkte Entwickelung 
(Mesonemertini) 


| 


Direkte Entwickelung 
(Protonemertini) 


Bezüglich der verwandtschaftlichen Beziehungen der 
Meeres-, Süßwasser- und Laudnemertinen untereinander 
darf angenommen werden, daß die letzteren ihre Entwickelung nicht 
von den Süßwassernemertinen aus genommen haben, sondern direkt 
von den litoralen Meeresnemertinen abstammen. 

Wie aus den Darlegungen über die Anatomie der Platodarien 
hervorgeht, weisen die Nemertinen außerordentlich nahe Be- 
ziehungen zu den Turbellarien und speziell zu den 
Trieladen auf. Das Körperepithel zeigt bei beiden Gruppen 
einen ähnlichen Bau. Das gleiche gilt für den Hautmuskelschlauch 
und das Körperparenchym. Das Nervensystem verhält sich in seinem 
Aufbau im wesentlichen wie bei den Tricladen. Das Exkretions- 
system der Nemertinen setzt sich aus den gleichen Elementen wie 
bei den Turbellarien zusammen (Abweichungen s. u... Auch die 
Sinnesorgane beider Gruppen zeigen viel Aehnlichkeit, so die Augen 
nach Bau und Lage, die Hautsinneszellen, das terminale Sinnesorgan, 
die Statolithen, und schließlich die sich vielleicht entsprechenden 
Wimpergrübehen und Rinnen der Turbellarien (speziell Auricular- 
sinnesorgane der Trieladen S. 33) und die Cerebralorgane der Nemer- 
tinen. Der Rüssel der Nemertinen stellt zwar nur bei den (meisten) 


I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 143 


Metanemertinen eine Aussackung des Vorderdarmes dar, während 
der bei den Turbellarien immer im Zusammenhange mit dem Darme 
bleibt. Die histologische Struktur des Pharynx ist aber bei beiden 
Gruppen eine ganz ähnliche. Der Darm der Nemertinen zeigt hin- 
sichtlich der häufig vorhandenen Divertikelbildung ebenfalls nahe Be- 
ziehungen zum Tricladendarm, ebenso auch bezüglich der Struktur des 
Darmepithels. Die Keimdrüsen liegen oft in gleicher Weise bei 
beiden Gruppen zwischen den Darmdivertikeln. Ganz auffällig ist 
die bei Tricladen und Nemertinen häufix vorkommende fast metamere 
Anordnung der inneren Organe. Wenngleich hier nur eine Pseudo- 
metamerie (S. 125) vorliegt, so bietet sich doch oft der Eindruck einer 
echten inneren Segmentation. Oekologisch, biologisch und physio- 
logisch treten nahe Beziehungen zwischen Tricladen und Nemertinen 
zutage. Beide Gruppen bevorzugen im Meere die Küste als Aufent- 
haltsort und leben unter Steinen, im Sande und im Detritus; sehr 
häufig werden sie sogar gesellig miteinander lebend angetroffen. 
Gemeinsam ist beiden Gruppen auch die Ernährungsweise (räube- 
risch und Aas), die Art der Lichtempfindung, die Gleitbewegung, hohe 
Regenerationsfähigkeit etc. 

Eine auffällige Abweichung der Nemertinen vom Bau der Plathel- 
minthen ist das geschlossene Zirkulationssystem der ersteren. Ab- 
weichend sind Lage und Funktion des Rüssels, das Vorhandensein 
eines Afters, das Fehlen eines Kopulationsapparates, ferner die oft 
noch epitheliale Lage des Zentralnervensystems. Auch in der Ent- 
wickelung zeigen sich wenig Beziehungen zwischen Turbellarien und 
Nemertinen. 

Mit den Anneliden haben die Nemertinen das Blutgefäßsystem 
gemeinsam. Auch die mehr oder weniger deutliche innere Segmen- 
tierung vieler Nemertinen kann mit der Segmentierung der Anne- 
liden in Verbindung gebracht werden. 

Bei Anneliden handelt es sich jedoch um eine echte (äußere und 
innere) Metamerie. während bei Tricladen und Nemertinen nur eine 
Pseudosegmentation vorkommt, indem ihnen eine äußere Segmen- 
tierung fehlt, während die Anordnung der inneren Organe einer 
echten Metamerie nahe kommt. Eine starke Verschiedenheit im Bau 
zeigen Nemertinen und Anneliden insofern, als ersteren eine Leibes- 
höhle fehlt, während letztere eine solche aufweisen. 

Die meiste Aehnlichkeit weisen die Nemertinen also, sowohl nach 
Bau als nach der Lebensweise etc., mit den Turbellarien auf, so daß 
es nahe liegt, die Nemertinen von den Turbellarien abzuleiten; ent- 
wickelungsgeschichtlich lassen sich hierfür freilich noch keine Belege 
bringen. Jedenfalls ist eine sehr frühzeitige Abzweigung der Nemertinen 
von den Turbellarienvorfahren (mit Pseudometamerie) anzunehmen, 
indem die Nemertinen dann mit der Erlangung eines Blutgefäßsystems 
die Entwickelungsstufe aller Turbellarien überflügelten, während sie be- 
züglich des Baues des Geschlechtsapparates auf der auch für die Turbel- 
larienvorfahren anzunehmenden primitiven Stufe stehen blieben. Wenn 
nun die Nemertinen am meisten Aehnlichkeit zeigen mit den Tri- 
claden, Turbellarien, „die wir von Polycladenvorfahren abzuleiten ge- 
neigt sind“, so brauchen sie nicht auch direkt von letzteren abzu- 
stammen. Es liegt auch nahe, in der Aehnlichkeit der Nemertinen 
mit den Turbellarien eine Konvergenzerscheinung zu sehen, die durch 
die bei beiden Gruppen fast gleiche Lebensweise bedingt ist. 


144 J. WıLnernı, 


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Arnold Lang, Handb. d. Morphologie. III. 10 


146 J. Wırnermı, I. Kreis der Metazoa. 2. Stamm: Platodaria. 
Inhaltsverzeichnis. 
Seite 
Platodaria, Allgemeines = . . u. ..0.. 40.2.2 7 
I. Klasge:Plathelminthes‘. . Cam. u. on a 
A. Allgemeines .. en We 
B. Systematische eher a 
C. Anatomie und Histologie” . 7. ,..7 20, Ver 
1. Form und Farbe . . 2 
2. Körperepithel, Cuticula und "Hautsinnesorgane nt 
8.‘ Pigmente.” .... = u wo ur Se 
4.: Basalmembran .. :\..0 0 wann 
5. Muskulatur . . ee le ee 
Hautmuskelschlauch Ne 
Körpermuskulatur . . ee N Se ee 
Histologie der Muskelfasern.. . . 2 
6. Parenchym (Mesenchym) und Körper drüsen 2020 2 
7. Digestionssystem (Darmtraktus) . . . . . . ve. WE: 
8. Nervensystem; Augen und Statocysten. . . 2.2... 61 
9. Genitalapparat -- 2: mu Ara Bo. Ve 
10. Exkretionssystem . . A 
a erktnn- sr, 98 
1. Begattung und andere der Befruchtung ee Verena 
2. Ei- bzw. Cocon-Ablage; Lebendiggebären 
3. Direkte und indirekte Entwickelung 
E. Oeko-, Bio- und Physiologie der frei, kommen- 
salisch und parasitisch lebenden Plathelminthen 106 
ie tr He De und Strobi- 
lation:.'« BT : . 
G: Phylogenie,..."-.... eu 2 u vn 
II. Klasse: .Nemertina . . .... run 2000 Ge 
A. Allgemeines . eo 0 
B. Systematische Uebersicht . ee 
C. Anatomie und Histologie ... . „. „. „u Ve 
D. Entwickelungsgeschichte .”, . .'...., Fiss 
E. Oeko-,.Bio- und Physiologien ....'. ‚Js 
F. Verwandtschaft der Nemertinen . . . .....142 


Platodarien-Literatur. „. 0. SE. nt 2 


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2 ae) von Gustav Pischer mden. Wi 


| Von A t Pütter „D & ne 
- Vergleichende Physiologie. Nr, Asus Fülle, Bi a Yan 


(VIIL u. 721 S. gr. 8°.) k: Ba 17 Marl geb. 18 Mark. 


Inhaltsverzeichnis: Einleitung. Begriff und Aufgabe der ar Be 


Physiologie. as 


ar, 


Erstes Kapitel: Das Substrat der orsünge, 1 ‚Dis Be i 
ie. dsorp- 


Beschaffenheit der lebendigen Ann Kolloi 
an es Die en Der flüssige ee 
nee Der Stoffbestand der Organismen, N Kr: 

Bineilkörpe a ıhre Verbindungen. Die Kohlehydrate und Gl de. Di 
Lipoide. e Extraktivstoffe. Die Aschenbestandteile. Die Fermente an Toxine. 
Die Bedeutung der einzelnen Stoffgruppen. Uebersicht des Stoffbestan Ar) _ 
II. Dielebendigen Systeme 


Zweites Kapitel: Der Stoffwechsel. I. Der Bee ileseh.e Die 
Spaltungen. Die Oxidationen. Der intermediäre Stoffwechsel. Die produk 
FR Stoffwechsels.) — II. De MB N (Die synthetischen F een 
der Or en Nahrungsstoffe und e. Der Sekretstoffwechsel. 
Salzstoffwechsel. Das Wachstum. Das Verhältnis von Bau- und Betriel Tito. 
wechsel.) — III. Der Gesamtstoffwechsel. (Die Beteiligung von Eiweiß, Fett 
und Kohlehydraten am Umsatz. Der Anteil von Oxydation und Spaltungen am 
Gesamtumsatz. Stoffwechselty mn Die Wechselwirkung der Einzelprozesse im 
Stoffumsatz. Die Intensität des Stoffwechsels.) — II. Die V SEN ie ker beuke 
aren ngen aufden Stoffwechsel. (Temperaturwirkungen. chtwirkun 
Die Wirkung der Konzentrationsänderung der Nährstoffe. Der Hunger. Das Lel 
ohne Sauerstoff. Die Wirkung der Anhäufung von Stoffwechselprodukten.) 


Drittes Kapitel: Die Ernährung. 1. Die photosynthetische Assimilation der 
Kohlensäure. — 2. Die Nahrun en und ihre Erschließung. (Die Auflösung 
der Nahrung. Die Verdauun ne. ie Phagoeytose. Die Geschwindigkeit der vr 
dauung. Die mechanische Verarbeitung Ge Nahrungsmittel. Die Konservierung 
der N ee Die Ausnutzung der ne smittel.) — 3. Die Baar in der Natur. 
— 4. Der ährwert der Nahrun er Nahrungsbedarf. — e Typen der 
Ernährung. a) Die autotrophe ae b) Die heterotrophe Ernährung. 


Viertes Kapitel: Der Stoffaustausch. 1. Die Kräfte des Stoffaustausches. — 
2. Die Resorption des Sauerstoffes. — 3. Die Resorption gelöster Stoffe. — 4. Der 
Wasserwechsel. — 5. Die Ausscheidung. — 6. Die Intensität der Deore 
Stoffaustausches. — 7. Die Organe der Ernährung und des Stoffaustausches. — 
ee rn (Der Stofftransport in der Pflanze. Der Stofftransport 
e ieren. 


Fünftes Kapitel: Die Lebensbedingungen. Die Temperatur. — Das Licht. — 
Das Wasser. -— Die inneren Lebensbedingungen. — Das Problem der Lebensdauer. 


Sechstes Kapitel: Die Energieumwandlungen. Die Produktion potentieller 


mechanischer Energie. — Die Energieumwandlungen im Muskel. — Bewegungen 
durch Turgorschwankungen. — Die Flimmerbewegung. — Die ne Bewegung 
— Die Bewegungsmechanismen. — Die Produ] tion strahlender Energie. — Die 
Elektrizitätsproduktion der Organismen. — Die Produktion chemischer Energie. — 
Die Produktion der Wärme, 


Siebentes Kapitel: Die ee 1. Die Reize. — Die Reiz- 


barkeit. — 3. Das Gesetz der Reizschwelle. — 4. Die tertiären Reizerfolge. — 5. Die 


Reizleitung. — 6. Die Veränderungen der Erregbarkeit. — 7. Die Re zbarkeit für 
ge einzelnen Reizmodalitäten. — 8. Die Analyse der Reizbeantwortungen. — 
9. Stoffwechsel, Stoffaustausch und Reizvorgänge. 


Achtes Kapitel: Die Sinnesorgane. — 1. Allgemeines. — 2. Der Lichtsinn. — 
3. Die Tastsinne, — 4. Der Schweresinn. — 5. Der Gehörsinn. — 6. Die Tem en 
sinne. — 7. Die chemischen Sinne. — 8. Unbekannte Sinne. — 9. Die 
der Sinnesorgane. 


Neuntes Kapitel: Das NE 1. Die Verbreitung des Nervensystems. 
— 2. Die Elemente der eher steme. — 3. Die Nervennetze. — 4. Die zentralen 


Nervensysteme. — 5. Der hi ysio Ki Bau des Nervensystems. — 6. Die . 
e 


— 7. Die Instinkte. — 8. Handlungen. 


Zehntes Kapitel: Die Vergleichung der Organismen. Die Aehnlichkeit 


der Partiarfunktionen. — Die Aehnlichkeit der Organe. — Die Buler der 
Organismen. 


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Ye Heft 9: Odonata. Von F. Ri inau). Mit 79 Apbildh im Text. 1909. 
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u H: Phyli poda. Von L. Keil > 
3, REN eft 10: Phyllo on L. Keilhack (Berlin) Ay Fire ge, Er 


Ostracods, Malacostraca. Von C. van Douwe Münshen), 


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‚le Heft otatoria und Gastrotricha. v 1 ieff 
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Br 1: ‚; Nematodes Gordiidae und Mermithiane. Von Dr.D. A. Jägerskiöld 
e a a n Lindstow (Göttingen) und Dr. ie irtimeyer (Benin rg 3, Air 
EERTRERERTTENN Register der Acanthocephalen und para- 
a Plattwürmer „geordnet nach ikea Wirten. Bearbeitet von Max Lühe 
berg i. Pr.). Mit 7 A bildungen im Text. 19ll. Preis: 3 Mark, geb. 3 Mark 50 Pf. 
Heft 17 Zeresttleche Plattwürmer. I: Trematodes. Von Max Lühe (Kör 
ve "mi Abbildungen im Text. 1909. Preis: N er 5 Mark 50 
Heft 18: Peraeitiaß Plattwürmer. Il: Cestodes. Von Max Lühe 
{u rg i.Pr.). Mit 17 4 Abbildungen im Text. 1910. Preis: 4 Mark, geb. 4 Mark 5 
| Heft 19: Moltusca, Nemertini, Bryozoa, Turbellaria, Tricladida, ei) 
' di iydr ln Bias (Berlin), R. Hartmeyer Bein), von an, Gras 
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N m mus ıer Berlin und A Da rn) ER Aiıc 3 Abt. 
hr serfaun: ‚ Deutschlands“ soll eine vollständige Exkursionsfauna der deutschen 
er darst len. ‚Jedes Heft ist einzeln käuflich. 
Dee  Aesiep Zunei, 101, Nr. 1916; 
Br borat: fehlte bisher ein all 
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